Soli deo gloria: Johann Böhm (1595–1667) und die westsächsische Bildhauerkunst zwischen Manierismus und Barock 9783867322683

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Soli deo gloria: Johann Böhm (1595–1667) und die westsächsische Bildhauerkunst zwischen Manierismus und Barock
 9783867322683

Table of contents :
Inhalt
Geleitwort
Vorbilder und Lehrer
Die Kunst der Bildhauer in Leipzig und Dresden in ihrem 9Verhältnis zum Schaffen Johann BöhmsSebastian Schulze
Auf Tuchfühlung mit den Kunstströmungen seiner Zeit 31Christoph Dehne – ein Magdeburger Bildhauer und seine Rolle bei derVermittlung neuen plastischen Gestaltens nach MitteldeutschlandLisa Maria Vogel
Auftraggeber
Johann Böhm und seine Auftraggeber 55Gerd-Helge Vogel
Der Herrschaftsstand in der Bergkirche zu Schleiz 87Frank Weiss
Der Künstler
Johann Böhm und sein Geburtsort Hartenstein 106Erhard Franke
Johann Böhm – Leben und Werk. 130Versuch einer NeubewertungMario Titze
Anhang
Johann Böhm – Lebensdaten und Werkverzeichnis
Bibliographie
Abbildungsnachweis
Personenregister

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SOLI DEO GLORIA

Gerd-Helge Vogel (Hg.)

SOLI DEO GLORIA Johann Böhm (1595 – 1667) und die westsächsische Bildhauerkunst zwischen Manierismus und Barock

Lukas Verlag

Umschlag: Detail des 1657/58 errichteten reußischen Herrschaftsstandes in der Bergkirche zu Schleiz (Foto: Frank Weiß) Frontispiz: Unterschrift von Johann (Hanß) Böhm auf dem Kontrakt vom 22.5.1657 (vgl. Abb. 19 im Beitrag von Frank Weiß)

Wir danken folgenden Institutionen und Personen für die Unterstützung der Publikation und der Ausstellung: • Paul Fleming Verein Hartenstein e.V., darin Sonderspenden der Vereinsmitglieder Christa Andrä, Erhard Franke, Mathias Läsker, Andreas Müller, Prinz und Prinzessin Alfred von Schönburg-Hartenstein, Friedrich und Esther Tittel • Dr. med. Dr. phil. Dieter Pocher, Güstrow • Internationale Transporte Daniel Mehner Hartenstein • Kunstsammlungen Zwickau, Max-Pechstein-Museum • Kulturraum Vogtland-Zwickau • REIKA GmbH Baustoffe Landhandel Hartenstein • Sparkasse Zwickau • Stadt Hartenstein • Stiftung Mitteldeutscher Kulturrat

©  Lukas Verlag Erstausgabe, 1. Auflage 2018 Alle Rechte vorbehalten Lukas Verlag für Kunst- und Geistesgeschichte Kollwitzstraße 57 D–10405 Berlin www.lukasverlag.com Umschlag und Layout: Lukas Verlag Reprographie und Satz: Alexander Dowe (Lukas Verlag) Druck: Westermann Druck Zwickau GmbH Printed in Germany ISBN 978-3-86732-268-3

Inhalt

Geleitwort 7 Vorbilder und Lehrer Die Kunst der Bildhauer in Leipzig und Dresden in ihrem Verhältnis zum Schaffen Johann Böhms Sebastian Schulze Auf Tuchfühlung mit den Kunstströmungen seiner Zeit Christoph Dehne – ein Magdeburger Bildhauer und seine Rolle bei der Vermittlung neuen plastischen Gestaltens nach Mitteldeutschland Lisa Maria Vogel Auftraggeber Johann Böhm und seine Auftraggeber Gerd-Helge Vogel Der Herrschaftsstand in der Bergkirche zu Schleiz Frank Weiss

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55 87

Der Künstler Johann Böhm und sein Geburtsort Hartenstein Erhard Franke

106

Johann Böhm – Leben und Werk. Versuch einer Neubewertung Mario Titze

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Anhang Johann Böhm – Lebensdaten und Werkverzeichnis 192 Bibliographie 197 Abbildungsnachweis 208 Personenregister 209

Geleitwort

Lange Zeit sind Geburtsort und -datum von Johann Böhm (* 18.2.1595 – † 6.3.1667 Schneeberg), dem Begründer einer über drei Generationen hinweg wirksamen Schneeberger Bildhauerschule des Spätmanierismus und des Barock, um dessen Erforschung sich vor allem Sigfried Asche (1906–1985) große Verdienste erworben hatte, in der Kunstgeschichtsschreibung Sachsens unbekannt geblieben. Erst vor wenigen Jahren gelang es, das Geburtsdatum in den Kirchenbüchern der Stadt Hartenstein ausfindig zu machen. Diese Entdeckung war Anlass für den dort aufgewachsenen Herausgeber, Johann Böhm – dem neben dem Barockdichter Paul Fleming (1609–1640) nun neu entdeckten großen Sohn der im Schönburgischen liegenden kleinen erzgebirgischen Residenzstadt – Aufmerksamkeit durch ein wissenschaftliches Symposium zu widmen. Um ihn und sein weitgehend unbekannt gebliebenes Werk zu würdigen und einem größeren Interessentenkreis vermitteln zu können, organisierte der Herausgeber aus Anlass des bevorstehenden 350. Todestag des Bildhauers vom 30. September bis 2. Oktober 2016 im Geburtsort des Künstlers eine wissenschaftliche Tagung, für die er die Unterstützung des Paul Fleming Vereins Hartenstein e. V. und dessen Vorsitzenden Erhard Franke sowie der

Stadt Hartenstein erhielt, wofür er diesen Mitinitiatoren ausdrücklich danken möchte. Die Ergebnisse dieses Symposiums Soli Deo Gloria – Johann Böhm und die Bildhauerkunst des Barock in Westsachsen, die eine völlig neue und erweiterte Sicht auf den Künstler ermöglichen, werden in diesem reich illustrierten Tagungsband vorgestellt. Er dient zugleich als Begleitband für eine kleine Personalausstellung, die dankenswerterweise die Kunstsammlungen Zwickau, Max-Pechstein-Museum, vertreten durch dessen Leiterin Frau Dr. Petra Lewey, bereit waren zu organisieren. So konnte in enger Gemeinschaftsarbeit von Autoren, Verein, Stadt, Museum und mit finanzieller Hilfe des Kulturraums Vogtland-Zwickau sowie der Stiftung Mitteldeutscher Kulturrat und engagierter privater Sponsoren ein wichtiger Teil des kulturellen Erbes der sächsischen Heimat wissenschaftlich neu erschlossen und publiziert werden. Dies betrachten wir als wichtigen Schritt auf dem Weg zur weiteren Erforschung von Leben und Werk des Künstlers. Allen, auch den Nichtgenannten, die an dieser schönen und verpflichtenden Aufgabe teilhatten, sei von Herzen gedankt. Der Herausgeber

Vorbilder und Lehrer

Die Kunst der Bildhauer in Leipzig und Dresden in ihrem Verhältnis zum Schaffen Johann Böhms Sebastian Schulze

Der Aufstieg der Böhm-Werkstatt im zweiten und dritten Viertel des 17. Jahrhunderts zu einer führenden sächsischen Bilderhauerwerkstatt ist eine überraschende Entwicklung. Sie ist teilweise mit dem künstlerischen Talent der Böhms zu erklären, muss aber ebenso im Zusammenhang mit den Entwicklungen in anderen Zentren der Bildhauerkunst im Umkreis der Schneeberger Werkstatt betrachtet werden. Wichtig ist dabei zunächst der Ausgangspunkt, den der Begründer dieser Bildhauerdynastie Johann Böhm der Ältere vorfand, als er seine künstlerische Laufbahn begann: Sigfried Asche vermutete auf Grundlage stilistischer Beobachtungen an den späteren Werken des Meisters, dieser habe nach einer Lehre in Zwickau oder bei Joachim Petzold in Schneeberg um 1615 seine Wanderschaft angetreten. Sie soll den Gesellen aus dem Erzgebirge zunächst nach Magdeburg geführt haben, wo ihm die Werkstatt des Bildhauers Christoph Dehne Arbeit und wichtige künstlerische Anregungen gab. In Sachsen habe er in der Messestadt Leipzig Franz Julius Döteber kennengelernt und schließlich in der kurfürstlichen Residenz Dresden von dem Hofbildhauer Sebastian Walther wichtige Impulse für sein späteres Schaffen empfangen. Sigfried Asche lässt den jungen Bildhauer aus dem Erzgebirge damit drei der wichtigsten mitteldeutschen Zentren erwandern und hier jeweils die auch nach heutigem Kenntnisstand maßgeblichen Meister aufsuchen.1 Ein halbes Jahrhundert später schloss sich der Kreis, als Johann Böhms Sohn, Johann Heinrich der Ältere, für Arbeiten nach Leipzig gerufen wurde und schließlich den Titel eines kursächsischen Hofbildhauers erhielt.2 Ein kurzer Überblick zum Stand der Bildhauerkunst in den beiden kursächsischen Städten Dresden und Leipzig im frühen 17. Jahrhundert soll deshalb am Anfang der folgenden Ausführungen stehen und von dort ausgehend ihre Entwicklung in den folgenden Jahrzehnten in einigen wesentlichen Punkten skizziert werden.

Die Dresdner Bildhauerei am Vorabend des Drei­ßigjährigen Krieges Die albertinische Residenzstadt Dresden begründete ihre Bedeutung als ein wichtiges Zentrum der Plastik erst mit dem Aufkommen von Renaissanceformen in Sachsen. Anfang der 1530er Jahre kam der aus Breslau stammende Bildhauer Hans Walther (I) († 1546) nach Dresden, nachdem er zuvor am plastischen Schmuck der Annenkirche in der neugegründeten obersächsischen Silberbergbaustadt Annaberg mitgewirkt hatte.3 Er ist das erste Glied der in den kommenden 150 Jahren führenden Dresdner Bildhauerdynastie Walther. Während in Dresden mit Herzog Georg dem Bärtigen (1471–1539) das Haupt der albertinischen Linie der Wettiner das Residenzschloss ausbauen ließ, unterhielt sein jüngerer Bruder Heinrich der Fromme (1473–1541) in der großen Bergbaustadt Freiberg einen weiteren herzoglich-sächsischen Hof. In den Jahren um 1530 gründeten hier Peter Beseler der Ältere (1498–1579) und Sebastian Lorentz d. Ä. († 1585) die erste Bildhauerwerkstätten, welche die Freiberger Plastik der Renaissance zu weitausgreifender Bedeutung führten.4 Als 1539 Herzog Georg der Bärtige kinderlos starb, wurden Dresden und Freiberg unter der Regentschaft Heinrichs des Frommen vereint. Sein Nachfolger Moritz von Sachsen (1521–1553) erlangte 1547 im Ergebnis des Schmalkaldischen Krieges auf Kosten der ernestinischen Linie der Wettiner die sächsische Kurwürde und weite mitteldeutsche Gebiete. Dresden wurde damit Hauptresidenz eines mächtigen Herrschaftsgebietes, welches sich von Obersachsen bis nach Nordwestthüringen erstreckte. Italienische Künstler und Bauhandwerker fanden jetzt in der Residenz Arbeit und brachten den internationalen Stil der Höfe, die italienische Renaissance, in unmittelbarer Form nach Sachsen. Ein besonders eindrucksvolles Zeugnis dieser Entwicklung ist das 1555/56 geschaffene ehemalige Portal der Dresdner Schlosskapelle, heute am Jüdenhof. Die Gebrüder Gabriele und Benedetto Tola aus dem norditalienischen Brescia schufen als Hofmaler neben figürlicher und dekorativer Malerei auch Entwürfe für Bildhauer-

Die Kunst der Bildhauer in Leipzig und Dresden in ihrem Verhältnis zum Schaffen Johann Böhms

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arbeiten.5 Die zweite Generation der einheimischen Bildhauerfamilie Walther, angeführt von Hans Walther (II) (1526–1586) und seinem jüngeren Bruder Christoph (II) (1534–1584) profitierten ebenfalls stark von der neuen Stellung ihrer Heimatstadt und erhielten nun Aufträge aus einem weiten Einzugsgebiet.6 Die Lage der Stadt an der Elbe und die Nähe der wichtigen Sandsteinbrüche bei Pirna kamen der Entfaltung der Dresdner Bildhauerei dabei entgegen. Den bedeutendsten Auftrag jener Jahre, das von den Gebrüdern Tola entworfene Grabmonument des Kurfürsten Moritz von Sachsen für die wettinische Grablege im Chor des Freiberger Doms ließ der neue Kurfürst August von Sachsen (1526–1586) allerdings nach Entwürfen seiner italienischen Hofmaler von einem flämischen Bildhauer aus verschiedenen Marmorarten in Ant­werpen ausführen.7 Die Ausgestaltung Dresdens zu einer glanzvollen Resi­denz der Spätrenaissance wurde insbesondere während der kurzen Regentschaft Kurfürst Christians I. von Sachsen (1560–1596) mit großer Energie vorangetrieben. 1586 erfolgte die Grundsteinlegung für das umfangreichste Bauvorhaben des 16. Jahrhunderts in Dresden, den kurfürstlichen Stallhof, an dem in den folgenden Jahren zahlreiche Bildhauer beschäftigt wurden. Zur Anbringung an der Neuen Bastei entstand um etwa 1593 ein riesiges, von einer Justitia-Figur bekröntes Wappen mit einer Gesamthöhe von 11 Meter sowie zwei, ebenso wie das Wappen längst verlorene lebensgroße Reiterbildnisse, die über den Dresdner Stadttoren aufgestellt wurden – eine bis dahin in der Region unerhört monumentale bildhauerische Aufgabe. Der Bildhauer, dem diese und andere Aufgaben zufiel, war der junge und jungverstorbene Andreas Walther (III) (1570–1595), der in dritter Generation die führende Dresdner Bildhauerwerkstatt leitete.8 Parallel dazu erfolgte in den Jahren 1591 bis 1594 die prachtvolle Umgestaltung der kurfürstlichen Grablege im Chor des Freiberger Doms, an dem neben etlichen einheimischen Bildhauern auch mehrere italienische Künstler tätig waren, unter diesen an erster Stelle der renommierte Florentiner Bildhauer und Bronzegießer Carlo di Cesare.9 Zu den ehrgeizigsten kurfürstlichen Bauprojekten im Dresden jener Jahre zählte schließlich das Belvedere auf der Jungfernbastei, einem Abschnitt der elbseitig gelegenen Stadtmauer. Das Innere dieses kurfürstlichen Lusthauses wurde mit Marmor und Alabaster, Gemälden, Prunkrahmen und 46 bronzierten Terrakottabüsten sächsischer Fürsten ausgestattet. Nach langer Bauunterbrechung erst um etwa 1630 in wesentlichen Teilen vollendet, zerstörte 1747 die Explosion eines darunter-

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liegenden Sprengstoffdepots den Prunkbau vollständig.10 Der 1595 geborene Johann Böhm könnte dieses Dresden der Spätrenaissance auf seiner Gesellenwanderung wohl in den Jahren zwischen 1616 und 1619 kennengelernt haben. Aus eben diesem Zeitraum ist mit dem Reisebericht des Augsburger Großkaufmanns und Kunstliebhabers Philipp Hainhofer (1578–1647), der sich 1617 mehrere Tage in der sächsischen Residenz aufhielt, eine ungewöhnlich detailreiche und lebendige Schilderung der Sehenswürdigkeiten und des Kunstlebens der Stadt erhalten. Unmittelbar nach seiner Ankunft sandte der gut informierte Augsburger ein Empfehlungsschreiben mit der Bitte um ein Treffen an den leitenden kursächsischen Hofkünstler Giovanni Maria Nosseni (1544–1620) und durfte ihn bereits am Nachmittag des nächsten Tages kennenlernen. Nosseni zeigte dem Reisenden in den folgenden Tagen persönlich einige der Sehenswürdigkeiten der Stadt, führte ihn bei Angehörigen des Hofes ein und öffnete ihm die Türen der reichen kurfürstlichen Kunst- und Kuriositätensammlungen, wie auch die seiner eigenen ansehnlichen Kollektion.11 Mit dem damals 73-jährigen kurfürstlichen Kunstintendant gewann Hainhofer den ranghöchsten sächsischen Künstler als Führer und Gastgeber, einen Mann, der damals als Organisator und entwerfender Künstler bereits seit beinahe vierzig Jahren das Kunstleben Kursachsens, wie es Johann Böhm am Ausgangspunkt seiner künstlerischen Entwicklung vorfand, beherrschte und prägte. Der aus Lugano im schweizerischen Tessin stam­ mende, universell befähigte Bildhauer und Architekt Nos­seni wurde 1575 von Kurfürst August zunächst als Stein­drechs­ler nach Sachsen geholt, um schon bekannte und noch unentdeckte Vorkommen schöner Gesteinsarten wie Alabaster, Marmor, Serpentin, Kristalle oder Amethysten in Kursachsen zu erschließen sowie Möglichkeiten ihrer Weiterverarbeitung zu erproben. Schon wenige Wochen nach seiner Ankunft wurde er mit festem Jahresgehalt als kurfürstlicher Architekt, Bildhauer, Maler sowie als entwerfender Dekorationskünstler aufwendiger höfischer Feste eingestellt – also mit dem typischen Aufgabenspektrum eines leitenden Hofkünstlers. 1590 erhielt er das 1606 auf Lebenszeit verlängerte exklusive Privileg zur Ausbeutung der genannten Steinvorkommen in Sachsen.12 Von der Erschließung über den Abbau und die erste Verarbeitung bis zum Verkauf hielt er die Hand auf diesen Materialien, die für vornehme bildhauerische Arbeiten seit den letzten Jahren des 16. Jahrhunderts auch durch das Wirken Nossenis mehr und mehr zur Norm wurden. Seine Machtfülle auf diesem Gebiet illustriert anschaulich eine Begebenheit

Sebastian Schulze

aus dem Jahr 1613, als Nosseni nach dem Zerwürfnis mit dem Fürsten Ernst von Schaumburg-Lippe (1570–1622), für dessen Mausoleum in Stadthagen er den Entwurf geliefert hatte, die zum Bau erforderlichen Marmorlieferungen beschlagnahmen ließ, mit der Begründung, der schwarze Marmorblock sei unautorisiert aus dem Bruch bei Kalkgrün entnommen worden. Erst der Befehl des sächsischen Kurfürsten konnte die Fuhrwerke wieder in Bewegung setzen.13 Die große Bedeutung, die Nosseni selbst seiner Rolle bei der Erschließung der sächsischen Marmorvorkommen beimaß, verdeutlicht die lateinische Inschrift, die er in der kurfürstlichen Begräbniskapelle des Freiberger Doms anbringen ließ: Stolz nennt er sich darin nicht nur als Architekt und Leiter des Baus, sondern auch als den Mann, der »das Material dazu in diesem Lande ausgeschürft, aufgefunden und poliert« habe.14 Mehrere der von Nosseni verwalteten wichtigen sächsischen Marmorvorkommen lagen in Obersachsen und hier mit dem Steinbruch in »Gruna« im Amt Grünhain, wo ein schwarzer Marmor mit weißer Äderung gebrochen wurde, unmittelbar vor den Toren von Hartenstein.15 Es ist stark anzunehmen, dass Johann Böhm schon früh Bildhauer, auch aus Dresden und Freiberg, in den Straßen Hartensteins sah, wenn diese die wichtige Auswahl geeigneter Werkstücke im Steinbruch selbst in die Hand nahmen. Solche Begegnungen waren möglicherweise ausschlaggebend für die Berufswahl des jungen Hartensteiners.16 Zu Nossenis Einflussmöglichkeiten durch seine Mono­p olstellung über viele wichtige sächsische Werkstein­vorkommen trat seine überregionale Reputation als leitender Hofkünstler des führenden protestantischen Territoriums im Reich.17 Seine Entwurfstätigkeit prägte folgerichtig die Dresdner und die mit ihr eng verbundene Freiberger Bildhauerei seit dem späten 16. Jahrhundert im Sinne seines an der italienischen Hochrenaissance geschulten Ideals. Charakteristisch für diese Schule war ei­ne strenge und mächtige architektonische Grundstruk­tur aus marmornen Säulenstellungen und kräftigen verkröpften Gesimsen als horizontales Gegengewicht. Diese Grundstruktur bildete den Rahmen für zum Teil große Figuren oder Reliefs. Die verhältnismäßig sparsame Ornamentik ordnet sich vollständig der Tektonik und der Ästhetik der verschiedenen Gesteinsarten unter. Das bereits genannte Hauptwerk dieser Richtung in Sachsen ist die von Nosseni entworfene und unter seiner Leitung realisierte Umgestaltung des Freiberger Domchors als Grablege und Memorialbau des sächsischen Kurfürstenhauses. Unter den daran mitwirkenden Freiberger Bildhauern vertraten unter

anderen die Gebrüder Grünberger die Nosseni-Schule. Sie lieferten um 1600 umfangreiche Epitaphien in ein weites Gebiet zwischen Südbrandenburg, Böhmen und Mittelthüringen.18 In Dresden nahm unter den Bildhauern für großplastische Aufgaben um 1617 Sebastian Walther (1576–1645) den vornehmsten Rang ein. Philipp Hainhofer bedauerte ausdrücklich ihn nicht kennengelernt zu haben, da er mit dem Hofmaler Hans Fasold zur Leipziger Messe gefahren sei, und bezeichnet ihn bei dieser Gelegenheit als »Baumeister«19, denn neben und später in Nachfolge Nossenis leitete Sebastian Walther auch kurfürstliche Bauvorhaben. Gemeinsam mit ihm arbeiteten seine Brüder, Christoph (IV) († 1626) und Michael Walther († 1624), die ebenso wie der oben genannte, jung verstorbene Andreas (III) († 1596), als Söhne des Bildhauers Christoph Walther  (II) (1534–1584) die Werkstatt in dritter Generation fortführten. Mit der Familie durch Eheschließung verbanden sich weitere Bildhauer, wie der aus Pirna kommende, mit einer Schwester Sebastian Walthers verheiratete Melchior Jobst (ca. 1594). Über die höfischen Aufträge ergaben sich zudem enge Beziehungen zur Freiberger Bildhauerei.20 Diese durch Familienbande und höfische Strukturen verknüpfte Gruppe von Bildhauern in Dresden, Pirna und Freiberg dürfte in den ersten drei Jahrzehnten des 17. Jahrhunderts durch die Zahl der Meister, durch ihre Stellung in der Residenz sowie durch ihren besonders unmittelbaren Zugriff auf die wichtigen kursächsischen Steinvorkommen außerordentlich leistungsfähig und von entsprechender künstlerischer Ausstrahlung auf die umliegenden Regionen gewesen sein. Von der Ausstrahlung und Betriebsamkeit der Dresdner Hofbildhauerei im mutmaßlichen Zeitraum der Wander­schaft des Gesellen Johann Böhm zeugen die von Walter Hentschel gesammelten Nachrichten: Damals arbeitete die Gruppe der Dresdner Bildhauer um Nosseni und Sebastian Walther an einem Auftrag des dänischen Königs, der 1615 bei Nosseni Prunkkamine für Schloss Frederiksborg bestellt hatte. Es entstand unter Beteiligung von Sebastian Walther ein nicht erhaltenes Epitaph des Herzogs von Holstein, das von Hans Hillger in Freiberg in Messing gegossen wurde. Um 1616 fertigte in Teilen Sebastian Walther das im Zweiten Weltkrieg bis auf wenige Fragmente zerstörte Epitaph, welches Nosseni sich und seinen Frauen in der Dresdner Sophienkirche setzen ließ. 1617, in dem Jahr, als der Bau des Lusthauses auf der Jungfernbastei wieder aufgenommen wurde, war Sebastian Walther zudem mit der Fertigung von Verzierungen für die

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ist malerisch, die Bewegung der in ihren Proportionen mächtig wirkenden Figuren kraftvoll. Die in der Region neue Art und Qualität dieses Reliefs spricht entschieden für die Vermutung, dass Sebastian Walther kurz zuvor in Italien Werke der italienischen Hochrenaissance und insbesondere des Florentiner Hofbildhauers Giambologna (1529–1608) studieren konnte. Sie manifestiert sich auch in den wenigen erhaltenen Zeichnungen des Meisters, welche nach den Worten Werner Schades »die älteren Dresdner Bildhauerzeichnungen weit hinter sich« lassen und süddeutsche oder gar italienische Eindrücke widerspiegeln.23 Walthers Cranach-Epitaph befindet sich in der Wittenberger Stadtkirche an einem berühmten und gut zugänglichen Ort. Viele dürften es hier gesehen haben. Ein starker künstlerischer Nachhall in der Region lässt sich dennoch nicht ohne Weiteres nachweisen. Das Hauptwerk der Dresdner Bildhauerei dieser Jahre, der um 1612/13 errichtete mächtige Altar der Schlosskirche des kurfürstlichen Witwensitzes auf Schloss Lichtenburg bei Prettin steht im Herzen der alten sächsischen Kurlande nahe der Elbe zwischen Wittenberg und Torgau.24 Die monumentalen Figuren des Petrus und Paulus auf den seitlichen Konsolen der Hauptzone mit ihren starken Leibern unter den 1  Bildhauerfamilie Walther: Epitaph-Altar für Innocentius Starschedel († 1605), Borna (bei Oschatz), Kirche, 1609

Gussmodelle von Geschützen beschäftigt, die der Graf von Oldenburg bestellt hatte.21 Umfangreiche Werke der Bildhauerkunst konnten den Dresdnern dennoch nur wenige zugeordnet werden. Das Meiste dürfte, besonders in Dresden selbst, im Laufe der Jahrhunderte vernichtet worden sein. Auch bleibt die Scheidung der Hände an den erhaltenen Werken, mit Ausnahme jener Sebastian Walthers, stark hypothetisch, da von den Walther-Brüdern Andreas  (IV) und Michael, wie auch von den übrigen Partnern des Werkstattverbandes, gesicherte Arbeiten fehlen. Das wiederum erschwert die Identifizierung von Werken der Dresdner Meister. Ein Schlüsselwerk Sebastian Walthers ist das bald nach 1606 geschaffene Epitaph für Lucas Cranach den Jüngeren (1515–1586) und seine beiden Frauen in der Wittenberger Stadtkirche. Es trägt Walthers Monogramm SWF (Sebastian Walther fecit). Das breite Relief der Grablegung Christi in der vornehm sparsam geschmückten Rahmenarchitektur dürfte eine eigenhändige Arbeit des jungen Meisters sein.22 Der Reliefstil

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2  Bildhauerfamilie Walther: Epitaph-Altar für Innocentius Starschedel, Borna (bei Oschatz), Kirche, 1609, Detail

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schweren, scharfkantig gebrochenen und tief unterschnittenen Gewandmassen dürften jeden Bildhauer tief beeindruckt haben, ebenso wie auf andere Weise die deutlich kleineren, edlen und ausdrucksvollen Figuren der Kreuzigungsgruppe vor dem von Doppelsäulen gerahmten Mittelfeld. Ob aber ein wandernder Bildhauergeselle Johann Böhm diesen Altar in der fürstlichen Kapelle des als Jagdschloss in einer weiten, menschenarmen Heide erbauten Witwensitzes überhaupt zu sehen bekam, ist ungewiss. Gleiches gilt auch für ein weiteres Hauptwerk der Dresdner Bildhauerschule, welches in der Dorfkirche von Borna bei Torgau überdauert hat: Der um 1609 geschaffene Epitaphaltar für den Rittergutsbesitzer Innocentius Starschedel († 1605) (Abb. 1) entspricht mit seiner aus Marmorsäulen und starken Gesimsen gebildeten Rechteckstruktur dem tektonischen Schema der Nosseni-Schule.25 Besonders deutlich sichtbar ist hier die bei Werken solchen Umfangs ohnehin vorauszusetzende Zusammenarbeit mehrerer Bildhauer. So wirken die Körperformen einiger der großen Tugendfiguren summarisch, die Köpfe typisiert. Von großer Meisterschaft zeugen hingegen das harmonische Abendmahlsrelief (Abb.  2) im Hauptfeld des Altars und die beiden Reliefs der »Verkündigung« und der »Geburt Christi« in der Sockelzone. Weit entfernt ist die stark verdichtete, flächenhafte, in einigen Partien geradezu knorrig wirkende Komposition der »Geburt« von der Stilhaltung der italienischen Hochrenaissance. Das bekannteste Werk der Dresdner Bildhauerei des frühen 17. Jahrhunderts war zweifelsohne der Altar der Dresdner Sophienkirche. (Abb. 3) Mit der Umgestaltung der neben dem Residenzschloss gelegenen ehemaligen Franziskanerkirche zur Hofkirche stiftete 1606 die Witwe Kurfürst Christians I., Sophie (1568–1622), den Altaraufbau. Nach dem Abbruch der Kirche 1963 befindet sich das im Zweiten Weltkrieg beschädigte Werk seit 2002 rekonstruiert in der Kirche in DresdenLoschwitz.26 Philipp Hainhofer, der bei seinem Dresdner Besuch zuerst gemeinsam mit Nosseni den Gottesdienst in der Hofkirche besuchte, schildert den großen Andrang der Volksmenge, für welche sogar die Türen aufgesperrt blieben.27 Anders als die Werke der kurfürstlichen Kunstkammer, leichter als Epitaphien in abgelegenen ländlichen Patronatskirchen oder in der gegen Trinkgeld zugänglichen kurfürstlichen Begräbniskapelle im Freiberger Dom konnte hier ein wandernder Geselle Werke der führenden sächsischen Bildhauer seiner Zeit studieren. Mit dem starken rahmenden Rechteckraster aus vornehmen Marmorsäulen und kräftig ausladenden Gesimsen entspricht der heute nach dem Auftragnehmer

3  Giovanni Maria Nosseni (Entwurf) und Mitarbeiter (Ausführung): ehem. Altar der Dresdner Sophienkirche, Dresden-Loschwitz, Kirche, um 1606

und Schöpfer des Entwurfs benannte Nosseni-Altar den charakteristischen Gestaltungsprinzipien des kurfürstlichen Hofarchitekten und seiner Schule. Durch seine hohen, schmalen Proportionen passte er sich in den nördlichen Chor der zweischiffigen gotischen Sophienkirche ein. Da der Altar der kursächsischen Residenzschlosskirche als künstlerische Aufgabe den denkbar höchsten Status besaß, ist zu vermuten, dass der angesehenste Bildhauer des Nosseni-Kreises, Sebastian Walther, an der Ausführung der gut sichtbaren unteren Teile federführend mitwirkte. Nach Auffassung W. Hentschels ist ihm einzig das Abendmahlsrelief der Predella sicher zuzuschreiben, welches mit der eher ornamental wirkenden Anordnung der stark überlängten, extrem bewegten und zum Teil heftig verdrehten Figuren in besonders ausgeprägter Weise dem manieristischen Zeitstil huldigt. Deutlich ruhiger ist das große Relief der Grablegung im Aufsatzgeschoss. Arbeiten von Sebastians Bruder Christoph (IV) Walther vermutete Hentschel in der vollplastischen Kreuzigungsgruppe vor dem Mittel-

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feld der Hauptzone wie auch in den größeren Statuen des Moses und des hl. Andreas zwischen den seitlichen Doppelsäulenstellungen. Als annähernd gesichert gelten kann jedenfalls Christoph Walthers Mitarbeit durch das Monogramm C  W  F an dem Totengerippe auf dem oberen Giebel des Aufbaus. Ein weiteres Monogramm D.  M.  H. 1607 fand sich auf der Weltkugel und bezeichnet höchstwahrscheinlich nicht nur den Verfertiger der Kugel, sondern auch den Meister der darüber stehenden Figur des Salvator mundi. Analog zu einer abschriftlich überlieferten Leipziger Inschrift des späten 16. Jahrhunderts dürfte nur das M. H. für die Initialen des Meisters stehen und der einzige infrage kommende Bildhauer ist damit nach heutigem Kenntnisstand der Chemnitzer Michael Hegewald.28 Schon aufgrund der Orte und Wege der sächsischen Marmorgewinnung dürfte der Chemnitzer mit Nosseni und den Dresdner Meistern in Berührung gekommen sein. Der mit Johann Böhm etwa gleichaltrige Sohn Zacharias Hegewald (1596–1639) arbeitete, als der Hartensteiner Geselle auf Wanderschaft ging, möglicherweise schon in Dresden für Sebastian Walther, dessen Tochter er später heiraten wird.29 Greift man die von Mario Titze angeregte und schon rein geographisch naheliegende Vermutung auf, dass Johann Böhm auf seiner Gesellenwanderung zunächst für Michael Hegewald in Chemnitz arbeitete, scheint es denkbar, dass er auf seiner nächsten Etappe die kursächsische Residenz aufsuchte und hier mit einer Empfehlung des Chemnitzers in der damals stark beschäftigten Werkstatt Sebastian Walthers vorübergehend Aufnahme fand.30 Eine Mitarbeit des Gesellen Böhm in der Werkstatt Sebastian Walthers gewinnt mit diesen möglichen Verbindungen an Plausibilität – als bewiesen oder auch nur ausreichend belegt, kann sie allerdings nicht gelten. Außer Frage steht jedoch, dass die Dresdner und die mit ihr verbundene Freiberger Bildhauerei als Ausgangspunkt für die künstlerische Entwicklung Johann Böhms von zentraler Bedeutung waren. Durch ihre Nähe zum Hof besaß der Kreis dieser Künstler im ersten Drittel des 17.  Jahrhunderts höchstes Prestige und weitausgreifende Wirkungsmöglichkeiten. Selbstverständlich wird der Hartensteiner Geselle oder der Schneeberger Meister Johann Böhm Werke dieses Kreises kennen gelernt, aufmerksam studiert und in seine künstlerischen Entwürfe eigenständig integriert haben.

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Die Leipziger Bildhauerei am Vorabend des Drei­ßig­­­jährigen Krieges Seiner Bevölkerungszahl und wirtschaftlichen Bedeu­tung entsprechend war Leipzig im frühen 16. Jahrhundert ein regional wichtiges Kunstzentrum. Leipziger Bildschnit­ zer der Spätgotik erhielten Aufträge aus einem weiten Einzugsgebiet zwischen Harz, Havel und dem nörd­lich der Elbe gelegenen Sachsen.31 In den Jahren nach der Reformation starb diese große Tradition mit dem Wegfall der Altaraufträge ab. 1557 erhielt kein einheimischer Meister, sondern der Schneeberger Bildschnitzer Wolff Kreuter den Auftrag für eine neue, nicht erhaltene Taufe in der Leipziger Thomaskirche, ein Umstand, der sicherlich teilweise auch mit den engen Beziehungen der im erzgebirgischen Silberbergbau stark engagierten Leipziger Großkaufleute zu erklären ist. Der seit 1554 als Bürger in Leipzig ansässige Bildhauer Michael Bitterolf († 1576) wurde an diesem Auftrag mit vier Einzelfiguren beteiligt.32 Philipp Hainhofer, der vornehme Augsburger Kaufmann, der auf seiner Reise nach Pommern im August 1617 in Leipzig zwei Nächte blieb, besichtigte hier zuerst das Schloss und anschließend die Thomaskirche. In der Kirche fiel ihm zunächst die »schöne« Kanzel auf, welche »David Scheickher« gefertigt habe.33 Die Tischler-Familie Scheicker, mit der Hainhofer offenbar gemeinsame Bekannte hatte, führte in den letzten Jahrzehnten des 16. Jahrhunderts zahlreiche Arbeiten in den Leipziger Kirchen aus. Die genannte, im 18. Jahrhundert zerstörte Kanzel der Thomaskirche, wurde 1574 eingeweiht und 1579–81 überarbeitet. Das Schnitzwerk auf der Decke lieferte allerdings nicht Scheicker, sondern der Tischler Hans Flandereisen und aus der späteren Entwicklung lässt sich die Vermutung ableiten, dass ihn dabei sein Mitarbeiter und späterer Schwiegersohn, der Bildschnitzer Valentin Silbermann, umfassend zuarbeitete. Die in der Bibliothek der Thomaskirche aufbewahrte Figurengruppe eines Gnadenstuhls könnte von dieser Kanzeldecke stammen.34 Der aus Franken stammende Hans Flandereisen († 1590) und sein Schwiegersohn Valentin Silbermann aus dem westthüringischen Gotha leiteten den Wiederaufstieg der Leipziger Plastik in den 1580er Jahren ein. Durch die Neuschöpfung oder Ergänzung von Kanzeln in Leipzig und Oschatz, durch Brunnen sowie den neuen Aufsatz des spätgotischen Altars der Leipziger Thomaskirche (heute in der Plauener Lutherkirche) erwarb sich die Werkstatt Erfahrung und Ansehen auf dem Gebiet der Skulptur. 1589 bis 1590 waren die beiden Leipziger Bildschnitzer für den sächsischen Kurfürsten Christian I. am Stallhofbau in Dresden tätig. Seit den letzten Jahren

Sebastian Schulze

des 16. Jahrhunderts entstanden in der Werkstatt Silbermanns zum Teil umfangreiche Ausstattungsstücke für die Leipziger Kirchen, die den Kirchenrenovierungen des 18. Jahrhunderts zum Opfer fielen. Dazu zählten der Altaraufbau der Nikolaikirche sowie die Orgelprospekte in der Nikolai- und in der Thomaskirche, Werke die in den ersten Jahren des 17. Jahrhunderts mit ihren reichen Bild- und Ornamentschnitzereien sowie den zum Teil inbegriffenen Gemälden vermutlich zu den prächtigsten manieristischen Kunstwerken in Sachsen zählten. Die umfangreichste erhaltene Arbeit der Silbermann-Werkstatt ist die figurenreiche Kanzeldecke in der Moritzkirche in Halle.35 Während die Dresdner und in Teilen die Freiberger Bildhauerei auch durch die tatkräftige Förderung Nossenis um 1600 Polychromie durch die Verwendung unterschiedlicher Gesteinsarten erzielte, dominierte in Leipzig zunächst noch die gefasste Holzplastik als Teil reich geschmückter Kunsttischler-Architekturen. Gewiss beeindruckend war die Wirkung der großen Ausstattungsstücke und zahlreichen Epitaphien in den Leipziger Kirchen auch durch die Farbfassung von Figuren und Ornamenten, das strahlende Weiß, das gleißende Gold und die schillernden Lüsterfarben, wie man sie noch an dem ehemaligen Altarretabel der Leipziger Thomaskirche in Plauen bewundern kann. Durch eine solche Lüsterfassung verhalf der Fassmaler auch vielen Statuetten Böhms zu ihrer letzten Vollendung. Als Steinbildhauer, welcher virtuos verschiedene Gesteinsvaritäten kombinierte, wie auch als Schöpfer schlanker, leuchtend bemalter Schnitzfiguren steht Böhm somit gleichermaßen in der Tradition der Dresdner wie der Leipziger Plastik. Manieristische Holzplastiken mit Farbfassung schufen allerdings in diesen Jahren Werkstätten an vielen Orten, in Freiberg etwa, auf gutem künstlerischem Niveau die Bildschnitzer der Familie Dieterich. Der besonders stark an aktueller Kunst interessierte Philipp Hainhofer ließ die zum Zeitpunkt seines Leipziger Aufenthalts schon einige Jahre alten Bildschnitzereien der Silbermann-Werkstatt ungenannt. Der Erwähnung wert waren ihm hingegen bei Besichtigung des Rathauses an dem »schönen großen Markt« die »hüpschen neuen Caminen«.36 Die Steinarbeiten für die 1615 vollendeten Prunkkamine des Alten Leipziger Rathauses mit ihren zahlreichen Ornamenten, den Karyatiden und Aufsatzfiguren wurden mit größter Wahrscheinlichkeit dem Leipziger Ratssteinmetzen Friedrich Fuß († 1618) anvertraut, der 1598 aus dem Elsass in die sächsische Handelsmetropole gekommen war und hier in seinem Berufsstand eine Schlüsselstellung einnahm. Neben

Bau- und Steinmetzarbeiten erhielt er auch Aufträge, die ebenfalls im Bereich der Steinbildhauerei liegen können, so die Anfertigung von Grabplatten. Dafür beschäftigte er zahlreiche Steinmetzten und vermutlich auch Bildhauer.37 Sollte Böhm als Geselle in Leipzig gewesen sein, konnte er an den Kaminen Ansätze moderner Knorpelwerk-Ornamentik studieren, die hier allerdings noch mit dem älteren Roll- und Beschlagwerk kombiniert wurden. Ein anderes moderneres, sehr qualitätsvolles Stück sah Hainhofer und möglicherweise auch Johann Böhm in der Thomaskirche: Die Taufe dieser Kirche wurde 1614 in Auftrag gegeben und schon im Januar des Folgejahres aufgestellt. In der Kirche erhalten hat sich nur der Taufstein, während die hölzerne, mit etlichen Alabasterfiguren geschmückte Decke größtenteils der Beschädigung der Kirche im Zweiten Weltkrieg zum Opfer fiel. Durch die Kirchenrechnungen gut dokumentiert sind die Entstehungsumstände des Werkes: Der Marmor wurde, wie nicht anders zu erwarten, bei Nosseni eingekauft, die Tropenhölzer für die Decke in Nürnberg und Hamburg. Der Dresdner Hoftischler Hans Schieferstein († 1631) entwarf und lieferte den hölzernen Korpus der Decke. Die Lieferung der Steinplastik aber wurde dem Magdeburger Bildhauer Georg Kriebel (1583–1645) übertragen.38 Eindrucksvoll belegt dieses Beispiel, wie komplex und auch räumlich weitgespannt die Zusammenarbeit verschiedener Künstler und Handwerker bei der Durchführung eines solchen Auftrags von nicht einmal allzu großem Umfang gestaltet sein konnte. Es ist davon auszugehen, dass alle umfangreichen Bildhauerarbeiten dieser Jahre, also auch die größeren Epitaphien und Altaraufbauten der BöhmWerkstatt, von mehreren Personen geschaffen wurden. Wie im Fall des Leipziger Taufsteins dürften mitunter auch bei weiteren Werken Meister aus verschiedenen Zentren kooperiert haben. Zudem übernahmen wandernde Gesellen bedeutende Teile der Arbeit. Dieser intensive Austausch relativiert von vornherein eine scharfe Trennung verschiedener Bildhauerschulen und damit auch Versuche konkrete Quellen künstlerischer Inspiration zu benennen. So wurde der Hauptmeister des Leipziger Taufsteins Georg Kriebel 1583 als Sohn eines Goldschmieds in Chemnitz geboren und starb 1645 im Dienst des dänischen Königs in Glückstadt an der Elbe. 1611 heiratete er in der Leipziger Nikolaikirche eine Bedienstete des Leipziger Großkaufmanns Thomas Lebzelter des Jüngeren (1570–1632), der als Kirchenvorsteher der Thomaskirche an der Auftragsvergabe der Taufe maßgeblich beteiligt gewesen sein dürfte.39 Weitere Aufträge oder signierte Werke des

Die Kunst der Bildhauer in Leipzig und Dresden in ihrem Verhältnis zum Schaffen Johann Böhms

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4  Heinrich Hünefeld, Levin Tydeche und Franz Julius Döteber: Epitaph des Herzogs Johann von Sachsen-Weimar, der Herzogin Dorothea Maria und Kinder, Weimar, Stadtkirche, datiert 1617

Meisters konnten in Mitteldeutschland bislang nicht festgestellt werden. Kriebels Rolle in der Magdeburger Bildhauerei ist damit ungeklärt. Möglicherweise kooperierte er häufig mit Meistern in Magdeburg, Leipzig und andernorts. Als Chemnitzer könnte er für Böhm ebenfalls ein bevorzugter Ansprechpartner gewesen sein, falls beide, wie hier vermutet, mit der Hegewald-Werkstatt bekannt waren. Erst nach Abschluss der Hauptarbeiten an der Taufe für die Thomaskirche wurde 1615 für dekorative Ergänzungsarbeiten an der Taufdecke mit Franz Julius Döteber auch der wichtigste Leipziger Bildhauer dieser Jahre hinzugezogen.40 Der 1575 in der niedersächsischen Resi­ denz Celle geborene Bildhauer absolvierte seine Lehre in Braunschweig und anschließend in Hildesheim, in der selben Bildhauerwerkstatt der Familie Wulffs für die später auch der nachmals führende Magdeburger Bildhauer Christoph Dehne zeitweise arbeitete. 1601 kam Döteber nach Leipzig und dürfte in den ersten Jahren hier zunächst partnerschaftlich mit den etablierten Meistern Valentin Silbermann und Friedrich Fuß zusammengearbeitet haben.41

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Als 1611 der aus Bremen stammende und seit 1605 in Leipzig ansässige Bildhauer Heinrich Hünefeld über umfangreichen Arbeiten für die Herzoginwitwe Dorothea Maria von Sachsen-Weimar verstarb, erweiterte sich Dötebers Tätigkeitskreis auch auf Thüringen: 1614 ist er mit einer kleineren Bildschnitzerarbeit in Weimar archivalisch nachweisbar und die nach dem Tod des Meisters 1648 gedruckte Leichenpredigt berichtet, dass er bei den Herzögen von Sachsen-Weimar in besonderer Gunst stand. Sehr wahrscheinlich beteiligt war er in diesem Zeitraum an der Ausführung des Epitaphs für Herzog Johann von Sachsen-Weimar (1570–1605) und seine Familie (Abb. 4) im Chor der Weimarer Stadtkirche. Dieses mächtige Werk ist mit seinen zahlreichen Figuren, der Masse des Knorpelwerkornaments, durch seine Höhe und starke Tiefenstaffelung das größte erhaltene Epitaph des frühen 17. Jahrhunderts in Mitteldeutschland und zählt auch qualitativ zu den bedeutendsten plastischen Werken dieser Jahre in Deutschland. Seine Vollendung 1617 fällt noch in die Wanderjahre Johann Böhms.42 Sigfried Asche fühlte sich bei dem großen Weimarer Epitaph an Werke Johann Böhms erinnert. Neben der in Weimar ebenso wie bei Steinarbeiten Böhms begegnenden Kontrastierung von hellem Alabaster mit einem dunkelgrauen Grund ist es vor allem der Aufbau mit dem erhöhten, von einem Korbbogen abgeschlossenen Mittelfeld, den vorgezogenen Säulen und den niedrigen Seitennischen des Epitaph-Altars in Großolbersdorf, die Asche zu der Annahme veranlasste, Böhm müsse das Denkmal der herzoglichen Familie gekannt haben.43 Der Aufbau des Weimarer Epitaphs folgt allerdings seinerseits dem ehemaligen Altar der Leipziger Nikolaikirche von Valentin Silbermann, sodass Böhm sich ebenso gut an diesem inspiriert haben mag. Die Benennung von konkreten Vorbildwerken kann prinzipiell nur einen unsicheren Status beanspruchen, da aufgrund der enormen Verluste die tatsächliche Inspirationsquelle möglicherweise gar nicht erhalten ist. Figürliche und ornamentale Einzelmotive variieren zudem häufig weitverbreitete Stichvorlagen, welche ihrerseits selbst ältere Bilderfindungen modifizieren. In einem unspezifischen Sinn bleibt die Verwandtschaft des Weimarer Epitaphs zu späteren Werken Böhms allerdings festzuhalten und kann als Beleg dienen, dass seine Kunst nicht zuletzt auch aus Innovationen der Leipziger Bildhauerei des frühen 17. Jahrhunderts schöpfte. An der Ausführung des Weimarer Werks vermutlich maßgeblich beteiligt waren der aus dem erzgebirgischen Bärenstein stammende Weimarer Bildhauer Matthes Ditterich und insbesondere der norddeutsche Bild-

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5  Franz Julius Döteber zugeschrieben: Epitaph Johann von Kostitz († 1611) und Familie, Merseburg, Dom

6  Franz Julius Döteber zugeschrieben: Epitaph Johann von Kostitz († 1611) und Familie, Merseburg, Dom, Detail des Hauptreliefs

hauergeselle Levin Tydeche (†  1625), welcher später sein überdurchschnittliches künstlerisches Talent augenscheinlich auch in den Dienst der Döteber-Werkstatt stellte. Zu vollenden waren in Thüringen nach dem Tod Heinrich Hünefelds neben dem Weimarer Epitaph auch die Kanzel und der Altaraufbau der Kapelle des herzoglichen Jagdschlosses Reinhardtsbrunn, beide aus Marmor und Alabaster gefertigt, mit Figuren und Ornament reich geschmückt. Die Kanzel befindet sich heute in der Trinitatiskirche in Gera, das große auf eine Kupferplatte gemalte Gemälde des Altars in der Gothaer Margarethenkirche und der dazugehörige plastische Rahmen in der dortigen Kirche St. Salvator. Wiederum von Interesse für die weitgespannte künstlerische Kooperation in diesen Jahren ist die Nachricht, dass der Dresdner Hofmaler Joachim Schreyvogel († 1633) das Entwurfsmodell des Altars lieferte, die Witwe Hünefelds in Leipzig als Auftraggeberin fungierte, die Ausführung aber insbesondere bei den genannten Bildhauern Ditterich und Tydeche in Weimar lag.44 Im zweiten Jahrzehnt des 17. Jahrhunderts entstanden in der Leipziger Werkstatt Franz Julius Dötebers eine

Reihe umfangreicher, künstlerisch anspruchsvoller Marmor- und Alabaster-Epitaphien. Die Epitaphien des Domprobst Johann von Kostitz (1541–1611) (Abb. 5, 6) im Merseburger Dom, des Ratsherren Daniel Leicher (1544–1612) (Abb.  7) in der Leipziger Thomaskirche und des kurfürstlichen Rates Johann von Wolffersdorff (1549–1611) in der Dorfkirche von Dehlitz bei Weißenfels bilden mit ihrem architektonischen Aufbau, Teilen der Ornamentik und auch durch figürliche Details den unzweifelhaft zusammengehörigen Kern dieser Gruppe. Daran schließen sich deutlich die Fragmente eines manieristischen Epitaphs im Besitz der Naumburger Wenzelskirche an. Sie stammen höchstwahrscheinlich von dem Epitaph des Bürgermeisters Sixtus Braun († 1612), welches nachweislich um 1614 in einer Leipziger Werkstatt in Arbeit war. Zu nennen ist schließlich noch das qualitativ ebenso herausragende Stand-Epitaph für den kursächsischen Rentmeister Caspar Tryller (1542–1625) und seine Frau (Abb. 8) in der Jakobikirche in Sangerhausen. Die Beziehungen Tryllers zum Hof in Dresden und insbesondere auch zu Nosseni selbst machen es wahrscheinlich, dass sich der ungewöhnliche Gesamt-

Die Kunst der Bildhauer in Leipzig und Dresden in ihrem Verhältnis zum Schaffen Johann Böhms

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7  Franz Julius Döteber zugeschrieben: Epitaph des Daniel Leicher († 1612), Leipzig, Thomaskirche

8  Epitaph Caspar von Tryller und Frau, Sangerhausen, St. Jacobi, um 1619

entwurf dieses Epitaphs einem Dresdner Hofkünstler verdankt. Ornamentales und Figürliches belegen aber den engen Zusammenhang mit den zuvor genannten Leipziger Werken.45 In Hinblick auf den Gesellen Johann Böhm, auf mög­liche Stationen seiner Wanderschaft und künstleri­ sche Prägungen, die er dabei empfing, ist die Gruppe dieser Epitaphien von besonders großem Interesse. Ihre mutmaßliche Entstehungszeit deckt sich in Teilen mit den Jahren, in denen Böhm vermutlich auf Wanderschaft war: Mit dem Auftrag für das Merseburger Epitaph des Jan von Kostitz im Zusammenhang stehen könnte die Anwesenheit des Leipziger Ratssteinmetzen Friedrich Fuß 1616 im Merseburger Domstift. Die Anbringung des Dehlitzer Epitaphs ist für 1618/19 belegt.46 Der kleine Kreis der Leipziger Bildhauer dürfte in dem fraglichen Zeitraum mit den Aufträgen für diese und andere Werke ihre Kapazitätsgrenzen überschritten haben. Die Übertragung von großen Teilen der beauftragten Arbeiten entweder an auswärtige Meister, wie möglicherweise an den Magdeburger Georg Kriebel, insbesondere aber an wandernde Gesellen ist nicht

nur wahrscheinlich, sondern zwingend anzunehmen. Sie findet Bestätigung durch erhebliche stilistische Unterschiede auch an wichtigen Teilen der genannten Grabdenkmäler. Aus einem späteren Brief des Meisters erfährt man ausdrücklich, dass Franz Ju­lius Döteber zur Durchführung größere Aufträge selbst­verständlich »gute, versuchte, unndt geübete gesellen« be­nö­tigte.47 Sollte Johann Böhm zwischen 1615 und 1619 in Leipzig Arbeit gesucht haben, wird er sie hier gefunden haben. Das im Zweiten Weltkrieg in der Schneeberger Wolf­ gangs­k irche zerstörte Epitaph Röhling (vgl. Abb.  34 im Beitrag L. Vogel), entstanden bald nach 1627, hatte als Böhms frühestes erhaltenes Epitaph besonderes Gewicht in der Frage nach seiner künstlerischen Prägung. Der Hinweis Asches auf die Vorbildwirkung von Arbeiten der Magdeburger Dehne-Werkstatt ist bei diesem Werk nicht von der Hand zu weisen.48 Ebenso ausgeprägt aber ist die architektonische und ornamentale Verwandtschaft zu einigen der Epitaphien der Leipziger Bildhauerschule, insbesondere jener in Merseburg und Sangerhausen.49 Die etwas stärkere Betonung des architektonischen Rahmens aus Säulen und Gesimsen

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weiträumige Zusammenarbeit der Meister zwischen Norddeutschland und Obersachsen verschiedene Bildhauer zu ähnlichen künstlerischen Lösungen gelangen konnten. Ein starker Einfluss der Leipziger Plastik auf das Schaffen Johann Böhms, geschöpft aus seiner intimen Kenntnis einiger Leipziger Arbeiten, bleibt jedoch hochwahrscheinlich.

9  Detail des Epitaphs Bose, Zwickau, Dom

des Epitaphs Röhling im Vergleich mit den von stark plastischem Knorpel- und Schweifwerk überwucherten Magdeburger Epitaphien muss nicht, wie von Asche vorgeschlagen, auf den direkten Einfluss von Werken der Dresdner Bildhauerschule zurückgeführt werden. Sie entspricht der Stilhaltung der Leipziger Schule im zweiten Jahrzehnt des 17. Jahrhunderts, die nicht nur geographisch, sondern auch künstlerisch zwischen Dresden und Magdeburg zu verorten ist. Wendet man sich Böhms um 1637 geschaffenen Epitaph für Caspar von Bose (Abb. 9) im Zwickauer Dom zu, finden sich daran figürliche Details, die motivisch wie stilistisch stark für eine Kenntnis der Magdeburger Bildhauerei sprechen.50 Das vergleichsweise ruhige Mittelrelief mit der Ölbergszene hingegen weist wiederum in einigen Gestaltungsmerkmalen, bis hin zu den scharfgratigen, teilweise rechteckig gebrochenen Gewandfalten, eine so starke Nähe zu einem Leipziger Werk, wie dem deutlich älteren Epitaph von Kostitz in Merseburg auf, dass man hier sogar ganz konkret an eine Mitarbeit des jungen Böhm denken möchten. Es ist allerdings dabei nochmals zu bedenken, dass durch wandernde Gesellen und eine

Die Krise der Bildhauerei in Dresden und ihre Entwicklung nach dem Krieg Als 1620 Giovanni Maria Nosseni starb, wurde Sebastian Walther in Nachfolge Nossenis auch als Inspektor der sächsischen Marmor-, Alabaster- und Serpentinbrüche eingesetzt. Das Privileg zur Ausbeutung der Steinbrüche fiel allerdings an den Kurfürsten zurück, der es 1629 dem Offizier Ritter Johann Melchior von Schwalbach übertrug. Walther wurde mit dem Tod Nossenis zudem Leiter des 1617 wiederaufgenommen Baus des Lusthauses auf der Jungfernbastei. Die Ausgestaltung des Lusthauses beschäftigte den Meister und seine Mitarbeiter noch Jahre lang, wobei die Fertigstellung durch den Einbruch des Krieges erschwert und verzögert wurde. Mit der vollständigen Zerstörung dieses Prachtbaus durch die Explosion des darunterliegenden Sprengstoffdepots im Jahr 1747 ging, nach dem Befund Walter Hentschels, der jahrelange Ertrag und das Hauptwerk der Dresdner Bildhauerei des frühen 17.  Jahrhunderts verloren, ein Umstand, der die kunsthistorische Würdigung ihrer Leistung für immer einschränkt.51 Da Sebastian Walther um 1620 zwar zahlreiche Töchter, aber keinen Sohn hatte, schien die Fortführung der Werkstatt in direkter Linie gefährdet. Mit der Eheschließung zwischen dem bereits oben erwähnten langjährigen Mitarbeiter Walthers, dem aus Chemnitz stammenden Bildhauer Zacharias Hegewald, und seiner Tochter Victoria 1626 wurde Hegewald der designierte künstlerische Erbe des führenden Dresdner Meisters. Seine Stellung in der sächsischen Bildhauerei lässt sich schwer beurteilen, da nur wenige, noch erhaltene Arbeiten für ihn gesichert sind. Laut einer Überlieferung arbeitete er zusammen mit Sebastian Walther Teile des in Fragmenten erhaltenen Grabdenkmal Nossenis. Um 1630/31 schuf Hegewald für die kurfürstliche Kunstkammer zwei lebensgroße Steinfiguren Adams und Evas, die im Zweiten Weltkrieg zerstört wurden. Sein Monogramm ZH trägt die hölzerne Kleinplastik des toten Christus im Wiener Kunsthistorischen Museum, von der ausgehend dem Meister einige weitere qualitätsvolle Kleinplastiken zugeordnet werden konnten, wie auch die heute in der Dresdner Kreuzkirche zu besichtigende

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lebensgroße Sandsteinfigur eines Ecce homo von dem 1634 in Auftrag gegebenen Epitaph des Kanzlers Dr. David Pfeifer († 1602). Unter Vorbehalt Hegewald zugeschrieben wurde das Epitaph für Wolf von Ponickau (1627) in der Marienkirche in Kamenz. Die Grundlage dafür bildete der Vergleich mit Teilen eines für die Hegewald-Werkstatt gesicherten Altars für die Kirche von Kötzschenbroda bei Dresden, welche ebenfalls im Zweiten Weltkrieg zerstört wurde. Der Vergleich mit den oben genannten sehr viel subtileren Einzelfiguren Hegewalds lässt vermuten, dass die Werke in Kötzschenbroda und insbesondere Kamenz kaum vom Meister selbst gefertigte Plastik aufweisen. Über dem Auftrag für Kötschenbroda verstarb Zacharias Hegewald 1639 im Alter von nur 43 Jahren in der Stellung eines Hofbildhauers.52 Sein früher Tod dürfte für die Kon­tinuität der Dresdner Bildhauerschule ein schwerer Schlag gewesen sein und die wachsende Bedeutung der Böhm-Werkstatt in Schneeberg befördert haben. Den Niedergang der Dresdner Bildhauerei be­schleu­ nigte darüber hinaus die katastrophale wirtschaftliche Lage der Dresdner Meister nach dem direkten Einbruch des Dreißigjährigen Krieges in Kursachsen. Beredtes Zeugnis davon gibt ein Klageschreiben Sebastian Walthers an seinen Dienstherren, den sächsischen Kurfürsten, von 1638, aus dem hervorgeht, dass die Familie Walther in dieser Zeit hungerte. Das Hofgehalt wurde nicht gezahlt und Aufträge gab es offenbar kaum. Aus eigenem Schaffensdrang oder in vergeblicher Hoffnung auf einen Ankauf fertigte Sebastian Walther 1640 sein letztes gesichertes Werk, das Alabasterrelief einer Verkündigung an die Hirten, das sich heute im Dresdner Grünen Gewölbe befindet. Das Relief gelangte erst 1668 aus dem Besitz der Walthers in die kurfürstliche Kunstkammer.53 Während also Johann Böhm, nicht zuletzt dank des reichen Obristen Carl von Bose, in einer Reihe anspruchsvoller Aufträge seine künstlerischen Fähigkeiten weiterentwickeln konnten, kam in der ausgebluteten Residenzstadt das Kunstleben offenbar zeitweise annährend zum Erliegen. 1645 starb hier mit Sebastian Walther der einst füh­ rende Bildhauer.54 Unter den Bildhauern, die in diesen Jahren die vermutlich spärlichen Aufträge des Hofes und seines Umfeldes ausführten, waren zwei Meister, die in alter Tradition mit der Walther-Dynastie verschwägert waren: Wolf Ernst Brohn (ca. 1600–1664) war der Enkel einer Schwester Sebastian Walthers und wurde nach dessen Tod als kurfürstlicher Bildhauer am fast vollendeten Lusthausbau bestallt, an dem er bereits lange mitgearbeitet hatte. Er schnitzte das Modell für den in

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10  Altar von Hans Georg Kretzschmar, Pretzsch, Kirche, 1652

Freiberg von Hans Hilger gegossenen Kruzifixus auf der Prager Karlsbrücke. Sein wichtigstes nachweisbares Werk war das Epitaph für Herzogin Sophie Hedwig († 1652), ehemals in der Dresdner Sophienkirche. Die in Bronze gegossenen knienden Figuren der Herzogin und zweier kleiner Prinzen haben sich im Freiberger Dom erhalten. Von ganz neuartiger Wucht und Masse war die Rahmung dieser Figuren, eine Ädikula-Architektur, bekrönt von einem Kruzifix über gesprengtem Giebel, geschmückt unter anderem von schweren Girlanden und zwei derb wirkenden Seitenwangen, gebildet aus Voluten und weiblichen Halbfiguren.55 Ein weiterer Dresdner Bildhauer, der nach dem Ende des Dreißigjährigen Krieges umfangreichere Aufträge erhielt, war der aus Colditz stammende und mit einer Tochter Sebastian Walthers verheiratete Hans Georg Kretzschmar (1612–1653). 1648 schuf er den Altar in der Bergkirche in Pillnitz und 1652 den ganz ähnlichen Altar (Abb. 10) sowie die Kanzel (Abb. 11) in der Kirche von Pretzsch, wo Wolff Christoph von Arnim (1607–1668), einer der höchsten sächsischen Beamten und Militärs dieser Jahre, 1647 das Schloss erworben hatte.56 Ebenso

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11  Hans Georg Kretzschmar: Kanzel (Detail), Pretzsch, Kirche, 1652

wie Brohns Epitaph der Herzogin Sophia Hedwig unterscheiden sich diese Arbeiten in ihrer stilistischen Eigenart sowohl fundamental von den Werken der Nosseni-Schule wie auch von dem feingliedrigeren, stärker bewegten Manierismus, dem insbesondere die frühen Arbeiten Johann Böhms angehören. Weitere im architektonischen Aufbau verwandte Altäre aus dem zweiten Viertel des 17. Jahrhunderts haben sich im Raum Dresden in Teilen erhalten. Beträchtliche Über­ einstimmung der beiden Altäre Kretzschmars bestehen auch mit dem Aufbau von Böhms Altar in Wolkenburg (1648; vgl. Abb. 34 im Beitrag G. Vogel).57 Stilgeschichtlich sind die Werke in Pillnitz und Pretzsch im regionalen Kontext wichtige und charakteristische Vertreter eines ganz späten Manierismus, eines merkwürdigen, hybriden Stils, dessen Einzelelemente zum Teil noch in der Tra­dition des 16. Jahrhunderts stehen, die noch immer das wilde Knorpelwerk des frühen 17. Jahrhunderts in recht grober Form zum Schmuck verwenden, die aber auch Barockes im Ausdruck der Plastik hinzufügen. Alt wirkt bei dem Pretzscher Altar das zentrale Abendmahlsrelief in Verbindung mit den beiden rollwerkgerahmten Inschriftentafeln der Sockelzone. Barock sind die von

Wein umrankten gedrehten Säulen. Die Figuren wirken im Verhältnis zur Architektur überdimensioniert – eher derb – die besten unter ihnen aber auch kraftvoll, unbefangen und lebendig. Neben Brohn und Kretzschmar waren in diesen Jahren in Dresden weiterhin die Bildhauer Conrad Buchau († 1657) und Hieronymus Barthel († 1640) tätig, letzterer Spross einer bereits im 16.  Jahrhundert nachweisbaren Steinmetz- und Bildhauerfamilie. Von beiden Meistern konnten bislang nur wenige Arbeiten festgestellt werden. Beide waren Väter von Bildhauern, die im letzten Drit­tel des 17. Jahrhunderts eine gewisse Bedeutung für die sächsische Plastik erlangten: Von dem seit 1666 in Dresden tätigen Abraham Conrad Buchau (1623–1701) stammt die 1667 datierte, wuchtige Sandsteinkanzel der Stadtkirche St. Marien in Mittweida. Mit etlichen anderen Bildhauern schuf er die Plastik für die Fassade des Palais im Großen Garten in Dresden, des bedeutendsten künstlerischen Projekts in der Residenz nach dem Ende des Krieges. Unter den Bildhauern, die ab 1678 neben Buchau höchstwahrscheinlich an diesem Bauwerk mitwirkten, befand sich mit George Hermann († nach 1700) auch ein Dresdner Bildhauer, den Sigfried Asche für einen der Schüler Johann Böhms hielt.58 Melchior Barthel (1625–1672), Sohn des vorgenannten Hieronymus, verließ Dresden nach dem Tod des Vaters 1640, ohne dass er seine Lehre bei diesem abschließen konnte. Es ist bezeichnend für die Situation der Dresdner Bildhauerei in diesem Zeitraum, dass sich der junge Barthel 1641 nach Schneeberg wandte, um hier bei Johann Böhm bis 1645 seine Lehre abzuschließen. Diese durch die gedruckte Leichenpredigt Barthels überlieferte Nachricht, deutet darauf hin, dass Böhms Werkstatt bereits um 1640 in der Residenz bekannt war, dass sie einen guten Ruf genoss und insbesondere, dass sie selbst in den letzten Jahren des Dreißigjährigen Krieges, als weite Teile des Reichs verwüstet und entvölkert waren, einem Lehrling jahrelang Arbeit bieten konnte. Melchior Barthel setzte 1645 seine Wanderschaft in Richtung Süden fort. Er fand Arbeit bei Meistern in Regensburg, Passau und Ulm. 1651 gelangte er nach Rom, damals die unbestrittene europäische Kunsthauptstadt und Wirkungsort des berühmtesten Bildhauers und Baumeisters der Epoche Gian Lorenzo Bernini (1598–1680). 1654 kam Melchior Barthel nach Venedig. In der Handels- und Kunstmetropole an der Adria fand er für ganze siebzehn Jahre seine neue Heimat. Er konnte hier als Bildhauer an Projekten mitwirken, die in ihrem Umfang und qualitativen Anspruch nördlich der Alpen in diesen Jahren unvorstellbar waren. Wohl um

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12  Melchior Barthel: Detail mit der Figur Johannes des Täufers auf dem Altar der Cappella Mora, Venedig, Chiesa degli Scalzi, um 1660

13  Detail des Grabmals des Dogen Giovanni Pesaro mit Figurengruppe der personifizierten Wahrheit und Gerechtigkeit, Santa Maria Gloriosa dei Frari, Venedig

etwa 1660 signierte Barthel eine Skulptur Johannes des Täufers auf dem Altar der Cappella Mora (Abb. 12) in der venezianischen Chiesa degli Scalzi. In Venedig war er Teil einer Gruppe von Bildhauern aus verschiedenen europäischen Ländern, welche unter Leitung des damals füh­renden venezianischen Architekten Baldassare Lon­ghena († 1682) umfangreiche Altaraufbauten und Grab­­denkmäler schufen. So wirkte er 1663 bis 1664 an der Fertigstellung des von Longhena entworfenen Haupt­a ltars der Kirche San Pietro di Castello mit und steuerte zu diesem die beiden monumentalen Figuren der Heiligen Markus und Petrus bei. An dem zwischen 1665 und 1669 errichteten riesigen Grabmal des Dogen Giovanni Pesaro (1589–1659) in der Frarikirche war er mit einer Figurengruppe der personifizierten Wahrheit und Gerechtigkeit (Abb. 13) ebenfalls prominent beteiligt.59 Spätestens in Venedig wird Melchior Barthel mit

Wolf Caspar von Klengel (1630–1691) auch den Mann kennengelernt haben, der schließlich Barthels Rückkehr in seine Heimatstadt veranlasste. Von Klengel, Sohn eines kursächsischen Rates, stand 1654/55 als Hauptmann und als Spezialist für Festungsbau in venezianischen Diensten. 1656 wurde er durch den neuen sächsischen Kurfürsten Johann Georg II. als Oberlandbaumeister nach Dresden berufen und erlangte als Architekt und Hofkünstler zentrale Bedeutung für die künstlerische Entwicklung Sachsens in der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts.60 Mit der von Klengel veranlassten Ernennung Melchior Barthels durch Kurfürst Johann Georg  II. (1613–1680) zum Hofbildhauer wäre in Dresden ein Meister bestimmend geworden, der die barocke Skulptur im Rom Gianlorenzo Berninis an der Quelle studiert hatte und der sich in dem bedeutenden Kunstzentrum Venedig jahrelang mit Erfolg behauptet hatte. Jedoch

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kam Melchior Barthel 1670 schon krank in Dresden an und starb hier im November 1672.61 Das Dresdner Grüne Gewölbe besitzt einige erlesene Elfenbeinplastiken des Meisters. Kurz nach dem Tod Barthels ist um 1673 der Erbe der Schneeberger Werkstatt Johann Heinrich Böhm der Ältere erstmalig im Dienst des sächsischen Kurfürsten nachweisbar.62 Barthels Grabstein fertigte mutmaßlich der gleichaltrige Dresdner Bildhauer Christoph Abraham Walther (nach 1625–1680), dessen Lebensweg sich mit dem Barthels mehrfach gekreuzt hatte. Als einzigem männlichen Erben Sebastian Walthers und damit der Waltherischen Bildhauerdynastie in Dresden wäre vor allem er als erster Hofbildhauer des Kurfürsten vorbestimmt gewesen. Beim Tod seines etwa 50 Jahre älteren Vaters 1645 dürfte Christoph Abraham Walther jedoch noch zu jung gewesen sein, um die Werkstatt zu übernehmen. Es ist ungewiss, ob er überhaupt seine Lehre noch beim Vater abschließen konnte, der im fraglichen Zeitraum sein sechzigstes Lebensjahr deutlich überschritten hatte und nachweislich kaum Aufträge erhielt. Daraus ableiten dürfte sich die beiläufige Annahme Walter Hentschels, der in Johann Böhm d. Ä. den Lehrmeister Christoph Abraham Walthers vermutete. Nachweisbar ist der wandernde Geselle Walther durch die Leichenpredigt Melchior Barthels, der ihn in Ulm bei dem Bildhauer David Heschler traf. 1653 heiratete Walther in Regensburg die Tochter des Bildhauers Heinrich Wilhelm, für den etwas früher bereits Melchior Barthel tätig gewesen war, und übernahm nach dessen Tod die Werkstatt. Mit der Werkstatt erbte Walther einen großen Auftrag des oberösterreichischen Stiftes Lambach: Für den Innenraum der Klosterkirche schnitzte seine Werkstatt 1655 bis 1656 die Figuren Christi, Marias, Josephs, Johannes des Täufers und der Apostel. Nichts bekannt ist über die künstlerische Tätigkeit Walthers in Regensburg selbst, wo er immerhin von 1654 bis maximal 1664 eine Werkstatt leitete. Allerdings war er hier nicht der einzige Bildhauer. So erhielt die Aufträge für den Figurenschmuck von Regensburger Brunnen 1659 und 1661 der einheimische Meister Leopold Hilmer. Bemerkenswert ist es, dass Christoph Abraham Walther noch in Regensburg wohnhaft Aufträge in seiner fernen Heimatstadt erlangte, so 1653 für die Justitia eines nicht erhaltenen Brunnens auf dem Dresdner Altmarkt und 1658 das Modell für ein Kruzifixus. Das Kruzifixus wurde von dem Stückgießer Andreas Herold in Bronze gegossen und 1670 auf der Dresdner Elbbrücke aufgestellt. 1845 stürzte es bei einem Hochwasser in den Fluss. Walthers Modell verbrannte 1945 mit der Sammlung des Dresdner Altertumsvereins. Wenn Wolf Kaspar von Klengel 1659

Kurfürst Johann Georg  II. nach der Inspektion des Grunaer Marmorsteinbruchs berichtet63, der Bischof von Regensburg habe aus diesem vier lange, starke Säulen von schwarzem Marmor erhalten, so ist zu vermuten, dass Christoph Abraham Walther hier involviert war. Vermutlich reiste er wiederholt von Regensburg nach Dresden und dürfte dabei durch Schneeberg gekommen sein. Erst um 1664 kehrte der Bildhauer gänzlich in seine Heimatstadt Dresden zurück und erwarb hier 1666 das Bürgerrecht. Nach dem Brand der Dresdner Kreuzkirche 1669 lieferte Walther im Zuge ihrer Erneuerung etliche Skulpturen. Sie blieben ebenso wenig erhalten, wie das ihm zugeschriebene, erst im Zweiten Weltkrieg zerstörte Grabmal der 1677 verstorbenen Frau des Leinwandhändlers Johann Stubing.64 Als Hauptwerk Christoph Abraham Walthers in Sachsen hat deshalb nach heutigem Kenntnisstand der Altaraufbau der Kirche in Schönfeld (Abb. 14, 15) zwischen Dresden und Pirna zu gelten. Die zentralen Felder dieses aus Holz gefertigten Retabels nehmen Gemälde des Pirnaer Malers Jonas Eywigk ein: in der Predella eine Anbetung der Hirten, in der Hauptzone darüber das Abendmahl vor der Kulisse eines hohen Palastes und im Auszug eine kleine Kreuzigung. »Ionas Eijwigk Mahler zu Pirna.16.58.« signierte und datierte seine Arbeit in der zentralen Abendmahlsdarstellung, welche zwei von Weinlaub umrankte Säulen flankieren. Zwei stehende Engel außen seitlich neben diesen Säulen und zwei weitere sitzende Engel auf dem darüber liegenden Gesims halten die Leidenswerkzeuge Christi Geißelsäule, Kreuz, Lanze und Schwamm sowie Hammer und Kreuzesnägel. Auch die Kinderengel auf dem Schenkel des obersten Giebels dürften ursprünglich Arma Christi präsentiert haben, möglicherweise Geißel und Dornenkrone. Christus selbst in der Gestalt des Auferstandenen mit Kreuzesfahne, bekrönt den Altaraufbau. Die prächtige Farbfassung der Architektur, der Figuren und Ornamente mit dem frischen Inkarnat, den leuchtenden Lüsterfarben und den umfangreichen Vergoldungen vor schwarzen Grund wurden erst in jüngster Vergangenheit freigelegt und restauriert.65 Ausweislich der Rechnungsbücher der Kirche wurden bereits im Jahr 1656 »Christoff Abraham Waltern Bildhauern zu dreßden von Altar zu machen und zu setzen« 180 Gulden ausgezahlt. Unter den weiteren Ausgaben befand sich ein Trinkgeld für seine Gesellen und die Erstattung der Kosten für den Transport der Altarteile von Dresden nach Schönfeld.66 Die Figuren des Schönfelder Altares scheinen geeig­ net, das künstlerische Verhältnis Walthers zu seinem

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14  Gemälde: Jonas Eywigk, Plastik: Christoph Abraham Walther, Schönfeld-Weißig (OT Schönfeld), Kirche, Altar, 1656–58

15  Engel mit Leidenswerkzeug Christ, Schönfeld-Weißig (OT Schönfeld), Kirche, Altar, 1656–58

mut­maß­lichen Lehrer Johann Böhm stilistisch zu klären, denn von Böhm haben sich, etwa mit den Engeln in der Zwickauer Katharinenkirche, Schnitzfiguren erhalten, die motivisch gut vergleichbar sind. Die sieben Figuren des Schönfelder Altars sind meisterhafte Schnitzarbeiten in ausgeprägt manieristischen Haltungsposen. Charakteristisch sind Gesichter mit kleinen Mündern, geraden, schmalen, allenfalls wenig über das Niveau der Stirn vorspringenden Nasen sowie kleinen mandelförmigen Augen unter hohen Augenlidern. Die Falten der Gewänder mit den zahlreichen Kurven und Brechungen der Wülste und Kehlen sind abwechslungsreich und werden insgesamt von konkaven Formen dominiert. Gemeinsamkeiten mit der Plastik Böhms scheinen bei kritischer Betrachtung eher allgemeiner, zeitbedingter Art. Ein stilprägender Einfluss des Schneebergers auf den jüngeren Dresdner Bildhauer lässt sich hier nicht nachweisen. Walther könnte hingegen wichtige Anregungen aus Regensburg, mit seinem umfangreichen und hochwertigen Bestand an Skulpturen des 17. Jahrhunderts, oder auch aus an-

deren süddeutschen Orten mitgebracht haben. Weitere Arbeiten seiner Werkstatt dürften sich möglicherweise in Österreich, in Süddeutschland und insbesondere in Sachsen, vielleicht sogar in größerer Zahl erhalten haben. Mit dem Tod Christoph Abraham Walthers im Jahr 1680 endete die 150 Jahre währende Tätigkeit der Bildhauerdynastie Walther in Dresden. Nur neun Jahre später begann hier mit der Berufung Balthasar Permosers 1689 eine neue Epoche.

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Entwicklungen der Leipziger Bildhauerei vom Einbruch des Krieges bis 1680 Leipzig blieb, ebenso wie Dresden und das übrige Terri­ torium des Kurfürstentums Sachsen, in den ersten Jahren des Dreißigjährigen Krieges von Kampfhandlungen ver­schont. Als aber 1631 der Krieg direkt auf sächsisches Territorium übergriff, wurde das Gebiet um die Stadt sofort ein Hauptkampfplatz: In der Schlacht beim heute nach Leipzig eingemeindeten Breitenfeld schlugen die vereinigten schwedischen und sächsischen Truppen die

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kaiserliche Armee und schon im folgenden Jahr 1632 siegte und fiel der Schwedenkönig Gustav Adolf in der Schlacht von Lützen, wieder nicht weit vor den Toren Leipzigs. Die Stadt selber wurde mehrfach bombardiert, besetzt und durch hohe Kontributionen ausgepresst.67 1637 kampierten laut Vogels Leipziger Stadtchronik beinahe 900 Flüchtlinge, darunter viele Kranke, in den Schwibbögen des mit zahlreichen Epitaphien prächtig ausgestatteten Stadtgottesackers. Im selben Jahr und er­neut 1644 verwüsteten schwedischen Soldaten den Friedhof vollständig. Doch auch in diesen langen Jahren der Krise und des Krieges wurden für Instandhaltung und Ausbau der städtischen Kirchen Mittel bereitgestellt. So begann 1625 die Renovierung der großen Orgel der Nikolaikirche. 1627 ließ die Universität für 3000 Gulden auch die Orgel der Universitätskirche St. Pauli renovieren und eine neue Begräbniskapelle an diese Kirche anbauen. In der Nikolaikirche erfolgte 1629 der Bau einer neuen Empore. 1638 wurde die Thomaskirche durch Anbringung von vergoldeten Inschriften, die Marmorierung der Emporenpfeiler und das Heraufsetzen der Kanzeldecke verschönert.68 Stärker als in Dresden sogar konnte offenbar die Leipziger Bildhauerei, wenngleich unter widrigen Bedingungen, über die Jahre des Krieges eine gewisse Kontinuität aufrechterhalten. Nach dem Tod des Ratssteinmetzen Friedrich Fuß 1618 und des lange Jahre führenden Leipziger Bildschnitzers Valentin Silbermann 1622 führte hier der erst im Jahr des Westfälischen Friedens 1648 verstorbene Meister Franz Julius Döteber seine Werkstatt fort.69 1622 erhielt er von dem mecklenburgischen Herzog Adolf Friedrich (1588–1658) den Auftrag zur Ausführung eines monu­mentalen Grabdenkmals für seinen Rat Samuel von Behr (1575–1621) im Münster von Bad Doberan bei Rostock.70 Wohl noch vor Vollendung der Anlage mit einem lebensgroßen hölzernen Reiterbildnis unter einer Baldachinarchitektur übertrug der Herzog dem Leipziger Meister den noch umfangreicheren Auftrag zur Umgestaltung des Chores des Doberaner Münsters in eine herzogliche Grabkapelle.71 Durch die widrigen Umstände des Krieges stark verzögert, wurde dieses spektakuläre, in seiner Art wohl einmalige skulpturale Ensemble 1637 vorläufig vollendet. Zur Ausführung in Leipzig und vor Ort beschäftigte Döteber nachweislich in umfassender Weise Gesellen.72 Von Interesse ist es, aus dem Briefwechsel des Leipziger Meisters mit dem Herzog zu erfahren, dass Döteber 1632 in Leipzig Schwierigkeiten hatte, größere Werksteine für die Porträtplastiken des herzoglichen Paares zu beschaffen. Auch in Dresden war für den Lusthausbau in diesen Kriegsjahren offenbar die Materialbeschaffung

erschwert – ein Problem, dass die Schneeberger Werkstatt Böhms aufgrund ihrer Nähe zu einigen wichtigen Steinbrüchen vermutlich in geringerem Maße hatte.73 Für die Leipziger Universitätskirche entstand vermutlich ebenfalls in der Werkstatt Dötebers bald nach 1635 mit dem Epitaph des Kanzlers der Leipziger Universität Dr. Bartholomäus Gölnitz (1557–1635) mitten im Krieg ein umfangreiches Grabdenkmal aus Holz, dessen eindrucksvolles Hauptrelief mit der Darstellung der Ezechiel-Vision von der Auferstehung der Toten im Besitz der Universitätskustodie erhalten ist.74 Das wohl im selben Zeitraum geschaffene und mit der Leipziger Johanniskirche untergegangene Epitaph der Familie Weber folgt in seinem ungewöhnlichen Aufbau aus einem großen und zwei kleineren Medaillons in der Hauptzone ganz dem Entwurfsschema älterer Epitaphien aus der Werkstatt Valentin Silbermanns und unterscheidet sich von diesen prinzipiell nur durch die zeitgemäße Gestaltung des Schweif- und Knorpelwerks.75 Ein außergewöhnliches Ensemble entstand vermutlich in den Jahren um 1640 mit der Ahnengalerie der Familie von Einsiedel in der Kirche von Kohren-Sahlis-Gnandstein, gelegen etwa auf halbem Wege zwischen Leipzig und Schneeberg. Die vor den Innenwänden des Chores aufgestellte Ahnenreihe in Gestalt farbig gefasster Figurengrabsteine imitiert in der Darstellung der Verstorbenen die Stilentwicklung vom Spätmittelalter bis zur Zeit des Auftraggebers der ersten neun Grabmäler Hildebrand von Einsiedel (III) (1566–1647).76 Trifft die stilkritisch begründete Annahme zu, dass auch dieses Ensemble der Leipziger Werkstatt in Auftrag gegeben wurde, ergeben sich hier Berührungspunkte mit der Böhm-Werkstatt, die in den fraglichen Jahren nachweislich stattliche Aufträge der Familie von Einsiedel für die Kirchen in Groß-Olbersdorf (um 1643– 45) und Wolkenburg (1657; vgl. Abb. 10 und 34 im Beitrag G. Vogel) erhielt und die mit dem Epitaph Kirchbach in Zwickau auch stilistisch vergleichbare Porträtplastik schuf.77 Vorstellbar wäre, dass in Gnandstein der Leipziger und der Schneeberger Meister zusammenarbeiteten. Franz Julius Döteber ist urkundlich letztmalig 1640 mit einer Arbeit nachweisbar, als er einen nicht er­ haltenen »fliegenden Engell« für die Leipziger Thomaskirche schnitzte. Als er nach längerer Krankheit im Jahr des West­fälischen Friedens 1648 starb, weilte sein einziger noch lebender Sohn, der Bildhauer und Baumeister Christian Julius Döteber, in der schwedischen Hauptstadt Stockholm und leitete dort als erfolgreicher Meister eine große Werkstatt.78 In den Leipziger Archivalien fanden sich bislang nur wenige Hinweise darauf, welche Bildhauer hier neben

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dem alten Döteber und in den Jahren nach seinem Tod tätig waren. Ein aus Prag kommender Bildhauer Nicol Götze erwarb 1623 als gebürtiger Leipziger das Bürgerrecht seiner Heimatstadt, in welcher er noch 1630 nachweisbar ist. Er dürfte jedoch kaum jünger als Franz Julius Döteber gewesen sein. Arbeiten lassen sich von ihm ebenso wenig nachweisen, wie von dem »Schnitzer« Georg Weber aus Tübingen, der 1638 Leipziger Bürger wurde. Von besonderem Interesse ist die Nachricht, dass 1639/40 neben Franz Julius Döteber und sogar in größerem Umfang als dieser der auswärtige Bildschnitzer Wolf Zinck aus dem wenig südlich von Leipzig gelegenen Städtchen Pegau Schnitzarbeiten für die Leipziger Tho­ mas­k irche lieferte. Eine leistungsfähige einheimische Werkstatt scheint in diesem Zeitraum also nicht verfügbar gewesen zu sein. Zincks bisher nachweisbare Hauptwerke sind die eindrucksvollen manieristischen Schnitzaltäre in Pegau und in Zipsendorf bei Altenburg. Sein Wirkungskreis stieß damit im Altenburger Land an jenen der Schneeberger Böhm-Werkstatt. Über eine Tätigkeit Zincks nach 1640 ist bislang nichts bekannt.79 Spätestens 1659 kehrte mit Christian Julius Döteber der Erbe der lange führenden Leipziger Bildhauerwerkstatt in die Messestadt zurück und erwarb in diesem Jahr hier das Bürgerrecht. Der an einem unbekannten Ort wohl in den Jahren um 1610/15 geborene Meister dürfte im Zusammenhang mit den mecklenburgischen Aufträgen seines Vaters in den Norden gekommen sein. Trotz der Kriegsverheerungen gab es an der deutschen Küste Zentren, die damals demographisch, wirtschaftlich und kulturell eine Blütezeit erlebten. Hamburg war einer dieser Orte, ein anderer war Danzig, wo der jüngere Döteber in den 1630er Jahren seine Ausbildung vollendete. Ab 1640 ist er als Freimeister in Stockholm nachweisbar und beschäftigte hier als »Bildhauer und Architektus« bei der Errichtung von Adelsresidenzen zeitweise mehrere Gesellen. Er zählte damit in der Hauptstadt der damaligen Großmacht Schweden offenbar zu den angesehensten Baumeistern und Bildhauern. Über sein plastisches Schaffen in Norddeutschland und Skandinavien ist wenig Sicheres bekannt geworden, umso weniger, als es der Umfang seiner Stockholmer Tätigkeit ungewiss macht, in welchem Maße er überhaupt eigenhändig an der Ausführung des bildhauerischen Schmucks der von ihm entworfenen Gebäude beteiligt war. Sicher aber ist es, dass die fragliche Plastik, wie jene an den Portalen des Petersenska Huset in Stockholm, mit ihren Fruchtgehängen und Groteskenmasken, mit den vollen Keulenschwüngen der Kartuschen und den schon konventionellen Haltungsmotiven der Tugendstatuetten

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ganz in der Tradition des nördlichen Manierismus im frühen 17. Jahrhunderts steht. In Leipzig erhielt er – nicht überraschend – umgehend Aufträge. Darauf weist ein Streit hin, den er mit der Leipziger Tischlerinnung wegen der zunftwidrigen Beschäftigung eines Tischlergesellen auszufechten hatte. Offenbar nichts erhalten hat sich von den urkundlich gesicherten Arbeiten des jüngeren Döteber in Leipzig. Zwischen 1662 und 1676 wurde ihm hier die Ausführung verschiedener Bildschnitzerarbeiten für die Nikolaikirche übertragen. Die mit der Leipziger Johanniskirche im Zweiten Weltkrieg zerstörte Grabplatte des Jakob Andreas Körber (1613–1668) weist mit dem Putto, der durch ein Röhrchen Seifenblasen aufsteigen lässt, das gleiche anmutige Vanitasmotiv auf, dass der ältere Döteber von der Kanzel der Rostocker Petrikirche für das herzogliche Grabmal im Münster von Bad Doberan übernahm. Dass die kleine Arbeit von Christian Julius Döteber stammt, kann einzig aus diesem Grund spekulativ vermutet werden. Der Meister starb 1676/77.80 Neben Döteber war 1662 ein gewisser Reinhold Johann­sen mit Tischlerarbeiten in der Leipziger Nikolaikirche beschäftigt. Er ist höchstwahrscheinlich identisch mit »Reinhard [sic] Johansen« der aus der norwegischen Hauptstadt Christiana (d. i. Oslo) kommend 1661 das Leipziger Bürgerrecht erwarb und vielleicht auch mit Reinhold Johannes, der 1683 als Bildhauer und Bürger in Halle nachweisbar ist. Vielleicht war er ebenso wie der jüngere Döteber Sohn eines Leipziger Meisters, welcher in den Jahren des Dreißigjährigen Krieges vorübergehend in den hohen Norden auswanderte. Nur so ließen sich die Nachrichten plausibel in Einklang bringen, nach welcher ein Reinhold Johannes schon 1621 Figuren und Ornamentschnitzereien für die Rahmung des spätgotischen Altars der Jakobikirche in Sangerhausen lieferte und 1670 wiederum ein »Reinh. Johannis« hierzu die zwei kauernden Engel im Aufsatz ergänzte.81 Der dritte Bildhauer, der Anfang der 1660er Jahre nachweislich in Leipzig tätig war, ist Johann Heinrich Böhm d. Ä. (1636–1680). Auch der Sohn und Werkstatterbe Johann Böhms fand hier neben Döteber und Johansen Arbeit bei der Erneuerung der Nikolaikirche und steuerte dazu 1663 heute ebenfalls verschollene Figuren eines Moses und eines Christus bei. Im Vorjahr hatte er im Alter von 26 Jahren in Schneeberg geheiratet und dürfte damit endgültig die Werkstattleitung von seinem nun 67 Jahre alten Vater übernommen haben.82 Ausgerechnet in Leipzig, wo doch seit spätestens 1559 mit dem jüngeren Döteber mindestens ein angesehener einheimischer Bildhauer verfügbar war, ist also der Erbe

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der Schneeberger Werkstatt erstmals urkundlich mit Arbeiten auf eigene Rechnung nachweisbar. Vor allem zwei mögliche Erklärungen bieten sich dafür an: Der junge Schneeberger könnte während seiner Gesellenwanderung Kontakte in der Messestadt geknüpft haben, die ihm später hier zu Aufträgen verhalfen. Doch ist das nach heutigem Kenntnisstand unwahrscheinlich: Der 1634 geborene Bildhauer müsste nach der Lehre bei seinem Vater kurz nach 1650 auf Wanderschaft gegangen sein, also gerade in einem Zeitraum, in dem sich bisher in Leipzig urkundlich kein Bildhauer nachweisen lässt. Die zweite Möglichkeit besteht darin, dass schon Johann Böhm d. Ä. Beziehungen nach Leipzig knüpfte, vielleicht eben in jenen langen Jahren zwischen etwa 1640 und 1659 als die Leipziger Bildhauerei darniederlag. Zwei originelle Epitaphien von größerem Umfang und einigem kunstgeschichtlichen Interesse entstanden in dieser Zeitspanne für die Leipziger Begräbniskirche St. Johannis. Beide wurden mit der Kirche im Zweiten Weltkrieg zerstört, sind aber fotographisch dokumentiert. Das Epitaph für David Lehmann († 1649) und seine erste Ehefrau Margaretha Waltenmeyer († 1645) entstand vermutlich nach dem Tod der Frau zwischen 1645 und 1650.83 Es weist im Ornamentalen und auch im Figürlichen etliches Verwandtes zu dem oben genannten Epitaph des Dr. Bartholomäus Gölnitz auf und könnte im Wesentlichen von einem fähigen Gesellen ausgeführt sein, der im Auftrag des alten Franz Julius Döteber große Teile des Gölnitz-Epitaphs geschaffen hatte. Das zweite Epitaph für Sebastian Oeheim († 1662) und seine Ehefrau Margaretha, geborene Wasserführer (1613–1653) (Abb. 16) wurde von Sigfried Asche, der das Werk noch im Original betrachten konnte, vorsichtig Christian Julius Döteber zugeschrieben und zugleich als Vorbild für Böhms Kirchbach-Epitaph (vgl. Abb. 38–40 im Beitrag Titze) benannt.84 Mario Titze hingegen regte eine Zuschreibung des Denkmals an die Böhm-Werkstatt an.85 Asches Zuschreibung dürfte auf der plausiblen Annahme beruhen, dass der etablierte Meister und Sohn des wichtigsten Leipziger Bildhauers der ersten Hälfte des 17. Jahrhunderts selbstverständlich diesen stattlichen Auftrag erhielt. Die besonders schöne, für die Entstehungszeit eher altmodisch wirkende, aus Holz gefertigte Arbeit scheint zudem an einem weit älteren Meisterwerk der Döteber-Werkstatt inspiriert: dem Epitaph für Daniel Leicher († 1612) (vgl. Abb. 7) in der Leipziger Thomaskirche. Diesem verwandt ist das Oeheim-Epitaph in seinen gestreckten Proportionen, in vielen tektonischen Elementen des Rahmens sowie selbst in Komposition und Stil des großen Hauptreliefs mit der

16  Epitaph für Sebastian Oeheim (†  1662) und seine Ehefrau Margaretha, geborene Wasserführer (1613–1653), Leipzig, ehem. St. Johannis

alttestamentarischen Geschichte vom Betrug Isaaks um den Segen Abrahams durch Rebekka und Jakob. Stärker aber noch ähneln Rahmen und Ornament des OeheimEpitaphs Teilen von Johann Böhms Zwickauer Epitaph Kirchbach (1638/40) sowie auch seinem Epitaph-Altar in Groß-Olbersdorf (1652/53; vgl. Abb. 10 im Beitrag G. Vogel), ja, sie sind mit diesen in Einzelmotiven fast identisch. Vorläufer der beiden großen Engel über den Säulen des Leipziger Epitaphs kann man in den Engelstatuetten auf dem oberen Gesims von Böhms Altar der Kirche in Ehrenhain (1655/60; (vgl. Abb. 17 im Beitrag G. Vogel) sehen.86 Es bleibt äußerst irritierend, dass Asche, als Kenner des Böhm-Oeuvres, sich im Fall des Oeheim-Epitaphs nicht für eine Zuschreibung an die Schneeberger Werkstatt entscheiden mochte und letzte Zweifel müssen deshalb diesbezüglich heute, nur gestützt

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17  Johann Heinrich Böhm: Epitaph für Andreas Winckler und seine Ehefrau Maria Elisabeth, geb. Klemm, Leipzig, ehem. St. Johannis, um 1675

auf eine alte Gesamtaufnahme des Werkes, bleiben. Die von Titze festgestellte Herkunft Oeheims aus Schneeberg darf aber als äußerst gewichtiges Argument für die Eingliederung des verlorenen Leipziger Werks in das Œuvre der Schneeberger in die Waagschale geworfen werden.87 Damit wäre auch eine Erklärung gewonnen, wie Johann Heinrich Böhme d. Ä. nach Leipzig gelangte und hier in den Genuss von Aufträgen kam. Am Oeheim-Epitaph könnte er bereits umfassend mitgewirkt haben. Relativ früh nach dem Ende des Krieges konnte die erzgebirgische Werkstatt den betuchten Leipzigern auch Grabdenkmäler aus Marmor und Alabaster liefern: 1675 vollendete Johann Heinrich Böhm aus diesen Materialien für die Johanniskirche die Grabplatte und das Epitaph für Andreas Winckler und Gemahlin. (Abb. 17) Auch diese Denkmäler wurden bis auf die zentrale Figur des Epitaphs, einen lebensgroßem Schmerzensmann, im Zweiten Weltkrieg zerstört.88 Johann Riemers 1681 gedruckte Leichenpredigt Johann Heinrich Böhms d. Ä nennt ausdrücklich als seine erste eigenständige Arbeit das nicht erhaltene Epitaph eines Philip Müller auf dem Kirchhof der Leipziger Paulinerkirche.89 Vermutlich erhielt der Meister in der

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Messestadt weitere Aufträge. Allerdings konkurrierte er hier spätestens ab 1670 mit anderen fähigen Bildhauern: Episode blieb die Beauftragung des Dresdner Hofbildhauers Melchior Barthel mit einem Epitaph für den Leipziger Bürgermeister Lorentz von Adlershelm 1672, ehemals in der Leipziger Nikolaikirche, da der Meister schon im selben Jahr verstarb. Lorentz von Adlershelm (1608–1684) war ebenso Kammerrat, womit für ihn als Angehörigen des Hofes die Beauftragung des Hofbildhauers Barthel naheliegend war.90 In Leipzig gründete neben Christian Julius Döteber der wohl um 1630 in Schlesien geborene Georg Liebig eine erfolgreiche Bildhauerwerkstatt und ist hier zuerst 1671 mit Arbeiten an der Orgel der Thomaskirche nachweisbar. In diesem Zeitraum dürfte auch das mit der Johanniskirche verbrannte Epitaph der Familie Welsch entstanden sein, welches Sigfried Asche hypothetisch Georg Liebig zuordnete.91 Kleine und größere ovale Medaillons mit Porträts und Inschriften, vorspringende Sockel und Gesimse, Konturen aus Schweifwerk und Engelsmasken bilden die Bühne für die zentrale Figur des siegreichen Christus, hinterfangen von einem goldenen Strahlenkranz, umgeben von fünf weiblichen TugendPersonifikationen. Die meisterhafte Schnitzarbeit ist in ihrer Komposition zugleich komplex verschränkt und monumental geschlossen. Sie lässt sich als gelungene Weiterentwicklung der Leipziger Plastik des Manierismus auffassen und steht für das hohe Niveau auf dem mancherorts die erste Bildhauer-Generation nach dem Dreißigjährigen Krieg auf jeweils individuelle Weise nach neuen Lösungen suchte. Der Leipziger Georg Liebig starb im selben Jahre 1680 wie der Dresdner Christoph Abraham Walther und der Schneeberger Johann Heinrich Böhm d. Ä. Auch der Landesherr aller drei Bildhauer Kurfürst Johann Georg II. schied in diesem Jahr aus dem Leben. Der Wiederaufstieg der Bildhauerei in Leipzig und Dresden wird sich davon unbeeinträchtigt fortsetzen und erreicht in Dresden mit der Berufung Balthasar Permosers (1651–1732) einen Höhepunkt in der Geschichte der Barockplastik. Die höchste Blütezeit der Schneeberger Bildhauerei, die in ihren besten Jahren durch die Böhm-Werkstatt die Bedeutung der Bildhauer Dresdens und Leipzigs überflügelte, ging damit zu Ende.

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Resümee Johann Böhm konnte seinen künstlerischen Erfahrungsschatz als wandernder Geselle in einem außerordentlich günstigen Zeitraum erwerben. Die Zahl der Aufträge und die Qualität ihrer Ausführung markieren in diesen Jahren unmittelbar vor dem Ausbruch des Dreißigjährigen Krieges den Höhepunkt in der Entwicklung der mitteldeutschen Plastik des Manierismus. In Sachsen hielt damals noch immer der schon betagte Hofkünstler Giovanni Maria Nosseni die Fäden vieler künstlerischer Angelegenheiten in der Hand und begünstigte einen Kreis von Bildhauern aus Dresden und Freiberg. Sein Monopol der sächsischen Marmor-, Alabaster- und Serpentinvorkommen gewährleistete seinen Einfluss insbesondere auf dem Gebiet der Plastik. Durch den Marmorbruch bei Gruna nahe Hartenstein dürfte der junge Johann Böhm in seiner Heimatstadt früh mit Steinmetzen oder Bildhauern des Nosseni-Umkreises in Berührung gekommen sein und es ist zu vermuten, dass dies seine Berufswahl indirekt beeinflusste. Stärker noch als die Dresdner Arbeiten beindruckte ihn neben den Werken der Magdeburger Werkstatt Christoph Dehnes jene der Leipziger Bildhauerei um Franz Julius Döteber. Die wachsende künstlerische Ausstrahlung der BöhmWerkstatt seit den späten Jahren des Dreißigjährigen Kriegs verlief parallel zum Niedergang der führenden Bildhauer-Werkstätten in Dresden und Leipzig. In Dresden versiegten mit dem direkten Einbruch des Krieges in Sachsen die Aufträge. Der angesehenste Bildhauer Sebastian Walther konnte die traditionsreiche FamilienWerkstatt nicht mehr unmittelbar an seinen zu spät geborenen Sohn Christoph Abraham weiterreichen. Sein

hoffnungsvoller Schwiegersohn, der Bildhauer Zacharias Hegewald, starb jung inmitten der schwärzesten Krise. Dadurch wurde Böhms Werkstatt, der es gelang ihre Arbeit kontinuierlich auf hohem Niveau fortzuführen, Ziel für mindestens einen namhaften Bildhauer der folgenden Generation, den auch in Italien erfolgreichen Melchior Barthel. In Leipzig verlief die Krise offenbar etwas weniger drastisch. Der führende Bildhauer Franz Julius Döteber konnte hier unter Schwierigkeiten auch in den Kriegsjahren noch Aufträge realisieren. Sein Sohn und Werkstatterbe zog es allerdings vor, wie in diesen Jahren etliche andere deutsche Künstler auch, sein Glück im Ausland zu suchen und kehrte erst spät endgültig in die Vaterstadt zurück. Schon um 1640 wurde damit wohl auch in Leipzig die Kontinuität der einheimischen Bildhauerei vorübergehend unterbrochen. Die Böhm-Werkstatt konnte so einige Jahre später ihren Wirkungskreis auch auf dieses wichtige Zentrum ausweiten und beeinflusste hier vermutlich durch mehrere Aufträge die weitere Entwicklung der Plastik. An dem Verhältnis der Böhm-Werkstatt zu den Zentren der Bildhauerkunst in Dresden und Leipzig wird damit besonders konkret die beträchtliche kunstgeschichtliche Bedeutung Johann Böhms sichtbar. In der Schneeberger Werkstatt wurde die Tradition der mitteldeutschen Bildhauerei des Manierismus auf hohem Niveau über die Jahre des Krieges und der Krise fortgeschrieben und setzte damit einen wichtigen Grundstein für den künstlerischen Wiederaufstieg und die Weiterentwicklung der Gattung ab etwa 1660.

Anmerkungen 1 Vgl. Asche 1961, S. 10–14. Zur möglichen Lehre bei Petzold auch Titze 2002, S. 98. 2 Vgl. Asche 1961, S. 50–51. 3 Vgl. Hentschel 1926, S. 22 ; Hentschel 1966, S. 27-29. 4 Zu Beseler und Lorentz vgl. Knebel 1898, S. 5–6, 12–13. 5 Vgl. Hentschel 1966, S.  41; – Dülberg 2002, hier insbes. S. 204–208, 212. 6 Vgl. Hentschel 1966, S. 38–61. 7 Vgl. Magirius 2013, S. 46–51. 8 Vgl. Hentschel 1962, S. 83–84 und Hentschel 1966, S. 62–63. 9 Zur Freiberger Fürstengruft vgl. ausführlich Meine-Schawe 1992A. 10 Knebel 1898, S. 25–26, 82; Hentschel 1966, S. 78–80; Meine-Schawe 1992A, S. 43, 127. 11 Vgl. Medem 1834, S. 127–147. 12 Vgl. Knebel 1898, S. 17; Meine-Schawe 1992A, S. 20–22, S. 121. 13 Vgl. Beierlein 1963, S. 175; Meine-Schawe 1992B, S. 90.

14 Übersetzung zitiert nach Knebel 1898, S. 23. 15 Vgl. Beierlein 1963, S.  169–170. Gemeint ist Grünau bei Wildenfels, dem heutigen OT von Langenweißbach. Vgl. dazu den Beitrag von Mario Titze in diesem Band. 16 Nachweislich hielt sich 1619 der Dresdner Hofbildhauer und -architekt Sebastian Walther im Kalkgrün-Wildenfelser Revier auf. Vgl. Beierlein 1963, S. 177. 17 So ist Nosseni 1612 im Zusammenhang mit dem Schlossausbau im thüringischen Rudolstadt nachweisbar (vgl. Hoffmann 2008, S. 113 Anm. 673). Meine-Schawe 1989/90, S. 308 nennt Lieferungen und z.T. Entwürfe u. a. für Prag, Kopenhagen und Berlin. 18 Zu den Gebrüdern Grünberger vgl. Törmer-Balogh 2009. 19 Medem 1834, S. 141 und Hentschel 1962, S. 94. 20 Vgl. Hentschel 1966, S. 67–87, 102 (Stammtafel). 21 Vgl. Hentschel 1962, S. 91–92. 22 Vgl. Hentschel 1966, S. 70–72, 141–142. 23 Vgl. Hentschel 1962, S. 90–91; – Hentschel 1966, S. 75; – Schade 1967, S. 328.

Die Kunst der Bildhauer in Leipzig und Dresden in ihrem Verhältnis zum Schaffen Johann Böhms

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24 Vgl. Hentschel 1966, S. 73–74, 143–145. 25 Vgl. Hentschel 1966, S. 72–73, 142–143. 26 Vgl. Hentschel 1966, S. 69–70, 139–141 und Magirius 2004, S. 3, 12–14. 27 Vgl. Medem 1834, S. 133–134. 28 Zu den Monogrammen des Nosseni-Altars vgl. Hentschel 1966, S.  138 und Magirius 2004, S.  21–23. Dr. Angelica Dülberg und Dr. Mario Titze haben die Auflösung des Monogramms in Michael Hegewald vor mir diskutiert. Ich vertrete sie als noch unzureichend untermauerte These auf Grundlage des genannten Leipziger Monogramms: Laut Gurlitt 1895, S. 17–18 befand sich am Pfeiler der Leipziger Nikolaikirche neben der ehem. Kanzeldecke das Monogramm D H F 82 für Hans Flandereisen 1582. In diesem Jahr überarbeitete Flandereisen die Decke nachweislich. Das »D« m. E. eventuell für lateinisch dare – vollbringen, übergeben. 29 Vgl. Hentschel 1966, S. 88. 30 Vgl. Titze 2008, S. 141. 31 Vgl. Hentschel 1926, S. 20, 22. 32 Vgl. Schulze 2014, S. 221. 33 Vgl. Medem 1834, S. 8. 34 Vgl. Schulze 2014, S. 219–222, 235. 35 Vgl. Schulze 2014, S. 217–254. 36 Medem 1834, S. 9. 37 Vgl. Kroker 1921 und Schulze 2014, S. 271–273. 38 Vgl. Schulze 2014, S. 282–285. 39 Vgl. Krietzsch 2014, S. 48; Schulze 2014, S. 286–287, 292. 40 Vgl. Schulze 2014, S. 285–286. 41 Vgl. Schulze 2014, S. 255–279, 343. 42 Vgl. Schulze 2014, S. 274, 190–191, 201–208, 274–275. 43 Vgl. Asche 1961, S. 142–143. 44 Vgl. Schulze 2014, S. 191–196, 199, 208–209, 310, 317. Für den Hinweis zur Identität des plastischen Rahmens im St. Salvator (Gotha) mit Teilen des Reinhardtsbrunner Altars danke ich Udo Hopf (Gotha). 45 Vgl. Schulze 2014, S. 269–271, 287–310. 46 Vgl. Schulze 2014, S. 300. 47 Schulze 2014, S. 327. 48 Vgl. Asche 1961, S. 10–11. Zur Datierung des Epitaphs Röhling vgl. den Beitrag von Mariono Titze in diesem Band. 49 Auf die Vorbildwirkung der Leipziger Bildhauerei verweist Asche 1961, S. 11, 117, 142. 50 Vgl. Asche 1961, S. 16, 18. 51 Vgl. Hentschel 1966, S. 79, 91. 52 Vgl. Hentschel 1962, S. 94; Hentschel 1966, S. 88–89, 154; Rasmussen 1977, S. 294–301; Titze 2008, S. 140–141 (weitere Zuschreibung); Dülberg 2012, S. 192–195. 53 Vgl. Hentschel 1961/62, S. 59–66, insbes. 65–66. 54 Vgl. Hentschel 1966, S. 86. 55 Vgl. Hentschel 1966, S. 92–96. 56 Vgl. Hentschel 1962, S. 94; Hentschel 1966, S. 97, 157–158; Titze 2002, S. 98. 57 Vgl. Hentschel 1966, S. 157–158; Titze 2002, S. 98. 58 Zu Barthel und Buchau: Hentschel 1966, S. 90–91; Titze 2009, S. 230–235. Zu Hermann: Asche 1961, S. 81–94, insbes. S. 82–83, 90–91, 94. Die These von Hermann als Schüler Böhms bleibt nach heutigem Kenntnisstand stark hypothetisch und wird deshalb hier nicht näher ausgeführt.

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59 Vgl. Asche 1961, S. 14, 119; Roth 1967; Rossi 2005, S. 432–438. 60 Vgl. Passavant 2001, S. 15–22. 61 Vgl. Roth 1967. 62 Vgl. Asche 1961, S. 50, 64. 63 Gemeint ist Grünau bei Wildenfels, dem heutigen OT von Langenweißbach. 64 Vgl. Hentschel 1962, S. 96–99; Hentschel 1966, S. 99–101, 158–159; Roth 1967; Schade 1967, S. 326–327; Möller, 1971, S. 86; Schindler 1985, S. 107–108. Zu Johann Böhme als Lehr­ meister Chr. A. Walthers vgl. Hentschel 1966, S. 100. Bei Hentschel 1962, S. 96 hingegen Lehre beim Vater vorausge­setzt. Zu den Säulen für den Bischof von Regensburg: Knebel 1898, S. 19. Die von Hentschel 1962, S. 67 erwogenen Zuschrei­bungen der ehem. Regensburger Domseitenaltäre an Chr. A. Walther ist aufgrund ihrer Datierung nicht möglich bzw. beim Epitaph von Marenholz († 1675) an der Dreieinigkeitskirche unwahrscheinlich. 65 Schönfelder Kirche 2017. 66 Pfarrarchiv Schönfeld, Kirchenrechnungen CVIII/3, 1645–1680, Eintrag 1656. Für die Vorlage des Eintrags und zahlreiche weitere zweckdienlicher Hinweise danke ich Herrn Rainer König (Schönfeld). 67 Vgl. Czok 1978, S. 101–102. 68 Vgl. Vogel 1714, S. 388–389, 396, 399, 560, 610. 69 Vgl. Schulze 2014, S. 251, 353–354. 70 Vgl. Schulze 2014, S. 319–325. 71 Vgl. Schulze 2014, S. 325–325. 72 Vgl. Schulze 2014, S. 327–328. 73 Vgl. Hentschel 1962, S. 94; – Schulze 2014, S. 327. 74 Vgl. Schulze 2014, S. 341–343. 75 Vgl. Magirius/Mai/Tr ajkovits/Werner 1995, S.  848, Abb. S. 849. 76 Vgl. Schulze 2014, S. 345–348. 77 Vgl. Asche 1961, S. 45, 143. 78 Vgl. Schulze 2014, S. 351. 79 Vgl. Schulze 2014, S. 348–349. 80 Vgl. Asche 1934, S. 112, 209–213; Angström 2000; Schulze 2014, S. 349. Zum Grabmal Körber: Magirius/Mai/Traj­ko­ vits/Werner 1995, S. 850, S. 852 mit Abb. 81 Vgl. Schulze 2014, S. 306–307. R. Johannsen in Halle: vgl. Förstemann 1843, S. 5. 82 Vgl. Asche 1961, S. 49, 51, 185. 83 Vgl. Magirius/Mai/Trajkovits/Werner 1995, S.  848 und Abb. S. 849. 84 Vgl. Asche 1934, S.  112–113; Magirius/Mai/Trajkovits/ Werner 1995, S. 850, 905–906 sowie Abb. auf S. 803, 804, 905. 85 Siehe in diesem Band den Beitrag von Mario Titze. 86 Vgl. Asche 1961, Abb. 21. 87 Zu Oeheim vgl. Titze 2002, S. 27 und dessen Beitrag in diesem Band. 88 Vgl. Asche 1934, S. 64–66, 153–154; Magirius/Mai/Trajkovits/Werner 1995, S. 849. 89 Vgl. Asche 1961, S. 183. 90 Vgl. Roth 1961; Leipzig Lexikon 2017 (Stichwort: Lorentz von Adlershelm, Christian). 91 Vgl. Asche 1934, S.  114–117; Magirius/Mai/Trajkovits/ Werner 1995, S. 850, Abb. S. 852.

Die Kunst der Bildhauer in Leipzig und Dresden in ihrem Verhältnis zum Schaffen Johann Böhms

Auf Tuchfühlung mit den Kunstströmungen seiner Zeit Christoph Dehne – ein Magdeburger Bildhauer und seine Rolle bei der Vermittlung neuen plastischen Gestaltens nach Mitteldeutschland Lisa Maria Vogel

Die Bedeutung Magdeburgs als kulturelles Zentrum Mit der Zerstörung der freien Reichs- und Hansestadt Magdeburg (Abb. 1) verlor Mitteldeutschland 1631 seine pulsierende Mitte: Eine bedeutende Handelsmetropole an der Elbe1 zerfiel zu Asche, ein kulturelles Zentrum protestantischer Ausrichtung ging unwiederbringlich verloren. Als Knotenpunkt zwischen Ober- und Niedersachsen, mit Leipzig, Dresden, Pirna im Süden, Braunschweig, Cel­le, Hannover im Westen, Schlesien im Osten, zwischen Norddeutschland mit Hamburg und den mecklenburgischen Residenzen und mit Verbindungen, die bis zu den Reichsstädten im Südwesten reichten, entwickelte sich die reiche Elbmetropole zu einem führenden künstlerischen Zentrum im mitteldeutschen Raum, das zugleich anziehende und ausstrahlende Wirkung entfaltete2 und vielen zugewanderten Künstlern ein Auskommen sichern konnte.3 Seit der Einführung der Reformation im Jahr 1524 und der erfolgreichen Verweigerung der Annahme des Interims, galt Magdeburg als Bollwerk des lut­he­ri­schen Protestantismus. Die diese politischen Wirren begleitende rege Publizität und das ausgeprägte Geistesleben der Stadt, in der sich namhafte Gelehrte evangelischen Bekenntnisses eingefunden hatten, gaben ihr unter den Protestanten des Reichs den Beinamen »Unseres Herrgotts Kanzlei«.4 In einem Atemzug mit Städten wie Augsburg und Hamburg genannt5, erlebte die reiche Elbestadt zwischen 1551 und 1631 eine wirtschaftliche und kulturelle Blüte.6 Doch die scheinbar geschlossene Haltung der Mag­ de­burger in der konfessionellen Abgrenzung täuscht über heftige Grabenkämpfe im Innern hinweg. Der jahrhundertealte Konflikt zwischen selbstbewusster Bürgergemeinde und des auf die Wahrung und Mehrung seiner Privilegien bedachten Domkapitels sowie dessen phasenweise konträre Haltung zum Erzbischof – seit lutherischer Zeit Administrator – bestimmte auch nach der Annahme der evangelischen Konfession das politisch-

Auf Tuchfühlung mit den Kunstströmungen seiner Zeit

gesellschaftliche Gefüge des Magdeburger Erzstiftes.7 Dank der günstig ausgehandelten Wahlkapitulationen hatte sich das aus märkischem und altmärkischem, säch­sischem, thüringischem und niedersächsischem Adel zusammengesetzte Domkapitel zum weitgehend unangefochtenen politischen Machtfaktor entwickelt. Seine starke Stellung, die ihm faktisch die Regierung über Magdeburg sicherte, gedachte es auch nicht an Christian Wilhelm von Brandenburg (1587–1665), der 1598 zum Administrator Magdeburgs erhoben wurde, abzugeben.8 Doch nicht nur das benachbarte Sachsen stellte die brandenburgische Dominanz über Magdeburg in Frage9, auch der Rat der Stadt versagte Christian Wilhelm die Anerkennung10, der daraufhin Rückhalt und militärische Hilfe zur Eroberung seiner Herrschaft bei der protestantischen Union suchte. Hatte es der Magdeburger Rat zu Beginn des Drei­ ßigjährigen Krieges vermocht, die Elbestadt aus den kriegerischen Auseinandersetzungen herauszuhalten, so konnte er angesichts der massiven Agitation einiger Prediger die Neutralität nicht aufrechterhalten: Ab etwa 1625 hatte auch Magdeburg als Teil der protestantischen Partei zu gelten.11 Dieser Umschwung hatte die Besetzung des Stiftes Magdeburg durch kaiserliche Truppen ab Oktober 1625 zur Folge, die mit energischen Versuchen der Rekatholisierung einhergingen und damit die inneren Spannungen noch verschärften.12 Besonders unpopulär war der unter dem Druck der Besatzer13 erfolgte Abriss der Magdeburger Vorstädte Neustadt und Sudenburg.14 Das kaiserliche Edikt, nachdem der infolge der Reformation säkularisierte Besitz ehemaliger geistlicher Einrichtungen restituiert werden sollte, heizte die Stimmung weiter gegen die katholische Seite auf.15 Hinzu kam die dramatische Verschlechterung der wirtschaftlichen Lage weiter Kreise der Bevölkerung als das Kriegsgeschehen sich Ende der 1620er Jahre in den mittelelbischen Raum ausbreitete.16 Die teilweise verzweifelte Situation während der Blockade 1629 trieb die Magdeburger endgültig in die

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1  Magdeburg vor der Zerstörung von 1631, 17. Jahrhundert, nach einem Stich von Jan van de Velde (1593–1641), Öl/LW, 71.5 × 210 cm, PARTHENOPOLIS IAM MAGDEBURGUM EXIMIUM SIC ANTE VOCITATA EMPORIUM VASTATIONEM SUAM APPARENS; Magdeburg, Kulturhistorisches Museum, G 216

Arme der protestantischen Kriegspartei und führte 1630 zur Absetzung des auf Wahrung der Neutralität bedachten Rates.17 Dies legte den Keim für den katastrophalen Untergang der Elbemetropole, de­ren physische Zerstörung durch Tillys Truppen am 10. Mai 1631 auch das reiche kulturelle und künstlerische Leben beendete.18 Den bei der Einnahme folgenden Plünderungen entstandenen Großbrand, der nahezu die gesamte Stadt in Asche legte, überstanden nur Dom, Liebfrauenklos­ter und wenige Häuser um den Neuen Markt.19 Doch wurden auch sie von den aus der Geisterstadt abziehenden marodierenden Truppen schwer in Mitleidenschaft gezogen.20 Die Magdeburger Bildhauertradition Das rege geistige Leben der führenden Schichten, in erster Linie der Mitglieder des Domkapitels und der städtischen Eliten, manifestierte sich in zahlreichen Bau- und Kunstwerken, mit der reiche Auftraggeber ihren Status innerhalb des gesellschaftlichen Gefüges dokumentieren wollten. Entsprechend lutherischer Tradition bildete dafür das aufwendig gestaltete Grabdenkmal eine geeignete Projektionsfläche.21 (Abb. 2) Dank der seit den 1580er Jahren anwachsenden Nach­frage an gehobener künstlerischer Qualität entwickelte sich die Elbemetropole zu einem Zentrum der Bildhauerkunst von überregionaler Bedeutung:22 denn die überaus leistungsfähigen Magdeburger Bildhauerwerkstätten hatten einen entscheidenden Anteil an der Herausbildung und Verbreitung des monumentalen, altarartigen Wanddenkmals.23

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Doch bleibt unser Bild vom einst Vorhandenen unvoll­ständig, da mit den zahlreichen Kirchen, die im Mai 1631 brannten, auch ihre kostbare Ausstattung ein Raub der Flammen wurde und somit nur der Dom mit seinen wandgebundenen Denkmälern einen Einblick in die Kunstentwicklung der Blütezeit vor dem Dreißigjährigen Krieg gewährt.24 Allgemeine Überlegungen zur Kunst um 1600 Bekanntlich wurde um 1600 die Fähigkeit eines Meisters, die übernommenen Typen und Kompositionselemente seinem künstlerischen Idiom anzuverwandeln und zu einem überzeugenden einheitlichen Ganzen zu verbinden, zum entscheidenden Kriterium für die Bewertung seiner Kunst. Dies ist nicht nur zentrales Thema im kunsttheore­ tischen Diskurs, sondern auch in der Welt der Gelehrten und Dichter, deren Schaffensweise im Streben nach der Ausbildung eines individuellen Stils – der maniera – durch das Prinzip der humanistischen Rhetorik, nämlich des nachschöpfenden Kompilierens in der Ausrichtung an kanonischen Vorbildern, nachhaltig orientiert war.25 Wie die lehrdidaktischen Schriften G e or g R ol len­ h a g en s (1575–1609), des Rektors der »berühmtesten Schule Deutschlands«, dem Magdeburger Gymnasium, und Predigers an den Magdeburger Kirchen St. Sebastian und St. Nikolai, zeigen, galt die Kompilation aus vorbildlichen Texten auch innerhalb der geistigen Elite Magdeburgs26 als die hervorragende Praktik der Gelehrsamkeit.27

Lisa Maria Vogel

In dieser Hinsicht erstaunt es nicht, dass Christoph Dehne, in dessen Werk man diese Vorgehensweise ablesen kann, aufgrund seiner überragenden Innovationskraft und seines »originellen Eigenstils«, den er schöp­ ferisch aus den verschiedensten Inspirationsquellen zu entwickeln vermochte, innerhalb der Magdeburger Bildhauerkunst als führende Künstlerpersönlichkeit angesehen wird.28 Sein Schaffen fällt in die ersten Jahrzehnte des 17. Jahrhunderts, einer Zeit der Brüche und des Übergangs, die sich auch in der formalen Gestaltung der Kunst – insbesondere der Suche nach oder vielmehr dem Experimentieren mit neuen Ausdrucksformen – deutlich zeigen.29 Anhand von Dehnes Werken wird exemplarisch dieses komplexe Gefüge von Rezeption, Adaption und Weitergabe von Motiven und Einzelelementen sowie die Herausbildung stilistischer Eigenheiten auf der Basis verschiedenster zeitlicher, regionaler und künstlerischer Einflüsse nachverfolgt.30 Um die Inspirationsquellen Dehnes zu vermitteln, sollen die spärlichen biographischen Nachrichten mit den erkennbaren Übernahmen aus dem Œuvre anderer Meister abgeglichen werden. Dank seines virtuosen Umgangs mit den verschie­ densten Vorbildern, die er in die neuen Sinn- und Funktionszusammenhänge seiner plastischen Arbeiten adaptierte, bildete Dehne einen »unverwechselbaren Stil« heraus, der nicht nur im Umfeld seiner bedeutenden Magdeburger Werkstatt fruchtbar wurde, sondern überregional ausstrahlte und teils motivisch, teils in der Auseinandersetzung mit seinem künstlerischen Idiom eine rege Nachfolge fand.31 Dem thematischen Mittelpunkt dieser Tagung fol­ gend, setzt Johann Böhms Hauptwerk den Schwerpunkt für die Nachzeichnung dieser Rezeptionsvor­gänge. Wer war Christoph Dehne? Eine biographische Skizze Zu Christoph Dehnes Herkunft und Werdegang sind nur wenige gesicherte Informationen überliefert, selbst sein Geburts- und Todesjahr sind nicht belegt.32 Der Umstand, dass seine Werkstatt ihren Sitz in einem Wohnhaus am Prälatenberg, einer Vorstadt Magdeburgs, hatte, wo bereits 1511 ein Caspar Dehne lebte, lässt den Schluss zu, dass Christoph Dehne aus einer alteingesessenen Familie stammte.33 Entsprechend wird er seine erste Ausbildung in einer örtlichen Bildhauerwerkstatt absolviert haben. Zu dieser Zeit prägten hauptsächlich drei Meister, Hans Klintzsch, Christoph Kapup und Sebastian Ertle (um 1570–um 1612), mit ihren Werkstätten die Bildhauerproduktion im Umfeld des Magdeburger Doms.34 Sie

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2  Hans Klintzsch: Epitaph des Werner von Plotho, 1590/91, Magdeburg, Dom, an der Westseite des nördlichen Seitenschiffs (Zustand nach den Verlusten, die das Denkmal im Zweiten Weltkrieg erlitt [u. a. fehlender Adorant]), Pirnaer Sandstein, ehemals polychromiert, ca. 800 ×  430 cm

schufen ihre Werke für die Mitglieder des Domkapitels, aber auch für Kirchen und Adlige des Magdeburger Umlandes. Kennzeichnend für ihre Werke und den Auftraggebergeschmack, der sich anhand einiger Dokumente ablesen lässt, ist eine gewisse Internationalität, in der sich italienische und niederländische Inspirationsquellen, teils vermittelt über Druckgraphik, teils aber auch durch regionale Einflüsse, die sich aus der Herkunft und der Gesellenwanderung der Meister herleiten lassen, manifestiert.35 Ob die Werkstatt, in der Dehne seine Ausbildung erhielt mit der des Sebastian Ertle, dem führenden Bildhauer der Elbestadt, identisch ist, lässt sich nicht bestimmen. Aufgrund stilistischer Indizien ist jedoch darauf zu schließen, dass Christoph Dehne ab etwa 1605 bei Ertle arbeitete und hier vielfältige Anregungen empfing.36

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3  Christoph Dehne: Epitaph für Heino von Broesicke, Chor der Patronatskirche zu Ketzür, Havelland (1613/14), Pirnaer Sandstein, Nordhäuser Alabaster, Marmor, Teilvergoldung

4  Christoph Dehne: Epitaph für Georg von Lochow, Nennhausen, Südwand der Pfarrkirche in Nennhausen (1614–16), Sandstein, Alabaster, teilvergoldet

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Einige Monate des Jahres 1607 verbrachte er in Bückeburg, wo er vermutlich als Geselle bei der Ausgestaltung der fürstlichen Residenz37 mitarbeitete und Einblicke in die höfische Repräsentation erlangte.38 (Abb. 9) Auf welchen Vermittlungswegen seine Kenntnisse rudolfinischer und italienischer Kunst beruhten, ist nach wie vor umstritten. Neben der Anschauung der Kunstkammer in der Weserresidenz des zeitweilig in Italien lebenden Fürsten Ernst von Schaumburg (1569–1622)39 und die durch seine Lehrherren, Sebastian Ertle und die Gebrüder Wulff40, vermittelten Vorbilder, gaben vor allem Zeichnungen und graphische Vorlagen Anre­ gungen für sein Schaffen. Daneben werden auch Reisen nach Italien, zumindest nach Süddeutschland unterstellt, wofür es allerdings keinerlei archivalische Zeugnisse gibt.41 Seine intensive Auseinandersetzung mit Giambologna und mit dessen zeitweise in Bückeburg tätigem Schüler Adriaen de Vries42 aber auch mit berühmten Werken der italienischen Skulptur, vornehmlich römischer und florentiner Prägung, lässt sich durch die Verarbeitung entsprechender Motive in seinem bildhauerischen Werk bzw. einer Abzeichnung43 belegen. Nach kurzem, doch offensichtlich sehr fruchtbarem Aufenthalt in der Schaumburgischen Residenzstadt ist Dehne wiederum in Sebastian Ertles Werkstatt zu finden, bzw. arbeitet er mit diesem an dessen Aufträgen.44

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5  Christoph Dehne und Werkstatt: Epitaph des Kilian Stisser (1562–1620) und seiner Frau Margarethe, geb. Heil, Halle, Dom, Nordempore, H. ca. 500 cm, Sandstein, Alabaster, Reste von Vergoldung, um 1620

6  Christoph Dehne: Epitaph des Christian von Hopkorf (1546–1599), Magdeburg, Dom, südliches Seitenschiff, Südwand, H. ca. 650, B. ca. 325 cm, Sandstein, bunter Marmor, Bronze, ehemals polychromiert, Vergoldungsreste

Zwischen 1610 und 1612 führte Dehne eine eigene Werkstatt »auf dem Prälatenberge in der Sudenburg«, denn im Oktober 1612 sind Gesellen in seinen Diensten belegt.45 Nach dem Tode Sebastian Ertles heiratete Dehne dessen Witwe, Sophia Wulf, und übernahm damit zugleich dessen prosperierende Werkstatt.46 Bereits wenige Jahre darauf verfügte er über das Magdeburger Bürgerrecht und ein ansehnliches Vermögen.47 Von nun an war Dehne ein vielbeschäftigter »Werk­ statt­unternehmer«, dessen Hauptbeschäftigung we­niger in der Handarbeit als vielmehr im Entwerfen, Organi­ sieren und Überwachen bestand.48 Knapp zwei Dutzend Werke, die im Lauf eines guten Jahrzehnts für ein Netzwerk märkischer Adliger und kirchlicher Würdenträger entstanden49, werden für seine Werkstatt in Anspruch

genommen. (Abb. 3–6 , Abb. 6–7 im Beitrag G. Vogel; Abb. 11 im Beitrag Titze) Ihre Zuordnung ist aufgrund fehlender Archivalien und des Umstands, dass Dehne auf eine Kennzeichnung seiner Arbeiten verzichtete, in der Forschung teilweise umstritten.50 Infolge der Wallensteinschen Belagerung Magdeburgs wurde die Niederlegung der Sudenburger Vorstadt erzwungen. Davon war auch Dehnes Eigentum am Prälatenberg betroffen: Sein Haus, in dem sicher auch die Werkstatt untergebracht war, wurde wohl noch im November 1625 abgerissen.51 Womöglich hatte dies zur Folge, dass sich Dehne spätestens ab 1626 auf Seiten des Administrators Christian Wilhelm von Brandenburg engagierte.52 Dessen Versuche sich seiner Herrschaftsrechte über das Erzbistum Magdeburg militärisch zu

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7  Christoph Dehne: Brösicke-Epitaph, Ketzür, Detail: Adam und Eva als Konsolen (mit starken Körpertorsionen), 1613/14

bemächtigen, schlugen jedoch fehl, was mittelbar den Untergang der Stadt 1631 zur Folge hatte. Die Zerstörung Magdeburgs entwurzelte Christoph Dehne endgültig: Kurz nachdem er 1640 dem »Kriege nachzieht«, verliert sich seine Spur.53 Der Dehne-Stil und seine Ursprünge Dehnes Stil weist Charakteristika verschiedenster Einflusssphären auf: Das Bemühen um das psychologische Moment bzw. gesteigerte Expressivität, malerisch-plastische Ausdruckswerte durch die Einbeziehung von Licht und Schatten und nicht zuletzt das Streben nach Monumentalität gelten – wie der Ohrmuschelstil im Ornamentalen – als kennzeichnend für barocke Skulptur und sind in der Magdeburger Kunst vor seinem Erscheinen weitgehend unbekannt.54 Mittels breitgeschnittener Flächen innerhalb des Figurenreliefs, das »wie aus weichem Material geknetete nackte Körperteile« bestimmen, aber auch bei der Einzelfigur mit ihrem durch aktive Bewegtheit lebendigen Umriss, ihren kräftigen, zusammengefassten Haarbüscheln und der glatten Kleidung mit ihren durch wenige flache Knitter gegliederten Stoffmassen, der Reduktion landschaftlicher Details auf nur wenige Andeutungen im Hintergrund, erzielt er einen nahezu »malerischen Gesamteindruck«.55 (Abb. 3, 7)

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Diese Gestaltungsprinzipien gehen einher mit der für das Ideal des italienischen Vorbilds undenkbaren formalen und inhaltlichen Ein- und Unterordnung der Figur in die additive Ordnung der Komposition, wie sie für das Schaffen der »voraufgegangenen Phase« kennzeichnend war.56 Dem Ornament kommt innerhalb der Gesamtkompositionen Dehnes als integrativem und ausgleichendem Faktor eine bestimmende Funktion zu: Es breitet sich »mehr und mehr« an den einzelnen Architekturgliedern aus, »zersetzt und ersetzt« sie in der Weise, dass es schließlich die Gestalt der Hänge-Epitaphien bestimmt.57 Entgegen Denekes Prämisse, dass das Werk Dehnes zu den Arbeiten seiner Magdeburger Vorgänger und auch zu den Erzeugnissen der umliegenden Zentren, Braunschweig, Hannover, Halberstadt kaum Bezüge aufweise58, lässt sich seine Verbundenheit mit der Magdeburger Tradition hinsichtlich formaler und ikonographischer Einzelheiten durchaus belegen.59 Allerdings mied Dehne die nachschöpfende Kopie.60 Wie auch bei seinem Umgang mit weiteren Vorbildern feststellbar, bildeten die Werke anderer Meister für ihn vornehmlich Inspirationsquellen, die es einem eigenen künstlerischen Idiom anzuverwandeln galt. Tradierte Elemente aus dem römischen und oberitalie­ nischen Kunstkreis, vermittelt durch niederländische Stich­werke und Meister dominierten die Figurenauf­

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8  Werkstatt Wulff (Ebert und Hans): Die Götterpforte im Goldenen Saal, Schloss Bückeburg, 1604/05

9  Christoph Dehne (?): Apollo und Marsyas, Kaminwangen im Schloss Bückeburg, 1607

fassung des ausgehenden 16. Jahrhunderts und finden sich auch bei Dehne. Doch wählt er auch Motive und Gestaltungsweisen abseits des tradierten Kanons aus. Zu den einzelnen Figurenty­pen, die ihn besonders interessierten, gehören jene mit raum­greifenden Gesten, starken Torsionen, wie sie letztlich auf den Erfindungsreichtum und das Schönheitsideal des Gi a mb olo g n a und seiner reichen Nachfolge hinweisen. Die virtuose Beherrschung des nackten Körpers und die Heroisierung der Einzelfigur verweist auf michelangeleske Vorbilder, die sich über verschiedene Rezeptionswege auch im nordalpinen Raum tradierten.61 (Abb. 14) Doch tendiert Dehne im Gegensatz zu seinen Vorgän­gern nicht zu monumental stillgelegten, flächig bildhaften, hieratischen Kompositionen, sondern steht der Dynamik und Spannung des italienischen Urbildes näher.62 Als wichtiges Vorbild, ja als »Initialzündung« für Dehnes bewegt-dynamischen Figurenstil haben Stauch und Ratzka die Goldene Pforte und SchlosskapellenDekorationen in Bückeburg hervorgehoben.63 Besonders die Pforte als ein »Glanzstück« der Dekorationskunst, »worin florentinisch geprägte Gestalten, leicht verknorpelt, seltsam ins Künstliche hinübergesetzt, teils

mit stürmischer, teils mit einschmeichelnder Gebärde aus einem glitzernden, sprühenden Meer dietterlinisch inspirierten spätmanieristisch-frühbarocken Ornaments hervor­tau­chen«64, war geeignet, Dehne als Inspirationsquelle und Formenrepertoire zu dienen. (Abb. 8) Neben diesen Werken der Bildhauerfamilie Wulff waren es die von ihnen als vorbildliche Inspirationsquelle angesehenen Werke, mit der sie den jungen Magdeburger vertraut machten.65 So verwundert kaum, dass die anschwellende Menge unterschiedlichster Stichwerke und anderer Graphik sowohl ein unerschöpfliches Reservoir an Motiven bereitstellte, aber auch stilbildend wirkte. In einzelnen Kompositionselementen sind Motive michelangelesker Formen und Figurentypen erkennbar, die sowohl im Werk der Wulff (Altarengel Bückeburg) als auch in Ketzürs tragendem Urelternpaar (Abb. 7), dem jeweiligen künstlerischen Idiom und den Bedingungen des Kontexts angepasst, wiederkehrten. Diese Monumentalgestalten italienischer Prägung – bereits Deneke und Stauch stellten Bezüge sowohl zur florentinischen als auch zur römischen Bildhauerkunst heraus66 – sind in Dehnes Reliefs teils an so hervorgehobener Stelle anzutreffen, dass sie den Eindruck erwecken, dass es ihm angelegen ist, mittels dieser Zitate die Bedeutsamkeit

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10  Christoph Dehne: Stisser-Epitaph, Halle/Saale, Detail

der eigenen Schöpfung zu steigern und das gebildete Publikum zu erreichen.67 (Abb. 9–10, 18) In diese Richtung weisen auch das gesteigerte Interesse am Akt und dessen oft gesucht komplizierte Haltungen, wie sie durch die Rezeption vom Werk Giambolognas und seiner Schüler mittlerweile zum Allgemeingut nordeuropäischer Figurenrepertoires zählten. Denn auch innerhalb von Ertles Œuvre war die Figura Serpentinata »nicht grundsätzlich neu«, jedoch in der für Dehnes Gestalten typischen, »dynamischen Formulierung« nicht zu finden.68 (Abb. 9, 7, 15–18) Intensiviert werden diese wohl zum größten Teil aus den druckgraphischen Vorlagen gewonnen Erkenntnisse sicherlich durch die unmittelbare Erfahrung der eigenen Anschauung: während seines Aufenthaltes in Bückeburg 1607, als er bei Arbeiten einer Schlossausstattung mithalf, fertigte Dehne Zeichnungen nach Giovanni Maria Nosseni an.69 Die hierbei geknüpften Kontakte setzten sich auch in anderer Hinsicht fort, gilt doch Sachsen, aus dem die Magdeburger ihren Werkstein bezogen, als die Region im deutschen Reich, die sich in der Plastik um 1600 in besonders starkem Maße von Italien beeinflusst zeigt.70 Daneben spielen – wie identifizierte Übernahmen nach Bartholomäus Spranger, Joseph Heintz d.Ä., Peter Candid oder auch Anton Schweinberger und den Gebrüdern Vianen zeigen – also hauptsächlich Künstler des höfischen Milieus am Kaiserhof in Prag, eine prägende Rolle.71 Doch schöpft Dehne bei seiner Motivauswahl weniger aus der eigenen Anschauung ihrer Werke. Vielmehr scheint die Rezeption durch graphische Arbeiten

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eines weiteren Kreises von hervorragenden Stechern, unter ihnen Lukas Kilian72, Hendrick Golzius73, Cornelis Cort, die Gebrüder Wierix74 und Sadeler75, mithin einem immensen Fundus an Zeichnungen und Stichwerken, vermittelt zu sein. (Abb. 13, 19, 21, 22, 30, 31) Exemplarisch für diese Rezeptionsvorgänge und die gegenseitige Beeinflussung, die teils auf persönlicher Bekanntschaft fußte, ist die Gestaltung der Eva des Ketzürer Epitaphs. In ihrer kauernden Haltung greift Dehne ein Motiv auf, das Adriaen de Vries mehrfach verwendet. Wohl erstmals begegnet uns die Formulierung bei einer Nymphe (Abb. 35), die zu den frühesten Arbeiten des Niederländers als Hofbildhauer in Turin zählt. Diese Nymphe begeisterte Giovanni Maria Nosseni, der im Auftrag seines Kurfürsten an italienischen Höfen nach talentierten Künstlern für Dresden suchte, so sehr, dass er sie für seine private Sammlung erwarb. Jahre später kreuzten sich die Wege von De Vries und Nosseni im Dienst eines anderen Fürsten erneut.76 Ernst III. von Holstein-Schaumburg (1569–1622) war dank seines jahrelangen Aufenthaltes in Italien und am Prager Hof mit den Kunstströmungen seiner Zeit bestens vertraut und strebte danach, seine Residenz Bückeburg zu einem höfischen Zentrum europäischen Ranges auszubauen. Die umfangreichen Bau- und Ausstattungspläne zogen nicht nur die ersten Namen ihrer Zunft an, sondern auch junge aufstrebende Künstler wie Dehne, der hier erste Erfahrungen sammeln und im Kontakt mit den vorbildhaften Meistern, seine Kenntnisse ihrer Arbeiten und Entwürfe vertiefen konte, die sein eigenes Schaffen nachhaltig beeinflusst haben. (Abb. 8) Hinsichtlich der Schmuckformen des Dekors sind Deh­nes Werke in ihrer gestalterischen Eigenart be­son­ ders gut zu identifizieren. Teigig-knorpelig gebil­detes, teilweise verschlungenes Ornament, das vorerst unter-

12  Christoph Dehne: Lochow-Epitaph, Nennhausen, Detail

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11  Christoph Dehne: Brösicke-Epitaph, Ketzür, Detail

geordneten Bereichen der Komposition vorbehalten war, überzieht im Laufe der Zeit alle Bereiche des Epitaphs und trägt in seiner überbordenden Fülle mit zur Auflösung seiner Grundstruktur bei. Im Gegensatz zu dem in Einzelformen direkt Vorlagen entnommenen, durch seine scharfkantig artikulierte Gestaltung klar ablesbarem Roll- und Beschlagwerksdekor seiner Magdeburger Kollegen, Klintzsch, Kapup und Ertle und der daraus resultierenden deutlichen Scheidung zwischen Architektur und Ornament werden in Dehnes Schöpfungen die »architektonische[n] Glieder […] vom Ornament ergriffen und von dessen Formen zersetzt und ersetzt«.77 (Abb. 12, 27) Dabei bediente sich Dehne eines skurril-bizarren For­menrepertoires, das er aus verschiedenen Themenbe­ reichen bezog: Neben antropomorphen Figurationen – fasziniert stellte bereits Deneke eine Verwendung von Mustern, die teils menschlichen Körper- oder Skelettteilen abgeleitet sind, fest – erscheinen durch Stauchungen, Faltungen und Verzerrungen stark verfremdete zoomorphe und vegetabile Elemente, übergreifende »Keulenschwünge« sowie linear-abstraktes »knorpeliges« Ornament, dessen wulstig-geschwungene, gallertartige Einzelformen zu größeren, teils schwer lesbaren Kompartimenten verschmelzen und schließlich Schrift-Kartuschen, Gebälkträger und Zwickel ausbilden.78 Wie in den figürlichen Teilen seiner plastischen Arbeiten vermied Dehne auch im Ornamentalen das reine Zitat. Vielmehr formte er seine Vorlagen nach seinen eigenen künstlerischen Vorstellungen um, was eine genaue Identifizierung der Vorbilder erschwert.79 (Abb. 36) Dabei zeigt er sich als schöpferischer Pionier auf dem Boden lokaler Tradition und verschiedenster Einflüsse. Während sich Grotesken-Muster, Phantasie- und

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Mischwesen, Putti, verbunden mit Bändern, Frucht- und Blütengehängen, Roll-, Schleif- und Beschlagwerk – kurz der gesamte elaborierte Dekorationsapparat, wie er zeitgenössischen druckgraphischen Vorlagen aus dem Floris-Kreis80, aber auch Wenzel Jamnitzer81, Wendel Dietterlin sowie Jacob Guckeien und Jacob Edelmann82 zu entnehmen war – auch bei den älteren Meistern, mit denen Dehne Kontakt hatte, finden lassen83, gilt das Brösicke-Epitaph (Abb. 3) in Ketzür nicht nur als dessen erste eigenständige Arbeit, sondern auch als die erste Anwendung »vollentwickelten Knorpelwerk[s]« in der »großplastischen Bildhauerei des Nord- und Mitteldeutschen Raumes«.84 Offenkundig hatte Dehne während seiner Arbeit bei Sebastian Ertle und den Wulff in Bückeburg sowohl die verschiedensten Vorlagenwerke als auch die Verfahrensweise, sich verschiedenster Motive schöpferisch zu bedienen, angeeignet. Dabei spielten vor allem die vorbildhaften Gestaltungen der Architekturbücher Wendel Dietterlins eine hervorgehobene Rolle.85 (Abb. 23, 24) Allerdings ging er über den rein kompilatorischen Charakter des Abformens und Nebeneinanderstellens seiner Vorgänger durch die Bildung einer tiefgreifenden Synthese, die durch die Erweichung der Formen die Einzelelemente nahezu negierte, weit hinaus. Eine genaue Zuordnung seiner verfließenden Dekorationsteile – Masken wandeln sich in Fabelwesen, Keulenschwünge laufen in gallertartig-quallig aufgeweichten mit Knorpelrändern versehenen Voluten aus – ist daher nur schwer vorzunehmen. Seine Inspirationsquellen scheinen sich gleichermaßen aus dem italienischen wie dem bereits südliche Motive verarbeitenden niederländischen Kunstkreis zu speisen und dabei auf höfisch tradierten, d. h. besonders artifiziellen Spielereien aufgeschlossenen Moden, aufzubauen.

13  Aegidius Sadeler nach Bartholomäus Spranger: Allegorie zum To­ten­ gedächtnis seiner Frau Cristina, Kupferstich, 29.3 × 41.5 cm, um 1600

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14  Michelangelo Buonarroti: Sixtinische Kapelle, Altarwand,: Das Jüngste Gericht: Detail: Auferstehung der Toten aus den Gräbern, 1535–41

17­  Christoph Dehne: Brösicke-Epitaph, Detail Eva

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15  Valerio di Simone Cioli (1529–1599), Narciso, ca. 1560/64, Marmor, 90,8 cm, London, Victoria and Albert Museum, InventarNr. 7560–1861.

16  Adriaen de Vries (1556–1626):Der Farnesinische Stier, 1614, Stiftung Schloss Friedenstein Gotha, Schlossmuseum, Plastiksammlung, Bronze, Reste goldfarbener Politur, 103 × 67 ×71 cm

18  Ketzür, Anbetung der Hirten Figuren von Maria und Kind sowie (seitenverkehrt ein Hirte mit niedergelegtem Stab, der von Tuchumwickelt ist, erinnern an die Bildfassung des Themas von T. Candid

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19  Peter Candid: Anbetung der Hirten, um 1604, Feder in Braun über Graphit, laviert, gehöht, Budapest, Museum der Bildenden Künste, Inv.Nr. 1472

20  Christoph Dehne: Brösicke-Epitaph, Ketzür, Auferstehung

21  Lucas Kilian nach Joseph Heintz d. Ä. Auferstehung Christi, 1606, Braunschweig, Herzog Anton Ulrich-Museum, Inv.-Nr. LKilian AB 3.8

22  Lucas Kilian (Inventor): Adam und Eva, Kupferstich 1601, 528 x 336, Braunschweig, Herzog Anton Ulrich-Museum, Inventar-Nr. LKilian WB 2.1

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23  Wendel Dietterlin: Architectvra: Von Außtheilung, Symmetria vnd Proportion der Fünff Seulen, und aller darauß volgender Kunst Arbeit, von Fenstern, Caminen ... — Nürnberg, 1598, 2.Buch 90 (Struktur und Anordnung, Wappen Knorpel in Bekrönung)

24  Wendel Dietterlin: Architectvra: Von Außtheilung, Symmetria vnd Proportion der Fünff Seulen, und aller darauß volgender Kunst Arbeit, von Fenstern, Caminen ... — Nürnberg, 1598, 1.Buch 40 (Engelbüste und Wappenornament)

25  Christoph Dehne: Stisser-Epitaph Halle, erstes Register und Kartusche

26  Christoph Dehne: Lochow-Epitaph, Nennhausen, Detail

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Ein besonders frühes Beispiel für das später bei Dehne charakteristische Vorgehen einer sinnestäuschenden Verschmelzung von natürlichen und artifiziellen Formen bilden die Skulpturen des unter der Aufsicht der Mitarbeiter und Nachfolger Michelangelos Pirro Ligorio und Vignola86 geschaffenen Parks Sacro Bosco in Bomarzo. (Abb. 29) Als geistiger Vater des Motivs der aus vegetabilen Ele­menten hervorwachsenden Halbfigur wird vielfach der in Dresden wirkende Italiener Nosseni angesehen, dessen Werk anscheinend in dieser Hinsicht Einfluss auf Dehnes Gestaltungen ausübte.87 Ähnliche Tendenzen finden sich auch in der habsburgischen Hofkunst. So gilt Arcimboldo wohl als extremster Exponent dieser Strömung, wenngleich seine aus verschiedensten Elementen bestehenden Kompositionen die Einzelheiten niemals negieren.88 Ihr Reiz besteht vielmehr im Vexierspiel zwischen dem Erkennen der zahlreichen Details und dem Zusammensetzen der übergeordneten Formen aus den einzelnen, naturalistisch wiedergegebenen Gegenständen. Dehnes Kompilation unterschiedlicher Motive, bei der die Grenzen zu verwischen scheinen, stehen Werke der Silberschmiede Paulus und Adam van Vianen näher. Ihre Schenkkannen und Pokale bildeten nicht nur gefragte Objekte höfischer Sammlungen, sondern kursierten auch durch Nachstiche in Europa. Bei der Herausbildung des Knorpelstils aus dem niederländischen Kwabwerk spielten ihre Inventionen eine entscheidende Rolle.89 (Abb. 32) Die an Beinknochen gemahnenden Säulen­man­ schetten des Epitaphs in Ketzür oder die »larvenähnliche Materie« des Meltzing-Epitaphs verdeutlichen90, dass Dehne nicht nur die formalen Aspekte des niederländischen Kwabwerks übernommen hat, sondern auch ihre allegorische Bedeutung im Sinnzusammenhang mit der Vergänglichkeit des irdischen Daseins91 als ausdruckssteigerndes Element für seine Grabmalsgestaltungen zu nutzen verstand.92 (Abb. 28) Frühe Beispiele des Knorpelwerks im Medium der Druckgraphik bilden die Stiche von Lucas Kilian, die ab 1607 erschienen.93 Vorgebildet im Hinblick auf Dehnes Ornamentik ist hier die Verschmelzung der einzelnen ornamentalen Teile zu einer Einheit. Deutlich wird dies besonders in den Abbildungen seines 1610 in Augsburg erschienenem »Newen Schildtbyhlin[s]«, das Dehne wohl bekannt war, da ähnliche Ornamentbildungen in der Zeit sonst nirgends auftreten und Motive, die Kilian während seiner Zeit in Rom 1601–03 kennengelernt hatte, aufgreifen.94 (Abb. 30–31)

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27­  Christoph Dehne: Epitaph des Ernst von Meltzing (1549–1617) und seiner Frau Anna, geb. von Schulenburg, Magdeburg, Dom, Südquerhaus, Südwand, H. ca. 620, B ca. 310 cm, Sandstein, Alabaster, Marmor, ehemals polychromiert, Reste von Vergoldung

28  Christoph Dehne: Hopkorf-Epitaph, Gebälk, Magdeburg, Dom

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29  Sacro Bosco, Bormazo, Viterbo, unter anderen beteiligter Bildhauer Valerio di Simone Cioli: Nymphe, ca. 1550–70

30  Lucas Kilian: Schildvorlage mit zwei Figuren, deren Gliedmaßen mit dem Rollwerk verschmelzen, aus: Schildbüchlein 1610, Kupferstich, 165 x 104 mm (Blatt), Augsburg. Wolfenbüttel, Herzog August Bibliothek, Inventar-Nr. 36.16 Geom. 2°, Teil der Serie: Newes Schildtbyhlin.

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31  Lucas Kilian: Schildvorlage mit zwei Figuren, deren Gliedmaßen mit dem Rollwerk verschmelzen, aus: Schildbüchlein 1610, Kupferstich

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Christoph Dehnes Wirkung auf Johann Böhm Die von Christoph Dehne aus diesen teils sehr unter­ schiedlich gearteten Vorbildern geschaffenen Ornamentmotive waren es vor allem, die eine weite Nachfolge erfuhren. Ihren Weg nach Obersachsen nahmen sie mit Johann Böhm, dem bislang einzigen namentlich bekannten Schüler Christoph Dehnes. Auch sein frühes Hauptwerk, das Epitaph für Ulrich Röhling, zeigt das quellend-blasige, teigig-verschlungene, aus verschiedensten Grundformen hergeleitete wuchernde Ornament. (Abb. 34) Auch setzte sich der für Magdeburg typische strukturelle Epitaph-Aufbau mit seinen Doppelsäulen im Schneeberger Röhling-Epitaph des Johann Böhm fort. Allerdings findet er im Gegensatz zu den Schöpfungen seines Magdeburger Meisters zu einer klaren Artikulation der architektonischen Teile zurück. Die skurrilen Auswüchse des organischen Dekors ordnen sich nun wieder unter, bzw. sind den marginalen Teilen seiner Struktur vorbehalten. Einzelne Figurenmotive95 sowie der Grundzug, die Gestalten stark kontrapostisch und bewegt darzustellen, übernahm Böhm jedoch von Dehne. Gleichzeitig sind sie als Reflexe auf seine Auseinandersetzung mit italienischen Vorbildern aufzufassen. Additiv haben Einzelmotive – beispielsweise die geflügelten Putti, die Cherubimköpfe und die Masken, die in ihrer Ausformung die Schulung in Dehnes Werkstatt verraten – ihren Weg in die Gesamtkomposition gefunden. Doch sind sie im Stellenwert, weil ihnen – wie den Figuren – das Pathos der übergreifenden, schwellenden Form fehlt, zu reinen Dekorübernahmen ohne formalinhaltliche Synthese mutiert, wie sie die Künstler vor Dehne zur Anwendung brachten. Konsequenterweise führt Böhms Weg daher von dieser aus den Zitaten ablesbaren Abhängigkeit vom Formenrepertoire und Gedankengut seines Magdeburger Meisters weg zur eigenen künstlerischen Arbeitsweise.96 Hinsichtlich seiner Schaffensprinzipien, vielfältige Anregungen seiner Quellen nicht einfach zu kopieren, sondern schöpferisch der eigenen künstlerischen Sprache anzuverwandeln, folgte damit Johann Böhm der Vorgehensweise seines Magdeburger Meisters.

32  Adam van Vianen: Entwurf für den Gildebecher der Amsterdamer Goldschmiedegilde, 1613/14, Rijksmuseum Amsterdam BK-1976-75

33  Anton Schweinberger: Seychellennuss-Kanne, Prag 1602, Wien, Kunst­his­to­rischees Museum, Inventar Kunstkammer, 6872

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34  Johann Böhm: Epitaph für Christina und Ulrich Röhling; ehemals Schneeberg, St. Wolfgang, 1628/29, 1945 zerstört

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35  Adriaen de Vries: Nymphe und Faun, vor 1588, Dresden, Staatliche Kunstsammlungen, Grünes Gewölbe

36  Christoph Dehne und Werkstatt: Epitaph des Georg von Lochow † 1612, und seiner Ehefrau Agnes, geb. Werder, Sandstein, Alabaster, Teilvergoldung, Nennhausen, nach 1612

Anmerkungen 1 Nicht zuletzt aufgrund des Stapelrechtes war die Messestadt Magdeburg seit dem Mittelalter ein Zentrum des Getreidehandels. Ihre Bedeutung im Kornhandel trug der Elbestadt den Titel »Brothaus der Hanse« ein. Seit dieser Zeit reichten die Handelsbeziehungen Magdeburger Kaufleute bis Frankreich und Flandern, England, Polen, Russland, sowie in den skan­di­ navischen Raum. Daneben hat Magdeburg spätestens seit dem Spätmittelalter als wichtiges Kunstzentrum weiter Ausstrahlung zu gelten. Deiters 2006. 2 Vgl. Ponert 1977, S. 95; ähnlich Habich 1978, S. 113 und Ratz­k a 1998, S. 16. 3 Sebastian Ertle und Michael Spies sind u. a. zugewanderte Bildhauer, die in der Elbmetropole Ende des 16. Jahrhunderts ein Auskommen fanden. Das Aufblühen der Künste in der Stadt ist sicher mit der Rückkehr des Domherren 1558 verbunden. Neben der bürgerlichen Oberschicht sind sie als reiche Pfründner und Mitglieder des mitteldeutschen Adels potente und gleichermaßen gebildete wie ästhetisch anspruchsvolle Auftraggeber. Wentz 1972, S. 98. 4 Stauch 1936, S. 5–7. 5 Vgl. Dieck 1924, S. 3. 6 Vgl. Nahrendorf 2015, S. 173–175; Kawerau 1895; Schilling 2005; Schilling 2012, S. 283–310;- Ratzka streicht heraus, dass

sich die Stadt erst in den 1570er Jahren von den Kontributionszahlungen der Auseinandersetzung 1550/51 soweit erholte, dass zumindest »die obere Schicht des Bürgertums wieder zu Reichtum gekommen« war. Für die lokalen Bildhauer und Malerwerkstätten gab es seit dem Mittelalter ein reiches Betätigungsfeld, das nur in den ersten Jahrzehnten nach der Einführung der Reformation einige Einbußen erlitten hatte. Allein die Stadtmauern umfingen zwölf Kirchen und einige Kapellen, zu denen noch jene der Vorstädte kamen. Sie alle wiesen vor ihrer Zerstörung 1631 eine reiche Ausstattung auf, die zum Teil erst in der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts erneuert worden war. Ratzka 1998, S. 32–34. 7 Für diese von der Literatur repetierte politische Konstellation scheint zumindest für die ersten Jahre nach 1600 eine Überprü­ fung vonnöten. Denn die Tatsache, dass der Magdeburger Ad­ mi­nis­trator Christian Wilhelm von Brandenburg als Taufpate von Ludwig III. von Lochows und der Sophia von Alvensleben drittem Sohn war, deutet daraufhin, dass die Grenzen der Parteien nicht zwischen den Institutionen, sondern auch innerhalb des Kapitels verliefen. Ludwig III. von Lochow war nicht nur Mitglied und Domprobst des Brandenburger Kapitels, sondern seit 1606 Domherr und Cellarius des Erzstiftes Magdeburg. Auch die anderen Mitglieder der Familie Lochow, neben dem Domdechanten Ludwig I. ist Cuno III., Vizedomus des Erzstiftes

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und seit 1613 Domprobst zu Havelberg von Christian Wilhelms Gnaden, sind als entschiedene Parteigänger der Hohenzollern anzusehen. Lochow 1940, S. 48, 55. 8 Diese Personalie galt als traditionelle Lösung, hatten doch seit Mitte des 16. Jahrhunderts immer Hohenzollern das Amt ausgeübt. Christian Wilhelm folgte Joachim Friedrich, der 1598 Kurfürst von Brandenburg wurde. Sein Sohn wurde mit zehn Jahren zum postulierten Administrator von Magdeburg mit der Maßgabe gewählt, dass er die Regierungsgeschäfte erst an seinem 21. Geburtstag übernehmen sollte. Von 1598 bis 1608 wurde – wie in der Wahlkapitulation festgelegt – die Regentschaft vom Domkapitel Magdeburg geführt, was jedoch spätestens seit 1614, als er seine Herrschaft aktiver gestalten wollte, zu Spannungen zwischen ihm und dem Kapitel führte. Im Jahr 1624 wurde er zudem Administrator des Bistums Halberstadt. In seiner unsicheren Lage, die unter dem Druck der Rekatho­ lisierungsabsichten der kaiserlichen Partei noch verstärkt wurden, suchte er 1626 Rückhalt beim dänischen König Christian IV. als dessen Generalleutnant er gegen Wallenstein die Schlacht an der Dessauer Brücke verlor und fliehen musste. Seine Versu­che, das Erzstift wiederzuerobern, scheiterten und die Stifte Mag­ deburg und Halberstadt setzten ihn als Administrator 1631 ab. Vgl. Schwineköper 1957, S. 226. 9 Vgl. Schneider 2005, S. 369. 10 Die fehlende kaiserliche Bestätigung seines Amtes nahm der Rat zum Vorwand, ihn nicht anzuerkennen. Vgl. Schwi­ne­köper 1957, S. 226. 11 Der 1630 neuzusammengestellte Rat stand unter dem Einfluss militanter Prediger und setzte sich mehrheitlich aus Vertretern der pro-schwedischen Partei zusammen. Statt wie die Amtsvorgänger auf Ausgleich und eine diplomatische Lösung zu setzen, favorisierten die neuen Ratsherren eine militärische Lösung und hofften auf die Unterstützung Gustav Adolfs. Vgl. Hoffmann 1887, S. 13–29, 37–45; Asmus 2005, Bd. 1, S. 583; Zu den verschiedenen Positionen und Protagonisten der einzelnen Fraktionen innerhalb Magdeburgs vgl. Friedrich 2004, S. 204–205; Nahrendorf 2015, S.327–336. 12 Vgl. Nahrendorf 2015, S. 325. 13 Sudenburg bildete als »Künstlerstadt«, die vor ihrer Niederlegung »Einhundert und funff und zwanzig wohl erbaute burgerhäuser« zählte, »worinnen Goldtarbeiter und Silberschmiede, Mahler undt Contrafeier undt andere Künstler« wohnten, einen wich­tigen Produktionsstandort für Luxusartikel. Wie in der Neustadt hatte sich hier nie ein autonomer Status entwickeln können; Su­denburg und Neustadt standen unter der Herrschaft des Erzbi­schofs bzw. des Administrators. Vgl. Stauch 1936, S. 12, Anm. 19. 14 Der Stadtrat hatte 1625 und 1627 von Wallenstein für die Sum­me von 133 000 Taler die Erlaubnis erkauft, die beiden Vorstädte Sudenburg und Neustadt abbrechen und auf dem dadurch gewonnenen Gebiet Festungsanlagen errichten zu können. Vgl. Hoffmann 1887, S. 7; vgl. Ratzka 1998, S. 17. 15 Vgl. Hoffmann 1887, S. 5. 16 Vgl. Nahrendorf 2012, S. 1355–1357; vgl. Nahrendorf 2015, S. 325. Schneider macht zudem auf die Missernten als Folge des Klimawandels ab 1617 aufmerksam. Die mit den Miss­ ernten einhergehende rapide Teuerung und die Geldentwertung durch den Münzverfall hatten sich 1622 in einem Aufruhr und Plünderungen in Magdeburg entladen. Vgl. Schneider 2005, S. 369–371. 17 Zu den Spannungen und »Dissensiones« innerhalb der Magde­ burger Bürgerschaft vgl. Hoffmann 1887, S. 6; vgl. Schneider 2005, S. 374–377. 18 Vgl. Stauch 1936, S. 9–10; vgl. Ratzka 1998, S. 20–21. 19 Vgl. Krietzsch 2014, S. 49.

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20 Vgl. Hoffmann 1887, S. 87–91. 21 Vgl. Brinkmann 2010. Zur gewandelten Auftragslage, besonders dem Rückgang der Nachfrage nach sakralen Ausstattungsstücken in Gebieten, die die Reformation angenommen hatten. vgl. Bode 1887, S. 232 (der eine extreme Position vertritt). Er spricht ebenfalls Grabdenkmäler neben »flüchtigen Dekorationen« als einzige Aufgabe der Bildhauer an. Er geht sogar so weit, den Denkmälern dieser Gattung im mitteldeutschen Raum ihren »künst­lerischen Wert« abzusprechen. Vgl. Libmann 1982, S. 491–492.; vgl. Libmann 1987, S. 26–29; vgl. Bushart 1980, S. 8, vgl. Rudolph 1935, S. 1–2. 22 Erst im Jahrzehnt vor der Jahrhundertwende kann man innerhalb der Magdeburger Bildhauerkunst Aussagen zu Meistern und Werkstätten treffen. In dieser Zeit erhält der Dom mit Kan­zel, Orgelprospekt und vielen Grabdenkmälern seine bedeutendsten Ausstattungsstücke. Vgl. Deneke 1913a, S. 99; vgl. Ratzka 1998, S. 30. 23 Vgl. Brinkmann 2010, S. 315–320, bes. Zitat S. 316. Ratzka 1998, S.  2, weist darauf hin, dass wir von zünftig geregelten Werk­stätten von hohem handwerklichem Können auszugehen haben. Leider gibt es zu den konkreten Zunftbestimmungen, die das Schaffen der Magdeburger Bildhauer reglementierten, keine wissenschaftlichen Abhandlungen. Entsprechend der Ge­ pflogenheiten, besonders vor dem Hintergrund, dass Magdeburg selbst als Zentrum des Drucks im Reich zu gelten hat, gehörten zu deren Werkstattfundus »Vorlageblätter, speziell Stichvorlagen, die um 1600 sehr verbreitet« und dank der ausgedehnten Handelsverbindungen leicht zu erwerben waren. Unterstellt man Analogien zu den Regeln der Würzburger Zunft, so war die Kopie eines fremden Werkes jedoch verboten, lediglich die Verwendung einer fremden Visierung oder eines Kupferstiches erlaubt. Vgl. Bruhns 1923, S. 23. 24 Es ist schriftlich überliefert, dass allein zur Ausstattung der vom Rat und den Patriziern frequentierten St. Ulrichskirche »die herrlichsten Epitaphien und Gemälde« gehörten und »vornehme Adlige und patrizische Familien« für ihre Grabdenkmäler zwischen 1000 und 3000 Taler aufwandten. Vgl. Stauch 1936, S. 10; vgl. Hertel 1902. 25 Die Lektüre der antiken Klassiker wurde als Reservoir für »kanonische Muster«, die man sich einprägte und in eigene Werke einfließen lassen konnte, angesehen. Vgl. Barner 1970, S. 243, 283; Die Verschwisterung der schöngeistigen Disziplinen, das frei nach Horaz’ Diktum des »ut pictura poesis«, eine Gleichheit zwischen Malerei und Dichtkunst feststellte, ließ die Kunsttheoretiker Italiens nicht nur die Ausrichtung an den Werken der Antike ebenso wie das intensive Studium der als vorbildlich erachteten Meister, in erster Linie Raffael und Michelangelo, zur Regel erheben, sondern bildete die Grundlage des sich in der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts herausbildenden akademischen Lehrbetriebs. Vgl. Ricke 1973, S. 11. 26 Die Wertschätzung, die Rollenhagen innerhalb der Magdeburger Elite genoss, zeigt sich an seinem Begräbnis in der »bedeutendste[n] und zentralste[n] Kirche der Elbestadt«. Zu seiner engen – auch familiär bedingten Vernetzung zum Domkapitel. Vgl. Nahrendorf 2015, S. 173–178. 27 Rollenhagen fordert dazu auf, sich aus den von ihm empfohlenen Kanon der didaktisch wertvollen Schriften, die von den antiken Autoren bis zu Melanchthon und Lorenzo Valla reichten, wichtige Sätze und Redewendungen zu notieren. Zur Ausprägung eines eigenen Stils sei es wichtig, aus dieser Lektüre heraus selbstständig sogenannte Loci-communes-Hefte anzulegen, die als Zitaten-Fundus für eigene Schriften zur Verfügung stehen. Vgl. Nahrendorf 2015, S. 182–183. 28 Vgl. Hagedorn 2004, S. 259. Es ist mit Dieck 1924, S. 7–8, davon auszugehen, dass Christoph Dehne über »einen ziemlich

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ho­hen Bildungsgrad verfügt haben« muss. Wovon nicht nur sei­ne besondere Wertschätzung als Künstler, sondern auch das Vertrau­en, das in seine Fähigkeiten als Konspirant und Spion gesetzt wurde, zeugen. 29 Dem komplexen Nebeneinander, beziehungsweise dem partiellen Überlagern verschiedenster regionaler und individueller stilistischer Einflüsse kaum gerecht werdend, bemüht die kunstgeschichtliche Nomenklatur die Begriffe Manierismus und Früh­barock zur differenzierenden Kennzeichnung dieses span­ nungsvollen Prozesses. So versuchte zuletzt Ratzka 1998, S. 151, Dehnes Stellung »innerhalb der manieristischen und ›frühbarocken‹« Skulptur in Mittel- und Norddeutschland zu beschreiben. Nachdem sich in Dehnes Werk erstmals »Einfluß frühbarocker Tendenzen« artikuliere. Doch erweist sich als problematisch, dass diese Termini nicht alle künstlerischen Phänomene in den verschiedenen Gebieten gleichmäßig treffend bezeichnen, da es zahlreiche Durchdringungen und regionale Sonderstilformen gab, die sich den konventionellen Einordnungen weitgehend versagen. Sollte im Folgenden nun damit operiert werden, so geschieht das im Bewusstsein, dass sich hinter diesen Etiketten weit vielschichtigere Phänomene verbergen. Ein gutes Beispiel dafür bietet Christoph Dehne: Er wurde von der kunsthistorischen Forschung als Exponent – ja »Begründer« – des Manierismus bezeichnet, in dessen Figurenstil »Impulse des internationalen höfischen Manierismus […] einen partiellen Niederschlag fanden«. Gleichzeitig nahm man für seine Formensprache das Epitheton »barock« in Anspruch bzw. stilisierte ihn zum »Bahnbrecher des sogenannten Knorpelstils« und zu einem »entwicklungsgeschichtlichen Pionier des mitteldeutschen Barock«, wobei die Rezeption seines Werkes »zur Ausbreitung des Stils im mitteldeutschen Gebiet beigetragen« habe. Inserierte Zitate nach: Stauch 1957, S. 567; Ratzka 1998, S. 151; Deneke 1913a, S. 102; Brinckmann 1919, S. 200 und Dieck 1924, S. 9–11, 109; Einen differenzierenden Blick auf die Stilpluralität um 1600 bietet Lars Olof Larsson in: Beaufort et al. 1988, S. 43. 30 Rasmussen begründet seine These vom Norddeutschen Sonderbarock damit, dass das Knorpel- und Ohrmuschelornament »nicht nur die architektonischen Strukturen, sondern teilweise auch die Figuren bizarr überwucherte«, was in fast ganz Norddeutschland anzutreffen sei. Rasmussen zit. nach Krietzsch 2014, S. 53. 31 Besonders in der norddeutschen Kunst hat Dehnes Schaffen Spuren hinterlassen. So sieht Behling 1990, S. 230, die Epitaphien des Magdeburgers als Vorbilder für Hans Gundewerdt. Als Bildhauer, in deren Werken große Ähnlichkeiten zu Bildfindungen und Motiven aus Dehnes Repertoire bestehen, sind Lulef Bartels (nachweisbar um 1620/31) und Georg Kriebel zu nennen. Wäh­rend Dauer, Intensität und Art des Verhältnisses bei den Genannten aufgrund des Mangels an Quellen nicht eindeutig zu bestimmen ist, lässt sich einzig im Falle Johann Böhms eine Lehre und Mitarbeit in Dehnes Werkstatt nachweisen. Vgl. Asche 1934; Asche 1961. 32 Während sich sein Geburtsjahr auf um 1580 eingrenzen lässt, verliert sich seine Spur nach 1640 ohne Hinweise auf sein weiteres Schicksal. Vgl. Deneke 1913a, S. 109; vgl. Stauch 1936, S. 14–15; vgl. Ratzka 1998, S. II, 107–108, Krietzsch 2014, S. 48. 33 Denecke 1913b, S. 111, bezieht sich auf eine Notiz im Stadtarchiv, nach der 1511 ein Vikar Caspar Dehne ein Haus auf dem Prälatenberg besitzt. Ein familiärer Bezug über diese Namensgleichheit hinaus lässt sich vielleicht daher ableiten, dass dies just den Bezirk benennt, in dem Christoph Dehne »später auch ansässig« ist. 34 Weiteren Namen von Bildhauermeistern, die ebenfalls nach Magdeburg zugezogen und von hier aus tätig waren, können

Auf Tuchfühlung mit den Kunstströmungen seiner Zeit

nur einzelne Werke zugeordnet werden. Dies betrifft den aus Meißen nach Magdeburg eingewanderten Michael Spieß (um 1570–1607/10), der hauptsächlich in »bürgerlichen Kreisen« seine Auftraggeber fand und dessen Werke beim Brand der städtischen Kirchen vernichtet wurde. Vgl. Ratzka 1998, S.  2–3, 157–166, II, 104–105. Ähnlich ist es wohl auch bei dem aus Überlingen stammenden Hans Hierzig, der womöglich zusammen mit Sebastian Ertle nach Magdeburg kam und mutmaßlich zunächst in der Werkstatt arbeitete. Vgl. Deneke 1913a, S. 86–87. 35 Vgl. Dieck 1924, S.  9–11. Neben den Einflüssen durch die Bildhauertraditionen der jeweiligen Herkunft der führenden Meister Magdeburgs, weist Dieck mit Recht auch auf den durch die Beschaffung des Arbeitsmaterials angeregten Austausch mit den künstlerischen Zentren Sachsens am Oberlauf der Elbe hin. Mit dem aus Pirna kommenden Hans Klintzsch schuf 1590 ein obersächsisch geschulter Meister das erste monumentale Grabdenkmal für den Magdeburger Dom. Vgl. Deneke 1913a, S. 14–20. Während Deneke (a.a.O.) eine Schulung bei Nosseni und den Walther unterstellt, geht Ratzka davon aus, dass der Einfluss des Torgauer Bildhauers Georg Schröter und seine Adaptionen des Floris-Stils auf Klintzsch »und somit für die Anfänge der Magdeburger Bildhauerschule um 1600, nicht hoch genug eingeschätzt« werden kann. Vgl. Ratzka 1998, S. 35–43, Zitat S. 37, II, S. 4–5, 98–99. Daneben lassen sich »Vorlageblätter« als allgemeiner Werkstattfundus ab etwa 1580 nachweisen. Vgl. Ratzka 1998, S. 2 und Anm. 5. 36 Vgl. Stauch 1957. 37 Das wichtige politische Ziel des Grafen von Holstein-Schaum­ burg, die Erneuerung der Fürstung, erfolgte 1619. Dank der Auswertung des Bückeburger Ausgabenverzeichnisses der Jahre 1607/08 konnte Findel die Werke, die Dehne im Auftrag von Ernst von Schaumburg schuf, bzw. die Arbeiten, an denen er als Mitarbeiter der Bildhauerwerkstatt Wulff beteiligt war, näher umreißen. Findel 1931, S. 8–9. 38 Vgl. Habich 1969, bes. S. 152–166, 168–174; vgl. Borggrefe 1995, bes. S. 15–19, 70–81. 39 Vgl. Habich 1969, bes. S. 5–13; vgl. Borggrefe 1995; vgl. Borggrefe/ Brüdern 2008; vgl. Borggrefe 2010. 40 Der Hildesheimer Bildhauer Ebbert Wulff, ging 1603 mit seinen Söhnen Hans, Ebbert und Jonas nach Bückeburg, um dort in Diensten Graf Ernst III. von Schaumburg die Ausstattung für das Schloss, die Schlosskapelle und Kleinarchitektur in Stadt und Park auszuführen. Ebbert d. J. gilt als einer der »bedeutendsten Bildhauer um 1600«. Er kam wohl wie sein Bruder Jonas, mit dem Stil Giambolognas während ihrer Ausbildung in Süddeutschland in Berührung. Vgl. Rasmussen 1977, S. 237–245, Zitat: S. 241; vgl. Meier 1926/1933; vgl. Ratzka 1998, S. 152. 41 Vgl. Stauch 1936, S. 61 und öfter geht von solch einer Reise aus, Ratzka 1998, S. 152–153, bestreitet diese. 42 Motivübernahmen lassen sich verschiedentlich identifizieren, die wohl prominenteste ist der Gesichtstypus der Eva in Ketzür, der der Dirke aus der Figurengruppe des Farnesinischen Stiers von Adriaen de Vries nahesteht. Vgl. Stauch 1936, S. 21; zu de Vries: Adelmann 2008; Scholten 1998; Emmendörfer 2000; Cahn 1966; Larsson 1998; Radcliffe 2004. 43 Vgl.: Ratzka 1998, S. 117, Anm. 377, Abb. 210, bringt eine Zeichnung, die er für Dehne in Anspruch nimmt und die wohl nach einer Statuette Giambolognas bzw. einer Kopie der Schule des italienischen Meisters gefertigt wurde, in die Diskussion ein. 44 Nach Dieck 1924, S. 28, gilt er als Autor des Reliefs im obersten Auszug des Epitaphs des Ludwig I. von Lochow, das wohl noch zu dessen Lebzeiten, also vor 1616, entstanden ist. Die Komposition der Himmelfahrt Christi ist nach dem Vorbild von Johann Sadeler I. Stich aus der Serie, die der Künstler um 1580

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nach Marten de Vos geschaffen hat, entstanden. Vgl. Ratzka 1998, II, S. 19, Anm. 22. 45 Der Vertrag in Ketzür nennt Gesellen, daher muss Dehne schon Meister gewesen sein. Auch eine 1626 datierte Nachricht, die einen Schwiegersohn Dehnes nennt, stützt diese Annahme. Vgl. Stauch 1936, S. 15; vgl. Neubauer 1907, S. 118. 46 Wann Ertle starb ist nicht überliefert, Sophia Wulf, seine Witwe, wird 1617 als Ehefrau Christoph Dehnes erwähnt. Vgl. Meier 1938, S. 200–201; Vgl. Hagedorn 2000, S. 259; vgl. Ratzka 1998, S. 145. 47 1618 wird er Bürger und Bildhauer genannt, was den Besitz eines eigenen Hausstandes und einer Werkstatt voraussetzte. Aus dem­selben Überlieferungszusammenhang ist ersichtlich, dass Dehne über Wertsachen verfügte, die er beim Halberstädter Kapitel zur Sicherheit verwahren ließ. Vgl. Stauch 1936, S. 14; vgl. Stauch 1957, S. 567. Seine Frau brachte neben dem Erbe der Werkstatt noch 15,5 Morgen Ackerfläche in der Börde mit in die Ehe. Vgl. Wolf 1933, S. 389–391. 48 Vgl. Ratzka 1998, S. 145. Danach ergeben sich für sein Schaffen die Schwierigkeit, seinen »Individualstil aus dem Gesamtwerk eindeutig herauszulösen«, mithin zwischen Werkstattstil und individuellem künstlerischen Idiom zu unterscheiden. Ausführlich hierzu: Ratzka 1998, S. 116; Meier nimmt diese Umstände zum Anlass, das von Deneke zusammengeführte Œuvre Dehnes diesem Meister abzuschreiben und ihn als mittelmäßig abzuqualifizieren, indem er ihn vielmehr als geschickten Kunstunternehmer, der große Erfolge verzeichnete, charakterisiert. Vgl. Meier 1938 und Meier 1928, bes. S. 67–68. Aufgrund – nicht sehr überzeugender – stilistischer Untersuchungen möchte er Dehnes Werk stattdessen an Lulef Bartels (einen Mitarbeiter und vielleicht Schwiegersohn) Dehnes und seinem Vorgänger, Sebastian Ertle, zuweisen. Ein noch heute gültiger Widerspruch findet sich bei Rudolph 1935, S. 82, Anm. 127. 49 Zu nennen sind hier die aufs engste miteinander verwandten Familien von Lochow, von Rochow, von Hopkorff, von Arnstedt, von Königsmarck, von Brösicke. Vgl. Lochow 1940, besonders S. 14–18, 21–22, 26–31 und die Stammtafeln III, IV und V; vgl. Rochow 1861; Neben den repräsentativen und re­ gio­nal-herrschaftlichen Intentionen, die sich mit der Errichtung der monumentalen Grabdenkmäler der Landadligen verbanden, sind viele der im zweiten Jahrzehnt des 17.  Jahrhundert entstandenen Werke sicher auch als Bekenntnis zur lutherischen Konfession zu betrachten. Der 1613 erfolgte Übertritt Kurfürst Johann Sigismunds (1572–1619) ließ bis zum Toleranzedikt von 1664 Befürchtungen Raum, der Landesherr würde das im Reichs­recht verankerte Cuius-regio-Prinzip zur Anwendung bringen. Seine Bestrebungen, neben den westlichen auch die mitteldeutschen Landesteile Preußens zur Lehre Calvins zu bekehren, scheiterten am Widerstand der Landstände. Auch das Fürstentum Anhalt vollzog den Wechsel zur reformierten Konfession, ähnliche Bestrebungen sind hier zu unterstellen. Vgl. Wolgast 2014, S. 27–28, S. 30–33. 50 Aufbauend auf den Vorarbeiten Denekes, Diecks und Stauchs fasste Ratzka katalogartig das Œuvre Dehnes zusammen. Vgl. Ratzka 1998, II, S. 57–83, wobei dessen Einschätzung nicht immer Folge zu leisten ist und Dehne mittlerweile weitere Werke – beispielsweise das 1618 entstandene Grabdenkmal des Caspar Tryller († 1625) in der St. Jakobi-Kirche Sangerhausen – zugeschrieben werden. Vgl. Brinkmann 2010, S. 314 ohne Angabe der Lit. 51 Vgl. Ratzka 1998, II, S. 107, Anm. 37, vermutet, dass bei der »Demolition in der Sudenburg« »vielleicht auch ein Großteil seines immensen Werkstattfundus vernichtet« worden sei. Zumindest ist anzunehmen, dass aufgrund der wirtschaftlichen Krise und angesichts der Gefahr eines Übergreifens der Kampfhandlungen

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in den Magdeburger Raum kaum von einem geordneten auskömmlichen Werkstattbetrieb mehr auszugehen ist. Ähnlich argumentiert auch Stauch 1936, S. 17. 52 Wie die wenigen Quellen mit Hinweisen auf Dehne doku­men­ tieren, waren der Meister und sein Schwiegersohn spätestens nach dem Verlust seines Hauses, dem Sitz seiner Werkstatt in der Sudenburg entschiedene Parteigänger Christian Wilhelms, für den er auch konspirativ wirkte. Möglicherweise hatte das negative Auswirkungen auf seine wirtschaftliche Lage, denn sein Gegensatz zu Rat und Domkapitel entzweiten ihn mit wichtigen potentiellen Auftraggebern. Stauch 1936, S. 9, 15–17. 53 Da er in Diensten des Magdeburger Administrators auf protes­tan­ tischer Seite stand, hatte er nicht nur Auskommen und Vermö­ gen verloren, sondern musste durch Flucht vor den Kaiser­lichen sein Leben fern der Heimat fristen. In der letzten archivalischen Nachricht, die sich mit seinem Namen verbindet, versucht er seine wohl inzwischen erblindete Frau durch die Übertragung ihres Grundbesitzes an den Bildhauerkollegen Georg Kriebel (um 1580/90– 1644/45), der sie versorgen sollte, sicherzustellen. Sophia Dehne vermachte Kriebel »im Gegenzug […] ihre geerbten Ländereien […], die zuvor im Besitz ihrer Eltern, später Ertles (ab 1606) und Dehnes (ab 1617) gewesen waren«. Krietzsch 2014, S. 48. 54 Seine Ornamentik weist Dehne eindeutiger als sein Figurenstil als zumindest protobarocken Künstler aus. Schon immer galt der Ohrmuschelstil, zumal dann, wenn er wie bei Dehne vollentwickelt auftritt, als »Variante innerhalb des großen Barockkomplexes […] Trotz regionaler, temporaler und sozialer Begrenzung – auf Deutschland, die Niederlande und Skandinavien, auf den Zeitraum ca. 1620–80 und auf die handwerkliche Dekorationskunst – hat dieser Stil viel gemeinsam mit dem Barockbegriff. Diese Gemeinsamkeiten wurzeln tiefer als nur in dem formalen Merkmal der Erweichung. Da ist zunächst der Naturalismus zu nennen, der […] mit einem neuartigen Interesse für Anatomie und die Beschaffenheit des Körpers innerlich und äußerlich zusammenhängt […] Im Vergleich zum manieristischen Ornament, das immer konstruiert wirkt, ist das Ohrmuschelornament ungleich organischer und auf einen geheimnisvolle Weise naturnäher«. Ratzka 1998, S. 139, inseriertes Zitat: Forssmann 1956, S.  190–191; vgl. Zülch 1932; vgl. Graeve­nitz 1973; vgl. Keller 1939, S. 24–25, 35, 38–39. 55 Bei der Gestaltung der Figuren: »… strebt [er] immer danach, auch in die Gesichter und die Körper seiner Gestalten diesen weichen, plastischen, malerischen Zug zu bringen.« Deneke 1911, S. 108–109 56 Deneke 1911a, S. 108. 57 Vgl. Rudolph 1935, S. 51; vgl. Keller 1939, S. 10–11. 58 Vgl. Deneke 1913c, S. 205. 59 Vgl. Ratzka 1998, S. 112, 141; vgl. Deneke 1911a, S. 112. Dies betrifft unter anderem Aufbau und Struktur des Epitaphs, die – allerdings auf Auftraggeberwunsch beruhende – Wiederkehr ikonographischer Muster, das Motiv der gekuppelten Säulen, sowie das im Epitaph des Johannes von Lossow vorgebildete Motiv der Atlan­tenfiguren. Inga Brinkmann geht in ihrer Einschätzung weiter. Sie stellt das Brösicke Epitaph in Ketzür in die Nachfolge des in lutherischen Territorien traditionsbildenden Schulenburg-Epitaphs in der Wittenberger Stadtpfarrkirche. Als prägende Gestaltungsmerkmale zählt sie auf: »Ein monumentaler mehrgeschossiger, mehrachsiger Aufbau mit altarartiger Wirkung, lebensgroße vollplastische Figuren in Kombination mit einem Reliefprogramm sowie ein großer Aufwand an Heraldik und auf die Person des Verstorbenen bezogenen Inschriften« bilden »konstruktive Elemente des Wandgrabmalstyps« mit »individuellen Abwandlungen«. Brinkmann 2010, S. 39, genaue Analyse S. 209–215.

Lisa Maria Vogel

60 Anders als z. B. »Jonas Wolff in Bückeburg, der das Relief der Vision des Ezechiel an der Fürstenprieche in jeder Einzelheit genau einem Stich des J. Sadeler nach Marten de Vos nacharbei­tete«, oder Sebastian Ertle, der in immer neuen Zusammenstellungen ein und denselben »Formenschatz (…) bis zur Ermüdung« repetierte, zeigt sich Dehne stärker als »eigenschöp­fe­rischer Künstler«, in dem er seine Vorlagen nicht einfach kopierte, sondern durch Auswahl und Anordnung seinen eigenen Vorstellungen unterwarf. Stauch 1936, S. 23; vgl. Deneke 1911a, S. 49. 61 Neben Stichvorlagen, etwa von Marcantonio Raimondi (die auch Dehne kannte), ist hierbei vor allem auf den persönlichen Austausch – sei es der Gabenaustausch auf diplomatisch-politischer Ebene, der mit den anspruchsvollen Erzeugnissen die fürstlichen Kunstkammern füllte – sei es durch die Künstlerwanderungen über die Alpen, zu verweisen. Für das Phänomen der sogenannten »Bentveughels« der niederländischen Maler, die in Italien eine eigene Gemeinschaft bildeten, gibt es besonders viele Untersuchungen, deren Ergebnisse zu den Lebens- und Arbeitsbedingungen nordalpiner Meister in Italien sich auch auf den Bereich der Skulptur übertragen lassen. Vgl. Haskell 1980; vgl. Levine 1990. Als Beispiel für einen Bildhauer, der Italien aus eigener Anschauung kannte, und dessen Stil weite Nachfolge fand, gilt Hans Morinck (um 1555–1616). Aufgrund des Sitzes seiner Werkstatt in Konstanz und den vielfältigen Beziehungen verschiedener Magdeburger Bildhauer in die Bodenseeregion, nahm Stauch 1936, S.  23, an, dass Dehne während seiner Gesellenwanderung bei ihm gelernt hätte. Allerdings lassen sich aufgrund der Arbeitsweise Dehnes, die die Vorlagen weitgehend verbirgt, kaum Bezüge greifen, die diese Behauptung oder eine weitere Reise des Magdeburgers über die Alpen eindeutig belegen könnten. Bezüge der Reliefgestaltung zeigen sich eher zum Werk von Paulus Vianen, dessen Ornamentgestal­tungen Niederschlag in Dehnes Schaffen fanden. 62 Diese Gestaltungsweisen sind kennzeichnend für Christoph Kapup aber auch für den Konstanzer Bildhauer Hans Morinck, dessen Werkstatt auf Vermittlung Sebastian Ertles als mögliche Station der Gesellenwanderung Dehnes angenommen wird. Vgl. Deneke 1911a, S.  48–49. Spärliche Indizien für einen Kontakt Dehnes mit dem Konstanzer Meister sind etwa bei den, den Reliefs im Brösicke-Epitaph in Ketzür zugrundeliegenden Vorbildern und der Auswahl der entnommenen Motive, zu finden: Beispielsweise erinnern in der Auferstehung Christi das V-förmig geformte Wolkenband um Figur und Gloriole Christi an eine Komposition der Auferstehung von Maarten de Vos, die Adriaen Collart gestochen hat, wohingegen die Figuren der aufgeschreckten Wächter an einen Stich von Cornelis Cort nach Giulio Clovio gemahnen. Beide graphischen Werke dienten auch Hans Morinck bei seinem Auferstehungsrelief in Bußmannshausen, das 1597 datiert wird, als Anregung. Vgl. Ricke 1973, S. 149. Einzelne Motive der Beweinung Christi – etwa der von Johannes gestützte Oberkörper Jesu und die langgestreckten Beine –verweisen auf Nachstiche des Cornelis Cort nach Giulio Clovio (Kupferstich, 1568, 330 × 263 mm (Darstellung), Stuttgart, Staatsgalerie, Graphische Sammlung, Inventar-Nr. A 14 603.) Die konkrete Vorlage für das Relief mit der Anbetung der Hirten kann nur indirekt erschlossen werden. Auch hier griff Dehne verändernd ein: Durch die Reduktion des Personals erreicht er eine Klärung der Komposition und eine bessere Lesbarkeit der einzelnen Figuren, eine Vorgehensweise, die man auch bei Hans Morinck erkennen kann. Nicht nur in der Arbeitsweise, etwa dem Bemühen, Überschneidungen im Relief zu vermeiden, auch in der Übernahme von Veränderungen, die Morinck bei seiner Schöpfung nach der Grablegung von Gugielmo della Portas Marmorrelief vornahm, und die Dehne seinerseits schöpferisch veränderte, zeigt sich, dass der Magdeburger vermutlich nähere

Auf Tuchfühlung mit den Kunstströmungen seiner Zeit

Kenntnis vom Werk des Konstanzer Meister hatte. Vgl. Stauch 1936, S. 23–24; vgl. Ricke 1973, S. 124 bestreitet dies. Aufgrund der schlechten Überlieferungslage ist es allerdings – gerade vor dem Hintergrund, dass Dehnes Meister Ertle auch aus dem Bodenseegebiet stammt – auch nicht gänzlich auszuschließen. 63 Aus der Dekoration der Schlosskapelle lassen sich beispielsweise Dehnes nackte Kinderfiguren und Cherubsköpfchen (»Kopftypen mit verwegenem Haarschopf auf der Stirn und dem pausbäckig vorgeschobenen Untergesicht«) ableiten. Vgl. Stauch 1936, S. 24; vgl. Ratzka 1998, S. 153. 64 Rasmussen 1977, S. 24. 65 Das trifft in erster Linie auf die Ornamentkunst des Wendel Dietterlin zu, deren virtuose Adaptionen sich in Bückeburg erstmals im norddeutschen Raum Bahn brechen und Dehne das Prinzip vermitteln, sich aus vielfältigen Inspirationsquellen zu bedienen, die Einzelelemente aber den eigenen individuellen Zusammenstellungen zu unterwerfen. Vgl. Habich 1969, S. 180; Die Formensprache der Ornamentik entstammt der »Architectura« Dietterlins. Die Ähnlichkeit mit den Formen der gra­phi­ schen Vorlagen sind überall deutlich zu erkennen: »was für die Ornamentik immer sofort Abhängigkeit bedeutet, denn dies ist zu allen Zeiten anonymes Allgemeingut gewesen, individuelle Sonderbildungen gibt es im Allgemeinen nicht und man übernimmt und verwendet mit Selbstverständlichkeit die einmal geschaffenen Formen. Es finden sich Analogien in der Pilaster- und in der Kartuschenbildung. Das Motiv der Fratze, der Gehänge und Fruchtbündel, der C-Schwung mit Blattgefieder und das Vorhangmotiv werden fast gleichartig gebildet. Aber wörtliche Übereinstimmungen fehlen. […] Die Einzelformen haben nichts miteinander zu tun, aber die Elemente sind die gleichen«. Vgl. Rudolph 1935, S. 43–44. 66 Vgl. Deneke 1911a, S. 49 und öfter, Stauch 1936, S. 21–23 und öfter. 67 Neben Michelangelo, aus dessen Werk sowohl das Ideal »muskulöser Nacktheit« als auch konkrete Figuren übernommen werden, treten plastische Schöpfungen seiner Schüler, Gugielmo della Porta oder Jacopo Sansovino, in Dehnes Werk als Vorlagen zutage. Vgl. Stauch 1936, S. 21, 23, 30 und öfter, vgl. Deneke1911b, S. 117. 68 Ratzka 1998, S. 109. 69 Der aus dem Tessin stammende Nosseni prägte über vierzig Jahre die sächsische Hofkunst. Er wirkte »als ›Katalysator‹ für aktuelles [italienisches] Ideengut«, der einen »Modernisierungsschub« in Dresden auslöste. Vgl. Müller 2004, S. 34–36, 45; vgl. Meine-Schawe 1991. Sicherlich hat Dehne im späteren Werdegang als Werkstattbesitzer mit dem Comasken zu tun, denn Nosseni betreibt für den sächsischen Kurfürsten die Ausbeutung und Entwicklung der Steinbrüche in Sachsen, ist also Werkstofflieferant u. a. für den in Magdeburger Epitaphien verwendeten Marmor. Schon zuvor (spätestens ab 1603) stand Nosseni in Kontakt zu Ernst von Schaumburg, dem er für den Aus- und Umbau der repräsentativen Räume seines Schlosses in Bückeburg musivische Pavimente verkaufte und auch ein Modell der Stadtkirche anfertigte. Vgl. Borggrefe 1995, S. 31, 128; vgl. Habich 1969, S. 5–8, 103–104. Wie der Vergleich zwischen Dehnes Schöpfungen und Nossenis 1606 entstan­ de­nem, teilweise von Sebastian Walther realisiertem Entwurf zum Hochaltar der Dresdner Sophienkirche zeigt, sind Einzelmotive – etwa die Cherubsköpfchen, eingedrückte Voluten und lässig-bewegte, auf Schrägen lagernde Seitenfiguren – durchaus verwandt in der Struktur. Nosseni betont die architektonischen Glieder, Dehne reduziert sie auf ornamentalen Wert – im Detail zeigen sie jedoch eine gänzlich andere Ausprägung. 70 Vgl. Rasmussen 1977, S. 5, zit. nach Krietzsch S. 53. Doch bildete der Italienbezug um 1600 keine sächsische Eigenart, vielmehr reihte man sich am Dresdner Hof in die lange Reihe

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fürstlicher Dynastien, die das italienische Vorbild für ihre Repräsentation entdeckt hatten. Dies betraf in erster Linie das Prag von Kaiser Rudolf II., dessen Hofkünstler zwar bis auf wenige Ausnahmen nordalpinen Gefilden entstammten, gleichwohl aber mit dem zeitgenössischen Kunstgeschehen der Apenninhalbinsel, besonders der Zentren Rom und Florenz, durch eigene Anschauung, teils auch dank der Schulung bei italienischen Meistern, vertraut waren. Die von Rudolf und Christian  II. gebildete Koalition gegen die Türken intensivierte auch den kulturellen und personellen Austausch zwischen Prag und Dresden. »Die Forderung (…) nach Befolgung etablierter Vorbilder entspricht den wichtigsten Grundsätzen der Kunst um 1600. Diese entsteht nicht im luftleeren Raum, sondern inventarisiert sozusagen das damals bekannte Corpus von bedeutenden Kunstwerken, sei es der antiken oder der italienischen Kunst der Hochrenaissance. Wenn man sich in Dresden verstärkt den internationalen Kunstbemühungen annäherte, so auch deshalb, weil es europaweit einen immer größer werdenden Konformitätsdruck gab, eine Notwendigkeit, den internationalen Standards zu entsprechen.« Vgl. Müller 2004, S. 40, Zitat S. 44. 71 Vgl. Hofmann/Aurenhammer/Boeckl 1987 72 Seine Formschöpfungen, die Dehne in seine eigenen Ausdrucksmittel übersetzte, wirken wie »alpdruckhafte beängstigende Wucherung der Phantasie«. In ihnen zeigt sich »ein rastloses Verarbeiten« von fremden Einflüssen, das in Gebilden mündet, deren »traumhaft eiliges Sichverändern der Form« und »echte Wandlungsfähigkeit« den Betrachter in den Bann zieht. Zitate nach Pinder 1933, S. 9. 73 Vgl. Melzer 2014. 74 Vgl. Mauquoy-Hendrick 1978; vgl. Wiebel 1995. 75 Sadeler nach Marten de Vos, siehe: Stauch 1936, S. 23. 76 Bereits im Epitaph für Heimo von Brösicke, dem ersten selbstständigen Werk Dehnes in Ketzür, treten vielfältige unterschiedliche Quellen, von denen längst nicht alle identifiziert sind, zutage. Das Relief mit der Anbetung der Hirten zeigt Einzelfiguren, die aus einer Invention Peter Candids zum gleichen Thema, 1604 gestochen von Lukas Kilian entnommen und teils durch Seitenverkehrung verfremdet wurden (Braunschweig Herzog Anton Ulrich-Museum, Inventar-Nr. LKilian AB 3.2). Für die Figur der Auferstehenden könnte ebenfalls ein Stich Kilians, diesmal nach Vorlage von Joseph Heintz d. Ä. (Braunschweig, Herzog Anton Ulrich-Museum, Inventar-Nr. LKilian AB 3.8), herangezogen worden sein. Allerdings findet sich diese Figurenformulierung auch bei Cornelis Cort und Antonius Wierix (nach Marten de Vos, Abb. bei Ricke 1973, Abb. 6, 7), wo auch die gesucht geschraubten Bewegungen der Wächter – allerdings nicht genau in diesen Haltungen – zu finden sind. Das Motiv des Puttos mit dem Schädel im Stisser-Epitaph ist einem Stich des Aegidius Sadeler, nach Bartolomäus Sprangers Allegorie zum Totengedächtnis seiner Frau Cristina, entnommen. Abb. in: Beaufort/Kruse/Schultze 1988, S. 421, Abb. 313. Der Darstellung des Weltgerichts in demselben Epitaph liegt eine Bildformulierung Giovanni Battista Fontanas zugrunde (Bartsch 1982 3,2, S. 336 Nr. 19). Lucas Kilian (Inventor): Adam und Eva, Kupferstich 1601, 528 × 336, Braunschweig, Herzog Anton Ulrich-Museum, Inventar-Nr. LKilian WB 2.1 Bei der Identifizierung der möglichen Vorlagen hat Ratzka – aufbauend auf Denekes und Stauchs Analysen – weitere Ergebnisse erzielen können. Allerdings lässt sich aufgrund der oben beschriebenen Handhabung der Inspirationsquellen nicht immer mit Sicherheit ein bestimmtes Werk als Anschauungsobjekt des Dehnischen Fundus ansprechen. 77 Rudolph 1935, S. 4. 78 »Dehnes teilweise dem Zeitstil vorauseilenden Dekorationsmotive heben sich durch ihre beinahe überquellende Fülle und

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durch ihren verblüffenden Ideenreichtum meist deutlich von dem ab, was seine Zeitgenossen in anderen Bildhauerzentren zustande gebracht haben. Innerhalb kürzester Zeit steigerte Deh­ne die plastisch-ornamentale Imaginations- und Ausdruckskraft zu beeindruckend phantastischen Wirkungen, die für die Stilentwicklung in Mittel- und Norddeutschland von eminenter Wichtigkeit waren.« Ratzka 1998, S. 156. 79 Hinzu kommt, dass »unendlich viele« Vorlagenblätter bzw. illustrierte Bücher oder andere druckgraphischen Erzeugnisse im Lauf der Zeit »vernichtet worden sein« müssen, da man ihre Existenz nur noch aus ihren malerischen oder plastischen Umsetzungen ableiten kann. Vgl. Rudolph 1935, 12–13; vgl. Berliner 1926, S. 127, Abschnitt 13. 80 Schon bei den ersten skulpturalen Monumentalwerken tritt dem Betrachter das als Floris-Stil bezeichnete Dekorationssystem in der virtuosen Handhabung des Ornament- und Architekturapparates mit klar artikulierter Stütze und Gebälk mit seinen vielen ornamentalen Details vollentwickelt vor Augen. Dieser vom Antwerpener Architekten und Bildhauer Cornelis Floris De Vriendt (1514–1575) und seiner Werkstatt entwickelte Dekorationsapparat basiert auf Elementen der Groteske, die Floris während seiner Zeit in Rom kennengelernt und nach der Rückkehr in seine Heimat Antwerpen in freier Form abgewandelt und weiterentwickelt hatte, indem er sie mit den Motiven nördlichen Ornaments – Roll- und Beschlagwerk – sowie Masken, Fruchtschnüren und Tragefiguren aus den verschiedensten Motivkreisen zusammenstellte. Vgl. Tijs 1999, S. 40–45. Dank des Erfolgs seiner Werkstatt, die sich in Aufträgen für Grab­denk­mäler der gekrönten Häupter Europas ablesen lässt, aber vor allem dank der Verbreitung seiner Inventionen mittels druckgraphischer Werke – in Zusammenarbeit mit dem Maler, Graveur und Verleger Hieronymus Wellens de Cock erschien 1557 sein »Veelderley niewe inuentien van antycksche sepul­tueren« – entwickelte sich dieser neue universale Dekorationsstil, zusätzlich multipliziert durch eine große Anzahl von Schülern und Nachahmern, zum künstlerischen Allgemeingut europäischer Plastik um 1600. Vgl. van Grieken/Luijten/Van der Stock 2013; vgl. Irmscher 1984; vgl. Irmscher 2005; vgl. Hedicke 1913, S. 4–13; Thieme/Becker, Bd. 12, S. 121 (Floris); Gleichsam den Prototyp späterer Magdeburger Anlagen und Musterbeispiel der Umsetzung dieser Vorbilder bildet das vom Pirnaer Bildhauer Hans Klintzsch aus sächsischem Sandstein um 1590 für Werner von Plotho gefertigte Gedächtnismal. Als Stichvorlage wurde u. a. ein Entwurf des Jan Vredemann de Vries für ein Epitaph identifiziert. Vgl. Ratzka 1998, S. 38 81 Forssmann 1985, bes. S. 13–14. 82 Unter der Verfasserschaft der beiden Schreiner, Kupferstecher und Radierer Jakob Guckeisen und Johann Jacob Edelmann erschien eines der erfolgreichsten Vorlagebücher um 1600. Das sogenannte »Schweyf-Buoch« wurde 1599 in der Kölner Offizin von Bussemacher aufgelegt. 83 So ist beispielsweise in Christoph Kapups Werk nicht nur im Ornament der niederländische Einfluss zu spüren, er arbeitete auch vielfach nach Stichen von Johann und Gillis Sadeler. Zum Verhältnis der zeitgenössischen Bildhauerkunst und den Vorlagen der Druckgraphik vgl. Rudolph 1935, u. a. S. 4–6, 12–33, 67–73, besonders zu den Meistern Dehnes, Ertle und Wulff in Bückeburg S. 43–44, 50–56 und öfter; vgl. Deneke 1911a, S. 49–50; vgl. Stauch 1936, S. 11, sowie Michels 2001, S. 43–48. 84 Erste teigig knorpelige Formen treten in Norddeutschland kurz nach 1600 auf, doch »zeitgleiche oder gar frühere Beispiele plastischer Knorpelwerk-Ornamentik« sind »rar«. Ratzka 1998, S. 132. 85 Als eine Quelle für Dehnes spezifische Weiterentwicklung des Ornaments wurden »frühe Anklänge an Knorpelwerkformen, darunter aufgeweichte Masken«, die die Bildhauerwerkstatt Wulff

Lisa Maria Vogel

am Prunkportal des Goldenen Saales in Bückeburg (1604/05) verwendet hatte, identifiziert. Architektur und Ornamentik gehen auf Vorlagen Wendel Dietterlin d. Ä. (1550–1595) zurück, der in seinem Vorlagenwerk nicht und »die Summe aller bis dahin entwickelten Ornamentgattungen« vorstellt, sondern auch weichlappige Formen, die als Vorstufen des Knorpelwerks angesehen werden können. Vgl. Behling 1990, S.  244. Zu Dietterlins Werk als Vorbildsammlung von einzelnen Motiven und die Art ihrer Anwendung bei den Bückeburger Arbeiten vgl. Rudolph 1935, S. 43–44. Vgl. Dietterlin 1598, S. 29, 32; vgl. Rudolph 1935, S. 51–57. 86 Hierbei scheint der bedeutende Architekt und Theoretiker weniger durch sein 1562 erschienenes Hauptwerk, die »Regola delli cinque ordini d’architettura« (Regeln der fünf Ordnungen der Architektur) auf Dehne eingewirkt zu haben, sondern vielmehr die gerade außerhalb der Normen und Regularien geschaffenen Figuren in Bomarzo in ihren fließenden Übergängen des Natursteins in bearbeitete Fabelwesen und ihrer natürlichen Umgebung von Pflanzenbewuchs. 87 Vgl. Keller 1939, S. 15. Es wäre lohnend, Diecks These einer künstlerischeren Beziehung zwischen Kursachsen und dem unteren Elbeland, die unter anderem aus den Handelsverbindungen mit den Rohstoffen der Steinbildarbeiten, Sandstein und Marmor, erwuchs, anhand der Quellen zu überprüfen. 88 Vgl. Ferino-Pagden 2007. 89 Graevenitz 1973, Ter Molen 1984, S. 23 und Kat. Nr. 15, Beaufort/Kruse/Schultze 1988, S.  411, Nr.  294, S.  404, Nr. 285. Ähnliche Bildungen, bei der Elemente verschiedener Motivkreise zu einer gleichsam organischen Einheit verschmolzen werden, sind auch ein Charakteristikum der Werke Ottavio Miseronis, die sich – da er ab 1588 in Prag arbeitete – vor allem in der Kunstsammlung Kaiser Rudolph II. fanden. Als Beispiel sei auf eine Schale mit Maskaron aus Jade, 1590-1600, Wien Kunsthistorisches Museum, Inv.-Nr. 1651, verwiesen. Abb. in: Beaufort/Kruse/Schultze 1988, S. 483, Nr. 362, FarbAbb. 79. Die Ähnlichkeit der Schaffensprinzipien geht so weit, dass einige Werke rudolphinischer Provenienz in ihrer Zuschreibung sowohl vor den Utrechter als auch für den Italiener in Anspruch genommen werden. Beaufort/Kruse/Schultze 1988, S. 476, Nr. 353, FarbAbb. 77. 90 Vgl. Ratzka 1998, S. 137–138. 91 Zur Vergänglichkeitssymbolik bzw. dem Ausdruckswert des Kwab­werks als Vanitas-Ornament vgl. Graevenitz 1973, S. 52–53; vgl. Baarsen 2018. 92 Allerdings hat der Magdeburger dies auch als eine Motivquelle unter vielen genutzt. Anders als das »deutsche« Ohrmuschelornament mit seinem charakteristischen Keulenschwung weist das Kwabwerk vielfältige Bezüge zu lebenden Organismen bzw. deren Körperteilen auf.

Auf Tuchfühlung mit den Kunstströmungen seiner Zeit

93 Als Urheber der Idee, die seit dem Mittelalter in der Skulptur tradierten Masken »einer weichplastischen Deformation zu unterwerfen« bezeichnet Ratzka Zöllner folgend Ferderico Zuccaro. Denn diese Art der Dekoration sei erstmals um 1590 am Palazzo Zuccari nachweisbar. Doch ist einschränkend festzustellen, dass die angeführten Motive in der Goldschmiedekunst seit den 1580er Jahren auch im Floris-Kreis und der Prager Hofkunst tradiertes Formengut sind und Dehne sicherlich daneben auf andere Ornamentvorlageblätter zurückgriff. Erste Vorboten des Knorpelwerks finden sich bereits in der niederländischen Kunst der Mitte des 16. Jahrhunderts. Bereits im Werk des Cornelis Floris werden weichlappige und teils amorphe Formen, mit zoomorphen Anklängen – hauptsächlich maritimer Fauna – innerhalb der Grotesken-Stiche verwendet, welche als Gegenpart zu den an klassischer Ausgewogenheit vitruvianischen Architekturdekors zu gelten haben. Drolerie und Groteske bilden Ausgangspunkte für diese Gestaltungsweisen, die als Ornament­ form erstmals anatomische Details in ihr Zeichensystem einbeziehen und den Anspruch erheben, »als Ganzes allegorische Zeichenkraft« anzunehmen. Forssmann 1956, S. 181, 183–192; Zöllner 1959, S. 20–21, vgl. Graevenitz 1973, S. 92, 52 und 241. Ratzka sieht das niederländische Kwabwerk, das ebenfalls über Stichvorlagen oder Erzeugnissen der Goldschmiedekunst zu seiner Kenntnis gelangte, gleichfalls als Inspirationsquelle Dehnes, muss aber eingestehen, dass es »keinen Beweis für die Orientierung Dehnes am niederländischen Kwabwerk« gibt. Ratzka 1998, S. 136 (Negierung S. 138). Die zoomorphen Ornamente mit »Kwabbeln«, (niederländisch für Schwabbel- oder Fettpolster, wie sie kurz vor 1600 im Umkreis der Haarlemer Akademie nachweisbar sind) des Meltzing-Epitaphs verweisen jedoch genau auf diese motivische Quelle. 94 Unter anderem durch die Ornamentstiche Lucas Kilians (* 1579 in Augsburg; † 1637 ebenda) wurden diese verschiedenen Quellen zuzuordnenden Motive weiteren Kreisen im nordalpinen Raum zugänglich. Anzuführen sind die »scharfkantigen Keulenschwünge, die am Hopkorf- und am Meltzing-Epitaph ganz ähnlich gebildet« sind und »vielleicht« auf Motivübernahmen deuten. Ratzka 1998, S. 134–135; vgl. Zöllner 1959, S. 20–21 und Berliner 1981, I, S. 78. Inwieweit Kilians »Newes Gradesca Büchlein« als Inspirationsquelle in Frage kommt, lässt Ratz­k a unentschieden. Arthur Lotz und Rudolph Zöllner beto­nen dagegen Kilians Mittlerstellung zwischen vornehmlich römischen Quellen, die er dank eines mehrjährigen Italienaufenthalts aus eigener Anschauung kannte, und dem nordalpinen Rezipientenkreis. Lotz 1936, S. 69–70, Zöllner 1959, S. 20. 95 Ratzka 1998, S. 244–246. 96 Asche 1961, S. 11ff.; Ratzka 1998, S. 246

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Auftraggeber

Johann Böhm und seine Auftraggeber Gerd-Helge Vogel

»SOLI DEO GLORIA« – ganz allein Gott die Ehre zu geben, so wie es das Thema unserer Tagung zu dem aus Hartenstein stammenden Bildhauer Johann Böhme1 vermuten lässt, war es bei genauerem Hinsehen auf die Werke dieses Meisters denn wohl doch nicht bestellt, denn zahlreiche von ihnen bringen nicht allein das protestantische Bekenntnis des Künstlers – auch in bewusstem Gegensatz zu den suggestiven Gestaltungen von Kunstwerken aus der Zeit der katholischen Reform – zum Ausdruck, sondern auch – und das auch ziemlich selbstbewusst und eigenständig – das soziale Selbstverständnis und die Glaubensüberzeugungen seiner Auftraggeber. Denn, Auftraggeber bilden in der Soziologie des Kunstlebens die hauptsächl[iche] gesellschaftl[iche] Größe, mit der sich der Künstler auseinanderzusetzen hat. Die Beziehung zum A[uftraggeber] tritt unvermittelt als Verhältnis zum individuellen, korporativen oder kollektiven […] Besteller oder Stifter […] oft auch zum Mäzen, auf. […] Bis zum E[nde des] 18. Jahrhundert entstanden fast alle bedeutende Kunstwerke2 im direkten Auftrag.3

Aus diesem Grunde sollen uns hier im Wesentlichen drei Hauptfragen interessieren, die wir im Verhältnis des Bildhauers Johann Böhm zu seinen Auftraggebern klären wollen, um mit diesen Fragen der Mikrosoziologie zu ergründen, was diese Kunst im Sinne ikonologischer Deutung eigentlich reflektiert?4 Welches war die soziale Stellung Böhms als Vorste­ her und Begründer einer eigenen Bildhauerwerkstatt in Schneeberg? Wer waren Böhms Auftraggeber und wie waren diese in den gesellschaftlichen Organismus ihrer Zeit eingebunden? Welche Aufträge wurden mit welcher Zielsetzung erteilt? Zu Böhms sozialer Stellung Vor einigen Jahren entdeckte Erhard Franke in den Hartensteiner Kirchenbüchern wichtige Angaben zur Geburt, Gevatterschaft und zur Vermählung unseres Künstlers Johann Böhm. Da er hier selbst ausführlich über Kindheit und Jugend des Bildhauers berichten wird, sollen zunächst nur die nüchternen Fakten der Geburts-

Johann Böhm und seine Auftraggeber

und Taufanzeige zur Sprache kommen. So findet sich auf S. 50 im Hartensteiner Taufbuch von 1588–1744 als einziger Eintrag unter dem Monat Februar 1595: 18 Februarij die post septuages geborn 19 Febr: getaupft Hans Meurers

Anna Maria v. Geilsdorf. Hoffjungfraw an Stadt und von weg der Greffin Virgilius Jacob AmptSchösser

Behmen des Jüngern Son lein noie Johannes. Comp:

Hans Klippel Steinschneider aufm Schneb.5

Aus Frankes weiteren biographischen Untersuchungen zur Familie Böhm geht hervor, dass unser späterer Bildhauer Johann Böhm als erstes von zwölf Kindern in eine angesehene Hartensteiner Handwerkerfamilie hineingeboren wurde, denn zumindest seit zwei Generationen übten Großvater und Vater in der männlichen Linie in der kleinen schönburgischen Residenzstadt und Umgebung das Maurerhandwerk aus.6 Allein die Tatsache, dass das gräfliche Haus Schönburg – wenn auch vertreten durch die Hofjungfer Anna Maria von Geilsdorf – sowie dessen Steuerbeamter Virgilius Jacob und der Steinschneider7 Hans Klippel/Klüpfel aus Schneeberg als Paten den kleinen Handwerkersohn Hans aus der Taufe hoben, lässt erkennen, dass die Eltern des Täuflings am Ort in hohem Ansehen standen.8 Zwar wurde die von den Reformatoren erhobene »Forderung, daß an allen Orten Schulen zu errichten und darin alle Kinder des Volkes in Katechismuslehre, Singen, Lesen und Schreiben zu unterweisen seien«9 erst 1580 mit dem Erlass der kursächsischen Schulordnung durch Kurfürst August (1526/1553–1586) allenthalben in Sachsen umgesetzt, wo sie auch im Schönburgischen Gesetzeskraft erhielt, doch reichen die Anfänge des Hartensteiner Schulwesens noch weiter zurück und stehen im Zusammenhang mit der Einführung der Reformation am 18.  Oktober 1542 in den Schönburgischen Herrschaften.10 So ist davon auszugehen, dass der Knabe Johann Böhm seinen ersten Schulunterricht im kurz vor 1555 errichteten neuen Schulhaus11 erhielt, in dem von 1606 bis 161112 Abraham Fleming, der Kandidat der Theologie und spätere Vater des Dichters und Arztes Paul Fleming (1609–1640), als Schulrektor und damit wohl auch zeitweiliger Lehrer von Johann Böhm wirkte.

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1  Werkstatt Christoph Dehne: Cherumbimköpfchen vom Epitaph des Kilian Stisser, um 1620, Halle/Saale, Dom

2  Johann Böhm: Cherubimköpfchen vom Wolkenburger Epitaphaltar der gräflichen Familie von Einsiedel, 1657, Alte Kirche Wolkenburg

Auf alle Fälle hatten Johann Böhm und Paul Fleming sowohl die Gräfin Katharina von Schönburg als auch den Amtsschösser Virgilius Jacob gemeinsam als Paten. Über seine Lehrzeit als Bildhauerlehrling besitzen wir keine Quellen und müssen mutmaßen. Es hätte nahegelegen, dass Johann Böhm als ältester Sohn des Hans Böhm des Jüngern in die Fußstapfen seiner Vorfahren getreten wäre und das Maurerhandwerk erlernt hätte, um die Familientradition und –werkstatt aufrecht zu erhalten.13 Doch scheint sich offenbar eine künstlerische Begabung bei dem Knaben gezeigt zu haben, die Anlass gab, ihn lieber zur Bildhauerei zu bestimmen. Titze vermutet14, dass er wohl zunächst in Schneeberg – in der Heimatstadt seiner Mutter – in der Werkstatt des Joachim Petzold († 17.10.1619)15 die Grundkenntnisse in dieser Kunst erworben habe. Das wird wohl etwa um 1607/0916 seinen Anfang genommen haben, als er etwa zwölf bis vierzehn Jahren alt war. Der in der Regel dreibis sechsjährigen Lehrzeit schloss sich die Gesellenzeit an, die nach handwerklichem Brauchtum mit dem Freispruch als Voraussetzung zur Zulassung zur Meisterprüfung endete.17 Nun folgte zum Kennenlernen neuer Arbeitspraktiken, neuer Stil- und Formenerfahrungen sowie wichtiger Lebenserfahrungen die Gesellenwanderung, die damals für Bildhauer besonders in jene Orte, Regionen und auch Länder führte, in denen die Kunst bzw. das Handwerk in hoher Blüte stand. Sie sorgte für den künstlerischen Austausch, der die geforderte hohe Qualität sicherstellen half, die sich in gestalterischen Trends, in Themenstellungen, in der Verarbeitung intellektuellen Potentials niederschlug, wie sie um 1600 von einem möglichst »gelehrten Künstler« (pictor doctus) erwartet wurde, der bestrebt war, eigenschöpferisch zu

wirken.18 Obgleich wir keine schriftlichen Zeugnisse über Böhms Gesellenwanderung besitzen, vermochte Asche anhand von überzeugenden Stil- und Motivvergleichen die wichtigsten Stationen von dessen Gesellenwanderung nachzuweisen:

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Sein Lebenswerk gibt […] eindeutig darüber Auskunft, daß er von spätestens 1615 bis um oder allenfalls bis kurz nach 1620 auf der Wanderschaft weilte. Er lernte damals ebenso die Magdeburger Werkstatt Christoph Dehnes und die des Franz Julius Döteber in Leipzig als auch die Dresdner Werkstatt Sebastian Walthers kennen. Das Handwerk des Schnitzers mag er wohl in der Heimat erlernt haben, zum Steinbildhauer in den für jene Werkstätten charakteristischen Materialien, Alabaster, Schiefer, und farbigem Stein, konnte er nur dort werden. Auch vom Gießerhandwerk mochte er Kenntnisse aus Magdeburg, mehr wohl aus Dresden, mitgenommen haben.19

Damit machte Böhm auf dieser Wanderschaft die Begegnung mit den wichtigsten künstlerischen Strö­ mungen seiner Zeit, ohne sich selbst in die entfernten Länder begeben zu müssen, aus der sie stammten: die Niederlande und Italien. Das betraf einerseits den aus den Niederlanden vor allen in den norddeutschen- und mitteldeutschen Raum einströmenden dekorativen Knorpel- oder Ohrmuschelstil mit seinem Bestreben, Natur- und Fantasieformen organisch miteinander zu verbinden. Andererseits machte er auch die Kenntnis der Grundzüge der aus Italien – besonders aus Rom – kommenden stilistisch gegensätzlichen Erfahrungen der Renaissance und des Frühbarock, die sich vor allem durch ihren aus dem antiken Formengut sich herleitenden Sinn für Monumentalität, durch sicheres tektonisches

Gerd-Helge Vogel

3  Taufnachricht von Böhms Patenschaft am 21. Mai 1619 in Hartenstein

4  Aufgebotsnachricht von Johann Böhms Eheschließung mit Regina, geb. Blechschmidt, vom 20. Mai 1627 im Kirchenbuch Hartenstein

5  Traunachricht von Johann Böhms Eheschließung mit Regina, geb. Blechschmidt, vom 4. Juni 1627 im Kirchenbuch von St. Wolfgang zu Schneeberg

Gefühl in der Proportionierung der Bauteile sowie durch eleganten Faltenwurf und Figurenbildung auszeichnen. So filtert Asche das der Magdeburger Dehne-Werkstatt zugehörende Epitaph des Kilian Stisser (* 23.3.1562 Eisleben, † 9.1.1620 Halle/Saale)20, das nach dessen Ableben um 1620/21 dem geheimen Rat und Kanzler des Erzstiftes Magdeburg von dessen Witwe und seinen Kindern zusammen mit dem Grabstein mit ganzfiguriger Darstellung des Verstorbenen21 auf dem Hallenser Gottesacker gestiftet wurde, als frühestes Werk heraus, an dem Böhm als Geselle während seiner Wanderzeit mitgewirkt zu haben scheint. Asche macht vor allem auf Details aufmerksam, die uns später in ganz ähnlicher Weise in der Kopf- und Lockenbildung seiner Cherubimköpfe (Abb. 1, 2) immer wieder begegnen.22

Johann Böhm und seine Auftraggeber

Der Umstand, dass »Hans Behm Bilthauer Hansen Sohn des Jüngern« am 21.5.1619 bei einer Taufe in Hartenstein Pate stand23 (Abb. 3), lässt erkennen, dass der Geselle nicht während der gesamten Gesellenwanderung von der Heimat abwesend war und zwischendurch auch Urlaub nahm. Wohl um 1622 dürfte Böhm jedoch seine Gesellenwanderung, die ihn, wie Asche stilkritisch bezeugt, auch zu Franz Julius Döteber (1575–1648) nach Leipzig und zu Sebastian Walther (1575–1645) nach Dresden geführt haben muss24, beendet haben. Denn um diese Zeit ließ er sich in Schneeberg, der Heimatstadt seiner Mutter und der seiner zukünftigen Ehefrau, in der er wohl auch seine Lehre begonnen hatte, nieder. Da es handwerklichem Brauch entsprach, nach Abschluss der Wanderschaft, noch vor Anmeldung zum Meisterstück,

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6  Werkstatt Christoph Dehne: Das Adam-von-Königsmarck-Epitaph, um 1621/22, Brandenburg, Dom

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Gerd-Helge Vogel

7  Werkstatt Christoph Dehne: Das Adam-von-KönigsmarckEpitaph, um 1621/22, Brandenburg, Dom, Detailaufnahme

eine weitere mehrjährige Arbeitszeit, die so genannten Mut- oder Sitzjahre (Anni probatorii) in einer Werkstatt an jenem Ort zu absolvieren, an dem die Antragstellung zum Meisterbrief erfolgen sollte, so schien ihm Schneeberg aufgrund seiner zahlreichen sozialen Bindungen hierher als die geeignetste Stadt zur Sesshaftwerdung zu sein.25 Zudem setzte die Erlangung des Meisterbriefs die Eintragung als Bürger in das Bürgerbuch der Stadt voraus, in der das Niederlassungsrecht für die Werkstatt beantragt werden sollte. Offensichtlich hing in Schneeberg – wie in manch anderen Orten auch – das Recht zur Eheschließung nicht vom Erwerb der Meisterwürde ab, denn als Johann Böhm am 20. Mai 1627 in Hartenstein26 das Aufgebot bestellte (Abb. 4) und sich dann am 4. Juni 1627 in Schneeberg mit »Jungk[frau] Regina [,] Herrn Hans Blechschmidt[s] Tochter«27, vermählte (Abb. 5), war »Hans Behm ein iunge gesell, Bildhauer Vnd Burger vfn Schnebergk«28 zwar noch als Geselle verzeichnet, aber immerhin schon Bürger der Stadt.29 Deshalb begegnen wir hier seinem frühen Schaffen in Gestalt des Epitaphs Röhling (vgl. Abb. 34 im Beitrag L. Vogel). Das zum Gedächtnis der am 26.5.1623 verstorbenen Ehefrau des Schneeberger Stadtrichters und kurfürstlich sächsischen Zehentners Ullrich Röhling erstellte Epitaph muss Böhm wohl noch als Mutgeselle30 und nicht schon als selbständiger Meister – wie Asche konstatiert31 – gefertigt haben. Aus diesem Grund dürfte es wohl noch unter der Ägide des Joachim Petzold I. (1582–1650) in dessen

Johann Böhm und seine Auftraggeber

Werkstatt entstanden sein, denn andernfalls wäre Böhm bei seinem Hochzeitsaufgebot nicht mehr als Geselle bezeichnet worden. Da dieses Bildwerk sowohl in seiner Figurenbildung als auch in seinem dekorativ wuchernden Ohrmuschelstil bemerkenswert viele Parallelen zum Königsmarck-Epitaph32 (Abb. 6, 7) im Brandenburger Dom aufweist33, das nach dem Tod des dortigen Dechanten des Domkapitels, Adam von Königsmarck († 1621), in der Dehne-Werkstatt entstand, glaubte Lieselotte Stauch sogar, das Röhling-Epitaph ebenfalls Dehne zuweisen zu müssen.34 Anzunehmen ist jedoch, dass Böhm kurz vor Abschluss seiner Gesellenwanderung noch an der Ausführung des Königsmarck-Epitaphs mitbeteiligt war. Böhms Mutgesellenzeit nach der Rückkehr nach Schneeberg – in der 1625 auch noch die Portalplastik am Gasthof »Weißes Roß« in Hartenstein entstand (vgl. Abb. 10, 11 im Beitrag Franke), war eine äußerst ungünstige Zeit, um eine eigene Werkstatt zu etablieren. Der Schneeberger Chronist Carl Lehmann meint sogar, dass die Phase nach dem Ausbruch des Dreißigjährigen Krieges (1618–48) als die traurigste genannt zu werden [verdient] in der ganzen Geschichte S c h n e e b e r g s. [… Das Jahr] 1621 zeichnete sich durch eine Theuerung aus, wie sie wohl selten vorkommen mag. […] Diese Theuerung aber kam von den bereits seit vielen Jahren getriebenen und immer gesteigerten Geldwucher her. Man nannte es das K i p p e n und W i p p e n […]35.

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Es waren keine Zeiten, wo sich leicht eine eigene Bildhauerwerkstatt gründen ließ, die ja beträchtliche Finanzmittel voraussetzte.36 Da sich jedoch nach der Eheschließung mit der Tochter des Raths- und Handelsmanns Hans Blechschmidt37 bald zahlreicher Kindersegen in Böhms neugegründeter Familie einstellte38, kann davon ausgegangen werden, dass vermutlich mit Hilfe der Mitgift der Ehefrau ein eigner Hausstand und eine eigne Werkstatt begründet werden konnten, die mit der nun erlangten Meisterschaft einhergingen. Doch verhinderten die Kriegsauswirkungen, der wiederholte Ausbruch der Pest und mangelnde Aufträge eine schnelle Entfaltung der Werkstatt. Bis zur Einrichtung der Grabstätte des Carl von Bose in der Marienkirche zu Zwickau seit dem Jahre 1637 klafft eine fast zehnjährige Lücke im Œuvre unseres Meisters, die sich nur durch wenige Werke schließen lässt, z.B. durch das verlorengegangene Epitaph für den Oberprediger der Zwickauer Katharinenkirche, David Friedrich, 1633/34. Es muss eine schwere Zeit mit vielen Drangsalen nicht nur für die Schneeberger Bevölkerung gewesen sein und die Tatsache, dass das Joachimsthaler Kommerbuch unter dem 11. Dez. 1635 »Hans Böhm, Bildhauer in Schneeberg, tut rechtlichen Kommer in Hans Öllingers Haus und Hof wegen einer Schuld über 69 Reichsthaler«39 nachweist, lässt Asche vermuten, dass der Bildhauer mit seiner Familie zeitweilig »zwischen 1632 und 1635 nach Böhmen gezogen war.«40 Wir wissen nicht, was er in dieser Zeit der Kriegswirren gemacht und wo er gelebt hatte.41 Erst mit dem Boseschen Erbbegräbnis in Zwickau erfolgte der heute noch sichtbare Durchbruch als führender Bildhauermeister in der Bergstadt Schneeberg, die nun auch die viel länger bestehende Petzoldtsche Werkstatt künstlerisch zu überflügeln begann. In den Folgejahren finden sich noch verschiedene archivalische Hinweise auf Böhms ehrenvolle Stellung, die er in der Stadt einnahm. So taucht u. a. »Hans Behemb«42 1641 im Verzeichnis der Gemeindevorsteher auf und 1661 betätigte sich der Meister aktiv beim Fest der Schützengilde, mithin in jener angesehenen Bürgerwehr, die sich besonders dem Schutz kirchlicher Veranstaltungen widmete.43 Dass sein Sohn Johann Heinrich d. Ä. (* 6.7.1636 Schneeberg; † 4.6.1680 Weißenfels), der später berühmt gewordene Bildhauer, 1662 durch seine Eheschließung mit Anna Catharina Zobel, der Enkelin des einstigen HammerHerrn in Unter-Blauenthal und Tochter des Rats- und Handelsmanns sowie Fleisch-Steuer- und Accis-Einnehmer Enoch Zobel in das alte Schneeberger Patriziergeschlecht »derer Zobel«44 einzuheiraten vermochte, lässt weiterhin erkennen, welch hohes Ansehen der Altmeister

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der Böhm-Werkstatt am Ende seiner Laufbahn in der Bergstadt und weit darüber hinaus genoss. Selbstverständlich bildete Johann Böhm auch meh­ rere namhafte Künstler in seiner Werkstatt aus. Das betraf neben den beiden Söhnen Johann Heinrich d. Ä., und Benjamin (* Schneeberg getauft 9.7.1645, † 24.5.1681) nach Meltzer auch den berühmte[n] Bildhauer Melchior Barthel45 [der aus] Dresd. kommen ist. Ingleichen haben bey ihme die Kunst unter andern gelernet N. Metzner46, der ein berühmter Bildhauer nach der Zeit zu Nürnberg gewesen, deßgleichen Paul Moises, d. jüngere47, der sich lang in Hamburg auffgehalten, letzlich zu Wohnsiedel gestorben.48

Asche nennt noch die näher nicht zu fassenden Schüler Steg, Zacharias Strauss (* 1651, † nach 1724 Breslau) und Joachim Kümmel49, während Titze auch eine künstlerische Verbindung zwischen Böhm und dem Dresdner Bildhauer Johann Georg Kretzschmar (1612–1653)50 in Erwägung zieht. Insgesamt rundet sich aus den hier vorgestellten biographischen Daten Böhms das Bild eines erfolgreichen Bildhauers, dessen soziales Prestige in hohem Ansehen stand. Zu Böhms Auftraggebern und den ikonologischen Ziel­setzungen der für sie geschaffenen Werke Die beiden anderen eingangs gestellten Fragen nach Böhms Auftraggebern und deren gesellschaftlicher Einbindung sowie die nach den von ihnen erteilten Aufträgen sind eng miteinander verquickt. Sie sollen deshalb hier gemeinsam beantwortet werden. Vorausblickend lässt sich dabei feststellen, dass es sich neben den sozialen Eliten der Städte Schneeberg, Hartenstein, Zwickau und Wolkenstein vor allem um die führenden Vertreter des Adels in der muldenländisch-ostthüringischen Region handelt, die nicht nur finanziell in der Lage waren, künstlerisch anspruchsvolle Bildhauerkunst zu erwerben, sondern die auch die ästhetische Bildung aufwiesen, diese Werke feinsinnig als Instrumente ihrer sozialen Repräsentation und ihrer persönlichen bzw. familiären Memoriae zu nutzen. Es ist darauf hinzuweisen, dass in diesem Zusammenhang Repräsentation nicht nur quantitativ als Zurschaustellung von Prunk, Macht, Reichtum, Imponiergehabe und Prestige zu verstehen ist, sondern transitiv als Ausdruck eines bestimmten sozialen Verhältnisses, [… das den] ideelle[n] Auftraggeber [… vom …] gewöhnlichen Betrachter (oder »Benutzer«) des Kunstwerks [unterscheidet]. Und die Art des Verhältnisses, das durch diese Scheidung hergestellt oder

Gerd-Helge Vogel

8  Unbekannter Meister: Zeichnung des Prospektes der Grünen Orgel der St. Wolfgangskirche zu Schneeberg, Heimatmuseum Schneeberg, um 1650

vorausgesetzt wird, ist der Inhalt der Repräsentation. Es wird im ästhetischen Bereich ein Verhältnis gesetzt, das einem realen oder erstrebenswert scheinenden sozialen Verhältnis entspricht. […]. In unserem Falle handelt es sich in der Hauptsache um ein Verhältnis zwischen Grundherr und Bauern51

bei den Rittergutsbesitzern oder um Distinguiertheit zwischen sozial gleichen Partnern innerhalb der bürgerlichen Schichten. Damit erfüllen die Epitaphien nicht nur religiöse Funktionen als Orte des Totengedächtnisses, sondern sie wurden stets auch zur Darstellung herrschaftlich-repräsentativer Ansprüche, mithin zur Veranschaulichung dynastischer und personeller Reputation gleichwie zur Darstellung von Kontinuität und Legitimität der Herrschaft, instrumentalisiert.52 Als weitere Auftraggeber zu landsässigem Adel und bürgerlichen Eliten sind noch hinzuzufügen die Gremien der Stadtkirchen und Räte von Schneeberg und Zwickau, deren korporative Interessen in repräsentativen Kirchenausstattungsstücken Mittel zum signifikanten Ausdruck ihrer kommunalen Bedeutung und des sich daraus herleitenden elitären Selbstverständnisses sahen. So nutzten diese z. B. 1650/54 die Bestellungen zu Verschönerungsarbeiten am Schneeberger Orgelprospekt53 (Abb. 8, 9, vgl. Abb. S. 103, 104 im Beitrag Titze) oder zu

Johann Böhm und seine Auftraggeber

den 1661 geschnitzten und farblich gefassten Gittern sowohl zum Ratsgestühl in der Zwickauer Marienkirche54 als auch zum Chorgitter in der dortigen Katharinenkirche55 (Abb. 11, 12) in diesem Sinne. Trotz ihrer heutigen starken Beschädigungen, die eine Rekonstruktion des ursprünglichen Aussehens dieser Anlagen nicht mehr erlauben, ist aus der Vielzahl der hinterlassenen prachtvollen Ausstattungsstücke zu erkennen, dass sie mit ihren einst jubilierenden Engeln der Veranschaulichung des hohen patrizischen Rangs dieser städtischen Gremien dienten und damit deren gottgefällige Gesinnung zur Schau stellten, mit der zugleich die gegebene Sozialhierarchie in der Stadtgemeinde eine künstlerische Bestätigung fand. Einer der letzten Aufträge, die Johann Böhm kurz vor seinem Tod entgegen nahm, kam sogar vom Landesherrn, von Kurfürst Johann Georg II. (1613–1680, reg. 1656–80), der den alten Bildhauer aufforderte, einen Kostenvoranschlag zur Restaurierung des durch Kriegseinwirkung »zerstimmelten Bild[es] der Geißelung Christi«56 von Hans Witten (* um 1470 Niedersachsen, † nach 1522 Annaberg) in der Schlosskirche zu Chemnitz zu erstellen.57 Noch ehe es zur Ausführung dieses Auftrags kam, ist Böhm verstorben, so dass vermutlich sein Sohn Johann Heinrich die Arbeit sehr gewissenhaft erledigte.

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9  Johann Böhm: Harfe spielender Engel vom ehemaligen Prospekt der Grünen Orgel in St. Wolfgang zu Schneeberg, um 1650, Lindenholz, geschnitzt und farbig gefasst, 110 × 125 cm, Schlossbergmuseum Chemnitz, Inv.-Nr. II 30/K

Eine der wichtigsten Werkgruppen, die Johann Böhm während seiner Schaffenszeit als Auftrag entgegennahm, war das E pit a ph, jene besondere Art von Totengedächtnismalen, welche die Erinnerung an den Verstorbenen mit einem religiösen oder allegorischen Bildwerk und einem inschriftlichen Todesvermerk verb[and]. Diese Denkmäler sind nicht an den Begräbnisort gebunden, […]. Die Reformation setzte der Verbreitung und Weiterbildung des E[pitaphs] keine Grenze, in evangelischen Ländern, besonders in lutherischen, sind sie nicht weniger häufig als in den katholischen.58

Böhms Kunst setzt um 1628/29 mit dem Röhling-Epi­ taph59 ( vgl. Abb. 34 im Beitrag L. Vogel)) ein, setzt sich über das Epitaph und Grabmal Bose (1637/57) fort, erfährt mit den Epitaph-Altären in Großolbersdorf (1652/53) und Wolkenburg (1655/57) gestalterische Höhepunkte und findet in den Epitaphien Burckhardt (1650/51), Pitzsch (1654/55), Gebhardt (1655/65) und Zechendorf (1662) im Bereich bürgerlicher Auftraggeber ihren meisterlichen Abschluss. Bei aller Unterschiedlichkeit in der gestal-

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terischen Ausführung dieser Aufträge zeigen sich in ihnen doch gemeinsame Wesenszüge, die hier vorab zur Sprache kommen sollen, ehe wir uns den hinter diesen Bildwerken stehenden Auftraggebern selbst zuwenden wollen. All diese Epitaphe verstehen sich als Andachtsbilder, die, unabhängig von der eigentlichen Begräbnisstätte, nicht allein dem Gedächtnis des Toten gewidmet sind, sondern mit der Einbeziehung des Verstorbenen und der Stifter als Adoranten deren Andacht selbst zum Thema machen. Auf diese Weise wird z. B. in den Epitaphien Röhling in Schneeberg, Bose in Zwickau und den beiden Einsiedelschen Epitaphaltären zu Großolbersdorf und Wolkenburg der Betrachter nicht nur zum Andenken an die Verstorbenen und Stifter aufgefordert60, sondern zugleich auch an sein eigenes Ende erinnert, wie es die Einbeziehung biblischer Bilder mit Todesbezug verdeutlicht, die in dramatisierender Weise auch die eigene Vergänglichkeit vor Augen führt. In den für die adligen Familien Bose und Einsiedel gefertigten Bildwerken sind es in Zwickau und Wolkenburg die nach der Vorlage von Ægidius Sadeler (um 1570–1629) (vgl. Abb. 35 im Beitrag Titze) geschaffenen zentralen Alabasterreliefs der Ölberbergszene (Lk 22,39) (vgl. Abb. 24–26 im Beitrag Titze), in der Jesus als Mensch seine Todesangst durchkämpft, die nicht nur zum Mitleiden anregen, sondern vielmehr auch die Verheißung zur Errettung im Glauben an den Gnadentod Christi wachrufen. Gleiche Absicht verfolgen die Kreuzigungsszene als zentralem Bild der Anbetung durch die Stifter in Großolbersdorf (Abb. 10) oder das Weltgerichtsrelief im Burckhardt-Epitaph (vgl. Abb. 65 im Beitrag Titze) zu Schneeberg. Über die Andacht soll der Betrachter zusammen mit den dargestellten Verstorbenen und Stiftern zu den wesentlichen Glaubensüberzeugungen hingeführt und in ihrer Gewissheit bestärkt werden. Dem dient im tektonischen Grundgerüst auch das Triumphtormotiv, das in all diesen Bildwerken die irdische Sphäre von der himmlischen trennt und nach Forssmann »das über den Tod triumphierende Gedächtnis des Verstorbenen am Epitaph«61 darstellt. Mit diesem kleinen Einblick in die Ikonographie der Epitaphe Johann Böhms, zu denen neben den auf die Verstorbenen und deren Wirken eingehenden Inschriften unter anderen auch noch allegorische Figuren zur Verkörperung von deren Tugenden und sonstige panegyrische Hinweise ruhmrediger Nekro­loge gehören, die den Rang, die Stellung und die Verdienste des/der Verstorbenen benennen, spielte die Veranschaulichung grundlegender Glaubensinhalte in den künstlerischen Gestaltungen der Epitaphien eine zentrale Rolle. In diesen ikonographischen Bereichen

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10  Johann Böhm: Altar von Großolbersdorf, 1652/53

Johann Böhm und seine Auftraggeber

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11  Johann Böhm: Engel vom ehem. Chorgitter der Zwickauer St. Katharinenkirche, 1661, Kunstsammlungen Zwickau

12  Johann Böhm: Engel vom ehem. Chorgitter der Zwickauer St. Katha­ rinenkirche, 1661, Kunstsammlungen Zwickau

war ein wissender, humanistisch gebildeter Künstler gefordert, der als pictor doctus den Erwartungen seiner gebildeten Auftraggeber gerecht zu werden vermochte. Doch wollen wir uns hier nicht in den vielschichtigen Problemen der Ikonographie verlieren, sondern zu den konkreten Auftraggebern, deren Standesbindungen und Zielsetzungen mit der Auftragsvergabe zu Werken der Repräsentation und der Memoria zurückkehren. In der Familie R öh l i n g begegnet uns eine der ein­ flussreichsten und bemitteltsten Familien der erzge­bir­ gischen Bergstädte, als deren Stammvater der um etwa 1450 geborene Markus Röhling senior gilt, von dem man an­nimmt, dass er Ratsherr zu Geyer und zu Freiberg oder aber ein Baumeister in Annaberg gewesen sei.62 Die meisten Mitglieder dieser weit verzweigten und lang blühenden Familie nahmen führende Positionen im Bergwesen, in der städtischen Verwaltung erzgebirgischer Kommunen, als Besitzer von Fundgruben und Ländereien, als Richter, Steuereinnehmer, Handelsherrn usw. ein. Der bekannteste dieser Familie dürfte Markus Röhling († Annaberg 30.5.1581) gewesen sein, der bei Annaberg

eine Silbergrube betrieb, »die ihm später enorme Schätze einbrachte«.63 Sein umfangreiches Testament vermittelt einen Abglanz des enormen Reichtums, den dieser Oberbergmeister am Ende seines Lebens hinterlassen hatte.64 Berühmt wurde auch Valentin Röhling, der Kaiserliche Rat und Berg- bzw. Oberbergmeister zu Joachimsthal, der zusammen mit seinem Vater Hans sowie seinen Vettern Lorentz und Oswald am 10.5.1570 von Kaiser Ferdinand I. (1503–1564) in den erblichen Adelsstand erhoben wurde.65 Der Auftraggeber des Röhling-Epitaphs66 (vgl. Abb. 34 im Beitrag L. Vogel), Ulrich Röhling (* Marienberg 1562, † 22.12.1631 Schneeberg)67, war seit dem 14.2.1588 in erster Ehe mit Christiane Funk (* um 1564, † 26.5.1623 Schneeberg), der Tochter des Schneeberger Münzmeisters und Zehentners Hans Funk68 vermählt, ehe er nach deren Tod im Februar 1624 Catharina, die Witwe des Melchior Kühn, zur zweiten Frau nahm. Meltzer69 berichtet uns ziemlich ausführlich von diesem Vorsteher, kurfürstlichsächsischen Zehentner70, mehrfachen Stadtrichters71 »und damahls so viel als Bürgermeister«72 und der zusammen mit Jacob Seeling73, ebenfalls Stadt-Richter und kurfürstl.

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Zehentner, aber auch Ratskämmerer und Hammerherr zu Blauen- und Wildenthal, schon am 22. Oktober 1597 als Stifter eines hölzernen Kruzifixes für die St. WolfgangKirche in Erscheinung trat.74 Außerdem hat er als vornehmer Fundgrübner und Handelsmann allhier/ an. 1599. It an. 1602. in welcher Jahres-Regierung er das über der Raths-Stuben-Thür befindliche Bild/ welches sonder Zweiffel der berühmte Kunstmahler Matthes Krodel allhier/mit Darstellung des Jüngsten Gerichts/ gemahlet/ renoviren lassen/ nach Ausweisung dieser Unterschrifft: ULRICH RöLING JUDEX, HANC RENOVARI CURAVIT, an. 1602. it. 1605, 1608, 1611, 1614. 1618. darneben Zehendner biß 1626. und hernach wieder regierender Stadt-Richter.75

Damit beschrieb Meltzer Ulrich Röhling nicht nur als Stifter sakraler Kunstwerke für die städtische Kirche, er wies auch darauf hin, dass er die Kunst als Mittel sozialer Repräsentation und zur Selbstpropaganda zu nutzen verstand, indem er sich selbstpropagandistisch als Förderer des städtischen Wohls zu erkennen gab. Mit der Stiftung des Epitaphs für seine erste Frau76 krönte er diese Absicht bürgerlichen Selbstbewusstseins und gab der Hoffnung auf fortwährendes öffentliches Familiengedächtnis künstlerischen Ausdruck. Dem war schon 1609 mit der Widmung der Katechismus-Predigten des damaligen Rektors Magnificus der Wittenberger Universität, D. Johann Foersterus, an Ulrich Röhling ein ruhmrediger Lobpreis vorangegangen, als dieser ihn als einen Patron der Gelehrten und als einen Berg-verständigen Mann rühmet, darneben aber als einen sonderbahren Liebhaber und Förderer des edlen Bergwercks preiset.77

Überhaupt charakterisierte ihn Meltzer als einen überaus erfolgreichen und vielseitigen Unternehmer, der sich im Hüttenwesen78 ebenso betätigte wie als Besitzer des Hohen oder Auer Waldes.79 Ganz generell tat sich Röhling als einer der Ersten in der Stadt hervor und nötigte den Zeitgenossen und Nachkommen hohen Respekt und Bewunderung ab. Das zeigte sich nicht zuletzt im Schreiberschen Haus, einem der prächtigsten Häuser der Stadt, das er bewohnte, in dem sein Bildnis zu sehen war.80 So viel Reichtum, Pracht und Ehre rief natürlich auch Neider auf den Plan, wie uns Meltzer berichtet: An. 1614. wurde Georg Kerln/ weil er uff Anleitung eines bösen Buben in Ulrich Röhlings und Aßmus Nitzschens Scheunen Feuer angeleget / und seiner Aussage nach die gantze Stadt verderben wollen / ungeachtet es ohne Schaden abgangen / der Kopf unter der Büchsen-Schützen SchießHauß abgeschlagen.81

Johann Böhm und seine Auftraggeber

Dass der Wirkungskreis des Ulrich Röhling, »ein[es] Mann[es] von großem Lob«82, sich nicht nur auf Schneeberg und Umgebung bezog, lässt unter anderem die Tatsache erkennen, dass er seine Söhne Christian und Johann83 studieren ließ und sie auf weite Reisen schickte, wo sie teil hatten an den neuesten geistigen und künstlerischen Richtungen, die sie selbstverständlich ins Vaterhaus zurückmeldeten. Insofern kann davon ausgegangen werden, dass Ulrich Röhling aufgrund seiner ausgereiften Geschmacksbildung als Auftraggeber an Johann Böhm hohe Qualitätsansprüche zu stellen vermochte, die dieser dank seiner Ausbildung in den führenden Schulen des nord- und mitteldeutschen Raumes sowohl gestalterisch als auch intellektuell zufriedenstellend meisterte. Dem entspricht durchaus die ästhetische Konzeption, die kleinfigurigen Stifter als demütig betende Frontalfiguren auf die Konsole vor das architektonische Triumphtor zu setzen, das an der Basis der gekuppelten korinthischen Säulen und deren Architrav von den Figürchen der vier Evangelisten flankiert wird. Damit hüten die Evangelisten als Garanten der Glaubensgewissheit das Tor zum Jenseits, wo eine umfangreiche Inschriftentafel das Leben der Verstorbenen würdigt, indem es deren Lebens- und Glaubensessenz wie im himmlischen Buch des Lebens für die Ewigkeit bewahrt. Durch die Frontalstellung nimmt das winzige betende Stifterpaar »ein enges Verhältnis zum Betrachterraum«84 auf und wendet sich damit quasi an die Nachlebenden in der Gemeinde, die sich auf diese Weise angesprochen fühlen, dem Vorbild der Stifter – in aller Demut – nachzustreben. Im Rahmen der reichen Ornamentik, in die mehrere Cherubimköpfchen als Zeugen der Herrlichkeit Gottes organisch eingewebt sind, übernehmen die als Trophäen anzusehenden Bekrönungsfiguren an der Spitze die Funktion, den Sieg des Glaubens deutlich zu machen. Als Johann Böhms bedeutendster Auftragge­ber erweist sich aber Carolus von Bose (* 10.8.1596 Langenhessen, Rittergut Bosenhof, † 12.1.1657 Schweinsburg)85 (Abb. 13, 14), der »be­rühmte Chur-Sächsische Oberste in dem 30 jährigen Kriege«86, wie ihn Johann Heinrich Zedler nennt. Als Besitzer von 28 Rittergütern87, wurde er »bei Lebzeiten vorzugsweise der r e i c h e Bose«88 genannt. Ausführlich wird sein Lebenslauf u. a. in Zedlers Großem Universallexikon geschildert: Sein Vater war Hanß Ernst Bose auf Netzschkau […], die Mutter aber eine gebohrne von Geilsdorff, die ihn an. 1596 zu Langenheßen, sonst Bosenhof genannt, zur Welt gebracht,

heißt es dort. Wir erinnern uns, dass einst zu Johann Böhms Taufe die Hofjungfer Anna Maria von Geilsdorf

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auch noch von Stollberg ernannt91, zeichnete er für die Landesverteidigung des Erzgebirgischen, Vogtländischen und Thüringischen Kreises verantwortlich. Für seine Verdienste wollte ihn Kaiser Ferdinand III. (1608–1657) in den Reichsgrafenstand erheben, was er aber ablehnte. Seit 1636 mit dem Zwickauer Bürgerrecht ausgestattet, erwarb er am / 20 Novembrs. des verfloßenen 1637. Jahres aufge- / richteten erbkauffs, in unserer Haupt= und Frauen- / kirche alhier, auf der Seiten beym Taufstein, die näheste / capell oder Schwiebbbogen zur lincken Hand an der großen / thür hinter dem Predigtstuel, zu einem Erbbegräbnüs /vor sich und seine leibes erben, zu ewigen Zeiten zu- / gebrauchen habende.92

13  Unbekannter Meister: Bildnis Carl von Bose, vor 1657

die schönburgische Herrschaft als Patin vertrat. Damit war sie als Angehörige des vogtländisch-fränkischen Rittergeschlechts eine Verwandte von Boses Mutter Clara, geb. von Geilsdorf (* 1577, † 1602). In diesem Rahmen kann Boses soziale Stellung nur kurz umrissen werden. Für biographische Details sei deshalb auf die weiterführende Literatur hingewiesen.89 Bose war ein erfolgreicher Kriegsmann, der bereits mit achtzehn Jahren in französischen Diensten stand, dann nach Ausbruch des Dreißigjährigen Krieges zunächst in kaiserliche und später in kursächsische Dienste trat, ehe er als Oberst 1638 nach der ruhmreichen Teilnahme an vielen Schlachten ganz aus dem Militärdienst ausschied. Zweimal hatte er während seiner Dienstzeit mit seinem Regiment in Zwickau Garnison genommen und – trotz der damit verbundenen Lasten für die Stadt – ihr doch Schutz geboten, indem er die Bevölkerung weitgehend vor Übergriffen durch Marodeure und vor Ausschreitungen schwedischer Truppen zu bewahren vermochte.90 Nach seinem ehrenvollen Ausscheiden aus der Armee übernahm er mehrere diplomatische Missionen, die ihn an verschiedene Höfe führten und ihm eine gewisse Weltläufigkeit vermittelten. 1649 zum Amtshauptmann von Zwickau und Werdau sowie 1653

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Seither und bis zum Tod des Oberst wurde dieses unter dem zweiten Bogen der Südempore befindliche Erbbegräbnis in mehreren Etappen erweitert und durch Johann Böhm künstlerisch ausgestaltet.93 Als erstes wurde hier seine erste Gemahlin, Anna Marie Freiin Wamboldt von Umbstädt (* 16.3.1598 Heidelberg, † 14.9.1637) beigesetzt, mit der sich Bose erst 1634 vermählt hatte. Die zweite Gattin, Marie Sophie verw. von Asseburg, geb. Vitzthum von Eckstedt († 24.12.1647), folgte ihr 1647 und die dritte Ehefrau, Marie Magdalene, geb. Starschedel aus dem Hause Schweinsburg († 1.7.1651) fand 1651 hier ebenfalls ihre letzte Ruhe.94 Aus diesem Anlass ließ Bose die zu eng gewordene Gruft erweitern95, doch scheint das Epitaph (vgl. Abb. 24 und 25 im Beitrag Titze) an der Westseite, wie Asche die missverständlichen Informationen aus den Akten richtig darzulegen verstand, bereits 1637 angebracht worden zu sein.96 Darauf weist nicht nur das Figürchen der ersten Ehefrau als Adorantin mit ihrem Wappen (vgl. Abb. 32 im Beitrag Titze), sondern mehr noch das Fehlen der Figuren aller späteren Ehefrauen, wie es damaligem Brauch entsprochen hätte. Neben dem Alabasterrelief des Ringens Jesu mit der Todesfurcht im Garten Gethsemane (Lk 22, 42–44, vgl. Abb. 26 im Beitrag Titze) weisen die Figur des Ecce Homo – eine miniaturhafte Wiederholung des Dehneschen Werkes vom Epitaph Hopkorf (vgl. Abb. 6 im Beitrag L. Vogel) – in der von Säulen gefassten Nische über den Triumphbogen sowie die beiden stark vergoldeten Messingplatten hinter den betenden Figuren der Verstorbenen und des Stifters auf den Tod und das Leiden Christi in der Passion. Bei der linken Platte handelt es sich um Ziselierungen mit der Geißelung und auf der rechten Platte ist die Grablegung Christi eingraviert. Die dort vorgestellten Qualen des sich opfernden Gottessohnes dienen dem Andacht Suchenden als Gleichnis seines eigenen irdischen Leidens und

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finden auf der Spitze des Epitaphs in der kleinen Figur des nackten Christusknaben, der die Schlange zertritt, ein Symbol der Hoffnung und Glaubensgewissheit, dass durch Jesus Christus alles Übel überwunden werden wird. (vgl. Abb. 27 im Beitrag Titze) Unter diesem krönenden Abschluss eschatologischer Verheißung fungieren die beiderseits flankierenden Figuren der vier Apostel auf dem Gebälk und über den gravierten Messingtafeln als irdische Zeugen der biblischen Glaubenswahrheit, durch die das christliche Glaubensbekenntnis des Stifters wie der Andächtigen seine weitere Bestärkung findet. Neben den betenden Stifterfiguren stellen trauernde Engel zusammen mit den sechzehn Wappen der Boseschen Ahnen den persönlichen Bezug zum Stifter und zur Verstorbenen her. Diese Komponenten des biographischen Bezugs finden 1654 durch die Anbringung des riesigen Wappenschilds (vgl. Abb. 121 im Beitrag Titze) an der Ostwand und dem von Trophäen umsteckten Wappenschild mit den Kriegerfiguren (vgl. Abb. 36, 37 im Beitrag Titze) im Bogenscheitel als Hinweise auf die militärische Laufbahn des ruhmreichen Feldherrn ihren Abschluss. Schon der Zeitgenosse Hans Jakob Christoffel von Grimmelshausen (* um 1622, † 17.8.1676) kritisierte die hierin sich äußernde Ruhmessucht eines verstorbenen Feldherrn zurecht als unangemessenes Eitelkeit (Vanitas) und Hoffart angesichts des Todes: Dies mußt Du noch wissen, daß die Menschen nicht allein in ihrem Leben die Kirchen mit Lastern beschmitzen, sondern auch nach ihrem Tod dieselbe mit Eitelkeit und Torheit erfüllen. Sobald du in die Kirche kommst, so wirst du an den Grabsteinen und Epitaphien sehen, wie diejenigen noch prangen, die doch die Würmer längst gefressen. Siehst du in die Höhe, so kommen dir mehr Schilde, Waffen, Degen, Fahnen, Stiefel, Sporn und dergleichen Dinge ins Gesicht als in mancher Rüstkammer.97

Er macht damit genau wie Andreas Gryphius (* 2.10.1616 – † 16.7.1664) auf einen Missstand aufmerksam, der sich zwischen dem Pomp der Grabmonumente und der Nichtigkeit des Verstorbenen auftut: »überprächtig Grab, das schwer erschunden Geld / Und armer Leute Schweiß und Tränen aufgestellt«.98 Doch diese moralischen Bedenken blieben beim Auftraggeber unbeachtet, angesichts der empfundenen Notwendigkeit, im Erbbegräbnis und Epitaph nicht nur die eigene vorbildliche Glaubensfestigkeit zu bezeugen, sondern mehr noch, die eigenen Standesrechte und obrigkeitsrechtlichen Privilegien so sichtbar werden zu lassen, dass sie über den eigentlich gleichmachenden Tod noch hinaus das Verhältnis zwischen Grundherrn

Johann Böhm und seine Auftraggeber

14  Unbekannter Meister: Bildnis Carl von Bose, vor 1657

und Unterstellten befestigen, indem im Grabmonument der Standesunterschied verewigt wird.99 Boses Aufträge für Böhm beschränkten sich nicht allein auf das repräsentative Monumentum memoriæ des Zwickauer Erbbegräbnisses samt Epitaph, in dem er am 5. Mai 1657 »in Gegenwart von Gesandten des Kurfürsten und des Herzogs Moritz, sowie einer Menge Edelleute«100 feierlich beigesetzt wurde. Als Stifter mehrere Legate101, die er testamentarisch festgelegt hat­te, erwies sich der »reichste Edelmann in Sachsen« 102 immer wieder als Wohltäter der Armen, um in anderer Weise seinem Verlangen nach dauerndem Gedächtnis nachzugeben. Dieses caritative Wirken erstreckte sich ebenso auf die Besitzungen seiner Rittergüter und fand vor allen in den Kirchen, deren Patronatsherr er war, in Form von Stiftungen kirchlicher Ausstattungen einen umfangreichen Niederschlag. Das betraf vor allen die Güter Ehrenhain103 und Netzschkau.104 So gab er noch kurz vor seinem Tod Johann Böhm den Auftrag zur Errichtung

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15  Herrschaftsstuhl Bose in der Kirche zu Ehrenhain, 1658

eines prächtigen Herrschaftsstuhls (1658, Abb. 15), eines Altarkreuzes (um 1657, vgl. Abb. 98 im Beitrag Titze) und eines farbig gefassten, hölzernen Altarretabels in Ehrenhain.105 (Abb. 17) Desgleichen entstand der zwei Jahre nach Boses Tod 1659 vollendete Epitaphaltar in Netzschkau in dieser Absicht. Von ihm haben sich nach dem 1814 erfolgten Abbruch nur die Predella (vgl. Abb. 122 im Beitrag Titze), ein Alabasterrelief mit der Darstellung Gott-Vaters (vgl. Abb. 123 im Beitrag Titze) und sechs kleine Cherubimköpfchen (Abb. 16) erhalten.106 Memoria und Repräsentation waren auch die wichtigsten Triebkräfte, die den Anlass zur Erteilung der Aufträge zu den beiden Epitaphaltären in Großolbersdorf (Abb. 10) und Wolkenburg (Abb. 34) durch Angehörige der Familie von Einsiedel gaben. Hier wie dort war der Gedanke der æternitas – des ideellen Weiterlebens nach dem Tode – besonders angesichts der beständigen Todesgefahr in Zeiten der Kriegswirren und Pestepidemien ein zentrales Anliegen, um mit dem protestantischen Bekenntnis der Auferstehungsgewissheit der kurzen irdischen Lebensphase eine ewige im Jenseits gegenüber-

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16  Cherubimköpfchen vom ehem. Altar in Netzschkau, um 1657/59

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17  Johann Böhm: Altarretabel in Ehrenhain, 1657/60, Zustand vor 2009

Johann Böhm und seine Auftraggeber

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18  Unbek. Maler: Heinrich Hildebrand von Einsiedel, vor 1651

zustellen. In solcher persönlichen Glaubensbekundung der Stifter manifestiert sich zugleich das soziale Grundverständnis des Herrschaftsträgers, der auf diese Weise »die Autorität der religiösen Lehre […] vermittelt und zugleich repräsentiert.«107 Hieraus erklärt sich ebenso die Ausformung des Epitaphiums als Altarretabel in einer freiräumliche Aufstellung im Chor, wo es gleichermaßen die Doppelfunktion des Altars als Mittelpunkt des religiösen Kults und der Lehre in der Kirche wie die der Repräsentation der Patronatsherrschaft und deren Glaubensbekenntnis als Vorbild für die ihnen unterstellten Untertanen übernimmt.108 Entsprechend versteht sich der Typus des Epitaphaltars durch die Einbeziehung der Stifterbildnisse in das Altarprogramm als eine »Kundgebung an die Öffentlichkeit«109, aus der die dominierende Rolle der Kirchenpatrone nicht nur innerhalb der Gemeinde als deren Haus- und Schutzherren sichtbar wird, sondern auch darüber hinaus das grundsätzliche soziale Beziehungsgefüge in ihrer Grundherrschaft. Im Zeitalter des Absolutismus lassen so die mit dem Kirchenpatronat privilegierten Grundherren den Wunsch erkennen, die bestehende soziale Hierarchie ästhetisch-religiös zu bestätigen, um auf diese

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Weise im geistlichen Bereich in ihrem Herrschaftsbezirk möglichst ebenso souverän regieren zu können, wie dies der Landesherr in dem seinen tut.110 In Großolbersdorf war Heinrich Hildebrand von Einsiedel (* 3.3.1586 –† 19.2.1651), der Herr auf Scharfenstein, Wolkenburg, Weißbach und Löbichau (Abb. 18, 19) der Kirchenpatron. Er entstammte der von seinem Vater Haubold von Einsiedel (* 1521 – † 18.5.1592)111 begründeten Scharfensteiner Linie und war der fünfte Sohn aus dessen 1574 geschlossener dritten Ehe mit Agnes von Schönfeld aus dem Hause Löbnitz.112 Heinrich Hildebrand von Einsiedel erwarb sich als kursächsischer Geheimer Rat, Vice-Ober-Hofrichter in Leipzig, Obersteuer-Einnehmer und Landschaftsdirektor des Fürstentums Altenburg hohes Ansehen beim Landesherrn. Aus der mit Sophie von Ponickau (* 1593 – † 1626, Abb. 20) aus Preudlitz geschlossenen Ehe gingen drei Töchter und drei Söhne hervor, unter ihnen Rudolf Haubold von Einsiedel (* 23.1.1616 – † 8.4.1654)113, der Herr auf Wolkenburg und Löbichau. Im Zuge der von 1643 bis 1645 nach kriegerischen Verwüstungen erfolgten Wiederherstellung seiner Patronatskirche Großolbersdorf stiftete Heinrich Hildebrand zur eigenen Memoria wie zum Gedächtnis seiner 1626 verstorbenen Gemahlin (Abb. 20) den Epitaphaltar114 mit der Kreuzigung Christi mit Maria und Johannes als zentralem Thema im triumphbogenartigen Mittelfeld, flankiert von den beiden anbetenden Stifterfiguren im modischen Gewand der Zeit und mit den familiären Wappenschilden über ihren Häuptern. Der erst 1652/53 zur Ausführung gelangte Altar dürfte vermutlich erst mit dem Tode des Stifters durch die Erben zur Vollstreckung seines letzten Willens in Auftrag gegeben worden sein. Der Anspruch der Stifter, hier als Glaubenszeugen in Erscheinung zu treten, wird durch die Größe ihrer Alabasterfiguren unterstrichen, denn sie erweisen sich nicht nur größer als die Heiligenfiguren im zentralen Feld, sondern generell als die größten Figuren des gesamten Altars, der sonst noch über dem Gebälk mit den Gestalten der Apostelfürsten Petrus und Paulus, zwei Wächtern und der Krönungsfigur des Auferstandenen ausgestattet ist. In ihrer beabsichtigten Monumentalität und modischen Tracht stellen die Stifterfiguren die ideelle Verbindung zum öffentlichen Raum der Gemeinde her, für den sie stellvertretend ihren Glauben ans ewige Leben durch die Gnade des Kreuzestodes Christi bezeugen. Das ikonographische Programm wird durch Reliefs der neutestamentlichen Berichte von der Verkündigung und Geburt Christi in den ovalen Seitenwangen und dem letzten Abendmahl in der Predella sowie zahlreichen Cherubimköpfchen

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19  Johann Böhm: Stifterfigur des Heinrich Hildebrand von Einsiedel vom Altar in Großolbersdorf, 1652/53

20  Johann Böhm: Stifterfigur der Sophie von Einsiedel, geb. von Ponickau, vom Altar in Großolbersdorf, 1652/53

als Hinweis aufs Paradies ergänzt. Als pars pro toto schildern sie die Hauptpunkte protestantischen Glaubensverständnisses, wie es der Kollator seiner Gemeinde in obrigkeitlicher Absicht nahelegt. Das ist nicht grundsätzlich anders – nur variiert – im 1657 inschriftlich datierten Wolkenburger Epitaphaltar115 (Abb. 34) zu finden, der damals im Zuge der Renovierung der Kirche aufgestellt wurde.116 Die Stifterin ist Agnes von Schönberg (* 22.9.1621 – † 26.9.1674) aus dem Hause Klauschnitz, die seit dem 23. Juli 1641 mit Rudolf Haubold von Einsiedel (* 23.1.1616 – † 8.4.1654 Wolkenburg) (Abb. 21) vermählt war. Ihr Ehegemahl war der Sohn des Heinrich Hildebrand von Einsiedel und der Sophie von Ponickau, des Stifterpaares des Altars in Großolbersdorf. Hier in Wolkenburg erscheint die gesamte Familie des Wolkenburger Kirchpatrons Rudolf Haubold von Einsiedel, des Grundherrn von Wolkenburg und Löbichau. Rechts und links vom Gethsemanerelief, das das Zwickauer Bose-Epitaph samt dessen gestalterischem Grundprinzip mit dem architektonischen Triumphbogenmotiv

variiert, erscheinen in frontaler Adorantenhaltung auf der linken Altarseite die noch lebende Auftraggeberin mit ihrer zweitgeborenen, ebenfalls noch lebenden Tochter Agnes Dorothea (* 14.8.1645) (Abb. 22) und rechts der verstorbene Ehemann mit seiner totgeborenen ersten Tochter.117 (Abb. 23) In ihrer andächtig versunkenen Gebetshaltung erscheinen sie dem Alltag enthoben ohne Bezug zum Altar oder zum umgebenden Kirchenraum. So präsentieren sie sich weitgehend entrückt und abgelöst von ihrer irdischen Existenz, als schauten sie bereits die Herrlichkeit Gottes, auf die im Krönungsmedaillon des Altars mit der Darstellung des gütigen himmlischen Vaters und den zahlreich verteilten Cherubimköpfchen hingewiesen wird. Dies lässt sich abermals als Vorbildlichkeit für die gläubigen Betrachter deuten, die mit dem Hinweis auf die Eucharistie in der Predella (vgl. Abb. 115 im Beitrag Titze) zugleich einen Weg gewiesen bekommen, wie sie durch die Teilnahme am Tische des Herrn den Weg zur Erlösung finden können. Die vermutlich noch angebrachten Apostelfiguren sind längst

Johann Böhm und seine Auftraggeber

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steinkragen präsentiert wird, für diesen gelehrten Mann in jeder Hinsicht gerechtfertigt, da er in diesem Amte als Nachfolger der Reformatoren erkennbar wird. Die rechte Hand zum Segensgestus erhoben und in der Linken die Bibel haltend, aus der er predigt, wird sein Effigie der Nachwelt so wachgehalten, wie er vordem im Leben als Kanzelprediger gewirkt hatte, denn die seinen Unterleib verdeckende Inschriftentafel gleicht der Kanzelbrüstung, von der aus er seine Gemeinde einst angesprochen hatte. Im 16. Kapitel des Ersten Buchs seiner Schneeberger Chronik berichtet uns Meltzer »Von denen BegräbnißStäten [… und] einige schöne Monumenta, so in der großen Pfarr-Kirchen [zu Schneeberg] anzutreffen«. Dort gibt er uns ausführlich Nachricht über das einst zwischen dem ersten und zweiten Pfeiler des Chorabschlusses befindliche Epitaph von Johann Burckhardt (* ?, † 1651)121, »weyl. Stadt-Richtern und Kobald-Contrahenten/ der A. 1651. gestorben«.122 An anderer Stelle setzt er diese Informationen fort:

21  Unbek. Maler: Bildnis des Rudolf Haubold von Einsiedel, vor 1654

verschwunden, so dass sie für die Deutung nicht mehr herangezogen werden können. Bleiben noch die bürgerlichen Epitaphien und deren Auftraggeber zu nennen, die Böhm für St. Marien in Zwickau und St. Wolfgang in Schneeberg geschaffen hatte. Zunächst sei hier jenes für M. Peter Kirchbach († um 1637/38?)118 (Abb. 24) vorgestellt, das für den Zwickauer Pastor und Superintendenten nach dessen Ableben an der Südseite des Chores in St. Marien – seiner einstigen Wirkungsstätte – angebracht wurde. Aus Meltzers Schneeberger Chronik erfahren wir, dass Kirchbachs Tochter Christiana Elisabetha in die Schneeberger Familie Blumberg eingeheiratet hatte und deren Nachkommen »mit Hoch-graduirten Söhnen in allen Facultäten / […] / gezieret«119 worden seien. Weiterhin berichtet er, dass »M. Petrus Kirchbach / vorhero Pastor zu Oederan / […] uff eilff Universitæten studiret«120 habe. Insofern ist der Typus des Gelehrtenepitaphs für diesen studierten Theologen, der in bildmäßiger Reliefhaftigkeit als Halbfigur in Amtstracht mit Talar und Mühl-

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Johann Burckhard / gebürtig von Pöla bey Schwartzenberg / das erste mahl [Stadt-Richter] an. 1634. und ferner 1637. 1640. 1643. 1646. 1649. an. 1651. ist er verstorben / und in sein Begräbniß in der großen Stadt-Kirchen unter einem Schwibbogen hinter dem Altar begraben worden / nachdem er vor seinem Tode / als ein reicher Kobald-Contrahent und bauender Gewerck zehen tausend fl. Hauptstamm Testaments-weise ad pios usus gewidmet / und die 500 fl. Zinse / wie unten in dem 3ten Buch folgen wird / unterschiedlich legiret / und hiernechst 10000 (zehen tausend) seinen Anverwadten vermachet / wie auch in übrigen die Blau-Farbmühle / Kobald-Bergwercke und andere immobilia dazumahl Sr. Chur-Printzl. Durchl. Hertzog Johann Georgen dem Andern / nachgehends höchst-seel. Chur-Fürsten zu Sachsen ec. vertestiret hat. Er war sonst ein glückseeliger / tapfferer / ansehnlicher und weiser Mann.123

Aus dieser kurzen Charakterisierung des einstigen Schneeberger Ratsherren124 ersehen wir, dass Burckhardt ähnlich reich begütert war und ein vergleichbares hohes Ansehen wie sein Kollege und Vorgänger, Ulrich Röhling, genoss. Leider ist auch Burckhardts Epitaph genau wie jenes von Röhling 1945 bei der Bombardierung Schneebergs zugrunde gegangen, so dass wir uns nur auf Asches Beschreibungen, Rekonstruktion und Foto (vgl. Abb. 63–65 im Beitrag Titze) stützen können. Dafür hat sich aber in diesem Falle der ausführliche Kontrakt des Auftraggebers mit dem Bildhauer erhalten.125 Aus ihm erfahren wir, dass das ikonographische Programm vom Besteller festgelegt wurde:

Gerd-Helge Vogel

22  Johann Böhm: Adorantenfiguren der Agnes Dorothea von Einsiedel, geb. von Schönberg, mit Tochter, Wolkenburg, alte Kirche, 1657

23  Johann Böhm: Adorantenfiguren des Stifters Rudolf Haubold von Einsiedel mit Tochter, Wolkenburg, alte Kirche, 1657

Daß Epit: soll werden. 1. In der Mitt das Jüngste Gericht. 2. Uf die rechte seit Ich, und auf die Linke seit m. weib. sel. in halber Lebensgröße 3. Auf beyde seiten mit gedoppelt Seilwergk 4. Oben auf der Höhe die Justitia, über mich Fides, über meine Frau Seel. Patientia. 5. Zwey singende Engel, vergoldt so viel sich gehört. 6. Mein Vd. meines Weibes Wapen geschnitten in rechter proportion Zum wergk schickende 7. Deß ganzen wercks staffierung und Architektur Vd. Zirats Vd. Bilter, alles auf Marmor und Alabasterart, dazu Vergilt waß Von nöthen Vd von rechtswegen Vergilt sein muß, damit es sein aussehn habe. Welches zwischen hier und Weihnachten, wo möglich stehen soll, alles auf seine mühe und Lasten, an die stelle, dazu ich nicht das geringste Zu stellen schuldig sein soll, dann gebe Ich ihme 200 thr wann alles verfertiget aufgesetzt, Vd nicht zu deuer ist, Aktum Schneeb d 13 Sept. 1650. Darauf ist bezahlt 30 thr alsobalt diesen 13. Sept., 50 thr Ihr geben den 23 9rb, Hanß Burckhardt mp/ Hanß Böhm, Bilthauer mp.126

Dem Vertrag ist auch ein Grobentwurf des Epitaphs (Abb. 25) beigefügt, aus dem die Grundkonstellation der Bildhauerarbeit ersichtlich ist, wie sie vertraglich geregelt wurde. Die Figur der Allegorie der Gerechtigkeit – passend zu einem Stadtrichter – krönt, auf einem

Johann Böhm und seine Auftraggeber

24  Johann Böhm: Bildnis des Peter Kirchbach vom Kirchbach-Epitaph in St. Marien zu Zwickau, 1637/40

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25  Johann Böhm: Grobentwurf des Burckhardt-Epitaphs zu St. Wolfgang in Schneeberg aus dem Vertragsprotokoll, 1650

doppelten Sockel gestellt, das breit gelagerte Epitaphium des Ehepaars aus der patrizischen Oberschicht Schneebergs. Darunter in strenger architektonischer Rahmung das von gekuppelten Säulen flankierte – wohl vergoldete (?) – Alabasterrelief des Jüngsten Gerichts als Hinweis auf den Todesgedanken und die Hoffnung auf Erlösung. Im Architrav über den Säulen stehen auf der Seite des Bildnismedaillons des Stifters die Figurenallegorie des Glaubens und auf jener des Porträts von dessen Ehefrau Rosina die der Geduld. Damit sind die drei Tugenden den Stiftern zugewiesen. Sie dienen zu deren Ruhm, gleichwie ihre Wappen vom Stolz auf ihre Herkunft künden. Doch im Gegensatz zu diesen Elementen des Eigenlobs wirken die Porträts in demutsvoller Zurücknahme wie affigiert. Hierin äußert sich eine Art von christlicher Bescheidenheit, die sich ebenso in den testamentarisch festgelegten Legaten dokumentiert127, indem sie bewusst einen Großteil des während der Berufslaufbahn erworben Reichtums an die Allgemeinheit und

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Hilfsbedürftige spendet, um sich bei den Empfängern im guten Nachgedächtnis zu bewahren. Doch dies wird nicht der einzige Beweggrund gewesen sein, zumal uns Meltzer berichtet, mit welcher Inbrunst Rosina Burckhardt in ihrem Glauben verankert war. Dies bezeugen sowohl ihr Wahlspruch: »die ersten sechs Buchstaben des Alphabetes A. B. C. D. E. F. […in der Bedeutung von ] Allzeit Bey Christo die Ewige Freud«128 und mehr noch ihr Eifer, sich allzeit mit der Bibel zu beschäftigen, der im Auszählen des Namens Jesu Christi im Neuen Testament den Zeitgenossen Bewunderung abnötigte.129 Im Jahrzehnt von 1654 bis 1663 erhielt Johann Böhm die Aufträge zu drei Epitaphien, die für verdienstvolle Bürger der Stadt Zwickau in der St. Marienkirche von deren Nachkommen gestiftet wurden. Zum einen handelt es sich um das Epitaph des Bürgermeisters Dr. David Pietzsch/Pitzsch (* 1569 – † 7.1.1654)130 (Abb. 26), zum anderen um das des Stadtvogts Mag. Johann Gebhard († 1633) und drittens um jenes des Gelehrten

Gerd-Helge Vogel

26  Johann Böhm: Epitaph von Dr. David Pietzsch zu St. Marien Zwickau, 1654/55

M. Johann Zechendorf   (* 8.8.1580 Lößnitz, † 17.2.1662 Zwickau), eines berühmten Orientalisten, der als Rektor der Zwickauer Lateinschule einen ausgezeichneten Ruf genoss. Alle drei hatten sie eine akademische Bildung durchlaufen und waren zu Magistern bzw. Doktoren graduiert. Alle drei standen sie auch für mehrere Jahrzehnte im Dienste der Stadt, weshalb ihnen die Ehre der Epitaphsetzung in der städtischen Hauptkirche zuteil wurde. So findet sich am 8. Pfeiler [der Südseite] die in Stein gehauenene vergoldete Grabschrift des 1654 verstorbenen Bürgermeisters Dr. David Pietzsch, welcher 44 Jahre Ratsherr, 43 Jahre Bürgermeister und 38 Jahre Syndikus gewesen war und 85 Jahre alt wurde. Unten daran ist sein Brustbild zu sehen131,

Johann Böhm und seine Auftraggeber

heißt es dazu lapidar in Herzogs Chronik. Pietzsch übernahm 1613 als Vierundvierzigjähriger das Bürgermeisteramt von seinem 1612 verstorbenen Vorgänger M. Christoph Faber132 und behielt es bis zur aus Altersgründen erfolgten Übergabe an seinen Nachfolger Dr. Johann Gebhard im Jahre 1651.133 Pietzsch muss auch ziemlich wohlhabend gewesen sein, denn nach seinem Tode erwarb der Zwickauer Rat von Pietzschs Erben dessen »Vorwerk Unterplanitz, das er nebst 90 Scheffel Feld und Wiesen dem zur Zeit aus nur 6 Häusern bestehenden Neudörfel und der gesamten Gerichtsbarkeit am 29. Dezbr. für 2500 fl […] kaufte.« 134 Die Figur der Allegorie der Gerechtigkeit, die dieses aus Sandstein, Schiefer und Alabaster bestehende Epitaph schmückt, bezieht sich sowohl auf das Amt als auch den Beruf des Verstorbenen. Vom hölzernen Epitaph des Stadtvogts Mag. Joh. Gebhard († 1633) (Abb. 27–29) das erst dessen Sohn, der Zwickauer Bürgermeister und Nachfolger von David Pietzsch im Amte, Dr. Johann Gebhard († 1671)135 , zu Ehren seines Vaters um 1655/65 bei Johann Böhm bestellte, sind nur spärliche Reste überliefert, denn es wurde im Zuge einer Renovierung der Kirche am Ausgang des 19. Jahrhunderts abgebrochen und die Überbleibsel dem Städtischen Museum übergeben, nachdem schon lange zuvor die Einzelbestandteile in der Sakristei aufbewahrt worden waren. Aus Herzogs Beschreibung: »ein nicht werthloses, die Himmelfahrt Christ vorstellendes Gemälde, das Epitaphium des Stadtvoigts M. Joh. Gebhard († 1633)« und den überkommenen Engelsfiguren lässt sich allerdings das Kunstwerk leider nicht mehr rekonstruieren. Asche nimmt an, dass die Bestellung beim Künstler durch den Sohn des Verstorbenen erfolgte, der sich erst Jahre nach dem Ende des Krieges in der Lage sah, eine solche Stiftung der Pietät für seinen Vater, des den Landesherrn vertretenden Sachwalters, der die Gerichtsbarkeit und Verwaltung der Stadt ausübte, in Auftrag zu geben, als er für sich selbst in Böhms Werkstatt ein Epitaph bestellte.136 Vermutlich hatte dazu eine Schwester des Auftraggebers, eine »gebohrne Gebhardin aus Zwickau«137, die in Schneeberg mit dem dortigen Stadtrichter Wilhelm von Iphoff († 1663) vermählt war, die Verbindung zum Künstler hergestellt. Als eines der letzten bekannten Werke Johann Böhms entstand um 1662/63 das Epitaph für M. Johann Zechendorf (* 8.8.1580 Lößnitz – † 17.2.1662 Zwickau) (Abb. 30), das zwar von dessen Ehefrau als Gelehrtenepitaph138 (vgl. Abb. S. 131–133 im Beitrag Titze) bestellt, jedoch noch zu Lebzeiten des Gelehrten von ihm selbst »aufgesetzt«139 wurde. Über den Polyhistor Zechendorf gibt es zahlreiche Quellen- und Sekundärliteratur140, so dass

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27–29  Johann Böhm: Engel vom ehem. Epitaph des Stadtvogts Johann Gebhard zu St. Marien Zwickau, 1655/65, heute Kunstsammlungen Zwickau

hier unter Verweis auf diese Informationen nur die wichtigsten Eckpunkte seiner Biographie Erwähnung zu finden brauchen: nach seinem Studium in Leipzig, das er mit dem Grad eines Magisters abschloss, wurde er 1610 Konrektor und 1614 Rektor der Schneeberger Lateinschule, ehe er 1617 den Ruf nach Zwickau an die dortige Lateinschule erhielt und als hervorragender Lehrer der orientalischen Sprachen 44 Jahre lang den Ruhm dieser Institution beträchtlich mehren half. Da er in seinen beiden Ehen keine leiblichen Kinder hatte, war ihm an einem Nachleben in Form eines seine Verdienste rühmenden Epitaphs sehr gelegen. Im Typus des Gelehrtenepitaphs erscheint »das in Holz geschnittene Bildnis des 1662 verstorbenen Rektors«141 im ovalen Flachrelief, das von Säulen eingefasst wird. Obwohl Hans Wilhelm von Tettau den Rittersitz Unter-Syrau erst im Jahre 1574 als »Forwerch« zu dem von seinem Vater Haubold von Tettau ererbten Rittergut Syrau hatte errichten lassen, vertauschte er dieses bereits 1576 gegen das Rittergut Dröda an Jobst Heinrich von Watzdorf auf Jößnitz. Seither lag der Syraurer Gutsbesitz

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für mehr als 200 Jahre – bis 1788 – in den Händen des Geschlechts derer von Wat z dor f, die, nach dem Konkurs des Hugo von Tettau, eines Sohnes von Haubold, 1596 auch noch Ober-Syrau hinzuerwarben. Es war Friedrich von Watzdorf auf Erdeborn, der Magdeburgische Hofmarschall zu Halle, der das Gut für 12 250 Fl. kaufte und seit 1597 in Lehn nahm, nachdem er bereits 1592 Unter-Syrau von Ernst v. Magwitz, dem Vormunde der unmündigen Lehnserben Jobst Heinrichs v. Watzdorf für 5000 Fl. an sich gebracht und am 3. Mai 1593 in Lehn erhalten [hatte]. Und so vereinigt blieben beide Güter 62 Jahre. Friedrich von Watzdorf hinterließ nur 1 Sohn, Georg Friedrich, dessen fromme Gemahlin Agnisa, geb. v. Schönfels, durch mancherlei Schenkungen an die hiesige Kirche, […] sich einen bleibenden Namen bereitet hat142

heißt es ausführlich im Vogtlandband der KirchenGalerie Sachsens über die Auftraggeberin und deren Familie, die etwa um 1640/45 bei Johann Böhm die beiden Grabplatten mit der ganzfigurigen Gestaltung des bereits 1622 verstorbenen Gemahls Georg Friedrich

Gerd-Helge Vogel

30  Unbek. Meister: Totenporträt des Johann Zechendorf, 1662, Kunstsammlung Zwickau

von Watzdorf (1585–1622) und ihrem eigenen Effigie als Haute-Reliefs in weißgrauem Marmor (Abb. 31) bestellt hatte.143 Agnisa von Watzdorf, geb. von Schönfels (1592–1646), der Patronatsherrin der St. Annenkirche von Syrau, ging es demnach vornehmlich um fortdauernde Memoria, ihre Familie als Wohltäter der Gemeinde und als feste Zeugen im Glauben an Christus in Erinnerung zu bewahren. Diese Absicht lassen zweifellos die Umschriften der beiden Grabplatten und die naturgetreue Wiedergabe beider Porträts – wenn auch reichlich stilisiert – erkennen: »Der woledle gestrenge veste Georg Friedrich v. Watzdorff am Rein ao. 1585 … selig im Herrn Christ. Ao. 1622 d. 28. Juni liegt alh. Begrab. d. Gottes Gnade»144 heißt es auf dem Grabstein des schon seit zwanzig Jahren verstorbenen Ehemannes, der am 3. Januar 1614 «das Jus patronatus über Kirchen-, Pfarr und Schullehen zu Syrau […] für 130 Fl.«145 an sich gebracht hatte, das zwar Verpflichtungen für den baulichen Zustand und die Ausschmückung der Kirche nach sich zog, anderseits jedoch die Möglichkeit bot, den »gesamten Kirchenraum zu Zwecken der herrschaftlichen Repräsentation [zu] instrumentalisiere[n]«146. Die fromme Agnisa v. Watzdorf scheint diese Verpflichtung sehr ernst genommen zu haben, denn schon in »den Jahren 1628 u. f. [ließ sie] das Innere der Kirche neu ausschmücken und in eine dem evangelischen Ritus angemessenen Form umwandeln«147, wobei Altar, Altarbekleidungen, Kanzel, Taufstein und Glocken von ihr gestiftet wurden.148 Nach dem

Johann Böhm und seine Auftraggeber

Brandschaden, den das Pfarrhaus am 31. August 1638 erlitt, bei dem »alle monumenta und manuscripta undt Kirchrechnungen mit verbranndt«149, galt die Fürsorge zunächst der Wiedererrichtung dieses Bauwerks, die seit 1639 in Angriff genommen wurde. Um diese Zeit dürfte auch der Auftrag an Böhm zu den beiden Figurengrabplatten ergangen sein, von denen jene der Bestellerin das Sterbedatum aussparen ließ, damit es nach ihrem Tode eingemeißelt werden könne, was allerdings von den Nachkommen versäumt wurde: Die Woledle viel eren tugendreiche Frav Agnisa v. Watzdorff geb. v. Schönfels Witwe zu Syrau ward geb. zu Ruppersgrün Ao. 1592 d. 12. Jan. … g. im Herrn d. [Tag und Jahr noch unbemerkt] 16.. ligt alhir begraben. Gott verleihe ihr e. fröligt Auferstehn z. ewi. Leben150

heißt es recht selbstbewusst in ihrer Inschrift. Mit der Setzung dieser Leichensteine folgte Agnisa von Watzdorf der Konvention einer halbtausendjährigen Tradition, nach der Figurengrabplatten meist über der Grabstätte senkrecht aufgestellt wie hier, die Patronatsherrschaft in ihrer Dorfkirche verewigte.151 Außer diesen beiden Grabsteinen in Syrau sind von Böhm bis auf das Grabmal für Anna Barbara und Anna Maria Hickmann in Stollberg/Erzgebirge (vgl. Abb. 17 in Beitrag Titze) keine weiteren Werke dieser Denkmalgattung bekannt. Gemäß der Gepflogenheit der Zeit rangiert die Darstellung der Standesmerkmale vor jenen der

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Individualität ihrer Persönlichkeit. Entsprechend wird Georg Friedrich von Watzdorf in modischer Hoftracht mit Spitzenkragen, spitz zulaufendem Wams, Schlumperhosen152, weichledernen Schaftstiefeln sowie Haar- und Barttracht der Epoche präsentiert. Außerdem weisen ihn die Standeszeichen des Ritterhelms mit Federbusch links zu seinen Füßen sowie den Handschuhen rechts zusammen mit dem umgegürteten Degengehänge als Ritter aus. Es sind »die Gegenstände, denen die virtuose Meißelarbeit gilt. Knopfreihen werden zu Perlenschnüren, Klöppelspitzen zu prickelndem Filigran, Schnüre und Schleifen zu bereicherndem Putz«.153 Von den vier umgebenden Wappen, die als Ahnennachweis dienen, ließen sich bislang nur die beiden derer von Watzdorf und Wurmser von Schaffolsheim identifizierten. Bei der Stifterin, deren Leichenstein ebenfalls Familienwappen zieren, sind indessen die »Wappen der von Schönfels, Rechenberg, Wolframsdorf und von Ende«154 eindeutig bestimmt. Ihr Standbild stellt sie als Matrone vor. Mit der Bibel oder dem Gebetbuch in ihren Händen – dem Symbol der festen Stütze ihres Glaubens und zugleich Ausdruck ihrer Hoffnung auf »fröhliche Auferstehung und ewiges Leben«155 – vermittelt ihre Präsenz statt herrschaftlicher Insignien ihren frommen und mildtätigen Lebenswandel, ohne dass ganz auf Standeskennzeichen verzichtet wurde, die in der durchaus modischen Tracht des nur gering taillierten Hofkleides mit in spitzer Schneppe zulaufendem Mieder, dem weitem Dekolleté, dem schulterbreitem Kragen und der Haube als Zeichen ihres Witwenstandes ihren Niederschlag finden. Außerhalb des Sepulkralbereichs hatte Johann Böhm nur verhältnismäßig wenige Aufträge entgegengenommen. Es handelt sich – abgesehen von der bereits erwähnten bauplastischen Portalgestaltung des Hartensteiner Wirtshauses »Weißes Ross«156 (vgl. Abb. 10, 11 im Beitrag Franke) , dass die der bürgerlichen Oberschicht des kleinen erzgebirgischen Bergstädtchens angehörenden Brüder Laurentius und Erasmus Richter157 bei Böhm in dessen Zeit des Mutjahres in Auftrag gaben und das mit seinem als (Schutz-)Engel ausgeformten Kartuschenhalter wohl eher als Gelegenheitsarbeit zu betrachten ist – in erster Linie um Elemente der Kirchenausstattung. Dazu gehören neben den bereits als Auftragswerke von Carol Bose vorgestellten Altarkreuz (vgl. Abb. 98 im Beitrag Titze), Altarretabel (Abb. 17) und Herrschaftsstuhl (Abb. 15), in Ehrenhain, der Altar für die St. Bartholomäus-Kirche zu Wolkenstein158 (Abb. 32), den das Ehepaar des Amtmannes Johann Rechenberg 1648 gestiftet hatte, das Altarkreuz der Kirche zu Schneeberg-Neustädel159 (vgl. Abb. 97 im Beitrag Titze),

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sowie der als Epitaph bestimmte Herrschaftsstuhl (Abb. 17) des Grafen Heinrich IX. von Reuß160 (siehe Beitrag Weiß) aus dem Jahre 1658 in der Bergkirche zu Schleiz. Letzterer soll hier aber außerhalb unserer Betrachtung bleiben, weil er umfänglich im Referat von Frank Weiß vorgestellt wird. Und da es sich beim Neustädtler Altarkreuz, laut rückseitigem Vermerks um einen kollektiven Auftrag der Erbgemeinschaft »v[on] Joh. Trautzschen u. dessen beyden Schwestern« handelt, über die bislang nichts Näheres in Erfahrung zu bringen war, soll auch dieses Werk in unserem Überblick ausgespart bleiben. In seiner Schneeberger Stadtchronik benennt Melt­zer nur eines der »hin und wieder stattliche[n] Kunst-Stü­ cke[welche Johann Böhm gefertigt hatte: nämlich den] Altar in der Kirchen zu Wolckenstein [Abb. 33], den er] aus lauter Stein, besonders Alabaster und Serpentin, gehauen u. uff zieml. Kosten des damahligen Amtschößers daselbst, Hannßen R e c h e n b e r g s , aufgesetzet [habe…]«161 und Schiffner fügte dem 1840 noch hinzu: »Den kostbaren Altar fertigte 1652 J. Böhm zu Schneeberg aus Halbedelsteinen«.162 Aus diesen beiden Berichten wird deutlich, dass Johann Böhm vor allen Dingen aufgrund dieses Altarwerks nie ganz vergessen wurde und sein außerordentliches künstlerisches Talent auch noch in nachbarocker Zeit große Anerkennung und Wertschätzung fand. Das hing wohl nicht zuletzt auch damit zusammen, dass das Auftraggeber-Ehepaar als Personen bürgerlichen Standes eine beträchtlich hohe Summe aufwendeten, um diesen Altar zu stiften. Das Geheimnis um den spektakulären Auftrag wird etwas gelüftet, wenn wir einer anderen Notiz Meltzers Beachtung schenken, die er im Zusammenhang mit der Stammtafel des reichen Schneeberger Geschlechts der Familie Brehm(en) machte. So hatte sich der Nürnberger Handelsmann Luca Brehmen uffm Schneeberg […] niedergelassen [und mit dem Sohn] Frantz Brehm/ Stadt-Richter allhier und Hammer-Herr zu Unter-Plauenthal/ ein[en] Schneebergische[n] Stamm-Vater [hinterlassen, aus dessen Ehe mit einer 1596 verstorbenen Gemahlin Magdalena als drittes Kind die Tochter Maria hervorging].163

Diese Maria Brehm vermählte sich nun am 21. November 1597 mit Caspar Hahnel, dem Bürgermeister zu Wolkenstein und deren erste Tochter Magdalena wurde mit »Hannsen Rechenberg / vortrefflichen Amt-Schössers zu Wol­kenstein [getraut, doch verstarb sie …] A. 1645 sine prole«164, also ohne Nachkommen. Nun war nicht allein das Amt eines Amtschössers ein einträgliches Geschäft, denn die Aufgabe des Eintreibens des Schosses (der

Gerd-Helge Vogel

31  Johann Böhm: Grabplatten der Agnisa von Watzdorf, geb. Schönfels, und ihres Gemahls Georg Friedrich von Watzdorf in der Kirche zu Syrau, um 1640/45

Steuer) war in kleineren Ämtern oft mit der in Personalunion verbundenen Funktion des Amtmannes verknüpft und trug vergleichsweise erhebliche Einkünfte ein. Da Rechenbergs Ehefrau einer wohlhabenden Familie entstammte und mit deren Tod aufgrund der kinderlos gebliebenen Ehe keine dringenden familiären Bedürfnisse mehr befriedigt werden mussten, konnte der überlebende Ehemann – auch zum bleibenden Gedächtnis seiner Gattin – einen Teil ihres Vermögens für den Altar der heimischen Stadtkirche St. Bartholomäus stiften. Welch hohe gesellschaftliche Anerkennung das spätere Stifterpaar im Orte zu Lebzeiten genoss, wird noch aus einer anderen Bemerkung Meltzers deutlich. So berichtet er im 41. Kapitel des zweiten Buches seiner Chronik Von gebohrnen und andern Schneebergern, die in KriegsDiensten sich wohl versuchet und sich und dem Vaterland einigen Ruhm erworben haben […, dass] Zacharias Schöpffel / […] an. 1634. zu Wolckenstein im Quartier gelegen [hat] / und weil er die Rittmeisterin Brunnerin / Amtschösser Rechenbergern / und a. vornehme mehr zu Gevattern gebethen/ mag er kein gemeiner Reuter gewesen seyn.165

Mit anderen Worten, das Sozialprestige des Schneeberger Reiters Zacharias Schöffel war so hoch, dass er die nobelsten Bürger der Stadt – zu denen die Rechenbergs zählten – als Paten für seine Kinder zu gewinnen vermochte. Der vom Meister mit »HB« signierte Altar

Johann Böhm und seine Auftraggeber

wurde laut Inschrift am 20. September 1648 (vgl. Abb. 53 im Beitrag Titze), also etwa drei Jahre nach dem Tode von Rechenbergs Ehefrau Magdalena, in der Wolkensteiner Kirche aufgestellt. Es handelt sich trotz der Verbindung mit der verstorbenen Gattin des Stifters um keinen Epitaphaltar. Ohne die Stifter ins Bild zu bringen, bezieht sich die Ikonographie vordergründig auf die liturgische Funktion des Retabels. So weist das hinter der prachtvollen Architektur des auf gekuppelten korinthischen Säulen ruhenden Triumphbogens befindliche Relief auf die Ausschüttung des Heiligen Geistes beim Pfingstwunder.166 (Abb. 32, 33) Zusammen mit dem darüber befindlichen Medaillon Gott-Vaters und der segnenden Christusfigur als Bekrönung erscheint damit die Trinität Gottes als übergreifendes Altarthema, das figurativ von den vier Aposteln flankiert wird, durch die die frohe Botschaft des Heils in der Welt verkündet wird. Fazit 1) Johann Böhm betrieb nach der Zeit eines Mutjahres seit etwa 1627 bis zu seinem Tode 1667 in Schneeberg eine florierende Bildhauerwerkstatt, deren geographisches Einzugsgebiet sich fächerförmig von Schneeberg aus nördlich zwischen dem ostthüringischen Schleiz, dem altenburgischen Ehrenhain und Großolbersdorf im Zschopautal erstreckte, wobei die Städte Zwickau und Schneeberg die Zentren seines Wirkens bildeten.

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Aus seiner Werkstatt gingen mehrere Künstler hervor, unter denen der Sohn Johann Heinrich d. Ä., der nach dem Tode des Vaters die Werkstatt übernahm, in seiner außerordentlichen künstlerischen Qualität hervorsticht und dafür sorgte, die Schneeberger Böhmschule bis auf den Enkel Johann Heinrich d. J. zu verpflanzen. 2) Zu Böhms Auftraggebern gehörten sowohl in Krei­sen des Adels als auch in denen der bürgerlichen Intelligenz die gesellschaftlichen Eliten der Region, die sowohl die finanziellen Mittel als auch die intellektuelle Potenz besaßen, ihre ästhetischen Wünsche und Anforderungen an die künstlerischen Wirkungsabsichten zur sozialen Repräsentation mit dem Bildhauer so abzustimmen, dass sie für Auftraggeber und Auftragnehmer zu befriedigenden Ergebnissen führten. Es fällt auf, dass zwei der in der Region dominierenden Herrschaftsträger – das Haus Solms in Wildenfels und das Haus Schönburg vor allem in Hartenstein – letztere sogar durch Patenschaft mit dem Künstler verbunden – nicht zu Böhms Auftraggeberkreis gehörten. Es gilt noch zu untersuchen, worin die Ursachen dafür liegen könnten. 3) Johann Böhm fertigte in erster Linie Monumente der Sepulkralkultur wie Epitaphien, Epitaphaltäre, Epitaphherrschaftstühle und figurale Grabsteine zur Bewahrung der Memoria der Auftraggeber, zur Repräsentation von deren sozialem Prestige sowie zur Legitimation der Herrschaftsansprüche bei den Vertretern des Adels. Der damit verbundene individuelle Ruhm, der zugleich auf die Familien der Auftraggeber übertragen wurde, wurde durch Manifestationen des protestantischen Glaubens im Sinne wirkender Vorbildfunktionen gerechtfertigt. Insofern wurde von dem zum Ausdruck gebrachten »SOLI DEO GLORIA« immer auch erwartet, dass ein nicht unerheblicher Abglanz auf den Auftraggeber und seine Familie fiel. Dies betraf ebenso die kommunalen Aufträge für Orgelprospekt und Ratsgestühl in Schneeberg und Zwickau. Serielle Wiederholungen von Gestaltungsformen nach Vorlagen von Cranach (Abendmahlsszenen), von Sadeler (Ölbergszenen) usw. dienten dabei der Bestätigung und Traditionsbildung ästhetischer Ausdruckswerte innerhalb der AuftraggeberKlientel. Im Rahmen dieser von den Auftraggebern an den ausführenden Künstler gerichteten Anforderungen hatte dieser alle künstlerischen Freiheiten zur Gestaltung

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32  Johann Böhm: Pfingstwunder, Mitteltafel vom Altar in der Stadtkirche St. Bartholomäus zu Wolkenstein, 1648

seiner Werke, deren Endresultat sich aber letztendlich als ein kreatives Gemeinschaftsprodukt beider Seiten erwies, wie sie durch vertragliche Regelungen und Absprachen letztlich rechtsverbindlich fixiert wurden. Bauplastische Schmuckformen wie die Portalgestaltung am Gasthof »Weißes Roß« in Hartenstein gehören zu den Ausnahmen in Böhms Werkstattbetrieb und erklären sich womöglich durch die familiären Bindungen in seine Heimatstadt. Damit vermitteln die Untersuchungen zu den Auftragsverhältnissen in Johann Böhms umfänglichen Werkstattbetrieb einen Einblick in kunstsoziologische Zusammenhänge in Westsachsen und Ostthüringen während des zweiten Drittels des 17. Jahrhunderts, die in der bisherigen Böhm-Forschung bislang noch unzureichende Aufmerksamkeit gefunden hatten.

Gerd-Helge Vogel

33  Johann Böhm: Altar in der Stadtkirche St. Bartholomäus zu Wolkenstein, 1648

Johann Böhm und seine Auftraggeber

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34  Johann Böhm: Altar in der alten Kirche zu Wolkenburg, 1657

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Gerd-Helge Vogel

Anmerkungen 1 Auf diese Namensform hatten sich Thieme/Becker und AKL geeinigt. In den Urkunden finden sich auch die Namen Hans, Hanns, Johannes, Behm, Böhm, Behemb, Behmen usw. vgl. Asche 1934, S. 154, Anm. 2. Inzwischen legen die neuesten Untersuchungen von Mario Titze (s. Beitrag in diesem Band) nahe, der Namensform Johann Böhm den Vorzug zu geben. 2 Abgesehen von Gebrauchskunst, z. B. Keramik, Druckgraphik und in den Niederlanden des 17.  Jahrhunderts auch Malerei und Kleinplastik. 3 Auftraggeber, in: Lexikon der Kunst 1987, S. 340. 4 Vgl. Keisch 1970, Bd. 1, S. 113. 5 Übertragen: »Am 18. Februar Montag nach dem Sonntag Septuagesimae (= 70 Tage vor Ostern) geboren, am 19. Februar getauft Hans Behmen (Maurers) des jüngeren Söhnlein namens Johannes. Die Paten…« Pfarrer Zechendorfer ist offenbar ein Irrtum unterlaufen, denn der 18. Februar war 1595 kein Montag, sondern ein Dienstag. Vgl. Beitrag Erhard Franke in diesem Band. Den Hinweis erhielt er von Stefan S. Espig. 6 Die wichtigsten biographischen Angaben zur Familie Böhm hat Titze 2002 zusammengestellt. Vgl. Titze 2002, S.  98 und Endnote 571 auf S. 189. Der Großvater hieß Matz (Matthes/Matthäus) Böhm (Behm; † 26.5.1612 Penig, begraben in Penig) und war wie dessen wohl ältester Sohn Hans aus erster Ehe, genannt der Jüngere († zwischen Juli 1633 und April 1638), ebenfalls Maurer in Hartenstein. Dieser Hans, der sich zur Unterscheidung zu einem anderen in Hartenstein als Maurer wirkenden Hans Behm der Jüngere nannte, ist der Vater des Bildhauers. Er vermählte sich am 12.5.1594 in Schneeberg mit Catharina, der Tochter des Brauers Georg Richter, der Mutter des Künstlers, die am 26.10.1648 begraben wurde. Vgl. ausführlich zu den Familienverhältnissen des Künstlers im Beitrag Erhard Franke in diesem Band. 7 Die Kunst des Steinschneidens wurde um 1600 von noch zünftig organisierten Chirurgen und Wundärzten ausgeführt, die sich bei der Behandlung von Blasensteinen vor allem auf die Operation des Steinschnitts (Lithotomie) spezialisiert hatten. Als Angehörige des medizinischen Handwerks standen sie zwar nicht an der Spitze der Zunfthierarchie, bekleideten aber trotzdem oft wichtige öffentliche Ämter und standen im Ansehen über den Badern. Vgl. Widmann/Mörgeli 1998, bes. S. 138–143; - Kager-Decker 2001, S.176; – Lyons/Petrucelli II 2003, S. 454; - Porter 2007, S. 280–281. 8 Die Mutter stand im Dienst des Hauses Schönburg, was die hochgestellte Patin, Katharina Gräfin von Schönburg (* 2.2.1574, † 19.1.1654), eine Tochter des Wild- und Rheingrafen Otto in Mörchingen/Kyrburg und seit ihrer Eheschließung am 13.7.1590 zweite Gemahlin des Grafen Hugo II. von Schönburg-Glauchau, Hartenstein und Ölsnitz (* 13.12.1559, † 23.10.1606) erklärt, die sich auf dem Tauffest allerdings durch ihre Hofjungfer vertreten ließ. Die anderen Paten des Kindes erklären sich aus dem hohen Ansehen des Vaters, der als Maurermeister und Gemeindevorsteher für seine Kinder ehrenvolle Patenschaf­ten aus den Kreisen der höfischen und bürgerlichen Elite des klei­nen Residenzstädtchens zu arrangieren vermochte. Ausführlich s. Beitrag Erhard Franke in diesem Band. 9 Oertel 1924/25, S. 97–98. 10 Als erster namentlich bekannter Hartensteiner Schulmeister wird 1544 im Hartensteiner Gerichtsbuch Mattes Lienert genannt (z. Zt. nur in den Regesten von Karl Butter verfügbar). Ausführlich zum Hartensteiner Schulwesen s. Beitrag Erhard Franke in diesem Band, der z. T. alte Überlieferungen richtigstellt. 11 Vgl. Autorenkollektiv des Festkomitees 1964, S. 5 bzw. Beitrag Erhard Franke in diesem Band.

Johann Böhm und seine Auftraggeber

12 A. Fleming war von Oktober 1611 bis 1615 Diakonus in Hartenstein. 13 Ausführlich s. Beitrag Mario Titze in diesem Band. 14 Vgl. Titze 2002, S. 98. – Asche 1961, S. 14, zieht eine Lehrzeit Johann Böhms in Zwickau oder bei Joachim Petzoldt (I) in Erwägung. Vgl. Beitrag Mario Titze in diesem Band, der ebenso eine Lehrzeit in Freiberg, mehr aber noch in der Petzoldt (I)Werkstatt in Schneeberg in Betracht zieht. 15 Vgl. Asche 1934, S. 158, Anm. 29; – Titze 2002, S. 112. 16 Vgl. »Zunft«, in: Krünitz 1858, S. 399. Konfirmation gab es in Hartenstein erst ab 1774 (belegt in einer Hartensteiner Dienstordnung aus dem 18. Jhdt.). Eine Schönburg-Prinzessin wurde bereits 1770 konfirmiert, wobei sie ca. achtzig Fragen zu beantworten hatte. 17 Vgl. »Hand-Werk«, in: Krünitz 1780, S. 488. 18 Das Berufsbild nicht nur des Architekten, sondern auch des Steinmetzen, Bildhauers, Malers, Festungsbaumeisters, Ingenieurs und z. T. selbst des Maurers setzte kundige, gebildete und sogar gelehrte Männer voraus, die auch kunsttheoretische und literarische Kenntnisse besaßen. Vgl. Forssmann 1956, S. 12; – Vignau-Wilberg 1997. 19 Asche 1961, S. 14. 20 Vgl. Stauch 1936, S. 48–49. 21 1945 durch Kriegseinwirkung zerstört. Vgl. Asche 1934, S. 228. 22 Vgl. Asche 1934, S. 13–14. 23 Titze 2002, S. 189, Anm. 571. Auch die Gesellenwanderung währte im Handwerk in der Regel zwischen drei und sechs Jahre (vgl. »Handwerk«, in Krünitz 1780, Bd. 22, S. 504, wobei es nur wenige Handwerke erforderten, während der Wanderzeit nicht nach Hause zu dürfen). 24 Vgl. Asche 1934, S. 25–31; – Asche 1961, S. 11–12. Mario Titze bestätigt Asches Überlegungen und ergänzt sie um die weiteren Stationen Chemnitz und Freiberg, vgl. dessen Beitrag in diesem Band. Es geht aus der Quelle nicht eindeutig hervor, ob mit »iunge gesell« der Personenstand »Junggeselle« oder der Berufsstand »Geselle« gemeint ist. Die Gesellenwanderung Böhms könnte aber auch schon im Mai 1619 abgeschlossen gewesen sein, wie Erhard Franke in seinem Beitrag in diesem Band mutmaßt. 25 Vgl. Krünitz 1780, S. 498–501; – Krünitz 1858, S. 391. 26 Trinitatis war im Jahre 1627 der 20. Mai. Das Aufgebot zur Hochzeit erfolgte in Hartenstein. 27 Vgl. Meltzer 1716, S. 486, wo Böhms Schwiegervater »Johannes/ des Raths und gesegneter Handelsmann« als erster Descendent des Schneeberger Patriziers und Handelsmann Paul Blechschmidt als Stammvater einer erfolgreichen Familie vorgestellt wird. In der 1608 geschlossenen ersten Ehe mit »Anna /Wollf Hübners jun. und Catharina geb. Zobelin/ Tochter« zeugte er »3.Söhne und 5 Töchtere/ welche aber alle vor ihm †. biß uff die ältiste Tochter 1) Reginam, Ux. Johann Böhms/ des Raths und Kunst-Bildhauers«. Böhm hatte also in eine der einflussreichsten Schneeberger Familien eingeheiratet! 28 Aufgebot im Traubuch Hartenstein; zur Traunachricht der in Schneeberg erfolgten Trauung vgl. Asche 1961, S. 175; – Titze 2002, S. 189, Anm. 571. 29 Vgl. Krünitz 1780, S. 544–545. In manchen Zünften waren verheiratete Gesellen wiederum von der Erlangung des Meisterrechts ausgeschlossen, Vgl. Krünitz 1858, S. 392. 30 Es ist wohl davon auszugehen, dass Böhm seine Mutjahre in Schneeberg noch in der Petzoldtschen Werkstatt – nach dem Tod von Joachim Petzoldt 1619 nun in der von Johann Petzold I. (* 8.11.1582, † 2.9.1650) geführten Werkstatt absolviert haben dürfte, bevor er selbst mit der Erlangung des Meisterbriefs seine eigene Werkstatt eröffnete. Der Zeitpunkt für die Werkstattgründung ließ sich bislang quellenkundlich noch nicht nachweisen.

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31 Vgl. Asche 1934, S. 14; – Asche 1961, S. 14. 32 Vgl. Stauch 1936, S. 49–50. 33 Vgl. Asche 1961, S. 7–12. 34 Vgl. Stauch 1936, bzw. Asche 1961, S. 11 35 Lehmann 1837, S. 15. 36 Vgl. Hammerstein/Buck 1996, S.  396–397. – Hähnchen 2013, S. 149. 37 Vgl. Meltzer 1716. 38 Vgl. Taufnachrichten von den Kindern dieser Ehe in der St. Wolfgangkirche zu Schneeberg und deren Auszüge bei Asche 1934, S.  175 bzw. Asche 1961, S.  175 (* 24.8.1628 Johann Christoph, * 4.5.1631 Anna Regina, * 6.7.1636 Hans Heinrich; * 18.12.1638 Anna Katharina, * 9.7.1645 Benjamin). 39 Stadtarchiv Joachimsthal Kommerbuch Nr. 15, Bl. 214, 1635, Dez. 11, zitiert nach Asche 1961, S. 176. 40 Asche 1961, S.14. Titze glaubt hingegen, dass sich Böhms Schuldforderung lediglich auf nicht oder unvollständig bezahlte Bildhauerarbeit bezieht, die er nach Joachimsthal geliefert hatte, ansonsten aber seinen Schneeberger Wohnsitz nicht aufgab. Vgl. Beitrag Mario Titze in diesem Band. 41 Doch wissen wir, dass seine Ehefrau am 27.7.1634 von Schneeberg nach Hartenstein kam, um ein Patenamt auszuüben. (vgl. Beitrag Franke). Am 14.9.1633 wurde Böhms Schwester Maria ausdrücklich »von Hartenstein« in Schneeberg begraben, so dass sie sich wohl beim Bruder aufgehalten hat, denn im Kommerbuch heißt es über Böhm »in Schneeberg«. 42 Meltzer 1716, S. 479 43 Schneeberg, Ratsarchiv: Vereinssachen, Akten der Schützengilde: Bericht über das Fest der Schützengilde, 6. VIII. 1660, in dem »Johann Böhm« unter den Teilnehmern aufgeführt wird. Vgl. Asche 1961, S. 176. 44 Meltzer 1716, S. 582–584. 45 * 10.12.1625 Dresden, † 12.11.1672 Dresden, von 1641–45 Ausbildung bei Böhm in Schneeberg, vgl. AKL 1993, Bd.  7, S. 230–231. 46 Nicht im AKL und Thieme/Becker aufgeführt. 47 Nicht im AKL und Thieme/Becker aufgeführt. 48 Meltzer 1716, S. 637. Asche 1934, S. 91 u. 154, Anm. 3 49 Vgl. Asche 1934, S. 91. 50 Vgl. Titze 2002, S. 98. Ausführlich zu den Lehrlingen in Böhms Werkstatt vgl. Beitrag Mario Titze in diesem Band. 51 Keisch 1970, S. 105. 52 Vgl. Brinkmann 2010, bes. S. 14, 351. 53 Vgl. Akten des Kirchenamtes von Schneeberg (Zwickau): Orgelbau, Abt. II, Abschn. 19, Nr. 9, Auszug in: Asche 1961, S. 178-17, I, I. Außerdem dort S. 144, A 11. 54 Vgl. Chronik des Kirchners Jeremias Vollrath von St. Marien. 1656 (Leihgabe der SLUB an das Stadtarchiv Zwickau, Auszug in: Asche 1961, S. 179. Außerdem dort S. 147, A 22. Aus den stark beschädigten Fragmenten lässt sich die Gesamtanlage des Gitters zum Ratsgestühl nicht mehr rekonstruieren. 55 Vgl. Asche 1934, S. 23, Nr. 14; Asche 1961, S. 147–148, A 23. Vgl. Schröder/Gurlitt 1927, S. 15–16. Nr. 32. 56 Landeshauptarchiv zu Dresden, Acta der Schlosskirchen zu Chemnitz betr. Loc. 32512, 1563ff., Bl. 14b. vom 15.VII.1667, zitiert nach Asche 1961, S. 180–181, Nr. I, n. 57 Vgl. Grundmann 1976, S. 23–26. 58 Schoenen 1967, hier S. 872, 873, 874. 59 Vgl. Meltzer 1716, S. 132; Asche 1934, S. 14–15; –Asche 1955, S. 86–87; – Asche 1961, S. 7–9. 60 Vgl. Brinkmann 2010, S. 322–325. 61 Forssmann 1956, S. 35. 62 Vgl. Harms 1913, S. 252. 63 Harms 1913, S. 255–257; 64 Vgl. Wildenhahn 1894, S.17–35.

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65 Vgl. Meltzer 1716, S. 1087–1088; – Harms 1913, S. 254, 283–286. 66 Vgl. Meltzer 1716, S. 132; – Harms 1913, S. 275–276 mit Zitat der lateinischen Inschrift. 67 Auch: Ullrich als Namensform geläufig, vgl. Harms 1913, S. 275–276. 68 Vgl. Meltzer 1716, S. 384. 69 Vgl. Meltzer 1716, S. 132, 541–542. 70 Vgl. Meltzer 1716, S.  381–389, bes. 384. Ein Zehentner übernahm in einem Bergrevier die Bergwerksverwaltung. 71 Vgl. Meltzer 1716, S. 1312. 72 Vgl. Meltzer 1716, S. 406–407, 541–542. Röhling bekleidete in Schneeberg das Amt des Stadtrichters in den Jahren 1599, 1602, 1605, 1608, 1611, 1614 und 1618. 73 Vgl. Meltzer 1716, S. 579. 74 Vgl. Meltzer 1716, S. 82. 75 Vgl. Meltzer 1716, S. 406–407. 76 Die lateinische Inschrift wird bei Harms 1913, S. 275–276 zitiert. 77 Meltzer 1716, S 407, 1325. 78 Vgl. Meltzer 1716, S. 162. 79 Vgl. Meltzer 1716, S. 223. 80 Vgl. Meltzer 1716, S. 384. 81 Meltzer 1716, S. 1050, vgl. auch: Meltzer 1716, S. 947. 82 Meltzer 1716, S. 1345. 83 Vgl. Meltzer 1716, S. 542, 612. Sein Sohn »Joh. Röhling / geb. 1593. d. 16. Jun. der uff der Reise an. 1615. d. 3. Apr. in Pariß gestorben«. 84 Keisch 1970, S. 95. 85 Vgl. Gotha 1902, S. 149. 86 Zedler 1733, Bd. 4, Sp. 801–802. – vgl. Geyer 1924, S. 6 – Löffler 2018, S. 156–158. 87 Darunter zählten die Städte und Dörfer Elsterberg, Netzschkau, Mylau, Lauterbach, Schweinsburg, Crimmitschau, Lengefeld, Breiting, Ehrenhain, Brunn, Christgrün, Coschütz, Dewitz, usw. 88 Herzog 1839, S. 99. 89 Z. B. Studienrat Geyer 1924, S. 6. 90 Vom 11. November 1633 bis Februar 1634 nahm Boses Regiment erstmals in Zwickau Garnison, das zweite Mal vom 2. Oktober 1636 bis zum 8. Januar 1637. Vgl. Herzog 1845, S. 433, 435, 441–442. 91 Vgl. Herzog 1845, S. 476–477. 92 Stadtarchiv Zwickau: Akta des Herrn Obristen Bosens Legat ingl. Erkaufftes Erbbegräbnis und Kirchenstuhl betr. (1657): III t 1 Nr. 8 b, Blatt 24 a. Nach Herzog 1839, S. 100 soll der Kauf des Erbbegräbnisses bereits 1634 erfolgt sein, nach Hildebrandt 1840, S. 70 allerdings erst 1637. 93 Vgl. Hildebrand 1840, S. 70–72; Herzog 1839, S. 100–101; Herzog 1845, S. 444; Asche 1932; Asche 1934, S. 19–21; Asche 1961, S. 15–19, 141–142, A5, 176, I, f. 94 Die vierte Ehefrau Carol von Boses, Sophie verw. Feilitzsch, geb. Stiebar v. Buttenheim († 25.12.1697), überlebte ihren Ehemann um vierzig Jahre. Vgl. Herzog 1845, S. 556. 95 Vgl. Stadtarchiv Zwickau: Akte: Das Bosische Begräb-/nuß, / und Bohr Kirchen / im Unser Lieben Frauen Kirche / zu Zwickau, betr., III t 1 Nr. 8 b, Blatt 24 b. 96 Asche 1961, S. 17–18. 97 Grimmelshausen 1964, Viertes Buch, 17. Kapitel, S. 65–66. 98 Zitiert nach Keisch 1970, S. 41. 99 Vgl. Keisch 1970, S. 43–47. 100 Herzog 1845, S. 492. 101 Z. B. Stadtarchiv Zwickau: III t 1 Nr. 8 b, Blatt 5a –6a: Extract Auß des Herrn Obrists Carohl Bosens hinterlaßnem Testament. Das Legat Vor die armen in Zwickau betreff:.

Gerd-Helge Vogel

102 Herzog 1845, S. 492. 103 Vgl. Löbe/Löbe 1884, S. 205. 104 Vgl. Steche 1888, S. 39–40. 105 Vgl. Asche 1961, S. 33–35, 145, A 16-A 18. 106 Vgl. Asche 1961, S. 31–33, 146, A 20. 107 Keisch 1970, S. 101. 108 Keisch 1970, S. 101–103. 109 Keisch 1970, S. 103. 110 Vgl. Keisch 1970, S. 112. 111 Nach Meltzer 1716, S. 928 war »der Geheimbde Rath von Einsiedel / auff Scharffenstein / als Commissarius [zur Niederschlagung eines Bergarbeitertumults in Schneeberg] verordnet und [der] zu erst dem 11. Maj. d. a. allhier angekommen war / in einen Schacht gestürtzet und sein Leben uffm Bergwerck eingebüsset.« 112 Vgl. Zedler 1734, Bd. 8, Sp. 588; – Gotha 1908, S. 211. 113 Vgl. Zedler 1734, Bd. 8, Sp. 588–589. 114 Der Altar wurde erst 1653 ausgeführt. Vgl. Meltzer 1716, S.  637; – Schiffner 1840, S.  286; ­– Haendcke 1903, S. 115–117 (falsch Johann Heinrich Böhm d. Ä. zugewiesen); Steche 1885B, S. 6–7; Asche 1934, S. 10–12; Asche 1961, S. 22–26, 143, A 8; Keisch 1970, S. 185 (Keisch sieht in den Stifterfiguren eine Tendenz zur »Verflüchtigung«). 115 Vgl. Sachsens Kirchen-Galerie (10), S. 92; Steche 1890, S. 130; Asche 1964, S. 21–22; Asche 1961, S. 28–31, 145, A 14; Keisch 1970, S. 185. 116 Freundliche Mitteilung vom Wolkenburger Ortschronisten Rolf Kirchner vom 11.7.2012. 117 Vgl. Zedler 1734, Sp. 589. 118 Vgl. Neue SÄchsische Kirchen-Galerie 1902, S.  95; – Herzog 1839, S. 106; – Asche 1934, S. 16–17; – Asche 1961, S. 19–20, 142–143, A 6, – Keisch 1970, S. 152. 119 Vgl. Meltzer 1716, S. 492. 120 Meltzer 1716, S. 1447. 121 Vgl. Steche 1887, S. 51; – Asche 1931, S. 5–8; – Hentschel 1930/31, S. 62 ff; – Asche 1961, S. 143–144, A 10, 176–177, I g; – Keisch 1970, S. 122. 122 Meltzer 1716, S. 129. Die enge Verbindung zwischen den Familien Burckhardt und Böhm zeigt sich z.B. bei den Patenschaften von Johann Burckhardt und seiner Frau Rosina beide den Kindern Böhms. (Siehe Beitrag Titze.) 123 Meltzer 1716, S. 408. 124 Vgl. Meltzer 1716, S. 429. 125 Landeshauptarchiv Dresden Rep. IX, Sct. I, Nr. 373 a. 36 069. 126 Akte zitiert nach Asche 1961, S. 176–179. 127 Vgl. Meltzer 1716, S. 649–650. 128 Meltzer 1716, S. 1096. 129 Meltzer 1716, S. 1366–1377. 130 Vgl.: Asche 1934, S. 18–19; – Asche 1961, S. 46–47, 145, A. 13. 131 Herzog 1839, S. 106. 132 Vgl. Herzog 1845, S. 388.

Johann Böhm und seine Auftraggeber

133 Vgl. Herzog 1845, S. 481. 134 Herzog 1845, S. 503–504. 135 Vgl. Asche 1934, S.23–24; – Asche 1961, S. 47, 146–147, A 21. 136 Vgl. Asche 1961, S. 147. 137 Meltzer 1716, S. 530. 138 Vgl. Herzog 1839, S. 106; – Hildebrandt 1840, S. 72; – Steche 1889, S.  116; – Asche 1934, S.  17; – Asche 1961, S. 148, A 24; Keisch 1970, S. 152. 139 Oesfeld 1776, S. 76. 140 Vgl. Meltzer 1716, S.  348, 1071; – Zedler 1749, Bd.61, S.  289–290; – Rehkopf 1763; –Oesfeld 1776, S.  75–76, 80, 172–175; – Oesfeld 1777/II, S. 15–16; – Herzog 1845, S. 501–502. 141 Herzog 1839, S. 106. 142 Ackermann 1844, S. 117. 143 Vgl. Asche 1961, S. 45, 143, A 7. 144 Ackermann 1844, S. 119. 145 Ackermann 1844, S. 117. 146 Brinkmann 2010, S. 350. 147 Ackermann 1844, S. 118. 148 Vgl . Ackermann 1844, S. 118–119; – Steche 1888, S. 82. 149 Ackermann 1844, S. 118. 150 Ackermann 1844, S. 119. 151 Vgl. Keisch 1970, S. 139–141. 152 Vgl. Loschek 1994, S. 411. 153 Asche 1961, S. 45. 154 Steche 1888, S. 82. 155 Siehe Grabsteininschrift. 156 Vgl. Asche 1934, S. 15–16; – Asche 1961, S. 43–44, 141, A3. 157 Laurentius Richter (* 1595 – † um 1634) verstorben zwischen August 1632 und Januar 1635; seine Witwe verheiratete sich wieder am 10.1.1636, vermutlich Gerichtsverwalter oder Gerichtsverwandter); Erasmus Richter (1598–1669), Amtsschreiber und Stadtrichter (frdl. Mitteilung von Erhard Franke, Hartenstein). Vgl. den Beitrag Franke in diesem Band. 158 Vgl. Haendcke 1903, S. 117–118; – Asche 1934, S. 8–10; – Asche 1961, S. 26–28, 143 A 9. 159 Vgl. Asche 1934, S.  17–18, 156, Anm.  16; - Asche 1961, S. 45–46, 144, A 12. 160 Vgl. Asche 1934, S. 12–13; – Asche 1961, S. 39–40, 145, A 16, 179, I k. 161 Meltzer 1716, S. 637. 162 Schiffner 1840, S. 277. Der Datierung 1652 widerspricht allerdings die Inschrift, die 1648 angibt. Vgl. Haendcke 1903, S. 117 (aufgestellt am 20. September 1648 und mit HB bezeichnet). Vgl. den Beitrag Titze in diesem Band. 163 Meltzer 1716, S. 494–496. 164 Meltzer 1716, S. 496. 165 Meltzer 1716, S. 623. 166 Haendcke 1903, S.  117 (vgl. Anm.  145) deutet die Szene falsch als Abendmahl.

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Der Herrschaftsstand in der Bergkirche zu Schleiz Frank Weiß

Die Bergkirche Die außerhalb der Stadt auf der Höhe gelegene Bergkirche Unser Lieben Frauen zu Schleiz im thüringischen Vogtland, deren Ursprünge sich im Dunkel der Geschichte verlieren, und in der man die Mutterkirche des Wisentagaues um Schleiz vermutet, diente in besonderer Weise als Begräbniskirche. Zunächst wohl Angehörige des Deutschen Ordens, die jeweiligen Landesherren, Adel und begüterte Bürger fanden in ihr eine letzte Ruhestätte. Als Begräbniskirche der Reußen von Plauen wurde die Bergkirche speziell von der jüngeren Linie sowie dem Haus Burgk der älteren Linie genutzt, deren Grüfte unter und neben der Kirche liegen, und an die wichtige Ausstattungsstücke erinnern. Bis heute ist sie umgeben von einem stimmungsvollen Friedhof, auf dem barocke und klassizistische Grabmäler in Harmonie neben neu gesetzten stehen. Es wird angenommen, dass die Anlage des Friedhofs für die Stadt auf die Pestzeit in der Mitte des 14. Jahrhunderts zurückgeht. Als Pfarrkirche der Altstadt diente die vor 1232 gegründete St.-Nikolai-Kirche, die nach einem Brand im Jahre 1856 nicht wiederaufgebaut wurde. Die Rolle der Stadtkirche hatte schon im Mittelalter die 1342 ersterwähnte, vom Deutschen Orden erbaute St.-Georgen-Kirche der Neustadt übernommen. Die mittelalterliche Schlosskirche Allerheiligen wurde nach der Reformation aufgegeben. Ihre bauliche Gestalt verdankt die Bergkirche maßgeblich einer spätgotischen Bauphase (ca. 1485–1507), der der durch einen spitzbogigen Triumphbogen vom einschiffigen Langhaus getrennte langgestreckte Polygonalchor, der Turm und die zwischen Altarraum und südlich vorgelagerter Annenkapelle eingefügte Sakristei angehören. Das Zellengewölbe der seit dem Spätmittelalter durch die Familie von Kospoth als Grablege genutzten Annenkapelle gilt als Stiftung Erhards von Kospoth von 1504. Das Innere der Bergkirche wird wesentlich durch die reiche, würdevollen Ernst verströmende Einrichtung und Ausstattung des 17. Jahrhunderts, zu der eine bauliche Erneuerung ab 1622 den Auftakt gegeben hatte, geprägt. Es bietet den adäquaten Rahmen für die Musik eines Heinrich Schütz (1585–1672). Die Bergkirche wurde auch in der Folgezeit weiter ausgestaltet und ausgeschmückt und ist damit zu einem überzeugenden Beweis dafür geworden,

Der Herrschaftsstand in der Bergkirche zu Schleiz

dass lutherische Kirchen gemäß Luthers Ablehnung des Bildersturms und seine bewusste Indienstnahme der Kunst im Sinne des christlichen Glaubens nicht sprichwörtlich »protestantisch nüchtern« sein müssen. Die Reußen und Schleiz Der Name Vogtland bezieht sich auf das mittelalterliche Herrschaftsgebiet der Vögte von Weida. Herren von Weida, für die sich um 1200 der alleinige Leitname Heinrich herausgebildet hatte, und die daher samt ihren Zweigen oft als Heinrichinger bezeichnet werden, sind seit 1122 (Weiheurkunde für die Plauener St.-JohannisKirche) nachgewiesen. 1209 treten sie mit der als Titel geführten Bezeichnung »Vögte« auf, die auch bei den sich im 13. Jahrhundert bildenden Linien Weida, Gera und Plauen sowie Reuß-Plauen bis ins 14. Jahrhundert Verwendung fand. Der Titel wird auf eine Reichsvogtei bezogen. Die Reußen von Plauen sind eine jüngere Linie der Vögte und Herren von Plauen. Der Beiname »Reuß« wird mit einem angenommenen Aufenthalt Vogt Heinrichs I. von Plauen (urkundlich 1274/76–1292) in russischen/östlichen Gebieten und/oder mit Vorfahren seiner Gemahlin aus einem galizisch/russischen Fürstengeschlecht in Verbindung gebracht. Im Laufe der Zeit traten die Reußen durch die schier unübersichtliche Herausbildung von Seitenlinien und Häusern hervor. Bereits 1564 waren eine ältere, eine mittlere und eine jüngere reußische Linie entstanden. Schleiz, das im 12./13.  Jahrhundert im Besitz der edelfreien Herren von Lobdeburg war, kam nach deren Aussterben an die Landgrafen von Thüringen, 1318 an die Vögte und Herren von Gera und nach deren Aussterben 1550 an die ältere Linie der Herren von Plauen, die seit 1426 den Titel eines Burggrafen von Meißen führte. Es blieb noch als Leibgedinge bei der Witwe Anna († 1592) des 1572 verstorbenen Burggrafen Heinrich  VI., einer geborenen Herzogin von Pommern-Stettin und wiedervermählten Gräfin von Barby, ehe es 1590 an die Reußen von Plauen gelangte. Konkret hieß das zuerst an die mittlere Linie und nach deren Aussterben 1616 an die jüngere Linie, an den in Gera residierenden Heinrich Postumus. Heinrich Postumus (1572–1635) erlangte durch seine kluge, weitblickende Regierung ab 1595, mit der er das

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1  Herrschaftsstand in der Bergkirche zu Schleiz, 1657/58

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2 Weiheinschrift

Land wirtschaftlich und kulturell förderte, besondere Bedeutung innerhalb des Geschlechts. Bekannt ist sein freundschaftlich zu nennendes Verhältnis zu dem im reußischen Köstritz geborenen Komponisten Heinrich Schütz, der auch seine Trauermusik, die Musikalischen Exequien, als deutsche Begräbnismesse schrieb. Heinrich Postumus gründete das 1608 in Gera eröffne­te Gymnasium Rutheneum und ließ die Bergkirche ab 1622 umfassend erneuern. Er selbst wurde aber in der alten St.-Johannis-Kirche zu Gera beigesetzt. Seine vier überlebenden Söhne ließen das Land nun zwölf Jahre ungeteilt: Heinrich II. (1602–1670), Heinrich III. (1603–1640), Heinrich IX. (1616–1666) und Heinrich X. (1621–1671). In dieser Zeit nahm Heinrich III., der mit der Wildund Rheingräfin Elisabeth Juliane zu Salm-Neufville († 1652) verheiratet war, seinen Wohnsitz in Schleiz. Beide wurden unter dem Altarraum der Bergkirche beigesetzt. 1647 wurde das Land per Los aufgeteilt, wobei Schleiz an den unverheirateten Heinrich IX. fiel und bis zu seinem kinderlosen Tod an Wassersucht und Schlagfluss 1666 blieb. Er ruht in der nördlich des Chors der Bergkirche angebauten Fürstengruft.

Der Herrschaftsstand in der Bergkirche zu Schleiz

Der Herrschaftsstand der Bergkirche Einem die Raumwirkung mitbestimmenden Element des Gesamtkunstwerkes Bergkirche soll im Folgenden nähere Aufmerksamkeit geschenkt werden: dem 1657/58 an der Südwestseite des langgestreckten Chorraums nahe dem Triumphbogen im Auftrage Heinrichs IX. Reußen von Plauen durch den Bildhauer Johann Böhm (1595–1667) aus Schneeberg errichteten Herrschaftsstand, für den sich später die Bezeichnung »Fürstenstand« (Abb.  1) eingebürgert hat, nachdem zwischen 1778 und 1806 alle reußischen Linien und Häuser die Fürstenwürde erlangt hatten. Die zeitgenössischen Akten nennen ihn auch »Kirchstube« oder »Kirchstüblein«. Nach dem Verständnis des Stifters kam dem Herrschaftsstand zugleich die Funktion eines Denkmals, eines Epitaphs zu, welche Bezeichnung sich ebenfalls findet. Über die Gestalt des Herrschaftsstandes in der Stadtkirche St. Georg ist hingegen nichts überliefert. Der weit vorspringende Stand erhebt sich über Gestühl und dem Durchgang zur südlich vorgelagerten Annenkapelle. Dieser ehemalige Orgelstandort war frei geworden, nachdem der Neubau des 1638 an den Orgelbauer Jacob Schedlich aus St. Joachimsthal verdingten Werkes auf der neu errichteten Westempore seinen Platz gefunden hatte.

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3  Fassade mit Weltgerichtsrelief und Fensterfront

Die konsolartige Unterseite wird durch eine Schrifttafel mit der Weiheinschrift von 1658, ein kalligraphisches Kunstwerk in Goldschrift auf schwarzem Grund, und sechzehn geschnitzte, farbige Ahnenwappen geziert. (Abb. 2) Die Inschrift lautet: Dieses newe Werck hat / Der Hochwohlgeborne Herr, Herr Heinrich der Neunde, Jüngere Reuß, Herr von Plawen, Herr zu Graitz, Crannichfeld, Gera / Schlaitz vnd Lobenstein, vnser Gnädiger Lieber Landes Herr / dem allerhöchsten zu lob und Ehre, Seinem Seligmachenden wort zu liebe, dem Gottesdienst zu beförderung, Gottseligen hertzen zur Errinnerung der Sterbligkeit, des herzu nahenden / Gerichts vnd frölichen aufferstehung zum ewigen leben, vnd dann Ihr. Gndt. zum Herrlichen andencken auffrichten vnd verfertigen lassen im Jahr Christi. 1658. / RVSSUS TEMPLA, SCHOLAS, ORNAT, PLANTARIA COELI: / CÆTERA SVNT FVMVS, SVNT CINIS, VMBRA, NIHIL.

Die sechzehn Wappen beziehen sich im Sinne einer Ahnenprobe auf die Vorfahren Heinrichs  IX. Ausgehend von den in der Mitte angebrachten elterlichen Wappen der Herren Reuß von Plauen sowie der Grafen von Schwarzburg-Rudolstadt ziehen sie sich nach links

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(reußische Ahnengeschlechter) und rechts (schwarzburgische Ahnengeschlechter). Es handelt sich dabei um die Wappen der Grafen von Solms, Grafen von Mansfeld, Grafen von Wied, Freiherren von Schwarzenberg, Grafen von Querfurt, Herzöge von Mecklenburg und Grafen von Nassau-Dillenburg einerseits sowie Grafen von Schwarzburg, Grafen von Nassau-Dillenburg, Grafen von Isenburg-Büdingen, Grafen von Stolberg, Grafen von Honstein, Grafen von Rieneck, Landgrafen von Hessen und Herren bzw. Grafen von Eppstein-Königstein andererseits. Der darüber befindliche Hauptbau ist horizontal in zwei Zonen gegliedert. Die untere wird durch ein großes, in seiner dynamischen Dramatik beeindruckendes Weltgerichtsrelief (Abb. 3, 8–11) mit teils frei hervortretenden Figuren ausgefüllt, das von zwei auf volutenartigen Konsolen mit Maskarons stehenden kriegerischen Königsgestalten flankiert wird, und um das sich ausgesprochen individuell aufgefasste Engelköpfe gruppieren. Die vor den Seitenwänden gleichfalls auf Konsolen stehenden großen Engelfiguren mit Richtstab und Flammenschwert (ursprünglich auch mit Trompete oder Posaune) sollen die Gerechtigkeit und die Rache Gottes verkörpern. Die

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4  Fensterfront mit König David (Mitte) und zwei weiteren Königen

obere Zone enthält die verglaste Fensterfont, links und rechts eingefasst von zwei kriegerischen Königen und geteilt von der mittleren Figur des als Psalmendichter, Prophet und kluger Herrscher verehrten biblischen Königs David mit der Harfe (Abb.  4), jeweils wieder auf Konsolen. Die Seitenwände enthalten hier ebenfalls Fenster. Über König David weist ein fliegender, weit nach vorn in den Raum ragender Engel ein Schriftband mit Worten aus der Endzeitrede Jesu im Matthäusevangelium vor, das angesichts der Endlichkeit des Lebens zur Wachsamkeit mahnt: »Wachet denn ihr wisset nicht welche Stundte der Herr kommen wird. Matth. 24 V. 42.« (Abb. 5) Am Gesims sind daneben die großen Wappen der Eltern Heinrichs IX. angebracht, das reußische für Heinrich Postumus (1572–1635) sowie das schwarzburgrudolstädtische für Gräfin Magdalena von SchwarzburgRudolstadt (1580–1652). Neben dem eingerückten, nach oben im Bogen geschlossenen Aufsatz erheben sich allegorische, für Glaube und Hoffnung stehende Frauengestalten, links Fides mit dem Kelch (Abb. 6, 20), die ursprünglich außerdem ein Kruzifix hielt, rechts Spes mit einem verhaubten Falken (anstelle der üblichen Taube) und dem Anker (Abb. 21).

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Sie flankieren wiederum ein Relief, das ein Motiv aus der Offenbarung des Johannes (Offb 4,1–11) zeigt: die 24 Ältesten vor dem Thron Gottes mit dem Buch und dem Lamm sowie vier mit Augen bedeckten Wesen in Gestalt eines Menschen, eines Stiers, eines Löwen und eines Adlers unter dem Regenbogen mit den sieben Fackeln, sowie dem Seher Johannes, der auch mit dem Evangelisten Johannes gleichgesetzt wird. (Abb.  12) Die obere Bekrönung bildet die Figur des Mose mit den Gesetzestafeln (Abb. 7) und zusätzlich dem Evangelium, gleichsam Alten und Neuen Bund verknüpfend. Sein Haupt wird von einer strahlenbesetzten Glorienscheibe umrahmt, die dessen in der Bibel beschriebenes Leuchten bei der Rückkehr mit den neuen Gesetzestafeln symbolisieren soll. Die Tafeln enthalten aber nicht die Gesetzestexte oder, wie in der Regel der Fall, die Zahlen I – X, sondern die Inschrift bezieht sich auf den Propheten Maleachi (Mal 4,4 bzw. 3,21): »Die zehn Gebot gegeben sind, Das du o Menschenkind Erkenne solt und lerne wol wie man für Gott leben soll.« Links und rechts knien aufblickende Engel mit Palmzweigen. Die deutlich eschatologisch geprägten Inschriften verweisen ebenso mahnend auf die Endzeit wie die beiden Reliefs.

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5  Aufsatz, Engel mit Schriftband »Wachet …« sowie den Wappen Reuß von Plauen (links) und Schwarzburg-Rudolstadt (rechts)

Das setzt sich im gewölbten Innenraum der Loge fort. Dort lesen wir aus dem Johannesevangelium (Joh 5,28) über den Fenstern: Es kömpt die stunde in welcher alle, die in den gräbern sind, werden seine stimme hören vnd werden herfür gehen, die da gutes gethanhaben, zur aufferstehung des lebens, die aber übels gethanhaben, zur aufferstehung des gerichts.

6  Fassade und linke Seite (Ausschnitt) mit Gerechtigkeit, zwei Königen und Fides

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Daneben aus Maleachi 3,18: »Vnd ihr sollet sehen, was für ein vnterschied sey zwischen dem gerechten vnd Gottlosen vnd zwischen dem, der Gott dienet vnd dem der ihm nicht dienet.« Und aus der Apostelgeschichte (Apg 3,19) folgt die zusammenfassende Mahnung: »So thut nuhn buße und bekehret euch, das evre sünden vertilget werden. Act.3 V 19.« Die biblischen Inschriften im Innern, die von der Allgemeinheit nicht gelesen werden können, sind also speziell an die eigene Adresse des Landesherrn gerichtet. Damit wird gewissermaßen auch ein alttestamentliches Verständnis vom Königtum in Israel in die Gegenwart übersetzt, nach dem die Könige keine Sonderstellung mit absolutistischer Machtfülle im Bunde einnahmen, sondern dem Gottesrecht verpflichtet waren. Auch der christliche Herrscher ist an Gottes Gebote gewiesen.

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7  Bekrönungsfigur Mose mit Gesetzestafeln und Evangelium

8  Weltgerichtsrelief in Schrägansicht

An der Innenseite der Fensterfont ist in der Mitte ein ausdrucksstarkes hölzernes, versilbertes Kruzifix (Abb. 17, 18) angebracht, das mit seinen edlen, ergreifenden und tiefe Ruhe ausstrahlenden Formen vom hohen Können Böhms zeugt und in ganz besonderer Weise persönlicher Andacht dienen kann. Als theologischer Berater für das inhaltliche Konzept der Darstellungen und Inschriften kann der seit 1639 als Diakon, dann Archidiakon und seit 1656 als Superintendent in Schleiz tätige Gabriel Hartung (1614–1692) vermutet werden.

Der Herrschaftsstand in der Bergkirche zu Schleiz

Rings um den Stand zieht sich eine reiche, für Böhm cha ­­rakteristische durchbrochene Ohrmuschel- und Knorpelwerkrahmung, in die immer wieder Figürliches, Engelköpfe, Masken einbezogen sind. (Abb. 16, 22, 23) Die Figuren sind im Sinne des Manierismus in pathetischer, teils ruhiger, teils übertrieben und gekünstelt wirkender Haltung raumgreifend dargestellt. Ein Vergleich mit anderen Werken Johann Böhms, etwa in der Zwickauer Marienkirche, offenbart vielfältige Verwandtschaft in Auffassung und Handschrift, genannt werden sollen nur die dortigen Kriegerfiguren an der Boseschen

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9  Weltgerichtsrelief in Schrägansicht

10  Weltgerichtsrelief, linke Seite (Selige)

11  Weltgerichtsrelief, rechte Seite (Verdammte)

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12  Relief der 24 Ältesten vor dem Thron Gottes im Aufsatz

Grabkapelle und die Engelköpfe sowie das Ornament am Epitaph des Bürgermeisters David Pitzsch († 1654). Die Farbigkeit wird durch das schwarze Gehäuse und die weißen, sparsam vergoldet akzentuierten Reliefs, die in weiß und Gold sowie natürlichem Inkarnat und partiellem Farbeinsatz gehaltenen Figuren sowie die farbigen Wappen zu einer ernsten würdevollen Grundstimmung gebracht. Teilweise, so im oberen Relief, bei König David oder den kleinen Zierelementen, wurde mit Lüsterungen gearbeitet. Mehrere Bilddarstellungen im Innern der Bergkirche haben ihre Vorbilder in Kupferstichen von Matthäus Merian (1593–1650), die seit den 1620er Jahren gedruckt wurden, speziell dann in der 1630 bei Lazarus Zetzner in Straßburg erschienenen Lutherbibel. Für das große Weltgerichtsrelief (Abb. 8–11) am Herrschaftsstand nach der Endzeitrede Jesu in Matthäus 25 gab es eine andere Vorlage. Johann Böhm ließ sich hierbei von einem seinerzeit offenbar verbreiteten Kupferstich Johann Sadelers I (um 1550 – um 1600) nach einem wohl um 1580/90 entstandenen Gemälde des Münchner Hofmalers Christoph Schwar(t)z (um 1548–1592) leiten. Das verschollene Originalgemälde befand sich im Besitz von Herzogin Renata von Bayern geb. Herzogin von Lothringen (1544–1602). Johann Böhm, der die gleiche, fast kreisrunde Vorlage

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13  Allegorie der Gerechtigkeit und König (untere Reihe, linke Seite)

auch in dem 1945 verbrannten Epitaph für den Blaufarbenwerksbesitzer Johann Burckhardt in der Schneeberger Wolfgangskirche ab 1650 herangezogen hat, passte sie in Auswahl und Komposition nicht nur formatmäßig an ein seitlich ausgebogtes Querrechteck an, er »bereinigte« sie auch konfessionell, indem er die bei Schwarz/Sadeler in unmittelbarer Nähe Christi thronende Maria wegließ. Verstorbene werden aus den Gräbern erweckt, unterstützt und geleitet von Engeln steigen sie im Bild nach links zu Christus, dem König und Richter, zum ewigen Leben in seinem Reich auf, während die Verdammten auf der rechten Bildseite zu ewiger Pein in das Höllenfeuer getrieben und geschleppt werden. Das obere Relief aus der Offenbarung (Abb.  12) scheint, obwohl es einem Bildtypus angehört, der in mehreren Varianten zugleich viel Gemeinsamkeit aufweist, mit aller gebotenen Vorsicht entweder von einem Blatt des Nürnberger Stechers Virgil Solis (1514–1562) inspiriert worden zu sein, das in seiner Bildersammlung »Biblische Figuren des Alten vnd Newen Testaments / gantz künstlich gerissen« u. a. 1560 in Frankfurt am Main erschienen war, oder von der Darstellung in dem von Peter Schmidt 1585/86 ebenfalls in Frankfurt gedruckten Neuen Testament, zu dem Jost Amman (1539–1591) die Illustrationen geschaffen hatte. Letzterer hatte bei Virgil

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Solis gelernt und gearbeitet und nach 1562 dessen Werkstatt fortgeführt.1 Heinrich  IX. hat zwar den Herrschaftsstand aufstellen lassen, dessen Entstehungsgeschichte reicht aber weiter zurück. Er konnte auf bereits angefertigte, nicht näher beschriebene Teile zurückgreifen, die zu einem Epitaph für den 1640 verstorbenen Heinrich III. verwendet werden sollten. Offenbar durch die Zeitumstände bedingt war es dazu nicht gekommen, auch die angedachte Verwendung für einen Altar in Saalburg kam nicht zur Realisierung. Fluss kam in die Angelegenheit, nachdem Heinrich IX. die Herrschaft Schleiz übernommen und sich für den Bau des Herrschaftsstandes entschieden hatte. Die Hofhaltungs- und Amtsrechnungen des Hausarchivs Schleiz, die heute als Restbestand im Landesarchiv Thüringen – Staatsarchiv Greiz liegen, lassen ab 1654 immer wieder einmal Schlaglichter aufleuchten. Am 23. April 1654 wurden dem Schleizer Ratsförster 7 Groschen angewiesen für 7 Kiefern, »welche vor hießige Hoffhaltung, Und zum künfftigen Bergkirchenstand angenommen werden«.2 Der Amtschösser Johann Georg Engelschall wurde am 3.  Mai 1657 beauftragt, dem Schleizer Andreas Schenderling 14 Groschen Botenlohn zu zahlen, der mit dem reußischen Küchenschreiber »nachm Schneeberg lauffen müssen«.3 Am 28.  Mai 1657 sollte auf Anordnung Heinrich IX. dem Schreiber des Schössers zu Saalburg (das jetzt dem Sohn Heinrichs III., Heinrich I., gehörte.) ½ Taler Trinkgeld gegeben werden, der »die zum Epitaphio gehörige stücken vffm Wiedums Hause allhier ausgehendichet« hat.4 Auf die Bezahlung bezieht sich offensichtlich auch eine Quittung des Saalburger Pfarrers und Superintendenten Gabriel Wurzbacher vom 14.11.1657, in der er bescheinigt, dass im Namen Heinrichs IX. das Reuß. Plaw. Ampt zu Saalburg, zwanzig thl. wegen etlichs vberlassenen Schnizwercks, zum hießigen Kirchbaw, wohl ausgezahlet habe«. Auf dem gleichen Blatt wird durch den Schösser genannten Amts bestätigt: »Dieße 20. thlr. hat Hoch: vndt Wohlbemeltes Neundten Jüngern Reußens Gnd. Verordneter Ambtschößer Herr Johann Georg Engelschall dem Ambt Saalburgk dato in Abrechnung richtig erstattet. So hiermit von mir quittirende bekennet wirdt. Saalburgk den 16. 9bris [= November] 1657. Johann Rebentisch mppria5

Nachdem Heinrich IX. in den Besitz der vorhandenen Teile gekommen war, konnte am 22. Juni 1657 der Vertrag mit dem Bildhauer Johann Böhm über die Herstellung für 80 Taler geschlossen werden, dessen aufschlussreicher Inhalt nachfolgend wiedergegeben werden soll:

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Zuwißen, Nachdem der Hoch- und Wohlgeborne Herr, Herr Heinrich der Neünde Jüngere Reuß, Herr von Plauen, Herr zu Greiz, Crannichfeld, Gerau Schleiz und Lobenstein p. Ihr hochherrl. Gnd. etliche Fragmenta von Bildhauers und anderer Arbeit, so zu einem Monumento verfertiget werden sollen, gegen eines stuck geldes an sich gebracht, und nunmehro Ihr hochherrl. Gnd. zu dero rühmblichen Gedächtnüß, zuförderst aber Gott zu Ehren, und zur Zierde der Bergkirchen alhier, vorgenommen, eine stuben, und herrl. Kirchenstand, zubauen, anlegen und verfertigen zulassen, Alß haben uf Hoch- und wohlermelte Ihr hochherrl. Gnd. befehl, dero Beambte, mit Herrn Johann Böhmen, Bildhauern zu Schneeberg, welcher obberührtes werck Seiner Kunst nach Verfertigen sollen, ferner folgender gestalt in geding geschloßen und gehandelt. 1. Daß abgegebenen abriß nach, das ganze werck, so in seiner größe Sechzehen Elen hoch, und 8 ½ Elen breit, /: ohne die Blindflügel, so nicht zu stumpf seyn./ werden solle, Er mit fleiß der Kunst gemeeß und wohl proportioniret, in allen, in sonderheit also verfertigen, daß die Fünf Könige uf durch brochenē, und wohlgeschnizten Kracksteinē stehen, auch die andern freyn Billder, als zweene Engel, die Gerechtigkeit : und uf der andern seiten die Rache Gottes, in einer Hand eine Posaunen oder Trommeten, und in der Andern die Justiz und ein Schweerd, dann ein flammetes Schwerd, und ruthen halten sollen, in der mitten stehende Bilder als Fites mit einem Crucifix und Kelch zur Rechten, und Spes mit einem verkopten Falcken, zur Lincken, oben in der höhe aber ein Bild mit einem Glanz, in der Rechten hand die zwoo Tafeln Mosis, und in der Lincken hand das Evangelium-Buch haltend, uf einen wohl formirten Krackstein, und Schneckereyen stehend, umb und umb wohl ausgearbeitet, die untere Historia das Jüngste Gericht, nach Herrn Schwarzens Figur, mit runden, und etlichen frey geschnittenen Bildern, wohlerhaben, Ferner auch die Sechzehen Ahnen nebenst den Zweyen Haubtwappen zumachen, dann die Carnies und stäbe mit laubwerck geschnitten, und hin und wieder in flachen feldern mit Engels Köpfen gezieret. 2. Soll und will Er Bildhauer oder seine Erben solche arbeit so balden ihme immer möglichen ehesten, und zwischen hier und nechstkunfftig Atvent verfertigen; auch unter deßen, keine andere arbeit vor sich nehmen. 3. Haben Sich Ihr hochherrl. Gnd. mit Ihm Verglichen, daß Sie solche verfertigte arbeit selbst uf Ihre Unkosten abhohlen, und hieher schaffen laßen wollen, iedoch hat der Bildhauer versprochen, dieselbe nebenst einem verfertigten Crucifix, wohleinzufaßen, daß solche im fortbringen keinen schaden nehmen mög.

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14  König und Allegorie der Rache Gottes (untere Reihe, rechte Seite)

16  Engelkopf neben dem Weltgerichtsrelief

17  Kruzifix im Innern des Herrschaftsstandes

4. Was im Kunfftigen der Bildhauer alhier zur ausbeßerung des wercks und andern noch vor holz von nöthen, soll immittelst hierzu angeschafft damit er an der selben nicht möge gehindert werden. 5. Will mehrgemelter Bildhauer nach Verfertigter Arbeit alhier noch vor dem Mahler gewehrn, und an seinem orth in der Bergkirchen ufsezen, damit mann sehe, daß es bestendig sey, als dann haben Ihr hochherrl. Gnd. Ihm die Zeit über, do solche ufsezung geschicht, die Kost nebenst dem bey sich habenden gesellen zugeben gnedig bewilliget. 6. Wo nach Gottes willen er der Bildhauer, deßen Leben Gott der Herr lange Zeit fristen wolle, auch über dieser Arbeit

Der Herrschaftsstand in der Bergkirche zu Schleiz

15  König (obere Reihe, rechte Seite)

18  Kruzifix im Innern des Herrschaftsstandes, Detailansicht

todtes verbliche, Sollen Seine Erben, vor specificirte Arbeit vollends zu verfertigen schuldig und verbunden seyn. 7. Vor diese Arbeit nun richtig zu verfertigen, Wollen Ihr hochherrl. Gnd. Ihm in allen noch Achzig Rthllr: und iezo darauf die helffte als Vierzig thllr: zur Angab entrichten, die andere helffte aber, ihme und seinen Erben, nach dem ufgesezeten und verfertigten wercke, auch so balden baar auszahlen laßen. Zu Uhrkund deßen seund Zwey Exemplaria dieses vergleichs ufgesezet, und von hochwohlgedachte Ihr hochherrl. Gnd. wie auch dem Bildhauer mit respectivé hochherrl. und eigenen händen unterschrieben worden. So geben ufm herrl. Schloß Schleiz den 22 Juny Anno 1657. [Siegel]

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19  Unterschriften Heinrichs IX. und Johann Böhms auf dem Kontrakt vom 22.6.1657 über die Fertigung der Bildhauerarbeiten (Landesarchiv Thüringen, Staatsarchiv Greiz)

Heinrich der Neündte Jünger Reus Herr von Plauen p Hanß Böhm Biltthauer mppria

Auf der gleichen Seite finden sich die Quittungen des Bildhauers über den Empfang des zur Zahlung in zwei Raten vereinbarten Geldes: Viertzig thl habe ich also balten dorauff Empfang. Wirdt hirmit bekannt. Actum Die et Ao ut supl. Dato hab ich den Rest als nemlich 40 thl. beneben Vier und Zwantzig theler vor die vbrige verferttigte arbeitt so in ding Zettel nicht begriffen zum Recompens Empfangen, darüber ich gebührentig alln hiermitt dieser Meiner handt quittirte. Schleiz den 28. Aprill 1658. Hanß Bohm Biltthauer mp

Ergänzend findet sich dazu auf der nächsten Seite ein Vermerk des Schleizer Amtmanns Tobias Lauterbach vom gleichen Tage, der erhellt, dass Johann Böhms Sohn Johann Heinrich Böhm (1636–1680) an der Aufstellung und sicher auch an der Herstellung des Herrschaftsstuhls beteiligt war: Hierüber Seind uf Gnedigen Befehl des Bildhauers Sohn Johann Heinrichen, Zwene rthlr. Und denen Beyden Jungen

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Zwene halbe dick thlr. Zum Trinck Geld Gegeben, welches Herr Schößer zu seiner belegung hiermit annectiret worden. Schleiz d 28 April: anno 1658 T Lauterbach mp.6

Die oben unter Punkt 1 erwähnte Entwurfszeichnung ist nicht erhalten. Die Formulierung der Einführungsworte des Kontrakts vom 22.  Juni 1657 zwischen Heinrich IX. und Johann Böhm kann so gelesen werden, dass Böhm den Auftrag schon von Anfang an erhalten hatte. Darauf deutet auch ein Hinweis in den Plauener Gotteshausrechnungen von 1638/39 und 1639/40, nach denen der Bildschnitzer von Schneeberg Arbeiten in der kriegsund brandgeschädigten St.-Johannis-Kirche ausführte: 1638/39 das »Kruzifix wieder zu verneuern«, ebenso Taufstein, Altar und (Lese-)Pult zu »verneyern«, ferner das kleine Kruzifix neben dem Pult. 1639/40 werden »3 fl 15 gr dem Bieldschnitzer Von Schnöbergk vor die Bielder zum Predigt Stuel vnd 10 gr 6 d hier von herieber zu dragen geben. 1640«. In dem Zusammenhang wurden auch einem Boten 7 Groschen Lohn gezahlt, »welcher zu Schleitz bey dem bield schnitzer geweßen«.7 Am 25.  Juni.1657 wurde der Schleizer Amtsbote bezahlt, der »zwey mahl nach dem Bildthauer zum schneeberg geschicket worden«, ebenso das Pferdefutter.8 Böhm selber hielt sich wiederholt in Schleiz auf. Die wöchentlichen Küchenrechnungen weisen dann jeweils aus, wenn der Bildhauer Aniswasser erhalten hatte, so am 20. und 21. Juni 1657, am 20. März 1658, in der Woche

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20  Figur der Fides neben dem Aufsatz

21  Figur der Spes neben dem Aufsatz

vom 21.–28. März 1658, am 29. März 1658, am 17. und am 24. April 1658.9 Die Arbeiten in der Bergkirche waren schon vor Vertragsschluss 1657 im Gange. Am 13. Mai 1657 wurden 2 Stricke »vff die bergkirche zum Gerüste« bezahlt, desgleichen am 22. Mai dem Fronknecht und »1 gr zu Wacholter bier«.10 Am 26. August 1657 wurden dann 2 Groschen 6 Pfennige ausgegeben »vor bier vffn Bergk vor die Arbeit Leuthe allß die tischer arbeit vff gerichtet worden«.11 Am 3. Dezember 1657 erhielt ein Mann von Schneeberg, welcher dem Bildhauer Briefe mitgenommen hatte, 2 Groschen Trinkgeld12 und noch am 28. Dezember 1657 ein Bote aus Greiz 6 Groschen, der ein Schreiben des Bildhauers zu Schneeberg von Greiz nach Schleiz getragen hatte.13 1658 ging es weiter voran: Das Frongeschirr von Weckersdorf wurde nach Schneeberg geschickt, um Bildhauerarbeit herzutransportieren, wofür es am 13. März 1658 12 Groschen erhalten sollte und außerdem 2 Groschen 6 Pfennige »schmier geld«.14 Am gleichen Tage stellte der Küchenschreiber Peter Thrum dem

Amtsschösser Johann Georg Engelschall eine Auszahlungsanordnung über 9 Groschen an Thomas Eißmann zu Kirschkau aus »vor Ein Mandel verschlag bretter welche dem Bildthauer zue Schneebergk zue einfütterung der geferttichten arbeit geschicket worden«.15 Am 20. März 1658 wurden dem schon erwähnten Andreas Schenderling 14 Groschen Botenlohn und 4 Groschen »vor Habern vndt Heu vff ein Pferd« angewiesen, mit dem er zur Abholung des Bildhauers nach Schneeberg entsandt worden war.16 Andreas Schenderling war im April mit dem Bildhauer »nacher Schneebergk« gereist und von dort mit Schreiben nach Hartenstein (Böhms Geburtsort) gelaufen, wo Heinrichs  IX. Schwester Ernestine (1618–1650) mit Otto Albrecht von SchönburgHartenstein verheiratet gewesen war.17 Ebenso im April 1658 wurde starker Draht bezahlt, den der Bildhauer benötigte.18 Zu Monatsende waren Transporte im Gange. Das Lehngeschirr zu Kirschkau erhielt am 28. April 20 Groschen 6 Pfennige und Hafer, »welches dem Bieldthauer seinen wergk zeig und etwas an Holzwergk nacher Schneebergk führen« sollte.19

Der Herrschaftsstand in der Bergkirche zu Schleiz

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Schließlich wurden am 15.  Juni 1658 18 Groschen »Han­ßen, dem geweßenen Kühe Hirten im Forwerge allhier welcher die Bieldhauers arbeit vollents in die Bergk Kirch gehörigk vffm Schuebkarrn zum Schneebergk geholet« bewilligt.20 Die Errichtung des Herrschaftsstandes war ein umfangreiches Projekt, an dem zahlreiche weitere Gewerke beteiligt waren, die hier nicht im Detail beleuchtet werden können, etwa Zimmerleute, Maurer, Ziegler, Steinbrecher, Schieferdecker, Schlosser, Schmiede, Glaser, Seiler sowie Töpfer, und deren Gesamtkosten mit 571 Gulden 4 Groschen weniger ½ Pfennig angegeben werden.21 Sie war zugleich Bestandteil einer Instandsetzung der Kirche, die nach Aussage der Akten innen zur Hälfte geweißt worden war.22 Hierbei dürfte in erster Linie an den Chorraum zu denken sein. Eingegangen werden soll allerdings noch auf den Maler, dem die Farbfassung des Herrschaftsstandes anvertraut war. Es handelt sich um den in Schleiz ansässigen Bartholomäus Perthes (1603–nach 1680). Der gebürtige Elsterberger ist seit 1634 in Schleiz nachgewiesen, vermutlich hat er hier bei dem Maler Paul Keil (1573–1646) gelernt, mit dem er auch zusammengearbeitet hat, und dessen Werkstatt er 1646/47 übernommen haben dürfte. In eigenwilliger Handschrift beschrieb er die vorzunehmende Farbfassung: Der herrliche Standt auf der Pergk Kirchen soll außgefast vnd Staffirt werden wie folgt 1. Die Argtoctur oder Vor Kleidung soll Schwartz vnd golt, soviel als die Ziert vndt Art leuden wiell werden, 2. Das Jüngstegericht weiß Planirt das Nackende Restarirt (?) vnd alle gewand reichen blangk Vorgültet, So wohl die Offenbarung Johannis wie das Jüngstegericht, so viel als Von Nehten ist, 3. Die 5. Königen boliret, Vnd blanck Vor gültet soviel als an den genanden Ziehrlichen vnd leuden wiel, vor Sielbert, vnd darauff Lacksiren von allerleü farben, schön auß geffast, auf das beste, 4. Alle geschnidene Schweiffe oder Rolwergk, Schnegkereyen golt Vnd weiß auß gefast,

Die undatierte, anscheinend unvollständige Aufstellung ist einer Quittung des Malers vom 1. November 1658 über den Erhalt von 170 Gulden »wegen des Kirchen standes Vff dem Bergk Kirchen« zugeordnet.23 Zur Bezahlung erhielt er u. a. am 25. Februar 1658 6 Scheffel gute Gerste im

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Werte von je 1 Gulden wegen des »Epitaphy vffm bergk« zugesprochen.24 Am 24. Dezember 1658 bestätigte Perthes, »wegen des herrlichen Kirchenstants« auf der Bergkirche noch 30 Taler und 4 Taler Trinkgeld erhalten zu haben25 und am 22.  Januar 1659 weitere 8 Taler.26 Für die Inschriften und das Kruzifix im »Kirchen Stüblein auf der Pergk Kirchen« verlangte er 6 Taler, für den Wappenschlussstein im Gewölbe 3 Taler sowie einen weiteren im Chorgewölbe mit dem Namen Jesu 2 Taler.27 Perthes trat auch als Porträtist in Erscheinung. Für »das Herrliche Conterfey« Heinrichs IX. stellte er am 15. Dezember 1659 5 Taler in Rechnung.28 Die ausgesprochen kunstvolle Tafel mit der Weiheinschrift trägt eine andere Handschrift als die von Perthes ausgeführten Texte in der »Kirchstube«. Nach Sigfried Asche ist sie ein charakteristisches Werk des Zwickauer Schul- und Schreibmeisters Daniel Vogel (1604–1682), auf den zumindest der Entwurf des mit seinem Namen signierten Gitters von 1678 an der Boseschen Grabkapelle in der Zwickauer Marienkirche zurückgeht.29 Eine Zusammenarbeit Johann Böhms mit Bartholomäus Perthes ist auch anderweitig belegt. Der 1633 aus der Schneeberger Wolfgangskirche durch kaiserliche Truppen unter Feldmarschall Heinrich Holk –der als »Schinder der armen Vogtländer« in der Region in Erinnerung geblieben ist, in der er noch im gleichen Jahr in Troschenreuth an der Pest starb – geraubte Cranachaltar kehrte nach langen Verhandlungen 1649 aus Prag nach Schneeberg zurück und wurde 1650 in veränderter Form und Rahmung wieder geweiht. Dazu hatte der vermögende Blaufarbenwerksbesitzer Johann Burckhardt (sein oben erwähntes Epitaphium von der Hand Johann Böhms wies ein dem gleichen Vorbild verpflichtetes Weltgerichtsrelief wie der Schleizer Herrschaftsstand auf) eine Stiftung errichtet, aus der hervorgeht, dass dem Bildhauer Johann Böhm und dem Maler »Bertell Pertheß« 190 Taler laut Gedinge für ihre Arbeiten am Altar zustünden.30 Bei der Aufstellung des barocken Altars 1705 gingen diese Teile bedauerlicherweise verloren. Dass Perthes für den Schneeberger Auftrag herangezogen wurde, dürfte auf die Vermittlung Böhms zurückzuführen sein, der ihn offenbar nicht nur kannte, sondern auch schätzte. Da dies lange vor der Auftragserteilung zur Fertigung des Schleizer Herrschaftsstandes geschah, liegt der Gedanke nahe, darin einen weiteren Hinweis darauf zu sehen, dass Böhm tatsächlich schon 1640 mit der Herstellung des geplanten Epitaphs für Heinrich III. in Schleiz befasst gewesen war. An dem in der Nähe des Herrschaftsstandes an einer

Frank Weiß

22  Unteres Abschlussornament mit Maskaron

23  Engelkopf unter dem Weltgerichtsrelief

Gewölberippe im Chor angebrachten runden Schlussstein mit Knorpelwerkrahmung, dem geschnitzten reußischen Wappen und der Umschrift »Herr Heinrich der Neunde Jüngere Reuß Herr von Plau 1658« hat der aus Eisleben stammende Schleizer Bildhauer Johann Balbierer († vor 1689), der 1639 in Schleiz geheiratet hatte, gearbeitet. Am 20. Oktober 1658 stellte er darüber eine Rechnung aus: Uff Gnetigen befelich des Hoch Wohl gebornen Hern Herrn Heinrichen des Neunden Jüngern Reußen Herrn von Plauen Herrn zu Greitz Cranigfelt Gerau Schleitz und lobenstein Meinen Gnetigen Hern p Ist das Reußische Wappen zu ver

Der Herrschaftsstand in der Bergkirche zu Schleiz

fertigen bey mir bestellet worten auff die berck Kirchen an dem obern schlußstein an das gewelbe und Wiert zum gebier lohn begert 3. tohl. den 20. october Ao 1658 Hanns balbier bilthauer ppria

Unzufrieden mit der Qualität des Produkts setzte der Schlei­zer Amtmann Tobias Lauterbach allerdings hinzu: Dieweil dieße Arbeit sehr grob geschnitten alß ist Ihm nur zwene fl. zu zahlen Und hiermit zu belegen. Schleiz d. 24 8br [= Oktober] ao 1658 TLauterbach.31

Als Tischler werden bei der Herstellung des Bergkirchenstandes Caspar Thiem und Johann Adam Fischer genannt.

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Von Letzterem heißt es in der Lohnauszahlungsanordnung des Küchenschreibers Thrum vom 21. April 1658:  … ist zue Beförderung Meines gnedigen Herrn Kirchenstandes in der Bergk Kirchen Hanß Adam Fischer der tischler vffs Schloß genommen worden, an selber Arbeit 17 Wochen langk zue gebracht …

wofür ihm nun 10 Gulden 19 Groschen und 6 Pfennige zustünden.32 Ein nur fragmentarisch erhaltener Belegzettel vom 8. April 1658 weist aus, dass der Schleizer Drechsler Hans Conrad von Mölfling dem Bildhauer zum Werk in der Bergkirche zugearbeitet hat.33 Derselbe sollte schließlich am 15. Oktober 1658 noch 20 Groschen für zwei Dutzend Säulen zum Vorplatz vor dem Herrschaftsstand ausgezahlt bekommen.34 Offenbar zufrieden mit dem Verlauf der Her- und Aufstellung des Herrschaftsstandes ordnete Heinrich IX. am 18. August 1658 die Zahlung von 10 Reichstalern als Anerkennung für seinen Küchenschreiber Peter Thrum, bei dem viele Fäden zusammengelaufen waren, an: Zehen Rthaller: Wollen Wir hiermitt Vnserm Küchenschreiber Peter Truhmen, Wegen seiner vielfeldigen Mühewaldung, in bestellung Vnseres Kirchenstandes Vnd Epitaphy Vf der Bergk Kirchen, auß Gnaden zur ergezlichkeit verehret haben, die Vnser Ambtschößer vnd lieber Gevatter, Johann Georg Engelschall, gegen dießes soll zahlen, solche in Rechnungs Außgabe verschreiben, Vnd dormitt belegen ….35

Am 7.  September 1658 ließ dann Heinrich IX. dem Berg­k irchner ein Trinkgeld von 2 Groschen 8 Pfennigen zukommen, das wohl auch ihn für seine Bemühungen entschädigen sollte.36 Zu dem in der Weiheinschrift hervorgehobenen geistlichen Aspekt sollen schließlich noch einige weitere kurz angesprochen werden. Neben der persönlichen Frömmigkeit Heinrichs IX. und seines Vaters, die in der Bergkirche zum Ausdruck kommt – der reußische Wappenspruch »Ich bau auf Gott«, geht auf Heinrich Postumus zurück – wird zugleich der den Landesherren im Ergebnis der Reformation durch das Landeskirchentum zugewachsenen Rolle als Kirchenoberhaupt ihres Territoriums Rechnung getragen, wie formal diese Rolle in der Praxis jeweils auch wahrgenommen wurde. Die lutherische Reformation war in Schleiz ab 1533 unter dem Druck Kursachsens eingeführt worden. Der Kirchenraum bot sich also gleichermaßen als Ort landesherrlicher Repräsentation an. Epitaphien unterschiedlicher Art und Dimension oder eben auch spezielle Logeneinbauten – »Stände« oder »Stühle« – konnten der Einbindung in

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eine lange und natürlich ruhmreiche Geschichte sowie der Betonung herrscherlicher Bedeutung dienen. Die zitierte Weiheinschrift am Schleizer Herrschaftsstand spricht denn auch vom »Herrlichen andencken«, und der Kontrakt von 1657 mit dem Bildhauer erwähnt, der Stand solle errichtet werden »zu einem Monumento … und nunmehr Ihr hochherrl. Gnd. zu dero rühmblichen Gedächtnüß, zuförderst aber Gott zu Ehren, und zur Zierde der Bergkirchen«. Der Landesherr war gleichsam immer, auch über seinen Tod hinaus präsent. Genealogisch-dynastisches Denken schlug sich nieder, bildlich, textlich und immer wieder durch Wappen unterstrichen, am 1627–36 aufgerichteten Stand der schwarzburgischen Verwandten in der Rudolstädter Stadtkirche zudem mit einem überdimensionalen Stammbaum an der Fassade. In der Schleizer Bergkirche steht dem Herrschaftsstand Heinrichs IX. genau gegenüber das die hohe und weite Öffnung des Turmuntergeschosses zum Altarraum ausfüllende riesige Burgkische Epitaphium für Heinrich II. Reuß zu Burgk und seine Familie, dessen Bau 1642 von Johann Balbierer begonnen wurde, aber erst 1706 vollendet wurde. Hier sind es die Figuren der Familienmitglieder, die zuseiten des Gekreuzigten unter einem hohen Wolkenhimmel knien. Auch im Vergleich mit anderen Höfen wollte man standhalten. Die ästhetisch anspruchsvolle würdige Ausgestaltung des Gotteshauses, das zugleich als Grablege diente, war ohnehin Ehrensache. Wenn es in der Weiheinschrift heißt RVSSVS TEMPLA, SCHOLAS, ORNAT, PLANTARIA COELI: CÆTER A SVNT FVMUS, SVNT CINIS, VMBRA, NIHIL (Der Reuße schmückt Kirchen und Schulen, die Pflanzstätten des Himmels. Alles andere ist Staub, Asche, ein Schatten, ein Nichts),

so setzt der Text den Stifter Heinrich IX. in Beziehung zur Tradition seines Vaters Heinrich Postumus als Förderer von Kirche und Schule, der er sich etwa durch die Ausschmückung der Bergkirche 1658 und die Erhebung der Schleizer Stadtschule in den Rang eines Lyzeums 1656 anschloss. Zugleich finanzierte er die Stelle eines Konrektors als zusätzlichen Lehrers. Die durch sein Beispiel angeregte finanzielle Unterstützung der Schule durch die Bürgerschaft ermöglichte 1657 die Bildung eines Schülersingchors und 1658 die Anstellung eines weiteren Lehrers. Seit dem 19. Jahrhundert als Gymnasium bezeichnet, ist das Schleizer Rutheneum um 1870 mit dem Wirken des Direktors Konrad Duden verbunden. Kulturell kann man Heinrich IX., der jeden Morgen vom Schlossturm einen sogenannten Morgensegen – einen Choral – auf der Trompete blasen ließ, durchaus als aufgeschlossen

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bezeichnen, wie z. B. seine jahrelange Förderung eines Convivium musicum zeigt. Der Bau des Herrschaftsstandes lässt daneben ein Problem, das die Reußen in dieser Zeit bewegte, durchscheinen. Der im 17. Jahrhundert erstarkte Prozess von Standeserhöhungen bei niederadligen oder teils auch bürgerlichen Einzelpersonen und Geschlechtern hatte zahlreiche neue, auf Ebenbürtigkeit drängende Reichsgrafen hervorgebracht. Für alte Herrengeschlechter, die sich auf eine lange Geschichte und Reichsunmittelbarkeit sowie ein angestammtes Herrschaftsgebiet beriefen, stand das im Widerspruch zu ihrem Selbstbild und erschien als drohender Prestigeverlust. Die Reußen, die seit dem 14. Jahrhundert nur noch den Herrentitel führten, rangierten und agierten bisher zwar praktisch unangefochten auf der Grafenebene, wie die Eheschließungen zeigen, und dokumentierten das etwa durch die Anbringung von Ahnenwappen am Herrschaftsstand, aber im Namen kam es eben nicht zum Ausdruck. Weder ein 1661 unternommener Versuch Heinrichs  I. Reuß-Obergreiz aus der älteren und Heinrichs I. ReußSaalburg aus der jüngeren Linie (Neffe Heinrichs IX.) am Kaiserhof in Wien zur Bestätigung alter Privilegien und Erlangung des Titels eines Burggrafen von Meißen, den die ausgestorbene ältere Plauener Linie geführt hatte, noch der Versuch zur Genehmigung des auch von den Burggrafen geführten Titels »Graf zum Hartenstein« brachten das gewünschte Ergebnis. Das Insistieren der Reußen bei Kaiser und Reichshofrat führte schließlich 1673 dazu, dass alle Linien offiziell in den Grafenstand erhoben wurden mit dem Titel »Reußen, Grafen und Herren zu Plauen, Herren zu Greiz, Kranichfeld, Gera, Schleiz und Lobenstein«. Die Errichtung des Herrschaftsstandes in der Schleizer Bergkirche durch Heinrich IX. kann ferner unter dem Gesichtspunkt des Residenzausbaues betrachtet werden. Der Ausbau reußischer Residenzen wurde jedenfalls, besonders dann nach offizieller Standeserhöhung und

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Überwindung der Auswirkungen des Dreißigjährigen Krieges, verstärkt vorangetrieben, bei der Kleinteiligkeit der Verhältnisse und noch dazu infolge mehrfacher Teilungen unterschiedlich und allmählich. Bei der älteren Linie traf das besonders auf das alte Zentrum Greiz zu, bei der jüngeren nahm Gera eine führende Rolle ein. In Schleiz bemühte sich Heinrich IX. parallel zur Ausgestaltung der Bergkirche um eine umfangreiche bauliche Instandsetzung und Ausgestaltung des schadhaft gewordenen Schlosses. Johann Böhm kam dabei ebenfalls zum Zuge. Er fertigte drei nicht mehr erhaltene Hirschköpfe für die damals erneuerte große Hofstube an. Vff deß Hoch: und Wohlgebohrnen Herrn, Herrn Heinrichen deß Neundten Jüngern Reußen Herrn von Plauen p Meines gnedigen Herrn empfangenen gnedigen bevhelich seindt bey dem Bieldthauer zue Schneebergk drey Hirschköpffe so inn die große Hoofstube gehenget werden sollen, bestellet worden, vndt weiln dieselben nunmehro verferttiget so seindt beschehener Handlung nach noch vor selbe vier thllr. vndt 12 gr auß hießiger Schößerey zue zahlen vndt hiermit zue belegen, Signatum Schläiz den 18. February Anno: 1659. Peter Thrum mppria.37

Achtzehn Groschen wurden am 25.  Februar 1659 zur Zahlung an den Schleizer Jost Michael angewiesen, der die drei Hirschköpfe aus Schneeberg geholt hatte.38 Vier Taler 12 Groschen sollten schließlich am 12. Juli 1659 »Bartholomaeo Pertheßen, Kunstmahlern allhier zue Schläiz« bezahlt werden, der »die in der großen Hoofstuben hangenden drey Hirschköpffe vergüldet vndt außgefaßet« hat.39 Nach dem Tode Heinrichs IX. ließ sein Nachfolger als Inhaber der Herrschaft Schleiz Heinrich I. 1670–73 auch wieder eine Schlosskirche einrichten und der Heiligen Dreifaltigkeit weihen. Aber das ist schon ein neues Kapitel.

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Anmerkungen 1 Solis 1560 (Bayerische Staatsbibliothek München; VD16 S6973) und Luther 1586 (Universitäts- und Landesbibliothek SachsenAnhalt, Halle; VD16 B4483). 2 HA Schleiz 436, No: 67 bzw. 271. 3 HA Schleiz 440, 39. H: No: 438. 4 HA Schleiz 440, 4. H: No: 22. 5 HA Schleiz 543, 10. No: 36. 6 HA Schleiz 543, 10. No: 40 u. 41. 7 Stadtarchiv Plauen, Rechn.-Rep.: I Cap. XVIII No: 3, fol. 322, 324. 8 HA Schleiz 440, 39. H: No: 439. 9 HA Schleiz 441, No: 11, 12, 13, 15, 24, 25 Küchenrechnungen. 10 HA Schleiz 441, No: 19 u. 20 Küchenrechnungen 10.–22.5.1657. 11 HA Schleiz 441, No: 34 Küchenrechnung 23.–30.8.1657. 12 HA Schleiz 441, No: 48 Küchenrechnung 29.11.–6.12.1657. 13 HA Schleiz 440, 39. H: No: 449. 14 HA Schleiz 543, 10. No: 38. 15 HA Schleiz 543, 3. No: 18. 16 HA Schleiz 543, 10. No: 39. 17 HA Schleiz 442, 39. H: No: 483. 18 HA Schleiz 441, No: 16 Küchenrechnung 18.–25.4.1658. 19 HA Schleiz 442, 33. H: No: 406. 20 HA Schleiz 543, 10. No: 42. 21 Schmidt 1916, S. 146.

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HA Schleiz 543, 1. No: 10. HA Schleiz 543, 9. No: 44. HA Schleiz 543, 9. No: 45. HA Schleiz 543, 9. No: 46. HA Schleiz 543, 9. No: 47. HA Schleiz 543, No: 48 u. 49. HA Schleiz 444, 36. H: No: 412. Asche 1961, S. 145. Asche 1961, S. 42, 149, 177 f. HA Schleiz 543, 10. No: 43. HA Schleiz 543, No: 59. HA Schleiz 543, 10. No: 61. HA Schleiz 543, 8. No: 55. HA Schleiz 543, 8. No: 58. HA Schleiz 442, 1. H: No: 10. HA Schleiz 544, 6. A: No: 33. HA Schleiz 544, 33. A: No: 210. HA Schleiz 544, 6. A: No: 34.

Geldbezeichnungen: fl = Gulden gr = Groschen d = Pfennig thl, thll, thllr, Rthl etc. = Taler, Reichstaler

Der Herrschaftsstand in der Bergkirche zu Schleiz

Der Künstler

Johann Böhm und sein Geburtsort Hartenstein Erhard Franke

Ach! daß ich mich einmahl doch wieder solt' erfrischen an deiner reichen Lust / du edler Mulden-Fluß / Da du so sanffte gehst in bergichten Gepüschen / da / da mein Harttenstein mier boht den ersten Kuß. Wie jung / wie klein' ich auch ward jener Zeit genommen aus deiner süßen Schooß / so fällt miers doch noch ein / Wie offt' ich lustig hab' inn deiner Fluth geschwommen. Mier träumet offte noch / als solt' ich ümm dich seyn.1

Mit derart begeisterten Worten lobte der Dichter Paul Fle­­ming seinen Geburtsort Hartenstein und gab der starken Sehnsucht nach den Spielplätzen seiner Kindheit Ausdruck, als er am 9. November 1636 in der russischen Stadt Astrachan die »Elegie an sein Vaterland« verfasste. Die Elegie wurde in die bald nach dem zeitigen Tod des Dichters veranstaltete Gesamtausgabe seiner deutschen Gedichte aufgenommen2 und trug den Namen des klei­ n­en Städtchens weit ins deutsche Land hinaus.3 Noch ein weiteres Mal bei Fleming begegnet dem Leser der Ortsname in dem großen, überschwänglichen Hochzeitsgedicht zur Vermählung des Christian von Schönburg-Wechselburg mit Agnes von SchönburgHartenstein, verfasst im Jahr 1631. Hier schüttet der Poet ein Füllhorn von Blumen aus und gratuliert dem Paar, indem er, seine Darbietung krönend, vom Mulden-Strom her sogar mythologische Quell-Nymphen applaudieren lässt: Die frischen Najaden / die / Muld-Einwohnerinnen / Die ruffen: Glück / O Paar / Glück / Glück / so sehr sie können. Das gantze Harttenstein erschallt von dem Geschrey / und jauchtzet mitten drein. Glück zu / Ihr liebsten zwey.4

Derartige poetische Schlaglichter vermögen einzu­stim­ men in das Umfeld, aus dem auch der Bildhauer Johann Böhm stammte. Fleming jedoch verließ bereits im Alter von nur fünfeinhalb Jahren mit seinen Eltern seinen Geburtsort und kann lediglich die frühesten, wenn auch tief prägenden Eindrücke bewahrt haben. Sein Vater hatte hier fünf Jahre als Schulmeister und knapp vier Jahre als Diakonus gewirkt. Anders ist es beim späteren Bildhauer Böhm gewesen, dessen väterliche Maurer-Familie hier eingewurzelt war. Er hat mindestens die ersten zwölf

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Jahre seines Lebens in Hartenstein verbracht und dann auch später die Verbindung zum Heimatort nicht verloren. (Abb. 1) Als er am 18. Februar 1595 hier das Licht der Welt erblickte, floss die Mulde jedoch nicht »sanffte« dahin in »lieblichen Gepüschen«. Ein plötzlich einsetzendes Tauwetter hatte den Strom ungewöhnlich anschwellen lassen, sodass am 23. Februar sogar überall Brücken und Häuser beschädigt wurden.5 Die Tau f e war, wie damals häufig üblich, einen Tag nach der Geburt, am 19. Februar, vollzogen worden.6 Die Umstände dieser geistlichen Handlung vermögen bereits eine ganze Reihe für die Biografie des Künstlers bezeichnende Schlaglichter zu werfen. Bei dem Taufstein stand damals das fast lebensgroße Kruzifix, das heute in Höhe der ersten Empore in der Hartensteiner Kirche angebracht ist. Es markierte den Sinn dieses Sakramentes eindrücklich: das Leben des Kindes sollte gelöst sein von irdischer Gesinnung und dem Herrn und Retter Jesus Christus anvertraut werden. Der Wert des Lebens wurde in das »Soli Deo Gloria« gelegt, alle späteren Schritte und Werke sollten dem Lob Gottes und seiner Ehre dienen. Der heranwachsende Knabe wird später als Schuljunge die bemerkenswerte Plastik mit wachen Augen aufgenommen haben. Sie ist wohl am Anfang des 16. Jahrhunderts geschaffen worden, erhielt aber zur Zeit von Böhms Taufe einen besonderen Nachdruck aus der aktuellen landeskirchlichen Situation. Während der kurzen Herrschaft des sächsischen Kurfürsten Christian I. in den Jahren 1586–91 war der Calvinismus zur verbindlichen Lehre erhoben worden, allenthalben hatte es einschneidende Stellenumbesetzungen gegeben.7 Nach dem frühen Tode Christians I. waren die personellen Veränderungen – zum Teil drastisch – wieder rückgängig gemacht worden. Es dürfte kein Zufall sein, dass dann 1597 auch in Schneeberg, Böhms späterem Wirkungsort, in der St. Wolf­gangs-Kirche – ähnlich wie in Hartenstein – beim Tauf­stein ein Kreuz aufgerichtet wurde, das sicherlich als eine Bekräftigung der lutherischen Lehre gesehen werden sollte.8 (Abb. 2) Auch in der Grafschaft Hartenstein, die zwar kirch­ lich von Sachsen unabhängig war, aber Sachsen gegenüber

Erhard Franke

1  Hartenstein und Umgebung auf einem Blatt der Kursächsischen Landesaufnahme durch Balthasar Zimmermann, um 1615, Federzeichnung

Loyalität zu beweisen hatte, waren die Auswirkungen zu spüren gewesen. Sachsen fungierte für die Grafschaft Hartenstein als Zwischenlehnsträger gegenüber dem Reich. Der seit 1550 im Ort amtierende Pfarrer Christoph Temper soll, obwohl er 1577 noch die Formula Concordiae unterschrieben hatte, am Lebensende eine gewisse Neigung zum Calvinismus gezeigt haben.9 Um dem ein Gegengewicht zu schaffen, richtete der auf Schloss Hartenstein residierende Hugo  II. Herr von Schönburg den Posten eines Hofpredigers ein, den der seit 1584 im Schloss tätige Johann Zechendorfer erhielt. Als 1587 Pfarrer Temper starb, rückte Zechendorfer ins Pfarramt nach.10 Vollzogen wurde die Taufe des Knaben in dem um 1485 geschaffenen Taufstein, der damals im Altarraum linkerhand stand.11 An seinen sechs Seitenflächen waren die weltlichen und himmlischen Patrone durch plastische Darstellungen versinnbildlicht. In dieser Kombination sind sie bezeichnend für das im ganzen Mittelalter und bis weit in die Neuzeit hinein bestehende Ineinander-

Johann Böhm und sein Geburtsort Hartenstein

greifen von staatlicher Regierungsgewalt und geistlichem Auftrag der Kirche. (Abb. 3) Dargestellt auf dem Hartensteiner Taufstein sind auf einer der Seiten die sächsischen Kurschwerter. Die Grafschaft Hartenstein war 1456/57 aus einem unmittelbaren Reichslehen zu einem sächsischen Reichsafterlehen geworden; seit der sächsischen brüderlichen Landesteilung 1485 war Hartenstein der albertinischen Linie unterstellt.12 Am Taufstein zu sehen ist weiter das Schönburgische Wappen mit seinen beiden Schrägbalken.13 Als der Taufstein angeschafft wurde, lag die Herrschaft in den Händen des Ernst I. von Schönburg, Herrn zu Glauchau und Waldenburg (um 1456–1489). Er residierte in Glauchau und hielt sich nur gelegentlich in Hartenstein auf. Die Grafschaft Hartenstein war 1406 pfandweise und 1439 endgültig in den Besitz der Schönburger gelangt. Das andere Wappen mit den horizontalen Balken dürfte, auch wenn die Anzahl der Balken nicht korrekt ist, das der Anna von Rieneck (1458–1525), der Gemahlin von Ernst I., sein.14

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2  Hölzernes Kruzifix in der Hartensteiner Kirche, Anfang 16. Jahrhundert

3  Ehemaliger Hartensteiner Taufstein, heute in der Barbara-Kapelle der Kirche zu Thierfeld, Sandstein, kurz nach 1485

4  Die Wiederbelebung der Totengebeine nach Hesekiel 37, im Hintergrund die Stadt Hartenstein, ehemalige Emporenbemalung aus der Hartensteiner Kirche, 1616, Leihgabe der Evang.-luth. Kirchgemeinde Hartenstein im Museum Burg Stein

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Die drei anderen Seiten des Taufsteins waren nicht mit heraldischen, sondern mit hagiographischen Zeichen geschmückt: die Rose steht für die Jungfrau Maria – ihr war die Hartensteiner Kirche geweiht gewesen, das Bischofshaupt steht für den Heiligen Nikolaus, Bischof von Myra, und das zerbrochene Messerrad für die Heilige Katharina von Alexandrien – für beide hatte es in der vorreformatorischen Hartensteiner Kirche je einen Altar gegeben.15 Die letztgenannte Heilige spielte in der Böhm-Familie bei der Namensgebung dann noch einmal eine Rolle. Doch zunächst soll der amtierende Pfarrer Johann Ze­ chendorfer etwas näher vorgestellt werden. In den 37 Jahren seiner Anstellung als Hartensteiner Pfarrer hat er drei Generationen der Familie Böhm erlebt und fast dreißig eigens für sie bestimmte Amtshandlungen ausgeführt. Zechendorfer (1553–1625) entstammte einer verdienstvollen, alteingesessenen Familie aus Lößnitz, der größ­ten Stadt der Grafschaft.16 Er war nach seinem Leipziger Studium und Schulmeisteranstellungen in Grünhain und Lößnitz seit 1584 in Hartenstein. Seine erste Ehefrau, Euphemia Heilwagen, hatte er sich aus Grünhain geholt; deshalb dürfte er auch mit dem dort 1584 bis 1593 amtierenden Pfarrer Hieronymus Schein bekannt geworden sein; 1586 wurde der Familie Schein in Grünhain der nachmals bedeutende Leipziger Thomaskantor und Komponist Johann Hermann Schein geboren. Pfarrer Zechendorfer legte für Thierfeld und Hartenstein die ersten Kirchenbücher an, aus denen sich die Geschichte der Böhm-Familie weitgehend rekonstruieren lässt. Die Schriftzüge und die Art der Eintragungen zeigen, dass er ein feinsinniger, gelehrter Mann gewesen sein muss.17 Dass er ein guter Prediger gewesen ist, belegen drei von ihm erhaltene, gedruckte Leichenpredigten.18 Er hatte eine treu umsorgende, auf die Mitte des Evangeliums zielende Art der Verkündigung. Mit den höfischen Umgangsformen war er gut vertraut. Als seine erste Frau 1603 starb, ließ er für sie nach dem Brauch der Zeit auf dem Hartensteiner Friedhof eine kleine Begräbniskapelle errichten, die auf der frühesten Hartensteiner Stadtansicht erkennbar ist.19 (Abb. 4) Daselbst ließ auch er sich selbst später begraben. Seine zweite Ehe war er 1606 eingegangen mit Catharina Meyerlein.20 Sowohl Pfarrer Zechendorfer als auch seine zweite Ehefrau begegnen uns unter den Paten von Johann Böhms Geschwistern.21 Der älteste Bruder des Hartensteiner Pfarrers hieß Michael (1544–1610), er war nach Lehreranstellungen in Lößnitz und Schneeberg seit 1589 Diakonus und seit

Johann Böhm und sein Geburtsort Hartenstein

1606 bis zu seinem Tode 1610 Archidiakonus in Schneeberg.22 Ihm war noch in Lößnitz 1580 der nachmals berühmte Sohn Johann geboren worden23, der seit 1610 als Konrektor und seit 1614 als Rektor in Schneeberg wirkte und seit 1617/18 bis zu seinem Tode 1662 dann Rektor der Ratsschule in Zwickau war, er darf als der bedeutendste Sprachgelehrte des 17. Jahrhunderts aus dem Erzgebirge gelten mit Kenntnissen in mehreren orientalischen Sprachen. Als seine Verwandten nach dessen Tode beim Bildhauer Johann Böhm ein Epitaph (vgl. Abb. 131–133 im Beitrag Titze) für die Zwickauer Marienkirche bestellten, hatte der Künstler es mit einer ihm wohlvertrauten Familie zu tun. Aus den Niederschriften in den Hartensteiner Kirchenbüchern lässt sich ein recht gutes Bild von den familiären und gesellschaftlichen Verbindungen der Böhm-Familie gewinnen. Die Aufgabe ist jedoch nicht ganz einfach, das mag bereits der Umstand andeuten, dass es im Jahr 1600 in Hartenstein allein fünf Personen gab, die Johann oder Hans Böhm hießen. Die zahlreich bestehenden Beziehungen der BöhmFamilie zum Herrscherhaus lassen es angebracht erscheinen, die Hartensteiner Hofhaltung näher in den Blick zu nehmen. Hugo II., Freiherr von Schönburg, Herr zu Glauchau und Waldenburg, bis 1606 regierender Herr in der Grafschaft Hartenstein, Sohn von Hugo I., war 1559 zu Waldenburg geboren.24 Er empfing eine überaus straffe Erziehung durch seinen Hauslehrer. So ist beispielsweise überliefert, dass er unter dessen Anleitung sämtliche 150 biblischen Psalmen auswendig lernte.25 Im Alter von fünfzehn Jahren bezog er 1574 die Leipziger Universität, wechselte dann an die Universität Jena, wo er – einem Brauch der Zeit entsprechend – als damals vornehmster Adliger der Bildungsanstalt im Alter von siebzehn Jahren zum Rektor ernannt wurde.26 Von 1577 bis 1579 hielt er sich in Straßburg und in Italien auf. Durch den Erbteilungsvertrag zwischen den Söhnen Hugos I. erhielt er am 21.  November 1582 die Herrschaft Hartenstein zugesprochen.27 Noch im selben Jahr, am 3. Dezember 1582, heiratete Hugo II. in Gera bei überaus feierlichem Zeremoniell, Agnes die älteste Tochter des damals bereits verstorbenen Heinrichs XVI., des jüngeren Reuß von Plauen, Herrn zu Gera und Kranichfeld (1530–1572). Sie war zur Zeit ihrer Vermählung noch nicht ganz fünfzehn Jahre alt. Deren damals erst zehnjähriger Bruder Heinrich II., – »Posthumus« genannt, weil nach dem Tod des Vaters geboren –, sollte später einer der kulturgeschichtlich verdienstvollsten Vertreter der Reuß-Familie und auch für Hartenstein noch von Bedeutung werden.28

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Da die junge Frau kränkelte, ließ Hugo II. die Rüstkammer auf dem Schloss in eine Kapelle umbauen. Innerhalb der nur fünfeinhalbjährigen Ehe des jungen Paares wurden drei Kinder geboren.29 Bereits am 1. August 1588 verstarb die Gemahlin Agnes, gerade erst 21 Jahre alt. Hugo II. vermählte sich erneut am 13. Juli 1590 in Hartenstein mit Katharina, der Tochter des Wild- und Rheingrafen Otto I. des Älteren und der Gräfin Amalie von Isenburg-Büdingen. Die Braut war zur Zeit der Eheschließung sechzehn Jahre alt. In ihrer sechzehnjährigen Ehe mit Hugo II. gebar sie zwölf Kinder. Sie überlebte ihren Gemahl um 47 Jahre. Als sie 1654 im Alter von fast achtzig Jahren starb, lebten nur noch drei ihrer Kinder, aus der ersten Ehe ihres Mannes keines mehr. Hugo II. wurde nur 46 Jahre alt. Neben wirtschaftlichen Aktivitäten30 fällt besonders seine ausgiebige, häufig durch Repräsentationspflichten veranlasste Reisetätigkeit auf.31 Außergewöhnlich viele Reisen gab es im Jahr 1606: am 25. Februar 1606 wohnte er in Dresden der Begräbnisfeier von Sybilla Elisabeth bei, der ersten Gemahlin des Kurfürsten Johann Georg I. von Sachsen, am 16. Mai war er in Augustusburg, am 1. Juni in Colditz, am 9. September in Schneeberg, am 29. September in Weimar. Dieser Rastlosigkeit setzte der zeitige Tod des vielgeforderten Hugo II. am 23. Oktober 1606 in Gera ein jähes Ende. Der durch Pfarrer Zechendorfer überlieferte Wahlspruch von Hugo II. war: »Nichts, nichts! Gott sicht’s!« Eine ganze Reihe baulicher Aktivitäten ist von Hugo II. angestoßen worden. Dabei hat er sich in starkem Maße wohl hauptsächlich des Einsatzes der M au rerFa m i l ie B öh m bedient. Ein besonders aufwendiges Projekt war der Umbau der Hartensteiner Kirche in den Jahren 1588/89. Durch eine erhaltene Abrechnung wird belegt, dass er in den Händen des Großvaters vom Bildhauer Johann Böhm lag. Dieser hieß Matthes (kurz auch Matz) Behm und wurde entsprechend seinem Beruf auch Matz Meurer (=Maurer) genannt. (Abb. 5) Bei den Arbeiten dürften ihm der Maurer Hans Behm geholfen haben, genannt »der Ältere« und vermutlich ein Bruder von Matthes, sowie Matthes’ Sohn Hans, genannt »der Jüngere«, der spätere Vater des Bildhauers. Ein weiterer Sohn des Matthes, der den gleichen Vornamen wie sein Vater trug und ebenfalls Maurer wurde, wird damals wohl noch zu jung gewesen sein. Das erste Kind, das am 24. Januar 1589 in der erneuerten Kirche getauft wurde, war die jüngste Tochter aus der Ehe des Matthes Behm mit seiner zweiten Frau Margarete. Im Gedenken daran, dass ursprünglich der Name der heiligen Catharina mit der Kirche verbunden gewesen

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5  Deckblatt der Schlussabrechnung mit dem Maurer Mattes Behm für den Hartensteiner Kirchenumbau 1588/89, Pfarrarchiv Hartenstein

war, sollte das Kind den Namen »Catharina« erhalten.32 Jedoch haben sich dann noch betreffs des Vornamens für den Täufling, wohl familiär, Bedenken erhoben, denn aus erster Ehe gab es bei den Böhms bereits eine Catharina. So wurde noch einmal eine Änderung vorgenommen und das Kind erhielt nun den Namen »Maria«. Die Arbeiten an der Hartensteiner Kirche wurden auch in den folgenden Jahren noch fortgesetzt: 1591 wurde die Kirche ausgemalt33, 1597 wurde das Kirchentor durch den Steinmetzen Martin Lebener aus Zwickau errichtet34, auch die Holzdecke mit biblischen Szenen bemalt. An der Nordseite der Kirche wurde das herrschaftliche Begräbnis angebaut.35 Den Zugang dazu gab es aus dem Kirchenschiff, flankierend standen an der kunstvollen viereckigen Pforte zwei Säulen, auf denen kleine Engelsfiguren mit den Marterwerkzeugen des Leidens Jesu (kleine Säule und Geißel, Hammer; vgl. Abb. 1 im Beitrag Titze) postiert waren. Der bereits 1601 begonnene Kirchturmbau konnte erst am 6. Juli 1615 mit dem Aufsetzen des Turmknopfes abgeschlossen werden.36 Für das Jahr 1612, noch vor Fertigstellung des Kirchturms, findet sich dann im Hartensteiner Kirchenbuch angezeigt, dass der »alte Matz Meurer sonsten Behm genannt« am 26. Mai in Penig gestorben sei. Da Penig seit 1543 im Besitz der Schönburger war, ist es gut denkbar, dass der erfahrene Maurer sich im Auftrag des Herrscherhauses dorthin begeben hatte. Matthes Böhm wurde in Penig begraben, in Hartenstein wurde für ihn geläutet und eine Leichenpredigt gehalten.37 Über seine Kinder gibt es, da die Kirchenbücher erst 1588 beginnen, nur einen einzigen Taufeintrag, nämlich den der oben genannten Catharina/Maria. An weiteren Kindern sind durch Paten- und Trauungseinträge neben dem bereits genannten Johann, dem Vater des Bildhauers, und dem Sohn Matthes noch namhaft zu machen aus erster Ehe eine Catharina, ein Barthel, ein Christoph und eine Elisabeth.

Erhard Franke

6  Taufeintrag für Johann Böhm von 1595, Pfarrarchiv Hartenstein

Bessere Kenntnisse sind dagegen über die Eltern und Geschwister des Bildhauers zu erlangen. Dessen aus Schneeberg stammende, spätere Mutter übernahm bereits als Verlobte am 12. November 1593 in Hartenstein ein Patenamt: »Catherina Georg Brauers auff Schnebergk tochter Hans Behm[ens] Sponsa.«38 Zu diesem Zeitpunkt war also die Hochzeit bereits beschlossen. »Brauer« ist als Berufsbezeichnung zu sehen. Die Trauung geschah ein halbes Jahr später am 12. Mai 1594 in Schneeberg; in der Schneeberger Eintragung erscheint der korrekte Familienname des Brautvaters: »Hans behm von hardenstein mit J. Kattarina georg Richters tochter.« 39 Den Eheleuten wurden zwischen 1595 und 1624 in Hartenstein zwölf Kinder geboren, als erstes Johannes, der spätere Bildhauer. Die Taufeintragung vom 18./19. Februar 1595 (Abb. 6) lautet: 18 Februarij die post septuages geborn 19 Febr: getaupft Hans

Anna Maria v. Geilsdorf. Hoffjungfraw an Stadt und von weg der Greffin Virgilius Jacob AmptSchösser

Meurers Behmen des Jüngern Son lein noie Johannes. Comp:

Hans Klippel Steinschneider aufm Schneb.5

Über die gesellschaftliche Stellung einer Familie vermag oft die Wahl der Paten Auskunft zu geben. Bemerkenswert bei den Paten für Johann Böhm ist, dass die als Erste genannte Gräfin Katharina die Patenschaft annahm. Sie ließ sich allerdings durch ihre Hofjungfer Anna Maria von Geilsdorf vertreten, was im Falle einer persönlichen Verhinderung möglich war. Unter der Ortsbevölkerung von Thierfeld und Hartenstein hat die Gräfin elfmal ein solches Patenamt übernommen.41 Der in der Taufeintragung an zweiter Stelle genannte Virgilius Jacob, Amtschösser, auch als Amtmann bezeichnet, war nach der Gräfin – und selbstverständlich deren Gemahl – die respektabelste Person der Grafschaft und des Ortes. Seine schwungvollen, in der frühen Zeit

Johann Böhm und sein Geburtsort Hartenstein

etwas fahrigen Schriftzüge lassen auf eine dominante Persönlichkeit schließen.42 (Abb. 7) Der dritte Pate, Hans Klippel, er heißt bei Meltzer »Klüpfel«, zeigt die Verbindung zum Herkunftsort der Mutter an. »Steinschneider« ist ein hochgeachteter, medizinischer Beruf, der auch zu damaliger Zeit eine besondere Qualifikation voraussetzte. Die Kombination – Gräfin und Amtmann treten gemeinsam als Paten auf – hat es in Hartenstein fünfmal gegeben: 1595 beim späteren Bildhauer Johann Böhm; 1597 bei Heinrich Klotz, dem Sohn des gewesenen Hartensteiner Diakonus und nunmehrigen Beuthaer Pfarrers Christoph Klotz; 1604 bei Catharina Meyer, der Tochter des Hofgärtners Simon Meyer; 1609 bei Paul Fleming, dem Sohn des Schulmeisters Abraham Fleming und nachmaligem Dichter; und 1610 bei Michael Röder, dem Sohn des gleichnamigen Kellermeisters. Welch hohe Wertschätzung ein Täufling später seinem Paten entgegenbringen konnte, wohl auch aufgrund erhaltener Förderung, ist beim Dichter Fleming zu bemerken. Er widmete als Student 1631 der Gräfin seine Nachdichtung der Davidischen Bußpsalmen, die

7  Handschrift und eigenhändige Unterschrift des Amtsschössers Virgilius Jacob, Kirchenrechnungen im Pfarrarchiv Thierfeld, 1595

111

er ausdrücklich mit einem Widmungs-Sonett an die Gräfin einleitete.43 Die zwölf Kinder aus der Familie von Hans Behm dem Jüngeren und seiner Ehefrau Catharina geb. Richter hießen44:

Gewonnene Paten aus dem Personal der Hofhaltung belegen den Kontakt, wie er bei Arbeitsaufträgen zustande gekommen sein wird. Neben dem Amtmann Virgilius Jakob 1595 – beim ersten Kind Johannes – war im folgenden Jahr auch dessen Ehefrau Magdalena be-

Kind

Name

Jahr Geburt/Taufe Bemerkung

1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12

Johannes Christophorus Georgius Alexander Bartholomeus Catharina Susanna Maria Salomon Magdalena Paulus Matthaeus

1595 1596 1599 1602 1604 1606 1609 1611 1613 1617 1620 1624

18./19. Febr. … /17. Dez. … /3. Apr. 17./18. März 5./… Aug. 2./3. Dez. 17./19. Apr. 12./13. Sept. 21./23. Aug. 9./11. Jan. 3./3. Febr. 1./3. Dez.

oo 1627 Regina Blechschmidt in Schneeberg † 7. Dezember 1604 in Hartenstein Kammerdienerin b. Amalie v. Schönburg oo 1644 Georg Hök oo  1633 Michael Albert, Schneider aus Oelsnitz † 14. September 1633 in Schneeberg

oo 1651 Christoph Hübler aus Thalheim Taufeintrag: »nach dem gros vater«

Besonders augenfällig werden die Beziehungen der Böhm-Familie zu dem Herrenhaus Schönburg, wenn die Paten aller Kinder in den Blick genommen werden: Paten aus dem Haus Schönburg und dessen Verwandtschaft bei Böhm-Kindern Pate Hugo II. von Schönburg, Herr zu Glauchau, Waldenburg und Hartenstein

Kind

Jahr

4

1602

Katharina geb. Wild- und Rheingräfin 1 1595 Elisabeth Gräfin von Isenburgk-Büdingen, Verwandte der Gräfin

3

1599

Joachim Graf von Schlick, deren späterer Gemahl

3

1599

Anna Dorothea von Schönburg, Tochter 1. Ehe

4

1602

Im Vergleich: Beziehungen zu Fleming

Patin von Paul Fleming 1609 Flemings Bußpsalmen 1631 (420 Verszeilen)

Anna Maria von Schönburg, 8 1611 Tochter 2. Ehe

Patin von Sabina Fleming 1612 und deren Tochter Anna Maria Scharschuch 1642 in Schneeberg

Hans Wolf von Schönburg, Sohn 2. Ehe

Pate von Paul Fleming

9

1613

Amalia von Schönburg, Tochter 2. Ehe

11

1620

Maria Juliane von Schönburg, Tochter 2. Ehe

10

1617

Veit von Schönburg, Sohn 2. Ehe

10

1617

Agnes von Schönburg, Tochter 2. Ehe

12

1624

112

Flemings Trauergedicht 1630 (110 Verszeilen)

Hochzeitsgedicht 1631 (406 Verszeilen)

Erhard Franke

reit, das Patenamt zu übernehmen. 1624, beim letzten Kind Matthaeus, fand sich der Amtmann Johann Hölzel zum gleichen Dienst bereit. Er war zuvor Hauslehrer am Hof gewesen, ehe er die Nachfolge von Virgilius Jacob angetreten hatte. 1613 ist der Hofmeister Hans Christoph Hünerkopf unter den Paten zu finden und 1624 der Hofmeister Ernst Christoph von Güntherroth. 1606 stehen der Hofjunker Joachim von Mehl und 1613 die Hofjungfer Maria von Rechenbergk mit am Taufstein. Unter den Paten sind auch 1596 der Kellermeister Michael Röder, 1606 Dorothea, die Ehefrau des Jägers Wenzel Schubert und 1620 der Hofschneider Georg Hartmann zu finden. Aus dem Ort wurden Paten gewählt, die Ansehen hatten oder durch persönliche Beziehungen verbunden waren: 1602 der Pfarrer Johann Zechendorfer und 1617 dessen Ehefrau Catharina, 1609 die Pfarrerswitwe Susanna Chrysilippus, ihr Ehemann war Pfarrer in Lugau gewesen und zuvor Lehrer in Hartenstein, sie war eine Tochter des Kellermeisters Michel Röder und heiratete 1610 Matthaeus Behm, den Oheim des späteren Bildhauers. Weitere Paten waren 1596 der Wagner Barthel Brill, 1604 der Fleischer Christoph Höckerich, 1609 Catharina Rabenstein, die Ehefrau des Böttchers und Richters Christoph Rabenstein. 1620 ist unter den Paten der Müller Wolf Richter zu finden, seine Brüder Lorenz und Erasmus gewannen 1625 den Bildhauer für die Mitarbeit an dem von ihnen neuerbauten Gasthaus. Paten aus Schneeberg spiegeln die weiterbestehende Verbindung zum Herkunftsort der Mutter: Außer dem Steinschneider Hans Klippel/Klüpfel im Jahr 1595 wurden 1599 der Maurer Martin Maltz, 1606 Catharina, die Ehefrau des Christoph Rudorff, 1611 Maria, die Ehefrau des Caspar Weck, und der Schreiber Georg Meder45 gewählt. Aus Wildenfels kamen 1604 Judith, die Ehefrau des Schafmeisters Melchior Schauer, und aus Schwarzenberg 1609 der Müller Paul Schort. Die so zahlreich besonders aus der re g ierenden Fa m i l ie gewonnenen Paten lassen sich nur mit einer herausgehobenen Vertrauensstellung erklären. Die dürfte durch häufig erbrachte Bauleistungen veranlasst sein. Ab 1602 kam ein noch engerer Kontakt zustande: Catharina Behm, die Mutter des Bildhauers, wurde zur Amme gewählt für den am 17. November geborenen Veit von Schönburg.46 Obwohl die Maurersfrau bereits vier eigene Kinder hatte, vertraute man ihr diese Aufgabe an, was auch als ein Zeugnis für ihre gute körperliche Verfassung gesehen werden darf. So wird man sich auch die Wohnung der Böhm-Familie in der Nähe der Schlossanlage vorstellen dürfen. Beim Aufenthalt in den

Johann Böhm und sein Geburtsort Hartenstein

herrschaftlichen Räumen wird die Pflegemutter Kontakt gehabt haben mit dem übrigen Dienstpersonal. Einige Namen von weiteren Kinderfrauen und Dienerinnen sind bekannt 47, unter ihnen waren auch solche mit bedeutenden Nachkommen: bis zu ihrem Tod 1601 war als Kinderfrau auf dem Schloss angestellt gewesen die Witwe des Zwickauer Baders Martin Daum, sie war die Großmutter des späteren hochbedeutenden Zwickauer Ratsschul-Rektors Christian Daum, des Nachfolgers von Rektor Johann Zechendorfer.48 Dorothea Müller aus Gera, die spätere Mutter des Dichters Paul Fleming, ist ebenfalls um diese Zeit bei der Gräfin als Dienerin beschäftigt gewesen.49 Am 24. Februar 1607 heiratete sie den Schulmeister Abraham Fleming, der als Kantor nicht nur in oppidulo, dem »Städtlein«, sondern bei Betstunden auch auf dem Schloss zu amtieren hatte. Die Unterweisung der jungen Barone und Baronessen oblag indessen nicht dem Ortsschulmeister, sondern von 1604 bis 1615 dem Praeceptor aulicus Nicolaus Günther, gebürtig aus Schlackenwald.50 Der spätere Bildhauer war zur Zeit, als seine Mutter den Ammen-Dienst versah, bereits sieben Jahre alt und wird das im Schloss ablaufende Geschehen aufmerksam verfolgt haben. Als Kind kann er den Hofmeister Georg Samson von Berbisdorf noch kennengelernt haben.51 Für die Wirtschaft gab es einen Kellermeister, einen Hofkoch, einen Hofbäcker, eine Käsemutter, einen Vogelfänger und Fischer, einen Kutscher, einen Hofdrescher, einen Hofgärtner, einen Hofschneider, eine Waschmagd, eine Viehmagd, einen Stubenheizer, auch eine Schließerin wird später genannt. Außerhalb des Ortes lag das herrschaftliche Vorwerk, das von einem Schafmeister geführt wurde, ihm waren auch Knechte unterstellt.52 Die Gräfin Katharina war nach dem Tode ihres Mannes bemüht, das Hauswesen zusammenzuhalten. Noch in der für sie bei ihrer Beerdigung 1654 vom Stadtpfarrer Balthasar Marschner gehaltenen Leichenpredigt rühmt dieser von der Achtzigjährigen die bis dahin gut erhaltenen Leibeskräfte und das vorzügliche Gedächtnis und schreibt es zu dem Gebet und Wundschsegen armer Unterthanen / und anderer Christlicher Hertzen / Geistlicher und Weltlicher / wie auch armer Leute / die etliche Meilsweges herumb Ihre wohlselige Gn. wie Kinder eine fromme Mutter / angelauffen / und vielfältige Hülffe / Rath und Trost erlangt haben / auch allerlei Dürfftigkeit / und auch Kranckheit / also daß bey Ihr Gräffl. Gn. wie eine freye Hauß-Apotheke gewesen / von gebrandten Wassern / Kräutern und gemeinen Mitteln

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/ die iedermänniglich mitgeteilet sind / von welcher Brauch durch Göttlichen Segen / mancher sieche Mensch genesen / und Besserung empfunden….

Pfarrer Marschner vergleicht sie auch mit der in der Apostelgeschichte genannten Tabea, die Kleider und Röcke für Bedürftige nähte: Gewißlich / eine solche gutthätige Tabaea ist unsere wohlselige Fraw Gräffin auch gewesen… Ja es könten zur noth hergestellet werden Witben / Waysen / und Armen / mit Röcken und Kleidern / die von dero Gräffl. Gn. Mildigkeit und Gutthätigkeit sind herkommen unnd gemacht worden.53

Dass diese Schilderung über die vielfältige Wohltätigkeit den Tatsachen entsprach, spiegelt sich punktuell auch in Kirchenbucheinträgen, die bereits vor Pfarrer Marschners Dienstzeit datieren.54 Es darf mit großer Sicherheit angenommen werden, dass die Gräfin sich in Vermittlung, Fürsprache und Unterstützung für ihre Patenkinder einsetzte, so auch für Johann Böhm. Die Regierungsaufgaben waren ihr jedoch nicht übertragbar. Da die Kinder von Hugo II. beim Tode ihres Vaters noch unmündig waren, wurde es nötig, Vormünder zu bestimmen. An erster Stelle kam dafür in Betracht Veit, Herr von Schönburg-Lichtenstein (1563–1622), der Bruder des Verstorbenen.55 Die Gräfin Katharina bat aber auch noch den Kaiser Rudolf  II., dem auf dem Sterbebett von ihrem Ehemann geäußerten Wunsch zu entsprechen und als Vormund Heinrich II. jüngeren Reuß von Plauen, Herrn zu Greiz, Kranichfeld, Schleiz, Gera und Lobenstein, genannt »Posthumus«, einzusetzen. Er war, wie bereits bemerkt, der Bruder der ersten Gemahlin von Hugo II. gewesen und zu diesem Zeitpunkt 35 Jahre alt. Am 8. März 1607 erging vom Kaiser eine derartige Aufforderung an Heinrich II. den jüngeren Reuß, dem Wunsch der Gräfin Katharina zu entsprechen. In der Folgezeit liefen Hartensteiner Entscheidungen vorübergehend mit über das Haus Reuß. Seinen Niederschlag fand das etwa auch darin, dass Hartenstein in der öffentlichen Wahrnehmung als zum »Vogtland« gehörig angesehen wurde. So wird Paul Flemings Herkunft in der Leidener Universitätsmatrikel noch 1629 angegeben mit »e Voochtlandia iuxta Misniam« 56 und das Titel-Portrait in der Gesamtausgabe seiner Deutschen Gedichte nennt ihn »Hartensteinen [sis] Variscus«. Heinrich II. Reuß Posthumus war eine hochgebildete, als Berater geschätzte Persönlichkeit.57 Er hat im Laufe seines Lebens insgesamt sechs Vormundschaften übernommen. Stark ausgeprägt war bei ihm die Liebe zur

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Musik, die er oft selbst bis in Einzelheiten für Gottesdienste und Feste vorplante, ja dabei sogar gelegentlich selbst die Direktion übernahm. Bekannt geworden ist er in der Musikgeschichte durch seine Beziehungen zu Heinrich Schütz, bei dem er am Ende seines Lebens die für sich selbst bestimmte, genau vorgezeichnete Sterbemusik58 in Auftrag gab. Im Hartensteiner wirtschaftlichen und kulturellen Leben hinterließ seine Wahl als Vormund mehrfach Spuren. Sicherlich wird er die Universitätsstudien und Kavaliersreisen der fünf Schönburg-Söhne angeregt haben. Zwei von ihnen, – Hans Wolf und Hugo –, starben im April 1616 in Paris. Die verbliebenen drei Söhne, Otto Albert, Veit IV., für den Johann Böhms Mutter die Amme gewesen war, und Christian Heinrich, bezogen 1619 die Universität Jena und wechselten noch im Wintersemester desselben Jahres an die Universität Leipzig.59 Künstlerische Aktivitäten auf dem Schloss sind vereinzelt aus Kirchenbucheintragungen erschließbar, so übernahmen 1614 ein »organicer und Diener« und 1620 ein von Saalfeld stammender »Seidensticker aufn Schloß« ein Patenamt.60 Aus Saalfeld wurde 1624 auch eine neue Orgel für die Kirche der Stadt abgeholt, erbaut war sie worden von Esaias Compenius d. J. aus Halle. Der von Heinrich II. Posthumus seit 1622 bis 1635 vorangetriebene Umbau der Schleizer Bergkirche zeitigte dann noch viel später (1657/58) für Böhm den Auftrag zur Ausschmückung des dortigen Herrschaftstuhles.61 In Hartenstein blieb die Verbindung zu den Reußen auch nach dem Mündigwerden der Schönburg-Kinder bestehen. So hat beispielsweise für die Hochzeit der jüngsten Schönburg-Tochter Agnes im Jahr 1632 Heinrich  II. Posthumus das gesamte, ungewöhnlich aufwendige Zeremoniell bis in kleinste Einzelheiten ausgearbeitet.62 (Abb. 8) Die Verbindungen zum Haus Reuß wurden noch stärker bekräftigt am 20. Oktober 1638 in Hartenstein durch die Heirat des regierenden Otto Albert, Herrn von Schönburg, mit Ernesta, der jüngsten Tochter des inzwischen verstorbenen Heinrich  II. Posthumus, jüngeren Reuß. Von ihm wird zu seinen Lebzeiten noch die Anregung gekommen sein, in Hartenstein eine kleine Hofkapelle zu gründen, die von etwa 1635 bis 1641 bestanden hat, jedoch wegen der Pest63 und aufgrund der Kriegsläufte wieder aufgelöst wurde. Namentlich sind aus dieser bekannt: der Küchenschreiber und Lautenist Christian Scharschuch. Nach seiner Heirat 1641 mit Sabina Fleming64, der Schwester des Dichters und Dienerin

Erhard Franke

8  Ansicht der Stadt Hartenstein, Titelseite auf einer Gratulationsschrift zur Schönburg-Hochzeit 1632, Kupferstich, Ratsschulbibliothek Zwickau

bei Anna Maria von Schönburg65, übersiedelte er nach Schneeberg, wo er als Lautenist und Stadtpfeifer weiter tätig war.66 Christian Krüger ging 1642 nach Dresden zurück, wo er zuvor bei Heinrich Schütz Kapellknabe gewesen war und von diesem nun weitervermittelt wurde. Geleitet wurde die kleine Kapelle vom Schlosskantor und Schütz-Schüler Jonas de Fletin, einem Sohn des Torgauer Bildhauers Samuel de Fletin; nach seinem Abschied aus Hartenstein wirkte er kurzzeitig in Eibenstock und dann in Arnstadt von 1644 bis 1665 verdienstvoll als Kantor. Unter den von ihm in Arnstadt ausgebildeten Schülern waren Glieder der Familie Bach, u. a. der Vater von Johann Sebastian Bach.67 Im Hartensteiner Schloss wurde in der Folgezeit die Musik wieder von den Stadtkantoren betreut, die seit 1668 den Titel »Hof- und Stadtkantor« trugen. Seit der Einführung der Reformation in den Schönburgischen Herrschaften am 18. Oktober 1542 war das städtische S c hu l w e s e n belebt worden. Ein Schul-

Johann Böhm und sein Geburtsort Hartenstein

meister ist in Hartenstein zwar schon 1543 bezeugt68, das verstärkte Bildungsbemühen wird jedoch erkennbar an dem Bau einer Schule kurz vor 1555 (das heutige »PaulFleming-Haus«).69 Seitdem sind die Hartensteiner Schulmeister, die zugleich Kantoren waren, bis in die zweite Hälfte des 18. Jahrhunderts meist Anwärter fürs Pfarramt gewesen und hatten durchweg ein Universitätsstudium, meist das Leipziger, aufzuweisen. Der Schulbesuch der Kinder war zwar eindringlich von der Herrschaft gewünscht, aber noch keine Pflicht. In Hartenstein gab es um 1600 etwa hundert Ehepaare jeden Alters, und etwa sechzig schulfähige Kinder. Johann Böhm, der spätere Bildhauer, kann als Lehrer Petrus Chrysilippus gehabt haben, den späteren Pfarrer von Lugau70; weiterhin Simon Rabenstein, den späteren Pfarrer von Beutha, und Johannes Kretzschmar, kurzzeitig Schulsubstitut in Hartenstein, nachmals Diakonus von Reinsdorf, anschließend Pfarrer von Härtensdorf; und als letzten Lehrer noch Abraham Fleming, den Vater des Dichters. (Abb. 9) Der Unterricht begann im Sommer 6 Uhr, im Winter 7 Uhr oder sobald es hell wurde.71 Gelernt wurden Lesen und Schreiben sowie biblische Geschichte, wobei Böhm seine später behandelten geistlichen Themen kennenlernte. Gründlich unterrichtet wurde auch der Katechismus, der in sogenannten Katechismus-Examina während der Fastenzeit sonntags nachmittags abgefragt wurde. Als Belohnung für ihre Leistungen erhielten die Kinder dann Brezeln. In den Sonntagsgottesdiensten früh 9–11 Uhr und nachmittags 13–15 Uhr waren Singedienste auszuführen, ebenso in der Mittwochs-Betstunde im Sommer 6 Uhr, im Winter 7 Uhr oder sobald es hell wurde, wonach der Schulunterricht begann. Auch bei Beerdigungen hatten die Knaben Singedienst.72 Die Grundlagen der Singkunst wurden den Kindern sorgfältig vermittelt. Das belegt der ehemalige Hartensteiner Kantor Johannes Colhardt, späterer Pfarrer von Silbitz, der 1605 eine Musiklehre im Druck herausgab und darin ausdrücklich die von ihm in Glauchau und Hartenstein praktizierte Unterweisung erwähnt.73 Begabte Kinder wussten die Lehrer weiterzuvermitteln, wie es das Beispiel des aus Hartenstein stammenden Stettiner Hofkapellmeisters Christoph Stecher (1577–1640) zeigt.74 Der Knabe Johann Böhm wird als Sänger dabei gewesen sein, als am 7. Dezember 1604 sein zweijähriger Bruder Alexander begraben wurde. Besonders eindrücklich wird dem Knaben die Beerdigung von Hugo  II. Herrn von Schönburg am 11. November 1606 gewesen sein; dieser wurde in der herrschaftlichen Gruft beigesetzt, die er wenige Jahre zuvor hatte erbauen lassen.

115

9  Die ehemalige, kurz vor 1555 erbaute Hartensteiner Schule im heutigen Zustand, Geburtshaus des Dichters Paul Fleming, als Schule genutzt bis 1848

Außergewöhnlich war auch der Gottesdienst am Sonntag, dem 4. Oktober 1607, mit der Trauerpredigt für den in Florenz gestorbenen Wolf Friedrich von Trützschler.75 Er war der Sohn des Hildebrandt Eichelberg von Trützschler, der die Burg Stein von den Schönburgern zu Lehen hatte, die Mutter Sabina war eine geborene Bose.76 Johann Böhm hat später mehrere Aufträge der Familie Bose auszuführen gehabt. Carl von Bose war der Vetter des Verstorbenen, er veranlasste die Bildhauer-Arbeiten für Netzschkau (vgl. Abb. 121–126 im Beitrag Titze) und Ehrenhain, auch das Grabmal für die eigene Gemahlin in der Marienkirche Zwickau (vgl. Abb. 24–34 im Beitrag Titze), dessen Bestimmung dann auf ihn selbst ausgeweitet wurde. Etwa 1607/08 wird der zwölfjährige Johann Böhm den Ort verlassen und seine Ausbildung als Bildhauer begonnen haben. Zu vermuten ist dies aus dem damals allgemein zeitigeren Arbeitsbeginn und der später von ihm selbst bei seinem Sohn Johann Heinrich geübten Praxis.77 Ungewiss ist, ob er als Jugendlicher noch den seit 1609 bis 1618 in Hartenstein nachweisbaren Michael Hermann kennengelernt hat, dessen Beruf in den Kirchenbucheintragungen mit »Apostelmacher« angegeben wird. Diese Bezeichnung legt eine bildhauermäßige Betätigung nahe.78 Auffällig ist in seiner Familie das zweimalige Auftreten des seltenen Vornamens Zacharias.79 In der nachmals für Sachsen bedeutsamen Bildhauerfamilie Heermann

116

ist dieser Vorname ebenfalls gleich mehrmals zu finden. Eine etwaige Verwandtschaft wäre in Betracht zu ziehen.80 Der Apostelmacher Michael Herrmann und seine Hartensteiner Nachkommen Spätestens im Mai 1619 war Johann Böhm von seiner Wanderschaft zurück in Hartenstein, denn am 22. Mai übernahm er hier eine Patenschaft und wird – inzwischen Michael Herrmann   oo    Eva Drummer aus früherer Ehe

fünfte Ehe

Magdalena  * 21. Aug. 1618 Zacharias Herrmann OO  16. Okt. 1609 Maria Sommer † 18. März 1620 † 13. Sept. 1641

Friedrich  */† 1610

Dorothea  * 1612 † 1621

 Rosina  * 1614

 Zacharias  * 1616

 Maria  * 1616  † 1620

Erhard Franke

10  Die ehemalige Gaststätte »Weißes Ross« in Hartenstein

24 Jahre alt – »Bildhauer« genannt. Seine Ausbildungszeit in der Fremde könnte also zehn bis zwölf Jahre gedauert haben. Zwischen 1609 und 1617 war die Schar seiner Geschwister noch um vier angewachsen, bei der 1617 geborenen Magdalena wählten die Eltern neben zwei anderen Paten den inzwischen vierzehnjährigen Veit von Schönburg zum Paten, für den die Mutter Catharina Böhm einst Amme gewesen war. Um 1622 wird Böhm seinen Wohnsitz in Schneeberg genommen haben. Von dem 1618 begonnenen Krieg war zunächst in Hartenstein und der Umgebung noch nichts zu spüren. Jedoch litt die Bevölkerung zwischen 1620 bis 1624 unter dem starken Verfall des Geldwertes.81 Im Jahr 1624 gab es in Hartenstein dann gleich zwei einschneidende Ereignisse. Der kaiserliche Obrist Melchior von Kayn hatte in Niedersachsen 1000 Pferde erworben und kam bei seinem Zug nach Böhmen durch Hartenstein. Am 26. Januar zündeten die Soldaten das Schönburgische Vorwerk an, es verbrannten 200 Schafe und zehn Pferde.82 Am 2.  Dezember ereignete sich das für die Stadt noch größere Unglück. Zwei junge Männer hatten aus Zorn, weil sie im Spiel verloren hatten, eine Scheune angezündet. Dem sich ausbreitenden Feuer fielen 28 Häuser, darunter das Rathaus, und vierzehn Scheunen zum Opfer. Rings um den Markt waren sämtliche Häuser betroffen, auch das Schulhaus war in Mitleidenschaft gezogen.

Johann Böhm und sein Geburtsort Hartenstein

Bewegend ist der Lebenslauf der Brandstifter. Christian Korn, 19 Jahre alt, war ein Sohn aus zweiter Ehe des Schneiders und Gerichtsschöppen Paul Korn, der Vater war gestorben, als der Junge elf Jahre alt war. Bereits das Ende eines Halbbruders aus der ersten Ehe des Vaters war tragisch: Paulus, der 1602 als Schneidergeselle auf seiner Wanderschaft in Ingolstadt mit katholischen Schneidergesellen eines Abends in Streit über Religionsfragen geraten war, war am nächsten Morgen in seiner Herberge mit Schaum vor dem Mund tot im Bett aufgefunden worden.83 Der andere Brandstifter war der dreißigjährige Kürschner Christoph Schneider, der 1621 geheiratet hatte. Bei der Geburt seines zweiten Kindes 1623, eines bald wieder gestorbenen Sohnes, weilte er in Calbe als Soldat des Christian Wilhelm von Brandenburg, Bischofs von Halle und Administrators von Magdeburg. Als das dritte Kind am 20. August 1624 geboren wurde, war er wieder in Hartenstein. Die beiden Brandstifter wurden nach eingeholtem Gerichtsurteil am 19. Juli 1625 verbrannt. Zurück blieb die Ehefrau Gertrud Schneider mit zwei Kindern im Alter von vier und knapp einem Jahr. Ihr Bruder Gregor Weber war mit Elisabeth Behm, einer Schwester von Johann Böhms Vater, verheiratet. Für Johann Böhm hatte der Stadtbrand insofern Auswirkungen, als in der Folge davon ein Hartensteiner Auftrag für ihn erwuchs. An der Nordostseite des Marktes war auch die älteste Gaststätte der Stadt

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11  Originale Bekrönung des Portals am »Weißen Ross«, heute im Fleming-Haus

ein Raub der Flammen geworden.84 Zur Zeit des Stadtbrandes war sie im Besitz der Familie Richter. Der Müller Wolf Richter (1538–1619), dessen Mühle in der Niederstadt lag, war eine angesehene Persönlichkeit. Er gehörte dem Rat an, war Stadtrichter, und sein Fleiß ermöglichte es ihm, drei seiner neun Kindern studieren zu lassen.85 Wolf Richters gleichnamiger Sohn, der ab 1604 in Leipzig studierte, hat 1620 eine Patenschaft beim elften Kind der Maurer-Familie Böhm übernommen. Der Bruder Laurentius Richter, gleichaltrig mit dem Bildhauer Johann Böhm, war tätig als Gerichtsschöppe und zudem Kirchenältester, was seinerzeit »Gottsvater« genannt wurde. Er starb zwischen 1633 und 1635. Die Zwillingsbrüder Erasmus und Paulus Richter besuchten die Ratsschule in Zwickau, 1616 die Tertia und seit 1617 unter dem Rektor Johann Zechendorfer die Secunda.86 Noch im selben Jahr begannen sie in Leipzig zu studieren, Erasmus setzte 1619 in Jena sein Studium fort. Erasmus wurde Amtsschreiber, das war der zweithöchste Posten nach dem Amtmann; er war auch Notar, später auch Gastwirt und Stadtrichter.87 Einige von ihm verfasste Gelegenheitsgedichte belegen seine poetischen Fertigkeiten.88 (Abb. 10) Auf dem Schriftschild, das der Engel über dem Portal der Richterschen Gaststätte, heute »Weißes Ross«, hält, sind unter den Initialen die Buchstaben L. R. und E. R. zu finden. Sie bezeichnen die beiden Brüder Laurentius und Erasmus Richter, die den Bau veranlassten. In einer unvorstellbaren Aktivität war sofort nach dem Stadtbrand mit dem Wiederaufbau zahlreicher Gebäude begonnen worden. Das Holz für die Balkendecke in der Schule, dem heutigen Fleming-Haus, wurde noch im Dezember 1624 gehauen. Eine Jahreszahl im »Weißen

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Ross« deutet ebenfalls auf den Baubeginn 1624 hin. Die Gebrüder Richter ließen es sich angelegen sein, etwas ganz Stattliches zu schaffen. Das Wertbewusstsein des aufstrebenden Bürgerstandes gab ihnen die Richtung vor. Immerhin war die Richter-Familie mit den namhaftesten Persönlichkeiten der Umgebung, darunter mehreren Pfarrerfamilien, befreundet und sogar verschwägert. So stand 1626 der Zwickauer Rektor Johann Zechendorfer beim dritten Kind von Laurentius Richter Pate.89 Verbindungen gab es auch zum Wechselburger Schönburgischen Amtshauptmann Jeremias Aeschel. Dieser durfte den Titel eines kaiserlichen Pfalzgrafen führen. 1631 krönte er den Dichter Paul Fleming zum kaiserlichen Poeten, Fleming ehrte ihn mit mehreren Gedichten. Der Hallenser Musiker Samuel Scheidt schrieb für Aeschel eine Komposition zu dessen ersten Hochzeit, die zelebriert wurde von dem inzwischen in Wechselburg als Hofprediger angestellten Abraham Fleming. 1633 war Aeschel Trauzeuge bei der zweiten Vermählung von Erasmus Richter und 1636 Taufpate.90 Den Bau des »Weißen Rosses« dürfte Hans Böhm überwacht haben. Er war zu dieser Zeit der maßgebliche Baumeister in Hartenstein. Das steinerne Portal am »Weißen Ross« schuf sein Sohn, der Bildhauer, im Alter von dreißig Jahren. Es bezeichnet zugleich den Abschluss des Baues: »3. Mai 1625.«91 Das stattliche Gebäude spricht von einer eindrucksvollen Geschichte, vom Fleiß gewissenhaften Strebens und nicht zuletzt von der Grundlage allen segensvollen Bestehens, nämlich mit dem über dem Portal eingemeißelten Psalmwort: »Wohl dem Volk, dessen der HERR ein GOTT ist.«92 (Abb. 11) In den 1620er Jahren kamen vermehrt Exulanten aus Böhmen und den österreichischen Kernlanden, die ihre Heimat verlassen mussten, wenn sie nicht zur katholischen Konfession wechseln wollten. Die Familie Richter pflegte guten Kontakt mit ihnen. Da war etwa der von 1631 bis Mai 1636 in Hartenstein tätige Amtmann Sebastian Span, bedeutsam durch mehrmals aufgelegte Schriften über Rechtsfragen im Bergbau.93 Sein Sohn Sigmund Span, Doktor beider Rechte und Reußischer Rat in Greiz, übernahm 1638 ein Patenamt bei Erasmus Richters Tochter Dorothea. Aus Völkermark in Österreich war der Pfarrer Christoph Trebsius ausgewiesen worden. Geboren in Schneeberg, war er nach seiner Vertreibung aus Österreich zunächst von 1629 bis 1634 Diakonus in Hartenstein, anschließend in Lößnitz gewesen, ehe er 1636 die Wildbacher Pfarrstelle übernommen hatte. Wolf Richter heiratete 1642 in zweiter Ehe dessen Tochter Anna Jacobina. In dritter Ehe heiratete er 1652 Euphemia, die Tochter des

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Matthaeus Hammer, der aus Abertham stammte und als Exulant schon einen weiten Weg hinter sich hatte. Er war noch zwanzig Jahre – von 1647 bis 1667 – Kantor in Hartenstein und fand durch seine mehrfach aufgelegten Schriften Anerkennung als Literat.94 Zwei Jahre nach Fertigstellung des Richterschen Gasthauses, heute »Weißes Ross«, heiratete auch Johann Böhm.95 Wie bereits bei seinem Vater stammte die Braut aus Schneeberg, die Tr auu n g fand am 4. Juni 1627 in Schneeberg statt, das Paar wurde vorher in Hartenstein aufgeboten.96 Böhm hatte inzwischen das Bürgerrecht in Schneeberg erworben und im Jahr seiner Heirat ein Haus von Ulrich Röhling gekauft97, für dessen 1623 verstorbene Ehefrau er ein Epitaph in der Wolfgangskirche gesetzt hat. Die Braut Regina Blechschmidt war eine Tochter des Handelsmannes und Ratsherren Hans Blechschmidt. Bei den beiden in Hartenstein für das Aufgebot verzeichneten Trauzeugen ist außer dem Vater des Bräutigams auch ein Anthonius Agricola genannt, was unsere Kenntnis über den Bekannten- und Freundeskreis des Paares erweitert. Agricola war Schneeberger Bürger und Hammerherr in Neidhardtsthal.98 Durch die Heirat mit Regina Blechschmidt war Johann Böhm seit dem 14. September 1630 verschwägert mit der Familie Heyden. Der Vater seines Schwagers M. Christian Heyden99 war der Schneeberger Stadtpfarrer Fabian Heyden, der dieses Amt dreißig Jahre lang von 1614 bis 1644 ausübte und drei der Böhm-Kinder taufte. Die Taufen der fünf Böhme-Kinder in Schneeberg fanden statt:   • am 24. August 1628 für Johannes Christoff;   • am 4.  Mai 1631 für Anna Regina, Patin: Regina Heyden, die Ehefrau von Pfarrer Heyden,   • am 6.  Juli 1636 für Hans Heinrich, den späteren Bildhauer;   • am 18. Dezember 1638 für Anna Catharina;   • am 9. Juli 1645 für Benjamin, den späteren Bildhauer. .

Alle diese Geburten und Taufen fallen in die Zeit des Drei ßi g jä h r i g en K r ie g e s , der auch Schneeberg und Hartenstein berührte. Christian Lehmann berichtet in seiner Kriegschronik von abscheulichen Gräueltaten, auch Meltzer bringt einen Abriss der Geschehnisse in seinem »Historischen Schauplatz«. Dem anreihen lassen sich Schilderungen von Zeitzeugen. Auf halbem Wege zwischen Schneeberg und Hartenstein liegt das Dorf Wildbach. Dort wirkte von 1628 bis 1635 der aus Schneeberg stammende Pfarrer Christian Köhler.100 Er

Johann Böhm und sein Geburtsort Hartenstein

fügte seinen Kirchenbucheintragungen kurze jährliche Situationsberichte bei, so über den Einfall des kaiserlichen Generalwachtmeisters Heinrich von Holck vom 15. bis 20. August 1632 in die Gegend um Zwickau, Schneeberg, Aue, Lößnitz und Zwönitz:101 … ist er [Holck] mit seinem Volck nach Schneebergk gezogen, dem er gantz und gar ausgeplündert, und die köstlichen Kirchenschätze mitgenommen. Von dannen hat sich das Volck zu ross undt fus in die umbliegenden Dörffer ausgetheilet, und alles geplündert, sie haben auch viele Bürger und Bauern übel tractiret, sie mit händen und füssen gebunden, aufgehencket, etliche mit vergiften waffen tödtlich verwundet, das auch keins wiederumb hatt können genesen… Mit den armen Weibspersonen sind sie übel umbgangen, haben etliche gantz mit sich weg geführet und sie hernach als arme Krüpel wieder nach hause geschicket. Und weil sie so gantz unbarmherziger Weise mitt dem Volck umbgiengen, als haben sich mann und weibspersonen in die Wälder unter Steinfelsen verkrochen, darinnen sie doch nicht sicher vor ihnen haben bleiben können, sondern sindt mit hunden undt vielfeltigen schreckschössen aufgetrieben und durch die Mulde gejaget worden, daruntter auch ich mit meinem lieben weib und kindt zwo mahlen gewesen bin…

Solchen soldatischen Misshandlungen erlag in den Augusttagen 1632 auch Simon Rabenstein102, ehemali­ ger Lehrer Johann Böhms und seinerzeitiger Pfarrer von Beutha. Der andere Lehrer Böhms, Johannes Kretzsch­ mar, inzwischen Pfarrer von Härtensdorf, wurde in diesen Tagen bei Stein an der Mulde von kaiserlichen Soldaten erschossen.103 Köhler, der ein Kenner der Schneeberger Verhältnisse war, dürfte übrigens auch als Ver m it t ler für Johann Böhm tätig gewesen sein, denn nach seiner Wildbacher Zeit hatte er noch 51 Jahre – von 1636 bis 1687 – die Pfarrstelle in Großolbersdorf inne. Johann Böhm schuf für die dortige Kirche 1653 den Altar. (vgl. Abb. 10 im Beitrag G. Vogel) Eine ähnliche Vermittlerrolle lässt sich von dem Pfarrer Christian Schindler vermuten, der im Anschluss an Fabian Heyden von 1645 bis zu seinem Tode 1669 in Schneeberg amtierte. Zuvor war er nach abenteuerlichen Schicksalswegen104 von 1634 bis 1645 Pfarrer in Wolkenstein gewesen. Er könnte die Arbeit für Wolkenstein mit angeregt haben. (vgl. Abb. 33 im Beitrag G. Vogel) 1648 wurde sie abgeschlossen. Seit seinem Dienstantritt 1645 in Schneeberg wird Schindler intensiv die Rückführung der geraubten Schneeberger Cranachschen Altarbilder mitbetrieben haben. An deren Heimholung und an der Ausstattung des Altars mit vergoldetem Schmuckwerk

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war auch Johann Böhm beteiligt.105 Bei der feierlichen Wiedereinweihung 1650 hielt Pfarrer Schindler die Festpredigt, als Kirchenmusiker assistierte ihm der Kantor Jacob Ziegler, der seit 1636 in Schneeberg angestellt war und zuvor fünfzehn Jahre Kantor in Hartenstein gewesen war.106 Unter den Musikern war auch der vormals in Hartenstein tätige Schwager von Paul Fleming, Christian Scharschuch. Der gedruckten Festpredigt ist das musikalische Programm beigegeben; es weist eine Reihe überaus anspruchsvoller Werke der besten damaligen Meister aus. An der Orgel amtierte bei diesem Festgottesdienst Samuel Hanel. Er wurde 1660 auf seinem Posten abgelöst von Jeremias Zschuck, der zuvor etwa vier Jahre in Hartenstein Küchenschreiber und Organist gewesen war. Den Orgeldienst in Schneeberg versah er noch 57 Jahre, bis 1717.107 Seit 1654 hatte die Schneeberger Hauptorgel, die sogenannte »Grüne Orgel«, einen Prospekt mit Engelfiguren von Johann Böhm. Der Großvater von Zschuck, Joachim Zschuck, hatte bereits 1625–28 Restaurierungsarbeiten an der Orgel ausgeführt. So und ähnlich gab es in Böhms gesamter Schneeberger Zeit ständig B er ü h r u n g spu n k te u nd Verbi ndu n g e n mit Menschen, die seinen Geburtsort Hartenstein kannten. Für den 14. September 1633 ist in Schneeberg die Beerdigung von Böhms Schwester Maria aus Hartenstein verzeichnet: am 12. September wäre ihr 22. Geburtstag gewesen. Die Todesursache und die Ursache ihrer Bestattung in Schneeberg sind unbekannt.108 Wenige Tage zuvor, am 8.  September 1633, hatte Böhms Schwester Susanna in Hartenstein den Schneider Michael Albert aus Oelsnitz geheiratet. Im folgenden Jahr, am 27. Juli 1634, kam Böhms Ehefrau Regina aus Schneeberg nach Hartenstein herüber, um das Patenamt des ersten Kindes Hans Christoff zu übernehmen.109 Die Taufe wurde vollzogen von Pfarrer M. Paul Rabenstein, einem gebürtigen Hartensteiner.110 Nach neunjährigem Schneeberger Dienst111 war er 1617 Pfarrer in Schlackenwalde geworden, bereits aber 1624 aus Böhmen wieder vertrieben worden. 1625 wurde er in Hartenstein der Nachfolger von Pfarrer Johann Zechendorfer. Er hat die schlimmsten Jahre in Hartenstein durchgemacht, was sich auch in seinen Kirchenbucheintragungen abzeichnet. In den Pestjahren war mit den Einträgen fast nicht nachzukommen. So lässt sich auch der Tod von Hans Böhm, dem Vater des Bildhauers, nur ungefähr angeben mit »zwischen 8. September 1633 und 4. April 1638«. Naheliegend ist das Jahr 1634, da hier besonders viele Einträge fehlen.112

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Nach Rabensteins Tod 1644 wurde Balthasar Marsch­ ner, ein ebenfalls von den Zeitwirren stark betroffener, aus Böhmen stammender Pfarrer, sein Nachfolger.113 Nach seiner Vertreibung war er von 1631 bis 1642 Pfarrer in Berga bei Weida gewesen.114 1633 hatte er die Tochter des Schneeberger Stadtrichters und Fundgrubenbesitzers Johann Schnorr geheiratet. 1642 war Pfarrer Marschner nach Lößnitz und bereits 1645 auf Wunsch der Herrschaft nach Hartenstein gewechselt.115 1648 musste er die erschreckende Entführung seines Schneeberger Schwagers Veit Hans Schnorr nach Russland als familiäres Unglück mit erleiden. Bald nach dem Tod des Maurers Hans Böhm wird ein Teil der Böhm-Familie in den malerisch an der Mulde gelegenen Ortsteil Stein umgesiedelt sein, vielleicht in das damals nahe bei der Burg befindliche Vorwerk. Zu vermuten ist dies aus drei die Familie betreffenden kirchlichen Amtshandlungen. Stein war damals kirchlich nach Wildbach eingepfarrt. Die Burg war 1632 nach dem Tod des Heinrich Eichelberg von Trützschler an die Schönburger als Lehnsherren zurückgefallen.116 In der Folge hatte Veit von Schönburg die Burg zum Wohnsitz erwählt und wohl auch seine um sechs Jahre ältere Schwester Amalia mitgenommen. Deren Kammerdienerin war Catharina Böhm, die Schwester des Bildhauers. 1644 wurde sie in Wildbach mit dem bei der Steiner Herrschaft beschäftigt gewesenen Georg Hök getraut.117 (Abb. 12) Einen besonderen familiären Einschnitt bedeutete für den Bildhauer und seine Geschwister der Tod der Mutter. Die Beerdigung in Hartenstein am 26. Oktober 1648 wurde von Pfarrer Marschner vollzogen. Die von ihm vorgenommene Eintragung im Hartensteiner Kirchenbuch lautet:118 d. 26 Octobris Christlich mit einer LeichPredigt zur erden bestattet, Catharina, Hannß Böhmens sehlig, weilandt in Harttenstein Bürgers und Meüeres, hinterlassene Wittibe, so bißher auff dem Schloße Stein von dem hochwolgebohrnen Herrn, Herrn Voitten, Herrn von Schönburg etc als Ihr Gnaden gewesene Amme, unterhalten worden, auch daselbst gestorben, ihres alters 72 Jahr.

Veit von Schönburg hatte also seine ehemalige Amme in Erinnerung an ihren treuen Dienst nach Stein mitgenommen und ihr in ihrem Alter eine Versorgung gewährt. Ein solcher Respekt, wie er dieser einst vielgeforderten Frau erwiesen wurde, ist ein deutliches Zeugnis für ihre angesehene, beliebte Persönlichkeit. Auch weiterhin gab es noch Verbindung nach Stein. Ein Christoph Hübler aus Thalheim war dort tätig

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12  Ansicht von Burg Stein mit Vorwerk, um 1760, Museum und Kunstsammlung Schloss Hinterglauchau

gewesen. Am 19. Sonntag nach Trinitatis 1651 hatte Pfarrer Marschner seine Trauung mit Böhms Schwester Magdalena zu proklamieren.119 Die Trauung wurde in Wildbach durch Pfarrer Trebsius vollzogen. Christoph Hübler wurde später Schulmeister in Brünlos. Bei der Beauftragung von Johann Heinrich Böhm d. Ä., dem Sohn Johann Böhms, mit Arbeiten für die Brünloser Kirche dürfte die Fürsprache dieses Verwandten förderlich gewesen sein.120 So war ständig durch familiäre Anlässe die Verbindung von Schneeberg nach Stein und Hartenstein vorhanden. Zudem gab es in Schneeberg häufig Begegnung mit Personen, denen die Hartensteiner Verhältnisse vertraut waren. Beispielsweise wurde die Trauerpredigt für Böhms am 19. Mai 1664 verstorbenen Schwiegervater Johann Blechschmidt in Schneeberg gehalten von dem feinsinnigen und einfühlsamen Johann Mittlacher, der vor seinem 45 Jahre währenden Schneeberger Dienst am Beginn seiner Laufbahn fünf Jahre Diakonus in Hartenstein gewesen war.121

Johann Böhm und sein Geburtsort Hartenstein

Aber auch von Schneeberg nach Hartenstein blieben die Ausstrahlungen, besonders wie sie sich durch k ü n s tler i sc he L ei st u ngen ergaben, nicht aus. So vermerkte Pfarrer Marschner anlässlich einer Beerdigung vom 5. Mai 1656 in Hartenstein:122 … wurde zum ersten mahl gebraucht das Crucifix auffm Sarg, das Ich von den Schloßsäckelpfennigen machen ließ zum Schneebergk, und kostet 4 thal beim Bildschnitzer, und 3 gr. dem Jungen tranckgeldt.

Ein heute in Thierfeld befindliches Vortragekreuz könnte mit dem genannten identisch und eine Arbeit von Johann Böhm sein.123 (Abb. 13) Das Bornkinnel in der Thierfelder Kirche vom Ende des 17. Jahrhunderts zeigt Merkmale der Schneeberger Schule.124 In derartigen Werken formuliert sich die Sehnsucht nach einem Frieden, wie ihn Kinder besitzen, – und mehr noch nach dem Kind, das den dauernden Frieden bringt. (Abb. 14) Schneeberger stilistische Merkmale sind auch eingeflossen in die Evangelistenfiguren vom ehemaligen

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13  Hölzernes Vortragekreuz, heute in der Kirche zu Thierfeld

14  Das Bornkinnel der Thierfelder Kirche

15 + 16  Evangelistenfiguren vom 1706 errichteten ehemaligen Kanzelaltar der Hartensteiner Kirche

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17  Johann Böhms eigenhändiger Namenszug in einer Namensliste von Ratsherren, Stadtarchiv Schneeberg

tion, auf der anderen Seite die Pflicht zur Untertänigkeit –, so hatten alle Stände ein Korrektiv in dem allgemein verbindlichen Fundus der christlichen Botschaft. Geistliche, so sehr sie auch gegenüber den Herrschaften ihre Devotion bekundeten, hielten nicht zurück mit dem Wort der Mahnung. Die Beichte war auch in der evangelischen Kirche für alle die Möglichkeit, Verfehlungen zu bereinigen und dadurch Schaffenskräfte stets neu zu beleben. Alle Stände wussten sich an den höchsten Herrn verwiesen, dem allein die Ehre gebührt: »SOLI DEO GLORIA«.

Kanzelaltar in Hartenstein, der 1706 durch den Tischlermeister »Gottfried Otto« aus Schneeberg errichtet wurde.125 (Abb. 15, 16) Johann Böhms künstlerische Intentionen, seine handwerklichen Fertigkeiten sowie sein stilistisches Vokabular lebten in seinen Söhnen und Schülern fort. Herausgewachsen aus einer feudal geprägten Umgebung, gewann er in dem durch wirtschaftliche Leistungen aufstrebenden Schneeberger Bürgertum die Stellung einer geachteten, mit Verantwortung betrauten Persönlichkeit. Lange Jahre war er Mitglied im Schneeberger Rat. Sein ausgewogener Namenszug kennzeichnet seine gewissenhaft maßhaltende und ausgewogene Wesensart.126 (Abb. 17) So stark die Konventionen seiner Zeit die Menschen banden, – auf der einen Seite der Zwang zur Repräsenta-

Für ein gedeihliches Zusammenleben braucht es Augen, die sich und anderen den Blick auf die Ewigkeitswerte offenhalten über die Alltagsverrichtungen hinaus. Mit solcher visionären Aufgabe betraut sind in erster Linie Geistliche im Wort, danach Künstler mit mannigfachen Gestaltungsweisen, und darüber hinaus alle, die Gewissenhaftigkeit, Güte und Hilfsbereitschaft einfließen lassen wollen in ihr tägliches Handeln. Mit solcher Gesinnung sind immer wieder Menschen aus kleinsten Verhältnissen und Ortschaften aufgewacht, unter ihnen auch der Bildhauer Johann Böhm aus dem Städtlein Hartenstein. (Abb. 18)

18  Unbekannter Maler: Hartenstein nach 1663, Ölgemälde, ehemals im Hartensteiner Schloss, 1945 verbrannt

Johann Böhm und sein Geburtsort Hartenstein

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Anmerkungen 1 Fleming 1969, S. 98. 2 Wohl bereits 1642. In diesem Jahr brachte Andreas Hammerschmidt Vertonungen von Oden Flemings heraus, deren Texte andernorts noch nicht publiziert worden waren. 3 Die Gesamtausgabe vermeldet auch, dass dem Dichter sein Sonett »An sein Vaterland Hartenstein in Voigtlande« abhanden gekommen sei. Vgl. Fleming 1969, Register Xxiij. 4 Fleming 1969, S. 156. 5 Meltzer 1716, S. 1310. 6 Taufbuch Hartenstein 1588–1744, S. 50, Nr. 3. 7 Die differierenden Punkte betrafen das heilige Abendmahl, die Person Christi, die Taufe, die Gnadenwahl und die ewige Vorsehung Gottes. Besonders betreffs der Abschaffung des Exorzismus, der bisher bei der Taufe praktizierten Austreibung des Teufels, gab es im Land erregte Auseinandersetzungen. 8 Vgl. Meltzer 1716, S. 1311. 9 Vgl. Eckhardt 1875, S. 7-8. 10 Pfarrer Zechendorfer beschrieb später die Haltung seines Patronatsherren folgendermaßen: »Alß Anno 1591 in diesen Landen der [… ] Calvinismus mit Gewalt hat wollen einreissen / da haben I. G. ihren herrlichen Betschafftring von der Hand gezogen / vnnd zu mir gesaget: Sehet da / Wir Herren von Schönburg führen in vnserm Wapen vnd Betschafft Weiß vnd Roth / das Weiße erinnert mich deß weißen vnd reinen Worts Gottes / das Rothe aber deß thewren Rosenfarben vergossenen Blutes Jesu Christi / meines Seligmachers: Ehe nun das geschehen sollte / vnd ehe ich wolte die schädliche vergiffte Lehre der Calvinisten annehmen / ehe wolt ich mich lieber von diesem hohen Hauß vnd Thurn herab stürtzen lassen.« Zechendörffer 1607, S. 112–113. 11 Heute in der Kirche zu Thierfeld befindlich. Standort nach Sachsens Kirchen-Galerie (12) 1845, S. 159. 12 Eine umfassende Darstellung zur Entwicklungsgeschichte der Grafschaft Hartenstein bei: Wetzel 2004, S. 25–44. 13 Die Querbalken laufen sonst meist entgegengesetzt. Aber auch die auf dem Taufstein zu findende Gestalt kommt mehrfach vor. Vgl. Frickert 2013, S. 19–22, 41, 69, 71, 74–78, 83, 85, 108. 14 Siehe die Abbildungen bei Frickert 2013, S. 20–22 (Schlunzig b. Glauchau), 74–75 (Waldenburg), 83 (Laubach). 15 Diese Darstellungen auf dem Hartensteiner Taufstein sind ein deutliches Indiz dafür, dass eine aus dem Jahr 1387 stammende Stiftungsurkunde tatsächlich die Hartensteiner und nicht die Thierfelder Kirche meint. Die Urkunde ist als Kopie erhalten in: Staatsarchiv Dresden, Locat 2001, Visitation des Gebirgischen Kreises 1555, fol. 671r – 672v. Es wird dort von Geld geredet, »das wir … Eygen, leyhenn, vnnd gebenn ewiglich zu dem Altar Sanct Nicolaus, vnnd der liebenn Jungfrawenn, Sanct Catharinenn der gelegenn ist, In der Kirchenn vnnser lieben Jungfrawen zum Hartenstein.« 16 Die Familie zählte zu ihren Vorfahren Ratsherren, einen Bürgermeister, auch gab es dort bis 1515 einen Pfarrer Johann Zechendorfer, der wahrscheinlich identisch ist mit einem 1495 für Hartenstein tätigen Amtmann. Dessen Bruder Michael (um 1480–nach 1548) war der Großvater des Hartensteiner Pfarrers, angestellt als Schönburgischer Bergzehntner, er legte 1522 den Grundstein für die Bergstadt Scheibenberg. Zu dem Geschwisterkreis gehörten noch eine Schwester Anna, die in Schneeberg verheiratet war, und Gregor, der in Joachimsthal und Eger als begabter, bücherübersetzender Mediziner praktizierte († vor 1556). vgl. Jöcher 1751, Sp. 2164. Der Vater des Hartensteiner Pfarrers hieß Oswald († 1572), er war »Gastgeber« in Lößnitz, also wohl Gasthofsbesitzer. Eine Schwester von ihm heiratete einen Anton Lotter in Leipzig, wodurch die Zechendorfers mit der namhaften Leipziger Rats- und Bürgermeistersfamilie verwandt wurden.

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17 An mehreren Stellen der Eintragungen ist zu bemerken, dass zu seiner Zeit das Bewusstsein zahlreicher Heiligentage, vornehmlich der Apostel, noch in der evangelischen Kirche lebendig war. Eine Besonderheit seiner Niederschriften ist es, dass er gelegentlich bei Geburts- und Taufeintragungen die Gestirnskonstellation hinzufügte, so etwa auch bei der Taufeintragung des Dichters Paul Fleming. Die Bedeutung der Gestirne für das Schicksal zu erkunden, galt zu seiner Zeit als gelehrsame Nebenbeschäftigung. In einer solchen Eintragung bemerkte er einmal, dass das Kind schon bald nach der Taufe gestorben sei, obwohl die Gestirnskonstellation in doppelter Weise günstig gewesen sei. 18 Zechendorfer, Johann: Leichpredigt / Aus dem XXXI. Capitel des Ersten / Buchs Mosis. / Bey dem … Begrebnus … Frawen ANNAE / Frawen von Scherffenberg … Gebornen Frawen und Herrin von SCHÖNBURGK / vff Glauchau und Waldenburgk / welche den 23. Junii … auf dem Schloß Hartenstein / Ihr. G. Herrn Bruders Hugens / Herrn von Schönburgks … entschlaffen / und den 9. Julii … ist bestattet worden. Gehalten in der Pfarrkirchen zum Hartenstein … Hof: 1600. Exemplar: UB Halle, Signatur: Pon. Q. K. 115 (30). Zwei weitere Predigten enthalten in: Glaser, Friedrich: Exequiae Schonburgicae. Drey Christlich Begengnüß unnd Leichpredigten … Die Erste durch Fridericum Glasern / Reussischen Gerawischen Hoffpredigern. Die andern Beyde durch Johannem Zechendörffern Pfarrherrn zum Hartenstain. Zechendörfer, Johann: Die Andere Leichpredigt / Gehalten zum Hartenstein/ Bey der Begräbnüs / deß Wolgedachten ... Edlen Herrn ... Hugen / Freyherrn von Schönburg / Herrn zu Glaucha / und Waldenburg etc. Am 11. Tag Novemb. im Jar 1607. [recte 1606]. Zechendörfer, Johann: Die Dritte Leichpredigt / Gehalten zum Hartenstein / Alß die Leiche Weyland / Deß Wolgebornen / Seligen Herren ... Hugens / Freyherrns von Schönburg / Herrns zu Glaucha unnd Waldenburg / zuvor den 29. Octob. von Gera abgefordert / zu Hauße gebracht worden / Am 2. Novemb. Im Jar / 1606. Gera : 1607. Exemplar: SLUB Dresden, Signatur: Theol.ev.asc.273.b,misc.5. Weiterhin: Zechendorfer, Johann: Exequiae Trutzschlerianae, Christliche Begängnuß / und Leichenpredigt / uber den ... Abgang und sterben / Deß ... Wolff Friederichen von Trützschlers / deß ... Hildebrandi Eichelbergs von Trützschlern auffm Stein / Schönburgischer Herrschafft / und zu Leimnitz im Voigtlande / residirenden Junckers / einigen Kindes / und Hertzgeliebten Sohns ... Gedächtnuß. Welcher in cursu Studiorum, artium ... zu Florentz in Italia / den 3. Sept. N.S. war bey uns der 24. Augusti ... eingeschlaffen / auch folgendes daselbsten in die Kirche ad S. Mariam Hypothecusam, in sein Ruhbettlein ... gelegt worden / nach der Geburt Jesu Christi 1607. Seines Alters 20. Jar / 15. Wochen / und vier Tag / Gehalten ... zum Hartenstein / den 4. Oct. dieses Jahrs. Durch Joannem Zechendörffern / Dienern am Wort Gottes daselbsten. [Der Band enthält außerdem zum selben Anlass noch eine Leichenpredigt von Johann Vieweger und eine von M. Wenigell.] Gera: 1609. Exemplare: Herzogin Anna Amalia Bibliothek Weimar, Signatur Q 3 : 9 (15–17); Ratsschulbibliothek Zwickau, Signatur 49.3.4.(26). Die Leichenpredigt für Johann Zechendorfer hielt der Hartensteiner Diakonus Christian Hoffmann: Exuviae Zechendorfferianae. Das ist: Kurtz Ehrengedächtnüß Des ... Herrn Johannis Zechendorffii, Löblicher und Herrlicher Schönburgischer Herrschafft von Schönburgk zum Hartenstein vielgeliebten Hoffpredigers ... Leipzig : 1625. Exemplare: Erfurt, Universitäts- und Forschungsbibliothek Erfurt/Gotha, Signatur: LP E 8° III, 00024 (17); Göttingen, Niedersächsische Staats- und Universitätsbibliothek, Signatur: 4 CONC FUN 310 (7). 19 Rest einer ehemaligen Emporenbemalung, entstanden 1616,

Erhard Franke

heute als Leihgabe der evang.-luth. Kirchengemeinde Hartenstein im Museum Burg Stein. Dargestellt ist Hesekiel 37,1–14; im Hintergrund die Stadt Hartenstein. Euphemia Zechendorfer starb am 20. Juli 1603. 20 Zechendorfer starb am 23. November 1625. Seine zweite Frau stammte wahrscheinlich aus Zwönitz. Nach dem Tod ihres Mannes hat sie 1629 den Grünhainer Pfarrer Bartholomäus Fischer geheiratet. Vgl. Eckardt 1875, S. 9. 21 Der Pfarrer bei Alexander, dem vierten Kind der Böhm-Familie, Taufbuch, Jahrgang 1602, Nr. 2; seine Ehefrau bei Magdalena, dem zehnten Kind, Jahrgang 1617, Nr. 1. 22 Er hatte das Schönburgische Gymnasiums in Geringswalde besucht, danach in Leipzig studiert. 23 Er war also der Neffe des gleichnamigen Hartensteiner Pfarrers. 24 Schön 1908, Nr. 304, Urenkel des eingangs genannten Ernst I. 25 Berichtet in der von Pfarrer Zechendorfer gehaltenen Leichenpredigt, S. 105f. Vgl. Fußnote 10. 26 Schön 1906, Nr. 387. 27 Sein älterer Bruder Georg II. erhielt die Herrschaft Waldenburg, sein jüngerer Bruder Veit die Herrschaft Lichtenstein. 28 Verbindungen zwischen den Schönburgern und den Reußen hat es mehrfach gegeben. So war bereits die endgültige Übernahme der Grafschaft Hartenstein durch die Schönburger im Jahr 1439 mittels einer Heirat zwischen Veit II. von Schönburg und Anna von Plauen, Tochter von Heinrich I. Burggrafen von Meißen, einem Reußen, zustande gekommen. 29 Agnes Dorothea (1584–1586); Anna Dorothea (1586–1645), spätere Pröpstin in Quedlinburg; Georg Heinrich (1587–1597). 30 Innungsbrief für die Hartensteiner Schneider 1584, Grundstücksangelegenheiten, Streitigkeiten betr. Fischerei und Flößerei auf der Mulde u. a.m. Siehe Oesfeld 1777/II, S. 216–217; Schön 1908, Nr. 265. 31 Schön 1908,, Nr. 326 (vgl. abweichend Meltzer 1716 S. 243), Schön 1908, Nr. 344, 477, 524, 587, 593, 596, 601. 32 Pfarrer Zechendorfer vermerkte im Taufbuch: »drumb haben sie es auch Catherinam heisen lassen weil d[er] hlg. Catherine vorzeiten die Kirch ist dedicirt worden.« Dass die hlg. Catharina die Namenspatronin der Kirche gewesen sei, ist nicht zutreffend, denn es gab zwar einen Altar für die Hl. Catharina, die Kirche war aber der Jungfrau Maria geweiht gewesen. 33 Schön 1908, Nr. 274. 34 Oesfeld 1777 / II, S. 217. 35 Sachsens Kirchen-Galerie (12) 1845, S. 157. 36 Für 1606 sind noch Arbeiten an der Kirchmauer überliefert. Auch anderweitige Maurerarbeiten von Matz Behm sind bezeugt, so 1587 der Bau einer Brücke, S. Karl Butter: Die Chronisten der Stadt Hartenstein. Mschr., S. 27. Im Schloss wurden gebaut 1605 unter der Kapelle ein Fischhaus, eine Brücke, eine Schwemme und ein gewölbter Pferdestall. Oesfeld 1777/ II, S. 217. In der Kirche zu Thierfeld wurde von Behm ein Pflaster gelegt. KirchRechnungen von Thierfeld 1565 bis 1650, Jg. 1592/93. 37 Sterbe- und Traubuch 1588–1744, Jahrgang 1612, S. 570, NB VII. 38 Taufbuch Hartenstein 1588–1744, S. 46, Jahrgang 1593, Nr. 12. »Sponsa« (lat.) = »Braut«. 39 Traubuch Schneeberg 1583–1623, S. 24v, Jahrgang 1594, 12. Mai. 40 Übertragen: »Am 18. Februar Montag nach dem Sonntag Septuagesimae (= 70 Tage vor Ostern) geboren, am 19. Februar getauft Hans Behmen (Maurers) des jüngeren Söhnlein namens Johannes. Die Paten…« Pfarrer Zechendorfer ist offenbar ein Irrtum unterlaufen, denn der 18. Februar war 1595 kein Montag, sondern ein Dienstag. Den Hinweis darauf verdanke ich Herrn Stefan S. Espig. 41 Außer bei Johann Böhm am 9. Januar 1591 bei Christian, Sohn des Diakons Wolf Silber, vertreten durch die Hofjungfer; 21. März

Johann Böhm und sein Geburtsort Hartenstein

1596 bei Joachim, Sohn des Röhrenbohrers Paul Anger (in Thierfeld); 6. Mai 1597 bei Georg, Sohn des vormaligen Hartensteiner Diakons und nunmehrigen Pfarrers von Beutha Christoph Klotz; 27. Dezember 1597 bei Heinrich, Sohn des Amtschössers Virgilius Jacob; 8. Oktober 1598 bei Anna, Tochter des Hans Nefe (in Thierfeld); 18. Mai 1602 bei Paul, Sohn des Schlosskutschers Paul Hertel; 23. März 1604 bei Catharina, Tochter des Hofgärtners Simon Meyer; 2. Dezember 1604 bei Maria, Tochter des Hofdieners Wolf Weißhaupt; 5. Oktober 1609 bei Paul, Sohn des Schulmeisters Abraham Fleming; 3. Oktober 1610 bei Michael, Sohn des Kellermeisters Michael Röder; 3. Dezember 1611 bei David, Sohn des Baders Salomon Struntz. 42 Schriftzug aus der Thierfelder Kirchenrechnung. Seit 1594 Amtsschösser, 1617 noch im Amt. 43 Lappenberg 1865, Bd. 1, S. 3ff. 44 Zählung der Eintragungen im Hartensteiner Taufbuch 1588– 1744 für die einzelnen Jahre: 1595 (3); 1596 (9); 1599 (7); 1602 (2); 1604 (9); 1606 (11); 1609 (5); 1611 (8); 1613 (6); 1617 (1); 1620 (4); 1624 (19). 45 Vgl. Meltzer 1716, S. 430, 451, 479, 652, 835, 1074. Georg Meder stammte aus Zschocken, war 1611 in Schneeberg Schreiber bei dem Richter Ulrich Rölsch, vom 11. Juni 1625 bis 1638 war er Vize-Bergmeister, 1641 zugleich mit dem Bildhauer Johann Böhm Gemeindevorsteher. Meder starb 1673 im Alter von 91 Jahren. 46 Belegt durch die Sterbeeintragung für Catharina Behm, s.u. Veit war das neunte Kind aus der zweiten Ehe Hugos II. 47 Von 1588 bis 1602 (Kirchenbuch Thierfeld, jeweils Taufe Nr. 13) ist als Kinderfrau/Schloss-Amme nachweisbar eine Margaretha Dipmar (später verw. Grebner). 1603 gab es auch eine »Rebecca Schloßkindermagd«. Taufbuch Hartenstein, S. 74, Jahrgang 1603, Nr. 7. 48 Taufbuch Hartenstein 1588–1744, S. 67, Jahrgang 1601, Nr. 2, als Patin genannt; sie starb am 3.  Juli 1601 in Hartenstein, Sterbebuch S. 553, Jahrgang 1601, Nr.5. 49 Belegt durch die Trauanzeige: »Dorothea Virgo Generosa in Aula Hartensteiniensis Comittissa ministra […]«, Toten- und Traubuch Hartenstein 1588–1744, S. 810, Jahrgang 1607, Nr. 1. Ob eine 1599, Nr. 12, und 1600, Nr. 9, als Patin genannte »Dorothea N. pedissequa Comitissae« bzw. »Dorothea N. pedissequa Comitissae auffn Schloß« identisch ist mit Flemings Mutter Dorothea Müller aus Gera, ist schwer zu sagen, da 1617, Nr. 13, wieder eine »Dorothea der Wolgebornen grefin Dienerin aufn Schloß« genannt wird. Diese begegnet noch 1621, Nr.  6 als »Dorothea pedisequa auffn Schloß von Sehlitz bürdig«. 50 Taufbuch, S. 75, Jahrgang 1604, Nr. 4, als Pate genannt. Praeceptor aulicus = Hoflehrer; noch 1613, Nr. 5, als Pate. Ab 1615 war Nicolaus Günther Diakonus in Hartenstein. Nach ihm war Johann Hölzel Hauslehrer, Pateneintrag 1621, Nr. 7. 51 Georg Samson von Berbisdorf übernahm 1591, Nr. 10, ein Patenamt in Hartenstein; er wurde am 20. August 1615 in Schneeberg begraben, vgl. Meltzer 1716, S. 1330. Die Ehefrau starb am 20. August 1604 in Hartenstein im Alter von 65 Jahren, Sterbebuch, S. 558, Jahrgang 1604, Nr. 5; Schön VIII/2, Nr. 564. Kaum kennengelernt haben wird der Knabe Johann Böhm die Hofjungfer Anna Maria von Geilsdorf, die bei seiner Taufe die Gräfin vertreten hatte, denn sie heiratete 1598 den Hofjunker Georg Friedrich von der Ölsnitz, nachdem sie zwölf Jahre in Hartenstein gewesen war. Traubuch, S.  798, Jahrgang 1598, Nr. 2. Hofjunker Georg Friedrich von der Ölsnitz als Pate 1597, Nr. 18. 52 1604 verübt einer der Knechte einen Mord, bei seinem misslungenen Befreiungsversuch aus dem Gefängnis brachte er überdies noch den alten, als Gefängniswärter tätigen Landsknecht Urban Huß um.

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53 Marschner 1654. Exemplar: Ratsschulbibliothek Zwickau 49.4.11. (30). 54 So erbat sie beispielsweise 1607 für ein Kind des erkrankten Kutschers acht adlige Paten; Taufbuch S. 85, Jahrgang 1607, Nr. 11. 1608 durfte sich ein verarmter Schuster auf ausdrückliche Erlaubnis der Gräfin vier Adlige und den Pfarrer Zechendorfer zu Paten erbitten. 1617 stirbt der alte Stubenheizer im Alter von 67 Jahren, »uber die 29 Jahr aufn Schloß gewesen, der sich gar krumb und lam am Holz getragen und gratis aliret worden von der wolgebornen grefin«. Sterbebuch S. 581, Jahrgang 1617, Nr. 13. 55 Vgl. Schön VIII/2, Nr. 655. 56 Zitiert in: Lappenberg 1865, Bd. 2, S. 892. 57 Heinrich  II. Reuß hatte ein Jahr in Jena und drei Jahre in Straßburg studiert und in seinen eigenen Herrschaften bald nach seinem Regierungsantritt im Juni 1595 mit der Ordnung des Staatswesens begonnen, zunächst durch eine kirchliche General-Visitation. Seit 1605 war er um die Einrichtung eines Gymnasiums in Gera bemüht, das 1608 seinen Lehrbetrieb aufnehmen konnte und in der Folgezeit zahlreiche fähige Kirchen-, Schulen- und Staatsbedienstete hervorgebracht hat. Das Münzwesen hielt er in Ordnung und wehrte dadurch in seinen Herrschaften dem in den 1620er Jahren durch das »Kipper- und Wipperwesen« weithin einreißenden Geldverfall. Aufgeschlossen auch für Anliegen der ärmeren Bevölkerung, hat er oft selbst bei Rechtsangelegenheiten eingegriffen. Aufgrund seiner Begabung wurde er von drei aufeinander folgenden Kaisern, – Rudolf II., Matthias und Ferdinand II. – , als Ratgeber bestellt und geschätzt. Von zwei großen Reisen, – nach Prag und Dänemark – , fertigte er ausführliche Reisetagebücher an. Er war auch ein eifriger Briefschreiber und äußerte manchmal scherzhaft: »Wenn ich von jedem Brieffe ein genantes und gewisses hette / wolt ich heut schon so und so viel verdienet haben.« (Zitat aus der Leichenpredigt.) 58 Musicalische Exequien, SWV 279–281. 59 Der Letzte dieser Drei, Christian Heinrich, starb bereits 1626 in der Schlacht bei Calenberg. 60 Taufbuch, Jahrgang 1614, Nr. 5: »Andres Ihe von Schwartzenbergk dieser zeit aufn Schlos organicer und Diener«. Taufbuch, Jahrgang 1620, Nr.  18: »Alexander Pfaler von Salfeld Seiden Sticker aufn Schloß.« 61 Vgl. Beitrag von Frank Weiß in diesem Band. 62 Vgl. Schön 1897/98. Die Hochzeit war für 1631 vorgesehen, fand aber erst am 19. Februar 1632 statt. 63 Unter den 81 Toten des Jahres 1641 sind 67 Pesttote in Hartenstein ausgewiesen. Für das Jahr sind wegen zu vieler Sterbefälle die Eintragungen nur lückenhaft vorgenommen worden. 64 In Thierfeld, am 2. August 1641, Nr. 1. 65 Als Dienerin der Anna Maria von Schönburg in Hartenstein seit 1638 nachweisbar durch eine Patenschaft am 13. Febr. 1638, Taufe Nr. 3. 66 Christian Scharschuch wurde am 1. Sept. 1674 begraben, Schneeberger Sterbebuch 1642–1683, fol. 115, Nr. 80; seine Frau Sabina am 17. Febr. 1662, S. 123, Nr. 17. Die Tochter Anna Maria wurde im Juli 1642 getauft, Schneeberger Taufbuch 1630–1649, S. 294, Nr. 12. Siehe auch Meltzer 1716, S. 337. 67 Vgl. Möller 2005. 68 Gerichtsbuch Hartenstein 1511–1570 (Verbleib heute unbekannt), S. 179r: »1543 Schulmeister Quartalgeld«; S. 180r: »1544 Mattes Lienert Schulmeister«. Nach den hs. Regesten von Karl Butter. 69 Visitation des Gebirgischen Kreises 1555. Sächs. Staatsarchiv Dresden, Loc. 2001, fol. 669r. 70 Ein Bruder von Böhms Vater heiratete später dessen Witwe. Sterbe- und Traubuch, Jahrgang 1610, Nr. 3: Mattheus, Matz Meurers Sohn, mit Susanna Röder, verw. Chrysilippus am 27. April 1610.

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71 Die Angaben sind entnommen aus: Acta observanda circa sacra Hartensteinensia, Pfarrarchiv Hartenstein, Loc. 119. Diese Dienstbeschreibung datiert zwar reichlich 120 Jahre später, hält aber eine wahrscheinlich lange bestehende Praxis fest. Die Ausgaben für Brezeln sind betätigt durch die Thierfelder KirchRechnungen 1565 bis 1650, Pfarrarchiv Thierfeld, Loc. 14, sowie durch die ab der Mitte des 17. Jhdt. für Hartenstein sporadisch überlieferten Rechnungen. 72 Sie gingen in Zweierreihe, die größeren mit besonderen Mänteln, die kleineren in normaler Kleidung. 73 Vgl. Colhard 1605, (Exemplar: Dresden, Sächsische Landesbibliothek / Staats- und Universitätsbibliothek, MB. 8.183, angeb. 2 Rara). Colhardt schreibt in seiner Widmung an den Pfarrer Johann Neander zu Crosig: »Weil ich dann / freundlicher lieber Herr Gefatter / von jugend auff / biß auff mein sechs vnd funffzigst Jar / zur Musica lust vnd lieb getragen / vn[d] mir / in der warheit zu reden / diese liebliche vnd holdselige Kunst habe lassen hertzlichen angelegen seyn / auch in die zehen Jahr inn den beyden Schulen Glauchaw vnd Hartenstein / vnter der löblichen vralten Herrschaft Schönburgk / da ich gedienet / meiner befohlenen Jugend doselbsten / so viel an mir immer müglichen gewesen / fleißig in der Singkunst vnterrichtet….« Die auch in der Familie Fleming stark ausgeprägte Neigung zur Musik wird belegt durch einen Brief des Thomaners Paul Fleming vom 23. August 1622, wo er seinen Vater bittet, ihm die »gebundenen concertis« mit nach Leipzig zu bringen, »das wir etwas Lustiges daraus singen mögen.« Original in der Stadtbibliothek Chemnitz, App. 2271, A2976957. 74 Auf den Herkunftsort Stechers stieß Gerd-Helge Vogel bei Arbeiten über die pommersche Kunstgeschichte; ihm danke ich für den Hinweis. Christoph Stecher, geboren am 8. Februar 1577 als Sohn eines Hartensteiner Töpfers, gestorben am 18. November 1640 in Stettin, war zunächst Schüler in Hartenstein, sodann für ein Jahr in Waldenburg, ehe er an die Zwickauer Ratsschule wechselte, wo er gründliche Lateinkenntnisse erwarb und vom kompositorisch verdienstvollen Kantor Cornelius Freund/Bonamicus (um 1535–1591) musikalisch gefördert wurde; auch dessen Nachfolger Johannes Stolle (1566­–1614), den späteren Weimarer Hofkapellmeister, erlebte er noch. 1595 immatrikulierte er sich an der Leipziger Universität (nicht 1596, wie in der Leichenpredigt angegeben), ging aber bereits 1597 nach Stettin, wo er eine Freistelle am Gymnasium erlangte; zugleich war er als Hauslehrer, ab 1602 auch am Gymnasium als Collega Scholae tätig. Zahlreiche lateinische Gelegenheitsgedichte belegen seine sprachliche Fertigkeit. Anregungen empfing er von dem am Gymnasium als Kantor tätigen vorzüglichen Komponisten Philipp Dulichius (1562–1631). Seit 1609 war Stecher Chordirektor an der Fürstlichen Hofkirche, bald auch Fürstlicher Kanzleisekretär. Später trug er die Titel »Chori symphoniaci Director« und »Hoff-Cappelmeister«. Eine doppelchörige, 8-stimmige Motette von ihm über den 121. Psalm »Auxilium meum a Domino« ist erhalten als Nr. 58 (S. 72–74) im Sammelband Mus. ms. 40028 der Berliner Staatsbibliothek. Eine Leichenpredigt für Christoph Stecher befindet sich in der Sammlung Vitae Pomeranorum der Greifswalder Universitätsbibliothek: VP 37,1 /302–325. Siehe außerdem: Günther Kittler, Die Musikpflege in Pommern zur Herzogszeit. In: Baltische Studien. Hg. von der Gesellschaft für pommersche Geschichte und Altertumskunde. Neue Folge Bd. 39, Stettin 1937, S. 58–70, insbes. S. 69f. Stechers Bruder Johann Stecher (um 1581–1642) ging nach einem 1599 in Leipzig aufgenommenen Studium ebenfalls nach Pom­ mern: er war von 1612 bis 1642 Kantor am Gymnasium in Kös­ lin. Christian Wilhelm Haken, Versuch einer Diploma­ti­schen Geschichte der Königlich Preußischen Hinterpom­mer­schen

Erhard Franke



Immediat- und vormaligen Fürst-Bischöflichen Re­si­denzstadt Kößlin… Lemgo 1765, S. 204f. 75 Sterbe- und Traubuch 1588-1744, S. 564, Jahrgang 1607, Nr. 8. 76 Sie starb am 8. Nov. 1617 und wurde am 17. Nov. begraben. A.a.O., S. 582, Jahrgang 1617, Nr. 15. 77 Siehe den Lebenslauf in der Leichenpredigt: Schieferdecker o. J (1680). (Exemplar: Staatsbibliothek zu Berlin – Preußischer Kulturbesitz, Ee 700–308). Dort heißt es Seite Kr: »Gestalt er [= J. H. Böhme] denn im 12. Jahre seines Alters von seinem Hn. Vater als Discipel bey der Bildhauer-Kunst auff und angenommen / und aufs fleißigste angewiesen worden…« Auch der Bildhauer Zacharias Herrmann begann nach dem Zeugnis seines Oheims George Heermann seine Ausbildung mit elfeinhalb Jahren; vgl. Asche 1961, S. 194. Als Maßstab für den Eintritt in das Erwachsenenalter diente sicherlich die biblische Erzählung vom zwölfjährigen Jesus im Tempel, Luk. 2,41–52. 78 Die Herkunft seiner fünften Ehefrau Eva geborene Drummer aus Brunn bei Ansbach lässt auf ausgedehnte Reisetätigkeit schließen. Der Sohn Zacharias aus einer früheren Ehe heiratete am 16. Oktober 1609 in Hartenstein Maria, Tochter des verstorbenen Gerbers Wolf Sommer. Sterbe- und Traubuch, Jahrgang 1609, S. 815, Nr. 7. Vorname der Braut aus der Patenschaft 1608, Nr.  1. Fünf Kinder wurden dem jungen Ehepaar geboren. Beim zweiten Kind übernahmen gleich drei Adlige die Patenschaft, was auf Betätigung bei den Höfen Hartenstein und Stein schließen lässt. Taufbuch, Jahrgang 1612, S. 97, Nr. 1. Paten: Hildebrandt Eichelberg von Trützschler auf Stein, Fräulein Emilia geborene Wildund Rheingräfin und Fräulein Maria Juliana von Schönburg. Später scheint es keine ausreichende Beschäftigung mehr gegeben zu haben, denn beim vierten Kind 1616 wird der Beruf des Vaters mit »Grabgrünmacher«, also wohl Friedhofsgärtner, angegeben. 79 In den 1588 beginnenden Hartensteiner Kirchenbüchern taucht der Vorname bis 1609 nicht auf. In den Schneeberger Taufeintragungen seit 1568 gab es in hundert Jahren etwa sechzig Taufen mit dem Familiennamen Herrmann, jedoch dabei nur einmal den Vornamen Zacharias (1569). 80 Die junge Hartensteiner Herrmann-Familie hatte für den ersten Sohn Friedrich auch einen Angehörigen eines Windmüllers zur Patenschaft gebeten, für den zweiten Sohn Zacharias Herrmann den Rothmüller Georg Hertel, Betreiber der Wassermühle in Stein; der Weigmannsdorfer Zacharias Herrmann, Vater der Bildhauer Zacharias und Paul Heermann und Bruder des Bildhauers George Heermann war Erbmüller auf einer Wassermühle. Bei seiner Trauung am 18. Oktober 1658 mit »Jungfraw Justina, Wolff Klems wageners undt Gerichts Schöppens alhier Eheleiblichen Tochter« wird er »Zacharias Herrman der Jüngere« genannt, sodass auch von einem Älteren auszugehen ist, der mit dem Hartensteiner 1616 geborenen Zacharias identisch sein könnte. Dann hätte es in vier Generationen die Namensträger Zacharias gegeben. (1719 heiratete überdies noch einmal ein Zacharias Herrmann, Sohn des verstorbenen Müllers Georg Herrmann.) Das Weigmannsdorfer Kirchenbuch hat stets die Namensform »Herrman(n)«. Da das Weigmannsdorfer Kirchenbuch erst 1653 beginnt und das Sterbealter bei dem am 10. Juni 1686 begrabenen Zacharias Herrmann, »Müller, Kirch-Vater und Gerichts-Schöppe«, nicht eingetragen ist, ist die Verbindung nach Hartenstein vorerst nicht eindeutig belegbar. Das Kirchenbuch ist einsehbar als Film beim Landeskirchenarchiv der Evang.-Luth. Landeskirche Sachsen in Dresden, Signatur 20 K03 2016002095. 81 Meltzer 1716, S. 1335–1339. 82 Lehmann berichtet darüber: »Den 26. Januar marschirte er mit seinem Volck und 60 Wägen Zwicka vorbey, und ubernachteten

Johann Böhm und sein Geburtsort Hartenstein

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in der Schonburgischen herschaft zue Hartenstein und zue Tschocken; da sie aufbrachen, brande der hern von Schönburg fuhrwerck [=Vorwerk] ab nahe am Stadlein mit allem Vorrath, 200 schafen und 10 Pferden zum gratial.« Vgl. Bönhoff 1911, S. 27. Sterbe- und Traubuch, Jahrgang 1603, S. 555, s. unter 11. März 1603. Sie war 1514 im Auftrag von Nicol Dittrich errichtet worden. Die Familie Dittrich hatte durch mehrere Generationen Verwaltungsfunktionen, ihnen gehörten die drei wichtigsten Gebäude an der Nordseite des Marktes. Vgl. Butter (s. Anm. 101), S. 61. Übrigens haben in den dreißig Jahren zwischen 1590 und 1620 etwa dreißig Jugendliche aus Hartenstein eine Universität besucht. Darunter waren nicht nur Söhne des Adels, von Amtleuten und Pfarrern, sondern auch von Handwerkern. Catalogus Scholasticorum post Examen autumnale A 1616, Stadtarchiv Zwickau, III Z 4s, 340. Er war dreimal verheiratet, jedesmal mit einer Pfarrerstochter: 1627 mit Anna Maria Herolt, Tochter des Conrad Herolt, Pfarrers in Zopten, Reußische Herrschaft Gera; 1633 mit Dorothea Metzsch, Tochter des Volkmar Metzsch, Pfarrers zu Langeneichstädt in Thüringen; 1645 mit Rosina Vogelhaupt, Tochter des Johannes Vogelhaupt, Pfarrers in Zschorlau. Gelegenheitsgedichte von Erasmus Richter finden sich in: Ratsschulbibliothek Zwickau, Signaturen 6.5.20.(99), 48.5.7.(139) und 48.6.8.(153), sowie in der Leichenpredigt für Pfarrer Johann Zechendorfer, s. Fußnote 18. Eine Kondolenzschrift zu Erasmus Richters Ableben: Ratsschulbibliothek Zwickau, Signaturen (3 Exemplare) 6.2.11.(6) / 50.1.18.(55) / 50.1.21. (52). Taufbuch, Jahrgang 1626, Nr. 10. Traubuch, Jahrgang 1633, Nr. 2; Taufbuch, Jahrgang 1636, Nr. 6. Nicht 1626, wie Asche 1961 schreibt. Ihm folgend noch Titze 2002, S. 98. Die Bekrönung des Portals, im Laufe der Zeit beschädigt, wird heute im Fleming-Haus aufbewahrt, am »Weißen Ross« befindet sich eine gute Replik. Psalm 33,12. 1636 wurde er kurzzeitig Amtmann in Schneeberg, ehe er eine gleichartige Anstellung in Sachsenburg fand. Schriften von Sebastian Span: Diarium Davidicum: Auß den lieblichen Psalmen / und mit dero Hertzrührenden Worten abgefaste / auff Morgen und Abend / durch die gantze Woch eingetheilte / brünstige Gebet / Lob- und Dancksagungen…. Leipzig: 1626. Sechshundert BergkUrthel Schied und Weisunge / bey vorgefallenen Bergkwercks Differentien unterschiedener Orten / so Wol informatorie als ad Acta gesprochen / neben kurtzen Bergmännischen Bericht bey jedwedern Titul und Materi. Zwickau: 1636; zwei erweiterte, unterschiedliche Neuauflagen Wolffenbüttel: 1673. Speculum Iuris Metallici, Oder: Berg-Rechts-Spiegel : Darinnen zu finden Was jedweder dem Bergwesen zugethaner / Hohen / Mittlern und Niedern Person / Als Grund-Herren / Obrist-Müntzmeister / Berg-Vorstehern / Berg-Ampts-Leuten / Dienern und Arbeitern / Befehl / Verrichtung und Befugniß ist ... ; Aus denen vom Kayser Ferdinando I. Löbl. Gedächtniß / An. 1584. publicirten Joachimsthalischen / Schlackenwaldischen Silber- und Zien- Wie auch bey Zeiten Kayser Rudolphi II. Hochlöbl. Andenckens / Zu Pappier gesetzten zweyen Land-Bergwercks-Ordnungen im Königreich Böhmen / auffgerichteten Bergwercks-Vergleichungen / gefolgten Reformationen, Ertz-Käuffen/ Begnadigungen und Privilegien ... statuiret worden. Dresden: 1698. Matthaeus Hammer, Visiones Oder Offenbahrungen / Auch sonderliche WunderZeichen / So vor der Leipzigischen Haupt-

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Schlacht / als zu Prag / Gravenwerth in der Obern Pfaltz / Sunderburg / in der Graffschafft Oldenburg / zu Sagan in der Schlesien. Item / Zu Nürnberg von einem Fräwlein / HerrenStands / so Ihrer Königl Mayt. in Schweden offenbahren wollen / daß er unter den Seinigen jemanden habe / so Ihm nach dem Leben trachte ... zusammen getragen / beschrieben ... [S.l.], 1632 [mehrere Auflagen]. Viridarium Historiarum, Das ist: Historischer Blumengarten : Darinn Safft und Krafft vieler schönen lustigen Historien ... zu des Menschen Nutz und Frucht ... können gebraucht werden. Leipzig: 1632. Erweiterte Ausgabe Dresden: 1664. Rosetum Historiarum. Das ist: Historischer Rosengarten : Darin[n]en aus vielen bewehrten Historicis kurtze und denckwürdige Historien / als lieblich Rosen / abgebrochen / ... aus welchen man den guten Geruch allerley Tugenden kan nehmen ... ; In gewisse Capita versetzt und zuletzt eine Zugab / darinnen schöne Denck-sprüche ... Zwickau: 1654; weitere Auflagen Zwickau und Dresden: 1654; Zwickau und Leipzig: 1657. Historischer Rosen-Krantz : Gebunden und gewunden von allerhand Farben der Tugenden und Laster / zu des Menschen täglichen Nutz und Geruch. Von Geist- und weltlichen Historien ... auch mit füglichen Sententien / Teutsch und Lateinisch ... Dresden: 1666. 95 Traubuch Schneeberg 1623–1687, S. 9r. 96 Toten- und Traubuch Hartenstein 1588–1744, Jahrgang 1627, Nr. 3, S. 852. 97 Ernst Költzsch: Regesten zum Gerichtsbuch Niederschlema No. 34, Staatsarchiv Dresden. Wilkau-Haßlau 1969, Mschr., Exemplar im Stadtarchiv Schneeberg: »yB Schneeberg Nr. 50 (Regest nach E. Költzsch) 119 Fol. 233 Michaelistag 1627: Herr Ulrich Röhling verkauft dem Erbaren u. kunstreichen Johann Böhm, Bildhauer, das Wohnhaus, so vor diesem Christoff Kunst-Mahlers gewesen, neben Carl Grohe, Austeilers Behausung gelegen mit einem Röhrwasser, um 550 fl als 200 fl zum Angeld bar, jährlich 20 fl auf die Tagzeit Michaelis. Belehnung am 13.03.1627.« Röhling starb 1631. 98 Vgl. Meltzer 1716, S.  98, 428–429. Ratsherr, 648–649. Hammerherr in Neidhardsthal mit Stiftungen, ein Posten den später auch Veit Hans Schnorr d. J. (1644–1715) innehatte. 99 M. Christian Heyden, Pfarrer von Zschorlau, später von Kirchberg, heiratete am 14. September1630 Maria Blechschmidt. Aus dieser Familie gingen wieder drei Pfarrer hervor: M. Johann Christian Heyden, Pfarrer in Hormersdorf und Auerbach; M. Benjamin Heyden, Pfarrer in Prettin und 1675–1683 in Schneeberg; M. Gottwald Heyden, Pfarrer in Hirschfeld mit Nachkommen im Pfarrerberuf in vier weiteren Generationen. Außerdem war Böhm seit dem 23. Mai 1631 verschwägert mit der Familie Scheutzlich, unter deren Vorfahren sich auch ein Bildhauer befand: Hans Schenck, genannt auch Hans Scheußlich/Scheutzlich, (* um 1500 in Schneeberg; † um 1566 in Berlin). 100 Geboren 1604 als Sohn eines Schichtmeisters in Schneeberg. 101 Zitiert bei Karl Butter: Geschichte der Stadt Hartenstein, 1969, Mschr., S. 133–134. Für die Übermittlung einer Abschrift aus dem Wildbacher Kirchenbuch, Jahrgang 1632, S. 119, bin ich auch Herrn Stefan S. Espig, Wildbach, dankbar; ein eigener Vergleich ist überdies erfolgt. Der protestantische Holck hatte erst gegen, dann für den Kaiser gekämpft. 102 Vgl. Meltzer 1716, S. 1347. – Oesfeld 1777 / II, S. 172. 103 Nach der Schlacht bei Lützen kamen noch einmal in diesem Jahr kaiserliche Soldaten nach Zwickau und plünderten in der Umgebung. Am 10. Dezember 1632 trieben sie aus Hartenstein 100 Rinder und 100 Schafe fort. Ebenso sollen Schweden in diesem Monat bei Hartenstein Quartier genommen haben.

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Butter, Geschichte der Stadt Hartenstein, S. 134. Köhler berichtet auch über den nochmaligen Einfall Holcks in das Erzgebirge 1633. Diesmal kamen viele Bauern und Kuhhirten aus Böhmen mit, die in den Dörfern das Vieh raubten. Wildbacher Kirchenbuch, Jahrgang 1633, S. 121. Die Soldaten brachten allerdings auch die Pest mit. Holck erlag ihr selbst am 9. September 1633. 104 Gleichaltrig mit Böhm, Sohn eines Schneeberger Steigers, besuchte er die Gymnasien in Schneeberg und Nürnberg, war dann Advokat in Prag, 1619 Schulkollege an der Salvatorkirche daselbst, 1620 Diakonus in Außig, von wo er 1621 vertrieben wurde, 1622 Pfarrer in Frauenstein, 1625 Pfarrer in Clausnitz. Am 20. Februar 1634 wurde er von Kroaten nach Böhmen geschleppt und musste sich durch 190 Thaler und einige Fuhren Lebensmittel freikaufen. 105 Vgl. Titze 2002, S. 84. 106 Bei der Taufe einer Tochter von Jacob Ziegler übernahm Heinrich Reuß V. die Patenschaft. Taufbuch Hartenstein, Jahrgang 1635, Nr. 13. 107 Von seinem Ansehen zeugt es, dass er lange Jahre auch Vorsteher der Knappschaft war. 108 »Maria Hans Böhmen Tochter von Hartenstein«. 109 Die anderen beiden Paten waren der neue Hartensteiner Diakonus Georg Teucher, er war zuvor Feldprediger beim Herzog Bernhard von Weimar gewesen, dem Führer der protestantischen Liga nach Gustav Adolphs Tod; weiter Georg Voigt, Organist in Hartenstein, Sohn eines Barbiers in Stollberg. 110 Er war wohl ein Bruder des ermordeten Simon Rabenstein. 111 Seit 1608 als Substitut des Archidiakonus, seit 1610 als Diakonus. 112 1633, Nr. 3: Aufgebot der Tochter Susanna, »ein Burger und Meurers eheleibliche tochter«; 1638, Nr.  8: Patenschaft der Tochter Catharina, »Hans Behms selig tochter.« Auch 1641 lag die Zahl der Pesttoten mit 67 bei insgesamt 81 Sterbefällen sehr hoch. 113 Geboren war er 1599 als Sohn des gleichnamigen Bürgermeisters in Schluckenau/Böhmen, hatte in Leipzig und Wittenberg studiert und war anschließend Diakonus in seiner Heimatstadt geworden. Um 1627 musste er seine Heimat verlassen. 1629 und 1630 gab er in Leipzig zwei kleine apologetische Büchlein heraus zu Fragen des Abendmahls und des Fegefeuers. Auf dem Titelblatt bezeichnete er sich als »Exul Christi« (Verbannter Christi). 114 Pfarrer Marschner kam während seiner Bergaer Amtszeit in eine besondere Berührung mit den Folgen des Dreißigjährigen Krieges: eines der schrecklichsten Ereignisse dieses nationalen Brandes war die Einnahme und Zerstörung Magdeburgs durch die kaiserlichen Truppen im Jahr 1631. Bei diesem Geschehen fand auch der Kommandant von Magdeburg, Hans Bastian von Zehme, seinen Tod. Da die Familie von Zehme in Berga beheimatet war, fanden Trauerfeier und Beisetzung in Berga statt, wobei Pfarrer Marschner die Trauerpredigt zu halten hatte. Erst im Jahr 1671, zwei Jahre nach Marschners Tod, wurde diese Predigt noch in den Druck gegeben – wohl auf Veranlassung der Familie von Zehme, die so nach 33 Jahren noch einmal den Blick auf die bewegende Geschichte des Vaterlandes und der eigenen Familie lenken wollte. 115 Er bezog das Thierfelder Pfarrhaus, Thierfeld war damals noch der Hauptsitz des Pfarrers; auch seinen alten Vater, den ehemaligen Bürgermeister von Schluckenau in Böhmen, der ebenfalls als »Exulant« seine Heimat hatte verlassen müssen, brachte er mit nach Thierfeld, wo dieser noch dreizehn Jahre bei seinem Sohn lebte. 116 Die Burg war mit dem Tod des Lehnsträgers Hildebrandt Eichelberg von Trützschler am 12. Januar 1632, da dieser keine

Erhard Franke

Nachkommen hinterlassen hatte, an die Familie Schönburg zurückgefallen. Trützschler hatte nach dem Tode seiner Ehefrau im Jahr 1617 wohl bald die Burg verlassen, denn es lassen sich nach diesem Termin auch Pächter namhaft machen (die Familie von Aitzdorf durch Patenschaften 1623, Nr. 10 und 11, und die Familie von Lindenau). 117 Kirchenbuch für Wildbach und Langenbach 1588–1754, Jahrgang 1644, S. 144. Georg Hök war ein Sohn des verstorbenen Hans Hök aus Hilmersdorf in der Lausitz. 118 Sterbe- und Traubuch, Jahrgang 1648, S. 631, Nr. 7. 119 Traubuch, Jahrgang 1651, Nr.  4. Magdalena Böhm war inzwischen 34 Jahre alt. 120 Vgl. Lasch 2011. 121 Johannes Mittlacher, Glückseliger und Gewinstreicher Handel und Wandel / Von dem heiligen Apostel Paulo erfunden / wie er solchen eröffnet denen in der Berg-Stadt / Philip. am 3. Cap. Vers. 20. 21. : Bey Volckreicher und ansehentlicher Beerdigung Des Ehrenvesten / Vorsichtigen und Wohlweisen Herrn Johan Blechschmidts / Des Raths / vornehmen Bürgers und Handelsmanns allhier zum Schneeberg / Welcher den 19. Maii 1664. Frühe am Himmelfarths-Tag / seine Ausfarth / dieser Welt nach / gehalten / mit der Seelen die himmlische Wohnung gesuchet / und dessen Leichnam dem 23. darauff

Johann Böhm und sein Geburtsort Hartenstein

beygesetzet worden / So uff erfordertes Begehren zu dem Druck übersendet worden. Zwickau: 1664. Exemplar: Staats- und Universitätsbibliothek Göttingen, Signatur 4 CONC FUN II, 52 (22). Volltext in vd17 abrufbar. 122 Michael Günter, der Jäger, und Bürger in Harttenstein Christlich mit einer LeichPredigt zur erden bestattet, war der [Montag] nach Cantate, seines alters 45 Jahr, und 9 wochen. 123 Einschätzung von Mario Titze bei persönlicher Besichtigung am 1. Oktober 2016. 124 Bei Asche 1961 dem Benjamin Böhm zugeschrieben, S. 80 und 157. 125 Name des Tischlers nach Sachsens Kirchengalerie (12) 1845, S. 159. M. Titze schreibt dem Verfasser: »Der Schneeberger Tischlermeister «Gottfried Otto», der 1706 den Hartensteiner Kanzelaltar geschaffen hat, war Gottfried Oettel (auch Ettel, Ettler o. ä.). Zu ihm finden Sie in meinem Schneeberg-Buch weitere Hinweise. Der Bildhauer der dazu gehörigen Evangelistenfiguren  war Joachim Kümmel. Er war zu jung, um noch ein Schüler Böhmes zu sein, war aber in leitender Position an der Barockisierung der Wolfgangskirche beteiligt und hat auch Teile des Barockaltars geschnitzt.« 126 Kämmerei-Rechnung im Stadtarchiv Schneeberg, 25.  Juni 1649.

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Johann Böhm – Leben und Werk Versuch einer Neubewertung Mario Titze

Herkunft und Ausbildung Am 12. Mai 1594 heirateten in Schneeberg1 der Hartensteiner Maurer Johann Böhm (Hans Behm) und die aus Schneeberg stammende Catharina (Kattarina) Richter. Johann Böhms Vater Matz Böhm war ebenfalls Maurer2, Catharinas Vater Georg Richter war Brauer. Fast genau neun Monate später wurde am 18. Februar 15953 in Hartenstein Johann Böhm geboren, dem noch elf weitere Geschwister folgen sollten. Der 18. Februar ist der Todestag Michelangelos (1564), und der 6. März, an dem Johann Böhm 1667 begraben wurde, der Geburtstag Michelangelos (1475). Glaubt man an das Wirken der Vorsehung, ist es ziemlich klar, dass sich zwischen diesen beiden Jahrestagen geradezu zwangsläufig das Leben und Werk eines bedeutenden Bildhauers entwickeln und vollenden musste. Glaubt man daran nicht, sind die Erforschung und Deutung des künstlerischen Lebensweges Johann Böhms sehr viel weniger klar und einfach. Der Versuch, dessen Stationen nachzuvollziehen, und die Einflüsse, die darauf wirkten, zu analysieren, soll hiermit unternommen werden. Von grundlegender Wichtigkeit ist dabei zuerst der Familienname. In nahezu allen zeitgenössischen Quellen, in eigenhändigen Urkunden Johanns wie auch seiner Nachkommen wird dieser »Böhm« geschrieben, allenfalls in Dialektfärbung »Behm«.4 Ausgerechnet Sigfried Asche, der die Bildhauerfamilie Böhme in ihrer kunstgeschichtlichen Bedeutung entdeckte, beschrieb und wissenschaftlich begründete Werkverzeichnisse erarbeitete5, führte ab 1933 in einer Vielzahl von Publikationen die Namensform »Böhme« in die Kunstgeschichtsschreibung ein. Er entschied sich nach der Abwägung aller ihm vorliegenden Varianten aus Gründen der Vereinheitlichung dafür, weil er der Meinung war, dass die Schreibweise »Böhme« sich bei Johanns Sohn Johann Heinrich d. Ä.6, den er für den bedeutendsten Meister der Familie hielt, durchgesetzt hätte.7 Das lässt sich nach erneuter Überprüfung jedoch ganz und gar nicht belegen. Dadurch haben sich alle drei Generationen der Schneeberger Bildhauer unter falschem Namen in der Kunstgeschichte

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etabliert. Es ist an der Zeit, diesen Fehler für die Zukunft zu korrigieren. Johann Böhm wurde also 1595 in Hartenstein geboren. Warum er als Erstgeborener Bildhauer und nicht, wie sein Vater und sein Großvater, Maurer wurde, ist nicht erklärbar und beruhte vielleicht auf seinem persönlichen Wunsch. Da die Tätigkeit des Vaters nicht von der Unterhaltung einer eigenen Werkstatt abhing, die das Geschäftskapital der Familie darstellte, deren Bestand zu erhalten und weiterzuführen war, hatte der Sohn vielleicht größere Freiheit in der Berufswahl. Böhms Ausbildungsweg und die Orte seiner Lehre liegen noch immer im Dunkeln und sind nicht nachweisbar. Seit Sigfried Asche gilt Johann Böhm als Schüler des Magdeburger Bildhauers Christoph Dehne. Zugleich vermutete Asche auch Aufenthalte in den Werkstätten Franz Julius Dötebers in Leipzig und Giovanni Maria Nossenis in Dresden.8 Sigfried Asche wusste nicht, wann und wo Johann Böhm geboren wurde9; deshalb stellt sich uns heute die Frage vor allem nach dem Lehrbeginn anders als ihm: Wie hätte Böhm als Sohn eines Maurers aus Hartenstein in eine der führenden sächsischen Bildhauerwerkstätten in Leipzig oder in der kurfürstlichen Residenz Dresden, oder gar nach Magdeburg kommen können? Kontakte des Vaters dorthin sind nur schwer vorstellbar. Sie lassen sich jedoch leicht zur lokalen Herrschaft vermuten: Dem ersten Sohn Johann standen bei der Taufe durch Pfarrer Johann Zechendorff 10 am 19. Februar 1595 nominell Catharina, geborene Gräfin von Salm, Gemahlin Hugos II. von Schönburg, und der Hartensteiner Amtsschösser Virgilius Jacob Pate, was ohne eine intensive Tätigkeit Böhms für den Hartensteiner Hof nicht zu denken ist. Dieselbe Gräfin Catharina und der Schösser Virgilius Jacob standen am 6. Oktober 1609 übrigens auch dem späteren Dichter Paul Fleming Paten, als Pfarrer Zechendorff ihn taufte!11 Böhms Vater war als städtischer Maurermeister an der Erneuerung der Hartensteiner Stadtkirche ab 158812 und sicherlich auch am Neubau der Schönburgischen Grablege dort ab 1597 sowie an den 1588 begonnenen, von Hugo II. initiierten, Baumaß-

Mario Titze

nahmen im Hartensteiner Schloss beteiligt. Dabei kam es zwangsläufig zur Zusammenarbeit mit Bildhauern. Auch wenn Grabmale errichtet wurden, musste in der Regel ein Maurer helfen. Dabei entstandene Kontakte könnte Johanns Vater später genutzt haben, um einen Lehrmeister für seinen Ältesten zu finden. In Hartenstein gab es keinen Bildhauer; Aufträge der Herrschaft wurden an auswärtige Meister vergeben. So scheint um die Wende vom 16. zum 17. Jahrhundert die Freiberger Werkstatt Lorentz von den Schönburgern bevorzugt für Bildhauerarbeiten herangezogen worden zu sein: 1576 schuf Andreas Lorentz d. Ä. für Wolf II. von Schönburg den Altar der Schlosskapelle Rochsburg.13 Das Epitaph Wolfs II. († 1581) in der Pfarrkirche in Rochsburg wird Andreas d. Ä., Samuel d. Ä. und Uriel d. Ä. Lorentz zugeschrieben.14 Das Epitaph für Hans Ernst von Schönburg († 1586) in der Stadtkirche in Penig signierte Samuel Lorentz d. Ä.15, das Epitaph für Christoph Friedrich von Schönburg († 1607), ebendort, Uriel Lorentz d. J.16 Die zwei erhaltenen Passionsengel (Abb. 1) vom ehemaligen Portal zur 1597 von Hugo II. in Auftrag gegebenen Schönburgischen Grablege an der Stadtkirche in Hartenstein stehen der Formensprache Andreas Lorentz' d. Ä.17 und seiner Werkstatt ebenso nahe wie der Skulpturenschmuck des von Hugo II. von Schönburg gestifteten Rathausportals in Lößnitz aus dem Jahr 1601. Beide wurden vermutlich von Samuel d. J. oder Uriel d. J. Lorentz geschaffen.18 In Chemnitz war seit Anfang der 1590er Jahre Michael Hegewald tätig19, der 1619 den nicht erhaltenen Taufstein für die Stadtkirche im schönburgischen Lößnitz lieferte.20 In Schneeberg arbeitete Joachim (I) Petzoldt21, der als künstlerische Persönlichkeit allerdings bislang nicht fassbar ist. Ob er 1595 den Taufstein22 und 1597 ein Kruzifix23 für die Wolfgangskirche, beide nicht erhalten, und den Grabstein für den 1606 verstorbenen Paul Lobwasser auf dem Schneeberger Friedhof geschaffen haben könnte, ist nur zu mutmaßen. Im 17. Jahrhundert beendete ein Bildhauerlehrling seine Lehre mit zwanzig Jahren. Über den Beginn und die Dauer gibt es verschiedene Angaben und wohl auch regional unterschiedliche Gepflogenheiten. Franz Julius Döteber begann 1590 in Braunschweig mit 15 eine sechsjährige Lehre.24 Die Statuten der 1574 begründeten Dresdner Maler- und Bildhauerinnung sahen eine fünfjährige Ausbildungszeit für Meistersöhne, im übrigen eine siebenjährige Lehre vor, die mit der Ausstellung eines Lehrbriefs, einer Art Zeugnis, endete. Daran schlossen sich eine mindestens dreijährige Wanderschaft und vor der Erlangung der eigenen Meisterwürde noch

Johann Böhm – Leben und Werk

1  Samuel d. J. oder Uriel d. J. Lorentz: Passionsengel vom ehemaligen Portal der Schönburgischen Grablege; Hartenstein, Ev. Stadtkirche Unser Lieben Frauen, um 1597

eine zweijährige Mitarbeit als Geselle bei einem Meister an.25 Johann Böhms eigener Sohn Johann Heinrich d. Ä. begann die Lehre bei seinem Vater, die acht Jahre dauerte, im Alter von zwölf Jahren.26 Man darf daher wohl davon ausgehen, dass Johanns Lehrzeit ebenfalls mit 12 begann und mit 20 endete – von 1607 bis 1615. Von 1616 bis 1618 war er auf Gesellenwanderung, und am 21. Mai 1619 nennt ein Eintrag ins Hartensteiner Taufbuch ihn unter den Paten als »Hans Behm Bilthauer«.27 1607, im Jahr des Lehrbeginns Johann Böhms, arbeitete in Freiberg Uriel Lorentz d. J.; ob sein Bruder Samuel d. J. noch lebte, ist unbekannt. Es ist nicht ausgeschlossen, dass Böhm in deren Werkstatt eintrat. Mehr scheint jedoch für einen Lehrbeginn im Hartenstein fast benachbarten Schneeberg, in der Werkstatt des – freilich noch immer unbekannten – Joachim (I) Petzoldt, zu sprechen – vor allem, wegen der tatsächlichen geographischen Nähe, wegen seiner späteren Ansiedelung, und nicht zuletzt wegen der familiären Verbindungen dorthin: So stammte Johanns Mutter aus Schneeberg, wo seine Eltern auch geheiratet hatten, und deren Familie dort ebenso ansässig war wie sein dritter

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Taufpate, der »Ocu­list/ Stein=und Bruchschneider u. geschickte Wund=Artzt«28 Johann Klüpfel, der 1620 starb29. Wohin könnte nach der Lehre 1616 die Gesellenwanderung den losgesprochenen Bildhauerlehrling von Schneeberg aus geführt haben? Die Schneeberg bzw. Hartenstein am nächsten gelegene bedeutsame Bildhauerwerkstatt befand sich in Chemnitz, die seit Anfang der 1590er Jahre der aus Freiberg stammende, hauptsächlich bei Samuel Lorentz d. Ä. in Freiberg und Hans Köhler d. Ä. in Meißen ausgebildete sowie von Franz Ditterich d. Ä. in Freiberg beeinflusste Michael Hegewald30 betrieb. Zu seinen Lehrlingen dürften zwischen etwa 1595 und 1603 der aus Chemnitz stammende spätere Magdeburger Bildhauer Georg oder Jürgen Kriebel31 und von 1608 bis etwa 1616 Hegewalds 1596 geborener Sohn Zacharias gehört haben. Beide gingen anschließend nach Dresden, wo sie sich im Umkreis Nossenis bzw. Sebastian Walthers nachweisen lassen. In Michael Hegewalds Werkstatt hätte Johann Böhm um 1616 am Altarretabel für die Kirche in Niederlichtenau (Abb. 2) mitarbeiten können, für das der Meister nach dem Weggang seines Sohnes einen Gesellen benötigt haben dürfte. Von dort aus könnte er in Hegewalds Heimatstadt Freiberg weitergewandert sein, wo er dann wohl in der Werkstatt Bernhard Ditterichs mitarbeitete. Die Werke Franz Ditterichs d. Ä., der bereits Michael Hegewald beeinflusst hatte, und seiner Söhne weisen ein gestalterisches Element auf, dass mehr als andere Böhms spätere Arbeiten charakterisiert, und das er bei keinem der noch in Betracht zu ziehenden Lehrmeister so kennenlernen konnte. Es handelt sich dabei um die seitlichen Wangen mit medaillonartigen Reliefkartuschen, die nachgerade zu einem Markenzeichen Johann Böhms werden sollten. Diese seitlichen wangenartigen, hochovalen, reliefierten Medaillons sind Teil des Formenapparats des sogenannten Roll- und Beschlagwerks und wurden seit der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts hauptsächlich durch Stichvorlagen des Hans Vredemann de Vries (Abb. 3) und anderer verbreitet. An Arbeiten Michael Hegewalds oder Sebastian Walthers sind sie nicht zu finden, der Magdeburger Skulptur um 1600 und Franz Julius Döteber sind sie auch eher fremd. Dagegen waren die reliefierten Wangenmedaillons ein charakterisierendes Stilmittel Franz Ditterichs d. Ä.32, und neben frühen Formen wie etwa am Altarretabel in Döben bei Grimma (1591) oder der mehr ornamentalen Variante am Epitaphaltar der Stadtkirche in Strehla (1605) vor allem am Hauptaltar der Stadtkirche in Tetschen (Dĕčín, um 1605) und am Altar der Schlosskirche in Schönpriesen (Krásné Březno, um 1605) sowie an dem um 1605/06 entstandenen Epitaph

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für Paul Lobwasser in der Schneeberger Wolfgangskirche (Abb. 4) beispielhaft zu sehen. Das von dem Freiberger Bildhauer Uriel Eckhardt signierte Epitaph für Caspar von Schönberg († 1605) in der Stadtkirche in Sayda zeigt anschaulich deren vorbildhafte Wirkung. Das 1945 vernichtete, künstlerisch hochrangige und damals stilistisch außerordentlich moderne Hängeepitaph für den Schneeberger Hammerherren Paul Lobwasser in der Wolfgangskirche war offensichtlich eine Arbeit der Freiberger Werkstatt des Franz Ditterich d. Ä. und seiner Söhne.33 Laut Inschrift hatte Lobwasser, der am 20. Juni 1606 starb34, das Epitaph noch zu Lebzeiten in Auftrag gegeben; und zwar nicht bei dem Schneeberger Petzoldt, sondern bei einem überregional bekannten Freiberger Meister. Das prachtvolle Bildwerk mit den im Sockel knienden Adorantenfiguren des Stifters und seiner Familie, den gekuppelten Säulen zu Seiten des zentralen Kreuzigungsreliefs, mit Unterhangkartusche und figurenbestandenem Aufsatz, enthielt im Kern alle Elemente, die später auch Böhms Altarretabel und Epitaphe charakterisieren sollten. In Schneeberg könnte er es bereits als Lehrling bewundert und studiert haben. Einzig die Mitarbeit in der Freiberger Ditterich-Werkstatt würde die große Bedeutung erklären, die jene seitlichen Reliefmedaillons später für Johann Böhms Œuvre erlangten. Vielleicht arbeitete er unter der Leitung Bernhard Ditterichs an dem bis 1618 entstandenen Altar (Abb. 5) für die lutherische Dreifaltigkeitskirche in Prag mit, der 1623 in der Marienkirche in Wolfenbüttel aufgestellt wurde.35 Die Werke der Ditterich-Werkstatt nach 1600 im allgemeinen und der Prag/Wolfenbütteler Altar im besonderen weisen auch schon Stilelemente des Manierismus auf, die Böhm frühzeitig geprägt haben könnten. Gleichzeitig stehen sie, vor allem bezüglich ihres Strebens nach Monumentalität, deutlich unter dem Einfluss der von Giovanni Maria Nosseni, Christoph (IV) und Sebastian Walther geprägten höfischen Dresdner Kunst. Die eindrucksvollen, auf alles Beiwerk wie figürliches »Gedräng« und landschaftlichen Hintergrund verzichtenden Kreuzigungsgruppen der Altarretabel ehemals in der Dresdner Sophienkirche und in der Schlosskirche Lichtenburg in Prettin waren zweifellos vorbildlich für Ditterichs Altar in Wolfenbüttel – nicht minder jedoch für Johann Böhms Altar in Großolbersdorf. Als Geselle Bernhard Ditterichs konnte er jedoch keinen Berufsabschluss als Steinbildhauer erhalten, der er später war. 1612 hatten die Freiberger Bildhauer vor den Meistern der Dresdner Innung gegen die Bildschnitzer Bernhard und Franz d. J. Ditterich geklagt, weil sie, ohne eine eigene zunftgemäße Ausbildung durch-

Mario Titze

2  Michael Hegewald: Altarretabel der Ev. Pfarrkirche Niederlichtenau, Detail mit Allegorie der Hoffnung (Spes), um 1616

3  Hans Vredemann de Vries: THEATRUM VITÆ HUMANÆ, Antwerpen 1577

4  Franz Ditterich d. Ä.: Epitaph für Paul Lobwasser; ehemals Schneeberg, Ev. Stadtkirche St. Wolfgang, um 1605/06, 1945 zerstört

Johann Böhm – Leben und Werk

5  Bernhard Ditterich: Altarretabel der Ev. Dreifaltigkeitskirche in Prag, ca. 1614–18; seit 1623 Wolfenbüttel, ev. Hauptkirche Beatæ Mariæ Virginis; Wolfram Kummer: Rekonstruktion des Zustandes von 1618 (1983/85)

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laufen zu haben, Steinbildhauerei betreiben würden, und forderten, dass beide entweder eine entsprechende Lehre bei einem zünftigen Meister nachholen oder sich der (autodidaktisch erlernten) Bildhauerei in Stein enthalten sollten. Die angerufenen Meister der Dresdner Bildhauerinnung – unter der Führung Nossenis auch Christoph (IV) und Sebastian Walther – entschieden im Sinne der zünftigen Bildhauer und verboten den beiden Brüdern Ditterich, Steinbildwerke herzustellen sowie die Ausbildung von Lehrlingen und Gesellen in der Steinbildhauerei.36 So konnte Böhm nach einer Gesellenzeit bei Ditterich maximal Bildschnitzer in Holz und Bein, nicht aber Bildhauer in Stein werden. Eine anschließende Mitarbeit bei Sebastian Walther verbot sich unter diesen Umständen von selbst – was heißt, dass eine direkte Schulung Böhms in Walthers Werkstatt eher unwahrscheinlich sein dürfte. Das könnte erklären, warum er für die Erlangung der eigenen Meisterwürde eben nicht nach Dresden, sondern nach Magdeburg ging, um die vorgeschriebenen mindestens zwei weiteren Jahre bei einem dortigen Innungsmeister zu arbeiten.37 Thomas Ratzka stellte, unter Bezugnahme auf Sigfried Asches Hypothese einer Lehrer-Schüler-Beziehung Böhms zu Christoph Dehne, fest, dass nach Johann Böhm kein anderer Bildhauer »eine engere Anlehnung an Dehnes Figuren- und Reliefstil … erreicht« habe.38 Offensichtlich scheinen die ausgeprägten Groteskenmotive und Knorpelwerkelemente des Schneeberger Epitaphs Röhling (vgl. Abb. 34 im Beitrag L. Vogel) auf das Vorbild des Magdeburgers Christoph Dehne, eines der Hauptmeister der manieristischen Skulptur im 1. Viertel des 17. Jahrhunderts, zu verweisen. Die tatsächlichen Zusammenhänge sind jedoch schwer zu rekonstruieren, da zum einen Dehnes Œuvre selbst großenteils aus Zuschreibungen besteht, und zum anderen Böhms frühes Hauptwerk, das Epitaph für Christina und Ulrich Röhling, ehemals in der Schneeberger Wolfgangskirche, nicht mehr erhalten ist und davon auch keine ausreichend detaillierten Fotos existieren. Böhms mutmaßliche bisherige Lehrmeister Hegewald und Ditterich – der Unbekannte Petzoldt sei hier vernachlässigt – verwendeten Roll- und Beschlagwerkformen, die er sich, neben technisch-handwerklichen Fähigkeiten, im Verlauf der Lehre höchstwahrscheinlich ebenso aneignete. Doch davon findet sich am Epitaph Röhling nicht einmal mehr eine Spur! Dafür zeigt es eine an Christoph Dehnes Epitaphien für Christian von Hopkorf (um 1615, Abb. 6, 7) und Ernst von Meltzing (um 1618/20) im Magdeburger Dom erinnernde, sichere Handhabung des Ohrmuschel- und Knorpelwerks, dessen Formensprache um 1619/20 neuartig, ja geradezu

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tagesaktuell war. Hätte Böhm dieses, für ihn absolut neue künstlerische Vokabular lediglich durch die Mitarbeit an einem Werk des Meisters erlernen können? Sicher nicht, und Dehne ließ einen Gesellen wohl auch erst dann an einem wichtigen Werk zum Einsatz kommen, nachdem jener die vorgegebenen Entwürfe in der nötigen Qualität auszuführen imstande war. Zweifellos lernte der Geselle nicht nur beim Mithelfen an dem gerade in der Werkstatt zu fertigenden Auftrag. Ganz wesentlich gehörte zur Aus- und Weiterbildung das Arbeiten und Kopieren nach graphischen Entwürfen, nach Modellen und Vorgaben des Werkstattmeisters. So dürfte etwa die Ausarbeitung von Reliefs nach Stichvorlagen ganz sicher Teil des speziellen »Trainings« Böhms bei Dehne gewesen sein – was ihm später zugute kommen sollte und ihm geholfen hat, Motive zeichnerisch zu speichern, um bei eigenen Arbeiten darauf zurückgreifen zu können. Auf diesem Gebiet scheint Böhm eine besondere Fähigkeit besessen zu haben, wie die nahezu 1:1-Übertragung des Cranachschen Abendmahls vom Schneeberger Altar in die Dreidimensionalität des Netzschkauer Altars (Abb. 122) eindrucksvoll zeigt. Zur Ausbildung müssen intensive Zeichen- und Entwurfsübungen einschließlich plastischer Versuche in Ton oder Stuck gehört haben, die Böhm das Verständnis für die vollkommen neuen, allen klassischen Prinzipien und handwerklichen Traditionen widersprechenden Gestaltungen der phantastischen Groteske vermittelten und ihn sichere Routine in deren Beherrschung erwerben ließen. Neben Entwürfen und der Anleitung des Meisters spielten dabei das Studium fremder Ornamentstiche, wie etwa Lucas Kilians »Nevves Schildtbyhlein« (Nürnberg 1610, Abb. 8) oder des 1621 bei Godfridt Müller in Braunschweig erschienenen »Neuw Compertament Buchlein[s]«39 und das Improvisieren danach eine bedeutende Rolle. Lehrziel war offenbar die Fähigkeit, aus vorhandenen Anregungen – wie beim Musizieren – beliebig viele Variationen zu erfinden. Das konnte abstrakte Ornamentformen wie die allgegenwärtigen scheibenartigen Ellipsenschwünge, die sich sowohl an den Epitaphen Meltzing, Stisser und Röhling als auch in entsprechenden Stichvorlagen, z. B. Godfridt Müllers Neuw Compertament Buchlein, finden, als auch organische Gebilde, Engelsflüchte oder die phantastischen grotesken Maskarons betreffen. Der dabei entstandene Skizzenvorrat half Böhm noch nach Jahrzehnten, eigene Werke zu entwerfen. Diese anzunehmende Art, den Dehneschen Knorpelwerkstil als künstlerische Sprache zu erlernen, könnte erklären, dass es keine wörtlichen Wiederholungen von Figuren oder Motiven des Meisters in späteren eigenen Arbeiten des

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7  Christoph Dehne: Epitaph für Christian von Hopkorf; Magdeburg, Dom, ca. 1615; Unterhangkartusche (vor 1945)

6  Christoph Dehne: Epitaph für Christian von Hopkorf; Magdeburg, Dom, ca. 1615

8  Lucas Kilian: Nevves Schildtbyhlein, Nürnberg 1610, Abb. 4

Johann Böhm – Leben und Werk

9  Christoph Dehne: Epitaph für Cuno  von Lochow; Magdeburg, Dom, ca. 1623

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Gesellen gibt, sondern allenfalls indirekte Zitate und Modulationen. Böhm übernahm allerdings auch grundlegende Kompositions- und Gestaltungsprinzipien von Christoph Dehne. Dazu gehört die Ausbildung eines mittleren Haupt-Bildfeldes, das rundbogig abschließt und die geschossgliedernde Gebälklinie durchbricht. Dieses mittlere Hauptbild wird in der Regel von Säulen auf Postamenten gerahmt. Die Säulen können bei umfangreicheren Werken auch paarweise gekuppelt sein. Die von den Säulen getragenen Gebälkstücke sind stark verkröpft, bilden dadurch eine raumschaffende zweite Ebene und dienen meist noch darauf stehenden Figuren als Sockel. Auf das Vorbild Dehnes geht zudem der für Böhms frühes Œuvre charakteristische Schwarz-WeißKontrast der verwendeten Materialien zurück 40, unter denen dunkler Schiefer und heller Alabaster, neben feinkörnig-hellem Sand- und Kalkstein bzw. Tuff, dominieren. Diese Besonderheiten der Materialästhetik unterschiedlicher Gesteinsarten konnte er von Bernhard Ditterich selbstverständlich nicht übernehmen – wohl aber das die verkröpfte Gebälklinie durchbrechende, überhöhte Mittelfeld, das, dem Vorbild des Strehlaer Altars folgend, auch Ditterichs Retabel in Kleinschirma (1614) und Prag/Wolfenbüttel (1614–18/23) aufweisen. Diese manieristische Durchbrechung der Horizontalen ist wiederum den klassisch proportionierten Werken Nossenis und Walthers fremd. Einen deutlichen Unterschied zum Werk Christoph Dehnes bildet der bei Böhm miniaturhaft kleine Maßstab der betenden Figuren, die die mit dem Epitaph zu ehrenden Personen darstellen. Dieses gestalterische Prinzip änderte sich durch die gesamte Schaffenszeit Böhms nicht. Es könnte als ein prägendes Element aus Böhms Gesellenzeit bei Michael Hegewald und Bernhard Ditterich interpretiert werden, das nicht von den Eindrücken in der Werkstatt Dehne überlagert und verdrängt wurde. Die Anordnung der Adorantenfiguren in Großolbersdorf in einer Art Blendnischen nicht zwischen, sondern im schattigen Hintergrund hinter den Säulenpaaren, die die Kreuzigungsgruppe rahmen und damit die Adoranten fast verdecken, ist in höchstem Maß manieristisch. Das gibt es als Motiv unter allen bisher als Lehrmeister Böhms genannten Bildhauern nur bei Christoph Dehne – bei ihm werden so allerdings nicht die Verstorbenen als Hauptfiguren des Totengedächtnisbildes dargestellt, sondern Allegorien oder Nebenfiguren von eher untergeordneter Bedeutung.41 (Abb. 9) Eine Ausbildung und Mitarbeit Johann Böhms in Dehnes Magdeburger Werkstatt lässt sich archivalisch

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nicht nachweisen. Es gibt jedoch eine Reihe von Anhaltspunkten, die für eine solche These sprechen, weshalb ich sie für sehr wahrscheinlich halte. Als Zeitraum kämen dafür mindestens zwei Jahre ab etwa Mitte 1619 in Betracht, also bis frühestens 1621. Das heißt, Böhm könnte als Geselle Dehnes an den Epitaphen für Kilian Stisser in Halle (um 1620/21) (Abb. 11), Adam von Königsmarck in Brandenburg (um 1620/21; vgl. Abb. 6, 7 im Beitrag von G. Vogel) und Achim von Veltheim in Groß Bartensleben (Abb. 12) mitgearbeitet haben. Für das Epitaph Meltzing in Magdeburg (um 1618/20; Abb. 10) ist das mangels eindeutiger Datierung allenfalls nicht auszuschließen. Doch ähnelt gerade die atektonische Anordnung des den Aufsatz am Epitaph Meltzing tragenden Gesimes, wie balancierend, über dem Scheitel des rundbogigen Mittelfeldes, am stärksten dem Schneeberger Epitaph Röhling, so dass ganz sicher zumindest von dessen Kenntnis auszugehen ist. Böhms Beteiligung am Hallenser Epitaph Stisser (Abb. 11) wurde schon von Asche42 und Ratzka 43 vermutet. Über deren stilistische und motivische Argumente hinaus erinnert vor allem die für Dehne untypische Winzigkeit der Adoranten an Böhm. Das Epitaph für den am 12. Dezember 1620 verstorbenen Achim von Veltheim in Groß-Bartensleben (Abb. 12), das wohl nicht vor 1621 entstand, und das Thomas Ratzka als Gesellenarbeit aus der Werkstatt Christoph Dehnes anspricht 44, unterscheidet sich von den meisten Werken Dehnes durch die unmotiviert und etwas disproportioniert wirkenden, seitlichen, hochovalen Wangenreliefs, wie sie vor allem für die Freiberger Ditterich-Werkstatt und Johann Böhm charakteristisch sind. Liest man diese als einen Hinweis auf Böhms Mitwirkung, würden sie als »Sonderform« innerhalb des Œuvres Dehnes leichter erklärbar. Den zwanzig Jahre älteren Leipziger Bildhauer Franz Julius Döteber (1575–1648)45 hielt Sigfried Asche ebenfalls für einen der Lehrmeister Böhms.46 Wie bei allen anderen genannten Bildhauern gibt es auch für diese These keine archivalischen Belege, sondern die stilistische Parallele des zum Teil üppig verwendeten Knorpelwerkornaments.47 Als Vergleichsbeispiele bieten sich die Epitaphe für Johann von Kostitz († 1611) (vgl. Abb. 5, 6 im Beitrag Schulze) im Merseburger Dom, Daniel Leicher († 1612) in der Leipziger Thomaskirche (vgl. Abb. 7 im Beitrag Schulze), Hans und Margarethe von Wolffersdorff (um 1618) in der Dorfkirche Dehlitz an der Saale sowie für Caspar Tryller (um 1618) (Abb. 13) in der Jacobikirche Sangerhausen an, die Asche – mit Ausnahme des Leicher-Epitaphs – jedoch alle noch nicht als Werke Dötebers kannte. Abgesehen von eher zeit-

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10 Christoph Dehne: Epitaph für Ernst von Melt­ zing; Magdeburg, Dom, ca. 1618/20 11  Werkstatt Christoph Dehnes: Epitaph für Kilian Stisser; Halle, Dom, ca. 1620/21; Detail

12 Werkstatt Christoph Dehnes: Epitaph für Achim von Veltheim; Groß Bartensleben, Ev. Kirche, ca. 1621

Johann Böhm – Leben und Werk

13  Franz Julius Döteber und Levin Tydeche: Epitaph für Katharina und Caspar Tryller; Sangerhausen, St. Jacobi, ca. 1618

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typischen Gemeinsamkeiten wie dem Knorpelwerk als moderner Dekorationsform und dem Schwarzweißkontrast von Architektur und Skulpturen gibt es zwischen den Arbeiten Böhms und Dötebers wesentliche Unterschiede, die meines Erachtens gegen eine direkte künstlerische Abhängigkeit Böhms von Döteber sprechen. Im Aufbau der genannten Epitaphe erscheint die Architektur bei Döteber immer als Hintergrund für die Adoranten. Sie ist mehr Fassade als umgebender Raum. Döteber stellte die Basen der Säulen immer im klassischen Verständnis auf die Grund- oder Gesimsplatte, während sie bei Böhms Epitaphen Röhling und Bose auf tektonisch instabilen, konkav eingezogenen Sockeln stehen, die offensichtlich von Dehnes Epitaphen Georg von Lochow in Nennhausen, Ernst von Meltzing und Cuno von Lochow in Magdeburg, Königsmarck in Brandenburg und Stisser in Halle abgeleitet sind. Auf ganz ähnlichen Sockeln stehen die Evangelisten des Wolkensteiner Altars. Die Konstruktion der Architekturen Dötebers kennt auch solche Anomalien wie das über einem Bogenscheitel balancierende Gesims nicht, das Böhms Werk mit Dehne verbindet. Döteber bildete die seitlichen Wangen oft als Engelhermen – eine groteske Form des Roll- und Beschlagwerkstils, die sich bei Böhm nirgends findet. Das muss jedoch nicht heißen, dass Böhm das Werk Dötebers nicht kannte: So ist mit großer Sicherheit davon auszugehen, dass er wenigstens die in Leipziger Kirchen vorhandenen Altäre, Epitaphe und Grabmale zur Kenntnis nahm und wohl auch einzelne Motive davon zeichnete. Darauf deuten die beiden an Werke Dötebers und Valentin Silbermanns erinnernden, großen und charakteristischen Blütenrosetten, die er am Sockel des Röhling-Epitaphs und an den seitlichen Abhänglingen des Wolkenburger Altars anbrachte. In Leipzig sah er auch das Epitaph für Heinrich Heideck (Abb. 14) von Valentin Silbermann in der Paulinerkirche48, das aus einem zentralen und zwei seitlichen reliefierten Ovalmedaillons besteht und vergleichbare spätere Arbeiten Böhms mit beeinflusst haben könnte. Eine sehr auffällige Detailähnlichkeit besteht indes zu dem ehemaligen Epitaph für Christian Günther I. und Anna Sibylla von Schwarzburg-Sondershausen, heute im Bestand eines barocken Altarretabels in der Kirche in Sondershausen-Jecha. Es entstand zwischen 1623 und 1625 und wurde von Sebastian Schulze als Werk des aus Rotenburg an der Wümme gebürtigen Levin Tydeche erkannt, der offenbar als Mitarbeiter des aus Bremen stammenden, in Leipzig ansässigen Heinrich Hünefeld, zeitweise in Zusammenarbeit mit Döteber, tätig war.49 Die seitlichen Wangen und der Sockel mit

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à jour ausgearbeitetem Ohrmuschel- und Knorpelwerk sowie Engelsflüchten (Abb. 15) erinnern unmittelbar an Böhms Werke, insbesondere an die Konsolen des Altars in Großolbersdorf, etwas ferner auch an die Konsolen des Altars in Wolkenburg und das Zwickauer Epitaph für David Pitzsch. Nahezu identisch sind die juwelenartig in Knorpelkartuschen gefassten Schmucksteine mit ebensolchen bei Böhm. Inwieweit es Kontakte Böhms zu Tydeche – vielleicht über eine gemeinsame Arbeitsbeziehung zu Franz Julius Döteber – gab, ist vorerst überhaupt nicht nachprüfbar. Tydeche starb am 21. August 1625 in Sondershausen. Ob es aber mehr als ein Zufall ist, dass Böhms frühestes nachweisbares datiertes eigenes Werk 1625, im Todesjahr Tydeches, entstand, müssen weitere Forschungen klären. Frühe Werke Das 1625 datierte Portal des Gasthofes »Zum weißen Roß« in Hartenstein (Abb. 16) ist noch die Arbeit eines Berufsanfängers. Sie zeigt alle stilistischen Elemente von Böhms Kunst, aber es fehlt ihr die souveräne Beherrschung der Form und des Materials. Als sein Werk gibt es sich nicht nur durch den Engelputto, das Ohrmuschel- und Knorpelornament sowie das an Phantasiegebilde Dehnes erinnernde agraffenartige, langgezogene Maskaron an Stelle des Schlusssteins zu erkennen, sondern vor allem durch das über dem Bogenscheitel der Portalöffnung balancierende Gesims, das den Figurenaufsatz trägt. Es entstand im Zuge des Wiederaufbaus nach dem Stadtbrand vom 2. Dezember 1624. Ob Böhm den Brand zu Hause, in einer eigenen Werkstatt, erlebte, oder ob er danach nach Hartenstein zurückkehrte, ist völlig unbekannt. Unwahrscheinlich ist es aber, dass Böhm vor diesem Hartensteiner Portalaufsatz schon das von Sigfried Asche zuletzt50 auf 1623–25 datierte Schneeberger Epitaph Röhling geschaffen haben soll. Es zeigt eine reifere Stufe seiner Entwicklung als das Portal. Zudem darf man wohl davon ausgehen, dass Böhm den Portalaufsatz noch als Hartensteiner schuf – und es gibt keine Erklärung dafür, warum der Stadtrichter Ulrich Röhling, der wohlhabendste und vornehmste unter den Schneeberger Bürgern und Bergunternehmern51, das Epitaph einem ortsfremden, gänzlich unbekannten Berufsanfänger ohne Referenzen übertragen haben sollte. Das fehlende Glied in der Kette der Werke zwischen dem Hartensteiner Portal und dem Schneeberger Epitaph stellt das Doppelgrabmal für die beiden Töchter Anna Barbara und Anna Maria des Stollberger Pfarrers Jeremias Hickmann (Abb. 17) dar, die im Januar 1626 kurz nacheinander an den Blattern starben und von ihrem

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14  Valentin Silbermann: Epitaph für Heinrich Heideck; Leipzig, Andachtsraum des Paulinums (ehemals Universitätskirche St. Pauli), nach 1603

16  Johann Böhm: Hartenstein, Gasthof »Zum weißen Roß«; Portal, 1625; Aufsatz mit Putto, Kartusche und seitlichem Ornament 2008 rekonstruiert; Original im Museum Fleminghaus

15  Levin Tydeche: Engelsflucht, Detail vom Altarretabel, ursprünglich Epitaph für Christian Günther I. und Anna Sibylla von Schwarzburg-Sondershausen; SondershausenJecha, Ev. Pfarrkirche St. Matthäus, ca. 1623/25

17  Johann Böhm: Grabmal für Anna Barbara und Anna Maria Hickmann; Stollberg, Kath. Marienkirche, 1626

Johann Böhm – Leben und Werk

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Vater ein berührendes und künstlerisch beeindruckendes Denkmal aus hellem, einst farbig gefasstem Sandstein in der Stollberger Marienkirche erhielten. Ausgeführt wurde es sicher noch im selben Jahr. Zwei Reliefplatten mit den Darstellungen der beiden Kinder werden von Pilastern und Gesimsen architektonisch gerahmt und von prächtigem Ohrmuschel- und Knorpelwerk umgeben. Auf dem mittigen Pilaster liegt eine Fruchtgirlande in der Art auf, wie sie Michael Hegewald am Korb der Kanzel in Niederlichtenau anbrachte.52 Die Volutenkapitelle aller drei Pilaster enthalten kleine Engelsköpfe, wie sie später für Johann Böhms Werke charakteristisch werden sollten. Die fünfjährige Anna Barbara steht im Garten Eden vor Jesus, der sie segnet. Ihre einjährige Schwester Anna Maria wird von einem Engel unter eine Kürbislaube geleitet, um sich dort von den Strapazen ihres irdischen Leidens zu erholen. Die Kürbislaube ist ein Kabinettstück detailreicher Naturschilderung, das an den Garten Gethsemane des Wolkenburger Ölbergreliefs erinnert. Die Figur des Engels findet sich, eine Ovalkartusche mit dem Leichentext haltend, auf zwei Kindergrabsteinen aus der Zeit um 1656, ebenfalls in Wolkenburg, wieder. Zu fragen ist darüber hinaus, ob Böhm 1626 schon so bekannt war, dass man ihm den Auftrag für das kleine Reliefkruzifix des sogenannten Zschopauer Brückenkreuzes53 (Abb. 18) erteilt hätte, das stilistisch wohl von Michael Hegewald sein könnte, aber auch in Böhms Œuvre passen würde. Der Schriftvergleich der rückseitigen Jahreszahl mit der Datierungsinschrift der Hickmann-Grabmale legt das immerhin nahe. Walter Hentschel vermutete Johann Böhm auch als den Entwerfer eines neuartigen Typs von gusseisernen Grabplatten, bei dem die Grabinschrift in einem mittleren Feld von einem knorpelwerkähnlichen, ornamentalen Fries umgeben ist, und die seit Mitte der 1620er Jahre in den Hütten des Westerzgebirges produziert wurden. Das älteste nachweisbare datierte Exemplar ist der 1626 verstorbenen Gertrud Rüdiger, der Tochter des Erb- und Lehnherren auf Ober- und Untersachsenfeld bei Schwarzenberg, Hans Rüdiger d. Ä., gewidmet.54 (Abb. 19) Es wurde vielleicht in der Untersachsenfelder Hütte gegossen und befindet sich in der Alten Kirche in Beierfeld. Als Hans Rüdiger 1630 starb, erhielt er eine gleichartige Platte. Die Zuschreibung des Models an Johann Böhm bedarf keiner weiteren Erklärung, wenn man die Beierfelder Platten mit der Inschriftplatte auf dem Zwickauer Kenotaph Carl von Boses aus dem Jahr 1651 vergleicht. Das Schnitzen von Negativformen als Model für den Metallguss konnte Böhm im Rahmen

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seiner Ausbildung bei Christoph Dehne kennenlernen und üben. Die Platte für die 1617 verstorbene verwitwete Gertrud Rüdiger (Abb. 20), wahrscheinlich die Mutter Hans Rüdigers d. Ä. – ohne Schmuckrahmen, aber mit den gleichen Schrifttypen –, entstand sicher im Auftrag ihres Sohnes und damit nach 1626 und vor 1630. Das antikische Memento-Mori-Motiv des auf einem Totenkopf liegenden Puttos findet sich auf dem Schneeberger Marmorgrabstein für Jacob Seeling und auch auf dem Wolkensteiner Altarretabel wieder. Der Figuren- und Gesichtstyp des Puttos lässt sich vom Portalaufsatz des Hartensteiner Gasthofs »Zum weißen Roß« bis zum Großolbersdorfer Altarretabel in Böhms Œuvre nachweisen. Am 4. Juni 1627 heiratete Johann Böhm 32-jährig in Schneeberg Johanna Regina Blechschmidt, die Tochter des Handelsmanns Johann (Hans) Blechschmidt55. Im entsprechenden Eintrag des Kirchenbuchs seiner bisherigen Heimatgemeinde Hartenstein wurde er dabei als »ein iunge gesell, Bildhauer Vnd Burger Ufn Schnebergk«56 bezeichnet. Am 29. September 1627 kaufte er als »kunstreicher Bildhauer« das frühere Wohnhaus des »KunstMahlers« Christoph Weise57, das über einen Röhrwasseranschluss verfügte und neben dem des Austeilers Carl Grohe (Krohe, ca. 1543–162858) gelegen war. Bereits am 13. März 1627, wohl mit der Erlangung des Bürgerrechts, war er mit dem Haus belehnt worden.59 Damit hatte er alle Voraussetzungen für den Erwerb der Meisterwürde erfüllt. Das Haus hatte offenbar seit dem Tod Weises am 24. Dezember 162060 leer gestanden. Der Verkäufer war Ulrich Röhling61, mit dem Böhm dabei vielleicht erstmals in Kontakt trat, und der ihn in der Folge mit einem repräsentativen, hochmodernen Epitaph für seine verstorbene Gemahlin und sich selbst beauftragte. 1620 war in Schneeberg eine Malerinnung entstan­ den62, zu deren Gründern neben Wolfgang Krodel d. J. (1575–1623) wohl auch der 1625 verstorbene Marcus Höpner63 und Christoph Weise gehört haben dürften. Falls diese, wie die Dresdner Innung von 157464, sowohl Maler als auch Bildhauer und Bildschnitzer vereinte, gehörten ihr vermutlich – nach Bürgerrechtserwerb, Heirat und Hauskauf 1627 – auch Johann Böhm sowie Johann Petzoldt (I) an. Leider ist die Inschrift des 1945 in der Wolfgangskir­ che zerstörten Röhlingschen Epitaphs (vgl. Abb. 34 im Beitrag L. Vogel) nicht vollständig dokumentiert; doch sie bezog sich offenbar nicht allein auf Christina Röhling, deren Todesjahr 1623 Asches Datierung begründete: Christian Meltzer nannte es 1716 das Epitaph Ulrich Röhlings.65 Ulrich verstarb erst 1630.66 Beiden Ehepartnern wurden in der Kirche Grabsteine gesetzt. Das

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18  Johann Böhm (?) oder Michael Hegewald: Zschopau, »Brückenkreuz«; ehemals an der Brücke über die Zschopau, jetzt auf dem Friedhof an der Alten Marienberger Straße, 1626

20  Johann Böhm: Model (Gießvorlage) zur gusseisernen Grabplatte für Gertrud Rüdiger († 1617); Beierfeld, Ev. PeterPaul-Kirche (sog. Alte Kirche), ca. 1626/30

Johann Böhm – Leben und Werk

19  Johann Böhm: Model (Gießvorlage) zu den gusseisernen Grabplatten für Gertrud Rüdiger († 1626) und Hans Rüdiger († 1630); Beierfeld, Ev. Peter-Paul-Kirche (sog. Alte Kirche), ca. 1626

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22  Johann Böhm: Grabplatte (vermutlich) für Jacob Seeling; Schneeberg, St. Wolfgang, 1627/28

gemeinsame Epitaph ließ Ulrich sehr wahrscheinlich bereits zu seinen Lebzeiten errichten. 1933 datierte Sigfried Asche es um 163067; ab 193468 rückte er davon wieder ab. Die Frühdatierung 1623/25 ist nicht haltbar. Ein grau-rosa gebänderter Marmorgrabstein (Abb.  22), dessen Inschrift leider nicht mehr lesbar ist, heute in der Nordvorhalle der Schneeberger Wolfgangskirche, mit trauernden Putti, Wappenrelief und den typischen Ellipsenschwüngen des Ohrmuschel- und Knorpelstils, wurde ganz sicher von Johann Böhm geschaffen. Stilistisch passt er in die Frühzeit nach dem Hartensteiner Portal. Der linke, auf einen Totenkopf gestützte Putto ähnelt jenem auf der um 1626/30 entstandenen gusseisernen Grabplatte für Gertrud Rüdiger d. Ä. in Beierfeld und dem Putto im Unterhang des RöhlingEpitaphs. Es könnte sich dabei um den Grabstein des am 27. September 1627 kinderlos verstorbenen Zehntners, Stadtrichters und Hammerherren zu Blauenthal und Wildenthal, Jacob Seeling69 handeln, der sich mit Ulrich Röhling in den städtischen Regierungs- und Verwaltungsämtern abwechselte. Den Auftrag dazu erteilte höchstwahrscheinlich sein Bruder Wolfgang Seeling 70,

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Erb-, Lehn- und Gerichtsherr auf Reutha, dessen Tochter Anna Polyxena am 24.  August 1628 Johann Böhms erstem Sohn Johann Christoph bei der Taufe Patin stand71. Das moderne, künstlerisch überzeugende Werk könnte Röhling zur Auftragsvergabe an Böhm veranlasst haben, so dass man das Epitaph Röhling vielleicht auf 1628/29 datieren darf. Dieses Hängeepitaph, bis 1945 am Emporenpfeiler links (nördlich) des Altars, ist das Hauptwerk in Johann Böhms früher Schaffensphase. Es zeigt ihn deutlich als Schüler Christoph Dehnes, mit dessen Œuvre es die meisten stilistischen Parallelen aufweist. Dazu gehört die Architektur aus zwei gekuppelten Säulenpaaren auf konkav eingezogenen, ornamentierten Sockeln, über die sich ein Bogen spannt, auf dessen Scheitel ein kurzes Gesims balanciert. Aufsatz, Wangen und Unterhang bestehen aus phantastischem, plastisch quellendem, amorphem Knorpel- und Ohrmuschelwerk. Als Material verwendete er die farbig kontrastierenden Gesteine Sandstein, Schiefer und Alabaster sowie Terracotta; einzelne Teile und die Inschrift waren durch Vergoldung akzentuiert. Das zentrale Bogenfeld trug – anstatt eines figürlichen Reliefs wie bei Dehne oder Böhms späteren Arbeiten – die ausführliche Grabinschrift. Die auf dem podiumartig vorgezogenen unteren Gesims – vielleicht beiderseits eines Kruzifixus – kniend im Gebet dargestellten Hauptpersonen, Christina und Ulrich Röhling, erscheinen miniaturartig klein und gleichen darin dem Epitaph für Kilian Stisser in Halle. (Abb. 11) Flankiert werden sie von den noch etwas winziger wirkenden Figürchen der Evangelisten Lukas (links) und Johannes (rechts). Markus (links) und Matthäus (rechts) stehen auf den verkröpften Gebälkstücken über den Säulen, hinter beiden erscheinen auf Gebälkansätzen liegend zwei weitere Figuren, vielleicht Tugendallegorien. Das Hauptgesims wird von zwei Konsolen getragen, deren zierende Blütenrosetten aus gebranntem rotem Ton geformt wurden. Sie rahmen den Leichentext aus Corinther 1. Der Unterhang aus Alabaster ist ein vollkommen freiplastisch ausgearbeitetes, mustergültiges Virtuosenstück manieristischer Skulptur und dem des halleschen Stisser-Epitaphs nahe verwandt. Der zentrale Putto, dessen vor 1945 bereits abgebrochene Hände wahrscheinlich, wie in Halle, eine Sanduhr oder ein ähnliches Vanitassymbol hielten, gleicht den Putti der Grabplatten für Gertud Rüdiger d. Ä. in Beierfeld und Jacob Seeling in Schneeberg und stützt deren Zuschreibung an Böhm. Ähnliche Engelsflüchte erscheinen vor den Säulenpostamenten und im Scheitel des Mittelbogens. Der Aufsatz endet in einer Konsole; die Figur darauf, vielleicht, wie beim Zwickauer Bose-Epitaph, ein

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23  Wilhelm Dilich: Ansicht von Schneeberg; Federzeichnung, 1629; Dresden, Sächsische Landes- und Universitätsbibliothek

auf die Auferstehung verweisender Putto, fehlte bereits vor 1945. Es sieht aus, als wäre diese Konsole von einem Putto, atlantenartig, getragen worden. Vergleichbares findet sich vielfach im Werk Christoph Dehnes. Auch auf den seitlichen Wangen könnten weitere Putti gesessen haben. Dafür kämen zwei von Sigfried Asche 1961 aus Dresdner Privatbesitz publizierte Alabasterfiguren (Abb. 135) in Betracht.72 Das Motiv des von zahlreichen Arbeiten Dehnes bekannten, fratzenhaften, grotesken Maskarons verwendete Böhm hier erstmals als unteren Abschluss. Es begegnet am Fürstenstand in Schleiz und im Schneeberger Schützensilber wieder, in verwandter Form auch an den Zwickauer Epitaphen Bose und Kirchbach sowie am Großolbersdorfer Altar. Mit diesem, alle weiteren Werke in nuce enthaltenden, für jeden sichtbaren Referenz-Prunkstück in der Kirche seiner neuen Heimatstadt nahm Johann Böhm offenbar die Konkurrenz zu der Bildhauerwerkstatt seines mutmaßlichen früheren Lehrers Petzoldt auf und begann sich als selbständiger Meister in Schneeberg zu etablieren. (Abb. 23) 1628, 1631, 1636, 1638 und 1645 wurden hier seine Kinder geboren und getauft.73 Seit dem Tod Joachim Petzoldts 1619 war Johann (I) Petzoldt als ansässiger Bildhauer in Schneeberg tätig.74 1617, 1618, 1622, 1625, 1628 und 1631 ließ er dort Kinder taufen75, von denen drei überlebende Söhne ebenfalls Bildhauer werden sollten. Die 1620er Jahre wurden von geringen Silberausbeuten, stagnierender Wirtschaft, galoppierender Inflation,

Johann Böhm – Leben und Werk

sozialen Unruhen und Kriegsfurcht beherrscht, die alle keine Grundlage für eine riskante Geschäftsgründung gewesen sein dürften. Aber vielleicht schätzte Böhm angesichts dieser Umstände nach dem Stadtbrand in Hartenstein seine Chancen gerade in der westerzgebirgischen Wirtschaftsmetropole besser ein als in seiner Heimatstadt. Dabei ist die Beschaffung der zu bearbeitenden Werksteine als wichtiger Aspekt zu berücksichtigen: Böhm verwendete vorzugsweise die edlen Gesteine Alabaster, Marmor, Serpentin, darüber hinaus Schiefer und Sandstein. All das war in Schneeberg leichter zu beziehen als in Hartenstein. Die Stadt besaß einen eigenen Sandsteinbruch in Planitz76, Schiefer wurde »nur eine halbe Meile von Schneeberg«77 entfernt, wahrscheinlich bei Niederschlema, gebrochen. Für Bildhauerarbeiten wurden darüber hinaus Sandstein aus Cainsdorf bei Zwickau und Marmor bzw. Kalkstein aus Grünau78, Schönau und Wildenfels verwendet, nahe Hartenstein gelegen, aber, unter Verwaltung der kurfürstlichen Ämter Grünhain und Schwarzenberg stehend, zum Schneeberger Bergrevier gehörig. Einen Bruch mit farbigem Marmor gab es auch bei Neustädtel nahe Schneeberg im Amt Schwarzenberg. Die sächsischen Alabaster-, Marmor- und Serpentinbrüche befanden sich in kurfürstlichem Besitz, in Verwaltung der zuständigen Ämter, hauptsächlich Weißensee (für Alabaster), Schwarzenberg, Wiesenburg, Wolkenstein, Lauterstein und Grünhain. Mit ihrer Ausbeutung war Giovanni Maria Nosseni privilegiert.79 Nach

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seinem Tod 1620 ging das Amt des Marmorinspektors auf Sebastian Walther über80, der 1645 starb. So war Sebastian Walther zwar nicht Böhms Lehrmeister als Bildhauer, aber er wurde sein Lieferant für alle edlen Werksteine. In Schneeberg bestand mit dem Bergamt eine für die Materialbeschaffung geeignete Infrastruktur innerhalb der kurfürstlichen Landesverwaltung, die es im schönburgischen Hartenstein nicht gab. Schließlich hätte Böhm, um als Geselle in eine fremde Werkstatt einzutreten, nach seinem Lehrabschluss bei Bernhard Ditterich keine weiteren Jahre bei Christoph Dehne in Magdeburg arbeiten müssen. Dieser Schritt hatte ausschließlich die berufliche und wirtschaftliche Selbständigkeit zum Ziel. Die Dominanz, die sein später entstandenes Œuvre ausstrahlt, spricht für eine selbstbewusste Aufnahme des Wettbewerbs mit Johann Petzoldt, der nach ein paar Jahren der Koexistenz dazu geführt haben könnte, dass Petzoldt um 1632/33, nach Ungarn, in die evangelische Bergstadt Schemnitz81, auswanderte. Der Hauptgrund dafür dürfte jedoch in den unsicheren Lebensverhältnissen gelegen haben, zu denen die neue Konkurrenz allenfalls verschärfend hinzukam. Im April 1631 wurde von den Kaiserlichen Truppen unter der Führung Tillys die Stadt Magdeburg, nach langer Belagerung, erobert, in Brand gesetzt und vollkommen zerstört. Etwa 22 000 Einwohner wurden dabei getötet.82 Am 14. September 1631 belagerte und besetzte Tilly das sächsische Leipzig, am 18. wurde er in der Schlacht bei Breitenfeld geschlagen, am 22. eroberte Kurfürst Johann Georg I. Leipzig zurück.83 Schneeberg erlebte Durchmärsche und Einquartierungen, als das Kriegsgeschehen sich nach Böhmen verlagerte.84 Am 17.  August 1632 wurde Schneeberg von Wallensteins Truppen unter der Führung General Holks überfallen, besetzt und geplündert. Mehrere Einwohner kamen dabei zu Tode.85 Am 4.  August 1633 wurde die Stadt erneut überfallen und geplündert. Der Kirchner wurde zu Tode gefoltert, und die Cranach-Gemälde des Altars wurden geraubt. Einwohner flohen und versteckten sich in den Wäldern und Bergwerken.86 In dieser Situation scheint Petzoldt mit seiner Familie ausgewandert zu sein. Aus dem Jahr 1635 gibt es die Nachricht über eine Schuldforderung Böhms in Höhe von 69 Reichsthalern gegenüber dem Joachimsthaler Bürger Hans Öllinger87, die Sigfried Asche vermuten ließ, dass auch Böhm sich zwischenzeitlich im Nachbarland aufgehalten haben könnte88 – was allerdings kaum wahrscheinlich sein dürfte, denn nach dem Verbot der Ausübung des evangelischen Gottesdienstes 1621 sowie der Enteignung und Vertreibung aller böhmischen Protestanten kam Böhmen

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als Exil für sächsische Lutheraner kaum in Betracht.89 Die Schuldforderung Böhms bezog sich vielleicht auf eine nicht oder nicht vollständig bezahlte Bildhauerarbeit, die er auch von Schneeberg aus geliefert haben konnte.90 In Johann Böhms Familie wurden zwischen 1631 und 1636 keine Kinder geboren, was auf krisenhafte äußere Umstände zu verweisen scheint und zweifellos in den Kriegsereignissen seine Ursache hatte. Künstlerische Werke aus dieser Zeit sind nicht überliefert, aber vielleicht doch indirekt zu erschließen: So könnte er um 1634 das nicht erhaltene Epitaph für den 1633 verstorbenen Oberprediger der Zwickauer Katharinenkirche, David Friedrich91, geschaffen haben, und die mutmaßliche Arbeit für Hans Öllinger in St. Joachimsthal wäre ebenfalls vor 1635 anzunehmen. Schließlich deutet auch die Taufpatenschaft des Schneeberger Oberförsters Andreas Büttner für Böhms Tochter Anna Regina am 4. März 163192 auf geschnitzte Arbeiten Böhms, deren Materialbeschaffung ihn mit Büttner in Beziehung brachte. Die mittlere Schaffensperiode Die Lage schien sich erst mit Abschluss des Prager Friedens 163593 zu bessern, doch seit 1636 wurde Sachsen von den einst verbündeten Schweden bedroht. Dagegen bot das in Zwickau stationierte Regiment des Obersten Carl von Bose Schutz, der jedoch mit hohen Kontributionen, auch in Schneeberg, bezahlt werden musste.94 Erst 1648 wurde mit dem Westfälischen Frieden der Dreißigjährige Krieg beendet, den als kursächsischer Gesandter Carl von Bose mit abgeschlossen hatte. Auch Johann (I) Petzoldt war 1648 wieder in Schneeberg, um hier eine zweite Ehe einzugehen95, bevor er 1650 starb. Böhms Bildhauerwerkstatt hatte sich jedoch inzwischen zum unangefochtenen »Marktführer« entwickelt und brauchte keine Konkurrenz mehr zu fürchten. Carl von Bose war einer seiner wichtigsten Auftraggeber geworden. Der früheste nachweisbare Auftrag umfasste das Epitaph für Bose und seine 1637 verstorbene erste Ehefrau Anna Maria Wamboldt von Umbstädt (Abb.  24, 25) in der Zwickauer Marienkirche, das bis 1638/39 vollendet gewesen sein dürfte.96 Der architektonische Aufbau entspricht sehr weitgehend dem Schneeberger Epitaph Röhling: Zwei gekuppelte Säulen auf konkaven, skulptierten Sockeln tragen den Rundbogen, der das mittige Bildfeld mit dem Relief des Gebets Jesu am Ölberg (Abb. 26) rahmt. Darüber balanciert ein schmales Gesims, das den Aufsatz trägt, der hier aus einer Statuette des »Ecce homo« in säulengerahmter Ädikula besteht, bekrönt von einem Engelputto (Abb. 27), dessen Fuß auf einer um sein Bein sich ringelnden Schlange die Überwindung

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25  Johann Böhm: Epitaph für Anna Maria und Carl von Bose; Zwickau, Ev. Dom St. Marien, Grabstätte Bose, ca. 1637/39 (2016) 24  Johann Böhm: Epitaph für Anna Maria und Carl von Bose; Zwickau, Ev. Dom St. Marien, ca. 1637/39 (ca. 1890)

26  Johann Böhm: Epitaph für Anna Maria und Carl von Bose; Zwickau, Ev. Dom St. Marien, ca. 1637/39; Jesus am Ölberg (Mittelrelief)

Johann Böhm – Leben und Werk

27  Johann Böhm: Epitaph für Anna Maria und Carl von Bose; Zwickau, Ev. Dom St. Marien, ca. 1637/39; Engelputto mit Schlange als Symbol der Überwindung des Todes

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des Todes symbolisiert. Seitliche Messingtafeln tragen die gravierten Darstellungen der Geißelung und der Grablegung Christi. Statuetten der vier Evangelisten (Abb. 28) bezeugen die Tatsächlichkeit des Heilsgeschehens. Die Unterhangkartusche aus plastisch quellendem Knorpelwerk rahmte die Inschriftplatte mit dem Namen Carl Boses. Die à jour gearbeiteten Ohrmuschel- und Knorpelwerkkonsolen (Abb.  29, 30) unter dem stark ver­kröpften Hauptgesims, das die Adoranten trägt, erinnern an Tydeches Sondershäuser Schwarzburg-Epitaph und verbinden das Zwickauer Epitaph im Gesamtwerk Böhms mit dem Großolbersdorfer und dem Wolkenburger Altar. Die Ausführung der Figuren zeigt Böhm als vorzüglichen Bildhauer. (Abb. 31–34) Die Nutzung unterschiedlicher motivischer Anregungen entspricht den künstlerischen Gepflogenheiten der Zeit, wie Böhm sie bei Dehne lernen und üben konnte. Der Ölbergszene (Abb. 26, 33, 34) liegt eine Stichvorlage Aegidius Sadelers nach Hans von Aachen (Abb.  35) zugrunde. Die Sitzfigur des Ecce homo scheint dem Ecce homo an dem um 1615 entstandenen Epitaph für Christian von Hopkorf im Magdeburger Dom von Christoph Dehne nachgebildet zu sein97 – vielleicht gehen auch nur beide auf dieselbe Stichvorlage, etwa den Schmerzensmann von Jan Collaert nach Philipp Galle oder jenen von Adriaen Collaert nach Joannes Stradanus, zurück. Das Urbild für den Typus des Evangelisten Markus mit der charakteristischen Warze auf dem Schädel fand Böhm auf einem Kupferstich aus dem Jahr 1585 mit der Darstellung des letzten Abendmahls von Hendrick Goltzius nach Pieter Coecke van Aelst.98 Das Epitaph befindet sich noch in der von Bose am 20. November 1637 erblich erkauften Grabkapelle neben dem Südportal. Gleichzeitig ließ er auf der Empore neben dem Schülerchor99 gegenüber der Kanzel einen privaten Betstuhl errichten, der 1651 an einen anderen Platz versetzt wurde.100 Diesen Betstuhl könnten die beiden römischen Krieger (Abb. 36, 37) geziert haben, die heute auf Konsolen an den Emporenpfeilern aufgestellt sind, die das Erbbegräbnis flankieren. Sie fungieren als Wappenhalter, die die Geschlechterwappen der Familien von Bose und Wamboldt von Umbstädt präsentieren. Eine Entstehung nach der Heirat Boses mit Maria Sophia Vitzthum von Eckstädt, verwitwete von der Asseburg, am 19. September 1638 ist kaum wahrscheinlich. Die Krieger dienten 1657/58 als Vorbild für ganz ähnliche Figuren am Betstuhl der Fürsten von Reuß in der Bergkirche Schleiz. Diese frühesten, weitgehend vollständig erhaltenen und zweifellos eigenhändig ausgeführten Werke ermöglichen das Studium des Böhmschen Figurenstils

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28  Johann Böhm: Epitaph für Anna Maria und Carl von Bose; Zwickau, Ev. Dom St. Marien, ca. 1637/39; Evangelist

29, 30  Johann Böhm: Epitaph für Anna Maria und Carl von Bose; Zwickau, Ev. Dom St. Marien, ca. 1637/39; Konsolen mit Engelsflucht und Dämonenmaskeron

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31  Johann Böhm: Epitaph für Anna Maria und Carl von Bose; Zwickau, Ev. Dom St. Marien, ca. 1637/39; Carl von Bose in ewiger Anbetung

32  Johann Böhm: Epitaph für Anna Maria und Carl von Bose; Zwickau, Ev. Dom St. Marien, ca. 1637/39; Anna Maria von Bose, geb. Wamboldt von Umbstädt, in ewiger Anbetung

33  Johann Böhm: Epitaph für Anna Maria und Carl von Bose; Zwickau, Ev. Dom St. Marien, ca. 1637/39; Gebet am Ölberg, schlafender Jünger

34  Johann Böhm: Epitaph für Anna Maria und Carl von Bose; Zwickau, Ev. Dom St. Marien, ca. 1637/39; Jesus im Gebet am Ölberg (Garten Gethsemane)

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und eine Zuordnung eigenhändiger Arbeiten im späteren Œuvre, denn die nachweisbaren Schüler traten erst ab 1640 als Mitarbeiter in seine Werkstatt ein. Parallel dazu entstanden 1638/39 Arbeiten für die Johanniskirche in Plauen.101 Am 12. März 1638 starb der Zwickauer Superintendent Peter Kirchbach, und seine Witwe ließ ihm in der Marienkirche ein Epitaph (Abb. 38) setzen. Der Auftrag an Johann Böhm war sicherlich eine Auswirkung des etwa gleichzeitig aufgestellten Boseschen Epitaphs und des vielleicht von Böhm geschaffenen Epitaphs für den 1633 verstorbenen Oberprediger der Katharinenkirche, David Friedrich, das sich bis 1834 an deren Chorwand hinter dem Altar befand. Eine 1673 datierte, gezeichnete Innenansicht der Katharinenkirche102 deutet es schematisch mit einer stark verzierten plastischen Rahmung in der Art von Ohrmuschel- und Knorpelwerk, vielleicht auch mit figürlichem Aufsatz, an. Emil Herzog beschrieb es 1839 als »Bildnis«.103 Damit könnte es dem Epitaph Kirchbach geähnelt haben und Johann Böhm zuschreibbar sein. Das Epitaph für Peter Kirchbach folgt dem Kompositionsschema der Epitaphe Röhling und Bose –allerdings, dem Status des Verstorbenen angemessen, im architektonischen und figürlichen Aufwand etwas reduziert. Das im Halbrundbogen geschlossene Mittelfeld mit dem Reliefbildnis des Verstorbenen steht wie in einem architektonischen Gehäuse: Die kräftig verkröpften Gebälkstücke werden hier jedoch nicht von paarweise gekuppelten, sondern von einfachen Säulen getragen, die auf stark durchbrochenen, grotesk ornamentierten Konsolen stehen. Über dem Bogenscheitel, den ein geflügelter Engelskopf markiert, liegt das schmale Gesims – hier nicht balancierend, sondern auf einem vom Bogen des Mittelfeldes fast überdeckten Gebälkstück. Darauf ruht eine von reichem Knorpelwerk gerahmte Inschriftkartusche, die formal mit dem als freie Knorpelwerkgroteske à jour ausgearbeiteten, die Gedenkinschrift rahmenden Unterhang (Abb. 39) korrespondiert. Seitlich treten hier erstmals die charakteristischen Ovalmedaillons als Teil der ohrmuschelartigen Wangen auf. Sie gehen auf Beispiele aus dem Werk Franz Ditterichs d. Ä. und seiner Söhne, sicher auch auf gedruckte Vorlagen, zurück, dürften aber – besonders im Hinblick auf die moderne Rahmung – ohne das Vorbild des Epitaphs für den 1603 verstorbenen Heinrich Heideck von Valentin Silbermann in der Leipziger Paulinerkirche kaum denkbar sein. Sockelartige Aufsätze deuten auf verlorengegangene Bekrönungen – ebenfalls wie beim Epitaph Heideck und wie bei allen weiteren Ovalmedaillons im Œuvre Böhms. Das Bildnis des Verstorbenen (Abb.  40) folgt einer

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35  Aegidius Sadeler II nach Hans von Aachen: GETHSEMANI (Jesus im Gebet am Ölberg); Kupferstich

anderen Ikonographie als die Darstellung der adligen Standespersonen oder der deren Vorbild verpflichteten bürgerlichen Eliten. Im Talar des evangelischen Gemeindepredigers mit dozierender Geste und der attributiv beigegebenen Heiligen Schrift verkörpert das Bildwerk nicht, wie Sigfried Asche geschrieben hat104, den in der Renaissance geprägten Typ des Gelehrtenepitaphs, sondern im zeitgenössischen Gewand den durch Lucas Cranach geschaffenen Typ des Reformatorenbildnisses, das in Form später Lutherporträts105 vorbildlich für die Darstellung lutherischer Geistlicher wurde. In Stil und künstlerischer Handschrift ist das Porträtrelief den beiden um 1638 entstandenen römischen Kriegern an der Fassade der Boseschen Grabkapelle, vermutlich vom Betstuhl Carl von Boses, verwandt. Die Fassung des aus Holz geschnitzten Epitaphs imitiert ein Steinwerk mit farbigen Marmorsäulen und Goldhöhung. 1639/40 dürfte das Kirchbach-Epitaph vollendet gewesen sein. 1640 starb in Dresden der aus Freiberg stammende Bildschnitzer Hieronymus Barthel, und sein fünfzehnjähriger Sohn und Lehrling Melchior wechselte zur Fortsetzung und Beendigung seiner Lehre bis 1645 in

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36  Johann Böhm: Römischer Krieger als Wappenhalter des Familienwappens von Bose, heute am östlichen Wandpfeiler der Grabstätte Bose; Zwickau, Ev. Dom St. Marien, ca. 1637/38

37  Johann Böhm: Römischer Krieger als Wappenhalter des Familienwappens Wamboldt von Umbstädt, heute am westlichen Wandpfeiler der Grabstätte Bose; Zwickau, Ev. Dom St. Marien, ca. 1637/3

die Werkstatt Johann Böhms nach Schneeberg.106 Von dort wanderte er über Regensburg, Passau, Ulm, Rom, wo er zwei Jahre arbeitete, nach Venedig, um dort bis 1670 zu bleiben und nach seiner Rückkehr nach Dresden kurfürstlicher Hofbildhauer zu werden, als der er 1672 schon starb. Seit den frühen 1640er Jahren dürften Werke Johann Böhms daher Anteile von fremder Hand enthalten, die auf die – allerdings noch untergeordnete – Mitarbeit des Lehrlings Melchior Barthel zurückgehen könnten. 1641 wurde Böhm in den achtköpfigen Gemeindevorstand Schneebergs gewählt, dem sein Schwiegervater Hans Blechschmidt bereits seit 1633 angehörte.107 Auch zwei Taufpaten und der Ehemann einer Patin seiner Kinder saßen dort.108 Das ehemalige Altarretabel der Bartholomäikirche in Altenburg trägt eine Inschrift, aus der hervorgeht, dass es 1643 als Gemeinschaftsarbeit des Altenburger Malers Johann Glöckler, des Altenburger Tischlers Hanns Mayer und eines Bildhauers »Hanns Bömen« geschaffen wurde. Im Zuge der Regotisierung der Kirche 1876–78 wurde es entfernt und gelangte in die Kirche nach Windi-

schleuba, wo Paul Lehfeld 1895 die Inschrift im Inventar der Bau- und Kunst-Denkmäler Thüringens überlieferte und das Retabel als »auseinandergenommen« beschrieb.109 Um 1930 kam es in die durch Brand beschädigte Kirche nach Eckartsberga im heutigen Burgenlandkreis, wo es sich noch befindet. Im Verzeichnis von Sigfried Asche ist dieses Werk nicht enthalten. Werke des Bildhauers sind die sieben hölzernen Figuren der Tugenden Iustitia (Abb.  41), Temperantia (Abb.  42), Caritas (Abb.  43), Patientia (Abb 44), Fortitudo (Abb.  45), Prudentia (Abb. 46) und Spes. (Abb. 47) Man fühlt sich ein wenig an die Tugenden des Altarretabels von Michael Hegewald in Niederlichtenau erinnert, an dem Böhm als Geselle möglicherweise mitgearbeitet haben könnte. Im bisherigen Œuvre Böhms gibt es zu diesen Figuren keine Parallele. Die besprochenen Epitaphe enthalten jedoch keine derartigen Tugendallegorien, die sich für einen unmittelbaren Vergleich eignen würden. Es gibt allerdings stilistische Merkmale und vergleichbare Motive, etwa die Gewandbehandlung, bei der der Stoff beispielsweise über den Beinen wie nass am Körper anliegt und dessen Form durchscheinen lässt, sowie die gratartig über dem

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Unterschenkel verlaufende Bruchfalte, die die ehemals Altenburger Figuren mit den Engeln des Schneeberger Orgelprospekts verbinden. Die Ikonographie der Allegorien war, ähnlich wie bei biblischen Figuren, festgelegt. Eine erste illustrierte Ausgabe des berühmten enzyklopädischen Werks »Iconologia« von Cesare Ripa erschien 1603 in Rom. Hendrick Goltzius hatte in Haarlem schon 1593 zwei Kupferstichfolgen mit Darstellungen der Sieben Tugenden und der Sieben Todsünden herausgegeben.110 Manche der ehemals Altenburger Figuren scheinen in Haltung und Attributen davon angeregt zu sein, so die Caritas oder die Temperantia. (Abb. 48) Die Prudentia ist gar eine Kombination aus Motiven der Prudentia (Abb. 49) und der Todsünde des Hochmutes, der Superbia (Abb. 50), von Goltzius. Auch ihre charakteristische Frisur scheint auf dieses Vorbild zurückzugehen. Wie Böhm zu dem Auftrag gekommen sein könnte, ist noch nicht erklärbar – vielleicht wirkten die Zwickauer Werke empfehlend. Nur drei Jahre später, 1646/47, arbeitete der genannte Altenburger Tischler Hanns Mayer für die Ausstattung der Altenburger Schlosskirche mit Johann (II) Petzoldt, dem Sohn Johanns (I), zusammen111, was auf eine bestehende Beziehung zu Schneeberger Bildhauern hindeuten könnte. Denkbar wäre, dass wiederum Böhm zur Mitarbeit in der Altenburger Schlosskirche angefragt worden war, jedoch durch andere Aufträge, darunter wohl die Grabdenkmale für Georg Friedrich († 1622) und Agnisa († 1646) von Watzdorf in Syrau112 und der Wolkensteiner Altar, gebunden war. Statt seiner übernahm Petzoldt die Aufgabe und schuf mit dem Altar der Altenburger Schlosskirche nach dem Entwurf des Baumeisters Christoph Richter eines der Schlüsselwerke des Vorbarock.113 Die beiden Syrauer Grabplatten (Abb. 51) mit den Darstellungen der Verstorbenen gehören zu den beeindruckenden Leistungen Johann Böhms und stehen völlig zu Unrecht im Schatten seiner Epitaphe und Altarretabel. Die ganzfigurigen Porträts wirken lebensnah und ausgesprochen plastisch. Die Oberflächen der Bekleidung sind in reichen, minutiös ausgeführten Details malerisch aufgelöst, zeigen ein lebendiges Spiel von Licht und Schatten. Zum Vergleich bieten sich die Grabplatten für Georg und Anna von Carlowitz (um 1620/21 und 1626) von Michael Hegewald in Rabenstein114 oder für Elisabeth von Haugwitz († 1631) von Zacharias Hegewald ehemals in Dresden, Sophienkirche115, an, wo die Figuren axialsymmetrisch vor der Hintergrundfläche stehen, aber auch jene für Achim von Veltheim in Groß-Bartensleben (um 1621) aus der Werkstatt Christoph Dehnes (Johann Böhm?) oder die Leipziger Grabsteine für Barbara sowie

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Balthasar d. Ä. und d. J. Maw von Friedrich Fuß und Franz Julius Döteber116 sowie die damit verwandte Grabplatte für Kilian Stisser, ehemals in Halle117, bei denen die Figuren in architektonischen Nischen stehen, oder die Werke Samuel Lorentz' d. Ä., wo die Figuren im Hochrelief mit Vierteldrehung aus der Fläche der Platte herauswachsen und vor dem Rand mit der Inschrift zu stehen scheinen.118 Die Syrauer Platten haben von jenen allen ein wenig. Agnisa steht symmetrisch, Georg Friedrich leicht ins Viertelprofil gedreht. Beider Köpfe sowie die Füße Georg Friedrichs überschneiden die Inschriftrahmen und verstärken damit die plastische Wirkung, die auch mit der asymmetrischen Spiegelung des Paars sowie dadurch entsteht, dass der Fond muldenförmig gewölbt ist und einen schattenden Raumgrund hinter den Figuren bildet. Agnisa von Watzdorf, geborene von Schönfels, die ihren 1622 verstorbenen Gemahl lange überlebte und als verwitwete Gutsherrin ihrer Kirche 1623 eine Altarbibel und 1628 das von Paul Keil in Schleiz, dem Lehrer und Werkstattmeister Bartholomäus Perthes', gemalte Altarretabel stiftete, ist mit der Syrauer Altarbibel als Attribut ihrer Wohltätigkeit und lutherischen Frömmigkeit standesgemäß dargestellt. Georg Friedrich von Watzdorf, die Rechte in die Taille gestützt, ist mit Spitzenkragen, Schwert und Rüstungsteilen herrschaftlich inszeniert. Seine Erscheinung erinnert ein wenig an Philipp von Quitzow an dessen um 1616/17 datiertem, Christoph Dehne zugeschriebenem Epitaph in der Dorfkirche Kletzke (Prignitz).119 Beide Syrauer Figuren zeigen die Fähigkeit Böhms zu porträtrealistischer Menschenschilderung. Ihre Lebendigkeit und Wirklichkeitsnähe sowie ihre greifbare Körperlichkeit machen überaus deutlich, dass Johann Heinrich d. Ä. diese künstlerischen Merkmale, die seine frühbarocken Bildwerke später charakterisieren sollten, bereits in der Werkstatt seines Vaters Johann erlernen und verinnerlichen konnte. Die filigrane Feinheit, mit der der spröde, grauweiße Marmor bearbeitet wurde, belegt Johann Böhms souveräne handwerkliche Meisterschaft. Da das Todesdatum Agnisas nicht ausgeführt und nach ihrem Tod vermutlich mit Farbe ergänzt worden war, müssen beide, sicherlich gleichzeitig in Auftrag gegebenen Arbeiten vor 1646 entstanden sein. In Frage kämen dafür die Jahre von 1640 bis 1645. Der auf den 20. September 1648 datierte Altar der Stadtkirche in Wolkenstein (Abb. 52) muss allerspätestens 1647 begonnen worden sein. Er ist eine Stiftung des Wolkensteiner Amtsschössers Hans Rechenberg zum Gedenken an seine 1645 kinderlos verstorbene Ehefrau Magdalena, geborene Hahnel, Tochter des Wolkensteiner Bürgermeisters Caspar Hahnel.120

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38  Johann Böhm: Epitaph für Peter Kirchbach; Zwickau, Ev. Dom St. Marien, ca. 1637/40

39  Johann Böhm: Epitaph für Peter Kirchbach; Zwickau, Ev. Dom St. Marien, ca. 1637/40; Unterhang-Kartusche mit Knorpelwerk-Groteske (rechts)

40  Johann Böhm: Epitaph für Peter Kirchbach; Zwickau, Ev. Dom St. Marien, ca. 1637/40; Reliefbildnis Peter Kirchbachs (oben rechts)

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41  Johann Böhm: Tugendallegorie Iustitia (Gerechtigkeit); Altarretabel ehemals der Kirche St. Bartholomäi, Altenburg, heute Eckartsberga, Ev. Stadtkirche St. Mauritius, 1643

44  Johann Böhm: Tugendallegorie Patientia (Geduld) oder Humilitas (Demut); Altarretabel ehemals der Kirche St. Bartholomäi, Altenburg, heute Eckartsberga, Ev. Stadtkirche St. Mauritius, 1643

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42  Johann Böhm: Tugendallegorie Tempe­ rantia (Mäßigung); Altarretabel ehemals Kir­che St. Bartholomäi, Altenburg, heute Eckartsberga, Ev. Stadtkirche St. Mauritius, 1643

45  Johann Böhm: Tugendallegorie Fortitudo (Stärke); Altarretabel ehemals der Kirche St. Bartholomäi, Altenburg, heute Eckartsberga, Ev. Stadtkirche St. Mauritius, 1643

43  Johann Böhm: Tugendallegorie Caritas ([Nächsten-]Liebe); Altarretabel ehemals der Kirche St. Bartholomäi, Altenburg, heute Eckartsberga, Ev. Stadtkirche St. Mauritius, 1643

46  Johann Böhm: Tugendallegorie Prudentia (Klugheit); Altarretabel ehemals der Kirche St. Bartholomäi, Altenburg, heute Eckartsberga, Ev. Stadtkirche St. Mauritius, 1643

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47  Johann Böhm: Tugendallegorie Spes (Hoffnung); Altarretabel ehemals der Kirche St. Bartholomäi, Altenburg, heute Eckartsberga, Ev. Stadtkirche St. Mauritius, 1643

50  Jacob Matham nach Hendrick Goltzius: Superbia, Blatt 1 aus »Die sieben Tugenden«, Haarlem 1593

Johann Böhm – Leben und Werk

48  Jacob Matham nach Hendrick Goltzius: Temperantia, Blatt 7 aus »Die sieben Tugenden«, Haarlem 1593

49  Jacob Matham nach Hendrick Goltzius: Prudentia, Blatt 5 aus »Die sieben Tugenden«, Haarlem 1593

51  Johann Böhm: Doppelgrabmal für Georg Friedrich († 1622) und Agnisa († 1646) von Watzdorf; Syrau, Ev. Pfarrkirche, ca. 1640/45

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Der Wolkensteiner Altar ist Böhms frühestes über­ liefertes eigenes Altarretabel und zugleich sein monumentalstes Werk. Die Architektur und die Hauptfiguren sind aus Sandstein, die biblischen Reliefs, Engelsflüchte und Zierelemente aus Alabaster, die Säulen aus Serpentin, vieles ist vergoldet. Er zeigte sich dem großen Format gewachsen, obwohl er – mit Ausnahme der Figurenreliefs der Watzdorf-Grabsteine und der römischen Krieger des Bose-Betstuhls – bis dahin eher kleinformatige Figuren und Bauten geschaffen hatte. Besaßen jene die Dimensionen von Möbeln, war ihm hier der Sprung ins architektonische Fach gelungen. Den Stolz auf die eigene Leistung zeigt die unübersehbare Signatur am Ende der rückseitigen Inschrifttafel. Und sie zeigt noch etwas: Böhm signierte mit ligiertem Monogramm und mit einem klassischen Steinmetzzeichen. (Abb. 53) Das beweist, dass er eine zünftige Steinbildhauerausbildung, und zwar in Magdeburg, durchlaufen hatte: Auch die Magdeburger Bildhauer und Steinmetzen Christoph Kapup, Sebastian Ertle, Hans Hierzig und Christoph Dehne signierten mit ihrem Steinmetzzeichen121 – im Unterschied etwa zu Michael Hegewald, Samuel und Uriel Lorentz, Hans, Christoph (II), Christoph (IV) oder Sebastian Walther, die stets nur mit Monogramm signierten. Das Schema des Gesamtaufbaus basiert noch immer auf dem Muster des Epitaphs Röhling: Das rundbogige, überhöhte Mittelfeld wird von zwei gekuppelten Säulenpaaren gerahmt. Auf dem Hauptgesims neben und auf den verkröpften Gesimsen über den Säulen stehen die vier Evangelisten. Über dem Bogenscheitel des Mittelfeldes balanciert ein schmales Gesims, das den Aufsatz trägt. Seitlich des Aufsatzes liegen auf Giebelschrägen Engelputti mit Vanitassymbolen. An der Stelle der Grabinschrift unter dem Hauptgesims des Epitaphs ist am Altarretabel ein Relief mit der Darstellung des Abendmahls angeordnet, wie es Luthers Empfehlung für das Bildprogramm evangelischer Altäre entspricht. Das Mittelfeld darüber zeigt im Alabasterrelief das Pfingstwunder, im Aufsatz erscheint der segnende Gottvater, darüber der auferstandene Christus. Der Auferstandene (Abb. 54) hält nicht den Kreuzstab mit Siegesfahne in der Hand, sondern das Kreuz – wie jener Tod und Teufel überwindende Auferstandene auf dem Stich von Hieronymus Wierix nach Maarten (Maerten) de Vos (1585, Abb. 55). Mit der über dem Pfingstrelief schwebenden Taube des Heiligen Geistes wird daraus die Trinität. Ein weiteres Symbol der Dreifaltigkeit ist das Auge Gottes im gleichseitigen Dreieck über dem Bild Gottvaters. (Abb. 56) Es ist das Zeichen der Theo-

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52  Johann Böhm: Altarretabel; Wolkenstein, Ev. Stadtkirche St. Bartho­ lomäus, 1647/48

phanie, der Erscheinung Gottes gegenüber seinem Volk, über dem das Auge des Herren wacht, das den Gehorsam der Gläubigen sieht und die Sünder überführt.122 Damit gehört der Wolkensteiner Altar zu den frühesten Beispielen für die Verwendung dieses, vor allem in der Barockzeit verbreiteten theologischen Bildes. Der in der Inschrift auf der Rückseite genannte Pfarrer M. Johann Immanuel Uhlich dürfte wohl der Urheber dieses Programms gewesen sein. Die Suche nach Vorbildern für die Evangelistenfiguren führt in die kurfürstliche Begräbniskapelle des Freiberger Doms, zu den Propheten im zweiten Geschoss der Wanddekoration und zum Apostel Paulus unter dem Kruzifix des Altars (Abb. 57), dessen Kopftyp auffällig dem Wolkensteiner Markus (Abb. 58) ähnelt. Neu im Werk Johann Böhms sind die beiden auf den Bogenseiten des Mittelbildes liegenden Kinderengel mit den Vanitassymbolen Sanduhr und

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53  Johann Böhm: Altarretabel; Wolkenstein, Ev. Stadtkirche St. Bartholomäus; Rückseite mit Stiftungsinschrift (20. Sept. 1648), Monogramm und Meister- bzw. Steinmetzzeichen Johann Böhms

54  Johann Böhm: Altarretabel; Wolkenstein, Ev. Stadtkirche St. Bartholomäus, 1647/48; auferstandener Christus

55  Hieronymus Wierix nach Marten (Maerten) de Vos: Auferstandener Christus als Überwinder von Tod und Teufel, Kupferstich, 1585

56  Johann Böhm: Altarretabel; Wolkenstein, Ev. Stadtkirche St. Bartholomäus, 1647/48; segnender Gottvater, darüber Auge Gottes

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57  Carlo di Cesare: Kruzifix zwischen Johannes dem Täufer und dem heiligen Paulus, Altaraufsatz der kurfürstlichen Grabkapelle; Freiberg, Ev. Dom St. Marien, 1593

Totenschädel. Sie könnten sowohl von Vorbildern aus der Werkstatt Christoph Dehnes als auch von Werken Valentin Silbermanns abgeleitet werden. Dem Reliefbild des Abendmahls (Abb. 59) in der Staffel liegt teilweise die Komposition des Kupferstichs von Hendrick Goltzius aus dem Jahr 1585 zugrunde. Für das Hauptrelief123 mit der Darstellung der Ausgießung des heiligen Geistes orientierte Böhm sich an einer Druckgraphik wie dem Bild des Pfingstwunders von Gerard de Jode. Der segnende Gottvater geht vielleicht auf Raphael Sadelers Kupferstich der Verkündigung an Maria mit Propheten nach Cornelis Cort (und Federico Zuccaro) aus dem Jahr 1580 zurück. (Abb. 60) Die geflügelten Engelsgesichter (Abb.  61) unterscheiden sich von den vertrauten Typen Böhms und deuten auf die Tätigkeit eines Mitarbeiters – offenbar eines Lehrjungen, bei dem es sich vermutlich um den von Meltzer als Schüler Böhms genannten Paul Moses d. J.124 handelt. Moses (Moyses) stammte nicht, wie von Asche vermutet125, aus Kehrberg, sondern er war

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der Sohn des lutherischen Exulanten Paul Moses von Kyrberg d. Ä. (1585–1657) aus Böhmen. Jener hatte in seiner Jugend am kaiserlichen Hof in Prag gedient, war dann Stadt- und Amtsschreiber in Elbogen (Loket) gewesen, 1642 nach Schneeberg zugewandert und 1648 dort Waagemeister geworden.126 Moses d. J. könnte um 1634 geboren worden sein und ab 1646 mit zwölf Jahren seine Lehre bei Johann Böhm begonnen haben, die bis ca. 1654 gedauert haben dürfte. Danach scheint er sich, wohl während seiner Wanderschaft, »lang in Hamburg auffgehalten« zu haben, wie Meltzer 1716 berichtet127, bevor er am 7. November 1659 in Wunsiedel als »junger Gesell und Bildhauer« heiratete.128 1649 war es der Schneeberger Gemeinde mit der Unterstützung Kurfürst Johann Georgs I. gelungen, die 1633 geraubten Gemälde des Cranach-Altars nach einer Odyssee durch Böhmen, mit Stationen in der Kunstsammlung des Grafen Colloredo und im Strahov-Kloster in Prag sowie im Besitz der Fürstin Anna Magdalena von Sachsen-Lauenburg in Schlackenwerth (Ostrov), rückerstattet zu bekommen und wieder nach Schneeberg zu holen. Auf Befehl des Stadtrichters Johann Burckhardt begleiteten Johann Böhm und der Schleizer Maler Bartholomäus Perthes129 den Transport. Am 23.  Mai 1650 wurde das Retabel wieder für den liturgischen Gebrauch geweiht. Die Wiederaufstellung erfolgte in dem verbliebenen Rahmengerüst, das jedoch erweitert und stilistisch modernisiert wurde. Böhm schnitzte dafür »neue[n] Zierath rings umbher [in Form von] vergoldete[m] Sprengwerck und Schilde[n]«.130 In einer unteren Ebene zeigten zwei den Rahmen überragende – für Böhms Entwurf charakteristische – hochovale Medaillons (»Schilde«) die von Perthes gemalten Porträts Johann Georgs I. (Abb. 62), links, und des Kurprinzen Johann Georg II., rechts. Zwei weitere Medaillons etwas weiter oben trugen die Allianzwappen des Kurfürsten und des Kurprinzen sowie ihrer Gemahlinnen. Mit »Sprengwerk« bezeichnete Meltzer geschnitztes Ohrmuschel- und Knorpelornament, ähnlich dem Zwickauer Epitaph für Peter Kirchbach. Die Porträtmedaillons haben sich im Schneeberger Museum für bergmännische Volkskunst erhalten; die Bildnisse gehen auf graphische Vorlagen zurück. Am 13. September 1650 beauftragte der Schneeberger Stadtrichter und Besitzer des Blaufarbenwerks Oberschlema, Johann Burckhardt, nach dem Tod seiner Frau Rosina, Johann Böhm mit der Errichtung eines Epitaphs in der Wolfgangskirche, hinter dem Altar, im südlichen Bogen unter der Empore. (Abb. 63) Durch den erhaltenen Vertrag einschließlich der Entwurfszeichnung131

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58  Johann Böhm: Altarretabel; Wolkenstein, ev. Stadtkirche St. Bartholomäus, 1647/48; Evangelist Markus

59  Johann Böhm: Altarretabel; Wolkenstein, ev. Stadtkirche St. Bartholomäus, 1647/48; Abendmahl

60  Raphael Sadeler nach Cornelis Cort (und Federico Zuccaro): Verkündigung an Maria, umgeben von musizierenden Engeln und sechs Propheten, Köln 1580; Detail: segnender Gottvater

ist die Arbeit gut dokumentiert. Bis Weihnachten 1650 sollte das Werk zum Preis von 200 Thalern vollendet sein. Bei Vertragsabschluss erhielt der Bildhauer einen ersten Abschlag über 30 Thaler, weitere Zahlungen am 23. Oktober, am 9. Januar, am 8. Februar und am 16. März 1651. Am 4. Februar 1651 verfasste Burckhardt sein Testament132, noch im selben Jahr verstarb er. Am 8. Februar vermerkte Böhm, dass der Auftraggeber das

Johann Böhm – Leben und Werk

61  Johann Böhm: Altarretabel; Wolkenstein, Ev. Stadtkirche St. Bartholomäus, 1647/48; Engelsflucht

Weltgerichtsrelief nun nicht mehr alabasterartig weiß poliert mit Goldhöhungen, sondern flächig vergoldet ausgeführt haben wollte, was den Preis um 25 Thaler erhöhte, und darüber hinaus noch zwei Leichensteine zu je 14 Thalern bestellt hatte. Bis 1655 wurden von den Erben Restzahlungen geleistet. 1933 waren die Leichensteine bereits bis zur Unkenntlichkeit beschädigt, 1945 wurden sie und das Epitaph vernichtet.133

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62  Bartholomäus Perthes: Kurfürst Johann Georg I. von Sachsen, Öl auf Holz; von Johann Böhm der geschnitzte Bilderrahmen, Seitenwange als Teil eines erneuerten Rahmenwerks des Altarretabels von Lucas Cranach d. Ä., ehemals Schneeberg, Ev. Kirche St. Wolfgang; heute Schneeberg, Museum für bergmännische Volkskunst, 1649/50

In dem Vertrag nannte Böhm seinen Auftraggeber »Gevatter«, dessen verstorbene Frau »Gevatterin«. Darin spiegeln sich die Taufpatenschaften Burckhardts für Böhms ersten Sohn Johann Christoph (1628) und Rosina Burckhardts für Johann Heinrich (1636) und die langjährige, offenbar enge persönliche Beziehung des Bildhauers und seiner Familie zu dem bedeutenden Bergunternehmer und Stadtoberhaupt.134 1650 war Johann Heinrich vierzehn Jahre alt, Lehrjunge seines Vaters, und bestimmt an der Arbeit zum Epitaph für seine Patin beteiligt. Das Epitaph (Abb.  64) zeigte wiederum ein von gekuppelten Säulenpaaren gerahmtes, seitlich von eingezogenen Bögen geschlossenes, diesmal querrechteckiges, mittleres Bildfeld, hier mit dem Relief des Weltgerichts. (Abb. 65) Die Komposition folgte einem Kupferstich Jan Sadelers (I) nach Christoph Schwarz. (Abb. 66) Dieselbe Vorlage verwendete Böhm 1657/58 noch einmal am Herrschaftsstuhl der Bergkirche in Schleiz. Das Hauptgesims war über den Säulenpaaren verkröpft, darauf standen die allegorischen Figuren Fides und Patientia sowie in

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der Mitte, über einem Sockel, Justitia. Justitia erhob sich über einem geflügelten Engelsgesicht in Form eines Cherubs; seitlich davon sind die charakteristischen, an gefasste Juwelen erinnernden Schmuckstücke zu sehen. In den Bogenzwickeln waren ebenfalls Engelsflüchte angeordnet. Seitliche Ovalmedaillons mit Knorpelwerkrahmung zeigten die naturalistisch gefassten Reliefbildnisse Burckhardts und seiner Frau, darüber auf Konsolen nochmals Engel. 1651, nach dem Tod seiner dritten Gemahlin Magdalena von Starschedel, ließ Carl von Bose das unterirdische Gruftgewölbe seiner 1637 erworbenen Grabstätte in der Zwickauer Marienkirche vergrößern.135 In der Mitte des Raums errichtete Böhm vor dem Epitaph ein mit einem aufliegenden Kruzifix und einer gegossenen Schrifttafel geschmücktes Kenotaph.136 (Abb. 67) Die Cherubim aus Alabaster auf den Ecken gleichen exakt den Engelsflüchten in den Bogenzwickeln des Epitaphs Burckhardt und ebensolchen am Großolbersdorfer und am Wolkenburger Altar. Die Kinderengel mit Passionswerkzeugen unter dem Gewölbe gehören in dieselbe Ausbauphase. Im gleichen Jahr stiftete Carl von Bose für die Kanzel der Marienkirche einen Schalldeckel mit dem auf einem Regenbogen und der Himmelskugel thronenden Christus des Jüngsten Gerichts, begleitet von zwei Engeln. (Abb. 68) Dieses Werk schuf ohne jeden Zweifel Johann Böhm, obwohl es in seinem bisherigem Œuvreverzeichnis noch nicht enthalten ist. Der Weltenrichter könnte sowohl auf den Kupferstich Jan Sadelers, den Böhm auch schon für das Weltgerichtsrelief des Schneeberger Epitaphs Burckhardt nutzte, als auch auf den Stich »INDE VENTVRVS EST IVDICARE VIVOS ET MORTVOS« von Adriaen Collaert nach Maarten (Maerten) de Vos (Abb. 69) zurückgehen. Ein fast gleichartiger Christus in der Stollberger Jakobikirche (Abb. 70) gehört ebenso in dessen Umkreis wie die Bekrönungen der beiden Beichtstühle im Chor der Zwickauer Marienkirche (Abb. 71), die vermutlich als Werkstattarbeiten entstanden. 1643 wurde bei einem Einfall schwedischer Truppen die Kirche in Großolbersdorf in Brand gesteckt und zerstört.137 Bis 1645 ließ der Patron Heinrich Hildebrand d. Ä. von Einsiedel sie wieder aufbauen. Zu seinem und seiner bereits 1626 verstorbenen Gemahlin Sophia von Ponickau Gedächtnis stiftete er einen Altar, der zugleich als Epitaph fungieren sollte. Der Großolbersdorfer Altar wird bereits in Christian Meltzers Schneeberger Stadtchroniken von 1684 und 1716 als Werk Johann Böhms genannt. Die Datierung ist jedoch unklar. Richard Steche

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63  Johann Böhm: Grabmal für Rosina und Johann Burckhardt; ehemals Schneeberg, Ev. Stadtkirche St. Wolfgang, 1650/51, 1945 zerstört (vor 1945); Ziergitter von Daniel Vogel

65  Johann Böhm: Grabmal für Rosina und Johann Burckhardt; ehemals Schneeberg, Ev. Stadtkirche St. Wolfgang, 1650/51, 1945 zerstört; Das Weltgericht (vor 1945)

64  Sigfried Asche: Aufriss-Skizze des Burckhardt-Epitaphs, ca. 1933

66  Jan Sadeler (I) nach Christoph Schwarz: Das Jüngste Gericht, Kupferstich, 1588/95

vermutete 1885138 ohne einen Beleg dafür das Jahr 1645, weil in jenem Jahr auch eine der Glocken des Neubaus gegossen worden war. Diese Zahl übernahmen 1908 die »Neue Sächsische Kirchengalerie«139 und 1934ff. Sigfried Asche. In seiner Leichenpredigt140 auf den Stifter würdigte der aus Schneeberg stammende Pfarrer Christian Köhler am 15. April 1651 den Wiederaufbau der Kirche; er nahm jedoch keinerlei Bezug auf die Altar- und Epitaphstiftung sowie das Werk des Schneeberger Bildhauers. Das lässt vermuten, dass Heinrich Hildebrand d. Ä. von Einsiedel die Stiftung des Epitaphaltars testamentarisch verfügte und erst seine Söhne und Testamentsvollstrecker Rudolf Haubold und Heinrich Hildebrand d. J. das Werk bei Johann Böhm in Auftrag gaben. Das wäre demnach

frühestens 1651 gewesen. Da Böhm in jenem Jahr mit den Aufträgen Johann Burckhardts in Schneeberg und Carl von Boses in Zwickau beschäftigt war, begann er die Arbeit daran erst 1652, und 1653 war das Werk vollendet.141 Der Großolbersdorfer Altar (Abb. 72 und Abb. 10 im Beitrag G. Vogel) folgt wiederum dem Schema der Epitaphe Röhling in Schneeberg und Bose in Zwickau mit dem von zwei Säulenpaaren gerahmten rundbogigen Mittelbild, über dessen Bogenscheitel ein kurzes Gesims balanciert, das den Aufsatz trägt. Im Unterschied zum Epitaph Bose sind die Säulen hier nicht direkt miteinander verkoppelt, sondern so weit auseinandergezogen, dass die Zwischenräume wie Seitenflügel wirken und Platz für das Stifterpaar

Johann Böhm – Leben und Werk

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67  Johann Böhm: Kenotaph; Zwickau, Ev. Dom St. Marien, Grabstätte Bose, 1651

68  Johann Böhm: Christus als Weltenrichter; Zwickau, Ev. Dom St. Ma­rien, Kanzeldeckel, 1651

69  Adriaen Collaert nach Maarten (Maerten) de Vos: »INDE VENTVRVS EST IVDICARE VIVOS ET MORTVOS« (Das Jüngste Gericht), Kupferstich, ca. 1600

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70  Johann Böhm: Christus als Weltenrichter; Stollberg, Ev. Jacobikirche, ca. 1651

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bieten. Das Retabel ähnelt mit diesem Aufbau jedoch nicht dem Epitaph für Herzog Johann III. in Weimar142 (vgl. Abb. 4 im Beitrag Schulze), wie Asche143 meinte, sondern vielmehr dem Cranach-Altar in Schneeberg, wo über der Darstellung des letzten Abendmahls in der Predella das mittlere Kreuzigungsbild auf den geöffneten Seitenflügeln von den betenden Patronen Kurfürst Johann Friedrich und Herzog Johann Ernst flankiert wird. Die Auferstehungsszene, in Schneeberg auf dem rechten Seitenflügel, erscheint in Großolbersdorf im Aufsatz. Den seitlichen Ovalmedaillons mit den Porträts Johann Georgs I. und II. in Schneeberg entsprechen in Großolbersdorf die Ovalmedaillons mit den Reliefs der Verkündigung und der Geburt Christi. Seit der Wiederaufstellung im Jahr 1650 war Böhm, der die neue Rahmung dafür geschaffen hatte, der Cranach-Altar sehr präsent, wie die Kopie des Abendmahlsbildes für den Netzschkauer Altar beweist, so dass er die Konzeption des Großolbersdorfer Altars inspiriert haben könnte.144 Als Kompositionsanregung für das Abendmahlsrelief (Abb. 73) nutzte Böhm jedoch nicht Cranachs Schneeberger Gemälde, sondern erneut den Kupferstich des Hendrick Goltzius von 1585 (Abb. 74), der ihm bereits als Vorlage für das Abendmahl des Wolkensteiner Altars und für den Kopftypus des Evangelisten Markus des Zwickauer Bose-Epitaphs gedient hatte. Er kopierte den Stich allerdings nicht vollständig, sondern verwendete nur einzelne Teile. Die zentrale Christus-JohannesGruppe folgt deshalb nicht diesem Vorbild, sondern wörtlich dem Text des Johannes-Evangeliums Kapitel 13, Vers 23, wonach Johannes, »welchen Jesus lieb hatte«, zu Tisch »an der Brust Jesu« saß. Ihr lag seitenverkehrt das gleiche Motiv eines anderen Kupferstichs von Hendrick Goltzius aus dem Jahr 1598145 (Abb. 75) zugrunde. Der Gekreuzigte zwischen Maria und Johannes im Mittelfeld (Abb.  76) unterscheidet sich gänzlich von der vielfigurigen Kreuzigung des Schneeberger Cranach-Altars. Die vor neutralem Hintergrund isolierte Dreiergruppe hat ihre nächsten Parallelen an den Altären der Dresdner Sophienkirche (1606/07, Abb. 77) und der Lichtenburger Schlosskirche (1612/13) von Christoph bzw. Sebastian Walther. Sie hatten bereits den Altar der Marienkirche in Wolfenbüttel (1614–18) von Bernhard Ditterich beeinflusst, an dem Johann Böhm als Geselle vielleicht mitgearbeitet hatte. Der am Kreuz gestorbene Christus (Abb. 78), mit geschlossenen Augen und leicht geöffnetem Mund, den Kopf nach rechts geneigt und die Haare dabei um den Nacken herum auf die rechte Schulter fallend, mit einer aus einzelnen Zweigen gewundenen Dornenkrone, erinnert an den Gekreuzigten

Johann Böhm – Leben und Werk

des Altars der kurfürstlichen Begräbniskapelle im Freiberger Dom von Carlo de Cesare (1593), des Altars der Dresdner Sophienkirche von Christoph Walther und, noch mehr, an den Christus einer um 1630 entstandenen Kreuzigungsgruppe von Sebastian Walther, ebenfalls aus der Dresdner Sophienkirche, der sich seit 1840 in der Marienkirche in Kamenz (Abb. 79) befindet.146 Vor allem dieses Werk hat den Typ des Gekreuzigten von Johann Böhm entscheidend beeinflusst. Er vermittelte ihn an seinen Sohn und Schüler Johann Heinrich d. Ä., dessen Œuvre er geprägt hat. Johann Böhm kannte ohne Zweifel beide Kreuzigungsgruppen in der Sophienkirche147, denn die trauernde Muttergottes in Großolbersdorf mit vor der Hüfte betend verschränkten Händen (Abb. 80) ist der Maria aus der Kreuzigungsgruppe des Altars der Sophienkirche, die auf eine Komposition Guglielmo della Portas zurückgeht148, eng verwandt. Er veränderte ihre Haltung allerdings von stiller Trauer zu schmerzvoller Klage. Die Geste des Evangelisten Johannes, mit leicht ausgebreiteten Armen und zum Betrachter geöffneter linker Hand (Abb. 81), übernahm er weitestgehend von einem 1584 publizierten Kupferstich Hieronymus Wierix' (Abb. 82) nach einem Kreuzigungsgemälde von Maarten (Maerten) de Vos, der auch den Johannes des in mehreren Repliken um 1602 entstandenen Kalvarienbergs Hans von Aachens beeinflusst hatte.149 Johann Heinrich Böhm d. Ä. hat die Entwürfe seines Vaters zu diesen Figuren und den WierixStich 1672 für sein Freiberger Schönberg-Epitaph150 und für die Kreuzigungsgruppe des Altarretabels in Brünlos (1669/70)151 verwendet. Während sich die einander zugewandten Assistenzfiguren der Kreuzigung vom Altar der Dresdner Sophienkirche geradezu an das Kreuz zu schmiegen scheinen, wenden sich Böhms Figuren davon ab und erhöhen die Dynamik der Komposition. Die beiden seitlich fliegenden, Christus anbetenden Engel152 könnten durch den Kupferstich »Christus am Kreuz, von zwei Engeln angebetet, mit Maria, Johannes und Maria Magdalena« von Hieronymus Wierix nach Pompeo Aquilano153 angeregt worden sein. Das Lendentuch des Gekreuzigten in Großolbersdorf entspricht noch dem Wickeltyp Hans von Aachens, Jan Sadelers (Abb.  83) oder auch Bernhard Ditterichs; spätere Arbeiten zeigen es, entsprechend dem Vorbild Sebastian Walthers, nur locker mit einem um die Hüften geschnürten Band oder einem Seil befestigt.154 Die beiden männlichen Figuren auf dem verkröpften Gesims oberhalb der Kreuzigungsgruppe (Abb.  84) wirken mit ihren Büchern wie Evangelisten. Sie sind jedoch durch keine Attribute als solche identifizierbar.

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71  Johann Böhm (Werkstatt): Christus als Weltenrichter zwischen Stifterpaar; Zwickau, Ev. Dom St. Marien, Beichtstuhl, ca. 1651

72  Johann Böhm: Altarretabel; Großolbersdorf, Ev. Kirche, 1652/53

73  Johann Böhm: Altarretabel; Großolbersdorf, Ev. Kirche, 1652/53; Abendmahl

75  Hendrick Goltzius: Das Abendmahl; Kupferstich, 1598; Detail

74  Hendrick Goltzius nach Pieter Coecke van Aelst: Das Abendmahl; Kupferstich, 1585

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76  Johann Böhm: Altarretabel; Großolbersdorf, Ev. Kirche, 1652/53; Kreuzi­ gungsgruppe

77  Christoph (IV) Walther: Kreuzigungsgruppe, Mittelteil des Altarretabels; Dresden, ehemals Ev. Sophienkirche, heute DresdenLoschwitz, Ev. Kirche, 1606/07

79  Sebastian Walther: Gekreuzigter, Teil einer Kreu­ zi­gungsgruppe; ehemals Dresden, ev. Sophienkirche, heute Kamenz, Ev. Marienkirche; Altarkreuz (ca. 1930)

Johann Böhm – Leben und Werk

80  Johann Böhm: Altarretabel; Großolbersdorf, Ev. Kirche, 1652/53; Kreuzigungsgruppe, trauernde Ma­ria

78  Johann Böhm: Altarretabel; Großolbersdorf, Ev. Kirche, 1652/53; Gekreuzigter, Detail

81  Johann Böhm: Altarretabel; Großolbersdorf, Ev. Kirche, 1652/53; Kreuzigungsgruppe, Johannes der Evangelist

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82  Hieronymus Wierix nach Maarten (Maerten) de Vos: Kreuzigung; Kupferstich, 1584

83  Johann Sadeler nach Maarten (Maerten) de Vos: Kreuzigung Christit, Kupferstich, o.J.

84  Johann Böhm: Altarretabel; Großolbersdorf, Ev. Kirche, 1652/53; Aufsatz mit den Aposteln Petrus und Paulus sowie dem Engel und den schlafenden Wächtern am leeren Grab Christi

85  Hieronymus Wierix nach Maarten (Maerten) de Vos: S. PAVLVS (Der heilige Paulus von Tarsus); Kupferstich, 1578

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86  Christoph (IV) Walther: Apostel Paulus, Teil des Altarretabels; Dresden, ehemals Ev. Sophienkirche, heute Dresden-Loschwitz, Ev. Kirche, 1606/07

88  Sadeler-Werkstatt nach Maarten (Maerten) de Vos: Auferstandener Christus als Sieger über Tod und Teufel; Kupferstich

Johann Böhm – Leben und Werk

87  Johann Böhm: Altarretabel; Großolbersdorf, Ev. Kirche, 1652/53; Auferstandener Christus

89  Werkstatt Johann Böhms: Model (Gießvorlage) zu der gusseisernen Grabplatte für Sidonia von Lobkowitz; Annaberg, ev. Stadtkirche St. Annen, 1652

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Die rechte Figur stimmt weitgehend mit Darstellungen des Apostels Paulus nach Maarten (Maerten) des Vos überein, die auf Kupferstichen von Hieronymus Wierix (S. Paulus von Tarsus, Abb. 85) und Hendrick Goltzius (Das Martyrium des heiligen Paulus) verbreitet wurden. Ohne Zweifel diente der seitenverkehrt wiedergegebene Wierix-Stich Johann Böhm als Vorbild.155 Der an Michelangelos Moses erinnernde wallende Bart des Apostels könnte darüber hinaus vom Beispiel des Paulus am Altar der Dresdner Sophienkirche (Abb. 86) angeregt worden sein. Die erhobene, heute leere, linke Hand stützte sich demnach ursprünglich auf ein Schwert. Sein Pendant, kahlköpfig mit Stirnlocke, ist somit Petrus, dessen eigentümlicher Kopftyp, Gesicht und Hinterhaupt auffällig geteilt, mit Glatze und üppigem Seitenhaar, in dem Stich »S. PETRUS« von Hieronymus Wierix nach Maarten (Maerten) de Vos vorgebildet ist. Im Aufsatz ist das Geschehen des Ostermorgens szenisch dargestellt: Am Eingang des als Felsenhöhle ausgebildeten Grabes Christi, vor dem der offene Sarg steht, erscheint ein Engel und verkündet die Auferstehung Jesu. Die beiden Wächter links und rechts scheinen noch zu schlafen und davon nichts bemerkt zu haben. In ihrer sitzenden Schlafhaltung erinnern sie, vor allem der gerüstete Kriegsknecht links, vermutlich aber nur zufällig, ein wenig an die 1618–20 entstandene Auferstehungsgruppe von Adriaen de Vries im Mausoleum in Stadthagen.156 Über allem fährt der Auferstandene, mit Siegesfahne, auf Wolken stehend und von Engeln getragen, zum Himmel. (Abb. 87) Ornament ist nur seitlich noch zu finden. Johann Böhm ist hier einen ersten Schritt in Richtung Barock gegangen, zur freiplastischen, szenischen Gruppendarstellung. Enger als zur Stadthagener Auferstehung dürfte der Bezug zur ebenfalls szenisch und freiplastisch gedachten Auferstehungsgruppe auf dem 1647 datierten Altar der Schlosskirche in Altenburg von Johann Petzoldt (II) sein.157 Die Figur des Auferstandenen, die sich deutlich von dem des Wolkensteiner Altars, aber auch von den Auferstandenen des Dresdner und des Lichtenburger Altars, unterscheidet, könnte von Druckgraphiken beeinflusst worden sein. Besonders nahe steht ihr die ähnlich unponderierte, über dem Grab schwebende Figur auf einem Kupferstich der Sadelerwerkstatt nach Maarten (Maerten) de Vos.158 (Abb.  88) Auf dasselbe Vorbild geht der Auferstandene auf der 1652 datierten gusseisernen Grabplatte für Sidonia von Lobkowitz in der Annaberger Annenkirche159 zurück. (Abb. 89) Das Model dafür wird sicherlich ebenfalls in der Werkstatt Johann Böhms – als Arbeit des Gesellen oder des Lehrjungen – entstanden sein. Der Engel mit dem Kreuz

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auf der gegenüberliegenden Seite der Rahmung ähnelt Figuren im Bestand der Zwickauer Kunstsammlung. Die typisch manieristische Anordnung der Stifter­ figuren im Halbdunkel des Zwischenraums hinter den seitlichen Säulenpaaren geht vielleicht auf Anregungen aus der Werkstatt Christoph Dehnes zurück; sie besitzt eine Parallele in dessen Magdeburger Epitaph für Cuno von Lochow (um 1623). Neben den um ihre Achse verdrehten Freifiguren und den überlängten Relieffiguren weist der Großolbersdorfer Altar Groteskdekor in reichster Vielfalt auf: Knorpel- und Ohrmuschelwerk (Abb.  90), Nasen, auf die die Engelknaben über den seitlichen Reliefmedaillons fast treten, oder dämonische Fratzen an der Unterseite der Ovale (Abb. 91), wie sie beispielsweise auch in dem um 1640/50 in Nürnberg erschienenen »Neuen Zieratenbuch«160 von Friedrich Unteutsch vorgebildet sind. Engel (Abb. 92) bezeugen die Gegenwart Gottes. Auf der Rückseite des Retabels mahnt unter der (nicht mehr lesbaren) Stiftungsinschrift ein gespenstischer geflügelter Totenschädel mit herausgestreckter Zunge an die Vergänglichkeit des irdischen Seins. (Abb. 93) Der Typ des Gekreuzigten findet sich in einer Reihe von kleinplastischen Kruzifixen der 1650er Jahre aus Böhms Werkstatt wieder, darunter die Vortragekreuze der Dorfkirchen in Weißbach (Abb.  94)161, Thierfeld (evtl. 1656, Abb. 95)162 und der Marienkirche in Zwickau (Abb.  96), die Altarkreuze in Neustädtel (1653, Abb. 97)163 und Ehrenhain (ca. 1658, Abb. 98)164, das Sargkreuz vom Begräbnisornat der Schneeberger Knappschaft (Museum für bergmännische Volkskunst, Abb. 99)165 sowie ein diesem ähnliches, das heute in der Sakristei der Schneeberger Wolfgangskirche (Abb. 100, 101) aufbewahrt wird. Sie alle sind sehr qualitätvoll und vermutlich eigenhändig. Der segnende Gottvater der Kreuze in Zwickau (Abb. 102) und Weißbach gleicht jenem des Wolkensteiner Altars. In diese Zeit gehören auch die beiden erhaltenen Engel im Besitz des Schneeberger Museums für bergmännische Volkskunst (Abb. 103) und des Chemnitzer Schlossbergmuseums (Abb. 104), ehemals mit Musikinstrumenten, die den um 1654 erneuerten Prospekt der Orgel in der Schneeberger Wolfgangskirche schmückten.166 Mit prächtig gefiederten, weiten Vogelschwingen erinnern sie an den Weltgerichtsengel des Epitaphs Burckhardt und den Engel am Grab Christi aus der Großolbersdorfer Auferstehung. Die Figur des Engels im Schneeberger Museum scheint von einem 1584 datierten Kupferstich Hieronymus Wierix' mit der Darstellung des Erzengels Michael nach Maarten (Maerten) de Vos (Abb. 105) abgeleitet zu sein.

Mario Titze

90  Johann Böhm: Altarretabel; Großolbersdorf, Ev. Kirche, 1652/53; Konsole mit Engelsflucht, Ohrmuschel- und Knorpelwerk

92  Johann Böhm: Altarretabel; Großolbersdorf, Ev. Kirche, 1652/53; Engelsflucht

Johann Böhm – Leben und Werk

91  Johann Böhm: Altarretabel; Großolbersdorf, Ev. Kirche, 1652/53; rechte Seitenwange mit Groteskdekor und Reliefdarstellung der Anbetung der Hirten

93  Johann Böhm: Altarretabel; Großolbersdorf, Ev. Kirche, 1652/53; Rückseite, Rahmung der Inschrifttafel: geflügelter Totenschädel

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Ein Engel im Bestand der Zwickauer Kunstsammlungen (Abb. 106) ist dem Figurenstil der Orgelengel und des Großolbersdorfer Altars engstens verwandt und sicher in unmittelbarem zeitlichem Zusammenhang entstanden. Das 1944 zerstörte Epitaph für Sebastian und Mar­ga­ retha Oheim, ehemals in der Leipziger Johanniskir­che167 (Abb. 107), ist ebenfalls als Werk Johann Böhms anzusehen. Das Schema entspricht den Zwickauer Epitaphen Kirchbach und Zechendorff. Die beiden Engel auf dem verkröpften Gebälk über den Säulen folgen sehr weitgehend jenen des Zwickauer Kanzeldeckels, die Böhm auch noch einmal als Modell für den Altar der Zwickauer Katharinenkirche verwendete. Die Entstehungszeit dürfte nach dem Tod der Frau, 1653, liegen. Sebastian Oheim (1596–1662), Leipziger Ratsbaumeister und Handelsmann168, war von 1644 bis zu seinem Tod, gemeinsam mit Johann Burckhardt († 1651)169, Rosi­na Schnorr (1618–1679)170 und Erasmus Schindler (1608–1673)171, einer der vier Teilhaber am kurfürstlichen Kobalt-Kontrakt, dem in Schneeberg ansässigen kurfürstlich privilegierten Produktions- und Handelskartell für blaue Farbe. Das Schneeberger Kobaltblau war ein kostbares Exportprodukt und wurde nach dem Dreißigjährigen Krieg eine der wichtigsten Grundlagen für das Wiedererstarken der sächsischen Wirtschaftskraft.172 Nahe Buchholz besaß Oheim am Lauf der Sehma ein eigenes Farbwerk.173 Diese enge Bindung an Schneeberg macht eine Auftragsvergabe an Böhm, der mit Burckhardt und Schindler in familiärer Beziehung stand, sehr wahrscheinlich.174 Die Ausführung war vermutlich eine Aufgabe für den Lehrjungen Johann Heinrich, auf den auch die beiden ähnlichen Engel am 1660 erneuerten Rahmen des Zwickauer Cranachaltars zurückgehen. 1654 ließ Carl von Bose in seinem Mausoleum in der Zwickauer Marienkirche ein prachtvolles, mit Trophäen dekoriertes Wappenrelief an der dem Epitaph gegenüber liegenden Ostwand errichten – von der Sitzfigur einer Minerva (Abb. 108) bekrönt und von ehemals zwei stehenden römischen Kriegern (Abb. 109) flankiert. Die körperliche Präsenz dieser Figuren, die zwar noch der Folie eines Hintergrundes bedürfen, ansonsten aber vollrund gedacht sind und freiplastisch wirken, korrespondiert mit den Aposteln Petrus und Paulus des Großolbersdorfer Altars und ebenso mit den beiden römischen Kriegern vom ehemaligen Betstuhl Carl von Boses. Diese Figuren besitzen eine neuartige innere Größe und geradezu klassische Monumentalität. Zusammen mit der »realistischen«, wirklichkeitsnahen, lebendigen Wiedergabe des menschlichen Körpers stellt ihr Stil eine der Voraussetzungen für die spätere künst-

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lerische Eigenart Johann Heinrich Böhms d. Ä. dar, der ihre Konzeption und Realisierung in der väterlichen Werkstatt als Lehrling unmittelbar miterlebte. Diese Figuren und die Mitarbeit daran prägten ihn entscheidend und bildeten eine der Grundlagen für die Herausbildung der neuartigen Formensprache, mit der Johann Heinrich in den 1660er und 1670er Jahren dem frühen Barockstil in der sächsischen Skulptur zum Durchbruch verhelfen sollte. Asches Hypothese, dass Johann Heinrich dazu während einer Lehre in den Niederlanden befähigt worden sei175, ist nicht haltbar. Sein floraler Dekorationsstil geht auf die Begegnung mit dem Werk Heinrich Schaus in Halle176 und druckgraphische Vorbilder zurück. Die Fähigkeit zu porträtrealistischer Menschendarstellung und auch erste Ansätze zu einer Monumentalisierung der Figuren haben ihre Wurzeln in der Ausbildung durch seinen Vater Johann Böhm, der damit indirekt auf die Entstehung des Frühbarock gewirkt hat. Den Ersatz des veralteten Ohrmuschel- und Knorpelwerks durch klassische Architekturelemente verdankte er Einflüssen seiner Gesellenzeit, vielleicht in der Werkstatt des kurfürstlichen Hofbildhauers, des Enkels Christoph (II) und Großneffen Sebastian Walthers, Wolf Ernst Brohn. Ganz dem manieristischen Hauptstrom im Œuvre Johann Böhms gehört das Grabdenkmal aus Sandstein, Schiefer, Marmor und Alabaster für den 1654 verstorbenen Zwickauer Bürgermeister David Pitzsch in der Marienkirche177 (Abb. 110) an, das wohl spätestens 1655 fertiggestellt war. Dabei handelt es sich um ein Inschrift­ epitaph, dessen figürlicher Schmuck nur aus kleineren, dekorativen Elementen wie Engels- und Cherubimköpfchen, Wappenreliefs und grotesken Ornamenten besteht, die die Schriftplatte rahmen. Die seitlichen Engelsflüchte und das à jour gearbeitete Ohrmuschel- und Knorpelwerk (Abb. 111) schließen stilistisch unmittelbar an den Großolbersdorfer Altar an. Die wie tänzelnd wirkende bekrönende Allegorie ist eine typische Vertreterin der manieristischen Figura Serpentinata. Die trotz ihres Miniaturformats auf klassische Monumentalität zielende Wirkung und ihre Ähnlichkeit mit der unter dem Kreuz knienden Maria Magdalena des Altarkreuzes in Stollberg, St. Jacobi (1662), machen die Ausführung dieser Figur durch Johann Heinrich Böhm d. Ä. wahrscheinlich. Ebenfalls 1654 starb Rudolf Haubold von Einsiedel auf Wolkenburg, Sohn des Stifters des Großolbersdorfer Altars, Heinrich Hildebrand d. Ä. von Einsiedel, dessen testamentarisches Vermächtnis er mit seinem jüngeren Bruder erfüllt hatte. Rudolf Haubolds Witwe Agnes, geborene von Schönberg, ließ zu seinem Gedenken einen

Mario Titze

94  Johann Böhm: Vortragekreuz; Weißbach (Langenweißbach),Ev. Salvatorkirche, ca. 1650

97  Johann Böhm: Altarkreuz mit Maria und Johannes Ev.; SchneebergNeustädtel, Ev. Liebfrauenkirche, 1653

Johann Böhm – Leben und Werk

95  Johann Böhm: Vortragekreuz; HartensteinThierfeld, Ev.. Kirche, ca. 1656

98  Johann Böhm: Altarkreuz; Ehrenhain (Nobitz), Ev. Kirche, ca. 1658

96  Johann Böhm: Vortragekreuz; Zwickau, Ev. Dom St. Marien, ca. 1651

99  Johann Böhm: Sargkreuz vom Begräbnisornat der Schneeberger Knappschaft; Schneeberg, ehem. Museum für bergmännische Volkskunst, ca. 1657/58 (ca. 1930)

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100  Johann Böhm: Kruzifix, vermutlich Sargkreuz; Schneeberg, Ev. Stadtkirche St. Wolfgang, ca. 1657/58

103  Johann Böhm: Musizierender En­ gel vom Prospekt der »grünen Orgel«, ehemals Schneeberg, Ev. Stadtkirche St. Wolfgang; Schneeberg, Museum für bergmännische Volkskunst, ca. 1654

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101  Johann Böhm: Kruzifix, Sargkreuz; Schneeberg, Ev. Stadtkirche St. Wolfgang, ca. 1657/58; Gekreuzigter, Detail

104  Johann Böhm: Musizierender Engel vom Prospekt der »grünen Orgel«, ehemals Schneeberg, Ev. Stadtkirche St. Wolfgang; Chemnitz, Kunstsammlungen, Schlossbergmuseum, ca. 1654

102  Johann Böhm: Vortragekreuz; Zwickau, Ev. Dom St. Marien, ca. 1651; Gekreuzigter und Gottvater, Detail

105  Hieronymus Wierix nach Maarten (Maer­ ten) de Vos: Erzengel Michael; Kupferstich, 1584

Mario Titze

106  Johann Böhm: Musizie­ render Engel; Zwickau, Kunstsammlungen, ca. 1654

107  Johann Böhm: Epitaph für Margaretha und Sebastian Oheim; ehemals Leipzig, Ev. Pfarr­kirche St. Johannis, ca. 1653/54, 1944 zerstört (1894)

109  Johann Böhm: Wappenschild für Carl von Bose; Zwickau, Ev. Dom St. Marien, Grabstätte Bose, 1654; Römischer Krieger

Johann Böhm – Leben und Werk

108  Johann Böhm: Wappenschild für Carl von Bose; Zwickau, Ev. Dom St. Marien, Grabstätte Bose, 1654; Minerva

110  Johann Böhm: Epitaph für David Pitzsch; Zwickau, Ev. Dom St. Marien, ca. 1655

111  Johann Böhm: Epitaph für David Pitzsch; Zwickau, Ev. Dom St. Marien, ca. 1655; Ohrmuschel- und Knorpelwerk-Ornament mit Engelsflucht, Detail

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112  Johann Böhm: Epitaphaltar; Wolkenburg (Limbach-Oberfrohna), Ehem. Ev. Pfarrkirche St. Georg und St. Moritz, heute Friedhofskapelle, ca. 1655–57

113  Johann Böhm: Epitaphaltar; Wolkenburg (Limbach-Oberfrohna), Ehem. Ev. Pfarrkirche St. Georg und St. Moritz, heute Friedhofskapelle, ca. 1655–57; Familienwappen von Einsiedel, Blütenrosette, Ohrmuschelund Knorpelwerk-Ornament, Detail

114  Johann Böhm: Epitaphaltar; Wolkenburg (Limbach-Oberfrohna), Ehem. Ev. Pfarrkirche St. Georg und St. Moritz, heute Friedhofskapelle, ca. 1655–57; Jesus im Gebet am Ölberg, Detail

115  Johann Böhm: Epitaphaltar; Wolkenburg (Limbach-Oberfrohna), Ehem. Ev. Pfarrkirche St. Georg und St. Moritz, heute Friedhofskapelle, ca. 1655–57; Abendmahl, Detail

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116  Johann Böhm: Epitaphaltar; Wolkenburg (Limbach-Oberfrohna), Ehem. Ev. Pfarrkirche St. Georg und St. Moritz, heute Friedhofskapelle, ca. 1655–57; Engelsflucht, Detail

117  Johann Böhm: Epitaphaltar; Wolkenburg (Limbach-Oberfrohna), Ehem. Ev. Pfarrkirche St. Georg und St. Moritz, heute Friedhofskapelle, ca. 1655–57; Konsole mit Engelsflucht, Ohrmuschel- und Knorpelwerk-Ornament, Detail

1657 vollendeten Altar (Abb. 112) aus Sandstein, Alabaster und verschieden farbigem Marmor in der heute alten Wolkenburger Kirche am Friedhof errichten.178 Wie in Großolbersdorf dient auch dieser zugleich als Epitaph für die Stifterin, ihren verstorbenen Gemahl und ihre Kinder. Und ebenso wie in Großolbersdorf erging auch hier der Auftrag dazu an Johann Böhm, was nahe lag, da der Verstorbene ja einer der beiden Auftraggeber des 1653 vollendeten Großolbersdorfer Altars war. Das Werk unterscheidet sich jedoch vollständig von dem Vorgänger: Es gibt keine auch nur angedeutete Mehrflügligkeit mehr. Das Retabel besteht nur noch aus dem von Säulen gerahmten, bogig geschlossenen mittigen Relieffeld. Das darüber angeordnete, den Aufsatz tragende Gesims wird von Voluten gestützt, die dem Gesamtbild einen tektonisch ausgeglichenen Charakter verleihen. Die beiden Säulen, die über verkröpftem Gebälk den giebelartigen Aufsatz tragen, wirken geradezu kolossal. Die Adorantenfiguren, obwohl nicht größer als am Zwickauer Bose-Epitaph, haben ihre relative Winzigkeit verloren und erscheinen, mit eigenem Volumen, frei im Raum. All das sind Vorboten barocker Gestaltungsprinzipien, die eine erhebliche stilistische Weiterentwicklung Böhms verraten. Die aus dem Gebälk herauswachsenden und wie Abhänglinge (Abb. 113) wirkenden seitlichen Wangen tragen Knorpelwerk und die Stifterwappen. Diese im Werk Johann Böhms neuartige Form könnte von Musterentwürfen aus dem um 1640/50 erschienenen Zieratenbuch

Johann Böhm – Leben und Werk

des Friedrich Unteutsch179 angeregt worden sein. Die Rosetten an den Abhänglingen sind eine Reminiszenz an Leipziger Vorbilder. Von besonderer künstlerischer Qualität ist das die gesamte Bildfläche füllende Relief des Gebets Jesu am Ölberg, das – wie der Zwickauer Ölberg – sein Vorbild in einem Kupferstich Aegidius Sadelers hat. Herausragend ist die geradezu naturalistische Landschafts- und Pflanzendarstellung (Abb.  114). Im Relief des Abendmahls (Abb. 115) in der Staffel variierte Böhm die Komposition des Schneeberger Cranachaltars, indem er davon einzelne Figuren und Figurengruppen übernahm. Die Engelsflüchte der Konsolen (Abb. 117) gleichen denen in Großolbersdorf, ebenso die am Hauptgesims (Abb. 116) und vor dem Bogenscheitel, sowie die Stiftungsinschrift mit der Datierung in einem ovalen Rahmen auf der Rückseite. Zwei gleichartige Grabplatten zu Füßen des Altars (Abb. 118, 119), eine 1656 datiert, beide offenbar für Kinder, entstanden fraglos auch in Johann Böhms Werkstatt. Das von Günter Hummel180 im Greizer Museum als Arbeit Johann Böhms erkannte ehemals Fraureuther Bornkinnel (Abb. 120) dürfte angesichts der Ähnlichkeiten zu Figuren des Wolkenburger Altars wohl in die Mitte der 1650er Jahre zu datieren sein. Das Spätwerk Am 12.  Januar 1657 starb Carl von Bose, und am 5. Mai wurde er in seiner Zwickauer Grablege mit gro­ ßem Gepränge beigesetzt.181 Der 1657 datierte große

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118  Johann Böhm: Grabplatte für Adam Friedrich von Einsiedel (1653–1656),; Wolkenburg (Limbach-Oberfrohna), Ehem. Ev. Pfarrkirche St. Georg und St. Moritz, heute Friedhofskapelle, 1656

120  Johann Böhm: Bornkinnel; ehemals Fraureuth, Ev. Pfarrkirche, ca. 1654/57; Museen der Schloss- und Residenzstadt Greiz

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119  Johann Böhm: Grabplatte für für Agnes von Einsiedel, geb. von Schönberg (1621–1674), Sterbedatum vermutlich nachträglich ergänzt; Wolkenburg (Limbach-Oberfrohna), Ehem. Ev. Pfarrkirche St. Georg und St. Moritz, heute Friedhofskapelle, ca. 1655/57

121  Johann Böhm: Totenschild für Carl von Bose, mit Mars und Minerva, Wappen sowie Trophäen; Zwickau, Ev. Dom St. Marien, Grabstätte Bose, 1657

Mario Titze

Trophäenschild (Abb.  121) mit dem von Boseschen Wappen zwischen Mars und Minerva vor dem Scheitel des Schwibbogens, von Sigfried Asche als Totenschild gedeutet182, erinnert daran. Von 1657 bis 1659 schuf Böhm im Auftrag der Erben den aus Sandstein, Marmor und Alabaster errichteten Epitaphaltar für Carl von Bose in der Kirche zu Netzschkau.183 1814 wurde er abgebrochen; seine Einzelteile überliefert ein dabei angefertigtes Verzeichnis. Das Alabasterrelief des Abendmahls (Abb. 122) ist als Teil des klassizistischen Kanzelaltars in der Kirche erhalten. Es stellt die exakte dreidimensionale Kopie des Predellengemäldes von Lucas Cranach im Retabel der Schneeberger Wolfgangskirche dar. Darüber zeigte ein von roten Marmorsäulen gerahmtes Alabasterrelief auf schwarzem Grund die Auferstehung Christi. Der Zusatz »Christus schwebend« über dem Grab deutet darauf hin, dass Böhm dafür einen der Kupferstiche nach Maarten (Maerten) de Vos als Vorlage verwendet haben könnte, den er vielleicht schon für die Figur des Auferstandenen Christus des Großolbersdorfer Altars als Anregung genutzt hatte. Das Relief wurde von den Bildnissen Boses und seiner Gemahlin, in Nischen hinter

Säulenpaaren, wohl ähnlich wie am Großolbersdorfer Altar, flankiert. Im Aufsatz erschien der im Museum im Schloss Netzschkau erhaltene, segnende Gottvater mit der Himmelskugel (Abb. 123) – weniger bewegt als jener in Wolkenburg, sondern eher an den in Wolkenstein erinnernd. Sechs reliefierte Engelsgesichter, die ursprünglich das Rahmenwerk zierten, haben im Altarraum der neuen Netzschkauer Kirche ebenfalls überdauert. (vgl. Abb. 16 im Beitrag G. Vogel) Alle Figuren sind stilistisch einheitlich und sehr qualitätvoll gearbeitet. Johann Böhm hat sie zweifellos eigenhändig geschaffen. Angesichts der Bedeutung des Werkes als Epitaphaltar für seinen wichtigsten Auftraggeber versteht sich das beinahe von selbst. Gleichzeitig entstand für die Patronatskirche des Rittergutes Fuchshayn, die Pfarrkirche des heutigen Ortes Ehrenhain, ein Altarretabel (Abb. 124), das Carl von Bose noch zu Lebzeiten, spätestens 1656, gestiftet hatte.184 Vollendet wurde es vermutlich 1658. Die Konzeption folgt dem Aufbau des 1657 datierten Altars in Wolkenburg. Hier ist im mittleren Bogenfeld die Verklärung Jesu auf dem Berg Tabor dargestellt, in der Staffel wiederum das Abendmahl.

122  Johann Böhm: Abendmahl, ehemals Predella des Epitaphaltars für Carl von Bose; Netzschkau, Ev. Schlosskirche, 1657–59

Johann Böhm – Leben und Werk

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123  Johann Böhm: Segnender Gottvater, ehemals Aufsatz des Epitaphaltars für Carl von Bose; Netzschkau, Schlossmuseum, 1657–59

Eine genaue Kompositionsvorlage für das Verklärungsrelief gibt es nicht; dennoch lassen sich seine Teile von bestimmten Vorbildern ableiten: Die Haltung und weit ausholende Geste Christi ähneln dem Verklärten auf dem Stich Jan Sadelers nach Maarten (Maerten) de Vos, der auch die Figur Petri angeregt haben könnte. Moses folgt dem Kupferstich des Weltgerichts von Jan Sadeler nach Christoph Schwarz, den Böhm gleichfalls für die Reliefs des Epitaphs Burckhardt und des Schleizer Fürstenstuhls verwendete. Und auch Elia scheint Figurentypen Sadelers nach Maarten (Maerten) de Vos zu variieren, wie beispielsweise mehrere verschiedene Heilige, die auf dem Stich Jan Sadelers nach Maarten (Maerten) de Vos zu Seiten Christi dem Jüngsten Gericht beiwohnen. Jakobus d. Ä. könnte sowohl auf den Jakobus des Verklärungsstichs von Sadeler nach Maarten (Maerten) de Vos als auch auf den Jünger am rechten vorderen Bildrand auf dem Stich der Ausgießung des Heiligen Geistes von Sadeler nach de Vos zurückgehen. Böhm übernahm nicht ein komplettes Bild, sondern nur einzelne Motive, die er mehr oder weniger frei verarbeitete. Im 17. Jahrhundert wurde eine solche Arbeitsweise nicht als Plagiat angesehen – im Gegenteil: Dem Kenner waren solche Motivübernahmen willkommen als Ausweis von Kunstsinn, gutem Geschmack und weltläufiger Bildung. Die das Mittelrelief flankierenden Säulen, die seitlichen Medaillons, das über dem Bogenscheitel balancierende Gesims und das Ohrmuschelornament

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124  Johann Böhm (Ausführung durch Johann Hein­rich Böhm d. Ä.): Altarretabel; Ehrenhain (Nobitz), Ev. Kirche, ca. 1657/58 (vor 2009)

verraten den Entwurf Johann Böhms. Neu sind hier aber eine geradezu protobarocke Monumentalität und Dynamik, die sich von früheren Werken unterscheiden. Freiplastische Engelsfiguren mit Passionswerkzeugen im Aufsatz (Abb. 125) über dem verkröpften Hauptgesims erinnern konzeptionell an den Altar der Altenburger Schlosskirche. In ihrer eigenständigen Größe und Körperlichkeit übertreffen sie jenen allerdings bei weitem. Im bisherigen Œuvre Böhms haben sie keine Parallele. Sie nehmen die Passionsengel vom Altar der Zwickauer Katharinenkirche vorweg. Das bekrönende Ovalmedaillon mit dem Relief des segnenden Gottvaters (Abb.  126) wiederholt Motive der Altarretabel von Wolkenstein, Wolkenburg oder Netzschkau, die auf eine Stichvorlage Raphael Sadelers nach Cornelis Cort (und Federico Zuccaro) zurückgehen und von Böhm auch für die Kruzifixe in Zwickau und Weißbach verwendet wurden. Die Loslösung der Büste vom

Mario Titze

125  Johann Böhm (Ausführung durch Johann Heinrich Böhm d. Ä.): Altarretabel; Ehrenhain (Nobitz), Ev. Kirche, ca. 1657/58 (vor 2009); Aufsatz, Detail

126  Johann Böhm (Ausführung durch Johann Heinrich Böhm d. Ä.): Altarretabel; Ehrenhain (Nobitz), Ev. Kirche, ca. 1657/58; Segnender Gottvater, Detail

Relief zur Freifigur, ihre Bewegtheit, auch der Figurenund Gesichtstyp, gemahnen jedoch unmittelbar an den segnenden Gottvater der Marienverkündigung des Epitaphs für Bernhard und Eva Schmidt ehemals in der Katharinenkirche (um 1666/67), heute in den Zwickauer Kunstsammlungen, – eine frühe Arbeit Johann Heinrichs d. Ä. Dessen Stil, etwa dem Relief der Versammlung der Seligen vor Gott vom ehemaligen Grabmal Pierer in der Schneeberger Wolfgangskirche, stehen auch die bewegten Figuren des Verklärungs- und des Abendmahlsreliefs nahe. Die weiblichen Maskarons an den Sockelflächen der Säulen, die ihre typologischen Vorläufer wohl am Altar Michael Hegewalds in Niederlichtenau haben, verweisen stilistisch auf entsprechende Motive am Altar der Stadtkirche in Hainichen, heute im Freiberger Dom. Auch die ernsten Gesichter der Engelsflüchte im Aufsatz wirken wie Geschwister späterer kindlicher Charakterköpfe Johann Heinrichs. Zeitlich parallel dazu entstanden das Altarkreuz (vgl. Abb. 98), das wohl von Johann Böhm eigenhändig geschaffen wurde, und der herrschaftliche Betstuhl für

die Ehrenhainer Kirche (Abb. 127), hauptsächlich eine Tischlerarbeit. Eine Inschrift am Betstuhl nennt Carl von Boses Sohn Friedrich Carl (1631–1689), der im Mai 1658 die Gutsherrschaft antrat185, als Bauherren und datiert den Abschluss der Arbeiten damit auf frühestens 1658. Drei schlanke allegorische Figuren über den gekuppelten Säulen, auf dem verkröpften Hauptgesims des Betstuhls, zeigen gleichermaßen den frühen Figurenstil Johann Heinrichs d. Ä. Die einzige Figur, deren Attribute erhalten sind, wird durch Anker und Taube als Hoffnung (Spes) charakterisiert, so dass die übrigen beiden wohl die theologischen Tugenden Glaube (Fides) und Liebe (Caritas) verkörpern. Möglicherweise stellt die Ausstattung der Ehrenhainer Kirche eine der ersten Arbeiten Johann Heinrich Böhms d. Ä. nach seiner Rückkehr von der Wanderschaft dar. Im Rang des Gesellen und wichtigsten Mitarbeiters seines Vaters musste er jenen, der mit dem Epitaphaltar für Netzschkau beschäftigt war, entlasten. Ebenfalls 1658 ist der fürstliche Betstuhl der Bergkirche in Schleiz186 (Abb.  128) datiert; das Gedinge187 darüber schloss Johann Böhm 1657. Das Hauptrelief an

Johann Böhm – Leben und Werk

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der Brüstung zeigt das Jüngste Gericht, ähnlich dem Schneeberger Epitaph Burckhardt von 1650/51, unter Verwendung des Kupferstichs von Jan Sadeler nach Christoph Schwarz. Beide Kompositionen, die die Vorlage frei variieren, stimmen miteinander jedoch nur in einzelnen Motiven überein. Andere, wie die quellende Form der Wolkenformationen, die Faltenbildung der Gewänder oder der bewegte Figurenstil, gleichen viel mehr dem Verklärungsrelief des Ehrenhainer Altars. Die fünf monumental wirkenden Freifiguren antikischer Krieger und König Davids an der Hauptfassade variieren augenscheinlich das Motiv der römischen Kriegerfiguren des Betstuhls und des Mausoleums Carl von Boses in Zwickau. Sie deuten deren statuarische Haltung in barocke Bewegtheit um, indem sie einzelne Gesten pathetisch übersteigern. Anders als in Zwickau stehen sie in Schleiz nicht nur vor der Fassade, sondern sie sind in das architektonische Gliederungssystem eingebunden und kommen dadurch schon fast wie Architekturplastik zur Geltung. Die beiden Engel an den Schmalseiten, mit Szepterstab und Flammenschwert, sind den Passionsengeln im Aufsatz des Altars der Zwickauer Katharinenkirche verwandt. Das Relief im Geschoss über dem Fürstensitz stellt die Versammlung der Ältesten vor Gott aus der Offenbarung des Johannes nach einem Druck von Virgil Solis dar. Es wird von den freiplastischen Tugendallegorien Hoffnung (Spes) und Glaube (Fides) flankiert, die denselben Tugenden des Ehrenhainer Betstuhls deutlich ähneln. Naturalistische Maskarons mit Tuchdraperien auf dem Rahmen gleichen sehr stark jenen an den seitlichen Medaillons des Großolbersdorfer Altars. Über allem steht Moses mit den Gesetzestafeln. Seine Figur folgt dem Apostel Paulus des Großolbersdorfer Altars. Fast als Kopie gibt es den gleichen Moses, von Johann Heinrich Böhm d. Ä. geschaffen, noch einmal in der Zwickauer Katharinenkirche. Johann Heinrich scheint einen erheblichen Anteil an der Ausführung des Schleizer Fürstenstandes gehabt zu haben. Die Freifiguren sowie die großen Engelsflüchte tragen seine Handschrift. Auf ihn verweisen nicht zuletzt die modernen und für Johann Böhm völlig ungebräuchlichen Fruchtschnüre, die von den weiblichen Maskarons des Aufsatzes herabhängen. Derartige Früchte-, auch Blumenarrangements sollten später zu einem Markenzeichen Johann Heinrichs werden. Im erhaltenen Bestand sächsischer Plastik der 1650er Jahre finden sich vergleichbare Motive nur an dem Epitaph für Herzogin Sophie Hedwig von Sachsen, die jung verstorbene erste Gemahlin des späteren Herzogs Christian von Sachsen-Zeitz, das ab 1653 über einen

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längeren Zeitraum hinweg von Wolf Ernst Brohn geschaffen worden war und sich bis 1963 in der Dresdner Sophienkirche befand.188 Die Wahrscheinlichkeit der vermuteten Schulung Johann Heinrich Böhms d. Ä. bei dem kurfürstlichen Hofbildhauer Wolf Ernst Brohn (um 1600–1664)189 in Dresden um 1656/57 erhöht sich durch derartige Übereinstimmungen. 1660 zählte Johann Böhm 65 Jahre. Am 6. August wird er in einem Bericht der Schneeberger Schützengilde als Teilnehmer am Schützenfest genannt.190 Für Bildhauer hatte er ein hohes Alter erreicht. Die Arbeit verlangte ihm sowohl physische Anstrengung als auch kleinteilige Präzision ab. Die erhaltenen Netzschkauer Figuren zeigen ihn noch 1657–59 im Vollbesitz seiner Kräfte. Allein die Menge der Aufträge war jedoch ohne Zuhilfenahme von Werkstattmitarbeitern nicht zu bewältigen. Außerdem war es für einen Meister seines Ansehens üblich, dass er Gesellen und Lehrjungen beschäftigte und nicht alle Tätigkeiten selbst erledigte.191 Daraus erklärt sich der hohe Anteil an Gesellenarbeit im umfangreichen Œuvre der Jahre zwischen 1657 und 1662. Ein wenig lässt sich die Zusammensetzung der Werkstatt rekonstruieren: 1656 war die Lehre Johann Heinrichs d. Ä. beendet. 1657 dürfte die Lehre des damals zwölfjährigen Benjamin Böhm192, des jüngsten Sohnes Johanns, der ebenfalls Bildhauer wurde, begonnen haben (bis 1665). 1660 trat Johann Caspar Hahnel, der Sohn des Schneeberger Organisten Samuel Hahnel, als Lehrjunge ein (bis 1667).193 Falls die von Sigfried Asche angenommene194 Mitarbeit des 1645 oder 1646195 in Weigmannsdorf bei Freiberg geborenen späteren Dresdner Hofbildhauers Johann George Heermann in Böhms Werkstatt tatsächlich stattgefunden hat, käme dafür eine Lehrzeit zwischen frühestens 1657 und spätestens 1666 in Betracht.196 Ob darüber hinaus in der Mitte der 1650er Jahre auch der – noch immer unbekannte, von Meltzer197 als Schüler Böhms überlieferte – Nürnberger Bildhauer Metzner als Geselle mitarbeitete, kann nur vermutet werden. Sicher ist hingegen die maßgebliche Mitwirkung Johann Heinrich Böhms d. Ä., dessen Wanderschaft um 1658 beendet war, und dessen Handschrift sich an den 1658 datierten Werken in Ehrenhain und in Schleiz nachweisen lässt. Als ausgelernter, ältester Sohn des Meisters übernahm er die Position des Gesellen und zukünftigen Werkstatterben. Als Johann Böhm 1660 von dem Zwickauer Tuch­ machermeister Wolf Richter beauftragt wurde, das Cranach-Retabel der dortigen Katharinenkirche mit einem neuen ornamentalen und figürlichen Rahmenwerk zu verzieren, führte Johann Heinrich d. Ä. diese Arbeit aus.198

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127  Johann Böhm (Ausführung durch Johann Heinrich Böhm d. Ä.): Patronatsloge; Ehrenhain (Nobitz), Ev. Kirche, ca. 1658 (vor 2009); Detail

128  Johann Böhm (und Johann Heinrich Böhm d. Ä.): Patronatsloge, sog. Fürstenstand; Ev. Bergkirche St. Marien, 1657/58

129  Johann Böhm (Ausführung durch Johann Heinrich Böhm d. Ä.): Sakramentsengel, ehemals Aufsatz der Altarrahmung, heute separat im Altarraum; Zwickau, Ev. Pfarrkirche St. Katharinen, 1660

130  Johann Böhm (Ausführung durch Johann Heinrich Böhm d. Ä.): Auferstandener Christus, ehemals Aufsatz der Altarrahmung, heute auf dem Kanzeldeckel; Zwickau, Ev. Pfarrkirche St. Katharinen, 1660

Johann Böhm – Leben und Werk

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Das auf einer Zeichnung von 1673 dokumentierte Werk bestand aus einer »Sprengwerk« genannten Rahmung von geschnitztem Ohrmuschel- und Knorpelwerk sowie den freiplastischen Figuren des Auferstandenen, zweier Engel mit den Passionswerkzeugen Lanze und Schwammstab und zweier weiterer Engel mit den eucharistischen Symbolen Hostie (Abb. 129) und Kelch. Den erhaltenen Engeln sieht man den Entwurf Johanns an. Den Engeln mit Kelch und Hostie liegen die den Weltenrichter flankierenden Engel auf dem Kanzeldeckel der Zwickauer Marienkirche und die beiden Engel des Leipziger Epitaphs für Sebastian Oheim zugrunde. Die Engel mit den Passionswerkzeugen ähneln den Engeln mit Szepter und Flammenschwert an den Schmalseiten des Schleizer Fürstenstandes. Der Auferstandene (Abb. 130) folgt dem Typ des Auferstandenen vom Großolbersdorfer Altar. Für sie alle lagen vermutlich Werkstattmodelle und Zeichnungen Johanns vor. Die Ausführung zeigt jedoch die Handschrift Johann Heinrichs. Als nach der Hochwasserkatastrophe vom Sommer 1661 die Ausstattung der Zwickauer Katharinenkirche teilweise erneuert wurde, erging der Auftrag für die Bildwerke wiederum an Johann Böhm.199 Er umfasste acht geschnitzte hölzerne Figuren musizierender Engel auf einer Balustrade, die den Chor vom Langhaus abgetrennte200, und die Erneuerung des Ratsgestühls mit einem ornamental geschnitzten Gitter sowie dem von zwei Engeln gehaltenen Stadt- und Ratswappen und zwei Tugendallegorien.201 Die Ausführung übernahmen Johann Heinrich und die Werkstattangehörigen. Die Engel der Chorschranke und Teile des Ziergitters dürften im Bestand der Kunstsammlungen Zwickau zu finden sein. Die Allegorie der Gerechtigkeit (Justitia) vom Ratsstuhl erhielt sich in der Katharinenkirche, die zweite wappenhaltende Allegorie, höchstwahrscheinlich der Stärke und Beständigkeit (Fortitudo), im Bestand der Kunstsammlungen Zwickau.202 Das 1662 datierte monumentale Kruzifix der Stollberger Jakobikirche203 schnitzte Johann Heinrich, selbstverständlich im Namen und nach Vorlagen des Werkstattinhabers Johann; ebenso das vom selben Stifter, Michael Blüher, beauftragte Altarkreuz.204 In jenem Jahr dürfte auch das Epitaph für den am 17.  Februar 1662 verstorbenen Gelehrten und Rektor des Zwickauer Gymnasiums, Johann Zechendorff 205 (Abb. 131), den Neffen des gleichnamigen Hartensteiner Pfarrers, der Johann Böhm 1595 getauft hatte, entstanden sein. Das in der Zwickauer Marienkirche erhaltene Werk variiert den Typ des dortigen Epitaphs für Peter Kirchbach mit seitlichen ovalen Wangenmedaillons und geht

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131  Johann Böhm: Epitaph für Johann Zechendorff; Zwickau, Ev. Dom St. Marien, 1662

ohne Zweifel auf eine Visierung Johann Böhms zurück. Der Aufsatz und die stark verkröpften Gesimse über den rahmenden Säulen tragen Engelsfiguren, die in ihrer Körperlichkeit monumental wirken und damit den Engeln auf den Altarretabeln in Ehrenhain und Zwickau, St. Katharinen, sowie den Kriegern des Schleizer Fürstenstuhls nahestehen. Denkbar ist die Ausführung sowohl des naturalistischen Porträtreliefs (Abb.  132) als auch der beiden bewegten Engel links und auf dem Aufsatz durch Johann Heinrich. Sie unterscheiden sich deutlich von den Engeln des Schneeberger Orgelprospekts und zeigen eine stilistische Weiterentwicklung in Richtung Barock, die im Œuvre Johanns ohne den Einfluss Johann Heinrichs nach dessen Gesellenwanderung wohl

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132  Johann Böhm: Epitaph für Johann Zechendorff; Zwickau, Ev. Dom St. Marien, 1662; Porträtrelief Johann Zechendorffs (Ausführung durch Johann Heinrich Böhm d. Ä.), Detail

133  Johann Adam von Zehvell (Zöphel): Porträt Johann Zechendorffs; Kupferstich, 1662

nicht zustande gekommen wäre. Der rechte Engel, der typologisch an den Engel mit Szepter vom Schleizer Fürstenstand erinnert, wirkt dagegen etwas hölzern in der Ausführung und ist sicherlich die Arbeit eines Lehrjungen. Das Bildnis Zechendorffs geht auf einen vermutlich 1662 gedruckten Porträtstich (Abb.  133) seines Schülers Johann Adam von Zehvell (Zöphel)206 zurück; ein von umwundenen Säulen flankiertes, lorbeergerahmtes Medaillon-Brustbild im Halbprofil, das vom Mantel halb verdeckte, geschlossene Buch in der angeschnittenen Rechten haltend. Böhm wandelte es um in ein entgegengesetzt gewendetes Kniestück in Architekturrahmung, stehend, mit der Rechten auf die aufgeschlagenen Seiten eines in der Linken gehaltenen Buches weisend. Die raumschaffenden, perspektivisch verkürzten Pilaster ähneln nicht nur der klassischen Architekturkulisse des Zwickauer Verkündigungsreliefs vom Epitaph für Bernhard und Eva Schmidt (um 1666), sondern sie erinnern auch ein wenig an die rahmenden Pilaster des Epitaphs für Herzogin Sophie Hedwig von Wolf Ernst Brohn, und sie stützen damit die weitgehende Zuschreibung der Ausführung des Epitaphs Zechendorff an Johann Heinrich.

Zwei liegende Engelkinder auf dem gesprengten Giebel des Altars von Heinrich Schau im halleschen Dom, der Hofkirche des Administrators des Erzstifts Magdeburg und Herzogs von Sachsen-Weißenfels, August von Sachsen, schnitzte Johann Heinrich, sicherlich ebenfalls im Namen Johanns, um die Mitte des Jahres 1662.207 Am 3. November 1662208 heiratete Johann Heinrich Anna Catharina Zobel, die Enkelin seiner Taufpatin Rosina Burckhardt, und machte sich in der Folge mit einer eigenen Werkstatt selbständig209, während Johann, wohl mit seinem Sohn Benjamin und Johann Caspar Hahnel sowie Andreas Leichsenring (ca. 1652–1710)210 als Lehrjungen, offenbar ebenfalls noch tätig war. Nach dem Tod Johanns 1667 dürfte Johann Heinrich dessen Lehrjungen übernommen haben. Um 1665 kam vermutlich der spätere Hofbildhauer Herzog Augusts von SachsenWeißenfels, Maximilian Dreißigmark (1643–1713)211, als Geselle in Johann Heinrichs Werkstatt. Als Kurfürst Johann Georg  II. Schneeberg 1665 während seines Sommeraufenthaltes212 eine Ratsverfassung verlieh, war Johann Böhm, der bereits seit 1664 dem Stadtgericht angehörte, einer der ersten ernannten Ratsherren.213 Das von Johann Böhm entworfene Kleinod

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(Abb.  134), das der Kurfürst 1665 dem Schneeberger Schützensilber 214 zustiftete, dürfte – mit einer Reminiszenz an Christoph Dehnes Formensprache – die letzte erhaltene Arbeit des Meisters sein. 1666 kam er ins kurfürstliche Schloss nach Chemnitz, wo er einen Voranschlag für die Restaurierung der beschädigten Geißelsäule des Meisters HW in der Schlosskirche erstellte.215 Am 15. Juli 1667 war die Arbeit noch nicht begonnen216, der Bildhauer jedoch inzwischen verstorben. Die danach erfolgte Instandsetzung217 führte vermutlich Johann Heinrich aus, der höchstwahrscheinlich auch das steinerne Grabmal seines Vaters mit dessen lebensechtem Bildnis schuf, das Christian Meltzer noch 1716 auf dem Schneeberger Friedhof beschrieb218, das aber leider nicht mehr vorhanden ist. Johann Böhm war eng mit der städtischen Oberschicht Schneebergs verbunden. Diese Beziehungen spiegeln sich unmittelbar in den Taufpatenschaften219 für seine Kinder wider. Für Johann Christoph standen 1628 Pate: Christian Scheutzlich (ab 1632 Ratsherr, 1633 Stadtrichter, 1666 Bürgermeister), Johann Burckhardt (Bergunternehmer, Besitzer des Blaufarbenwerks Oberschlema, Kobaltkontrahent, ab 1634 Stadtrichter), Anna Polyxena Seeling (Tochter Wolfgang Seelings, Erbherr auf Reutha220, Bruder und Erbe des Schneeberger Zehntners und Stadtrichters Jacob Seeling); 1631 für Anna Regina: Andreas Büttner (Oberförster in Schneeberg), Juliana Heydler (Ehefrau David Heydlers), Regina Heyden (Ehefrau des Schneeberger Pfarrers Fabian Heyden221); 1636 für Johann Heinrich: Thomas Fischer (1573–1641, berühmter Arzt, aus Holstein stammend, seit spätestens 1603 in einem Haus am Schneeberger Markt ansässig222), Michael Linck (Lenck, 1643 Gemeindevorsteher), Rosina Burckhardt (Ehefrau Johann Burckhardts223); 1638 für Anna Catharina: Zacharias Döhnel (Handelsmann, 1631 Gemeindevorsteher, 1636 Gerichtsmitglied, 1633–1636 Vormund für Rosina Hübner [1618–1679, spätere Ehefrau Veit Hans Schnorrs d. Ä., Mutter Veit Hans Schnorrs von Carolsfeld]), Sibylla Röder (Ehefrau Michael Röders, 1636 Gemeindevorsteher), Magdalena Lenck (Ehefrau Michael Lencks); 1645 für Benjamin: Johann Zobel jun. (Sohn Rosina Burckhardts aus erster Ehe, Stiefsohn Johann Burckhardts), Erasmus Schindler (1608–1673, Bergunternehmer, Besitzer des Blaufarbenwerks Muldenthal bei Albernau, Kobaltkontrahent, späterer Schwiegervater Anna Catharina Böhms224), Maria Gutwasser (Ehefrau Andreas Gutwassers225). Viele Patenschaften dürften im Zusammenhang mit Aufträgen Johann Böhms, wie die Epitaphe und/oder Grabplatten für Jacob Seeling, Rosina und Johann Burckhardt, stehen. Der von Meltzer 1716

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134  Johann Böhm: Kleinod Kurfürst Johann Georgs II. von Sachsen zum Schneeberger Schützensilber; Schneeberg, Museum für bergmännische Volkskunst, 1665

genannte Leichenstein des 1644 verstorbenen Pfarrers Fabian Heyden226 war demnach sicherlich ebenfalls von Böhm geschaffen worden. Vom Schneeberger Oberförster Andreas Büttner bezog Böhm wahrscheinlich Holz für seine Schnitzwerke. Aus diesem Beziehungsgeflecht entstanden auch die Ehen für Johann Böhms Kinder, die in Familien der Schneeberger Oberschicht einheirateten und sozial aufstiegen: Johann Heinrich ehelichte Anna Catharina Zobel, die Tochter des Ratsherren und Steuereinnehmers Enoch Zobel. Anna Catharina vermählte sich mit dem verwitweten Kobaltinspektor, Bergmeister und Vizebürgermeister Bernhard Schindler, eine der bedeutendsten Persönlichkeiten der Stadt im späten 17. Jahrhundert. Benjamin heiratete Rosina Schreiber, Tochter des Handelsmanns Hans Schreiber und Schwester des Bürgermeisters Peter Schreiber; Benjamins Tochter, Johanns Enkelin, Anna Regina (1677–1755) heiratete Veit

Mario Titze

135  Johann Böhm: Putti aus Alabaster, Fragmente, um 1628/30, Städtische Kunstsammlungen Zwickau

fast scheinen lebendig zu sein«, sondern »Er ist auch im mahlen ein Meister/ Zeuxis/ Apelles/ und andere Geister/ Welche vom mahlen sind Himmel-bekand/ Hatten nicht eine so künstliche Hand«. Das deckt sich mit der Überlieferung des Schneeberger Chronisten Christian Meltzer, dass Johann Heinrich Böhm d. Ä. »zugleich künstlich [= kunstvoll] mahlen« konnte.229 Den Grund zu dieser Fähigkeit dürfte die Ausbildung bei seinem Vater Johann gelegt haben. Johann Böhms Schwiegervater Hans Blechschmidt vermachte 1655 seiner einzigen überlebenden Tochter aus erster Ehe, Böhms Ehefrau Regina, ein wohl als Kapitalanlage genutztes Wohnhaus.230 Johann Böhms eigenes Wohnhaus und seine Werkstatt befanden sich in der Schneeberger Langgasse. Seit 1627 scheint er zeitlebens dort ansässig gewesen zu sein, denn in den städtischen Gerichtsbüchern ist keine andere Immobilie in seinem Besitz nachweisbar. Als seine Erben Johann Heinrich und Anna Catharina es 1673 nach dem Tod ihrer Mutter an den Bruder und Miterben Benjamin Böhm verkauften, gehörten dazu, neben dem bereits 1627 genannten Röhrwasseranschluss, ein Malzhaus und ein Garten sowie ein außerhalb gelegener Acker als Landbesitz.231 Beim Verkauf wurde es auf 1800 Reichsthaler geschätzt. Damit war es eines der wertvollsten Häuser in der Stadt.232 Johann Böhm hatte es mit steigendem Wohlstand und Ansehen, sich vergrößernder Werkstatt und wachsender Familie offenbar erweitert und ausgebaut. Es wurde im Stadtbrand von 1719 ein Raub der Flammen. Da hatte die von Johann begründete Bildhauerfamilie Böhm in Schneeberg bereits aufgehört zu existieren.

Hans Schnorr III. von Carolsfeld, den Sohn Veit Hans Schnorrs d. J. Einen Einblick in das Familien- und Geistesleben gestatten die Glückwunschschreiben und Festgedichte anlässlich der Hochzeitsfeiern Anna Catharina Böhms mit Bernhard Schindler an Johann Böhms 61. Geburtstag, dem 18. Februar 1656, und Johann Heinrich Böhms d. Ä. mit Anna Catharina Zobel am 4. November 1662, die den Brautpaaren in gedruckter227 Form überreicht wurden und sich in je einem Exemplar in der Ratsschulbibliothek Zwickau erhalten haben.228 Sie deuten auf literarische und poetische Kenntnisse und Gepflogenheiten, und lassen ebenso vermuten, dass Johann Böhm öffentliche Theateraufführungen der Schneeberger Lateinschüler besucht hat. Das Gedicht zur Hochzeit Johann Heinrich Böhms d. Ä. enthält die kunstgeschichtlich bemerkenswerte Information, dass der Bräutigam nicht nur »zierlich und fein« Skulpturen zu schnitzen vermochte, »Daß sie

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Anmerkungen 1 Schneeberg, Evangelisch-Lutherische Kirchgemeinde St. Wolf­ gang, Traubuch Nr. 1: »1594/ may/ 12/ hans behm von hardenstein mit J. Kattarina georg Richters tochter«. Für die Abschrift des Eintrags danke ich Marie-Luise Lange, Dresden (23.10.1997). 2 Vgl. den Beitrag von Erhard Franke in diesem Band. 3 Hartenstein, Evangelisch-Lutherische Kirchgemeinde, Taufbuch 1588–1744, Jahrgang 1595, Nr. 3, S. 50: »18 Februarij die post septuages geborn 19 Febr: getaufft Hans Behmen Meurers des Jüngern Sonlein noie Johannes.« Für die Abschrift danke ich Erhard Franke, Hartenstein (11.6.1997). 4 Vgl. Einträge in den Schneeberger Kirchenbüchern. Der Schneeberger Chronist Christian Meltzer schreibt den Namen sowohl 1684 als auch 1716 stets »Böhm«, vgl. Meltzer 1684; Meltzer 1716; ebenso Steche 1887, S.  56. Erst Berthold Haendcke schreibt durchgängig »Böhme«. Haendcke 1903, S. 115ff. 5 Asche 1934; ders.: Barocke Bildwerke in der Marienkirche. Die Werke der Schneeberger Bildhauerfamilie Böhme, in: Zwickauer Geschichtsblätter. Monatliche Beilage des Zwickauer Tageblatt und Anzeiger, 30/630 (1934); ders.: Die Bildhauerfamilie Böhme aus Schneeberg, in: Jahrbuch zur Pflege der Künste, 3. Folge. Dresden 1955, S. 80–96; ders.: Drei Bildhauerfamilien an der Elbe. Acht Meister des siebzehnten Jahrhunderts und ihre Werke in Sachsen, Böhmen und Brandenburg. Wien / Wiesbaden 1961; ders.: Der Kruzifixus der Jacobikirche zu Freiberg – ein Werk des Johann Heinrich Böhme d. Ä., in: Festschrift für Heinz Ladendorf, Köln 1970, S. 89–95. 6 Sigfried Asche folgte bei seiner Beurteilung der Wiedergabe des Namens durch nur mittelbar beteiligte Dritte: vor allem den Eintragungen des 17. und 18. Jahrhunderts in das Inventarverzeichnis der kurfürstlichen bzw. königlichen Kunstkammer in Dresden und der Leichenpredigt für Johann Heinrich d. Ä. Diese zitierte er nach einer von Johannes Riemer (1648–1714), Professor für Poesie und Beredsamkeit am Weißenfelser Gymnasium Illustre (ab 1678; ab 1688 Pfarrer in Osterwieck, 1691 Superintendent in Hildesheim, 1704 Hauptpastor an St. Jacobi in Hamburg), herausgegebenen Sammelschrift: Riemer 1681, S. 709, Exempl. LIII, zit. nach Asche 1961, S. 182–185. Die eigentliche, von Asche nicht zitierte, Leichenpredigt hielt am 25. April 1680 in der Weißenfelser Stadtpfarrkirche St. Marien der dortige Pfarrer und Superintendent Johann Schieferdecker (1631–1705, Superintendent ab 1670): Grab=Mahl Des weyland Edlen und Kunstreichen Hrn. Johann=Heinrich Böhmens / Chur=Fürstl. Sächs. wohlbestalten Hoff=Bildhauers /, Weißenfels (o. J.), gedruckt bei Johann Brühl, Sächs. Hof-Buchdrucker. Dort steht auch das genaue, von Asche niemals genannte Todesdatum Böhms: 20.4.1680 (»Früh um halb 6.  Uhr«), vgl. http://digital.staatsbibliothek-berlin.de/ werkansicht?PPNPPN66193571X&PHYS_0005&DMDID= (10.3.2017). Riemer steuerte dazu eine Lobrede bei: Der Erleuchtete Bezaleel / Das ist Der Weiland Unvergleichliche und Welt=Ruhm=würdige Künstler / Herr Joh. Heinrich Böhme / Aus Schneeberg / Chur=Fürstl. Sächs. Hoff=Bildhauer. … 7 Asche 1934, S. 154. 8 Erstmals in Asche 1934, Barockplastik, wie Anm. 5, S. 25–30; Asche 1955, wie Anm. 5, S. 84. 9 1934 vermutete er ihn als Sohn des Planitzer Schössers Hans Behm, getauft am 11.1.1600 in Planitz (Asche 1934,S. 5, 175 I b). Ein späterer Aktenfund widersprach dieser Identifizierung (vgl. Asche 1961, S. 13f., 175). 1961 konnte Asche die Geburt Johann Böhms nur sehr allgemein »um 1600 in Schneeberg oder der nächsten Umgebung« annehmen (ebd.). Die mit Unterstützung Erhard Frankes 1997 ermittelten exakten Angaben wurden erstmals publiziert von Titze 2002, S. 98, 189 (Anm. 571).

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Johann Zechendorff, 1553–1625, seit 1584 Schön­burgischer Hofprediger in der Kapelle des Schlosses Hartenstein und Pfarrer an der Stadtkirche; vgl. Hoffmann 1625. Zechendorff war der Bruder des Lößnitzer Rektors und späteren Schneeberger Diakons Michael Zechendorff und Onkel des Zwickauer Orientalisten Johann Zechendorff (1580–1662), vgl. Meltzer 1716, S. 326, 348f., 581f.; Röber 1999, S. 18. 11 Entner 1989, S. 18f. 12 Vgl. den Beitrag von Erhard Franke in diesem Band. 13 Knebel 1898, S. 31; Haendcke 1903, S. 95f.; Dehio 1998a, S. 664; Röber 1999, S. 87. 14 Knebel 1898, wie Anm. 13, S. 32; Haendcke 1903, S. 100; Dehio 1998a, S. 662; Röber 1999, S. 87. 15 Knebel 1898, S. 54; Haendcke 1903, S. 106f.; Dehio 1998a, S. 797. 16 Knebel 1898, S. 79f.; Haendcke 1903, S. 110; Dehio 1998a, S. 793. 17 Samuel Lorentz d. Ä. verstarb um 1595/96; vgl. Hentschel 1929, S. 382f.; Dietze 1987, S. 167f. 18 Von gleicher Hand dürften auch das Epitaph für Lucretia († 1599) und Georg von Schönberg im Freiberger Dom sowie der Taufstein der Stadtkirche St. Christophori in Hohenstein (-Ernstthal) sein, letzterer vielleicht sogar eine Schönburgische Stiftung, da das Patronat über die Christophorus-Kirche der Herrschaft Schönburg-Glauchau zustand. Die Hohensteiner Taufe wurde bisher traditionell Michael Hegewald zugeschrieben: Titze 2008, S. 134–145; Titze 2010, S. 38–40; Titze 2011, S. 89. Die Figurentypen der Hohensteiner Engelputti ähneln jedoch – wie auch die Hartensteiner und Lößnitzer – den gesicherten Werken der Lorentz-Werkstatt mehr als denen des mutmaßlichen Lorentz-Schüler, des Chemnitzer Bildhauers Michael Hegewald. Deshalb ist diese Zuweisung zu korrigieren. 19 Vgl. Titze 2008, 2010, 2011. 20 Oesfeld 1776, S. 37: »Den Taufstein, welcher von Stein gehauen ist, hat der damalige Vormund Herr Graf Reuß in Chemnitz bey dem Bildhauer Hegewald für acht und siebzig Gülden machen lassen.« 21 Asche 1934, S. 32, 158; Asche 1961, S. 13. 22 Meltzer 1716, S. 1310 (Druckfehler, es muss heißen: 1310). 23 Ebd., S. 1311. 24 Schulze 2014, S. 257. 25 Meinhardt 2009, S. 414–416. 26 Vgl. Leichenpredigt für Johann Heinrich Böhm d. Ä., wie Anm. 6; Schieferdecker o.J (1680). 27 Taufbuch Hartenstein 1588–1744, 21. Mai 1619, Pate: »Hans Behm Bilthauer Hansen Sohn des Jüngern.« Für die Abschrift danke ich Erhard Franke, Hartenstein (11.6.1997). 28 Meltzer 1716, S. 640. 29 Ebd. 30 Der wohl um 1560/65 in Freiberg geborene Michael Hegewald wird erstmals 1595 in der Nachricht über die Stiftung des Taufsteins im Kirchenbuch der Gemeinde Niederrabenstein als »Bildhauer in Kempnitz« genannt. Nach seiner Ausbildung, mutmaßlich in Freiberg und Meißen, dürfte er sich in der 1. Hälfte der 1590er Jahre in Chemnitz niedergelassen haben. In seiner frühen Schaffenszeit entstanden neben dem Rabensteiner Taufstein von 1595 die 1596 datierte Taufe in Chemnitz-Euba, der Grabstein für die 1598 verstorbene Christina Alnpeck in Rabenstein und 1600 die Taufe in Brünlos bei Stollberg (Erzgebirge); um 1600 dürfte auch die Taufe der Stadtkirche in Flöha zu datieren sein; vgl. Titze 2008, 2010, 2011. 31 Seit Schulze 2014, S. 286 und 371, die Herkunft des Magdeburger Bildhauers Georg Kriebel aus Chemnitz nachweisen konnte, muss man davon ausgehen, dass auch der 1583 in

Mario Titze

Chemnitz als Sohn des aus Buchholz zugewanderten, 1592 verstorbenen Goldschmieds Elias Kriebel Getaufte, zu Michael Hegewalds Schülern gehörte. Höchstwahrscheinlich ging er ab 1595 zu Hegewald in die Lehre, wo er wohl bis 1603 verblieb. Während seiner Gesellenwanderung muss auch er bei Sebastian Walther in Dresden gewesen sein, denn spätere Arbeiten verraten, dass er mit dessen Werk vertraut war. Sebastian Walthers Anwesenheit in Dresden ist jedoch erst ab 1605 belegt; vorher arbeitete Kriebel demnach bei anderen Meistern. Ob das Hegewalds Lehrmeister Hans Köhler d. Ä. in Meißen († 1606) oder eine Freiberger Werkstatt war, oder ob er gleich in die von Nosseni geführte Dresdner Hofwerkstatt mit Christoph (IV) und Michael Walther kam, dürfte kaum zu klären sein. Am 31. März 1611 heiratete er in Leipzig als »Georg Grübel von Chemnitz, Bildhawer«. 1614 erhielt er als bereits in Magdeburg ansässiger Meister den Auftrag für den Taufstein der Leipziger Thomaskirche. Seine späteren Werke machen es wahrscheinlich, dass er 1612/13 noch in der Werkstatt Sebastian Walthers tätig war und am Lichtenburger Altar mitgearbeitet hat. Die Motivähnlichkeit des auferstandenen Christus auf dem Schalldeckel der Kanzel von Georg Kriebel im Dom zu Bremen (1638) mit dem Vorbild von Giambologna in Lucca rührt nicht von persönlicher Kenntnis, sondern sie erklärt sich aus Kriebels Mitarbeit in der Dresdner Werkstatt Nosseni/Walther während der Jahre 1606/07, als der Altar der Dresdner Sophienkirche entstand, der von einem Auferstandenen bekrönt wird, der ebenso auf jenes Luccheser Vorbild zurückgeht wie der Auferstandene des Altars der Lichtenburger Schlosskirche von Sebastian Walther 1612/13. Die stilistische Nähe zweier Kriebel zugeschriebener, ursprünglich zu Kreuzigungsdarstellungen gehörender Mariaund-Johannes-Gruppen in Oxford und Paris (um 1620/30?) zur Kreuzigungsgruppe des Lichtenburger Altars spricht dafür ebenso. Ohne Zweifel geht die »einzigartige« (Ratzka 1998, S. 184) Form des Leipziger Taufsteins, die von dem in Magdeburger Werkstätten gebräuchlichen Schema abweicht, auf Vorbilder aus Kriebels Lehrzeit bei Hegewald zurück, dessen Taufen ebenso aus einem oktogonalen Corpus bestehen, unter dem, rings um den stützenden Schaft, Kinderfiguren, meist Täuflinge wie in Rabenstein, Euba, Flöha, Weißbach (OT von Amtsberg) und vielleicht auch Brünlos, oder kleinformatige Stifter wie in Adelsberg angeordnet sind. Diese unterscheiden sich von den älteren Beispielen in ehemals Chemnitz, Benediktiner-Klosterkirche (Meister H. W., um 1515), seit 1556 in der Annaberger Annenkirche, der Freiberger Jakobikirche (Hans Walther, 1555) oder der Pirnaer Marienkirche (Hans Walther oder Christoph Kramer, 1561), und lassen sich nur mit den ganz offensichtlich verwandten, ansonsten singulären, ebenfalls polygonalen Taufsteinen Hans Köhlers d. Ä. in Beziehung setzen; vgl. Hentschel 1934, S. 45–47. 32 Törmer-Balogh 1998, S. 411–436, hier S. 424. 33 Hentschel 1973, Katalog Nr.  222, S.  73f., Tafel CXII, Abb. 259. 34 Meltzer 1716, S. 428 35 Königfeld/Grote 1987, S.  116–168; Magirius 1987: in: Königfeld/Grote 1987, S. 169–178. 36 Knebel 1898, S. 64–66; Magirius 1987, S. 174. 37 Zur Frage der Innungszugehörigkeit der Magdeburger Bildhauer vgl. Ratzka 1998, S. 229–234. 38 Ebd., S. 246. 39 Vgl. Rudolph 1935. 40 Ratzka 1998, S. 224. 41 Im Motiv- und Formenvorrat der Werkstatt Böhm blieb diese Besonderheit bis in die nächste Generation lebendig: Johann Heinrich Böhm d. Ä. ordnete 1674 so die Adorantenfiguren

Johann Böhm – Leben und Werk

Hans Georg und Anna Margarethe von Schönbergs auf deren Epitaphaltar in der Stadtkirche in Hainichen (jetzt Freiberg, Dom, Annenkapelle) an, vgl. Titze 2003, S. 694–728, hier S. 695–700. 42 Asche 1934, Barockplastik, S. 13f. 43 Ratzka 1998, Werkverzeichnis S. 67f., DC 6, S. 245. 44 Ebd., S. 81, DC 16 h, »Gesellenarbeit?«. 45 Schulze 2014, S. 255–355. 46 Asche 1934, S. 25f.; Asche 1961, S. 14. 47 Vgl. den Beitrag von Sebastian Schulze in diesem Band. 48 Vgl. Lampe 2009; Schulze 2014, S. 245–247; 49 Schulze 2014, S. 208–216. 50 Asche 1961, S. 141, Werkverzeichnis A1. 51 Vgl. Lutze 1934/35, S. 90–104; Tacke 1995, Katalog-Nr. 69, 70, S. 150–153. 52 Deshalb hatte ich das Epitaph zuerst Michael Hegewald zugeschrieben, vgl. Titze 2011. Das ist hiermit zu korrigieren. 53 Erste Publikation des wieder aufgefundenen, restaurierten Bildstocks, ohne Bildhauerzuschreibung, durch Klinger 2015, S. 28f. 54 Hentschel 1955, S. 203–206, 285, Katalog-Nr. 100. 55 Meltzer 1716, wie Anm. 4, S. 486; Regina Blechschmidts Großvater Paul († 1585) war aus Weipert (Vejprty) in Böhmen nach Schneeberg eingewandert (ebd.). Ihr Vater Hans Blechschmidt (1584 oder 1585 – 9./29.5.1664) »war ein gesegneter handelsmann / der Frembden und Einheimischen viel dienete. Im Voigtland hat man ihn daher genennet den Kramer in krausen Haaren / der gerne borget. Zu Hause aber war er eine nicht geringe Stütze des Bergwercks« (ebd., S. 430 und S. 1380), »nachdem er stark gebauet [intensiv in den Bergbau investierte, M. T.] und die Bergwercke und Bergleute verleget« (ebd. S. 908f.). Seit 1633 gehörte er dem Stadtgericht an (ebd., S. 479). 56 Eintrag im Toten- und Traubuch Hartenstein 1588–1744, Jahr­ gang 1627, Nr. 3, S. 852, Abschrift Erhard Franke (11.6.1997). 57 Költzsch 1969a. Die Eintragung im Schneeberger Gerichtsbuch Nr. 50 (Sächsisches Staatsarchiv, 12613 Gerichtsbücher, GB AG Schneeberg Nr. 050, Gerichtshandelsbuch Schneeberg, Bd. 01, 1621–1631 [1659], mikroverfilmt) konnte nicht nachgewiesen werden. Der Mikrofilm (am 2.5.2017 im Staatsarchiv Leipzig eingesehen) beginnt erst mit Fol. 238. Erhard Franke (vgl. seinen Beitrag in diesem Band) zitiert denselben Eintrag nach einem Regest aus Költzsch 1969. 58 Ebd.; Meltzer 1716, S. 394. 59 Költzsch 1969, nach Franke, wie Anm. 57. 60 Kirchenbuch Schneeberg, Sterberegister 1620: »Den 24. Decembris; Christoff Weiß.« Für die Abschrift danke ich Stefan S. Espig, Wildbach (29.05.2017). Christoph Weise malte 1619 einen »Hl. Geist« in der Sakristei der Wolfgangskirche, vgl. Klaus (wohl eher Ernst?) Költzsch: Abschrift meiner genealogischen Kartei Schneeberg betr. 13 000 Auszüge aus den Schneeberger Kämmerei- und Kastenrechnungen. Ein Beitrag zur Genealogie Schneeberger Familien sowie zur Stadt- und Kulturgeschichte, unpubl. Mschr. 1968, Abschrift Nr. 12103, zit. nach Pöpper/Wegmann 2011, S. 32 (Synopse, 1619), 225 (Bibliographie). In welcher Beziehung Christoph Weise zu dem 1610 verstorbenen Schneeberger Maler Wolff Weiß (vgl. Meltzer 1716, wie Anm. 4, S. 639) stand, ist unbekannt. 61 Wie Anm. 57; Röhling selbst wohnte in einem repräsentativen Wohnhaus am heutigen Fürstenplatz (Nr. 4). Später gehörte es Johann Burckhardt, der es dem Kurfürsten vererbte, wodurch es als »Fürstenhaus« und der Platz als »Fürstenplatz« bezeichnet wurde, vgl. Titze 2002, S.  160/161. Das 1660 umgebaute und nach dem Stadtbrand von 1719 bis 1721 im hochbarocken Stil wieder aufgebaute Haus wird heute durch die Sparkasse Schneeberg genutzt.

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Hauck 1927, S. 7. Meltzer 1716, S. 639. 1612 trennten sich die – angesichts ihrer Bedeutung in der Residenz stark wachsenden – Berufsgruppen: 1612 gründeten die Dresdner Bildhauer, 1620 die Maler jeweils eigene Innungen, vgl. Meinhardt 2009; Die Geschichte der Malerinnung in Dresden von 1574 bis 1885 (http://www.malerinnung-dresden.de/main.php?men=20 [11.3.2015]); https://de.wikipedia. org/w/index.php?title=Michael_Walther_(Bildhauer)&oldid=159842487 (4.5.2017). 65 Meltzer 1716, S. 132. 66 Meltzer 1716 zitiert das Todesdatum nach dem Leichenstein und dem Epitaph auf S. 384 »1631«, S. 132 »1630«, S. 407 »1630«, S. 1345 »1630«. 67 Asche 1933, S. 33. 68 Asche 1934, S. 228: »um 1623«; Asche 1961, S. 141: 1623/25. 69 Meltzer 1716, S. 132, 384, 407, 579. 70 Ebd., S. 579. 71 Kirchenbuch Schneeberg, Taufregister 1628/ 675/ 002. »24. Augustii; Johannes Behm, Pilthauer; Regina, Hans Blechschmidts Tochter; Johannes Christoff inf.; 1.) H. Christianus Scheutzlich; 2.) H. Johannes Burgkhardt; 3.) Anna Pollicina; H. Wolff Selings tochter.« Für die Abschrift danke ich Stefan S. Espig, Wildbach (28.3.2017). 72 Asche 1961, S. 44, 141 (Werkverzeichnis A2), Abb. 31; Hentschel 1973, S. 74, Nr. 223. 73 Kirchenbuch Schneeberg, vgl. Anm. 219; Asche 1934, S. 175; Asche 1961, S. 175. 74 Johann (I) wurde 1582 geboren und heiratete am 13. November 1608, vgl. Asche 1934, S. 158. Sehr wahrscheinlich war er der Künstler der um 1620 entstandenen Gruppe »Jesus als Kinderfreund« auf dem Deckel des Taufsteins der Dorfkirche in Weißbach nahe Schneeberg (Titze 2003, S. 45, Abb. S. 26) und des »Bornkinnels« der Zschorlauer Kirche, von Walter Hentschel ebenfalls um 1620 datiert (Hummel 2000, S. 40, Abb. Tafel 8). Vielleicht sind ihm auch die beiden »Bornkinnel« in Irfersgrün und Kirchberg zuzuschreiben (Hummel 2000, S. 41, Abb. Tafel 9), beide um 1630. 75 Asche 1934, S. 158f. 76 Meltzer 1716, S. 71. 77 Ebd. 78 Damals »Kalkgrün« genannt, vgl. Lindner 1938, S. 49–51; Beierlein 1963, S. 163–251; Meltzer 1716, S. 134. 79 Vgl. Mackowsky 1904, S. 22–27; Beierlein 1963, S. 168, 174; Meine-Schawe 1991, S. 283–325, hier S. 285. 80 Hentschel 1962, S. 92; Beierlein 1963, S. 177. 81 Banská Štiavnica, heute in der Slowakei; Asche 1934, S. 32. 82 Ratzka 1998, S. 20; Kunath 2010, S. 63–68. 83 Kunath 2010, S. 72–74; Schlenkrich 1998, S. 37–44. 84 Uwe Fiedler: »Mit Sengen und Brennen in nauff vundt runter«. Die Region Chemnitz im Dreißigjährigen Krieg, in: ders. (Hg.): Der Kelch der bittersten Leiden, wie Anm. 18, S. 8–19; Tomáš Dostál: »Schlimmer als der Türke…«. Heinrich Holk, Albrecht von Wallenstein und das Kriegsgeschehen im Jahre 1632, in: ebd., S. 30–39. 85 Meltzer 1716, S. 987f. 86 Ebd., S. 991f. 87 Asche 1961, S. 176, Urkunden Id. 88 Ebd., S. 14. 89 Vgl. Sieber 1966, S. 128–198. 90 Der Schuldner Hans Öllinger könnte ein Protestant gewesen sein, der noch 1635 in St. Joachimsthal lebte und sich bei der Bestellung eines Kunstwerkes, etwa eines Epitaphs, ins lutherische Kursachsen orientierte. Erst gegen 1650 wurden die letzten verbliebenen Bergleute und Bürger der Stadt vertrieben,

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die nicht katholisch werden wollten, vgl. Sieber 1966, S. 169. Vgl. Emil Herzog: Chronik der Kreisstadt Zwickau. Erster Theil. Zwickau 1839, S. 127. 92 Kirchenbuch Schneeberg, Taufregister 1631/003/004. »4. Maij; Johannes Behm, pilthauer; Anna Regina infans; 1.) H. Andreas pitner, öberförster; 2.) Frau Juliana, H. David Heydlers Hausfrau; 3.) Frau Regina, H. M. Fabian Heyden, Pfarrers Hausfrau alhier.« Für die Abschrift danke ich Stefan S. Espig, Wildbach (28.3.2017). 93 Kunath 2010, S. 183–202. 94 Meltzer 1716, S. 994. 95 Asche 1934, S.  32. 1648 ist er in der archivalischen Überlieferung wieder fassbar. Zurückgekehrt sein kann er jedoch bereits früher: Sein 1617 geborener Sohn Johann (II) war schon 1646 in Schneeberg, als er den Auftrag für den Altar der Altenburger Schlosskirche übernahm. 96 Ebd., S. 19–21; Asche 1961, wie Anm. 5, S. 15–19, 141f.; vgl. auch Dipl.-Rest. Christian Schulze: Bose-Epitaph. Marienkirche Zwickau. Restauratorische Bestandsaufnahme, Dresden, 28.7.2008. Die Kenntnis dieser Untersuchung verdanke ich Dombaumeister Dr.-Ing. Michael Kühn, Zwickau (1.9.2016). 97 Asche 1961, S. 16, 142. 98 Ebd., S. 142. 99 Heute als Sängerempore bezeichnet. 100 Asche 1934, S. 179 f, Ih; Asche 1961, S. 176, If. 101 Weiss 1990, S. 16 (um 1640 Kanzel); ausführlicher im Beitrag von Frank Weiß in diesem Band. 102 Federzeichnung, in der Materialsammlung zu Jeremias Vol[l] rath: Miscellanea Zwiccauiensia [Ansichten von Zwickau]. Handschrift mit illustrierenden Zeichnungen, um 1676 [?], Sächsische Landesbibliothek – Staats- und Universitätsbibliothek Dresden, Mscr. App. 19, Bl. 212, vgl. Thomas Pöpper: Dokumente zum Cranachschen Kunigundenretabel in der St. Katharinenkirche, Zwickau, in: CYGNEA. Schriftenreihe des Stadtarchivs Zwickau, 13/2015, S. 71–95, hier S. 87. 103 Herzog 1839, S. 127. 104 Asche 1961, S. 20, 142 (Werkverzeichnis A6). 105 Vgl. Schuchardt 2015. 106 Leichenpredigt Melchior Barthels, Dresden 1670, vgl. Curiosa Saxonica 1726–1762, darin 1748: Etwas vom Leben des berühmten Sächsischen Hofbildhauers Melchior Barthel in Dresden, zit. nach Hentschel 1966, S. 98. Der aus Freiberg stammende Hieronymus Barthel war wohl ungefähr gleichaltrig wie Johann Böhm, vielleicht kannten sich beide aus gemeinsamer Lehrzeit? 107 Meltzer 1716, S. 479. 108 Ebd.: Zacharias Döhnel (seit 1631), Michael Lenck (ab 1643), Michael Röder (seit 1636). 109 Lehfeldt 1895, S. 286. 110 Jacob Matham nach Hendrick Goltzius: Die sieben Tugenden, Die sieben Todsünden, Kupferstichserien, Haarlem 1593; vgl. Sinnbild und Realität. Niederländische Druckgraphik im 16. und 17. Jahrhundert, Staatliches Museum Schwerin 1998, S.  130–137; Ariane Mensger: Bestechend gestochen. Das Unternehmen Hendrick Goltzius, Kunstmuseum Basel/ München 2016. 111 Asche 1934, S. 35, 183–185. 112 Asche 1961, S. 45, 143 (Werkverzeichnis A7). 113 Titze 2014, S. 186–217. 114 Vgl. Titze 2008. 115 Vgl. Hentschel 1966, S. 152, Abb. 100, 101. 116 Schulze 2014, wie Anm. 24, S. 295f. 117 Grabstein für Kilian Stisser (1562–1620), ehemals Halle, Stadtgottesacker, im Erbbegräbnis der Familie, Schwibbogen Nr. 66; 1945 zerstört. 91

Mario Titze

118 Hoffmann/Richter 2003, S. 672f., Abb. 1044–1046. 119 Vgl. Ratzka 1998, S. 65f. (Werkverzeichnis DC5), Abb. 252, 254, 255. 120 Magdalena Rechenbergs Bruder Samuel Hahnel war Organist in Crimmitschau, ab 1650 in Schneeberg, und Vater des Bildhauers Johann Caspar Hahnel, der ab 1660 zu Johann Böhm in die Lehre ging; vgl. Meltzer 1716, S. 496f., III. 1., 2. 121 Christoph Kapup: Magdeburg, Dom, Kanzel; vgl. Ratzka 1998, Werkverzeichnis KC2, S. 13, Abb. 50; Sebastian Ertle: Magdeburg, Dom, Kanzel, ebd. KC2, S. 13, Abb. 48; Epitaph Bredow, Magdeburg, Dom, ebd., ES1, S. 16, Abb. 74; Epitaph Kannenberg, Halberstadt, Dom, ebd. ES5, S. 21, Abb. 102; Epitaph Arnstedt, Magdeburg, Dom, ES8, S. 28, Abb. 124; Hans Hierzig: Epitaph Eckstedt, Burg, St. Nikolai, ebd., HH1, S. 103, Abb. 141; Deneke 1911, S. 45, 53, 84, 86. Christoph Dehne signierte keines seiner bekannten bzw. zugeschriebenen Werke; seine Siegelpetschaft, mit der er Verträge wie den für das Brösicke-Epitaph in Ketzür siegelte, zeigt allerdings ein steinmetzzeichenartiges Signet (freundlicher Hinweis von Lisa-Maria Vogel, 1.10.2016). 122 Vgl. Magirius 2001, S. 221–229. 123 Die erheblichen Schäden an den Alabasterfiguren gehen auf einen Brand im Jahr 1689 zurück. Im 19. Jahrhundert wurde das Pfingstrelief durch ein vorgeblendetes Gemälde überdeckt. 124 Meltzer 1716, wie Anm. 4, S. 637. 125 Asche 1961, wie Anm. 5, S. 170. 126 Meltzer 1716, S. 1066. Moses d. Ä. führte ein von Kaiser Rudolph II. 1609 verliehenes Familienwappen (Ebd. S. 1093). 127 Ebd., S. 637. 128 Ev. Kirchgemeinde Wunsiedel, Traubuch, zitiert nach Asche 1934, S. 180f. (Anm. i). Zwischen 1660 und 1665 sind die Taufen dreier Kinder nachweisbar (Ebd., S.  181). 1665/66 schuf er gemeinsam mit dem Maler Christoph Kölbel einen neuen Altar für die Pfarrkirche St. Veit in Wunsiedel. Röttger 1954, S. 423). Die ev.-luth. Pfarrkirche in Pegnitz besitzt einen Taufstein von ihm (Ebd., S. 424). Im Winter 1667/68 starb er, als er einen von der Witwe Anna Bezold (Petzoldt) bestellten, von ihm geschaffenen Grabstein nach Zwickau bringen wollte, indem er auf der Reise dorthin erfror (Ebd.); Asche 1961, S. 170. 129 »Bertell Pertheß« (vgl. »Ausgaben zum Altar«, 1650: Asche 1961, S.  178, Ih), das ist Bartholomäus Perthes (1603–um 1680), Maler in Schleiz; wohl Schüler Paul Keils, dessen Werkstatt er 1646 übernahm; 1651 wird er als Maler am Epitaph für Heinrich II. Reuß zu Burgk und Familie in der Schleizer Bergkirche genannt, vgl. Weiss 1985, S. 17, 20. 1667 malte er die Tafelbilder Abendmahl, Kreuzigung und Himmelfahrt des Altarretabels der Stadtkirche in Saalburg, vgl. Dehio 1998, S. 1048. Es ist zu vermuten, dass der Chemnitzer Maler Tobias Perthes ein Sohn des Bartholomäus war. Dieser malte 1682 Altar- und Emporenbilder in der Kirche in Harthau bei Chemnitz, 1688 die Felderdecke der Kirche in Leisnig-Tragnitz, 1695 Emporenbilder in der Dorfkirche in Gnandstein, 1698 ein Deckenbild mit der Darstellung des Jüngsten Gerichts in der Kirche in Taura bei Burgstädt sowie 1706 das Altarbild mit der Darstellung der Kreuzigung für die Stadtkirche in Hartenstein (freundlicher Hinweis von Erhard Franke). Die Zusammenarbeit Johann Böhms mit Bartholomäus Perthes in den Jahren 1649/50 war wohl vor allem der Tatsache geschuldet, dass seit dem Tod Christoph Weises (1620), Wolfgang Krodels d. J. (1623) und Marcus Höpners (1625) noch kein geeigneter Maler wieder in Schneeberg tätig war. 1654 nennen die Unterlagen zum Neubau des Orgelgehäuses (Asche 1961, S. 178, Ii) den von 1633 bis 1669 zugleich als Kirchner der Wolfgangskirche wirkenden Hans Steinherr als Maler. Steinherr schuf

Johann Böhm – Leben und Werk

1660 die Deckenbilder der Kirche in Zschorlau (vgl. Stenzel/ Reissmann 2005, S. 11, 18), 1669 Deckenmalereien in der Kirche in Wildbach, beide nahe Schneeberg. Möglicherweise arbeitete er im Auftrag Böhms auch als Fassmaler für dessen Holzskulpturen. 130 Meltzer 1716, S. 88; Titze 2002, S. 84–87; Pöpper/Wegmann 2011, S. 189–198. 131 Sächsisches Staatsarchiv, Rep. IX, Sect. I, Nr. 373 a, 36069. Wortlaut des Vertrages Asche 1934, S. 176–178, I d. 132 Hauck 1930, S. 77ff. 133 Hentschel 1973, Katalog Nr.  281, S.  94, Tafel CXXXIV, Abb. 307, 308; Asche 1961, S. 143f., A 10; Abb. 22–24. 134 Johann Burckhardt war seit 1624 mit Rosina Pöckel verheiratet, die ab 1598 in erster Ehe Gemahlin des Unterblauenthaler Hammerherren und Schneeberger Gemeindevorstehers Johann Zobel d. Ä. gewesen war. Ihre Tochter aus dieser Ehe, Regina, verheiratet mit dem Schneeberger Pfarrer Fabian Heyden, war 1631 Taufpatin von Johann Böhms Tochter Anna Regina; ihr Sohn aus erster Ehe, Johann Zobel d. J., war 1645 Taufpate von Böhms jüngstem Sohn Benjamin; ihre Enkelin aus erster Ehe, Anna Catharina Zobel (1640–1688), wurde 1662 die Ehefrau Johann Heinrichs d. Ä. 135 Asche 1961, S. 176, Urkunden If. 136 Die Inschrift der Tafel besagt, dass Bose 1637 »DIESES ERBBEGRABNVS VND HIRVNDER BEFINDLICHE GRUFFT ERBAVEN« ließ, »SOLCHES ABER IM IAHR 1651 ERWEITERN AUCH MIT GEGENWERTIGEN EPITAPHIO VND DIESEM GRABE ZIEREN LASSEN« habe. Dass die Datierung 1651 sich auf das Epitaph nicht beziehen kann, begründete Sigfried Asche sehr einleuchtend damit, dass das Epitaph ausschließlich Bose und seiner 1637 verstorbenen ersten Gemahlin Anna Maria Wamboldt von Umbstädt gewidmet ist, seine 1647 und 1651 verstorbene zweite und dritte Ehefrau darin nicht benannt werden, vgl. Asche 1961, S. 17f. Der Text ist wahrscheinlich in dem Sinn zu lesen, dass Bose die 1637 eingerichtete Grabkapelle durch das Epitaph und das Kenotaph schmücken sowie das Gruftgewölbe 1651 erweitern ließ; siehe auch den Wortlaut der dazu gehörigen Akte (wie Anm. 135). 137 Vgl. Großolbersdorf, in: Sachsens Kirchen-Galerie 1845, S. 153. 138 Steche 1885, S. 6. 139 Neue Sächsische Kirchen­g alerie 1908, S. 325. 140 Köhler 1651. 141 Diese Datierung stützt ein Hinweis von Dr. Frank Schmidt, Kunstdienst der Evangelischen Landeskirche Sachsen, Dresden, dem zufolge – nach einer älteren Karteikarten-Notiz in den Inventarisationsunterlagen des Kunstdienstes – auf der Rückseite des Retabels früher die Jahreszahl »1653« lesbar war. Die Vermittlung dieser wichtigen Information verdanke ich Erhard Franke (15.1.2018). 142 Heinrich Hünefeld, Levin Tydeche (und Franz Julius Döteber): Epitaph für Herzog Johann III. und Herzogin Dorothea Maria von Sachsen-Weimar; Weimar, Stadtkirche St. Peter und Paul (Herderkirche), 1611–17, vgl. Schulze 2014, S. 201–208. 143 Asche 1961, S. 143, A8. 144 Das spricht nicht zuletzt für die Spätdatierung des Großolbersdorfer Altars um 1652/53. 1645 waren die Gemälde des Cranach-Altars in Schneeberg nicht sichtbar, der leere Rahmen von 1539 gab »der armen Kirche einen schlechten Ornat« (zit. nach Fröbe 1928, S. 48–53, hier S. 50f.) und konnte damit kaum als Vorbild wirken. 145 Vgl. Mensger 2016, S. 16, Abb. 6. 146 Hentschel 1966, Katalog Nr.  94 a, b, S.  149f.; Dülberg 2012, S. 173–198, hier S. 190.

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147 Böhms Kenntnis des Altars in der kurfürstlichen Grablege des Freiberger Doms lässt sich aus der Übereinstimmung des Wolkensteiner Evangelisten Markus mit dem Apostel Paulus unter dem Kruzifix des Freiberger Altars schließen. Seine mutmaßliche Ausbildung in der Werkstatt Bernhard Ditterichs macht sie ebenso wahrscheinlich. 148 Die Kreuzigungsgruppe des Altars der Sophienkirche ist die »freiplastische Nachbildung eines Reliefs von Guglielmo della Porta (Escorial). Diese Komposition erfreute sich überaus großer Beliebtheit; zahlreiche Nachbildungen lassen sich bis ins 18. Jahrhundert nachweisen.«, vgl. Meine-Schawe 1992, S. 99. Bei dem Relief handelt es sich um den Kalvarienberg, die Komposition war durch Kupferstiche verbreitet. 149 Hans von Aachen: Die Kreuzigung Christi, Federzeichnung, sign., um 1590, München, Staatliche Graphische Sammlung, Inv.-Nr. 1928:102Z (vgl. Achim Riether: Katalog-Nr. D15, in: Vignau-Wilberg 2005, S.  218f.); Hans von Aachen: Kreuzigung Christi, Öl auf Kupfer, 1602, sign. und dat., Berlin, Privatbesitz (Riether 2005, Kat.-Nr. D16, S. 220f.); Werkstatt Hans von Aachens: Die Kreuzigung Christi, Privatbesitz (vgl. Riether 2000, S. 124f.). 150 Schönberg 1926, S. 123–138. 151 Titze 2010, S. 18–35. 152 Der rechte Engel ist eine Kopie, um 1935 im sächsischen Landesamt für Denkmalpflege geschaffen, vgl. Asche 1961, wie Anm. 5, S. 143, A8. 153 Um 1600/20, von Sadeler verlegt; Kopie nach einem Stich von Orazio de Santis (1572). 154 Dessen Prototyp innerhalb der sächsischen Skulptur, dem auch Sebastian Walther folgte, könnte das Kruzifix des Freiberger Moritzmonuments von Antonius von Zerroen aus dem Jahr 1563 sein. 155 Die Stichvorlage oder Johann Böhms Entwurfsmodell zum Großolbersdorfer Paulus liegt auch den beiden, von Johann Heinrich d. Ä. als Werkstattmitarbeiter ausgeführten, MosesFiguren auf dem Fürstenstand in Schleiz und in der Katharinenkirche Zwickau zugrunde. 156 Vgl. Larsson 1998. 157 Asche 1934, S. 33–37; Titze 2014, S. 187f. 158 Ähnlich ist auch Jan und Raphael Sadeler: Die Mysterien des Rosenkranzes, 1579–82, Nr. 15: Auferstehung, nach Maarten (Maerten) de Vos. 159 Vgl. Hentschel 1955, S.  206–208, hier Johann (II) oder Joachim Petzoldt zugeschrieben. 160 Neues Zieratenbuch den Schreinern Tischlern oder Künstlern und Bildhauer sehr dienstlich. Durch M. Friedrich Unteutsch Stattschreinern zu Franckfurth am Main herausgegeben. Zu finden in Nürnberg Bey Paulus Fürsten Kunsthandl:, Nürnberg o. J. (um 1640/50). 161 Titze 2003, wie Anm. 74, S. 33, 45. 162 Bei dem Thierfelder Vortragekreuz handelt es sich möglicher­ weise um das 1656 entstandene Sargauflegekreuz der Hartensteiner Gemeinde, vgl. den Beitrag von Erhard Franke in diesem Band. 163 Asche 1961, wie S. 46, 144 (Werkverzeichnis A12). 164 Ebd., S. 46, 145 (Werkverzeichnis A18). 165 Ebd., Werkverzeichnis A19. 166 Ebd., S. 42f., 144 (Werkverzeichnis A11, A12), 178 (Ii); Titze 2008, S. 134, 142. 167 Vgl. Magirius/Mai/Trajkovits/Werner 1995, S. 849, Nr. 49, S. 851, Abb. 800. 168 Vgl. Ehren-Seule Dem WohlEhrenvesten/ Großachtbarn und Hochweisen Hn. Sebastian Oheim, E. E. Raths alhier hochansehnlichen Baumeister/ der Kirchen zu St. Nicolai und des Hospitals S. Georgen wolverdienten Vorsteher/ wie auch

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weitberühmten Handelsmann/ Bey ansehnlicher Beerdigung auffgerichtet von Leidtragenden Freunden/ Kindern und Verwandten Den 21. Augusti Anno 1662, Leipzig 1662. 169 Burckhardt war 1628 Taufpate von Böhms erstem Sohn Johann Christoph, seine Ehefrau Rosina 1636 Taufpatin Johann Heinrichs d. Ä. Nach Burckhardts Tod ging sein Blaufarbenwerk Oberschlema in kurfürstlichen Besitz über. 170 Eigentümerin des Blaufarbenwerks am Pfannenstiel bei Aue, in Vertretung ihres 1648 entführten Ehemannes Veit Hans Schnorr d. Ä., vgl. Titze 2002, S. 51. 171 Schindler war 1645 Taufpate von Böhms jüngstem Sohn Benjamin. Sein 1649 gegründetes Blaufarbenwerk befand sich in Schindlerswerk, südlich von Albernau. 172 Titze 2002, wie Anm. 9, S. 25–30. 173 Meltzer 1716, S. 153. 1685 wurde das Werk nach Zschopenthal bei Waldkirchen verlegt. 174 Siegfried Sieber nannte Oheim den Schwager Johann Burckhardts (Sieber 1954, S. 37), dessen Epitaph und Grabsteine Johann Böhm 1650/51 geschaffen hatte, und für deren Fertigstellung Burckhardts Erben verantwortlich waren. Eine Verwandtschaft Burckhardts und Oheims lässt sich jedoch nicht nachweisen: In erster Ehe war Sebastian Oheim (1596–1662) ab 1621 mit Susanna Schielert († 1627; vgl. Leyser 1627, in zweiter Ehe ab 1628 mit Margaretha Wasserführ (1613–1653), beide aus Leipzig, verheiratet. Johann Burckhardt war seit 1624 mit Rosina Pöckel verheiratet, die ab 1598 in erster Ehe Gemahlin des Unterblauenthaler Hammerherren und Schneeberger Gemeindevorstehers Johann Zobel d. Ä. gewesen war. 175 Asche (alle Publikationen). 176 Vgl. Titze 2014. 177 Vgl. Asche 1961, S. 46f., 145 (A13). 178 Vgl. Asche 1961, S. 28–31, 145 (A 14). 179 Unteutsch, Zieratenbuch, 2. Teil, Blatt 12, vgl. Rudolph 1935, Abb. 31. 180 Hummel 2000, S. 44f. 181 Vgl. Stepner 1658. 182 Vgl. Asche 1961, S. 142, Werkverzeichnis A5e. 183 Vgl. Asche 1961, S. 31–33, 146 (Werkverzeichnis A20). 184 Altar in Nobitz, OT Ehrenhain (Altenburger Land), ev. Kirche, vgl. Asche 1961, wie Anm. 5, S. 33–35, 145, A16. Die stehenden Engel des Aufsatzes trugen Schwammstab, Kelch und Kreuz. 2009 wurden wichtige Teile des Altarretabels, da­runter die Engel des Aufsatzes, gestohlen; vgl. Schwerer Diebstahl in Kirche. Polizei bittet um Hilfe, in: Wochenspiegel Altenburg, 4.3.2009; Kirchendiebstahl. Polizei bittet um Hinweise. In: Osterländer Volkszeitung, Altenburger Land, 6.3.2009; Reuter, Jörg: Diebstahl aus Kirche und Villa: Altenburger Amtsgericht stellt Verfahren ein. Freispruch für Angeklagten. In: Leipziger Volkszeitung, Regionalausgabe Altenburg, 19.11.2015. 185 Vgl. Heinz Trebus: Erbhuldigungsakt Friedrich Carl Bose auf Fuchshayn (heute Ehrenhain) im Jahre 1658, Vortrag am 31.3.2010 vor Mitgliedern des Arbeitskreises »Altenburger Land« der Arbeitsgemeinschaft für mitteldeutsche Familienforschung (AMF) im Schlossmuseum Altenburg, Niederschrift AK I/10, http://www.amf-ak-altenburger-land.de/Veranstaltung/Veranstaltungen_2010 (20.3.2017). 186 Vgl. den Beitrag von Frank Weiß in diesem Band. 187 Asche 1961, S. 179, I k. 188 Seit 1967 im Freiberger Dom; vgl. Hentschel 1966, wie Anm. 106, S. 93–95, 156 f; Titze 2003, S. 695–697. 189 Titze 2014, wie Anm. 113, S. 208. 190 Ratsarchiv Schneeberg, Vereinssachen, Akten der Schützengilde, zit. nach Asche 1961, wie Anm. 5, S. 176, Ie. 191 Schulze 2014, S. 334, beschreibt die missliche Lage des Bild-

Mario Titze

hauers Daniel Werner, Mitarbeiters Franz Julius Dötebers in Doberan, der sich, nach dessen eigener Schilderung aus dem Jahr 1653, nicht aus seiner Situation als Geselle befreien konnte, und klagte, dass er nach jahrelanger Arbeit keinen Lebensunterhalt damit hatte erwerben können – im Gegensatz zu Berufskollegen, die ihre Mitarbeiter für sich arbeiten ließen, während er »nach wie vor selbst arbeiten, Meister, gesell, undt Junge sein« und befürchten müsse, im Alter, bei nachlassender Sehkraft, nicht mehr seine Kunst ausüben zu können und dadurch mittellos zu bleiben. 192 Benjamin Böhm (1645–1681), vgl. Asche 1961, wie Anm. 11, S. 79–81, 191. Benjamin Böhms Œuvre ist unbekannt. Asches Werkzuweisungen an ihn sind spekulativ, da die genannten Objekte nicht signiert und Urkunden nicht vorhanden sind. In der Regel dürfte er als Geselle an den Werken des Meisters Johann Heinrich d. Ä. beteiligt gewesen sein, eigene Arbeiten zwischen 1679 (Weggang Johann Heinrichs d. Ä. nach Weißenfels und Tod dort) und 1681 (Tod Benjamins) sind nicht bekannt. Überliefert ist die 1677 von Benjamin Böhm gefertigte, nicht erhaltene Figur eines Engels, die die Kirchturmspitze der Marienkirche in Zwickau bekrönte, vgl. Weissbach 1922, S. 35. 193 Johann Caspar Hahnel (1648–1716,) vgl. Titze 2002, S. 89f.; Titze 2010, S. 531f. 194 Asche 1961, S. 82f. 195 Schmidt 2005, S. 6. 196 Die Ausbildung Heermanns bei Böhm ist nicht belegbar und auch wenig wahrscheinlich. Vielleicht ist – angesichts seiner späteren Wirkungsorte Dresden, Görlitz, Prag – eine Lehre bei dem Dresdner Bildhauer Abraham Conrad Buchau (ca. 1623–1701 anzunehmen, vgl. Titze 2009, S. 222–236, hier S. 230–234). 197 Meltzer 1716, S. 637. 198 Titze 2017, S. 177–188. 199 Ebd. 200 »Der Chor ist Anno 1661 forne mit einem neuen Gegitter (…) von gehauenen Seilen [Säulen, M. T.] und Sprengwerck, dorauff 8 Engelbilder mit musicalischen Instrumenten stehen, gezieret worden.«, vgl. Vol[l]rath, Jeremias: Miscellanea Zwiccauiensia. Um 1676, Sächsische Landesbibliothek – Staats- und Universitätsbibliothek Dresden, Mscr. App. 19, zit. nach Asche 1961, S. 179 (Urkunden I l). Die Formulierung »gehauen« lässt eigentlich steinerne Säulen erwarten. Herzog 1839 beschreibt dagegen ein »hölzernes… Geländer«. Da er die 1834/35 vorgenommenen Veränderungen, darunter den Abbruch der Schranke, als Zeitzeuge erlebt hat, besitzen seine Darstellungen ein hohes Maß an Glaubwürdigkeit. Vielleicht bezieht sich seine Charakterisierung als »hölzern« aber auch nur auf die geschnitzten Gitterelemente sowie die Figuren, während die auf der Zeichnung von 1673 (wie Anm. 102) gut erkennbaren Balustersäulen aus Stein gehauen waren. 201 »Die Rathß Stühle, so ao. 1661 mit einem neuen Gegitter gezieret do in der Mitten deß Raths und Stadt Wappen von 2 Engelbildern gehalten und nebenst den Sprengwerck am Ecken noch 2 Tugendtbilder geschnitten stehen«, vgl. Vol[l]rath, um 1676, zit. nach Asche 1961, ebd. S. 179; Herzog 1839, S. 126. 202 Vgl. Asche 1961, S. 148, A24 l. 203 Asche 1961, S. 149, Werkverzeichnis B1; Titze 2014, S. 207. 204 Asche 1961, S. 149, B2. 205 Stötzner 1898. 206 Johann Adam von Zehvell (Zöphel), aus Adorf im Vogtland gebürtig, nach Studien am Gymnasium Zwickau und an der Universität Leipzig (1652–58, Jura und Theologie) von April 1662 bis Ende 1663 in Schöneck und Auerbach, 1664 wohl auch in Zwickau, nachgewiesen, ab 1666 im Dienst der

Johann Böhm – Leben und Werk

Grafen Grote auf Gut Wedesbüttel in Meine (Amt Gifhorn) und Braunschweig tätig, vgl. Mahnke 2003, S. 100. Zehvell zeichnete und stach auch das Titelbild der von Christian Daum, Zechendorffs Nachfolger als Rektor des Zwickauer Gymnasiums, herausgegebenen Schriften Caspar von Barths: PUBLII PAPININI QUÆ EXSTANT: CASPAR BARTHIUS recensuit & Animadversionibus locupletissimus illustravit, Zwickau 1664/65. 207 Vgl. Titze 2014. 208 Vgl. Asche 1961, S. 181, II b. 209 Schieferdecker 1680; Titze 2014, S. 208. 210 Vgl. Titze 2002, S. 122f. 211 Vgl. Titze 2014. 212 Vgl. Meltzer 1716, wie Anm. 4, S. 246f., 280f., 1381–1383; Frey 1904, S. 20–23; Titze 2002, S. 39–47, hier S. 41. 213 Böhm gehörte von 1664 bis zu seinem Lebensende 1667 dem Stadtgericht bzw. dem Rat an, vgl. Meltzer 1716, S. 430. 214 Schneeberg, Museum für bergmännische Volkskunst: Schneeberger Schützensilber, Schild mit kursächsischem Wappen und Namensinschrift, gestiftet von Kurfürst Johann Georg II. anlässlich des 1665 gehaltenen Armbrustschießens. 215 Abschrift des Voranschlags in: Sächsisches Staatsarchiv, Acta die Schloßkirche zu Chemnitz betr., Loc. 32512, 1563ff., Bl. 14b, 15. VII. 1667, zit. nach Asche 1961, S. 180f, In. 216 Ebd. 217 Kelm 1996, S. 39–45. 218 Meltzer 1716, S. 637. 219 Kirchenbuch Schneeberg, Taufregister: 1628/675/002, 24.8. Johannes Christoff Behm; 1631/003/004, 4.5. Anna Regina Behm; 1636/135/001, 6.7. Hanns Heinrich Behm; 1638/185 /003, 18.12. Anna Catharina Behm; 1645/384/002, 9.7. Benjamin Böhm; für die Recherche und die Abschriften danke ich Stefan S. Espig, Wildbach (28.3.2017). 220 Meltzer 1719, wie Anm. 4, S. 579; »Reutha« lässt sich weder mit Reuth im Vogtland noch Rötha südlich von Leipzig identifizieren. 221 Vgl. Meltzer 1716, wie Anm. 4, S. 309f., 517; Pfarrer von 1602 bis 1644; Regina Heyden war die Tochter Rosina Burckhardts aus erster Ehe mit Johann Zobel d. Ä. 222 Vgl. Meltzer 1716, wie Anm. 4, S. 504f. 223 Johann Burckhardt war seit 1624 mit Rosina geborene Pöckel verheiratet, die ab 1598 in erster Ehe Gemahlin des Unterblauenthaler Hammerherren und Schneeberger Gemeindevorstehers Johann Zobel d. Ä. gewesen war. Rosina Burckhardts Tochter aus erster Ehe, Regina, war verheiratet mit dem Schneeberger Pfarrer Fabian Heyden (vgl. Anm. 221), 1631 Taufpatin von Johann Böhms Tochter Anna Regina; ihr Sohn aus erster Ehe, Johann Zobel d. J., war 1645 Taufpate von Böhms jüngstem Sohn Benjamin; ihre Enkelin aus erster Ehe, Anna Catharina Zobel (1640–1688), wurde 1662 die Ehefrau Johann Heinrichs d. Ä. 224 Vgl. Meltzer 1716, S. 546; Erasmus Schindlers Sohn Bernhard heiratete Anna Catharina Böhm. 225 Vermutlich Bruder Christina Zechendorffs, der Ehefrau von Zacharias Zechendorff, des Bruders des Zwickauer Orientalisten Johann Zechendorff, vgl. Meltzer 1716, S. 581. 226 Meltzer 1716, wie Anm. 4, S. 310. 227 Die »Glückwünschende[n] Freud=und Hochzeit=Gedichte« für Bernhard Schindler und Anna Catharina, »Des Ehren­ vesten/ Fürnehmen und Kunstreichen Herrn Johann Böhm/ Bürgern und Bildhauern/ auch der Gemeinde Vorstehern zum Schneeberg/ Eheleiblichen Jungfer Tochter«, wurden bei Melchior Göpner in Zwickau gedruckt; die »Rechte Kind=oder Bilder=Schnitzerey/ Bey der Böhm=Zobelischen Braut=Suppen … Vom Schwanefeldischen Floridan« sicher ebenfalls.

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In Schneeberg wurde erst 1680 eine Druckerei von Christian Pfützner eröffnet, vgl. Titze 2002, S.  35. Nicht übersehen werden sollte auch die zweimalige Schreibweise des Namens der Bildhauerfamilie »Böhm«, vgl. Anm. 4 und 6. 228 Beide Drucke wurden von Erhard Franke entdeckt, dem ich für die Kenntnisgabe herzlich danke. Derartige Kasualgedichte sind eine typische Literaturgattung des 17. Jahrhunderts, vielfach überliefert für Fürsten, Adlige, Gelehrte und wohlhabende Bürger. In launiger Sprache, Festzeitungen ähnlich, haben Freunde und Verwandte den Brautleuten in gereimter Form Lobpreisungen und Glückwünsche gewidmet. Die literarisch eher schlichten Werke sind anschauliche Zeugnisse für die Verwurzelung der Familie Böhm in der humanistisch gebildeten bürgerlichen Elite Schneebergs. Im Gewand antiker Mythologie, etwa als »Gespräch zwischen Venus und ihrem Sohn Cupido« (1662), werden dabei nicht zuletzt anlassbezogene Anzüglichkeiten zum Thema »Seid fruchtbar und mehret Euch!« dargeboten. Für solcherart Reime waren sich jedoch auch bedeutende Dichter nicht zu schade – sie gehörten zum gängigen Repertoire dieser Gattung. Von besonderem Interesse ist das Pseudonym des Autors des Hochzeitsgedichtes für Johann Heinrich Böhm im Jahr 1662: »Vom Schwanefeldischen Floridan«. Als »Floridan« war seit 1645 der hauptsächlich in Nürnberg wirkende Dichter Sigmund von Birken (1626–1681) bekannt geworden. Er prägte das publizistische Schaffen der 1644 von Georg Philipp Harsdörffer (1607–1658) gegründeten »Blumen-Gesellschaft«, die, ähnlich der »Fruchtbringenden Gesellschaft (Palmorden)«, vorzugsweise nach dem Muster bukolischer Hirtendichtung der Antike (Homer, Virgil), literarische Werke zur Pflege der deutschen Sprachkultur verfasste. Ein Hauptbetätigungsfeld war die Kasualdich­tung; die Mitglieder der Gesellschaft maßen sich dabei vorzugsweise in Hochzeitsgedichten miteinander im poetischen Wettbewerb. Überregionale Berühmtheit hatte das Schlüsselwerk »Pegnesisches Schäfergedicht« von Harsdörffer (1644) nach einem Vorbild von Martin Opitz (1630) erlangt, in dem in pastoralem Gewand ein Loblied auf die Brautleute und ihre Familien gesungen wird. Das 1645 unter dem Pseudonym »Floridan der Pegnitzschäfer« publizierte, sehr bekannt gewordene Erst-

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lingswerk Sigmund von Birkens war ein Hochzeitsgedicht anlässlich der Heirat seiner Schwester (vgl. Jürgensen 1994; Jürgensen 2006). Die Selbstbezeichnung des Autors des Hochzeitsgedichtes für Johann Heinrich Böhm und Anna Catharina Zobel als »Floridan« verweist auf dessen Rezeption der Gedichte von Birkens und der »Blumen-Gesellschaft« und setzt deren Kenntnis bei Braut und Bräutigam voraus – ein bemerkenswertes Zeugnis für den kulturellen und geistigen Hintergrund der Familie Böhm! »Floridan«, der dichtende Freund des Bräutigams und Bruder der Braut, könnte demnach der zum Zeitpunkt der Hochzeitsfeier 18jährige Bruder Anna Catharinas, Enoch Zobel (1653–1697, vgl. Meltzer 1716, S. 583, 598–599), gewesen sein, der nach dem Theologiestudium Archidiakon an der Annaberger Annenkirche wurde und von Meltzer als gelehrter Autor zahlreicher Publikationen überliefert wurde. Die Ortsangabe bezog sich vielleicht auf Schwanefeld bei Meerane, nahe der Grenze Kursachsens zum Herzogtum Sachsen-Altenburg und zum Fürstentum Reuß, an der Straße von Schneeberg über Zwickau und Altenburg nach Leipzig gelegen. Ab 1692 sollte dort die über Schneeberg verkehrende, erste regelmäßige Postlinie von Leipzig nach Nürnberg eine Station haben. Eine Parallele zu diesen literarischen Laienprodukten stellen die Theateraufführungen dar, die im 17. Jahrhundert in Schneeberg um Ostern und im Herbst im Saal des Rathauses oder im Freien auf dem Markt stattfanden, von den Schülern der Lateinschule dargeboten wurden, und unter deren Zuschauern »sich jeder befand, der auf Stand und Würden und Bildung nur irgend Anspruch machen zu können glaubte«, vgl. Lehmann 1837–40, hier 2. Bd., S. 11; Titze 2002, S. 48f. Es ist gut vorstellbar, dass auch Johann Böhm derartige Aufführungen besuchte. 229 Vgl. Meltzer 1716, S. 637. 230 Sächsisches Staatsarchiv, 12613 Gerichtsbücher, GB AG Schneeberg Nr. 053, 1. 5. 1655. 231 Ebd., Nr. 055, Fol. 94ff. (1673), 113ff. (1674), 127 (1674 und 1682). 232 Ebd.  1627 hatte Böhm das Haus für 550 fl. erworben, vgl. Anm. 57.

Johann Böhm – Leben und Werk

Anhang

Johann Böhm – Lebensdaten und Werkverzeichnis

1595, 18.2. Geburt in Hartenstein, am 19.2. Taufe; Vater war Maurer Hans Böhm d. J., Mutter Katharina Richter aus Schneeberg, Tochter des Brauers Georg Richter; Paten: Catharina von Schönburg, geb. Gräfin von Salm, Schösser Virgilius Jacob und Arzt Johann Klüpfel aus Schneeberg 1607–15 Lehre bei Joachim (I) Petzoldt (Schneeberg) 1616/17 Gesellenwanderung, bei Michael Hegewald (Chemnitz) 1617/18 Gesellenwanderung, bei Bernhard Ditterich (Freiberg) 1619, 21.5. Taufpate in Hartenstein, im Taufregister als »Bildhauer« bezeichnet 1619, 17.10. Tod des Joachim (I) Petzoldt 1619–21 Meisterlehre, bei Christoph Dehne, Magdeburg 1620/21 Epitaph Stisser, Halle (Mitarbeit) 1621 Epitaph Achim von Veltheim, Groß-Bartensleben 1625 Portalaufsatz Gasthof »Weißes Roß« in Hartenstein 1626 Doppelgrabmal für Anna Barbara und Anna Maria Hickmann, Stollberg, Marienkirche 1626 Brückendenkmal Zschopau, Johann Böhm? oder Michael Hegewald?

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1626 Model (Gießvorlage) zu den gusseisernen Grabplatten für Gertrud Rüdiger († 1626) und Hans Rüdiger († 1630); Beierfeld, Ev. Peter-Paul-Kirche (sog. Alte Kirche) 1626/30 Model (Gießvorlage) zur gusseisernen Grabplatte für Gertrud Rüdiger († 1617); Beierfeld, Ev. Peter-Paul-Kirche (sog. Alte Kirche) 1627, 13 3. Belehnung mit früherem Wohnhaus des »Kunst-Mahlers« Christoph Weise in Schneeberg, Erwerb des Bürgerrechts 1627, 4.6. Heirat in Schneeberg, mit Regina Blechschmidt (ca. 1609–1673), Tochter des Schneeberger Handelsmanns und Gerichtsherren Johannes (Hans) Blechschmidt (1584–1664); im Trauaufgebot Johann Böhm als Junggeselle, Bildhauer und Bürger bezeichnet 1627, 29.9. Hauskauf in Schneeberg; im Kaufvertrag als »kunstreicher Bildhauer« bezeichnet; Verkäufer: Ulrich Röhling 1628 Grabstein für Jacob Seeling (?), Schneeberg, St. Wolfgang 1628, 24.8. Taufe des Sohnes Johann Christoph 1628/29 Epitaph für Christina und Ulrich Röhling; Grabplatten für C. (?) und U. Röhling (nicht erhalten) 1631, 4.5. Taufe der Tochter Anna Regina 1632, 17.8. Wallensteins Truppen unter Führung General Holks überfallen Schneeberg um 1632/33 Auswanderung Johann (I) Petzoldts nach Schemnitz (Ungarn)

Anhang

1633, 4.8. zweiter Überfall Schneebergs durch Wallensteins Truppen unter Führung General Holks, Raub des CranachAltars 1633, 14.9. Beerdigung von Böhms Schwester Maria in Schneeberg 1633/34 Epitaph für Oberprediger der Zwickauer Katharinenkirche, David Friedrich (?), (nicht erhalten) 1634, 27.7. Böhms Ehefrau Regina übernimmt in Hartenstein das Patenamt beim ersten Kind Johann Christoff aus der Familie des Schwagers Michael Albert und der Schwägerin Susanna geb. Böhm. Die Hochzeit hatte am 8.9.1633 in Hartenstein stattgefunden um 1634 zwischen 8.9.1633 und 4.4.1638 Tod des Vaters in Hartenstein 1635 gerichtliche Eintreibung einer Schuld von Hans Öllinger in Joachimsthal, (»Hans Böhm, Bildhauer in Schneeberg«) 1636, 6.7. Taufe des Sohnes Johann Heinrich d. Ä. 1637–39 Epitaph Bose; Zwickau, Dom, Grabstätte Bose 1637/38 zwei römische Krieger, ehemals Betstuhl Carl von Boses, Zwickau, Dom, Grabstätte Bose 1638/39 Arbeiten für Johanniskirche Plauen (Kanzel u. a.), (nicht erhalten) 1638, 18.12. Taufe der Tochter Anna Catharina 1638/40 Epitaph für Peter Kirchbach; Zwickau, Dom 1640 Beginn der Lehre Melchior Barthels aus Dresden

Johann Böhm – Lebensdaten und Werkverzeichnis

1640–45 Grabplatten für Georg Friedrich von Watzdorf († 1622) und Agnisa geb. von Schönfels († 1646), Syrau, Kirche 1641 Gemeindevorsteher in Schneeberg 1643 Altar der Bartholomäikirche Altenburg, »Hanns Bömen der bilhauer«, mit Johann Glöckler Maler, Hanns Mayer Tischer; ca. 1930 nach Eckartsberga versetzt 1645, 9. 7. Taufe des Sohnes Benjamin 1645 Ende der Lehrzeit Melchior Barthels um 1646 Beginn der Lehre Paul Moses’ aus Schneeberg 1646 Auftrag für Altar der Altenburger Schlosskirche an Johann (II) Petzoldt 1647/48 Wolkenstein, Altar 1648 Beginn der Lehre Johann Heinrich Böhms d. Ä. 1648, 26.10. Beerdigung der Mutter Catharina Böhm in Hartenstein 1649 Rückholung des Schneeberger Cranachaltars aus Schlackenwerth, mit B. Perthes 1650 Neueinweihung des Schneeberger Altars, neue Rahmung von Böhm, Kurfürstenbilder von Perthes (Porträts und Bilderrahmen erhalten; Schneeberg, Museum für bergmännische Volkskunst) 1650/51 Epitaph Johann und Rosina Burckhardt sowie zwei Grabplatten Burckhardt, Schneeberg, St. Wolfgang (nicht erhalten)

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1650 Vortragekreuz Weißbach

1654/55 Epitaph für David Pitzsch, Zwickau, Dom

1651 Grabstätte Bose, Zwickau, Erweiterung: Kenotaph mit Schrifttafel und Kruzifix, vier Kinderengel mit Marterwerkzeugen

1654/57 Bornkinnel aus Fraureuth, Museum Greiz

1651 Zwickau, Dom, Schalldeckel der Kanzel, von Carl von Bose gestiftet

1655/57 Altar in Wolkenburg 1655/57 Grabplatte, Wolkenburg

1651 Vortragekreuz, Zwickau, Dom

1656 Grabplatte, Wolkenburg

1651 Zwickau, Dom, Figurenaufsätze für zwei Beichtstühle (Werkstattarbeit)

1656 Ende der Lehrzeit Johann Heinrich Böhms d. Ä.

1651 Christus als Weltenrichter; Stollberg, ev. Jacobikirche

1656, 18.2. Heirat der Tochter Anna Catharina Böhm mit Bernhard Schindler

1652 Model (Gießvorlage) zur gusseisernen Grabplatte für Sidonia von Lobkowitz, Annaberg, St. Annen

1656, 5.5. Sargkruzifix aus Schneeberg in Hartenstein erstmals verwendet

1652/53 Großolbersdorf, Altar

1657 Beginn der Lehre Benjamin Böhms

1653 Altarkreuz Neustädtel

1657 Totenschild für Carl von Bose, mit Trophäen, Mars und Minerva; Zwickau, Dom, Grabstätte Bose

1653/54 Epitaph für Margaretha und Sebastian Oheim; ehemals Leipzig, Ev. Pfarrkirche St. Johannis (nicht erhalten) 1654 Orgelprospekt der Wolfgangskirche (nicht erhalten), zwei musizierende Engel, Museen Schneeberg und Chemnitz 1654 musizierender Engel, Kunstsammlungen Zwickau 1654 Wappenschild für Carl von Bose mit Trophäen und römischen Kriegern; Zwickau, Dom, Grabstätte Bose 1654, ca. Ende der Lehrzeit Paul Moses’

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1657/58 Patronatsstuhl der Bergkirche in Schleiz 1657/58 Sargkreuz vom Begräbnisornat der Knappschaft Schneeberg, Museum 1657/58 Kruzifix (ehem. Sargkreuz?), Schneeberg, St. Wolfgang, Ausführung: Johann Heinrich d. Ä. 1657–59 Epitaphaltar für Carl von Bose in Netzschkau; erhalten: Abendmahl, segnender Gottvater, sechs kleine Engelsflüchte

Anhang

1657/58 Ehrenhain, Altarretabel, Ausführung Johann Heinrich d. Ä.

1661/62 Kruzifix und Altarkreuz der Jacobikirche Stollberg, Ausführung: Johann Heinrich d. Ä.

1658–62 Mitarbeit Johann Heinrich Böhms d. Ä. als Geselle

1662 Epitaph für Johann Zechendorf, Zwickau, Dom, Ausführung: Johann Heinrich d. Ä. u. Werkstattmitarbeiter

1658 Ehrenhain, Patronatsstuhl, Ausführung: Johann Heinrich d. Ä. 1658 Ehrenhain, Altarkreuz 1659 drei Hirschköpfe für die Große Hofstube des Schlosses in Schleiz (nicht erhalten) 1660 Beginn der Lehre Johann Caspar Hahnels aus Schneeberg 1660, 6.8. Teilnahme am Schützenfest in Schneeberg 1660 Altarrahmung (nicht erhalten) für Cranachaltar in Zwickau, Katharinenkirche; erhalten: drei von vier Engeln und auferstandener Christus, Ausführung: Johann Heinrich d. Ä. 1661 zwei Tugendallegorien und Ziergitter zum Ratsgestühl der Katharinenkirche Zwickau; Ausführung der Figuren: Johann Heinrich d. Ä.; Justitia in der Katharinenkirche, Fortitudo nach Asche in den Kunstsammlungen Zwickau

1662 zwei liegende Engelputti für Altar der Schlosskirche (Dom) Halle, Ausführung: Johann Heinrich d. Ä. 1662, 4.11. Heirat Johann Heinrichs d. Ä. mit Anna Catharina Zobel, Begründung einer eigenen Werkstatt 1664 Gerichts- bzw. Ratsherr in Schneeberg 1665 Kleinod Kurfürst Johann Georgs II. für Schneeberger Schützensilber, Schneeberg Museum 1665 Ende der Lehrzeit Benjamin Böhms 1666 Gutachten und Kostenanschlag für Restaurierung der Geißelsäule in der Schlosskirche Chemnitz, bis 1667 noch nicht ausgeführt 1667 vermutlich am 5.3. Tod, am 6.3. Beisetzung auf dem Schneeberger Gottesacker; Grabmal wohl von Johann Heinrich Böhm d. Ä. (nicht erhalten)

1661 Chorgitter mit acht Figuren musizierender Engel für die Katharinenkirche Zwickau; Figuren und Ornamentreste in Kunstsammlungen Zwickau (z. T. Werkstattarbeit)

Johann Böhm – Lebensdaten und Werkverzeichnis

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Bibliographie

Archivalische Quellen Stadtarchiv Plauen: Rechn.-Rep.: I Cap: XVIII No.: 3 (Plauener Gotteshausrechnungen 1638/39 und 1639/40) Landesarchiv Thüringen – Staatsarchiv Greiz: Hausarchiv Schleiz (zitiert als HA Schleiz), Signaturen 436 (Belege zur Hofhaltungsrechnung Heinrichs IX. 1654) 440 (Ausgabebelege zur Hofhaltungsrechnung Heinrichs IX. 1657) 441 (Berechnung der von den Vorwerken zur Hofhaltung nach Schleiz gelieferten Viktualien samt den dazugekauften 1657–59) 442 (Ausgabebelege zur Hofhaltung Heinrichs IX. 1658) 444 (Belege zur Hofhaltungsrechnung Heinrichs IX. 1660) 543 (Belege zur Rechnung des Amtes Schleiz 1657, 1658) 544 (Belege zur Rechnung des Amtes Schleiz 1659, 1660)

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Anhang

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Anhang

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Abbildungsnachweis

Titelbild: Frank Weiß Frontispiz: Hauptarchiv Schleiz Sebastian Schulze: Die Kunst der Bildhauer in Leipzig und Dresden in ihrem Verhältnis zum Schaffen Johann Böhms Alle Aufnahmen Sebastian Schulze, außer: 16  Magirius/Mai/Trajkovits/Werner 1995, S.851. 17  Magirius/Mai/Trajkovits/Werner 1995, S.854. Lisa Maria Vogel: Auf Tuchfühlung mit den Kunstströmungen seiner Zeit 1  Puhle/Petsch/Hattenhorst 2005, S. 174–175. 2, 3, 4, 5, 6, 7, 10, 12, 11, 17, 18, 20, 25, 26, 27, 28, 29  Archiv Lisa-Maria Vogel. 8  Borggrefe 1995, S. 101. 9  Borggrefe/Brüdern 2008. 13  Beaufort/Kruse/ Schultze 1988, S. 421, Abb. 313. 14  Zöllner 2017, S. [471 o.P.] 15  John Pope-Hennessy: Catalogue of Italian Sculpture in the Victoria and Albert Museum, London 1964, Bd. II, Nr. 482, S. 454, Bd. III. Abb. 477. 16, 35­  Jane Bassett: The craftsman revealed. Adriaen de Vries, sculptor in bronce. Los Angeles 2008, S. 158, 62. 19  Volk-Knüttel 2010, S. 273, Abb. 197. 21, 22  Braunschweig, Herzog-Anton-Ulrich-Museum. 23, 24  Dietterlin 1598. 30­  Hollstein 1976, S. 156. 33  Suckale 1998, S. 298, Abb. 30. 34  Museum Zwickau. Gerd-Helge Vogel: Johann Böhme und seine Auftraggeber 1­  Lisa-Maria Vogel. 2, 7, 11, 15, 16, 22, 23, 26, 30, 31  Gerd-Helge Vogel. 3, 4  Archiv Ev. Kirchgemeinde Hartenstein. 5  Archiv Ev. Kirchgemeinde St. Wolfgang, Schneeberg. 6  Repro aus Badstübner/Gertler 2006. 8­, 25  Repro aus Asche 1961. 9  Repro aus Fiedler 2008, S. 134. 10, 17, 19, 20, 24, 32–34  Olaf Hein, Hartenstein. 12, 27–29  Kunstsammlungen Zwickau, Max-Pechstein-Museum: 13  Archiv Erhard Franke, Hartenstein. 14  Museum Netzschkau. 18­  Wikipedia, gemeinfrei. 21­  Rolf Kirchner, Wolkenburg. Frank Weiß: Der Herrschaftsstand in der Bergkirche zu Schleiz Alle Abbildungen: Frank Weiß. Erhard Franke: Johann Böhm und sein Geburtsort Hartenstein 1  Sächsisches Staatsarchiv, Hauptstaatsarchiv Dresden, 12884 Karten und Risse, Schrank 26, Fach 100 Nr. 1c (MF 8564)

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2, 3, 5–7, 9–11, 13, 14  Erhard Franke, Hartenstein. 4, 15, 16­  Olaf Hein, Hartenstein. 8­  Ratsschulbibliothek Zwickau, Sign. 48.6.7.(49) und 12.10.1.(11). 12  Museum und Kunstsammlung Schloss Hinterglauchau. 17  Stadtarchiv Schneeberg, Sign. A 5686, S. 152, KämmereiRechung vom 25. Juni 1649. 18­  Original im Schloss Hartenstein 1945 verbrannt, Foto aus Butter 1969. Mario Titze: Johann Böhm. Leben und Werk 1, 2, 16, 17, 18, 22, 25–33, 36–40, 51–54, 58, 59, 61, 62, 67, 68, 70–73, 76, 78, 80, 81, 84, 87, 90–94, 96, 98, 100–103, 106, 108–119, 121, 122a, 126, 127, 129–132  Mario Titze, Leipzig. 3, 35, 55, 69, 74, 82,105  The British Museum, London. 4, 21, 24, 63, 99, 134  Kunstsammlungen Zwickau. Max-Pechstein-Museum, Fotosammlung. 5  Repro nach Königfeld/Grote 1987, Abb. 111, S. 159. 6, 7, 9, 11–13  Landesamt für Denkmalpflege und Archäologie Sachsen-Anhalt, Halle; Reinhard Ulbrich (6), Fuchs (11), Archiv (7, 9, 12, 13). 8  Repro nach Herbert Rudolph: Die Beziehungen der deutschen Plastik zum Ornamentstich in der Frühzeit des siebzehnten Jahrhunderts, Berlin 1935, Abb. 29. 10  Heiko Brandl, Halle. 14  Kustodie der Universität Leipzig, Marion Wenzel. 15, 41–47  Sebastian Schulze, Halle. 19, 20, 95, 97, 123  Olaf Hein, Hartenstein OT Zschocken. 23  Repro nach Steche 1887, Beilage IV. 48–50, 60, 66, 69, 85  Rijksmuseum, Rijksprentenkabinet, Amster­ dam. 57  Waltraud Rabich, Dresden. 64  Repro nach Asche 1961, Abb. 24. 65, 77, 79, 107  Landesamt für Denkmalpflege Sachsen, Dresden; Bildsammlung, Wolfgang Junius (77). 75  Kunstmuseum Basel. 83  Herzog Anton Ulrich-Museum, Braunschweig. 86  Repro nach Hentschel 1966, Abb. 73. 88  Wellcome Collection, London; Wellcome Library no. 23283i. http://search.wellcomelibrary.org/iii/encore/record/C _ _ Rb1181140;jsessionid=B4CE7DC13FAD501A2A082282107 9F6B6?lang=eng (30. 07. 2018). 89  Repro nach Hentschel 1955, S. 207, Abb. 122, 123. 104  Kunstsammlungen Chemnitz – Schlossbergmuseum Chemnitz; May Voigt. 120  Günter Hummel (†), Neumark. 122b  Repro nach Haendcke 1903, Tafel XI. 124, 125  Evangelische Kirche Mitteldeutschlands, Landeskirchenamt Erfurt, Referat F3 Bau; Susanne Ruf. 128  Bildarchiv Foto Marburg / Paul Haag. 133  Germanisches Nationalmuseum, Nürnberg. 135  Kunstsammlungen Zwickau.

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Personenregister

Aachen, Hans von  146, 148, 161 Adlershelm, Lorentz  von 28 Aeschel, Jeremias  118 Adolf Friedrich von Mecklenburg, Herzog  25 Agnes von Schönburg  114 Agnes von Schönburg-Hartenstein, geb. Reuß, j. L.  106, 109f., 112 Agricola, Anthonius  119 Albert, Hans Christoff 120 Albert, Michael  112, 120 Albrecht von Schönburg-Hartenstein 99 Amalie von Isenburg-Büdingen  110 Amalie (Amalia) von Schönburg  112, 120 Amman, Jost  95 Anna von Plauen, geb. Herzogin von Pommern-Stettin, wiedervermählte Gräfin von Barby  87 Anna Dorothea von Schönburg  112 Anna Magdalena, Fürstin von Sachsen-Lauenburg  156 Anna Maria von Schönburg  112, 115 Anna Sybilla von Schwarzburg-Sondershausen  138f. Anna von Rieneck  107 Aquilano, Pompeo  161 Arcimboldo, Giuseppe  43 Arnim, Wolff Christoph von  20 Asche, Sigfrid  9, 16, 18f., 21, 2f., 56f., 59f., 66, 72, 75, 100, 130, 134, 136, 138, 140, 142–144, 148f., 156, 159, 161, 168, 175, 178 August von Sachsen, Kurfürst  10, 55 August Herzog von Sachsen-Weißenfels  181 Bach (thür. Musikerfamilie)  115 Bach, Johann Sebastian  115 Balbierer, Johann  101f. Barthel, Hieronymus 21, 148 Barthel, Melchior  21–23, 28, 60, 148, 149 Behm, Barthel  110 Behm, Catharina  110, 113, 117, 120 Behm, Catharina (Katharina), geb. Richter  111f., 130 Behm, Elisabeth, verm. Weber  117 Behm d. Ä., Hans  110 Behm, Christoph  110 Behm, Elisabeth  110 Behm d. J., Hans, (s. Böhm d. J.); dessen 12 Kinder  112, 130 Behm, Margarete  110 Behm, Maria  110 Behm, Matthes (Matz)  110, 130 Behm, Mattheus  113 Behr, Samuel von  25 Berbisdorf, Georg Samson von  113 Bernini, Gian Lorenzo  21f. Beseler d. Ä., Peter  9 Bitterolf, Michael  14 Blechschmidt, Hans (Johann)  59f., 119, 121, 140, 149, 183 Blechschmidt, Regina, verm. Böhm  (s. dort) Blüher, Michael  180 Blumberg, Christiana Elisabetha, geb. Kirchbach  72 Böhm, Alexander  115 Böhm, Anna Catharina  119, 182f.

Personenregister

Böhm, Anna Regina  119, 144, 182, Böhm, Benjamin  60, 119, 178, 181–183 Böhm, Catharina  (s. Behm, Catharina) Böhm (Behm u. a) d. J., Hans  55–57, 110–112, 118, 120, 130 Böhm (Behm u. a.) d. Ä., Johann (Hans u. a.)  9–11, 13–16, 18–21, 23, 27, 29, 33, 45f., 55–57, 59–66, 71–74, 76–82, 89, 93, 95f., 98–100, 103, 106, 109, 111, 114–121, 123, 130–135, 138–174, 176–183 Böhm, Johann(es) Christoff (Christoph)  119, 142, 158, 182 Böhm d. Ä., Johann Heinrich  9, 23, 26, 28, 60f., 80, 98, 116, 119, 121, 130f., 150, 158, 161, 168, 177–183 Böhm d. J., Johann Heinrich  80 Böhm, Maria  120 Böhm, Magdalena  117, 121 Böhm, Regina, geb. Blechschmidt  57, 59, 112, 119f., 140, 183 Böhm, Susanna, verm. Albert  120 Bose, Anna Maria von  (s. Wamboldt von Umbstädt, Anna Maria Freiin von) Bose, Carl (Carolus) von  20, 60, 62, 65–68, 71, 78, 93, 100, 116, 138, 140, 142–149, 154, 156, 158–161, 168, 171, 173–178 Bose, Caspar von  19 Bose, Clara von, geb. von Geilsdorf  65f. Bose, Friedrich Carl von  177 Bose, Hanß Ernst  65 Braun, Sixtus  17 Brehm(en) (Schneeberger Familie)  78 Brehm, Frantz  78 Brehm(en), Luca  78 Brehm, Magdalena  78 Brehm, Maria  78 Brill, Barthel  113 Broesicke, Heino von  34, 36, 39–41 Brohn, Wolf Ernst  20f., 168, 178, 181 Buchau, Abraham Conrad  21 Buchau, Conrad  21 Buonarotti, Michelangelo  40, 43, 130, 166 Burckhardt, Johann (Hanß)  62, 72–74, 95, 100, 156–159, 166, 168, 176, 178, 181f. Burckhardt, Rosina  74, 156, 158f., 166, 181, 182 Büttner, Andreas  182 Büttner, David  144 Candid, Peter  38, 40f. Carlowitz, Anna von  150 Carlowitz, Georg von  150 Catharina Gräfin von Salm verm. Gräfin von Schönburg  130 Cesare, Carlo di  10, 156, 161 Christian I. von Sachsen, Kurfürst  10, 13f., 106 Christian Günther I. von Schwarzburg-Sondershausen  138f. Christian Herzog von Sachsen-Zeitz  178 Christian Heinrich von Schönburg  114 Christian von Schönburg-Wechselburg  106 Christian Wilhelm von Brandenburg  31, 35, 117 Christoph Friedrich von Schönburg  131 Coecke van Aelst, Pieter  146, 162 Chrysilippus, Petrus  115 Chrysilippus, Susanna, geb. Röder 113 Cioli, Valerio di Simone  40, 44

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Colhardt, Johannes 115 Collaert, Adriaen  146, 158f. Collaert, Jan  146 Colloredo, Graf  156 Compenius d. J., Esaias  114 Conrad, Hans 102 Cort, Cornelis  38, 156f., 176 Cranach d. Ä., Lucas  148, 158 Cranach d. J. , Lucas  12, 100, 119, 134, 144, 156, 161, 168, 173, 175, 178 Daum, Christian  113 Daum, Martin  113 Deneke, Günther  36f., 39 Dieterich, Bildschnitzerfamilie in Leipzig  15 Dehne, Caspar  33 Dehne, Christoph  9, 16, 18, 29, 31, 33–43, 45, 56–59, 130, 134–138, 140, 142–144, 146, 150, 154, 156, 166, 182 Dietterlin, Wendel  39, 42 Dilich, Wilhelm  143 Ditterich, Bernhard  132–134, 136, 144, 161 Ditterich d. Ä., Franz  132f., 148 Ditterich d. Ä., Hans  132 Ditterich d. J., Franz  132 Dittrich, Matthes  16f. Döhnel, Zacharias  182 Dorothea Maria Herzogin von Sachsen-Weimar  16 Döteber, Christian Julius  25–28 Döteber, Franz Julius  9, 16f., 25–27, 29, 56f., 130–132, 136–138, 150 Dorothea Maria von Sachsen-Weimar, Herzogin  16 Dreißigmark, Maximilian  181 Drummer, Eva  116 Duden, Konrad  102 Eckhardt, Uriel  132 Edelmann, Jacob  39 Einsiedel  62, 68 Einsiedel, Adam Friedrich von  174 Einsiedel, Agnes von, geb. von Schönberg  71, 168, 174 Einsiedel, Agnes von, geb. von Schönfeld  70 Einsiedel, Agnes Dorothea von  71, 73 Einsiedel, Haubold von  70 Einsiedel, Heinrich Hildebrand (d. Ä.) von  70f., 158f., 168 Einsiedel, Heinrich Hildebrand (d. J.) von  159 Einsiedel  (III), Hildebrand von  25 Einsiedel, Rudolf Haubold  71–73, 159, 168 Einsiedel, Sophie von, geb. von Ponickau  70f. Eißmann, Thomas  99 Elisabeth Gräfin von Isenburg-Büdingen  112 Elisabeth Juliane, Wild- und Rheingräfin zu Salm-Neufville, verm. Gräfin Reuß  89 Ende, von (Adelsfamilie)  78 Engelschall, Johann Georg  96, 99, 102 Epstein-Königstein, Grafen von  90 Ernestine (Ernesta) von Schönburg-Hartenstein, geb. Reuß  99, 114 Ernst I. von Schönburg, Herr zu Glauchau und Waldenburg  107 Ernst III. von Holstein-Schaumburg  38 Ernst von Schaumburg-Lippe, Fürst  11, 34 Ertle, Sebastian  33–35, 38f., 154 Ertle, Sophia, geb. Wulf  35 Eywigk, Jonas  23f.

210

Faber, Christoph  75 Fasold, Hans  11 Ferdinand I., Kaiser  64 Ferdinand III., Kaiser  66 Fischer, Adam  101f. Fischer, Thomas  182 Flandereisen, Hans  14 Fleming, Abraham  55, 111, 113, 115, 118 Fleming, Paul  55, 106, 111–114, 118, 120, 130 Fleming, Sabina, verm. Scharschuch  112, 114 Foersterus, Johann  65 Franke, Erhard  55 Friedrich, David  60, 144, 148 Funk, Christiane, verm. Röhling  64 Funk, Hans  64 Fletin, Samuel de  115 Fuß, Friedrich  15–17, 25, 150 Floris, Frans  39 Galle, Philipp  146 Gebhardt, Johann  62, 74–76 Geilsdorf, Anna Maria von  55, 65, 111 Georg der Bärtige, Herzog  9 Giambologna  12, 34, 37f. Glöckler, Johann  149 Gölnitz, Bartholomäus  25, 27 Golzius (Goltzius etc.), Hendrick  38, 146, 150, 153, 156, 161f. Götze, Nicol  26 Grimmelshausen, Hans Jakob Christoffel von  67 Grohe (Krohe), Karl  140 Grünberger, Gebrüder  11 Gryphius, Andreas  67 Guckeien, Jacob  39 Günther, Nicolaus  113 Güntherroth, Ernst Christoph von  113 Gustav Adolf, König von Schweden  25 Gutwasser, Andreas  182 Gutwasser, Maria  182 Hahnel, Caspar  78, 150 Hahnel, Johan Caspar  178, 181 Hahnel, Magdalena, verm. Rechenberg  78 Hahnel, Samuel  178 Hainhofer, Philipp  10f., 13–15 Hammer, Mattheus  119 Hanel, Samuel  120 Hans Ernst von Schönburg  131 Hans Wolf von Schönburg  112 Hartmann, Georg  113 Hartung, Gabriel  93 Haugwitz, Elisabeth von  150 Heermann (sächs. Bildhauerfamilie)  116 Heermann, Johann George  178 Heermann, Zacharias  116 Hegewald, Michael  14, 16, 131–134, 136, 140f., 149f., 154, 177 Hegewald, Victoria  19 Hegewald, Zacharias  14, 16, 19f., 29, 132, 150 Heideck, Heinrich  138f., 148 Heilwagen, Euphemia, verm. Zechendorfer  109 Heinrich I., Vogt von Plauen  87 Heinrich I., Graf von Reuß  96 Heinrich I. Reuß-Obergreiz, ältere Linie  103 Heinrich I. Reuß-Saalburg, jüngere Linie  103 Heinrich II.,  von Reuß  89, 102

Anhang

Heinrich III., Graf von Reuß  89, 96 Heinrich VI., Burggraf  87 Heinrich IX., Graf von Reuß  78, 89–91, 96, 98–103 Heinrich X., Graf von Reuß  79 Heinrich XVI. von Reuß, jüngere Linie  109 Heinrich der Fromme, Herzog  9 Heinrich Postumus (Heinrich II. jüngerer Reuß von Plauen usw.)  87, 89, 91, 102, 109, 114 Heintz d. Ä., Joseph  38, 41 Hentschel, Walter  11, 13, 19, 23, 140 Hermann, George  21 Her(r)mann (5 Kinder des Michael: Friedrich, Dorothea, Rosina, Zacharias, Maria)  116 Her(r)mann, Magdalena  116 Her(r)mann, Michael  116 Her(r)mann, Zacharias  116 Herold, Andreas  23 Herzog, Emil  75, 148 Heschler, David  23 Hessen, Landgrafen von  90 Heyden, Christian  119 Heyden, Fabian  119, 182 Heyden, Regina  119, 182 Heydler, David  182 Heydler, Juliana  182 Hickmann, Anna Barbara  77, 138–140 Hickmann, Anna Maria  77, 138–140 Hickmann, Jeremias  138 Hierzig, Hans  154 Hillger (Hilger usw.) Hans  11, 20 Hilmer, Leopold  23 Höckerich, Christoph  113 Hök, Georg  112, 120 Holk (dän. Holck), Heinrich Graf von  100, 119, 144 Hölzel, Johann  113 Honstein, Grafen von  90 Holstein, Herzog von  11 Hopkorf, Christian von  35, 43, 134f., 146 Höpner, Marcus  140 Hübler, Christoph  112, 120f. Hübner, Rosina, verm. Schnorr  182 Hünefeld, Heinrich  16f., 138 Hünerkopf, Christoph  113 Hugo I. Herr von Schönburg  109 Hugo II. Herr von Schönburg  107, 109, 112, 114f., 130f. Hugo (III.) von Schönburg  114 Hummel, Günter  173 Iphoff, Wilhelm von  75 Isenburg-Büdingen, Grafen von  90 Jamnitzer, Wenzel  39 Jacob, Magdalena  112 Jacob, Virgilius  55f., 111–113, 130 Joachim Graf von Schlick  112 Jobst, Melchior  11 Jode, Gerard de  156 Johann Ernst von Sachsen, Herzog  161 Johann Friedrich von Sachsen, Kurfürst  161 Johann Georg I. von Sachsen, Kurfürst  144, 156f., 161 Johann Georg II. von Sachsen, Kurfürst  22f., 28, 61, 72, 156, 161, 181 Johann III. Herzog von Sachsen-Weimar  16, 161 Johansen (Johannes, etc.), Reinhold (Reinhard)  26

Personenregister

Kapup, Christoph  33, 39, 154 Katharina Gräfin von Schönburg, geb. Wild- und Rheingräfin  56, 110–114 Kayn, Melchior von  117 Keil, Paul  100, 150 Kerln, Georg  65 Kilian, Lucas  38, 41, 43f., 134f. Kirchbach, Christiana Elisabetha, verm. Blumberg  72 Kirchbach, Peter  25, 27, 72f., 143, 148, 151, 156, 168, 180 Klengel, Wolf Caspar (Kaspar) von  22f. Klintzsch, Hans  33, 39 Klippel (Klüpfel), Hans  55, 111, 113, 132 Klotz, Christoph  111 Klotz, Heinrich  111 Köhler, Christian  119, 159 Köhler d. Ä., Hans  132 Königsmarck, Adam von  58f., 136, 138 Körber, Jakob Andreas  26 Korn, Christian  117 Korn, Paul  117 Korn, Paulus  117 Kospoth, Erhard von  87 Kostitz, Johann von  17–19, 136 Kretzschmar, Johannes  115, 119 Kretzschmar, Johann Georg  60 Kreuter, Wolff  14 Kretzschmar, Hans Georg  20f. Kriebel, Georg (Jürgen)  15–17, 132 Krodel, Matthes  65 Krodel d. J., Wolfgang  140 Krohe (Grohe), Carl  140 Krüger, Christian  115 Kühn, Catharina, verm. Röhling 64 Kühn, Melchior  64 Kümmel, Joachim  60 Lauterbach, Tobias  98 Lebener, Martin  110 Lebzelter d. J., Thomas  15 Lehfeld, Paul  149 Lehmann, Christian  119 Lehmann, Carl  59 Lehmann, David  27 Leicher, Daniel  17, 27, 136 Leichsenring, Andreas  181 Lenck, Magdalena  182 Lenck, Michael  182 Liebig, Georg  28 Ligorio, Pirro  43 Linck, Michael  182 Lobkowitz, Sidonia von  165f. Lobwasser, Paul  131f. Lochow, Cuno von  135, 138, 166 Lochow, Georg von  34, 42, 47, 138 Lochow, Agnes von, geb. Werder 47 Longhena, Baldassare  21 Lorentz d. Ä., Andreas  131 Lorentz d. Ä., Samuel  131f., 150, 154 Lorentz d. Ä., Sebastian  9 Lorentz d. Ä., Uriel  131, 154 Lorentz d. J., Samuel  131 Lorentz d. J., Uriel  131 Luther, Martin  154

211

Mansfeld, Grafen von  90 Magwitz, Ernst von  76 Magdalena Gräfin von Schwarzburg-Rudolstadt  91 Maltz, Martin  113 Maria Juliane von Schönburg  112 Marschner, Balthasar  113f., 120f. Matham, Jacob  153 Maw d. Ä., Balthasar  150 Maw d. J., Balthasar  150 Maw, Barbara  150 Mayer, Hanns  149f. Mecklenburg, Herzöge von  90 Meder, Georg  113 Mehl, Joachim von  113 Meister H W  (s. Witten, Hans) Meltzer, Christian  64f., 72, 74, 78f., 111, 119, 140, 156, 158, 178, 182f. Meltzing, Ernst von  43, 134, 136–138 Merian, Matthäus  95 Metzner, N.  60, 178 Meyer, Catharina  111 Meyer, Simon  111 Meyerlein, Catharina, verm. Zechendorfer  109 Michael, Jost  103 Mittlacher, Johann  121 Moises (Moses/Moyses) d. J.,  Paul 60, 156 Moritz von Sachsen, Herzog  9, 10 Moses d. Ä., Paul  156 Müller, Dorothea, verm. Fleming  113 Müller, Godfridt  134 Müller, Philip  28 Nassau-Dillenburg, Grafen von  90 Nitzsche, Aßmus  65 Nosseni, Giovanni Maria  10f., 13–15, 17, 19, 21, 29, 38, 43, 130, 132, 134, 136, 143 Oeheim (Oheim), Margaretha geb. Wasserführer  27f., 168, 171 Oeheim (Oheim), Sebastian  27f., 168, 171, 180 Öllinger, Hans  60, 144 Oldenburg, Graf von  11 Otto Albert von Schönburg  114 Otto, Gottfried  123 Otto I. ,Wild- und Rheingraf  110 Permoser, Balthasar  24, 28 Perthes, Bartholomäus  100, 103, 150, 156f. Pesaro, Giovanni  22 Petzold (I), Joachim  9, 56, 60, 131f., 134, 140, 143 Petzold, Johann (I)  143f., 150 Petzold, Johann (II)  150, 166 Pfeifer, David  20 Pitzsch (Pietzsch), David  62, 74f., 95, 138, 168, 171 Plotho, Werner von  33 Ponickau, Sophie von, verm. von Einsiedel  70f., 158 Ponickau, Wolf von  20 Porta, Guglielmo della  161 Querfurt, Grafen von  90 Quitzow, Philipp von  150 Rabenstein, Catharina  113 Rabenstein, Christoph  113 Rabenstein, Paul  120 Rabenstein, Simon  115, 119

212

Ratzka, Thomas  37, 134, 136 Rebentisch, Johann  96 Rechenberg, von (Adelsfamilie)  78 Rechenberg, Johann (Hannßen, Hans)  78f., 150 Rechenberg, Magdalena, geb. Hahnel  78f., 150 Rechenbergk, Maria von  113 Renata Herzogin von Bayern, geb. Herzogin von Lothringen  95 Reußen (von Plauen)  87, 92, 103, 146 Richter, Catharina, verm. Behm  111 Richter, Christoph  150 Richter, Dorothea  118 Richter, Erasmus  78, 113, 118 Richter, Georg  111, 130 Richter, Laurentius (Lorenz)  78, 113, 118 Richter, Paulus  118 Richter, Wolf  113, 118, 178 Richter, jun. Wolf  118 Riemer, Johann  28 Rieneck, Grafen von  90 Ripa, Cesare  150 Röder, Michael  111, 113 Röhling, Christian  65 Röhling, Christina (Christiane), geb. Funk  46, 59, 119, 134, 136, 138, 140, 142, 154, 159 Röhling, Hans  64 Röhling, Johann  65 Röhling, Lorentz  64 Röhling sen., Markus  64 Röhling, Markus  64 Röhling, Oswald  64 Röhling, Ulrich (auch: Ullrich)  18, 19, 45f., 59, 62, 64f., 72, 119, 134, 136, 138, 140, 142, 144, 148, 154, 159 Röhling, Valentin  64 Rollenhagen, Georg  32 Rüdiger, Gertrud  140–142 Rüdiger d. Ä, Hans  140f. Rudolf II., Kaiser  114 Rudorff, Catharina  113 Rudorff, Christoph  113 Sadeler, Aegidius  39, 62, 146, 148, 173 Sadeler, fläm. Kupferstecher- und Kunsthändlerfamilie  38, 166 Sadeler, Johann (Jan) (I)  95, 158f., 161, 164, 176, 178 Sadeler, Raphael  156f., 176 Schade, Werner  12 Scharschuch, Anna Maria  112 Scharschuch, Christian  114, 119 Schauer, Judith  113 Schauer, Melchior  113 Schau(s), Heinrich  168, 181 Schedlich, Jacob  89 Scheicker (Scheickher), David  14 Scheidt, Samuel  118 Schein, Hieronymus  109 Schein, Johann Hermann  109 Schenderling, Andreas  96, 99 Scheutzlich, Christian  182 Schieferstein, Hans  15 Schiffner, Albert  78 Schindler, Bernhard  182 Schindler, Christian  119f. Schindler, Erasmus  168, 182 Schmidt, Bernhard  177, 181f. Schmidt, Eva  177, 181 Schmidt, Peter  95

Anhang

Schneider, Christoph  117 Schneider, Gertrud, geb. Weber  117 Schnorr, Johann  120 Schnorr, Rosina  168, 182 Schnorr, Veit Hans  120, 182 Schnorr von Carolsfeld, Hans (III)  183 Schnorr von Carolsfeld, Veit Hans  182f. Schönberg, Agnes von, verm. von Einsiedel  71 Schönberg, Caspar von  132 Schönburg (sächs. Grafen- und Fürstenfamilie)  80 Schönfeld, Agnes von, verm. von Einsiedel  70 Schönfels, von (sächs. Adelsfamilie)  78 Schönfels, Agnisa von, verm. von Watzdorf  76f., 79 Schöpffel (Schöffel), Zacharias  79 Schort, Paul  113 Schreiber, Peter  182 Schreiber, Rosina  182 Schreyvogel, Joachim  17 Schubert, Dorothea  113 Schubert, Wenzel  113 Schulze, Sebastian  138 Schütz, Heinrich  87, 89, 114f. Schwalbach, Johann Melchior von  19 Schwarzburg-Rudolstadt, Grafen von  90, 92 Schwar(t)z, Christoph  95, 158, 159, 176, 178 Schwarzenberg, Freiherren von  90 Schweinberger, Anton  38, 45 Seeling, Anna Polyxena  142, 182 Seeling, Jacob  64, 140, 142, 182 Seeling, Wolfgang  142, 182 Silbermann, Valentin  14–16, 25, 138f., 148, 156 Solis, Virgil  95, 178 Solms, Grafen von  90 Solms-Wildenfels, Grafen von  80 Sommer, Maria  116 Sophie von Sachsen, Kurfürstin  13 Sophie Hedwig von Sachsen, Herzogin  20f., 178, 181 Span, Sebastian  118 Span, Sigmund  118 Spranger, Bartholomäus  38f. Spranger, Cristina  39 Starschedel, Innocentius  12f. Starschedel, Marie Magdalene, verm. von Bose  66, 158 Stauch, Liselotte  37, 59 Stecher, Christoph  115 Steg (Schüler J. Böhms)  60 Stisser, Kilian  35, 38, 42, 56f., 134, 136–138, 142, 150 Stisser, Margarethe, geb. Heil  35 Stolberg, Grafen von  90 Stradanus, Johannes  146 Strauss, Zacharias  60 Stubing, Johann  23 Sybilla Leisabeth, Kurfürstin von Sachsen  110 Temper, Christoph  107 Tettau, Hans Wilhelm von  76 Tettau, Haubold von  76 Tettau, Hugo von  76 Thiem, Caspar  101 Thrum, Peter  99, 102f. Tilly, Johann Tserclaes Graf von  32, 144 Titze, Mario  14, 28, 56, 60 Tola, Benedetto  9f. Tola, Gabriele 9, 10 Trebsius, Christoph  118, 121

Personenregister

Trebsius, Anna Jacobina, verm. Richter  118 Trützschler, Hildebrandt Eichelberg von  116, 120 Trützschler, Sabina von, geb. von Bose  116 Trützschler, Wolf Friedrich von  116 Tryller, Caspar  17, 136 Tydecke, Levin  16f., 137–139, 146 Uhlich, Johann Immanuel  154 Unteutsch, Friedrich  166, 173 Veit von Schönburg  113 Veit von Schönburg-Lichtenstein  114 Veit IV. von Schönburg  114, 117, 120 Velde, Jan van de  32 Veltheim, Achim von  136f., 150 Vianen, Adam van  38, 43, 45 Vianen, Paulus van  38, 43 Vignola, Giacomo Barozzi  43 Vitzthum von Eckstedt, Marie (Maria) Sophie, verw. von Asseburg, verm. Freiin von Bose  66, 146 Vogel, Daniel  100 Vogel, Johann Jakob  25 Vos, Maarten (Maerten) de  154f., 158f., 161, 164–166, 170, 175f. Vries, Adriaen de  34, 38, 40, 47, 166 Vries, Hans Vredeman de  132f. Wallenstein, Albrecht Wenzel Eusebius von, Herzog von Friedland  144 Waltenmeyer, Margaretha  27 Walther (III), Andreas  10f. Walther (IV), Andreas  12 Walther (II), Christoph  10f., 154, 168 Walther (IV), Christoph  11, 13f., 132, 134, 154, 161, 163, 165 Walther, Christoph Abraham  23f., 28f. Walther (I), Hans  9 Walther (II), Hans  10 Walther, Michael  11f. Walther, Sebastian  9, 11–14, 19f., 29, 56f., 132, 134, 136, 144, 154, 161, 163, 168 Walther, Victoria  19 Wamboldt von Umbstädt, Anna Marie Freiin, verm. von Bose  66, 144–147, 149 Watzdorf, Agnisa von, geb. von Schönfels  76f., 79, 150, 153, 154 Watzdorf, Friedrich von  76, 150, 153f. Watzdorf, Georg Friedrich  76–79 Watzdorf, Jobst Heinrich von  76 Weber, Familie in Leipzig  25 Weber, Georg  26, 117 Weck, Caspar  113 Weck, Maria  113 Weise, Christoph  140 Weiß, Frank  78 Welsch, Familie in Leipzig  28 Wied, Grafen von  90 Wierix, Gebrüder  38 Wierix, Hieronymus  154f., 161, 164, 166, 170 Wilhelm, Heinrich  23 Winckler, Andreas  28 Witten, Hans  61, 182 Wolframsdorf, von (Adelsfamilie)  78 Wolffersdorff, Johann (Hans) von  17, 136 Wolffersdorff, Margarete  136 Wolf von Schönburg  114 Wolf II. von Schönburg  131

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Wulf, Sophia  35 Wulff, Bildhauerfamilie in Hildesheim  16, 34, 37, 39 Wulff, Ebert  37 Wulff, Hans  37 Wurmser von Schaffolsheim  77 Wurzbacher, Gabriel  96 Zechendorf(er / Zechendorff), Johann (Rektor)  75, 77, 109, 113, 118, 168, 180, 181 Zechendorfer, Catharina  113 Zechendorfer (Zechendorff), Johann (Pfarrer)  107, 109f., 113, 120, 130, 180 Zechendorfer, Michael (Diakon)  109 Zedler, Johann Heinrich  65 Zehvell (Zöphel), Adam von  181 Zetzner, Lazarus  95 Ziegler, Jacob  120 Zimmermann, Balthasar  107 Zinck, Wolf  26 Zobel, Anna Catharina, verm. Böhm  60, 181–183 Zobel, Enoch  60, 182 Zobel, Johann jun.  182 Zschuck, Jeremias  120 Zschuck, Joachim  120 Zuccaro, Federigo  156f., 176

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Anhang