Smart Mobility: Trends, Konzepte, Best Practices für die intelligente Mobilität [2. Aufl.] 9783658269791, 9783658269807

Mit diesem Buch gelingt der Einstieg in das Trendthema „Smart Mobility“ Dieses Buch bietet Ihnen einen umfassenden Zugan

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German Pages XXI, 356 [363] Year 2020

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Smart Mobility: Trends, Konzepte, Best Practices für die intelligente Mobilität [2. Aufl.]
 9783658269791, 9783658269807

Table of contents :
Front Matter ....Pages I-XXI
Einführung (Barbara Flügge)....Pages 1-6
Front Matter ....Pages 7-7
Ausgangssituation (Barbara Flügge)....Pages 9-51
Ecosystems Thinking: Gestaltungsrahmen für intelligente Mobilitätskonzepte (Barbara Flügge)....Pages 53-76
Digitalisierung auf dem Vorsprung (Ludwig Michael Haas, Ralf Helbig)....Pages 77-85
Das Smart Mobility-Ökosystem (Barbara Flügge)....Pages 87-106
Einmal Zukunft und Zurück (Barbara Flügge)....Pages 107-159
Front Matter ....Pages 161-161
Nutzungsszenarien I (Stefanie Baumann, Michael Püschner)....Pages 163-171
Nutzungsszenarien II (Barbara Flügge)....Pages 173-202
Indoor- und Outdoor-Navigation in Smart Mobility-Szenarien (Carsten Günther, Matthias Jöst)....Pages 203-214
Fallstudie: Mobilität im Kanton Basel-Stadt (Tomasz Janasz, Simon Kettner, Alain Groff)....Pages 215-231
Smart Ticketing (Senta Belay)....Pages 233-247
Front Matter ....Pages 249-249
Bausteine Intelligenter Mobilität (BIM) (Barbara Flügge)....Pages 251-264
Das Smart Mobility-Vorgehensmodell (Barbara Flügge)....Pages 265-284
Referenz-Architektur Smart Mobility (Nicolas Liebau)....Pages 285-295
Front Matter ....Pages 297-297
Identifizierung von Maßnahmen und operativen Umsetzungsbedarfen (Barbara Flügge)....Pages 299-301
Innovationen intelligent nutzen (Katrin Redmann)....Pages 303-314
Ein neues Serviceverständnis (Barbara Flügge)....Pages 315-325
Ein neues Rollenverständnis (Barbara Flügge, Stefanie Baumann, Michael Püschner, Volker Alberts)....Pages 327-338
Ein neues Werteverständnis (Barbara Flügge)....Pages 339-341
Back Matter ....Pages 343-358

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Barbara Flügge Hrsg.

Smart Mobility Trends, Konzepte, Best Practices für die intelligente Mobilität 2. Auflage

Smart Mobility

Barbara Flügge Hrsg.

Smart Mobility Trends, Konzepte, Best Practices für die intelligente Mobilität 2., erweiterte und aktualisierte Auflage

Hrsg. Barbara Flügge digital value creators (DVC) Bottighofen, Schweiz E-Mail: [email protected]

ISBN 978-3-658-26979-1    ISBN 978-3-658-26980-7 (eBook) https://doi.org/10.1007/978-3-658-26980-7  

Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar. Springer Vieweg © Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2016, 2020 Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung, die nicht ausdrücklich vom Urheberrechtsgesetz zugelassen ist, bedarf der vorherigen Zustimmung des Verlags. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Bearbeitungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Die Wiedergabe von allgemein beschreibenden Bezeichnungen, Marken, Unternehmensnamen etc. in diesem Werk bedeutet nicht, dass diese frei durch jedermann benutzt werden dürfen. Die Berechtigung zur Benutzung unterliegt, auch ohne gesonderten Hinweis hierzu, den Regeln des Markenrechts. Die Rechte des jeweiligen Zeicheninhabers sind zu beachten. Der Verlag, die Autoren und die Herausgeber gehen davon aus, dass die Angaben und Informationen in diesem Werk zum Zeitpunkt der Veröffentlichung vollständig und korrekt sind. Weder der Verlag, noch die Autoren oder die Herausgeber übernehmen, ausdrücklich oder implizit, Gewähr für den Inhalt des Werkes, etwaige Fehler oder Äußerungen. Der Verlag bleibt im Hinblick auf geografische Zuordnungen und Gebietsbezeichnungen in veröffentlichten Karten und Institutionsadressen neutral. Responsible Editor: Martin Börger In dieser Publikation wird auf Produkte der SAP AG oder eines SAP Konzernunternehmens Bezug genommen. SAP, R/3, ABAP, BAPI, SAP NetWeaver, Duet, PartnerEdge, ByDesign, SAP BusinessObjects Explorer, StreamWork, SAP HANA, das Business-Objects-Logo, BusinessObjects, Crystal Reports, Crystal Decisions, Web Intelligence, Xcelsius, Sybase, Adaptive Server, Adaptive Server Enterprise, iAnywhere, Sybase 365, SQL Anywhere, Crossgate, B2B 360° und B2B 360° Services, m@gic EDDY, Ariba, das Ariba-Logo, Quadrem, b-process, Ariba Discovery, SuccessFactors, Execution is the Difference, BizX Mobile Touchbase, It‘s time to love work again, SuccessFactors Jam und BadAss SaaS sowie weitere im Text erwähnte SAP-Produkte und Dienstleistungen sowie die entsprechenden Logos sind Marken oder eingetragene Marken der SAP AG in Deutschland oder eines SAP-Konzernunternehmens. Alle anderen Namen von Produkten und Dienstleistungen sind Marken der jeweiligen Firmen. Die Angaben im Text sind unverbindlich und dienen lediglich zu Informationszwecken. Produkte können länderspezifische Unterschiede aufweisen. Die SAP ist weder Autor noch He­rausgeber dieser Publikation. Der SAP Konzern übernimmt keinerlei Haftung oder Garantie für Fehler oder Unvollständigkeiten in dieser Publikation. Der SAP-Konzern steht lediglich für Produkte und Dienstleistungen nach der Maßgabe ein, die in der Vereinbarung über die jeweiligen Produkte und Dienstleistungen ausdrücklich geregelt ist. Aus den in dieser Publikation enthaltenen Informationen ergibt sich keine weiterführende Haftung. Springer Vieweg ist ein Imprint der eingetragenen Gesellschaft Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH und ist ein Teil von Springer Nature. Die Anschrift der Gesellschaft ist: Abraham-Lincoln-Str. 46, 65189 Wiesbaden, Germany

Geleitwort

Da wir in einer immer bevölkerungsreicheren, städtischen und vernetzten Welt leben, ist es offensichtlich, dass wir die Art und Weise, ob und wie wir Menschen und Güter bewegen, besser managen müssen. Mobilität zeichnet sich als immer kritischer werdendes Gemeingut ab – unabhängig von Branchen und Regionen. Von der Entwicklung des öffentlichen Verkehrs in Südamerika über Hochgeschwindigkeitszüge in China bis hin zu autonomen Lastkraftwagen und selbstfahrenden Autos in Kalifornien und Deutschland sehen wir in einigen Bereichen bereits einen schnellen Wandel, in anderen am Horizont. Das Prinzip der intelligenten Mobilität, der Smart Mobility, als übergreifendes Konzept für ein vernetztes und effizienteres Ökosystem ist daher für unser Zusammenleben, Wirtschaften und Bestehen lebensnotwendig. Ob Regierung, Stadt, Unternehmen oder Einzelperson, das Verständnis dafür, welche neuen Entwicklungen wo und wie stattfinden, sowie das Erkennen der damit verbundenen Chancen und Herausforderungen ist entscheidend, damit sie die richtigen Entscheidungen für eine mobile Zukunft treffen können. Dieses Buch ist ein wichtiger Beitrag zur Analyse, Diskussion und Konzeption und hilft, Mobilität als Gestalter von Ökosystemen im Sinne des Ecosystems Thinking auf kohärente und zugängliche Weise zu verstehen: • Indem wir das gesamte Ökosystem der intelligenten Mobilität betrachten, anstatt eine Facette oder Plattform zu priorisieren, hilft es uns, das Gesamtbild zu sehen: die Verbindung zwischen der digitalen und der physischen Welt zu sehen, sowohl die Bedürfnisse der Menschen als auch die der Ladung zu berücksichtigen und die zugrunde liegenden Bausteine für die neue Infrastruktur zu verstehen, geben uns diesen Einblick. • dies erlaubt es uns, durch die Untersuchung verschiedener Nutzungsszenarien auch die vielfältigen Möglichkeiten zu sehen, die sich ergeben könnten: Da es weltweit keinen universellen Plan gibt, sehen viele, dass verschiedene Mobilitätslösungen an verschiedenen Standorten eingesetzt werden, um unterschiedliche Bedürfnisse zu erfüllen, und folglich trägt die Berücksichtigung der unterschiedlichen Möglichkeiten von Verschiebungen wie Carsharing, Mobile Ticketing und Dynamic Pricing dazu bei, den Kontext für Veränderungen zu schaffen. V

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Geleitwort

Angesichts der großen Trends wie On-Demand-Mobilität, fahrerlose Fahrzeuge und elektrischer Transport, die sich inzwischen an führenden Standorten auf der ganzen Welt auswirken, ist es für alle wichtig, eine objektive und pragmatische Sicht darauf zu haben, wie sie sich auswirken können. Die Mobilitätslösungen einiger Länder und Städte werden schnell vorankommen, andere werden Zeit brauchen. Einige, vor allem in schnell wachsenden Volkswirtschaften, werden in der Lage sein, die heutigen Staats- und Regierungschefs zu überspringen, während andere um den Aufholprozess kämpfen werden. Wenn man etwa 50 Jahre in die Zukunft blickt, können viele eine Welt sehen, in der Mobilität zunehmend digital, sauber, sicher und effizient wird. Die Vision ist klar. Unsicher ist die Reise, die in einigen Bereichen holprig, klumpig und mit einigen falschen oder unvorhergesehenen Wendungen verlaufen wird. Wird der favorisierte Fortschritt reibungslos verlaufen? Es ist von entscheidender Bedeutung, Veränderungen im Kontext zu sehen: dieses Buch leistet einen wichtigen Beitrag dazu. Tim Jones Programmleitung, Future Agenda, London 2020

Vorwort

Uns hat mit dem mittlerweile etablierten Standardwerk Smart Mobility und seiner Ersterscheinung im Jahr 2016 eine überwältigende Nachfrage erreicht. Wir bedanken uns recht herzlich bei allen Leserinnen und Lesern aus Wirtschaft, Wissenschaft, Fort- und Weiterbildung und öffentlicher Verwaltung, die dies möglich gemacht haben. Wir bedanken uns ebenso für die zahlreichen Kontaktaufnahmen, Schilderungen Ihrer Mobilitätsvorhaben, Ihrer Thesis-Arbeiten, Projektaufgaben und Anfragen zu Interviews und Austausch! Das Buch ist mittlerweile zum Standardwerk avanciert, die Vorschläge der Herausgeberin und Autorenschaft finden in Zeiten von Pandemie und geopolitischen Verwerfungen Platz in Geschäftsleitungssitzungen und Enquete Kommissionen und Wirtschaftsforen, strukturieren Ideen bei dem Umbau von Industriebrachen und der Neugestaltung von bedarfsgerechten Angeboten durch Start-ups. Das Rad der Initiativen und Einflussfaktoren dreht sich schnell. Auch ohne Greta-Effekt reifte in den letzten Jahren die Erkenntnis: es braucht ein Miteinander und kein Gegeneinander! Ihnen allen ist es zu verdanken, dass wir jetzt hier die zweite, überarbeitete Auflage präsentieren dürfen! Wir bedanken uns recht herzlich bei Springer Vieweg und dem Lektorenteam für die Geduld, die es gerade für die Erstellung der zweiten Auflage gebraucht hat. In unserer zweiten Auflage setzen wir eine gelungene Annäherung an intelligenter Mobilität mit dem Anspruch Aravenas an pragmatischen Optimismus gleich: kostengünstig bedarfsgerecht und ökosystem-gerecht zu designen und zu „bauen“! Wie sieht dies im Detail aus? Pragmatischer Optimismus – so nennt Pritzker Preisträger 2016 Alejandro Aravena seine Arbeitsweise, um ganzheitliche Architekturkonzepte in ökonomisch benachteiligten Gebieten oder von Naturkatastrophen heimgesuchten Regionen umzusetzen. Ähnlich einem Architekten begeistert mich die Vielfalt und Komplexität von Ökosystemen und deren Herausforderungen. Die Ökosysteme, die uns anvertraut sind, die unseren Wohn- und Arbeitsraum beeinflussen, ob wir vor Ort tätig sind oder wenn wir sie bereisen, führen einen Wettbewerb um Aufmerksamkeit, Investitionen, Projektbudgets und innovative Köpfe wie der eines Herrn Aravena, der sich trotz Budgetknappheit und schier ausweglosen Bedingungen vor Ort mit einem Anspruch an Umsetzbarkeit auseinandersetzt und durchsetzt! VII

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Vorwort

Intelligente Mobilität anzubieten in Analogie des pragmatischen Optimismus  – geht das überhaupt? Wie sieht intelligente Mobilität in einem Landkreis in Südbayern aus und lässt sich das Lösungsportfolio auf eine Schweizer Mittelstadt übertragen? Eine Vielzahl an mobilitätsbezogenen Konferenzen, urbanen und regionalen Bürgerinitiativen, mehrere tausend Start-ups haben in den letzten drei bis vier Jahren mushroom-artig den Markt überschwemmt: teils aus dem Boden gestampft, teils sorgfältig geplant und teils voller Frustration machen sich insbesondere Nutzer und Anwender, Betroffene und Beteiligte auf dem Weg, um eine Veränderung zum Guten – weg von 3L (Luft, Licht- und Luftverschmutzung) und hin zu nachhaltiger, wirksamer Mobilität einzufordern. Mobilität als Grundbedürfnis eines jeden Mitbürgers an jedem Ort der Welt anbietbar und nutzbar zu machen, ist endlich angekommen in der öffentlichen Wahrnehmung! Dennoch zeugen gerade o. a. Aktivitäten von ganz viel Freiwilligkeit und wenig konzeptionellem Rahmenprogramm mit aktiver, stringenter Führungsfunktion. Den Grundrahmen zu schaffen, ist Aufgabe derer, die die Mittel bereitstellen und Wege freischaufeln können und sollten. Stattdessen beobachten wir zum Beispiel in Deutschland, dass eine Umweltinitiative sich stärker um eine nachhaltige und gerechte Lösung von 3L bemüht als das zuständige Ministerium. Es braucht Konsequenz unter Anwendung wirksamer Vorgehensmodelle. Und die Erkenntnis, dass ohne ganzheitliches Mobilitätsmanagement sich keine adäquate, langfristige Lösung abzeichnet für eine Urbanisation. Mehr denn je sollte in der Analogie eines Ökosystems konzipiert und umgesetzt werden. Jede Urbanisation, ob es sich um ein Ökosystem mit zwanzig Teilnehmern, mehreren hundert oder mehreren tausend Organisationen handelt, hat ihre Berechtigungund sucht ihren Fortbestand, ja ihre Existenz zu sichern. Mit unserem Ecosystems Thinking Ansatz lässt sich mittels einer über die Jahre aufgebauten Methodik die Identität und die Wertigkeit sowie die Stellgrößen einer Urbanisation entschlüsseln. Nicht immer ist Technologie dabei zwingend für einen Lösungsweg vorrangig. Vielmehr ist es eine Synthese von strategischen, organisatorischen, funktionalen und technischen Elementen flankiert von Innovationskraft und dem Mut zur Veränderung. Diese zweite Auflage erreicht uns alle in Zeiten einer Pandemie – bereits die erste Welle hat unsere Mobilität auf den Kopf gestellt. Detailliert gehen wir auf diese Veränderungen in unserer Initiative #mobilitymovesminds ein. Die vorliegende zweite Auflage ist die Grundlage dafür, um Mobilität als Grundhaltung und Erwartungshaltung zu begreifen und anzuerkennen! Denn Mobilität erfüllt ein Grundbedürfniss des Menschen und gleichzeitig drückt es eine Erwartungshaltung an Gestalter und Entscheider aus, verantwortungsvoll mit unserer Mobilität umzugehen. Standorte ohne Anbindung sind Lebensräume der Vergangenheit. Dies würde jeder zweifelsfrei bestätigen. Doch wie weit ziehen wir unseren Denk- und Entscheidungsansatz in Bezug auf Anbindungsfähigkeit? Lassen sich tatsächlich ganzheitliche Konzepte auch für kleinere Ökosysteme und Mittelstädte mit wenig Mitteln und einer schwindenden Innovationskraft umsetzen? In meinen Arbeiten mit Entscheidern, Vorwärtsdenkern, Unternehmen und Behörden, Non-Profit-Organisationen und Start-ups wurde meine Bitte und manchmal auch Forderung nach ökosystemweiten Betrachtungen selten abgelehnt. Im Gegenteil, mir begegnen

Vorwort

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Neugierde und Interesse an dem Geschehen vor Ort. Oft kommt die Frage nach dem Wie und Wann, noch öfter die Frage nach einem Fahrplan, wann welche Schritte sich eignen würden. Darüber hinaus lassen sich oftmals Einzelinitiativen beobachten, die sich in einem großen Ganzen weit zielführender und effektiver bewältigen lassen. Wie lassen sich – so die häufige Frage  – Einzelkämpfer unterstützen? Wo findet Qualifikation und wo ­Begleitung statt? Nicht selten nehmen Organisationen, Interessensvertreter und Mitarbeiter Aufwände in Kauf und gehen Extrameilen. Denjenigen ist dieses Buch gewidmet! In der zweiten Auflage setzen wir die bewährte Struktur fort. Hintergrundinformationen und Nutzungsszenarien geben sich die Hand. Vorgehensmodell und BIM (Bausteine Intelligenter Mobilität) werden zum Werkzeugkasten. Digitale Nachhaltigkeit baut auf den zwei Pfeilern auf und setzt sich in der Smart Mobility Referenzarchitektur fort. Spannende Beiträge erwarten Sie von meinen Beitragsautoren. Wir geben Einblicke und Inputs, Vorschläge und Beispiele aus vielen unterschiedlichen Blickwinkeln sowie Detailtiefe. Bewusst findet eine Auseinandersetzung von Themen in unterschiedlichen Kapiteln statt. Ich wünsche spannende Lesemomente und freue mich auf Ihr Feedback dazu! Ich stehe für eine nahtlose Integration von digitaler und physischer Mobilität und hohe Skalierbarkeit im Dienste der Klienten und Belegschaft, kontaktieren Sie mich unter [email protected]  oder unter https://www.digitalvaluecreators.com – Sie erhalten Einblick in die berühmte Black Box und stellen mehr Licht als Schatten fest und Lösungen außerhalb des Establishments für eine bedarfsgerechte und nachhaltige Mobilität die Sie und Ihre Unternehmung auch mittel- und langfristig nach vorne bringt. Barbara Flügge, Gründerin, Social Digitalist und Wachstumsberaterin digital value creators (DVC) Bottighofen 2020 

Inhaltsverzeichnis

1 Einführung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .   1 Barbara Flügge Literatur������������������������������������������������������������������������������������������������������������������   6 Teil I  Trendthema Smart Mobility 2 Ausgangssituation. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .   9 Barbara Flügge 2.1 Auf dem Weg zu einer besseren Mobilität����������������������������������������������������  11 2.2 Vorgehensweise zur Bewertung von Mobilität ��������������������������������������������  17 2.3 Verkehrsaufkommen im Personenverkehr����������������������������������������������������  18 2.4 Kauf- und Nutzerverhalten im Personenverkehr������������������������������������������  20 2.5 Wirtschaftsfaktor Reisen������������������������������������������������������������������������������  22 2.6 Wirtschaftsfaktor Güterverkehr��������������������������������������������������������������������  26 2.7 Mobilität als Garant für erfolgreiches Supply Chain Management��������������  29 2.8 Mobilitätsschaffung, Mobilitätserhalt, Verkehrssicherheit und Nachhaltigkeit ����������������������������������������������������������������������������������������������  33 2.8.1 Mobilitätsschaffung��������������������������������������������������������������������������  33 2.8.2 Mobilitätserhalt ��������������������������������������������������������������������������������  37 2.8.3 Sicherheit und Nachhaltigkeit����������������������������������������������������������  39 2.9 Systeme, Trends und Plattformen ����������������������������������������������������������������  41 2.9.1 Intelligente Verkehrssysteme (IVS)��������������������������������������������������  41 2.9.2 Industrie 4.0 und das Internet der Dinge������������������������������������������  46 2.9.3 Open Source und Digitale Plattformen ��������������������������������������������  47 Literatur������������������������������������������������������������������������������������������������������������������  49 3 Ecosystems Thinking: Gestaltungsrahmen für intelligente Mobilitätskonzepte. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .  53 Barbara Flügge 3.1 Einführung in den Begriff des Ökosystems��������������������������������������������������  53 3.1.1 Natürliche Lebensräume ������������������������������������������������������������������  53 3.1.2 Von Wirtschaftsgefügen und anderen Ökosystemen������������������������  54 XI

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3.1.3 Das digitale Ökosystem��������������������������������������������������������������������  59 3.2 Von Nutzern und Personas����������������������������������������������������������������������������  62 3.2.1 Das Ökosystem durch Konsumentenverhalten erfassen und gestalten��������������������������������������������������������������������������������������������  62 3.2.2 Der digitale Konsument��������������������������������������������������������������������  64 3.2.3 Die Kunden von morgen – Persona Analyse mit den Persona Setcards ��������������������������������������������������������������������������������������������  65 3.3 Von Services und Interaktionen��������������������������������������������������������������������  67 3.3.1 Services, das Handelsgut für intelligente Anwendungen������������������  67 3.3.2 Das Rollenmodell im Internet der Dienste���������������������������������������  69 3.4 Nutzungsszenarien und Anwendungsfälle����������������������������������������������������  74 Literatur������������������������������������������������������������������������������������������������������������������  75 4 Digitalisierung auf dem Vorsprung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .  77 Ludwig Michael Haas und Ralf Helbig 4.1 Dynamik��������������������������������������������������������������������������������������������������������  78 4.2 Wertschöpfung����������������������������������������������������������������������������������������������  79 4.3 Transformation����������������������������������������������������������������������������������������������  80 4.4 In der Anwendung����������������������������������������������������������������������������������������  81 4.5 Ausblick��������������������������������������������������������������������������������������������������������  83 Literatur������������������������������������������������������������������������������������������������������������������  85 5 Das Smart Mobility-Ökosystem. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .  87 Barbara Flügge 5.1 Mobilität als Impuls und Smart Mobility als Gestaltungselement in den Ökosystemen dieser Welt������������������������������������������������������������������������������  88 5.2 Die Rollenverteilung ������������������������������������������������������������������������������������  90 5.3 Smart Mobility Rollenmodell ����������������������������������������������������������������������  94 5.4 Dienstehandel und Diensteanreicherung������������������������������������������������������  98 5.5 Smart Mobility-Ökosystem�������������������������������������������������������������������������� 106 Literatur������������������������������������������������������������������������������������������������������������������ 106 6 Einmal Zukunft und Zurück. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 107 Barbara Flügge 6.1 Gute Aussichten? Das Jahr 2050������������������������������������������������������������������ 107 6.2 Positionsbestimmungen – Und 20 Städte im Blick�������������������������������������� 113 6.2.1 50 Personas und der Nutzen einer Smart Mobility �������������������������� 113 6.2.2 Intelligente Mobilität – Vorbereitungen für 2050 | Getting ready for 2050 ���������������������������������������������������������������������������������� 118 6.2.3 Ergebnisse im Detail | Detailed results �������������������������������������������� 120 6.3 Zurück in die Gegenwart������������������������������������������������������������������������������ 157 Literatur������������������������������������������������������������������������������������������������������������������ 159

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Teil II  Smart Mobility im Einsatz 7 Nutzungsszenarien I. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 163 Stefanie Baumann und Michael Püschner 7.1 Smart Services���������������������������������������������������������������������������������������������� 165 7.1.1 Mobilitätsplattformen zur Routenoptimierung und verkehrsträgerübergreifende Ticketbuchung������������������������������������ 165 7.1.2 Parkraumsuchverkehr������������������������������������������������������������������������ 166 7.1.3 Vernetzte und Automatisierte Logistik��������������������������������������������� 167 7.1.4 Neue Flexibilität im öffentlichen Verkehr���������������������������������������� 167 7.2 Smart Data���������������������������������������������������������������������������������������������������� 168 7.3 Smart Products���������������������������������������������������������������������������������������������� 169 7.4 Smart Spaces������������������������������������������������������������������������������������������������ 170 7.5 Ein neues Rollenverständnis ������������������������������������������������������������������������ 170 Literatur ���������������������������������������������������������������������������������������������������������������� 171 8 Nutzungsszenarien II . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 173 Barbara Flügge 8.1 Personas auf Reisen�������������������������������������������������������������������������������������� 174 8.1.1 Medical Tourists und begleitetes Reisen������������������������������������������ 174 8.1.2 Mobilitätsmanagement für Facility und Anlagen-Management ������ 178 8.1.3 Das Individuelle, personalisierte Mobilitätskonto���������������������������� 179 8.2 Intermodal und autonom unterwegs�������������������������������������������������������������� 183 8.2.1 Anspruch eines ganzheitlichen Mobilitätsmanagements������������������ 183 8.2.2 Intermodal unterwegs in der Stadt���������������������������������������������������� 184 8.2.3 Intermodal unterwegs auf dem Land������������������������������������������������ 185 8.2.4 Autonomes Fahren���������������������������������������������������������������������������� 188 8.3 Vernetzung von Prozessen���������������������������������������������������������������������������� 192 8.3.1 Im Zeitalter von Industrie 4.0 und Circular Economy���������������������� 192 8.3.2 Verkehrsknotenpunktanalyse und Ableitung eines Maßnahmen-­ Kataloges������������������������������������������������������������������������������������������ 193 8.4 Mobilitätsrelevante Diagnostik �������������������������������������������������������������������� 196 8.4.1 Verkehrsbezogene Auswertungen ���������������������������������������������������� 196 8.4.2 Persona relevante Auswertungen������������������������������������������������������ 196 Literatur������������������������������������������������������������������������������������������������������������������ 200 9 Indoor- und Outdoor-Navigation in Smart Mobility-Szenarien. . . . . . . . . . . . 203 Carsten Günther und Matthias Jöst 9.1 Einführung���������������������������������������������������������������������������������������������������� 203 9.2 Indoor-/Outdoor-Navigation im Mobilitätsumfeld – Anforderungen und Nutzen ���������������������������������������������������������������������������������������������������������� 205

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9.3 Technische Voraussetzungen���������������������������������������������������������������������� 207 9.3.1 Geodaten und Kartenmaterial ������������������������������������������������������ 207 9.3.2 Verfahren zur Indoor-Lokalisierung��������������������������������������������� 209 9.3.3 Visualisierung ������������������������������������������������������������������������������ 210 9.3.4 Navigationsanweisungen – landmarkenbasierte Navigation�������� 212 9.4 Verknüpfung der Indoor-Navigation mit Geschäftsmodellen ���������������������� 212 Literatur������������������������������������������������������������������������������������������������������������������ 213 10 Fallstudie: Mobilität im Kanton Basel-Stadt. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 215 Tomasz Janasz, Simon Kettner und Alain Groff 10.1 Einleitung���������������������������������������������������������������������������������������������������� 215 10.2 Mobilitätsstrategie Basel-Stadt ������������������������������������������������������������������ 217 10.2.1 Verkehrspolitische Ziele und strategische Schwerpunkte������������ 217 10.2.2 Aktionsplan und Maßnahmenbündel�������������������������������������������� 220 10.2.3 Kritische Würdigung�������������������������������������������������������������������� 220 10.2.4 Fazit und Empfehlungen �������������������������������������������������������������� 224 10.3 Zehn Jahre später: Rückblick und Ausblick������������������������������������������������ 225 10.3.1 Hat das 10 %-Reduktionsziel die Verkehrsplanung positiv beeinflusst?������������������������������������������������������������������������������������ 225 10.3.2 Was lernen wir daraus? ���������������������������������������������������������������� 227 10.3.3 Ausblick���������������������������������������������������������������������������������������� 228 Literatur������������������������������������������������������������������������������������������������������������������ 230 11 Smart Ticketing. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 233 Senta Belay 11.1 Werdegang des Ticketings�������������������������������������������������������������������������� 234 11.1.1 Der Fahrschein als Gestaltungselement���������������������������������������� 234 11.1.2 Die nutzungsabhängige bzw. subskriptionsbasierte Abrechnung���� 239 11.2 Der Weg zu Smart Ticketing ���������������������������������������������������������������������� 240 Literatur������������������������������������������������������������������������������������������������������������������ 246 Teil III  Die Zukunft der Mobilität 12 Bausteine Intelligenter Mobilität (BIM). . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 251 Barbara Flügge 12.1 Smart Mobility-Programm-Management���������������������������������������������������� 253 12.2 Smart Services�������������������������������������������������������������������������������������������� 256 12.3 Smart Data�������������������������������������������������������������������������������������������������� 261 12.4 Smart Products�������������������������������������������������������������������������������������������� 262 12.5 Smart Spaces���������������������������������������������������������������������������������������������� 264

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13 Das Smart Mobility-Vorgehensmodell . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 265 Barbara Flügge 13.1 Explorative Phase���������������������������������������������������������������������������������������� 267 13.2 Sondierungsphase �������������������������������������������������������������������������������������� 268 13.3 Initiierungsphase ���������������������������������������������������������������������������������������� 268 13.4 Fitness-Check���������������������������������������������������������������������������������������������� 273 13.5 Marktzugangs-Check���������������������������������������������������������������������������������� 278 13.6 Kontext-Check�������������������������������������������������������������������������������������������� 279 Literatur������������������������������������������������������������������������������������������������������������������ 284 14 Referenz-Architektur Smart Mobility . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 285 Nicolas Liebau 14.1 Architektur im Überblick���������������������������������������������������������������������������� 285 14.2 Netzwerkschicht������������������������������������������������������������������������������������������ 286 14.3 Cloud-Schicht �������������������������������������������������������������������������������������������� 287 14.3.1 Infrastrukturschicht ���������������������������������������������������������������������� 287 14.3.2 Plattformschicht���������������������������������������������������������������������������� 288 14.3.3 Anwendungsschicht���������������������������������������������������������������������� 292 14.3.4 Digital Composition-Schicht�������������������������������������������������������� 292 14.4 Smart Mobility Access und Smart Mobility Front End������������������������������ 293 14.5 Fazit������������������������������������������������������������������������������������������������������������ 293 Literatur������������������������������������������������������������������������������������������������������������������ 293 Teil IV  Handlungsempfehlungen 15 Identifizierung von Maßnahmen und operativen Umsetzungsbedarfen. . . . . 299 Barbara Flügge 16 Innovationen intelligent nutzen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 303 Katrin Redmann Literatur������������������������������������������������������������������������������������������������������������������ 312 17 Ein neues Serviceverständnis. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 315 Barbara Flügge 17.1 Mobility-as-a-Service (MaaS) aus Sicht von UbiGo���������������������������������� 316 17.2 Das Geschäftsmodell von MaaS ���������������������������������������������������������������� 320 Literatur������������������������������������������������������������������������������������������������������������������ 325 18 Ein neues Rollenverständnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 327 Barbara Flügge, Stefanie Baumann, Michael Püschner und Volker Alberts 18.1 Voraussetzungen für das Ökosystem Mobilität������������������������������������������ 328 18.2 Smart Mobility ganzheitlich begegnen ������������������������������������������������������ 329

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Inhaltsverzeichnis

18.3 Politische Rahmenbedingungen und Freiheitsgrade für Smart Mobility�������� 334 18.4 Transformation kontextuell umsetzen�������������������������������������������������������� 337 Literatur������������������������������������������������������������������������������������������������������������������ 338 19 Ein neues Werteverständnis. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 339 Barbara Flügge Glossar. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 343 Weiterführende Literatur. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 349 Stichwortverzeichnis. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 351

Über die Autoren

Volker Alberts  Volker Alberts ist Senior Experte für den Bereich urbane Mobilität. Als Verkehrsplaner beschäftigt sich Volker Alberts bereits seit mehr als einem Jahrzehnt mit Fragestellungen rund um nächste Stufen der Evolutionsgeschichte des österreichischen Mobilitätssystems. Die aktuellen Kernaktivitäten von Volker Alberts spannen sich unter dem Leitthema Mobility-as-a-Service auf und reichen von Sharing Mobility über urbane Güterlogistik bis hin zu Living-Lab-Konzepten. Seine Vorhaben führten ihn unter anderem zu AustriaTech und AIT. Er setzt sich national und international aktiv für die Umsetzung und Förderung eines modernen, leistungsfähigen und leistbaren Mobilitätssystems ein. Hans Arby  Hans Arby ist der CEO von UbiGo Innovation sowie einer der Initiatoren und treibende Kraft der erfolgreichen Entwicklung und Erprobung von UbiGo in Göteborg, ist der erste voll integrierte Mobilitätsdienst (MaaS) für städtische Haushalte und Unternehmen. Der UbiGo-Dienst wurde 2018 in Stockholm neu gestartet. Er bietet ein Abonnement für Mobilität statt Autobesitz, das Verkehrsmittel wie Personennahverkehr, Car­ sharing, Mietwagen und Taxis kombiniert. Hans Arby hält einen Masters Degree in Elektrotechnik und verfügt über 30 Jahre Erfahrung in den Bereichen Marketing, Kommunikation, Vertrieb und Geschäftsentwicklung in verschiedenen Branchen und Organisationen. In den letzten 15 Jahren konzentrierte er sich auf nachhaltiges Reisen und ITS für den öffentlichen und privaten Sektor und leistete strategische Unterstützung für Städte bei der Entwicklung von Verkehrsstrategien und langfristiger Planung und Vermarktung öffentlicher Verkehrsmittel sowie Expertise in der Entwicklung von Geschäftsmodellen und Verhaltensänderungen in mehreren Projekten auf nationaler und EU-Ebene. Er ist zudem Lead-Trainer für die UITP MaaS Trainings. Stefanie Baumann  Seit 2017 ist Stefanie Baumann in der Geschäftsstelle der Helmholtz-­ Gemeinschaft Deutscher Forschungszentren für den Bereich Luftfahrt, Raumfahrt und Verkehr verantwortlich. Zuvor arbeitete sie als wissenschaftliche Referentin bei acatech – Deutsche Akademie der Technikwissenschaften, u. a. zu den Themen vernetztes und auto-

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Über die Autoren

matisiertes Fahren, Industrie 4.0 und digitale Plattformen. Stefanie Baumann studierte internationale Betriebswirtschaftslehre und politische Ökonomie mit dem Schwerpunkt Innovation und technologischer Wandel. Sentayehu  Tessema  Belay  Senta Belay arbeitet als Senior Solution Experte bei SAP America. Sein Fokus liegt auf der Reise- und Transportindustrie und in der Vermittlung und Beratung technischer Innovationen in Bahn- und Kreuzfahrtunternehmen und Unternehmen des öffentlichen Personennahverkehrs. Senta Belay besitzt einen MBA Abschluss der China Europe International Business School (CEIBS), Shanghai. Er hat einen Bachelor of Science und ein postgraduiertes Diplom in Nautik sowie ein Marine Offizierspatent. Während seiner Tätigkeit als Marineoffizier bereiste Herr Belay die Welt und arbeitete für und mit zahlreichen Unternehmen, bevor er in die IT-Branche wechselte. Barbara Flügge  Dr. Barbara Flügge ist Visionärin und Akteurin. Mit der Gründung von digital value creators (DVC) (https://www.digitalvaluecreators.com), der Boutique Beratung für wertschöpfende Vernetzung und Wachstum in neuen und digitalen Märkten, konzentriert sich Barbara Flügge für ihre Mandanten auf die Kundengewinnung in neuen Märkten: sie erarbeitet Lösungen für Produkt- und Dienstleistungsunternehmen zu Fragen nach Positionswechseln von Geschäftspartnern und deren Auswirkung auf den Klienten und dessen zukünftiger Marktposition. Sie konzipiert, erprobt und realisiert digitale Geschäfts- und Rollenmodelle für und trotz des laufenden Betriebs eines Unternehmens. Realisierte Umsetzungsstrategien sind Barbara’s Spezialität. Konzerne und KMUs nutzen die Chance, sich mit Barbara’s Unterstützung in neuen Märkten zu positionieren. Wissen und Expertise aus mehreren Hundert Projekten, Workshops, Recruiting und Teamentwicklungen für Managementberatungen, SAP, diversen Industrien und Startups nutzt sie für die Erarbeitung der Zukunftskompetenzen eines Unternehmens: Executives und Führungskräfte nutzen ihre Innovationsmanagement und Kreativität, ihre Tools und Methoden reichern die Transformation an für Belegschaft und Teams. Barbara Flügge arbeitet für Sie als Beraterin, Autorin, Speaker, Panelist, Coach und Herausgeberin lokal und international. Kontaktaufnahme erfolgt über [email protected] unter dem Stichwort: #MobilityMovesMinds. Alain Groff  Alain Groff leitet seit 2009 das Amt für Mobilität (www.mobilitaet.bs.ch) des Kantons Basel-Stadt. Das Amt ist verantwortlich für die integrale Planung und Steuerung des Verkehrssystems. Nach dem Studium an der Universität Stuttgart (Dipl.-Ing. Bauwesen) hat Alain Groff für die Basler Verkehrs-Betriebe, das Verkehrsministerium von Luxemburg und TTK Karlsruhe gearbeitet. Für Basel-Stadt ist er seit 2001 tätig. Carsten Günther  Dr. Carsten Günther leitet die Guenter AI Consult, Bammental. Von 2007 war er für die Heidelberg mobil international GmbH als CTO tätig und von 2012 bis 2020 einer der beiden Geschäftsführer. Zuvor war er in verschiedenen leitenden Positio-

Über die Autoren

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nen bei der IBM Deutschland tätig. So koordinierte er über viele Jahre die europaweiten Forschungs- und Entwicklungstätigkeiten der IBM im Bereich der telefoniebezogenen Sprachtechnologien. Dr. Günther ist 2011 in den Vorstand der bwcon, dem Technologieund Innovationsnetzwerk in Baden-Württemberg (http://www.bwcon.de) gewählt worden und leitet dort die Arbeitssäule „Mobile-IT und Satellitennavigation“. Außerdem engagiert er sich im Kompetenznetzwerk NoAE (Network of Automotive Excellence). Ludwig Haas  Ludwig Haas betreut als Partner bei Detecon in der Industry Practice „Mobility“ Kunden der Transport- und Logistikbranche mit Schwerpunkt der digitalen Transformation in Marketing und Vertrieb, Bahnbetrieb und Logistik sowie Mobilität der Zukunft. Nach seinem Studium zum Wirtschaftsingenieur und Stationen bei Andersen Consulting, Ernst & Young Consulting in den U.S.A. und den Aufbau einer eigenen Managementberatung gelangte Ludwig Haas im Jahr 2010 zu Detecon, wo er sich seitdem u. a. intensiv mit Mobilitätsplattformen in der Schweiz und in Deutschland auseinandersetzt. Herr Haas ist seit 2006 Mitglied des Münchner Kreis, seit 2017 Mitglied des Forschungsausschusses und leitet seit Frühjahr 2016 den Arbeitskreis intelligente und vernetzte Mobilität. Ralf Helbig  Seit August 2019 ist Dr. Ralf Helbig CEO der Detecon (Schweiz) AG. In den Tätigkeitsbereichen der Detecon (Schweiz) AG gehören insbesondere die Bereich Public, Healthcare & Industries. Dr. Ralf Helbig war vorher als Managing Partner und Mitglied der Geschäftsleitung den Bereich Public & Industries in der Detecon (Schweiz) AG tätig und 2017 als Interims-CIO der Telecommunication Company Iran. Zuvor leitete er seit 2007 bei Detecon International die Bereiche Travel Transport Logistics sowie IT Strategy und Enterprise Architecture Management. Von 2002 an arbeitete er als Berater in der Schweiz und begleitete vor allem ein globales Pharmaunternehmen bei der Globalisierung des IT-Managements. Vor seinem Einstieg in die Beratungsbranche hatte er seine Habilitation in Unternehmensführung und Prozessmanagement an der Universität Bonn abgeschlossen, an der er noch heute als Privatdozent tätig ist. Parallel dazu führte er diverse Beratungsprojekte u. a. die Sanierung einer Softwareentwicklungsfirma im Bereich Entwicklung und Kundendienst durch. Tomasz Janasz  Dr. Tomasz Janasz hat Betriebswirtschaft an den Universitäten Hamburg und St. Gallen sowie an der Schumpeter School of Business an Economics der Universität Wuppertal studiert. In seiner Doktorarbeit ist er dem Paradigmenwechsel und der Digitalisierung im Stadtverkehr nachgegangen. Heute ist er als Senior Innovation Expert für künstliche Intelligenz und Machine Learning bei SAP tätig. Tim Jones  Dr. Tim Jones ist ein anerkannter Experte für Innovation, Wachstum und Zukunft. Er ist Autor und Herausgeber von 10 Büchern und regelmäßiger Referent über Innovationsführerschaft, Wachstumsplattformen und Zukunftstrends. Seit über 25 Jahren arbeitet er mit vielen führenden multinationalen Unternehmen, Regierungen und Univer-

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Über die Autoren

sitäten zusammen, um neue Möglichkeiten zu identifizieren. Tim ist führend in kollaborativen Programmen und hat sich einen Namen gemacht, indem er Unternehmen dabei unterstützt hat, die Welt durch eine andere Perspektive zu betrachten und so neue Bereiche für potenzielles Wachstum zu erschließen. Tim Jones ist Programmdirektor der Future Agenda – dem weltweit größten offenen Zukunftsforschungsprogramm. Das Forschungsprojekt, das 2010 zunächst von der Vodafone-­Gruppe unterstützt wurde, befindet sich nun im fünften Jahr. Es ist ein großes disziplinübergreifendes Projekt, das einige der besten Köpfe aus der ganzen Welt vereint, um die größten Herausforderungen des nächsten Jahrzehnts anzugehen. Im Jahr 2015 betrachtete das zweite Programm der Zukunftsagenda die Welt im Jahr 2025. In Zusammenarbeit mit 50 Gastgebern weltweit wurden 24 Themen behandelt und der Dialog mit Experten aus über 4000 Organisationen auf 120 Veranstaltungen in 45 Städten weltweit aufgenommen. Komplementäre Online- und Social Media-Inputs haben eine direkte Interaktion mit über 100.000 Konsumenten und zusätzliche Inputs aus 180 Ländern zur Folge. Die Erkenntnisse aus dem Programm werden über mehrere Plattformen wie www.futureagenda.org frei ausgetauscht, so dass alle besser darüber informiert sind, was andere über das nächste Jahrzehnt denken und so bessere Entscheidungen treffen können. Matthias Jöst  Dr. Matthias Jöst beschäftigt sich seit 1998 mit mobilen ortsbezogenen Diensten und Geoinformatik. Zunächst als Wissenschaftler am privat-finanzierten Forschungsinstitut European Media Laboratory GmbH und der Universität Heidelberg mit besonderem Fokus auf die Fußgänger-Navigation in urbanen Räumen. Später überführte er die von ihm mitentwickelte Deep Map Technologie in eine kommerzielle Nutzung und Ausgründung, der Heidelberg mobil international GmbH, der er heute als einer der beiden Geschäftsführer vorsteht. Simon Kettner  Simon Kettner leitet seit 2010 die Abteilung Mobilitätsstrategie im Amt für Mobilität des Kantons Basel-Stadt. Sein Team erarbeitet die strategischen Grundlagen für die Mobilitätsplanung und -steuerung des Kantons Basel-Stadt. Simon Kettner hat sein Studium als Bauingenieur mit Vertiefungsrichtung Verkehrsplanung an der ETH Zürich 1991 abgeschlossen. Er arbeitete anschliessend fast 20 Jahre für private Ingenieurbüros in verschiedenen Bereichen der Verkehrsplanung, unter anderem intensiv mit Verkehrsmodellen und Verkehrsprognosen. Nicolas Liebau  Dr. Nicolas C. Liebau studierte Wirtschaftsingenieurswesen und Elek­ trotechnik an der Technischen Universität Darmstadt. Anschließend erhielt er ein Promotionsstipendium der Deutschen Forschungsgemeinschaft am Multimedia Communications Lab (KOM) der Technischen Universität Darmstadt. In 2008 wurde im der Dr.-Ing. mit Auszeichnung für seine Arbeit im Bereich Accounting in Peer-to-Peer-Systemen verliehen. Dafür erhielt er den KuVS Dissertationspreis. Nicolas Liebau leitete die Peer-toPeer Networking Gruppe des KOM von 2006 zu 2009. Seit dieser Zeit ist er Mitglied des Aufsichtsrats der montionet AG.

Über die Autoren

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Anfang 2010 wechselte Nicolas Liebau zu SAP Research, der Forschungsabteilung der SAP SE. In der Rolle als Intrapreneur im Bereich Internet der Dinge sorgte er für die Identifizierung neuer Geschäftsmöglichkeiten für SAP in diesem Bereich. In 2011 übernahm er eine strategische Rolle in der SAP Business Web Initiative, die zum Ziel hatte, eine neue Cloud Plattform für das Internet der Dinge und mobile Anwendungen zu schaffen. Hier war er in die Projekte des SAP Networked Logistics Hubs und des SAP Asset Intelligence Network involviert. In 2013 wechselte er zur Organisationseinheit Product and Innovations von SAP SE. Seitdem verantwortet er in der Produktmanagementgruppe SAP Leonardo IoT als Chief Product Owner innovative Cloud-Lösungen. Michael Püschner  Michael Püschner betreut in der Politikabteilung der AUDI AG das Thema Digitalisierung. Zuvor war er bis 2018 für die Start-up-Initiative beim Verband der Automobilindustrie sowie bis 2016 bei acatech – Deutsche Akademie der Technikwissenschaften für das Themenfeld Mobilität verantwortlich. Herr Püschner studierte Sozialwissenschaften sowie Politikwissenschaften in Berlin und Kopenhagen. Katrin Redmann  Nach Stationen in Marketing und Vertrieb in verschiedenen Branchen, Werbeagentur, Reiseveranstalter, Yves Rocher als Marketingleiterin, arbeitet Katrin Redmann seit achtzehn Jahren bei SAP.  Nach Stationen wie Marketingleitung Banken und Versicherungen, Alliance Management, Solution Expert und Design Strategist im App­ Haus in Heidelberg, ist Frau Redmann als Country Manager DACH (Deutschland, Österreich, Schweiz) für University Alliances tätig. Als Innovation Lead, Design Thinking Coach und Business Modell Innovation Coach ist Katrin Redmann verantwortlich für Innovation, Entrepreneurship und Design sowie strategische Digital Transformation Projekte mit Kunden, Studenten, Start-ups und Universitäten. Im Rahmen der Kooperation SAP und Wissensfabrik arbeitet sie als Mentorin bei den WECONOMY DAYS und repräsentiert SAP im Arbeitskreis Entrepreneurship.

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Einführung Barbara Flügge

Zusammenfassung

Wie lässt sich dem Trend Smart Mobility begegnen? Was steckt dahinter? Ob betitelt als intelligente Mobilität, Mobility-as-a-Service, autonomes Fahren oder intermodales Verkehrsmanagement, Smart Mobility hat je nach lokalen Gegebenheiten und Herausforderungen seine Schwerpunkte und Gesichter. Entscheider in Städten, ländlichen Regionen und auf Landesebene haben die Möglichkeit, sich diesem Thema so zu nähern, dass es den Teilnehmern an dem jeweiligen Standort am meisten nützt. Deshalb gilt der Anspruch, dass die Ausprägung von Smart Mobility als visionäre und machbare Mobilität der Zukunft verstanden wird – machbar im Sinne von anwendbar und nutzbar für jedermann unabhängig von Standort und Region, visionär im Sinne von unabhängig von Nutzungszeitraum und -dauer und unabhängig von individuellen Fähigkeiten und vom Budget.

Das Recht auf Mobilität Sich als Person oder Gut frei bewegen zu können in welchem geografischen Raum auch immer ist der Grundanspruch an Mobilität. Wie dessen Realisierung im digitalen, vernetzten Zeitalter mit seinen Chancen und Herausforderungen erfolgen, wird umfassend in den folgenden Kapiteln beschrieben. Im Rahmen der zahlreichen Initiativen zu intelligent vernetzten Städten – auch Smart Cities bzw. New Cities genannt – hat Mobilität bereits begrifflich seine Heimat gefunden als eines von sechs Gestaltungselementen einer Smart City (S. 9) [1]. Die weiteren fünf

B. Flügge (*) digital value creators (DVC), Bottighofen, Schweiz E-Mail: [email protected]

© Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2020 B. Flügge (Hrsg.), Smart Mobility, https://doi.org/10.1007/978-3-658-26980-7_1

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B. Flügge

Elemente lauten Smart Governance, Smart People, Smart Living, Smart Economy und Smart Environment. Insbesondere durch die rasante Entwicklung von Mega Cities konzentrierten sich die Forschungs- und Projektvorhaben auf die Ausgestaltung, Machbarkeit und Herausforderungen eines urbanen Lebensraumes mit 10 Millionen Einwohnern und mehr. Wenngleich es faszinierend ist, sich diesen Ballungsräumen nicht gekannten Ausmaßes und am digitalen Reißbrett entworfenen architektonischen und planerischen Höchstleistungen zu widmen, dürfen bestehende und gewachsene Urbanisationen wie Klein- und Mittelstädte, Großstädte und Metropolregionen und insbesondere der ländliche Raum nicht vernachlässigt werden. Ebenso wenig sind Beweggründe, die zu einem Zuzug in den Städten führen, wie etwa ärztliche Versorgung, Stellenangebote und die Stadt als Zufluchtsort, nicht zu vernachlässigen. Dies stellen wir gerade in Zeiten von Pandemien fest. Gefördert durch Trendthemen wie Carsharing, Elektromobilität und autonomes Fahren wirft die Betrachtung der zunehmenden Verknappung von Ressourcen einhergehend mit teilweise veralteter, überholter und wartungsbedürftiger Infrastruktur in den Industrieländern die Frage auf, wer in Zukunft noch auf Mobilitätsangebote zählen kann bzw. zählen darf. Soziale Verbündete, die sich durch Gemeinsamkeiten wie Interessen, Geografie oder Reiseziele zum Beispiel auszeichnen, zählen auf die Nutzung eines Fahrzeuges und nicht den Besitz. Die Shared Economy wird nach der neuesten Hochrechnung ein 3000 %-iges Wachstum erfahren. Dies hieße, dass jeder von uns sich als Dienste- bzw. Dienstleistungsanbieter (Service Provider) in bekannten und neuen Themenfeldern betätigen wird. Tun wir es nicht, machen es andere. Technologische Errungenschaften in Bezug auf Sensor- und Navigationstechnologien spornen an, sich mit einer visionären und machbaren Mobilität der Zukunft (Smart Mobility) gleichermaßen auseinanderzusetzen. Unser Lebensraum wird durch das Internet der Dinge (Internet of Things, Abk. IoT) und der voranschreitenden Dienstleistungsorientierung (Servitization) vernetzt. Diese beiden Strömungen allein verschmelzen nicht nur zu einem Internet der Dienste (Internet of Services, Abk. IoS) und tauchen uns ein in die Konvergenz von analog zu digital angereichert durch Augmented Reality und Visualisierungstechniken, wie etwa die tageshell simulierte Straßenführung in der Nacht. Worum es bei Smart Mobility geht So wollen wir den Begriff Smart Mobility verstanden wissen: als visionäre und machbare Mobilität der Zukunft. Anwendbar und nutzbar für jedermann unabhängig von Standort und Region, unabhängig von Nutzungszeitraum und -dauer, unabhängig von individuellen Fähigkeiten und Budget.

Eine Betrachtung von Mobilität im Sinne eines Verkehrsmanagements ohne Bezug zu dem anvisierten Zielraum, etwa dem S-Bahn-Netz einer Stadt oder den Top 10 Zugverbindungen zwischen zwei Städten mit angegliedertem Flughafen, macht aus strategischen und planerischen Überlegungen wenig Sinn. Der Lebensraum und die Wechselwirkung

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von Nutzern untereinander, von Anwendern und Anbietern beeinflussen die Entscheidung, welche Mobilität in welchem Maße zur Verfügung gestellt werden kann und muss. Insbesondere Ballungsräume mit einem hohen Anteil an Bauvorhaben und einem unerwartet hohen Pendleraufkommen, zum Beispiel durch Standortverlagerungen von Unternehmen oder Ansiedlung von Ausbildungsstätten, verlangen eine Anpassungsstrategie. Hilfestellung bieten Technologien wie vorausschauende Analysen (Predictive Analytics), Simulationstechniken mit Bezug auf Verkehrsmanagement (Smart Traffic) und innovative Konzepte wie Mobility-as-a-Service [2]. Wir werden nicht alle Fragestellungen zur Zufriedenheit aller unserer Leser in dem vorliegenden Praxishandbuch abdecken können. Anspruch ist es, Entscheidern, Projektmitarbeitern und Projektleitern, Vorwärtsdenkern und Service- und Anwendungsentwicklern (Application Designer) ein praktikables, umsetzbares Handwerkszeug mit auf dem Weg zu geben. Ein Aufbrechen der isolierten Betrachtung von Themenfeldern ist erforderlich, um ganzheitliche Konzepte begreifbar zu machen. Mobilität lässt sich nicht mehr unterteilen: weder in öffentlichen Personennahverkehr und privatwirtschaftlich organisierte Fahrbereitschaften noch in die Trennung von Personenbeförderungen und Frachtverkehr. Insbesondere die Ausprägung begrenzter Räume in Ballungsgebieten durch die Zunahme von Baumaßnahmen und reduzierte Infrastrukturnutzung durch Modernisierungsprojekte verlangt ein Umdenken: Ließe sich ein wenig genutzter öffentlicher Nahverkehrsbus nicht auch für die Beförderung von Postpaketen verwenden? Ließen sich Lebensmittel- und Getränkeauslieferungen für ganze Dörfer nicht zusammenfügen und damit insbesondere denjenigen, die weniger mobil sind, den Koordinierungsaufwand abnehmen? Dies sind Fragestellungen, die wir in unseren Arbeiten konkret behandeln. Unsere Ausführungen sind, sofern nicht spezifiziert, adressiert und anwendbar an die Mobilität von Personen, Gütern und Dienstleistungen. Schwerpunkte im Buch Mit der vorliegenden Publikation beschreiten wir einen umfassenden Weg von sozio-­ ökologischen zu sozio-ökonomischen Aspekten der Mobilität zu ihrer Strahlkraft in die Lebensbereiche jedes Einzelnen. Die Beschreibungen erfolgen bewusst anschaulich und gestalterisch. Der Schwerpunkt liegt auf funktionalen, wirtschaftlichen und gemeinschaftlichen Aspekten. Rechtliche Fragestellungen werden im Zusammenhang mit Szenarien gestreift. Der Annäherung an das Thema Smart Mobility und dem praxisorientierten Umgang damit werden durch Projektbeschreibungen, Vorstellungen von Initiativen und Praxisbeispielen Rechnung getragen. Ebenso findet die Leserschaft Checklisten und Anleitungen für den Umgang mit Smart Mobility. Das Vorgehensmodell dient als Leitfaden und gibt Aufschluss über die wichtigsten Aktivitäten je nach Interessenslage und Einstiegspunkt. Die sogenannten Bausteine Intelligenter Mobilität (BIM) dienen als Blaupause für strategische, projektbezogene und innovationsgetriebene Überlegungen. Der Aufbau des Buches folgt unserem Anspruch, Smart Mobility aus unterschiedlichen Blickwinkeln vorzustellen und zu einem Diskurs anzuregen. Wir setzen den Schwerpunkt auf organisatorische, funktionale und gemeinschaftliche Themen und Fragestellungen.

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Teil I Teil I dient der thematischen Einführung in den Themenkomplex. Hierzu stellen wir den aktuellen Stand zum Thema Mobilität vor und werfen einen Blick auf die relevanten Kennzahlen. Wir stellen der Leserschaft unseren Ansatz des Ecosystems Thinking vor. Dieser führt in die ganzheitliche Betrachtungsweise und Analyse von Netzwerken ein. Dabei spielen Stärken, Vernetzungsgrad und Position unterschiedlichster Teilnehmer eine wesentliche Rolle unabhängig von Industriezugehörigkeit und lokaler Präsenz. Gerade unsere Denkweise in Ökosystemen bzw. Ecosystems dienen mittlerweile vielen Beratungs- und Lösungsanbietern als methodischer Unterbau. Eine Einführung in die digitale Transformation folgt im Anschluss. Weitere Gestaltungselemente zeigen der Leserschaft Charakteristik und Designelemente von Personas, Services und Service Design. Die Herleitung des Smart Mobility-­ Ökosystems (Smart Mobility Ecosystem) ist ein Kernbeitrag dieser Veröffentlichung und Gestaltungsrahmen für Entscheider und Projektteams aus Privatwirtschaft und öffentlicher Verwaltung. Teil II Teil II führt die Leserschaft die Anwendungsebene von Smart Mobility vor Augen. Teil II baut auf dem Gestaltungsrahmen und seinen Elementen aus Teil I auf. Wir stellen gemeinsam mit unseren Co-Autoren und Co-Autorinnen Nutzungsszenarien vor, den Umgang mit technologischen, kreativen und an die Netzwerktheorie angelehnte Methoden und Bausteine für Unternehmen und Verwaltungen. Darüber hinaus inspiriert es hoffentlich Initiatoren, öffentlich und privatwirtschaftlich ausgerichtete Organisationen, die in anderen Geografien mit anderslautenden Voraussetzungen und Rahmenbedingungen beheimatet sind, sich dem Thema Smart Mobility zu stellen. Für die Realisierung einer smarten Mobilität im Sinne des Nutzers braucht es Handwerkszeug: dazu gehört die raumübergreifende Navigation Kap. 9, rechtliche und politische Steuerungsinstrumente und deren sinnhafter Umgang Kap.  10 sowie die Nutzung digitaler Technologien für einfache und benutzerfreundliche Buchungen Kap. 11. Dass sich Smart Mobility nicht ohne einen übergeordneten Rahmen für einen Komplex Stadt oder Landkreis umsetzen lässt, zeigt die detaillierte Darstellung einer Fallstudie, die wir neu in die zweite Auflage aufgenommen haben. Die Fallstudie widmet sich dem Kanton Basel-Stadt, also der Stadt Basel Kap. 10. Teil III Teil III beschreibt Methoden und Modelle für eine erfolgreiche Analyse und Umsetzung von Smart Mobility in methodischer, gestalterischer, technologischer und organisatorischer Hinsicht. Transformationsfähige Standorte gibt es viele. Die Frage nach den Umsetzungserfolgen ist allerdings für eine Kombination aus Konsens, Kreativität und Konsequenz (K3). Die zunehmende Digitalisierung fordert Entscheider und Projektteams auf, sich den Veränderungen konstruktiv kritisch und zukunftsgerichtet zu stellen. Digitalisierung bietet

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etablierten und neuen Unternehmen und Unternehmungen Chancen sich einzuordnen, neu zu erfinden und uns Verbraucherinnen und Verbrauchern dabei mit personalisierten und nachhaltigen Services zu bedienen. Die Bausteine Intelligenter Mobilität und das ebenfalls von uns entwickelte Smart Mobility-Vorgehensmodell liefern die Grundlage und ergänzen den von uns geprägten Gestaltungsrahmen von Ecosystems Thinking. Teil IV Teil IV berät und zeigt Handlungsempfehlungen auf. Dazu zählen Rollenmodelle, der Umgang mit Innovationen und Veränderungen. Wie ließe sich Transformation bewerkstelligen? Welche Skills und Kompetenzen stützen den Transformationsvorgang? Unsere Interviewpartner Volker Alberts und Hans Arby stellen uns deren Standpunkte vor. Weitere elementare Punkte zu Werteverständnis, Service- und Rollenverständnis werden praxistauglich und umsetzungsfreundlich erörtert. Praxisorientiert und Grundlage Das Buch ist ein Praxishandbuch. Unsere Leserschaft kommt aus unterschiedlichsten Organisationen, Geschäfts- und Forschungsbereichen. Es ist Grundlage von und Ergänzung für eine Vielzahl von Projekten im In- und Ausland für BMW, Volkswagen, Kanton Zug, Mitarbeiter*innen im Office des Mayors of London etc. Dies zeigen auch Ihre Anfragen, unsere Gespräche und unterstützenden, beratenden Beiträge. Wir sagen Danke! Und freuen uns auf weitere spannende Anfragen! Bitte sehen Sie uns nach, dass wir Volltextanfragen unter Einhaltung der Abdruckrechte nicht zur Verfügung stellen dürfen. Sie haben mit dem Kauf des Buches auch die eBook Version als pdf in der Hand. Desweiteren haben wir über digital value creators (DVC) (Anfragen unter https://calendly.com/digital-value-creators/15min) eine Beratung in den Markt gebracht, die Ihre Vorhaben praxisorientiert weiterbringt. Das Buch bietet seit der ersten Ausgabe und von Seite 1 an Entscheidern und Projektteams die Chance, sich eines komplexen, vielschichtigen Themas anzunehmen und die Puzzleteile zu entschlüsseln. Mehr als 160.000 Leserinnen und Leser hatten wir mit der Erstausgabe erreicht. Nicht nur im deutschsprachigen Raum. Unsere Leserschaft forscht, entscheidet, bewertet und diskutiert im In- und Ausland. Projektteilnehmer aus studentischen Vorhaben loben die Wissensvermittlung und den praktikablen Umgang. Und verfolgen Bachelor- und Master-Vorhaben mit unserem Buch unterm Arm. Entscheiderinnen und Entscheider bauen auf die Kompetenz der Herausgeberin und ihrer Beitrags-/Co-Autorinnen und Co-Autoren. Es macht uns stolz, der Leserschaft eine Vielfalt an Themen und Kompetenzen vermitteln zu dürfen. Wir schauen bewusst hinter Begriffe und Schlagwörter. Wir verwenden Beispiele soweit möglich. Englischsprachige Schlüsselwörter werden grundsätzlich neben dem deutschsprachigen Pendant in Klammern genannt bzw. mit einer bestmöglichen deutschen Umschreibung erläutert.

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Literatur 1. Flügge B (Hrsg) (2016) Smart Mobility – Trends, Konzepte, Best Practices, 1. Aufl, Springer, Wiesbaden 2. The European Mobility as a Service Alliance (2015) The European Mobility-as-a-Service Alliance has been launched. https://maas-alliance.eu/. Zugegriffen am 21.11.2019

Teil I Trendthema Smart Mobility

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Ausgangssituation Barbara Flügge

Zusammenfassung

Mittlerweile ist er angekommen in der Politik und der Automobilbranche, der Widerspruch zwischen unserem Recht auf Mobilität und der strukturellen und industriellen Überforderung, vorausschauend Klimawandel und demografischen Wandel in Betracht zu ziehen. Es braucht mehr denn je in Zeiten vor, während und nach einer Pandemie den Vergleich von Anspruch und Wirklichkeit, um den Spielraum für das Mobilsein von heute und morgen abzustecken und zu realisieren. Einblicke in wesentliche Mechanismen und Kennzahlen lohnen, ebenso die Einflussnahme und das Zusammenspiel von Individual- und Güterverkehr. Wir werden einen Blick in die Informationstechnologie und lenken via Verkehrsmanagementsysteme das Augenmerk auf technologische und informationstechnische Trends wie dem Internet der Dinge und der Industrie 4.0.

Worauf stützen sich nachhaltige Mobilitätsangebote? Wie sehen Infrastrukturmaßnahmen im Einzelnen und Rahmenbedingungen generell heute aus? Die Herausforderungen unserer Ökosysteme resultieren aus dem Anspruch, am weltweiten Handel partizipieren und vor Ort mittels einer gesunden Standortökonomie mithalten zu können. Die Herausforderung, die wir als Mobilitätsnutzer haben, resultiert aus dem Anspruch, aus den Variablen Zeit, Budget und Komfort mit entsprechender Formel ein möglichst passgenaues und optimales Rechenergebnis zu erzielen. Dem wird heute dann Rechnung getragen, wenn wir entsprechend Zeit für die Planung investieren. Diese findet zusätzlich zum Tagesgeschäft statt und einer Untersuchung zufolge, die wir an uns selbst als Geschäftsreisende durchgeführt haben, zeigt, dass unser Planungsaufwand für

B. Flügge (*) digital value creators (DVC), Bottighofen, Schweiz E-Mail: [email protected] © Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2020 B. Flügge (Hrsg.), Smart Mobility, https://doi.org/10.1007/978-3-658-26980-7_2

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eine Ein- bis Zweitagesreise im Durchschnitt eine Stunde beträgt! Diese Opportunitätskosten ließen sich nützlicher verwenden. Was meinen Sie? Ein steigendes Welthandelsvolumen gefördert durch eCommerce und zunehmenden personalisierten Konsumanspruch und Obsoleszenz führt zu einem erhöhten Warenumschlag und Dienstleistungsbedarf in Häfen, Flughäfen und Städten. Dies zeichnet sich in der zu erwartenden Verdopplung bis Verdreifachung des Container- und Tonnageumschlags ab. Wie gehen urbane Räume damit um? Die bereits heute vorherrschende Infrastrukturbelastung wird weiter zunehmen. Suchen wir leere, ja leblose Räume oder kreative, energiegeladene Räume? Gewachsene Städte, Häfen, und Flughäfen haben begrenzt Raum und Anlagen zur Verfügung, um mithalten zu können an dem prognostizierten Wirtschafts- und Handelswachstum. Städte und Kommunen sind bereits an ihre kapazitativen, operativen und finanziellen Grenzen angelangt. Sie fühlen sich alleingelassen. Ein Beispiel. Disruptoren wie Uber und Lyft sind unverhältnismäßig gering an dem Infrastrukturfinanzausgleich beteiligt. Sie sorgen damit nicht für eine Teilhabe des kommunalen ja gesellschaftlichen Fortbestands. Verstärkt wird der Infrastrukturkollaps durch den Aufbau und Ausbau der Megastädte. Der Technologie geschuldet, ist der Aufbau ganzer Städte in weniger als zehn Jahren machbar. Der hohe punktuelle Verbrauch an und die Mobilisierung von Naturressourcen, Baumaterial und Energie lässt der Natur und oft der Wirtschaft keine Zeit mehr, sich darauf einzustellen – anders als dies in langfristig und organisch wachsenden Urbanisationen im frühen 18. und 19. Jahrhundert der Fall war. Die Wettbewerbsfähigkeit eines Standortes hängt hiermit von einem effizienten internen Betrieb sowie einer organisationsübergreifenden Choreografie ab. Hierbei suchen Unternehmen und Behörden Wege zur intelligenten Vernetzung vor Ort sowie virtuell für alle Beteiligten. Im Rahmen unserer Projektarbeiten begegnen wir insbesondere folgenden Hemmnissen: 1. Die mangelnde Interaktionsfähigkeit zwischen Geschäfts- und Datenpartnern führen zu Medienbrüchen, manuellen Aufwänden, Verzögerungen und im Ernstfall zu Fehlentscheidungen. 2. Die Steuerung von Gütern, Transportmedien und Einsatzpersonal findet bilateral und oft ohne Kenntnis weiterer Einflussfaktoren (zum Beispiel Geodaten, Wetter, Stau, fehlerhafte Lagersteuerung) statt. Wie bewerten wir nun Mobilität? Im Folgenden starten wir die Bewertung mit einem Beitrag von Tim Jones, Programmleiter der Future Agenda. Er führt uns anschaulich die wesentlichen Entwicklungen und Möglichkeiten von Mobilitätsansätzen in unterschiedlichen Standorten dieser Welt vor Augen. Mit seinen Ausführungen im Hinterkopf werfen wir einen Blick auf die Bewertbarkeit von Mobilität sowohl im Personen- wie Güterverkehr. Dabei gehen wir Organisationen und Akteuren auf den Grund. Wir überblicken den Wirtschaftsfaktor Mobilität und setzen

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uns mit den vorherrschenden Ordnungssystemen der Infrastrukturbereitstellung und der systemischen bzw. IT-technischen Einordnung auseinander. Im Anschluss diskutieren wir diese in Bezug auf Schlussfolgerungen, Neuerungen und die sich bei uns ergebenen Ansprüche an eine neue Mobilität.

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Auf dem Weg zu einer besseren Mobilität

Tim Jones Es gibt ein chinesisches Sprichwort: „Wenn man reich sein will, muss man zuerst Straßen bauen“. Autobasierte Systeme haben viel Zugänglichkeit, Konnektivität und Komfort gebracht, allerdings auf Kosten der Einführung von Lärm, Umweltverschmutzung, erheblichem Flächenbedarf, Zersiedelung, Verfall der Städte und, in einigen Gebieten mit hoher Nutzung, einer stärkeren sozialen Isolierung. Angesichts der Zunahme alternativer Verkehrsmittel sind Pkw auch eine immer ineffizientere Art zu reisen. Vielleicht machen uns Straßen, oder genauer gesagt Straßen für traditionelle Autos, nicht mehr lange reich? Die US Federal Highway Administration sagt, dass jede 1 Milliarde USD, die in Autobahnen investiert wird, 27.823 Arbeitsplätze unterstützt [1]. Weltweit basieren viele Straßenbaumaßnahmen auf dieser Prämisse, und das CIA Factbook schätzt, dass es 2013 weltweit über 64  Millionen Kilometer Straßen gibt [2]. Nationen wie die USA sind sehr autoabhängig geworden. Hinzu kommt eine Unterinvestition in die Instandhaltung anderer Verkehrsträger. Aber nicht alle Länder sind gleichermaßen engagiert. Laut dem World Economic Forum Global Competitive Index führen die Vereinigten Arabischen Emirate und Singapur die Rangliste im Land bewirtschafteter Verkehrsinfrastrukturen an, und in der EU rangieren die Niederlande auf Rang 1 und im weltweiten Vergleich auf Rang 4 [3]. Mobilität ist nach der OED „die Fähigkeit, sich frei und leicht zu bewegen oder sich bewegen zu können“ [4]. Viele würden dem zustimmen und schauen, dass es für den Verkehr von Personen, Gütern und Ideen gleichermaßen gilt. Während wir daran arbeiten, die Art und Weise, wie sich Menschen und Dinge auf der ganzen Welt, über Ländergrenzen hinweg, zwischen und in Städten bewegen, zu verbessern, ist es wichtig, von anderen zu lernen und ihre Erfolge anzunehmen und anzupassen. Der demografische und soziale Wandel verändert grundlegend, wo und wie wir leben. Gleichzeitig stellen Globalisierung, Digitalisierung und erhebliche Veränderungen der geopolitischen Macht den traditionellen Waren- und Dienstleistungsverkehr in Frage. Alles, so scheint es, ist in Bewegung, und die Regierungen auf der ganzen Welt versuchen, sich anzupassen. In einer zunehmend vernetzten und bevölkerten Gesellschaft sehen viele die Zukunft der Mobilität als einen Schwerpunkt für das nächste Jahrzehnt und darüber hinaus. Es besteht ein dringender Bedarf an mehr Kapazität, um die unvermeidlichen Veränderungen im Welthandel und in der laufenden Bewegung der Menschheit zu bewältigen, und deshalb müssen die grundlegende Verkehrsinfrastruktur, unsere Straßen, Schienen, Luft- und Seeverkehrswege, verändert werden. Dies erfordert Investitionen, Koordination und eine große Portion Fantasie.

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Eine vielversprechende Zukunft? Wenn wir in die Zukunft blicken, in 5, 10 oder sogar 20 Jahren, gibt es eine Reihe von Megatrends, die sich auf die Mobilität auswirken. Dazu gehören demografische Veränderungen wie Bevölkerungswachstum und Urbanisierung, die zunehmende Verbreitung vernetzter Systeme einschließlich intelligenter Städte und autonomer Autos und die Ungleichbehandlung des Zugangs einschließlich des Zugangs zur Mobilität sowohl in städtischen als auch in ländlichen Gebieten. Laut des Urban Age Projektes der London School of Economics [5] zogen 2015 stündlich über 40 Menschen aus ländlichen Gebieten nach Mumbai, Karachi, Lagos und Dhaka – alles Einbahnverkehr. Nach Schätzungen der UN leben derzeit rund ein Drittel der städtischen Bevölkerung in ungeplanten Gebieten  – Townships, Slums, Ghettos und Favelas. Darüber hinaus werden bis 2030 knapp 9 % der Weltbevölkerung in 41 Megacitys leben. Diese Massenbewegung von Menschen hat einen großen Einfluss auf das Erscheinungsbild unserer Städte und damit auf die Infrastruktur, die zu ihrer Unterstützung benötigt wird. In einigen Ländern, in denen neue Städte von Grund auf entstehen, ist die Möglichkeit, intelligente Mobilitätslösungen von Anfang an einzubetten, eine naheliegende Option, die viele nutzen: Von Songdo in Korea und Masdar in Abu Dhabi bis hin zu zahlreichen Beispielen in China werden Technologie und neue Designkonzepte eingesetzt, um die Vision der Smart City zu realisieren. Für bestehende Städte ist es jedoch nicht so einfach: alte Infrastruktur, die manchmal über 100 Jahre alt ist, ist nur schwer aufzurüsten. Straßen und Bahnlinien lassen sich nicht ohne weiteres umleiten, und der Bau neuer Untergrundnetze ist teuer, politisch anspruchsvoll und zeitaufwendig. Tatsächlich gibt es nur wenige Beispiele für den Aufbau neuer Infrastrukturen. Manchmal kommen die besten Beispiele für gute Praktiken von unerwarteten Orten. Nehmen wir Bogota in Kolumbien, das für seine Schnellbusse TransMilenio gelobt wird; eine der größten und schnellsten der Welt, die heute täglich 2,4 Millionen Menschen auf speziellen Fahrspuren mit schnellen Zugangsplattformen bewegt. Weitaus billiger als die Installation eines U-Bahn-Systems, ist dies für viele zu einer globalen Referenz geworden. In Medellín, ebenfalls in Kolumbien, befindet sich das Metrokabel, eine Gondelbahn, die einige der am wenigsten entwickelten Vorstadtgebiete der Stadt erreichen soll. Es ist das weltweit erste System für den öffentlichen Verkehr und profitiert im Vergleich zu Alternativen von Kosteneffizienz, niedrigen Emissionen und Energieeffizienz. Auch das hat Nachahmer gefunden. Einige Städte verlagern nun ihre Aufmerksamkeit von sich bewegenden Fahrzeuge auf die Erleichterung beim Gehen, Radfahren und Spielen auf ihren Straßen. Zentrale Straßen werden zu Fußgängerpromenaden umgebaut, Radwege hinzugefügt und Geschwindigkeitsbegrenzungen abgebaut. Als einer der ersten, die großen Teile seines Zentrums an Sonn- und Feiertagen für Fahrzeuge schloss, war Bogota erneut führend und hat Nachahmer von Sao Paulo bis Paris im Zug eingesetzt. Bekannter und auf den Erfahrungen aus dem 1995 initiierten Bycycler-Programm in Kopenhagen aufbauend, verfügt das öffentliche Fahrrad-Sharing-System von Paris Vélib heute über 23.600 Fahrräder auf 1800 Stationen und wurde von vielen anderen Städten auf der ganzen Welt kopiert, darunter London,

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Helsinki, Boston, New York, Montreal und Hangzhou. An anderer Stelle laufen weitere bemerkenswerte Projekte wie die Einführung von Hochgeschwindigkeitszügen, schnelleren U-Bahn-Netzen und sogar von Fahrsteigen und Rolltreppen – alle werden genutzt, um die persönliche Mobilität zwischen und innerhalb von Städten zu beschleunigen. Der Blick aus Sicht von Future Agenda An allen Standorten, an denen die Future Agenda im Jahr 2015 Workshops durchführte, von Mendoza, Singapur, Dubai und London bis hin zu New York, Wellington, Shanghai oder Mumbai, herrschte weitgehend Einigkeit über die Notwendigkeit, die globale Verkehrsinfrastruktur zu stärken, um mehr Flexibilität im Gebäude zu gewährleisten. Die politischen Entscheidungsträger wollen zunehmend auf längerfristige Optionen zur Anpassung an sich ändernde Technologien und Infrastrukturen setzen, und die meisten waren sich einig, dass die Einführung multimodaler Hubs eine Möglichkeit ist, dies zu erreichen – nicht nur in den Megastädten, sondern auch im Hinblick auf das Wachstum von mehr Satellitenstädten und Netzwerken von Midi-Städten, insbesondere in Asien. Viele von ihnen im Westen waren auch besorgt über die Finanzierungsherausforderung, da sie erkannten, dass die Regierungen zunehmend nicht in der Lage sind, die Instandhaltung bestehender Verkehrssysteme zu finanzieren, geschweige denn in neue Infrastrukturen zu investieren, unabhängig vom Standort. Wer die Verantwortung für zukünftige Infrastrukturinvestitionen übernehmen wird, war ein viel diskutiertes Thema. Die folgenden Überlegungen sind das Ergebnis der „Change for the Good“-Erkenntnisse, die wir in mehr als 125 Workshops gewonnen haben. Multimodaler Öffentlicher Transport Die Idee des multimodalen öffentlichen Verkehrs gewinnt zunehmend an Bedeutung und wird in Zukunft von der EU-Forschung [3, 6] vorangetrieben. sieht darin „das Potenzial, zu einem saubereren, intelligenteren und nachhaltigeren Verkehr beizutragen, die Mobilität von Personen und Gütern von der Straße zu verlagern, die Infrastruktur optimal zu nutzen und Kosten zu senken“. Wichtige Beispiele für integrierte und reibungsarme Erfahrungen sind die in europäischen Städten wie Mendez Alvaro in Madrid, Birmingham New Street Station, der neue Wien Hauptbahnhof, Helsinkis Kamppi-Busbahnhof sowie asiatische Beispiele wie der SMRT Sembawang Bus Interchange in Singapur und der KL Sentral Hub im Herzen von Kuala Lumpur. Ebenso gewinnen multimodale Hubs für Waren immer mehr an Bedeutung, sei es als integrierte Einrichtungen, einschließlich derjenigen, die von DHL in Leipzig oder dem UPS Worldport-Hub in Louisville betrieben werden, oder als neue Logistikzentren, wie sie in Indien in Gujarat, Punjab, Rajasthan, Uttar Pradesh und Maharashtra [7] und viele in China, darunter die multimodale Logistikanlage Zhengzhou CGO. Darüber hinaus ziehen die Vorteile, die sich aus der gleichen Effizienz auf die letzte Meile wie auf die ersten tausend ergeben, ebenfalls viel Aufmerksamkeit und Innovationsfokus auf sich. Ob die Vorschläge von Amazon zur Drohnenlieferung oder die pragmatischeren, lokal gebündelten Sammelstellen gewonnen werden, bleibt abzuwarten; sicherlich werden jetzt viele Optionen erprobt.

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Autonomie Das viel gepriesene Konzept der autonomen und fahrerlosen Lkw beginnt Wirkung zu zeigen. Die Vision von Fern-Lkw-Zügen, die alle auf intelligenten Autobahnen ohne Fahrer fahren, war im Laufe der Jahre ein umstrittenes Thema, aber jetzt, wie die jüngste ­Zulassung der selbstfahrenden Lkw von Daimler in Nevada zeigt, ist die Realität nicht mehr fern. Es gibt auch eine Reihe einfacherer Entwicklungen, die den Warenverkehr in den Städten weiter erleichtern. Um Staus bei der Warenlieferung zu vermeiden, ist Stockholm nur eine Stadt, die mit dem nächtlichen Zugang für Lastwagen experimentiert, während das Start-up Starship anderswo in Europa und den USA kleine robotergestützte, fahrerlose Lieferfahrzeuge verwendet, die den Kunden zur Verfügung stehen [8]. Zusammengenommen ist bereits viel unterwegs, um sich frei und leicht bewegen zu können. Was noch zu klären bleibt, sind die wichtigen Themen, die sich um die Kernplattformen ranken. Die Mobilfunkbetreiber tauschen bereits Daten aus, aber zu den wichtigsten noch zu klärenden Fragen gehört, wer die gemeinsamen Daten besitzt, die für die Funktionsfähigkeit des gesamten Systems erforderlich sind, und wie wird darauf zugegriffen? Das ist eine Frage des Vertrauens, des Wertes und der Haftung, und je nachdem, wo Sie sich auf der Welt befinden, wird sich das Gleichgewicht zwischen Regierung, Technologieunternehmen und Fahrzeugherstellern erheblich verändern. Bis 2025 werden wir sicherlich mehr unterstütztes Fahren und Autonomie auf Autobahnen für Pkw und Lkw sehen, wo alle mit kontrollierter Ein- und Ausfahrt in die gleiche Richtung gehen, und vielleicht wird es in den Städten eine volle Autonomie für Warenlieferwagen geben. Im Moment, obwohl es so aussieht, als ob die volle Autonomie in den Städten für Pkws noch einige Jahre entfernt ist. Integration Über die stadtbasierte Logistik hinaus wird die globale Mobilität durch den sich entwickelnden geopolitischen Wandel geprägt. Seit Beginn der globalen Finanzkrise würden viele argumentieren, dass die Schwellenländer heute die wichtigsten Wachstumstreiber sind, die einer willigen Belegschaft und einer wachsenden Mittelschicht Geld zur Verfügung stellen. Im Jahr 1987 machten diese Länder nur 16 % des globalen BIP aus, aber heute machen sie 31  % aus. Die Chancen für den Warenverkehr sind enorm, nicht nur aufgrund neuer und wachsender Inlandsmärkte, sondern auch, weil viele Schwellenländer, zum Beispiel in Afrika und Südamerika, reichlich mit den für Wachstum und Entwicklung benötigten Rohstoffen gesegnet sind, die um die Welt transportiert werden müssen, insbesondere nach China und Indien. Infolgedessen werden die Handelsrouten der Nachkriegszeit allmählich von der Macht der Region des Indischen Ozeans in den Hintergrund gedrängt, wo neue Häfen gebaut und Eisenbahnlinien vorgeschlagen werden, die von China bis zur Türkei reichen, um die Zukunft zu gestalten. Neben wichtigen Aktivitäten in Südamerika, wie z. B. neuen Küstenund Küstenbahnen, nimmt der Einfluss Chinas zu: Sie besitzt fünf der zehn größten Containerhäfen der Welt und investiert massiv in andere Entwicklungsländer, die reich an natürlichen Ressourcen sind. Mit rund einem Viertel des weltweiten Containerhandels und

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als größter ausländischer Investor in Brasilien, Laos, Myanmar, Iran, der Mongolei und Afghanistan ist die Handelsmacht unbestritten. Wie sie sich neben anderen neuen und wichtigen Märkten in das globale Handelssystem integrieren wird, bleibt abzuwarten. Investments Was die Finanzierung betrifft, so waren sich viele einig, dass die Entwicklung des Ansatzes der öffentlich-privaten Partnerschaften ein Ansatz ist, der besonders für die Bedürfnisse des 21. Jahrhunderts geeignet ist. Die Theorie besagt, dass eine private Beteiligung die Qualität der Projekte, die durchgeführt werden, verbessern wird. Eine politisch sinnvolle, aber finanziell zweifelhafte Initiative dürfte nicht genügend Geld generieren, um private Investoren zu interessieren. Unnötige Verbesserungen, Abkürzungen oder unvorsichtige Konstruktionen werden ebenfalls weniger toleriert. Die bittere Erfahrung zeigt jedoch, dass sich Kosten-Nutzen-Schätzungen manchmal als sehr optimistisch erweisen können und Projekte wie die noch nicht fertig gestellte Sea Bridge in Mumbai. Wenn Projekte überzogen oder ausgelastet sind, halb fertige Straßen oder Brücken, die nirgendwo hinführen, werden sie zu einem öffentlichen Problem. Ein weiterer Negativpunkt ist, dass große ikonische Infrastrukturprojekte in einigen Städten auch Geld von lokalen Verbesserungen wegnehmen. Auch private Investitionen könnten sich durch höhere Nutzungsgebühren, Straßentarife und dergleichen amortisieren. Wohlhabende Städte können höchstwahrscheinlich große Beiträge aus der Privatwirtschaft generieren und genießen daher oft bessere Infrastrukturinvestitionen. Allein für die Stadt Chicago rechnet die American Society of Civil Engineers damit, dass Investitionen zwischen 2010 und 2020 jede Familie in den USA etwa 10.600 USD kosten werden, und der Mangel an Mitteln für das vergleichsweise junge U-Bahn-System von Washington DC hat dazu geführt, dass mehr Menschen zu Straßenbahnen (oder Taxis) greifen, um zur Arbeit zu gelangen, was zu unnötigen Staus in den bereits überfüllten Straßen der Hauptstadt führt. Dennoch bedeuten anhaltende Sparanstrengungen in Europa und den USA, dass die öffentlichen Investitionen voraussichtlich zurückgehen werden; im Vereinigten Königreich von 3,2 % des BIP im Jahr 2010 auf nur 1,4 % im Jahr 2020. Auf der anderen Seite können fehlende Mittel oft fantasievolle Maßnahmen zur effektiven Nutzung der verfügbaren Mittel anregen, und manchmal können die kleinen Dinge wirklich den Unterschied ausmachen: Ampeln, die Reparatur von Schlaglöchern oder das Entfernen der Verbindungstüren zwischen Eisenbahnwaggons. Ein wichtiger Schritt nach vorne ist die Smart City Challenge [9] des US-­ Verkehrsministeriums, ein fokussiertes Beschleunigermodell zur Verbesserung der urbanen Mobilität. Nach einem offenen Wettbewerb zwischen Städten in den USA erhält Columbus Ohio über 140 Millionen US-Dollar an fokussierten Finanzmitteln und wird mit mehreren privaten und öffentlichen Partnern zusammenarbeiten, um sein Verkehrssystem umzugestalten und Teil einer voll integrierten Stadt zu werden, die die Macht und das Potenzial von Daten, Technologie und Kreativität nutzt, um sich neu auszudenken, wie Menschen und Güter umgehen.

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Der Kampf gegen Ungleichheit Die Ungleichheit beim Zugang zu Gesundheitsversorgung, Bildung und der wachsenden digitalen Kluft zwischen den Gemeinschaften war ein häufiges Thema in vielen Diskussionen der Zukunftsagenda. Der Mangel an vernünftigen Verkehrsverbindungen hat enorme Folgen. Beispiele gibt es zum Beispiel in Nigeria, wo nur etwa 20 % der Straßen des Landes gepflastert sind, die Tomatenbauern und -fabriken, die Tomatenmark herstellen, haben ihre Produktion so gut wie eingestellt, denn ohne Straßen, auf denen sie sich bewegen können, und ein Netz von Kühlhäusern, in denen sie gelagert werden, geht etwa die Hälfte der Ernte auf dem Weg zum Markt verloren. Infolgedessen führt ein Land, das dieses Produkt in großem Maßstab exportieren sollte, derzeit etwa die Hälfte dessen ein, was es benötigt, und hohe Transportkosten bedeuten, dass Lebensmittel teuer sind. Außerdem müssen die Arbeiter in Großstädten wie der Hauptstadt Lagos, die aus allen Nähten platzen, stundenlang reisen, um zur Arbeit zu kommen und Zeit und Geld verschwenden. Transportarmut ist nicht nur ein Problem der Entwicklungsländer – die Wohltätigkeitsorganisation Sustrans sagt, dass sie auch für Millionen von Menschen in Großbritannien eine tägliche Realität ist [10]. Die weniger wohlhabenden Menschen leiden typischerweise am meisten unter einem Mangel an Mobilitätsmöglichkeiten und sind oft stärkerer Verschmutzung und unsicheren Bedingungen ausgesetzt [11]. Um dem entgegenzuwirken, sind die Vermeidung der räumlichen Marginalisierung von Gebieten mit niedrigem Einkommen, die Verbesserung (stark in Anspruch genommen) informeller Verkehrsoptionen, die Erleichterung des Fahrradbesitzes für arme und einkommensschwache Gruppen und die Bereitstellung einer angemessenen Infrastruktur für Fußgänger (sichere Gehwege, Sitzgelegenheiten, Toilettenanlagen usw.) [12] von entscheidender Bedeutung. Glücklicherweise gibt es jedoch viele gute Beispiele, aus denen man lernen kann. Hammarby Sjöstad ist zum Beispiel eine umweltfreundliche Stadtentwicklung in Stockholm, und sein nachhaltiger Verkehrsmix umfasst Straßenbahn, Fahrrad- und Fußgängernetze, Fahrgemeinschaften und eine Fähre. Die Infrastruktur wurde hier als „geschlossener Kreislauf“ für Wasser, Abfall und Energie geplant, die sich gegenseitig versorgen [13]. Zugang Einige argumentieren, dass es notwendig ist, sich weniger auf die Bereitstellung von Verkehr als vielmehr auf die Bereitstellung von Zugang zu konzentrieren. In seinen Zukunftsszenarien für die Nachfrage, die sich auf 2042 beziehen, erklärt das neuseeländische Verkehrsministerium: „Wir sollten erkennen, dass wir versuchen, den Zugang und nicht nur die Mobilität zu verbessern. Es gibt drei verschiedene Möglichkeiten, dies zu erreichen: mit guten Verkehrssystemen, mit guter Raumplanung oder durch die Verbesserung des digitalen Zugangs“ [14]. Andere sprachen von der Einführung ausgewogenerer Lösungen mit dreifachem Zugang für den Verkehr, bei denen räumliche Nähe und digitale Konnektivität den Mobilitätsoptionen eine gleichberechtigte Rolle zukommt. Ein wichtiges Merkmal für einige ist die Möglichkeit, durch dynamische Preisgestaltung das Gleichgewicht zwischen Angebot und Nachfrage zu verbessern. Das bereits in vielen Straßensystemen sowie in japanischen und deutschen Zügen zu findende Prinzip anspruchsvollerer Ansätze zur variablen Erhebung von Gebühren, auch

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über die Spitzen- und Nebenzeiten hinaus, wird in einer wachsenden Zahl von breiteren Mobilitätslösungen untersucht. Ubers überhöhte Preise werden oft als möglicher Weg nach vorne hervorgehoben, aber andere sehen dann die Notwendigkeit eines subtileren Ansatzes. Insbesondere im Zusammenhang mit einem offeneren Datenaustausch über Fahrzeugbelegung, Emissionen und Fahrzweck wendet sich die Fähigkeit, Mobilität für verschiedene Systemnutzer unterschiedlich zu bewerten, zunehmend dynamischen Plattformen zu. Beim Eintritt in das stärker integrierte, multimodale Zeitalter der digitalen Mobilität wurde viel Wert auf die Möglichkeit gelegt, die sich durch persönliche Mobilitätskonten bietet; im Wesentlichen eine virtuelle Brieftasche und Informationsressource für alle Verkehrsarten. Viele sahen, dass dies von allen im Verkehrsökosystem anerkannt und akzeptiert wird. Höchstwahrscheinlich in Smartphones integriert und später möglicherweise in Wearables eingebettet, werden diese nicht nur den Zugang zu allen öffentlichen Verkehrsmitteln ermöglichen, sondern auch alle Add-ons wie Fahrgemeinschaften, Carsharing und On-Demand-Dienste, die derzeit weltweit wachsen. In Verbindung mit mehreren Marktplätzen werden sie es uns ermöglichen, fundiertere Mobilitätsentscheidungen zu treffen und Optionen zu wählen, die nicht nur auf Kosten und Geschwindigkeit, sondern auch auf Gesundheits-, Raum- und Sozialkriterien basieren. Wenn Mobilität tatsächlich „die Fähigkeit ist, sich frei und einfach zu bewegen oder sich bewegen zu können“, dann gibt es eindeutig viele Ideen, wie man dies im Mix besser erreichen kann. Keine zwei Städte sind gleich; jede hat ihre einzigartigen Eigenschaften, so dass es keinen globalen Plan für den besten Ort zum Leben für uns alle gibt.

2.2

Vorgehensweise zur Bewertung von Mobilität

Barbara Flügge In dem folgenden Unterkapitel geben wir einen Einblick in ausgewählte Kennzahlen und den jeweiligen Anbietern zum heutigen Stand. Wir sind uns der Umwälzungen des Mobilitätsverhaltens zu Zeiten von Corona bzw. Pandemien bewusst. Wir führen hierzu eine separate Untersuchung durch, die wir noch im Laufe von 2020 unter dem Namen #Mobility­ MovesMinds (https://www.digitalvaluecreators.com) veröffentlichen werden. Nichtsdestotrotz braucht es Klarheit und Transparenz, wie der Mobilitätssektor aufgebaut ist. Eine Vielzahl von Kennzahlen wird durch Interessensverbände und die öffentliche Hand wie etwa dem Deutschen Statistischen Bundesamt, dem Kraftfahrt-Bundesamt oder dem Amt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrollen erstellt, veröffentlicht und aktualisiert. Besonders geeignet für eine Einführung in Kennzahlen ist die Veröffentlichung Verkehr auf einen Blick [1, 15] für die Mobilitätsentwicklung in Deutschland. Die nachfolgenden Untersuchungen stützen sich auf Kennzahlen aus Deutschland: im Rahmen der zweiten Auflage suchten wir vergeblich nach einer neuen Auflage von „Verkehr auf einen Blick“. Die hiermit weiterhin verwendete Ausgabe von 2013 [15] hat Bestand. Wir ergänzen diese, wo möglich, mit statistischem Material zu „Verkehr im Überblick“ aus dem Jahr 2017 [16].

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In der Schweiz bietet das Bundesamt für Statistik detaillierte Einblicke [17]. In Österreich berät AustriaTech als strategische Beratungs- und Forschungseinheit des Bundes bei Erforschung, Umsetzung und Weiterentwicklung des Mobilitätssystems [18]. In Bezug auf Güter- und Frachtverkehr zeichnen sich insbesondere Logistikverbände und Vertreter der Transportbranche aus. Ebenso lassen sich umfangreiches Material, Projektierungen und Untersuchungen bei europäisch und international agierenden Gremien wie dem International Transport Forum (ITF), der Intelligent Traffic Systems Initiative (ITS), und CLECAT, der European Association for Forwarding, Transport, Logistics and Customs Services und dem Smart Freight Leadership Forum finden. Kennzahlen mit Bezug zu Personenverkehr werden oft in Anlehnung an das genutzte Medium vorgestellt. So finden sich in punktuellen Veröffentlichungen vermehrt Kennzahlen zum Thema Fahrrad, zum Ausbau von Fahrradstrecken und Nutzung von E-Bikes. Ungebrochen ist der Hype zum Thema Car Sharing, erfolgreich initiiert durch ZipCar [19] fortgeführt durch Whitelabel-Anbieter, die uns personalisierte, „Friends & Family“ getunte Angebote ermöglich. Global gepusht wird der Anstieg von Privatfahrzeugen durch Anbieter disruptiver und sich in mancherorts rechtlichen Grauzonen bewegender Geschäftsmodelle wie das von Uber [20]. In unseren Ausführungen arbeiten wir textuell und mit Veranschaulichung. Reine Zahlendarstellungen können leicht ermüden und die Vorstellungskraft, was x Millionen Tonnen transportierte Güter oder y Million zurückgelegte Kilometer bedeuten, verblasst mit der Zeit. Bei dem zu Grunde gelegten Zahlenmaterial stützen wir uns auf öffentlich zugängliches Material. Da es sich hierbei um eine deutschsprachige Veröffentlichung handelt, greifen wir insbesondere, jedoch nicht nur auf Kennzahlen des deutschsprachigen Raumes zurück. Sollten sich aktuellere Zahlen bzw. umfangreichere Auswertungen etwa in Bezug auf alternative Transportmedien ergeben haben, bemühen wir uns in dieser und folgenden Auflagen um eine Aktualisierung. Auf alle Fälle bitten wir bereits jetzt an dieser Stelle um Nachsicht und Input Ihrerseits.

2.3

Verkehrsaufkommen im Personenverkehr

Barbara Flügge In Bezug auf Verkehrsaufkommen unterscheidet man gemeinhin Personen- und Güterverkehr. Bei Personenverkehr werden Zahlen nach gewähltem Transportmedium und nach Wegezweck, d.  h. dem originären Grund des Unterwegsseins unterschieden. Beispiele sind die Reise, die Fahrt zum Arbeitsplatz oder der Einkauf. Neben dem Wegezweck findet sich auch der Begriff Verkehrszweck. In dem Beobachtungszeitraum von 2004 bis 2008 wurden 100 Milliarden Personen [15] und 2016 72 Milliarden Personen [16] im Durchschnitt pro Jahr befördert. Zu wel-

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Abb. 2.1  Personenverkehr und Beförderungsleistung im Überblick

chem Zweck und mit welchem Transportmittel sie welche Wegelänge dabei durchschnittlich zurückgelegt haben, zeigt die Grafik in Abb. 2.1 mit Bezug zu 2010. Weder die 2017 veröffentlichten Zahlen noch die Auswertungsunterlage 2013 geben eine Unterscheidung von öffentlichen Verkehrsmitteln nach Bus, Taxi oder Carsharing bzw. Vansharing her. Ebenso wenig finden sich Unterscheidungen nach öffentlich organisierten Busangeboten und privatwirtschaftlich angeboten Busreisen, wie sie zum Beispiel von Flixbus [21] oder von privat organisierten Vansharing Anbietern durchgeführt werden. Weshalb spielt Vansharing eine Rolle? Wir führen an dieser Stelle Vansharing als Alternative zu ÖPNV ein. Unternehmen mit Shuttle-Flotten bieten sich zunehmend an, um eine Auslastung jenseits der üblichen Arbeitszeiten zu erzielen. Des Weiteren fehlt weiterhin in der Auswertungsunterlage das Verkehrsmittel Schiff. Bei der Eruierung von Persona bezogenen Mobilitätsverhalten zeigt sich, dass mehr als 50 % der Passagiere mit öffentlichen Verkehrsmitteln wie etwa dem Zug anreisen, sofern sich eine Stadtführung oder eine passende Nutzung der Transitzeit anbietet. Hierbei ist es empfehlenswert, aus Gesichtspunkten des Mobilitätsmanagements die Kausalketten darzustellen. Dann lassen sich Rückschlüsse auf Mobilitätsentscheidungen ziehen. In der Tourismusbranche ist neben der stark ansteigenden Nachfrage nach Reisen mit dem Fahrrad die Kreuzfahrtbranche ein weiterhin stark wachsendes Segment. Die Nachfrage erreicht die Zielgruppe der fünfundzwanzig bis dreißigjährigen, und längst nicht nur die Generation 50+. In Bezug auf die Pkw-Nutzung stecken die Information bzw. Einordnung nach gekauften und geleasten Fahrzeugen in den Kennzahlen zur Neuzulassung von Fahrzeugen.

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­ llerdings ist hier eine klare Einordnung der Bereitschaft, sich von dem Eigentum FahrA zeug zu verabschieden und ein Fahrzeug auf Zeit zu besitzen mit dem untersuchten Zahlenmaterial nicht möglich. Eine Auswertung nach Wegelänge würde weitere Aufschlüsse bieten. Vergleicht man die Wegelänge, die man in einem bekannten Gebiet, etwa dem Arbeitsort, dem Ausbildungsort oder der viel bereisten Stadt zurücklegt, mit der Wegelänge, die man in einer unbekannten Lokation zurücklegt, ergeben sich mehrere Optionen. Es spiegelt sich darin neben dem Bewegungsradius der Faktor Bequemlichkeit und Sicherheitsempfinden  des Reisenden bei der Entscheidungsfindung wider. Darüber hinaus signalisiert die Wegelänge die Bereitschaft, bewusst mehr in die Mobilität zu investieren. Ein Grund, sich zu Fuß oder mit öffentlichen Verkehrsmitteln zu bewegen, liegt andererseits in dem verfügbaren Budget oder schlichtweg in der Faszination, einen Ort zu Fuß, direkt und spontan zu erforschen. Die Tourismusbranche hat sich in den vergangenen Jahren einiges an Überraschungen einfallen lassen! Oftmals in Kollaboration mit Anbietern von City Apps und Navigationslösungen. In Verbindung mit der Komfortzone, die das Transportmedium bietet, ist man geneigt, sich in einer fremden Stadt lieber auf das Taxi zu verlassen als einen Bus zu nehmen oder gar zu Fuß unterwegs zu sein. Selbst für kleinere Strecken wird gefühlt auf ein durch einen ortskundigen Fahrer gesteuertes Medium zurückgegriffen. Das Sicherheitsempfinden greift hier nicht nur auf Seiten des Reisenden, sondern auch in Bezug auf die durch die Stadt bereitgestellte und offenkundig gefüllte bzw. nachgewiesene Sicherheit. Der Safe Cities Index, herausgegeben von The Economist, benennt Mobility Security als eines der vier Hauptkriterien einer sicheren Stadt [22].

2.4

Kauf- und Nutzerverhalten im Personenverkehr

Barbara Flügge Wir stützen uns weiterhin auf die Ausgaben aus dem Jahr 2010. Bewertungsgrundlagen hinken der Aktualität hinterher und haben nach ausführlichen Recherchen keinen Vorteil bzw. Aussagefähigkeit erbracht. Haushalte in Deutschland haben laut Statistischem Bundesamt in 2010 durchschnittlich 346 Euro pro Monat für Mobilität ausgegeben (S. 5) [15]. Abzüglich der Kfz-Steuer und Kfz-Versicherungen ergibt sich mit 305 Euro pro Monat derselbe Betrag, den ein Haushalt für Nahrungsmittel, Getränke und Tabakwaren ausgibt (S.  26) [15]. Den Hauptanteil an Mobilitätsausgaben leisten der Pkw und Kraftstoff (Abb. 2.2). Rund 35 Euro werden für öffentliche Transportmittel aufgewendet. Die Anschaffung eines Pkws ist weiterhin der investitionsintensivste Anteil am Haushaltsbudget. Das Fahrrad dagegen ist mit durchschnittlich 6 Euro Konsumausgaben pro Monat das kostengünstigste Verkehrsmittel. Der Pkw-Anteil an Haushalten wird im Städtevergleich mit der Anzahl von Pkw auf 1000 Einwohner bemessen. Im europäischen Vergleich von Anzahl Pkw auf 1000 Einwohner rangiert Deutschland mit 517 Pkw im Jahr 2010 auf Rang 9, hinter beispielsweise

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Abb. 2.2  Ausgaben für Mobilität im Vergleich Abb. 2.3  Anteil Pkw in deutschen Haushalten

Luxemburg mit 659 Pkw und Italien mit 606 Pkw (S.  52) [15]. In Deutschland haben Stand 2011 78 % aller Haushalte mindestens einen Pkw (Abb. 2.3) [15]. Der Anteil an Fahrrädern im Haushalt ist insbesondere bei Haushalten mit Kindern sehr hoch (Abb. 2.4) [15]. Situative Mobilitätsentscheidungen Es hat sich gezeigt, dass der originäre Grund des Unterwegsseins nicht immer einen Rückschluss gibt auf die Wahl eines Verkehrsmediums. So inspirieren beispielsweise lokalisierte Kaufangebote über das Smartphone denjenigen, der auf Grund einer Freizeitaktivität unterwegs ist, den Bus an der nächsten Haltestelle zu verlassen und ein Sportgeschäft aufzusuchen. Sobald der Kauf getätigt ist, entschließt sich der Käufer spontan das Car Sharing-Angebot eines anderen Kunden anzunehmen. Zum anderen bleiben externe

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Abb. 2.4  Anteil von Fahrrädern und Pkw in deutschen Haushalten im Vergleich

­ inflüsse für den Wechsel eines Mediums Pkw zu einem anderen Medium unberücksichE tigt, sei es aufgrund von Verspätungen, Stau, Ausfall von Bus oder Zug oder aufgrund des Wetters. Wir bezeichnen diese Entwicklung als „Situative Mobilitätsentscheidung“. Eine Prognose, wann wie ein Verkehrsmittel gewählt bzw. ausgetauscht wird, lässt sich mit technischen Hilfsmitteln und unter der Voraussetzung, dass Fahrgäste bzw. Reisende bereit sind, diese Entscheidungen mitzuteilen, entwickeln. Stand heute wächst die Zahl derer, die online oder anderweitig digital ihre Einkäufe tätigen. Personalisierte und präferenzgesteuerte Angebote geben dem Bestellprozess die notwendige Haptik. Die Informationstechnologie ermöglicht die digitale Rundumbegehung eines Fahrzeuges, das „so-könnte-es-sich-anfühlen“ des Besitzes eines Fahrrades und die schier unendliche Vielfalt an Zusatzkomponenten bis hin zum Accessoire, welches ein Fahrzeug, einen Gebrauchsgegenstand oder die Anlieferung einer Bestellung veredelt. Die Begründung, ein Fahrzeug zu besitzen, um uneingeschränkt und je nach Konsumverhalten mobil unterwegs zu sein, hält bei Car Sharing-Initiatoren wie ZipCar [19], Uber [20] und den Initiatoren der Mobility-as-a-Service-Allianz nicht Stand. Gegründet im Herbst 2015 zielt letztere Initiative auf den Paradigmenwechsel von Nutzen statt Besitzen, d. h. von Eigentümer zu Konsumenten, ab. Wir haben dazu ein Interview mit Hans Arby, CEO von UbiGo, geführt. Das Interview stellen wir in Kapitel Kap. 17 vor.

2.5

Wirtschaftsfaktor Reisen

Barbara Flügge Die Wirtschaftskraft der Reisebranche hat in den vergangenen Jahrzehnten weiter zugenommen. Nachgelagerte bzw. angrenzende Industrien wie der Güter- und Personenverkehr bauen auf Skaleneffekte der Reisebranche auf. In 2017 wurde ein Umsatzplus von 1 Milliarde USD in 2015 gegenüber 8,27 Milliarden USD in der Reise- und Tourismusbran-

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che und angrenzenden Industrien weltweit erzielt [21]. Die zugrunde gelegten Reiseausgaben beziehen sich sowohl auf private Reisen wie auch auf Geschäftsreisen im Individualverkehr. Dabei wurden im Vergleich zum Jahr 2015 nur unwesentlich mehr bzw. absolut 2,57 Milliarden USD direkt bei den in Reise und Tourismus ansässigen Marktteilnehmern verbucht [23]. Deren Anteil von 31 % reduziert sich gegenüber 2015: angrenzende Industrien konnten hier einen stärkeren Umsatzanteil erzielen als die direkt ansässigen Marktteilnehmer. In der Kategorie der direkten Umsätze fallen beispielsweise tourismusrelevante Umsätze von Fluglinien, Hotels und Bahn. Von dem Gros des Umsatzes – also 69 % – profitieren auch in 2017 andere. Zu den sogenannten indirekten Branchen zählen etwa die Investitionsaufwendungen für den Bau neuer Hotelanlagen oder den Betrieb von Fluglinien, ebenso Marketingaufwendungen, Verwaltungsaufwände der öffentlichen Hand, Sicherheitsmaßnahmen und beispielsweise Reinigungs- und sonstige Dienstleistungen eines Ressortbetriebes. Konsum- und Lebensmittelausgaben der Reisenden, Benzin und Bewirtung zählen des Weiteren zu den indirekten Branchen. Dazu gehört im weiteren Sinne auch der Güterverkehr, welcher durch Lebensmittel- und Kofferlogistik sowie der Infrastruktur- und Anlagenbereitstellung von Verkehrsmitteln und Transportmedien, wie zum Beispiel Containern, zu einer wirtschaftsfördernden Reisedienstleistung beiträgt. Des Weiteren zählen zu den indirekt Beitragenden Informationsdienstleister und IT-Betriebe. In Bezug auf den Beitrag zur Wertschöpfung, dem Bruttoinlandsprodukt (BIP), lag Deutschland im Jahre 2014 nach China und den Vereinigten Staaten auf Platz 3 [24]. Ein wesentliches Messkriterium sind dabei die durch die Reise- und Tourismusbranchen geschaffenen Arbeitsplätze. In 2016 lag laut WTTC der Anteil in Deutschland bei 14 % [25]. Vergleiche von Prognosen zu erhobenen Vergangenheitsdaten sollten kritisch unter Berücksichtigung geopolitischer Auswirkungen, Innovationstrends und dem Einfluss von Klimawandel sowie einer erhöhten Aufmerksamkeit mit Bezug auf klimaneutralen Reisen bzw. Reiseabschnitten durchgeführt werden. Für das Jahr 2025 wird laut Prognose des World Travel and Tourismus Councils (WTTC) in Deutschland der Anteil von durch die Branchen geschaffenen Arbeitsplätzen bei 12,7 % liegen [26]. Wie steht es mit der Mobilität für Angestellte im Tourismussektor? Mobilität ist für Angestellte im Tourismussektor Alltag und Bedingung. Es zählen nicht nur die Fahrt zum Arbeitsplatz oder die Anreise zum Einsatz auf See oder der Sightseeing-­Trip, sondern auch kurzfristig anberaumte Zwischenaufenthalte vor dem nächsten Flugsegment. Der Anspruch an nahtlos funktionierender Mobilität ist insbesondere bei Reisenden, die zum Beispiel eine Kreuzfahrt buchen und eine Transitstrecke für die Anreise mit dem Zug oder Flugzeug haben, wesentlich stärker ausgeprägt als bei Reisen ohne Transitanteil. Weder darf man zu spät ankommen und das Schiff verpassen, noch möchte man sich gestresst um alternative Transportmittel kümmern. Die Aussicht auf eine reibungslose Reise liegt weniger in der Hand der Betreiber von Schiffskreuzfahrten und Fluglinien. Vielmehr sind es die Anbieter eines funktionierenden örtlichen und regionalen Infrastrukturnetzwerkes. Die Teilhabe an Fern- oder Überlandreisen sollte schließlich jedem ermöglicht werden.

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Im Geschäftsreiseverkehr ist die Erwartungshaltung analog hoch. Je nahtloser und unaufgeregter die Reiseplanung und -buchung sowie der Reiseverlauf, desto fokussierter und entspannter finden Termine, Besprechungen und Konferenzbeiträge statt. Gleiches gilt für die Budgeteinhaltung etwa bei Veränderungen in der Wahl bzw. im Ausweichen auf andere Verkehrsmittel oder die Einplanung einer zusätzlichen Übernachtung. Exportorientierte Länder sind durch den Einsatz von Vertriebs- und Beratungspersonal, Installateuren und Wartungsteams im Ausland auf ein reibungsloses Miteinander von Personal, Maschine, Werkzeug und Information angewiesen. Deshalb verwundert es nicht, dass im Rahmen von Mobilitätsstatistiken der Ausweisung der Exportkraft eines Landes und der damit verbundenen Reisetätigkeit von Personen Rechnung getragen wird [24]. In Zeiten von Corona und post-pandemisch ist der Tourismussektor am Anschlag: der Kollaps rückt voran, gerade deshalb braucht es ein Umdenken von Entscheider*innen und Verantwortlichen. Oder wie von mir im Vodafone Plenum in Berlin einer staunenden Menge dargestellt – ein Hotelier war im Publikum: „ich zeige Ihnen, wie Sie Ihre Leistung und Hotel-Services ohne physische Bettenbelegung als neues Standbein auf den Weg bringen können.“ Marktstruktur im Reise- und Tourismussektor Es gibt weiterhin die klassischen Reisebüros – ja, diese werden weiterhin und noch verstärkter im Markt gefragt sein aufgrund virtuellen Abstands und Anonymität –, die Online-Reiseagenturen (Online Travel Agents, Abk. OTAs), die Betreiber von Suchmaschinen und Metaportalen. Letztere sind jene Unternehmen, die einen detaillierten Einblick in das bisherige Kundenverhalten und Rückschlüsse auf das zukünftige Kundenverhalten der Portalnutzer erhalten – durch vergangene Nutzerzahlen und Auswertungen von Klickverhalten und Kommentaren. Über die Jahre sind so alle Informationen und Datenpools technologisch zusammengeführt und über ein einziges Portal dem Kunden zugänglich gemacht worden. Zu dieser Kategorie von Teilnehmern gehören die sogenannten Global Distribution Systems (GDS). Diese starteten in den Siebzigerjahren eher holprig als Tochtergesellschaft der großen Fluggesellschaften. Über die Jahre sind daraus eigenständige Unternehmen geworden und haben einen komplett neuen Branchenbereich für Reisevermittlung hervorgebracht: Sabre [27] von American Airlines entstand 1984, Travelport [28], hervorgebracht von United Airlines, im Jahr 1972 und das in Europa bekannteste Beispiel, Amadeus [29], entstand auf Initiative von Air France, Lufthansa und SAS im Jahr 1987. Die ursprüngliche Zielsetzung war es, Flugreservierungen zu systematisieren und komplette Reisereservierungssysteme zu entwickeln und zu betreiben. Seitdem sind alle genannten Unternehmen weiterhin selbstständig und dominieren den Markt. Über die Zeit sind über Know-how-Aufbau und Anreicherung von Expertenwissen die Mobilitätsangebote kontinuierlich gewachsen. Weitere Unternehmensbereiche wie etwa das Kreuzfahrtgeschäft, der Bahnverkehr und das Gastgewerbe (Hospitality), sind hinzugekommen. Des Weiteren zeichnen sich die GDS-Betreiber durch den Handel von reisebezogenen Informationen und Nutzerprofilen und den Betrieb von Kundenverwaltungssystemen aus. In Bezug auf Betrieb und Handel von Content, also reisebezogenen und mobilitätsrelevanten Inhalten, ist für Endkonsumenten, also den Mobilitätsnutzern eine Flut von Content-­Anbietern entstanden. Einige dieser Anbieter haben sich als Intermediäre in den Vermittlungsprozess von Reiseanbietern und Reisewilligen platziert, andere bieten Ver-

2 Ausgangssituation

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edlungsdienste an. Hierzu zählen Expedia Inc. [30] und TripAdvisor [31]. Expedia konzentriert sich dabei auf die Zusammenführung und Vergleichbarkeit von Inhalten im Internet. TripAdvisor dagegen arbeitet mit Inhalten, die wir als Reisende und Reiseinteressierte bereit sind abzugeben bzw. zur Verfügung zu stellen. Sei es Feedback zu einem Angebot, seien es Erfahrungen in dem gebuchten Hotel in Bezug auf Qualität oder die Leistungsbilanz des durch einen Agenten gebuchten Reiseverlaufs, Die Präsenz der Content-­ Anbieter im täglichen Reiseplanungsprozess ist unbestritten. Weitere Rollen im Bereich der Vermittlung haben sich im Entstehen der Shared Economy herausgearbeitet. Die Konfrontation für Mobilitäts- und Reiseanbieter mit disruptiven Angeboten, insbesondere von Airbnb [32] für Übernachtungsdienste, Uber [20] als Taxi-Ersatz oder BlaBlaCar [33] für Fernreisen im Privat-Pkw hält an. Im Gegenteil, die Zahl weiterer Mobilitäts- und Reisevermittlungsanbieter im strukturierten Markt wurde ergänzt um Startups und Privatanbietende. Whitelabel Angebote von Lösungsanbietern bieten nicht nur Unternehmen und Entrepreneuren die Gelegenheit, sondern auch dem Nachbarn, unseren Verwandten und uns selbst sich mit einem Sharing Angebot zu etablieren. Dabei geht es Flottenanbietern nicht nur um Werbung, sondern Sharing bietet eine Flottenoptimierung jenseits der Öffnungs- und Bürozeiten. Ein weiterer Vorteil liegt darin, Nutzer über deren Nutzerprofile besser kennenzulernen und Zusatzangebote zu lancieren. Sharing Economy findet auch über dedizierte Wegstrecken Anwendung. So etwa konzentriert sich der 2019 ins Leben gerufene City Loop auf die sogenannte Mittelstrecke [34]. Mittelstrecken sind Zubringerfahrten, die Hotspots wie „Flughafen – Headquarter“ oder „Bahnhof – Eventraum“ bedienen. Die App-Economy hat die Reise- und Mobilitätsbranche wie keine andere erobert. Sonst wären o.a. Angebote wie der City Loop nicht so ohne weiteres wachstumsfähig. Zugrunde gelegte analytische Modelle und algorithmische Verfahren zeugen von der Fähigkeit, den Anbahnungsprozess von Angebot und Nachfrage (Matchmaking) in eine neue Dimension zu bringen. Nicht nur das. Am Ende resultiert die direkte Verbindung mit Endkunden und Interessenten in dem Aufbau einer Gemeinschaft von Gleichgesinnten und einer Adaptionsfähigkeit (Community Engagement). Das Ausmaß und die teilweise sehr kontrovers geführten Diskussionen um Rechtmäßigkeit, Eingriff in das Marktgeschehen und Verdrängung altgedienter Anbieter hätte sich Rogers in seinen Ausführungen zu erfolgreicher Akzeptanz und Verbreitung von Innovationen nicht träumen lassen [34]. Traditionelle und disruptive Angebote sowie eine engere, sprich direkte digitale Verzahnung von Anbietern und Konsumenten entlang der Wertschöpfungskette werden vor den Infrastrukturanbietern nicht Halt machen. Der Kunde möchte Zugriff auf das komplette Portfolio von Produkten wie Dienstleistungen haben, und zwar erstens unabhängig vom eigentlichen Betreiber und Eigentümer der Infrastruktur (zum Beispiel einer Eisenbahnstrecke) und zweitens unabhängig von dem Ort des Entstehens einer Nachfrage und dem Wie der Bedarfsdeckung (zum Beispiel öffentlicher Nahverkehrsbus oder private Mitfahrgelegenheit). Die Kombinationsvielfalt von bilateralen und multilateralen Bereitstellungen von Gütern und Dienstleistungen geht einher mit einem zunehmend bedarfsgerechteren Nutzungszeitraum dieser Güter und Dienstleistungen. Eine bedarfsgerechte Bezahlung und Abrechnung gehört zum Alleinstellungsmerkmal des modernen, weil nutzungsbasierten Transports. Eine nutzungsbasierte Handhabung verweist auf die Erwartungshaltung von privaten, öffentlichen und privatwirtschaftlichen Anbietern, ein Stück vom Kuchen abzu-

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bekommen im Sinne eines Revenue Share Modells, sei es durch Entlohnung, Gewinnteilung, der Sammlung von Kreditpunkten oder anderen Loyalitätspraktiken. Entscheider und Gestalter werden mit zunehmendem Anspruch der Konsumenten und einer wachsenden Vielfalt an Angeboten, Anbietern und Kombinationsmöglichkeiten noch stärker gefordert sein, einen für Konsumenten nachvollziehbaren und tatsächlich umsetzbaren End-to-End (E2E)-Mobilitätsprozess zu etablieren. Dies betrifft auch die Rechtsprechung. In Europa erfolgte eine Neuausrichtung des Schienenverkehrs. Das „Vierte Eisenbahnpaket zur Vollendung des einheitlichen Europäischen Eisenbahnraums zur Steigerung von Wettbewerbsfähigkeit und Wachstum in der EU“ [35] verabschiedet einen Strategiewechsel in Bezug auf drei Kernbereiche des Schienenverkehrs: der Verbesserung von Maßnahmen zur Interoperabilitätssteigerung in Bezug auf Signalsteuerungsanlagen, der organisatorischen Trennung von Eisenbahnunternehmern und Infrastrukturbetreibern und die Öffnung des Marktes für Infrastrukturbetreiber und Anbieter von Personenverkehrsdienstleistungen. Ein Gegenstück dazu, welches im Luftverkehr definiert wurde, ist das sogenannte Open Skies Agreement: „Mit dem vorliegenden Beschluss nimmt die Europäische Union das mit den Vereinigten Staaten von Amerika geschlossene Open-Skies-Abkommen an. Dieses Abkommen sieht die vollständige Öffnung der transatlantischen Verbindungen für europäische und amerikanische Luftfahrtunternehmen vor. Es umfasst außerdem einen Mechanismus zur Vertiefung des Abkommens in Punkten wie dem Eigentumsrecht an Luftfahrtunternehmen. […] Das neue Abkommen ermöglicht den Luftfahrtunternehmen der Union künftig die Durchführung von Flügen in die USA von jedem beliebigen europäischen Flughafen aus, unabhängig von ihrer Nationalität (die USA erkennen die Unternehmen als europäische Unternehmen an), einen Betrieb ohne Einschränkungen im Hinblick auf die Anzahl der Flüge, auf die Luftfahrzeuge und Strecken, die Festlegung der Preise in Abhängigkeit vom Markt, die Unterzeichnung von Vereinbarungen über eine Zusammenarbeit.“ [36]

Im Jahr 2020 hat die US-Regierung angekündigt, das Open Skies Abkommen einseitig aufzukünden. Überlegungen wie diese sind ein Rückschritt und Zeichen von Kleinstaatlichkeit – statt sich der Chancen durch Vernetzung und Ecosystems Thinking bewusst zu sein. Markttransformation und eine zunehmende Vielfalt an Marktteilnehmern machen die Verwobenheit von „wer profitiert von wem“ deutlich. Die Branchenaufteilung in Bezug auf Reisen und Tourismus wird sich des Weiteren weiter auflösen und in andere Bahnen gelenkt werden. Dafür ist der Anteil an IT-Dienstleistern und Community-Gestaltern, welche nicht nur Reisebedarfe, sondern Mobilitätsbedarfe und Interessen des privaten Auskommens zukünftig bedienen, stetig steigend.

2.6

Wirtschaftsfaktor Güterverkehr

Barbara Flügge Das Verkehrsaufkommen im Güterverkehr wird zum einen in Abhängigkeit von Tonnage, Wegestrecken und Anteil an Verkehrsmitteln gemessen.

2 Ausgangssituation

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Dabei trägt der Güterverkehr neben dem Personenverkehr wesentlich zur Wirtschaftsleistung einer Region bzw. eines Landes bei. Im Jahr 2010 waren 87.500 Unternehmen im Verkehrsbereich beschäftigt (S. 34) [15]. Das Gros mit 60.100 Unternehmen sorgte für die Abläufe im Personen- und Güterverkehr. Das Güterverkehrsmanagement und die Transportleistung sind zwei elementare Bausteine einer kontinuierlichen und zunehmenden inländischen, aber auch insbesondere exportbezogenen Wirtschaftsleistung. Im internationalen Vergleich findet ein Großteil der europäischen Güterverkehrsströme und der im Güterverkehr relevanten Dienstleistungen in Deutschland statt. Die Zahlen für 2010 sahen wie folgt aus (S. 48) [15]: • Der Straßenverkehrsanteil beträgt 27 % des EU-Straßengüterverkehrs. Der Anteil am Schienengutverkehr beträgt 28 % und an der Binnenschifffahrt 42 %. • Die Wertschöpfung im operativen Bereich, nämlich 16 % in Lagerhaltung und Verkehr und mit 18 % in Bezug auf allokierte Arbeitsplätze, zeichnet ein anderes Bild. Steuervorteile und Ansiedlungen von verkehrsbezogenen Dienstleistern an einem Standort sorgten für eine Abwanderung von Unternehmen ins Ausland. Die mit Nachwuchssorgen kämpfende Verkehrsindustrie für Lkw-Fahrer und Frachtgutpersonal verstärkt den Effekt, sich on-demand-Personal im Ausland einzukaufen. Eine Gegenüberstellung von Verkehrsmitteln im Güterverkehr in Bezug auf Beförderungsleistung und Beförderungsmenge zeigt Abb. 2.5. In Bezug auf den Seeverkehr sucht Hamburg seine Behauptung unter den Top 15 Häfen weltweit. Insbesondere Ausbau von Schienenverkehr und Andocken von Hinterland und Schaffung internationaler Knotenpunkte belasten Hamburg. Darüberhinaus verändern sich – unter anderem durch Klimawandel – die asiatischen Routen und direkte Anfahrten an Ostseehäfen werden gesucht [37]. Abb. 2.5 Verkehrsmitteleinsatz im Güterverkehr

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Abb. 2.6  Güterverkehr im internationalen Vergleich

Bei dem Wettbewerb um die besten Plätze auf dem Leaderboard der Handelsplätze geht es neben der Betriebsoptimierung, sprich Auslastung der Anlagen, Effizienz im Containerund Güterumschlag, nachhaltigem Wirtschaften um Innovationskraft, Arbeitsplatzsicherung und Wachstum. Eine erfolgreiche Hafenwirtschaft wie die von Hamburg fördert und stärkt die Region mit mehr als 150.000 Arbeitsplätzen. Eine ökosystembezogene Auswertung weist dabei nicht nur direkte, sondern auch auf indirekte Effekte der Jobgenerierung auf. In Deutschland wurden durch direkte, verkehrsbezogene Tätigkeiten knapp zwei Millionen Arbeitsplätze registriert (S. 34) [15]. Indirekte Effekte stellen sich im Güterverkehr ebenso ein wie in den o. a. Reise- und Tourismussegmenten. Ein erfolgreicher Hafen und eine integrierte Standortbewirtschaftung stärken die Wirtschaftskraft und damit die Wettbewerbsposition eines Standortes und der benachbarten Regionen. In der Darstellung von Abb. 2.6 zeichnet sich die Reichweite eines effizienten und effektiven Handels für Hafenbetreiber und angegliederte Geschäftsbereiche ab. Die dargestellten Zahlen von 2011 haben sich gegenüber dem Folgejahr 2012 aufgrund des verminderten Exportgeschäftes mit Asien verringert. Nach Jahr 2013 mit 9,3 Millionen TEU standen 2017 8,8 Millionen TEU zu buche [37]. Sich im Markt als Ökosystem zu behaupten wissen Sich mittelfristig und langfristig im internationalen Supply Chain Management zu behaupten, erfordert Voraussicht und frühzeitiges, vorausschauendes Handeln. Hamburg selbst hat in Zusammenarbeit mit der Herausgeberin dieses im Rahmen seines

2 Ausgangssituation

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­ trategieprojektes smartPORT auf den Weg gebracht [38]. Entscheidend dazu beigetragen S haben die Projektierung im Sinne eines Innovationsvorhabens und die organisationsübergreifende, gemeinschaftliche Arbeit mit Technologiepartnern, Wirtschaftsteilnehmern, anderen Behörden, Instituten und Anwendern wie zum Beispiel Disponenten und Fahrer. In Bezug auf Skalierbarkeit und erfolgreiche Umsetzung zeichnen sich diejenigen Projektvorhaben aus, die sich eines innovativen Geschäftsmodells zu bedienen wissen. Das smartPORT Logistics Projekt hatte zum Beispiel trotz einer Reihe von Implementierungsphasen nicht die gewünschte Skalierung erreicht. Die Herausgeberin selbst hatte zuvor ein vernetztes Vertriebsmodell und damit einhergehend kreatives Geschäftsmodell zur kollaborativen, dynamischen Vernetzung in den Ring geworfen. Am Ende wurde seitens der Lösungsanbieter ein traditioneller Ansatz verwendet. Projektierungen wie diese sind auch an anderen Standorten mit einer hohen Verzahnung von unterschiedlichsten Marktteilnehmern oft traditionellen und konservativen Herangehensweisen unterworfen. Es zeigt sich immer mehr die Dringlichkeit des gemeinsamen Innovierens und Agierens. Ein integrierter und kollaborationsbezogener Ansatz nutzt Dringlichkeit im positiven Sinne. Um global bestehen zu können, braucht es eine integrierte Betrachtung der teilnehmenden Akteure und deren wertschöpfenden Vergütung.

2.7

 obilität als Garant für erfolgreiches Supply M Chain Management

Barbara Flügge Im Vergleich zum Personenverkehr sind im Güterverkehr einzelne Akteure in sich optimiert. Insbesondere in der Hinterlandlogistik, bei City Logistics, der Nahverkehrslogistik und letzten Meile suchen Akteure eine kostengünstige und einfach zu bedienende Anwendung. Auf dem internationalen Parkett geht es nicht mehr ohne Telematik-Anwendungen, mobile Dispositions- und Kommunikations- und Buchungssystemen und einem digitalen Transportmanagement. Die Vernetzung von Akteuren untereinander ist nicht nur aufgrund der Vielzahl an Beteiligten ohne die Digitalisierung nicht mehr denkbar. Sie ist ein notwendiges Medium im hart umkämpften Wettbewerb. Einen Überblick verschafft unsere Darstellung zu der Servicewelt von logistischen Dienstleistern (Abb. 2.7). Wirkungsstandorte Eine erfolgreiche Wirtschaft, wenn sie sich dem internationalen Wettbewerb zu stellen weiß, wird bestehen. Das internationale Geschäft generiert neben Exportumsätzen für einzelne Unternehmen auch an den Standorten, die sich in der globalen Handelskette zu behaupten wissen, Wirtschaftswachstum, Arbeitsplätze, Kompetenz- und Weiterentwicklungsmöglichkeiten und Raum für Innovation und Kreativität. Wir sprechen hier von der Kraft der Standorte: diese sog. Wirkungsstandorte sind sich ihrer Wirkung auf die

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Abb. 2.7  Einblick in die Servicewelt von logistischen Dienstleistern

­ mgebung bewusst und setzen diese verantwortungsvoll in standortbezogene, raumgreiU fende Maßnahmen um. Als Mittel dienen analoge und digitale Technologien. Ranking Deutschland führt in 2018 den internationalen Logistics Performance Index (LPI) an. Deutschland besteht in der Gesamtschau vor Schweden, Belgien, Österreich und Japan. Die Niederlande, Singapur, Dänemark, das Vereinigte Königreich und Finnland komplettieren die Top 10 (S. 11) [39]. Handel hat zunehmend eine Bedeutung für lokales Wachstum und Kompetenzentwicklung. Neben dem Güterbasierten Handel spielen der Handel bzw. die Vermarktung von Innovationen und Talenten eine große Rolle. Der LPI selbst baut weiterhin auf güterbasierten Abläufen auf. So ist die Zusammensetzung nachfolgender Kriterien weiterhin maßgeblich: • • • • • •

Zollabwicklung (Customs) Vorhandene Infrastruktur (Infastructure) Anteil Internationaler Auslieferungen (International Shipments) Kompetenz in Logistik (Logistics Competence) Anlieferungsgenauigkeit (Timeliness) Sendungsnachverfolgung und Supply Chain Monitoring (Tracking und Tracing)

2 Ausgangssituation

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Die Fracht und damit den Erfolg einer globalen Handelskette begleiten diejenigen Akteure, die beispielsweise die reibungslose Übergabe eines Gutes an den nachstehenden Akteur verantworten, oder die für die Übergabe von Papieren und Informationen an zuständige Behörden sorgen. Zu den weiteren Aufgaben gehört auch Frachtgutsicherung, aber auch Sorgfalt im Umgang mit den übertragenen Gütern. Insbesondere im Schwergütertransport bedarf es dringend einer digitalen Unterstützung. Anfragen zufolge sind Lkw-Fahrer mit zwanzig- bis dreißigseitigen Papierunterlagen ausgestattet, um festzustellen, an welcher Brücke, welcher Einmündung oder Überquerung das Gefahrgut zugelassen ist. Nicht nur manuelle Durchsicht erschwert den Arbeitsalltag und frustriert Fahrer, sondern auch die Tatsache, dass Transparenz über die Ansprechpartner in den Kommunen fehlt. Oftmals obliegt die Entscheidung den Fahrern, ob eine Wegstrecke aus rechtlichen und sicherheitstechnischen Gründen fahrbar ist oder nicht. Fahrer bewegen sich hier schnell außerhalb des Rechtsraums. Nicht immer haben wir diese Herausforderungen und das Jobprofil im Blick, wenn wir Fahrern, Auslieferungspersonal und Technikern begegnen. Im LPI findet sich kein Kriterium zu Kompetenzentwicklung oder Einhaltung von Regelwerken. Ohne die Vorschläge zu Smart Mobility unter Kap. 12 vorwegzunehmen, lohnt es sich, hier verstärkt anzusetzen. Weitere Nutzer von Mobilität sind Experten wie etwa Vertriebsmitarbeiter, Berater, Entscheider, Sicherheitspersonal, Ersatzpersonal und Inspekteure. Gleichermaßen gilt hier die Erwartungshaltung an ein stressfreies und pünktliches Ankommen. Sind Reise- und Einsatzplanung vereinfacht und vorausschauend gelöst, steigt die Zufriedenheit und die Identifikation mit der Tätigkeit. Sind Reisen und Einsätze optimal unterstützt, werden in einem zukünftigen multimedialen Supply Chain Management unnötige Aufwände für Buchung, Umbuchung, Disposition, Zwischenlagerung, Stornierung und Neuplanung reduziert. Was heute fehlt, ist eine Optimierung des Gesamtsystems von Unternehmen, mobilem Einsatzpersonal, Fahrzeugen und Technikleitständen. Räumlich begrenzte Infrastruktur und extrem hohe Wartezeiten durch fehlende Transparenz über Infrastrukturdaten und Informationen in der Transportkette verhindern unter anderem die Erhöhung des Containerumschlages. Der Zugang zu besseren Echtzeitinformationen, speziell zu Verkehrs- und Infrastrukturinformationen, verbessert die Entscheidungsvorbereitung für Disponenten. Für das mobile Personal erfolgt eine zielgerichtete Vorbereitung auf eine konkret zu erwartende Situation in der avisierten Zielregion. In unseren Befragungen von Fahrern, Disponenten und weiterem mobilen Einsatzpersonal ist die Kommunikation der Beteiligten untereinander nicht immer zufriedenstellend. Mitarbeiter, welche unterwegs sind, fühlen sich zunehmend isoliert. Weder Informationen über die üblichen Verkehrsmeldekanäle noch dynamische Wegleittafeln erfüllen insbesondere für Ortsunkundige ihren Zweck. Das Transport- und Begleitpersonal bekommt keine Sichtbarkeit auf die aktuelle Parkraumsituation in Verbindung mit benötigtem Stauraum oder Spezialequipment für eine Frachtsicherung vor Ort. Eine standortbezogene ­Dienstleistungsübersicht ist abhängig von dem Angebot von lokalisierten Apps bzw. deren Content. Diese können Aufschluss auf Abfertigungszeiten, Werkstätten, oder Hospitality

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Services geben. Hierbei fehlt der Bezug zu den Transportvorhaben und es bleibt dem Personal überlassen, sich einen Gesamtüberblick über die Situationsrelevanz zu verschaffen und zu urteilen, ob die dargestellten Informationen nützlich sind oder nicht. Die zunehmende Diskussion um autonome fahrende Fahrzeuge und die Rollenaufteilung von Mensch und Maschine macht an dem Güterverkehr nicht halt. Frachtsicherung und -kontrolle, geografische Orientierung, Entscheidungskompetenz in Notfallsituationen und Überwachung von Wartungsarbeiten sprechen für den Einsatz von Fachkräften und Frachtgut-Experten. Aus diesem Grund postulieren wir weiterhin den nachfolgenden Service-­Katalog. Dieser unterstützt die Experten standortbezogen und on the road: 1. Informationen zu dem Import/Export-Status der Container an Lkw-Fahrer 2. Informationen über Kollegen der eigenen Firma in Bezug auf Standort und Jobprofil 3. Touristen-App mit Sehenswürdigkeiten und Highlights wie Schiffstypen und Flaggen 4. Currywurst-App 2.0 für Lkw-Fahrer 5. Für Disponenten: gegenwärtiger Aufenthaltsort der anfahrenden Lkw und deren Güter 6. Meet-at-Parking-slot-App für Fahrer 7. App für mobile Dienstleister, zum Beispiel Fast-Food-Restaurants 8. Information für Disponenten, wann Container bzw. Schiff ankommt, wann Zug mit Container ankommt etc. 9. Sonderangebote an Imbissbuden auf dem Hafengelände für Lkw-Fahrer 10. (Just)-in-Time-Sequenzen für optimierte Ankunft an Container-Gates für Lkw-Fahrer 11. App für Lkw-Fahrer wann und wie Ruhezeiten einzuhalten sind 12. Ölanzeige an nächster Tankstelle + Rabatt pro Liter für Leute mit regelmäßigen Routen 13. App für Lkw-Fahrer, um Wohlbefinden/Gesundheitsstatus einzugeben 14. Healthcare und  Fitness Apps für Lkw-Fahrer zur Gesundheit am Arbeitsplatz, Fitnessprogramm und Nutzung von Pausenzeiten 15. Für Terminalbetreiber eine App, die zeigt, wie viele Container pro Tag abgefertigt wurden 16. Echtzeit-Videosender vom Zielpunkt, zum Beispiel an Docks und Parkplätzen 17. Reservierung von Parkplätzen 18. Erwartete Standzeiten, Pausenzeiten und Genehmigungsrelevanten Zeitabschnitten 19. Mitnahmebörse für Leercontainer für Disposition und Fahrer 20. Equipment-to-go für Werkstätten on the road 21. Verfügbarkeit von zuteilbaren Ladeflächen in Fahrzeugen wie zum Beispiel in Lkw und Kofferraum eines Pkws 22. Monitoring App, um kritische Teile zu überwachen und Wartung voraussehend zu planen 23. Interaktion mit Verpackungsdienstleistern 24. Vorabplanung der Lkw-Fahrten bis zurück in die Spedition 25. App, welche positionsbezogene Zusatzangebote unterbreitet in Abhängigkeit des Nutzerprofils und seiner Präferenzen 26. App für Standortbetreiber zu Verkehrsfluss und Verkehrslage in Echtzeit und mit Hochrechnungen

2 Ausgangssituation

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Abb. 2.8  Einblick in die Servicewelt für Teilnehmer im Güterverkehr

27. App mit Events auf dem Betriebsgelände oder einem Standort. Events sind vielfältig. Sie reichen von Treffs zum Klönen, zur Brotzeit oder Mittagessen bis hin zu kulturellen Angeboten und Sprachkursen 28. App mit einer Übersicht zu Tankstellen, deren Öffnungszeiten und insbesondere Verfügbarkeit eines Nachtschalterbetriebs 29. App für Beladungsunternehmen und Entlader, um effektiver arbeiten zu können 30. Equipment Monitoring App für kritische und/oder hochwertige Werkzeuge Ordnet man die Services nach ihrer Reichweite und wahrgenommener Verbesserung im innerbetrieblichen wie individuellen Arbeitsalltag ein, ergibt sich die in Abb. 2.8 gezeigte Grafik. Die Nummerierungen entsprechen der vorangestellten Übersicht.

2.8

Mobilitätsschaffung, Mobilitätserhalt, Verkehrssicherheit und Nachhaltigkeit

Barbara Flügge

2.8.1 Mobilitätsschaffung Wer sorgt für unsere Mobilität? Verkehrsinfrastruktur ist ein komplexes Gebilde und setzt sich aus unterschiedlichsten Transportgefäßen und Anlagen zusammen, die für o. a. Transportmittel und -wege entworfen, entwickelt, bereitgestellt, gewartet und modernisiert werden. Aufgrund struktureller, ökonomischer und verhaltensgesteuerter Kriterien werden

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Transportmittel und Wege neu erschlossen. Die Stilllegung von Bahnstrecken und die Erschließung neuer und Wartung installierter ICE-Trassen in Deutschland oder die veränderte Taktung von Zugfahrplänen in der Schweiz führt immer wieder zu Diskussionen um Rollen und Verantwortlichkeiten im Sinne der Nachvollziehbarkeit von Entscheidungen zu Infrastrukturbereitstellung und Infrastrukturerhalt. In derzeitig vorliegenden Statistiken [15] wird bauliche Infrastruktur wie folgt bemessen: im Vergleich zur Gesamtfläche Deutschlands nutzt die Verkehrsinfrastruktur 5  %. Dazu gehören Wege, Schienennetze und raumgreifende Maßnahmen. Im Einzelnen sind dies: • • • • • • • • • •

Straßen Brücken Eisenbahnen S-Bahnen Umschlagplätze Wasserstraßen Stadtschnellbahnen Straßenbahnen Rohrfernleitungen Umschlagplätze, d. h. Verkehrsknotenpunkte einschl. Bahnhöfe, Häfen, Flughäfen und Terminals etwa für den Containerumschlag

Der Gesamtwert der Verkehrsinfrastruktur im Jahr 2010 wird in der Anlagevermögensrechnung des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung mit 773 Milliarden Euro beziffert [15]. Das Hauptvermögen liegt in dem Verkehrswegenetz (Abb. 2.9). Einen zehnprozentigen Anteil nehmen Umschlagplätze ein. Vielfach sind diese nicht in der öffentlichen Hand, sondern werden privatwirtschaftlich betrieben.

Abb. 2.9  Mobilitätsschaffung in Deutschland

2 Ausgangssituation

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Eine Aktualisierung der Zahlen steht noch aus. Wohl sind diese nicht über das Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur (BMVI) beziehbar, sondern kostenpflichtig über die Website des Kraftfahrt-Bundesamts (KBA) [40]. In Zeiten analoger elektronifizierter Geschäftsprozesse stellt sich hierbei die Frage, weshalb Statistikdaten nicht als Open Data zur Verfügung gestellt werden. Ein  Hinweis auf der Website des BMVI führte dann zur Weiterleitung auf das KBA und letztendlich zur Öffnung eines Formulars, welches den Nutzer um Kontaktdaten bittet, ohne eine Preisinformation in dem Bestellformular für das o.a. Taschenbuch zu hinterlegen. Diese findet sich im Text auf der Website. Wir haben diesen Weg daher nicht beschritten. In einem Ländervergleich sollte darauf geachtet werden, dass rechtliche wie strukturelle Rahmenbedingungen und Gegebenheiten eine Rolle spielen. Der durch die Weltbank global angelegte Infrastrukturvergleich [41] nimmt dazu Stellung. Dieser projiziert den Anspruch an Mobilitätsschaffung zum Nutzen aller Bevölkerungsschichten auf 55 Standorte. Allen Standorten gemein ist der durch die öffentliche Hand vollführte Balanceakt von langfristig ausgelegter räumlicher und Infrastrukturrelevanter Gestaltung und kurzfristiger, jährlicher und/oder ereignisbezogener Steuerung und Budgetierung. Im Sinne eines langfristigen Investitionsschutzes betreffen räumliche Entscheidungen einen Zeitraum von zwanzig bis dreißig Jahren. Infrastrukturrelevante Konzepte beanspruchen einen Planungs- und damit Ergebnishorizont von bis zu fünfzig Jahren und mehr. Bewegliche Anlagegüter Bei den beweglichen Anlagegütern befinden sich Stand Januar 2012 52 Millionen Fahrzeuge in Deutschland im Umlauf. Davon entfallen 34 Millionen auf Pkw, 9 Millionen auf Lastkraftwagen und Zugmaschinen, 8 Millionen auf Krafträder und 1 Million auf Sonstiges (S.  21  f.) [15]. Unter Sonstiges werden Eisenbahnen und Lokomotiven vermerkt. Hauptkunde hier ist die Güterindustrie. Der Anteil an Elektrofahrzeugen ist Stand 2012 vernachlässigbar gering. In Anbetracht des Gesamtwerts erscheint die Summe bzw. der Wert von 2.6 %, der im Rahmen des deutschen Investitionsrahmenplanes von 2011 bis zum Jahr 2015 [15] [42] angesetzt wurde, gering (Abb. 2.10). Hierbei geht es um Erhalt und Ausbau der o. a. Anlagen. In Analogie zu der prozentualen Wertebestimmung erfolgen Erhalt und Ausbau vornehmlich bei Straßen und Brücken. Hierin steckt ein Investitionsanteil für modernes Verkehrsmanagement und IT-Systeme. Wie gering, akzeptabel oder hoch der Investitionsrahmen eingeschätzt werden kann, ist aufgrund unterschiedlicher Veröffentlichungszeiträume und Definitionen in Statistiken und Untersuchungen nicht objektiv beurteilbar. Dem Anspruch an Mobilitätsschaffung wird auf der politischen Ebene zunehmend durch Förder- und Forschungsprojekte Rechnung getragen. So hat etwa die Europäische Kommission in 2015 angekündigt, EU-Mittel in Höhe von rund 13 Milliarden Euro für das Programm Connecting Europe bereitzustellen [43]. In einer Gegenüberstellung in Abb. 2.11 von Finanzierungs- und Kostenkategorien erfolgt die Finanzierung in Bezug auf Verkehrsmittel zum einen durch die Nutzung, d. h. Fahrpreiseinnahmen, und zum anderen durch die Allgemeinheit auf Grund steuerlicher Umlagen, die öffentliche Hand und durch Transportunternehmen.

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Abb. 2.10  Mobilitätsschaffung und Strukturerhalt in Deutschland

Abb. 2.11  Kosten- und Finanzierungskategorien zur Mobilitätsschaffung

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2 Ausgangssituation

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Abb. 2.12  Bürgerbefragung zur Einnahmen- und Mittelverwendung

Die Nutzerfinanzierung über die Pkw-Maut in der Schweiz liegt bei einem Umsatz von 4.5 Milliarden Euro im Jahr 2010 und würde mit Bezug auf Infrastrukturerhalt in Deutschland umgerechnet 25 % betragen. Dem Umgang mit Einnahmen wurde in einer Bürgerumfrage des Schweizer Bundesamts für Statistik 2012 Rechnung getragen. Das Ergebnis zu der Verwendung der Einnahmen durch o. a. Finanzierungsmittel (S. 104) [17] stellt sich wie in Abb. 2.12 dar. Die Bürgerumfrage aus 2012 hat weiterhin Aktualität, da sich mit der Diskussion einer Pkw-Maut in Deutschland die Frage nach Zweckmäßigkeit auch in einer direkten Befragung in Deutschland erreichen ließe.

2.8.2 Mobilitätserhalt Wer sind die Akteure hinter den o. a. Zahlen und wer finanziert uns unsere Infrastruktur? Nimmt man das Quellenverzeichnis des Statistischen Bundesamtes in Deutschland zu Rate, ergibt sich eine unermessliche Anzahl einzelner beitragender Behörden, Institute, beauftragter Gutachter und unabhängiger Unternehmen (S.  56–59) [1]. Darüber hinaus erfolgten stichprobenhafte Erhebungen des Mobilitätsverhaltens durch Befragungen und Beobachtung des Mobilitätsverhaltens. Daraus zeichnet sich ein Bild einer vielschichtigen und von unterschiedlichen Stellen wahrgenommenen Mobilitätsinfrastruktur ab. Die Darstellung in Abb. 2.13 verschafft einen Überblick über das heutige Rollenverständnis und der Grenzziehung von institutionellen und privatwirtschaftlich angebotenen Anlagegütern. Unsere Untersuchungen in anderen Ländern ergeben ein ähnliches Bild. Das grundlegende Rollenverständnis wird sich mit Blick auf die Entwicklungen der Shared Economy, d.  h. der Abkehr von Besitz zu Nutzung, und eines zunehmend von

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Abb. 2.13  Ausgewählte Akteure und Teilnehmer

Automatisierung gezeichneten Angebots von Fahrzeugen verändern. Letzteres geht einher mit neuen Playern, die Fahrzeuge, Komponenten und Infrastruktur anstatt oder in Ergänzung zu traditionellen, in der Automobilindustrie beheimateten Organisationen anbieten. Dies sind Stand heute Technologieanbieter, standortbezogene Konsortien etwa für Megastädte und Metropolregionen, Anbieter von Nutzungsmodellen für umlandbezogene Ausund Anlieferung oder Groß- und Einzelhandelsketten, die ihre Flotte den Kunden oder einem Standortbetreiber zur Verfügung stellen. Abgerechnet werden könnte nach ­Volumen, Strecke, Nutzungsdauer und der Einkaufssumme und digital unterstützt und untermauert durch intelligente Auswertungen.

2 Ausgangssituation

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Es gilt zu fragen, inwieweit verursachergerechte Umlagen bzw. Beteiligungen an den Infrastrukturkosten nicht endlich Einzug halten sollten. Analog der Diskussion um Daten-­ Ownership und Nutzung bzw. Weiterverkauf privater Nutzerdaten lässt sich der Vergleich im Mobilitätssegment fortsetzen: ein Disruptor nutzt Infrastruktur und sorgt für erhebliche Mehrbelastungen durch einen finanziellen Anreiz derer, die durch Privatbesitz oder Leasing eines Fahrzeugs am Sharing bzw. Ride Hailing Hype partizipieren möchten. Forciert wird die Zunahmen privat verursachten Verkehrsaufkommens durch Wettbewerbssituationen und neue Mitspieler nebst Uber, BlaBlaCar und Lyft. Wir als BeraterInnen täten auch der Politik einen Gefallen, Ursache-Wirkungsdiagramme darzustellen und integrierte Einkommensmodelle aufzuzeigen (sog. Integrated Profit Models)!

2.8.3 Sicherheit und Nachhaltigkeit Auf dem Gebiet von Verkehrsunfällen registrieren Behörden eine sinkende Anzahl von Verkehrstoten seit 1970 (S. 36) [1]. Dennoch starben bei 2,4 Millionen Unfällen im Jahr 2010 4009 Personen. In Bezug auf die Unfallursachen ist mit 90 % menschliches Fehlverhalten die Hauptursache. Berichten von 2011 zufolge verursachten Fahrradfahrer und Kraftradfahrer die meisten Unfälle. Die bisherigen Assistenz- und Warnsysteme – wie etwa Spurhalteassistent, Nachtsichtassistent und Abstandsregeltempomat – haben uns in den vergangenen Jahrzehnten begleitet, geführt und gesteuert. Dabei tragen sie, in Korrelation gesetzt mit der Häufigkeit der Unfälle, zu einer höheren Verkehrssicherheit, weniger Unfällen und weniger Getöteten bei [43, 44]. Den elektronischen Assistenz- und Warnsystemen im Fahrzeug zum Trotz sind insbesondere Fußgänger und Fahrradfahrer Unfallopfer, wenn es zu Fahrzeugunfällen kommt. Dies betrifft vor allem Senioren, die zu Fuß unterwegs sind. Die aufkeimende Diskussion zu der Fahrtüchtigkeit mit und einem verminderten Reaktionsverhalten bei der Nutzung von E-Bikes lässt sich Stand heute mit Studienergebnissen nicht belegen. Wohl aber das Unfall- und Stereberisiko von Fahrradfahrern durch abbiegende Lkws. Trotz alarmierender Zahlen stehlen Technologie-Diskussionen der Sicherheit von Radfahrern die Schau! Das Fehlverhalten über alle Altersstufen hinweg zeigte sich [1] bei • • • •

Abbiege-, Wende, Rückfahr-, Ein- und Ausfahrmanövern (16 %), Situationen mit Vorfahrts- und Vorrangregelungen (15 %), unangepasster Geschwindigkeit (13 %) sowie unangepasstem Abstand (12 %).

Als relativ sicher gelten der öffentliche Personennahverkehr, die Eisenbahn und das Flugzeug. Es ist zu wünschen, dass sich innovative und kreative Vorhaben diesem Thema stellen, unabhängig von relativer oder gefühlter Sicherheit des Einzelnen. Eine weitere Belastung sind Lärm-, Luft- und Lichtbelastungen für Anwohner. Durch erhöhtes Transportvolumen, Routenalternativen verursacht durch Stau und der steigende Anteil an Bauvorhaben für private und gewerbliche Immobilien steigt die Lärmbelastung.

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Verlängerte Anlieferzeiten und Ausnahmeregelungen sowie vermehrte Durchfahrten von größeren Fahrzeugen sorgen für eine zunehmende Lichtbelastung. Die Feinstaubbelastung nimmt weiter zu. Sie erreicht auch den europäischen Kontinent mit den dort angesetzten Grenzwerten. Bemerkenswert ist der Fakt, dass der „Personenverkehr […] dreimal so viel Kohlendioxid wie der Güterverkehr“ emittiert (S.  42) [1]. Hier ist festzustellen, dass Verbrennungsmotoren sicherlich ihren Beitrag dazu leisten. Nichtsdestotrotz sind bauliche Maßnahmen und erhöhter Baustellenverkehr einzukalkulieren. Ebenso wurde festgestellt, dass Kürzungen bei Straßenreinigungen und ein erhöhter Reifenabrieb Feinstaubentwicklungen fördern. Der derzeit oft einseitig geführte Diskurs zu Lasten des Diesels sollte einer ganzheitlichen Verursacher-bezogenen Auseinandersetzung weichen. Wie lange braucht es, damit sich Verantwortliche, Einflussnehmer und Industrieunternehmen um einen nach vorne gerichtetem, ganzheitlichem Blick und Lösungsansatz zu bemühen? Ohne Fingerzeig und Ablenkungsmanöver bringen sich nun immer mehr Kommunen in Stellung und suchen Auswege und kreative Möglichkeiten, um ein nachhaltigeres Verkehrsmanagement auf den Weg zu bringen. Die Diskussion rund um Ausführungen zur Messbarkeit, Genauigkeit und Überprüfbarkeit von Kohlendioxid-Emissionen in Pkw wollen wir hier an dieser Stelle nicht strapazieren. Wir werden gesondert unsere Gespräche fortsetzen und dabei den Markt und die Politik in Augenschein nehmen. Wichtiger ist es uns, sich darüber Gedanken zu machen, wie sich in der nahen Zukunft intermodales Verkehrsmanagement mit einem erstrebenswerten Anteil an nachhaltig gesteuerten Verkehrsmitteln gestalten, finanzieren und umsetzen lässt. Und wie sich passionierte Autofahrer überzeugen ließen, auf ein öffentliches Angebot umzusteigen. Wir stellen uns bewusst folgende Fragen: • Benötigen wir tatsächlich eine Sharing Economy auf dem Mobilitätssektor in den Städten insbesondere in den Zentren? • Sollten nicht ÖNPV und bereits zugelassene Mobilitätsanbieter die letzte Meile übernehmen? Zumal sich außerhalb der Peakzeiten genügend Platz in Bussen, Straßenbahnen und Waggons findet. • Braucht es nicht vielmehr Ideen, um aus leerem Passagierraum auch Cargo-Raum zu machen mit einfachen Klappbauten und einfachen Umlademechanismen? • Intermodalität zur Ausnutzung bestehender Infrastruktur könnte über geeignete digitale Begleiter zu einem vereinfachten Konsum und Handling führen. Worauf legen zukünftige Hackathons und Ideenwettbewerbe wert, wen unterstützen Venture Capital Unternehmen mit ihren Mega-Budgets? • Weshalb nicht hier eine einladende und nicht ausschließende Vereinbarung mit Uber und anderen Sharing Anbietern suchen je nach Marktanteil und Infrastrukturnutzung? Wenn schon Uber und Lyft, dann sollten doch Infrastrukturnutzung über ein Revenue Share Modell den Kommunen und Betrieben zugutekommen! Hier bietet sich ein Shared Service Konzept mit einem innovativen Geschäftsmodell an unter Anwendung von Data Analytics – anonymisiert und auf Basis genutzter Anlagegüter! Sprechen Sie mit uns, wie sich dies für Ihre Kommunen, Regionen und Städte lösen lassen.

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Dies leitet über zum Ansatz der Circular Economy. Es geht darum, sich den Herausforderungen erhöhter Mobilität und damit der Gefährdung, dem Lärm und der Emissionsbelastung zu stellen. Circular Economy hat ein Postulat von vier umsetzungsfähigen und notwendigen Beiträgen für die nahe Zukunft aufgestellt (S. 56 f.) [45]: • Elektromobilität (Electrification) • Autonomes Fahren (Autonomous Driving) • Evolution in Materialentwicklung, -nutzungsdauer und -wiederverwendung (Materials Evolution) • Intermodales Verkehrsmanagement für Personenverkehr (system-level integration of transport modes) und ergänzend hierzu für Güterverkehr

2.9

Systeme, Trends und Plattformen

Barbara Flügge Die folgenden Ausführungen geben Einblick in Rahmenwerke und einen kurzen Überblick über Trends der Digitalisierung. Wir werden in einer weiteren Publikation dazu ausführlich Stellung nehmen. Zum einen wird die Einordnung von IVS, ITS und weiteren Funktionsbausteinen von Verbänden und Interessensgruppen vorgenommen, weiterentwickelt und dienen als Vorarbeiten und Input Standardisierungs- und Orientierungsvorhaben. Sie finden Niederschlag in Arbeitspapieren diverser nationaler und internationaler Gremien und politischer Interessensgruppen. Es ist daher in unserem Interesse sich mit der Nomenklatur und den Einordnungsrastern auseinanderzusetzen. Zum anderen findet durch die fortschreitende Akzeptanz von Open Source und Cloud Anwendungen auch im öffentlichen Sektor bzw. in semi-öffentlichen Prozess- und Service-­Angeboten zunehmend Akzeptanz.

2.9.1 Intelligente Verkehrssysteme (IVS) Intelligente Verkehrssysteme (IVS) sind der Sammelbegriff für verkehrstechnische und konstruktionsbezogene Konzepte, Software, Hardware und ­Kommunikationstechnologien. Darunter fallen zum Beispiel Ampelsteuerungsanlagen, Telematikanwendungen, das Transport-Management und spezielle für das Verkehrsmanagement ausgerichtete Analysewerkzeuge. Eingesetzt als Bausteine und kohärent zusammengesetzt, unterstützen IVS die Verkehrsmanagementfunktionen zur Sicherung und Effizienzsteigerung von Verkehrsbetrieben, Infrastrukturbetreibern und Mobilitätsanbietern. IVS fungiert dabei als Sammelbegriff für all diejenigen Informations- und Steuerungssysteme, die bei den unter Abschn. 2.8.2 vorgestellten Akteuren im Einsatz sind.

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Dies sind insbesondere Verkehrsbetriebe und Verkehrsleitzentralen, Flottenmanagement und -steuerung sowie transit- und pendlerbezogene Verkehrssteuerungseinheiten. IVS stößt an seine Grenzen, wenn Verkehrsplanung auf bauliche, geografische und konstruktionstechnische Gegebenheiten oder rechtliche und umwelttechnische Regularien trifft und dies bedingt oder gar nicht abdeckbar ist. Hier gilt es, ein Optimum an Anforderungen und Lösungsmöglichkeiten für bestehende und zukünftige Fragestellungen herauszuarbeiten. Für die Taxonomie von IVS finden sich je nach Geografie und Verbandsarbeit unterschiedliche Ausprägungen bzw. Schwerpunkte. Ein Beispiel hierzu ist die Taxonomie des Verkehrsministeriums der Vereinigten Staaten [46]. Die vereinfachte Darstellung in Abb. 2.14 gibt die allgemeinen Schwerpunkte wieder. Um der Vielschichtigkeit und den Innovationsströmen zu begegnen, lassen sich IVS-­ bezogene Anwendungen auch gemäß ihren Anforderungsprofilen unterscheiden und um Neuerungen ergänzen. Die Grafik in Abb. 2.15 veranschaulicht dies.

2.9.1.1  Intelligente Verkehrsmanagement-Systeme im ländlichen Raum Um in Haushalten im ländlichen Raum eine funktionierende und nachhaltige Verkehrsinfrastruktur sicherzustellen, gehen derzeitige Überlegungen verstärkt in die Prognosefähigkeit von Verkehrsaufkommen, Verkehrsverhalten und Typisierung und Anzahl von Verkehrsmitteln. Advanced Rural Transportation Systems (ARTS) erfassen, sammeln und werten aus. Dazu gehören Wegestrecken, deren Benutzung, Anzahl wartender Fahrgäste,

Abb. 2.14  Taxonomie von Intelligenten Verkehrssystemen (IVS)

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Abb. 2.15  Taxonomie von Intelligenten Verkehrssystemen (IVS) nach Anforderungsprofilen

Fußgänger, Pünktlichkeit, Verspätung und Ausfall von öffentlichen Verkehrsmitteln sowie Fahrzeugemissionen. Um dem ländlichen Raum eine vergleichbare und passende Infrastruktur zu ermöglichen und damit Investitionsschutz bieten zu können, braucht es verlässliche Aussagen. Die Projektion von einem kleiner werdenden Anteil an Einwohnern im ländlichen Raum wird unverrückbar Interessen und Investitionsentscheidungen auf Großstädte und Ballungsräume richten. Damit einher geht die Frage nach der Finanzierung und dem Unterhalt, sofern dies zum Beispiel über die Versorgungspflicht einer öffentlichen Hand nicht sichergestellt werden könnte. Innovationen im Bereich Sensorik zur Vernetzung von Anlagegütern und einer verkehrs-, nicht personenbezogenen Auswertung erhöhen die Genauigkeit von Vorhersagen. Es braucht allerdings Empfehlungs- und Entscheidungsparameter und darauf aufbauende Betriebsprozesse, die dann auch tatsächlich zu einer Umsetzung führen. Die Auswertungsfähigkeit alleine wird nicht ausreichen. Unabhängig von den Überlegungen einer digitalisierten Anlagekarte (Digital Asset Mapping) lassen sich Kommunikationsmedien und die Smartphones oder OnBoardUnits der Verkehrsteilnehmer mit dem Einverständnis zur Ableitung von Bewegungsmustern nutzen. In Kanada wurde dies in Verbindung mit einem Temperatur- und Straßenbelags-­ Sensor zur ereignisbezogenen Einsatzplanung von Schneeräumfahrzeugen angedacht.

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Ein weiteres Element von ARTS sind Lösungsangebote zur Vernetzung von Fahrzeugen (Connected Vehicles) untereinander, unabhängig von Betreiber, Eigentümer oder Besitzer. Für den ländlichen Raum werden derzeit insbesondere Überlegungen des Nutzens von fahrerlosen Fahrzeugen (Autonomous Driving) angestellt. Der Gedanke, dass zukünftig Bestellbündelungen und Versand die Verkehrsmittelauslastung automatisch steuern und den Haushalten quasi digital vor die Haustüre stellen, ist verlockend. Tatsächlich werden es sich in Zukunft Spediteure mit engen Margen und Versandhäuser mit angegrenzter Logistik überlegen, ob sie einen ländlichen Raum mit x% Anteil am Gesamtumsatz noch bedienen und ob sie es sich überhaupt leisten können. Dem autonomen Fahren sollte daher nicht nur Wunschdenken entgegengebracht, sondern eine reelle Chance eingeräumt werden.

2.9.1.2  Verkehrsdatenanalyse (Traffic Data Analytics) Allen Ansätzen von ARTS wie den vorangestellten IVS-Elementen liegen die digitale Bereitstellung, intelligente Nutzung und Auswertung von Verkehrsdaten (Traffic Data) zu Grunde. Längst wird unter Traffic Data nicht nur der öffentliche Personennahverkehr, sondern, wie oben angemerkt, Verkehrsdaten von und mit Hilfe von Privatpersonen und Unternehmen verstanden. Dabei werden zur smarten Verkehrsauswertung (Smart Traffic) Daten von Taxi- und Busunternehmen berücksichtigt, ebenso wie Daten von dem Entscheidungs- und Nutzungsverhalten der Fahrgäste. Bei Verkehrsdaten werden grundsätzlich unterschieden: • Echtzeitdaten: Unter Echtzeitdaten versteht man Daten mit einer Aktualität von maximal fünfzehn Minuten. Sie sind Grundvoraussetzung für Echtzeitmessungen, situationsbezogenes Verkehrsmanagement und Entscheidungsprozesse. • Historische Daten: Datenhistorien sind der Ausgangspunkt für analytische Verfahren und Prognoseverfahren. Beispiele sind das Abnutzungsverhalten von Straßenbelägen in bestimmten Klimazonen und Wetterverhältnissen. Beispiele für Echtzeitdaten sind: • Messung des Zeitversatzes für einen Sensor zur Fahrzeugregistrierung • Fahrzeugerfassung und Fahrzeugzählung, welche einen Überwachungspunkt in Ein-Minuten-Intervallen passieren • Geschwindigkeitsmessung Vorteile der Verkehrsdatenerfassung: • Verkehrsüberwachung und interaktive Steuerung beispielsweise für die situative Geschwindigkeitsanpassung • Verkehrswegeplanung, insbesondere Straßenkreuzungen und Knotenpunkte für die Aufnahme und Abgabe von Verkehrsmitteln

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Das sogenannte U.K. London Congestion Charging (LCC) [47]-Schema wurde im Februar 2003 eingeführt mit dem Ziel, Stausituationen im Stadtzentrum einzudämmen und zukünftig zu vermeiden. Wie funktioniert das LCC? Fahrzeuge, die sich in das Stadtinnere von London bewegen, bezahlen initial, d. h. vorab eine Gebühr von fünf britischen Pfund. Ausnahmen sind Zufahrtszeiten am Wochenende und nachts. Der Erfolg war von kurzer Dauer. Staus im Stadtzentrum wurden reduziert. Stattdessen führte dies zu einer Verlagerung von Stausituationen vor dem Stadtzentrum. Um diesem zu begegnen, wurde die Gebühr auf acht und mittlerweile 11,50 britische Pfund erhöht und die gebührenrelevante Zone erweitert. Die gebührenpflichtige Befahrung der Zone ist von 07:00 Uhr morgens bis 18;00 Uhr jeweils von Montag bis Freitag damit ermöglicht. Die Überwachung bzw. Registrierung der Gebührenentrichtung erfolgt mit einer automatischen Nummernschilderkennung (Automatic Number Plate Reading, Abk. ANPR). Hierbei werden sowohl das Kontrollschild selbst mit Bezug zum Fahrstreifen wie auch ein reichweitenbezogenes Komplettbild des Fahrzeuges und der benutzten Straße gemacht. Die Registrierung, die normalerweise automatisch erfolgt, wird mittels eines Datenbankabgleiches auf den Sollzustand überprüft. Für den Fall eines fehlenden Eintrages wird der Fahrzeughalter ermittelt und ihm der Strafzettel zusammen mit dem Gebührenbescheid überstellt.

2.9.1.3  Intermodales Verkehrsmanagement Das Verkehrsmittel, welches zur Verfügung gestellt bzw. genutzt wird, wird gemeinhin als Modus bezeichnet. Intermodalität bezieht sich auf das Aneinanderreihen nicht gleichartiger Verkehrsmittel für eine bestimmte Wegestrecke oder Reise. Multimodalität, welche Verkehrsträger als in sich geschlossene Systeme ohne Integration mit anderen Verkehrsträgern betrachtet, findet im Sinne des Anspruches an Intermodalität keine Anwendung in der vorliegenden Publikation. Die gängigsten Verkehrsmittel bzw. Verkehrsmodi für intermodale Mobilität sind Auto, Bus, Bahn, E-Bike, Fahrrad, Flugzeug, Motorrad, S-Bahn, U-Bahn und Zug. In ihrer Ausprägung können sie von Privatpersonen, privatwirtschaftlichen oder öffentlichen Anbietern auf dem Markt betrieben werden. Oft findet sich auch der Begriff der Verkehrsträger im Sinne des Straßenverkehrs, Schienenverkehrs, Seeverkehrs oder Flugzeugverkehrs wieder. Ein typischer Reiseverlauf könnte so aussehen: • mit dem Bus von zu Hause zum Bahnhof (Zielbahnhof) • im Anschluss mit dem Zug zu dem Ort reisen, an dem die zu besuchende Veranstaltung stattfindet • vom Zielbahnhof mit dem Taxi an den Veranstaltungsort gelangen So lassen sich Reiseverläufe von Tür zu Tür von Geschäftsreisenden, Veranstaltungsteilnehmern und Familien mit Hilfe von Customer Journeys Mappings untersuchen. Die gängigsten Kombinationen von Verkehrsmodi sind Bus – Bahn, U-Bahn – Fußweg und Bahn – Flugzeug.

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Neben den technischen Verkehrsmodi stellt der Fußweg ebenfalls einen Modus dar. Insbesondere bei der Nutzung von Apps und Services ist der Fußweg einzukalkulieren, um die optimale Transport- und Transitstrecke zu berechnen und auf etwaige Änderungen Neuberechnungen vorzunehmen und Alternativrouten anbieten zu können. In jüngster Zeit sind das E-Bike sowie das Carsharing ebenfalls dazugekommen. Im Rahmen von Transportangeboten, wie zum Beispiel denen der SBB werden neben Bahn und Fahrrad auch Leasingfahrzeuge angeboten. Die Anzahl der Anbieter von Verkehrsmodi wächst. Die Sharing Economy mit Anbietern wie DriveNow und car2go zählt nach einer Auswertung zu Beginn des Jahres 2016 an die 150 Carsharing-Anbieter allein in Deutschland mit 1.26 Millionen Registrierungen [48]. Mit zunehmenden Staus und längeren Stand- und Wartezeiten kollabiert nicht nur das System Verkehr, sondern dies führt auch zu wirtschaftlichen Beeinträchtigungen. In Liefer- und Handelsketten führen verspätete Ankünfte an einem Containerterminal zu einer verspäteten oder gar stornierten Abfertigung, die wiederum eine Kettenreaktion nach sich zieht – beispielsweise in Bezug auf die geplante und vertraglich geregelte Verladung und Verschiffung. Des Weiteren führen sie zu Stress, Wartezeiten, Beeinträchtigung der Teilnehmer und der Umwelt durch Lärm und Luftverschmutzung. Um Intermodalität für den Personen- und Güterverkehr nachhaltig gestalten zu können, braucht es intelligente Dispositionssysteme, organisationsübergreifende Kollaborationen und eine Grundvereinbarung, dass die vorhandene Infrastruktur bestmöglich zu nutzen ist.

2.9.2 Industrie 4.0 und das Internet der Dinge Die Entwicklungen im Produktionsumfeld unter dem Begriff Industrie 4.0 zeigen eine zunehmende, noch stärkere Vernetzung mit Verkehrsmanagement-Systemen. Worin besticht Industrie 4.0? Welche weiteren Entwicklungen haben bereits Einzug gehalten? Die Maschine-zu-Maschine-Kommunikation (M2M) wird gemeinhin als Industrie 3.0 unter dem Aspekt des vernetzten Maschinenparks betrachtet. Mit dem Anspruch, dass jedes beliebige Objekt Informationen liefern und eigene Zustände messbar machen kann, wird der Vernetzungsbegriff auf jedes Element ausgeweitet. Dies führt beispielsweise dazu, dass ein Gebäude selbst entscheidet, wann es Energie aufnimmt oder Energie abgibt. Durch verbundene Geschäftsprozesse erschließt sich rückwirkend das Zustandsverhalten eines Gegenstands bzw. in dem o. a. Fall des Gebäudes. Die Anknüpfung von Maschinen an geschäftsrelevante bzw. -erweiternde Tätigkeiten wird gemeinhin als Cyber Physical Systems (CPS) bezeichnet. Dabei löst eine Maschine zum Beispiel die Buchung eines Wartungsdienstes aus. Ein Formel-1 Rennwagen wird heute bereits nach Motorleistung, Reifenzustand, Zustand der Bremsen und Fahrverhalten in Echtzeit, also im Renngeschehen, überwacht. Oder im Falle von Smart Mobility löst die erhöhte Nachfrage nach einem Verkehrsmittel, zum Beispiel eines Nahverkehrsbusses, durch Messung der belegten Sitzplätze selbstständig die Bereitstellung eines zweiten Busses aus- und just an dem Ort, an dem die Nachfrage nach dem Bus am höchsten sein wird.

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Mit dem Begriff Internet der Dinge (Internet of Things, Abk. IoT) wird die Gesamtheit aller möglich verknüpfbaren Objekte bezeichnet. Diese lassen sich dann auch über Internet und Apps überwachen und steuern. Wir kennen bereits IoT-Anwendungen: die ferngesteuerte Bedienung der Jalousie, das Einschalten der Kaffeemaschine kurz vor Ankunft zu Hause oder die ferngesteuerte Überwachung der Funktionsfähigkeit eines Fahrstuhls, um Gefahrensituationen von vorneherein zu vermeiden bzw. schnellstens zu begegnen. Dem IoT Nutzer ist der eigentliche Sinn und Zweck von vernetzten Dingen oftmals unbekannt. Wer weiß schon in Zukunft, wann sich welches Ding aufgrund der eigenen Gewohnheiten meldet! Unternehmen, welche IoT sinnhaft einsetzen wollen, brauchen den Blick hinter die Kulissen: welchen Geschäftsprozess löst IoT in ihrer Organisation und ihrem Netzwerk aus? Bemüht sich etwa der IoT-isierte Gegenstand vorsorglich um seinen Nachfolger, da die Gebrauchsspuren zu stark den eigenen Betrieb beeinträchtigen und eine Nutzung für den Anwender bzw. Konsumenten zu riskant werden? Das vernetzte Etwas – sei es der Tisch, der genutzte Sitzplatz im Zug oder das an den Nachbarn verliehene Gartengerät – bietet Einblick in Position, Abnutzungs- und Benutzungsgrad, Einsatzdauer und die Anzahl von Besitzwechsel. Geschicktes Service Design heißt, darauf aufbauend entsprechende Nutzungsparameter zu definieren und Einsatzmodelle zu kalkulieren. Der passgenaue Service wird vorausschauend zur richtigen Zeit und einem verträglichen Entgelt angeboten.

2.9.3 Open Source und Digitale Plattformen Investitionsschutz, Pflegeaufwand und Adaptierbarkeit waren bis zum Einzug und Akzeptanz von Open Source Anwendungen das überzeugende Argument, das Großkunden an proprietäre Softwareanbieter und Lizenzanbieter gebunden hatte. Open Source Anwendungen haben das Alleinstellungsmerkmal mittlerweile aufgeweicht. Von der Programmierer Szene führten zunehmend ausgereifte funktionale Anwendungen den Erfolg eines Open Source Betriebssystems wie Linux im Vergleich zu Microsoft und Safari konsequenterweise fort. Angedockt werden Open Source Funktionen mittels APIs Abschn. 14.3.2.6 an herkömmliche Standardsoftware und proprietäre Anwendungen. Letzteres dann, sofern Anbieter eine logische Eingangstür bereitstellen und die Verknüpfung finanzierbar und mit vertretbaren Kompetenzaufwand bewältigbar ist. Die API Economy nährt seit Jahren den Boden für eine diversifizierte und offene Applikationslandschaft, die Unternehmen und vor allem Behörden Finanzierungs- und Pflegeentscheidungen erleichtern. Selbst in Behörden schärft sich das Verständnis, Open Source einzusetzen und die Systematik von Open Source von der von Open Data zu unterscheiden. Open Source hat somit auf seine eigene Art und Weise sich einen Zugang zu Akteuren verschafft. Einen ganz anderen Zugang verschaffen uns Social Media. Unternehmen wiederum lernten plötzlich Endkonsumenten, Distributions- und Marketingkanäle kennen. Ideenfindung, Konsumentenvorlieben und Produktforschung finden plötzlich nicht mehr in den eigenen vier Wänden statt. Die Verlagerung nach draußen geschieht darüber hinaus ohne unternehmerische Vorgaben, da Konsumentenforen, Preisvergleichsplattformen,

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Instagram und Messenger-Tools sich jenseits eines Unternehmens selbstständig mit Produkten auseinandersetzen und die Erfahrungen teilweise untereinander teilen. Die Anbieter der Lösungen, die sich Konsumenten und Vernetzer zu Nutze machen, kamen zu anfangs jedoch nicht aus der Software Szene. Es waren andere Akteure, Einzelkämpfer und Visionäre, die eigene Ideen als Disruptoren und Start-ups im Markt anboten und mittlerweile dem Erfindungsstau in Konzernen neue Geschäftsbereiche abtrotzten. Im Laufe der vergangenen zehn bis zwanzig Jahre haben Lösungsanbieter wie SAP und Microsoft sich in das Plattform Geschäft eingeklinkt und in bestimmten Segmenten aufgeholt. Facebook, LinkedIn und Whatsapp sind aufgrund der Community Reichweite zunehmend Wettbewerber: sie greifen durch Social Selling in den Vertriebsprozess ein und stoßen weiter in Geschäftsapplikationen und die Prozessverarbeitung vor. Sie bieten alternative kreative und überraschend einfache Lösungen, bieten direkte Erreichbarkeit rund um die Uhr und locken uns über Freemium Modelle zum Testen und Anwenden. Sangeet Paul Choudary spricht von Plattformen und deren Fähigkeit, „den Austausch der Wertgenerierung“ zu forcieren, „in dem die relevantesten Ressourcen der Anbieter in einem gewissen Ökosystem auf die Nachfrager, die diese Ressourcen brauchen, abgestimmt werden“ [49]. Eine Ressource, die hier zur Anwendung kommt, sind Big Data. Unter Big Data werden die durch die Informationsflut entstandenen riesigen Datenmengen verstanden und die damit verbundene Bearbeitungsfähigkeit. Sollen möglichst viele zweckgebundene Informationen zur weiteren Verarbeitung verfügbar gemacht werden, bedienen sich Organisationen zunehmend mobiler Anwendungen und Cloud-­ Anwendungen. Die eigentliche Verarbeitung der gesammelten Daten findet dann in Cloudsystemen auf Basis digitaler Plattformen statt. Ein Beispiel intelligenter Nutzung von Big Data findet sich in Abschn. 8.3.2. Unser Fazit In der Vergangenheit zählten langjährige Geschäftsbeziehungen als sichere Bank für zukünftige Auftragsabschlüsse, ob mit bestehenden oder neuen Anwendungen (cross-­selling, up-selling). Heute und in Zukunft findet die betriebswirtschaftliche Bewertung über Community Zugang und Wachstumsbeschleuniger in Form von kreativen Angeboten, Empfehlungen und Vermarktung durch Celebrities und Influencer statt. Diese steuern Investitionsund Akzeptanzentscheidungen am Kapitalmarkt. Hierzu braucht man nur einen Blick in die Marktbewertung von Lyft und Uber zu werfen vor und nach dem Börsengang der beiden Unternehmen. Am Verbrauchermarkt zählt mehr denn je die Bindungsfähigkeit eines Anbieters zu seinen Konsumenten. Zunehmend findet die Erfolgsmessung, also wie sehr wir uns binden lassen an ein Produkt, eine Applikation oder ein Feature, mehr denn je unabhängig davon statt, ob der Ursprung unserer App- und Device-Nutzung geschäftlich oder sozial motiviert ist. Auf einen der zahlreichen Aspekte wollen wir an dieser Stelle eingehen. Hatten wir als Konsumenten bzw. User in der Vergangenheit eine Vielfalt an Applikationen auf unseren Devices wie Smartphone oder Tablet oder Smartwatch gesucht, favorisieren wir heute die-

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jenigen Apps und Anbieter, die uns Device-übergreifend unterstützen und uns eine funktionale und prozessbezogene Abwicklung über ein Meta-Tool ermöglichen. Diese und weitere Kriterien, an die wir in einer gesonderten Publikation unter dem Namen #Mobility­ MovesMinds darauf eingehen werden, unterscheiden in Zukunft skalierbare Plattform Anbieter von den kurzfristigen Sammelbecken einzelner Anwendungen und Dashboard Systeme.

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2 Ausgangssituation

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44. Lemmer K (2014) Einführungsvortrag „Autonomes Fahren“, vorgetragen am Akademietag der Acatech, 03.04.2014. https://www.zeit.de/mobilitaet/2018-03/autonomes-fahren-auto-technik-sicherheit-unfall-zukunft und https://www.acatech.de/projekt/neue-automobilitaet-ii-kooperativer-strassenverkehr-und-intelligente-verkehrssteuerung-fuer-die-mobilitaet-der-zukunft/  – der Vortrag ist nicht mehr aufrubar. Zugegriffen am 04.11.2019 45. Ellen MacArthur Foundation (2015) Growth within: a circular economy vision for a competitive Europe. EllenMacArthur Foundation, Cowes Isle of Wight 46. U.  S. Department of Transportation (2009) Applications overview  – federal intelligent traffic systems (ITS) program. http://www.itsoverview.its.dot.gov/ und https://www.sciencedirect.com/ science/article/pii/S147466701737129X. Zugegriffen am 03.11.2019 47. Transport for London (2019) Congestion charge. https://tfl.gov.uk/modes/driving/congesti on-charge. Zugegriffen am 12.11.2019 48. Carsharing-News.de (2019) Carsharing Anbieter. http://www.carsharing-news.de/carsharing-anbieter/. Zugegriffen am 04.11.2019 49. Annenko O (2016) API-Integrationskontext: Plattformen als Geschäftsmodelle der Zukunft, in: Internet World Business, 14.06.2016. https://www.internetworld.de/technik/homepage/plattformen-geschaeftsmodelle-zukunft-1108364.html?page=2_plattform-geschaeftsmodell-im-b2b. Zugegriffen am 04.11.2019

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Ecosystems Thinking: Gestaltungsrahmen für intelligente Mobilitätskonzepte Barbara Flügge

Zusammenfassung

Begegnen wir dem Thema intelligente Mobilität, also Smart Mobility, als Gestaltungselement für unseren Lebensraum und nicht als notwendiges, investitionsintensives Gebilde, öffnet dieser Gedankengang die Tür zu einer umfassenden Betrachtungsweise. In Anlehnung an die natürlichen Lebensräume, den Ökosystemen, lässt sich jeder wirtschaftliche und von Menschen geprägte Lebensraum und seinen Anforderungen, über Verkehrsmittel erreichbar zu sein, abbilden. Hierzu erfolgt eine umfassende Einführung in die Begrifflichkeiten: von Nutzergruppen, deren Interaktionen untereinander und mit anderen Nutzern anderer wirtschaftlicher Lebensräume, der Welt der Services bis hin zu der Vorstellung eines Rollenmodells. Darüber hinaus wird die Gelegenheit und Notwendigkeit aufgezeigt, sich über Nutzungsszenarien dem Thema Smart Mobility anzunähern.

3.1

Einführung in den Begriff des Ökosystems

3.1.1 Natürliche Lebensräume Der Begriff Ökosystem oder engl. Ecosystem hat seinen Ursprung in der Ökologie. Von Ökosystemen sprechen Biologen und Naturwissenschaftler, wenn sie sich auf ein System bestehend aus einem Lebensraum, aller dort befindlichen Lebewesen und den unbelebten Anlagen bzw. nicht lebenden Objekten beziehen. Die Anwendung des Begriffes System ist

B. Flügge (*) digital value creators (DVC), Bottighofen, Schweiz E-Mail: [email protected] © Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2020 B. Flügge (Hrsg.), Smart Mobility, https://doi.org/10.1007/978-3-658-26980-7_3

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essenziell. Hierdurch erklärt sich der alles umspannende Funktionsraum eines Ökosystems durch folgende Merkmale: • Interaktion von Lebewesen untereinander • Erschaffung, Betrieb und Wiederverwendung bzw. Zerstörung bzw. Ausphasen/Abschaffung von Objekten bzw. Anlagegütern im Lebensraum • Energie- und für den Lebenserhalt notwendige Zyklen zur Nahrungsbeschaffung, zum Werterhalt und zur Nutzungsbereitstellung für Mitglieder Letzteres Merkmal bietet ein Ökosystem je nach dessen Ausprägung auch seinen Besuchern an. Die Qualität eines Ökosystems richtet sich demnach nach dem Grad des Miteinanders und Füreinander aus, des Zugangs zu Ressourcen und Anlagen sowie der sinnvollen Nutzung und Auslastung des vorhandenen Lebensraums. Tatsächlich finden sich einige mehrere hundert Varianten dieses Begriffes. Die ursprünglichste Definition des Ökosystems ist die von Arthur George Tansley aus dem Jahr 1935 (Tansley, 1935, S. 299) [1]: „But the more fundamental conception is […] the whole system (in the sense of physics), including not only the organism-complex, but also the whole complex of physical factors forming what we call the environment of the biome – the habitat factors in the widest sense. […] but certainly the inorganic „factors∗ are also parts – there could be no systems without them, and there is constant interchange of the most various kinds within each system, not only between the organisms but between the organic and inorganic“. These ecosystems, as we may call them, are of the most various kinds and sizes.“ [1]

Im Umkehrschluss folgen wir Tansley’s Beschreibung und wenden folgende deutschsprachige Definition des Begriffes Ökosystem von Breidenbach (S. 44) [2] wie folgt an: „Ein Ökosystem ist eine funktionelle Einheit der Biosphäre (Gesamtlebensraum), d. h. ein Wirkungsgefüge aus Organismen und unbelebten natürlichen wie anthropologischen Umweltfaktoren, die untereinander und mit ihrer Umgebung in energetischen, stofflichen und informatorischen Wechselwirkungen stehen.“ [2]

Beispiele für Ökosysteme sind ein Gewässer, der Strand, das Meer, eine systemisch abgrenzbare Landschaft. Am Beispiel des Meeres zeigt sich deren Abgrenzung mit Bezug zu dem nächstliegenden Küstenabschnitt. Vielfach ist der Übergang von Ökosystem zu Ökosystem fließend, gar funktional notwendig. Der kritische Leser mag anmerken, dass nicht immer das Miteinander und die Lebensgemeinschaft im Fokus stehen, sondern das Prinzip des Lebenskampfes und das Überleben des am besten angepassten Mitglieds eines Ökosystems der Darwin’schen Evolutionstheorie [3].

3.1.2 Von Wirtschaftsgefügen und anderen Ökosystemen In den letzten Jahren findet der Begriff Ökosystem seinen Niederschlag in der Wirtschaft. Analog zu einem ökologischen Lebensraum in Natur, Wald, Wasser oder einer Landschaft

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Abb. 3.1  Das Ökosystem Stadt – exemplarische Darstellung

lassen sich die o. a. Merkmale der Interaktion, der Anlagennutzung, und des Kreislaufes von Energie und Lebenserhaltener Maßnahmen auf Wirtschaftsgefüge und Lebensräume des Menschen anwenden. Hierzu zählen neben der Einwohnerschaft und dem einzelnen Individuum, den Bürgern, die Unternehmen, Wirtschafts- und Produktionsstandorte ebenso Lebensräume wie Stadt, Hafen, Region oder Universitätscampus. Für die Darstellung haben wir die unter Abb. 3.1 gewählte Veranschaulichung gewählt. Der Begriff des Ökosystems wird in Bezug auf ein Wirtschaftsgefüge gerne durch das englische Pendant Ecosystem ersetzt. Auch im deutschsprachigen Raum hat sich der Begriff Ecosystem etabliert. Weitere Umschreibungen oder Annäherungen finden sich in Begriffen wie Geschäftsnetzwerk (Business Network), Vernetzte Ökonomie (Connected Economy) und Soziales Netzwerk (Social Network).  Vermehrt wird allerdings Industrie durch den Begriff Ökosystem ersetzt. Dies widerspricht unserer Definition und seinem originären industrie-übergreifenden Zweck.

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In allen Definitionen und Artikeln zum Thema Ökosysteme bzw. Ecosystems begegnet man dem Begriff Kontext. In Anlehnung an die Ökologie lässt sich der kontextuelle Bezug bzw. der Rahmen einfach nachvollziehen: das Anpassungsverhalten der Organismen und Lebewesen in einem Wald ist kontextuell anders als in einem Gewässer. D. h. nicht, dass Unterschiede erwartet werden oder von vornherein vorbestimmt sind. Es heißt lediglich, dass der Bezugspunkt, der Kontext also, Hinweise auf etwaige Verhaltensanpassungen und Einflussfaktoren gibt. Kingsley bezieht sich mit dem Begriff Kontext auf die frühe Erscheinungsform einer Stadt [4]. Andere Formen von Ökosystemen erfahren ihren kontextuellen Bezug durch zweckgebundene Geschäftstätigkeiten, wie zum Beispiel die des Supply Chain Managements [5]. Einen gesellschaftskritischen Bezug zum gemeinschaftlichen Umgang mit natürlichen wie von Menschenhand geschaffenen Ökosystemen stellt der Beitrag von Scharmer und Käufer dar [6]. Analog zur Systemtheorie bietet ein Kontext eine Vielfalt von Motiven zur Gründung, zum Betrieb und Erhalt eines betriebswirtschaftlichen Ökosystems. Dies sind nach unsere Definition die folgenden Motive: • Erhalt der Gemeinschaft aufgrund der Zugehörigkeit und/oder aufgrund des durch die Gemeinschaft erteilten Mandats (soziale Bindung) • Werteerhalt wie auch Schutz der Wertegemeinschaft vor, während oder nach einem Ereignis oder Vorkommnis (wertgetriebene Bindung) • Nachgang einer Wirtschaftstätigkeit wie etwa Produkt- und/oder Serviceerstellung und/oder Servicebereitstellung (kommerzielle Bindung) • zweckgebundene Kollaboration bzw. befristeter Zusammenschluss zum Beispiel für eine Veranstaltung, eine Messe oder eine Konferenz (zweckbezogene Bindung) • Handlungsdruck oft resultierend aus einem Vorfall oder Ereignis (ereignisbezogene Bindung) Lassen sich erfolgreiche Ökosysteme an den o. a. Kontexten messen? Es bedarf einer umfassenden Analyse von ökologischen, sozialen, politischen und kulturellen Faktoren. Deren Vernetzung, gar Verflechtung, erwartet, ja verlangt, dass eine Analyse nicht Halt macht an den umsatzstärksten, aussichtsreichsten oder einflussreichsten Teilnehmern. Wie sieht die Zugangssteuerung von Teilnehmer zu Teilnehmer tatsächlich aus? Eine Veranschaulichung findet sich in Abb. 3.2. Alle Teilnehmer eines Systems sollten sich angesprochen fühlen und partizipieren können. Erfolgt die Analyse eines ökologischen Systems auf Basis der Wertigkeit, so sollten im übertragenen Sinne alle Mitglieder in einem Ökosystem einen Nutzen erfahren. Beispiele für Ökosysteme sind Städte, Häfen, Veranstaltungsorte und jegliche Art von Räumen. Das Anti-Beispiel eines wertschöpfenden bzw. werterhaltenden Raumes sind Lost Space, verlorene bzw. ungenutzte und verschwendete Räume. Aus diesem Kontext heraus lässt sich noch eher unsere Forderung nachvollziehen, dass die Wertigkeit eines Ökosystems nur im Miteinander und in einem aller Nutzergruppen umspannenden Verfahren analysiert werden kann.

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Abb. 3.2  Zugangssteuerung in einem Ökosystem

Neben dem Begriff Kontext gibt es trotz der zahlreichen Publikationen wenig Aufschluss zu der zu erwartenden bzw. minimalen Anzahl von Teilnehmern eines funktionierenden Ökosystems. Langjährige Untersuchungen [7] – siehe auch https://www.digitizingecosystems.com – haben gezeigt, dass eine industriegeprägte Region aus mehreren hundert teilnehmenden Mikroorganisationen besteht, welche für Stabilität und Kompetenzbereitstellung sorgen, sofern sich die Services für Mikroorganisationen bedienen lassen und damit das wirtschaftliche Auskommen aller aufgrund der Abhängigkeit eines einzelnen vorherrschenden Industrieunternehmens nicht gefährdet wird! Kleine bis mittlere Gefüge wie etwa Ansiedlungen, Dorfgemeinschaften und Kleinstädte funktionieren durch eine geringe Anzahl der nicht organisatorisch verbundenen Teilnehmer aufgrund eines ausgeprägten Gemeinschaftssinnes und Zusammenwirkens. Der Nutzen, sich als Ökosystem zu verstehen und den Zusammenhalt zu fördern ist insbesondere in ländlichen Regionen und kleinen bis mittelgroßen Kommunen ausgeprägt. Seit jeher sind diese Räume in der Lage gewesen ihren Fortbestand und ihre Innovationskraft durch Zusammenhalt und Austausch zu sichern. Unabhängig von faktischen Kriterien wie Anzahl EinwohnerInnen und Fläche hat sich als Faustregel gezeigt, dass bis zu zehn funktionsbezogenen Gruppierungen zum Erhalt eines betriebswirtschaftlich ausgerichteten Ökosystems beitragen können. Funktioniert augenscheinlich ein Zusammenhalt oder ein kommerzielles Miteinander durch ein bis drei

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Abb. 3.3  Anlagenbezogener Verbund von Ökosystemen

einzelne Gruppierungen, wirkt sich dies im Sinne von Abhängigkeit negativ auf die Weiterentwicklung des Ökosystems aus. Wächst eine Gruppierung wie eine Spedition etwa durch die aktive Ansiedlung eines Paletten-Verleihs oder einer Firma, die sich auf Innenausbau spezialisiert hat, erzeugen diese einen positiven synergetischen Effekt. Gruppierungen sind hier synonymhaft mit dem Begriff der Industrie bzw. des Industriezweiges gleichgesetzt. Welchen Aufschluss uns die Unterschiedlichkeit bzw. Gleichförmigkeit sowie die in einem Lebensraum vorhandenen bzw. benötigten Anlagen geben, wird in Abb. 3.3 dargestellt. In den vergangenen Jahren seit Erscheinung unserer ersten Auflage hat sich der Diskurs um die Ökosysteme bzw. den Ansatz der Systemischen Analyse weiter etabliert. Die isolierte Betrachtung, die bis dato von Beratung- und Lösungsanbietern auf Basis Unternehmens-­relevanter Prozesse vorgenommen wurde, hat nur noch bedingt Bestand. Wir etablieren gerade auch als institutionelle Einheit, der digital value creators (DVC) GmbH auf kommunaler und urbaner Ebene Tools und Mittel in Projektvorhaben, die es braucht um digitale Nachhaltigkeit und Wertschöpfung für alle Beteiligten und B ­ etroffenen

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zu erzielen. Dabei legen wir Wert auf Kollaboration, Co-Innovation und Konsensfindung. Wir helfen Hürden abzubauen, die sich aufgrund struktureller Klimawandel, Globalisierungseffekte und politischer Ablenkungsmanöver auftürmen. Ein Stück weit sind Sie in Vorhaben gefordert, bestimmte Strömungen zu ignorieren, um von der Negativspirale in ein positives Setup zurückzukehren. Ecosystems Assessment Unter Anwendung unserer Ecosystem Assessments mit Teilnehmern aus öffentlicher und Privatwirtschaft gehen wir unter anderem folgenden Fragestellungen nach: • Sollten es möglichst unterschiedliche Anlagen sein, die den Anwohnern den Betrieb und damit das Fortkommen sichern? Sollte sich im Umkehrschluss eine Stadt fokussieren auf eine Kernindustrie, die ursprünglich zu der Entstehungsgeschichte beigetragen hat? • Welche Auswirkungen hätte die Entscheidung zu einem industriellen bzw. funktionsspezifischen Schwerpunkt? Sind hieraus Schwerpunktregionen entstanden? • Wie sichern sich Wirtschaftsgefüge bzw. Lebensräume ab gegenüber geopolitischen Einflüssen, Wettbewerbern und anderen Risiken wie etwa Abwanderung?

3.1.3 Das digitale Ökosystem Passt man Breidenbachs Definition des Begriffes Ökosystem auf unsere Lebensräume ab, stellen wir den Einfluss und den Bestimmungsgrad von Digitalisierung fest. In diesem Zusammenhang spielt die digitale Ökonomie, also der marktwirtschaftliche Nutzen von Digitalisierung, eine Rolle. Wir bedienen uns hier Don Tapscott’s Begrifflichkeit, die er 1994 in seiner Abhandlung The Digital Economy geprägt hat: „It is fairly widely accepted that the developed world is changing from an industrial economy based on automobiles, and roads to a new economy built on silicon, computers and networks. … The new economy is all about competing for the future, the capacity to create new products or services, and the ability to transform business into new entities that yesterday couldn’t be imagined and that the day after tomorrow may be obsolete.“ [8]

Jenseits der Internetökonomie nimmt die digitale Ökonomie einen immer grösser werdenden Einfluss auf unser Zusammenleben und Zusammenwirken ein. Wir erinnern uns an die Dotcom Blase, die vor 20 Jahren so einschneidend geplatzt ist. Der Begriff der Internetökonomie fügte sich gut in einem Medium-zentrierten Verständnis ein: „Internetökonomie ist eine vorwiegend digital basierte Ökonomie, welche die computerbasierte Vernetzung nutzt, um Kommunikation, Interaktion und Transaktion in einem globalen Umfeld zu ermöglichen.“ [9]

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Wir glauben, dass der gesellschaftliche Wert von Digitalisierung gerade in den nächsten Jahren zeigen wird im Umgang von künstlicher Intelligenz und dem Umgang mit neuen Interaktions- und Beschäftigungsformen physisch wie digital. Ja, unsere Ökosysteme, Städte und Plätze, Unternehmensstandorte und Veranstaltungsorte werden digitaler. Sofern sie nicht im Orbit entrückt sind und untouchable sind, bedarf es aber einer umfassenden Begleitung von physisch zu digital, von Ökonomie zu Ökologie. Gerade deshalb definieren wir das digitale Ökosystem wie folgt: cc Ein digitales Ökosystem ist eine funktionelle Einheit des Lebensraums d. h. ein Wirkungsgefüge aus Personen, Lebewesen und anderen Organismen, Infrastruktur und Anlagen und unbelebten natürlichen wie anthropologischen Umweltfaktoren, die untereinander und mit ihrer Umgebung in energetischen, werte- und serviceorientierten, stofflichen, informatorischen und digitalen Wechselwirkungen stehen. Aus einem physischen Raum wie etwa einem Marktplatz wird auch ein digitaler, in dem sich Communities begegnen, Bürgerinnen und Bürger austauschen und sich über eine App oder eine SMS zu einem Gespräch verabreden. Doch was heißt, sich digital zu bewegen? Wie betreten wir Räume und wie benutzen wir sie? Wer gibt und wer fördert? Die folgenden zwei Beispiele der Geschäftsnetzwerke und urbaner Räume geben einen Einblick in unsere Betrachtungsweise. Geschäftsnetzwerke Bei Geschäftsnetzwerken ist traditionell die kommerziell und informationstechnisch geprägte partnerschaftliche Beziehung von Unternehmen untereinander das vorherrschende Gestaltungsmerkmal. Die Bedeutung eines digitalen Geschäftsnetzwerkes beschrieb Bill McDermott, CEO von SAP SE, treffend mit einem „global vernetzten Wirtschaftsumfeld, […], in dem wir Komplexität verringern können, ohne auf hochwertige Arbeitsprozesse verzichten zu müssen“ [10]. Neben betriebswirtschaftlich geprägten Funktionen wie Prozessoptimierung geht es dabei insbesondere um das Herausarbeiten „neuer Verhaltensmuster und Geschäftsmodelle“ [10] im digitalen Zeitalter. Führen wir die hier genannten Kriterien über in das Themenfeld der Mobilität, lassen sich zum Beispiel Mobilitätsprofile von Geschäftsreisenden ableiten und der Digitalisierungsgrad, also die Wertigkeit von „unterwegs sein“ und „arbeiten“. Der Konsum von Wissen und Community Aufbau im Rahmen einer Messe etwa wird sich den Veranstaltungskalendern entsprechend auf das Ökosystem Stadt auswirken, in der die Messe stattfindet. Die Messe selbst ist ein Ökosystem mit unterschiedlichsten Teilnehmern und Gestaltern und auch dort begegnen sich soziale und geschäftsbezogene Mobilitätsbedarfe. Urbane Räume Urbane Räume sind zusehends von Leere und Verlust gekennzeichnet. Statt allseits beliebter Treffpunkte und Orte des Handelns verwahrlosen innerstädtische Zentren, Shopping Malls, die lieblos in die Struktur gezeichnet worden sind. Statt Lebensmittelpunkt und

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Orte des Austauschens erfolgt jegliche Interaktion digital und drängt lokale Geschäfte und Kioske an den Rand des Aufgebens. Der Hürdenlauf, dem die öffentliche Hand und beherzte Initiativen ausgesetzt sind, ist umfassend. Insellösungen blenden nachhaltiges Wirtschaften aus. Die Erprobung neuer Technologien hat Vorrang vor der Bedarfs- und Nutzenanalyse und dem Umsetzungserfolg. Viel zu selten kommt es zu einer Untersuchung der Auswirkungen neuer Technologien auf urbane Ökosysteme. Isolierte Projekte zielen auf kurzfristige Erfolge für einzelne Ämter und Projektpartner. Deren Effekte verpuffen schnell und verhindern das mögliche Gesamtoptimum. In Kommunen und Städten braucht es den Mut, Vielseitigkeit und Unterschiedlichkeit zuzulassen und in einen Entscheidungsprozess zu überführen. Nur dann werden Stellenwert, Einfluss und Bedarfe von Marktteilnehmern und Besuchern, Gestaltern und Betroffenen gewürdigt. Im Wandel handeln und mutig sein In ihrer Abhandlung über die Macht sozialer Netzwerke sprechen Christakis und Fowler von dem „Überorganismus“ Netzwerk, der in allen Lebenslagen das Denken und Handeln am Netzwerk beteiligter Mitglieder bestimmt und seinen Einfluss auf Außenstehende geltend macht (S. 15) [11]. Bewusst oder unbewusst haben soziale Netzwerke die Fähigkeit, unser Handeln mittels digital gesteuerter Interaktionen mindestens zu beeinflussen, wenn nicht sogar zu bestimmen. Anschaulich wird dies in einem Streifzug durch fast alle erdenklichen Lebenslagen von Mitgliedern und Außenstehenden von den beiden Wissenschaftlern beschrieben. Technologisch angelehnte Beispiele unter Hinzunahme von Architektur und Plattform hatten wir in 2016 noch an dem Beispiel der Interessensvereinigungs Co:llaboratory e.V. und dessen Abschlussbericht von 2012 beschrieben [12]. Mittlerweile hat Co:llaboratorye.V. seine Arbeit eingestellt: nicht wegen mangelnden Interesses an der Arbeit und den Themen, sondern ob einer Vielzahl ähnlicher Vorhaben und Initiativen, die ebenfalls gefördert sein wollen. Finanzielle Förderung ist insbesondere dann interessant, wenn sich Einzigartigkeit einstellt. Die diffuse Landschaft von digitalen Think Tanks und Vorhaben, Vereinen und Interessensgemeinschaften ist auch ein Abziehbild der deutschen Leitpolitik: statt den großen Wurf zu wagen und sich den Trends zu stellen mit einer interdisziplinären und damit zentralen Vision und Rahmenplanung, wurde in den vergangenen Jahren der Wandel den Freiwilligen überlassen! Statt föderal und holistisch sich der Vision „digitales Deutschland und Gesellschaft im Wandel“ zu stellen, werden Kommunen aufgefordert sich mittels eines Visions- und Strategiepapiers, um eine Förderung eines Strategiekonzeptes und dessen Umsetzung zu bewerben. Die Ausschreibung der KFW Bank versucht diesem entgegenzuwirken [13]. Wir empfehlen hier, sich eines holistischen, ja „raumumfassenden“ Konzeptes zu bedienen. Unser Unternehmen, digital value creators (DVC), und unsere jüngst gegründete Business Unit adasca, agency for digital and analogue space couture, der Agentur für

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Analoge und Digitale Raumgestaltung entwickelt durch Barbara Flügge und Sanela Pansinger, beschreiten genau diesen Weg.

3.2

Von Nutzern und Personas

3.2.1 D  as Ökosystem durch Konsumentenverhalten erfassen und gestalten Nutzer Der traditionsschwere Begriff von Nutzern hat seine Geburtsstunde erfahren mit der Einführung IT-gestützter Arbeitsabläufe. Nutzer sind Mitarbeiter, welche Informationstechnologie als Hilfsmittel, als Tool oder digitales Medium für ihren Arbeitsalltag anwenden; sei es für Bearbeitung, Ausarbeitung, für Kommunikations- oder Entscheidungsprozesse; sei es für Planung, Produktion, Auslieferung, vertriebliche Auftragsbeschaffung oder für die Buchhaltung. Der Einzug des Internets in die Privathaushalte und der verstärkten Nutzung von mobilen Applikationstechnologien haben Anwendern die Nutzenpotenziale von Informationstechnologie jenseits der beruflichen Notwendigkeit vor Augen geführt. Design Thinking Seit der Einführung der aus den USA stammenden Methodik Design Thinking [14] ist der Begriff Nutzer dem Begriff der Persona gewichen. Der „Nutzer“ wiegt zu stereotyp, verhaltensschwer und beschränkt die Sichtweise auf diejenigen Bedarfe ein, die bis dato für die Abarbeitung von Arbeitsaufträgen relevant waren. Design Thinking zielt auf ein Persona bezogenes Design von Produkten, Services und Anwendungen nach dem Grad der Begehrtheit (Desirability), wirtschaftlicher Tragfähigkeit (Economic Viability) und technischer Machbarkeit (Technical Feasibility) ab. User Experience und das Aha-Erlebnis Der Einzug von User Experience (Abk. UX) prägt weiterhin die App und Solution Entwicklung. Nutzererfahrung findet nicht nur in der Anwendung der Lösung oder App statt. Es braucht  – wie wir es nennen  – die E3: Excitement, Emotion und Empathy. Werden diese teilweise oder geringfügig vermittelt, bedienen wir uns der Lösung. Selten jedoch nutzen wir die Erfahrung und erzählen darüber. Noch seltener führt es zu einer Empfehlung. Uns fallen Verbesserungs- und Einstiegspunkte auf, aber wem sollten wir sie mitteilen? Das Alleinstellungsmerkmal einer E3-basierten konzentriert sich ganz auf die Personas eines Ökosystems, dem Zweck und Dauer des Aufenthalts entsprechend. Die Persona Analyse Eine Persona beschreibt im Sinne des Design Thinking und Ecosystems Thinking einen Archetypus, welcher sich aus ähnlichen oder übereinstimmenden Verhaltensweisen von Konsumenten zusammensetzt. Beispiele von Archetypen sind die Persona ­Konsumentengeneration von 20 bis 25 Jahren, die Persona „wiederkehrender Kreuzfahrtpassagier“, die Persona

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„­Analyst bei den Verkehrsbetrieben“ oder die Persona „Geschäftsreisende“. Der Archetypus bietet ein Abbild vergleichbarer Konsumenten oder Nutzerverhalten nach eingehender Recherche von Motivation, Wünschen, Erwartungshaltungen und Bedarfen. Service- und Produktdesigner schaffen hierbei einen Realitätsbezug mit kreativer Note nebst Reflexionsraum für die Teilnehmer. Hierfür hat digital value creators (DVC) den Strategiekompass entwickelt – dieser bietet eine Design und Discover Grundlage u.a. für Unternehmen und Communities. Ecosystems Thinking in der Anwendung Um Konsumentenbedürfnisse umfassend zu begegnen, d. h. von der ersten Idee bis hin zur durch Konsumenten begleiteten Produktentwicklung und -nutzung, verbinden Wissenschaftler und Business Designer den Begriff der Persona mit betriebswirtschaftlichen und soziologischen Charakteristika. Wir haben hierzu den Begriff Ecosystems Thinking eingeführt. Der soziologische Anstrich erweitert die Betrachtung eines Nutzermodells mit seiner Rolle in einem Ökosystem, um • die Interessen der Persona sicherzustellen, • das Profil einer Persona mit Blick auf Anpassungs- und Erweiterungsfähigkeit zu gestalten, • Einsichten zu gewinnen, die einen Rückschluss auf die Positionierung einer Persona innerhalb eines Netzwerkes zulassen, • Transfer von Wissen und Wissenswertem zu etablieren, • konsensbezogene Kollaboration zu etablieren, • gemeinsame Interessen zu teilen sowie • Kollaboration zu forcieren. Es hat sich im Bereich der Sozialen Netzwerke gezeigt, dass Geschäftsnetzwerke dann erfolgreicher sein können als herkömmliche, wenn sie neben dem Angebot und der Nachfrage nach Dienstleistungen den Kunden bzw. des Konsumenten dort erreichen, wo er bzw. sie sich gerade aufhält: am Arbeitsplatz, unterwegs, an einem Check-in-Terminal oder in einem Tourismusbüro auf der Suche nach einem individualisierten Rundum-­ sorglos-­Paket für das geplante Kurzwochenende in Helsinki. Hierunter fallen dann auch die vorzeitige Einplanung von Reparaturdiensten für den Stromanschluss zu Hause und die energieeffiziente Konfiguration der neuen Waschmaschine. Des Weiteren lassen sich gegebenenfalls noch eingeschaltete Geräte vorsorglich überprüfen und abschalten. Unter Energieeffizienzgesichtspunkten zählt auch der Service, dass sich der umweltbewusste Tourist ein Hotel aussucht, welches dank einer intelligenten Haussteuerung den Stromverbrauch bewusst senkt, die Warmwasseraufbereitung besonders schonend durchführt und ihm das Ein- und Ausschalten des Lichts, der Heizung etc. abnimmt. Eine weitere Beobachtung aus der Vorgehensweise erfolgreicher sozialer Netzwerke zeigt die notwendige gelungene Mischung aus Funktionalität und Servicebereitstellung. Also die a) von Anwendern geforderter Funktionalität und b) für den Anwender unerwarteter und dennoch kostenloser Servicebereitstellung wie die Einspielung von Fotos auf den

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Fernseher im Hotelzimmer, eine Beratung für geeignete Standorte neuer Anlagen just nach dem Kauf eines Gerätes, oder auch die Bereitstellung von Video-Snapshots für eine zwanzigminütige Fahrt mit der städtischen Metro. Personas werden somit durch ihr Konsum- und Serviceverhalten zu den eigentlichen Gestaltern eines Ökosystems.

3.2.2 Der digitale Konsument Eine weitere Persona tritt durch die Industrie 4.0 und dem Internet der Dinge (Internet of Things, Abk. IoT) auf: der digitale Konsument in Gestalt von Sensoren, Wearables, intelligenten Stoffen, den Zulieferteilen von Produkten und dem Produkt selbst. Industrie 4.0 tritt als vernetzte Wirtschaft im Allgemeinen und vernetzte Arbeitswelt im Besonderen auf, indem nahtlos und quasi in Echtzeit Geräte, Technologien und Geschäftsprozesse miteinander verknüpft werden. Die Vernetzung findet in vielfältigsten Ökosystemen statt: in Häfen, Städten, ländlichen Regionen, Flughäfen vor Ort oder in Bezug auf überregional ausgerichtete Herstell- und Verteilprozesse. Die Nachfrage nach individualisierten ‚design-your-own‘-Produkten und einer immer größeren Saisonalität in Abhängigkeit von Modetrends, Events und Celebrity Designs fordern von der Produktionsindustrie, sich diesen Herausforderungen zu stellen – unter der Maßgabe einer nachhaltigen und kostengünstigen Produktion. Eine Vererbung von Informationen und Verhaltenszuständen erfolgt vor, während und nach der Fertigung [15]. Industrie 4.0 bedeutet für die Beteiligten, Angebote zu entwickeln, die das digitale Wachstum ermöglichen: Es ist der Auftrag von Unternehmen und Behörden und einzelnen Anwendern, Innovationen voranzutreiben: vom Design, über Pilotierung bis zum Produktivbetrieb. Industrie 4.0 ist eine Bewegung, die alle Organisationen angeht. Industrieunternehmen haben die Möglichkeit, ihre Produkte durch die digitale Wertschöpfung zu veredeln. Hier bieten sich Wartungsservices, Laufzeit- und Einsatzoptimierung einer Maschine an. Unabhängig von Fertigungs- und Zuliefer- bzw. Auslieferprozessen zielt das Internet der Dinge auf eine Digitalisierung aller erdenklichen Dinge wie Gebrauchsgegenstände, Anlagegüter und Verbrauchsgüter ab. Groß- und Einzelhandel, Transport- und Supply Chain Management und angrenzende Industrien sind weitere Adressaten. Prognosen sprechen weiterhin von fünfzig bis zweihundert Milliarden Dingen, die in den nächsten Jahren eine Digitalisierung und damit Verknüpfbarkeit bzw. Rolle als Informations- und Datenträger erfahren. Informationstechnologie in Gestalt von Sensoren, Wearables und mobilen Devices tritt somit als digitaler Konsument auf. Die o. a. Services werden wesentlicher Bestandteil des Angebotsportfolios. Digitale Konsumenten gehen für uns weit über die Kategorien Personen. Dazu gehören Organisationen, mit deren Hilfe der Digitalisierung sich neue Zugangskanäle erschließen. Dinge und Mittel wie etwa Verkehrsmittel zählen durch IoT und Industrie 4.0 zu einer lukrativen Klientel, die es zu erschließen gilt. Aus diesem Grund haben wir 2018 gestartet,

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Persona Analysen uns näher zu betrachten. In Abschn.  3.2.3 sprechen wir über unsere Erkenntnisse.

3.2.3 D  ie Kunden von morgen – Persona Analyse mit den Persona Setcards Personalisierte Angebote werden nicht nur beliebter. Personalisierung sorgt dafür, ob und wie gut unser Interesse geweckt wird und Bedarfe erfolgreich erfüllt werden. Wir wissen längst aus dem Konsumgütermarkt, dass fast jedes Angebot gezielt auf unsere Interessen, Farbvorlieben, Musikgeschmack und Reisestil abgestimmt werden kann. Im Folgenden reflektieren wir unsere Erfahrungen und Erkenntnisse aus unseren Persona Analyse Workshops und Arbeiten mit Vorhaben in Österreich, Südafrika und der Schweiz. Die Idee einer Persona gesteuerten digitalen Service Strategie Was halten Sie von den folgenden zwei Fragestellungen, die wir im Rahmen unseres Artikels «Die Gesichter der Digitalisierung» erörtert haben? [16] Frage 1: Finden die Servicevorlieben eines 32-jährigen Geschäftsreisenden bei Ihren Angeboten Berücksichtigung, der umweltbewusst ist und eher 20 % mehr für Reisebudget und Zeit ausgibt, um öffentliche Verkehrsmittel gezielt zu nutzen?

Frage 2: Mit welchen Service- und Kommunikationsmaßnahmen adressieren Sie die Sportbegeisterten, die die täglichen Pendelfahrten zu den Kunden mit ihren Fitnessvorbereitungen für den Marathon im nächsten Jahr kombinieren wollen? Der Marathon-Frischling zum Beispiel interessiert sich für einen Service, der intermodale Verbindungen ihm anbietet, ihn mit Erholungszonen entlang der Pendelstrecken versorgt und kurz vor Arbeitsbeginn es ihm ermöglicht, frisch geduscht und umgezogen am Geschäftstreffen teilzunehmen.

Um den Prozess vom Design bis zur Bereitstellung besser kennenzulernen, haben wir eine umfassende Marktuntersuchung durchgeführt. Wir untersuchten die verschiedenen Aspekte des Konsumentenverhaltens, der Entscheidungspräferenzen und der Attribute. Dabei haben wir den Begriff der Personas auf Organisationen, Verkehrsmittel und Dinge ausgeweitet und verschiedene Angebote in verschiedenen Regionen bewertet. Wir werfen einen Blick auf die andere Seite der Medaille: • Was passiert, wenn intelligente Geräte und Tools  – gereift durch künstliche Intelligenz – weiterhin selbst entscheiden, was und wann sie konsumieren? • Wie drücken ganze Räume wie eine Stadt oder Produktionsstätten ihre Bedürfnisse und Präferenzen aus?

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Eine erste Antwort auf diese Fragen erhalten Designer und Entscheider durch einen Perspektivenwechsel und in dem sie es zulassen, Räumen, Dingen, Transportmitteln bzw. anderen Arten von Mitteln Bedarfe zuzugestehen analog den Personas „Personen“ und „Organisationen bzw. Teams“. Wir haben Schlüsselmerkmale der menschlichen, organisatorischen und nicht-­ menschlichen Präferenzen herausgefiltert. Dabei sind wir auf eine Reihe wertvoller Hinweise gestoßen, warum wir Menschen uns für oder gegen ein Angebot entscheiden. Und wir haben eine Anforderungsanalyse für nicht-menschliche Personas durchgeführt. Erfolgreiche Transformationsprojekte sind solche, die präzise und detailliert genug sind, um die Schlüsselmerkmale von Individuen, Organisationen, Dingen, Räumen und Mitteln zu bewerten. Eine weitere Untersuchung machte uns die drei Phasen der Entscheidungsfindung im Konsumentenverhalten bewusst. Persona Analyse durch Gamification – die Persona Setcards Es gilt eine Vielzahl von Eigenschaften, um eine menschliche, organisatorische, räumliche und non-humane Persona zu erfassen: Präferenzen, Kauf- und Nutzungsverhalten, Vorlieben und Hobbies, Umgang mit digitalen und analogen Medien, Motivatoren für Kaufentscheidungen das Mindset in Abhängigkeit es realen und mentalen Alters. Diese Bedarfsanalyse war Motivation und Grundlage für die Persona Setcards (Abk. PSC), dem von digital value creators (DVC) GmbH, entwickelten Tool. Die Persona Setcards sind Hilfsmittel und roter Faden gleichermaßen für Innovations- und Digitalisierungsvorhaben. Sie sorgen für Konsistenz bei der Bedarfsanalyse für Personas von Design über Entwicklung bis hin zu Feldtests und Implementierung. Abb. 3.4 gibt einen Einblick in die Persona Setcards. Konsequenz in agilen, von Sprint geprägten Vorhaben Wie konsistent schätzen Sie Ihre digitale Strategie ein? Wie konsequent werden Ideen umgesetzt, wenn es darum geht, bestimmte Käuferpersönlichkeiten anzusprechen und über den Entwicklungs- und Vertriebsprozess zu begleiten? In digitalen Zeiten benötigen Service- und Lösungsanbieter, Start-ups und etablierte Unternehmen ein umfassendes Werkzeug, dass die Kundenbedarfe von der Entstehung einer Geschäftsidee bis hin zur Umsetzung konsequent unterstützt. Die Persona Setcards werden von Barbara Flügge in unterschiedlichen Industrien im Rahmen des Strategie Kompass Kompetenzpakets der digital value creators (DVC) eingesetzt. Sie erleichtern die Identifizierung von Kundengruppen und Präferenzen, sorgen für Kohärenz in der Anwendung jenseits von Design Thinking Workshops und überträgt Persona relevante Features in Scrum-Phasen und Feldtests. Der Designprozess wird so von Beginn an unterstützt und der Aufwand für Innovations- und Entwicklungsmanagement minimiert. Die Koordination mit Marketing, Kommunikation und Product Ownern verbessert und beschleunigt sich – Teilnehmende haben wieder Spass an dem Miteinander über Abteilungs- und Unternehmensgrenzen hinweg.

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Abb. 3.4  Persona Setcards – Tool für Persona Analysen

3.3

Von Services und Interaktionen

3.3.1 Services, das Handelsgut für intelligente Anwendungen Innovative Ansätze wie die ökosystem-analytische Betrachtung von Städten, Flughäfen und Häfen mit Blick auf moderne und zukunftsweisende Mobilität (Smart Mobility) gehen weit über das Produktverständnis von Mobilität wie etwa eines Fahrscheinkaufs, der Bereitstellung von Sitzplätzen in einer Tramlinie und der Anschaffung eines Fahrzeugs hinaus. Mobilität begegnet uns jenseits des Reisens und Transports. Wir lernen, erleben, tauschen aus und nutzen Zeit und Raum für kulturelle Begegnungen und gesellschaftliche Einblicke. Die Vielfalt an Mobilität ist nur dann begreifbar, wenn wir uns von dem Produkt-­Begriff lösen. Hier greift das Serviceprinzip. Für den Begriff Service gibt es unterschiedlichste Betrachtungsweisen. Verbraucher haben ihre eigene Auffassung, wenn es um den Begriff Service geht und setzen diesen mit dem Begriff bzw. dem Angebot und/oder der Erbringung einer Dienstleistung gleich. Services werden als Asset, d. h. als Zugewinn betrachtet, sei es im Sinne einer geplanten, nachgefragten Leistung oder einer Leistung, die als Beiwerk eine Produktlieferung ergänzt. Unabhängig davon verlangt der Verbraucher eine

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kohärente Serviceorientierung des Anbieters von der Idee bis hin zur Verwirklichung, sprich Realisierung. Bis es zum Bestellprozess kommt, wenden Verbraucher bewusst oder unbewusst eine Reihe von Auswahlkriterien an. Die vier wesentlichen Kriterien sind: • der erwartete Wert einer Leistung auf Basis (Service Value), • ein „Aha“-Erlebnis, welches wir mit 3Es (Excitement, Emotion, Empathy) umschreiben, • die physisch und digital geografische Nähe bzw. Nutzungsmöglichkeit der Dienstleistungen bzw. Services (Service Reach) und • die Kompetenz des Dienstleisters (Service Competence). Die konkrete Festlegung auf eine Leistung erfolgt dann im Rahmen eines sogenannten Matchmaking-Prozesses: Angebot bzw. Auswahl trifft Nachfrage. Im Vergleich zu Produkten boten sich in der Vergangenheit insbesondere bei Services Nachbesserungen und Angebotsvarianten an. Dem Serviceanbieter (Service Provider) bleibt es überlassen, sich hier kreativ und möglichst vorausschauend der Nachfrage des Verbrauchers zu stellen. Die personalisierte Dienstleistung ist zunehmend das bestimmende Moment, um sich die Kundenbindung und Nachfrage als Anbieter nachhaltig zu sichern, selbst wenn es sich dabei um einen Zeitraum einer Saison oder eines Geschäftsjahres geht. Selbst bei einer erwarteten Leistung gilt der Anspruch, dass der gelieferte Service den erwarteten Service übertrifft. Betrachtet man die hohe Variantenvielfalt von Produkten, lassen sich die Vielfalt des Angebotes und die Kombinationsmöglichkeiten von Services in Verbindung mit personalisierten Angeboten nur erahnen. Einer umfassenden Untersuchung des Servicebegriffes, der Eigenschaften und Gestaltungskriterien wurde u. a. im Rahmen des TEXO-Projektes [17] und im Rahmen der Smart Services Projektreihe [18] des Bundeswirtschaftsministeriums (BMWi) Rechnung getragen. Bestand haben intelligente Dienste (Smart Services) nicht zuletzt aufgrund der Durchdringung intelligenter Sensoren und Maschinen, welche im Sinne unseres Persona Profiling Ansatzes Abschn.  3.2.3 eine umfassende und schnell wachsende Klientel für Serviceanbieter darstellen! Das BMWi umschreibt Smart Services wie folgt: „Die Entwicklung digitaler Technologien schreitet weltweit in Hochgeschwindigkeit voran. Sie geht mit einer rasant verlaufenden Transformation von Wirtschaft und Gesellschaft einher und verändert tiefgreifend die Art und Weise, wie wir leben, arbeiten und kommunizieren. Dabei entstehen immer mehr Daten durch Verbraucher und Geräte, die automatisch analysiert und zu „Smart Data“ verarbeitet und kombiniert werden können. Die Kombination dieser Daten eröffnet die Chance, daraus neue intelligente Dienste zu schaffen, sogenannte Smart Services.“ [18]

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Wie gehen wir nun in Smart Services Projekten vor? Unsere Herangehensweise umfasst die Erarbeitung eines Merkmalkatalogs für Servicebetrieb und Servicevermarktung ein und fördert die konsequente Analyse, Definition und Vermarktung von Dienstleistungen über unterschiedlichste Devices (Touchpoints) und Medien bzw. Distributionskanäle (Omni-Channel). Aufbauend auf diesen Vorarbeiten starteten wir damit, Services in industrierelevanten Ökosystemen mit Bezug zu Energiewirtschaft, Gesundheitswesen, Informationstechnologie, Telekommunikation, Transport und Verkehrsmanagement zu evaluieren; die fortfolgenden Nutzungsszenarien im Bereich Begleitetes Reisen und Medical Tourism führen die Vorteile intelligenter Dienste vor Augen Abschn. 8.1.1. Dabei vermitteln intelligente Wearables und Textilien dem Tragenden auf einfache und spielerische Art und Weise (Gamification) gesundheitsrelevante bzw. mobilitätsnotwendige Daten: Herzfrequenz, Vitaminhaushalt und Stoffwechsel, Hinweise auf fällige Untersuchungen und nützliche Hilfestellungen wie lokationsabhängige Anlaufstellen und Kurzfristbuchungen von Pflegepersonal und Mobilitätsdienstleister, die bei Unregelmäßigkeiten bzw. Grenzwerten eine zügige Erstversorgung vor Ort ermöglichen. Das dargestellte Beispiel zeigt, dass neben Daten-relevanten Aspekten intelligenter Dienste die Exekutive, also die ausführende Komponente für den Dienste-Empfänger entscheidend ist. Unter Abschn.  5.4 gehen wir auf die unterschiedlichen Dienste-Aspekte näher ein.

3.3.2 Das Rollenmodell im Internet der Dienste Durch die Autorin finden seit geraumer Zeit Untersuchungen von Services und Servicevernetzung in komplexen Wirtschaftsgefügen wie etwa Häfen, Flughäfen, Städte, Messen und Großveranstaltungen statt. Dabei wird in Ecosystems Assessments untersucht, wie sich dreißig, einhundert oder zwölfhundert institutionelle Teilnehmer eines Ecosystems verhalten und welche Rückschlüsse sich in Bezug auf Personalisierung und Abfolge von Servicebereitstellung ergeben. Die Untersuchung des Marktzugangs erfolgt anhand folgender Merkmale: • Mitglieder und Teilnehmer des Ökosystems, • Interaktionen und Verknüpfungen (sogenannte Ties) über eine Verbundanalyse sowie • Service-Design, -entwicklung und -erprobung in einem geeigneten Rahmen als Vorbereitung zur Markteinführung.

3.3.2.1 Eruierung von Mitgliedern und Teilnehmern des Ökosystems Eine Stakeholderanalyse gibt Einblick zu Mitgliedern und Teilnehmern eines Ökosystems. Diese erfolgt unabhängig von der Größe bzw. geografischen Ausdehnung eines Ökosystems. Die Erfahrung zeigt, dass insbesondere die Analyse der Teilnehmer zu früh abgebrochen wird. Das bedeutet: Sind zwanzig oder hundert Teilnehmer gelistet und stimmen diese gefühlt mit der eigenen oder vom Auftraggeber eingeflossenen Einschätzung ­überein, ist man

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sich sicher, den Großteil erfasst zu haben. Letztere Kriterien halten einer ökosystemweiten Betrachtung allerdings nicht Stand. Gerade die immer größere Ausdehnung auf weitere Personas gibt Aufschluss auf Hemmnisse, Erfolgschancen und weitere Serviceangebote. Die Analyse bestehender Verknüpfungen von Personengruppen ist aufwändig. Das Rollenmodell des Internets der Dienste erleichtert die Einordnung und ist richtungsweisend für die Untersuchung von Rollen und Verantwortlichkeiten. Wir unterscheiden den Service Provider, das Service Hosting, den Service Gateway, den Service Broker, den Service Aggregator und den Service Channel Maker. Die Abb.  3.5 veranschaulicht die wesentlichen sechs Rollen und deren Schwerpunkte. Je nach Ausrichtung, Geschäfts- und Unternehmenszweck können zwei oder mehr Rollen durch eine Organisation wahrgenommen werden. Welche Organisationen welche Position in einem webbasierten Geschäftsraum, dem Service Marktplatz, einnehmen können, hängt von der Standortbestimmung einer Organisation ab. Dabei spielt der Kontext, in dem die Organisation operiert oder zukünftig auftreten möchte, eine wesentliche Rolle. Des Weiteren fließen Fragestellungen zu zukünftiger Rolle und Konditionen zur Übernahme bzw. Abgabe einer Rolle ein. Dabei wird ein besonderes Augenmerk auf deren Sicht und Beitrag zur Wertschöpfung von Diensten gelegt. Die Darstellung erfolgt segmentiert. Eine Bündelung der Rollen und Übertragung der Aufgaben ist denkbar und kann auch durch einen einzelnen Akteur erfolgen. Die zunehmende das Ökosystem umspannende Betrachtung unterstützt öffentliche Verwaltung und Privatwirtschaft in dem Analyse-, Planungs- und Umsetzungsprozess. Der durch eine ganzheitliche Betrachtung geförderte Rollenwandel wird entlang der ­wesentlichen Projektierungsphasen, auf die wir unter Teil III noch detaillierter eingehen werden, in Abb. 3.6 dargestellt.

Abb. 3.5  Das IoS-Rollenmodell im Überblick

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Abb. 3.6  Projektierung von Ökosystem basierten Vorhaben

Entscheidet sich eine Organisation für eine dedizierte Rolle bzw. Aufgabenstellung, wird sie dies unter Gesichtspunkten wie erwartetes Nutzenversprechen, Unternehmensausrichtung, Kompetenzen, Implikationen auf Aufbau- und Ablauforganisation und Wettbewerbssituation tun. Eine Bewertung sollte auf Basis der Aufwände resultieren, die notwendig sind, um von der Ausgangsposition aus die Zielposition bzw. bevorzugte Rolle zu erreichen. Zuerst werden die Aufwände für die bestehende Position, d. h. die Ausgangsposition, eruiert. Anschließend werden die Aufwände, welche für die angestrebte Position benötigt werden, eruiert. Die Bewertung erfolgt dann auf Basis der Gegenüberstellung von Ist und Soll insgesamt und spezifisch pro Aufwandskategorie. Der Abgleich schließt auch technische Implikationen und mögliche daraus resultierende Hemmnisse durch noch nicht erfolgte, aber erforderliche Entwicklungen ein. ­Technische Implikationen ergeben sich zum Beispiel durch sicherheitstechnische, performancerelevante und datenschutzrelevante Anforderungen. Vorarbeiten hierzu liefern ­Entwicklungsergebnisse von Industrieunternehmen, aber auch Forschungsvorhaben, die auf technische Weiterentwicklungen mit Hinblick auf eine in die Zukunft gerichtete und durchzuführende Positionsentscheidung verweisen. Empfehlenswert ist die Erstellung eines Unternehmensentwicklungsgraphen, welcher den Ist-Soll-Abgleich illustriert. Dieser fließt dann in den Entscheidungsprozess ein, ob die angestrebte Position in dem definierten Zeitraum und gemäß durchgeführter Bewertung weiterhin erstrebenswert ist. Fällt die Entscheidung für die angestrebte Position aus, dienen die zu Hilfe genommenen Aufwandskategorien und Aufwände als Grundlage für die Umsetzungsplanung.

3.3.2.2 Interaktionen von Mitgliedern und Teilnehmern im Ökosystem Ausgangspunkt eines serviceorientierten Handelns ist aus Projekterfahrungen von Barbara Flügge der Anspruch von Marktteilnehmern und Konsumenten, den Lebensraum bzw. das Wirtschaftsgefüge bestmöglich am Leben zu erhalten (Self-Sustaining Ecosystems). Die Annäherung an das für den jeweiligen Kontext optimalen Serviceangebot und der optimalen Reihenfolge geht hierbei Hand in Hand mit dem Grad der Handelbarkeit

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B. Flügge

von Services. Hier wirken physische bzw. digitale Medien und die einem Service zugrunde liegenden Interaktionen (Verknüpfungen). Der Service ist damit sowohl Motivator wie auch das Ergebnis von interaktionsbezogenen Analysen. Es wäre vermessen, zu glauben, dass ein durchdachtes Design von Interaktionen, also die Verbindung zwischen Marktteilnehmern, alleinig zum Erfolg führt. Planung, Empathie und Offenheit im Umgang mit den Bedarfen im Kontext des Ökosystems spielen eine gleichwertige Rolle. Aus einer Mischung von Marktforschung, Marketing und netzwerktheoretischen Überlegungen heraus hat sich das Interaction Design etabliert. Die frische, offene und dennoch strukturierte Herangehensweise erleichtert das Herausfiltern der relevanten, hilfreichen und einflussnehmenden Verbindungen zwischen Kunden und Anbietern, Servicemitarbeitern und Disponenten, Technikern und Vertriebsmitarbeitern vor Ort. Etablierte Methoden und Verfahren zur Analyse und Definition von Interaktionen sind durch die Einführung von Design Thinking als Gestaltungselement für Produkt- und Ideenentwicklung zu Tage getreten. Sie erfahren mittlerweile eine bewusste Vermarktung. Zunehmend wird das Interaction Design als weiteres Element auch in der Lehre etabliert. Das Copenhagen Institute of Interaction Design (CIID) [19] leistet hier einen entscheidenden Beitrag. Eigene Ansätze, die Barbara Flügge und ihr Team entwickelt und einsetzt, zielen auf den Dialog, den Services zwischen inner- und zwischenbetrieblichen Einheiten ermöglichen (sogenannter Service Dialogue Process). Ein weiteres Element ist die Durchführung der Ökosystem-­Analysen (sogenannte Ecosystems Assessments). Hierin werden in einem vierstufigen Verfahren unterschiedliche Marktteilnehmer in Bezug auf ihre Rolle und zukünftige Positionierung(en) in einem definierten Zielraum betrachtet. Die Assessments sind mit drei Tagen Aufwand durchführbar. Ergänzend erfolgt die Anwendung der Strategy Maps von Kaplan und Norton [20]. Von den zahlreichen Methoden und Verfahren haben sich folgende als besonders nützlich und zielführend bewiesen – siehe auch Kap. 12 • Ecosystems Thinking und 360° Analysen • Service Design und Service Dialogue Process • Persona Setcards für Persona Analyse, Ökosystem Analyse und Mindset Untersuchungen • DAISY für Change Management am Arbeitsplatz • Design Thinking • Usability Testing

3.3.2.3 Service Design Es empfiehlt sich zur Detaillierung und Spezifizierung eine Bestandsaufnahme und Beschreibung existierender und geplanter Services durchzuführen. Wir selbst bauen diesen Projektschritt in Workshops zu Digitaler Unternehmenstransformation und Positionsbestimmungen für Standorte ein.

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Abb. 3.7  Gestaltungsschema zur Dienstleistungsdefinition

Eine Möglichkeit des Service Designs haben wir unter Abb. 3.7 dargestellt. Das vorgestellte Schema unterstützt die Identifizierung bzw. das Aufspüren neuer Dienstleistungen. Wir orientieren uns bei der Bestandsaufnahme nach den in Abb. 3.7 dargestellten Merkmalsgruppen. Es sei vermerkt, dass eine Analyse digitaler d. h. webbasierter und mobil abrufender Dienstleistungen einer Feststellung der Digitalisierungsfähigkeit bzw. Webfähigkeit nachfolgt. Außerdem gibt es Services, die nur durch Digitalisierung gestaltbar und umsetzbar sind. Ist die Webfähigkeit geklärt, lassen sich Umsetzungsszenarien formulieren (Nutzungsszenarien) und Services in einer einheitlichen Beschreibungssprache formulieren, um so deren Anwendbarkeit in nationalen wie internationalen Kontexten zu ermöglichen. In unseren Arbeiten hat sich das Service-Design entlang der folgenden Struktur als nützlich erwiesen: a. Statement zum Nutzenversprechen b. Interessensabfrage bei Nutzern c. Service Fokus (technisch, funktional, gestalterisch, design- und interaktionsbezogen) d. Definition nachvollziehbarer Preisschemata e. Formatierte Darstellung zur Vermarktung unterschiedlicher digitaler Medien f. Mechanismus zur Erfassung bzw. Einholung von Nutzerinteressen g. Festlegung der inner- und zwischenbetrieblichen Servicemerkmale h. Festlegung des Veröffentlichungsmodus in Abhängigkeit von c. i. Überprüfung und Festlegung der Reichweite einer Dienstleistung in Bezug auf Geografie, Industrie und Nutzerprofile in Abhängigkeit der vorangegangenen Schritte a. bis h.

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B. Flügge

Die schematische Abarbeitung der aufgezeigten Schritte a. bis i. erfolgt jeweils über alle möglichen Kombinationen von Personas.

3.4

Nutzungsszenarien und Anwendungsfälle

In der ohnehin schon vielschichtigen Betrachtung von Ökosystemen haben sich Nutzungsszenarien und Anwendungsfälle als Gestaltungselemente zur Untersuchung, Entwicklung und Erprobung bewährt. Ausgangspunkt ist hierbei das mit den beteiligten Mitgliedern vereinbarte Ziel: sei es die Erprobung eines neuen Serviceangebotes, die Untersuchung von Partizipationsmedien für Gemeindemitglieder oder die geplante Beauftragung zur Optimierung des städtischen Mobilitätsangebotes für Studenten, Pendler und Touristen. Ein Nutzungsszenario beschreibt detailliert, „wie die im Zielbild angelegten Techniken und Technologien aus Sicht von Nutzern in unterschiedlichen Lebenszusammenhängen gewinnbringend eingesetzt werden können“ (S. 17) [21]. Vermehrt fordern Projektbeauftragungen die Übertragbarkeit von Empfehlungen und daraus resultierende Handlungen (Action Items) auf konkrete Nutzungsszenarien ein. Dies dient letztendlich nicht nur der Erprobungsfähigkeit des jeweiligen Untersuchungsgegenstandes. Auch die Absicherung. Realisierbarkeit und Bedeutsamkeit der untersuchten Technologien sollten mit der Erwartungshaltung der Nutzer Hand in Hand gehen. Die Ausführung des Nutzungsszenarios erfolgt dann in einem oder mehreren Feldversuchen. Der Begriff Anwendungsfall oder englisch Use Case wird oft synonymhaft mit Nutzungsszenarien verwendet. Ursprünglich eingeführt von Ivar Jacobson im Jahr 1992 [22], diente der Begriff Use Case der Dokumentation von Anforderungen an ein Softwaresystem in der Softwaremodellierung mittels der Beschreibungssprache, der Unified Modeling Language (Abk. UML). In unserem Kontext verbinden wir beide Sichtweisen von Use Case und Nutzungsszenario. Use Cases und Nutzungsszenarien sollten mindestens folgende Elemente enthalten: • • • • • • • • •

Ausgangssituation bzw. Problembeschreibung (Motivation) Wertetreiber (Value Drivers) Eigentümer bzw. Betroffener der Ausgangssituation (Owner) Zielgruppen bzw. Personas (User Groups, Personas) Existierende bzw. konkurrierende Marktangebote (Market Offerings that have full or limited functionality) Lösungsansatz (Solution) Projektierung bzw. Umsetzung im Feldversuch (Roadmap) Bewertung des erwarteten Benefits in Bezug auf qualitative und quantitative Bewertungskriterien Bewertung der technischen Machbarkeit

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Diejenige Einheit, die einen Feldversuch durchführt, sehen wir in der Verantwortung, diesen mit den Auftraggebern, den ausgewählten Personas und den zur Verfügung gestellten Anlagen am ausgewählten Standort so unternehmerisch wie möglich und nutzenbringend für den Einzelnen wie möglich zu organisieren. Insbesondere wird Wert auf die Analyse der Bedürfnisse und Nöte der einzelnen Beteiligten gelegt. Ein Feldversuch im Kontext öffentlicher Verwaltung ist dann als Erfolg zu sehen, wenn sich auch für Unternehmen mit überschaubarem Finanzierungsspielraum und für die öffentliche Hand Innovationen auf „kleinstem Raum“ umsetzen lassen. Das heißt Innovationen sind machbar trotz struktureller Hemmnisse. Der kleinste Raum sei dabei ein physischer Raum im Rahmen eines Ökosystems „Straße“ oder „Veranstaltung“ oder ein digitaler Raum durch die Nutzung von Apps, welche über einen Online- bzw. Internet-­ Marktplatz zur Nutzung angeboten werden. Führt man sich den Aufbau des Stadtviertels von Constitucion in Chile vor Augen, wurde der Raum zum Aufbau des vom Erdbeben zerstörten Gebietes aufgrund der Notwendigkeit und der Weitsicht des beauftragten Architekten um einen vom Tsunami bedrohten Abschnitt und um Raum für Begegnungsstätten wie Konzerthallen und Museen erweitert. Die heute als erfolgreiche strukturelle Umsetzung gefeierte Wiedereröffnung des Stadtgebietes startete mit einer umfassenden Befragung der Anwohner und dem aufmerksamen Zuhören und Herausfiltern der relevanten Kriterien. Die Checkliste zur organisatorischen und inhaltlichen Vorbereitung haben wir in dem Strategiekompass als wichtiges Detail untergebracht. Mehr dazu unter https://www.digitalvaluecreators.com.

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B. Flügge

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Digitalisierung auf dem Vorsprung Ludwig Michael Haas und Ralf Helbig

Zusammenfassung

Bereits seit vielen Jahren wirbelt die Digitalisierung viele Industrien völlig durcheinander. Tradierte Geschäftsmodelle mit ihren Wertschöpfungsstufen werden aufgebrochen, disruptive Ideen entstehen, werden umgesetzt und neue Spieler übernehmen eine dominante Stellung in der Industrie. Jenseits bekannter Zuordnungen entstand eine neue Dynamik: Netzwerkfirmen schöpfen den Markt ab und Disruptoren stellen jegliche Verfahrensweisen und Verhältnismäßigkeiten auf den Kopf.

Bereits seit vielen Jahren wirbelt die Digitalisierung viele Industrien völlig durcheinander. Tradierte Geschäftsmodelle mit ihren Wertschöpfungsstufen werden aufgebrochen, disruptive Ideen entstehen, werden umgesetzt und neue Spieler übernehmen eine dominante Stellung in der Industrie. Beispiele hierfür sind sehr zahlreich. In der Telco-Industrie sind es die mittlerweile zu den mächtigsten Unternehmen der Welt avancierten Konzerne wie Google, Facebook oder Microsoft, die mit ihren digitalen Diensten über die Netze den Wert abschöpfen und die tradierten Telekommunikations-Unternehmen mit überwiegend nationalem Fokus zu reinen Netz-Infrastrukturbetreibern zurückdrängen. Ebenso disruptiv waren die Umbrüche in der Medien- und Entertain-Industrie, so dass Digitalriesen wie

L. M. Haas (*) DETECON, Holzkirchen, Deutschland E-Mail: [email protected] R. Helbig DETECON, Zürich, Schweiz E-Mail: [email protected] © Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2020 B. Flügge (Hrsg.), Smart Mobility, https://doi.org/10.1007/978-3-658-26980-7_4

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L. M. Haas und R. Helbig

Netflix, Instagram, Linkedin, Twitter, Amazon-Prime oder Apple mit iTunes entstanden und Platzhirsche wie Bertelsmann und Sony zurückdrängten.

4.1

Dynamik

Diese gewaltige Dynamik der digitalen Transformation wurde im Wesentlichen von drei Faktoren getrieben: Der technologische Fortschritt eröffnete radikal neue Möglichkeiten, gesellschaftliche Trends führten zu verändertem Nachfrageverhalten und neue, globale, Plattform-basierte Geschäftsmodelle stellten die wirtschaftlichen Verhältnisse auf den Kopf: neue Player sowie branchenfremde Technologieunternehmen mit hohem ­Investitionsvolumen drängten auf den Markt. Abb. 4.1 führt uns die unglaublichen Bewegungskräfte der Digitalisierung vor Augen. Für die Reise- und Transport-Industrie sind erst seit Kurzem alle technischen Voraussetzungen erfüllt, um neue Prozesse und Geschäftsmodelle zu ermöglichen Abb.  4.2. Überall vernetzte Geräte, eine hervorragende mobile Verbindung und sehr große Rechenleistungen führen dazu, dass autonome Systeme (z. B. autonome Fahrzeuge) und künstliche Intelligenz (z. B. bei der Optimierung des Zugbetriebs) wirtschaftlich hergestellt werden und zu Massenprodukten avancieren können. So befindet sich nun auch die Reise- und Transportindustrie durch neue digitale Geschäftsmodelle im Umbruch. Firmen wie Uber oder Google mit Waymo mischen bereits die Taxi-Branche in vielen Städten auf. Die ganze Automobilindustrie rätselt über künftige

Abb. 4.1  Dynamik der digitalen Transformation

4  Digitalisierung auf dem Vorsprung

79

Abb. 4.2  Enabler der Disruption

Antriebstechniken und das autonome Fahren. Noch stehen wir am Anfang und die Frage stellt sich, wie die Digitalisierung die Mobilitätsindustrie revolutioniert.

4.2

Wertschöpfung

Betrachtet man die wertschöpfenden Aktivitäten einer Reise- und Transportkette, so sind neben dem reinen Transport, ob im Fern-, Regional- oder Nahverkehr, die Betreuung während der Reise, aber auch die Ausstattung sowohl der Fahrzeuge wie auch der Hubs, an denen Verkehrsmittel gewechselt werden, seien es Flughäfen, Häfen, Bahnhöfe oder einfache Haltestellen von Bussen oder Taxen, für die Qualität einer Kunden- oder Güterreise von großer Bedeutung. Die Voraussetzungen für den reibungslosen Verkehr bildet darüber hinaus die jeweilige Infrastruktur wie Eisenbahngleise oder Straßen. Auf diese Vielzahl von Elementen wirken diverse Zielgrößen, die bei einer Optimierung des Verkehrssystems und der Mobilität berücksichtigt werden müssen, Abb. 4.3. Neben dem Aspekt der Sicherheit spielen Faktoren wie Zuverlässigkeit, Pünktlichkeit, Geschwindigkeit, Komfort, Nachhaltigkeit und Preis eine wichtige Rolle bei der Auswahl und Zusammenstellung der Anbieter. Der Reisende oder Logistiker steht somit vor einem komplexen Optimierungsproblem, wenn er die Reise von Personen oder Gütern von einem Ausgangspunkt A zu einem Zielort B plant, denn er muss sich über die Gewichtung seiner Ziele im Klaren sein, um sich aus der Vielzahl möglicher Verkehrsmittel die geeignetsten mit den passendsten Angeboten zu identifizieren. Da die Strecke von A nach B häufig nicht nur mit einem Verkehrsmittel und -träger zurückgelegt werden kann, muss zudem die geeignetste Verkettung verschiedener Verkehrsmittel zu einer intermodalen Leistung erfolgen. Auf all diese Elemente einer Reise- und Transportkette mit ihren Kundeninteraktionen vor, während und nach einer Reise wie die Planung, die Fahrt selbst mit seinen eventuellen Zwischenstationen sowie das Ankommen wirken Innovation und Digitalisierung. Bei der

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L. M. Haas und R. Helbig

Abb. 4.3  Disruption im Individual- und Güterverkehr – Erster Überblick

Diskussion künftiger Mobilität wird häufig die Digitalisierung einzelner Elemente dieser Kette betrachtet. So stehen bei neuen Mobilitätskonzepten beispielsweise das Fahrzeug selbst im Mittelpunkt wie bei der Frage des Antriebs oder beim autonomen Fahren, der Mikromobilität mit e-Scootern und Klein-Fahrzeugen oder Sharing-Modellen bei Fahrrädern oder Automobilen. Jedes dieser Modelle für sich sind kleine Revolutionen, die den Menschen in Ballungsräumen, im Nah- und Fernverkehr Mobilität erleichtern. Doch wirklicher Nutzen nicht nur für Einzelne, die individuell wie von Geisterhand gefahren werden, sondern für die Gesellschaft entsteht erst durch die Digitalisierung ganzer ­Verkehrssysteme.

4.3

Transformation

Das autonom fahrende Vehikel beispielsweise nimmt Autofahrern die Arbeit des Fahrens ab, verändert aber isoliert betrachtet nichts an der Verkehrsdichte mit den vielen Staus, da nach wie vor jeder individuell mit seinem selbstfahrenden Fahrzeug unterwegs ist. Der

4  Digitalisierung auf dem Vorsprung

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Nutzen entsteht erst, wenn es beispielsweise keinen Individualverkehr und ausschließlich selbstfahrende Elektrofahrzeuge gäbe, die untereinander kommunizieren. In einem derartigen Szenario müsste niemand mehr sein Fahrzeug in der Stadt abstellen, so dass enorm viel Raum entstünde, weil es keine parkenden Individualfahrzeuge mehr gäbe. Wenn zudem Sharingkonzepte realisiert und an Stelle von ein oder zwei Personen drei oder vier Personen transportiert würden, könnte der Verkehr in Ballungszentren mit einem Schlag um 95 % auf nur noch 5 % reduziert werden. Die potenziellen Auswirkungen auf die Luft- und Lebensqualität sowie den Geräuschpegel in Städten wären fast unvorstellbar. Eine intelligente Verknüpfung mit dem Individualverkehr und anderen Verkehrsmitteln wäre ein wichtiger Erfolgsfaktor für solch ein Modell. So könnte ein Tagespendler, der außerhalb der Stadt wohnt, mit seinem eigenen Auto, sein Ziel innerhalb der Stadt eingeben und die Navigation würde ihn an einen Umsteigeort leiten, an dem er sein Fahrzeug abstellen und in das bereitstehende selbstfahrende Auto einsteigen könnte, das ihn unmittelbar und direkt zu seiner Zieladresse fährt. Dadurch würde der Pendler keine Zeit verlieren, im Gegenteil er oder sie wäre befreit von lästigen Staus auf dem Weg ins Zentrum der Stadt. Auch Pendler, die mit dem Zug in die Stadt gelangen, könnten so bei Eile mit dem selbstfahrenden Fahrzeug bei seiner Ankunft am Bahnhof an der vereinbarten Übergabestelle abgeholt und direkt zu seinem Zielort transportiert werden. Ebenso könnte die Belieferung von Privathaushalten oder Einzelhändlern erfolgen. Kleinlaster könnten an den Stadtrand navigiert werden, wo diese auf eine selbstfahrende Plattform fahren und von dieser an die diversen Anlieferstellen gefahren werden. Szenarien wie oben beschrieben kombinieren bereits existierende Technologien und Geschäftsmodelle zu einem übergreifenden Modell, das für alle Beteiligten großen Nutzen realisiert. Sogar die Automobilindustrie könnte davon profitieren, indem sie diese deklarierten Stadtzonen als Experimentierraum für die Weiterentwicklung selbstfahrender Fahrzeuge nutzt. Es geht also nur darum, verfügbare Technologien gezielt zu orchestrieren und die politischen Rahmenbedingungen für ein derartiges Konzept zu schaffen. Dies ist nur ein Ausschnitt möglicher Konzepte, der sich auf den Nahverkehr fokussiert.

4.4

In der Anwendung

Weitere Verknüpfungen von Verkehrsmitteln im Regional- und Fernverkehr sind in intermodalen Verbünden möglich, so dass beispielsweise ein Kunde aus München, der sein Wochenende mit seiner Freundin aus der Umgebung von Saarbrücken in Frankreich verbringen möchte, von seinem Smartphone aus eine verlässliche, durchgehende Variante zu einem vernünftigen Preis buchen kann. Seine Lösung umfasst eine Fahrt mit einem Share-­ Fahrrad vor seiner Haustür zur U-Bahnstation Böhmerwaldplatz. Von dort nimmt er die U-Bahn zum Münchner Hauptbahnhof, wo er in den ICE nach Saarbrücken steigt. Dort läuft er zum angrenzenden Parkplatz und fährt mit einem Cabrio eines CarSharing-­ Anbieters weiter und holt seine Freundin, die dort auf dem Land wohnt, ab.

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Auch in diesem Beispiel müsste ein Intermediär diese verschiedenen Leistungen transparent machen und diese für die individuellen Bedürfnisse der Kunden bedarfsgerecht bündeln, damit sie ihre Fahrt vom Start zum Ziel mit einer einzigen Zahlung buchen können. Der Vermittler muss dann die einzelnen Transportanbieter entsprechend ihrer erbrachten Leistungen entlohnen. Denkbar wäre zudem, dass der Kunde seinen Startort und Zielort unmittelbar vor Antritt der Reise kundtut, das System ad hoc die Strecke kalkuliert und der Kunde dann geleitet wird von einem zum nächsten Streckenabschnitt. Dies würde eine Vorausplanung erübrigen. Der Kunde würde sich vollständig auf die spontan erteilten Anweisungen des Intermediärs verlassen und hätte nach Abschluss eines Streckenabschnitts die Wahl für die Varianten des nächsten. Intermodalität Verlagern wir die Perspektive nun weg von der Verknüpfung von Verkehrsmitteln in intermodalen Systemen hin zu der Fahrt selbst, so ergeben sich durch die Digitalisierung weitere neue Aspekte. Denn hier könnten dem Reisenden entsprechend personalisierte Entertain- oder Arbeits-Funktionen zur Verfügung gestellt werden, die ihm das Hörbuch oder die TV-Serie, das er gerade hört oder die er gerade gesehen hat, von der letzten Stelle, an der er aufgehört hatte, abspielt, oder das ihm das Dokument das er gerade bearbeitet öffnet und er seine Arbeit fortsetzen kann. Denkbar wäre auch, dass der Reisende mit Informationen und Restaurant-Gutscheinen oder anderen Angeboten an seinem Zielort informiert und versorgt wird. Er könnte auch gleich ein Abendessen in seinem Wunschrestaurant oder eine Führung durch das Museum, das er besuchen möchte, buchen. So wird seine Fahrt zu einem Erlebnis, so dass die Reisezeit schnell vergeht. Angewandt auf den Gütertransport entstünde durch die Verknüpfung der Informationen ganzer Transportketten eine neue Transparenz über verfügbare Kapazitäten. So könnten beispielsweise bei den 400 Millionen LKW-Fahrten, die das Kraftfahrtbundesamt 2015 ermittelte, die festgestellten 120 Millionen Lehrfahrten erheblich verringert oder gar vollständig vermieden werden. Die Entwicklung geht also in Richtung eines Ökosystems einer vernetzten Mobilitätserfahrung, die sich über die Verknüpfung zu intermodalen Systemen und das personalisierte Infotainment entwickelt, wie in der Abbildung dargestellt, mit Rollen wie einem Service-Vermittler, Service-Lieferanten und Infrastruktur-Betreiber, angereichert mit weiteren Dienstleistern wie Zahlungs-, Zollabwicklungs-Dienstleistern, Regulatoren, Versicherer oder anderen Add-on-Service-Anbietern. Aus diesem Ökosystem an Dienstleistungen kann jedes Bedürfnis des Kunden zu einer für ihn individuell optimierten Gesamtleistung orchestriert werden [1]. Plattform Ökonomie Die auf einer Mobilitäts-Ökosystem-Plattform (siehe Abschn. 3.3 und Kap. 5) angebotenen Dienste erstrecken sich über die gesamte Wertschöpfungskette mit den Wertschöpfungsstufen Information, Buchen & Einchecken, die Fahrt selbst sowie die After Service-­ Leistungen. Dabei beziehen sich die digitalen Dienste auf die Verkehrsmittel-Infrastruktur

4  Digitalisierung auf dem Vorsprung

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Abb. 4.4  Vernetzte Mobilitätserfahrung

wie Bahngleise, Straßen, Bahnhöfe o. ä., auf die Fahrzeuge mit ihrer Ausstattung v. a. in Bezug auf die digitalen Schnittstellen und natürlich die Konnektivität und Rechenleistung selbst. Auf dieser Basis befähigen dann Services weitere Dienste, die dem Kunden in den einzelnen Phasen der Wertschöpfung helfen, die Mobilitätsinfrastruktur und die Transportmittel optimal zu nutzen, sowie auf das Personal zuzugreifen und die eigene Mobilität zu optimieren (Abb. 4.4). Nicht nur aus Sicht der Kunden und Reisenden bietet die Digitalisierung in der Transport- und Logistikbranche viele Vorteile. Für die Unternehmen ergeben sich die in Abb. 4.5 dargestellten, wesentlichen Herausforderungen. Neben den sich schnell wandelnden Kundenwünschen, die nicht nur ein durchgängiges und einzigartiges Kundenerlebnis erwarten, sondern auch neue Business Modelle und auf sie individuell zugeschnittene Dienstleistungen, gilt es auch Chancen zu signifikanten Effizienzsteigerungen, insbesondere durch intelligente Wartungskonzepte und moderne Software-Architekturen zu nutzen. Ein sehr wichtiger, wenn nicht entscheidender Einflussfaktor, um die Transformation erfolgreich zu bewältigen, ist die Mitarbeiter zu befähigen oder die Fähigkeiten im Unternehmen anzupassen.

4.5

Ausblick

Wir stehen also heute mit den neuen, auf digitalen Technologien basierten Geschäftsmodellen im Mobilitätssegment noch am Anfang. Zwar gibt es bereits Bemühungen, intermodale Dienste zu schaffen, doch sind diese noch nicht in der Lage, die Kundenerlebnisse,

Abb. 4.5  Herausforderungen in der Digitalisierung

84 L. M. Haas und R. Helbig

4  Digitalisierung auf dem Vorsprung

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wie sie in einer digitalen Mobilitätswelt vorstellbar wären, zu erzielen. Denn der Aufbau derartiger Plattformen ist aufgrund der Komplexität sehr aufwändig und kostenintensiv. Einzelne große, nationale Vertreter der Transportbranche wie die SBB sind seit Jahren dabei, derartig vernetzte Mobilitätsdienste zu generieren. Dazu wurden bereits intensive Verhandlungen mit den einzelnen Mobilitätsanbietern geführt, um den Preis für eine übergreifende Fahrkarte zu bestimmen und die Verteilung der Einnahmen festzulegen. Doch sind auf dieser Plattform viele Verkehrsmittel und –träger noch nicht enthalten und spätestens an diesen Grenzen hört die Mobilität derzeit auf. Die Potenziale und der Nutzen einer modernen, digitalisierten Mobilität sind enorm. Ohne weitere, tief greifende strukturelle und disruptive Veränderungen in der Branche bleiben diese weiterhin ungenutzt.

Literatur 1. Flügge B (2018) Smart Mobility in der Praxis: Das Auto – unverzichtbar für den intermodalen Verkehr? https://www.springer.com/de/book/9783658219598. Zugegriffen am 04.11.2019

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Das Smart Mobility-Ökosystem Barbara Flügge

Zusammenfassung

Das Smart Mobility-Ökosystem erlaubt jedem Beteiligten, ob Nutzer eines Carsharing-­ Angebotes, ob Projektleiter betraut mit einer Konzepterstellung für Mobilitätsmanagement, oder ob Betriebsleiter eines öffentlichen Personennahverkehrsunternehmens, einen Blick auf den Gesamtkomplex und die Aktivitäten untereinander zu werfen. In einer bewusst designorientierten Darstellung ordnet das Smart Mobility-Ökosystem alle Beteiligte mit einem hohen Abbildungsgrad in das Geschehen rund um Smart Mobility ein. Es braucht eine Berücksichtigung IT-relevanter Aspekte und mit fortschreitender Digitalisierung erfolgt eine Kategorisierung in sogenannte Mobility Consumer, Physical Mobility Front Offices, Digital Mobility Front Offices und Mobility Back Offices.

Mit Blick auf intelligente Mobilität als Service (Mobility-as-a-Service, Abk. MaaS) gibt es eine Vielfalt von Überlegungen. Blicken wir in die nächsten Jahrzehnte: Werden wir weitere Wege finden, unsere Wissensarbeiter von Zuhause aus arbeiten zu lassen? Werden Drohnen tatsächlich die Auslieferung von Paketen übernehmen? Wie werden sich die globalen Megatrends wie Urbanisierung und Alterung von Gesellschaften auf die Mobilitätsansprüche auswirken? Soll Mobilität als Service anhand der Ansprüche der Reisenden abrufbar sein? Ähnlich wie der personalisierte Laufschuh extra in einer bestimmten Farbe produziert wird, soll auch Mobilität adaptiv als Service zur Verfügung stehen. Um dies sicherzustellen, müssen alle Personas durchgängig vernetzt sein. Dazu gehören Reisende, Fahrzeuge und auch die Infrastruktur. anwenderzentrierte, dynamische Preisfin-

B. Flügge (*) digital value creators (DVC), Bottighofen, Schweiz E-Mail: [email protected] © Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2020 B. Flügge (Hrsg.), Smart Mobility, https://doi.org/10.1007/978-3-658-26980-7_5

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B. Flügge

dungsmodelle stellen unabhängig von Verkehrsmittel, Uhrzeit und Service anbieterintegrierte Angebote an den Reisenden zur Verfügung. Darauf basierende maßgeschneiderte ­Informations-, Werbe- und Unterhaltungspakete werden weitere Geschäftsfelder darstellen. Die größten Herausforderungen lassen sich im Bereich der Schaffung der ­legislativen Grundlagen und im Zusammenspiel zwischen öffentlichen, privaten und gemeinnützigen Akteuren und Einrichtungen finden.

5.1

 obilität als Impuls und Smart Mobility als M Gestaltungselement in den Ökosystemen dieser Welt

Wie fügen sich die einzelnen Elemente nun zusammen? Nachfolgend zeigen wir die Synthese und den Stellenwert intelligenter Mobilität für unsere Gesellschaft. Multifunktional mobil sein Mobilität ist ein Kernelement unserer Freiheit. Sind wir mobil, entscheiden wir über die Zusage zu einer Besprechung, der Teilnahme an einem Freundschaftsspiel, gehen spontan in die Stadt zum Kaffeekränzchen oder lassen uns vorsichtshalber in der Apotheke beraten, statt sich zu Hause mit einer Grippe zu quälen. Sind wir nicht mobil, fallen uns Entscheidungen schwer und engen uns ein. Wir denken aber auch an Mobilität, wenn es um die Abschätzung von Aufwand in Bezug auf Zeit, Kosten und Abstimmung geht. Selbst die Frage nach der Notwendigkeit schließt sich den Überlegungen zu „mobil ja, aber wie“ an. Dementsprechend verwundert es nicht, dass selbst wir als erfahrene Geschäftsreisende im Schnitt zwischen ein und vier Stunden für die Planung einer Geschäftsreise aufwenden. Sicherlich hängt dies auch von Distanz und Komplexität in Verbindung mit anderen Verkehrsmitteln, Gabelflügen und Abstimmung mit Kollegen ab. Die zunehmende Mobilisierung macht sich auch jenseits des physischen „Mobilseins“ als „digitale Mobilität“ bemerkbar. Der verlängerte digitale Arm von Devices, Smartphone und Tablets bietet Privatpersonen und Berufstätigen einen Ausweg aus der Entscheidungsmisere in Bezug auf Reisemanagement an. Der Vorteil hierin besteht in einer zunehmenden direkten Adressierung von Reisenden in Echtzeit. Bereits über einhundert europäische Lösungsanbieter tragen Stand heute dazu bei. Was bleibt dann noch übrig? Sind wir bereits bei Smart Mobility angekommen? Und wie lässt sich Smart Mobility auch für diejenigen tatsächlich begreifbar machen, die keine Mittel haben oder den Umgang mit modernen Medien scheuen oder es schlichtweg nicht lernen konnten? Wir hatten in der Einführung dargestellt, dass der Weg, den die Digitalisierung eingeschlagen hat mit Sensorik, induktionsgeführten Ampelsteuerungen oder den vernetzten Anlagegütern, noch lange nicht zu Ende ist. Die Innovationskraft von Smart Mobility lässt sich nach unserer Überzeugung dann messen, wenn sie anwendbar und nutzbar ist für Personas jeder Couleur, Organisationen und Mittel, Personen und Dingen – für einen de-

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dizierten Raum und ebenso unabhängig von Standort und Region, unabhängig von Nutzungszeitraum und -dauer, unabhängig von individuellen Fähigkeiten und Budget. Das Ökosystem als Gestaltungselement In Darstellungen andernorts und einer zunehmenden Anzahl von New Mobility Ansätzen begegnet uns Mobilität weiterhin als ein Ganzes mit zwei Hälften – bestehend aus einem Netzwerk von Anbietern und einem Netzwerk von Anwendern. Wir von digital value creators (DVC) GmbH gestalten Mobilitätskonzepte jedoch anders! Wir nähern uns dem Mobilitätsanspruch vom Ursprung her. Wir betrachten daher Mobilität in seinem Kontext und in Abhängigkeit der Präferenzen von Personen und Organisationen, die gemeinsam etwas Großartiges für sich, ihre Region und Stadt auf den Weg bringen wollen. Wir bewerten die Erfüllung des Urgedankens, mobil zu sein. Dazu gehören neben physischer Mobilität, Erlebnis- und Erfahrungsmomente, politisch und ökologisch motivierte Abwanderung, mentale und gefühlte Fortentwicklung  („mentale Mobilität“). Wir erarbeiten Kontextanalysen in Abhängigkeit der Präferenzen von Personen und Organisationen, die gemeinsam etwas Großartiges für sich, ihre Region und Stadt auf den Weg bringen wollen, unabhängig von bestehenden Rollen und Verantwortlichkeiten. Diesen Kontext finden wir in Ökosystemen. Jeder von uns ist Teil von mindestens einem Ökosystem – wir leben in einem oder mehreren, wir bereisen sie, wir arbeiten und lernen in Ökosystemen – wir sind Teil eines Ganzen. Siehe hierzu Abschn. 3.1.2 und unserem Ansatz von Ecosystems Thinking sowie weiterführend die Funktionsweise in Abschn. 3.1.3 und 3.3.1. Digitalisierung als Enabler und Steuerungsmechanismus Ob gewollt oder ungewollt, uns kommt in dem Handeln derer, die Mobilität planen und erhalten, eine Rolle zu. Wir fragen uns: • Sind wir nicht mobil bzw. unterwegs, geben wir dann ein Signal an die Prognosesysteme, dass wir nicht mobil sein wollen und gehen Entscheider dann von einem geringeren Infrastrukturaufwand aus? Wird dann die Bushaltestelle um die Ecke eingestellt? • Sind wir nicht mobil bzw. unterwegs, wie sollten Entscheider feststellen, dass es nicht wir selbst, sondern der Einkauf oder der Koffer uns das Leben schwer machen, und wir deshalb die öffentlichen Verkehrsmittel nicht wahrnehmen? Welchen Beitrag leistet Digitalisierung hier? In unserer Ausführung unter Kap. 4 legten wir die Grundlagen des Komplexes Digitalisierung und seiner Einflussmöglichkeiten dar. In der Kontextanalyse findet eine Nutzer-bezogene Entscheidung statt. Es wird untersucht, ob wir abhängig von einem intelligenten Analyseprozess von Big Data sind oder von unseren Vorlieben und Erfahrungsprofilen. Wir nehmen diese Überlegungen zum Anlass, uns mit einem anderen Rollenverständnis auseinanderzusetzen. Begleiten Sie uns!

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B. Flügge

5.2

Die Rollenverteilung

Wie sieht nun das Ökosystem Smart Mobility mit Bezug auf Personas und der Rollenverteilung aus? Dazu führen wir nun die Gestaltungselemente aus Kap. 3 und 4 zusammen. Studie von 20 Städten In der ersten Auflage hatten wir über eine weltweite Untersuchung von zwanzig Städten gesprochen. Und als erstes Ergebnis die Vielzahl an Personas aufgezeigt, die sich a. in den Städten mit dem Thema Mobilität auseinandersetzen und b. die Verschiedenartigkeit. In der Summe wurden fünfzig Personas, d. h. Nutzerprofile identifiziert. Dies zeigte nicht nur den hohen Vernetzungscharakter von Mobilität, sondern auch die nicht zu unterschätzende Verknüpfung von öffentlichen und privatwirtschaftlichen, Einzel- und institutionellen Interessen! Denn hinter jeder Persona stehen ökonomische, ökologische, politische und individuelle, gar persönliche Faktoren, die eine Entscheidung zu Gestaltung und Nutzung von „mobil sein“ für ein Ökosystem maßgeblich beeinflussen können. An manchen Kennzeichnungen und Nennungen lässt sich die Geografie bzw. die Charakteristik des Ökosystems vielleicht erahnen. Überträgt man die u. a. Personas auf die eigene Umgebung, werden sich sicherlich einige weitere Nutzerprofile ergänzen lassen. Die Resonanz auf die ersten Studienergebnisse war unglaublich. Wir hatten auch geplant, diese direkt im Anschluss zu veröffentlichen. Aufgrund eines organisatorischen Wechsels war die direkte Veröffentlichung dann leider nicht möglich. Nun holen wir dies nach und danken allen für ihre Geduld! Aufgrund der Fülle an Informationen, widmen wir den Studienergebnissen ein eigenes Kapitel unter Abschn. 6.2.

Resultierend aus unseren weiteren Beobachtungen fassen wir nachfolgend unsere Forschungs- und Projekterkenntnisse zusammen. Um jeder Stadt, Gemeinde und Region und jedem Raum das Maß an Mobilität zu erfüllen und die Bedarfe der Personas wertschöpfend zu bedienen, haben wir das das sog. Smart Mobility Rollenmodell entwickelt. Mobility Consumer (Mobilitätsnutzer) Auf der Motiv- bzw. Nutzungsseite werden nun anhand der Beweggründe für Mobilität die Verbraucher wie folgt gruppiert (Abb. 5.1): • • • •

Pendeln zum Arbeitsort oder dem Einsatzort beruflich begründete Geschäftsreisen private Reisemotive wie Urlaub, Shopping oder Besuch Transitreisende, die zum Beispiel einen Zwischenhalt am Bahnhof nutzen, für den Besuch der Stadt, bevor es zum Kreuzfahrtschiff weitergeht • Aus- und Anlieferung von Gütern und/oder Dienstleistungen • ereignis- und zweckgebundenes Unterwegssein • Einsätze auf Grund von Sicherungsmaßnahmen und auf Ausnahmeerscheinungen basierende Ereignisse wie Störfälle, Evakuierungen und Naturkatastrophen

5  Das Smart Mobility-Ökosystem

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Abb. 5.1  Beweggründe für die Nutzung von Mobilitätsangeboten

Abb. 5.2  Adressierbare Personas durch Smart Mobility-Serviceangebote

Mitarbeiter und Auftragnehmer der Mobilitätsanbieter selbst sind neben Privatpersonen auch Nutzer der eigenen oder von anderen Mobilitätsangeboten. Die Darstellung Abb. 5.2 veranschaulicht dies am Beispiel von drei Nutzerprofilen: der Familie, dem Lehrer und dem Elternteil.

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Aufgrund des ersten Beweggrundes resultieren weitere Bedarfe und Konsumierungen. Hierdurch werden für Anbieter weitere Nutzergruppen, die sogenannten Zweit- und Drittverbraucher, angesprochen. Werden diese bewusst in die Gestaltung von Mobilitätsangeboten aufgenommen, lassen sich weitere Nutzenpotenziale und Geschäftsmodellvarianten auf den Weg bringen. Ein funktionierendes Physical Mobility Front Office ist oft die erste Anlaufadresse für die Konsumenten. Hier sind auch all diejenigen Personengruppen vereint, die uns oft bei unseren Reisen und in der Abwicklung bzw. Sicherung gegenübertreten. Welche Aufgaben nehmen nun Mobilitätsanbieter vornehmlich ein? Dazu lassen sich, wie Abb. 5.3 erfasst, folgende Kernfunktionen festhalten: • • • • •

Betriebsfunktion (Continuous Operations) serviceorientierte Mobilität (Mobility-as-a-Service) Unterhaltung von mobilitätsbezogenen Umschlagplätzen (Mobility Property) Betrieb von Content- und Informationsportalen (Mobility Broker) Betrieb und Wartung von Verkehrsmitteln (Mobility Mean) der öffentlichen Hand und privater Unternehmen, privater Communitys oder Einzelpersonen • instandhaltungsbezogene Anlagen (Mobility Operations Mean) • Ausführen von Mobilitätsdienstleistungen (Mobility Execution) In einem von Services und Technologie geprägten Umfeld wie das von Smart Mobility empfiehlt sich die weitere Untersuchung der Ökosysteme durch Personas wie ­App-­Provider, Abb. 5.3  Kerntätigkeiten im Physical Mobility Front Office

5  Das Smart Mobility-Ökosystem

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Abb. 5.4  Personas im Digital Mobility Front Office

Service Provider, Content-Anbieter, Hardware-Anbieter, System-Integratoren und Connectivity Provider wie zum Beispiel Telekommunikationsanbieter oder zukünftige private Netze durch 5G-Technologie [1]. Die Ausführungen am Beispiel der Reisebranche Abschn. 2.5 haben dies eindrucksvoll aufgezeigt. Diese Personas zählen zu dem Digital Mobility Front Office (Abb. 5.4). Insbesondere durch die Angebotsflut von digitalen Mobilitätsangeboten und die Grundvoraussetzungen wie Konnektivität, Besitz eines Smartphones sowie sensorgestützte Überwachung des Verkehrswegenetzes in einem definierten Raum komplettiert die systemische Analyse die Funktionsweise des Ökosystems. In der funktionalen Betrachtung von Teilnehmern im Ökosystem Mobilität sind daher mindestens folgende Gruppierungen zu definieren: • diejenige Gruppierung, die dem Konsumenten als Mobilitätsanbieter in Erscheinung tritt und für eine sichere und pünktliche Ankunft bzw. Abfahrt im Personenverkehr und für eine planmäßige An- und Auslieferung von Gütern oder Dienstleistungen sorgt. Wir führen hierzu den Begriff Physical Mobility Front Office ein; • diejenigen Infrastrukturabteilungen und Infrastrukturanbieter, die die Mobilitätsangebote erst möglichen machen. Hierzu zählen auch die Anbieter von Hardware, Software und Konnektivität sowie die Anbieter von Devices. Diese Gruppierung prägt das Mobility Back Office; • diejenige Gruppierung, die digitale Konsumierung und Angebotserweiterungen möglich macht, das sogenannte Digital Mobility Front Office.

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Abb. 5.5  Smart Mobility Personas

Die vormals untersuchten Personas stellen sich in der Dreiteilung wie in Abb. 5.5 dar. Ohne das Digital Mobility Front Office und die ergänzende Betrachtung der Bevorratung digitaler Dienstleistungen im Back Office bliebe die Palette von Serviceangeboten unvollständig und nicht zukunftsfähig. Vielmehr bliebe das Geschäft mit dem „unbekannten Geschäftspartner“ unbearbeitet. Die Erschließung (Accessibility) weiterer Nutzergruppen, wie etwa unter Abb. 5.2 dargestellt, bliebe unerkannt. Im Back Office werden all diejenigen Anwendergruppen zugeordnet, die insbesondere physische, infrastrukturbezogene, raumbezogene, strukturelle, politische und digitale Aufgaben wahrnehmen. Die wesentlichen Anwendergruppen zeigt die Abb. 5.6. In Verbindung mit den Möglichkeiten der Digitalisierung werden auch in Zukunft weitere, heute noch unbekannte und unbeteiligte Anwendergruppen hinzukommen. Unsere Projektgruppen haben hierzu insbesondere die Tertiär-Konsumenten untersucht und in Smart City und regionale Vorhaben eingespeist.

5.3

Smart Mobility Rollenmodell

Transformation im Zeitalter der digitalen Ökonomie Mobilität wird sich entscheidend zu einem an Diensten orientierten Wirkungsgefüge entwickeln. Nicht nur Rollen und Verantwortungen ändern sich. Auf Basis eines Rollenmodells im Sinne des Internets der Dienste bieten sie Raum für Wegbereitung und Neuausrichtung bisheriger strategischer, funktionaler und aufgabenbezogener Positionen. Das Rollenmodell von Smart Mobility stellt sich wie folgt dar.

5  Das Smart Mobility-Ökosystem

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Abb. 5.6  Personas im Mobility Back Office

Service Provider Mobilitätsprovider sind die öffentliche Verwaltung und Unternehmen, welche Verkehrsmittel und/oder Verkehrswege bevorraten, sowie Fahrtickets, Reiseangebote, Sitzplätze und Cargo-Raum in Bussen und Bahnen zur Verfügung stellen. Wird ein Mobilitätsangebot öffentlich ausgeschrieben, gestalten und erstellen Unternehmen diese im Auftrag der öffentlichen Verwaltungen. Service Hosting Virtuelle Services, wie der Verkauf von Fahrscheinen, Reisen und Transport von Gütern, Verpackungen und deren Buchungen, werden von Service Providern und/oder von Drittanbietern im Web bzw. über Apps oder am Schalter oder im Verkehrsmittel angeboten. Physische Angebote wie Schienen, Straßen oder Brücken bietet, sofern nicht privatisiert, die öffentliche Hand an und unterhält sie mit öffentlichen oder Drittorganisationen.

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Service Gateway Service Provider und Hosting greifen auf hauseigene oder Drittanbieter wie IT-­ Unternehmen und System-Integratoren zurück. Die Herausforderung wird sein, organisch wachsende Datenimpulse aus Angebots- und Konsumierungskanälen mit standardisierten Formaten abzugleichen, zu verknüpfen bzw. einzubetten. Der daraus sich entwickelnde Geschäftszweig, Data-as-a-Service, sorgt dann nicht nur für die Interoperabilität, sondern verhilft den Gateway zu einem erweiterten Geschäftsmodell. Service Broker Mobilitätsbroker reichen von Transport- und Personenverkehrsgesellschaften bis hin zu Hospitalit- Anbietern wie Hotels, Restaurants, Tourismusbüros, Reiseagenturen und Shopping Malls, Agenturen für VIPs, Mitfahrgelegenheiten und Leasinganbietern. Digitales Brokerage findet von o.  a. oder Drittanbietern wie den Global Distribution Systems-­ Anbietern Amadeus [2] und TravelPort [3] statt. Ein Brokerage findet darüber hinaus durch Travel Content-Anbieter statt. Bei Anbieter von Vergleichs- und Suchmaschinen liegt der Schwerpunkt in der Übernahme von Aufwänden zur Suche und zu Vergleichen. Einflussnahme auf Preisgestaltung und -wahrnehmung der angebotenen Services erfolgt zunehmend durch Rating- und Empfehlungssysteme. Grundsätzlich liegt bei den Service Brokern das Hauptaugenmerk auf Preisgestaltung und lokale und internationale Franchise-­ Konzepte zur Etablierung von Smart Mobility. Service Aggregator Train-to-Fly oder Mietwagen – bei der Flugbuchung sind klassische Ansätze von Bündelangeboten vorhanden, sofern es einen Paketpreis gibt. Aggregatoren wie die Schweizer Bundesbahn mit dem General Abonnement bieten für einen Jahresbeitrag eine unlimitierte Nutzung von Bus, Bahn, Schiff und öffentlichen Einrichtungen an. Innovatoren wie die Mobility-as-a-Service-Initiative bieten profil- bzw. persona-abhängige Bündel an. Letztere definieren in Abhängigkeit der Nutzungsdauer eines öffentlichen Verkehrsmittels und geplanter Kilometer ein Bündelangebot aus Mietwagen, Bus und Bahn. Die Preisgestaltung orientiert sich damit an utilitybezogenen Geschäftsmodellen. Service Channel Maker Konsumierungskanäle für Mobilität werden vielfältiger denn je sein: die App, das multifunktionale Check-in-Terminal zu Hause, die smarte Bushaltestelle. Oft sind Channel Maker die eigentlichen Innovationstreiber, die im Auftrag etablierter Institutionen arbeiten oder als Start-up neue Andockpunkte zur Kundengewinnung und -bindung auf den Weg bringen. Je höher die Reichweite und Nutzerzahl, desto höher die Conversion Rate, d. h. die tatsächliche Buchung des Angebots.

5  Das Smart Mobility-Ökosystem

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Welche Rollen nehmen nun heutige Player ein? Eine Segmentierung in öffentliche und privatwirtschaftliche Mobilitätsangebote oder eine Separierung von Zuordnungen, wie beispielsweise ‚Kunde‘ oder ‚Geschäftspartner‘, schränkt die Sichtweise ein. Gerade in Zeiten anschwellender Infrastrukturbelastungen und einem zunehmenden Wettbewerb von Regionen und Städten untereinander ist eine isolierte Betrachtung nicht mehr zeitgemäß. Vielmehr interessiert die bewusste strategische Positionierung des Unternehmens und der Verwaltung auf Basis des gewünschten Einflusses auf Mobilität im Markt. Die Betrachtungsweise des serviceorientierten Handels unter der Anwendung des Internets der Dienste unterstützt die Erfassung des Gesamtkomplexes. Hier sind Techniken und Methoden gefordert, um  diese Komplexität erfassbar und schrittweise umsetzbar zu machen. Unsere Erfahrungen haben gezeigt, dass dies möglich ist. Service Consumer Wie vormals erläutert, sind die Mobilitätsverbraucher bzw. Mobility Consumer, vielfältig. Die Mobilitätsverbraucher reichen von Einzelpersonen zu Organisationen oder von Einzelpersonen zu Gruppen wie etwa Reisegruppen oder Familien. Auf organisatorischer Seite nutzen Unternehmen wie öffentliche Verwaltung Mobilitätsdienste. Weitere Verbraucher sind sekundäre und tertiäre Verbraucher. Das folgende Beispiel zeigt, dass der Wechsel von einer Rolle zur anderen für eine Unternehmung schon längst stattfindet. Nur dann lassen sich kritische Erfolgsfaktoren und Angebotsanpassungen an die Realität auf den Weg bringen. Beispiel The Real Eco Mobility Durch die Aufschaltung von Dienstleistungen ergeben sich neue Anforderungen an Lieferanten und Geschäftspartner. Welche Organisationen auf welcher Ebene mit wem verbunden sind, zeigt sich an einem Beispiel. Wir titulieren dies mit ‚The Real Eco Mobility‘. Wir haben uns drei Unternehmen überlegt, welche in einem Feldversuch involviert sind. Dies sind Mobile2Go, Spacemobil und Green Mobility Mapping. Die drei Unternehmen bieten Services zu Smart Mobility an: Mobile2Go als Mobility-as-a-Service-Firma und Spacemobil bietet Lade- und Lagerraum an, sowohl in statischen wie auch sich verändernden Räumen an. Green Mobility Mapping sieht sich als Service Provider für interaktive Karten mit Raum- und Eco-Profilen. Alle drei Firmen treten als Service Provider und Service Consumer im Markt auf. Basierend auf bestehenden Geschäftsaktivitäten von Spacemobil und Green Mobility Mapping sieht Mobile2Go seine Chancen zur Positionierung eines Marktplatzbetreibers. Siehe hierzu Abb. 5.7. Würden nun weitere Partner dazukommen bzw. sich aus der Interaktion der drei Partner weitere Beteiligte an dem Verbund ergeben, ließe sich die Grafik als Ausgangspunkt verwenden und erweitern.

98

B. Flügge

Abb. 5.7  IoS-Rollenmodell in der Anwendung

5.4

Dienstehandel und Diensteanreicherung

Das Bindeglied der beschriebenen Rollen ist die Dienstleistung. Nach dem Schritt des Service-Designs erfolgt die Darstellung von Produkten und Services in einem digital handelbaren Format (Service Enablement), ebenso die Anreicherung mit weiteren Merkmalen und die Kopplung mit Diensten und/oder Produkten (Service Enrichment). Die Service-­ Ebene ordnet sich gemäß den Anforderungen von Mobilitätsnutzern, vom Physical Mobility Front Office, vom Digital Mobility Front Office und des Mobility Back Offices (Abb. 5.8) ein. In einer zweiten Untersuchung von Dienstleistungen zu Mobilitätserstellung, -erhalt und -bewertung wurden die Ergebnisse stadtneutral ausgewertet. Die in Tab. 5.1 dargestellten Beispielservices sind den Experten aus dem Verkehrs- und Betriebsmanagement mehr als vertraut. Services werden grundsätzlich nach notwendigen und hinreichenden Kriterien unterschieden. Es bedarf eines annähernd vielschichtigen Diagnosezyklus, um dies zu erfassen. Hilfestellung leisten Big Data und weitere intelligente Bausteine wie der Service-­Dialog-­ Prozess. Die Konsumenten von Mobilität urteilen nach einigen wenigen Gesichtspunkten, den Nutzungs-, Komfort- und Einsparpotenzialen der angebotenen Dienstleistung. Diese sind in folgender Darstellung zusammengefasst. Unabhängig von der Ausprägung und geografischen Zuordnung des Ökosystems finden diese Gesichtspunkte Anwendung (Abb. 5.9). Die erfassten zweihundertfünfzig Dienstleistungen wurden in Analogie zum Service Rollenmodell sortiert. Die Auflistung erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit, zeigt aber die Vielfalt der Tätigkeiten. Bewertet man die Tätigkeiten nach dem Verknüpfungscha-

5  Das Smart Mobility-Ökosystem

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Abb. 5.8  Serviceorientierte Wertschöpfung im Mobilitätsbereitstellungsprozess

Tab. 5.1 Dienstleistungsportfolio (Auszug) zur Sicherung der Mobilitätsbedarfe in einem Ökosystem Services (Originalbeschreibung) Accident Prevention Analytics and Measures Accommodate traffic means to usage pattern Accommodate traffic means to demands Adapt bus and station schedules to peak hours Adapt bus schedules to climatic conditions Adaptation of parking spots to user needs, intelligent parking spots, parking spot overview service for users for the whole city Analysis of insurance driven measures for accident prevention and mobility safety Analysis of intermodal infrastructure with respect to walkability needs Analysis of traffic network with respect to ticketing and pricing schema for cargo and individual passengers

Services (Übersetzung) Unfallprävention und Maßnahmen zur Vermeidung Ausrichtung von Fahrradwegen gemäß Nutzungsverhalten Ausrichtung von Fahrradwegen nach Nachfrage Anpassung von Buseinsätzen und Busfahrplänen nachfragegesteuert bzw. gemäß Stoßzeiten Anpassung der Busfahrplänen an klimatische Gegebenheiten Anpassung der Parkslots an Nutzerbedarfe durch intelligente Parkraumauswertung

Unfallprävention und mobilitätsbezogene Versicherungsleistungen Untersuchung des Verkehrswegenetzes in Bezug auf durchschnittliche Wegelänge und sogenannte Walkability (max. 500 m) Auswertung des Verkehrswegenetzes in Bezug auf Preisgestaltung des öffentlichen Personen- und Güterverkehrsangebots im Sinne einer Kosten-/ Nutzungsrechnung für Fahrgäste (Fortsetzung)

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Tab. 5.1 (Fortsetzung) Services (Originalbeschreibung) Analysis of transit related transportation offerings and demand driven extension Assess fuel efficiency for bus related procurement decisions and more intelligent and efficient routes Assess pollution level in specific districts and ban some vehicle types for limited amounts of time in order to improve air quality Bike lanes outside the city in recreational areas City planning concerning bus lanes City planning concerning pricing for public transport with regards to customer satisfaction, investment decisions, demand/ supply analysis City planning concerning space management to adapt infrastructure to demands City planning concerning space management to adapt infrastructure to special interest demands City planning concerning traffic lights steering City planning for goods and service delivery City planning to accommodate business’ demands City planning to accommodate daily living demands

Services (Übersetzung) Untersuchung des Nutzungszeitraumes von Verkehrsmitteln für Transitreisende und Anpassung des Fahrplanes bzw. nachfragegesteuerter Einsatz des Verkehrsmittels Untersuchung des Benzin- bzw. Rohstoffverbrauches von Bussen für intelligenten Einsatz Untersuchung des Emissions-Ausstoßes nach Stadtgebieten, Region und in Abhängigkeit des Verkehrsmitteleinsatzes

Bedarfsabhängige Planung von Fahrradwegen in Naherholungsgebieten Nachfragebasierte Untersuchung des Buswegenetzes Preisgestaltung in Abhängigkeit der Preisentwicklung von nicht-öffentlichen Angeboten bzw. zur Bündelung von Angeboten als intermodales Angebot

Raumbezogene Analyse für den Verkehrswegemix Fahrrad, Bus, Fahrzeug Raumbezogene Analyse zum Beispiel von Haltebuchten und Ausleihstationen für Fahrräder Analyse und Anpassung des Fahrzeugaufkommens und Haltezeit durch intelligente Ampelschaltungen Stadtplanung in Abhängigkeit des Verkehrswegenetzes

Stadtplanung in Abhängigkeit des Anteils an Ab- und Anlieferzonen, Haltezonen und Parkbuchten Stadtplanung in Abhängigkeit des Einkaufsverhaltens von Bürgern und Besuchern und des damit verbundenen privatwirtschaftlichen Investitionsverhaltens von Unternehmen für Gewerbe- und Wohnimmobilien City planning to accommodate Stadtplanung in Abhängigkeit des Anteils an sidewalks to citizens’ demands Fußgängerwegen speziell für Behinderte, Kinder, Senioren und Anlieferpersonal City planning to assess extension Ausbau des Verkehrswegenetzes in Anlehnung an die of street systems durchschnittliche Wegedauer City planning to expand intelligent Ausbau des intermodalen Verkehrsangebotes durch intelligente Verschaltung von Verkehrsmittelfahrplänen bzw. routes including intermodal nachfragegesteuerte An- und Abfahrt transportation solutions with special interest on reducing stress level of pedestrians Conduct of insurance offerings for Untersuchung von rückversicherungsbezogenen dangerous routes and crossings Dienstleistungen für Infrastrukturanbieter (Fortsetzung)

5  Das Smart Mobility-Ökosystem

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Tab. 5.1 (Fortsetzung) Services (Originalbeschreibung) Conduct of premium and risk analysis Cost/Benefit analysis for service provider

Services (Übersetzung) Versicherungsbezogene Dienstleistungen wie Premiumberechnungen und Risikobewertung Kosten-Nutzen-Bewertung für Infrastrukturanbieter in Bezug auf genutzte und durchschnittliche verkehrsmittelbezogene Wegelänge [in km] Cost/Benefit analysis for service Kosten-Nutzen-Bewertung für Mobilitätsanbieter in Bezug provider auf genutzte und durchschnittliche verkehrsmittelbezogene Wegelänge [in Km] und Verkehrsnutzung [in Stunden] Customer interaction with respect Fahrgastinteraktion bei Preiserhöhungen bzw. Änderungen to fare management des Nutzungszeitraumes – im Falle eines nutzerabhängigen und nicht pauschal bezogenen Abonnements Customer interaction with respect Fahrgastinteraktion in Bezug auf Wartung, Ausbau und Neuausrichtung des Verkehrswegenetzes to maintenance, expansion and renewal of transportation infrastructure Customer interaction with respect Erhöhung der Fahrgastzufriedenheit für Fahrgäste mit besonderen Anforderungen und Behinderten: to serving special needs and Mobilitätsangebote, Carsharing mit speziell ausgestatteten interests such as handicapped Fahrzeugen und Hilfsmitteln (Rollstuhl, Rollator, Gehhilfen) passengers Customer satisfaction analysis Analyse der Nutzerzufriedenheit in Bezug auf concerning complaints Verkehrsmittelangebot: Beschwerdemanagement Customer satisfaction concerning Analyse der Nutzerzufriedenheit in Bezug auf Abfrage und on demand and predictive Buchung von Mobilitätsangeboten:Tourismus und Reise-­ booking capabilities Appsstädtische, regionale und überregionale Buchungsmedien Customer satisfaction concerning Analyse der Nutzerzufriedenheit in Bezug auf die Nachhaltigkeitssituation:Überschreitung der sustainability measures and FeinstaubmessgrenzeZunahme der VerkehrsdichteGrade der recommended use of interaktiven und vorausschauenden Informierung transportation mean(s) Customer satisfaction concerning Analyse der Nutzerzufriedenheit in Bezug auf traffic provisioning Verkehrsmittelpräsentation:Design der Umschlagplätze und HaltestellenDesign der Verkehrsmittel, wie zum Beispiel Züge, U-Bahnen und BusseVerfügbarkeit und Design von Fahrradstationen bzw. Ausleih- und Nachladestationen Erhöhung der Fahrgastzufriedenheit: klimabezogene Analyse Customer satisfaction with für Verkehrsmittelangebote bei hohen Temperaturen, respect to increasing service quality – measured in accordance Regenwahrscheinlichkeit with sustainability objectives Customer satisfaction with Analyse der Nutzerzufriedenheit in Bezug auf respect to pricing and ticketing Preisgestaltung und Ticketing procedures Entscheidungsvorbereitung für Infrastruktur-Provider durch Decision support for Visualisierungs- und Simulationstechniken infrastructure measures through visualization and simulation techniques (Fortsetzung)

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Tab. 5.1 (Fortsetzung) Services (Originalbeschreibung) Demand analysis for intelligent intermodal transport systems with one central app and payment method Demand Analysis with respect to investment decisions for production, education, retail and hospitality service providers End user applications which integrate all information about all available modes of transport including public bike sharing stations, car sharing etc. Flexible public transportation stops and re-assessment of infrastructure every year Improve navigation for cyclists

Services (Übersetzung) Abwicklung von Nachfragebedarf durch zentrale Buchungsapp für intermodales Ticketing und Bezahlen

Untersuchung des Verkehrswegebedarfs in Abhängigkeit von Investorenentscheidungen insbesondere aus Handel, Service und Fertigung Einrichtung einer intermodalen App für lokationsweite Informationen zu Buchung, intermodalen Angeboten, Bezahlen und Interessensschwerpunkten

Einrichtung von flexiblen, nachfragegesteuerten Haltestellen wie Bus und Tram und jährliche Überprüfung

Intermodale Navigationskarten für Fahrradfahrer, Scooter und E-Bikes Improve security for cyclists Einführung von Sensorik-Systemen für Fahrradwege und Kreuzungen für Fahrradfahrer, Scooter und E-Bikes Untersuchung der Verfügbarkeit von Ladestationen für Inform Customers about the amount of gender separated seats E-Bikes in Verkehrsmitteln, wie zum Beispiel Züge und in the respective vehicle they plan Fernbusse to take Intelligente, ökosystemübergreifende Preisgestaltung, zum Intelligent fare management in Beispiel durch monatliche, jährliche oder anderweitige conjunction with persona driven Persona-bezogene Präferenzen analysis of pricing and usage behavior in the targeted ecosystem Maintenance related demand/cost/ Einschätzung der Infrastrukturqualität auf Basis von benefit analysis for provider Nachfrage/Kosten/Nutzenanalysen Einfaches Bezahl- und Buchungssystem über eine digitale One payment card for all modes und/oder physische Karte, anwendbar für Personen- wie of transport (cars, busses, bikes Güterverkehr; Letzteres mit Bezug auf City Logistik Bedarfe and other modes of transportation) for individuals and cargo Parking Spot Planning and Parkplatz Spotting, d. h. Planung und Zuordnung von Allocation according to demands Parkplätzen sowie on demand Verfügbarkeit in a district Road Taxing for highly Regelung von Straßennutzung durch Road Taxing, wie zum frequented and emission critical Beispiel in Singapur roads Sustainability analysis Durchführung von Nachhaltigkeitsanalysen Sustainability management and Umsetzung von Nachhaltigkeitszielen in Zusammenarbeit deployment in collaboration with mit Infrastrukturanbietern, wie zum Beispiel in der Stadt asset and infrastructure provider Frankfurt (Fortsetzung)

5  Das Smart Mobility-Ökosystem

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Tab. 5.1 (Fortsetzung) Services (Originalbeschreibung) Sustainability measures Traffic analysis per 1000 inhabitants Traffic flow analysis with respect to as-is and adaptability to demand driven requirements Traffic management for residential areas

Services (Übersetzung) Umsetzung von Nachhaltigkeitszielen durch intermodale Verkehrsangebote einschließlich der Nutzung von Carsharing Analyse des Verkehrsaufkommens basierend auf Anzahl der Fahrzeuge pro 1000 Einwohner Verkehrsflussanalysen für Ist-Zustand und nachfragesteuerte Anpassung zum Beispiel Schließung einer Brücke für den Schiffsverkehr in Abhängigkeit vom prognostizierten Lkw-Aufkommen auf der Straße Regelung des Verkehrsaufkommens in Wohngebieten

Abb. 5.9  Nutzen- und Einsparungspotenziale durch intelligente Mobilität

rakter der jeweils beteiligten bzw. involvierten Rollen – gemäß Service Provider, Aggregator etc. –, ergibt sich ein Verknüpfungsschema, welches sich für jedes Ökosystem anwenden lässt. Die Abb. 5.10 zeigt das Verknüpfungsschema beispielhaft in seiner Anwendung. Die Fähigkeit, sich im Markt den Herausforderungen ganzer Ökosysteme zu stellen, bieten diese Verknüpfungen, sofern sie als Vorteil anerkannt und in betriebswirtschaftliche Modelle übertragen werden. Die Abb. 5.11 veranschaulicht den Transformationsprozess der alten Welt der Mobilität in die Mobilität der digitalen Ökonomie.

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Abb. 5.10  Typisierung von Verknüpfungen gemäß IoS-Rollenmodell

Abb. 5.11  Transformation von Mobilität zu Smart Mobility

B. Flügge

Abb. 5.12  Smart Mobility-Ökosystem

5  Das Smart Mobility-Ökosystem 105

106

5.5

B. Flügge

Smart Mobility-Ökosystem

Wie sieht nun der Komplex von Rollen, Services und Interaktionen gesamtheitlich aus? Hierzu überführen wir die einzelnen Bestandteile, die wir in den vorangegangenen Passagen vorgestellt haben, in eine Gesamtsicht.

Literatur 1. Brinkley C in Econsultancy (2012) Deloitte Australia: digital disruption – short fuse, big bang? https://econsultancy.com/blog/10931-deloitte-australia-digital-disruption-short-fuse-big-bang/. Zugegriffen am 19.11.2019 2. Amadeus (2019) http://www.amadeus.com/web/amadeus/de_DE-DE/Amadeus-Startseite/1259075414283-Page-AMAD_HomePpal. Zugegriffen am 13.11.2019 3. Travelport (2019) http://www.travelport.com/. Zugegriffen am 13.04.2019

6

Einmal Zukunft und Zurück Barbara Flügge

„You can take a watch apart and analyze its parts, but they won’t tell you the time of day“ (Ken Wilber)

Zusammenfassung

Einmal Zukunft und Zurück wirft einen Blick in das Jahr 2050. Wir betrachten die vielfach skizzierte Verlagerung unseres Wohn- und Arbeitsraumes in das städtische Umfeld. In unserer Projektion konzentrieren wir uns auf das Feld der Unsicherheit und überlegen uns einen Ausweg. Wird es die Automobilbranche noch geben? Wie gehen Städte vor, was haben sie in der Vergangenheit an Veränderungen ausgelöst? Wir setzen unsere Trendbrille auf und werfen einen Blick zurück.

6.1

Gute Aussichten? Das Jahr 2050

Wo stehen wir im Jahr 2050? Gemäß der Prognose der Vereinten Nationen [1] werden 70 % der Weltbevölkerung in Städten leben, 30 % im ländlichen oder weit abgelegenen Raum. Transportaufkommen steigen um 80 % und es wird ein Anstieg des Personenverkehrs um 51 % erwartet. Letztere Kennzahlen basieren auf einer Hochrechnung aus dem Jahr 2005 und einer Bestätigung in 2019 - pre-pandemisch versteht sich.

B. Flügge (*) DVC Channel, digital value creators (DVC), Bottighofen, Schweiz E-Mail: [email protected] © Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2020 B. Flügge (Hrsg.), Smart Mobility, https://doi.org/10.1007/978-3-658-26980-7_6

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Mobilität ist bereits heute der Motor für Wirtschaft und Wachstum. Nicht alles lässt sich digital bereitstellen, sei es als Dienstleistung oder als 3D gedrucktes Ersatzteil. Aufgrund wachsender Anforderungen in Beruf und Ausbildung sowie Erwartungshaltungen an Familie und Freizeit wird Mobilität zum Luxusgut. Ist wie Tim Jones in Abschn. 2.1 beschrieb, ein knappes Gut, dass sich nur noch wenige leisten können. Wo entstehen auf dem Weg ins Jahr 2050 Unsicherheiten? Wo gibt es Chancen? Suchen wir die Einzigartigkeit wie in Abschn. 5.1 herausgearbeitet? Abb. 6.1 skizziert uns einen Zeitraum der Unsicherheit. Wir haben hierzu den oft erwähnten Zustand des Bevölkerungswachstums im Jahr 2050 hergenommen und sie ergänzt um die Entwicklung des Personen- und Gütertransportvolumens ebenfalls bis zum Jahr 2050.

Abb. 6.1  Unser Lebensraum in 2050 – Projektion ins Ungewisse

6  Einmal Zukunft und Zurück

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Was lehrt uns die Projektion? Ohne geeignete Maßnahmen verstärken sich nicht einkalkulierte bzw. nicht kalkulierbare Aufwände für Anlagen- und Infrastrukturwartung und -erneuerung. Die öffentliche Hand und Politiker werden sich fragen müssen, wie sich Aufwände zur Nachfragesteuerung mit der Vorort-Situation vereinbaren lassen. Speditionsunternehmen und der Einzelhandel werden überlegen, ob sich die Nachfragesteuerung im ländlichen Raum überhaupt kalkulieren und finanzieren lässt. Des Weiteren entstehen Zusatzaufwände durch oftmals reaktive, verspätete Gegenmaßnahmen. Die Ursachen sind vielfältig: so entstehen Zusatzaufwände und Verkehrsengpässe durch positive Ereignisse wie Konzert- und Sportveranstaltungen oder durch die Evakuierung eines Flughafens oder einer Metroplattform auf Grund eines technischen Defekts. Wo begegnet uns Kompetenz und Verantwortungsgefühl? Andernorts begegnet uns bereits heute die eine oder andere Diskussion um Kompetenzund Verantwortungshoheit und die damit oft wenig nachvollziehbare Kompetenzverlagerung. Strukturelle Kompetenzverlagerungen finden statt, wenn es um die bewusste Entscheidung geht, Verantwortungsbereiche und Funktionen zu verlagern. Beispiele von Verlagerung sind strukturelle Übergänge von der Logistikeinheit zur Infrastrukturabteilung, von der Konstruktion zum Gebäudemanagement. Diese Übergänge folgen längst nicht mehr dem klassischen Zugehörigkeitsmuster einer Industrie. Unternehmen für Groß- und Einzelhandel, Postzustellung, Produktion und Lagerhaltung erweitern und verlagern bewusst ihren Spielraum. Sie nutzen Kooperationen, um einen Ausweg aus teils unterschätzten und vernachlässigten Entwicklungen sowie kostenintensiven Innovationsvorhaben zu finden: • FREE, die Bündelung von Mobilitätsdiensten von Daimler und BMW [2] • Joint Venture von Daimler und Geely zu Weiterentwicklung des Smart [3] • Der Wasserstoff-Rat: Branchengrößen formieren sich Technologie- und Lösungsbezogen [4] • Wasserstoff als Energieträger Nummer 1 bei den Vorbereitungen zur Olympiade in Tokio [5, 6] • Deutsche Post, Streetscooter und die Multiplikatoren: Initiativen und Einsätze wie der Deutschen Post finden weiter Einklang. Sollte man den neuesten Berichten glauben, ist die Frage, inwieweit circa 3.5 Jahre nach der Erfolgsmeldung, wie sich Innovationsdenke mit Konzernstrategie vereinbaren lässt, sich die Interessenslagen neu formieren und die Deutsche Post, den Familienzuwachs wieder abstoßen möchte bzw. Streetscootergründer einen Rückkauf erwägen – ob oder gerade wegen des Erfolges [7, 8] lässt sich erahnen. Auf der Anlagenseite zeichnet sich weiterhin eine Verteuerung von Wohn- und Geschäftsraum ab. Können Mieten nicht mehr bezahlt werden, steigen die Vorstellungen von dezentralisiert realisierten Geschäftstätigkeiten und der langfristig angelegte Wegfall von Gewerbeimmobilien für den Einzelhandel: Händler allen voran Amazon verzeichnen den prognostiziertem Zuwachs an Internethandel und Direktbelieferungen just in unser Wohnzimmer auf unsere Couch bereits heute. Das Vorhaben The Circle am Züricher Flughafen kennt die Herausforderung von verbautem und Wartungsintensivem Geschäftsräumen bis dato nicht. Dort, wo geflogen, an-

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gekommen, sich Zeit genommen wird und das Warten mit Arbeit, Einkauf und Erlebniskonsum verkürzt werden soll, entsteht ein neues Dienstleistungszentrum [9]. Fließende Übergänge vom Produkt zur Dienstleistung, von Industrie A zu Industrie B gehen einher mit den Überlegungen zu ganzheitlichen Konzepten, um möglichst eine Vielzahl von Personas zu adressieren. Dies ist die unternehmerische Sicht. Am Beispiel Circle wird sich zeigen, ob das Konzept Persona-gerecht tatsächlich auf den Weg gebracht wurde [10] und wie viel Substanz ein Hub hat, der auf physischer Mobilität aufbaut. Aus Unsicherheit entsteht Energie Unsicherheit verschafft der Bürgerschaft dann ein Gehör, wenn öffentliches Interesse durch Protestbewegungen, Medienberichte und Hintergrundrecherchen entsteht. Ein weiterhin aktuelles Beispiel ist weiterhin das Vorhaben Stuttgart21. Ein aktuelles Beispiel für den Aufstand der Masse ist die „Fridays for Future“ Bewegung. Während sich diejenigen, die etwas bewegen könnten, teilweise heftigst empören, in Schubladendenken verharren und Ablenkung von der eigenen Aktionslosigkeit schaffen wollen, mahnen Betroffene und Beteiligte einen Ausweg an. Betroffenheit macht sich bereit und betroffen sind bereits heute schon alle Generationen und Geografien. Und beteiligt sind wir, wenn wir ehrlich sind auch: denn die angemahnten nachhaltigkeitsarmen Zukunftsszenarien sind ein Ergebnis unseres Handelns. Erkennen wir die Funktionsbereiche eines Ökosystems wie Energie- und Produktionsabläufe und die Konstruktion des vernetzten Daseins auch für eine Stadt, eine Region oder eine Veranstaltung an, wird Mitbestimmung und Zusammenarbeit ein wesentlicher Garant des Fortbestehens (für eine Stadt oder Region) oder einer Neuauflage (für eine Veranstaltung). Noch weiter gehen wir mit der These, dass jeder Bürger sich in Zukunft als Service Provider etablieren kann, wenn er möchte. Die Shared Economy kennt keine Grenzen im digitalen Lebensraum. Öffentlichen Verwaltungen und deren angegliederten Bereichen bietet sich auf der anderen Seite unter der Maßgabe der Einhaltung des öffentlich-rechtlich Zulässigen ein großer Spielraum. Mit Kreativität, Vorausschau und Innovationskraft sind diese machbar. Positiv vorausschauend Welche weiteren Chancen können sich aus einer ganzheitlichen Betrachtung ergeben? Betrachten wir ein Ökosystem Stadt und wählen dazu eine Mittelstadt auf dem Balkan. Abb. 6.2 führt uns positive Effekte auf die gewählte Urbanisation vor Augen: • Einsparungen durch intelligente Raumauslastung, vorausschauende Logistik und Kollaboration, • Cargo Sharing im Sinne von Frachtauslastung zur Sicherung sozialer und ökonomischer Rahmenbedingungen im ländlichen Raum, • einem innovativen und modernen Rollenmodell für intermodales Mobilitätsmanagement, • einer gemeinschaftlichen Nutzung von Anlagen und Infrastruktur im Sinne von Shared Asset und Shared Infrastructure Centern.

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Abb. 6.2  Es geht auch anders – positive Projektion für 2050

Wir fragen, ob diese Effekte tatsächlich realisierbar sind. Oder sind sie gar Maßstab für öffentliche und privatwirtschaftliche Entscheidungsgremien? Sind intelligente und innovative Mobilitätskonzepte die entscheidende Grundlage für den langfristigen und skalierbaren Erfolg? Die Automobilbranche oder Wo stehen die Automobilhersteller, wo die Zulieferindustrie im Jahr 2050? Die Automobilbranche wird es im Jahr 2050 nicht mehr geben. Nicht nur aus Transformationsgründen, sondern aus Innovationsgründen. Nur wer sich in Frage stellt, wird zukünftig Bestand haben. Dabei spielen Branchenausrichtungen keine Rolle mehr, aber die firmenspezifische Ausrichtung. Und die darauf aufbauende Strategie! In 2019 hatte Porsche den Tycan eine Woche vor dem Startschuss der Internationalen Automobilmesse IAA vorgestellt – ein groß angelegtes medienwirksames Event auf drei Kontinenten läutete die elektrische Porsche Ära ein.

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Mit einem 2500 € teuren Registrierungsticket und dem Ausblick auf 450 km Distanzleistung mit einer Batterieladung und gemäßigtem Fahrverhalten ist es Interessenten möglich, sich auf die Käuferwunschliste setzen zu lassen - so der Plan. Mehrere Tausend Registrierungen hat es 2019 gegeben. Ist der Fahrzeugkauf getätigt, stellt sich die Frage: Wie wird nun der Spagat von bewusst erlebbarem und erwarteten Geschwindigkeitsrausch und nachhaltigem Fahrverhalten bewältigt? Werden Porsche-Nutzer sich darauf einstellen oder als Drittauto das Fahrzeug für eigene mediale Auftritte verwenden? Es ist möglich, sich ein Fahrzeug mit deutschem Innovationsgehalt leisten zu können und für besondere Zwecke einzusetzen – ohne Verlust des Images und ohne Abnutzung einer sorgsam getätigten Investition. Vielleicht ist es aber kein Spagat, sondern schlichtweg eine bedarfsgerechte Angebotsvariante zugeschnitten auf die Porsche-Persona. Braucht es eine Luxusvariante neben Tesla, um den Turnaround für einen Weltkonzern wie Volkswagen zu starten? Wir fragen uns, wie sich der Durchstich auf andere Sparten und Modelle für Volkswagen gestaltet. Wird mit „ee-Mobilität“ (exklusiv-elektrische Mobilität) alles gut und die D-Mobilität (Diesel-basierte Mobilität) tatsächlich wettbewerbstauglich abgelöst? Der Wurf zum Mobility Service Broker ist laut Porsche-Beiträgen und Präsentationen nicht mehr weit. Der Fahrer erfährt eine Rund-um-die-Uhr lokalisierte personalisierte und individuelle Ansprache. Mit Porsche-ID für Tycan Fahrer werden e-Mobility und Add-on-­ Services abrufbar und einkaufbar sein. Wartung und Lotsen zum geeigneten Ladepunkt ebenso verfügbar gemacht. Inwieweit die Betreuung ebenso sich globalisieren lässt oder Service Provider sucht, die auf den Zug aufspringen, wird sich noch zeigen müssen. Zu einseitig ist weiterhin selbst in der Start-up-Szene die Ausrichtung: Carsharing Lösungen nehmen weiter überhand, wohlwissend, dass dies wenig Effekt auf die Nachhaltigkeitsbilanz eines Standortes bzw. Einsatzortes hat. Alexa-Klonen übernehmen nun den Fahrzeuginnenraum, wohlwissend, dass intelligente Infotainment-Systeme hier personalisierter, dedizierter und kreativer unsere Wünsche uns von den Ohren „ablesen“. Wir hatten dazu in [11] ausführlich berichtet. In Bezug auf die Zulieferindustrie werden wir an gesonderter Stelle eingehen in einer eigenen Publikation. Zu elementar ist der Effekt von eMobilität und Wasserstoff betriebenen Fahrzeugen auf eine jahrzehntelange auf den Verbrennungsmotor ausgerichtete Industrie mit Verflechtungen, Abhängigkeiten und Zukunftsängsten. Dazu gehört unter anderem unser Beitrag am Daimler Sustainability Forum 2019 und 2020 im Bereich von Autonomen Fahren und Lösungsansätze für die Mobilität der Zukunft. Innovation-Messaging oder Wie erreichen zukünftig Innovationen den Nutzer Die medialen Aufbereitungen und Zeitschaltungen von Tesla und Tycan zeigten uns, wieviel die Firmen einem branchenspezifischen Veranstaltungsrahmen wie dem der IAA in den vergangenen Jahren zutraute. Vormals wurden Innovationen mit Stichtag Messeeröffnung erarbeitet und angekündigt: angekündigt, um dort gezeigt zu werden. Und nicht, um das Innovationsmomentum vorweg zu nehmen und vor allem in seiner Gänze dem möglichen Interessenten durch Details, Roadshows und Einladungen zugänglich zu machen.

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Die mediale Aufbereitung zum Beispiel des Tycan ist schon im Jahr 2019 ein Zugeständnis an eine zukünftig nicht mehr existierende IAA in dem bisherigen Format. Mehr denn je informieren sich Investoren digital und direkt und suchen den Kick über eine personalisierte Ansprache. Investoren? Im Jahr 2050 werden Autokäufer Investoren sein, denn in einer Sharing-Economy und autonomem bzw. öffentlichen Mitfahren finden seltener große Investitionen statt. Werden selbst Wohnungen und Häuser geshared bzw. im Abonnement angeboten, folgt die Kaufentscheidung dem Preisschild und endet mit einer Investition im Luxus-Segment. Aus Secret Escapes werden Mobile Escapes, die dann wiederum Lade- bzw. Wartungsbedingt teure Versorgungslücken über kurzfristige Hotspot Angebote schließen lassen.

6.2

Positionsbestimmungen – Und 20 Städte im Blick

6.2.1 50 Personas und der Nutzen einer Smart Mobility Barbara Flügge Um eine Antwort auf die vielfach adressierte Frage nach Skalierbarkeit zu finden, haben wir in der Mobilitätsstudie zum Mobilitätsangebot in zwanzig Städten untersucht. In der ersten Ausgabe hatten wir eine kurze Einführung und das Analysevorgehen dargestellt. Die erste Analyse widmete sich dem Rollenmodell, welches Bestandteil unseres Smart Mobility-Ökosystem ist. Die Resonanz auf die ersten Studienergebnisse war unglaublich. Wir hatten auch geplant, diese direkt im Anschluss zu veröffentlichen. Aufgrund eines organisatorischen Wechsels war dies dann leider nicht möglich. Nun holen wir dies nach und danken allen für ihre Geduld! Eine Vielzahl der Informationen sind in englischer Sprache verfasst. Die Ergebnisse werden daher nachfolgend in Englisch dargestellt. Sollten Sie deutschsprachige Informationen und eine Vergleichbarkeit von Konzepten und maßgeschneiderte Umsetzungen für Ihre Urbanisation – ob Stadt, Gemeinde, Kanton oder Landkreis – benötigen, kontaktieren Sie uns – wir stehen gerne für weitergehende Beratungen zur Verfügung. Folgendermaßen sind wir vorgegangen. Sofern relevant, wurden ergänzende Interviews und Befragungen durchgeführt. Die Untersuchung fokussierte sich auf den Personenverkehr. Die Untersuchung orientierte sich an folgenden Fragestellungen: • Wie sieht die derzeitige Situation des Personenverkehrs aus? • Welche Angebote in Bezug auf öffentlichen Personennahverkehr, d. h. Bus und Bahn, gibt es? • Wie sieht das Straßenverkehrswegenetz aus? • Welche sind die Hauptgründe für Verkehrsdichte und Stau? • Wie beeinflusst die Verkehrssituation, insbesondere der Stau, die Bevölkerung? • Welche Nutzergruppen werden vor allem und wenn ja, wie beeinflusst? Zu Vergleichszwecken wurde ein morphologischer Kasten [12] entwickelt. Die jeweilig verwendeten Attribute und Einheiten sind in Tab. 6.1 dargestellt.

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Tab. 6.1  Morphologischer Kasten für die Ableitung von Mobilitätsangeboten für Städte. (Quelle: eigene Darstellung) Bevölkerunga Gebiet Bevölkerungsdichte [in QM] Schienennetz [in KM] Anzahl Bahnhöfe Flottengröße öffentlicher Bus Tägliche Fahrtenb mit dem Zug Tägliche Fahrtenb mit dem öffentlichen Bus Straßennetz [in KM] Verkehrsdichte Straße Anzahl Kraftfahrzeugec Anteil Privat-Pkwd

0– 5000 0– 4000 0– 4000 0–100 0–100 0– 5000 0– 2000 0– 3000 0– 6000 0–4 0– 1000 0–600

5000– 10000 4000– 8000 4000– 8000 100–200 100–200 5000– 10000 2000– 4000 3000– 6000 6000– 12000 4–8 1000– 2000 600–1200

10000– 15000 8000– 12000 8000– 12000 200–300 200–300 10000– 15000 4000–6000

15000– 20000 12000– 16000 12000– 16000 300–400 300–400 15000– 20000 6000–8000

20000– 25000 16000– 20000 16000– 20000 400–500 400–500 20000– 25000 8000– 10000 6000–9000 9000– 12000– 12000 15000 12000– 18000– 24000– 18000 24000 30000 8–12 12–16 16–20 2000–3000 3000–4000 4000–5000 1200–1800 1800–2400 2400–3000

Bevölkerung in ’000, b Tägliche Fahrten in ’000, c Anzahl Kraftfahrzeuge und d Privat-Pkw in ’000

a

Die untersuchten Städte sind Bangalore, Barcelona, Beijing, Berlin, Guangzhaou, Hong Kong, London, Madrid, Melbourne, New York, Seoul, Shanghai, Singapur, Stockholm, Sydney, Taipei, Tokyo, Warschau, Washington DC und Wien. In den nachfolgenden zwei Tabellen Tab. 6.2 und 6.3 haben wir das erste Analyseergebnis gegenübergestellt. Die Darstellung erfolgt in zwei Tabellen zwecks Übersichtlichkeit. Dazu sind jeweils in der linken äußeren Spalte diejenigen Personas gelistet, die in Verbindung mit Smart Mobility genannt wurden. In Tab. 6.2 kennzeichnen die nachfolgenden Spalten von ‚1‘ bis einschließlich ‚10‘die untersuchten Städte 1 bis 10. In Tab. 6.3 kennzeichnen die nachfolgenden Spalten von ‚1‘ bis einschließlich ‚10‘ die untersuchten Städte 11 bis 20. Die Kennzeichnung ‚x‘ pro Stadt zeigt an, dass Nutzenvorteile durch Smart Mobility für die jeweils untersuchten Personas identifiziert wurden. Die Identifizierung fand mittels einer Analyse des jeweils in einer Stadt vorherrschenden Mobilitätsangebotes und der adressierten Personas statt. Die nachfolgenden Ausführungen in Abschn. 6.2.2 und 6.2.3 sind ein wesentlicher Beitrag, um die Vorbereitungen von 20 Städten im Bereich Mobilität aufzuzeigen. Wir zeigen, wie sie sich mit prototypischen Umsetzungen, Pilotvorhaben und Transformationen auf die Zielgröße 2050 vorbereiten. Das umfangreiche Material zeigt den Themenkomplex auf und verweist auf die Dringlichkeit einer ganzheitlichen, Ökosystem-weiten ­Betrachtung.

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Tab. 6.2  In Zusammenhang mit Mobilität genannte Personas in den Städten 1 bis 10 Identifizierte Personas Academic researcher Automotive company Building inspection officer Bus driver Bus operator Business traveler Citizen City planner Civil servant Corporate company Data scientist Disabled people Driving school Educational service provider Event manager Firefighter Freight authority Freight manager Government (local, national) Healthcare provider Local authority Logistics service provider Major Parking authority Pedestrian Policeman Private driver Professional employee Public transportation authority Road infrastructure authority Scholar School authority Social welfare office Student Taxi driver Toll authority Toll collection units (private, government) Tourist Tourist office (private)

Identifizierte Personas Akademischer Forscher Automobilhersteller Gebäudeinspektoren Buschauffeure Busbetreiber Geschäftsreisender Einwohner Städteplaner Beamte Privatunternehmen Data Scientist Behinderte Fahrschule Bildungsinstitut Eventmanager Feuerwehr Frachtbehörde Frachtmanager Verwaltungsbehörde (lokal, national) Gesundheitsdienstleister Lokale Behörde Logistikdienstleister Bürgermeister Parkplatzaufsicht Fußgänger Polizeimann Einzelverkehrs-teilnehmer (Pkw) Angestellter Verkehrsbehörde Straßenaufsichts-behörde Studierender Lehrpersonal Schulbehörde Sozialämter Student Taxifahrer Mautbehörde Mauterhebungsstelle (privat und öffentlich) Tourist Tourismusbüro

1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 x x x x x x x x x x x x x x x x x x x x x x x x x x x x x x x x x x x x x x x x x x x x x x x x x x x

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x x x (Fortsetzung)

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116 Tab. 6.2 (Fortsetzung) Identifizierte Personas Tourist office (public) Traffic authority Traffic police Traffic scientist Traffic signal controlling unit Transportation manager (private) Transport authority Travel agency University staff Waste disposal Water authority

Identifizierte Personas Tourismusbüroagentur Verkehrsbehörde Verkehrspolizei Verkehrsforscher Abteilung zur Überwachung der Ampelanlagen Transportmanager

1 2 3 4 5 6 7 8 9 10

Transportbehörde Reiseagentur Universitätsmitarbeiter Müllabfuhr Wasseramt

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Tab. 6.3  In Zusammenhang mit Mobilität genannte Personas in den Städten 11 bis 20 Identifizierte Personas Academic researcher Automotive company Building inspection officer Bus driver Bus operator Business traveler Citizen City planner Civil servant Corporate company Data scientist Disabled people Driving school Educational service provider Event manager Firefighter Freight authority Freight manager Government (local, national) Healthcare provider Local authority

Akademischer Forscher Automobilhersteller Gebäudeinspektoren Buschauffeure Busbetreiber Geschäftsreisender Einwohner Städteplaner Beamte Privatunternehmen Data Scientist Behinderte Fahrschule Bildungsinstitut Eventmanager Feuerwehr Frachtbehörde Frachtmanager Verwaltungsbehörde (lokal, national) Gesundheitsdienstleister Lokale Behörde

11 12 13 14 15 16 17 18 19 20 x x x x x x

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(Fortsetzung)

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Tab. 6.3 (Fortsetzung) Identifizierte Personas Logistics service provider Major Parking authority Pedestrian Policeman Private driver

Logistikdienstleister

Bürgermeister Parkplatzaufsicht Fußgänger Polizeimann Einzelverkehrs-teilnehmer (Pkw) Professional employee Angestellter Public transportation Verkehrsbehörde authority Road infrastructure Straßenaufsichts-behörde authority Scholar Studierender Lehrpersonal School authority Schulbehörde Social welfare office Sozialämter Student Student Taxi driver Taxifahrer Toll authority Mautbehörde Toll collection units Mauterhebungsstelle (privat (private, government) und öffentlich) Tourist Tourist Tourist office (private) Tourismusbüro Tourist office (public) Tourismusbüroagentur Traffic authority Verkehrsbehörde Traffic police Verkehrspolizei Traffic scientist Verkehrsforscher Traffic signal Abteilung zur Überwachung controlling unit der Ampelanlagen Transportation Transportmanager manager (private) Transport authority Transportbehörde Travel agency Reiseagentur University staff Universitätsmitarbeiter Waste disposal Müllabfuhr Water authority Wasseramt

11 12 13 14 15 16 17 18 19 20 x x x

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Dringlichkeit und Verschiedenartigkeit gehen Hand in Hand. So werden einige der Aktivitäten, die seit 2014 erfasst worden sind, mittlerweile umgesetzt sein. Andere wiederum sind aus Budgetgründen gestrichen worden oder Uneinigkeit über das weitere Vorgehen. Wir bleiben am Ball!

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6.2.2 I ntelligente Mobilität – Vorbereitungen für 2050 | Getting ready for 2050 Vinod Jadhav Rail length is apparent in cities like Beijing and Shanghai followed by London. Rail length is least in cities like Warsaw and Vienna. Number of railway stations is highest in cities like New York, London and Sydney. Number of railway stations is least in Warsaw and Washington DC. Public bus fleet size is high in cities like Beijing, Shanghai followed by Guangzhou and London. Public bus fleet size is least in Vienna. Daily ridership in public bus is highest in Beijing and Shanghai followed by Guangzhou and London. Daily ridership in public bus is least in Vienna. Rail length in km per million people is highest in Melbourne followed by Madrid. Rail length in km per million people is least in Warsaw. Public bus per million people is highest in Taipei, Beijing and Guangzhou followed by London. Daily ridership in Rail is highest in Tokyo, Seoul and Beijing followed by Shanghai. Daily ridership in Rail is least in Warsaw. Road length is highest in cities like Beijing, Shanghai and London and is least in Warsaw. Road density is highest in Tokyo and Seoul followed by Barcelona and New York. Road density is least in Guangzhou. Motor vehicles are highest in Beijing and Shanghai and is least in Hong Kong. Private cars are highest in Beijing and Sydney and is least in Hong Kong. Private cars per 100 persons are highest in Sydney followed by Melbourne and Warsaw. Private car per 100 persons is least in Shanghai. Tokyo has the busiest metro system in Asia and in the world. New York City has the highest ridership in North America. Shanghai has the world’s longest network which is followed by Beijing. Number of private cars per 100 persons is least for Shanghai and we could see that people in Shanghai depend more on rail and public bus for daily ridership. Thus, we could establish an indirect relationship between number of private cars per 100 persons and daily ridership in rail and public bus. There exists a direct relationship between rail density and daily ridership in rail. Similarly, there exists a direct relationship between rail length and daily ridership in rail. Public bus fleet size and daily ridership in bus also share a direct relationship. For smaller cities (low population) average rail daily ridership is found to have inverse relationship with average public daily ridership. Average Rail length per million persons is 44 for the cities under study. Cities like London, Madrid, Melbourne, New York, Stockholm, Sydney and Washington D.C. has rail length per million persons greater than 44.535 and is considered to have extensive railway network with respect to population thus meeting the demands of the population.

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Average public buses per million persons is 672 for the cities under study. Cities like Beijing, Guangzhou, Hong Kong, London, Seoul, Shanghai, Singapore, Stockholm, Taipei, Warsaw has public buses per million persons greater than 672 and is considered to have extensive network of public buses with respect to population thus meeting the demands of the population. Average rail daily ridership is 2947 for the cities under study. Beijing, Guangzhou, Hong Kong, London, New York, Seoul, Shanghai and Tokyo have daily ridership above 2947. Hence, we can infer that these cities are effectively utilizing transport through rail. Average public bus daily ridership is 2899 for the cities under study. Beijing, Guangzhou, Hong Kong, London, Seoul, Shanghai, Singapore has public bus daily ridership above 2899. Hence, we can infer that these cities are effectively utilizing transport through public bus. Cities like Beijing, Shanghai, Tokyo and London has given good importance to public transportation infrastructure and is using it effectively. Whereas cities like Warsaw has given less focus on public transportation methods and depend upon private vehicles for commutation. Growing population, personalized transportation modes, Lack of understanding, funding and expertise for implementing sustainable transportation modes etc. are some of the main reasons behind traffic congestion. Traffic congestion affects people in multiple ways like less productivity, emotional disturbances and affect stress level. It can also affect supply chain management, shoots up emission of gases like CO2 and NOX, cause respiratory diseases, cause road accidents etc. Cutting edge technologies in traffic management – Intelligent Traffic System helps to foster efficiency and security in transportation system. Intelligent Traffic System (ITS) helps to nurture traffic flow by reducing congestion, boosting air quality by decreasing air pollution. Some of the advanced traffic control measures are Advanced Traffic Management System, Advanced Traveler Information System, Advanced Vehicle Control Systems, Commercial Vehicle Operations, Advanced Public Transportation System and Advanced Rural Transportation Systems. Traffic congestion can be reduced by collective collaboration between Transportation authority, Government, Professionals, Scientists and the like. School transport mobility management, microscopic traffic simulation, Light Rapid transit, Carpooling service etc. can be made use by citizens to ensure that traffic congestion is reduced. Adopting intelligent traffic control measures help in more efficient use of road capability, reduced journey times, considerably low accidents, reduced congestion period, reduced waits and stops in traffic. It also helps in boosting the GDP of countries as it helps to increase the overall work productivity.

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Crowdsourcing and participatory budgeting process would empower citizens propose and vote on ideas for traffic related projects. This would also help in increasing the awareness and involvement of the citizens in traffic related matters. Effective utilization of IoT technology giving due significance to security issues can help to reduce traffic issues to a greater extent.

6.2.3 Ergebnisse im Detail | Detailed results Vinod Jadhav, Barbara Flügge

6.2.3.1  Bangalore Bangalore known as Indian IT hub has fascinated substantial investments in high-­ technology engineering. Nevertheless, urban infrastructure, and transport systems have been toiling to keep up with the growing number of companies moving into Bangalore. Bangalore is often narrated as a city of 60,000 unfilled potholes where IT employees’ morning commute to job can consume up to two hours. Developing an effective urban transportation system need to be adopted by broad Government policy targeted at refining the appeal and affordability of Indian cities like Bangalore. What are the main reasons behind traffic congestion in Bangalore? • Non-existent, broken-down, and/or obstructed sidewalks coupled with difficult street crossings • Flooding in monsoon seasons, poor drainage and poor road maintenance. • Two wheelers and cyclists tend to move towards the middle of the road to avoid the water-log on the road side which contributes to traffic congestion. • Personalized transportation modes have improved extremely. How traffic congestion affects people? • Delays caused by traffic congestion might result in disciplinary action or other personal losses. Morphological box of features is highlighted in Tab. 6.4. Key findings per persona are highlighted in Tab. 6.5.

6.2.3.2  Barcelona Public transport in Barcelona is operated by several companies, most of which are part of the Autoritat del Transport Metropolità, a transport authority managing services in the Barcelonès and the rest of the metropolitan area of Barcelona.

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Tab. 6.4  Morphological box of features Population | Bevölkerunga Area | Gebiet Density | Bevölkerungsdichte [in QM] Rail length | Schienennetz [in KM] Number of rail stations | Anzahl Bahnhöfe Public bus fleet size | Flottengröße öffentlicher Bus Daily ridership rail | Tägliche Fahrtenb mit dem Zug Daily ridership public bus | Tägliche Fahrtenb mit dem öffentlichen Bus Road length | Straßennetz [in KM] Median travel time | Verkehrsdichte Straße Number of motor vehicles | Anzahl Kraftfahrzeugec Number of private cars | Anteil Privat-Pkwd

0–5000 0–4000 0–4000

5000–10000 10000–15000 15000–20000 20000–25000 4000–8000 8000–12000 12000–16000 16000–20000 4000–8000 8000–12000 12000–16000 16000–20000

0–100

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0–100

100–200

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5000–10000 10000–15000 15000–20000

0–2000

2000–4000

4000–6000

6000–8000

8000–10000

0–3000

3000–6000

6000–9000

9000–12000

12000–15000

0–6000

6000–12000 12000–18000 18000–24000

24000–30000

0–4

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8–12

12–16

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0–1000

1000–2000

2000–3000

3000–4000

4000–5000

0–600

600–1200

1200–1800

1800–2400

2400–3000

20000–25000

Population | Bevölkerung in ’000, b Daily riderships | Tägliche Fahrten in ’000, c Motor vehicles and private cars | Anzahl Kraftfahrzeuge und d Privat-Pkw in ’000

a

Tab. 6.5  Key findings per persona Personas Citizen City Planner City Planner Corporates Driving schools Educational service provider

How to reduce traffic congestion Make use of Google map on mobiles which shows alternate routes and the estimated time it would take to reach the destination. Development of Key Walking Route Introduce better modes of transportation like bullet train or ferry station and services Encourage employees to Reduce Trips People who are trying to learn driving should be prevented from entering the main roads at peak times Shift the school opening times for school students from peak hours (Fortsetzung)

B. Flügge

122 Tab. 6.5 (Fortsetzung) Personas Parking authority Professionals School authority Traffic director Transport authority Transport Manager Water authority

How to reduce traffic congestion Increase the size of bus stands which would help individuals to stand or sit within the bus stands instead of standing on roads. Adopt smart working policies by using Tele- and video- conferencing facilities Endorse environmental aspects of Transport mobility management Congestion charging schemes in locations which are prone to traffic jams, this will prompt commuters to depend on alternative routes “Vintage” tax needs to be imposed for automobiles over 15 years old Stringent instructions need to be implemented for Volvo buses and other private buses – Give them strict instruction to stop only on bus stops and properly on slow lane not on middle lane Water tankers should not be allowed to run on the road in day time where traffic is at its peak

Barcelona is served by a comprehensive local public transport network that includes a metro, a bus network, two separate modern tram networks, a separate historic tram line, and several funiculars and aerial cable cars. What are the main reasons behind traffic congestion in Barcelona? • Popular hub for local and foreign migrants • Growing population and personalized transportation modes has improved in number. How traffic congestion affects people? • Traffic congestion affects the productivity of people and affects the overall GDP of the country. • People get very less time to spend with family and this is turn affects family bonding. Morphological box of features is highlighted in Tab. 6.6. Key findings per persona are highlighted in Tab. 6.7.

6.2.3.3  Beijing Beijing as of 2011 has an estimated 5 million registered cars on its roads, so traffic congestion is widespread. Traffic in the city center is often gridlocked and is only predicted to get worse as the number of vehicles on Beijing’s roads increase. It is predicted by 2016 Beijing will have over 6 million cars on its roads. What are the main reasons behind traffic congestion in Beijing? • Ever growing population • Favorite tourist destination of people all over the world • Moreover, automobile industry in China is churning out low-cost vehicles.

6  Einmal Zukunft und Zurück

123

Tab. 6.6  Morphological box of features Population | Bevölkerunga Area | Gebiet Density | Bevölkerungsdichte [in QM] Rail length | Schienennetz [in KM] Number of rail stations | Anzahl Bahnhöfe Public bus fleet size | Flottengröße öffentlicher Bus Daily ridership rail | Tägliche Fahrtenb mit dem Zug Daily ridership public bus | Tägliche Fahrtenb mit dem öffentlichen Bus Road length | Straßennetz [in KM] Median travel time | Verkehrsdichte Straße Number of motor vehicles | Anzahl Kraftfahrzeugec Number of private cars | Anteil Privat-Pkwd

0–5000 5000–10000 10000–15000 15000–20000

20000–25000

0–4000 4000–8000 0–4000 4000–8000

8000–12000 8000–12000

12000–16000 12000–16000

16000–20000 16000–20000

0–100

100–200

200–300

300–400

400–500

0–100

100–200

200–300

300–400

400–500

0–5000 5000–10000 10000–15000 15000–20000

20000–25000

0–2000 2000–4000

4000–6000

6000–8000

8000–10000

0–3000 3000–6000

6000–9000

9000–12000

12000–15000

0–6000 6000–12000 12000–18000 18000–24000

24000–30000

8–12

12–16

16–20

0–1000 1000–2000

2000–3000

3000–4000

4000–5000

0–600

1200–1800

1800–2400

2400–3000

0–4

4–8

600–1200

Population | Bevölkerung in ’000, b Daily riderships | Tägliche Fahrten in ’000, c Motor vehicles and private cars | Anzahl Kraftfahrzeuge und d Privat-Pkw in ’000

a

Tab. 6.7  Key findings per persona Personas Building insp. officer Citizen City Planner Civil servant

How to reduce traffic congestion Promote cycle training schemes

Organize public transport day with the help of authorities Demand responsive transportation method need to be implemented Introduce technologies like Vehicle count and classification by using image processing Corporates Give awards for all shortlisted entries who promote sustainable transportation modes Educational service Need to unravel the insights and opinions of parents, students and school provider staff regarding the prevailing school bus facilities in Barcelona (Fortsetzung)

B. Flügge

124 Tab. 6.7 (Fortsetzung) Personas Local authority

Policeman

Social welfare officer Students Taxi driver Tourist office

How to reduce traffic congestion Median bus stops need to reinforce passengers’ convenience and safety with their comfortable shelter functions and cutting-edge bus information systems. Evacuation strategies during key football competitions, concerts and other activities that entice huge crowds. Routes need to be scheduled to prevent traffic congestion. Demand modelling in terms of origin destination matrix

Make maximum advantage of school buses Avoid rash driving Details regarding alternative and sustainable modes of transportation need to be given with ticket purchase. Transport managers Implementation of New generation traffic measurement sensors and technologies Transportation Organize a sustainability week with events, information and contests authority

How traffic congestion affects people? • People get very less time to spend in office and hence need to put extra effort to get the work done • It also might cause emotional disturbances for people. Morphological box of features is highlighted in Tab. 6.8. Key findings per persona are highlighted in Tab. 6.9.

6.2.3.4  Berlin Berlin has developed a highly complex transportation infrastructure providing very diverse modes of urban mobility. 979 bridges cross 197 kilometers of inner-city waterways. 5334 kilometers of roads run through Berlin. Long-distance rail lines connect Berlin with all the major cities of Germany and with many cities in neighboring European countries. What are the main reasons behind traffic congestion in Berlin? • Lack of senior understanding for implementing sustainable transportation modes. How traffic congestion affects people? • Lost productivity due to delays and mitigations • Traffic congestion can affect supply chain management. Morphological box of features is highlighted in Tab. 6.10. Key findings per persona are highlighted in Tab. 6.11.

6  Einmal Zukunft und Zurück

125

Tab. 6.8  Morphological box of features Population | Bevölkerunga Area | Gebiet Density | Bevölkerungsdichte [in QM] Rail length | Schienennetz [in KM] Number of rail stations | Anzahl Bahnhöfe Public bus fleet size | Flottengröße öffentlicher Bus Daily ridership rail | Tägliche Fahrtenb mit dem Zug Daily ridership public bus | Tägliche Fahrtenb mit dem öffentlichen Bus Road length | Straßennetz [in KM] Median travel time | Verkehrsdichte Straße Number of motor vehicles | Anzahl Kraftfahrzeugec Number of private cars | Anteil Privat-Pkwd

0–5000

5000–10000

10000–15000 15000–20000 20000–25000

0–4000 4000–8000 0–4000 4000–8000

8000–12000 8000–12000

12000–16000 16000–20000 12000–16000 16000–20000

0–100

100–200

200–300

300–400

400–500

0–100

100–200

200–300

300–400

400–500

0–5000

5000–10000

10000–15000 15000–20000 20000–25000

0–2000

2000–4000

4000–6000

6000–8000

8000–10000

0–3000

3000–6000

6000–9000

9000–12000

12000–15000

0–6000

6000–12000

12000–18000 18000–24000 24000–30000

0–4

4–8

8–12

12–16

16–20

0–1000

1000–2000

2000–3000

3000–4000

4000–5000

0–600

600–1200

1200–1800

1800–2400

2400–3000

Population | Bevölkerung in ’000, b Daily riderships | Tägliche Fahrten in ’000, c Motor vehicles and private cars | Anzahl Kraftfahrzeuge und d Privat-Pkw in ’000

a

Tab. 6.9  Key findings per persona Personas Bus driver Business traveler Citizen Civil servant

How to reduce traffic congestion Adopt technologies like microscopic traffic simulation which is based on the emulation of traffic flows from the dynamics of individual vehicles. Inspire smarter working practices to decrease the business travel involved

Actively organize and take part in commuter challenge Road User Charging Study- Areas of coverage and the charging structure will encourage people to use alternative modes of transport and thereby freeing road capacity Event managers Inspire travelers to park vehicles adjacent to mass transit hubs and use metro or bus. Freight Maintain and promote traditional and sustainable goods transportation practices management and methods (Fortsetzung)

B. Flügge

126 Tab. 6.9 (Fortsetzung) Personas Private driver

How to reduce traffic congestion Collision avoidance approach -driver will place himself at a distance from the lead vehicle so that in case of an emergency stop by the leader the follower will come to rest Professionals Encourage professionals to make use of work from home policies Researchers Statistical estimation of trip patterns, multi – agent models of driver behavior Scholars School Transport Mobility management School authority Promote environmental aspects of TMM (school staff, university staff and students) Students Car sharing strategies Taxi driver Dynamic traffic assignment and application to traffic simulation Tourist Car park management strategy Traffic authority Introduce more bus transfer centers Transport Identify unused sea capacities and latent demands authority Water authority Ensure that water tanks is not transported during peak time Tab. 6.10  Morphological box of features Population | Bevölkerunga Area | Gebiet Density | Bevölkerungsdichte [in QM] Rail length | Schienennetz [in KM] Number of rail stations | Anzahl Bahnhöfe Public bus fleet size | Flottengröße öffentlicher Bus Daily ridership rail | Tägliche Fahrtenb mit dem Zug Daily ridership public bus | Tägliche Fahrtenb mit dem öffentlichen Bus Road length | Straßennetz [in KM] Median travel time | Verkehrsdichte Straße Number of motor vehicles | Anzahl Kraftfahrzeugec Number of private cars | Anteil Privat-Pkwd

0–5000

5000–10000 10000–15000 15000–20000

20000–25000

0–4000 0–4000

4000–8000 4000–8000

8000–12000 8000–12000

12000–16000 12000–16000

16000–20000 16000–20000

0–100

100–200

200–300

300–400

400–500

0–100

100–200

200–300

300–400

400–500

0–5000

5000–10000 10000–15000 15000–20000

20000–25000

0–2000

2000–4000

4000–6000

6000–8000

8000–10000

0–3000

3000–6000

6000–9000

9000–12000

12000–15000

0–6000

6000–12000 12000–18000 18000–24000

24000–30000

0–4

4–8

8–12

12–16

16–20

0–1000

1000–2000

2000–3000

3000–4000

4000–5000

0–600

600–1200

1200–1800

1800–2400

2400–3000

Population | Bevölkerung in ’000, b Daily riderships | Tägliche Fahrten in ’000, c Motor vehicles and private cars | Anzahl Kraftfahrzeuge und d Privat-Pkw in ’000

a

6  Einmal Zukunft und Zurück

127

Tab. 6.11  Key findings per persona Personas Business traveler Citizen City Planner Civil servant Emergency vehicle drivers Event manager Policeman Private driver Professionals Public transportation authority Scholars

School Social welfare officer Students Taxi driver Tourists Traffic authority Travel agency

How to reduce traffic congestion Seek for help from the corporates and ask for shuttle services Depend more on metros Implement smart traffic plans like regional management hubs Implement demand responsive transportation methods Make sure that vehicle is not misused for personal purposes Provide information at attractions and malls about alternatives modes of transport. Where applicable, penalize if not achieving sustainable targets Abide by traffic rules and try to find alternative routes for transportation with less traffic congestion Depend more on Light Rapid Transit Bus stops need to be restructured such that they don’t occur soon after the signal or before the signal which adds to traffic congestion Dynamic traffic assignment which describes the time variations in link or path flows and capable of describing how traffic flow patterns evolve in time and space Offer guaranteed ride home (school and university staff) by car sharing or carpooling service Set up a visitor TMM plan partnership with key stakeholders in the area. Adopt school buses for transportation Link up with the tourist and travel agency and promote car-pooling services Seek for help from the travel agency and get to know about sustainable modes of transportation CCTV system for parking violations and infractions of the median bus lane regulation to ensure efficiency in traffic management. Alternative routes need to be available on the travel agency’s website

6.2.3.5  Guangzhou The Guangzhou Bus Rapid Transit (or GBRT) system, which was introduced in 2010, is the world’s second largest Bus Rapid Transit system with 1,000,000 passenger trips daily. Metro network is made up of nine lines, covering a total length of 260 km. What are the main reasons behind traffic congestion in Guangzhou? • Lack of funding for innovative methods • Lack of internal expertise and resources. How traffic congestion affects people? • Increase cost for freight sectors (especially just-in-time deliveries) • Traffic congestion also shoots up emission of gases like CO2, NOX, & PM10 Morphological box of features is highlighted in Tab. 6.12. Key findings per persona are highlighted in Tab. 6.13.

B. Flügge

128 Tab. 6.12  Morphological box of features Population | Bevölkerunga Area | Gebiet Density | Bevölkerungsdichte [in QM] Rail length | Schienennetz [in KM] Number of rail stations | Anzahl Bahnhöfe Public bus fleet size | Flottengröße öffentlicher Bus Daily ridership rail | Tägliche Fahrtenb mit dem Zug Daily ridership public bus | Tägliche Fahrtenb mit dem öffentlichen Bus Road length | Straßennetz [in KM] Median travel time | Verkehrsdichte Straße Number of motor vehicles | Anzahl Kraftfahrzeugec Number of private cars | Anteil Privat-Pkwd

0–5000 0–4000 0–4000

5000–10000 10000–15000 15000–20000 20000–25000 4000–8000 8000–12000 12000–16000 16000–20000 4000–8000 8000–12000 12000–16000 16000–20000

0–100

100–200

200–300

300–400

400–500

0–100

100–200

200–300

300–400

400–500

0–5000

5000–10000 10000–15000 15000–20000 20000–25000

0–2000

2000–4000

4000–6000

6000–8000

8000–10000

0–3000

3000–6000

6000–9000

9000–12000

12000–15000

0–6000

6000–12000 12000–18000 18000–24000 24000–30000

0–4

4–8

8–12

12–16

16–20

0–1000

1000–2000

2000–3000

3000–4000

4000–5000

0–600

600–1200

1200–1800

1800–2400

2400–3000

Population | Bevölkerung in ’000, b Daily riderships | Tägliche Fahrten in ’000, c Motor vehicles and private cars | Anzahl Kraftfahrzeuge und d Privat-Pkw in ’000

a

6.2.3.6  Hong Kong The city of Hong Kong has a highly developed and sophisticated transport network, encompassing both public and private transport. Mass transit (bus and rail) accounted for 80 % of all boarding including private transport, taxi, and mass transit, making it one of the cities with the highest public transport usage in the world. Its public operators are well-­ known for their efficiency and self-finance. What are the main reasons behind traffic congestion in Hong Kong? • Traffic demand exceeds roadway capacity. How traffic congestion affects people? • Traffic congestion can also cause road accidents and pose serious road safety issues • Journey time reliability is seriously affected.

6  Einmal Zukunft und Zurück

129

Tab. 6.13  Key findings per persona Personas Building Inspection officer Bus driver Citizen City Planner Civil service Educational service provider Firefighter Health care provider Major Policeman Private driver

How to reduce traffic congestion Sustainable transport fund – provide a small fund for residents to develop Transport mobility management initiatives to be rolled out across the site Make sure that the public bus stops only in the right stop Make use of new car technologies Conduct Transport Mobility Management awards/competitions Underground car parks can be constructed near metro stations, other popular public transportation methods Ongoing information provision – regular calendar of TMM events, notice board, newsletters etc. Make use of Google maps to find the route with least congestion Promote health aspects of Transport Mobility Management Increase/implementation of parking charges Check if odd and even license plate scheme is followed on alternative days Liaise with traffic management authority in Berlin to lower speed limits where applicable Fully occupied roads need to be recognized by cameras that could measure traffic flow. Problematic roads need to be redirected to reduce the traffic congestion. Alternate routes need to be provided for drivers in those areas. Develop Automatic accident detection systems Implement Smart traffic plans like real-time passenger information Providing education on mobility management to children

Public transportation authority Researcher Scientists Social welfare officer Transport manager Implementation of methods like increased fuel tax to reduce the use of private motors vehicles Waste disposal Make sure that waste disposal units make use of alternate routes which are not congested Water authority Make sure that water tanks make use of alternate routes which are not congested

Morphological box of features is highlighted in Tab. 6.14. Key findings per persona are highlighted in Tab. 6.15.

6.2.3.7  London The first underground rail system in the world was built in the city and there are around 3 million passenger journeys on London Underground every day. London Bus manages one of the largest bus networks in the world with 7500 buses and more than 700 bus routes. What are the main reasons behind traffic congestion in London? • Traffic incidents is considered as one of the main reasons behind traffic congestion in London.

B. Flügge

130 Tab. 6.14  Morphological box of features Population | Bevölkerunga Area | Gebiet Density | Bevölkerungsdichte [in QM] Rail length | Schienennetz [in KM] Number of rail stations | Anzahl Bahnhöfe Public bus fleet size | Flottengröße öffentlicher Bus Daily ridership rail | Tägliche Fahrtenb mit dem Zug Daily ridership public bus | Tägliche Fahrtenb mit dem öffentlichen Bus Road length | Straßennetz [in KM] Median travel time | Verkehrsdichte Straße Number of motor vehicles | Anzahl Kraftfahrzeugec Number of private cars | Anteil Privat-Pkwd

0–5000 5000–10000 10000–15000 15000–20000 20000–25000 0–4000 4000–8000 8000–12000 12000–16000 16000–20000 0–4000 4000–8000 8000–12000 12000–16000 16000–20000

0–100

100–200

200–300

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0–100

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300–400

400–500

0–5000 5000–10000 10000–15000 15000–20000 20000–25000

0–2000 2000–4000

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0–3000 3000–6000

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9000–12000

12000–15000

0–6000 6000–12000 12000–18000 18000–24000 24000–30000 0–4

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0–1000 1000–2000

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3000–4000

4000–5000

0–600

1200–1800

1800–2400

2400–3000

600–1200

Population | Bevölkerung in ’000, b Daily riderships | Tägliche Fahrten in ’000, c Motor vehicles and private cars | Anzahl Kraftfahrzeuge und d Privat-Pkw in ’000

a

Tab. 6.15  Key findings per persona Personas Business Traveler Citizen City Planner Civil servant Corporates Event Manager Health care provider Pedestrian Public transportation authority

How to reduce traffic congestion Try to adopt smart working policies like video conferencing whenever possible Depend more on private shuttle bus services Ongoing information provision – regular calendar of TMM events, notice board, newsletters Implementation of methods to reduce the use of private motors vehicles through the market mechanisms like increased parking fees Flexible working strategy methods can be implemented Implement park-and-go ventures Encourage patients to cycle/walk to work during winter Need to make maximum advantage of mid-block crossing Impose penalties for not achieving sustainable targets (Fortsetzung)

6  Einmal Zukunft und Zurück

131

Tab. 6.15 (Fortsetzung) Personas Researcher

Scholars Scientist Social welfare officer Students Tourist Tourist office Transport manager Travel agency

How to reduce traffic congestion TV cameras for monitoring traffic or providing detector data through image processing system which needs to be further processed for estimating the state of network Optimization and simulation techniques for traffic problem Freeway traffic surveillance and control Encourage formation of groups like cycle buddies Implement Transport Mobility Management networks for students Provision of shuttle buses to and from major collection points Need to be encouraged to introduce visitor Travel Management Mobility plans Implement Rewards for selling your car – such as reduced ticket prices on public transport or cycling equipment Set up a visitor TMM plan partnership with key stakeholders in the area.

How traffic congestion affects people? • Increased level of PM2.5 exposures caused by traffic congestion might result in respiratory diseases. Morphological box of features is highlighted in Tab. 6.16. Key findings per persona are highlighted in Tab. 6.17.

6.2.3.8  Madrid Madrid metro is now the second largest metro system in Western Europe. Madrid has built up an excellent public transport system, with the construction of 28 transport interchanges, and subsidies to public transport. Almost half the journeys by mechanical means in the metropolitan area are made on public transport, a very high proportion compared with most European cities. What are the main reasons behind traffic congestion in Madrid? • Most of the traffic signals are working on fixed times which are not suitable for sudden traffic congestion related to an accident, any event or change to the traffic situation. How traffic congestion affects people? • Traffic congestion could potentially increase the stress level in people. • People who are new to a city might not able to reach a place in cases like “just in case” scenarios. Morphological box of features is highlighted in Tab. 6.18. Key findings per persona are highlighted in Tab. 6.19.

B. Flügge

132 Tab. 6.16  Morphological box of features Population | Bevölkerunga Area | Gebiet Density | Bevölkerungsdichte [in QM] Rail length | Schienennetz [in KM] Number of rail stations | Anzahl Bahnhöfe Public bus fleet size | Flottengröße öffentlicher Bus Daily ridership rail | Tägliche Fahrtenb mit dem Zug Daily ridership public bus | Tägliche Fahrtenb mit dem öffentlichen Bus Road length | Straßennetz [in KM] Median travel time | Verkehrsdichte Straße Number of motor vehicles | Anzahl Kraftfahrzeugec Number of private cars | Anteil Privat-Pkwd

0–5000 5000–10000 10000–15000 15000–20000

20000–25000

0–4000 4000–8000 0–4000 4000–8000

8000–12000 8000–12000

12000–16000 12000–16000

16000–20000 16000–20000

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Population | Bevölkerung in ’000, b Daily riderships | Tägliche Fahrten in ’000, c Motor vehicles and private cars | Anzahl Kraftfahrzeuge und d Privat-Pkw in ’000

a

Tab. 6.17  Key findings per persona Personas Business traveler Citizen City Planner Civil servant Corporates Educational service provider

How to reduce traffic congestion Seek for help from authorities to learn about alternative transportation modes Make use of Google map on mobile to identify routes with less congestion Make use of technologies with built-in capabilities to give priority to public transport vehicles like buses, ambulances and emergency vehicles Make use of engineering for incident detection Provide a small fund for employees to develop TMM initiatives across the organization Organize Trip reduction competition (school staff, university students and staff) (Fortsetzung)

6  Einmal Zukunft und Zurück

133

Tab. 6.17 (Fortsetzung) Personas Health care provider Major Policeman Professionals

How to reduce traffic congestion Car park management strategy including parking charges. Truck re-routing Implement stricter parking control measures in London town centers Organize Transportation mobility management forum for staff to give feedback Researcher Central traffic control system need to be implemented with sensors counting the volume of vehicles at signals to improve traffic flow Scholars Promote environmental aspects of TMM Scientist Implement technologies like real-time parking information to reduce the time spent in traffic looking for parking Social welfare office Educate people about traffic rules and sustainability modes by awareness programs Students Encourage students to design TMM logo and provide awareness classes Tourist Encourage tourists to make use of shuttle bus services Tourist office Information on alternative transportation modes with the ticket purchase Traffic Researcher Optimization of equipment at signaled junctions University staff Encourage and facilitate the uptake of flexible working practices through the development of guidance on flexible working

Tab. 6.18  Morphological box of features Population | Bevölkerunga Area | Gebiet Density | Bevölkerungsdichte [in QM] Rail length | Schienennetz [in KM] Number of rail stations | Anzahl Bahnhöfe Public bus fleet size | Flottengröße öffentlicher Bus Daily ridership rail | Tägliche Fahrtenb mit dem Zug Daily ridership public bus | Tägliche Fahrtenb mit dem öffentlichen Bus

0–5000 5000–10000

10000–15000 15000–20000

20000–25000

0–4000 4000–8000 0–4000 4000–8000

8000–12000 8000–12000

12000–16000 12000–16000

16000–20000 16000–20000

0–100

100–200

200–300

300–400

400–500

0–100

100–200

200–300

300–400

400–500

0–5000 5000–10000

10000–15000 15000–20000

20000–25000

0–2000 2000–4000

4000–6000

6000–8000

8000–10000

0–3000 3000–6000

6000–9000

9000–12000

12000–15000

(Fortsetzung)

B. Flügge

134 Tab. 6.18 (Fortsetzung) Road length | Straßennetz [in KM] Median travel time | Verkehrsdichte Straße Number of motor vehicles | Anzahl Kraftfahrzeugec Number of private cars | Anteil Privat-Pkwd

0–6000 6000–12000

12000–18000 18000–24000

24000–30000

8–12

12–16

16–20

0–1000 1000–2000

2000–3000

3000–4000

4000–5000

0–600

1200–1800

1800–2400

2400–3000

0–4

4–8

600–1200

Population | Bevölkerung in ’000, b Daily riderships | Tägliche Fahrten in ’000, c Motor vehicles and private cars | Anzahl Kraftfahrzeuge und d Privat-Pkw in ’000

a

Tab. 6.19  Key findings per persona Personas Bus driver City Planner Civil servant Civil servant Corporates Disabled people Event Manager Freight transport Local authority Major Policeman Policeman Public transportation authority Researchers Scientists

How to reduce traffic congestion Implement the coordinated application of waiting, parking and loading enforcement regimes on major bus routes Identify pattern of land use and transport provision which reduces travel by car Adopt traffic diversion Adopt traffic diversion Encourage a shift from the use of the car for personal travel to public transport Door to door transport services for disabled people Allocating parking space for specific users according to explicit priorities and criteria Identify delivery times & access arrangement which is commercially viable and help residents. Improve facility to change between transport services or seamless interchange. Implementation of traffic count system which uses microwave sensors Make use of big data for enforcement by monitoring aggressive drivers and radar distribution Make use of big data for enforcement by monitoring aggressive drivers and radar distribution Emergency response for patrol allocation

Implementation of LED based traffic signals Predict when a group of cars will arrive at the intersection, and optimize it in a way that the platoon gets through the green signals to ensure smooth travel and reduce stops and delays Traffic Police Attention to parking controls on strategic roads should be made high priority. Transport authority Greater emphasis on measures to assist buses, cyclists, and pedestrians Transport Manager Ensuring that parking space is effectively managed by time and price

6  Einmal Zukunft und Zurück

135

6.2.3.9  Melbourne Transport in Melbourne consists of extensive networks and a wide variety of transport services in the city of Melbourne, Australia, including the world’s largest tram network. Melbourne has the second highest rate of public transport usage among Australian capital cities. What are the main reasons behind traffic congestion in Melbourne? • Many residents are car dependent due to minimal public transport outside of the inner city – the city is one of the most car-dependent cities in the world. How traffic congestion affects people? • For any person who has good knowledge about the traffic conditions of the city, may arrive too early when the traffic is unusually light the built in extra time may be of no use. Morphological box of features is highlighted in Tab. 6.20. Key findings per persona are highlighted in Tab. 6.21. Tab. 6.20  Morphological box of features Population | Bevölkerunga Area | Gebiet Density | Bevölkerungsdichte [in QM] Rail length | Schienennetz [in KM] Number of rail stations | Anzahl Bahnhöfe Public bus fleet size | Flottengröße öffentlicher Bus Daily ridership rail | Tägliche Fahrtenb mit dem Zug Daily ridership public bus | Tägliche Fahrtenb mit dem öffentlichen Bus Road length | Straßennetz [in KM]

0–5000 5000–10000 10000–15000 15000–20000 20000–25000 0–4000 4000–8000 0–4000 4000–8000

8000–12000 8000–12000

12000–16000 16000–20000 12000–16000 16000–20000

0–100

100–200

200–300

300–400

400–500

0–100

100–200

200–300

300–400

400–500

0–5000 5000–10000 10000–15000 15000–20000 20000–25000

0–2000 2000–4000

4000–6000

6000–8000

8000–10000

0–3000 3000–6000

6000–9000

9000–12000

12000–15000

0–6000 6000–12000 12000–18000 18000–24000 24000–30000 (Fortsetzung)

B. Flügge

136 Tab. 6.20 (Fortsetzung) Median travel time | Verkehrsdichte Straße Number of motor vehicles | Anzahl Kraftfahrzeugec Number of private cars | Anteil Privat-Pkwd

0–4

4–8

8–12

12–16

16–20

0–1000 1000–2000

2000–3000

3000–4000

4000–5000

0–600

1200–1800

1800–2400

2400–3000

600–1200

Population | Bevölkerung in ’000, b Daily riderships | Tägliche Fahrten in ’000, c Motor vehicles and private cars | Anzahl Kraftfahrzeuge und d Privat-Pkw in ’000

a

Tab. 6.21  Key findings per persona Personas Bus driver City Planner Civil servants Local authority Parking attendants Pedestrian Policeman Traffic director Traffic Police

Traffic sign controlling unit Traffic signal controlling unit Transportation authority Transportation manager

How to reduce traffic congestion Improve conditions for all road users on major bus routes by reducing congestion Encourage a pattern of land use and transport provision which reduces the need to travel, especially by car and promotes sustainable development Give more emphasis on the monitoring and assessment of the impacts of programs Reduce growth in the length and number of motorized journeys Need to exercise judgment and discretion, and should be able to handle difficult situations. Make maximum utilization of pedestrian overpass. Ensure effective on-street enforcement, particularly on bus routes and main roads, to minimize the impact of car parking on other road users; Liaise with police about persistent offenders and co-ordinate enforcement action Make optimum use of on- and off-street parking controls as an essential traffic restraint tool, especially for journeys to locations which are more congested Traffic signs and road markings need to be comprehensible, consistent and well maintained. Should be able to adjust green time in favor of particular routes, or between vehicles and pedestrians, or even to particular vehicles such as the emergency services or buses Better interchange between modes, particularly from bus and car to rail and underground, and from public transport to walking; Improve the reliability of bus operations on major bus routes by appropriate bus priority measures and enforcement of obstructive parking by removal of offending vehicles

6  Einmal Zukunft und Zurück

137

6.2.3.10  New York The city New York boasts the most efficient public transport system in USA and has the most extensive public transportation system in the world with 468 stations in operation. What are the main reasons behind traffic congestion in New York? • Prevailing car ownership culture in New York. • Personalized transportation modes have improved extremely. How traffic congestion affects people? • The stopping and starting in traffic jams burns fuel at a higher rate than the smooth rate of travel on the open highway which results in extra fuel consumption. Morphological box of features is highlighted in Tab. 6.22. Key findings per persona are highlighted in Tab. 6.23. Tab. 6.22  Morphological box of features Population | Bevölkerunga Area | Gebiet Density | Bevölkerungsdichte [in QM] Rail length | Schienennetz [in KM] Number of rail stations | Anzahl Bahnhöfe Public bus fleet size | Flottengröße öffentlicher Bus Daily ridership rail | Tägliche Fahrtenb mit dem Zug Daily ridership public bus | Tägliche Fahrtenb mit dem öffentlichen Bus Road length | Straßennetz [in KM] Median travel time | Verkehrsdichte Straße Number of motor vehicles | Anzahl Kraftfahrzeugec Number of private cars | Anteil Privat-Pkwd

0–5000 5000–10000 10000–15000 0–4000 4000–8000 8000–12000 0–4000 4000–8000 8000–12000

15000–20000 20000–25000 12000–16000 16000–20000 12000–16000 16000–20000

0–100

100–200

200–300

300–400

400–500

0–100

100–200

200–300

300–400

400–500

0–5000 5000–10000 10000–15000

15000–20000 20000–25000

0–2000 2000–4000

4000–6000

6000–8000

8000–10000

0–3000 3000–6000

6000–9000

9000–12000

12000–15000

0–6000 6000–12000 12000–18000

18000–24000 24000–30000

0–4

8–12

12–16

16–20

0–1000 1000–2000

2000–3000

3000–4000

4000–5000

0–600

1200–1800

1800–2400

2400–3000

4–8

600–1200

Population | Bevölkerung in ’000, b Daily riderships | Tägliche Fahrten in ’000, c Motor vehicles and private cars | Anzahl Kraftfahrzeuge und d Privat-Pkw in ’000

a

B. Flügge

138 Tab. 6.23  Key findings per persona Personas Bus driver

Citizen City Planner City Planner Corporates Local authority Local authority Parking authority Policeman Taxi driver

Traffic authority Traffic authority Traffic director Traffic Police

Traffic sign controlling unit Traffic signal controlling unit Transport Manager Transportation authority

How to reduce traffic congestion Improve road safety especially for pedestrians and cyclists on important local roads by enhancing the attractiveness of bus operations on major bus routes Depend more on Mass transit Facilitate the development of transport systems which are safe and efficient Facilitate the development of transport systems which are safe and efficient Work plan strategy for example park and ride Reduce reliance on the car Reduce reliance on the car Minimize disruptions from utility work Introducing, strengthening or extending Controlled Parking Zones (CPZs) in areas of parking congestion and which are important local destinations; Adequate facilities need to be provided for taxis in major developments, at public transport interchanges and in town centers with proper access for pedestrians and disabled people. Make sure that traffic signals accounts for local land use changes Shared cycle and pedestrian crossings need to be installed through local plans. Schedule maximum roadwork for the middle of the night or when the road is not busy Make use of parking controls as a traffic restraint mechanism, to the benefit of all road users, especially buses where routes are generally restricted to main roads. Identify the importance of direction signing and the problems which road users encounter with finding street names and local destinations. Traffic signal settings need to be designed and periodically reviewed to ensure that they are properly serving the relevant traffic management objectives. Increase rail freight opportunities to remove truck traffic from the roads Produce a report containing an assessment of existing levels of traffic and a forecast of expected growth in metropolitan area

6.2.3.11  Seoul Seoul features one of the world’s most advanced transportation infrastructures that is constantly under expansion. Seoul’s bus system is operated by the Seoul Metropolitan Government (S.M.G.), with four primary bus configurations available servicing most of the city. With more than 8  million passengers per day, Seoul has the busiest subway system in the world. What are the main reasons behind traffic congestion in Seoul? • Excessive competition among bus operators to grab the most lucrative routes and low-profit routes disappeared.

6  Einmal Zukunft und Zurück

139

• Number of passengers declining each year led to a vicious cycle of undermined profitability of bus companies, which prompted them to raise fares repeatedly, then provide increasingly deteriorating services. How traffic congestion affects people? • Frustrated drivers in traffic might try to attempt road rage which is considered as senseless reaction to traffic and might result in accidents and similar potential threats. Morphological box of features is highlighted in Tab. 6.24. Key findings per persona are highlighted in Tab. 6.25.

6.2.3.12  Shanghai Shanghai has an extensive public transport system, largely based on buses, trolley buses, taxis, and a rapidly expanding metro system. Shanghai has invested heavily in public transportation before and after the 2010 World Expo, including the construction of the Hongqiao Transportation Hub of high-speed rail, air, metro and bus routes. Tab. 6.24  Morphological box of features Population | Bevölkerunga

0– 5000 Area | Gebiet 0– 4000 Density | Bevölkerungsdichte 0– [in QM] 4000 Rail length | Schienennetz 0– [in KM] 100 Number of rail stations | Anzahl Bahnhöfe 0– 100 Public bus fleet size | Flottengröße 0– öffentlicher Bus 5000 Daily ridership rail | Tägliche Fahrtenb mit 0– dem Zug 2000 Daily ridership public bus | Tägliche 0– Fahrtenb mit dem öffentlichen Bus 3000 Road length | Straßennetz [in KM] 0– 6000 Median travel time | Verkehrsdichte Straße 0–4 0– Number of motor vehicles | Anzahl 1000 Kraftfahrzeugec Number of private cars | Anteil Privat-Pkwd 0– 600

10000– 15000 8000– 12000 8000– 12000 200–300

15000– 20000 12000– 16000 12000– 16000 300–400

20000– 25000 16000– 20000 16000– 20000 400–500

100–200 200–300

300–400

400–500

5000– 10000 2000– 4000 3000– 6000 6000– 12000 4–8 1000– 2000 600– 1200

15000– 20000 6000– 8000 9000– 12000 18000– 24000 12–16 3000– 4000 1800– 2400

20000– 25000 8000– 10000 12000– 15000 24000– 30000 16–20 4000– 5000 2400– 3000

5000– 10000 4000– 8000 4000– 8000 100–200

10000– 15000 4000– 6000 6000– 9000 12000– 18000 8–12 2000– 3000 1200– 1800

Population | Bevölkerung in ’000, b Daily riderships | Tägliche Fahrten in ’000, c Motor vehicles and private cars | Anzahl Kraftfahrzeuge und d Privat-Pkw in ’000

a

B. Flügge

140 Tab. 6.25  Key findings per persona Personas City Planner Civil Servant Corporates Freight Authority Local authority Local authority Policeman Researcher Traffic authority

Traffic detector Traffic Police Traffic scientist Traffic signal controlling unit Transport manager Transportation authority

How to reduce traffic congestion Alter the traffic balance in favor of buses at those locations on major bus routes Remove obstacles and optimize arrangements of installations pavements ad curbs Work plan strategy –e.g. Re-route Trips by selecting less congested routes Cooperative Vehicle Infrastructure Systems trial of booking system for freight loading bay Improve conditions for bus passengers at stops and interchanges along major bus routes Specialists need to inspect the holidaymakers especially during spiritual festivals and identify alternate routes specially devoted for festivals. Improve co-ordination between boroughs, particularly across boundaries; Exploit the possibilities of Image Recognition and Incident detection Facilities for cyclists to access shared areas of cycle track/footway should be carefully designed as blind or partially sighted pedestrians may be present. Give more focus on Cycle hire schemes with more number of docking stations Ensuring that parking space is effectively managed by time and price, to meet traffic and transport objectives Identify the feasibility of reliable detection of cyclists at automatic traffic counts Signal installations and timings should be proper and ensure that existing arrangements are functioning correctly and that their performance is periodically reviewed. Traffic Regulation Orders should be easy to understand, accurate, and consistent. Parking restrictions, particularly those on loading and unloading should be up to date and enforcement priorities identified and coordinated within boroughs and across boundaries.

What are the main reasons behind traffic congestion in Shanghai? • Poor signal timing is one of the main reasons behind traffic congestion in Shanghai • Inadequate green time How traffic congestion affects people? • When someone wishes to get in touch with an emergency vehicle, authority might not be able to respond in an appropriate amount of time because of traffic congestion it could be a danger to life and property. Morphological box of features is highlighted in Tab. 6.26. Key findings per persona are highlighted in Tab. 6.27.

6  Einmal Zukunft und Zurück

141

Tab. 6.26  Morphological box of features Population | Bevölkerunga Area | Gebiet Density | Bevölkerungsdichte [in QM] Rail length | Schienennetz [in KM] Number of rail stations | Anzahl Bahnhöfe Public bus fleet size | Flottengröße öffentlicher Bus Daily ridership rail | Tägliche Fahrtenb mit dem Zug Daily ridership public bus | Tägliche Fahrtenb mit dem öffentlichen Bus Road length | Straßennetz [in KM] Median travel time | Verkehrsdichte Straße Number of motor vehicles | Anzahl Kraftfahrzeugec Number of private cars | Anteil Privat-Pkwd

0–5000 5000–10000 10000–15000 15000–20000 20000–25000 0–4000 4000–8000 8000–12000 12000–16000 16000–20000 0–4000 4000–8000 8000–12000 12000–16000 16000–20000

0–100

100–200

200–300

300–400

400–500

0–100

100–200

200–300

300–400

400–500

0–5000 5000–10000 10000–15000 15000–20000 20000–25000

0–2000 2000–4000

4000–6000

6000–8000

8000–10000

0–3000 3000–6000

6000–9000

9000–12000

12000–15000

0–6000 6000–12000 12000–18000 18000–24000 24000–30000 0–4

4–8

0–1000 1000–2000 0–600

600–1200

8–12

12–16

16–20

2000–3000

3000–4000

4000–5000

1200–1800

1800–2400

2400–3000

Population | Bevölkerung in ’000, b Daily riderships | Tägliche Fahrten in ’000, c Motor vehicles and private cars | Anzahl Kraftfahrzeuge und d Privat-Pkw in ’000

a

Tab. 6.27  Key findings per persona Personas Automobile firms City Planner Corporates Educational service provider Freight authority Government Local authority Parking authority

How to reduce traffic congestion Implement V2V and I2V communications To review hours of operation of waiting and loading restrictions on major bus routes Work plan strategy for example park and stride Inspire smarter working practices to decrease the business travel involved by university staff Explore how size/weight and stopping or loading restrictions can be made available through satellite navigation databases Certificate of Entitlement (COE) need to be made mandatory for owning vehicles which need to be made expensive Provide improved opportunity for passengers to use bus services for longer journeys Smart traffic plans like parking guidance system need to be adopted (Fortsetzung)

B. Flügge

142 Tab. 6.27 (Fortsetzung) Personas Policeman Researcher Traffic authority Traffic Police Traffic scientist Traffic sign controlling unit Transport authority Transport Director Transport manager

How to reduce traffic congestion Providing for the needs of people with a disability Implement technologies like Improved detection of pedestrians and cyclists Make sure that traffic signals tackles persistent congestion Providing convenient coach parking and pick up points at entertainment and visitor locations Implement situation awareness strategies which lead to a predictive capability Need to work on dilapidated, missing or incorrect traffic signs Any changes in parking regimes, at boundaries or within boroughs, should be made clear. Implement Chip- enabled membership keys which give easier access to cycle (cycle hire) Gather data, manage flow, and inform drivers of congestion ahead

6.2.3.13  Singapore Public transport in Singapore covers a variety of transport modes such as bus, rail and taxi. This is a result of great emphasis by the Government of Singapore to promote its use over private transport. About 5308 million trips are made on a daily basis on the public transport system and at least half of its population utilizes it daily. What are the main reasons behind traffic congestion in Singapore? • Obstacles in the road causing a blockage and merger for example road work is one of the main reasons behind traffic congestion in Singapore. How traffic congestion affects people? • Increased Gas emissions like PM2.5 in traffic congestion has been associated with premature mortality in multiple studies. • Health impact assessments demonstrated PM2.5-related damages on the order of hundreds of billions of dollars per year. Morphological box of features is highlighted in Tab. 6.28. Key findings per persona are highlighted in Tab. 6.29.

6.2.3.14  Stockholm Public transport in Stockholm consists of bus, metro, regional/suburban rail, light rail, tram and archipelago boat operation in Stockholm County, Sweden. The bus and rail is organized by Storstockholms Lokaltrafik (Stockholm Transport, literally: Greater Stockholm Public Transport), SL, which is owned by the Stockholm County Council.

6  Einmal Zukunft und Zurück

143

Tab. 6.28  Morphological box of features Population | Bevölkerunga Area | Gebiet Density | Bevölkerungsdichte [in QM] Rail length | Schienennetz [in KM] Number of rail stations | Anzahl Bahnhöfe Public bus fleet size | Flottengröße öffentlicher Bus Daily ridership rail | Tägliche Fahrtenb mit dem Zug Daily ridership public bus | Tägliche Fahrtenb mit dem öffentlichen Bus Road length | Straßennetz [in KM] Median travel time | Verkehrsdichte Straße Number of motor vehicles | Anzahl Kraftfahrzeugec Number of private cars | Anteil Privat-Pkwd

0–5000 5000–10000 10000–15000 15000–20000 20000–25000 0–4000 4000–8000 8000–12000 12000–16000 16000–20000 0–4000 4000–8000 8000–12000 12000–16000 16000–20000

0–100

100–200

200–300

300–400

400–500

0–100

100–200

200–300

300–400

400–500

0–5000 5000–10000 10000–15000 15000–20000 20000–25000

0–2000 2000–4000

4000–6000

6000–8000

8000–10000

0–3000 3000–6000

6000–9000

9000–12000

12000–15000

0–6000 6000–12000 12000–18000 18000–24000 24000–30000 0–4

4–8

8–12

12–16

16–20

0–1000 1000–2000

2000–3000

3000–4000

4000–5000

0–600

1200–1800

1800–2400

2400–3000

600–1200

Population | Bevölkerung in ’000, b Daily riderships | Tägliche Fahrten in ’000, c Motor vehicles and private cars | Anzahl Kraftfahrzeuge und d Privat-Pkw in ’000

a

Tab. 6.29  Key findings per persona Personas Automobile firms Bus driver Freight authority Local authority Parking authority Policeman Traffic authority Traffic director Traffic Police

How to reduce traffic congestion Car safety crash test need to be made mandatory Make use of in-vehicle monitoring devices Improve availability of dynamic data like congestion and journey time for freight drivers Wheel clamping should be done against illegal parking Piloting pedestrian countdown Allocating parking space for specific users according to explicit priorities and criteria Make sure that traffic signals achieve Network stability and resilience Facilitating roles to bring comparable cities together Reviewing the cost of public parking so that it restrains non-essential journeys by car and reduces the overall demand for parking; (Fortsetzung)

B. Flügge

144 Tab. 6.29 (Fortsetzung) Personas Traffic sign controlling unit Traffic signal controlling authority Transport Manager Transportation authority

How to reduce traffic congestion Need to work on traffic signing on distributor roads and the positioning and prominence of street names on many roads within Singapore. When traffic signal is in sync, congestion can be caused along intersecting streets. Parking can be banned during those hours, adding a traffic lane near the intersection for right turning vehicles Give more priority towards park and ride schemes Pavement parking should be considered as illegal except where there are positively signed exemptions. These exemptions should be reviewed and should be clearly signed.

What are the main reasons behind traffic congestion in Stockholm? • Too many cars for the roadway due to inadequate mass transit options is one of the main reasons behind traffic congestion in Stockholm • Construction works also interfere with the traffic in Stockholm. How traffic congestion affects people? • Frequent stopping and starting due to traffic congestion burn fuel at a higher rate. Increased amount of emissions might result in global warming. • Traffic-related air pollution might even cause cardiovascular events. Morphological box of features is highlighted in Tab. 6.30. Key findings per persona are highlighted in Tab. 6.31.

6.2.3.15  Sidney Public transport in Sydney is provided by an extensive network of public transport operating by modes including road, rail and water transport. In terms of travel to work or study Sydney has the highest rate of public transport usage among the Australian capital cities of 26.3 % with more than 80 % of weekday trips to/from Central Sydney being made by public transport. What are the main reasons behind traffic congestion in Sidney? • Obstacles in the road causing a blockage and merger like double parking is one of the main reasons behind traffic congestion in Sydney • Land acquisition problems to introduce more public transportation methods. How traffic congestion affects people? • Increased chance of collisions due to tight spacing and constant stopping-and-going. • Too many pedestrians causing not permitting cars to turn. Morphological box of features is highlighted in Tab. 6.32. Key findings per persona are highlighted in Tab. 6.33.

6  Einmal Zukunft und Zurück

145

Tab. 6.30  Morphological box of features Population | Bevölkerunga Area | Gebiet Density | Bevölkerungsdichte [in QM] Rail length | Schienennetz [in KM] Number of rail stations | Anzahl Bahnhöfe Public bus fleet size | Flottengröße öffentlicher Bus Daily ridership rail | Tägliche Fahrtenb mit dem Zug Daily ridership public bus | Tägliche Fahrtenb mit dem öffentlichen Bus Road length | Straßennetz [in KM] Median travel time | Verkehrsdichte Straße Number of motor vehicles | Anzahl Kraftfahrzeugec Number of private cars | Anteil Privat-Pkwd

0–5000 5000–10000

10000–15000 15000–20000

20000–25000

0–4000 4000–8000 0–4000 4000–8000

8000–12000 8000–12000

12000–16000 12000–16000

16000–20000 16000–20000

0–100

100–200

200–300

300–400

400–500

0–100

100–200

200–300

300–400

400–500

0–5000 5000–10000

10000–15000 15000–20000

20000–25000

0–2000 2000–4000

4000–6000

6000–8000

8000–10000

0–3000 3000–6000

6000–9000

9000–12000

12000–15000

0–6000 6000–12000

12000–18000 18000–24000

24000–30000

8–12

12–16

16–20

0–1000 1000–2000

2000–3000

3000–4000

4000–5000

0–600

1200–1800

1800–2400

2400–3000

0–4

4–8

600–1200

Population | Bevölkerung in ’000, b Daily riderships | Tägliche Fahrten in ’000, c Motor vehicles and private cars | Anzahl Kraftfahrzeuge und d Privat-Pkw in ’000

a

Tab. 6.31  Key findings per persona Personas City Planner Civil servant Government Government

Local authority

How to reduce traffic congestion Should actively involve in development of key walking routes Improve pedestrian safety by separate walkways and secure overpasses Driving after consuming alcohol, using a phone while driving, dangerous driving, and car racing should be considered as illegal Need to enforce Driver Improvement Points System (DIPS) in which demerit points will be added to the driver’s record to deter drivers from infringing the rules-of-the-road and, if they do, suspend their driving license for a period of time Priority should be given for removing vehicles which obstruct traffic movement, where buses are affected, compared to those which are contravening designated parking place controls. (Fortsetzung)

B. Flügge

146 Tab. 6.31 (Fortsetzung) Personas Parking authority Policeman Professionals Toll authority Traffic authority Traffic Police Traffic researcher Traffic scientist Transport authority Transport director Transport Manager

How to reduce traffic congestion The cost of parking in car parks need to be deducted from the Cash Card inserted in the IU of the vehicle which eliminates the need for the car park to have an attendant Develop a comprehensive approach to the management of on-street and off-street parking. Need to move closer to work Electronic road pricing methods need to be implemented in tolls Make sure that traffic signal responds to local feedback and balance local demands Adequately signing parking and loading controls, while seeking to minimize sign clutter Real time feedback on driving styles and driving reports to focus training Introduce RFID Smart Cards for tickets which is a faster method and reduce delays Focus on cross rail, tube, DLR and Tram link extensions to reduce traffic congestion Provide better information on existing orbital journeys Road network improvement programs need to be implemented

Tab. 6.32  Morphological box of features Population | Bevölkerunga Area | Gebiet Density | Bevölkerungsdichte [in QM] Rail length | Schienennetz [in KM] Number of rail stations | Anzahl Bahnhöfe Public bus fleet size | Flottengröße öffentlicher Bus Daily ridership rail | Tägliche Fahrtenb mit dem Zug Daily ridership public bus | Tägliche Fahrtenb mit dem öffentlichen Bus

0–5000

5000–10000 10000–15000 15000–20000 20000–25000

0–4000 4000–8000 0–4000 4000–8000

8000–12000 8000–12000

12000–16000 16000–20000 12000–16000 16000–20000

0–100

100–200

200–300

300–400

400–500

0–100

100–200

200–300

300–400

400–500

0–5000

5000–10000 10000–15000 15000–20000 20000–25000

0–2000

2000–4000

4000–6000

6000–8000

8000–10000

0–3000

3000–6000

6000–9000

9000–12000

12000–15000

(Fortsetzung)

6  Einmal Zukunft und Zurück

147

Tab. 6.32 (Fortsetzung) Road length | Straßennetz [in KM] Median travel time | Verkehrsdichte Straße Number of motor vehicles | Anzahl Kraftfahrzeugec Number of private cars | Anteil Privat-Pkwd

0–6000

6000–12000 12000–18000 18000–24000 24000–30000

0–4

4–8

8–12

12–16

16–20

0–1000

1000–2000

2000–3000

3000–4000

4000–5000

0–600

600–1200

1200–1800

1800–2400

2400–3000

Population | Bevölkerung in ’000, b Daily riderships | Tägliche Fahrten in ’000, c Motor vehicles and private cars | Anzahl Kraftfahrzeuge und d Privat-Pkw in ’000

a

Tab. 6.33  Key findings per persona Personas Citizen City Planner Corporates Local authority Parking authority Policeman Tourist officer Traffic authority Traffic director Traffic police Traffic researcher Transport authority Transport direction Transport manager

How to reduce traffic congestion People need to actively participate in weekly no working day campaign Boosting Sea traffic Transport Mobility Management need to be adopted at corporate levels and awards can be given to firms who bring about the best results Parking attendants should be trained to provide consistent and fair enforcement standards. Car parks need to be equipped with sensors that can detect whether the position is filled or not. This information is processed and displayed in signs around the car park, which could direct drivers to areas where there are free spaces Police should give tickets to double parking that causes traffic congestion and not merely view summonses as a means to raise revenue Visitor strategy like park and ride facilities. Make sure that traffic signals accounts for local land use changes and tackles persistent congestion Need to implement more canal bus routes for transportation Strict enforcement of congestion charging strategies Improved traffic management tools for rapid detection and response to disruption Introducing super highways and cycle hire Give more focus on intelligent traffic control systems Improve cycle infrastructure, cycle training and safety

B. Flügge

148

6.2.3.16  Taipei The agency in charge of transportation is the Ministry of Transportation and Communications of Taiwan. Taipei offers different means of transportation like Conventional rail, Metro way, high speed rail and sea transportation. What are the main reasons behind traffic congestion in Taipei? • Obstacles in the road causing a blockage and merger for example Lane closure due to utility work is considered to be one of the main reasons behind traffic congestion in Taipei. • Too many trucks on the road due to inadequate rail freight opportunities • Failure to make change in routes due to companies resistance. How traffic congestion affects people? • Spillover effect from congested main arteries to secondary roads and side streets as alternative routes are attempted (‘rat running’), which may affect neighborhood amenity and real estate prices. Morphological box of features is highlighted in Tab. 6.34. Key findings per persona are highlighted in Tab. 6.35. Tab. 6.34  Morphological box of features Population | Bevölkerunga Area | Gebiet Density | Bevölkerungsdichte [in QM] Rail length | Schienennetz [in KM] Number of rail stations | Anzahl Bahnhöfe Public bus fleet size | Flottengröße öffentlicher Bus Daily ridership rail | Tägliche Fahrtenb mit dem Zug Daily ridership public bus | Tägliche Fahrtenb mit dem öffentlichen Bus

0–5000

5000–10000 10000–15000 15000–20000 20000–25000

0–4000 0–4000

4000–8000 4000–8000

8000–12000 8000–12000

12000–16000 16000–20000 12000–16000 16000–20000

0–100

100–200

200–300

300–400

400–500

0–100

100–200

200–300

300–400

400–500

0–5000

5000–10000 10000–15000 15000–20000 20000–25000

0–2000

2000–4000

4000–6000

6000–8000

8000–10000

0–3000

3000–6000

6000–9000

9000–12000

12000–15000

(Fortsetzung)

6  Einmal Zukunft und Zurück

149

Tab. 6.34 (Fortsetzung) Road length | Straßennetz [in KM] Median travel time | Verkehrsdichte Straße Number of motor vehicles | Anzahl Kraftfahrzeugec Number of private cars | Anteil Privat-Pkwd

0–6000

6000–12000 12000–18000 18000–24000 24000–30000

0–4

4–8

8–12

12–16

16–20

0–1000

1000–2000

2000–3000

3000–4000

4000–5000

0–600

600–1200

1200–1800

1800–2400

2400–3000

Population | Bevölkerung in ’000, b Daily riderships | Tägliche Fahrten in ’000, c Motor vehicles and private cars | Anzahl Kraftfahrzeuge und d Privat-Pkw in ’000

a

Tab. 6.35  Key findings per persona Personas Bus operators City Planner Corporates Government Major Professionals Toll collection units Tourist agency

Tourist office Traffic authority Traffic authority Traffic director Traffic director Transportation authority Transportation manager Travel agency

How to reduce traffic congestion Focus on punctuality, faster service, and maximum convenience for the citizens Construction of road tunnels can help to get rid of road congestion Minimize unnecessary travel demands Introduction of Rural Traffic Management Systems Implement smart traffic plans like real-time passenger information Car sharing Electronic Road Pricing Scheme in which cars are fitted with an in-vehicle unit that encompasses a pre-paid cash card. Toll collection can be done automatically from the cash card Alternative routes need to be available in newsletters for tourists Sustainable modes of transportation need to be available in newsletter for tourists Make sustainable methods of transportation available to tourists as soon as they arrive. Address safety concerns of pedestrians and cyclists by providing segregated right of ways though construction of cycle tracks and sidewalks Make sure that traffic signals could identify Practical limits on signal cycle time Create eco-friendly and efficient transport environment Establishment of integrated transit fare card system Introduction of exclusive lanes for cars which has greater than 2 occupants. Encourage the use of bikes by building more bike lanes Inform tourists about travel options before they arrive Launch of car shared database

B. Flügge

150

6.2.3.17  Tokyo Comprises a sector known as 23- ward which forms the special wards in Tokyo Metropolitan prefecture. The total population of the 23-ward is about two thirds of the population of Tokyo. The city has one of the most extensive railway networks in the world and one of the most used railway systems in the world in terms of annual passenger rides. What are the main reasons behind traffic congestion in Tokyo? • Obstacles in the road causing a blockage and merger for example road narrowing down is one of the main reasons behind traffic congestion in Tokyo • Congestion on roads made the buses always run late and move slowly, making the public in Tokyo increasingly reluctant to use buses which further increased traffic congestion. • Lack of mid to long term policies on the city’s bus services. How traffic congestion affects people? • Frequent stopping and starting due to traffic congestion burn fuel at a higher rate. • Increased amount of emissions might result in air pollution. Morphological box of features is highlighted in Tab. 6.36. Key findings per persona are highlighted in Tab. 6.37. Tab. 6.36  Morphological box of features Population | Bevölkerunga Area | Gebiet Density | Bevölkerungsdichte [in QM] Rail length | Schienennetz [in KM] Number of rail stations | Anzahl Bahnhöfe Public bus fleet size | Flottengröße öffentlicher Bus Daily ridership rail | Tägliche Fahrtenb mit dem Zug Daily ridership public bus | Tägliche Fahrtenb mit dem öffentlichen Bus

0–5000 5000–10000 10000–15000

15000–20000 20000–25000

0–4000 4000–8000 0–4000 4000–8000

8000–12000 8000–12000

12000–16000 16000–20000 12000–16000 16000–20000

0–100

100–200

200–300

300–400

400–500

0–100

100–200

200–300

300–400

400–500

0–5000 5000–10000 10000–15000

15000–20000 20000–25000

0–2000 2000–4000

4000–6000

6000–8000

8000–10000

0–3000 3000–6000

6000–9000

9000–12000

12000–15000

(Fortsetzung)

6  Einmal Zukunft und Zurück

151

Tab. 6.36 (Fortsetzung) Road length | Straßennetz [in KM] Median travel time | Verkehrsdichte Straße Number of motor vehicles | Anzahl Kraftfahrzeugec Number of private cars | Anteil Privat-Pkwd

0–6000 6000–12000 12000–18000

18000–24000 24000–30000

0–4

8–12

12–16

16–20

0–1000 1000–2000

2000–3000

3000–4000

4000–5000

0–600

1200–1800

1800–2400

2400–3000

4–8

600–1200

Population | Bevölkerung in ’000, b Daily riderships | Tägliche Fahrten in ’000, c Motor vehicles and private cars | Anzahl Kraftfahrzeuge und d Privat-Pkw in ’000

a

Tab. 6.37  Key findings per persona Personas Bus operators

How to reduce traffic congestion Identify optimal bus operation intervals and enhance the punctuality of bus operations based on GPS (global positioning system) and wireless communications. Citizen Actively volunteer for car free days Civil servant Introduction of low floor buses to help people with disabilities Civil servant Widening walkways and eliminate undersized and dead end walkways Government Congestion and heavy vehicle management Local authority Strict drug controls (for anyone in charge of a vessel) and zero blood alcohol controls need to be introduced for commercial vessel operators Parking authority Operate vehicle enforcement systems like Crackdown on violations of exclusive median bus lanes and illegal parking Public transportation Introduction of bus lanes need to be accompanied by a communication authority campaign Tourist agency Sustainable modes of transportation need to be available on the travel agency’s website for tourists Traffic authority Target degree of “saturation” Traffic director If there is inadequate green time, that should be corrected, if possible Traffic director Supply information on bus operations/offer bus detour and assignment orders Transportation Promotion of advanced transportation culture with citizens manager

6.2.3.18  Vienna Vienna has a well-developed public transport network. Buses, trains, trams and underground lines will take you almost anywhere in the city in no time at all. Vienna public transport Wiener Linien operates five underground lines, 29 tram and 90 bus lines, of which 24 are night lines. What are the main reasons behind traffic congestion in Vienna? • Staggering of trucks in multiple lanes is considered as one of the main reasons behind traffic congestion in Vienna

B. Flügge

152

• Overdevelopment in areas where the mass transit system is already overcrowded, and the road system is inadequate • Excessive regulation on bus company operations. How traffic congestion affects people? • Traffic congestion might result in wear and tear on vehicles due to idling in traffic and frequent acceleration and braking, which could lead to more frequent repairs and replacements. Morphological box of features is highlighted in Tab. 6.38. Key findings per persona are highlighted in Tab. 6.39. Tab. 6.38  Morphological box of features Population | Bevölkerunga Area | Gebiet Density | Bevölkerungsdichte [in QM] Rail length | Schienennetz [in KM] Number of rail stations | Anzahl Bahnhöfe Public bus fleet size | Flottengröße öffentlicher Bus Daily ridership rail | Tägliche Fahrtenb mit dem Zug Daily ridership public bus | Tägliche Fahrtenb mit dem öffentlichen Bus Road length | Straßennetz [in KM] Median travel time | Verkehrsdichte Straße Number of motor vehicles | Anzahl Kraftfahrzeugec Number of private cars | Anteil Privat-Pkwd

0–5000 5000–10000 10000–15000 15000–20000 20000–25000 0–4000 4000–8000 8000–12000 12000–16000 16000–20000 0–4000 4000–8000 8000–12000 12000–16000 16000–20000

0–100

100–200

200–300

300–400

400–500

0–100

100–200

200–300

300–400

400–500

0–5000 5000–10000 10000–15000 15000–20000 20000–25000

0–2000 2000–4000

4000–6000

6000–8000

8000–10000

0–3000 3000–6000

6000–9000

9000–12000

12000–15000

0–6000 6000–12000 12000–18000 18000–24000 24000–30000 0–4

4–8

0–1000 1000–2000 0–600

600–1200

8–12

12–16

16–20

2000–3000

3000–4000

4000–5000

1200–1800

1800–2400

2400–3000

Population | Bevölkerung in ’000, b Daily riderships | Tägliche Fahrten in ’000, c Motor vehicles and private cars | Anzahl Kraftfahrzeuge und d Privat-Pkw in ’000

a

6  Einmal Zukunft und Zurück

153

Tab. 6.39  Key findings per persona Personas Automobile firms BMS Center Bus companies Corporates Government Government Local authority

How to reduce traffic congestion Traffic data warehousing and analysis Offer bus service management and bus running log analysis Bus service monitoring and Bus running record analysis Encourage professionals to utilize company buses Auto enforcement of traffic violators Focus more on rail centered mass transit Operation efficiency need to be maximized for some problematic bus routes with too many curves or redundant long-range services Researcher Transportation simulation program that anticipates emergencies based on the speed of the vehicle Social welfare Publicity campaigns questioning car use and promote sustainable modes of transportation Traffic authority Ensure the vulnerable population’s access to public transportation Traffic director Upgrade of mass transit vehicles Traffic Researchers Implement methods like License plate recognition systems for traffic control Traffic scientist Analysis of boarding and alighting passengers per bus stop, and demand analysis per route. Transport director Implement better transportation methods like cross rails Transport Managers Better coordination and integration of transportation solutions Transportation Cashless – Payment via account (use of debit/credit cards) for cycle hire authority schemes which provides faster access to cycles

6.2.3.19  Warsaw Warsaw has seen major infrastructural changes over the past few years amidst increased foreign investment and economic growth. The city has a much-improved infrastructure with new roads, flyovers, bridges etc. Public transport in Warsaw is ubiquitous, serving the city with buses, tramways, and metro. What are the main reasons behind traffic congestion in Warsaw? • Individual incidents (such as accidents or even a single car braking heavily in a previously smooth flow) often cause ripple effects (a cascading failure) which then spread out and create a sustained traffic jam • Work zones is considered as one of the main reasons behind traffic congestion in Warsaw • Bus companies’ financial difficulties due to higher costs and lower ridership. How traffic congestion affects people? • Traffic congestion might result in in-cabin exposures for drivers in their vehicles which could pose serious health issues. Morphological box of features is highlighted in Tab. 6.40. Key findings per persona are highlighted in Tab. 6.41.

B. Flügge

154 Tab. 6.40  Morphological box of features Population | Bevölkerunga Area | Gebiet Density | Bevölkerungsdichte [in QM] Rail length | Schienennetz [in KM] Number of rail stations | Anzahl Bahnhöfe Public bus fleet size | Flottengröße öffentlicher Bus Daily ridership rail | Tägliche Fahrtenb mit dem Zug Daily ridership public bus | Tägliche Fahrtenb mit dem öffentlichen Bus Road length | Straßennetz [in KM] Median travel time | Verkehrsdichte Straße Number of motor vehicles | Anzahl Kraftfahrzeugec Number of private cars | Anteil Privat-Pkwd

0–5000 5000–10000 0–4000 4000–8000 0–4000 4000–8000

10000–15000 15000–20000 8000–12000 12000–16000 8000–12000 12000–16000

20000–25000 16000–20000 16000–20000

0–100

100–200

200–300

300–400

400–500

0–100

100–200

200–300

300–400

400–500

0–5000 5000–10000

10000–15000 15000–20000

20000–25000

0–2000 2000–4000

4000–6000

6000–8000

8000–10000

0–3000 3000–6000

6000–9000

9000–12000

12000–15000

0–6000 6000–12000

12000–18000 18000–24000

24000–30000

0–4

8–12

12–16

16–20

2000–3000

3000–4000

4000–5000

1200–1800

1800–2400

2400–3000

4–8

0–1000 1000–2000

0–600

600–1200

Population | Bevölkerung in ’000, b Daily riderships | Tägliche Fahrten in ’000, c Motor vehicles and private cars | Anzahl Kraftfahrzeuge und d Privat-Pkw in ’000

a

Tab. 6.41  Key findings per persona Personas Automobile firms Bus companies Civil servant

How to reduce traffic congestion Implement good communication with other systems Message transmission to bus Implementation of an Intelligent Urban Traffic Management System Based on a City Grid Infrastructure Corporates Professionals need to be given options for working as flexi-time Freight transport Reduce empty trips and coordinate supplies Government Implementation of exclusive median bus lanes Local authority Implementing motor cycles using bus lanes Social welfare Launching information on goals, projects, measures and benefits via internet on transport Management Traffic analyst Traffic data fusion and integration Traffic director Raising awareness and ‘mainstreaming’ cycling (Fortsetzung)

6  Einmal Zukunft und Zurück

155

Tab. 6.41 (Fortsetzung) Personas Traffic researcher Traffic scientist

Transportation authority Transportation manager

How to reduce traffic congestion Traffic information dissemination Information on all types of public transportation including the current location, estimated arrival time, first and last operation time of the day, operation status are available to the public via smartphone application, website, and others. Offer better streets for passengers and encourage commuters to depend on walking for covering short distances Implementation of methods to reduce the use of private motors vehicles through market mechanisms like decreased parking slots

6.2.3.20  Washington, D.C. Washington, D.C. has several different modes of transportation available for use like Metro, Commuter rail, Amtrak, Metro bus, tripper bus, Washington deluxe, DC Circulator, Inter-city bus. What are the main reasons behind traffic congestion in Washington, D.C.? • Bad weather is one of the main reasons behind traffic congestion in Washington • Traffic signals are out of sync many times on purpose or occasionally when the computers are malfunctioning. How traffic congestion affects people? • Delays caused by traffic congestion may result in late arrival for employment, meetings and education. Morphological box of features is highlighted in Tab. 6.42. Key findings per persona are highlighted in Tab. 6.43.

6.2.3.21  Angewandte Messkriterien Parameters used for measuring traffic management performance are as follows: Public transport Public transport supply is calculated in terms of rail network coverage (total rail length and total number of stations) and public bus fleet size. Public transport usage or demand This parameter refers to average daily ridership on public bus and rail. Average daily bus and rail ridership per person is calculated by measuring average daily bus and rail ridership with respect to total population of the city.

B. Flügge

156 Tab. 6.42  Morphological box of features Population | Bevölkerunga Area | Gebiet Density | Bevölkerungsdichte [in QM] Rail length | Schienennetz [in KM] Number of rail stations | Anzahl Bahnhöfe Public bus fleet size | Flottengröße öffentlicher Bus Daily ridership rail | Tägliche Fahrtenb mit dem Zug Daily ridership public bus | Tägliche Fahrtenb mit dem öffentlichen Bus Road length | Straßennetz [in KM] Median travel time | Verkehrsdichte Straße Number of motor vehicles | Anzahl Kraftfahrzeugec Number of private cars | Anteil Privat-Pkwd

0–5000 0–4000 0–4000

5000–10000 10000–15000 15000–20000 4000–8000 8000–12000 12000–16000 4000–8000 8000–12000 12000–16000

20000–25000 16000–20000 16000–20000

0–100

100–200

200–300

300–400

400–500

0–100

100–200

200–300

300–400

400–500

0–5000

5000–10000 10000–15000 15000–20000

20000–25000

0–2000

2000–4000

4000–6000

6000–8000

8000–10000

0–3000

3000–6000

6000–9000

9000–12000

12000–15000

0–6000

6000–12000 12000–18000 18000–24000

24000–30000

0–4

4–8

8–12

12–16

16–20

0–1000

1000–2000

2000–3000

3000–4000

4000–5000

0–600

600–1200

1200–1800

1800–2400

2400–3000

Population | Bevölkerung in ’000, b Daily riderships | Tägliche Fahrten in ’000, c Motor vehicles and private cars | Anzahl Kraftfahrzeuge und d Privat-Pkw in ’000

a

Rail ridership This is positively linked with rail density. In other words, accessibility is a crucial factor which impacts traveler’s choice to adopt public transport. Similarly, bus ridership is positively linked with bus fleet size. Correlation between the bus ridership and bus fleet size is stronger than the correlation between rail ridership and rail density. Time required for planning and developing rail infrastructure is more compared to that of developing bus infrastructure. Road density Road density is the ratio of the total road length (km) in a city to the total land area in the city. Road network length and car ownership Road network length and car ownership are two crucial parameters related to transportation performance of city. The road length comprises of expressways, collector and local roads inside the city, irrespective of they are directly operated by the city. Motor vehicles consist of cars, motorcycles, buses and goods vehicles.

6  Einmal Zukunft und Zurück

157

Tab. 6.43  Key findings per persona Personas Analyst Call center Citizen City Planner Civil servant

Corporates

Freight transportation Government Local authority Logistics Researchers

Traffic authority Traffic director Traffic scientists

Transportation authority Transportation manager

How to reduce traffic congestion Traffic flow monitoring and incident management Call center operators can inform units and agencies about traffic conditions and breakdowns Need to give more focus on walking and cycling Provide HOV lanes on highways Identify feasibility of Variable Message Signs which inform drivers about traffic conditions such as traffic density, accidents, road excavation works, weather conditions and direct drivers to alternative routes. Offer facilities like compressed working weeks for professionals where the number of hours remain the same but with elongated hours per day which reduce the number of working days Efficient distribution centers for goods need to be identified or upgraded. They shall allow rail and or ship access specially for heavy goods Introduction of a quasi-public bus operation system Accelerate buses through ITS Systems like signal prioritization and by bus lanes Include all suppliers into an overall urban logistical and distribution management systems Implementing vehicle-actuated signal timings to perceive the heaviness of an automobile and alters signals to serve the changing requirement which will help to reduce traffic congestion Maximize efficiency of road networks Reducing impact of utility companies’ work Remote Traffic Microwave Sensor which detects vehicle presence and calculates traffic parameters for multiple lanes, without being affected by weather conditions Allow cars with odd and even registration numbers on alternative days, which will force individuals to rely more upon carpooling services Improve Pedestrian, cyclist and bus priority measures

Car ownership Car ownership is measured in terms of the count of private cars owned by 100 individuals in a city. Higher value of car ownership is directly related to economic development. However higher car ownership indicates lower public mode of transportation.

6.3

Zurück in die Gegenwart

Kommen wir auf unser aktuelles Jahr zurück und beamen uns zurück in die Gegenwart. Mobilität der Zukunft, New Mobility und Future Mobility und viele weitere Anlässe und Vorhaben bestimmen den Drang und die Dringlichkeit, sich den Herausforderungen, wie wir sie in der Mobilitätsstudie dargestellt hatten, zu stellen. Statt konstruktiver und für die Allgemeinheit relevanter Positionsbestimmungen verwässert weiterhin der Skandal um Abgastests, Verschleierungen und Manipulation die doch so wich-

158

B. Flügge

tige Debatte um konstruktive und ganzheitliche Lösungen. Ob sich post-pandemisch hier eine veränderte Herangehensweise und endlich Handlungsbedarf einstellt, bleibt zu hoffen. In den bisherigen und nachfolgenden Kapiteln setzen wir unsere Expertise und Kreativität daran, Smart Mobility beschreibbar und umsetzbar zu machen! Unter Kap. 3 haben wir – so wie vor einigen Jahren – erstmals öffentlich unseren systemischen Denk- und Handlungsansatz auf Grundlage des Gestaltungsrahmens, dem Ökosystem, vorgestellt. Unser Denk- und Handlungsansatz, Ecosystems Thinking (https://www.digitizingecosystems.com oder direkt unter [email protected] zu buchen), hat mittlerweile in zahlreichen Workshops, Panels und Vorträgen Anwendung gefunden und Strategie- und Projektvorhaben nachhaltig beeinflusst. Wie die Realisierung von Smart Mobility im Einzelnen aufbereitet, aufgearbeitet und operativ gestaltet werden sollte, beschreiben wir in den nachfolgenden Kapiteln in Teil 2. Die darin vorgestellten Szenarien sind teils real und teils fiktiv. Die Fiktion hierbei wird hoffentlich weiter von kurzer Dauer sein. Seit dem Erscheinen der Erstausgabe im Jahr 2016 sind zwar mehr als drei Jahre ins Land gegangen. Ein regelrechter Hürdenlauf an Formalien und Abstimmungen zu besserer und ganzheitlicherer Mobilität hat sich für kommunale Entscheider, Vorwärtsdenker und Macher aufgetan und ist mit Blick auf gegenwärtige und geplante Förderungen nicht wegzudenken. Eine erfrischende positive Abwechslung bot uns das Land Saarland, das unser Expertenwissen für die Enquetekommission Digitalisierung gebucht hatte. Entscheidungen in vielen Städten und Gemeinden verharren im Planungs- und Pilotierungsstatus. Mutige Bürgermeister, Gemeinderäte, Initiatoren und Einzelkämpfer bleiben auf sich gestellt und kämpfen mit Gleichgesinnten um moderne Reformen und die ­Aufhebung unnötiger und verkrusteter Hürden. Teil 2 des Buches zeigt an Beispielen, dass es auch anders gehen kann. Teil 3 führt in Methoden und Modelle ein für eine erfolgreiche Umsetzung von Smart Mobility in methodischer, gestalterischer, technologischer und organisatorischer Hinsicht. Transformationsfähigkeit setzen wir dabei mit Konsens, Kreativität und Konsequenz (K3) gleich. Teil 4 schließt den Kreis von Hintergrundwissen, Innovationen, Szenarien, Architekturen – systemisch und digital, sozial und gesellschaftlich – und öffnet zugleich Ihren eigenen Denkraum und gibt Handlungsempfehlungen preis und Ideen für eine nachhaltige Mobilität, die allen offen steht.

6  Einmal Zukunft und Zurück

159

Literatur 1. United Nations (2014) World’s population increasingly urban with more than half living in urban areas. http://www.un.org/en/development/desa/news/population/world-urbanization-prospects-2014.html. Zugegriffen am 12.11.2019 2. Daimler (2019) Daimler und BMW bündeln Mobilitätsdienste. https://www.daimler.com/konzern/bmw-und-daimler.html. Zugegriffen am 01.09.2019 3. NZZ (2019) Smart kommt bald aus China: Daimler gründet Joint Venture mit Geely. https:// www.nzz.ch/mobilitaet/auto-mobil/smart-wird-chinesisch-joint-venture-daimler-geely-ld.1470753. Zugegriffen am 29. März 2019 4. Hydrogen Council (2019) G20 in Japan: hydrogen takes centre stage. http://hydrogencouncil. com/. Zugegriffen am 21.06.2019 5. Gasworld (2019) Tokyo 2020 Olympic Games to use hydrogen fuel. https://www.gasworld.com/ tokyo-2020-olympic-games-to-use-hydrogen-fuel-/2016200.article. Zugegriffen am 02.06.2019 6. IOC (2019) IOC receives delivery of zero-emission hydrogen fuel cell vehicles from Toyota. https://www.olympic.org/news/ioc-receives-delivery-of-zero-emission-hydrogen-fuel-cell-vehicles-from-toyota. Zugegriffen am 12.06.2019 7. auto-motor-und-sport (2019) Erfinder will Streetscooter zurückkaufen. https://www.sueddeutsche.de/wirtschaft/deutsche-post-streetscooter-e-autos-transporter-1.4581766. Zugegriffen am 04.09.2019 8. Süddeutsche Zeitung (2019) Bosch vermietet Streetscooter an Baumärkten Deutsche Post baut eigene Elektroautos. http://www.sueddeutsche.de/auto/streetscooter-deutsche-post-baut-eigene-elektroautos-1.2932192. Zugegriffen am 04.11.2019 9. NZZ (2019) Das Niederdorf des 21. Jahrhunderts. https://www.nzz.ch/zuerich/the-circle-dasniederdorf-des-21-jahrhunderts-ld.153449. Zugegriffen am 03.09.2019 10. Microsoft (2019) Microsoft to become strategic partner for the digitalization of THE CIRCLE. https://news.microsoft.com/de-ch/2018/05/16/microsoft-to-become-strategic-partner-for-the-digitalization-of-the-circle/. Zugegriffen am 04.09.2018 11. Flügge B (2018) Smart Mobility in der Praxis: Das Auto – unverzichtbar für den intermodalen Verkehr? https://www.springer.com/de/book/9783658219598. Zugegriffen am 04.11.2019 12. Zwicky F (1966) Entdecken, Erfinden, Forschen im morphologischen Weltbild. Droemer/Knaur, München/Zürich

Teil II Smart Mobility im Einsatz

7

Nutzungsszenarien I Stefanie Baumann und Michael Püschner

Zusammenfassung

Mobilität ist ein Grundbedürfnis der Menschen. Sie fördert Begegnungen zwischen Menschen und ermöglicht den Austausch von Waren. Die zunehmende Mobilität bringt jedoch nicht nur Vorteile mit sich. Auch die Kosten für Mensch und Umwelt steigen. Daher ist die Gesellschaft auf der Suche nach neuen Mobilitätslösungen. Neben der Elektromobilität wird dabei die Vernetzung und Automatisierung des Verkehrs eine wichtige Rolle spielen. In Kombination mit autonomen Shuttles und multimodalen Verkehrsdiensten verändern alternative Antriebsstränge in Zukunft unsere Fortbewegung. Gelingt die Mobilitätswende, dann lösen sich klassische Grenzen zwischen individuellen und öffentlichen Verkehrsmitteln auf und schaffen Raum für neue, innovative Geschäftsmodelle. Der vorliegende Beitrag strukturiert bereits vorhandene Smart Mobility-­Anwendungen anhand eines Schichtenmodells für digitale Infrastrukturen. Die große Bandbreite der Beispiele zeigt, wie weit fortgeschritten einige Anwendungen bereits sind. Mobilität ist ein Grundbedürfnis der Menschen. Sie fördert Begegnungen zwischen Menschen und ermöglicht den Austausch von Waren. In einer hochvernetzten Welt, in der den Logistiknetzwerke ganzen Globus umspannen und Reisen immer einfacher möglich werden, ist Mobilität ein fundamentaler Bestandteil unserer Wirtschaft und Gesellschaft. Sie ist ein kritischer Erfolgsfaktor für eine moderne und wettbewerbsfähige Industriegesellschaft. Kurzum: Mobilität schafft Wohlstand und gesellschaftliche Teilhabe. S. Baumann (*) Helmholtz-Gemeinschaft Deutscher Forschungszentren e.V., Berlin, Deutschland E-Mail: [email protected] M. Püschner AUDI, Schweitenkirchen, Deutschland E-Mail: [email protected] © Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2020 B. Flügge (Hrsg.), Smart Mobility, https://doi.org/10.1007/978-3-658-26980-7_7

163

164

S. Baumann und M. Püschner

Trotz digitaler Kommunikationswege hat das individuelle Mobilitätsbedürfnis der Menschen drastisch zugenommen. Durch das exponentielle Wachstum des Onlinehandels mit ständigen Verfügbarkeiten und ,Same-Day-Delivery‘ nimmt zeitgleich der Lieferverkehr zu – lokal und global. Auch Effizienzsteigerungen in der Logistik oder ein niedrigeres Weltwirtschaftswachstum, wie zum Beispiel derzeit durch geringere Wachstumsraten in China, werden das Verkehrsaufkommen nicht nachhaltig senken So wird laut Prognosen des Bundesverkehrsministerium die Verkehrsleistung in Deutschland bis 2030 beim Gütervekehr auf 837,6 Milliarden Tonnenkilometer (+38 % gegenüber 2010) und beim Personenverkehr auf 1328,7  Milliarden Personenkilometer (+12  % gegenüber 2010) anwachsen. [1] Die zunehmende Mobilität bringt jedoch nicht nur Vorteile mit sich – auch die Kosten für Mensch und Umwelt steigen. Der wachsende Verkehr führt zu mehr Stau, Unfällen und Lärm und hat höhere Umweltbelastungen, wie die Versiegelung großer Flächen oder CO2-Emissionen, zur Folge. Was unsere Gesellschaft benötigt, sind neue Mobilitätskonzepte und -lösungen, die zum einen ein Verkehrssystem ermöglichen, das die negativen, externen Effekte minimiert. Außerdem gilt es, Menschen einerseits den Zugang zur Mobilität zu verschaffen und in diesem Sinne zu gesellschaftlicher Teilhabe zu verhelfen und zum anderen die wirtschaftliche Wertschöpfung zu berücksichtigen. Neben der Elektromobilität wird die Vernetzung und Automatisierung des Verkehrs eine wichtige Rolle in der Weiterentwicklung unseres Mobilitätssystems spielen. Als Treiber der Mobilitätswende werden alternative Antriebsstränge in Kombination mit autonomen Shuttles und multimodalen Verkehrsdiensten unsere heutige Form der individuellen Fortbewegung massiv verändern. Damit gehen innovative Entwicklungen neuer Geschäftsmodelle der Smart Mobility einher. Smart Mobility wird als Dienstleistung gedacht  Smart Mobility zeichnet sich durch das Auflösen klassischer Verkehrsbereiche aus: hier Schienenverkehr, dort Straßenverkehr, hier Personenverkehr, dort Logistik – diese strikte Trennung gehört in einem von acatech (Deutsche Akademie der Technikwissenschaften) [2] skizzierten Zielbild für den Straßenverkehr 2030 der Vergangenheit an. Im Mittelpunkt steht der Wunsch des Kunden, von A nach B zu kommen – möglichst schnell, bequem, kostengünstig und nachhaltig. Mobilität wird somit zur Dienstleistung und weniger abhängig von einem spezifischen Verkehrsträger. Der Nutzer wird nur noch einen Bruchteil der Prozesse und Interaktionen der einzelnen Akteure wahrnehmen. Wie bei der Nutzung von Smartphones werden in einer „smarten Mobilitätswelt“ die Prozesse im Hintergrund organisiert. Smart Mobility braucht digitale Plattformen und technische Infrastruktur  Auf Basis der technischen Infrastruktur, wie zum Beispiel der satellitenbasierten, mobilfunkbasierten (LTE/5G/6G) oder WLAN-basierten Kommunikationstechnologien (Smart Spaces), vernetzen sich künftig herstellerübergreifend Fahrzeuge, weitere Verkehrsträger und verkehrstechnische Infrastrukturelemente (Smart Products). Die vernetzten Geräte sammeln eine Vielzahl von Daten, die zum Beispiel mit Hilfe maschineller Lernverfahren, Virtualisierungstechnologien und Cloud Computing zu neuem Wissen verknüpft werden

7 Nutzungsszenarien I

165

Abb. 7.1  Struktur der Smart Service-Welt (acatech 2015)

können (Smart Data). Auf Basis dieser intelligenten Daten können individualisierte Services aufgebaut werden, die digitale Mobilitätsanwendungen wie Bahn, Bus, Mietfahrrad, Taxi und Carsharing-Auto anhand der Präferenzen des Nutzers miteinander kombinieren. Unter Leitung von Henning Kagermann und Frank Riemensperger hat acatech bereits 2015 eine Strukturierung der Smart Service-Welt Abb. 7.1 vorgenommen, die die unterschiedlichen Akteure und ihre Rolle innerhalb eines digitalen Ökosystems beschreibt. Die folgenden Anwendungsfälle und Nutzungsszenarien ordnen sich direkt in eine der in der Abbildung aufgeführten Schichten (Smart Spaces, Smart Products, Smart Data, Smart Services) innerhalb des Mobilitätssystems ein. Andere Nutzungsszenarien verdeutlichen das Zusammenspiel von Mobilitäts Plattformen und den Nutzern. Dabei geht allen Szenarien voraus: Der Nutzer steht im Mittelpunkt. Neue Mobilitätslösungen werden nur erfolgreich sein, wenn der Mehrwert für den Anwender erkennbar ist, zum Beispiel bei Zeiteinsparungen durch optimierte Routenplanung oder ein einheitliches, komfortables Bezahlsystem für verschiedene Verkehrsträger. Darüber hinaus werden die jeweiligen Szenarien durch Beispiele ergänzt, die verdeutlichen, welche Smart Mobility Services bereits heute im Markt bzw. in der Testphase sind.

7.1

Smart Services

7.1.1 M  obilitätsplattformen zur Routenoptimierung und verkehrsträgerübergreifende Ticketbuchung Hindernisse für ein multimodal gelebtes Verkehrssystem liegen in der scharfen Trennung zwischen Auto, Zug und Bus. Mobilitätsplattformen sind ein erster Schritt, um die räumlich getrennten Verkehrsträger zusammenzuführen. Sie zeigen dem Nutzer die optimale

166

S. Baumann und M. Püschner

Route an und ermöglichen eine verkehrsträgerübergreifende Ticketbuchung. Integriert in die Navigation eines Fahrzeuges kann die Mobilitätsplattform im Falle eines vorausliegenden Staus nicht nur eine alternative Verkehrsroute, sondern auch den Umstieg auf öffentliche Verkehrsmittel wie U-, S- oder Regionalbahn vorschlagen. Entscheidet sich der Fahrer für die Option des Umstiegs, leitet das Fahrzeug ihn zur nächsten Bahnstation, bucht das benötigte Bahnticket auf dem digitalen Marktplatz. Um die Dauer der Parkplatzsuche zu reduzieren, erhält das Fahrzeug Informationen über freie Parkplätze an der Bahnstation und kann umgehend einen passenden Parkplatz reservieren und ansteuern. Beim Verlassen des Fahrzeuges an der Bahnstation übernimmt die Navigation des Smartphones oder der Smartwatch die weitere Begleitung der Reise und leitet den Fahrer mit einer Indoor-Navigation zum richtigen Bahnsteig. Beispiel für Mobilitätsplattformen  Es gibt schon heute viele Plattformen, die individuell die beste Route von A nach B zusammenstellen. Sie kombinieren öffentlichen Personennahverkehr, Carsharing, Taxis, Mietfahrräder und Fernzüge, mitunter sogar Flüge, und bieten dem Nutzer verschiedene Routenoptionen an, um das gewünschte Ziel zu erreichen. Die meisten dieser Plattformen sind reine Informationsplattformen. Mobilitätsplattformen wie moovel [3] oder Qixxit [4] gehen einen Schritt weiter: Über diese Plattformen und ihre Applikationen kann der Nutzer bundesweit Carsharing-­ Fahrzeuge, Taxis oder Fernzüge über ein persönliches Konto direkt buchen und bezahlen. Eine Weiterleitung auf die Partnerseiten für die Ticketbuchung wird damit hinfällig. moovel bietet heute eine digitale Plattform für verschiedene öffentliche Verkehrsunternehmen und integriert ebenfalls Ride- und Bike-Sharing-Dienste.

7.1.2 Parkraumsuchverkehr Durch automatisierte Parkdienste („Valet Parking“) in Kombination mit intelligenten Parkleitsystemen kann die Parkraumsuche zeitlich deutlich verringert und vorhandener Parkraum effizienter genutzt werden. Das reduziert vor allem in den Ballungsräumen das beträchtliche Verkehrsaufkommen durch Parksuchverkehr und erleichtert den Übergang zwischen unterschiedlichen Verkehrsträgern. Beispiel für intelligente Parkplatzsuche und -buchung  Für den Parkraumsuchverkehr gibt es mittlerweile eine Vielzahl von Lösungsbeispielen von Startups (z.  B.  Parkster, parkpocket, ParkHere, ParkMan, parkenDD), Kommunen (z. B. HandyParken München) und Automobilherstellern (z. B. ParkNow, wePark). Die meisten Applikationen kommen dabei ohne größere technische Ausrüstungen von Straßenabschnitten aus.

7 Nutzungsszenarien I

167

7.1.3 Vernetzte und Automatisierte Logistik Während die Automatisierung von Logistikketten in der Produktion und und in Warenlagern bereits weit fortgeschritten ist, profitiert die Transportlogistik zunehmend von der Vernetzung. Insbesondere die Logisitik auf der „letzten Meile“ einer Transportkette bei der Zustellung an die Kunden profitiert von offenen Plattformen. Hier können die unterschiedlichen Akteure (Lager- und Transportpersonal, Kunden etc.) eingebunden werden. Smart Services erlauben eine effiziente Logistik der „letzten Meile“ einer Transportkette bei der Zustellung an Privat- und Gewerbekunden. Automatisch gesteuerte Transporter liefern ihre Pakete bei stationären Packdepots oder mobilen „Depots auf Rädern“ ab, die im Innenstadtbereich oder im Wohngebiet entweder installiert sind oder auf Bestellung vorbeifahren. Automatisierte Fahrzeugsteuerung beseitigt viele Zustellungs-probleme, die wir heute kennen: So reduzieren sich etwa die Transportzeiten und somit Wartezeiten für den Kunden, und es werden höhere Taktfrequenzen möglich. Digital-gesteuerte Logistikprozesse optimieren die Zustellzeiten ebenfalls zur Reduktion der wachsenden Verkehrsdichte, um Umweltbelastungen, insbesondere in dicht besiedelten Gebieten, zu vermeiden und Logistikkosten zu senken. Fahrerlose Flotten bieten Kurierdiensten eine kostengünstige Alternative für die kurzfristige Zustellung von Lieferungen auf geringen Distanzen und eröffnen somit neue Geschäftsmodelle für umgebungsgebundene Dienstleistungsunternehmen. Auch Ride-Sharing-Dienste kombinieren Personen- und Paketbeförderung in lokalen Quartieren. Insbesondere Geschäftsmodelle basierend auf „Same-­ Day-­Delivery“ werden durch die Optimierung des Fernverkehrs mit selbstfahrenden Lkw ermöglicht. Die komplette Transportkette wird schneller und effizienter. Beispiel für die autonome letzte Meile  Die Firma Starship Technologies [5] möchte mit kleinen automatisierten Gefährten, in denen nicht mehr als zwei Einkaufstauschen passen, eine kostengünstige Liefermöglichkeit für die letzte Meile anbieten. Dabei kann der Empfänger über eine Applikation die Lieferung ordern, ein passendes Lieferzeitfenster einstellen und die Position des „Liefer-Bots“ verfolgen. Mit der zugehörigen App kann schließlich auch die Lieferbox des Bots geöffnet werden. Die Firma Cleveron bietet zudem automatisierte Paketdepots, die per Smartphone bedient werden können. Auch andere Unternehmen experimentieren mit autonomen Transportmöglichkeiten für die letzte Meile. Paketdrohnen werden bereits in speziellen Einsatzgebieten eingesetzt, die Integration in den urbanen Luftraum ist derzeit vor allem Gegenstand von Forschungsarbeiten, beispielsweise am DLR [6].

7.1.4 Neue Flexibilität im öffentlichen Verkehr Das autonome öffentliche Verkehrsshuttle (ÖV-Shuttle) steuert die Passagiere automatisch durch den Verkehr und ist eine Mischung aus Mitfahrzentrale, Taxi und Carsharing. Je

168

S. Baumann und M. Püschner

nach Zweck und Nachfrage ist der ÖV-Shuttle mit zwei bis zehn Plätzen ausgestattet, kann aber auch mit Logistiktransporten kombiniert werden. Die Fahrgäste bestellen das ÖVShuttle in der gewünschten Variante über eine Applikation und besteigen den Shuttle an einer der zahlreichen virtuellen Haltestellen, die auf einer Online-Karte markiert sind. An den virtuellen Haltestellen können Passagiere ein- und aussteigen, ohne dass dabei der übrige Verkehr beeinträchtigt wird. Der Shuttle ist in der Lage, selbstständig eine optimale Routenkombination für verschiedene Fahrgäste zu errechnen und die Fahrtzeit vorab mit hoher Genauigkeit zu prognostizieren. Beispiel für digitale Fahrdienste  Im innerstädtischen Verkehr sind heute einige Firmen zu beobachten, die als Game Changer die Spielregeln eines Marktes komplett verändern können. Dazu zählen Ridesharing- und Rideselling-Services wie beispielsweise Uber [7], Waymo [8], Didi Chuxing, Lyft [9], Flinc [10] oder Wundercar [11]. Über ihre Fahrdienste werden Fahrgäste an Mietwagen mit Fahrer, private Fahrer, reguläre Taxis oder perspektivisch an autonome Shuttle vermittelt. Die Plattformen besitzen selbst keine Fahrzeuge, können aber bereits heute auf einen umfangreichen Pool an aktiven Fahrern zurückgreifen. Das erklärte Ziel ist, Fahrzeuge besser auszulasten und damit insbesondere den urbanen Verkehr zu reduzieren. Durch die Auflösung der klassischen Grenzen zwischen Individualverkehr und öffentlichem Verkehr wurde in Deutschland eine breite Debatte über das derzeitige Personenbeförderungsgesetz angeregt. Die Positionierung einiger Fahrdienstanbieter wie Uber oder Lyft als Anbieter autonomer Roboter-Taxen deutet sich bereits heute als Entwicklung an, die in absehbarer Zukunft realisiert werden könnte Auch deutsche Anbieter positionieren sich zunehmend im Bereich der digitalen Fahrdienste und versuchen sich im Vergleich zur internationalen Konkurrenz nicht als Gegenspieler des ÖPNV zu etablieren. Dazu zählen der Ridesharing-Service Moia [12] des Volkswagenkonzerns in Hannover, der allygator shuttle [13] von door2door oder der BerlKönig [14] der Berliner Verkehrsbetriebe BVG in Berlin sowie der ioki-Shuttle der Verkehrsbetriebe Hamburg-Holstein VHH in Hamburg [15]. Größter Akteur mit Angeboten in den sieben größten Städten Deutschlands ist aktuell das Berliner Startup Clevershuttle [16], das mehrheitlich der Deutschen Bahn gehört.

7.2

Smart Data

Digitale Karten sammeln Echtzeit-Daten und entwickeln daraus neue Informationen für Kartennutzer  Die Nutzung digitaler Karten ist mittlerweile zur Selbstverständlichkeit für einen Großteil der Menschen geworden, die sich entweder mit dem Auto, dem Fahrrad oder zu Fuß bewegen. Bewegungsdaten, die dabei gesammelt werden, tragen ab einer kritischen Masse dazu bei, Verkehrsinformationen in Echtzeit widerzugeben. So kann etwa dem Autofahrer während der Fahrt eine alternative Route vorgeschlagen werden, um Staus zu umfahren. Dies spart Zeit und verringert Umweltbelastungen durch

7 Nutzungsszenarien I

169

Stauverkehr. Neben Geodaten, die sich grundsätzlich auf geografische Referenzpunkte und den Zeitpunkt beziehen, können aber auch Daten über Freizeit- und Kulturangebote, aktuelle Wetter- und Umweltdaten oder Daten zu öffentlichen Einrichtungen wie Kinderspielplätzen oder Schwimmbädern visualisiert werden.

Beispiele für intelligente Verkehrssteuerung  Der Kartenhersteller HERE [17] stattet bereits eine Vielzahl von Fahrzeugen mit Onboard-Navigation aus. Die Verfügbarkeit und die Auswertung von herstellerübergreifenden Daten verbessern die Verkehrsinformationen, die dem Nutzer in Echtzeit zur Verfügung gestellt werden. Die intelligente Routenführung könnte beispielsweise vorschlagen, den Einkauf auf dem Weg nach Hause vorzuziehen, um Stauzeiten zum Feierabend zu umgehen. Dabei können Nutzerpräferenzen basierend auf historischen Bewegungsdaten oder etwa die Verfügbarkeit von Ladesäulen in die Routenplanung einfließen. Intelligente Lokalisierungsdienste bringen auch gesellschaftlichen Nutzen. Die Firma Aclima [18] etwa arbeitet zusammen mit der US-amerikanischen Umweltschutzagentur (EPA), Universitäten und Google daran, Umweltdaten wie etwa Stickstoff- und Kohlenstoffbelastung durch Abgase sowie Smog zu messen. Neben den stationären Messeinheiten von der EPA werden Sensordaten von Fahrzeugen auf einer Plattform gesammelt. So wird die Luftverschmutzung über einen Tag an verschiedenen Orten einer Stadt aufgezeichnet. Darauf basierend können Lösungen für eine Verringerung der Schadstoffbelastung, wie etwa eine Entlastung bzw. Geschwindigkeitsbegrenzung für bestimmte Streckenabschnitte, eingeführt werden – oder die intelligente Navigationssoftware passt die Route entsprechend eines möglichst niedrigen zusätzlichen Schadstoffausstoßes an.

7.3

Smart Products

Kommunikation zwischen Fahrzeugen, Radfahrern, Ampelsystemen und öffentlichem Nahverkehr  Schon heute werden Fahrzeuge, Ampeln und lokale Rechenzentren in Feldversuchen miteinander vernetzt. Gegenstände werden so zu intelligenten Objekten. Voraussetzung für das Internet der Dinge ist die digitale Anschlussfähigkeit der Produkte und Gegenstände, die mithilfe von Sensoren physische Daten aus der Umgebung sammeln, die lokal und global in Echtzeit zur Verfügung stehen. Fahrzeuge, Ampeln oder Laternen agieren dabei als vernetzte physische Plattformen. Die gesammelten Daten werden über cloudbasierte Plattformen oder direkt mit Gegenständen oder Verkehrsteilnehmern ausgetauscht. Auf diese Weise kann die Effizienz und Sicherheit des Verkehrs wesentlich erhöht werden.

S. Baumann und M. Püschner

170

Beispiel für Verkehrsoptimierung „Grüne Welle“  Dank intelligenter Ampeln („smartPORT Traffic Light“) [19] werden Personen und Waren schneller durch das Hafenareal gelenkt und damit der stetig anwachsende Hafenverkehr optimiert: eine grüne Welle sozusagen. Damit Ampeln und Lkw kommunizieren können, werden Lkw in dem Pilotprojekt des Hamburger Hafens mit RFID-Chips ausgestattet. Rollt ein Lkw an eine Ampel, registriert die Ampel den Lkw und kann die Grünphase vorziehen oder verlängern, damit der Lkw ohne Anhalten die Ampel passieren kann Das Thema „Grüne Welle“ bleibt aber nicht nur auf den Auto- oder LKW-Verkehr beschränkt. Beispielsweise können Radfahrer in Marburg mit der SiBike-App von Siemens an Ampeln grünes Licht anfordern und so ihre eigene grüne Welle gestalten.

7.4

Smart Spaces

Technische Infrastruktur als Grundlage für Smart Mobility  Um das Zusammenspiel der verschiedenen Verkehrsträger und unterschiedlichen Technologien zu gewährleisten, ist eine grundlegende technische Infrastruktur notwendig, die u.  a. die Kommunikation zwischen Beteiligten, Fahrzeugen, digitalen Plattformen und den Infrastrukturelementen mögl ich macht. Eine für den Straßenverkehr ausreichende Vernetzung erfordert unterschiedliche Informations- und Kommunikationstechnologien. Flächendeckendes Breitband ist für Echtzeitübertragungen ebenso notwendig wie konvergente Netze, d. h. Festnetz und Mobilfunk, die einen einheitlichen Standard benutzen (All-IP-Netze). In Zukunft werden zusätzlich zu den Fahrzeugen auch Lichtschaltanlagen oder Straßenschilder mit den Verkehrsteilnehmern kommunizieren, um etwa den Verkehrsfluss zu optimieren oder dem autonomen Fahrzeug Informationen zu übertragen.

Beispiel für ein auf 5G basierendes Intelligentes Verkehrssystem  Ein Intelligentes Verkehrssystem (IVS) beinhaltet u. a. die Datenkommunikation über Mobilfunk. Die 5. Generation (5G) wird den Datenaustausch über 4G (LTE und LTE-A) aber nicht nur weiterentwickeln, sondern zusätzlich kritische Anforderungen des Mobilitätssektors berücksichtigen. Dazu zählen niedrigere Latenzzeiten, Zuverlässigkeit und Verfügbarkeit sowie energiesparende Kommunikationsprotokolle der 5G-Technologie. Die 5G-Netze ermöglichen den Fahrzeugen die direkte Kommunikation miteinander und mit anderen Geräten.

7.5

Ein neues Rollenverständnis

Die beschriebenen Anwendungsfälle geben nur einen ersten Einblick in die Entwicklungsmöglichkeiten von Smart Mobility. Einige Anwendungen stehen noch ganz am Anfang der Entwicklung; andere zeichnen sich bereits heute ab; wiederum andere sind bereits im Alltag der Menschen angekommen. Entscheidend für die Umsetzung von Smart Mobility-­

7 Nutzungsszenarien I

171

Services ist ein Ökosystem, digital Dabei zeigt sich, dass die Ökosysteme noch nicht weit genug gefasst werden und an alten Unternehmensgrenzen enden. Vor allem im internationalen Wettbewerb reicht es nicht, unternehmenseigene Ökosysteme aufzubauen. Um die nötige Saklierung bei den Nutzerzahlen zu erreichen, bedarf es das Zusammenwachsen der bestehenden herstellerzentrierten Ökosysteme. Dies zeigt nicht zuletzt die aktuelle Fusion von DriveNow und Car2go sowie deren Services Moovel, ReachNow, MyTaxi, Chauffeur Privé, Clever Taxi, Beat, ParkNow, Parkmobile, ChargeNow und Digital Charging Solutions. Die Fusion von verschiedenen Services in einem Unternehmen ist aber nur eine Handlungsoption. Auch ohne Fusionen ist der Aufbau herstellerübergreifer Ökosysteme möglich. Die Automobilindustrie erprobt hierzu aktuell das Konzept „NEVADA-Share & Secure“ (Neutral Extended Vehicle for Advanced Data Access) [20], das sowohl einen nachhaltigen Schutz der Fahrzeugsicherheitsspähre wie auch der Geschäftsinteressen aller wirtschaftlichen Akteure bieten soll.

Literatur  1. Clever Shuttle (2020) https://www.clevershuttle.de/#intro. Zugegriffen am 12.04.2020 2. acatech (2020) Die Stimme der Technikwissenschaften. http://www.acatech.de/. Zugegriffen am 15.04.2020 3. moovel (2020) The moovel app. https://www.moovel.com/worldwide, zugegriffen am 12.04.2020 4. Qixxit (2020) Qixxit Website. https://www.qixxit.de/. Zugegriffen am 12.04.2020 5. Starship Technologies (2020) What’s my name? https://www.starship.xyz/. Zugegriffen am 12.04.2020 6. DLR (2020) https://www.dlr.de/fl/desktopdefault.aspx/tabid-1149/1737_read-50670/. Zugegriffen am 12.04.2020 7. Uber (2020) https://www.uber.com/ch/de/. Zugegriffen am 12.04.2020 8. Waymo (2020) https://waymo.com. Zugegriffen am 12.04.2020 9. Lyft (2020) https://www.lyft.com/. Zugegriffen am 12.04.2020 10. Flinc (2020) https://flinc.org/. Zugegriffen am 12.04.2020 11. Wunder (2020) https://www.wundermobility.com/. Zugegriffen am 12.04.2020 12. Moia (2020) https://www.moia.io/de. Zugegriffen am 12.04.2020 13. allygator shuttle (2020) https://www.allygatorshuttle.com. Zugegriffen am 12.04.2020 14. BerlKönig (2020) https://www.berlkoenig.de/. Zugegriffen am 12.04.2020 15. ioki-Shuttle (2020) https://vhhbus.de/ioki-hamburg/. Zugegriffen am 12.04.2020 16. Clevershuttle (2020) https://www.clevershuttle.de. Zugegriffen am 12.04.2020 17. HERE (2020) https://here.navigation.com/europe/de. Zugegriffen am 12.04.2020 18. Aclima (2020) https://aclima.io/. Zugegriffen am 12.04.2020 19. Hamburg Port Authority (HPA) (2019) SMARTPORT  – Der intelligente Hafen. https://www. hamburg-port-authority.de/de/hpa-360/smartport/. Zugegriffen am 12.04.2020 20. NEVADA (2020) NEVADA Share and Secure. https://www.vda.de/de/themen/innovation-und-technik/datensicherheit/was-ist.html. Zugegriffen am 12.04.2020

8

Nutzungsszenarien II Barbara Flügge

Zusammenfassung

Wir veranschaulichen in diesem Kapitel Anwendung und Herangehensweise in von Mobilität geprägten Vorhaben. Nutzungsszenarien und Anwendungsfälle haben sich bei Planern und Betroffenen von Stunde 0 an für Ideenfindung, Konzeption, Einführung, Erprobung und Umsetzung bewährt. Wir wenden Methoden und Tools an und stellen Anwender in den Vordergrund. Die personenbezogene Sicht fördert die Ideenvielfalt und die Herausarbeitung von kritischen Erfolgsfaktoren. Hierzu dienen die Beispiele aus Tourismus, Mobilität und Gesundheit und der Intermodalität im städtischen und ländlichen Raum. Bei dem Beispiel aus Basel geht es um die Umsetzung eines rechtlich verankerten Mobilitätsmixes. Die Gestaltungselemente Indoor- und Outdoor-­Navigation, Smart Ticketing und Smart Analytics runden dieses umfangreiche Kapitel ab. Das vorliegende Kapitel steht ganz im Zeichen der Umsetzung von Anwenderrelevanten Bedarfen. Wir widmen uns dabei Fragen wie: • Wie sieht nun eine durch das Schichtenmodell dargestellte Mobilität für die einzelnen Persona bzw. Nutzerprofile aus? • Wie lassen sich Projektierungsvorhaben auf den Weg bringen? Im Folgenden beschreiben wir eine Auswahl von anwenderorientierten Szenarien und beschreiben einzelne Projektierungsschritte. Die Auswahl orientiert sich an der Vielfalt der Personas, dem adressierten Einsatzgebiet und dem hohen Vernetzungscharakter von

B. Flügge (*) digital value creators (DVC), Bottighofen, Schweiz E-Mail: [email protected] © Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2020 B. Flügge (Hrsg.), Smart Mobility, https://doi.org/10.1007/978-3-658-26980-7_8

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B. Flügge

Mobilität. Seien es in Bezug auf Geschäftsentscheidungen oder persönlich motivierte Beweggründe, Mobilität ist ein zentrales Element des Lebens- und Wirtschaftsraumes. Als Gestaltungsrahmen für eine wertschöpfende Planung und Umsetzung (digital value creation) von Smart Mobility wenden wir die Grundstruktur wie in Abb. 8.1 dargestellt an. Zur besseren Lesbarkeit und Darstellung des Umsetzungsgrades gehen wir anhand der Struktur in Tab. 8.1 vor.

8.1

Personas auf Reisen

8.1.1 Medical Tourists und begleitetes Reisen Wie sieht ein Nutzungsszenario für Smart Mobility im Gesundheitswesen aus? Wir skizzieren dies an einigen Beispielen. Medical Tourists und Urlaubsreisende Unter Medical Tourists versteht man Patienten, die sich bewusst im Ausland aufgrund eines zwingend notwendigen oder freiwilligen Eingriffs ärztlich behandeln bzw. versorgen

Abb. 8.1  digital value creation für Smart Mobility

8  Nutzungsszenarien II Tab. 8.1  Vorlage zur Beschreibung von Nutzungsszenarien

175 Beschreibung der wesentlichen Punkte Benennung des untersuchten Ökosystemsb Motivation Ausgangssituation bzw. Problembeschreibung Value Drivers Wertetreiber Owner Eigentümer bzw. Betroffener der Ausgangssituation Personas Adressierte Zielgruppen Market Offerings Existierende bzw. konkurrierende Marktangebote Solution Lösungsansatz Roadmap Projektierung bzw. Umsetzung im Feldversuch Elemente Adressierung

lassen [1]. Medical Tourists wie auch Urlaubsreisende, welche notgedrungen auf ärztliche und transportbezogene Unterstützung angewiesen sind, sind im Ernstfall mit folgenden Überlegungen konfrontiert [2]: • • • • •

die Suche nach qualitativ hochwertigen Ärzten, die Suche nach den geeigneten Kliniken bzw. Praxen, der Preis, die Beurteilung der Qualität nach allgemein gültigen Qualitätsstandards, der Aufwand in Bezug auf Vorbereitung, Durchführung, Versorgung, Transport und Nachsorge, • die Übernahme von versicherungstechnischen Leistungen sowohl für die medizinischen, versorgungstechnischen wie transportbezogenen Aufwände sowie • das Involvement weiterer am Medical Tourism relevanter, aber dem Patienten unbekannten Stakeholdern in Bezug auf die vorangestellten Fragestellungen. Unter Anwendung der wesentlichen Gestaltungselemente stellt sich das Nutzungsszenario mit Bezug auf Mobilität wie in Tab. 8.2 dar. Begleitetes Reisen digital unterstützt Mobilität ist Freiheit. Insbesondere ältere Menschen, Menschen mit Behinderung oder Menschen, die sich in fremden Umgebungen alleine nicht wohlfühlen, suchen diese Freiheit, geben diese aber dann doch aufgrund des hohen Koordinationsaufwandes auf. Ein zentrales Anliegen ist für Familienmitglieder und Freunde die begleitete Reise – sei es, dass der Einsatz von Hilfsmitteln benötigt wird, wie etwa ein Rollstuhl oder Rollator, sei

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B. Flügge

Tab. 8.2  Nutzungsszenario Medical Tourism Elemente Adressierung

Beschreibung der wesentlichen Punkte Ferienorte mit hohem Unfallvolumen Orte mit geringer ärztlicher Abdeckung Orte mit hohem Bedarf an Pflege- und Hilfspersonal Privatpatienten im Medical Tourism-Sektor Motivation Mobile Pflege- und medizinische Dienstleistungen und deren Informationsbündelung Value Drivers Ereignisbezogene Reiseplanung und -buchung über den kompletten Dienstleistungszyklus trotz unterschiedlicher Dienstleistungserbringer: Selektion, Buchung, Abrechnung, Rückführung, Notfallversorgung und temporäres Pflegeund Haushaltspersonal Anpassungsfähigkeit der Informations- und Datenwiedergabe an einen internationalen, mehrsprachigen Kontext Kopplung von Reise- und Ereignisdaten wie zum Beispiel Flugbuchung, Hotel, Abholdienst, Krankenhausaufnahme, Behandlungsdauer, Austritt, begleitete Rückreise Zusatzdienste für Krankenkassen Prognosefähigkeit für medizinischen Einsatzplan erhöhen, insbesondere in Feriengebieten mit vermehrtem Unfallrisiko (Skigebiete, Wandergebiete etc.) Differenzierung und Verbesserung der Sichtbarkeit und der Wettbewerbssituation durch Zertifizierung für Arzt und Krankenhaus Owner Krankenversicherungen, Krankenhäuser und neue Diensteanbieter mit Fokus auf Full-Service-Provisioning Personas Arzt, Patient, Pflegeunternehmen, Krankenhaus/Praxis, Transport- und Reiseunternehmen, Abrechnungsstellen Market Manuelle Angebote weitreichend verfügbar Offerings Digitale Angebote auf Basis laufender Analysen Dienstebündel in Kooperation mehrerer Service Provider, wie etwa Pfleger, Vermittlungsdienste für Pflege, Ernährungsberatung und Hausärzte Roadmap Analyse des Gesundheitsnetzwerkes Durchführung einer Verbundanalyse Erstellung von Mobilitätsmustern von Reisenden zum Zwecke einer Behandlung bzw. von Touristen in Ferienorten

es, dass eine ausgebildete bzw. ortskundige Begleitperson benötigt wird. Geprägt durch Beobachtungen und eigene Erlebnisse wissen wir, wie schwierig und herausfordernd sogar der Gang zu einer Arztpraxis oder einer Behörde in der eigenen Umgebung werden kann. Es braucht nicht viel Kreativität, um sich auszumalen, wie zermürbend und schwierig die Koordination, das Buchen und das Abrechnen werden können. Smart Mobility in diesem Zusammenhang ist dann smart, wenn sich ohne viel Aufwand und IT-Kenntnisse Angebote für begleitetes Reisen umsetzen lassen. Eine weitere Hilfestellung bietet ein digitaler Assistent, der die Person selbst und seine oder ihre hinzugewonnen Begleitperson von der ersten Anfrage an bis hin zur sicheren Begleitung zum Zielort unterstützt. Wir bezeichnen diesen Assistenten Digital Concierge.

8  Nutzungsszenarien II

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Reiseangebote – Stand heute – bewegen sich in dem beschriebenen Umfeld hochgradig personalisiert bzw. sind meist nur auf Nachfrage und durch mühsames Zusammensuchung isolierter lokaler und oft fremdsprachiger Angebote einsehbar. Oder es gibt schlichtweg noch keine Angebote. Der Digital Concierge verarbeitet Angebote und vereinbart anhand des Präferenz- und Reiseprofils ein Regelwerk, an das sich Pflegepersonal, Experten und Ortskundige andocken können. Dieser Matchmaking-Prozess gibt dann in Abhängigkeit des benötigten Transporttyps bzw. Reisemediums eine Buchungsanfrage ab und sorgt für die Bereitstellung. Bis der Weg des autonomen Fahrzeugs – quasi ein digitaler Assistent auf vier Rädern – eingeschlagen ist, sorgt der Digital Concierge bereits jetzt für Erleichterung. Unter Anwendung der wesentlichen Gestaltungselemente stellt sich das Nutzungsszenario mit Bezug auf Mobilität wie in Tab. 8.3 dar.

Tab. 8.3  Nutzungsszenario begleitetes Reisen Elemente Beschreibung der wesentlichen Punkte Adressierung Begleitetes Unterwegssein in der eigenen Umgebung Begleitetes Unterwegssein im Urlaub Motivation Mobil sein Value Drivers Ereignisbezogene Reise- und Begleitplanung und -buchung über den kompletten Dienstleistungszyklus trotz unterschiedlicher Dienstleistungserbringer: Selektion, Buchung, Abrechnung, Rückführung, Notfallversorgung und temporäres Pflege- und Haushaltspersonal, insbesondere Buchung von intermodalen Bedarfen wie Verkehrsmittelwahl Anpassungsfähigkeit der Informations- und Datenwiedergabe an einen internationalen, mehrsprachigen Kontext Kopplung von Reise- und Ereignisdaten wie zum Beispiel Flugbuchung, Hotel, Abholdienst, begleitete Reise Zusatzdienste für Krankenkassen und gemeinnützige Einrichtungen Owner Experten in Reise- und Pflegeindustrie Reisende Familienangehörige Freunde Anbieter von digitalen Unterstützern Anbieter von speziell ausgestatteten Verkehrsmitteln Personas Begleitperson, Familie, Freunde, Reisende, Transport- und Reiseunternehmen, Verkehrsmittelanbieter, Vermieter von Transportmedien und medizinischen Hilfsmitteln Market Die in 2016 vorgestellte Begleithilfe.de gibt es leider nicht mehr Offerings Vereinzelt gibt es wenige Individualangebote Roadmap Analyse des Netzwerkangebots für Spezialfahrzeuge und Hilfsmittel Durchführung einer Verbundanalyse für Begleitung vor Ort Erstellung von Mobilitätsmustern

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8.1.2 Mobilitätsmanagement für Facility und Anlagen-Management Bei der Recherche öffentlich zugänglicher Materialien zu dem Thema Wohnungswirtschaft entstand die Idee, den Einsatz webbasierter Dienstleistungen und die Anwendbarkeit von digitalen Diensten und mobilen Services näher zu betrachten. Mobilitätsbedarfe im Immobilienbetrieb Die Heranführung an die stark vernetzte und durch miteinander verbundene Industriezweige geprägte Wohnungswirtschaft erfordert eine Betrachtung der Branche aus unterschiedlichsten Gesichtspunkten. Die wesentlichen Gestaltungsmerkmale sind folgende: • aufgabenorientierte Betrachtung von Erstellung bis Betrieb einer Immobile –– Abrechnen, Bauen, Bewerten, Einziehen, Einkaufen, Installieren, Mieten, Nachhalten, Planen, Umziehen, Vermessen und Vermieten. • tätigkeitsorientierte Betrachtung entlang der Prozesskette von Erwerb bis zur Nutzung einer Immobilie definiert sich anhand von dreizehn Prozessabschnitten –– zielgruppenrelevante Immobilienbewerbung –– Finanz-, Versicherungs- und Schuldnerberatung –– nachhaltigkeits- und energieeffizienzrelevante Einbau- und Ausbaumaßnahmen –– technische Notruf-, Überwachungs- und Sicherheitsdienste –– Reinigungsdienste für Immobilie und Umfeld –– Fahr- und Transportdienste –– Kommunikations- und Freizeitangebote –– hauswirtschaftliche Dienste –– Beratung und Vermittlung von sozialen Diensten und Hilfen –– Abfall- und Recyclingmanagement –– Infrastrukturmanagement –– soziales und gewerbliches Community Management –– Betriebskostenmanagement, -monitoring und -benchmarking • nachhaltigkeitsorientierte Betrachtung –– diese erfolgt im Idealfall bei allen kommunalen, öffentlichen und privaten Wohnungs- und gewerblichen Immobilien gemäß des elften Nachhaltigkeitsziels der Vereinten Nationen in Bezug auf Städte und Urbanisationen (SDG 11) „Sustainable Cities and Human Settlements“ [3] Unter Anwendung der wesentlichen Gestaltungselemente stellt sich das Nutzungsszenario wie in Tab. 8.4 dar. Anlagenbezogene Mobilitätsbedarfe In Verbindung mit o. a. Szenario schließt sich ein weiteres zur bedarfsgerechten Mobilitätsbereitstellung ungenutzter Anlagen an. Die Mobilitätsbereitstellung bezieht sich auf Wohn-, Ausbildungs- und Arbeitsgebiete gefördert durch in Randzeiten ungenutzte

8  Nutzungsszenarien II

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Tab. 8.4  Nutzungsszenario Facility Management Elemente Adressierung Motivation

Beschreibung der wesentlichen Punkte Wohnungswirtschaft im Allgemeinen und Facility Management im Besonderen Differenzierungsmerkmale schaffen, wie zum Beispiel Branding, Image, Attraktivität Ansiedlung fördern Aufwertung von Wohngebieten und verbundenen Zielgebieten Nachhaltigkeitsziele im Quartier, in der Stadt oder Region umsetzen Value Drivers Flexibilisierung des Wohnens und Zusammenlebens durch Vorhaben wie dem Quartiersleben mit eigenem Mobilitätspooling Förderung des ökologischen Wohnungsbaus Nachhaltiges Bewirtschaften durch gebündelte Einsätze für Reparatur, Gartenbau, Modernisierungs- und Neubaumaßnahmen Einrichtung von zielgruppenspezifischem Wohnen unter der Prämisse der mobilen Erreichbarkeit Zusatzdienste für Anwohner durch gebündelte Anlieferung, zum Beispiel von Getränkediensten, Fahrdiensten zum Arzt/Krankenhaus Zusatzdienste für Immobilien- und Facility Managementbetreiber, zum Beispiel im Kontext von Verkehrsumschlagplätzen und Mitarbeiterangeboten Owner Bauunternehmen, Gebäudeverwaltungen und Mobilitätsanbieter mit angegliederter Immobiliensparte, wie zum Beispiel Schweizer Bundesbahn SBB, Stadtplaner, Verkehrsplaner Personas Architekturbüro, Ausstattungsunternehmen, Bauunternehmen, Eigentümer, Einzel- und Großhandel, Gebäudeverwaltung, Immobilienmakler, Liegenschaftsbetreiber, Mieter, Mobilitätsanbieter, Parkraummanagement, Planungsbüro, Stadtplaner, Verkehrsplaner, Vermieter, Versicherung Market Manuelle Angebote Offerings Isolierte Angebote, zum Beispiel mit Bezug zu Immobilien- und Wohnungsangeboten und lokationsbezogenen Informationen Roadmap Durchführung einer Verbundanalyse Kopplung von tätigkeitsorientierter mit serviceorientierter Servicebeschreibung Umsetzungsgrad Manuell Pilotierungsvorhaben zur nachhaltigen Quartiersplanung [4, 5] Beispielnennungen: Flughafen, Hafen, Kommune, Projekt, Region, Stadt, Stadtviertel, Universität, Veranstaltungsort

a

­ nlagen wie Fahrzeugflotten und Ladeflächen. Randzeiten beziehen sich auf Wochenende A und Feierabende. Unter Anwendung der wesentlichen Gestaltungselemente stellt sich das Nutzungsszenario wie in Tab. 8.5 dar.

8.1.3 Das Individuelle, personalisierte Mobilitätskonto Mobilität und Innovation gehen Hand in Hand. Nutzer mobilitätsgesteuerter Devices erhöhen mit Ausübung einer geschäftlichen Tätigkeit ihre Erwartungshaltung an ein

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Tab. 8.5  Nutzungsszenario für bedarfsgerechte Mobilitätsbereitstellung Elemente Adressierung

Beschreibung der wesentlichen Punkte Zweckgebundene Wohn- und Arbeitsräume (Quartiere, Stadtviertel, Universitätscampus) Motivation Differenzierungsmerkmale schaffen wie zum Beispiel Branding, Image, Attraktivität Kostendruck aufgrund steigender bzw. verknappender Ressourcen frühzeitig entgegentreten Nachhaltigkeitsziele umsetzen Ressourcenauslastung von nicht genutzten Fahrzeugen ermöglichen Value Drivers Innovationsvorsprung Kostenreduktion Persona-bezogene und bedarfsgerechte Mobilitätsbereitstellung Sicherheit im Straßenverkehr für Teilnehmer und Anwohner erhöhen Owner Automobilhersteller, Interessensverbund öffentliche Verwaltung und Privatwirtschaft Personas Beifahrer; Bereitsteller der externen Infrastruktur wie Bodenbelag, Bodenbeschaffung, Brücke, Straße; Bereitsteller der internen Infrastruktur wie Ausstattung, Navigation, Personalisierungsmedien; Dienstleister für Fertigung, Reparatur, Unterhalt, Wiederverwertung; Fahrer; Fahrzeug; Fahrzeugkomponenten; Prüfingenieur; Stadtplaner (stellvertretend für kommunale Planung); Tankstellenbetreiber; Telematikanbieter; Verkehrswegenetzanbieter Market Digitale Angebote durch Automobilunternehmen Offerings Digitale Angebote als Service Broker (Navigations- und Hospitality Provider) Digitale Angebote durch Anbieter von Navigations- und Telematiklösungen Mobile Angebote für destinations- und lokationsbezogene Dienste Roadmap Durchführung einer Verbundanalyse bezogen auf das Stadt-, Wohn- oder Arbeitsgebiet Definition der Anforderungen an lokalisierte und personenbezogene Fahrzeugbereitstellung und -nutzung Kopplung von einzelnen, digitalen Diensten für Mobilitätsbeschaffung und -bereitstellung vor Ort Umsetzungsgrad Digital in Teilverbunden Anteil an Testumgebungen in Europa gering und oftmals fokussiert auf Automobiltechnologie (Verkehrssteuerung, Reichweite von Elektrofahrzeugen) Umsetzung: ZipCar USA [6] Projektvorhaben: Quartiersinitiative Garching/Deutschland

f­unktionierendes, aber auch innovatives Angebot. Was immer mobil bearbeitbar, verarbeitbar und darstellbar ist, erfordert in der Geschäftswelt weit mehr, als wir heute als Privatanwender bereit sind zu vernachlässigen. Bearbeitungszeit, geräteübergreifende Nutzung einer App, Sicherheitsstufen je nach Tätigkeitsprofil und Geografie sind einige Beispiele, die in unseren Untersuchungen als Nutzenvorteile genannt wurden. Weitere Vorteile beziehen sich auf die Erschließung des Anwenders als Privatperson. Was paradox erscheint, lässt sich über folgendes Beispiel gut erklären: Techniker,

8  Nutzungsszenarien II

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Außendienst-­Mitarbeiter, Lkw-Fahrer oder Pflegepersonal erfüllen tagtäglich hohe Anforderungen an ihren Job – sie sind „on the road“, erfassen Tätigkeiten, dokumentieren, vertreten professionell ihren Arbeitgeber vor Ort – sei es in einer kritischen, in einer mit Anstrengung erarbeiteten Ankunft bei dem Kunden, sei es an einem entlegenen Ort, der nicht so leicht zu erschließen ist. Weitere Aufgaben wie etwa die Abholung der Kinder vom Sportunterricht, die Einkäufe, die Buchung eines privaten Arzttermins oder das schnelle Besorgen eines Geschenkes vor Ort erwarten gleichermaßen ihre zeitnahe und effiziente Abwicklung. Anwender erfahren eine duale Identität von Ansprüchen und Erwartungshaltungen an ihre eigene Mobilität. Eine duale Identität, wie wir es nennen, sorgt für eine saubere Trennung und die Wahrung von Budgetgrenzen und sonstigen Genehmigungs- bzw. Freiräume-­ Richtlinien. Im Mobilitätskonto werden Funktionen wie Identifizierung und Authentifi­ zierung, Bezahlung, Reporting und die persönliche Einstellung zur Einhaltung von Vertrauensräumen, den Trust Gates verwaltet In unseren Vorstellungen ist dies machbar mit einem sogenannten individualisierten Mobilitätskonto. Wird dieses einmal eingerichtet, wird es mit meinen Präferenzen versehen und enthält die wesentlichen Anforderungen an Intermodalität, Abrechnung, Toleranzen im Umgang mit zu wählenden Strecken, Geografien und Vorlieben. Die Verwaltung erfolgt digital und über ein Medium, sei es ein USB-Stick oder eine Micro SD Card, mitgeführt, lässt es sich in Zukunft in unterschiedliche geteilte Verkehrsmittel direkt einsetzen und anwenden, sei es in dem autonomen Fahrzeug, dem Fahrzeug aus der Unternehmensflotte oder dem eben gebuchten Fahrzeug aus dem Shared Mobility-Verbund meines Viertels. Das Fahrzeug stellt sich auf meine Bedürfnisse ein. Wichtige Hinweise zu ­Meetings, Terminen und Interessen werden mir mobil mitgeteilt und berücksichtigt. Die Abrechnung erfolgt gemäß meinen Präferenzen: über ein monatliches Konto, ein Subskriptionsmodell oder die gefahrenen bzw. genutzten Kilometer und Zeiten. Welche Personas auf Reisen gehen, sei es für kurze Distanzen, das tägliche Pendeln zum Arbeits- oder Einsatzort oder die auf lange vorbereitete Reise, haben wir unter Abschn. 2.5 eingehend dargestellt. Wie sieht nun das Reiseverhalten aus? Um Smart Mobility auf den Weg zu bringen, braucht es mehr Insiderwissen. Verhaltensgesteuerte und verhaltensabhängige Mobilitätsangebote werden durch ein Persona-geführtes Mobilitätskonto nutzbar, unabhängig von Geografie und Medium. Das Konto unterstützt die Akzeptanz von Shared Vehicles und autonomen Fahrzeugen bei Nutzern. Unter Anwendung der wesentlichen Gestaltungselemente stellt sich das Nutzungsszenario wie in Tab. 8.6 dar. Beispiel Ford Smart Mobility für den Personenverkehr Das Unternehmen Ford hat im Rahmen seiner Unternehmensstrategie die Untersuchung und die Durchführung von Nutzungsszenarien für den Personenverkehr festgelegt. Ein eigens geschaffener Unternehmensbereich Ford Smart Mobility führt hierzu weltweit 25 Experimente durch [7]. Diese befinden sich, wie in Tab. 8.7 dargestellt, sowohl in Städten wie auch an Standorten von Ford. Diese sind in Klammern jeweils genannt.

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182 Tab. 8.6  Nutzungsszenario Individualisiertes Mobilitätskonto Elemente Adressierung

Motivation Value Drivers Owner Personas

Beschreibung der wesentlichen Punkte Verkehrsmittel wie autonome Fahrzeuge, Shared Vehicles Verkehrsmittel mit hohem Anteil an Personalwechsel Quartiers-, stadt- oder regional begrenzte Fahrzeugflotten Übertragbarkeit von Präferenzen Anwenderbezogene Einstellungen komfortabel von einem Medium auf ein anderes zu übertragen Mobility Consumer Mobility Consumers Service Channel Maker wie Hardware-Hersteller und Gerätehersteller sowie Konnektivitätsanbieter Service Broker wie Mietwagenfirmen, Mobilitätsmanager einer Stadt oder Region, Versicherungsunternehmen Service Gateway wie Automobilhersteller, Betreiber von Shared Vehicle-­ Flotten und anderen Flotten, Navigations- und Entertainment-System-Anbieter Keine

Market Offerings Roadmap In Planung Umsetzungsgrad Nicht verfügbar bis dato

Tab. 8.7  Nutzungsszenarien des Ford Smart Mobility-Programms Accessory Challenge [Johannisburg] Big Data Drive [Dearborn] Car Swap [Dearborn]

City Driving onDemand [London] City Mobility [Lissabon]

Data Driven Insurance [London] Data Driven Healthcare [Gambia] Dynamic Social Shuttle [London, New York] Fleet Insights [Dearborn]

Future of Mobility Proposed Australia [Argentinien] Accessory Challenge [Australien] Infocycle Mobility Integration [Dearborn, Palo [Chongqinga] Alto] Los Angeles Monsoon App Parking Lot 2.0 Downpour [Los Angeles] [Mumbai]

Summur Golden Hour [Delhi] Summer mHealth [Tamil Nadub]

Painless Parking [London]

Traffic Tamer [London]

Ford Carsharing Parking Spotter [Deutschland] [Atlanta]

Stadt in Südwest China; b Bundesstaat Indiens

a

Remote Repositioning [Atlanta] Rapid Recharge and Share [Dearborn]

Share-Car [Bangalore]

Urban Commuter [Shanghai]

8  Nutzungsszenarien II

183

Das Ford-Programm ist ein gutes Beispiel für die Orchestrierung der Vielfalt von Nutzungsszenarien für den Personenverkehr. Einige der Experimente sind in Zusammenhang mit sogenannten Challenges, sprich Wettbewerben an Schulen, Universitäten und lokalen Aufrufen entstanden. In Ergänzung dazu könnte Ford sich nicht nur der durch Vertriebs- und Produktionsstandorte vorherrschenden Infrastruktur bedienen. Es könnte auch gezielt die eigene ­Community, sprich Personal, deren Familien und Freunde und die damit verbundenen lokalen Lebensräume ansprechen bzw. bewerben. Beyond Ford und der Automobilindustrie: Unser neuestes Konzept zu Pandemie-geprägtem Reisen ist nach Manuskript-Abgabe fertig geworden - sprechen Sie uns an: die Studierenden von ZHAW Winterthur und wir von digital value ceators (DVC) haben hier einen spannenden Begleiter entwickelt.

8.2

Intermodal und autonom unterwegs

8.2.1 Anspruch eines ganzheitlichen Mobilitätsmanagements Ziel des intermodalen Verkehrsmanagements ist es, mit möglichst wenig zusätzlichen Verkehrsmitteln Bedarfe abzudecken. Das Beispiel in der Abbildung zeigt die Optionen einer Geschäftsreisenden (Abb. 8.2). Präferenzen wie etwa Komfort, verfügbares Budget und genügend Zeit für ein Treffen mit Geschäftspartnern und einem gemeinsamen Essen stehen nicht immer im Einklang mit der verfügbaren Zeit und den angebotenen Verkehrsmitteln. In der Realität verwenden Geschäftsreisende nicht weniger als eine Stunde für ein wie in der Grafik dargestelltes Beispiel auf. Aufwände für interkontinentale Reisen können auf vier Stunden und mehr anwachsen. Die Erhebung hierzu haben die Autoren an sich selbst und sogenannten Power Usern, also Reisende mit einem Reiseanteil von mehr als 40 % bezogen auf ein Kalenderjahr, durchgeführt. Das übergeordnete Nutzungsszenario lässt sich folgendermaßen beschreiben (Tab. 8.8).

Abb. 8.2  Intermodal unterwegs  – beispielhafte Darstellung von Alternativen für den Mobilitätsbedarf A

B. Flügge

184 Tab. 8.8  Nutzungsszenario Intermodalität Elemente Adressierung

Motivation

Value Drivers

Owner

Personas Market Offerings

Roadmap

Beschreibung der wesentlichen Punkte Adressiert werden Bewegungen innerhalb eines Ökosysteme wie zum Beispiel Campus, Dorf, Region, Stadt, Unternehmensgelände oder Veranstaltungsort Adressiert werden Bewegungen zwischen Ökosystemen wie zum Beispiel von Stadt nach Veranstaltungsort, von Region zu Stadt Umsetzung des Mobilitätsbedarfes: • Pendeln zum Arbeitsort oder dem Einsatzort • Beruflich begründete Geschäftsreisen • Private Reisemotive wie Urlaub, Shopping oder Besuch • Transitreisen wie zum Beispiel Zwischenhalt am Bahnhof und Besuch der Stadt, bevor es weitergeht zum Kreuzfahrtschiff • Aus- und Anlieferung von Gütern und/oder Dienstleistungen • Ereignis- und zweckgebundenes Unterwegssein • Einsätze auf Grund von sicherheitsbezogenen Ereignissen und auf Ausnahmeerscheinungen basierenden Ereignissen wie Störfälle, Evakuierungen und Naturkatastrophen Geführte, zielgerichtete Betreuung während der Reise Kosteneffiziente Planung und Umsetzung für den gesamten Mobilitätsprozess Pünktliches Ankommen, Weiter- und Rückreisen trotz Störfällen und ungeplanten Ereignissen Reisekomfort und stressfreies Ankommen und Rückreisen Sicheres Ankommen und sichere Rückreise Zeit sinnvoll nutzen für Freizeit, Meetings, zufällige Begegnungen Anbieter öffentlicher Verkehrsmittel Anbieter privater Verkehrsmittel Anbieter von Mobilität Betreiber von Verkehrsbetrieben, öffentlich wie privat Personas gemäß dem Profil von Mobilitätskonsumenten Ereignisbezogene Door-to-Door-Angebote im Sinne von intermodaler Steuerung und Begleitung fehlen Selektive digitale Angebote mit Bezug zu ausgewählten Verkehrsmodi (Bahn und Bus, Bahn und Flugzeug) ohne Ereignissteuerung Digitale Angebote mit Bezug zu nutzungsgesteuerter Mobilität wie etwa UbiGo [8] Verkehrsmittelbezogene Mobilitätsbuchung wie etwa dem General Abonnement der SBB und der Neuauflage der Green Class für die 2. Klasse [9] Analyse des Verkehrswegenetzes Durchführung einer Verbundanalyse Erstellung von Mobilitätsmustern von Personas

8.2.2 Intermodal unterwegs in der Stadt Intermodal unterwegs in der Stadt – Phase 1 Wie sieht im Idealfall intermodales Verkehrsmanagement im Falle einer Stadt aus? Die Stadt sammelt all ihre Transportbedarfe, ob Personen- oder Frachtverkehr, über alle ­Teilnehmer und alle Verkehrsmittel hinweg und schafft so ein optimiertes, in sich abge-

8  Nutzungsszenarien II

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stimmtes Verkehrsmanagement. Es bietet effizienten und nachhaltigsten Einsatz vorhandener Mittel. Mittels eines Simulations- und Prognosemodells werden optimale Wegstrecken errechnet, Sharing-Angebote ermittelt und nicht oder nicht ausreichend ausgelastete Transport- und Ladeflächen komplettiert. In dem beschriebenen Szenario sind alle Teilnehmer a. bereit, ihre Bedarfe, Zeitpunkt der Bedarfsaufnahme und -abgabe, Start- und Zielkoordinaten zu kommunizieren und b. sich auf das Verkehrsmittel einzulassen, welches tatsächlich im Optimum angeboten bzw. vorgeschlagen wird. Würde dies realisiert, würden sich Neuanschaffungen von Fahrzeugen dann lohnen, da eine Auslastung über die eigenen Bedarfe hinweg bekannt und verrechenbar ist. Intermodales Verkehrsmanagement in dem o. a. Szenario hieße nicht, dass die Bereitstellung von Mobilität kostenfrei ist. Intermodal unterwegs in der Stadt – Phase 2 Wie sähe nun das o. a. Szenario aus, in dem Mobilität als Monats- oder Jahresabonnement gebucht werden kann? Es bedarf weiterhin eines Prognose- und Vorschlagsverfahrens. Ebenso bedarf es des Einverständnisses der Teilnehmer, die Details zu Bedarf, Zeitpunkt und Koordinaten zu kommunizieren. Auch das vorgeschlagene Verkehrsmittel würde so wie im o. a. Szenario genutzt werden. Wo ist also der Unterschied? In einem Ökosystem umspannenden Verkehrsmanagement ließe sich dies durchführen. Budgetierung und Planung würden Aufschluss über Verbräuche, Kosten, Auslastungsgrad und Abnutzungsgrad von Verkehrsmitteln geben. Ein auf ein Subskriptionsmodell basierendes Berechnungsverfahren schlägt dann den jeweiligen Monats- oder Jahresbeitrag vor – für alle Teilnehmer des Ökosystems. Beteiligten sich weniger als die in Betrachtung gezogene Teilnehmerzahl, würde der Preis, aber auch die Auslastung angepasst werden. Im Umkehrschluss könnte man zumindest hier durch die vertragliche Bindung eine stichhaltigere Aussage zu Nutzung oder Ablehnung erzielen. Intermodal unterwegs in der Stadt – Phase 3 Wie sähe nun das Subskriptionsmodell aus für Ökosysteme, die sich eines ganzheitlichen Mobilitätsmanagements bedienen wollen? Dann bräuchte es zumindest drei bis vier Anbieter, die bereit sind, sich über Prognose- und Auslastungsberechnung, Bedarfsanmeldung und Bedarfsanalyse abzustimmen. Und es braucht die öffentliche Verwaltung, die das Vorhaben zusammen mit den Verkehrsmittelanbietern unterstützt. Diese sind der öffentliche Nahverkehr, Taxiunternehmen, Mietwagenfirmen und/oder Fahrzeugbesitzer, Straßenbahn- oder S-Bahnbetreiber und Flottenmanager, die für eine bessere Auslastung jenseits der Geschäftszeiten sorgen wollen oder müssen.

8.2.3 Intermodal unterwegs auf dem Land Ist intermodales Unterwegssein auf dem Land überhaupt möglich? Wie viele Verkehrsmittel stehen in Zukunft der Bevölkerung zur Verfügung? Stand heute gibt es ein schrumpfendes Angebot von Überlandbussen, Schienenverkehr mit oder ohne Halt, von Taxis ganz zu schweigen.

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Wir hatten in der ersten Auflag über das fränkische Vorhaben der Stadt-Umland-Bahn der Metropolregion Erlangen-Fürth-Nürnberg berichtet. Argumentation und Bürgerbeteiligung, Aufbereitung und Darstellung der Informationen und Entscheidungsoptionen sind aus unserer Sicht weiterhin ein gelungenes Beispiel. Das erwähnte Vorhaben stellen wir weiterhin für diese Auflage zur Verfügung, am Ende dieses Kapitelabschnitts. Nun widmen wir unsere Aufmerksamkeit den Bemühungen von Bürgerinitiativen und Vereinen für nachhaltige Mobilität. Bedarfe und Nöte von Bürgern werden gerade von Initiativen und Vereinen direkt und unverblümt adressiert. Lösungsorientiert und mit beiden Ohren am Gleis wird hier lokal um Alternativen gerungen. Ohne Bürgerinitiativen fehlen Politikern und Gremien oft die Praxisbeispiele und der Lokalkolorit, den man sich sonst anderweitig teuer durch Managementberatungen erarbeiten lässt. Wir haben uns für die zweite Auflage die Bürgerinitiative (kurz BI) Umweltverträgliche Mobilität im Schwabachthal entschieden [10]. Lesen Sie selbst. BI Umweltverträgliche Mobilität im Schwabachthal Originär hatte sich die BI formiert durch die flächenmäßige und bevölkerungsrelevante und damit verkehrstechnische Ausdehnung im Osten Erlangens. Die Metropolregion Erlangen-Fürth-Nürnberg wächst industriell und im Servicebereich. Daher ist eine geografische Ausdehnung nicht verwunderlich. Durch das Ausweisen neuer Baugebiete entsteht eine Streckung bestehender Wegstrecken für Pendler. Werden diese durch Umlandbahnen auf der Schiene oder durch emissionsneutrale Alternativen wie Radschnellstrecken oder ausgewiesene eMobility Fahrwege nicht abgefangen, findet eine stärkere Verkehrsbelastung für alle Anlagen und Nutzer statt. Gegebene Infrastrukturen ohne Alternativen werden in denjenigen Wohngebieten und Quartieren mehrbelastet, die als Brückenkopf neue Baugebiete mit der Stadt verbinden. Zum anderen entsteht eine Zusatzbelastung für das natürliche Ökosystem. Desweiteren erfahren Bewohner in bestehenden Zwischengebieten zusätzliche 3L-Belastungen: Lärm, Licht und Luftverschmutzungen. Die Vielschichtigkeit, die sich daraus für moderne Mobilitätskonzepte ergibt, zeigt sich in der Vielzahl der Projekte der BI: Fahrradachsen vordenken, Westumfahrungen bewerten, Anbindungsqualität hervorheben und einfordern etwa für die verkehrstechnische Anbindung an den Flughafen Nürnberg und insgesamt Interessensvertretung und Entscheidungsfähigkeit wahren. Es braucht Aufgeschlossenheit, aufmerksames Auswerten politisch-sortierter Ankündigungen und Klarheit, um sich in den facettenreichen Dokumenten, Leitbildern und Gesprächsrunden zu behaupten. Mehr denn je, so glauben wir, zeigt sich, dass ein kommunales Mobilitätsmanagement nur aus der Perspektive der Ganzheitlichkeit zu bewältigen ist. Je stärker sich eine Initiative fokussiert, konkret und themen-orientiert aufstellt, desto grösser die Chance gehört zu werden. Radverkehr in Deutschland Die Ziele des Nationalen Radverkehrsplans (NRVP) sind wie folgt [11]:

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Im NRVP enthalten sind Leitbilder, Themenschwerpunkte und konkrete Ziele, die Bund, Länder und Kommunen sowie weitere Akteure innerhalb ihrer Zuständigkeiten verfolgen.

So wurden mit dem Stichtag 30. Juni 2019 2220 Ideen eingereicht und 26.000 Bewertungen vorgenommen. 2410 Umfragen wurden ausgefüllt und ausgewertet. Die Ergebnisse der Umfrage sind zu August 2019 veröffentlicht worden. Das Dokument, welches im Netz downloadbar ist, umfasst ganze 12 Seiten. Die Konzeption des NRVP ist auf zwei Jahre ausgelegt. Erwartet wird eine Veröffentlichung – keine Umsetzung – in 2021. Zwei Jahre für ein Konzept sind lang: • Wir fragen uns an dieser Stelle, weshalb es statt Big Bang eines Konzeptes nicht eine stufenweise und vor allem zielorientierte Umsetzung gibt. • Wir fragen uns auch, weshalb es überhaupt keine Umsetzungskomponente gibt, die zumindest der Öffentlichkeit einen Einblick auf die Zielgerade gibt. Denn nur ein umgesetztes Konzept ist ein gelungenes Konzept. Vielleicht sind wir zu kritisch. Der bisherige NRVP 2020 [12] weist auf die Rolle des Bundesverkehrsministeriums (BMVI) hin: Das BMVI hat eine wichtige Rolle vor allem als Moderator, Koordinator und Impulsgeber.

Ein detaillierter Blick auf die abgeschlossenen Fahrradprojekte zeigt uns eine Reihe relevanter Vorhaben etwa im Bereich Fahrrad und Kind, Aufklärung im Unterricht für Kinder und Jugendliche. Andere Vorhaben, die auf eine tatsächliche Umsetzung von Infrastrukturmaßnahmen schließen lassen, lassen sich nicht so einfach ausfindig machen oder sind auf der Website versteckt eingetragen worden [13, 14]. Das Thema Fahrrad verdient unserer Meinung nach eine gesonderte Publikation, um dessen Stellenwert für klimafreundliches und emissionsarmes Verkehrsmittel gerecht zu werden. Wir können aus Platzgründen dies leider nur ansatzweise hier betrachten, hoffen aber, Interesse und Meinungen dazu geweckt zu haben. Begleiten Sie uns dazu in einem nächsten gesonderten Band dazu! Schreiben Sie uns Ihre Themenvorschläge und Projekte: [email protected]. Stadt-Umland-Bahn – Aktuell wie eh und je Wir blicken nochmals zurück auf die Diskussion um den Ausbau des öffentlichen Verkehrswegenetzes in der Metropolregion Erlangen-Fürth-Nürnberg, der sogenannten StadtUmland-­Bahn [15]. Bei der Argumentationskette um den Ausbau, der zu einem langfristigen Investment über die kommenden zehn bis zwanzig Jahre führt, konzentrierten sich die Befürworter des Ausbaus der Stadt-Umland-Bahn auf folgende Vorteile bzw. Nutzen: • den wirtschaftlichen Betrieb, • Komfort für Fahrgäste mit unterschiedlichen Bedürfnissen, • die Nachhaltigkeit sowie

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• Impulsgebend für die beantragende Stadt bzw. Städte im Einzugsgebiet • Die umfangreiche, von neutraler Seite aus getätigter Aufklärung findet mit unterschiedlichen Mitteln und Medien statt. Es werden neben Bürgerinformationsveranstaltungen, Details zu Trassenführung und Haushaltsplanung, Kosten-Nutzen-Untersuchung, Streckenverlauf und Veröffentlichungen von Stellungnahmen im Web, auch Systemvergleiche herangezogen. Um das geografisch über drei Gebietskörperschaften ausgerichtete Vorhaben planungstechnisch zu erfassen, wurde ein Zweckverband eingerichtet. Analog eines Wirkungsmodells wurden harte und weiche Kriterien und systemspezifische verkehrsbezogene Wirkungswerte definiert und an den Bestandteilen eines Verkehrssystems, d. h. Infrastruktur, Angebot und Fahrzeuge, erprobt. Dabei werden städtebauliche Entwicklungen, Arbeitsplatzentwicklungen, Fachkräfteverfügbarkeit und Fachkräfteeinzugsgebiet sowie das Mobilitätsverhalten der Bevölkerung untersucht. An dieser Stelle soll nicht pro oder kontra Autonomes Fahren argumentiert werden. Detailtiefe und die zur Verfügung gestellten Unterlagen auf einer eigens gestalteten Website sind auf alle Fälle nachahmenswert und sind einen Blick wert. Ebenso die Abwägung der Argumente und Aufbereitung. Der betriebene Aufwand zeigt aber auch, dass Aufklärung in einem strukturell erschlossenen und mit hohem Fahrzeuganteil ausgestatteten Gebiet gefordert ist, wollte man nicht nur zusätzliche Verkehrsmittel etablieren, sondern ein Umdenken „Bahn statt Pkw“ erzielen. Wir stellen fest, dass Auto-relevante Vorhaben und solche, die eine hohe Aufmerksamkeitsspanne haben - wie etwa die Umlandbahn - „immer“ gewinnen werden vor Fahrrad-relevanten Vorhaben. Gewinnen im Sinne von Zeit, Energie und Budget. Wurden bei der Umlandbahn ausführliche Konzepte angeboten, ausgearbeitet und Teams eingesetzt, Bürgermeetings initiiert, hatte sich die BI-Initiative zum großen Teil privatfinanziert und mit privater Zeit sich des Themas gewidmet. Das gilt es zu ändern. Organisieren Sie sich als intermodaler Kern und nicht isoliert, das erhöht Ihre Chancen.

8.2.4 Autonomes Fahren Autonomes Fahren (Driverless Driving) ist eines der meist diskutierten Themen zu Smart Mobility und zur Innovationsfähigkeit, ja Fantasiefähigkeit. Unter autonomem Fahren versteht man das selbstständige und zielgerichtete Fahren eines Autos oder anderen Fahrzeugs ohne den Eingriff des Fahrers oder eines Mitfahrers. Auf dem Weg zum autonomen Fahren finden unterschiedliche Annäherungsstufen gemäß Prof. Lemmers Ausführungen (S. 10) [16] statt. Diese reichen von begleiteten Fahrzeugfunktionen, teilautomatisierten, hochautomatisierten bis zu voll automatisierten Leistungen, die das Fahrzeug aktiv übernimmt. Bei der Teilautomatisierung muss der Fahrer weiterhin das Fahrzeug überwachen. Im Vergleich dazu findet bei der hochautomatisierten Steuerung durch das Fahrzeug diese Steuerung in einem bestimmten Zeitraum statt. In der voll automatisierten Stufe gibt es eine dauerhafte Steuerung. Diese beschreibt das autonome Fahren. Inwieweit sich autonomes Fahren tatsächlich realisieren lässt in einem städtischen bzw. dicht besiedelten Kontext, ist eine Frage des Vertrauens in umsetzbare technische Reife-

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grade: dazu gehören neben dem technischen Reifegrad und der Komplexität, die sich durch die Vielzahl an digitalen und virtuellen Datenströmen, Mess- und Entscheidungsparametern ergeben [17, 18]. Zu der Beurteilung des Reifegrads gehören Traum und Glaube, was in absehbarer Zeit, in zehn oder mehr Jahren realisierbar ist, wenn überhaupt. Wieder andere stellen die ­Wiener Straßenverkehrskonvention von 1968 mit Bezug zu „jeder Führer muss sein Fahrzeug dauernd beherrschen […] können“ als Hürde voran [19]. Andere betrachten autonomes Fahren als ein machbares Produkt aus technologischem Fortschritt, Durchsetzungsfähigkeit, Kreativität und dazugehörigem Realismus. Autonomes Fahren wird derzeit gerne mit dem 50-jährigen Jubiläum der Mondlandung gleichgesetzt [20]. Andere Stimmen wiederum aus dem Bereich autonomer Testfelder sehen Innovationsbeiträge, auch ohne den Gesamtkomplex eines vollständig autonom fahrenden Vehikels, als Gewinn für industrielle Anwendungen und Weiterentwicklungen auf dem Gebiet teilautomatisierter Mobilität. Just vor dem Start der IAA in Frankfurt schrauben Automobilkonzerne die Erwartungshaltung drastisch herunter: das Handelsblatt übertitelt die taktische Innovationsreduktion mit den Worten „Hohe Kosten – Das vollkommen autonome Fahren wird vorerst nicht kommen“ [21]. Unabhängig davon, ob zu der einen oder anderen Kategorie gehörend, lohnt eine kritische und konstruktive Betrachtung von notwendigen Fragestellungen. Die folgenden Überlegungen haben wir an den Vortrag von Prof. Lemmer (S. 20) [16] angelehnt und um kritische und weitergehende Fragestellungen ergänzt: • Rechtliche Vorgaben und Rahmenbedingungen –– Wiener Straßenverkehrskonvention 1968: „Jeder Führer muss dauernd sein Fahrzeug beherrschen […] können.“ –– Gesetzliche Vorgaben variieren je nach Region, Anbieter, politischer Stärke. –– In dem Zusammenhang relevante Fragestellungen lauten: • Wird es eine Einigung bzw. Neuregelung geben? • Kauft sich der Nutzer einen Service zur „Toleranzermittlung“, die ihm die Anpassungsfähigkeit „wie autonom darf es, muss es sein“ an die regionalen Vorgaben quasi ins Fahrzeug liefert? • Technische Fragestellungen –– Wie sieht der Zustand eines autonom gesteuerten Fahrzeuges aus? Was braucht es um „vollkommen zuverlässig“ zu sein: Sensorik, Aktuatorik, Ortung, eine Szenario-­ Interpretation, oder gar den „7. Sinn“? Unter Aktuatorik versteht man die Steuerungs- und Regelfunktionen, die die Antriebstechnik eines Fahrzeugs betreffen. –– Wie sieht die Rückkopplung bzw. Steuerung aus, wenn es zu einem technischen Ausfall kommt? Wie erfolgt die Information bzw. Übergabe an den Fahrgast? • Ergonomisch und Verbraucherverhalten bedingte Fragestellungen –– Wie erfolgt die sichere Gestaltung der Übergaben zwischen Fahrer und automatisiertem Fahrzeug wie zum Beispiel bei Technikausfall? –– Welche Rolle(n) kommt (kommen) in Zukunft Mitfahrer und Beifahrer zu? –– Einen wesentlichen Beitrag leistet hierzu die auf Mensch-Maschine-Interaktion (Human Machine Interaction, Abk. HMI) ausgerichtete Forschung [22].

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• Gesellschaftliche Überlegungen –– Technik dient als wesentlicher Beitrag zur weiteren Verbesserung der Verkehrssicherheit und reduziert Unfälle, die durch menschliches Fehlverhalten entstanden sind. –– Wie sieht es aber umgekehrt aus, wenn neue Assistenz- und Rückkopplungssysteme Fehler erzeugen und damit im Worst Case Unfälle verursachen oder zu Unfällen beitragen? • Vielfalt von Akzeptanz –– Nutzer eines autonomen Fahrzeuges vertrauen der Technik und dem Medium. –– Wie lassen sich Marktpotenziale nachhaltig realisieren und in welchen Zeiträumen? • Migration –– Wie sieht der Migrationsplan zur Integration des autonomen Fahrzeuges in Verkehrssysteme aus und damit die verbundene und geforderte Reaktionsfähigkeit bzw. Reaktionsverlässlichkeit anderer Fahrer im Mischverkehr? –– Wird es separate Fahrspuren für autonome Fahrzeuge geben? –– Wie sieht es mit der Integration des autonomen Fahrzeugs in Bezug auf ein „menschliches“ bzw. „menschkompatibles“ Verhalten aus? • Infrastruktur –– Wie erfolgt die Anpassung der Infrastruktur, zum Beispiel auf Kennzeichnung von Straßen mit autonomem Anteil oder physische und digitale Markierungen? –– Wer übernimmt den Aufwand für die notwendigen Infrastrukturmaßnahmen? • Versicherung und Haftung –– In Bezug auf Versicherung und Haftung gibt es zentrale Fragestellungen, die es zu untersuchen gilt. Nehmen wir an, dass das selbstfahrende Fahrzeug selbstständig durch Verkehrssituationen, aufgrund der Gefahrensituationen und Störfaktoren lernt, braucht es dann einen Führerschein? Wer schult das Fahrzeug? • Fahrzeuge sind offene IT-Systeme und bieten Angriffsflächen –– Wie sieht der Umgang mit der Firewall des Fahrzeuges aus? –– Wer öffnet und wer kontrolliert die Zugänge? –– Wer steuert wacht und wartet zukünftig? • Überlegungen zu Schulung des Fahrzeuges und Einstellung der Präferenzen: –– Wer übernimmt dies? –– Wer fühlt sich für die Wartung und einen ordnungsgemäßen Funktionsapparat verantwortlich? –– Gibt es einen TÜV? • Welche Lock-in-Effekte entstehen in Bezug zur Dienstenutzung –– Sind das Fahrverhalten und die Dienstenutzung jederzeit und vorausschauend abrufbar? –– Wie verhalten sich Diensteanbieter und Entwickler? –– Was passiert bei Lock-In-Effekten etwa durch Automobilhersteller? Lassen sich weitere private und geteilte Dienste dennoch integrieren?

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Annäherung an das autonome Fahren In Analogie zu Innovationen im Produktionsumfeld und in der Luftfahrt lassen sich Verfahren und Regelwerke zumindest als Grundlage bzw. Diskussionsbasis für die Auseinandersetzung mit dem autonomen Fahren verwenden. Betrachtet man autonome Fahrzeuge als Persona gemäß dem Ansatz dieser Publikation, kommen Überlegungen und Unsicherheiten in Bezug auf sogenannte selbstlernende Systeme auf. Insbesondere mit Bezug auf Verkehrssicherheit sind die Gestaltungsrahmen und die Grenzen des Einsatzes auch mit Blick auf eine Geografie überschreitende, Ökosystem zu Ökosystem bezogene Anwendbarkeit zu betrachten. So können unterschiedliche Reglements auf Grund wirtschafts-politischer Gegebenheiten bzw. Entscheidungen entstehen. Die Auswirkungen könnten unterschiedliche Grenzwerte in Bezug auf Konfigurationsfreiheiten, Toleranzermittlung des Fahr- und Bremsverhaltens autonomer Fahrzeuge, Systemoffenheit und -sicherheit sowie Umfang von Dienstenutzung und Akkreditierung von Diensteanbietern sein. Gesetzliche Vorgaben werden auch variieren je nach Region, Anbieter, politischer Stärke und anderen Stellschrauben. Wird es eine Einigung geben? Oder kauft sich der Nutzer zum Beispiel einen Service zur „Toleranzermittlung“, welche dem Fahrzeug bei Übertritt in eine andere Region eine Anpassung des Fahrverhaltens empfiehlt? Ebenso zeigt sich am Beispiel der Versicherungsbranche, dass nutzenbasierte, geografisch begrenzte Policen sich sehr wohl am Markt durchsetzen lassen und damit zu einer bewussten Einblicknahme in das eigene Fahrverhalten durch und ein bewusster Datentransfer an ein Versicherungsunternehmen führen. Hierzu sind auch Fragen in Bezug auf versicherungstechnische Fragen zu bearbeiten. Findet etwa eine Abstimmung wie bei der Wohngemeinschaft statt, wo sich einer der ‚Mitfahrer‘ als Versicherungsnehmer bzw. ‚Türöffner‘ definiert? Wird darüber in Zukunft eine Haftungspolice gestaltet werden? Woher kennen wir überhaupt diejenigen, die ‚mitfahren‘? Oder ist es ähnlich wie im Zugabteil, des Flugzeugs oder der fahrerlosen U-Bahn, dass wir über das Nutzungsrecht unsere Rechte und Pflichten definieren? Das Ökosystem Stadt, Hafen oder Event lässt durch die Digitalisierung weitere Netzwerke, also Netzwerke im Netzwerk zu: das autonome Fahrzeug vernetzt sich mit anderen, tauscht sich aus und gleicht Dienstenutzung, Ressourcenverbrauch und Fahrverhalten ab. Mit Störfaktoren und selbstständig mit Gefahrensituationen umzugehen, mag noch in ferner Zukunft liegen oder über einen menschlichen ‚Makler‘ oder ‚Koordinator‘ gesteuert werden. Dennoch, ob nachvollziehbar oder als utopisch bezeichnet: Blickt man zurück in die Einflussnahme der Robotik auf Produktionsabläufe von Organisationen und deren Belegschaft, wird auch hier eine Einflussnahme stattfinden. Für urbane Lebensräume, die bereits heute in Teilbereichen oder ganzheitlich mit Katastern arbeiten, bieten sich Erweiterungen hinsichtlich digitaler bzw. datenbezogener Infrastrukturkataster an. Diese versorgen das Auto mit Hinweisen auf Störfaktoren, zum Beispiel Wetter, Stau, Engstellen, Unfälle oder mit Hinweisen auf Instandhaltung von Brücken und Straßen bzw. Baustellen. Ebenso werden Umleitungen und intermodale Angebote einkalkuliert. Dies erfolgt im Sinne eines ganzheitlichen Mobilitätsmanagements für die Stadt und Metropolregion ebenso für den ländlichen Raum, Veranstaltungsgelände, Schulen und andere Lebensräume.

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Im deutschsprachigen Raum setzt sich insbesondere die Projektgruppe Neue autoMobilität (NaM) der Akademie der Technikwissenschaften Berlin und München (acatech) [23] mit den o. a. Fragestellungen auseinander. Experten diverser Gremien, Interessensvertreter und Input aus Praxis und Forschung sorgen für eine umfassende Untersuchung und Ausarbeitung. Das Vorhaben von Volvo und der Stadt Göteborg, untermalt mit dem Titel DriveMe, wurde in den vergangenen Jahren vermehrt belächelt. Mit der Projektinitiierung von Volvo und der Stadt Göteborg und einem Investitionsvolumen von 55 Millionen Euro wurden anfangs 100 autonom fahrende Fahrzeuge in Aussicht gestellt. Diese hatte sich dies drastisch dezimiert. Ziel ist es, bis 2020 das autonome Fahren und Parkplatzfinden in der Stadt umzusetzen. Der Pressebeitrag von September 2019 zeigt, dass das Projekt weiterhin unterstützt wird [24]. Anders als geplant finden viele Entwicklungen und Tests in dem Lindholmen Science Park statt [25]. Den Fortschritt von automatisierten und autonomen Fahren werden wir im Auge behalten und hier unsere Zusammenarbeit mit Alplab GmbH in Graz ausbauen.

8.3

Vernetzung von Prozessen

8.3.1 Im Zeitalter von Industrie 4.0 und Circular Economy Die Errungenschaften im Zeitalter von Industrie 4.0 beeinflussen nicht nur die hochgradige Vernetzung von Komponenten, Maschinen und teilnehmenden Organisationen wie etwa Zulieferer, Produktionsunternehmen und Logistikdienstleister. Sie führt auch dazu, dass sich moderne und notwendige Ansätze zum verantwortungsvollen Umgang mit Naturressourcen, Materialien und Verpackungen vernetzt auf den Weg bringen lassen. Blickt man auf die Unternehmenswelt, verschwimmen mobile und Desktop-Arbeitsplätze. Die bis dato gezogene Grenze bei Arbeiten von unterwegs aus und bei Schreibtischarbeiten bzw. Arbeiten an einem Standort löst sich auf. Geschäftsprozessarbeiten erfolgen nahtlos. Es wird erwartet, dass der intelligente Geschäftsprozess weiß, wo der Techniker in welchem Arbeitsauftrag gerade etwas abgearbeitet, genehmigt oder angefragt hat. Umgekehrt erhöht sich die Sichtbarkeit von Entscheidern in kritischen Geschäftsvorgängen: Störmeldungen, Notfallszenarien, Evakuierungen oder Adhoc-­Umleitungen von Straßen-, Bahn- und Flugverkehr etwa durch einen bis dato unvorhersehbaren Einsatz zur Entschärfung einer Fliegerbombe. Technische Übergänge bedeuten für den Anwender keinen Aufwand. Sie gestalten sich unsichtbar, bieten Raum für den Einsatz unterschiedlicher Gerätetypen und -hersteller. Ein einheitliches Protokoll verknüpft datentechnisch nicht alle, jedoch relevante Funktionsmerkmale. Eine der fünf Cradle-to-Cradle-Anforderungen ist die Wiederverwendung und Aufbereitung (sog. Reutilization) von Komponenten im Produktionsgeschehen [26]. Eine weitere daraus resultierende Empfehlung ist das Teilen (Sharing) von Komponenten und Produkten und die damit verbundene bewusste Entscheidung des Verbrauchers zu Nutzen und nicht zu Besitzen. Neben der intelligenten Steuerung des Produktionsprozesses sorgen Auswerteverfahren für die Offenlegung von wiederverwendbaren und rückführbaren Komponenten. Zeichnet sich der Produktionsprozess durch Assemblierung und verlängerte Werkbänke mit Drittunternehmen aus, sorgt eine intelligente Mobilitätssteuerung für die zeitgenaue Zulaufsteuerung

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an den Zielort und eine passgenaue Rückführung von wiederverwendbaren Komponenten vom Ort des Verbrauchs. Letzteres bedarf einer Ausweitung des Netzwerkes Richtung Verbraucher bzw. Intermediäre, die sich an der Schnittstelle zum Verbraucher befinden. Deren Tätigkeiten umfassen die Bewertung von rückführbaren Teilen und einer Registrierung der Teile (sog. Tagging), um dann den Prozess der Zuordnung Teil – Stücklistenverwendung anzustoßen und das Teil in den Produktions- bzw. Assemblierungskreislauf zurückzuführen. Smart Mobility ist gefordert und kann es leisten, den Wiedereinführungsprozess von Komponenten und Produkten zu orchestrieren. Ebenso bietet es durch die Vernetzung von Werkzeugen, Materialien und Komponenten mit Fahrzeugeinsatzsystemen eine durchgängige Steuerung des Produktions- und Verbrauchszyklus eines Materials. Darüber hinaus erfolgt eine intelligente Hilfestellung bei Experteneinsätzen zur mobilen Produktionsüberwachung, Produktprüfung und Inspektion. Beispiel maschinenbezogene Einsatzsteuerung und virtueller Showroom als Verkaufsschlager Ein weiteres Beispiel aus dem Güterverkehr ist folgendes: Lkw und Einsatzfahrzeuge wie Bagger sammeln auf einer Baustelle kontinuierlich Datenpunkte und senden diese in ein Backendsystem. Die Datenerfassung ist zum einen zu fahrzeugspezifischen Daten wie Betriebsdauer, Temperaturentwicklung und Vibrationen möglich. Zum anderen lassen sich Rückschlüsse ziehen auf das verladene Gut durch Erfassung von Gewicht, Volumen, Qualität und Feuchtigkeit. Cyber Physical Systems tragen so zur Überwachung der Funktionstüchtigkeit des Objekts bei und lösen Instandhaltungsaktivitäten für ein prognostiziertes Risiko aus. Sie sammeln Informationen über das produzierte Material und orchestrieren die Zusammenarbeit von Lkw und Bagger. Durch den Einsatz moderner Technologie wie Augmented Reality kann der Logistikprozess wesentlich vereinfacht werden. Dazu gehören die Integration in Geschäftsprozesstransaktionen und die organisationsübergreifende Transparenz in Transportprozesse. In Verbindung mit SAP Business Glasses werden Abwicklung, Auslieferung und Ausführung von Wartungs- und Ersatzteildienstleistungen für das Einsatzpersonal deutlich vereinfacht. Der Beitrag zur Circular Economy liegt in der Rückverfolgung des Produktes, der Komponente oder des ausgetauschten Teils, der Überprüfung des Zustandes des Teils zur Wiederverwendung und der automatischen Auftragsansteuerung für den weiteren Verarbeitungsschritt. Wir selbst haben kürzlich den virtuellen Showroom von digital value creators (DVC) gelauncht - gerne sprechen Sie uns an und wir nehmen eines Ihrer Produkte mit auf und führen Sie ein in die Vorteile und was es zu beachten gilt.

8.3.2 V  erkehrsknotenpunktanalyse und Ableitung eines Maßnahmen-Kataloges Welche Vorteile bietet eine ganzheitliche Mobilitätsbetrachtung im Güterverkehr? Bei der sogenannten Verkehrsknotenpunktanalyse ist das Ziel, diejenigen Bedingungen herauszufiltern, die den Verkehrsfluss von Gütern entlang eines kritischen Weges oder Knotens in

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Tab. 8.9  Nutzungsszenario Verkehrsknotenpunktanalyse Elemente Adressierung

Beschreibung der wesentlichen Punkte Regionale und knotenpunktbezogene Verkehrswegenetzanalyse für den Güterverkehr Motivation Abhängigkeit von Ereignissen, die in Nachbarregionen entstehen und zu hohem Verkehrsaufkommen und Staus führen Value Drivers Besseres Verkehrsflussmanagement Verkehrsbelastung reduzieren Emissionen und Lärm reduzieren Dienstleistungsbereitstellung für regionale Anbieter forcieren Owner Öffentliche Verwaltung Personas Bereitsteller der externen Infrastruktur (wie Bodenbelag, Bodenbeschaffung, Brücke, Straße); Betreiber von Umschlagplätzen wie Häfen und Cargo Terminals; Dienstleister für Fahrer, Fahrzeug, Fahrzeugkomponenten, Fertigung, Reparatur, Wiederverwertung und Unterhalt; Gebietskörperschaften; Navigationsanbieter; Stadtplaner und kommunale Planungsbüros; Systemanbieter; Tankstellenbetreiber; Telematikanbieter; Verkehrswegenetzanbieter Market Data Dashboards Offerings Prognoseverfahren für Verkehrsfluss und Verkehrslageentwicklung Roadmap Phase 1: Untersuchung bzw. Prognose des gegenwärtigen und zukünftigen Güterverkehrs Phase 2: Abgleich der Auswertungs- und Feldversuchsergebnisse Phase 3: Übertragung der Ergebnisse auf das Service-Design Phase 4: Überlegungen zu Einrichtung und Gestaltung eines personasbezogenen Datenportals Umsetzungsgrad Etabliert: Phase 1, Phase 2 Erste Umsetzungen: Phase 3, Phase 4

Verbindung mit einer zweckgebundenen Tätigkeit beeinträchtigen. Das Szenario ist auch übertragbar auf den Personenverkehr. Unter Anwendung der wesentlichen Gestaltungselemente stellt sich das Nutzungsszenario wie in Tab. 8.9 dar. Das gewählte Vorgehen richtet sich nach einem vierstufigen Verfahren: Phase 1 Phase 1 Untersuchung bzw. Prognose des gegenwärtigen und zukünftigen Verkehrs erfolgt entlang • der Klassifizierung und Volumenbestimmung von Güterbewegungen entlang des kritischen Verkehrsweges und der tangierten Region(en), • der Identifizierung von Schlüsselstellen wie Umschlagplätzen und Verifizierung der Analyseergebnisse des Güterverkehrs in einem definierten Korridor, • ein erstes Ausarbeiten von alternativen Verkehrsflüssen und Verkehrsknoten, • die Bestimmung der kritischen Performance-Indikatoren in Bezug auf den observierten Verkehrsweg,

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• die Bestimmung der Erfolgsfaktoren für geografisch angegliederte Umschlagplätze wie etwa Lager- und Wartungsräumlichkeiten oder Haltepunkte, • das Herausfiltern von Rückschlüssen für Straßen- und Brückenwartung, Fahrstreifen für Pendler. Voraussetzung für den o. a. Analysekatalog ist die Zurverfügungstellung von Datenquellen. Grundsätzlich wird pro Vorhaben ein digitales Arbeitsblatt mit bekannten Datenquellen aufgesetzt. Angereichert mit weiteren Daten, welche durch kommunale und weitere Anbieter hinzukommen, erfolgt die Verkehrsanalyse. Smart Mobility zeichnet sich hier durch die Digitalisierung und Visualisierung von großen Datenmengen unterschiedlicher Herkunft aus. Datenbereinigung und Qualitätssicherung sind dabei zwei wichtige Arbeitsschritte. Ein dritter Arbeitsschritt steckt in der Interpretation dieser Daten. Das Ziel hierbei ist es, das Nutzenversprechen für jeden beteiligten Stakeholder herauszuarbeiten. Dazu zählen zum einen die Gegenüberstellung von Kosten und Nutzen, zum anderen die Parametrisierung für eine erste Return-onInvestment-­Analyse. In einem Feldversuch werden weitere Parameter wie etwa die Aufwände von Smart Mobility Dashboards, Infrastrukturaufwände zur Messung von Verkehrsströmen (wie etwa Sensorik) und weitere für Verkehrswege relevante Gestaltungs- und Betriebsaufwände herangezogen. Neben der Vollkostenrechnung mit Bezug auf Verkehrswegeentlastung werden weitere Vorteile wie etwa erhöhte Nutzung von Dienstleistungen und Reduktion von Emissionen eruiert. Phase 2 In Phase 2 erfolgt ein Abgleich der Auswertungs- und Feldversuchsergebnisse mit anderen Lokationen mit einem ähnlichen Verkehrswegenetz. Gibt es Übereinstimmungen, bringen weitere Feldversuche Gewissheit und schaffen einen Einblick in ggfs. weitere Parameter und Abhängigkeiten. Phase 3 In Phase 3 erfolgt die Darstellung aller Parameter und Ergebnisse in einem auf Service-­ Design ausgerichteten Verfahren. Dazu werden insbesondere Erkenntnisse zu Service-­ Rollen und Verantwortlichkeiten wie zum Beispiel der öffentlichen Verwaltungen und Datenanbieter untersucht und ergänzt. Phase 4 In Phase 4 erfolgen Überlegungen zu Gestaltung und Betrieb eines für die Öffentlichkeit zugänglichen Datenportals (analog dazu finden sich Begriffe wie Data Dashboards oder Open Government Data Labs). In den meisten Fällen sind dies die öffentlichen Verwaltungen, die bereit sind, Daten zu teilen. Ein Beispiel hierfür ist der Portalzugang, der von Transport for London (TFL) [27] geschaffen wurde. Ein weiteres Beispiel ist die kürzlich ins Leben gerufene VAO GmbH, Verkehrsauskunft Österreich [28]. Die Überlegungen

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werden begleitet von der Einrichtung und Aufrechterhaltung von Datenschleusen. Wir bezeichnen diese als Trust Gates. Trust Gates Trust Gates, sog. Schleusensysteme, zeichnen sich dadurch aus, dass die Bereitstellung bzw. der Einkauf von Daten analog einer Klassifizierung von privaten, vertraulichen, zugangsberechtigten und öffentlichen Daten erfolgt. Trust Gates funktionieren durch Identifizierung und Authentifizierung, Regelung von Bezahlung, Abrechnung und Nutzung, einem Reporting und der Einhaltung von Vertrauensräumen. Dabei sollte dies gemäß eines Verhaltens- und Verfahrenskodex zur Einhaltung von Spielregeln, der Nichtveröffentlichung, Anonymisierung und Veröffentlichung von Daten erfolgen.

8.4

Mobilitätsrelevante Diagnostik

Um Smart Mobility ganzheitlich zu erfassen, bedarf es einer mobilitätsrelevanten Dia­ gnostik. Analytische und methodische Verfahren bieten eine in Echtzeit kalkulierbare und vorausschauende digitale Auseinandersetzung mit einer schier unendlichen Anzahl von Datenquellen und Datenvolumina an. Den großen Bereich der mobilitätsrelevanten Analysen bezeichnen wir als Mobilitätsdiagnostik. Bereits heute sind Analysestränge in Bezug auf einzelne Verkehrsmodi sowie Verkehrsdatenanalyse ganzer Städte (Smart Traffic) im Einsatz. Im Bereich der dienstleistungsbezogenen Auswertungen bewährt sich die sogenannte Service Diagnostik.

8.4.1 Verkehrsbezogene Auswertungen In Bezug auf Verkehrsdatenmanagement zeichnen sich durch Big Data und in Echtzeit verfügbare Daten eine Reihe von Analysen ab. Dieses Bearbeitungsfeld bezeichnen wir als Smart Traffic. Die Erhebungen resultieren in einen umfassenden Katalog von Key Performance Indikatoren (KPIs). Tab. 8.10 zeigt die wesentlichen KPIs.

8.4.2 Persona relevante Auswertungen Je nach Persona lassen sich unter anderem verkehrsbezogene kritische Erfolgsfaktoren (Smart Traffic KPIs) erfassen, auswerten und visualisieren. Insbesondere bei einer sehr hohen Anzahl von Messpunkten, Datenvolumina und der Segmentierung nach Stadtgebiet, Verkehrsmittel, Uhrzeit und Datum bietet sich Stand heute eine Big Data-Anwendung an. Ebenso geben Informationsströme durch die digitale Vernetzung von Fahrzeugen Hinweise auf Infrastrukturbelastung und -auslastung [28].

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Tab. 8.10  Data Diagnostics am Beispiel von Smart Traffic ID S1 S2 S3

S4 S5 S6 S7

Smart Traffic Auswertungen im Einzelnen Verkehrslageüberwachung (Traffic Monitoring) Verkehrsanomalien (Traffic Abnormal Discovery) Verkehrsrelevante Zonenplanung und -steuerung, wie zum Beispiel für Veranstaltungen (Temporary Zoning Control Plan for City Event) Verkehrsrelevante Zutrittsregelung (Entry Control Policies) Nummernschildüberwachung (Vehicle License Control Policies) Regelung und Durchführung einer gebührenpflichtigen Straßennutzung (Congestion Charge Policies) Ereignisbezogene Verkehrsflusssteuerung (Incident Prioritizing)

S8

Einsatzplanung und -optimierung von Einsatz- bzw. Streifenfahrzeugen

S9

Ereignisabhängige Einsatzplanung

S10 Informationsfenster über Einsatzfahrzeuge und Equipment (Equipment Info-Browsing w/worn equipment and/or officer’s equipment) S12 Fahrerbezogene Auswertungen (Driver Analysis) S13 Pendlerbezogene Auswertungen (Commuter Insights)

S14 Stadtverkehrsdienstleistungen als Servicepaket (Bundle: CityTrafficCare) B1

Betriebsüberwachung und betriebsrelevantes Warnsystem (Operation Monitoring & Alert)

B2

Verkehrsmitteleinsatzplanung in Abhängigkeit des Verkehrsaufkommens (Up/down-streaming Imbalance Management) Simulation von Buseinsatzfahrplänen (Bus Planning Simulation) Pendlerplanung in Bezug auf öffentlichen Nahverkehr (Public Transit Planning for Commuters) Analyse der busbezogenen Dienstleistungen (Bus service level analysis)

B3 B4 B5

Bündelung mit

Besondere Anwendung für Stadt, Region Stadt, Region Stadt, Region

S5, S6

Stadt, Region, Quartier, Campus Stadt, Region, Quartier, Campus Stadt, Region, Quartier, Campus Stadt, Region, Quartier, Events, Campus Stadt, Region, Quartier, Events, Campus Stadt, Region, Quartier, Events, Campus Public Security Personal

S4, S6 S4, S5

Flottenmanager Stadt, Region, Quartier, Events, Campus S8, S9, S10, Stadt, Region, S13 Quartier, Events, Campus Stadt, Region, Quartier, Events, Campus Bus

Bus Bus Bus (Fortsetzung)

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198 Tab. 8.10 (Fortsetzung) ID B6

Smart Traffic Auswertungen im Einzelnen Analyse des busbezogenen Fahrpreiskonzeptes (Bus pricing analysis) B7 Simulation von busbezogenen Fahrstreifen (Bus Lane Setting What-if Analysis) B8 Schätzung von Busankunftszeiten (Bus Arrival Estimation) C1 Kapazitätsplanung für Taxi-Einsätze (Taxi Capacity Analysis for planning) C2 Tarifplanung für Taxi-Einsätze (Taxi Service Pricing) C3 Monitoring des Taxibetriebes (Taxi Operation Monitoring) C4 Taxibezogene Disposition (Taxi Dispatching and Guidance) C5 Planung der Taxi-Stationen (Taxi Station Planning) C6 Notfallplanung in Verbindung mit Taxi-Einsätzen (Taxi Emergency Management) C7 Produktivitätsanalyse Taxifahrer (Taxi Driver Productivity-Business Compass) M1 Evakuierungsszenarien für U-Bahnen (Metro Passenger Evacuation via Ground Transportations) V1 Visualisierungsschemata (Visualization Schema)

Bündelung mit

Besondere Anwendung für Bus Bus Bus Taxi

B1

Taxi Taxi Taxi

B3

Taxi Taxi

C3

Taxi Metro

So suchen beispielsweise Busbetreiber Antwort auf folgende Fragen: wann lohnt sich die Aufschaltung einer weiteren Buslinie? Wie werden Fahrgäste darauf aufmerksam gemacht? Wie viele Reisende werden tatsächlich davon profitieren und werden sich die neuen Linien für den Betreiber bezahlt machen? Angestellte im Kundendienst fragen sich, wie viele Fahrgäste an den jeweils nachgelagerten Haltestellen warten? Wie sieht die Frequentierung von aufeinanderfolgenden Bussen bzw. Verbindungen durch Transitreisende aus? Wie sehen die Service Level Agreements von Verkehrsmittelanbieter untereinander aus? Lassen sich Service Level Agreements digital erfassen und bewerten? Wie sieht das Erhebungsverfahren von dienstleistungsbezogenen, also serviceorientierten KPIs aus? Das nachfolgende Beispiel erläutert dies am Beispiel Fahrrad. Sofern ­Fahrräder durch Flottenangebote mit Sensorik bzw. Tags ausgestattet sind, lassen sich die o. a. Smart Traffic KPIs auch um Verkehrsmittel wie E-Bikes, Scooter und Fahrräder erweitern. Sind diese allerdings nicht erfassbar oder deren Anteil am Verkehrsfluss und der Verkehrslage nur stichprobenartig eruierbar, lohnen die folgenden Überlegungen. Service Diagnostics fürs Fahrrad In Bezug zu unseren Ausführungen unter Abschn. 8.2.3 geht es uns im Folgenden um die Erarbeitung Fahrrad-bezogener Mobilitätsindikatoren. Eine auf eine Stadt bzw. Regionen

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Tab. 8.11  Mobilitätsanalyse zur Verkehrsinfrastruktur für Fahrradfahrer Mobilitätsservices Accident Prevention Analytics and Measures Accomodate Bike Lanes to usage pattern Accomodate Bike Lanes to usage pattern Accomodate Bike Lanes to usage pattern Promote Bike usage, incentivate cyclists City Planning: adapt infrastructure to demands City Planning: adapt infrastructure to demands Accident Prevention Analytics and Measures Improve Navigation, Speed and enhanced Safety of cyclists City Planning: adapt infrastructure to demands City Planning: adapt infrastructure to demands City Planning: adapt infrastructure to demands City Planning: adapt infrastructure to demands City Planning: adapt infrastructure to demands City Planning: adapt infrastructure to demands City Planning: adapt infrastructure to demands, Investment Advice City Planning: adapt infrastructure to demands Steering of Traffic Flows, improve Safety of cyclists City Planning: adapt infrastructure to demands (Designated Areas) City Planning: adapt infrastructure to demands City Planning: adapt infrastructure to demands Steering of Traffic Flows, Intelligent Routes City Planning: adapt infrastructure to demands Insurance Companies, Risk and Premium Calculations Intelligent Routes Intelligent Routes, City Planning Intelligent Routes, City Planning Planning of Bike Lanes Planning of Bike Lanes, Insurance Companies Planning of Bike Lanes Insurance Companies, Risk and Premium Calculations

Performance-Indikatoren für das Medium Fahrrad Average Cost/Damage per Accident Average Cycling Speed Average Trip Duration Average trip length per Person Bicycle Use in Relation to total Mobility Modes Bike Lane percentage per district in relation to total street space Cycling kilometers per year Frequency of Accidents GPS Coverage for Mobile Navigation Systems Length of Bike Lane Network per City Level of Stress (Accessibility) Number of Bike Racks Number of Bike Racks on Busses Number of Bikes per 1000 People Number of Intersections Number of Public Bike Share Stations Number of Public Shared Bikes Peak Times for Cycling Activity Percentage of People cycling for Fun Percentage of People cycling to Work Square Feet of Space per Cyclist (Level of Service) Waiting time at traffic lights Waiting time in relation to time spent cycling Average Cost/Damage per Accident Average Cycling Speed Average Trip Duration Average trip length per Person Bicycle Use in Relation to total Mobility Modes Bike Lane percentage per district in relation to total street space Cycling kilometers per year Frequency of Accidents (Fortsetzung)

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Tab. 8.11 (Fortsetzung) Mobilitätsservices Intelligent Routes Planning of Bike Lanes, Insurance Companies Insurance Companies, Risk and Premium Calculations, Planning of Bike Lanes City Planning: adapt infrastructure to demands Procurement of Public Transport Provider City Planning: adapt infrastructure to demands City Planning: adapt infrastructure to demands City Planning: adapt infrastructure to demands Demand Analysis, Planning of Bike Stations (Location, Quantity of Bikes) City Planning: Traffic Lights, intelligent routes Bike Lanes outside the city in recreational areas City Planning: adapt infrastructure to demands Accident Prevention Analytics and Measures Accomodate Bike Lanes to usage pattern City Planning: intelligent Traffic Lights and routes for mobile navigation systems

Performance-Indikatoren für das Medium Fahrrad GPS Coverage for Mobile Navigation Systems Length of Bike Lane Network per City Level of Stress (Accessibility) Number of Bike Racks Number of Bike Racks on Busses Number of Bikes per 1000 People Number of Intersections Number of Public Bike Share Stations Number of Public Shared Bikes Peak Times for Cycling Activity Percentage of People cycling for fun Percentage of People cycling to Work Square Feet of Space per Cyclist (Level of Service) Waiting time at traffic lights Waiting time in relation to time spent cycling

bezogene Mobilitätsanalyse gibt Aufschluss über die Verbesserung der Auslastung, der Verkehrsinfrastruktur und die Erhöhung der Verkehrssicherheit für Fahrradfahrer. Hinweise geben die dafür zur Verfügung stehenden Performance-Indikatoren. Umgekehrt bieten die Kennzahlen Hinweise auf die Anwendbarkeit bestehender bzw. Identifizierung weiterer Services. Tab. 8.11 stellt die beiden Betrachtungsweisen gegenüber.

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9

Indoor- und Outdoor-Navigation in Smart Mobility-Szenarien Carsten Günther und Matthias Jöst

Zusammenfassung

Die Bereitstellung einer durchgängigen Indoor-/Outdoor-Navigation unterliegt auch heute nach wie vor umfangreichen technischen Anforderungen. Eine hohe Daten-­ Aktualität, eine zuverlässige Indoor-Ortung und eine intuitive Bedienung sind Voraussetzung für die Akzeptanz bei den Nutzern. Im Wettstreit der Anbieter urbaner Mobilität wird die Bereitstellung einer durchgängigen Indoor-/Outdoor-Navigation zukünftig ein wesentlicher Baustein für die Akzeptanz eines Verkehrsmittelanbieters und den Erfolg von Smart Mobility-Szenarien sein.

9.1

Einführung

Die unter Kap. 7 und 8 vorgestellten innovativen Mobilitätskonzepte beruhen darauf, dass situations- und präferenzbedingt ein Mix von verschiedenen Verkehrsmitteln genutzt werden kann, um von A über B nach C zu kommen. Die Kombination der zu nutzenden Verkehrsmittel kann zum einen geplant sein, zum anderen kann es auch das Ergebnis von Ad-hoc-Reiseplanänderungen sein. Gerade situationsbedingte Ad-hoc-Reiseplanänderungen und eine damit im Zusammenhang stehende Unterstützung beim Verkehrsmittelwechsel werden zukünftige Smart-Mobility-Szenarien kennzeichnen. C. Günther (*) Guenter AI Consult, Bammental, Deutschland E-Mail: [email protected] M. Jöst Heidelberg mobil international GmbH, Heidelberg, Deutschland E-Mail: [email protected] © Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2020 B. Flügge (Hrsg.), Smart Mobility, https://doi.org/10.1007/978-3-658-26980-7_9

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204

C. Günther und M. Jöst

Solche Wechsel von Verkehrsmitteln an für den Reisenden unbekannten Orten stellen eine Quelle von Unsicherheiten und Unbequemlichkeiten dar. Um den Wechsel sicher und angenehm zu gestalten, ergreifen die Mobilitätsanbieter eine Reihe von Maßnahmen. So sollen zum Beispiel große Schautafeln und Piktogramme den Reisenden schnell und sicher zum gesuchten Verkehrsmittel oder Ziel leiten. Schon beim Bau erster U-Bahn-­Linien im letzten Jahrhundert ist dem Punkt der Orientierung viel Aufmerksamkeit gewidmet worden. So hat der schwedische Architekt Alfred Grenander [1] für die farbliche Gestaltung von Berliner U-Bahn-Stationen das „Prinzip der Kennfarbe“ entwickelt. Nach seinen Entwürfen sollten sich die aufeinanderfolgenden Stationen farblich deutlich unterscheiden, was sich in der Farbauswahl für Fliesen, Stützen, Verstrebungen und Schildumrandungen widerspiegelte. Auf diese Weise sollte die Orientierung für Menschen mit Sehschwäche erleichtert werden. Beispiel hierfür ist der U-Bahnhof Samariterstraße [2]. Noch heute ist in Berlin in U-Bahnstationen der Linien U2, U5, U6 und U8 dieses Prinzip der Kennfarben verfolgbar. Auch aktuell investieren Städte und Verkehrsbetriebe hohe Summen in solche Fußgängerleitsysteme, berücksichtigen die Multi-Lingualität wie in der Stadt Regensburg [3] und können dennoch nicht jede Quelle von Unsicherheit und Unbequemlichkeit beseitigen. Die weiterführenden Erklärungen der öffentlichen Verkehrsbetriebe lesen sich dann wie folgt: „Man sollte auf jeden Fall die Richtung kennen, in der die gewünschte Zielhaltestelle liegt, damit man an der richtigen Haltestelle einsteigt“ [4]. Beim Verkehrsmittelwechsel muss man sich also nicht nur die Nummer des nächsten Verkehrsmittels und evtl. Orientierungsinformationen zum Finden der nächsten Haltestelle merken, sondern auch die Richtung des neuen Verkehrsmittels ist wichtig – diese kann aber wiederum über die Endstation oder über Zwischenstationen kenntlich gemacht werden. Als weitere Komplikation kommt hinzu, dass die tatsächliche Position der Einstiegshaltestelle je nach Richtung variieren kann: „Ebenfalls berücksichtigt werden sollte, dass die Haltestelle für die Gegenrichtung nicht immer gegenüber, sondern auch in einer anderen, nahen gelegenen Straße liegen kann.“ [4] Alles Gegebenheiten, die für einige Verwirrung sorgen können und deshalb verweisen Verkehrsbetriebe auf die Ultima Ratio beim Orientieren im öffentlichen Raum: „Wer sich bei der Wahl der richtigen Haltestelle und der Richtung einer Fahrt nicht sicher ist, sollte einfach andere Fahrgäste oder das Fahrpersonal fragen.“ [4] Hier ist nun der Punkt, wo wie bei anderen Problemen des Alltags die Lösung in einem IT-gestützten System liegen kann. Was der Reisende sich wünscht, ist ein System, ähnlich leicht zu handhaben und verlässlich operierend wie er es aus dem Auto gewohnt ist. Doch während sich im Auto die Navigationssysteme fest bzw. flexibel eingebaut oder auf dem Smartphone laufend durchgesetzt haben, ist das Angebot an Navigationsgeräten und -lösungen für Fußgänger noch immer überschaubar. In Tab. 9.1 sind die wesentlichen Punkte gegenübergestellt, in denen sich die Fahrzeug- und die Fußgängernavigation unterscheiden. Gerade vor dem Hintergrund der Einführung von Smart Mobility-Angeboten ist die Unterstützung von Fußgängern mit mobilen IT-Lösungen angebracht. Eine Möglichkeit bietet die Einführung einer mobilen Fußgängernavigationslösung, möglichst mit automatischer Positionierung über eine installierte Infrastruktur.

9  Indoor- und Outdoor-Navigation in Smart Mobility-Szenarien

205

Tab. 9.1  Unterscheidung Fahrzeug- und Fußgängernavigation Datenbasis

Fahrzeugnavigation Flächendeckend und in nahezu gleichbleibender Qualität vorhanden. Mittlere Dynamik der Datenbasis.

Freiheitsgrade Begrenzt auf öffentliche Straßen.

Hardware

Ortung

Interaktion Fokus Instruktionen

9.2

Fußgängernavigation Mittlerweile in Ballungsräumen in hoher Genauigkeit und Aktualität vorhanden. Indoor-Areale sind erst im Aufbau begriffen. Variabilität und Dynamik der Datenbasis sehr hoch. Dreidimensionaler Freiheitsgrad. Outdoor- und Indoor-­ Anwendungsszenarien mit möglichst unterbrechungsfreiem Übergang. Smartphones mit begrenzter Energieversorgung. Für Positionierung zum Teil aufwändig zu installierender Infrastruktur nötig.

Dedizierte Hardware (Head-Unit oder mobile Navigationsgeräte) mit „unbegrenzter“ Energieversorgung. Smartphone-Anwendungen mit externer Stromversorgung ‚stand alone‘-Systeme. GNNS-(GPS/Galileo)-basiert mit Hybride Positionierung (GPS, Carrier, zusätzlicher Sensorik am/im Fahrzeug. WLAN, Beacons, RFID). Aufwändig für Indoor-Navigation. Texteingabe, Touch- und Texteingabe, Touch- und Sprachinteraktion. Sprachinteraktion. Straßenverkehr und Navigation. Umfeld, Orientierung, soziale Interaktion. v. a. entfernungsbasierte Primär visuelle, aber auch taktile (wie Sprachanweisungen Vibrationen) und audielle Anweisungen. Integration/Kopplung weiterer Wearable Devices möglich.

I ndoor-/Outdoor-Navigation im Mobilitätsumfeld – Anforderungen und Nutzen

Will man bei der Einführung von Smart-Mobility-Lösungen die Unterstützung der Fußgänger mittels einer Navigationslösung etablieren, ist eine Reihe von Anforderungen zu erfüllen: • Ein solcher Dienst muss sich durch eine hohe Zuverlässigkeit auszeichnen. • Orientierungs- und Navigationsinformationen müssen leicht verständlich und der jeweiligen Situation angepasst sein. • Die Positionierung und die Navigation beim Outdoor-Indoor-Übergang müssen in beide Richtungen unterbrechungsfrei unterstützt werden. • Die textuellen Informationen müssen Multi-Lingualität unterstützen.

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C. Günther und M. Jöst

• Die berechneten Wege-Routen müssen die individuellen und situationsbedingten Fähigkeiten des Fußgängers berücksichtigen (gesundheitliche Verfassung, Behinderungen, Gepäckstücke, Begleitpersonen usw.). • Die Wegeplanung und -beschreibung müssen die aktuelle räumliche Situation widerspiegeln, d. h. aktuell gesperrte Bereiche oder neue Passagen müssen bei der Routenberechnung berücksichtigt werden und die in den Navigationsanweisungen erwähnten Landmarken müssen tatsächlich vorhanden sein. • Eine große Gerätevielfalt muss unterstützt werden. • Die Investitionssicherheit für den Betrieb einer solchen Lösung muss darüber gegeben werden, dass neue Geräte und Technologien mit einem überschaubaren Aufwand angeschlossen bzw. integriert werden können. • Während im Außenbereich auf die bewährten satellitengestützten Positionierungstechnologien (GPS, zukünftig auch Galileo) zurückgegriffen werden kann, muss für die Positionierung im Innenbereich auf spezielle Technologien und Infrastrukturmaßnahmen zurückgegriffen werden. • Mit der erforderlichen Datenmenge muss ökonomisch umgegangen werden, da Datentarife und Roaming-Angebote noch immer einen hohen Kostenfaktor für den Nutzer darstellen. • Die Lösung sollte auch eine Offline-Funktionalität bereitstellen, da nicht in allen insbesondere unterirdischen Gebäudekomplexen mit einer guten Mobilfunkabdeckung gerechnet werden kann. Allein schon diese Auflistung der Anforderungen an ein Fußgängernavigationssystem im Smart-Mobility-Einsatzszenario macht ersichtlich, dass ein solches System bei der Ini­ tiierung und dem Betrieb sehr kostenintensiv ist. Dem gegenüber muss somit ein entsprechender Nutzen stehen. Es lassen sich persönliche als auch gesellschaftliche Nutzwerte identifizieren. Ein wesentlicher persönlicher Nutzen eines persönlichen Orientierungs- und Navigationssystems stellt die Erhöhung der persönlichen Sicherheit dar. Der Nutzer kann ermitteln, wo er sich befindet und wie er an sein Ziel kommt. Er kann sich im Raum orientieren und Wege zu Stellen ermitteln, wo er sich weitere Hilfe holen kann. Somit wird nach der Maslowschen Bedürfnishierarchie [5] das zweitwichtigste Grundbedürfnis des Menschen befriedigt: das Bedürfnis nach Sicherheit. Des Weiteren werden viele Punkte, die ein angenehmes, bequemes, kosten- und zeitsparendes Reisen ausmachen, adressiert. Der Nutzer eines solchen Systems kann sichergehen, dass ihm der Verkehrsmittelwechsel und die Orientierung an Verkehrsknotenpunkten so angenehm wie möglich gestaltet werden. Damit einhergehend steigert sich die Akzeptanz für die Verzahnung und tatsächliche Nutzung verschiedener Verkehrsangebote, die zudem noch auf die jeweilige persönliche Nutzungssituation abgestimmt werden können. Persönliche positive Erfahrungen hinsichtlich Sicherheit, Zuverlässigkeit, Bequemlichkeit, Zeit- und Kostenersparnis bei der Nutzung von Smart-Mobility-Angeboten werden schnell deren Nutzung steigern. Somit

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207

trägt die Etablierung von Fußgängerleitsystemen mit Indoor-/Outdoor-Navigation zur stärkeren Nutzung der öffentlichen Verkehrsmittel bzw. des Car- und Ride-Sharings und der Verringerung des Individualverkehrs bei. Diese Breite an individuellen und gesellschaftlichen Nutzwerten rechtfertigen die Aufwände für die Entwicklung und den Betrieb eines Fußgängernavigationssystems für den Indoor-/Outdoor-Bereich von Verkehrsknotenpunkten.

9.3

Technische Voraussetzungen

Für den Aufbau eines Fußgängernavigationssystems ist eine Reihe von technischen Vo­ raussetzungen zu erfüllen. Die Navigation des Fußgängers in urbanen Räumen unterscheidet sich signifikant von der Navigation bei der Nutzung anderer Verkehrsmittel. Größere Freiheitsgrade in den Bewegungsmöglichkeiten, komplexe räumliche Situationen, eine unschärfere Positionierung und eine geteilte Aufmerksamkeit erfordern neue und intuitivere Konzepte für die Interaktion mit Fußgängernavigationsdiensten. Die klassischen und sehr kartenzentrierten Ansätze können hier nur einen Teil des Anforderungsprofils abdecken.

9.3.1 Geodaten und Kartenmaterial Das Fundament für die Bereitstellung von ortsbasierten Diensten, insbesondere für die Bereitstellung von Navigationsdiensten, ist die zugrunde liegende Geodatenbasis. Hatten hier bis vor kurzem zwei Unternehmen aus den Niederlanden und den Vereinigten Staaten, TeleAtlas [6] und HERE, vormals NavTeq [7], eine marktbeherrschende Stellung, ist in den vergangenen Jahren das Volumen, die Qualität und Aktualität freier Geodaten – initiiert durch crowdbasierte Dienste wie OpenStreetMap [8] – stark angestiegen. In vielen Ballungsgebieten in Westeuropa steht die Aktualität crowdbasierter Dienste den kommerziellen Datensätzen in nichts nach bzw. übertrifft diese sogar [9]. Dies gilt vor allem, wenn nicht alleinig die Bereitstellung von Fahrzeugnavigationsdiensten im Fokus der Betrachtung steht, sondern andere Transportmittel mit größeren Freiheitsgraden (Fahrrad, Inline-­ Skating, behindertengerechtes Routing) oder die Fußgängernavigation. Erweitert man das Anwendungsfeld um Indoor-Navigation, bekommt der Aspekt Geodaten ein zusätzliches Gewicht, da großflächige Datensätze von kommerziellen oder freien Anbietern kaum vorhanden bzw. erst im Aufbau begriffen sind. Die besonderen Herausforderungen bestehen vor allem in den folgenden Punkten, die zum Teil bereits bei den Anforderungen erwähnt worden sind: • Datenformate: Klassisch auf Basis von CAD-Plänen, die feingranulare bauliche Strukturen abbilden und nicht in einen größeren räumlichen Kontext geografischer Koordinatensysteme eingebettet sind. Die Attribuierung und Auszeichnung der räumlichen

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Abb. 9.1  Geodaten-Integration und -fusion: Fusion von GIS-Daten, CAD- und Aufmaß-Plänen am Beispiel des Messegeländes der Deutschen Messe AG in Hannover

Strukturen ist nicht für eine Nutzung in Navigationsszenarien ausgelegt, sondern bezieht sich primär auf statische Eigenschaften. • Komplexität und Fragmentierung: Große Gebäude wie Bahnhöfe haben oft eine sehr komplexe räumliche Struktur (mit mehreren Stockwerken, Hallen, Übergängen, Emporen u.v.m.) und sehr unterschiedliche Eigentumsverhältnisse, was zu unterschiedlichen Ansprechpartnern und Zugangsbeschränkungen zu den räumlichen Daten und den Räumlichkeiten als solche zur Installation von Verortungstechniken führt. • Aktualität: Die Flächennutzung ist oft sehr variabel und dynamisch, beispielsweise in Passagen mit Ladenzeilen, die oft eine stark wechselnde Belegung aufweisen. Des Weiteren sind Passagen, Türen oder Durchgänge nicht permanent passierbar, haben Schließzeiten in den Nachtstunden oder sind von Umbaumaßnahmen betroffen. Erste Ansätze und Verfahren versuchen, sich den Enthusiasmus der freien Geodaten-­ Communitys zu Nutze zu machen, um auch weiträumig Indoor-Areale und Gebäude zu erfassen [10]. Bis dato scheiterten diese Ansätze an fehlenden Werkzeugen und einem Konsens über die Art der Erfassung und den technischen Möglichkeiten einer automatisierten Indoor-Ortung. Die Abb.  9.1 verdeutlicht einen synchronisierten Ansatz, der räumliche Daten aus freien Geodatenbasen (in bekannten Geodatenformaten) mit Daten aus dem Gebäudemanagement (in Form von CAD-Plänen) fusioniert, in eine geeignete räumliche Repräsentation und Projektion bringt und um Aufmaßpläne aus einer Flächenplanungssoftware erweitert. Die räumlichen Daten werden anschließend um weitere Fachdaten (Einzelhandelsdaten) erweitert. Aufgrund der hohen Variabilität der Aufmaßpläne und der Fachdaten müssen die Daten regelmäßig aktualisiert werden.

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209

9.3.2 Verfahren zur Indoor-Lokalisierung Grundvoraussetzung für jede Navigation ist eine möglichst exakte Verortung. Ortungsansätze kann man in absolute und relative Verfahren unterscheiden. Bei den relativen Verfahren wird, basierend auf einer initial bekannten Ausgangsposition, mit Hilfe von Sensoren die Positionsänderung bestimmt. Absolute Verfahren orten innerhalb eines bekannten Referenzsystems, beispielsweise durch die weltumspannende Satellitenortung GPS. Grund­ lage der meisten Verfahren ist eine irgendwie geartete Funktechnologie.

Tab. 9.2  Gegenüberstellung von Ortungstechnologien Typ Satelliten-basiert

Methode GPS, GLONAS, COMPAS, GALILEO Telekommunikation Cell of Origin

WiFi

Location Tags

Andere

Andere Netzwerk Satellitenbasiert

Vorteil Verfügbarkeit, Genauigkeit Einfach

GSM/3G/LTE Cell of Origin RSS Fingerprint

Geräteunabhängig Geräteunabhängig

Triangulation (TOA, RSS) 2D Barcodes

Genauigkeit

RFID (aktiv, passiv), NFC Ultra-Wideband Bluetooth Infrarot

Genauigkeit

Ultraschall

Hohe Genauigkeit

Bilderkennung Bewegungs-­ sensoren IP Ranges GPS, GLONAS, COMPAS, GALILEO

Flexibilität Flexibilität

Robust

Hohe Genauigkeit Genauigkeit Genauigkeit

Einfach Verfügbarkeit, Genauigkeit

Nachteil Time 2 Fix, Geräteabhängigkeit, nur eingeschränkt Indoor Geräteabhängigkeit, Genauigkeit carrier notwendig Robust, Genauigkeit Geräteabhängigkeit, Einmessung technisch Komplex

Kosten $

Nutzerinteraktion, Client-Software Infrastruktur notwendig, geräteabhängig Spezialhardware anfällig, Infrastruktur Infrastruktur notwendig, anfällig nur Indoor, Infrastruktur notwendig Robustheit, Einrichtung Genauigkeit, initiale Verortung, Notwendigkeit Zuverlässigkeit Time 2 Fix, Geräteabhängigkeit, nur eingeschränkt Indoor

$

$ $$ $ $$ $$$

$$$$$ $$$ $$ $$ $$$ $$ $ $ $

$ steht für kostengünstige Realisierung, Nutzung bestehender Technologien und Infrastrukturen; $$ steht für mittlere Kosten für Erstellung, Installation und Betrieb; $$$ steht für hohe Kosten für Erstellung, Installation und Betrieb.

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In urbanen Räumen mit tiefen Häuserschluchten oder einer Fortbewegung in über- und unterirdischen Gebäudekomplexen (zum Beispiel in Bahnhöfen) ist eine reine satellitenbasierte Ortung zu fehleranfällig und aufgrund der längeren Ortungsphase (time to first fix) für eine situationsbedingt schnelle Nutzung bei der Fußgängernavigation ungeeignet. Neuere Verfahren versuchen mittels einer hybriden Ortung, d.  h. der Kombination verschiedener Ortungsverfahren, die Probleme der Positionierung zu verringern. Zunächst wird auf Basis von Funkzellen der Mobilfunkanbieter eine grobe Erstortung vorgenommen, diese wird anschließend durch WLAN-Funksignaturen verfeinert und anschließend um  – wenn vorhanden  – eine GPS-Position ergänzt. Dieses weitverbreite Verfahren ist jedoch für die Verwendung in Indoor-Szenarien nur bedingt geeignet. Durch bauliche Strukturen werden dort Funksignale entweder ganz absorbiert oder ungünstig modifiziert, was sich in ungenauen oder gar falschen Positionsangaben widerspiegelt. Wie schon bei der Verfügbarkeit der räumlichen Daten hat die Komplexität und Fragmentierung von Gebäuden einen direkten Einfluss auf die Voraussetzung für die Nutzung von Indoor-Ortungstechnologien. Je nach Anwendungsfall, erforderlicher Genauigkeit und örtlichen Voraussetzungen kann eine akzeptable Positionierung ebenfalls nur durch die Kombination verschiedener Ansätze gewährleistet werden. Die Tab.  9.2 stellt verschiedene Ortungstechnologien gegenüber und bewertet diese hinsichtlich der spezifischen Vor- und Nachteile sowie nach dem notwendigen Investitionsvolumen für eine entsprechende Realisierung. Im Hinblick auf die Robustheit der dezidierten Anwendungen bieten viele Lösungen auch die Möglichkeit einer mehr oder weniger intuitiven Selbstverortung, da nicht in allen Fällen gewährleistet werden kann, dass eine automatische Ortung akzeptable Ergebnisse liefert. Beispiele aus dem Mobilitätskontext wären die Eingabe von Geschäften und Haltestellennamen oder das Scannen eines Location-Barcodes.

9.3.3 Visualisierung Auf der Grundlage aktueller Geodaten und der Ortungsinformation lässt sich die räumliche Umgebung des Reisenden visualisieren. Im vergangenen Jahrzehnt hat auch auf mobile Devices die Nutzung von digitalen Kartendiensten wie beispielsweise Google oder Bing Maps Einzug gehalten. Diese Anwendungen sind jedoch meist reine Adaptionen der bekannten Desktop-Online-Anwendungen auf eine Touch-Interaktion, wie sie gängige Smartphones mit großen Bildschirmen unterstützen. Allgemein kann man zwei Arten der digitalen Kartendarstellung unterscheiden: • rasterbasierte Visualisierung auf Basis von vorberechneten Bildkacheln, • vektorbasiertes Karten-Rendering auf dem Smartphone als 2D- oder 3D-Kar­ tendarstellung.

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Abb. 9.2  Visualisierungsbeispiele – Indoor-/Outdoor-Kartendienste. (Heidelberg mobil international GmbH 2016, Deutsche Messe AG 2016, OpenStreetMap.org 2016)

Aufgrund der zunehmenden Rechenleistung der Smartphones und den größeren Datenvolumen haben sich vektorbasierte Kartenanwendungen für native Anwendungen als geeignet erwiesen. Dies gilt insbesondere für Indoor-Anwendungen, bei denen kein allgemein zugänglicher Online-Kartendienst verfügbar ist. Durch die situative und spontane Nutzung von mobilen Indoor-Navigationslösungen müssen auf Grund der komplexen Interaktion die 3D-Visualisierungen einfach bedienbar bleiben. Abb. 9.2 zeigt Visualisierungen von Indoor- und Outdoor-Arealen, die für mobile Endgeräte optimiert worden sind. Für mobile Webseiten gilt auf Grund der Limitationen mobiler Webbrowser nach wie vor die rasterbasierte Kartendarstellung als State of the Art. Wegen der Notwendigkeit einer serverbasierten Kartengenerierung sind diese Lösungen im Kontext von Indoor-­ Diensten nur sehr selten zu finden. Neben einer rein kartenbasierten Darstellung gewinnen Visualisierungstechniken wie Augmented Reality (AR)-Ansichten an Bedeutung. Bei dieser Darstellungsform werden Zusatzinformationen über ein Live-Kamerabild geblendet. Diese Visualisierungsform bedingt jedoch im besonderen Maße eine genaue Positionierung, was häufiger aufgrund der räumlichen Gegebenheiten nur schwer realisierbar ist.

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9.3.4 Navigationsanweisungen – landmarkenbasierte Navigation Die vierte Säule neben den Geodaten, der Positionierung und der Visualisierung ist für die Realisierung von interaktiven Indoor-Navigationsdiensten die Berechnung von Routen und die darauf aufbauende Präsentation in den mobilen Anwendungen. Von der mathematischen Seite wurde das Problem der Routenberechnung in den vergangenen Jahrzehnten umfassend betrachtet. Auf Basis eines Graphen aus Kanten und Knoten berechnen Algorithmen wie Dijkstra oder A∗ [11] den schnellsten Weg von einem Startpunkt zu einem gewünschten Ziel. In Standardverfahren wird anschließend die Route entweder als Linien-Signatur auf einer Karte visualisiert oder in einzelne Routingabschnitte segmentiert und als Navigationsanweisung präsentiert. Für eine motorisierte Fortbewegung haben sich beide Verfahren etabliert. Aber im Kontext der Fußgängernavigation sind diese Verfahren nur bedingt geeignet, da der Fokus des Nutzers nicht permanent auf dem mobilen Gerät liegt und eine Segmentierung von Routen entlang von Distanzen in kleinräumigen Umfeldern sehr viele und oft unpassende Navigationsanweisungen erfordert. Geeignet für die Fußgängernavigation erscheinen hier landmarkenbasierte Verfahren, bei denen ein Nutzer keine distanzbasierte Navigationsanweisungen erhält, sondern anhand von wenigen signifikanten Landmarken navigiert (ohne permanent auf das Display des mobilen Geräts schauen zu müssen). Die Herausforderung bei diesem Ansatz liegt in der Selektion geeigneter Landmarken und der Bereitstellung der dafür notwendigen aktuellen Datengrundlage. Wesentliche Charakteristika im Kontext der Landmarkenselektion sind nach [12, 13]: • Sichtbarkeit und Lage der Landmarke sowie • Einzigartigkeit und Attraktivität im Hinblick auf visuelle, semantische und strukturelle Eigenschaften der Landmarke. In der Entwicklung zukünftiger Indoor-Navigationsdienste bleibt hier noch viel Raum für Verbesserungen hin zu intuitiven und situationsangepassten Realisierungen.

9.4

Verknüpfung der Indoor-Navigation mit Geschäftsmodellen

Die Investition in nutzstiftende Indoor-/Outdoor-Navigationslösungen eröffnet eine Reihe neuer Einnahmequellen, die wiederum mit innovativen Geschäftsmodellen verknüpft werden können. Folgende Einnahmequellen sind u. a. vorstellbar: • höherer Nutzungsgrad der öffentlichen Mobilitätsangebote, • ortsbasierte Dienstleistungsangebote entlang der Indoor-/Outdoor-Wegstrecken oder • Big Data-Analysen auf der Basis raumbezogener Daten.

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Das Mobilitätsangebot in urbanen Räumen zeichnet sich durch eine zunehmende Vielfalt aus und umfasst neben den klassischen Angeboten der ÖPNV-Betreiber auch neue individualisierte Angebote wie Uber [14] oder myTaxi [15]. Ein wesentliches Differenzierungsmerkmal für die Anbieter von Beförderungsdiensten ist dabei die Bequemlichkeit für den Kunden. Diese umfasst neben der Art der Beförderung als solche, der Nutzbarkeit über neue digitale Zugänge (zum Beispiel Bezahl- und Informations-Apps) auch die Bequemlichkeit beim Verkehrsmittelwechsel an Kontenpunkten und Umsteigestationen wie Bahnhöfen, Parkhäusern oder Park & Ride-Stationen. Bei dieser Steigerung der Komfortabilität können Indoor-Navigationsdienste einen wesentlichen Beitrag leisten und mittelbar zu einer größeren Auslastung führen. Die Bereitstellung von Indoor-Navigationsdiensten und die damit mögliche Kenntnis vom Aufenthaltsorte des Kunden lassen sich zudem mit Methoden der ortsbasierten Vermarktung in Wert setzen. Das Repertoire der Möglichkeiten reicht dabei von einfachen mobilen Werbeformaten über Push-Nachrichten bis hin zu komplexen Werbe-Kampagnen (zum Beispiel Kopplung von Display-Werbung und mobiler Werbung), um auf Einkaufsmöglichkeiten und Dienstleistungen entlang der Wegstrecke aufmerksam zu machen. Über hinterlegte Nutzerprofile lassen sich außerdem Laufwege berechnen und anzeigen, die sich an den persönlichen Interessen und Präferenzen einzelner Nutzer ausrichten. Präferenzbasiert kann somit eine Route ermittelt werden, die eher zum Beispiel an Bekleidungs-, Kosmetik- oder Elektronikgeschäften entlangführt. Ein dritter, neuer Vermarktungsweg kann über Big Data-Analysen von erhobenen raumbezogenen Daten erschlossen werden. Die Auswertung von aggregierten und anonymisierten Bewegungsprofilen versetzt die Dienstanbieter entlang der Laufwege von Mobilitätsnutzern in die Lage, ihre Angebote noch besser auf die Bedürfnisse der Nutzer zuzuschneiden und effizienter anzubieten.

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C. Günther und M. Jöst

10. Goetz M, Zipf A (2011) Extending openstreetmap to indoor environments, bringing volunteered geographic information to the next level. In: Rumor M, Zlatanova S, LeDoux H (Hrsg) Urban and regional data management: Udms annual 2011. Delft, S 47–58 11. Dechter R, Pearl J (1985) Generalized best-first search strategies and the optimality of A∗. J ACM 32(3):505–536 12. Bauer M, Neis P, Weber C, Zipf A (2007) Kontextabhängige Landmarken für mobile 3D Navigationsanwendungen. In: 4. Fachgespräch: Ortsbezogene Anwendungen und Dienste. LMU München 13. Winter S, Tomko M, Elias B, Sester M (2008) Landmark Hierarchies in Context. Environ Plann B 35(3):381–398 14. Uber (2016) https://www.uber.com/de/. Zugegriffen am 12.11.2019 15. Mytaxi (2016) https://de.mytaxi.com/index.html. Zugegriffen am 02.11.2019

Fallstudie: Mobilität im Kanton Basel-Stadt

10

Tomasz Janasz, Simon Kettner und Alain Groff

Zusammenfassung

Fortschrittliche Städte wie Basel-Stadt setzen Verbesserungsmaßnahmen in verschiedenen politischen und gesellschaftlichen Bereichen um. Wie dies mit dem Ziel, die Attraktivität nachhaltig zu steigern, die Lebensqualität zu verbessern und die soziale Chancengleichheit zu gewährleisten, bewegen lässt, zeigen wir in dem vorliegenden Kapitel. Die Beitragsautoren Janasz, Kettner und Groff geben ausführlich Einblick in das Mobilitätsvorhaben des Kantons Basel-Stadt. Den in Teil I eingeführten Gestaltungselementen zu Smart Mobility wird dabei ebenso Rechnung getragen wie dem notwendigen Diskurs auf politischer, rechtlicher und gesellschaftlicher Ebene.

10.1 Einleitung Fortschrittliche Städte setzen Verbesserungsmaßnahmen in verschiedenen politischen und gesellschaftlichen Bereichen um, mit dem Ziel die Attraktivität nachhaltig zu steigern, die Lebensqualität zu verbessern und die soziale Chancengleichheit zu gewährleisten. Gleichzeitig verstärken sie wirtschaftliche Standortvorteile, um wettbewerbsfähig zu bleiben. In T. Janasz (*) SAP (Schweiz) AG, Ludwigshafen, Deutschland E-Mail: [email protected] S. Kettner Kanton Basel-Stadt, Basel, Schweiz E-Mail: [email protected] A. Groff Basel-Stadt, Basel, Schweiz E-Mail: [email protected] © Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2020 B. Flügge (Hrsg.), Smart Mobility, https://doi.org/10.1007/978-3-658-26980-7_10

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T. Janasz et al

Bezug auf die städtische Mobilität setzen sie die Grundsätze einer konsistenten Planung um, um einen ausreichenden Zugang zu urbanen Mobilitätsdiensten zu gewährleisten. Die Stadt Basel ist zweifelslos eine solche fortschrittliche und moderne Metropole. Der Kanton arbeitet seit fast 40 Jahren konstant an der Umsetzung eines nachhaltigen Verkehrs, sowohl innerhalb als auch außerhalb seiner Grenzen. Damit wird den ökonomischen, ökologischen und sozialen Dimensionen einer nachhaltigen Entwicklung der Stadt Rechnung getragen. Die heutige Verkehrs- und Mobilitätsplanung des Kantons verfolgt einen integrativen Ansatz und zielt dabei auf die Erreichung folgender Ziele ab: • • • •

Erreichbarkeit des Wirtschaftsstandorts verbessern, Lebensqualität erhöhen, Verkehrssicherheit erhöhen und Kosteneffizienz sicherstellen.

Diese integrierte Verkehrspolitik setzt auf eine dichte Siedlungsstruktur mit kurzen Wegen zwischen Wohnen, Arbeiten, Einkauf und Freizeit. Gleichzeitig fördert sie diejenigen Verkehrsmittel, die den begrenzten städtischen Raum wenig beanspruchen und eine effiziente Nutzung der Infrastruktur ermöglichen. Das trägt zur Gestaltung von lebendigen Wohnvierteln mit hoher Lebensqualität für die Bevölkerung bei. Diese Strategie zahlt sich aus. Basel befindet sich in der Spitzengruppe des Mercer Quality of Living-Vergleichs, d. h. an Platz 10 im Jahr 2019 von 231 weltweit verglichenen Städten [1]. Es war nicht immer so. Noch in den 1970-ern war Basel, ähnlich wie viele andere europäische Städte, durch die komplette Autodominanz geprägt. In Basel haben die Autos buchstäblich überall geparkt. Es war die Zeit der Prämisse „Freie Fahrt für freie Bürger“. Gleichzeitig hat der Trend zur Suburbanisierung zugenommen und es wurde eine Abnahme der Arbeitsplätze von 44.500 im Jahr 1975, auf 43.800 im Jahr 1982 beobachtet. Ähnliches zeigt sich in der Handelsaktivität in der Innenstadt [2]. Negative Trends wie zunehmende Verkehrsprobleme trotz Ausbau der Straßeninfrastruktur und Ölkrise führten zur Revision der Siedlungs- und Verkehrspolitik in der Stadt Basel. Es begann eine emotionsgeladene Debatte zwischen Anhängern und Gegnern des motorisierten Individualverkehrs in der Stadt und der Region, die bis heute anhält. Die Reformen betrafen das ganze Spektrum des Mobilitätssystems: angefangen mit der gänzlichen Überarbeitung der Parkraumbewirtschaftung, über Ausbau und Förderung des öffentlichen und langsamen Verkehrs, die Einführung von Fiskalen Instrumenten, die Abstimmung und Integration mit der Siedlungspolitik, bis hin zu Änderungen der Kantonsverfassung. Dabei erlebte der öffentliche Verkehr eine Renaissance. Der Modalsplit (i.e. ÖV-Nutzung in % der Etappen) hat sich sowohl in der Stadt als auch in der Agglomeration seit 2000 überwiegend positiv zu einem Anteil von 21,32 % entwickelt. Einer der Höhepunkte dieser Entwicklungen war die Städteinitiative, die 2008 lanciert wurde. Umwelt- und Verkehrsverbände hatten eine deutliche Erhöhung des Anteils des öffentlichen Verkehrs am Modal Split (um mindesten 10 Prozentpunkte) in mehreren Schweizer Großstädten gefordert. In Basel mündete das in einer kantonalen Volksinitiative zur Förderung des ÖV, Fuß- und Veloverkehrs. Ende 2010 wurde sie jedoch abgelehnt mit der gleichzeitigen Annahme des Gegenvorschlags des Basler Regierungsrates. Es gab da-

10  Fallstudie: Mobilität im Kanton Basel-Stadt

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mit eine strategische Anpassung des kantonalen Umweltschutzgesetzes (USG), das seither Folgendes bestimmt (§ 13 Abs 2 USG BS) [3]: Der Kanton sorgt dafür, dass die Gesamtverkehrsleistung des privaten Motorfahrzeugverkehrs auf dem Kantonsgebiet gegenüber heute langfristig abnimmt, bis zum Jahr 2020 um mindestens 10 %. Die Verkehrsleistung auf den Hochleistungsstraßen ist davon ausgenommen. Eine Verkehrszunahme durch Aus- und Neubau von Hochleistungsstraßen muss auf dem übrigen Streckennetz auch nach dem Jahr 2020 durch flankierende Maßnahmen im gleichen Masse kompensiert werden.

Auf Basis einer Modellannahme bedingt durch Bevölkerungs- und Beschäftigtenwachstum wird ein weiterer Straßenverkehrswachstum zwischen 2010 und 2020 erwartet. Eine Gesamtreduktion von insgesamt rund 16 % des privaten Pkw-Verkehrs wird gefordert. Darüber ist in weiteren Formulierungen des § 13 USG zu beachten, dass der Kanton für die Verkehrsberuhigung in Wohngebieten, Einführung von Controllinginstrumenten, finanzieller Unterstützung des Langsamverkehrs und für eine langfristig abnehmende Gesamtverkehrsleistung des MIV sorgen soll. Trotz des bisher konsequenten Bekenntnisses zur nachhaltigen Gestaltung des Verkehrssystems, wurde die bestehende Verkehrspolitik diesen veränderten Prioritäten nicht mehr gerecht. Diese Erkenntnis ergab sich aus einer breitangelegten Wirkungsanalyse „Stiig-um“ (Schriftdeutsch: „Steig-um“), die im Jahr 2012 von unabhängigen Verkehrsplanungsbüros durchgeführt wurde [4]. Die Wirkungsanalyse zeigte die Begrenztheit der bisher geplanten Maßnahmen, die lediglich eine sechsprozentige Reduktion der Fahrleistung auf dem städtischen Straßennetz herbeiführen würden. Diese hätten nur die prognostizierte Verkehrserhöhung aufgefangen. Um das harte Reduktionsziel von 16 % dennoch zu erreichen, wiesen die Experten auf sog. Push-Maßnahmen hin. Es wurde ein optimiertes Maßnahmenbündel für den Autoverkehr vorgelegt mit den folgenden Schwerpunkten: • • • • • • •

Städtisches und regionales Verkehrsmanagement, Umfassende städtische und regionale Parkraumbewirtschaftung, Optimierte grenzüberschreitende Information und Tarifierung im ÖPNV, Breite Veloförderung und attraktives gesamtregionales Veloroutennetz, Weitere Verkehrsberuhigung in den Quartieren und Aufwertung der Quartierzentren, Aktive Mobilitätsberatung und -information, Stadtverträgliche Abwicklung des Güterverkehrs mit geeigneten Stadtlogistikansätzen.

10.2 Mobilitätsstrategie Basel-Stadt 10.2.1 Verkehrspolitische Ziele und strategische Schwerpunkte Verkehrspolitisches Leitbild Im Jahr 2015 hat der Regierungsrat des Kantons Basel-Stadt das wegweisende Verkehrspolitische Leitbild für Basel unter dem Modell „Stiig-um“ veröffentlicht. Der dazugehörige

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T. Janasz et al

Abb. 10.1  Übersicht Verkehrspolitisches Leitbild des Kantons Basel-Stadt [6]

basel-städtische Maßnahmenplan konkretisiert die verkehrspolitischen Aktionen und Projekte. Über einen Zeitraum von vier Jahren erfolgten Anpassungen und Aktualisierungen für die Jahre 2014–2017 und aktuell im Jahr 2018 für die aktuelle Periode von 2018–2021 [5]. Das Verkehrspolitische Leitbild und der zugehörige Maßnahmenplan sind seit 2015 wegweisend für die städtische Mobilitätspolitik Basels. Vier übergeordnete Ziele, die sowohl in den verkehrspolitischen Grundsätzen der Kantonsverfassung (z.  B.  Umweltschutzgesetz) als auch im kantonalen Richtplan verankert sind, bilden die Eckpfeiler: • Gute Erreichbarkeit, d. h. Voraussetzung für einen attraktiven Wohn- und Wirtschaftsstandort schaffen. • Hohe Lebensqualität durch stadt- und umweltgerechte Mobilitätsformen erreichen. • Verkehrssicherheit durch die Minimierung von Unfallrisiken und Reduktion der volkswirtschaftlichen Folgekosten bieten. • Kosteneffizienz für eine langfristig finanzierbare Verkehrsinfrastruktur. Um diese vier Ziele zu erreichen, setzt der Regierungsrat in seiner Verkehrspolitik auf sieben strategische Schwerpunkte. Abb. 10.1 stellt die Ziele und die Prioritäten der nachhaltigen Mobilität dar. Jedes der Schwerpunkte trägt zur Erreichung der strategischen Ziele bei und gründet in der Integration mit anderen Politiken und Abstimmungsloops.

10  Fallstudie: Mobilität im Kanton Basel-Stadt

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Tab. 10.1  Auszüge aus den strategischen Handlungsfeldern im Bereich Mobilität in Basel-Stadt Schwerpunkte Langsam Verkehr

Öffentlicher Verkehr

Straßen Verkehr

Parkraum Angebot

Beispiele für Maßnahmen Umsetzungsprogramm zum Teilrichtplan Velo, d. h. Bauliche Umsetzung des geplanten Velonetzes und der Velo- (Fahrrad)-relevanten Sofortmaßnahmen in der Stadt. Realisierung laufende Projekte aus Fußverkehrsverbindungen und Erstellung des Umsetzungsprogramms Teilrichtplan Fuß- und Wanderwege Anpassungen zur Erstellungspflicht für private Veloabstellplätze Umsetzung des regionalen Velohauptroutennetzes über die gesamte Agglomeration Basel innerhalb des Agglomerationsprogramms Inbetriebnahme von grenzüberschreitenden Verbindungen in 2017 Tramnetzentwicklungen im Rahmen des Konzeptes „Tramnetz 2020“, d. h. Planung, Projektierung und Umsetzung von ca. 10–15 neuen Tramabschnitten Angebotsverbesserungen S-Bahn Basel (inklusive des notwendigen Infrastrukturausbaus, wie z. B. Herzstück) Angebotsverbesserungen Busnetz durch Infrastrukturanpassungen oder Taktverdichtung Implementierung eines Pilotprojektes für das städtische Verkehrsmanagement zur Dosierung des motorisierten Individualverkehrs Implementierung eines free-floating Carsharings ‚Catch-a-Car‘ Beteiligung bei der Planung des Rheintunnels (Projekt seitens Bund) Umsetzung und Weiterentwicklung Parkraumbewirtschaftung in der Stadt Förderung von Quartierparkings Planung einer harmonisierten Parkraumbewirtschaftung im inneren Agglomerationsbereich

Art Pull

Pull

Pull Pull

Pull Pull und Infrastrukturplanung

Pull und Infrastrukturplanung Pull und Infrastrukturplanung Push

Pull Infrastrukturplanung Push Pull und Infrastrukturplanung Push

(Fortsetzung)

T. Janasz et al

220 Tab. 10.1 (Fortsetzung) Schwerpunkte Städtischer Güterverkehr

Beispiele für Maßnahmen Konzept städtischer Güterverkehr (Einrichtung von Paketstationen und Mikro-Depots, Sicherung von Logistikflächen und Gleisanschlüssen für den Güterverkehr, Einsatz energieeffizienter Zustellfahrzeuge) Einrichtung eines Trimodalen Containerterminals Basel Nord im Rheinhafen Öffentlicher Aufwertung öffentlicher Räume im Rahmen der Straßenraum Erhaltungsplanung Umsetzung eines Tempo-30 Konzepts Einrichtung von Begegnungszonen Umsetzung Verkehrs- und Gestaltungskonzept Innenstadt Erarbeitung vom Verkehrssicherheitskonzept (e.g. Verkehrssicherheitsplan, Umsetzung von Network Safety Management) Mobilitätsmanagement Etablierung des Programms „Basel unterwegs“ Einführung von wirtschaftsfreundlichem betrieblichem Mobilitätsmanagement in Unternehmen. Mobilitätsmanagement in der Kantonsverwaltung Mobilitätsbildung bei Kindern und Jugendlichen

Art Pull

Infrastrukturplanung Stadtgestaltung Push Push und Pull Push und Stadtgestaltung Pull

Pull Pull

Pull Pull

10.2.2 Aktionsplan und Maßnahmenbündel Auf Basis des verkehrspolitischen Leitbilds resultieren Teilstrategien. Diese konkretisieren die Haltung der Stadt zu Mobilitätsthemen, stellen die Grundlage zum Reagieren auf aktuelle verkehrspolitische Fragestellungen dar und zeigen auf, in welchen Bereichen die Stadt aktiv Schwerpunkte setzt. Die Einzelheiten zu den umgesetzten, sich in Umsetzung befindenden, als auch den geplanten Interventionen befinden sich im aktuellen Bericht zum Stand der Umsetzung des verkehrspolitischen Leitbildes [6]. Tab. 10.1 fasst die wichtigsten laufenden Maßnahmen zusammen und ordnet diese in Maßnahmenkategorien ein: Push, Pull, Infrastrukturplanung und/oder Stadtgestaltung.

10.2.3 Kritische Würdigung Die Verkehrsstrategie und die Maßnahmenbündel stellen ein konsistentes verkehrspolitisches Konzept dar. Diese Kohärenz kann auch mit den zu berichtenden Kennzahlen nachgewiesen werden.

10  Fallstudie: Mobilität im Kanton Basel-Stadt

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Im internationalen Vergleich der Erreichbarkeiten zeichnet sich Basel durch sehr hohe globale, kontinentale und regionale Erreichbarkeitsindizes aus. In der Schweiz ist der Stadtkanton neben Zürich am besten zu erreichen. Vor allem für den öffentlichen Verkehr ist die Metrik seit 2008 kontinuierlich und deutlich gestiegen. Die erfolgreich implementierten grenzüberschreitenden Infrastrukturprojekte haben wesentlich dazu beigetragen. Sollte das Basler Generationsprojekt ‚Herzstück‘ umgesetzt werden, dürfte der Index in der Zukunft noch deutlicher ansteigen. Das ‚Congestion Level‘, d. h. der Reisezeitzuwachs im Vergleich zu staufreien Verhältnissen, beträgt 27 % [7]. Obwohl zu Stoßzeiten mit erhöhter Staugefahr zu rechnen ist, leiden die Basler deutlich weniger unter dem Pendlerstau als die anderen Ballungszentren der Schweiz. Die Anzahl der Verkehrsunfälle bleibt seit 2013 auf einem relativ niedrigen und stabilen Niveau von circa 1100 pro Jahr. Dennoch ist ein deutlicher Anstieg der Unfälle bei den Radfahrern zu beobachten. Dies kann mit der erheblichen Zunahme der Verkehrsleistung in diesem Segment zusammenhängen. Hier sind Gegenmaßnahmen zu empfehlen. Weitere Kennzahlen sprechen für eine positive Entwicklung im Sinne einer integrierten und nachfrageorientierten Mobilität. Der Motorisierungsgrad beträgt lediglich ca. 320 Personenwagen pro 1000 Einwohner (2017) [8]. Auf den am meisten befahrenen Verkehrsachsen wird seit Anfang 2000 ein stetiger Rückgang des Verkehrsaufkommens, bis um 25  % [9], beobachtet. Die Belastung mit Stickstoffoxiden liegt deutlich unter dem EU-Grenzwert von 40 μg/m3. Die Lebensqualität in Basel wird besonders hochgeschätzt: die subjektive Bewertung der Bevölkerung wird mit 7,7 von 10 bewertet. Seit der Anpassung des kantonalen Umweltschutzgesetzes wird eine kontinuierliche Verlagerung des Verkehrsaufkommens auf die umweltfreundlichen Verkehrsmittel b­ eobachtet, siehe [10] und Abb. 10.2. Insbesondere ist eine deutliche Verlagerung auf das Velo zu verzeichnen. Auch beim öffentlichen Verkehr waren aufgrund abgeschlossener Infrastrukturprojekte zwischen 2010 und 2015 positive Effekte sichtbar. Kontinuierlich wird auch die geforderte Abnahme der Verkehrsleistung auf dem städtischen Straßennetz stimuliert. Diese beträgt heute 95 % des Niveaus von 2010. Die Entwicklungen sind vielversprechend, vor allem unter Berücksichtigung der anhaltenden Re-Urbanisierung und der wachsenden Zahl der Beschäftigten, die einen Anstieg der Verkehrsleistung um 0,6 % jährlich verursacht (laut des Basler Gesamtverkehrsmodells). Zwischen 2010 und 2020 sind das über 6 %. Dennoch muss eingestanden werden, dass das ambitionierte auf den motorisierten Individualverkehr ausgelegte Reduktionsziel von 10 % voraussichtlich verfehlt wird. Zudem hat die Bevölkerung die letzten verkehrsbezogenen Abstimmungen für eine noch progressivere Verkehrspolitik im Kanton abgelehnt: • 2014: „Verkehrsdrehscheibe Badischer Bahnhof – Tram Erlenmatt und Vorplatz Badischer Bahnhof“, • 2015: Initiative „Straße teilen – Ja zum sicheren und hindernisfreien Fuß-, Velo- und öffentlichen Verkehr“ (Straßeninitiative), • 2017: Initiative „Veloring“.

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T. Janasz et al

Abb. 10.2  Verkehrsindizes bezogen auf die in Personenkilometer

Die Belastung durch den hohen Anteil des Güterverkehrs auf der Straße von rund 25 % an der Gesamtverkehrsleistung und dessen Reduktionspotenzial sind bekannt. Dennoch wurden keine konkreten Maßnahmen umgesetzt. Im Aktionsplan sah man lediglich eine konzeptionelle Erarbeitung eines Güterverkehrsleitbildes für die Stadt vor. In der Zwischenzeit sind aber erste kleinere Maßnahmen realisiert. Verzögerungen ergeben sich zum Beispiel bei der Umsetzung des Tempo-30 Konzepts, der harmonisierten Parkraumbewirtschaftung in der Agglomeration oder dem regionalen Verkehrsmanagementkonzept. Die Einführung eines Verkehrsverbundes wurde bis dato nicht umgesetzt. Trends und Entwicklungen im Verkehr, wie die Digitalisierung mit ihren sehr schnellen Innovationszyklen, Elektrifizierung, Shared Mobility, künstliche Intelligenz in autonomen Autos und der damit verbundene gesellschaftliche Verhaltens- und Kulturwandel werden in Basel erkannt und konsequent beobachtet. Es werden aber nur vereinzelt Pilotprojekte mit deutlichem Innovationscharakter umgesetzt (z. B. das Catch-a-Car bzw. Pick-e-Bike für die stationsungebundenen städtischen Sharingangebote). Solche Entwicklungen werden als globale Phänomene gewertet und es wird, wie im Falle von Mobility Pricing, vorerst auf Erfahrungswerte und Verabschiedung von entsprechenden institutionellen Vorgaben und Richtlinien gewartet. Diese vorsichtige Haltung zu den heutigen Trends kann berechtigterweise darin begründet sein, den wirtschaftlichen Faktoren und der Lebensqualität des Standorts Basel mit Interventionen mit unbekannten Rückkopplungen nicht schaden zu wollen. Der Kanton ist seit den 1970-ern (z. B. Gründung BLT-Baselland Transport, Einführung vom subventionierten Umwelt-Abonnement) dabei, das eigene Mobilitätsparadigma nachhaltig auszurichten. Eine klare Manifestation war die Annahme des zehnprozentigen Reduktionsziels des motorisierten Verkehrsaufkommens bis 2020. Die Verankerung dieses

10  Fallstudie: Mobilität im Kanton Basel-Stadt

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harten quantitativen Zieles in der kantonalen Gesetzgebung hat bestätigt, dass ein Umdenken bezüglich der Funktion des städtischen Mobilitätssystems in der lokalen Gesellschaft stattgefunden hat. Die konkrete kantonale Verkehrs- und Infrastrukturpolitik war aber nicht darauf ausgerichtet, die angestrebte Reduktion tatsächlich umzusetzen. Aus diesem Grund werden neu einige finanzielle und personelle Ressourcen für die strategische Verkehrsplanung aufgewendet, um den neuen Erwartungen Rechnung zu tragen. Unabhängig wie fortschrittlich die innovativen Technologien und wie effektiv die vorhandenen Politikinstrumente sind, weist die verkehrspolitische Praxis sehr beharrende Tendenzen auf. Der Übergang zu einem nachhaltigen Mobilitätsparadigma ist ein langwieriger Prozess. Dieser muss konsistent durchdacht und konsequent durchgeführt wird, damit er nicht verwässert wird. Umsetzungsdefizite können sich aus der nicht trivialen Integration von verschiedenen disziplinären und administrativen Politikbereichen und -agenden ergeben. Unerwartete Dynamiken können auch aus dem Kulturwandel entstehen, der zur Verschiebung der Grundbedürfnisse der lokalen Gesellschaft führt. In Basel-Stadt besteht die Hauptherausforderung darin, ein angemessenes Gleichgewicht zwischen folgenden Zielen zu erreichen: • den strategischen Standortvorteilen, wie Erreichbarkeit, wirtschaftliche Wettbewerbsfähigkeit und Arbeitskraftbeschaffung, und • den grundlegenden Bedürfnissen der Gesellschaft, wie Lebens- und Wohnqualität, Sicherheit oder erschwingliche Mobilität. Die Politik wird gefordert, die Zielkonflikte zu antizipieren und durch eine kohärente politische und institutionelle Abstimmung zu vereinbaren. Dieser Prozess ist langwierig und erfordert den Einbezug der Bevölkerung in den Mitbestimmungsprozess. Die Ergebnisse der bisherigen Verkehrspolitik in Basel sind beeindruckend und die gesetzten Ziele für die Zukunft wie auch die geplanten Maßnahmen vielversprechend. Die Fallstudie verdeutlicht, dass die Konsistenz nicht durch eine einfache Maßnahmenbündelung, sondern durch eine vertikale und horizontale Integration erreicht wird. Einerseits erfordert die vertikale Integration die Abstimmung der Gesetzgebungen, Leitbildern und Strategien auf den nationalen, regionalen und lokalen Ebenen. Andererseits ist die sektorale Integration sicherzustellen, indem Wechselwirkungen zwischen Stadtgestaltung, Wirtschaft, Umwelt und den sozialen Aspekten berücksichtigt werden. Auch die Koordination der Politik und der Aktivitäten zwischen benachbarten Gebietskörperschaften, d. h. die territoriale Integration, wird angestrebt. Nicht zuletzt wird die Bevölkerung als Partner bei der Gestaltung des Mobilitätssystems in den Mitbestimmungsprozess miteinbezogen. Dennoch zeigt die Verkehrspolitik Basels gewisse Inkonsistenzen im Verkehrskonzept. Dies äußert sich durch die voraussichtliche Verfehlung des im Gesetz geforderten Reduktionsziels bis zum Ende der Dekade. Durch die Anpassungen des Umweltschutzgesetzes rückte die gesamte Verkehrsleistung des Individualverkehrs in den Vordergrund. Das Ziel „Siedlungsverträgliche Verkehrsabwicklung bekommt damit im Vergleich zum Ziel „Hohe Erreichbarkeit“ ein stärkeres Gewicht. Die Kennzahlen belegen jedoch, dass

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die gemessenen Erreichbarkeiten in den letzten Jahren überdurchschnittlich gestiegen sind, während die Lebensqualität auf einem konstant hohen Niveau geblieben ist. Womöglich kommen die zu erwartenden Wirkungen der eingesetzten verkehrspolitischen Instrumente mit einer deutlichen zeitlichen Verzögerung zum Vorschein. Diesen Aspekt gilt es in den kommenden Jahren anhand des eingeführten Monitoring- und Controlling-Instrumentariums zu beobachten und kritisch zu beurteilen. Allenfalls müssen die Gewichtungen der fundamentalen Zielsetzungen der Verkehrsstrategie angepasst werden. Gegebenenfalls sollen harte quantitative Reduktionsziele in der Zukunft vermieden werden.

10.2.4 Fazit und Empfehlungen Das Basler Verkehrsreduktionsziel ist kein Selbstzweck, sondern dient der generellen Verbesserung der städtischen Lebensqualität, der Umwelt und der wirtschaftlichen Wettbewerbsfähigkeit. Es wird damit dem breiten gesellschaftspolitischen Zielsystem der nachhaltigen Entwicklung mit den drei relevanten Dimensionen Rechnung getragen: Wirtschaft, Umwelt und Gesellschaft. Die Fallstudie Basel-Stadt verdeutlicht, dass die Erreichung der Konsistenz in der Verkehrspolitik einer systemischen Betrachtungsweise bedarf. Janasz [11] hat anhand der Fallstudie einen Konzeptvorschlag für eine integrative nachhaltige urbane Mobilität unterbreitet Abb. 10.3.

Abb. 10.3  Integratives Konzept zur Überwindung der Autodominanz in den Städten

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Ein Paradigmenwechsel setzt eine integrative Vorgehensweise zur Überwindung der strukturellen Autodominanz voraus, die drei Strategien umfasst: • (1) Überwindung der Ineffizienzen, die mit der Autonutzung assoziiert werden, wie zum Beispiel: Reduktion des Flächenverbrauchs, Erhöhung der durchschnittlichen Dauer der Autonutzung pro Tag, Reduktion externer Umwelteffekte, Erhöhung des Besetzungsgrades. • (2) Institutionelle Förderung und Steuerung der Verhaltensänderung in Richtung Mobilitätssuffizienz, im Sinne einer effektiven Verlagerung und Vermeidung des Autoverkehrs, durch z.  B.  Veloförderung, raumplanerische Anpassungen, ‚Stadt der kurzen Wege‘ mit lebendigen, attraktiven Wohnquartieren und hoher Nutzungsdurchmischung, siedlungsverträgliche Verkehrsabwicklung über Umweltverbund, Mobilitätsmanagement. • (3) Sicherstellung der Konsistenz dieser Politiken, so dass die strategischen Grundbedürfnisse einer Stadt nicht beeinträchtigt werden. Das vorliegende Instrumentarium umfasst z. B.: vertikale und horizontale Integration, Policy Mix, Controlling und Monitoring zur Messung der Zielerreichung. Integrierte nachhaltige urbane Mobilität erfordert die Artikulierung der richtigen übergeordneten Ziele, die von den jeweiligen Verkehrsträgern entkoppelt sind. Die Schwerpunkte für die strategische Mobilitätsplanung können durch einen Experten basierten Diskurs abgeleitet werden. Erst dann können zielführende Maßnahmen definiert und umgesetzt werden. Daten- und KPI-gestützte Kontroll- und Monitoringmechanismen sollen regelmäßig faktenbasierte Überprüfung (Feedback) der Kohärenz der Verkehrspolitik ermöglichen.

10.3 Zehn Jahre später: Rückblick und Ausblick 10.3.1 Hat das 10 %-Reduktionsziel die Verkehrsplanung positiv beeinflusst? Seit der Forderung einer Reduktion des Privat-Pkw-Anteils sind nun gut 10 Jahre vergangen. Hat sich dieses Ziel auf die Verkehrsplanung im Kanton Basel-Stadt nun positiv ausgewirkt? Ja, weil … Mit dem Erfolg des Gegenvorschlags zur Städteinitiative im Jahre 2010 war die Verwaltung gezwungen, vermehrt Rechenschaft über die getroffenen Maßnahmen und die erzielten Wirkungen abzulegen. Das Amt für Mobilität hat deshalb mit Hilfe externer Experten in einem relativ aufwändigen Verfahren das Verkehrspolitische Leitbild erarbeitet. Mit diesem Leitbild lag erstmals eine umfassende Darstellung der ganzen Verkehrspolitik vor.

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Alle Maßnahmen sind konsistent aus übergeordneten Zielen hergeleitet, Zielkonflikte sind benannt und der Umgang mit ihnen geklärt. Seit 2010 misst das Amt für Mobilität zudem die generelle Verkehrsentwicklung nicht nur für den Autoverkehr, sondern für sämtliche Verkehrsmittel. Mit den daraus publizierten Verkehrsindizes konnte die Diskussion über die tatsächliche Verkehrsentwicklung versachlicht werden. Die Indizes zeigen klar auf, dass der motorisierte Individualverkehr auf dem städtischen Straßennetz trotz einer wachsenden Bevölkerung und einer Zunahme der Arbeitsplätze in der Stadt zurückgeht (−5 % in sieben Jahren). Ein wesentlicher Teil der Verkehrszunahme wird vom Veloverkehr übernommen (+26 % in sieben Jahren). Der Erfolg der entsprechenden Fördermaßnahmen ist also offensichtlich. Das Verkehrspolitische Leitbild und die Verkehrsindizes entfalten ihre Wirkung über den engeren Kreis der Verkehrsplaner hinaus. Sie haben in unserer Wahrnehmung zu einem insgesamt konsistenteren Verwaltungshandeln geführt. Die Ziele und strategischen Schwerpunkte des Leitbildes sind verwaltungsintern ebenso unbestritten, wie die Einsicht, dass eine angebotsorientierte Verkehrsplanung und die Förderung flächeneffizienter Verkehrsmittel zur Erreichung dieser Ziele zwingend sind. Das gesetzlich festgeschriebene Reduktionsziel hat die Zusammenarbeit mit den Behörden der umliegenden Gebietskörperschaften bzw. des Bundes tendenziell verbessert. Auch wenn das Ziel nicht von allen geteilt wird, fördert die explizite Festschreibung das Verständnis für eine städtische Verkehrspolitik und ihre Wirkung kann objektiv beurteilt werden. Die Notwendigkeit von Kompromissen bei unterschiedlichen Zielen ist offensichtlich. Die Zusammenarbeit zwischen den Fachleuten unterschiedlicher Verwaltungen wird dadurch sachlicher. Nein, weil … Der Erfolg der Städteinitiative hat die verkehrspolitischen Diskussionen verhärtet. Politikerinnen und Politiker, die den öffentlichen Verkehr und das Velo fördern wollen, sehen sich durch das MIV-Reduktionsziel gestärkt. Sie sind deshalb weniger kompromissbereit und beharren vermehrt auf extremen Positionen. Umgekehrt fühlen sich eher autoaffine Kreise in ihrer persönlichen Freiheit eingeschränkt und reagieren entsprechend mit viel Widerstand und großem Misstrauen. So werden beispielsweise Verkehrsbehinderungen infolge zwingend notwendiger Baustellen als bewusste Repression gegen Automobilisten dargestellt und kritisiert. Diese Verhärtung der Diskussion und ein generelles Misstrauen beider politischen Lager gegenüber der Verwaltung haben dazu geführt, dass verkehrspolitische Maßnahmen vermehrt via Volksabstimmungen entschieden werden. So wollte das links-grüne Lager mit Hilfe von zwei Volksabstimmungen die Umsetzung von Maßnahmen zugunsten des Fuß- und Veloverkehrs beschleunigen. Die Volksabstimmung „Straßeninitiative“ betraf die Umverteilung der Straßenfläche zugunsten von Fuß- und Veloverkehr. Die Volksabstimmung „Veloring“ setzte sich für eine attraktive Veloroute rund um die Stadt ein. Beide Initiativen versuchten eine einseitige Politik durchzusetzen und sind deshalb in der Volksabstimmung am Widerstand einer erstarkten Autolobby deutlich gescheitert.

10  Fallstudie: Mobilität im Kanton Basel-Stadt

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Diese Initiativen haben die Umsetzung des Verkehrspolitischen Leitbildes damit letztlich wesentlich erschwert, weil sie einerseits der Verwaltung einen erheblichen administrativen Aufwand aufgebürdet haben, der Ressourcen von der effektiven Projektarbeit abgezogen hat. Andererseits führen die Abstimmungsniederlagen dazu, dass auch andere Projekte zur Fuß- und Veloverkehrsförderung in der politischen Diskussion einen schwereren Stand haben. Die Verhärtung der politischen Fronten zeigt sich exemplarisch auch an den Diskussionen um eine künftige Parkierungspolitik: Regierung und Verwaltung möchten mit einer Erhöhung der – bis anhin im Schweizer Vergleich sehr günstigen – Parkgebühren im Straßenraumund einer Förderung unterirdischer Quartierparkings erreichen, dass Autos künftig vermehrt unter dem Boden abgestellt werden. Damit soll der Parksuchverkehr reduziert und Straßenraum für sinnvollere Nutzungen frei werden. Während die Autolobby die Erhöhung der Parkgebühren vehement  – unter anderem mit einer Volksinitiative  – bekämpft, lehnen Exponenten der Umweltverbände jeden neuen (auch unterirdischen) Parkplatz konsequent ab. Seit 2018 ist zudem eine Volksinitiative hängig, die das Reduktionsziel wieder aus dem Gesetz streichen will und die zudem die „Gleichwertigkeit“ aller Verkehrsmittel postuliert. Falls diese Initiative Erfolg hätte, würde die explizite Sonderrolle des Fuß- und Veloverkehrs und des öffentlichen Verkehrs aus dem Umweltschutzgesetz gestrichen. Die gesetzliche Basis für eine nachhaltige Verkehrspolitik würde damit 10 Jahre nach Annahme des Gegenvorschlags zur Städteinitiative deutlich ungünstiger sein als vorher.

10.3.2 Was lernen wir daraus? Maßnahmen zugunsten einer nachhaltigen, stadt- und umweltgerechten Mobilität werden nur dann solide politische Mehrheiten bekommen, wenn es uns gelingt, die Diskussionen von ideologischen Gräben zu befreien. Die Zuordnung eines Verkehrsangebotes zum motorisierten Individualverkehr oder zum öffentlichen Verkehr muss zweitrangig werden. Relevant ist vielmehr, ob eine Maßnahme bzw. ein neues Mobilitätsangebot die Effizienz, Suffizienz und Konsistenz des Gesamtverkehrssystems verbessert. Die mangelnde Effizienz des heutigen Verkehrssystems, insbesondere des städtischen Autoverkehrs, dürfte unbestritten sein. Geringere Standzeiten (z. B. mit Carsharing), eine bessere Sitzplatzauslastung (z. B. mit Ridesharing) und ein besseres Verhältnis von Nutzlast zu Fahrzeuggewicht (z. B. mit kleinen Leichtbauautos) lassen sich aber nur erreichen, wenn neue Systeme eine ähnlich große Bequemlichkeit versprechen, wie die heutige Nutzungsform, basierend auf privatem Autobesitz. Dies bezieht sich nicht nur auf die Attraktivität für eine einzelne Fahrt, sondern auch auf weitere Vorteile des Privatbesitzes (Auto als Statussymbol, als erweitertes Wohnzimmer, als Lagerraum etc.). Eine dichte Stadt mit einer hohen Nutzungsmischung ist eine notwendige Voraussetzung für ein suffizientes Mobilitätsverhalten. Sie ist aber nicht hinreichend. Die andauernde Beschleunigung und Verbilligung von Langstreckenfahrten wirken in eine andere

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Richtung. Der Arbeitsplatz, das Kino oder der Laden in einer anderen Stadt werden häufiger gewählt, obwohl ähnliche Angebot in der nahen Umgebung vorhanden wäre. Ein Lebensstil der kurzen Wege kann sich nur durchsetzen, wenn die Nahmobilität (Fuß-, Veloverkehr, aber auch Bus, Tram oder S-Bahnen) attraktiver wird und im Gegenzug beim Fernverkehr vermehrt die Kostenwahrheit Einzug hält. Konsistenz schlussendlich bedeutet eine gute Koordination zwischen verschiedenen Politikbereichen (z. B. Steuer- und Sozialpolitik müssen auf die künftigen Tarifen im Mobilitätsbereich abgestimmt sein) und eine gute Koordination zwischen benachbarten Behörden aber auch zwischen lokalen, regionalen und nationalen Gremien. Ein konsistentes Verkehrssystem heißt aber gerade nicht, dass überall die gleichen Mobilitätsangebote vorherrschen. Während im ländlichen Raum langfristig automatisierte (Sammel-) Taxiflotten ein sehr effizientes Verkehrssystem darstellen werden, sind im dichten städtischen Raum der schienengebundene öffentliche Verkehr und der Fuß- und Veloverkehr schon nur aus Gründen des geringeren Flächenverbrauchs optimal. Eine konsistente Verkehrspolitik befasst sich vor diesem Hintergrund insbesondere auch mit Schnittstellenproblemen.

10.3.3 Ausblick Megatrends Digitalisierung und Automatisierung Die globalen Trends wie Urbanisierung, Dekarbonisierung, nachhaltige Lebensstille, Digitalisierung und neue Besitz- und Nutzungsformen sind auch in Basel deutlich zu erkennen. Demnach soll die kantonale Mobilität noch ökologischer, vielfältiger, individueller und besser an das moderne Stadtbild angepasst werden. Diese Mobilitätswende erfordert die Verfolgung und konsistente Implementierung von aktuellen Mobilitätstrends wie Elektromobilität, Carsharing, Carpooling, Multimodalität, Digitalisierung und autonomes Fahren. Die Elektrifizierung (bzw. Dekarbonisierung) der Mobilität ist aus klimapolitischer Sicht zwingend. Aus einer rein verkehrsplanerischen Optik ist sie aber sekundär, da sie die Effizienz des Systems Auto nur unwesentlich direkt beeinflusst. Die Digitalisierung und die damit verbundenen neuen Geschäftsmodelle ermöglichen die Gestaltung und Umsetzung von stadtgerechten ‚on-demand‘ Mobilitätskonzepten (wie Carsharing, Carpooling, Bikesharing etc.). Zum anderen entfalten sich plattformbasierte Mobilitätsvermittler, die flexible und integrierte Nutzung der unterschiedlichen Mobilitätsangebote ermöglichen. In diesem Zusammenhang versprechen die digitale Vernetzung der Mobilitätsdienstleistungen und die digitale Serviceinnovation einen hohen Nutzen: • Vernetzung im Sinne der Bildung von multimodalen Transportketten und Versorgung mit Informationstransparenz • Serviceinnovation im Vertrieb von Mobilitätsdienstleistungen im Sinne von Vereinfachung von Reservierung, Buchung und Abrechnung für den Nutzer

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Einführung und Beispiele finden sich in Abschn. 3.3.1 und 8.1.3. Hintergründe zum eTicketing erfahren Sie in Kap. 11. Die Nutzung intelligenter Technologien und Mechanismen sollte nicht nur zu mehr Ressourcen- und Energieeffizienz im Verkehr beitragen, sondern den individuellen Kundennutzen steigern, den Modal Shift Richtung Umweltverbund fördern, die bestehende Infrastruktur und Fahrzeuge besser auslasten, die Stellung des öffentlichen Verkehrs stärken und Mobilitätsversorgung in Randregionen und zu Randzeiten optimieren. Die Digitalisierung, Multimodalität und Automatisierung als Megatrends der Mobilität können den Weg zu einem nachhaltigen Verkehrssystem maßgeblich unterstützen. Dies aber nur dann, wenn sich daraus marktfähige Produkte entwickeln, die auch die Effizienz des Autoverkehrs durch Carsharing und -pooling wesentlich verbessern. Ein wesentlicher Schlüssel hierzu dürfte eine adäquatere Bepreisung des Flächenverbrauchs im Verkehr darstellen. Ein weiterer Erfolgsfaktor ist ein geregelter und standardisierter Zugang zu hochqualitativen und -verfügbaren Daten. Das Eidgenössische Department für Umwelt, Verkehr, Energie und Kommunikation (UVEK) hat folgende Eckpfeiler diesbezüglich definiert [12, 13, 14]: (1) Vereinfachung des Zugangs zu den notwendigen Mobilitätsdaten der verschiedenen Mobilitätsanbieter, (2) Öffnung von Vertriebssystemen der verschiedenen Mobilitätsanbieter, um Weiterentwicklung von Mobilitätsangeboten, den Wettbewerb und die Innovation zu fördern, (3) Etablierung eines Datenverbundes für Bereitstellung, Austausch und Nutzung von Daten für automatisiertes Fahren im Straßenverkehr, (4) Berücksichtigung der internationalen Entwicklungen bezüglich der zentralen Aspekte wie: Standardisierung, Cyber Security und Maschinelles Lernen und künstliche Intelligenz.

Die Zukunft der Mobilität wird digital und autonom sein, auch wenn die Endausbaustufe noch ungewiss ist. Ein weiterer Effizienzsprung ist durch das automatisierte Fahren im Straßenverkehr zu erwarten Abschn. 8.2.4. Dieses Zukunftskonzept soll in erheblichem Masse auch zu Verkehrssicherheit beitragen. Das wird aber nur möglich sein, wenn die Fahrzeuge untereinander und mit ihrer Umwelt vernetzt sind und hochverlässlich Daten austauschen können (z. B. um Mischverkehr sicherzustellen). Aufgrund von möglichen negativen Rückkopplungen (z. B. zusätzlich generiertes Verkehrsaufkommen, Flächenverbrauch, Abwanderung vom öffentlichen Verkehr) sind allerdings die Rahmenbedingungen so zu setzen, dass diese Technologie effizient genutzt werden kann. Das Eidgenössische Department UVEK empfiehlt die Voraussetzungen für die Transformation bereits heute zu schaffen. Dabei müssen keine hohen politischen und finanziellen Risiken eingegangen werden. Die Grundlagenarbeit hinsichtlich der Digitalisierung, multimodaler Vernetzung und Automatisierung im Straßenverkehr auf der kantonalen Ebene kann folgendermaßen gestaltet werden:

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T. Janasz et al

• Erfassung und Bereitstellung von Echtzeitinformationen (z. B. Baustellen, Staus, Nutzungseinschränkungen über Open Government Data) – siehe Abschn. 8.4, • Vernetzung und Multimodalität fördern (z. B. transparente Informationenbereitstellung zu verfügbaren Mobilitätsangeboten, Ermöglichung von Multimodalität über Mobilitätsplattformen) – siehe Abschn. 8.2 und Kap. 14, • Daten und Erfahrungen durch Pilotprojekte und Realexperimente sammeln (z. B. Versuche mit automatisierten Fahrzeugen ermöglichen und begleiten) – siehe Abschn. 8.2.2 und 8.2.3, • Förderung von Entwicklung und Realisierung von neuen Angeboten von kreativen und innovativen Unternehmungen (z. B. durch digitale Innovationen im Vertrieb) – siehe Kap. 17, • Teilnahme an Expertengremien national und international nutzen, Erfahrungen austauschen und Innovationen schnell entdecken – siehe Kap. 18.

Städtische Mobilität im Kontext Smart City Basel Der städtischen Mobilität kommt eine wichtige Rolle in der 2018 erschienen Strategie Smart City Basel zu. Mit diesem Dokument schafft Basel den handlungsleitenden Rahmen für die Mobilität des digitalen Zeitalters: „Smarte Mobilität ist dank digitaler Vernetzung von allen unkompliziert und ‚on-demand‘ nutzbar, dabei ressourcenschonend, energieeffizient, raumsparend und schnell. Digitalisierung ermöglicht die Vernetzung der Verkehrsmittel, die Multimodalität und unterstützt Sharing-Ansätze“. Basel-Stadt baut bereits auf einer innovationsfreundlichen und multimodalen Mobilitätstradition auf: (1) Der Kanton hat Catch-a-Car pilotiert und eine eigene Parkkarte für Organisationen geschaffen, die das ‚free floating‘ Carsharing anbieten. (2) Die Agglomeration Basel ist eine der ersten mit einem ‚free floating‘ Bikesharing-Angebot (Pick-e-Bike). Das Amt für Mobilität hat Bedingungen für einen bewilligungsfreien Betrieb solcher Sharing-Systeme festgelegt. (3) Bahnstationen werden angepasst, um intermodale Verknüpfungen zu erleichtern. (4) Es folgt eine Einführung der „Tickets“-App im Tarifverbund Nordwestschweiz (TNW). (5) Weitere Pionierleistungen im grenzüberschreitenden öffentlichen Verkehr wird es geben.

In Basel gilt es weiterhin, die Chancen und Risiken der neuen Technologien abzuwägen und konsistent in das verkehrspolitische Leitbild des Kantons zu integrieren.

Literatur 1. Mercer (2019) Quality of living index. https://mobilityexchange.mercer.com/Insights/quality-of-living-rankings. Zugegriffen am 29.04.2019

10  Fallstudie: Mobilität im Kanton Basel-Stadt

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2. Regierungsrat Basel-Stadt (1986) Bericht des Regierungsrates zum Initiativbegehren gegen den Bau von weiteren Großparkings in der Innenstadt, S 20 f 3. Kanton Basel-Stadt (13.03.1991) Umweltschutzgesetz Basel-Stadt – 780.100. USG BS, Version 28.12.2014. http://www.gesetzessammlung.bs.ch/frontend/versions/3258?locale=de. Zugegriffen am 29.04.2019 4. Beurteilungsgremium Stigg-um (Hrsg) (2013) Studienauftrag „Stiig-Um“. Synthesebericht. Fachliche Basis für Umsetzungskonzept § 13 Umweltschutzgesetz. http://www.umverkehr.ch/ sites/default/files/stiig-um_synthese_studienauf trag_final.pdf. Zugegriffen am 29.04.2019 5. Bau- und Verkehrsdepartement des Kantons Basel-Stadt (2015) Verkehrspolitisches Leitbild und Maßnahmenplan. https://www.mobilitaet.bs.ch/dam/jcr:88fa5506-8256-4af1-a4e6-daf1060d7e3e/ BVD_VPL_Bericht_v2_100dpi.pdf. Zugegriffen am 29.04.2019 6. Regierungsrat des Kantons Basel-Stadt (2018) Verkehrspolitisches Leitbild des Kantons Basel-Stadt: Stand der Umsetzung und aktualisierter Maßnahmen- und Aktionsplan 2018–2021, S 5. https://www.mobilitaet.bs.ch/dam/jcr:c515e8bf-f109-4721-8fad-b8a389e16a9b/Verkerhspolitisches-Leitbild_Umsetzung-und-Massnahmenplan2018-2021.pdf. Zugegriffen am 29.04.2019 7. TomTom International BV (2017) TomTom traffic index. https://www.tomtom.com/en_gb/trafficindex/list?citySize=ALL&continent=ALL&country=CH. Zugegriffen am 29.04.2019 8. Verkehrsberechtigte Personenwagen gemäss Bestand der Motorfahrzeugkontrolle des Kantons Basel-Stadt. Siehe auch: Statistisches Amt des Kantons Basel-Stadt (2018) Statistisches Jahrbuch des Kantons Basel-Stadt 2018. Kapitel 11: Verkehr. https://www.statistik.bs.ch/zahlen/statistisches-jahrbuch.html. Zugegriffen am 29.04.2019 9. Abnahme der Verkehrsbelastung (Motorfahrzeuge/Tag) in der Gundeldingerstraße in der Zeit von 1995 bis 2017. Siehe: Regierungsrat des Kantons Basel-Stadt (2018, S 28) 10. Regierungsrat des Kantons Basel-Stadt (2018). https://www.mobilitaet.bs.ch/dam/jcr:c515e8bff109-4721-8fad-b8a389e16a9b/Verkerhspolitisches-Leitbild_Umsetzung-und-Massnahmenplan2018-2021.pdf. Zugegriffen am 29.04.2019 (S 23) 11. Janasz T (2018) Paradigm shift in urban mobility: towards factor 10 of automobility. Springer Gabler, Wiesbaden 12. UVEK (2018) Multimodale Mobilitätsdienstleistungen Massnahmenpläne: Mobilitätsdaten und Öffnung Vertrieb weiterer Mobilitätsanbieter ausserhalb des öV. https://www.admin.ch/gov/de/ start/dokumentation/medienmitteilungen.msg-id-73269.html. Zugegriffen am 29.04.2019 13. UVEK (2018) Bereitstellung und Austausch von Daten für das automatisierte Fahren im Strassenverkehr. https://www.admin.ch/gov/de/start/dokumentation/medienmitteilungen.msg-id-73269. html. Zugegriffen am 29.04.2019 14. Kanton Zürich (2019) Vernehmlassung multimodale Mobilitätsdienstleistungen: Regierungsrat lehnt Vorlage des Bundes ab. https://www.zh.ch/internet/de/aktuell/news/medienmitteilungen/2019/vernehmlassung-multimodale-mobilitaetsdienstleistungen.html. Zugegriffen am 29.04.2019

Smart Ticketing

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Senta Belay

Zusammenfassung

Smart Mobility ist unabdingbar mit dem Kauf bzw. dem Buchen einer Fahrerlaubnis und Nutzungserlaubnis verknüpft. Jeder Mobilitätsnutzer beschäftigt sich unweigerlich damit. Denn der Fahrschein, ob Papier oder digital, ob vorab eingecheckt für den Flieger oder über die Smart Card abgebucht und damit bestätigt, gibt Sicherheit und Bestätigung, dass der Platz im Verkehrsmittel sicher ist. Die Zukunft des Ticketings ist bereits durch digitale Medien eingeläutet und wird durch Innovationskraft nicht nur Anwender, sondern auch Verkehrsmittelanbieter mit neuen Medien und Angeboten überraschen.

Sollen Trends in der Reise- und Tourismusbranche Wirkung zeigen und sich analog des Servicegedankens von Mobilität intermodal und ganzheitlich präsentieren, braucht es ein Aha-Erlebnis für den Anwender. Unter ‚Aha‘ wird verstanden, dass Mobilität ebenso einfach einzukaufen wie zu nutzen ist. Beispielhaft führt ein einfacher Klick beim Kaufen des intermodalen Reiseerlebnisses später zu einer nutzungsbezogenen Abrechnung. Trotz funktionierender Produktauswahlverfahren, Produktbestell- und Bezahlszenarien können Mobilitätsindustrie und Anbieter mit herkömmlichen Methoden nicht fortfahren. Denn deren punktuelle Verfahren, die einen Bereich des Mobilitätsbedarfes abdecken, werden durch ganzheitliche Angebote abgelöst. Dies wird umso klarer, je integrativer Service- und Produktbündel als Tür-zu-Tür (End-to-End, Abk. E2E)-Mobilitätsservice angeboten und abgerechnet werden. Das Ideal ist das eines Geschäftsreisenden, welcher einen einzelnen Fahrschein kauft und die Mobilität über einen einzelnen Service-Anbieter bezieht, unabhängig von der Anzahl teilnehmender Mobilitätsanbieter. S. Belay (*) SAP America, Palo Alto, USA E-Mail: [email protected] © Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2020 B. Flügge (Hrsg.), Smart Mobility, https://doi.org/10.1007/978-3-658-26980-7_11

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S. Belay

In der Europäischen Union wurde hierzu die sogenannte One Ticketing-Initiative ausgerufen [1]. Diese postuliert ein einzelnes Ticket, also einen Fahrschein bzw. einen digitalen Vorgang, um Intermodalität und damit Smart Mobility auf den Weg zu bringen. Im Wortlaut spricht die Kommission von Integrated ticketing (i.e. combining all transport methods on a single ticket) is the natural partner to full availability of multimodal travel information and planning services (S. 3) [1].

Wie sehen aber der tatsächliche Werdegang und die Zukunft des Ticketings aus? Die folgenden Ausführungen beleuchten dies näher.

11.1 Werdegang des Ticketings In den folgenden Passagen wird auf die Entwicklung des Ticketings anhand eines Beispiels eingegangen. Ein Anbieter bietet drei Beförderungsprodukte entlang einer Wegstrecke mit drei Haltepunkten A, B und C an. Die Produkte können etwa eine U-Bahnfahrt, ein Flug oder eine Fahrt mit dem Mietwagen sein. Reisende, die an Haltepunkt A ankommen oder sich von Haltepunkt C wegbewegen, wechseln in ein anderes Verkehrsmittel, zum Beispiel einen Mietwagen. Oder der Haltepunkt C ist ein Transitbahnhof oder der Flughafen. Andere Reisende geben den Mietwagen an A ab und steigen dann in die U-Bahn. Für jeden der einzelnen Wegeabschnitte gibt es Fahrscheine oder Tickets mit einer temporären Gültigkeitsdauer. Jedes Medium, sei es ein Flugticket, Ticketabschnitte oder eine mobile App, sind unterschiedliche Gestaltungselemente, welche Stand heute miteinander weder innerhalb einer regionalen Reiseroute noch international miteinander verbunden sind. Auf der Route a nach b und c sind die notwendigen Medien nicht sofort präsent bzw. bekannt. Vielmehr sind es Intermediäre in Form von Reiseagenturen oder Ticketmaschinen, welche nach Bezahlung des ausgewiesenen Fahrpreises mit Münzen die Berechtigung für die Nutzung des Verkehrsmittels erteilen. Einige dieser Systeme existieren Stand heute.

11.1.1 Der Fahrschein als Gestaltungselement Der Fahrschein ist Dreh- und Angelpunkt der Mobilität. Ein typisches Beispiel dafür ist die Begleichung des Betrages beim Einsteigen in den Bus mit dem vielleicht sogar abgezählten Münzbetrag, welcher in die sogenannte Farebox, dem Münzautomat, eingespeist wird. Dies ist unbequem für den Reisenden und der Aufwand, alle einzelnen Haltepunkte nachzuhalten, den Kassenstand jeweils einzeln zu überprüfen und den Geldfluss sowie die Ticketausgabe über alle Stationen zu organisieren und in der Buchhaltung nachzuhalten,

11  Smart Ticketing

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ist groß. Sicherheitstechnisch sind diese manuellen Abrechnungssysteme anfällig und Unklarheiten über die Gebrauchsfähigkeit eines Service immer noch weit verbreitet. Es gab in der Vergangenheit wenige bis keine vernünftigen und nachvollziehbaren Mechanismen, um die aktuellen Einnahmen in Korrelation mit den erbrachten Leistungen zu setzen. Bis heute werden Transportdienstleistungen wie unter Kapitel Abschn. 2.8.2 dargestellt weiterhin in manchen Regionen bzw. Ländern von der öffentlichen Hand subventioniert. In anderen Fällen handelt es sich um einen privatwirtschaftlich, unternehmerisch organisierten und durchwegs nutzungsfinanzierten Betrieb. Der Schwerpunkt liegt dann in der Bereitstellung eines fairen und nutzbaren Service, der allen Akteuren eines Ökosystems zu Teil wird. Dazu gehört die Aufrechterhaltung einer Buslinie in abgelegene Viertel, um den Anwohnern dort gleichen Zugang zu Mobilität zu ermöglichen. Mit der Einführung von genau abgezählten und damit maximal zugelassenen Papierfahrscheinen wurde dann die Kapazität eines Verkehrsmittels ausgewiesen und dokumentiert. Das Produkt Fahrschein wurde damit quasi ein Element der Gestaltungsebene. Der Verkehrsbetrieb konnte so Nutzung und Einnahmen in Beziehung setzen. Weltweit wird Stand heute dieses Verfahren, selbst in einigen Industrieländern, in dieser oder einer abgewandelten Form benutzt. Über die Zeit haben sich der originäre Zweck des Abbildens eines Geldbetrages und die Gleichsetzung mit dem Einkauf eines Mobilitätsservices massiv verändert. Fortlaufende Innovationen in dem Bereich führten zu weiteren Elementen des Einkaufsvorgangs: die erkennbare Teilung in eine Abbildungs- und Kontrollebene. In der Tab. 11.1 sind die Meilensteine detailliert dargestellt. Tab.  11.1 zeigt den Wandel und damit den Fortschritt, den Innovationen im Bereich Ticketing und einer Transformation von Mobilität hin zu einem Service Mobilität vollzogen haben. Der Wandel hat sich insbesondere in den Beförderungsprozessen im Bereich öffentlicher Personennahverkehr vollzogen. Die Darstellung zeigt auch, in welchen Regionen wesentliche Entwicklungen vorbereitet wurden. Der Wandel ist auch dahingehend sichtbar, dass aus einem einzigen Produkt, einem Fahrschein im Gegenwert von x Euro, eine Vielzahl von Angeboten entstanden ist. Dazu gehören Rückfahrangebote, Tageskarten und Annehmlichkeiten wie etwa Priority Seating und Auswahl von Mahlzeiten. Oftmals stecken unterschiedliche Anbieter hinter den Angeboten. Im Transitbereich sind Annehmlichkeiten wie etwa Monats- oder Wochenkarten, Tageskarten oder Angebote für Familien, Senioren und Studenten zu finden. Zugang für die genannten Produkte und Services bietet die Wahrnehmungsebene, in welcher dann eine Verifizierung, d. h. die Zulässigkeit zur Nutzung des Beförderungsmittels, geprüft werden kann. Zulässigkeitsprüfungen finden sowohl durch Personen, Prüfkriterien oder visuelle Merkmale statt, welche dann über Lesegeräte abgerufen werden. Andere Zugangskontrollen finden durch Drehkreuze statt. Der Bahnhof in Rotterdam zum Beispiel erlaubt den Zugang in das eigentliche Bahnhofsareal nur mit Fahrschein, welcher über einen Barcode Scan am Drehkreuz geprüft wird. Andere Zugangskontrollen finden mittels eines magnetischen Merkmals (Token) statt, welcher einen gültigen Fahrschein

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236 Tab. 11.1  Meilensteine in der Ticketing-Entwicklung Globala Jahr 1993 1995 1997 1998

Meilensteine Calypso Seoul: Upass und T-Money Hong Kong: Octopus Card Transport for London: Oyster Card Gründung der ITSO Großbritannien 1999 Shanghai Public Transit Corporation (SPTC): SPTC Card Gründung des EMVCo LLC

2001 Japan: Suica Card Singapur: EZ-Link Card

2002 Taiwan: Easy Card 2003 VDV Germany Calypso Networks Association 2004 EMVCo: upgrade (2004) Gründung des NFC Forums durch NXP Semiconductors, Sony und Nokia 2005 Erste Pilotierung durch VDV Germany, Saarbrücken 2006 Singapur e-Purse: CEPAS 2007 Europäische Union: Projektlaunch des IFM (Interoperable Fare Media)-Vorhabens der EU (sogenannte EU-IFM) Japan: Pasmo 10Mil EZ-Link Cards ISO/IEC 14443-1:2008

Erläuterung

Bei EMVCo handelt es sich um ein Konsortium von Kreditkarten-­ Anbietern. EMV steht für Europay, Mastercard, Visa. Die anderen Mitglieder sind JCB, American Express, China Union Pay und Discover. Die Suica-Karte ist ein RFID-Chip, entwickelt von Sony, mit Bezahlfunktion bzw. als Ersatz von Bargeld oder Kreditkarten dienend. Die Japan Rail East Railway Company ist Anbieter von Suica-Karten.

NFC steht für Near Field Communication

Pasmo ist ein Anbieter mit Fokus auf Tokio. In Kollaboration mit Suica finden Abstimmungen zu Preismodellen und Akzeptanz beider Kartensysteme in den Pasmo bzw. Japan Rail verantworteten Transportmedien statt. Ebenso werden in Stoßzeiten Kapazitäten und Einsatzpläne abgestimmt. Bei ISO/IEC 14443-1:2008 handelt es sich um den ersten international Anwendung findenden Standard für kontaktlose Karten mit Speicher- oder Mikroprozessorchip.

2008 Quebec: Opus Card 2009 30.01 Mil Suica Card Singapore: NETS FlashPay Singapore: SeP (Symphony for e-Commerce) basierend auf CEPAS (Fortsetzung)

11  Smart Ticketing

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Tab. 11.1 (Fortsetzung) Jahr Meilensteine 2010 EU-IFM Projektphasenabschluss und Veröffentlichung der Ergebnisdokumente 2011 AFIMB Frankreich EU: SETA (Single European Transport Area) Google Wallet 2012 MoU-IFM Allianz beschlossen zwischen Standardisierungsorganisationen und UITP (Union of International Public Transit Association) Gründung der Smart Ticketing Allianz (STA) ISO 24014-3 Standards veröffentlicht mit Bezug zu interoperablen Fahrscheinmanagementsystemen 2013 Transport for London (TfL) Pilot: EMV Beschluss des 4. Eisenbahnpaketes der Europäischen Union 2014 Großbritannien beschließt die Nutzung der ITSO Standards Apple Wallet 2015 Singapur kündigt die Initiative Intelligent Nation an und damit die Einführung eines bargeldlosen elektronischen Bezahlungssystems Einführung von Samsung Pay Der Verband Global System for Mobile Communications Association (GSMA), das Near Field Communication (NFC) Forum und STA arbeiten an einer Harmonisierung der Spezifikationen für den Einsatz von NFC-­ Technologien im Transitbereich 2018 Einführung der FAIRTIQ App, um Schweizweit den günstigsten Tarif für eine gefahrene Strecke zu berechnen und damit papier- bzw. elektronische Fahrscheine abzulösen.

Erläuterung

Gründungsmitglieder von STA sind ITSO (Integrated Smart Card Organization), der VDV mit der VDV-KA-KG (VDV-Kernapplikation), der CNA Verband (Calypso Network Association) und AFIMB (AFIMB – Agence Française de l’Information Multimodale et de la Billettique) EMV steht für Europay, Mastercard, Visa.

FAIRTIQ App [2]

Umfangreiche Beschreibungen und Informationen liefert SecuPedia, http://www.secupedia.info/ wiki/Hauptseite. Zugegriffen am 30.04.2019

a

bzw. eine Zugangserlaubnis darstellen. Der Prüfmechanismus in Person oder digital sorgt dafür, dass nicht nur Zugang, sondern auch Fahrpreis und Bezahlung in Ordnung sind. Weitere Verfahren arbeiten mit Geräten, welche mit NFC ausgestattet sind. Diese ermöglichen die drahtlose Verbindung zu Prüfungsmechanismen via WIFI oder Bluetooth. Gerade die Entwicklung des Fahrscheins, dem originären Gestaltungsmittel des öffentlichen Personennahverkehrs, führt den Innovationsprozess im Bereich Mobilität vor Augen. Das Physical Mobility Front Office ist angereichert worden mit dem Digital Mobility Front Office Abschn. 5.4.

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Insbesondere die Einführung von Mikrochips in Verbindung mit einer Karte oder einem Gerät (Device) ermöglichen die Vorbuchung und Bezahlung von Dienstleistungen und erleichtern den Bestellvorgang für Produkte. Dieser sogenannte kartenzentriere Ansatz (Card-Centric Approach) hat in den vergangenen zwanzig Jahren das Ticketing stark beeinflusst. Insbesondere auf der Präsentationsschicht der angebotenen Dienstleistungen sind neben Standardisierung von Fahrscheinen, Fahrscheininformationen und Bezahlmechanismen auch Lesegeräte, Mobiltelefone, Smartphones und Ticketingsysteme und die Weiterverarbeitung von Informationen von einem System ins nächste System weiter verfeinert und perfektioniert worden. In der Ticketing-Industrie benutzt man daher auch den Begriff Fare Media. Dieser bezieht sich auf alle fahrscheinbezogenen Technologien, welche für das Laden von Produkten und Services in das entsprechende Medium angewandt werden. Dazu gehören neben den o.  a. Geräten auch Kredit- und weitere Bankkarten, Kunden-, Treue- und Vielfliegerkarten. Allerdings braucht es einen nicht unerheblichen Aufwand, um die Vision von Mobility-­ as-­a-Service wie etwa für den Patienten im Bereich Medical Tourism in die Tat umzusetzen. Hierin fallen eine Harmonisierung der Fare Media mit den Chipkartenherstellern und dem Chipkartenvertrieb. Dies verlangt Interesse und eine Vereinbarung zwischen Vertretern aus Reise-, Banken- und High Tech-Industrien. Eine Voraussetzung für die Harmonisierung sind vier wesentliche Punkte: • Definition der Übergabeprotokolle und Formatierung von Daten, • Definition von Einwilligungs- und Sicherungsmechanismen vor, während und nach der Übertragung, • Verwendung personenbezogener Daten sowie die • Verwendung des Transfers von Geldbeträgen und geldähnlicher Währungen. Anstrengungen hierzu werden von diversen Organisationen unternommen. Hierzu zählen die Integrated Smartcard Organization (ITSO) [3] in Großbritannien, die Agence Française pour l’Information Multimodale et la Billettique (AFIMB) [4] von Frankreich, die Calypso Network Association (CNA) [5] westeuropäischer Staaten wie etwa Belgien und die Niederlande sowie der Verband Deutscher Verkehrsunternehmen (VdV) [6]. Die genannten Organisationen bzw. Initiativen arbeiten sowohl unabhängig voneinander in ihrer Geografie als auch gemeinsam an Standardisierungsmechanismen für einen nahtlosen Informationsaustausch. Im Sinne des IoS-Rollenmodells finden sich Anstrengungen dieser Art bei den Inter­ operabilitätsanbietern, den Service Gateways. Dazu zählen auch Fragen der Systemarchitektur und die Ausprägung von international akzeptierten Gestaltungselementen der dazugehörigen Übertragungsmedien. Dem Ziel von Smart Mobility kommt eine Vereinbarung zu einem interoperablen Fare Media-Format schon sehr nahe. Der Bestückungsvorgang des Mediums, sei es Smartphone, Dongle oder eine Kreditkarte, funktioniert dann im Sinne eines Downloads von

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Kreditpunkten oder einer Vorabbestellung von Services, welche dann je nach Bedarf eingesetzt bzw. abgerufen werden. Die traditionelle Bezahlung bzw. Prüfung des Geldbetrages erfolgt dann digital und vorab bzw. nutzungsbasiert – ohne Umformatierungen oder physische Prüfungen.

11.1.2 Die nutzungsabhängige bzw. subskriptionsbasierte Abrechnung Ein weiterer Paradigmenwechsel wird durch nutzungsabhängige bzw. subskriptionsbasierte Abrechnung eingeläutet, dem sogenannten Account Based Ticketing bzw. Smart Ticketing. Dieser sorgt dann für Freigabe und Nutzung der Services und garantiert dem Reisenden die Verfügbarkeit des Verkehrsmittels. in diesem Falle werden die vorab vereinbarten Logiken zu Zulassung und Bezahlung über Medien und Kreditkarten entfernt und über ein einziges Identitätsprüfungsinstrument abgewickelt. Die Buchungs- und Verrechnungslogik verbleibt weiterhin im Backend-System des jeweiligen Anbieters. Mit dem hier vorgestellten Schritt werden auf Chipkarten basierende Systeme, welche die Industrie in den letzten Jahrzehnten geprägt haben, ersetzt. Befürworter von Smart Ticketing erhoffen sich Effizienzsteigerungen und eine auf den kompletten Reisezyklus ausgerichtete Prozessabwicklung. Dies erfolgt nicht nur unabhängig von der Streckenwahl und der Wahl des Verkehrsmittels durch den Reisenden, sondern auch unabhängig davon, welcher Anbieter die Transportleistung zur Verfügung stellt. Die Nachvollziehbarkeit von Reisebuchungen und wie sich die damit verbundenen Aufwände und Einkommen tatsächlich betriebswirtschaftlich niederschlagen, ist in Unternehmen durch Backend Systeme gewährleistet. Was die Buchung und Nutzung der Dienstleistung angeht, sei es als einzelne oder aus einem Bündel von Dienstleistungen und/oder Produkten bestehend, gibt es Stand heute keinen Mechanismus. Der Verbrauch lässt sich nur anhand des Buchungsbetrages wie etwa dem Fahrgeld nachvollziehen. Auf der Nutzungsseite hat sich die Nachvollziehbarkeit von Papiertickets, einfache Abrechnungssysteme (Point of Sales, Abk. POS), Kassensystemen bis hin zu kartengestützter Abrechnung und digitaler Merkmalsverarbeitung weiterentwickelt. Für jedes Merkmal oder Produkt wird der Betrag am Ende des Tages dem Fahrscheinschalter, dem Automaten oder der Buchungsseite im Web zugeordnet. In allen drei Beispielen erfolgt die Abrechnung nach Bezahlung – unabhängig von Vorableistungen oder nachträglicher Zusatzleistung etwa eines Upgrades auf die 1. Klasse. Im Falle von überregionalen Reisen zum Beispiel mit dem ICE geht die Verkehrsmittelnutzung mit einer Sitzplatzreservierung einher. Das Ticketing-System wird damit auch ein Reservierungssystem. Für Smart Mobility spielen die Variationsmöglichkeiten keine Rolle: ob mit oder ohne Sitzplatz, ob ein oder mehrere Anbieter, ob mit Vorauszahlung oder ohne. Dem Reisenden wird ohne Zusatzaufwand die von ihm gewünschte Beförderung zu teil, und zwar zu einem vorab bzw. nachträglich nachvollziehbaren Preis.

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In großen Volkswirtschaften mit hohen Infrastrukturbedarfen und einer hohen reisenden Einwohnerzahl werden die Kapazitäten von Verkehrsmittel anhand der gebuchten Tickets ausgeschöpft. Ist die Kapazitätsgrenze erreicht, ist eine Garantie der Beförderung nicht möglich. Ein Ticket wird als Stand-by-Ticket ausgelöst. Es kann nur dann in eine Garantie zur Beförderung umgewandelt werden, wenn ein anderes Ticket storniert wird. Dasselbe gilt analog auch im Flugverkehr. Im Falle von Sitzplatzreservierungen findet eine Identifizierung des Reisenden bereits im Buchungsprozess statt. Sobald über die Notwendigkeit einer Sitzplatzreservierung nachgedacht wird, wird aus der Persona ‚eintägiger Geschäftsreisende‘ die Person Herr Senta Belay für Platz 123 in Zug ABC. Die Identitätsprüfung der vorab erfolgten Zuordnung von Platz 123 führt nun systemisch zu der Identitätsprüfung von Herrn Belay. Im umgekehrten Falle, d.  h. bei Nichtvorliegen einer Buchung, verhilft ein IoT-gestütztes Szenario dem Reisenden zu einer Sitzplatzreservierung just in dem Moment, in dem er den Platz belegt. Dabei erfolgt auch eine Identifizierung des Reisenden: sein Smartphone verbindet sich direkt mit dem Platz und die Sitzplatznummer 123, Verkehrsmittel-­ Identifizierungsnummer ABC, Uhrzeit etc. werden übertragen und registriert. Fitnessjunkies könnten sich sogar vorstellen, sich mittels Gewichtscheck ein auf ihr Fitnessprogramm abgestimmtes Speise- und Getränkeangebot beim Bordrestaurant zu bestellen oder ein Fitnessprogramm oder Meditationsprogramm am Platz angeboten zu bekommen.

11.2 Der Weg zu Smart Ticketing In allen geschilderten Fällen braucht es ein intelligentes, nutzungsbasiertes Abrechnungssystem. Dies baut auf zwei Elementen auf: 1. Der Anwenderidentifizierung • Wie viel Information braucht es, um die Reise darzustellen? • Geht es um eine anonyme Reise oder geht es tatsächlich um einen intermodalen E2E-Mobilitätsprozess mit Reservierung in einigen Reisesegmenten, gegebenenfalls einer Prüfung von Fahrgastrechten und weiteren Services. 2. Ein auf Intermodalität ausgerichtetes Auftragsannahme- und Bezahlsystem • Wie viele Dienstleistungen lassen sich für den Reisenden orchestrieren? • Unter Berücksichtigung einer angemessenen Informationsverarbeitung und ohne den bekanntermaßen komplizierten Einkaufsprozess mehrerer Tickets bzw. mehrstufiger Prozessschritte. Die Abb. 11.1 stellt die Smart Ticketing-Elemente schematisch dar. Kunden- und Identitätsmanagement Das Kundenbeziehungsmanagement (Customer Relationship Management, Abk. CRM) erfolgt für Reisende analog zu dem durch Vertriebs- und Beratungsprozesse bekannten

Abb. 11.1  Smart Ticketing – schematische Darstellung

11  Smart Ticketing 241

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Vorgehen. Wichtig aus Sicht des Smart Ticketings ist die Anlage von minimal notwendigen Informationen, die es für die Identifikation eines bis dato anonymen Kunden braucht. Diese ermöglicht es dem Kunden dann, Services und Produkte einzukaufen, zu konsumieren und abzurechnen bzw. mit anderen Bezahlmechanismen wie Loyalitätsprogrammen zu verrechnen. Im Falle eines bekannten Kunden sind im Profil Präferenzen zu Verkehrsmitteln, frequentierte Routen und Servicebedarfe bekannt. Auch hier fordert das Profil eines Bahnreisenden zum Beispiel eine Berücksichtigung der hinterlegten bevorzugten Fahrklasse, Fenster- oder Gangplatz, ungestörte oder mit Unterhaltungswert versehene Platzierung in einem Ruhewagen oder einem Großraumabteil. Selbst in dem Fall des anonymen Kunden sind die Platzierung und tatsächliche Dienstleistungserbringung Grundlage für unternehmerische Entscheidungen hinsichtlich neuer Kosten-/Nutzen-Vergleiche der nachgefragten Leistungen und die Zuordnung der Personas. Je mehr Details durch die Auswertung sozialer Medien, Twitter Tweets und vergleichbares Konsumentenverhalten dazu kommen, desto mehr gewinnt auch der anonyme Kunde an Gestalt. Auch hier verhilft die personalisierte Dienstleistung dem Reisenden zu einem hoffentlich besseren, wenngleich unerwarteten Service. Findet eine Wiederholung des Aha-Erlebnisses statt, ändert sich die Wahrnehmung auf das neu genutzte oder wenig genutzte Verkehrsmittel. Produkt- und Service-Management Produkt- und Service-Management sind das Herzstück von E2E Mobility. Hier finden Produkt- und Service-Design statt, ebenso wie die Darstellung von Produkten und Services in einem digital handelbaren Format (Service Enablement), ebenso die Anreicherung mit weiteren Merkmalen und Diensten (Service Enrichment). Des Weiteren erfolgt die Festlegung der für den Service angelegten Messkriterien und die Abrechnung. Für das Service-Design bieten sich Methoden und Techniken an, die ihre Anwendung in einer Vielzahl von Workshops Anwendung gefunden haben. Mit bestehenden Dienstleistungskatalogen im Hinterkopf erfolgt in einem Kreislauf von Bedarfsanalyse für die jeweilige Persona über Serviceidentifizierung und -beschreibung eine Auswertung nach Bedarfszeitpunkt und dem notwendigen Zeitfenster, zu dem der Service dem Reisenden angeboten wird. Erfolgt beispielsweise ein Angebot zu spät, ist der Reisende nicht mehr online bzw. hat sich bereits auf dem Weg gemacht. Erfolgt das Angebot zu früh, ist der Reisende im Begriff, das Flugzeug zu verlassen und sich zur Gepäckausgabe zu orientieren. In Analogie zu der Telekommunikationsindustrie wird eine Stückliste von Dienstleistungen rund um das Produkt Gerät aufgebaut. Die Zuordnung findet hier über die Telefonnummer statt. Diese gilt auch für die Anwendung eines Prepaid-Zuganges. Service-Management berücksichtigt nun über den kompletten Mobilitätsverlauf die Bedarfe des Anwenders. Eine Persona-bezogene Einordnung unterstützt die erste Erhebung. Präferenzprofil und das Konsumentenverhalten verfeinern die Bedarfsanalyse und münden in ein personalisiertes Service-Angebot. Das IoS-Rollenmodell sorgt für die

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­ rganisatorische Einordnung. Nicht zu unterschätzen sind überregionale und internatioo nale Reisen. Für Service-Aggregatoren liegt die Herausforderung in den Angeboten, die sich auf lokale Abrufbarkeit und/oder Ortskundige mit den notwendigen Sprachkenntnissen ausrichten. Oft funktionieren Services, die erreichbar sind, über den Buchungsservice eines Brokers. Andere lassen zumindest auf eine Website hoffen, die zumindest Kontaktinformationen anbietet oder den Service lokal abrufen lässt. Die Herausforderungen liegen für den Reisenden in Services, die zwar für eine Stadt in einem Land x angeboten werden, deren Abfrage bzw. tatsächliche Serviceerbringung aber in Land y stattfindet. Produkte im Sinne von Smart Mobility sind Karten, Chips, Magnetstreifen, Applikationen, Tickets und andere Medien, welche den Mobilitätsdienst physisch repräsentieren. Hinterlegt wird der Service über die Konfiguration des physischen Mediums bzw. seine Anreicherung für den Zeitpunkt der Nutzung. Unternimmt der Geschäftsreisende eine mehrtätige Reise mit unterschiedlichen Geschäftszwecken, wird zwar dasselbe Medium jedoch mit unterschiedlich ausgeprägten Services genutzt. Produktdesign ist daher zwingend in Verbindung mit dem anzubietenden bzw. möglichen Service durchzuführen. Ebenso spielt die Verbreitung des Mediums eine wichtige Rolle. Sollen Mobilitätsnutzer möglichst zügig einen neuen Service kennenlernen und nutzen, beeinflusst das Medium den Erfolg der Konversionsrate. Unter Anwendung von Gestaltungs- und Designmethoden wird verstärkt dieser Prozessschritt unter Beteiligung realer Konsumenten durchgeführt. Dieser Vorgang ist längst etabliert in Bezug auf Produktdesign. Die Rückschlüsse der Nutzer auf Konfiguration, Handhabung und Funktionsumfang finden unter dem Begriff User Experience Anwendung. Produkt- und Service-Design Im Produkt-Design und Service-Design nehmen die Preisgestaltung und Konfigurationsfähigkeit von Preisen einen zentralen Stellenwert ein. Zu dem Erlebnis Mobilität zählen mittlerweile nicht nur die Preisgestaltung und Konfigurationsfähigkeit vor und während des Buchens und der Erbringung einer Mobilitätsdienstleistung. Vielmehr nutzen Anbieter das Verhalten und die Wünsche von Nutzern zu einer auf den Moment abzielenden Preisempfehlung für die zweite Reise. Wir erleben zunehmend, dass uns meist kurz vor Abschluss des ersten Reiseabschnitts Hinweise per Smartphone oder Mail erreichen mit einer Empfehlung, gar Rabattangeboten für die nächste Reise oder den nächsten Reiseabschnitt. Die Preisgestaltung ist daher prozessual und Persona-bezogen zu betrachten. Neben der Skalierung auf die Anzahl von Reisenden pro Nutzerprofil (Persona) und für bestimmte Abschnitte und Zonen, bahnt sich zunehmend eine personalisierte Preisgestaltung ihren Weg. Diese erreicht uns in unserem Postfach, auf dem Smartphone oder auf dem Werbedisplay, das wir gerade im Supermarkt oder der U-Bahnstation mit unserem Blick gestreift haben. Ein neues Genre an Service Providern ist dadurch entstanden. Diese nutzen in Verbindung mit Loyalitätsprogrammen die zunehmende Transparenz, die Nutzer ihnen

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anbieten. Betrachtet man die unterschiedlichen Preisgefüge sind der Fantasie keine Grenzen mehr gesetzt: • • • • • • • • •

Abonnementpreise Sonderpreise Tages-, Monats-, Event-, Fahrzeit-, Stadt- oder Regionen bezogen Saisonkarten nutzungsbasierte Preise und Angebotspakete Betreibermodelle in Verbindung mit Angeboten von Geschäftspartnern ‚Pass-By‘-Angebote, die den Nutzer im Vorbeigehen zu einer Buchung animieren Marketingkampagnen, zum Beispiel in Verbindung mit Veranstaltungen Rabattierungen für Familien und Gruppen In-App-Angebote, welche aufgrund des Such- oder Bestellverhaltens das mögliche Mobilitätsverhalten antizipieren • verkehrsmittelabhängige Preise, zum Beispiel für Bus und Bahn, Metro, Taxi • wegenetzabhängige Preise, zum Beispiel für bestimmte Fahrstrecken oder Zonen Um dem Anspruch an Smart Mobility gerecht zu werden, braucht es einfachere Wege der Abrechnung und Buchung. Hierbei lohnt wiederum ein Blick in die Telekommunikationsbranche. Hier wird mit sogenannten Plänen gearbeitet. Diese bilden beispielsweise die Anzahl von SMS oder Freiminuten für Telefonate in bestimmten Regionen und Ländern ab. Sie orientieren sich zunehmend an der Altersgruppe oder Vorlieben von Nutzern im Vergleich zu anderen in derselben Gruppe oder Region. In einer Untersuchung von Lehmann et al. [7] wurden insbesondere die Akzeptanz von All-inclusive-Angeboten, Flatrates und weitere durch Anwender untersucht. Hierzu gehörte auch die Untersuchung der Übertragbarkeit von Preisgestaltungselementen aus der Mobilfunkbranche auf die Preisgestaltung von Softwareangeboten. Preismodelle lassen sich dahingehend unterscheiden nach: • • • • • •

Preisbildung Struktur des Zahlungsstroms Bemessungsgrundlage Preisdifferenzierung Preisbündelung dynamischer Preisstrategie

Grundsätzlich nimmt die nutzerabhängige Preisgestaltung gegenüber nutzerunabhängigen und Einmalzahlungen zu. Um Smart Mobility tatsächlich ökosystemweit zu implementieren und auch an betriebswirtschaftlichen Maßstäben auszurichten, kommen Anbieter um ein ganzheitliches Mobilitätsmanagement nicht umhin.

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Digitale Momente Es findet sich eine zunehmende begriffliche Fokussierung auf den ‚Moment‘ ab, in dem wir uns aus emotionaler und situativer Sicht befinden. Begriffe wie digitaler Moment (Digital Moment) oder ‚Moment of Truth‘ beschreiben damit denjenigen Zeitpunkt, der alles­ entscheidend ist für die Akzeptanz des Nutzers über das dargelegte Angebot. Dazu haben Angebot, Buchung und Bestätigung sowie die Ausführung des Service zwingend zu funktionieren, damit der Nutzer diesen annimmt und darüber hinaus empfiehlt bzw. neuerlich nutzt. Oft ist es ein kurzer Blick auf die Darstellung, grafische Aufbereitung im Display, die Verständlichkeit des Preises und die Einfachheit der Buchung. Dieser Moment entscheidet binnen einer Sekunde über Erfolg oder Misserfolg. Unweigerlich sind damit der Einsatz mathematischer Modelle, welche situative und emotionale Einflussfaktoren der Umgebung etwa ebenso in Betracht ziehen, wie das Klickverhalten des Nutzers in anderen Portalen oder Suchmaschinen. Die daraus errechnete Bemessungsgrundlage gibt wiederum Rückschlüsse auf dynamische Preisgestaltungsmöglichkeiten. Produkt- und Servicevertrieb Produkt- und Servicevertrieb orientieren sich derzeit an den Rollenmodellen, wie sie anfänglich in diesem Kapitel beschrieben wurden. So findet sich in der Luftfahrtindustrie eine Konzentration, ja Abhängigkeit auf die Global Distribution Systems (GDS). Deren Alleinstellungsmerkmal geht einher mit dem über Jahrzehnte aufgebauten Wissens- und Datenschatz von gebuchten Flugreisen bzw. Flugstrecken. Darüber hinaus haben GDS Distributionskanäle und Verteilmechanismen aufgebaut, die ihnen eine Vormachtstellung einräumen. Im Transitgeschäft finden auch aufgrund der kleinteiligen und niedrigen Preise solche Konzentrationseffekte minimalst statt. Anbieter vertrauen auf eigene oder durch Drittanbieter betriebene Fahrkartenautomaten. Es finden zunehmend Fahrkartenbuchungen über das Smartphone oder Internet statt. Andere Medien wie die EZ-link-Karte von Singapur funktionieren als Prepaidkarte, die in Abhängigkeit der gefahrenen Kilometer das Entgelt von der Karte abbucht. Der Funktionsfähigkeit von Fahrkartenautomaten könnte ein eigenes Kapitel gewidmet werden. Tatsächlich orientieren sich die wenigsten an den Nutzerprofilen und setzen Ortskenntnisse über die relevante Zone aus Sicht der Start- und Zielposition voraus. Es finden sich immer noch münzbetriebene Automaten, die für Touristen und Geschäftsreisende nicht handhabbar sind bzw. schlicht nicht bedienbar. Ähnlich verhält es sich mit der Sprach- und Stimmführung. Hilfreich ist eine Abbildung von den Top 10 Strecken, wie sie etwa die Schweizer Bundesbahnen anbieten. Ebenso hilfreich wären Icon-basierte Menüführungen, welche grafische Elemente zur Menüführung nutzen und eine höhere Reichweite und Akzeptanz erreichen. Zunehmend finden sich über die gesamte Wertschöpfungskette Online-Angebote, um Planung, Buchung und Abrechnung mit weiteren Services in einem Prozessschritt zu verbinden.

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Abrechnungs- und Einnahmemanagement Durch die Digitalisierung von Services findet vermehrt eine ID-bezogene Abrechnung statt. Dem Anbieter sind durch Service Broker Leistungen zugänglich, die bis dato nicht oder wenig einsehbar waren. Dazu gehört die Auswertung des Nutzerverhaltens, Empfehlungen für neuerliche oder angepasste Konfigurationen und Bündelungen. Durch ein integriertes ID-Management werden Zugangskontrollen und Abrechnungen positionsbestimmter. Die Zugangskontrolle findet in Echtzeit statt und statt eines Tickets plus eines Ausweises erfolgt dieses beispielsweise zum Zeitpunkt des Betretens des Flugzeuges. Die Abrechnung erfolgt ebenfalls positionsbestimmt – also direkt vor Ort und in Abhängigkeit des Profils in Echtzeit oder vorab. In intermodalen Reiseverläufen, also über drei und mehr Stationen bzw. Verkehrsmitteln hinweg, werden Wegstrecken und der Wechsel von einem Mittel zum nächsten digital festgehalten und jeweils freigegeben. Der Nutzer enthält vorab die ideale Wegstrecke und die Empfehlung, welcher Aufzug oder welche Rolltreppe ihn zügig und bequem zu dem Zugwaggon bringt, welcher entweder einen für ihn reservierten Platz bereithält oder welcher noch über freie Plätze verfügt. Die zentrale Funktionalität des Smart Ticketings geht damit einher mit den Ansprüchen einer Indoor-/Outdoor-Navigation und deren Kopplung! Nichtsdestotrotz braucht es eine aus Mobilitätsmanagement und Standortsicht betriebene Vollkostenrechnung, Kosten-/ Nutzenanalyse und Rollenbestimmung. Zu den Kostenelementen zählen neben Informations- und Kommunikationstechnologie, Fare Media-Produktion, Konfiguration und Vertrieb, insbesondere das Content Management, Kampagnenmanagement, die Bestückung der Verkaufskanäle und deren Optimierung bzw. vorausschauender und in Echtzeit bezogener Anpassung. Ebenso sind Aufwendungen in Bezug auf Geschäftspartner relevante Abstimmungen, Kooperationen und Bündeleffekte durch Service-Aggregatoren zu berücksichtigen. Die zunehmende Anzahl von Touchpoints, die dem Nutzer unterschiedlichste Eintrittskanäle zur Mobilität und anderer Services bieten, verlangt eine darauf ausgerichtete Innenorganisation.

Literatur 1. European Commission (2014) Towards a roadmap for delivering EU-wide multimodal travel information, planning and ticketing services. http://ec.europa.eu/transport/themes/its/doc/swd(2014)194. pdf. Zugegriffen am 29.11.2019 2. Chur Bus (2019) FAIRTIQ  – Die einfachste Fahrkarte der Schweiz. https://churbus.ch/fairtiq. Zugegriffen am 29.04.2019 3. Integrated Smartcard Organization (ITSO) (2019) https://www.itso.org.uk/about-us/. Zugegriffen am 16.11.2019 4. L’Agence française pour l’information multimodale et la billettique (AFIMB) (2014) https:// www.calypsonet-asso.org/sites/default/files/AFIMB_ReferentielArchitectureSecurite_v1.0_EN. pdf. Zugegriffen am 18.11.2019

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5. Calypso Network Asscoation (CAN) (2019) https://www.calypsonet-asso.org/content/objectives. Zugegriffen am 18.11.2019 6. Verband Deutscher Verkehrsunternehmen (VdV) (2019) https://www.vdv.de/english.aspx. Zugegriffen am 16.11.2019 7. Lehmann S, Draisbach T, Koll C, Buxmann P, Diefenbach H (2010) SaaS-Preisgestaltung: Bestehende Preismodelle im Überblick. In: Software-as-a-service. Gabler, S 155–169

Teil III Die Zukunft der Mobilität

Bausteine Intelligenter Mobilität (BIM)

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Barbara Flügge

Zusammenfassung

Anwendbarkeit und Erfolg von Digitalisierungsvorhaben hängen wesentlich von dem Einsatz und Umgang mit strategischen, funktionalen und technischen Bausteinen ab. Diese Bausteine Intelligenter Mobilität (BIM) bieten Anwendern, Entscheidern und Mitgestaltern Orientierung in dem vielschichtigen Komplex von Smart Mobility. Zusammengeführt in einem Gesamtbebauungsplan werden die einzelnen Elemente vorgestellt und eingeordnet. Einen wesentlichen Beitrag liefern hierzu der ökosystembasierte Ansatz zur Untersuchung und Ausgestaltung von Nutzungsszenarien, Einordnung von adressierbaren Nutzern und das auf Smart Mobility ausgerichtete Rollenmodell.

Die umfangreiche Darstellung von Nutzungsszenarien und Beispielen aus unterschiedlichsten Blickwinkeln gibt Aufschluss und Hinweise auf die technologische wie funktionale Anwendbarkeit. Den kontextuellen Zusammenhang stellen dabei die ökosystembezogenen Gestaltungskriterien wie Personas und Kontext sowie das Rollenmodell des Internets der Dienste her. Unser Vorschlag für den Bebauungsplan Smart Cities und Smart Mobility wird nun im Überblick vorgestellt. Die Unterlage bzw. der funktionale und technische Rahmen orientiert sich an dem unter Teil 2 vorgestellten Schichtenmodell und dem Ecosystems Thinking Ansatz Kap. 3. Die Beschreibung der funktionalen und technischen Elemente, d. h. der Bausteine Intelligenter Mobilität (BIM), erfolgt auf Basis der vier Ebenen Smart Services, Smart Data, Smart Products und Smart Spaces. B. Flügge (*) digital value creators (DVC), Bottighofen, Schweiz E-Mail: [email protected] © Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2020 B. Flügge (Hrsg.), Smart Mobility, https://doi.org/10.1007/978-3-658-26980-7_12

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B. Flügge

Abb. 12.1  Bebauungsplan Smart Mobility

Ohne Entscheidungsfähigkeit, Innovationssinn und dem Anspruch, Mobilität den zukünftigen Generationen in einer umweltverträglichen, gerechten, effizienten und wachstumsorientierten Weise zu ermöglichen, sind technische und funktionale ­Errungenschaften nur halb so viel wert und selten skalierbar. Die Erfahrungen haben gezeigt, dass strategische und projektierungsbezogene Handlungsstränge von Nöten sind. Um diese Aspekte erweitert, stellt sich der Smart Mobility Gesamtrahmen gemäß Abb. 12.1 dar. Dieser enthält die sogenannten Bausteine Intelligenter Mobilität (BIM). Die Bezeichnungen sind in Englisch gewählt. Dies erleichtert die Projektierung bei internationalen bzw. überregionalen Projektteams, der Beteiligung von Service- und

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Technologie-­ Anbietern aus dem Ausland und die Verknüpfung von Smart Mobility-­ Nutzungsszenarien, beispielsweise mit einer Partnerstadt. Jedes der dargestellten ­Bausteine ist als Lösungsvorschlag zu verstehen, welcher methodisch erfasst und damit bei Bedarf vermittelt und eingesetzt werden kann. In seiner Gesamtheit und zur besseren Darstellung werden die einzelnen Schichten gesondert abgebildet und im Folgenden erläutert: • • • • •

Smart Mobility-Programm-Management gemäß Abschn. 12.1 Smart Services gemäß Abschn. 12.2 Smart Data gemäß Abschn. 12.3 Smart Products gemäß Abschn. 12.4 Smart Spaces gemäß Abschn. 12.5

12.1 Smart Mobility-Programm-Management Im Smart Mobility-Programm-Management (Abb. 12.2) finden sich neben den üblichen projektierungsbezogenen Aufgaben eines Projektes insbesondere diejenigen Bausteine wieder, die sich auf die strategische Einordnung des Vorhabens beziehen.

Abb. 12.2  Smart Mobility-Programm-Management

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Smart Mobility ist kein Alleingang und sollte daher von der Führungsebene, sei es der öffentlichen Verwaltung einer Stadt, eines Landkreises, eines Bundeslandes oder des Ministeriums, sei es ein Innovationsbüro oder der Beauftragte eines Unternehmens, ­unterstützt und gesponsert werden. Sponsoring bezieht sich nicht immer nur gemeinhin auf monetäre Leistungen, sondern auch auf die Zurverfügungstellung von Wissen und Know-­how, Zugriff auf Testdaten und Kontakte. Es empfiehlt sich von Beginn an die Hinzunahme des Ombudsmanns bzw. der Ombudsfrau bzw. Datenschutzbeauftragten. Strategische Einordnung (Strategy Mapping) Im Rahmen der strategischen Ausrichtung findet die Identifizierung neuer Unternehmensfelder statt. Dazu zählt die Ausrichtung des Vorhabens Smart Mobility auf laufende und geplante Vorhaben zur langfristigen strategischen Positionierung der Organisation bzw. des betrachteten Bereiches. Ein Mittel hierzu sind Strategy Maps und White Space-­Analysen. Transformationsprojekte mit technologischem Charakter und einer hohen Vernetzung mit Einwohnern und unbekannten Nutzern sind insbesondere von der Fähigkeit gekennzeichnet, über ein Nutzungsszenario, eine Pilotierung und einen Feldversuch hinaus an die Adaption der hauseigenen Strategie bzw. Ausrichtung zu denken. Dazu passend spielt das Veränderungsmanagement (Change Management) eine wichtige Rolle. Jobprofile, Kompetenzen und Aus- bzw. Weiterbildungen begleiten Mitarbeiter der öffentlichen Hand ebenso wie Unternehmen. Unabhängig von Nutzungszahlen während oder über den Feldversuch sind die Projektorganisatoren gefordert, Kommunikation und Informierung von Beteiligten und der Bürgerschaft als weiteren Bestandteil des Projektgeschehens zu definieren. Der Einhaltung von Richtlinien, Orientierung an Regelwerken und deren sinnvoller Umgang bzw. Einsatz im Laufe des Projektgeschehens wird über die Aufgabe des Governance Frameworks Rechnung getragen. Ecosystems Thinking & Assessment, Governance und Kontinuitätsmanagement Die analytischen Grundlagen eines Ökosystems wurden ausführlich in Teil 1 vorgestellt. Für die erfolgreiche Ausgestaltung von Smart Mobility-Vorhaben ist die kontinuierliche Nachvollziehbarkeit des oder der Ökosysteme, in denen Smart Mobility zum Einsatz kommt, ein wichtiges Element; zum einen als Kommunikationswerkzeug für die Beteiligten und zum anderen, um ein vollständiges Bild der Beziehungen von Teilnehmern des Ökosystems miteinander, untereinander und angrenzenden Ökosystemen zu erhalten. Das Ecosystem Assessment bezeichnet die Untersuchung eines Wirtschaftsraumes mit Blick auf Teilnehmern, Interaktionen, Standortvorteilen und der Herausarbeitung von standortrelevanten Dienstleistungen. In seiner Fortführung dient es als Katalysator für die Ableitung möglicher und umsetzungsfähiger Nutzungsszenarien. Darüber hinaus findet durch das Ecosystem Assessment die erste Auseinandersetzung mit geschäftsmodellspezifischen Fragestellungen statt. Je nach Kontext und Individualität des betrachteten Standorts werden weitere Techniken und Methoden angewandt. Ebenso wurden für Smart Mobility die Rollen- und Positionierungsoptionen erörtert. Diese sind in Abb. 12.3 zusammengefasst. Das dazugehörige Personas-Management ist Teil des IoS-Rollenmodells (Abb. 12.3).

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Abb. 12.3  Smart Mobility IoS-Rollenmodell

Infrastruktur und Anlagegüter sind bei Smart Mobility ein ebenso technologisch ergänzendes wie bautechnisches Element. Es empfiehlt sich in ganzheitlichen Katastern zu denken, unabhängig von organisatorischen Zuordnungen und Zuständigkeiten. Insbesondere in Kommunen, Städten und Kreisen finden oft unnötige Diskussionen um Zuständigkeiten statt. Relevant sind vielmehr Transparenz und Aktualität des Vorhabens unter den Beteiligten und Angesprochenen. Die Rollenmodelle weichen in Zukunft eh einer kontextuellen Ausrichtung. Innovationsmanagement, Werte- und Nutzenversprechen Smart Mobility ist unbestritten eines der innovativsten Themenfelder mit einer Vielfalt an Entdecker- und Erfindungsgeist. Kreativität und Design spielen durch die hohe Reichweite von Mobility-Lösungen und Services eine wesentliche Rolle für den Erfolg. Ebenso die Geschäftsmodellierung. Dazu zählen insbesondere die Bewertung des Werte- und Nutzenversprechens und die daraus folgende Preisgestaltung des Dienstes. Im Markt finden sich Umschreibungen wie Business Model Innovation (BMI), Digital Business Modeling und die Initiative Business Model Generation. Diese zielen alle auf die gestalterische Fähigkeit der Initiatoren ab, das Alleinstellungsmerkmal des Produktes oder Services im Vergleich zu bekannten und unbekannten Wettbewerbern herauszufinden und in ein geeignetes, erfolgversprechendes Rechenschema zu fassen. Insbesondere bei Smart Mobility App-Angeboten entscheidet im Rahmen des Rechenschemas die Anzahl der Nutzer, also

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die Größe der Anwendercommunity. Preistechnisch starten Apps kostenlos und arbeiten mit add-on-Services, um darüber die Profitabilität anzusteuern. Ein weiteres Element im Innovationsmanagement ist die Nutzung von öffentlichen Forschungsgeldern bzw. einer Co-Innovation mit Vertretern von Wirtschaft, Forschung und Mentoren. Unabhängig von der Verfügbarkeit und Höhe von öffentlichen Förder- und Forschungsgeldern sollte ein sogenanntes Co-Innovation Continuity-Programm aufgesetzt werden. Dies umfasst die Weiterführung von Feldversuchen, die gemeinsame Besprechung und Verabschiedung von Schritten zur Markteinführung, weiteren Feldversuchen und Ausbau der Serviceangebote.

12.2 Smart Services Unter Smart Services sind sechs Kernbereiche angegliedert (Abb. 12.4): • Service-Design • Aufbau, Durchführung und Registrierung von Nutzungsszenarien (Use Case Repository Build)

Abb. 12.4  Smart Mobility Services

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• • • •

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Verkauf von Eintrittskarten über alle Kanäle (Ticketing) Digital Concierge und intermodales Routing Outdoor- und Indoor-Navigation Auswertungen und Analysen (Mobility Diagnostics)

Grundsätzlich finden sich hier gemäß Definition unserer Gestaltungsrahmens ebenso Service- bzw. Lösungsbasierte Werkzeuge. Ebenso siedeln wir in diesem Bereich den kompletten Lebenszyklus der Applikationsentwicklung an. Die hier gewählte Darstellung hat nicht zum Ziel, Architekturbilder bzw. System­ architektur-­Schemata anzubieten. Vielmehr geht es um ein Hinweisen auf Bausteine, die insbesondere für Smart Mobility-Erfolge relevant sind. Service-Design Unter Service-Design wird all jenen Arbeitsschritten Rechnung getragen, die für eine hinreichende Definition der einzelnen Service Elemente notwendig sind, um ein Smart Mobility-­Angebot in seinen Facetten optimal zu beschreiben. Die Findung bzw. Erfindung eines Service findet über den Service-Dialog in Verbindung mit Interaction Design statt. Jegliches Etwas lässt sich heute als Service platzieren: eine Auswertung, das Angebot, einen Patienten in das Krankenhaus zu begleiten, das Angebot, alle für die Einreise in ein Land relevanten Reisedokumente und weitere Unterlagen nach Vollständigkeit und Aktualität zu prüfen und diese gebündelt über ein Formblatt zu erfassen, oder das Angebot, für eine x maximal anvisierte Anzahl zu fahrender Kilometer im Monat das eigene Auto in einem bestimmten Zeitfenster zur Verfügung zu stellen. Die Vielfalt und Vielschichtigkeit von Services wird daher gerne als ‚anything-as-service‘ umschrieben. Ähnlich verhält es sich mit Daten. Unter Annahme der Freigabe von Nutzungsdaten oder der Bündelung mit öffentlich verfügbaren Daten entsteht gerade in Bezug auf Mobilität eine Welt von ‚data-­ as-­a-service‘-Angeboten. Services ohne Adressierung, wer wann welche Rolle übernimmt, führen nicht zum Erfolg. Daher ist das Personas-Management neben der Zuordnung auf strategischer Ebene hier angesiedelt. End-to-End-Ticketing Die Anforderungen und Funktionsweise des Fahrkartenverkaufs (Ticketing) sind analog der vorherigen Ausführungen in Teil 2 elementar, um eine digitale Vernetzung von Verkehrsmedien vor Ort und überregional wie international tatsächlich umsetzbar zu machen. Ziel des End-to-End-Ticketings ist die Erschließung und Digitalisierung der kompletten Reisekette. Dieser Bereich wird oft mit als der herausforderndste Bereich umschrieben. Je nach Anspruch und Serviceausrichtung werden hierzu proprietäre bzw. Standardapplikationen und IT-Systeme eingesetzt. Das intermodale Routing für zwei bis drei Verkehrsmittel ohne Ticketing findet bereits heute statt. Die Verkettung bzw. intelligente Nutzung weiterer Verkehrsmittel geht dabei Hand in Hand mit einer intelligenten Begleitung des Reisenden durch die Anbieter. Diese intelligente Begleitung bezeichnen wir als Digital Concierge.

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Digital Concierge Funktionierend wie ein siebter Sinn lässt sich durch eine Reihe von Algorithmen und Datenzustandsüberwachungen die Funktionsweise eines Digital Concierge vorstellen. Das Herzstück, also die direkte unaufgeforderte Interaktion mit dem Anwender, dem Reisenden bzw. seines Stellvertreters (Proxy), versorgt diesen mit allen relevanten Abläufen, Veränderungen und Buchungsergebnissen. Der Digital Concierge agiert damit als digitaler Begleiter (Digital Companion). Der in Abschn. 8.2 dargestellte Ablauf einer intermodal geprägten Reise und der möglichen Optionen sieht unter Anwendung des Digital Concierge schematisch wie folgt aus. In Schritt 1 werden über die Präferenzkriterien und das Mobilitätsprofil des Anwenders alle Kriterien abgefragt (Abb. 12.5). In Schritt 2 werden diese nun errechnet und dem Anwender vorgeschlagen (Abb. 12.6). In Schritte 3 begleitet der Digital Concierge den Reisenden über den gesamten Reiseverlauf (Abb. 12.7). Sei es bei Empfehlungen oder Änderungen bzw. vorausschauenden Anpassungen, der Digital Concierge sorgt für einen reibungslosen Ablauf. Aber nicht nur das. Er knüpft an, Abb. 12.5 Ablaufschema Digital Concierge – Definition des Mobilitätsprofils

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Abb. 12.6  Ablaufschema Digital Concierge – Alternativvorschläge für die Wegstrecke

wo soziale Netzwerke für den erfahrenen wie unerfahrenen Reisenden aufhören: einer themen- bzw. zweckgebundenen und von positiven Überraschungen geprägten Reise. Unser neuestes Konzept zu Pandemie-geprägtem Reisen ist nach Manuskript-Abgabe fertig geworden - sprechen Sie uns an: die Studierenden von ZHAW Winterthur und wir von digital value ceators (DVC) haben hier einen spannenden Begleiter entwickelt. Outdoor- und Indoor-Navigation Die Digitalisierung von Gebäuden und die zunehmende interne Erfassung von Wegen und Räumlichkeiten werden als mindestens ebenso bahnbrechend eingeschätzt wie die Digitalisierung des externen Verkehrswegenetzes und des sich daraus entwickelten Geschäftszweiges für System- und Kartenanbieter. Die Karte ist der Schlüssel zur besseren Orientierung von Passanten, zur Bündelung von Wegeleistungen für autonome Fahrzeuge und einer optimalen Orientierungshilfe für Zu- und Ausgänge, Wegestrecken mit Aufzug oder ohne und der Rolltreppe in Reichweite. Dem Landmark Mapping wird in dem Bebauungsplan ebenso Rechnung getragen wie die Erfassung von Räumen und Abhängigkeiten. Dieser Bereich steht in starker Interaktion mit den Smart Spaces. Unter Kap. 9 findet sich eine detaillierte Abhandlung über Navigationstrends und -bedarfe. Mobilitätsrelevante Diagnostik Zu den Bausteinen Intelligenter Mobilität zählen neben Big Data-Verfahren, der Bereitstellung und Verarbeitung von Datenquellen unterschiedlichsten Formats auch die Zurverfügungstellung und Anwendung von softwarerelevanten Entwicklungsbausteinen (Software Development Kits, Abk. SDKs) und datenrelevanten Entwicklungsbausteinen (Data Development

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Abb. 12.7  Ablaufschema Digital Concierge – Begleitung und Steuerung im Reiseverlauf

Kits, Abk. DDKs). Hierbei bieten vorgefertigte Eingangstore Datenanbietern und Datenquellen einen Zugang zur Applikationsverarbeitung. Anbieter können dann auf Handwerkzeuge für Dublettenchecks, Datensicherung und Datenqualitätssicherung zurückgreifen. Daten kommen eine wesentliche Bedeutung bei der Applikationsverarbeitung zu. Sie beeinflussen Logik und Umfang der zu erwartenden Prognose wie etwa für die Verknüpfung der Reiseroute eines Ersatzteils mit dem des Spezialisten und dem Einsatzort. Sogenannte In-App-Angebote, d.  h. der Aufruf einer Applikation innerhalb einer laufenden Applikation, sind durch den Datenanalyseprozess machbar. Dabei weiß das System, welche Applikationen sich zum Beispiel während des Fahrkartenkaufs idealerweise noch dem Kunden anbieten lassen, ohne die Applikation des Fahrkartenkaufs zu verlassen (Application Embedding). Daten vernetzen Applikationen und sind quasi der Klebstoff von unterschiedlichen Anbietern und Nutzern. Dazu zählt auch die Nutzung einer mobilitätsbezogenen Applikation durch mehrere Anwender und deren Geräte (Application Sharing). Daten stehen Stand heute für eine Vielzahl von Geschäftsmodellen als Kernressource zur Verfügung. Beispiel sind das Nutzerverhalten von Transitreisenden in Bezug auf öffentliche Verkehrsmittel, die Buchung von Kombiangeboten oder die Bestellung eines Jahresabonnements für ein Family Carsharing. Sie sind damit – durch oft kostenlose Zurverfügungstellung – ein zentrales Element und Erfolgskriterium für die Tragfähigkeit ei-

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Abb. 12.8  Smart Mobility Selected Tools and Features

nes Geschäftsmodells. Wie sieht deren Tragfähigkeit aus, sobald sich Ersteller von Daten, wie etwa Reisende, die Auswertung ihres Verhaltens etwas kosten lassen? Diese Fragestellung gehört zu den vordringlichsten Aspekten einer zukunftsfähigen Geschäftsmodellierung. Selected Tools und Special Features Unter einer weiteren Rubrik gemäß (Abb. 12.8) stellen wir ausgewählte Werkzeuge und Bausteine mit besonderen Eigenschaften vor. Diese stehen stellvertretend für eine Vielzahl von Angeboten an Privatnutzer. Zunehmend finden diese auch durch digitale Angebote Anwendung im Geschäftsumfeld.

12.3 Smart Data In der Smart Data-Schicht (Abb. 12.9) sind angestammte Datenverarbeitungsplattformen und -analyseverfahren angesiedelt. Neben diesen Anwendungen sind insbesondere in Bezug auf Smart Mobility auch das Smart Mobility-Datenmodell, die organische Datenmodellierung und das Kennzeichnen von genutzten Infrastruktur- und Anlagegütern relevant. Das Smart Mobility-Datenmodell vereint alle Dinge, Personas, Verkehrsmittel, Verkehrswege etc., welche zum Tragen kommen. Weiterentwicklung neuer Formen von Informationsträgern wie etwa Wearables oder Textilien und daraus resultierender Datenquellen spielen der Dynamik eines Datenmodells in die Hand. In Bezug auf Tagging ist zu entscheiden, wie lange welches Ding oder Element tatsächlich registriert und erfasst wird.

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Abb. 12.9  Smart Mobility Data

Geht man von einer Größenordnung von 100 Millionen Tags für ein Ökosystem aus und eine sich verändernde Nutzung und Haltbarkeit eines Mediums aus, spricht man heute bereits von der notwendigen Nichtarchivierung von registrierten Dingen. Findet dieses im Governance Framework einer Unternehmung Gehör? Sollten nicht alle erfassten Anlagen auch über Monate/Jahre  – in Abhängigkeit des unternehmensinternen und rechtlichen Rahmenwerks – nachvollziehbar, einsehbar und auswertbar sein?

12.4 Smart Products Unter Smart Products (Abb. 12.10) werden alle zum Ökosystem beitragenden physischen Produkte digital erfasst, katalogisiert und im Sinne eines Katasters zusammengetragen, ausgewertet und gewartet. Beispiele sind Verkehrsmittel, Ampelanlagen, Brücken und Parkgaragen. Darüber hinaus findet eine Anreicherung mit Erfassungsmerkmalen statt (Tagging). Gleiches gilt für das physische Verkehrswegenetz Straßen, Schienen, Wasserwege und Luftstraßen. Den Smart Products wurden ebenfalls Devices und andere Kommunikationsmedien wie OnBoard Units in Fahrzeugen und Telematikeinheiten zugeordnet. Des Weiteren zählen Sensoren, Beacons, Wearables und Textilien dazu. In der Zukunft werden weitere vernetzbare Dinge, welche bei Smart Mobility zum Einsatz kommen, ergänzt. Auch hier gelten die Offenheit und dynamische Erweiterbarkeit des Katasters.

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Abb. 12.10  Smart Mobility Products

Abb. 12.11  Smart Mobility Spaces

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Neben Device Management, Device Enablement und Wartung spielen auch Aufgaben wie die Wechsel von Daten- und Informationsträgern eine Rolle; ebenso die Entnahme eines veralteten oder nicht mehr benötigten Elements.

12.5 Smart Spaces Unter Smart Spaces (Abb.  12.11) erfolgt die Verknüpfung physischer und digitaler Lebensräume. Dazu gehören neben den unter Produkten, Daten und Service definierten Einheiten auch Ressourcen wie Energie, Wasser und Konnektivität dazu. In den durch digital value creators (DVC) und adasca initiierten Raum-Untersuchungen werden architektonische und bauliche Anforderungen an Strukturen ebenso in Betracht gezogen wie digitale. Dem Ecosystem Resourcing, also der Ausstattung eines Lebensraumes mit den lebensnotwendigen-, betriebs- und funktionsrelevanten Ressourcen, wird dabei insbesondere Rechnung getragen. Hierzu gehört die Analyse der Faktoren, die dem Lebensraum zu einem in sich geschlossenen funktionsfähigen System verhelfen. Fehlen Ressourcen oder entstehen Engpässe in der Versorgung durch Notfallmaßnahmen oder Naturkatastrophen, erhöht sich das Risiko für den Einzelnen. Smart Mobility-Angebote funktionieren dann bei Ausfall von Konnektivität oder klimatischen Beeinträchtigungen, wenn vorgesorgt und ein Notfallmanagement und Betriebskonzept eingerichtet wurde.

Das Smart Mobility-Vorgehensmodell

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Zusammenfassung

Um die Optionen und die kritischen Erfolgsfaktoren einer erfolgreichen Umsetzung von Smart Mobility ausschöpfen zu können, bietet das Smart Mobility-­Vorgehensmodell Unternehmen und Organisationen sowie Entscheidern, Gestaltern und Befürwortern eine Unterlage für das zu wählende Vorgehen. Das Vorgehen greift dabei auf die Bausteine Intelligenter Mobilität (BIM) zurück. Das Vorgehensmodell bietet darüber hi­ naus genügend Raum für das Hinzufügen eigener Ablaufverfahren. Es verweist ebenso auf ein Modell, welches für die Analyse institutioneller bzw. Einordnung juristischer Fragestellungen entwickelt wurde.

Die erfolgreiche Umsetzung von Smart Mobility-Anwendungen steht und fällt mit einer strukturierten und dennoch gestalterisch geprägten Vorgehensweise. Es braucht den Mut und die Motivation, sich mit Smart Mobility auseinanderzusetzen. Motivation hat vielerlei Gesichter. Es lassen sich dabei grundlegend sechs unterscheiden: 1. Erforschung von neuen Geschäftsfeldern, Überprüfung bisheriger Geschäftsmodelle und/oder Erforschen der eigenen Position in dem Kontext Mobilität. 2. Bereits bestehende Bausteine Intelligenter Mobilität hinsichtlich möglicher Marktangebote zu überprüfen, auszubauen bzw. zu erweitern. 3. Das Innovationsvorhaben Smart Mobility nach getätigter Entscheidung initiieren und umsetzen.

B. Flügge (*) digital value creators (DVC), Bottighofen, Schweiz E-Mail: [email protected] © Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2020 B. Flügge (Hrsg.), Smart Mobility, https://doi.org/10.1007/978-3-658-26980-7_13

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4. Einen Fitness-Check für das eigene Ökosystem im Sinne „wie fit ist“ meine Stadt, der Landkreis oder der Veranstaltungsort in Bezug auf Smart Mobility durchführen. 5. Positionierungsmöglichkeit für eigene Technologien und/oder Ideen und Marktzugangschancen herausarbeiten. 6. Durchführung eines Kontext-Checks, um das eigene Ökosystem mit ein oder mehreren Ökosystemen zu vergleichen. Dies ist anwendbar unabhängig von Smart Mobility. Einer strukturellen und methodischen Auseinandersetzung mit o. a. Themen dient das Smart Mobility-Vorgehensmodell. Es beschreibt Reihenfolge und Optionen für den ­Umgang mit den Bausteinen Intelligenter Mobilität. Unternehmenseigene und organisationsspezifische Elemente können zusätzlich an geeigneter Stelle eingeordnet werden. Gemäß der o. a. Auflistung sortiert sich das Smart Mobility Vorgehensmodell nach Einstiegspunkten und Adressaten (Tab. 13.1). Nachfolgend werden für jedes der genannten Einstiegspunkte (Abb. 13.1) die wesentlichen Arbeitsschritte beschrieben. Diejenigen Bausteine, auf die besonders Wert gelegt werden sollte, sind in den Grafiken des jeweils beschriebenen Vorgehens zusätzlich dargestellt. Ansonsten gilt, dass sowohl aus dem vorgestellten Baukasten, den BIM, weitere eigene Ergänzungen und Erweiterungen Hilfestellung geben können. Tab. 13.1  Smart Mobility-Vorgehensmodell – Einstiegspunkte Kapitel Einstiegspunkt 13.1 Explorative Phase: Erforschung von Geschäftsfeldern, der eigenen Position, des Geschäftsmodells 13.2 Sondierungsphase: eigene BIM-Angebote mit Kriterien von Smart Mobility vergleichen, anpassen und gegebenenfalls erweitern 13.3 Initiierungsphase: Smart Mobility nach getätigter Entscheidung als Projekt erfolgreich aufsetzen und abschließen

13.4

Fitness-Check: Check der bisherigen Mobilitätsangebote im eigenen Kontext

13.5

Marktzugangs-Check: Eruierung möglicher neuer Märkte und Bündelungsmöglichkeiten für eigene Angebote Kontext-Check: Vergleich des eigenen Ökosystems mit anderen

13.6

Adressaten Unternehmen Öffentliche Verwaltung BIM-Anbieter von Technologien, Verfahren, Services etc. Auftraggeber öffentlich Auftraggeber privat Konsortium Projektleitung Mobilitätsmanager Öffentliche Verwaltung Interessensgemeinschaft Projektleitung Mobilitätsmanager Erfinder Start-up Auftraggeber öffentlich Auftraggeber privat Projektleitung Mobilitätsmanager

13  Das Smart Mobility-Vorgehensmodell

267

Abb. 13.1  Smart Mobility-Vorgehensmodell – Einstiegspunkte

Abb. 13.2  Smart Mobility-Vorgehensmodell – explorative Phase

13.1 Explorative Phase Den Einstieg in Smart Mobility und übergreifende Innovationsthemen leistet die explorative Phase (Abb.  13.2). Sowohl organisationsintern wie extern werden im Verlauf der Phase teils strategiebasierte, teils Kreativmethoden und Techniken angewandt. Diese sind mit verträglichem Aufwand durchführbar. Daraus resultieren für die Beteiligten zum einen Einblick und Handhabung von Ideenfindungsprozessen, eine Ideenlandkarte für die Organisation und ein Transformations-Check. Der Umfang von Letzterem hängt von der Durchführungsintensität ab und inwieweit Change Management, Skills und kompetenzbezogene Untersuchungen und Abgleiche vorgenommen werden. Eine weitere Determinante ist der Grad der Einbeziehung von externen Geschäftspartnern und Kunden. In Bezug auf Geschäftsmodellierung (Business Modeling) sei angemerkt, dass eine erste Modellierung hier unter Annahme wesentlicher Eckpunkte stattfindet. Diese beziehen sich auf primäre und sekundäre Geschäftspartner und einer Angebotsgestaltung von

268

B. Flügge

Lösungen für die bestehende und geplante Marktdurchdringung. Des Weiteren schärft die Hinzunahme des IoS-Rollenmodells den Blick auf Verbindungen, Abhängigkeiten und Unerforschtes in Zusammenhang mit anderen Teilnehmern im betrachteten Kontext. Die Modellierung findet in mehreren Phasen statt und sollte sich nicht an einem einzigen Modell aufhalten. Am Ende des Tages lässt sich je nach Rollenausprägung mindestens ein Geschäftsmodell formulieren.

13.2 Sondierungsphase Anbieter bestehender mobilitätsrelevanter oder mobilitätsnaher Dienstleistungen und Produkte, Lösungen und Verfahren haben hierüber die Möglichkeit, einen BIM-Check durchzuführen, d. h. einen Abgleich der eigenen Angebote mit denen des hier vorgestellten Modells. Der Check läuft analog zu Abb. 13.3. Die Sondierung erfolgt im Einzelnen wie unter Abb. 13.4 dargestellt.

13.3 Initiierungsphase Der Grad der erfolgreichen Smart Mobility Projektinitiierung korreliert mit der Innovationsbereitschaft und dem Umgang mit innovativen wie disruptiven Lösungen. Lösungen hierbei sind sowohl funktionaler, IT-technischer wie ablauf- und aufbauorganisatorischer Natur. Ein weiteres Messkriterium ist die Übernahmebereitschaft von Organisationen, Innovationen nicht nur probehalber im Unternehmen und im Ökosystem zu testen, sondern zu institutionalisieren. Das Vorgehensmodell ist unter Abb. 13.5 dargestellt. Checkliste für die Vorbereitung von Projektierungen Wurde ein bestimmtes Szenario bereits ausgewählt, bietet sich die in Tab. 13.2 dargestellte Checkliste an. Sie orientiert sich an dem Basismodell und sorgt für eine gemeinsame Entscheidungsgrundlage und Nachverfolgung des jeweiligen Status. Vorgehen zur Erfassung der Veränderungsbereitschaft von Unternehmen und Ökosystemen Das Vorgehen zur Einordnung einer erfolgreichen Umsetzung einer Innovation in Organisationen und Ökosystemen gliedert sich in einer unternehmerischen bzw. organisatorischen Bewertung und in einer Bewertung der Vernetzbarkeit einer Innovation in ein Ökosystem. Die Ergebnisse beider Bewertungsstränge werden zusammengeführt. Sie dienen als Maßstab der Verankerungsfähigkeit der Innovation im Ökosystem. Für die organisationsinterne Bewertung werden die in Tab. 13.3 genannten Kriterien untersucht.

13  Das Smart Mobility-Vorgehensmodell

Abb. 13.3  Smart Mobility-Vorgehensmodell – Sondierungsphase im Überblick

Abb. 13.4  Smart Mobility-Vorgehensmodell – Sondierungsphase im Detail

269

270

B. Flügge

Abb. 13.5  Smart Mobility-Vorgehensmodell – Initiierungsphase

Für die ökosystemweite Bewertung werden die in Tab. 13.4 genannten Kriterien untersucht. Vorstellung eines Modells zur Prüfung der Rechtstauglichkeit von IT-Innovationen Das nun folgende Modell wurde zur Untersuchung der Einbettung von IT-Standards in Direktiven der Europäischen Union und deren Umsetzung in die nationale einzelner EU-Mitgliedsstaaten entwickelt [1]. Es zielt auf die Darstellbarkeit von Abhängigkeiten einer großen Anzahl von Teilnehmern in einem Rechtsraum (Abb. 13.6) ab. Aus Gründen der Darstellung wird dabei das Grundmodell schematisch vorgestellt. Die Erfassung der Teilnehmer erfolgt auf Basis einer Verbundanalyse, die im Zuge weiterer Untersuchungen entwickelt wurde. Der Abstimmungsprozess erfolgt in enger Abstimmung mit den jeweiligen Vertretern (Abb. 13.7). Tab. 13.2  Checkliste für die Vorbereitung der Szenario-Projektierung ID 1. 1.1 1.2

Checkpoints Szenariobasierte Projektierung Beschreibung des Szenarios Beschreibung des/der adressierten Ökosysteme in Anlehnung an das Smart Mobility-Programm-Management 1.3 Beschreibung des Wertschöpfungsnetzwerks in Anlehnung an das Smart Mobility-­ Programm-­Management

Statusa

13  Das Smart Mobility-Vorgehensmodell ID Checkpoints 1.4 Bezug zu Smart Services-Bausteinen Welche Bausteine werden angewandt? 1.5 Bezug zu Smart Data-Bausteinen Welche Bausteine werden angewandt? 1.6 Bezug zu Smart Products-Bausteinen Welche Bausteine werden angewandt? 1.7 Bezug zu Smart Spaces-Bausteinen Welche Bausteine werden angewandt? 2. Geschäftsmodellierung in Anlehnung an das Smart Mobility-Programm-­ Management 2.1 Beschreibung der Value Proposition Welchen Mehrwert können Kunden durch den Smart Mobility-Service aktiv erreichen? Wie wird der Kunde unterstützt, seine Aufgabe zu erfüllen? 2.2 Adressierung und Charakterisierung der Personas Wer sind die Personas? Wie verändert sich die Value Proposition in Bezug auf die personenbezogene Betrachtung? Welche Beziehung zur Persona ist notwendig, um unmittelbar dort Smart Mobility anzubieten? Welche Beziehungen zu anderen Personas sind notwendig, um Kunden zu erreichen? 2.3 Beschreibung der Nutzeneffekte und Benefits Resultierend aus der personenbezogenen Betrachtung: Ändern sich für jeden Einzelnen Nutzen und Benefits? Welche qualitativen und welche quantitativen Vorteile bringt der vorgestellte Service? 2.4 Umsetzung des Services Skizzieren von Umsatzströmen, initialen und laufenden Kosten sowie Investment und Finanzierungsströmen zur Kapitalbeschaffung 2.5 Skizzierung der qualitativen und quantitativen Werteströme Welche Trends sind bekannt und wie entwickeln sich Märkte mit Bezug auf das Umsetzungsbeispiel? 2.6 Trends und Marktentwicklungen Wer sind die Anbieter von Bausteinen Intelligenter Mobilität? Welche Möglichkeiten zum Test, Einsatz und Produktivsetzung sind gegeben? Welche Forschungsprojekte finden im Umfeld von Smart Mobility statt? Wo lassen sich Forschungsprojekte mit dem eigenen zusammenschließen? Wo und wie profitieren? Wo und wie beitragen? 2.7 Rechtliche Aspekte Welche rechtlichen Aspekte sind zu berücksichtigen, insbesondere zu Datenschutz, Cloud Computing, Cyber Security, Nutzungsrechten etc.? 2.8 Gesellschaftliche Aspekte Welche gesellschaftlichen Aspekte sind zu beachten? Beispiele sind Themen zu Mensch-Maschine-Interaktion, Kompetenzaufbau und -ausbau, „Wissensarbeiter“ der Zukunft und Aufbau von Data Scientists, die für das Ökosystem arbeiten

271 Statusa

Der Status wird im Rahmen der Projektvorbereitung, während der Durchführung und der Nachbereitung festgehalten

a

272

B. Flügge

Tab. 13.3  Organisatorische Veränderungsbereitschaft Bewertung Organisatorischer Fußabdruck

Innovations bereitschaft der Organisation

Grad der Einflussnahme einer Innovation auf die Belegschaft Innovations bezogener Beschaffungs prozess

Ergebnis der Bewertungskriterien im Detail Bewertunga Erfassung der Unternehmensprofils: Unternehmensgröße, Ausrichtung (öffentlich, privat), Vision, Mission, Kernbereiche, Kompetenzprofile Beschreibung der strategischen Positionierung Messung der Transformationsreife Beschreibung des Entscheidungsmanagements Hierarchische Einordnung bzw. Verankerung von strategischen Projekten Umgang mit Veränderungsprozessen in der Vergangenheit Nennung erfolgreicher Umsetzungen in den vergangenen fünf Jahren Innovation darf die Erwartungen der ursprünglichen Ideen übertreffen Innovation ordnet sich ein in das Wertesystem der Organisation Innovation orientiert sich an den Bedarfen möglicher Anwender Komplexitätsgrad der Innovation ist hoch in Bezug auf Verständlichkeit, Nachvollziehbarkeit Vorgehensweise in Bezug auf Innovation löst bei anderen Organisationen Nachahmungseffekte aus (Identifikationscharakter) Innovation ist technologisches Novum Testbarkeit der Innovation Nachvollziehbarkeit der Innovationsbewertung durch andere Teilnehmer Positive oder zögerliche Akzeptanz Ablehnung Ursachen der Akzeptanz durch sozio-kulturelle, demografische und andere Faktoren Kriterien, die die Beschaffung der Innovation und/ oder innovationsrelevanter Bausteine Intelligenter Mobilität beeinflussen Untersuchung der Abhängigkeit des Wertes, den eine Innovation für ein Unternehmen darstellt Untersuchung der Abhängigkeit einer Organisation von der Innovation zur Sicherung der unternehmerischen, organisatorischen Wettbewerbsfähigkeit Untersuchung der Abhängigkeit einer Organisation von der Innovation zur Sicherung der zukünftigen Position im Ökosystem

Die Bewertungsergebnisse werden im Rahmen der Projektvorbereitung, während der Durchführung und der Nachbereitung eingetragen

a

13  Das Smart Mobility-Vorgehensmodell

273

Tab. 13.4  Ökosystemweite Erfassung der Veränderungsbereitschaft Ergebnis der Bewertungskriterien im Detail Bewertunga Untersuchung der rechtlichen und politischen Rahmenbedingungen des Unternehmens bzw. der Organisation Grad der Abhängigkeit des Unternehmens von institutionellen Entwicklungen des Landes, der Kommune, der Stadt bzw. der Ökosysteme, in denen das Unternehmen eingebettet ist Wirtschaftlicher Beitrag Grad des Beitrages zur wirtschaftlichen und sozio-­ der unternehmerischen ökonomischen Entwicklung eines Landes, einer Innovation Kommune, der Stadt bzw. den Ökosystemen, in denen das Unternehmen eingebettet ist Der o. a. Grad fördert die Akzeptanz bei staatlichen Institutionen, örtlichen und kommunalen Verwaltungen und Behörden Vorbereitung und Ergreifung vorausschauender Maßnahmen wie Kosten-/Nutzenanalysen, Ertragsrate und weiterer betriebswirtschaftlicher bzw. ökosystemrelevanter Kennzahlen Grad der Praktikabilität von Innovationsvorhaben im öffentlichen Sektor Grad der Vernetzung von Durchführung einer Verbundanalyse Teilnehmern Feststellung des Vernetzungsgrades in Abhängigkeit untereinander von Personas Mitwirkung an Verzahnung des Unternehmens in ökosystemweiten informellen Netzwerken informellen Netzwerken durch hauseigene Corporate und Initiativen Social Responsibility (CSR) Vorhaben und lokalen Aktivitäten in Forschung, Bildung und gemeinnützigen Bereichen Bewertung Grad der institutionellen Verankerung

Die Bewertungsergebnisse werden im Rahmen der Projektvorbereitung, während der Durchführung und der Nachbereitung eingetragen

a

13.4 Fitness-Check Unterziehen sich Sportler einem Fitness-Check, erfolgt neben der subjektiven Einschätzung ein Vergleich mit gängigen, gebräuchlichen und medizinisch empfohlenen Messkriterien. Des Weiteren hängen die erfolgreiche Einschätzung bzw. Bewertung von der Sportart und dem Sportlerprofil ab: Wie lange wird bereits die Sportart betrieben? Gibt es eigene ehrgeizige Ziele, die bis dato nicht mit der Planung korreliert haben? Ein Fitness-Check für das eigene Ökosystem ist hier hinreichend komplexer. In Recherchen findet sich unter Stichpunkten wie Mobility, urbane Mobilität, intermodales Verkehrsmanagement und vielen anderen eine Vielzahl von Parametern. Nicht alle sind miteinander vergleichbar. Begrifflichkeiten fehlt es an eindeutiger Definition. Kennzahlen sind in unterschiedlichen Ressorts angesiedelt und getrennt voneinander gepflegt bzw. in

Abb. 13.6  Ablaufschema zur Prüfung der Rechtstauglichkeit I

274 B. Flügge

13  Das Smart Mobility-Vorgehensmodell

275

Abb. 13.7  Ablaufschema zur Prüfung der Rechtstauglichkeit II

unterschiedlichen Medien mit unterschiedlichen Aktualisierungszyklen dokumentiert. Die unter Teil 2 vorgestellten Kennzahlen weisen auf ein standort-, ja ökosystemumfassendes Kennzahlenmanagement hin. Dies erfolgt unter Anwendung von Big Data und modernen Diagnoseverfahren. Insgesamt fehlt es Ansätzen an der Einordnung bzw. Berücksichtigung der Subjektivität und des Standortprofils. Die Abb. 13.8 dient dazu, eine objektive Bewertung anhand wesentlicher Merkmale aufzustellen. Finden die dort genannten Punkte Anwendung, ist der erste Schritt schon mal gemacht. Als nächstes steht die Festlegung der Vergleichsgrundlage an. Mit welchen Ökosystemen suchen urbane Lebensräume oder andere mobilitätsabhängige Wirkungsgefüge den Vergleich? Hierzu zählen die Eruierung von Lebensräumen mit ähnlicher Einwohnerzahl und Einzugsgebiet bzw. Veranstaltungsprofil. Zu Letzterem gehören insbesondere Teilnehmerzahl, Teilnehmerprofil, Preisgefüge bei den Eintrittskarten, An- und Abreiseverhalten bei ähnlichen oder vorhergehenden Veranstaltungen, Anstieg in Übernachtungs- und Restaurationszahlen in der Zeitspanne der Veranstaltung sowie Buchung weiterer touristischer Dienstleistungen. Die weiteren Aktivitäten sind unter Abb. 13.9 erläutert. Der Ablauf des Fitness-Checks (siehe dazu Abb. 13.10) eignet sich für einen Soll-Ist-­ Vergleich im weiteren Verlauf des Mobilitätsvorhabens. Darunter fällt die Durchführung

Abb. 13.8  Smart Mobility-Vorgehensmodell – ideales Standortprofil

276 B. Flügge

13  Das Smart Mobility-Vorgehensmodell

277

Abb. 13.9  Smart Mobility-Vorgehensmodell – Fitness-Check I

eines Soll-Ist-Vergleiches des optimalen Verkehrsmitteleinsatzes zur Aufrechterhaltung der im Strategieprozess definierten und verabschiedeten Ansprüche an das Mobilitätsangebot und des Rollenmodells. Hierbei stellen die Betrachtung und Ausgestaltung eines Mischangebots öffentlicher, privater und privatwirtschaftlicher Angebote im S ­ chul­terschluss die eigentliche Herausforderung dar. Das IoS-Rollenmodell und die Verbundanalyse geben Raum für alternative und kreative Denkräume und fördern den Abgleich mit realistischen Optionen. Dabei lassen sich auch die jeweiligen zum Vergleich herangezogenen Ökosysteme und deren Mobilitätsteams bzw. Mobilitätsmanager zum gegenseitigen Austausch und Wissenstransfer einladen. Ein kontinuierlicher Transfer auch im Sinne des Aufbaus und Ausbaus von Skills und Kompetenzen erfährt so eine kollaborationsbasierte Hilfestellung.

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Abb. 13.10  Smart Mobility-Vorgehensmodell – Fitness-Check II

13.5 Marktzugangs-Check Der Check des Marktzugangs für Innovatoren und Start-ups erfreut sich seit einigen Jahren großer Beliebtheit auf dem Gebiet des Innovationsmanagements. Mehr dazu findet sich im Kap. 15. Auf dem Prüfstein stellen sich Innovatoren zum Beispiel durch Wettbewerbe, Pitches und Teilnahme an Kapitalgeber-Workshops. Dabei kommen die Organisatoren nicht immer nur aus der Unternehmerschaft. Oft findet sich ein Zusammenschluss mit der öffentlichen Hand und/oder Forschungseinrichtungen. Der grundsätzliche Ablauf zur Prüfung der Marktfähigkeit ist in Abb. 13.11 dargestellt. Statt Tauglichkeit findet sich gemäß der Design Thinking-Methodik auch im deutschsprachigen Gebrauch der Begriff der Viability. Dieser benennt die Tauglichkeit einer Innovation oder Lösung. Ausgangsbasis für den Tauglichkeitstest bildet ein Prototyp oder das Innovationsprodukt. Je ausgereifter, desto umfassender und marktnäher erfolgt der Test.

13  Das Smart Mobility-Vorgehensmodell

279

Abb. 13.11  Smart Mobility-Vorgehensmodell – Marktzugangs-Check

Idealerweise testet man den Prototyp mit einem vorab ausgewählten Interessentenkreis. Die Prüfung erfolgt in Hinblick auf vorab definierte Anforderungen und Bedürfnisse. Die Testergebnisse fließen dann wieder in den Entwicklungsprozess ein. Eine weitere Iteration erfolgt mit Persona-relevanten Kunden bzw. Anwendern. Werden Experten zum Beispiel Anbieter von bereits bestehenden BIM hinzugezogen, liegt der Fokus auf dem Innovationstest und auf das zugrunde gelegte bzw. geplante Geschäftsmodell. Oftmals eignen sich Experten anderer Branchen und Kontexte für eine themenneutrale Bewertung. Sind die Testzyklen erfolgreich, stehen die ersten größeren Investitionen an. In Bezug auf Fixkosten betrifft dies vor allem Personalkosten und Produktionsaufwände. Aufgabenteilung und Abgabe von bestimmten marktrelevanten Funktionen ziehen oftmals eine erste Ausrichtung des Gründerkreises nach sich. Neben Geschäftsleitungs- und Finanzfunktionen spielen auch die Kommunikations- und Geschäftsentwicklung eine wesentliche Rolle. Eines der größten IT-Unterstützungssysteme ist hierbei das Komponentenportal von Romy Campe [2]. Es wurde 2012 auf Basis des Buchs von Prof. Faltin „Kopf schlägt Kapital“ [3] gegründet und verfügt inzwischen über 70 verschiedene, kompatible Komponenten.

13.6 Kontext-Check Im Kontext-Check steht der Vergleich des eigenen Ökosystems mit dem anderer Ökosysteme an. Der Kontext-Check wird in Abb. 13.12 veranschaulicht. Die in Tab. 13.5 dargestellte Checkliste konzentriert sich nun auf die konkreten Arbeitsschritte für die Durchführung einer Verbundanalyse und der daraus sich ableitenden Vergleichbarkeitskriterien. Wurde ein bestimmtes Szenario bereits ausgewählt, lässt sich die Verbundanalyse weiter detaillieren.

280

B. Flügge

Abb. 13.12  Smart Mobility-Vorgehensmodell – Kontext-Check

Die Verbundanalyse und die ergänzenden Techniken haben in einer Reihe von Projekten unterschiedlichster Kontextausrichtung gezeigt, dass die integrative Sicht auf Personas und Dienste besonders nützlich ist. Anbei findet sich eine anschauliche Darstellung aus dem Industriebereich Utilities. Beispiel: Service-Mix der Zukunft für die Energiewirtschaft Der Einsatz eines Service-Marktplatzes bietet Verbrauchern ebenso wie Energiedienstleistern, Energieerzeugern und Verteilern Ideen für eine Vielzahl neuer bzw. vernetzter Dienstleistungen. Diejenigen, die sich aufgrund von strategischen Überlegungen, aber auch in Gesprächen und Recherchen abgezeichnet haben, werden im Folgenden erläutert:

13  Das Smart Mobility-Vorgehensmodell

281

Tab. 13.5  Checkliste für die Durchführung einer Verbundanalyse ID 1.

Checkpoints Wie sieht heute Ihr Geschäftsnetzwerk aus?

1.1

Bitte nennen bzw. skizzieren Sie die Geschäftspartner und Kundenund Lieferantenbeziehungen mit den Geschäftspartnern bzw. der Geschäftspartner untereinander. Geschäftspartner verstehen wir als Kunden, Lieferanten, Kooperationspartner, unternehmensfremde Leistungserbringer und Organisationen, welche für die Ausübung Ihrer Geschäftstätigkeit zu involvieren sind. Zu Letzterem zählen unter anderem Verwaltungen und öffentliche Einrichtungen. Visualisieren Sie Ihr Geschäftsnetzwerk.

1.2 1.3

Wie sieht rückblickend auf die Betrachtung weiterer möglicher bzw. geplanter Zielgruppen Ihr Geschäftsnetzwerk aus? Bitte nennen bzw. skizzieren Sie auch hierfür die in Betracht kommenden Geschäftspartner und Kunden- und Lieferantenbeziehungen. 1.4 Welche der genannten Personas kommen aus Ihrer Sicht mit welchen Ihrer Dienstleistungsangebote in Berührung? 1.5 Eine Übersicht zu Dienstleistungserbringern, -konsumenten und weiteren Beteiligten ist hilfreich. 1.5.1 Bitte kennzeichnen Sie in Ihrem Geschäftsnetzwerk aus der vorgehenden Frage Dienstleistungsrelevante Geschäftspartner und Kunden- bzw. Lieferantenbeziehungen. 1.5.2 Welche Beteiligte sind insbesondere bei der Dienstleistungsvermarktung relevant? 1.5.3 Welche davon für die Dienstleistungserbringung? 2. Gibt es erste Beschreibungen (Skizzen, Dokumente) zu organisationsübergreifenden Prozess-Abläufen, die insbesondere die Service-Beschaffung bis zur Auslieferung an den Kunden (virtuell über das Internet, physisch) darstellen? 3. Welche Skills und Kompetenzen werden von Ihnen und Geschäftspartnern erwartet, um in einem webbasierten Dienstehandel bestehen zu können? 4.

4.1

Wählen Sie nun einen anderen Kontext! Geeignete Beispiele sind Partnerstädte, Städte in Bezug auf vergleichbarer Einwohnerzahl oder Städte mit einem hohen Grad an Innovationsmanagement in Bezug auf Smart Mobility. Führen Sie analog zu der Sondierungsphase einen BIM-Vergleich durch. Es lohnt sich, hier entlang der Sortierung zu gehen.

Hinweis Smart Mobility-­ Ökosystem Smart Mobility-­ Ökosystem Persona-Analyse

Smart Mobility-­ Ökosystem Persona-Analyse

Interaction Design IoS-Rollenmodell

Service-Design

BIM Smart Mobility-­ Programm-­ Management

Sondierungs-­ phase (Fortsetzung)

B. Flügge

282 Tab. 13.5 (Fortsetzung) ID 4.2

4.3

4.4

Checkpoints Gibt es Initiativen in den anderen Ökosystemen, die sich eignen könnten? Welches sind die wesentlichen Unterschiede? Worin zeichnen sich diese Initiativen aus? In Bezug die KPIs finden sich die dringlichsten Ansatzpunkte im eigenen Kontext: Welches sind in Bezug zu dem gewählten Kontext die Top 10 KPIs, die hervorstechen? Auf Basis der unter 4.1 bis 4.3 erhaltenen Ergebnisse lässt sich nun konzentriert fortführen mit den Arbeitsschritten der explorativen Phase

Hinweis Sondierungs-­ phase

Mobility Diagnostics Explorative Phase

Der Status wird im Rahmen der Projektvorbereitung, während der Durchführung und der Nachbereitung festgehalten

Das Geschäft mit dem unbekannten Kunden Service-Marktplätze erlauben das Geschäft mit unbekannten Kunden: Sind bis dato Energiedienstleistungen eng gekoppelt mit dem Bekanntheitsgrad des Anbieters bzw. Unternehmens, erlaubt die Kriterien basierte Suche das Auffinden bis dato unbekannte Geschäftspartner, Kunden und Verbraucher. Hierbei sind die Grenzen, wer Verbraucher in der traditionellen Arbeitsweise und Geschäftspartner in der neuen war, fließend. Ein Verbraucher, wie etwa ein Bauträger oder Fertighausbauunternehmen, hat die Möglichkeit, sein Produktportfolio anzureichern. Beispielsweise kann er sich mit der notwendigen Vorarbeit als Serviceanbieter für die Beratung energieeffizienter Ausbaumaßnahmen in Häusern etablieren. Des Weiteren wird ein Zertifizierungsunternehmen durch das veröffentlichte Angebot auf die Idee gebracht, existierende und zukünftige Zertifizierungs- und Schulungsmaßnahmen zu vergleichen und mit Ausrichtung auf Energieeffizienz anzubieten. Verfügbarkeit von Energiedaten zum Bedarfszeitpunkt Ein weiteres Argument für webbasierte Dienstleistungen ist die Nutzbarmachung von Informationen durch die technologische Anbindung von stromverbrauchenden bzw. -benötigenden Anlagen. Blockchain und virtuelle Energiezugänge geben Auskunft über Energie-­ Verbrauch, sorgen für den Vertrieb nicht benötigter Energiekapazitäten und ein interaktives Informationsdashboard. Der Service-Marktplatz geht darüber hinaus und bietet für jede Anwender- und Verbrauchergruppe personalisierte Dienste. Durch eine intelligente Datenaufbereitung, -bündelung und -bereitstellung werden Energieverbräuche vergleichbar und auswertbar gemacht. Anbieter von stromverbrauchenden Anlagen erhalten ad hoc eine Einsicht in ihre Verbräuche und können so Bedarfe, wie etwa in zeitunkritischen Produktionsanlagen, verbrauchsgerecht einkaufen. Direkter Weg zum Verbraucher Der Verbraucher, ob privater oder industrieller Energieverbraucher, wird mittels webbasierter Dienstleistungen nicht nur gezielter informiert und in die Auswahl des Energiemixes eingebunden. Er ist auch direkt ansprechbar. Auf Basis von bis dato getätigte Aufträge

13  Das Smart Mobility-Vorgehensmodell

283

lassen sich individuelle Angebote für ihn schneidern und anbieten. Die Individualisierung bietet sich nicht nur aufgrund der Regionalität, Altersgruppe, Geschlecht oder Hobbys an. Industriespezifische Angebote lassen sich ebenso konfigurieren wie wetterabhängige. Flexible Gestaltung von Dienstleistungsangeboten Ein Unternehmen in der Energieerzeugung und -verteilung erhält heute statische Energieverbrauchsinformationen. Es kann so nur verzögert auf etwaige Angebotsänderungen und -erweiterungen reagieren. Der Verbraucher erhält oft zu spät ein geeignetes Angebot (Stichwort: Frühjahrsangebote im Sommer; das Sommer-Grillpaket mit dem günstigen Gasangebot im Herbst oder Winter) und orientiert sich gegebenenfalls um. Ein webbasierter Dienst kann Abhilfe schaffen. Sind Informationen ad hoc abrufbar, lassen sich Dienstleistungsangebote und -details verbraucher- und zeitnah anpassen. Der Verbraucher fühlt sich nicht nur bedient, sondern wird direkt informiert. Dies ist insbesondere ein willkommener Service bei Stromausfällen, geplanten oder ad hoc anstehenden Wartungsarbeiten, im Notfall oder bei der Bereitstellung von Service-Hotlines. „Out-of-the-Box“-Dienstleistungen, an die heute nicht gedacht wird Weitere Services sind denkbar, die den Verbraucher in der Angebotsauswahl unterstützen. Hierbei nutzen Verbraucher Informationen und Veröffentlichungen, welche von Stiftung Warentest (etwa Empfehlungen zur Auswahl einer energieeffizienten Waschmaschine) und anderen Informationsprovidern angeboten werden. Nicht zuletzt interessieren den Verbrauchern einfach zugängliche, vergleichbare und in der Auswahl zu berücksichtigende Produktzertifizierungen, welche die den ökologischen Fußabdruck eines Produktes bestätigen. Der Service-Marktplatz bietet hier Verbrauchern und Anbietern die Möglichkeit, Subskriptionsmodelle für Verbraucherinformationen anzubieten, und zwar in Verbindung mit einem anderen Service oder als kostenlosen Dienst im Sinne einer verkaufsfördernden Maßnahme. Des Weiteren sind Broschüren und Prüfberichte, welche heute oftmals zusammenhangslos den Verbrauchern präsentiert werden, dann Teil eines Servicepakets des Energieeffizienz-Brokers. Ein zentrales digitales Marktplatz-Vorhaben, dass wir in 2020 gestartet haben, ist für die Community der Obdachlosen aufgebaut auf unserer #MobilityMovesMinds Bewegung und unserem Partner #HomelessEntrepreneur. Zertifizierung von Metadaten Mittels der Bündelung von Daten, welche für ein energieeffizientes Erzeugungs-, Verteilungs- und Verbrauchsmanagement aus unterschiedlichen Datenquellen diverser Datenowner herangezogen werden, darf ein Anwender eine Qualifizierung dieser Daten erwarten. Die Qualifizierung erfolgt zum einen durch die Sammlung, Aufbereitung, Abgleichung und Normierungsoptionen verwendeter Datenelemente. Bei der Qualifizierung handelt es sich um einen kollaborativen Ansatz, welcher mit allen an Energieerzeugungs, -verteilungs und -verbrauchsmanagement beteiligten Akteuren durchgeführt wird. Idealerweise nutzen die laufenden bzw. anstehenden Projekte die Projektumgebung für diesen Abgleich.

284

B. Flügge

Zum anderen erfolgen unter Beratung relevanter Gremien und Experten eine Sichtung der Normierungsoptionen und deren Durchsprechen. Liegen die Interessen für alle Beteiligten bzw. möglichen Akteure auf der Hand, sollte eine Standardisierung des Formats beispielsweise im Sinne einer DIN-Norm angestrebt werden. Das hieße, dass Metadaten entstehen, welche alle an Energieeffizienz interessierten Geschäftspartner erreichen. Dies erfolgt nicht nur unternehmensübergreifend, sondern erleichtert auch die Verarbeitung dieser Daten in einem standardisierten Format unternehmensintern. Dabei erschließen sich den Akteuren Vorteile, welche die Metadaten prinzipiell für die unternehmensübergreifende Interaktion einsetzen. Die Akteure profitieren durch die Normierung von Energieeffizienzparametern in der Erstellung webbasierter Dienstleistungen, deren Veröffentlichung, und in deren Handel mit anderen Geschäftspartnern. Für den Anwender sind Dienstleistungsangebote nachvollziehbar und vergleichbar. Wenden Betriebe Energieeffizienzdaten an, können diese betriebsintern die relevanten Steuerungsparameter beispielsweise einer Produktionsanlage schneller identifizieren und abgleichen. Inwieweit sich Prozesskosten reduzieren lassen, hängt von dem Einfluss der Steuerungsparameter auf die betriebsinternen, wertschöpfenden Geschäftsprozesse ab. Einhergehend mit der Eruierung von Dienstleistungskonzepten erfolgen Untersuchungen zu Betrieb, Preisgestaltung, weiteren Einflussfaktoren auf die Wertschöpfung von Dienstleistungen und den daraus ableitbaren Geschäftsmodellen.

Literatur 1. Flügge B (2010) IS standards in designing Business-to-government collaborations – the case of customs. Tilburg Press, Tilburg 2. Komponentenportal.de (2016) https://www.komponentenportal.de/?utm_source=Entrepreneurship.de&utm_medium=Blog&utm_campaign=Labor%20f%C3%BCr%20Entrepreneurship. Zugegriffen am 15.11.2019 3. World Economic Forum Davos (2018) Citizen agenda. https://news.sap.com/2019/01/launch-citizens-agenda-sdgs/. Zugegriffen am 26.01.2019

Referenz-Architektur Smart Mobility Wie cloudbasierte Smart Mobility-Anwendungen technisch aufgebaut sind

14

Nicolas Liebau

Zusammenfassung

In diesem Kapitel wird eine cloudbasierte Referenzarchitektur für Smart Mobility beschrieben. Smart Devices senden Daten an Anwendungen in der Cloud. Die wesentlichen Cloud-Komponenten werden beschrieben und bekannte Produkte aufgeführt. Von den Cloud-Anwendungen werden dann die Daten an mobile Front-Ends von Anwendern weitergeleitet.

14.1 Architektur im Überblick Für die Beschreibung des Aufbaus von Smart Mobility-Anwendungen sind cloudbasierte Architekturen prädestiniert. Verschiedene Parteien liefern Informationen an diese Anwendungen. Ebenso nutzen mehrere Parteien die Informationen in verschiedenen Anwendungen. Da die Daten für Smart Mobility Big Data [1] -Eigenschaften annehmen können, macht eine mehrfache Speicherung bei allen beteiligten Parteien keinen ökonomischen Sinn. Cloudbasierte Architekturen eignen sich als „Data-Hub“. Abb.  14.1 zeigt eine Referenzarchitektur für Cloud-basierte Smart Mobility-­ Anwendungen. Auf der untersten Ebene befinden sich die Informationsquellen, d. h. Smart Devices, Personen, die diese Geräte tragen, und externe Informationsquellen wie etwa Wettervorhersagen. Diese Informationen werden an die Cloud geliefert (in der Mitte der Darstellung) und hier zu Ergebnissen verarbeitet. Diese werden dann an die Geräte der Anwender

N. Liebau (*) SAP SE, Walldorf, Deutschland E-Mail: [email protected] © Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2020 B. Flügge (Hrsg.), Smart Mobility, https://doi.org/10.1007/978-3-658-26980-7_14

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286

N. Liebau

Abb. 14.1  Referenzarchitektur für cloudbasierte Smart Mobility-Anwendungen. (Eigene Darstellung)

geliefert und hier zum Beispiel durch eine App oder den Browser eines Smartphones konsumiert. Dieser Layer befindet sich als oberstes in der Darstellung.

14.2 Netzwerkschicht Die Informationenquellen liefern Informationen an die Cloud. Für den Transport der Informationen ist die Netzwerkschicht zuständig. Sie erfüllt die Funktionen des Routings der Informationen zur richtigen Zieladresse. Es können sowohl kabelgebundene Netzwerke, drahtlose Netzwerke, Mobilfunknetzwerke, oder eine Kombination zur Anwen-

14  Referenz-Architektur Smart Mobility

287

dung kommen. Die Netzwerkschicht lässt sich nach dem OSI-Modell des Internets weiter untergliedern [2]. Die Herausforderungen sind hier die Kosten für die Datenübertragung, zum Beispiel beim Einsatz von Mobilfunknetzen, die Zuverlässigkeit der Netzwerkverbindung und die Sicherheit. Es sollte auf eine Absicherung der Informationen durch eine Ende-zu-Ende-­ Verschlüsselung von Gerät bis zur Anwendung geachtet werden. Wird zum Beispiel ein Mobilfunknetz eingesetzt, ist zwar die drahtlose Strecke verschlüsselt, danach aber nicht mehr. Daher sollten die Daten zusätzlich noch einmal auf der Anwendungsebene verschlüsselt werden, zum Beispiel via https [3], TLS [4], oder VPN [5].

14.3 Cloud-Schicht Die Cloud-Schicht unterteilt sich in die Infrastrukturschicht, die Plattformschicht und die Anwendungsschicht.

14.3.1 Infrastrukturschicht Auf der Infrastrukturebene werden in einer Cloud die benötigten Rechen- und Speicherplatzressourcen zur Verfügung gestellt. Diese Schicht wird auch als „Infrastructure as a Service“-Schicht (IaaS) bezeichnet. Die Infrastrukturschicht ist über APIs erreichbar. Hiermit werden Rechenknoten und Speichplatz für Cloud-Anwendungen bestellt und zur Verfügung gestellt. Beispielsweise wird ein Server mit 8 Rechenkernen, 12 GB Arbeitsspeicher und 5  Terabyte Festplattenplatz bestellt. Die bekannten Alternativen für diese APIs sind Amazon Elastic Compute Cloud (EC2) [6], Microsoft Azure Virtual Machines [7] und OpenStack [8]. Achten Sie bei der Auswahl des Cloud-Anbieters auf eine leistungsstarke Infrastrukturschicht. Wie schon erwähnt, haben Smart Mobility Anwendungen potenziell Big Data-­ Eigenschaften. Das bedeutet, es werden Petabytes an Daten gespeichert. Solche Datenmengen lassen sich nicht einfach über Netzwerke bewegen. Die Daten werden zu einer Immobilie wie das Datencenter, in dem sie liegen. Daher ist es wichtig, den langfristig richtigen Partner zu wählen. Die Infrastrukturschicht sollte eine ausreichende Netzwerkanbindung aufweisen und auch in Zukunft gut erweiterbar sein. Ein guter Hinweis darauf ist die Lage des Datencenters an den großen Internet-Knoten, wie etwa dem DE-CIX in Frankfurt. Die Infrastruktur sollte vom Anbieter skalierbar ausgelegt sein, damit zum Beispiel Speicherplatz nahtlos erweitert werden kann. Auch sollte es möglich sein, temporär zusätzliche Infrastrukturressourcen zu buchen und nutzungsbasiert abzurechnen. Dies wird zum Beispiel für Datenanalysen benötigt, um neue prädiktive Modelle zu finden oder neu zu trainieren.

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N. Liebau

14.3.2 Plattformschicht Die Plattformschicht einer Cloud stellt Anwendungscontainer und Dienste für das Entwickeln und Betreiben von Anwendungen zur Verfügung. Diese Schicht wird auch als „Platform as a Service“-Schicht (PaaS) bezeichnet.

14.3.2.1  Digital Service Platform Services Im Vergleich zur IaaS wird in der PaaS definiert, welche Plattform auf einem Server laufen soll. Soll ein Web-Server installiert werden oder dient der Server als Datenbank? Andere Anwendungscontainer sind zum Beispiel Server (auch Knoten genannt) für Java, .Net, node.js, Hadoop etc. Achten Sie darauf, dass ein PaaS ihre gewünschten Container anbietet. Beispielsweise wird SAP HANA heute nur von wenigen Anbietern neben SAP angeboten und eventuell nur in begrenzter Größe. Ein Beispiel für eine Open Source PaaS ist Cloud Foundry [9]. Neben diesen Basiscontainern bieten die PaaS auch viele höherwertige Dienste an. Dies können zum Beispiel Dienste für Authentifizierung und Autorisierung wie Cloud Foundry UAA [10], Anbindung und Management von Smart Devices sein (Device Management), wie SAP HCP IoT Service [11] oder Amazon AWS IoT Services [12], Datenimportdienste wie zum Beispiel Konnektoren für externe Informationsquellen und Datenbanken wie zum Beispiel den OSISoft PI zu SAP HANA Integrator [13], Datenstreaming-Dienste wie Apache Storm [14] oder Apache Spark Streaming [15], Datenintegrationsdienste wie zum Beispiel SAP HANA Cloud Integration [16], Data Science-­Dienste wie SAP HANA [17], R [18] oder Apache Spark [19], Portaldiente wie SAP Hana Cloud Portal [20], User Interface Rahmenwerke wie SAP UI5 [21], Dienste mit und auf geografischen Karten wie HERE [22] etc. Hier finden sich also alle Data Services und Smart Services, die mittels einer Cloud-Plattform zur Verfügung gestellt werden. Aus diesen wird die Anwendung zusammengestellt und fehlende Funktionalität auf den Anwendungscontainern neu entwickelt. Sollte eine PaaS einen benötigten Service nicht unterstützen, (zum Beispiel Apache Spark), so kann er vom Anwendungsentwickler auf entsprechenden Anwendungscon­ tainern selbst installiert werden. Alle von der PaaS angebotenen Dienste werden auch vom Anbieter betrieben. Dienste, die selbst installiert oder entwickelt werden, müssen natürlich vom Anwendungsentwickler betrieben werden. Dazu mehr unter „Digital Service Application Operations“. 14.3.2.2  Digital Service Application Development Für das Entwickeln der Anwendungen benötigt man zunächst eine integrierte Entwicklungsumgebung (Integrated Development Environment, Abk. IDE). Beispiele sind zum Beispiel eclipse [23] oder die SAP Web IDE [24]. In der IDE werden via Software Development Kits (SDKs) die Funktionalitäten der PaaS-Dienste für die Anwendungsentwicklung zur Verfügung gestellt. Weiterhin markiert die IDE selbstständig Fehler im

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­ourcecode. Weitere Check-Tools, zum Beispiel für Sicherheitsüberprüfungen wie S Cross-Site-Scripting [25, 26] und Code Injections [25], sind auch unerlässlich. Dienste zur Sourcecode-Verwaltung wie Github [27] erlauben kollaborative Entwicklung und die Verwaltung von verschiedenen Versionsständen von entwickelten Komponenten übersichtlich zu verwalten. Für das Zusammenstellen der fertigen Software und das Kompilieren der Software werden Build-Tools wie Maven [28, 29] bereitgestellt. Essentiell für einen kosteneffizienten Betrieb von Anwendungen ist das ausführliche Testen während der Entwicklungsphase. Fehler (Bugs) die erst im Live-Betrieb auffallen, kosten Zeit für die Fehlersuche und -behebung, erzeugen Stress und Frustration beim Entwicklerteam und kosten Vertrauen bei Ihren Kunden. Die Wichtigkeit des Testens kann nicht genug betont werden. Best-Practice ist hier mehrstufiges testen. Als erste Stufe wird in jedem Software-Modul mit Unit-Tests die Funktionalität auf Korrektheit getestet. Hierzu werden positive und negative Tests geschrieben (sog. Unit Tests) und diese automatisch mit jedem Code-Commit ausgeführt. Für eine organisiertes Einchecken von neuem Code unterstützen Tools wie Github sogenannte „Pull-Requests“ [30]. Idealerweise beginnt man bei der Entwicklung mit dem Schreiben der Tests, die die Funktion der Schnittstellen eines Software-Moduls beschreiben (sog. „Test-Driven Development“ [31]). Insbesondere müssen Randfälle abgetestet werden; diese vollständig zu identifizieren verlangt Erfahrung. Entwickler die dies gut beherrschen sind, sind sehr wertvolle Teammitglieder. Um Bugs nachzuverfolgen sollte ein Werkzeug eingesetzt werden. Einen Überblick bietet [32]. Um eine Reihe von Tests auszuführen, werden sogenannte „Pipelines“ eingesetzt. Pipelines lassen Tests automatisch ablaufen und sammeln die Ergebnisse. So sieht ein Entwickler auf einen Blick, ob die Tests erfolgreich waren oder nicht, und an welcher Stelle es zu Problemen kam. Ein Werkzeug für solche Pipelines ist z. B. Jenkins [33]. Auch alle weiteren Teststufen sollten über Pipelines automatisiert werden. Als zweite Stufe werden verschiedene interagierende Software-Module in sogenannten Integrationstests getestet. Hierzu werden die Module in virtualisierten Umgebungen gestartet, z. B. basierend auf Docker-Containern [34], und anschließend mit Testdaten die korrekte Funktionalität getestet. Die Integrationstests sollten ebenfalls in einer Programmiersprache oder Skriptsprache geschrieben werden, damit sie automatisiert ausgeführt und ausgewertet werden können, wie z. B. JUnit [35] oder auch Postman [36]. Auch hier ist besonderes Augenmerk auf die Randfälle zu achten. Als dritte Stufe sollte vor jedem Release die Leistungsfähigkeit der Anwendung getestet werden. Hierzu werden spezielle Tests benötigt, die große Last auf die Anwendung erzeugen. Dafür sollte die Anwendung in einer eigenen Performance-Landschaft installiert werden. Als Last sollte ö sowohl der Dateneingang von Smart Devices als auch die Nutzung der APIs oder Web-Seiten durch Nutzer simulieren werden. Werkzeuge zum Erstellen und Ausführen solcher Lasttests sind z. B. JMeter [37] oder Gatling [38]. Gatling hat u. a. den Vorteil, dass es Last verteilt über mehrere Konten erzeugen und so die Last nahtlos skaliert werden kann [39]. Die Lasttests sollten mindestens mit jedem Release der

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Anwendung durchgeführt werden, um eventuelle Regressionen zu erkennen [40]. Grundsätzlich sind Regressionstests [41] auf allen Teststufen durchzuführen. Weiterhin existiert heute eine Vielfalt an automatischen Testtools. Diese suchen im Code z. B. nach Sicherheitsproblemen, überprüfen zu welchem Anteil der Code von Unit-­ Tests überprüft wird, ob Softwarekomponenten mit nicht erlaubten Lizenzen verwendet werden etc. Einen Überblick bietet z.  B. [42]. Ein gutes open-source Testwerkzeug ist z. B. SonarCube [43]. Um Testen erfolgreich durchzuführen, ist das Bereitstellen der entsprechenden Landschaften notwendig. Dies betrachten wir in den folgenden Abschnitten im Rahmen der betrieblichen Themen.

14.3.2.3  Digital Service Application Operations Ist die Anwendung entwickelt, muss sie final getestet und auf die Produktivlandschaft installiert werden. Hierzu verwendet man einen mehrstufigen Prozess, wobei für jede Stufe eine eigene PaaS-Landschaft benutzt werden sollte. Typischerweise werden 4–6 Landschaften verwendet: Sandbox, Commit-Stage, Staging, Live, Hotfix, Performance. Die Sandbox-Landschaft wird für die kontinuierliche Entwicklung verwendet. Hier können auch Prototypen oder Proof-of-Concepts entwickelt werden, die nicht in das Produktivsystem übernommen werden sollen. Die Commit-Landschaft ist die Haupttestlandschaft. Hier sollte nur Code installiert werden, der bereits die Unit-Testphase und erste Integrationstestphase in virtuellen Umgebungen erfolgreich absolviert hat. Die Commit-Landschaft ist bereits der Produktivlandschaft sehr ähnlich. Hier laufen mindestens täglich alle automatischen Tests. Auch werden hier die Tests zu Ende des Entwicklungszyklus durchgeführt. Nur wenn hier alle Tests erfolgreich laufen, wird die Anwendung in die Staging-Landschaft gebracht. Die Staging-Landschaft ist die finale Testlandschaft und ist eine exakte Kopie der Live-Landschaft. Zu Ende des Entwicklungszyklus finden finale Korrekturen direkt in dieser Landschaft statt. Dies sollten aber nur noch kritische Fehlerbehebungen sein. Auf Basis der Testergebnisse in dieser Landschaft wird eine Release-Entscheidung für die neue Version der Anwendung getroffen. Die finale Version wird dann zum Release-Zeitpunkt auf die Live-Landschaft deployed. Um eine Nichtverfügbarkeit („Downtime“) zu vermeiden, sollte hierzu das sogenannte „Blue-Green-Deployment“ Verfahren verwendet werden [44]. Dafür läuft zunächst die alter Software-Version weiter. Alle Komponenten werden in der neuen Version auf weiteren Knoten gestartet. Wenn die neue Landschaft betriebsbereit ist, wird auf die neue Landschaft umgeschaltet. D. h. dass alle neuen Requests auf die neue Landschaft geroutet werden, alte Requests aber noch von der alten bearbeitet und beantwortet werden. Dadurch kommt es nicht zu Ausfällen oder Datenverlust. Nach einer gewissen Übergangszeit, z. B. 5 Minuten, werden dann die Knoten mit der alten Softwareversion heruntergefahren und abgeschaltet. Während der Lebensphase werden Fehler gefunden und müssen behoben werden; hier wird ein HotFix-Prozess benötigt. Es müssen Patches für die Behebung der Fehler

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e­ ntwickelt und getestet werden. Diese Tests finden in der HotFix-Landschaft statt. Die HotFix-­Landschaft sollte nicht mit der Staging-Landschaft zusammengelegt werden, weil ansonsten während der Staging-Phase für die aktuelle Version im Live-System keine Hotfixes mehr getestet werden können. Die Hotfix-Landschaft wird nicht benötigt, wenn in sehr hoher Frequenz, z. B. täglich, neue Versionen der Anwendung released werden. Die Performance-Landschaft zur Durchführung der Lasttests wurde bereits im letzten Abschnitt erwähnt. Eventuell könnten die Performance Tests auch auf der Staging-­ Landschaft durchgeführt werden. Für die Installation aller Softwarekomponenten in einer Landschaft werden Deployment-­ Werkzeuge wie z. B. Jenkins [45] verwendet. Weiter wichtige Werkzeuge hier sind zum Beispiel Übersetzungsdienste für Sprachen. Wenn die Anwendung in der Live-Landschaft betrieben wird, muss sie überwacht werden. Dazu werden wichtige Fehler geloggt und der Status der Komponenten gemonitort. Dafür müssen in der IaaS Kennzahlen wie CPU-Auslastung, Arbeitsspeichernutzung etc. zur Verfügung gestellt werden. In die Anwendung müssen Gesundheitschecks eingebaut werden; zum Beispiel wird bei zu langer Laufzeit von bestimmten Prozeduren oder kurz vor dem Ablauf von Zertifikaten eine Warnmeldung gesendet. Die Kennzahlen und Warnmeldungen werden in einem Betriebscockpit zusammengefasst. Werkzeuge, die automatisch solche Kennzahlen sammeln und Analysen ermöglichen, sind zum Beispiel Kibana [45], Dynatrace [46] oder AppDynamics [47]. Kibana misst die Antwortzeiten von API-­ Calls und stellt ein Log-Analyse-Werkzeug zur Verfügung. Dynatrace und AppDynamics bieten weitere Möglichkeiten, indem sie Prozeduren innerhalb der Software-­Komponenten überwachen und historische Datenanalysen ermöglichen. Es können auch automatische Aktionen ausgeführt werden, um die Fehler zu beheben. Weiterhin wichtig für die Rechnungsstellung ist die Vermessung der genutzten Ressourcen auf IaaS und PaaS, das sogenannte „Metering“.

14.3.2.4  Digital Service Application Procurement and Consumption Diese Schicht hat nichts mehr mit der Architektur einer Anwendung direkt zu tun, aber sie ist für den erfolgreichen Vertrieb unerlässlich. Für den Vertrieb benötigt man ein „Geschäft“, durch das man die Anwendung dem Markt anbieten kann. Dies ist ein „Application Store“. Hier muss eine Anwendung zunächst publiziert werden, damit sie auch gefunden und schließlich bestellt (Ordering) werden kann. Verschiedene Kanäle sollten hierbei unterstützt werden können – Direktverstrieb oder Vertrieb über Partner, die dann Provision hierfür erhalten. Hat ein Kunde gekauft, muss diese Schicht das Provisionieren der Anwendung für den Kunden von der Digital Service Application Operations-Schicht anfordern. Da der Preis für Cloud-Anwendungen häufig nutzungsbasiert erfolgt, müssen die Metering-Informationen der Digital Service Application Operations-Schicht genutzt werden, um den Rechnungsbetrag zu berechnen. Dadurch sind diese beiden Schichten auch eng verknüpft.

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14.3.2.5  Security Sicherheit ist eine Funktionalität, die über alle Schichten durchgehend betrachtet werden muss. Im Identity Management werden die Nutzer und ihre digitalen Identitätsmerkmale (wie zum Beispiel Schlüssel, Passwörter, Berechtigungen in Form von Nutzerrollen) verwaltet. Diese werden genutzt, um Nutzer zu authentifizieren. Ist ein Nutzer authentifiziert, werden die ihm zugewiesenen Nutzerrollen ausgewertet, um ihn für Transaktionen zu autorisieren. Wichtige Protokolle in diesem Bereich sind SAML [48] für die webbasierte Authentifizierung im Browser und oAuth [49] für die Autorisierung mit APIs. 14.3.2.6  API Management Da eine Cloud-Anwendung aus vielen Komponenten besteht, die miteinander über Schnittstellen (APIs) kommunizieren, ist das Management dieser APIs extrem wichtig. Komponenten werden über die Zeit weiterentwickelt und ihre Schnittstellen verändern sich. Abhängigkeiten müssen erkannt werden, damit bei Veränderungen einer Schnittstelle die aufrufende oder empfangende Komponente angepasst werden kann. Dafür ist der Lebenszyklus von APIs durch die Schritte Registrierung, Konfiguration, Suche, Analyse, Übersetzung von Schnittstellen notwendig. Für die Analyse helfen zum einen Service-­ Graphen, die das Zusammenspiel der Dienste in einer Anwendung darstellen; zum anderen helfen Datengraphen, die Datenflüssen über die Services hinweg verfolgen. Ein bekanntes Tool für API Management ist zum Beispiel apigee [50].

14.3.3 Anwendungsschicht Auf der Anwendungsschicht befindet sich schließlich die Smart Mobility-Anwendung. Auch die Anwendung selbst sollte Schnittstellen bereitstellen, damit sie erweitert und mit anderen Anwendungen wie Business Intelligence verknüpft werden kann. Wichtig sind hier auch die Integration mit Big Data-Analysetools wie Apache Spark oder R. Statistiker (Data Scientists) müssen effizient mit diesen Werkzeugen arbeiten können, um zum Beispiel neue Muster in den Daten zu identifizieren. Diese könne dann zu neuen Funktionalitäten in der Smart Mobility-Anwendung oder sogar neuen Geschäftsmodellen führen.

14.3.4 Digital Composition-Schicht Damit viele Nutzer skalierbar die Smart Mobility-Anwendung nutzen können, müssen Daten so zusammengestellt werden, dass sie mit wenig Rechen- und Verkehrsaufwand an den Empfänger geliefert werden können. Wenn tausende Nutzer gleichzeitig auf eine Anwendung zugreifen, kann es bei direktem Zugriff zu Leistungsproblemen kommen.

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­ eshalb werden hier noch einmal Daten repliziert, aggregiert, komponiert und mittels D Lastverteilungsmechanismen bereitgehalten. Um auf Mobilegeräte wie Smartphones direkt zugreifen zu können, müssen bestimmte Mobildienste bereitgestellt werden. Mobilgeräte haben durch die SIM-Karte praktisch eine Firewall eingebaut, die keinen von der Cloud initiierten Datenverkehr zulässt. Um trotzdem von der Cloud Nachrichten an die Geräte schicken zu können, stellen Apple [51] und Google [52] entsprechende Dienste zur Verfügung, die es erlauben, von der Cloud Nachrichten an das Smartphone zu senden.

14.4 Smart Mobility Access und Smart Mobility Front End Die Ergebnisse der Smart Mobility-Anwendung werden über ein Netzwerk nun an ein empfangendes Gerät gesendet. Das können Desktopcomputer, Smartphone oder Smart Devices mit Aktoren sein. Auf diesen Geräten laufen wieder Browser, Apps oder andere Programme, die diese Informationen entgegennehmen und mit der Smart Mobility-Anwendung kommunizieren. Auch diese müssen eventuell installiert und verwaltet werden – zum Beispiel über regelmäßige, automatische Updates. Die Nutzer oder Programme müssen sich natürlich authentifizieren und autorisieren, um eine Ende-zu-Ende-Sicherheit zu gewährleisten.

14.5 Fazit Aus der Darstellung der Referenzarchitektur wird deutlich, dass die Entwicklung einer Smart Mobility-Anwendung komplex ist. Es müssen viele verschiedene Funktionen und Komponenten berücksichtigt werden. Daher ist bei der Auswahl der Cloud-Umgebung für die Entwicklung darauf zu achten, dass die verschiedenen Schichten und Komponenten gut miteinander integriert sind. Dies verringert die Aufwände der initialen Einrichtung der Entwicklungsumgebung, die Aufwände für die Anwendungsentwicklung, die Betriebsaufwände und die Aufwände des Lebenszyklusmanagements der Anwendung. Dies sollten Entscheider bei ihrer Kostenkalkulation einbeziehen. Für die Entwicklung und den Betrieb von Cloud-Anwendungen sind das automatische Testen sowie die automatische Überwachung und Fehlerbehebung zwingend notwendig. Entwicklungsaufwände hierfür werden häufig unterschätzt. Als grober Richtwert sollten mindestens 50 % der gesamten Entwicklungsaufwände für Testentwicklung und Überwachungsentwicklung angesetzt werden.

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N. Liebau

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Teil IV Handlungsempfehlungen

Identifizierung von Maßnahmen und operativen Umsetzungsbedarfen

15

Barbara Flügge

Zusammenfassung

Smart Mobility ist als Gestaltungsrahmen und Vision eine Chance für jedes Unternehmen, Wachstum durch mobile Handlungen, Services und Vernetzung stärken. Durch seine methodischen Grundlagen, Techniken und Verfahren geben wir Entscheidern und Projektbüros die Mittel an die Hand, sich den Herausforderungen einer ganzheitlichen Mobilität zu stellen. Wie sieht nun der Umgang im Tagesgeschäft damit aus? Welche Handlungsempfehlungen lassen sich ableiten? Wir sagen: es bedarf eines pragmatischen Optimismus. Dahinter verbirgt sich die Nutzbarmachung praxisorientierten Ansätze unter Zuhilfenahme von Innovationskraft, Kreativität und Interesse an einer Lösung für alle. Es ist nicht immer die beste aller Lösungen, die sich dafür eignet, sondern diejenige, die Beteiligung zulässt, einen Nutzen stiftet und in verdaulichen Schritten alle dem Ziel von Smart Mobility näherbringt.

Wer erfindet? Wer initiiert Maßnahmen und wer setzt um? Gemessen an den vorangegangen Nutzungsszenarien und Beispielen zeigt sich, dass jeder Teilnehmer eines Ökosystems den initialen Impuls für eine Transformation setzen kann, unabhängig von der organisatorischen Ausrichtung, unabhängig von der Größe des Unternehmens und der Anzahl von Initiatoren.

B. Flügge (*) digital value creators (DVC), Bottighofen, Schweiz E-Mail: [email protected] © Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2020 B. Flügge (Hrsg.), Smart Mobility, https://doi.org/10.1007/978-3-658-26980-7_15

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B. Flügge

Unternehmen tun sich schwer mit digitaler Transformation, beschreiten sie doch den Weg von einem „Ist“ zu einem nie dagewesenen absehbaren „Soll“. Gerade hier setzt beratende Begleitung an: • Wie bleiben Sie an der Spitze des Marktes? „Innovate or Die“, einer Aufforderung von Bill Gates, stellt die obligatorische Innovationskraft in den Vordergrund. • Wie reaktivieren Sie für Fachkräfte und Experten die unternehmerische Freiheit, um großen Ideen nachzugehen? Was braucht es, um diese über die Wertschöpfungskette hinweg wirksam umzusetzen? Getreu dem Motto von Guy Kawasaki: „The moment it starts, hell breaks loose“. • Wie sichern Sie nachhaltige Transformation bzw. welche Formen der internen und externen Zusammenarbeit braucht es, um den Wettbewerb hinter sich zu lassen? In akademischen und vom Entrepreneur bzw. Start-up geprägten Umgebungen findet Innovation disruptiv statt. Unternehmerische Umgebungen tendierten in der Vergangenheit häufig dazu, Innovation im Forschungs- und Entwicklungsbereich alleinig anzusiedeln. Gründe hierfür lagen an der Ausweisung eines Forschungsbudgets, der oft im Produktbereich notwendigen technischen, labor- und/oder ingenieurhaften Ausstattung und an der Zielsetzung, in einem vordefinierten Zeitraum einen Prototyp x, eine Materie y oder eine Produktstudie z auf den Weg zu bringen. Die unglaubliche Geschwindigkeit, die die Weiterentwicklung von Informations- und Kommunikationstechnologien – selbst als Innovationen entstanden – für Testen, Design und Produktivsetzung auf den Weg gebracht hat, sorgt für eine schier ungeahnte Freizügigkeit an Ideen. Freizügigkeit im Sinne des Machbaren und Freizügigkeit im Sinne des Kreativen und Finanzierbaren. Um diesen Ausbruch an Innovation auch in den etablierten Organisationsstrukturen zu verursachen, schaffen sich Unternehmen disruptive (Schein-) Welten. Sie gründen Innovationsräume – physisch wie virtuell – oder investieren in eigene Start-up-Programme oder einzelne Ideen. Oftmals wird leider versucht, Inspiration und Kreativität über ausgeklügelte Innovationsprogramme und Neubauten am Firmengelände zu etablieren. Unternehmen sollten sich eher ihrer Wirkung auf den Standort, seiner Ökosysteme und Teilnehmer bewusst werden. Aus diesem Grund haben wir in Verbindung mit adasca (agency for digital and analogue space couture) und der digital value creators (DVC) GmbH sog. Wirkungsanalysen und Raumanalysen entwickelt, die im Einklang mit Firmenherkunft, Resonanz auf Standort und Teilnehmer und Kompetenzzugang stehen. Teil 4 widmet sich gerade dieser Transformation. Dessen Beiträge ergänzen den vorangegangenen Darstellungen zu Nutzungsszenarien und Beispielen und deren Eingliederung in einem systemischen Prozess sowie der detaillierten Darstellung von Smart Mobility-­ Bausteinen und dem Vorgehensmodell. Die mobile Transformation ist nur dann machbar, sofern • der strategische Einfluss von Mobilitätsangeboten an den Bedürfnissen von Personen und Dingen ausgerichtet wird,

15  Identifizierung von Maßnahmen und operativen Umsetzungsbedarfen

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• das Lösungsangebot sich an dem Grundsatz einer Tür-zu-Tür-Mobilität unabhängig vom Medium für jedermann auf den Weg gebracht wird (Seamless Mobility), • der digitale Spürsinn (Sentinel), den moderne Informations- und Kommunikationstechnologien uns bieten, entwickelt und umgesetzt wird, um kritische und limitierende Ereignisse vorzeitig zu erkennen und in positive Empfehlungen umzuwandeln. Jeder Smart Mobility-Initiative wohnt damit auch die Untersuchung der Einflussfaktoren zur Erhöhung der Mobilitätsangebote inne. Statt des Produktes Mobilität wird die Dienstleistung Mobilität und der Prozess Mobilität untersucht. Unterstützt von der Betrachtungsweise der Personas und des Kontexts, in welchem Mobilität genutzt, als Prozess eingeführt und gesteuert wird, lassen sich drei wesentliche Erkenntnisse herausstellen: 1. Mobilitätsprozesse sind von einer immer stärkeren und flexibleren Individualisierung von Bedarfen gekennzeichnet. 2. Vernetzung des Vernetzbaren, d. h. die Dinge, Informationen und Bedarfe zusammenführen und diese mittels Digitalisierung nutzbar machen. 3. Das Fahrzeug wird zum weiteren Lebensraum, ja Arbeitsplatz. Die Möglichkeiten und Freiheiten durch das autonome Fahrzeug eröffnen Mobilitätsnutzern ungeahnte Möglichkeiten. Es bedarf eines systemischen, aber auch eines Ansatzes von Hinterfragen, Loslassen, Designen und Innovieren. Es bedarf neuer Denkansätze, neuer Rollenmodelle und neuer Bewertungen von Geschäftsmodellen und Lösungsansätzen. Die folgenden Statements zu Smart Mobility sind als Anregung für die nun folgenden Kapitel zu verstehen: • In Zukunft braucht es keine Fahrpläne und kein lästiges Nachsehen an der Bushaltestelle, wann der nächste Bus kommt. • Parkplätze in der Innenstadt werden obsolet – das autonome Fahrzeug holt mich ab und das Kaufhaus liefert die eingekauften Waren direkt an die Haustür. • Der durch den Wegfall von Parkplätzen eingesparte Raum kann für Kurzerholungsräume und Kommunikations- und Innovationsspots genutzt werden. • Das Mobilitätsmanagement wird an den für die Stadt bzw. den Lebens- oder Arbeitsraum relevanten Fragestellungen ausgerichtet. Hierzu wird ein Mobilitätsbudget ins Leben gerufen, und zwar unabhängig von der Herkunft öffentlicher oder privater Gelder.

Innovationen intelligent nutzen

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Katrin Redmann

Zusammenfassung

Die rasante Entwicklung durch die Digitalisierung und Globalisierung erfordert von jedem Akteur im wirtschaftlichen Umfeld in immer kürzeren Intervallen zunehmend hochwertige und durchdachte Innovationen. Sie sichern die Dynamik und den dauerhaften Fortbestand des Unternehmens. Im folgenden Kapitel finden Sie Ideen und Beispiele von Innovationen und Innovationsquellen aus verschiedenen Blickwinkeln beleuchtet. Sie sind in Form von praktischen Hinweisen verfasst und bieten Impulse für den Leser, sich mit dem eigenen Innovationsumfeld neu zu befassen.

Wie entsteht Innovation und zwar nachhaltig? Das Ökosystem im Innovations-Umfeld besteht aus den unterschiedlichsten Playern und Komponenten: Menschen, Räume, Kultur(en), Universitäten, Behörden (Ministerien, Stadtverwaltungen, Wirtschaftsförderungen) plus öffentliche Hand, Acceleratoren, Investoren, Start-ups, Mittelstand, Konzerne, finanzielle Mittel, Stiftungen und private Initiatoren und nicht zu vergessen: die Bürger und Zivilgesellschaft [1]. So bauen die Bundesländer in Deutschland immer mehr eigene Innovationsplattformen in Form von Start-up Summits oder Initiativen auf wie z.  B.  Technologieland Hessen. Auch private Gründer mit z. B.: StartupSummit und Founder Summit der von Studenten gegründeten Entrepreneurship University aus Frankfurt/Wiesbaden [2].

K. Redmann (*) SAP SE, St. Leon-Rot, Deutschland E-Mail: [email protected] © Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2020 B. Flügge (Hrsg.), Smart Mobility, https://doi.org/10.1007/978-3-658-26980-7_16

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ziehen derzeit Tausende von Besuchern und aktiven Teilnehmern an. Sie dienen als Plattformen für Ideenaustausch, Sichtbarmachen von Innovation und interessanten Start-­ ups sowie der Verzahnung mit Mentoren, Acceleratoren und Investoren. Bedeutung von Freigeist, Wissen und Veränderungswillen Design der Kultur und des Mindsets setzt eine sehr kreative, offene Grundhaltung und den Willen nach wirklicher Veränderung voraus. Die Basis ist das grundlegende Infrage stellen aller bis dahin gültigen Werte, Regeln und Muster. Das Trainieren der Potenzialentfaltung, dieses Wissens-Transfers und der Kooperationsbereitschaft kann nicht früh genug anfangen: am besten in der Grundschule. Es sollte sich auf jeden Fall durch das gesamte Studium oder Berufsausbildung durchziehen. Ideal ist eine life-long-Lernkurve. Prof. Gerald Hüther [3] in seiner Key Note „Das Geheimnis des Gelingens. Potenzialentfaltung in individualisierten Gemeinschaften“ beim Entrepreneurship Summit 2018. Die neueste Bewegung sind die Business Rebels [4] und Corporate Rebels [5]. In ihrer Außendarstellung sind sie alle sehr rebellisch. Dagegen ist ihre Strategie, die Unternehmen in eine andere Welt zu entführen: sie sollen lernen, mehr moonshot thinking [6], sich start-up-like und rebellenhaft zu Thinking-out-of- the-box und Handeln mit weniger Planbarkeit zu entwickeln, mehr Risiko in der Innovation suchen und in Kauf nehmen, früh zu scheitern. Paradigmen der heutigen Welt Auf der einen Seite streben wir beschleunigt durch Moonshot [7] und Science Fiction Thinking [8] danach, immer tiefer in das Leben, Arbeit und in verschiedene Bereiche wie Fertigung, Mobilität, Logistik, Nahrungsmittelproduktion, Fashion und Gesundheit eingreifende Digitalisierung zu implementieren. Auf der anderen Seite ist da DER MENSCH mit seinen Grundbedürfnissen nach Nahrung, Liebe, Schlaf, Erfüllung durch die Arbeit, Familie, Gesundheit etc. (Maslow). Diese beiden Richtungen werden derzeit immer konträrer, d. h. die Entwicklungsschere geht immer weiter auseinander. Die beiden Entwicklungsrichtungen widerstreben sich sogar in vielen Aspekten. Im Zuge der immer schneller werden Digitalisierung werden digitale Ethik und künstliche Intelligenz immer entscheidendere Aspekte, die dringend einer globalen Regelung bedürfen. Dennoch stellt die bei 1500 Unternehmen durchgeführten Studie Folgendes fest [9]: „In der fehlenden Mitte sind Menschen und Maschinen keine Feinde, die um Arbeitsplätze des jeweils anderen kämpfen. Sie sind vielmehr symbiotische Partner, von denen jeder den anderen zu einem immer höheren Leistungsniveau treiben.“ Impulsquellen für Innovation Doch woher können z. B. etablierte Unternehmen Impulse für Veränderung bekommen? Wie können wir unsere Nachwuchs-Innovatoren schon in der Schule mit neuem Mindset und Wissen fördern und fordern? Wie können Schüler und Studenten gemeinsam mit den Erwachsenen an den Strategien für ihre eigene digitale Zukunft [10] und Future of work [11] arbeiten und sie sogar für die eigene Zukunft entscheidend mitprägen? Gerald Hüther [12, 13] definiert Co-creativity und Community folgendermaßen:

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Together we can do more than we can alone, and together we can regain what makes us living creatures: creativity, the courage to be ourselves, and the ability to find a personal answer to the question of the meaning of life.

Doch wo kann sie sich am besten frei entfalten? Ideal ist es, wenn ein Unternehmen dafür außerhalb der Büroräume ein eigenes Ideenlabor [14] oder Innovation Hub [13, 15] eröffnet, in einem coolen, andersartigen, NICHT-Bürogebäude. Das können z. B. alte Fabrikgebäude, Werkstätten oder ländliche Gebäude sein. Auch Locations wie Bergwerke oder Stollen, interessante Wassertürme, Mühlen oder Schlösser sind geeignet. In den USA ist auch eine Raumveränderung und die Travelling Universities seit Jahren Gang und gäbe, z. B. Semester at Sea [16]. Die äußere Arbeitsumgebung hat einen großen Effekt auf die Ideen zu Change und Innovation. Dieses erkennen derzeit immer mehr etablierte Unternehmen, wie auch z. B. Daimler Benz und dem Innovation und Design Lab [17]. Oft werden diese Design- und Co-innovation labs in mehreren Standorten weltweit nach und nach aufgebaut. Im Fall von Daimler Benz in Deutschland in Berlin und Stuttgart, in Chinas Beijing und in Sunnyvale in den USA. Bereits 2010 startete SAP seine SAP AppHaus Serie. Design und Co-­Innovationszentren wurden erst in Palo Alto mit dem ersten SAP HanaHaus in einem ehemaligen Kino, dann in Heidelberg, später Berlin in Deutschland. Es folgten Dublin, Korea, Amsterdam. Im Jahr 2019 wird zudem in Newport Beach das nächste SAP HanaHaus eröffnet [18, 19]. Auch diverse Länder haben Innovations- und Co-Working Spaces u. a. in San Francisco Bay Area z. B. SwissNex [20] und Nordics Innovation Haus [21], vertreten an mehreren Standorten plus das Danish Innovation Center [22] außerhalb der eigenen Ländergrenzen aufgebaut, um globale co-creative Zusammenarbeit zu leben und ihren eigenen Start-ups die Horizonterweiterung zu ermöglichen. Sogar Baden-Württemberg als Bundesland hat ein Innovation Center in San Francisco [23] From crowd to swarm innovation Firmen wie z. B. Daimler [24], Bosch [25] stellen ihre Organisation seit einigen Jahren teilweise um auf Schwarm Organisation mit dem Ziel, schlagkräftige, kleinere Innovations-­ Keimzellen unabhängig von der Linien-Organisation zu installieren. Dadurch soll diesen Experten erleichtert werden, sich je nach Themen gleichgesinnte Kollaborationspartner organisationseinheitsübergreifend im Schwarm zu suchen. Dadurch erhöht sich die Agilität in der Organisation großer Unternehmen sowie die Innovationskraft und -tempo der Teams. Crowdinnovation verbindet diverse Menschen oder kleinere Innovationseinheiten, die nicht linear organisiert sind, innerhalb eines Unternehmens oder auch mit Playern außerhalb des Unternehmens mit dem Ziel, über den Tellerrand zu schauen und neue, innovative Lösungsansätze zu finden [26].

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Impulse von außen Futuristen wie future.io [27], 2Bahead [28] oder Singularity University [29] nehmen immer mehr an Bedeutung für die Strategieausrichtung aller Unternehmen und z. T. auch der Politik zu. Sie bieten im Wesentlichen Leadership Kurse für Führungskräfte an, um dadurch das zukunftsgerichtete Mindset an Multipikatoren und dadurch auch in die Change Teams der Unternehmen zu kommunizieren. Ideal ist es, wenn diese organisatorischen Change-Teams in der linearen Struktur des Unternehmens nicht fest verankert sind. Daher gehen immer mehr Unternehmen dazu über, eigene Inhouse-Inkubatoren oder Acceleratoren z. B. agile von eon [30] zu gründen. Diese haben dann auch einen leichteren Zugang zum Ökosystem in der Nachbarschaft des Inkubators. Initiiert werden diese Veränderungen von einzelnen Change Agents und später kleinen, schlagkräftigen, internationalen culture change teams wie z. B. bei Bosch [31]. Intrinsische Impulse durch die Mitarbeiter Der zweite entscheidende Faktor ist das Skillset der Mitarbeiter. Sie sollten sehr interdisziplinäre Bildungshintergründe haben. Auch interkulturelle Teams sind ein großer Gewinn für die Andersartigkeit der Zusammenarbeit, Kreativität und damit der Ergebnisse. Denn die internationale Zusammensetzung und die Einflüsse aus anderen Kulturen sind ein Garant für wirkliche Innovation. Interessant sind Impulse aus anderen Bereichen, wie z. B. Musik, Kunst und Design, um Vorgänge in einer Produktionskette oder in der Automobilindustrie darzustellen, in Frage zu stellen und zu verändern. „Diversity is the key“ – die interessantesten Prototypen entstehen, sobald die Teilnehmer aus allen Altersklassen und aus komplett divergenten Erziehungs-, Bildungs- und Kulturräumen kommen. Gerne mischen wir hier Fachexperten, Ingenieure und Spezialisten mit Schülern, Start-ups, Studenten, Professoren, Lehrern, Psychologen und Sozialpädagogen. Neue Event- und Co-Working-Formate sind essenziell für neue Innovationsansätze und die Spiegelung der Ideen der Generation Z als zukünftige Zielgruppe und Abnehmer der Innovationen. Dazu zählen Hackathons, InnoJams und Slams. Willkürlich zusammengestellte Teams oder Personen, die sich erst vor Ort zu einer bestimmten thematischen „Challenge“ zusammenfinden, lösen gemeinsam in einem Wettbewerb eine Herausforderung im Team. In der finalen Runde werden dann in Kurzpräsentationen (Pitches) die Prototypen als Lösungen der einzelnen Challenges präsentiert. Wie kann die innovative Basis für das Design des richtigen Mindset geschaffen werden? Sehr wichtig ist der offene Workspace, der Zeit und Raum mit den richtigen, innovationswilligen Menschen bietet. Auch in der Struktur des Unternehmens sollte eine offene Innovationskultur vorhanden sein, damit die in Innovationsworkshops oder durch unternehmensinterne Innovationswettbewerbe kreierten Prototypen oder Ideen auch Eingang in die tatsächliche innovative Veränderung im Unternehmen finden. Eine wertvolle Methode ist Design Thinking. Damit kann jedes Team in relativ überschaubarer Zeit jedes Problem lösen. Und damit kann jede Veränderung bewirkt werden.

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Durch die Iterationsmöglichkeiten zu jeder Phase des Design-Thinking-Zyklus kann auch jede Innovation durch Iterationen verbessert werden. Darauf wird in einem gesonderten Kapitel dieses Buches detailliert eingegangen. Permanenter Lernwille, sich weiterentwickeln, neugierig sein und bleiben, das sind die elementaren Voraussetzungen für ein evolutionäres Mindset. Goldene Regeln für Design-Thinking-Mindset Folgendes gilt es hierbei zu beachten: nie stehen bleiben, immer im Flow mit dem Team die Prototypen weiterentwickeln und immer wieder das 360-Grad-Feedback zu Zwischenergebnissen einholen, einarbeiten bzw. auch die Möglichkeit nutzen, zum Anfang der „Problemverstehen“-Phase zurückzugehen. Arbeiten im Team Dabei geht es vor allem um die Einigung über die Erwartungshaltung zur Zusammenarbeit und der gewünschten Ergebnisse: Collaboration not co-operation nach Larry Leifer [32]. When collaborating, people work together (co-labor) on a single shared goal. Like an orchestra which follows a script everyone has agreed upon and each musician plays their part not for its own sake but to help make something bigger. When cooperating, people perform together (co-operate) while working on selfish yet common goals. The logic here is “If you help me I’ll help you” and it allows for the spontaneous kind of participation that fuels peer-to-peer systems and distributed networks. If an orchestra is the sound of collaboration, then a drum circle is the sound of cooperation. For centuries collaboration has powered most of our society’s institutions. This is true of everything from our schools to our governments where we have worked together through consensus to build systems of increasing complexity. But today, cooperation is fueling most of the disruptive innovations of our time. In virtually every aspect of our culture, the old guard is being replaced by cooperative, self-organizing, distributed systems. Collectives collaborate. Collectives are part of the machinery of the previous era. They give priority to the group over the individual and encourage members to adopt a joint identity that unites them around their shared goal. Connectives cooperate. [33]

Darüber hinaus sollten für die Open-minded-Co-Worker in einem Design-Prozess auch ein hohes Maß an Willen, die eigene Expertise und Erfahrung, das Know-how sowie Kontakte frei und bedingungslos mit dem Team teilen. Teilen von Fehlern und Lernen aus Fehlern im Team: Ohne eine gesunde Fehlerkultur, in der die Teammitglieder ihre Fehler offen teilen, das Feedback der anderen im Team einbauen und daraus gemeinsam einen neuen Ansatz für den Prototyp gestalten, kommt das Team nur sehr langsam voran und bewegt sich oft auf bekanntem Terrain. Durch Fehler-­Pitches erhalten der Innovationsprozess und die Zusammenarbeit im Team eine neue Wendung und Dynamik. Die Zusammenarbeit im Team wird gestärkt und der Mut erhöht, etwas Neues, „Wildes“ als Lösung vorzuschlagen. Vernetzung Aus welchen Komponenten kann ich mein Netzwerk bauen?

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Dafür gibt es unterschiedliche Ansätze: den geplanten und den chaotischen, den auf eine einzelne Zielperson gerichteten und den, Gruppen für sich zu interessieren. Viele Menschen gehen hier systematisch vor. Sie überlegen sich sehr genau, wen sie weswegen sprechen wollen, wie sie an diese Person herantreten könnten und welche Vorteile sie für sich erreichen wollen. Andere tummeln sich in verschiedenen Meetups und Communities, ohne konkrete Zielvorstellungen. Sie erreichen dadurch eine hohe Sichtbarkeit und scheinbar „zufällige“ Kontakte. Diese Einzelgespräche führen dann (unter Umständen erst nach Jahren!) zu einem gemeinsamen Projekt oder Kollaboration und dadurch zu gemeinsamer Wertschöpfung. Weitere Ansätze sind thematisch fokussierte, halb offene oder geschlossene, exklusive (z. B: Rotary Club) Netzwerke. Es geht um die systematische, projektbezogene Kooperation in vertrauensvoller Community mit dem Ziel, interessante Ressourcen und Skills innerhalb des eigenen Unternehmens zu spiegeln und anzureichern durch Menschen, Wissen und Erfahrungen von außerhalb des eigenen Kosmos. Dadurch entsteht für alle Beteiligten idealerweise ein Win. Netzwerke skalieren und werden spezifischer. Die Qualität der Innovation und das Tempo der Ideenfindung steigen enorm. Als Intrapreneur bei Corporate-Unternehmen (Corporates) Ein Intrapreneur schafft Innovationen und ein neues Mindset bei sich und in seiner Unternehmensstruktur durch „Denken und Agieren“ über den Tellerrand hinaus. Er oder sie können langjährige Mitarbeiter sein oder junge Talente mit gerade abgeschlossener Ausbildung. Die folgenden Beispiele schildern, was aus Intrapreneurtum entstehen kann. In­ trapreneure sind Denker und Macher, die sich auch nach langer Unternehmenszugehörigkeit wendig und agil, neugierig und interessiert an z. B. den Ansätzen von Start-ups zeigen. Als Incubator bei Corporates :Agile e-on ist auf Initiative einer kleinen Gruppe von Mitarbeitern von e-on entstandener Accelerator [34] . Zunächst wurde Agile gestartet mit der Zielsetzung, Ideen im internen Innovationsmanagement zu filtern, zu bewerten und dann zu priorisieren. Daraus entstanden nach und nach durch Außensatelliten Start-ups und eine neue „entrepreneurial“ d. h. unternehmerisch denkende Community. Heute agiert agile sowohl nach innen wie auch nach außen mit z. B: jährlichen Hackathons. Ein Beispiel ist SmartCities im September 2016 in Berlin während der langen Nacht der Start-ups. Innogy Spin-off aus RWE: Innogy verschreibt sich der europäischen Idee [35]. Darüber hinaus plädiert das Spin-off von RWE für sauberen Strom aus erneuerbaren Energien wie z. B: Solar- und Windkraft. Durch die Ausgründung sollen u. a. auch neue, junge, umweltbewusste Zielgruppen angesprochen werden. Dadurch erweitert sich das mögliche Marktpotenzial für RWE.  Zusätzlich ist eine Erweiterung der Produktpalette in einem

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„­ geschützten“ Raum möglich. Auch das Netzwerk ändert sich, je nach Image der Firma, die es aufbaut. SAP.io [36] ist der inkubator von SAP mit verschiedenen Programmen für Start-ups, die sich auf Basis von Cloud4HANA gründen, der bei verschiedenen Events letztes Jahr von techstars unterstützt wurde. „With their diverse events last year supported by techstars “ [37, 38]. Einige mittlere und größere Unternehmen haben inzwischen eigene Acceleratoren gegründet. SAP z. B. ist zu 50 % an innoWerft [39] in Walldorf beteiligt. Hier werden vielversprechende Start-ups gecoacht, im Go-to-Market unterstützt und zur Kooperation an andere Investoren und Partner empfohlen. Bedeutung der Start-ups Start-ups zeigen eine enorme Dynamik am Markt. Neben Geschwindigkeit, Wendigkeit, Flexibilität stehen auch schnelle Entscheidungen und hoch motivierte Mitarbeiter im Vordergrund. Start-ups arbeiten häufig mit Crowdfunding und Crowdsourcing, d. h. sie besorgen sich Kapital am Markt und arbeiten eng mit Spezialisten anderer Start-ups bzw. selbstständigen Experten als zusammen. Bedeutung der Universitäten Viele Universitäten und Hochschulen haben inzwischen Entrepreneurship-Institute oder Start-up-Vereine von Studenten gegründet  – neben dem Future Lab e. V., https://www. entrepreneurship.de/ [24.07.2017] und dem jährlichen Entrepreneurship Summit von Prof. Faltin [40]. 1985 brachte Günter Faltin das Thema „Entrepreneurship“ aus Boston mit nach Deutschland [41]. Er bewies mit seiner 1999 gegründeten Teekampagne [42], dass Crowdfunding und Crowdsourcing zusammen mit neuen Kombinationen bestehender Elemente einer Produktions- und Handelskette erfolgreiche neue Firmen und Win-Win-Situationen für die Kunden entstehen können [42, 43, 44]. An den Hochschulen werden auf diese Weise ganz unterschiedliche Initiativen entwickelt. Beispiele sind die Hochschulgruppe Entrepreneurship an der Hochschule Karlsruhe oder die START Konferenz, die jedes Jahr in St. Gallen an der Hochschule HSG stattfindet. Viele Universitäten haben auch Entrepreneurship-Vorlesungen oder Summer Schools wie der Global Entrepreneurship Summer School Kurs der LMU in München, der zeitgleich soziale, globale Start-up-Projekte in Shanghai, Mexico und München erarbeitet und in einem Wettbewerb prämiert. So hat das KIT Karlsruhe das Institut enTechnon gegründet. Hier verbindet die Universität Technologiemanagement und Entrepreneurship [45, 46]. An vielen Universitäten weltweit sind in den letzten Jahren Start-up-Zentren oder Entrepreneurship-Institute entstanden. Sie werden entweder von Studentengruppen selbst organisiert oder von einzelnen Professoren initiiert. Darüber hinaus existieren Entre­ preneurship-­Dachorganisationen, die z. B. deutschlandweit die studentischen Aktivitäten bündeln.

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In diesen Zentren finden regelmäßige Design-Thinking- oder Business-Modell-­ Workshops statt. Gerne werden dafür auch Gastdozenten aus der Wirtschaft oder von Unternehmensberatungen oder Inkubatoren gewonnen. Jährlich finden Veranstaltungen statt wie z. B. der Innovationstag in Karlsruhe am KIT mit Workshops, Vorträgen und Start-up-Pitches „Tech Pitches“ [47]. In Wien findet jährlich die Entrepreneurship Avenue [48], eine Konferenz für Investoren, Lehrende, Wirtschaftsunternehmen, Start-ups und Studierende mit Pitches, Wettbewerben und Workshops für Design Thinking und Business-Modell-Innovation statt. Auch die Verzahnung von Wirtschaft, Lehre, Forschung und Start-ups wird immer intensiver. Viele Projektsemester arbeiten inzwischen an konkreten, reellen Challenges (Problemstellungen, Aufgaben) von Industrie oder Wirtschaftsunternehmen, um den Studierenden den Einstieg in die Praxis zu erleichtern. Auch sind aus einigen Studenteninitiativen Ausgründungen wie die Entrepreneurship University Frankfurt entstanden, die sich z.  B. zum Ziel setzen, die Entrepreneurship-­ Ausbildung von Studenten als Start-up zu übernehmen und ihnen dann den Weg in den Markt zu begleiten mit Founders Summit und Investoren Match Making. Bedeutung von Vereinen Die Wissensfabrik e.V. [49] ist eine Vereinigung von 130 deutschen großen und mittleren Unternehmen mit dem Ziel, IT im Schulunterricht sowie Universitäten/Studierende im Entrepreneurship zu unterstützen. Hier werden in Zusammenarbeit mit UnternehmerTum [50] aus München jährlich WECONOMY Pitch-Wettbewerbe in Kooperation mit dem Handelsblatt organisiert und dafür regelmäßige WECONOMY Start-up-Weekends, um die jungen Gründer in einem einjährigen Mentoring-Programm auf die Endausscheidung und die Kontinuität ihres Start-ups zu unterstützen [51]. Bedeutung von InnoJams und Hackathons Einige Firmen veranstalten inzwischen eigene InnoJams oder Hackathons wie e-on [52]. Themen sind Smart City, Smart Home und die Energieversorgung der Zukunft aufbauen. Oder Postbank [53] mit einer zwölfmonatigen Hackathon Roadshow quer durch Deutschland oder SAP mit InnoJams und Hackathons. VW ist sehr interessant für Hacker, die sich für den Automobilbereich interessieren und für die Zukunft des Fahrerlebnisses. Der Burda Verlag hat inzwischen eine eigene Organisationseinheit gegründet, die sich auf Hackathons zu bestimmten Branchen oder Technologiethemen spezialisiert hat [54]. Hackathons starten mit Design Thinking. Mit Hilfe dieser Methode gelingt das Eintauchen in jedes Thema mit jeder Gruppenzusammensetzung spielerisch mit Spaß und am Ende des Prozesses mit fundierten Prototypen! Es werden verstärkt junge Talente angesprochen, ihre Ideen zu einem übergreifenden Thema in einem Pitch-Wettbewerb am Ende des Hackathons zum Besten zu geben. Es winken neben Preisgeldern und Investitionen durch Venture Capitalists viel Erfahrung,

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gute Kontakte, weiterführendes Mentoring oder Go-to-Market-Unterstützung oder bei Nicht-Gründung eine interessante Stelle bei einem Arbeitgeber [55]. Eine der bekanntesten Gründungen in der Hackerszene ist hackerstolz e.V. Diese Plattform für Hackathons aus Mannheim startete vor ein paar Jahre mit drei Gründern und dieser zündenden Idee [56]. Sie wird inzwischen u. a. von Berliner und Karlsruher Organisatoren wie eine Beratungs- und Organisationsagentur angefordert und beauftragt, Hackathons professionell durchzuführen. Viele Firmen organisieren darüber hinaus Digital Nights oder andere Events für Studierende, Start-ups und Schüler [57]. Das Ziel ist, den jungen Talenten die innovativen Seiten ihrer zukünftigen Arbeitgeber näher zu bringen und ihnen zu zeigen, dass ihre digitalen Skills sinnvoll einsetzbar sind und gebraucht werden. Community Building Sobald man den Arbeitsplatz wechselt, sei es auch nur temporär, erweitert man seinen Horizont. Plötzlich kommen andere Gedanken, Ideen, Einfälle. Es entsteht neues Wissen, neue Kontakte und ein neues globales Netzwerk in der innovativen Entrepreneurship Szene global. Bedeutend für das Design einer Community getriebenen Business-Models ist eine klare Vorstellung über die Value Proposition, die Zielgruppe und das Service-Portfolio des Unternehmens. Die Kontakte werden sich am Anfang ganz langsam erweitern, von einer Keimzelle zu einer doppelten Zelle, zu einer 4-fachen Zelle wachsen, bis sie sich verselbstständigen und durch einen Pull-Effekt auch anfragen, Tipps, Kontakte von den anderen Satelliten der gestarteten Community kommen. Netzwerke, die anfänglich scheinbar nichts miteinander zu tun haben, verzahnen sich so und bekommen eine ganz eigene Dynamik. Es entstehen aus losen Kontakten und Gesprächen plötzlich die ersten Projekte und Kooperationen. Der Initiator der Communities hat plötzlich das Gefühl, es wachse etwas. Persönliche Communities bilden das Ökosystem durch Interaktion, Verzahnung und gemeinsame Projekte. Digital value creators (DVC) hat hier in Verbindung mit Barbara Flügge einen Strategie Kompass entwickelt, der die Modellierung von Business und Service Modellen für Communities unterstützt. Zusammenfassung Es lässt sich zusammenfassend sagen, dass sich die Welt rasant verändert. Agile, kommunikative und flexible Denk, Arbeits- und Kollaborationsstrukturen werden immer mehr von uns allen verlangt und auch geprägt. Jedes einzelne Element der Gesellschaft wird zum Treiber, zum Geber und zum Empfänger von Kontakten, Terminen, Gelegenheiten, Chancen. Wer das schnell versteht und adaptiert, gewinnt. Tempo ist gefragt, schnelle Entscheidungen, zugreifen bei vielversprechenden Opportunities. Langes Überlegen und Abwägen ist nicht mehr gefragt. Durch immer schnelle und vollständige verfügbare Informationen gelingt es den einzelnen Playern im Markt auch schneller sich ein Bild von

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­ otenziellen Partnern zu machen und Termine zu vereinbaren Auch virtuell. Auch Global. p Sehr nachhaltige Innovationen entstehen dadurch, da sie keine Reisekosten, CO2-­ Strapazierung der Umwelt und rasantes Innovationstempo bedeuten. Weg vom IQ hin zum weQ-> Social ImpACT Lab FFM lässt Social Entrepreneure zusammen mit Hasso-­ Plattner-­Institut HPI im Social ImpACT Zukunftslabor an mehreren Standorten weltweit neue innovative soziale Geschäftsideen entwickeln. Diversifizierung, Ausweitung von Angeboten und Services, weg vom Kerngeschäft. WeWork, Mindspace [58], plug & play, Social ImpACT lab sind mehr als vermietete Büroflächen: sie sind Communities, business netzwerke, match making und Investoren Plattformen. Das Verschmelzen von Privatleben und Arbeit wird immer intensiver. Das Tempo und die Qualität der Kontakte und Information- bzw. Wissensaustausch-Flüsse gestaltet sich immer aktueller und zeitnaher. Silos verschwinden, das Gesamtvolumen an wertvollen Innovationen steigt an. Daraus entsteht Innovation im neuen Future of Work Zeitalter.

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Ein neues Serviceverständnis

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Barbara Flügge

Zusammenfassung

Vom Produkt zum Service – Serviceorientierung findet längst in unserem Tagesablauf statt. Sei es die Online-Bestellung beim Lebensmittelhändler, die Verlängerung der Versicherungspolice oder die Buchung eines Hotels, welches uns am Flughafen auf ein Sonderangebot aufmerksam gemacht hat, als Privatnutzer sind wir es gewohnt, in Services zu denken. Wir erkennen schnell, ob die Qualität und der veranschlagte Preis passen. Wir sind quasi die Gradmesser all jener Serviceanbieter und bestimmen durch Feedbacks und Ratings über deren Existenz. Ein neues Serviceverständnis braucht es auch für Smart Mobility bzw. dem Umgang mit Mobilität im Allgemeinen.

Die Vielzahl an Carsharing-Anbietern, die Innovationskraft von Uber und die zunehmende Bildung von Interessensgemeinschaften (Communities) geht einher mit dem originären Wunsch der Initiatoren, etwas zu ändern. Dabei spielen betriebswirtschaftliche Gründe nicht immer die herausragende Rolle. Oftmals setzen sich Geschäftsmodellierer im Nachgang mit den Kernelementen des Geschäftsmodells und seinem betriebswirtschaftlichen Erfolg auseinander und übersehen die eigentliche Motivation, die zu einem disruptiven Angebot tatsächlich geführt hat. Denn die eigentlichen Gründe für Innovationen im Umfeld Mobilität – und nicht nur dort – sind ein Resultat unserer Erfahrungen. So wollen wir nicht mehr auf einen Taxiservice an einem fremden Ort spätnachts vertrauen, da der Taxiservice trotz Vorausbuchung und Bestätigung nicht ausgeübt wurde. Als Innovator fragen wir uns: Wie kann der Reisende an diesem Ort einer aufkeimenden Unsicherheit begegnen? Wer sorgt dafür, dass

B. Flügge (*) digital value creators (DVC), Bottighofen, Schweiz E-Mail: [email protected] © Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2020 B. Flügge (Hrsg.), Smart Mobility, https://doi.org/10.1007/978-3-658-26980-7_17

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der Geschäftsreisende oder Tourist dennoch sicher an den Zielort kommt? In einem anderen Fall berichten Uber-Anwender von Fahrern und Fahrzeugen, die sich im Vergleich zu ­lokalen offiziellen Angeboten wesentlich gepflegter und sauberer präsentieren. Andere Beispiele zeugen wiederum von übergriffigen Uber-Fahrern, die uns veranlasst sehen, doch tiefer in die Tasche für ein Taxi greifen zu wollen oder den ÖPNV wo immer möglich zu nutzen. Weitere Motive entstehen in dem Anspruch, sich und anderen ein lebenswerteres Umfeld zu schaffen. So etwa der zunehmenden Luftverschmutzung und Lärmbelästigung in der eigenen Stadt anders, gemeinschaftlicher zu begegnen. Wer sagt denn, dass der Nahverkehrsbus sich nicht abstimmen lässt mit Cargo-Bikes und Cargo-Scooters für die Zustellung von kleinteiligen Paketen? Stellen sich öffentliche Verkehrsanbieter und Interessensvertreter ebenfalls diese Fragen? Sicherlich hängt dies von der Situation des Zusammenspiels ab, der Bereitschaft zur Ursachenforschung und Ursachenbehebung und der jeweiligen vom Ökosystem abhängigen Ausprägung von öffentlichen, privaten und unternehmerischen Gegebenheiten. Einem gesunden Pragmatismus liegt auch die Initiative von Mobility-as-a-Service (MaaS) zu Grunde. Mobility-as-a-Service ist eines der vielversprechendsten Initiativen und wird gerade deswegen oft fehlinterpretiert und gleichgesetzt mit gemeinhin jedwedem Service, der zu dem Begriff Mobilität passt. Ein Interview, welches wir mit Hans Arby, dem CEO des Start-ups UbiGo [1] aus Schweden, geführt haben, gibt Aufschluss. Im Anschluss an das Interview erfolgen eine Zusammenfassung des Interviews sowie eine Aufbereitung des Geschäftsmodells von MaaS.

17.1 Mobility-as-a-Service (MaaS) aus Sicht von UbiGo Hans Arby and Barbara Flügge Das Interview mit Hans Arby hatten wir in 2016 geführt. Nach aktuellem Durchschauen sind Hans und ich zu dem Entschluss gekommen, dass es an Aktualität nichts verloren hat. Im Gegenteil! Interviewer: Dear Hans, many thanks for taking the time to walk us through the UbiGo initiative and talk about the Mobility-as-a-Service (MaaS) approach you take with UbiGo! Hans Arby: “You are welcome!”

Interviewer: What are the important considerations of the travelers on the road from your point of view – when choosing mobility offerings? Hans Arby: “My perspective on mobility is not to focus from overcoming a distance from location A to location B. It is more the complete need of mobility from the morning to evening, from Monday to Sunday, from January to December – this is what makes you deciding to own a car or not. It is a long term decision with respect to deciding for a car.

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The car ownership, not the car use is the key to rethink the mix of mobility offerings (bus, public transport, bike, taxi etc). Car ownership is one kind of ‘mobility insurance’ and ­therefore it represents flexibility and availability. When going into new kinds of mobility offerings reliability need to be offered. Hence, you need to make very good promise so that mobility works for people on the road without owning a car.”

Interviewer: How do you think that the individualized traveler profile can be made possible in offerings and through the use of technology? Hans Arby: “The design of the services and interface makes the difference. Similar to app design the user interface needs to be compelling. We as UbiGo chose to go for a “mobile phone subscription like” model that allows for flexible subscriptions. Barriers and thresholds need to be low. Examples of thresholds are to stop the service or modify the subscription. Mobility-as-a-Service is about gaining control over the cost and efforts. You as a user can have different accounts – your private (household related) account, your employer’s account (for business trips or benefit packages) – or stores, events and restaurants that wants to embed the trip into their offer, or expose you to ads. You could use mobility for free because you expected an advertisement service while riding a bus or a car. Once there are fully self driving cars, then it will be sufficient with these and the ‘big’ public transport (no regular taxi, rental car etc), making it very easy to be a MaaS-operator. The traveler’s profile tells then about how to personalize an offering. And the personalized offering for travelers is then about owning the customers. If you don’t have won the customer at that point, then it would be you the MaaS-operator that will set the specifications for the self driving fleet.”

Interviewer: What is from your point of view the disruptive experience for the drivers with autonomous driving? Hans Arby: “One hundred years ago adjustments of ignition made a driver a good driver. Some don’t think that we will want to let go the last bit of control and the prestige of “owning” the steering wheel. However take a look at how we have welcomed all steps of automation so far! Technical advancements like ABS are not about the real needs of a traveler. The real need is about enjoyment and not stress. With an UbiGo offering, the travelers could enjoy driving a luxury car. That kind of car turns mobility into a hobby.”

Interviewer: How do you compare autonomous driving with other evolutions? Hans Arby: “With the technical evolution of the photograph, painting became an art. With e-books, real books will be an art and so forth. And with mobility being an ‘automatic service’, driving will be an art or hobby. That is being expressed for example by enjoying driving yourself in the countryside. It turns into an ‘exceptional experience’.”

Interviewer: Is 10 years a decent timeframe to change behavior to consume mobility as a service? Hans Arby: “Overall, we have the early adopters and inventors type of people as early adopters to Mobility-as-a-service (MaaS). Actually, six months were enough for most of them to

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change behavior and continue with their new behavior. But at least 50 % needed the UbiGo service to stay with it. Mobility habits are hard to change, almost as hard as changing religion. Coverage of UbiGo is spread across generations. You can make more money as combined mobility service providers for those user groups that have a big mobility budget. Most important factors to make the change happening are 1) city planning – not build, but design on car usage, 2) public transportation: make it easier to walk and use public transportation, and 3) observe the KPI ‘distance used for trips’.”

Interviewer: What would you suggest to get mobility providers attracted for an online platform? Which mobility providers do you think should be chosen for the platform? Hans Arby: “There are (at least) two different models. One that is the platform for an open market with ‘all’ providers present where users shop around for each trip to the current prices in which the platform provider takes a percentage on each transactions or our UbiGo-model where we procure everyday travel I volume and repackage it for our subscribers, disconnecting what we pay for the trips from what our customers pay. This is probably the only way you can make enough money to sustain as platform provider. We work with preferred suppliers first, but we will probably add other providers for On-the-go customers. Examples are as follows: 1) Attract diverse/distinct offerings and suppliers for each of the service providers. Such as one taxi, one public transport, one car sharing company, and one bus operator. 2) Then you can start negotiation if you have one by each category. Conditions and suppliers would change by local context. 3) Profitability comes by a transactional business model e.g. (10 Cent e.g.). 4) It is key that the service quality is met otherwise the customers would not come back. Innovation is not complicated but you need the co-innovation making it possible in the ecosystem to turn into a reseller. Start with larger hubs and cities, then turn into smaller villages and embed other services like home deliveries. Suppliers could become dispensable to offer new deals.“

Interviewer: Is it possible to book and pay for the whole intermodal travel segment from your point of view? What is needed to make it happen? Hans Arby: “UbiGo plans to have one booking and payment transaction for the users. Three major cities in Sweden are currently in the pipeline and where the distinct mobility providers are chosen. The subscription model is a model with one bill for the use of rental car, taxi and bus. What is being used is a situational choice. You use MaaS without knowing beforehand where to go and when. Anything on top of the subscription fee would be paid in addition. We don’t see ourselves running an operation in every city, rather supporting local operators with a platform model and experience to run the local service. By doing that, there industry standards will evolve for interfaces etc. and also for enabling roaming functionality. In order to turn profitable you need to have a good IT platform for settlement, setting up offerings as for example the business process logistics and the execution of MaaS.

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Take the example of a newspaper: you can choose and select what you are reading. The platform for MaaS operations works quite similar. You can skip and choose what kind of MaaS components you like to use.”

Interviewer: What are your suggestions about integrating real-time data into the traveling process? Hans Arby: “We are referring to published bus plans and public transport and location of the car. As said before, we first focus on the economic side, enabling easy access and using existing journey planners etc. Real-time journey data falls in when you grow by volume Real-time data falls in when MaaS grows by volume. Then the MaaS consumers like to check online all necessary information. Aggregated data can perhaps be sold to traffic management operators. That is the problem: To deploy a real multi-modal, errand based planner would cost a lot, especially since you have to mix time-table based services over a whole travel chain, for example ‘always available services’ such as taxi mixed with limited access service like car sharing.”

Interviewer: To which degree should intermodal travel among mobility providers be coordinated? Hans Arby: “A decision support system would be needed and this would turn out very costly. You do not need an intermodal travel planner, you need an advanced system. I have not seen anything like this in the market. This would mean to check availability of rental car and car sharing (interdependency planning). Public transport is regular traffic, rental car and car sharing is not regular traffic. The result of combining both turns into a very, very advanced ‘travel planner’.”

Interviewer: With respect to publicly subsidized services what is the concession model that is being established with public transportation? Hans Arby: “The concession or reseller model need to ensure that the MaaS-operator gets a fair margin for the public transport and that the users in average pay as much as the direct public transport customers. Or the cost gets covered by advertisers, events etc. Public and private service provisioning need to be combined. Public transportation takes care of their brand when you promise to the users a MaaS. Even though the MaaS-operator takes full responsibility towards the providers and the customers, the providers’ brand and image are important as they are being recognized when MaaS consumers are on-board. A good market can be created if you allow integrators to include public transportation offerings based on the travelers’ profiles.”

Interviewer: Which main challenges do you observe to deploy smart mobility successfully? Hans Arby: “The absolutely biggest challenge is to get all the local and regional public transport authorities to open up public transport for resellers. And this is a policy related and a political question that has to be dealt with locally.

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The main challenges are to setup the initial offering and to sustain in the market. The sophisticated travel planner will not be so important, at least not in the first years.”

Interviewer: Many thanks, Hans, for your insights!

17.2 Das Geschäftsmodell von MaaS Barbara Flügge

Schwerpunkte von MaaS bei UbiGo Schweden Worin bestechen Mobility-as-a-Service-Angebote wie etwa das von UbiGo? Zuallererst spricht Hans Arby in dem Interview von der Abkehr des Fahrzeugeigentums zu einem zweckgebundenen Nutzen eines Fortbewegungsmittels. Dabei spielt die tages- oder bedarfsgenaue Vorausplanung eine untergeordnete Rolle. Der Nutzer bezahlt für ein Portfolio an Möglichkeiten, die Dienstleistung Mobilität (Mobility-as-a-Service) abzurufen. Der Umfang des Portfolios setzt sich aus den Erfahrungswerten in der Vergangenheit zusammen. Dazu zählt etwa die Anzahl gefahrener Kilometer, die Anzahl der Stunden oder Entfernungen, die mit dem öffentlichen Nahverkehr zurückgelegt wurden oder die Größe des Haushalts, sprich die Anzahl der Familienmitglieder oder einer Wohngemeinschaft. Dabei werden öffentliche und private Mobilitätsangebote zusammengeführt. Ob der Erbringer ein Unternehmer oder der Nachbar um die Ecke ist und sein Fahrzeug zur Verfügung stellt oder ob es der öffentliche Umlandbus ist, mit dem der Nutzer in die nächste Stadt zum Einkaufen oder zur Arbeit fährt, ist dabei vollkommen irrelevant. Die durch Mobilität als Dienstleistung erfahrene Verhaltensänderung ist bei dem Feldversuch in Göteborg, Schweden, auf große Bereitschaft der an dem Versuch beteiligten Nutzer gestoßen. Mehr als siebzig Haushalte waren beteiligt und wollten das Angebot über den Feldversuch hinaus nutzen. Hans Arby sieht eine sechsmonatige Laufzeit als ausreichend, um die Verhaltensänderung herbeizuführen. Dabei spielte das Alter der Testuser keine Rolle. Neben der Kooperationsbereitschaft von öffentlichen und privaten Anbietern kommt der Informationstechnologie eine wesentliche Rolle zu. Um durchgängig MaaS anbieten zu können, braucht es eine digitale Plattform, die dem MaaS-Betreiber (MaaS-operator) die notwendigen Buchungs-, Bezahl- und Abrufinformationen hinsichtlich Dauer, Kilometer und Wegstrecke als Datensets zur Verfügung stellt. UbiGo hat dafür ein Vorgehen entwickelt. Dazu gehört auch ein Frontend, also eine App, die den Anwendern zur Verfügung gestellt wird und einen einfachen Zugang zu Mobilität bietet, sei der Zugang abrufbar über das Smartphone oder über das Internet. Ziel ist es, analog zum Smart Ticketing, mit einem Buchungssystem und einem Bezahlsystem das Angebot operabel zu machen. Derzeit, und so ist es zumindest für die ersten Laufzeiten von UbiGo vorgesehen, werden bestehende Fahrpläne des ÖPNV genutzt. Eine Berücksichtigung von Echtzeitbedar-

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fen bzw. on demand eingesetzten Bussen und Tramlinien ist vorerst nicht vorgesehen. Dies bedingt ein intermodales Steuern von vorgefertigten Planungszyklen mit unvorhersehbaren Bedarfen, so Hans Arby. ITS und whim: Wenn aus der Vision ein Angebot wird Hinter einem MaaS-Angebot steckt die Übernahme eines Geschäftsmodells aus der Telekommunikationsbranche. MaaS lehnt sich an das Verfahren für den Abschluss von Mobilfunkverträgen an. Diesen liegt zum Beispiel für die monatsbezogene Preisgestaltung eine maximal anvisierte Anzahl von SMS und Größe des Datenpaketes und weitere Kriterien zu Grunde. Sich mit dem Geschäftsmodell von MaaS auseinanderzusetzen, bedarf einer grundlegend neuen Bewertungs- und Berechnungsgrundlage. Dabei ist der eigene Aufwand für Planung, Buchung und Verifizierung, der einmalige bzw. kontinuierliche Aufwand für den Besitz eines Fahrzeuges und die Aufwendungen für Mobilitätsbedarfe für Geschäftsreisen und in Urlauben einzuberechnen. MaaS-Pakete werden aus Sicht des Intelligent Transport Systems (ITS)-Verbandes auf Basis der in Tab. 17.1 gezeigten Kriterien bepreist und idealerweise in vier Servicevarianten (Tab. 17.1) angeboten [2]. Anwender, die nach dem MaaS Prinzip und in Tab. 17.1 handeln, bezahlen für Mobilität pro Reise oder monatlich einen Betrag in Abhängigkeit der anvisierten bzw. geplanten Distanz. Durch Paketierung des geplanten Mobilitätsbedarfes, d. h. der Kombination aus Anzahl der Nutzungsdauer eines ÖPNV-Busses und Anzahl der geplanten Kilometer mit einem Taxi oder eines zur Verfügung gestellten oder gemieteten Fahrzeugs abonniert der MaaS-Kunde für einen Betrag x seine Mobilität. Er benötigt weder eine Einzelbeauftragung eines Mietfahrzeugs noch ein Tages- oder Monatsticket für den ÖPNV noch ein eigenes Fahrzeug. Die Bezahlung erfolgt einmalig. Erhöht sich der Mobilitätsbedarf, wird das gebuchte Paket angepasst bzw. werden zusätzliche Services on top aufgeschlagen. Genau diesen Komfort bieten die MaaS Initiatoren von ITS mit der whim-App [3]. Die Grundidee von urbanem, regionalem und temporären Nutzungskonzepten wurde beibehalten, das Preismodell wurde allerdings wurde gegenüber dem unter Tab. 17.1 geändert. Letzteres bietet zwangsläufig aufgrund der örtlichen Verankerung immer den Bezug zu der Lokation sprich der Stadt bzw. der angebotenen Region. Am Beispiel Helsinki zeigt sich dies wie folgt: • • • •

whim Urban 30 für € 62 über einen Zeitraum von 30 Tagen whim Weekend für € 249 über einen Zeitraum von 30 Tagen whim Unlimited € 499 für einen Monat whim To Go als nutzungsbasiertes Modell für ÖPNV, Taxi und Mietwagen. City bike wird hierüber nicht angeboten

Die Plan-Details finden sich unter [3] und unter Anklicken der jeweilig angebotenen Stadt. Die bisherige kleine Auswahl über die Website zeigt die Herausforderung eines digitalen Franchise-Modells. Die Voraussetzung des von ITS Finnland und des von whim

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322 Tab. 17.1  Mobility-as-a-Service-Pakete auf Basis der ITS Vision Paket Städtisches Pendlerpaket

15-Minuten ad hoc-Mobilität

Paket für Geschäftsreisende Weltweit

Familienpaket

Angebotsbestandteile Freie Nutzung des ÖPNV am Wohnort bzw. einem zu definierenden Quartier Mobilitätsreichweite von bis zu 100 Kilometer via Taxi Mobilitätsreichweite von bis zu 500 Kilometer via Mietwagen Freie Nutzung des ÖPNV für inländische Mobilitätsbedarfe bis zu 1500 Kilometer Garantierte Bedarfserfüllung (Pick-up) durch ein Taxi innerhalb von 15 Minuten Europaweites Roaming für Taxisharing zu einem Kilometerpreis von 0,50 Euro Freie Nutzung des ÖPNV am Wohnort bzw. einem zu definierenden Quartier Freie Nutzung des ÖPNV für inländische Mobilitätsbedarfe bis zu 1500 Kilometer Garantierte Bedarfserfüllung (Pick-up) durch ein Taxi innerhalb von 5 Minuten Kostenloser Taxiservice am Wohnort Leasing und Nutzung von Fahrzeugen Weltweites Roaming für Taxisharing Freie Nutzung des ÖPNV für alle Familienmitglieder am Wohnort bzw. einem zu definierenden Quartier Leasing und Nutzung von Fahrzeugen Taxisharing für alle Familienmitglieder mit einer garantierten Bedarfserfüllung (Pick-up) innerhalb von 15 Minuten Freie Nutzung des ÖPNV für inländische Mobilitätsbedarfe bis zu 2500 Kilometer

Subskriptionspreis 95 Euro pro Monat

135 Euro pro Monat

800 Euro pro Monat

1200 Euro pro Monat

propagierten Modells verlangt einen kollaborativen und offenen Systemzugang. Betriebsgrenzen sollte und darf es nicht geben, damit Skalierung und Akzeptanz funktionieren sollen. Ein auf Landesgrenzen oder gar Systemgrenzen basiertes und dadurch resultierendes isoliertes Verfahren hätte nicht mal eine kurzlebige Gegenwart. Wie sehen Konsumenten das? Rechnet sich ein o. a. Paket tatsächlich? Die beispielhaft gerechneten Gegenüberstellungen auf Basis des ITS Modells in Abb. 17.1 zeigen: ja! Dabei haben wir die monatlichen Aufwendungen bei Besitz eines Fahrzeugs dem propagierten Innerstädtischen Modell gegenübergestellt und ebenso diejenigen städtischen Aufwendungen für Geschäftsreisende. Finden drei Tagesgeschäftsreisen im Monat statt, amortisiert sich das 15-Minuten-­ Paket bereits. Kritiker werden anmerken, dass das die Grundvoraussetzungen einer Vereinbarung unter den Mobilitätsanbietern erst mal zu bewerkstelligen ist, bevor an eine Einführung von MaaS zu denken ist. Nur dann rechne sich dieser Vergleich. Ist das nicht immer so mit innovativen Ansätzen?

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Abb. 17.1  Vergleich Mobilitätskosten mit und ohne MaaS

Aus welchen Gestaltungselementen holt sich MaaS seine betriebswirtschaftliche und Berechtigung? Eine erste Auflistung (siehe dazu Abb. 17.2) ergibt folgendes Bild. Von der Effektformel Abb. 17.3 ausgehend ergeben sich Effekte in Effizienz und Geschäftsprozessabwicklung für diejenigen, die den Mobilitätsbedarf erfüllen, die sogenannten Bedarfserfüller. Es eröffnen sich vorhersehbarere Anfragen und damit einhergehend eine optimierte Auslastung der Verkehrsmittel. Diejenigen, die sich an das MaaS-Angebot anschließen wie etwa ein Taxiunternehmen in einer frequentierten Messestadt, werden automatisch durch die o. a. Paketierungen von MaaS angeboten. Die zielgerichtete Empfehlung an alle Nutzer einer bestimmten Geografie erlauben darüber hinaus eine Adressierung aller MaaS-Anwender. Man spricht hier von dem Geofencing, d. h. ein Zielbereich bzw. ein kritischer Verkehrsknotenpunkt oder eine Lokation mit einem definierten Einzugsgebiet gibt Rückschlüsse auf Verhalten und Nachfrage. Es lässt sich jetzt schon sagen, dass nicht nur die typischen angrenzenden Angebote wie etwa Bons und Gutscheine (Voucher), Restaurant- (Up-Selling) oder Reisepackages (Cross-Selling) einen direkteren Zugang zu den Mobilitätsnutzern finden, sondern vielmehr lassen sich bezogen auf Mobilität die Bedarfe und damit die Nutzungsempfehlung ökosystemweit und geofencebezogen vermitteln und koordinieren. Voraussetzung ist hierbei, dass der Mobilitätsmanager und der MaaS Operator hier den Schulterschluss suchen. Nur so lassen sich empathische Angebote in den Markt bringen, die Pkw-Besitzer von der Nutzung von MaaS überzeugen. Gelingt dies mit einer kritischen Masse, kann der Weg zu einer Circular Mobility beschritten werden.

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Abb. 17.2  Gestaltungselemente von MaaS

Abb. 17.3  Effektformel Mobility-as-a-Service

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Abb. 17.4  MaaS-Beitrag zur Circular Economy

Dabei trägt MaaS zu den Forderungen der Circular Economy in Bezug auf Sicherheit und Nachhaltigkeit Abschn. 2.8.3 bei und wird so ganz nebenbei Impulsgeber für das produzierende Gewerbe. Die Abb. 17.4 veranschaulicht dein Einfluss von MaaS.

Literatur 1. International Transport Forum (2015) Hans Arby, CEO of UbiGo: transport innovation talk. https://www.youtube.com/watch?v=iBQdlBhf-_s. Zugegriffen am 21.04.2019 2. Hietanen S (2014) ‚Mobility as a service‘ – the new transport model? Eurotransport 12 (2.Ausgabe): 2 f http://www.epomm.eu/newsletter/v2/content/2017/1217_2/doc/eupdate_en.pdf. Zugegriffen am 21.12.2019 3. whim (2019) All your journeys. https://whimapp.com/. Zugegriffen am 21.06.2019

Ein neues Rollenverständnis

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Barbara Flügge, Stefanie Baumann, Michael Püschner und Volker Alberts

Zusammenfassung

Organisationen stellen sich vermehrt die Frage, welche Position sie in einem Wirkungsgefüge zur Bereitstellung von Mobilität oder anderen Dienstleistungen einnehmen können. Analog zum Serviceverständnis braucht es eine Betrachtung von außen, quasi aus Nutzersicht und aus Sicht anderer Marktteilnehmer. Sind Organisationen gewillt, sich auf diesen Prozess einzulassen, eröffnen sich Bestätigungen durch Dritte, aber auch ungeahnte Möglichkeiten. Gepaart mit einem methodischen und strukturierten Vorgehen lassen sich durch die Anwendung digitaler Services und Medien nicht nur Chancen erarbeiten in der betrachteten Geografie, sondern auch in neuen, bis dato unerschlossenen Märkten.

B. Flügge (*) digital value creators (DVC), Bottighofen, Schweiz E-Mail: [email protected] S. Baumann Helmholtz-Gemeinschaft Deutscher Forschungszentren e.V., Berlin, Deutschland E-Mail: [email protected] M. Püschner AUDI, Schweitenkirchen, Deutschland E-Mail: [email protected] V. Alberts Seebarn am Wagram, Österreich E-Mail: [email protected] © Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2020 B. Flügge (Hrsg.), Smart Mobility, https://doi.org/10.1007/978-3-658-26980-7_18

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18.1 Voraussetzungen für das Ökosystem Mobilität Stefanie Baumann und Michael Püschner Im Zentrum des digitalen Ökosystems wie in Abschn. 3.1.3 beschrieben stehen digitale Plattformen, die Service-Anbieter und deren Kunden sowie Hersteller und Infrastrukturdienstleister miteinander verknüpfen. Der Kunde nutzt eine zentrale und individuell angepasste Schnittstelle, um Produkte und Services in Anspruch zu nehmen. Das komplexe Wertschöpfungsnetzwerk dahinter zeichnet sich durch folgende Eigenschaften aus: Daten stehen im Zentrum Daten werden zum „Rohstoff“ und haben einen Wert. So können datenbasierte Geschäftsmodelle erst entstehen. Das Konzept von Open Data spielt dabei eine wichtige Rolle und trägt dazu bei, unser Mobilitätssystem an die sich ändernden gesellschaftlichen Anforderungen (demografischer Wandel, Urbanisierung etc.) anzupassen. Der Datenschutz der persönlichen und sicherheitsrelevanten Daten steht in keinem Widerspruch zur Nutzung personalisierter Mobilitätsdienste. Informationen vermehren sich Im Ökosystem findet ein großer Austausch über Wissen und Erfahrungen statt. Nur durch das Teilen von Informationen entstehen neue Lösungen und Produkte, die dem Kunden einen Mehrwert bringen. Zugang für alle Der Zugang erfolgt über offene, standardisierte Schnittstellen. Im Zusammenspiel der Unternehmen in einem Ökosystem müssen die Spielregeln für alle gleich sein. Über standardisierte Schnittstellen wird dies möglich. Ökosysteme sind dynamisch und nicht statisch. Sie funktionieren nur, wenn sie offen für neue Unternehmen sind. Kooperation auf Augenhöhe Ökosysteme zeichnen sich durch den gleichberechtigten Austausch der Unternehmen untereinander aus. Hierarchische Wertschöpfungsketten werden von innovativen Netzwerken abgelöst, in denen sogenannte Netzwerkeffekte Vorteile für alle Beteiligten mit sich bringen. Klassische Rollen, wie zum Beispiel der OEM (Original Equipment Manufacturer), verändern sich und Firmen der IKT-Branche (Informations- und Kommunikationstechnologien) werden eine zunehmend wichtige Rolle, nicht nur bei der Vernetzung, spielen. Die Systemgrenzen sind weiter gefasst Digitale Ökosysteme enden nicht an nationalen Grenzen. Um einen wirklichen Mehrwert zu schaffen sind zunächst große Mengen von Daten notwendig. Kooperation zwischen den Unternehmen erzeugt Lerneffekte einerseits und Möglichkeiten für eine Ausweitung der Smart Mobility-Services auf der anderen Seite. Der Wettbewerb wird zukünftig nicht zwischen Firmen, sondern zwischen dynamischen digitalen Ökosystemen entschieden.

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Die Entwicklung eines digitalen Ökosystems im Bereich Mobilität steht in Deutschland noch am Anfang. Gelingt es, ein dynamisches, multimodales Mobilitätssystem aufzubauen, das die Interessen der Nutzerinnen und Nutzer in den Mittelpunkt stellt, dann können daraus große gesellschaftliche Vorteile entspringen. Einsparungen von fossilen Brennstoffen und dadurch reduzierte Umweltbelastungen erhöhen die Lebensqualität, vor allem in den urbanen Zentren. Die Sicherheit der Verkehrsteilnehmer, egal ob im Auto, auf dem Fahrrad oder zu Fuß wird durch verbesserte Warnsysteme erhöht. Insbesondere die vielen Berufspendler sparen wertvolle Zeit, die sie heute oft im Stau verbringen. Und letztendlich ermöglicht eine auf das Personenprofil ausgerichtete Anfrage von Mobilitätsdienstleistungen eine gezieltere Vermittlung von Angeboten. Beispiele hierfür sind barrierefreie Zugänge oder Kinderwagenfreundliche Rampen.

18.2 Smart Mobility ganzheitlich begegnen Barbara Flügge Die Auseinandersetzung mit der Frage, welche Rollen können, dürfen und müssen Unternehmen und Organisationen im Zusammenhang mit einer standortsichernden Aufgabe einnehmen, ist eine ungemein spannende. Die Erfahrung hat gezeigt, a. in mehreren Rollen und nicht singulär in einer zu denken, b. nicht auf dem bisherigen Status Quo zu verharren und c. sich in einer spielerischen Art und Weise den Besetzungsmöglichkeiten zusammen mit zwei bis drei Geschäftspartnern und Kunden zu nähern. Dieses Vorgehen findet oft in Verbindung mit dem Ecosystem Assessment statt, sei es im Vorfeld einer Projektierung als Einstimmung oder in einem zwei bis dreimalig stattfindenden Zyklus zur Überprüfung von Entscheidungen und Ergebnissen. Abb. 18.1 veranschaulicht die Auswirkungen eines ganzheitlichen Gestaltens und Umsetzens. Dabei fungieren beispielweise im Bereich Mobilität die MaaS-Pakete nicht zwingend als einzig mögliches Gestaltungsmittel. Vielmehr sind sie Ansporn und Blaupause, in anderen Ebenen und über traditionelle Grenzen hinweg zu denken. Der Anspruch sich Ökosystem-weit zu vernetzen wird so oder so vor Entscheidern nicht Halt machen. Standortbestimmung ist der Analyseprozess, den wir in unseren Workshops dafür einsetzen. Diese finden lokal wie global ab. Das ist zukünftig die Aufgabe für alle an einem Standort beteiligten Akteure. Industriezuordnungen spielen dabei keine Rolle. Einsatz und Verantwortung sind gefragt – unabhängig von der traditionellen Rolle einer öffentlichen Verwaltung, eines Telekommunikationsanbieters oder eines ÖPNV.  Konsum-, Einkauf-, Distributions-, Lager- und Mobilitätsströme werden digital, interaktiv und online erfasst, bewertet, auf Gebrauchsmuster und Personas untersuch. Ganzheitlichkeit braucht es, um Rückschlüsse auf Verhalten und ereignisbezogene Services zu ziehen [1]. Das Rollenverständnis, welches den Erfolg einer intelligenten Anwendung wie Smart Mobility oder anderen Neuerungen im Bereich Industrie 4.0 und Future Workspace ausmacht, beruht auf einem für alle Beteiligten sinnvollen Miteinander. Es geht nur mit Kollaboration und Kooperation. Isolierte Angebote werden über die Zeit keinen Bestand haben.

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Abb. 18.1  Der Blick aufs Ganze

In der Zwischenzeit jedoch dominieren diejenigen Anbieter, welche sich mittels disruptiver und kreativer Angebote, teils aber auch aggressivem Aufarbeiten des Marktes einen First Mover-Vorteil herausarbeiten. Im Sinne des Schaffens und Ausbaus einer Anhängerschaft überwiegt die singuläre Betrachtung und nicht die kollaborative Sicht. Standorte, die sich weiterhin im Wettbewerb behaupten wollen und müssen, und eine hohe Abhängigkeit von industriellen und bildungstechnischen Playern vor Ort aufweisen, sollten sich im Sinne des Ökosystem-Ansatzes zusammentun. Der Vorteil des Ecosystems Thinking (siehe Kap. 3) für Smart Mobility und im Übrigen für jedwede andere Vorhaben liegt darin, standortbezogen in neuen Rollen und Projektansätzen zu denken und keinen Akteur zu vernachlässigen. Methodisch wenden wir dafür das in Abschn. 3.3.2 vorgestellte IoS-Rollenmodell an. Abb. 18.2 veranschaulicht die Auswirkungen eines ganzheitlichen Gestaltens und Umsetzens. Dabei fungieren die MaaS-­Pakete nicht zwingend als einzig mögliches Gestaltungsmittel. Vielmehr sind sie Ansporn und Blaupause, in anderen Ebenen zu denken. Die Vernetzung wird so oder so vor Entscheidern nicht Halt machen. Mit Blick auf aufbauorganisatorische und ablauforganisatorische Aspekte prägen Innovationsvorhaben und Smart Mobility weitere neue Rollen. Hierbei fallen insbesondere der Projektinkubator und der Mobilitätsmanager ins Gewicht. Der Projektinkubator Der Projektinkubator ist Hüter über verschiedene Keimzellen und Projektanfänge in einer Organisation. Er schafft die richtige kreative Atmosphäre und bringt die unterschiedlichen Menschen zusammen, die sich dann ernsthaft mit den Projekten auseinandersetzen und das Wachsen der Keimzellen mit Feingefühl fördern. Eine weitere Kernkompetenz liegt in dem Zusammenführen von Gründern und Mentoren, Ideenfindern und Ideenförderern.

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Abb. 18.2  Das IoS-­Rollenmodell in der Anwendung für MaaS

Dabei arbeitet der Projektinkubator bewusst out-of-the-box. Ein Vorwärtsdenker also, welchem es gelingt, vorherrschende Mechanismen der Kollaboration am Standort mit Ideenreichtum von Einzelpersonen, Initiativen, Unternehmen und der Forschung anzureichern. Die Ausübung der Rolle ist dann erfolgreich, sofern die Ergebnisse des Innovationsmanagements darstellbar, nachvollziehbar und umsetzbar sind. Ähnlich wie das Ford Smart Mobility-Programm hat der Projektinkubator den Überblick über alle Aktivitäten. Nur dann lassen sich Mehrfachaufwände vermeiden oder die Verwerfung von Ideen beschleunigen, welche bereits an anderen Standorten nicht erfolgreich waren. Umgekehrt lässt sich durch den Vergleich mit anderen Ökosystemen ein Netzwerk von Innovationen aufbauen. Damit lassen sich Aufwände und die Akquisition notwendiger Skills und Kompetenzen teilen. Eine weitere Kernkompetenz des Projektinkubators ist die Akquisition und Zusammenarbeit mit Start-ups, Entrepreneuren und Innovationsabteilungen von Unternehmen. Der Mobilitätsmanager Der Mobilitätsmanager schafft die Grundlage für eine ökosystemweite, standortbezogene Bedarfsanalyse und Bedarfserfüllung. Ausgehend von dem idealen Standortprofil gelingt es ihm, private und öffentliche Angebote so auszurichten, dass Mobilität konsumierbar und finanzierbar ist. Stand heute gibt es wie in dem Beispiel der Stadt Göteborg Initiativen, die auf ein ganzheitliches Mobilitätsmanagement abzielen. Oftmals hängt die Ausprägung des Begriffes ganzheitlich von Betreibern wie etwa der Schweizerischen Bundesbahn ab. Diese führt zum einen Verkehrsmittel über das Angebot des General Abonnements zusammen und zum anderen bietet es über Mobility Solutions Fahrzeugleasing an.

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Die Kompetenzanforderungen an den Mobilitätsmanager ähneln den Anforderungen an einen Smart City-Beauftragten: • • • • • • • • • • • •

Herausarbeiten des Standortprofils und damit der Mobilitätsbedarfe Bürgernähe Wahrnehmung und Moderation unterschiedlicher Interessen Gewinnung von Anbietern trotz unternehmerisch unterschiedlicher Ausrichtungen Projektion der wirtschaftlichen, kulturellen, sozialen, gesellschaftlichen und politischen Standortfaktoren in ein auf Mobilität ausgerichtetes Anforderungsprofil Erstellung einer Roadmap für Mobilitätsmanagement Projektmanagement, Steuerung und Projektcontrolling Fähigkeiten, sowohl Führungsrolle wie auch Vermittlung zwischen Interessensgruppen wahrzunehmen Abstimmung mit dem Projektinkubator und anderen Initiativen am Standort Erfahrungsaustausch mit Mobilitätsmanagern anderer Standorte Kontinuitätsmanagement von der ersten Idee bis hin zur Abarbeitung des Umsetzungsplanes für Mobilitätsangebote

Das selbstragende Ökosystem Wie lassen sich oben angeführte Rollen und Verantwortlichkeiten konstruktiv umsetzen? Um sich als Teilnehmer und Mitwirkender eines Ökosystems zu verstehen, bedarf es einer Vereinbarung. Einer Vereinbarung mit sich als Organisation, als Führungskraft oder sei als Privatperson, die gerade im Umzug begriffen ist und in eine andere Stadt zieht. Für alle Personas findet diese Auseinandersetzung oft gegenläufig zu den strategischen, taktischen bzw. individuell gesetzten Zielen statt. Das Ökosystem überlebt Widrigkeiten wie Risiken, Eingriffen von außen und unvorhergesehenen Ereignissen nur dann, wenn es in sich verankert ist und sich möglichst selbständig organisiert. Ein Modell, welches die Akzeptanzfähigkeit von Organisationen im Kontext eines Ökosystems untersucht, ist unter Abb. 18.3 dargestellt. Der nachfolgende Maßnahmenkatalog gibt Hilfestellung für zwei konkrete Fallbeispiele. Fallbeispiel I Maßnahmen zur Festigung der regionalen Stärke • Nutzung der regionalen Geschäftsbeziehungen zur Schaffung von Innovationsclustern • Gemeinsam ein städtisches bzw. regionales Sicherheitskataster konzipieren und erstellen • Einbeziehung von Telekommunikationspartnern für Regionen- bzw. Stadt-spezifische Mustererkennungen (Ballungsgebiete und Straßen, hohe Verweildauer im Mobilfunknetz) • Eruierung derjenigen Einflussfaktoren, um verkehrssicherheitsrelevante Daten und Prozessschritte ganzheitlich bewerten zu können • Das Auto als Ökosystem verstehen Teilnehmer, Nutzer, Komponenten, Prüfingenieure und weitere analysieren. Dieses Vorgehen trägt zur Planung von Infrastrukturüberwa-

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Abb. 18.3  Vorgehen zur Verankerung von Ökosystem-­beeinflussenden Innovationen

chungsdiensten bei und hilft dabei, witterungsabhängig die Bodenbeschaffenheit und den Abrieb des Bodenbelags auf Brücken und Durchfahrtsstraßen feststellen • Durchführung nutzerabhängiger Planungen, Budgetierungen und Geschäftsmodell-­ Simulationen • Servicebündel schaffen durch Nutzung von Datenaggregatoren (Wetter – Baustelle – Einkaufspeaks – Veranstaltungen etc.), welche Einzelabrufe minimieren und somit Mobilitätsnutzer bzw. Fahrer und Passanten gezielt bedienen und zu weniger Ablenkung führen. Fallbeispiel II Selbsttragendes Mobilitätsmanagement • Analyse der Verkehrsanbieter: öffentlicher Nah- und Fernverkehr, Privatwirtschaft • Untersuchung weiterer Mobilitätsanbieter im Zuge von Business Transformation • Eruierung derjenigen Einflussfaktoren, die unnötige, fehlgeleitete und nachhaltig aufwändige Transportaufträge bzw. Beförderungsaufträge verursachen • Erarbeitung eines Governance-Modells des betrachteten Ökosystems (Stadt, Region, Gelände, Viertel) zur Feststellung von Ereignissen und deren Umgang (Versicherung, Service Level Agreements) • Umgang mit Mobility-as-a-Service: Mobilität dosiert nach Konsum- und Reiseverhalten und on demand Bewertung In beiden o. a. Fallbeispielen steht und fällt eine effiziente und zeitkritische Umsetzung mit den Rahmenbedingungen und Freiheitsgraden, welche von politischer Seite eingeräumt und von den Entscheidern als verpflichtend, unterstützend und wirksam bewertet werden. Bevor wir die Umsetzungsschritte konkretisieren, werfen wir in nachfolgendem Abschnitt zusammen mit AIT, dem österreichischen Technologie-Institut, einen Blick auf die Rahmenbedingungen.

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B. Flügge et al.

18.3 P  olitische Rahmenbedingungen und Freiheitsgrade für Smart Mobility Volker Alberts und Barbara Flügge Um die Tragweite politischer Entscheidungen auf das Verkehrswesen und die Mobilitätsangebote der Zukunft besser einordnen zu können, braucht es neben innovativen Denkansätzen und Feldversuchen, Inkubatoren und Mobilitätsmanagern auch eine Positionsbestimmung der öffentlichen Hand. Wo sind Chancen für eine Neuausrichtung politischer Rahmenbedingungen? Gibt es einen Einfluss der öffentlichen Hand auf Innovationen? Hierzu interessieren uns die Einschätzung des Austrian Institute of Technology (AIT). Das Interview, welches wir mit Volker Alberts, vormals Mobilityexperte bei AIT [2] geführt haben, gibt Aufschluss. Herr Alberts zeichnet für den Bereich Innovation und eMobility verantwortlich. Alles weitere in dem nachfolgenden Austausch für Ihre weiteren Planungen! Interviewer: Hallo Herr Alberts, vielen Dank für das heutige Treffen! Lassen Sie uns damit beginnen, politische Rahmenbedingungen und Freiheitsgrade für ein gelungenes Smart Mobility Vorhaben näher kennenzulernen. Volker Alberts: Gerne! Smart Mobility symbolisiert einen integrierten Mobilitätsansatz. Dabei geht es zum einen natürlich um Alltagswege in der Personenmobilität. Es umfasst aber auch Themen wie Gütermobilität bzw. Last-Mile-Delivery, die immer mehr an Bedeutung gewinnen. Als Smart Mobility kann man aber zum Beispiel auch den Mobilitätskonsum über die Nutzung von Flatrates bezeichnen. Diese ermöglichen dem Mobilitätskonsumenten ein komfortables und buchungsfreies Nutzen von Mobilitätsangeboten. Der Anwender kann hier auf die Registrierung bei Carsharing-Anbietern oder der Prüfung der Abrechnung einer gefahrenen Strecke vollkommen verzichten.

Interviewer: In Bezug auf den Wandel der Begrifflichkeiten Smart Mobility, Intelligente Verkehrssysteme (IVS) und Mobility-as-a-Service (MaaS), ist das nicht alles dasselbe? Worin bestehen die Unterschiede? Volker Alberts: Der Begriff MaaS wird global und auch in der Europäischen Union unterschiedlich verstanden. In den USA beispielsweise wird MaaS oft im Kontext der Telekommunikationsbranche verstanden. Viele Initiativen in Europa gehen in die richtige Richtung und setzen MaaS teilweise um, beispielsweise durch „integrierte Verkehrssysteme“. Dennoch fehlen den heutigen Angeboten die Transparenz bei den Nutzungstarifen und dem Ticketing im Sinne einer s­ erviceorientierten Bezahlung und der dazugehörigen Abrechnung. Selbst der Begriff Mobility-as-a-Service wird in Österreich oft als ein Sammelbegriff für innovative Mobilitätsservices (also Mobility Services) verstanden, wie etwa ein dedizierter Service, wie zum Beispiel Carsharing oder Bikesharing. MaaS lässt sich jedoch vielmehr als weitere Evolutionsstufe Intelligenter Verkehrssysteme (IVS) ansehen.

18  Ein neues Rollenverständnis

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MaaS verbindet aus meiner Sicht eine starke Analogie zum Mobilfunkvertrag. Am Beispiel des Einzelhandelsunternehmens Hofer Österreich sieht man, dass dieser, im Grunde vollkommen spartenfremd, heutzutage Mobilfunkverträge anbietet und auch Mobilitätsanbieter von morgen sein kann. Ebenso kann man dies aus Sicht verschiedener Blickwinkel erweitern: Tinder, eine Datingplattform, Google oder sonstige Anbieter können mögliche Mobi­ litätsanbieter sein. Dem Konsumenten wird dadurch die Möglichkeit gegeben, seine persönlichen Interessen und Erwartungshaltungen mit dem Mobilitätsbedürfnis zu verknüpfen und ein gemeinsames Angebot zu erhalten.

Interviewer: Wie steht es mit der verkehrspolitischen Verankerung von MaaS? Volker Alberts: Es gibt derzeit keine konkreten verkehrspolitischen Zielsetzungen für MaaS. Dies heißt im Umkehrschluss, dass ohne eine verkehrspolitische Zielsetzung MaaS tatsächlich nur eine kleine Zielgruppe erreicht. Dies sind meist die Nutzer der ersten Stunde (Early Adopter). Durch die fehlende verkehrspolitische Zielsetzung lassen sich politische Entscheider und wirtschaftliche Interessensgruppen, die insbesondere für dieses kollaborationsintensive Thema wichtig sind, nur bedingt begeistern.

Interviewer: Nun, es gibt derzeit sehr spezifische MaaS-Beispiele wie etwa maas.fi [1], UbiGo [3] aus Schweden und Smile [4]. Warum sind es gerade Vordenker aus der Privatwirtschaft? Volker Alberts: Bei Vorhaben wie Smile ist es schon so, dass die öffentliche Hand mit von der Partie ist. Um erfolgreich zu sein, dürfen Projekte nicht in der Langsamkeit versinken. Es braucht oft kein Warten auf politische Rahmenbedingungen, um Innovationen zu kreieren. Die Innovation überholt in vielen Bereichen die Verkehrspolitik und die bürokratischen Mühlen. In vielen Bereichen fehlt es sichtlich an einer Überarbeitung von verkehrspolitischen Zielen und zum Teil auch rechtlichen Rahmenbedingungen. Noch immer richten sich letztere – leider – an der Interessenslage einiger weniger Interessensvertreter aus.

Interviewer: Wo ist wirklich die Grenze zwischen verkehrspolitisch und wirtschaftlich orientierten Lösungen? Volker Alberts: Der supranationale verkehrspolitische Auftrag ist definiert im Weißbuch Verkehr [5]. Daraus leitet sich für jedes Land und jede Stadt ein Auftrag ab. Carsharing beispielsweise ist noch nicht ausreichend verkehrspolitisch verankert. Die meisten Carsharing-Angebote sind wirtschaftlich orientiert. Das geografische Angebot von Carsharing-Firmen ist als Geschäftsgebiet ausgewiesen und schränkt Bürger in der Nutzung oft sehr stark ein. Finden aber ausschließlich wirtschaftlich orientierte Entscheidungen statt, ergibt ein Carsharing-Angebot für ein Unternehmen wenig Sinn, einen äußeren Bezirk trotz mangelnder Durchdringung und einer aufwändigen Distributionslogistik zu befahren, Der öffentliche Personennahverkehr wird bis dato unterstützt. Er sollte, so der Auftrag, jedem zugänglich sein. Dieses Angebot erfährt damit auch eine Subventionierungsfähigkeit. In der Finanzierung des öffentlichen Verkehrs müsste sich etwas ändern. Ein Beispiel: Wirbt

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der ÖPNV-Betreiber für Carsharing, ist dies dann auch subventionsfähig? Würde Carsharing als Ergänzung für den ländlichen Raum mit gefördert, hätte dies einen höheren gesellschaftlichen Nutzen zur Folge. Und damit wäre auch eine höhere Auslastung zu erwarten – sowohl im neuen Carsharing-Angebot als auch im ÖV.

Interviewer: Welche Zielgruppen, also Personas, stehen im Fokus des öffentlichen Auftrags? Und beeinflusst dies die Ausrichtung des Angebots? Volker Alberts: Die Personas, also die Zielgruppen für den öffentlichen Nahverkehr, werden oft von der Historie her betrachtet. Oftmals werden die möglichen neuen Zielgruppen gar nicht genutzt oder in die Projekte mit einbezogen. Das Aufbrechen alter Denkmuster braucht Offenheit und Kreativität. Sind diese in der öffentlichen Hand und bei den „alten“ Mobilitätsanbietern nicht vorhanden, werden diese von Innovationen von Start-ups und Entrepreneuren überholt werden. Letztere versetzen sich in die Lage der KundInnen und untersuchen die Persona-bezogenen Bedarfe. Living Labs und Feldversuche sind zum Beispiel gängige Konstrukte, die einen realitätsnahen Projektansatz bieten und dabei die Nutzer einbeziehen; und dies von der Entwicklung bis hin zum Testen und Umsetzen der Innovation. Eine weitere offene Frage ist, welche Rolle eine Organisation zukünftig einnehmen kann. Das Risiko, dass die öffentliche Hand den Zeitpunkt verpasst, externe Innovationen zu nutzen und in die verkehrspolitischen Agenden mit zu übernehmen, ist groß. Auf der anderen Seite zeigen die wenige Beispiele wie das der Hansestadt Bremen, dass es anders gehen kann. Städte nutzen mittlerweile wiederkehrende Ausschreibungen für Carsharing-Angebote. Die öffentliche Hand setzt damit Carsharing zur Abdeckung des Mobilitätsbedarfes der Einwohnerschaft strategisch auf Augenhöhe mit dem ÖPNV.

Interviewer: Wie bringen Entscheider Smart Mobility auf den Weg? Volker Alberts: Neue Rahmenbedingungen und neue Formen der Zusammenarbeit werden zunächst für tragende Bereiche wie 1) Verkehrsmanagement, 2) Sharing Mobility, 3) Konnektivität (Cooperative Intelligent Transport Systems, Abk. CITS) und 4) automatisiertes Fahren benötigt. Es bedarf bereichsübergreifend a) einer Definition der verkehrspolitischen Zielsetzung und damit einer Strategie auf Bund und lokaler Ebene, ebenso einer Formulierung der Ziele und Beiträge einer Stadt, b) einer Kooperationsbereitschaft der öffentlichen Hand mit öffentlichen und privaten Anbietern von Infrastrukturen und Services, c) der Gestaltung von Betreibermodellen, d) eines Datenaustausches und einer Datenharmonisierung, e) der Förderung von Businessneulingen zur Entwicklung von Services, f) der Einrichtung von Living Labs, g) der Positionierung und Nutzbarmachung der vorhandenen Expertisen mittels starkem Wissenstransfer, h) die Bewusstseinsschaffung für die Potentiale durch Coopetition (Kooperationswettbewerb) anstatt Konkurrenzdenken sowie i) einer Übertragung der Entscheidungsfähigkeit in die Kommunen und einer Förderung der Gestaltungsfähigkeit.

18  Ein neues Rollenverständnis

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Interviewer: Welche Schwerpunkte ergeben sich demnach für die Zukunft? Volker Alberts: Transformationsaspekte wie Digitalisierung und Automatisierung müssen genutzt werden, um den Rahmen für unser Verkehrssystem neu aufzuspannen zu können. Am Ende ist wichtig, nicht nur die neuen und zusätzlichen Entwicklungen zu betrachten, sondern auch die Klärung, was wir dann von dem, was wir heute haben, nicht mehr tun, ist maßgebend! In Bezug auf Rollenmodelle und Digitalisierung werden auch Aufgaben hinterfragt werden müssen. Übernimmt der Big Data Scientist zusammen mit dem digitalen System die Planung und schafft in einem Bruchteil der bis dato eingesetzten Zeitbedarfe und Fachkräfte die planerischen Aufgaben, stellt sich die Frage nach den Kompetenzen und den Jobs der Zukunft. Dies lässt Raum für entscheidungsrelevante Aufgabengebiete und die Konzentration auf hochkomplexe Vorgänge. Dies bedarf aber auch einer auf die Zukunft ausgerichteten Aus- und Weiterbildung. Kapazitäten werden auch in Infrastrukturen hinterfragt werden müssen. Braucht es tatsächlich noch Parkgaragen, braucht es eine Flottenerweiterung? Wohlwissend, dass durch intelligente Disposition und automatisiertes Fahren eine bis zu neunzigprozentiger Einsparung von Fahrzeugen in urbanen Räumen erreichbar sein kann – dies jedoch nur in Verbindung mit dem öffentlichen Verkehr als Rückgrat und einer intermodalen Dispositionsleistung. Letzteres zeigt eine Untersuchung am Beispiel der Stadt Lissabon! Eine isolierte Betrachtung entlang der bisherigen Rollenaufteilung ergibt daher keinen Sinn. Es braucht eine Inklusion von Infrastruktur, Fahrzeugen, Daten und neuen Services für ein nachhaltiges Mobilitätsökosystem und damit auch Mobility-as-a-Service.

Interviewer: Das war eine großartige Schlussbetrachtung. Vielen Dank Herr Alberts für das Gespräch! Volker Alberts: Ich danke Ihnen!

18.4 Transformation kontextuell umsetzen Barbara Flügge Woran erkennen Gemeinden Ihren Reifegrad und wie bestimmen Sie das Vorgehen? Mit unserem Vorgehensmodell in der Anwendung Kap. 13 haben wir den Kontext für Fallbeispiele wie unter Abschn. 18.2 dargestellt erarbeitet und detailliert beschrieben. Entscheidungsträger wollen nun wissen, wo sie stehen. Sie fragen sich, wie sich Smart Mobility Maßnahmen von den vorherigen Aktivitäten unterscheiden und welche Aktivitäten sich gut in den Smart Mobility Komplex einordnen lassen. Für die Umsetzung haben wir ein Raster entwickelt, dass sich als erster Check gut eignet. Zum besseren Verständnis sei hier ein Beispiel in Abb. 18.4 als mögliche Kombination von Dimensionen und Ausprägungen angeführt. Es stellt einen pragmatischen Ansatz zur Erstellung einer eigenen Reifegradanalyse dar. Es hat daher keinen Anspruch auf Vollständigkeit und soll vielmehr Vorhaben in Bezug auf mögliche Dimensionen und deren Ausprägungen für das eigene Mobilitätsprojekt vorantreiben. Wir empfehlen die Befüllung

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B. Flügge et al.

Abb. 18.4  Transformations­reife – Ausprägung des Kriterienkatalogs

des Kriterienkatalogs bewusst als organisationsübergreifende Projektaktivität zu verstehen und eigene Kriterien zu ergänzen! Unsere Projekterfahrung zeigt, dass Projektteams, Entscheider und Einflussnehmer in einem stetigen Spannungsfeld von „machbarer Mobilität“ und „idealem Mobilitätsangebot“ stehen. Dieses Spannungsfeld wird sich nicht auflösen; iterative Durchsprachen anhand des Vorgehensmodells helfen, das Spannungsfeld a. besser zu verstehen und klar zu umschreiben und b. sich der Hausaufgaben bewusst zu werden und c. diese Konsensfelder zu überführen.

Literatur 1. whim (2019) All your journeys. https://whimapp.com/. Zugegriffen am 21.06.2019 2. Zipcar (2016) http://www.zipcar.com/. Zugegriffen am 12.11.2019 3. UbiGo (2019) https://ubigo.me/en/. Zugegriffen am 12.06.2019 4. Smile (2019) http://smile-einfachmobil.at/. Zugegriffen am 21.04.2019 5. Europäische Kommission (2011) WEISSBUCH – Fahrplan zu einem einheitlichen europäischen Verkehrsraum – Hin zu einem wettbewerbsorientierten und ressourcenschonenden ­Verkehrssystem

Ein neues Werteverständnis

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Barbara Flügge

Zusammenfassung

Intelligente Mobilitätskonzepte zeichnen sich durch Wirksamkeit und Wertigkeit auf allen Ebenen aus. Welche Methoden und Mittel für die Konzipierung herangezogen werden und wie stringent sich Entscheider der Komplexität stellen ist mit Blick auf die Wertigkeit eines Angebots bewältigbar. Es ist allerdings ein neues Werteverständnis gefordert, welches private, öffenltiche und unternehmerische Handelnde an einen Strang ziehen lässt. Der folgende Beitrag zeigt auf und mahnt an: Es braucht die Erkenntnis der beteiligten Parteien, ein Werte-Gestalter (value creator) sein zu wollen. Schliessen Sie sich uns an! Dann lässt sich aus der Vielfalt an verfügbaren, auch digitalen Mitteln ein tragfähiges und nachhaltiges Ökosystem auf den Weg bringen.

Wege beschreiten Heute für ein Gemeinsames Morgen Mit der vorliegenden Publikation erhalten Sie eine umfassende und dennoch spannende Auseinandersetzung mit den operativen, funktionalen sowie sozio-ökologischen und sozio-­ökonomischen Aspekten der Mobilität. Die Strahlkraft von Mobilität erfasst jeden Lebensbereich jedes Einzelnen. Dabei wird Mobilität individuell und persönlich empfunden, ob ausreichend, fehlend, finanzierbar, motivierend, vernetzend, zugänglich, flexibel oder bereicherndUnter Anwendung des Smart Mobility-Ökosystems und mit unserer Begleitung, den digital value creators (DVC), lässt sich für jedwede Organisation unabhängig von Größe, Ausrichtung und industrieller Zuordnung der „Standort“ bestimmen: Wo stehen wir?

B. Flügge (*) digital value creators (DVC), Bottighofen, Schweiz E-Mail: [email protected] © Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2020 B. Flügge (Hrsg.), Smart Mobility, https://doi.org/10.1007/978-3-658-26980-7_19

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B. Flügge

Was haben wir auf den Weg gebracht und welche Meilensteine sind zu bewältigen? Welche Rolle(n) wollen, müssen und sollten wir morgen einnehmen? Die öffentliche Hand und Privatunternehmen sind konfrontiert mit Infrastruktur- und Investitionsentscheidungen, welche im Heute unseren Spielraum für Morgen abstecken. Mehr denn je steht diese Erwartungshaltung durch die Corona-Pandemie im Raum! Dem geschuldet braucht es eine intelligente und kreative Nutzung der Informations- und Kommunikationstechnologien. Es ist unser Anspruch als digital value creators (DVC), Ihre Position und die Ihres Ökosystems  für die Zukunft vorzubereiten. Unsere Netzwerkanalysen unterstützen Sie dabei. Mit der #MobilityMovesMinds Initiative untersuchen wir zum Beispiel Ökosysteme und deren Widerstandsfähigkeit – dies aus Sicht von Einzelpersonen und Organisationen, aus Sicht unterschiedlicher Milieus und positiv optimistisch. Interessenten an der #MobilityMovesMinds Initiative melden sich direkt an via https://calendly.com/digital-value-creators/interview-resilience-make-your-company-heard – weitere Formate bieten wir via [email protected] an. Erfolgreiche Umsetzung braucht Gemeinsame Werte Wir geben unserer Leserschaft eine 2., vollkommen überarbeitete Ausgabe an die Hand. Viele Ihrer und Eurer Vorhaben bauen – so dürfen wir zu Recht behaupten – auf Vorgehensmodelle, Anwendungsschilderungen, funktionalen, technischen und operativen Beiträgen und Empfehlungen von uns auf. Dies haben die zahlreichen Zuschriften, Interaktionen und Gespräche gezeigt. Wir tun unser Bestes, auch weiterhin mit Rat und Tat und kreativen Inputs Euch bei der Realisierung einer intelligenten, inklusiven Mobilität für alle zur Seite zu stehen. Dies ist ein wesentliches Kompetenzfeld, welches wir als digital value creators (DVC) anbieten. Ich bedanke mich im Namen meiner Beitragsautoren bei allen Gesprächspartnern und Projektkollegen, unseren Unternehmen und Geschäftspartnern und den Kolleginnen und Kollegen des Springer Verlags. Ich bedanke mich insbesondere bei Sabine Kathke und Heike Jung, die mich bestärkt und es überhaupt erst möglich gemacht haben, die 2. Auflage auf den Weg zu bringen! Ich bedanke mich bei Martin Börger und seinem Team für die Unterstützung in der 2. Auflage! Es braucht Mut, sich innerhalb eines Rechtsrahmens kreativ zu bewegen. Es braucht Mut, wenn es sein muss, sich auch außerhalb des Rechtsrahmens zu bewegen, um Alternativen zu erspüren, Neuerungen zu wagen und auszuprobieren. Bringen Sie Bewegung in Ihr eigenes Ökosystem. Sie sind bereits dabei? Dann halten Sie das Rad in Schwung. Mobil zu sein, heißt auch Städte, Gemeinden und Landkreise, Regionen und Wohn- und Arbeitsräume aufleben zu lassen und wo nötig und hilfreich, ihnen die verloren gegangene die Identität zurückzugeben. Uns liegt Ihre Zukunft am Herzen. Mit unserem kollaborativen und wertebasierten Ansatz gestalten wir Zukunft. Sprechen Sie uns dazu an: [email protected]. Mit der Gründung eines Unternehmens und der Neuausrichtung gehen Zeit und Energie andere Wege – so bedanke ich mich recht herzlich bei allen für die Zusprache und nicht zuletzt meiner Smart Mobility und

19  Ein neues Werteverständnis

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Smart City Community für die unglaubliche Geduld. Vielen Dank an Gerhard Greiner und Andrew Funk und vielen anderen, deren Feedbacks mich bestärken, dass der Ökosystem-weite Ansatz den Herausforderungen unserer Zeit entgegentritt und hilft, diese zu begreifen und lösungsorientiert und kreativ zu begegnen. Freuen Sie sich auf weitere Beiträge von uns und unserer Leidenschaft, allen das Recht auf Mobilität zu ermöglichen! Herzlichst, Barbara Flügge, Managing Director digital value creators (DVC), ­[email protected] oder besuchen Sie uns auf https://www.digitalvaluecreators.com

Glossar

3G

Mobilfunkstandard der dritten Generation (UMTS  – Universal Mobile Telecommunications System) acatech Deutsche Akademie der Technikwissenschaften Accessibility Erschließung von Nutzergruppen AFIMB Agence Française pour l’Information Multimodale et la Billettique Aktuatorik Steuerungs- und Regelfunktionen, die die Antriebstechnik eines Fahrzeugs betreffen APNR Automatic Number Plate Reading, automatische Nummemschilderkennung App Applikation für Internet, mobile Träger (Geräte, Wearables, Textilien) Application Designer Anwendungsentwickler Application Embedding Angebot von Applikationen in anderen Applikationen Application Sharing Nutzung einer mobilitätsbezogenen Applikation durch mehrere Anwender und deren Geräte ARTS Advanced Rural Transportation Systems Autonomous Driving autonomes Fahren, synonymhaft mit fahrerlosen Fahr­ zeugen Beidu chinesisches Globales Satellitennavigationssystem Benefit positive Bewertung BIM Bausteine Intelligenter Mobilität Business Network Geschäftsnetzwerk Cell of Origin Ursprungszelle, Verfahren der mobilen Positionsbe­ stimmung Challenges Herausforderungen, Challenges sind der Ausgangspunkt für den Design Thinking Gestaltungsprozess CIID Copenhagen Institute of Interaction

© Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2020 B. Flügge (Hrsg.), Smart Mobility, https://doi.org/10.1007/978-3-658-26980-7

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CLECAT

Glossar

European Association for Forwarding, Transport, Logistics and Customs Services CNA Calypso Network Association Community Engagement Aufbau einer Gemeinschaft von Gleichgesinnten und einer Adaptionsfähigkeit Connected Economy vernetzte Ökonomie Continuous Operations Betriebsfunktion CPS Cyber Physical Systems Customs Zollabwicklung Design Thinking Kreativmethode und Vorgehen im Innovationsprozess Desirability Grad der Begehrtheit Digital Concierge digitaler Begleiter Digital Mobility Front Office Menge aller Mobilitätsanbieter digitaler Medien, Konsumations- und Interaktionskanäle und Schnittstelle zum Kunden/Mobilitätsnutzer disruptiv Verhaltensmerkmal, bei dem eine teilweise oder vollständige Verdrängung einer bestehenden Technologie, Produkt oder Dienstleistung durch eine Innovation stattfindet E2E Mobility End-to-End (E2E) Mobilitätsprozess Economic Viability wirtschaftliche Tragfähigkeit Ecosystems Assessment Ökosystem-Analysen industrieübergreifend und Netzwerk-bezogen Electrification Elektromobilität eMobility Elektromobilität EMVCo Konsortium von Kreditkarten Anbietern. EMV steht für Europay, Mastercard, Visa. Weitere Mitglieder sind JCB, American Express, China Union Pay und Discover. Entrapreneurship Innovation findet außerhalb einer Organisation durch Firmengründer, ohne Bezug zu einer Organisation statt Entrarteship Innovation im künstlerischen/Design Umfeld. Sie findet außerhalb einer Organisation durch Firmengründer, ohne Bezug zu einer Organisation statt Excitement Aha-Erlebnis Extrapreneurship Innovation findet außerhalb einer Organisation durch Mitarbeiterinnen statt Farebox Münzapparat Galileo europäisches globales Satellitennavigationssystem GDS Global Distribution Systems GLONAS russisches globales Satellitennavigationssystem (Globalnaja nawigazionnaja sputnikowaja sistema) GPS Global Positioning System, US-Amerikanisches Globales ­Satellitennavigationssystem

Glossar

GSM

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Global System for Mobile Communications, Standard für digitale Mobilfunknetze Heatmap farbkodierte Darstellungsform für kriterienbasierte Vergleiche HMI Human Machine Interaction Hospitality Gastgewerbe Human Machine Interaction Mensch-Maschine-Interaktion IFM interoperable Fare Media, interoperable Medien und Lesegeräte für Fahrscheine IKT Informations- und Kommunikationstechnologien Infastructure vorhandene Infrastruktur Infrastructure Management Betrieb und Wartung von Verkehrsmitteln der öffentlichen Hand und privater Unternehmen, privater Communities oder Einzelpersonen International Shipments Anteil Internationaler Auslieferungen Intrapreneurship Innovation findet organisationsintem durch Mitarbeiterinnen statt IoS Internet of Services, Internet der Dienste IoT Internet of Things, Internet der Dinge ITF International Transport Forum, Weltverkehrsforum ITS Intelligent Traffic Systems, Deutsch: IVS ITSO Integrated Smart Card Organization IVS Intelligente Verkehrsmanagement Systeme LCC London Congestion Charging, Gebührenerhebung für die Befahrung der Londoner Innenstadt bzw. der definierten Zonen Logistics Competence Kompetenz in Logistik LPI Logistics Performance Index LTE Long Term Evolution, Mobilfunkstandard der vierten Generation M2M Maschine-zu-Maschine Kommunikation MaaS Mobility-as-a-Service Market Offerings existierende bzw. konkurrierende Marktangebote Matchmaking Anbahnungsprozess von Angebot und Nachfrage Materials Evolution Evolution in Materialentwicklung, -nutzungsdauer und -Wiederverwendung Mobility Back Office Menge aller Anbieter und Bereitsteller von Produkten, Räumen, Services und Daten für die Ausübung eines Mobilitätsdienstleistung Mobility Broker Betrieb von Content- und Informationsportalen Mobility Consumer Mobilitätsnutzer Mobility Execution Ausführen von Mobilitätsdienstleistungen

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Mobility Operations Mean Mobility Property

Glossar

Instandhaltungsbezogene Anlage Unterhaltung von Mobilitätsbezogenen Umschlagplätzen und Arealen Mobility-as-a-Service Service-orientierte Mobilität, #MobilityMovesMinds für digitale, mentale und physische Mobilität (mehr unter https://www.digitalvaluecreators.com) NaM Neue autoMobilität, Projektvorhaben der acatech NFC Near Field Communication, Deutsch: Nahfeldkommunikation OEM Original Equipment Manufacturer OTA Online Travel Agent, Online-Reiseagenturen Owner Eigentümer bzw. Betroffener der Ausgangssituation Parking lot Parkplatz Persona Zielgruppe, human, non-human, strukturell, technisch Physical Mobility Front Office Menge aller Mobilitätsanbieter als Service und/oder Produkt und Schnittstelle zum Kunden/Mobilitätsnutzer Predictive Analytics Vorausschauende Analysen Proxy Stellvertreterregelung in Bezug auf Genehmigungs-, Buchungs- und Abrechnungsverfahren Reutilization Wiederverwendung RFID Radio-Frequency Identification, Identifikation mittels elektromagnetischer Wellen Roadmap Projektierung bzw. Umsetzung im Feldversuch RSS Received Signal Strength, zur Positionsbestimmung im WLAN-Netz Same-Day-Delivery Auslieferung am selben Tag einer Buchung bzw. Bestellung Scooter Moped, Mofa Self-Sustaining Ecosystems selbsttragende, überlebensfähige, eigenständige Ökosysteme Sentinel Spürsinn im Allgemein Service Competence Kompetenz des Diensüeisters Service Dialogue Process Service Dialog Prozess, bezeichnet den Dialog, den Services zwischen innerbetrieblichen und zwischenbetrieblichen Einheiten ermöglichen Service Provider Serviceanbieter Service Reach geographische Nähe bzw. Nutzungsmöglichkeit des Service Servidzation Dienstleistungsorientierung Smart Mobility intelligente Mobilität Smart Traffic Verkehrsdatenanalyse Social Network soziales Netzwerk

Glossar

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Solution Lösungsansatz Stakeholder Interessensvertreter Strategy Mapping strategische Untemehmensanalyse nach Kaplan und Norton System-level integration of transport modes intermodale Verkehrsmanagement für Personenverkehr Tagging Registrierung eines Merkmals bzw. Kemkriteriums, eines Produktes zur späteren digitalen Verknüpfung Technical Feasibility technischer Machbarkeit Ticketing Verkauf von Fahr-/Eintrittskarten über alle Kanäle Ties Interaktionen und Verknüpfungen (in Ökosystemen) Timeliness Anlieferungsgenauigkeit TOA Time of Arrival, genutzt zur Positionsbestimmung im Funknetz über Trilateration Tracking und Tracing Sendungsnachverfolgung und Supply Chain Monitoring Traffic Data Verkehrsdaten Usability Testing Testen der Anwendbarkeit eines Service, einer App oder eines Produktes Use Case Nutzungsszenarium, Definition von Nutzungsszenarien sind die Voraussetzung für Feldversuche User Experience Nutzererlebnis User Group Zielgruppe UX User Experience; Nutzererlebnis Value Driver Wertetreiber VdV Verband Deutscher Verkehrsunternehmen Venture Capitalist Kapitalgeber WTTC World Travel and Tourismus Council

Weiterführende Literatur

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Stichwortverzeichnis

A #MobilityMovesMinds VIII, XVIII acatech (Deutsche Akademie der Technikwissenschaften) 164, 192 Accessibility 94 Account Based Ticketing 239 adasca (agency for digital and analogue space couture) 61, 300 Advanced Rural Transportation Systems (ARTS) 42 Aktuatorik 189 Alberts, Volker 334 360° Analyse 72 Anlagegüter 35 Anything-as-service 257 API 47, 292 Application Embedding 260 Arby, Hans 316 Architektur, cloudbasierte 285 Augmented Reality (AR) 193, 211 Austrian Institute of Technology (AIT) 334 AustriaTech 18 Automatic Number Plate Reading (ANPR) 45 Automatisierung 164 Autonomie 14 Autonomous Driving 44 B Bangalore 120 Barcelona 120 Baselland Transport (BLT) 222 Basel-Stadt 4 Bausteine Intelligenter Mobilität (BIM) 251 Beförderungsleistung 27 Beijing 122

Berlin 124 Betriebsfunktion 92 Bevölkerungswachstum 12 BMVI (Bundesverkehrsministerium) 187 BMWi 68 Breidenbach, Raphael 54 Business Model Innovation (BMI) 255 C Car Ownership 157 Carsharing 2 Change Management 254, 267 Christakis 61 CIID (Copenhagen Institute of Interaction Design) 72 Circular Economy 41, 193, 325 Cloud-Anwendung 48 Co-Innovation Continuity 256 Co:llaboratory 61 Community 311, 315 Connected Economy 55 Vehicles 44 Connecting Europe 35 Cooperative Intelligent Transport Systems (CITS) 336 Cradle-to-Cradle 192 Cross-Selling 48, 323 Customer Relationship Management (CRM) 240 Cyber Physical Systems (CPS) 46, 193

D DAISY 72

© Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2020 B. Flügge (Hrsg.), Smart Mobility, https://doi.org/10.1007/978-3-658-26980-7

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352 Data Development Kit (DDK) 260 Scientist 292 Data-as-a-service (DaaS) 257 Design Thinking 62, 72 Design-your-own 64 Desirability 62 Dienstleistung, webbasierte 178 Digital Asset Mapping 43 Companion 258 Concierge 176, 258 Economy 59 Mobility Front Office 93 Value Creation 174 value creators (DVC) 58, 61, 66, 89, 264, 300, 311 Digitalisierung 4, 77 Gesichter der 65 DIN-Norm 284 Diversity 306 D-Mobilität 112 Dynamik der digitalen Transformation 78 E E2E-Mobilitätsservice 233 E3 62 Economic Viability 62 Ecosystem 53 Assessment 59, 69, 72, 254, 329 Resourcing 264 Thinking 4, 158, 251 ee-Mobilität 112 Elektromobilität 2 Entrepreneurship Avenue 310 Entscheidungspräferenz 65 3Es 68 F Fahrdienst digitaler 168 Fahren, autonomes 2, 188 Fahrzeug 12 Fallstudie 4 Farebox 234 Fare Media 238, 246 Feinstaubbelastung 40 Finanzierung 15

Stichwortverzeichnis Flügge, Barbara 62 Ford Smart Mobility 181 Fowler 61 Fridays for Future 110 Future Agenda 13 Workspace 329 G 5G 170 Galileo 206 Gamification 69 Geofencing 323 Gesamtsystem 31 Geschäftsmodell 29 Geschäftsmodellierung 320, 321 Geschäftsnetzwerk 55, 60 Geschäftsprozess 35, 46 Global Distribution Systems (GDS) 245 Globalisierung 11 Governance Framework 254, 262 Grenander, Alfred 204 Guangzhou 127 Güterverkehr 10, 18 H Hamburg 28 Handlungsempfehlung 5 Hochschule St. Gallen (HSG) 309 Hong Kong 128 Hüther, Gerald 304 I Immobilienbetrieb 178 Indoor-/Outdoor-Navigation 205, 246 Industrie 4.0 64 Infrastructure-as-a-Service (IaaS) 287 Infrastruktur 2, 170 Infrastrukturerhalt 34, 37 Infrastrukturfinanzausgleich 10 Innogy 308 Innovationsmanagement 256 Integrated Ticketing 234 Intelligente Verkehrssysteme (IVS) 41, 334 Intelligent Transport Systems (ITS) 321 Interaktion 10 Intermediär 82

Stichwortverzeichnis Intermodalität 45, 246 Internet der Dinge 2, 47 der Dinge (IoT) 64 of Services (IoS) 2 of Things (IoT) 2 Internetökonomie 59 Intrapreneur 308 IoS (Internet of Things) 2 IoS-Rollenmodell 238, 242, 254, 268, 277, 330 IoT (Internet of Things) 2, 47, 64 J Jacobson, Ivar 74 K K3 158 Karte, digitale 168 Kawasaki, Guy 300 Kennzahl 17 Klimawandel 23 Konnektivität 11 digitale 16 Konsument, digitaler 64 Kontext 56, 70, 266, 279 KPIs 196 L Lebensraum, digitaler 110 Leifer, Larry 307 Lemmer, Karsten 189 Logistics Performance Index (LPI) 30 Logistik 18 Logistiknetzwerk 163 Lokalisierungsdienst 169 London 129 London Congestion Charging (LCC) 45 Lost Space 56 Ludwig-Maximilian-Universität (LMU) 309 M Madrid 131 Marginalisierung 16 Marktplatz 75 Markttransformation 26

353 Maschine-zu-Maschine-Kommunikation (M2M) 46 Matchmaking 25 McDermott, Bill 60 Medical Tourism 69, 175 Tourist 174 Meile, autonome letzte 167 Melbourne 135 Metadaten 283 Meta-Tool 49 Mikromobilität 80 Mittelstrecke 25 Mobilitätsbedürfnis 164 Mobilitätsentscheidung, situative 22 Mobilitätsentwicklung 17 Mobilitätskonto 179, 181 Mobilitätsmanagement 19 Mobilitätsmanager 331 Mobilitäts-Ökosystem-Plattform 82 Mobilitätsplattform 166 Mobilitätsschaffung 35 Mobilitätsstudie 113 Mobilitätssystem 18 Mobilitätsverhalten 37 Mobility Back Office 93 Broker 92 Consumer 90 Diagnostics 257 Execution 92 Mean 92 Operations Mean 92 Property 92 Mobility-as-a-Service (MaaS) 3, 87, 92, 316, 334 Modal Split 216 Moment digitaler 245 of Truth 245 Multi-Lingualität 204, 205 Multimodalität 13, 234 N Nachhaltigkeit, digitale 58 Nationaler Radverkehrsplan (NRVP) 186 Naturressource 10 Navigation 4 Navigationssystem 204

354 Netzwerk, soziales 55, 61 Neue autoMobilität (NaM) 192 New York 137 Nutzer 62 Nutzungsszenario 73, 74, 174, 194 O Ökonomie digitale 59 vernetzte 55 Ökosystem 53, 56, 332 Ökosystem, digitales 60, 171, 328 ÖPNV 39 Omni-Channel 69 On-Demand 17 One Ticketing 234 Open Data 47 Skies Agreement 26 Source 41, 47, 288 Original Equipment Manufacturer (OEM) 328 P Pansinger, Sanela 62 Parkdienst 166 Persona 62, 66, 243, 336 Setcards (PSC) 65, 66, 72 Persona-Analyse 65 Personalisierung 22, 65 Personenverkehr 18 Physical Mobility Front Office 92 Platform-as-a-Service (PaaS) 288 Plattform 14, 47, 48, 164, 288 Point of Sales (POS) 239 Präferenzsteuerung 22 Predictive Analytics 3 Produkt-Design 243 Projektinkubator 330 Public Transport 155 Q Quality of Living 216 R Rail Ridership 156 Raumanalyse 300

Stichwortverzeichnis Raum, urbaner 60 Real Eco Mobility 97 Reisen, begleitetes 69 Rendering 210 Ressource 14 Revenue Share Modell 26, 40 Road Density 156 Network Length 156 S SAP 60, 193 SAP AppHaus 305 SAP HANA 288 SAP.io 309 Schwabachthal 186 Scrum 66 SDG 11 Seamless Mobility 301 Self-Sustaining Ecosystem 71 Semester at Sea 305 Sensorik 195 Seoul 138 Service 67 Aggregator 70, 96 Broker 70, 96 Channel Maker 70, 96 Competence 68 Consumer 97 Diagnostics 198 Dialogue Process 72 Enablement 98, 242 Enrichment 242 Gateway 70, 96 Hosting 95 Marktplatz 70 Provider 68, 95 Reach 68 Value 68 Service-Design 73, 242 Service-Katalog 32 Serviceorientierung 68 Servicewelt 29 Shanghai 139 Shared Economy 2, 25, 37, 110 Sharing Economy 46 Sicherheit 20 Singapore 142

Stichwortverzeichnis Smart City 1 Data 165, 261 Mobility 67 Mobility-Ökosystem 113 Mobility-Programm-Management 253 Products 162, 262 Service 68, 165, 256 Space 164, 264 Ticketing 240 Traffic 3, 44, 196 smartPORT 29 Smile 335 Social Network 55 Social ImpACT Lab 312 Software Development Kit (SDK) 259, 288 Stadtentwicklung 16 Stadt-Umland-Bahn 187 Stakeholderanalyse 69 Standortökonomie 9 Standortprofil 275 START 309 Stiig-um Initiative 217 Stockholm 142 Strategie, digitale 66 Strategie-Kompass 66 Strategy Maps 72, 254 Supply Chain Management 56 Sustainable Cities and Human Settlements 178 SwissNex 305 Sydney 144 system-level integration of transport modes 41 T Tagging 193, 262 Taipei 148 Tansley, Arthur George 54 Tapscott, Don 59 Technical Feasibility 62 Tesla 112 TEXO 68 The Circle 109 Ticketing 257, 320 Ties 69 Token 235 Tokyo 150 Touchpoint 69

355 Tourismusbranche 20 Traffic Data 44 Transformation digitale 4 kontextuelle 337 Transformationdigitale 300 Transportarmut 16 Transportkette 167 Transportmedium 18 Trust Gates 196 Tycan 111 U Uber 18 UbiGo 316, 320 Überorganismus 61 Umweltschutzgesetz, kantonales (USG) 217 Unternehmensentwicklungsgraph 71 Up-selling 48, 323 Usability Testing 72 Use Case 74 User Experience (UX) 62 UVEK 229 V Vansharing 19 Veloring 226 Verbrauchermarkt 48 Vereinten Nationen 107 Verkehrsmanagement 2 intermodales 183, 184 Verkehrsmittel 19 Verkehrsmittelauslastung 44 Verkehrsmodus 45 Verkehrsoptimierung 170 Verkehrsshuttle, autonomes-öffentliches 167 Verkehrszweck 18 Viability 278 Vienna 151 Voucher 323

W Wachstum 14 Warsaw 153 Washington, D.C. 155 Werteverständnis 339

356 whim 321 White Space Analysen 254 Wirkungsanalyse 300 Wirtschaftskraft 22

Stichwortverzeichnis Z ZipCar 18 Zugangsmechanismus 16