Servus alienus heres: Die Erbeinsetzung fremder Sklaven im klassischen römischen Recht 9783412215569, 9783412209926

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Servus alienus heres: Die Erbeinsetzung fremder Sklaven im klassischen römischen Recht
 9783412215569, 9783412209926

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F o r s c h u n g e n z u m r öm i s c h e n R e c h t Herausgegeben von Rolf Knütel und Ulrich Manthe 56. Abhandlung

Wolfram Buchwitz

S e rv u s a l i e n u s h e r e s Die Erbeinsetzung fremder Sklaven im klassischen römischen Recht

2012 BÖHLAU VERLAG WIEN KÖLN WEIMAR

Gedruckt mit Unterstützung des Förderungs- und Beihilfefonds Wissenschaft der VG Wort

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek: Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

© 2012 by Böhlau Verlag GmbH & Cie, Wien Köln Weimar Ursulaplatz 1, D-50668 Köln, www.boehlau-verlag.com Alle Rechte vorbehalten. Dieses Werk ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist unzulässig. Gesamtherstellung: WBD Wissenschaftlicher Bücherdienst, Köln Gedruckt auf chlor- und säurefreiem Papier ISBN 978-3-412-20992-6

Für Suzan Denise

V orwort „Warum wurden eigentlich fremde Sklaven zu Erben eingesetzt?“ – Mit dieser kurzen, aber umso gehaltvolleren Frage schickte mich mein verehrter Lehrer, Herr Professor Dr. Martin Josef Schermaier, auf eine lange Reise durch das römische Sklaven- und Erbrecht, deren Ergebnisse ich hiermit vorlege. Ihm gilt dafür, vor allem aber für die stete Unterstützung meiner Arbeit, die Gewährung größten wissenschaftlichen Freiraums, die ständige Diskussionsbereitschaft und die Liebe zum Fach, die er mir seit dem zweiten Studiensemester vermittelt, mein allerherzlichster Dank. Sehr herzlich danke ich auch Herrn Professor Dr. Rolf Knütel, der meine Forschungen am Bonner Institut für Römisches Recht von Anfang an begleitet hat. Er hat die vorliegende Arbeit mit Anregungen bereichert, die weit über die Tätigkeit eines Zweitgutachters hinausgehen. Ihm und Herrn Professor Dr. Ulrich Manthe danke ich außerdem für die Aufnahme in die traditionsreiche Reihe der „Forschungen im Römischen Recht“. Ohne den Austausch mit meinen Kollegen wäre die Forschungstätigkeit weder so angenehm noch so ertragreich geworden. Daher möchte ich insbesondere Herrn Dr. Sebastian Lohsse und Herrn Dr. Jakob Fortunat Stagl in meinen Dank mit einschließen. Bei der Untersuchung der Erbeinsetzung fremder Sklaven musste ich den rechtshistorischen Blickwinkel häufig um einen allgemeinhistorischen ergänzen. Besonders gut gelang diese interdisziplinäre Arbeit auf dem Seminar des CEDANT in Pavia, wo ich im Januar und September 2008 verschiedene Aspekte der Thematik diskutieren konnte. Dem Direktor, Herrn Professor Dr. Dario Mantovani, und den Mitgliedern des Consiglio Scientifico möchte ich dafür einen besonderen Dank aussprechen. Schließlich danke ich der Gerda Henkel Stiftung, die mich mit einem Promotionsstipendium unterstützt hat, und dem Förderungs- und Beihilfefonds Wissenschaft der VG Wort, der die Druckkosten übernommen hat.

Bonn, im April 2012

Wolfram Buchwitz

I nhalt Einführung........................................................................................................ 1 ERSTER TEIL DAS ERBRECHT FREMDER SKLAVEN Kapitel 1: Grundlagen der Erbeinsetzung fremder Sklaven ......................... 7 1.  Erbeinsetzung und Erbenstellung fremder Sklaven..................... 7 1.1  Erbeinsetzung fremder und eigener Sklaven ...................... 7 1.2  Zeitlicher Rahmen .............................................................. 10 1.3  Erbenstellung des Sklaven .................................................. 11 2.  Außervermögensrechtliche Aspekte der Erbenstellung ............... 17 2.1  Ehrerweisung gegenüber dem Sklaven............................... 18 2.2  Dienste und Nachlass der Freigelassenen .......................... 21 2.3  Ergebnis .............................................................................. 25 3.  Erbfähigkeit.................................................................................. 26 3.1  Testamenti factio................................................................. 26 3.2  Capacitas ............................................................................ 32 3.3  Ergebnis .............................................................................. 34 4.  Erbantritt ...................................................................................... 35 4.1  Kenntnis .............................................................................. 35 4.2  Benachrichtigung des Herrn und Erteilung des iussum...... 39 4.3  Antritt durch den Sklaven ................................................... 43 4.4  Zwangsausübung ................................................................ 45 4.5  Ergebnis .............................................................................. 50 5.  Erbschaftserwerb ......................................................................... 50 5.1  Rechtsgrund des Erbschaftserwerbs ................................... 50 5.2  Die Frage des Durchgangserwerbs ..................................... 53 6.  Erwerb der bonorum possessio .................................................... 56 6.1  Erwerb vor Bedingungseintritt............................................ 58 6.2  Antragsbefugnis .................................................................. 59 6.3  Erwerbswille ....................................................................... 61 6.4  Ausschlagung ..................................................................... 64 6.5  Konsequenzen für die Gesamtsituation des erbenden Sklaven ............................................................................... 65

7.  Ergebnis ....................................................................................... 66

X

Inhalt

Kapitel 2:  Freilassung oder Veräußerung des eingesetzten Sklaven ............ 67

1.  Erbanfall und Erbschaftserwerb .................................................. 67



2.  Freilassung des Sklaven .............................................................. 68

3.  Veräußerung des Sklaven ............................................................ 70 3.1  Erbfähigkeit des Neueigentümers ...................................... 70 3.2 Iussum des Neueigentümers................................................ 74 3.3  Die Rechtsregel ambulat cum dominio .............................. 75

4.  Fristanrechnung ........................................................................... 79

5.  Verzahnung von Erbrecht und Kaufrecht .................................... 79 5.1  Kaufrechtliche Haftung bei Erbeinsetzung durch Dritte..... 80 5.2  Kaufrechtliche Haftung bei Erbeinsetzung durch den Käufer ................................................................................. 84 5.3  Überlagerung oder Verzahnung? ........................................ 90

6.  Ergebnis........................................................................................ 90

Kapitel 3:  Gemeinsame Erbeinsetzung von Herrn und Sklaven .................. 92

1.  Erbantritt ...................................................................................... 92



2.  Erbschaftserwerb durch Herrn und Sklaven ................................ 95



3.  Ergebnis ....................................................................................... 99

Kapitel 4:  Einsetzung des Sklaven auf mehrere Erbteile.............................. 100

1.  Rechtslage beim Freien................................................................ 100



2.  Rechtfertigung der Regel semel adeundum ................................. 101

3.  Rechtslage beim Sklaven ............................................................. 102 3.1  Antritt der Erbteile .............................................................. 102 3.2  Erwerb der Erbteile ............................................................ 104 3.2.1  Die Lösung von Cujaz............................................ 110 3.2.2  Die Lösung von Mühlenbruch................................ 115 Exkurs: Erbschaftserwerb bei Antritt eines Miterben ........................ 115 3.2.3  Getrennter Erwerb beider Erbteile.......................... 119

4. Ergebnis......................................................................................... 121

Kapitel 5:  Einsetzung eines gemeinschaftlichen Sklaven ............................ 122 1.  Einsetzung durch einen Dritten ................................................... 123 1.1  Erbfähigkeit, Erbantritt, Erbschaftserwerb ......................... 123 1.2  Ausfall eines Miteigentümers: Erwerb durch die Übrigen ............................................................................... 127 1.3  Rechtsgrund des Erwerbs der Miteigentümer..................... 129

Inhalt

XI

1.4  Ausfall eines Miteigentümers: Erwerb durch den Ersatzerben ......................................................................... 137 1.5  Ergebnis .............................................................................. 140 2.  Einsetzung durch einen Miteigentümer ....................................... 140 2.1 Ohne Freiheitserteilung ...................................................... 141 2.1.1 Der Sklave ist Alleinerbe........................................ 141 2.1.2  Der Sklave ist Miterbe............................................ 142 2.2 Mit Freiheitserteilung ......................................................... 143 2.2.1 Der Sklave ist Alleinerbe........................................ 143 2.2.2  Der Sklave ist Miterbe............................................ 144 2.3  Ergebnis .............................................................................. 145 2.4  Sonderfälle .......................................................................... 145 2.4.1  Irrtum bei Einsetzung.............................................. 146 2.4.2  Umfassende Wirksamkeit der Einsetzung mit Freiheitserteilung ............................................. 148 3.  Parallele beim Vermächtnis ......................................................... 150 3.1  Der Grundsatz nach spätklassischem Recht ....................... 151 3.2  Der Meinungsstreit im frühklassischen Recht .................... 153 3.2.1  Das Sachproblem ................................................... 154 3.2.2  Die Juristen ............................................................ 157 3.2.3  Die Ansicht des Sabinus ......................................... 158 3.3  Die Rolle von Julian und Paulus......................................... 162 3.4  Ergebnis .............................................................................. 167 4.  Auswirkungen der Veräußerung oder Freilassung ....................... 168 4.1  Veräußerung oder Freilassung ohne Ersatzerben................ 168 4.2  Problem der Ersatzerbschaft ............................................... 172 Kapitel 6:  Vermächtnisse zugunsten von Herrn und Sklaven ...................... 176

1.  Grundsätze und getrennter Erwerb............................................... 176

2.  Sonderfälle beim Sklavenerwerb ................................................. 180 2.1  Die Problematik bei Paulus 12 quaest. D. 35,2,21,1........... 181 Exkurs: Freilassungsfideikommisse ................................................... 184 2.2  Ein Freilassungslegat in D. 35,2,21,1 ................................. 188 2.3  Geldvermächtnis an einen zur Freilassung vermachten Sklaven ............................................................................... 189

3.  Ergebnis ....................................................................................... 190

XII

Inhalt

ZWEITER TEIL GRÜNDE FÜR DIE ERBEINSETZUNG: BEGÜNSTIGUNG DES SKLAVEN Kapitel 7:  Vermögenserwerb des freigelassenen Sklaven ............................ 195

1.  Erwerb durch bedingte Erbeinsetzung ......................................... 195



2.  Erwerb durch Fideikommiss ........................................................ 197



3.  Erwerb durch Kombination ......................................................... 198

Kapitel 8:  Vermögenserwerb des Sklaven..................................................... 201 1.  Bedeutung der Person des Sklaven .............................................. 201 1.1  Vermächtnis einer eigenen Sache........................................ 201 1.2  Vermächtnis eines Wegerechts............................................ 206 1.3  Alimentslegat ...................................................................... 210 2.  Bedeutung des Willens des Erblassers zur Begünstigung bestimmter freier Personen .......................................................... 212 2.1  Einsetzung eines Dotalsklaven ........................................... 213 2.2  Einsetzung eines zu restituierenden Sklaven ...................... 214 3.  Bedeutung des Willens des Erblassers zur Begünstigung des Sklaven selbst ........................................................................ 216 3.1  Auslegung des Testaments ................................................. 216 3.2  Vermögenserwerb des Sklaven bei Erbunwürdigkeit des Herrn ............................................................................ 218 3.3  Vermögenserwerb des Sklaven bei Schenkung von Todes wegen ....................................................................... 221 4.  Umsetzung des Vermögenserwerbs: Erwerb für das peculium ...................................................................................... 225

5.  Ergebnis ....................................................................................... 229

Kapitel 9:  Persönliche Beziehungen und die Rolle des Sklaven in der römischen Gesellschaft...................................................... 231

1.  Einflussnahme auf den Herrn ...................................................... 231



2.  Freundschaftliche Bindungen ...................................................... 233



3.  Familiäre Bindungen ................................................................... 234



4.  Standesbindungen ........................................................................ 237



5.  Ergebnis ....................................................................................... 241

XIII

Inhalt

DRITTER TEIL GRÜNDE FÜR DIE ERBEINSETZUNG: BEGÜNSTIGUNG DES HERRN Kapitel 10: Vermögenserwerb des Herrn ....................................................... 245 Kapitel 11: Umgehung von Erbeinsetzungsverboten ..................................... 250

1.  Bedeutung der Erbeinsetzung von postumi alieni ....................... 250

2.  Unterschiede zwischen zivilem und prätorischem Erbrecht........................................................................................ 252

3.  Ergebnis ....................................................................................... 255

Kapitel 12:  Flexibilisierung des Erbantritts ................................................... 257 1.  Der unmündige dominus.............................................................. 257 1.1  Erwerb der hereditas ........................................................... 257 1.2  Erwerb der bonorum possessio ........................................... 259 1.3  Die Bedeutung der Einsetzung des servus ......................... 260

2.  Der stumme dominus ................................................................... 261

3.  Der geisteskranke dominus .......................................................... 263 3.1  Erwerb der hereditas ........................................................... 263 3.2  Erwerb der bonorum possessio ........................................... 265 3.3  Ergebnis .............................................................................. 266 4.  Erbeinsetzung des Sklaven bei Abwesenheit des Herrn .............. 267 4.1  Ist Pollex Erbe? .................................................................. 267 4.2  Stellvertretung beim Erbantritt ........................................... 272

5.  Zusammenfassung ....................................................................... 273

Kapitel 13: Gesetzesumgehung ...................................................................... 275

1.  Ältere Gesetze; Erbschaftssteuer ................................................. 275

2.  Lex Iulia et Papia ......................................................................... 276 2.1  Beschränkungen der Testierfreiheit .................................... 277 2.2  Umgehung durch Verkauf des eingesetzten Sklaven .......... 278 2.3  Umgehung durch Freilassung des eingesetzten Sklaven ............................................................................... 285 2.4  Umgehung durch Einsetzung eines servus communis........ 286

3.  Zusammenfassung........................................................................ 288

Kapitel 14: Übertragung von Erbschaften ...................................................... 289 1.  Bestimmung des Erben durch einen Dritten ................................ 289 1.1  Rechtliche Grenzen............................................................. 290 1.2  Erweiterung durch Erbeinsetzung eines Sklaven ............... 292

XIV

Inhalt



2.  Übertragung der Delation von Todes wegen ............................... 293



3.  Vertrag über den Nachlass eines lebenden Dritten ...................... 294



4.  Liquiditätsverschaffung ............................................................... 297



5.  Zusammenfassung ....................................................................... 302

Schlusswort ...................................................................................................... 303 Literatur ............................................................................................................ 307 Sachregister ...................................................................................................... 320 Quellenregister ................................................................................................. 327

Einführung Eine Untersuchung der Erbeinsetzung fremder Sklaven dringt in den Kern zweier Rechtsgebiete vor, die zu den charakteristischsten Bereichen des römischen Rechts gehören: das Sklavenrecht und das Erbrecht. Das römische Erbrecht der klassischen Zeit besteht aus einem komplexen Regelwerk, bei dem zahlreiche Institute aus mehreren Rechtsschichten zusammenwirken. Gleichwohl zeichnet es sich auch durch einheitliche Strukturprinzipien aus. Das Sklavenrecht lässt sich dagegen nur insoweit als einheitliches Rechtsgebiet auffassen, als es die Statusfragen selbst betrifft, also die Bereiche Versklavung und Freilassung. Im Übrigen hat das Sklavenrecht den Charakter eines Metarechts, welches die zivilrechtlichen Institute überlagert und die Rechtsordnung so an verschiedenen Stellen auf vielfältige Weise verändert. In der Überlagerung des Erbrechts durch das Sklavenrecht liegt der besondere Reiz der vorliegenden Thematik. Denn der Sklave ist im römischen Recht eine hybride Figur; er ist Sache und Person zugleich. Wenn er als Erbe eingesetzt wird, kommen beide Aspekte zum Tragen: Zwar entsteht die Berufung zur Erbschaft in seiner Person, doch kann er den daraus resultierenden Vermögenserwerb nicht selbst erhalten. Der Erwerb fällt daher an seinen Herrn, oder aber an einen etwaigen Erwerber des Sklaven. Als Sache kann der Sklave nach Belieben veräußert werden, wodurch die Erbenberufung auf andere Personen übertragen wird. Die Erbeinsetzung eines Sklaven ist daher aus Sicht des Erblassers immer nur eine relative: Sie kann sich zugunsten des derzeitigen Eigentümers auswirken, oder zugunsten eines Neueigentümers, oder auch zugunsten des Sklaven selbst. Für ein volles Verständnis der römischen Rechtsquellen muss diese Relativität mitberücksichtigt werden. Die Fokussierung auf die formale Rechtsregel des Erbschaftserwerbs des Herrn hat in der bisherigen Forschung dazu geführt, dass unser Bild von der Erbeinsetzung fremder Sklaven verzerrt und unvollständig ist. Die vorliegende Untersuchung schließt diese Lücke und deckt dabei zugleich die großen Erweiterungen auf, die das System des römischen Erbrechts durch die Erbeinsetzung eines Sklaven erhält. Die Beschränkung der Darstellung auf die Erbeinsetzung fremder Sklaven, also solcher Sklaven, die nicht dem Erblasser gehören, resultiert daraus, dass die Erbeinsetzung eigener Sklaven gänzlich andere Fragestellungen aufwirft. Wenn der Erblasser Sklaven zu Erben einsetzt, die ihm selbst gehören, gelten andere rechtliche Bestimmungen, vor allem das Erfordernis der Freilassung. Außerdem liegt derartigen Konstellationen ein anderer sozialer Kontext zugrunde, sodass eine ausschließliche Behandlung der Erbeinsetzung fremder Sklaven sachgerechter erscheint. Aus dem umfangreichen Fragenkreis, der sich an der Schnittstelle zwischen Sklavenrecht und Erbrecht auftut, wurde nicht zufällig die Erbeinsetzung heraus-

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Einführung

gegriffen. Die Erbeinsetzung stellt, mit den sich anschließenden Fragen des Erbantritts und des Erbschaftserwerbs, den zentralen Punkt des Erbrechts dar. Dieser verändert sich, wenn statt einer freien Person ein Sklave eingesetzt wird. Bei der Einsetzung eines Freien treten Erbeinsetzung, Erbantritt und Erbschaftserwerb immer in einer Person ein. Dies ist auch der Ausgangspunkt des modernen Rechts, welches keine Sklaven und keine Unterschiede in der Rechtsfähigkeit natürlicher Personen mehr kennt. Wird aber an Stelle eines Freien ein Sklave eingesetzt, bricht dieser notwendige Gleichlauf zwischen Erbeinsetzung, Erbantritt und Erbschaftserwerb auf: Die unterschiedlichen Vorgänge können nunmehr auch durch verschiedene Personen verwirklicht werden, indem der Sklave Erbe wird und die Erbschaft antritt, sein Herr jedoch den Erwerb daraus erhält. An diese Aufspaltung des erbrechtlichen Erwerbsvorgangs knüpfen sich eine Reihe von Rechtsfragen, welche eine besondere Komplexität in sich bergen und auf diese Weise Eigenart und System des römischen Erbrechts besonders deutlich hervortreten lassen. Gleichzeitig haben diese Sonderfragen das Interesse der römischen Juristen geweckt und einige Diskussionen hervorgebracht, die Arbeitsweise und Methodik der römischen Juristen zeigen. Soweit es für die Aufdeckung dieser Besonderheiten des römischen Erbrechts und der Methode der römischen Juristen aufschlussreich ist, werden auch einzelne Bereiche des Vermächtnisrechts untersucht. Die Erbeinsetzung fremder Sklaven bringt nicht nur rechtliche Fragen mit sich, sondern auch eine erhebliche sozialhistorische Komponente. Die Sklaverei ist zunächst keine Rechtsfigur, sondern ein gesellschaftliches und wirtschaftliches Phänomen. Daher werden die Rechtsfragen des Sklavenerbrechts häufig auch erst dann verständlich, wenn die historischen Zusammenhänge erschlossen sind. Die Frage der Erbeinsetzung fremder Sklaven soll daher im Folgenden von beiden Seiten betrachtet werden: als rechtsdogmatisches Problem des römischen Erbrechts und als soziales Phänomen, das den Rechtsquellen zugrundeliegt. Ohne einen solchen umfassenden Ansatz ließe sich kein vollständiges und plastisches Bild dessen zeichnen, was die Erbeinsetzung von Sklaven in Rom tatsächlich bedeutete. Im Übrigen werfen Forschungen im römischen Recht stets sowohl rechtsdogmatische als auch historische Fragen auf. Dies gilt an sich auch für Untersuchungen zum geltenden Recht, doch macht hier die geringe zeitliche Distanz eine Erörterung des zugrundeliegenden gesellschaftlichen, politischen und wirtschaftlichen Hintergrunds meist entbehrlich, da er dem Leser vertraut ist. Natürlich soll die Untersuchung keine vollständige geschichtswissenschaftliche Analyse liefern. Für die historische Forschung mag die vorliegende Bearbeitung vielmehr ein Anstoß sein, ein wenig beachtetes Phänomen der römischen Sklaverei näher zur Kenntnis zu nehmen. Trotz der großen Bedeutung der Sklaverei für die römische Sozialordnung ist die Thematik in der Geschichtswissenschaft bisher kaum behandelt worden. Dies kann der Überlieferung geschuldet

Einführung

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sein: Während sich in den Rechtsquellen zahllose Fälle zur Erbeinsetzung fremder Sklaven finden, verharren die übrigen Quellen weitgehend in Schweigen. Die große Zahl der in den Rechtsquellen überlieferten Fälle, in denen fremde Sklaven zu Erben eingesetzt wurden, ist schon für sich genommen bemerkenswert. Es stellt sich sofort die Frage, aus welchen Gründen dies geschehen ist. Was bewog einen Erblasser dazu, sein Vermögen einer Person zuzuwenden, die einem anderen gehörte? Angesichts der Reichhaltigkeit des Quellenmaterials ist es verwunderlich, dass weder aus historischer noch aus juristischer Perspektive eine Gesamtdarstellung zur Erbeinsetzung fremder Sklaven existiert. Gegenstand und Ziele der Untersuchung haben die Auswahl der Quellen bestimmt: Insoweit es die juristische Behandlung der Erbeinsetzung fremder Sklaven betrifft, wurde Vollständigkeit angestrebt. Andere Formen letztwilliger Zuwendungen werden nur in Auswahl behandelt, sofern es zur Abrundung des Bildes oder zur Erklärung allgemein geltender Rechtssätze notwendig erscheint. Literarische und epigraphische Quellen, die sich erkennbar auf die Erbeinsetzung fremder Sklaven beziehen, sind kaum vorhanden, doch liefern auch diese wenigen Quellen wertvolle Anhaltspunkte für die Motive, die der Erbeinsetzung fremder Sklaven zugrundeliegen. Die Reichhaltigkeit des juristischen Materials machte Beschränkungen bei der Quellenexegese erforderlich: Sofern in der modernen romanistischen Literatur bereits zufriedenstellende Deutungen vorliegen, wird auf diese verwiesen. Sofern dagegen keine Sekundärliteratur existiert oder die Erklärung einer Quelle umstritten ist, wird dem Text größere Aufmerksamkeit gewidmet. Aus der Gesamtschau der Einzelergebnisse wird ein Bild von der Situation des zum Erben eingesetzten Sklaven entstehen, das unsere Bewertung der römischen Sklaverei vervollständigt. Gleichzeitig bereichern die rechtlichen Besonderheiten der Erbeinsetzung eines fremden Sklaven unsere Sicht auf das römische Erbrecht. Der Fokus der Darstellung liegt dabei im ersten Teil auf der rechtlichen Funktionsweise der Erbeinsetzung fremder Sklaven, im zweiten und dritten Teil auf den hinter der Erbeinsetzung stehenden tatsächlichen Motiven und Ursachen einschließlich ihrer sozialhistorischen Bezüge.

K apitel 1: G rundlagen

der

Erbeinsetzung

fremder

S klaven

Die Erbeinsetzung eines fremden Sklaven wirft verschiedenste rechtliche Detailfragen auf. Die dabei wiederkehrenden Begriffe und Strukturen verdienen vorab eine Darstellung im Zusammenhang. Die Kenntnis dieser Grundlagen wird von den römischen Juristen im Rahmen der konkreten Einzelfälle als bekannt vorausgesetzt.

1.  Erbeinsetzung und Erbenstellung fremder Sklaven Ausgangspunkt der rechtlichen Regelungen zum Erbrecht fremder Sklaven ist die im klassischen römischen Recht durchgehend anzutreffende Grundannahme, dass Sklaven – fremde wie eigene – überhaupt zu Erben eingesetzt werden können und dass sie auf diese Weise eine volle zivilrechtliche Erbenstellung erhalten.

1.1  Erbeinsetzung fremder und eigener Sklaven Fremde Sklaven als Erben einzusetzen war ein für die römischen Juristen selbstverständlicher Vorgang. Gleichwohl sahen sie sich dazu veranlasst, die rechtliche Zulässigkeit einer solchen Erbeinsetzung ausdrücklich zu erwähnen: G. 2,185 Sicut autem liberi homines, ita et servi, tam nostri quam alieni, heredes scribi possunt.

So wie man freie Menschen als Erben einsetzen kann, so kann man auch Sklaven einsetzen, sowohl eigene als auch fremde.

D. 28,5,3 pr. Ulpianus libro tertio ad Sabinum Servus alienus vel totus vel pro parte sine libertate heres institui potest.

Ulpian im dritten Buch zu Sabinus Einen fremden Sklaven kann man, ohne ihm die Freiheit zu erteilen, als Alleinerben oder als Miterben einsetzen.

In den beiden hier zitierten Elementarschriften findet sich die lehrbuchartige Aussage, dass fremde Sklaven zu Erben eingesetzt werden können. Gaius erörtert in seinen Institutionen vorab zunächst die verschiedenen Arten der Testamente und die Erbeinsetzung freier Personen, um im Anschluss daran die hier wiedergegebene Erbeinsetzung eigener und fremder Sklaven zu behandeln. In ähnlicher Reihenfolge wurde auch

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Grundlagen der Erbeinsetzung fremder Sklaven

im Zivilrecht des Sabinus, das Ulpian hier kommentiert, die Erbeinsetzung fremder Sklaven behandelt: Nach einer Darstellung der Testamente folgte die Erbeinsetzung, darunter fiel auch der Abschnitt über die Erbeinsetzung von Sklaven.1 Die Behandlung des Erbrechts fremder Sklaven in der römischen Lehrbuchliteratur zeigt, dass diese Gestaltung von allgemeiner Bedeutung war. Bei der Erbeinsetzung fremder Sklaven handelte es sich nicht um ein singulär gebliebenes Phänomen, sondern um einen häufigen Vorgang, der die Juristen sogar in der Ausbildung beschäftigte. Die Alltäglichkeit der Erbeinsetzung fremder Sklaven wird auch anhand der Fülle der im Folgenden zu behandelnden Einzelfälle deutlich, die uns überliefert sind. Diese Fälle bezeugen, dass die römischen Juristen der Verknüpfung von Sklavenrecht und Erbrecht nicht nur ein praktisches, sondern auch ein großes theoretisches Interesse entgegenbrachten. Im Zusammenhang mit der Erbeinsetzung fremder Sklaven behandeln die Juristen oft auch die Einsetzung eigener Sklaven des Erblassers. Bei Gaius ist dies in dem soeben zitierten Text ausdrücklich erwähnt. Im ulpianischen Kommentar geht es aus dem sine libertate hervor, was nur in Abgrenzung zur Erbeinsetzung eigener Sklaven verständlich ist. Denn eigene Sklaven konnten nur cum libertate, also unter gleichzeitiger Erteilung der Freiheit, als Erben eingesetzt werden. Fremde Sklaven konnte der Erblasser aber natürlich nicht freilassen, sodass hier zur Klarstellung sine libertate steht. Hatte der Erblasser einen fremden Sklaven cum libertate eingesetzt, stellte sich die Frage, ob bloß die Freiheitserteilung unwirksam war oder auch die Erbeinsetzung: PS 3,4b,7 Servus alienus cum libertate heres institutus institutionem non infirmat: sed libertas ut alieno supervacue data videtur.

Wenn ein fremder Sklave unter Freiheitserteilung zum Erben eingesetzt ist, macht dies die Einsetzung nicht unwirksam. Vielmehr wird dies so betrachtet, dass ihm die Freiheit als fremdem Sklaven überflüssigerweise gegeben wurde.

Aus den Sententiae Pauli geht klar hervor, dass die Freiheitserteilung an einen fremden Sklaven unwirksam war, die Erbeinsetzung davon jedoch nicht betroffen wurde. Gewisse Zweifel an dieser – auch sachlich naheliegenden – Lösung wirft jedoch folgender Text von Florentin auf:

Vgl. Bremer, Iurisprudentiae Antehadrianae quae supersunt, Bd. 2/1, S. 419; Astolfi, Libri tres, S. 202.

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Erbeinsetzung und Erbenstellung fremder Sklaven

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D. 28,5,50(49) pr. Florentinus libro decimo institutionum Si alienum servum liberum et heredem esse iussi et is postea meus effectus est, neutrum valet, quia libertas alieno servo inutiliter data est.

Florentin im zehnten Buch der Institutionen Wenn ich angeordnet habe, dass ein fremder Sklave frei und Erbe sein solle, und dieser später mein eigener Sklave wird, so gilt keines von beiden, denn die Freiheit ist dem fremden Sklaven unwirksam erteilt worden.

Voci deutet diese Aussage Florentins dahingehend, dass nicht nur die Freiheitserteilung, sondern auch die Erbeinsetzung unwirksam gewesen sei, und geht daher von einem Gegensatz zu den Sententiae Pauli aus.2 Richtigerweise dürfte hier jedoch kein Widerspruch zwischen den Quellen zu sehen sein. Zwar ist die Erbeinsetzung nach den Sententiae Pauli wirksam und nach Florentin unwirksam. Dieser Unterschied beruht jedoch nur darauf, dass bei Florentin ein weiterer Umstand hinzukommt, nämlich der spätere Erwerb des Sklaven durch den Erblasser. Erst dadurch wird die Erbeinsetzung unwirksam, da sie nunmehr die Erbeinsetzung eines eigenen Sklaven ist, die zwingend eine wirksame Freiheitserteilung voraussetzt.3 Eine solche liegt aber nicht vor, da die zuvor schon unwirksame Freiheitserteilung nicht etwa durch den späteren Erwerb des Sklaven geheilt wird. Für eine wirksame Freiheitserteilung musste der Sklave nicht nur im Zeitpunkt des Todes, sondern auch im Zeitpunkt der Testamentserrichtung dem Erblasser gehören.4 Die Sententiae Pauli enthalten den späteren Erwerb durch den Erblasser dagegen nicht,5 sodass die Erbeinsetzung hier unproblematisch wirksam bleibt.6 Florentin hätte in diesem Falle auch nicht anders entschieden. Die Lösung, dass der fremde Sklave trotz Unwirksamkeit der Freiheitserteilung Erbe bleibt, ist auch sachlich begründet. Denn es entspricht im Regelfall dem Willen des Erblassers, dass der fremde Sklave, den er mit Freiheit und Erbschaft doppelt bedenken wollte, wenigstens eine der Verfügungen erhält, also Erbe wird. Dagegen lässt sich auch nicht einwenden, dass der Sklave bei Unwirksamkeit der Freiheitserteilung diese Erbschaft nicht für sich selbst, sondern für seinen Herrn Vgl. Voci, DER II, S. 132: „una in s titu tio cum libertate dello schiavo altrui è egualmente invalida“ (Hervorh. v. Verf.) und dortige Fn. 6. 3 In diese Richtung auch Buckland, Slavery, S. 505 und S. 464 Fn. 6. 4 G. 2,267: Nec alius ullus directo ex testamento libertatem habere potest, quam qui utroque tempore testatoris ex iure Quiritium fuerit, et quo faceret testamentum et quo moreretur. Dazu Buckland, Slavery, S. 464. 5 Ebensowenig die interpretatio, auf die Voci verweist. 6 Siehe auch unten Fn. 232. 2

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Grundlagen der Erbeinsetzung fremder Sklaven

erwirbt, was den Interessen des Erblassers widersprechen könnte. Denn die einem fremden Sklaven hinterlassene Erbschaft fällt, wenn der Erblasser ihn selbst begünstigen wollte, in sein peculium,7 sodass der Sklave auch ohne Freilassung zumindest faktisch in den Genuss der Erbschaft kommt. Die Erbeinsetzung eigener Sklaven ist, wie erörtert, im Übrigen nicht Gegenstand der vorliegenden Darstellung. Überschneidungen gibt es allerdings dann, wenn der Erblasser einen Sklaven einsetzt, der ihm gemeinsam mit einem Dritten gehört: Hier kommen sowohl die Grundsätze der Einsetzung eigener als auch die der Einsetzung fremder Sklaven zum Tragen; dieser Komplex wird in Kapitel 5 behandelt.

1.2  Zeitlicher Rahmen Eine zeitliche Einordnung der Erbeinsetzung fremder Sklaven lässt sich kaum vornehmen. Die nichtjuristischen Quellen verharren dazu weitgehend in Schweigen, sodass nicht bestimmt werden kann, seit wann die Erbeinsetzung fremder Sklaven praktiziert wurde. Immerhin lässt sich annehmen, dass diese Testiersitte jedenfalls seit der späten Republik bestand.8 Wahrscheinlich ist sie allerdings deutlich älter.9 Nachweisbar ist sie für die gesamte klassische und nachklassische Zeit und hat auch im justinianischen Recht noch eine prominente Stellung: Im Digestentitel 28,5 de heredibus instituendis handelt schon das dritte Fragment von der Erbeinsetzung fremder Sklaven. In den justinianischen Institutionen wird die Erbeinsetzung von Sklaven sogar gleich zu Beginn des Titels über die Erbeinsetzung ausführlich behandelt.10 Die Erbeinsetzung fremder Sklaven war während der gesamten besser dokumentierten Zeit des römischen Rechts präsent; es lassen sich keine zeitlichen Abschnitte oder Zäsuren in der Anwendung feststellen.

7

Siehe unten S. 225ff. Über die Erbeinsetzung eines liber homo bona fide serviens herrschte ein Meinungsstreit zwischen Trebaz und Labeo (Cels. 16 dig. D. 28,5,60(59) pr.; Pomp. 3 ad Sab. D. 41,1,19), was nur verständlich ist, wenn man annimmt, dass dieser Streit wegen des Vergleichs mit der Erbeinsetzung eines fremden Sklaven geführt wurde. 9 Appleton, Testament romain, S. 69, sieht den Ursprung der Erbeinsetzung fremder Sklaven schon in der römischen Frühzeit, doch deutet er sie unter einem sehr beschränkten Blickwinkel. 10 I. 2,14 pr.–3. 8

Erbeinsetzung und Erbenstellung fremder Sklaven

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1.3  Erbenstellung des Sklaven An die fundamentale Aussage, dass Sklaven überhaupt zu Erben eingesetzt werden können, schließt sich die ebenso grundlegende Frage an, ob der Sklave selbst Erbe wird. Steht ihm die rechtliche Qualifikation als „Erbe“ im vollen Rechtssinne zu, oder wird sein Herr vermittelt durch ihn Erbe? Nach den bisher zitierten Quellen ist für die römischen Juristen klar, dass der Sklave selbst der eingesetzte Erbe ist. Besonders deutlich kommt dies auch in den Ausführungen von Gaius zum Sklavenerwerb zum Ausdruck: G. 2,87 ... Et ideo si heres institutus sit, nisi nostro iussu hereditatem adire non potest; et si iubentibus nobis adierit, hereditas nobis adquiritur proinde atque si nos ipsi heredes instituti essemus ...

... Und wenn er als Erbe eingesetzt worden ist, kann er die Erbschaft folglich auch nur antreten, wenn dies auf unsere Anweisung hin geschieht. Und wenn er sie auf unsere Anweisung hin antritt, wird die Erbschaft uns erworben, so als ob wir selbst zu Erben eingesetzt wären. ...

Gaius sagt ausdrücklich, dass der Sklave als Erbe eingesetzt ist und der Herr bloß durch ihn die Erbschaft erwirbt. Der Erwerb des Herrn geschieht nur als ob er Erbe wäre, aber eben nicht als Erbe.11 Der Effekt einer Erbeinsetzung des Sklaven ist somit einer Erbeinsetzung des Herrn gleich; trotzdem ist nicht der Herr selbst „Erbe“, sondern sein Sklave. Liest man allerdings bei Gaius den schon zitierten Abschnitt über die Erbeinsetzung weiter, erscheint die Erbenstellung des Sklaven weniger eindeutig: G. 2,188 Quodsi alienatus sit, iussu novi domini adire hereditatem debet, qua ratione per eum dominus fit heres; nam ipse neque heres neque liber esse potest.

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Wenn er aber veräußert worden ist, muss er die Erbschaft auf Anweisung seines neuen Herrn antreten. Aufgrund dessen wird der Herr durch ihn Erbe, denn er selbst kann weder Erbe sein noch frei werden.

Der Konjunktiv bringt dies klar zum Ausdruck. Zur Erbenstellung des Sklaven vgl. auch Desserteaux I, S. 607f. (insoweit überzeugend); Voci, DER I, S. 407f.

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Grundlagen der Erbeinsetzung fremder Sklaven

Wenn ein als Erbe eingesetzter Sklave vor Erbantritt veräußert worden ist, erwirbt er die Erbschaft seinem neuen Herrn.12 Gaius fügt ausdrücklich hinzu, dass der Sklave selbst nicht „Erbe“ werde, sondern sein neuer Herr durch ihn „Erbe“ sei. Wie passen G. 2,87 und G. 2,188 also zusammen? Zunächst liegt bloß ein sprachliches Problem vor. Als „Erbe“ wird nämlich zum einen derjenige bezeichnet, der im Testament als Erbe benannt ist (heres scriptus). In diesem Sinne wird das Wort in G. 2,87 verwendet (scribi possunt). „Erbe“ kann jedoch auch derjenige genannt werden, der das Erbschaftsvermögen erhält. Nur in diesem Sinne wird in G. 2,188 über den Sklaven gesagt, dass er nicht Erbe werden könne.13 Denn dass er eingesetzt werden kann, geht aus G. 2,87 klar hervor, bloß kann er als gewaltunterworfene Person kein eigenes Vermögen innehaben. Diese doppelte Bedeutung des Wortes „Erbe“ wird durch zahlreiche Stellen belegt. Besonders anschaulich ist die Konstellation, in welcher der Erblasser mit den Worten quisquis mihi heres erit, idem impuberi filio heres esto seinen eigenen Erben auch als Erben seines unmündigen Sohnes einsetzt. In diesem Fall stellt sich die Frage, ob nur der als Erbe eingesetzte fremde Sklave Erbe des Sohnes sein soll, oder die Worte auch seinen Herrn mit einschließen: D. 28,6,8,1 Ulpianus libro quarto ad Sabinum Haec verba: ‘quisquis mihi heres erit, idem impuberi filio heres esto’ hunc habent sensum, ut non omnis qui patri heres exstitit, sed is qui ex testamento heres exstitit substitutus videatur: et ideo neque pater, qui per filium, neque dominus, qui per servum exstitit, ad substitutionem admittetur, neque heredis heres, quia non ex iudicio veniunt. ...

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Ulpian im vierten Buch zu Sabinus Diese Worte: „wer auch immer mein Erbe wird, den setze ich auch zum Erben meines unmündigen Sohnes ein“, haben den Sinn, dass nicht jeder, der Erbe des Vaters wurde, als Erbe des Sohnes anzusehen ist, sondern nur derjenige, der aus dem Testament Erbe wurde. Und daher wird weder ein Vater, der durch seinen Sohn, noch ein Herr, der durch seinen Sklaven Erbe wurde, zur Erbschaft des Sohnes zugelassen, noch ein Erbe des Erben, weil diese nicht aufgrund der Willensentschließung des Erblassers berufen sind. ...

Dazu ausführlich unten Kapitel 2, S. 67ff. Weitere Belege für diese Verwendung von heres sind zahlreich; in Iul. 30 dig. D. 28,5,41(40) wird etwa gesagt, der Sklave „mache den Herrn zum Erben“: si Stichus neque ipse heres erit neque alium fecerit. Siehe auch Ulp. 15 ad ed. D. 5,3,2; Paul. 2 ad Sab. D. 29,2,26; Gai. 14 ad ed. prov. D. 38,1,22,1; Iul. 26 dig. D. 38,2,13.

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Hatte der Vater seinen Erben auch als Erben seines unmündigen Sohnes eingesetzt, so meinte er damit nach Auslegung der Juristen, dass nur derjenige Erbe des Sohnes werden solle, auf den sich sein Willensentschluss konkret bezog. Daher konnte der Herr eines Sklaven, dem die Erbschaft des Vaters durch diesen erworben worden war, nicht – nach dem Tode des Sohnes – auch Erbe des Sohnes werden. Im Testament war nämlich direkt nicht er selbst genannt,14 sondern nur sein Sklave. Der Willensentschluss des Erblassers bezog sich daher direkt nur auf diesen Sklaven. Genauso entscheidet Modestin: D. 28,6,3 Modestinus libro primo differentiarum Cum filio impuberi pater ita substituerit: ‘quisquis mihi heres erit, idem filio impuberi heres esto’, placuit ad hanc substitutionem scriptos tantummodo ad hereditatem15 admitti: itaque dominus, cui per servum hereditatis portio quaesita sit, ex substitutione impuberi heres effici non poterit, si servus ab eius exierit potestate.

Modestin im ersten Buch der Unterscheidungen Wenn der Vater seinem unmündigen Sohn einen Erben wie folgt gegeben hat: „wer auch immer mein Erbe wird, den setze ich auch zum Erben meines unmündigen Sohnes ein“, dann ist anerkannt, dass zu dieser Erbschaft des Sohnes nur die zugelassen werden, die zu Erben [des Vaters] geschrieben sind. Daher kann der Herr, dem durch seinen Sklaven ein Erbteil erworben worden ist, nicht aus der Ersatzerbschaft Erbe des unmündigen Sohnes werden, wenn der Sklave nicht mehr unter seiner Gewalt steht.

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Modestin bestätigt Ulpian darin, dass der Herr nicht Erbe des Sohnes wird, wenn er nicht selbst als Erbe des Vaters eingesetzt ist.16 Es fragt sich allerdings, ob eine Einschränkung aus dem Zusatz si servus ab eius exierit potestate folgt. Dieser Zusatz bringt zum Ausdruck, dass der Ausschluss des Herrn von der Erbschaft des Sohnes nur in dem Fall galt, dass der Sklave zum Zeitpunkt des Todes des unmündigen Sohnes nicht mehr im Eigentum des Herrn stand. Wenn der Sklave dagegen noch im Eigentum des Herrn verblieben war, wurde er, so muss

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Ex testamento ist hier nicht als Gegensatz zur gesetzlichen Erbfolge zu verstehen, sondern als Bezug auf den Wortlaut des Dokuments. 15 Mommsen streicht die Worte ad hereditatem, allerdings liegt darin kein inhaltlicher Unterschied. 16 Zu beiden Texten vgl. auch Buckland, Slavery, S. 142; Finazzi, Sostituzione pupillare, S. 142f.

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man annehmen, selbst zur Erbschaft des Sohnes berufen und erwarb diese folglich seinem Herrn.17 Ob Ulpian eine andere Auffassung vertrat, lässt sich aus D. 28,6,8,1 nicht zweifelsfrei entnehmen, da dort nicht nach den Eigentumsverhältnissen am Sklaven unterschieden wird. Allerdings bringt auch Ulpian durch das Perfekt exstitit und das Futur admittetur zum Ausdruck, dass zwischen dem Tod des Vaters und dem Tod des Sohnes Veränderungen stattfinden können – wie etwa ein Verkauf des Sklaven. Ulpian entscheidet lediglich, dass die Tatsache des früheren Erwerbs der Erbschaft allein dem Herrn nichts nützt. Ulpian entscheidet aber nicht, dass ein späterer Erwerb der Erbschaft des Sohnes nicht möglich sei, wenn der Sklave zu dieser Zeit noch im Eigentum des Herrn verblieben ist. Im Übrigen entspricht dies der Rechtslage bei der Vulgarsubstitution.18 Es ist daher eher anzunehmen, dass beide Juristen dem Herrn die Erbschaft des Sohnes zugesprochen hätten, wenn der Sklave zum Zeitpunkt des Todes des Sohnes noch in seinem Eigentum gestanden hätte. Anhand dieser beiden Texte zur Einsetzung unbestimmter Erben mit der Formel quisquis mihi heres erit zeigt sich sehr deutlich, dass die Juristen streng zwischen der durch eigene Einsetzung und der durch Einsetzung eines Sklaven erworbenen Erbschaft unterschieden.19 Nur bei eigener Erbeinsetzung war der Herr heres scriptus und heres ex iudicio testatoris. Bei Einsetzung seines Sklaven fielen diese Qualifikationen dagegen dem Sklaven selbst zu. Dementsprechend ist auch der Begriff heres in den Quellen unterschiedlich zu verstehen. Der Sklave wird als Erbe bezeichnet, soweit es auf die Erbenstellung selbst und die Willensentscheidung des Erblassers ankommt. Der Herr wird dagegen als Erbe bezeichnet, wenn vom Vermögenserwerb die Rede ist, wie etwa in G. 2,188.20 Wenn man die Bedeutung des Wortes „Erbe“ in diesem doppelten Sinne anerkennt, wird man der flexiblen römischen Rechtssprache am ehesten gerecht und gerät mit den sachlichen Aussagen der Quellen nicht in Widerspruch. Erwartet man dagegen von den römischen Klassikern eine größere Präzision im Umgang mit den Begriffen, so gelangt man bei der Frage der Erbenstellung in Schwierigkeiten. Dies hat Desserteaux dazu veranlasst, eine ausführliche Analyse der in den Quellen verwendeten Ausdrücke vorzunehmen. Er akzeptiert, aufgrund der klaren Aussage von G. 2,87, die Erbenstellung des Sklaven21 und hält alle Quellen, die von einer Erbenstellung des Herrn So Cuiacius, Recitationes solemnes ad Herennii Modestini differentiarum libros novem, ad h.l. (Opera Postuma, Bd. 2, Sp. 1227 E): „Nam si manserit in eius potestate et ex substitutione procul dubio patri vel domino adquiretur per filium aut servum hereditas pupillaris.“ 18 Paul. 2 ad Sab. D. 29,2,65, dazu siehe unten S. 172ff. 19 Auch I. 2,16,7 bestätigt, dass nur ein heres scriptus zur Erbschaft des Sohnes kommt; zur Bedeutung von quisquis mihi heres erit vgl. auch Paul. 73 ad ed. D. 50,16,70. 20 Siehe oben S. 11. 21 Desserteaux I, S. 604, 606. 17

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sprechen, für verfälscht, darunter auch G. 2,188.22 Dies begründet er im Wesentlichen mit sprachlichen Argumenten: Die Klassiker hätten niemals davon gesprochen, dass der Sklave den Herrn zum Erben mache (heredem facere);23 die Erbenstellung des Herrn sei eine Neuerung des justinianischen Rechts.24 Man muss Desserteaux vorwerfen, dass er den Klassikern, und vor allem Gaius,25 einen sehr strengen Gebrauch der Begriffe unterstellt und daraus Schlussfolgerungen auf eine Verfälschung der übrigen Texte zieht, die Variationen im Ausdruck aufweisen – eine methodische Vorgehensweise, die als überholt gelten kann. In der Sache stimmt er jedoch mit der hier vertretenen Auffassung überein, dass der eingesetzte Sklave selbst Erbe wird. Genau umgekehrt, aber mit einer ähnlichen begrifflichen Absolutheit, hat sich Bretone geäußert. Er hält nur den Herrn für den „Erben“ und bezeichnet diese These als allgemein anerkannt.26 Bretone folgt damit im Wesentlichen der Erbrechtstheorie Bonfantes, wonach der Vermögenserwerb nur eine mittelbare Folge der Erbeinsetzung sei, nämlich ein Annex zum Erwerb des Titels „Erbe“, der unmittelbar aus der Erbeinsetzung folge.27 Da der Herr das Vermögen erwirbt, muss Bretone ihn also auch als „Erben“ im eigentlichen Sinne ansehen. Abgesehen von den generellen Einwänden, die man gegen Bonfantes Lehre vorbringen kann,28 ist sie jedenfalls nicht geeignet, die Erbenstellung des Sklaven zutreffend zu beschreiben. Eine begriffliche Argumentation führt, wie oben gezeigt, nicht weiter, da der eingesetzte Erbe und der Erwerber des Vermögens beide als heres bezeichnet sein können. Eine Analyse in der Sache führt gerade zum umgekehrten Ergebnis, dass man nämlich den Sklaven selbst als „Erben“ ansehen muss. Durchgreifende Beweise zur Erbenstellung des Sklaven hat schon Scialoja in großer Klarheit beigebracht.29 Sie werden in den folgenden Kapiteln erörtert werden; an dieser Stelle sei nur auf folgende Tatsachen hingewiesen: Der Sklave ist derjenige, auf den sich der Willensentschluss des Erblassers bezieht. Der Sklave Desserteaux I, S. 615. Desserteaux I, S. 610, 616–624, bes. S. 625; II, S. 35–38. Desserteaux I, S. 634–648. Desserteaux I, S. 607. Bretone, Servus Communis, S. 108–110; ders., Labeo 4 (1958) 305f. Er beruft sich u.a. auch auf Schulz, SZ 43(1922) 184f., ders., Classical Roman Law, S. 290, doch äußert sich Schulz nicht explizit zu dieser Frage, sondern verwendet (so verstehe ich ihn) das Wort „Erbe“ genauso flexibel wie die römischen Quellen. Gleiches gilt für Scialoja, DER, S. 168, 170, 177, 182, der im übrigen auch den Sklaven als Erben ansieht. 27 Bonfante, Corso VI, S. 78ff. et passim; zusammenfassend ders., Riv. di dir. civ. 6 (1914) 753 (= Scritti S. 444). Ihm folgt etwa Solazzi, DER II, S. 120f., 191. 28 Siehe etwa Rabel, SZ 50 (1930) 295; Kaser, RPR I, S. 92f.; die Unzulänglichkeit dieser Lehre im Bereich der operae libertorum (dazu sogleich) zeigt auch Lavaggi, SDHI 11 (1945) 238ff., 272ff. 29 Scialoja, DER, S. 161–197. 22

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muss den Erbantritt erklären; der Herr geht leer aus, wenn der Sklave vor Erbantritt stirbt.30 Vermächtnisse können nur zu Lasten des eingesetzten Sklaven ausgesetzt werden, nicht zu Lasten seines Herrn.31 Ein weiterer, in der Diskussion noch zu wenig beachteter Aspekt ist zudem die Tatsache, dass auch Bedingungen gegenüber dem Sklaven selbst erfüllt werden müssen: D. 35,1,44 pr. Paulus libro nono ad Plautium Qui heredi dare iussus est, servo alieno instituto non domino dare debet. nam et si alio herede instituto iussus est servo Titii dare, ipsi servo datur, quia quae facti sunt, non transeunt ad dominum, quemadmodum, si mihi aut servo Titii stipulatus sim, non Titio, sed servo eius dari potest: et haec vera sunt. ...

(3) Contra qui domino debet dare, non implet condicionem dando servo eius, nisi si dominus consenserit: nemo enim in tali specie condicionem nesciente me vel nolente implere potest.

Paulus im neunten Buch zu Plautius Wem die Bedingung auferlegt wurde, dem Erben etwas zu geben, der muss es dem eingesetzten fremden Sklaven geben, nicht dessen Herrn. Denn auch wenn ein anderer als Erbe eingesetzt ist und ihm auferlegt wurde, dem Sklaven des Titius etwas zu geben, dann muss er es dem Sklaven selbst geben, weil das, was tatsächlicher Natur ist, nicht auf den Herrn übergeht. So kann zum Beispiel auch dann, wenn ich „mir oder dem Sklaven des Titius“ etwas habe versprechen lassen, es nicht Titius, sondern nur dessen Sklaven gegeben werden. Und das ist zutreffend. ... (3) Umgekehrt erfüllt jemand, dem auferlegt wurde, dem Herrn etwas zu geben, diese Bedingung nicht dadurch, dass er es dessen Sklaven gibt, es sei denn, der Herr stimmte zu. Denn niemand kann in diesem Fall die Bedingung ohne mein Wissen und Wollen erfüllen.

Die hier erörterten Fälle handeln von einem Vermächtnisnehmer, dem ein Vermächtnis unter der Bedingung hinterlassen worden ist, dass er dem Erben etwas gebe. Paulus sagt im principium, dass er es dem eingesetzten fremden Sklaven selbst geben müsse, nicht aber dessen Herrn. Nur wenn die Bedingung ausdrücklich auf den Herrn laute, also nicht auf den „Erben“, dann müsse die Leistung dem Herrn gegenüber erbracht werden (§ 3). Aus der hier entschiedenen Sachfrage geht somit deutlich hervor, dass der Sklave selbst als Erbe angesehen wird.32

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Siehe unten S. 35ff. Scialoja, DER, S. 181. 32 So auch Scialoja, DER, S. 183. 31

Außervermögensrechtliche Aspekte der Erbenstellung

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Gleichzeitig zeigt das Fragment mit bemerkenswerter Klarheit die Struktur des Sklavenerbrechts, indem Paulus sagt: quae facti sunt non transeunt ad dominum.33 Dabei muss man sich hinzudenken: obwohl die Rechte übergehen. Der Herr erwirbt somit zwar kraft seines Eigentums am Sklaven das Vermögen aus der Erbschaft, jedoch bleibt der Sklave ansonsten in der Erbenstellung, sodass die tatsächlichen Handlungen ihm gegenüber vorgenommen werden müssen. Diese können nämlich nicht auf den Herrn übergehen. Der Sklave verschafft seinem Herrn also nur die übertragbaren Vermögensrechte, nicht aber die Erbenstellung selbst. Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die Erbeinsetzung eines fremden Sklaven diesen selbst zum Erben macht.34 Der Sklave selbst ist der vom Erblasser berufene Erbe, auch wenn sein Herr das Vermögen erwirbt. Da der Herr in vermögensrechtlicher Hinsicht aber so steht wie ein Erbe, sprechen die Quellen auch davon, dass er „Erbe“ werde. Dass die römische Begrifflichkeit changiert und nicht in festen Formen erstarrt ist, hindert freilich nicht daran, nur den Sklaven als „Erben“ zu bezeichnen.

2.  Außervermögensrechtliche Aspekte der Erbenstellung Wenn der Herr des Sklaven somit in vermögensrechtlicher Hinsicht wie ein Erbe steht, stellt sich dennoch die Frage, wie man sich die übrigen Konsequenzen der Erbeinsetzung vorzustellen hat. Die Einsetzung eines Erben ist, in Rom noch viel mehr als heute, auch die Wahl eines Nachfolgers im umfassenden Sinne, die über die reine Vermögenskontinuität hinausgeht.35 Wenn der Erblasser einen fremden Sklaven zu seinem Nachfolger ausgewählt hat, mag er damit dessen Eigentümer das Erbschaftsvermögen verschaffen, doch für die außervermögensrechtlichen Fragen ist die Person des Sklaven selbst zu berücksichtigen. In den Rechtsquellen finden sich vor allem zwei Aspekte der Erbeinsetzung, die nicht dem Vermögensrecht im eigentlichen Sinne zugeordnet werden können und in denen die Person des Sklaven selbst ausschlaggebend ist:36 Die Frage, wem die Ehre der Erbeinsetzung (der honor institutionis) zukommt, und die Frage, ob der Erbe die Dienste der Freigelassenen (operae libertorum) erhält. In beiden Fällen zeigt sich, dass sich Dazu auch Pernice, Labeo, Bd. 1, S. 139. – Giaro, SZ 105 (1988) 229, 230 Fn. 180, sieht in diesem Ausdruck nur einen Vergleich. 34 So i.E., neben den zitierten Autoren, auch Salkowski, Sklavenerwerb, S. 9; Voci, DER I, S. 407f., 638; DER II, S. 132f. 35 Zu dieser „Persönlichkeitsfortsetzung“ vgl. Bonfante, Corso VI, S. 38–43, 79; Wacke, SZ 123 (2006) 208ff. 36 Ein dritter Aspekt ist eine mögliche Nachfolge in die sacra, Cic. leg. 2,46ff.; dazu Buchwitz, Fremde Sklaven, S. 401ff. 33

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Grundlagen der Erbeinsetzung fremder Sklaven

die eigentliche Auswahl des Erben durch den Erblasser, das iudicium testatoris, auf den Sklaven selbst bezog.

2.1  Ehrerweisung gegenüber dem Sklaven Dies betrifft zunächst die Frage der Ehrerweisung durch Erbeinsetzung.37 Die Funktion der Erbeinsetzung erschöpfte sich in Rom nicht in der Vermögensverteilung. Eine Erbeinsetzung diente im personalen Geflecht der römischen Gesellschaft auch dazu, die Wertschätzung für eine andere Person sichtbar zum Ausdruck zu bringen.38 Diese Ehrerweisung kam wegen der Öffentlichkeit der Testamente oft schon zu Lebzeiten des Erblassers zum Ausdruck.39 Setzte der Erblasser einen fremden Sklaven ein, so erwies er damit in der Regel diesem selbst eine Ehre, wofür die Quellen ein klares Bild liefern: D. 37,5,3,2 Ulpianus libro quadragesimo ad edictum Hoc autem solum debetur, quod ipsis parentibus relictum est et liberis: ceterum si servo eorum fuerit adscriptum vel subiectae iuri eorum personae, non debetur: nec enim quaerimus, cui adquiratur, sed cui honor habitus sit.

Ulpian im 40. Buch zum Edikt Es wird jedoch bloß das geschuldet, was den Eltern oder Kindern selbst hinterlassen worden ist. Im Übrigen wird es nicht geschuldet, wenn es einem ihrer Sklaven oder einer anderen ihrer Gewalt unterworfenen Person testamentarisch zugewendet worden ist; denn wir fragen nicht danach, wem erworben wird, sondern wem Ehre erwiesen wurde.

Ulpian kommentiert hier den Teil des Edikts, in dem es um die Frage geht, welche Vermächtnisse aufrechterhalten werden, wenn die bonorum possessio contra tabulas beantragt wird. Er stellt zunächst fest, dass die Verfügungen zugunsten der Eltern und der Kinder des Erblassers erfüllt werden müssen. Dann unterscheidet er Dazu schon Buchwitz, Fremde Sklaven, S. 394ff.; die wesentlichen Punkte sind hier noch einmal angeführt. 38 Zum honor institutionis vgl. Pomp. l. s. enchir. D. 1,2,2,45; Ulp. 40 ad ed. D. 37,5,5,6; Ulp. 6 fideic. D. 5,1,52,2 sowie die Nachweise aus den literarischen Quellen bei Paulus, Postmortale Persönlichkeit, S. 299ff., und Karlowa, Rechtsgeschichte, Bd. 2, S. 88. Zu den Aspekten der Erbenstellung siehe auch Bonfante, Bull. 4 (1891) 97, 107–110 (= Scritti S. 116f.). 39 Zur Testierpraxis in Rom vgl. Bürge, SZ 97 (1980) 105, 142f.; Corbier, Index 13 (1985) 501, 514ff.; Paulus, Postmortale Persönlichkeit, S. 58ff., 68ff., 83ff., die allerdings auch die vermögensumschichtende Funktion betonen. 37

Außervermögensrechtliche Aspekte der Erbenstellung

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davon aber die Gegenstände, welche einem Sklaven dieser Personen hinterlassen wurden, und entscheidet, dass diese nicht geleistet werden müssen: Es werde zwar den Eltern oder Kindern das Eigentum erworben, jedoch komme es hier nicht auf den Vermögenserwerb an, sondern darauf, wem die Ehre zuteil werde. Die Ehre der Erbeinsetzung kam also dem Sklaven selbst zu, nicht seinem Herrn.40 Erstaunlich ist weiterhin, dass im vorliegenden Falle darüber hinaus die Vermögensverteilung entsprechend der Ehrzuweisung erfolgt: Die Eltern oder Kinder des Erblassers, deren Legate nach der Vorstellung des Edikts aufrechterhalten werden sollen, erhalten nichts mehr, wenn sie diese Legate durch eine ihrer Gewalt unterworfene Person erwerben würden. Der honor institutionis, den der Erblasser dem Sklaven zukommen lässt, wiegt hier also schwerer als die durch das Edikt intendierte Vermögensverteilung, die dem Gewalthaber, den Eltern oder Kindern des Erblassers, den Vorrang einräumt. Allerdings musste in der Einsetzung eines fremden Sklaven nicht immer eine Wertschätzung seiner Person liegen. Vielmehr war es dem Willen des Testators überlassen, ob er den fremden Sklaven nicht bloß als Erwerbsinstrument seines Herrn nutzen und in Wirklichkeit diesem die Ehre zukommen lassen wollte. Auskunft dazu gibt folgender Text: D. 26,2,28 pr. Papinianus libro quarto responsorum Qui tutelam testamento mandatam excusationis iure suscipere noluit, ab his quoque legatis summovendus erit, quae filiis eius relicta sunt, modo si legata filii non affectione propria, sed in honorem patris meruerunt. 41

Papinian im vierten Buch seiner Rechtsgutachten Wer eine ihm durch Testament übertragene Vormundschaft aufgrund eines Ablehnungsrechts nicht hat übernehmen wollen, ist auch von den Vermächtnissen auszuschließen, die seinen Söhnen hinterlassen wurden, sofern die Söhne mit den Vermächtnissen nicht um ihrer selbst willen, sondern zur Ehrung des Vaters begünstigt worden sind.41

Der Legatar hatte hier die ihm übertragene Vormundschaft aus rechtlich anerkannten Gründen zurückgewiesen und war infolgedessen auch von den ihm ausgesetzten Legaten ausgeschlossen.42 Papinian erörtert nun, ob ihm auch die Vermächtnisse entzogen werden, die seinen Söhnen hinterlassen wurden und die er durch So i.E. auch Pernice, Labeo, Bd. 1, S. 141 (zu anderen Stellen). Vgl. zum Text auch Ferrini, Teoria generale, S. 449; Buckland, Slavery, S. 148f.; Nörr, Rechtskritik, S. 112. 41 Übersetzung: Knütel/Kupisch/Seiler/Behrends [Ziegler], Bd. 4, S. 359. 42 Von dieser Regel sind auch Ausnahmen bekannt, vgl. die Differenzierung bei Voci, DER II, S. 906f. 40

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Grundlagen der Erbeinsetzung fremder Sklaven

diese erwerben würde. Dazu differenziert er danach, ob der Erblasser durch diese Legate dem Vater oder den Söhnen selbst Ehre erweisen wollte. Im ersten Falle ist der Vater ausgeschlossen, im zweiten dagegen nicht. Die Ehrzuweisung erfolgte also entsprechend dem feststellbaren Willen des Erblassers. Dass diese Entscheidung nicht nur für Hauskinder gilt, sondern auch auf Sklaven übertragen werden kann, erscheint angesichts der in vielen Texten erfolgten Gleichstellung von Sklave und filius familias, welche für die Frage der Ehrzuweisung insbesondere durch das soeben zitierte Fragment D. 37,5,3,2 bezeugt ist, nicht weiter zweifelhaft. Jedoch wird es tatsächlich weitaus seltener der Fall sein, dass die Erbeinsetzung des Sklaven zur Ehrung des Herrn geschieht, da der Sklave als Person minderen Rechts natürlich nicht dieselbe soziale Stellung wie ein Sohn hat. Die beiden Texte zeigen zusammengenommen, dass für die Frage der Ehrerbietung durch Erbeinsetzung die Absicht des Erblassers entscheidend war. Hatte man dafür keine konkreten Anhaltspunkte, so ging man davon aus, dass mit der Einsetzung eines fremden Sklaven diesem selbst Ehre erwiesen werden sollte.43 Die Ehre konnte aber auch dessen Herrn zufallen, wenn ein dahin gehender Wille des Erblassers positiv feststellbar war. Eine Parallele findet diese Zuweisung von Ehre entsprechend dem Willen des Testators im entgegengesetzten Fall der Missachtung: Wird einem fremden Sklaven gegenüber eine iniuria begangen, so kann sich die dadurch zum Ausdruck gebrachte Missachtung entsprechend der Absicht des Schädigers ebenfalls auf den Sklaven selbst oder auf dessen Herrn beziehen,44 auch wenn die Injurienklage natürlich immer nur dem Herrn zusteht.45 In gleicher Weise ist die Willensrichtung des Erblassers bei der Erbeinsetzung fremder Sklaven von Bedeutung: Entsprechend seiner Absicht kann die Ehre der Erbeinsetzung dem Sklaven oder dem Herrn zukommen, auch wenn die Erbschaft immer an den Herrn fällt. In diesen beiden Fällen zeigt sich die Doppelnatur des Sklaven als res und persona:46 Tritt der Dritte mit dem Sklaven nur als Sache des Herrn in Verbindung, ist die Zielsetzung seines Handelns also auf den Herrn bezogen, so gilt die Ehrung oder Miss43

Vgl. dazu außer dem besprochenen Text auch Pap. 16 quaest. D. 29,4,26 pr., wo selbstverständlich davon ausgegangen wird, dass der Vater keine Ehre mehr erwirbt, wenn er die Erbschaft durch seine Tochter erlangt (honore proprio omisso). 44 Ulp. 77 ad ed. D. 47,10,15,34–35; Sen. contr. 7,6,3. Zur (hier nicht wiederholten) Diskussion im Einzelnen vgl. Buchwitz, Fremde Sklaven, S. 397ff. 45 Nur das meint G. 3,222; I. 4,4,3. Zweifel an der „Beleidigungsfähigkeit“ des Sklaven deswegen aber bei Hagemann, Iniuria, S. 84–87; Wittmann, SZ 91 (1974) 340ff.; Fusco, Iniuriis quae servis fiunt, S. 429ff.; vgl. auch van Meurs, TR 4 (1923) 280. 46 Dazu Kaser, RPR I, S. 285; Robleda, Diritto degli schiavi, S. 68ff.; freilich darf man aus dieser Terminologie keine deduktiven Schlüsse ziehen; dazu richtig Bonfante, Corso I, S. 143.

Außervermögensrechtliche Aspekte der Erbenstellung

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achtung diesem. Handelt der Dritte dagegen mit Blickrichtung auf den Sklaven selbst, so wird dieser als eigene Person behandelt und erfährt selbst die Ehrung oder die Missachtung. Davon zu trennen ist jeweils der formale Vermögenserwerb.

2.2  Dienste und Nachlass der Freigelassenen Die außervermögensrechtliche Erbenstellung eines fremden Sklaven, der zum Erben eingesetzt worden ist, zeigt sich am deutlichsten anhand der nun zu diskutierenden Fälle, in denen es um die Dienstleistungen geht, die dem Patron von seinen Freigelassenen geschuldet werden (operae libertorum), und um den Anteil am Nachlass, den sie ihm hinterlassen müssen (bona libertorum). Die Dienstleistungen werden dem Patron schon vor der Freilassung versprochen. Nach der Freilassung wird dieses Versprechen (operarum promissio) in Form eines Eides oder einer Stipulation wiederholt.47 Stirbt der Patron, gehen bestimmte Arten von Diensten, die operae fabriles,48 unter bestimmten Voraussetzungen auf seine Erben über: D. 38,1,22,1 Gaius libro quarto decimo ad edictum provinciale Cum libertus promiserit patrono operas se daturum neque adiecerit ‘liberisque eius’, constat liberis eius ita demum deberi, si patri heredes extiterint. heredes tamen extitisse liberos parenti ita demum prodesse ad operarum petitionem Iuliano placet, si non per alium heredes extiterunt. itaque si quis exheredato emancipato filio servum eius heredem instituerit et per eum servum heres extiterit filius, repelli eum ab operarum peti-

Gaius im 14. Buch zum Provinzialedikt Wenn ein Freigelassener seinem Patron versprochen hat, Dienste zu leisten, ohne hinzuzufügen „auch dessen Kindern“, dann steht fest, dass sie den Kindern nur dann geschuldet werden, wenn sie Erben des Vaters werden. Nach Julian können die Kinder jedoch, auch wenn sie Erben ihres Vaters geworden sind, nur dann die Dienste einklagen, wenn sie nicht durch eine andere Person zu Erben geworden sind. Wenn also jemand seinen Sohn aus der väterlichen Gewalt entlassen und enterbt hat, dessen Sklaven zum Erben eingesetzt hat, und wenn der Sohn durch die-

Vgl. nur Kaser, RPR I, S. 299f. Dagegen sind die operae officiales an die Person des Patrons gebunden, vgl. Ulp. 34 ad Sab. D. 38,1,9; zum Ganzen Voci, DER I, S. 362ff.; Waldstein, Operae libertorum, S. 232ff.

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22 tione debere, perinde ac repelleretur patronus, qui operas non imposuisset vel quas imposuit revendidisset.

Grundlagen der Erbeinsetzung fremder Sklaven

sen Sklaven Erbe geworden ist, dann wird ihm die Klage auf die Dienste verweigert, genauso wie auch dem Patron die Klage verweigert würde, wenn er dem Freigelassenen keine Dienste auferlegt oder die auferlegten Dienste zurückverkauft hätte.

Zunächst ist hier die Art und Weise des Versprechens zu beachten. Für die operarum promissio standen verschiedene Formeln zur Verfügung: Entweder ließ der Patron sie nur sich selbst versprechen (mihi dari promittis?), oder sich und seinen Kindern (mihi liberisque meis dari promittis?). Die letztere Möglichkeit wird von Voci in Zweifel gezogen, der den Teil neque adiecerit ‘liberisque eius’ für interpoliert hält, da die Stipulation durch den Patron erfolge, sodass es an ihm gelegen hätte, die Klausel anzufügen, nicht am Freigelassenen, auf den sich adiecerit bezieht.49 Eine solche Annahme dürfte aber zu weit gehen: Denn auch das eius wäre sprachlich inkorrekt, wenn es die konkret gesprochenen Worte der Stipulation wiedergeben sollte. Der gesamte Text ist vielmehr aus der Warte des außenstehenden Beobachters geschrieben. Außerdem hängen die Stipulation von operae und das eidliche Versprechen von operae eng miteinander zusammen und werden von den römischen Juristen in einem Atemzug genannt. Letzteres, das Versprechen durch Eid, erfolgte uno loquente et sine interrogatione,50 also durch den Freigelassenen allein. Die sprachliche Ausdrucksweise im vorliegenden Text ist darauf zurückzuführen. Sachlichen Bedenken begegnet die Stipulation zugunsten des Kindes ohnehin nicht: Eine Stipulation zugunsten des Sohnes war zulässig und führte dazu, dass der Vater die Stipulation erwarb.51 Dass die operae nach dem Tode des Patrons den Kindern zufallen, ist auch keine Stipulation zugunsten eines Dritten, da sie als „Tagwerke“ erst dann fällig werden, wenn der Berechtigte sie fordert.52 Nach Gaius D. 38,1,22,1 ist der Freigelassene nun in dem Falle, dass er die Dienste dem Patron und dessen Kindern versprochen hat, auch nach dem Tode des Patrons den Kindern gegenüber aus der Stipulation verpflichtet. Wenn er die Dienste aber nur dem Patron selbst versprochen hat, dann können die Kinder sie

Voci, DER I, S. 370f. Anders aber Lavaggi, SDHI 11 (1945) 237ff., 263, und Waldstein, Operae libertorum, S. 327ff., 338ff. 50 Gai. epit. 2,9,4; für sachliche Richtigkeit Waldstein, Operae libertorum, S. 239f. 51 Paul. 12 ad Sab. D. 45,1,39. 52 Vgl. zur Fälligkeit der operae Waldstein, Operae libertorum, S. 257ff. Bedenken hat insoweit aber auch Lavaggi, SDHI 11 (1945) 251 (der die Texte im Ergebnis für echt hält). 49

Außervermögensrechtliche Aspekte der Erbenstellung

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nur dann fordern, wenn sie Erben des Patrons werden.53 Soweit ist die Rechtslage laut Gaius allgemein anerkannt.54 Julian wirft nun die Problematik des Sklaven auf, der dem Kind gehört und an dessen Stelle zum Erben eingesetzt ist. In diesem Falle erwerbe das Kind die Dienste der Freigelassenen nicht. Die Frage stellt sich nur dann, wenn das Kind aus der väterlichen Gewalt entlassen worden ist, da der Sklave ansonsten ein eigener Sklave des Erblassers wäre. Ist er jedoch Sklave des aus der Gewalt entlassenen Sohnes, wird der Sohn durch ihn zwar Erbe, erhält jedoch nicht die Dienstleistungen der Freigelassenen. Anhand dieses Falles zeigt sich sehr deutlich, wie die oben skizzierte Erbenstellung des Herrn des eingesetzten Sklaven keine volle Erbenstellung im eigentlichen Sinne ist. Zwar bezeichnen die römischen Juristen ihn als Erben, doch gibt es einige Bereiche, in denen er nicht wie ein Erbe behandelt wird. Im hier vorliegenden Fall erhält er die Dienstleistungen nicht, die ihm geschuldet gewesen wären, wenn er selbst eingesetzt und nicht bloß über seinen Sklaven zur Erbschaft berufen wäre. Eine Parallele findet diese schlechtere Form der Erbenstellung beim Erbschaftserwerb durch einen Sklaven auch hinsichtlich des Nachlasses der Freigelassenen. Die Rechtslage ist hier, zunächst ohne Beteiligung eines Sklaven, wie folgt: Dem Patron steht ein Pflichtteilsrecht am Nachlass seiner Freigelassenen zu. Stirbt ein Freigelassener und hinterlässt er seinem Patron nicht den ihm gebührenden Teil am Nachlass, kann der Patron den Nachlassbesitz entgegen dem Testament beim Prätor beantragen.55 Ein gleiches Recht haben die Kinder des Patrons, wenn sie Erben ihres Vaters werden.56 Zu klären ist zunächst, weshalb für die Kinder nur dann ein Pflichtteilsrecht besteht, wenn sie Erben ihres Vaters werden. Der Grund liegt, wie auch bei den operae, nicht etwa darin, dass sie das Recht auf die bona im Wege der normalen erbrechtlichen Vermögensnachfolge von ihrem Vater erwürben. Vielmehr sind operae und bona ihnen unmittelbar „als Kinder“ geschuldet. Der Patron bringt durch die Erbeinsetzung lediglich zum Ausdruck, dass er sein Kind für würdig hält, den Nachlass und die Dienste seiner Freigelassenen zu erhalten. Daher sind die Kinder sogar dann berechtigt, wenn sie im Testament ihres Vaters nur als

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In diesem Falle kann der Patron die Freigelassenen aber bestimmten Kindern zuweisen, vgl. Ulp. 14 ad Sab. D. 38,4,1 pr., was ausgeschlossen ist, wenn auch den Kindern versprochen wurde, vgl. Signorini, Adsignare libertum, S. 28ff. 54 Zum Text vgl. auch Waldstein, Operae libertorum, S. 328f. Zum Nachfolgeproblem insgesamt Lavaggi, SDHI 11 (1945) 276. 55 Ulp. 41 ad ed. D. 38,2,3,10. 56 So muss man auch die Anweisung von Gaius an den libertinus verstehen, 15 ad ed. prov. D. 38,2,5 pr.

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Grundlagen der Erbeinsetzung fremder Sklaven

Ersatzerben eingesetzt wurden und in concreto gar nicht Erben geworden sind.57 Die Kinder folgen ihrem Vater also nicht kraft Erbrechts in die bona und operae, sondern kraft Nachfolge in die Patronatsstellung.58 Aus dieser Besonderheit der Übertragung von operae und bona libertorum folgt auch die Konsequenz, die entsteht, wenn ein Sklave mit ins Spiel kommt: Sind die Kinder des Patrons nicht selbst zu Erben eingesetzt, sondern werden nur über ihre Sklaven Erben ihres Vaters, dann kann sich nur eine Vermögensnachfolge verwirklichen, nicht aber die besondere Form der Übertragung von operae und bona. Eine Willensäußerung des Patrons hinsichtlich der Leistung der noch ausstehenden operae und des Anrechts auf die bona in der Person seiner Kinder kommt nämlich dadurch, dass er einen Sklaven seiner Kinder einsetzt, nicht zum Ausdruck. Den Beweis dafür liefert der folgende Text: D. 38,2,13 Iulianus libro vicensimo sexto digestorum Filius patroni exheredatus, quamvis nepos ex eo heres scriptus fuerit, bonorum possessionem contra tabulas paternorum libertorum accipere non potest: licet enim necessarius existat patri suo, non per semetipsum, sed per alium ad hereditatem admittitur. et certe constat: si emancipatus filius exheredatus fuerit et servus eius heres scriptus, etsi iusserit servo hereditatem adire et ita patri suo heres extiterit, non habebit contra

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Julian im 26. Buch der Digesten Der enterbte Sohn des Patrons kann, auch wenn der von ihm gezeugte Enkel zum Erben eingesetzt worden ist, nicht den Nachlassbesitz entgegen dem Testament an der Hinterlassenschaft der väterlichen Freigelassenen erhalten. Denn obwohl er Zwangserbe seines Vaters wird, gelangt er doch nicht in eigener Person, sondern durch einen anderen zur Erbschaft. Und daher ist auch anerkannt: Wenn ein aus der väterlichen Gewalt entlassener Sohn enterbt und dessen Sklave zum Erben eingesetzt worden ist, steht ihm der Nachlassbesitz entgegen dem Testament an der Hinterlassen-

Vgl. die Argumentation in Ulp. 44 ad ed. D. 38,2,12,6 und Ulp. 64 ad ed. D. 38,1,29 (dazu Voci, DER I, S. 355f.). Ähnlich in dem Fall, dass die Kinder emanzipiert sind, die Enkel aber nicht: Nur die Enkel sind sui, dennoch sind die Kinder berechtigt, Pomp. 4 ad Sab. D. 38,2,2,2 und Gai. 15 ad ed. prov. D. 38,2,5,1. 58 Vgl. auch G. 3,61; UE 27,4; Ulp. 28 ad Sab. D. 38,1,7,6 und Iul. 27 dig. D. 38,2,23,2 (Verteilung erfolgt nach Köpfen, nicht nach Erbquoten); Pap. 20 quaest. D. 36,1,57(55) pr. (operae bleiben bei trebellianischer Restitution beim als Erben eingesetzten Sohn); Donellus, De iure civile, lib. 2 cap. 18 § 13 (Opera Omnia Bd. 1, Sp. 287ff.); Solazzi, DER I, S. 146; Lavaggi, SDHI 11 (1945) 266ff.; Voci, DER I, S. 352, 359.

Außervermögensrechtliche Aspekte der Erbenstellung

tabulas paternorum libertorum bonorum possessionem.

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schaft der väterlichen Freigelassenen auch dann nicht zu, wenn er den Sklaven angewiesen hat, die Erbschaft anzutreten, und so Erbe seines Vaters geworden ist.

Julian erörtert anhand zweier Fälle, dass die Kinder des Patrons den Nachlassbesitz an der Hinterlassenschaft der Freigelassenen nicht erhalten, wenn sie nur über ihre Sklaven oder ihre eigenen Kinder Erben ihres Vaters werden. Im ersten Falle war der Sohn in der Gewalt seines Vaters verblieben, im zweiten Falle emanzipiert. Im ersten Falle wird er durch den Enkel Erbe, im zweiten durch einen Sklaven. Das Recht, die bonorum possessio contra tabulas zu beantragen, erhält er in keinem Fall.59 An dieser Stelle zeigt sich besonders deutlich, dass die Erbeinsetzung eines fremden Sklaven (oder Haussohns) dessen Herrn nicht in jeder Hinsicht zum Erben macht. Der Herr wird zwar Vermögensnachfolger, tritt aber nicht vollständig in die Erbenstellung ein. Grund dafür ist, dass sich der konkret geäußerte Wille des Erblassers nicht auf den Herrn bezog, sondern auf den Sklaven. Nur dieser ist im Testament als Erbe benannt; er ist derjenige, auf den sich der Willensakt, das iudicium testatoris, bezieht. Das iudicium testatoris ist in der Tat der verbindende Faktor in allen Fällen, in denen es auf die konkret eingesetzte Person des Sklaven und nicht auf seinen Herrn ankommt. Denn auch in D. 28,6,8,1 drückt sich Ulpian gleich aus, um zu bezeichnen, dass der Herr bei Einsetzung seines Sklaven zwar Erbe werden mag, aber gerade nicht aufgrund des konkreten Willensentschlusses des Erblassers.60

2.3 Ergebnis Die Ehrzuweisung durch Erbeinsetzung und die Regelung zu den operae und bona libertorum geben uns die Möglichkeit, die Frage der Erbenstellung von Herrn und Sklaven noch wesentlich präziser zu beschreiben. Dabei lassen sich folgende Ergebnisse festhalten: Der Sklave selbst ist der eingesetzte Erbe, der heres institutus. Der Herr erwirbt durch ihn das Nachlassvermögen, sodass er insoweit selbst „Erbe“ wird. Die Erbenstellung im umfassenden, also auch im außervermögens Zum Text vgl. auch Oliviero, Labeo 50 (2004) 239, 251, die allerdings zu Unrecht einen Gegensatz zu Ulp. 44 ad ed. D. 38,2,12,7 sieht. Dieser Text betrifft einen nicht enterbten Sohn, der die Erbschaft nicht antritt und trotzdem den Nachlass der Freigelassenen erhält, was nur bestätigt, dass die Nachfolge in die Patronatsrechte allein auf dem Willen des Erblassers beruht, dem Sohn die bloße Möglichkeit der Erbenstellung zu verschaffen. 60 Siehe oben S. 12ff. Vgl. auch die Parallele beim Vermächtnis: Ulp. 79 ad ed. D. 36,3,1,3: successoribus legatariorum ... non ex iudicio defuncti ... admittantur. 59

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rechtlichen Sinne verbleibt jedoch beim Sklaven, denn er ist derjenige, der nach dem Willen des Erblassers Erbe geworden ist, er ist der heres ex iudicio defuncti.

3. Erbfähigkeit Nach dem bisher zur Erbeinsetzung fremder Sklaven Gesagten ist der Sklave also selbst als Erbe anzusehen. Im Weiteren soll nun ein Aspekt behandelt werden, bei dem es gleichwohl nicht auf seine Person, sondern auf die Person seines Herrn ankommt: Die Frage der Erbfähigkeit. Die Erbfähigkeit ist ein Merkmal, das in der Person des Erben vorliegen muss. Es ist ein moderner Begriff, unter dem die Fragen der Einsetzbarkeit (testamenti factio) und der Erwerbsfähigkeit (capacitas) zusammengefasst werden.61 Dabei handelt es sich um die Voraussetzungen für die Gültigkeit des Testaments bzw. die Gültigkeit des Rechtserwerbs. Einsetzbarkeit und Erwerbsfähigkeit müssen in der Person des Herrn vorliegen, doch sprechen die Juristen bei der testamenti factio auch davon, dass sie der Sklave selbst habe.

3.1  Testamenti factio Das römische Recht entfaltet, als ius Quiritium, nur zwischen römischen Bürgern Wirkung. Daher ist es für die Gültigkeit eines Testaments nach römischem Recht erforderlich, dass der Erblasser und der Erbe römische Bürger sind. Die beiden entsprechenden rechtlichen Fähigkeiten, ein Testament zu errichten und in einem Testament bedacht zu werden, werden gleichermaßen mit testamenti factio bezeichnet: D. 28,1,16 pr. Pomponius libro singulari regularum Filius familias et servus alienus et postumus et surdus testamenti factionem habere dicuntur: licet enim testamentum facere non possunt, attamen ex testamento vel sibi vel aliis adquirere possunt.

Pomponius in der Einzelschrift über Rechtsregeln Man sagt, dass der Haussohn, der fremde Sklave, das nachgeborene Kind und der Stumme die testamenti factio haben. Denn auch wenn sie kein Testament errichten können, so können sie sehr wohl sich oder anderen etwas aus einem Testament erwerben.

Zur deutschen Terminologie vgl. etwa Kaser, RPR I, S. 683, 723.

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Erbfähigkeit

Pomponius stellt fest, dass ein fremder Sklave die testamenti factio hat, also als Erbe eingesetzt werden kann. Im zweiten Satz geht er auf die Begrifflichkeit der testamenti factio näher ein. Wörtlich bedeutet der Ausdruck „Errichtung eines Testaments“, kann also nur auf den Testator bezogen werden.62 Vom Erben hieß es daher ursprünglich bloß, dass er die testamenti factio cum testatore habe. Der Zusatz cum testatore ist dann meist weggefallen, sodass auch vom Erben gesagt wird, er habe die testamenti factio.63 Pomponius muss daher erklären, dass testamenti factio bei der Erbeinsetzung eines fremden Sklaven nur in diesem letzteren Sinne, nämlich als passive Einsetzungsfähigkeit, nicht aber im ersteren Sinne, also als aktive Fähigkeit zur Errichtung eines Testaments, gemeint ist. Mit etwas anderen Worten drückt Gaius dies wie folgt aus: D. 28,5,31 pr. Gaius libro septimo decimo ad edictum provinciale Non minus servos quam liberos heredes instituere possumus, si modo eorum scilicet servi sint, quos ipsos heredes instituere possumus, cum testamenti factio cum servis ex persona dominorum introducta est.

Gaius im 17. Buch zum Provinzialedikt Man kann Sklaven genauso wie Freie zu Erben einsetzen, wenn sie nur Sklaven derjenigen Personen sind, die man selbst zu Erben einsetzen kann, da die testamenti factio mit den Sklaven im Hinblick auf die Person ihrer Herren eingeführt worden ist.

Aus Gaius’ Kommentar zum Provinzialedikt ergeben sich somit die Voraussetzungen der testamenti factio noch klarer:64 Zunächst steht fest, dass der Sklave selbst die testamenti factio hat. Dies bedeutet aber nur, dass er überhaupt als Erbe eingesetzt werden kann. Die inhaltlichen Voraussetzungen der testamenti factio ergeben sich jedoch aus der Person des Herrn. Dies ist auch zwingend, denn die Frage, ob der Erbe etwa römischer Bürger ist, kann nur für die Person des Herrn beantwortet werden; ein Sklave hat kein Bürgerrecht. Dementsprechend sagt Florentin im folgenden Abschnitt seiner Institutionen von vornherein, dass die testamenti factio mit dem Herrn bestehen müsse. Dabei handelt es sich aber, wie die beiden vorigen Texte gezeigt haben, um eine verkürzte Ausdrucksweise.65 62

64 65 63

Zur Analyse der Begrifflichkeit vgl. H. Krüger, SZ 53 (1933) 505, 506. H. Krüger, SZ 53 (1933) 507, mit den Quellenbelegen. Zum Text auch Duplá Marín, Servus hereditarius, S. 143ff. Sie findet sich auch in UE 22,9: Alienos servos heredes instituere possumus eos tantum, quorum cum dominis testamenti factionem habemus. Dazu Avenarius, Liber singularis, S. 414. Für das Vermächtnisrecht vgl. noch Pomp. 3 ad Sab. D. 30,12,2: Regula iuris

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D. 28,5,50(49),1 Florentinus libro decimo institutionum In extraneis heredibus illa observantur: ut sit cum eis testamenti factio, sive ipsi heredes instituantur sive hi qui in potestate eorum sunt, et id duobus temporibus inspicitur, testamenti facti, ut constiterit institutio, et mortis testatoris, ut effectum habeat. hoc amplius et cum adibit hereditatem esse debet cum eo testamenti factio, sive pure sive sub condicione heres institutus sit: nam ius heredis eo vel maxime tempore inspiciendum est, quo adquirit hereditatem. medio autem tempore inter factum testamentum et mortem testatoris vel condicionem institutionis exsistentem mutatio iuris heredi non nocet, quia, ut dixi, tria tempora inspicimus.

Florentin im 10. Buch der Institutionen Bei Außenerben ist folgendes zu beachten: Mit ihnen muss die testamenti factio bestehen, sei es, dass sie selbst, sei es, dass ihre Gewaltunterworfenen als Erben eingesetzt werden. Und dies ist zu zwei Zeitpunkten zu prüfen: Zum Zeitpunkt der Testamentserrichtung, damit die Erbeinsetzung gültig ist, und beim Tode des Erblassers, damit sie wirksam wird. Darüberhinaus muss die testamenti factio auch noch dann bestehen, wenn er die Erbschaft antritt, sei es, dass er unbedingt, sei es, dass er unter einer Bedingung zum Erben eingesetzt ist. Denn der Rechtsstatus des Erben muss vor allem zu dem Zeitpunkt berücksichtigt werden, in dem er die Erbschaft erwirbt. Eine in der Zwischenzeit, also zwischen der Testamentserrichtung und dem Tode des Erblassers oder dem Eintritt der Bedingung, erfolgte Veränderung seines Rechtsstatus schadet dem Erben aber nicht, denn wir stellen, wie gesagt, [nur] auf drei Zeitpunkte ab.

Florentin wird in seinem Institutionenlehrbuch in ähnlicher Reihenfolge wie Gaius66 zunächst die Hauserben behandelt haben. In dem durch die Digesten67 überlieferten Teil geht es dann um die Außenerben. Ist ein fremder Sklave eingesetzt, also ein Außenerbe, dann kommt es für die Frage der testamenti factio auf den Herrn an. Florentin erweitert seinen Diskurs dann um die Erklärung, zu welchen Zeitpunkten die Einsetzungsfähigkeit vorliegen muss: Bei Testamentserrichtung und bei Anfall der Erbschaft. Der Anfall der Erbschaft (Delation) ist in der Regel bei Tod des Erblassers, weswegen in den Quellen meist nur davon die Rede ist. Er kann aber in zwei Fällen auch später erfolgen: Wenn die Erbeinsetzung unter einer Bedingung steht, die noch nicht eingetreten ist, erfolgt die Delation erst bei Bedincivilis est, quae efficit, ut quibus ipsis legare possumus, eorum quoque servis legare possimus. 66 G. 2,152ff. 67 Und die Institutionen, I. 2,19,4.

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gungseintritt. Und wenn es mehrere Miterben gibt, ist der Zeitpunkt der Delation durch die lex Papia auf die Testamentseröffnung verschoben worden.68 Dass die testamenti factio zu beiden Zeitpunkten vorliegen muss, und nicht etwa nur bei Anfall der Erbschaft, ist nicht weiter verwunderlich, wenn man den Charakter der Erbeinsetzung als Rechtsakt zwischen Testator und Erben bedenkt. Ein Rechtsakt liegt nicht nur in der späteren Delation, sondern auch in der Testamentserrichtung, sodass zu beiden Zeitpunkten die Rechtsstellung der Beteiligten als römische Bürger erforderlich ist.69 Bei der Einsetzung eines fremden Sklaven muss die testamenti factio allerdings nicht zu beiden Zeitpunkten mit demselben Herrn bestehen. Denkbar ist auch, dass der Sklave zum Zeitpunkt der Testamentserrichtung im Eigentum eines anderen steht als zum Zeitpunkt des Anfalls der Erbschaft.70 Florentin stellt im Folgenden noch auf einen dritten Zeitpunkt ab, den des Erwerbs der Erbschaft. Der Erwerb der Erbschaft erfolgt bei Außenerben erst durch Erbantritt. Der Erbantritt kann erst dann wirksam erklärt werden, wenn die Erbschaft schon angefallen, also die Delation erfolgt ist. Erst zum Zeitpunkt des Erbantritts wird der Erbe Eigentümer der Nachlassgegenstände und Inhaber der dazu gehörigen Forderungen, sodass nun nach Florentin „erst Recht“ (maxime) die testamenti factio vorliegen muss.71 Auch dieses Erfordernis lässt sich aus der zweiseitigen Natur der Erbeinsetzung erklären, wonach der Erbantritt so etwas wie die „Annahme des Angebots“ ist, das in der Delation liegt. Was den Zeitpunkt des Erbschaftserwerbs auszeichnet, ist, dass zu diesem Zeitpunkt der tatsächliche Rechtserwerb stattfindet, sodass zusätzlich die Erwerbsfähigkeit gefordert wird, die capacitas adquirendi, oder schlicht capacitas. Dabei handelt es sich um ein über die Einsetzungsfähigkeit hinausgehendes, persönliches Kriterium, das ebenfalls in der Person des Herrn vorliegen muss.72 Gegen das Erfordernis der testamenti factio im Zeitpunkt des Erbantritts hat sich jedoch Fritz Schulz geäußert: Der dritte Zeitpunkt sei eine Neuschöpfung der Kompilatoren; nach klassischem Recht sei zu diesem dritten Zeitpunkt zwar die capacitas, nicht aber die testamenti factio gefordert worden. Seine Argumente

Dies ergibt sich aus UE 17,1 (ex parte heres scriptus), dazu Avenarius, Liber singularis, S. 347 (dort zu weitgehend, denn bei Alleinerben trat die Delation nach wie vor bei Tod des Erblassers ein, Kaser, RPR I, S. 716 Fn. 6 m.w.N.). 69 Teilweise wird auch bei bedingter Erbeinsetzung zusätzlich Erwerbsfähigkeit bei Tod des Erblassers gefordert, vgl. etwa Vinnius, Commentarius, medio tempore ad I. 2,19,4. Jedoch werden sich die Worte tria tempora auf die zunächst aufgezählten drei Zeitpunkte beziehen, nicht auf die im medio autem-Satz, wovon zwei durch vel getrennt sind. Dagegen auch Mühlenbruch, in: Glück, Bd. 39, S. 136ff. m.w.N. 70 Siehe S. 31, 75ff. 71 Dies auch gegen Schulz, SZ 35 (1914) 112, 114. 72 Siehe sogleich S. 32ff.

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beruhen jedoch hauptsächlich auf sprachlichen Erwägungen, die im Ergebnis nicht stichhaltig sind. Schulz verdächtigt zunächst den Numeruswechsel: Im ersten Satz der Stelle ist von mehreren Erben die Rede, im zweiten Satz nur noch von einem.73 Doch ist es ein verbreitetes Stilmittel der Juristen, das sich etwa auch in den Institutionen des Gaius findet,74 zunächst die allgemeinen Regeln im Plural auszudrücken und danach in den Singular zu wechseln, wenn es um speziellere Fragen geht. Weiter bemängelt Schulz den Gegensatz duobus ... tria, der sich daraus erkläre, dass eine dritte Hand den zweiten Teil hinzugefügt habe. Jedoch sind für diesen Gegensatz didaktische Gründe ursächlich: Florentin erklärt, dass man herkömmlicherweise lehre, es komme auf zwei Zeitpunkte an, aber dass genaugenommen ein dritter Zeitpunkt ebenso wichtig sei. Hätten die Kompilatoren den zweiten Textteil angefügt, so hätten sie unschwer auch das duobus verändern können, ebenso in der Parallelstelle I. 2,19,4. Weiter meint Schulz, der Ausdruck in extraneis sei verdächtig, weil er zu Beginn des Fragments stehe, wo von zwei Zeitpunkten die Rede sei, und diese beiden Zeitpunkte für die sui genauso Geltung gehabt hätten.75 Doch hat schon Mühlenbruch überzeugend dargelegt, dass man nur bei Außenerben von testamenti factio spricht: Einerseits stellt sich die Frage bei sui in der Regel nicht, andererseits spricht man deswegen nicht von testamenti factio, weil diese, analog dem commercium, nur zu Dritten besteht.76 Auch inhaltlich ist kaum denkbar, dass bei Erbschaftserwerb die capacitas, nicht aber die testamenti factio gefordert gewesen wäre. Wenn Florentin daher in einem Institutionenwerk von testamenti factio spricht, meint er beide Aspekte der Erbfähigkeit. Interessant ist weiterhin die Frage der Änderung der Rechtsstellung, auf die Florentin anspielt. Wenn nach Testamentserrichtung, aber vor Anfall der Erbschaft, eine mutatio iuris erfolgt, schadet dies dem Erben nicht. Wenn der Erbe also etwa durch Verurteilung das Bürgerrecht verliert, vor der Delation aber wiedererlangt, dann bleibt die Erbeinsetzung gültig, da es nur auf diese zwei Zeitpunkte ankommt und media tempora non nocent.77 Dass dieser Grundsatz auch bei der Erbeinsetzung eines Sklaven gilt, zeigt: Schulz, SZ 35 (1914) 114; so auch schon Scialoja, DER, S. 224 Fn. 2. Vgl. in gleicher Materie G. 2,152 (heredes) und G. 2,153 (necessarius heres), genauso G. 2,164ff., 179ff., 185ff. 75 Schulz, SZ 35 (1914) 115; siehe auch hierzu schon Scialoja, DER, S. 224. 76 Mühlenbruch, in: Glück, Bd. 39, S. 123ff., 126. Gegen die Argumentation von Schulz vgl. auch Querzoli, Fiorentino, S. 67 Fn. 173. 77 Vgl. Ulp. 4 ad Sab. D. 28,5,6,2; ders. 39 ad ed. D. 37,11,1,8 in fin.; Celsus 16 dig. D. 28,5,60(59),4. Schulz, SZ 35 (1914) 118, verdächtigt auch den letzteren Text und begründet dies lediglich mit der (angeblichen) Interpolation von D. 28,5,50(49),1. 73 74

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D. 28,5,51(50) pr. Ulpianus libro sexto regularum Servum meum heredem institutum cum libertate si vivus vendidero ei, cum quo testamenti factio non est, posteaque eum redemero, ex testamento mihi heres esse poterit nec medium tempus, quo apud eum fuit, vitiavit institutionem, quia verum est utroque tempore tam testamenti faciendi quam mortis tempore meum fuisse. unde si apud eum remanserit, vitiatur institutio: vel si cum eo testamenti factio est, iussu eius adeundo adquiret ei hereditatem.

Ulpian im sechsten Buch der Rechtsregeln Wenn ich meinen Sklaven, den ich unter Erteilung der Freiheit zum Erben eingesetzt habe, zu meinen Lebzeiten an jemanden verkaufe, mit dem keine testamenti factio besteht, und ihn später wieder zurückkaufe, dann kann er mein testamentarischer Erbe sein, und die Zwischenzeit, in der er beim Käufer war, hat die Erbeinsetzung nicht ungültig gemacht, weil es den Tatsachen entspricht, dass er zu beiden Zeitpunkten, bei Testamentserrichtung und bei Tod, mir gehörte. Wenn er aber beim Käufer geblieben ist, dann ist die Erbeinsetzung ungültig. Doch wenn mit dem Käufer die testamenti factio besteht und er auf dessen Anweisung hin antritt, erwirbt er ihm die Erbschaft.

Der Erblasser hatte hier seinen eigenen Sklaven zum Erben eingesetzt, was nur mit gleichzeitiger Freiheitserteilung gültig war. Er hatte ihn daraufhin an einen Dritten veräußert, mit dem keine testamenti factio bestand. Damit leidet die testamentarische Verfügung genau genommen an zwei Mängeln: Zum einen kann der Sklave nicht mehr Erbe werden, da mit seinem neuen Herrn keine testamenti factio besteht. Zum anderen ist aber auch die Freiheitserteilung unwirksam, da einem fremden Sklaven keine Freiheit ex testamento erteilt werden kann (sondern nur indirekt durch Fideikommiss). Allerdings hat der Erblasser den Sklaven dann vor seinem Tode zurückgekauft, sodass Freiheitserteilung und Erbeinsetzung wieder Wirkung entfalten. Die Zwischenzeit beim Käufer schadet dem Sklaven nicht.78 Somit steht fest, dass auch bei Erbeinsetzung eines fremden Sklaven eine Veränderung der testamenti factio seines jeweiligen Herrn nicht schadet, wenn nur in den beiden relevanten Zeitpunkten, bei Testamentserrichtung und bei Anfall der Erbschaft, die testamenti factio mit dem jeweiligen Herrn besteht. Ganz anders verhält es sich jedoch bei einer Veränderung in der persönlichen Rechtsstellung zwischen Anfall und Antritt der Erbschaft. Hier sind Rechtsänderungen schädlich, wie sich aus den zitierten Passagen der Institutionen Florentins (D. 28,5,50(49),1) ergibt. Florentin sagt nämlich ausdrücklich nur, dass eine muta78

Zum Schlusssatz der Stelle und zum Erbschaftserwerb des Neueigentümers vgl. ausführlich unten S. 70ff.

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tio iuris nicht schade, wenn sie inter factum testamentum et mortem testatoris vel condicionem institutionis exsistentem stattfinde. Daran ist schon auffällig, mit wie vielen Worten er den Zeitpunkt der Delation beschreibt. Er wollte also bei der Frage, ob media tempora schaden, offenbar nicht auf den dritten Zeitpunkt abstellen, den er gerade zuvor erwähnt hatte, den des Erbantritts. Nimmt man die Wortwahl Florentins ernst, schadet folglich eine mutatio iuris zwischen Delation und Erbantritt sehr wohl.79 Und betrachtet man das Wesen der Delation, so erscheint dies auch sachlich nicht fernliegend. Wie Terentius Clemens feststellt, besteht dieses darin, dass man mit der Delation ein Recht auf Erbschaftserwerb erhält.80 Man könnte also, in moderner Diktion, von einem Anwartschaftsrecht sprechen. Verliert der Erbe nun nach Erwerb dieses Rechts seinen Rechtsstatus, so hat er das Anwartschaftsrecht ebenfalls verloren und kann es nicht später dadurch zurückerhalten, dass er seinen Rechtsstatus wiedererlangt. Anders aber ist die Lage zwischen Testamentserrichtung und Erbanfall: Hier bestand noch keine sichere Berechtigung des Erben, da der Testator sein Testament jederzeit ändern konnte, folglich auch nicht die Möglichkeit eines Rechtsverlusts durch Statusänderung.

3.2 Capacitas Ein anderer Faktor, der bei der Erbeinsetzung eines fremden Sklaven nach der Person seines Herrn bestimmt wird, ist die Erwerbsfähigkeit (capacitas). Wie schon angedeutet, ist die Erwerbsfähigkeit ein weiteres persönliches Merkmal des Erben, welches von der Einsetzungsfähigkeit zu unterscheiden ist. Diese entscheidet nur darüber, ob ein Testament wirksam errichtet und die Delation erfolgt ist, jene dagegen, ob der Erbe auch tatsächlich das Vermögen erhält. Dabei gilt zunächst der Grundsatz, dass alle diejenigen Personen erwerben können, die auch einsetzbar sind, jedoch mit zwei wichtigen Einschränkungen durch Spezialgesetze: Nach der lex Iunia können Latini Iuniani zwar eingesetzt werden, aber nichts erwerben. Nach der lex Iulia et Papia können unverheiratete Personen nichts erwerben, Kinderlose nur die Hälfte des ihnen Hinterlassenen, etc.81 Hier fallen testamenti factio und capacitas also auseinander. Für die Frage, ob die entsprechenden persönlichen Faktoren der capacitas erfüllt sind, kommt es, wie bei der testamenti factio, nicht auf die Person des eingesetzten Sklaven an, sondern auf die seines Herrn:

So auch Mühlenbruch, in: Glück, Bd. 39, S. 122. Dies ergibt sich außerdem aus der Analyse von Ulp. 4 ad Sab. D. 28,5,6,2, unten S. 71ff. 80 Ter. Clem. 5 ad l. Iul. et Pap. D. 50,16,151: ‘delata’ hereditas intellegitur, quam quis possit adeundo consequi. 81 Zu den Details siehe unten S. 276ff. 79

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D. 29,2,82 Terentius Clemens libro sexto decimo ad legem Iuliam et Papiam Si servus eius qui capere non potest heres instituatur et antequam iussu domini adeat hereditatem, manumissus alienatusve sit et nihil in fraudem legis factum esset, ipse admittitur ad hereditatem. sed et si partem capere possit dominus eius, eadem dicenda sunt de parte, quam ille capere non potest: nihil enim interest, de universo quaeratur quod capere non possit an de portione.

Terentius Clemens im 16. Buch zur lex Iulia et Papia Wenn der Sklave einer erwerbsunfähigen Person zum Erben eingesetzt und, bevor er auf Anweisung seines Herrn die Erbschaft angetreten hat, freigelassen oder veräußert worden ist, und dies nicht zur Gesetzesumgehung geschehen ist, dann wird er selbst zur Erbschaft zugelassen. Doch auch wenn sein Herr einen Teil erwerben könnte, ist die Frage hinsichtlich des Teils, den er nicht erwerben kann, gleich zu beantworten. Es kommt nämlich nicht darauf an, ob es sich um das Ganze handelt, das er nicht erwerben kann, oder um einen Teil der Erbschaft.

Terentius Clemens behandelt hier einen Spezialfall, die Veräußerung zur Gesetzesumgehung, auf die später noch zurückzukommen sein wird.82 Aus dem Text geht aber auch allgemein hervor, dass hinsichtlich der Erwerbsfähigkeit auf den Herrn abgestellt wird, nicht auf den Sklaven.83 Genau wie bei der testamenti factio kommt es auch hier auf den jeweiligen Herrn an: Der Sklave eines erwerbsunfähigen Herrn kann diesem nichts erwerben. Wird er aber freigelassen oder an einen erwerbsfähigen Dritten veräußert, dann wird der Sklave „selbst zur Erbschaft berufen“, kann also als Freigelassener für sich selbst oder sonst für seinen neuen Herrn den Nachlass erwerben. Aus diesen Grundsätzen erhellt auch der Zeitpunkt, zu dem die Erwerbsfähigkeit vorliegen muss: Bei Erbantritt. Eine vorher bestehende Erwerbsunfähigkeit schadet nicht. Nach den Gesetzen, die das Erfordernis der Erwerbsfähigkeit aufstellen, ist sogar eine bis zu 100 Tage nach Erbantritt erlangte Erwerbsfähigkeit ausreichend.84 Dies muss, so wird man schließen dürfen, auch für einen Erwerbsunfähigen gelten, dessen Sklave eingesetzt worden ist. Wenn der Herr also innerhalb der Frist von 100 Tagen heiratet, oder als Latinus das Bürgerrecht erwirbt, kann er den seinem Sklaven hinterlassenen Nachlass noch erwerben.

82

Siehe unten S. 278ff. Ein weiterer Beleg ist Gai. 12 ad leg. Iul. et Pap. D. 31,55,1. 84 UE 17,1. 83

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Grundlagen der Erbeinsetzung fremder Sklaven

Die Aussage des zweiten Teils des Fragments (sed et si partem...) erscheint auf den ersten Blick unklar. Terentius Clemens sagt am Ende, dass es unerheblich sei, ob der Herr gar nichts erwerben könne (wenn er also unverheiratet ist) oder nur einen Teil (wenn er verheiratet, aber kinderlos ist). In jedem Fall kommt es für die Frage der Erwerbsfähigkeit auf die Person des neuen Herrn an. Warum heißt es dann aber nicht einfach eadem dicenda sunt, sondern einschränkend eadem dicenda sunt de parte quam ille capere non potest? Denn es muss doch auch de parte quam capere potest „dasselbe gelten“, nämlich dass der Sklave auch diesen Teil seinem neuen Herrn erwirbt. Man kann diese Einschränkung so erklären, dass sich das julisch-papische Gesetz, das Terentius Clemens hier kommentiert, mit diesem Teil gar nicht befasst. Es ist von vornherein nur auf den Teil anwendbar, den der frühere Herr nicht erwerben konnte. Nur dieser Teil kann kaduzieren, nur hinsichtlich dieses Teils kann eine fraus legis begangen werden. Und daher ist es auch konsequent, dass Florentin sich bei teilweiser Erwerbsunfähigkeit nur auf den Teil bezieht, den der frühere Herr nicht hätte erwerben können. Sachlich ist die Aussage jedoch nicht einzuschränken: Der Sklave kann nach Freilassung oder Veräußerung für sich selbst oder für seinen neuen Herrn erwerben, wenn er selbst bzw. sein neuer Herr erwerbsfähig ist.

3.3 Ergebnis Die Frage der Erbfähigkeit eines zum Erben eingesetzten fremden Sklaven lässt sich wie folgt zusammenfassen: Der Sklave selbst hat die testamenti factio cum testatore, was aber nur besagt, dass er wirksam zum Erben eingesetzt werden kann, also passive Einsetzungsfähigkeit hat. Die inhaltlichen Voraussetzungen dieser testamenti factio bestimmen sich nach der Rechtsstellung derjenigen Personen, denen er zum Zeitpunkt der Testamentserrichtung und zum Zeitpunkt des Anfalls der Erbschaft (Delation) gehört. Zum Zeitpunkt des Erbantritts muss der Eigentümer des Sklaven außerdem erwerbsfähig sein, also die capacitas im technischen Sinne haben. Alle übrigen Faktoren, die für die Wirksamkeit der Erbeinsetzung von Bedeutung sind, bestimmen sich in der Person des Sklaven selbst.85

85

Vgl. Paul. 10 quaest. D. 31,82,2: cum enim servo alieno aliquid in testamento damus, domini persona ad hoc tantum inspicitur, ut sit cum eo testamenti factio, ceterum ex persona servi constitit legatum. Zu diesem Text und zum materiellen Vermögenserwerb des Sklaven siehe unten S. 202ff.

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Erbantritt

4. Erbantritt Die wichtigste Voraussetzung des Erbschaftserwerbs, die in der Person des Sklaven selbst vorliegen muss, ist der Erbantritt. Der Herr kann die seinem Sklaven angefallene Erbschaft nicht antreten, dies kann nur der Sklave selbst auf Anweisung seines Herrn (iussu domini). Es zeigt sich hier am deutlichsten, dass der Sklave selbst, und nicht etwa sein Herr, der vom Erblasser bestimmte Erbe ist. Für den Antritt benötigt er aber die Zustimmung seines Herrn (iussus oder iussum); die Gründe dafür legt Ulpian wie folgt dar: D. 29,2,6 pr. Ulpianus libro sexto ad Sabinum Qui in aliena est potestate, non potest invitum hereditati obligare eum in cuius est potestate, ne aeri alieno pater obligaretur.

Ulpian im sechsten Buch zu Sabinus Wer unter fremder Gewalt steht, kann demjenigen, in dessen Gewalt er steht, nicht ohne dessen Willen eine Erbschaft verbindlich erwerben, damit der pater familias nicht für fremde Schulden haftbar wird.

Ist ein Sklave oder Haussohn zum Erben eingesetzt und tritt er die Erbschaft an, so trifft den Gewalthaber die Haftung aus den Nachlassverbindlichkeiten. Ein Erwerb der Erbschaft ohne seine Einwilligung verbietet sich daher von selbst.86 Ulpian stellt damit einen für alle Gewaltunterworfenen geltenden Grundsatz auf,87 äußert sich aber im Weiteren (D. 29,2,6,1 und 2) zu Besonderheiten bei Einsetzung eines Haussohns. Die erbrechtliche Stellung des Haussohns unterscheidet sich im Allgemeinen nicht von der eines Sklaven, mit Ausnahme des Erbantritts, wo einige hier nicht näher auszuführende Besonderheiten gelten. Der Erbantritt durch den Sklaven soll nun in seiner zeitlichen Abfolge untersucht werden:

4.1 Kenntnis Ist der Sklave zum Erben eingesetzt, so muss er zunächst selbst Kenntnis von seiner Berufung erlangen, um den Erbantritt vornehmen zu können:

Siehe auch Pernice, Labeo, Bd. 1, S. 142f., 504; Bonifacio, in: NNDI s.v. iussum, Bd. 9, S. 394; Hernanz Pilar, Iussum, S. 35. 87 Beseler, Beiträge, Bd. 3, S. 16, geht allerdings nur von einem Haussohn aus. 86

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Grundlagen der Erbeinsetzung fremder Sklaven

G. 2,190 Si autem servus alienus heres institutus est vulgari cretione data, ita intellegitur dies cretionis cedere, si ipse servus scierit se heredem institutum esse, nec ullum inpedimentum sit, quominus certiorem dominum faceret, ut illius iussu cernere possit.

Wenn ein fremder Sklave unter Beifügung der üblichen Kretionsformel zum Erben eingesetzt ist, dann beginnt die Erbantrittsfrist zu laufen, wenn der Sklave selbst weiß, dass er zum Erben eingesetzt worden ist, und auch kein Hindernis besteht, seinen Herrn zu benachrichtigen, damit er auf dessen Anweisung förmlich antreten kann.

Gaius stellt hier ausdrücklich auf die Kenntnis des Sklaven selbst ab, nicht auf die Kenntnis seines Herrn. Die Kenntnis des Sklaven von seiner Berufung ist in zweierlei Hinsicht relevant: Zunächst rein faktisch, denn wer nicht weiß, dass er Erbe ist, wird sich nicht um die Erbschaft kümmern können. Sodann ist die Kenntnis aber auch von rechtlicher Bedeutung, je nach der vom Testator verwendeten Kretionsformel. Hatte der Erblasser hinsichtlich des Erbantritts lediglich geschrieben: cernitoque in centum diebus proximis, dann liefen die hundert Tage auch ohne Kenntnis des Erben von seiner Berufung ab, es handelte sich um eine sogenannte cretio certorum dierum.88 Üblich, vulgaris, war jedoch die Beifügung der Worte quibus sciet poteritque, sodass die Frist nur ablief, wenn der Erbe von seiner Berufung wusste und auch nicht faktisch daran gehindert war, den Erbantritt zu erklären. Im Falle einer solchen Testamentsklausel wird die Kenntnis des Sklaven somit auch juristisch relevant: Er ist der eingesetzte Erbe und muss daher selbst Kenntnis von seiner Berufung haben. Die Erbantrittsfrist beginnt somit im Regelfall zu laufen, sobald der Sklave Kenntnis von seiner Erbenstellung bekommt. Ob sein Herr Kenntnis hat, ist dagegen unerheblich. Zwar erwähnt Gaius, es dürften keine Hindernisse bestehen, den Herrn zu benachrichtigen, doch ist auch dies nur eine Voraussetzung in der Person des Sklaven, die sich aus der Formel poteritque ergibt: Ohne iussum des Herrn kann der Sklave nicht antreten, daher dürfen keine Hindernisse bestehen, den Herrn zu benachrichtigen und von diesem das iussum einzuholen. Ob er tatsächlich benachrichtigt wurde, ist aber irrelevant. Dies ist einigermaßen erstaunlich, denn die Frist, deren Ablauf die weitreichende Folge hat, dass der Erbe ausgeschlossen wird, läuft völlig unabhängig vom Wissen des Herrn ab. Hatte sein Sklave ihn nicht benachrichtigt, ging er leer aus. Man sieht an dieser Stelle aufs Neue, welche maßgebliche Rolle dem als Erben eingesetzten Sklaven zukam. Er hatte die rechtliche Möglichkeit, den Erbschaftserwerb seines Herrn zu verhindern, worauf sogleich noch zurückzukommen ist. Freilich wird es infolge der umfassenden 88

G. 2,165, 170–172.

Erbantritt

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Gewalt des Herrn praktisch nur selten zu nonkonformem Verhalten des Sklaven gekommen sein. Die rechtliche Möglichkeit dazu bestand jedoch. Das Verstreichenlassen der Antrittsfrist kann also auch ohne Kenntnis des Herrn geschehen. Für den Erbantritt ist seine Kenntnis dagegen notwendig. Dies ergibt sich nicht aus einer entsprechenden Rechtsregel, sondern aus der Tatsache, dass er ein iussum erteilen muss, das seine Kenntnis notwendigerweise voraussetzt. Neben der Kenntnis von der Berufung können für den Erbantritt weitere subjektive Faktoren wichtig sein, die nicht in sicherer Kenntnis oder Unkenntnis bestehen, sondern in einem bloßen Dafürhalten. Hier können sich Meinungsverschiedenheiten zwischen Herrn und Sklaven bilden, sodass der Herr eine Möglichkeit für richtig hält, der Sklave eine andere. In diesen Fällen stellt sich die Frage, ob es auf die Meinung des Sklaven ankommt oder ob die Meinung des Herrn ausschlaggebend ist. Dies verrät einiges über die Bedeutung der Persönlichkeit des Sklaven bei einer Erbeinsetzung. Die Frage stellt sich im Zusammenhang mit der Geburt von Kindern nach dem Tode des Erblassers. Wenn der Erblasser für diesen Fall vorgesorgt hat, also den postumus entweder als Erben eingesetzt oder förmlich enterbt hat, dann ergeben sich keine Probleme, weil das Erbrecht des nachgeborenen Kindes durch die Testamentsbestimmungen geregelt ist. Hat er dies jedoch nicht getan, wird sein Testament unwirksam, da ein „Pflichtteilsberechtigter“ übergangen worden ist (testamentum rumpitur).89 Auch im Falle der Intestaterbfolge ist die Geburt eines postumus entscheidend, weil er die Berufung des nachrangigen Erben verhindert (also nach Zivilrecht des proximus adgnatus). Diese Rechtsfolgen bei Geburt eines postumus haben auch für den Erbantritt Bedeutung. Denn wenn die Geburt eines Kindes noch im Raume steht, die Witwe also schwanger ist, kann noch kein Erbantritt erklärt werden. Denn ein Kind, das später geboren wird, würde die Berufung des Erben unwirksam machen. Ob die Witwe aber tatsächlich schwanger ist oder nicht, kann unsicher sein. An dieser Stelle kommt unsere Fragestellung ins Spiel: Denn ob der Erbe in einer solchen Situation der Unsicherheit antreten kann, bestimmen die Juristen nach dessen subjektiver Überzeugung. Hält er die Witwe für schwanger, so kann er nicht antreten, da das Kind ihn ausschließen würde. Hält er sie dagegen nicht für schwanger, kann er antreten – allerdings ist dieser Antritt nichtig, wenn sich später herausstellt, dass die Witwe doch schwanger war.90 Da es hinsichtlich der Frage, ob der Erbantritt bei Unsicherheit über den Zustand der Frau einstweilen schon erfolgen kann, folglich nur auf die subjektive Überzeugung des Erben ankommt, können hier Differenzen zwischen seiner Meinung und der Meinung seines Gewalthabers entstehen: Vgl. nur Kaser, RPR I, S. 706; Kaser/Knütel, RPR, § 69 Rn. 5. Vgl. zum Ganzen Ulp. 8 ad Sab. D. 29,2,30,1–6.

89 90

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Grundlagen der Erbeinsetzung fremder Sklaven

D. 29,2,30,7 Ulpianus libro octavo ad Sabinum Scientia autem vel opinio, si filius familias vel servus instituti sunt, utrum ipsorum an domini vel patris accipienda sit? finge patrem putasse praegnatem, filium certum esse fingere et sic adire, an adquirat hereditatem? puto adquirere: sed contra non adquirere.

Ulpian im achten Buch zu Sabinus Ist bei der Erbeinsetzung eines Haussohns oder Sklaven hinsichtlich der Kenntnis oder der subjektiven Überzeugung auf diesen selbst abzustellen, oder auf seinen Herrn oder Vater? Wenn zum Beispiel der Vater glaubte, sie sei schwanger, der Sohn sich aber sicher war, dass sie dies nur vorgab, und daher die Erbschaft antrat, hat er sie dann erworben? Ich meine, dass er sie erworben hat. Im umgekehrten Falle erwirbt er sie aber nicht.

Ulpian erläutert zunächst den Fall, dass der Haussohn sich hinsichtlich des Nichtbestehens einer Schwangerschaft sicher ist, sein Vater hingegen von einer Schwangerschaft ausgeht. Die Entscheidung geht dahin, dass die Erbschaft wirksam angetreten werden kann, dass also die Meinung des Sohnes entscheidend ist. Noch interessanter ist der umgekehrte Fall: Ist sich der Vater sicher, dass die Frau nicht schwanger ist, wogegen sein Sohn meint, sie sei schwanger, dann ist der Erbantritt nach Ulpian unwirksam. Denn auch hier kommt es auf die Überzeugung des Sohnes als eingesetzten Erben an, und wer glaubt, es werde noch ein postumus geboren, der kann keinen Erbantritt erklären, weil er sich seines eigenen Erbrechts nicht sicher ist. Der Vater kann somit nicht auf einen Erbantritt hinwirken, obwohl seiner Meinung nach kein postumus geboren wird. Dies zeigt, dass es bei einer Frage, die von einem subjektiven Dafürhalten abhängt, nicht auf die Meinung des Gewalthabers ankommt. Vielmehr ist die Meinung des Gewaltunterworfenen maßgeblich. Daraus ergeben sich gewichtige Konsequenzen für die Bewertung der Stellung des zum Erben eingesetzten Sklaven. Dass er selbst als der eigentliche Erbe angesehen wird, hat sich schon anhand der Tatsache gezeigt, dass er selbst die Erbschaft antreten muss. Man könnte dies jedoch für einen bloßen Formalismus halten, für ein Festhalten an überkommenen Formen ohne materiellen Gehalt. Doch zeigt die Frage, auf wessen Kenntnis abzustellen ist, dass der Erbantritt durch den Sklaven auch in materieller Hinsicht eine eigene Handlung des Sklaven ist. Denn er muss positive Kenntnis von seiner Berufung als Erbe haben sowie die subjektive Überzeugung, dass kein Kind des Erblassers mehr geboren wird. Sollte sein Herr die Lage anders einschätzen, ist dies unerheblich. Damit wird der zum Erben eingesetzte Sklave insoweit in vollem Umfang als Erbe behandelt. Seine Persönlichkeit ist für den Erbantritt entscheidend, nicht die Persönlichkeit des Herrn.

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Erbantritt

4.2  Benachrichtigung des Herrn und Erteilung des iussum Nachdem der zum Erben eingesetzte Sklave Kenntnis von seiner Berufung erlangt hat, muss er die Zustimmung seines Herrn zum Erbantritt, das iussum, einholen. Dazu informiert er den Herrn über den Erbfall, was die Quellen meist mit certiorare bezeichnen. Der Herr erteilt daraufhin kraft seines ius imperandi 91 die Anweisung zum Erbantritt. Die Rolle des Herrn bei der Erbeinsetzung seines Sklaven erschöpft sich in der Erteilung dieses iussum. Darin liegt zunächst eine wichtige praktische Konsequenz, denn das iussum kann auch durch Boten oder Brief erteilt werden, sodass für den Herrn größere Flexibilität beim Erbantritt besteht, als wenn er selbst eingesetzt worden wäre.92 Was die materielle Bedeutung des iussum angeht, ist bezeichnend, welchen Grad der Kenntnis die Juristen in der Person des Herrn voraussetzen. In den paulinischen Sentenzen wird dies mit folgenden Worten beschrieben: D. 29,2,93 pr. Paulus libro tertio sententiarum Pater quotiens filio mandat adire, certus esse debet, an pro parte an ex asse, et an ex institutione an ex substitutione, et an testamento an ab intestato filius suus heres existat.

Paulus im dritten Buch der Rechtssätze Wenn der Vater seinen Sohn anweist, eine Erbschaft anzutreten, muss er sich sicher sein, ob sein Sohn Miterbe oder Alleinerbe ist, ob er als Erbe ersten Grades oder als Ersatzerbe eingesetzt ist, und ob er testamentarischer oder gesetzlicher Erbe ist.

Dieses Fragment der sententiae Pauli 93 gehört sicherlich nicht zu den Aushängeschildern klassischen römischen Rechts. Zunächst heißt es, der Vater erteile dem Sohn den „Auftrag“ zum Erbantritt: mandat. Dies ist technischer Sprachgebrauch für die bonorum possessio; bei einer legitima hereditas müsste es richtigerweise iubet heißen. Doch schwankt der Sprachgebrauch, sodass auch Ulpian von mandavit und praecepit spricht.94 Inhaltlich fällt auf, dass nur regelartige Voraussetzungen aufgestellt werden, ohne dass Anwendungsbezug bestünde. Man kann das Fragment daher mit Krüger als Schulliteratur bezeichnen.95 Denn was bedeutet es, dass der Vater Kenntnis über Erbumfang, Art der Erbenstellung und Berufungs91

Iul. 30 dig. D. 28,5,38,2. Ulp. 8 ad Sab. D. 29,2,25,4; zur Erleichterung des Erbantritts näher unten S. 267ff.  93 In der Ausgabe von Baviera (FIRA II, S. 360) unter PS 3,4b,12; bei Liebs, SZ 113 (1996) 176 unter 3,7,1. 94 Siehe sogleich im Text. Für eine einheitliche Bedeutung von mandare und iubere auch Hernanz Pilar, Iussum, S. 33f.; Coppola Bisazza, Iussum, S. 49ff. 95 Krüger, Geschichte der Quellen, S. 236. 92

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Grundlagen der Erbeinsetzung fremder Sklaven

grund haben müsse? Damit wird noch nicht gesagt, ob der aufgrund des iussum erfolgte Erbantritt seines Sohnes wirksam ist. Ulpians Kommentar ist insoweit inhaltlich aussagekräftiger und auch differenzierter: D. 29,2,25,11 Ulpianus libro octavo ad Sabinum Sed si mandavit quasi ex asse instituto et inveniatur ex parte, non puto ex iussu adisse. quod si ex parte iussit, potest ex asse adire. aliter atque si mandavit quasi ab intestato et ex testamento adiit: nam non puto quicquam egisse. at si ex testamento mandavit, poterit et ab intestato, quoniam non fecit deteriorem condicionem patris. idemque et si quasi instituto praecepit et inveniatur substitutus, vel contra. (12) Sed si mandavit, ut patris adiret, sit autem et impuberi substitutus, non sufficit iussum. (13) Plane si sic mandavit ‘si qua ex testamento Lucii Titii deferatur hereditas’, potest defendi iussu adisse.

Ulpian im achten Buch zu Sabinus Wenn er [dem Sohn] aufgetragen hat, die Erbschaft als Alleinerbe anzutreten, sich dann aber herausstellt, dass er nur Miterbe ist, meine ich nicht, dass er sie auf Anweisung seines Vaters angetreten hat. Wenn er dagegen die Anweisung erteilt, als Miterbe anzutreten, kann er auch als Alleinerbe antreten. Anders jedoch, wenn er ihm als gesetzlichen Erben den Antritt aufgetragen hat, er aber aufgrund des Testaments angetreten hat: Dann ist meiner Meinung nach kein Antritt erfolgt. Wenn er ihm aber aufgetragen hat, aufgrund des Testaments anzutreten, kann er auch als gesetzlicher Erbe antreten, weil er die Stellung seines Vaters dadurch nicht verschlechtert. Gleichermaßen, wenn er ihm als Erben ersten Grades den Antritt geheißen hat, und sich dann herausstellt, dass er Ersatzerbe ist, oder umgekehrt. (12) Wenn er ihm aber aufgetragen hat, [die Erbschaft] eines Vaters anzutreten, er aber auch dessen unmündigem Sohn substituiert war, reicht die Anweisung nicht aus. (13) Wenn er ihm freilich folgendes aufgetragen hat: „wenn irgendeine Erbschaft aus dem Testament des Lucius Titius anfällt“, dann kann man die Ansicht vertreten, der Sohn habe auf Anweisung hin angetreten.

Ulpian bespricht in § 11 dieselben Fälle wie der Verfasser der Sentenzen: Miterbe/Alleinerbe, gesetzlich/testamentarisch, Institut/Substitut. Die differenzierten Regelungen lassen sich wie folgt zusammenfassen: Der Vater erwirbt, was schon in D. 29,2,6 pr. zum Ausdruck gekommen ist, die Erbschaft nur dann, wenn er die möglichen Risiken in seinen Willen aufgenommen hat. Das iussum muss so ausge-

Erbantritt

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legt werden, dass in maiore minus inest, nicht aber umgekehrt: Weil ein Miterbe in der Ausübung des Erbrechts durch die anderen Miterben beschränkt ist, also eine schlechtere Stellung als ein Alleinerbe hat, deckt ein iussum zum Antritt als Miterbe auch den Antritt als Alleinerbe ab, nicht aber umgekehrt. Weil ein testamentarisch berufener Erbe vom Erblasser mit zahlreichen Belastungen beschwert sein kann, umfasst ein iussum zum Antritt als gesetzlicher Erbe nicht auch den Antritt als Testamentserbe. Im umgekehrten Falle ist dies nach Ulpian jedoch sehr wohl möglich, weil eine gesetzliche Erbschaft jedenfalls nicht schlechter sein kann als eine testamentarische. Und auch wenn der Gewalthaber die Anweisung erteilt, als Erbe ersten Grades anzutreten, der Gewaltunterworfene aber als Ersatzerbe antritt, oder umgekehrt, ist der Erbantritt gültig, weil es sich um dieselbe Erbschaft handelt, mit deren Erwerb der Gewalthaber sich einmal einverstanden erklärt hat. Ulpian stellt damit in allen drei Fällen eine sachgerechtere und differenziertere Regel hinsichtlich des iussum des Gewalthabers auf, die dessen Interessen dient und unnötigen Formalismus vermeidet. Der Sklave muss nur dann ein neues iussum einholen, wenn der Antritt dem Herrn eine schlechtere Position verschaffen würde, als dieser bei Erteilung des ersten iussum im Sinn gehabt hat. Diese Grundsätze wendet Ulpian auch auf den Fall der Pupillarsubstitution an (§ 12): Ist der Gewaltunterworfene sowohl als Erbe eines Vaters als auch als Erbe dessen unmündigen Sohnes eingesetzt worden, so war er zu zwei Erbschaften berufen, aber nur aus einem Testament. Hatte der Gewalthaber ihn angewiesen, die Erbschaft des Vaters anzutreten, konnte er nur diese antreten, nicht aber die Erbschaft des unmündigen Sohnes. Denn es handelte sich um eine andere Erbschaft, die möglicherweise anders belastet war und zu deren Erwerb sich der Gewalthaber nicht geäußert hatte. Gleichzeitig gibt Ulpian dem Gewalthaber aber auch die Möglichkeit, sich allgemeiner auszudrücken: Hat er die Anweisung erteilt, „eine Erbschaft aus dem Testament des Vaters“ anzutreten, so umfassen diese Worte rein sprachlich auch die Erbschaft des Sohnes, da diese aus demselben Testament erfolgt. Ein Antritt der Erbschaft ist in diesem Falle also auch ohne neues iussum gültig. Was freilich nicht genügt, ist eine Generalermächtigung des Gewaltunterworfenen zum Antritt unbestimmter Erbschaften.96 In allen diesen Fällen zeigt sich, dass ganz auf die Vermögensinteressen des Gewalthabers Rücksicht genommen wird. Er ist derjenige, der die Erbschaft erwirbt, und das iussum ist das einzige, was ihn davor schützt, ungewollte Ver-

Ulp. 8 ad Sab. D. 29,2,25,5; dazu Hernanz Pilar, Iussum, S. 42f.; Coppola Bisazza, Iussum, S. 64f.

96

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bindlichkeiten zu erhalten.97 Dass es beim iussum nur um den Schutz des Gewalthabers geht, zeigt sich besonders deutlich in folgendem Fragment: D. 29,2,47 Africanus libro quarto quaestionum Qui servum suum heredem institutum adire iusserat, priusquam ille adiret, furiosus est factus. negavit recte servum aditurum, quoniam non nisi voluntate domini adquiri hereditas potest, furiosi autem voluntas nulla est.

Afrikan im vierten Buch der Rechtsfragen Jemand hatte seinen zum Erben eingesetzten Sklaven angewiesen, die Erbschaft anzutreten, und ist dann, bevor dieser angetreten hatte, geisteskrank geworden. Hier wurde zu Recht verneint, dass der Sklave antreten könne, weil man eine Erbschaft nur mit Willen des Herrn erwerben kann, ein Geisteskranker jedoch keinen Willen hat.

Der Herr, der nach Erteilung des iussum und vor Antritt der Erbschaft geisteskrank geworden ist, wird folglich geschützt; ein Erwerb findet nicht statt.98 Der durch den Sklaven erfolgte Erbantritt geht also „ins Leere“, wenn der Wille des Herrn bei Antritt nicht mehr besteht. Das iussum erlischt mit Eintritt der Geisteskrankheit, um dem Herrn nicht eine Erbschaft zu verschaffen, deren Erwerb zum Zeitpunkt des Erbantritts möglicherweise nicht mehr seinem Interesse entspricht. Was folgt aus den genannten Regeln für die Bedeutung dieses iussum im System des Sklavenerbrechts? Wir haben oben gesehen, dass dem Sklaven beim Antritt einer Erbschaft eine bemerkenswerte Freiheit eingeräumt wird. Er ist der testamentarisch Berufene, folglich kommt es beim Erbantritt nur auf seine Handlung an. Als notwendiges Korrektiv zu dieser Freiheit ist jedoch das iussum erforderlich, worin sich der Wille des Herrn beim Erwerbsvorgang manifestiert und wodurch der Erwerb auf das begrenzt wird, was dieser in seinen Willen aufgenommen hat. Das iussum domini ist somit formal nur eine Voraussetzung für den Erbantritt durch den Sklaven, eine Ermächtigung oder Anweisung.99 In seiner materiellen Bedeutung entspricht es jedoch dem Erbantritt: Wäre der Herr selbst eingesetzt Vgl. schon Majansius, Disputationes, Bd. 1, S. 480: „Jussum domini aequissimum est; nam injuriosum foret, ut quis obligaretur invitus aeri alieno, praesertim cum is qui semel est heres, nunquam desinat esse heres“. 98 Wenn der Erbe ein Haussohn war, ließen die Kaiser im Einzelfall Ausnahmen zu, vgl. Marcian. 4 inst. D. 29,2,52 pr., dazu Voci, DER I, S. 640. 99 Zu den Bedeutungen von iussum, auch in anderem Zusammenhang, vgl. Mandry, Familiengüterrecht, Bd. 1, S. 105; Bd. 2, S. 554, 557; Hernanz Pilar, Iussum, S. 33ff., 39, 43. 97

Erbantritt

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worden, hätte er durch den Erbantritt entscheiden können, ob er erwerben möchte. Wenn sein Sklave eingesetzt ist, durch den er erwirbt, muss ebenfalls der Grundsatz gelten, dass ihm nur dann erworben wird, wenn er den Erwerb in seinen Willen aufgenommen hat. Dazu dient die Rechtsfigur des iussum.

4.3  Antritt durch den Sklaven Nachdem der Herr das iussum erteilt hat, erfolgt der eigentliche Erbantritt durch den Sklaven. Der Sklave spricht also, üblicherweise vor Zeugen,100 die vorgeschriebenen Worte: quod me Publius Maevius testamento suo heredem instituit, eam hereditatem adeo cernoque. Diese cretio war durch den Sklaven zu sprechen, wobei man davon ausgehen muss, dass das normale Regime der cretio galt: Hatte der Testator nur geschrieben cernitoque in centum diebus proximis quibus scies poterisque, so konnte der Sklave sowohl mittels cretio als auch mittels pro herede gestio antreten. Hatte er dagegen hinzugefügt quodni ita creveris, exheres esto, so war der Antritt ausschließlich durch cretio möglich, ansonsten führte der Fristablauf zum Verlust der Erbschaft.101 Es wird jedoch auch die Ansicht vertreten, der Sklave könne in jedem Falle nur durch cretio antreten; die pro herede gestio sei ihm versagt. Desserteaux und Krüger folgern dies aus den Worten von G. 2,189, was nicht überzeugen kann.102 Dulckeit  meint, ein Sklave könne keinen für eine pro herede gestio erforderlichen Willen bilden,103 was sehr künstlich anmutet, schließlich ist ein Sklave auch ansonsten zu vielen Rechtsgeschäften in der Lage. Karlowa begründet dies damit, dass der Sklave einen Bezug zu seinem Herrn herstellen, also der Kretionsformel die Worte iussu domini mei hinzufügen müsse, wozu es bei einer pro herede gestio keine entsprechende Möglichkeit gebe.104 Aus den Quellen geht jedoch nicht hervor, dass ein solches rechtliches Erfordernis bestünde; die Bezug100

Dass die cretio aus Beweisgründen vor Zeugen erfolgte, geht etwa aus Cic. Att. 13,46 hervor: testibus praesentibus (zum Text näher siehe unten S. 267ff.). Vgl. auch Paul. 17 ad ed. D. 11,1,3: quia plerumque difficilis probatio aditae hereditatis est. Dass der Antritt vor Zeugen ein Gültigkeitserfordernis war, ist aber nicht anzunehmen, richtig Buckland, TR 3 (1922) 241ff. Vgl. auch Kaser, RPR I, S. 717. 101 Zum Ganzen G. 2,166; UE 22,28. 102 Desserteaux I, S. 614 Fn. 1; II, S. 50 Fn. 3; P. Krüger, SZ 37 (1916) 91. Sie stützen sich zu Unrecht auf die Deutung von Huschke, Studien, Bd. 1, S. 254–258: Zwar nimmt auch Huschke an, dass nicht adire, sondern cernere zu lesen ist. Ihm geht es aber nur um die sprachliche Frage, worin er richtig liegen mag, er meint aber nicht, die cretio sei verpflichtend. 103 Dulckeit, Erblasserwille, S. 119f. m.w.N. auf S. 115 Fn. 2. 104 Karlowa, Rechtsgeschichte, Bd. 2, S. 899.

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nahme auf das iussum des Herrn ist vielmehr eine bloße Möglichkeit.105 Und auch inhaltlich ist es unwahrscheinlich, dass ein derartiger Zusatz notwendig verlangt worden wäre. Denn der Erwerb für den Herrn geschieht automatisch, ohne dass es dazu auf den Willen des Sklaven oder eine entsprechende Erklärung seinerseits ankäme. Als gewaltunterworfene Person kann er ohnehin nicht für sich selbst erwerben. Eine Bezugnahme auf seinen Herrn beim Erbantritt ist daher überflüssig. Die Idee, ein Sklave könne nicht mittels pro herede gestio antreten, ist von der Rechtslage beim filius familias beeinflusst.106 Bei Erbeinsetzung eines Haussohns sprechen einige nachklassische Konstitutionen von einer Abschaffung der strengen Form der cretio,107 was zu Vermutungen Anlass gegeben hat, sie sei zuvor vorgeschrieben gewesen.108 Doch ist diese Schlussfolgerung wahrscheinlich schon für den filius familias unzutreffend,109 beim Sklaven steht zusätzlich folgender Text entgegen: D. 29,2,93,2 (= PS 3,4b,14) Paulus libro tertio sententiarum Mutus servus iussu domini pro herede gerendo obligat dominum hereditati.

Paulus im dritten Buch der Rechtssätze Ein stummer Sklave, der sich auf Anweisung seines Herrn wie ein Erbe verhält, erwirbt seinem Herrn verbindlich die Erbschaft.

Im vorliegenden Fall kann der als Erbe eingesetzte Sklave nicht sprechen, also auch keine cretio vornehmen. Er kann aber durch pro herede gestio die Erbschaft erwerben, wenn dies auf Anweisung seines Herrn geschieht. D. 29,2,93,2 stellt Dulckeits These in Frage, sodass er sich genötigt sieht, darin eine Ausnahmevor-

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Vgl. etwa Iav. 2 ex post. Lab. D. 29,2,64: Beim gemeinschaftlichen Sklaven kann dieser Zusatz Bedeutung erlangen, siehe unten S. 168, 170. 106 Daher die Andeutung von Mühlenbruch, in: Glück, Bd. 42, S. 398, der Haussohn und Sklaven gleich behandelt. Auf Huschke beruft er sich freilich zu Unrecht. 107 CTh. 8,18,1; 8,18,5; 8,18,8. 108 Ausführlich etwa Solazzi, DER II, S. 40ff. Anders noch ders., Studi Pavia 5 (1919) 4ff. Für diese Ansicht nimmt Voci, DER I, S. 588 Fn. 4, auch Gothofredus in Anspruch, doch stellt dieser, ad CTh. 4,4,1 (Bd. 1, S. 331), richtigerweise nur fest, dass es der cretio nicht mehr bedürfe, weil der Sohn nach nachklassischem Recht selbst die Mutter beerbe, also nicht mehr dem Vater als extraneus erworben werde. 109 Zur Bedeutung der Konstitutionen vgl. Voci, DER I, S. 643ff., sowie Buckland, Slavery, S. 269; ders., TR 3 (1922) 269ff. Ablehnend auch Beduschi, Hereditatis aditio, S. 35f.

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schrift zu sehen.110 Doch dürfte es nach Dulckeits Theorie, die auf den Formalakt abstellt, gar keine Ausnahmen geben. Eine gewisse praktische Berechtigung darf man der Ansicht, die eine pro herede gestio des Sklaven für wirkungslos hält, freilich nicht absprechen. Denn die pro herede gestio wird in Rom nicht der Regelfall des Erbschaftsantritts durch einen Sklaven gewesen sein. Der stumme Sklave in D. 29,2,93,2 ist keine häufige Erscheinung. Wenn der Jurist ihn dennoch erwähnt, so sah er sich offenbar gezwungen, klarzustellen, dass eine pro herede gestio zumindest theoretisch möglich sei. Die cretio kommt in den Quellen häufiger vor; sie ist der Regelfall beim Erbantritt eines Sklaven gewesen. Dies folgt auch aus der unterschiedlichen Zwecksetzung der beiden Institute: Die pro herede gestio dient in erster Linie den Interessen der Nachlassgläubiger, die sich an denjenigen halten können, der sich wie ein Erbe verhält, auch wenn er behauptet, er habe die Erbschaft nicht gewollt. Die cretio dient dagegen den Interessen des Erben, der die Erbschaft erwerben und die Annahme beweiskräftig feststellen lassen will. Der Sklave, der als Erbe eingesetzt ist, befindet sich eher in der zweiten Situation. Er ist von seinem Herrn angewiesen worden, die Erbschaft anzutreten, und hat schwere Sanktionen zu befürchten, wenn er dies nicht tut. Er wird also in jedem Falle versuchen, eine cretio vor Zeugen durchzuführen, damit er seinem Herrn die Ausführung der Anweisung zum Erbantritt nachweisen kann. Dass die gestio pro herede aber möglich ist, hat der Verfasser der Sentenzen im hier wiedergegebenen Fragment gezeigt. Zusammenfassend kann der Sklave also rechtswirksam sowohl durch cretio als auch durch pro herede gestio antreten, wenn sein Herr das iussum erteilt hat. Die cretio wird häufiger vorgekommen sein; vorgeschrieben war sie aber nur dann, wenn der Erblasser sie in die testamentarische Exheredationsformel mit aufgenommen hatte. Der Erbantritt durch Sklaven erfolgt damit genauso wie der Erbantritt durch freie Personen, was wiederum die weitgehende Gleichstellung des Sklaven mit einem Freien in diesem Bereich beweist.

4.4 Zwangsausübung Die Parallele mit einem Freien versagt jedoch an einem anderen Punkt. Der Sklave ist fremdem Recht unterworfen, sein Herr hat eine weitgehend unbeschränkte Verfügungsgewalt über ihn. Kraft dieser potestas kann der Herr den Sklaven zum Erbantritt zwingen, wenn er auf die Erteilung des iussum hin nicht freiwillig antritt. Eine solche Zwangsausübung liegt folgender Entscheidung zugrunde: Dulckeit, Erblasserwille, S. 119 Fn. 3; in diese Richtung tendiert auch Schulz, SZ 43 (1922) 179 Fn. 4.

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D. 29,4,1,3 Ulpianus libro quinquagesimo ad edictum Quid ergo si servus eius cum iuberetur adire hereditatem, dicto audiens non fuit? sed compellendus est servus hoc facere. ideoque dominus ab intestato veniens incidit in edictum. 111

Ulpian im 50. Buch zum Edikt Was gilt folglich, wenn sein Sklave, der angewiesen wurde, die Erbschaft anzutreten, dem Befehl nicht Folge geleistet hat? Der Sklave muss dann gezwungen werden, dies zu tun. Und wenn dem Herrn die Erbschaft als gesetzlichem Erben angefallen ist,111 unterfällt er dem Edikt.

Die Zwangsausübung auf den Sklaven zum Zwecke des Erbantritts hat hier folgenden Kontext: Wenn ein testamentarisch eingesetzter Erbe nicht antritt und die Erbschaft stattdessen als Intestaterbe erhält, gibt der Prätor den Vermächtnisnehmern dennoch causa cognita eine Klage, weil der Erbe den Willen des Erblassers ansonsten umgehen könnte.112 Ulpian behandelt nun den Sonderfall, dass nicht der Herr, der gesetzlicher Erbe ist, testamentarisch eingesetzt ist, sondern sein Sklave. Der Sklave wird vom Herrn angewiesen, die Erbschaft anzutreten, verweigert dies aber. Läuft die Erbantrittsfrist dann ergebnislos ab, wird der Herr nicht durch seinen Sklaven testamentarischer Erbe, wohl aber aus eigenem Recht gesetzlicher Erbe. Er unterfällt dann dem Edikt, wie Ulpian am Ende feststellt, muss den Vermächtnisnehmern also die Vermächtnisse leisten. Der Grund für diese Entscheidung liegt darin, dass der Herr seinen Sklaven zum Antritt hätte zwingen müssen (compellendus est servus). Dieser Vorwurf entfällt, wenn dem Herrn die Erbenberufung seines Sklaven unbekannt war und er daher auch keine Möglichkeit zur Anweisung und etwaigen Zwangsausübung hatte.113 Es besteht also immer dann eine Klage gegen den Herrn, der Intestaterbe geworden ist, wenn er diese Rechtsstellung vorwerfbar erlangt und den Willen des Erblassers bewusst missachtet hat. Dieser Vorwurf ergibt sich im vorliegenden Fall daraus, dass er die Möglichkeit gehabt hätte, seinen

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Ab intestato veniens meint hier den Erbschaftserwerb kraft Gesetzes, nicht das bloße „Auftreten“, so aber die Übersetzung von Hunger, in: Otto/Schilling/Sintenis, Bd. 3, S. 180. Denn schließlich unterfällt der Herr nur dann dem Edikt, wenn er tatsächlich Intestaterbe ist, also ab intestato venit, vgl. auch Paul. 9 quaest. D. 31,81. Abwegig die Übersetzung von Scott, Bd. 5, S. 308, der Intestat- und Testamentserbfolge miteinander vermischt. 112 Ulp. 50 ad ed. D. 29,4,1 pr. Zur Rekonstruktion der Formel vgl. Lenel, Edictum Perpetuum, S. 364. 113 Ulp. 50 ad ed. D. 29,4,1,4.

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Erbantritt

Sklaven zum Antritt zu zwingen und so testamentarischer Erbe zu werden. Die Möglichkeit einer Zwangsausübung auf den Sklaven wird von Ulpian mithin schon vorausgesetzt. Gewisse Zweifel an der Möglichkeit des Herrn, die Erbschaft durch einen erzwungenen Erbantritt des Sklaven erlangen zu können, ergeben sich allerdings aus zwei Äußerungen Ulpians im sechsten Buch ad Sabinum, das hier in der Lenel’schen Rekonstruktion114 wiedergegeben wird: Ulpianus libro sexto ad Sabinum

Ulpian im sechsten Buch zu Sabinus

D. 29,2,6,4 Si is, qui putabat se filium familias, patris iussu adierit, eum neque sibi neque ei qui iussit quaesisse hereditatem constat:

Wenn jemand, der sich für einen Haussohn hielt, auf Anweisung des Hausvaters angetreten hat, steht fest, dass er die Erbschaft weder sich selbst noch demjenigen, der ihn angewiesen hat, erworben hat:

D. 50,17,4 Velle non creditur, qui obsequitur imperio patris vel domini:

Von dem, der dem Befehl seines Vaters oder Herrn Folge geleistet hat, wird nicht angenommen, dass er einen rechtserheblichen Willen gebildet habe:

D. 29,2,6,4 quamquam is, quem pater iussit adire et decessit, si adierit iam mortuo patre, obliget se hereditati, ut Iulianus libro trigesimo primo digestorum scripsit. ...

Wenn der Vater aber jemanden angewiesen hat, eine Erbschaft anzutreten, und daraufhin gestorben ist, erwirbt dieser sie rechtsverbindlich, wenn er sie nach dem Tod des Vaters angetreten hat, wie Julian im 31. Buch seiner Digesten geschrieben hat. ...

Lenel, Palingenesia, Bd. 2, Sp. 1033, Ulp. 2472.

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D. 29,2,6,7 Celsus libro quinto decimo digestorum scripsit eum, qui metu verborum vel aliquo115 timore coactus fallens adierit hereditatem, sive liber sit, heredem non fieri placet, sive servus sit, dominum heredem non facere. 115

Celsus hat im fünfzehnten Buch seiner Digesten geschrieben, dass jemand, der eine Erbschaft nur zum Schein angetreten hat, weil er durch Angst vor Worten oder durch irgendeine Furcht dazu genötigt worden ist, entweder selbst nicht zum Erben gemacht werde, wenn er ein Freier ist, oder seinen Herrn nicht zum Erben mache, wenn er ein Sklave ist.

Der Text in D. 50,17,4 könnte, für sich genommen, dafür sprechen, dass der Sklave nicht wirksam antritt, wenn er von seinem Herrn dazu gezwungen worden ist. Wie sich aus dem Kontext ergibt, meint Ulpian hier mit imperium jedoch keinen Zwang, sondern ein normales iussum zum Erbantritt. Es geht um jemanden, der sich fälschlicherweise für einen Gewaltunterworfenen hält. Er erwirbt die Erbschaft nicht für sich selbst, wenn er auf Befehl seines vermeintlichen Gewalthabers antritt. Er hat nämlich nur den Willen, für einen anderen zu erwerben, nicht aber den Willen, für sich selbst zu erwerben. Mit dieser Entscheidung stimmt auch Paulus in D. 29,2,74,2 überein.116 Wie sich aus dem weiteren Verlauf von D. 29,2,6,4 ergibt, war Julian jedoch anderer Ansicht; seine Entscheidung ist in D. 35,1,21 so wiedergegeben, wie Ulpian sie hier referiert. Nach Julian umfasst der Antritt ut filius (denn der Berufene weiß nicht, dass der Vater bereits tot ist)117 nämlich auch einen Antritt ut pater. Jedenfalls stehen die Texte D. 29,2,6,4 und D. 50,17,4 aber nicht der Möglichkeit einer Zwangseinwirkung auf den Sklaven entgegen. Sie schützen vielmehr nur den Freien, der sich irrtümlich für einen Gewaltunterworfenen hält. Problematischer ist die nun folgende Aussage von Celsus in D. 29,2,6,7, wonach ein Erbantritt aus Furcht unwirksam ist. Dies steht in Widerspruch zu Papinian und Paulus, die auch den durch Zwang erfolgten Erbantritt für gültig halten, tamen coactus volui, aber prätorische Rechtsbehelfe zulassen.118 Man muss 115

Hier lässt sich auch metu verberum vel alio quo timore lesen, vgl. die ed. maior ad h.l., also eine „Angst vor Schlägen“ als Unterfall des timor, was allerdings für unsere Frage keine Änderungen mit sich bringt. 116 Paul. 12 ad Plaut. D. 29,2,74,2: qui bona fide servit si quasi iussu domini adierit, non obligabitur. 117 Dies geht aus Iul. 31 dig. D. 35,1,21 klar hervor, nicht aber aus D. 29,2,6,4. 118 Paul. 11 ad ed. D. 4,2,21,5; Pap. 30 quaest. D. 29,2,85. Kein Widerspruch liegt allerdings vor, wenn man annimmt, dass Celsus den Erbantritt nicht wegen Zwangs, sondern wegen Simulation für ungültig hält, so Bonfante, Corso VI, S. 199, doch braucht

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folglich annehmen, dass Celsus hier eine andere Rechtsauffassung vertreten hat und den Fehler beim Erbantritt nicht wie die Spätklassiker über eine in integrum restitutio korrigierte, sondern schon den Erbantritt selbst als unwirksam ansah.119 Der Text von Celsus widerspricht aber auch der Aussage Ulpians in D. 29,4,1,3, wonach der Herr seinen Sklaven zwingen kann, wenn dieser den Erbantritt verweigert. Jedoch ist zu beachten, dass Celsus zwei Fälle gleichsetzt, den Zwang gegenüber einem Freien und den Zwang gegenüber einem Sklaven. Dies spricht dafür, dass er nur von der Zwangseinwirkung durch einen Dritten ausgeht,120 nicht aber vom Zwang durch den Herrn selbst. Hatte der Herr seinen Sklaven gezwungen, die Erbschaft anzutreten, wird dies gültig gewesen sein.121 Denn der Zwang des Herrn gegenüber dem Sklaven spielte sich nur als Züchtigungsmittel im Rahmen der potestas innerhalb des Hausverbandes ab und wird daher nicht dieselbe Bedeutung wie der Zwang durch einen außenstehenden Dritten gehabt haben. Justinian spricht an einer Stelle davon, dass der Richter den Sklaven zum Erbantritt zwingen könne.122 Dies beruht allerdings darauf, dass hier gleichzeitig ein Freiheitsprozess anhängig war, sodass der „Herr“ einstweilen keine eigene Zugriffsgewalt auf den „Sklaven“ hatte. Ansonsten bedurfte der Herr aber keiner obrigkeitlichen Hilfe, denn die unbeschränkte Gewalt der Herren über ihre Sklaven war nicht nur allgemein anerkannt, sondern ausdrücklich rechtlich geschützt.123 Die Frage der Zwangsausübung auf den zum Erben eingesetzten Sklaven lässt sich demnach wie folgt beantworten: Grundsätzlich hatte der Herr die Möglichkeit, seinen Sklaven im Rahmen seiner Hausgewalt zum Erbantritt zu zwingen. Der solchermaßen durch Zwang erwirkte Erbantritt war wirksam und verschaffte dem Herrn die Erbschaft. Ein Erbschaftserwerb des Herrn schied nur dann aus, wenn der Sklave diesem Zwang widerstand und den Erbantritt trotzdem nicht

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man auch nicht zu zögern, einen Meinungsstreit anzunehmen, so Voci, DER I, S. 637. Vgl. aber auch Hartkamp, Zwang, S. 108ff., 114. Nicht ganz von der Hand zu weisen ist allerdings die Ansicht von Schlossmann, Zwang, S. 80f., 133f., im vorliegenden Fall sei von formfreiem Erbantritt die Rede (wo sich die Wirksamkeit nur aus dem Willen ergibt), in den anderen Stellen dagegen von einer cretio (wo sich die Wirksamkeit aus dem Formalakt ergibt). So auch Beseler, SZ 44 (1924) 362f.; Sanfilippo, Metus, S. 47; Biondi, DER, S. 275f. Anders Schulz, SZ 43 (1922) 182ff., der den Text für stark verändert hält. Nach Voci, DER I, S. 638, ist der Erbantritt des Haussohns nicht erzwingbar. Er beruft sich aber zu Unrecht auf D. 36,1,67(65) pr. Iust. C. 6,30,21 (531): necesse est omnimodo per competentem iudicem eum compelli adire quidem hereditatem et eam adquirere. Vgl. z.B. Ulp. 8 de off. proc. D. 1,6,2 (Antoninus Pius): dominorum quidem potestatem in suos servos illibatam esse oportet nec cuiquam hominum ius suum detrahi.

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Grundlagen der Erbeinsetzung fremder Sklaven

erklärte,124 was jedoch in den seltensten Fällen praktisch geworden sein wird. Die Rechtsstellung des zum Erben eingesetzten Sklaven unterscheidet sich insofern deutlich von der eines Freien.

4.5 Ergebnis Der Erbantritt des Sklaven bleibt dem klassischen Zivilrecht verhaftet. Für die Bewertung des Sklavenerbrechts ist es sehr aufschlussreich, dass die römischen Juristen durch die gesamte klassische Zeit hindurch am Erfordernis des persönlichen Erbantritts des Sklaven festhalten. Immerhin kann dies, etwa bei Abwesenheit des Sklaven, zu erheblichen Schwierigkeiten für den Herrn führen. Bei der bonorum possessio ist man dagegen schon früh dahin gelangt, auch einen Erwerb durch den Gewalthaber selbst zuzulassen.125 Gewisse Aufweichungserscheinungen gibt es auch beim Erbschaftserwerb durch Haussöhne.126 Der Erbantritt des Sklaven, als Akt des ius civile, bleibt in der klassischen Zeit aber an feste Formen gebunden, wozu die persönliche Antrittserklärung des Erben gehört. Dieser Bestandteil des Zivilrechts ist den Juristen wichtiger als eine Effektivierung des Verfahrens durch direkten Erbantritt seitens des Herrn.

5. Erbschaftserwerb Beim Erwerb der Erbschaft kommt die Stellung des Sklaven als gewaltunterworfene Person besonders zum Tragen. Der Erwerb geschieht grundsätzlich für den Herrn und nur in bestimmten Fällen faktisch für den Sklaven.127 Die herausgehobene Stellung des Sklaven, die sich beim Erbantritt gezeigt hat, tritt daher bei der Frage des Erbschaftserwerbs nicht in gleicher Weise hervor.

5.1  Rechtsgrund des Erbschaftserwerbs Zum Erbschaftserwerb durch Sklaven äußert sich Gaius wie folgt: C. 6,24,3 (223): potuit enim quamvis iubente domino nolle adire. Dazu auch Majansius, Disputationes, Bd. 1, S. 480. Zum Text näher siehe unten S. 146ff. 125 Dazu sogleich S. 59f. 126 Decius C. 6,30,4 (250): Filio familias delata hereditate si pater pro herede voluntate filii gessit, sollemnitati iuris satisfactum videri saepe rescriptum est. Aber auch hier bleibt der Wille des Haussohns beachtlich. 127 Zu diesen vgl. unten S. 95ff. und S. 201ff. 124

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Erbschaftserwerb

G. 2,86 Adquiritur autem nobis non solum per nosmet ipsos, sed etiam per eos quos in potestate manu mancipiove habemus. ... (87) ... ipse enim, qui in potestate nostra est, nihil suum habere potest. et ideo si heres institutus sit, nisi nostro iussu hereditatem adire non potest; et si iubentibus nobis adierit, hereditas nobis adquiritur proinde atque si nos ipsi heredes instituti essemus; et convenienter scilicet legatum per eos nobis adquiritur. (88) Dum tamen sciamus, si alterius in bonis sit servus, alterius ex iure Quiritium, ex omnibus causis ei soli per eum adquiri, cuius in bonis est.

Wir erwerben aber nicht nur in eigener Person, sondern auch durch diejenigen Personen, die sich in unserer Potestas-Gewalt, Manus-Gewalt oder Manzipium-Gewalt befinden. ... (87) ... Wer sich in unserer Gewalt befindet, kann nämlich nichts für sich selbst zu Eigentum haben. Und wenn er als Erbe eingesetzt worden ist, kann er die Erbschaft folglich auch nur antreten, wenn dies auf unsere Anweisung hin geschieht. Und wenn er sie auf unsere Anweisung hin antritt, dann wird die Erbschaft uns erworben, so als ob wir selbst zu Erben eingesetzt wären. Und dementsprechend wird uns natürlich auch ein Vermächtnis durch diese Personen erworben. (88) Man muss auch wissen, dass, wenn ein Sklave dem einen nach prätorischem Recht gehört, dem anderen nach quiritischem, in allen Fällen nur dem erworben wird, dem er nach prätorischem Recht gehört.

Gaius unterscheidet in seinen Institutionen deutlich zwischen Erbrecht und Erwerbsrecht. Die erbrechtlichen Voraussetzungen der Erbeinsetzung von Sklaven behandelt er in G. 2,185ff.,128 den daraus folgenden Erwerb in G. 2,86ff.129 Die erbrechtlichen Ausführungen schildern die Lage aus der Sicht des Sklaven und enthalten die grundlegende Aussage, dass er überhaupt zum Erben eingesetzt werden kann. Die erwerbsrechtlichen Darstellungen schildern die Situation dagegen aus der Sicht des Herrn, der durch den Sklaven die Erbschaft erwirbt. Bei den Voraussetzungen dieses Erwerbs verwendet Gaius die alte, überlieferte Dreiteilung der Gewaltverhältnisse in potestas, manus und mancipium, was besagt, dass der pater familias durch seine Kinder und Sklaven, seine Ehefrau in manu und durch fremde Hauskinder, die ihm manzipiert worden sind, erwirbt.130 Diese schulmäßige Dreiteilung hat freilich für die klassische Zeit nur noch begrenzte Bedeutung, da der Erbschaftserwerb durch die Ehefrau infolge der Abkehr von der 128

Dazu siehe oben S. 7ff. Derselbe Text findet sich auch in D. 41,1,10,1. Inhaltlich parallel sind weiterhin UE 19,18ff. und I. 2,9 pr. 130 Vgl. G. 1,52; 1,55; 1,108; 1,116; dazu Kaser, RPR I, S. 56f.; Avenarius, Liber singularis, S. 378f. 129

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Grundlagen der Erbeinsetzung fremder Sklaven

Manusehe nicht mehr von Belang ist. Es geht aber aus dem Text hervor, dass der Erbschaftserwerb durch einen Sklaven ein Aspekt der potestas ist. Eine ausdrückliche Aussage zum Erwerb iure potestatis enthält auch folgende Quelle: Cod. Greg. 14,1 Imp. Antoninus A. Victorinae Si in potestate patris fuisti, cum hereditas Bassae Cassiae tibi obvenit, eamque patris iussu crevisti, iure patriae potestatis ei eam quaesisti. Ideoque quod ab eo iure alienatum est, nulla ratione oblato pretio restitui tibi desideras. PP. III kal. Ian. Romae ipso Augusto et Advento conss.

Der Kaiser Antoninus (Elagabal) an Victorina Wenn du in der Gewalt deines Vaters warst, als dir die Erbschaft der Bassa Cassia angefallen ist, und sie dann auf Anweisung deines Vaters angetreten hast, dann hast du sie ihm aufgrund des Rechts der väterlichen Gewalt erworben. Und wenn er daher etwas rechtmäßig veräußert hat, verlangst du zu Unrecht, dass es dir unter Erstattung des Preises zurückgegeben werde. Veröffentlicht in Rom am 30.12.218.

Das Reskript betrifft ein Hauskind, dem eine Erbschaft angefallen war. Das Kind hatte sie auf Anweisung des Vaters förmlich angetreten und sie ihm daher iure patriae potestatis erworben. Der Rechtsgrund des Erwerbs liegt damit in der auch bei Gaius erwähnten potestas des Hausvaters. Das Kind selbst hat, als gewaltunterworfene Person, nichts erworben. Der Text zeigt den Rechtsgrund des Erbschaftserwerbs und ist auch sozialgeschichtlich bemerkenswert. Denn der Erbschaftserwerb wurde vom Kind offenbar als ein de facto eigener Erwerb angesehen. Das Kind betrachtete den Nachlass als eigenes Vermögen, ansonsten wäre es gar nicht auf die Idee gekommen, beim Kaiser anzufragen, ob es den Verkauf der Nachlassgegenstände durch den Vater rückgängig machen könne. Der gleiche soziale Hintergrund liegt auch einer ähnlichen Entscheidung zugrunde, in der ein Haussohn Gegenstände veräußert hatte, die er offenbar als seine eigenen betrachtete, obwohl sie rein rechtlich sein Vater erworben hatte.131 Anhand beider Fälle zeigt sich die besondere Natur des Vermögens, das einem Hauskind zufällt: Obwohl das Vermögen rechtlich dem Vater gehört, wird es faktisch häufig als Eigenvermögen des Kindes betrachtet. Das Recht spiegelt somit nicht die soziale Entwicklung wider; der rechtliche und der faktische Vermögenserwerb können auseinanderfallen. Diese Besonderheit des erbrechtlichen Erwerbs wird auch in unserem Kontext, der Erbeinsetzung von Sklaven, relevant. Der Erwerb geschieht rechtlich unstrei131

Alex. C. 8,46,3 (227).

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tig für den Herrn als alleinigen Vermögensträger. Tatsächlich kann der Nachlass aber auch dem Sklaven selbst zugute kommen, sodass eine Diskrepanz zwischen rechtlicher Struktur und sozialer Praxis entsteht.132 In welchen Fällen ein Erwerb für den Sklaven selbst zustande kommt, ist noch gesondert zu untersuchen.133 Es wird sich dabei feststellen lassen, dass Sklaven nur dann ein de facto-Vermögen erwerben können, wenn der Wille des Erblassers darauf gerichtet ist. Bei Einsetzung eines Haussohns konnte man einen solchen Willen des Erblassers dagegen meist unterstellen. Daher hat sich bei den Hauskindern in nachklassischer Zeit auch tatsächlich ein eigenes Erwerbsrecht entwickelt (untechnisch peculium adventicium).134 Um auf die Frage des Erwerbsgrundes zurückzukommen, lässt sich zunächst festhalten, dass dies bei eigenen Kindern und Sklaven die potestas war. Hinsichtlich des Erwerbsvorgangs sprechen die Quellen auch schlicht vom Erwerb per alium.135 Die Frage des Rechtsgrunds des Erbschaftserwerbs wird in bestimmten Sonderfällen bedeutsam, vor allem im Kontext der lex Iulia et Papia, wo es einen Unterschied macht, ob der Herr kraft seiner Eigentümergewalt am Sklaven oder kraft Erbrechts den Nachlass erhält.136 Dort wird sich für den gemeinschaftlichen Sklaven (servus communis) feststellen lassen, dass er seinen Miteigentümern iure dominorum erwirbt, also kraft ihres Eigentümerrechts, nicht dagegen ex testamento, also infolge des direkten Willensentschlusses des Verstorbenen.137 Dies ist allerdings nicht verallgemeinerungsfähig, da es den Juristen dort hauptsächlich um die Vermeidung der Kaduzität geht.

5.2  Die Frage des Durchgangserwerbs Die augusteische Ehegesetzgebung ist auch Hintergrund der folgenden Entscheidung Ulpians. Dabei geht es um die Frage, ob der Gewalthaber den Nachlass unmittelbar erwirbt, oder ob der als Erbe eingesetzte Gewaltunterworfene zunächst, gewissermaßen für eine juristische Sekunde, die Erbschaft für sich selbst erwirbt, und sie dann an seinen Gewalthaber „weiterreicht“ – kurz gesagt, Vgl. dazu auch Chiusi, in: Festschrift Wadle, S. 72ff. Siehe unten S. 201ff. Vgl. nur Kaser, RPR II, S. 214ff. Vgl. Ulp. 15 ad ed. D. 5,3,2: sive suo nomine sive per se sive per alios effecti sumus. – Das sive per se ist entgegen Haloander (vgl. Gebauer/Spangenberg, S. 111) nicht zu streichen, sondern meint einen Erwerb als heredis heres, vgl. Ulp. 22 ad ed. D. 11,1,9,6. 136 Näheres zur augusteischen Ehegesetzgebung siehe unten S. 276ff. 137 So ausdrücklich Paul. 5 ad l. Iul. et Pap. D. 29,2,68; näher dazu unten S. 130ff. 132

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ob ein Durchgangserwerb stattfindet.138 Für die Erteilung der Erbschaftsklagen ist dies allerdings unerheblich. Im Anwendungsbereich der lex Iulia kann es jedoch Bedeutung gewinnen, wenn man sich vorstellt, dass der procurator hereditatium argumentieren mochte, die testamentarische Verfügung zugunsten eines filius familias incapax falle an den Fiskus,139 auch wenn der Vater capax ist, weil sie zunächst dem Sohn erworben worden und somit schon in diesem Moment in das kaiserliche Vermögen gefallen sei. So lässt sich der folgende Text verstehen: D. 29,2,79 Ulpianus libro secundo ad legem Iuliam et Papiam Placet, quotiens adquiritur per aliquem hereditas vel quid aliud ei cuius quis in potestate est, confestim adquiri ei cuius est in potestate, neque momento aliquo subsistere in persona eius per quem adquiritur et sic adquiri ei cui adquiritur.

Ulpian im zweiten Buch zur lex Iulia et Papia Es ist anerkannt, dass immer dann, wenn durch jemanden eine Erbschaft oder etwas anderes demjenigen erworben wird, in dessen Gewalt er steht, es sofort demjenigen erworben wird, in dessen Gewalt er steht, und nicht einmal einen Moment in der Person desjenigen verbleibt, durch den erworben wird, und dass es auf diese Weise dem Erwerber erworben wird.

Ulpian legt wortreich dar (confestim, neque momento aliquo), dass der Erwerb eines Gewaltunterworfenen ohne Zwischenerwerb unmittelbar an den Gewalthaber fällt. Dass diese Frage der Erörterung bedurfte, erklärt sich aus dem Kontext der Entscheidung, den Justinian nicht mit überliefert, da die lex Iulia zu seiner Zeit abgeschafft war. Das Fragment stammt aus dem zweiten Buch des Kommentars zur lex Iulia et Papia. Dieses Buch handelte nach Lenel140 von den Konkubinen (de concubinis), nach Astolfi141 auch von den Strafen für Ehelosigkeit (de poena caelibatus). Heineccius bespricht dieses Fragment bei den Strafen für verbotene Eheschließungen (de poenis iniustarum nuptiarum) der lex Iulia de maritandis Dazu siehe auch Kaser, Labeo 26 (1980) 24ff. Die caduca gingen zunächst an das aerarium, später an den fiscus, UE 16,2: hodie ex constitutione imperatoris Antonini omnia caduca fisco vindicantur. Ob Caracalla oder Mark Aurel gemeint ist, ist umstritten, vgl. Rudorff, ZGRW 6 (1828) 397, 423f.; Hirschfeld, Verwaltungsbeamte, S. 115f.; Voci, DER I, S. 451f.; Avenarius, Liber singularis, S. 347ff.; Kaiser, SZ 127 (2010) 588. Jedenfalls für die Zeit unseres Textes D. 29,2,79 ist der Fiskalerwerb nicht zweifelhaft, da Ulpian seinen Kommentar zur lex Iulia et Papia unter Caracalla schrieb, vgl. D. 23,2,45 pr.; D. 24,2,11,2; D. 49,15,9; Lenel, Palingenesia, Bd. 2, Sp. 939 Fn. 2. 140 Lenel, Palingenesia, Bd. 2, Sp. 941. 141 Astolfi, Lex Iulia, S. 389. 138 139

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ordinibus.142 Die Sanktion bei einer verbotenen Eheschließung (etwa wenn ein Senator eine Freigelassene geheiratet hatte) war nicht die Unwirksamkeit der Ehe, sondern die Unfähigkeit der Ehegatten, einander testamentarisch zu bedenken. Daraus kann sich die hier im Fragment vorausgesetzte Situation entwickelt haben, dass eine Person nicht erwerbsfähig ist, nämlich der Ehepartner der oder des Verstorbenen, und eine gewaltunterworfene Person als Erbe eingesetzt worden ist. Dabei muss es sich aber nicht notwendig um zwei verschiedene Personen handeln, wie die Sekundärliteratur zu diesem Fragment annimmt. Vielmehr sind zwei Konstellationen denkbar: Entweder ist der überlebende Ehepartner selbst noch gewaltunterworfen und zum Erben eingesetzt, oder der überlebende Ehepartner ist sui iuris und einer seiner Sklaven oder eines seiner Kinder ist zum Erben eingesetzt. Heineccius geht vom zweiten Fall aus: Nach seiner Deutung hatte im vorliegenden Fragment die Ehefrau, die in verbotener Ehe lebte, ihren Stiefsohn eingesetzt, weil ihr Ehemann nichts erwerben konnte, wohl aber der Stiefsohn, und ihr Ehemann daher ihren Nachlass über seinen Sohn erhalten sollte.143 Diese Deutung kann jedoch unter Berücksichtigung des Ergebnisses und der Argumentationsführung Ulpians nicht überzeugen. Ulpian kommt nämlich zu dem Ergebnis, dass dem Gewalthaber erworben werde (adquiri). Damit verbietet es sich, davon auszugehen, der Gewalthaber sei erwerbsunfähig gewesen. Und auch die Argumentation Ulpians zielt nicht nur darauf ab, festzustellen, dass sich die Erwerbsfähigkeit immer nach der Person des Gewalthabers richte. Vielmehr geht es Ulpian hier vor allem um den zeitlichen Verlauf: Die Erbschaft gehe sofort an den Gewalthaber und bleibe nicht einmal einen Moment beim Gewaltunterworfenen. Also wird der procurator hereditatium hier die Ansicht vertreten haben, die Erbschaft sei für einen Moment beim erwerbsunfähigen Gewaltunterworfenen gewesen und somit kaduziert. Dem stellt sich Ulpian entgegen, indem er darlegt, dass die Erbschaft unmittelbar dem Gewalthaber erworben worden sei und die Erwerbsunfähigkeit des Sohnes daher keine Rolle spiele. Für diese Deutung der Argumentation Ulpians sprechen auch seine übrigen Worte. Denn warum sagt er vel quid aliud? Im Bereich der Kaduzitätsgesetze geht es nur um Erbschaften und Legate, nicht um beliebigen anderen Erwerb. Ulpian greift hier also zunächst auf einen Vergleich mit der allgemeinen Rechtslage beim Erwerb durch Gewaltunterworfene zurück, um danach erst auf dessen konkrete Bedeutung im Rahmen der lex Iulia einzugehen.

Heineccius, Ad legem Iuliam, Opera omnia Bd. 6, S. 187. Heineccius, Ad legem Iuliam, Opera omnia Bd. 6, S. 191f. So der Sache nach auch Voci, DER I, S. 639 Fn. 74: „la capacitas del figlio non giova al padre“. Allerdings sagt das Fragment eher: La incapacitas del figlio non nuoce al padre.

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Der Sachverhalt war demnach etwa wie folgt: Eine Ehefrau in verbotener Ehe hatte ihren Mann eingesetzt (weil sie sich über die Kaduzität dieser Verfügung nicht im Klaren war). Als sie starb, lebte ihr Schwiegervater noch und war, anders als sein Sohn, erwerbsfähig. Somit konnte der Schwiegervater den Nachlass erwerben, auch wenn dies seinem Sohn untersagt war. Das Fragment bestätigt damit zunächst die schon oben erwähnte Regel, dass die capacitas ausschließlich nach der Person des Gewalthabers bestimmt wird. Da die Güter ihm rechtlich zugeordnet sind, stellen auch die Kaduzitätsvorschriften auf seine Person ab. Zusätzlich erhalten wir nähere Informationen zum zeitlichen Ablauf des Erbschaftserwerbs durch gewaltunterworfene Personen: Treten sie an, so erfolgt der Erwerb ohne Durchgangserwerb unmittelbar für den Gewalthaber. In der Entscheidung Ulpians geht es nur um einen filius familias, da sich die Frage der Erwerbsfähigkeit (capacitas) oder Erwerbsunfähigkeit beim Sklaven von vornherein nicht stellt. Die Entscheidung ist aber auch auf Sklaven übertragbar, was sich hier insbesondere auch aus der Bezugnahme Ulpians auf die allgemeinen Regeln des Erwerbs durch Gewaltunterworfene (vel quid aliud) ergibt. Auch wenn ein Sklave Erbe ist, tritt der Erwerb also unmittelbar in der Person seines Herrn ein, ohne dass ein Durchgangserwerb stattfände.

6.  Erwerb der bonorum possessio Einige Sonderfragen treten auf, wenn dem Sklaven die bonorum possessio zukommt. Das römische Erbrecht kennt zwei Rechtsschichten, das Erbrecht nach Zivilrecht und das Erbrecht nach Honorarrecht. Rechtsquelle des Honorarrechts ist das prätorische Edikt. Der Prätor kann infolge seiner verfassungsmäßigen Stellung kein Zivilrecht schaffen, also auch niemanden zum Erben machen. Er kann aber einer Person die bonorum possessio zusprechen, sodass sie eine Stellung wie ein Erbe erlangt und hinsichtlich der Stärke ihrer Berechtigung einem Erben nach Zivilrecht sogar vorgehen kann.144 Dieses „prätorische Erbrecht“145 kann in bestimmten Fällen auch einem Sklaven zukommen. Zur bonorum possessio vgl. Kaser, RPR I, S. 674f.; Kaser/Knütel, RPR, § 65 Rn. 16ff.; Voci, DER I, S. 177ff.; sowie die ausführliche Darstellung von Leist, in: Glück, Serie der Bücher 37/38, Bände 1–5. 145 Im Folgenden soll von „prätorischem Erbrecht“ oder bonorum possessio gesprochen werden. Die übliche Übersetzung mit „Nachlassbesitz“ suggeriert, der bonorum possessor sei Besitzer des Nachlasses, doch ist er – zumindest bei der bonorum possessio cum re – vielmehr ein Rechtsinhaber und kann auch als Nichtbesitzer mittels des Interdikts quorum bonorum den Besitz herausverlangen; vgl. auch Ulp. 39 ad ed. (Lab.) D. 37,1,3,1: iuris magis quam corporis possessio; Kaser, RPR I, S. 675. 144

Erwerb der bonorum possessio

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Die bonorum possessio spielt im Bereich des Sklavenerbrechts nur in bestimmten Ausprägungen eine Rolle. So können die bonorum possessio sine tabulis, das prätorische Intestaterbrecht, und die bonorum possessio contra tabulas, also das prätorische Erbrecht, das sich über das Testament hinwegsetzt,146 einem Sklaven nicht zugute kommen, da er zu keiner der Klassen von Erbberechtigten gehört, denen der Prätor ohne oder gegen den Willen des Erblassers eine Berechtigung am Nachlass zuerkennt.147 Ist der Sklave jedoch vom Erblasser im Testament als Erbe eingesetzt worden, so kann ihm die bonorum possessio secundum tabulas, das prätorische Erbrecht, das dem Testamentsinhalt zur Geltung verhilft, zugute kommen.148 Zur Konkretisierung sei ein Anwendungsfall genannt: Die Erteilung der bonorum possessio an den eingesetzten Sklaven kann zum Beispiel dann relevant werden, wenn das Testament nach Zivilrecht formunwirksam ist, nach Honorarrecht aber formgültig. Dies ist der Fall, wenn die Testamentsurkunde zwar von sieben Zeugen gesiegelt worden ist, aber die rituelle Manzipation des Nachlasses an den familiae emptor und die Nunkupation durch den Erblasser unterblieben sind. Der Prätor verleiht dann die bonorum possessio an die eingesetzen Erben.149 Diese setzt sich, zumindest seit einer Entscheidung des Antoninus Pius, auch gegenüber gesetzlichen Erben durch, ist also cum re. Wurde folglich ein Sklave in einem zivilrechtlich formunwirksamen Testament zum Erben eingesetzt und hat ein gesetzlicher Erbe den Nachlass in Besitz genommen, so kann der Sklave die Herausgabe der Gegenstände nicht mittels der hereditatis petitio, wohl aber nach prätorischem Recht mittels des Interdikts quorum bonorum durchsetzen.150 Er erhält dann die Nachlassgegenstände vom gesetzlichen Erben, selbst wenn dieser sie bereits ersessen oder den Besitz daran arglistig aufgegeben hat.151 Sein prätorisches Erbrecht in Gestalt der bonorum possessio secundum tabulas setzt sich so gegenüber dem zivilen Erbrecht des gesetzlichen Erben durch.

Zu den Einzelheiten vgl. Voci, DER I, S. 177ff. Da dies selbstverständlich ist, findet sich in den Quellen nur ein Sonderfall: Ein Sohn, der versklavt worden ist, erhält keine bonorum possessio contra tabulas, Ulp. 39 ad ed. D. 37,4,1,9 a.E. 148 Im Titel 37,11 finden sich daher zwei Fälle: Ulp. 41 ad ed. D. 37,11,2,9 und Paul. 8 ad Plaut. D. 37,11,10. Weitere Fälle der bonorum possessio zugunsten eines Sklaven: Ulp. 49 ad ed. D. 38,9,1,14; Marcell. 9 dig. D. 38,15,5,2; Maec. 5 fideic. D. 36,1,67(65) pr. Ggf. auch Ulp. 1 ad Sab. D. 37,1,7 pr. (dazu sogleich im Text). 149 Vgl. G. 2,104 und 120. Dazu Kaser, RPR I, S. 680; kritisch zur praktischen Relevanz Amelotti, Testamento romano, Bd. 1, S. 191ff. 150 Das Interdikt muss allerdings sein Herr für ihn beim Prätor geltend machen. Zur Antragsbefugnis des Sklaven vor dem Prätor siehe sogleich S. 59ff. 151 Vgl. den Wortlaut des Edikts bei Ulp. 67 ad ed. D. 43,2,1 pr.; zur Anwendbarkeit bei Ersitzung vgl. Leist, in: Glück, Serie der Bücher 37/38, Bd. 1, S. 377ff. 146 147

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Grundlagen der Erbeinsetzung fremder Sklaven

6.1  Erwerb vor Bedingungseintritt Wenn ein Erbe die bonorum possessio erhält, gelten gegenüber der Erbfolge nach Zivilrecht einige Besonderheiten. Darunter fällt zunächst die Regelung, dass der Erbe die bonorum possessio secundum tabulas auch dann schon erhalten kann, wenn er unter einer Bedingung eingesetzt ist, die noch nicht eingetreten ist. Dies gilt auch für den als Erben eingesetzten Sklaven: D. 37,11,10 Paulus libro octavo ad Plautium Si servus sub condicione heres institutus sit, an bonorum possessionem accipere potest, dubitatur. et Scaevola noster probat posse.

Paulus im achten Buch zu Plautius Wenn ein Sklave unter einer Bedingung zum Erben eingesetzt ist, wird bezweifelt, ob er die bonorum possessio erlangen könne. Und unser Scaevola meint, dass er es könne.

Bei einer bedingten Erbeinsetzung muss der zivile Erbe den Eintritt der Bedingung abwarten, um die Erbschaft antreten zu können. Während die Bedingung schwebt ( pendente condicione), ruht die Erbschaft (hereditas iacet). Das prätorische Erbrecht, die bonorum possessio secundum tabulas, kann der Erbe jedoch schon während der Schwebezeit erlangen, es sei denn, die Bedingung ist eine Potestativbedingung. Er wird dadurch vorläufig in den Nachlass eingewiesen. Sollte die Bedingung später nicht eintreten, werden die Folgen rückgängig gemacht.152 Diese Rechtslage war bei Einsetzung eines Sklaven offenbar umstritten (dubitatur). Scaevola macht hier jedoch keinen Unterschied zur Einsetzung anderer Personen. Dass bei Erbeinsetzung von Sklaven Zweifel bestanden, wird wahrscheinlich an der noch unsichereren Erbberechtigung liegen: Schon beim freien Erben birgt die Erteilung der bonorum possessio ein Risiko in sich, da der bonorum possessor die Nachlassgegenstände während der Schwebezeit veräußern oder schlecht bewirtschaften kann. Er muss daher den bei Ausfall der Bedingung Erbberechtigten auf deren Antrag hin Sicherheit leisten.153 Bei einem Sklaven kommt nun der zusätzliche Unsicherheitsfaktor hinzu, dass er während der Schwebezeit veräußert werden kann.154 Fällt danach die Bedingung aus, sieht sich der wahre Erbe zwei Personen gegenüber: Dem alten und dem neuen Eigentümer des Sklaven. Wegen dieser Situation mögen manche Juristen die Erteilung der bonorum possessio an einen bedingt eingesetzten Sklaven abgelehnt haben. 152

Zum Erwerb bei bedingter Einsetzung siehe v.a. Ulp. 8 disp. D. 37,11,6; ders. 4 disp. D. 37,11,5 pr.; Leist, in: Glück, Serie der Bände 37/38, Bd. 4, S. 284ff., zum Sklaven S. 288. 153 Nachw. bei Leist, in: Glück, Serie der Bände 37/38, Bd. 4, S. 288. 154 Ulp. 41 ad ed. D. 37,11,2,9, dazu näher siehe unten S. 75.

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Erwerb der bonorum possessio

Der Grund, warum Cervidius Scaevola und Paulus sie dennoch zulassen, dürfte darin liegen, dass sich die Stellung desjenigen, der bei Ausfall der Bedingung erbt, auch bei Veräußerung des Sklaven nicht wesentlich verschlechtert: Wenn der Sklave zugunsten des ersten Herrn die bonorum possessio erhält, kann er zu diesem Zeitpunkt schon von ihm Sicherheitsleistung verlangen. Die Veräußerung an den zweiten Herrn schadet ihm dann nicht.

6.2 Antragsbefugnis Die Unterschiede zwischen bonorum possessio und hereditas liegen aber nicht nur in dieser Möglichkeit, schon vor Bedingungseintritt die bonorum possessio zu erhalten. Durch die bonorum possessio ist vor allem das Regime des Antritts des Nachlasses generell vereinfacht und entformalisiert worden. Für den Erwerb der hereditas legitima ist, wie oben dargestellt,155 die persönliche Antrittserklärung des Sklaven erforderlich. Den Antrag auf Erteilung der bonorum possessio kann dagegen auch der Herr für den Sklaven (servi nomine) stellen. D. 38,9,1,14 Ulpianus libro quadragensimo nono ad edictum Non solum autem cum suo nomine veniunt liberi parentesque, hoc eis tribuitur, verum etiam si servus eius, qui ex liberis parentibusque est, heres institutus est, intra annum competit bonorum possessio: persona enim ea est, quae meruit hoc beneficium,156 quae petat. 156

Ulpian im 49. Buch zum Edikt Dies wird den Kindern oder Eltern aber nicht nur dann gewährt, wenn sie die Erbschaft in eigenem Namen erlangen. Vielmehr kann die bonorum possessio auch dann binnen Jahresfrist beantragt werden, wenn ein Sklave eines Kindes oder Elternteils zum Erben eingesetzt worden ist. Diese Vergünstigung steht nämlich derjenigen Person zu, die den Antrag stellt.

Das Fragment ist eine Erläuterung zum sog. edictum successorium. Dieser Teil des Edikts legt Reihenfolge und Zeiten für den Erwerb der bonorum possessio fest: Die im ersten Grad Berufenen haben 100 Tage Überlegungsfrist, die im zweiten Grad Berufenen weitere 100 Tage, etc.157 Damit wird für die bonorum 155

S. 35ff. Mommsen verbessert die Lesart in persona enim quae meruit hoc beneficium ea est, vgl. die ed. maior ad h.l., was aber keinen sachlichen Unterschied mit sich bringt. 157 Vgl. Lenel, Edictum Perpetuum, S. 361. 156

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Grundlagen der Erbeinsetzung fremder Sklaven

possessio nachgeformt, was der Erblasser ansonsten mit Hilfe bestimmter Testamentsformeln158 erreichte. Steht die bonorum possessio Eltern oder Kindern des Erblassers zu, so gewährt der Prätor ihnen eine längere Frist von einem Jahr, innerhalb derer sie sich entscheiden können, ob sie die bonorum possessio beantragen wollen. Von dieser Vergünstigung spricht Ulpian im vorliegenden Text und stellt die zusätzliche Regel auf, dass den Eltern und Kindern die Jahresfrist auch dann zukommt, wenn sie nicht selbst zu Erben eingesetzt sind, sondern einer ihrer Sklaven. Zur Begründung führt er aus, dass es auf denjenigen ankomme, der den Antrag stellt. Aus dem Text ergibt sich somit, dass es für den Herrn des zum Erben eingesetzten Sklaven nicht nur möglich ist, den Antrag auf Erteilung der bonorum possessio zu stellen, sondern dass dies auch der Regelfall ist. Die Möglichkeit, dass der Sklave eventuell selbst den Antrag stellt, wird von Ulpian gar nicht in Erwägung gezogen. Wenn der Herr den Antrag stellt, muss er allerdings auf die Person des Sklaven Bezug nehmen, den Antrag also nomine servi stellen, denn ansonsten bestünde gar kein Hinweis auf die Person des Erben.159 Es stellt sich damit die Frage, ob auch der Sklave selbst vor dem Prätor erscheinen und die bonorum possessio beantragen kann. Die allgemeinen Regeln hinsichtlich der Rechtshandlungen des Sklaven vor dem Prätor sprechen dagegen; es gilt der Grundsatz, dass er apud praetorem pro nullo habetur.160 Doch obwohl der Sklave nach Ulpian für den Prätor also „Luft“ ist, drückt derselbe Jurist sich auch wie folgt aus: D. 37,1,7 pr. Ulpianus libro primo ad Sabinum Servus bonorum possessionem recte admittere potest, si praetor de condicione eius certus sit: nam et absenti et non petenti dari bonorum possessio potest, si hoc ipsum praetor non ignoret. ergo et femina poterit alii bonorum possessionem petere.

158

Ulpian im ersten Buch zu Sabinus Ein Sklave kann die bonorum possessio wirksam annehmen, wenn dem Prätor dessen Rechtsstellung bekannt ist. Denn der Prätor kann die bonorum possessio auch einem Abwesenden erteilen, sowie jemandem, der sie nicht beantragt hat, sofern ihm diese Tatsache nicht unbekannt ist. Daher kann auch eine Frau die bonorum possessio für einen anderen beantragen.

Zu diesen Testamentsformeln siehe oben S. 36. Vgl. zum Haussohn Iul. 27 dig. D. 29,4,21. 160 Ulp. 60 ad ed. D. 28,8,1 pr.; ders. 1 ad Sab. D. 28,1,20,7. Daher auch die völlige Prozessunfähigkeit des Sklaven, Gai. 1 ad ed. prov. D. 50,17,107: Cum servo nulla actio est. Vgl. Kaser/Hackl, RZPR, S. 205; Einschränkungen bei Biscardi, Labeo 21 (1975) 143ff. Eine Ausnahme macht der Freiheitsprozess. 159

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Ulpian stellt hier fest, dass auch der Sklave die bonorum possessio annehmen kann, wenn dem Prätor bekannt ist, dass es sich um einen Sklaven handelt. Ulpian hat aber in demselben Werk, dem ersten Buch ad Sabinum, auch den oben erwähnten Grundsatz aufgestellt, dass der Sklave vor dem Prätor nichts gilt. Wie passen diese Aussagen zusammen? Eine Erklärung ergibt sich aus der Begründung, die Ulpian gibt: Man könne schließlich auch einem Abwesenden oder einem, der keinen Antrag gestellt hat, die bonorum possessio erteilen. Daraus ergibt sich, dass der Sklave tatsächlich keinen wirksamen Antrag vor dem Prätor stellen kann, dies jedoch unerheblich ist, weil ein Antrag auch gänzlich entbleiben kann.161 Der Sklave fungiert also, wenn er vor dem Prätor erscheint, nicht als jemand, der eine Rechtshandlung ausführt, sondern nur als faktische Informationsquelle für den Prätor, der so erfährt, dass der Herr die bonorum possessio erhalten möchte. Rechtlich betrachtet ist niemand vor dem Prätor anwesend, doch schadet dies für die Erteilung der bonorum possessio auch nicht. Was den vorliegenden Text betrifft, bleibt weiterhin fraglich, wer der eingesetzte Erbe ist, der Herr oder der Sklave. Die Glosse hält beides für möglich;162 Voci geht wohl davon aus, der Sklave sei der Bedachte.163 Letzteres dürfte zutreffend sein. Denn Ulpian spricht hier gerade davon, dass der Sklave selbst die bonorum possessio erhält (admittere), anders als etwa im letzten Satz des Fragments, in dem von einer Frau die Rede ist, die für einen anderen den Antrag stellt (alii petere). Daher ist davon auszugehen, dass der Sklave selbst eingesetzt ist und ihm die bonorum possessio erteilt wird. Der Rechtserwerb erfolgt natürlich in der Person seines Herrn.

6.3 Erwerbswille Neben der Antragsbefugnis stellt sich aber auch beim Erwerb der bonorum possessio die Frage, wie der für den Erwerb notwendige Wille geäußert wird und ob es insoweit, analog zum iussum, nur einer Erklärung des Herrn, oder vielmehr, analog zum Erbantritt, auch einer Erklärung des Sklaven bedarf. Auskunft dazu gibt folgender Text:

Ungenau daher Voci, DER I, S. 641f.: „Anche lo schiavo è ammesso alla bonorum possessionis petitio.“ 162 Gl. servus bonorum possessionem ad h.l., Ausgabe Lyon 1593. 163 Voci, DER I, S. 641f. 161

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Grundlagen der Erbeinsetzung fremder Sklaven

D. 36,1,67(65) pr. Maecianus libro quinto fideicommissorum Servo invito domino vel ignorante non recte restituetur hereditas: sed si postea ratum habuerit, confirmabitur restitutio, verum ipsi domino adquirentur actiones. nec quia hereditatis adquisitionis similis est haec restitutio, iussum praecedere oportet, sed, ut dictum est, etiam ratihabitio subsequi poterit exemplo bonorum possessionis, neque interest, quod ad propositum attinet, ipsi domino an servo quis rogetur restituere hereditatem, nec in ea re consensu aut opera servi opus est: atquin in bonorum possessione vel in adeunda hereditate consensus eius necessarius est. itaque si qui suspectam dicent hereditatem, postulante domino compellendi erunt adire et restituere hereditatem.

Maecian im fünften Buch über die Fideikommisse Einem Sklaven kann eine Erbschaft ohne oder gegen den Willen seines Herrn nicht wirksam herausgegeben werden. Wenn er aber nachträglich genehmigt, wird die Herausgabe geheilt und die Klagen werden richtigerweise dem Herrn selbst erworben. Und die Anweisung braucht auch nicht, wie man aufgrund der Ähnlichkeit dieser Form der Herausgabe mit dem Erbschaftserwerb vermuten könnte, voranzugehen, sondern es kann wie gesagt auch nach dem Vorbild der bonorum possessio nachträglich eine Genehmigung erfolgen. Und hinsichtlich des soeben Gesagten ist es weder erheblich, ob jemand gebeten worden ist, die Erbschaft dem Herrn selbst oder dem Sklaven herauszugeben, noch bedarf es insofern der Zustimmung oder Mitwirkung des Sklaven. Bei der bonorum possessio oder beim Erbantritt ist dessen Zustimmung jedoch notwendig. Und wenn sie [die Erben] daher die Erbschaft für verdächtig erklären, werden sie auf Antrag des Herrn gezwungen, die Erbschaft anzutreten und herauszugeben.

Das Fragment handelt von der Herausgabe einer Erbschaft im Wege des Universalfideikommisses. Maecian geht von dem Fall aus, dass der Empfänger des Universalfideikommisses ein fremder Sklave ist. Die Herausgabe an ihn bedarf der vorherigen oder nachträglichen Zustimmung seines Herrn. Grund dafür ist, dass die Klagen, die für und gegen den Erben bestehen, nach dem Senatusconsultum Trebellianum auch für und gegen den Fideikommissar erteilt werden.164 Dieser steht also ähnlich wie ein Erbe,165 sodass es seiner Zustimmung für den Erwerb des Fideikommisses bedarf. Ist der Empfänger ein Sklave, bedarf es nicht seiner

G. 2,255; dazu vgl. nur Kaser, RPR I, S. 761ff. G. 2,251.

164 165

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Zustimmung, sondern nur der Zustimmung des Herrn, da sich die etwaigen Klagen gegen diesen richten. Dieser Rechtslage beim Universalfideikommiss stellt Maecian die Regelungen zum Erwerb der Erbschaft und der bonorum possessio gegenüber. Hier bedarf es der Zustimmung (consensus) des Sklaven. Mithin haben die römischen Juristen bei der bonorum possessio nicht vom Erfordernis einer Willensbetätigung des eingesetzten Sklaven abgesehen. Darüber hinaus ist aus der Entscheidung ersichtlich, dass der Erwerbswille des Herrn bei der bonorum possessio nicht notwendig vorangehen muss, sondern auch nachträglich erklärt werden kann (ratihabitio subsequi poterit exemplo bonorum possessionis). Im letzten Satz des Fragments (itaque...) kommt Maecian noch einmal auf das Universalfideikommiss zurück: Wenn die Erben die Erbschaft für überschuldet halten und sie deswegen nicht antreten wollen, werden sie vom Prätor dennoch dazu gezwungen, da der Erbschaftserwerb sofort herauszugeben ist und damit im Ergebnis nicht zu ihren Lasten geschieht. Ist der Sklave Destinatär des Fideikommisses, muss sein Herr den entsprechenden Antrag beim Prätor stellen (postulante domino).166 Grund dafür ist die schon erwähnte Prozessunfähigkeit des Sklaven. Was den Erwerb der bonorum possessio durch einen Sklaven betrifft, gehen zwei wesentliche Ergebnisse aus dem Fragment hervor: Zum einen ist nicht, wie beim Erbantritt, ein vorangehendes iussum des Herrn notwendig,167 sondern es reicht auch aus, wenn der Herr, nachdem der Sklave beim Prätor war, seine Genehmigung erteilt (ratihabitio).168 Dass eine Willensäußerung des Herrn überhaupt erforderlich ist, ist selbstverständlich, da er ansonsten ohne seinen Willen für die Nachlassschulden haftbar gemacht würde.169 Zum anderen zeigt das Fragment, dass eine Willensäußerung des Sklaven auch beim Erwerb der bonorum possessio erforderlich ist: Wenn der Sklave selbst vor dem Prätor erscheint, ergibt sich sein Wille schon aus dieser Handlung; stellt dagegen sein Herr den Antrag, so ist die Zustimmung des Sklaven ebenfalls unverzichtbar (consensus eius necessarius est). Strukturell lässt sich der Erwerb der bonorum possessio durch einen fremden Sklaven damit wie folgt charakterisieren: Auf die zivilrechtlichen Förmlichkeiten wird verzichtet. Die materiellen Erfordernisse gelten jedoch fort, denn sowohl der Dagegen meint Voci, DER II, S. 357, dass auch der Sklave selbst den Antrag stellen könne, wofür er jedoch keine weiteren Belege anführt. 167 Dazu siehe oben S. 39ff. 168 Dazu auch Marcell. 9 dig. D. 38,15,5 pr. und Sev./Ant. C. 6,9,1 (zum Haussohn); Ulp. 6 ad Sab. D. 29,2,6,1 (zu Sklave und Haussohn). Vgl. auch Mühlenbruch, in: Glück, Bd. 42, S. 411f.; Leist, in: Glück, Serie der Bücher 37/38, Bd. 2, S. 169; Voci, DER I, S. 641; Bertolini, Ratifica, Bd. 2, S. 192f.; Kacprzak, Ratihabitio, S. 120ff., 133. 169 Ulp. 39 ad ed. D. 37,1,3,3: invito autem nemini bonorum possessio adquiritur. 166

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Grundlagen der Erbeinsetzung fremder Sklaven

Herr als auch der Sklave müssen jeweils einen Willen zur Erlangung der Erbschaft äußern. Die starke Stellung, welche der Person des Sklaven beim Erbantritt zukommt, setzt sich damit auch auf der Ebene der bonorum possessio fort.

6.4 Ausschlagung Die letzte Besonderheit, die bei der bonorum possessio gilt, ist die Form der Ausschlagung. Die Ausschlagung erfolgt, genau wie die Ausschlagung einer Erbschaft, nicht wie im geltenden Recht zu dem Zweck, den Rechtserwerb ungeschehen zu machen, da nach römischem Recht ohnehin kein Vonselbsterwerb stattfindet. Vielmehr hat die Ausschlagung nur die Wirkung, dass ein Erbantritt durch den Ausschlagenden nicht mehr möglich ist und die nachrangigen Erben die Möglichkeit zum Erbantritt bekommen, auch wenn die Hunderttagesfrist, die dem Ausschlagenden gesetzt worden war, noch nicht verstrichen ist. Zur Ausschlagung der bonorum possessio eines Sklaven erfahren wir: D. 38,9,1,3 Ulpianus libro quadragensimo nono ad edictum Per servum delatam bonorum possessionem dominus repudiare potest.

Ulpian im 49. Buch zum Edikt Der Herr kann eine ihm durch den Sklaven angefallene bonorum possessio ausschlagen.

Nach Ulpian kann also der Herr die bonorum possessio ausschlagen, die seinem Sklaven angefallen ist und die er durch diesen erwerben kann. Allerdings ist diese Interpretation nicht unbestritten. Solazzi nimmt an, die bonorum possessio sei nicht dem Sklaven, sondern dem Herrn selbst angefallen.170 Buckland geht dagegen davon aus, dass der Sklave berufen ist.171 Argumente werden von diesen Autoren nicht genannt; auch die Übersetzungen dieses Fragments sind insofern uneinheitlich.172 Die Unklarheit resultiert daraus, dass die Autoren, die davon ausgehen, dass der Herr selbst als Erbe eingesetzt ist, die Worte per servum nicht auf delatam beziehen, wohin sie aber ausweislich der Satzstellung gehören, sondern auf repudiare, was jedoch eindeutig mit dominus in Zusammenhang steht. Bezieht man Solazzi, DER II, S. 184 Fn. 3 (er nimmt an, der Sklave sei bloß Bote). Buckland, Slavery, S. 140, unter Verweis auf D. 38,9,1,1. 172 Nach der französischen Übersetzung ist der Herr Erbe, Hulot, Bd. 5, S. 512; nach der niederländischen und der älteren deutschen Übersetzung dagegen der Sklave, Spruit et al. (Hrsg.)/Chorus/Pool, Bd. 5, S. 449; Otto/Schilling/Sintenis, Bd. 3, S. 968. 170 171

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per servum auf repudiare, bedeutet dies aber, dass der Herr sich seines Sklaven nur als Boten zum Zwecke der Überbringung der Erbausschlagung bedient. Weil sich per servum richtigerweise auf delatam bezieht, muss man eher annehmen, dass der Sklave als Erwerbsmittel zum Erwerb der Delation gedient hat, folglich der Herr die Erbschaft erhalten hat, weil sein Sklave eingesetzt war. Es ist daher festzustellen, dass der Sklave selbst zum Erben eingesetzt war. Buckland stimmt damit überein, hält die Entscheidung aber für überraschend, da nur derjenige ausschlagen kann, der auch erwerben kann (is potest repudiare qui et adquirere potest).173 Jedoch steht die Entscheidung ganz im Einklang mit dieser Maxime. Denn der Erwerb, das adquirere im technischen Sinne, findet in der Person des Herrn statt. Die Regel besagt, dass derjenige ausschlagen kann, der das Erbschaftsvermögen effektiv erhält, also der Herr.174

6.5  Konsequenzen für die Gesamtsituation des erbenden Sklaven Das Erbrecht des Sklaven wird durch die Möglichkeit, die bonorum possessio durch Willensäußerung gegenüber dem Prätor zu erlangen, modifiziert. Einerseits kommen dem Sklaven dadurch dieselben Formerleichterungen zugute wie jedem Erben, er muss also keinen förmlichen Erbantritt erklären. Andererseits wird auch auf solche Formalitäten verzichtet, die speziell bei der Erbeinsetzung von Sklaven gelten: Ein vorheriges iussum ist nicht notwendig, eine nachträgliche ratihabitio reicht aus. Dabei ist auffällig, dass die wichtige Stellung, die der Sklave beim Erbantritt hat, durch diese Formerleichterungen nicht berührt wird. Zwar kann die bonorum possessio, anders als eine Erbschaft nach Zivilrecht, auch der Herr für den Sklaven beantragen. Jedoch ist auch in diesem Falle die Zustimmung des Sklaven erforderlich. Daraus ist ersichtlich, dass der Prätor durch die Einführung der bonorum possessio diese Einbeziehung des Sklaven in den Erbschaftsantritt beibehalten wollte. Gleichzeitig folgt daraus, dass die starke Rolle des Sklaven beim Erbantritt kein bloßer Effekt des Formalismus ist, sondern eine materiell gewollte Position. Denn berücksichtigt man nur die Erbschaft nach ius civile, so kann der Eindruck entstehen, das Erfordernis der persönlichen Erbantrittserklärung des eingesetzten Sklaven sei dem Formalismus des Zivilrechts geschuldet. Jedoch wird der materielle Gehalt dieses Erfordernisses, nämlich eine Willensbetätigung des Sklaven, auch bei der bonorum possessio aufrecht erhalten.

173

Paul. 2 ad Sab. D. 29,2,18. Daher greift auch Bucklands Verweis auf D. 38,9,1,1 nicht, denn hier sagt Ulpian nur, dass man keine fremde bonorum possessio ausschlagen könne.

174

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7. Ergebnis Die Erbeinsetzung fremder Sklaven verrät schon in ihren Grundzügen bemerkenswerte Details über die Person des Sklaven und über das römische Erbrecht. Sie lässt sich nur dann richtig erfassen, wenn bei jeder Fragestellung sowohl die Rolle des Herrn als auch die Rolle des Sklaven berücksichtigt werden: Bei der Erbeinsetzung kommt es auf den Sklaven selbst an, bei der Erbfähigkeit auf seinen Herrn. Beim Erbantritt handelt der Sklave, beim Vermögenserwerb profitiert der Herr. Rechtlich betrachtet ist der Sklave eine schillernde, ambivalente Person: Obwohl er eine eigenständige Persönlichkeit hat, ist er doch rechtsunfähig. Obwohl er handlungsfähig ist und selbst die Erbschaft antritt, müssen dennoch status- und vermögensrechtliche Voraussetzungen auf die Person seines Herrn Bezug nehmen. Es zeigt sich die Doppelnatur des Sklaven als res und persona. Diese Doppelnatur hat schon die römischen Juristen fasziniert, was die Fülle der juristischen Texte erklärt, die sich mit dem Sklavenerbrecht befassen. Diese Quellen zeigen nicht nur die besondere Form der Rechtspersönlichkeit, die ein Sklave hat, sondern erweitern auch das Erbrecht selbst um eine neue Komponente: Die notwendige Verbindung zwischen Erbeinsetzung und Vermögenserwerb, die auch im modernen Recht besteht, wird aufgebrochen. Der Nachlass geht nicht an den eingesetzten Erben, sondern an eine andere Person. Das System des Erbrechts wird auf diese Weise erweitert und bereichert, wie die folgenden Kapitel noch deutlicher zeigen werden.

K apitel 2: Freilassung eingesetzten

V eräusserung S klaven

oder

des

Die Erbeinsetzung fremder Sklaven erhält ein erstes dynamisches Element, wenn der eingesetzte Sklave vor Erbantritt veräußert oder freigelassen wird. Es tritt dann neben dem ursprünglichen Eigentümer ein weiterer potentiell Berechtigter auf die Bühne: der neue Eigentümer oder der Freigelassene selbst.

1.  Erbanfall und Erbschaftserwerb Um zu bestimmen, wem in den Fällen der Veräußerung oder Freilassung des Sklaven die Erbschaft zusteht, muss an die eingangs175 erzielten Ergebnisse zur Erbenstellung des Sklaven erinnert werden: Der Sklave selbst ist der Erbe, nicht sein Herr. Somit fällt die Erbschaft dem Sklaven selbst an, nicht demjenigen, in dessen Gewalt er zum Zeitpunkt des Erbanfalls steht. Aus dieser grundlegenden Aussage des römischen Sklavenerbrechts, dass der Sklave selbst der Berufene ist,176 folgen nun zwei Konsequenzen: Wird der Sklave vor Antritt freigelassen, kann er für sich selbst erwerben. Wird er vor Antritt veräußert, kann er für den neuen Herrn erwerben. Diese beiden Grundsätze finden sich in der gesamten römischen Rechtsliteratur, beispielhaft sei Gaius wiedergegeben:177 G. 2,189 Alienus quoque servus heres in- Wenn ein fremder Sklave als Erbe eingesetzt stitutus si in eadem causa dura- und in derselben Rechtsstellung verblieben verit, iussu domini hereditatem ist, muss er die Erbschaft auf Anweisung adire debet; si vero alienatus seines Herrn antreten; wenn er dagegen von ab eo fuerit aut vivo testatore diesem veräußert worden ist, entweder zu aut post mortem eius, antequam Lebzeiten des Erblassers oder nach dessen cernat, debet iussu novi domini Tode und bevor er die Erbschaft angetreten cernere; si vero manumissus est, hat, dann muss er auf Anweisung des neuen suo arbitrio adire hereditatem Herrn antreten. Und wenn er freigelassen potest. worden ist, kann er selbst die Erbschaft nach eigenem Gutdünken antreten. 175

Siehe oben S. 11ff. Siehe dazu speziell Wimmer, SZ 121 (2004) 379ff. 177 Siehe außerdem UE 22,13; I. 2,14,1; Iul. 30 dig. D. 28,5,7; Paul. 5 ad leg. Iul. D. 29,2,80,3 (dazu siehe unten S. 103ff.); Ulp. 66 ad ed. D. 42,8,6,5. Ebenso beim Fideikommiss, Marcian. 8 inst. D. 30,114,10, und beim Damnationslegat, Ulp. 24 ad Sab. D. 36,2,14,3. 176

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Freilassung oder Veräußerung des eingesetzten Sklaven

Bemerkenswert an dem vorliegenden Text ist die Selbstverständlichkeit, mit der Gaius von vornherein alle drei Alternativen behandelt: Entweder verbleibt der Sklave in der Gewalt seines Herrn, oder er wird an einen Dritten veräußert, oder er wird freigelassen. Man sieht, dass die Veräußerung oder Freilassung des eingesetzten Sklaven kein außergewöhnliches Ereignis war, sondern etwas, womit der Erblasser rechnen musste.178 Wer einen fremden Sklaven einsetzte, war sich im Klaren, dass der Sklave selbst der Adressat dieser Verfügung war, und konnte sich nicht sicher sein, wer den Nachlass im Zeitpunkt des Erbantritts erwerben würde. Ein weiteres Detail kommt bei Gaius zum Ausdruck: Es ist unerheblich, ob der Sklave vor oder nach dem Tod des Erblassers veräußert worden ist. Immer erwirbt der neue Eigentümer, solange der Sklave noch nicht angetreten hat. Dies ist eine Konsequenz der strikten Gebundenheit der Delation an die Person des Sklaven.

2.  Freilassung des Sklaven Wird der zum Erben eingesetzte Sklave freigelassen, kann er für sich selbst die Erbschaft erwerben. Im soeben zitierten Text von Gaius heißt es darüberhinaus suo arbitrio. Damit bringt der Autor zum Ausdruck, dass die Entscheidung, ob der Erbantritt erfolgen soll oder nicht, nun beim Freigelassenen liegt. Dies ist auch selbstverständlich, denn ein Außenstehender braucht sich eine Erbschaft nicht aufdrängen zu lassen, sondern kann selbst über den Erwerb entscheiden, je nachdem, wie er Nutzen und Lasten der Erbschaft einschätzt. Dass die Erbeinsetzung nach Freilassung dem Freigelassenen selbst zukommt, ist nicht weiter bemerkenswert, wenn man die skizzierte formale Betrachtungsweise zugrundelegt: Der Sklave ist der Erbe, folglich bleibt ihm die Erbschaft auch nach Freilassung. Betrachtet man den Fall dagegen aus materieller Perspektive, besteht durchaus Erklärungsbedarf: Wenn der Erblasser einen fremden Sklaven einsetzt, weiß er, dass dieser seinem Herrn erwirbt. Will er die Erbschaft aber tatsächlich dem Sklaven selbst zukommen lassen, wenn dieser freigelassen wird? Der Jurist hätte genausogut argumentieren können, dass der Sklave mit Freilassung zu einer – rechtlich gesehen – anderen Person werde, nämlich überhaupt erst zu einer rechtsfähigen Person, und der Erblasser viel eher seinen Herrn im Sinn hatte. Jedoch sehen die Juristen im Erbschaftserwerb des Freigelassenen nicht lediglich das Ergebnis einer formalen Deduktion, sondern eine materielle Regel. Dies geht auch aus folgendem Fragment hervor:

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Das geht auch aus Mod. 1 diff. D. 28,6,3 und Ulp. 4 ad Sab. D. 28,6,8,1 hervor.

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Freilassung des Sklaven

D. 48,10,22,3 Paulus libro singulari ad senatus consultum Libonianum Item si servo, cui moram fecit in fideicommissaria libertate praestanda, adscripserit, dicendum est extra sententiam senatus consulti eum esse, quoniam placet omne, quod per huiusmodi servum adquisitum est, restitui oportere manumisso.

Paulus in der Einzelschrift zum libonianischen Senatsbeschluss Und auch wenn er zugunsten eines Sklaven, mit dessen fideikommissarischer Freilassung er in Verzug war, [in einem Testament] etwas hinzugeschrieben hat, ist zu entscheiden, dass er außerhalb des Anwendungsbereichs des Senatsbeschlusses bleibt, weil anerkannt ist, dass alles, was durch einen solchen Sklaven erworben worden ist, dem Freigelassenen herausgegeben werden muss.

Paulus kommentiert hier das Senatusconsultum Libonianum, das die lex Cornelia de falsis erweitert hatte.179 Durch diese Strafvorschrift wurden Testamentsschreiber bestraft, die sich selbst oder einer in ihrer Gewalt stehenden Person in einem fremden Testament eine begünstigende Verfügung zugeschrieben hatten. Paulus entscheidet, dass der Testamentsschreiber nicht bestraft wird, wenn er einem seiner Sklaven, den er schon zuvor aufgrund eines Fideikommisses eines Dritten hätte freilassen müssen, eine Verfügung zugeschrieben hat. Zur Begründung greift Paulus auf einen Rechtssatz zurück, wonach einem Sklaven das, was er zu einer Zeit erwirbt, zu der er schon hätte freigelassen sein müssen, nach Freilassung herauszugeben ist.180 Wegen dieser Regel hätte der Testamentsschreiber seinem Sklaven einen etwaigen Erwerb nach Freilassung herausgeben müssen. Daher lag in dem Zusatz zugunsten des Sklaven kein sibi adscribere mehr, das Tatbestandsvoraussetzung der Strafnorm war.181 Der Fall wurde nicht als strafwürdig angesehen, da der Testamentsschreiber sich selbst durch einen derartigen Zusatz im Testament weder direkt noch mittelbar begünstigen konnte. Um wieder auf den eingangs aufgestellten Grundsatz, dass ein als Erbe eingesetzter fremder Sklave die Erbschaft nach Freilassung selbst erwirbt, zurückzukommen: In Verbindung mit der von Paulus herangezogenen Rechtsregel, dass auch einem noch nicht freigelassenen, sondern bloß freizulassenden Sklaven ein Vgl. Mommsen, Strafrecht, S. 671; Kaser, RPR I, S. 691 Fn. 6; Santalucia, Diritto penale, S. 206. 180 Der Rechtssatz findet sich auch in Paul. 21 quaest. D. 31,84 (nam et cetera quae medio tempore adquisiit domino, dum moratur praestare libertatem, eidem restitui oportere rectissime responsum est) und Pap. 9 resp. D. 34,1,10,1. 181 Vgl. Albanese, AUPA 36 (1976) 359. 179

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Freilassung oder Veräußerung des eingesetzten Sklaven

etwaiger Erwerb herauszugeben ist, zeigt sich, dass der Rechtserwerb des Freigelassenen keine bloß formale Regel ist, sondern materiellen Gehalt hat. Hätten die Juristen den Sklaven bloß als formal Berechtigten angesehen, hätten sie es beim Erwerb durch den Herrn belassen können. Dass der Erwerb nach Freilassung an den Sklaven herauszugeben ist, zeigt jedoch, dass der Sklave auch materiell als Berechtigter angesehen wurde. Eine ähnliche materielle Berechtigung erhält der Sklave auch durch die Erbeinsetzung, sodass die Juristen nicht auf die Idee kamen, die Erbschaft bei Freilassung seinem Herrn zuzusprechen.

3.  Veräußerung des Sklaven Wird der zum Erben eingesetzte Sklave veräußert, erwirbt er seinem neuen Herrn. Allerdings sind hier zwei Punkte zusätzlich zu beachten: Zum einen muss der Neueigentümer erbfähig sein, zum anderen ist ein neues iussum erforderlich. Liegt beides vor, so lässt sich die Erbschaft durch eine derartige Veräußerung des Sklaven beliebig oft übertragen (ambulat cum dominio), was auch kaufrechtliche Probleme aufwerfen kann.

3.1  Erbfähigkeit des Neueigentümers Die Erbfähigkeit umfasst die testamenti factio und die capacitas adquirendi.182 Zwischen diesen beiden Voraussetzungen der Erbfähigkeit ist zu differenzieren. Denn die testamenti factio muss zu drei Zeitpunkten vorliegen, die capacitas dagegen nur zu einem Zeitpunkt.183 Bei Veräußerung des Sklaven gilt folglich: Die testamenti factio muss sowohl mit dem früheren Eigentümer bestehen, dem der Sklave zum Zeitpunkt der Testamentserrichtung gehörte, als auch mit dem Neueigentümer, dem der Sklave zum Zeitpunkt der Delation gehört, als auch mit einem eventuellen weiteren Neueigentümer, der zum Zeitpunkt des Erbantritts Eigentümer des Sklaven geworden ist. Die capacitas hingegen muss nur in der Person des zuletzt genannten Neueigentümers vorliegen, dem der Sklave zum Zeitpunkt des Erbantritts gehört. Weil die zugrundeliegenden Rechtsregeln schon erörtert worden sind, soll an dieser Stelle nur noch auf eine weitere Besonderheit eingegangen werden, nämlich auf den Grundsatz media tempora non nocent, der auch bei Veräußerung des eingesetzten Sklaven zur Anwendung kommt. Neben der schon diskutierten Stelle D. 28,5,51(50) pr. ist folgender Text einschlägig: 182

Siehe oben S. 26ff. Siehe oben S. 28ff.

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Veräußerung des Sklaven

D. 28,5,6,2 Ulpianus libro quarto ad Sabinum Ulpian im vierten Buch zu Sabinus Solemus dicere media tempora Man sagt, dass Zwischenzeiten nicht schanon nocere, ut puta civis Roma- den, so beispielsweise, wenn ein römischer nus heres scriptus vivo testatore Bürger zum Erben eingesetzt worden ist und factus peregrinus mox civitatem zu Lebzeiten des Erblassers das Bürgerrecht Romanam pervenit:184 media verloren, bald darauf aber wiedererlangt hat: tempora non nocent. Die Zwischenzeiten schaden nicht. servus alienus sub condicione Ein fremder Sklave ist unter einer Bedingung heres scriptus traditus est servo185 zum Erben eingesetzt, einem Erbschaftssklahereditario, mox usucaptus ab ven übergeben und bald darauf von einem extraneo: non est vitiata institu- Dritten ersessen worden: Die Erbeinsetzung tio. ist nicht unwirksam geworden. 184 185 , Ulpian erörtert den Grundsatz, dass Zwischenzeiten bei der Erbeinsetzung nicht schaden. Er nennt zwei Beispiele. Im ersten Beispiel hat der Erbe das römische Bürgerrecht verloren, sodass die testamenti factio nicht mehr bestand, es später aber wiedererlangt. Die Erbeinsetzung bleibt dann wirksam, obwohl er in der Zwischenzeit nicht erbfähig war. Für die Frage, von welchen Zeitpunkten Ulpian spricht, sind die Worte vivo testatore entscheidend: Nicht nur der Verlust des Bürgerrechts, sondern auch seine spätere Wiedererlangung fanden noch zu Lebzeiten des Erblassers statt. Anderenfalls, wenn der eingesetzte Erbe das Bürgerrecht erst nach dem Tode des Erblassers wiedererlangt hätte, wäre die Erbeinsetzung unwirksam geworden. Denn dann hätte dem Erben bei Anfall der Erbschaft (Delation) die testamenti factio gefehlt, ohne die kein Erbschaftserwerb möglich war.186 Noch etwas komplexer ist der folgende, hier besonders interessierende Fall der Erbeinsetzung und späteren Veräußerung eines Sklaven. Der Sklave wurde wirksam als servus alienus eingesetzt, gehörte zum Zeitpunkt der Testamentserrichtung also einem Dritten. Er ist dann einem Erbschaftssklaven veräußert und schließlich durch eine weitere Person ersessen worden. Auch hier sollen die Zwischenzeiten nach Ulpian nicht schaden. Es stellt sich sofort die Frage, warum die Zwischenzeit, in welcher der Sklave beim Erbschaftssklaven war, der Erbeinsetzung hätte schaden können. Denn wenn ein Erbschaftssklave eine Sache übereignet erhält, erwirbt er sie der ruhen-

Mommsen schlägt hier recuperavit vor. Wegen G. 1,28 wäre aber auch möglich, dass vor civitatem ein ad ausgefallen ist. Beides verändert den Sinngehalt nicht. 185 Die Florentina liest servus, doch ist servo hier mit S der Vorzug zu geben. 186 Dazu siehe oben S. 28ff.

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Freilassung oder Veräußerung des eingesetzten Sklaven

den Erbschaft.187 Der übergebene Sklave würde also ebenfalls ein Erbschaftssklave werden und könnte dann dieser Erbschaft wiederum die ihm ausgesetzte Erbschaft erwerben.188 Wenn Ulpian aber annimmt, die Erbeinsetzung könne dadurch unwirksam werden, so muss man davon ausgehen, dass der Sklave einem solchen Erbschaftssklaven übergeben worden ist, der zu seiner eigenen Erbschaft, also zur Erbschaft des übergebenen Sklaven selbst, gehörte.189 Nur in diesem Falle würde die Erbeinsetzung des Sklaven durch Übergabe an einen Erbschaftssklaven unwirksam werden, weil eine Erbschaft nicht sich selbst erworben werden kann. Aus der Tatsache, dass der servus hereditarius hier ein Sklave der Erbschaft ist, die dem servus institutus hinterlassen ist, folgt aber auch, dass der Erblasser zu dem Zeitpunkt, zu dem der Sklave dem Erbschaftssklaven übergeben worden ist, schon gestorben war. Damit stellt sich von Neuem die Problematik, zwischen welchen Zeitpunkten gilt: media tempora non nocent. Oben wurde die These aufgestellt, dass dieser Grundsatz nur zwischen Testamentserrichtung und Delation gilt, nicht aber zwischen Delation und Erbschaftserwerb.190 Diese These findet hier eine Bestätigung: Denn Ulpian schreibt sub condicione. Warum ist der Sklave in diesem hypothetischen Beispiel Ulpians unter einer Bedingung eingesetzt? Diese Worte hat der Jurist bewusst eingefügt, weil media tempora non nocent sonst nicht gelten würde. Denn wäre der Sklave unbedingt als Erbe eingesetzt, so wäre der Erbanfall schon bei Tod des Erblassers erfolgt, als er noch in fremder Gewalt war, also in der Gewalt seines ursprünglichen Eigentümers. Wenn der Sklave aber unter einer Bedingung eingesetzt ist, tritt die Delation erst bei Bedingungseintritt ein. Folglich konnte der Sklave vor Bedingungseintritt noch unschädlich an den Erbschaftssklaven, mit dem keine testamenti factio bestand, veräußert und später vom Dritten ersessen werden. Nun erst, nachdem er von einer Person erworben worden war, mit der wieder die testamenti factio bestand, trat die Bedingung ein, und die Delation erfolgte somit zu einem Zeitpunkt, zu dem der Sklave bereits vom Dritten ersessen worden war. Aus der Tatsache, dass Ulpian hier als Beispiel für die Anwendung seiner Regel eine bedingte Erbeinsetzung benötigt, geht die Richtigkeit der oben aufgestellten These hervor, dass media tempora nur zwischen

187

Vgl. Iul. 13 dig. D. 44,7,16: servus hereditarius ... per traditionem accipiendo proprietatem hereditati adquirit...; ders. 40 dig. D. 36,1,28(27),1; Ulp. 4 disp. D. 41,1,33,2; Voci, DER I, S. 522ff. 188 Vgl. Iul. 40 dig. D. 36,1,28(27),1: si servum hereditarium heres ... iussisset adire hereditatem ab alio eidem servo relictam...; Herm. 6 iur. epit. D. 41,1,61 pr.; siehe auch Buckland, Slavery, S. 257; Voci, DER I, S. 533. 189 So richtig Scialoja, DER, S. 248. Die übrigen Autoren erwähnen die Problematik nicht, vgl. Buckland, Slavery, S. 138; Voci, DER I, S. 412 Fn. 51. 190 S. 31f.

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Veräußerung des Sklaven

Testamentserrichtung und Delation nicht schaden, nach der Delation und vor Erbschaftserwerb aber sehr wohl. Zusammenfassend lässt sich damit sagen, dass der als Erbe eingesetzte Sklave zu Lebzeiten des Erblassers an beliebige Personen veräußert werden kann, sich aber zum Zeitpunkt des Erbanfalls im Eigentum einer Person befinden muss, mit der die testamenti factio besteht. Die capacitas schließlich muss in der Person desjenigen Eigentümers vorliegen, dem der Sklave zum Zeitpunkt des Erbschaftserwerbs, also des Erbantritts, gehört. Dies geht indirekt schon aus dem oben191 diskutierten Fragment D. 29,2,82 hervor. Zu welchen Konsequenzen die ausschließliche Berücksichtigung dieses Zeitpunkts führen kann, zeigt sich im Vermächtnisrecht: D. 33,1,11 Paulus libro vicesimo primo quaestionum Cum in annos singulos legatur, plura legata esse placet et per singula legata ius capiendi inspicietur. idem in servo inspiciendum est ex persona dominorum.

Paulus im 21. Buch der Rechtsfragen Wenn ein Vermächtnis in Jahresleistungen ausgesetzt ist, dann handelt es sich anerkannterweise um mehrere Vermächtnisse und das Erwerbsrecht bestimmt sich getrennt für die einzelnen Vermächtnisse. Bei einem Sklaven ist dieses [das Erwerbsrecht] nach der Person der Eigentümer zu bestimmen.

Im vorliegenden Fall wurde ein Vermächtnis hinterlassen, das in jährlich zu entrichtenden Leistungen besteht. Dies ist, so Paulus, als eine Vielzahl von Vermächtnissen zu beurteilen.192 Das ius capiendi, also das Recht auf den Erwerb, werde folglich für jedes Legat einzeln bestimmt, also jedes Jahr aufs Neue ermittelt.193 Aus dem technischen Sprachgebrauch (capere) geht hervor, dass es hier um die Erwerbsfähigkeit geht.194 Diese kann sich im zeitlichen Verlauf ändern. Wenn der Legatar also beispielsweise nach Ablauf einiger Jahre heiratet, kann er nun die Hälfte der folgenden Jahreszahlungen erhalten, auch wenn die Zahlungen der Vorjahre kaduziert sind. Eine unterschiedliche Beurteilung des Erwerbsrecht für einzelne Jahre kann sich aber nicht nur dann ergeben, wenn sich die Erwerbsfähigkeit des Legatars 191

S. 33. Diese Regel geht auf Sabinus zurück, vgl. Paul. 62 ad ed. D. 33,1,4, dazu Knütel, SZ 119 (2002) 356. 193 Vgl. auch den Paralleltext Ulp. 4 ad leg. Iul. et Pap. D. 36,2,23, dazu unten S. 123ff. 194 So auch in Gai. 12 ad leg. Iul. et Pap. D. 33,1,55,1 (ein servus hereditarius ist zunächst voll erwerbsfähig, doch wird auf den Erben abgestellt, wenn der Erbantritt erfolgt ist). 192

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Freilassung oder Veräußerung des eingesetzten Sklaven

selbst ändert, sondern auch dann, wenn der Legatar ein Sklave ist und durch die Hände verschiedener Eigentümer „wandert“. Dann kann es vorkommen, dass er manchen Eigentümern die Jahresleistung erwirbt und anderen, nicht erwerbsfähigen Eigentümern dagegen nicht. Es zeigt sich, dass das ius capiendi, anders als die testamenti factio, nur im Erwerbszeitpunkt selbst von Bedeutung ist.

3.2  Iussum des Neueigentümers Neben der Erwerbsfähigkeit muss eine zweite Voraussetzung vom Neueigentümer erfüllt werden. Er muss dem erworbenen Sklaven ein neues iussum erteilen, damit dieser für ihn die Erbschaft antreten kann: D. 29,2,62,1 Iavolenus libro primo ex posterioribus Labeonis Si servus heres institutus post iussum domini, antequam adiret, alienatus esset, novum iussum posterioris domini, non iussum prioris exigitur.

Javolen im ersten Buch aus den hinterlassenen Schriften Labeos Wenn der zum Erben eingesetzte Sklave, nachdem ihn sein Herr angewiesen hatte, die Erbschaft anzutreten, aber bevor er sie angetreten hatte, veräußert worden ist, so ist eine neue Anweisung des späteren Eigentümers erforderlich, nicht die Anweisung des früheren Eigentümers.

Das alte iussum kann für den Neueigentümer keine Wirkung mehr haben. Denn wenn der Erwerb nun für den Neueigentümer erfolgt, muss er selbst die Möglichkeit haben, zu entscheiden, ob er die Erbschaft erlangen möchte oder nicht. Er kann nämlich hinsichtlich der Frage, ob die Erbschaft überschuldet ist, anderer Meinung sein als der Alteigentümer und muss dem Sklaven daher ein neues iussum erteilen. Nach Erteilung dieses iussum durch den Neueigentümer muss der Sklave die Erbschaft antreten. Hat er dies vorher schon getan, ist dieser Antritt mangels iussum unwirksam, denn ein iussum geht der Erbantretung notwendigerweise voran.195 Beim Erwerb der bonorum possessio genügt allerdings auch eine nachträgliche Genehmigung.196 Hier bestünde daher theoretisch die Möglichkeit, dass der Sklave die bonorum possessio noch vor der Veräußerung für den Alteigentümer beantragt und dieser dann nach der Veräußerung seine ratihabitio erteilt. Zwar ist dieser Fall nicht überliefert, doch muss man annehmen, dass dann eine Erteilung an den Alteigentümer mangels Berechtigung und eine Erteilung an den Neuei195

Dazu oben S. 35ff. Dazu oben S. 63.

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Veräußerung des Sklaven

gentümer mangels Zustimmung nicht erfolgen würde. Eine ratihabitio könnte der Neueigentümer nicht erteilen, weil die bonorum possessio nicht für ihn beantragt worden war. Also wäre in diesem Fall sowohl ein neuer Antrag beim Prätor als auch eine neue Zustimmung durch den Neueigentümer erforderlich.

3.3  Die Rechtsregel ambulat cum dominio Der Erwerb der bonorum possessio bei Veräußerung eines zum Erben eingesetzten Sklaven ist deswegen interessant, weil ein Text aus dem Bereich der bonorum possessio überliefert ist, der den Gedanken der Weiterleitung der Erbenberufung auf den Neueigentümer sehr deutlich zum Ausdruck bringt und daher als Kernstück des Übertragungsphänomens angesehen werden kann:197 D. 37,11,2,9 Ulpianus libro quadragensimo primo ad edictum Si servus heres scriptus sit, ei domino defertur bonorum possessio, ad quem hereditas pertinebit: ambulat enim cum dominio bonorum possessio. quare si mortis tempore Stichus heres institutus fuit servus Sempronii nec Sempronius eum iussit adire, sed vel decessit vel etiam eum alienavit et coepit esse Septicii: evenit, ut, si Septicius eum iusserit, Septicio deferatur bonorum possessio: ad hunc enim hereditas pertinet. unde si per multos dominos transierit servus tres vel plures, novissimo dabimus bonorum possessionem.

Ulpian im 41. Buch zum Edikt Wenn ein Sklave zum Erben eingesetzt ist, fällt die bonorum possessio demjenigen Herrn an, dem die Erbschaft zustehen wird: Denn mit dem Eigentum [am Sklaven] wandert die bonorum possessio. Wenn also Stichus, der zum Erben eingesetzt ist, zum Zeitpunkt des Todes [des Erblassers] ein Sklave des Sempronius war, aber Sempronius ihn nicht anwies, die Erbschaft anzutreten, sondern entweder verstarb oder ihn veräußerte, sodass er von nun an dem Septicius gehört, dann fällt dem Septicius dadurch, dass er ihn anweist, anzutreten, die bonorum possessio an: Denn ihm steht die Erbschaft zu. Und wenn der Sklave folglich durch die Hände vieler Eigentümer gegangen ist, dreier oder mehrerer, wird die bonorum possessio dem letzten Eigentümer erteilt.

Ulpian stellt hier die Regel auf: bonorum possessio ambulat cum dominio. Die bonorum possessio geht also immer auf denjenigen über, der das Eigentum am Zum Text Wimmer, SZ 121 (2004) 384; Leist, in: Glück, Serie der Bände 37/38, Bd. 4, S. 280f.

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Freilassung oder Veräußerung des eingesetzten Sklaven

Sklaven erwirbt.198 Diese Regel begründet er dann ausführlich anhand eines Beispiels, wobei er klar macht, dass es unerheblich ist, ob der Sklave nur einmalig oder mehrfach weiterveräußert wird.199 Die Regel bezieht sich aber nicht nur auf die bonorum possessio, sondern auch und gerade auf die Erbschaft.200 Wie aus ad hunc enim hereditas pertinet hervorgeht, ist der Erwerb der bonorum possessio secundum tabulas nur der Annex zum Erwerb der Erbschaft. Ulpian zeigt hier also, dass sich die Regel, dass der Sklave die Erbenberufung auf jeden künftigen Eigentümer überträgt, beliebig fortsetzen lässt. Welche Konsequenzen diese Tatsache für die historische Bewertung der Zwecke der Erbeinsetzung von Sklaven hat, ist Gegenstand des 14. Kapitels.201 Aus der Sicht des Erblassers bedeutet diese Regel, dass er sich bei Testamentserrichtung nicht sicher sein kann, wer seine Erbschaft erhält. Der eingesetzte Sklave konnte vor oder nach seinem Tod an beliebige Dritte veräußert werden, sodass seine Erbschaft an diese ging. Wollte der Erblasser diese Konsequenz vermeiden, so blieb es ihm nur möglich, mit Bedingungen zu arbeiten, wie zum Beispiel im folgenden Fall: D. 35,1,42 Africanus libro secundo quaestionum Filio familias legatum est sub hac condicione ‘si in potestate patris mansisset’: magis patri legatum videri ait et patrem suo nomine legatum petere. idem iuris esse et si servo similiter legetur: argumentum rei est, quod et si cibaria servis Titii legentur, procul dubio domini est, non servorum legatum.

Afrikan im zweiten Buch der Rechtsfragen Einem Haussohn ist ein Vermächtnis unter der Bedingung ausgesetzt worden, „wenn er in der Gewalt seines Vaters bleibt“. Er [Julian] sagt, dass mehr für ein Vermächtnis zugunsten des Vaters spreche und der Vater das Vermächtnis in eigenem Namen einklagen könne. Gleichermaßen verhalte es sich, wenn einem Sklaven etwas auf ähnliche Art und Weise vermacht werde. Die Begründung dafür ist, dass auch dann, wenn den Sklaven des Titius Nahrungsmittel vermacht sind, das Vermächtnis ohne Zweifel dem Herrn zusteht, nicht den Sklaven.

Solazzi, DER II, S. 84f., hält den Ausdruck für unklassisch: Er sei bloß fantasievoll und anschaulich für die Adressaten. Doch kann Ulpian ihn ja gerade deshalb gewählt haben, genau wie Gaius 4 ad ed. prov. D. 4,4,15 (emptio ambulaverit). 199 Mommsen streicht tres vel plures, vgl. ed. maior ad h.l., allerdings ist dies keine Änderung in der Sache. 200 So auch Majansius, Disputationes, Bd. 1, S. 478. 201 Unten S. 289ff. 198

Veräußerung des Sklaven

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Vermächtnisnehmer ist hier ein Haussohn. Auch bei Hauskindern galt die Regel, dass sie selbst die Berufenen waren, sodass das Vermächtnis auf eine andere Person übertragen werden konnte, wenn das Kind von dieser adoptiert wurde. Entließ der Vater das Kind aus seiner Gewalt, so erwarb das Kind für sich selbst. Diese Konsequenzen hat der Erblasser hier verhindert, indem er das Vermächtnis unter der Bedingung aussetzte, dass der Sohn in der Gewalt seines Vaters verbleibt.202 Auf diese Weise ist sichergestellt, dass das Vermächtnis in jedem Falle dem Vater erworben wird, oder ansonsten beim Erben verbleibt. Der Jurist betrachtet ein derartiges Vermächtnis deswegen nicht mehr als Verfügung zugunsten des Kindes, sondern von vornherein als ein Vermächtnis zugunsten des Vaters. Daraus ergibt sich die Entscheidung der hier einschlägigen prozessualen Frage: Der Vater klagt das Vermächtnis suo nomine ein, nicht nomine filii. Julian hat weiterhin den Fall des bedachten Sklaven angeführt. Hier verhalte es sich genauso, sodass ein Vermächtnis von Nahrungsmitteln zugunsten „der Sklaven des Titius“ in Wahrheit ein Vermächtnis zugunsten des Titius selbst sei. Primär ist die vorliegende Entscheidung Julians nur ein Aspekt der Testamentsauslegung. Der Wille des Erblassers ist für die Bestimmung der Person des Vermächtnisnehmers entscheidend, unabhängig davon, welche Worte er gewählt hat. Sogar wenn er den Vermächtnisnehmer namentlich bezeichnet hat (den filius familias), ist der hinter der Bedingung stehende Wille, das Vermächtnis ausschließlich dessen Vater zukommen zu lassen, für die Bestimmung der Person des Vermächtnisnehmers entscheidend.203 Aber auch wenn eine solche Bedingung nicht erklärt ist, kann sich aus anderen Umständen ergeben, dass der Vermächtnisnehmer nicht die direkt bezeichnete Person ist. Denn die Sklaven des Titius waren an sich Vermächtnisnehmer, allerdings ergibt sich aus dem Vermächtnisgegenstand, dass der Herr begünstigt ist: Denn das Vermächtnis von cibaria an Sklaven kommt ausschließlich dem Herrn zugute, der ansonsten selbst für die Ernährung seiner Sklaven sorgen müsste. So aber sind die Kosten dafür aus der Erbmasse zu leisten – nach Cujaz so lange, wie Titius lebt.204 Sekundär ergibt sich aus der Entscheidung aber auch, dass nur besondere Umstände den Grundsatz ambulat cum dominio ausschließen konnten. Im Regelfall ging man davon aus, dass der Erblasser mit der Erbeinsetzung eines Sklaven diesem die Erbschaft oder das Vermächtnis auch bei einer etwaigen Veräußerung belassen wollte. Nur wenn der Wille des Erblassers tatsächlich einer etwaigen Übertragung der Erbschaft oder des Vermächtnisses entgegenstand, wurde diese ausgeschlossen. Dies wird bei bedingter Erbeinsetzung am deutlichsten: Wenn 202

Zur umgekehrten Bedingung si a patre emancipatus esset vgl. unten Fn. 487. Voci, DER II, S. 820, spricht deswegen von einer „disposizione indiretta“. Vgl. auch Mandry, Familiengüterrecht, Bd. 1, S. 99. 204 Cuiacius, Tractatus ad Africanum II., ad h.l. (Opera, Bd. 2, Sp. 394). 203

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Freilassung oder Veräußerung des eingesetzten Sklaven

der Testator schrieb: si in potestate domini mansisset, dann verlor der Sklave bei Veräußerung die Erbschaft. Diese Form der bedingten Erbeinsetzung konnte aber nicht nur bei fremden Sklaven Anwendung finden, sondern auch bei eigenen Sklaven des Erblassers: D. 28,5,52(51),1 Marcianus libro tertio regularum Si quis ita scripserit: ‘Stichus, si meus erit cum morior, liber et heres esto’, alienatus non poterit iussu emptoris adire hereditatem, quamvis, etsi non erat hoc expressum, non alias liber et heres fieri poterat, quam si mansisset eius.

sed si vivus eum manumiserit, Celsus libro quinto decimo digestorum scribit fieri hunc heredem: non enim hunc casum testatorem voluisse excludere palam est neque verba omnino repugnant: nam quamvis servus eius non est, at certe libertus est.

Marcian im dritten Buch der Rechtsregeln Wenn jemand folgendermaßen verfügt hat: „Stichus gebe ich die Freiheit und setze ihn zum Erben ein, wenn er mir im Zeitpunkt meines Todes gehört“, dann kann er, wenn er veräußert worden ist, nicht auf Anweisung des Käufers die Erbschaft antreten, obwohl er, auch wenn dies nicht erklärt worden wäre, nur dann hätte frei und Erbe werden können, wenn er in seinem [des Erblassers] Eigentum geblieben wäre. Aber wenn er ihn zu seinen Lebzeiten freigelassen hat, dann werde er Erbe, wie Celsus im 15. Buch seiner Digesten schreibt. Es ist nämlich ganz klar, dass der Erblasser diesen Fall nicht ausschließen wollte, und auch der Wortlaut steht in keiner Weise entgegen: Denn obgleich er nicht sein Sklave ist, so ist er doch sein Freigelassener.

Der Erblasser hat einem eigenen Sklaven testamentarisch die Freiheit erteilt und ihn zum Erben eingesetzt, allerdings unter der Bedingung, dass er zum Zeitpunkt seines Todes noch ihm gehöre. Auch in diesem Fall wird die Weitergabe der Delation durch Veräußerung des Sklaven ausgeschlossen. Wie Marcian ausdrücklich sagt, erwirbt er die Erbschaft nicht dem Käufer, weil die Bedingung nicht eintritt. Anders verhält es sich nur im Falle der Freilassung: Der Sklave behält die Erbschaft, wenn er noch vom Erblasser freigelassen worden ist. Der Erblasser hat der Wirkung des Testaments dann durch die Freilassung schon vorgegriffen, sodass sich mit seinem Tode nur noch die zweite Verfügung realisiert. Abgesehen von diesem Sonderfall gilt aber, dass der Erblasser durch eine bedingte Einsetzung die Wirkung der Rechtsregel ambulat cum dominio ausschließen konnte.

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Fristanrechnung

4. Fristanrechnung Wenn der veräußerte Sklave dem Neueigentümer die Erbschaft erwerben soll, muss er von der Delation Gebrauch machen und die Erbschaft innerhalb der testamentarischen Frist antreten. Weil die Frist in der Person des Sklaven selbst läuft,205 hat die Veräußerung allerdings auf den Fristablauf keinen Einfluss. Sind von der Hunderttagesfrist also etwa schon 99 Tage verstrichen und wird der Sklave dann veräußert, so bleibt dem Neueigentümer nur noch ein Tag, um den Antritt zu befehlen und den Sklaven antreten zu lassen. Diese Rechtslage bei der hereditas übertragen die Juristen auch auf die bonorum possessio: D. 38,15,5,2 Marcellus libro nono digestorum Si servus alienus heres institutus venisset, quaeritur, an posteriori domino dies bonorum possessionis petendae imputari oporteret. et placet, quantum priori domino superfuerit, ei imputari.

Marcellus im neunten Buch seiner Digesten Wenn ein zum Erben eingesetzter fremder Sklave zum Nachlass berufen ist, stellt sich die Frage, ob dem späteren Eigentümer die Frist für die Beantragung der bonorum possessio angerechnet werden muss. Und ich meine, dass ihm so viel angerechnet werden muss, wie dem früheren Eigentümer übriggeblieben war.

Bei Veräußerung des zum Erben eingesetzten Sklaven läuft somit keine neue Antrittsfrist. Vielmehr muss der Neueigentümer innerhalb der schon begonnenen Frist die bonorum possessio beantragen. Dies ist eine Konsequenz aus der persönlichen Berufung des Sklaven. Für den Käufer stellt es auch keine unvorhergesehene Härte dar, da sich die Parteien beim Verkauf eines Sklaven über den Anfall der Erbschaft ausgetauscht haben werden, schließlich erfolgte der Verkauf oft gerade zum Zweck der Übertragung der Erbschaft.206

5.  Verzahnung von Erbrecht und Kaufrecht Aus den bisherigen Ergebnissen zur Rechtslage bei Veräußerung des eingesetzten Sklaven lässt sich ersehen, dass der Erwerb der Erbschaft streng nach den Prin205

Siehe oben S. 36. Dazu näher unten S. 289ff.

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Freilassung oder Veräußerung des eingesetzten Sklaven

zipien des Sklavenerwerbs vonstatten geht: Es erwirbt immer derjenige, der den Sklaven zum Zeitpunkt des Erbantritts in seinem Eigentum hat.207 Mit diesem Grundsatz, dass der Erwerb des Gewaltunterworfenen seinem Herrn zusteht, kann das Kaufrecht aber bisweilen in Konflikt treten. Mit anderen Worten: Die sachenrechtliche Zuordnung kann auf schuldrechtlicher Ebene zu korrigieren sein. Dies ist der Fall, wenn der Erwerb der Erbschaft zwischen dem Abschluss des Kaufvertrags und der Eigentumsübertragung erfolgt. Denn solange der Verkäufer noch Eigentümer ist, erwirbt er die Erbschaft, obwohl kaufrechtlich gilt, dass aller Erwerb während dieses Zeitraums dem Käufer gebührt.208

5.1  Kaufrechtliche Haftung bei Erbeinsetzung durch Dritte Die Zuweisung der Kaufsache zum Vermögen des Käufers wird zunächst dann relevant, wenn der verkaufte Sklave von einem Dritten zum Erben eingesetzt worden ist. D. 19,1,13,18 Ulpianus libro trigesimo secundo ad edictum Si quid servo distracto venditor donavit ante traditionem, hoc quoque restitui debet: hereditates quoque per servum adquisitae et legata omnia, nec distinguendum, cuius respectu ista sint relicta. ...

Ulpian im 32. Buch zum Edikt Wenn der Verkäufer dem verkauften Sklaven etwas vor der Übergabe geschenkt hat, muss auch dies herausgegeben werden. Ebenso die durch den Sklaven erworbenen Erbschaften und sämtliche Vermächtnisse, ohne danach zu unterscheiden, im Hinblick auf welche Person sie ausgesetzt worden sind. ...

Lässt man den ersten Satz des Fragments zunächst beiseite, ist der Sinn ganz klar: Der Verkäufer schuldet die Herausgabe der Erbschaften und Vermächtnisse, die dem Sklaven nach Abschluss des Kaufs und vor der Übergabe angefallen sind. Bedeutsam ist der Zusatz nec distinguendum cuius respectu ista sint

Zur rigorosen Anwendung dieses Grundsatzes auch Buckland, Slavery, S. 43. Nach der Regel commodum eius esse debet, cuius periculum est, I. 3,23,3 a.E.; Paul. 3 ad Sab. D. 50,17,10; Paul. 5 ad Sab. D. 18,6,7 pr.; dazu van den Bergh, in: Festschrift Scheltema, S. 25ff.; Pennitz, Periculum rei venditae, S. 145ff.

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relicta: Wie später noch eingehender zu untersuchen ist,209 konnte der Erblasser bei der Erbeinsetzung eines Sklaven eine Zweckbestimmung erklären, also zum Ausdruck bringen, zu wessen Gunsten er den Sklaven als Erben einsetzt. In bestimmten Fällen war diese Zweckbestimmung von rechtlicher Bedeutung. Im vorliegenden Kontext ist es jedoch unerheblich, ob der Sklave im Hinblick auf den Verkäufer zum Erben eingesetzt worden ist: Weil der Käufer diese Erbschaft auch dann erlangt hätte, wenn der Sklave unmittelbar beim Kauf übergeben worden wäre, steht sie ihm unabhängig von der Zweckbestimmung des Erblassers zu.210 Schwierigkeiten wirft der erste Satz auf, der nicht eine Zuwendung durch Dritte, sondern durch den Verkäufer selbst betrifft. Schenkt dieser dem Sklaven vor Übergabe etwas, muss er es ebenfalls dem Käufer herausgeben. Problematisch ist dies, weil der Verkäufer durch eine solche Schenkung nicht bereichert worden ist, sondern das Geschenk quasi sich selbst gemacht hat. Salkowski hält den Text daher für korrumpiert und nimmt an, ein Dritter habe das Geschenk gemacht.211 Allerdings spricht nichts gegen eine Echtheit des Textes: Auch die Erbschaften und Vermächtnisse werden zunächst vom Verkäufer erworben. Genauso muss er die Schenkung, die zunächst in seinem Vermögen geblieben ist, an den Käufer herausgeben. Dass sie aus seinem Vermögen stammt, steht der Herausgabe nicht entgegen,212 da er durch das Geschenk an einen schon verkauften Sklaven zum Ausdruck gebracht hat, die Schenkung dem Sklaven auch nach Übergabe an den Käufer belassen zu wollen. Genauso wie der Verkäufer eine Erbschaft herausgeben muss, die dem Sklaven vor Übergabe zugekommen ist, muss der Käufer eine ihm erworbene Erbschaft erstatten, wenn er den Sklaven wegen Sachmangels zurückgibt. Denn Ziel der actio redhibitoria ist es, den Kauf vollständig rückabzuwickeln.213 Wäre der Sklave nicht verkauft worden, so wäre die Erbschaft dem Verkäufer zugefallen.

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S. 212ff. Vgl. auch Bechmann, Kauf, Bd. 3/1, S. 97 Fn. 2. 211 Salkowski, Sklavenerwerb, S. 173 Fn. 8. Zum Fragment vgl. auch Pennitz, Periculum rei venditae, S. 168, der das Problem aber nicht sieht. 212 So aber Salkowski, Sklavenerwerb, S. 172 Fn. 8, unter Hinweis auf Ulp. 32 ad ed. D. 19,1,13,13: non tamen si quid ex re venditoris. 213 Vgl. Ulp. (Iul.) 1 ad ed. aed. cur. D. 21,1,23,7; Monier, Garantie contre les vices, S. 73; Impallomeni, Editto, S. 147, 154ff.; Medicus, Id quod interest, S. 121. 210

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D. 21,1,23,9 Ulpianus libro primo ad edictum aedilium curulium Cum redhibetur mancipium, si quid ad emptorem pervenit vel culpa eius non pervenit, restitui oportet. ... item si legatum vel hereditas servo obvenerit. neque refert, potuerit haec consequi venditor an non potuerit, si servum non vendidisset: ponamus enim talem esse, qui capere aliquid ex testamento non potuerat: nihil haec res nocebit. Pedius quidem etiam illud non putat esse spectandum, cuius contemplatione testator servum heredem scripserit vel ei legaverit, quia et si venditio remansisset,214 nihil haec res emptori proderat: et per contrarium, inquit, si contemplatione venditoris institutus proponeretur, tamen diceremus restituere emptorem non debere venditori, si nollet eum redhibere. 214

Ulpian im ersten Buch zum Edikt der kurulischen Ädilen Wenn ein Sklave zurückgegeben wird, dann muss auch das erstattet werden, was der Käufer erworben hat oder schuldhaft zu erwerben unterließ. ... Genauso, wenn dem Sklaven ein Vermächtnis oder eine Erbschaft zugekommen ist. Dabei ist es unerheblich, ob der Verkäufer, wenn er den Sklaven nicht verkauft hätte, diese hätte erlangen können, oder nicht. Denn nehmen wir etwa an, er wäre eine Person, die aus Testamenten nichts erwerben konnte: Dies wird in keiner Weise schaden. Pedius nimmt nun aber an, dass man auch darauf nicht abstellen dürfe, im Hinblick auf welche Person der Erblasser den Sklaven zum Erben eingesetzt oder ihm ein Vermächtnis ausgesetzt hat, denn auch wenn der Sklave beim Verkäufer verblieben wäre, hätte dieser Umstand dem Käufer nicht genützt. Und er sagt, dass auch im umgekehrten Falle, wenn also vorgebracht würde, er sei im Hinblick auf den Verkäufer zum Erben eingesetzt worden, man dennoch sagen würde, dass der Käufer dem Verkäufer nichts erstatten müsse, wenn er den Sklaven nicht zurückgeben wolle.

Ulpian stellt zunächst den Grundsatz auf, dass der Käufer zur Erstattung von Erbschaften und Legaten verpflichtet ist, die er während der Zeit, in der der Sklave bei ihm war, durch diesen erworben hat. Dies ergibt sich aus dem Rückabwicklungsgedanken der actio redhibitoria. Wie Mader aber zu Recht betont, lässt sich der folgende Text neque refert rell. damit nicht begründen.215 Denn Ulpian216 ergänzt, dass es unerheblich ist, ob der Verkäufer die Erbschaft hätte erlangen können. Statt venditio remansisset liest Budaeus venditoris mansisset, vgl. die ed. maior ad h.l., was den Sachverhalt noch deutlicher zum Ausdruck bringt. 215 Mader, SZ 101 (1984) 206, 218. 216 Donadio, Tutela del compratore, S. 288 Fn. 84, schreibt die Erörterung dieses Aspekts fälschlicherweise schon Pedius zu. Pedius diskutiert jedoch nur die Frage der Zweck-

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Wenn der Verkäufer also erwerbsunfähig (incapax) ist und die Erbschaft daher selbst nicht erworben hätte,217 muss der (erwerbsfähige) Käufer sie ihm dennoch herausgeben. Der Entscheidung liegt folglich nicht der Rückabwicklungsgedanke, sondern der Gedanke des Bereicherungsverbots zugrunde.218 Wie sich im Folgenden noch zeigen wird, wurden von den römischen Juristen beide Rechtsgedanken herangezogen, und es bestanden auch Meinungsverschiedenheiten darüber, was im Einzelfall den Ausschlag geben sollte.219 Besonders interessant ist weiterhin, dass Ulpian auch hier die Zwecksetzung durch den Erblasser erwähnt, also die Frage, ob der Sklave im Hinblick auf den Käufer oder im Hinblick auf den Verkäufer zum Erben eingesetzt worden ist. Diese Zwecksetzung wird bei der Frage, ob der Sklave für sich selbst erwerben kann, noch besondere Bedeutung erlangen.220 Hier diskutiert Pedius die Zwecksetzung aber für die Frage der kaufrechtlichen Rückabwicklung des Erbschaftserwerbs. Pedius geht dabei von dem Sachverhalt aus, dass der Käufer sich weigert, die Erbschaft an den Verkäufer herauszugeben, und dies damit begründet, dass der Erblasser den Sklaven im Hinblick auf ihn, den Käufer, zum Erben eingesetzt habe. Eine solche Erbeinsetzung respectu emptoris nützt dem Käufer aber nach Pedius nicht. Dafür führt der Jurist zwei Argumente an: Zum einen käme dem Käufer auch dann die Erbschaft nicht zu, wenn der Sklave beim Verkäufer verblieben wäre. Dieses Argument ist freilich nur für den Fall richtig, dass gar kein Verkauf stattgefunden hat, da der Verkäufer ansonsten, wie soeben gesehen, sowohl die Übergabe des Sklaven als auch die Herausgabe der Erbschaft geschuldet hätte. Daher ist das Argument nur von geringer Überzeugungskraft, denn wenn es zwischen den Parteien überhaupt nicht zu einem Kauf gekommen ist, dann ist ohnehin nicht ersichtlich, aus welchem Grunde eine solche Zweckbestimmung, die zugunsten einer beliebigen dritten Person erfolgt ist, Wirkung haben sollte. Dagegen ist Pedius’ zweites Argument von größerem Gewicht: Wenn der Sklave respectu venditoris zum Erben eingesetzt ist, der Käufer aber von seinem Rückgaberecht keinen Gebrauch macht, dann nützt dem Verkäufer diese Erbeinsetzung ebenfalls nicht und der Käufer darf die Erbschaft für sich behalten. Hier zeigt Pedius, dass auch bei Vorliegen einer vertraglichen Verbindung zwischen den Parteien nicht auf die Zweckbestimmung Rücksicht genommen wird.

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bestimmung durch den Erblasser. Die Frage der Erwerbsfähigkeit des Verkäufers beschäftigt nur Ulpian. Zur Erwerbsfähigkeit siehe oben S. 32ff. Vgl. Mader, SZ 101 (1984) 218; Medicus, Id quod interest, S. 122. Siehe sogleich S. 84ff. Siehe unten S. 212ff.

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Der Fall zeigt zwei wesentliche Grundsätze für das Sklavenerbrecht auf: Zum einen wird deutlich, dass eine Zweckbestimmung durch den Erblasser bei Erbeinsetzung eines Sklaven im kaufrechtlichen Zusammenhang keine Relevanz hat. Dass die Juristen diese Frage überhaupt aufwerfen, liegt darin begründet, dass eine solche Zwecksetzung in anderem Kontext beachtlich ist.221 Zum anderen zeigt der Fall die Wertungen auf, die beim Verkauf des eingesetzten Sklaven gelten: Es sind nur die sachenrechtliche Ausgangslage und deren kaufrechtliche Modifikationen zu berücksichtigen. Demnach erwirbt zunächst immer nach formalen Grundsätzen derjenige, in dessen Eigentum der Sklave bei Erbantritt steht. In einem zweiten Schritt kann aber eine schuldrechtliche Zuweisung des Sklavenerwerbs an die andere Partei relevant werden: Erwirbt der Verkäufer vor Übergabe, so muss er die Erbschaft dem Käufer wegen des kaufrechtlichen Grundsatzes, dass der Erwerb in dieser Zeit dem Käufer gebührt, herausgeben. Erwirbt der Käufer nach der Übergabe, muss er dem Verkäufer die Erbschaft herausgeben, wenn eine Rückabwicklung des Vertrags wegen Sachmangels stattfindet.

5.2  Kaufrechtliche Haftung bei Erbeinsetzung durch den Käufer Eine besonders gelagerte Konstellation tritt dann auf, wenn der Sklave nicht von einem beliebigen Dritten, sondern vom Käufer selbst zum Erben eingesetzt worden ist. Der einfache Grundsatz „Erwerb nach Erbrecht, Erstattung nach Kaufrecht“ erhält hier eine besondere Komplexität. D. 28,5,38,5 Iulianus libro trigesimo digestorum Cum venditor servum ante traditionem ab emptore pro parte heredem scriptum adire iubet, restituere coheredi servi necesse habet, quia lucrum facere eius servi iure quem vendidit non debet. plane non totum quod adquisierit restituet, sed pro ea dumtaxat parte, qua servus coheredem habuerit,

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Ausführlich unten S. 212ff.

Julian im 30. Buch der Digesten Wenn der Verkäufer einem Sklaven, der vor der Übergabe vom Käufer zu einem Teil als Erbe eingesetzt worden ist, die Anweisung zum Antritt der Erbschaft gibt, so ist er dem Miterben des Sklaven zur Herausgabe verpflichtet, weil er aus dem Recht an dem Sklaven, den er verkauft hat, keinen Gewinn ziehen darf. Allerdings muss er nicht alles herausgeben, was er erworben hat, sondern nur zu dem Teil, zu dem der Sklave einen Miterben hatte,

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D. 28,5,39 Marcianus libro secundo regularum id est partem dimidiam servi et quartam hereditatis.

Marcian im zweiten Buch der Rechtsregeln das heißt, die Hälfte des Sklaven und ein Viertel der Erbschaft.

D. 28,5,40 Libro trigesimo digestorum Iuliani Marcellus notat: immo et id debet praestari, quod consequi venditor non potuisset, si prius, quam adiret servus partem hereditatis, is traditus esset: quod est verum.

Im 30. Buch der Digesten Julians merkt Marcellus an: Es muss vielmehr auch das geleistet werden, was der Verkäufer nicht hätte erlangen können, wenn der Sklave vor Antritt des Erbteils übergeben worden wäre. Diese Ansicht ist richtig.

Diese Vierpersonenkonstellation stammt aus den Digesten Julians, der im dreißigsten Buch zahlreiche Fälle aus dem Sklavenerbrecht behandelt. Marcellus hat dem Text eine Note angefügt, in der er eine von Julian abweichende Lösung vertritt.222 Die Kompilatoren haben dazwischen noch eine erläuternde Anmerkung Marcians eingefügt. Von ihnen stammt wahrscheinlich auch das quod est verum.223 Der Fall wirft eine erbrechtliche und zwei kaufrechtliche Fragen auf, die zum richtigen Verständnis der drei Fragmente voneinander unterschieden werden müssen:

(1) Erbrechtliche Frage: Wer erwirbt zunächst die Erbschaft? Der Sklave, der vom Käufer zum Erben eingesetzt worden war, befand sich noch im Eigentum des Verkäufers, als der Käufer starb. Die Erbschaft des Käufers fiel damit zum Teil dem Sklaven selbst und zum anderen Teil dem Miterben des Sklaven an. Danach hatte der Verkäufer dem Sklaven das iussum zum Erbantritt gegeben und der Sklave hatte die Erbschaft auch angetreten (dies muss man unterstel Was er nicht selten tat, vgl. Rastätter, Marcelli notae, S. 168ff. Denkbar ist auch, dass es von Marcian stammt, wenn man den Marcellus-Text als Bestandteil der Schrift Marcians liest, so das Schriftbild der Florentina (fol. 408 v.) und die Ausgabe von Gebauer/Spangenberg, S. 504. Ebenso Huschke, Zeitschrift für Civilrecht und Prozeß 15 (1841) 237, 294 Fn. 1, und Pennitz, Periculum rei venditae, S. 170 Fn. 103, 172. Wie hier aber Rastätter, Marcelli notae, S. 192 Fn. 96. Gegen ein Marcellus-Zitat bei Marcian spricht auch, dass Marcian nicht libro trigesimo digestorum Iuliani hätte sagen müssen, weil sich aus seiner eigenen Anmerkung schon ergibt, um welchen Text Julians es hier geht.

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len). Somit hatte der Sklave dem Verkäufer den gesamten ihm angefallenen Erbteil erworben. Den anderen Erbteil hat der Miterbe angetreten. Zur Erbschaft gehört nun allerdings auch die actio empti, die der Käufer gegen den Verkäufer hatte. Diese steht nun den beiden Erben zu, also dem Sklaven und dessen Miterben.

(2) Erste kaufrechtliche Frage: Haftet der Verkäufer auf den Wert des Sklaven? An dieser Stelle kommt die kaufrechtliche Problematik ins Spiel: Welche Rechte hat der Miterbe nach dem Erbfall gegen den Verkäufer? Es geht dabei um zwei Vermögenswerte: Den Wert des Sklaven selbst und den Wert des ihm ausgesetzten Erbteils. Zum Sklaven selbst äußern sich Rastätter und Wimmer dahingehend, dass die actio empti wegen des Grundsatzes nomina ipso iure dividuntur geteilt werde.224 Wimmer spricht gar von einer „½ actio empti“ und einem „½ Lieferungsanspruch“. Der Miterbe könne folglich nur hälftiges Miteigentum am Sklaven erlangen.225 Dies beschreibt aber nur die Ansicht Marcians korrekt: Wie aus D. 28,5,39 hervorgeht, war Marcian tatsächlich der Ansicht, der Verkäufer müsse nur den halben Anteil am Sklaven leisten. Julian sagt aber ausdrücklich gar nichts zum Sklaven; er handelt nur von dem, was der Verkäufer „erworben hat“, also von der Erbschaft.226 Den Sklaven selbst hat der Verkäufer nicht erworben, vielmehr stand er von vornherein in seinem Eigentum. Was Julians Ansicht war, ergibt sich aber mittelbar aus der Ansicht des Marcellus.

(3) Zweite kaufrechtliche Frage: Haftet der Verkäufer auf den Wert der Erbschaft? Marcellus bringt zunächst seine Meinung zur zweiten kaufrechtlichen Frage zum Ausdruck, nämlich der Frage, ob der Verkäufer auch die dem Sklaven angefallene Erbschaft herausgeben muss. Diese Frage muss daher zunächst geklärt werden, bevor die Frage zum Sklaven selbst beantwortet werden kann. Julian hatte die Frage, ob der Verkäufer den Wert der Erbschaft schuldet, dahingehend entschieden, dass er nur einen der Erbquote des Miterben entsprechenden Teil der erworbenen Erbschaft schulde. Waren der Sklave und der Miterbe zu gleichen Teilen eingesetzt, folgt damit, dass der Verkäufer dem Miterben einhalb von Rastätter, Marcelli notae, S. 191; Wimmer, SZ 121 (2004) 380. Wimmer, SZ 121 (2004) 380f. 226 Quod adquisierit heißt es im Text. Der Sklave kann damit nicht gemeint sein. Auch restituere wird nur über die Früchte gesagt, vgl. etwa Pap. 3 resp. Vat. 15 und Paul. 6 ad Plaut. D. 22,1,38,8. 224 225

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einer Hälfte, also ein Viertel der Erbschaft schuldet. Der Miterbe erhält damit, zumindest wertmäßig, drei Viertel der Erbschaft. Dies ist die Erläuterung Marcians.227 Marcellus zieht dagegen die bona fides-Verpflichtung weiter: Der Verkäufer müsse alles herausgeben, was er nicht erworben hätte, wenn er den Sklaven vor Erbantritt übereignet hätte.228 Was kann damit konkret gemeint sein? Rastätter und Wimmer nehmen an, dass der Verkäufer auch das verbliebene Viertel herausgeben müsse sowie die zweite Hälfte des Eigentums am Sklaven (der nach ihrer Ansicht beim Verkäufer geblieben ist).229 Dadurch setzen sie sich aber mit ihren eigenen Überlegungen in Widerspruch: Wenn der Verkäufer infolge einer „Teilung“ der actio empti nur verpflichtet war, einen hälftigen Miteigentumsanteil am Sklaven zu übertragen, so hätte der Miterbe auch nach der traditio nicht mehr als ein Viertel der Erbschaft erhalten. Denn der Sklave hätte dann als servus communis seinen Eigentümern, dem Verkäufer und dem Miterben, zu gleichen Teilen erworben,230 also jedem ein Viertel. Im Ergebnis hätte der Miterbe also auch dann bloß drei Viertel der Erbschaft erworben, wenn der Sklave prius quam adiret traditus esset. Da Marcellus aber offensichtlich mehr als Julian gewähren will, kann dieses Ergebnis nicht richtig sein. Vielmehr wird Marcellus von anderen Voraussetzungen ausgegangen sein. Das Missverständnis liegt darin begründet, dass Rastätter und Wimmer offenbar annehmen, Marcellus stelle mit traditus esset auf eine traditio an den Käufer vor dessen Tod ab.231 Dann wäre der Sklave in der Tat Bestandteil der Erbmasse geworden, seine Erbeinsetzung wäre unwirksam232 und sein Erbteil damit dem 227

Wäre der Miterbe zu zwei Dritteln und der Sklave zu einem Drittel eingesetzt, erhielte der Miterbe zwei Neuntel erstattet, wertmäßig also insgesamt acht Neuntel der Erbschaft, usw. 228 Huschke, Zeitschrift für Civilrecht und Prozeß 15 (1841) 294, nimmt hier eine mancipatio an, doch kann traditus esset genausogut klassisch sein, da die Erbschaft nicht der zivile, sondern der prätorische Eigentümer erwirbt, G. 2,88. 229 Rastätter, Marcelli notae, S. 192; Wimmer, SZ 121 (2004) 382. Zum zweiten Punkt (Eigentum am Sklaven) äußert sich Wimmer allerdings nicht ausdrücklich. 230 I. 2,14,3, dazu unten S. 124ff. 231 Rastätter, Marcelli notae, S. 192; Wimmer, SZ 121 (2004) 382. In diese Richtung geht auch Cuiacius, Recitationes solemnes ad librum XXX. digestorum Iuliani, ad D. 28,5,38,5 (Opera Postuma, Bd. 3, Sp. 217 C). 232 Unerheblich ist, ob er sine libertate (dann ist die Erbeinsetzung schon deswegen unwirksam, weil einem eigenen Sklaven auch die Freiheit erteilt werden muss) oder cum libertate eingesetzt war (dann ist die Erbeinsetzung unwirksam, weil die Freiheit dem Sklaven, als er noch fremd war, nicht erteilt werden konnte, und diese Verfügung auch nicht durch späteren Erwerb des Sklaven geheilt wird, Flor. 10 inst. D. 28,5,50(49) pr., siehe dazu oben S. 9f.). Richtig insofern Wimmer, SZ 121 (2004) 382.

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Miterben angewachsen, sodass dieser bei Tod des Käufers auf den gesamten Nachlass berufen gewesen wäre. Gegen diese Interpretation sprechen jedoch die Worte von Marcellus prius quam adiret: Die aditio steht ja im Verhältnis zum Käufer vor Eintritt des Erbfalls gar nicht zur Diskussion – bevor der Käufer gestorben ist, hätte der Verkäufer ohnehin keinen Antritt befehlen können. Marcellus hat aber gerade auf diesen Erbantritt abgestellt, nicht auf den Tod des Erblassers. Wenn Marcellus auf eine Übergabe an den Käufer abgestellt hätte, stünde eher prius quam emptor decederet. Folglich muss man annehmen, dass Marcellus mit traditus esset eine hypothetische Übergabe an den Miterben nach dem Erbfall und vor Antritt der Erbschaft meinte, nicht hingegen eine hypothetische Übergabe an den Käufer vor dem Erbfall. Marcellus nahm also an, dass der Miterbe mehr erlangt hätte, wenn der Sklave ihm vor dem Erbantritt übereignet worden wäre. Daraus folgt aber auch, dass dem Miterben der ganze Sklave, also das ungeteilte Eigentum, hätte verschafft werden müssen, nicht lediglich ein hälftiges Miteigentum. Ansonsten würde sich Marcellus’ Lösung nämlich, wie dargelegt, nicht von der Julians unterscheiden. Wie kann man aber erklären, dass Marcellus der Ansicht war, der ganze Sklave sei geschuldet? Man muss dafür zugrundelegen, dass Marcellus aus nomina ipso iure dividuntur gar nicht den Schluss zog, es müsse nur der halbe Sklave geleistet werden. Dies ist auch verständlich, wenn man den nomina ipso iure divisa-Satz nicht begriffsjuristisch wörtlich versteht. Natürlich kann der Verkäufer keine Klage gegen sich selbst erwerben. In seiner Person tritt daher Konfusion ein. Dies bedeutet aber nicht, dass der Miterbe nur eine „halbe Klage“ erhielte. Denn es gilt nach wie vor quidquid dare facere oportet ex bona fide.233 Und der Inhalt dieser bona fides-Verpflichtung kann unterschiedlich beurteilt werden. Dem Verkäufer steht nämlich, wenn man seine Pflicht im Wege einer interessengerechten Wertung ex fide bona bestimmt, gar kein Anteil am Sklaven zu, auch nicht ein halber, denn er hatte ihn verkauft.234 Er schuldet dem Miterben also sehr wohl den ganzen Sklaven. Nur mit dieser Interpretation ist der Wortlaut der Entscheidung Marcellus’ verständlich. Wenn Marcellus davon ausgeht, dass der ganze Sklave geschuldet war, so muss dies auch die Ansicht Julians gewesen sein, an die er anknüpft. Man mag dagegen einwenden, dass Marcian den julianischen Text anders verstanden hat. Doch einerseits ist Marcellus, ein Zeitgenosse Julians, ein besserer Gewährsmann als Marcian, der rund ein halbes Jahrhundert später lebte. Außerdem ist der Text Richtig insofern Huschke, Zeitschrift für Civilrecht und Prozeß 15 (1841) 295; Beseler, SZ 43 (1922) 431; Rastätter, Marcelli notae, S. 192. 234 So auch Huschke, Zeitschrift für Civilrecht und Prozeß 15 (1841) 295: Es widerspräche der bona fides, sich auf die Konfusion zu berufen. 233

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Marcians durch die Hand der Kompilatoren zu einem Bruchstück reduziert worden, sodass nicht sicher ist, ob er sich ursprünglich überhaupt auf einen identischen Fall bezog.

(4) Ergebnis zur Sachfrage Die vorliegenden drei Fragmente enthalten also drei unterschiedliche Lösungen, nicht lediglich zwei, wie die Sekundärliteratur bisher annimmt. Nach Julian erhält der Miterbe wertmäßig drei Viertel der Erbschaft und den gesamten Sklaven. Nach Marcian erhält er drei Viertel der Erbschaft und den hälftigen Miteigentumsanteil am Sklaven. Nach Marcellus schließlich erhält er sowohl die gesamte Erbschaft als auch den gesamten Sklaven.

(5) Ergebnis zum Ausgangspunkt der Haftung Die unterschiedlichen Gründe für die divergierenden Entscheidungen lohnen, kurz erwähnt zu werden. Denn Julian wurde vorgeworfen, er entscheide widersprüchlich, weil der Verkäufer ein Viertel behalte, was dem Anspruch nicht gerecht werde, wonach der Verkäufer keinen Gewinn aus dem Sklaven schöpfen dürfe.235 Diese Kritik beruht jedoch darauf, dass nur die Entscheidung von Marcellus mit der modernen schadensersatzrechtlichen Berechnungsmethode übereinstimmt. Betrachtet man die Texte aber nicht durch die Brille des modernen Rechts, sind beide Ansichten für sich genommen verständlich. Sowohl Julian als auch Marcellus gehen von dem kaufrechtlichen Grundsatz aus, der aus dem Barkaufgedanken folgt, dass dem Käufer mit Abschluss des Kaufvertrags die Nutzungen der Kaufsache gebühren. Zu diesen Nutzungen gehört auch der Erwerb des Erbteils. Der Verkäufer war daher nicht berechtigt, dem Sklaven den Erbantritt zu befehlen. Diese unerlaubte Fruchtziehung ist nun für Julian der Rechtsgrund der Haftung. Er lässt den Verkäufer für die Verletzung selbst haften, nämlich für die unerlaubte Fruchtziehung als solche. Daraus hat der Verkäufer die halbe Erbschaft erlangt, die er folglich dem Käufer herausgeben müsste. Der Käufer ist aber verstorben und an seine Stelle treten der Sklave selbst und der Miterbe. Folglich muss der Verkäufer dem Miterben nur die Hälfte herausgeben und seinem eigenen Sklaven die andere Hälfte. Dass die letztgenannte Verpflichtung erlischt, kommt ihm zwar faktisch zu Gute, doch nicht auf Kosten des Miterben. Bereicherungsüberlegungen sind Julian aber fremd; für ihn kommt So Beseler, SZ 43 (1922) 431; vgl. auch Pennitz, Periculum rei venditae, S. 171 Fn. 105.

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es hier nur auf den Schaden an, der dem Miterben aus dem Erbantritt entstanden ist, und dieser bemisst sich nicht höher als die Hälfte des Erbteils. Marcellus sieht die unerlaubte Fruchtziehung dagegen nicht als den haftungsauslösenden Tatbestand selbst an, sondern nur als den Ausgangspunkt der Kausalitätsüberlegungen zur Bestimmung des Leistungsinteresses: Hätte der Verkäufer den Antritt nicht befohlen, so hätte der Sklave seinen gesamten Erbteil dem Käufer erworben. Folglich müsse der Verkäufer alles herausgeben. Die Berechnungsweise von Marcellus legt somit einen hypothetischen Kausalverlauf zugrunde. Es zeigt sich darin dieselbe dogmatische Kontroverse zwischen Julian und Marcellus wie in D. 19,1,23, einer im Kaufrecht vieldiskutierten Stelle.236

5.3  Überlagerung oder Verzahnung? Die beiden besprochenen Fälle kombinieren Probleme des Erbrechts und des Kaufrechts. Bei näherem Hinsehen zeigt sich aber, dass nicht das eine Rechtsgebiet von dem anderen überlagert wird, sondern die allgemein geltenden Rechtsregeln jedes Gebiets bestehen bleiben. Unter diesen Rechtssätzen sind hervorzuheben: (1) Der Erbschaftserwerb erfolgt nach formalen Grundsätzen für den aktuellen Eigentümer. (2) Eine etwaige Zweckbestimmung durch den Erblasser ist für die Frage des Erwerbs unerheblich. (3) Das Kaufrecht korrigiert einen Erwerb des Verkäufers nach Kaufabschluss und vor Übergabe. (4) Gleichermaßen ist im Falle der Wandlung ein Erwerb des Käufers vor Rückgabe des Sklaven an den Verkäufer herauszugeben. Diese Rechtsregeln gelten auch im hier vorliegenden Fall des Verkaufs des zum Erben eingesetzten Sklaven. Sie verzahnen sich jedoch auf so komplexe Weise, dass dies für die römischen Juristen einen Anlass bot, den Inhalt der bona fides-Pflicht des Verkäufers, bzw. den Anknüpfungspunkt seiner Haftung, bemerkenswert kontrovers zu diskutieren.

6. Ergebnis Die Erbeinsetzung eines Sklaven bringt ganz andere Konsequenzen mit sich als die Erbeinsetzung einer freien Person. Das System des römischen Erbrechts erhält damit eine besondere Dynamik. Voraussetzung dafür ist die strikte Trennung zwischen Erbanfall (Delation) und Erbschaftserwerb. Dies ermöglicht es, durch eine

Vgl. zu den unterschiedlichen Ansatzpunkten der Haftung dort J.G. Wolf, TR 45 (1977) 1ff., mit ähnlichen methodischen Überlegungen wie hier. Zustimmend Rastätter, Marcelli notae, S. 146; deutlich auch Liebs, Iura 32 (1981) 280, 288.

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Ergebnis

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vor Erbantritt erfolgte Freilassung oder Veräußerung des Sklaven die Erbschaft zu übertragen. Bei Freilassung erwirbt der Freigelassene für sich selbst. Die Untersuchung hat gezeigt, dass dies nicht nur einem formalen Grundsatz geschuldet ist, sondern einem materiellen Prinzip folgt. Bei Veräußerung erwirbt der Sklave seinem neuen Herrn – die Konsequenzen dieser Tatsache sind besonders bedeutsam: Zum Zeitpunkt der Erbeinsetzung kann niemand mit Sicherheit vorhersagen, wer die Erbschaft erhalten wird. Diese der Erbeinsetzung eines fremden Sklaven innewohnende Relativität der Verfügung schafft die feste Bestimmung der Person des Erben durch den Erblasser de facto ab. Durch beliebig häufige Veräußerungen des Sklaven kann die Berufung zur Erbschaft immer weiter übertragen werden. Der Erwerb der Erbschaft tritt dann in der Person desjenigen ein, dem der Sklave zum Zeitpunkt des Erbantritts gehört. Aus der Sicht des Herrn betrachtet verleiht die Erbeinsetzung seines Sklaven eine ökonomische Position: Wäre er selbst eingesetzt worden, so brächte ihm dies vor dem Erbfall keine Vermögensvorteile. Ist dagegen sein Sklave eingesetzt, so kann er ihn nach Belieben veräußern und auf diese Weise sofort den wirtschaftlichen Wert der Erberwartung in Form eines höheren Kaufpreises erlangen. Ob dies einer, oder sogar der wesentliche, der Gründe für die Erbeinsetzung fremder Sklaven war, ist Gegenstand des 14. Kapitels.

K apitel 3: Gemeinsame Erbeinsetzung H errn und S klaven

von

Eine besondere Fallgestaltung liegt dann vor, wenn der Sklave nicht als Alleinerbe, sondern gemeinsam mit seinem Herrn eingesetzt ist. Dieser Fall tritt in den Quellen nicht selten auf.237 Rechtstechnisch ist dabei zunächst zu beachten, dass der Herr zwei Erbteile erwirbt, einen in eigener Person und einen vermittelt durch die Person des Sklaven. Besonderheiten ergeben sich in diesem Fall hinsichtlich des Erbantritts und des Erbschaftserwerbs. In materieller Hinsicht wird sich zeigen, dass Herr und Sklave als voneinander unabhängige Subjekte des Erbschaftserwerbs betrachtet werden.

1. Erbantritt Wenn ein Erbteil dem Sklaven, ein anderer dem Herrn anfällt, stellt sich die Frage, wie der Erbantritt zu erfolgen hat: Genügt ein Antritt oder müssen beide Teile angetreten werden? Aufschluss geben folgende Texte: D. 29,2,36 Pomponius libro tertio ad Sabinum Si ex sua parte dominus vel pater adierit, necessarium est iussum, ut filius vel servus coheredes adeant.

Pomponius im dritten Buch zu Sabinus Wenn der Herr oder Vater seinen Erbteil angetreten hat, ist es erforderlich, dass er auch seinem zum Miterben eingesetzten Sohn oder Sklaven die Anweisung zum Erbantritt erteilt.

D. 29,2,26 Paulus libro secundo ad Sabinum Si ego et servus meus vel filius heres institutus sit, si iussero filio vel servo adire, statim et ex mea institutione me heredem esse Pomponius scribit: idem et Marcellus probat et Iulianus.

237

Paulus im zweiten Buch zu Sabinus Wenn ich und mein Sklave oder Sohn zu Erben eingesetzt sind und ich meinem Sohn oder Sklaven die Anweisung erteilt habe, die Erbschaft anzutreten, dann werde ich sogleich auch aufgrund meiner eigenen Einsetzung Erbe. Dies schreibt Pomponius, und es wird auch von Marcellus und Julian gebilligt.

Neben den nun folgenden Texten ist noch zu nennen: Paul. 2 manual. D. 28,5,90(89), wo es heißt: quia et proprius cum domino heres institui poterit. Der Text betrifft ansonsten aber die Erbeinsetzung eines servus communis (dazu unten S. 122ff.).

Erbantritt

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Diese Digestenfragmente erklären die beiden möglichen Fälle, die eintreten können, wenn der Herr und sein Sklave zu Miterben eingesetzt sind. Entweder tritt nur der Herr seinen eigenen Anteil an (fr. 36). Dann wird er nur in Höhe dieses Anteils Erbe. Wenn er auch den Teil erwerben möchte, auf den sein Sklave eingesetzt ist, muss er zusätzlich seinen Sklaven anweisen, diesen Erbteil anzutreten. Der Herr kann es aber auch unterlassen, seinen eigenen Anteil anzutreten, und nur seinen Sklaven anweisen, den diesem ausgesetzten Erbteil anzutreten (fr. 26). Dann erwirbt der Herr gleichwohl beide Teile. Anhand der Texte erhellt zunächst noch einmal die Voraussetzung, dass der Sklave selbst antreten muss. Der Herr kann dies nicht für ihn erledigen. Denn der Sklave selbst ist als Erbe eingesetzt worden und muss demnach die Antrittshandlung vollziehen, sei es eine cretio, sei es eine pro herede gestio.238 Hinsichtlich des Erfordernisses des Erbantritts ist bedeutsam, dass der Antritt des eigenen Erbteils den Herrn nicht von dem Erfordernis befreit, auch den Sklaven anzuweisen, dass dieser seinen Erbteil antrete. Der Antritt des eigenen Erbteils umfasst also keine Antretung des Erbteils des Gewaltunterworfenen. Umgekehrt ist es dagegen sehr wohl ausreichend, wenn der Herr nur die Anweisung an den Sklaven erteilt, dass dieser seinen Erbteil antrete. Dann wird er sofort auch selbst Erbe. Offenbar war diese Entscheidung rechtfertigungsbedürftig, ansonsten hätte Paulus nicht drei weitere Juristen zur Unterstützung seiner Position zitiert. Die Entscheidung erklärt sich aus folgenden Gründen: Zum einen kann schon formell im Antritt des eigenen Erbteils nicht auch ein Antritt des Erbteils des Sklaven gesehen werden, da dieser eben nicht dem Herrn, sondern dem Sklaven ausgesetzt ist und daher eine eigene Willensbetätigung des Sklaven erforderlich ist.239 Im umgekehrten Falle, wenn der Herr den Sklaven zum Antritt anweist,240 lässt sich diese Anweisung aber sehr wohl als Antritt auch des eigenen Erbteils durch schlüssiges Verhalten ( pro herede gestio) auslegen.241 Zum anderen, und das erscheint noch 238

Zum Erbantritt durch den Sklaven vgl. oben S. 43ff. Insoweit richtig Beduschi, Hereditatis aditio, Bd. 1, S. 180. 240 Solazzi, DER II, S. 126f. (ihm folgend Beduschi, Hereditatis aditio, Bd. 1, S. 174– 179), meint, das iussum allein reiche nicht aus, sondern es sei zusätzlich ein Erbantritt des Sklaven nötig. Er argumentiert, das iussum sei nur ein hausinterner Akt zwischen Herrn und Sklaven und zudem widerruflich bis zur Vornahme der aditio. Doch bedeutet die Widerruflichkeit des iussum zur Erlangung des Sklaven-Erbteils nicht zwangsläufig, dass auch die darin enthaltene pro herede gestio zur Erlangung des eigenen Erbteils widerruflich sein muss. Vgl. Paul. 1 quaest. D. 29,2,88: Gerit pro herede, qui animo adgnoscit successionem, licet nihil attingat hereditarium. 241 Vgl. Mühlenbruch, in: Glück, Bd. 39, S. 223 Fn. 18; Bd. 42, S. 409f.; Paulus, Postmortale Persönlichkeit, S. 109. Paulus zitiert dafür auch Beduschi, Hereditatis aditio, Bd. 1, S. 174f., doch argumentiert dieser im Gegenteil, dass im iussum keine pro he239

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Gemeinsame Erbeinsetzung von Herrn und Sklaven

bedeutsamer, ergeben sich die unterschiedlichen Antrittserfordernisse aus sachlichen Gründen: Hat der Herr den Sklaven angewiesen und gibt es keine weiteren Miterben, braucht man ihm kein Wahlrecht hinsichtlich seines eigenen Teils mehr zuzugestehen. Denn auch bei Ausschlagung des eigenen Teils wäre ihm dieser angewachsen, nachdem er über den Sklaven schon zu einem Teil Erbe geworden war. Hat der Herr aber den eigenen Anteil angetreten, so war ein Wahlrecht hinsichtlich des Antritts des Sklaven-Erbteils nach wie vor sinnvoll: Er konnte sich nämlich auch dahingehend entscheiden, den Sklaven vor Antritt zu verkaufen und den Erbteil so auf den Käufer zu übertragen. Diese Rechtslage deckt sich mit: D. 29,2,35,1 Ulpianus libro nono ad Sabinum Si exclusus per condicionem sibi datam pater filium iussit adire, dicendum erit eum non quaesisse suam portionem. (2) Sed si ex duobus filiis unum iusserit, debebit et alium filium iubere adire.

Ulpian im neunten Buch zu Sabinus Wenn der Vater aufgrund einer ihm gesetzten Bedingung ausgeschlossen ist und seinen Sohn angewiesen hat, die Erbschaft anzutreten, wird man sagen müssen, dass er seinen Anteil nicht erworben habe. (2) Doch wenn er einen von zwei Söhnen angewiesen hat, anzutreten, dann muss er auch den anderen Sohn dazu anweisen.

Dieser Ausschnitt242 aus Ulpians Kommentar ad Sabinum handelt von der Einsetzung von Vater und Sohn zu Miterben. Die Einsetzung des Vaters steht allerdings unter einer Bedingung. Er weist daher einstweilen den Sohn an, dass dieser seinen Erbteil antrete. Der Jurist entscheidet nun, im Gegensatz zur oben wiedergegebenen Regel, dahingehend, dass der Vater durch diese Anweisung seinen eigenen Anteil noch nicht erworben habe. Ein Widerspruch liegt jedoch nicht vor. Denn der Grund für diese Entscheidung liegt darin, dass die Einsetzung des Vaters hier, anders als in D. 29,2,26, unter einer Bedingung erfolgte. Sein eigener Erbteil wurde ihm daher, auch wenn man die Anweisung als pro herede gestio versteht, noch nicht erworben, da er ihm noch gar nicht angefallen war. Eine vor Anfall der

rede gestio liege (S. 178). Beduschi zieht für seine Ansicht D. 29,2,35 pr. heran, was wenig aussagekräftig ist, da es hier um Ersatzerbschaft geht (dazu mehr siehe unten S. 107ff.). Außerdem vermutet Beduschi in D. 29,2,26 einen servus hereditarius, wofür aber keine Gründe ersichtlich sind. 242 Zu den übrigen Teilen des Fragments siehe unten S. 107ff.

Erbschaftserwerb durch Herrn und Sklaven

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Erbschaft erfolgte pro herede gestio war aber unwirksam.243 Die Regel, dass durch Anweisung an den Gewaltunterworfenen auch der eigene Erbteil erworben wird, wird also mit D. 29,2,35,1 gerade nicht durchbrochen, sondern bestärkt. Eine andere Deutung des Fragments findet sich allerdings bei Faber: Der Vater erwerbe durch Antritt des Sohnes auch seinen eigenen Erbteil, das non in der letzten Zeile sei falsch.244 Faber begründet dies damit, dass der Vater ohnehin in jedem Falle seinen Erbteil erwerbe, denn auch wenn er diesen ausschlage oder die Bedingung nicht eintrete, so wachse er ihm an. Daran ist richtig, dass der Vater einen Erbteil durch seinen Sohn erworben hat, also Anwachsung stattfindet, wenn er seinen eigenen Erbteil nicht antritt oder die Bedingung ausfällt. Jedoch kann der Erbteil des Vaters alternativ auch an einen Ersatzerben fallen oder (zumindest teilweise) Miterben anwachsen, wenn solche existieren.245 Das non ist daher nicht zu streichen, sondern erforderlich, um einen übermäßigen Erwerb des Vaters zu verhindern. Zum Erbantritt bei Einsetzung von Herrn und Sklaven als Miterben lässt sich damit zusammenfassend folgendes sagen: Herr und Sklave können beide den Erbantritt erklären, wodurch der Herr beide Erbteile erwirbt, einen aus eigenem Recht, den anderen durch den Sklaven. Der Herr kann sich aber auch darauf beschränken, den Sklaven anzuweisen, die Erbschaft anzutreten. Auch dann erwirbt er nicht nur den diesem ausgesetzten Erbteil, sondern auch seinen eigenen. Wenn er dagegen nur seinen eigenen Erbteil antritt und die Anweisung an den Sklaven unterlässt, so erwirbt er einstweilen nur den eigenen Erbteil. Wartet er danach den Ablauf der Antrittsfrist ab, fällt ihm auch der Sklaven-Erbteil kraft Anwachsung zu, gegebenenfalls gemeinsam mit anderen Miterben. Veräußert er den Sklaven aber vor Ablauf der Antrittsfrist, so überträgt er mit dem Sklaven auch den diesem ausgesetzten Erbteil auf einen Dritten, der dem Sklaven dann den Erbantritt befehlen kann.

2.  Erbschaftserwerb durch Herrn und Sklaven Von noch entscheidenderer Bedeutung für das Verständnis des Sklavenerbrechts ist die folgende Problematik des Erbschaftserwerbs durch Herrn und Sklaven. Im Normalfall, wenn nur der Sklave eingesetzt ist, erwirbt der Herr den Nachlass246 243

Ulp. 7 ad Sab. D. 29,2,21,2: Sed ita demum pro herede gerendo adquiret hereditatem, si iam sit ei delata. Vgl. auch Pothier, Bd. 2, S. 683 Fn. 12. 244 Faber, Coniecturae, Buch 15, cap. 22, Rn. 7f. (S. 607). 245 Faber erörtert diese Möglichkeit, verwirft sie aber mit dem Argument, es wachse immer der portio an, nicht der persona. Jedoch erwirbt der Vater bei Vorhandensein eines Miterben eben nur einen Teil seines Erbteils kraft Anwachsung. 246 Siehe oben S. 50ff.

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Gemeinsame Erbeinsetzung von Herrn und Sklaven

und es ergeben sich keine weiteren Rechtsfragen. Sind Herrn und Sklaven Erbteile ausgesetzt, gilt im Grundsatz nichts anderes: Der Herr erwirbt einen Teil in eigener Person, den anderen durch die Person des Sklaven. Jedoch können sich Sonderfragen ergeben, hier im Zusammenhang mit der Berechnung der Falcidia, die zeigen, dass dieser Erwerb nicht von vornherein zusammengerechnet, sondern getrennt beurteilt wird. Daran zeigt sich, dass der Erbschaftserwerb durch einen Sklaven nicht lediglich wie ein Erwerb seines Herrn angesehen werden darf, sondern auch als Erwerb in der Person des Sklaven selbst. D. 35,2,21,1 Paulus libro duodecimo quaestionum Si ego et servus meus heredes instituti simus ex diversis partibus nec a servo erogatus dodrans, his quibus a me legatum est contra Falcidiam proderit, quod ex portione servi ad me pervenit supra Falcidiam eius portionis.

ex contrario si servo meo servus et mihi decem legata fuerint, servi Falcidia ex decem mihi legatis non tenetur exemplo eodem.

Falcidiae nam quartam retineo ex persona servi, quamvis de mea portione nihil exhaustum sit.

Paulus im 12. Buch der Rechtsfragen Wenn ich und mein Sklave zu unterschiedlichen Teilen als Erben eingesetzt sind und die drei Viertel [des Erbteils] des Sklaven nicht [durch Vermächtnisse] ausgeschöpft sind, dann hilft das, was von dem Anteil des Sklaven über die Falcidia seines Anteils hinaus mir zugekommen ist, denjenigen, denen zu meinen Lasten etwas vermacht worden ist, gegen die falzidische Kürzung. Umgekehrt, wenn meinem Sklaven ein Sklave [zur fideikommissarischen Freilassung] und mir die Summe von zehn vermacht sind, dann wird die Falcidia des Sklaven nicht in Anwendung dieses Rechtsgedankens von den mir vermachten zehn abgezogen [was aber dann der Fall wäre, wenn mir beides vermacht gewesen wäre]. Denn ich behalte das falzidische Viertel, das ich aus der Person des Sklaven erwerbe, auch wenn mein Erbteil gar nicht beschwert ist.

Der vorliegende Text enthält drei Sachverhalte. Im ersten und dritten Satz geht es um die gemeinsame Erbeinsetzung von Herrn und Sklaven, im zweiten Satz um Vermächtnisse an Herrn und Sklaven; auf diesen Teil ist daher an anderer Stelle einzugehen.247 Hier ist zunächst nur die Erbeinsetzung von Interesse. Herrn und Sklaven sind unterschiedlich große Erbteile ausgesetzt und beide Erben sind mit Vermächtnissen belastet. Der Sklave muss weniger (nec erogatus), der Herr mehr 247

Siehe unten S. 181ff.

Erbschaftserwerb durch Herrn und Sklaven

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als drei Viertel seines Erbteils an Vermächtnissen auskehren. Der Herr möchte nun die ihn beschwerenden Legate nach dem Recht der lex Falcidia248 nur gekürzt auszahlen, doch können sich die Vermächtnisnehmer nach Paulus darauf berufen (his contra Falcidiam proderit),249 dass der Herr über seinen Sklaven einen Teil des Nachlasses erwirbt und folglich entsprechend mehr an die Legatare auskehren muss. Es stellt sich zunächst die Frage, warum Paulus hier von ungleichen Erbteilen ausgeht. Es ist bemerkt worden, dass im Falle gleicher Erbteile nichts anderes gelten würde.250 Dies ist zwar richtig, aber nur dann, wenn diese gleichen Erbteile ungleich beschwert sind. Denn bei identischen Belastungen identischer Erbteile könnten sich keine Disparitäten zwischen der Falcidia des Herrn und der Falcidia des Sklaven ergeben. Wenn sich im Text folglich die Angabe diversis partibus findet, so muss man annehmen, dass diese u n g l e i c h e n Teile g l e i c h beschwert sind, Herr und Sklave also jeweils mit Legaten in gleicher Höhe belastet sind. Dann stellt sich die hier aufgeworfene Rechtsfrage. Dementsprechend ergibt sich folgendes Berechnungsbeispiel: In der Erbschaft sind 600 enthalten. Der Herr erhält 200, der Sklave 400. Jeder muss ein Vermächtnis in Höhe von 250 leisten. Die Falcidia wird für Herrn (50) und Sklaven (100) getrennt berechnet, folglich muss der Sklave das Legat in voller Höhe auszahlen, der Herr aber an sich nur in Höhe von 150. Zu diesen 150 wird nun jedoch nach der Entscheidung von Paulus das hinzugerechnet, was der Herr über die Falcidia des Sklaven hinaus durch den Sklaven erwirbt, also weitere 50. Im Ergebnis muss der Herr somit 200 leisten; in Höhe von 50 geht sein Vermächtnisnehmer leer aus. Der Fall zeigt sehr deutlich, dass die Vermögenssphären von Herrn und Sklaven getrennt beurteilt werden. Anstatt einfach eine Gesamtrechnung zu bilden, wird die Falcidia für jeden Erben getrennt berechnet, was möglicherweise der

Zum Inhalt der lex Falcidia vgl. nur Voci, DER II, S. 755ff.; Schanbacher, Ratio legis Falcidiae, S. 29ff. 249 Schmidt-Ott, Pauli Quaestiones, S. 166 Fn. 74, trifft hier mit „gegen die Anwendung der Lex Falcidia“ die richtige Übersetzung, die bei Otto/Schilling/Sintenis, Bd. 3, S. 661 („wider die Falcidia“), und Schanbacher, Ratio legis Falcidiae, S. 218 („gegen die Falcidia“), etwas dunkler bleibt. Dass die Entscheidung „gegen“ die Falcidia geht, ergibt sich daraus, dass sich die lex auch an die Legatare richtete: eis, quibus quid ita datum legatumve erit, eam pecuniam sine fraude sua capere liceto (Paul. sing. ad leg. Falc. D. 35,2,1 pr.). 250 So schon die Gl. ex diversis ad h.l. (Ausgabe Lyon 1593); zuletzt Schanbacher, Ratio legis Falcidiae, S. 218 Fn. 5 m.w.N. Huschke, Zeitschrift für Civilrecht und Prozeß, NF 7 (1850) 204, liest diversis bloß als „getrennt“. Von ungleichen Erbteilen geht aber aus: Schmidt-Ott, Pauli Quaestiones, S. 166. 248

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Gemeinsame Erbeinsetzung von Herrn und Sklaven

Endpunkt einer Rechtsentwicklung ist.251 Im Ergebnis erhält der Herr freilich denselben Betrag aus der Erbschaft wie bei einer Gesamtrechnung, nämlich 150. Ein Unterschied besteht folglich nur aus der Sicht der Vermächtnisnehmer: Der Vermächtnisnehmer des Sklaven wird voll befriedigt, der Vermächtnisnehmer des Herrn geht in Höhe von 50 leer aus. Im Falle einer Gesamtrechnung hätte man dagegen beide Vermächtnisse um je 25 gekürzt. Ein Unterschied auch für den Herrn liegt dann vor, wenn nicht sein Erbteil überschwert ist, sondern der des Sklaven. Dies ist der Sachverhalt des letzten Satzes (Falcidiae nam quartam...).252 Nehmen wir an, beide Legate, zusammen also 500, seien zu Lasten des Sklaven ausgesetzt worden. Der Sklave darf sie dann um jeweils 100 kürzen – er braucht nur 300 auszuzahlen, da ihm 100 als Falcidia zustehen. Diese quarta ex persona servi erhält dann sein Herr, zusätzlich zu den 200, die ihm ohnehin als Erben zukommen. Er steht also, zu Lasten der Vermächtnisnehmer, deutlich besser als im ersten Fall. Diese Regeln ergeben sich als logische Folge aus dem Recht des Sklavenerwerbs:253 Der Herr erwirbt durch seinen Sklaven, nicht aber der Sklave durch seinen Herrn. Voci hat dies treffend als ein System der „contributio unilaterale“ bezeichnet.254 Folglich muss der Herr sich den die Falcidia übersteigenden Teil des Sklavenerbteils anrechnen lassen, nicht aber der Sklave einen entsprechenden Teil des Erbteils seines Herrn im umgekehrten Falle. Dieses Beispiel zeigt nicht nur, dass die Vermögenssphären von Herrn und Sklaven getrennt beurteilt wurden, sondern auch, dass dies erhebliche praktische Folgen haben konnte. Denn für den Vermächtnisnehmer machte es einen großen Unterschied, ob ihm ein Vermächtnis zu Lasten des Sklaven oder zu Lasten des Herrn ausgesetzt war. Letzteres war für ihn günstiger, da so unter Umständen ein Sklavenerwerb hinzukommen konnte, der zu seiner Befriedigung verwendet werden musste. 251

Zur Entwicklung der separatio-Lehre und der contributio-Lehre vgl. die genannte Monographie von Schanbacher (passim). Denkbar ist aber auch, dass dies beim Sklavenerwerb ohnehin nie anders gehandhabt wurde. 252 Die Lesung ist unsicher. Mommsen in der ed. maior und Schanbacher, Ratio legis Falcidiae, S. 223, beziehen Falcidiae auf exemplo eodem. Dagegen vgl. SchmidtOtt, Pauli Quaestiones, S. 167 Fn. 80. Noch anders Pfordten, Abhandlungen, S. 108; Huschke, Zeitschrift für Civilrecht und Prozeß, NF 7 (1850) 204, S. 205. Für den hier zugrunde gelegten Sprachgebrauch vgl. etwa Pap. 20 quaest. D. 36,1,57(55),2: quartam enim Falcidiae. 253 Die Gl. ex contrario ad h.l. (Ausgabe Lyon 1593) spricht dagegen unrichtigerweise von Anwachsung, auch wenn sie die Regeln inhaltlich richtig erläutert. 254 Voci, DER II, S. 770, 768. Huschke, Zeitschrift für Civilrecht und Prozeß, NF 7 (1850) 206, drückt dies mit „Haupterwerb“ und „hinzukommendem Erwerb“ aus, was umständlich ist und den entscheidenden Bezug zum Sklavenrecht vermissen lässt.

99

Ergebnis

3. Ergebnis Bei gemeinschaftlicher Erbeinsetzung von Herrn und Sklaven betrachten die Juristen diese beiden Verfügungen getrennt, sowohl was den Erbantritt betrifft, als auch hinsichtlich des Vermögenserwerbs. In der Trennung der Vermögenssphären von Herrn und Sklaven kommt die Autonomie der Persönlichkeit des Sklaven im Bereich des Erbrechts zum Ausdruck. In welchen Fällen sich diese Autonomie auch de facto zugunsten des Sklaven auswirken konnte, ist Gegenstand des achten Kapitels.255

255

Siehe unten S. 201ff.

K apitel 4:  Einsetzung

des

S klaven

auf mehrere

Erbteile

Die Folgen der Erbeinsetzung eines fremden Sklaven sind komplexer, wenn dem Sklaven selbst mehrere Anteile ausgesetzt sind. Auch hier stellt sich wieder die Frage, wie Erbantritt und Erbschaftserwerb erfolgen. Ist zudem einer der beiden Anteile bedingt ausgesetzt, fällt also später an als der andere, wird es bedeutsam, welche Auswirkungen eine zwischenzeitlich erfolgte Veräußerung oder Freilassung des Sklaven hat.

1.  Rechtslage beim Freien Um die Rechtslage bei Erbeinsetzung eines Sklaven bewerten zu können, muss man die Erbeinsetzung einer freien Person zum Vergleich heranziehen. Ist ein Freier zu mehreren Teilen als Erbe eingesetzt und steht keine dieser Einsetzungen unter einer Bedingung, so gilt die Regel semel adeundum. Nach diesem Grundsatz der Einheit des Erbantritts, der jedenfalls bei den Spätklassikern Ulpian und Paulus anerkannt ist, können mehrere Erbteile nur insgesamt angenommen oder ausgeschlagen werden.256 Dies gilt erst recht in dem Falle, dass der Erblasser nicht mehrere Anteile hinterlassen, sondern überhaupt nur eine Verfügung getroffen hat, und der Erbe davon nur einen Teil annehmen möchte.257 Wenn dem Erben dagegen einer der Erbteile unbedingt, ein anderer unter einer Bedingung hinterlassen ist, fallen diese zu unterschiedlichen Zeitpunkten an: der unbedingte Teil bei Testamentseröffnung, der bedingte dagegen erst mit Eintritt der Bedingung. Auch hier gilt die semel adeundum-Regel, also kann der Erbe nur einmal antreten und erwirbt durch den Antritt des einen Erbteils auch den anderen, der später anfällt. Sollte der Erbe ausdrücklich nur den unbedingten Teil antreten, erwirbt er den bedingten nach Bedingungseintritt gleichwohl. Auch hier hat er also keine Möglichkeit, einen Erbteil zu erwerben, einen anderen Teil dagegen auszuschlagen.258 256

Ulp. 4 ad Sab. D. 29,2,2; Paul. 5 ad leg. Iul. D. 29,2,80 pr. und § 3: illud quod dicimus semel adeundum (dazu näher sogleich im Text). Im (früh-?)klassischen Recht war dies umstritten, Iust. C. 6,30,20 (531); vgl. Voci, DER II, S. 140f.; zweifelnd Solazzi, DER II, S. 122. 257 Paul. 2 ad Sab. D. 29,2,1; Ulp. 7 ad Sab. D. 29,2,10. 258 Gai. 14 ad leg. Iul. et Pap. D. 29,2,53 pr.; ders. 2 de testam. ad ed. praet. urb. D. 28,5,33. Etwas anders aber Cels. 16 dig. D. 28,5,60(59),6 für den Fall, dass der Erbe vor Bedingungseintritt stirbt. Sein Erbe erhält dann den noch schwebenden Anteil nicht. Dazu etwa Mühlenbruch, in: Glück, Bd. 43, S. 150ff. m.w.N.; Wimmer, OIR 11 (2006) 161ff.

Rechtfertigung der Regel semel adeundum

101

Die semel adeundum-Regel wirkt in beiden Fällen zu Lasten des Erben: Selbst wenn er wollte, könnte er die ihm deferierte Erbschaft nicht teilweise annehmen, und zwar unabhängig davon, ob sie aus einem oder aus mehreren Anteilen besteht.

2.  Rechtfertigung der Regel semel adeundum Um die Tragweite des Rechtsprinzips semel adeundum einzuschätzen, auch im Hinblick auf die folgenden Texte, muss seine sachliche Rechtfertigung geklärt werden. In der Sekundärliteratur finden sich kaum Begründungen.259 Klar ist jedenfalls, dass es nicht um die Interessen des Erben geht, denn obwohl der Erbe ausdrücklich erklärt, nur einen Teil antreten zu wollen, erhält er das Ganze. Sieht man dagegen die Interessen des Erblassers als maßgeblich an, ergibt sich ein ziemlich widerspruchsfreies Bild: Die erste Aussage des Prinzips semel adeundum, dass der Erbe, dem eine ungeteilte Erbschaft oder ein einziger Erbteil hinterlassen wurde, nicht bloß einen Teil davon antreten darf (vgl. D. 29,2,1), erklärt sich aus dem Willen des Erblassers, der bestimmt hat, in welchem Umfang der Betreffende sein Nachfolger werden solle. Der Erbe hat dann nur die Möglichkeit, über das Ob zu entscheiden, nicht aber über das Wieviel: Dieses bleibt dem iudicium des Testators überlassen und kann vom Erben nicht im Nachhinein durch Antritt eines kleineren Teils vereitelt werden. Der Rest würde ansonsten den anderen Miterben anwachsen oder an den Ersatzerben fallen, sodass die Verteilung des Nachlasses nicht mehr dem Willen des Erblassers entspräche. Die zweite Aussage des Prinzips semel adeundum, dass der Erbe auch dann, wenn ihm zwei verschiedene Teile hinterlassen sind, nur ingesamt annehmen kann (vgl. D. 29,2,2), ist nicht unmittelbar einsichtig. Hier drängt sich zunächst eher die gegenteilige Entscheidung auf, dass die beiden Verfügungen auch ein voneinander unabhängiges Schicksal haben und der Erbe daher eine antreten und eine ausschlagen kann.260 Jedoch stünde eine solche Wahlfreiheit bei näherer Betrachtung ebenfalls mit dem Willen des Erblassers in Konflikt. Hatte der Erblasser zwei Teile hinterlassen, ohne diese Einsetzungen von Bedingungen abhängig zu machen, etwa der Art: Titius soll mein Erbe zu einem Viertel sein. Maevius soll mein Erbe zur Hälfte sein. Auch auf das übrige Viertel soll Titius mein Erbe sein, dann kann man dem Erblasser unterstellen, dass er die Berufung des Titius auf einen halben Perozzi, Istituzioni, S. 628f. Fn. 1 meint, das in der Delation liegende Angebot könne nur vollständig angenommen werden. Dagegen Bonfante, Corso VI, S. 197 Fn. 1; Solazzi, DER II, S. 120. Bonfante erklärt diese Regel mit dem Vermögenserwerb als Folge der Erbenstellung, dazu schon oben S. 15. 260 Vgl. dazu auch Solazzi, DER II, S. 120. 259

102

Einsetzung des Sklaven auf mehrere Erbteile

Erbteil wollte und die Form der Einsetzung einem Zufall geschuldet ist. Und wenn ein Teil von einer Bedingung abhängig gemacht wurde, etwa: Titius soll mein Erbe zu einem Viertel sein. Maevius soll mein Erbe zur Hälfte sein. Titius soll zu einem weiteren Viertel Erbe sein, wenn das Schiff aus Asien eintrifft, so lässt sich ebenfalls annehmen, dass der Erblasser den Titius für den Fall des Bedingungseintritts ebenfalls auf einen halben Erbteil berufen wollte, ohne ihm die Möglichkeit der Teilausschlagung zu geben.261 Zudem ist denkbar, dass ein Erbteil beschwert ist, etwa mit Vermächtnissen, die nur daraus zu entrichten sind. Der andere Erbteil kann dem Erben dann auch als Kompensation für diese Belastungen hinterlassen worden sein. Auch in diesem Falle liefe es dem Willen des Erblassers zuwider, wenn der Erbe nur den unbelasteten Teil annehmen könnte.262 Das Prinzip der Einheit des Erbschaftserwerbs ergibt sich somit aus dem Willen des Erblassers. Andere Lösungen wären möglich, wenn der Erblasser ausdrücklich bestimmt hätte, dass die beiden Teile unabhängig voneinander angetreten werden könnten. Dafür ist allerdings keine Quelle überliefert.

3.  Rechtslage beim Sklaven Besonderheiten ergeben sich nun für den Fall, dass nicht eine freie Person, sondern ein Sklave der Empfänger dieser Erbteile ist. Für den Fall, dass ihm beide Erbteile unbedingt hinterlassen sind, findet sich keine Quelle, doch kann man annehmen, dass hier dasselbe gegolten hat wie bei der Einsetzung eines Freien: Hatte der Herr ihn angewiesen, nur einen Teil anzutreten, so erwarb er durch den Antritt dieses Teils dennoch sämtliche Erbteile. Entscheidend anders liegt jedoch der Fall, wenn dem Sklaven ein Teil unbedingt, ein weiterer aber bedingt hinterlassen war. Hier kann sich nämlich auswirken, dass der bedingte Erbteil erst später, bei Eintritt der Bedingung, anfällt.

3.1  Antritt der Erbteile Damit der Sklave, oder durch ihn sein Herr, diese Erbteile erwerben kann, muss er die Erbschaft antreten. Anders als beim Freien reicht es hier aber erstaunlicherweise nicht aus, wenn der Sklave nur den einen Teil, der sofort angefallen

Vgl. Majansius, Disputationes, Bd. 1, S. 63: „Ego sic existimo, testatoris plures partes heredi adscribentis, non eam fuisse voluntatem, ut heres institutus quasdam partes admittere, quasdam repudiare posset.“ 262 Vgl. die Parallele beim Vermächtnis, Paul. 7 quaest. D. 31,5,1. 261

103

Rechtslage beim Sklaven

ist, antritt. Es ist vielmehr ein weiterer Antritt erforderlich, wenn der zweite Teil anfällt. D. 29,2,80,3 Paulus libro quinto ad legem Iuliam Ego quidem puto et si adhuc in potestate sit, iterum adeundum esse, si condicio exstiterit, et illud quod dicimus semel adeundum, in eiusdem persona locum habet, non cum per alium adquirenda est hereditas.

Paulus im fünften Buch zur lex Iulia Auch wenn der Sklave zu diesem Zeitpunkt [bei Anfall des bedingten Erbteils] noch gewaltunterworfen ist, muss die Erbschaft meines Erachtens erneut angetreten werden, wenn die Bedingung eingetreten ist. Denn wenn wir sagen, dass eine Erbschaft nur einmal angetreten werden muss, gilt dies nur hinsichtlich ein und derselben Person, nicht aber, wenn die Erbschaft durch einen anderen erworben werden muss.

Die Rede ist von zwei Erbteilen, einem bedingten und einem unbedingten. Der Sklave hatte den unbedingt ausgesetzten Erbteil angetreten, sodass er dem Herrn erworben worden war. Bei Anfall des bedingt ausgesetzten Teils ist nun ein erneuter Antritt nötig. Dabei scheint es sich allerdings nur um die möglicherweise bestrittene Meinung des Paulus zu handeln: ego quidem puto. Es gilt danach bei Einsetzung eines Sklaven zu mehreren Teilen nicht dieselbe Regel wie bei Einsetzung eines Freien zu mehreren Teilen, sondern dieselbe Regel wie im oben erörterten Falle der gemeinsamen Einsetzung von Herrn und Sklaven:263 Der Sklave muss beide Teile gesondert antreten.264 Dies wird sich auch hier aus denselben sachlichen Gründen erklären lassen:265 Denn der Sklave erwirbt, anders als ein Freier, nicht für sich selbst, sondern für seinen jeweiligen Herrn. Hat der Sklave also den unbedingten Erbteil für seinen derzeitigen Herrn erworben, so bleibt es weiterhin möglich, dass dieser den Sklaven veräußert und der Sklave bei Bedingungseintritt auf Anweisung des neuen Herrn diesem den bedingten Erbteil erwirbt. Der Sklave kann auch freigelassen werden, sodass er den bedingten Erbteil für sich selbst erwirbt. Ob eine Veräußerung oder Freilassung des Sklaven aber wirklich zu einer Spaltung der Erbschaft führte, ist eines der umstrittensten Probleme in diesem Bereich. 263

Siehe oben Kapitel 3, S. 92ff. Zum Text vgl. auch Buckland, Slavery, S. 141. 265 Anders Solazzi, DER II, S. 128: „Ma perché la regola [i.e. semel adeundum] non abbia da valere in quest’ultima ipotesi è un mistero.“ 264

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Einsetzung des Sklaven auf mehrere Erbteile

3.2  Erwerb der Erbteile Wenn der Sklave nach Antritt des ersten Erbteils von seinem Herrn freigelassen oder verkauft wird, und danach den zweiten Teil antritt, sind folgende Lösungen denkbar: – Beide Erbteile gehen an den neuen Herrn, oder bei Freilassung an den freigelassenen Sklaven selbst (so die Ansicht von Mühlenbruch). – Beide Erbteile gehen an den ehemaligen Herrn (so die Ansicht von Cujaz). – Ein Teil geht an den ehemaligen Herrn, ein anderer Teil an den neuen Herrn oder den Freigelassenen (so die hier favorisierte Lösung).266 Dass alle drei Lösungen denkbar sind, hat seinen Grund in einer nicht ganz eindeutigen Quellenlage. Dabei sei zunächst der weniger umstrittene Text besprochen: D. 29,2,80 Paulus libro quinto ad legem Iuliam Si solus heres ex pluribus partibus fuero institutus, unam partem omittere non possum nec interest, in quibusdam habeam substitutum nec ne. (1) Idem puto etiam, si aliis mixtus heredibus ex pluribus partibus heres institutus sim, quod et hic adeundo unam portionem omnes adquiro, si tamen delatae sint. (2) Item si servus meus ex parte heres institutus sit pure, ex parte sub condicione, dato scilicet coherede, et iussu meo adierit, deinde eo manumisso condicio alterius portionis exstiterit, verius est non mihi esse adquisitam illam portionem, sed ipsum comitari: omnia enim paria permanere debent in id tem-

Paulus im fünften Buch zur lex Iulia Wenn ich als Alleinerbe zu mehreren Teilen eingesetzt bin, kann ich nicht einen davon ausschlagen. Dabei ist es auch unerheblich, ob ich hinsichtlich mancher Teile einen Ersatzerben habe oder nicht. (1) Und ich meine, es verhält sich genauso, wenn ich zusammen mit anderen Erben zu mehreren Teilen als Erbe eingesetzt bin, da ich auch in diesem Falle durch den Antritt eines Erbteils sämtliche erwerbe, sofern sie mir schon angefallen sind. (2) Und wenn mein Sklave, der zu einem Teil unbedingt und zu einem anderen Teil bedingt als Erbe eingesetzt worden ist (neben einem Miterben, versteht sich), auf meine Anweisung hin antritt und dann später, nachdem ich ihn freigelassen habe, die Bedingung eintritt, unter der der andere Erbteil hinterlassen worden ist, so ist eher anzunehmen, dass dieser Teil nicht mir erworben

Voci, DER II, S. 142 Fn. 30, scheint dies ebenso zu sehen, geht aber nicht näher auf die Problematik und den augenscheinlichen Widerspruch zu D. 29,2,35 pr. ein.

266

105

Rechtslage beim Sklaven

pus, quo alterius portionis condicio exstet, ut adquiratur ei, cui prior portio adquisita est. (3) Ego quidem puto et si adhuc in potestate sit, iterum adeundum esse, si condicio exstiterit, et illud quod dicimus semel adeundum, in eiusdem persona locum habet, non cum per alium adquirenda est hereditas.

wird, sondern dem Sklaven folgt: Denn damit derjenige erwirbt, der schon den früheren Erbteil erworben hat, müssen zu dem Zeitpunkt des Eintritts der Bedingung, unter der der andere Erbteil ausgesetzt ist, alle Umstände gleich bleiben. (3) Aber auch wenn der Sklave zu diesem Zeitpunkt noch gewaltunterworfen ist, muss die Erbschaft meines Erachtens erneut angetreten werden, wenn die Bedingung eingetreten ist. Denn wenn wir sagen, dass eine Erbschaft nur einmal angetreten werden muss, gilt dies nur hinsichtlich ein und derselben Person, nicht aber, wenn die Erbschaft durch einen anderen erworben werden muss.

Paulus erörtert in diesem Kommentar zu den augusteischen Ehegesetzen die Rechtsfolgen bei Einsetzung auf mehrere Erbteile. Der Zusammenhang mit den Ehegesetzen ergibt sich daraus, dass vakante Erbteile danach dem Fiskus zufallen, sodass die Frage erörtert werden musste, ob der Erbe von mehreren Erbteilen alle erhält oder aber einige nicht.267 Paulus beginnt dabei mit der Rechtslage bei der Einsetzung einer freien Person. Diese kann von mehreren angefallenen Erbteilen nicht einige ausschlagen, andere aber annehmen. Paulus fügt an, dass es auch unerheblich sei, ob für einige dieser Teile ein Ersatzerbe eingesetzt sei. Diese Äußerung erklärt sich aus dem engen Verhältnis zwischen Ersatzerbschaft und Anwachsung.268 Beide Institute kommen dann zur Anwendung, wenn ein eingesetzter Erbe ausfällt, und dienen dem Willen des Erblassers. Bei der Ersatzerbschaft hat der Erblasser selbst bestimmt, wer für den Fall des Ausfalls des im ersten Grade eingesetzten Erben den Erbteil erhalten soll. Die Anwachsung kommt dagegen zum Tragen, wenn der Erblasser eine solche Bestimmung nicht getroffen hat. Der nicht erworbene Erbteil wächst dann den Miterben nach dem Verhältnis ihrer Anteile an. Aus dieser Natur der beiden Rechtsinstitute folgt, dass die Ersatzerbschaft der Anwachsung vorgeht, denn wenn der Erblasser seinen Willen positiv geäußert hat, muss man nicht Hilfslösungen finden, um einem hypothetischen Willen zu genügen. In D. 29,2,80 pr. sagt Paulus nun aber gerade, dass die Frage der Ersatzerbschaft unerheblich sei. Wenn der eingesetzte Erbe also hinsichtlich eines Teils einen Ersatzerben hat, kommt nicht dieser Ersatzerbe zum Zuge, sondern der Erbe erwirbt gleichwohl alle Teile 267

Zum Inhalt der Ehegesetze näher siehe unten S. 277ff. Dazu etwa Voci, DER II, S. 163ff.

268

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selbst. Paulus will also der möglichen Idee, eine Ersatzerbschaft könne vorrangig sein, von vornherein widersprechen. Doch der Leser wird überhaupt nur dann auf den Gedanken des Vorrangs der Ersatzerbschaft kommen, wenn er die hier vorliegende Entscheidung für eine Entscheidung nach Anwachsungsgrundsätzen hält. Wenn Paulus hätte sagen wollen, dass der Erbe aus dem Grunde nicht einzelne Teile ausschlagen dürfe, weil sie ihm ohnehin wieder anwüchsen, dann wäre die Überlegung richtig, dass für den Fall der Ersatzerbschaft etwas anderes gelten müsste. Indem Paulus nun aber sagt, dass die Ersatzerbschaft irrelevant ist, macht er deutlich, dass er den Fall nicht nach Anwachsungsrecht löst, sondern nach dem Grundsatz semel adeundum: Der eingesetzte Erbe darf deswegen nicht einzelne Teile ausschlagen, weil er damit den Willen des Erblassers, der sie ihm insgesamt hinterlassen hat, missachten würde, nicht aber, weil sie ihm anwachsen würden. Dies wird noch einmal besonders deutlich in D. 29,2,80,1: Auch wenn der eingesetzte Erbe weitere Miterben hat, denen der von ihm ausgeschlagene Teil anwüchse, wenn man den Fall nach Anwachsungsrecht löste, gilt nichts anderes: Er darf infolge der Regel semel adeundum nicht einzelne Teile ausschlagen. Von diesem Ausgangspunkt aus geht Paulus nun in D. 29,2,80,2 auf den Fall des Sklaven ein, der auf einen Teil unbedingt, auf einen anderen Teil dagegen unter einer Bedingung zum Erben eingesetzt ist. Paulus fügt hinzu, dass Miterben vorhanden seien. Hintergrund dieser Bemerkung ist, dass bei Aussetzung eines bedingten und eines unbedingten Erbteils an einen Alleinerben die Bedingung für nicht geschrieben erachtet wird.269 Denn auch bei Ausfall der Bedingung würde einem Alleinerben über Anwachsung der „bedingte“ Erbteil erworben werden.270 Ist ein Miterbe vorhanden, ist die Bedingung aber wirksam, da dann auch dem Miterben anwachsen kann. Aus dieser Fallgestaltung wird schon deutlich, dass es Paulus nun nicht mehr bloß um die Frage des semel adeundum geht. Ihm geht es vielmehr darum, dass die beiden Erbteile auch zu verschiedenen Zeitpunkten anfallen, sodass fraglich ist, wem was erworben wird. Hier tritt der Sklave zunächst den unbedingten Teil an, erwirbt ihn seinem Herrn, wird dann freigelassen, und erwirbt den bedingten Teil nach Bedingungseintritt für sich selbst. Der Teil, der später anfällt, folgt also dem Sklaven. Das unabhängige Schicksal des bedingten Erbteils war aber offenbar nicht unbestritten (verius est). Dies ist vor dem Hintergrund verständlich, dass man vordergründig hätte argumentieren können, dem Sklaven sei schon bei Antritt des unbedingten Erbteils auch ein Teil des bedingten Erbteils erworben worden: Angenommen, der Sklave war zu einem Drittel unbedingt und auf ein weiteres Drittel bedingt eingesetzt, sein Miterbe auf das letzte Drittel. Nach der Entscheidung von Celsus in D. 28,5,60(59),6 wird ein auf diese Weise bedachter Freier 269

Marcian. 4 inst. D. 29,2,52,1 (solus); Gai. 2 de testam. ad ed. praet. urb. D. 28,5,33. Zum Miterben zutreffend auch Salkowski, Sklavenerwerb, S. 10f. Fn. 17.

270

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sofort Erbe zur Hälfte:271 Denn auch wenn die Bedingung ausfällt, würde ihm die Hälfte des bedingten Erbteils, also ein Sechstel, anwachsen, sodass er in jedem Falle mindestens einen halben Erbteil erhielte. Paulus löst den Fall aber anders; er gibt dem gleichermaßen bedachten Sklaven vorerst nur ein Drittel. Der Grund für diesen Unterschied zur Erbeinsetzung eines Freien wird darin liegen, dass der Sklave freigelassen oder veräußert werden kann. Daher ist, anders als beim Freien, nicht von vornherein sicher, dass ihm mindestens einhalb anfallen wird. Das zweite Drittel kann nämlich auch dem neuen Herrn oder dem Freigelassenen selbst erworben werden. Der bedingte Erbteil muss also nach Ansicht von Paulus ein eigenes Schicksal haben, damit dieser Rechtserwerb nicht vereitelt wird. Die Entscheidung von Paulus, dass der zweite Erbteil den Sklaven bei Freilassung oder Veräußerung begleitet, ist damit die zentrale Aussage des Textes. Für die Rechtfertigung dieser Entscheidung ist die Begründung wesentlich, die Paulus selbst gibt: Damit demjenigen erworben werde, dem schon der unbedingte Erbteil erworben worden ist, also dem Herrn, müsse bei Bedingungseintritt „alles gleich bleiben“. Was gleich bleiben muss, ist der status der als Erbe eingesetzten Person: Diese muss der Gewalt des Herrn unterworfen bleiben.272 Die Entscheidung deckt sich somit mit den Grundsätzen des Sklavenerwerbs: Solange der Sklave in der Gewalt des Herrn bleibt, kann er diesem erwerben. Ist er daraus entlassen worden, erwirbt er den zweiten Teil aber für sich selbst. Mit dieser sachlich stringenten Entscheidung scheint die Lösung Ulpians in einem Parallelfall in Widerspruch zu stehen: D. 29,2,35 pr. Ulpianus libro nono ad Sabinum Si quis heres institutus ex parte, mox Titio substitutus, antequam ex causa substitutionis ei deferatur hereditas, pro herede gesserit, erit heres ex causa quoque substitutionis, quoniam invito quoque ei adcrescit portio. Idem dico et si filius familias vel servus iussu domini vel patris adierint hereditatem, mox eman-

271

Ulpian im neunten Buch zu Sabinus Wenn jemand auf einen Teil zum Erben eingesetzt, danach dem Titius substituiert worden ist, und er dann, bevor ihm die Erbschaft aus der Substitution anfällt, sich wie ein Erbe benommen hat, so wird er auch aus der Substitution Erbe, da ihm der Anteil auch ohne seinen Willen anwächst. Dasselbe meine ich auch, wenn ein Sohn oder Sklave auf Anweisung seines Herrn oder Vaters die Erbschaft antritt, danach aus

Es sei denn, es läge eine Potestativbedingung vor, Cels. 16 dig. D. 28,5,60(59),5, wovon für den hier untersuchten Fall aber nicht ausgegangen werden kann. 272 So auch Fernandez de Retes, in: Meerman, Thesaurus, Bd. 6, S. 172: „id est, debet permanere in eiusdem domini sui potestate.“

108 cipatus vel manumissus ex causa substitutionis adeant: erunt namque heredes: sunt enim appendices praecedentis institutionis. (1) Si exclusus per condicionem sibi datam pater filium iussit adire, dicendum erit eum non quaesisse suam portionem. (2) Sed si ex duobus filiis unum iusserit, debebit et alium filium iubere adire.

Einsetzung des Sklaven auf mehrere Erbteile

der Gewalt entlassen oder freigelassen wird und aufgrund der Substitution antritt. Sie werden nämlich Erben sein, da sie Anhängsel der vorherigen Erbeinsetzung sind. (1) Wenn der Vater aufgrund einer ihm gesetzten Bedingung ausgeschlossen ist und seinen Sohn angewiesen hat, die Erbschaft anzutreten, wird man sagen müssen, dass er seinen Anteil nicht erworben habe. (2) Doch wenn er einen von zwei Söhnen angewiesen hat, anzutreten, dann muss er auch den anderen Sohn dazu anweisen.

Ulpian erörtert hier den Fall, dass eine Person einen Erbteil unbedingt, einen anderen als Ersatzerbe eines Miterben erhält. Der Fall deckt sich damit weitgehend mit Paul. D. 29,2,80,2. Unterschiedlich ist nur die Art der Bedingung, unter der der zweite Erbteil steht: Es handelt sich nicht um irgendeine Bedingung, sondern um die Bedingung, dass der ersten Grades eingesetzte Miterbe nicht Erbe wird, weil er ausschlägt oder vorverstorben ist. Der Substitut ist daher nur Erbe zweiten Grades, nicht wie in D. 29,2,80,2 Erbe ersten Grades. Ob dies für die Entscheidung bedeutsam ist, wird im Folgenden noch zu klären sein.273 Der Fall wird von Ulpian, soweit es eine freie Person betrifft, nach den erwähnten Regeln gelöst: Hat der Erbe den unbedingten Erbteil angetreten, hier durch schlüssiges Verhalten,274 dann erwirbt er nach Eintritt der Bedingung automatisch auch den anderen Teil. Die Lösung scheint sich aus dem Grundsatz semel adeundum zu ergeben: Der Erblasser hat ihm zwei Teile zugedacht, sodass er nicht den einen annehmen, den anderen aber ausschlagen darf. Ulpian begründet die Lösung jedoch mit dem Anwachsungsrecht: Auch wenn der Erbe den zweiten Teil nicht haben wollte, so würde er ihm dennoch anwachsen. Und wenn der Erbe ohnehin keine Wahl hat, ist eben auch kein zweiter Antritt möglich und nötig. Diese Begründung Ulpians ist zunächst deswegen fragwürdig, weil sie bei Vorhandensein eines Miterben (so etwa der Fall in D. 29,2,80,2 – in D. 29,2,35 pr. fällt der Miterbe dagegen aus) nicht greift: Dann würde nämlich allen Erben im Verhältnis ihrer Anteile anwachsen, nicht bloß dem einen Erben. Vor allem aber ist die Begründung schief, weil bei Substitution ohnehin keine Anwachsung eintritt: Der betreffende Erbteil geht dann schon aufgrund der ausdrücklichen Anordnung

273

Siehe unten 3.2.1., S. 110ff. Solazzi, Studi Pavia 5 (1919) 14 Fn. 5 (auf S. 15), korrigiert in creverit vel pro herede gesserit.

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Rechtslage beim Sklaven

des Erblassers an den Substituten; für erbrechtliche Anwachsung, deren Grund in einem hypothetischen Willen des Erblassers liegt, ist daher kein Raum mehr. Ulpian hat hier also den Begriff der Anwachsung in untechnischem Sinne verwendet, um auszudrücken, dass der Erbe, genau wie bei der Anwachsung, kein Wahlrecht hat, ob er den zweiten Erbteil erwerben möchte oder nicht.275 Der wahre Grund für die Entscheidung wird aber auch für Ulpian der Grundsatz des semel adeundum sein, den er selbst an einer anderen Stelle seines Sabinuskommentars so ausdrückt: D. 29,2,2 Ulpianus libro quarto ad Sabinum Sed et si quis ex pluribus partibus in eiusdem hereditate institutus sit, non potest quasdam partes repudiare, quasdam adgnoscere.

Ulpian im vierten Buch zu Sabinus Wenn jemand aber auf mehrere Teile einer Erbschaft eingesetzt ist, kann er nicht einige Teile ausschlagen und andere annehmen.

Die Entscheidung in D. 29,2,35 pr. wird Ulpian angeführt haben, um eine Ausnahme von dem Grundsatz zu formulieren, dass der Ersatzerbe die Erbschaft erst dann antreten kann, wenn sie ihm angefallen ist: D. 29,2,3 Ulpianus libro sexto ad Sabinum Quamdiu prior heres institutus hereditatem adire potest, substitutus non potest.

Ulpian im sechsten Buch zu Sabinus Solange der im ersten Grade eingesetzte Erbe die Erbschaft antreten kann, kann es der Ersatzerbe nicht.

In D. 29,2,3 stellt Ulpian klar, dass der Satz, wonach eine Erbschaft erst dann angetreten werden kann, wenn sie angefallen ist, auch im Falle der Ersatzerbschaft gilt. In D. 29,2,35 pr. formuliert er dann eine Ausnahme für den Fall, dass dem Ersatzerben schon zuvor ein eigener Erbteil angefallen ist, den er angenommen hat. Dies verschafft dem Erben nach Wegfall des Miterben notwendigerweise auch den Substitutionsteil, obwohl ihm dieser erst später anfällt. Darin liegt eine Ausprägung des Grundsatzes semel adeundum: Weil der Erbe einen Teil der Erbschaft erlangt hat, erhält er ohne erneuten Antritt auch die übrigen ihm ausgesetzten Teile.

So auch Robbe, Accrescimento, S. 302f. Zum ius adcrescendi im engeren und weiteren Sinne vgl. Bonfante, Corso VI, S. 253f. Zur Anwachsung gegen den Willen des Erben vgl. Gai. 14 ad leg. Iul. et Pap. D. 29,2,53,1.

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Diesen Fall, der sich auf eine freie Person bezieht, vergleicht Ulpian dann im Folgenden (D. 29,2,35 pr. Satz 2) mit dem Fall des Sklaven oder Haussohns.276 Bemerkenswert ist hier zunächst eine sprachliche Feinheit in der ulpianischen Darstellung der Parallelität zwischen der Einsetzung eines Sklaven und der Einsetzung eines Sohnes. Er folgt nicht einem Schema A-B, A-B, A-B, sondern einem Schema A-B, B-A, A-B: Statt „Sohn-Sklave, Vater-Herr, emanzipiert-freigelassen“ findet sich „Sohn-Sklave, Herr-Vater, emanzipiert-freigelassen“. Die Perspektive schwankt also immer wieder von der Seite Sohn-Vater auf die Seite Sklave-Herr, je nachdem, was gerade aufgrund der zuvor genannten Person sachlich näher liegt. Durch diese Art und Weise einer doppelt chiastischen Darstellung wollte Ulpian möglicherweise auch die völlige rechtliche Gleichbehandlung beider Fälle, die vollumfängliche Austauschbarkeit der Personen, sprachlich zum Ausdruck bringen. Für Solazzi gibt diese Textgestalt, die er bloß als „disordine“ bezeichnet, dagegen Anlass zu einer Interpolationsvermutung.277 Dafür ist jedoch nichts ersichtlich; auch die klassischen Juristen bedienten sich rhetorischer Mittel und Chiasmen sind geradezu typisch. Doch kehren wir zur Fragestellung zurück, welche Konsequenzen die Einsetzung des Gewaltunterworfenen auf einen Teil unbedingt und auf einen anderen Teil als Ersatzerbe eines Miterben hat. Der Sklave tritt den unbedingt ausgesetzten Teil an und erwirbt ihn damit seinem Herrn. Danach wird er freigelassen und tritt den aus der Substitution angefallenen Teil an. Für wen erwirbt er diesen Erbteil? Beginnen wir die Antwort mit Ulpians Begründung: „Sie werden Erben sein, weil sie Anhängsel der vorherigen Einsetzung sind.“ Unklar ist, welche Personen damit gemeint sind.

3.2.1  Die Lösung von Cujaz Cujaz nimmt an, es handle sich um den Vater oder Herrn. Diesem werde bei Eintritt des Ersatzerbfalls auch der zweite Erbteil erworben. Er begründet dies damit, dass der Substitutionsteil dem Institutionsteil anwachse und kein echter Substitutionsfall vorliege. Denn die wechselseitige Substitution der Erben ersten Grades sei von der Substitution einer anderen Person grundverschieden, weil sie nur dazu diene, das Anwachsungsrecht nachzuahmen, welches infolge der Kaduzitätsgesetze nicht zur Anwendung gelangt. Aus diesem Grunde unterscheide sich der Fall

Nach Solazzi, Studi Pavia 5 (1919) 14 Fn. 5 (auf S. 16); ders., DER II, S. 49 Fn. 2, ist das Fragment hinsichtlich des Sklaven interpoliert. Dagegen sogleich im Text. 277 Solazzi, Studi Pavia 5 (1919) 14 Fn. 5 (auf S. 16); ders., DER II, S. 125 Fn. 4. 276

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auch von D. 29,2,80,2. Zur Begründung führt er Scaev. 6 quaest. D. 28,3,19 und C. 6,26,6 an.278 D. 28,3,19 Scaevola libro sexto quaestionum Si ego et Titius instituti simus et a nobis postumus exheredatus sit, a substitutis nostris non sit exheredatus, Titio defuncto ne ego quidem adire potero: iam enim propter instituti personam, a quo postumus exheredatus est, in cuius locum substitutus vocatur, a quo postumus exheredatus non est, ruptum est testamentum. (1) Sed si ego et Titius invicem substituti simus, quamvis in partem substitutionis exheredatus non sit, mortuo vel repudiante Titio me posse adire puto et ex asse heredem esse.

Scaevola im sechsten Buch der Rechtsfragen Wenn ich und Titius zu Erben ersten Grades eingesetzt worden sind und der nachgeborene Sohn des Erblassers im Verhältnis zu uns enterbt worden ist, im Verhältnis zu unseren Ersatzerben dagegen nicht, dann kann, wenn Titius gestorben ist, auch ich die Erbschaft nicht antreten: Denn das Testament ist infolge der Person des Erben ersten Grades unwirksam, im Verhältnis zu dem der nachgeborene Sohn enterbt worden ist, und an dessen Stelle der Ersatzerbe berufen wird, im Verhältnis zu dem der nachgeborene Sohn nicht enterbt worden ist. (1) Wenn dagegen ich und Titius gegenseitig als Ersatzerben eingesetzt worden sind, dann kann ich, wenn Titius gestorben ist oder ausgeschlagen hat, die Erbschaft meiner Meinung nach antreten und Alleinerbe werden, obwohl der nachgeborene Sohn hinsichtlich des Ersatzerbteils nicht enterbt worden ist.

Das Fragment betrifft den Fall, dass zwei Miterben jeweils einen Ersatzerben haben und außerdem ein nachgeborenes Kind vorhanden ist. Dieses Kind wurde im Verhältnis zu den Erben ersten Grades enterbt, also gegenüber Ego und Titius, nicht aber im Verhältnis zu den Erben zweiten Grades, also gegenüber den Ersatzerben. Nun war einer der Miterben gestorben, sodass dessen Ersatzerbe berufen worden wäre. Dieser konnte jedoch keinesfalls Erbe werden, da ihm gegenüber der postumus nicht ausdrücklich enterbt worden war. Es stellte sich nun die Frage, ob trotzdem der überlebende Miterbe, dem gegenüber der postumus enterbt worden war, Erbe werden könne. Scaevola entscheidet sich dagegen, weil durch die Übergehung des postumus im zweiten Grad das ganze Testament umgestoßen werde. Nach seiner Lösung müssen also die gesetzlichen Erben berufen worden sein (zu denen dann auch der postumus gehörte). Cuiacius, Observationum liber XII, cap. 14 (Opera, Bd. 4, Sp. 284).

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Anders löst aber Julian, der von Afrikan wiedergegeben wird, diesen Fall: D. 28,2,14 pr. Africanus libro quarto quaestionum ... nam et cum duobus heredibus institutis et in singulorum locum facta substitutione a primis exheredatus postumus, a secundis praeteritus fuerit, si alter ex institutis omiserit, quamvis postumus excludatur, non tamen magis substitutum admitti.

Afrikan im vierten Buch der Rechtsfragen ... Denn auch wenn zwei Erben ersten Grades und für jeden ein Ersatzerbe eingesetzt worden sind, und der nachgeborene Sohn im Verhältnis zu den Erben ersten Grades enterbt, im Verhältnis zu den Erben zweiten Grades aber übergangen worden ist, so wird, wenn einer der Erben ersten Grades die Erbschaft nicht antritt, der nachgeborene Sohn zwar ausgeschlossen, der Ersatzerbe aber dennoch nicht berufen.

Nach Julian ist zwar ebenfalls die Einsetzung der Ersatzerben unwirksam (non ... substitutum admitti), nicht aber die Einsetzung der Erben ersten Grades. Er sagt nur: postumus excludatur, nicht aber: testamentum rumpitur, wie Scaevola. Daher bleibt der überlebende Miterbe Erbe, und auch die Enterbung des postumus, die im Verhältnis zu ihm angeordnet ist, bleibt bestehen. Somit tritt nach Julians Lösung keine gesetzliche Erbfolge ein, sondern der Teil des ausgefallenen Miterben wird dem überlebenden Miterben anwachsen.279 Kurz gesagt: Die Berufung des Ersatzerben zerstört nach Scaevola das ganze Testament, nach Julian dagegen nur den zweiten Grad. Die Auffassung von Scaevola, auf den allein sich Cujaz bezieht, war also die strengere, weitergehende. Im zweiten Paragraphen, D. 28,3,19,1, auf den Cujaz seine Argumentation stützt, modifiziert Scaevola nun den Fall dahingehend, dass keine dritten Ersatzerben berufen werden, sondern die beiden Miterben sich gegenseitig substituiert sind. Das Testament wird dann auch bei Tod eines Miterben nicht unwirksam, obwohl der überlebende Miterbe im zweiten Grad berufen wird, hinsichtlich dessen der postumus nicht enterbt ist (quamvis in partem substitutionis exheredatus non sit). Cujaz folgert aus dieser Entscheidung, dass die Miterben bei wechselseitiger Substitution enger verbunden seien als Erben und Ersatzerben in sonstigen Fällen. Und daher, so muss man ihn verstehen, müsse auch der Fall D. 29,2,35 pr. anders entschieden werden als D. 29,2,80,2. Denn die Miterben sind hier wechselseitig substituiert, sodass der Teil aus der Substitution demjenigen erworben Voci, DER II, S. 644. Leider beschäftigt sich Voci nicht mit D. 28,3,19 pr., da er dies für einen „caso diverso“ hält. Doch ist der Sachverhalt identisch, wenn auch nicht die Lösung.

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werde, der auch den Teil aus der Institution erhalten habe, nicht aber dem freigelassenen Sklaven. Um wie Cujaz zu argumentieren, müsste jedoch eine engere Verbindung tatsächlich der Grund für die Entscheidung in D. 28,3,19,1 gewesen sein. Das ist aber nicht ersichtlich: Bei der Testamentsunwirksamkeit wegen Übergehung eines Nachgeborenen geht es, ähnlich wie im modernen Recht,280 darum, den Willen des Erblassers zu schützen: Hat er einen postumus nicht ausdrücklich enterbt, nimmt man an, dass er ihn versehentlich übergangen habe, weil im Allgemeinen jeder seinen Kindern etwas hinterlassen will. Das Testament wird daher als unwirksam betrachtet. In den Ausgangsfällen von Julian und Scaevola, in denen ein Dritter als Ersatzerbe berufen wird, ist daher völlig klar, dass dessen Berufung unwirksam sein muss, denn im Verhältnis zu den Ersatzerben hatte der Erblasser den postumus nicht enterbt. Aber im zweiten von Scaevola entschiedenen Fall ist ebenso klar, dass die Ersatzerbschaft aufrechterhalten werden muss. Denn als Ersatzerbe ist ja der Erbe ersten Grades berufen, dem gegenüber der postumus enterbt war. Er sollte also, nach dem ausdrücklichen Willen des Erblassers, dem nachgeborenen Sohn gegenüber bevorzugt werden. Es ist hier also gerade zur Aufrechterhaltung des Willens des Erblassers erforderlich, nicht auf die Tatsache abzustellen, dass es sich um eine Berufung zweiten Grades handelt, sondern auf die konkrete Person, die berufen worden ist. Der Grund für die Entscheidung D. 28,3,19,1 liegt also in den spezifischen Gründen für die Unwirksamkeit von Testamenten bei Übergehung eines Nachgeborenen. Er hat aber nichts mit einer von Cujaz behaupteten engeren Verbindung zwischen den wechselseitig Substituierten281 zu tun, sondern nur mit der konkreten Person des berufenen Erben. Zuletzt ist auch die von Cujaz angeführte Konstitution der Kaiser Diokletian und Maximian282 kein Beweis: Hier wird nur bestimmt, dass die wechselseitig substituierten Miterben kein Ausschlagungsrecht bzgl. des Substitutionsteils haben, wenn sie ihren Institutionsteil schon erworben haben. Es gilt also dasselbe wie in allen anderen Fällen, in denen der Erbe schon einen Erbteil erworben hat: Er kann weitere Erbteile nach dem Prinzip des semel adeundum nicht ausschlagen. Mit Besonderheiten der wechselseitigen Substitution hat die Konstitution aber nichts zu tun.

280

Wie aus § 2079 BGB hervorgeht, wird durch die Anfechtungsmöglichkeit der mutmaßliche Wille des Erblassers geschützt. 281 Die auch in anderen Texten nicht zu konkreten Rechtsfolgen führt – in Paul. sing. ad leg. Falc. D. 35,2,1,13 wird die wechselseitige Substitution sogar ausdrücklich als der Einsetzung auf einen bedingten und einen unbedingten Erbteil (wie in D. 29,2,80,2) ähnlich angesehen. 282 C. 6,26,6: Testamento iure facto multis institutis heredibus et invicem substitutis, adeuntibus suam portionem coheredum etiam invitis repudiantium adcrescit portio.

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Hinsichtlich der Aussage Cujaz’, wechselseitige Substitutionen seien benutzt worden, um die Kaduzität nach der lex Papia zu vermeiden, ist aber folgender Text aussagekräftig: D. 28,6,5 Gaius libro tertio ad legem Iuliam et Papiam Si in testamento heredes scripti ita alicui substituti fuerint, ut, si is heres non esset, quisquis sibi heres esset is in parte quoque deficientis esset heres: pro qua parte quisque heres exstitisset, pro ea parte eum in portione quoque deficientis vocari placet neque interesse, iure institutionis quisque ex maiore parte heres factus esset an quod per legem alteram partem alicuius vindicasset.

Gaius im dritten Buch zur lex Iulia et Papia Wenn die im Testament eingesetzten Erben jemandem auf die Art und Weise substituiert worden sind, dass dann, wenn dieser nicht Erbe wird, derjenige, der Erbe geworden ist, auch auf den Teil des Ausfallenden zum Erben eingesetzt ist, so gilt, dass jeder zu dem Teil, zu dem er selbst Erbe geworden ist, auch als Ersatzerbe des Ausfallenden berufen wird. Und dabei ist es unerheblich, ob jemand infolge der Erbeinsetzung selbst zu einem größeren Teil Erbe geworden ist oder weil er aufgrund des Gesetzes einen anderen Teil von jemandem vindiziert hat.

Gaius entscheidet hier den Fall einer Generalsubstitution, wonach jeder Erbe zugleich Ersatzerbe seiner Miterben ist. Bei einer solchen Bestimmung steht nach Gaius denjenigen, die Erben werden, der Teil desjenigen, der nicht Erbe geworden ist, im Verhältnis ihrer Erbteile zu. Der Zweck dieser Testamentsklausel liegt sicherlich in der Vermeidung der Kaduzität: Nach der lex Iulia et Papia bestand zwischen Miterben kein Anwachsungsrecht mehr,283 doch durch diese testamentarische Formulierung wird das gleiche Ergebnis wie bei einem Anwachsungsrecht erreicht. Dass es um eine Vermeidung der Kaduzitätsfolge der augusteischen Ehegesetze geht, zeigt sowohl die Herkunft des Textes, der aus einem Kommentar zu eben diesen Gesetzen stammt,284 als auch die konkrete Bezugnahme auf die Vindikation eines kaduken Erbteils durch einen der Miterben am Schluss des Textes. Hier wird Bezug genommen auf das ius patrum, wonach die kaduken Erbteile vorrangig von den Miterben beansprucht werden können, die Kinder haben.285

Kaser/Knütel, RPR, § 73 Rn. 8 a.E.; zum Inhalt der Ehegesetze näher unten S. 277ff.  Vgl. Voci, DER I, S. 444. 285 Auch dazu näher unten S. 277ff. 283 284

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Allerdings folgt aus der Tatsache, dass die wechselseitige Substitution der Umgehung der augusteischen Ehegesetzgebung diente, keine andere rechtliche Bewertung wechselseitig substituierter Erben im Vergleich zu einfach Substituierten. Vielmehr sagt Gaius ausdrücklich, es sei unerheblich, ob jemand deswegen einen größeren Erbteil habe, weil der Testator ihm diesen zugewandt habe (iure institutionis), oder weil er seinen Erbteil (schon vor Eintritt des Ersatzerbfalls) dadurch vergrößert hatte, dass er den Erbteil einer Person, der erbrechtlicher Erwerb untersagt war, vindiziert hatte. Für wechselseitig Substituierte gilt folglich rechtlich betrachtet nichts anderes als für einfach Substituierte; eine engere Verbindung lässt sich nicht feststellen.

3.2.2  Die Lösung von Mühlenbruch Im Gegensatz zu Cujaz hat Mühlenbruch die Ansicht vertreten, dass die gesamte Erbschaft an den freigelassenen Sklaven oder Haussohn falle.286 Er bezieht erunt namque heredes also auf den Freigelassenen oder Emanzipierten. Dieser erwerbe dann nicht nur den ihm nach Freilassung angefallenen Teil aus der Substitution, sondern auch den Teil aus der Institution, den er zuvor schon seinem Herrn erworben hatte. Dieser Erbteil wird dem Herrn also gewissermaßen wieder entrissen, was eine problematische Idee ist. Denn ein legitimer Rechtserwerb wäre so im Nachhinein wieder rückabzuwickeln. Für Mühlenbruch stellt sich dies nur deswegen nicht als problematisch dar, weil er annimmt, die Erbeinsetzung beginne überhaupt erst mit der Substitution.287 Er unterstellt also, dass vor Antritt sämtlicher Erbteile die Erbschaft noch niemandem erworben worden sei. Wir gelangen so zu einer grundlegenden Frage des römischen Erbrechts, die in der Sekundärliteratur soweit ersichtlich nicht thematisiert wurde: Wie sind die Rechtsverhältnisse an der nur teilweise angetretenen Erbschaft?

Exkurs: Erbschaftserwerb bei Antritt eines Miterben Hat nur einer von mehreren Miterben die Erbschaft angetreten, sind folgende Lösungen denkbar: Entweder wird die Erbschaft vor vollständigem Antritt niemandem erworben, sodass sie auch nach dem Antritt eines (oder mehrerer, aber nicht aller) Miterben noch vollständig eine schwebende Erbschaft wäre. Oder aber der Antritt eines Miterben führt dazu, dass diesem sein Erbteil schon erworben wird, er also Anteile an den Nachlassgegenständen erwirbt und auf den entspre Mühlenbruch, in: Glück, Bd. 39, S. 217–222. Mühlenbruch, in: Glück, Bd. 39, S. 220.

286 287

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Einsetzung des Sklaven auf mehrere Erbteile

chenden Teil der Forderungen haftet. Schwebend wäre die Erbschaft dann nur noch hinsichtlich der übrigen Erbteile. Insoweit wäre nämlich noch unklar, ob sie den anderen Miterben erworben werden, wenn diese antreten, oder ob sie, falls die übrigen Miterben ausschlagen, kraft Anwachsung an denjenigen fallen, der seinen Anteil schon angetreten hat. Die Quellen sprechen für die Lösung, dass dem antretenden Miterben sein Erbteil sofort erworben wird: C. 6,30,6 Impp. Diocletianus et Maximianus AA. Philippae. Si avia tua patrem tuum ex duabus unciis scripsit heredem, et sola animi destinatione pater tuus heres fieri poterat. igitur si testamento suo easdem uncias ad te pertinere decrevit, apud rectorem provinciae duarum unciarum ius persequi poteris. PP. XVI k. Aug. Sirmi ipsis IIII et III AA. conss.

Die Kaiser Diokletian und Maximian an Philippa. Wenn deine Großmutter deinen Vater auf ein Sechstel als Erben eingesetzt hat, dann konnte dein Vater auch durch bloßen Willensentschluss Erbe werden. Und daher kannst du, wenn er dir in seinem Testament dasselbe Sechstel hinterlassen hat, bei dem Statthalter der Provinz dein Recht auf das Sechstel einfordern. Sirmium, 17. Juli 290.

Der Erblasser, der Vater, hatte seiner Tochter Philippa einen Erbteil weitervererbt, der ihm selbst durch Erbgang zugekommen war. Diokletian und Maximian entscheiden offenbar, dass er allein durch diesen Akt der Weitervererbung zum Ausdruck gebracht hatte, den ihm selbst hinterlassenen Erbteil anzutreten. Hierin lag der Wille zum Erbantritt, die destinatio animi.288 Wenn man nämlich anders entscheiden würde, dass er den Erbteil mangels Antritts noch nicht erworben hätte, dann hätte er ihn auch nicht auf Philippa übertragen können. Denn die Delation für sich war nicht vererblich, wie dieselben Kaiser in C. 6,30,7 reskribieren.289 Also hatte der Erblasser hier sein Sechstel schon materiell erworben, was dafür spricht, dass dem antretenden Miterben sein Erbteil unabhängig von den anderen Miterben erworben wird. Zwingend geht dies aus C. 6,30,6 freilich nicht hervor, da nicht gesagt wird, ob die anderen Miterben auch schon angetreten haben. Allerdings spricht die Tatsache, dass die anderen Miterben überhaupt nicht erwähnt werden,

Vgl. auch Voci, DER I, S. 602 Fn. 50. Zur Unvererblichkeit des Rechts auf die Delation siehe auch Marcian. 5 inst. D. 38,16,9 (2. Fall); Ulp. 13 ad leg. Iul. et Pap. D. 29,2,81; ders. 4 ad Sab. D. 28,6,10 pr. Anders aber Gai. 14 ad leg. Iul. et Pap. D. 29,2,53 pr.

288 289

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Rechtslage beim Sklaven

dafür, dass ihr Verhalten irrelevant war, also der Erblasser hier auch unabhängig von ihrem Antritt sein Sechstel schon erworben hatte. Gewissheit hinsichtlich unserer Fragestellung verschafft der folgende Text: D. 10,2,25,18 Paulus libro vicensimo tertio ad edictum Item culpae nomine tenetur, qui, cum ante alios ipse adisset hereditatem, servitutes praediis hereditariis debitas passus est non utendo amitti.

Paulus im 23. Buch zum Edikt Und daher haftet auch derjenige wegen Fahrlässigkeit, der, als er selbst vor den anderen die Erbschaft angetreten hatte, es geduldet hatte, dass Dienstbarkeiten, welche zugunsten der im Nachlass befindlichen Grundstücke bestanden, durch Nichtausübung verloren gingen.

Paulus beurteilt die Haftung im Rahmen der Erbteilungsklage (actio familiae erciscundae). Durch diese Klage konnte ein Miterbe die Aufhebung der Erbengemeinschaft und die Verteilung der Nachlassgegenstände erreichen. Dabei hafteten die Miterben einander auf Vorsatz und Fahrlässigkeit.290 Der Jurist entscheidet, dass ein Miterbe auch dann wegen Fahrlässigkeit haftet, wenn er es duldet, dass Dienstbarkeiten zugunsten von Nachlassgrundstücken durch Nichtausübung verloren gehen. Damit wird vorausgesetzt, dass ein Miterbe schon durch seinen eigenen Erbantritt die Dienstbarkeiten erwirbt, auch wenn die anderen Miterben noch nicht angetreten haben (ante alios), und sie zu Lasten auch der Miterben verlieren kann. Für einen solchen Verlust von Dienstbarkeiten durch non usus war, entsprechend der Ersitzungsfrist, eine zweijährige Nichtausübung erforderlich.291 Man kann also, damit kein Widerspruch zur üblicherweise nur hunderttägigen Kretionsfrist vorliegt, annehmen, dass auch der Erblasser die Dienstbarkeiten schon längere Zeit nicht ausgeübt hatte und diese Zeit dem Erben angerechnet wurde. Jedenfalls ist die Bedeutung für unsere Fragestellung offensichtlich, denn man kann nur ein Recht verlieren, das man schon erworben hat. Der Miterbe musste die Dienstbarkeit also, damit er sie überhaupt durch non usus verlieren konnte, schon nach seinem eigenen Antritt, aber vor Antritt der Miterben, erworben haben.

290

Ulp. 19 ad ed. D. 10,2,16,4: nam et omnia quae quis in hereditate dolo aut culpa fecit, in iudicium familiae erciscundae veniunt, sic tamen, si quasi heres fecerit. 291 PS 1,17,1; Kaser, RPR I, S. 446; Kaser/Knütel, RPR, § 28 Rn. 18.

118

Einsetzung des Sklaven auf mehrere Erbteile

Ein weiterer Beweis dafür, dass der Miterbe seinen Anteil schon vor Antritt der übrigen Miterben erwirbt, ergibt sich aus Gai. 6 ad ed. prov. D. 5,4,2.292 Danach kann ein Miterbe auch vor Antritt der anderen Erben seinen Teil der Erbschaft fordern. Aus dem Klagerecht ergibt sich seine materielle Berechtigung. Man könnte dagegen allenfalls einwenden, dass bei Erbschaftserwerb durch den allein antretenden Miterben der Rest der Erbschaft schwebend bleibt, man also das Konzept einer „teilweise schwebenden Erbschaft“ anerkennen muss. Dagegen sprechen jedoch keine grundsätzlichen Bedenken: Die Idee der schwebenden Erbschaft ist an sich schon abstrakt und von den römischen Juristen nur als gedankliche Hilfskonstruktion verwendet worden, an die nicht direkt Sachfragen geknüpft waren. Es spricht daher auch nichts dagegen, im vorliegenden Fall eine noch etwas abstraktere Konstruktion einer „teilweise schwebenden Erbschaft“ zu befürworten. Für den sofortigen Rechtserwerb durch den allein antretenden Miterben spricht schließlich noch ein wichtiges grundsätzliches Argument: Das römische Erbrecht lässt die Tendenz erkennen, einem Erben schon im frühestmöglichen Zeitpunkt so viel wie möglich von seinem Recht zuzusprechen, ihm also schon dann, wenn seine Position nicht mehr durch nachfolgende Ereignisse beeinträchtigt werden kann, die aus dem Erbschaftserwerb entstehenden Rechte zuzuordnen. Dafür sei ein Beispiel genannt: Wenn der genaue Umfang des Erbrechts einer Person, der ein Erbteil unbedingt und ein Erbteil bedingt zugewendet worden sind, noch nicht feststeht, wird ihr jedenfalls zunächst so viel erworben, wie sie infolge Anwachsung erhalten würde, wenn die Bedingung ausfiele.293 Diesem Prinzip des römischen Erbrechts, dass ein Rechtserwerb, der schon als sicher betrachtet werden kann, zum frühestmöglichen Zeitpunkt realisiert wird, entspricht es daher, wenn man auch in dem hier fraglichen Fall dem allein antretenden Miterben den Nachlass schon in Höhe seines Erbteils materiell zukommen lässt. Die übrigen Erbteile bleiben gleichwohl schwebend. Der Miterbe wird also schon nach seinem Antritt Rechtsinhaber; die Vorstellung Mühlenbruchs, dass eine Erbschaft erst nach Antritt sämtlicher Miterben erworben werde, ist damit nicht haltbar. Seiner These, dass der Freigelassene im Fall D. 29,2,35 pr. alleiniger Erbe werde, muss damit entgegengehalten werden, dass dem Herrn so der Erbteil, der ihm schon erworben worden ist, wieder ent-

292

Si ex pluribus, ad quos eadem hereditas pertinet, quidam adierint, quidam adhuc deliberent: eos qui adierint, si petant hereditatem, non maiorem partem petere debere, quam habituri essent ceteris adeuntibus: nec eis proderit, si ceteri non adierint. non adeuntibus autem ceteris poterunt tunc partes eorum petere, si modo ad eos pertinerent. 293 Cels. 16 dig. D. 28,5,60(59),6.

Rechtslage beim Sklaven

119

rissen werden würde, ein Ergebnis, welches mit dem Schutz des Privateigentums unvereinbar wäre. Als Argument für seine These des alleinigen Erbschaftserwerbs durch den Freigelassenen führt Mühlenbruch auch den Grundsatz der Einheit des Erbschaftserwerbs an, dem eine Spaltung der beiden Erbteile auf Herrn und Freigelassenen widerspräche.294 Ein solcher Grundsatz existiert jedoch nicht allgemein und notwendig, sondern soll nur, wie beim Prinzip des semel adeundum dargestellt, dem Willen des Erblassers im Einzelfall zur Geltung verhelfen. Wenn dieser aber einen Gewaltunterworfenen einsetzt, will er, dass dieser Empfänger der Delation ist und lediglich die Rechte daraus seinem Herrn erwirbt. Und wenn der Erblasser keine Zusätze schreibt, wie etwa si in potestate domini mansisset,295 dann darf man annehmen, dass er dem Sklaven diese Delation auch bei Freilassung belassen möchte. Der Erblasser stellt dann in Rechnung, dass die Erbteile verschiedenen Personen zukommen können. Aus diesem Grunde sagt auch Paulus, dass bei Einsetzung einer gewaltunterworfenen Person der Grundsatz semel adeundum nicht gelte.296

3.2.3  Getrennter Erwerb beider Erbteile Die Ansichten von Cujaz und Mühlenbruch können also nicht überzeugen. Es spricht nichts dagegen, D. 29,2,35 pr. genauso zu verstehen wie D. 29,2,80,2: Der erste Erbteil aus der Erbeinsetzung wird über den Sklaven dem Herrn erworben, der zweite Erbteil aus der Ersatzerbeinsetzung dem freigelassenen Sklaven selbst. Ein Teil der Unklarheiten mag aus der Formulierung Ulpians idem dico entsprungen sein. Man hat angenommen, dies beziehe sich auf das Entfallen des Erfordernisses eines erneuten Erbantritts und das ungewollte Anwachsen des Substitutionsteils. Jedoch kann man es genauso gut bloß auf den Erwerb des Substitutionsteils an sich beziehen: Die Entscheidung lautet erit heres ex causa quoque substitutionis und auch im Vergleichsfall des Gewaltunterworfenen gilt erit heres ex causa substitutionis – lediglich der Bezug auf das quoque muss entfallen, da der erste Teil dem Herrn erworben wurde. Eine derartige Auslegung des idem dico ist auch infolge anderer Erwägungen geradezu zwingend. Wenn man nämlich idem dico so versteht, dass der Freigelassene den Substitutionsteil nicht antreten muss, dann muss man einerseits den Text mit Mommsen zu non adeant korrigieren.297 Dem stehen aber sachliche Gründe 294

296 297 295

Mühlenbruch, in: Glück, Bd. 39, S. 220. So auch Solazzi, DER II, S. 130. Dazu siehe oben S. 76f. Paul. 5 ad leg. Iul. D. 29,2,80,3, siehe oben S. 103. Mommsen, ed. maior ad h.l.

120

Einsetzung des Sklaven auf mehrere Erbteile

entgegen: Das Erfordernis des Antritts schützt den Erben davor, eine überschuldete Erbschaft zu erhalten. Aus seiner Privatautonomie folgt, dass man ihm einen Erbschaftserwerb nicht aufzwingen darf. Im ersten Falle von D. 29,2,35 pr., der Einsetzung einer freien Person auf zwei Teile, kann man vom Erfordernis eines erneuten Erbantritts des zweiten Erbteils absehen, da schon bei Antritt des ersten Teils ein entsprechender Willensentschluss stattgefunden hat. Hier hat sich der Erbe schon zu diesem Zeitpunkt entschlossen, die Erbschaft mit allen Verbindlichkeiten anzunehmen. Beim Antritt einer gewaltunterworfenen Person kann von einem solchen freien Willensentschluss aber nicht die Rede sein: Der Sklave tritt nur auf Befehl seines Herrn an und kann außerdem von diesem dazu gezwungen werden, wenn er nicht antreten will.298 Er hat somit bei Antritt des ersten Erbteils keinen rechtlich relevanten eigenen Willen gebildet. Es ist daher zwingend erforderlich, von ihm nach Freilassung einen erneuten Antritt zu verlangen, sodass er sich, diesmal aus eigenem Entschluss, überlegen kann, ob er die Erbschaft annehmen will oder nicht.299 Und genau aus diesem Grunde hat Ulpian, in Abweichung zum Ausgangsfall, adeant geschrieben. Im Übrigen deckt sich dies mit seiner Aussage in D. 29,2,81, wo es heißt, dass der eingesetzte Erbe durch den Antritt des Institutionsteils den Substitutionsteil dann schon angetreten habe, wenn er ihn s i c h s e l b s t erwerben konnte.300 Konnte er ihn dagegen bloß für einen anderen erwerben, dieser Umkehrschluss sei erlaubt, darf man ihm einen solchen Antritt nicht unterstellen. Dann ist vielmehr infolge des Schutzes der Privatautonomie des Freigelassenen ein erneuter Antritt des zweiten Erbteils erforderlich. Paulus bringt dasselbe in D. 29,2,80,3 zum Ausdruck. Anlass für Fehldeutungen gab auch der im Folgenden von Ulpian verwendete Ausdruck, die Substitution sei ein appendix der Institution. Man glaubte, daraus folgern zu müssen, dass der Substitutionsteil der Person erworben werde, der schon der Institutionsteil erworben worden ist, also dem Herrn.301 Jedoch liegt es viel näher, appendix auf die Delation zu beziehen und damit anzunehmen, dass dieselbe Person zur Substitution berufen ist, die auch als Erbe eingesetzt war. Und das ist eben der Sklave oder Haussohn selbst. Nur dieser wurde durch das iudicium des Erblassers zum Erben bestimmt, nicht sein Herr oder Vater.302 Im Übrigen 298

Dazu oben S. 45ff. Im Ansatz ähnlich Salkowski, Sklavenerwerb, S. 11 Fn. 17. Mit dieser Überlegung deckt es sich, dass auch bei Veräußerung des Sklaven dessen neuer Eigentümer den Erbantritt befehlen muss, nicht der vorherige (Iav. 1 post. Lab. D. 29,2,62,1). Denn der neue Eigentümer haftet auf die Nachlassverbindlichkeiten. 300 Totiens videtur heres institutus etiam in causa substitutionis adisse, quotiens adquirere sibi possit: nam si mortuus esset, ad heredem non transferret substitutionem. 301 Vgl. etwa Hunger, in: Otto/Schilling/Sintenis, Bd. 3, S. 154 Fn. 117; Solazzi, DER II, S. 129f. 302 Dazu siehe oben S. 25. 299

121

Ergebnis

deckt sich das Ergebnis, dass der freigelassene Sklave den Substitutionsteil selbst erhält, mit der Rechtslage beim servus communis.303

4. Ergebnis Es lassen sich damit für den Fall, dass dem Sklaven mehrere Erbteile hinterlassen worden sind, folgende Ergebnisse festhalten: Fallen die Erbteile gleichzeitig an, kann der Sklave sie, genau wie auch ein Freier, nur zusammen annehmen oder zusammen ausschlagen. Fallen sie dagegen zeitlich nacheinander an, so ist für jeden Erbteil eine Antrittshandlung erforderlich. Wurde der Sklave in der Zwischenzeit an einen Dritten veräußert, dann erwirbt er diesem die später anfallenden Erbteile. Wurde er freigelassen, erwirbt er sie für sich selbst. Zuvor angetretene Erbteile verbleiben beim früheren Eigentümer. Der Fall des auf mehrere Erbteile eingesetzten Sklaven legt ein Zeugnis davon ab, dass die römischen Juristen die Grundsätze des Erwerbs durch gewaltunterworfene Personen auch im Falle von geteilten Erbschaften konsequent angewendet haben: Der Sklave erwirbt immer demjenigen, in dessen Eigentum er zum Zeitpunkt des Vermögenserwerbs steht. Diese Fallgruppe zeigt zugleich wiederum eindrucksvoll, dass der Sklave selbst der zur Erbschaft Berufene ist, denn ein später anfallender Erbteil, auch aus einer Berufung als Ersatzerbe, folgt ihm bei einer etwaigen Veräußerung – ambulat cum dominio.

303

Dazu siehe unten S. 168ff.

K apitel 5:  Einsetzung

eines gemeinschaftlichen

S klaven

Der Variantenreichtum der Erbeinsetzung fremder Sklaven wird durch den Fall der Erbeinsetzung eines Sklaven, der im Miteigentum mehrerer Herren steht, weiter erhöht. Dabei gibt es verschiedene Gründe, aus denen ein Sklave zu einem gemeinschaftlichen Sklaven (servus communis) werden kann. Er kann durch Willensakt der Miteigentümer zu einer gemeinschaftlichen Sache gemacht werden, also etwa durch Einbringung in ein Gesellschaftsvermögen. Er kann aber auch ipso iure zu einem gemeinschaftlichen Sklaven werden, etwa wenn er seinerseits als Teil einer anderen Erbmasse an mehrere Miterben gekommen ist. In allen diesen Fällen verzahnt sich das Erbrecht mit der Struktur des Miteigentums. Die umstrittene Frage der Struktur des Miteigentums im römischen Recht kann an dieser Stelle nur insoweit Behandlung finden, als es die Erbeinsetzung gemeinschaftlicher Sklaven betrifft. Wenn eine Sache mehreren gehört, so sind prinzipiell zwei entgegengesetzte Formen von Berechtigung denkbar: Entweder gehört die Sache ungeteilt als ganze allen gemeinsam und wird nicht in ideelle Anteile aufgespalten. So wird man sich die ursprüngliche Form der Miterbengemeinschaft nach altrömischem Recht vorzustellen haben.304 Oder aber man sieht die Sache als ideell in Anteile, also Miteigentumsquoten, geteilt an, die als solche gegebenenfalls auch separat veräußert werden können. Dies entspricht der Struktur des Miteigentums nach entwickeltem römischen Recht.305 Doch hat auch das entwickelte römische Recht die Vorstellung einer Gesamtberechtigung aller Miteigentümer an der ganzen Sache nicht vollständig aufgegeben. Denn in den Fällen, in denen ein Miteigentümer seinen Anteil verlor, sah man es offensichtlich als sachgerechter an, diesen den übrigen Miteigentümern zuzusprechen, also Anwachsung eintreten zu lassen, statt Herrenlosigkeit der Quote anzunehmen.306 In dieser Hinsicht lag daher im Miteigentum immer auch die potentielle Berechtigung auf die ganze Sache, wenn die anderen Miteigentümer ausfielen. Das Miteigentum hatte somit den Charakter einer gegenwärtigen Berechtigung am eigenen Anteil und einer potentiellen Berechtigung an der ganzen Sache.307 G. 3,154 a. Dazu Nelson/Manthe, Gai Institutiones III 88–181, S. 329ff. Kaser, RPR I, S. 410f.; Kaser/Knütel, RPR, § 23 Rn. 22f. 306 Kaser, RPR I, S. 411 Fn. 5; Kaser/Knütel, RPR, § 23 Rn. 25; ausführlich und i.E. anders Reichard, in: Festschrift Otte, S. 265, 274f. m.w.N. 307 Weniger bedeutend für unsere Fragestellung ist, ob man daraus auf Mehrheit oder Einheit des Eigentums schließen muss, vgl. die Diskussion bei Bonfante, Corso II/2, S. 4ff. Zum hier relevanten Miteigentum am Sklaven vgl. Scialoja, DER, S. 195; instruktiv auch ders., Teoria della proprietà, Bd. 1, S. 432f.; zum erbrechtlichen Zusammenhang vgl. Lohsse, Ius adcrescendi, S. 142ff. 304 305

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Einsetzung durch einen Dritten

1.  Einsetzung durch einen Dritten Bei der Erbeinsetzung gemeinschaftlicher Sklaven sind zwei Fälle zu unterscheiden, die Erbeinsetzung durch einen Dritten und die Erbeinsetzung durch einen der Miteigentümer. Diese Fälle werfen unterschiedliche Rechtsfragen auf. Denn die Erbeinsetzung durch einen Dritten ist zunächst nichts anderes als die Erbeinsetzung eines fremden Sklaven. In der Erbeinsetzung durch einen Miteigentümer (S. 140ff.) liegt dagegen sowohl die Einsetzung eines fremden als auch die Einsetzung eines eigenen Sklaven. Daher sei zunächst auf den weniger komplexen Fall der Erbeinsetzung durch einen Dritten eingegangen.

1.1  Erbfähigkeit, Erbantritt, Erbschaftserwerb Wird ein Sklave, der im Miteigentum mehrerer Personen steht, von einem Dritten zum Erben eingesetzt, ergeben sich einige Besonderheiten, die von den allgemeinen Regeln des Sklavenerbrechts308 abweichen. Dies betrifft zunächst die Frage der Erbfähigkeit, also der testamenti factio und der capacitas. Insoweit ist nur ein Text zum Vermächtnisrecht überliefert: D. 36,2,23 Ulpianus libro quarto ad legem Iuliam et Papiam Cum in annos singulos legatum relinquitur, sine dubio per annos singulos inspecta condicione legatarii aut capere. et si plurium servus sit, singulorum dominorum erunt personae spectandae.

Ulpian im vierten Buch zur lex Iulia et Papia Wenn ein Vermächtnis ausgesetzt wird, das auf jährlich wiederkehrende Leistungen geht, dann muss die Rechtsstellung des Vermächtnisnehmers zweifellos für die einzelnen Jahre betrachtet werden, um festzustellen, ob er erwerben kann. Und wenn es sich um einen Sklaven handelt, der mehreren gehört, ist auf die Person der einzelnen Miteigentümer abzustellen.

Aus dem zweiten Satz des vorliegenden Textes geht hervor, dass es für die Frage der Erbfähigkeit auf die Person des jeweiligen Miteigentümers ankommt.309 Ist also einem gemeinschaftlichen Sklaven ein Vermächtnis hinterlassen worden, so erwirbt er es nur denjenigen Miteigentümern, die erwerbsfähig sind, den anderen nicht. 308

Siehe oben Kapitel 1, S. 7ff. Zum Text auch Voci, DER I, S. 444.

309

124

Einsetzung eines gemeinschaftlichen Sklaven

Im ersten Satz handelt der Text dagegen von einem Vermächtnis, das in jährlich wiederkehrenden Leistungen besteht. Das verbindende Element der beiden Fälle ist folglich die Tatsache, dass ein einheitliches Vermächtnis aufgespalten wird – im ersten Falle zeitlich, im zweiten Falle personal. Das Annuitätenlegat ist schon von Sabinus als Mehrzahl von Vermächtnissen gedeutet worden.310 Das Vermächtnis an einen servus plurium ist zwar unzweifelhaft ein einheitliches Vermächtnis, doch findet für die Frage der Erbfähigkeit eine Aufspaltung nach den Miteigentümern des Sklaven statt. Ulpian und Paulus (D. 33,1,11) erwähnen diese beiden Fälle in einem Atemzug, da beide eine Aufspaltung des einheitlichen Legats bedeuten. Aus D. 36,2,23 geht nicht ausdrücklich hervor, wie der Erbschaftserwerb vor sich geht und welche Anteile den Miteigentümern erworben werden. Prinzipiell sind zwei Lösungen denkbar: Entweder wird den Miteigentümern nach Kopfteilen erworben, also zu gleichen Anteilen, oder nach ihren Eigentumsquoten am Sklaven, also zu dementsprechenden Anteilen. Aus den Quellen geht klar hervor, dass die zweite Lösung angewendet wurde. Ausdrücklich findet sich die Regel, dass den Miteigentümern im Verhältnis ihrer Anteile erworben wird, allerdings nur in den Institutionen Justinians:311 I. 2,14,3 Servus plurium, cum quibus testamenti factio est, ab extraneo institutus heres unicuique dominorum, cuius iussu adierit, pro portione dominii adquirit hereditatem.

Wenn ein Sklave, der mehreren gehört, mit denen die testamenti factio besteht, von einem Außenstehenden zum Erben eingesetzt worden ist, dann erwirbt er jedem seiner Eigentümer, auf dessen Anweisung er antritt, die Erbschaft entsprechend seiner Eigentumsquote.

Nach justinianischem Recht steht somit fest, dass die Erbschaft den Miteigentümern im Verhältnis ihrer Eigentumsquoten zufällt. Beim Erbschaftserwerb durch einen gemeinschaftlichen Sklaven verwirklicht sich somit die soeben erwähnte Vorstellung vom Quoteneigentum. Daneben geht aus dem Text hervor, dass ein iussum durch jeden der Miteigentümer erforderlich ist. Eine Anweisung durch einen der Miteigentümer allein reicht also nicht aus. Dies erklärt sich selbstverständlich daraus, dass niemand eine Erbschaft erwerben und für die Erbschaftsschulden verbindlich gemacht werden soll, der nicht selbst die Entscheidung zum 310

Paul. 62 ad ed. D. 33,1,4; ders. 21 quaest. D. 33,1,11. Für anderen Erwerb als Erbschaftserwerb spricht Gaius denselben Grundsatz aus, vgl. G. 3,167; Gai. 7 ad ed. prov. D. 41,1,45. Für Legate ergibt er sich aus Ulp. 24 ad Sab. D. 30,50 pr. Ausführlich dazu Salkowski, Sklavenerwerb, S. 3ff.

311

125

Einsetzung durch einen Dritten

Erbantritt getroffen hat. Daher musste jeder Miteigentümer eine separate Anweisung an den gemeinschaftlichen Sklaven erteilen, und der Sklave erwarb den Nachlass nur denjenigen, die dieses iussum erteilt hatten. In den Institutionen wird nicht erörtert, ob die Frist zum Erbantritt einheitlich abläuft oder für jeden Miteigentümer getrennt. Buckland meint insofern, jedem Miteigentümer stehe ein separates tempus deliberandi zu.312 Dies ist jedoch in mehrfacher Hinsicht unwahrscheinlich: Zum einen wird das tempus deliberandi ohnehin nur auf Antrag vom Prätor gewährt. Normalerweise ergibt sich die Antrittsfrist (Kretionsfrist) schon aus der testamentarischen Bestimmung, etwa cernito in centum diebus proximis. Dann ist klar, dass der Sklave als der eingesetzte Erbe innerhalb von hundert Tagen antreten muss.313 Ob die Miteigentümer Kenntnis von der Einsetzung des Sklaven haben und ob sie ein iussum erteilt haben, ist insoweit unerheblich. Hat einer noch kein iussum erteilt, erhält er aus dem Erbantritt des Sklaven nichts, was freilich nicht ausschließt, dass der Sklave innerhalb dieser Frist auch mehrfach zugunsten einzelner Miteigentümer antreten kann.314 Die Hunderttagesfrist aber läuft für den Sklaven als den eingesetzten Erben ab, nicht für seine Herren. Folglich wird auch in dem Falle, dass der Testator keine Kretionsfrist bestimmt hat, nichts anderes gegolten haben, da sich die Erbenstellung auch in diesem Fall nach der Person des Sklaven bemisst. Buckland stützt seine gegenteilige Ansicht auf folgendes Fragment: D. 28,8,1 pr. Ulpianus libro sexagesimo ad edictum Si servus fuerit heres institutus, utique non ipsi praestituimus tempus ad deliberandum, sed ei cuius servus est, quia pro nullo isti habentur apud praetorem. itemque si plurium servus sit, utique omnibus dominis praestituemus.

Ulpian im 60. Buch zum Edikt Wenn ein Sklave als Erbe eingesetzt worden ist, dann setzen wir freilich nicht ihm selbst die Überlegungsfrist, sondern demjenigen, dessen Sklave er ist, weil diese [die Sklaven] nicht vor dem Prätor auftreten können. Und wenn er mehreren gehört, dann setzen wir die Frist allen Eigentümern.

Die Deliberationsfrist, welche dem Erben vom Prätor eingeräumt werden kann, wenn die Nachlassgläubiger ihn bedrängen,315 wird also dem Herrn eingeräumt, nicht dem Sklaven. Dies geschieht aber nicht etwas deswegen, weil der Sklave 312

314 315 313

Buckland, Slavery, S. 384. Zum Erbantritt des Sklaven siehe oben S. 35ff. Paul. 5 ad leg. Iul. et Pap. D. 29,2,68, dazu näher siehe unten S. 130ff. Zum ius deliberandi vgl. G. 2,167; Voci, DER I, S. 501ff.

126

Einsetzung eines gemeinschaftlichen Sklaven

nicht als Erbe angesehen worden wäre,316 sondern nur deshalb, weil er nicht vor dem Prätor auftreten kann. Dies ist eine Ausprägung der Prozessunfähigkeit des Sklaven.317 Ulpian wandelt den Fall im letzten Satz dahingehend ab, dass der Sklave ein servus communis ist. In diesem Falle werde omnibus dominis eine Frist gesetzt. Dies kann man schon sprachlich schwer so auslegen, dass jedem Eigentümer eine separate Frist eingeräumt würde. Dann hieße es eher unicuique dominorum, was bei Ulpian in einem strukturell ähnlichen Fall auch nachgewiesen ist.318 Omnibus dominis sagt Ulpian dagegen, wenn er von den Miteigentümern des servus communis in ihrer Gesamtheit spricht.319 Und auch inhaltlich ist es fernliegend, von separaten Fristen auszugehen. Denn die Deliberationsfrist dient dazu, dem Erben Zeit zu geben, sich über den Bestand der Erbschaft und insbesondere die Erbschaftsschulden zu informieren. Der Prätor setzt daher eine solche Frist, die er der Sache nach für angemessen hält. Da es sich hier aber nur um eine einzige Erbschaft handelt, können insofern keine unterschiedlichen Kriterien in der Person der verschiedenen Miteigentümer eine Rolle spielen. Man muss also entgegen Buckland annehmen, dass den Miteigentümern des gemeinschaftlichen Sklaven eine einheitliche Frist gesetzt wird, innerhalb derer sie dem Sklaven das iussum erteilen müssen und dieser die Erbschaft antreten muss. Aus dem Gesagten lassen sich zusammenfassend folgende Besonderheiten zu den allgemeinen Regeln feststellen, wenn ein servus communis als Erbe eingesetzt worden ist: Hinsichtlich der Erwerbsfähigkeit und hinsichtlich des Erbschaftserwerbs wird auf die Herren des Sklaven abgestellt. In ihrer Person müssen jeweils testamenti factio und capacitas vorliegen, damit ihnen erworben wird. Insoweit es den Erbantritt betrifft, ist dagegen die Person des Sklaven maßgeblich: In seiner Person läuft die Erbantrittsfrist ab, auch wenn er mehrere Miteigentümer hat. Es zeigt sich also wiederum, dass beim Erbantritt die Person des Sklaven in den Vordergrund tritt, beim Erbschaftserwerb die Person des oder der Herren.320

316

Dazu ausführlich oben S. 7ff. Dazu schon oben Fn. 160. 318 Ulp. 30 ad ed. D. 16,3,1,31: Si duorum servus sit qui deposuit, unicuique dominorum in partem competit depositi. 319 Ulp. 21 ad Sab. D. 45,3,4: Si servus communis sibi et uni ex dominis stipuletur, perinde est, ac si omnibus dominis et uni ex his stipuletur... 320 Vgl. schon oben S. 50. 317

127

Einsetzung durch einen Dritten

1.2  Ausfall eines Miteigentümers: Erwerb durch die Übrigen Besondere Aufmerksamkeit verdient beim servus communis die Frage, welche Folgen eintreten, wenn einer der Miteigentümer keine Anweisung zum Erbantritt erteilt. Sein Anteil fällt dann, im Verhältnis ihrer Anteile, an die übrigen Miteigentümer. Dies kann sich mit der erwähnten Struktur des Miteigentums erklären lassen, das nicht nur aus der individuellen Quote, sondern auch aus der potentiellen Berechtigung auf das Ganze besteht. Andererseits ist auch eine erbrechtliche Deutung möglich, aufgrund derer die Erbberechtigung des ausfallenden Miteigentümers den anderen zugute kommen kann. Dieses Spannungsfeld zwischen Erbrecht und Eigentumsrecht soll nun aufgedeckt werden. In den Quellen finden sich zwei unterschiedliche Fallkonstellationen, in denen der Ausfall eines Miteigentümers relevant werden kann. Sie unterscheiden sich danach, ob der servus communis einen Ersatzerben hat. Ist kein Ersatzerbe vorhanden, so kommt bei Nichtanweisung seitens eines Miteigentümers nur ein Erwerb durch die anderen Miteigentümer in Betracht (D. 29,2,67 und 68). Ein Erwerb der Quote des nichtanweisenden Miteigentümers durch die gesetzlichen Erben ist dagegen von vornherein wegen des Grundsatzes nemo pro parte testatus pro parte intestatus decedere potest ausgeschlossen.321 Ist aber ein Ersatzerbe vorhanden, so ist umstritten, ob er anstelle der anderen Miteigentümer berufen wird (D. 28,6,48 pr., dazu unten S. 137ff.). Die erste genauere Erläuterung der Problematik gibt Ulpian mit folgenden Worten: D. 29,2,67 Ulpianus libro primo regularum Servus communis ab extero heres institutus si iussu unius adierit hereditatem, non pro maiore parte interim heredem eum facit, quam pro dominica, deinde ceteris sociis non iubentibus tacito iure partes ei adcrescunt.

Ulpian im ersten Buch der Rechtsregeln Wenn ein gemeinschaftlicher Sklave von einem Außenstehenden zum Erben eingesetzt worden ist und auf Anweisung eines seiner Eigentümer die Erbschaft angetreten hat, macht er ihn in der Zwischenzeit nicht zu einem größeren Teil zum Erben, als seinem Eigentumsanteil entspricht. Wenn daraufhin die übrigen Miteigentümer keine Anweisung zum Erbantritt erteilen, wachsen ihm deren Teile automatisch an.

Vgl. Gothofredus, ad D. 29,2,67 (S. 419). Der Grundsatz nemo pro parte... findet sich etwa in Pomp. 3 ad Sab. D. 50,17,7 und Cic. inv. 2,21.

321

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Einsetzung eines gemeinschaftlichen Sklaven

Ulpian bekräftigt hier zunächst den schon in den Institutionen Justinians zum Ausdruck gekommenen Grundsatz, dass der gemeinschaftliche Sklave die ihm hinterlassene Erbschaft seinen Eigentümern im Verhältnis ihrer Anteile erwirbt. Das eigentlich Besondere an diesem Text ist jedoch die Art und Weise, in der Ulpian den Erwerbsvorgang bei Einsetzung eines gemeinschaftlichen Sklaven darstellt. Es handelt sich hier nämlich nicht nur um eine schlichte regula, sondern um eine Erzählung in zeitlicher Reihenfolge: Ulpian erklärt, dass der Sklave, der nur auf Anweisung eines seiner Eigentümer antritt,322 diesen zunächst (interim) nur in Höhe seines Anteils zum Erben macht. Darin kommt zum Ausdruck, dass eine potentielle Berechtigung auf das Ganze entstanden ist, die bloß einstweilen nicht zur Wirkung kommt. Sie verwirklicht sich, wenn daraufhin (deinde) kein weiterer Antritt auf Anweisung der anderen Miteigentümer erfolgt. Es zeigt sich somit, dass bei Erbeinsetzung eines gemeinschaftlichen Sklaven jedem Miteigentümer nicht nur sein Anteil zukommt, sondern auch eine mögliche Berechtigung auf das Ganze. Als Regel lässt sich damit zunächst festhalten, dass der Ausfall eines Miteigentümers den Erwerb seines Anteils durch die übrigen Miteigentümer bewirkt. Diese Rechtslage hat Parallelen in anderen Bereichen. Zunächst gilt dieser Grundsatz des Totalerwerbs durch einen Miteigentümer nicht nur bei der Erbschaft, sondern auch beim Erbschaftsfideikommiss.323 Weiterhin erwerben auch bei der Stipulation und beim Vermächtnis an einen gemeinschaftlichen Sklaven die Miteigentümer anteilig die Anteile der ausfallenden Miteigentümer.324

Abwegig Masiello, Quaestiones publice tractatae, S. 125f., der in si iussu unius adierit hereditatem eine im Testament enthaltene Bedingung sieht. Dies würde bedeuten, dass ein servus communis ohne diese Bedingung nicht auf Anweisung nur eines Miteigentümers antreten könnte. Dagegen sprechen aber die übrigen Quellen. Auch die Übersetzungen verstehen den Text nicht in diesem Sinne, vgl. Hulot, Bd. 4, S. 247; Hunger, in: Otto/Schilling/Sintenis, Bd. 3, S. 164; Spruit/Bongenaar, Bd. 4, S. 402. Auch Masiello ist von der Erbrechtstheorie Bonfantes beeinflusst, vgl. ebd. S. 126. 323 Ulp. 4 fideic. D. 36,1,17(16),10: Si servo duorum rogatus quis sit restituere hereditatem et alter cogere velit suspectam dicentem [d.h. den Erben], alter restituere sibi recuset, hoc erit dicendum, quod in duobus, quorum alter suscipere voluit hereditatem, alter non. Was bei diesen Zweien gilt, steht in D. 36,1,17(16),4 und 9: Alles fällt demjenigen zu, der das Fideikommiss erwerben möchte. 324 Vgl. zur Stipulation Iul. 52 dig. D. 45,3,1,4: ... quia persona servi communis eius condicionis est, ut in eo, quod alter ex dominis potest adquirere, alter non potest, perinde habeatur, ac si eius solius esset, cui adquirendi facultatem habeat. Dazu Lohsse, Ius adcrescendi, S. 240ff., auch S. 229ff. (zum Vermächtnis), jeweils m.w.N.

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1.3  Rechtsgrund des Erwerbs der Miteigentümer Ungeklärt bleibt jedoch die hinter der Entscheidung stehende Begründung: Handelt es sich bei dem vollständigen Erwerb durch einige Miteigentümer um einen Erwerb kraft Erbrechts oder um einen Erwerb kraft Eigentumsrechts? Bretone geht davon aus, dass der Erwerb ein erbrechtlicher sei: Der Miteigentümer, der dem Sklaven den Erbantritt befohlen habe, erwerbe die Anteile der Übrigen nur deswegen, weil er „Erbe“ sei. Die Stellung als Erbe sei unteilbar und daher ggf. auch umfassend. Das Miteigentum habe dagegen nur den Zweck, den Titel des „Erben“ überhaupt zu erlangen, sei jedoch nicht der Erwerbsgrund der übrigen Anteile.325 Gegen diese Theorie Bretones spricht, neben den oben genannten generellen Einwänden,326 schon die Tatsache, dass der Erwerb durch einen servus communis auch dann nach gleichen Grundsätzen erfolgt, wenn es sich nicht um den Erwerb eines Erben handelt, sondern um den Vermächtniserwerb oder den Erwerb aus einer Stipulation. Aus erbrechtlicher Sicht ist auch ersichtlich, dass es sich beim Erwerb eines Miteigentümers nicht um eine erbrechtliche Anwachsung im technischen Sinne handeln kann. Denn unter der Geltung der augusteischen Gesetze, die den Erbschaftserwerb beschränkten, trat Anwachsung von Erbteilen nur noch in wenigen Sonderfällen ein. Durch die Bestimmungen der lex Iulia et Papia wuchsen testamentarische Erbquoten, die der Bedachte nicht antrat, nicht allen anderen Miterben an, sondern fielen als caduca nur an die Miterben und Vermächtnisnehmer, die Kinder hatten, ansonsten an den Fiskus.327 Hätte Ulpian also den Erbschaftserwerb durch die Miteigentümer eines gemeinschaftlichen Sklaven als erbrechtlichen Erwerb qualifiziert, so hätte er konsequenterweise für den Fall, dass ein Miteigentümer keine Anweisung zum Antritt erteilt, Kaduzität annehmen müssen. Das Fragment D. 29,2,67 wäre dann nicht in der vorliegenden Form überliefert worden. Dass der Erwerb der Miteigentümer kein erbrechtlicher Erwerb ist, zeigt vor allem das folgende Fragment:

Bretone, Servus communis, S. 112f. Siehe oben S. 15f. 327 Zum Inhalt der Ehegesetze näher unten S. 277ff.; zum Erwerb des fiscus oben Fn. 139. 325 326

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D. 29,2,68 Paulus libro quinto ad legem Iuliam et Papiam Cum solus servus heres institutus sit, sicut licet uno tempore omnium dominorum iussu adire hereditatem, ita et separatis temporibus singulorum iussu recte adit: nam quia328 saepius adit, non ex testamento, sed ex iure dominorum venire utilitatis causa videtur, ne alterius festinatione alterius ius laedatur.

Paulus im fünften Buch zur lex Iulia et Papia Wenn ein Sklave zum Alleinerben eingesetzt ist, dann kann er sowohl zu einem Zeitpunkt auf Anweisung aller Eigentümer die Erbschaft antreten, als auch zu unterschiedlichen Zeitpunkten auf Anweisung der Einzelnen. Und da er mehrfach antritt, nimmt man aus Zweckmäßigkeitserwägungen an, dass er [die Erbschaft] nicht aus dem Testament, sondern aus dem Eigentümerrecht erlangt, damit nicht durch die Voreiligkeit des einen das Recht des anderen verletzt wird.

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Paulus beurteilt hier im Ausgangspunkt denselben Fall wie Ulpian, die Erbeinsetzung eines gemeinschaftlichen Sklaven. Allerdings behandelt er nicht den Fall der fehlenden Anweisung seitens eines der Miteigentümer, sondern die Frage, wie der Sklave die Erbschaft antreten muss: Er kann sie uno actu auf Anweisung aller antreten oder nacheinander auf Anweisung jedes Miteigentümers gesondert. Besonders interessant ist, dass sich Paulus im Folgenden ausdrücklich zur Frage des Rechtsgrunds des Erbschaftserwerbs äußert: Der Erwerb wird nicht als erbrechtlicher Erwerb (non ex testamento), sondern als Erwerb kraft Eigentums am Sklaven (ex iure dominorum) betrachtet. Der anweisende Miteigentümer erwirbt also einen entsprechenden Teil des Nachlasses, weil er Eigentümer des Sklaven ist, nicht weil der Wille des Erblassers auf ihn bezogen wäre. Es kann damit zunächst festgehalten werden, dass der Rechtsgrund des Erbschaftserwerbs das Eigentumsrecht am Sklaven ist. Damit ist das Fragment allerdings nicht vollständig erklärt. Insbesondere stellt sich die Frage, warum Paulus hier den Rechtsgrund überhaupt erwähnt und wie die folgende Begründung (ne alterius festinatione...) damit zusammenhängt. In der Sekundärliteratur wird die paulinische Begründung, dass ein Miteigentümer bei Zugrundelegung erbrechtlichen Erwerbs durch seine Voreiligkeit

Mommsen schlägt hier quod vor, vgl. die ed. maior ad h.l. Doch ist sachlich auch quia begründet: Weil der Sklave mehrfach antritt, muss man sich die Frage des Erwerbsgrundes stellen.

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( festinatio)329 das Recht der anderen verletzen könne, üblicherweise so gedeutet, dass Paulus vor Augen gehabt habe, der Sklave könne sonst auf Anweisung dieses einen, ersten Miteigentümers die gesamte Erbschaft erwerben und dadurch den Erwerb der anderen Miteigentümer verhindern.330 Dagegen sprechen jedoch sowohl formale wie inhaltliche Argumente. Inhaltlich steht einer derartigen Interpretation entgegen, dass Paulus kaum einen entsprechenden Rechtsgedanken vor Augen gehabt haben dürfte. Wenn er hier wirklich diskutiert haben sollte, ob ein Sklave auch ein einziges Mal antreten dürfe und dadurch einem Miteigentümer alles erwürbe, so würde man Paulus unterstellen, eine von vornherein abwegige Diskussion geführt zu haben. Es ist unter den römischen Juristen ganz unbestritten, dass ein servus communis mehrfach antreten kann. Dabei ist auch klar, dass jeder Miteigentümer die gesamte Erbantrittsfrist nutzen kann, um sich zu überlegen, ob er die Erbschaft erhalten möchte oder nicht. Es besteht gar keine ernsthafte Möglichkeit, durch Schnelligkeit die anderen Miteigentümer um ihre Anteile zu bringen. Die entgegengesetzte Überlegung liefe darauf hinaus, einem Miteigentümer die Möglichkeit zu geben, den gesamten Erwerb an sich zu reißen – kein Jurist kann eine solche Ansicht ernsthaft vertreten haben. Daher ist auch nicht anzunehmen, dass Paulus hier zwei Sätze darauf verwendet haben soll, eine solche Ansicht zu bekämpfen. Es kommt ein formales Argument hinzu: Folgte man der Interpretation der Sekundärliteratur, so würde der ne alterius festinatione-Satz nur den cum solus-Satz erklären, nicht aber den nam quia-Satz. Denn die Aussage, der Sklave erwerbe deswegen nicht auf Anweisung eines Eigentümers alles, damit das Erwerbsrecht der anderen nicht beeinträchtigt werde, erklärt, dass mehrfacher Antritt nötig ist; sie erklärt aber nicht, warum der Erwerb iure dominorum und nicht ex testamento erfolgt. Da der ne alterius festinatione-Satz aber dem nam quia-Satz folgt, muss man eher annehmen, dass er diesen erklärt, und nicht den cum solus-Satz. Der nam quia-Satz wäre nach dieser Interpretation völlig sinnfrei in den Text eingefügt. Etwas überzeugender ist daher eine andere Erklärungsmöglichkeit, auf die schon Gothofredus hinweist, indem er folgende Stelle anführt:331

Buckland, Slavery, S. 384, spricht von „delay“, was nicht verständlich ist, siehe auch Leptien, SDHI 35 (1969) 51, 58 Fn. 33. 330 Zuletzt Navarra, Utilitas, S. 118f., mit zustimmender Anmerkung von Ankum, SZ 126 (2009) 533; so auch Leptien, SDHI 35 (1969) 57f. Leptien erklärt weiter, dass jeder Miteigentümer gezwungen war, ständig auf den Sklaven aufzupassen, damit dieser nicht auf Anweisung eines anderen die Erbschaft antrete. Eine solche primitive Rechtsauffassung wird Paulus nicht ernsthaft in Erwägung gezogen haben. 331 Gothofredus, Fn. 22 zu D. 29,2,68 (S. 419). 329

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D. 29,5,27 Callistratus libro primo de iure fisci Si de pluribus heredibus quibusdam invitis aut ignorantibus apertum erit testamentum, non amittunt portiones suas qui culpa carent.

Callistrat im ersten Buch zum Fiskalrecht Wenn das Testament eröffnet wird, ohne dass einige der Miterben davon wissen, oder gegen deren Willen, dann verlieren diejenigen ihre Anteile nicht, die nicht fahrlässig gehandelt haben.

Das vorliegende Fragment behandelt eine Sanktion bei voreiliger Testamentseröffnung. Nach dem SC Silanianum mussten bekanntlich bei Ermordung eines Hausvaters sämtliche Sklaven gefoltert, verhört und hingerichtet werden, die sich mit ihm unter einem Dach befunden hatten. Das prätorische Edikt sah vor, dass das Testament des Ermordeten nicht eröffnet werden durfte, bevor dies geschehen war.332 Ebenso war es dem Erben untersagt, die Erbschaft anzutreten, da ansonsten die Folterung der Sklaven meist ausgeblieben wäre.333 Trat der Erbe gleichwohl an und vereitelte so möglicherweise die Aufklärung des Mordes, so sah man ihn als erbunwürdig an und sein Erbteil verfiel dem Staat.334 Callistrat konkretisiert diese Bestimmungen hier für den Sonderfall, dass mehrere Erben vorhanden sind, von denen nur einige die Erbschaft angetreten haben. Er stellt klar, dass die Konfiskation des Erbteils nicht diejenigen Miterben trifft, die an der Testamentseröffnung keine Schuld haben.335 Die Miterben, welche von der Eröffnung nichts wussten, oder zwar davon wussten, aber widersprochen hatten, verloren ihre Erbteile also nicht. Die Übertragung der Entscheidung auf unser Fragment D. 29,2,68 ist zunächst nicht fernliegend, vorausgesetzt man behandelt die Miteigentümer des servus communis genauso wie Miterben. Dann könnte man in der Tat sagen: Ne alterius festinatione alterius ius laedatur, das heißt, der Erbantritt vor Testamentseröffnung und vor Untersuchung des Todes des Erblassers schadet nur denjenigen Miteigentümern, die dem Sklaven tatsächlich die Anweisung zum Antritt erteilt haben, nicht aber denjenigen, die dies unterlassen haben. Ordnet man das Frag332

Ulp. 50 ad ed. D. 29,5,3,18–28; Ven. 2 de publ. iud. D. 29,5,13. Details bei Voci, DER I, S. 466ff. 334 Ulp. 50 ad ed. D. 29,5,5,2; Paul. 46 ad ed. D. 29,5,8,1; PS 3,5,12a (= Append. leg. Rom. Wisig. 2,15). 335 Seidl, in: Eranion Maridakis, Bd. I, S. 251, und Hasse, Culpa, S. 51, beziehen qui culpa carent auf diejenigen Miterben, die das Testament eröffnet haben. Allerdings werden diese nur in seltenen Fällen schuldlos handeln (etwa dann, wenn zunächst nicht bekannt war, dass der Testator auf unnatürliche Weise ums Leben gekommen ist). Viel naheliegender ist es aber, diese Worte vor allem auf die inviti et ignorantes zu beziehen. 333

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ment D. 29,2,68 also in den Kontext des SC Silanianum ein, so kann man tatsächlich überzeugend erklären, warum die festinatio eines Miteigentümers ein ius alterius zerstören können soll. Doch sprechen mehrere Gründe dagegen, unser Fragment in diesen Kontext zu stellen. Zunächst stammt D. 29,2,68 ausweislich der Inskription aus dem Kommentar des Paulus zur lex Iulia et Papia, nicht aber aus seinen Schriften zum SC Silanianum – diese sind vielmehr im 46. Buch seines Ediktskommentars und in einem liber singularis zum SC Silanianum überliefert. Zum anderen wäre der Bezug zum Rechtsgrund des Erwerbs (ex testamento oder iure dominorum) auch nach dieser Interpretation sinnfrei: Denn das Edikt, das die Konfiskation von Erbteilen wegen Verletzung des SC Silanianum vorsieht, ist bei jeder Form von Erbschaftserwerb anwendbar, unabhängig davon, ob dieser ex testamento oder ab intestato erfolgt336 – der Erwerbsgrund ist folglich in diesem Zusammenhang nicht entscheidend. Das Fragment muss daher in den Zusammenhang der lex Iulia et Papia eingeordnet werden. Denn hier ist der Erwerbsgrund entscheidend: Die Kaduzitätsvorschriften betreffen nur den Erwerb ex testamento: UE 17,1 Quod quis sibi testamento relic- „Kaduk“ wird das genannt, was jemand aus tum, ita ut iure civili capere pos- irgendeinem Grunde nicht erworben hat, obsit, aliqua ex causa non ceperit, wohl es ihm durch Testament so hinterlassen caducum appellatur ... worden ist, dass er es nach Zivilrecht erwerben könnte ... Wie aus der Epitome Ulpiani hervorgeht, war vom Anwendungsbereich der Gesetze nur der testamentarische Erwerb umfasst. Wenn Paulus im Fragment D. 29,2,68 also diesen Erwerb vom Erwerb kraft Eigentümerrechts unterscheidet, dann offenbar, um klarzustellen, dass der Erbschaftserwerb über den servus communis nicht der lex Iulia et Papia unterfällt. Fraglich ist aber, in welchem Zusammenhang mit den Kaduzitätsgesetzen unser Fragment steht. Die naheliegendste Erklärung wäre wiederum, den Erbschaftserwerb der Miteigentümer mit dem Erbschaftserwerb mehrerer Miterben zu vergleichen.337 Dafür spricht zunächst das Wort solus zu Beginn unseres Textes: Der Sklave ist als Alleinerbe eingesetzt. Diese Tatsache wäre, wenn es nur um den 336

Ulp. 50 ad ed. D. 29,5,3,29: Non tantum ex testamento, sed etiam ab intestato hereditas ad hoc edictum pertinet...; PS 3,5,12a (= Append. leg. Rom. Wisig. 2,15): apertis tabulis testamenti vel ab intestato adierunt hereditatem... 337 Der Zusammenhang findet sich schon bei Heineccius, Ad legem Iuliam, Opera Bd. 6, S. 404, sowie Lenel, Palingenesia, Bd. 1, Sp. 1129 Fn. 4.

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Erbantritt ginge, irrelevant, da sich die Frage des Einfach- oder Mehrfachantritts auch dann stellte, wenn der gemeinschaftliche Sklave als Miterbe neben anderen Erben eingesetzt wäre. Sie ist dagegen im Umfeld der lex Papia relevant, da diese einen Antritt von Miterben vor Testamentseröffnung untersagte, nicht dagegen einen Antritt eines Einzelerben.338 Der Sklave ist folglich im hier entschiedenen Fall als Alleinerbe vor Testamentseröffnung angetreten. Damit ist allerdings noch nicht geklärt, welcher Zusammenhang zur festinatio besteht, also weswegen der Erbantritt vor Testamentseröffnung eine übereilte Handlung war, die ein „Recht“ der anderen Miterben zerstören kann. Welches subjektive339 Recht ist hier mit ius gemeint? Der Zusammenhang mit der lex Papia legt es nahe, an das Recht auf den Erbschaftserwerb selbst zu denken, das durch Kaduzität zunichte gemacht werden kann. Jedoch ist keine Bestimmung ersichtlich, woraus hervorginge, dass ein vorzeitiger Erbantritt eines Miterben die Erbteile der anderen Miterben kaduzieren ließe. Abgesehen davon, dass es sich hier nicht einmal um Miterben handelt, wäre dies mit dem Grundsatz unvereinbar, dass jeder nur für eigenes Handeln verantwortlich ist.340 Daher kann man nicht davon ausgehen, dass durch den voreiligen Erbantritt eines Miterben die Erbteile der anderen Miterben an den Fiskus fielen. Ebensowenig ist hier der Erbteil des Miteigentümers, der die Anweisung zum Erbantritt erteilt hat, durch den vorzeitigen Antritt gefährdet. Denn ein Antritt eines Teilerben vor Testamentseröffnung war zwar unwirksam, führte aber nicht zur Kaduzität. Somit ist keine Kaduzitätsvorschrift ersichtlich, die Paulus im Sinn gehabt haben könnte. Heineccius vermutet daher, es sei im Text gar nicht um einen vorzeitigen Erbantritt gegangen, sondern um den Tod der nicht anweisenden Miteigentümer nach dem Tode des Erblassers und vor Testamentseröffnung. Diese Fragestellung sei aber von Tribonian getilgt worden.341 Jedoch ist fernliegend, dass selbst in diesem Falle an Kaduzität gedacht worden wäre. Denn der Sklave ist der eingesetzte Erbe, und solange er nicht stirbt, geht das in seiner Person begründete Recht nicht verloren. An die Stelle des verstorbenen Miteigentümers treten dessen Erben als Rechtsnachfolger in seinen Miteigentumsanteil am Sklaven – gerade 338

Vgl. Iul. 31 dig. D. 35,1,21 a.E.: Ist das Testament eröffnet und weiß der Teilerbe davon noch nichts, kann er trotzdem schon antreten, da es sich bei der Testamentseröffnung bloß um eine Rechtsbedingung handelt. Folglich musste die Testamentseröffnung nur bei Antritt eines Teilerben schon erfolgt sein. Vgl. auch Iust. C. 6,51,1,5 (534). Zum Antrittsverbot des Teilerben vor Testamentseröffnung siehe auch Voci, DER I, S. 456 m.w.N.; Astolfi, Lex Iulia, S. 225ff. 339 Kaser, Acta Juridica 1977 (Beinart, Bd. 2) 63, 67 Fn. 86. 340 Daher hat Gothofredus, Fn. 22 zu D. 29,2,68 (S. 419), auch auf Ulp. 52 ad ed. D. 39,1,5,5 hingewiesen, wo es heißt: neque enim debet nocere factum alterius ei qui nihil fecit. 341 Heineccius, Ad legem Iuliam, Opera Bd. 6, S. 404.

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wenn man wie Heineccius auf die Begründung iure dominorum abstellt, muss man zu einem solchen Ergebnis kommen. Es ist daher eher anzunehmen, dass ein anderer Zusammenhang mit den Kaduzitätsgesetzen besteht. Azo hat angenommen, den anderen Miteigentümern werde das Recht genommen, die volle Überlegungsfrist für den Antritt der Erbschaft zu nutzen.342 Davon kann jedoch nicht die Rede sein; die Überlegung, der anweisende Miteigentümer erwerbe sofort die gesamte Erbschaft, ist so fernliegend, dass Paulus sie nicht ernsthaft in Erwägung gezogen haben wird. Vielmehr ist nicht zweifelhaft, dass das Überlegungsrecht der Miteigentümer dadurch geschützt wird, dass man es dem Sklaven zugesteht, zu verschiedenen Zeitpunkten auf Anweisung der einzelnen Eigentümer anzutreten.343 Die Entscheidung, dass der Sklave zu verschiedenen Zeitpunkten antreten kann, ist nicht der Kern der Entscheidung von Paulus, sondern wird von ihm schon vorausgesetzt (licet).344 Es bleibt damit nur eine taugliche Erklärung, die verdeutlicht, welches ius Paulus hier gemeint haben könnte. Es geht um das Recht auf den potentiellen Gesamterwerb durch den servus communis. Dieses Recht würde den nicht anweisenden Miteigentümern verlorengehen, wenn der anweisende Miteigentümer erwerbsunfähig ist (incapax), trotzdem die Erbschaft antritt, und man den Erwerb als erbrechtlich (ex testamento) klassifizieren würde. Man muss dazu annehmen, dass der Miteigentümer, der den Sklaven schon vor Testamentseröffnung angewiesen hat, erwerbsunfähig ist. Als Beleg dafür lässt sich der Ausdruck festinatio selbst anführen. Denn festinatio meint nicht bloß, dass die Erbschaft schnell angetreten worden ist, vielmehr wohnt dem Wort ein Unwertelement inne, nämlich dass die Erbschaft „zu schnell“ oder eben „voreilig“ angetreten worden ist. Auch in Paul. 7 ad leg. Iul. et Pap. D. 49,14,13,7 bezeichnet festinatio eine voreilige Handlung vor Testamentseröffnung. Und genau eine solche Übereilung liegt vor, wenn jemand einen Erbschaftsantritt befiehlt, ohne zu bedenken, dass er diese Erbschaft als incapax nicht wird erwerben können. Nur unter Zugrundelegung dieser Interpretation erhält der nam-Satz, also die Frage des Erwerbsgrundes, eine überzeugende Erklärung. Denn würde man den Erwerb, den der anweisende Miteigentümer durch den servus communis macht, als Erwerb ex testamento qualifizieren, so verfiele seine Quote, in strikter Anwen Azo in der Glosse laedatur ad h.l. (Ausgabe Lyon 1593): „Scilicet, quia nulla facta deliberatione damnosae applicaretur hereditati quandoque.“ 343 Dazu auch Salkowski, Sklavenerwerb, S. 8; Buckland, Slavery, S. 384. Buckland nimmt umgekehrt an, ein Miteigentümer könne ansonsten durch verspäteten Antritt den Erwerb der anderen verhindern, was aber einer unrichtigen Lesung des Textes geschuldet ist, vgl. oben Fn. 329. 344 Anders Heineccius, Ad legem Iuliam, Opera Bd. 6, S. 404, da er aus dem Aussagesatz einen Fragesatz macht und liest: an sicut licet uno tempore ... recte adeat? 342

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dung von UE 17,1,345 dem Fiskus. Indem Paulus aber klarstellt, dass es sich hier um einen Erwerb handelt, den der Miteigentümer wegen seines Eigentumsrechts am Sklaven macht, und nicht aus dem Testament des Erblassers, vermeidet er diese Rechtsfolge. Der Anteil des vorschnellen Miteigentümers fällt somit nicht an den Fiskus. Vielmehr stellt Paulus fest, dass der vorschnelle Antritt den anderen Miteigentümern nicht schade. Damit ist gemeint: Die übrigen Miteigentümer können nach wie vor die Quote des erwerbsunfähigen Miteigentümers erhalten, wenn sie ihrerseits den Sklaven anweisen, die Erbschaft anzutreten. Dieses Recht auf den Gesamterwerb, welches dem Eigentum am servus communis innewohnt, ist mit dem Wort ius am Ende des Fragments gemeint. Nachdem D. 29,2,68 erklärt worden ist, lassen sich folgende Ergebnisse zum Erwerbsgrund feststellen: Das Eigentum am gemeinschaftlichen Sklaven verleiht jedem Miteigentümer ein potentielles Recht auf den Erwerb der gesamten dem Sklaven ausgesetzten Erbschaft. Dieser Erwerb geschieht kraft seines Eigentümerrechts, nicht kraft Erbrechts. Damit sind auch die Kaduzitätsbestimmungen der lex Iulia et Papia nicht anwendbar. Aus diesem Erwerbsrecht des Miteigentümers erklärt sich auch, warum Ulpian von „anwachsen“ spricht (D. 29,2,67, siehe oben S. 127): Es handelt sich weder um eine Anwachsung im erbrechtlichen Sinne, noch um eine Anwachsung im eigentumsrechtlichen Sinne, sondern nur um ein „anwachsen“ im untechnischen Sinne, eine Form des Gesamterwerbs durch einen Gewaltunterworfenen.346 Diese Möglichkeit des Gesamterwerbs durch den Eigentümer, in dessen Person der Erwerb stattfinden kann, wird bei der Frage nach den Hintergründen der Erbeinsetzung eines servus communis noch bedeutsam (S. 286ff.). Schließlich ist noch zu bemerken, dass die Frage des Erwerbsgrunds nicht für das gesamte Sklavenerbrecht generalisiert werden kann, sondern sich immer nur in konkretem Sachzusammenhang stellt.347

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Text siehe oben S. 133. Dass die Kaduzitätsgesetze sehr strikt interpretiert wurden, geht z.B. aus Paul. 6 ad leg. Iul. et Pap. D. 50,16,140 hervor: ‘Cepisse’ quis intellegitur quamvis alii adquisiit. Offenbar hatte der Fiskus hier (erfolglos) argumentiert, der Sklave, der für seinen Herrn (alii) erworben hatte, habe nichts erworben (capere) und es sei daher Kaduzität eingetreten. Zum Erwerb des fiscus oben Fn. 139. 346 So auch Salkowski, Sklavenerwerb, S. 9: „Von einer eigentlichen Accrescenz kann hier überhaupt gar nicht gesprochen werden.“ Vgl. auch oben S. 130f. 347 Zum Sklaven, der im Alleineigentum steht, vgl. schon oben S. 50ff.

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1.4  Ausfall eines Miteigentümers: Erwerb durch den Ersatzerben Eine andere Lösung der Erbfrage bei Ausfall eines Miteigentümers ist dann möglich, wenn der Testator dem gemeinschaftlichen Sklaven einen Ersatzerben gegeben hat. Dann besteht neben der unechten „Anwachsung“ an die anweisenden Miteigentümer auch die Möglichkeit der Berufung des Ersatzerben auf die Erbteile der Miteigentümer, die dem Sklaven keine Anweisung zum Erbantritt gegeben haben. Hier tritt das Spannungsfeld zwischen Eigentumsrecht und Erbrecht noch deutlicher zutage: Klassifiziert man den Erwerb durch den servus communis nur als Ausprägung des Eigentümerrechts seiner Herren, dann müsste man wie im soeben besprochenen Fall den vollständigen Erwerb durch diejenigen Miteigentümer befürworten, die eine Anweisung zum Erbantritt erteilt haben. Betrachtet man dagegen vor allem die erbrechtliche Seite, also den Willen des Erblassers, liegt es näher, den Ersatzerben zu berufen, da der Erblasser diesen selbst als subsidiären Erwerber bestimmt hat. Infolge dieser unterschiedlichen Lösungsmöglichkeiten war der Fall umstritten. D. 28,6,48 pr. Scaevola libro singulari quaestionum publice tractatarum Servum communem habemus: hic heres scriptus est et, si heres non sit, Maevius illi substitutus est: alterius iussu dominorum adiit hereditatem, alterius non: quaeritur, an substituto locus sit an non. et verius est substituto locum esse.

Scaevola in der Einzelschrift der öffentlich vorgetragenen Rechtsfragen Uns gehört ein gemeinschaftlicher Sklave. Dieser ist zum Erben eingesetzt worden und für den Fall, dass er nicht Erbe wird, ist Maevius als Ersatzerbe eingesetzt worden. Er hat die Erbschaft auf Anweisung eines Eigentümers angetreten, auf Anweisung des anderen nicht. Die Frage ist, ob der Ersatzerbe zur Erbschaft berufen wird oder nicht. Und es ist richtiger, dass der Ersatzerbe berufen wird.

Nach der Entscheidung Scaevolas wird in dem Fall, dass der gemeinschaftliche Sklave einen Ersatzerben hat, dieser Ersatzerbe auf die Hälfte berufen, die der eine Miteigentümer nicht haben wollte. In dem Interessenkonflikt zwischen dem anderen Miteigentümer, der den Erbteil kraft Eigentümerrechts nach dem Grundsatz des Totalerwerbs beim servus communis fordern könnte, und dem Ersatzerben, der ihn infolge seiner Einsetzung aus dem Willen des Erblassers fordern könnte, entscheidet der Jurist also für den letzteren. Allerdings ist diese Lösung Scaevolas nicht unbestritten gewesen. Wie sich aus der Terminologie quaeritur ... verius est ergibt, existierte in klassischer Zeit

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wahrscheinlich noch eine andere Auffassung.348 Diese wird dann den Fall genauso entschieden haben wie die Fälle D. 29,2,67 und 68:349 Der Anteil der nichtanweisenden Miteigentümer fällt an die anderen Miteigentümer; der Ersatzerbe wird nicht berufen. Der Streit um die Berufung des Ersatzerben dürfte sich zwischen prokulianischer und sabinianischer Rechtsschule abgespielt haben, in Analogie zum Vermächtnisrecht. Denn auch beim Vermächtnis an einen gemeinschaftlichen Sklaven war jedenfalls vor Julian umstritten, ob bei Zurückweisung des Vermächtnisses durch einen Miteigentümer dessen Teil dem anderen Miteigentümer anwachse.350 Die Prokulianer sahen hier eher die Eigentümer des Sklaven jeweils für sich selbst als die durch das Vermächtnis Begünstigten an, sodass sie bei Ausfall eines Miteigentümers keine Verbindung (coniunctio) zwischen diesen annahmen und eine Anwachsung verneinten.351 Der Vermächtnisteil desjenigen Miteigentümers, der das Vermächtnis nicht erwerben wollte, verblieb dann beim Erben, oder kaduzierte. Für die Sabinianer stand dagegen die Person des Sklaven im Vordergrund, sodass eine Verbindung zwischen den Eigentümern und ein Anwachsungsrecht bejaht wurden.352 Dieser Meinungsstreit kann bei der Erbeinsetzung eines servus communis, der keinen Ersatzerben hat, nicht in gleichem Maße hervortreten wie im Vermächtnisrecht. Denn im Vermächtnisrecht steht die Alternative offen, dass ein Teil des Vermächtnisses beim Erben verbleibt. Ist der Sklave dagegen zum Erben eingesetzt, kann wegen des Grundsatzes nemo pro parte testatus pro parte intestatus So auch Bretone, Servus Communis, S. 114; Johnston, Scaevola, S. 16, 80; Masiello, Quaestiones publice tractatae, S. 121, 127. Die Autoren gehen von einer Kürzung des Meinungsstreits durch die Kompilatoren aus. 349 Der Verweis von Salkowski, Sklavenerwerb, S. 14, auf D. 29,2,65 als Beleg kann freilich nicht überzeugen, siehe unten S. 172ff. 350 Dazu umfassend Lohsse, Ius adcrescendi, S. 230ff. Zu den Auswirkungen des Meinungsstreits i.Ü. vgl. auch Bretone, Servus Communis, S. 14f., 20. 351 Cels. 19 dig. D. 31,20. 352 Iul. 35 dig. Vat. 75,2; ders. 36 dig. D. 33,5,11. Zu den Details vgl. wiederum Lohsse, Ius adcrescendi, S. 234, 238f. Wenig aussagekräftig ist C. 6,26,10 (531), wo sich ebenfalls die Frage der Berufung des Ersatzerben stellt, aber nicht ein gemeinschaftlicher Sklave, sondern zwei Kinder des Erblassers eingesetzt sind. Für diesen Fall vertraten die Sabinianer, wie Justinian berichtet, die Auffassung, dass der Ersatzerbe erst dann berufen werde, wenn beide Kinder verstorben waren. Diese Entscheidung wird sich aber aus dem Willen des Erblassers erklären, der bei zwei Kindern das Vermögen in der Familie lassen will. Sie lässt sich aber nicht auf den Fall des gemeinschaftlichen Sklaven übertragen. Hier ist die Vorstellung bedeutsamer, die Julian begründet hat. – Ähnlich beschränkte Bedeutung hat daher auch der von Cosentini, Iura 1 (1950) 275, 277, angeführte Text Iul. 78 dig. D. 28,6,30. 348

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decedere potest nicht ein Teil des Erbes den gesetzlichen Erben zufallen. Aus diesem Grunde ist der Meinungsstreit bei der schlichten Erbeinsetzung eines servus communis ohne Ersatzerben nicht von Bedeutung. Hat der Sklave aber einen Ersatzerben, besteht eine zum Vermächtnisrecht vergleichbare Konstellation und der Meinungsstreit bricht wieder auf: Nun besteht die Möglichkeit, dass anstelle des Miteigentümers dem Ersatzerben erworben wird. Dass so im Ergebnis Erben zweier verschiedener Ordnungen berufen werden, stellt kein Problem dar.353 Dagegen hält Cosentini die Entscheidung et verius est substituto locum esse für interpoliert. Er rekonstruiert den Willen des Erblassers dahingehend, dass dieser nur auf den Sklaven selbst bezogen sei, sodass notwendigerweise die Bedingung der Ersatzerbschaft nicht eingetreten sei.354 Bedenkt man aber, dass der Erwerb durch den servus communis im klassischen Recht nicht unstreitig war, spricht nichts dagegen, den Text für echt zu halten. Möglich ist, dass die Kompilatoren die weitere Begründung gestrichen haben, die Entscheidung in der Sache aber beließen. Hervorzuheben ist allerdings, dass der Meinungsstreit nur im hier vorliegenden Falle des Ersatzerben relevant wird. Hätte Scaevola den in D. 29,2,67 und 68 vorausgesetzten Sachverhalt zu beurteilen gehabt, in dem kein Ersatzerbe vorkommt, dann hätte er genauso entscheiden können wie Ulpian und Paulus. Dafür spricht vor allem, dass sich die unterschiedliche Lösung im Falle des Ersatzerben nicht nur aus einer anderen theoretischen Haltung zum Miteigentum,355 sondern auch aus sachlichen Gründen ergibt, die auf dem Willen des Erblassers beruhen: Hat der Erblasser durch Ersatzerbschaft ausdrücklich bestimmt, wem ein freier Erbteil zufallen soll, dann ist für die Form der unechten Anwachsung aus dem Herrenrecht bei Ausfall eines Miteigentümers kein Raum mehr.356 Genauso wie die Ersatzerbschaft einer echten Anwachsung vorgeht,357 so geht sie also auch der hier vorliegenden unechten Anwachsung in der Person des anweisenden Miteigentümers vor. Im Gegensatz zu den Fällen D. 29,2,67 und 68 sind also die Interessen einer weiteren Person zu berücksichtigen, der des Ersatzerben. Dieser hat ein Interesse am Nachlass, das dem der übrigen, anweisenden Miteigentümer des gemeinschaftlichen Sklaven vorgeht. 353

Vgl. für die bonorum possessio Ulp. 41 ad ed. D. 37,11,2,8. Cosentini, Iura 1 (1950) 278f. Dagegen auch Johnston, Scaevola, S. 17; Masiello, Quaestiones publice tractatae, S. 122f. 355 Darauf stellt Johnston, Scaevola, S. 14ff., ab. 356 Zum Vorrang der Substitution vor der Berufung des Miteigentümers vgl. auch Fernandez de Retes, in: Meerman, Thesaurus, Bd. 6, S. 171. Masiello, Quaestiones publice tractatae, S.  124, 126, stellt nur allgemein auf den Willen des Erblassers ab. Seiner Deutung von D. 29,2,67 ist nicht zu folgen (siehe oben Fn. 322). 357 Dazu etwa Voci, DER II, S. 163ff. 354

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Einsetzung eines gemeinschaftlichen Sklaven

1.5 Ergebnis Die Rechtslage bei Erbeinsetzung eines gemeinschaftlichen Sklaven durch einen Dritten stellt sich damit insgesamt wie folgt dar: Sind alle Miteigentümer erwerbsfähig und weisen sie alle den Sklaven zum Antritt an, erwirbt er ihnen im Verhältnis ihrer Eigentumsanteile. Fällt einer der Miteigentümer aus, sei es, dass er keine Anweisung erteilt, sei es, dass er nicht erwerbsfähig ist, so sind sich die Juristen darin einig, dass den anderen Miteigentümern alles erworben wird. Hat der Erblasser dagegen einen Ersatzerben bestimmt, so war in klassischer Zeit umstritten, ob der Erbteil des ausfallenden Miteigentümers dem Ersatzerben erworben wird oder gleichermaßen an die anweisenden Miteigentümer fällt. Hier teilt Scaevola die prokulianische Position, die eine Berufung des Ersatzerben befürwortete. Diese ist als einzige in den Digesten erhalten, wurde also jedenfalls in justinianischer Zeit angewandt. Da aber auch die besseren sachlichen Gründe für diese Position sprechen, ist es gut möglich, dass sie sich schon zuvor durchgesetzt hatte.

2.  Einsetzung durch einen Miteigentümer Nachdem die Grundsätze der Erbeinsetzung eines gemeinschaftlichen Sklaven durch einen außenstehenden Dritten geklärt sind, bleibt noch ein Mischfall zu erörtern, die Erbeinsetzung durch einen der Miteigentümer. Um einen Mischfall handelt es sich deswegen, weil die Regeln für die Erbeinsetzung eigener und die Regeln für die Erbeinsetzung fremder Sklaven in diesem Fall kombiniert werden, da der Sklave zum Teil ein eigener Sklave ist, zum Teil ein fremder. UE 22,10 Communis servus cum libertate recte quidem heres instituitur quasi proprius pro parte nostra: sine libertate autem quasi alienus propter socii partem.

Einen gemeinschaftlichen Sklaven können wir auch mit Freiheitserteilung wirksam zum Erben einsetzen, weil er dann hinsichtlich des Anteils, den wir an ihm haben, quasi ein eigener Sklave ist. Wenn wir ihn aber ohne Freiheitserteilung einsetzen, ist er wegen des Anteils des Miteigentümers wie ein fremder Sklave zu behandeln.

Die Epitome Ulpiani gibt hier die Kriterien vor, nach denen man in diesem Fragenkomplex differenzieren muss. Entscheidend ist, ob der Miteigentümer, der den

Einsetzung durch einen Miteigentümer

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Sklaven zum Erben einsetzt, ihm auch die Freiheit erteilt oder nicht.358 Ein weiteres Kriterium, das beachtet werden muss, ist die Frage, ob der Sklave zum Alleinerben oder zum Miterben eingesetzt ist.

2.1

Ohne Freiheitserteilung

2.1.1 Der Sklave ist Alleinerbe Setzt ein Miteigentümer eines gemeinschaftlichen Sklaven diesen zum Erben ein, ohne ihn freizulassen, so ist dies als Einsetzung eines fremden Sklaven (ut alienus) wirksam.359 Es stellt sich aber die Frage, wem der Sklave nach dem Tod seines Miteigentümers, der ihn zum Erben eingesetzt hat, erwerben kann. Ein servus communis erwirbt grundsätzlich demjenigen Eigentümer alles, für den er erwerben kann. Die Eigentumslage am servus communis stellt sich nach dem Tod des Erblassers und vor Antritt der Erbschaft wie folgt dar: Eine Quote gehört zu der schwebenden Erbschaft und steht einstweilen in niemandes Eigentum. Eine andere Quote gehört dem überlebenden Miteigentümer, so wie sie ihm auch vor dem Erbfall schon gehörte. Der Sklave ist somit zum Teil ein Erbschaftssklave (servus hereditarius), zum Teil ein Sklave des Miteigentümers. Bei einem Erbschaftssklaven ist allerdings die Regel zu beachten, dass durch ihn nicht die Erbschaft selbst erworben werden kann ( per hereditarium servum quod est eiusdem hereditatis heredi adquiri non potest, et maxime ipsa hereditas). Genausowenig können einzelne Erbschaftsgegenstände durch den Erbschaftssklaven erworben werden.360 Diese Regel beruht nach Schmidt auf logischen Gründen, ohne dass sie inneren juristischen Wert hätte.361 In unserem Falle gilt sie aber allein schon deswegen, weil niemand vorhanden ist, dem der Sklave erwerben könnte; er ist ja einstweilen teilweise herrenlos. Wenn der Sklave nun auf Anweisung des Miteigentümers die Erbschaft antritt, so kann er sie nicht sich selbst erwerben, da er Sklave und unfrei, und zudem ein Erbschaftssklave ist.362 Jedoch kann er sie dem Miteigentümer „als Miteigentümer“ erwerben: In dessen Person ist der Zum Text Avenarius, Liber singularis, S. 414f. Siehe neben dem wiedergegebenen Text auch Paul. 2 manual. D. 28,5,90(89) am Ende (Erbeinsetzung eines servus communis zusammen mit dem anderen Miteigentümer). Dazu Buckland, Slavery, S. 391; Mühlenbruch, in: Glück, Bd. 39, S. 206. 360 Iul. 30 dig. D. 29,2,43; Ulp. 4 ad Sab. D. 41,1,18; Paul. 54 ad ed. D. 41,2,1,16. 361 Schmidt, Persönlichkeit des Sklaven, S. 35–40. 362 Problematisch daher die Äußerung von Ferrini, Teoria generale, S. 140, er könne Legate auch teilweise einem anderen Legatar erwerben, wenn der Erblasser seine Miteigentumsquote diesem vermacht habe. Ferrini führt diesen Punkt jedoch auch nicht näher aus, sodass er hier auf sich beruhen soll. 358 359

142

Einsetzung eines gemeinschaftlichen Sklaven

Erwerb ja möglich, und nach den erwähnten Grundsätzen wird dem Miteigentümer des servus communis alles erworben, wenn keine weiteren Berechtigten vorhanden sind. Somit erhält also der überlebende Miteigentümer den gesamten Nachlass infolge seines Eigentumsanteils am Sklaven.363 Zu diesem Nachlass gehört dann auch die Eigentumsquote des Erblassers am Sklaven selbst. Also wird der überlebende Miteigentümer auch Alleineigentümer des Sklaven – allerdings nicht über Anwachsung, sondern über erbrechtlichen Erwerb der anderen Quote.

2.1.2  Der Sklave ist Miterbe Etwas komplexer wird die Lage, wenn der Sklave nicht als Alleinerbe eingesetzt wird, sondern neben ihm noch ein Miterbe vorhanden ist. Der Erwerb des Nachlasses stellt sich dann wie folgt dar: Der Miterbe erhält nur die ihm ausgesetzte Erbquote. Der überlebende Miteigentümer erhält den gesamten übrigen Nachlass, wenn er den Sklaven anweist, die Erbschaft anzutreten. Denn in seiner Person kann wiederum der gesamte Erwerb stattfinden. Theoretisch wäre es bei Vorhandensein eines Miterben allerdings auch denkbar, den Teil der dem Sklaven hinterlassenen Erbquote, der der Eigentumsquote des Erblassers entspricht, b e i d e n Miterben im Verhältnis ihrer Anteile zuzusprechen. Doch widerspricht diese Lösung den Grundsätzen des Erwerbs durch einen servus communis, wonach der überlebende Miteigentümer allein den Gesamterwerb aus dem Sklaven beanspruchen kann. Hinsichtlich des Eigentums am Sklaven ist nun allerdings zu bedenken, dass die dem Erblasser gehörende Eigentumsquote auf erbrechtlichem Wege an seine Erben geht – somit fällt diese zum Teil an den überlebenden Miteigentümer und zu einem anderen Teil an den Miterben.364 Nimmt man gleiche Anteile und gleiche Erbquoten an, ist der überlebende Miteigentümer dann Erbe zur Hälfte und Miteigentümer zu Dreiviertel, der Miterbe ist Erbe zur anderen Hälfte und Miteigentümer des Sklaven zu einem Viertel. Noch einmal zu betonen ist, dass dem Miterben dieses Eigentumsviertel hinsichtlich des Erbschaftserwerbs nichts nützt: Denn er erlangt dieses Viertel ja erst durch den Erbgang selbst, sodass er von der dem Sklaven ausgesetzten Erbquote nichts erwerben kann: per hereditarium servum quod est eiusdem hereditatis heredi adquiri non potest, et maxime ipsa hereditas. Der Miteigentümer hatte hingegen schon vor dem Erbfall eine Eigentumsquote und kann deswegen die gesamte dem servus communis angefallene Erbquote erwerben. Salkowski, Sklavenerwerb, S. 15; Mühlenbruch, in: Glück, Bd. 39, S. 201ff. m.w.N. Salkowski, Sklavenerwerb, S. 16; anders ohne erkennbaren Grund Mühlenbruch, in: Glück, Bd. 39, S. 201.

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Einsetzung durch einen Miteigentümer

2.2

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Mit Freiheitserteilung

2.2.1 Der Sklave ist Alleinerbe Etwas anders stellt sich die Rechtslage dar, wenn der Erblasser gleichzeitig mit der Erbeinsetzung bestimmt hatte, der gemeinschaftliche Sklave solle frei sein. In diesem Falle greifen nämlich die Regeln der Einsetzung eigener und der Einsetzung fremder Sklaven auf andere Weise ineinander. Die Erbeinsetzung eines eigenen Sklaven ist nur wirksam, wenn dem Sklaven gleichzeitig die Freiheit erteilt wird. Denn ansonsten bliebe er Sklave und könnte nichts erwerben. Beim servus communis macht man jedoch offenbar eine Ausnahme: Wie die Epitome Ulpiani sagt, kann man den servus communis auch unter Freiheitserteilung recte einsetzen.365 Der Sklave ist dann quasi proprius pro parte nostra eingesetzt. Mit dieser Ausdrucksweise soll beschrieben werden, dass die Freiheitserteilung prinzipiell gültig ist, aber nur hinsichtlich des eigenen Teils. Somit war der Sklave nach Erbantritt in der Position eines servus communis, der von einem seiner Miteigentümer freigelassen worden war, vom anderen aber nicht. In diesem Falle galt in klassischer Zeit ein Anwachsungsrecht: Der Anteil des freilassenden Miteigentümers wuchs dem anderen Miteigentümer an.366 Erst unter den späteren Kaisern und schließlich allgemein unter Justinian wurde das Anwachsungsrecht beseitigt, der andere Miteigentümer gezwungen, seinen Anteil zu verkaufen, und der Sklave für frei erklärt.367 Die Anwachsung im klassischen Recht führt in unserem Falle jedoch dazu, dass der Anteil des Erblassers dem Miteigentümer anwächst, sodass dieser Alleineigentümer des Sklaven wird. Der Miteigentümer erwirbt auch den gesamten Nachlass des Verstorbenen, allerdings nicht infolge dieses ihm angewachsenen Eigentumsanteils, den er erst durch den Erbfall erwirbt, sondern infolge des ihm schon vorher gehörenden Eigentumsanteils. Dieser reicht aus, um ihm als allein möglichen Erwerber den gesamten Nachlass zu verschaffen. Salkowski problematisiert an dieser Stelle allerdings den Antritt der Erbschaft: Das iussum zum Erbantritt könne dem Sklaven erst dann erteilt werden, wenn er ganz in das Eigentum des überlebenden Miteigentümers gekommen sei. Dies sei aber erst mit Erbantritt der Fall, wofür eben dieses iussum wiederum eine Voraus-

Siehe oben S. 140. Darauf weist zu Recht hin: Avenarius, Liber singularis, S. 414f. UE 1,18; PS 4,12,1; Frag. Dosith. 10; dazu Bonfante, Corso II/2, S. 17f.; Scialoja, DER, S. 196; Liebs, Römische Jurisprudenz in Africa, S. 91; Avenarius, Liber singularis, S. 191f. (er sieht darin einen vorklassischen Rechtszustand). Vgl. die Parallele zur Dereliktion eines Miteigentumsanteils oben Fn. 306. 367 Iust. C. 7,7,1,1 und § 7 (530); I. 2,7,4. 365 366

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Einsetzung eines gemeinschaftlichen Sklaven

setzung sei. Die Lage sei also offenbar perplex.368 Diese Perplexität besteht jedoch nur vermeintlich. Denn auch in dem Fall, dass der servus communis von einem Fremden eingesetzt wird und nur einer der Miteigentümer das iussum zum Erbantritt erteilt, ist die Lage dieselbe: Er kann nur hinsichtlich eines Teils der Erbschaft das iussum erteilen, doch wird ihm die Erbschaft trotzdem ganz erworben. Dass er hinsichtlich der den Miteigentümern deferierten Teile kein iussum erteilt hat, ist unschädlich, denn dem anweisenden Miteigentümer wird, entsprechend der Grundregel beim Erwerb durch einen servus communis, bei Ausfall der anderen alles erworben. Und genauso verhält es sich in dem vorliegenden Fall: Dem überlebenden Miteigentümer wird der gesamte Nachlass erworben, da er der einzige erwerbsbereite Miteigentümer ist. Dass sich das iussum nur auf einen Teil bezieht, ist dafür kein Hindernis. Die Rechtslage bei Erbeinsetzung eines gemeinschaftlichen Sklaven mit Freiheitserteilung ist damit im Ergebnis nicht anders als ohne Freiheitserteilung: Der Miteigentümer wird Alleinerbe und erhält Alleineigentum am Sklaven.369 Der einzige Unterschied zu dem unter 2.1.1 erörterten Fall liegt darin, dass der Erwerb des Eigentums am Sklaven nicht infolge Erbrechts geschieht, sondern infolge Anwachsungsrechts.

2.2.2  Der Sklave ist Miterbe Doch auch im Falle der Freiheitserteilung liegt die Sache anders, wenn ein Miterbe neben dem freigelassenen servus communis vorhanden ist. Dann fällt der Nachlass, wie im Fall der Einsetzung sine libertate, zum Teil an den Miterben und zum anderen Teil (nur kraft Sklavenerwerbs) an den überlebenden Miteigentümer. Ein Unterschied liegt jedoch hinsichtlich des Eigentums am Sklaven vor: Wird der Sklave nicht freigelassen, geht er anteilig an die beiden „Erben“ (also den Miterben und den überlebenden Miteigentümer, siehe oben unter 2.1.2). Wird er dagegen freigelassen, so wird diese Freilassungsanordnung mit Erbantritt wirksam. Dies hat zur Folge, dass keine erbrechtliche Sukzession hinsichtlich des Eigentums am Sklaven eintritt, sondern die dem Erblasser gehörende Eigentumsquote dem überlebenden Miterben anwächst. Somit wird dieser iure adcrescendi Alleineigentümer des Sklaven. Anders als in dem unter 2.1.2 erörterten Fall erhält der Miterbe somit gar keinen Anteil am Sklaven, auch nicht ein Viertel.

Salkowski, Sklavenerwerb, S. 18. So auch Salkowski, Sklavenerwerb, S. 18f., dem im Ergebnis, nicht aber in der Begründung zuzustimmen ist.

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Einsetzung durch einen Miteigentümer

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Dieses Ergebnis ergibt sich formal aus der Anwachsung bei Freilassung durch einen Miteigentümer, es ist aber auch materiell zu erklären: Durch die Freilassung des servus communis gibt der Erblasser sein Eigentum am Sklaven auf. Er erklärt, diesen nun nicht mehr selbst haben zu wollen, und ihn folglich auch nicht seinen Erben hinterlassen zu wollen. Damit ist kein Wille des Erblassers mehr ersichtlich, dem Miterben, der eben nur Miterbe ist, kraft Erbrechts einen Anteil am Sklaven zu verschaffen. Vielmehr wollte der Erblasser seinen Eigentumsanteil aufgeben und den Sklaven allein dem Miteigentümer überlassen. Und genau dies entspricht dem hier vertretenen Ergebnis.370

2.3 Ergebnis Die Rechtslage bei Erbeinsetzung eines gemeinschaftlichen Sklaven durch einen seiner Miteigentümer lässt sich damit wie folgt zusammenfassen: Sind keine Miterben vorhanden, erwirbt der überlebende Miteigentümer den ganzen Nachlass und das volle Eigentum am Sklaven. Ist ein Miterbe vorhanden, so erhält dieser die ihm ausgesetzte Erbquote. Der überlebende Miteigentümer des Sklaven erhält nach wie vor die gesamte dem Sklaven ausgesetzte Erbquote. Was das Eigentum am Sklaven betrifft, ist zu unterscheiden, ob ihm zusammen mit der Erbeinsetzung auch die Freiheit erteilt wurde: Ist dies geschehen, so wird der Sklave zwar nicht frei, fällt aber ganz ins Eigentum des überlebenden Miteigentümers. Ist die Freilassung dagegen unterblieben, fällt der Sklave zu einem solchen Teil an den Miterben, der dem Produkt der Erbquote des Miterben und der Miteigentumsquote des Erblassers entspricht, im Übrigen in das Eigentum des überlebenden Miteigentümers.

2.4 Sonderfälle Ausgehend von dieser Rechtslage sollen nun die in den Quellen überlieferten Sonderfälle zur Erbeinsetzung eines gemeinschaftlichen Sklaven durch einen seiner Miteigentümer behandelt werden.

Die Ansicht von Salkowski, Sklavenerwerb, S. 19, ist nicht ganz klar, geht aber auch in diese Richtung.

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Einsetzung eines gemeinschaftlichen Sklaven

2.4.1  Irrtum bei Einsetzung C. 6,24,3 Imp. Alexander A. Vitali militi Cum proponas Alexandrum equitem testamento primo loco Iulianum ut libertum suum heredem instituisse eique substituisse his verbis: ‘quod si ex aliqua causa primus hereditatem meam adire noluerit vel non potuerit, tunc in locum secundum heredem substituo Vitalem’, post mortem autem testatoris Iulianum servum communem fuisse defuncti militis et Zoili fratris eius apparuerit, an tu ex substitutione admittereris, voluntatis est quaestio. (1) Nam si credens eum proprium et suum libertum heredem instituit nec per eum ad alium quemquam hereditatem pertinere voluit, extitit condicio substitutionis tibique delata hereditas est. (2) Quod si verba substitutionis subscriptae ad ius rettulit, ut si nec per semet ipsum alium fecisset heredem (potuit enim quamvis iubente domino nolle adire), ita demum substitutus vocaretur, si tamen paruit domino et adiit, substitutioni locus non est. PP. VI k. Mai. Maximo II et Aeliano conss.

Der Kaiser Alexander an den Soldaten Vitalis Du hast folgenden Fall vorgelegt: Der Reiter Alexander hatte im ersten Grade Julian, den er für seinen Freigelassenen hielt, als Erben eingesetzt und ihm mit folgenden Worten einen Ersatzerben bestellt: „Wenn der im ersten Grade berufene Erbe meine Erbschaft aus irgendeinem Grunde nicht antreten will oder kann, dann setze ich im zweiten Grade Vitalis als Ersatzerben ein.“ Nach dem Tode des Erblassers stellte sich jedoch heraus, dass Julian ein gemeinschaftlicher Sklave des verstorbenen Soldaten und seines Bruders Zoilus war. Ob du aus der Ersatzerbschaft zum Nachlass berufen wirst, ist eine Frage des Willens [des Erblassers]. (1) Denn wenn er, als er ihn zum Erben eingesetzt hat, glaubte, ihn selbst als seinen Freigelassenen zum Erben einzusetzen, und auch nicht wollte, dass die Erbschaft durch ihn irgendeinem anderen erworben werde, dann ist der Ersatzerbfall eingetreten und dir die Erbschaft angefallen. (2) Wenn er aber die Worte der anschließend geschriebenen Ersatzerbeinsetzung darauf bezogen hat, dass der Ersatzerbe nur dann berufen werde, wenn der Erbe auch nicht durch sich einen anderen zum Erben macht (er konnte nämlich den Erbantritt trotz Anweisung seines Herrn verweigern), und wenn er dann doch dem Herrn gehorcht und die Erbschaft angetreten hat, dann ist der Ersatzerbfall nicht eingetreten. Gegeben am 26. April 223.

Der Erblasser, ein Soldat, hatte hier einen gemeinschaftlichen Sklaven, Julian, zum Erben eingesetzt. Als Ersatzerbe hatte er ihm Vitalis substituiert. Julian hatte nun offenbar auf Befehl des Miteigentümers, Zoilus, die Erbschaft angetreten. Vitalis

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ist der Ansicht, er selbst sei Erbe geworden, und hat sich deswegen an den Kaiser gewandt. Problematisch ist hier, dass der Erblasser davon ausging, Julian sei ein Freigelassener, kein Sklave. Daher konnte Vitalis argumentieren, die Bedingung der Berufung des Ersatzerben (si primus hereditatem adire noluerit vel non potuerit) sei eingetreten: Julian konnte die Erbschaft nicht für sich selbst erwerben, sondern nur für seinen Miteigentümer Zoilus, sodass man sagen könne, er selbst „konnte die Erbschaft nicht antreten“. Das Reskript behandelt also im Kern ein Irrtumsproblem, nämlich die Frage, ob sich der Irrtum des Erblassers über den status des Erben auswirkt. Ein ähnlicher Fall wurde rund 200 Jahre zuvor von Tiberius dahingehend entschieden, dass die Erbschaft zwischen Erben und Ersatzerben zu teilen sei.371 Severus Alexander fordert dagegen eine stärkere Untersuchung des Willens des Erblassers: Wollte er Julian in jedem Fall zum Erben einsetzen, auch wenn durch diesen ein anderer die Erbschaft erwürbe, dann ist Julian Erbe geworden und der Ersatzerbfall nicht eingetreten. Wollte er dagegen die Erbschaft ausschließlich Julian persönlich zuwenden, dann ist dies nicht geglückt, sodass die Bedingung hereditatem adire non potuerit eingetreten und der Ersatzerbe Vitalis berufen ist. Das Reskript löst die Irrtumsfrage somit nicht, sondern verweist auf eine stärkere Aufklärung des Sachverhalts. Eine rechtliche Aussage liegt hier also nur darin, dass der Wille des Erblassers ein auffällig starkes Gewicht bekommt.372 Er ist sogar stärker als der Wortlaut des Testaments, da die namentliche Einsetzung Julians weniger Gewicht bekommt als die damit verbundene Absicht des Erblassers. In der Literatur ist umstritten, ob diese freie Auslegung darauf zurückzuführen ist, dass es sich um ein Soldatentestament handelt.373 Allerdings kann man annehmen, dass sich die Auslegung der verschiedenen Arten von Testamenten im dritten Jahrhundert weitgehend angenähert hat. Hinsichtlich der Frage der Erbeinsetzung gemeinschaftlicher Sklaven lässt sich eine Information aus der Schilderung des Sachverhalts entnehmen: Julian gehört als gemeinschaftlicher Sklave zum Teil dem Erblasser, zum Teil dem Zoilus, und kann diesem infolge seines Eigentumsanteils den gesamten Nachlass Pomp. 12 ex var. lect. D. 28,5,42(41); I. 2,15,4. Dazu auch Biondi, Successione, S. 251; Wieling, Testamentsauslegung, S. 139f., 201. 372 Daher sieht auch Kaser, RPR I, S. 241, die Bedeutung der Entscheidung in der Auslegung und in der Berücksichtigung eines hypothetischen Willens. Dieser wird auch schon von Julian berücksichtigt, 30 dig. D. 28,5,41(40). Zur Beachtlichkeit des hypothetischen Willens auch Wieling, Testamentsauslegung, S. 211f. 373 Dafür sprechen sich Buckland, Slavery, S. 144, und Schulz, in: Gedächtnisschrift Seckel, S. 70, 104, aus. Anders äußert sich Flume, in: Festschrift Schulz, Bd. 1, S. 209, 230. Unentschieden Wieling, Testamentsauslegung, S. 201. Auf die ausführliche Exegese von Schulz wird wegen der weiteren Fragen, die der Text aufwirft, verwiesen.

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Einsetzung eines gemeinschaftlichen Sklaven

erwerben, wenn die Erbeinsetzung wirksam ist. Der Ersatzerbe Vitalis ist dann ausgeschlossen. Die oben herausgearbeiteten Regeln bei Erbeinsetzung eines servus communis, wonach dieser einem Miteigentümer alles erwerben kann, finden also eine Bestätigung. Zum Nachlass des Alexander gehört auch die Eigentumsquote an Julian selbst, sodass Zoilus bei Wirksamkeit der Erbeinsetzung primo gradu auch Alleineigentümer des Julian wird, freilich nicht iure adcrescendi (wie bei Freilassung), sondern iure hereditario (denn eine Freilassung wurde hier nicht angeordnet).

2.4.2  Umfassende Wirksamkeit der Einsetzung mit Freiheitserteilung Besondere Aufmerksamkeit verdienen schließlich zwei Quellen aus dem Sabinuskommentar Ulpians (4 ad Sab. D. 28,5,6,3 und 16 ad Sab. D. 28,6,18), die weitere Details zur Einsetzung des gemeinschaftlichen Sklaven mit Freiheitserteilung verraten und so genauere Einblicke in die Struktur des Miteigentums ermöglichen. Es geht im Kern darum, dass bei der Erbeinsetzung eines gemeinschaftlichen Sklaven durch einen seiner Miteigentümer mit Freiheitserteilung auch die Freiheitserteilung Wirkung entfaltete, obwohl sie nur von einem Miteigentümer ausging. Wie schon erwähnt, hat die Wirksamkeit der Freiheitserteilung zur Folge, dass der überlebende Miteigentümer kraft Anwachsung Alleineigentümer wird. Bedenkt man die Rechtslage bis zu diesem Punkt, könnte man die Problematik allerdings dahingehend deuten, dass sich hierin eine Vorstellung vom Quoteneigentum zeige: Da der eine Miteigentümer seine Quote aufgegeben hat, wächst sie dem anderen an. Der folgende Text zeigt jedoch, dass man die Erbeinsetzung cum libertate vielmehr auch als eine latente Verfügung über den gesamten Gegenstand interpretieren muss. Der Sachverhalt von D. 28,5,6,3 ist insoweit identisch mit D. 28,6,18 pr., sodass hier nur diese Quelle wiedergegeben werden soll. D. 28,6,18 Ulpianus libro sexto decimo ad Ulpian im 16. Buch zu Sabinus Sabinum Si servus communis substitu- Wenn ein gemeinschaftlicher Sklave als Ertus sit impuberi cum libertate, si satzerbe eines Unmündigen unter Freiheitsquidem a patre familias fuisset erteilung eingesetzt worden ist, dann wird er redemptus, erit impuberi neces- Zwangserbe des Unmündigen, wenn er vom sarius: si vero ab impubere re- Vater gekauft worden ist. Wenn er dagegen demptus, non necessarius, sed vom Unmündigen gekauft worden ist, wird voluntarius fit heres, ut Iulianus er nicht Zwangserbe, sondern freiwilliger libro trigesimo digestorum scri- Erbe, wie Julian im 30. Buch seiner Diges-

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Einsetzung durch einen Miteigentümer

bit: quod si neque a patre neque a pupillo fuerit redemptus, aequitatis ratio suggerit, ut ipse pretium partis suae domino offerens possit et libertatem et hereditatem consequi. (1) Si Titio fuerit legatus servus, posse eum impuberi substitui cum libertate, quemadmodum institui potuit, et evanescit legatum existente condicione substitutionis.

ten schreibt. Wenn er schließlich weder vom Vater noch vom Sohn gekauft worden ist, dann erscheint es aus Gerechtigkeitsgründen angebracht, dass er die Freiheit und die Erbschaft erlangen kann, wenn er selbst dem [anderen] Herrn den Preis für dessen Anteil anbietet. (1) Wenn dem Titius ein Sklave vermacht worden ist, dann konnte dieser als Ersatzerbe des unmündigen Kindes unter Freiheitserteilung eingesetzt werden, so wie er auch als Erbe eingesetzt werden konnte. Und bei Eintritt der Bedingung der Ersatzerbfolge erlischt das Vermächtnis.

Der Erblasser hatte einen gemeinschaftlichen Sklaven cum libertate als Ersatzerben nach seinem unmündigen Sohn eingesetzt. Die Rechtsfrage ist hier, ob dieser Sklave Zwangserbe werden kann, also ein solcher Erbe, der die Erbschaft auch gegen seinen Willen erhält.374 Dies ist nach den allgemeinen Regeln dann möglich, wenn ein eigener Sklave unter Erteilung der Freiheit eingesetzt wird. Bei Einsetzung eines servus communis scheitert es somit in der Regel an der ersten Voraussetzung, dem „eigenen Sklaven“. Denn dem Erblasser gehört nur eine Eigentumsquote. Dieser Mangel kann jedoch dadurch behoben werden, dass er den restlichen Anteil am Sklaven zu seinen Lebzeiten kauft. Der Sklave steht dann bei Tod des Erblassers in seinem Alleineigentum und wird Zwangserbe. Dabei handelt es sich letztlich um eine Form der Konvaleszenz. Die Natur des Miteigentums zeigt sich hier anhand der Wirksamkeit der Freilassung. Denn die Wirksamkeitsvoraussetzung der Freilassung, das quiritische Eigentum des Erblassers, muss sowohl im Zeitpunkt der Testamentserrichtung als auch im Zeitpunkt des Erbfalls vorliegen.375 Zum Zeitpunkt der Testamentserrichtung gehörte der Sklave aber nicht dem Testator allein, sondern auch dem anderen Miteigentümer. Zu diesem Zeitpunkt wäre eine Freilassung daher unwirksam und führte bloß zur Anwachsung an den Miteigentümer. Wenn Ulpian dennoch von der Wirksamkeit der testamentarischen Freilassung ausgeht, setzt er damit voraus, dass der Erblasser auch schon bei Testamentserrichtung wirksam über den gesamten Sklaven verfügen konnte. Darin liegt die Vorstellung, dass der Miteigentümer auch eine Berechtigung am Ganzen hat, nicht nur an seiner Quote. Wäre Ulpian allein von der Idee des Quoteneigentums ausgegangen, hätte er die Freilassung

G. 2,153; UE 22,24; Kaser, RPR I, S. 714. G. 2,167: utroque tempore; vgl. auch Kaser, RPR I, S. 294f.

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Einsetzung eines gemeinschaftlichen Sklaven

als unwirksam ansehen müssen, da der freilassende Miteigentümer im ersten der beiden relevanten Zeitpunkte nicht verfügungsberechtigt gewesen wäre. Im folgenden Satz (si vero...) denkt Julian den Fall weiter und diskutiert die Möglichkeit, dass nicht der Erblasser den Sklaven kauft, sondern dessen unmündiger Sohn nach seinem Tod. Die vom Juristen nicht ausgesprochene, aber sehr bedeutsame Konsequenz ist zunächst, dass der Sklave auch in diesem Fall frei wird. Zur Konvaleszenz kommt es also auch dann, wenn der Testator selbst niemals in der Situation war, über die Sache verfügen zu können; sie kann also auch in einer anderen Person, dem pupillus, eintreten. Einziger Unterschied ist, dass der Sklave nicht Zwangserbe (heres necessarius) wird, sondern freiwilliger Erbe (heres voluntarius). Der Grund dafür ist nicht unmittelbar ersichtlich, schließlich steht der Sklave bei Tod des pupillus in dessen Alleineigentum und wird frei. Einen Anhaltspunkt für die Erklärung gibt Ulp. 6 ad Sab. D. 28,6,2,4, woraus folgt, dass der Vater seine Zwangserben auch zu Zwangserben des pupillus macht.376 Man muss diese Regel aufgrund unseres Textes aber folglich dahin ergänzen, dass der pupillus n u r die Personen zu Zwangserben hat, die auch der Vater zu Zwangserben hatte.377 Und der gemeinschaftliche Sklave, der nicht zu Lebzeiten des Vaters von diesem gekauft worden ist, stand nie im Alleineigentum des Vaters und konnte so nicht dessen Zwangserbe werden. Daher kann er auch kein Zwangserbe des Sohnes werden. Die Einheit der Zwangserbenstellung erklärt sich wiederum aus der Einheit des Testaments.378 Die Schlussaussage des Fragments, dass der Sklave sich bei teilweise erfolgter Freilassung selbst freikaufen könne, wird man als unklassisch ansehen müssen, was durch eine Konstitution Justinians aus dem Jahr 530 (C. 7,7,1) nachgewiesen wird.379 In klassischer Zeit war diese Form der „Enteignung“ nicht denkbar.

3.  Parallele beim Vermächtnis Nachdem das Erbrecht des gemeinschaftlichen Sklaven untersucht worden ist, soll auch das Vermächtnis zugunsten eines gemeinschaftlichen Sklaven angesprochen werden. Über den Gegenstand dieser Untersuchung, die Erbeinsetzung fremder 376

Usque adeo, ut quos quis sibi facit necessarios, eosdem etiam filio faciat. Ähnlich Voci, DER II, S. 181 Fn. 32. 378 Zur Testamentseinheit siehe die Ausführungen im zitierten Text Ulp. 6 ad Sab. D. 28,6,2,4: constat enim unum esse testamentum, licet duae sint hereditates. Dazu Finazzi, Sostituzione pupillare, S. 233, 235. 379 So Accarias, Précis, Bd. 1, S. 830 Fn. 1; Ferrini, Teoria generale, S. 140f.; Buckland, Slavery, S. 577; Scialoja, DER, S. 197; Voci, DER II, S. 133. Siehe aber auch die genaueren Datierungen von Mitteis, AfP 3 (1906) 252, 255f. 377

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Parallele beim Vermächtnis

Sklaven, wird damit hinausgegangen, da die folgenden Gedanken nicht nur für die Frage des Vermächtnisrechts selbst von Bedeutung sind, sondern auch eine Bestätigung der erbrechtlichen Grundsätze und vor allem ihre zeitliche Einordnung ermöglichen. Diese kann nur anhand des Vermächtnisrechts erfolgen, da die Quellen zur Erbeinsetzung keine sicheren Nachweise zur zeitlichen Entwicklung der Rechtsregeln enthalten.

3.1  Der Grundsatz nach spätklassischem Recht Als erstes wesentliches Ergebnis der Untersuchungen zur Erbeinsetzung des gemeinschaftlichen Sklaven ließ sich festhalten, dass der gemeinschaftliche Sklave seinen Miteigentümern im Verhältnis ihrer Eigentumsanteile erwirbt. Diese Regel gilt auch beim Erwerb von Vermächtnissen.380 Die zweite, interessantere Frage liegt darin, was bei Ausfall eines Miteigentümers gilt. Für die Erbeinsetzung wurde gesagt, dass der gemeinschaftliche Sklave als Erwerbsperson für jeden Miteigentümer fungieren kann und daher denjenigen, die erwerben können, den ganzen Nachlass erwirbt. Fallen einige Miteigentümer aus, gehen deren Anteile somit an die erwerbsbereiten Miteigentümer. Dieser zweite Grundsatz findet sich für das Vermächtnisrecht in unwidersprochener Form erst in der Spätklassik: PS 3,6,4 Communi servo cum libertate et sine libertate legari potest, totumque legatum socio testatoris adquiritur.

Einem gemeinschaftlichen Sklaven kann ein Vermächtnis mit oder ohne Freiheitserteilung ausgesetzt werden. Das ganze Vermächtnis wird dann dem Miteigentümer erworben.

Die paulinischen Sentenzen geben hier Auskunft über die Wirksamkeit und den Erwerb eines Vermächtnisses zugunsten eines servus communis. Zunächst wird festgestellt, dass der Erblasser dem gemeinschaftlichen Sklaven sowohl dann ein Legat wirksam hinterlassen kann, wenn er ihn freilässt, als auch dann, wenn er ihn nicht freilässt. Der Text geht davon aus, dass der Testator ein Miteigentümer des Sklaven ist. Bei Freilassung wächst dem überlebenden Miteigentümer dann der Eigentumsanteil des Testators am Sklaven an; ohne Freilassung verbleibt der Sklave zum Teil dem Erben.381 Das Vermächtnis wird jedoch in jedem Falle ganz

380

Ulp. 24 ad Sab. D. 30,50 pr.: Si servus plurium sit, pro dominii portione legatum ei relictum adquiret. Dazu Lohsse, Ius adcrescendi, S. 231. 381 Siehe oben S. 140ff.

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Einsetzung eines gemeinschaftlichen Sklaven

dem Miteigentümer erworben. Also ist, zumindest nach den Pauli sententiae, auch bei Vermächtnissen der Grundsatz des Totalerwerbs verwirklicht. Die Sekundärliteratur zieht daraus die Konsequenz, dass es sich um ein erbrechtliches Erwerbsprinzip handle und konstruiert einen Gegensatz zum Erwerb unter Lebenden.382 Ein solcher Gegensatz kann jedoch nicht allgemein bejaht werden, vielmehr finden sich auch beim Erwerb unter Lebenden unterschiedliche Regelungen, nach denen bisweilen Totalerwerb eintritt, bisweilen Unwirksamkeit eines Teils der Verfügung.383 Ebensowenig lässt sich die Rechtslage bei Vermächtnissen als Parallele zum Erbschaftserwerb sehen. Buckland meint, die Erwerbsregeln für Erbschaften seien auf den Erwerb von Vermächtnissen übertragen worden.384 Dies ist aber nicht zwingend, vielmehr finden sich gerade auch bei Vermächtnissen unterschiedliche Ansätze, wie im Folgenden im Einzelnen dargestellt wird. Die einzige tragfähige Unterscheidung lässt sich zwischen Erbschaftserwerb und sonstigem Erwerb treffen. Nur beim Erbschaftserwerb gilt der Grundsatz des Totalerwerbs uneingeschränkt. Denn wenn es um den Erwerb einer Erbschaft durch den gemeinschaftlichen Sklaven geht, der zum Alleinerben eingesetzt ist,385 dann ist tatsächlich keine andere Lösung möglich, als dass alles dem Miteigentümer erworben wird: Der Sklave gelangt durch den Erbfall ganz in das Eigentum des Miteigentümers (kraft Anwachsung bzw. kraft Erbrechts), sodass gar keine andere Person denkbar ist, die die Erbschaft an dessen Stelle erhalten könnte. Eine Berufung der Intestaterben ist wegen des Grundsatzes nemo pro parte testatus pro parte intestatus decedere potest386 nicht möglich. Bei Vermächtnissen verhält es sich jedoch, genau wie beim Erwerb unter Lebenden, anders: Hier ist genausogut denkbar, dass nur ein Teil des Vermächtnisses dem Miteigentümer erworben wird und ein anderer Teil beim Erben verbleibt. Infolge dieser funktional gleichwertigen Alternative ist die Frage des Vermächtniserwerbs beim servus communis umstritten gewesen. Der in den Pauli sententiae wiedergegebene Satz ist nur die spätklassische Verallgemeinerung einer Frage, die bis dahin von verschiedenen Juristen uneinheitlich gelöst worden war.

Im Ansatz Cuiacius, Interpretationes in Iulii Pauli receptarum sententiarum, ad h.l. (Opera, Bd. 1, Sp. 213 A); Majansius, Disputationes, Bd. 1, S. 479; v.a. Buckland, Slavery, S. 392; Salkowski, Sklavenerwerb, S. 26f., 31f. 383 Hauptsächlich sind zu nennen: Iul. 52 dig. D. 45,3,1,4; 44 dig. D. 41,1,37,1; Ulp. 48 ad Sab. D. 45,3,7,1; 19 ad ed. D. 10,3,6,9. 384 Buckland, Slavery, S. 392. 385 Zur Einsetzung neben anderen Miterben vgl. oben S. 140ff. 386 Zu diesem Grundsatz siehe oben Fn. 321.

382

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Parallele beim Vermächtnis

3.2  Der Meinungsstreit im frühklassischen Recht Der Meinungsstreit um die Frage des Erwerbs beim Vermächtnis zugunsten eines servus communis wurde vor allem im ersten Jahrhundert ausgetragen: D. 35,2,49 pr. Paulus libro duodecimo ad Plautium Plautius: Servo, quem tibi legaveram, fundum legavi. Atilicinus Nerva Sabinus primum in servo rationem legis Falcidiae habendam et quota pars ex eo decederet, eam partem in fundo legato inutilem futuram, deinde ex reliquis partibus fundi legis Falcidiae portionem decessuram, sicut ex omnibus legatis. Cassius, quod servo pars lege Falcidia decedat, incipere servum fieri communem heredis et legatarii, communi autem servo cum legatum sit, totum pertinere ad socium, quia in eam personam legatum consistere possit: qua ratione semel ex fundo partem legis Falcidiae decessuram. Paulus: Cassii sententia utimur: nam et divus Pius rescripsit servo communi fideicommissum datum totum ad socium pertinere.

Paulus im 12. Buch zu Plautius Plautius schreibt: Einem Sklaven, den ich dir vermacht hatte, habe ich ein Grundstück vermacht. Atilicinus, Nerva und Sabinus sind der Auffassung, dass der Abzug nach der lex Falcidia zunächst in Bezug auf den Sklaven stattfinde und dass ein dem von ihm abgezogenen Teil entsprechender Teil des vermachten Grundstücks unwirksam vermacht sei. Anschließend sei der Anteil der lex Falcidia von den übrigen Teilen des Grundstücks abzuziehen, so wie er auch von allen übrigen Vermächtnissen abgezogen werde. Cassius meint dagegen, dass der Sklave durch den Abzug des Anteils nach der lex Falcidia zu einem gemeinschaftlichen Sklaven des Erben und des Vermächtnisnehmers werde, und dass ein Vermächtnis zugunsten eines gemeinschaftlichen Sklaven ganz dem Miteigentümer zustehe, weil das Vermächtnis in seiner Person bestehen könne. Und aus diesem Grunde sei auch vom Grundstück nur einmal der Anteil der lex Falcidia abzuziehen. Paulus entscheidet: Wir folgen der Ansicht des Cassius, denn auch der vergöttlichte Pius hat entschieden, dass ein Fideikommiss zugunsten eines gemeinschaftlichen Sklaven ganz dem Miteigentümer zustehe.

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Einsetzung eines gemeinschaftlichen Sklaven

Paulus gibt hier in seinem Kommentar zum Werk des Plautius zunächst ausführlich dessen Darstellung der Rechtslage wieder.387 Am Schluss fügt er dann seine eigene Entscheidung an, die an dieser Stelle zunächst ausgespart werden soll.

3.2.1  Das Sachproblem Nach der Darstellung des Plautius gab es zwei Juristenmeinungen, nennen wir sie zunächst Ansicht A und Ansicht B, zu folgendem Sachproblem: Ein Sklave wird vermacht, etwa an Titius, dem Sklaven selbst wird ein Grundstück vermacht. Allerdings hat der Erblasser durch diese Vermächtnisse der Erbschaft mehr Wert entzogen, als es ihm nach der lex Falcidia erlaubt ist.388 Rechtsfolge ist somit, dass die Vermächtnisse automatisch389 insoweit gekürzt werden, dass dem Erben ein Viertel der Erbschaft verbleibt. Wenn wir also beispielsweise unterstellen, dass die Erbschaft ganz mit Legaten ausgeschöpft ist, bleibt kraft der lex Falcidia, wenn wir vom Vindikationslegat ausgehen, ein Miteigentumsanteil in Höhe eines Viertels am Sklaven beim Erben.390 Der Sklave steht somit im Miteigentum des Erben und des Titius, es ist ein servus communis „entstanden“, wie Cassius sich ausdrückt. Insoweit sind sich die römischen Juristen einig.391 Umstritten ist jedoch die Frage, was mit dem zweiten Vermächtnis geschieht, das dem Sklaven selbst ausgesetzt ist. Dieses Grundstücksvermächtnis wird nach Ansicht A dem Titius von vornherein nur in dem Umfang erworben, in dem ihm auch das Sklavenvermächtnis erworben worden ist. Da ein Viertel des Sklaven beim Erben verblieben ist, hat dies nach Ansicht A zur Folge, dass auch ein Viertel des Grundstückslegats beim Erben bleibt. Man kann diese Ansicht so erklären, dass sie beim Vermächtnis zugunsten eines gemeinschaftlichen Sklaven nicht diesen selbst als den eigentlichen Vermächtnisempfänger ansieht, sondern die Eigentümer, die hinter ihm stehen. Das Vermächtnis wird von vornherein nicht als ein einheitliches Vermächtnis aufgefasst, sondern so, dass separate Vermächtnisse von Teilen zugunsten der Mitei Zur Darstellungsform der Bücher ad Plautium vgl. Wieacker, Römische Rechtsgeschichte, Bd. 2, S. 60. 388 Zum Wortlaut der lex Falcidia vgl. Paul. sing. ad leg. Falc. D. 35,2,1 pr. 389 So zumindest die überwiegende Meinung: Voorda, Ad legem Falcidiam, S. 317; Bonifacio, lex Falcidia, S. 15ff.; ders., Iura 3 (1952) 229, 232; Wacke, in: Festschrift Kaser zum 65. Geburtstag, S. 209ff.; Kaser, Verbotsgesetze, S. 54; Schanbacher, Ratio legis Falcidiae, S. 39f. (dort auch unsere Stelle in Fn. 48). Anders Schwarz, SZ 63 (1943) 314ff., 324ff.; ders., SDHI 17 (1951) 225ff., 230ff., und Kaden, Iura 1 (1950) 445. 390 Vgl. insoweit auch Buckland, Slavery, S. 392, 522; Voci, DER II, S. 782. 391 Auch wenn nur Cassius das „Entstehen“ des servus communis erklärt. Für Atilicinus, Nerva und Sabinus war es nicht von Bedeutung. 387

Parallele beim Vermächtnis

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gentümer des Sklaven ausgesetzt sind: Dem Erben ein Viertel und dem Titius drei Viertel. Das Vermächtnis zugunsten des Erben ist freilich unwirksam – heredi a semet ipso legari non potest.392 Eine solche Unwirksamkeit kann zur Folge haben, dass das Vermächtnis beim Erben verbleibt oder dass es den anderen Vermächtnisnehmern anwächst. Ein Anwachsungsrecht besteht allerdings nur dann, wenn den Vermächtnisnehmern dieselbe Sache (eadem res) vermacht worden ist.393 Dies nimmt Ansicht A hier aber offenbar nicht an, da sie ein Anwachsungsrecht des Titius verneint und das Viertel stattdessen dem Erben belässt. Nach Ansicht A ist nicht dieselbe Sache vermacht, sondern verschiedene Teile zugunsten der Miteigentümer. Wenn aber von vornherein nur Teile vermacht sind, dann hat nie ein Vermächtnis bestanden, das dem anderen „Mitvermächtnisnehmer“ (den es als solchen dann gar nicht gibt) anwachsen könnte. Dass bei Vermächtnissen an einen servus communis Teile vermacht sind, ist die Ansicht von Celsus und Proculus, D. 31,20.394 – Nach dieser Ansicht A ist das Grundstück folglich zu einem Viertel beim Erben geblieben und zu drei Vierteln an Titius gegangen. Und danach erst wird nach Ansicht A, gewissermaßen in einem zweiten Schritt (deinde), die Kürzung nach der lex Falcidia auch auf das Grundstücksvermächtnis angewendet, oder vielmehr auf den Teil des Grundstücks, der an den Vermächtnisnehmer gelangt ist. Von diesen drei Vierteln wird somit ein Viertel abgezogen. Dem Vermächtnisnehmer verbleiben damit 9/16 des Grundstücks. Der Erbe erhält einen Miteigentumsanteil von 7/16 am Grundstück. Gegen eine derartige Deutung von Ansicht A hat sich jedoch Salkowski ausgesprochen.395 Seiner Meinung nach könne die Berechnung nach keiner Ansicht so erfolgt sein, da dies bedeute, dem Erben mehr zuzusprechen, als ihm nach der lex Falcidia zustehe. Salkowski geht davon aus, dass ein weiterer Vermächtnisnehmer vorhanden ist. Die Berechnungsweise erfolge dergestalt, dass von den drei Vierteln des Grundstücks, die dem Titius geblieben sind, ein geringerer Teil als ein Viertel abgezogen werde, und dies den übrigen Vermächtnissen zugute komme, sodass insgesamt doch nur ein Viertel des Nachlasses beim Erben verbleibe. Um bei Salkowskis Beispiel zu bleiben: Der Sklave habe einen Wert von 40, das Grundstück einen Wert von 400, und das zweite Vermächtnis zugunsten des zweiten Vermächtnisnehmers, nennen wir ihn Maevius, einen Wert von 200. Dem Erben stehe dann ingesamt nur ein Viertel von 640, also 160 zu. Zunächst werden vom Sklaven 10 und vom Grundstück 100 abgezogen, sodass 110 beim 392

394 395 393

Flor. 11 inst. D. 30,116,1; UE 24,22. Zu den Einzelheiten siehe Lohsse, Ius adcrescendi, S. 127 und passim. Dazu schon oben S. 138. Salkowski, Sklavenerwerb, S. 29 Fn. 56. Anders die überwiegende Meinung, die zumindest i.E. mit der hier gegebenen Erklärung von Ansicht A übereinstimmt, vgl. Langebeck, in: Otto, Thesaurus, Bd. 1, Hb. 2, Sp. 572; Schwarz, SDHI 17 (1951) 231.

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Einsetzung eines gemeinschaftlichen Sklaven

Erben bleiben. Die übrigen 50, die ihm zustehen, werden dann anteilig von den übrigen Legaten abgezogen, vom Grundstückslegat (das noch 300 umfasst) und vom Legat zugunsten des Maevius (200). Nach anteiliger Kürzung um jeweils 1/10 verbleibt damit Titius 270 und Maevius 180. Der Erbe erhalte somit sein Viertel, die 160. Salkowski ist zunächst darin Recht zu geben, dass weitere Vermächtnisnehmer vorhanden sind. Dies folgt schon aus dem sicut ex omnibus. Doch ist seine Ansicht zur Berechnung des Abzugs nach der lex Falcidia nicht überzeugend. Denn mit welchem Recht sollte man von den beiden zuerst ( primum) zu berechnenden Vermächtnissen, dem Vermächtnis des Sklaven an Titius und dem Vermächtnis der 200 an Maevius, das letztere bevorzugen und von diesem Vermächtnis nur 1/10 abziehen, von dem Vermächtnis des Sklaven dagegen 1/4? Eine derartige willkürliche Bevorzugung eines Vermächtnisnehmers erscheint noch unglaubwürdiger als eine Bevorzugung des Erben, der nach dem hier vertretenen Verständnis des Fragments mehr als ein Viertel bekommt.396 Salkowski ist zu seiner Ansicht gekommen, weil er der Ansicht A nicht eine willkürliche Bevorzugung des Erben unterstellen wollte. Diese Schwäche der Ansicht A wird jedoch gerade der Grund gewesen sein, weswegen sich die gegenteilige Ansicht B letztlich durchgesetzt hat. Die Gegenansicht B folgt nämlich dem oben erörterten Grundsatz des Totalerwerbs: Auch wenn Titius nur zu drei Vierteln Eigentümer des Sklaven geworden ist, so ist er doch der einzige Miteigentümer, dem das Grundstücksvermächtnis erworben werden kann. Ist von mehreren Miteigentümern des servus communis aber nur einer erwerbsfähig, dann wird ihm das gesamte Vermächtnis erworben. Somit erhält Titius nach Ansicht B das gesamte Grundstück. Von der Falcidiaberechnung verschont bleibt er freilich nicht: Vom Grundstück wird danach ein Viertel abgezogen und bleibt beim Erben. Ansicht B findet somit die einzig sachgerechte Lösung: Der Erbe erhält das, was ihm nach dem Gesetz zusteht. Alle Vermächtnisnehmer (Titius, der Sklave und Maevius) müssen eine Kürzung ihrer Legate um ein Viertel hinnehmen. Ansicht B lässt sich so begründen, dass sie nicht davon ausgeht, den Miteigentümern des Sklaven seien Teile vermacht. Vielmehr befürwortet sie ein einheitliches Vermächtnis, das der servus communis nach den Grundsätzen des Sklavenerwerbs als Ganzes demjenigen Miteigentümer erwirbt, der erwerbsbereit ist. Weil der Erbe als Miteigentümer nichts erwerben kann, da ein Vermächtnis zugunsten des Erben unwirksam ist, fällt das Grundstück ganz an Titius.

396

Gegen eine unterschiedliche Berücksichtigung der verschiedenen Vermächtnisse auch Voorda, Ad legem Falcidiam, S. 318f., der Ansicht A unter anderem aus diesem Grunde für nicht sachgerecht hält.

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Wimmer nimmt an, das Grundstücksviertel, das dem Erben angefallen und somit unwirksam vermacht sei, wachse dem Titius an.397 Dies ist in mehrfacher Hinsicht missverständlich. Zunächst fällt das Grundstücksviertel nur nach Ansicht A dem Erben an, nach Ansicht B wird das Grundstück dagegen von vornherein vollständig dem Titius erworben. Wimmer differenziert insoweit gar nicht zwischen den beiden Ansichten. Nach Ansicht A verbleibt freilich ein Viertel beim Erben, wächst jedoch nicht dem Titius an, sondern kommt dem Erben endgültig zugute, sodass dieser im Endeffekt mehr erhält als nach Ansicht B. Nach Ansicht B dagegen wird dem Titius von vornherein das ganze Grundstücksvermächtnis erworben, und zwar infolge der Grundsätze des Sklavenerwerbs. Mit Anwachsung hat auch dieser Fall nichts zu tun. Wimmer unterstellt schließlich der Ansicht B, sie vertrete die Lösung von Ansicht A, indem er meint, sie kürze „die ursprüngliche accessio des Sklavenlegats (im Beispiel die 3/4 des fundus)“398. Ansicht B kürzt aber nicht die 3/4, sondern das ungeteilte Grundstücksvermächtnis.

3.2.2  Die Juristen Um die Ansichten A und B zum Leben zu erwecken, sollen die einzelnen Juristen betrachtet werden. Für Ansicht A werden Atilicinus, Nerva und Sabinus genannt, für Ansicht B Cassius. Ein Schulgegensatz lässt sich somit, wenn man den Text für echt hält, kaum annehmen. Zwar wird Nerva, als Prokulianer, für Ansicht A genannt und Cassius für Ansicht B. Jedoch stimmt Sabinus mit Nerva überein, sodass die Annahme einer Schulkontroverse auf der Grundlage des vorliegenden Textes verworfen werden müsste. Mit Nerva stimmt noch Atilicinus überein, ein Zeitgenosse, der nur schwer einer bestimmten Schultradition zugeordnet werden kann. Häufig entscheidet er prokulianisch, bisweilen aber auch sabinianisch.399 Berücksichtigt man jedoch die Sachfrage, deutet viel auf einen Gegensatz zwischen prokulianischer und sabinianischer Schule hin. Denn der wesentliche Punkt, worin sich die Ansichten unterscheiden, ist, dass das Viertel des Grundstücks nach Ansicht A durch Konfusion beim Erben verbleibt, nach Ansicht B Wimmer, Prälegat, S. 290. Von Anwachsung geht auch aus: Müller-Eiselt, Divus Pius, S. 312. 398 Wimmer, Prälegat, S. 290. Er zitiert zur Unterstützung Schwarz, SDHI 17 (1951) 231, der jedoch gerade nicht davon ausgeht, dass Anwachsung stattfindet, sondern nur richtig feststellt, dass 1/4 beim Erben bleibe. 399 Vgl. einerseits D. 44,4,4,8; D. 34,3,16; D. 32,19; D. 17,1,45,7; D. 15,1,17; D. 8,3,5,1; D. 4,8,21,9; D. 2,14,27 pr.; andererseits D. 10,3,6,4; D. 17,2,52,18; D. 45,2,17. Nach Kunkel, Herkunft, S. 129, war er „vielleicht ein Schüler“ des Proculus. So bereits Majansius, Disputationes, Bd. 1, S. 473. 397

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dagegen infolge der lex Falcidia. Dies liegt, wie ausgeführt, daran, dass Ansicht A beim Vermächtnis an den gemeinschaftlichen Sklaven die Miteigentümer betont, was auf der Linie von Celsus und Proculus liegt, die infolgedessen Anwachsung ausschließen.400 Ansicht B orientiert sich dagegen am Sklaven selbst und sieht das Viertel nicht als von vornherein unwirksam vermacht an, was mit der Position von Julian übereinstimmt.401 Nun darf jedoch aus der Ansicht Julians nicht geschlossen werden, dass auch vorher schon die sabinianische Schule auf derselben Linie gelegen hätte, insbesondere dann nicht, wenn hier Sabinus ausdrücklich für die Gegenauffassung genannt ist. Entscheidend ist damit, welche Ansicht Sabinus vertreten hat.

3.2.3  Die Ansicht des Sabinus Die Ansicht des Sabinus lässt sich, wenn man von D. 35,2,49 pr. ausgeht, als konträr zu der Auffassung des Cassius einordnen. Denn Sabinus entscheidet hier mit Ansicht A, dass ein Teil des dem Sklaven vermachten Grundstücks unwirksam vermacht sei, der gemeinschaftliche Sklave folglich nicht dem erwerbsbereiten Miteigentümer das Ganze erwerbe. Bezieht man jedoch einen weiteren Text mit ein, so treten Zweifel auf, ob dies tatsächlich Sabinus’ Ansicht gewesen ist. D. 17,2,63,9 Ulpianus libro trigensimo primo ad edictum Si servo communi legatum sine libertate unus ex dominis reliquit, hoc ad solum socium pertinet: an tamen pro socio iudicio communicari debeat cum herede socii, quaeritur. et ait Iulianus Sextum Pomponium referre Sabinum respondentem non communicari, et posse hanc sententiam defendi Iulianus ait: non enim propter

Ulpian im 31. Buch zum Edikt Wenn einer der Miteigentümer einem gemeinschaftlichen Sklaven ein Vermächtnis hinterlassen hat, ohne die Freilassung anzuordnen, dann gehört es dem anderen Gesellschafter. Es wird jedoch gefragt, ob er es aufgrund der Gesellschafterklage mit dem Erben des verstorbenen Gesellschafters teilen muss. Und Julian sagt, Sextus Pomponius berichte, dass Sabinus gutachtlich entschieden habe, es sei nicht zu teilen. Und diese

Vgl. Cels. 19 dig. D. 31,20; dazu Lohsse, Ius adcrescendi, S. 230f., worauf wegen der Details verwiesen wird. 401 Vgl. D. 33,5,11; D. 17,2,63,9; D. 48,10,14,1; Vat. 75,3. Zu Julian siehe sogleich im Text; wegen der Details siehe auch hier schon umfassend Lohsse, Ius adcrescendi, S. 238ff. 400

Parallele beim Vermächtnis

communionem hoc adquisitum est, sed ob suam partem, nec oportet id communicari, quod quis non propter societatem, sed propter suam partem adquisierit.

159 Ansicht lasse sich verteidigen, sagt Julian weiter. Denn nicht wegen der Gemeinschaft sei dies erworben worden, sondern wegen seines Anteils, und es braucht nicht das geteilt zu werden, was jemand nicht wegen der Gesellschaft, sondern wegen seines Anteils erworben hat.402

402

Der Sachverhalt ist sehr ähnlich wie in Fragment D. 35,2,49 pr.: Ein gemeinschaftlicher Sklave wird von einem seiner Miteigentümer mit einem Vermächtnis bedacht. Der einzige Unterschied liegt darin, dass der gemeinschaftliche Sklave in D. 35,2,49 pr. erst durch den Erbfall „entstanden“ ist, im vorliegenden Fragment dagegen schon von vornherein als Teil eines Gesellschaftsvermögens besteht.403 Dementsprechend liegt auch der Kontext der Stelle nicht im Erbrecht, sondern im Gesellschaftsrecht. Ulpian behandelt hier in seinem Ediktskommentar Details der Gesellschafterklage, wobei es ihm im Wesentlichen um die Frage geht, ob diese Klage auch gegen den Erben eines Gesellschafters bestehen kann (vgl. D. 17,2,63,8). Der Sklavenerwerb ist für ihn dabei nur mittelbar, gewissermaßen als Vorfrage, relevant. Beim Erwerb durch einen servus communis setzt Ulpian den Grundsatz des Totalerwerbs voraus: Das zugunsten des gemeinschaftlichen Sklaven hinterlassene Legat wird ganz dem Miteigentümer erworben. Fallentscheidend ist hier nur die Frage, ob der Erbe des Verstorbenen vom Sozius des Verstorbenen einen Teil des dem Sklaven ausgesetzten Vermächtnisses mit der actio pro socio verlangen kann, was im Ergebnis verneint wird. Hinsichtlich der Frage des Erwerbs von Vermächtnissen durch einen servus communis ergibt sich aber eine Übereinstimmung zwischen Ulpian und Julian: Alles wird dem Mitgesellschafter erworben.404 Die entgegengesetzte Argumentation, die dahin ginge, dass ein Teil des Vermächtnisses als dem Erben vermacht unwirksam sei, wird dagegen nicht einmal erwähnt. Für den vollständigen Erwerb durch den Miteigentümer hat sich ausweislich des Fragments auch Sabinus ausgesprochen. Er stimmt hinsichtlich beider Aspekte mit Julian und Ulpian überein, nämlich dass alles dem Miteigentümer erworben Übers. von Behrends/Knütel/Kupisch/Seiler [Misera], Bd. 3, S. 426f. Ein, Bull. 39 (1931) 86, zweifelt das an, doch wäre der Bezug auf die actio pro socio ansonsten unverständlich, um die es Ulpian hier geht, vgl. auch Lenel, Palingenesia, Bd. 2, Sp. 628, Ulp. 924. Gegen Ein vgl. auch Bretone, Servus Communis, S. 34 Fn. 49. 404 Die Begründung ist natürlich, dass er der einzige ist, der erwerben kann. Gaudemet, Indivision, S. 62, stellt vor allem auf den Tod des anderen Miteigentümers ab, jedoch wäre dieser genausowenig erwerbsfähig wie sein Erbe. Gaudemet schätzt insoweit den Sklavenerwerb nicht richtig ein, was auch aus S. 63 Fn. 1 und S. 101 Fn. 3 hervorgeht. 402 403

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wird und von diesem auch nicht später ein Teil herausgegeben werden muss. Sabinus entscheidet sich hier somit konträr wie in D. 35,2,49 pr., wo er der Meinung ist, ein dem servus communis ausgesetztes Vermächtnis sei insoweit unwirksam, als dieser im Eigentum des Erben stehe. Ulpian kann hier zwar nur aus dritter Hand von Sabinus berichten, doch ist anzunehmen, dass er die Entscheidung des Sabinus richtig wiedergegeben hat. Denn wenn Sabinus so wie in D. 35,2,49 pr. entschieden hätte, dann hätte er die Frage, ob das Vermächtnis mit dem Erben geteilt werden müsse, gar nicht aufwerfen können, da er das Vermächtnis insoweit ohnehin schon als unwirksam angesehen hätte, der Erbe also einen Teil des dem Sklaven ausgesetzten Vermächtnisses schon in seiner Eigenschaft als Erbe erworben hätte. Denkbar ist freilich, dass Sabinus hier nur für den Ausschluss der actio pro socio argumentiert hatte, nicht aber für den Ausschluss der actio communi dividundo, und dem Erben aus dieser Klage einen Teil des Vermächtnisses zugesprochen hätte.405 Wäre dies wahr, so ließe sich in der Tat annehmen, dass Sabinus in beiden Fällen die gleiche Ansicht vertreten hatte. Gegen eine derartige Interpretation spricht jedoch, dass das Fragment ersichtlich von der materiellen Zuordnung des Vermächtnisses an den überlebenden Mitgesellschafter spricht, und nicht nur von der richtigen Klage, was insbesondere aus der Begründung Julians im letzten Satz hervorgeht. Andernfalls müsste man annehmen, dass schon Julian und Pomponius die Lösung des Sabinus falsch verstanden hatten.406 Somit besteht kein Zweifel, dass Sabinus in D. 17,2,63,9 für eine andere Ansicht in Anspruch genommen wird als in D. 35,2,49 pr. Diese Tatsache, dass Sabinus sich selbst widersprochen haben soll, hat natürlich Widerstand in der Literatur hervorgerufen. Schon Cujaz nahm an, die Nennung von Sabinus in D. 35,2,49 pr. beruhe auf einem Abschreibfehler.407 Regius hat dies konkreter damit erklärt, dass der Schreiber die Kürzel „Lab.“ und „Sab.“ in seiner Vorlage verwechselt habe, es sich also in Wirklichkeit um die Ansicht Labeos handle.408 In jüngerer Zeit haben Müller-Eiselt409 und vor allem Bretone410 die Nennung des Sabinus in diesem Fragment für unecht gehalten. Bretone sieht hier eine Verwechslung im Zuge der justinianischen Kodifikation. Drosdowski, Actio pro socio, S. 145ff., im Ansatz auch Gaudemet, Indivision, S. 63 Fn. 1. 406 Weitere Argumente bei Drosdowski, Actio pro socio, S. 146–148; ihm folgt Meissel, Societas, S. 302. 407 Cuiacius, Observationum liber XXVI, cap. 11 (Opera, Bd. 4, Sp. 621). 408 Regius, in: Otto, Thesaurus, Bd. 2, Sp. 1504. 409 Müller-Eiselt, Divus Pius, S. 312. Nicht zuzustimmen ist ihm auch darin, dass es sich hier um Akkreszenz handle. 410 Bretone, Servus communis, S. 25. 405

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Allen diesen Ansichten ist ein deutliches Harmonisierungsstreben gemein. Den Humanisten war die Tatsache unangenehm, dass Sabinus unterschiedliche Ansichten vertrat, und für Bretone wäre ansonsten seine Gesamtthese nicht mehr haltbar, dass das Erwerbsrecht beim servus communis ganz auf einem Schulgegensatz beruhe.411 Zumindest die Annahme einer Schulkontroverse muss aber verneint werden.412 Möglich ist, dass ein schulenübergreifender Streit vorliegt, was nicht ungewöhnlich wäre.413 Es kommt auch nicht selten vor, dass Sabinus mit Nerva entscheidet, vgl. etwa Paul. 7 ad Sab. D. 25,2,1.414 Die Tatsache, dass Sabinus zwei unterschiedliche Ansichten vertreten haben soll, lässt sich damit freilich auch nicht erklären. Bemüht man sich aber weniger um eine Harmonisierung der Quellen als um eine ernsthafte Historisierung der römischen Rechtswissenschaft, so liegt auch die Schlussfolgerung nicht fern, den Text so zu belassen, wie er ist, und hinzunehmen, dass ein Jurist unterschiedliche Meinungen vertreten kann. Bemerkenswert ist insofern nämlich, dass in D. 17,2,63,9 ein responsum des Sabinus zitiert wird. Die Ansicht in D. 35,2,49 pr. stammt dagegen eher aus seinen libri tres iuris civilis.415 Dass ein Jurist aus konkretem Anlass einmal anders entscheidet als in seinem Lehrwerk, also eine „Privatmeinung“416 in noch engerem Sinne vertritt, kann man nicht als ganz unwahrscheinlich bezeichnen. Denkbar ist aber auch, dass die Sachverhalte sich in anderen Punkten unterschieden, die für Sabinus wesentlich waren. So lässt sich beobachten, dass der Fall D. 17,2,63,9 voraussetzt, dass eine Gesellschaft (societas) zwischen dem Verstorbe Kritisch zu Bretone daher auch Gaudemet, Labeo 5 (1959) 246f.; Albanese, AUPA 34 (1973) 68 Fn. 80; Nelson/Manthe, Gai Institutiones III 88–181, S. 374 f. 412 Das gibt auch Regius zu, in: Otto, Thesaurus, Bd. 2, Sp. 1504. 413 Für einen Überblick über die schulenübergreifenden Gegensätze vgl. schon Dirksen, Beiträge, S. 37 Fn. 85. 414 Die Kritiker greifen freilich auch diese Stelle an: Cuiacius, Observationum liber XXVI, cap. 11 (Opera, Bd. 4, Sp. 621); Behrends, in: Studi Sanfilippo, Bd. 5, zitiert nach Institut und Prinzip, Bd. 2, S. 871 Fn. 103: „wo übrigens auf rätselhafte Weise Nerva und Sabinus die Plätze getauscht haben“. Für Echtheit aber Wacke, Actio rerum amotarum, S. 90f., der von einer Privatmeinung des Sabinus ausgeht. Weitere Beispiele (Nerva, Sabinus und Cassius): Ulp. 17 ad Sab. D. 7,8,12,1; Paul. 5 ad Plaut. D. 18,1,57 pr. 415 Dass sie einen Abschnitt über die lex Falcidia enthielten, ist anerkannt; nicht sicher ist aber, ob die genannte Aussage daraus entnommen ist, vgl. Gothofredus, Sabinianorum librorum series et continentia, in: Otto, Thesaurus, Bd. 3, Sp. 249/250; Lenel, Sabinussystem, S. 38, 90, 94; Bremer, Iurisprudentiae antehadrianae quae supersunt, Bd. 2/1, S. 445; Astolfi, Libri tres, S. 210. 416 Zur Privatmeinung vgl. Dirksen, Beiträge, S. 25ff., S. 33 Fn. 78a; „im engeren Sinne“ hier deshalb, weil „Privatmeinung“ bei Dirksen das Abweichen von einer Schulmeinung meint, nicht von eigenen Meinungen. Eine uneinheitliche Meinung des Sabinus schließt auch Albanese nicht aus, AUPA 34 (1973) 68 Fn. 80. 411

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Einsetzung eines gemeinschaftlichen Sklaven

nen und dem Sozius bestand und der Sklave Teil des Gesellschaftsvermögens war.417 Im Fall D. 35,2,49 pr. bestand jedoch keine societas, sondern schlichtes Miteigentum. Möglicherweise war dies der für Sabinus entscheidende Punkt: Bei schlichtem Miteigentum erwerben die Miteigentümer des gemeinschaftlichen Sklaven bloß Teile, bei bestehender Gesellschaft dagegen potentiell auch das Ganze – eine Differenzierung, die allerdings später nicht wieder aufgegriffen worden ist. Zusammenfassend stellt sich die Meinung des Sabinus damit wie folgt dar: Er vertrat bei der Frage des Vermächtnisses an einen gemeinschaftlichen Sklaven keine einheitliche Lösung. Insbesondere ist er nicht einer Schultradition zuzuordnen. Er entschied je nach Lage des Falles und differenzierte danach, ob der servus communis Teil eines Gesellschaftsvermögens war oder nicht. Nur bei bestehender Gesellschaft bejahte er den Totalerwerb zugunsten eines Miteigentümers.

3.3  Die Rolle von Julian und Paulus Vor dem Hintergrund dieser differenzierenden Ansicht des Sabinus muss auch die Rolle Julians neu beleuchtet werden. Julian spricht von allen Juristen den Grundsatz des Totalerwerbs am deutlichsten aus. Für ihn ist ganz klar, dass ein Vermächtnis zugunsten eines gemeinschaftlichen Sklaven als Ganzes dem erwerbsbereiten Miteigentümer zusteht, quoniam die legati cedente solus est, qui per eum servum possit adquirere.418 Diese deutlichen Worte haben dazu geführt, dass die Literatur überwiegend annimmt, die Streitfrage um den Erwerb eines Legats durch einen servus communis sei durch die Autorität Julians geklärt worden.419 Die Quellen legen jedoch etwas anderes nahe: D. 48,10,14 Paulus libro vicensimo secundo Paulus im 22. Buch der Rechtsfragen quaestionum Filius emancipatus cum scriberet Ein aus der väterlichen Gewalt entlassener patris testamentum, iussu patris Sohn hat, als er das Testament seines Vaters servo communi Titii et suo lega- schrieb, auf Anweisung seines Vater einem tum adscripsit: quaero, quis exi- gemeinschaftlichen Sklaven, der ihm [dem tus quaestionis sit. respondit: plu- Sohn] zusammen mit dem Titius gehörte, ein

Arnò, Società, S. 126; Voci, Dottrina del contratto, S. 212. Zweifelnd aber Ein, Bull. 39 (1931) 86. 418 Iul. 36 dig. D. 33,5,11. Zur Exegese vgl. Lohsse, Ius adcrescendi, S. 238ff., v.a. S. 240. 419 Ferrini, Teoria generale, S. 140 Fn. 4; Salkowski, Sklavenerwerb, S. 32 Fn. 61. 417

Parallele beim Vermächtnis

res quaestiones coniunxisti. et quidem quantum ad senatus consultum, quo prohibemur nobis vel his quos in potestate habemus adscribere legatum, emancipatus quoque filius eadem poena tenebitur, licet iussu patris scripserit: excusatus enim is videtur qui in potestate est sic ut servus, si tamen iussum ex subscriptione testatoris appareat: sic enim inveni senatum censuisse.

(1) Sequens quaestio est, an, quoniam placet id quod illicite scriptum est pro non scripto esse, quod servo communi scribentis et alterius adscriptum est, utrum in totum pro non scripto sit, an quantum ad eum tantum qui adscripsit, ceterum socio totum debeatur. et inveni Marcellum apud Iulianum adnotasse. nam cum Iulianus scripsisset, si sibi et Titio scripsisset aut servo communi, cum pro non scripto sit, facillime quaeri posse, quantum Titio et socio adquiratur ita: adicit iste Marcellus: quemadmodum socio debebitur, si quasi falsum nomen servi subducitur? quod et in praesenti quaestione observandum est.

163 Vermächtnis zugeschrieben. Ich frage an, wie dieser Fall zu lösen ist. Er [Paulus] hat entschieden: Du hast verschiedene Fragen vermischt. Soweit es den Senatsbeschluss betrifft, der uns verbietet, uns selbst oder denjenigen, die wir in unserer Gewalt haben, Legate zuzuschreiben, unterfällt der aus der väterlichen Gewalt entlassene Sohn derselben Strafe, auch wenn er auf Anweisung seines Vaters geschrieben hat. Nur derjenige nämlich wird als entschuldigt angesehen, der gewaltunterworfen ist, so wie ein Sklave, und auch nur dann, wenn sich die Anweisung aus der Unterschrift des Erblassers ergibt. So habe ich nämlich den Senatsbeschluss verstanden. (1) Weil aber das, was unrechtmäßiger Weise geschrieben wurde, als nicht geschrieben erachtet wird, schließt sich daran die folgende Frage an, ob die Verfügung zugunsten des gemeinschaftlichen Sklaven, der dem Schreiber und einem Dritten gehört, ganz für nicht geschrieben erachtet wird, oder nur insoweit, als sie denjenigen betrifft, der geschrieben hat, im Übrigen aber dem Miteigentümer das Ganze geschuldet wird. Und ich habe herausgefunden, dass Marcellus hierzu in seinem Kommentar zu Julian eine kritische Anmerkung macht: Denn Julian hatte geschrieben, dass eine Verfügung, die man sich und Titius, oder einem gemeinschaftlichen Sklaven, zuschreibt, als nicht geschrieben erachtet werde, und sich daher sofort die Frage stelle, wieviel dem Titius oder dem Miteigentümer daraus erworben werde. Dazu bemerkt Marcellus aber: Wie soll es dem Miteigentümer geschuldet werden, wenn der Name des Sklaven quasi als Fälschung entfernt wird? Und dies lässt sich auch in Bezug auf die vorliegende Frage feststellen.

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Einsetzung eines gemeinschaftlichen Sklaven

Der vorstehende Text greift die Problematik des Vermächtnisses an einen gemeinschaftlichen Sklaven in einem speziellen Zusammenhang auf: dem der testamentarischen Verfügungen, die als nicht geschrieben gelten ( pro non scriptis), weil sie zugunsten des Testamentsschreibers ausgesetzt sind. Das Testament hat im vorliegenden Fall ein emanzipierter Sohn für seinen Vater geschrieben. Die Erstellung eines Testaments mit Hilfe eines Schreibers war üblich, sei es wegen Analphabetismus, sei es wegen Sehschwäche oder Ähnlichem.420 Dabei hatte der Sohn auch ein Vermächtnis zugunsten eines Sklaven niedergeschrieben, der ihm zusammen mit einem Titius gehörte. Verfügungen an Gewaltunterworfene des Schreibers waren genauso untersagt wie Verfügungen an den Schreiber selbst. Paulus separiert hier zwei Rechtsfragen voneinander: Die strafrechtliche Bedeutung dieses Handelns und seine zivilrechtlichen Folgen. Der Sohn hat sich hier zunächst wegen eines Fälschungsdelikts nach dem Senatusconsultum Libonianum und der lex Cornelia testamentaria strafbar gemacht,421 indem er einem Sklaven, der ihm zumindest auch gehörte, ein Vermächtnis zugeschrieben hatte. Paulus diskutiert, ob dem Sohn eine Entschuldigung zugute kommt. Denn ein Sohn, der noch in der Gewalt des Vaters steht, wird nicht bestraft, weil man bei einem filius familias davon ausgeht, dass er vom Vater abhängig ist und sich seinem Willen schlecht widersetzen kann.422 Im vorliegenden Fall hatte der Vater den Sohn jedoch emanzipiert, sodass er genauso wie jeder unabhängige Dritte stand und der Strafe unterfiel. Dies erscheint zunächst unwahrscheinlich hart, schließlich stand auf das crimen falsi Deportation oder Todesstrafe.423 Man wird jedoch davon ausgehen dürfen, dass die Kaiser in Fällen, die nicht strafwürdig erschienen, in sehr weitem Umfang Begnadigungen aussprachen.424 Die zivilrechtliche Folge der Nichtigkeit der Verfügung, die Gegenstand des § 1 ist, war vom Senatsbeschluss offenbar nicht ausdrücklich ausgesprochen worden, wie aus der gründlichen Argumentation Julians in D. 34,8,1 hervorgeht, Zur Gebräuchlichkeit der Testamentserrichtung mit Hilfe eines Dritten vgl. Robinson, TR 60 (1992) 29, 30f., die allerdings die Alphabetisierungsrate recht optimistisch beurteilt. 421 Das Senatusconsultum Libonianum hatte den Anwendungsbereich des sullanischen Gesetzes insofern erheblich erweitert, siehe dazu Mommsen, Strafrecht, S. 671; Kaser, RPR I, S. 691 Fn. 6; Santalucia, Diritto penale, S. 206. 422 Vgl. C. 9,23,6 (290): quoniam non potueras contra domini voluntatem venire. Dies bezieht sich freilich auf einen Sklaven, bei dem die Abhängigkeit noch ungleich stärker ist. 423 PS 5,25,1; zu den Details vgl. Mommsen, Strafrecht, S. 677; Liebs, Römische Jurisprudenz in Africa, S. 48. 424 Vgl. den ganz ähnlich gelagerten Fall C. 9,23,1 (212). Das römische Verständnis vom Strafrecht, das sich darin zeigt, behandelt Robinson, TR 60 (1992) 37f. 420

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wurde aber allgemein anerkannt. Die Verfügung ist pro non scripto, die Bedachten sind si insertae non essent (Iul. eod.). Der besondere Reiz des von Paulus diskutierten Problems liegt nun aber darin, dass die ratio des Gesetzes bei einer Verfügung zugunsten eines gemeinschaftlichen Sklaven nur hinsichtlich des Schreibers greift, nicht aber hinsichtlich des Miteigentümers Titius. Diesem darf der Testamentsschreiber Verfügungen zuschreiben. Je nachdem, auf welchen der Miteigentümer man abstellt, müsste man die Verfügung folglich als wirksam oder als unwirksam ansehen. Um dem Rechtssuchenden, der sich an ihn gewandt hat, eine befriedigende Antwort auf diese Frage zu geben, beruft sich Paulus auf Julian und Marcellus. Julian vergleicht den Fall des servus communis mit dem des Vermächtnisses an zwei Personen und fragt, wie viel dem Miteigentümer (im Fall des servus communis) oder dem Titius (im Fall des Vermächtnisses an zwei Personen) erworben werde. Sintenis übersetzt hier allerdings „dem Titius und demselben als seinem Teilhaber“,425 was den Sinn völlig entstellt und die Parallelfälle miteinander vermischt, die Julian schon sprachlich unterscheidet: sibi et Titio aut servo communi ... Titio et socio. Das Titio et socio muss man als Titio aut socio verstehen.426 Die Entscheidung Julians zu diesen beiden Fällen ist leider nicht mitgeteilt.427 Für den Fall des Vermächtnisses an zwei Mitvermächtnisnehmer kann man auch nur Mutmaßungen aufstellen, da es sich hier um ein Damnationslegat handelt (deberi). In einem solchen Falle hat Pomponius teilweisen Erwerb zugunsten des Mitvermächtnisnehmers bejaht.428 Für den Fall des Vermächtnisses an einen servus communis ist die Ansicht Julians aber aus D. 33,5,11 und D. 17,2,63,9 hinlänglich bekannt: Der Miteigentümer erhält in diesem Falle das ganze Vermächtnis.429 Dass Julian die Frage für diskussionsbedürftig hält (quaeri posse), erklärt sich daraus, dass sie in beiden Fällen umstritten war, wie sich aus D. 30,16 pr. ( puto verum esse) und D. 35,2,49 pr. ergibt. 425

Otto/Schilling/Sintenis, Bd. 4, S. 979. Vgl. Sch. 1 ad Bas. 60,41,14 (Heimb. V 783; Schelt. B IX 3775): τ Tιτω  τ κινων – das  ist hier disjunktiv. Siehe auch die editio maior ad h.l. und Albanese, AUPA 36 (1976) 343 Fn. 106. 427 So auch Bund, in: Festschrift von Lübtow, S. 377, der sich freilich mit dieser Feststellung begnügt. Zu oberflächlich aber Rastätter, Marcelli notae, S. 151f., der behauptet, Julian habe in beiden Fällen (!) für Teilerwerb des Legats durch Titius plädiert, was zumindest für den Fall des servus communis nicht zutreffen kann (siehe im Text); zustimmend aber Backhaus, SZ 101 (1984) 374. 428 Pomp. 5 ad Sab. D. 30,16 pr. Dazu Lohsse, Ius adcrescendi, S. 98. Anders die Rechtslage beim Vindikationslegat, vgl. Iust. C. 6,51,3 (534), wo die alte Rechtslage dargestellt wird, PS 3,6,14. 429 Anders Albanese, AUPA 36 (1976) 344, was aber infolge der genannten Stellen, die Albanese nicht erwähnt, nicht haltbar ist. 426

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Einsetzung eines gemeinschaftlichen Sklaven

Mit dieser Lösung Julians kann Marcellus allerdings nichts anfangen. Für ihn ist unverständlich, wie dem Miteigentümer überhaupt etwas erworben werden kann, wenn der Name des Sklaven pro non scripto ist. In dieser Note des Marcellus äußert sich ein wesentlich formalistischeres Verständnis der Testamentsauslegung:430 Weil der Sklave nicht im Testament steht, kann auch sein Herr nichts mehr durch ihn erwerben. Dagegen soll nach der Absicht des Erblassers ein Vermächtnis zugunsten eines Sklaven in der Regel dessen Eigentümern zugute kommen. Dieses interessengerechte Ergebnis erreicht aber nur Julian.431 Wie die strengere Bindung des Marcellus an den Testamentsformalismus zustande kommt, ist kaum zu beantworten.432 Es lässt sich aber jedenfalls feststellen, dass sie nur auf der wörtlichen Auslegung des pro non scripto beruht, nicht aber auf einer anderen Auffassung zum Sklavenerwerb. Denn in einer anderen Note zum Erwerb einer Stipulation durch einen gemeinschaftlichen Sklaven spricht auch Marcellus klar und deutlich aus: quodcumque ad omnes dominos non potest pertinere, id pro solido ad eum, cui adquiri potest, pertinere veteres comprobaverunt.433 Schließlich muss beurteilt werden, wie Paulus selbst zur Sache entscheidet. Wir lesen hier lediglich quod et in praesenti quaestione observandum est, also eine Zustimmung zu Marcellus.434 Paulus hängt also derselben formalistischen Testamentsauslegung an. Für Paulus ist allerdings ausschlaggebend, dass es sich um ein Vermächtnis handelt und nicht um ein Fideikommiss. Wie sich aus D. 34,8,5 ergibt, entscheidet Paulus nämlich im Falle eines Fideikommisses weniger formalistisch und lässt ein Fideikommiss, mit dem jemand beschwert ist, der als pro non scripto gilt, immerhin beim Erben Wirkung entfalten. Man sieht also, dass Paulus die Frage des pro non scripto nicht einheitlich löst, ein Ergebnis, das mit den Feststellungen Wielings zur Testamentsauslegung übereinstimmt.

Zu den Noten des Marcellus vgl. Rastätter, Marcelli notae, S. 30ff. Er nimmt an, diese Noten hätten Paulus in einer Ausgabe der julianischen Digesten vorgelegen, S. 38. Hinsichtlich des Formalismus in der vorliegenden Note ist er gleicher Meinung, S. 152f. 431 Aufschlussreich hierzu Keller, Institutionen, S. 367. Bund, in: Festschrift von Lübtow, S. 379, geht leider auf die Folgerungen aus der Note des Marcellus nicht näher ein. 432 Vgl. die Ergebnisse von Wieling, Testamentsauslegung, S. 247ff. und passim, der den römischen Juristen generell abspricht, bestimmten, festen Auslegungsregeln zu folgen. 433 Ad Iul. 21 dig. D. 26,8,12. Genauso Pap. 27 quaest. D. 45,3,18 pr. 434 Albanese, AUPA 36 (1976) 343, hält die Worte für eine Zusammenfassung der Kompilatoren. Diese haben wohl nur die Diskussion, nicht aber das Ergebnis weggelassen. 430

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Nach der Entscheidung von Paulus im hier vorliegenden Fall erhält der Miteigentümer das dem Sklaven ausgesetzte Vermächtnis nicht. Allerdings ist die Frage des Sklavenerwerbs hier von der pro non scripto-Problematik überformt. Versucht man, von letzterem Aspekt abzusehen, kann man sich wieder die Frage stellen, wie Paulus unsere Ausgangsfrage beantwortet hätte: Wenn das Vermächtnis zugunsten eines gemeinschaftlichen Sklaven nur in der Person eines Miteigentümers wirksam ist, erwirbt dieser dann einen Teil (obige Ansicht A) oder das Ganze (obige Ansicht B)? Die Antwort steckt schon in der Fragestellung der Entscheidung: utrum in totum pro non scripto sit, an quantum ad eum tantum qui adscripsit, ceterum socio totum debeatur. Wäre Paulus also bei der pro non scripto-Frage der anderen Möglichkeit gefolgt, hätte er bei der Frage des Sklavenerwerbs das ganze Vermächtnis dem Miteigentümer zugesprochen.

3.4 Ergebnis Die Entwicklung der Streitfrage des Vermächtniserwerbs beim servus communis stellt sich zusammenfassend also wie folgt dar: Im ersten Jahrhundert war diese Frage noch Gegenstand heftiger Kontroversen. Atilicinus und Nerva sprachen sich für einen Erwerb von Teilen durch die Miteigentümer aus, sodass bei Ausfall eines der Miteigentümer dessen Teil beim Erben verblieb. Sabinus entschied von Fall zu Fall. Cassius vertrat dagegen den Gesamterwerb durch den erwerbsbereiten Miteigentümer, eine Ansicht, die sich später allgemein durchsetzte. Ihr schlossen sich Julian, Ulpian und Paulus an. Die Gründe dieser Entwicklung stellen sich jedoch anders dar, als es die Sekundärliteratur vermutet. Ein Streit zwischen prokulianischer und sabinianischer Rechtsschule liegt allenfalls dann vor, wenn man die zeitliche Entwicklung mit Cassius beginnen lässt. Überwiegend wird die Ansicht vertreten, die Autorität Julians habe die Diskussion zum Erliegen gebracht. Dies ist jedoch wenig wahrscheinlich. Viel eher trifft es zu, dass eine fallweise Erörterung an die Stelle einer grundsätzlichen Lösung getreten ist. Am deutlichsten kommt dies in der Entscheidung von Paulus in der Ausgangsstelle D. 35,2,49 pr. zum Ausdruck, die hier zum Schluss noch einmal aufgegriffen werden soll: Cassii sententia utimur, nam et divus Pius rescripsit servo communi fideicommissum datum totum ad socium pertinere. Paulus bezeichnet dies als die Ansicht des Cassius, obwohl ihm, wie aus D. 48,10,14,1 hervorgeht, die Schriften Julians zur gleichen Problematik bekannt waren. Vor allem aber begründet er die Entscheidung materiell mit einem Verweis auf ein Reskript des Antoninus Pius, nicht mit einer durchgedrungenen Auffassung Julians. Hierin zeigt sich auch, wie stark die Juristen der Spätklassik Teil der kaiserlichen Rechtsdurchsetzung geworden sind, sodass sie die Legitimationsgrundlagen ihrer Entscheidungen

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Einsetzung eines gemeinschaftlichen Sklaven

nicht mehr in einer Schultradition suchen, sondern in eben dieser Verbindung zum Kaiser.435

4.  Auswirkungen der Veräußerung oder Freilassung Kehren wir zurück zur Erbeinsetzung des gemeinschaftlichen Sklaven. Auch hier stellen sich praktisch und theoretisch interessante Fragen, wenn er veräußert oder freigelassen wird. Im Grundsatz folgt daraus dasselbe wie bei einem Sklaven, der nur einen Herrn hat: Der Sklave bleibt der erbrechtlich Berufene und kann daher bei Veräußerung auf Anweisung seines neuen Herrn antreten, bei Freilassung dagegen für sich selbst erwerben. Doch kann auch die besondere Situation eintreten, dass der gemeinschaftliche Sklave nur auf Anweisung eines Herrn antritt und daraufhin veräußert oder freigelassen wird.

4.1  Veräußerung oder Freilassung ohne Ersatzerben In den Quellen überliefert ist nur der Fall der Freilassung des servus communis, nachdem er für einen der Miteigentümer angetreten hat. Kann er die zweite Hälfte nun als Freigelassener für sich selbst antreten, oder fällt sie auch an den Herrn, der den Erbantritt befohlen hat? D. 29,2,64 Iavolenus libro secundo ex posterioribus Labeonis Servus duorum heres institutus et adire iussus si alterius domini iussu adierit, deinde manumissus fuerit, poterit ipse adeundo ex parte dimidia heres esse.

Javolen im zweiten Buch aus den hinterlassenen Schriften Labeos Ein Sklave zweier Eigentümer ist zum Erben eingesetzt und zum Antritt angewiesen worden. Wenn er die Erbschaft auf Anweisung [nur] eines Eigentümers angetreten hat und daraufhin freigelassen worden ist, kann er selbst durch Antritt auf die [andere] Hälfte Erbe werden.

Der gemeinschaftliche Sklave hatte die Erbschaft auf Anweisung eines seiner zwei Eigentümer angetreten und diesem somit die Hälfte der Erbschaft erworben. Nach erfolgter Freilassung kann er selbst noch einmal antreten und so die andere Hälfte erwerben.

Vgl. auch Kunkel/Schermaier, Rechtsgeschichte, S. 170.

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Auswirkungen der Veräußerung oder Freilassung

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Der vorliegende Text wirft zunächst sprachliche Probleme auf, die auch inhaltliche Fragen nach sich ziehen und daher Beachtung erfordern. Auffällig ist die doppelte Erwähnung der Anweisung zum Erbantritt: et adire iussus ... iussu adierit. Der Sklave brauchte natürlich nur einmal zum Erbantritt angewiesen werden, die doppelte Erwähnung ist daher redundant. Mommsen sah sich deshalb veranlasst, das et adire iussus zu elidieren.436 Ein derartiger Eingriff, für den keine formalen Gründe sprechen, sollte freilich unterbleiben, wenn sich der Text auch auf andere, nicht ganz unwahrscheinliche Weise deuten lässt. Lenel437 nimmt an, die Kompilatoren hätten im Zuge der Tilgung der cretio aus den klassischen Texten438 alle drei Vorkommnisse von cernere durch adire ersetzt. Somit wäre cernere iussus zu lesen, was den Sinn des Textes nach Meinung Lenels verändert. Dieses erste iussum beziehe sich nicht mehr auf den Eigentümer des Sklaven, der den Sklaven zum Erbantritt anweist, sondern auf den Erblasser, der den Sklaven durch eine testamentarische Bestimmung anweist, eine cretio vorzunehmen (statt einer auch formlos möglichen pro herede gestio). Der Überlegung Lenels, cernere sei durch adire ersetzt worden, ist zwar im Grundsatz zuzustimmen, allein schon infolge der eindeutigen Absicht der Kompilatoren. Doch selbst wenn man an allen drei Stellen cernere liest, bedeutet dies nicht, dass sich das erste Vorkommnis auf eine Anordnung des Erblassers bezöge. Schon sprachlich gesehen kann cernere iussus genausogut von den Eigentümern des Sklaven gesagt werden, die diesen anweisen, die ihm hinterlassene Erbschaft mittels förmlicher cretio für sie zu erwerben. Und auch inhaltlich wäre es unwahrscheinlich, dass Javolen hier auf eine testamentarische Bestimmung hinweisen sollte, die derart üblich und gewöhnlich war, dass sie normalerweise keiner besonderen Erwähnung in einer juristischen Entscheidung bedurfte.439 Vielmehr wird Siehe ed. maior ad h.l. Ihm folgt Desserteaux II, S. 51 Fn. 5. Lenel, Palingenesia, Bd. 1, Sp. 301, Fn. 4, 5, 6. Ihm folgt insoweit Dulckeit, Erblasserwille, S. 123 Fn. 3. Dulckeit will allerdings nicht die zweite Überlegung Lenels übernehmen, dass adeundo zu streichen sei, weil kein erneuter Antritt erforderlich sei, siehe Pal. Fn. 6 zu adeundo. Darin ist Dulckeit natürlich völlig recht zu geben, denn der Freigelassene muss selbst entscheiden können, ob er die Erbschaft haben will, oder nicht (siehe die Parallele oben S. 120). 438 Zur Abschaffung der cretio: C. 6,30,17 (407): cretionum scrupulosam sollemnitatem hac lege penitus amputari decernimus. Genannt sind die Kaiser Arcadius, Honorius und Theodosius, doch geht der Text in der vorliegenden Fassung auf die Kompilation zurück. Justinian setzt damit freilich nur den Schlusspunkt unter eine Entwicklung, die schon im 4. Jh. einsetzte, vgl. oben Fn. 107; dazu Voci, DER I, S. 644ff., 648; Kaser, RPR II, S. 525f.; Solazzi, Studi Pavia 5 (1919) 1ff., 6 Fn. 1. 439 Die überlieferten Testamente enthalten sehr häufig die Kretionsformel cernito hereditatem meam in diebus C proximis o.ä., vollständige Nachweise bei Amelotti, Testamento romano, Bd. 1, S. 126ff. 436 437

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Einsetzung eines gemeinschaftlichen Sklaven

der wahre Sinngehalt der doppelten Erwähnung des Erbantritts hier in einem anderen Aspekt liegen: Das cernere iussus wird gemeint haben, dass der Sklave von beiden Eigentümern angewiesen worden ist, die Erbschaft anzutreten. Danach hat er aber, gewissermaßen treuwidrig, nur auf Anweisung eines Eigentümers tatsächlich den Erbantritt erklärt. Um dieses Verhalten zu betonen, muss Javolen zweimal auf den Erbantritt Bezug nehmen, zunächst auf das cernere iussus durch beide Eigentümer, und dann auf das creverit, was nur alterius domini iussu geschah. Mit dieser sprachlichen Erklärung verbindet sich eine inhaltliche Konsequenz: Infolge der Formalität des Erbantritts mittels cretio kam es darauf an, wie der Sklave den Erbantritt wörtlich formuliert hat. Wenn der Sklave also etwa gesagt hat: Quod me Lucius Titius testamento suo heredem instituit, eam hereditatem iussu Publii Maevii domini mei adeo cernoque,440 dann hat er die Erbschaft nur dem Publius Maevius in Höhe dessen Anteils erworben, nicht aber auch dem zweiten Herrn. Ob dieser ihn ebenfalls angewiesen hatte, ist dann unerheblich, da die Anweisung ohne Antritt ins Leere geht. Der Aussagegehalt von D. 29,2,64 ist damit ziemlich weitgehend: Es wird nicht nur festgestellt, dass der Sklave, der für einen Miteigentümer angetreten hat, nach Veräußerung selbst die zweite Hälfte der Erbschaft bekommt, sondern dass dies auch dann noch der Fall ist, wenn ihn zuvor beide Eigentümer zum Erbantritt angewiesen hatten, er aber (absichtlich oder versehentlich) nur namens eines dieser beiden Eigentümer angetreten hatte. Bedenkt man einen solchen Hintergrund, wird die Formulierung Javolens verständlich. Ein weiterer Aspekt des Textes, der sich unmittelbar daran anschließt, ist die Frage der Antrittsfrist. Insoweit muss man unterstellen, dass die üblicherweise 100tägige Frist noch nicht abgelaufen war, als der Sklave nach seiner Freilassung erneut antrat. Denn nach Ablauf der Antrittsfrist kann der Berufene nicht mehr annehmen.441 Die Meinung Bucklands, dass für den Sklaven nach Freilassung die Antrittsfrist erneut zu laufen beginne,442 geht fehl. Denn der Sklave ist und bleibt der erbrechtlich Berufene, ob er noch Sklave ist oder schon freigelassen, sodass sich die Antrittsfrist immer nach seiner Person bestimmt, die sich durch die Freilassung nicht geändert hat. Buckland gelangt zu dieser Schlussfolgerung, weil er schon annimmt, dass auch den Miteigentümern des Sklaven unterschiedliche Antrittsfristen zustehen könnten, was aus dem gleichen Grunde noch viel eher abzulehnen ist.443

440

Zum Zusatz iussu domini mei siehe oben S. 43f. Die Erbschaft würde in diesem Falle ganz demjenigen erworben, auf dessen iussum er angetreten hat, Ulp. 1 reg. D. 29,2,67, dazu siehe oben S. 127f. 442 Buckland, Slavery, S. 384. 443 Siehe schon oben S. 125f. 441

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Schließlich verdient die Frage des Rechtserwerbs noch eine genauere Betrachtung. Denn es ist nicht selbstverständlich, dass der Sklave die zweite Hälfte der Erbschaft nach seiner Freilassung „mitnimmt“. Man könnte genausogut annehmen, dass der Miteigentümer, der schon die erste Hälfte der Erbschaft erhalten hat, nun auch diesen zweiten Erbteil kraft Erwerbszurechnung erhält. Denn beim gemeinschaftlichen Sklaven gilt an sich, dass er das, was er einem der Miteigentümer nicht erwerben kann, den anderen Miteigentümern erwirbt, die erwerbsbereit sind. Dass dies im vorliegenden Falle aber anders ist und der Sklave die zweite Erbhälfte selbst erwirbt, erklärt die Glosse mit dem Erfordernis des iussum: Weil der eine Miteigentümer sein iussum nur in Bezug auf seinen Anteil abgeben konnte, habe er nicht mehr erwerben können als die erste Hälfte der Erbschaft.444 Allerdings geht diese Überlegung fehl. Der Vergleich mit der Stipulation in D. 45,3,1,4 ist nicht aussagekräftig. In dem dortigen Sachverhalt ließ sich ein Sklave von einem Dritten etwas zugunsten eines gemeinschaftlichen Sklaven versprechen, der im Miteigentum seines Herrn und einer anderen Person stand. Insoweit dies aus der Sicht des stipulierenden Sklaven eine Stipulation zugunsten eines Mitsklaven ist (also zur Hälfte), ist die Stipulation gültig; insoweit es eine Stipulation zugunsten eines fremden Sklaven ist (also ebenfalls zur Hälfte), ist es infolge des Grundsatzes nemo alteri stipulari potest ungültig.445 Der entscheidende Unterschied liegt aber darin, dass diese Rechtslage hier schon bei Vornahme der Stipulation eindeutig feststeht. Im Falle der Erbschaft in D. 29,2,64 war hingegen nach Antritt zugunsten eines Herrn noch nicht klar, an wen die zweite Hälfte gehen würde. Gewissheit trat hier erst ein, nachdem der zweite Antritt erfolgt war. Alternativ wäre Gewissheit bei Ablauf der Kretionsfrist eingetreten. In der Zwischenzeit war die zweite Erbhälfte in der Schwebe, was aus D. 29,2,67 klar hervorgeht.446 Der wahre Grund dafür, dass der eine Miteigentümer, der den Antritt befohlen hat, nicht alles erwirbt, liegt also darin, dass der Schwebezustand durch den erneuten Erbantritt seitens des nunmehr Freigelassenen beendet wird: Indem er erklärt, Erbe sein zu wollen, erhält er die ihm ausgesetzte zweite Erbhälfte und der erste Miteigentümer ist ausgeschlossen. Darin liegt der Bedeutungsgehalt des Fragments.

444

Gl. dimidia ad h.l.: „Sed quare non acquisivit hereditatem totam ei cuius iussu adiit, sicut si stipulatus esset altero tantum iubente, ut D. 45,3,1,4 et D. 45,3,5? Respon. Quia non potest alicuius iussu amplius ei quaeri, quam pro qua parte dominus est: quia non potest in plus iubere: et ei acquiri sine iussu non potest, ut D. 45,3,5. Sed stipulatione bene potest acquirere, licet iussus non interveniat.“ (Ausgabe Lyon 1593). 445 Dazu Lohsse, Ius adcrescendi, S. 240ff. 446 Dazu schon oben S. 127f.

172

Einsetzung eines gemeinschaftlichen Sklaven

4.2  Problem der Ersatzerbschaft Die Frage des Erbschaftserwerbs verkompliziert sich, wenn neben dem freigelassenen servus communis noch ein Ersatzerbe existiert. Hatte der Erblasser einen Ersatzerben für den Fall eingesetzt, dass der Sklave nicht Erbe wird, so lässt sich auch vertreten, dass der Substitut die zweite Hälfte der Erbschaft erhält. Vor diesem Hintergrund wird verständlich, dass die Kompilatoren dem fr. 64 folgenden Text von Paulus angefügt haben: D. 29,2,65 Paulus libro secundo ad Sabinum Et si substitutum haberet idem servus ita ‘si heres non erit, ille heres esto’, substitutus locum non habet.

Paulus im zweiten Buch zu Sabinus Und wenn dieser Sklave einen Ersatzerben hat, etwa so: „Wenn er nicht Erbe wird, setze ich jenen zum Erben ein“, dann wird der Ersatzerbe nicht berufen.

Der Text enthält die schlichte Aussage, dass der Substitut nicht berufen wird, und wirft auf den ersten Blick keine weiteren Fragen auf. Bedenkt man die Struktur des Sklavenerbrechts, dann ist diese Lösung auch ganz selbstverständlich: Der Sklave ist der vom Testator berufene Erbe – wenn er angetreten hat, ist die Erbfrage entschieden und der zweite Grad wird nicht berufen. Erstaunlich ist daher eher, dass Paulus die Frage in ihrer Simplizität behandelt hat. Salkowski fühlte sich daher herausgefordert, dem Fragment einen größeren Zusammenhang zuzuschreiben, indem er die Entscheidung nicht nur auf den Fall bezieht, dass der Freigelassene die zweite Hälfte angetreten hat, sondern auch auf den anderen Fall, dass er dies unterlassen hat.447 Läge in D. 29,2,65 tatsächlich die Aussage, dass bei Nichtantritt seitens des freigelassenen servus communis der Ersatzerbe nicht berufen wird, dann hätte die Entscheidung tatsächlich Gehalt. Denn die Erbschaft würde dann ganz dem Miteigentümer zufallen, der die erste Hälfte erworben hat, was im Widerspruch zu D. 28,6,48 pr. stünde: D. 28,6,48 pr. Scaevola libro singulari quaestionum publice tractatarum Servum communem habemus: hic heres scriptus est et, si heres non sit, Maevius illi substitutus

Scaevola in der Einzelschrift der öffentlich vorgetragenen Rechtsfragen Uns gehört ein gemeinschaftlicher Sklave. Dieser ist zum Erben eingesetzt worden, und für den Fall, dass er nicht Erbe wird, ist Mae-

Salkowski, Sklavenerwerb, S. 14; ihm folgt Buckland, Slavery, S. 384f.

447

Auswirkungen der Veräußerung oder Freilassung

est: alterius iussu dominorum adiit hereditatem, alterius non: quaeritur, an substituto locus sit an non. et verius est substituto locum esse.

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vius als Ersatzerbe eingesetzt worden. Er hat die Erbschaft auf Anweisung eines Eigentümers angetreten, auf Anweisung des anderen nicht. Die Frage ist, ob der Ersatzerbe zur Erbschaft berufen wird oder nicht. Und es ist richtiger, dass er berufen wird.

Dieses Fragment ist bereits behandelt worden,448 sodass an dieser Stelle nur auf die konkrete Problematik eingegangen werden soll. Auch in D. 28,6,48 pr. geht es um den Erbschaftserwerb durch einen der Miteigentümer eines gemeinschaftlichen Sklaven, dem ein Dritter substituiert war. Anders als in D. 29,2,65 wurde der Sklave hier jedoch nicht freigelassen,449 sodass sich die Frage, ob er selbst etwas erwerben kann, nicht stellt. Der Interessenkonflikt spielt sich daher von vornherein nur zwischen dem Miteigentümer, der die Anweisung zum Antritt gegeben hat, und dem Ersatzerben ab. In D. 29,2,65 kommt der Freigelassene selbst mit ins Spiel und Paulus entscheidet dort zu seinen Gunsten. Nimmt man allerdings mit Salkowski an, das fr. 65 beziehe sich auch auf den Fall, dass der Freigelassene die Erbschaft nicht antritt,450 dann blieben die Interessen des Freigelassenen tatsächlich aus dem Spiel und es stellte sich die Frage, weshalb Scaevola anders entscheidet als Paulus. Diese Deutung Salkowskis kann jedoch nicht überzeugen. Er weist auf den Zusammenhang mit fr. 64 hin, doch spricht dieser Zusammenhang nicht dafür, dass fr. 65 auch auf den Fall des Nichtantritts der zweiten Hälfte bezogen wäre. Der entscheidende rechtliche Gesichtspunkt, der beiden Fragmenten zugrundeliegt, ist die persönliche Berufung des Sklaven. Der Sklave ist gerade nicht ausschließlich im Hinblick auf seine Herren eingesetzt, sondern selbst Träger der Erbenberufung.451 Daher, so stellt Julian letztlich nur klar, bleibt er auch nach Freilassung Erbe und kann die zweite Hälfte für sich erwerben. Und genauso stellt Paulus klar, dass der Substitut nicht berufen wird, wenn der Sklave Erbe wird. Beiden Entscheidungen liegt die gleiche Rechtfertigung zugrunde: Die Juristen wehren sich gegen die Auffassung, die Statusänderung des Sklaven zum Freigelassenen ändere etwas an seiner erbrechtlichen Berufung. Diese andere Rechtsvor448

S. 137ff. Johnston, Scaevola, S. 17, ist dagegen unentschieden, ob tatsächliche Unterschiede zwischen den Texten bestehen. 450 Salkowski, Sklavenerwerb, S. 14. Anders aber auch Bretone, Servus communis, S. 113 Fn. 20, der den Text nicht für aussagekräftig hält. Desserteaux II, S. 52, sieht das Problem nicht und geht von einem identischen Sachverhalt in beiden Fragmenten aus, folglich von einer Kontroverse. Er hält D. 28,6,48 pr. freilich für interpoliert. 451 Dazu im gleichen Zusammenhang vgl. Fernandez de Retes, in: Meerman, Thesaurus, Bd. 6, S. 172. 449

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Einsetzung eines gemeinschaftlichen Sklaven

stellung sah den Sklaven als gewaltunterworfene Person in einem völlig anderen Lichte als den Freigelassenen sui iuris, was auch nicht fernliegend ist, da mit der Freilassung tatsächlich eine „Person“ im modernen Sinne, also eine rechtsfähige Person, überhaupt erst entsteht. Es ist daher durchaus rechtfertigungsbedürftig, die Erbschaftsdelation, die zuvor lediglich einem Sklaven zugestanden hatte, der für seinen Herrn erwirbt, nun auch dem Freigelassenen zu belassen, der für sich selbst erwirbt. Die Entscheidungen liegen damit auf derselben Linie wie G. 2,189: si vero manumissus est, suo arbitrio adire hereditatem potest. Man kann auch nicht davon ausgehen, dass Paulus sich hier in fr. 65 gescheut hätte, eine einfache Wahrheit auszusprechen, nämlich dass der Sklave selbst der Berufene ist. Schließlich stellt er die Erbenstellung des Gewaltunterworfenen in einem Buch seines Sabinuskommentars auch für den noch viel unproblematischeren Fall klar, dass gar keine Freilassung erfolgt ist: D. 29,2,7 pr. Paulus libro primo ad Sabinum Si quis filium familias heredem instituerit et ita scripserit: ‘si mihi Titius iste filius familias heres non erit, Sempronius heres esto’, filio adeunte iussu patris substitutus excluditur.

Paulus im ersten Buch zu Sabinus Wenn jemand einen Haussohn zum Erben eingesetzt und danach wie folgt geschrieben hat: „Wenn der Haussohn Titius nicht mein Erbe wird, setze ich Sempronius zum Erben ein“, dann wird der Ersatzerbe ausgeschlossen, sobald der Sohn auf Anweisung des Vaters das Erbe angetreten hat.

Im vorliegenden Fall war ein Haussohn berufen, der auch später nicht aus der Hausgewalt entlassen wurde. Es stellt sich weder die Frage der Entlassung aus der Gewalt noch die Frage mehrerer Eigentümer. Trotzdem muss Paulus ausführen, dass der Erbantritt des Haussohnes den Ersatzerben ausschließt. Die erwähnte gegensätzliche Rechtsvorstellung sah die gewaltunterworfenen Personen also offenbar so sehr als bloße Objekte der potestas des pater familias an, dass sie nur auf diesen selbst als Berufenen abstellte. Um diese Vorstellung zu zerstören, muss Paulus auch in fr. 65 auf eine einfache Wahrheit verweisen, dass nämlich der freigelassene Sklave, der die Erbschaft antritt, einen Ersatzerben ausschließt. Ob er den Fall, dass der Freigelassene nicht antritt, in gleicher Weise entschieden hätte, oder wie Scaevola den Ersatzerben zum Zuge hätte kommen lassen, kann man aus der Entscheidung nicht ersehen. Zusammenfassend stellt sich die erbrechtliche Berufung eines gemeinschaftlichen Sklaven, der einen Ersatzerben hat, damit wie folgt dar: Tritt er die Erbschaft nur auf Befehl eines Miteigentümers an, so erwirbt der Ersatzerbe die restliche Erbschaft. Wird er aber noch innerhalb der Antrittsfrist freigelassen, kann er selbst die restliche Erbschaft erwerben und den Ersatzerben damit ausschließen. Die

Auswirkungen der Veräußerung oder Freilassung

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römischen Juristen stellen somit immer auf die Person des Sklaven ab und sehen diesen auch dann noch als den eigentlich Berufenen an, wenn er als Freigelassener Rechtspersönlichkeit erlangt hat. Damit werden sie letztlich dem Willen des Erblassers gerecht, der den Sklaven eingesetzt hat, nicht dessen Herren. Möchte der Freigelassene freilich die restliche Erbschaft nicht antreten, fällt sie dem Substituten zu. Dass Paulus dies anders gesehen hätte als sein Lehrer Scaevola, ist nicht wahrscheinlich.

K apitel 6:  Vermächtnisse zugunsten H errn und S klaven

von

Die vorliegende Untersuchung beschränkt sich auf die Erbeinsetzung fremder Sklaven, doch bliebe sie unvollständig, wenn nicht zumindest auf einige Aspekte des Vermächtnisrechts eingegangen würde. In diesem Kapitel soll daher der besonders interessante Sonderfall der gleichzeitigen Aussetzung von Vermächtnissen an einen fremden Sklaven und dessen Herrn einbezogen werden, da dieser Fall im Hinblick auf die Parallele bei der Erbeinsetzung (oben S. 92ff.) viel über die Struktur des Sklavenerbrechts verrät.

1.  Grundsätze und getrennter Erwerb 1.1 Im Grundsatz war die Aussetzung von Vermächnissen an Herrn und Sklaven unproblematisch: Es handelt sich um zwei verschiedene Vermächtnisnehmer, folglich bestehen zwei voneinander unabhängige Vermächtnisse. Dennoch sahen sich die römischen Juristen veranlasst, dies ausdrücklich klarzustellen: D. 30,53,2 Ulpianus libro vicesimo quinto ad Sabinum Si quis duos heredes scripserit et damnaverit unumquemque solidam rem legatario praestare, idem est atque si duobus testamentis legatum esset: nam et si mihi et filio vel servo meo esset eodem testamento legatum, sine dubio valeret legatum utriusque, ut et Marcellus apud Iulianum adicit.

Ulpian im 25. Buch zu Sabinus Wenn jemand zwei Erben eingesetzt und einem jeden auferlegt hat, dem Vermächtnisnehmer die ganze Sache zu leisten, dann verhält es sich ebenso, als wäre die Sache in zwei Testamenten vermacht worden. Denn auch wenn mir und meinem Sohn oder Sklaven in demselben Testament etwas vermacht worden wäre, so wäre unzweifelhaft das Vermächtnis eines jeden gültig, wie auch Marcellus bei Julian bemerkt.

Ulpian erörtert anhand dreier verschiedener Fälle, von denen nur der letzte unsere Fragestellung betrifft, die Wirksamkeit zweier Damnationslegate derselben konkreten Sache. Im ersten Fall werden zwei Miterben jeweils mit einem Damnationslegat zugunsten desselben Vermächtnisnehmers belastet. Im zweiten Fall (idem est...) handelt es sich nicht um Miterben, sondern um zwei Erben zweier verschiedener

Grundsätze und getrennter Erwerb

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Erblasser. Im dritten Fall (nam et si...) ist nur ein Erbe vorhanden, dafür aber zwei Vermächtnisnehmer: Herr und Sklave.452 Bei der Beurteilung der Wirksamkeit zweier Damnationslegate gilt zunächst die Regel, dass ein Erbe, der mit zwei identischen Legaten zugunsten eines Vermächtnisnehmers belastet ist, die Sache nur einmal schuldet.453 Die Erklärung darf man darin sehen, dass der Erblasser in diesem Fall nur eine Verfügung wollte und diese überflüssigerweise im Testament wiederholt hat.454 Anders verhält es sich aber immer dann, wenn man annehmen darf, dass der Erblasser eine doppelte Begünstigung des Vermächtnisnehmers beabsichtigte. Dies ist natürlich erst recht dann der Fall, wenn zwei verschiedene Erblasser und zwei Testamente vorliegen, wie Ulpian im zweiten Fall unseres Fragments und in D. 30,34,2 sagt. Der Vermächtnisnehmer kann die Sache dann zweimal fordern, einmal in Natur und einmal in Gestalt ihres Schätzwertes. Mit diesem Fall setzt Ulpian den hier in D. 30,53,2 diskutierten Ausgangsfall (si quis...) eines Erblassers gleich, der zwei Miterben mit zwei Vermächtnissen belastet. Auch in diesem Fall verdoppelt sich das Vermächtnis, denn von einem Erblasser, der jeden seiner beiden Erben separat verpflichtet, kann man annehmen, dass er den Vermächtnisnehmer doppelt begünstigen wollte. Der dritte Fall, den Ulpian hier anführt, soll ebenfalls parallel zu lösen sein: Es ist nur ein Erbe vorhanden, aber zwei Vermächtnisnehmer, Herr und Sklave. In diesem Fall sind ebenfalls beide Vermächtnisse gültig und der Erbe muss zweimal leisten. Um die Entscheidung Ulpians bewerten zu können, muss man sich die Rechtslage bei Aussetzung eines Damnationslegats an zwei Vermächtnisnehmer vor Augen halten. Hier ist danach zu differenzieren, ob die Vermächtnisnehmer verbunden (coniunctim, also in einem Satz) oder unverbunden (disiunctim) bedacht sind. Sind sie verbunden, schuldet der Erbe jedem nur einen Teil des Vermächtnisses. Sind sie dagegen unverbunden, schuldet er zweimal das ganze Vermächtnis.455 Bemerkenswert an Ulpians Entscheidung ist somit, dass er Herrn und Sklaven als getrennte Personen (disiunctim) ansieht. Wäre er von einer Verbindung (coniunctio) ausgegangen, so hätte der Erbe nur Teile geschuldet. Die Argumentation Ulpians ist an dieser Stelle freilich nicht besonders überzeugend. Er versucht, den ersten Fall (zwei Legate an eine Person) mit dem dritten (zwei Legate an Herrn und Sklaven) zu begründen (nam), doch ist der letztere Fall viel unproblematischer als der erste. Wenn zwei Vermächtnisse zugunsten zweier Personen ausgesetzt sind, so wird man, auch wenn es sich dabei um Herrn und Sklaven handelt, nur schwerlich annehmen können, es müsse nur einmal geleistet 452

454 455 453

Vgl. zum Fragment auch Pfeil, Concursus duarum causarum, S. 30f. Ulp. 21 ad Sab. D. 30,34,1. Voci, DER II, S. 250, stellt allgemein auf den Willen des Erblassers ab. G. 2,205; UE 24,13; Grosso, Legati, S. 216; Kaser/Knütel, RPR, § 76 Rn. 16.

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Vermächtnisse zugunsten von Herrn und Sklaven

werden. Hatte der Erblasser dagegen zweimal dieselbe Person bedacht, so war es durchaus rechtfertigungsbedürftig, beide Vermächtnisse als gültig anzusehen, und daher ergibt sich die Gültigkeit dieser Verfügung im hier vorliegenden Fall auch nur aus der Sonderkonstellation, dass zwei verschiedene Erben belastet worden waren. Man kann daher annehmen, dass Ulpian den Vergleich nur infolge der Ähnlichkeit im wirtschaftlichen Ergebnis ausgewählt hat: Sind Herr und Sklave zusammen bedacht, erwirbt der Herr beide Legate, sodass er im Ergebnis so steht wie ein Legatar, dem zweimal geleistet worden ist. 1.2 Ganz anders als beim Damnationslegat verhält es sich freilich beim Vindikationslegat: Soll eine bestimmte Sache unmittelbar Eigentum der Vermächtnisnehmer werden, so kann sie nicht zwei Legataren ganz hinterlassen werden; eine „Verdoppelung“ des Vermächtnisses ist nicht denkbar. Man sieht dann allerdings nicht das zweite Vermächtnis als nichtig an (weil die Sache schon vermacht worden ist), sondern spricht beiden Bedachten gleiche Miteigentumsanteile zu. Dies gilt auch bei Vindikationslegaten an Herrn und Sklaven: D. 30,99 Iulianus libro septuagesimo digestorum Si domino Stichus legatus esset et servo eius optio data, partem dimidiam Stichi dico ad dominum pertinere, quod possit servus manumissus eundem Stichum optare.

Julian im 70. Buch der Digesten Wenn dem Herrn der Sklave Stichus und seinem Sklaven das Wahlrecht [auf einen Sklaven] vermacht ist, dann meine ich, dem Herrn stehe ein hälftiger Miteigentumsanteil an Stichus zu, da der Sklave nach Freilassung diesen Stichus auswählen könnte.

Dem Herrn war hier der Sklave Stichus mittels Vindikationslegats vermacht, seinem Sklaven ein Wahlrecht auf einen beliebigen Sklaven aus dem Nachlass. Wählt der Sklave nun ebenfalls den Stichus, so liegt dieselbe Situation wie im oben besprochenen Fall vor: Herrn und Sklaven ist dieselbe Sache vermacht. Infolge des Vindikationslegats kommen ihnen dann automatisch hälftige Miteigentumsanteile am Sklaven Stichus zu. Die Besonderheit von D. 30,99 liegt nun darin, dass vor Ausübung des Wahlrechts gar nicht feststeht, ob der Sklave den Stichus wählen wird oder einen anderen Sklaven des Erblassers. Zudem muss der Sklave auch freigelassen werden, damit er überhaupt für sich selbst erwerben kann, und nicht für seinen Herrn. Somit hängt die Frage, ob der Herr Allein- oder Miteigentum an Stichus erhält, von zwei ungewissen Faktoren ab. Solange diese in der Schwebe sind, erhält er einstweilen nur die Hälfte.456 Zum Fragment zuletzt ausführlich Lohsse, Ius adcrescendi, S. 112f., worauf wegen weiterer Details verwiesen werden kann.

456

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Grundsätze und getrennter Erwerb

Die Besonderheit, die beiden Fällen zugrundeliegt und von den Juristen hier jeweils herausgearbeitet wird, ist die Tatsache, dass Herr und Sklave als zwei verschiedene Personen betrachtet werden, obwohl der Herr die zugunsten seines Sklaven getroffene Zuwendung erwirbt, solange dieser in seiner Gewalt steht. Aber es gibt immer die Möglichkeit, dass der Sklave freigelassen oder veräußert wird, sodass die getrennte Wirksamkeit der Vermächtnisse auch praktische Bedeutung erlangen kann. Die getrennte Betrachtung von Herrn und Sklaven wird vor allem darin deutlich, dass der Herr das eine Vermächtnis annehmen, das andere dagegen ausschlagen kann: D. 30,101 pr. Iulianus libro septuagesimo octavo digestorum Si servo meo Stichus legatus fuerit testamento idque legatum repudiavero, deinde prolatis codicillis apparuerit mihi quoque eundem Stichum legatum esse, nihilo minus eundem vindicare possum.

Julian im 78. Buch der Digesten Wenn meinem Sklaven durch Testament der Stichus vermacht worden ist und ich dieses Vermächtnis ausgeschlagen habe, danach aus vorgelegten Kodizillen hervorgeht, dass derselbe Stichus auch mir vermacht worden ist, dann kann ich ihn dennoch vindizieren.

Der Herr hatte sich hier entschieden, das an seinen Sklaven gelangte Vermächtnis auszuschlagen. Dann stellte sich heraus, dass auch ihm selbst dasselbe Vermächtnis ausgesetzt worden war. Nach Julian erwirbt er dann dennoch das ganze Vermächtnis. Dem Herrn und dem Sklaven standen hier, da es sich um ein Vindikationslegat handelte, von vornherein nur Teile zu. Der Herr erhält folglich, wenn er sein Vermächtnis annimmt und das seinem Sklaven hinterlassene ausschlägt, den ausgeschlagenen Teil kraft Anwachsung, so wie wenn zweien seiner Sklaven dieselbe Sache vermacht gewesen wäre und er eines der Vermächtnisse ausgeschlagen hätte.457 Diese Frage war unter den römischen Juristen allerdings nicht unumstritten; es gab auch die Ansicht, der Herr erwerbe in solchen Fällen nur die Hälfte, da er ja immerhin eine Hälfte ausgeschlagen hatte.458 Dabei handelte es sich wohl um eine singulär gebliebene Meinung aus der Mitte des zweiten Jahrhunderts. Denn Javolen stellt die Frage noch als unstreitig dar. Erst Terentius Clemens, der

Iav. 1 epist. D. 31,40; dazu Lohsse, Ius adcrescendi, S. 226ff. Ter. Clem. 15 ad l. Iul. et Pap. D. 31,59: partem legati deficere responsum est. Terentius Clemens folgt dieser Ansicht aber nicht. Zum Text Lohsse, Ius adcrescendi, S. 228f.

457 458

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Vermächtnisse zugunsten von Herrn und Sklaven

zum „Kreise um Julian“459 gerechnet werden kann, erwähnt diese Ansicht. Die drei Vertreter der „herrschenden Meinung“, er, Julian und eben Javolen, waren sämtlich Sabinianer, ohne dass man aber daraus schon auf eine Schulkontroverse schließen könnte. Zusammenfassend lässt sich sagen, dass bei Vermächtnissen an Herrn und Sklaven die Rechtslage dieselbe ist wie bei Vermächtnissen an beliebige andere Personen: Die Legate können unabhängig voneinander erworben oder ausgeschlagen werden. Beim Damnationslegat derselben Sache verdoppelt sich das Legat, da man annimmt, dass der Wille des Erblassers auf eine kumulative Begünstigung von Herrn und Sklaven geht. Beim Vindikationslegat derselben Sache erwerben Herr und Sklave Miteigentumsanteile; bei Ausfall eines Legatars gelten die allgemeinen Anwachsungsregeln. In der Behandlung der Frage der Vermächtnisse zugunsten von Herrn und Sklaven zeigt sich somit eine bemerkenswerte Selbstständigkeit der Person des Sklaven, die auf der Ebene der Wirksamkeit des Vermächtnisses allein entscheidend ist. Die Stellung als gewaltunterworfene Person wird erst auf einer zweiten Ebene relevant, beim Erwerb für den Herrn. Dies korrespondiert mit den allgemeinen Regeln beim Erbschaftserwerb (oben S. 50ff.).

2.  Sonderfälle beim Sklavenerwerb Auch wenn zwei Vermächtnisse an Herrn und Sklaven somit im Grundsatz getrennt betrachtet werden, können die römischen Juristen den wesentlichen Punkt, der diesen Fall von den Zuwendungen an freie Personen unterscheidet, nicht ignorieren: Der Sklave erwirbt für seinen Herrn. Dieser Erwerb, der an sich erst in einem zweiten Schritt relevant wird, schlägt bisweilen aber auf die erste Ebene durch und beeinflusst dann auch die Wirksamkeit des Vermächtnisses. Genau diese Fälle sollen nun untersucht werden, da sich an dieser Scheidestelle erst zeigt, in welchem Ausmaß das System der getrennten Betrachtung der Vermächtnisse tatsächlich durchgesetzt wurde. Sedes materiae der Thematik ist stets die Berechnung der quarta Falcidia, da nur in diesem Bereich die Erwerbszurechnung vom Sklaven an den Herrn für die erste Ebene, den Umfang der Vermächtnisse, Bedeutung erlangen kann. Was die Berechnung der quarta Falcidia anbelangt, sei zunächst an die Rechtslage bei der Erbeinsetzung von Herrn und Sklaven erinnert:460 Sind zwei Erbteile hinterlassen, einer zugunsten des Sklaven und einer zugunsten des Herrn, dann wird die Falcidia zunächst für jeden Erbteil getrennt berechnet. Das heißt, jeder darf ein Viertel seines Anteils behalten. Ist der Sklaven-Erbteil jedoch nicht überschwert, Kunkel, Herkunft, S. 177. Siehe oben S. 95ff.

459 460

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Sonderfälle beim Sklavenerwerb

bleibt ihm also mehr als das falzidische Viertel, dann wird dieser, das Viertel übersteigende Teil zum Erwerb des Herrn hinzugerechnet. Der Herr muss damit den Vermächtnisnehmern, denen zu seinen Lasten Vermächtnisse ausgesetzt sind, in gleichem Umfang mehr auszahlen. Im umgekehrten Fall, wenn der Erbteil des Sklaven überschwert ist, der des Herrn aber nicht, wird dagegen kein Erwerb zugerechnet. Der Herr erhält dann das Viertel, das der Sklave einbehalten durfte, ohne dass sich die Vermächtnisnehmer, denen zu Lasten des Sklaven Vermächtnisse ausgesetzt worden sind, darauf berufen könnten, der Herr habe jetzt insgesamt mehr als ein Viertel des Nachlasses erworben. Diese unterschiedliche Behandlung ist eine Konsequenz der Tatsache, dass der Herr durch den Sklaven erwirbt, nicht aber der Sklave durch den Herrn.

2.1  Die Problematik bei Paulus 12 quaest. D. 35,2,21,1 Betrachtet man nun die Rechtslage, wenn Herr und Sklave nicht als Erbe, sondern als Vermächtnisnehmer eingesetzt sind, so muss man die Frage der Berechnung der quarta Falcidia aus der anderen Perspektive untersuchen, nämlich aus der Perspektive der Vermächtnisnehmer, deren Vermächtnisse gekürzt werden. Dabei ist eine Differenzierung nach dem Gegenstand der Vermächtnisse erforderlich. Handelt es sich um Vermächtnisse von Geld oder vertretbaren Sachen, so ist die Rechtslage klar: Herrn und Sklaven werden ihre Vermächtnisse anteilig gekürzt. In den Quellen ist dieser Fall, soweit ersichtlich, nicht ausdrücklich erwähnt. Es findet sich nur der schwierigere Fall, dass eines der beiden Vermächtnisse ein Sklave, also eine Speziessache, ist. Nähern wir uns der Problematik durch die Untersuchung des Mittelteils von D. 35,2,21,1, der oben (S. 96ff.) zunächst ausgespart worden war. Die Stelle lautet, noch einmal im Zusammenhang: D. 35,2,21,1 Paulus libro duodecimo quaestionum Si ego et servus meus heredes instituti simus ex diversis partibus nec a servo erogatus dodrans, his quibus a me legatum est contra Falcidiam proderit, quod ex portione servi ad me pervenit supra Falcidiam eius portionis.

Paulus im 12. Buch der Rechtsfragen Wenn ich und mein Sklave zu unterschiedlichen Teilen als Erben eingesetzt sind und die drei Viertel [des Erbteils] des Sklaven nicht [durch Vermächtnisse] ausgeschöpft sind, dann hilft das, was von dem Anteil des Sklaven über die Falcidia seines Anteils hinaus mir zugekommen ist, denjenigen, denen zu meinen Lasten etwas vermacht worden ist, gegen die falzidische Kürzung.

182 ex contrario si servo meo servus et mihi decem legata fuerint, servi Falcidia ex decem mihi legatis non tenetur exemplo eodem.

Falcidiae nam quartam retineo ex persona servi, quamvis de mea portione nihil exhaustum sit.

Vermächtnisse zugunsten von Herrn und Sklaven

Umgekehrt, wenn meinem Sklaven ein Sklave [zur fideikommissarischen Freilassung] und mir die Summe von zehn vermacht sind, dann wird die Falcidia des Sklaven nicht in Anwendung dieses Rechtsgedankens von den mir vermachten zehn abgezogen [was aber dann der Fall wäre, wenn mir beides vermacht gewesen wäre]. Denn ich behalte das falzidische Viertel, das ich aus der Person des Sklaven erwerbe, auch wenn mein Erbteil gar nicht beschwert ist.

Paulus stellt zunächst die soeben erwähnte Rechtslage bei der Erbeinsetzung von Herrn und Sklaven dar, um danach auf die Parallele bei Vermächtnissen zu sprechen zu kommen (ex contrario...). Dem Herrn war eine Geldsumme von zehn vermacht, dem Sklaven ein Sklave. Der Erbe war damit überschwert, sodass die Vermächtnisse gekürzt wurden. Nehmen wir an, die Erbschaft war ganz mit Legaten ausgeschöpft, so erhielte der Herr 7,5 und der Sklave eine Miteigentumsquote von 3/4 an dem ihm vermachten Sklaven.461 Paulus entscheidet nun, dass die Kürzung, die der Sklave hinnehmen müsse, nicht von dem Vermächtnis abgezogen werde, das dem Herrn ausgesetzt sei. Der Wert von 1/4 Miteigentum am vermachten Sklaven werde also nicht von den 7,5 abgezogen. Der Sinn dieser Entscheidung hat die Romanistik in große Verwirrung gestürzt.462 Die Glosse behilft sich mit einer anderen Deutung des Sachverhalts: Wie im Ausgangsfall seien auch im ex contrario-Satz Herr und Sklave als Erben eingesetzt; die Legate seien anderen, außenstehenden Personen ausgesetzt. Die Glosse liest folglich: si a servo meo servus et decem a me legata fuerint, servi Falcidia ex decem a me legatis non retinetur. Wenn also der Erbteil des Sklaven mit dem Vermächtnis des Sklaven überschwert sei, so könne sich sein Vermächtnisnehmer nicht darauf berufen, dass der Erbteil des Herrn nicht überschwert sei.463 Die Glosse trifft damit zwar inhaltlich das Richtige,464 allerdings unter völliger Veränderung des Sachverhalts. Die inhaltlichen Erwägungen der Glosse ergeben Anders Schmidt-Ott, Pauli Quaestiones, S. 167: Da ein Sklave eine unteilbare Sache sei, könne keine Kürzung erfolgen. So im Ansatz auch schon Pfordten, Abhandlungen, S. 107. Dies ist aber nicht richtig, vielmehr entsteht Miteigentum, vgl. Paul. 12 ad Plaut. D. 35,2,49 pr., dazu näher oben S. 153ff. Vgl. auch Voci, DER II, S. 782. – Eine echte Unteilbarkeit besteht nur beim Vermächtnis von Servituten. 462 Vgl. die folgende Diskussion. Nach Buckland, Slavery, S. 141, ist der Wortlaut so „corrupt“, dass kein klarer Sinn ausgemacht werden kann. 463 Vgl. insgesamt die Gl. ex contrario ad h.l., Ausgabe Lyon 1593. 464 Siehe auch oben S. 98. 461

Sonderfälle beim Sklavenerwerb

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sich außerdem schon aus dem ersten und aus dem dritten Satz von D. 35,2,21,1. Paulus hätte nach dieser Interpretation also im zweiten Satz noch einmal dieselben Rechtsregeln erläutert. Die Glosse erwähnt weiterhin die Möglichkeit, dass die Vermächtnisse Herrn und Sklaven wechselseitig voneinander ausgesetzt seien, eine Lesung, der die niederländische Übersetzung gefolgt ist,465 die aber zugunsten eines Verständnisses des Textes in seiner überlieferten Fassung abzulehnen ist. Ihre Ursache hat die Interpretation der Glosse darin, dass der Sinn der Worte ex contrario nicht richtig gedeutet worden ist. Ex contrario bedeutet hier nicht, wie die Glosse annimmt, dass, im Gegensatz zum Ausgangsfall, der Erbteil des Sklaven überschwert ist. Dieses Problem wird von Paulus nämlich implizit schon im ersten Satz gelöst (ist die Portion des Sklaven überschwert, so erhalte ich trotzdem dessen Viertel, wie auch aus dem späteren nam-Satz hervorgeht). Vielmehr leitet Paulus hier mit ex contrario ein Beispiel ein, um den im ersten Satz genannten Gedanken zu untermauern: Kernaussage des ersten Satzes ist das erwähnte Konzept der „contributio unilaterale“, also der Zurechnung vom Sklaven an den Herrn, nicht aber in die andere Richtung. Dieses System wird durch den ex contrario-Satz weiter veranschaulicht. Sachverhalt und Entscheidung des ex contrario-Satzes können daher so gedeutet werden, wie sie wörtlich überliefert sind: Weder Herr noch Sklave sind als Erben eingesetzt, vielmehr ist dem Herrn als Vermächtnisnehmer eine Summe von zehn vermacht, dem Sklaven als zweitem Vermächtnisnehmer ein Sklave.466 Dann kann das vom Sklavenvermächtnis abzuziehende Viertel nicht stattdessen von den zehn abgezogen werden. Freilich fällt die sachliche Erklärung umso schwerer: Aus welchem Grund kann man überhaupt auf die Idee kommen, der vom SklavenVermächtnis abzuziehende Teil sei von dem Vermächtnis abzuziehen, das an den Herrn entrichtet werden muss? In den Quellen tritt nur eine Fallgestaltung auf, in der dieser doppelte (!) Abzug vom Geldvermächtnis relevant wird: Wenn der Vermächtnisnehmer, der einen Sklaven und ein Geldvermächtnis erhält, gebeten worden ist, den Sklaven freizulassen. Diesen Zusammenhang offengelegt und damit die richtige Erklärung unseres Fragments erreicht zu haben, ist das Verdienst Pfordtens467 und vor allem Huschkes.468 Um den Zusammenhang klarzustellen, soll kurz die Rechtslage beim Freilassungsvermächtnis erwähnt werden. Spruit et al. (Hrsg.)/Chorus/Pool, Bd. 5, S. 68. Gegen die wechselseitigen Legate vgl. auch Pfordten, Abhandlungen, S. 106. 466 Von Vermächtnisnehmern gehen alle modernen Interpreten aus, vgl. Cuiacius, Recitationes solemnes ad librum XII. quaestionum Pauli, ad § si ego et servus meus (Opera Postuma, Bd. 2, Sp. 1154f.); Pfordten, Abhandlungen, S. 107; Huschke, Zeitschrift für Civilrecht und Prozeß, NF 7 (1850) 206; Schmidt-Ott, Pauli Quaestiones, S. 167; Schanbacher, Ratio legis Falcidiae, S. 219. 467 Pfordten, Abhandlungen, S. 105ff., bes. S. 107. 468 Huschke, Zeitschrift für Civilrecht und Prozeß, NF 7 (1850) 204ff., bes. S. 205f. 465

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Vermächtnisse zugunsten von Herrn und Sklaven

Exkurs: Freilassungsfideikommisse Wenn einem Vermächtnisnehmer ein Sklave vermacht worden ist und er fideikommissarisch gebeten worden ist, ihn freizulassen, dann gelten die von Paulus selbst in einem anderen Buch der Quästionen wie folgt beschriebenen Regeln: D. 31,5 Paulus libro septimo quaestionum Sed duobus legatis relictis unum quidem repudiare, alterum vero amplecti posse respondetur. (1) Sed si unum ex legatis onus habet et hoc repellatur, non idem dicendum est: pone eum, cui decem et Stichus legatus est, rogatum servum manumittere: si Falcidia locum habet, ex decem utriusque legati quarta deducetur. igitur repudiato servo non evitabitur onus deductionis, sed legatarius ex pecunia duas quartas relinquet.

Paulus im siebten Buch der Rechtsfragen Wenn zwei Vermächtnisse hinterlassen worden sind, wurde gutachterlich entschieden, dass man eines ausschlagen, das andere dagegen annehmen könne. (1) Dies gilt jedoch nicht, wenn eines dieser Vermächtnisse mit einer Belastung versehen ist und dieses ausgeschlagen wird. Nimm beispielsweise einen Vermächtnisnehmer, dem die Summe von zehn und der Sklave Stichus vermacht worden sind, und der gebeten worden ist, den Sklaven freizulassen. Wenn die Falcidia eingreift, dann wird das Viertel jedes Vermächtnisses von den zehn abgezogen. Daher kann der Vermächtnisnehmer diese Abzugspflicht auch nicht dadurch vermeiden, dass er den Sklaven ausschlägt, vielmehr werden ihm beide Viertel von der Geldsumme abgezogen.

Im principium erläutert Paulus, dass bei zwei Vermächtnissen eines angenommen, das andere ausgeschlagen werden kann (im Gegensatz zu Erbteilen, wo dies nicht möglich wäre). Im § 1 bringt er dann aber eine Ausnahme, wo diese Möglichkeit nicht besteht: Wenn das eine Vermächtnis als Kompensation einer Belastung hinterlassen ist, die mit dem anderen Vermächtnis verbunden ist, kann sich der Vermächtnisnehmer natürlich nicht „die Rosinen herauspicken“ und nur das lukrative Vermächtnis annehmen. Dies ist der Fall, wenn ihm die Geldsumme von zehn und ein Sklave zur Freilassung hinterlassen worden sind. Werden diese Vermächtnisse durch die lex Falcidia verringert, so folgt nicht etwa, wie man zunächst annehmen könnte, dass ihm die Summe von 7,5 und ein 3/4-Miteigentumsanteil am Sklaven zukommen. Stattdessen erhält er das unverminderte Eigentum am Sklaven und entsprechend weniger Geld. Indem er auf diese Weise Alleineigentümer des Sklaven wird, ist er in der Lage, dem Fideikommiss nachzukommen und den Sklaven freizulassen.

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Das Fragment enthält damit zwei beachtenswerte Aussagen: Zum einen kann der Vermächtnisnehmer, dem ein Sklave zur Freilassung und eine Summe Geldes vermacht sind, diese Vermächtnisse nicht gesondert ausschlagen. Zum anderen findet eine automatische Kompensation dergestalt statt, dass die Falcidia nur vom Geldvermächtnis abgezogen wird.469 Auf diese beiden Grundsätze ist noch zurückzukommen. Zuvor ist jedoch die naheliegende Frage zu klären, was gilt, wenn dem Vermächtnisnehmer kein Geldvermächtnis zusätzlich hinterlassen ist, sondern nur ein Sklave zur Freilassung. Die automatische Kompensation kann dann nicht eingreifen, die Falcidia müsste also vom Sklavenvermächtnis abgezogen werden. Der Vermächtnisnehmer erhielte dann nur 3/4 vom Sklaven. Doch fällt der falzidische Abzug in diesem Falle ausnahmsweise weg: D. 35,2,33 Paulus libro tertio fideicommissorum Si servus tibi legatus sit eumque rogatus sis manumittere nec praeterea capias, unde quartam, quae per Falcidiam retinetur, recipere possis, senatus censuit cessare Falcidiam.

Paulus im dritten Buch über die Fideikommisse Der Senat hat entschieden, dass der Abzug nach der lex Falcidia wegfällt, wenn dir ein Sklave vermacht ist, du gebeten worden bist, ihn freizulassen, und du ansonsten nichts aus der Erbschaft erwirbst, woraus du das Viertel, welches wegen der Falcidia [vom Erben] einbehalten wird, erwerben könntest.

Der Vermächtnisnehmer hat hier nur einen Sklaven zur Freilassung erhalten und keine weitere Geldsumme. Greift nun die Falcidia ein, wäre er gezwungen, von seinem eigenen Geld das fehlende Viertel beim Erben zu kaufen, um das Fideikommiss zu erfüllen. In dieser Situation wird der Vermächtnisnehmer geneigt sein, das Vermächtnis auszuschlagen.470 Der Sklave erlangte dann nicht die Freiheit. Aus diesem Grunde hat der Senat – favore libertatis – entschieden, dass die Falcidia gar nicht zur Anwendung gelangt, der Vermächtnisnehmer also ausnahmsweise das ganze Vermächtnis erhält.471

469

Zur automatischen Kompensation vgl. weiter Paul. 3 fideic. D. 35,2,36,3: quartam autem utriusque ex legato retinendam, ne impediatur libertas. 470 Denn ihm stehen nicht einmal operae liberti zu, vgl. Ulp. 28 ad Sab. D. 38,1,7,4; Pap. 9 resp. D. 38,1,42; Valens 6 fideic. D. 38,1,47. 471 Der Senatsbeschluss ist weiter in Paul. 3 fideic. D. 35,2,36,3 vorausgesetzt: Si solus servus legatus et fideicommissa libertate donatus fuerit, licet Falcidia interveniente totus vindicari petive potest. Zur Thematik vgl. auch Ferrini, Teoria generale, S. 540.

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Vermächtnisse zugunsten von Herrn und Sklaven

Diese Rechtslage, die vor allem vom favor libertatis bestimmt ist, galt nicht während der gesamten klassischen Zeit. Die automatische Kompensation findet sich erst bei Paulus. Über Zeit und Namen des erwähnten Senatsbeschlusses ist nichts Näheres bekannt.472 Ein Text von Marcellus, der auch den Bezug zu Vermächtnissen an unfreie Personen herstellt, führt aber immerhin zu einem terminus ante quem: D. 35,2,56,3 Marcellus libro vicesimo secundo digestorum Is, qui in bonis unum dumtaxat servum habebat, legavit eum Titio et fidei eius commisit, ut post triennium manumitteret: debet ex eo, quod interim ex operis servi ad Titium pervenire potest, quarta apud heredem remanere, quemadmodum si directo post triennium servo libertatem dedisset eiusque usum fructum ei legasset, aut ei proprietatem per fideicommissum relinquit. (4) Stichum tibi, servo tuo decem legavit vel contra tibi decem, servo tuo Stichum, libertatemque Stichi fidei eius commisit. lex Falcidia minuit legata: redimere ab herede partem debes, quemadmodum si tibi utrumque legasset.

Marcellus im 22. Buch der Digesten Jemand, der nichts als einen Sklaven in seinem Vermögen hatte, vermachte diesen dem Titius und überließ es seiner Treue, ihn nach drei Jahren freizulassen. Ein Viertel dessen, was Titius in dieser Zeit aus den Dienstleistungen des Sklaven erwerben kann, muss beim Erben verbleiben, so wie wenn er [der Erblasser] dem Sklaven die Freiheit nach Ablauf von drei Jahren unmittelbar gegeben hätte und ihm [Titius] den Nießbrauch am Sklaven vermacht hätte, oder ihm das Eigentum durch Fideikommiss hinterlassen hätte. (4) Er hat dir den Stichus und deinem Sklaven die Geldsumme von zehn vermacht, oder umgekehrt dir zehn und deinem Sklaven den Stichus, wobei er die Freilassung des Stichus fideikommissarisch anordnete. Nun vermindert die lex Falcidia die Vermächtnisse: Du musst den Teil vom Erben kaufen, so als ob er dir beides vermacht hätte.

Marcellus erörtert im § 3 den Fall eines Erblassers, der einen Sklaven, der sein ganzes Vermögen darstellte,473 zur Freilassung vermacht hat. Marcellus spricht dem Erben nur ein Viertel der Nutzungen zu, die der Vermächtnisnehmer bis zur Freilassung zieht, nicht aber ein Viertel des Eigentums am Sklaven. Offenbar hat

Impallomeni, Manomissioni, S. 173; Schanbacher, Ratio legis Falcidiae, S. 221. Der Begriff in bonis bezeichnet hier das Nachlassvermögen, vgl. Ankum/van Gesselde Roo/Pool, SZ 104 (1987) 238, 360f.

472 473

Sonderfälle beim Sklavenerwerb

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er hier also den Senatsbeschluss angewendet, der wohl zu seiner Zeit schon existierte.474 Die folgenden Fälle im § 4 zeigen jedoch, dass Marcellus das Prinzip der automatischen Kompensation noch nicht kannte. Es geht zunächst um ein Legat eines Sklaven an den Herrn und ein Legat der Summe von zehn an einen seiner Sklaven. Der Herr erhält nach Abzug der Falcidia 3/4 am Sklaven, sein Sklave 7,5 in Geld. Der Herr ist dann gezwungen, das restliche Viertel vom Erben zu kaufen. Im Folgenden erwähnt Marcellus den entgegengesetzten Fall, der unserer Stelle D. 35,2,21,1 entspricht: Dem Herrn sind die zehn vermacht, dem Sklaven ein Sklave. Auch in diesem Fall muss der Herr das beim Erben verbliebene Viertel aufkaufen. Die Nichtanwendung des Prinzips der automatischen Kompensation kann hier allerdings auch darauf beruhen, dass die Vermächtnisse nicht an dieselbe Person gehen. Doch im Folgenden vergleicht Marcellus diese beiden Fälle mit dem Fall, dass beide Vermächtnisse an eine Person gehen (quemadmodum...). Auch hier müsse der Vermächtnisnehmer das beim Erben verbliebene Viertel aufkaufen. Es steht also fest, dass Marcellus das Prinzip der automatischen Kompensation der beiden Legate, den zweiten oben bei Paulus erwähnten Grundsatz, noch nicht kannte. Die Lösung von Marcellus ist nur im Ergebnis gleich, wenn der Vermächtnisnehmer den Miteigentumsanteil kauft. In der Tatsache, dass der Vermächtnisnehmer das Viertel beim Erben kaufen muss, sieht Schanbacher eine „strikte“ Anwendung des Senatsbeschlusses.475 Dies verkennt aber den Inhalt des Senatsbeschlusses: Der Senatsbeschluss verpflichtete den Legatar nicht zum Erwerb des restlichen Viertels, dazu war er vielmehr schon aus dem Fideikommiss verpflichtet. Das SC verfügte vielmehr, wie D. 35,2,33 gezeigt hat, dass der Legatar, der nur einen Sklaven erhält, gerade nicht zu diesem Kauf verpflichtet ist, sondern den Sklaven stattdessen ungeschmälert erhält. Zum Freilassungsvermächtnis lässt sich damit zusammenfassend sagen: Wurde einem Vermächtnisnehmer nur ein Sklave zur fideikommissarischen Freilassung vermacht, ansonsten aber kein weiterer Vermögenswert, so befreite ihn ein Senatsbeschluss, der vor 160 n.Chr. zu datieren ist,476 vom Abzug nach der lex Falcidia. War ihm aber neben dem Sklaven noch ein Geldvermächtnis ausgesetzt, so fand der Falcidia-Abzug statt und der Vermächtnisnehmer konnte aus den Mitteln des zweiten Vermächtnisses den beim Erben verbliebenen Teil des Sklaven kaufen, um ihn dann in Erfüllung des Fideikommisses freilassen zu können. In der Spätklassik ist dieses umständliche Verfahren durch ein Prinzip der automatischen Kompensation ersetzt worden, wonach der Vermächtnisnehmer den ganzen Skla474

Dafür spricht auch Marcell.-Iul. 42 dig. D. 35,2,34: in testatoris servo non erit Falcidiae locus. 475 Schanbacher, Ratio legis Falcidiae, S. 221. 476 Die Digesten des Marcellus entstanden von 161–167, vgl. Kunkel, Herkunft, S. 213.

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Vermächtnisse zugunsten von Herrn und Sklaven

ven erhält und der dem Erben zustehende Betrag insgesamt vom Geldvermächtnis abgezogen wird.

2.2  Ein Freilassungslegat in D. 35,2,21,1 Liest man D. 35,2,21,1 (Text oben S. 181) unter dem Aspekt des Freilassungsfideikommisses, wird die Entscheidung verständlich. Zwar ist es nötig, die fideikommissarische Freilassung zu subintellegieren,477 doch kann die Stelle in der vorliegenden Fassung nur so einer sinnvollen Deutung zugeführt werden.478 Es wäre ansonsten nicht verständlich, warum die Möglichkeit, die servi Falcidia von den decem mihi legatis abzuziehen, überhaupt aufgeworfen worden ist.479 Darüberhinaus spricht auch die Fallgestaltung dafür: Warum ist dem Sklaven ausgerechnet ein Sklave vermacht? Wäre es Paulus nur um die Falcidia-Berechnung gegangen, so wäre auch ein anderes Vermächtnis möglich. Das Vermächtnis eines Sklaven wird von den römischen Juristen aber immer dann verwendet, wenn ein Beispiel für eine Speziessache gebracht werden soll, oder wenn es um die Problematik der Freilassung geht. Der Sachverhalt von D. 35,2,21,1 dürfte damit identisch mit einem der Sachverhalte von D. 35,2,56,4 sein (vel contra tibi decem, servo tuo Stichum): Dem Herrn ist die Summe von zehn vermacht, dem Sklaven ein Sklave zur Freilassung. Die Falcidia kürzt die Legate, und doch wird nicht alles vom Geldvermächtnis abgezogen. Der Falcidia-Abzug findet vielmehr auch vom Sklaven statt, sodass der Sklave nur 3/4 am vermachten Sklaven erhält. Er, oder sein Herr, ist damit gezwungen, das restliche Viertel beim Erben zu kaufen, wofür freilich das Geldvermächtnis genutzt werden kann.

Mit Huschke, Zeitschrift für Civilrecht und Prozeß, NF 7 (1850) 206: Dass der Sklave zur Freilassung vermacht war, verstand sich von selbst. 478 Anders wiederum Schanbacher, Ratio legis Falcidiae, S. 221, der ein Freilassungslegat verneint. Er begründet dies damit, dass Paulus hier, anders als in D. 31,5,1, keine automatische Kompensation durchführe. Dadurch wird aber der grundlegende Unterschied zwischen getrennten Legaten (an Herrn und Sklaven) und Legaten an eine Person verkannt. Schanbachers Argument (ebd. Fn. 14), es finde eine Kürzung des Sklavenlegats statt, ist daher ohne Kraft: Der Senatsbeschluss zum Freilassungslegat findet nur deswegen keine Anwendung, weil Legate an verschiedene Personen vorliegen, nicht deswegen, weil kein Freilassungslegat vorläge. 479 Dieser Aspekt wird von Schanbacher, Ratio legis Falcidiae, S. 223f., anders gedeutet: Er verallgemeinert den Gedanken dahingehend, dass der Erbe alles vom Legat des Sklaven an den anderen Sklaven abziehen könne. Welche Rechtsregel aber sollte den Erben dazu berechtigen? 477

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Sonderfälle beim Sklavenerwerb

Interessant ist also, dass die automatische Kompensation nicht angewendet wird, obwohl Paulus daran denkt und diskutiert, ob die Falcidia des Sklaven von den zehn abgezogen werden könne, die seinem Herrn vermacht sind. Dass er sie im konkreten Fall nicht anwendet, erklärt sich aber daraus, dass nicht die Person, die auch das Geldvermächtnis erhält, gebeten worden ist, den Sklaven freizulassen, sondern eine andere Person, hier nämlich der Sklave selbst. Sehr deutlich wird an dieser Stelle, dass die Vermögenssphären von Herrn und Sklaven getrennt beurteilt werden.480 Es lässt sich damit sagen, dass im Falle von Freilassungsvermächtnissen an fremde Sklaven, die infolge der Falcidia gekürzt werden, der Herr gezwungen ist, den fehlenden Teil beim Erben zu kaufen, wenn ihm ebenfalls ein (Geld-) Vermächtnis ausgesetzt ist. Eine automatische Verrechnung der beiden dem Herrn und dem Sklaven ausgesetzten Vermächtnisse findet jedoch nicht statt, anders als wenn einer Person beides vermacht wäre.

2.3  Geldvermächtnis an einen zur Freilassung vermachten Sklaven Die soeben hervorgetretene getrennte Betrachtung der Vermögenssphären von Herrn und Sklaven, die eine automatische Kompensation verhindert, findet ihre logische Grenze dann, wenn das Geldvermächtnis dem zur Freilassung vermachten Sklaven selbst ausgesetzt ist.481 D. 35,2,35 Ulpianus libro sexto disputationum Plane si quid sit praeterea legatum ipsi servo, Falcidiae locum fore senatus declaravit. unde Scaevola ait in eo, quod praeterea servo legatum est, ita Falcidiam admittendam, ut inde et quod pro servo praestandum est sumatur.

Ulpian im sechsten Buch der Erörterungen Wenn freilich darüberhinaus auch dem Sklaven selbst noch etwas vermacht ist, dann greift die Falcidia ein, wie der Senat erklärt hat. Und Scaevola sagt daher, dass die Falcidia hinsichtlich dessen, was dem Sklaven vermacht worden ist, so anzuwenden sei, dass daraus auch das entnommen werde, was für den Sklaven zu zahlen ist.

Der Erblasser hatte hier zwei Vermächtnisse und ein Fideikommiss ausgesetzt: Ein Sklave war vermacht worden, der Vermächtnisnehmer war gebeten worden, den Vgl. auch Pfordten, Abhandlungen, S. 109: Durch die Einsetzung des Sklaven ist nicht der Herr eingesetzt. 481 Zum Text vgl. Buckland, Slavery, S. 521; kursorisch Grosso, Legati, S. 344. 480

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Vermächtnisse zugunsten von Herrn und Sklaven

Sklaven freizulassen, und zusätzlich war noch dem vermachten Sklaven selbst ein Geldvermächtnis ausgesetzt worden. Anders als in den oben besprochenen Konstellationen sind hier also nicht zwei Dritte als Vermächtnisnehmer bedacht. Ulpian berichtet zunächst, dass der Senatsbeschluss keine Anwendung finde. Dies ist offensichtlich, denn wie schon aus D. 35,2,36,3 ersichtlich geworden ist,482 wird auf den Falcidia-Abzug nicht verzichtet, wenn dem Vermächtnisnehmer neben dem Sklaven noch mehr aus der Erbschaft zukommt. Weiterhin wird die Meinung Scaevolas erwähnt, wonach in diesem Sonderfall wiederum eine automatische Kompensation stattfindet, also der vom Sklavenvermächtnis an sich wegen der Falcidia abzuziehende Teil stattdessen vom Geldvermächtnis abgezogen wird. Woraus erklären sich diese unterschiedliche Behandlung des Falles und die Anwendung der automatischen Kompensation, die Paulus in D. 35,2,21,1 gerade verneint hatte? Man wird die Erklärung darin suchen müssen, dass im Falle zweier getrennter Vermächtnisse, einer Geldsumme von zehn an den Herrn und eines Sklaven an dessen Sklaven zur Freilassung (wie in D. 35,2,21,1), theoretisch eine Trennung der Legate möglich ist: Wenn der Herr seinen Sklaven vor dem Erwerb der Vermächtnisse, vor dem dies cedens legatorum, veräußert, so behält der veräußerte Sklave das ihm ausgesetzte Vermächtnis des Sklaven. Stirbt daraufhin der Erblasser und wird sein Testament eröffnet, so erhält der neue Herr des Sklaven den zur Freilassung vermachten Sklaven. Die Summe von zehn verbleibt aber beim alten Herrn. Eine derartige Trennung der Legate ist in dem in D. 35,2,35 überlieferten Fall nicht denkbar: Hier haftet das Geldvermächtnis dem zur Freilassung vermachten Sklaven untrennbar an. Am dies cedens erwirbt der Vermächtnisnehmer den Sklaven, per vindicationem, und über den Sklaven immer auch das Geldvermächtnis. Die Vermögenssphären von Herrn und Sklaven können somit nicht voneinander getrennt werden. Damit besteht für die Juristen kein Grund mehr, auf die automatische Kompensation zu verzichten.

3. Ergebnis Sind zwei Vermächtnisse getrennt voneinander dem Herrn und dem Sklaven ausgesetzt, so gelten die allgemeinen Regeln zum Damnations- oder Vindikationslegat. Die Vermögenssphären von Herrn und Sklaven werden getrennt betrachtet, auch wenn dem Herrn im Ergebnis immer der Erwerb aus beiden Vermächtnissen zukommt.

482

Siehe oben Fn. 471.

Ergebnis

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Der Erwerb aus den Vermächtnissen wird erst auf einer zweiten Stufe berücksichtigt und nur dann für die erste Stufe relevant, wenn einer der Vermächtnisnehmer mit einem Freilassungsfideikommiss beschwert ist. Hier kommt zum Tragen, dass der Herr beide Vermächtnisse erwirbt, sodass der Senatsbeschluss, der den Vermächtnisnehmer vom Abzug der Falcidia freistellt, wenn er nur einen Sklaven zur Freilassung erhält, keine Anwendung findet.

ZWEITER TEIL G ründe für die Erbeinsetzung: Begünstigung des S klaven

K apitel 7:  Vermögenserwerb

des freigelassenen

S klaven

Primäres Ziel jeder Erbeinsetzung ist der Vermögensübergang vom Erblasser auf den Erben als Gesamtrechtsnachfolger. Es ist daher eine der wichtigsten Aufgaben bei der Untersuchung der Hintergründe und Motive der Erbeinsetzung fremder Sklaven, festzustellen, ob der Erblasser dem Sklaven dadurch Vermögen zuwenden kann. Soll dem Sklaven das Vermögen erst nach seiner Freilassung zukommen, ist dies relativ einfach zu beantworten. Das Problem der Vermögensunfähigkeit des Sklaven stellt sich dann nicht, da der Sklave den Nachlass erst zu einem Zeitpunkt erhält, zu dem er vermögensfähig geworden ist. Zu einer solchen Begünstigung des Sklaven nach Freilassung standen dem Erblasser verschiedene erbrechtliche Gestaltungsmittel zur Verfügung:

1.  Erwerb durch bedingte Erbeinsetzung Die erste Möglichkeit, die dem Erblasser dafür offenstand, war eine Erbeinsetzung unter der Bedingung der Freilassung: D. 28,7,21 Celsus libro sexto decimo digestorum Servus alienus ita heres institui potest ‘cum liber erit’: proprius autem ita institui non potest.

Celsus im 16. Buch der Digesten Ein fremder Sklave kann wie folgt zum Erben eingesetzt werden: „wenn er frei sein wird“. Ein eigener Sklave kann dagegen nicht in dieser Weise eingesetzt werden.

Celsus beschäftigt sich mit der Bedingung cum liber erit, die einer Erbeinsetzung angefügt worden ist. Er hält dies im Falle der Einsetzung eines fremden Sklaven für möglich, bei einem eigenen Sklaven dagegen für unzulässig. Denn ein eigener Sklave musste mit dem Zusatz liber esto freigelassen werden, damit die Erbeinsetzung Bestand hatte.483 Die sachliche Erklärung der Unwirksamkeit der Erbeinsetzung eines eigenen Sklaven cum liber erit fällt schwerer: Warum sollte er nicht in dem Fall, dass er später tatsächlich zu Lebzeiten des Erblassers freigelassen wird, auch die Erbschaft erhalten können? Man könnte dies für einen Anwendungsfall der regula Catoniana halten, wonach eine Verfügung, die ab initio unwirksam ist, nicht durch 483

G. 2,186; vgl. auch oben S. 8.

196

Vermögenserwerb des freigelassenen Sklaven

spätere Ereignisse wirksam wird:484 Wäre der Erblasser sofort gestorben, hätte der Sklave nicht Erbe werden können; an dieser Unwirksamkeit der Erbeinsetzung ändert die Möglichkeit einer späteren Freilassung des Sklaven nichts. Doch ist die Catoniana auf Erbeinsetzungen gerade nicht anwendbar, sodass man hier einen autonomen Grundsatz sehen muss:485 Der Erblasser muss sich bei Testamentserrichtung entscheiden, ob ein eingesetzter eigener Sklave frei werden soll oder nicht, und darf sich dies nicht für später offenhalten.486 Ein eigener Sklave, der cum liber erit eingesetzt wird, erhält also in keinem Fall die Erbschaft, auch dann nicht, wenn er vor dem Erbfall freigelassen wird. Der Erbeinsetzung eines fremden Sklaven steht die Beifügung der Bedingung cum liber erit dagegen nicht im Wege. Vielmehr erreicht der Erblasser auf diesem Wege, dass nur derjenige die Erbschaft erhält, den er begünstigen will, nämlich der Freigelassene selbst. Ist der Sklave zum Zeitpunkt des Erbfalls schon freigelassen, so erhält er den Nachlass. Ist er noch nicht freigelassen, so besteht ein Anreiz für seinen Herrn, dies nun zu tun, da die Erbschaft sonst verfällt. Häufig wird der Herr durch den Sklaven zur Freilassung veranlasst werden können, indem dieser ihm einen Teil der Erbschaft als Preis für die Freilassung verspricht. Die Bedingung der Freilassung zeigt bemerkenswerte Parallelen zur Erbeinsetzung von Hauskindern unter der Bedingung der Entlassung aus der väterlichen Gewalt, wofür zahlreiche Quellen existieren.487 Beim Sklaven kommt der Aspekt hinzu, dass er nach Freilassung aus den Mitteln der Erbschaft den Preis für die Freilassung bezahlen kann, den er vorher versprochen hat, sodass ein besonderer Anreiz zur Freilassung besteht. Jedoch wird die Absicht des Erblassers vereitelt, wenn der Sklave nicht freigelassen wird. Zwar bleibt die Erbschaft solange „schwebend“, wie eine Freilassung noch möglich ist.488 Hat der Erblasser keine Erbantrittsfrist bestimmt, sind auch lange „Schwebezustände“ denkbar. Allerdings besteht die Gefahr, dass der Prätor auf Antrag der Nachlassgläubiger eine Antrittsfrist setzt.489 Außerdem kann die schwebende Erbschaft durch unzureichende Bewirtschaftung an Wert verlieren. Die Erbeinsetzung unter einer Bedingung war daher aus Sicht des Erblassers eine nur unvollkommene Möglichkeit, einem Sklaven nach dessen Freilassung Vermögen zukommen zu lassen. 484

486 487

Cels. 35 dig. D. 34,7,1 pr. Details bei Grosso, Legati, S. 302–306. Vgl. auch Buckland, Slavery, S. 137 Fn. 3. Pap. 16 quaest. D. 35,1,70; Iav. 8 epist. D. 45,1,107; Diocl. C. 3,28,25 (301); Plin. ep. 8,18; Suet. Vitell. 6; besonders aussagekräftig ist Afr. 2 quaest. D. 28,5,47(46). Vgl. Solazzi, AG 86 (1921) 168 = Scritti II 465; Tellegen, Roman law of succession, S. 63, 157. 488 Zum Erwerb der bonorum possessio vor Bedingungseintritt vgl. oben S. 58f. 489 G. 2,167 und 168. Siehe schon oben S. 125f. 485

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Erwerb durch Fideikommiss

2.  Erwerb durch Fideikommiss Einen sichereren Weg, dem fremden Sklaven nach seiner Freilassung einen Teil des Nachlasses zukommen zu lassen, bot die doppelte Begünstigung dieses Sklaven mittels Erbeinsetzung und Fideikommiss: D. 36,1,26(25),1 Iulianus libro trigensimo nono digestorum Si servo herede scripto dominus rogatus est eidem servo restituere hereditatem, cum liber esset, utile fideicommissum est.

Julian im 39. Buch der Digesten Wenn der Sklave als Erbe eingesetzt und der Herr gebeten worden ist, diesem Sklaven die Erbschaft herauszugeben, wenn er freigelassen worden ist, dann ist das Fideikommiss wirksam.

Durch die vorliegende testamentarische Gestaltung wird die Absicht des Erblassers, den Sklaven nach seiner Freilassung zu begünstigen, in jedem Fall verwirklicht, indem der Sklave als Erbe eingesetzt und zusätzlich seinem Herrn das Fideikommiss auferlegt wird, die Erbschaft dem Sklaven nach einer eventuellen Freilassung herauszugeben. Ist der Sklave bei Erbfall schon freigelassen, so erwirbt er für sich selbst.490 Ist er noch Sklave, so erwirbt er die Erbschaft nach den allgemeinen Grundsätzen seinem Herrn, profitiert dann aber später nach der Freilassung von dem Fideikommiss. Julian entscheidet hier nur über die Frage der Wirksamkeit dieses Fideikommisses, die sich stellte, weil der Herr als Nichterbe belastet war. Mit einem Fideikommiss konnten aber, anders als mit einem Vermächtnis, auch Nichterben belastet werden, sofern sie etwas aus dem Nachlass erhielten, also auch ein Herr, der etwas durch seinen Sklaven erwarb.491 Diese testamentarische Gestaltung ist letztlich nichts anderes als eine rechtlich sichere Nachbildung des Weges, den das Vermögen des Erblassers ohnehin im sozialen Regelfall genommen hätte: Der Sklave erwirbt den Nachlass zwar für seinen Herrn, jedoch fällt eine Erbschaft, die im Hinblick auf den Sklaven ausgesetzt ist, in sein peculium.492 Und das peculium wird einem Sklaven bei Freilassung unter Lebenden meist belassen.493 Im Regelfall erhielt der Freigelassene also ohnehin den Nachlass, der ihm als Sklave zugekommen war. Allerdings handelte es sich dabei nur um eine soziale Regel, keine rechtliche Verpflichtung. Der Herr 490

492 493 491

G. 2,189, dazu oben S. 67f. Siehe auch UE 25,10. Dazu ausführlich unten S. 225ff. Pap. 12 resp. Vat. 261; C. 7,23,1 (294); dazu Wacke, Iura 42 (1991) 43, 47f., 73ff.

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Vermögenserwerb des freigelassenen Sklaven

hatte nach wie vor die Möglichkeit, den Sklaven freizulassen, ohne ihm sein peculium mitzugeben. Indem der Erblasser dem Herrn aber ein Fideikommiss auferlegt, schafft er eine klagbare Verpflichtung, sodass dem Freigelassenen der Nachlass in jedem Falle zukommt. Die im sozialen Regelfall bloße Erwerbsaussicht des Sklaven wird so durch die Bestimmungen des Testamentes zu einer sicheren Berechtigung.

3.  Erwerb durch Kombination Eine besondere Fallgestaltung, in welcher die Möglichkeiten der Erbeinsetzung und des Fideikommisses weiter kombiniert werden, zeigt: D. 31,83 Paulus libro undecimo quaestionum Latinus Largus: Proxime ex facto incidit species talis. libertinus patronum ex semisse heredem instituit et filiam suam ex alio semisse: fidei commisit filiae, ut quibusdam ancillis patroni restitueret, cum hae manumissae essent, et, si eadem filia heres non esset, substituit ei easdem ancillas. quoniam filia non voluit heres exsistere, ancillae iussu domini, id est patroni, adierunt defuncti hereditatem. post aliquantum temporis ab eo manumissae quaerebant, an fideicommissum petere ab eodem patrono possint. rogo ergo, quid de hoc existimes rescribas. respondi nec repetitum videri in hunc casum fideicommissum, sed alterutrum datum vel fideicommissum vel ipsam hereditatem. melius autem dici in eundem casum substitutas videri, in quem casum fideicommissum meruerunt, et ideo ad substitutio-

Paulus im elften Buch der Rechtsfragen Latinus Largus: „Neulich trug sich folgender Fall zu: Ein Freigelassener setzte seinen Patron zur Hälfte als Erben ein und seine Tochter auf die andere Hälfte. Der Tochter erlegte er das Fideikommiss auf, diesen Erbteil bestimmten Sklavinnen des Patrons herauszugeben, sobald sie freigelassen würden. Für den Fall, dass die Tochter nicht Erbin würde, setzte er diese Sklavinnen als ihre Ersatzerbinnen ein. Weil die Tochter nicht Erbin werden wollte, traten die Sklavinnen auf Anweisung ihres Herrn, also des Patrons, die Erbschaft des Verstorbenen an. Nach einiger Zeit wurden sie freigelassen und fragten an, ob sie das Fideikommiss von dem Patron fordern könnten. Ich frage dich daher, wie du diese Sache beurteilst und entscheidest.“ Ich habe gutachterlich entschieden, dass das Fideikommiss nicht für diesen Fall wiederholt ausgesetzt wurde, sondern dass eines von beiden zugewendet worden ist, entweder das Fideikommiss oder die Erbschaft. Es ist aber eher anzunehmen, dass die Sklavinnen auf denselben Fall zu Ersatzerbinnen eingesetzt sind, in dem ihnen auch das Fideikommiss

Erwerb durch Kombination

nem eas vocari. cum enim servo alieno fideicommissum ab uno ex heredibus sub condicione libertatis fuerit datum idemque servus ei heredi substituatur, licet pure substitutio facta sit, tamen sub eadem condicione substitui videtur, sub qua fideicommissum meruit.

199 zusteht, und sie daher als Ersatzerbinnen zur Erbschaft berufen sind. Wenn nämlich einem fremden Sklaven ein Fideikommiss zu Lasten eines der Erben unter der Bedingung ausgesetzt ist, dass er freigelassen wird, und der Sklave als Ersatzerbe dieses Erben eingesetzt ist, dann betrachtet man den Sklaven, auch wenn er unbedingt zum Ersatzerben eingesetzt ist, als unter derselben Bedingung zum Ersatzerben eingesetzt, unter der ihm auch das Fideikommiss zusteht.

Paulus berichtet in diesem recht langen Gutachten von einem an sich einfachen Fall: Ein Erblasser wollte fremden Sklavinnen einen Teil seines Nachlasses zukommen lassen. Zu diesem Zweck setzte er seine Tochter als Erbin ein und verpflichtete sie durch Fideikommiss, den Erbteil an die Sklavinnen herauszugeben, wenn diese freigelassen würden. Dies war, wie gesagt, ein rechtlich sicherer Weg, den Nachlass den fremden Sklavinnen zukommen zu lassen. Die Absicht des Erblassers wird allerdings dann vereitelt, wenn der eingesetzte Erbe nicht antritt, etwa weil er infolge der Herausgabepflicht kein eigenes Interesse mehr an der Erbschaft hat. Doch hatte der Erblasser hier auch für diesen Fall vorgesorgt, indem er die Sklavinnen als Ersatzerbinnen eingesetzt hatte. Der Jurist entscheidet nun, dass der Ersatzerbfall unter derselben Bedingung wie das Fideikommiss steht: Unter der Bedingung der Freilassung. Daher war der Ersatzerbfall erst mit Freilassung der Sklavinnen eingetreten; der zuvor erfolgte Erbantritt für den Patron war unwirksam. Auf diese Weise sind die Sklavinnen wirksam Erben geworden.494 Aus diesem Fall ergeben sich zahlreiche Schlussfolgerungen für unsere Fragestellung. Zunächst zeigt sich, dass die Erbeinsetzung fremder Sklaven mit dem Ziel, ihnen nach Freilassung Vermögen zuzuwenden, nicht nur ein theoretisches juristisches Konstrukt war, sondern im Rechtsleben tatsächlich vorkam (ex facto incidit species). Weiterhin wird die Rolle der Kautelarjurisprudenz deutlich: Die Testamentsschreiber in Rom wussten um die Bedeutung der verschiedenen Möglichkeiten, fremden Sklaven nach Freilassung Vermögen zuzuwenden. Sie wählten dafür zunächst den sicheren Weg des Fideikommisses (vgl. oben unter 2.), ersatzweise den problematischeren Weg der Erbeinsetzung (vgl. oben unter 1.). Durch die Kombination dieser Möglichkeiten erreichten sie eine sichere Begünstigung der Freigelassenen. Interessant ist auch die Haltung der Fachjurisprudenz Für Details der Exegese sei insoweit verwiesen auf Schmidt-Ott, Pauli Quaestiones, S. 127–130 m.w.N.

494

200

Vermögenserwerb des freigelassenen Sklaven

zu diesen testamentarischen Formeln: Paulus akzeptiert nicht nur den Willen des Erblassers, den Sklavinnen Vermögen zuzuwenden, sondern bemüht sich sogar durch eine gewagte Auslegung darum, diesem Willen Wirkung zu verschaffen. Besonders aufschlussreich für unsere Fragestellung ist der soziale Hintergrund, der ebenfalls anhand dieses konkreten, aus der Praxis stammenden Falles deutlich wird. Zum sozialen Hintergrund lässt sich zunächst feststellen, dass es sich um einen wohlhabenden Freigelassenen mit einem Vermögen von mehr als 100.000 Sesterzen handelt. Denn ab einem Vermögen dieser Höhe war der Freigelassene durch die lex Papia auch dann verpflichtet, seinen Patron zum Erben einzusetzen, wenn er Kinder hatte.495 Der Freigelassene hatte hier eine Tochter, musste seinem Patron also die Hälfte des Nachlasses zuwenden, was er auch getan hat. Wäre er unter diese Vermögensgrenze gefallen, so wäre er überhaupt nicht zur Erbeinsetzung seines Patrons verpflichtet gewesen.496 Zwar besteht auch die Möglichkeit, dass er seinen Patron eingesetzt hat, ohne dazu verpflichtet gewesen zu sein. Doch ist dies unwahrscheinlich, denn wer eigene Kinder hat, will das Vermögen in der Regel diesen zuwenden und war auch gesellschaftlich dazu angehalten. Weiterhin ist in sozialer Hinsicht bemerkenswert, dass der Freigelassene Sklavinnen eingesetzt hat, die derselben familia angehören, aus der er selbst stammt. Es ist gut möglich, dass es sich dabei um seine eigenen Kinder handelt, die von einer contubernalis geboren worden sind, die ebenfalls zur familia desselben Patrons gehörte. Denn ansonsten hätte er sie nicht unter Benachteiligung der im Text genannten Tochter zu Erbinnen eingesetzt. Zu dieser Tochter, die freilich die einzige Tochter im Rechtssinne ist, ist noch zu sagen, dass sie durch den Erbfall gar kein Vermögen erwerben soll, weil sie es als Fideikommiss herausgeben muss. Wahrscheinlich war sie also schon verheiratet und ihre Interessen am Vermögen ihres Vaters waren durch eine entsprechende Mitgift schon zu seinen Lebzeiten abgegolten worden. Diese Überlegungen zu D. 31,83 stellen eine wahrscheinliche Deutung des sozialen Hintergrunds der vorliegenden Erbfolgeregelung dar. Es lässt sich daher mit einiger Sicherheit sagen, dass die Erbeinsetzung fremder Sklaven unter anderem den Hintergrund hatte, natürlichen Verwandten des Erblassers für den Fall ihrer Freilassung Vermögen zukommen zu lassen.497 Gleichzeitig wurde dem Herrn dadurch ein Anreiz zur Freilassung gegeben, indem die Sklaven einen Preis für die Freilassung versprechen und diesen danach aus der Erbschaft auch bezahlen konnten.

495

G. 3,42. Vgl. G. 3,41. Bei ärmeren Freigelassenen reichte schon ein (eigenes) Kind aus, um den Patron auszuschließen. 497 Zur Erbeinsetzung von Verwandten vgl. weiter unten S. 234ff. 496

K apitel 8:  Vermögenserwerb

des

S klaven

Nachdem geklärt worden ist, dass die Erbeinsetzung eines Sklaven den Zweck haben konnte, ihm als Freigelassenem das Vermögen zukommen zu lassen, soll die für das Verständnis des Sklavenerbrechts sehr bedeutende Frage behandelt werden, ob der Sklave auch dann ein Vermögen durch den Erbgang erhalten konnte, wenn er nicht freigelassen wurde, sondern im Sklavenstand verblieb. Auszugehen ist vom Grundsatz der Vermögensunfähigkeit gewaltunterworfener Personen. Ein Sklave konnte wegen seiner abhängigen Rechtsstellung kein eigenes Vermögen haben, sodass alles, was er erwarb, an seinen Herrn fiel.498 Aus den nichtjuristischen Quellen ist jedoch bekannt, dass diese Vermögenszuordnung oft nur eine rein rechtliche war und Sklaven sozial-faktisch ein Eigenvermögen hatten, mit dem sie wirtschaften und ähnlich wie freie Personen umgehen konnten.499 Es soll daher untersucht werden, ob und inwieweit diese sozial-faktische Vermögensposition des Sklaven durch Erbeinsetzung erworben werden konnte. Dabei wird sich das Urteil Scheidels, dies hinge „einzig vom guten Willen seines Eigentümers ab“500, nicht aufrechterhalten lassen. Vielmehr ist die Vermögensfähigkeit des Sklaven im Erbrecht neu zu bewerten.

1.  Bedeutung der Person des Sklaven Die Erbeinsetzung eines Sklaven ist immer eine doppeldeutige Verfügung, die sich mehr auf den Sklaven selbst oder aber mehr auf seinen Herrn beziehen kann. Zur Frage, ob der Sklave als eigene Person berücksichtigt wird, enthalten die Quellen verschiedene Wertungen.

1.1  Vermächtnis einer eigenen Sache Ob Herr und Sklave als verschiedene Personen im erb- und vermögensrechtlichen Sinne aufgefasst werden, bleibt im Normalfall unsichtbar, da der Sklave schlicht für den Herrn erwirbt und sich die Juristen nicht weiter dazu äußern müssen. In bestimmten Sonderkonstellationen muss jedoch, auch unter rechtlichem Gesichtspunkt, entschieden werden, ob Herr und Sklave als eine Einheit oder als getrennte 498

Vgl. nur G. 1,52; 2,85; I. 2,9,3; Details oben S. 50ff. Vgl. Kaser, RPR I, S. 287; Buti, Capacità patrimoniale, S. 13ff.; Mandry, Familiengüterrecht, Bd. 2, S. 9ff.; weitere Beispiele bei Buchwitz, Fremde Sklaven, S. 404–412. 500 Scheidel, SZ 110 (1993) 648, 650. 499

202

Vermögenserwerb des Sklaven

Personen behandelt werden. Letzteres ist Voraussetzung dafür, dass ein Vermögenserwerb des Sklaven überhaupt in Betracht kommt. Die folgenden Fälle zeigen, dass Herr und Sklave dann getrennt betrachtet wurden, wenn dies – wie im Regelfall – dem Willen des Erblassers entsprach. Die selbständige rechtliche Position des testamentarisch bedachten Sklaven zeigt sich zunächst anhand eines Problems aus dem Bereich der Konfusion von Rechten. D. 31,82,2 Paulus libro decimo quaestionum Servo alieno posse rem domini legari Valens scribit: item id quod domino eius pure debetur. cum enim servo alieno aliquid in testamento damus, domini persona ad hoc tantum inspicitur, ut sit cum eo testamenti factio, ceterum ex persona servi constitit legatum. et ideo rectissime Iulianus definit id demum servo alieno legari posse, quod ipse liber factus capere posset. calumniosa est enim illa adnotatio posse legari servo et quamdiu serviat: nam et hoc legatum ex persona servi vires accipit: alioquin et illud adnotaremus esse quosdam servos, qui, licet libertatem consequi non possunt, attamen legatum et hereditatem possunt adquirere domino. ex illo igitur praecepto, quod dicimus servi inspici personam in testamentis, dictum est servo hereditario legari posse. ita non mirum, si res domini et quod ei debetur servo eius pure legari possit, quamvis domino eius non possent haec utiliter legari.

Paulus im zehnten Buch der Rechtsfragen Valens schreibt, dass einem fremden Sklaven eine Sache seines Herrn vermacht werden könne. Gleichermaßen aber auch das, was seinem Herrn unbedingt geschuldet wird. Wenn wir nämlich einem fremden Sklaven etwas durch Testament zuwenden, wird auf die Person des Herrn nur insofern abgestellt, als dass mit diesem die testamenti factio besteht; im Übrigen besteht das Vermächtnis in der Person des Sklaven. Und daher stellt Julian ganz zu Recht fest, dass man einem fremden Sklaven genau das vermachen könne, was er erwerben könnte, wenn er freigelassen wäre. Unpassend ist aber die Anmerkung, dass dem Sklaven auch etwas vermacht werden könne, „solange er Sklave ist“, denn auch die Wirksamkeit dieses Vermächtnisses bemisst sich nach der Person des Sklaven. Ansonsten könnte man nämlich auch anmerken, dass es Sklaven gibt, welche die Freiheit nicht erlangen können, aber dennoch ihrem Herrn ein Vermächtnis oder eine Erbschaft erwerben können. Aufgrund des Vorstehenden, dass bei Testamenten auf die Person des Sklaven abzustellen ist, wird auch gesagt, dass man einem Erbschaftssklaven etwas vermachen könne. Daher ist es auch nicht verwunderlich, dass eine Sache seines Herrn oder das, was diesem geschuldet ist, dem Sklaven ohne Bedingung vermacht werden kann, obwohl diese Dinge seinem Herrn nicht wirksam vermacht werden könnten.

Bedeutung der Person des Sklaven

203

Der Text beginnt mit der Feststellung von Alburnius Valens, dass man einem fremden Sklaven eine Sache vermachen könne, die seinem Herrn gehört. Hierin zeigt sich schon die Natur des Vermächtnisses an einen Sklaven: Bei der Frage, ob das Vermächtnis gültig ausgesetzt worden ist, kommt es auf seine Person an. Denn seinem Herrn könnte man eine eigene Sache nicht wirksam vermachen. Genauso verhält es sich in dem zweiten Fall, den Paulus hinzufügt:501 Wird dem Herrn des Sklaven etwas unbedingt geschuldet, so kann es ihm nicht vermacht werden, weil der Klage ex testamento keine selbständige Bedeutung gegenüber der ursprünglichen Schuld zukäme.502 Dem Sklaven hingegen kann es sehr wohl vermacht werden, weil er eine andere Person als sein Herr ist. Die wesentliche Aussage fasst Paulus sodann in einer „Faustregel“503 zusammen: Auf den Herrn ist nur hinsichtlich der testamenti factio abzustellen, die allgemeinen Wirksamkeitserfordernisse bestimmen sich hingegen in der Person des Sklaven. In der Sekundärliteratur zu unserer Stelle ist jedoch umstritten, wie weit diese Lösung, dass auf die Person des Sklaven abzustellen ist, tatsächlich geht. Man ist sich nämlich uneins, ob das Legat auch dann Gültigkeit hat, wenn der Sklave in der Gewalt seines Herrn verbleibt, oder aber nur dann, wenn er vor dem dies cedens daraus entlassen wird. Ursache für die Zweifel unter den modernen Autoren dürfte die im Text wiedergegebene Regel Julians sein, welche die Freilassung des Sklaven erwähnt. Nach dieser Regel kann man einem Sklaven das vermachen, was er erwerben könnte, wenn er freigelassen wäre. Julian meint folglich, man müsse gedanklich davon absehen, dass der Sklave für seinen Herrn erwirbt, und sich vorstellen, er sei ein Freier. Diese Regel hat Marcellus zu der Bemerkung veranlasst, man könne einem Sklaven auch etwas vermachen, solange er als Sklave dient.504 Dies wollte Julian aber sicherlich nicht bestreiten, da er die Situation des freigelassenen Vermächtnisnehmers nur als einen hypothetischen Vergleichsfall anführt.505 Doch weil die Freilassung des Sklaven damit in den Blick geraten ist, wurde nicht nur Marcellus Für die Urheberschaft Paulus’ auch Cuiacius, Recitationes solemnes in librum X. quaestionum Pauli, ad h.l. (Opera Postuma, Bd. 2, Sp. 1134 D); Schmidt-Ott, Pauli Quaestiones, S. 30. 502 Zum concursus causarum lucrativarum vgl. Voci, DER II, S. 256ff. 503 Schmidt-Ott, Pauli Quaestiones, S. 32. 504 Marcellus’ Ansicht ist auch überliefert in Marcian. 7 inst. D. 30,113 pr. 505 Dazu richtig Schmidt-Ott, Pauli Quaestiones, S. 33; vgl. auch Cuiacius, Recitationes solemnes in librum X. quaestionum Pauli, ad h.l. (Opera Postuma, Bd. 2, Sp. 1135); ders., Commentarius in librum XVI. quaestionum Papiniani, ad D. 33,3,5 (Opera Postuma, Bd. 1, Sp. 424 D und E); Mühlenbruch, in: Glück, Bd. 39, S. 214f. – Rastätter, Marcelli notae, S. 97f., verteidigt Marcellus’ Bemerkung als didaktisch notwendige Erklärung, um Missverständnissen unter den Studenten vorzubeugen. 501

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Vermögenserwerb des Sklaven

hier verunsichert, sondern auch die meisten neuzeitlichen Interpreten der Stelle. Überwiegend wird nämlich angenommen, das Vermächtnis sei zwar bei Testamentserrichtung zunächst wirksam, werde aber unwirksam, wenn der Sklave am dies cedens noch in der Gewalt seines Herrn steht.506 Die meisten Autoren nehmen also an, Paulus habe sich nur für die ursprüngliche Wirksamkeit des Vermächtnisses aussprechen wollen, aber den wirksamen Erwerb der Hinterlassenschaft nur in dem Fall bejahen wollen, dass der Sklave freigelassen oder an einen Dritten veräußert worden ist. Jedoch spricht, wie Pellat überzeugend ausgeführt hat,507 nichts für eine solche Interpretation der Stelle. Denn Paulus schränkt seine Entscheidung in keiner Weise ein; vielmehr sagt er zum Schluss noch zusätzlich, dass das Vermächtnis dem Sklaven auch unbedingt hinterlassen werden könne. Man darf dies so verstehen, dass gemeint ist: Ohne dass das Vermächtnis unter der Bedingung der Freilassung stünde.508 Ansonsten käme man auch in Konflikt mit der regula Catoniana, wonach ein Legat, das im Falle des Todes des Testators unmittelbar nach Testamentserrichtung ungültig wäre, nicht durch später eintretende Umstände heilbar ist.509 Denn würde man annehmen, das Vermächtnis sei nur bei Freilassung des Sklaven wirksam, so müsste man konsequenterweise von Nichtigkeit im Zeitpunkt der Testamentserrichtung ausgehen, weil der Sklave dann noch in der Gewalt seines Eigentümers stand. Infolge dieser augenscheinlichen Inkompatibilität von D. 31,82,2 mit der regula Catoniana ist daher auch argumentiert worden, die Regel finde hier ausnahmsweise keine Anwendung,510 oder aber die Wirksamkeit des Legats werde für eine juristische Sekunde fingiert.511 Diese Erklärungen sind jedoch künstlich; viel logischer ist es, gar keinen Anwendungsfall der Catoniana anzunehmen, sondern das Legat schon bei Testamentserrichtung für wirksam zu erachten. Denn bleibt der Sklave in der Gewalt seines Herrn, so erhält er in seiner Person das Vermächtnis, und wenn er dieses seinem Herrn erwirbt, so muss der Erbe dem Herrn folglich den Wert, die aestimatio, seiner Cuiacius, Recitationes solemnes in librum X. quaestionum Pauli, ad h.l. (Opera Postuma, Bd. 2, Sp. 1133ff.); Fernandez de Retes, in: Meerman, Thesaurus, Bd. 7, S. 410; Machelard, RH 8 (1862) 513ff.; Ferrini, Teoria generale, S. 138; Voci, Teoria dell’acquisto, S. 79ff. 507 Pellat, RH 9 (1863) 224, 226ff. (Leserbrief zum Aufsatz von Machelard); ihm folgt Buckland, Slavery, S. 147. 508 Es sei denn, man erklärt den Text für verfälscht und liest stattdessen quod ei pure debetur, servo eius legari possit, so Cuiacius, Recitationes solemnes in librum X. quaestionum Pauli, ad h.l. (Opera Postuma, Bd. 2, Sp. 1134 E). 509 Cels. 35 dig. D. 34,7,1 pr. 510 Machelard, RH 8 (1862) 514; Lambert, Règle Catonienne, S. 162. 511 So Schmidt-Ott, Pauli Quaestiones, S. 32. 506

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Bedeutung der Person des Sklaven

eigenen Sache auszahlen, oder im Falle des Forderungslegats die Schuld zweimal bezahlen.512 Die catonianische Rechtsregel ist überhaupt nicht betroffen: Das Legat ist von Anfang an wirksam und bleibt es auch. Aus diesem Grunde setzen sich die römischen Juristen auch nicht damit auseinander und formulieren auch keine Ausnahmen – wie aber im Titel 34,7. Auch Marcellus’ adnotatio spricht für diese Interpretation, denn ein Legat der Sache des Herrn quamdiu serviat ist ja nach seiner Ansicht gerade gültig.513 Freilich muss man davon ausgehen, dass auch Marcellus den gleichen Sachverhalt beurteilt. Die Ansicht Pellats wird noch überzeugender, wenn man folgenden Vergleichsfall berücksichtigt: D. 30,53,2 Ulpianus libro vicesimo quinto ad Sabinum Si quis duos heredes scripserit et damnaverit unumquemque solidam rem legatario praestare, idem est atque si duobus testamentis legatum esset: nam et si mihi et filio vel servo meo esset eodem testamento legatum, sine dubio valeret legatum utriusque, ut et Marcellus apud Iulianum adicit.

Ulpian im 25. Buch zu Sabinus Wenn jemand zwei Erben eingesetzt und einem jeden auferlegt hat, dem Vermächtnisnehmer die ganze Sache zu leisten, dann verhält es sich ebenso, als wäre die Sache in zwei Testamenten vermacht worden. Denn auch wenn mir und meinem Sohn oder Sklaven in demselben Testament etwas vermacht worden wäre, so wäre unzweifelhaft das Vermächtnis eines jeden gültig, wie auch Marcellus bei Julian bemerkt.

Derselbe Marcellus stellt hier fest, dass zwei Vermächtnisse derselben Sache, eines an den Herrn und eines an den Sklaven, beide gültig sind. Der Erbe muss folglich zweimal leisten – in Natur oder auf den Schätzwert. Auch in diesem Falle hätte man argumentieren können, dass beide Vermächtnisse dem Herrn erworben werden, und das zweite Vermächtnis folglich unwirksam sei, weil der Erblasser es schon einmal ausgesetzt hatte. Dennoch betonen die Juristen, infolge der voneinander unabhängigen Personen des Herrn und des Sklaven, die Wirksamkeit beider Vermächtnisse.514 Dementsprechend muss auch in D. 31,82,2 der Erbe dem Herrn den Wert seiner eigenen Sache leisten, weil der Erblasser es so wollte. Die Regel, dass ein Vermächtnis der eigenen Sache unwirksam ist, besteht ja nur deswegen, weil man Pellat, RH 9 (1863) 227f. Pellat, RH 9 (1863) 228. 514 Zum Fragment vgl. oben S. 176ff. 512 513

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Vermögenserwerb des Sklaven

annimmt, dass der Erblasser dem Vermächtnisnehmer nicht das zuwenden will, was dieser schon ex causa lucrativa hat. Dennoch haben die Juristen Ausnahmen dazu anerkannt, wenn der Wille des Erblassers dahin ging, dass der Bedachte die Sache doppelt haben solle.515 Und in D. 31,82,2 geht ein entsprechender Wille des Erblassers schon daraus hervor, dass er das Vermächtnis dem Sklaven, also einer anderen Person, hinterlassen hatte. Um schließlich auf den Ausgangspunkt unserer Überlegungen zurückzukommen, also auf die Frage, in welchem Umfang die Person des Sklaven beim Vermächtniserwerb Berücksichtigung findet: Die Person des Sklaven ist in noch weiterem Umfang relevant, als dies bisher vermutet wurde. Einzig das Erfordernis der testamenti factio muss in der Person seines Herrn vorliegen. Im Übrigen wird von seinem Herrn ganz abstrahiert, denn es kommt nicht darauf an, ob der Sklave am dies cedens in dessen Gewalt ist oder nicht. Die Persönlichkeit des Sklaven ist folglich nicht nur dann von Bedeutung, wenn er freigelassen wird, sondern schon als Sklave selbst.

1.2  Vermächtnis eines Wegerechts Die Person des Sklaven erhält weiterhin dann eigenständige Bedeutung, wenn dem Sklaven ein Wegerecht zum Grundstück seines Herrn vermacht wird. Auch hier zeigt sich die getrennte Betrachtung von Herrn und Sklaven entsprechend dem Willen des Erblassers. Die rechtliche Problematik ist bisher nicht hinreichend geklärt worden. Vat. 56 Paulus libro primo manualium Servo via inutiliter legatur, stipulatur autem eam utiliter, si dominus fundum habeat.

515

Paulus im ersten Buch der Handbücher Ein Wegerecht kann einem Sklaven nicht wirksam vermacht werden, wohl aber kann er es sich wirksam versprechen lassen, wenn seinem Herrn das [herrschende] Grundstück gehört.

Paul. 4 sent. D. 32,21,1 (= PS 4,1,19), in Bezug auf ein Fideikommiss. Zur Echtheitskritik siehe Voci, DER II, S. 261; Liebs, Römische Jurisprudenz in Africa, S. 120 Fn. 340.

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Bedeutung der Person des Sklaven

D. 33,3,5 Papinianus libro sexto decimo quaestionum Etsi maxime testamenti factio cum servis alienis ex persona dominorum est, ea tamen quae servis relinquuntur ita valent, si liberis relicta possent valere: sic ad fundum domini via servo frustra legatur.

Papinian im 16. Buch der Rechtsfragen Obgleich die testamenti factio mit fremden Sklaven im Wesentlichen durch die Person ihrer Herren besteht, sind den Sklaven ausgesetzte Vermächtnisse doch nur dann wirksam, wenn sie auch als Vermächtnisse zugunsten freier Personen wirksam wären. Ein Wegerecht zum Grundstück seines Herrn kann einem Sklaven folglich nicht wirksam vermacht werden.

Paulus stellt regelartig fest, dass man einem Sklaven kein Wegerecht zum Grundstück seines Herrn vermachen könne (der si-Satz bezieht sich auf beide Fälle). Er führt als Gegensatz die Stipulation an, durch die der Sklave seinem Herrn sehr wohl ein solches Wegerecht erwerben könne. Papinian stellt zunächst fest, dass die testamenti factio aus der Person des Herrn heraus bestimmt wird.516 Daran anschließend führt er als weitere Voraussetzung für die Wirksamkeit des Vermächtnisses an, dass es auch einer freien Person hätte hinterlassen werden können. Diese Voraussetzung hat auch Julian formuliert, D. 31,82,2; auch Valens’ dort genannter Entscheidung liegt dieser Gedanke zugrunde. Wenn man einer freien Person ein Wegerecht zum Grundstück eines Dritten hinterlässt, ist dieses Vermächtnis unwirksam, weil eine Dienstbarkeit nur zugunsten des Eigentümers des herrschenden Grundstücks bestellt werden kann.517 Unter Anwendung der von ihm genannten Rechtsregel erklärt Papinian folglich das dem Sklaven ausgesetzte Vermächtnis für nichtig. Auch wenn die Stelle damit in sich stimmig ist, sind die sachlichen Gründe für die Entscheidung doch nur schwer nachvollziehbar. Warum respektiert man nicht den Willen des Erblassers, der offensichtlich dem Eigentümer des herrschenden Grundstücks, seinem Nachbarn, vermittelt über dessen Sklaven ein Wegerecht vermachen wollte? Die Forschung hat sich, sofern sie die Frage der sachlichen Begründung überhaupt aufgeworfen hat,518 mit der Entscheidung schwer getan. Bisweilen wird nur blumig behauptet, der Sklave sei das falsche Erwerbsinstru-

516

Dazu ausführlich oben S. 26ff. Ulp. 2 inst. D. 8,4,1,1: nemo enim potest servitutem adquirere vel urbani vel rustici praedii, nisi qui habet praedium, nec quisquam debere, nisi qui habet praedium. 518 Dies muss man Solazzi, SDHI 23 (1957) 305, trotz berechtigter Kritik an seiner Methode zugute halten. 517

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Vermögenserwerb des Sklaven

ment, denn man könne auch „kein Haus mit einem Griffel bauen und kein Papier mit einer Axt beschreiben“.519 In der Literatur finden sich im Wesentlichen zwei sachliche Begründungsansätze: (1) Die erste Begründung liegt auf der Hand: Eine Servitut kann nur dem Eigentümer des herrschenden Grundstücks, also dem Herrn, vermacht werden, und offenbar stellten die Juristen beim Vermächtnis an einen Sklaven nur auf dessen Person ab, nicht auf die Person seines Herrn.520 Diese Beobachtung ist zwar richtig und auch aussagekräftig für die Frage der Anerkennung der Persönlichkeit des Sklaven.521 Doch trägt sie zur sachlichen Erklärung der Entscheidung nichts bei, vor allem dann nicht, wenn man die Parallele zur Stipulation bedenkt, die Paulus in Vat. 56 nennt und die auch aus weiteren Texten hervorgeht:522 Lässt der Sklave sich das Wegerecht zum Grundstück seines Herrn versprechen, so ist die Stipulation gültig, obwohl der Sklave natürlich auch in diesem Falle nicht selbst als Eigentümer des Grundstücks angesehen werden kann. (2) Die zweite Begründung knüpft an dieser Stelle, bei der Stipulation, an. Die Glosse begnügt sich insoweit damit, festzustellen, dass viele Unterschiede zwischen Legat und Stipulation bestünden.523 Cujaz erklärt aber den wesentlichen Unterschied: Das Legat wird erst am dies cedens (also nach klassischem Recht bei Testamentseröffnung) erworben, die Stipulation hingegen sofort.524 Bei der Stipulation, so muss man hinzufügen, ist also im Moment des Rechtsgeschäfts schon sicher, dass das Wegerecht dem Grundstückseigentümer erworben werden wird, beim Legat hingegen können bis zum dies cedens noch viele ungewisse Ereignisse den Rechtserwerb verhindern. Konkret ausgedrückt bedeutet dies, dass der Sklave vor Testamentseröffnung veräußert oder freigelassen werden kann, sodass er nicht mehr derjenigen Person gehört, der das Wegerecht erworben werden kann. Bedenkt man diese Fakten, so erscheint die Begründung dennoch nicht stichhaltig. Denn immer wenn einem Sklaven etwas von Todes wegen zugewendet wird, besteht das Risiko, dass er, bevor er die Hinterlassenschaft seinem Herrn erwirbt, veräußert oder freigelassen Fernandez de Retes, in: Meerman, Thesaurus, Bd. 7, S. 407: „domus construi non potest cum calamo, nec papirus exarari cum dolabra“, siehe auch S. 411. 520 So Ferrini, Teoria generale, S. 239; Grosso, Legati, S. 188, 244; Voci, DER II, S. 246, 252; DER I, S. 408; Astolfi, Legati, Bd. 3, S. 63. 521 So v.a. Pernice, Labeo, Bd. 1, S. 141f.; Buckland, Slavery, S. 150; Scialoja, DER, S. 184 (mit lesenswerter Erläuterung der Stelle). 522 Paul. 6 ad Sab. D. 8,3,19; Ulp. 48 ad Sab. D. 45,3,7,1 a.E.; Pomp. 9 ad Sab. D. 45,3,17 (alle zum servus communis). 523 Gl. legatur ad h.l. (Ausgabe Lyon 1593). 524 Cuiacius, Commentarius in librum XV. quaestionum Papiniani, ad h.l. (Opera Postuma, Bd. 1, Sp. 423 D); so auch Majansius, Disputationes, Bd. 1, S. 42. 519

Bedeutung der Person des Sklaven

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wird. Oft hat dies einen Rechtsverlust zur Folge, beispielsweise, wenn ein fremder Sklave zum Erben eingesetzt wird und der Erblasser ihn dann später, bevor er stirbt, erwirbt. Die Erbeinsetzung ist dann unwirksam, weil ein eigener Sklave nur unter Erteilung der Freiheit zum Erben eingesetzt werden kann. Trotzdem kommt kein Jurist auf die Idee, man müsse die Erbeinsetzung des fremden Sklaven aus diesem Grunde immer und grundsätzlich für unwirksam halten, bloß weil die Möglichkeit besteht, dass sie durch Erwerb des Sklaven seitens des Erblassers unwirksam gemacht werden kann. Gleiches gilt bei Vermächtnissen: Wird einem Erbschaftssklaven ein Nießbrauch versprochen, so ist dies unwirksam, weil der Nießbrauch sine persona esse non potest. Wird er ihm dagegen vermacht, ist das Legat (zunächst) wirksam, weil es sein kann, dass die Erbschaft, zu der der Sklave gehört, vor dem dies cedens des Nießbrauchslegats angetreten wird und der Nießbrauch dann dem Erben erworben werden kann.525 Die bloße Möglichkeit, dass der dies cedens auch vor dem Erbantritt liegen kann, führt auch hier nicht dazu, dass das Vermächtnis von Anfang an für nichtig gehalten wird. Genauso verhält es sich im vorliegenden Fall: Zwar besteht die Möglichkeit, dass der Sklave vor dem dies cedens des Wegerechtslegats an einen Dritten veräußert wird und dieser Dritte das Wegerecht dann nicht erwerben kann, weil ihm das herrschende Grundstück nicht gehört. Aber es ist doch der Fall viel wahrscheinlicher, dass der Eigentümer des Sklaven diesen niemals veräußert, sondern ihn bis zum Tode des Erblassers behält, um dann über ihn das Wegerecht zu seinem Grundstück zu erwerben. Die bloß hypothetische Möglichkeit eines Rechtsverlusts kann daher nicht der wahre Grund für die generelle Unwirksamkeit des Vermächtnisses eines Wegerechts an einen fremden Sklaven sein. (3) Der Grund ist vielmehr im Willen des Erblassers zu suchen. Diesen deuten die Juristen beim Legat anders als den Willen des Versprechenden bei der Stipulation: Wer einem fremden Sklaven ein Wegerecht stipulationsweise verspricht, weiß, dass es dadurch sofort dessen Eigentümer erworben wird; wer es dagegen vermacht, kann sich dessen nicht sicher sein. Nur insofern hat die zweite Deutung ihre Berechtigung: Als eine typisierte Folgerung aus dem anzunehmenden Willen des Erblassers. Diesen muss man so auslegen, dass er den Sklaven bei einer Stipulation nur als Erwerbsinstrument seines Herrn nutzen möchte, etwa weil dieser gerade nicht anwesend ist und daher nicht selbst die Stipulationsfrage stellen kann. Bei einem Vermächtnis gibt es jedoch keinen ähnlichen praktischen Grund, es dem Sklaven und nicht dem Herrn selbst auszusetzen. Daher hat die Verfügung zugunsten des Sklaven hier eine eigenständigere Bedeutung: Es kommt darin zum Ausdruck, dass der Erblasser das Vermächtnis gerade dem Sklaven selbst zukommen lassen will und nicht seinem Herrn. Folglich wird

525

Vgl. Paul. 1 manual. Vat. 55 = D. 45,3,26.

210

Vermögenserwerb des Sklaven

der Sklave hier wie eine freie Person betrachtet und das ihm ausgesetzte Wegerechtslegat ist unwirksam. Anhand dieses Falles zeigt sich der wesentliche Unterschied zwischen der Behandlung des Sklaven im Erbrecht und seiner Behandlung bei Rechtsgeschäften unter Lebenden: Die Persönlichkeit des Sklaven als Empfänger letztwilliger Verfügungen hat eine ungleich größere Bedeutung als seine Rolle bei Verfügungen unter Lebenden. Während diese häufig nur mit Rücksicht auf den Herrn erfolgen, ist bei jenen häufig die Person des Sklaven selbst für die Verfügung ausschlaggebend. Zwar können auch Verfügungen unter Lebenden auf den Sklaven selbst bezogen sein. Der wesentliche Unterschied liegt aber darin, dass das Regel-Ausnahme-Verhältnis umgekehrt ist: Bei Verfügungen von Todes wegen will der Erblasser im Regelfall den Sklaven selbst begünstigen. Diese Überlegung gilt nicht nur für Vermächtnisse, sondern gleichermaßen für Erbeinsetzungen von Sklaven. In den meisten Fällen handelt es sich hier nicht so sehr um eine mittelbare Begünstigung des Herrn, sondern um eine Begünstigung des Sklaven selbst. Die folgenden Beispiele werden dies weiter verdeutlichen und präzisieren. Festzuhalten ist an dieser Stelle, dass die Rechtsmechanismen des „Sklavenerwerbs“ nicht für alle Fälle gleich zu betrachten sind, sondern präzise Differenzierungen danach erfolgen müssen, ob es sich um einen Erwerb unter Lebenden oder einen Erwerb von Todes wegen handelt.526

1.3 Alimentslegat Nach dem bisher Gesagten sind die Person des Sklaven und die Person des Herrn im Bereich des Erbrechts im Regelfall getrennt zu betrachten. Verschwiegen werden soll freilich nicht ein Fall, in dem dies umgekehrt ist. Als Ausnahme von der Regel bestätigt er diese jedoch. D. 35,1,42 Africanus libro secundo quaestionum Filio familias legatum est sub hac condicione ‘si in potestate patris mansisset’: magis patri legatum videri ait et patrem suo nomine legatum petere. idem iuris esse et si servo similiter legetur: ar-

Afrikan im zweiten Buch der Rechtsfragen Einem Haussohn ist ein Vermächtnis unter der Bedingung ausgesetzt worden, „wenn er in der Gewalt seines Vaters bleibt“. Er [Julian] sagt, dass mehr für ein Vermächtnis zugunsten des Vaters spreche und der Vater das Vermächtnis in eigenem Namen einkla-

Richtig schon Salkowski, Sklavenerwerb, S. 171f.

526

Bedeutung der Person des Sklaven

gumentum rei est, quod et si cibaria servis Titii legentur, procul dubio domini est, non servorum legatum.

211 gen könne. Gleichermaßen verhalte es sich, wenn einem Sklaven etwas auf ähnliche Art und Weise vermacht werde. Die Begründung dafür ist, dass auch dann, wenn den Sklaven des Titius Nahrungsmittel vermacht sind, das Vermächtnis ohne Zweifel dem Herrn zusteht, nicht den Sklaven.

Das Fragment ist oben bei der Frage der Übertragung von Erbschaften bereits näher erläutert worden.527 An dieser Stelle sei daher nur noch auf einige weitere Aspekte eingegangen. Hinsichtlich der Testierpraxis ist zunächst auffällig, dass der Fall den spiegelbildlichen Gegensatz zu den soeben in Kapitel 7 erörterten Konstellationen bildet: Dort wurden Sklaven unter der Bedingung der Freilassung zu Erben eingesetzt, hier werden sie umgekehrt nur dann bedacht, wenn sie in der Gewalt des Herrn verbleiben. Die Entscheidung des Juristen geht dahin, dass ein solches Vermächtnis unter der Bedingung si in potestate domini mansisset als Vermächtnis zugunsten des Herrn zu deuten ist, da es in jedem Fall diesem zugute kommt.528 Am auffälligsten ist dies beim Alimentslegat, denn es erspart dem Herrn die Kosten für die Verpflegung der Sklaven. Bemerkenswert ist die Argumentation des Juristen, der trotz des eindeutigen Wortlauts die Frage des Vermächtnisnehmers näher diskutiert. Aufschlussreich ist die Formulierung magis: Offenbar war bei einem Vermächtnis an einen Haussohn keineswegs sicher, ob es ihm selbst oder seinem Vater ausgesetzt war. Von einem rein rechtstechnischen Aspekt her gedacht würde sich die Frage nicht stellen: Der Vater ist alleiniger Vermögensträger, also kommt das Legat immer ihm zugute. Doch offenbar war es rechtlich von Bedeutung, ob nicht statt seiner der Sohn als Legatar anzusehen war.529 Anhand der Argumentation des Juristen wird deutlich, was man als den typischen Willen des Erblassers ansah: Bei der hier wiedergegebenen Entscheidung, das Vermächtnis dem Vater zuzusprechen, handelte es sich um einen begründungsbedürftigen Ausnahmefall, denn ein Vermächtnis zugunsten eines Sklaven war im Regelfall auf diesen selbst bezogen. Betrachtet man dieses letzte Beispiel des Alimentslegats und vergleicht man es mit den vorangehenden Beispielen des Wegerechtslegats und des Legats einer Sache des Herrn, so zeigt sich sehr deutlich, dass Verfügungen zugunsten fremder Sklaven zwei verschiedene Zielrichtungen haben können: Sie können sich als bloße Verfügung zugunsten des Herrn unter Benutzung des Sklaven als Erwerbs527

S. 76f. Zum Text vgl. auch Paulus, Postmortale Persönlichkeit, S. 168. 529 Zur Verteilung entsprechend dem Willen des Erblassers vgl. Pernice, Labeo, Bd. 1, S. 141. 528

212

Vermögenserwerb des Sklaven

instrument darstellen. Sie können aber auch Verfügungen zugunsten des Sklaven selbst sein,530 die von der Person des Herrn nur hinsichtlich der testamenti factio abhängen. Erbrechtliche Verfügungen zugunsten fremder Sklaven tragen folglich eine Relativität in sich, die sie von normalen Verfügungen abhebt: Die Zuwendung an einen fremden Sklaven kann sich nach dem Willen des Erblassers auf diesen selbst oder auf seinen Herrn beziehen.

2.  Bedeutung des Willens des Erblassers zur Begünstigung bestimmter freier Personen Die Rolle, die der Wille des Erblassers einnimmt, ist anhand der vorstehenden Fälle schon zum Ausdruck gekommen, verdient aber infolge ihrer zentralen Bedeutung eine kurze, zusammenfassende Betrachtung. Dabei sei zunächst betont, dass der Wille des Erblassers für die Frage der Erwerbszurechnung an den Herrn grundsätzlich irrelevant ist. Ob der Erblasser den Sklaven selbst oder seinen Herrn begünstigen will, spielt formalrechtlich keine Rolle, da bei der Erbeinsetzung eines Sklaven dieser kraft Statusverhältnis immer für seinen Herrn erwirbt. Dementsprechend erwirbt ein Verkäufer nach Abschluss des Kaufvertrags und vor Übergabe des Sklaven die Erbschaft, obwohl sie kaufrechtlich dem Käufer zusteht. Analog dazu erwirbt der Käufer eine Erbschaft, wenn der Sklave schon übergeben wurde, auch wenn er ihn später wegen Sachmangels zurücküberträgt. In beiden Fällen besteht aber die Verpflichtung zur Restitution der Erbschaft kraft Kaufrechts.531 Ähnlich verhält sich die Rechtslage im Falle der Erbeinsetzung eines freien Menschen, der für einen Sklaven gehalten wird und als solcher seinem Scheinherrn dient. Da er formalrechtlich ein freier Mensch ist, erwirbt er eine Erbschaft immer für sich selbst, auch wenn der Wille des Erblassers dahin ging, die Erbschaft seinem Herrn zuzuwenden. Jedoch muss er die Erbschaft seinem Herrn schuldrechtlich herausgeben, wenn ein solcher Wille des Erblassers festgestellt wird.532 Es zeigt sich in beiden Fällen, dass der Wille des Erblassers für den Erbschaftserwerb zunächst unerheblich ist, und vielmehr die eigentumsrechtliche Stellung 530

So ist in Scaev. 19 dig. D. 34,1,17 vom Herrn gar nicht die Rede (dies war der Erbe selbst, vgl. Astolfi, Legati, Bd. 3, S. 116f.). 531 Siehe oben S. 79ff. 532 Pomp. 3 ad Sab. D. 41,1,19; vgl. weiter G. 2,91f.; UE 19,21; Cels. 16 dig. D. 28,5,60(59) pr.; Paul. 12 ad Plaut. D. 29,2,74,2; Mod. 31 ad Q. Muc. D. 41,1,54 pr. und § 4; die Frage war aber umstritten, vgl. Iul. 1 ad Urs. Feroc. D. 29,2,45,4. Zum Erbantritt des Scheinsklaven vgl. Harke, RIDA 52 (2005) 163, 170ff.

Bedeutung des Willens des Erblassers zur Begünstigung freier Personen

213

des Sklaven zum Zeitpunkt des Erbantritts allein entscheidend ist. Auf schuldrechtlicher Ebene kann dies aber in vielfältiger Hinsicht korrigiert werden. Neben die soeben genannten Fälle treten noch zwei weitere:

2.1  Einsetzung eines Dotalsklaven Besonders deutlich kommt die Tatsache, dass der Wille des Erblassers erst auf einer zweiten Ebene berücksichtigt wird, beim Dotalsklaven zum Ausdruck: D. 23,3,65 Pomponius libro quinto ad Quintum Mucium Si legato aut hereditate aliquid servo dotali obvenit, quod testator noluit ad maritum pertinere, id soluto matrimonio reddendum est mulieri. 533

Pomponius im fünften Buch zu Quintus Mucius Wenn einem zur Mitgift gehörigen Sklaven kraft Vermächtnis oder Erbfolge etwas zufällt, das der Erblasser dem Ehemann nicht zukommen lassen will, muss es nach Beendigung der Ehe an die Frau herausgegeben werden.533

Der Erblasser hat einen Sklaven, der zu einer Mitgift gehört, als Erben eingesetzt, um den Nachlass der Ehefrau zukommen zu lassen. Tritt der Sklave die Erbschaft an, erwirbt er sie allerdings dem Ehemann, da die Mitgift während der Ehe im Eigentum des Mannes steht.534 Die Frau kann jedoch nach Beendigung der Ehe, im Rahmen der actio rei uxoriae,535 mitsamt der Mitgift auch diese Erbschaft herausverlangen. Anhand des vorliegenden Fragments bestätigt sich zunächst der erwähnte Grundsatz: Der Wille des Erblassers kann nicht beim Erbschaftserwerb selbst berücksichtigt werden, da dieser immer dem Eigentümer des Sklaven zufällt. Auf einer zweiten Ebene, hier bei Restitution nach Beendigung der Ehe, kommt der Wille des Erblassers aber zur Geltung. Der Fall verhält sich damit strukturell ähnlich wie die Erbeinsetzung eines verkauften Sklaven.536

Übersetzung: Knütel/Kupisch/Seiler/Behrends [Seiler], Bd. 4, S. 193. Zumindest in formaljuristischer Hinsicht; anschaulich etwa Iust. C. 5,12,30 pr. (529): legum subtilitate ... in mariti patrimonium. Gegen ein Verständnis der Mitgift als Eigentum des Ehemannes Stagl, Favor dotis, S. 237ff. 535 Iul. 1 ad Urs. Feroc. D. 29,2,45,1 (hier actio de dote, was nur eine andere Bezeichnung war, vgl. Stagl, Favor dotis, S. 17ff.). 536 Dazu oben S. 79ff. 533 534

214

Vermögenserwerb des Sklaven

Problematisch ist allerdings aus Sicht des Ehemannes, dass er der Ehefrau haftet, wenn er die Werthaltigkeit des Nachlasses falsch eingeschätzt und daher den Sklaven voreilig zum Antritt einer überschuldeten Erbschaft angewiesen hat. Modestin war daher der Ansicht, die Frau müsse über den Erbschaftserwerb selbst entscheiden und der Sklave müsse ihr dazu übereignet werden, damit sie ihn selbst zum Erbantritt anweisen und anschließend an ihren Mann zurückübereignen könne.537 Bei dieser Vorgehensweise trägt die Frau selbst das Risiko einer Fehleinschätzung der Werthaltigkeit des Nachlasses. Der für unsere Fragestellung bemerkenswerteste Teil der Entscheidung ist die ausdrückliche Berücksichtigung des Willens des Erblassers bei der Erbeinsetzung eines Dotalsklaven: Wollte er den Nachlass der Frau zukommen lassen, erhält sie ihn. Umgekehrt gilt aber auch, dass der Ehemann den Nachlass behalten darf, wenn der Erblasser den Sklaven im Hinblick auf ihn zum Erben eingesetzt hatte.538 Die Erbeinsetzung eines Sklaven, der zur Mitgift gehört, eröffnet dem Erblasser also die Möglichkeit, wahlweise der Ehefrau oder dem Ehemann den Nachlass zukommen zu lassen. Ausschlaggebend dafür ist sein im Testament geäußerter Wille. Es zeigt sich also, dass der Wille des Erblassers bei der Erbeinsetzung eines fremden Sklaven jedenfalls dann relevant sein kann, wenn es, wie im hier vorliegenden Fall, um die mögliche Begünstigung verschiedener freier Personen geht.

2.2  Einsetzung eines zu restituierenden Sklaven Der Beleg anhand des Dotalsklaven ist für dieses Ergebnis nicht allein ausreichend, da man die Berücksichtigung des Willens zur Begünstigung der Ehefrau auch als Besonderheit des Dotalrechts ansehen könnte ( favor dotis). Jedoch geht auch aus anderen Quellen hervor, dass bei der Einsetzung eines Sklaven der Wille des Erblassers für die Frage beachtlich ist, welche von verschiedenen in Betracht kommenden freien Personen dadurch begünstigt ist:

537

Mod. sing. de heur. D. 24,3,58. Zum Dotalsklaven vgl. außerdem Ulp. 29 ad ed. D. 15,1,19,1. Dazu Majansius, Disputationes, Bd. 1, S. 481–485. 538 Dies ergibt sich nicht nur aus dem Umkehrschluss, vielmehr wurde es wohl auch ausdrücklich von Pomponius festgestellt, worin Ulpian ihm folgt: Vgl. Ulp. 29 ad ed. D. 15,1,19,1: si respectu mariti heres sit institutus vel ei legatum datum, id eum non debere restituere Pomponius scribit.

Bedeutung des Willens des Erblassers zur Begünstigung freier Personen

215

D. 36,1,65(63),4 Gaius libro secundo fideicommissorum Si heres ante restitutam hereditatem servum hereditarium heredem ab aliquo institutum iusserit adire hereditatem, negat Iulianus debere hanc hereditatem restitui, quia de ea rogatus non esset: et hoc est fatendum. requirendum tamen et illud est, num cum incremento restituere heres rogatus sit hereditatem: si enim hoc fuerit subsecutum, etiam eam hereditatem restituere cogitur, nisi evidentissimis probationibus fuerit ab herede adprobatum contemplatione sui servum esse heredem institutum.

Gaius im zweiten Buch über die Fideikommisse Wenn der Erbe vor Herausgabe der Erbschaft einen Erbschaftssklaven, der von einem anderen zum Erben eingesetzt worden ist, anweist, die Erbschaft anzutreten, dann ist diese Erbschaft nach Julian nicht herauszugeben, weil er insofern nicht um die Herausgabe gebeten worden ist. Dem ist zuzustimmen. Allerdings ist auch zu untersuchen, ob der Erbe nicht gebeten worden ist, die Erbschaft mitsamt Zuwachs herauszugeben: Wenn die Bitte nämlich so erfolgt ist, dann wird er auch gezwungen, diese Erbschaft herauszugeben, es sei denn, der Erbe hat durch ganz offenkundige Beweise nachgewiesen, dass der Sklave mit Rücksicht auf ihn zum Erben eingesetzt worden ist.

Im Fragment ist von zwei Erbschaften die Rede. Erblasser A hat seinen Erben H gebeten, die Erbschaft an einen Fideikommissar herauszugeben (Erbschaftsfideikommiss). Erblasser B hat einen Sklaven, der zur Erbschaft des A gehörte, seinerseits zum Erben eingesetzt. Der Sklave wird hier als servus hereditarius bezeichnet, ist aber kein Erbschaftssklave im eigentlichen Sinne mehr. Darunter versteht man nämlich Sklaven, die zu einer ruhenden Erbschaft gehören. Hier hatte H die Erbschaft des A aber schon angetreten, was sich aus dem Wort heres und der Tatsache ergibt, dass der Sklave die Erbschaft des B für ihn erwerben konnte. Es stellt sich die Frage, die Gaius und Julian539 im Grundsatz verneinen, ob H auch die Erbschaft des B an den Fideikommissar herausgeben muss. Der Wille des Erblassers B wird an dieser Stelle relevant, denn es soll seiner Bestimmung obliegen, die Erbschaft dem H oder dem Fideikommissar zukommen zu lassen. Kann H nachweisen, dass B den Sklaven seinetwegen zum Erben eingesetzt hat, setzt sich dieser Wille des Erblassers B sogar gegenüber der Anordnung des Erblassers A durch, der H verpflichtet hatte, die Erbschaft cum incremento herauszugeben. Dies ist auch verständlich: A kann nicht im Voraus

539

Die Entscheidung Julians ist in 40 dig. D. 36,1,28(27),1 überliefert; dort fehlt allerdings die weitere Diskussion zum Willen des Erblassers.

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Vermögenserwerb des Sklaven

über die Erbschaft des B verfügen, vielmehr bleibt B selbst die Bestimmung überlassen, wem sein Nachlass zukommen soll. Anhand dieses Falles zeigt sich, dass der Wille des Erblassers bei Einsetzung eines Sklaven auch außerhalb der Sondernormen des Dotalrechts Berücksichtigung fand. Im Rahmen des hier einschlägigen, rein erbrechtlichen Sachverhalts liegt in der Erbeinsetzung des fremden Sklaven eine doppeldeutige Verfügung, die sich entsprechend dem Willen des Erblassers B auf verschiedene Personen beziehen kann: Auf den H oder auf den Fideikommissar. Berücksichtigt wird dieser Wille, wie auch in den anderen Fällen, auf einer zweiten Ebene nach dem Erbschaftserwerb bei der Frage der Herausgabe.

3.  Bedeutung des Willens des Erblassers zur Begünstigung des Sklaven selbst Die bisherigen Fälle haben gezeigt, dass im Falle der Erbeinsetzung eines fremden Sklaven der Wille des Erblassers, bestimmten freien Personen den Nachlass zukommen zu lassen, berücksichtigt wird. Danach ist es nicht mehr fernliegend, auch anzunehmen, dass der Wille des Erblassers, den Sklaven selbst zu begünstigen, rechtliche Wirkungen haben kann. Zunächst ist aber zu klären, wie ein solcher Wille im Testament Niederschlag finden kann.

3.1  Auslegung des Testaments In den bisher besprochenen Texten war häufig die Rede davon, der Sklave sei „mit Rücksicht auf seinen Herrn“ zum Erben eingesetzt worden. Was darunter konkret verstanden werden kann, geht aus einer Konstitution Justinians vom 30. April 531 hervor: C. 6,30,21,2 Et si quidem ita scripta est institutio: ‘illum servum illius heredem instituo’, quia apertissimum est intuitu domini esse institutionem conscriptam, necesse est omnimodo per competentem iudicem eum compelli adire quidem hereditatem et eam adquirere...

Wenn die Erbeinsetzung nämlich dergestalt geschrieben worden ist: „Ich setze diesen, den Sklaven des Soundso, zum Erben ein“, dann muss der zuständige Richter ihn auf jeden Fall zwingen, die Erbschaft anzutreten und sie zu erwerben, weil es ganz offensichtlich ist, dass die Erbeinsetzung mit Rücksicht auf den Herrn erfolgt ist...

Bedeutung des Willens des Erblassers zur Begünstigung des Sklaven

(3) Sin autem quasi liber institutus est nulla domini vel servi mentione in institutione habita, tunc nullo compelli modo eum adire hereditatem...

217

(3) Wenn er dagegen wie ein Freier eingesetzt ist, ohne dass von Herrn und Sklaven in der Erbeinsetzung die Rede gewesen wäre, dann ist er auf keine Weise zu zwingen, die Erbschaft anzutreten...

Der vorliegende Fall betrifft eine Person, über deren Freiheit ein Prozess anhängig ist,540 von der also momentan nicht gesagt werden kann, ob sie Sklave oder Freier ist. Die konkrete Fragestellung, ob der „Sklave“ zum Erbantritt gezwungen werden kann, ist an dieser Stelle nicht von Bedeutung; außerdem sind erhebliche Abweichungen vom klassischen Rechtszustand wahrscheinlich.541 Interessant ist die konkrete Formulierung, die Justinian als ein Beispiel dafür anführt, wie man einen Sklaven mit Rücksicht auf dessen Herrn einsetzen kann: illum servum illius heredem instituo. Abgesehen davon, dass die Wortwahl heredem instituo in klassischer Zeit nicht unbedingt gültig war,542 zeigt sich klar, worauf es ankommt: Der Herr muss erwähnt werden, der Sklave als Sklave bezeichnet werden. Ist dagegen lediglich der Name des Sklaven genannt und vom Herrn nicht die Rede (§ 3), so ist meist klar, dass der Sklave nicht mit Rücksicht auf seinen Herrn eingesetzt, sondern in eigener Person begünstigt worden ist. Die Konstitution zeigt, dass auch im justinianischen Recht auf den Willen des Erblassers Rücksicht genommen wird, wegen der Überwindung der Formschranken möglicherweise noch weitergehend als im klassischen Recht. Auch wenn für die Klassik keine konkrete testamentarische Formulierung überliefert ist, mit der ein Sklave als solcher begünstigt werden sollte, so darf man doch annehmen, dass ähnliche Grundsätze galten und auch die Klassiker nach entsprechenden Kriterien bestimmten, ob eine Begünstigung des Sklaven selbst beabsichtigt war. Von einer solchen Begünstigungsabsicht des Erblassers war dementsprechend auszugehen, wenn nur der Sklave selbst im Testament genannt war, ohne dass sein Herr erwähnt wurde, oder wenn sich sonst anhand einer Auslegung aller Anhaltspunkte herausstellte,543 dass der Erblasser den Sklaven selbst begünstigen wollte. Eine solche Absicht des Erblassers wird insbesondere dann zu bejahen gewesen sein, 540

Dies geht aus dem principium hervor: Cum aliquis scripsit heredem eum, qui de sua condicione ei qui dominium eius vindicabat in iudicio adversabatur. 541 Die offenbar zu Ungunsten des „Sklaven“ ausfallen können: So erwirbt er, auch wenn er für frei erklärt wird, im Falle des § 2 die Erbschaft nicht. Dies lässt sich nur mit freierer Testamentsauslegung erklären. Vgl. für eine andere Bedeutung des Willens im justinianischen Recht Schindler, Justinians Haltung zur Klassik, S. 259; zur Konstitution vgl. auch Desserteaux II, S. 60–63; ferner Varvaro, AUPA 46 (2000) 359, 411 Fn. 98. 542 G. 2,117: a plerisque inprobatae sunt Titium heredem instituo, item heredem facio. 543 Auch Desserteaux II, S. 62, nimmt an, dass nicht nur der Wortlaut relevant war.

218

Vermögenserwerb des Sklaven

wenn persönliche oder verwandtschaftliche Bindungen zwischen Erblasser und Sklaven bestanden.544

3.2  Vermögenserwerb des Sklaven bei Erbunwürdigkeit des Herrn Die Untersuchung hat bisher gezeigt, dass Herr und Sklave erbrechtlich getrennt betrachtet werden und der Wille des Erblassers, den Sklaven selbst zu begünstigen, rechtliche Bedeutung hat. Im Folgenden seien zwei Belege angeführt, die zeigen, dass der Erblasser durch eine solche Verfügung tatsächlich eine vermögensrechtliche Begünstigung des Sklaven in seiner Eigenschaft als Sklave erreichen kann. Der erste Beleg stammt aus dem Recht der Erbunwürdigkeit.545 Als erbunwürdig wurde, zumindest in klassischer Zeit, unter anderem derjenige angesehen, der das Testament erfolglos als gefälscht ( falsum) oder pflichtwidrig (inofficiosum) angefochten hatte. Die ihm zugewandte Erbschaft wurde dann vom Ärar oder Fiskus eingezogen. Der Erbunwürdige behielt allerdings die formale Erbenstellung. Erhob er aufgrund dessen die Herausgabeklage gegen einen Erbschaftsbesitzer, wurde sie ihm vom Prätor verweigert. Diese denegatio actionis ist Gegenstand des folgenden Fragments: D. 34,9,5,3 Paulus libro primo de iure fisci Si pater accusaverit testamentum vel dominus, denegabitur ei actio etiam eius quod filio eius vel servo legatum est, si ad ipsos emolumentum rei perventurum est: quod si personam illorum spectet, diversum dicendum est.

Paulus im ersten Buch zum Fiskalrecht Wenn der Vater oder der Herr das Testament angefochten hat, wird ihm auch die Klage auf das verweigert, was seinem Sohn oder Sklaven vermacht worden ist, sofern ihnen selbst die Bereicherung zukommen sollte. Wenn es sich jedoch auf die Person jener bezieht, dann ist anders zu entscheiden.

Der Erblasser hatte hier einem fremden Sklaven oder Haussohn ein Vermächtnis hinterlassen. Eine weitere Verfügung war zugunsten des Herrn ausgesetzt (etiam). Der Herr dieses Sklaven hatte das Testament als gefälscht angegriffen und war mit seiner querela gescheitert. Er ist deswegen unwürdig, das ihm Hinterlassene zu erhalten. Fraglich ist aber, ob er das seinem Sklaven hinterlassene Vermächtnis erhält. Paulus gelangt insofern zu einer differenzierenden Lösung.

544

Dazu näher im neunten Kapitel, unten S. 231ff. Zu diesem Aspekt vgl. bereits Buchwitz, Fremde Sklaven, S. 413ff.

545

Bedeutung des Willens des Erblassers zur Begünstigung des Sklaven

219

Der Fall ist schon deswegen bemerkenswert, da sowohl an den Herrn als auch an den Sklaven Zuwendungen erfolgt sind. Wie bereits ausgeführt,546 handelt es sich dabei um eine häufig vorkommende Testamentsgestaltung, die grundsätzlich keine rechtlichen Schwierigkeiten mit sich bringt: Der Herr erwirbt beide Zuwendungen. Betrachtet man das Testament aber in seiner tatsächlichen Bedeutung, so erscheint die Motivation des Erblassers sehr erklärungsbedürftig: Wenn der Herr des Sklaven ohnehin alles erwirbt, da er allein vermögensfähig ist, wieso hatte der Erblasser dann sowohl ihm als auch seinem Sklaven etwas zugewendet? Der Erblasser muss spezifische Zwecke damit verbunden haben, beide Personen getrennt zu bedenken. Dies macht es wahrscheinlich, dass auch der Sklave einen realen (Vermögens-)Vorteil aus dem Vermächtnis erhalten sollte. Der weitere Verlauf des Fragments macht aus dieser Vermutung eine Gewissheit. Die Entscheidung des Juristen geht dahin, dass der Prätor dem Herrn die Klage auch in Bezug auf die Gegenstände verweigert, die seinem Sklaven hinterlassen worden sind (eius quod servo legatum est), sofern ihnen selbst (ipsos) die Bereicherung zukommen soll. Wenn es sich jedoch auf die Person jener ( personam illorum) bezieht, dann sei anders zu entscheiden. Dieser Teil des Textes wirft zunächst einige Verständnisfragen auf. Klar ist, dass dem Herrn die Klage auf das ihm selbst hinterlassene Vermögen verweigert wird, weil er sich insoweit als unwürdig erwiesen hat. Wenn Paulus nun hinzufügt, dass ihm auch (etiam) die Klage auf das verweigert werde, was seinem Sklaven hinterlassen ist, sofern ihm die Bereicherung zukommen soll, so muss man ipsos auf den Herrn (und den Vater) beziehen. Die Entscheidung ist damit logisch stringent: Der Herr ist nicht nur unwürdig, das Vermögen zu empfangen, welches der Erblasser ihm ausdrücklich geben wollte, sondern auch das, was er ihm vermittelt durch den Sklaven vermachen wollte. Das illorum im letzten Satzteil bezieht sich dann auf den Sklaven (und den Haussohn): Wenn die Bereicherung dagegen dem Sklaven zukommen soll, behält der Herr die Klage. Ein umgekehrter Bezug der Worte ipsos und illorum wäre zwar sprachlich denkbar, aber inhaltlich unlogisch.547 Aus dieser Interpretation des Fragments lässt sich ersehen, dass es einen großen Unterschied macht, ob die Bereicherung dem Herrn oder dem Sklaven zukommen soll. Auch der Begriff emolumentum rei ist aufschlussreich, da dieser offenbar auch das faktische Sklavenvermögen kennzeichnen kann. Die Tragweite 546

Zu Vermächtnissen an Herrn und Sklaven vgl. oben Kapitel 6, S. 176ff.; zur gemeinsamen Erbeinsetzung vgl. oben Kapitel 3, S. 92ff. 547 Auch der Text der Basiliken spricht für dieses Verständnis: ν κατηγρσω διαθκης ς πλαστς� κππτω τν ν ατ καταλει�θντων τ υ µυ  τ δλω µυ‚ τε τ κρδς ες µ ϕρεται ε γρ ες ατς‚ κτι. ist eindeutig auf den Herrn bezogen, Bas. 60,42,5 (Schelt. A VIII, S. 3031). PS 5,12,3 gibt die Stelle dagegen (nachklassisch) verkürzt wieder.

220

Vermögenserwerb des Sklaven

der Entscheidung für unsere Fragestellung lässt sich daher nicht hoch genug einschätzen: Offenbar stellt es keine tatsächliche Bereicherung des Herrn dar, wenn der Sklave dieses emolumentum bekommt, sodass dann kein Grund mehr besteht, das Vermächtnis wegen der Erbunwürdigkeit des Herrn als wirkungslos anzusehen. Hier zeigt sich, wie sehr die Vermögenssphären von Herrn und Sklaven getrennt betrachtet werden können. Dass für die Vermögenszuweisung an den Sklaven der Wille des Erblassers entscheidend ist, geht zwar nicht ausdrücklich aus dem Text hervor ( perventurum est), kann aber nach den oben angeführten Texten keinen Zweifeln unterliegen. Käme es stattdessen auf den Willen des Herrn an, so bliebe die Unterscheidung, die Paulus im hier untersuchten Fragment vornimmt, sinnlos: Wenn der Herr dem Sklaven das erworbene Vermögen sofort wieder entziehen könnte, würde er an die Erbschaftsgegenstände gelangen, derer er sich als unwürdig erwiesen hat. Im Ergebnis eröffnet das Erbrecht dem Testator somit die Möglichkeit, einem fremden Sklaven Vermögenswerte zuzuwenden, ohne sie damit dessen Eigentümer zu verschaffen. Zwar ist dies ein erstaunliches Ergebnis, wenn man von der rechtlich unbestrittenen Ausgangslage der völligen Vermögensunfähigkeit des Sklaven ausgeht. Es muss aber infolge der klaren sachlichen Aussage des Textes akzeptiert werden und lässt sich als Verwirklichung des Willens des Erblassers auch überzeugend rechtfertigen. Ein gewisser Gegensatz besteht freilich zu den Fragmenten, in denen es um einen anderen Fall der Erbunwürdigkeit geht, die Unwürdigkeit wegen arglistiger Verhinderung der Testamentsänderung. Hatte nämlich der Herr verhindert, dass der Erblasser sein Testament änderte, so war nicht nur er selbst erbunwürdig, sondern auch sein Sklave. Es wurden selbst denjenigen seiner Sklaven die Klagen verweigert, die er zwischenzeitlich freigelassen hatte.548 Die Indignität wird in diesem Falle also auf einen wesentlich weiteren Personenkreis ausgedehnt und betrifft die gesamte familia. Die Quellen sagen nicht ausdrücklich, ob hier der Wille des Erblassers, das emolumentum dem Sklaven selbst zukommen zu lassen, relevant ist. Doch wenn selbst der freigelassene Sklave und der emanzipierte Sohn unwürdig sind, so werden sie dies höchstwahrscheinlich auch in dem Falle sein, dass sie in der Gewalt des pater familias verblieben sind. Die unterschiedliche rechtliche Behandlung der erfolglosen querela einerseits und der arglistigen Verhinderung der Testamentsänderung andererseits hängt aber nicht mit einem anderen Verständnis des Sklavenerbrechts zusammen, sondern ergibt sich aus sachlichen Gründen: Wird der Erblasser an der Testamentsänderung dolos gehindert, bleiben Verfügungen bestehen, die er möglicherweise nicht aufrechterhalten wollte. Dies betrifft auch die Verfügungen zugunsten der Sklaven. Im Falle einer erfolglosen querela bleiben dagegen Ulp. 48 ad ed. D. 29,6,1,1; Iul. 28 dig. D. 38,13,1; dazu Nardi, Indegnità, S. 210.

548

Bedeutung des Willens des Erblassers zur Begünstigung des Sklaven

221

gerade die Verfügungen aufrechterhalten, welche der Erblasser treffen wollte. Außerdem ist die Schuld desjenigen, der den Erblasser an der Testamentsänderung dolos hindert, normalerweise größer; er handelt gegebenenfalls auch strafbar.549 Wer erfolglos die Querel anstrengt, wird dagegen in vielen Fällen sogar gutgläubig sein, also annehmen, das Testament sei tatsächlich verfälscht, sodass es nicht gerechtfertigt wäre, in diesem Falle eine derart weitgehende „Sippenhaft“ eintreten zu lassen.550 Möglicherweise ist für die unterschiedliche Behandlung auch die streng persönliche Natur der querela ausschlaggebend.551 Für unsere Frage, ob der Erblasser dem fremden Sklaven etwas zukommen lassen kann, ergibt sich jedenfalls keine Einschränkung: Zumindest im Falle einer erfolglosen querela durch den Herrn findet dieser Wille des Erblassers Berücksichtigung, wie D. 34,9,5,3 gezeigt hat.

3.3  Vermögenserwerb des Sklaven bei Schenkung von Todes wegen Ein weiterer Beleg für die Möglichkeit, fremden Sklaven Vermögen von Todes wegen zuzuwenden, findet sich bei der Rückforderung einer Schenkung mortis causa. Die Schenkung von Todes wegen erfolgte im Regelfall auf die Weise, dass der Beschenkte sogleich Eigentümer wurde. Das Geschenk konnte aber kondiziert werden, wenn eine bestimmte Bedingung eintrat: das Überleben des Schenkers in einer Lebensgefahr oder das Vorversterben des Beschenkten.552 Problematisch wurde die Frage der Rückforderung aber dann, wenn einem fremden Sklaven (oder einem Haussohn) etwas geschenkt worden war. In diesem Falle war nämlich nicht klar, ob sein Vorversterben oder das seines Herrn maßgeblich sei:

Dazu Nardi, Indegnità, S. 208. Walther Eck, Indignität und Enterbung, S. 41, und (ihm folgend) Nardi, Indegnità, S. 118f., nehmen allgemein an, dass jemand, der bona fide die accusatio falsi erfolglos angestrengt hat, nicht indignus werde. Ob diese Verallgemeinerung zutrifft, muss hier nicht entschieden werden, da jedenfalls feststeht, dass sich die Indignität nicht auf seinen Sklaven erstreckt. 551 Voci, DER II, S. 700. 552 Zu den verschiedenen Typen vgl. Ulp. 32 ad Sab. D. 39,6,2; Details bei Liebs, in: Festschrift Leipold, S. 1013ff.; Rüger, Donatio mortis causa, S. 26ff. Die Klassizität des zweiten Typs hat Di Paola, Donatio mortis causa, S. 17, bestritten; ihm ist Simonius, Donatio mortis causa, S. 80, mit weiteren Argumenten gefolgt. Dagegen aber schon Kaser, TR 27 (1959) 214f., Amelotti, Donatio mortis causa, S. 9ff., und Voci, DER I, S. 438ff., der die Widersprüche erklärt. 549 550

222

Vermögenserwerb des Sklaven

D. 39,6,23 Africanus libro secundo quaestionum Si filio familias mortis causa donatum sit et vivo donatore moriatur filius, pater vivat, quaesitum est, quid iuris sit. respondit morte filii condictionem competere, si modo ipsi potius filio quam patri donaturus dederit: alioquin, si quasi ministerio eius pater usus sit, ipsius patris mortem spectandam esse. idque iuris fore et si de persona servi quaeratur.

Afrikan im zweiten Buch der Rechtsfragen Wenn einem Haussohn eine Schenkung von Todes wegen gemacht worden ist und dieser dann zu Lebzeiten des Schenkers stirbt, der Vater aber am Leben ist, so ist angefragt worden, wie die Rechtslage sei. Er [Julian] hat gutachterlich entschieden, dass bei Tod des Sohnes zurückgefordert werden könne, wenn eher dem Sohn selbst als dem Vater geschenkt worden ist. Wenn sich dagegen der Vater des Sohnes [als Erwerbsperson] bedient hat, sei auf den Tod des Vaters selbst abzustellen. Gleichermaßen verhalte sich die Rechtslage, wenn es sich um die Person eines Sklaven handelt.

Der Schenker hatte hier den beschenkten Sklaven überlebt. Julian553 entscheidet, dass für die Frage der Rückforderung danach zu differenzieren sei, ob die Sache eher dem Sklaven selbst oder eher seinem Herrn geschenkt wurde. Wenn der Sklave selbst die Schenkung erhalten sollte, so liegt ein Vorversterben des Beschenkten vor und der Schenker kann die Sache kondizieren. Sollte dagegen der Herr die Schenkung erhalten, so liegt bei Tod des Sklaven kein Vorversterben des Beschenkten vor und der Herr kann das Geschenk behalten. In diesem letzteren Falle, so heißt es, habe sich der Herr seines Sklaven (oder Sohnes) nur bedient, ihn also nur zum Zwecke des Rechtserwerbs genutzt. Versteht man den Text in seiner vorliegenden Fassung, so ergibt sich ein widerspruchsfreies Bild der Rechtslage bei der Schenkung von Todes wegen. Die Bedingung, unter der diese steht,554 gibt den mutmaßlichen Willen des Schenkers wieder: Er will die Sache lieber selbst haben, als sie dem Beschenkten zu geben, aber sie lieber dem Beschenkten zuwenden als seinen Erben.555 Dieser Wille wird logisch zu Ende gedacht, indem die Juristen für die Rückforderung darauf abstellen, ob er die Schenkung eher dem Herrn oder eher dem Sklaven gemacht hatte, denn danach musste sich auch sein Rückforderungswille bei Vorversterben des Sklaven richten. Auf den die Entscheidungen in den Quästionen zurückgehen sollen, vgl. nur Krüger, Geschichte der Quellen, S. 195. 554 Genauer gesagt die Bedingung, unter der die Auflösungsabrede steht. 555 Vgl. Marcian. 9 inst. D. 39,6,1 pr.; Paul. 6 ad l. Iul. et Pap. D. 39,6,35,2. 553

Bedeutung des Willens des Erblassers zur Begünstigung des Sklaven

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Man sieht an diesem Text wiederum, wie die rechtliche und die sozial-faktische Vermögensverteilung auseinanderfallen: Rechtlich ist natürlich immer nur der dominus beschenkt, in dem Sinne, dass er Eigentümer des Geschenks wird. Für die Frage der Berücksichtigung des Willens des Schenkers kommt es dagegen auf die sozial-faktische Vermögenszuordnung an, wonach auch ein Sklave ein faktisches „Vermögen“ haben konnte. Die Person, deren Wille über diese Zuordnung entscheidet, ist hier der Schenker, genau wie in dem vorhergehenden Text (D. 34,9,5,3) der Erblasser. Dass ein faktisches Vermögen auf diese Weise rechtliche Bedeutung erhält, wurde in der Sekundärliteratur aber nicht immer klar gesehen. Vielfach wurde der Satzteil si modo ... esse mit dem Argument für interpoliert gehalten, die Frage nach dem Beschenkten könne nicht gestellt werden, da zu Beginn des Textes eindeutig von einer Schenkung an den Sohn die Rede sei.556 Die Autoren haben insofern jedoch die Relativität der Zuwendung an eine gewaltunterworfene Person nicht hinreichend gewürdigt: Durch die Schenkung von Todes wegen kann, entsprechend dem Willen des Erblassers, der Sklave selbst oder aber sein Herr begünstigt sein. Danach richtet sich die Rückforderungsmöglichkeit. Dies ist auch aus sachlichen Gründen geboten: Würde man den Satzteil si modo ... esse streichen und annehmen, die Entscheidung des Juristen sei lediglich gewesen morte filii condictionem competere, so hätte immer (aber auch nur) bei Tod des Sklaven eine Rückforderungsmöglichkeit bestanden. Dies hätte jedoch dem Willen des Schenkers widersprochen: Wenn er dem Herrn etwas schenken wollte und dessen Sklaven nur als „Durchgangsperson“ benutzte, wollte er die Schenkung natürlich auch bei Tod des Sklaven aufrechterhalten. Die Diffenzierung danach, wem sozial-faktisch geschenkt worden ist, ist also auch zur Aufrechterhaltung des Willens des Schenkers erforderlich. Die Sekundärliteratur sieht dagegen oft nur die rechtliche Vermögenszuordnung an den pater familias und ignoriert das faktische Vermögen des Sklaven, sodass der Text aus dieser Sicht nicht mehr sinnvoll zu erklären ist. Dies betrifft vor allem auch folgende Parallelstelle:

Cugia, Mortis causa, S. 82; Beseler, SZ 50 (1930) 18, 42f.; Lenel, SZ 51 (1931) 1, 7; Di Paola, Donatio mortis causa, S. 75 Fn. 41; Simonius, Donatio mortis causa, S. 186 Fn. 1. Keine Bedenken zum Text hat Cuiacius, Tractatus ad Africanum II., ad h.l. (Opera, Bd. 2, Sp. 394). Zu den Details insoweit Buchwitz, Fremde Sklaven, S. 417f.

556

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Vermögenserwerb des Sklaven

D. 39,6,44 Paulus libro primo manualium Si servo mortis causa donatum sit, videamus, cuius mors inspici debeat, ut sit locus condictioni, domini an ipsius servi. sed magis eius inspicienda est, cui donatum esset. sed tamen post mortem ante apertas tabulas testamenti manumissum haec donatio non sequitur.

Paulus im ersten Buch der Handbücher Wenn einem Sklaven eine Schenkung von Todes wegen gemacht worden ist, muss untersucht werden, auf wessen Tod abzustellen ist, damit eine Rückforderung möglich ist, den des Herrn oder den des Sklaven selbst. Es ist aber eher auf den Tod desjenigen abzustellen, dem geschenkt worden ist. Aber dennoch folgt diese Schenkung demjenigen nicht, der nach dem Tod und vor der Testamentseröffnung freigelassen worden ist.

Amelotti hat hier ganz ähnliche Bedenken vorgebracht: Cui donatum esset müsse sich immer auf den Sklaven beziehen, da dieser am Anfang als Empfänger der Schenkung genannt sei.557 Dies hieße jedoch, Paulus eine höchst umständliche Ausdrucksweise zu attestieren: Wieso hätte er dann nicht einfach sed magis mors servi inspicienda est schreiben sollen? Es spricht daher mehr dafür, diese Stelle genauso zu verstehen wie D. 39,6,23: Auch wenn unzweifelhaft dem Sklaven geschenkt und dem Herrn erworben wurde, so ist für die Frage der Rückforderung bedeutsam, wem der Schenker das Vermögen faktisch zuwenden wollte. Empfänger dieser tatsächlichen Zuwendung aber kann der Sklave genauso wie der Herr sein. Auch Amelotti hat eine in diese Richtung gehende Deutung in Erwägung gezogen,558 jedoch mit Verweis auf den Text der Basiliken und eines Scholions verworfen.559 Er nennt jedoch das zweite Scholion nicht, welches unter Verweis auf die Parallelstelle D. 39,6,23 gerade auf den Willen des Schenkers abstellt und klarstellt, dass dieser sich sowohl auf den Sklaven als auch auf den Herrn beziehen kann.560 Die erörterten Fragmente zeigen, dass letztwillige Verfügungen zugunsten eines fremden Sklaven den Zweck haben konnten, den Sklaven selbst zu bereichern. Diese Bereicherung war nur faktischer Natur, konnte aber als Vorfrage im Rahmen bestimmter Fallkonstellationen auch rechtliche Relevanz gewinnen. Für unsere Fragestellung lässt sich festhalten, dass einem Sklaven letztwillige Zuwen Amelotti, Donatio mortis causa, S. 139f. Amelotti, Donatio mortis causa, S. 140 Fn. 141. So verstehe ich auch Senn, Donation à cause de mort, S. 90, 162, der allerdings auch von der Gegenauffassung in Anspruch genommen wird. 559 Bas. 47,3,44 (Heimb. IV 613; Schelt. A VI 2156); Sch. 1 ad Bas. 47,3,44 (Heimb. IV 613; Schelt. B VII 2807). 560 Sch. 2 ad Bas. 47,3,44 (Heimb. IV 613; Schelt. B VII 2807). 557 558

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Umsetzung des Vermögenserwerbs

dungen eines Dritten auch als Sklaven eine tatsächliche Vermögensposition verschaffen konnten.

4.  Umsetzung des Vermögenserwerbs: Erwerb für das peculium Daran schließt sich freilich sofort die Frage an, wie „stark“ dem Sklaven dieses „Vermögen“ zugeordnet wurde. Sicherlich genoss es nicht denselben rechtlichen Schutz wie das Vermögen einer freien Person, doch war es auch nicht dem beliebigen Zugriff seines Herrn unterworfen,561 wie sich im Folgenden zeigen wird. Zunächst ist festzustellen, dass die dem Sklaven ausgesetzten Erbschaften in dessen peculium fielen:562 D. 15,1,7,5 Ulpianus libro vicensimo nono ad edictum Sed et si quid furti actione servo deberetur vel alia actione, in peculium computabitur: hereditas quoque et legatum, ut Labeo ait. 563

Ulpian im 29. Buch zum Edikt Aber auch, wenn etwas aufgrund einer Diebstahlsklage dem Sklaven geschuldet wird oder aufgrund einer anderen Klage, wird das zum Sondergut gerechnet; auch eine Erbschaft und ein Vermächtnis, wie Labeo sagt.563

Labeo scheint also expressis verbis festgestellt zu haben, dass Erbschaften und Legate, die der Sklave erwirbt, zu seinem peculium gezählt werden. Ob der Satz in dieser Allgemeinheit richtig ist, muss aber bezweifelt werden. Denn dieser Aussage Labeos stehen die ungezählten Texte entgegen, die mit ähnlich apodiktischer Gewissheit sagen oder voraussetzen, dass aller Erwerb an den dominus fällt.564 Überträgt man jedoch die oben ausgeführte Differenzierung, so klärt sich dieser Gegensatz leicht auf: Hatte der Erblasser die Erbschaft oder das Legat dem Sklaven selbst zuwenden wollen, so fiel sie in sein peculium.565 Hatte er sie dagegen dem Herrn verschaffen und den Sklaven nur als dessen Erwerbsinstrument nutzen wollen, so wurde sie dem patrimonium des Herrn zugerechnet. Welcher Fall in den So aber Scheidel, SZ 110 (1993) 648, 650. Neben der genannten Quelle ergibt sich dies auch aus dem schon erwähnten Text Ulp. 29 ad ed. D. 15,1,19,1. 563 Übersetzung: Behrends/Knütel/Kupisch/Seiler [Ziegler], Bd. 3, S. 256. 564 Dazu oben S. 50ff. 565 Dazu auch Scialoja, DER, S. 185f., der den Erwerb zum peculium als soziale Pflicht ansieht, die Differenzierung nach dem Willen des Erblassers aber nicht behandelt. 561 562

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Vermögenserwerb des Sklaven

Quellen jeweils gemeint ist, lässt sich nicht immer rekonstruieren, da der Rechtserwerb im technischen Sinne natürlich in jedem Fall für den Herrn erfolgt. Einer solchen Deutung des Textes steht die Ansicht Mandrys entgegen, der annimmt, Ulpian wolle hier nur den möglichen Inhalt des peculium benennen, ohne etwas zur Frage der Erwerbszurechnung zu sagen.566 Diese Ansicht ist jedoch weder mit dem Wortlaut noch mit dem Willen des Erblassers in Einklang zu bringen, wie schon mehrfach erwidert worden ist.567 Letztlich ging es Mandry hauptsächlich darum, einen Direkterwerb in das peculium zu verneinen. Er nimmt an, dass die Vermögensgegenstände zunächst dem Herrn erworben worden seien und dieser sie dann häufig dem peculium zugerechnet habe, wozu er aber nicht verpflichtet gewesen sei.568 Dies wirft zwei Fragen auf: Geschah der Erwerb automatisch? Und wenn nein, war der Herr verpflichtet, das Vermögen dem peculium zuzuschreiben? Die erste Frage ist anhand der Quellen nicht leicht zu beantworten. In D. 15,1,7,5 ist von in peculium computari die Rede, ein Ausdruck, der im Wesentlichen im Verhältnis zu Dritten Gläubigern von Bedeutung ist: Ulpian kommentiert hier das edictum triplex und die actio de peculio, für deren Umfang der Wert des peculium entscheidend ist. Der Gläubiger kann also, wenn er gegen den Herrn mit der actio de peculio vorgeht, verlangen, dass der Wert der Erbschaft zum peculium hinzugerechnet wird. Ob der Erwerb für das peculium automatisch oder über den Herrn geschieht, ist für diese Frage unerheblich, weswegen sie auch in den Quellen nicht weiter behandelt wird. Ein Erwerb über den Herrn wird jedenfalls dann stattfinden, wenn die Erbschaftsgegenstände von einem Erbschaftsbesitzer eingeklagt werden müssen, da der Herr dann zunächst für den Sklaven prozessieren muss.569 Für unsere Frage der Bedeutung der Erbeinsetzung für den Vermögenserwerb des Sklaven ist auch nicht entscheidend, wie er die Erbschaft erwirbt, sondern ob er die Erbschaft überhaupt rechtsverbindlich bekommt, ob der Herr also verpflichtet ist, sie seinem peculium zuzuschreiben. Wie der Erwerb von Erbschaften und Legaten zum peculium vor sich ging, zeigt die Schilderung Suetons zum Verhalten des Tiberius nach seiner Adoption durch Augustus:

Mandry, Familiengüterrecht, Bd. 2, S. 125. Anders schon Pernice, Labeo, Bd. 1, S. 140. Gegen Mandry vgl. Karlowa, Rechtsgeschichte, Bd. 2, S. 1135; Buckland, Slavery, S. 199; Micolier, Pécule, Bd. 1, S. 255 Fn. 56; siehe auch Brinkhof, Peculium, S. 72. 568 Mandry, Familiengüterrecht, Bd. 2, S. 125f. 569 Buti, Capacità patrimoniale, S. 142f. 566 567

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Umsetzung des Vermögenserwerbs

Suet. Tib. 15,2 Nec quicquam postea pro patre familias egit aut ius, quod amiserat, ex ulla parte retinuit. Nam neque donavit neque manumisit, ne hereditatem quidem aut legata percepit ulla aliter quam ut peculio referret accepta.

Und er verhielt sich danach gar nicht mehr wie ein pater familias und erhielt die Rechtsstellung, die er verloren hatte, in keiner Weise mehr aufrecht. Denn er machte weder Schenkungen, noch nahm er Freilassungen vor, und er erwarb auch Erbschaften und Vermächtnisse nur so, dass die Einnahmen seinem peculium zugerechnet wurden.

Tiberius hat sich also nach der Adoption nicht mehr wie ein Familienvater sui iuris verhalten, sondern vielmehr die damit verbundenen sozialen Gebräuche aufgegeben, Schenkungen zu machen, Freilassungen anzuordnen und letztwillige Zuwendungen zu erhalten. Er hat insoweit seine Stellung als Haussohn und die Vorherrschaft des Augustus anerkannt. Eine Ausnahme machte er laut Sueton für Erbschaften und Vermächtnisse, aber nur in der Weise, dass er sie seinem peculium zuschrieb. Die Schilderung Suetons kommt hier als Quelle für unsere juristische Fragestellung in Betracht, da er sich auch an anderen Stellen rechtlich präzise und unzweideutig ausdrückt.570 Der Ausdruck peculio referret accepta darf also im technischen Sinne verstanden werden.571 An dieser Formulierung ist zunächst signifikant, dass sich referret auf Tiberius bezieht, was zeigt, dass er selbst es war, der die Einnahmen in sein peculium verbuchte.572 Wie dies technisch vor sich ging, ist rekonstruierbar: Als Person alieni iuris konnte er kein „Rechnungsbuch“ führen.573 Die tabulae oder den codex accepti et expensi führte also nur der pater familias,574

Z.B. in Suet. Aug. 64,1 und 65,1; zu weiteren Details vgl. Siber, Prinzipatverfassung, S. 29; Instinsky, Hermes 94 (1966) 324, 327f.; Buchwitz, Fremde Sklaven, S. 421f. 571 So wie man ihn auch an anderer Stelle findet, vgl. nur Pomp. 1 sen. consult. D. 16,1,32,2 und Cic. Verr. 2,1,100. Nach Karlowa, Rechtsgeschichte, S. 756, wäre allerdings acceptum ferre die buchhalterisch richtigere Form, dagegen Thilo, Codex accepti et expensi, S. 268ff. 572 Daher ist der Übersetzung von Stahr, S. 173f. („als dass er sie in seinen Vermögensbestand als Haussohn eintrug“) der Vorzug vor der neueren Übersetzung von  Martinet, S. 349 („es sei denn, die Einnahmen wurden dem Sondergut zugerechnet“), zu geben. 573 Cic. Caecin. 17: Tabulas, qui in patris potestate est, nullas conficit. Zum „Rechnungsbuch“ vgl. auch Bürge, SZ 104 (1987) 465, 517, der vor der Übertragung neuzeitlicher Vorstellungen auf die Antike warnt. 574 Er war ein wesentliches Element der Position des pater familias, da er für die Zensusberechnung nötig war, vgl. Thilo, Codex accepti et expensi, S. 195f. Weiterhin findet er sich bei Alfen zur Bestimmung des Wohnsitzes, Alf. 7 dig. D. 50,16,203. 570

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Vermögenserwerb des Sklaven

doch erstellten auch Gewaltunterworfene für das peculium gesonderte rationes.575 Dies war allein schon deswegen nötig, damit im Streitfalle der Umfang des peculium bewiesen werden konnte: Klagte ein Gläubiger des Sklaven gegen den Herrn de peculio, so war der Wert des peculium für die maximale Urteilssumme entscheidend. Auf diese rationes wird sich die Bemerkung Suetons beziehen, dass Tiberius die Einnahmen in sein peculium verbuchte. Man kann also festhalten, dass Tiberius als filius familias die Einnahmen aus Erbschaften und Legaten selbst seinem peculium zugeschrieben hat. Ordnet man die Stelle in den Zusammenhang ein, so ist der Sinn dieses Vorgehens jedoch nicht ganz klar: Sueton schildert diesen Punkt, um darzustellen, dass Tiberius sich seit seiner Adoption der Autorität des Augustus untergeordnet und so als Nachfolger präsentiert habe.576 Die Zuschreibung von Vermögen zu seinem peculium muss ein Beleg für dieses Verhalten des Tiberius sein, sonst wäre auch das nam fehl am Platze. Aber was hätte Tiberius für Alternativen gehabt, von denen Sueton dieses Verhalten abgrenzen will? Klarheit bietet der Vergleich mit dem anderen Adoptivsohn des Augustus, dem nachgeborenen Agrippa. Dieser hatte Augustus vorgeworfen, ihm die aus dem Nachlass seines Vaters stammenden Gelder (die an Augustus gegangen waren) nicht überlassen zu haben.577 Agrippa forderte also von Augustus die Übertragung von Vermögen, das Augustus als seinem pater familias rechtlich selbst zustand. Agrippa hatte sich also nach seiner Adoption nicht wie ein folgsamer Haussohn verhalten, der die Autorität des Adoptivvaters in Vermögensdingen anerkennt. Anders das Verhalten des Tiberius: Er nimmt für sich nicht mehr in Anspruch, ein eigenes Vermögen, ein patrimonium, innezuhaben, sondern nur das peculium eines Gewaltunterworfenen. Mit dieser Überlegung lässt sich die Äußerung Suetons, dass in der Zuschreibung von Vermögen zum peculium eine Anerkennung der väterlichen Gewalt liege, verstehen. Besonders interessant daran ist auch, dass vom Vermögenserwerb des Augustus gar nicht die Rede ist, obwohl der Erbschaftserwerb durch einen Gewaltunterworfenen rechtlich gesehen unzweifelhaft dem pater familias zustand. Dies lässt ebenfalls den Schluss zu, dass die Erblasser mit der Einsetzung des Tiberius

Vgl. instruktiv Karlowa, Rechtsgeschichte, S. 757; Thilo, Codex accepti et expensi, S. 122, 159f., 197f. Beleg ist z.B. Pomp. 7 ad Sab. D. 15,1,4 pr.: ...quod dominus ipse separaverit suam a servi rationem discernens... Dass diese Stelle sich zudem nur auf die ursprüngliche Begründung des peculium bezieht und nicht, wie in unserem Fall, auf spätere Wertzuwächse, zeigen Buti, Capacità patrimoniale, S. 33; Bürge, Römisches Privatrecht, S. 187; Stolfi, Pomponio, Bd. 2, S. 428f. 576 Vgl. dazu auch Siber, Prinzipatverfassung, S. 30; Instinsky, Hermes 94 (1966) 329. 577 Cass. Dio 55,32,2; Vell. 2,112,7; dazu Siber, Prinzipatverfassung, S. 31. 575

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Ergebnis

faktisch diesen selbst bereichern konnten, ganz im Sinne der hier entwickelten Konzeption eines faktischen Vermögens des Gewaltunterworfenen. Ein Zugriff des Herrn auf das so erworbene peculium dürfte praktisch nur selten vorgekommen sein. Anders als bei Gegenständen, die der Herr selbst dem Sklaven überlassen hatte, wird der Entzug von Gegenständen, die Dritte dem Sklaven zugewendet hatten, nur unter strengen, von der Sitte geprägten Voraussetzungen möglich gewesen sein.578 Dies ergibt sich aus dem Bericht von Sueton, aber auch aus der Analyse der Rechtsquellen: Der erbunwürdige Herr in D. 34,9,5,3 darf das emolumentum nicht erhalten. Auch der Zweck einer genauen Vermögensbilanz spricht für die verbindliche Zuweisung der Erbschaften zum peculium: Der Bestand des Sonderguts muss jederzeit genau bestimmbar sein, damit der Richter bei einer eventuellen actio de peculio gegen den Gewalthaber den Haftungsumfang festlegen kann. Es spricht daher insgesamt sogar mehr dafür, in der Zuschreibung zum peculium eine Rechtspflicht zu sehen, als eine nur moralische Verpflichtung des dominus.579 Zwar diente diese in erster Linie den Interessen des Erblassers oder den Interessen des Dritten Gläubigers. Mittelbar, gewissermaßen als Rechtsreflex, wurde dadurch aber auch der Sklave selbst begünstigt.580

5. Ergebnis Auf die Frage des Vermögenserwerbs des Sklaven durch Erbeinsetzung gibt es keine einfache Antwort, da sowohl rechtliche als auch soziale Aspekte eine Rolle spielen. Fest steht zunächst, dass die erbrechtliche Position des Sklaven von der seines Herrn unabhängig ist, er also als eigene Persönlichkeit anerkannt ist, auf die erbrechtliche Verfügungen bezogen sein können. Diese getrennte Betrachtung von Herrn und Sklaven ist die erste Voraussetzung für den Vermögenserwerb. Von ausschlaggebender Bedeutung für den Vermögenserwerb ist der Wille des Erblassers. Wird ein fremder Sklave zum Erben eingesetzt, so bestimmt sich aus dem Testament und dessen Auslegung, ob er selbst der Begünstigte sein soll, oder ob der Erblasser seinem Herrn die Erbschaft zuwenden und den Sklaven nur als Zur Unterscheidung der Herkunft des peculium vgl. Buti, Capacità patrimoniale, S. 31–33, unter Verweis auf Pomp. 4 ad Q. Muc. D. 15,1,49 pr. Daraus geht auch hervor, dass ein Erwerb gegen den Willen des Herrn nicht möglich war. 579 Anders (o. Begr.) zur politischen Adoption Prévost, Adoptions politiques, S. 43. Meist wird die Zuschreibung zum peculium als soziale Sitte angesehen, die freilich genauso streng wie eine Rechtspflicht befolgt worden sein kann, siehe schon Pernice, Labeo, Bd. 1, S. 123f. 580 Vgl. zur mittelbaren Begünstigung des Sklaven Buti, Capacità patrimoniale, S. 173f.; Knoch, Sklavenfürsorge, S. 195. 578

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Vermögenserwerb des Sklaven

Hilfsperson für den Erwerb benutzen will.581 Daher ist die zweite Voraussetzung für den Vermögenserwerb des Sklaven, dass er selbst der nach dem Willen des Erblassers Begünstigte sein soll. Dieser Wille des Erblassers wird von den Juristen in vielfältiger Hinsicht geschützt, was dem Sklaven zugute kommt: Er kann nach dem Erbantritt die Vermögensgegenstände in Besitz nehmen und sie in die von ihm geführten Rechnungsbücher als eigenes Pekuliarvermögen eintragen. Dieses Vermögen ist kein Vermögen im vollen Rechtssinne, genauso wie der Sklave auch als Person keine Rechtsstellung im vollen Sinne hat. Es handelt sich jedoch um eine faktische Position, die ihm nicht grundlos entzogen werden kann, und damit um ein abgeschwächtes Eigenvermögen, das er durch die Erbeinsetzung seitens eines Dritten erlangt hat.

581

Dazu siehe auch unten, Dritter Teil, S. 243ff.

K apitel 9: Persönliche Beziehungen und die Rolle S klaven in der römischen G esellschaft

des

Nachdem geklärt ist, dass einem fremden Sklaven durch Erbeinsetzung ein faktisches Eigenvermögen verschafft werden konnte, stellt sich die Frage, in welchen Fällen ein Erblasser tatsächlich ein Interesse daran haben konnte, einen für ihn fremden Sklaven auf diese Weise zu begünstigen.

1.  Einflussnahme auf den Herrn Ein möglicher historischer Zusammenhang, in dem die Erbeinsetzung fremder Sklaven aufgetreten sein kann, liegt in der Erbeinsetzung von Sklaven, die zur Dienerschaft wichtiger Familien gehörten. Das Knüpfen politischer Allianzen, wirtschaftlicher Verbindungen und überhaupt personaler Bindungen erfolgte in Rom häufig über Vermögenszuwendungen, was auch nicht als Bestechung missbilligt, sondern sozial und gesellschaftlich akzeptiert war.582 Dementsprechend ist es sehr wahrscheinlich, dass auch Sklaven, die in einflussreichen Familien tätig waren, auf diese Weise „bestochen“ wurden, damit sie sich bei ihrem Herrn für den Erblasser oder seine Nachkommen verwendeten. Suet. Iul. 27,1 Omnibus vero circa eum [i.e. Pompeium] atque etiam parte magna senatus gratuito aut levi faenore obstrictis, ex reliquo quoque ordinum genere vel invitatos vel sponte ad se commeantis uberrimo congiario prosequebatur, libertos insuper servulosque cuiusque, prout domino patronove gratus qui esset. 583

582

Zugleich machte er sich nicht nur die ganze Umgebung des Pompeius und selbst einen großen Teil des Senats durch zinslose, oder mit sehr geringem Zins vorgestreckte Darlehen verbindlich, sondern er beschenkte auch fort und fort die Personen aus allen Ständen, die ihn mit und ohne seine Einladung besuchten, auf das reichlichste, ja er dehnte seine Freigebigkeit selbst auf die Freigelassenen und Lieblingssklaven eines jeden aus, je nachdem dieselben bei ihrem Patron oder bei ihrem Herrn in Gunst standen.583

Siehe oben Fn. 39. Übersetzung: Stahr, S. 18. Die neuere Übersetzung von Martinet, S. 51f., gibt die Bedeutung von servulus mit „junger Sklave“ nicht anschaulich genug wieder und bezieht den letzten Halbsatz fälschlicherweise auf Caesar. Jedoch ist gratus esset hier auf den

583

232

Persönliche Beziehungen

Sueton beschreibt, wie Caesar alle Möglichkeiten ausschöpfte, um Einfluss zu gewinnen, indem er zinslose oder günstige Darlehen gab und Geschenke verteilte. Schenkungen erfolgten insbesondere auch an Sklaven und Freigelassene, die bei ihren Herren in Gunst standen. Caesar wollte sich auf diese Weise der Fürsprache der Sklaven oder Freigelassenen bei deren Herren versichern. Es handelte sich dabei um eine in Rom gängige Praxis, die familia einer einflussreichen Person für sich zu gewinnen.584 Der fremde Sklave wurde hier zwar nicht direkt um seiner selbst Willen bedacht, profitierte aber von der Zuwendung. Im Falle von Erbeinsetzungen wird es sich ähnlich verhalten haben: Genauso wie man wichtige Personen selbst mit Erbteilen oder Vermächtnissen bedachte, wird man von Fall zu Fall auch darin Vorteile gesehen haben, deren Sklaven zu bedenken. Dabei dürfte es sich häufig auch um Sklaven in öffentlichen Funktionen gehandelt haben (servi publici oder später servi Caesaris).585 Man mag einwenden, dass die Schenkungen Caesars rechtlich gesehen ohnehin von den Herren der Sklaven erworben wurden, sodass diese ihm schon dadurch zu Dank verpflichtet waren. Doch offenbar war die soeben in Kapitel 8 geschilderte Vermögenszuweisung an den Sklaven stärker als der formalrechtliche Erwerb der Schenkung durch den Gewalthaber. Die Sklaven müssen selbst von den Geschenken Caesars profitiert haben, ansonsten wären sie nicht zu Fürsprechern bei ihren Herren geworden. Der vorliegende Text bestätigt also, dass Sklaven durch Schenkungen Dritter faktisch ein Eigenvermögen erwerben konnten. Ebenso verhielt es sich im Falle von Erbeinsetzungen. Im Ergebnis lässt sich also vermuten, dass ein Grund für die Erbeinsetzung fremder Sklaven darin lag, dass der Erblasser auf diese Weise indirekt Einfluss auf deren Herren ausüben wollte.

Sklaven zu beziehen, i.S.v. „jemandem lieb sein“. Zum Sprachgebrauch insoweit vgl. ThLL VI.2 s.v. gratus, II.-B. (Bulhart 1938). 584 Dies wird auch hinter der bei Sen. epist. 47,13 beschriebenen Praxis stehen, fremden Sklaven die Hand zu küssen (Seneca betont den Widerspruch zur schlechten Behandlung eigener Sklaven); vgl. auch Knoch, Sklavenfürsorge, S. 191f. Zu den Schenkungen und Bestechungen Caesars vgl. Syme, Roman Revolution, S. 62f. 585 Für deren Teilnahme am „Verkehr von Erbschaften“ spricht nicht nur ihr Einfluss, siehe dazu Weiß, Sklave der Stadt, S. 177f., und Weaver, Past and Present 37 (1967) 3, 4f., sondern auch die Tatsache der Reziprozität: Der servus publicus konnte seinerseits über die Hälfte seines Vermögens testieren, UE 20,16, dazu sogleich im Text S. 234.

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Freundschaftliche Bindungen

2.  Freundschaftliche Bindungen Dies schließt aber natürlich nicht aus, dass Sklaven auch aus denselben Motiven eingesetzt wurden, aus denen man freie Personen zu Erben einsetzte. Von diesen ist nun in den Abschnitten 2, 3 und 4 die Rede. Zunächst sei ein Fall angeführt, in dem ein Sklave wegen freundschaftlicher Bindungen zum Erblasser eingesetzt worden ist: AE 1985,143 (Roma) D(is) M(anibus) / Primo Caes(aris) n(ostri) ser(vo) / M(arcus) Ulpius Threptus / et Heracla Caes(aris) n(ostri) ser(vus) / amico b(ene) m(erenti) her(edes) fec(erunt)

Den Totengöttern. Errichtet für Primus, Sklave unseres Kaisers, von Marcus Ulpius Threptus und Heracla, Sklave unseres Kaisers, dem Freund, der es wohlverdient hat, und dessen Erben sie sind.

Diese Inschrift aus der ersten Hälfte des 2. Jh. n.Chr.586 wurde von zwei Erben errichtet, einem Freien, Marcus Ulpius Threptus, und einem Sklaven, Heracla. Sie bezeichnen den verstorbenen Erblasser ausdrücklich als ihren „Freund“, sodass hier von einer Erbeinsetzung wegen freundschaftlicher Bindungen ausgegangen werden kann.587 Diese Konstellation lässt vermuten, dass Primus verstorben ist, ohne Frau und Kinder hinterlassen zu haben, und daher andere ihm nahestehende Personen zu Erben eingesetzt hat, nämlich die beiden genannten Personen, von denen einer ein Sklave ist. Dieser Heracla war als Sklave in der kaiserlichen Reichsverwaltung beschäftigt; leider erfahren wir nicht, in welcher Funktion. Die Inschrift gehört zu den wenigen nichtjuristischen Quellen, welche Erbeinsetzungen fremder Sklaven enthalten. Dass außerhalb der Juristenschriften kaum Nachweise dafür existieren, dürfte sich aus den Überlieferungsbedingungen erklären: Steininschriften konnten sich die meisten Sklaven nicht leisten,588 Testamente sind nur selten im Wortlaut überliefert.589 Besonders bemerkenswert ist an dieser Inschrift, dass nicht nur ein Sklave als Erbe vorkommt, sondern auch ein Sklave als Erblasser: Auch der verstorbene So die AE zu dieser Inschrift; dies deckt sich mit den Beobachtungen Weavers zur Datierung der Formulierung Caesaris nostri servus, vgl. Weaver, Familia Caesaris, S. 55. Pisani Sartorio, Il lapidario Zeri di Mentana, Bd. 1, S. 238, datiert die Inschrift wegen Ulpius jedenfalls nachtraianisch. 587 Amicus kann wie ein „Freund“ im heutigen Sprachgebrauch verstanden werden, vgl. das Dizionario Epigrafico, Bd. 1, s.v. amicus („legami di affetto, familiarità o benevolenza“). 588 Scheidel, SZ 110 (1993) 648. 589 Auch bei Amelotti, Testamento romano, Bd. 1, S. 120, 143f., finden sich nur Erbeinsetzungen eigener Sklaven unter Freiheitserteilung. 586

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Persönliche Beziehungen

Primus ist ein (kaiserlicher) Sklave. Dies deckt sich mit UE 20,16, wonach öffentliche Sklaven das Recht hatten, über die Hälfte ihres Vermögens testamentarisch zu verfügen.590 Diese Privilegierung betraf allerdings nur die servi publici, nicht dagegen die servi Caesaris. Entweder muss man also annehmen, wenn man die vorliegende Quelle für einen ausreichenden Gegenbeweis hält, dass die Privilegierung der servi publici auch für die servi Caesaris galt. Folgt man dagegen Mommsen, der annimmt, dass dieses Privileg den servi Caesaris nicht zustand,591 so hatte Primus hier kein rechtswirksames Testament errichtet, sondern rechtlich unbeachtlich testiert, was aber nicht ausschloss, dass sein „Testament“ dennoch auf sozialer Ebene befolgt wurde. Zwar unterlag dies dem Gutdünken seines Herrn; immerhin ist aber von Plinius überliefert, dass er derartigen rechtlich unverbindlichen Testamenten seiner Sklaven Folge leistete.592

3.  Familiäre Bindungen Wesentlich häufiger als die Erbeinsetzung wegen freundschaftlicher Bindungen zum Erblasser war aber, wie auch unter freien Personen, die Erbeinsetzung naher Familienangehöriger. Darunter fallen zunächst die Kinder des Erblassers. So war etwa in der Exegese von D. 31,83 zu vermuten,593 dass der freigelassene Erblasser eigene Kinder eingesetzt hat, die als Sklaven in der Gewalt seines früheren Herrn verblieben waren. Was die Motivation des Erblassers anbelangt, so gibt es neben der elterlichen Liebe noch einen weiteren Grund, die im Sklavenstand befindlichen eigenen Kinder zu Erben einzusetzen: Durch eine Erbeinsetzung wird ein Sklave „wertvoller“, da er seinem Herrn Vermögen verschaffen kann, wenn er zum Zeitpunkt des Erbfalls noch am Leben ist. Der Erblasser gibt dem Herrn also durch die Erbeinsetzung des Sklaven ein gutes Motiv, das Kind nicht zu misshandeln, es gut zu ernähren und es bei Krankheiten behandeln zu lassen. Der Vater des Kindes wird zwar vorrangig versuchen, es vom Herrn ab- bzw. freizukaufen, doch wenn dieser sich weigert, so hat er zumindest die Möglichkeit, seinem Kind durch die Erbeinsetzung eine etwas bessere Position zu verschaffen. Dazu Mommsen, Staatsrecht, Bd. 1, S. 324; Buckland, Slavery, S. 321; Eder, Servitus publica, S. 113f.; Avenarius, Liber singularis, S. 395, mit weiteren Beispielen für Erbeinsetzungen durch öffentliche Sklaven in Fn. 52. 591 Mommsen, Staatsrecht, Bd. II/2, S. 836 (ohne Nachweise); anders noch ders., Hermes 2 (1867) 157; ausführlich zu dieser Frage Chantraine, Freigelassene und Sklaven, S. 374; ders., Chiron 3 (1973) 307, 326ff. 592 Plin. epist. 8,16; zur dieser Praxis vgl. auch Amelotti, Testamento romano, Bd. 1, S. 118; Corbier, Index 13 (1985) 501, 506, 509. 593 Siehe oben S. 198ff. 590

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Familiäre Bindungen

Große Bedeutung hatte, genau wie unter Freien, die Erbeinsetzung von Ehepartnern. Heirateten zwei unfreie Personen, oder eine freie und eine unfreie Person, lag rechtlich ein bloßes contubernium vor, da Sklaven keine Ehe im Rechtssinne eingehen konnten. Bei einer faktischen Ehe zwischen zwei Sklaven war eine Erbeinsetzung nicht möglich, da Sklaven kein rechtswirksames Testament errichten konnten. Die Erbeinsetzung von Ehepartnern wurde daher nur relevant, wenn einer der Ehepartner ein Freier war. Diese Konstellation trat hauptsächlich zwischen freien Frauen und Sklaven auf, die in der kaiserlichen Verwaltung beschäftigt waren (servi Caesaris), da diese infolge ihrer guten sozialen und wirtschaftlichen Stellung „aufwärts“ heiraten konnten.594 Wurden sie von ihren Frauen zu Erben eingesetzt, lag der typische Fall der Erbeinsetzung eines fremden Sklaven vor. Scheidel, der sich als einziger in jüngerer Zeit mit der Erbeinsetzung fremder Sklaven näher befasst hat, deutet dieses rechtliche Phänomen vor allem vor diesem gesellschaftlichen Hintergrund.595 Er verweist für Belege auf die Sekundärliteratur, allerdings finden sich dort kaum konkrete Nachweise für Erbeinsetzungen. Daher seien hier zumindest zwei Quellen angeführt, die eine Erbeinsetzung des im Sklavenstand befindlichen Ehemanns enthalten.596 Die erste Inschrift betrifft nicht die Erbeinsetzung eines servus Caesaris, sondern eines servus publicus: CIL VI 2307 = Dessau 4980 (Roma) Firviae C(ai) f(iliae) Primae / Antiocho publico p(opuli) R(omani) / Aemiliano pontificali / Primus publicus Tusculanorum / arcarius vir heres Primaes f(aciendum) c(uravit)

Für Firvia Prima, Tochter des Gaius, und für Antiochus Aemilianus, öffentlicher Sklave und Kassenverwalter; errichtet von Primus, öffentlicher Sklave der Tuskulaner, Kassenbeamter, Mann und Erbe der Prima.

Dieser Grabstein ist von einem öffentlichen Sklaven, Primus, errichtet worden, der Erbe seiner Frau Firvia Prima geworden ist. Der Grabstein ist nicht nur für die Frau errichtet worden, sondern auch für einen gewissen Antiochus Aemilia Rawson, Classical Philology 61 (1966) 71, 75; Scheidel, SZ 110 (1993) 648, unter Hinweis auf Flory, AJAH 3 (1978) 82. Zum diesem Phänomen vgl. weiterhin mit zahlreichen Nachweisen Weaver, Familia Caesaris, S. 112ff., 165; Boulvert, Domestique et fonctionnaire, S. 279f. 595 Scheidel, SZ 110 (1993) 648ff. Er gibt aber auch zu, dass dies nicht das einzige Motiv für die Juristen gewesen sein muss, sich mit der Erbeinsetzung fremder Sklaven zu beschäftigen, S. 651. 596 Vgl. außerdem die bei Mommsen, Staatsrecht, Bd. 1, S. 324 Fn. 6, angeführte Inschrift CIL VI 2354, dazu auch Schumacher, Sklaverei, S. 273. 594

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Persönliche Beziehungen

nus, möglicherweise einen Berufskollegen des Primus.597 Die Inschrift lässt somit den Befund zu, dass die Erbeinsetzung fremder Sklaven auch bei den öffentlichen Sklaven, die im Dienst der Stadtgemeinden standen, praktische Bedeutung hatte. Sie wurden von ihren Frauen (contubernales) als Erben eingesetzt. Dies zeigt im Übrigen auch, dass diese Frauen durch die Quasi-Ehe mit dem Sklaven Freie blieben und nicht dem Senatusconsultum Claudianum gemäß zu Sklavinnen wurden.598 Der zweite Beleg betrifft einen servus Caesaris: CIL VI 11390 (Roma) Alexander Caesar(is) / ser(vus) Atticianus / Sextiliae / Priscae contubernali / cuius heres est / merenti et / libertis libertabus eius / fecit

Errichtet von Alexander Atticianus, Sklave des Kaisers, für Sextilia Prisca, seine Frau, deren Erbe er ist und die es wohlverdient hat, sowie für ihre Freigelassenen.

Dieser Grabstein wurde von einem kaiserlichen Sklaven namens Alexander Atticianus errichtet. Der zweite Name deutet darauf hin, dass sein Freilasser zur Familie der Attici gehörte und Alexander erst später in das Eigentum des Kaisers gekommen war. Er war mit einer Sextilia Prisca verheiratet, die er juristisch korrekt als seine contubernalis bezeichnet.599 Sie hatte ihn zum Erben eingesetzt. Auch hier 597

Daher lese ich in pontificalis eher einen „Kassenverwalter“ als eine priesterliche Tätigkeit. Zum Doppelnamen des öffentlichen Sklaven Mommsen, Staatsrecht, Bd. 1, S. 323. 598 So aber Schumacher, Sklaverei, S. 274f. In Sklaverei verfielen freie Frauen nach diesem Senatsbeschluss jedoch nur dann, wenn sie gegen den Willen des Eigentümers und trotz einer Abmahnung mit dessen Sklaven geschlechtlich verkehrten (invito et denuntiante domino), ansonsten wurden sie libertae. Richtig Buckland, Slavery, S. 412ff.; Polay, Acta Juridica et Politica 14 (1967) 31f.; Weaver, Familia Caesaris, S. 163f., unter Verweis auf G. 1,91 und 160 sowie Tac. ann. 12,53; Willvonseder, Eheähnliche Verbindungen, S. 6f., 85, 90. Schumacher missdeutet den Gehalt von G. 1,84–86, wo sich die hadrianische Änderung des SC Claudianum nur auf die Rechtsstellung der Kinder bezieht. In unserem konkreten Fall handelt es sich allerdings um einen servus municipum, von dessen Ehefrau PS 2,21a,14 sagt, sie werde auch citra denuntiationem Sklavin. Doch befreit dies nicht von der Voraussetzung invito domino. 599 Die Bezeichnungen variieren stark, häufig steht auch der Rechtsbegriff uxor für die contubernalis. Zur Ungenauigkeit der Terminologie in den Inschriften vgl. Weaver, Familia Caesaris, S. 171; Bradley, Slaves and masters, S. 49. Wenn contubernalis steht, so ist allerdings sicher, dass es sich um eine Sklaven-Gattin handelt, vgl. Treggiari, Phoenix 35 (1981) 42, 44, 60; siehe auch Polay, Acta Juridica et Politica 14 (1967) 36ff.

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Standesbindungen

spricht nichts für einen Sklavenstatus der Frau; vielmehr ist von ihren Freigelassenen die Rede, die eine Sklavin natürlich nicht hätte haben können. Die epigraphischen Belege zur Erbeinsetzung fremder Sklaven zeigen, dass es sich hier häufig um Sklaven handelte, die zur Verwaltung der Stadtgemeinden oder zur kaiserlichen Reichsverwaltung gehörten. Dafür sind auch mindestens drei Nachweise in den Digesten zu finden: In D. 1,19,1,2 (Ulp. 16 ad ed.) heißt es, dass ein servus Caesaris eine ihm ausgesetzte Erbschaft auf Anweisung des procurator Caesaris antreten kann. Es war also nicht ein iussum des Kaisers selbst erforderlich.600 In D. 28,5,42(41) (Pomp. 12 ex var. lect.) ist von einem Sklaven des Tiberius die Rede, Parthenius, der in der Annahme, er sei ein Freier, zum Erben eingesetzt worden war.601 In D. 31,34,2 (Mod. 10 resp.) geht es zwar nicht um einen kaiserlichen Sklaven, aber immerhin um eine Zuwendung von einer freien Frau an einen fremden Sklaven, der ebenfalls eine Quasi-Ehe zugrundeliegen könnte. Es zeigt sich somit, dass die Erbeinsetzung fremder Sklaven häufig aus dem Motiv heraus geschah, damit einen Familienangehörigen zu bedenken. Erblasser konnten Freigelassene sein, die ihre im Sklavenstand verbliebenen Kinder einsetzten. Oft waren die Erblasserinnen freie Frauen, die mit einem öffentlichen oder kaiserlichen Sklaven verheiratet waren und diesen Quasi-Ehepartner zu ihrem Erben bestimmten.

4. Standesbindungen Neben freundschaftlichen oder familiären Bindungen konnten die Motive für die Erbeinsetzung eines fremden Sklaven auch darin liegen, dass er demselben „Stand“ angehörte wie der Erblasser. Wie in der sozialhistorischen Literatur überzeugend nachgewiesen ist, war die Sklaverei kein homogenes Milieu, sondern je nach gesellschaftlicher Stellung des Herrn ausdifferenziert.602 Dementsprechend bildeten etwa die Sklaven, die in der kaiserlichen Reichsverwaltung beschäftigt

600

Est hoc praecipuum in procuratore Caesaris, quod et eius iussu servus Caesaris adire hereditatem potest et, si Caesar heres instituatur, miscendo se opulentae hereditati procurator heredem Caesarem facit. Biondi, DER, S. 284, nimmt fälschlicherweise an, der Sklave sei nicht zum Erben eingesetzt. Doch geht zum einen aus e t eius iussu hervor, dass auch der Kaiser selbst dem Sklaven den Antritt hätte befehlen können. Zum anderen bezieht sich der si-Satz nur auf den Satzteil, der darauf folgt. Im Übrigen gilt Gleiches für den als Erben eingesetzten servus fisci, vgl. Ulp. 9 ad Sab. D. 29,2,25,2. 601 Der Fall wird in den Institutionen aufgegriffen, I. 2,15,4. 602 Alföldy, Sozialgeschichte, S. 180ff.; Jacques/Scheid, Rom und das Reich, Bd. 1, S. 335.

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Persönliche Beziehungen

waren, nicht nur eine materiell begüterte603 Gruppe (was sie zu begehrten Partnern freier Frauen machte), sondern auch einen eigenen Berufsstand, dem sie sich zugehörig fühlten.604 Somit kamen Erbeinsetzungen innerhalb der familia Caesaris vor, deren Grund in einem beruflichen Zusammengehörigkeitsgefühl oder, wie es Mourgues ausgedrückt hat,605 in einer „Solidarität“ zwischen den Mitgliedern der kaiserlichen Verwaltung gelegen haben dürfte: CIL VI 41118 = AE 1961,280 (Roma) T(ito) Aio Sancto co(n)s(uli) / procur(atori) alimentorum / praef(ecto) aerari praef(ecto) / Aegypti a rationibus / proc(uratori) ration(is) privatae / ab epistulis Graecis / M(arcus) Aurelius Cleander / a cubicul(o) et a pugione / Imp(eratoris) Commodi Aug(usti) et / Asclepiodotus a rat(ionibus) / et a memoria / heredes / pro voluntate e[ius] / [ – – ]

Für Titus Aius Sanctus, Konsul, Leiter der Nahrungsmittelverwaltung, Schatzmeister, Präfekt von Ägypten, Finanzminister, Verwalter des kaiserlichen Privatvermögens, Leiter der griechischsprachigen Kanzlei. [Errichtet von] Marcus Aurelius Cleander, Kammerdiener und Prätorianerpräfekt mit Strafgewalt des Kaisers Commodus, und Asclepiodotus, Finanzbeamter und Archivar, die durch seinen Willen zu seinen Erben bestimmt worden sind.

Diese Inschrift aus dem Jahre 187/188606 wurde für Titus Aius Sanctus errichtet und gibt dessen cursus honorum wieder.607 Er war wahrscheinlich verstorben, ohne Ehefrau und Kinder zu hinterlassen,608 und setzte daher zwei seiner Vertrauten ein, die wie er in der kaiserlichen Verwaltung beschäftigt waren. Diese haben die Erbeinsetzung durch einen derart bedeutenden Mann als besondere Ehre empfunden und sich deswegen nicht nur als seine Erben (heredes) bezeichnet, sondern

603

Vgl. etwa Suet. Otho 5,2: Ein kaiserlicher Sklave zahlt eine Million Sesterzen, um dispensator zu werden. 604 Weaver, Familia Caesaris, S. 295f. und passim (auch zu den Unterschieden innerhalb der familia Caesaris). 605 Mourgues, MEFRA 107 (1995) 255,  296 Fn. 106. 606 Moretti, Riv. fil. istr. class. 88 (1960) 68, 70. 607 Genaue Datierungen der einzelnen Ämter bei Pflaum, Carrières procuratoriennes, Suppl., S. 109f. Allerdings muss man ihn dann mit den Sancti in Hist. Aug. Comm. 1,6; P.Oxy. 635 und P.Berol. 13942 gleichsetzen, dazu ausführlich Moretti, Riv. fil. istr. class. 88 (1960) 70–72, gefolgt von der späteren Literatur, vgl. nur Alföldy, in: CIL VI (2000), S. 4934 m.w.N. 608 Vgl. Alföldy, in: CIL VI (2000), S. 4934. Der Erblasser wäre ansonsten rechtlich (querela) und sittlich verpflichtet gewesen, diese vorrangig oder zumindest als Miterben zu bedenken.

Standesbindungen

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zusätzlich betont, dass die Erbenstellung auf seinem Willen beruhte ( pro voluntate eius).609 Der erste der beiden Erben, Marcus Aurelius Cleander, ist als Sklave nach Rom gekommen und bis zum Prätorianerpräfekt aufgestiegen.610 Für uns ist der andere Erbe, Asclepiodotus, die interessantere Figur, denn er ist auf der Inschrift noch als Sklave ausgewiesen. Moretti und Mourgues haben zwar angenommen, er sei ein Freigelassener, doch ist dafür kein Anhaltspunkt ersichtlich.611 Vielmehr spricht der einfache Name für einen Sklaven.612 Freilich wird er nicht selbst der a rationibus gewesen sein, der seit Hadrian ein Ritter ist. Allerdings wurden als Unterbeamten des a rationibus auch Sklaven herangezogen,613 sodass man Asclepiodotus in einer solchen Position vermuten darf. Die Erbeinsetzung des Asclepiodotus war, aus Sicht des Erblassers Titus Aius Sanctus, die Erbeinsetzung eines fremden Sklaven, denn Asclepiodotus stand im Eigentum des Kaisers. Gleichwohl hat er sich nicht gescheut, ihn zusammen mit dem – berühmten – Cleander zu seinem Erben einzusetzen. Daran zeigt sich, dass die Solidarität und der Zusammenhalt zwischen den Mitgliedern der kaiserlichen Reichsverwaltung größer waren als etwaige Unterschiede infolge der Statusschranken zwischen Freien und Sklaven. Es war offenbar keine Herabsetzung Cleanders, ihn neben einem Sklaven zum Erben einzusetzen. Der Erbschaftserwerb des Asclepiodotus geschieht formell für den Kaiser, auf Anweisung des Prokurators,614 doch wird man annehmen dürfen, dass die Erbschaft einem servus Caesaris zur eigenen Verfügung im Rahmen seines Sonderguts belassen worden ist.615 Oben ist bei der Analyse der Inschrift AE 1985,143 schon bemerkt worden,616 dass (öffentliche) Sklaven nicht nur als Erben, sondern auch als Erblasser auf-

609

Die übliche Formel auf Grabsteinen lautete schlicht heres ex testamento. Die Lesart der Zeile ist freilich unsicher. 610 Einzelheiten bei Stein, PIR2 A1481; Alföldy, in: CIL VI (2000), S. 4934; Bradley, Slavery, S. 47; zum a pugione vgl. Moretti, Riv. fil. istr. class. 88 (1960) 72–74 (Prätorianerpräfekt mit Strafgewalt, unter Verweis auf Hirschfeld); Mommsen, Staatsrecht, Bd. II/2, S. 867 Fn. 1 (Spottname); dagegen Moretti und Reynolds, JRS 56 (1966) 120; Potter, Roman Empire, S. 91 (Leibwächter). 611 Moretti, Riv. fil. istr. class. 88 (1960) 72; Mourgues, MEFRA 107 (1995) 255, 296 Fn. 106, der ihn mit dem Asclepiodotus (Augusti) lib(ertus) in AE 1971, 534 gleichsetzt; so auch Williams, ZPE 17 (1975) 37, 68 und der Kommentar in AE 1961, S. 69. 612 So Alföldy, in: CIL VI (2000), S. 4934. 613 Hirschfeld, Verwaltungsbeamte, S. 32 Fn. 1. 614 Vgl. Ulp. 16 ad ed. D. 1,19,1,2. 615 Zum Erwerb für das Sondergut siehe oben S. 225ff. 616 S. 233f.

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Persönliche Beziehungen

treten. Dies zeigt sich auch anhand einer weiteren Inschrift aus dem Umfeld der kaiserlichen Verwaltung: CIL VIII 7076 (Constantine/Numidia) D(is) M(anibus) / Aprilis Aug(usti) n(ostri) / verna ad/iutor ta/bulari(i) / v(ixit) a(nnos) XX diebus / XXXII / [Th]esmus h(eres) // posuit

Den Totengöttern. Für Aprilis, hausgeborener Sklave unseres Kaisers, Assistent der Buchhaltung, er lebte zwanzig Jahre und 32 Tage, errichtet von Thesmus, seinem Erben.

In dieser Inschrift aus der Stadt Cirta (seit Konstantin Constantina, im heutigen Algerien) kommen zwei Sklaven vor, Aprilis und Thesmus. Aprilis, der Erblasser, war ein adiutor tabularii, also ein Hilfsbeamter des tabularius,617 der in der Provinz für die Verwaltung des Fiskalvermögens zuständig war.618 Diese Funktion und seine Eigenschaft als kaiserlicher Sklave machen es möglich, die Inschrift in die severische Zeit zu datieren, da Numidia erst seit dieser Zeit eine kaiserliche Provinz ist (vorher gehörte es zu Africa proconsularis).619 Der andere Sklave, Thesmus, ist der Erbe und als solcher auch zur Aufstellung des Grabsteins verpflichtet gewesen. Aprilis ist in jungen Jahren verstorben und hätte ansonsten wohl noch eine Karriere im Bereich der Fiskalverwaltung vor sich gehabt. Wahrscheinlich starb auch er, ohne Frau und Kinder zu hinterlassen, und hatte daher Thesmus zu seinem Erben eingesetzt. Dass Thesmus ebenfalls zur kaiserlichen Verwaltung gehörte, ist nicht sicher zu sagen,620 aber zumindest gut möglich. Die beiden Beispiele zeigen, dass die Erbeinsetzung eines fremden Sklaven dadurch motiviert sein konnte, dass eine Bindung zum Erblasser durch die gemeinsame Zugehörigkeit zur kaiserlichen Reichsverwaltung bestand. Wenn servi Caesaris noch keine eigene Familie hatten, war es für sie naheliegend, ihre Berufskollegen zu ihren Erben zu bestimmen.

Dazu Weaver, Familia Caesaris, S. 239f. Vgl. Sachers, in: RE IV A 2 (1932) s.v. tabularium, Sp. 1966f. 619 Marquardt, Staatsverwaltung, Bd. 1, S. 470; Windberg, in: RE 17 (1937) s.v. Numidia, Sp. 1357, 1376. 620 Zumal die Lesart der letzten Zeile unsicher ist. Im Annuaire de la Société archéologique de la province de Constantine 1856/57, S. 145, endet die Inschrift mit „XXXI“ (statt XXXII) und der Rest wird als unleserlich bezeichnet. Auch Cherbonneau, Révue Africaine 1 (1856) 451, liest hier bloß „LSA H.S.“. 617 618

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Ergebnis

5. Ergebnis Dieser kurze Ausblick auf die sozialhistorischen Hintergründe der Erbeinsetzung fremder Sklaven hat einige Fälle aufgedeckt, in denen fremde Sklaven tatsächlich zu Erben eingesetzt worden sind. Dadurch ist die Reichhaltigkeit der zugrundeliegenden historischen Konstellationen andeutungsweise zum Ausdruck gekommen; auch anhand der wenigen überlieferten Zeugnisse lässt sich eine farbenreichere Vorstellung von den tatsächlichen Vorkommnissen gewinnen, als es durch die Rechtsquellen allein möglich ist. Strukturell zeigt sich anhand der angeführten Beispiele, dass die Erbeinsetzung von Sklaven ähnlichen sozialen Motiven folgte wie die Erbeinsetzung freier Personen: Sklaven wurden vor allem deswegen zu Erben eingesetzt, weil sie Ehepartner (contubernales) oder Kinder des Erblassers waren, weiterhin wegen freundschaftlicher Bindungen, wegen gemeinsamer Standeszugehörigkeit, oder weil sich der Erblasser die Fürsprache des Sklaven sichern wollte. Dass die angeführten Beispiele oft im Zusammenhang mit den Sklaven der kaiserlichen Verwaltung stehen, erklärt sich daraus, dass es sich bei diesen um die besitzende Elite der Sklavengesellschaft handelte, in der die Mittel zur Errichtung steinerner Grabmäler vorhanden waren und die Weitergabe von Vermögen durch Erbeinsetzung praktisch relevant wurde. Zwei Gedanken sind für die historische Bewertung des Phänomens der „Erbeinsetzung fremder Sklaven“ festzuhalten. Zum einen verbieten sich monokausale Deutungsansätze. Die Erbeinsetzung fremder Sklaven war ein verbreitetes gesellschaftliches Phänomen, dem viele verschiedene soziale Konstellationen zugrundelagen. Zum anderen ist die Erbeinsetzung fremder Sklaven keine Einrichtung, die sich von der Erbeinsetzung freier Personen vollständig isolieren ließe. Vielmehr spiegeln sich darin zumeist die in der Welt der Freien auftretenden sozialen Verhaltensweisen wider. Die Erbeinsetzung fremder Sklaven erfüllte oft vergleichbare Funktionen wie die Erbeinsetzung Freier, auch wenn sie sich innerhalb einer anderen gesellschaftlichen Schicht abspielte.

DRITTER TEIL G ründe für die Erbeinsetzung: Begünstigung des H errn

K apitel 10:  Vermögenserwerb

des

H errn

In den vorangehenden Kapiteln ist das Phänomen der Erbeinsetzung fremder Sklaven aus der Sicht des Sklaven selbst untersucht worden. Bedenkt man die Häufigkeit der Erbeinsetzung fremder Sklaven, dürften dafür aber auch in der Person des Herrn liegende Gründe bestanden haben. Doch inwiefern kam die Erbeinsetzung seines Sklaven dem Herrn zugute, und warum setzte der Erblasser nicht den Herrn selbst zum Erben ein? Die erste und naheliegendste Erklärung für die Erbeinsetzung eines fremden Sklaven kann man darin sehen, dass der Erblasser dessen Herrn auf diese Weise Vermögen zukommen lassen wollte. Juristen sind ja geneigt, in der Antike wie heute, sich auf die interessanten, pathologischen Fälle zu konzentrieren, also auf die Fälle, in denen die Erbeinsetzung von Sklaven zu besonderen rechtlichen Problemen führte. Im Normalfall wird die Erbeinsetzung eines Sklaven jedoch unproblematisch verlaufen sein: Der Erblasser starb, der Herr erteilte das iussum, der Sklave trat an, der Herr erhielt den Nachlass. Der Erblasser erzielte somit im Regelfall das Ergebnis einer Vermehrung des Vermögens des Herrn. Allerdings kann man daraus nicht den Schluss ziehen, der wesentliche Grund für die Erbeinsetzung eines fremden Sklaven sei die Bereicherung seines Herrn gewesen. Insofern ist Appleton Recht zu geben: „Quand on ne voit dans le testament que la transmission des biens, l’institution de l’esclave d’autrui doit apparaître comme une des idées les plus bizarres qui se puissent imaginer.“621 Denn wenn es dem Erblasser ausschließlich darauf angekommen wäre, dem Herrn Vermögen zuzuwenden, so hätte sich der viel unkompliziertere Weg angeboten, den Herrn selbst einzusetzen. Dafür sprachen auch andere Motive: Wie oben erläutert,622 war die testamentarische Verfügung in Rom auch Ausdruck von Ehrerbietung. Die Ehre der Erbeinsetzung kommt aber nur dann zum Ausdruck, wenn der Herr selbst als Begünstigter im Testament genannt wird. Es liegt daher schon aus sozialen Gründen näher, den Herrn selbst einzusetzen, wenn es nur auf die Begünstigung seiner Person ankäme. Vor allem aber entstanden durch die Erbeinsetzung des Sklaven viele rechtliche Unwägbarkeiten, die den Vermögenserwerb des Herrn verhindern konnten. Pedius schreibt, dass

Appleton, Testament romain, S. 70. Seiner weiteren Deutung ist aber zu widersprechen (oben Fn. 9). 622 Siehe oben S. 17ff. 621

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Vermögenserwerb des Herrn

„viele Umstände“ eintreten könnten, die einen Erbschaftserwerb des Herrn verhinderten.623 Die beiden wichtigsten seien hier angeführt: Zum einen bestand die Gefahr, dass der Sklave vor dem Erbantritt starb. Durch die Erbeinsetzung des Sklaven bestand eine ausschließliche Bindung der Erbberufung (Delation) an seine Person.624 Der Herr konnte daher nichts mehr erwerben, wenn der Sklave zum Zeitpunkt des Erbantritts nicht mehr lebte. Starb der Sklave noch zu Lebzeiten des Erblassers, so hatte dieser freilich die Möglichkeit, sein Testament zu ändern und einen anderen Sklaven desselben Herrn oder den Herrn selbst einzusetzen. Doch wenn der Sklave nach dem Tod des Erblassers und vor dem Antritt der Erbschaft starb, bestand diese Chance nicht mehr und die Erbschaft ging dem Herrn endgültig verloren. Es handelte sich dabei auch nicht nur um eine hypothetische Möglichkeit; vielmehr konnte der Zeitraum zwischen dem Tod des Erblassers und dem Antritt der Erbschaft eine beträchtliche Zeitspanne umfassen. Denn in römischen Testamenten waren in der Regel Erbeinsetzungen und Ersatzerbeinsetzungen vorhanden, um zu vermeiden, dass das Testament mangels Erbantritts unwirksam wurde. Jede Klasse von Erben erhielt üblicherweise 100 Tage Zeit, den Antritt zu erklären, wobei die Frist normalerweise erst ab Kenntnis zu laufen begann.625 War der Sklave also etwa im dritten oder vierten Grad eingesetzt, so konnte seit dem Tod des Erblassers mehr als ein Jahr vergangen sein. Während dieser ganzen Periode war der Herr des Sklaven in keiner Weise geschützt, wenn der Sklave starb. Eine Übertragung der in der Person des Sklaven erfolgten Delation war nicht möglich. Zum anderen war der Erfolg des Erbschaftserwerbs dadurch gefährdet, dass bei Einsetzung eines Sklaven weitere formale Erfordernisse hinzukamen: Der Herr musste ein iussum erteilen, der Sklave musste antreten. Damit bestand eine doppelte Unsicherheit, denn bei jedem dieser Akte konnte es zu Störungen kommen. Beide genannten Nachteile der Erbeinsetzung einer gewaltunterworfenen Person kommen in folgender Quelle zum Ausdruck:

623

Multis causis accidere possit ne iussu nostro adeat, Paul. 2 ad leg. Iul. et Pap. D. 35,2,63 pr. Zu diesem Text näher siehe unten S. 299ff. Vgl. auch Marcell. 12 dig. D. 29,4,5: per quemcumque casum non potuerit iussu domini adire hereditatem. 624 Siehe oben S. 11ff., 67ff. 625 G. 2,165 und 170–172; Amelotti, Testamento romano, Bd. 1, S. 126ff.

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Vermögenserwerb des Herrn

D. 29,2,30 pr. Ulpianus libro octavo ad Sabinum Cum quidam legationis causa absens filium heredem institutum non potuisset iubere adire in provincia agentem, divus Pius rescripsit consulibus subvenire ei oportere mortuo filio, eo quod rei publicae causa aberat.

Ulpian im achten Buch zu Sabinus Weil jemand wegen einer Gesandtschaft abwesend war und seinen als Erben eingesetzten Sohn, der in der Provinz tätig war, nicht hatte anweisen können, die Erbschaft anzutreten, reskribierte der vergöttlichte Kaiser Pius den Konsuln, nachdem der Sohn inzwischen verstorben war, dass ihm zu Hilfe zu kommen sei, weil er wegen öffentlicher Geschäfte abwesend war.

Ulpian gibt hier ein Reskript von Antoninus Pius wieder, das an die Konsuln626 ging und sie anwies, einem Gesandten zu helfen. Der Gesandte ist von einer Stadtgemeinde nach Rom geschickt worden, war also rei publicae causa von Zuhause abwesend.627 In der Zwischenzeit war seinem Sohn, der in der Provinz geblieben war, eine Erbschaft angefallen, und der Sohn war kurz darauf verstorben. Der Vater hatte keine Gelegenheit mehr gehabt, den Sohn anzuweisen, die Erbschaft anzutreten, und sie so für sich zu erwerben. In dieser Situation gewährt ihm der Kaiser auf Anfrage eine in integrum restitutio, sodass er ausnahmsweise die Erbschaft erlangen kann. Es handelt sich hier um eine Einzelfallentscheidung zur Begünstigung eines Gesandten, der in öffentlichem Auftrag unterwegs war. Wäre er in der Provinz geblieben, so hätte er seinen Sohn wahrscheinlich rechtzeitig anweisen und die Erbschaft erhalten können. Ihm sollten aber durch seine Tätigkeit für das Gemeinwohl keine Nachteile entstehen.628 Anhand der Singularität dieser Entscheidung erkennt man den Regelfall: Stirbt die zum Erben eingesetzte gewaltunterworfene Person, besteht für den Vater oder Herrn keine Möglichkeit mehr, die Erbschaft zu erlangen. Mommsen erwägt, proconsulem statt consulibus zu lesen, vgl. ed. maior ad h.l., doch spricht nichts dagegen, anzunehmen, dass sich der Gesandte in Rom befand und daher die Konsuln selbst die Adressaten des Reskripts sind. Die unveränderte Lesung des Textes ist ein weiteres Argument, der Deutung von Müller-Eiselt zu folgen. Zur Zuständigkeit der Konsuln vgl. Müller-Eiselt, Divus Pius, S. 54. 627 Vgl. die Parallelüberlieferung des Reskripts in Pap. 5 resp. D. 29,2,86 pr. Zwar sind auch andere Deutungen möglich, doch würden sie nichts an der hier interessierenden Frage ändern. Ich folge daher der umfassenden Exegese von Müller-Eiselt, Divus Pius, S. 50ff. 628 Müller-Eiselt, Divus Pius, S. 52. 626

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Vermögenserwerb des Herrn

Es lassen sich damit zunächst drei Fälle identifizieren, in denen der Erbschaftserwerb scheitert: Erstens bei Tod der eingesetzten gewaltunterworfenen Person. Zweitens bei Abwesenheit der gewaltunterworfenen Person, denn der Erbantritt muss durch diese persönlich erfolgen, der Vater oder Herr kann nicht für den Sohn oder Sklaven antreten.629 Drittens kann es umgekehrt vorkommen, dass der Vater oder Herr abwesend ist (wie in der vorliegenden Quelle), und der Erbschaftserwerb dadurch vereitelt wird, dass er keine Anweisung zum Erbantritt erteilen kann. Man mag in diesem letzten Fall einwenden, dass ihm seine Abwesenheit auch dann schaden würde, wenn er selbst zum Erben eingesetzt worden wäre. Doch läuft die Erbantrittsfrist im Normalfall (also bei cretio vulgaris) erst dann, wenn der Erbe Kenntnis von seiner Berufung erlangt. Für einen abwesenden Erben beginnt die Frist, sollte er nicht auf anderem Wege Kenntnis erlangt haben, also nicht zu laufen. Der Sohn oder Sklave als eingesetzter Erbe ist aber anwesend, sodass die Frist zu laufen beginnt, sobald er Kenntnis erlangt.630 Neben den Fällen der An- oder Abwesenheit einer der beiden Personen, die zum Erwerb zusammenwirken müssen, sind aber auch noch weitere Umstände denkbar, an denen der Vermögenserwerb des Herrn scheitern konnte. Beispielsweise konnte der Herr den Sklaven in Unkenntnis der Erbberufung an einen Dritten veräußern, sodass dieser Dritte dann bei Tod des Erblassers die Erbschaft erhielt.631 Dieser Fall wird allerdings nicht häufig vorgekommen sein, da ein römischer Erblasser den Inhalt seines Testaments meist den Erben mitteilte. Häufiger kam es vor, dass der Erbschaftserwerb des Herrn aus dem Grunde vereitelt wurde, weil der Sklave in Wirklichkeit eine freie Person war und nur für einen Sklaven gehalten wurde.632 Wurde ein solcher liber homo bona fide serviens zum Erben eingesetzt, weil der Erblasser den Nachlass dessen Herrn zukommen lassen wollte, und stellte sich dann etwa nach Eintritt des Erbfalls heraus, dass er in Wirklichkeit eine freie Person war, so konnte er die Erbschaft nach überwiegender Ansicht nicht für seinen Scheinherrn erwerben. Der Scheinherr hatte allenfalls, nach umstrittener Auffassung, eine Klage gegen den Scheinsklaven auf Herausgabe der Erbschaft, wenn ein dahingehender Wille des Erblassers feststellbar war.633 Anhand dieser Fälle, die zeigen, welche Unwägbarkeiten bei der Erbeinsetzung eines Sklaven auftreten, lässt sich klar ersehen, dass die Vermögenszuwendung an den Herrn nicht der primäre Grund der Erbeinsetzung eines Sklaven gewesen 629

Dazu siehe oben S. 35ff., 92ff. Der Sklave kann allenfalls vorbringen, er habe den Herrn nicht erreichen und um das iussum ersuchen können, näher dazu oben S. 36. 631 Zur Veräußerung des eingesetzten Sklaven oben S. 70ff. 632 Vgl. Pap. 23 quaest. D. 41,3,44 pr.: nam frequenter ignorantia liberos emimus. 633 Siehe oben S. 212, dort auch die Belege. 630

Vermögenserwerb des Herrn

249

sein kann. Wollte der Testator lediglich dem Herrn den Nachlass zuwenden, war es viel sicherer, den Herrn selbst einzusetzen. Wenn er trotzdem dessen Sklaven einsetzte, musste er damit andere, weitergehende Zwecke verfolgt haben.

K apitel 11: Umgehung

von

Erbeinsetzungsverboten

Eine konkrete Situation, welche die Erbeinsetzung eines Sklaven sinnvoll erscheinen lässt, besteht dann, wenn der Erblasser ein noch ungeborenes Kind einsetzen möchte.634 Hier war die Erbeinsetzung des Sklaven sogar erforderlich, um dem ungeborenen Kind überhaupt eine Erbschaft zukommen zu lassen, da ein Erbeinsetzungsverbot bestand. Allerdings sind insoweit die verschiedenen Fälle ungeborener Kinder ( postumi) zu unterscheiden: Entweder handelte es sich um ein eigenes Kind des Erblassers, das dieser von seiner rechtmäßigen Ehefrau erwartete ( postumus suus). Dann war es zivilrechtlich möglich, das Kind selbst wirksam zum Erben einzusetzen. Zwar geht man davon aus, dass die Erbeinsetzung dieses postumus suus in der Frühzeit des römischen Rechts nicht möglich war, weil sie gegen das Verbot der Einsetzung einer unbestimmten Person ( persona incerta) verstieß.635 Während der gesamten quellenmäßig dokumentierten Zeit636 war die Erbeinsetzung aber unproblematisch möglich. In diesem Fall war die Erbeinsetzung eines Sklaven des Kindes also nicht nötig, um ihm die Erbschaft zukommen zu lassen. Es kann sich bei den postumi aber auch um ungeborene Kinder handeln, die nicht zu den legitimen Nachkommen des Erblassers gehören, also nicht unter seine väterliche Gewalt fallen, wenn sie geboren werden.637 Diese postumi alieni konnten nicht wirksam als Erben eingesetzt werden, sodass die Erbeinsetzung eines Sklaven anstelle dieser Kinder Bedeutung erlangen konnte.

1.  Bedeutung der Erbeinsetzung von postumi alieni Um die tatsächliche Relevanz dieser Erbeinsetzung von postumi alieni zu klären, soll kurz angesprochen werden, wann ein Erblasser überhaupt das Bedürfnis hat, das ungeborene Kind einer fremden Person einzusetzen. G. 2,241 nennt die beiden Hauptanwendungsfälle der Einsetzung von postumi alieni: Entweder handelt es sich um ein eigenes Kind des Erblassers, das dieser von einer Frau erwartet, mit der er nicht verheiratet ist. Oder aber es ist sein Enkelkind, das von seinem aus

So im Ansatz schon Pernice, Labeo, Bd. 1, S. 140. Mühlenbruch, in: Glück, Bd. 39, S. 362ff.; Heumann, Zeitschrift für Civilrecht und Prozeß 19 (1844) 299f., 336. 636 Die älteste Rechtsquelle ist Labeo bei Iav. 7 epist. D. 28,5,65(64), dazu sogleich im Text. 637 G. 2,241. 634 635

Bedeutung der Erbeinsetzung von postumi alieni

251

der Gewalt entlassenen Sohn gezeugt ist, der verstorben ist und die schwangere Schwiegertochter zurückgelassen hat. Der erste Fall, die Erbeinsetzung ungeborener, unehelicher Kinder, wird in Rom häufig als Bedürfnis empfunden worden sein. Es hatten sich mannigfaltige Arten von Eheverboten entwickelt, wodurch das Heiraten erschwert war. So gab es nicht nur die noch heute bestehenden Eheverbote der nahen Verwandschaft etc., sondern vielfältige Verbote, die aus gesellschaftlichen Moralvorstellungen und dem Standesdenken entsprangen.638 Außerdem konnten Eheschließungen aus wirtschaftlichen Gründen unterbleiben, etwa wenn die Familie der Frau keine ausreichende Mitgift aufbringen konnte.639 Lebten Mann und Frau dennoch eheähnlich zusammen, so war dies nicht in allen Fällen rechtlich oder sozial geächtet; vielmehr wurde es, je nach Einzelfall, nicht nur geduldet, sondern sogar als eigene Form des Zusammenlebens angesehen (Konkubinat).640 Auf die Rechtsstellung der Kinder, die einer solchen Verbindung entstammten, hatte das Konkubinat jedoch keinen Einfluss. Diese waren immer uneheliche Kinder, spurii, und hatten kein Erbrecht nach ihrem Vater. Oft wurden sie aber trotzdem wie legitime Kinder großgezogen, denn größere gesellschaftliche Missachtung war mit dem Status des spurius nicht verbunden.641 Der Vater wird also das Bedürfnis nach einer Erbeinsetzung ungeborener, unehelicher Kinder gehabt haben, der das Erbeinsetzungsverbot entgegenstand. Der zweite Fall, die Erbeinsetzung von ungeborenen Enkeln, die von einem emanzipierten Sohn gezeugt worden sind, ist ebenfalls eine typische Konstellation der römischen Familienerbfolge. Denn auch wenn die Römer oft zahlreiche Bekannte und Freunde zu Erben einsetzten,642 so war es doch geboten, eigenen Nachkommen, sofern man solche hatte, einen Großteil des Nachlasses zukommen zu lassen. Ansonsten konnten sie, auch als Emanzipierte, die bonorum possessio contra tabulas beantragen.643 Man kann also davon ausgehen, dass ein emanzipierter Sohn im Regelfall testamentarisch bedacht wurde. Starb er allerdings vor seinem Vater und war seine Ehefrau schwanger, so musste der Erblasser einerseits damit rechnen, dass auch das nachgeborene Kind die bonorum possessio contra tabulas beantragte, wenn er es nicht als Erben bedachte oder ausdrücklich enterbte.644 Außerdem wird der Großvater in der Regel sein Enkelkind ohnehin als legiti Für eine Übersicht vgl. Friedl, Konkubinat, S. 153ff.; ab Augustus fand eine gesetzliche Normierung statt, vgl. Astolfi, Lex Iulia, S. 93ff. 639 Zur gesellschaftlichen Verbreitung der Mitgift vgl. Stagl, Favor dotis, S. 8ff. 640 Kaser, RPR I, S. 328f.; Friedl, Konkubinat, passim. 641 Vgl. E. Weiss, in: RE III A 2 (1929) s.v. Spurius, Sp. 1890; Friedl, Konkubinat, S. 131ff. mit zahlreichen Nachweisen aus den epigraphischen Quellen. 642 Siehe oben Fn. 39. 643 Ulp. 39 ad ed. D. 37,4,1,6. 644 Ulp. 39 ad ed. D. 37,4,1,2; 37,4,1,8.

638

252

Umgehung von Erbeinsetzungsverboten

men Nachfolger ansehen, wenn sein Sohn vorverstorben ist. Diesem Bedürfnis zur Nachlassplanung stand jedoch die Tatsache entgegen, dass das ungeborene Kind rechtlich gesehen ein postumus alienus war, weil der Sohn emanzipiert worden war. Anzumerken ist noch, dass neben diesen von Gaius645 und Ulpian646 referierten Fällen noch zwei weitere Situationen der Erbeinsetzung von postumi alieni in den Quellen belegt sind: Zum einen der Fall, dass der Erblasser einen ungeborenen Enkel von einer Tochter hatte und diesen nach dem Tod des Schwiegersohns nicht einsetzen konnte.647 Oder der Erblasser hatte seinen Sohn in Adoption gegeben, danach waren dieser und der Adoptivvater verstorben, sodass der Erblasser während der Schwangerschaft der Ehefrau seines (nunmehr bloß natürlichen) Sohnes keine Möglichkeit hatte, den postumus alienus einzusetzen.648

2.  Unterschiede zwischen zivilem und prätorischem Erbrecht Die rechtlichen Möglichkeiten der Erbeinsetzung des postumus alienus waren wie gesagt beschränkt, allerdings fallen hier Zivilrecht und Honorarrecht auseinander. Die Erbeinsetzung ist nach ius civile unwirksam: G. 1,147 ... [postumos suos] etiam heredes instituere possumus, cum extraneos postumos heredes instituere permissum non sit.

... [Eigene nachgeborene Kinder] kann man auch zu Erben einsetzen, wogegen die Erbeinsetzung von fremden nachgeborenen Kindern nicht gestattet ist.

G. 2,242 Ac ne heres quidem potest institui postumus alienus; est enim incerta persona. 645

Und ein fremdes nachgeborenes Kind kann auch nicht zum Erben eingesetzt werden, da es eine unbestimmte Person ist.

G. 2,241. Ulp. 41 ad ed. D. 37,9,1,11. 647 Vgl. zur Fallkonstellation Paul. 12 resp. D. 28,2,25,1: Der Erbe war ein Enkel des Erblassers, stand aber unter der Gewalt seines Schwiegersohns, war also für den Erblasser ein postumus alienus. Der Jurist hat die Verfügung hier ausnahmsweise wegen der extremen zeitlichen Nähe zur Geburt des postumus aufrechterhalten, auch wenn sie eigentlich für unwirksam hätte erachtet werden müssen. 648 Der Enkel erhält nur die bonorum possessio: Ulp. 41 ad ed. D. 37,9,1,12: ...et si hic nepos postumus heres ab avo naturali institutus sit, mittetur in possessionem... 646

Unterschiede zwischen zivilem und prätorischem Erbrecht

253

Gaius erwähnt das Erbeinsetzungsverbot der postumi alieni sowohl im Vormundschafts- als auch im Erbrecht. Er argumentiert damit, dass es sich um personae incertae handle.649 Dies erklärt freilich nicht den Unterschied zu den postumi sui, die sachlich betrachtet genauso bestimmt oder unbestimmt sind.650 Wahrscheinlich ist daher, dass man ursprünglich die Einsetzungsfähigkeit aller postumi verneint hatte,651 später aber die der postumi sui ausnahmsweise erlaubte, weil sie auch gesetzliche Erben des Erblassers waren. Es wäre widersinnig, wenn sie nur in der Intestat-, nicht aber in der Testamentserbfolge berücksichtigt worden wären. Die postumi alieni waren dagegen zivilrechtlich nie erbberechtigt nach ihrem Vater. Die Rechtsstellung der postumi alieni nach Honorarrecht ist jedoch eine andere. Der Prätor gewährt auch dem postumus alienus die bonorum possessio.652 Der Erblasser kann den postumus alienus also zum Erben einsetzen, jedoch erhält dieser dadurch nur die bonorum possessio, nicht die hereditas legitima. Justinian vereinfacht dann die Rechtslage und eröffnet die Möglichkeit, den postumus alienus auch zivilrechtlich wirksam einzusetzen.653 In klassischer Zeit bot sich dem Erblasser aber nur die Möglichkeit, den Sklaven des postumus alienus einzusetzen, wenn er die Erbschaft dem fremden nachgeborenen Kind zivilrechtlich wirksam zukommen lassen wollte. Dies belegt: D. 28,5,65(64) Iavolenus libro septimo epistularum Eius servum, qui post mortem meam natus erit, heredem institui posse Labeo frequenter scribit idque verum esse manifesto argumento comprobat: quia servus hereditarius, priusquam adeatur 649

Javolen im siebten Buch der Briefe Der Sklave desjenigen, der nach meinem Tod geboren wird, kann als Erbe eingesetzt werden, schreibt Labeo an verschiedenen Stellen. Und er beweist dies durch ein schlagendes Argument, nämlich weil man einen Erbschaftssklaven vor Antritt der Erbschaft

Dazu auch G. 2,238. Eine Abwendung von der Idee der persona incerta sieht man erst bei Theophilus, der den postumus alienus nur „so wie“ eine persona incerta ansieht, Par. ad I. 2,20,26 (Ferrini 222; Lokin 426):  λλτρις postûmos ικε τς incértois πρσπις... 651 Zur geschichtlichen Entwicklung des Erbrechts nachgeborener Kinder vgl. Mühlenbruch, in: Glück, Bd. 36, S. 173ff.; Lamberti, Postumi, Bd. 1, S. 55ff. 652 Paul. 41 ad ed. D. 37,11,3: verum est omnem postumum, qui moriente testatore in utero fuerit, si natus sit, bonorum possessionem petere posse; Ulp. 14 ad ed. D. 5,2,6 pr.; Ulp. 41 ad ed. D. 37,9,1,12; D. 37,9,6. Zur Erklärung dieser Stellen vgl. v.a. Altamiranus, in: Meerman, Thesaurus, Bd. 2, S. 450ff., 454; Heumann, Zeitschrift für Civilrecht und Prozeß 19 (1844) 339; Voci, DER I, S. 405. 653 I. 2,14,2; 2,20,28; 3,9 pr. Dazu auch Buckland, NRH 44 (1920) 560f. 650

254 hereditas, institui heres potest, quamvis is testamenti facti tempore nullius sit.

Umgehung von Erbeinsetzungsverboten

zum Erben einsetzen kann, obwohl er zum Zeitpunkt der Testamentserrichtung niemandem gehört.

Die Möglichkeit, den Sklaven des postumus zum Erben einzusetzen, führt Javolen hier bis auf Labeo zurück. Dass es sich hier um einen postumus alienus handelt, wird nicht ausdrücklich gesagt, geht aber daraus hervor, dass die Erbeinsetzung eines Sklaven eines postumus suus ohnehin nicht in Frage kommt.654 Dies wäre nämlich ein eigener Sklave des Erblassers. Wenn es sich folglich im vorliegenden Fragment tatsächlich um den Sklaven eines postumus alienus handelt, stellt sich weiter die Frage, wie man überhaupt von einem solchen servus postumi alieni sprechen kann: Der postumus ist ja noch nicht geboren, hat also noch kein Eigentum am Sklaven. Servus eius ist hier also vielmehr ein Sklave, der dem postumus zukommen wird, sobald er lebend geboren wird, mithin ein Sklave, der zu der Erbschaft seines verstorbenen Vaters gehört, der den postumus zum Erben eingesetzt hatte. Der hier durch den Ego eingesetzte servus postumi alieni war also ein Erbschaftssklave.655 Welchen Sinn kann dann aber die Begründung Labeos haben, der auf die Analogie zu einem Erbschaftssklaven abstellt? Wenn es sich ohnehin in beiden Fällen um einen Erbschaftssklaven handelte, wäre der Vergleich sinnlos. Die Lösung liegt darin, dass man hier, entgegen Voci und Horak,656 gar nicht von einem Analogieschluss Labeos ausgehen darf, sondern von einer schlichten Begründung: Weil der Sklave „eines postumus alienus“ immer ein Erbschaftssklave ist, kann man ihn auch als Erben einsetzen. Der Unterschied zur Einsetzung eines Erbschaftssklaven liegt also nur im Wortlaut der Verfügung. Der Erblasser hatte im hier vorliegenden Fall nicht den „Sklaven des verstorbenen Lucius Titius“, sondern den „Sklaven des nachgeborenen Sohnes des Lucius Titius“ zum Erben eingesetzt. Weil die Erbeinsetzung eines „nachgeborenen Sohnes des Lucius Titius“ aber unwirksam war und sich die Erbfähigkeit von Sklaven im Allgemeinen nach der Person ihrer Herren richtete,657 ist die vorliegende Frage Altamiranus, in: Meerman, Thesaurus, Bd. 2, S. 456, wirft die Frage immerhin auf, stellt aber darauf ab, dass der Vergleich mit dem Erbschaftssklaven sonst nicht sinnvoll wäre, doch geht dies etwas an der Sache vorbei. Von einem postumus alienus gehen auch Buckland, Elementary Principles, S. 180, und Horak, Rationes decidendi, S. 247, aus. Unklar insoweit Lamberti, Postumi, Bd. 2, S. 37–41; Duplá Marín, Servus hereditarius, S. 148ff.; Mayer-Maly, SZ 125 (2008) 256. 655 In diese Richtung schon Majansius, Disputationes, Bd. 1, S. 41. 656 Voci, DER I, S. 534f.; Horak, Rationes decidendi, S. 247; vorsichtiger Mayer-Maly, SZ 125 (2008) 256. 657 Dazu oben S. 26ff. 654

255

Ergebnis

aufgekommen und musste von Labeo entschieden werden.658 Er hält die Erbeinsetzung des Sklaven für möglich, auch wenn der postumus alienus selbst nicht eingesetzt werden könnte. Die Bedeutung dieses Ergebnisses für unsere Fragestellung liegt auf der Hand: Durch die Möglichkeit der Erbeinsetzung des Sklaven erhält der Erblasser einen größeren Spielraum bei der Gestaltung der Erbfolge. Den ungeborenen Sohn des Verstorbenen hätte er nicht zum Erben einsetzen können. Labeo eröffnet ihm aber die Möglichkeit, den Sklaven einzusetzen, der diesem gehören wird, sobald er geboren wird. Der sachliche Grund für diese Entscheidung dürfte darin liegen, dass man zwar den postumus alienus als unbestimmte Person ansehen konnte, der Sklave jedoch unzweifelhaft ein lebendiger Mensch war.659 Daher konnte kein Jurist argumentieren, die Person des Erben sei zu unbestimmt.

3. Ergebnis Es lässt sich festhalten, dass eine testamentarische Verfügung zugunsten eines servus postumi alieni wirksam war, im Gegensatz zur Erbeinsetzung des Nachgeborenen selbst. Im Rahmen unserer Fragestellung muss aber noch geklärt werden, ob dies tatsächlich ein historisches Motiv für die Erbeinsetzung von Sklaven war. Betrachten wir zunächst den oben erwähnten Fall des ungeborenen unehelichen Kindes. Wollte der Vater dieses zum Erben einsetzen, so stand dem das Verbot der Einsetzung von postumi alieni entgegen. Er konnte aber auch keinen Sklaven dieses Kindes einsetzen. Denn dabei müsste es sich wie gesagt um einen Erbschaftssklaven handeln, der ihm zukommen wird. Dies war aber nicht möglich, da uneheliche Kinder keinen Vater im Rechtssinne hatten, von dem sie eine ruhende Erbschaft erwarten konnten. Eine ruhende Erbschaft von Seiten der Mutter660 ist aus biologischen Gründen nur in dem Sonderfall möglich, dass die Mutter vor der Geburt des postumus stirbt, das Kind also nach ihrem Tod durch Kaiserschnitt auf die Welt kommt.661 Einer Erbeinsetzung eines etwaigen Erbschaftssklaven steht dann aber schon der kurze Zeitraum zwischen dem Tod der Mutter und der Geburt des Kindes entgegen. Daher war der Vater im Fall des ungeborenen, 658

Justinian schließt sich der Argumentation Labeos an, vgl. I. 2,14,2. So treffend die Argumentation von Scialoja, DER, S. 189; im Ansatz auch Vinnius, Commentarius, Cum etiam eius qui in utero est servus ad I. 2,14,2. 660 Die das Kind als proximus adgnatus erhält, oder die bonorum possessio nach dem SC Orfitianum. 661 Fall: Ulp. 46 ad ed. D. 38,8,1,9: Si qua praegnas decesserit et utero exsecto partus sit editus, in ea condicione est partus iste, ut matris suae accipere bonorum possessionem possit... Dazu Lamberti, Postumi, Bd. 2, S. 224. 659

256

Umgehung von Erbeinsetzungsverboten

unehelichen Kindes darauf beschränkt, dieses Kind selbst nach seiner Geburt zum Erben einzusetzen. Der zweite Anwendungsfall, die Erbeinsetzung des ungeborenen Enkelkindes, das von einem emanzipierten, vorverstorbenen Sohn gezeugt worden ist, bleibt als möglicher Anwendungsfall übrig. Und hier gewinnt die Erbeinsetzung des Sklaven tatsächlich Bedeutung: Der Erblasser hatte keine Möglichkeit, das ungeborene Kind selbst als Erben einzusetzen, wohl aber einen servus eius. Gehörte folglich zu der Erbschaft des emanzipierten Sohnes, die bis zur Geburt des postumus ruhte, ein Sklave, so konnte er diesen Sklaven zivilrechtlich wirksam zum Erben einsetzen, weil er eine lebende Person war und nicht unter das Erbeinsetzungsverbot fiel. Die Erbeinsetzung des Sklaven eröffnete dem Erblasser somit in einer ganz typischen Situation des täglichen Lebens eine erbrechtliche Gestaltungsmöglichkeit, die ihm bei der Erbeinsetzung freier Personen nicht zur Verfügung stand. Allerdings müssen auch in diesem zweiten Anwendungsfall die Ergebnisse zur hereditas legitima und zur bonorum possessio zusammen betrachtet werden, wenn man sich die praktische Bedeutung klar machen möchte. Da die Erbeinsetzung eines postumus alienus nur zivilrechtlich, nicht aber honorarrechtlich unwirksam war, wird die Erbeinsetzung des Sklaven keine große praktische Relevanz gehabt haben. Zwar erlangte der postumus so die Erbschaft nach Zivilrecht, doch wird man sich häufig damit begnügt haben, ihm die Erbschaft nach Honorarrecht zu verschaffen. Es lässt sich daher vermuten, dass die Erbeinsetzung von Sklaven ungeborener Kinder vor allem während der vorklassischen Zeit, als die bonorum possessio noch nicht voll entwickelt war, von Bedeutung gewesen ist, da sie einem typischen Bedürfnis von Vermögensnachfolge innerhalb der Familie dienen konnte, das ohne die Einsetzung des Sklaven nicht verwirklicht werden konnte. Während der Zeit des klassischen römischen Rechts wird die praktische Bedeutung aber geringer geworden sein, da die Erbeinsetzung des postumus alienus immerhin honorarrechtliche Wirkung hatte. Nicht auszuschließen ist aber auch hier, dass sich eine aus der Frühzeit stammende Testiersitte erhalten hat.

K apitel 12: Flexibilisierung

des

Erbantritts

Die Besonderheiten des Erbantritts bei Einsetzung eines Sklaven bergen Risiken, bieten aber auch Chancen, die ein Erblasser bei der Planung der Vermögensnachfolge ausnutzen kann. Wenn der Erblasser dem Herrn eine letztwillige Zuwendung machen will, verkompliziert er die Lage in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht dadurch, dass er nicht diesen selbst, sondern dessen Sklaven einsetzt, da der Erbantritt dann durch das Zusammenwirken zweier Personen erfolgen muss.662 In bestimmten Fällen kann aber genau diese kompliziertere Vorgehensweise Vorteile mit sich bringen.

1.  Der unmündige dominus Eine Erbeinsetzung von Sklaven zum Zwecke der Erleichterung des Erbantritts konnte sich anbieten, wenn der Erblasser ein Kind begünstigen wollte, das noch unmündig war, also das vierzehnte (bei Jungen) oder zwölfte Lebensjahr (bei Mädchen) noch nicht vollendet hatte. Hier ermöglichte die Erbeinsetzung eines Sklaven des Kindes einen Erbantritt. Um die konkreten Fälle aufzudecken, in denen diese Erbeinsetzung eines Sklaven Vorteile gegenüber der Erbeinsetzung seines Herrn brachte, muss kurz die Rechtslage zum Erbantritt eines unmündigen Kindes dargestellt werden.

1.1  Erwerb der hereditas Der Erbantritt durch ein unmündiges Kind ist im römischen Recht durch zwei Erfordernisse beschränkt: Zum einen stellt sich, genau wie im modernen Recht, das Problem des rechtsgeschäftlichen Willens, den ein Unmündiger nicht oder nicht in ausreichendem Maße bilden kann. Zum anderen stellt sich das Problem, dass die Erbschaft in der Regel mittels cretio angetreten werden muss, der Erbe also eine bestimmte Wortformel sprechen muss. Beide Aspekte wirken sich wie folgt aus: Kann das Kind noch nicht vernünftig sprechen, so ist überhaupt kein Erbantritt möglich.663 Diese strenge Rechtslage ändert sich erst im fünften Jahr-

662

Dazu oben S. 35ff. Leist, in: Glück, Serie der Bücher 37/38, Bd. 3, S. 19ff.; H. Krüger, SZ 64 (1944) 394ff.; Voci, DER I, S. 640 m.w.N. in Fn. 79.

663

258

Flexibilisierung des Erbantritts

hundert.664 Ist das Kind schon fähig, die Worte der cretio zu sprechen, so kann es die Erbschaft mit Zustimmung seines Vaters oder Vormunds annehmen, auch wenn es nicht versteht, worum es dabei geht.665 Besondere Probleme stellen sich also nur bei einer Erbschaft, die einem Kleinkind anfällt, das die Formelworte noch nicht sprechen kann. Wollte der Erblasser in diesem Falle dem Kind die hereditas nach ius civile zukommen lassen, so hatte er nur die Möglichkeit, den Sklaven des Kindes einzusetzen. Zur Erbeinsetzung eines servus pupilli findet sich folgendes Fragment: D. 29,2,50 Modestinus libro singulari de heurematicis Si per epistulam servo pupilli tutor hereditatem adire iusserit, si post subscriptam epistulam tutor moriatur, antequam ex epistula servus adiret, nemo dicturus est obligari postea666 pupillum hereditati. 666

Modestin in der Einzelschrift über juristische Funde Wenn der Vormund dem Sklaven seines Mündels durch einen Brief die Anweisung zum Erbantritt erteilt hat und dann nach Unterzeichnung des Briefs stirbt, bevor der Sklave aufgrund des Briefs die Erbschaft angetreten hat, so wird niemand sagen, das Mündel träfen nachher die Verpflichtungen aus der Erbschaft.

Der Text gibt ein anschauliches Beispiel für die Rechtslage bei Erbeinsetzung des Sklaven eines Kindes. Ob der pupillus im hier vorliegenden Fall schon sprechen kann, also infantia maior ist,667 wird nicht gesagt, da die Rechtslage bei Einsetzung des Sklaven immer dieselbe ist: Der Sklave tritt die Erbschaft auf Anweisung des tutor an und erwirbt so dem pupillus den Nachlass. Diese Anweisung kann auch durch Brief erteilt werden, was die Flexibilität des Erbantritts weiter erhöht. Im 664

Unter Theodosius II. und Valentinian III., C. 6,30,18 (426), wo der Vater oder Vormund für das Kind antreten kann. Eine cretio der Mutter für ihr Kind kommt allerdings auch schon in PSI 1027 (a. 151) vor, doch haben die Provinzialen hier das „Reichsrecht“ falsch verstanden, da die Tochter heres sua et necessaria war, vgl. Scherillo in der Anm. dazu (Papiri Greci e Latini, Bd. 9, Florenz 1929, S. 47). 665 Ulp. 7 ad Sab. D. 29,2,8 pr. und § 1; Paul. 2 ad Sab. D. 29,2,9. Hier steht auch die Erklärung dafür: hoc enim favorabiliter eis praestatur. Vgl. ferner Paul. 60 ad ed. D. 29,4,24 pr. Ebenso bei der Stipulation, Gai. 27 ad ed. prov. D. 46,6,6. Bei der pro herede gestio verhielt es sich ähnlich, vgl. C. 6,30,5 (257), allerdings ist diese bei Außenerben wenig relevant. Zweifel bei Coppola Bisazza, Iura 53 (2002) 199, 207, 212. 666 Mommsen, ed. maior ad h.l., schlägt hier propterea vor, was jedoch keine sachlichen Unterschiede mit sich brächte. 667 Majansius, Disputationes, Bd. 1, S. 487, geht von einem infans aus, da er meint, ein Kind, das schon sprechen könne, müsse den Sklaven selbst anweisen.

Der unmündige dominus

259

vorliegenden Fall besteht die Besonderheit, dass der Vormund nach Erteilung der Anweisung und vor Erbantritt gestorben ist. Die Anweisung erlischt dann mit dem Tod des Vormunds, sodass der Sklave die Erbschaft nicht wirksam antreten kann.

1.2  Erwerb der bonorum possessio Der Prätor mildert die rigorose Rechtslage nach ius civile, wonach ein infans keine Erbschaft antreten kann, in weitem Umfang dadurch ab, dass er auch dem Kind, das noch nicht sprechen kann, die bonorum possessio erteilt. Für den Erwerb der bonorum possessio sind keine Wortformeln erforderlich, vielmehr kann diese für das Kind durch dessen Vater oder Vormund beantragt werden.668 Allerdings muss hier weiter differenziert werden: Wenn ein Vormund die bonorum possessio beantragt, weil der Vater nicht mehr lebt, so wird sie dem Kind aus dem Edikt selbst erteilt, es handelt sich um eine bonorum possessio ordinaria.669 Diese ist rechtsbeständig und kann später nicht mehr entzogen werden. Lebt der Vater aber noch und beantragt er die bonorum possessio, so wird sie nicht aus dem Edikt selbst erteilt, sondern der Prätor erlässt eine Entscheidung im Einzelfall (causa cognita), wodurch das Kind nur eine vorläufige bonorum possessio decretalis erhält.670 Diese wird ihm wieder entzogen, wenn es nicht selbst, nach Erreichen der Sprechfähigkeit, erneut einen Antrag beim Prätor auf Erteilung der bonorum possessio ordinaria stellt. Der Grund für diese unterschiedliche Behandlung des Kindes, je nachdem, ob sein Vater noch lebt oder es unter Vormundschaft steht, wird darin liegen, dass das Kind, dessen Vater noch lebt, die Erbschaft diesem erwirbt, das Kind sui iuris dagegen für sich selbst erwirbt. Praktische Bedeutung hat dies vor allem dann, wenn das Kind noch im Kleinkindalter verstirbt, sodass es die bonorum possessio ordinaria nicht beantragen kann. Die Erbschaft geht dann an die im Testament nachrangig eingesetzten Ersatzerben, nicht aber an den Vater. Hätte das Kind dagegen die Erbschaft schon endgültig erhalten, so hätte sie der Vater iure potestatis erworben.671

668

Ulp. 1 ad Sab. D. 37,1,7,2; C. 6,9,7 pr. (305). Ulp. 13 ad Sab. D. 38,17,2,13; C. 6,9,3 (286); H. Krüger, SZ 64 (1944) 407; Voci, DER I, S. 642. 670 Siehe zu diesem Komplex v.a. Pap. 15 quaest. D. 37,3,1; Ulp. 13 ad Sab. D. 38,17,2,13; dazu Voci, DER I, S. 642; Kaser, RPR I, S. 719 Fn. 10, und Leist, in: Glück, Serie der Bücher 37/38, Bd. 3, S. 27ff., auch wenn dieser zunächst daran denkt, beide Fälle parallel zu behandeln, S. 23ff. Anderer Ansicht ist H. Krüger, SZ 64 (1944) 398. 671 Dazu auch Leist, in: Glück, Serie der Bücher 37/38, Bd. 3, S. 29. 669

260

Flexibilisierung des Erbantritts

1.3  Die Bedeutung der Einsetzung des servus Um die Relevanz dieser Rechtslage für unsere Fragestellung zu untersuchen, ist es zunächst nötig, die beiden Rechtsschichten des römischen Erbrechts, das Zivilrecht und das Honorarrecht, gemeinsam zu betrachten. Nur so ist es möglich, praktisch zu beurteilen, ob Sklaven zu Erben eingesetzt worden sind, um unmündige Kinder zu begünstigen. Demnach ergibt sich folgendes Bild: Wenn der Erblasser ein Kind einsetzen will, das schon sprechen kann (impubes infantia maior), dann ist es keine Erleichterung, stattdessen einen Sklaven des Kindes einzusetzen. Denn das Kind kann mit Zustimmung des Vaters oder Vormunds ohne weiteres die Erbschaft und die bonorum possessio erhalten. Bei Erbeinsetzung eines Sklaven des Kindes wäre der praktische Aufwand (iussum und cretio) gleich, es entstünde aber die zusätzliche Gefahr, dass der Sklave stirbt und die Erbschaft dem Kind dadurch verloren geht.672 Will der Erblasser dagegen ein Kind einsetzen, das noch nicht sprechen kann (infans), dann kommt es darauf an, ob dessen Vater noch lebt. Ist dies nicht der Fall, steht das Kind also unter Vormundschaft, ist es in klassischer Zeit ebenfalls unnötig, dessen Sklaven einzusetzen, weil der tutor die bonorum possessio ordinaria für das Kind beantragen kann, sodass das Kind rechtsbeständig Erbe wird. Lebt der Vater aber noch und will der Erblasser trotzdem das Kind einsetzen, etwa um ihm die Erbschaft für sein peculium zukommen zu lassen,673 dann ist es sinnvoll, einen Sklaven des Kindes einzusetzen, weil das Kind selbst ansonsten nicht rechtsbeständig Erbe werden könnte. Natürlich gibt es, solange das Kind unter väterlicher Gewalt steht, keinen Sklaven „des Kindes“ im strengen Sinne. Praktisch wird diese Möglichkeit also dann, wenn das Kind einen Sklaven im peculium hat. Setzt der Erblasser diesen Sklaven ein, so kann er dem Kind die Erbschaft dadurch für sein peculium zukommen lassen – eine Möglichkeit, die nicht bestünde, wenn er stattdessen das Kind selbst einsetzen würde. Diese Erweiterung der Möglichkeiten durch Erbeinsetzung eines Sklaven findet eine Parallele im rechtsgeschäftlichen Bereich: Wollte man einem infans etwas stipulationsweise versprechen, so war dies nicht möglich, weil ein infans nicht in der Lage war, die Stipulationsformel zu sprechen. Daher nahm man das Geschäft in diesen Fällen mit einem Sklaven des infans vor.674

672

Zum Risiko des Verlusts der Erbschaft durch Tod des Sklaven siehe auch oben S. 246f. Auch ein infans konnte ein peculium haben, vgl. Mandry, Familiengüterrecht, Bd. 2, S. 36. Zum Pekuliarerwerb der Erbschaft siehe oben S. 225ff. 674 Ulp. 36 ad ed. D. 26,7,9 pr.; D. 27,8,1,15; Gai. 27 ad ed. prov. D. 46,6,6; Kaser, RPR I, S. 360, 364 Fn. 19; Kaser/Knütel, RPR, § 62 Rn. 17; Finkenauer, SZ 125 (2008) 440, 448ff., 472f. 673

261

Der stumme dominus

Es zeigt sich somit eine in bestimmten Fällen praktisch bedeutsame Erweiterung der Möglichkeiten des Erblassers durch die Erbeinsetzung von Sklaven anstelle ihrer Herren. In welchem Umfang tatsächlich davon Gebrauch gemacht worden ist, kann infolge des Mangels an nichtjuristischen Quellen nur schwer beurteilt werden. Watson ist der Ansicht, dass es sich bei der Erbeinsetzung des Sklaven eines infans nur um ein seltenes Phänomen gehandelt habe, das die Vielzahl der juristischen Quellen, die sich mit der Erbeinsetzung von Sklaven beschäftigen, nicht erklären könne.675 Ihm ist darin Recht zu geben, dass die Erbeinsetzung von Sklaven zahlreiche weitere Funktionen erfüllte. Dass die Erbeinsetzung eines Sklaven anstelle eines Kleinkinds ganz selten gewesen war, lässt sich aber nicht behaupten. Denn es gab in Rom eine Vielzahl von verwaisten Kleinkindern. Römische Männer heirateten eher spät und der Tod war wesentlich gegenwärtiger als heute – auch bei Menschen mittleren Alters war mit dem Ableben zu rechnen.676 Wollte ein Dritter diese vaterlosen Kleinkinder zu Erben einsetzen, bot es sich an, stattdessen einen ihrer Sklaven einzusetzen, damit die Erbschaft formell angetreten werden konnte. Dies war allerdings vor allem in der vorklassischen Zeit relevant; im uns interessierenden Zeitraum hat der Prätor durch Gewährung der bonorum possessio nomine pupilli weitgehend Abhilfe bei Einsetzung des Kindes geschaffen. Gleichwohl ist denkbar, dass sich eine entsprechende Testiersitte gehalten hat. Und auch noch in klassischer Zeit bot sich die Erbeinsetzung des Sklaven eines Kleinkinds an, wenn das Kind noch zu Lebzeiten des Vaters eine Zuwendung erhalten sollte, etwa durch ein Testament der Mutter.

2.  Der stumme dominus Eine etwas andere Akzentuierung erhält die Erbeinsetzung eines Sklaven dann, wenn sein Herr nicht sprechen kann (mutus). In gewisser Hinsicht lässt sich die Situation mit der Erbeinsetzung eines infans vergleichen. Hier bestanden zwei Hinderungsgründe, die mangelnde Verstandesreife und die mangelnde Sprechfähigkeit. Letzteres trifft auch auf den Stummen zu, sodass dieser ebenfalls nicht in der Lage ist, eine Erbschaft formell mittels cretio anzutreten. Da er allerdings die intellektuellen Fähigkeiten hat, über den Erbantritt zu entscheiden, kann er ein wirksames iussum erteilen. Der Erbeinsetzung seines Sklaven kommt somit besondere Bedeutung zu:

Watson, Slave Law, S. 112; unter Fortführung von Girard/Senn, Manuel élémentaire, S. 873 Fn. 4. 676 Vgl. nur Saller, Patriarchy, insbes. S. 172f., 189f. 675

262

Flexibilisierung des Erbantritts

D. 29,2,93,1 (= PS 3,4b,13) Paulus libro tertio sententiarum Mutus pater vel dominus filio vel servo heredibus institutis magis est, ut, si intellectu non careat, nutu iubere possit adire hereditatem, ut ei iure eius commodum quaeri possit: quod facile explicari possit scientia litterarum.

Paulus im dritten Buch der Rechtssätze Wenn der Vater oder Herr stumm und sein Sohn oder Sklave zum Erben eingesetzt ist, dann ist zu befürworten, dass er ihm durch eine Geste die Anweisung zum Erbantritt erteilen kann, sofern er keine geistigen Defizite hat, damit ihm rechtswirksam der Vorteil daraus erworben werden kann. Dies kann auch leicht durch Gebrauch der Schrift bewerkstelligt werden.

Dieser Text zeigt deutlich, wie die Erbeinsetzung seines Sklaven dem stummen Herrn zum Vorteil gereichen kann. Wäre er selbst eingesetzt,677 so könnte er keinen Erbantritt durch cretio erklären. Ist jedoch sein Sklave oder Sohn eingesetzt, braucht er bloß das iussum zum Erbantritt zu erteilen. Diese Erteilung ist an keine bestimmten Formen gebunden, sondern kann auch durch Gesten oder schriftliche Erklärung678 erfolgen. Tritt daraufhin der Sklave an, erwirbt er seinem stummen Herrn die Erbschaft. Aus der Sicht des Erblassers, der einem Stummen etwas zuwenden will, ist es daher sinnvoll, nicht den Stummen selbst, sondern dessen Sklaven als Erben einzusetzen. Dies ermöglicht es ihm, dem Stummen die Erbschaft nach ius civile wirksam zukommen zu lassen, was ansonsten nicht möglich wäre. Die einzige Alternative läge darin, im Testament auf die cretio zu verzichten, sodass der Stumme durch pro herede gestio antreten könnte.679 Allerdings ist auch im Falle des Stummen die Rechtslage durch das prätorische Recht überformt. Denn der Prätor gewährt ihm die bonorum possessio: D. 37,3,2 Ulpianus libro trigesimo nono ad edictum Mutus surdus caecus bonorum possessionem admittere possunt, si quod agatur intellegant.

677

Ulpian im 39. Buch zum Edikt Stumme, Taube und Blinde können die bonorum possessio erwerben, wenn sie verstehen, was vorgenommen wird.

Die Erbeinsetzung eines Stummen unterliegt als solche keinen Bedenken, Ulp. 1 ad Sab. D. 28,5,1,2. 678 Nach Liebs, Römische Jurisprudenz in Africa, S. 124, wirbt der Verfasser der paulinischen Sentenzen hier für Bildung. 679 Dazu Ulp. 1 ad Sab. D. 29,2,5 pr.; I. 2,19,7.

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Der geisteskranke dominus

Der Erwerb der bonorum possessio war, anders als der Erbschaftserwerb, nicht an Wortformeln geknüpft, sondern konnte formfrei beantragt werden, also etwa schriftlich oder durch Gesten.680 Von dieser Möglichkeit, den Nachlass zu erhalten, konnte auch ein zum Erben eingesetzter Stummer Gebrauch machen. Angesichts dieser Überformung des Zivilrechts durch die bonorum possessio wird in klassischer Zeit kein großes praktisches Bedürfnis mehr bestanden haben, Sklaven deshalb zu Erben einzusetzen, weil ihr Herr stumm war.

3.  Der geisteskranke dominus Dagegen gewinnt die Erbeinsetzung eines Sklaven besondere Bedeutung, wenn ein Geisteskranker ( furiosus) eingesetzt werden soll. Denn dem Geisteskranken ermangelt es an der intellektuellen Fähigkeit, über den Erbschaftserwerb zu entscheiden. Daher kann er im Grundsatz weder eine Erbschaft nach Zivilrecht noch die bonorum possessio nach Honorarrecht erwerben:

3.1  Erwerb der hereditas War ein Geisteskranker zum Erben eingesetzt, so hatte die Erbeinsetzung zwar Bestand, jedoch konnte er mangels Willensfähigkeit die Erbschaft nicht antreten:681 D. 29,2,63 Libro singulari regularum Pomponii Marcellus notat Furiosus adquirere sibi commodum hereditatis ex testamento non potest, nisi si necessarius patri aut domino heres existat: per alium autem adquiri ei potest, veluti per servum vel eum quem in potestate habet.

680

In der Einzelschrift über Rechtsregeln des Pomponius merkt Marcellus an: Ein Geisteskranker kann die Vorteile einer testamentarischen Erbschaft nicht erwerben, es sei denn, er ist Zwangserbe seines Vaters oder Herrn. Durch einen Anderen kann ihm aber erworben werden, etwa durch einen Sklaven oder eine Person, die er in seiner Gewalt hat.

Es reichte aus, sich vor dem Prätor verständlich zu machen. Vgl. zum Erbschaftsfideikommiss Maec. 5 fideic. D. 36,1,67(65),3: Der Stumme erwirkt durch Gesten, dass der Erbe zum Antritt gezwungen wird. Vgl. auch Paul. 16 ad ed. D. 50,17,124 pr. und dazu Wacke, SZ 110 (1993) 21. 681 Siehe schon oben S. 42: Furiosi autem voluntas nulla est, Afr. 4 quaest. D. 29,2,47 (zum iussum).

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Flexibilisierung des Erbantritts

Marcellus hat in seinen Anmerkungen zu einer Schrift von Pomponius das Erbrecht des Geisteskranken behandelt. Er stellt fest, dass ihm zwar Vermächtnisse erworben werden können,682 nicht aber eine Erbschaft.683 Grund dafür dürfte sein, dass der Erbschaftserwerb, im Gegensatz zum Vermächtniserwerb, einer Antrittserklärung bedarf, da er mit Belastungen verbunden sein kann. Der Erbschaftserwerb ist nur in dem Fall möglich, dass ein Geisteskranker Zwangserbe wird, also ein Sohn des Erblassers ist, der mit dem Tod des Vaters sui iuris wird, oder ein eigener Sklave des Erblassers, der testamentarisch freigelassen und zum Erben eingesetzt wird. In diesen Fällen erwirbt der Erbe nämlich automatisch, ohne dass es eines Erbantritts bedürfte. In dem uns interessierenden Fall der Erbeinsetzung durch einen Dritten besteht für den Geisteskranken jedoch keine Möglichkeit, Erbe zu werden. Interessanterweise präsentiert Marcellus aber sogleich eine Lösung: Der Geisteskranke kann die Erbschaft erwerben, wenn nicht er selbst eingesetzt ist, sondern sein Sklave oder Haussohn.684 Der Erbantritt kann dann durch diese erfolgen; das notwendige iussum kann ihnen vom Vormund des Geisteskranken (curator) erteilt werden. Im Falle des Haussohns wurde im Einzelfall durch kaiserliches Reskript sogar auf das iussum verzichtet.685 Jedenfalls wurde durch die Erbeinsetzung einer gewaltunterworfenen Person ein Erbschaftserwerb des Geisteskranken ermöglicht. Der Erbschaftserwerb durch einen Sklaven des Geisteskranken wurde offenbar schon von den römischen Juristen als standardisierte Lösung des Problems, dass der Geisteskranke keinen Erbantritt erklären konnte, angesehen. Dies legt den Schluss nahe, in Zuwendungen an Geisteskranke eine mögliche Erklärung des Phänomens der Erbeinsetzung fremder Sklaven zu sehen. Die Erbeinsetzung des Sklaven ist umso mehr vonnöten, da auch nicht der Vormund des Geisteskranken für diesen die Erbschaft antreten kann:

682

Vgl. die Note des Marcellus in Pomp. sing. reg. D. 28,1,16,1 ( furiosus ... potest sibi adquirere legatum vel fideicommissum), die Lenel, Palingenesia, Bd. 2, Sp. 86, unmittelbar vor unseren Text einordnet. 683 Zum Text auch H. Krüger, SZ 64 (1944) 410; Biondi, DER, S. 288. 684 Dass nicht der Geisteskranke selbst, sondern der Sklave oder Haussohn eingesetzt ist, geht aus dem Text nicht ausdrücklich, jedenfalls aber aus dem Kontext hervor (l. 62, 64 h.t.). Anders offenbar Biondi, DER, S. 288, der so seine These des Erbschaftserwerbs durch Gewaltunterworfene stützen möchte, dazu siehe unten Fn. 714. 685 Marcian. 4 inst. D. 29,2,52 pr. – Voci, DER I, S. 640 Fn. 77, sieht hinsichtlich des Haussohns einen Widerspruch zwischen D. 29,2,63 und Marcell. 9 dig. D. 38,15,5,1; doch zu Unrecht: Zwar entschied Marcellus noch nicht wie Marcian, aber in sich widerspruchsfrei, denn in D. 29,2,63 ist nicht die Rede davon, dass ein iussum entbehrlich sei.

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Der geisteskranke dominus

D. 29,2,90 pr. Paulus libro duodecimo responsorum Respondit per curatorem hereditatem adquiri non posse.

Paulus im zwölften Buch der Rechtsgutachten Er hat gutachterlich entschieden, dass durch einen curator keine Erbschaft erworben werden kann.

Wollte der Erblasser einem Geisteskranken etwas zukommen lassen, war es folglich nicht sinnvoll, diesen selbst zum Erben einzusetzen. Weder der Geisteskranke selbst konnte die Erbschaft antreten, mangels Willensfähigkeit, noch konnte sein curator dies für ihn erledigen,686 da der Erwerb durch dritte Personen nicht anerkannt war. Der Erblasser hatte aber die Möglichkeit, stattdessen einen Sklaven des Geisteskranken einzusetzen, wodurch ein Erbschaftserwerb möglich wurde. Die Erbeinsetzung eines fremden Sklaven hatte somit in diesem Falle eine besonders wichtige Funktion.

3.2  Erwerb der bonorum possessio Der Fall des Geisteskranken wurde auch nicht wesentlich von der bonorum possessio überformt, da ein Geisteskranker nur die vorläufige bonorum possessio decretalis erhielt. Auch die römischen Juristen sahen die Problematik, dass man einem Geisteskranken so im Ergebnis keine Erbschaft rechtsbeständig zuwenden konnte. Nach Justinian herrschte sogar eine „große und unauflösbare Ungewissheit“ und ein „großer Meinungsstreit zwischen Rechtsgelehrten beider Seiten“.687 Schindler bezweifelt diese Aussage Justinians,688 doch verkennt er die Bedeutung eines Gaius-Fragments (15 ad ed. prov. D. 26,8,11), das – trotz Überarbeitung – einen klassischen Kern enthält.689 Für die klassische Zeit lässt sich festhalten, dass Vgl. Voci, DER I, S. 640; De Francisci, Bull. 30 (1921) 165. Dagegen überlegt Solazzi, La minore età, S. 73, ob es sich hier um einen curator pupillo datus handle; so auch Biondi, DER, S. 282. 687 C. 5,70,7,3 (530): Sin autem ex alia quacumque causa hereditas ad eum vel successio perveniat, tunc magna et inextricabilis vetustissimo iuri dubitatio exorta est, sive adire hereditatem vel bonorum possessionem petere furiosus possit, sive non, et si curator eius ad bonorum possessionem petendam admitti debeat. et iuris auctores ex utroque latere magnum habuere certamen. 688 Schindler, Justinians Haltung zur Klassik, S. 227ff. Keine Bedenken hegt De Francisci, Bull. 30 (1921) 162f., 169. 689 Dazu Leist, in: Glück, Serie der Bände 37/38, Bd. 3, S. 31, der die Ansicht von Gaius für echt hält. So auch De Francisci, Bull. 30 (1921) 165f. Für eine generelle Interpolation aber Voci, DER I, S. 643 Fn. 96; H. Krüger, SZ 64 (1944) 409 Fn. 50 m.w.N. 686

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Flexibilisierung des Erbantritts

nur Gaius dem furiosus eine bonorum possessio ordinaria gegeben hat.690 Papinian und Ulpian haben dagegen entschieden, der furiosus erhalte nur eine vorläufige, dekretale bonorum possessio. Dies geht aus mehreren Texten hervor, die hier nicht wiedergegeben werden können,691 in der Literatur aber näher untersucht worden sind.692 Im Ergebnis wird dem Geisteskranken also jede Form von endgültigem Erbschaftserwerb verwehrt. Er erhält, genau wie ein Kind, das noch nicht sprechen kann, nur eine vorläufige Rechtsstellung (bonorum possessio decretalis), die ihm keine vergleichbare Position wie eine Erbenstellung nach Zivilrecht gewährt. Insgesamt wurde der Geisteskranke somit vom römischen Erbrecht „schlecht behandelt“.693 Für unsere Untersuchung stellt sich wiederum die Frage, ob sich hinsichtlich der bonorum possessio etwas ändert, wenn nicht der Geisteskranke selbst, sondern sein Sklave als Erbe eingesetzt ist. Leider ist zur bonorum possessio eines servus furiosi keine Quelle überliefert, doch kann nach dem bisher Gesagten das Ergebnis nicht zweifelhaft sein: Der wesentliche Unterschied zur Erbeinsetzung des Geisteskranken selbst liegt darin, dass der Sklave eine andere Person ist, auf deren Individualität es im Erbrecht ankommt. Die bonorum possessio kann daher für den Sklaven selbst beantragt werden, sei es durch ihn selbst oder durch den curator furiosi. Der Sklave erhält dadurch eine ordinaria bonorum possessio, also eine endgültige Form des Nachlasserwerbs. Dieser Nachlass fällt dann automatisch an den Geisteskranken als Eigentümer des Sklaven. Einem solchen Erwerb durch gewaltunterworfene Personen steht die Geisteskrankheit nicht entgegen.

3.3 Ergebnis Die Erbeinsetzung des Sklaven eines Geisteskranken war auch in klassischer Zeit die einzig praktikable Möglichkeit, einem Geisteskranken einen Nachlass rechtsbeständig zukommen zu lassen – sowohl was die zivilrechtliche als auch was die 690

Ulp. 6 de off. proc. D. 36,1,36(35) dürfte keine Aussagekraft haben, weil es sich hier um eine singuläre Entscheidung aus Gründen der trebellianischen Restitution handelt, was sogar den Umkehrschluss nahelegt, dass nach Ulpian ansonsten kein Erbschaftserwerb für die furiosa selbst möglich war. 691 Pap. 15 quaest. D. 37,3,1; Ulp. 13 ad Sab. D. 38,17,2,11; ferner auch Pap. 2 resp. D. 5,3,51 pr.; Ulp. 49 ad ed. D. 38,9,1,5; Paul. 16 ad ed. D. 50,17,124,1. 692 Vor allem Leist, in: Glück, Serie der Bände 37/38, Bd. 3, S. 40–54; auch De Francisci, Bull. 30 (1921) 167f.; H. Krüger, SZ 64 (1944) 408ff.; i.E. ebenso Voci, DER I, S. 643. 693 H. Krüger, SZ 64 (1944) 415.

Erbeinsetzung des Sklaven bei Abwesenheit des Herrn

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honorarrechtliche Wirksamkeit der Verfügung betrifft. Dies lässt vermuten, dass sich ein Teil der überlieferten Fälle der Erbeinsetzung fremder Sklaven darauf zurückführen lässt, dass Sklaven von Geisteskranken eingesetzt wurden, weil der Erblasser ihnen die Erbschaft auf diesem Wege zuwenden wollte.

4.  Erbeinsetzung des Sklaven bei Abwesenheit des Herrn Ein weiterer Grund für die Erbeinsetzung fremder Sklaven könnte eine praktische Erwägung gewesen sein. Es wird nicht selten vorgekommen sein, dass der eingesetzte Erbe bei Tod des Erblassers abwesend war und daher die Erbschaft nicht antreten konnte. Konnte der Erblasser dieser Situation abhelfen, indem er anstelle des gewünschten Erben einen seiner Sklaven einsetzte, der vor Ort blieb, wenn sein Herr auf Reisen war? Diese Fragestellung hat besondere Bedeutung, weil die einschlägige Quelle das einzige literarische Zeugnis ist, das möglicherweise von der Erbeinsetzung eines fremden Sklaven handelt.

4.1  Ist Pollex Erbe? Die Überlegung, der Erblasser könnte an Stelle des Herrn dessen Sklaven einsetzen, weil der Herr abwesend ist und den Erbantritt nicht vornehmen kann, ergibt sich aus der Korrespondenz Ciceros mit Atticus: Cic. Att. 13,46 (SB 338) [Tusculum, 12. August 45] Pollex quidem, ut dixerat ad Idus Sextilis, ita mihi Lanuvi pridie Idus praesto fuit, sed plane pollex, non index. cognosces igitur ex ipso. (2) Balbum conveni ... tum ex eo cognovi cretionem Cluvi (o Vestorium neglegentem!) liberam cretionem testibus praesentibus sexaginta diebus. metuebam ne ille arcessendus esset. nunc mittendum est ut meo iussu cernat. idem igitur Pollex. ...

Pollex hat sich zwar am 12. August – also genau wie er gesagt hatte, um den 13. August – bei mir in Lanuvium eingefunden, jedoch als richtiger pollex, nicht als index. Du wirst es von ihm selbst hören. (2) Ich habe Balbus getroffen. ... Dann erfuhr ich von ihm, dass der Antritt der Erbschaft des Cluvius (Vestorius ist wirklich nachlässig!) ein freier Antritt binnen 60 Tagen vor Zeugen ist. Ich fürchtete schon, ich müsste ihn kommen lassen. Jetzt muss ich nur die Nachricht schicken, dass er auf meine Anweisung hin die Erbschaft antritt. Das kann also wieder Pollex machen. ...

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Flexibilisierung des Erbantritts

Cic. Att. 13,47 (SB 339) [Tusculum, 13. August 45] Idem Pollex remittendus est, ut ille cernat. plane Puteolos non fuit eundum cum ob ea, quae ad te scripsi, tum quod Caesar adest. 694

Pollex musst Du mir wieder zurückschicken, damit er die Erbschaft antritt. Ich konnte wirklich nicht nach Puteoli reisen, zum einen aus den Gründen, die ich Dir geschrieben habe, zum anderen auch deswegen, weil Caesar kommt.694

An diesem Text besticht zunächst die exakte Verwendung der rechtlichen Terminologie. Für unser Wissen über die cretio, die in den justinianischen Quellen getilgt ist, liefern die beiden Briefe wertvolle Auskünfte. Auch für die römische Testamentspraxis ergeben sich wichtige Hinweise (etwa die Formel testibus praesentibus, sexaginta diebus). Hintergrund der Korrespondenz ist, dass Cicero – oder sein Sklave Pollex – von einem Geschäftsfreund aus Puteoli zum Erben eingesetzt worden war, einem gewissen Cluvius. Diesem hatte Cicero im Jahre 51 geholfen, ausstehende Forderungen gegen kleinasiatische Städte einzutreiben, indem er sich für ihn beim Statthalter verwendete.695 Die Erbeinsetzung wird auch aus Dankbarkeit für diesen Dienst erfolgt sein, ansonsten wäre die Zuwendung kaum derart hoch ausgefallen: Cicero teilt im April 44 mit, dass er aus der Erbschaft des Cluvius einen jährlichen Gewinn von 80 bis 100.000 HS erwarte.696 Damit zeigt sich auch an diesem Beispiel die erwähnte Funktion des testamentarischen Erbrechts in Rom, die darin bestand, in einem regelrechten Geschäftsverkehr denjenigen Personen große Vermögenswerte zuzuwenden, denen man sozial gesehen etwas schuldig war, oder deren Wohlwollen man sich für die Zukunft sichern wollte.697 Über die Erbschaft hatte Cicero schon zuvor mit Atticus gesprochen,698 sodass hier nur noch von einigen weiteren Details die Rede ist. Es wird daher auch nicht Das adest übersetzt Kasten, Atticus-Briefe, S. 901, mit „da ist“, doch war Caesar zu diesem Zeitpunkt nicht in Puteoli, sondern befand sich auf der Rückreise aus Spanien über den Landweg. Vgl. nur E. Meyer, Caesars Monarchie, S. 431, 456. – Vielmehr befürchtet Cicero hier, nicht in der Nähe von Rom sein zu können, wenn Caesar kommt. Denn er rechnete mit Caesars Eintreffen noch vor den Ludi Romani (4.–18. Sept.) und wollte ihn empfangen bzw. ihm entgegenreisen, Cic. Att. 13,50,4. Dazu Beaujeu, Cicéron, Correspondance, Bd. 3, S. 197. 695 Cic. Fam. 13,56. Dazu Früchtl, Geldgeschäfte bei Cicero, S. 116, und D’Arms, in: Romans on the bay of Naples, S. 61, der vermutet, dass in Wirklichkeit Pompeius selbst dahinter stand. Vgl. auch Paulus, Postmortale Persönlichkeit, S. 111. 696 Cic. Att. 14,10,3. Dazu D’Arms, AJPh 88 (1967) 195, 199. 697 Paulus, Postmortale Persönlichkeit, S. 113; vgl. auch oben Fn. 39. 698 In Cic. Att. 13,45,3 geht es schon um die Abwicklung des Nachlasses. 694

Erbeinsetzung des Sklaven bei Abwesenheit des Herrn

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eindeutig gesagt, wer zum Erben eingesetzt ist, Cicero selbst oder sein Sklave Pollex. Die Frage muss daher indirekt aus den überlieferten Details des Erbantritts beantwortet werden. Cicero war vor dem 12. August nur bekannt, dass Cluvius verstorben war und ihn – oder Pollex – zum Erben eingesetzt hatte, nicht aber, welchen Inhalt das Testament genau hatte und welche Formalitäten daher für den Erbantritt erforderlich waren. Auch Pollex konnte ihm nichts darüber berichten, sodass er ihn hier als pollex (Daumen) im Gegensatz zum index (Zeigefinger; Hinweis) bezeichnet. Vielmehr erfährt er erst von Balbus, dass die Erbschaft binnen 60 Tagen und vor Zeugen angetreten werden muss. Dies sind nun allerdings keine ungewöhnlichen Bedingungen, sondern die allgemein üblichen Testamentsformeln, die jeder Erblasser vorsieht, um eine zügige Nachfolge zu erreichen.699 Damit musste Cicero ohnehin rechnen, auch ohne das Testament im Wortlaut zu kennen. Entscheidend ist für ihn also wohl die weitere Information gewesen, dass es sich um eine libera cretio handelte. Ein derartiger Ausdruck ist ansonsten nicht überliefert. Die Herausgeber erklären ihn üblicherweise so, dass Cicero damit ausdrücken wollte, die cretio sei von keinen weiteren Bedingungen abhängig als den zwei genannten.700 Allerdings bleibt bei dieser Deutung unklar, welche Bedingungen sonst hätten im Raume stehen sollen. Viel näher liegt es, anzunehmen, dass mit libera cretio der Antritt als Erbe eines unbelasteten Erbteils gemeint ist. Denn im Folgenden berichtet Cicero, dass sein Miterbe Hordeonius mit allerlei Vermächtnissen beschwert sei, er aber nicht.701 Die libera cretio ist daher wohl gleichbedeutend mit der cretio simplex, die Cicero in einem anderen Fall erwähnt.702 Die „Bedin699

Vgl. das Testament des Antonius Silvanus (FIRA III Nr. 47, Z. 14ff.): cernitoque hereditatem meam in diebus LX proximis... Zum Testament Liebs, in: Festschrift Weddig Fricke, S. 113ff., auch zur Problematik des Erbantritts bei Abwesenheit, S. 121, 124f. Weitere Details bei Amelotti, Testamento romano, Bd. 1, S. 126ff. Bei Gaius sind es 100 Tage, G. 2,165. 700 Shackleton Bailey, Bd. 5, S. 384; Kasten, S. 1165. – Schmidt, Briefwechsel, S. 344f., hat die Echtheit dieser Worte bezweifelt, dagegen aber Tyrrell/Purser, Bd. 5, S. 160, und auch Schmidt selbst, Philologus 55 (1896) 695, 709, 717. Die juristischen Interpreten suchen in dem Ausdruck cretio libera entweder eine cretio certorum dierum oder eine cretio vulgaris, vgl. neben den schon genannten: Costa, Cicerone giureconsulto, Bd. 1, S. 237; Beduschi, in: Studi Donatuti, Bd. 1, S. 63. Doch muss es sich hier nicht um einen terminus technicus handeln, so richtig Paulus, Postmortale Persönlichkeit, S. 108 Fn. 89. 701 Cic. Att. 13,46,3. 702 Cic. Att. 11,12,4: puto enim cretionem simplicem fuisse, quoniam ad me nulla missa est. Vgl. auch die Bedeutung von liber als „frei von Verbindlichkeiten“ in Cic. Fam. 11,10: [Brutus:] Tantum abest, ut meae rei familiaris liberum sit quidquam, ut omnes iam meos amicos aere alieno obstrinxerim.

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Flexibilisierung des Erbantritts

gungen“ sexaginta diebus und testibus praesentibus konnten nichts zu Ciceros Entscheidung beitragen, den Erbteil anzunehmen oder nicht. Dafür war allein entscheidend, ob dieser durch Belastungen beschwert war. Aus dieser Überlegung erklärt sich auch der weitere Verlauf des Briefes: Cicero befürchtete, „ihn“ kommen lassen zu müssen. Pollex kann damit nicht gemeint sein, da Cicero mit dessen Kommen ohnehin rechnete. Also ist ille wohl sein Informant in Puteoli, Vestorius, der ihm Informationen über die Erbschaft zukommen lassen musste und dies zunächst nicht getan hatte.703 Nachdem Cicero aber von Balbus erfahren hatte, dass sein Erbteil nicht beschwert war, war es nicht mehr notwendig, Vestorius kommen zu lassen, sondern es reichte aus, einen Boten zu schicken, damit „er“ die Erbschaft für ihn annimmt. An dieser Stelle liegt das eigentliche Problem des Briefes: Wer ist dieser „er“, der für Cicero die Erbschaft annehmen soll? Wenn man arcessendus est auf Vestorius bezieht, liegt es nahe, auch ille auf diesen zu beziehen. Doch steht einem Erbantritt durch Vestorius der Grundsatz entgegen, dass eine freie Person nicht für eine andere erwerben kann: G. 2,95 Ex his apparet per liberos homines, quos neque iuri nostro subiectos habemus neque bona fide possidemus, item per alienos servos, in quibus neque usumfructum habemus neque iustam possessionem, n u l l a e x c a u s a nobis adquiri posse. et hoc est quod vulgo dicitur per extraneam personam nobis adquiri non posse. tantum de possessione quaeritur, an personam nobis adquiratur.

Aus dem Gesagten ergibt sich folgende Regel: Durch freie Menschen, die weder unserer Gewalt unterworfen sind und die wir auch nicht gutgläubig [als Sklaven] besitzen, sowie durch fremde Sklaven, an denen wir weder einen Nießbrauch noch berechtigten Eigenbesitz haben, kann uns a u s k e i n e m R e c h t s g r u n d etwas erworben werden. Und darin liegt die Aussage, die man üblicherweise so zusammenfasst: „durch eine außenstehende Person kann uns nichts erworben werden“. Lediglich im Hinblick auf den Besitz ist umstritten, ob man ihn durch eine außenstehende Person erwerben könne.

Gaius erwähnt den im Rechtsleben anerkannten704 Grundsatz, dass durch außenstehende Personen nichts erworben werden kann, und erklärt diesen juristisch präziser. Wenn 200 Jahre nach Cicero immer noch kein Erbschaftserwerb durch freie So Tyrrell/Purser, Bd. 5, S. 160. Zur Rolle von Vestorius vgl. Andreau, Patrimoines, S. 101ff. 704 Was hier durch vulgo dicitur ausgedrückt wird, vgl. Mayer-Maly, Labeo 1 (1960) 7, 20, 28f. 703

Erbeinsetzung des Sklaven bei Abwesenheit des Herrn

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Personen möglich war,705 so ist es zumindest höchst unwahrscheinlich, dass das Recht zu Ciceros Zeit weniger streng war.706 Gegen einen Erbantritt durch Vestorius spricht zudem der Brief vom 13. August: Cicero bittet Atticus hier, ihm den Sklaven Pollex zurückzuschicken, damit „er“ die Erbschaft antreten könne. Wenn es nur darum ging, Vestorius eine Nachricht zukommen zu lassen, hätte Cicero irgendeinen Boten schicken können.707 Dass er jedoch unbedingt Pollex schicken möchte, muss einen besonderen Grund haben. Pollex ist ein Sklave a pedibus.708 Mit a pedibus ist insofern kein simpler Bote gemeint, also jemand, dessen „Füßen“ man sich bedient, sondern jemand, der einem „auf Schritt und Tritt folgt“, also ein Vertrauensmann.709 Dies geht auch aus der mehrfachen und namentlichen Erwähnung von Pollex hervor. Also wurde Pollex deswegen nach Puteoli geschickt, weil er ein besonders zuverlässiger und pflichtbewusster Diener war. Was aber sollte er dort genau tun: Bloß eine Nachricht überbringen? Selbst die Erbschaft antreten? Oder war er gar selbst der eingesetzte Erbe? In diesen drei Fragen hat die Literatur keine Einigkeit erzielen können. Anlass zur Diskussion gab vor allem der Satz im zweiten Brief: Idem Pollex remittendus est ut ille cernat. Einige Autoren meinen, mit ille müsse eine andere Person gemeint sein als Pollex, ansonsten sei die Verwendung des Pronomens hier überflüssig.710 Jedoch ist es gutes Latein, ein ille auch dort zu verwenden, Siehe auch Mod. 31 ad Q. Muc. D. 41,1,54 pr.; Voci, DER I, S. 638. Insoweit richtig Lévy-Bruhl, NRH 38 (1914) 153ff., 165. Anders aber Schilling, Bemerkungen, S. 199f. Für einen Erbantritt durch Vestorius auch Roby, Roman Private Law, Bd. 1, S. 400–406, der seine Ansicht jedoch nur auf unsichere Rückschlüsse aus anderen Rechtsgebieten stützen kann. Dagegen auch Buckland, TR 3 (1922) 246f. 707 Etwa den tabellarius noster aus Cic. Att. 13,46,5; vgl. auch Tyrrell/Purser, Bd. 5, S. 161; Shackleton Bailey, Bd. 5, S. 384f. Zu den Briefboten Ciceros vgl. Blänsdorf, in: Bellen/Heinen (Hrsg.), Fünfzig Jahre Forschungen, S. 447f. 708 Cic. Att. 8,5,1 (SB 157). 709 So Kasten, S. 481(„Kammerdiener“) und Shackleton Bailey, Bd. 4, S. 71 („personal attendant“). 710 So vor allem Lévy-Bruhl, NRH 38 (1914) 164: „un obstacle insurmontable ... il est contraire à toutes les règles de la latinité qu’ille soit la même personne que Pollex“. Leider baut Lévy-Bruhl seine ganze weitere Argumentation darauf auf. Er konstruiert aufwendig, dass sich noch ein weiterer Sklave Ciceros in Puteoli befinde, der die cretio vornehme, und der von Pollex informiert werden solle (S. 167). Für derartige Überlegungen ist aber kein Anlass. Ihm folgen insoweit aber Buckland, TR 3 (1922) 247, 249; Watson, Law of succession, S. 192; Beduschi, in: Studi Donatuti, Bd. 1, S. 64f.; Paulus, Postmortale Persönlichkeit, S. 110; Coppola Bisazza, Iura 49 (1998) 41, 46. Auch Kasten, S. 901, glaubt, dass ein Dritter im Spiel sei („damit der andere die Erbschaft formell annehmen kann“). Anders Shackleton Bailey, Bd. 5, S. 237. 705 706

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Flexibilisierung des Erbantritts

wo es im Deutschen als „ganz überflüssig erscheint“.711 Es spricht daher nichts dagegen, davon auszugehen, dass der Sklave Pollex auch die Person ist, die die cretio erklärt, also die Erbschaft formell annimmt. Mit dem Erbantritt ist jedoch die Frage der Erbenstellung nicht präjudiziert. Vielmehr lässt sich nachweisen, dass Pollex nicht Erbe ist: Im ersten Brief erklärt Cicero die Details des Erbantritts und erwähnt erst danach, dass er Pollex schicken wolle. Bedenkt man die Ausführlichkeit, mit der er den Inhalt des Testaments referiert, hätte es nahe gelegen, die entscheidende Information, dass nicht er, sondern sein Sklave eingesetzt war, ausdrücklich zu erwähnen. Vor allem aber ergibt sich aus dem zweiten Brief, dass nicht Pollex selbst eingesetzt war. Denn hier schildert Cicero, dass er Pollex nur deswegen nach Puteoli schicke, weil er selbst zur Zeit verhindert sei, dorthin zu reisen. Cicero nimmt also an, dass er, wenn er Zeit gehabt hätte, selbst nach Puteoli gefahren wäre, um die Erbschaft anzunehmen. Da ein Herr jedoch nicht die Erbschaft annehmen kann, die seinem Sklaven ausgesetzt ist,712 muss man folgern, dass Cicero selbst zum Erben eingesetzt war.713

4.2  Stellvertretung beim Erbantritt Die Konsequenz, die aus diesen Überlegungen folgt, ist, dass Pollex die Erbschaft für Cicero angenommen hat. Die zu sprechende Formel darf man sich etwa wie folgt vorstellen: Quod Marcum Tullium dominum meum Marcus Cluvius testamento suo heredem instituit, eam hereditatem iussu Marci Tullii domini mei adeo cernoque. Dass man zu solchen Diensten nur zuverlässige und ausgebildete Sklaven beauftragte, versteht sich von selbst, konnten doch Formfehler oder Fehler bei der Wortwahl den Erbantritt ungültig machen. Daher wurde hier Pollex geschickt, und nicht irgendein Laufbursche. Dieses Ergebnis ist jedoch einigermaßen erstaunlich, denn die überwiegende Meinung in der Romanistik geht davon aus, dass wegen der persönlichen Natur der cretio keine Vertretung durch Sklaven möglich ist.714 Jedoch muss die Eigenschaft der cretio als Formalakt den Sklavenerwerb nicht notwendigerweise ausschließen, denn ein Sklave kann für seinen Herrn auch eine mancipatio vorneh Georges, Handwörterbuch, s.v. ille, Bd. 2, Sp. 45. Pomp. 3 ad Sab. D. 29,2,36, dazu oben S. 92ff., vgl. auch S. 35ff. 713 So richtig Buckland, TR 3 (1922) 248. Anders Karlowa, Rechtsgeschichte, Bd. 2, S. 899, der von einer Erbeinsetzung des Pollex ausgeht; auch Beduschi, in: Studi Donatuti, Bd. 1, S. 64, geht von der Erbeinsetzung eines (anderen) Sklaven aus. 714 Vgl. nur Kaser, RPR I, S. 716; Voci, DER I, S. 590 Fn. 13, S. 638; anders v.a. Biondi, DER, S. 281–292, dessen Beweisführung aber nicht immer überzeugt, vgl. etwa oben Fn. 600. 711

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Zusammenfassung

men.715 Auch ist das Prinzip per extraneam personam nobis adquiri non posse nicht betroffen, da der Sklave keine außenstehende Person, sondern quasi ein verlängerter Arm seines Herrn ist. Dennoch muss man in Anbetracht der Tatsache, dass die juristischen Quellen zu dieser Frage schweigen, annehmen, dass es sich hier nur um eine Vorgehensweise der Praxis gehandelt hat.716 Außerdem war eine „Vertretung“ durch den Sklaven im Regelfall unnötig, da der Erbe selbst die Kretionsworte an dem Ort sprechen konnte, an dem er sich zufällig befand, und dann bloß die Nachricht zu übermitteln brauchte, dass er angetreten habe. Denn ein spezieller Ort war für die cretio nicht vorgeschrieben. Cicero selbst ist in zwei anderen Fällen so verfahren, als er sich in Brindisi bzw. Epirus befand und dort Erbschaften antrat, die in Rom angefallen waren.717 Daraus ergibt sich freilich eine letzte Frage: Warum hat Cicero nicht auch die Erbschaft des Cluvius dort angetreten, wo er sich gerade befand, also in Tusculum, und dann eine Nachricht nach Puteoli übermittelt, dass er nunmehr Miterbe geworden sei? Buckland nimmt an, dass ausnahmsweise eine cretio am Ort des Erbfalls selbst erforderlich gewesen sei, weil der Testator dies so angeordnet habe.718 Wahrscheinlich war ein Antritt in Puteoli aber deswegen erforderlich, weil sich die Zeugen dort befanden, vor denen die cretio zu erfolgen hatte (testibus praesentibus), es mag sich etwa um die Testamentszeugen gehandelt haben. Aus der besprochenen Korrespondenz Ciceros lässt sich somit im Ergebnis nicht herleiten, dass einer seiner Sklaven zum Erben eingesetzt worden ist. Jedoch liefert sie wichtige Informationen zu den tatsächlichen Möglichkeiten, die dem Erben zum Erbantritt offenstanden. Er konnte einen Sklaven anweisen, die cretio für ihn vorzunehmen, oder diese selbst vor Zeugen erklären und eine entsprechende Nachricht übermitteln. Dies wurde in den Fällen praktisch wichtig, in denen der Erbe ortsabwesend war.

5. Zusammenfassung Die Notwendigkeit des Zusammenwirkens von Herrn und Sklaven beim Erbantritt schuf zwar zusätzliche Komplexität, ermöglichte jedoch in den Fällen überhaupt erst einen Erbantritt, in denen der Herr allein nicht dazu in der Lage war, weil er G. 2,87; 3,167; Cic. Att. 13,50,2: ut iuberem mancipio dari servo suo... Dazu Corbino, Iura 27 (1976) 50, 62ff.; Ankum, Acta Juridica 1976, 1, 3ff. 716 Vgl. zur praktischen Bedeutung der cretio Beduschi, in: Studi Donatuti, Bd. 1, S. 60ff., 87f.; Coppola Bisazza, Iura 49 (1998) 42ff., 47, 73. 717 Cic. Att. 11,2,1; 11,12,4. 718 Buckland, TR 3 (1922) 249. 715

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nicht sprechen konnte oder nicht verstandesfähig war. Nach den Ergebnissen dieses Kapitels war die Erbeinsetzung von Sklaven unter anderem dadurch begründet, dass derjenige, dem der Erblasser etwas zuwenden wollte, ein Kleinkind war, das noch nicht sprechen konnte (infans), ein Stummer (mutus), oder ein Geisteskranker ( furiosus). In diesen Fällen ermöglichte die Erbeinsetzung eines Sklaven dieser Personen es dem Erblasser, seinen Nachlass dem gewünschten Empfänger zukommen zu lassen, was auf direktem Wege nicht möglich war. Die Erbeinsetzung des Sklaven erfolgte hier somit nicht im Interesse des Sklaven selbst, sondern im Interesse seines Herrn. Die Rechtsetzung durch den Prätor hat in einigen Fällen Abhilfe geschaffen. Jedoch ist zum einen nicht auszuschließen, dass sich eine entsprechende Testierpraxis aus der Frühzeit noch länger erhalten hat. Zum anderen blieb die Erbeinsetzung von Sklaven auch in der klassischen Zeit notwendig, wenn der Erblasser einem Geisteskranken oder einem Kleinkind, das unter väterlicher Gewalt stand, etwas in rechtsbeständiger Form zuwenden wollte.

K apitel 13: G esetzesumgehung Die vorliegende Untersuchung bliebe unvollständig, wenn sie nicht einen weiteren Aspekt in Betracht zöge, der für die Erbeinsetzung von Sklaven ursächlich gewesen sein kann: die Gesetzesumgehung. Wenn man bedenkt, dass eine Vielzahl von juristischen Quellen zur Erbeinsetzung von Sklaven existiert, und wenn man die Hypothese aufstellt, dass Sklaven oft nicht nur um ihrer selbst willen eingesetzt worden sind, dann liegt es nahe, in der Erbeinsetzung fremder Sklaven einen Versuch zur Umgehung von erbrechtlichen Gesetzen zu vermuten.

1.  Ältere Gesetze; Erbschaftssteuer Gesetze, die den erbrechtlichen Erwerb beschränken, sind zunächst die lex Furia und die lex Voconia aus dem 2. Jh. v. Chr. Allerdings findet sich insoweit kein Zusammenhang mit der Erbeinsetzung von Sklaven; es lässt sich ohnehin annehmen, dass diese Gesetze in klassischer Zeit keine große Bedeutung mehr hatten.719 Nicht ganz fernliegend ist aber die Überlegung, die Erbeinsetzung von Sklaven könnte „steuerliche Gründe“ gehabt haben. Augustus hatte die fünfprozentige Erbschaftssteuer, die vicesima hereditatium,720 unter großem Widerstand721 eingeführt, sodass es sicherlich nicht an Vermeidungsstrategien gefehlt hat. Jedoch ist nicht überliefert, ob die Erbeinsetzung von Sklaven zur Steuervermeidung tauglich war. Dass die Erbeinsetzung eines Sklaven als solche nicht von der Steuer befreite, lässt sich fast mit Sicherheit behaupten. Für den Steuerpächter oder die staatseigene Steuererhebung722 wird es keinen Unterschied gemacht haben, ob der Sklave oder sein Herr als Erbe eingesetzt worden sind. Eine Konstruktion ist jedoch denkbar, die möglicherweise zur Steuervermeidung genutzt worden ist. Von der Steuer befreit waren gewisse nahe Verwandte des Erblassers, jedenfalls Verwandte ersten Grades, eventuell auch Verwandte zweiten Gell. 20,1,23; von Woess, Das römische Erbrecht, S. 79–82; Kaser, RPR I, S. 756 Fn. 10; Saller, Patriarchy, S. 166f. Zweifel insofern aber bei Weishaupt, Lex Voconia, S. 141ff. 720 Cass. Dio 55,25,5; Wesener, in: RE 8A (1958) s.v. vicesima hereditatium, Sp. 2471ff.; Schanz, Finanzarchiv 17 (1900) 1, 6ff. – Bachofen, Erbschaftssteuer, S. 322ff. stellt für den Ursprung auf die lex Voconia ab. Dagegen Schanz, S. 3ff.; jüngst Günther, MBAH 24 (2005) 1, 3ff.; ders., Vectigalia, S. 23ff. 721 Schanz, Finanzarchiv 17 (1900) 10, 14. 722 Zur Erhebung der Steuer Hirschfeld, Verwaltungsbeamte, S. 98ff.; Rostowzew, Staatspacht, S. 504; Mommsen, Staatsrecht, Bd. II/2, S. 1018f.; Günther, Vectigalia, S. 59ff. 719

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Gesetzesumgehung

Grades.723 Wollte der Erblasser einem weiter entfernten Verwandten oder einer sonstigen Person einen Erbteil steuerfrei zukommen lassen, so konnte er einen Sklaven dieser Personen als Erben einsetzen. Der Herr hatte dann nach Anfall und vor Antritt der Erbschaft die Möglichkeit, diesen Sklaven an einen nahen Verwandten des Erblassers, etwa eines seiner Kinder, zu verkaufen. Das Kind konnte den Sklaven zum Erbantritt anweisen und so den dem Sklaven hinterlassenen Erbteil steuerfrei erwerben. Der Kaufpreis, den der Herr des Sklaven erhielt, wird dem Wert des Sklaven plus dem Wert der Erbschaft entsprochen haben.724 Auf diese Art und Weise konnte der Herr den Wert der Erbschaft steuerfrei erwerben, wenn sich ein entsprechender Käufer für den Sklaven fand. Ob diese Möglichkeit tatsächlich genutzt wurde, ist nicht überliefert. Dass sie rechtlich möglich war, beweist aber die erbrechtliche Lage beim Verkauf eines zum Erben eingesetzten Sklaven.725 Besonders sicher war diese Konstruktion allerdings nicht: Zum einen musste der Herr des eingesetzten Sklaven einen Käufer finden, der mit dem Erblasser nah verwandt und bereit war, ihm einen entsprechenden Kaufpreis zu zahlen. Zum anderen wird der Fiskus, wenn der Zweck des Verkaufs bekannt wurde, die betrügliche Umgehung der Steuer sanktioniert und sie dem Herrn trotzdem auferlegt haben.

2.  Lex Iulia et Papia Die Erbeinsetzung von Sklaven wurde aber, was sich anhand der Quellen belegen lässt, zum Zweck der Umgehung der lex Iulia et Papia genutzt. Dieses Gesetzgebungswerk, das aus der lex Iulia de maritandis ordinibus von 18 v.Chr. und der lex Papia Poppaea von 9 n.Chr. bestand, und schon in der Antike schlicht als lex Iulia oder lex Iulia et Papia bezeichnet wurde, hatte während der gesamten Zeit des klassischen römischen Rechts große Bedeutung. In den Digesten sind umfangreiche Kommentare zur lex Iulia überliefert.726 Erst unter Konstantin und den folgenden Kaisern wurden die Bestimmungen nach und nach aufgehoben. Es sollen hier kurz die wichtigsten erbrechtlichen Regelungen zusammengefasst werden,727 um dann auf deren Bedeutung bei der Erbeinsetzung von Sklaven einzugehen. Einzelheiten und Diskussion bei Bachofen, Erbschaftssteuer, S. 335f.; Schanz, Finanzarchiv 17 (1900) 11–18; Wesener, in: RE 8A (1958) s.v. vicesima hereditatium, Sp. 2472; Eck, Staatliche Organisation, S. 126; Günther, Vectigalia, S. 42ff. 724 Dazu siehe unten S. 297ff. 725 Dazu oben Kapitel 2, S. 67ff. 726 Von Gaius, Terentius Clemens, Marcellus, Mauricianus, Ulpian und Paulus. Eine jüngere Palingenesie dieser Werke findet sich bei Astolfi, Lex Iulia, S. 377ff. 727 Für Details der erbrechtlichen Regelungen und Quellennachweise wird verwiesen auf Voci, DER I, S. 430ff. Eine Literaturübersicht zur lex Iulia findet sich bei Mette723

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2.1  Beschränkungen der Testierfreiheit Der sachliche Anwendungsbereich des Gesetzes umfasste nur die testamentarische Erbfolge, nicht die Intestaterbfolge. Da die meisten Erblasser in Rom jedoch Testamente errichteten, war die Nachfolge von Todes wegen fast immer durch die lex Iulia beschränkt. Das Gesetz betraf jede Form der Vermögensnachfolge: Erbschaft, bonorum possessio, Vermächtnis und Fideikommiss; letzteres allerdings erst seit dem SC Pegasianum. Der persönliche Anwendungsbereich umfasste alle Begünstigten mit Ausnahme bestimmter naher Verwandter des Erblassers. Die Regelungen der lex Iulia, die den Erwerb von Todes wegen beschränkten, sahen vor, dass unverheiratete Personen (caelibes) gar nichts erwerben konnten, kinderlos verheiratete Personen (orbi) die Hälfte, und also erst dann ein vollständiger Erwerb der Hinterlassenschaft möglich war, wenn der Erbe verheiratet war und mindestens ein Kind hatte. Eine besondere Bestimmung galt unter Ehegatten, die voneinander nur ein Zehntel erwerben konnten, wenn sie kein gemeinsames Kind hatten. Diese Maßnahmen waren von Augustus als Anreiz gedacht, den Anteil von Römern in der Bevölkerung Italiens wieder zu erhöhen, indem die römischen Bürger dazu angehalten werden sollten, zu heiraten und Kinder zu bekommen.728 Von Historikern wird dieser Versuch oft als erfolglos bewertet.729 Unter den späteren Kaisern dienten die Bestimmungen der lex Iulia denn auch zunehmend fiskalischen Zwecken: Nach der ursprünglichen Fassung des Gesetzes ging das, was ein testamentarisch Bedachter nicht erwerben konnte, das sogenannte caducum, an die als Erben eingesetzten nahen Verwandten des Erblassers (ihnen blieb das Anwachsungsrecht iure antiquo erhalten), alternativ an andere Erben, die Kinder hatten (eine Form der Anwachsung), schließlich an Vermächtnisnehmer, die Kinder hatten. Nur wenn diese Personen nicht vorhanden waren, verfiel das caducum der Staatskasse, also dem aerarium, später dem fiscus.730 Kaduke Vermächtnisse unterlagen denselben Regeln. Kaduke Fideikommisse durften dagegen nicht ausgeführt werden, kamen also den Belasteten zugute. Doch Caracalla schuf, vermutlich im Zuge der Finanzreform, die Regeln hinsichtlich der Personen, die Kinder haben (qui in eodem testamento liberos habent), ab. Somit galt seitdem nur noch die eine Ausnahme, dass kaduke Erbteile von nahen Verwandten erworDittmann, Ehegesetze, S. 23ff. Zur Bedeutung der augusteischen Gesetzgebung vgl. auch Treggiari, Roman Marriage, S. 77; Kaser/Knütel, RPR, § 58 Rn. 25–29. 728 Cass. Dio 56,1–10; siehe auch Ter. Clem. 5 ad l. Iul. et Pap. D. 35,1,64,1: legem enim ... subolis procreandae causa latam. 729 Brunt, Italian manpower, S. 561, 565f.; Friedlaender/Wissowa, Sittengeschichte, Bd. 1, S. 248–253. 730 Fallweise seit Tiberius, allgemein erst gegen Ende des 2. Jh. Siehe dazu oben Fn. 139.

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Gesetzesumgehung

ben werden konnten. Waren solche aber nicht vorhanden oder ging es um Vermächtnisse, trat immer der Fiskus an die Stelle des Begünstigten. Zum Zwecke der Verwaltung dieser Einkünfte wurde ein weit ausgebautes Netz von kaiserlichen Prokuratoren geschaffen. Diese Bestimmungen, welche die Testierfreiheit in erheblichem Maße beschränkten, waren seit ihrem Inkrafttreten auf Widerstand gestoßen.731 Da jedoch auch ein fiskalischer Zweck bestand, kam es nicht zu einer Erosion ihrer Anwendung wie bei den älteren Gesetzen, sondern zu einer staatlichen Durchsetzung mit Hilfe von Delatoren, also privaten Denunzianten, die am Erlös beteiligt wurden.732 Dies führte dazu, dass römische Erblasser und Erben auf zahlreiche Einfälle kamen, die lex Iulia zu umgehen. Es stellt sich die Frage, ob dazu auch die Erbeinsetzung von Sklaven gehörte. Eine Hypothese kann insoweit schon nach den obigen Ergebnissen733 ausgeschlossen werden: Die bloße Erbeinsetzung des Sklaven als solche konnte die Anwendung der Gesetze keinesfalls verhindern, da hinsichtlich der capacitas immer auf die Person des Herrn abgestellt wurde. Wollte der Erblasser also eine Person einsetzen, die nach der lex Iulia nichts oder nicht alles erwerben konnte, so war es unerheblich, ob er sie selbst oder ihren Sklaven einsetzte. In beiden Fällen war der Erwerb von Todes wegen beschränkt.

2.2  Umgehung durch Verkauf des eingesetzten Sklaven In Betracht kommt jedoch eine indirekte Form der Umgehung der lex Iulia durch den Verkauf des zum Erben eingesetzten Sklaven vor Erbantritt. Dazu sei noch einmal auf den ersten Teil eines schon erwähnten Textes734 eingegangen: D. 29,2,82 Terentius Clemens libro sexto decimo ad legem Iuliam et Papiam Si servus eius qui capere non potest heres instituatur et antequam iussu domini adeat hereditatem,

Terentius Clemens im 16. Buch zur lex Iulia et Papia Wenn der Sklave einer erwerbsunfähigen Person zum Erben eingesetzt und, bevor er auf Anweisung seines Herrn die Erbschaft

Cass. Dio 56,1,2; Suet. Aug. 34,1; Brunt, Italian manpower, S. 560. In welcher Höhe ist nicht genau bekannt. Unter Nero wurde die Prämie auf ein Viertel begrenzt, Suet. Nero 10,1. 733 S. 32ff. 734 S. 33f. 731 732

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Lex Iulia et Papia

manumissus alienatusve sit et nihil in fraudem legis factum esset, ipse admittitur ad hereditatem.

angetreten hat, freigelassen oder veräußert worden ist, und dies nicht zur Gesetzesumgehung geschehen ist, dann wird er selbst zur Erbschaft zugelassen.

Terentius Clemens beschreibt hier in seinem Kommentar zur lex Iulia den Fall eines zum Erben eingesetzten Sklaven, dessen Herr erwerbsunfähig ist. Nach dem Tode des Erblassers tritt die Delation in der Person des Sklaven ein, was unproblematisch möglich ist, da die incapacitas des Herrn seine testamenti factio nicht beschränkt.735 Wenn der Herr den Sklaven nun allerdings anweisen würde, die Erbschaft anzutreten, so könnte er nichts erwerben. Der Erbteil würde stattdessen den Miterben anwachsen, die nahe Verwandte des Erblassers sind, oder denjenigen Erben und Vermächtnisnehmern, die Kinder haben.736 Der Herr erteilt aber keine Anweisung zum Erbantritt, sondern veräußert den Sklaven an einen Dritten, der erwerbsfähig ist. Somit kann der Sklave für diesen neuen Herrn antreten und ihm die Erbschaft erwerben. Da der Sklave für den neuen Herrn mehr wert ist als für den alten, gibt der Verkauf dem alten Herrn die Möglichkeit, auch einen Teil des Werts der Erbschaft durch den Verkauf zu erhalten. Denn der Kaufpreis wird sich danach bemessen, wie viel der Sklave einschließlich der Erbschaft wert ist.737 Für unsere Fragestellung nach dem Sinn und Zweck der Erbeinsetzung eines fremden Sklaven lässt sich damit an dieser Stelle zunächst folgendes Ergebnis festhalten: Die Erbeinsetzung des Sklaven war einem römischen Erblasser in jedem Falle anzuraten, wenn unklar war, ob der gewünschte Erbe erwerbsfähig sein würde oder nicht. Denn wenn anstelle des Herrn dessen Sklave eingesetzt war, erhielt der Herr in jedem Falle den Wert der Erbschaft: Entweder direkt durch Anweisung zum Erbantritt, wenn er zum Zeitpunkt des Erbantritts erwerbsfähig geworden war, oder indirekt, indem er den Sklaven vor Antritt verkaufte. Aus der Sicht des Erblassers war die Erbeinsetzung des Sklaven also eine sinnvolle Konstruktion, denn zur Zeit der Testamentserrichtung war häufig noch nicht absehbar, ob die Person, die er als Erben einsetzen wollte, später bei Erbfall verheiratet sein und Kinder haben würde. Die Erbeinsetzung eines Junggesellen war daher stets mit dem Risiko verbunden, dass der Erbteil kaduzierte. Setzte der Erblasser stattdessen den Sklaven des Junggesellen ein, so konnte er sichergehen, dass dieser unabhängig von den Zufälligkeiten seiner Familienplanung zumindest den Wert des Nachlasses erhielt. Allerdings steht dieser geschickten erbrechtlichen Konstruktion die fraus legis entgegen, auf die Terentius Clemens kurz anspielt: Wenn der Sklave zur Gesetzes735

Auch dazu vgl. schon oben S. 32ff. Terentius Clemens lebte vor den Reformen Caracallas. 737 Dazu noch unten S. 297ff. 736

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Gesetzesumgehung

umgehung veräußert worden ist, wird er nicht zur Erbschaft berufen; die Erbschaft fällt also in diesem Falle trotz der Erwerbsfähigkeit des neuen Herrn an die anderen Berechtigten oder den Staat. Für unsere Fragestellung, inwieweit es möglich war, die lex Iulia durch Einsetzung des Sklaven zu umgehen, ist es damit nötig, zu wissen, wann eine solche fraus legis zu bejahen ist. Rotondi nimmt an, eine fraus legis liege schon dann vor, wenn der Verkäufer des Sklaven einen um den Wert der Erbschaft erhöhten Kaufpreis erzielt habe.738 Diese These ist allerdings vor dem Hintergrund der vielfältigen Dogmatik und Kasuistik zur Gesetzesumgehung bei der lex Iulia739 genauer zu betrachten. Dabei ist zunächst die Art und Weise zu berücksichtigen, in der die Gesetzesumgehung sanktioniert wurde: entweder durch legislatorische Maßnahmen oder durch die Gesetzesauslegung der Juristen.740 Dies zeigt sich beispielsweise an der Strafe für Ehelosigkeit, zu deren Umgehung Scheinverlobungen741 und Scheinehen742 geschlossen wurden. Um diesen Umgehungsversuch zu beseitigen, wurden einerseits Gesetze geändert, andererseits reichte aber auch die Interpretationskunst der Juristen aus, die eine Scheinehe nicht als gültige Ehe ansahen.743 Weiterhin zeigt es sich bei den Beschränkungen für Kinderlosigkeit, zu deren Vermeidung man Kinder zum Schein adoptierte. Dies wurde durch einen Senatsbeschluss unterbunden.744 Das häufigste Mittel,745 um erbrechtlichen Erwerb entgegen der lex Iulia zu ermöglichen, waren aber heimliche Fideikommisse. Durch diese Fideikommisse wurde ein erwerbsfähiger, im Testament bedachter Erbe oder Rotondi, Frode, S. 81. Von der die Dogmatik der fraus legis im Allgemeinen zu unterscheiden ist, vgl. etwa Paul. sing. ad leg. Cinc. D. 1,3,29; Ulp. 4 ad ed. D. 1,3,30; zu den Unterschieden auch Krüger/Kaser, SZ 63 (1943) 137; Honsell, in: Festschrift Kaser 1976, S. 120f. In den Darstellungen zur fraus legis werden diese Unterschiede nicht immer hinreichend berücksichtigt. 740 Vgl. Krüger/Kaser, SZ 63 (1943) 141; Honsell, in: Festschrift Kaser 1976, S. 123. 741 Offenbar war das Verlöbnis der Ehe unter bestimmten Bedingungen gleichgestellt; Details bei Brunt, Italian manpower, S. 560. 742 Dazu etwa Treggiari, Roman Marriage, S. 79. 743 Suet. Aug. 34,2; Cass. Dio 54,16,7; Gai. 2 ad l. Iul. et Pap. D. 23,2,30: simulatae nuptiae nullius momenti sunt. 744 Tac. Ann. 15,19: Factum ex eo senatus consultum, ne simulata adoptio in ulla parte muneris publici iuvaret ac ne usurpandis quidem hereditatibus prodesset. 745 Andere Formen: Umgehung durch vorgetäuschte Schulden: Scaev. 33 dig. D. 22,3,27; ders. 18 dig. D. 32,37,6. Umgehung durch Mitgiftbestellung: CTh. 2,21,2 (a. 360). Zur Umgehung durch Schenkung von Todes wegen Heineccius, Ad legem Iuliam lib. 3,8,3 (Opera Bd. 6, S. 424f.). Zweifel zur Möglichkeit der Gesetzesumgehung durch tacita fideicommissa bei Brunt, Italian manpower, S. 561. 738 739

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Vermächtnisnehmer vom Erblasser heimlich gebeten, den Nachlass an solche Personen weiterzureichen, die nichts erwerben konnten. Heimlich meint, dass das Fideikommiss weder im Testament noch durch Kodizill angeordnet war746 und somit bei der amtlichen Testamentseröffnung unbekannt blieb. Zur Erklärung der Dogmatik in diesem Bereich dient die folgende Darstellung von Gaius: D. 34,9,10 Gaius libro quinto decimo ad legem Iuliam et Papiam In fraudem iuris fidem accommodat, qui vel id quod relinquitur vel aliud tacite promittit restituturum se personae quae legibus ex testamento capere prohibetur, sive chirographum eo nomine dederit sive nuda pollicitatione repromiserit. (1) Si quis ei qui capere possit rogatus fuerit restituere et is mortis tempore prohibetur legibus hoc capere, non dubito quin, etsi deficit fideicommissum, apud eum tamen, qui rogatus est restituere, manere debet, quia nulla fraus eius intervenisse videtur, nisi si in futurum casum fidem accommodavit, id est ut, licet capere legibus prohiberi coeperit, restituat.

Gaius im 15. Buch zur lex Iulia et Papia Ein Fideikommiss wird dann aus Gründen der Gesetzesumgehung übernommen, wenn jemand heimlich verspricht, dasjenige, was ihm hinterlassen worden ist, oder etwas anderes einer Person herauszugeben, der testamentarischer Erwerb von Gesetzes wegen untersagt ist, sei es, dass er für diesen eine Schuldurkunde ausgestellt, sei es, dass er es formlos versprochen hat. (1) Wenn jemand gebeten worden ist, einer erwerbsfähigen Person etwas herauszugeben, und dieser Person der Erwerb dann zum Zeitpunkt des Todes von Gesetzes wegen untersagt ist, so zweifle ich nicht, dass der Erwerb, auch wenn das Fideikommiss unwirksam ist, bei demjenigen verbleiben muss, der um die Herausgabe gebeten worden ist, weil man nicht annehmen kann, dass von seiner Seite her eine Gesetzesumgehung vorgelegen habe. Anders verhält es sich aber, wenn er das Fideikommiss für einen zukünftigen Zeitpunkt übernommen hat, also derart, dass er das Erworbene herausgeben werde, obwohl der Empfänger von Gesetzes wegen erwerbsunfähig geworden ist.

Bei heimlichen Fideikommissen müssen drei Personen betrachtet werden: Der Erblasser, der Vermächtnisnehmer oder Erbe, der mit dem Fideikommiss belastet ist, und der Fideikommissar. Der Erblasser vereinbart mit dem Belasteten 746

Iul. 83 dig. D. 30,103; Call. 3 de iure fisci D. 49,14,3 pr.; vgl. auch Paul. 21 quaest. D. 49,14,40 pr.; Marcell. sing. resp. D. 30,123,1.

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Gesetzesumgehung

mündlich oder schriftlich, dass dieser den Erwerb nach dem Erbfall an den Fideikommissar herausgeben solle. Zwei Rechtsfolgen sind nun voneinander zu unterscheiden: Wenn dieses Fideikommiss zugunsten eines Erwerbsunfähigen erfolgt, ist es unwirksam (SC Pegasianum)747 und verbleibt zunächst beim Belasteten. Es geht nicht an den Fiskus, denn hier kommt die oben erwähnte Ausnahme beim kaduzierten Fideikommiss zum Tragen. Wenn das Fideikommiss aber zusätzlich „heimlich“ erfolgt ist, geht man von einer Gesetzesumgehung aus, und es verbleibt nicht dem Belasteten, sondern fällt an den Staat. Fehlte jedoch diese Umgehungsabsicht, konnte der Belastete den Erwerb behalten. Von einem Fehlen der Umgehungsabsicht kann man etwa dann ausgehen, wenn der Fideikommissar zur Zeit des Versprechens noch erwerbsfähig war (so der Sachverhalt des Ausgangsfalls des § 1), oder wenn er die Erbschaft seinerseits ebenfalls herausgeben musste (so der Sachverhalt von Gai. 15 ad ed. prov. D. 50,17,51).748 Zur Dogmatik der fraus legis durch stillschweigendes Fideikommiss lässt sich daraus entnehmen, dass einerseits ein Erfolg erforderlich ist (die Erbschaft gelangt an einen incapax), andererseits auch eine entsprechende Absicht (consilium). Dies steht in Übereinstimmung mit der allgemeinen Regel von Pap. 32 quaest. D. 50,17,79.749 Auch wenn die Notwendigkeit dieses subjektiven Elements der fraus legis bestritten wird,750 so war es, wie unser Text nahelegt, jedenfalls für eine fraus legis durch stillschweigendes Fideikommiss erforderlich.751 Darüber hinaus

Vgl. zur Rechtsentwicklung Impallomeni, Fedecommesso, S. 283–286; siehe auch Manthe, Pegasianum, S. 18, 42. Die Kaduzität trat nach Vangerow, Pandekten, Bd. 2, S. 402–405, und Manthe, Pegasianum, S. 43 Rn. 15, allerdings nur bei Fideikommissen zu Lasten des Erben ein. 748 Non videtur quisquam id capere, quod ei necesse est alii restituere. 749 Fraudis interpretatio semper in iure civili non ex eventu dumtaxat, sed ex consilio quoque desideratur. Lenel bezieht diesen Text auf die lex Iulia et Papia, vgl. Palingenesia, Bd. 1, Sp. 878. 750 Ausführlich Rotondi, Frode, S. 138–159, m.w.N. aus der älteren Literatur. Etwas anders Krüger/Kaser, SZ 63 (1943) 137, 144, 173, die immerhin eine „bewusste Täuschung“ fordern. 751 Siehe etwa Heineccius, Ad legem Iuliam, Opera omnia Bd. 6, S. 441f. Dies gibt allerdings auch Rotondi zu, Frode, S. 150f. Er argumentiert damit, dass es sich um eine Strafbestimmung zu Lasten des Vermächtnisnehmers handele und daher Absicht erforderlich sei. Gleichfalls muss er feststellen, dass die fraus legis beim fideicommissum tacitum aus dem System herausfalle, S. 76. Ob man demnach die These aufrechterhalten kann, Absicht sei bei der fraus legis grundsätzlich nicht erforderlich, erscheint fraglich. 747

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ist immer zu beachten, dass die Rechtsfolgen der Inkapazität unabhängig davon eintreten.752 Überträgt man diese Voraussetzungen einer fraus legis Iuliae auf den hier interessierenden Fall des Verkaufs eines zum Erben eingesetzten Sklaven, so ergibt sich Folgendes: Der erwerbsunfähige Herr des Sklaven kann aus der Erbschaft niemals etwas erhalten, unabhängig vom Vorliegen einer fraus legis. Die fraus legis wird erst dann relevant, wenn er den Sklaven an einen erwerbsfähigen Käufer veräußert und so einen höheren Kaufpreis erlangt. Erforderlich ist aber ein subjektives Element, also eine konkrete Umgehungsabsicht. Der Sklave muss zu einem höheren Preis verkauft worden sein, um dem Verkäufer so den Wert der Erbschaft zukommen zu lassen. Rechtsfolge einer solchen fraus legis ist, wie man aus Terentius Clemens im Umkehrschluss entnehmen kann, dass der Sklave die Erbschaft nicht erhält (non admittitur ad hereditatem). Dies geht zunächst zu Lasten des Käufers, der die Erbschaft dann nicht durch den Sklaven erwirbt. Der Käufer kann dann aber seinerseits aus der actio empti gegen den Verkäufer vorgehen. Vor diesem rechtlichen Hintergrund soll überlegt werden, ob die Erbeinsetzung von Sklaven zum Zwecke der Umgehung der augusteischen Ehegesetze erfolgt sein könnte. Dabei ist zunächst festzuhalten, dass eine konkrete rechtliche Möglichkeit, die Erwerbsbeschränkungen dieser Gesetze zu umgehen, nicht bestand. Wurde der eingesetzte Sklave verkauft und erhielt der Käufer so den Wert der Erbschaft, stuften die Juristen dies als Umgehung ein und verhinderten den Erbschaftserwerb des Käufers, der sich dann beim Verkäufer schadlos hielt. Dass die Erbeinsetzung von Sklaven zum Zwecke der Umgehung praktiziert wurde, ergibt sich aber aus dem hier angeführten Text D. 29,2,82, in dem Terentius Clemens die fraus legis erwähnt, obwohl sie nicht einmal zu den die Entscheidung tragenden Gründen gehört. Der Grund für die Anwendung der Erbeinsetzung von Sklaven zur Gesetzesumgehung ist folglich kein rechtlicher, sondern ein praktischer: Wollte der Erblasser einem Erwerbsunfähigen etwas zuwenden, so war es de facto wesentlich leichter, dies über die Erbeinsetzung seines Sklaven zu erreichen, als über ein heimliches Fideikommiss. Denn der große Unterschied zwischen diesen beiden Modalitäten ist, dass die Herausgabe aufgrund eines Fideikommisses kein Verkehrsgeschäft ist, der Verkauf eines Sklaven dagegen sehr wohl. Wird also etwa einige Zeit nach einem Erbfall bekannt, dass ein Erbe den ihm hinterlassenen Erbteil an eine fremde Person herausgegeben hat, so ist es aus Sicht der übrigen Erben naheliegend, ein heimliches Fideikommiss zu vermuten. Die übrigen Erben, die Kinder haben, oder der Fiskus werden Nachforschungen anstellen und den Erbteil für sich beanspruchen (vindica752

Nur darauf bezieht sich Call. 3 de iure fisci D. 49,14,3,2, der zur Bestimmung der fraus legis auf das exitum abstellt. Für irrelevant hält diesen Text auch, mit anderer Begründung, Rotondi, Frode, S. 144.

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tio caducorum), wobei es dem Erben und dem Fideikommissar schwer fallen dürfte, eine unverdächtige Erklärung für die erfolgte Transaktion vorzubringen. Stellt sich dagegen einige Zeit nach dem Erbfall heraus, dass ein Sklave, der zum Erben eingesetzt wurde, veräußert worden ist, so können Verkäufer und Käufer vorbringen, es habe sich um ein normales Verkehrsgeschäft gehandelt. Wenn sie über die Höhe des Kaufpreises Stillschweigen vereinbaren, kann ihnen niemand die betrügliche Umgehung des Gesetzes nachweisen. Dagegen lässt sich auch nicht einwenden, dass der Kaufpreis infolge der vierprozentigen Steuer auf Sklavenverkäufe (vicesima quinta venalium mancipiorum) öffentlich bekannt war. Denn die Steuerpächter, die diese Steuer erhoben, hatten den Miterben und den procuratores hereditatium gegenüber entgegengesetzte Interessen, werden also nicht ohne Weiteres Auskunft über die Höhe ihrer Einnahmen gegeben haben. Im Ergebnis lässt sich also, vor allem wegen des Hinweises in D. 29,2,82, mit großer Sicherheit sagen, dass die Erbeinsetzung von Sklaven auch dem Zweck einer Umgehung der Erwerbsbeschränkungen der lex Iulia gedient hat. Bisher wurde die Umgehung der lex Iulia nur aus der Sicht des Erblassers betrachtet. Berücksichtigt man daneben die Perspektive des Herrn des eingesetzten Sklaven, ergeben sich weitere Umgehungsmöglichkeiten. So kann es vorkommen, dass der Sklave ursprünglich vom Erblasser nicht aus Umgehungsgründen als Erbe eingesetzt worden ist, der Erbe jedoch diese Situation durch einen Verkauf des Sklaven für sich ausnutzt. Dafür gab es handgreifliche Motive, vor allem den Umstand, dass das beneficium Traiani bei der Erbeinsetzung von Sklaven nicht galt: D. 49,14,13,8 Paulus libro septimo ad legem Iuliam et Papiam Ad eos beneficium Traiani pertinet, qui ex defuncti voluntate relictum sibi capere non possunt. ergo nec illud, quod servo meo relictum est, deferre potero.

Paulus im siebten Buch zur lex Iulia et Papia Das beneficium Traiani kommt denjenigen zugute, die das, was ihnen nach dem Willen des Erblassers hinterlassen worden ist, nicht für sich erwerben können. Daher kann ich auch das, was meinem Sklaven hinterlassen worden ist, nicht [beim Fiskus] anzeigen.

Das Edikt Trajans war eine Prämie für die Selbstanzeige: Wer etwas erhalten hatte, dessen Erwerb ihm gesetzlich untersagt war, konnte sich vor Entdeckung des Sachverhalts753 selbst beim Fiskus anzeigen und dadurch als Prämie die Hälfte des Hinterlassenen erhalten. Auf diese Weise wurde der Missbrauch bei Anzeigen 753

Diese Einschränkung geht aus § 2 fr. de iure fisci hervor (FIRA II, S. 627): alias sero ad auxilium delationis confugit.

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durch Dritte eingedämmt und ein Anreiz zur Aufdeckung des tacitum fideicommissum geschaffen.754 J.G. Wolf sieht darin sogar die Wandlung der augusteischen Gesetze hin zu einer bloßen „Erbschaftssteuer für Junggesellen und Verheiratete ohne Kinder“.755 Für uns ist die Frage entscheidend, weshalb der Herr nicht die seinem Sklaven hinterlassene Erbschaft anzeigen konnte. Man kann dies mit der Natur des beneficium Traiani als einer streng persönlichen Begünstigung der eingesetzten Person erklären.756 Erstaunlich bleibt es dennoch, weil das Erwerbsverbot, welches Voraussetzung für eine Selbstanzeige ist, nur in der Person des Herrn bestehen kann: Ein Sklave kann nicht capax oder incapax sein, sondern nur sein Herr. Wenn die traianische Regel dem Herrn bei Einsetzung seines Sklaven dennoch keine Selbstanzeige gestattet, so ist dies ein weiteres, deutliches Beispiel für die autonome Stellung der Person des Sklaven im Erbrecht.757 Das beneficium Traiani, das im Normalfall einen großen Anreiz darstellte, den verbotenen Erwerb anzuzeigen, konnte somit im Falle der Erbeinsetzung eines Sklaven diese Anreizfunktion nicht erfüllen. Der Herr hatte daher ein größeres Interesse, den Sklaven zu verkaufen, um auf diese Weise über einen höheren Kaufpreis den Wert der Erbschaft zu erhalten. Denkbar ist allerdings auch, dass er den Sklaven auffordert, sich selbst beim Fiskus anzuzeigen. Dieser Fall ist leider nicht überliefert, doch ist wahrscheinlich, dass der Sklave die Möglichkeit der Selbstanzeige hatte, weil auch Frauen und Kinder sich selbst anzeigen konnten.758 Auf diese Weise konnte der Sklave möglicherweise die Hälfte des Hinterlassenen behalten und diese Güter seinem Herrn rechtmäßig erwerben.

2.3  Umgehung durch Freilassung des eingesetzten Sklaven Neben dem Verkauf des eingesetzten Sklaven nennt Terentius Clemens in D. 29,2,82 auch die Alternative der Freilassung: Auch in diesem Fall werde der Freigelassene nur dann selbst zur Erbschaft berufen, wenn darin keine fraus legis liege. Wie aber kann durch eine Freilassung versucht worden sein, das Gesetz betrüglich zu umgehen? Heineccius nimmt an, dies sei dann der Fall gewesen, wenn sich der Herr vom Sklaven vor der Freilassung die Herausgabe der Erbschaft als Preis für die Freiheit stipulationsweise habe versprechen lassen. Der Sklave sei Müller-Eiselt, Divus Pius, S. 263f., 268f.; Eck, Staatliche Organisation, S. 142. J.G. Wolf, Trajan, S. 13f. So Heineccius, Ad legem Iuliam, Opera omnia Bd. 6, S. 446; Johnston, Trusts, S. 56. Dazu schon oben, vgl. etwa S. 17ff., 35ff., 201ff. Die autonome Stellung des Sklaven zeigt sich auch daran, dass er bestraft wurde, wenn er umgekehrt seinen Herrn anzeigte, Call. 2 de iure fisci D. 49,14,2,6, dazu Liebs, Bull. 83 (1980) 147, 181. 758 Ulp. 18 ad leg. Iul. et Pap. D. 49,14,16. 754

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Gesetzesumgehung

danach freigelassen worden, habe die Erbschaft angetreten und schließlich seinem Herrn den Erwerb aus der Erbschaft herausgegeben.759 Problematisch an dieser Überlegung ist jedoch zum einen, dass meist auch der Freigelassene nicht (voll) erwerbsfähig sein wird. Zwar ist es denkbar, dass er direkt nach der Freilassung heiratet, um diese Voraussetzung der augusteischen Gesetzgebung zu erfüllen. Doch die Strafen wegen orbitas kann er auch so nicht vermeiden. Zum anderen hat dieses Verfahren denselben praktischen Nachteil wie ein heimliches Fideikommiss: Die Herausgabe der Erbschaft durch den Freigelassenen an den Patron ist ein auffälliger Vorgang, der sich nicht unter dem Deckmantel eines normalen Verkehrsgeschäfts abwickeln lässt. Die anderen Erben und der Fiskus werden daher leicht eine fraus legis nachweisen und die Güter für sich beanspruchen können. Es ist daher zu vermuten, dass die Freilassung des zum Erben eingesetzten Sklaven, von dem man sich zuvor den Erbschaftserwerb hatte versprechen lassen, nur zu den theoretischen Möglichkeiten einer Umgehung der lex Iulia gehörte, jedoch praktisch seltener vorgekommen sein wird als der Verkauf des Sklaven an einen Dritten.

2.4  Umgehung durch Einsetzung eines servus communis Die bisher behandelten Fälle der Erbeinsetzung eines Sklaven zum Zwecke der Gesetzesumgehung haben, jeder für sich, bestimmte Nachteile, die im rechtlichen oder im praktischen Bereich liegen können. Anders verhält es sich allerdings bei der Erbeinsetzung eines gemeinschaftlichen Sklaven (servus communis).760 Die Erbeinsetzung eines gemeinschaftlichen Sklaven kann, aus der Sicht des Erblassers, eine Alternative zur Erbeinsetzung mehrerer Miterben sein. Möchte der Erblasser mehrere Personen mit Erbteilen bedenken, hat er stattdessen auch die Option, einen Sklaven einzusetzen, der im Miteigentum dieser Personen steht. Mit dem Erbfall tritt dann die Delation in der Person des Sklaven ein und der Nachlass wird den einzelnen Miteigentümern auf ihre Anweisung hin entsprechend ihrer Miteigentumsanteile erworben. Bedenkt man die Bestimmungen der lex Iulia et Papia, so hatte dies folgenden Vorteil: Waren Miterben eingesetzt, so bestand die Gefahr, dass bei Wegfall eines der Destinatäre dessen Erbquote kaduzierte und so den patres oder dem Staat zufiel. Das Anwachsungsrecht unter Miterben iure antiquo war durch die Kaduzitätsgesetze ausgeschlossen worden, mit Ausnahme naher Angehöriger des Erblassers. Die Kaduzität trat in fast allen Fällen ein, in Heineccius, Ad legem Iuliam, Opera omnia Bd. 6, S. 425f. Dazu bereits oben S. 122ff., 133ff., wobei auch schon auf den Zusammenhang mit der augusteischen Ehegesetzgebung hingewiesen worden ist.

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denen ein Miterbe ausfiel: Starb der Miterbe vor dem Erblasser, so nannte man die Bestimmung zu seinen Gunsten in causa caduci; starb er nach dem Erblasser und vor Antritt der Erbschaft, war sie kaduk im eigentlichen Sinne.761 In beiden Fällen fiel der Nachlass an die patres oder an den Staat, was der Absicht des Erblassers im Regelfall widersprach. Ebenso trat im Fall des Nichtantritts durch einen der Miterben Kaduzität ein,762 obwohl die Absicht des Erblassers normalerweise auf einen Erwerb durch die anderen Miterben ging (wofür das Anwachsungsrecht nur die rechtliche Ausformung ist). Aus diesem Grunde bot es sich aus Sicht des Erblassers fast immer an, anstelle der Miterben einen ihnen gemeinsam gehörigen Sklaven einzusetzen. Denn solange nur einer der Miteigentümer den gemeinschaftlichen Sklaven anweist, die Erbschaft anzutreten, ist der Erbantritt erfolgt und kein „Erbteil“ kann mehr kaduzieren. Wenn einzelne Miteigentümer keine Anweisung erteilen, weil sie die Erbschaft ausschlagen möchten, werden deren Anteile von den Miteigentümern erworben, die das iussum erteilt haben. Es gilt der Grundsatz, dass ein servus communis immer ganz demjenigen erwirbt, dem er erwerben kann. Auf diese Weise entsteht eine unechte Form der Anwachsung, die keine (verbotene) erbrechtliche Anwachsung ist, sondern ein Rechtserwerb ex iure dominorum, wie vor allem die Analyse von Paul. 5 ad leg. Iul. et Pap. D. 29,2,68 gezeigt hat.763 Der Gesamterwerb des Nachlasses durch die anweisenden Miteigentümer unterfällt damit nicht dem Erbrecht, beschränkt durch die lex Iulia et Papia Poppaea, sondern dem Sklavenerwerbsrecht, welches keine derartigen Beschränkungen kennt. Gleichermaßen werden die Fälle in causa caduci vermieden: Ist ein Miteigentümer vorverstorben, schadet dies nicht, da er nicht selbst im Testament eingesetzt ist. Stattdessen ist und bleibt sein Sklave eingesetzt. Der Miteigentumsanteil, den er am Sklaven hatte, geht an seine Erben, sodass diese nach wie vor die Möglichkeit haben, dem servus communis bei Erbfall die Anweisung zum Erbantritt zu erteilen. Eine Übertragung der erbrechtlichen Berufung eines Miterben auf seine Erben wäre dagegen nicht möglich gewesen.764 Eine rechtliche Bewertung der Erbeinsetzung eines gemeinschaftlichen Sklaven ergibt somit, dass dem Erblasser dadurch die Möglichkeit eröffnet wurde, viele Beschränkungen der lex Iulia zu vermeiden. Es ist auch wahrscheinlich, dass diese Form der Erbeinsetzung eines fremden Sklaven tatsächlich zur Vermeidung der augusteischen Gesetze genutzt wurde, da sie sich in dem genannten Kommentar von Paulus zur lex Iulia et Papia (D. 29,2,68) findet. Außerdem spricht dafür die 761

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Iust. C. 6,51,2a und 5 (534). UE 1,21. Siehe oben S. 130ff. Dies war nicht einmal dann möglich, wenn ihm die Erbschaft schon angefallen war, vgl. Voci, DER I, S. 504ff.

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Gesetzesumgehung

Tatsache, dass es sich um eine rechtlich zulässige Konstruktion handelte, die, anders als die bisher diskutierten Möglichkeiten, nicht als fraus legis klassifiziert wurde. Im Rahmen einer Einschätzung der tatsächlichen Bedeutung der Erbeinsetzung eines gemeinschaftlichen Sklaven zum Zwecke der Umgehung der lex Iulia sind allerdings verschiedene Vorbehalte zu machen. Größtes Hindernis für den Erblasser ist, dass nicht immer ein geeigneter servus communis vorhanden sein dürfte. Wenn ein Erblasser mehrere Personen als Erben einsetzen will, ist es ein bloßer Zufall, wenn diesen Personen ein Sklave gemeinschaftlich gehört. Allerdings bietet es sich auch an, einen servus communis zusammen mit anderen Miterben einzusetzen. Schließlich findet so immerhin unter den Miteigentümern des Sklaven eine Form der „Anwachsung“ statt. Denkbar ist also etwa, dass ein Erblasser, der neben anderen Erben zwei Geschäftspartner zu Erben einsetzen will, stattdessen einen ihrer Sklaven einsetzt – etwa einen Sklaven, der diesen Geschäftspartnern gemeinschaftlich gehört, weil er ein Unternehmen führt, das diese gemeinsam betreiben. Ihre Grenzen findet diese Möglichkeit der Erbeinsetzung eines gemeinschaftlichen Sklaven dort, wo überhaupt die Grenze der Erbeinsetzung von Sklaven liegt: Die größte Unsicherheit liegt darin, dass der Sklave vorversterben kann und so jeglichen Rechtserwerb durch seine Miteigentümer verhindert. Zur Vermeidung dieses Ergebnisses ist es nur möglich, Ersatzerben zu bestimmen. Daher bietet sich auch eine andere Konstruktion an, mithilfe derer die Anwendung der Kaduzitätsgesetze vermieden werden kann und die der Einsetzung eines servus communis nahekommt: die wechselseitige Ersatzerbeinsetzung der Miterben.765

3. Zusammenfassung Hinsichtlich der Frage, ob die Erbeinsetzung fremder Sklaven den Zweck der Gesetzesumgehung hatte, lassen sich zwei Ergebnisse festhalten: Die Einsetzung eines Sklaven verschaffte dem Herrn die Möglichkeit, durch Verkauf den Wert der Erbschaft zu erhalten, wodurch die Umgehung der augusteischen Ehegesetzgebung praktisch ermöglicht wurde, da Sklavenverkäufe übliche Geschäfte des täglichen Lebens waren. Außerdem eröffnete die Erbeinsetzung gemeinschaftlicher Sklaven auch eine rechtlich anerkannte Möglichkeit, bestimmte Kaduzitätsfolgen dieser Gesetze zu vermeiden. Auf diese Weise diente die Erbeinsetzung fremder Sklaven der Umgehung der augusteischen Ehegesetze und konnte so ein großes praktisches Bedürfnis der römischen Oberschicht befriedigen.

765

Dazu schon oben S. 110ff. Vgl. vor allem Gai. 3 ad leg. Iul. et Pap. D. 28,6,5.

K apitel 14: Ü bertragung

von

Erbschaften

Die bereits häufiger dargestellte Möglichkeit, den als Erben eingesetzten Sklaven zu verkaufen, kann für die historische Deutung der Erbeinsetzung fremder Sklaven nicht hoch genug eingeschätzt werden. Bisher ist der Verkauf vor allem im Rahmen der Gesetzesumgehung angesprochen worden. Es ergeben sich jedoch zahlreiche weitere Funktionen eines solchen Verkaufs, da dieser es ermöglicht, die Erbschaft auf einen Dritten zu übertragen, und damit die erbrechtlichen Möglichkeiten des Testators erweitert.766

1.  Bestimmung des Erben durch einen Dritten Die Erbeinsetzung eines Sklaven macht die Erbschaft übertragungsfähig. Dies gewinnt Bedeutung im Zusammenhang mit dem Verbot der Bestimmung des Erben durch einen Dritten. Normalerweise reichte es für die Nachfolgeplanung aus, wenn der Erblasser selbst den Erben bestimmen konnte. In bestimmten Fällen wollte er sich jedoch zum Zeitpunkt der Testamentserrichtung noch nicht festlegen und die Entscheidung lieber nach seinem Tode von einer Vertrauensperson treffen lassen. Dafür eröffnete ihm das Erbrecht jedoch keine Möglichkeiten. Grund für das Bedürfnis einer Bestimmung des Erben durch einen Dritten waren Unsicherheiten angesichts von Familienverhältnissen, die sich schnell verändern konnten: Die hohe Sterblichkeitsrate unter Kindern und Jugendlichen zwang die Väter häufig dazu, die geplante Nachfolgeregelung neu zu gestalten. Trat der Tod des gewünschten Nachfolgers kurz vor dem Tod des Erblassers selbst oder gar danach ein, war es ihm nicht mehr möglich, auf die veränderte Situation zu reagieren. Deswegen entsprach es häufig dem Wunsch des Erblassers, die Erbfolge einer dritten Person, der er vertraute, zu überlassen, die auch noch nach seinem Tode das Vermögen in die gewünschte Richtung lenken konnte. Auch die Ehescheidung, die nicht nur rechtlich möglich war, sondern seit der ausgehenden Republik auch häufig vorkam, erforderte eine ständige Anpassung der Vermögensnachfolge an neue familiäre Gegebenheiten.767

Buckland, Text-Book, S. 312: „It serves a practical purpose“. Vgl. etwa Saller, Patriarchy, S. 161f., 171–180; siehe auch Liebs, Römisches Recht, S. 144.

766 767

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Übertragung von Erbschaften

Zwar kannte das römische Erbrecht eine für heutige Maßstäbe ungewöhnlich große Vielfalt von Formen und Rechtsinstituten.768 Jedoch hatte der Erblasser nur eingeschränkte Möglichkeiten, die Erbenbestimmung einem Dritten zu überlassen.

1.1  Rechtliche Grenzen Der Erblasser konnte die Erbeinsetzung, das caput et fundamentum totius testamenti,769 nicht vollständig einem Dritten überlassen.770 Zu den Grenzen seiner Testiermöglichkeiten finden sich insoweit folgende drei Fälle: (1) „Erben sollen diejenigen sein, die Titius will.“771 (2) „Sempronius soll Erbe sein, wenn Titius dies will.“772 (3) „Sempronius soll Erbe sein, wenn Titius auf das Kapitol steigt.“773 Unwirksam sind die Formulierungen (1) und (2), die dritte wird dagegen für wirksam erachtet. Der Grund für die Unwirksamkeit in Fall (1) lässt sich sachlich betrachtet darin sehen, dass nicht einmal der Name eines möglichen Erben genannt wird. Bei (2) und (3) ist dagegen immerhin ein Name genannt, sodass Titius nur die Frage des „ob“ überlassen bleibt, nicht aber die des „wer“. Warum allerdings zwischen (2) und (3) ein Unterschied besteht, lässt sich nicht sachlich, sondern nur formell erklären. In Fall (2) nimmt der Testator ausdrücklich auf den Willen des Titius Bezug, in Fall (3) dagegen nur mittelbar, indem er die Erbeinsetzung des Sempronius an eine Potestativbedingung knüpft. Sachlich hat Titius jedoch in beiden Fällen die Möglichkeit, nach seinem Gutdünken zu bestimmen, ob Sempronius Erbe wird. Dementsprechend sagt Pomponius auch, man dürfe im Testament bestimmte Worte nicht verwenden (si voluerit), sondern müsse diese Worte verschleiern, auch wenn der Sinn derselbe bleibe.774 Dieser formalistischen Begründung muss man für den Bereich des ius civile Glauben schenken. Sie lässt sich noch weiter präzisieren, wenn man das Fideikommissrecht betrachtet. Denn beim Fideikommiss galten dieselben Beschränkungen wie bei einer Erbschaft: Die Formulierung (2) war unwirksam, weil die Verfügung dadurch ins Kaser, RPR I, S. 671f. Nach Saller, Patriarchy, S. 180, ist die Flexibilität des Erbrechts gar dessen hervorstechendstes Merkmal. 769 G. 2,229. 770 Ebensowenig im modernen Recht, § 2065 Abs. 2 BGB. 771 Gai. 1 de test. ad ed. D. 28,5,32 pr. Vgl. zur Thematik Voci, DER II, S. 881–884. 772 Pomp. 7 ad Q. Muc. D. 28,5,69(68). 773 Pomp. 7 ad Q. Muc. D. 28,5,69(68); ders. 1 ad Sab. D. 28,5,23,2 (in alterius factum). 774 Pomp. 7 ad Q. Muc. D. 28,5,69(68). 768

Bestimmung des Erben durch einen Dritten

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Belieben des Dritten gestellt war. Veränderte der Erblasser die Formulierung (2) aber in „Sempronius soll Erbe sein, wenn Titius dies für richtig hält“, oder ähnliche Ausdrucksweisen,775 dann wurde sie als wirksam erachtet. Der Unterschied liegt darin, dass das Fideikommiss nach Auslegung der Juristen dann nicht mehr in das beliebige Ermessen des Titius gestellt wird, sondern in das Ermessen eines redlichen Mannes.776 Die Formen (1) und (3) sind für das Fideikommiss nicht überliefert, doch muss man annehmen, dass insofern nichts anderes als bei der Erbschaft galt. Es lässt sich also zunächst festhalten, dass eine gewisse Erweiterung der Testiermöglichkeiten hin zu einer Bestimmung des Erben durch einen Dritten darin liegt, dass Potestativbedingungen benutzt werden können. Aufschlussreich ist insbesondere auch folgender Fall: D. 28,5,3,2 Ulpianus libro tertio ad Sabinum Si quis ita scripserit: ‘si Titius heres erit, Seius heres esto: Titius heres esto’, quasi quaevis condicio exspectatur Titii aditio, ut Seius heres fiat: et sane et Iuliano et Tertulliano hoc videtur.

Ulpian im dritten Buch zu Sabinus Wenn jemand derart verfügt hat: „Wenn Titius mein Erbe wird, dann setze ich Seius zum Erben ein. Titius setze ich zu meinem Erben ein“, dann wird der Erbantritt des Titius abgewartet, so wie jede beliebige Bedingung, damit Seius Erbe wird. Und diese Ansicht wird auch von Julian und Tertullian geteilt.

Der Erblasser hat die Erbeinsetzung hier ungewöhnlich ausgestaltet. Er setzt Titius zum Erben ein, wodurch dieser als Außenerbe die Möglichkeit erlangt, die Erbschaft durch Antritt zu erwerben. Für den Fall, dass Titius Erbe wird, also die Erbschaft antritt, setzt er jedoch Seius zum Erben ein. Durch diese Gestaltung verschafft der Erblasser dem Titius ein Wahlrecht: Er kann entweder nichts unternehmen, wodurch das Testament unwirksam würde und Intestaterbfolge einträte oder Erben zweiten Grades berufen würden, sofern das Testament weitere Erbeinsetzungen enthält. Titius kann aber auch die Erbschaft antreten und so Seius zum Erben machen. Offensichtlich wollte der Erblasser also Titius die Bestimmung überlassen, ob Seius Erbe werden sollte. Rechtlich bedeutsam ist, dass diese Fallgestaltung von den Juristen für wirksam gehalten wird. Dies ist nicht selbstverständlich, wenn man bedenkt, dass die Erbenstellung nicht mehr aus der Entscheidung des Erblassers selbst hervorgeht, 775

Si fueris arbitratus, si putaveris, si aestimaveris, si utile tibi fuerit visum / videbitur. Ulp. 2 fideic. D. 32,11,7; ders. 5 disp. D. 30,75 pr. So auch die Begründung von Gaius 1 de test. ad ed. D. 28,5,32 pr. Siehe auch Voci, DER II, S. 883.

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Übertragung von Erbschaften

sondern vom Willen eines Dritten abhängt. Ulpian beruft sich auch auf zwei weitere Gewährsmänner, Julian und Tertullian.777 Der Erblasser erlangte durch diese Verfügung die Möglichkeit, einem Dritten die Bestimmung des Erben zu überlassen, allerdings wiederum nur hinsichtlich des „ob“, nicht hinsichtlich des „wer“. Betrachten wir nun die Gestaltungsmöglichkeiten des Erblassers, die sich aus einer Gesamtschau von (bedingter) Erbeinsetzung und Fideikommiss ergeben: Der Erblasser, der eine Vermögensnachfolge durch die Bestimmung eines Dritten nach seinem Tode ermöglichen wollte, konnte Erbeinsetzungen und Fideikommisse zugunsten einer bestimmten, benannten Person treffen und diese unter eine Potestativbedingung oder in das redliche Ermessen eines Dritten stellen. Nicht möglich war jedoch die alleinige Bestimmung der Person des Empfängers durch das freie Ermessen eines Dritten, ohne dass der Testator irgendeinen Anhaltspunkt gegeben hätte, wer die Erbschaft erhalten sollte.778 Dann wäre nämlich weder eine Entscheidung des Erblassers selbst erfolgt noch eine sachlich überprüfbare Entscheidung eines Dritten.

1.2  Erweiterung durch Erbeinsetzung eines Sklaven An dieser Stelle liegt die Bedeutung der Erbeinsetzung eines Sklaven: Weiß der Erblasser noch nicht, wen er zum Erben einsetzen möchte, kann er also nicht einmal den Personenkreis beschränken779 und möchte einem Dritten völlig freie Hand bei der Auswahl des Erben geben, dann bleibt ihm nur die Möglichkeit, den Sklaven desjenigen zum Erben einzusetzen, den er für fähig hält, nach seinem Tode diese Entscheidung zu treffen. Der Herr des Sklaven hat dann nach dem Tod des Erblassers und innerhalb der Antrittsfrist die Möglichkeit, den Sklaven an einen beliebigen Dritten zu übereignen – sogar an Personen, an die der Testator überhaupt nicht gedacht hat oder die ihm vielleicht nicht einmal bekannt waren. Wird der Sklave übereignet und tritt er dann auf Anweisung des neuen Eigentümers an, erwirbt er diesem die Erbschaft. Auf diese Art und Weise steht dem Testator ein rechtlich sicherer Weg offen, die Bestimmung des Erben vollständig einem Dritten zu überlassen. Es fallen die Beschränkungen des ius civile weg, aber auch die nicht immer vorhersehbare Auslegung der Fideikommisse durch die Juristen, welche Der mit dem Kirchenvater identifiziert werden kann, Liebs, in: HLL, Bd. 4, S. 124. Ein weiterer Gewährsmann ist Marcian. 8 inst. D. 28,7,19. 778 Sehr weitgehend ist die Verfügung in Pap. 8 resp. D. 36,1,59(57),2, die Papinian für wirksam hält. Allerdings beschränkt der Testator den Personenkreis auch hier immerhin auf die Kognaten (vgl. I. 2,20,25). Der Text ist aber umstritten; die Details können an dieser Stelle nicht geklärt werden. 779 So wie in D. 36,1,59(57),2, siehe die vorherige Fußnote. 777

Übertragung der Delation von Todes wegen

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fast denselben Beschränkungen unterliegt. Der Erblasser kann so im Ergebnis die Wirksamkeit der oben erwähnten Formulierung (1) erreichen, die Bestimmung des Erben also dem freien Ermessen eines Dritten überlassen. Ob diese rechtliche Möglichkeit auch tatsächlich genutzt wurde, ist damit noch nicht gesagt, allerdings spricht die historische Entwicklung dafür. Denn die Erweiterung der Testiermöglichkeiten durch die Fideikommisse hat sich erst im Verlauf des ersten Jahrhunderts rechtlich verfestigt, die Erbeinsetzung eines Sklaven war dagegen eine Möglichkeit, durch die ein Erblasser auch schon zur Zeit der Republik die Bestimmung des Erben einem Dritten überlassen konnte. Ein praktisches Bedürfnis für die Erbenbestimmung durch Dritte ergab sich aus den erwähnten plötzlichen Veränderungen der Familienverhältnisse. Wollte sich der Erblasser also etwa offenhalten, welcher seiner Söhne den wesentlichen Anteil am Erbe erhalten sollte, weil er sich nicht sicher war, welcher Sohn ihn überleben und sich als besonders tüchtig herausstellen werde, so bot es sich an, den Söhnen nur jeweils einen kleinen Erbteil auszusetzen und darüberhinaus den Sklaven einer Vertrauensperson, etwa der Ehefrau,780 zum Erben einzusetzen. Die Ehefrau konnte dann nach dem Tod des Erblassers demjenigen Sohn, der nicht vorverstorben war und den sie als besonders fähig für die Fortführung der familiären Vermögensgeschäfte erachtete, diesen Sklaven übereignen und ihn so zum Haupterben machen. Man kann folglich vermuten, dass das Phänomen der Erbeinsetzung fremder Sklaven auch damit zu erklären ist, dass der Erblasser so die Bestimmung des Erben dem freien Ermessen eines Dritten überlassen konnte.

2.  Übertragung der Delation von Todes wegen Die bisherigen Überlegungen zur Flexibilisierung der Nachfolge beruhen auf der Möglichkeit, eine Erbschaft durch Veräußerung des Sklaven unter Lebenden zu übertragen. Anstatt einer Veräußerung unter Lebenden ist aber auch ein Erwerb des Sklaven von Todes wegen denkbar. Die erbrechtliche Konstellation ist in diesem Falle wie folgt: Ein Erblasser möchte einen außenstehenden Dritten zum Erben einsetzen. Für den Fall, dass dieser vor ihm stirbt, möchte er den Nachlass dessen Erben zukommen lassen. Dabei handelt es sich nicht um einen seltenen Sonderfall, sondern eine praktisch häufig vorkommende Situation. Man denke nur daran, dass der Erblasser einen emanzipierten Sohn zum Erben eingesetzt hat und für den Fall des Vorversterbens des Sohnes den Nachlass seinen Enkeln zukommen lassen will. Zum wechselseitigen Vertrauen der Ehegatten vgl. etwa Saller, Patriarchy, S. 171ff. (auch zu Gegenbeispielen).

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Übertragung von Erbschaften

Wenn der Testator in dieser Situation nur den Dritten zum Erben einsetzt und dieser tatsächlich vorverstirbt, ist die Erbschaft für dessen Erben verloren. Und wenn der Tod des Erben nach dem Tod des Erblassers und vor Antritt der Erbschaft eintritt, wird der Erbe zwar berufen, doch geht die Delation zumindest nach klassischem römischen Recht nicht auf seine Erben über.781 Setzt der Erblasser aber anstelle des Dritten einen Sklaven des Dritten zum Erben ein, so wird seinem Willen genüge getan: Berufener ist dann nicht mehr der Dritte selbst, sondern dessen Sklave. Stirbt der Dritte, geht das Eigentum am Sklaven auf dessen Erben über, die Delation erlischt also nicht. Die Erben des Dritten können den Sklaven dann bei Eintritt des Erbfalls anweisen, die Erbschaft anzutreten, und so den Nachlass erwerben.782 Voraussetzung ist freilich, dass der Sklave zu diesem Zeitpunkt noch lebt. Girard sieht in dieser Konstellation einen Grund für die Erbeinsetzung von Sklaven.783 Watson hat ihm aber insoweit zu Recht widersprochen, als dass sich dieser Zweck besser durch eine Ersatzerbeinsetzung erreichen lässt:784 Wenn der Testator will, dass sein Nachlass bei Vorversterben des Berufenen an dessen Erben fällt, kann er diese als Ersatzerben einsetzen. Eine Ersatzerbeinsetzung ist der Erbeinsetzung eines Sklaven vorzuziehen, da der Erfolg der testamentarischen Anordnung so nicht vom Überleben des Sklaven abhängig ist. Es bleibt daher festzuhalten, dass durch die Erbeinsetzung eines fremden Sklaven zwar das Problem der Unvererblichkeit der Delation vermieden wurde. Allerdings ist es unwahrscheinlich, dass Sklaven aus diesem Grunde tatsächlich zu Erben eingesetzt worden sind, da Ersatzerbeinsetzungen in dieser Situation sinnvoller waren.

3.  Vertrag über den Nachlass eines lebenden Dritten Die Erbeinsetzung eines Sklaven half in einem weiteren Fall über die Beschränkungen des Erbrechts hinweg: Wenn über den Nachlass eines noch lebenden Dritten ein Vertrag geschlossen werden sollte. Der Vertrag über den Nachlass eines Lebenden, der sogenannte Erbschaftsvertrag,785 ist nichtig,786 sodass der Vertragspartner nach Eintritt des Erbfalls keine Klage auf 781

783 784 785 786 782

Voci, DER I, S. 505; Kaser/Knütel, RPR, § 72 Rn. 8 m.w.N. Ein Fall des ambulat cum dominio, siehe oben S. 75ff. Girard/Senn, Manuel élémentaire, S. 873 Fn. 4 (ohne nähere Diskussion). Watson, Slave Law, S. 112. So zuerst Hasse, Rhein. Mus. 2 (1828) 149, 220. Pap. 12 resp. D. 39,5,29,2; Diocl. C. 8,38,4 (293); lex rom. Burg. 38,3; ferner auch Ulp. 40 ad ed. D. 37,6,1,21; Iul. 40 dig. D. 36,1,28(27),4 (zitiert auch bei Ulp. 6 ad Sab. D. 28,6,2,2).

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Vertrag über den Nachlass eines lebenden Dritten

Übertragung der Erbschaft erhält. Darüberhinaus darf auch der eingesetzte Erbe die Erbschaft nicht behalten, weil er als erbunwürdig angesehen wird.787 Diese rechtlichen Beschränkungen lassen sich wiederum durch den Verkauf eines zum Erben eingesetzten Sklaven vermeiden: Ist nicht der Destinatär selbst, sondern sein Sklave eingesetzt, so kann er den Sklaven zu Lebzeiten des Erblassers auf einen Dritten übertragen und diesem dadurch die Erberwartung verschaffen. Um einzuschätzen, ob auch ein solches Geschäft von der Nichtigkeitsfolge bedroht war, muss man den Zweck des Verbots des Vertrags über den Nachlass eines lebenden Dritten bedenken. Worin der Grund für die Nichtigkeit des Vertrags über den Nachlass eines noch lebenden Dritten liegt, erscheint – wie auch im geltenden Recht788 – fraglich. Es ist nicht ganz fernliegend, dass man es als bedenklich ansah, wenn jemand, nämlich der Vertragspartner des zukünftigen Erben, ein Interesse am Tod eines anderen erhielt, und sich womöglich gar dazu veranlasst fühlen mochte, den Eintritt des Erbfalls herbeizuführen. Zwar hat auch jeder Erbe ein Interesse am Tod des Erblassers, doch besteht darin im Regelfall keine Gefahr, da Hauserben dem Erblasser persönlich verbunden und eingesetzte Erben von ihm persönlich ausgewählt werden. Durch den Kauf einer zukünftigen Erbschaft erhält aber ein beliebiger Dritter, der Käufer, ein Interesse am Tod des Erblassers. Möglicherweise hat man diesen Verträgen daher, ähnlich wie den Darlehen an Haussöhne,789 zum Schutz des Erblassers die Wirksamkeit versagt. Betrachtet man jedoch den folgenden Fall, so erscheint dieser Zweck weniger klar. D. 17,2,3,2 Paulus libro trigesimo secundo ad edictum De illo quaeritur, si ita sit coita societas, ut, si qua iusta hereditas alterutri obvenerit, communis sit, quae sit iusta hereditas, utrum quae iure legitimo obvenit an etiam ea quae testamento? et

Paulus im 32. Buch zum Edikt Wurde eine Gesellschaft mit der Abrede eingegangen, dass, wenn einem von beiden Gesellschaftern irgendeine rechtmäßige Erbschaft zufällt, diese gemeinschaftlich ist, so stellt sich die Frage, was eine rechtmäßige Erbschaft ist: Nur die kraft gesetzlicher Erb-

Siehe neben den genannten Stellen Marcian. sing. de delatoribus D. 39,5,30. Vgl. Georg Beseler, Erbverträge, 2. Theil, Bd. 2, S. 329. 788 § 311b Abs. 4 BGB. 789 Dazu Kaser, RPR I, S. 532: Motiv des Senatusconsultum Macedonianum war der Schutz der Väter vor Nachstellungen. Anders Hasse, Rhein. Mus. 2 (1828) 227: Motiv war der Schutz der Haussöhne vor Übereilung. 787

296 probabilius est ad legitimam hereditatem tantum hoc pertinere.

Übertragung von Erbschaften

folge anfallende oder auch die auf Testament beruhende? Und es ist mehr zu billigen, dass die Vereinbarung nur die gesetzliche Erbschaft betrifft.790

790

Paulus hält hier eine Abrede für wirksam, wonach Erbschaften, die einem Gesellschafter zukünftig anfallen, gemeinschaftliches Vermögen werden sollen. Er erwähnt das Verbot des Vertrags über den Nachlass lebender Dritter nicht einmal, sondern diskutiert nur, ob von der konkreten Abrede auch testamentarische Erbschaften umfasst sind.791 Für unsere Fragestellung ist bedeutsam, dass Paulus den Vertrag für wirksam hält. Dies dürfte darauf beruhen, dass die Person des Erblassers hier noch unbestimmt ist.792 Daran zeigt sich die wahre Natur des Verbots: Hätte man nur den Schutz des Erblassers bezweckt, so müsste auch ein Vertrag über die Erbschaft noch unbestimmter Personen nichtig sein. Denn auch hier zeigt sich früher oder später, ob dem Vertragspartner Vermögen zukommen wird. Das konkrete, fremde Interesse am Tod des Erblassers entsteht also auch in diesem Falle, wenn auch erst nach Vertragsschluss. Der wirkliche Grund für das Verbot dürfte daher tatsächlich in sittlichen Anschauungen zu suchen sein.793 Man erachtete es als unmoralisch, wenn zwei Personen über den Nachlass einer konkreten, ihnen bekannten Person einen Vertrag schlossen. Entstand der Bezug zu dieser Person dagegen erst später, wie in D. 17,2,3,2, so konnte man den vertragsschließenden Parteien keinen Vorwurf mehr machen. In diese Deutung fügt sich auch die zweite Ausnahme vom Verbot des pactum de hereditate vivi ein: Der Vertrag war sicherlich im nachklassischen,794 wahrscheinlich aber auch im klassischen römischen Recht795 wirksam, wenn der Erblas Übers. von Behrends/Knütel/Kupisch/Seiler [Misera], Bd. 3, S. 403. Zum Text vgl. Arangio-Ruiz, Società, S. 135; Kaser, SDHI 41 (1975) 278, 302 Fn. 97; Meissel, Societas, S. 118ff. Anders entscheidet Ulp. 2 ad l. Iul. et Pap. D. 50,16,130, aber in ganz anderem Kontext. 792 So etwa Hasse, Rhein. Mus. 2 (1828) 223; Georg Beseler, Erbverträge, 2. Theil, Bd. 2, S. 329. 793 Bonfante, Corso VI, S. 172f.; Kaser, SZ 60 (1940) 95, 125f. Vgl. den häufigen Bezug auf die boni mores in den genannten Stellen (oben Fn. 786). Anders, aber auf der Grundlage umfassender Interpolationsannahmen, Vassalli, Studi giuridici III/1, S. 335, 339, 354. 794 Const. CTh. 2,24,2 (327); Iust. C. 2,3,30 (531). 795 Vgl. ignorantis bei Marcian. 11 inst. D. 34,9,2,3. Auch Justinian beruft sich auf ältere Vorbilder, C. 2,3,30,3 (531). Vgl. Georg Beseler, Erbverträge, 2. Theil, Bd. 2, S. 332; Nardi, Indegnità, S. 106f. (mit überzeugender sprachlicher Erklärung und Nachweisen aus der älteren Literatur); Torrent, Venditio hereditatis, S. 159. Dagegen vermuten 790 791

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Liquiditätsverschaffung

ser zustimmte. Hier fällt das moralische Unwerturteil weg.796 Ein weiterer Beweis für die moralische Dimension des Problems ist Pomp. 9 ad Sab. D. 18,4,1: Verkauft jemand die Erbschaft einer Person, die noch lebt, von der er aber annimmt, sie sei schon verstorben,797 so scheitert der Vertrag nicht an den guten Sitten, sondern daran, dass der Kaufgegenstand (zumindest in seiner vertraglich zugrundegelegten Form) nicht existiert. Überträgt man diese Ergebnisse auf die Veräußerung eines zum Erben eingesetzten Sklaven, so kann nicht zweifelhaft sein, dass der Verkauf dieses Sklaven auch mit dem Zweck, dadurch de facto einen Vertrag über den Nachlass eines lebenden Dritten zu schließen, wirksam ist. Denn es wird hier gerade kein ausdrücklicher Vertrag über den Nachlass eines lebenden Dritten geschlossen, sondern ein sittlich neutraler Sklavenverkauf. Es lässt sich festhalten, dass die Erbeinsetzung eines Sklaven es ermöglichte, das rechtliche Verbot des Vertrags über den Nachlass eines lebenden Dritten zu vermeiden. Damit ist jedoch nicht gesagt, dass die Erbeinsetzung eines Sklaven auch tatsächlich zu diesem Zwecke erfolgt ist; vielmehr handelt es sich nur um eine Möglichkeit.

4. Liquiditätsverschaffung Die Veräußerung des eingesetzten Sklaven vor dem Tod des Erblassers ist nach dem Gesagten ein rechtlich mögliches Mittel, eine Erbaussicht auf einen Dritten zu übertragen. Es lassen sich jedoch nicht viele Anwendungsfälle dafür finden. Eine Möglichkeit ist, dass der eingesetzte Sklave vom Erben veräußert wurde, um vorzeitig einen Gegenwert für die noch nicht angefallene Erbschaft zu erhalten. Dabei ist sogar denkbar, dass er mit dem Erblasser zusammenwirkte. Voraussetzung dafür wäre aber, dass der Wert der Erbaussicht, die der Sklave hatte, bei einem eventuellen Verkauf des Sklaven mit berücksichtigt wurde. Es sind zahlreiche Quellen überliefert, die eine Wertsteigerung des Sklaven durch die Erbeinsetzung als solche bezeugen: Nach dem Schadensersatzrecht der lex Aquilia haftet derjenige, der einen fremden Sklaven tötet, auch auf den Wert

Vassalli, Studi giuridici III/1, S. 338, Kaser, SZ 60 (1940) 126 Fn. 1, und Voci, DER I, S. 470 Fn. 26, eine Interpolation. Nardi, Indegnità, S. 108, hält dies nur für möglich. 796 Vgl. auch Voci, DER I, S. 495: „menzioni generiche, che non si riferiscono a una data eredità e quindi escludono ogni mancanza di riguardo per l’ereditando“. 797 Dazu Vassalli, Studi giuridici III/1, S. 343f.; Kaser, Bull. 74 (1971) 45, 59.

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Übertragung von Erbschaften

der Erbschaft, die dem Sklaven ausgesetzt war.798 Julian treibt den Fall auf die Spitze, indem er annimmt, dass der Sklave von einem Erstschädiger tödlich verwundet wird, dann in der Zwischenzeit zum Erben eingesetzt und anschließend von einem Zweitschädiger getötet wird. Hier haftet der Erstschädiger nur auf den Wert des Sklaven, der Zweitschädiger auch auf den Wert der Erbschaft.799 Eine Werterhöhung des Sklaven zeigt sich weiterhin bei der actio furti und der condictio furtiva: Der Dieb, der semper in mora esse videtur, haftet auf den Wert der dem Sklaven ausgesetzten Erbschaft, wenn der gestohlene Sklave stirbt, bevor der Herr ihn anweisen konnte, die Erbschaft anzutreten.800 Dass diese Wertsteigerung auch bei einem Verkauf des Sklaven Berücksichtigung fand, folgt aus einer Aussage Maecians: D. 29,4,28 pr. Maecianus libro quarto fideicommissorum Si servum heredem institutum dominus, qui ipse rogatus fuerat fideicommissum praestare, priusquam adire iuberet, vendiderit, praestare id debet, cum per pretium servi hereditatis quoque aestimationem consequatur.

Maecian im vierten Buch über Fideikommisse Wenn der Herr, der selbst gebeten worden war, das Fideikommiss zu leisten, seinen als Erben eingesetzten Sklaven verkauft hat, bevor er ihn anwies, die Erbschaft anzutreten, so muss er es leisten, weil er durch den Kaufpreis für den Sklaven auch den Wert der Erbschaft erhält.

Wenn ein fremder Sklave als Erbe eingesetzt worden war, so konnte dessen Herrn ein (Erbschafts‑)Fideikommiss auferlegt werden, wodurch er gezwungen wurde, die Erbschaft oder einen Teil davon an einen Dritten herauszugeben. Vermächtnisse konnten ihm dagegen nicht auferlegt werden.801 Der Grund dafür liegt in der Strenge des Zivilrechts: Legate können nur zu Lasten des Erben selbst ausgesetzt werden, Fideikommisse dagegen zu Lasten jeder Person, die einen Vermögenswert aus der Erbschaft erhält. Daher müsste der Herr des Sklaven auch im hier vorliegenden Fall das Fideikommiss leisten, obwohl er nicht selbst Erbe wird, sondern nur vermittelt über seinen Sklaven den Nachlass erhält. Die Besonderheit des vorliegenden Falles, den auch Julian gleichermaßen behandelt,802 liegt aber darin, dass der Herr den Sklaven vor Erbantritt an einen Ner.-Ulp. 18 ad ed. D. 9,2,23; G. 3,212; dazu Below, in: Festschrift Lewald, S. 15ff.; Rodger, in: Festschrift Daube, S. 289ff. 799 Iul. 86 dig. D. 9,2,51 pr.–2. Zum Text auch Nörr, Causa mortis, S. 186f. 800 Ulp. 37 ad ed. D. 47,2,52,28; dazu Fargnoli, Riv. dir. rom. 2 (2002) 327ff. 801 UE 25,10; Pap. 9 quaest. D. 30,11; Ulp. 1 fideic. D. 32,1,6. 802 Parallelfall bei Iul. 39 dig. D. 30,94,1. 798

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Liquiditätsverschaffung

Dritten verkauft. Nun bestünde an sich die Situation, dass der Dritte, der die Erbschaft erhält, wenn er dem Sklaven den Antritt befiehlt, das Fideikommiss nicht leisten müsste, weil es nicht ihm auferlegt worden ist. Der Herr des Sklaven wäre aber ebenfalls nicht dazu verpflichtet, weil er die Erbschaft nicht erhalten hat. In dieser Situation entscheiden die Juristen aber nicht nach formalen Kriterien, sondern interessengerecht: Der Herr muss das Fideikommiss immer dann leisten, wenn er etwas aus der Erbschaft erhalten hat. Und nach Maecian hat der Herr durch den Verkauf des Sklaven auch den Wert der Erbschaft erhalten (hereditatis aestimationem). Damit zeigt sich eindeutig, dass sich die Erbeinsetzung eines Sklaven auch bei einem Verkauf entsprechend preiserhöhend auswirkte. Erwähnt werden soll, dass nach einer von Pedius geäußerten Ansicht der Wert der dem Sklaven ausgesetzten Erbschaft nicht in jedem Zusammenhang Berücksichtigung fand: D. 35,2,63 pr. Paulus libro secundo ad legem Iuliam et Papiam ... sed nec heredem post mortem testatoris institutum servum tanto pluris esse, quo pluris venire potest, Pedius scribit: est enim absurdum ipsum me heredem institutum non esse locupletiorem, antequam adeam, si autem servus heres institutus sit, statim me locupletiorem effectum, cum multis causis accidere possit, ne iussu nostro adeat: adquirit nobis certe cum adierit, esse autem praeposterum ante nos locupletes dici, quam adquisierimus.

Paulus im zweiten Buch zur lex Iulia et Papia ... Aber auch der nach dem Tod des Erblassers zum Erben eingesetzte Sklave ist nicht um soviel mehr wert, wie man ihn teurer verkaufen kann, schreibt Pedius. Es wäre nämlich widersinnig, dass ich, wenn ich selbst zum Erben eingesetzt worden bin, nicht bereichert bin, bis ich das Erbe antrete, dagegen sofort bereichert bin, wenn mein Sklave zum Erben eingesetzt ist, weil es viele Gründe geben kann, die verhindern, dass er auf unsere Anweisung hin das Erbe antritt. Sicherlich erwirbt er uns, wenn er antritt, jedoch wäre es vorschnell, uns als bereichert anzusehen, bevor wir etwas erworben haben.

Das vorliegende Fragment ist im Hinblick auf das Affektionsinteresse oft untersucht worden, wovon im hier nicht wiedergegebenen Anfang des principium die Rede ist. Der uns interessierende Teil, der die Erbeinsetzung eines Sklaven betrifft, ist dagegen in der Sekundärliteratur nicht erschöpfend untersucht worden. Schon der Sachverhalt ist unklar: Mommsen korrigiert den Wortlaut in sed nec post mortem testatoris heredem institutum servum.803 Er geht also davon aus, dass Ed. maior ad h.l. Ihm sind gefolgt, ohne nähere Begründung: Raber, in: Festgabe Herdlitczka, S. 197, 200; Willvonseder, in: Bellen/Heinen (Hrsg.), Fünfzig Jahre

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Übertragung von Erbschaften

zuerst der Sklave eingesetzt und dann der Testator verstorben ist. Der Text spricht jedoch von einer Erbeinsetzung nach dem Tode des Erblassers. Diesem scheinbar unmöglichen Sachverhalt scheint sich Mommsen verschlossen zu haben, obwohl er sich einfach erklären lässt: Im hier vorliegenden Fall geht es in Wirklichkeit um zwei Erbschaften. Erblasser A hat jemanden zum Erben eingesetzt und ist daraufhin verstorben. Der Erbe wird von den Vermächtnisnehmern zur Leistung der Vermächtnisse gedrängt und beruft sich auf den Quartabzug nach der lex Falcidia. Danach wird ein zur Erbschaft gehöriger Sklave (servus hereditarius)804 von einem anderen Erblasser B zum Erben eingesetzt – so erklärt sich die Wendung post mortem testatoris.805 Die Legatare berufen sich nun darauf, dass die Erbschaft des B den Wert der Erbschaft des A erhöhe und der Erbe folglich einen größeren Teil der Vermächtnisse auszahlen müsse. Pedius entscheidet aber zugunsten des Erben und stellt klar, dass dieser noch gar nicht bereichert worden ist, bevor der Sklave die Erbschaft des B angetreten hat. Dass die Vermächtnisnehmer überhaupt auf die Idee gekommen sind, die Erbaussicht des Sklaven wertsteigernd zu berücksichtigen, bestätigt den soeben aufgestellten Grundsatz, dass die Erbaussicht bei einem Verkauf im Allgemeinen berücksichtigt wird (siehe im Text: quo plus venire potest). Im vorliegenden Fall gilt nur aus dem Grunde etwas anderes, weil Pedius sich im Rahmen der FalcidiaBerechnung zu diesem Problem äußert.806 Die Falcidia wird immer bei Tod des Erblassers (hier also des A) berechnet,807 also zu einem Zeitpunkt, zu dem der Sklave noch gar nicht zum Erben eingesetzt worden war. Der Text ist somit dahingehend zu deuten, dass die Erörterung von Pedius zum Recht der lex Falcidia erfolgt ist808 und die Erbeinsetzung eines Erbschafts-

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Forschungen, S. 97, 105. Genauso auch die Übersetzung von Otto/Schilling/Sintenis, Bd. 3, S. 681; richtig dagegen Spruit et al. (Hrsg.) / Chorus / Pool, Bd. 5, S. 88. – Hulot, Bd. 5, S. 189, macht aus testatoris „son maître“, was den Sinn immerhin halbrichtig wiedergibt. Schon die Glosse weist auf den servus hereditarius hin, vgl. Gl. servum ad h.l. (Ausgabe Lyon 1593). Ebenso Suarez, in: Meerman, Thesaurus, Bd. 2, S. 45f. Die auch in den Basiliken gleich ist, Bas. 41,1,62: ε δ κα δλς µετ τελευτν τ διαθεµνυ γραϕ κληρνµς (Heimb. IV 116; Schelt. A V 1837), wie auch Mommsen anmerkt. Was für sich genommen anerkannt ist, vgl. Voorda, Ad legem Falcidiam, S. 185; Glück, Bd. 10, S. 346 Fn. 19. Unentschlossen Raber, in: Festgabe Herdlitczka, S. 199ff. Maec. 8 fideic. D. 35,2,30 pr.: ad heredis lucrum pertinent ... quae per servos adquisita sunt, ut ... legata hereditatesve his datae; Marcell. 22 dig. D. 35,2,56 pr.–1; Gai. 18 ad ed. prov. D. 35,2,73 pr.; dazu Suarez, in: Meerman, Thesaurus, Bd. 2, S. 46; Glück, Bd. 10, S. 346 Fn. 19. Raber, in: Festgabe Herdlitczka, S. 199ff., legt sich hier nicht fest.

Liquiditätsverschaffung

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sklaven (servus hereditarius) betrifft. Dem steht auch die Inskription nicht entgegen: Paulus schreibt hier zwar zur lex Iulia et Papia, konkret zur Berechnung des Wertes des Nachlasses von Ehegatten.809 Doch zitiert Paulus dieselbe Aussage des Pedius auch in anderem Kontext,810 sodass daraus kein Schluss gezogen werden kann. Justinian hat Pedius dann wieder in den ursprünglichen Zusammenhang zurückgeholt, indem er den Text in den Titel 35,2 einsortiert hat. Für ihn war, nach Abschaffung der Kaduzitätsgesetze, der paulinische Kommentar zur lex Iulia nur noch hinsichtlich der Falcidiaberechnung von Interesse. Für unsere Fragestellung ist bedeutsam, dass das gefundene Ergebnis keinen Einschränkungen unterliegt: Die Erbeinsetzung erhöht immer den Wert des Sklaven bei einem eventuellen Verkauf. Bei einer wirtschaftlichen Betrachtungsweise sind natürlich noch weitere Faktoren in Rechnung zu stellen: Die größte Wertsteigerung des Sklaven erfolgt nach dem Tod des Erblassers. Denn zu diesem Zeitpunkt kann der Verkäufer dem Käufer eine fast sichere Erwerbsposition verschaffen. Aber auch schon vor dem Tod des Erblassers ist eine gewisse Wertsteigerung durch die Erbeinsetzung realisierbar: Wenn jemand seinen zum Erben eingesetzten Sklaven verkauft, wird der Käufer berücksichtigen, welchen Wert die Erbschaft voraussichtlich zum Zeitpunkt des Todes des Erblassers haben wird, wie groß die Wahrscheinlichkeit ist, dass dieser sein Testament nicht ändert, und wie groß die Wahrscheinlichkeit ist, dass der Sklave ihn überlebt. Aus der Multiplikation dieser Faktoren ergibt sich die wirtschaftliche Wertsteigerung, die der Sklave auch schon vor dem Tod des Erblassers erfährt. Genau um die Realisierung dieser Wertsteigerung wird es nun bei der Erbeinsetzung des Sklaven und dem anschließenden Verkauf vor dem Tod des Erblassers gegangen sein: Wäre der Herr des Sklaven selbst zum Erben eingesetzt worden, so hätte er den wirtschaftlichen Wert seiner Erbaussicht vor dem Erbfall nicht realisieren können. Dadurch, dass sein Sklave statt seiner als Erbe eingesetzt ist, erhält er jedoch noch zu Lebzeiten des Erblassers den Wert der Erbaussicht, wenn er den Sklaven veräußert. Der Verkauf des Sklaven zu Lebzeiten des Erblassers, der de facto einen Vertrag über den Nachlass eines noch lebenden Dritten darstellt, ist somit wirtschaftlich unter dem Blickwinkel zu sehen, dass eine Erwerbsaussicht liquide gemacht wird. Die Möglichkeit des Erblassers, das Testament beliebig zu ändern, mindert den Wert des Sklaven freilich so sehr, dass ihn der Käufer nur mit erheblichem Abschlag erwerben wird. Daher konnte die Veräußerung des Sklaven zum Zwecke der Liquiditätsverschaffung zu Lebzeiten des Erblassers wohl nur ein Spekula Heineccius, Ad legem Iuliam, Opera omnia Bd. 6, S. 262; Suarez, in: Meerman, Thesaurus, Bd. 2, S. 46; Lenel, Palingenesia, Bd. 1, Sp. 1127 Fn. 2. 810 Paul. 2 ad Plaut. D. 9,2,33 pr. 809

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Übertragung von Erbschaften

tionsgeschäft sein. Doch waren die Römer bekanntlich auch Spekulationsgeschäften nicht grundsätzlich abgeneigt.

5. Zusammenfassung Auch ohne die Erbeinsetzung fremder Sklaven bietet das römische Erbrecht höchst vielseitige und flexible Gestaltungsmöglichkeiten. Die Erbeinsetzung von Sklaven erweitert diese aber noch einmal in wichtigen Bereichen, wobei vor allem die Möglichkeit hervorzuheben ist, auf diese Weise die Bestimmung des Erben einem Dritten, nämlich dem Eigentümer des Sklaven, zu überlassen. Damit konnten Bedürfnisse des Erblassers nach einer flexiblen Vermögensnachfolge befriedigt werden. Rechtlich interessant, aber praktisch weniger bedeutsam ist, dass durch die Veräußerung des zum Erben eingesetzten Sklaven eine mittelbare Übertragung der Delation ermöglicht wurde. Außerdem ermöglichte der Verkauf des Sklaven einen indirekten Vertrag über den Nachlass eines noch lebenden Dritten, der ansonsten sittenwidrig war. So konnte mit Erbaussichten spekuliert werden. Im dritten Teil der vorliegenden Untersuchung hat sich anhand zahlreicher Beispiele gezeigt, dass die Erbeinsetzung fremder Sklaven auch den Interessen ihrer Herren dienen konnte. Das rechtliche Phänomen der Erbeinsetzung von Sklaven kann nicht monokausal gedeutet werden, sondern erklärt sich aus vielen verschiedenen – wirtschaftlichen und rechtsimmanenten – Gegebenheiten. Mit schlichtem Vermögenserwerb für den Herrn hatte die Erbeinsetzung fremder Sklaven aber nichts zu tun. Vielmehr hing sie mit den Eigenarten des römischen Erbrechts zusammen, das zahlreiche Beschränkungen hinsichtlich der Erbeinsetzung und des Erbschaftsantritts kannte, etwa bei ungeborenen Kindern, unmündigen Kindern und bei der Erbeinsetzung von Geisteskranken. Den Interessen der Herren kam die Erbeinsetzung fremder Sklaven aber auch in den Fällen zugute, in denen sich so die Anwendung der erwerbsbeschränkenden Gesetze, vor allem der lex Iulia et Papia, vermeiden ließ. Schließlich konnte die Erbeinsetzung des Sklaven dem Herrn auch eine Vermögensposition verschaffen, über die er schon zu Lebzeiten des Erblassers verfügen konnte.

S chlusswort Die Vielschichtigkeit der Sklaverei in Rom gibt immer wieder Anlass, sie neu zu bewerten. Eine Untersuchung zur Stellung des Sklaven, der durch einen Dritten zum Erben eingesetzt worden ist, stellt einen Ausschnitt aus der historischen Wirklichkeit dar, der es ermöglicht, die Position begüterter Sklaven in der römischen Gesellschaft besser nachzuzeichnen. Dabei hat sich zunächst gezeigt, dass die Erbeinsetzung fremder Sklaven kein von der Erbeinsetzung freier Personen kategorisch zu unterscheidendes Phänomen ist. Vielmehr erfolgte die Erbeinsetzung von Sklaven häufig aus denselben Gründen, aus denen auch freie Personen eingesetzt wurden, nämlich wegen familiärer, freundschaftlicher oder beruflicher Verbindungen zum Erblasser. In diesen Fällen tritt der Sklave nicht in seiner Rolle als Sklave hervor, sondern als ein Mitglied der Gesellschaft, für das die sozialen Regeln freier Personen entsprechend gelten. Die Gemeinsamkeiten zwischen der Erbeinsetzung eines Freien und der Erbeinsetzung eines Sklaven können in bestimmten Fällen so weit gehen, dass auch der Sklave die ihm hinterlassene Erbschaft wie ein eigenes Vermögen erhält: Wenn der Erblasser die Erbschaft dem Sklaven selbst zukommen lassen möchte, fällt sie in sein Sondergut und sein Herr erhält darauf nur begrenzte Zugriffsmöglichkeiten. Die Erbeinsetzung eines fremden Sklaven lässt sich somit grundsätzlich ganz ähnlich verstehen wie die Erbeinsetzung einer freien Person. Dass diese Parallele nicht immer gesehen und die Erbeinsetzung eines fremden Sklaven oft nur als Begünstigung seines Herrn verstanden wurde, lässt sich zum einen aus der Quellenlage erklären. Denn die juristischen Quellen verraten nicht den sozialen Hintergrund der ihnen zugrundeliegenden Fälle und bilden so nur die halbe Wirklichkeit ab. Zum anderen ergibt sich eine Schwierigkeit in der Bewertung der Erbeinsetzung fremder Sklaven auch aus der historischen Entwicklung des römischen Rechts, das veraltete Strukturen nicht abschaffte, sondern nur durch neue Elemente ergänzte. Aus der altrömischen Eigentumsordnung folgte, dass alles Vermögen dem pater familias zugeordnet war. Als sich aber im Verlauf der Entwicklung der römischen Gesellschaft eine differenzierte, arbeitsteilige Wirtschaft herausbildete, änderten sich auch die rechtlichen Erfordernisse. Dadurch, dass die Individualität der einzelnen Familienmitglieder stärker hervortrat, entstand auch das Bedürfnis, Sklaven persönlich (letztwillige) Verfügungen zukommen zu lassen. Dieses Bedürfnis wurde von den Juristen unterstützt, allerdings nicht durch eine Rechtsänderung. Nach wie vor konnte formal nur der Herr fremde Nachlässe erwerben, doch bei materieller Betrachtung zeichnet sich ein ganz anderes Bild ab: Wenn es dem Willen des Erblassers entsprach, erhielt der Sklave selbst ein faktisches Eigenvermögen und die Ehre der Erbeinsetzung fiel ihm zu. Die überkommenen Rechtsregeln wurden zwar nicht abgeschafft, aber

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Schlusswort

so weit ausgehöhlt, dass man von faktischer Erbfähigkeit des Sklaven sprechen muss. Diese Entwicklung wird in den Rechtsquellen oft nicht abgebildet, was in der bisherigen Forschung zu unvollkommenen Deutungen des Erbrechts fremder Sklaven geführt hat. Die Erbeinsetzung fremder Sklaven ist aber nicht bloß ein Aspekt, der eine bessere Einschätzung der sozialen Rolle der römischen Sklaven-Oberschicht ermöglicht. Vielmehr ist die Thematik vor allem auch aus der Perspektive des römischen Erbrechts selbst bedeutsam, wo sie auffällig häufig in Erscheinung tritt. Der Ausgangspunkt für die besondere Rolle des Sklaven im Erbrecht ist seine rechtliche Doppelnatur als Sache und Person. Dies hat zur Konsequenz, dass die Erbeinsetzung eines Sklaven eine relative Verfügung ist, die mit Bezug auf verschiedene Personen erfolgen kann. Gilt die Erbeinsetzung dem Sklaven selbst, profitiert er davon. Gilt sie seinem Herrn, profitiert dieser, und die Rolle des Sklaven tritt bisweilen ganz in den Hintergrund, so beim Alimentslegat. Und wenn der Erblasser eine dritte Person begünstigen will, kann auch dieser Wille in bestimmten Fällen Wirkungen entfalten, so beim Dotalsklaven. In allen Fällen hat die Verfügung zugunsten des Sklaven also eine relative Wirkung, um dem jeweiligen Willen des Erblassers Genüge zu tun. Durch diese mehrdeutige Wirkung der Erbeinsetzung eines fremden Sklaven wird das System des römischen Erbrechts fortgebildet und überwindet einige inhärente Grenzen. Ohnehin hat sich das Erbrecht im Verlaufe der Zeit von einem starren zu einem flexiblen System entwickelt, doch ermöglicht die Erbeinsetzung eines fremden Sklaven noch weitergehende Gestaltungen, die auch die noch bestehenden rechtlichen Grenzen verschieben. Es lassen sich so Personen bedenken, die ansonsten überhaupt nicht eingesetzt werden könnten, etwa fremde ungeborene Kinder. Das Zusammenwirken von Herrn und Sklaven beim Erbantritt ermöglicht auch sehr flexible Gestaltungen des Erbantritts, die vor allem dann zum Tragen kommen, wenn der Herr unmündig oder geisteskrank ist. Die größte Dynamik aber bringt die Veräußerung des Sklaven vor Erbantritt mit sich, die es ermöglicht, die gesamte Erbschaft auf nichterbrechtlichem Wege auf einen Dritten zu übertragen. Auf diese Weise wurde versucht, Gesetze zu umgehen, den Wert der Erbschaft schon vor dem Erbfall zu erhalten und die Bestimmung des Erben einem Dritten zu überlassen. Im Ergebnis fallen durch die Erbeinsetzung eines fremden Sklaven somit zahlreiche Grenzen des römischen Erbrechts weg. Das traditionelle System des römischen Erbrechts wurde weiter flexibilisiert und damit praxisnah und interessengerecht fortgebildet. Für die Dogmatik des römischen Erbrechts haben sich die Rechtsfragen um den servus communis als besonders fruchtbar erwiesen. Die Debatte unter den römischen Juristen wurde hier vor allem im ersten Jahrhundert n.Chr. kontrovers geführt, verlor aber offenbar auch in späterer Zeit nicht ihre Anziehungskraft. Die facettenreichen Lösungen, die insoweit vertreten wurden, zeigen, dass die römi-

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schen Juristen das erbrechtliche System als Grundlage einer dynamischen und kreativen Jurisprudenz ansahen. Der Reiz der Thematik liegt zum einen in diesem neuen Blickwinkel auf das römische Erbrecht, zum anderen in dem Zusammenspiel der rechtlichen Regelungen und ihrer sozialen Funktionen, das den zeitlosen Erkenntniswert rechtshistorischer Forschung verdeutlicht.

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S achregister A Ablehnungsrecht (Vormundschaft) 19 Abwesenheit des Herrn 267ff. actio communi dividundo 160 actio de peculio 226, 228f. actio empti 86f., 283 actio familiae erciscundae 117 actio furti 298 actio iniuriarum 20 actio pro socio 158ff. actio redhibitoria 81f. actio rei uxoriae 213 aditio hereditatis → Erbantritt, cretio, pro herede gestio Adoption 227f., 252 adsignatio liberti 2353 Affektionsinteresse 299 Alimentslegat → Vermächtnis ambulat cum dominio 70, 75ff., 121, 294782 Analogie 254 Analphabetismus 164 Anfall – der Erbschaft → Delation – des Vermächtnisses → dies cedens Annuitätenlegat → Vermächtnis Anwachsung – bei Erbschaften 95, 105f., 108f., 114, 116, 118f., 129, 136ff., 277, 286ff. – bei Miteigentum 122, 143f., 148f. – bei Vermächtnissen 155, 157, 160409, 179f., 204 a pugione 239610 augusteische Ehegesetzgebung → lex Iulia et Papia Ausschlagung – Erbschaft 64f., 94, 102, 113 – Vermächtnis 179 Außenerben 28ff., 258665, 291

Automatische Kompensation bei Vermächtnissen 185, 189f. B Barkaufgedanke 89 Bedingung – bei Erbeinsetzung 28, 58, 72, 78, 94f., 100ff., 118, 128322, 139, 147, 195f., 199 – bei Schenkung von Todes wegen 221f. – bei Vermächtnis 16f., 76f., 202, 204, 210f. – Potestativ- → s. dort beneficium Traiani 284f. Bereicherungsverbot 83 bona fides 87ff. bona libertorum 21, 23ff. bonorum possessio 18, 24f., 39, 50, 56ff., 65, 74ff., 79, 251, 259f., 265f. – contra tabulas 18, 24f., 57, 251 – cum re 56145, 57 – decretalis 259, 265f. – ordinaria 259f., 266 – secundum tabulas 57f., 76 – sine tabulis 57 Bote 39, 64170, 65, 270f. Brief 39, 258, 268ff. Bürgerrecht 27, 30, 33, 71 C caelibes 32, 277, 280 capacitas 26, 29, 32ff., 55f., 70, 73, 123, 126, 278f., 285 certiorare 39 Chiasmus 110 codex accepti et expensi 227 commercium 30 concursus causarum lucrativarum 203502

Sachregister

condictio furtiva 298 coniunctio (Vermächtnis) 138, 177 contubernium / contubernalis 200, 235f. cretio 36, 43ff., 93, 125, 169f., 248, 257f., 260ff., 268ff. – certorum dierum 36, 269700 – libera 269 – simplex 269 – vulgaris 36, 248, 269700 crimen falsi 164 cura 264ff. D Damnationslegat 67177, 165, 176f., 180 Deduktion 2046, 68 Delation (Denunziation) 278 Delation (Erbanfall) 28ff., 34, 65, 68, 70ff., 79, 90, 116, 119f., 174, 246, 279, 286, 293f., 302 denegatio actionis 218 Deportation (Strafe) 164 Dienstbarkeiten 117, 182461, 207ff. Dienste der Freigelassenen → operae libertorum dies cedens legatorum 190, 203f., 206, 208f. donatio mortis causa 221ff., 280745 Doppelnatur des Sklaven → Sache und Person dos 200, 213f., 280745 Dotalsklave 213f., 304 Durchgangserwerb 53ff. E edictum successorium 59 edictum triplex 226 Edikt der kurulischen Ädilen 82 Ehescheidung 289 Eheverbote 251 Ehe von Freien 213f. Ehe von Sklaven → contubernium Ehre der Erbeinsetzung 17ff., 303 Eid 21f.

321 Eigenvermögen – des Hauskinds 52 – des Sklaven → Vermögensunfähigkeit des Sklaven Einheit des Erbantritts → semel adeundum Einsetzbarkeit → testamenti factio emancipatio 23, 77, 162, 251, 256, 293 Erbanfall → Delation Erbantritt 12, 16, 29, 33, 35–50, 61, 64f., 74, 80, 87f., 90, 92ff., 116f., 125f., 132, 134, 144, 170f., 174, 199, 209, 217, 230, 246, 248, 257–274, 278, 287, 298, 304 – durch cretio → s. dort – durch einen der Miterben 115–119 – durch pro herede gestio → s. dort – Einheit des → semel adeundum Erbantrittsfrist 36, 46, 64, 125f., 131, 170, 196, 246, 248 Erbausschlagung → Ausschlagung Erbaussicht 297, 300ff. Erbeinsetzung eigener Sklaven 8, 10 Erbenstellung des Herrn 23, 25, 239 Erbenstellung des Sklaven 11ff., 25, 38, 67, 174, 239 Erbfähigkeit 26ff., 70, 254 Erblasser, Sklaven als 233f., 239f. Erbrecht, Eigenart des 1, 8, 290 Erbrechtstheorie Bonfantes 15, 128322, 129 Erbschaftserwerb 50ff., 90, 126, 264 – Rechtsgrund des 130, 133 Erbschaftsfideikommiss → Fideikommiss Erbschaftsklage → hereditatis petitio Erbschaftssklave → servus hereditarius Erbschaftssteuer → vicesima hereditatium Erbschaftsvertrag → Vertrag über den Nachlass eines lebenden Dritten Erbteile → Miterben Erbunwürdigkeit 218ff., 295 Ersatzerbschaft / Ersatzerbe 14, 24, 39ff., 95, 101, 105f., 108ff., 113,

322

Sachregister

120, 127, 137ff., 146, 148, 172ff., 199, 246, 259, 288, 294 – wechselseitige 110ff., 113281, 288 Ersitzung 71, 117 Erwerbsfähigkeit → capacitas Erwerbsinstrument, Sklave als 19, 65, 151, 207–212, 223, 225, 230 Erwerbswille 61ff. extranei → Außenerben

Genehmigung (Erbschaftserwerb) 62f., 65, 74 Gesamterwerb durch servus communis 135f., 142, 152, 156, 162, 166f., 287 Gesamtrechtsnachfolge 195 Gesellschaft / Gesellschaftsrecht → societas Gesetzesumgehung 33f., 275–288 gesetzlicher Erbe 39ff., 46, 57, 291

F familia Caesaris 232–241 familiae emptor 57 Familie des Sklaven 234f. favor dotis 214 favor libertatis 185f. Fideikommiss / Fideikommissar 31, 62f., 69, 96ff., 128, 166, 182ff., 197ff., 215, 277, 280ff., 290ff. – Erbschafts- / Universal- 62f., 128, 215, 263680, 298f. – Freilassungs- 69, 96ff., 182, 184ff. – heimliches / tacitum 280ff. Fiskus 54, 105, 129, 134, 136, 218, 276, 278, 282ff. Folter von Sklaven 132 Forderungslegat → Vermächtnis fraus legis → Gesetzesumgehung Freiheitsprozess 49, 60160 Freikauf 150 Freilassung – des eingesetzten Sklaven 10, 34, 67ff., 78, 91, 103ff., 119f., 168ff., 173f., 195f., 203f., 208, 285f. – durch Fideikommiss → s. dort – ex testamento 8f., 31, 78, 143f., 148f. Freundschaft zwischen Sklaven 233f. Fruchtziehung 89 furiosi → Geisteskranke

H Hauserben 28, 30, 295 Hauskinder / -söhne / -töchter 20, 25, 35, 38, 44, 47, 50, 52f., 77, 94, 110, 115, 120, 164, 174, 196, 211, 220ff., 227f., 264, 295 heimliche Fideikommisse → Fideikommiss heredi a semet ipso legari non potest 155 hereditas iacens 58, 71f., 115, 118, 141, 196, 215 hereditas legitima 39, 59, 253, 256 hereditatis petitio 54, 57 heres ex iudicio testatoris 14, 26 heres necessarius → Zwangserbe heres scriptus 12, 14 heres voluntarius 150 herrschendes Grundstück 207f. honor institutionis → Ehre der Erbeinsetzung Honorarrecht → ius honorarium hypothetischer Kausalverlauf 90

G Geisteskranke 42, 263ff., 304 gemeinschaftlicher Sklave → servus communis

I imperium 48 impubes → unmündige Kinder in causa caduci 287 infans 260f. in integrum restitutio 49, 247 iniuria 20 in maiore minus inest 41 interdictum quorum bonorum 57 Interpolation 3077, 110, 150, 265689, 296793, 297795

323

Sachregister

Intestaterbe → gesetzlicher Erbe Irrtum 48, 146ff. iudicium testatoris → Wille des Erblassers ius capiendi 73f. ius civile 37, 50, 57, 65, 252f., 258f., 262, 290, 292 ius dominorum 53, 130ff., 287 ius honorarium 56–65, 252f., 256, 259f., 263, 267 ius imperandi 39 ius patrum 114, 287 iussum / iussus 35ff., 39–43, 48, 61, 65, 70, 74, 85, 93, 95, 124ff., 132, 143f., 169, 171, 237, 245f., 260ff., 287 J Juristische Sekunde 53, 204 K Kaduzität (lex Iulia) 34, 53, 55f., 110, 114, 129, 133ff., 277, 279, 282, 286ff., 301 Kautelarjurisprudenz → Testamentsklauseln Kinderlose → orbi Kodizill 179, 281 Kompilatoren 29f., 85, 89, 138348, 139, 166434, 169, 172 Konfusion 88, 157, 202 Konkubinat 251 Konsul 247 Konvaleszenz 149f. L Latini Iuniani 32f. Legat → Vermächtnis Leistungsinteresse 90 lex Aquilia 297f. lex Cornelia de falsis 69 lex Cornelia testamentaria 164 lex Falcidia 96ff., 153ff., 180ff., 300 lex Iulia et Papia 29, 32, 53ff., 105, 114, 129, 133f., 136, 200, 276–288

lex Iunia Norbana 32 lex Voconia 275 liber homo bona fide serviens 108, 212, 248 Liquiditätsverschaffung 297ff. M mancipium 51 mancipatio 272 manumissio → Freilassung manus 51f. media tempora non nocent 28, 30ff., 70ff. Miteigentum / Miteigentümer 86ff., 122–175, 182, 286f. Miterben 29, 39ff., 85ff., 97, 105ff., 112ff., 129, 132ff., 141f., 144f., 176f., 279, 284, 286ff. Mitgift → dos mutatio iuris 30, 32 N Nachfolgeplanung, erbrechtliche 293 nachgeborene Kinder → postumi Nachlass der Freigelassenen → bona libertorum Nachlassverbindlichkeiten 35, 120299 nemo alteri stipulari potest 171 nemo pro parte testatus pro parte intestatus decedere potest 127, 138, 152 Nießbrauch 209 nomina ipso iure dividuntur 86, 88 Nunkupation 57 O operae fabriles 21 operae libertorum 17, 21ff. operae officiales 2148 operarum promissio 21f. orbi 32, 277, 286 P pater familias 35, 51, 174, 220, 223, 227f., 303 patrimonium 225, 228

324 peculium 10, 53, 197, 225ff., 239, 260 – adventicium 53 – Zugriff des Herrn auf das 229 per extraneam personam nobis adquiri non posse 273 personale Bindungen 218, 231ff. Persönlichkeit des Sklaven 37f., 66, 99, 205f., 208, 210, 229 postumi 37f., 111ff., 250ff., 304 potestas 45, 49, 51ff., 174 Potestativbedingung 58, 107271, 290ff. Prätor 23, 46, 56f., 60f., 63, 65, 75, 125f., 196, 218f., 253, 259, 261f., 263680, 274 prätorisches Eigentum 51 prätorisches Erbrecht 56ff., 252f. Privatautonomie 120 Privatmeinung eines Juristen 161 procurator Caesaris 237, 278 procurator hereditatium 54f., 284 pro herede gestio 43ff., 93ff., 169, 262 Prokulianer 138, 157, 167 pro non scripto 163ff. proximus adgnatus 37, 255660 Prozessunfähigkeit des Sklaven 60f., 63, 126 Pupillarsubstitution 12ff., 41, 148ff. Q Quiritisches Eigentum 51, 149 R ratihabitio → Genehmigung Rechnungsbuch 227, 230 Rechtsbedingung 134338 Rechtsreflex 229 regula Catoniana 195f., 204 Reichsrecht 258664 res et persona (Sklave) → Sache und Person Reskript 52, 147, 167, 247, 264 ruhende Erbschaft → hereditas iacens ruptio testamenti 111

Sachregister

S Sabinianer 138, 157f., 167, 180 Sache und Person (Sklave) 1, 20, 66, 304 Sachmangel 81, 84, 212 Schadensberechnung 89, 298 Scheinehe 280 Scheinsklave → liber homo bona fide serviens Schenkung 81, 227, 232 – von Todes wegen → donatio mortis causa Schulliteratur 39 schwebende Erbschaft → hereditas iacens Selbstanzeige 284f. semel adeundum 100ff., 106, 108f., 113, 119 Senatusconsultum Claudianum 236 Senatusconsultum Libonianum 69, 164 Senatusconsultum Macedonianum 295789 Senatusconsultum Pegasianum 277, 282 Senatusconsultum Silanianum 132f. Senatusconsultum Trebellianum 2458, 62, 266690 servi Caesaris 232, 234ff., 239f. servi publici 232, 234ff. servulus 231 servus hereditarius 71f., 73194, 94241, 141f., 202, 215, 254, 300f. servus communis 53, 87, 121, 122– 175, 286ff., 304 – Gesamterwerb durch → s. dort Servituten → Dienstbarkeiten Sicherheitsleistung 58f. Simulation 48118 Sklavenehe → contubernium Sklavenerwerb 11, 17, 80, 84, 98, 107, 144, 156f., 159, 166f., 171, 180, 210, 272, 287 Sklavenhierarchie 237f. Sklavenrecht, Eigenart des 1, 8 societas 158ff., 295

Sachregister

Soldatentestament 147 Sondergut → peculium Spätklassik 49, 100, 151, 167, 187 Spekulationsgeschäft 301f. Speziessache 181, 188 spurii → uneheliche Kinder Statthalter 116, 268 Steuer auf Sklavenverkäufe → vicesima quinta venalium mancipiorum Steuerpächter 275, 284 Stilmittel der Juristen 30, 110 Stipulation 21f., 128f., 166, 171, 207ff., 260, 285 Strafen für Ehelosigkeit → caelibes Strafen für Kinderlosigkeit → orbi Strafen für verbotene Eheschließungen 54 Strafrecht 69, 164 Stumme – Freie 261ff. – Sklaven 44f. sui → Hauserben T tabularius 240 tempus deliberandi 125f. testamenti factio 26ff., 70, 73, 123, 126, 202f., 206f., 212, 279 Testamentsauslegung 77, 147, 166, 216f., 217541, 292 Testamentseinheit (Pupillarsubstitution) 150378 Testamentserrichtung 9, 28ff., 70ff., 149, 164, 196, 204, 254, 279, 289 Testamentseröffnung 29, 100, 132, 134f., 208, 224, 281 Testamentsklauseln 36f., 60, 199, 216f., 219, 268ff., 291f. Testamentsschreiber 69, 164f., 199 Testamentszeugen → Zeugen Testierfreiheit, Grenzen der 277f., 290ff. Tod des Sklaven 222f., 246, 260 Todesstrafe 164 traditio 87

325 trebellianische Restitution → Senatusconsultum Trebellianum tutela 19, 260 U Umgehungsabsicht 282 uneheliche Kinder 251ff. unmündige Kinder 257ff. Unverheiratete → caelibes Universalfideikommiss → Fideikommiss V Verkauf / Veräußerung des Sklaven 14, 67, 70ff., 79ff., 94, 208, 279, 283, 292, 297 Verkehrsgeschäft 283f., 286 Vermächtnis 2, 16, 18f., 46, 51, 73f., 76f., 80f., 96ff., 102, 123f., 128f., 138f., 150–168, 176–191, 197, 201–212, 218ff., 225, 227, 264, 269, 277f., 298, 300 – Ausschlagung → s. dort – automatische Kompensation → s. dort – bedingtes → Bedingung – per damnationem → Damnationslegat – per vindicationem → Vindikationslegat – von Alimenten 76f., 210ff. – von Forderungen 205 – von Grundstücken 154ff. – von Jahresleistungen 123f. – von Nießbrauchsrechten 209 – von Wegerechten 206ff. Vermögens(un)fähigkeit des Sklaven 195ff., 201–230, 232, 303 Vertrag über den Nachlass eines lebenden Dritten 294ff. Verwandtschaft, natürliche 200, 218 vicesima hereditatium 275f. vicesima quinta venalium mancipiorum 284 vindicatio caducorum 115, 283f.

326 Vindikationslegat 154, 178ff., 190 Vonselbsterwerb 64 Vormundschaft → tutela, cura Vulgarsubstitution → Ersatzerbschaft W Waisen 261 wechselseitige Ersatzerbeinsetzung → Ersatzerbschaft Wegerecht 206ff. Wertsteigerung durch Erbeinsetzung 91, 297ff. Wille des Erblassers 9, 13ff., 20, 25f., 46, 53, 77, 101f., 105f., 109, 113, 119f., 130, 137, 139, 145, 147, 180, 200, 202, 206f., 209, 211–225, 229f., 248

Sachregister

– hypothetischer 109, 147372 Witwen 37 Z Zeugen – für die cretio 43100 – für die Testamentserrichtung 273 Zivilrecht → ius civile Zivilrecht des Sabinus 8, 161 Zwangsausübung auf den Sklaven 45ff. Zwangserbe 24, 149f., 264 Zweckbestimmung bei Erbeinsetzung 81, 83, 90, 212ff., 216ff. Zwischenzeiten schaden nicht → media tempora non nocent

Q uellenregister I. Vorjustinianische Quellen Codex Gregorianus 14,1 52 Codex Theodosianus 2,21,2 280745 2,24,2 296794 8,18,1 44107 8,18,5 44107 8,18,8 44107 Fragmenta Vaticana 15 86226 55 209525 56 206–210 75,2 138352 75,3 158401 261 197493 Fragmentum Dositheanum (FIRA II, S. 617) 10 143366 Fragmenta de iure fisci (FIRA II, S. 627) 2 284753 Gai institutiones 1,28 71184 1,52 51130, 201498 1,55 51130 1,84–86 236598 1,91 236598 1,108 51130 1,116 51130 1,147 252f. 1,160 236598 2,85 201498 2,86ff. 51 2,86 51f. 2,87 11f.; 14, 51, 273715

2,88 51, 87228 2,91f. 212532 2,95 270 2,104 57149 2,117 217542 2,120 57149 2,152ff. 2866 2,152 3074 2,153 3074, 149374 2,164ff. 3074 2,165 3688, 246625, 269699 2,166 43101 2,167 125314, 149375, 196489 2,168 196489 2,170–172 3688, 246625 2,179ff. 3074 2,185ff. 3074, 51 2,185 7f. 2,186 195483 2,188 11f.; 14f. 2,189 43, 67f., 174, 197490 2,190 36 2,205 177455 2,229 290769 2,238 253649 2,241 250, 250637, 252645 2,242 252f. 2,251 62165 2,255 62164 2,267 94 3,41 200496 3,42 200495 3,61 2458 3,154 a 122304 3,167 124311, 273715 3,212 298798 3,222 2045

328

Quellenregister

Gai epitome 2,9,4 2250

5,12,3 219547 5,25,1 164423

Lex Romana Burgundionum 38,3 294786

Interpretatio ad Pauli sententias ad PS 3,4b,7 95

Appendices legis Romanae Wisigothorum 2,15 132334, 133336

Ulpiani epitome 1,18 143366 1,21 287762 16,2 54139 17,1 2968, 3384, 133, 136 19,18ff. 51129 19,21 212532 20,16 232585, 234 22,9 2765 22,10 140f. 22,13 67177 22,24 149374 22,28 43101 24,13 177455 24,22 155392 25,10 197491, 298801 27,4 2458

Pauli sententiae 1,17,1 117291 2,21a,14 236598 3,4b,7 8f. 3,4b,12 39f. 3,4b,13 262 3,4b,14 44f. 3,5,12a 132334, 133336 3,6,4 151f. 3,6,14 165428 4,1,19 206515 4,12,1 143366

II. Corpus Iuris Civilis Institutiones 2,7,4 143367 2,9 pr. 51129 2,9,3 201498 2,14 pr.–3 1010 2,14,1 67177 2,14,2 253653, 255658 2,14,3 87230, 124f. 2,15,4 147371, 237601 2,16,7 1419 2,19,4 2867, 30 2,19,7 262679 2,20,25 292778 2,20,28 253653 3,9 pr. 253653 3,23,3 80208 4,4,3 2045

Digesta 1,2,2,45 1838 1,3,29 280739 1,3,30 280739 1,6,2 49123 1,19,1,2 237, 239614 2,14,27 pr. 157399 4,2,21,5 48118 4,4,15 76198 4,8,21,9 157399 5,1,52,2 1838 5,2,6 pr. 253652 5,3,2 1213, 53135 5,3,51 pr. 266691 5,4,2 118 7,8,12,1 161414 8,3,5,1 157399 8,3,19 208522 8,4,1,1 207517

Quellenregister

9,2,23 298798 9,2,33 pr. 301810 9,2,51 pr.–2 298799 10,2,16,4 117290 10,2,25,18 117 10,3,6,4 157399 10,3,6,9 152383 11,1,3 43100 11,1,9,6 53135 15,1,4 pr. 228575 15,1,7,5 225f. 15,1,17 157399 15,1,19,1 214537f., 225562 15,1,49 pr. 229578 16,1,32,2 227571 16,3,1,31 126318 17,1,45,7 157399 17,2,3,2 295f. 17,2,52,18 157399 17,2,63,8 159 17,2,63,9 158–162, 158401, 165 18,1,57 pr. 161414 18,4,1 297 18,6,7 pr. 80208 19,1,13,13 81212 19,1,13,18 80f. 19,1,23 90 21,1,23,7 81213 21,1,23,9 82–84 22,1,38,8 86226 22,3,27 280745 23,2,30 280743 23,2,45 pr. 54139 23,3,65 213f. 24,2,11,2 54139 24,3,58 214537 25,2,1 161 26,2,28 pr. 19f. 26,7,9 pr. 260674 26,8,11 265 27,8,1,15 260674 28,1,16 pr. 26f. 28,1,16,1 264682 28,1,20,7 60160 28,2,14 pr. 112

329 28,2,25,1 252647 28,3,19 pr. 111, 112279 28,3,19,1 111ff. 28,5,1,2 262677 28,5,3 pr. 7f. 28,5,3,2 291f. 28,5,6,2 3077, 3279, 71–73 28,5,6,3 148 28,5,7 67177 28,5,23,2 290773 28,5,31 pr. 27 28,5,32 pr. 290771, 291776 28,5,33 100258, 106269 28,5,38,2 3991 28,5,38,5 84–90 28,5,39 85–90 28,5,40 85–90 28,5,41(40) 1213, 147372 28,5,42(41) 147371, 237 28,5,47(46) 196487 28,5,50(49) pr. 9f., 87232 28,5,50(49),1 28–32 28,5,51(50) pr. 31, 70 28,5,52(51),1 78 28,5,60(59) pr. 108, 212532 28,5,60(59),4 3077 28,5,60(59),5 107271 28,5,60(59),6 100258, 106, 118293 28,5,65(64) 250636, 253–255 28,5,69(68) 290772ff. 28,5,90(89) 92237, 141359 28,6,2,2 294786 28,6,2,4 150, 150378 28,6,3 13f., 68178 28,6,5 114, 288765 28,6,8,1 12ff., 25, 68178 28,6,10 pr. 116289 28,6,12 166433 28,6,18 148–150 28,6,30 138352 28,6,48 pr. 127, 137–139, 172f., 173450 28,7,19 292777 28,7,21 195f. 28,8,1 pr. 60160, 125f.

330 29,2,1 100257, 101 29,2,2 100256, 101, 109 29,2,3 109 29,2,5 pr. 262679 29,2,6 pr. 35, 40 29,2,6,1 35, 63168 29,2,6,2 35 29,2,6,4 47f., 48117 29,2,6,7 48f. 29,2,7 pr. 174 29,2,8 pr. 258665 29,2,8,1 258665 29,2,9 258665 29,2,10 100257 29,2,18 65173 29,2,21,2 95243 29,2,25,2 237600 29,2,25,4 3992 29,2,25,5 4196 29,2,25,11–13 40f. 29,2,26 1213, 92–94 29,2,30 pr. 247f. 29,2,30,1–6 3790 29,2,30,7 38 29,2,35 pr. 104266, 107ff., 112, 118ff. 29,2,35,1 94f., 108 29,2,35,2 94, 108 29,2,36 92–94, 272712 29,2,43 141360 29,2,45,1 213535 29,2,45,4 212532 29,2,47 42, 263681 29,2,50 258f. 29,2,52 pr. 4298, 264685 29,2,52,1 106269 29,2,53 pr. 100258, 116289 29,2,53,1 109275 29,2,62 264684 29,2,62,1 74f., 120299 29,2,63 263f., 264685 29,2,64 44105, 168–173, 264684 29,2,65 1418, 138349, 172– 175

Quellenregister

29,2,67

127–129, 136, 138f., 139356, 170441, 171 29,2,68 53137, 125314, 127, 130–136, 138f., 287 29,2,74,2 48, 48116, 212532 29,2,79 54–56 29,2,80 pr. 100256, 104–115, 118–121 29,2,80,1 104–115, 118–121 29,2,80,2 104–115, 118–121 29,2,80,3 67177, 100256, 103, 105–115, 118–121 29,2,81 116289, 120 29,2,82 33f., 73, 278–286 29,2,85 48118 29,2,86 pr. 247627 29,2,88 93240 29,2,90 pr. 265 29,2,93 pr. 39f. 29,2,93,1 262 29,2,93,2 44f. 29,4,1 pr. 46112 29,4,1,3 46f., 49 29,4,1,4 46113 29,4,5 246623 29,4,21 60159 29,4,24 pr. 258665 29,4,26 pr. 2043 29,4,28 pr. 298f. 29,5,3,18–28 132332 29,5,3,29 133336 29,5,5,2 132334 29,5,8,1 132334 29,5,13 132332 29,5,27 132 29,6,1,1 220548 30,11 298801 30,12,2 2765 30,16 pr. 165, 165428 30,34,1 177453 30,34,2 177 30,50 pr. 124311, 151380 30,53,2 176–178, 205

Quellenregister

30,75 pr. 291776 30,94,1 298802 30,99 178f. 30,101 pr. 179f. 30,103 281746 30,113 pr. 203504 30,114,10 67177 30,116,1 155392 30,123,1 281746 31,5 184f. 31,5,1 102262, 188478 31,20 138351, 155, 158400 31,34,2 237 31,40 179457 31,55,1 3383 31,59 179458 31,81 46111 31,82,2 3485, 202–206, 207 31,83 198–200, 234 31,84 69180 32,1,6 298801 32,11,7 291776 32,19 157399 32,21,1 206515 32,37,6 280745 33,1,4 73192, 124310 33,1,11 73f., 124, 124310 33,1,55,1 73194 33,3,5 207–210 33,5,11 138352, 158401, 162418, 165 34,1,10,1 69180 34,1,17 212530 34,3,16 157399 34,7,1 pr. 196484, 204509 34,8,1 164 34,8,5 166 34,9,2,3 296795 34,9,5,3 218–221, 223, 229 34,9,10 281f. 35,1,21 48, 48117, 134338 35,1,42 76–78, 210–212 35,1,44 pr. 16f. 35,1,44,3 16f. 35,1,64,1 277728

331 35,1,70 196487 35,2,1 pr. 97249, 154388 35,2,1,13 113281 35,2,21,1 96–98, 181–190 35,2,30 pr. 300807 35,2,33 185, 187 35,2,34 187474 35,2,35 189f. 35,2,36,3 185469, 185471, 190 35,2,49 pr. 153–168, 182461 35,2,56 pr.–1 300807 35,2,56,3 186f. 35,2,56,4 186–188 35,2,63 pr. 246623, 299–301 35,2,73 pr. 300807 36,1,17(16),4 128323 36,1,17(16),9 128323 36,1,17(16),10 128323 36,1,26(25),1 197f. 36,1,28(27),1 72187f., 215539 36,1,28(27),4 294786 36,1,36(35) 266690 36,1,57(55) pr. 2458 36,1,57(55),2 98252 36,1,59(57),2 292778f. 36,1,65(63),4 215f. 36,1,67(65) pr. 49121, 57148, 62f. 36,1,67(65),3 263680 36,2,14,3 67177 36,2,23 73193, 123f. 36,3,1,3 2560 37,1,3,1 56145 37,1,3,3 63169 37,1,7 pr. 57148, 60f. 37,1,7,2 259668 37,3,1 259670, 266691 37,3,2 262f. 37,4,1,2 251644 37,4,1,6 251643 37,4,1,8 251644 37,4,1,9 57147 37,5,3,2 18ff. 37,5,5,6 1838 37,6,1,21 294786 37,9,1,11 252646

332 37,9,1,12 252648, 253652 37,9,6 253652 37,11,1,8 3077 37,11,2,8 139353 37,11,2,9 57148, 58154, 75f. 37,11,3 253652 37,11,5 pr. 58152 37,11,6 58152 37,11,10 57148, 58f. 38,1,7,4 185470 38,1,7,6 2458 38,1,9 2148 38,1,22,1 1213, 21–23 38,1,29 2457 38,1,42 185470 38,1,47 185470 38,2,2,2 2457 38,2,3,10 2355 38,2,5 pr. 2356 38,2,5,1 2457 38,2,12,6 2457 38,2,12,7 2559 38,2,13 1213, 24f. 38,2,23,2 2458 38,4,1 pr. 2353 38,8,1,9 255661 38,9,1,1 64171, 65174 38,9,1,3 64f. 38,9,1,5 266691 38,9,1,14 57148, 59f. 38,13,1 220548 38,15,5 pr. 63168 38,15,5,1 264685 38,15,5,2 57148, 79 38,16,9 116289 38,17,2,11 266691 38,17,2,13 259669, 259670 39,1,5,5 134340 39,5,29,2 294786 39,5,30 295787 39,6,1 pr. 222555 39,6,2 221552 39,6,23 222–224 39,6,35,2 222555 39,6,44 224

Quellenregister

41,1,10,1 51129 41,1,18 141360 41,1,19 108, 212532 41,1,33,2 72187 41,1,37,1 152383 41,1,45 124311 41,1,54 pr. 212532, 271705 41,1,54,4 212532 41,1,61 pr. 72188 41,2,1,16 141360 41,3,44 pr. 248632 42,8,6,5 67177 43,2,1 pr. 57151 44,4,4,8 157399 44,7,16 72187 45,1,39 2251 45,1,107 196487 45,2,17 157399 45,3,1,4 128324, 152383, 171 45,3,4 126319 45,3,7,1 152383, 208522 45,3,17 208522 45,3,18 pr. 166433 45,3,26 209525 46,6,6 258665, 260674 47,2,52,28 298800 47,10,15,34–35 2044 48,10,14 162–167 48,10,14,1 158401, 163–167 48,10,22,3 69 49,14,2,6 285757 49,14,3 pr. 281746 49,14,3,2 283752 49,14,13,7 135 49,14,13,8 284f. 49,14,16 285758 49,14,40 pr. 281746 49,15,9 54139 50,16,70 1419 50,16,130 296791 50,16,140 136345 50,16,151 3280 50,16,203 227574 50,17,4 47f. 50,17,7 127321

333

Quellenregister

50,17,10 80208 50,17,51 282 50,17,79 282 50,17,107 60160 50,17,124 pr. 263680 50,17,124,1 266691 Codex 2,3,30 296794 2,3,30,3 296795 3,28,25 196487 5,12,30 pr. 213534 5,70,7,3 265687 6,9,1 63168 6,9,3 259669 6,9,7 pr. 259668 6,24,3 50124, 146–148 6,26,6 111, 113282 6,26,10 138352 6,30,4 50126 6,30,5 258665

6,30,6 116 6,30,7 116 6,30,17 169438 6,30,18 258664 6,30,20 100256 6,30,21 49122 6,30,21 pr. 217540 6,30,21,2 216–218 6,30,21,3 217f. 6,51,1,5 134338 6,51,2a 287761 6,51,3 165428 6,51,5 287761 7,7,1 150 7,7,1,1 143367 7,7,1,7 143367 7,23,1 197493 8,38,4 294786 8,46,3 52131 9,23,1 164424 9,23,6 164422

III. Byzantinische Quellen Basiliken 41,1,62 300805 47,3,44 224559 60,42,5 219547

Sch. 2 ad Bas. 47,3,44 Sch. 1 ad Bas. 60,41,14

Scholien zu den Basiliken Sch. 1 ad Bas. 47,3,44 224559

Theophilus, Paraphrasis Institutionum ad I. 2,20,26 253650

224560 165426

IV. Literarische Quellen Cassius Dio 54,16,7 280743 55,25,5 275720 55,32,2 228577 56,1–10 277728 56,1,2 278731 Cicero pro Caecina 17

227573

de inventione 2,21 127321 de legibus 2,46ff. 1736 epistulae ad Atticum 8,5,1 271708 11,2,1 273717 11,12,4 269702, 273717

334

Quellenregister

13,45,3 268698 13,46 43100, 267–273 13,46,3 269701 13,46,5 271707 13,47 268–273 13,50,2 273715 13,50,4 268694 14,10,3 268696

Sueton Iulius Caesar 27,1

231f.

Augustus 34,1 278731 34,2 280743 64,1 227570 65,1 227570

epistulae ad familiares 11,10 269702 13,56 268695 in Verrem 2,1,100 227571

Tiberius 15,2

Gellius noctes Atticae 20,1,23 275719 Historia Augusta Commodus 1,6

Seneca minor epistulae morales ad Lucilium 47,13 232584

227–229

Nero 10,1 278732

238607

Plinius minor epistulae 8,16 234592 8,18 196487

Otho 5,2

238603

Vitellius 6

196487

Tacitus annales 12,53 236598 15,19 280744

Seneca maior controversiae 7,6,3 2044

Velleius Paterculus 2,112,7 228577

V. Epigraphische Quellen L’Année épigraphique 1961,280 238f. 1971,534 239611 1985,143 233f., 239 Corpus Inscriptionum Latinarum VI 2307 235f. VI 2354 235596 VI 11390 236f.

VI 41118 VIII 7076

238f. 240

Dessau (Inscriptiones Latinae Selectae) 4980 235f. FIRA III Nr. 47

269699

335

Quellenregister

VI. Papyri P.Berol. 13942 P.Oxy. 635

238607 238607

PSI 1027

258664

VII. Neuzeitliche Gesetze Bürgerliches Gesetzbuch § 311b Abs. 4 295788 § 2065 Abs. 2 290770

§ 2079

113280

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Rechtsgeschichte EinE Einführung 4., ÜBERaRBEItEtE UNd ERGÄNZtE aUFLaGE (UtB 2299 S)

Die Rechtsgeschichte gliedert sich in zahlreiche Einzelfächer, wobei der Einteilung in Römisches und Deutsches Recht besondere Bedeutung zukommt. Diese Trennung scheint derzeit in Rückbildung begriffen zu sein. Das aus der Lehrpraxis entstandene Buch trägt dieser Entwicklung Rechnung. Das Standardwerk liegt jetzt in einer vierten überarbeiteten und ergänzten Auflage vor. Es eignet sich vorlesungsbegleitend für Studierende der Rechtswissenschaft und ist darüber hinaus für Historiker von großem Gewinn. Mit dieser Auflage liegt die „Rechtsgeschichte“ erstmalig im ePub-Format vor und kann auf geeigneten eReadern genutzt werden. 2011. 509 S. BR. 120 X 185 MM ISBN 978-3-8252-3603-8 (BUCH) | ISBN 978-3-8385-3603-3 (EBOOK)

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Die verstärkte Zusammenarbeit zwischen den Mitgliedern der Europäischen Union hat auch Auswirkungen auf den juristischen Unterricht und die juris­ tische Praxis ebenso wie auf das traditionelle Privatrecht. Dies sollte Anlass geben, nicht nur den Unterschieden, sondern auch den systematischen Ähn­ lichkeiten in den zivilrechtlichen Kodifikationen der EU­Mitgliedsländer nachzugehen. Die Autoren verfolgen mit ihrer Untersuchung drei Ziele: den Nachweis, wie groß – trotz scheinbarer Rechtsvielfalt – der Zusammenhang zwischen den unterschiedlichen westeuropäischen Rechtssystemen ist; die Gewichtung der rechtspolitischen Überlegungen, die den unterschiedlichen Kodifikationen zu Grunde liegen; und schließlich den Leser in einige Grund­ begriffe des kontinentalen »civil law« und des englischen »common law« ein­ zuführen und auf die gemeinsamen Traditionen mit dem kontinentaleuropä­ ischen Rechtssystem zu verweisen. Das Buch soll nicht nur im akademischen Unterricht Verwendung finden, sondern richtet sich zugleich an interessierte praktizierende Juristen. 2012. 537 S. Br. 170 x 240 mm. ISBN 978-3-205-78640-5

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