Septuaginta. Band 12,3: Psalmi Salomonis [1 ed.] 9783666534508, 9783525534502

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Septuaginta. Band 12,3: Psalmi Salomonis [1 ed.]
 9783666534508, 9783525534502

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SEPTUAGINTA VETUS TESTAMENTUM GRAECUM Auctoritate Academiae Scientiarum Gottingensis editum XII, 3

PSALMI SALOMONIS edidit

Felix Albrecht

VANDENHOECK & RUPRECHT

SEPTUAGINTA Vetus Testamentum Graecum Auctoritate Academiae Scientiarum Gottingensis editum

vol. vol.XII, XV 3 Psalmi Salomonis Jeremias · Baruch · Threni Epistula Jeremiae

Vandenhoeck & Ruprecht

Psalmi Salomonis Jeremias · Baruch · Threni Jeremias · Baruch · Threni Epistula Jeremiae Epistula Jeremiae edidit

Joseph Ziegler edidit

Joseph Ziegler Felix Albrecht 3. Auflage 3. Auflage 3. Auflage

Vandenhoeck & Ruprecht Vandenhoeck & Ruprecht

Bibliografische Information der Deutschen Bibliothek: Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.de abrufbar. © 2018, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Theaterstraße 13, D-37073 Göttingen Alle Rechte vorbehalten. Das Werk und seine Teile sind urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung in anderen als den gesetzlich zugelassenen Fällen bedarf der vorherigen schriftlichen Einwilligung des Verlages. Satz: Felix Albrecht

Vandenhoeck & Ruprecht Verlage | www.vandenhoeck-ruprecht-verlage.com ISBN 978-3-666-53450-8

Vorwort Die vorliegende Arbeit wurde im Sommersemester 2017 von der Theo­logischen Fakultät der Georg-August-Universität Göttingen als Dissertation angenommen; Erstreferent war Prof. Dr. Reinhard G. Kratz, Zweitreferent Prof. Dr. Dr. h.c. Hermann Spieckermann. Für die Drucklegung wurde sie geringfügig überarbeitet, wobei die mit kommentierenden Anmerkungen versehene deutsche Übersetzung der Psalmen Salomos, welche ebenfalls Teil der Arbeit war, separat erscheint. Besonderer Dank gilt Herrn Prof. Dr. Reinhard G. Kratz für die hervorragende Betreuung, Herrn Prof. Dr. Dr. h.c. Hermann Spieckermann für die Anfertigung des Zweitgutachtens, Herrn Prof. Dr. Reinhard Feldmeier und Herrn Prof. Dr. Christian Gastgeber (Wien) für die Bereitschaft, als Opponenten bei der Disputation (2017) aufzutreten. Herrn Prof. Dr. Feldmeier danke ich zudem für die langjährige Begleitung meiner Arbeit während meiner Zeit als Lehrstuhlassistent an der Georg-August-Universität Göttingen (2008–2014). Seit dem Jahr 2008 forsche ich an der Akademie der Wissenschaften zu Göttingen: Bis 2015 als wissenschaftlicher Mitarbeiter des Septuaginta-Unternehmens, seit 2015 zusätzlich im Rahmen des Akademievorhabens der Digitalen Gesamtedition und Übersetzung des koptisch-sahidischen Alten Testaments und seit 2016 als Koordinator der Kommission zur Edition und Erforschung der Septuaginta. Dank gilt allen bisherigen sowie derzeitigen Akademiekolleginnen und -kollegen, insbesondere aber dem ehemaligen Leiter des Septuaginta-Unternehmens, Herrn Dr. Bernhard Neuschäfer, für seine langjährige Begleitung und Förderung. Ganz besonders dankbar bin ich alsdann Prof. Dr. Chiara Faraggiana di Sarzana (Bologna) und Prof. Dr. Dr. Jan Dochhorn (Durham) für das entschiedene Interesse an meiner Arbeit, die vielen konstruktiven Gespräche und den stets anregenden Austausch. Zudem danke ich einer Reihe von Wissenschaftlern für die Unterstützung meiner Forschungsinteressen: Dem

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Vorwort

verehrten Prof. Dr. Dr. Dr. h.c. mult. Robert Hanhart (Göttingen), Prof. Dr. Anneli Aejmelaeus (Helsinki), Prof. Dr. Agamemnon Tselikas (Athen), Prof. Dr. Francesco D’Aiuto (Rom), Dr. Christian Förstel (Paris), Dr. Tobias Thum (München) und insonders meinem Bruder Lukas Albrecht (Kiel). Für Geduld, Ermunterung und klugen Rat danke ich meiner Frau Franziska Albrecht. Ihr und meiner Familie sei diese Arbeit gewidmet.

Göttingen/Helsinki im Sommer 2018

Felix Albrecht

Inhalt Vorwort . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . V Prolegomena . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1 Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11 A Die Textzeugen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13 I. Die griechische Überlieferung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13 1. Die griechischen Zeugen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13 2. Die Druckausgaben. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 29 3. Die Textproblematik im Griechischen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 34 3.1. Majuskelverschreibungen als Ursache von Variantenbildungen. 35 3.2. Kontextuelle Variantenbildungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 46 3.3. Fehlerhafte Satzabtrennungen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 47 3.4. Konjekturalkritik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 52 4. Charakter und Datierung der griechischen Überlieferung. . . . . . . . 80 4.1. Phonetik und Orthographie. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 81 4.2. Morphologie und Lexik. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 86 4.3. Syntax. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 123 4.4. Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 133 II. Die syrische Überlieferung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 134 1. Die syrischen Zeugen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 135 2. Die Druckausgaben. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 137 3. Die Textproblematik im Syrischen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 138 4. Charakter und Datierung der syrischen Übersetzung. . . . . . . . . . . . 142 4.1. Lexik. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 144 4.2. Übersetzungstechnik. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 153 4.3. Das sprachliche Verhältnis zu den syrischen Odae Salomonis . 161 4.4. Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 162 III. Das Stemma der Überlieferung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 163 1. Das Verhältnis von 769 zu 629 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 164 1.1. Gemeinsame Lücken . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 165 1.2. Gemeinsame Randlesarten. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 166 1.3. Korrektur der Notationen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 167 2. Das Verhältnis von 769 zu 336. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 168 3. Die Deszendenten von 260 (149 471 606 3004). . . . . . . . . . . . . . . . . . 170 4. Der stemmatische Ort der syrischen Überlieferung. . . . . . . . . . . . . . 175 5. Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 178

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Inhalt

B Die Textgeschichte. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 181 I. Die Frage nach der Abfassungssprache . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 181 II. Der Aufbau und die Struktur des Textes. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 183 1. Der Buchtitel sowie die Über- und Zwischenüberschriften. . . . . . . . 183 1.1. Buchtitel. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 185 1.2. Psalmenüberschriften. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 188 1.3. Das διάψαλμα der Schlusspsalmen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 191 2. Die Psalmensammlung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 191 3. Die Stichometrie. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 193 4. Die sekundären Gliederungsmerkmale . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 195 III. Zur Entstehungsgeschichte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 197 1. Die Ursprünge aus Hasmonäischer Zeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 198 2. Die Fortschreibung in Römischer Zeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 204 Exkurs: Das Verhältnis zur Sapientia Salomonis. . . . . . . . . . . . . . .210 3. Die Endredaktion in Herodianischer Zeit. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 212 4. Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 234 IV. Zur Überlieferungsgeschichte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 236 1. Die Kanonverzeichnisse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 238 2. Die byzantinische Überlieferung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 241 3. Das überlieferungsgeschichtl. Verhältnis zu den Odae Salomonis . . 251 V. Zur Wirkungsgeschichte. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 255 C Die Anlage des Apparates . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 260 D Orthographica. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 262 I. Majuskelverschreibungen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 263 II. Phonetisch bedingte Verschreibungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 265 III. Quantitätsvertauschungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 269 IV. Dittographie und Haplographie. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 270 V. Nomina sacra. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 272 VI. Iota adscriptum und Iota subscriptum. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 275 VII. Satzphonetisches. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 276 VIII. Sonstiges . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 279 E Zeichen und Abkürzungen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 280 F Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 284 Ausgabe des Textes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 329

Prolegomena

I Um die Zeitenwende blüht die salomonische Literatur.1 Die im Kontext der Septuaginta überlieferten 18 Psalmen Salomos sind ein Teil davon.2 In der überlieferten Textgestalt sind sie ein Dokument des palästinischen Judentums in historischer Nähe zum frühen Christentum, das vom Schicksal Jerusalems handelt und in der Erwartung eines Messias aus dem Hause Davids kulminiert. Der communis opinio zufolge wurden die Psalmen Salomos ursprünglich hebräisch verfasst, wobei die originalsprachliche Fassung verloren ging. Die hier vorgelegte textgeschichtliche Untersuchung zeigt indes, dass die Genese der Sammlung weitaus diffiziler ist als gemeinhin angenommen. Erhalten ist lediglich die griechische Überlie Aus der frühen Kaiserzeit rührt die Sapientia Salomonis; zur Datierung vgl. H. Spieckermann: Seelen, 143–144; ferner F. Albrecht: Weisheit, 12–13. Daneben erfolgte die Übersetzung der Proverbia Salomonis ins Griechische, wobei die salomonische Verfasserschaft, die in der hebräischen Fassung nur Teile des Textes betraf, auf die gesamte Schrift übertragen wurde; vgl. dazu und zur Datierung H.J. T hackeray: Poetry, 58–59. Kurz darauf dürften die griechischen Übersetzungen der mit Salomo assoziierten Bücher Ecclesiastes (vgl. Eccl 1 1: Ῥήματα Ἐκκλησιαστοῦ υἱοῦ Δαυίδ, βασιλέως Ἰσραὴλ ἐν Ἱερουσαλήμ) und Canticum (vgl. Cant 1  1: Ἆσμα ᾀσμάτων, ὅ ἐστιν τῷ Σαλωμών) entstanden sein; vgl. F. Albrecht: Bibelübersetzung, 213 mit Anm. 19. – Überdies ist bei den beiden nachgenannten parabiblischen Schriften salomonischer Zuschreibung ein Ursprung in der Kaiserzeit nicht auszuschließen: Zum einen beim Testamentum Salomonis; vgl. F. Albrecht/J. Dochhorn: Testamentum Salomonis. Zum anderen bei der Hygromantia Salomonis; vgl. S. Carroll: Analysis, 93–97, der annimmt, dass diese Schrift zwischen 165 v. Chr. und 135 n. Chr. vermutlich in Alexandria entstanden sein dürfte und in byzantinischer Zeit eine Überarbeitung erfuhr. – Einen guten Überblick zur salomonischen Literatur bietet alsdann insgesamt noch immer K. Preisendanz: Salomon. 2 Die folgenden Bibliographien resp. bibliographischen Übersichten erfassen die wichtigsten bisherigen Publikationen zu den Psalmen Salomos: J.L. Traf­ ton: Research; S. Brock u.a.: Bibliography, 132–134; C. Dogniez: Bibliography, 241–243; A. Lehnardt: Bibliographie, 357–363; G. Steins: Psalmoi Salomontos, 1907–1912; E. Bons/P. Pouchelle: Psalms of Solomon, 193–210. – Eine Einführung in die Schrift bietet: F. Albrecht: Psalmoi Salomontos; zur Überlieferung der Psalmen Salomos im Kontext der Septuaginta s.u. § B-IV „Zur Überlieferungsgeschichte“. 1

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ferung, die in ihrem ältesten, freilich kaum mit Sicherheit zu bestimmenden Kern, somit aber doch zumindest teilweise, auf hebräischer Vorlage beruht haben mag.1 Späterhin floss aus der griechischen Tradition eine syrische Übersetzung. Jene sehr spezielle Überlieferungslage, bei der im Unterschied zu den meisten Büchern der Septuaginta kein hebräischer Vergleichstext korreliert, macht die kritische Konstitution des Textes zu einer besonderen Herausforderung. Diese Herausforderung bedarf vorab einer näheren, der Edition vorauszuschickenden Erklärung. (I.). Alsdann soll der Aufbau der vorliegenden Arbeit in gebotener Kürze Erläuterung finden, um die Leserin und den Leser auf den Gang der weiteren Ausarbeitung einzustimmen (II.).

II Bei den Büchern der Septuaginta, die nicht genuin griechisch verfasst sind und deren Vorlage bekannt ist, beruht die kritische Konstitution des ältesten erreichbaren Textes – bedingt durch die Text- und Überlieferungsgeschichte der Septuaginta – auf drei Arbeitsschritten, die eng miteinander verbunden sind: 1.)

2.)

Die Herstellung des griechischen Textes aufgrund der griechischen Überlieferung, welche die Primärüberlieferung (griechische Handschriften), die Sekundärüberlieferung (Tochterversionen)2 und die Tertiärüberlieferung (patristische Zitate in griechischer und lateinischer Sprache) umfasst. Der Vergleich des griechischen Textes mit der hebräischen3 Überlieferung in Form der Primärüberlieferung (hebräische

Dies in seinen Einzelheiten darzulegen, wäre nicht Aufgabe einer textgeschichtlichen, sondern einer literarkritischen Untersuchung, deren Grundlage die vorliegende Edition erst zu schaffen wünscht. 2 Die Tochterversionen des griechischen Bibeltextes sind vor allem das Koptische (Sahidisch, Bohairisch etc.), das Lateinische der Vetus Latina, das Syrische, Armenische, Georgische, Arabische und Äthiopische. 3 Im Falle des Danielbuches tritt neben die hebräische zudem die aramäische Überlieferung. 1

Prolegomena

3.)

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Handschriften)1 und der Sekundärüberlieferung (Tochterversionen).2 Das Verhältnis des Griechischen zum Hebräischen muss aufgrund einer Analyse der Übersetzungstechnik erfasst werden: Die Übersetzungsweise tendiert von wörtlicher bis hin zu frei interpretierender Wiedergabe der Vorlage. Die Bestimmung der griechischen Rezensionen (jüdisch und christlich) und Ausscheidung derselben.

Im Falle der Psalmen Salomos sind einerseits die quantitative Breite (A) und andererseits die qualitative Güte (B) der Überlieferung beschränkt:

(A) In quantitativer Hinsicht hat sich die Ausgabe den überlieferungsgeschichtlichen Umständen entsprechend auf die griechische Überlieferung zu konzentrieren, die aus der griechischen Primärüberlieferung (griechische Handschriften) und der griechischen Sekundärüberlieferung (syrische Tochterversion) besteht.3 Eine griechische Tertiärüberlieferung und die hebräische Überlieferung fehlen, ebenso wenig lässt sich eine griechische Rezensionstätigkeit nachweisen (s.u. II). Was die griechische Überlieferung betrifft, liegen mehrere Editio­ nen vor, doch beschränken sich diese nahezu ausnahmslos auf die griechische Primärüberlieferung, da die syrische Überlieferung erst später entdeckt wurde.4 Einzig die Edition von Robert B. Wright beansprucht, einen kritischen Text unter Berücksichtigung des Syri Die hebräische Primärüberlieferung umfasst nicht nur den Masoretischen Text, sondern auch den Proto-Masoretischen Text. 2 Die Tochterversionen des hebräischen Bibeltextes sind vor allem das Lateinische der Vulgata, das Syrische der Peshitta und das Aramäische der Targumim. Eine Sonderstellung nimmt der Samaritanische Pentateuch ein, der keine Version, sondern eine Parallelüberlieferung ist. 3 Zum Charakter der syrischen Überlieferung als Tochterversion des Griechischen und nicht als Tochterversion des Hebräischen siehe die ausführliche Erörterung in § A-II-4 „Charakter und Datierung der syrischen Übersetzung“. 4 Zu den Editionen des griech.Textes s.u. § A-I-2 „Die Druckausgaben“. 1

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schen zu bieten, vermag diesem Anspruch aber nicht gerecht zu werden.1 Für die syrische Überlieferung fehlt zu allem Übel eine kritische Ausgabe.2 Was im Wesentlichen vorliegt, ist eine diplomatische Edition, die dezidiert nicht den ältesten erreichbaren Text der syrischen Überlieferung, sondern nach den Regeln der Leidener Peshitta-Ausgabe einen Einzelzeugen präsentiert.3 Hier ist inskünftig grundlegende editorische Arbeit zu leisten.

(B) In qualitativer Hinsicht lässt die Güte der Überlieferung sehr zu wünschen übrig. Der Text der biblischen Schriften des griechischen Alten und Neuen Testaments wurde mehrfach überarbeitet. Für die meisten kanonischen Bücher sind Spuren einer solchen Überarbeitung nachweisbar.4 Sie sind mit den Namen Origenes, Hesych und Lukian verbunden. Diese Überarbeitungen resp. Rezensionen waren unterschiedlich motiviert: Während Origenes einen philologisch gesicherten Text für die Bibelexegese zu erarbeiten suchte, scheinen Hesych und insbesondere Lukian auf die Herausgabe des Bibeltextes für kirchliche resp. liturgische Zwecke bedacht gewesen zu sein.5 Für die deuterokanonischen Bücher ist eine Überarbeitung nur bedingt nachweisbar, die parabiblischen Schriften sind gänzlich davon ausgenommen: Je geringer das kanonische Ansehen einer Schrift war, desto geringer ist auch die Wahrscheinlichkeit, dass eine maßgebliche Ausgabe jener Schrift die Überlieferung homogenisierte, wie es im

Vgl. dazu F. Albrecht: Notwendigkeit, und § A-I-2 „Die Druckausgaben“. Trafton, 17; 18; passim spricht ungeachtet des editionsphilologischen Unterschieds von einer kritischen Edition Baars, obwohl es sich um eine diplomatische handelt: „Baars has edited a new critical edition of the Syriac“ (ebd., 20). 3 Zu den Editionen des syr. Textes s.u. § A-II-2 „Die Druckausgaben“. 4 Eine Sonderstellung nimmt der Pentateuch ein. 5 Die Rezension Hesychs wird freilich kontrovers diskutiert; vgl. F. Albrecht: Hesychius, und Ders.: Überlieferung. 1 2

Prolegomena

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Falle der kanonischen Bücher Alten und Neuen Testaments die antiochenische Ausgabe tat.1 Der Einfluss der Arbeit des Origenes am griechischen Bibeltext ist kaum zu überschätzen: Lukian etwa scheint schlechterdings von Origenes abhängig. Eine Sonderstellung hinsichtlich ihrer Bearbeitung durch Origenes nehmen die genuin griechischen Bücher der Septuaginta ein, etwa die Sapientia Salomonis: Eine rezensionelle Beeinflussung ist nahezu ausgeschlossen, und so ist davon auszugehen, dass Origenes – wohl aufgrund der nicht vorhandenen hebräischen Vorlage – dieses Buch unbearbeitet ließ.2 Das Gleiche gilt mit hoher Wahrscheinlichkeit auch für die Psalmi Salomonis: im Rahmen In der neutestamentlichen Textüberlieferung ist die antiochenische Ausgabe im sog. Mehrheitstext aufgegangen; in der Textüberlieferung der Septuaginta beruht sie auf der Rezension des Lukian; vgl. F. Albrecht: Bibelübersetzung, 239–243 („Lukian und die lukianische Rezension“). Eine kritische Edition der spätantiken Ausgabe des antiochenischen Septuagintatextes zu 1–4Regn und 1–2Par liegt vor in: N. Fernández Marcos/J.R. Busto Saiz: 1–2 Samuel; Dies.: 1–2 Reyes; Dies.: 1–2 Crónicas. Zur antiochenischen Ausgabe vgl. ferner den Sammelband von S. Kreuzer/M. Sigismund: Text, der verschiedene Forschungs­ positio­nen zum antiochenischen Text des Alten Testaments vereint. 2 Bereits beim Sirachbuch ist Ziegler skeptisch, dass sich die von ihm herausgearbeitete origeneische Rezension auf Origenes selbst zurückführen lasse; vgl. J. Ziegler: Bearbeitung, 181. Diese Skepsis ist m. E. in weitaus stärkerem Maße bei der Sapientia Salomonis angebracht, für die Ziegler das Vorhandensein einer hexaplarischen resp. origeneischen Rezension ausgehend vom Sirachbuch postuliert: Im Sirachbuch erkennt Ziegler diese Rezension in der vielfach mit Ra 253 zusammengehenden Syrohexapla (vgl. J. Ziegler: Bearbeitung). Da beide Textzeugen auch in der Sapientia Salomonis vertreten sind, postuliert Ziegler kurzerhand auch für diese eine solche Rezension; und zwar unter der Annahme, dass sich die Verhältnisse des Sirachbuches übertragen ließen, vgl. J. Ziegler: Sapientia Salomonis, 50. Zu Recht bemerkt er jedoch, dass die Konvergenz beider Zeugen in der Sapientia Salomonis bei weitem geringer als im Sirachbuch ausfällt: „Es können aber viele Fälle genannt werden, wo 253 Sonderlesarten hat, die Syh nicht kennt, und umgekehrt.“ (ebd., 54). Allein schon diese Unklarheiten gemahnen zur Vorsicht, wenn es um die Sonderrolle von Ra 253 in den Psalmen Salomos (s.u. S. 8, Anm. 2) und um die Frage nach dem textgeschichtlichen Stellenwert jenes Zeugen in den Libri sapientiales geht; denn immerhin konstatiert J. ziegler: Sapientia Salomonis, 53: „253 ist hexaplarisch. Somit haben wir für die Libri sapientiales eine griechische Handschrift, die für die Rückübersetzung der 1

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der griechischen Überlieferung ist ein rezensioneller Einschlag nicht nachweisbar, mehr noch, die Überlieferung mutet verwildert an1, eine frühe Diorthose des griechischen Textes – etwa durch die Hand des Origenes2 oder Lukians3 – scheint ausgeschlossen.

III Im Aufbau orientiert sich die Einleitung am bewährten Aufriss der Göttinger Editio critica maior, nicht ohne darüber hinaus zwei Besonderheiten aufzuweisen, die dem eigentümlichen Charakter der Syrohexapla unschätzbare Dienste leistet; sie erfüllt die gleiche Aufgabe wie 88 für die prophetischen Schriften.“ 1 Zur tiefgreifenden Korruption des Textes s.u. § A-I-3 „Die Textproblematik im Griechischen“ und § A-II-3 „Die Textproblematik im Syrischen“. 2 Eine Sonderrolle nimmt Hs. Ra 253 nicht nur im Sirachbuch und in der Sapientia Salomonis ein (s.o. S. 7, Anm. 2), sondern auch in der Überlieferung der Psalmen Salomos, da Ra 253 einen der beiden Hauptarme der von Hyparchetyp γ derivierenden griechischen Primärüberlieferung repräsentiert (s.u. § A-III „Das Stemma der Überlieferung“). Auch scheint dieser Textzeuge am deutlichsten das ursprüngliche, hellenistische Sprachgewand der Psalmen Salomos bewahrt zu haben (s.u. § A-I-4 „Charakter und Datierung der griechischen Überlieferung“). Insofern böte Ra 253 den deutlichsten Anhaltspunkt für eine etwaige origeneische Bearbeitung der Psalmen Salomos. Doch fehlt die ältere Überlieferung, von der sich eine solche Bearbeitung abhöbe und textkritisch abheben ließe. Angesichts der insgesamt schmalen Bezeugung der Psalmen Salomos wäre ein solches Postulat also kaum mehr als Spekulation, geschweige denn besäße es Tragweite. 3 Die von Isac Leo Seeligmann angedeutete Nähe zur lukianischen Rezension beruht auf einem Missverständnis. Seeligmann bemerkt dazu: „Hedley goes even further in pointing out that the codices which follow the Lucianic recension, often stand by themselves in avoiding errors of later transmissions; moreover, the text of Lucian preserves readings which were found in the first century, or earlier, in Josephus, the New Testament and in the Psalms of Solomon.“ (R. Han­ hart/H. Spieckermann: Seeligmann, 42). Hier hat Seeligmann die Bemerkungen Hedleys missverstanden; denn P.L. Hedley: Investigation, 64, spricht im Rahmen seiner Ausführungen zur lukianischen Rezension lediglich davon, dass sich in den Psalmen Salomos Anklänge des bereits in vorchristlicher Zeit ins Griechische übersetzten kanonischen Psalters fänden.

Prolegomena

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Psalmen Salomos geschuldet sind: Zunächst ist die Beschreibung der sprachlichen Eigenart der griechischen Überlieferung vor dem Hintergrund der Frage ihrer Datierung in der Betrachtung der Textzeugen (§ A) besonders gewichtet. Überdies ist die Textgeschichte (§ B) integraler Bestandteil der Einleitung. Schließlich weist auch die Ausgabe des Textes eine Besonderheit gegenüber den bisherigen Göttinger Ausgaben auf, insofern das Griechische des Apparats durchgehend akzentuiert ist.

Einleitung

A Die Textzeugen I. Die griechische Überlieferung

1. Die gr iechischen Zeugen Die vorliegende Ausgabe der Psalmen Salomos beruht auf den folgenden vom Septuaginta-Unternehmen kollationierten Minuskelhandschriften: 253 Rom, Biblioteca Apostolica Vaticana, Codex Vaticanus gr. 336, ff. 122v–136v; Pergamenths., ineunte XII. Jh.; das Hexasophion und die Psalmen Salomos enthaltend; Sigel bei vGebhardt: R.1 — Einzelne Besitzvermerke aus dem frühen XV. Jh. geben Hinweis auf die Provenienz der Hs. „aus dem Orient oder aus Griechenland“.2 Vom Septuaginta-Unternehmen im Jahr 1955 auf Grundlage historischer Photographien kollationiert.3 260 Kopenhagen, Kongelige Bibliotek, Codex Hauniensis Gamle Kongelige Samling 6 ff. 170v–183v; Pergamenths., exeunte Zu Ra 253 vgl. E. Klostermann: Analecta, 17–29, bes. 18; vGebhardt, 25–27; A. Rahlfs: Verzeichnis, 249; R. Devreesse: Codices 330–603, 8–9. Vgl. ferner zu dieser Hs. als Teil des „Fondo Antico“ der Vaticana K. Choulis: Treatments, bes. 151 mit Anm. 32. – Rahlfs und Devreesse datieren die Hs. ins XI. Jh.; vGebhardt hingegen richtiger ins XI.–XII. Jh. (a.a.O. 26). Die am unteren Seitenrand auffällig stark ausfallenden Buchstabenunterlängen legen m. E. eine Datierung in das frühe XII. Jh. nahe. 2 vGebhardt, 27; vgl. dazu R. Devreesse: Codices 330–603, 8–9. – Die Notizen finden sich: f. 39v (Familiennotizen des Besitzers zum Jahr 1413); f. 40r (Familiennotizen des Besitzers zum Jahr 1419); f. 40v (Wirtschaftsnotizen, paläographisch zu datieren „um 1400“; so P. Schreiner:Texte, 247–248 [Nr. 50], hier: 247). 3 Rahlfs hat die Hss. der Vaticana nach eigenen Angaben „in Rom im März und April 1909 aufgenommen“ (A. Rahlfs: Verzeichnis, 247); Die Kollation des Septuaginta-Unternehmens beruht auf historischen, vor 1955 entstandenen Schwarz-weiß-Aufnahmen im Format 29,0 × 21,5 cm; aus derselben Aufnahmeserie dürften die Photographien der Hss. 88; 108; 245; 248 (2) stammen. 1

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X. Jh.; illuminierte Prachths. in sog. Perlschrift; das Hexasophion (teils mit Katene oder Kommentar) und die Psalmen Salomos enthaltend; Text in zwei Kolumnen geschrieben. Sigel bei vGebhardt: H.1 — Die Hs. war ursprünglich Teil der berühmten „Bibel des Niketas“ (Ra 90; Ra 719 + Ra 260).2 Die Provenienz des heute in Kopenhagen befindlichen Teils dieser prunkvollen Bibelausgabe lässt sich über Venedig und den Peloponnes nach Konstantinopel zurückverfolgen.3 Vom Septuaginta-Unterneh Zu Ra 260 vgl. J. Erichsen: Udsigt, 13; C. Bruun: Aarsberetninger III, 25–30; C. Graux: Rezension zu Bruun, 291–293; Ders.: Rappor t, 233–236; vGebhardt, 14–15; A. Rahlfs: Verzeichnis, 91; B. Schartau: Codices, 51–54. Eine Studie zur Ecclesiastes-Katene dieser Hs. hat überdies A. Labate: Catena, x–xi, vorgelegt. — vGebhardt und Rahlfs datieren die Hs. ins X.–XI. Jh. Mit Cavallo ist die Hs. als Teil der „Bibel des Niketas“ (s.u. mit der folgenden Anm.) ins letzte Viertel des X. Jhs. zu datieren; vgl. H. Belting/G. Cavallo: Bibel, 11; vgl. B. Schartau: Codices, der Beltings und Cavallos These offensichtlich nicht zu kennen scheint, aber ähnlich datiert: „10. Jh. (2. Hälfte–Ende)“ (ebd. 51). 2 Zur „Bibel des Niketas“ vgl. H. Belting/G. Cavallo: Bibel, welche die Zusammengehörigkeit der drei Hss. erstmals erkannt und beschrieben haben. Von Cavallo ist dieser Zusammenhang paläographisch und kodikologisch, von Belting kunsthistorisch begründet worden. Die Zusammengehörigkeit dieser drei Hss. ist inzwischen anerkannt; vgl. J.H. Lowden: Interpretation, 560 („This is entirely convincing.“). Da die Zusammengehörigkeit der drei erhaltenen Teilhandschriften der „Bibel des Niketas“ der älteren Forschung unbekannt war, sind die Datierungen der Teilhandschriften (Ra 90 bei Rahlfs ins XI. Jh. datiert, vgl. A. Rahlfs: Verzeichnis, 65; Ra 719 bei Rahlfs ins IX./X. Jh. datiert, vgl. ebd, 297) entsprechend ins X. Jh. zu korrigieren. – Die genaue Rekonstruktion der „Bibel des Niketas“ vermag indes in der von Belting und Cavallo vorgeschlagenen Weise kaum zu überzeugen. Siehe dazu ausführlich § III.2 „Die byzantinische Überlieferung“. 3 Die Hs. trägt f. 232r mehrere Besitzvermerke. Der erste Vermerk lautet: Τὸ παρὸν βιβλίον ἦν ποτε Νοταρᾶ τοῦ Λουκᾶ ἀπό τινος Καλοθέτου· νῦν δὲ Γεωργίου τοῦ Καντακουζηνοῦ, γέγονεν δὲ μετὰ τὴν τῆς πατρίδος ἅλωσιν ἐν Σμεντορόβω τούτω; vgl. B. Schartau: Codices, 53;A. Rahlfs: Verzeichnis, 91. In Konstantinopel befand sich die Hs. demnach zunächst im Besitz des Joseph Kalothetus (XIV. Jh.); zu Joseph Kalothetus vgl. D.G. Tsamis: Ἰωσὴφ Καλοθέτου Συγγράμματα, 21–26. Alsdann gelangte sie in den Besitz des Lukas Notaras (1402–1453), Dux von Konstantinopel; zu Lukas Notaras vgl. PLP 20730. Zur Bibliothek des Lukas No1

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men im Jahr 1955 auf Grundlage historischer Photographien kollationiert.1 Autopsie der Hs. im Jahr 2011. — Antigraphon für Ra 149 (s. dort). 336 Mönchsrepublik Athos, Ἱερὰ Μονὴ Ἰβήρων, Codex Athonensis Iviron 555, ff. 227r–245v; Textlücke durch Verlust von zwei Blatt zwischen f. 233 u. f. 234 (PsSal 514b–812a); Textabbruch mit

taras gehörte u.a. Cod. Vat. gr. 1231 = Hs. Ra 687 (A. Rahlfs: Verzeichnis, 260– 261), eine Pergamenthandschrift des XII. Jhs., die sich im Besitz der Tochter des Lukas Notaras, namentlich Anna Notaras, befand und denselben Besitzvermerk wie Hs. Ra 260 trägt. Jene Hs. gelangte später in den Besitz des Kardinals Antonius Carafa. Dass sich im Besitz des Kardinals Carafa auch Cod. Vat. gr. 1233 befand, eine Papierhandschrift des XVI. Jhs., die den Kommentar des Matthaeus Kantakuzenus zur Sapientia Salomonis enthält, ist ein interessanter Zufall; vgl. dazu Rahlfs a.a.O., 261. Der zitierte Vermerk weist überdies darauf hin, dass sich die Hs. schließlich im Besitz des Georgius Palaeologus Kantakuzenus (fl. 1430–1460) befand, der ein Enkel des Matthaeus Asanes Kantakuzenus (ca. 1325 – 1391, gestorben in Μυστράς auf dem Peloponnes) war und in Καλάβρυτα auf dem Peloponnes eine Bibliothek besaß; vgl. D.M. Nicol: Family, 176–179, bes. 178. Georgius Palaeologus Kantakuzenus siedelte im Jahr 1460 in die Venezianische Hafenstadt Ναυπλία über (so A.T. Papadopulos: Versuch, 94 [Nr. 186] mit Verweis auf Georgios Sphrantzes, Chronicon XL,8 [ed./ ÜS R. Maisano: Sfranze, 162–163; = IV,19 ed./ ÜS I. Bekker: Phrantzes, 406–407]; vgl. XXXIX,6–7 [ed./ ÜS R. Maisano: Sfranze, 154–155; = IV,16 ed./ ÜS I. Bekker: Phrantzes, 390–391]; anders D.M. Nicol: Family, 179); zu Georgius Palaeologus Kantakuzenus vgl. PLP 10959. Von dort dürfte die Hs. nach Venedig gelangt sein, wo sie zunächst dem Mönch Urbano da Belluno (1443–1524) gehörte und schließlich in den Besitz des venezianischen Klosters San Nicolò überging; zu Urbano vgl. A. Adler: Urbano; O.L. Smith: Urbano. Auch dies ist in der Hs. vermerkt: Οὐρβανοῦ τοῦ μοναχοῦ τοῦ ἁγίου Νικόλεω τῶν Ἑνετιῶν, ἀνδρὸς οὐκ ἀδόξου, ἀλλὰ τῶν γραμματικῶν τάχ’ ἂν ἀρίστου καὶ λαμπροτάτου; vgl. B. Schartau: Codices, 53; O.L. Smith: Urbano, 58 mit Anm. 11;A. Rahlfs: Verzeichnis, 91. Im Jahr 1699 wurde die Hs. von Fr. Rostgaard in Venedig erworben. Sie befand sich 1726 zunächst im Besitz des Grafen Christian Danneskjold Samsø. Im Jahr 1732 wurde sie in die „Alte Königliche Sammlung“ (Gamle Kongelige Samling) aufgenommen. 1 Die Kollationen des Septuaginta-Unternehmens beruhen auf historischen Schwarz-weiß-Aufnahmen im Format 24,0 × 17,5 cm, die vor 1955 entstanden sind.

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PsSal 184b, d.h. Verlust von PsSal 185–12;1 Papierhs., XIV. Jh., Kopist Δημήτριος Ῥωμανίτης (fl. 1336–1346 vel 1352)2, von dessen Hand ff. 179r–327v stammen; das Hexasophion und die Psalmen Salomos enthaltend, gefolgt von drei Scholiensammlungen (Scholia in Eccl, in Cant, in Prov) und drei patristischen Texten; Text stichisch geschrieben. Sigel bei vGebhardt: J.3 — Schrift und Schreiber lassen Zypern als Provenienz der Hs. erkennen. Vom Septuaginta-Unternehmen im Jahr 1955 auf Grundlage historischer Photographien aus dem Jahr 1929 kollationiert.4 Autopsie der Hs. im Jahr 2010. Im Falle des Hexasophions ist Ra 336 aufs Engste mit Ra 728 (Venedig, Biblioteca Nazionale Marciana, Cod. Venetus Marcianus gr. I 13 [Collocatio 1010, Castellani 55, olim Nanii 6]; Pergamenths., XI. Jh.)5 verwandt (vgl. J. Ziegler: Iob, 11–12). Detlef Fraenkels Angaben zufolge, die der Akademie der Wissenschaften zu Göttingen als Rohmanuskript der bislang unveröffentlichten Fortsetzung der Neubearbeitung des Rahlfs’schen Handschriftenverzeichnisses vorliegen, teilen beide Handschriften eine gemeinsame Majuskelvorlage. Da Ra 336 die Psalmen Salomos im Anschluss an das Sirachbuch bietet, ist zu vermuten, dass auch die heutzutage am Schluss unvollständige Hs. Ra 728 am

Im Anschluss an PsSal 18 4b folgt unmittelbar Sir 33 (36) 1–13a unter der Überschrift εὐχή; vgl. R.B. Wright/R.R. Hann: Fragment. 2 Zu Δημήτριος Ῥωμανίτης, der als Lektor (ἀναγνώστης) auf Zypern wirkte, vgl. RGK 1A, 72 (Nr. 100); RGK 3A, 76–77 (Nr. 174); PLP 91774 (ersetzt PLP 5285); ferner M. Vogel/V. Gardthausen: Schreiber, 107 (Δημήτριος ἀναγνώστης). 3 Zu Ra 336 vgl. vGebhardt, 28–29; S.P. Lambros: Catalogue II, 169–170 (Nr. 4675); A. Rahlfs: Verzeichnis, 13. Vgl. ferner G. Bady/N. Tchernetska: Témoin, zu Ra 336 als einer von drei direkten Zeugen der Scholia in Prouerbia des Evagrius Ponticus (CPG 2458.4); zu den Scholia in Ecclesiasten dieses Zeugen (CPG 2458.5) vgl. P. Géhin: Commentaire, 189–192; Ders.: Scholies à l’Ecclésiaste, 29–30. 4 Die Photographien dieser Hs. wurden von August Möhle und Paul Rahlfs im Jahre 1929 vor Ort angefertigt vgl. F.Albrecht: Handschriftenakquisitionen, 358. 5 Zu Ra 728 vgl. G.L. Mingarelli: Codices, 4; C. Castellani: Catalogus, 108–110 (Hs. Nr. 55); A. Rahlfs: Verzeichnis, 303. E. Mioni: Codices I/1, 18–19. Die Hs. war ursprünglich Teil der Bibliotheca Naniana und fand mit dieser im Jahr 1796 Aufnahme in die Marciana; vgl. M. Zorzi: Collezioni, 97. — Ra 728 enthält palim­ psestierte Seiten (u.a. f. 331r–v; 333r–v Minuskelschrift als scriptura inferior), die nicht in den Katalogbeschreibungen (und auch nicht von M.R. Formentin: Palinsesti 1980; Dies.: Palinsesti 2008) erwähnt werden. 1

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Ende die Psalmen Salomos bot.1 Die Online-Datenbank „Pinakes“ gibt interessanterweise den Hinweis, die Hs. enthalte im Rahmen der Libri poetici der Septuaginta: „Iob, Prouerbia, Canticum, Sapientia, Psalmi Salomonis“.2 Die Hs. enthält jedoch ff. 321v–336v die Sapientia Salomonis und im Anschluss daran ff. 336v–337r den Sirachprolog sowie ff. 337r–361v das mit f. 361v abrupt abbrechende Sirachbuch, also nicht die Psalmen Salomos. Bereits der Katalog der Bibliotheca Naniana von 1784 beschreibt die Hs. als unvollständig und an der nämlichen Stelle endend.3

769 Athen, Μουσεῖο Μπενάκη, Codex Benaki Museum 5, ff. 1r–11v, olim Mönchsrepublik Athos, Ἱερὰ Μονὴ Μεγίστης Λαύρας, Codex Athonensis Lavra Θ 70, ff. 294r–304v; Papierhs. ohne Wasserzeichen, XI. Jh. (zur Datierung s.u.). Sigel bei vGebhardt: L.4 — Die Psalmen Salomos bilden heute den Codex Benaki Museum 5 im Umfang von elf Folios; einst waren diese Blätter Teil des Codex Athonensis Lavra Θ 70, der als Miszellaneenhs.5 ursprünglich fünf Teile enthielt: (1) ff. 1–28 einen vorgebundenen ersten Teil aus dem XIV./XV. Jh. (2) ff. 29–285 eine Psalmenkatene, abgeschlossen durch die Subskription ἐτελειώθη μηνὶ νοεμβρίῳ ιε ἰνδικτιῶνος τεσσαρισκαιδεκάτησι ἔτους ,ςφξθ (= 15.11.1060).6 (3) ff. 286– 293 die Oden der Septuaginta mit Randkommentar zur ersten Ode. (4) ff. 294–304 die Psalmen Salomos. (5) ff. 305–311 Die Hs. endet mit f. 361v und bricht mitten im Text von Sir 35 24b [32 28b] ab. Zu Hs. Ra 728 als ehemaliger Zeugin der Psalmen Salomos s.u. § B-IV („Zur Überlieferungsgeschichte“). 2 „Pinakes“ (http://pinakes.irht.cnrs.fr), abgerufen am 1.3.2017. Laut „Pinakes“ befinden sich die besagten Libri poetici der Septuaginta auf ff. „281v–337“ [sic!]. 3 Vgl. G.L. Mingarelli: Codices, 4 (Hs. Nr. VI). 4 Zu Ra 769 vgl. vGebhardt, 29; A. Rahlfs: Verzeichnis, 20, hier (irrtümlich) als Nr. „1485 (Θ 70)“ geführt; L. Mariès: Aurions-nous, 56–57; Ders.: Commentaire (1924), 107–116; Spyridon/S. Eustratiades: Catalogue, 142 (Nr. 932 = Θ 70); J.-M. Oliv ­ ier: Commentarii, xviii–xxii; E. Lappa-Zizeka/M. Rhizu-Kurupu: Κατά­ λο­γος, 19 mit Abb. 4.; R. Ceulemans: Rezension zu J.-M. Auwers, 506–508. — Die Beschreibung bei R.B. Wright: Psalms, 23–24, ist stark fehlerhaft; vgl. dazu F.Al­ brecht: Notwendigkeit, 116. 5 Zum Phänomen der Miszellaneenhss. vgl. insgesamt E. Crisci/O. Pecere: Codice; zur Problematik und Methodik ihrer Katalogisierung vgl. P.Andrist: Going. 6 Vgl. J.-M. Olivier: Commentarii, xxi. 1

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den Canticum-Kommentar des Kyrill v. Alexandrien (vgl. CPG 5205.4). Die letzten drei Teile wurden aus dem Lavra-Kloster gestohlen, wobei der vierte Teil mit den Psalmen Salomos 1923 über Sophronios Eustratiades in den Besitz des Benaki Museums gelangte.1 Die Psalmen Salomos wurden vom Septuaginta-Un Die älteste Beschreibung der Hs. stammt von Alexandros Lauriotes und ist auf den 5.5.1892 datiert; sie beschreibt die Hs. im Umfang von 310 Blatt und erwähnt den desolaten Zustand: „ἔστι δὲ τῆς ἀρχῆς καὶ τοῦ τέλους ἐλλειπές, τῶν φύλ­λων ἐκπεσόντων“; A. Lauriōtēs: Ἀναγραφή. Ebendieser Lauriotes hat die Hs. für vGebhardt kollationiert; vgl. vGebhardt, 29: „Herr Alexandros hatte die Güte, mir durch Vermittlung Phil. Meyer’s eine vollständige Collation der Psalmen Salomo’s in dieser Hs. nach dem Hilgenfeld’schen Texte zur Verfügung zu stellen.“ (Diese Angabe ist von J.-M. Olivier: Commentarii, xviii mit Anm. 33, dahingehend missverstanden worden, dass er glaubte, Meyer selbst hätte die Kollation vorgenommen). Auch A. Rahlfs: Verzeichnis, 20, beschreibt die Hs. als vollständig. Allerdings macht Rahlfs konkrete Folio-Angaben zu den einzelnen Teilen der Hs. und schlägt eine gegenüber Lauriotes abweichende Datierung ins XIV. Jh. vor (die Angabe jedoch mit Fragezeichen versehen). Diese Informationen können nur auf Karl Dieterich beruhen, von dem bekannt ist, dass er im Laufe des Jahres 1911 eine Reihe von Lavra-Hss. für das Septuaginta-Unternehmen beschrieben hatte; vgl. A. Rahlfs: Verzeichnis, 16; F. Albrecht: Handschriftenakquisitionen, 330 mit Anm. 4; 331 mit Anm. 10; R. Ceulemans: Rezension zu J.-M. Auwers, 507–508. Als Heinrich Jantsch im Herbst 1911 die Hs. konsultierte und photographierte (derselbe Jantsch besorgte für McCown im Sommer 1914 Photographien der Hs. des Testamentum Salomonis aus dem Athoskloster Dionysiou, vgl. C.C. Mc C own:Testament, 10 mit Anm. 1), bemerkte er das Fehlen der letzten drei Teile; vgl. L. Mariès: Commentaire (1924), 109. Diese Teile scheinen also im Laufe des Jahres 1911 entwendet worden zu sein; vgl. R. Ceulemans: Rezension zu J.-M. Auwers, 508. Merkwürdigerweise tauchte der Teil mit den Psalmen Salomos über Sophronios Eustratiades auf, der für den 1925 erschienenen Katalog der Lavra-Hss. verantwortlich zeichnete. Das Sonderbare daran ist, dass jener Katalog, der für die Hs. einen reduzierten Umfang von 285 Blatt benennt, in seiner Beschreibung auffallend kurz und in dreierlei Hinsicht ungenau oder nachgerade falsch ist: (1) Die Größenangabe enthält einen auffälligen Fehler, insofern die Hs. als deutlich größer beschrieben wird. (2) Die Spätdatierung der Hs. ins XV. Jh. ist nur für den vorgebundenen ersten Teil zutreffend. (3) Gänzlich unerwähnt bleibt der Verlust am Ende der Hs.; es findet sich lediglich der Hinweis, dass die Hs. am Anfang unvollständig („φ. 285 ἀκέφ.“) sowie insgesamt unleserlich und mottenzerfressen („δυσανάγνωστος καὶ σητόβρωτος“) sei; vgl. 1

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ternehmen im Jahr 1956 auf Mikrofilmgrundlage kollationiert; eine Autopsie des Athener Teils erfolgte 2009, eine Prüfung des Athonitischen Teils auf Mikrofilmgrundlage 2016.1 — Antigraphon für 629 (s. dort). Zur Datierung: Lauriotes und vGebhardt datieren die Hs. ins XII. Jh.2, Richard mit Fragezeichen ins XIII. Jh.3, Rahlfs mit Fragezeichen ins XIV. Jh.;4 Harris und der Katalog der Lavra-Handschriften geben für den Athonitischen Teil der Hs. das XV. Jh. an.5 Die neueren Kataloge folgen – m. E. zu Recht – der Subskription des Cod. Athon. Lavra Θ 70 (f. 285v) und datieren die Hs. in das Jahr 1060.6 Insgesamt besteht in der Forschung jedoch eine anhaltende Kontroverse darüber, wie Ra 769 zu datieren sei. Die Problematik ist kodikologisch und pa-

Spyridon/S. Eustratiades: Catalogue, 142 (Nr. 932 = Θ 70). Es hat m. E. ganz den Anschein, als hätte hier jemand die Spuren verwischen wollen, um die Zusammengehörigkeit zu den verlorenen Teilen zu verschleiern. Auf alle Fälle gelangte der Teil mit den Psalmen Salomos am 3.9.1923 über Sophronios Eustratiades in den Besitz des Benaki Museums; vgl. E. Lappa-Zizeka/M. Rhizu-Kurupu: Κατά­ λογος, 19. 1 Der Mikrofilm des Codex Benaki Museum 5 wurde dem Septuaginta-Unternehmen in den 1950er Jahren vom IRHT in Paris zur Verfügung gestellt, wie hsl. vermerkt ist („Den Mikrofilm erhielt das Septuaginta-Unternehmen durch freundliche Vermittlung des Abbé Marcel Richard vom Institut de Recherche et d’Histoire des Textes in Paris.“). Vom Athonitischen Teil besitzt das Septuaginta-Unternehmen hingegen keinen Mikrofilm; der mit der Nr. 769 versehene Mikrofilm enthält fälschlicherweise eine Reproduktion des Codex Athonensis Lavra Κ 198, ff. 293v–305r (Spyridon/S. Eustratiades: Catalogue, 259 (Nr. 1485 = Κ 198). Die Angaben im Kollationsheft, p. 8, sind entsprechend fehlerhaft: „früher: Athos Λαύρα 1485 (Θ 70)“. — Ein Mikrofilm des Athonitischen Teils, der im Jahr 1951 von Marcel Richard angefertigt wurde (vgl. M. Richard: Rapport [= M. Richard: Opera III, Nr. 73], 75. 78; J.-M. Olivier: Commentarii, xviii mit Anm. 29), befindet sich im IRHT zu Paris und konnte dort vom Vf. dankenswerterweise im Jahr 2016 konsultiert werden. 2 Vgl.A. Lauriōtēs: Ἀναγραφή; vGebhardt, 29. 3 Vgl. M. Richard: Rapport (= M. Richard: Opera III, Nr. 73), 75. 78. 4 Vgl.A. Rahlfs: Verzeichnis, 20. 5 Rendel Harris in Mitteilung an Louis Mariès, vgl. L. Mariès: Commentaire (1924), 109; Spyridon/S. Eustratiades: Catalogue, 142. 6 Vgl. A. Tselikas: Δέκα αἰῶνες, 18 mit Abb. Δ; N. Oikonomidès: Support, 416 mit Vorverweis auf J.-M. Olivier: Commentarii; E. Lappa-Zizeka/M. Rhizu-Ku­ rupu: Κατά­λογος, 19.

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läographisch vielschichtig1, und zudem dadurch erschwert, dass ein autoptischer Vergleich beider Hss.-Teile derzeit unmöglich scheint.2 (I.) In kodikologischer Hinsicht ist zunächst das Papier als Schreibmaterial für eine Hs. des XI. Jhs. bemerkenswert: Die Hs. gilt daher als eine der ältesten bekannten datierten griechischen Papierhss.2 Für die Frühzeit ist insbesondere arabisch-orientalisches Papier belegt, so dass prima facie anzunehmen wäre, dass ein solches vorliege.3 Le Léannec-Bavavéas’ gründliche Analyse des Papiers der Benaki Hs. hat jedoch gezeigt, dass aufgrund der Faserstruktur ein frühes arabisch-orientalisches Papier auszuschließen ist.4 So ergeben sich zwei Möglichkeiten: Zum einen könnte ein spätes arabisch-orientalisches Papier vorliegen6, Die Problematik ist insgesamt vergleichbar mit der Diskussion um die Datierung der Prager Platon-Handschrift (Cod. Pragensis Lobcovicianus VI Fa. 1), eine Pergamenths., deren Datierungsvorschläge vom XI.–XV. Jh. reichen. Vgl. N. Wilson: Manuscript, der sich gegen eine Frühdatierung ausspricht, ebenso wie J. Irigoin: Datation, der die Hs. ins XIV.–XV. Jh. setzt. 2 Abschließende Klarheit würde nur ein direkter Vergleich der beiden erhaltenen Handschriftenteile geben. Das Papier des Athonitischen Teils von Ra 769 ist bislang nie kodikologisch untersucht worden. Eine genaue Untersuchung des Papiers der Athener Hs. konnte der Vf. vornehmen, während die wiederholten Versuche, den Athonitischen Teil der Hs. im Lavra-Kloster einzusehen, scheiterten. 2 Vgl. M. Maniaci: Codicology, 190–192, hier: 190: „the first dated examples are Sinai, St Catherine, Sin. ar. 116 […] and two Athos codices, Iviron 258, 1042/1043 and Lavra Θ 70, 1060“; vgl. M.L.Agati: Libro, 87. 3 Zu orientalischem und okzidentalischem Papier vgl. J. Irigoin: Papiers orientaux; P. Canart u.a.: Papiers non filigranés; zur generellen Verbreitung von Papierhss. vgl. J. Irigoin: Manuscrits, 201–202, der für das orientalische Papier den Verbreitungszeitraum XI.–XIV. Jh. annimmt und ein Aufkommen des okzidentalischen Papiers im XIII. Jh. sieht (eine Ausnahme bildet freilich das arabisch-okzidentalische Papier spanischer Fabrikation, das Irigoin beim Abfassen seines Artikels im Jahr 1950 noch unbekannt war; dazu s.u. S. 21, Anm. 1); vgl. ferner N. Oikonomidès: Support, bes. 390; beim wasserzeichenlosen Papier unterscheidet J. Irigoin: Papiers non filigranés, 299, vier Arten (nunmehr unter Berücksichtigung des arabisch-okzidentalischen Papiers spanischer Fabrikation): (1) arabisches Papier aus dem Orient, (2) arabisches Papier aus dem Okzident, (3) spanisches Papier nach der Reconquista (1492), (4) italienisches Papier des XIII. Jhs. vor der Erfindung des Wasserzeichens. 4 M.-T. Le Léannec-Bavavéas: Un papier, 307, schließt anhand der Faserstruktur explizit aus, dass es sich um ein frühes orientalisches Papier handeln könnte. 6 Vgl. M.-T. Le Léannec-Bavavéas: Un papier, 308, mit dem Hinweis, das Papier weise Ähnlichkeiten zu orientalischen Papieren des XIII. Jhs. auf. 1

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zum anderen aber – und zu diesem Schluss gelangt Le Léannec-Bavavéas mit dem Hinweis auf die Subskription des Athonitischen Teils der Hs. (dazu s.u.) – ein frühes arabisch-okzidentalisches Papier spanischer Fabrikation.1 Die Verwendung von Papier ist im XI. Jh. vornehmlich aus dem Umfeld der byzantinischen Kaiserkanzlei belegt.2 Für eine solche Frühdatierung ins XI. Jh. spricht m. E. überdies die verwendete Lineatur der Benaki Hs., die eine Spätdatierung ins XIII. Jh. weitaus unwahrscheinlicher werden lässt.3 (II.) In paläographischer Hinsicht handelt es sich allem Anschein nach um eine Minuskel des XI. Jhs. Da jedoch Papier als Schreibmaterial verwendet worden ist, liegt die Vermutung nahe, es könnte sich um eine archaisierende Minuskel Unter der Annahme, dass die Datierung durch die Subskription des Athonitischen Teils der Hs. auch auf den Athener Teil zu beziehen sei, kommt M.-T. Le Léannec-Bavavéas: Un papier, 308, zu dem Ergebnis, dass es sich um sehr altes Papier handeln müsse, das am ehesten frühen spanischen Papieren des XI. Jhs. ähnele. Die dafür von Le Léannec-Bavavéas ins Feld geführten Beispiele früher spanischer Papiere sind zwei arabische Hss. Insgesamt dürfte Le Léannec-Bavavéas’ Schluss gerechtfertigt sein: „ce manuscrit représente […] le plus ancien exemple de manuscrit grec copié sur papier non filigrané d’origine espagnole“ (ebd., 309). Die Verwendung spanischen Papiers in griechischen Hss. des XI. Jhs. wird kontrovers diskutiert, da die Datierungen undatierter Hss. gerade in diesen Fällen höchst umstritten sind. Einen ganz ähnlichen Fall kodikologischer Zerrissenheit wie Ra 769 zeigt das Beispiel des Cod. Parisinus Suppl. gr. 681 mit seiner Datierungsproblematik: Die ff. 59r–64v der Pariser Hs. entstammen der Athonitischen Hs. Cod. Athonensis Lavra Ω 126 (Spyridon/S. Eustratiades: Catalogue, 357: XIV. Jh.). Für den Pariser Teil sind Datierungen vom XI.–XIV. Jh. vorgeschlagen worden; vgl. P. Hoffmann: Recueil, 122–123 mit Taf. 10: H. Omont: XIV. Jh.; Ph. Hoffmann: XIII. Jh.; E. Gamillscheg: XII. Jh.; J. Darrouzès, N. Wilson: XI. Jh. Philippe Hoffmann hat m. E. mit guten Gründen dargelegt, dass es sich beim Pariser Teil um eine Hs. auf katalanischem Papier des XIII. Jhs. handelt; vgl. ebd., 123. Weitere Folios des Pariser Teils (f. 2, 4, 6–7, 9) sind klar auf das Jahr 1297/1298 datiert und Beispiele italienischen Papiers; vgl. M.-T. Le Léannec-Bavavéas: Les papiers, 307–314, hier: 310 mit Anm. 217. Zum spanischen Papier des XIII. Jhs. vgl. J. Irigoin: Papier espagnol. 2 Vgl. dazu M.L. Agati: Libro, 87, die explizit darauf hinweist, dass das im XI. Jh. in Byzanz verwendete Papier arabischen Ursprungs ist. 3 Die Lineatur der Benaki Hs. entspricht nach Sautel dem Typ 20C1; vgl. J.H. Sautel: Répertoire, 107–120, hier: 108. Unter den bei Sautel verzeichneten Beispielen ist dieser Typ zeitlich wie folgt verbreitet: IX. Jh. (2 %); X. Jh. (16 %); XI. Jh. (35 %); XII. Jh. (21 %); XIII. Jh. (4 %). Älter als IX. Jh. < 1 %, jünger als XIII. Jh. < 1 %, ohne Angabe zur Datierung 3 %, nicht klar zugeordnet 18 %. 1

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handeln.1 Vom Duktus her dürfte dies jedoch ganz und gar ausgeschlossen sein.2 Bemerkenswert ist auf den ersten Blick alsdann der Ort, den der Kopist für die Subskription gewählt hat: Die Subskription befindet sich am Ende des zweiten Teils der Hs. (f. 285v), und bildet damit heutzutage zugleich den Schluss des Athonitischen Teils. Allerdings steht sie vor dem 151. Psalm. Die Hand der Psalmenkatene, also des Athonitischen Teils, ist in paläographischer Hinsicht jedoch identisch mit der Hand des Athener Teils.3 So lässt sich zumindest für die Teile 2–4 der einst zusammengehörigen Hs. folgern, dass sie von einem Kopisten stammen, der im Anschluss an die Subskription, was per se nichts Ungewöhnliches wäre4, weitere Texte anschloss.

Dies ist J.-M. Olivier: Commentarii, xxi, zufolge auch der erste Eindruck von Eurydike Lappa-Zizeka gewesen, die jedoch am Ende der Frühdatierung gefolgt ist (vgl. E. Lappa-Zizeka/M. Rhizu-Kurupu: Κατάλογος, 19): „Notre collègue E. Zizicas-Lappa qui a examiné à Athènes le cod. Mus. Bénaki 5 a bien voulu nous dire que, si ses premières impressions l’avaient amenée à croire qu’il s’agissait d’un manuscrit des XIIIe–XIVe s. d’une écriture archaïsante, elle ne voyait, en raison de la nature du support (gros papier non filigrané) et de certains tracés, aucun motif au rejet de la date fournie dans le colophon.“ — Zur archaisierenden Minuskel vgl. G. Prato: Scritture; G. De Gregorio/G. Prato: Scrittura. Ein illustres Beispiel archaisierender Minuskel bietet etwa der berühmte Göttinger Codex des Nikomachos v. Gerasa (Cod. Gottingensis Philol. 66), der ins XIV. Jh. gehört, aber fälschlich ins X. Jh. datiert worden ist; vgl. G. De Gregorio/G. Prato: Scrittura, 70–75; 78–81. Weitere Beispiele sind Cod. Vaticanus Palatinus gr. 186, der ins XV. Jh. gehört, aber fälschlich ins XI. Jh. datiert worden ist (vgl. J. Irigo­ in: Écriture), und die Plotinhs. Cod.Venetus Marcianus gr. 209, welche ins XIV. Jh. gehört, aber ins XII. Jh. datiert worden ist (freundlicher Hinweis von Christian Förstel). – Paläographisch ähnlich zur Schrift von Ra 769 im Athener Teil, aber tatsächlich aus der Mitte des XI. Jhs., ist Lamberz zufolge die Schrift der zweiten Hand (mb) des Cod.Athonensis Vatopedi 72; vgl. E. Lamberz: Katalog, 314. 2 Diesen Eindruck haben dem Vf. gegenüber dankenswerterweise Agamemnon Tselikas, Chiara Faraggiana di Sarzana und Francesco D ’Aiuto bestätigt. 3 Hier konnte der Vf. durch Autopsie des Athener Teils der Hs. (2009) und vergleichende Einsichtnahme des Pariser Mikrofilms zum Athonitischen Teil der Hs. (2016) Gewissheit erlangen. 4 Ein Beispiel, bei dem der Kopist nach der Subskription fortfährt, liefert Cod. Vat. gr. 731; vgl. R. Devreesse: Codices 604-866, 236–237. — Überdies ließe sich allen­falls mutmaßen, dass die Subskription vom Kopisten aus der Vorlage übernommen wurde; auch dies wäre nichts Ungewöhnliches; vgl. M.L. Agati: Libro, 289. Dies zöge jedoch eine spätere Datierung der gesamten Hs. nach sich, was dem neueren Datierungskonsens (s.o. S. 19 mit Anm. 6) zuwiderliefe. 1

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Im Ergebnis ist mit guten Gründen davon auszugehen, dass Ra 769 im Falle desjenigen Teils, der die Psalmen Salomos enthält, eine Minuskel des XI. Jhs. ist, die – näherhin um 1060 zu datieren – arabisch-okzidentalisches Papier spanischer Fabrikation als Beschreibstoff nutzt, dessen Verwendung in das Umfeld der byzantinischen Kaiserkanzlei deutet. Eine Datierung ins XI. Jh. findet zudem darin Bestätigung, dass sich die ins XII.–XIII. Jh. zu datierende Hs. Ra 629 (s. dort) als stemmatisch von Ra 769 abhängig erweist. Der Ort der Subskription ist eigentümlich, aber nicht ungewöhnlich.

Mit Einschränkung werden die folgenden als direkte Abkömmlinge oder Abschriften erwiesenen Handschriften berücksichtigt (zur eingeschränkten Notationsweise s.u. § C „Die Anlage des Apparates“):1 149 Wien, Österreichische Nationalbibliothek, Codex Vindobonensis Theol. gr. 11, ff. 105v–118r; Pergamenths., ineunte XI. Jh.; Text in zwei Kolumnen geschrieben. Sigel bei vGebhardt: V.2 — Die Hs. wurde zwischen 1555 und 1562 von Augerius v. Busbeck in Konstantinopel erworben und gelangte über Venedig nach Wien.3 Vom Septuaginta-Unternehmen im Jahr 1955 kollatio­ Zur Abhängigkeit der Hss. Ra 655 und Ra 659 von Ra 253 vgl. F. Albrecht: Notwendigkeit, 114 mit Anm. 24. Ra 253 bildet die Vorlage für Ra 655, die wiederum Vorlage für Ra 659 gewesen ist. Zwei Beispiele mögen dies illustrieren: PsSal 4 6 πενίᾳ 253] πεμά 655*; πολεμά 655c (in margine), 659 (in textu); PsSal 6 2 μνημονεύειν 253] μνημονεύεσθαι 655*; μνημόνευεν 655c (in margine), 659 (in textu). — Zur Abhängigkeit der Hss. Ra 471, Ra 606 und Ra 3004 von Hs. Ra 260 vgl. ebd., mit Anm. 25. Zur Stemmatisierung s.u. § A-III. 2 Zu Ra 149 vgl. D. de Nessel: Catalogus, 30–31; P. Lambecius/A.F. Kollarius: Commentariorum liber tertius, 43–47 (Nr. 7); vGebhardt, 15; A. Rahlfs: Verzeichnis, 318; H. Hunger/O. Kresten: Katalog I, 23–24. Laut Hunger und Kresten handelt es sich beim Schreiber von Ra 149 und Ra 260 um ein und denselben; vgl. H. Hunger/O. Kresten: Katalog I, 24. — Die Datierung ist annähernd sicher: vGebhardt und Rahlfs datieren ins XI. Jh., H. Belting/G. Cavallo: Bibel, 17, „etwa um die Mitte des elften Jahrhunderts“, Hunger und Kresten, deren präziser Einschätzung zu folgen ist, in die erste Hälfte des XI. Jhs. 3 Die Eintragungen Augerius v. Busbecks (1522–1592), der von 1554–1562 Gesandter der Habsburger im Osmanischen Reich war, finden sich auf f. 3r und 166v. Zu Busbecks Handschriftenakquisitionen in Konstantinopel vgl. A. Rahlfs: Verzeichnis, 313. Am Ende seines letzten Schreibens aus Frankfurt, datiert auf den 16.12.1562, erwähnt Busbeck die in Konstantinopel erworbenen griechischen Hss.; vgl. A.G. Busbequius: Epistolae, 223–314 (Epistola quarta), hier: 314. Die1

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niert auf Grundlage historischer Photographien.1 — Apographon von 260 (s. dort). 471 Moskau, Государственный исторический музей, Codex Mosquensis S. Synodi 147 (olim M. 148, Vl. 41), ff. 169v–180v; Pergamenths., exeunte XIII. Jh.; Text in zwei Kolumnen geschrieben. Sigel bei vGebhardt: M.2 — Die Hs. gelangte aus dem Bestand des Athosklosters Ἰβήρων nach Moskau.3 Vom Septuaginta-Unternehmen im Jahr 1955 kollationiert auf Grundlage historischer Photographien.4 — Tochterhandschrift von 260 und Anti­graphon für 3004 (zum Verhältnis von 471 zu 260 s.u. § A-III-3). 606 Paris, Bibliothèque nationale de France, Codex Parisinus gr. 2991 A, ff. 224v–243v; Papierhs., datiert 11.9.1419; Miszella­ neenhs.; die Psalmen Salomos sind von der Hand des namhaften Kopisten Georgios Baiophoros geschrieben, der im Prodro-

se Hss. schenkte Busbeck im Jahr 1576 dem Kaiser; vgl. dazu J. Stummvoll: Geschichte I, 72. — Zur Person Busbecks vgl. V. von Kraus: Busbeck, der die Berufung Busbecks zum Gesandten im Osmanischen Reich auf das Jahr 1554 datiert (ebd., 633); anders A. Viertel: Erlebnisse, 6, der dieses Ereignis in das Jahr 1553 setzt. 1 Die Kollationen des Septuaginta-Unternehmens beruhen auf Schwarz-weißAuf­nahmen im Format 23,5 × 18,0 cm, die dem Kollationsheft zufolge vor 1955 entstanden sind. 2 Zu Ra 471 vgl. C.F. von Matthaei: Notitia I, 80 (Nr. CXLVIII); Vladimir: Описани I, 42–43 (Nr. 41): vGebhardt, 16; A. Rahlfs: Verzeichnis, 145; A. Labate: Catena, xi; B.L. Fonkič/F.B. Poljakov: Рукописи, 34 (Nr. 41). — Die Datierungen schwanken: vGebhardt und Labate datieren ins XII.–XIII. Jh., Vladimir ins XIII. Jh., Fonkič und Poljakov ins letzte Viertel des XIII. Jhs., Rahlfs ins XIII./ XIV. Jh.; der Datierung Fonkičs ist aus paläographischen Gründen zu folgen. 3 Wie die meisten der Moskauer griechischen Hss. stammt auch diese vom Athos und wurde von Arsenij Suchanov 1653 auf dem Athos erworben und zwischen 1654 und 1655 in die Synodalbibliothek nach Moskau verbracht; vgl. P.J. Gentry/F.Albrecht: History, 38–40. 4 Die Kollationen des Septuaginta-Unternehmens beruhen auf Schwarz-weißAuf­nahmen im Format 24,0 × 17,5 cm, die dem Kollationsheft zufolge vor 1955 entstanden sind.

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mu-Petra-Kloster bei Konstantinopel wirkte;1 Sigel bei vGebhardt: P.2 — Die aus Konstantinopel stammende Hs. gelangte zunächst auf den Peloponnes, und von dort wiederum in den Bestand des auf der Chalkidiki gelegenen Klosters zum Heiligen Anastasias Pharmakolytrias.3 Vom Septuaginta-Unter Zu Γεώργιος Βαιοφόρος vgl. PLP 2043; RGK 1A, 52–53, Nr. 55; RGK 2A, 48, Nr. 74; E. Gamillscheg: Rekonstruktion, mit dem Nachweis, dass Baiophoros im Prodromu-Petra-Kloster (ἡ μονὴ τοῦ Προδρόμου ἐν τῇ Πέτρᾳ) wirkte; ferner M. Vogel/V. Gardthausen: Schreiber, 70. Zu diesem Kloster vgl. O. Volk: Klosterbibliotheken, 64–79. — A. Cataldi Palau: Mazaris, untersucht drei Hss., die den Text der Hadesfahrt des Mazaris (ed. J.N. Barry u.a.: Journey) bieten, und kommt zu dem Ergebnis, dass alle drei aus Konstantinopel stammten, wobei Cod. Berol. Phill. 1577 (gr. 173) und Cod. Vat. Urb. gr. 134 mit Sicherheit im Prodromu-Petra-Kloster geschrieben worden seien (vgl. ebd., 372); überdies hätten Cod. Berol. Phill. 1577 (gr. 173) und Ra 606 dasselbe Nachleben gehabt: „[…] furono trasportati nel Peloponneso poco tempo dopo la loro fattura […]“ (ebd., 372–373). Demgegenüber sah die ältere Forschung, der die Identität der Kopisten nicht bekannt war, den Peloponnes als Entstehungsort der Hs.; so S.P. Lam­ bros: Βιβλιογράφοι, 183–184 (Nr. 13) [vgl. in kritischer Auseinandersetzung mit Lambros E. Gamillscheg: Überlieferung, 227–228, Anm. 105]; J. Verpeaux: Pseudo-Kodinos, 45. 2 Zu Ra 606 vgl. H. Omont: Inventaire III, 81–82; Ders.: Manuscr its, 5; vGebhardt, 16; A. Rahlfs: Verzeichnis, 213; J. Verpeaux: Pseudo-Kodinos, 44–48 (zu Verpeaux vgl. die Korrekturen von E. Gamillscheg: Überlieferung, 217,Anm. 44); A. Cataldi Palau: Mazaris, 381–384. 3 Besteller der Hs. ist der Subskription zufolge Ματθαῖος Παλαιολόγος Λάσκα­ ρις, ein gewisser Nachfahre der Laskariden aus dem Hause der Palaeologen (s. f. 446v: „τοῦ πανευγενεστάτου κυροῦ Ματθαίου Παλαιολόγου τοῦ Λάσκα­ρι“). Mit f. 447 wechselt nicht nur der Schreiber (ff. 447r–491v u. 492r–494v stammen aus der Feder des Stephanos von Medeia; zu Στέφανος Μηδείας vgl. RGK 1A, 183–184, Nr. 366; RGK 2A, 180, Nr. 503), sondern auch die Beschaffenheit des Papiers: ff. 447–494 bestehen aus stärker geglättetem Papier. Am Ende jenes Teils nennt ein Besitzvermerk in Verbindung mit dem arabisch geschriebenen Datum 1426 einen gewissen Ματθαῖος Παλαιολόγος Σγουρομάλλης und gibt Hinweis darauf, dass sich die Hs. zwischenzeitlich auf dem Peloponnes befand (s. f. 491v: „Ματθαῖος Παλαιολόγος ὁ Σγουρομάλης πελοπονήσιος, Σπαρτιάτης καὶ Λακε­ δαι­μόνιος“). Vgl. S.P. Lambros: Βιβλιογράφοι, 183–184 (Nr. 13), der zu Recht einen Zusammenhang zu den Palaeologen von Mistra herstellt (Lambros nimmt jedoch an, dass die Hs. auf dem Peloponnes entstand; s.o.Anm. 1); vgl. ferner J. Dar­ rouzès: Manuscrits, 54;A. Cataldi Palau: Mazaris, 384. 1

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nehmen im Jahr 1955 kollationiert auf Grundlage historischer Photographien;1 Autopsie 2016. — Tochterhs. von 260.2 629 Rom, Biblioteca Casanatense, Codex Casanatensis 1908 (olim G. II. 1/ AR. I. 10. I./ O. 1. 10), ff. 303r–307v; Papierhs., XII.– XIII. Jh.; neben Texten kleineren Umfangs eine umfangreiche Psalmenkatene sowie unvollständig die Psalmen Salomos enthaltend (PsSal 227b–169a). Sigel bei vGebhardt: C.3 — Die Hs. fand vermutlich 1766 Eingang in die Biblioteca Casanatense.4 Sie ist durch Wasserschaden und falsche Restaurierungsmaßnahmen (u. a. Chiffonierung) stark beschädigt. Vom Septuaginta-Unternehmen im Jahr 2005 autoptisch kollationiert. – Apographon von 769 (s. dort).

Vom Peloponnes gelangte Ra 606 auf die Chalkidiki in das Kloster zum Heiligen Anastasias Pharmakolytrias (s. den Vermerk auf f. 1v); zur Zugehörigkeit dieser Hs. zum Bestand jenes Klosters vgl. A. Papadopoulos-Kerameus: Μονή, 197; J. Darrouzès: Manuscrits, 54. Schließlich wurde die Hs. im Jahr 1730 über Konstantinopel nach Paris ausgeführt; vgl. H. Omont: Missions, 1095–1118, hier: 1118;A. Rahlfs: Verzeichnis, 213; J. Verpeaux: Pseudo-Kodinos, 45–46;A. Cataldi Palau: Mazaris, 384. 1 Die Kollationen des Septuaginta-Unternehmens beruhen auf Schwarz-weißAuf­nahmen im Format 25,0 × 17,5 cm, die dem Kollationsheft zufolge vor 1955 entstanden sind. 2 Zum Verhältnis von 606 zu 260 s.u. § A-III-3. 3 Zu Ra 629 vgl. F. Bancalari: Index, 201–203; vGebhardt, 29–30; A. Rahlfs: Verzeichnis, 234. Zur Psalmenkatene dieser Hs. vgl. G. Dorival: Postérité, 217–18. — f. 306v scheint am unteren Seitenrand eine bischöfliche Signatur in Form eines Monokondylons zu enthalten; zu lesen ist das Wort βοήθει. f. 305v u. f. 306r enthalten unleserliche Notizen am unteren, f. 307v eine Notiz am linken, f. 307r eine am rechten Seitenrand. Die Katalogbeschreibungen gehen darauf – und auch auf die f. 306v in Resten noch vorhandene Randnote (dazu s.u. S. 166 mit Anm. 1; f. 307r enthält eine zwölfzeilige Randnote, die sonderbarerweise bloß den Text von PsSal 14 1–4 dubliert) – nicht ein. 4 Die Provenienz der Hs. und das genaue Datum der Akquise bleiben unklar; vgl. M. Panetta: Manoscritti, 97.104.

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655 Rom, Biblioteca Apostolica Vaticana, Codex Vaticanus Ottobonianus gr. 60, ff. 201r–220v; Papierhs., XVI. Jh.; Miszellaneenhs. mehrerer Hände.1 — Apographon von 253 (s. dort).2 659 Rom, Biblioteca Apostolica Vaticana, Codex Vaticanus Ottobonianus gr. 384, ff. 208r–226v; Papierhs., XVI. Jh.; Miszellaneenhs. mehrerer Hände.3 — Apographon von 253.4

Zu Ra 655 vgl. E. Feron/F. Battaglini: Codices, 39–41; A. Rahlfs: Verzeichnis, 240. Insgesamt handelt es sich um eine Miszellaneenhs. des XVI.–XVII. Jhs., wobei der Teil mit den Psalmen Salomos ins XVI. Jh. gehört. Feron/Battaglini datieren die gesamte Hs. ins XVII. Jh., während Rahlfs, der lediglich die Psalmen Salomos im Blick hat, die Hs. entsprechend ins XVI. Jh. datiert. Die von Rahlfs angegebene Foliierung (ff. 201r–220v) entspricht der Zählung am oberen Seitenrand; daneben weisen die Blätter eine doppelte Parallelzählung am unteren Seitenrand auf: ff. 71r–90v/ ff. 184r–203v (moderne Foliierung). 2 Vgl.A. Rahlfs:Verzeichnis, 240: „der Text wird aus dem Vatic. graec. 336 stammen und von demselben Schreiber geschrieben sein wie im Ottob. graec. 384“. Der Kopist der Hss. 655 und 659 ist Ἰωάννης Μαυρομάτης vgl. RGK 3A, 106–108 (Nr. 283), hier: 107 zu Cod. Vat. Ott. gr. 60, mit der Angabe, dass dieser Kopist u.a. für die ff. 184r–203v (nach moderner Foliierung; zur Foliierung dieser Hs. siehe die vorangehende Anm.) verantwortlich gezeichnet habe. Der gebürtig von der Insel Korfu stammende Ioannes Mauromates wirkte als Kopist im Zeitraum von 1541 bis 1572 in Italien, u.a. „als Mitarbeiter des Arnoldus Arlenius […] und des Manuel Probatares […] in der Vaticana“, so RGK 1A, 98–99 (Nr. 171), hier: 98; vgl. RGK 2A, 98 (Nr. 229); RGK 3A, 106–108 (Nr. 283); ferner D.J. Mastronarde: Manuscript, 131–132. 3 Zu Ra 659 vgl. E. Feron/F. Battaglini: Codices, 197–199;A. Rahlfs: Verzeichnis, 241. Die Hs. wird von Feron/Battaglini und Rahlfs ins XVI. Jh. datiert. Die Foliierung weist eine doppelte Parallelzählung am unteren Seitenrand auf, die durch Beschnitt der Seiten größtenteils verloren gegangen ist. 4 Vgl. A. Rahlfs: Verzeichnis, 241: „der Text wird aus dem Vatic. graec. 336 stammen und von demselben Schreiber geschrieben sein wie im Ottob. graec. 60“. Der Kopist der Hss. 655 und 659 ist Ἰωάννης Μαυρομάτης; vgl. RGK 3A, 106–108 (Nr. 283), hier: 108 zu Cod. Vat. Ott. gr. 384, mit der Angabe, dass dieser Kopist u.a. für die ff. 201r–225v verantwortlich gezeichnet habe; da der Text der Psalmen Salomos jedoch bis f. 226v reicht und zwischen f. 225v und f. 226r kein Schreiberwechsel festzustellen ist, dürfte die Angabe des Repertoriums in ff. 201r–226v zu korrigieren sein). Zum Kopisten Ioannes Mauromates s.o. zu Ra 655. 1

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3004 Leiden, Bibliotheek der Rijksuniversiteit, Codex Vossianus Miscellaneus 15, ff. 79r–82v (PsSal 172–1812); Papierhs., XVI. Jh.; Miszellaneenhs. mit Blattverlust, welche u.a. den Kommentar des Matthaeus Cantacuzenus zum Canticum und die unvollständigen Psalmen Salomos enthält.1 Die Provenienz der Hs. lässt sich über Isaak Vossius (1618–1689), Gerhard Johannes Vossius (1577–1649) und Patrick Young (1584–1652) zu Metro­ phanes Critopulus (1589–1639) zurückverfolgen, der in den Jahren 1606–1613 als Mönch im Athoskloster Ἰβήρων weilte.2 — Tochterhs. von 260 und Apographon von 471.

Zu Ra 3004 vgl. W. Sengverdius u.a.: Catalogus, 402 (Nr. 15: „[…] duos Psalmos anonymi“); K.A. de Meyier: Codices, 253–254; W. Baars: New Fragment. – Bei A. Rahlfs: Verzeichnis, 95, ist die Hs. ohne Sigel aufgeführt und vermerkt, dass sie den Kommentar des Matthaeus Cantacuzenus zum Canticum sowie ff. 79–83 „Comm. in Ps. fragm.” enthalte. 2 Die Hs. bietet f. 86r den Hinweis auf Μητροφάνης Κριτόπουλος („Μητρο­φά­ νους ἱε­ρο­διακόνου, καὶ τῶν φίλων αὐτοῦ“, mit dem Zusatz von anderer Hand: „νῦν δὲ ἱερο­μονάχου“). Sicher ist diese Angabe auf Μητροφάνης Κριτόπουλος (1589–1639) zu beziehen; die von K.A. de Meyier: Codices, 254, geäußerte Vorsicht („est fortasse Metrophanes Critopulus“) ist unbegründet, da sich die Wege der Hs. problemlos nachzeichnen lassen. Metrophanes Critopulus war zunächst Mönch auf dem Athos (1606–1613); vgl. dazu C. Davey: Metrophanes 2006, 58, mit Anm. 3; N.O. Pektas: Printing Press, 34. Anschließend ging er zum Studium nach Oxford (1617–1622). Ein auf das Jahr 1622 datierter Brief mit der Unterschrift „Μητροφάνης ἱερομόναχος ὁ Κριτόπουλος“ bezeugt, dass Metrophanes in England den Titel ἱερομόναχος trug (J. Kemke: Patricius Junius, 124–130, hier: 127). Nach weiteren Aufenthalten auf dem europäischen Festland, u.a. in Deutschland, war er von 1631 an Bischof in Ägypten und wurde im Jahr 1636 Patriarch von Alexandria. – Zu Metrophanes Critopulus vgl. A. Dimitrakopulos: Δοκίμιον; C. Davey: Metrophanes 1967; N.O. Pektas: Printing Press, 33–34; zu den Hss. des Metrophanes vgl. N.O. Pektas: Printing Press, 65–68. Zu Patrick Young (Patricius Junius) vgl. J. Kemke: Patricius Junius. Zu Isaak Vossius vgl. F. Koldewey: Isaak Vossius; M. Helfberend:Vossius; und zu Gerhard Johannes Vossius vgl. F. Kolde­ wey: Gerhard Johannes Vossius. 1

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2. Die Dr uckausgaben 1 Juan Luis de la C erda veröffentlichte 1626 die editio princeps der Psalmen Salomos, welche in Nachdrucken bis ins XIX. Jh. hinein die maßgebliche Textgrundlage blieb.2 Sie scheint auf Hs. Ra 149 zu basieren. Die Angaben de la Cerdas zur zugrunde gelegten Handschrift sind irreführend, weil er sie als Augsburger Handschrift bezeichnet.3 Die Frage nach der handschriftlichen Grundlage der Edition de la Cerdas dürfte jedoch mit vGebhardt abschließend geklärt worden sein:4 Der Augsburger Humanist David Hoeschel (1556–1617) fertigte offenbar Kollationen der Wiener Hs. Ra 149.5 Nach Hoeschels Tod gelangten diese aller Wahrscheinlichkeit nach an Andreas Schott (1552–1629)6, der sie seinerseits an de la Cerda weitergab.7

Vgl. F. Albrecht: Notwendigkeit, 110–112 („Zur Editionsgeschichte“); vGebhardt, 1–12 („Die Ausgaben“); ferner J.Viteau/F. Martin: Psaumes, 192–239; 240– 241; und mit Vorsicht zu gebrauchen, da fehlerhaft, R.B. Wright: Psalms, 34–42 (in kritischer Auseinandersetzung dazu F.Albrecht: Notwendigkeit, a.a.O.). 2 J.L. de la C erda: Adversaria sacra. Die Edition de la Cerdas bildete die Textgrundlage der Arbeiten des XVII. Jhs. (J.E. Nieremberg: De origine; J.G. Neu­ mann: Dissertatio); sie wurde im XVIII. Jh. von Fabricius nachgedruckt: J.A. Fa­ bricius: Codex I, 914–999 (21722). — Zu de la Cerda vgl. S. Stevens: Humaniste. 3 Vgl. J.L. de la C erda: Adversaria sacra, 3: „Misit ad me Reverentissimus Pater Andreas Schottus Societatis Nostrae hos Psalmos Salomonis recens in membranis antiquissimis Bibliothecae Augustanae repertos […]“. Verschiedentlich wurde der vergebliche Versuch unternommen, eine Augsburger Hs. der Psalmen Salomos ausfindig zu machen; vgl. H.E. Ryle/M.R. James: Psalms, xxvii–xxviii; R.B. Wright: Psalms, 34–35. 4 Vgl. vGebhardt, 1–8 („Die Editio princeps und ihre Quelle“). 5 Die Wiener Hs. 149 wurde dabei anscheinend nach Augsburg entliehen; vgl. vGebhardt, 6. Zu Hoeschel, der in Augsburg Stadtbibliothekar war, vgl. L. Lenk: Höschel. 6 Schott erwähnt gegenüber Johann Meursius (1579–1639) das Vorhaben Hoeschels, die Psalmen Salomos herauszugeben; vgl. G. Lami: Joannis Meursii opera 11, 248–249 (Nr. 343), hier: 249. vGebhardt, 8, nimmt daher an, dass Schott die Verbindung zwischen Hoeschel und de la Cerda war. Zu Schott vgl. J. Fabri:Ami. 7 Vgl. J.L. de la Cerda:Adversaria sacra, 3, mit der expliziten Erwähnung Schotts. 1

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Einleitung

Adolf Hilgenfeld legte 1868 den griechischen Text der Psalmen Salomos, basierend auf de la Cerdas Ausgabe, vor1, wobei Hs. Ra 149 auf Grundlage einer von Joseph Haupt besorgten (fehlerhaften) Kollation berücksichtigt ist.2 Ein Nachtrag enthält Anmerkungen de Lagardes, die in einer Folgeausgabe von 1869 inkorporiert sind.3 Otto Fridolin Fritzsche und Eduard Ephraem Geiger veröffentlichten im Jahr 1871 auf Grundlage von de la Cerda und Hilgenfeld jeweils Ausgaben der Psalmen Salomos ohne verbesserte handschriftliche Grundlage.4 Auch die Edition von Bernhard Pick (1883) fußt lediglich auf den älteren Ausgaben von Hilgenfeld, Fritzsche und Geiger – ohne erkennbaren textkritischen Beitrag.5 Herbert Edward Ryle und Montague Rhodes James legten 1891 eine Neuausgabe vor, die erstmals die Hss. Ra 260 (kollationiert von Herbert Edward Ryle, 1888), Ra 471 (kollationiert auf Grundlage einer Abschrift des Archimandriten Vladimir) und Ra 606 (kollationiert von Pierre Batiffol) berücksichtigt.6 Für Hs. Ra 149 wurde Hilgenfelds Ausgabe zugrunde gelegt, wobei Nachkollationen dieser Handschrift in der Einleitung mitgeteilt werden.7

A. Hilgenfeld: Psalmen Salomo’s 1868, 133–168. 356. — Zu Adolf Hilgenfeld (1823–1907) vgl. E. Beyreuther: Hilgenfeld. 2 Vgl. A. Hilgenfeld: Psalmen Salomo’s 1868, 136. — Zu Joseph Haupt (1820– 1881) vgl. F. Unterkircher: Haupt. 3 Die Anmerkungen de Lagardes sind in der Ausgabe von 1868 im Anhang gedruckt, vgl. A. Hilgenfeld: Psalmen Salomo’s 1868, 167–168. Die berichtigte Neuausgabe erschien 1869:A. Hilgenfeld: Messias, xi–xviii. 1–33. 4 O.F. Fritzsche: Libri apocryphi, 569–589; E.E. Geiger: Psalter. — Zu Otto Fridolin Fritzsche (1812–1896) vgl. F.W. Bautz: Fritzsche; zur Ausgabe Geigers vgl. H. Ewald: Rezension zu Geiger. 5 B. Pick: Psalter. 6 H.E. Ryle/M.R. James: Psalms. Zu Ra 260 vgl. ebd., xxviii–xxix, sowie H.B. Swete: Old Testament III, xvi; zu Ra 471 vgl. H.E. Ryle/M.R. James: Psalms, xxix–xxx; zu Ra 606 ebd., xxx. Vgl. kritisch zu dieser Ausgabe vGebhardt, 10–11, und ferner E. Schürer: Rezension zu Ryle – James. – Zu Herbert Edward Ryle (1856–1925) vgl. M.H. Fitzgerald/J. Hawke: Ryle; zu Montague Rhodes James (1862–1936) vgl. M. Frenschkowski: James. 7 Vgl. H.E. Ryle/M.R. James: Psalms, xcii–xciv. Die Nachkollation hat ein gewisser Dr. Rudolf Beer besorgt; vgl. ebd., xxviii. xcii. 1

A Die Textzeugen

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Henry Barclay Swete bietet die Psalmen Salomos im Rahmen seiner Septuaginta-Ausgabe.1 Das Verdienst der 1894 erschienenen Erstauflage, die im Wesentlichen von der durch Ryle und James besorgten Ausgabe profitiert2, ist die erstmalige, aber fehlerhafte Benutzung der Hs. Ra 253 (kollationiert von Erich Klostermann, 1893).3 Ab der zweiten, verbesserten Auflage (1899) wurden zusätzlich die Hss. Ra 629, 336, 769 ausgehend von der Ausgabe vGebhardts (s.u.) berücksichtigt.4 O scar von Gebhardts Edition aus dem Jahre 1895 (kurz: vGebhardt) bildet den krönenden Abschluss der Editionen des XIX. Jhs.5 Lediglich die Hss. Ra 149, 253, 471 und Ra 606 wurden vom Herausgeber selbst kollationiert.6 Die Kollationen der übrigen Hss. beruhen auf Zuarbeiten.7 Bei genauer Prüfung erweisen sich die Kollationen der Hss. Ra 336 (kollationiert von Philipp Meyer, Sommer 1886)8,

H.B. Swete: Old Testament III3, 765–787; zu den verwendeten Hss. vgl. ebd., xvi–xvii. – Zu Henry Barclay Swete (1835–1917) vgl. J.H. Srawley: Swete. 2 Vgl. H.B. Swete: Old Testament III, xvi. 3 Die Erstauflage von 1894 (H.B. Swete: Old Testament III, 765–787) berücksichtigt die Hss. 149, 253, 260, 471, 606; zu den verwendeten Hss. vgl. ebd., xvi– xvii. Vgl. kritisch zu dieser Ausgabe vGebhardt, 11–12. 4 Die Zweitauflage von 1899 (H.B. Swete: Old Testament III2, 765–787) berücksichtigt nicht nur die zusätzlichen Hss. 629, 336 und 769, sondern verbessert auch die Fehler der ersten Auflage (im Falle der Hs. 253 auf Grundlage der Ausgabe vGebhardts; vgl. ebd., xvii); zu den verwendeten Hss. vgl. ebd., xvi–xvii. 5 Zu Oskar Leopold von Gebhardt (1844–1906) vgl. F.W. Bautz: Gebhardt. Zur Ausgabe vGebhardts vgl. äußerst wohlwollend E. Schürer: Rezension zu vGebhardt. 6 Zu Ra 253 (kollationiert Frühjahr 1882) vgl. vGebhardt, 26; zu Ra 471 (kollationiert Frühjahr 1874) vgl. ebd., 16; zu Ra 606 (kollationiert Herbst 1877) vgl. ebd., 16, sowie A. Harnack: Handschriften, 627–628. — Auch die Kollation der wichtigen Hs. Ra 253 ist nicht immer fehlerfrei, vgl. beispielsweise PsSal 3 3 (253): μνημονεύουσιν vGebhardt, zu korrigieren in μνημονεύσουσιν. 7 Die wichtige Hs. 260 hat vGebhardt aufgrund einer Kollation von Charles Graux eingearbeitet; vgl. vGebhardt, 14–15. 8 Vgl. vGebhardt, 28. — Zu Philipp Meyer (1854–1927), der von 1880–1881 Inspektor des Theologischen Stifts in Göttingen war und sich als Athoskenner einen Namen gemacht hatte (vgl. P. Meyer: Haupturkunden) siehe J. Lohrengel: 1

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Einleitung

Ra 629 (kollationiert von Johannes Tschiedel)1 und Ra 769 (kollationiert von Alexandros Lauriotes; vgl. vGebhardt, 29) als fehlerhaft.2 In seiner Edition hat vGebhardt eine neue Verszählung etabliert, die von der von Swete gebrauchten abweicht.3 Sowohl die Ausgaben von Jakob E cker (1903) und Alfred Rahlfs (1935) als auch die von Sab­ bas Agourides (1978) basieren auf der Arbeit vGebhardts.4 Joseph Viteau unternahm ebenfalls den Versuch einer Neuausgabe, die 1911 erschien und, wenngleich nicht in dem zu wünschenden Ausmaß, erstmals das Syrische berücksichtigte.5 Robert Bradley Wright legte 2007 eine defizitäre Neuedition vor, die das Syrische zu berücksichtigen vorgibt und den Anspruch erhebt, vGebhardts Ausgabe ersetzen zu wollen, aber beidem nicht gerecht zu werden vermag.6 Brüder, 171–172 (zur Biographie), 178 (zu den Athosreisen der Jahre 1886–1887); H. Wojtkowiak: Repetenten, 393. 1 Vgl. vGebhardt, 30. — Der Klassische Philologe Johannes Tschiedel (*1864) lebte und wirkte Ende des 19. Jhs. in Rom; er bot sich offensichtlich für Kollationsarbeiten an, wie eine Anzeige in der „Deutschen Literaturzeitung für die Kritik der internationalen Wissenschaft“ 13 (1892), 94 verrät: „Dr. phil. J. Tschiedel, seit Jahren in Rom, Via Purificazione 71 p. 1, ansässig und durch die Proff. Diels in Berlin und Dir. Treu in Breslau empfohlen, übernimmt Collationen und ähnliche wissenschaftliche Arbeiten.“ Die Spur Tschiedels verliert sich in den 20er Jahren des 20. Jhs. 2 Vgl. u. a. PsSal 4 8 (769-629); 4 20 (769-629); 5 10 (769-629); 6 1 (769); 6 4 (769); 8 2 (769-629); 8 10 (769); 8 33 (769-629); 11 2 (336); 14 8 (769); 15 9 (769-629); 16 1 (769); 16 12 (769); 17 4 (769); 17 26 (336); 17 43 (769); passim. Zum Verhältnis von Ra 769 zu Ra 629 und zu den diesbezüglich fehlerhaften Notationen in der Ausgabe vGebhardts s.u. § A-III-1-3 „Korrektur der Notationen“. 3 Bei der Verszählung nennt vGebhardt jedoch zusätzlich stets die ältere Zählung am inneren Rand seiner Ausgabe; vgl. vGebhardt, 140 Anm. 1. — Die ältere Zählung ist leider bei den Editionen der syr. Übersetzung beibehalten worden; zu den Druckausgaben der syr. Übersetzung s.u. § A-II-2 „Die Druckausgaben“. 4 J. Ecker: Porta, 1869–1932; Rahlfs II, 471–89; S.Agourides: Ψαλμοὶ Σολο­μῶντος. 5 J. Viteau/F. Martin: Psaumes. Vgl. zu dieser Ausgabe die kurze Kritik von E. Nestle: Rezension zu Viteau. 6 R.B. Wright: Psalms; vgl. dazu ausführlich und kritisch F. Albrecht: Notwendigkeit, 112–120; J. Willitts: Rezension zu Wright. Vgl. ferner R.A. Werline: Rezension zu Wright; K.Atkinson: Rezension zu Wright.

A Die Textzeugen

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Überdies erschienen Übersetzungen der Psalmen Salomos ins Lateinische1, Deutsche2, Englische3, Französische4, Spanische5, Portugiesische6, Russische7 und Schwedische.8

Die editio princeps von 1626 enthält eine lateinische Übersetzung (J.L. de la C erda: Adversaria sacra), die von Fabricius nachgedruckt wurde: J.A. Fabricius: Codex I, 914–999 (21722). 2 Die erste deutsche Übersetzung erschien 1716 (J.M. S[chamel]: Psalter), weitere folgten 1742 (J.H. Haug: Heilige Schrift VIII, 271–279), 1776 (J.N.F. Hön: Auswahl, 189–236), 1850 (R. Akibon: Psalmen Salomo’s), 1857 (Anonymus: Bücher, 122–148), 1871 (A. Hilgenfeld: Psalmen Salomo’s 1871), 1874 (J. Wellhau­ sen: Pharisäer, 131–164), 1891 (O. Zöckler: Apokryphen, 405–420), 1900 (R. Kit­ tel: Psalmen), 1903 (J. Ecker: Porta, 1873–1932), 1928 (P. Riessler: Schrifttum, 881–902), 1959 (J. Bonsirven: Psalmen Salomos), 1977 (S. Holm-Nielsen: Psalmen), 2009 (LXX.D, 915–931). 3 Die erste englische Übersetzung erschien 1727 (W. Whiston: Psaltery), weitere folgten 1883 (B. Pick: Psalter, 785–812), 1891 (H.E. Ryle/M.R. James: Psalms, 1–153, flankierend zur Ausgabe), 1913 (G.B. Gray: Psalms of Solomon), 1984 (S.P. Brock: Psalms of Solomon), 1985 (R.B. Wright: Psalms of Solomon [1985]), 2001 (K. Atkinson: Study, im Rahmen einer Kommentierung), 2007 (R.B. Wright: Psalms, 54–207, flankierend zur Ausgabe; sowie K. Atkinson: Psalms of Solomon). 4 Die erste französische Übersetzung erschien 1856 (J.-P. Migne: Dictionnaire I, 939–956), weitere folgten 1893 (E. Jacquier: Psaumes), 1899 (A. Peyrollaz: Psautier), 1911 (J. Viteau/F. Martin: Psaumes, 253–375) und 1953 (J. Bonsirven: Psaumes). 5 Eine spanische Übersetzung erschien 1982 (A. Piñero Sáenz: Salmos de Salomon), eine weitere 2013 (N. Fernández Marcos u.a.: Salmos de Salomón). 6 Eine portugies. Übersetzung erschien 2000 (C. Minette de Tillesse: Salmos). 7 Eine russische Übersetzung samt Einleitung legte A.V. Smirnov: Псалмы Со­ ло­мона, vor; vgl. dazu G.N. Bonwetsch: Rezension zu Smirnov. 8 Eine schwedische Übersetzung, der ein Abdruck des von Gebhardt’schen Textes ohne kritischen Apparat vorangestellt ist, erschien 1909 (J. Lindblom: Fromhetslif, 1–28). 1

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Einleitung

3. Die Textpr oblematik im Gr iechischen Wiederholt hat der Vf. in den vergangenen Jahren betont, dass eine kritische Neuedition der Psalmen Salomos „zu den besonderen editionsphilologischen Herausforderungen der Septuagintaforschung“ zählt.1 Dies hängt im Wesentlichen damit zusammen, dass der Text der Psalmen Salomos von zahlreichen Überlieferungsfehlern, die zu einem weithin korrupten Text geführt haben, durchsetzt ist.2 Die Korruption des Textes betrifft dabei nicht nur die Majuskelverschreibungen, die als Ursache von Variantenbildung zunächst zu betrachten sein werden (§ 3-1), sowie die orthographischen Verwilderungen durch phonetisch bedingte Verschreibungen und Quantitätsvertauschungen, welche unter der Rubrik „Orthographica“ (§ D) systematisch erfasst sind, sondern erstreckt sich überdies auf die beiden Teilbereiche der kontextuellen Variantenbildungen (§ 3-2) und der fehlerhaften Satzabtrennungen (§ 3-3). Aus der Beschäftigung mit dem korrupten Text erwächst als dritter Teilbereich die Konjekturalkritik (§ 3-4), die abschließend in einem eigenen Paragraphen abgehandelt wird, wobei die wichtigsten Konjekturvorschläge zum Text der Psalmen Salomos kritische Würdigung erfahren. Erschwerend tritt alsdann die Tatsache hinzu, dass der vorliegende Text aller Wahrscheinlichkeit nach keine Übersetzung aus dem Hebräischen darstellt, sondern einen genuin griechischen Text verkörpert, der freilich in starkem Maße sprachlich vom Übersetzungsgriechisch der Septuaginta beeinflusst ist (s.u. § B-I „Die Frage nach der Abfassungssprache“). Schlechterdings fehlt das Korrektiv eines aus der Übersetzungsvorlage entstandenen Vergleichstextes, wie es bei den meisten Büchern der Septuaginta – in Form des aus dem Protomasoretischen evolvierten Masoretischen Textes – gegeben ist und den Text zu verstehen hilft. Umso wichtiger ist die grammatische

F. Albrecht: Psalmoi Salomontos, 372; Ders.: Notwendigkeit, 123. Vgl. vGebhardt, 72: „[…] so ist es nicht zu verwundern, wenn der Text kein fehlerfreier ist. In der That liegt an einer nicht unbeträchtlichen Zahl von Stellen die Fehlerhaftigkeit am Tage.“; und auch schon K.G. Kuhn:Textgestalt, 3, betonte: „Ganz abgesehen davon, daß es ein recht holperiges Griechisch ist, […] ist der Text auch an recht zahlreichen Stellen in allen Hss. einfach korrupt.” 1 2

A Die Textzeugen

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Analyse der Psalmen Salomos: Sie offenbart eine attisierende, das ursprüngliche, hellenistische Sprachgewand verschleiernde Korrektur im Zuge der Textüberlieferung, die sich im Blick auf „Charakter und Datierung der griechischen Überlieferung“ (§ A-I-4) an sprachlichen Einzelbeobachtungen ablesen lässt und der Überlieferungsproblematik zweifelsohne zusätzliche Komplexität verleiht.

3.1. Majuskelver schreibungen als Ur sache von Var iantenbildungen Dem Stemma zufolge, dessen später zu begründende Grundeinsichten hier vorweggenommen werden mögen, zerfällt die in den griechischen Textzeugen bewahrte Überlieferung in zwei Hauptarme (s.u. § A–III „Das Stemma der Überlieferung“): Einerseits ist dies der vom Hyparchetyp δ abgeleitete und von Hs. Ra 253 repräsentierte Überlieferungsarm, und andererseits der im Hyparchetyp ε gründende und durch alle übrigen Zeugen vertretene Arm, der sich seinerseits zum einen in den Hyparchetpy ζ und zum anderen in den Hyparche­ typ η aufspaltet. Die Hyparchetypen β–θ erweisen sich als Majuskelvorlagen. Schlechter Erhaltungszustand und flüchtige Lesung der Majuskelvorlagen sind wesentliche Ursachen der Variantenbildung.1 Die Varianten lassen sich stemmatisch insonders vier Stufen der Überlieferung zuordnen und erlauben eine entsprechende vierfache Kategorisierung, wobei Kategorie I die älteste und Kategorie IV die jüngste Entwicklungsstufe darstellt: Kategorie I (Majuskelvorlage α): Ia: β (= Sy) Ib: γ (= δ [IIa] + ε [IIb]) Kategorie II (Majuskelvorlage γ): IIa: δ (= 253) IIb: ε (= ζ [IIIa] + η [IIIb]) Kategorie III (Majuskelvorlage ε): IIIa: ζ (= 336 + 769) IIIb: η (= 260) Kategorie IV (Majuskelvorlage ζ): IVa: 336 IVb: θ (= 769) Auf beide Gesichtspunkte (‚flüchtige Lesung‘ und ‚schlechte Erhaltung‘) hat bereits vGebhardt, 69, explizit hingewiesen. 1

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Einleitung

Vor dem Hintergrund dessen sind die Majuskelverschreibungen als Ursache von Textverderbnis in Form von Variantenbildung zu betrachten, wobei sich ausschließlich auf Majuskelverschreibung beruhende Variantenbildung (s.u. § 3-1-1) von teilweise auf Majuskelverschreibung beruhender Variantenbildung (s.u. § 3-1-2) unterscheiden lässt:1

3.1.1. Var iantenbildung, die aus schließlich auf Majuskelver schreibung ber uht 219

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κατεσπάσθη, cf. Sy (‫)ܐܬܦܣܩ‬ ⟨Ia⟩] κατέσπασε(ν) codd. gr. ⟨Ib⟩: ܼ ΘΗ→ΕΝ (κατεσπασθη→κατεσπασεν).2 Korruptele der Kategorie II. Die Majuskelverschreibung der griech. Hss. (= Ib), bei der Hyparchetyp γ den Archetyp α verlesen hat, ist alt. ὅσιον 253 336 260 Sy16h1 (‫)ܚܣܝܐ‬ ̣̇ ⟨Ia+IIa+IIIb+IVa⟩] θεῖον 769 ⟨IVb⟩: οσ→θε.3 Korruptele der Kategorie IV. Der Text ist sicher, die Majuskelverschreibung in Ra 769 (= IVb), bei der θ resp. Ra 769 die Majuskelvorlage ζ verlesen hat, ist vergleichsweise jung.

ἀπέστη 253 336-769 Sy16h1 ⟨Ia+IIa+IIIa⟩] ἀνέστη 260 ⟨IIIb⟩: π→ν. Korruptele der Kategorie IV. Der Text ist sicher, die Majuskelverschreibung in Ra 260 (= IIIb), bei der η resp. Ra 260 die Majuskelvorlage ε verlesen hat, ist vergleichsweise jung.

Die nachfolgenden Aufstellungen (§ 3-1-1 u. § 3-1-2) haben analytischen Charakter und nehmen eine stemmatologische Kategorisierung der Majuskelverschreibungen vor; eine klassische Aufstellung der Majuskelverschreibungen nach paläographischen Gesichtspunkten findet sich unter § D-I. 2 Vgl. vGebhardt, 74 (Nr. 6), der κατεσπάσθη emendiert. Zur Emendation von PsSal 2 19 s.u. § A-I-3-4-3 „Emendationen“. 3 Vgl. vGebhardt, 40. 1

A Die Textzeugen

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ὀλεθρεῦσαι 253 ⟨IIa⟩] ὀλοθρεῦσαι 336-769 260 ⟨IIb⟩1: ε→ο. Korruptele der Kategorie III. Die Majuskelverschreibung in Ra 336-769 260 (= IIb), bei der Hyparchetyp ε die Majuskelvorlage γ verlesen hat, ist alt. Stemmatisch (und orthographisch, s. § A-I-4-1-1 „Vokalismus und Konsonantismus“) gebührt der Lesart ὀλεθρεῦσαι (Hyparchetyp δ) der Vorzug.

421(in.) ἐμνήσθησαν θεοῦ 336-769 260 Sy16h1 ⟨Ia+IIb⟩2] ἐμνήσθης ἀν­θρώπου 253 ⟨IIa⟩: θ→ο (Εμνησθησαν θ⟨εο⟩υ → Εμνησθησ αν⟨θρωπ⟩ου).3 Korruptele der Kategorie III. Die Majuskelverschreibung, bei der Hyparchetyp δ die Majuskelvorlage γ verlesen hat, ist alt. Hyparchetyp γ hat indes den ursprünglichen Text bewahrt. 421(fin.) παρωξύνθη, cf. Sy (‫⟨ )ܐܬܚܡܬ‬Ia⟩] παρώξυνεν 253 ⟨IIa⟩; παρ­ώ­ ξυναν 336-769 260 ⟨IIb⟩4: ΘΗ→ΕΝ (παρωξυνΘΗ→παρωξυνΕΝ). Korruptele der Kategorie II. Die von Hyparchetyp ε gebotene Lesart παρώξυναν (= IIb) setzt die von Hyparchetyp δ bezeugte Lesart παρώξυνεν (= IIa) voraus.5 Demnach bot bereits Hyparchetyp γ die Lesart παρώξυνεν. Die Majuskelverschreibung der griech. Hss., bei der Hyparchetyp γ den Archetyp α verlesen hat, ist alt. 52

3 4 5 6 7 1 2

σὺ χρηστός 336-769 260 Sy16h1 ⟨Ia+IIb⟩6] εὔχρηστος 253 ⟨IIa⟩: σ→ε.7 Korruptele der Kategorie III. Hier gilt das zu 421 Gesagte (s. dort).

336 + 769 + 260 = (IVa + IVb) + IIIb = IIIa + IIIb = IIb. 336 + 769 + 260 + Sy16h1 = Ia + (IIIa + IIIb) = Ia + IIb. Vgl. vGebhardt, 43 mit Anm. 1. 336 + 769 + 260 = (IVa + IVb) + IIIb = IIIa + IIIb = IIb. Zu PsSal 4 21  (fin.) s.u. § A-I-3-4-3 „Emendationen“. 336 + 769 + 260 + Sy16h1 = Ia + (IIIa + IIIb) = Ia + IIb. Vgl. vGebhardt, 43.

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Einleitung

155 ὀλεθρεῦσαι 253 ⟨IIa⟩] ὀλοθρεῦσαι 336-769 260 ⟨IIb⟩1: ε→ο. Korruptele der Kategorie III. Hier gilt das zu 412 Gesagte (s. dort). 157 ὁσίων 253 260 ⟨IIa+IIIb⟩] θείων 336-769 ⟨IIIa⟩: οσ→θε.2 Korruptele der Kategorie IV. Der Text ist sicher, die Majuskelverschreibung in Ra 336-769 (= IIIa), bei der Hyparchetyp ζ die Majuskelvorlage ε verlesen hat, ist vergleichsweise jung. Auch das Syrische dürfte z. St. in Abhängigkeit von griechischer Majuskelvorlage verderbt sein: Es hat den Anschein, als habe der Syrer ἀπὸ βίων anstelle von ἀπὸ ὁσίων gelesen und sei so zu der Übersetzung ‫„( ̣ܡܢ ̈ܚܝܐ‬vom Leben“) gelangt. 1711 ἄνομος 253 336-769 Sy10h1 et 16h1 ⟨Ia+IIa+IIIa⟩] ἄνεμος 260 ⟨IIIb⟩: ο→ε.3 Korruptele der Kategorie IV. Der Text ist sicher, die Majuskelverschreibung in Ra 260 (= IIIb), bei der η resp. Ra 260 die Majuskelvorlage ε verlesen hat, ist vergleichsweise jung. 1721 εἶδες 253(ἴδες: ει→ι) 336-769 Sy10h1 et 16h1 ⟨Ia+IIa+IIIa⟩]; οἶ­δες 260; οἶδας 471 ⟨IIIb⟩: ε→ο (ειδεσ → οιδεσ). Korruptele der Kategorie IV. Hier gilt das zu 1711 Gesagte (s. dort).

3 1 2

336 + 769 + 260 = IIIa + IIIb = IIb. Vgl. vGebhardt, 40. Vgl. vGebhardt, 70.

A Die Textzeugen

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3.1.2. Var iantenbildung, die teilweise auf Majuskelver schreibung ber uht Das nachfolgend behandelte Variantenspektrum, das teilweise auf Majuskelverschreibung beruht, zeugt von vielfältig verursachter Variantenbildung und belegt die tiefgreifende Korruption des griechischen Textes der Psalmen Salomos in allen Armen der Überlieferung: 14

διεδόθη 253 336-769] διέλθοι 260: δοθ→λθο et η→ι. Korruption: Majuskelverschreibung δοθ→λθο (δ→λ; οθ→ θο) + Itazismus η→ι in Ra 260 (vgl. vGebhardt, 69). Korruptele der Kategorie IV: διέλθοι. Ursprüngliche Lesart: διεδόθη.

24

ἀπορίψατε 253] ἀπορρίψατε 769 260 Rahlfs; ἀπερρίψατε 336. Korruption: Majuskelverschreibung ο→ε (336); Konsonantenverdoppelung Ρ – ΡΡ (336-769 260 Rahlfs). Korruptelen der Kategorien III (Konsonantenverdoppelung) u. IV (Majuskelverschreibung): ἀπορρίψατε et ἀπερρίψατε. Stemmatisch (und ortho­graphisch, s. S. 86–87) gebührt der Lesart ἀπορίψατε (Hyp­archetyp δ) der Vorzug.

222 χεῖρά σου 336-769 260] χεῖράς σου 253: dittogr. (Σ→ΣΣ). Korruption: Auf Majuskelvorlage beruhende Dittographie (Σ→ ΣΣ) in Ra 253 (vgl. vGebhardt, 43 mit Anm. 2). Korruptele der Kategorie III: χεῖράς σου. Ursprüngliche Lesart: χεῖρά σου. 227

διαφερόμενον 253 336-769] διεφθαρμένον 260. Korruption: Zumindest partielle Majuskelverschreibung ΔΙΑ­ ΦΕ­ΡΟΜΕΝΟΝ→ΔΙΕΦΘΑΡΜΕΝΟΝ (Ε→θ) in Ra 260 (vgl. vGeb­ hardt, 69). Korruptele der Kategorie IV: διεφθαρμένον. Ursprüngliche Lesart: διαφερόμενον.

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λύπαις 253 336-769] ὀδύναις 260: λυπ→δυν. Korruption: Majuskelverschreibung ΛΥΠΑΙΣ → ΟΔΥΝΑΙΣ (Λ→Δ; Π→Ν) + Korrekturversuch in Ra 260 (vgl. vGebhardt, 69). Korruptele der Kategorie IV: ὀδύναις. Ursprüngliche Lesart: λύπαις.

40 513



Einleitung

φειδοῖ 336] φειδῷ 253 (φειδῶ) 769 (φειδῶι): ο→ω; φίλῳ 260 (φί­λωι 260; φίλω 471; φίλῳ 606): ο→ω, δ→λ et ει→ι. Korruption: Quantitätsvertauschung (ο→ω) in Ra 253 769 260; Majuskelverschreibung ΦΕΙΔΩΙ→ΦΙΛΩΙ (Δ→Λ) + Itazismus (ει→ι) in Ra 260.1 Korruptelen der Kategorien II (Quantitätsvertauschung) u. IV (Majuskelverschreibung + Itazismus): φειδῶ (pro φειδῷ resp. φει­δῶι), φειδῶι et φίλωι. Ursprüngliche Lesart: φειδοῖ.

821

ἃ ἐγ. 253] ἃς ἐγ. 336-769 260. Korruption: Majuskelverschreibung (ε→σ) voraussetzende Dit­tographie (Ε→ΣΕ) in Ra 336-769 260.2 Korruptele der Kategorie III: ἃς ἐγ. Ursprüngliche Lesart: ἃ ἐγ.

834

εὐλογημένος 253 336-769] pr. σύ 260. Korruption: Majuskelverschreibung (ε→σ) voraussetzende Dit­ to­graphie (ΕΥ→ΣΥΕΥ) in Ra 260 (vgl. vGebhardt, 69). Korruptele der Kategorie IV: σὺ εὐλογημένος. Ursprüngliche Lesart: εὐ­λογημένος.

92

ἵνα δικαιωθῇς 336-769 260] ἵν δικαιόσης 253: ω→ο, θ→Σ et haplogr. (αδ→δ). Korruption: Quantitätsvertauschung (ω→ο) + Majuskelverschreibung (θ→Σ) + Majuskelverschreibung (Α→Δ) voraussetzende Haplographie (αδ→δ) in Ra 253 (vgl. vGebhardt, 43). Korruptele der Kategorie III: ἵν δικαιόσης. Ursprüngliche Lesart: ἵνα δικαιωθῇς.



Vgl. vGebhardt, 69 u. 77, Nr. 16. – Bei vGebhardt bleibt das Schlussiota unberücksichtigt („Aus ΦΕΙΔοι scheint früh ΦΕΙΔΩ (RLC) geworden zu sein, und daraus entstand ΦΙΛΩ (H)“, ebd., 77); bei der Dokumentation der Variantengenese sollte es jedoch Berücksichtigung finden. Auf alle Fälle ist die Quanitätsvertauschung (ο→ω), die in Ra 253 769 260 vorliegt, nicht „früh“, wie vGebhardt meint, anzusetzen; sie kann durchaus in allen Textzeugen unabhängig entstanden sein. 2 Vgl. vGebhardt, 58. Selbstverständlich ist die Variantenbildung in PsSal 8 21 nicht monokausal über Majuskelverschreibung voraussetzende Dittogaphie zu erklären, sondern auch als sprachliche Vereinfachung zu verstehen. 1

A Die Textzeugen

41

122a ἐν ποικιλίᾳ στροφῆς 253 336] ἐν ποικιλίᾳ τροφῆς 769; ἐν ποιήσει διαστροφῆς 260. Korruption: Majuskelverschreibung ΕΝ ΠΟΙΚΙΛΙΑ ΣΤΡΟΦΗΣ → ΕΝ ΠΟΙΗΣΕΙ ΔΙΑΣΤΡΟΦΗΣ (ΙΚ→ΙΗΣ et Λ→Δ) + Itazismus ι→ει in Ra 260 (vgl. vGebhardt, 69). Korruptelen der Kategorie IV: ἐν ποικιλίᾳ τροφῆς et ἐν ποιήσει διαστροφῆς. Ursprüngliche Lesart: ἐν ποικιλίᾳ στροφῆς. 122b ἅλῳ et καλάμην 260] λαῷ et καλλονήν 253 336-769 cf. Sy. Korruption: Majuskelverschreibung ΑΛΩ → ΛΑΩ (ΑΛ→ΛΑ) und Verderbnis ΚΑΛΑΜΗΝ → ΚΑΛΛΟΝΗΝ (fort. ΑΛΑ→ΑΛΛ et Μ→ΟΝ) auf den ältesten Stufen der Überlieferung.1 Die Verderbnis scheint bis auf den Archetyp α zurückzugehen, denn auch die syrische Überlieferung bezeugt, wenngleich in paraphrasierender Wiedergabe2, den korrupten griechischen Text. Dass dennoch eine Gruppe von Zeugen, namentlich Ra 260, den als ursprünglich zu erachtenden Text bietet, dürfte daran liegen, dass Ra 260 den richtigen Text durch gelehrte Konjektur aus der korrupten Majuskelvorlage zu gewinnen vermochte. Anders als im Fall von PsSal 122a (s.o.) kann der in Ra 260 z. St. hergestellte Text den Anspruch erheben, den ältesten erreichbaren Text widerzuspiegeln, wobei die frühe Verderbnis des Textes zu einer dem Sinn nicht zuträglichen Satzabtrennung geführt hat.3 Der kritisch konstituierte Text des fraglichen Halbverses lautet daher: Vgl. vGebhardt, 69; 78–80 (Nr. 26). vGebhardt lehnt die Lesarten von Ra 260 z. St. ab und folgt dem Zeugnis von Ra 253 (λαῷ et καλλονήν). Allerdings rechnet er mit einer tiefergreifenden Korruption des Textes und äußert die Vermutung: „Die Stelle müsste also lauten: ὥσπερ ἐν δαλῷ πῦρ ἀνάπτον τὸ καῦμα αὐτοῦ.“ (a.a.O., 80; vgl. ebd., 120, in Anm. zu PsSal 12 2: „Für λαῷ ist vielleicht δαλῷ zu lesen“). Im Blick auf die Variantengenese bemerkt vGebhardt daher: „War einmal ΑΛΩ für das aus δΑΛΩ verdorbene ΛΑΩ gelesen, so lag die Änderung des neben ἅλῳ sinnlosen ΚΑΛΛΟΝΗΝ in ΚΑΛΑΜΗΝ nahe genug. Ich wage aber auch an dieser Stelle den überlieferten Text nicht zu ändern.“ (a.a.O., 80). 2 Zu paraphrasierenden Wiedergaben in der syr. Übersetzung s.u. § A-II-4-2-1 „Paraphrasierungen“. 3 Bereits H.E. Ryle/M.R. James: Psalms, 104 (in Anm. zu PsSal 12 2), haben die Satzabtrennung z. St. korrigiert und den Anfang von V. 3a (ἡ παροικία αὐτοῦ) 1

42





Einleitung

ὥσπερ ἐν ἅλῳ πῦρ ἀνάπτον καλάμην αὐτοῦ (3) ἡ παροικία αὐτοῦ […] – „Wie Feuer auf der Tenne, das deren Stroh entfacht, (3) bedeutet seine Gemeinschaft […]“. Der ungewöhnliche, aber doch regulär nach der zweiten attischen Deklination gebildete Dativ Sg. ἅλῳ (hier masc., ὁ ἅλως, τοῦ ἅλω „die Tenne“)1 dürfte die Verlesung in das geläufige λαῷ begünstigt haben; die Verschreibung des mittelbar anschließenden καλάμην (ἡ καλάμη, -ης „das Stroh“) in καλλονήν („Schönheit“) ist ein Folgefehler resp. der Versuch, einer korrupten Vorlage Sinn abzugewinnen. Korruptelen der Kategorie I: λαῷ et καλλονήν. Ursprüngliche Lesarten: ἅλῳ et καλάμην.

zum Ende von V. 2b gezogen; vGebhardt, 80 (Nr. 27), hat diesen Vorschlag indes als „künstliche Deutung“ (ebd.) abgetan. Doch diese Deutung ist keineswegs künstlich, da der daraus resultierende Nominalstil des zweiten Halbverses (V. 2b + Anfang von V. 3a) trefflich zum Nominalstil des ersten Halbverses (V. 2a) passt. In der vorliegenden Ausgabe ist die Interpunktion daher so angepasst worden, dass Vv. 2b–3b als Einheit aufgefasst werden, wobei die Kolometrie der Verse im Unterschied zu Ryle/James unangetastet bleibt. – Zum Phänomen fehlerhafter Satzabtrennungen in den Psalmen Salomos s.u. § A-I-3-3 „Fehlerhafte Satzabtrennungen“. 1 Wie das Personalpronomen αὐτοῦ 1° zeigt, das sich sinnvoll nur auf ἅλῳ beziehen lässt, ist ἅλως im vorliegenden Fall maskulin, also ὁ ἅλως (in der Septuaginta ist masc. ὁ ἅλως nicht ungewöhnlich, vgl. Ruth 3 3. 6; 1Regn 19 22; 23 1; 3Regn 20 1; passim). Im Attischen ist ἅλως indes gewöhnlich feminin. – Zu ἡ ἅλως, Gen. τῆς ἅλω, und seiner Deklination vgl. grundlegend Kühner I/1, 403–405 (§ 114). In der Septuaginta schwankt die Bildungsweise des Lexems zwischen ἅλως und ἅλων; vgl. Helbing, Grammatik, 38: „Ἅλως selbst mischt sich ferner mit dem neugebildeten ἅλων, das sogar überwiegt; unter 42 von mir ermittelten und geprüften Stellen steht 23 mal sicher ἅλων, nur 13 mal sicher ἅλως; 6 Stellen sind schwankend […]. Da in späterer Zeit ἅλων noch viel mehr aufkommt, so werden wir an diesen Stellen ἅλως vorziehen.“ Zudem ist in der Septuaginta der Metaplasmus (s.u. § A-I-4-2-1 „Deklination“ unter der Rubrik „Metaplasmus“) von Femininum zu Maskulinum im Fall von ἅλως und ἅλων zu beobachten, so dass ὁ/ἡ ἅλως und ὁ/ἡ ἅλων nebeneinander auftreten; vgl. resümierend Helbing, Grammatik, 49: „Die Überlieferung zeigt somit ein buntes Bild“, und ferner – im Blick auf PsSal 12 2b – vGebhardt, 79 mit Anm. 1. In der ntl. Gräzität ist ἡ ἅλων gebräuchlich; vgl. dazu Bl.-Debr., 36 (§ 44.1 mit Anm. 1).

A Die Textzeugen

43

142 νόμῳ ᾧ ἐνετείλατο 769] νόμῳ ἐνετείλατο 253; νόμῳ ὃν ἐνετεί­λα­ το 336; νόμῳ ὡς ἐνετείλατο 260. Wie die alten Hyparchetypen δ und ε bezeugen, war bereits Hyparchetyp γ fehlerhaft und las νομω ενετειλατο.1 Da das Fehlen eines Relativpronomens dem Syrischen z. St. entspricht, wenngleich der Halbvers im Syrischen insgesamt abweicht2, ist überdies anzunehmen, dass die Textverderbnis auf den Archetyp α selbst zurückgeht. Die spätere, von Hyparche­ typ ε abzuleitende Überlieferung hat zumindest auf je eigene Weise versucht, den korrupten Wortlaut ihrer Majuskelvorlage zu heilen:3 (1) Ra 260 setzt Majuskelverschreibung (ε↔σ) samt doppeltem haplographischem Ausfall (ΩΩΣΕ→ωε) voraus und korrigiert durch hinzugefügtes ὡς: -μΩ ΕΝ- → -μΩ ΩΣ ΕΝ-. (2) Ra 336 setzt Majuskelverschreibung (ε↔ο) samt haplographischem Ausfall (ονΕΝ→ΕΝ) voraus und korrigiert durch hinzugefügtes ὅν: -μΩ ΕΝ- → -μΩ ον ΕΝ-. (3) Ra 769 setzt haplographischen Ausfall (ωΩ→Ω) voraus und korrigiert durch hinzugefügtes ᾧ: -μΩ ΕΝ- → -μΩ Ω ΕΝ-. Darauf hat bereits vGebhardt, 47, explizit hingewiesen. PsSal 14 2b lautet: ἐν νόμῳ, ᾧ ἐνετείλατο ἡμῖν εἰς ζωὴν ἡμῶν. Derselbe Halḃ ̇ ̈ ‫ܝܗܒ ܠܢ‬ vers lautet im Syrischen: ‫ܠܚܝܝܢ‬ ̣ ‫ܢܡܘܣܐ‬. Dem entspräche Griechisch: νόμον ἐνετείλατο ἡμῖν εἰς ζωὴν ἡμῶν; vgl. K.G. Kuhn: Textgestalt, 34–35. Kuhn hatte aufgrund dieses Verses, das Fehlen des Relativpronomens im Syrischen hervorhebend, für eine hebr.Vorlage des Syrischen argumentiert (zur hebr. Vorlage der Psalmen Salomos s.u. § B-I „Die Frage nach der Abfassungssprache“); J. Be­ grich: Text, 149 (Nr. m), setzte sich mit Kuhn auseinander und gelangte zu dem Ergebnis, dass die syr. Übersetzung z. St. lediglich als Versuch des Syrers gelten könne, der unverständlichen griech. Vorlage Sinn abzugewinnen. – Vgl. zur syr. Überlieferung von PsSal 14 2 ausführlich Trafton, 131–133, der Kuhns Plädoyer für eine hebr. Vorlage folgt. 3 Im Fall der von Hyparchetyp ε abzuleitenden Überlieferung ist von bewussten Korrekturversuchen auszugehen; die Annahme, dass in allen drei relevanten Textzeugen (Hss. Ra 260, 336, 769) unabhängig voneinander eine mechanische Verschreibung stattgefunden hätte, wäre kaum plausibel. 1 2

44



Einleitung

Bei all dem ist ob der Einfachheit die von Ra 769 vertretene Annahme am plausibelsten: Der Urtext ω dürfte die Lesart νομω ω ενετειλατο geboten haben, Archetyp α verlas haplographisch in νομω ενετειλατο (ωΩ→ω). Korruptelen der Kategorien I und IV: νόμῳ ἐνετείλατο (Kategorie I), νόμῳ ὃν ἐνετείλατο et νόμῳ ὡς ἐνετείλατο (Kategorie IV). Ursprüngliche Lesart: νόμῳ ᾧ ἐνετείλατο.

1513c ἀπολοῦνται 253 336-769] ἀποδοῦναι 260. Ra 260 zieht V. 13c ans Ende von V. 12 vor, verliest dabei auf Majuskelvorlage basierend ΑΠΟΛΟΥΝΤΑΙ in ΑΠΟΔΟΥΝΑΙ (Λ→Δ) und korrigiert das Verbum finitum in den Infinitiv (-ουνται → -ουναι). Korruptele der Kategorie IV: ἀποδοῦναι. Ursprüngliche Lesart: ἀπολοῦνται. 176

ἀλλάγματος 253 336-769 Sy] ἀλαλάγματος 260. Korruption: Majuskelverschreibung (λ↔α) voraussetzende Dittographie (Λ→ΑΛ) in Ra 260 (vgl. vGebhardt, 70). Korruptele der Kategorie IV: ἀλαλάγματος. Ursprüngliche Lesart: ἀλλάγ­ ματος.

1712a καὶ λαούς et ἐξαπέστειλεν ἐπ’ αὐτά scripsi] κάλλους et ἐξαπέ­ στει­λεν αὐτά codd. gr. Korruption: Majuskelverschreibung καιλαουσ → καλλουσ (λα→λλ) bei Ausfall des Iotas sowie Majuskelverschreibung voraussetzende Haplographie (ενεπ→εν) auf den ältesten Stufen der Überlieferung. Die Verderbnis geht bis auf den Archetyp α zurück, denn auch die syrische Überlieferung bezeugt nichts weiter als die in der griechischen Überlieferung zu beobachtende Textverderbnis. Korruptelen der Kategorie I: κάλλους et ἐξαπέστειλεν αὐτά. Ursprüngliche Lesart: καὶ λαούς et ἐξαπέ­στει­λεν ἐπ’ αὐτά. 182

ἐπακούει 253] ἐπακούσει 336-769 260. Korruption: Majuskelverschreibung (ε↔σ) voraussetzende Dittographie (ε→σε) in Ra 336-769 260.1 Korruptele der Kategorie III: ἐπακούσει. Ursprüngliche Lesart: ἐπακούει.

Vgl. vGebhardt, 58. Zudem wird die Variantenbildung in PsSal 18 2 im Kontext des vorangehenden Futurs ὑστερήσει verständlich.

1

A Die Textzeugen

188

45

ἄνδρα ἐν 260 769] ἄνδρας ἐν 253. Korruption: Majuskelverschreibung (ε↔σ) voraussetzende Dit­to­graphie (ε→σε) in Ra 253 (vgl. vGebhardt, 44, Anm. 1). Korruptele der Kategorie III: ἄνδρας ἐν. Ursprüngliche Lesart: ἄνδρα ἐν.

Die vorgenannten Beispiele zeigen zur Genüge, dass alle Arme der Überlieferung korrumpiert sind und auf korrupten Majuskelvorlagen beruhen. Näherhin beruht die Variantenbildung in den untersuchten Fällen: 3 × auf Verderbnis der Kategorie I (PsSal 122b; 142; 1712a); 3 × auf Verderbnis der Kategorie II (PsSal 219; 421(fin.); 513); 10 × auf Verderbnis der Kategorie III (PsSal 24. 22; 412. 21(in.); 52; 821; 92; 155; 182. 8); 17 × auf Verderbnis der Kategorie IV (PsSal 14; 24; 227; 38; 410. 15; 513; 834; 122a (bis); 142 (bis); 157.13c; 176.11.21). Die ansteigende Häufigkeit der Textverderbnis von der ältesten Überlieferungsstufe hin zur jüngsten offenbart die Tendenz einer stetig zunehmenden Korruption der Psalmen Salomos im Zuge der Transmissionsgeschichte, die sich wie folgt ausnimmt: Ein Blick auf die beteiligten Handschriften und Hyparchetypen zeigt, dass der Archetyp selbst immerhin an drei Stellen betroffen ist (PsSal 122b; 142; 1712a), dass die früheste Phase der Überlieferung bis zu Hyparchetyp γ insgesamt aber als recht sicher zu bezeichnen ist, insofern der Archetyp lediglich an drei Stellen verlesen worden ist (PsSal 219; 421(fin.); 513). Alsdann ist ein relativer Anstieg der Verderbnis bei den spätantiken Hyparchetypen δ und ε zu verzeichnen (PsSal 24. 22; 412. 21(in.); 52; 821; 92; 155; 182. 8). In der Folgephase setzt eine starke Verderbnis ein, die ihre Ursache in der offenkundig schwierigen Lesung des Hyparchetyps ε hat. Hyparchetyp ε selbst dürfte indes, an nur drei Stellen seine Vorlage γ verlesend (PsSal 24; 412; 155), recht gut gewesen sein. Auch scheint er in seiner Anfangsphase gut lesbar gewesen zu sein: Immerhin hat der früh von ihm derivierende Hyparchetyp ζ seine Vorlage ε an lediglich einer Stelle verlesen (PsSal 157). Schlagartig ändert sich jedoch das von Ra 260 vermittelte Bild: An zahlreichen Stellen hat Ra 260 ihre Vorlage, namentlich den auf ε fußenden Hyparchetyp η, verlesen (PsSal 14; 227; 410. 15; 513; 834; 1711. 21;

46

Einleitung

122a; 142; 1513c; 176). So bleibt nur zu folgern, dass sich Hyparchetyp η zu dem Zeitpunkt, als die Abschrift von ihm für Ra 260 erfolgte, bereits in einem mehr als schlecht lesbaren Zustand befand. Dieser Eindruck stimmt mit der von Cavallo vorgetragenen Annahme überein, dass die im ausgehenden X. Jh. gefertigte „Bibel des Niketas“, der Ra 260 zuzurechnen ist, die direkte Abschrift einer auf das Jahr 535 n. Chr. zu datierenden justinianischen Vorlage darstellt (s.u. § B-IV-2 „Die byzantinische Überlieferung“).

3.2. Kontextuelle Var iantenbildungen Eine Reihe von Überlieferungsfehlern beruht auf kontextueller Variantenbildung. Folgende Beispiele mögen dies belegen: 227

ἐξουθένωσεν 253] ἐξουδένωσεν 336 769 260: ex praec. (226: ἐξ­ ου­δενωμένον).

96b

καθαριεῖ] καθαρίσει codd. gr. Das sigmatische Futur im direkten Kontext (96a χρηστεύσει; 97a ἀφήσει) macht es wahrscheinlich, dass im Fall der Lesart καθαρίσει kontextuell bedingte Verschreibung von ursprünglich anzunehmendem καθαριεῖ in καθαρίσει vorliegt. Die in allen Textzeugen belegte Verschreibung liegt auf der ältesten Überlieferungsstufe. Da die Form keinen Attizismus darstellt, sondern vielmehr eine sigmatische Futurmorphematik aufweist, wie sie für das Neue Testament typisch ist, dürfte dieser Fehler in die Frühphase der Textüberlieferung der Psalmen Salomos zu datieren sein; entsprechend ist καθαρίσει in καθαριεῖ zu emendieren (s.u. § A-I-3-4 „Konjekturalkritik“). Zur Begründung der Ursprünglichkeit der Form καθαριεῖ s.u. § A-I-4-2-2 „Konjugation“, unter der Rubrik „Futur“.

97c

ἐπί] περί codd. gr.: ex praec. Die überlieferte Lesart περί dürfte kontextuell durch zweifach vorangehendes περί (V. 6c; 7b) bedingt sein;1 vGebhardt konji-

1



Vgl. vGebhardt, 78 (Nr. 22): „Das περὶ ist wie es scheint aus v. 7b eingedrungen […].“

A Die Textzeugen

47

ziert daher m. E. folgerichtig in ἐπί (s.u. § A-I-3-4 „Konjekturalkritik“). 1722 καθαρίσαι] καθάρισον codd. gr.: ex praec. (1721: ἀνάστησον; 1722: ὑπόζωσον) Der Imperativ ist durch die vorangehenden Imperative (Vv. 21a, 22a) bedingt; Geiger konjiziert deshalb zu Recht den Infinitiv (s.u. § A-I-3-4 „Konjekturalkritik“), der sich trefflich in die Konstruktion der Verse 21–25 einfindet (s.u. § A-I-4-3-2 „Verbalsyntax“ unter der Rubrik „Der substantivierte Infinitiv“). 1736 τοῦ ἄρχειν λαοῦ μεγάλου 336 769 260] τοῦ ἄρχειν λαοὺς μεγά­ λους 253 Hs. Ra 253 ist z. St. fehlerhaft (vgl. § A-I-4-3-2 „Verbalsyntax“, unter der Rubrik „Das erweiterte Verbum“): Drei erweiterte Infinitive folgen aufeinander, die letzten beiden sind mit dem Akkusativ konstruiert: τοῦ (1) ἄρχειν λαοῦ μεγάλου, (2) ἐλέγξαι ἄρχοντας καὶ (3) ἐξᾶραι ἁμαρτωλούς. Hs. Ra 253 gleicht den Kasus des ersten Gliedes kontextuell bedingt an.1

3.3. Fehlerhafte Satzabtrennungen Die jüngere exegetische Forschung zeigt ein verstärktes Interesse an der Frage nach der ursprünglichen Gliederungsstruktur antiker Texte.2 Im Falle der Psalmen Salomos ist diese Fragestellung besonders virulent: Offenkundig liegt den Psalmen Salomos eine stichometrische Struktur zugrunde, wenngleich diese in den einzelnen Textzeu-

Vgl. dazu schon vGebhardt, 133–134, in Anm. zu PsSal 17 36: „Für λαοὺς μεγά­ λους (R) wird man den Übersetzer so wenig verantwortlich machen können, wie für den Accus. δικαιοσύνην v. 37c […]“. 2 Hinter der Bezeichnung „Delimitation Criticism“ verbirgt sich ein neuer methodischer Ansatz innerhalb der Exegese, der sich diesem Phänomen widmet; vgl. dazu M.C.A. Korpel: Introduction; E. Tov: Background; ferner G. Goswell: Readers; speziell im Blick auf die Septuaginta vgl. W.M. de Bruin: Interpreting Delimiters. 1

48

Einleitung

gen unterschiedlich gut bewahrt ist.1 Auf Ebene der einzelnen Stichoi wiederum ist eine kolometrische Struktur auszumachen, die aus einer in der handschriftlichen Überlieferung nicht einheitlichen, wenngleich im Kern durchaus ursprünglichen, Interpunktion ersichtlich wird.2 Eine Reihe von Beispielen zeigt, dass mangelndes Verständnis für die ursprüngliche Gliederungsstruktur antiker Texte zu empfindlichen Störungen des Textverständnisses im Zuge der Transmissionsgeschichte, die Missachtung der überlieferten Gliederungsstruktur zu fehlerhaften Satzabtrennungen, mithin gar zu konjekturellen Fehlgriffen im Zuge der Editionsgeschichte geführt haben.3 Vier Beispiele aus den Psalmen Salomos mögen belegen, wie eminent die Berücksichtigung der Kolometrie und Stichometrie für das richtige Textverständnis ist. In den ersten beiden Beispielen (PsSal 24b–6b; 58–11) hat mangelnde Berücksichtigung der stichometrischen Struktur auf Stufe der Editionsgeschichte zu einer fehlerhaften Kolometrie geführt, in den letzten beiden Beispielen (PsSal 117; 161–3) das falsche Verständnis der stichometrischen Vorlage auf Stufe der Transmissionsgeschichte. 2 4b–6b PsSal 24b–6b ist Beispiel einer fehlerhaften Satzabtrennung in den modernen Editionen, während die griechische Überlieferung, zumindest in Teilen (Hs. Ra 336), das ursprüngliche Textverständnis be-

Zur „Stichometrie“ s.u. § B-II-3. Zu „Kolometrie und Interpunktion“ s.u. § A-I-4-1-2. 3 Zur Konjekturalkritik der Psalmen Salomos s.u. § A-I-3-4 „Konjekturalkritik“. – Für die Göttinger Editio critica maior der Septuaginta sind die Beispiele für die mangelnde Berücksichtigung der handschriftlich überlieferten Gliederungsstruktur vor allem im Falle der Ziegler’schen Editionen zahlreich. Auf dieses Problem hat zuerst und nachdrücklich D. Barthélemy: Critique III, cxvii– cxxiv, hingewiesen. Beispiele konjektureller Fehlgriffe aufgrund falschen Satzverständnisses sind besonders im Dodekapropheton anzutreffen; vgl. neben den von D. Barthélemy: Critique III, cxxiii, genannten Beispielen aus Mi 2 8–11 die Problemanzeige bei W. Schütte: Interpunktion. 1 2

49

A Die Textzeugen

wahrt hat.1 Die Herausgeber vGebhardt und Rahlfs bieten die Verse folgendermaßen, wobei Vers 4b (εὐδοκῶ ἐν pro εὐόδωκεν) auf Konjektur beruht (zum Verständnis von Vers 24b s.u. § A-I-3-4 „Konjekturalkritik“): 4 5 6

b οὐκ εὐδοκῶ ἐν αὐτοῖς. a τὸ κάλλος τῆς δόξης αὐτῆς ἐξουθενώθη ἐνώπιον τοῦ θεοῦ, b ἠτιμώθη ἕως εἰς τέλος. a οἱ υἱοὶ καὶ αἱ θυγατέρες ἐν αἰχμαλωσίᾳ πονηρᾷ, b ἐν σφραγῖδι ὁ τράχηλος αὐτῶν, ἐν ἐπισήμῳ ἐν τοῖς ἔθνεσιν.

Ursprünglich dürfte der Text der Verse 5a–6b jedoch aus drei syntaktisch parallel gestalteten Stichoi (A–C) bestanden haben, wie die stichische Gliederung der Hs. Ra 336 zeigt. Diese Stichoi entfalten in inhaltlicher Hinsicht Vers 4b und verkürzen durch mehrfache Elisionen das Geschilderte dramatisch; eine Konjektur ist dabei überflüssig: A B C

οὐκ εὐόδωκεν αὐτοῖς τὸ κάλλος τῆς δόξης αὐτῆς· ἐξουθενώθη ἐνώπιον τοῦ θεοῦ, ἠτιμώθη ἕως εἰς τέλος. οἱ υἱοὶ καὶ αἱ θυγατέρες ἐν αἰχμαλωσίᾳ πονηρᾷ, ἐν σφραγῖδι· ὁ τράχηλος αὐτῶν ἐν ἐπισήμῳ, ἐν τοῖς ἔθνεσιν.

Alle drei Stichoi sind zweifach erweitert: Stichos A ist um zwei Prädikate erweitert, während Stichoi B und C streng parallel zueinander nach folgendem Schema konstruiert sind: Sie besitzen jeweils zwei attributive Ergänzungen in Form präpositionaler Erweiterungen, wobei die Prädikate elidiert sind: A B C

Subjekt Prädikat I Erweiterung I [indir. Subj.: τὸ κάλλος] ἐξουθενώθη ἐνώπιον τοῦ θεοῦ, οἱ υἱοὶ καὶ αἱ θυγατέρες [Elision I] ἐν αἰχμαλωσίᾳ πονηρᾷ, ὁ τράχηλος […] [Elision I] ἐν ἐπισήμῳ,

Prädikat II ἠτιμώθη [Elision II] [Elision II]

Erweiterung II ἕως εἰς τέλος ἐν σφραγῖδι ἐν τοῖς ἔθνεσιν

5 8–11 Auch im Fall von PsSal 58–11 hat die griechische Überlieferung mit Hs. Ra 336 das ursprüngliche Textverständnis bewahrt, während sich die Herausgeber vGebhardt und Rahlfs im Rahmen ihrer Satz Auf fehlerhafte Satzabtrennung im Fall der Vv. 4b–5b hat bereits K.G. Kuhn: Textgestalt, 9–10, hingewiesen. 1

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Einleitung

abtrennung genötigt sehen, Vers 510a durch Konjektur (ἡτοίμασας pro ἑτοιμάσαι) zu heilen (zum Verständnis von Vers 510a s.u. § A-I-3-4 „Konjekturalkritik“): 8 a ἐὰν γὰρ πεινάσω, πρὸς σὲ κεκράξομαι, ὁ θεός, b καὶ σὺ δώσεις μοι. 9 a Τὰ πετεινὰ καὶ τοὺς ἰχθύας σὺ τρέφεις b ἐν τῷ διδόναι σε ὑετὸν ἐρήμοις εἰς ἀνατολὴν χλόης· 10 a ἡτοίμασας χορτάσματα ἐν ἐρήμῳ παντὶ ζῶντι, b καὶ ἐὰν πεινάσωσιν, πρὸς σὲ ἀροῦσιν πρόσωπον αὐτῶν. 11 a τοὺς βασιλεῖς καὶ ἄρχοντας καὶ λαοὺς σὺ τρέφεις, ὁ θεός, b καὶ πτωχοῦ καὶ πένητος ἡ ἐλπὶς τίς ἐστιν εἰ μὴ σύ, κύριε; Ursprünglich lassen sich vier syntaktisch parallel gestaltete Sinneinheiten voneinander abgrenzen (A1/B1; A2/B2+C), wobei die Stichoi A1/A2 und B1/B2 einander entsprechen. Stichos B1 ist zweifach erweitert (I–II), während Stichos B2 im Stil des Parallelismus um den Schlussstichos C ergänzt ist: A1 B1 A2 B2 C

Ἐὰν γὰρ πεινάσω, πρὸς σὲ κεκράξομαι, ὁ θεός, καὶ σὺ δώσεις μοι. Τὰ πετεινὰ καὶ τοὺς ἰχθύας σὺ τρέφεις· I ἐν τῷ διδόναι σε ὑετὸν ἐρήμοις εἰς ἀνατολὴν χλόης, II ἑτοιμάσαι χορτάσματα ἐν ἐρήμῳ παντὶ ζῶντι. Καὶ ἐὰν πεινάσωσιν, πρὸς σὲ ἀροῦσιν πρόσωπον αὐτῶν. Τοὺς βασιλεῖς καὶ ἄρχοντας καὶ λαοὺς σὺ τρέφεις, ὁ θεός, καὶ πτωχοῦ καὶ πένητος ἡ ἐλπὶς τίς ἐστιν εἰ μὴ σύ, κύριε;

Das Prädikat des Stichos B1 (V.9a) ist mit V.9b–10a zweifach durch adverbielle Bestimmungen in Form substantivierter Infinitive erweitert (I–II). Präposition und Artikel des zweiten substantivierten Infinitivs werden elidiert: B1

11 7

Subjekt + Prädikat […] σὺ τρέφεις

Erweiterung I ἐν τῷ διδόναι σε […]

Erweiterung II [Elision ⟨ἐν τῷ⟩] ἑτοιμάσαι […]

ὅτι ὁ θεὸς ἐλάλησεν ἀγαθὰ Ἰσραὴλ εἰς τὸν αἰῶνα καὶ ἔτι vGebhardt] ὅτι ὁ θεὸς ἐλάλησεν ἀγαθὰ εἰς τὸν αἰῶνα καὶ ἔτι Ἰσραήλ Ra 769. PsSal 117 zeugt in der Handschriftengruppe Ra 769 von falschem Textverständnis. Es zeigt sich, dass die stichische Vorlage (Hyparch-

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etyp ζ resp. θ) missverstanden wurde. Sie ist folgendermaßen zu rekonstruieren: ⲟⲧⲓ ⲟ ⲑ̅ⲥ̅ ⲉⲗⲁⲗⲏⲥⲉⲛ ⲁⲅⲁⲑⲁ ⲓ̅ⲏ̅ⲗ̅ ⲉⲓⲥ ⲧⲟⲛ ⲁⲓⲱⲛⲁ ⲕⲁⲓ ⲉⲧⲓ Die Vorlage dürfte Ἰσραήλ aufgrund von Platzmangel tiefgestellt haben (in Hs. Ra 336 ist dies mehrfach am Zeilenende der Fall); der Kopist glaubte, Ἰσραήλ stünde nach καὶ ἔτι geschrieben. Der Fehler in Ra 769 erklärt sich demnach aus der stichischen Schreibung der Vorlage. Für die Rekonstruktion der ursprünglichen Kolometrie folgt, dass PsSal 117c – gegen vGebhardt und Rahlfs – in zwei Kola (7c und 7d) zu trennen ist: 7 c d

ὅτι ὁ θεὸς ἐλάλησεν ἀγαθὰ Ἰσραήλ εἰς τὸν αἰῶνα καὶ ἔτι

Ebendiese Kolometrie bezeugt auch Hs. Ra 336.1 Die vorliegende Stelle zeigt, dass die Kolometrie im Zuge der Transmissionsgeschichte auch zu einer Fehlerquelle werden konnte. 16 1–3 Die Verse 1–3 bilden ein kunstvoll gestaltetes Konditionalgefüge: 1 a ἐν τῷ νυστάξαι ψυχήν μου ἀπὸ κυρίου b παρὰ μικρὸν ὠλίσθησα ἐν καταφορᾷ ὕπνου […]· 2 a παρ᾿ ὀλίγον ἐξεχύθη ἡ ψυχή μου εἰς θάνατον […] 3 a ἐν τῷ διενεχθῆναι ψυχήν μου ἀπὸ κυρίου θεοῦ Ἰσραήλ· b εἰ μὴ ὁ κύριος ἀντελάβετό μου τῷ ἐλέει αὐτοῦ εἰς τὸν αἰῶνα. Vers 3b bildet die Protasis, während die beiden substantivierten Infinitive der Verse 1–3a, im Chiasmus (1a+1b//2a+3b) stehend, die Apodosis bilden: ἐν τῷ νυστάξαι ψυχήν μου […] παρ᾿ ὀλίγον ἐξεχύθη […]

παρὰ μικρὸν ὠλίσθησα […] ἐν τῷ διενεχθῆναι ψυχήν μου […]

Die Angaben bei vGebhardt, 118, im Apparat in Vorbemerkung zu PsSal 11, sind inkorrekt: Ra 336 weicht sehr wohl von Ra 260 ab und bezeugt eine klare Gliederung von PsSal 11 7 in zwei Stichen, die ihrerseits in zwei Hemistichen unterteilt sind: 7a–b; 7c–d. Die Initialen der ersten Wörter eines jeden Stichos sind rubriziert (V. 7a ἔνδυσαι; V. 7c ὅτι); die Hemistichen sind klar kenntlich durch einen horizontalen Trennstrich voneinander geschieden. 1

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Der für die Rekonstruktion der Kolometrie wichtige Zeuge Ra 336 bietet für die Verse 2–3 die korrekte Kolometrie. Vers 1 ist hingegen in Ra 336 im Wortlaut, und infolge dessen auch in der Kolometrie, verderbt.1 vGebhardt konjiziert V. 1 unnötigerweise und greift dabei auch in die Kolometrie des Verses ein (s.u. § A-I-3-4 „Konjekturalkritik“).

3.4. Konjektur alkr itik Heilung des Textes durch Konjektur oder Besserung des Textes durch Emendation sind notwendige Schritte im Zuge der kritischen Konstitution des Textes; zumal dann, wenn die Überlieferung – wie im Falle der Psalmen Salomos – in hohem Maße korrupt ist.2 Eine Reihe von älteren Konjekturvorschlägen ist in der Ausgabe vGebhardts verzeichnet, besprochen und übernommen:3 Fabricius (183), Schmidt (12), de Lagarde (63), Wellhausen (135), Geiger (226c; 1722), Fritzsche (518; 1745), Hilgenfeld (24; 83; 123); vGebhardt Die Kolometrie der Verse 2–3 ist in Ra 336 richtig erhalten, wenngleich die Unterscheidung von Stichen und Hemistichen in diesen Versen unklar ist. Vers 1 ist indes in Ra 336 nicht nur im Wortlaut, sondern auch in der Kolometrie verderbt: Versteil a) ἐν τῷ νυστάξαι ψυχήν μου ἀπὸ κυρίου παρὰ μικρὸν ὕπνωσα ἐν καταφθορᾷ ὕπνου Versteil b) τὸ μακρὰν γενέσθαι ἀπὸ θεοῦ. 2 Die Konjekturalkritik ist per se der Gefahr ausgesetzt, den Text durch konjekturellen Missgriff zu entstellen. Ein illustres Beispiel liefert Iustinus Martyr, Dialogus cum Tryphone 103,4, insofern alle Editoren (Otto, Goodspeed, Marcovich, Bobichon) den Text durch Konjektur entstellt haben; vgl. dazu F.Albrecht: Zwölfprophetenbuch, 351–353. 3 vGebhardt, 73–88, bespricht insgesamt 53 Textstellen ausführlich. Vgl. dazu E. Schürer: Rezension zu vGebhardt, 516. — Die von S. Kreuzer: Verzeichnis, 137, gebotene Liste zu den Psalmen Salomos ist eine Zusammenstellung von Verweisen auf „Swete“ im Apparat von Rahlfs, zu denen keine hsl. Bezeugung genannt ist: „Von den ca. 106 Nennungen von Swete sind hier jene 74 Lesarten ausgewählt, für die keine Handschrift angegeben ist. Wieweit es sich um Konjekturen handelt, ist an den genannten Editionen zu prüfen.“ Die Liste enthält lediglich drei Konjekturen: PsSal 157; 179; 183. 1

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selbst konjiziert überdies an nicht wenigen Stellen, insbesondere in PsSal 9 und 17 (38; 53. 10; 96b. 7a. 7c. 9; 157; 161; 179a. 14b. 15b. 21. 33c).1 Rahlfs übernimmt die Konjekturen vGebhardts und konjiziert seinerseits im Fall von PsSal 1723. 32;2 zudem emendiert Rahlfs an vielen Stellen den Text nach den Regeln der Schulgrammatik3, was das sprachliche Erscheinungsbild der Psalmen Salomos empfindlich stört, da so mitunter genuin hellenistische durch attische resp. attizistische Lesarten ersetzt werden.4 Folgende Konjekturen sind in der vorliegenden Aus-

Überdies emendiert vGebhardt an manchen Stellen; vgl. z. B. PsSal 2 19 und 8 11 (s.u. § A-I-3-4-3 „Emendationen“); ferner PsSal 8 3 die auf Fritzsche zurückgehende Emendation κατευθυνοῦσιν (Fut.) für κατευθύνουσιν (Präs.); PsSal 17 23–24 (s.u. S. 130,Anm. 3) die Emendationen ἐξώσαι (V. 23a), ἐκτρίψαι (V. 23b) und συντρίψαι (V. 24a). – Die in der vorliegenden Ausgabe berücksichtigten, d.h. übernommenen, Emendationen sind am Ende dieses Paragraphen aufgeführt. 2 Zusätzlich übernimmt Rahlfs in PsSal 12 3 die in der Edition vGebhardts erwogene, letztlich aber doch nicht vollzogene Konjektur. 3 C. Schäfer: Rahlfs 2016, 361–370 („Die Konjekturalkritik [Konjektur und Emendation]“), hier: 362, bescheinigt Rahlfs in seinen Editionen eine gewisse Zurückhaltung gegenüber der Einführung eigener Konjekturen; Emendationen jedoch ließen „sich in seinen Editionen häufiger nachweisen“ (ebd., 362–63). Allerdings ist das von Schäfer, 362–63, für den Charakter der Rahlfs’schen Emendationen inter alia vorgebrachte Kriterium der „Orientierung an den Regeln des für die Zeit der Übersetzung anzunehmenden, d.h. hellenistischen Griechisch“ (ebd., 363) bzgl. der Rahlfs’schen ‚Handausgabe‘ (= Rahlfs/Rahlfs-Hanhart) kaum in Anschlag zu bringen: Denn zunächst sind die grammatischen und orthographischen Verbesserungen der ‚Handausgabe‘ durchaus auch als Emendationen zu werten. Viele jener Emendationen laufen jedoch tendenziell der hellenistischen Sprachgestalt zuwider (s. dazu die nachfolgende Anm.). Daraus folgt nun aber, dass Rahlfs in seiner ‚Handausgabe‘ prinzipiell unter geringer Berücksichtigung der originär hellenistischen Orthographie vielmehr die Schreibung nach den Regeln der klassischen Schulgrammatik befolgt zu haben scheint. C. Schäfer: Rahlfs 2016, 349–54 („Der Umgang mit orthographischen und grammatikalisch uneinheitlichen Lesarten“), resümiert indes: „In der Handausgabe […] glich Rahlfs, ganz im Sinne seines Gesamtkonzepts und im Blick auf seine Zielgruppe die Orthographie und wo nötig auch die Grammatik ebenfalls den Gepflogenheiten des 3./2. Jh.s v. Chr. an.“ (ebd., 353). 4 Vier Beispiele mögen die Rahlfs’sche Emendationspraxis im Fall der Psalmen Salomos illustrieren: 1

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gabe berücksichtigt, also entweder übernommen (§ 3-4-1) oder verworfen und im Apparat notiert (§ 3-4-2):

3.4.1. Übernommene Konjekturen 1tit. et 1 Ψαλμὸς τῷ Σαλωμὼν (Σ. em. Albrecht) εἰς τέλος (εἰς τ. coni. Perles). θλίβεσθαί με coni. Perles] + εἰς τέλος codd. gr., Sy et vGebhardt = Rahlfs. Das am Ende von Vers 1 überlieferte εἰς τέλος ist mit Perles als deplatziert zu betrachten.1 In einem frühen Stadium der Textüberlieferung dürfte es aus dem darüberstehenden Psalmentitel in den Text geraten sein. Der Psalmentitel deutet mit der Angabe εἰς τέλος „bezogen auf das Ende“ einen zentralen inhaltlichen Aspekt des Psalms an:2 Die thematisch PsSal 1–2 bestimmende Bedrohung Jerusalems. Entsprechend ist εἰς τέλος im Titel zu ergänzen und im Text zu tilgen.3 (1) Alle 45 Belegstellen des Verbums ἀπορρίπτω erscheinen bei Rahlfs-Hanhart orthographisch bereinigt. In den Psalmen Salomos betrifft dies PsSal 2 4; 9 1. Dazu s.u. § A-I-4-1-1 „Vokalismus und Konsonantismus“ unter der Rubrik „Konsonantenverdoppelung Ρ – ΡΡ“. (2) PsSal 2 13: ἀναμίξεως] ἀναμείξεως em. Rahlfs. Dazu s.u. S. 112 mit Anm. 1. (3) PsSal 7 8: οἰκτειρήσεις] οἰκτιρήσεις em. Rahlfs; PsSal 98: οἰκτείρησον] οἰκτί­ρη­ σον em. Rahlfs. – Im Fall von οἰκτίρειν bevorzugt die Schulgrammatik einfaches Iota; vgl. Bl.-Debr., 77 (§ 101 in Anm. 56): „ῑ, nicht ει“; zum langen Iota in οἰκτί­ρειν vgl. zudem ebd., 20 (§ 23 in Anm. 2). (4) PsSal 14 8: ταμεῖα] ταμιεῖα 336 260 Rahlfs. Dazu s.u. § A-I-4-1-1 „Vokalismus und Konsonantismus“ unter der Rubrik „Vokalschwund“. Zum sprachlichen Erscheinungsbild der Psalmen Salomos s.u. ausführlich § A-I-4 „Charakter und Datierung der griechischen Überlieferung“. 1 Vgl. F. Perles: Erklärung, 273–274. 2 Zu den „Psalmenüberschriften“ s.u. § B-II-1-2, S. 188–190. 3 Lediglich eine Handschrift, namentlich Hs. Ra 336, bezeugt als Titel: Ψαλμὸς τῷ Σαλομών· πρῶτος. Die ausgeschriebene Zählung ist wohlgemerkt eine Eigenart von Ra 336. vGebhardt ging aufgrund seines Stemmas davon aus, dass PsSal 1 ursprünglich keine Überschrift besaß. Das Stemma lässt ihn annehmen, dass eine Überschrift in der Vorlage von Hs. Ra 336 gefehlt habe. Entsprechend

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226c ὑπὲρ ἐλάχιστον coni. Geiger vGebhardt = Rahlfs, cf. Sy] ὑπὲρ ἐλαχίστου codd. gr. Die Konjektur Geigers ist sinnvoll, wie schon vGebhardt betont hat.1 Die mit Genetiv und Akkusativ stehende Präposition ὑπέρ bezeichnet mit Akkusativ „das Übertreffen“.2 In dieser Bedeutung ist sie in den Psalmen Salomos stets (vgl. PsSal 18; 42; 813; 1743), und so auch hier, gebraucht, und folglich mit dem Akkusativ konstruiert. 63

97c

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σάλῳ coni. de Lagarde vGebhardt = Rahlfs, cf. Sy16h1(‫])ܒܫܓܘܫܝܐ‬ ̣ σάλον 253 769; σάλων 260. Die Konjektur de Lagardes ist sinnvoll, wie schon vGebhardt, 77 (Nr. 18), betont hat. Die syrische Übersetzung bezeugt den Dativ Sg. und bestätigt somit die Richtigkeit der Konjektur. Zur Wiedergabe des griechischen Dativs im Syrischen s.u. § A-II-4-2 „Übersetzungstechnik“. ἐφ’ scripsi] ἐπί coni. vGebhardt = Rahlfs; περί codd. gr. vGebhardts Konjektur ist nachvollziehbar, der Hinweis auf PsSal 518 (καὶ ἡ χρηστότης σου ἐπὶ Ἰσραήλ) schlüssig.3 Aus satzphonetischen Gründen ist allerdings zur Stelle die elidierte Form der Präposition zu bevorzugen: ἐφ’ ἁμαρτάνοντας (s.u. § D-VII „Satzphonetisches“). Die Variantenbildung ist kontextuell bedingt (s.o. § A-I-3-2 „Kontextuelle Variantenbildungen“). οἴκους 2° coni. Rahlfs, cf. vGebhardt] add. vel pr. παρανόμους codd. gr. et Sy. Die von Rahlfs vollzogene, auf einem Vorschlag vGebhardts beruhende Athetese des zweiten παρανόμους ist sinnvoll. Aller-

gehe die Überschrift auf den Schreiber von Hs. Ra 336 zurück. vGebhardt, 47: „Dass letztere von J frei componirt ist, unterliegt keinem Zweifel; sie müsste, wenn aus x übernommen, in der späteren Überlieferung wiederkehren“. 1 Vgl. vGebhardt, 74 (Nr. 9). Geigers Konjektur wird überdies durch das Syrische bestätigt; vgl.Trafton, 45–46 (Nr. 88). 2 Bauer6, 1670–1673, s.v. ὑπέρ, hier: 1672. Zur Präposition ὑπέρ vgl. überdies ausführlich Kühner II/1, 486–488. 3 Vgl. vGebhardt, 78 (Nr. 22): „nach dem Sprachgebrauch des Übersetzers muss es ἐπὶ heissen […].“

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dings ist das Versverständnis bei vGebhardt und Rahlfs ein anderes. Daher ist auch die Begründung der Athetese eine andere.1 Die Korruptele des Verses beruht auf verderbter Kolometrie: In der handschriftlichen Überlieferung von PsSal 123 erscheint παρανόμους fälschlicherweise doppelt. Das Hyperbaton παρανόμους συνχέαι οἴκους veranlasste wohl einen Korrektor, die Wortstellung zu vereinfachen, indem er παρανόμους hinter οἴκους stellte, während ein Folgekopist das erste, in seiner Vorlage eigentlich getilgte, παρανόμους beibehielt und zum Vorherigen zog. Der so entstellte V. 3c (συνχέαι οἴκους παρανόμους) erweckt den Eindruck, er setze mit συνχέαι die Infinitivreihe ἐμπλῆσαι – ἐκκόψαι fort. Der Sinn des Verses wird auf diese Weise verstellt. V. 3c gehört jedoch usprünglich zu V. 4a. Insofern dürfte der Verszusammenhang ursprünglich gelautet haben: 3 a ἡ παροικία αὐτοῦ ἐμπλῆσαι (Inf.) […] b ἐκκόψαι (Inf.) […] c Παρανόμους συνχέαι (Opt.) […] 4 a μακρύναι (Opt.) ὁ θεός […] 135

εὐσεβής coni. Wellhausen vGebhardt = Rahlfs] ἀσεβής codd. gr. et Sy. Die Konjektur Wellhausens ist sinnvoll, wie schon vGebhardt, 81 (Nr. 29), betont hat.

153c χειρῶν coni. Begrich] χειλέων codd. gr., Sy et vGebhardt = Rahlfs. Die Konjektur Begrichs vermag zu überzeugen.2 Der Ausdruck ἀπαρχὴ χειλέων wäre ungewöhnlich und im Unterschied zu ἀπαρχὴ χειρῶν (vgl. Dtn 1211. 17; Sir 357) singulär. Die frühe Verschreibung von χειρῶν in χειλέων erklärt sich unter dem Einfluss des im unmittelbaren Kontext vorausgehenden χειλέων Vgl. vGebhardt, 80–81 (Nr. 28). vGebhardt geht davon aus, dass παρανόμους eine fälschliche Wiederholung aus dem vorangehenden Versteil ist, belässt aber dennoch παρανόμους in eckigen Klammern im Text seiner Ausgabe. Rahlfs hingegen tilgt παρανόμους. 2 Vgl. J. Begrich: Text, 140–141. Die gegen Begrichs Konjekturvorschlag erhobenen Einwände sind m.E. unbegründet; vgl. etwa S. Holm-Nielsen: Psalmen, 93,Anm. e) zu PsSal 15 3; Trafton, 139–140 (Nr. 18). 1

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(V. 3b). Die Verschreibung von χειλέων und χειρῶν ist – wie Begrich zu Recht bemerkt – auch sonst in der Septuaginta belegt: z.B. Prov 3131 LXX (ed. Rahlfs-Hanhart): ἀπὸ καρπῶν χειρῶν, v.l. ἀπὸ καρπῶν χειλέων. Aufschlussreich ist zudem der von Begrich angeführte Beleg Prov 1214 LXX (ed. Rahlfs-Hanhart): ἀνταπόδομα δὲ χειλέων αὐτοῦ; während MT ‫י־א ָדם‬ ָ ‫ ≈ יְ ֵד‬χειρῶν ἀν(θρώπ)ου liest, bezeugt die Septuaginta χειλέων (v.l. χειρῶν Ra 336) αὐτοῦ, was m.E. mit Ra 336 lesend in χειρῶν ἀνθρώπου konjiziert werden darf. 1613 ἐν πενίᾳ αὐτοῦ scripsi] ἐν πενίᾳ codd. gr. et vGebhardt = Rahlfs 1614a ἐν χειρὶ σαπρίας scripsi] ἐν χειρὶ σαπρίας αὐτοῦ codd. gr. et vGeb­ hardt = Rahlfs Das für V. 14a überlieferte ἐν χειρὶ σαπρίας αὐτοῦ („durch seine faulige Hand“) ist im Kontext der Verse 13–14 unverständlich. Das störende αὐτοῦ dürfte von seiner ursprünglichen Stellung am Schluss des vorangehenden Verses (V. 13) durch bloßes Versehen an das Ende des Folgeverses (V. 14a) geraten sein, so dass die Lesart ἐν χειρὶ σαπρίας αὐτοῦ entstand. Die versehentliche Fehlstellung des αὐτοῦ am Ende von V. 14a erklärt sich durch die leichte Überlänge von V. 13: Vermutlich sah sich ein Kopist genötigt, das am Ende der Zeile befindliche αὐτοῦ tieferzustellen:1 ⲟⲧⲓ ⲉⲁⲛ ⲙⲏ ⲥⲩ ⲉⲛⲓⲥⲭⲩⲥⲏⲥ ⲧⲓⲥ ⲩⲫⲉⲝⲉⲧⲁⲓ ⲡⲁⲓⲇⲉⲓⲁⲛ ⲉⲛ ⲡⲉⲛⲓⲁ ⲁⲩⲧⲟⲩ ⲉⲛ ⲧⲱ ⲉⲗⲉⲅⲭⲉⲥⲑⲁⲓ ⲯⲩⲭⲏⲛ ⲉⲛ ⲭⲉⲓⲣⲓ ⲥⲁⲡⲣⲓⲁⲥ Somit ist einerseits V. 14a ἐν χειρὶ σαπρίας („durch eine faulige Hand“), und andererseits V. 13 ἐν πενίᾳ αὐτοῦ („in seiner Armut“) zu konjizieren. 1712a ἐν ὀργῇ καὶ λαοὺς αὐτοῦ scripsi] ἐν ὀργῇ κάλλους αὐτοῦ codd. gr. et vGebhardt = Rahlfs: λα→λλ, sim. Sy(‫ܒܫܘܦܪܐ ܕܪܘܓܙܗ‬ ̣ ≈ ἐν κάλλει ὀργῆς αὐτοῦ). ibid. ἐξαπέστειλεν ἐπ’ αὐτά scripsi] ἐξαπέστειλεν αὐτά codd. gr. et vGebhardt = Rahlfs: haplogr. (ενεπ→εν). Die Überlieferung von PsSal 1712a ist offenkundig verderbt. Der ursprüngliche Wortlaut ist nur durch Konjektur wieder Ein ganz ähnlicher Fall liegt in PsSal 11 7 vor; dazu s.o. § A-I-3-3 („Fehlerhafte Satzabtrennungen“).

1

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herzustellen: Aus dem unsinnigen κάλλους lässt sich καὶ λαούς gewinnen.1 Die Verschreibung von καὶ λαούς in κάλλους setzt die Majuskelverschreibung α→λ voraus. War erst einmal καὶ λαούς in κάλλους verlesen, wurde das nunmehr unverständliche ἐπ’ im Anschluss an das unmittelbar vorangehende -εν aufgrund der Majuskelverschreibung π→ν durch Haplographie ausgelassen.2 1714b πόλεσιν σύν scripsi] πόλεσι codd. gr.: haplogr. (σινσυν→σιν) et υ↔ι. Der überlieferte Wortlaut (ἐν ταῖς πόλεσι τοῖς θεοῖς, v.l. ἐν ταῖς πόλεσι τοὺς θεούς) hat bereits vGebhardt, und in dessen Gefolge Rahlfs, dazu bewogen, den Text zu konjizieren und anstelle von τοῖς θεοῖς resp. τοὺς θεούς vielmehr τοῦ σθένους („ihrer Macht“) zu lesen. Dazu s.u. § A-I-3-4-2 „Verworfene Konjekturen“. Die Textverderbnis beruht m. E. jedoch auf dem itazistisch begünstigten und haplographisch bedingten Ausfall der Präposition σύν im Anschluss an ein ursprüngliches πόλεσιν.3 Somit ist die vorliegende Textstelle auch insgesamt anders zu verstehen: Die Vv. 13–14 bilden eine Sinneinheit: V. 13 beschreibt zunächst den Hochmut des Feindes als Ausdruck seiner ἀλλοτριότης „Abneigung“ (wörtl. „Abgeneigtheit“ oder „Fremdheit“)4 gegenüber dem jüdischen Gott: Nicht nur „sein Herz war unserem Gott abgeneigt“ (V. 13b), sondern auch, wie V. 14 weiter ausführt, sämtliche Taten des Feindes in Jerusalem (V. 14a) sowie sämtliche Heidenvölker mitsamt ihren Göttern (V. 14b) waren „unserem Gott abgeneigt“. Der mehrheitlich bezeugte Dativ τοῖς θεοῖς dürfte demnach ursprünglich sein. Demgegenüber stellt der von Ra 253 gebotene Akkusativ τοὺς θεούς wohl den misslungenen Versuch dar, dem nach dem Aus Zu PsSal 17 12a vgl. LXX Ps 55 8: ἐν ὀργῇ λαοὺς κατάξεις, ὁ θεός. („Im Zorn wirst du Nationen herabführen, o Gott!“). 2 Zur Konstruktion von ἐξαποστέλλειν mit ἐπί + Akk. vgl. z.B. Diodorus Siculus, Bibliotheca historica XI,21,2; XVIII,7,4. 3 Der Ausfall der Präposition σύν mag vielleicht auch damit zusammenhängen, dass sie in der bibl. Gräzität weniger gebräuchlich ist (LXX 221mal, NT 124mal). 4 Zu ἀλλοτριότης s.u. § A-I-4-2-3 „Lexik“ unter der Rubrik „Hapaxlegomena der biblischen Gräzität“. 1

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fall der Präposition σύν entstellten Wortlaut (ἐν ταῖς πόλεσι τοῖς θεοῖς) Sinn abzugewinnen.1 ̇ 1722 καθαρίσαι coni. Geiger vGebhardt = Rahlfs, cf. Sy (‫])ܕܢܕܟܝܗ‬ κα­ θά­ρισον codd. gr.: ex praec. (1721: ἀνάστησον; 1722: ὑπόζωσον). Die Konjektur (Inf. Aor. Akt. anstelle von 2. Pers. Sg. Imp. Aor. Akt.) ist sinnvoll und vermag die kontextuell bedingte Textverderbnis zu heilen. Indirekt wird diese Konjektur durch das Syrische z. St. bestätigt, das den im Hintergrund stehenden Infinitiv erkennen lässt.2 Bedenkt man überdies die grammatische Struktur des Kontextes, zeigt sich, dass der hsl. überlieferte Imperativ, wäre er ursprünglich, in seinem Gefolge einen artikulierten Infinitiv, also τοῦ ἐξῶσαι (V. 23a), erwarten ließe.3 183

υἱούς coni. Fabricius vGebhardt = Rahlfs] υἱοῦ codd. gr. Die alte, auf Fabricius zurückgehende Konjektur ist im Kontext der Stelle einzig sinnvoll, wie schon vGebhardt, 88 (Nr. 53), betont hat.

Zur Lesart τοὺς θεούς (Ra 253) bemerkt vGebhardt, 85, lapidar: „Das giebt keinen Sinn“. Bedenkt man nun aber, dass ποιεῖν gewöhnlich mit dem Akkusativ konstruiert wird, dann ergibt V. 14b immerhin gewissen Sinn, wenn Ra 253 davon ausgegangen sein sollte, das Prädikat ἐποίησεν/-σαν sei in V. 14b zu ergänzen: καὶ πάντα, ὅσα ἐποίησεν (sc. ὁ ἐχθρός) […], καθὼς καὶ τὰ ἔθνη (sc. ἐποίησεν/-σαν) […]. – „Und alles, was er […] tat, war so, wie auch die Heidenvölker […] taten.“ So versteht beispielsweise S. Holm-Nielsen: Psalmen, den Vers. 2 Im Syrischen dient z. St. das Verbum finitum mit ‫ ܕ‬zur Wiedergabe des Infinitivs. Zu dieser Konstruktion vgl. T. Nöldeke: Grammatik, 216 (§ 286). Eine indirekte Bestätigung für Geigers Konjektur sehen in der syrischen Lesart deshalb K.G. Kuhn: Textgestalt, 69, und Trafton, 171, Nr. 76: „Geiger […] conjectured καθαρίσαι as a continuation of the description of the ‚king’, rather than as an address to God (καθάρισον). This suggestion is supported by Sy.“; vgl. ferner S. Holm-Nielsen: Psalmen, 102,Anm. c) zu V. 22. 3 Vgl. PsSal 17 21: ἀνάστησον […] τοῦ βασιλεῦσαι; PsSal 17 22a: ὑπόζωσον […] τοῦ θραῦσαι. – Zur Ursache der Verderbnis s.o. § A-I-3-2 „Kontextuelle Variantenbildungen“. 1

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3.4.2. Verworfene Konjekturen 12 24b

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εὐόδωκεν] εὐδοκῶ ἐν coni. Hilgenfeld vGebhardt = Rahlfs.3 Die Konjektur ist überflüssig: εὐόδωκεν wird mit Dat. + Akk. konstruiert.4 Die stichische Gliederung, wie von Hs. Ra 336 bezeugt, hat überdies das ursprüngliche Textverständnis bewahrt. Der vorliegende Vers ist somit zugleich Beispiel einer fehlerhaften Satzabtrennung (s.o. § A-I-3-3 „Fehlerhafte Satzabtrennungen“), worauf schon Kuhn explizit hingewiesen hat:5 vGebhardt = Rahlfs: οὐκ εὐδοκῶ ἐν αὐτοῖς. τὸ κάλλος τῆς δό­ ξης αὐ­τῆς ἐξουθενώθη ἐνώπιον τοῦ θεοῦ, ἠτιμώθη ἕως εἰς τέ­λος. Ursprünglicher Text: οὐκ εὐόδωκεν αὐτοῖς τὸ κάλλος τῆς δό­ ξης αὐ­τῆς· ἐξουθενώθη ἐνώπιον τοῦ θεοῦ, ἠτιμώθη ἕως εἰς τέ­λος. ψυχήν codd. gr. et Sy] ψυχῆς coni. vGebhardt = Rahlfs.6 Nicht nur im Blick auf das Syrische, worauf schon Trafton hingewiesen hat7, erübrigt sich die Konjektur: Der Syrer versteht „Seele“ als Akkusativ der gesühnten Person resp. Sache und verdeutlicht dies, indem er das postponierte Objekt vorzieht,

Vgl. zu dieser Konjektur vGebhardt, 73 (Nr. 1). Vgl. dazu auch S. Holm-Nielsen: Psalmen, 62, und ferner bereits W. Franken­ berg: Datierung, 86. 3 Vgl. zu dieser Konjektur vGebhardt, 73 (Nr. 4). 4 Das Verbum εὐοδοῦν „gelingen lassen“, „einen guten Weg führen“, scheint ein Neologismus der Septuaginta zur Wiedergabe von hebr. ‫„( צלח‬eindringen“, „gelingen“; vgl. Gesenius18, 1118) zu sein, vgl. ausführlich W. Michaelis: εὐοδόω, 114. Michaelis betont, die „große Mannigfaltigkeit“ (ebd.) in Konstruktion und Bedeutung; konstruiert werde εὐοδοῦν u.a. mit dem Akkusativ der Sache und dem Dativ der Person (vgl. ebd. 115), wobei Gott regelmäßig direktes oder indirektes Subjekt sei (vgl. ebd. 116). Ebendies ist in PsSal 2 5 der Fall: εὐόδωκεν scheint mit dem Dativus commodi (αὐτοῖς) und dem Akkusativ der Sache (τὸ κάλλος) konstruiert, wobei Gott als indirektes Subjekt fungiert. 5 Vgl. K.G. Kuhn:Textgestalt, 9–10. 6 Vgl. vGebhardt, 75 (Nr. 11). 7 Vgl.Trafton, 55–57 (Nr. 36), hier: 56 mit Anm. 4. 1 2



Ἐπακούσεταί μου] εἶπα· ἐπακούσεταί μου coni. vGebhardt = Rahlfs cf. Schmidt (εἶπα Ἀκούσεταί μου).1 Die Konjektur ist überflüssig.2

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und somit direkt an das Prädikat anschließt. Dieses Textverständnis entspricht der griechischen Syntax z. St.:1 ἐξιλά­σκε­ σθαι („entsühnen“) wird in PsSal 38 mit dem Akkusativ der gesühnten Person resp. Sache (τὴν ψυχήν) konstruiert, wobei die Sache, deretwegen die Sühnehandlung vollzogen wird, mit περί angeführt ist (περὶ ἀγνοίας) und das Sühnemittel im Dativ steht (ἐν νηστείᾳ καὶ ταπεινώσει). Subjekt der Handlung ist „der Gerechte“ (ὁ δίκαιος, PsSal 37a), der sich selbst entsühnt und so der Sünde entledigt. Die syrische Übersetzung bestätigt den von den griechischen Handschriften überlieferten Wortlaut in einem weiteren Punkt: Sie liest ταπεινώσει eindeutig als Dat. Sg.: ἐν νηστείᾳ καὶ ⟨ἐν⟩ ταπεινώσει. Dies entspricht dem Sprachgebrauch der Psalmen Salomos im unmittelbaren Kontext, vgl. PsSal 33b: ἐν ἐξομολογήσει καὶ ⟨ἐν⟩ δικαιώσει. In dieser Hinsicht bestätigt sich vGebhardts Deutung, der ebendies bereits annahm. Demgegenüber ist von anderen Interpreten καὶ ταπεινώσει als parataktisch angeschlossenes Verb im Futur aufgefasst worden: „und er wird demütigen“. Holm-Nielsen vermutet, dass der griechische Übersetzer das hebräische Imperfectum consecutivum missverstanden hätte.2 Abgesehen davon, dass das Postulat einer hebräischen Vorlage der Psalmen Salomos kaum haltbar ist (s.u. § „Die Frage nach der Abfassungssprache“), zeigt der syntaktische Kontext, wie oben dargelegt, dass eine solche Deutung nachgerade abwegig ist. Zur Konstruktion von ἐξιλάσκεσθαι in der Septuaginta vgl. Helbing, Kasussyntax, 213–215; F. Büchsel: ἱλάσκομαι, 315. Sowohl die Konstruktion von ἐξιλάσκεσθαι + περί in präpositionaler Verbindung als auch die Konstruktion von ἐξιλάσκεσθαι + Akk. ist geläufig. Als Subjekt kann nicht nur Gott, sondern auch der Mensch fungieren; ein Beispiel für Letzteres ist Gen 32 21 LXX, wo es aus dem Munde Jakobs heißt: ἐξιλάσομαι τὸ πρόσωπον αὐτοῦ ἐν τοῖς δώροις […]. 2 Vgl. S. Holm-Nielsen: Psalmen, 68. Als weitere Beispiele für falsch verstandenes Imperfectum consecutivum gelten PsSal 2 10. 18. – Da das Imperfectum consecutivum als sprachliches Phänomen im Hebräisch der Zeitenwende recht ungewöhnlich ist, liegt ein solches Missverständnis nahe. Die Konsequenz eines vermuteten Imperfectum consecutivum in der hebräischen Vorlage der Psalmen Salomos ist dann allerdings auch, dass für diese hebräische Vorlage ein höheres Alter zu postulieren wäre. 1

62 53a

Einleitung

σκῦλα ἄνθρωπος 260, cf. Sy16h1(‫ ])ܒܪܢܫܐ ܫܒ ̣ܝܬܐ‬σκῦλα 253 336; τις σκῦλα coni. vGebhardt = Rahlfs.1 vGebhardts Konjektur ist überflüssig. Ra 260 bezeugt den ursprünglichen Wortlaut und wird durch das Syrische z. St. bestätigt (‫ ≈ ܒܪܢܫܐ ܫܒ ̣ܝܬܐ‬ἄνθρωπος σκῦλα). Die Textverderbnis in den übrigen Teilen der Überlieferung (Ra 253; 336), die zu einem Ausfall des Subjekts ἄνθρωπος geführt hat, erklärt sich aufgrund einer frühen Verderbnis in Hyparchetyp γ: Der ursprüngliche Text lautete ⲥⲕⲩⲗⲁⲁ̅ⲛ̅ⲟ̅ⲥ̅ⲡⲁⲣⲁⲁⲛⲇⲣⲟⲥ: Das nomen sacrum ⲁ̅ⲛ̅ⲟ̅ⲥ̅ scheint früh verderbt worden zu sein: Ra 336 las vermutlich ⲁⲡⲟ: σκῦλα ἀπὸ παρὰ ἀνδρός. Angesichts des so entstandenen Nebeneinanders der Präpositionen ἀπό und παρά entschied sich Ra 336 – wohl auch im Blick auf V. 3b – für ἀπό und tilgte παρά. Ra 253 dagegen ließ das verderbte ⲁ̅ⲛ̅ⲟ̅ⲥ̅ aus. Ra 260 wiederum vermochte den ursprünglichen Wortlaut zu restituieren: σκῦλα ἄνθρωπος παρά […]. Aus stemmatischen Gesichtspunkten ist es eher unwahrscheinlich, dass Ra 260 den ursprünglichen Wortlaut im Einklang mit dem Syrischen bewahrt hat; vGebhardt, 76 (Nr. 14), geht daher m. E. recht in der Annahme, dass Ra 260 den (gelungenen) Versuch einer Wiederherstellung des ursprünglichen Wortlauts abgibt. Eine Konjektur ist jedenfalls überflüssig.

510a ἑτομάσαι] ἡτοίμασας coni. vGebhardt = Rahlfs.2 Die Konjektur ist überflüssig: ἐν τῷ διδόναι und ⟨ἐν τῷ⟩ ἑτοι­ μά­σαι sind parallel konstruiert (zum substantivierten Infinitiv s.u. § A-I-4-3 „Syntax“). Die Berücksichtigung des Kontextes PsSal 59–10 erhellt das ursprünglich intendierte Textverständnis, das zudem durch die stichische Gliederung der Hs. Ra 336 bewahrt ist. Die vorliegenden Verse sind insofern zugleich Beispiel einer fehlerhaften Satzabtrennung (s.o. § A-I-3-3 „Fehlerhafte Satzabtrennungen“):

Vgl. vGebhardt, 76 (Nr. 14). Sowohl vGebhardt als auch Rahlfs setzen τις in Klammern, um die Hinzufügung kenntlich zu machen: ⟨τις⟩. 2 Vgl. zu dieser Konjektur vGebhardt, 76–77 (Nr. 15), der auf PsSal 4 19. 20; 12 4. 6, und damit auf den Gebrauch des Optativs in den Psalmen Salomos verweist. 1

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vGebhardt = Rahlfs: (9) Τὰ πετεινὰ καὶ τοὺς ἰχθύας σὺ τρέ­ φεις, ἐν τῷ διδόναι σε ὑετὸν ἐρήμοις εἰς ἀνατολὴν χλόης· (10) ἡτοί­ μα­σας χορτάσματα ἐν ἐρήμῳ παντὶ ζῶντι, […].



Ursprünglicher Text: (9) Τὰ πετεινὰ καὶ τοὺς ἰχθύας σὺ τρέ­ φεις· ἐν τῷ διδόναι σε ὑετὸν ἐρήμοις εἰς ἀνατολὴν χλόης, (10) ἑτοι­ μά­σαι χορτάσματα ἐν ἐρήμῳ παντὶ ζῶντι.

518

ηὐφράνθησαν 253] εὐφράνθησαν 769 260; εὐφρανθείησαν coni. Fritzsche vGebhardt = Rahlfs. Die Konjektur Fritzsches (εὐφρανθείησαν, 3. Pl. Opt. Aor. Pass. zu εὐφραίνω) ist überflüssig.1 Einen ganz ähnlichen Fall bietet PsSal 64: ηὐλόγησεν 253] εὐλόγησε(ν) 769 260. Zur Augmentierung s.u. § A-I-4-2-2 „Tempora“ unter der Rubrik „Aorist“.



83

εἶπα 253] εἶπον 769 260; + ἐν coni. Hilgenfeld vGebhardt = Rahlfs.2 Der Konjekturvorschlag Hilgenfelds, dem vGebhardt und Rahlfs gefolgt sind, insofern sie ἐν zwischen spitzen Klammern in den Text aufnehmen, ist abzulehnen.3 Der Text ist in der bezeugten Form λέγειν + τῇ καρδίᾳ verständlich. Alle griė bezeugen z. St. den chischen Hss., und auch Sy16h1 (‫ܠܠܒܝ‬ ̣ ‫)ܐܡܪܬ‬, präpositionslosen Dativ. Die Formulierung hat zudem Parallelen in der Septuaginta.4 Der Konjekturvorschlag ist auch deshalb abzulehnen, weil der Ausfall der Präposition ἐν paläographisch kaum erklärlich wäre, wenn der ursprüngliche Wortlaut — wie vGebhardt und Rahlfs zu Recht annehmen — εἶπα lautete. Nur die v. l. εἶπον vermöchte den haplographischen Ausfall auf Majuskelgrundlage überzeugend zu erklären (ονεν→οΝ).

Vgl. S. Holm-Nielsen: Psalmen, 75 in Anm. a) zu PsSal 5 18. –Anders vGebhardt, 77 (Nr. 17). 2 Vgl. zu dieser Konjektur vGebhardt, 77 (Nr. 19). 3 A. Hilgenfeld: Psalmen Salomo’s 1868, 149, der mit Ra 149 z. St. εἶπον liest, bringt seinen Konjekturvorschlag vorsichtig an und vermerkt ihn lediglich in seinen textkritischen Anmerkungen: „τῇ καρδίᾳ μου. fort. ἐν τῇ κ. μου […]“ (ebd. 150). 4 Vgl. dazu Jes 47 10: καὶ εἶπας τῇ καρδίᾳ σου; und 1Makk 6 11: καὶ εἶπα τῇ καρδίᾳ. 1

64

Einleitung

96b. 7a καθαριεῖ et ἀφήσει] καθαριεῖς et ἀφήσεις coni. vGebhardt = Rahlfs.1 Die Konjekturvorschläge vGebhardts vermögen in Gänze kaum zu überzeugen: vGebhardt konstatiert eine die Verse 6–7 betreffende Textverderbnis und konjiziert an zwei Stellen die Fut. Akt. Formen der 2. Pers. Sg. in Formen der 3. Pers. Sg.: 96b 2. Sg. καθαριεῖς coni. vGebhardt = Rahlfs] 3. Sg. καθαρίσει codd. gr. (et Sy16h1); καθαριεῖ em.Albrecht (zur Begründung s.u.). 97a 2. Sg. ἀφήσεις coni. vGebhardt = Rahlfs] 3. Sg. ἀφήσει codd. gr. (et Sy16h1). Der Text der Verse 5–7a, der auch in literarkritischer Hinsicht eine Einheit bildet, dürfte insgesamt ursprünglich in der 3. Pers. Sg. formuliert worden sein. Dies belegen mit Ausnahme von V. 6a übereinstimmend die griechischen Textzeugen und die syrische Überlieferung. In der Tat liegt jedoch eine Textverderbnis vor. Allerdings findet sich diese primär nicht, wie vGebhardt annimmt, in den Vv. 6b–7a, sondern vielmehr in V. 6a: Die von Ra 253 260 gebotene Form χρηστεύσῃ, die in den Augen vGebhardts zwar korrekt, aber in ihrer itazistischen Doppeldeutigkeit Ausgangspunkt der Textverderbnis war, bildet eben gerade nicht die Ursache, sondern das Ergebnis itazistischer Verschreibung.2 Die ursprüngliche Lesart lautet daher – entgegen vGebhardt – korrekterweise χρηστεύσει, also ein Futur Aktiv der 3. Pers. Sg.3 Dies bezeugen direkt Ra 769 Sy16h1 (sowie indirekt Ra 253 260). Entsprechend ist ὁ θεός (V. 6a) nicht als Vgl. zu dieser Konjektur vGebhardt, 77–78 (Nr. 21). Die Ursache für die Textverderbnis liegt vGebhardt zufolge in der falschen Deutung der Form χρηστεύσῃ (V. 6a) begründet, denn itazistisch bedingt (ει↔η, s.u. § D-II „Phonetisch bedingte Verschreibungen“) könne diese als 2. Sg. Fut. Med. (χρηστεύσῃ) oder als 3. Sg. Fut. Akt. (χρηστεύσει) interpretiert werden: „Das Versehen erklärt sich daraus, dass χρηστεύσῃ v. 6a fälschlich als 3. Person Fut. verstanden wurde, vgl. LC [i.e. Ra 769] χρηστεύσει […].“; so vGebhardt, 78 (Nr. 21). 3 Zum Verbum χρηστεύεσθαι s.u. § A-I-4-2-3 „Lexik“, unter der Rubrik „Charakteristischer Septuaginta-Wortschatz“. Zum Fut. Akt. in den Psalmen Salomos s.u. § A-I-4-2-2 zu den „Genera verbi“. 1 2

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Vokativ (so vGebhardt und in dessen Gefolge Rahlfs), sondern als Nominativ aufzufassen, und damit Subjekt von V. 6a–7a (so auch das Syrische). Angesichts des Kontextes, in dem ὁ θεός mehrfach vokativisch gebraucht ist (vgl. die Verse 2. 3. 8 bis), mag es nahegelegen haben, auch in V. 6a den Vokativ anzunehmen, und folglich χρηστεύσῃ als 2. Pers. Sg. zu verstehen (so vGebhardt und Ra 260).1 Wie könnte das vermeintlich Offensichtliche nun aber einen Kopisten dazu verführt haben, die folgenden, scheinbar korrekten Formen der 2. Pers. Sg. in Formen der 3. Pers. Sg. abzufälschen? Ebendies aber setzt vGebhardt voraus, wenn er meint, die Kopisten hätten hier einhellig den Text verfälscht, weil sie die 2. Pers. (χρηστεύσῃ) itazistisch bedingt als 3. Pers. (χρηστεύσει) auffassten. Die Konjekturen (V. 6b; 7a) sind demnach zu beseitigen, insofern die 3. Pers. als ursprünglich anzusehen ist; in einem Punkt ist vGebhardt jedoch Recht zu geben: Das kontrahierte Futur καθαριεῖ ist gegenüber dem offenen καθαρίσει zu bevorzugen; entsprechend darf emendiert werden (s.u. § 3-4-3 „Emendationen“; zur allgemeinen Begründung s.u. § A-I-4-2-2 „Konjugation“, unter der Rubrik „Futur“). Überdies ist der Itazismus (V. 6a) zu bereinigen und die Interpunktion zu verbessern. Anstelle von: Τίνι χρηστεύσῃ, ὁ θεός, ist nunmehr zu lesen: Τίνι χρη­στεύ­σει ὁ θεός. 99

οὐ καταπαύσεις εἰς] οὐκ ἀπώσῃ εἰς coni. vGebhardt = Rahlfs.2



Bezeugung: καταπαύσεις εἰς Sy16h1; v.l. καταπαύσεις 253: haplogr.; v. l. κατα­ παύσει εἰς 336-769: haplogr.; v.l. καταπαύσῃ εἰς 260.



Erläuterung: Alle Varianten lassen sich auf καταπαύσεις εἰς zurückführen: καταπαύσεις (253 = Hyparchetyp δ) ist haplographische Verschreibung von καταπαύσεις εἰς (σεισεισ→σεισ); auch καταπαύσει εἰς (336-

Die gleiche Korrektur liegt in Ra 260 zu PsSal 9 9 vor (s.u.). Ob bewusste Verbesserung auch im Fall von Ra 253 anzunehmen ist, bleibt mehr als fraglich: Hier ist vielmehr von einem bloßen Itazismus auszugehen, wie er im Falle der Hs. Ra 253 in starkem Maße zu beobachten ist; s.u. § D-II „Phonetisch bedingte Verschreibungen“. 2 Vgl. zu dieser Konjektur vGebhardt, 78 (Nr. 23). 1

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Einleitung 769 = Hyparchetyp ζ) ist haplographisch bedingt (σεισεισ→σειεισ).1 καταπαύσῃ εἰς (260) ist eine mit der Ausgangslesart καταπαύσεις εἰς bedeutungsäquivalente Variante. Im Blick auf die sprachgeschichtliche Einordnung der Variante καταπαύσῃ (2. Sg. Fut. Med.) gegenüber κατα­ παύσεις (2. Sg. Fut. Akt.) ist anzumerken, dass der Gebrauch der aktiven Futurform des Verbums καταπαύειν den Gepflogenheiten der Koine entspricht, während die mediale Futurform attischen Sprachgebrauch widerspiegelt resp. attizistischen Einfluss verrät (s.u. § A-I-4-2-2 zu den „Genera verbi“).



Die Konjektur ist überflüssig. Für Hyparchetyp γ lässt sich die Lesart καταπαύσεις εἰς rekonstruieren, die durch das Syrische z. St. bestätigt wird, und somit als ursprünglich gelten darf.2

123a ἐμπλῆσαι 253 336-769; ἐμπλήσαι 260 Sy; ἐμπρῆσαι coni. Hilgenfeld vGebhardt = Rahlfs. Der Konjekturvorschlag Hilgenfelds, dem auch vGebhardt und Rahlfs gefolgt sind, ist abzulehnen. Der Text ist in der bezeugten Form verständlich. 157



ἀπὸ λοιμοῦ em. Hilgenfeld, cf. Sy (lege ‫ ̣̇ܡܘܬܢܐ‬pro ‫])ܡܘܬܐ‬ ̣̇ ἀπὸ λιμοῦ 253 336; λιμοῦ 769 260: οι→ι; πολέμου coni. vGebhardt = Rahlfs.3 Die Konjektur vGebhardts, der Rahlfs gefolgt ist, erweist sich bei näherer Betrachtung als überflüssig. Der Text ist vielmehr mit Hilgenfeld zu emendieren; dazu s.u. § A-I-3-4-3 „Emendationen“. Die syrische Übersetzung stützt diese Emendation, wenngleich die syrische Überlieferung z. St. ihrerseits verderbt

Die von Ra 336-769 vertretene Lesart der 3. Pers. Sg. hat zwangsläufig ὄνομα (V. 9b) zum Subjekt; sie ist aber keineswegs ursprünglich, sondern geht lediglich auf Hyparchetyp ζ zurück. 2 Zum Syrischen vgl. Trafton, 103–104 (Nr. 48), der aufgrund der im Kontext zu PsSal 9 9 verbreiteten Formen der 2. Pers. Sg. für eine ursprüngliche 2. Pers. Sg. optiert: „[…] it is quite possible that a 2nd person verb (καταπαύσῃ or καταπαύσεις) was originally present in Gk here.“ — Gegen die Annahme einer ursprünglichen Form καταπαύσῃ spricht das atti(zisti)sche Gepräge dieser Form (s. die obigen Ausführungen zur sprachgeschichtlichen Einordnung der Variante καταπαύσῃ). 3 Vgl. zu dieser Konjektur vGebhardt, 81–82 (Nr. 32). 1

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ist und selbst der Verbesserung bedarf; dazu s.u. § A-II-3 „Die Textproblematik im Syrischen“. 161

ὕπνου τῷ] ὑπνούντων coni. vGebhardt = Rahlfs.1 Die Konjektur vGebhardts erweist sich als überflüssig. vGebhardt konjiziert ὕπνου τῷ in ὑπνούντων und nimmt folgende Satzabtrennung vor:2

1 a b



Die Verse sind indes kunstvoll gestaltet und durchaus verständlich.3 Vers 1 lautet in korrekter Rekonstruktion:

1 a b



Ἐν τῷ νυστάξαι ψυχήν μου ἀπὸ κυρίου παρὰ μικρὸν ὠλίσθησα, ἐν καταφορᾷ ὑπνούντων μακρὰν ἀπὸ θεοῦ·

ἐν τῷ νυστάξαι ψυχήν μου ἀπὸ κυρίου παρὰ μικρὸν ὠλίσθησα ἐν καταφορᾷ ὕπνου, τῷ μακρὰν ἀπὸ θεοῦ·

Das Prädikat ὠλίσθησα (V. 1b) ist durch zwei von der Präposition ἐν abhängende Glieder im erweiterten Dativ ergänzt: (1) καταφορᾷ ὕπνου, (2) τῷ μακρὰν ἀπὸ θεοῦ. Im zweiten Glied ist die Präposition ἐν elidiert4, auch das Verbum auxiliare (vgl. das in Ra 336 ergänzte γενέσθαι) bleibt hinzuzudenken.

Vgl. zu dieser Konjektur vGebhardt, 82–83 (Nr. 33). Auch der syrische Übersetzer scheint z. St. auf der Satzabtrennung beruhende Probleme im Textverständnis gehabt zu haben. Er löst das Problem auf ̣̇ eigene Weise, indem er zunächst das παρὰ μικρόν verdoppelt (‫)ܩܠ ̣ܝܠ … ܥܕ ܩܠ ̣ܝܠ‬, und somit sowohl auf V. 1a als auch auf V. 1b bezieht. Alsdann werden die Vv. 1–2 im Syrischen grundsätzlich anders gegliedert, wobei der syrische Übersetzer einen Parallelismus erzeugt: ἐν τῷ νυστάξαι […] ἀπὸ κυρίου – παρὰ μικρόν […] / ⟨ἐν⟩ τῷ μακρὰν ⟨γενέσθαι⟩ […] ἀπὸ θεοῦ – παρ’ ὀλίγον […]. Die beiden Hälften des Parallelismus sind im Syrischen zudem durch Wau-copulativum verbunden. Überhaupt paraphrasiert der syrische Übersetzer in starkem Maße; dazu s.u. § A-II-4-2-1 „Paraphrasierungen“. 3 Auf den Parallelismus in PsSal 16 1 weist bereits W. Frankenberg: Datierung, 93, hin. Zur Struktur von PsSal 16 1–3 s.o. § A-I-3-3 „Fehlerhafte Satzabtrennungen“; zum Syntagma καταφορὰ ὕπνου s.u. § A-I-4-2-3 „Lexik“ unter der Rubrik „Hapaxlegomena der biblischen Gräzität“. 4 Vgl. bereits W. Frankenberg: Datierung, 93, und H.E. Ryle/M.R. James: Psalms, 118: „[ἐν] τῷ μακρὰν ἀπὸ θεοῦ“, wobei Ryle und James diesen Versteil durch Hochpunkt vom Vorherigen absetzen. 1 2

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Einleitung

Die chiastische Struktur der Verse 1–2 bedingt den Parallelismus der Halbverse 1b//2a; beide Halbverse sind jeweils um weitere Glieder ergänzt und strukturell gleichgestaltet: 1 b παρὰ μικρὸν ὠλίσθησα 2 a παρ᾿ ὀλίγον ἐξεχύθη ἡ ψυχή μου

(1) (2) (1) (2) (3)

ἐν καταφορᾷ ὕπνου, τῷ μακρὰν ἀπὸ θεοῦ· εἰς θάνατον, σύνεγγυς πυλῶν ᾅδου, μετὰ ἁμαρτωλοῦ

179a ἐλεήσει] ἠλέησεν coni. vGebhardt = Rahlfs.1 Die Konjektur ist nicht erforderlich, denn der Vers ist in seinem Kontext betrachtet durchaus verständlich: Insgesamt sind die Vv. 7a–10 als Sinneinheit aufzufassen, die eine zweigeteilte Struktur aufweist (Vv. 7a–9a; 9b–10). V. 9a bildet den Abschluss der mit V. 7a einsetzenden futurischen Aussagen. V. 9b markiert einen Neueinsatz, der mit einem Tempuswechsel vom Futur zum Aorist einhergeht und in der präsentischen Aussage von V. 10 mündet.2 V. 9b bestätigt im Aorist die Erfüllung der V. 7a im Futur formulierten Erwartung an Gott: καταβαλεῖς αὐτοὺς καὶ ἀρεῖς τὸ σπέρμα αὐτῶν (V. 7a) entspricht ἐξηρεύνησεν τὸ σπέρμα αὐτῶν καὶ οὐκ ἀφῆκεν αὐτῶν ἕνα (V. 9b). Die Konjektur vGebhardts, die das Futur ἐλεήσει (V. 9a) an die nachfolgenden Aoriste (V. 9b) angleicht, bezweckt die Abstimmung der Verse 9a und 9b aufeinander. Ebendies aber läuft, wie dargelegt, der zweigeteilten Gesamtstruktur der Vv. 7a–10 zuwider.

Die syrische Übersetzung ist z. St. nur bedingt auswertbar. Zwar belegt auch sie das Futur in V. 9a, doch ist dies wenig aussagekräftig, da sie ein grundsätzlich anderes Textverständis bezeugt, indem sie V. 9a–b insgesamt im Tempus an die vorangehenden Verse angleicht und überdies keinen Subjektwechsel vollzieht, also mit der Anrede Gottes in der 2. Pers. Sg. fortfährt und ὁ θεός in V. 9a als Vokativ auffasst.

Vgl. zu dieser Konjektur vGebhardt, 84 (Nr. 39). Der abrupte Tempuswechsel von Futur zu Aorist scheint auch in der Textüberlieferung für Irritationen gesorgt zu haben: Für das nachfolgende ἐξηρεύνησεν bezeugen Ra 253 769 fehlerhafterweise ἐξερεύνησεν (mend., s.u. S. 269 mit Anm. 4), was die ansatzweise Verschreibung in das Futurum (ἐξ­ερευ­νή­σει) belegt. 1 2

A Die Textzeugen

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1714b τοῖς θεοῖς] τοὺς θεούς 253; τοῦ σθένους coni. vGebhardt = Rahlfs.1 Die Konjektur vGebhardts ist nicht haltbar. Der mehrheitlich bezeugte Dativ τοῖς θεοῖς dürfte ursprünglich sein. Dennoch ist der überlieferte Wortlaut (ἐν ταῖς πόλεσι τοῖς θεοῖς) verderbt. Die Textverderbnis beruht m. E. auf dem itazistisch begünstigten und haplographisch bedingten Ausfall der Präposition σύν im Anschluss an πόλεσιν. Dazu s.o. § A-I-3-4-1 zu PsSal 1714b. vGebhardts Konjektur setzt demgegenüber weiterreichende paläographische Verschreibung voraus und hat überdies zur Annahme, dass in V. 14b das Prädikat ἐποίησεν elidiert worden wäre, um aus stilistischen Gründen Redundanz im sprachlichen Ausdruck zu vermeiden. Zu den sprachlichen Eigentümlichkeiten der Psalmen Salomos gehört nun aber, das Neutrum ἔθνος im Plural konsequenterweise mit dem Plural des Prädikats zu konstruieren;2 hinzuzudenken wäre also, wenn überhaupt, ἐποίησαν. 1715c ὁ ποιῶν ἐν μέσῳ ἐν αὐτοῖς ἐν Ἱερουσαλήμ 253] ὁ ποιῶν ἐν αὐτοῖς ἐν μέσῳ Ἱερουσαλήμ 336-769 260; ἐν αὐτοῖς ὁ ποιῶν ἐν [μέσῳ] Ἱερουσαλήμ coni. vGebhardt; ἐν αὐτοῖς ὁ ποιῶν ἐν Ἱερουσαλήμ coni. Rahlfs. Der Konjekturvorschlag vGebhardts, dem Rahlfs gefolgt ist, erweist sich als überflüssig. Die von Ra 253 überlieferte Wortfolge dreier Präpositionalgefüge ist zwar stilistisch unschön; sie entspricht aber der eigentümlichen Ausdrucksweise der Psalmen Salomos, Präpositionalgefüge asyndetisch aneinanderzureihen (vgl. z.B. PsSal 26a–b; dazu s.o. § A-I-3-3). vGebhardts Annahme, es läge eine Textunordnung vor, die durch das fehlerhafte Einfließen des ἐν μέσῳ aus dem unmittelbaren Kontext (V. 15b) verursacht sei, ist daher von der Hand zu weisen. Auch die durch vGebhardt eingebrachte – und von Rahlfs aufgenommene – Transposition von ἐν αὐτοῖς und ὁ ποιῶν erübrigt sich. Schon Hyparchetyp ε (Ra 336-769 260) bezeugt



1 2

Vgl. vGebhardt, 84–85 (Nr. 41). Dazu s.u. § A-I-4-3-1 „Nominalsyntax“ unter der Rubrik „Numerus“.

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Einleitung

im Übrigen den Versuch, den Wortlaut durch Transposition zu vereinfachen. Ebenso glättet bereits die syrische Übersetzung den sprachlichen Ausdruck und die Wortfolge: Anstelle von ἐν μέσῳ ἐν αὐτοῖς liest der Syrer ‫ܒܝܢܬܗܘܢ‬, was dem im Griechischen eigentlich zu erwartenden ἐν μέσῳ αὐτῶν entspräche; überdies ist ἐν Ἱερουσαλήμ im Syrischen ans Versende gerückt.1 1721 εἶδες] εἵλου coni. vGebhardt = Rahlfs.2 Die Konjektur ist überflüssig, da ὁρᾶν resp. εἰδέναι durchaus im Sinne von „ausersehen“ gebraucht zu werden pflegt.3 Auch das Syrische liest „sehen“ (‫)ܚܙܐ‬. 1723 ἐν δικαιοσύνῃ] δικαιοσύνης coni. Rahlfs. Die Konjektur ist überflüssig; sie wurde bereits von vGebhardt erwogen und verworfen.4 Dennoch hat Rahlfs den Text mit Hinweis auf vGebhardt, der z. St. PsSal 1729 (ἐν σοφίᾳ δικαιοσύνης) und 187 (ἐν σοφίᾳ πνεύματος καὶ δικαιοσύνης) referenziert, konjiziert. 1732 χριστὸς κύριος codd. gr. et Sy (‫ )ܡܫ ̣ܝܚܐ ܡܪܝܐ‬vGebhardt] χριστὸς κυρίου coni. Carrière Rahlfs. PsSal 1732 kann als die eigentliche Crux der Psalmen Salomos gelten.5 Die griechischen Textzeugen lesen unisono χριστὸς

Eine Rückübersetzung des Syrischen ins Griechische ergäbe καὶ οὐκ ἦν ἐν μέσῳ αὐτῶν ὁ ποιῶν ἔλεος καὶ ἀλήθειαν ἐν Ἱερουσαλήμ, wobei Harris-Mingana I, Anm. q) zu Recht darauf hinweisen, dass ‫ ܒܝܢܬܗܘܢ‬durchaus Übersetzung von ἐν μέσῳ ἐν αὐτοῖς sein könne. 2 Vgl. vGebhardt, 85–86 (Nr. 43), der mit Majuskelverschreibung (λ→δ) und Textverderbnis rechnet: ειλουσυ → (ειδουσυ →) ειδεσσυ. 3 Vgl. dazu S. Holm-Nielsen: Psalmen, 101 in Anm. (b) zu PsSal 17 21 mit Verweis auf Gen 2 28. 14. 4 Vgl. vGebhardt, 86 (Nr. 45): „Für ἐν δικαιοσύνῃ ist vielleicht δικαιοσύνης zu lesen, vgl. v. 29. XVIII, 7. Ich wage aber nicht zu ändern.“ 5 Vgl. H.E. Ryle/M.R. James: Psalms, 141: „in the expression χριστὸς κύριος, we have perhaps the ‚crux’ of the whole book“. — H.E. Ryle/M.R. James: Psalms, 141–143, geben einen guten Überblick zur Problematik dieser Stelle. Dabei setzen sie eine hebr. Vorlage der Psalmen Salomos voraus und finden drei mögliche Erklärungen der Lesart χριστὸς κύριος: (1) korrekte Übersetzung aus dem Heb1

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κύριος. Auch die syrische Übersetzung bezeugt mit der Wiedergabe ‫ ܡܫ ̣ܝܚܐ ܡܪܝܐ‬diese Lesart:1 καὶ αὐτὸς βασιλεὺς δίκαιος διδακτὸς ὑπὸ θεοῦ ἐπ᾿ αὐτούς, καὶ οὐκ ἔστιν ἀδικία ἐν ταῖς ἡμέραις αὐτοῦ ἐν μέσῳ αὐτῶν, ὅτι πάντες ἅγιοι, καὶ βασιλεὺς αὐτῶν χριστὸς κύριος. Wellhausen nahm im Gefolge von Ewald an, dass eine fehlerhafte Übersetzung aus dem Hebräischen vorläge und χριστὸς κύριος die ursprüngliche griech. Lesart bildete.2

räischen, (2) fehlerhafte Übersetzung aus dem Hebräischen, (3) christliche Interpolation. 1 Im Übrigen ist die syrische Fassung von PsSal 17 32 der stärkste Beleg für eine griech. Vorlage des Syrischen; zur syrische Überlieferung s.u. § A-II „Die syrische Überlieferung“. Sowohl Kuhn als auch Trafton haben die syr. Fassung von PsSal 17 32 ausführlicher untersucht. K.G. Kuhn: Textgestalt, 73–74, der zwar insgesamt für eine hebr. Vorlage der syr. Psalmen Salomos plädiert, konstatiert im vorliegenden Fall, dass die griech. und die syr. Fassung z. St. dieselbe Lesart teilen: „Das kann nur so erklärt werden, daß S[yrisch] hier auf S[eptuaginta] zurückgeht.“ (ebd., 74). Ohne vom Postulat einer hebr. Vorlage abzurücken, folgert Kuhn aus PsSal 17 32, dass die syr. Übersetzung entweder unter Berücksichtigung des Griechischen entstanden oder nachträglich nach dem Griechischen korrigiert worden wäre. Trafton, 177 (Nr. 123), analysiert PsSal 17 32 und zieht drei Ursachen für die syr. Übersetzung in Betracht: (1) Einen christlichen Übersetzer, (2) einen christlichen Schreiber, (3) ein hebr. Original: „a number of scholars have argued that Hb actually called the Messiah ‚Lord‘ – if this were the case, the Sy could be a direct translation of Hb.“ (ebd.). — Traftons dritte Möglichkeit ist am plausibelsten: Wahrscheinlich ist das fragliche Syntagma als „gesalbter Herr“ zu verstehen, wobei „Herr“ als messianisch konnotierter Königstitel aufzufassen ist (s.u. S. 76 mit Anm. 1). Wollte man mit Trafton weiterhin von einer hebr. Vorlage ausgehen, käme als hebr. Äquivalent für griech. κύριος und syr. ‫ ܡܪܝܐ‬selbstverständlich nur ‫אדֹון‬, ָ nicht aber ‫ יְ הוָ ה‬oder das nur auf Gott bezogene ‫ ֲאד ֹנָ י‬infrage. 2 Vgl. H. Ewald: Geschichte 3/2, 344 Anm. 2; Ders.: Ge schichte 42, 344 Anm. 2; Ders.: Ge schichte 43, 393 Anm. 2; J. Wellhausen: Pharisäer, 132: „Darum hat die Annahme alle Wahrscheinlichkeit für sich, dass hier ebenso wie Thren. 4,20 eine falsche Uebersetzung von meshíach jhvh vorliege. So lässt sich auch am besten der zwiefach mangelnde Artikel verstehen. Der Beweis wird schliesslich vollständig zwar nicht, wie Schürer meint, durch χριστοῦ κυρίου 18,8 an sich, wohl aber dadurch, dass χριστοῦ αὐτοῦ vorhergeht 18,6 und für das Verständnis des zweiten Genitivs in der folgenden Formel massgebend ist“. — Wellhausens Position

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Einleitung

schlichtweg missverstanden hat offenkundig R.R. Hann: Christos, 621 mit Anm. 5; 623: „It will be the assertion of this paper […] that the emendation adopted by Wellhausen and his successors is not inevitable but unnecessary“. Eine Emendation des Griechischen hat Wellhausen nie erwogen. Der schon von Wellhausen angebrachte Hinweis auf Lam 4 20, wo die griechische Überlieferung χριστὸς κύριος bietet, während MT ‫ ≈ ְמ ִש ַיח יְ הוָ ה‬χριστὸς κυρίου bezeugt, ist m. E. nicht mit PsSal 17 32 vergleichbar; denn die hebräische Überlieferung ist mit ‫ יְ הוָ ה‬z. St. in ihrem Textverständnis schlechterdings eindeutig. Lam 4 20 (ed. J. Ziegler: Jeremias, 490–491) lautet in der hsl. überlieferten Form: Πνεῦμα προσώπου ἡμῶν χριστὸς κύριος συνελήμφθη ἐν ταῖς διαφθοραῖς αὐτῶν. Rahlfs nimmt an, dass die fragliche Lesart z. St. auf paläographischer Vertauschung von κύριος und κυρίου beruhe: „antiquis temporibus ⲕ̅ⲩ̅ scribebatur pro ⲕⲩⲣⲓⲟⲩ et pro ⲕⲩⲣⲓⲟⲥ, cf. Gen. ed. Rahlfs (1926), p. 21“ (Rahlfs II, 764 im Apparat zu Lam 4 20). Rahlfs argumentiert also mit Genesis-Papyrus Ra 911 (und verweist auf die Einleitung seiner Genesis-Edition von 1926 und die dortige Diskussion zu Ra 911, d.h. A. Rahlfs: Genesis, 21; die Edition von Ra 911 erschien 1927: H.A. Sanders/C. Schmidt: Minor Prophets; zu Ra 911 vgl. D. Fraenkel: Verzeichnis I/1, 376–382). Die (direkte oder indirekte) Vorlage von Ra 911 scheint eine graphische Suspension im Fall des Wortes κύριος aufgewiesen zu haben: ⲕⲩ oder ⲕⲩ in der Bedeutung ⲕⲩ⟨ⲣⲓⲟⲥ⟩, ⲕⲩ⟨ⲣⲓⲟⲩ⟩ usw. Zu Beginn der Hs. fasste der Schreiber von Ra 911 ⲕⲩ/ⲕⲩ fälschlicherweise als graphische Kontraktion auf, im Sinne des gebräuchlichen Nomen Sacrums ⲕ̅ⲩ̅ = ⲕ̅⟨ⲩⲣⲓⲟ⟩ⲩ̅. Folglich las er die Suspension ⲕⲩ/ ⲕⲩ (= ⲕⲩ⟨ⲣⲓⲟⲥ⟩) und betrachtete diese als Kontraktion ⲕ̅ⲩ̅ (= ⲕ̅⟨ⲩⲣⲓⲟ⟩ⲩ̅). Zu dieser Besonderheit von Ra 911 vgl. A. Rahlfs: Genesis, 21; H.A. Sanders/C. Schmidt: Minor Prophets, 238; 240. Ein Detail ist in der Editon von Sanders übersehen, und auch von Rahlfs nicht bemerkt worden: Zu Gen 5 29 bezeugt Ra 911 ein zweites, superscribiertes Ypsilon über der Zeile, oberhalb des ersten Ypsilons, das als Rest einer Suspension gewertet werden kann. Zur graphischen Suspension vgl. V. Gardthausen: Paläographie II2, 325: „Die Kürzung des Altertums ist Suspension (Beseitigung des Wortschlusses): man schreibt nur den Kopf des Wortes, den ersten oder die ersten Buchstaben […]“; vgl. überdies K. McNamee: Abbreviations. Dieses Merkmal von Ra 911 ist nun aber gewiss die Ausnahme: Ra 911 stellt einen paläographischen Sonderfall dar, der nicht ohne Weiteres auf andere Fälle übertragen werden kann (vgl. bereits R.R. Hann: Christos, 622, der zu derselben Einschätzung gelangt, wenngleich er Rahlfs Beobachtungen nicht nachvollzogen zu haben scheint).

A Die Textzeugen

73

Dieser Interpretation ist vGebhardt gefolgt.1 Demgegenüber schlug Carrière die Konjektur χριστὸς κυρίου vor2, der u. a. Rahlfs unter der Annahme, es handele sich bei χριστὸς κύριος um die christliche Emendation eines ursprünglichen χριστὸς κυ­ρί­ου, gefolgt ist.3 Gegen diese Annahme christlicher Emendation lassen sich m. E. drei gewichtige Argumente anführen: (1) Die im Psalter zu beobachtenden und von Rahlfs angeführten christlichen Zusätze zum Psalter sind Hinzufügungen zum Wortlaut, nicht jedoch Änderungen des überlieferten Wortlauts.4

Im Fall von Lam 4 20 LXX dürfte die Lesart χριστὸς κύριος auf christlicher Emendation beruhen, zweifellos begünstigt durch die unmittelbar anschließende Rede vom „Kelch des Herrn“ (ποτήριον κυρίου, Lam 4 21). 1 Im Apparat seiner Ausgabe zu PsSal 17 32 verweist vGebhardt, 133, auf Wellhausen und erwähnt Carrières Konjekturvorschlag χριστὸς κυρίου. – Mit Wellhausens Argument einer Fehlübersetzung aus dem Hebräischen lehnen eine Konjektur ebenfalls ab, u.a.: H.E. Ryle/M.R. James: Psalms, 141–143; A. Ches­ ter: Expectations, 27–28 Anm. 30. – Darüber hinaus wird eine Konjektur z. St. unter diversen Gesichtspunkten abgelehnt; vgl. etwa jegliche Konjektur ablehnend R.B. Wright: Psalms, 194. 2 A. Carrière: De Psalterio Salomonis, 24–25 mit Anm. 2: „Librarius enim christianus, quum codicem quendam Psalterii Salomonis describeret, verba χριστὸς κυρίου, ut parum rectae atque sincerae fidei […] non dubitavit mutare“. Vgl. J. Viteau/F. Martin: Psaumes, 361–362: „Χριστὸς Κύριος peut ètre une faute de copiste, et surtout de copiste chrétien influencé à son insu par cette expression si fréquente dans le Nouveau Testament; on pourrait donc la corriger en χριστὸς Κυρίου“; R. Kittel: Psalmen, 147 mit Anm. (a). 3 Scheinbar meinte Rahlfs, im Fall von PsSal 17 32 durch konjekturellen Eingriff eine christliche Lesart de-christianisieren zu müssen. Zu Rahlfs s.u. mit der nachfolgenden Anm. – Die Lesart χριστὸς κυρίου wird mit teils unterschiedlicher Begründung von den meisten bevorzugt; vgl. u. a. J. Ådna: Stellung, 66 mit Anm. 139; G.L. Davenport:Anointed; J. Schüpphaus: Psalmen, 71. 4 Rahlfs notiert im Apparat seiner ‚Handausgabe‘: „emend. christ., cf. Sept. ed. Rahlfs X (1931), proleg. § 4 4“ (Rahlfs II, 488). Im entsprechenden Paragraphen seiner Psalteredition behandelt Rahlfs die bekannten fünf christlichen Hinzufügungen zum Psaltertext; vgl. A. Rahlfs: Psalmi, 30–32. Es handelt sich um die folgenden fünf christlichen Interpolationen in Teilen der hsl. Überlieferung:

74

Einleitung

(2) Die Septuaginta zeigt an vergleichbaren Stellen, an denen durch Verschreibung christlicher Sinn entstünde, keine nennenswerte Varianz, die auf mehr oder weniger verbreitete christliche Korruption hindeuten würde.1

Ps 13 3 (breit bezeugt, ex Röm 3 13–18); Ps 37 14 (Ra 2013 + Sa); Ps 37 21 (Bo); Ps 50 9 (Ra 2013 + Sa; Ra 1093); Ps 95 10 (Bo, Sa; Ra 1093; R; patristische Zeugen). Rahlfs geht also davon aus, PsSal 17 32 sei auf christliche Emendation zurückzuführen und mit dem wohlbekannten, auf Hinzufügungen oder Glossierungen beruhenden Phänomen christlicher Emendation im griechischen Psalter vergleichbar. Allerdings bleibt anzumerken, dass die christlichen Emendationen des Psalters keinesfalls Änderungen des Wortlauts betreffen. Der Grund dafür mag mit der Genese jener Hinzufügungen zusammenhängen: Bei diesen dürfte es sich ursprünglich um interlineare oder marginale Glossen gehandelt haben, die im Zuge der Transmissionsgeschichte in den Haupttext gerieten oder als Dubletten erhalten blieben; immerhin ist dieses Phänomen hinreichend von der Septuaginta her vertraut; vgl. F. Albrecht: Lukianische Rezension, 103–105; Ders.: Zwölfprophetenbuch, 350 mit Anm. 5. 1 Die grundlegende methodologische Frage lautet: Wenn das Syntagma χρι­ στὸς κυρίου Emendation gegenüber anfällig wäre, bliebe anzunehmen, dass dieses Phänomen auch in der übrigen Septuaginta zu beobachten wäre. Es sollte also möglich sein, weitere Beispiele zu finden, bei denen der Ausdruck χριστὸς κυρίου in der hsl. Überlieferung in χριστὸς κύριος „christianisiert“ worden ist. In der Septuaginta ist das Syntagma χριστὸς κυρίου mehrfach im 1.–2. Samuelbuch zu finden. Insgesamt kommen neun Fälle infrage, die potentiell gegenüber Emendationen anfällig sein könnten (2Regn 2 5 ἐπὶ Σαουλ τὸν χριστὸν κυρίου ist unberücksichtigt, da der Bezug auf Saul allzu offensichtlich ist, und erwartungsgemäß keine Varianz festzustellen ist): 1Regn 24 7 […] τῷ κυρίῳ μου τῷ aχριστῷ κυρίουa […] ὅτι bχριστὸς κυρίουb ἐστὶν οὗτος. a) ⲭⲣⲓⲥⲧⲱ ⲕⲩⲣⲓⲟⲩ] ⲭⲣⲓⲥⲧⲱ ⲕ̅ⲱ̅ 82 108; ⲭ̅ⲱ̅ ⲕ̅ⲱ̅ 707. b) ⲭⲣⲓⲥⲧⲟⲥ ⲕⲩⲣⲓⲟⲩ] ⲭ̅ⲥ̅ ⲕ̅ⲥ̅ 242. Nur eine von 57 Hss. liest χριστὸς κύριος, wobei χριστὸς κύριος abbreviiert ist. 1Regn 24 11 […] ὅτι aχριστὸς κυρίουa οὗτός ἐστιν. a) ⲭⲣⲓⲥⲧⲟⲥ ⲕⲩⲣⲓⲟⲩ] ⲭⲣⲓⲥⲧⲟⲥ ⲕ̅ⲥ̅ A. Im Fall von ὅτι χριστὸς κυρίου οὗτός ἐστιν liest einzig Codex Alexandrinus den Nominativ ⲕ̅ⲥ̅ (= ⲕⲩⲣⲓⲟⲥ); allerdings liest die Hs. ⲭⲣⲏⲥⲧⲟⲥ anstelle von ⲭⲣⲓⲥⲧⲟⲥ: ⲭⲣⲏⲥⲧⲟⲥ ⲕⲩⲣⲓⲟⲥ ⲉⲥⲧⲓⲛ. Die varia lectio χρηστός anstelle von χριστός (einige Hss.

A Die Textzeugen

75



(3) Der Ausdruck χριστὸς κύριος ist keinesfalls ein geläufiger christlicher Ausdruck.1 Insgesamt spricht also nichts dagegen, die Lesart χριστὸς κύριος für ursprünglich zu halten. Der Kontext deutet m. E. darauf hin, dass der Kyriostitel als Herrschertitel aufzufassen

abbreviieren ⲭ̅ⲥ̅: Ra B 56 119 127 158 242 245 247 460 488) ist ebenfalls in einer Reihe von Minuskelhandschriften bezeugt (Ra 44 68 93 106 236 318 376 530 707). 1Regn 26 9 […] ὅτι τίς ἐποίσει χεῖρα αὐτοῦ ἐπὶ aχριστὸν κυρίουa καὶ ἀθῳωθήσεται; a) ⲭⲣⲓⲥⲧⲟⲛ ⲕⲩⲣⲓⲟⲩ] ⲭ̅ⲩ̅ ⲕⲩⲣⲓⲟⲩ 58. Nur eine von 59 Hss. liest χριστοῦ κυρίου, wobei χριστοῦ abbreviiert ist.

In den übrigen sechs Fällen sind keine Varianten für κυρίου zu verzeichnen:

1Regn 26 11: […] ἐπενεγκεῖν χεῖρά μου ἐπὶ χριστὸν (v.l. ⲭⲣⲏⲥⲧⲟⲛ: Ra 71 93 236 247 318 376 530; v.l. ⲭ̅ⲛ̅: Ra B M 29 46 56 108 119 127 130 158 242 245 488) κυρίου. 1Regn 26 16: […] τὸν βασιλέα κύριον ὑμῶν τὸν χριστὸν (v.l. ⲭⲣⲏⲥⲧⲟⲛ: Ra 93 236 376 707; v.l. ⲭ̅ⲛ̅: Ra A B M 29 46 56 108 119 127 130 158 242 245 247 314 488 530) κυρίου. 1Regn 26 23: […] ἐπενεγκεῖν χεῖρά μου ἐπὶ χριστὸν (v.l. ⲭⲣⲏⲥⲧⲟⲛ: Ra 71 93 247 376 530; v.l. ⲭ̅ⲛ̅: Ra B M V 29 56 108 119 127 158 460 488) κυρίου. 2Regn 1 14: […] ἐπενεγκεῖν χεῖρά σου διαφθεῖραι τὸν χριστὸν (v.l. ⲭⲣⲏⲥⲧⲟⲛ: Ra A* 55* 93 236 247 318 376; v.l. ⲭ̅ⲛ̅: Ra. B M V 29 56 108 119 127 158 245 460 488 530 707 799) κυρίου. 2Regn 1 16: […] λέγων ὅτι ἐγὼ ἐθανάτωσα τὸν χριστὸν (v.l. ⲭⲣⲏⲥⲧⲟⲛ: Ra 93 236 247 318 376; v.l. ⲭ̅ⲛ̅: Ra A B M V 29 56 108 119 121 127 130 158 245 314 460 488 707 762) κυρίου. 2Regn 19 22: […] ὅτι κατηράσατο τὸν χριστὸν (v.l. ⲭⲣⲏⲥⲧⲟⲛ: Ra 93 236 242 318 376 530; v.l. ⲭ̅ⲛ̅: Ra B V 29 55 98 121 122 127 158 243 244 245 247 379 381 460 488 707 731*) κυρίου. Im Ergebnis wird die Annahme, dass das Syntagma χριστὸς κύριος christliche Schreiber verleitet hätte, den Text bewusst oder unbewusst zu verändern, durch die handschriftliche Überlieferung nicht bestätigt. 1 Vgl. H.E. Ryle/M.R. James: Psalms, 142: „χριστὸς κύριος is by no means a distinctively Christian expression, occuring, as it does, only once in N.T.“ – Zur Singularität des Titels χριστὸς κύριος im Neuen Testament (Lk 2 11) s.u. ausführlich S. 226 mit Anm. 2. Frühchristlicher Einfluss auf die Gedankenwelt der Psalmen Salomos ist m. E. nicht ausgeschlossen; dazu s.u. § B-III „Zur Entstehungsgeschichte“, bes. zur Herodianischen Zeit (§ B-III-3).

76

Einleitung

ist: Der „gesalbte Herr“ ist immerhin zweifach und unmissverständlich als βασιλεύς prädiziert (V. 32a; 32c), dem die Anrede „Herr“ nachgerade gebührt.1 Im Fall von PsSal 1732 dürfte κύριος „Herr“ demnach messianisch konnotierter Königstitel sein. 1733c πολλοῖς] πολλοῖς ⟨λαοῖς⟩ coni. vGebhardt = Rahlfs.2 Die von vGebhardt mit Zurückhaltung (vgl. die Klammerung) angebrachte und von Rahlfs auf ebendiese Weise übernommene Konjektur ist überflüssig, da der Vers m. E. auch ohne konjekturellen Eingriff verständlich ist. 1745b ῥύσεται 253 336 260] ῥῦσαι 769; ῥύσαιτο coni. Fritzsche vGebhardt = Rahlfs. Die Konjektur ῥύσαιτο (V. 45b) ist zu verwerfen, stattdessen ῥύσεται in den Text aufzunehmen und das vorangehende ταχύνη resp. ταχύναι (V. 45a) entsprechend in eine 3. Pers. Sg. Fut. (ταχυνεῖ) zu emendieren (dazu s.u. § 3-4-3 „Emendationen“).

Vgl. dazu W.W. von Baudissin: Kyrios II, 286–296 („κύριος als Herrschertitel“); C. Zimmermann: Namen, 191–193 („Die Bezeichnung κύριος in der hellenistischen und römischen Herrscherideologie“). Zimmermann betont wiederholt, dass der biblische Kyriostitel Herrschaftskonnotationen trägt, vgl. ebd., 173–179, bes. 174–175. – Auch für das hebr. ‫אדֹון‬, ָ dem griech. κύριος äquivaliert, ist mehrfach belegt, dass es als Königsanrede fungiert; vgl. M. Rösel: Adonaj, 28: „Vor allem Könige werden als ‫ ָאדֹון‬angesprochen, sie sind die Herren par excellence. Als offenbar geprägte Anrede lässt sich die Wendung ‫ ֲאד ֹנִ י ַה ֶמ ֶלְך‬ansehen, mit der 1.Sam 24,9 David Saul Ehrerbietung erweist. Sie begegnet insgesamt 55x und ist beschränkt auf die Samuel- und Königsbücher und von ihnen abhängige Literatur, dazu kommen noch Jer 37,20+38,9; Dan 1,10.“ – Entsprechend übersetzt die Septuaginta ‫( ֲאד ֹנִ י ַה ֶמ ֶלְך‬1Sam 24 9) mit κύριε βασιλεῦ (1Regn 24 9). 2 Vgl. zu dieser Konjektur vGebhardt, 87 (Nr. 47). Zur Stelle sind in der älteren Forschung weitere Konjekturvorschläge unterbreitet worden: (1) A. Hilgenfeld: Psalmen Salomo’s 1868, 160: ἄλλοις s. παλτοῖς s. ὅπλοις pro πολλοῖς; vgl. Ders.: Psalmen Salomo’s 1871, 413 ; (2) H.E. Ryle/M.R. James: Psalms, 142: πλοίοις pro πολλοῖς. 1

A Die Textzeugen

77

3.4.3. Emendationen Die Akzentuation des Nomen propriums „Salomo“ ist durchweg vereinheitlicht. Dabei wird mit vGebhardt die Akzentuation Σαλωμών bevorzugt1, wobei abweichende Akzentuationen im Apparat dokumentiert sind. Außerdem werden folgende Emendationen in der vorliegenden Ausgabe vollzogen: 213

ἐμιαίνοσαν em. Albrecht] ἐμιαίωσαν 253 vGebhardt = Rahlfs; ἐμίαινον rel. Die von Hs. Ra 253 gebotene Form ἐμιαίωσαν, die vGebhardt und Rahlfs in den Haupttext setzen, hat Muraoka dazu veranlasst, ein eigenes Verbum μιαιόω, Aor. ἐμιαίωσα zu postulieren (s.u. S. 94f.). Die Form ἐμιαίωσαν dürfte jedoch durch Majuskelverschreibung (νο→ω) verderbte Lesart sein (s.u. § D-I „Majuskelverschreibungen“). Entsprechend ist die nach Koinemanier gebildete Imperfektform ἐμιαίνοσαν zu emendieren (zur koinetypischen Imperfektbildung s.u. § A-I-4-2-2 „Konjugation“ unter der Rubrik „Tempora“).

ibid. αὑτάς em. vGebhardt = Rahlfs] αὐτάς 253; ἑαυτάς 336-769 260. 219

221

κατεσπάσθη em. vGebhardt = Rahlfs, cf. Sy (‫])ܐܬܦܣܩ‬ κατέ­σπα­ ܼ σε(ν) codd. gr.: ΘΗ→ΕΝ. vGebhardts Vorschlag zur Emendation vermag zu überzeugen.2 Er wird durch das Syrische bestätigt. Die Textverderbnis beruht, wie vGebhardt erkannt hat, ausschließlich auf Majuskelverschreibung (zu PsSal 219 s.o. § A-I-3-1-1 „Variantenbildung, die ausschließlich auf Majuskelverschreibung beruht“). ἀπερίφη em. Albrecht3] ἀπερρίφει 253: η→ει; ἀπερρίφη rel. (vGebhardt = Rahlfs).

Zu den drei Schreibweisen des Nomen propriums „Salomo“ s.u. S. 187,Anm. 3. Vgl. zu dieser Emendation vGebhardt, 74 (Nr. 6). 3 Zur Begründung s.u. § A-I-4-1-1 „Vokalismus und Konsonantismus“ unter der Rubrik „Konsonantenverdoppelung Ρ – ΡΡ“. 1 2

78 42

Einleitung

κατακρῖναι em. vGebhardt = Rahlfs, cf. Sy (‫ ])ܠܡܚܝܒܘ‬κατακρίναι 253 336; κατακρίνει 769; κατακρίνων 260.

421(fin.) παρωξύνθη em. Albrecht, cf. Sy (‫ ])ܐܬܚܡܬ‬παρώξυνεν 253: ΘΗ→ΕΝ; παρώξυναν 336-769 260 vGebhardt = Rahlfs. Der vorliegende Fall ist mit PsSal 219 (s.o.) vergleichbar. Der Text lässt sich auf Grundlage des Syrischen emendieren.1 Die Textverderbnis im Griechischen beruht auf Majuskelverschreibung (Ra 253); zu PsSal 421(fin.) s.o. § A-I-3-1-1 „Variantenbildung, die ausschließlich auf Majuskelverschreibung beruht“. Bei den übrigen Textzeugen (336-769 260) liegt eine kontextuelle Angleichung des unverständlichen παρώξυνεν an den Numerus das vorangehenden παρώργισαν vor. Die Emendation macht eine Korrektur der Satzabtrennung erforderlich: καὶ παρωξύνθη, dessen indirektes Subjekt θεός ist, bezieht sich auf die nachfolgende Infinitivkonstruktion (V. 22).2 96

καθαριεῖ em. Albrecht3] καθαρίσει codd. gr.; καθαριεῖς coni. vGebhardt = Rahlfs. Das kontrahierte, asigmatische Futur καθαριεῖ dürfte in PsSal 96 für ursprünglich zu erachten sein (vgl. PsSal 1730). Zur Begründung s.u. § A-I-4-2-2 „Konjugation“ unter der Rubrik „Futur“. Die von den griechischen Handschriften gebotene Lesart καθαρίσει erklärt sich dabei nicht nur als stilistische Verbesserung im Zuge der Textüberlieferung, sondern auch auf paläographischem Wege als Verschreibung der Majuskelvorlage ιει: Entweder als dittographische Verschreibung (ε→σε), oder

Zum Syrischen vgl. J.R. Harris: Odes, 40–41, der παρωξύνθη als Vorlage des Syrischen erwägt, letztlich aber annimmt, dass freie Wiedergabe von παρωρ­ γίσθη vorliege. Harris’Annahme ist kaum haltbar, da die syr. Übersetzung seines Erachtens dasselbe griech. Verbum παροργίζειν direkt aufeinanderfolgend unterschiedlich wiedergegeben hätte: In V. 21 mit ‫ܪܓܢ‬, in V. 22 mit ‫ܚܡܬ‬. Vgl. ferner Trafton, 70 Nr. 74 z. St. 2 Die 3. Pers. Sg. Opt. Aor. Akt. ἐξάραι ist entsprechend in den Inf. Aor. Akt. ἐξᾶραι zu ändern. — Bereits Swete zog in seiner Ausgabe den Satzteil καὶ παρώ­ ξυ­ναν zu V. 22. 3 Zu PsSal 9 6 vgl. ausführlich § A-I-3-4-2 „Verworfene Konjekturen“. 1

A Die Textzeugen

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vielmehr als itazistisch (ι→ ει) begünstigte Verschreibung jener Vorlage: ιει→ισει. 157

λοιμοῦ em. Hilgenfeld, cf. Sy (lege ‫ ̣̇ܡܘܬܢܐ‬pro ‫])ܡܘܬܐ‬ ̣̇ λιμοῦ codd. gr.: οι→ι. Hilgenfelds Emendation vermag zu überzeugen; das überlieferte λιμοῦ ist phonetisch bedingte Verschreibung von λοιμοῦ;1 dazu s.u. § D-II. Hilgenfelds Emendation wird durch das Syrische z. St. bestätigt, das seinerseits zwar verderbt ist, sich aber leicht heilen lässt. vGebhardt = Rahlfs konjiziert z. St. unnötigerweise; dazu s.o. § A-I-3-4-2.

1733 αὑτῷ em. vGebhardt = Rahlfs] αὐτῷ codd. gr. 1745a ταχυνεῖ em. Albrecht] ταχύνη 253: ει→η; ταχύναι 336-769 260 vGebhardt = Rahlfs: η→αι. Die Konjektur V. 45b (ῥύσαιτο) ist zu verwerfen (dazu s.o. § 3-4-2 „Verworfene Konjekturen“), stattdessen ist, wie schon vGebhardt, 88 (Nr. 52), vorgeschlagen, aber nicht umgesetzt hat, V. 45a zu emendieren: Eine Emendation von ταχύνη resp. τα­χύ­ναι in ταχυνεῖ vermag den Vers am leichtesten zu bessern; die Verschreibung einer als ursprünglich anzunehmenden Lesart τα­χυ­νεῖ in das überlieferte ταχύνη (Ra 253: ει→η) ist leicht itazistisch zu erklären; ebenso wie die Verschreibung von ταχύνη in ταχύναι (Ra 336-769 260: η→αι). Bereits Hyparchetyp γ dürfte mit ταχυνη den itazistisch verderbten Text geboten haben; die Lesart ταχύναι kann m. E. als früher Emendationsversuch des Hyparchetypen ε gelten, der das verderbte ταχυνη zu verbessern suchte. Die syrische Übersetzung ist kaum aufschlussreich: Einerseits ist der z. St. einzig erhaltene Textzeuge Sy10h1 stark mutiliert, andererseits scheint der Syrer den Zusammenhang der Verse 44b–45a anders erfasst zu ha Die Verschreibung von λοιμός in λιμός begegnet in der hsl. Überlieferung der Septuaginta auch andernorts, etwa in der hexaplarischen Überlieferung von Ps 77 48, vgl. dazu F. Field: Origenis Hexaplorum fragmenta II, 228,Anm. 52; oder in der hexaplarischen Überlieferung von Ex 5 3, vgl. dazu J.W. Wevers/U. Quast: Exodus, im Apparat z. St., mit der Angabe, dass Hs. Ra F λιμός anstelle von λοιμός liest. 1

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ben: Griech. ἃ ποιήσει ὁ θεός. (45) ταχυνεῖ ὁ θεὸς ἐπὶ Ἰσραὴλ τὸ ἔλεος αὐτοῦ. – Syr. ≈ ἃ ἐποίησεν ὁ θεός (45) ⟨τοῦ⟩ ταχύνειν τὸ ἔλεος αὐτοῦ ἐπὶ Ἰσραήλ. 4. Char akter und Datier ung der gr iechischen Über liefer ung 1 Fest steht, dass die griechischen Psalmen Salomos in der für die griechische Bibel typischen Koine verfasst sind.2 Die Koine ist bekanntlich diejenige Sprachform, die sich aus dem Attischen, das in der Lexik vor allem vom Ionischen beeinflusst war, um 300 v. Chr. zur im östlichen Mittelmeerraum verbindlichen griechischen Sprache entwickelt hatte.3 Auch für Palästina kann das Koinegriechische als normativ angesehen werden.4 Als Grundlage der folgenden Ausarbeitungen dienen im Wesentlichen die nachstehenden Spezialgrammatiken und grammatischen Studien: Thack.; Helbing, Grammatik; ders., Kasussyntax; Mayser; Bl.-Debr.; Gignac; Muraoka, Syntax. Ferner vSiebenthal; Korsunskij: LXX. Des Weiteren wurden die folgenden Spezialwörterbücher hinzugezogen: Preisigke; Bauer6; Muraoka, Lexicon. – Zu bedenken bleibt, dass lediglich Thackeray, Helbing und Muraoka die Psalmen Salomos berücksichtigen. Noch Helbing legt dabei durchgängig Swetes Ausgabe der Psalmen Salomos zugrunde (vgl. dazu Helbing, Grammatik, xvii; Helbing, Kasussyntax, xi), was mitunter (nachfolgend stets notierte) Abweichungen in der Vers­ zählung zur Folge hat. 2 Einen Überblick über die verschiedenen Ansätze zur Erforschung und Beschreibung der Sprache der griechischen Bibel, insonders der Septuaginta gibt S.E. Porter: History. 3 Vgl. hierzu die gute Überblicksdarstellung bei Helbing, Grammatik, iv–xi, sowie H. Petersmann: Entstehung; V. Bubenik: Rise; A. Lopez-Eire: Attique; G.C. Horrocks: Greek, 79–123; überdies: R. Browning: Koine; J. Niehoff-Panagio­ tidis: Koine; S.E. Porter: Diglossia; und schließlich M. Reiser: Sprache, 16–28. 4 Zur Sprachsituation in Palästina vgl. M. McNamara: Language Situation; J.A. Fitzmyer: Languages; ferner H.B. Rosén: Sprachsituation; M. Silva: Bilingualism, 213–216; J. Barr: Hebrew; zum Gebrauch des Griechischen vgl. G. Mussies: Greek; C. Consani: Books; zum Gebrauch des Hebräischen vgl. C. Rabin: Hebrew; J. Joosten: Knowledge. – Insgesamt gilt, dass sich das Griechische im vormakkabäischen Judentum im Zuge der Hellenisierung durchzusetzen begann, während 1

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Im Folgenden sollen unter grammatischen Gesichtspunkten Einzelaspekte der Laut- (§ 4-1 „Phonetik und Orthographie“), Wort(§ 4-2 „Morphologie und Lexik“) und Satzlehre (§ 4-3 „Syntax“) der Psalmen Salomos behandelt und beschrieben werden. Dabei interessieren die Ausnahmen mehr denn die Regeln, insofern gerade die grammatischen Eigentümlichkeiten versprechen, eine nähere Einordnung der Sprachgestalt des Archetyps der Psalmen Salomos im Spektrum der Koine zu ermöglichen (zum Archetyp s.u. § III-5).

4.1. Phonetik und Or thogr aphie Unter phonetischen Gesichtspunkten sollen nachfolgend der Vokalismus und Konsonantismus (§ 4-1-1) der Psalmen Salomos betrachtet werden. Wichtige Beobachtungen zur Phonetik resp. Phonologie sind Francis Thomas Gignacs „Phonology“ (1976) zu verdanken (kurz: Gignac I). Die Phonetik resp. Phonologie berührt ihrerseits orthographische Fragestellungen. Auf einen besonderen Aspekt der Orthographie soll im Zusammenhang mit Kolometrie und Interpunktion (§ 4-1-2) eingegangen werden. Textzeuge Ra 253 bietet neben den grammatischen Besonderheiten eine Fülle orthographisch abweichender, in der restlichen Überlieferung diorthotisch bereinigter Lesarten, die – wie bereits vGebhardt, 30–32, betont hat – als ursprünglich anzusehen sind und entscheidende Hinweise zur sprachlichen Einordnung der Psalmen Salomos geben.

im Palästina der Makkabäerzeit eine Rückbesinnung auf das Hebräische erfolgte, was am eindrücklichsten an den hebräisch verfassten Makkabäerbüchern (1–2Makk) abzulesen ist, die erst später ins Griechische übertragen wurden. M. Hengel: Judentum, 191–195, hat demgegenüber betont: „Jerusalem war seit der Ptolemäerzeit eine Stadt, in der in steigendem Maße Griechisch gesprochen wurde. Die makkabäische Erhebung hat daran wenig geändert, in neutestamentlicher Zeit […] muß sie nach Ausweis der griechischen Inschriften sogar eine ganz beträchtliche, Griechisch als Muttersprache sprechende Minderheit besessen haben.“ (ebd., 193).

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4.1.1. Vokalismus und Konsonantismus

Vokalschwund Vokalschwund durch Kontraktion liegt im Fall des Substantivs ταμιεῖον vor, das seit dem I. Jh. v. Chr., besonders aber im I. Jh. n. Chr. in der kontrahierten Form ταμεῖον belegt ist, die der seit 100 v. Chr. zu beobachtenden Tendenz zur hellenistischen Kontraktion von -ιει- in -ει- entspricht.1 Die von Ra 253 zu PsSal 148 gebotene, kontrahierte Form ταμεῖα dürfte dementsprechend ursprünglich sein.2 Zugleich liefert sie einen wertvollen Anhaltspunkt für die Datierung des Archetyps der Psalmen Salomos in das I. Jh. n. Chr. (s.u. § A-III-5). Vokalas similation In den Psalmen Salomos ist zweifach im Falle des Verbums ὀλε­ θρεύ­ειν die durch Majuskelverschreibung ε→ο begünstigte (s.o. § 3-1-1) Variante ὀλοθρεύειν belegt (PsSal 412; 155). Diese orthographische Varianz beruht auf sekundärer Vokalassimilation ο-ε → ο-ο.3 Orthographisch (und stemmatisch, s. auch dazu § 3-1-1) kann die

Vgl. Bauer6, 1602–1603, s.v. ταμεῖον: „[…] die kontrahierte Form für das ältere ταμιεῖον […] findet sich schon im ersten vorchristl. Jahrhundert in Inschr. [SIG 783,37] u. Pap. [BGU 1115,41], wird aber häufiger erst in unserer Zeitrechnung.“ – Zu ταμεῖον vgl. ausführlich Thack., 63–65 (§ 5,3), der betont, dass sich die kontrahierte Schreibweise erst im I. Jh. n. Chr. nachweisen lasse und die Zeitenwende im Befund einen klaren Einschnitt bedeute; vgl. dazu auch Moulton I, 45 („overwhelmingly attested by the papyri of the Roman age“) . Die Beobachtung zur klaren Tendenz in der Schreibweise ist definitiv richtig; doch zeigen die von Bauer-Aland angeführten Belege, dass die kontrahierte Form schon für das I. Jh. v. Chr. bezeugt ist. – Zur hellenistischen Kontraktion von -ιει- in -ει- vgl. Bl.-Debr., 25 (§ 31.2); ferner Mayser I/1, 64 (§ 8,d). 2 Während vGebhardt z. St. die kontrahierte Form für ursprünglich erachtet, bevorzugt Rahlfs in seiner Handausgabe durchgängig die unkontrahierte Form; vgl. dazu Bauer6, 1602–1603, s.v. ταμεῖον: „Rahlfs setzt überall d. unkontrah. Form in den T.“ Zur Rahlfs’schen Emendationspraxis s.o. § A-I-3-4 „Konjekturalkritik“, S. 53,Anm. 3–4. 3 Vgl. Bl.-Debr., 25 Anm. 1 (§ 32.1). 1

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Form ὀλε­θρεύ­ειν daher im Fall der Psalmen Salomos als ursprünglich gelten.1 Konsonantenwechsel Δ – Θ Im hellenistischen Griechisch tritt der Konsonantenwechsel von Delta zu Theta auf: In vorchristlicher Zeit werden die Thetaformen in der Koine, und auch im jüngeren Attischen, beliebt, in nachchristlicher Zeit schwinden sie hinwieder unter dem Einfluss des klassischen Attizismus, der seinerseits die Deltaformen bevorzugt.2 Im Neuen Testament sind beide Formen parallel zueinander belegt.3 Dieses Nebeneinander findet sich auch in den Psalmen Salomos: ἐξουθενοῦν (25. 4 27) neben ἐξουδενοῦν (226). Zudem schwankt bei diesen Verba die Kontraktionsklasse zwischen -έω und -όω:5 Neben ἐξουθενοῦν (25) ist ἐξουθενεῖν (v. l.) belegt. Zur Ursprünglichkeit der Form ὀλεθρεύειν vgl. Winer-Schmiedel I, 50–51 (§ 5,20d); Bl.-Debr., 25 Anm. 1 (§ 32.1): „Im NT ist ὀλεθρεύειν Hb 11,28 […] für ursprünglicher zu halten als das fernassimilierte ὀλοθρεύειν […]“. Vgl. bereits K. Buresch: Γέγοναν, 216–217, der klar die Lesart ὀλεθρεύω für „alexandrinisch“, näherhin als ursprünglich für LXX (und NT!) erweist. – Im NT begegnet uns das Lexem in der Variante ὀλοθρεύειν, und zwar lediglich als ntl. Hapaxlegomenon in Hebr 11 28 (ed. Nestle-Aland28, 678). Angesichts der Tatsache, dass die ntl. Grammatiken in dieser Sache Einmütigkeit bekunden, schiene es m. E. geboten, Hebr 11 28 bei einer weiteren Neuauflage des ‚Nestle-Aland‘ entsprechend zu emendieren; mein Emendationsvorschlag für Hebr 11 28 lautet also: „ὁ ὀλοθρεύων] ὁ ὀλεθρεύων Albrecht“. 2 Vgl. bes. Mayser I/1, 148–149 (§ 33,3,c), der ebd., 149, die Entwicklung anhand von οὐθείς/ μηθείς neben οὐδείς/ μηδείς prozentual veranschaulicht; zur Gesamtentwicklung vgl. ferner Schwyzer I, 408; A. Debrunner/A. Scherer: Geschichte II, 65–66 (§ 109); Gignac I, 96–97; zur biblischen Gräzität vgl. Thack., 104–105 (§ 7,14–15); Moulton II, 310; Bl.-Debr., 26 (§ 33.2). 3 Zum neutestamentlichen Befund vgl. bes. Bl.-Debr., 26 (§ 33.2); und ebd., 86 (§ 108.2) mit Anm. 2, zur jüngeren Deltaform. 4 Zu PsSal 2 27 ist zudem die durch den Kontext (cf. 2 26) bedingte Variante ἐξουδενόω belegt; vgl. A-I-2-2 „Kontextelle Variantenbildung“. 5 Im Falle der beiden Deltaformen ἐξουδενεῖν und ἐξουδενοῦν spricht Mayser I/2, 117, (§ 73,I,a,6) nicht von Vermischung der Kontraktionsklassen, sondern von „verschiedener Bildung“, und postuliert sogar einen Bedeutungsunterschied zwischen dem in der biblischen Gräzität belegten ἐξουδενοῦν („für nichts hal1

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Die Kontraktionsklasse auf -όω ist im Falle der Verba ἐξουθενοῦν und ἐξουδενοῦν für die Psalmen Salomos als ursprünglich anzusehen.1 Konsonantenverdoppelung Ρ – ΡΡ Klassisch gilt die Gemination des aspirierten Rhos als Inlaut in der Kompositionsfuge.2 Im Attischen wird diese Regel zunehmend, im Hellenistischen verstärkt aufgeweicht, während das Neue Testament sie wiederum vornehmlich in klassischer Weise befolgt (vgl. Bl.-Debr., 11 [§ 11.1]). Für die ‚ägyptische Koine‘ beobachtet Mayser einen Wegfall des Doppelrho in der Kompositionsfuge.3 Im Fall der Septuaginta zeigt die (spätere) handschriftliche Überlieferung beide Schreibweisen4, und belegt dadurch die Kontamination der Überlieferung durch potentiell diorthotische Lesarten. In den Psalmen Sa-

ten, gering achten“) und ἐξουδενεῖν („zu nichts machen, annulieren“); vgl. dazu Bl.-Debr., 86 (§ 108.2),Anm. 2. 1 Alle drei Belegstellen der Verba ἐξουθενοῦν und ἐξουδενοῦν innerhalb der Psalmen Salomos belegen die Kontraktionsklasse auf -όω; lediglich zu 2 5 ist eine Varianz belegt. – Thackerays Äußerung, dass ἐξουθενοῦν im Vergleich zu ἐξου­ θενεῖν die ‚seltenere‘ und ‚zweifelhafte‘ Form sei, die auf ‚Vermischung‘ beruhe (Thack., 105 [§ 7,15]), basiert auf Thackerays Deutung des Septuagintabefundes ohne Berücksichtigung der Psalmen Salomos und ist hier zurückzuweisen. 2 Diese Regel gilt für die Prosa. Aus dem Bereich der Poesie sind Abweichungen belegt; vgl. LSJ, s.v. ἀπορρίπτω, mit Verweis auf Pindarus, Epinicia, Pythische Ode 6,37. 3 Vgl. Mayser I/1, 187–188 (§ 48,1,b): „Wie auf attischen Inschriften seit IVa […] unterbleibt auch in der ägyptischen Koine vielfach die Verdoppelung des ρ in der Kompositionsfuge, aber nur selten nach dem Augment.“ Die allgemeine Verbreitung dieses orthographischen Phänomens ist also durch die Übereinstimmung der attischen Inschriften mit den ägyptischen Papyri hinlänglich belegt. 4 Helbing, Grammatik, 14–15, gibt Beispiele für die schwankende handschriftliche Überlieferung und präferiert selbst die Gemination nach den Regeln der Schulgrammatik: „Wir werden natürlich die Gemination durchführen.“ (ebd., 14). Gignac I, 154–155, resigniert angesichts der orthographischen Schwankungen in der Textüberlieferung und vermag keine klaren Regeln zu erkennen, sondern listet ebd., 156–157, vielmehr eine Reihe von Beispielen für den Wechsel von ΡΡ→Ρ und Ρ→ΡΡ; vgl. ferner auch Bl.-Debr., 11 (§ 11): „In der Doppelschreibung von Konsonanten herrscht in röm. Zeit vielfach Unsicherheit.“

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lomos ist dreimal das Verbum compositum ἀπο(ρ)ρίπτω gebraucht. In zwei Fällen bezeugt Ra 253 den Wegfall der Gemination:1 24 91

ἀπορίψατε 253 (vGebhardt)] ἀπορρίψατε rel. (Rahlfs2). ἀπερίφησαν 253 (vGebhardt)] ἀπερρίφησαν rel. (Rahlfs).

Im dritten Fall (PsSal 221) bezeugt die Überlieferung indes geschlossen die Gemination und liest ἀπερρίφη.3 Doch ist anzunehmen, dass diese Lesart diorthotisch bereinigt ist, während Ra 253 in den vorgenannten Fällen (PsSal 24; 91) das in sprachlicher Hinsicht ursprüngliche, hellenistische Sprachgewand der Psalmen Salomos bewahrt hat. Folglich ist zu emendieren: 221

ἀπερίφη em. Albrecht] ἀπερρίφη rel.(-φει 253: η→ει).

4.1.2. Kolometr ie und Inter punktion Der Text der Psalmen Salomos weist eine erkennbare Gliederungsstruktur auf. Sie besteht zunächst aus einer semantischen Gliederung des Textes, die sich als Kolometrie bezeichnen lässt.4 Die kolometrische Gliederungsstruktur ist in Teilen aus der handschriftlich überlieferten Interpunktion ableitbar. Die Interpunktion selbst kann im Fall der Psalmen Salomos durchaus ein hohes Alter beanspruchen und auf den Archetyp zurückgehen.5 Dies belegen die Übereinstimmungen in der Interpunktion der einzelnen Textzeugen. Unterdessen Für das Verbum compositum ἀπορρίπτω vgl. aus der Mitte des II. Jhs. v. Chr. τὰ ἀποριφέντα für τὰ ἀπορριφέντα in P. British Museum 106 (vgl. F.G. Kenyon: Papyri I, 60–61; der Hinweis darauf ist Helbing, Grammatik, 15, zu entnehmen). 2 Rahlfs emendiert im Fall des Verbums ἀπο(ρ)ρίπτω durchgängig in ἀπορ­ ρί­πτω; zu dieser Emendationspraxis s.o. § A-I-3-4 „Konjekturalkritik“, S. 53, Anm. 3–4. 3 Die Lesart von Hs. Ra 253 ist z. St. itazistisch verunstaltet (η→ει); vgl. dazu § D-II „Phonetisch bedingte Verschreibungen“. 4 Zur Kolometrie in der biblischen Textüberlieferung vgl. Bl.-Debr., 14 (§ 16.2). Zur Definition von Kolometrie als „division into rhetoric or semantic units“ vgl. A. Pawłowski: Prolegomena, 52. 5 Zum hohen Alter der Interpunktionspraxis in der handschriftlichen Überlieferung vgl. Bl.-Debr., 14 (§ 16.1); sowie insbesondere F. Albrecht: Notwendigkeit, 117–118, mit der dort angeführten Sekundärliteratur. 1

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zeigen die Abweichungen, dass die Überlieferung gerade in diesem Punkt in nicht unerheblichem Maße schwankungsanfällig ist und allenthalben der Korrektur bedarf.1 Die vorliegende Ausgabe strebt eine kritische Rekonstruktion der ursprünglichen Kolometrie an.2 Die darauf abgestimmte Interpunktion folgt ihrerseits modernen Gepflogenheiten.3 Eine Untersuchung der Gliederungsmerkmale zeigt derweil, dass die Psalmen Salomos in der ältesten erreichbaren Textform nicht nur eine kolometrische, d.h. semantische, sondern auch eine übergeordnete stichometrische, d.h. formale, Gliederung aufweisen, die es ebenfalls im Rahmen der vorliegenden Ausgabe kritisch zu rekonstruieren gilt.4

4.2. Mor phologie und Lexik Unter morphologischen Gesichtspunkten sollen die Charakteristika der Deklination (§ 4-2-1) und der Konjugation (§ 4-2-2) in den Psalmen Salomos betrachtet werden. In einigen Fällen zeigen die Psalmen Salomos bloß, dass sie regulär den hellenistischen Sprachgebrauch der Septuaginta, der vom Attischen abzuweichen pflegt, bezeugen. Beispielsweise: 5 9

τοὺς ἰχθύας. Der Akk. Pl. von ὁ ἰχθύς, -ύος lautet attisch ἰχθῦς, hellenistisch hingegen ἰχθύας. Im hellenistischen Griechisch ist die Endung -ς (*-νς) des vokali-

Beispielsweise scheint in Hs. Ra 253 eine Kombination aus syntaktischem und rhetorischem Interpunktionssystem vorzuliegen; vgl. dazu F. Albrecht: Notwendigkeit, 119 mit Anm. 40. 2 Zur Rekonstruktion der ursprünglichen Kolometrie vgl. die unter § A-I-3-3 („Fehlerhafte Satzabtrennungen“) angeführten Beispiele. 3 Dass die vorliegende Ausgabe in der Interpunktion, wie üblich, modernen Gepflogenheiten folgt, sei im Blick auf die Interpunktion der Wright’schen Ausgabe (s.o. § A-I-2 „Die Druckausgaben“) eigens betont; zur kritischen Auseinandersetzung mit dieser, gerade im Blick auf die Interpunktionspraxis, vgl. F. Albrecht: Notwendigkeit, 116–119. Zur Interpunktion und der Notwendigkeit ihrer Berichtigung vgl. schon T. Birt: Kritik, 127–130. 4 Zur „Stichometrie“ der Psalmen Salomos s.u. § B-II-3. Zur Definition von Kolometrie als semantischer Gliederung im Unterschied zur Stichometrie als formaler Gliederung vgl. A. Pawłowski: Prolegomena, 51–52. 1

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schen Stamms durch die Endung -ας des konsonantischen Stamms verdrängt; der biblische Sprachgebrauch bezeugt ganz gewöhnlich die auch von den Psalmen Salomos gebotene Form ἰχθύας.1 5 8. 10

ἐὰν γὰρ πεινάσω (5 8), καὶ ἐὰν πεινάσωσιν (5 10).2 Im hellenistischen Griechisch erfolgt die Kontraktion auf α, nicht auf η: So lauten die Formen Inf. πεινᾶν, Fut. πεινάσω, Aor. ἐπείνασα anstelle von πεινῆν, πεινήσω, ἐπείνησα. Dies sind die in LXX und NT gebräuchlichen Formen.3 Auch die Psalmen Salomos bezeugen in den o. g. Formen des Konj. Aor. jene Bildungsweise.

Wichtige Beobachtungen zur Morphologie sind neben Francis Thomas Gignacs „Morphology“ (1981) insbesondere Robert Helbings „Grammatik der Septuaginta“ (1907) zu verdanken (kurz: Gignac II; Helbing, Grammatik). In einer eigenen, der Lexik (§ 4-2-3) gewidmeten Rubrik verdient alsdann der Wortschatz der Psalmen Salomos untersucht und in seinen Eigenarten dargestellt zu werden.

4.2.1. Deklination Im Bereich der Deklination sind Kontraktion und Metaplasmus zu beobachten: Kontr aktion Der kontrahiert gebildete Gen. Pl. der Neutra auf -ος ist in der Ptolemäerzeit die Regel und auch für Josephus typisch.4 Die Kon Vgl. Helbing, Grammatik, 44. PsSal 5 9 wird bei Helbing als PsSal 5 11 referenziert. Zum ntl. Befund und zum hellenistischen Sprachwandel vgl. Bl.-Debr., 37 (§ 46,2); ferner Winer-Schmiedel I, 86 (§ 9,4); Gignac II, 80 mit Anm. 4 (§ 7,a,6); Schwyzer I, 571. 2 PsSal 5 10 bietet Ra 769 die attisierte Form πεινήσωσι. 3 Vgl. Helbing, Grammatik, 110 (PsSal 5 8 resp. 5 10 wird bei Helbing als PsSal 5 10 resp. 5 12 referenziert); Bl.-Debr., 65–66 (§ 88 mit Anm. 1), und 56 (§ 70,2 mit Anm. 3: „πεινάσω nach κοπιάσω, mit dem es zB in LXX oft synonym ist […]“). 4 Vgl. Mayser I/2, 37: „Auch der Gen. plur. ist regelmäßig kontrahiert – mit verschwindenden Ausnahmen.“ Zur attizistischen Tendenz im Werk des Josephus vgl. A. Debrunner/A. Scherer: Geschichte II, 95. 1

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traktion entspricht dem attischen Sprachgebrauch, wenngleich bei den attischen Dichtern des Öfteren bereits Ausnahmen zu beobachten sind.1 Die ionisch beeinflusste Sprache der Dichtung scheint in dieser Hinsicht die biblische Koine beeinflusst zu haben.2 Zumindest ist die unkontrahierte Form des Gen. Pl. der Neutra auf -ος in Septuaginta und Neuem Testament ausnahmslos bezeugt, und die Psalmen Salomos sind kein Sonderfall, wie die nachstehenden Beispiele zeigen.3 Die Nomina τὸ ὄρος und τὸ χεῖλος bilden den Gen. Pl. klassisch in kontrahierter Form als ὀρῶν und χειλῶν. 226 153

ὀρέων χειλέων (bis)

Metaplasmus Einige Beispiele belegen den Metaplasmus in Form des Genuswechsels von Masculinum zu Neutrum.4 Die Nomina ὁ ζῆλος und ὁ ἔλεος erscheinen als τὸ ζῆλος und τὸ ἔλεος, wobei einzig Ra 253 mit den Neutrumformen den Urtext bewahrt hat, während die von Hyparchetyp ε abhängige Überlieferung attizistischer Korrektur unterliegt:5 Zum Gebrauch der unkontrahierten Formen bei den attischen Dichtern vgl. Kühner I/1, 432. 2 Vgl. Thack., 151: „[…] the κοινή preferred the (Ionic) uncontracted form of the gen. plur. in certain 3rd declension neuters in -ος“. 3 Vgl. Helbing, Grammatik, 41. PsSal 2 26 resp. 15 3 werden bei Helbing als PsSal 2 30 resp. 15 5 referenziert. – Zur Septuaginta vgl.Thack., 151: „So LXX always has ὀρέων and χειλέων“. — Zum Neuen Testament vgl. Bl.-Debr., 39 (§ 48). 4 Vgl. Helbing, Grammatik, 48. PsSal 2 24 resp. 14 9 werden bei Helbing als PsSal 2 27 resp. 14 6 referenziert. 5 Die sprachlichen Entwicklungen der Nomina ζῆλος und ἔλεος vom klassischen Griechisch zur Koine beschreibt Thack., 158: ζῆλος tritt klassisch als Masculinum auf; in der Septuaginta ist es, von wenigen Ausnahmen abgesehen, noch überwiegend Masculinum, im Neuen Testement hingegen ist das Verhältnis von Masculinum zu Neutrum ausgewogen. ἔλεος tritt klassisch als Masculinum auf. In der Septuaginta ist es bereits selten als Masculinum vorzufinden. Vielmehr tritt es in der Septuaginta, von wenigen Ausnahmen abgesehen, und im Neuen Testament ausnahmslos als Neutrum auf. Zum Auftreten der Formen τὸ ζῆλος und τὸ ἔλεος im Neuen Testament vgl. Bl.-Debr., 41 (§ 51). 1

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224; 43 512 28 passim

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ζήλει 253] ζήλῳ rel. ἐλέει 253] ἐλέῳ rel. ἐλέους 253] ἐλέου rel.

Zu πᾶς ist alsdann, wie aus der Septuaginta und der übrigen Koine vertraut, als Akk. Sg. masc. πᾶν belegt.1 Auch in diesen Fällen wahrt allein Ra 253 den Urtext, während die übrigen Textzeugen die attizistisch korrigierte Form bezeugen: 3 8 820

πᾶν ἄνδρα 253 Rahlfs] πάντα ἄνδρα rel. (vGebhardt) πᾶν σοφόν 253 Rahlfs] πάντα σοφόν rel. (vGebhardt)

Das Beispiel des Neutrums ζῆλος gibt einen wertvollen Hinweis auf die zeitliche Einordnung der Psalmen Salomos zwischen Septuaginta und Neuem Testament.2 Im Übrigen bewegen sich die Psalmen Salomos im Rahmen des Sprachgebrauchs der Septuaginta, wie etwa ὁ πλοῦτος (PsSal 14)3 und ὁ ἅλως (PsSal 122b)4 zeigen. Hyparchetyp ε dürfte attizistisch überarbeitet worden sein, wie die Korrekturen des Metaplasmus in den von Hyparchetyp ε abhängigen Hss. zeigen. Zum Phänomen des Attizismus vgl. A. Debrunner/A. Scherer: Geschichte II, 93–97 (§ 154–159); F.R. Adrados: Geschichte, 192–196. Die Datierung des Hyparchetyps ε in das IV. Jh. passt zur Dominanz des Attizismus seit dem IV. Jh., die im Wesentlichen damit zusammenhängt, dass die Kirchenväter den Attizismus zum sprachlichen Maßstab erhoben; vgl. dazu bes. C. Fabricius: Klassizismus; R. Browning: Greek, 44–50; G.C. Horrocks: Greek, 155 („The impact of Atticism“); und ferner zum Attizismus des IV. Jhs. P. Gallay: Langue, 96, sowie zu dem des V.–VI. Jhs. K. Hult: Variation, 16. Zu Hyparchetyp ε und seiner Datierung s.u. § A-III-5 das Ergebnis der stemmatischen Analyse. 1 Vgl. zu diesem Phänomen in der Septuaginta: Helbing, Grammatik, 51–52; Thack., 173–175; ferner u. a. E. Nestle: Septuagintastudien [I], 11; W. Schmid: Winers Grammatik, 42. Muraoka, Syntax, geht m. W. nicht auf jene Eigentümlichkeit ein. — Dass dieser Metaplasmus auch in der übrigen Koine vorliegt, bemerkt Mayser I/2, 32: „Von πᾶς (ἅπας) begegnet der auch sonst in der Κοινή nicht unerhörte Akkus. sing. masc. πᾶν (ἅπαν).“ 2 Vgl. die obigen Ausführungen (S. 88, Anm. 5) zur sprachlichen Entwicklung des Nomens ζῆ­λος. 3 Erst im Neuen Testament, namentlich im Corpus Paulinum, tritt τὸ πλοῦτος neben ὁ πλοῦτος; vgl. dazu Thack., 159. 4 In der Septuaginta ist der Metaplasmus in Form des Genuswechsels von Femininum zu Masculinum im Fall von ἅλως (und ἅλων) zu beobachten, so dass ὁ/ἡ ἅλως und ὁ/ἡ ἅλων auftreten. — Zu PsSal 12 2b vgl. ausführlich § A-I-3-1-2 „Va-

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4.2.2. Konjugation Im Bereich der Konjugation sind Besonderheiten bei der Bildung der Genera verbi sowie der Tempora und Modi zu beobachten: Gener a verbi Die grundsätzliche Vorbemerkung von Bl.-Debr., 255 (§ 307), zu den Genera verbi resp. den sog. Verbaldiathesen im hellenistischen Griechisch lässt sich ohne Weiteres auf die Psalmen Salomos übertragen: „Das Futurum und der Aorist des Mediums […] gehen zurück, indem das Fut. Med. zu aktiven Präsentia oft durch das Aktiv ersetzt wird und die Deponentia im Fut. und Aor. passive Formen bevorzugen“. Den Gebrauch des passiven Aorists anstelle des medialen Aorists belegt: 1716

ἐξεπετάσθησαν1

Das vorliegende Verbum illustriert die Bildung eines passiven Aorists anstelle eines früher üblichen medialen Aorists.2 Die Wendung ὡς στρουθία ἐξεπετάσθησαν ἀπὸ κοίτης αὐτῶν ist daher im Deutschen wiederzugeben mit: „wie Sperlinge flogen sie aus ihrem Bett“. Formal ließe sich ἐξεπετάσθην sowohl über 1.) ἐκπετάζειν als auch über 2.) ἐκπέ­ τε­σθαι resp. ἐκπέτασθαι herleiten:3 Muraoka legt offenkundig ἐκπετάζειν zu-

riantenbildung, die teilweise auf Majuskelverschreibung beruht“; zu ἅλως vgl. S. 42,Anm. 1. 1 Zu dieser Bildungsweise vgl. Helbing, Grammatik, 98: „Neu sind ferner ἐδυνά­ σθην neben ἐδυνήσθην […], ἐκαθέσθην zu καθέζομαι Hi. 39 28, ἐπετάσθην zu πέ­τα­μαι Ps. 17 10, Hab. 1 8“; vgl. ebd., 99. „zu ἐπετάσθην vergl. noch die 3 andern Übersetzer Sprü. 23 5 u. Ps. Sal. 17, 18, s. Schmid I 232, III 43“. – PsSal 17 16 wird bei Helbing als PsSal 17 18 referenziert und unter den Beispielen für ἐπετάσθην angeführt. 2 Vgl. Helbing, Grammatik, 97–99, zu den passiven und medialen Deponentien. 3 Zu Herleitungsvariante 1.) ἐκπετάζειν vgl. Bauer6, 491 s.v. ἐκπετάννυμι: „Pass. Aor.1 ἐξεπετάσθην (LXX) ausbreiten, ausstrecken“. Zur Herleitungsvariante 2.) ἐκπέτεσθαι resp. ἐκπέτασθαι vgl. Bauer6, 491 s.v. ἐκ­πέτομαι: „[…] Aor. 2 ἐξέπτην (Sir 43,14, sonst in LXX ἐξεπετάσθην) […] verfliegen, vergehen“. – Zur Varianz zwischen ἐκπέτεσθαι und ἐκπέτασθαι vgl.

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grunde1, indem er für das Verbum ἐκπετάζειν sowohl eine transitive Bedeutung angibt, die de facto dem Bedeutungsgehalt von ἐκπετάννυναι entspricht, als auch eine intransitive, passive Bedeutung anführt, die erstaunlicherweise der Bedeutung von ἐκπέτασθαι gleicht.2 Diese Herleitung vermag daher kaum zu überzeugen; Muraokas Angaben zum passiven Bedeutungsgehalt von ἐκπετάζειν sprechen vielmehr dafür, dass Helbing in seiner Ableitung des Aor. Pass. ἐξεπετάσθην von ἐκπέτασθαι Recht behalten dürfte (s.o. S. 90,Anm. 3).

Die Koine-Tendenz zur Bildung aktiver Futura lässt sich alsdann anhand folgender Beispiele ablesen, die aktives Futur anstelle medialen Futurs zeigen:3 218 θαυμάσει Das Verbum θαυμάζεσθαι bildet in diesem Fall, wie es im Neuen Testament fürderhin die Regel ist4, ein aktives Futur.5 die einschlägigen Lexika, die beide Schreibweisen bezeugen: Zu ἐκπέτεσθαι vgl. Lust3, 185 s.v. ἐκπέτομαι: „to fly out, to fly away“; Rehkopf, 93 s.v. ἐκπέτομαι: „ausfliegen“; Passow I/2, 845 s.v. ἐκπέτομαι: „herausfliegen, ausfliegen, fortfliegen“. Zu ἐκπέτασθαι, das im Prinzip Helbing, Grammatik, 98, zugrunde legt, vgl. Passow I/2, 845 s.v. ἐκπέταμαι: „ausfliegen, wegfliegen“. 1 In der biblischen Gräzität hat ἐκπετάζειν das attische ἐκπετάννυναι verdrängt. Dies entspricht der allgemeinen Tendenz des hellenistischen Griechisch, die Verba auf -νυναι zu meiden. Zu ἐκπετάζειν vgl. Muraoka, Lexicon, 214 s.v. ἐκπετάζω: „I. tr. to unfold […]. II. intr. (pass.) to fly off […]“; Lust3, 185 s.v. ἐκπετάζω/ ἐκπετάννυμι.: „to spread out, to stretch out“; Rehkopf, 93 s.v. ἐκπετάζω: „ausbreiten“; Passow I/2, 845 s.v. ἐκπετάζω: „= ἐκπετάννυμι, LXX“; LSJ, 516 s.v. ἐκπετάζω: „= ἐκπετάννυμι, LXX […]“. – Zu ἐκπετάννυναι vgl. Bauer6, 491 s.v. ἐκπετάννυμι: „ausbreiten, ausstrecken“; Passow I/2, 845 s.v. ἐκπετάννυμι: „ausbreiten, ausdehnen, ausspannen“; LSJ, 516 s.v. ἐκπετάννυμι: „spread out […]“. Zu dem genannten Verdrängungsprozess vgl. Bl.-Debr., 67 (§ 92): „Das in der ganzen griech. Sprachgeschichte zu beobachtende Zurückgehen der Verba auf -μι, das mit dem Fehlen der ganzen Kategorie im Ngr. seinen Endpunkt erreicht hat, macht sich in der Koine gegenüber der klass. Sprache stark geltend.“ Vgl. ebd., Anm. 4 zu § 92, die Nennung von πετάννυναι als Beispiel eines im Attischen gebräuchlichen Verbums, das im NT fehlt. 2 Muraoka, Lexicon, 214 s.v. ἐκπετάζω: „I. tr. to unfold […]. II. intr. (pass.) to fly off […]“. 3 Vgl. Helbing, Grammatik, 89–90, u. ferner B.G. Mandilaras:Verb, 176–7 (§ 367). 4 Vgl. Bl.-Debr., 62 (§ 78.1 in Anm. 7), bzgl. θαυμάζεσθαι: „NT sonst immer Akt.“ 5 PsSal 2 18 wird bei Helbing, Grammatik, 89–90, hier: 90, als 2 19 referenziert.

92

Einleitung

χρηστεύσει 96 Das Verbum χρηστεύεσθαι bildet in diesem Fall ein aktives Futur.1 99 καταπαύσεις Das Verbum καταπαύειν, hier: „ruhen“, bildet z. St. ein intransitives Aktiv, das im Attischen medial ausgedrückt würde.2 Tempor a Im Bereich der Tempora zeigen die Psalmen Salomos die Charakteristika des hellenistischen Griechisch, wie sie für die Septuaginta typisch sind. Dabei sind insbesondere beim Imperfekt und im Aorist Auffälligkeiten zu beobachten: Eine Variantenbildung ist nämlich gerade dort zu verzeichnen, wo seltene hellenistische Formen auftreten. Diese sind vielfach von Ra 253 getreulich bewahrt worden, während die übrigen Textzeugen, und unter ihnen vor allem Ra 260, attizistisch korrigiert sind. Präsens Eine Präsensbildung aus dem Perfektstamm liegt im Falle des Verbums γρηγορέω „wachen“ (PsSal 32) vor:3 Dies ist etymologisch und morphologisch über das vom Präsens ἐγείρω gebildete Perfekt Zum in der biblischen Gräzität seltenen Verbum χρηστεύεσθαι s.u. § A-I-4-2-3 „Lexik“ unter der Rubrik „Charakteristischer Septuaginta-Wortschatz“. Zu PsSal 9 6 s.o. § A-I-3-4 „Konjekturalkritik“. 2 Vgl. Bl.-Debr., 257 (§ 309.2), mit Verweis auf das Verbum καταπαύειν: „Das att. nur trans. gebrauchte Aktiv kann die intransitive Funktion von Medio-Passivum an sich ziehen […].“ Vgl. ferner Bauer6, 845 s.v. καταπαύω. 3 Vgl. Helbing, Grammatik, 82–84. Zur Etymologie von γρηγορέω vgl. R.S.P. Beekes: Dictionary I–II, hier: I, 370 s.v. ἐγείρω. – Dieser Bildungstypus ist selbstverständlich auch anderweitig belegt, beispielsweise im Falle des über das vom Präsens βαίνω gebildete Perfekt βέβηκα herzuleitende Verbum βεβηλόω (über 80 Belege in der LXX, davon zwei in den Psalmen Salomos: PsSal 1 8; 2 3). Zur Etymologie des Verbums βεβηλόω vgl. die dazu analog zu betrachtenden Angaben zum Adjektiv βέβηλος bei R.S.P. Beekes: Dictionary I–II, hier: I, 209 s.v. βέβηλος.: „[…] the word is connected with the perfect βέβη-κα, but the formation is not quite clear.“; vgl. auch P. Kretschmer: Literaturbericht, 235, der ebenfalls das Wortelement βε- in βέβηλος als „Pefektreduplikation“ bezeichnet. 1

A Die Textzeugen

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ἐγρήγορα herzuleiten. Vom Verbum γρηγορέω ist wiederum das Substantiv ἡ γρηγόρησις, -εως „die Wachsamkeit“ (PsSal 32; 164, ἐπὶ τὴν γρηγόρησιν αὐτοῦ) abgeleitet.1 Sowohl Verb als auch Substantiv gehören zu den seltenen Lexemen des Septuaginta-Wortschatzes und sind in PsSal 32 in Form einer figura etymologica verbunden:2 32

γρηγόρησον ἐπὶ τὴν γρηγόρησιν αὐτοῦ

Imperfekt In den Psalmen Salomos ist besonders ein Phänomen des hellenistischen Griechisch ausgeprägt und von einem Zeugen, namentlich Ra 253, gegenüber den übrigen, grammatisch – näherhin attizistisch – korrigierten Textzeugen getreulich bewahrt worden: Es ist die Eigenart der Koine, die Endungen der 3. Pers. Pl. Ind. des sigmatischen Aorists auch auf den starken Aorist und das Imperfekt zu übertragen.3 Beispiele für derartige Imperfektformen nach Koinemanier (die in der vorliegenden Ausgabe vertretene Akzentuation folgt der allge-

Vgl. s.v. γρηγόρησις: Rehkopf, 63: „Wachsamkeit“; Muraoka, Lexicon, 137: „state of being fully awake and watchful“; Lust3, 125: „wakefulness“. 2 Das Substantiv ist außerhalb der Psalmen Salomos im Rahmen der biblischen Gräzität lediglich im θ-Text des Danielbuches vertreten (Dan θ 5 11. 14); im NT ist es nicht belegt. Das Verbum ist in der Septuaginta außerhalb der Psalmen Salomos siebenmal belegt, im NT mit 22 Belegen dagegen stärker vertreten. – Sowohl Substantiv als auch Verb zählen zu den seltenen Lexemen (s.u. § A-I-4-2-3 „Lexik“ in der Rubrik „Charakteristischer Septuaginta-Wortschatz“ zu „Seltene Lexeme“). 3 Vgl. zu diesem Phänomen allgemein Mayser I/2, 83–84, und Bl.-Debr., 64–65 (§ 84: „Ausbreitung der Endung -σαν“), sowie im Blick auf die Septuaginta Thack., 212–214 (§ 17,5), und Helbing, Grammatik, 65: „Weiterhin ging dann die am ersten Aorist erwachsene Endung σαν auf den zweiten Aorist über, sowie auf das Imperfekt.“ 1

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Einleitung

mein üblichen1), sind in der Septuaginta zahlreich2, und eben gerade auch durch die Psalmen Salomos belegt:3 213

ἐμιαίνοσαν em. Albrecht] ἐμιαίωσαν 253 vGebhardt = Rahlfs: νο→ω; ἐμίαινον rel.

Die von Ra 253 bezeugte Form ἐμιαίωσαν, die vGebhardt und in dessen Gefolge Rahlfs in ihren Haupttext übernehmen, wird von Muraoka auf das Verbum μιαιόω, Aor. ἐμιαίωσα zurückgeführt, das bedeutungsgleich mit μιαίνω, Aor. ἐμίανα sei.4 Dieses Verbum wäre Hapaxlegomenon der gesamten Gräzität. Seine Orthographie und Herleitung ist jedoch mehr als fragwürdig und m. E. fehlerhaft: Die von Ra 253 gebotene Lesart dürfte verderbt sein. Die Verderbnis er-

Nicht paenultima zu akzentuieren (beispielsweise ἐπάτουσαν anstelle von ἐπατοῦσαν), ist schon von P. Kretschmer: Entstehung, 10, praktiziert worden; auch Helbing, Grammatik, 66, tritt explizit für diese Akzentuationsweise ein: „Der Akzent muß auf der Antipaenultina [sic!] stehen […]“. Dagegen folgen vGebhardt und Rahlfs in ihren Ausgaben, ebenso wie Thack. und Bl.-Debr. der allgemein üblichen Akzentuationsweise. 2 Zu den Septuaginta-Belegen vgl. bes. Thack., 212–214 (§ 17,5), der ebd., 213–214, Beispiele für Aoristformen (s. dazu meine Ausführungen zum Aorist) und ebd., 214, Beispiele für Imperfektformen anführt. Überdies betont Thackeray mehrfach die Verbreitung dieses Bildungstyps in der Septuaginta, ebd., 212: „Side by side with the termination -αν in the 3rd plur. of the old 2nd aorists and the imperfect appears the longer termination -οσαν.Though the examples in the papyri are not very numerous, the very strong attestation of this form in the LXX leaves no doubt as to its antiquity.“; und ebd., 213: „These forms in -οσαν are exceedingly frequent in LXX […]“. Dagegen äußert Helbing, Grammatik, 66, einen prinzipiellen Vorbehalt im Blick auf allzu voreilige Schlüsse: „Da nach Ausweis späterer Papyri, wie auch nachchristl. Literatur die Endung σαν jedenfalls lange noch vorhanden war, so kann an zweifelhaften Stellen das eine, wie das andere ursprünglich sein.“ Helbings Vorsicht ist natürlich grundsätzlich berechtigt, nicht aber im Falle der Psalmen Salomos angebracht, wo auch aus stemmatischen Gründen den Lesarten der Hs. Ra 253 der Vorzug gebührt. Zum Stemma der Überlieferung s.u. § A-III. 3 Vgl. bes. vGebhardt, 31–32, der betont, dass Ra 253 die ursprünglichen Lesarten bewahrt hat, und zudem Helbing, Grammatik, 67: „[…] oft stehen auch solche Formen in den Ps. Salomos, worauf schon Kretschmer 10 aufmerksam macht […]“. In der Tat gibt schon P. Kretschmer: Entstehung, 9–10, sieben Beispiele aus den Psalmen Salomos. 4 Vgl. s.v. μιαιόω: Muraoka, Lexicon, 461: „= μιαίνω“. In allen übrigen Lexika ist das Lexem nicht verzeichnet. 1

A Die Textzeugen

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klärt sich durch Majuskelverschreibung: Aus εμιαινοσαν wurde εμιαιωσαν (zu den in Ra 253 häufig zu beobachtenden Majuskelverschreibungen s.u. § D-I): Für ἐμιαίωσαν ist entsprechend ἐμιαίνοσαν zu lesen (s.o. § A-I-3-4-3 „Emendationen“). Diese Form ist eine Koineform des Imperfekts, und deswegen mit der Endung der 3. Pers. Pl. des sigmatischen Aorists versehen. Dass ein Imperfekt vorliegt, erkannte schon der Korrektor, der für das von den übrigen Textzeugen gebotene, klassische Imperfekt ἐμίαινον verantwortlich zeichnete.

8111 1332

διηρπάζοσαν vGebhardt = Rahlfs] διηρπάζωσαν 253: ο→ω; διήρπαζον rel. ἐτίλλοσαν 253] ἔτιλλον 336-769 260

Besonders bei den Verba contracta ist diese Imperfektbildung anzutreffen.3 Aus den Psalmen Salomos lassen sich die Verba βεβηλόω, ἐπικρατέω und (κατα)πατέω anführen: 224 235 812 17156

κατεπατοῦσαν 253] κατεπάτουν rel. ἐβεβηλοῦσαν 253] ἐβεβήλουν rel. ἐπατοῦσαν 253] ἐπάτουν rel. ἐπεκρατοῦσαν 253] ἐπεκράτουν 769 260

Die klassische Bildungsweise des Imperfekts ist dagegen in den Psalmen Salomos, vergleichsweise spärlich, für die Verba ἐμπαίζω, θλάω und ποιέω belegt: 212 133

ἐνέπαιζον und ἐποίουν ἔθλων

Den Beleg διηρπάζοσαν nennt bereits P. Kretschmer: Entstehung, 10, der allerdings die Quantitätsvertauschung nicht berichtigt und mit Ra 253 διηρ­πά­ζω­ σαν schreibt. 2 Vgl. Helbing, Grammatik, 67. 3 Vgl. zu dieser Imperfektbildung, speziell der Verba contracta Bl.-Debr., 64 (§ 84,3); Helbing, Grammatik, 66–67; Thack., bes. 213–214 (§ 17,5) mit einer Reihe von Beispielen aus dem Bereich der Verba contracta ebd., 214. 4 Den Beleg κατεπατοῦσαν nennt bereits P. Kretschmer: Entstehung, 10, der allerdings κατεπάτουσαν akzentuiert. 5 Den Beleg ἐβεβηλοῦσαν nennt bereits P. Kretschmer: Entstehung, 10, der allerdings ἐβεβήλουσαν akzentuiert. 6 Den Beleg ἐπεκρατοῦσαν nennt bereits P. Kretschmer: Entstehung, 10, der allerdings ἐπεκράτουσαν akzentuiert. 1

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Einleitung

Die im Falle der Psalmen Salomos von Ra 253 vertretenen Koineformen des Imperfekts dürfen sämtlich Ursprünglichkeit beanspruchen. Dasselbe Phänomen ist, wie eingangs bemerkt, auch im Aorist anzutreffen (s.u. S. 97–103 zum Aorist). Perfekt 52

κεκραγέναι

In PsSal 52 liegt das präsentische Perfekt κεκραγέναι = κράζειν vor.1 Auf der jüngeren Sprachebene des Neuen Testaments dominiert der Präsensstamm, im älteren Sprachgebrauch, namentlich im Attischen und in der Septuaginta, wiederum der Perfektstamm.2 Das Perfekt (κέκραγα) hat infolge dessen sowohl den Aorist (ἐκέκραξα = ἔκραξα) als auch das Futur beeinflusst (κεκράξομαι = κράξω). Ein Beispiel für ein derart gebildetes Futur liegt in PsSal 58 vor:3 58

κεκράξομαι

Sowohl in PsSal 52 als auch in PsSal 58 entspricht der vorliegende Sprachgebrauch dem der Septuaginta. Insbesondere im Septuagintapsalter, an dem die Psalmen Salomos in starkem Maße orientiert Vgl. zum präsentischen Perfekt κεκραγέναι in PsSal 5 2 Muraoka, Syntax, 276. Eine Unterscheidung in attisches Griechisch und hellenistisches Griechisch, wie sie im Ansatz Bl.-Debr. vertreten, ist im Fall des Verbums κράζειν wenig sinnvoll, da LXX und NT in ihrem diesbezüglichen Sprachgebrauch auffälligerweise differieren, obwohl doch beide Textcorpora zweifelsohne dem hellenistischen Griechisch zuzuordnen sind. Bl.-Debr., 280 (§ 341.3), gehen anlässlich des im NT lediglich in Joh 1 15 auftretenden κεκραγέναι davon aus, dass κράζειν die hellenistische Form sei, und vermuten: „κέκραγεν Jh 1,15 vielleicht aus der Litspr. statt des hell. κράζει“. Das NT bevorzugt das Präsens κράζειν; vgl. Bl.-Debr., 76 (§ 101 Nr. 41): „κρά­ ζειν: Präs. att. selten (dafür κέκραγα); NT κράζειν oft, κέκραγα nur Jh 1,15“. Zur präsentischen Bedeutung des Perfektstamms κεκραγέναι im Attischen vgl. ebd., 266 (§ 321.5). Von insgesamt 55 Belegen entfallen lediglich zwei (!) auf Derivate des Perfektstamms (Joh 1 15;Apg 24 21). Die LXX bevorzugt dagegen eindeutig die Formen des Perfektstamms: Von insgesamt 104 Belegen entfallen allein 94 Belege auf Derivate des Perfektstamms. Insbesondere der Psalter bevorzugt den Perfektstamm. 3 Vgl. zum Futur κεκράξομαι in PsSal 5 8 Helbing, Grammatik, 92 (PsSal 5 8 bei Helbing referenziert als PsSal 5 10). 1 2

A Die Textzeugen

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sind (s.u. § B-I und B-2), ist das überwiegend in Derivaten des Perfektstamms gebrauchte κράζειν ein Vorzugswort.1 Aorist Für die Koine ist ein Vordringen des sigmatischen anstelle des starken Aorists zu verzeichnen.2 Aus den Psalmen Salomos lassen sich folgende Beispiele anführen: 1613 16114

ὠλίσθησα ἁμαρτήσω

Wie bereits zum Imperfekt bemerkt (s.o. § A-I-4-2-2 unter der Rubrik „Imperfekt“), ist in der Koine insbesondere die 3. Pers. Pl. Ind. des Aorists der Sigmatisierung unterworfen. Insgesamt sind 50 Aoristformen der 3. Pers. Pl. Ind. im Aktiv oder Medium (den beiden Genera verbi, in denen Anomalien auftreten) in den Psalmen Salomos vertreten. Von diesen sind 37 sigmatisch gebildet. Aus der Reihe fallen die folgenden atypischen, da hellenistischen, Bildungsweisen, bei denen der sigmatische den starken Aorist verdrängt hat, wobei Ra 253 diese Koineformen bewahrt hat: 8255 97 114; 1716 1336

εἴδοσαν 253] εἶδον rel. ἡμάρτοσαν 253] ἥμαρτον rel. ἐφύγοσαν 253] ἔφυγον rel. ἐπεδράμοσαν 253] ἐπέδραμον rel.

Schließlich sind in einigen Fällen Transformationen der Aoriststämme zu beobachten, wie sie jedoch für die Koine durchaus typisch sind.7 Ein Beispiel, bei dem die Überlieferung schwankt, ist: Das Verbum κράζειν ist im Septuagintapsalter 41mal belegt, davon lediglich zweimal (!) nicht in Derivaten des Perfektstamms. — Zur Ausrichtung der Psalmen Salomos am kanonischen Psalter vgl. S. 202,Anm. 2. 2 „Die LXX zeigen schon ein Vordringen des sigmatischen Aorists […]“, so Helbing, Grammatik, 90. 3 Vgl. Helbing, Grammatik, 92. 4 Vgl. Helbing, Grammatik, 91. 5 Vgl. Helbing, Grammatik, 67. PsSal 8 25 wird bei Helbing als 8 31 referenziert. 6 Vgl. Helbing, Grammatik, 67. 7 Vgl. zu diesem Phänomen Thack., 222–223 (§ 18,3), und bes. Helbing, Grammatik, 84–86. Helbing nennt als typische Beispiele u.a. die Verba ἐμπαίζειν (vgl. 1

98 16121

Einleitung

στήρισον 253 336] στήριξον 769 260

Der Aorist στήρισον bezeugt am Beispiel des Verbums στηρίζειν die Transformation vom Guttural- (ἐστήριξα) zum Dentalstamm (ἐ­στή­ρισα). Der Dentalstamm ist im Falle dieses Verbums die in der Septuaginta gebräuchliche Bildungsweise. In der Septuaginta überwiegt die dentale Morphematik des zu στηρίζειν gebildeten Aorists.2 Abgesehen von zwei Belegstellen, bei denen fraglich ist, ob die jeweiligen textkritischen Entscheidungen haltbar sind3, bildet das Sirachbuch die ein-

PsSal 2 23 [bei Helbing als PsSal 2 25 referenziert]: ἐνέπαιξαν) und σαλπίζειν (vgl. PsSal 11 1 [bei Helbing fälschlich als PsSal 11 5 referenziert]: σαλπίσατε). Im Fall des Verbums παίζειν „spielen“ und seines Kompositderivats ἐμπαίζειν „jemandem mitspielen“, das etymologisch unverkennbar über παῖς, παιδός herzuleiten ist, liegt in der Septuaginta ausnahmslos die Transformation vom Dental- (ἔπαι­ σα) zum Gutturalstamm (ἔπαιξα) vor. Im Fall von σαλπίζειν ist dagegen in der Septuaginta ausnahmslos die Transformation vom Guttural- (ἐσάλπιγξα) zum Dentalstamm (ἐσάλπισα) zu beobachten. 1 Vgl. Helbing, Grammatik, 85. 2 Die dentale Bildungsweise des Aorists ist an den nachgenannten Stellen belegt: Gen 27 37; Iud 19 5. 8; 1Makk 2 49; 14 14. 26; Ps 50 14; Prov 15 25; Cant 2 5; Jes 59 16; Ez 6 2; 13 17; 15 7; 21 2. 7; 25 2; 28 21; 29 2; 38 2. – Im Perfektstamm überwiegt dagegen die klassische, gutturale Morphematik: Gen 28 12; Ex 17 12; 4Regn 18 16; Ps 110 8; 111 8; Sir 5 10; 22 16; Jes 22 25; Jer 21 10. Dentale Morphematik liegt dagegen in Lev 13 55; 1Reg 26 19; 1Makk 2 17; 4Makk 17 5 vor. 3 Die gutturale Bildungsweise des Aorists ist, abgesehen vom Sirachbuch, in der Septuaginta lediglich an den folgenden beiden Stellen belegt: 1. 4Regn 18 21 (στη­ριχθῇ; vgl. das in V. 16 vorangehende gutturale Perfekt τὰ ἐστηριγμένα; auch an anderer Stelle ist die klassische Morphematik in 4Regn auffällig, s.u. S. 102,Anm. 3). 2. Dan ο 7 28 (ἐστήριξα; nur von der wichtigen Hs. Ra 88 [und von Syh] geboten; von Rahlfs und Munnich auf dieser schmalen Textbasis als lectio difficilior übernommen; dagegen zuvor von Ziegler mit den frühesten Zeugen der ο-Überlieferung, namentlich Papyrus Ra 967 und Justin, die ἐτήρησα < τηρέω in Übereinstimmung mit aram. ‫ נִ ְט ֵרת > נטר‬lesen, verworfen. Eine – freilich nur in einem frühen Stadium der Textüberlieferung – denkbare innergriech. Variantengenese wäre: Ursprüngliches ἐτή­ρησα [Ra 967; Ziegler = MT] wurde auf Majuskelbasis dittographisch [Ε→Εσ] in ἐστή­ρησα verschrieben, was itazistisch [η↔ι] bedingt als ἐστήρισα aufgefasst und wiederum in ἐστήριξα [Ra 88 und von dieser Tradition abhängig Syh; Rahlfs Munnich] korrigiert wurde).

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zige Ausnahme, indem es eine klassische, gutturale Morphematik aufweist.1 Für das Hellenistische Judentum hat Helbing einschlägige Beispiele für die dentale Bildungsweise benannt und zudem darauf verwiesen, „daß der Gutturalstamm später wieder an Terrain gewann“ (Helbing, Grammatik, 85). Den Beginn dieser Entwicklung scheint das Neue Testament zu markieren, in dem die gutturale Morphematik aufkommt (Röm 1 11; 16 25; 1Thess 3 2.13; 2Thess 2 17; Jak 5 8)2; davon weichen der Evangelist Lukas (Lk 9 51; 22 32), wohl durch die Septuaginta beeinflusst, und ferner die Apokalypse ab (Apk 3 2).3

Insofern ist die Lesart στήρισον zu bevorzugen, während στήριξον die sekundäre, in diesem Fall durchaus als atti(zisti)sch zu bezeichnende Lesart repräsentiert. Anhand der Verba ἀπαντᾶν (PsSal 816), ἀνοίγειν (PsSal 817) und ἐξωθεῖν (PsSal 175. 23) ist schließlich das Phänomen der Augmentierung eigens zu bedenken, da hier manche Auffälligkeit zu beobachten ist:4 816

ἠπάντησαν

Der Aorist des Verbums ἀπαντᾶν ist in PsSal 816 temporal augmentiert: ἠπάντησαν. Ra 253 hat diese Lesart bewahrt, während die übrigen Handschriften die Änderung in das geläufige ἀπήντησαν bezeugen. Von den bisherigen Herausgebern hat lediglich Swete ἠπάντησαν für ursprünglich erachtet. Vielleicht wurde die Lesart von Ra 253 verworfen, weil die mit der biblischen Gräzität befassten Grammatiken jene Aoristbildung nicht zur Kenntnis genommen haben. Einzig

Darüber hinaus ist der Futurstamm (στηρίξω vel στηρίσω vel στηριῶ) im Passiv guttural bezeugt in Sir 15 4 (στηριχθήσεται ≠ Ra 253 στηρισθήσεται); im Aktiv schwanken die Formen zwischen στηρίσω (Sir 38 34 στηρίσουσιν; vgl. ferner Jer 17 5) und στηριῶ (Sir 6 37 στηριεῖ; vgl. ferner Am 9 4; Jer 3 12; 24  6; Ez 14 8). 1 Sir 24 10 (ἐστηρίχθην = Ra 253); 39 32 (ἐστηρίχθην = Ra 253); 42 17 (στηριχθῆναι ≠ Ra 253 mend. στηρηθῆναι). 2 Der an jeweils zwei Stellen im Neuen Testament vertretene Futur- und Perfektstamm ist ebenfalls guttural gebildet: Lk 16 26 (ἐστήρικται); 2Thess 3 3 (στη­ρί­ ξει); 1Petr 5 10 (στηρίξει); 2Petr 1 12 (ἐστηριγμένους). 3 Vgl. zum ntl. Befund Bl.-Debr., 57 (§ 71.2 in Anm. 2). 4 Vgl. Bl.-Debr., 53 (§ 66.2), im Blick auf die ntl. Gräzität: „Syllabisches Augment vor Vokalen neben dem temporalen hat sich in der Koine schlecht gehalten, im NT ist es nur bei ἀνοίγειν und καταγνύναι manchmal geblieben […]. Bei ὠθεῖν und ὠνεῖσθαι fehlt es.“

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Einleitung

Helbing erwähnt beiläufig, dass der Aorist ἀπήντησα laute „obwohl ἀντάω verschollen war“.1 Die von Ra 253 zu PsSal 816 bezeugte Bildungsweise mag zwar im Rahmen der biblischen Gräzität singulär sein; sie folgt aber der koinetypischen Tendenz, Komposita, deren Simplizia ungebräuchlich geworden waren, als einfache Verba zu behandeln (s.u. zu ἀνοίγειν, PsSal 817). Insofern ist das durchaus als koinetypisch zu bezeichnende ἠπάντησαν mit Swete in den Haupttext aufzunehmen. 817

ἤνοιξαν

Der Aorist des Verbums ἀνοίγειν ist in PsSal 817 temporal augmentiert: ἤνοιξα. Dieser Aorist ist in der Mehrzahl der Fälle in der Septuaginta (89 %), gleichermaßen wie im Neuen Testament (81 %), gebräuchlich. Die Augmentierung des Kompositums ἀνοίγειν, das ἀνοιγνύναι verdrängt hat (vgl. Bl.-Debr., 67 [§ 92 Anm. 5]), ist in der biblischen Gräzität einigen Schwankungen unterworfen:2 Man vergleiche nur temporal-syllabisch doppelaugmentiertes ἠνέῳξεν (Gen 8 6) neben syllabisch augmentiertem ἀνέῳξεν (Gen 21 19; 30 22) und temporal augmentiertem ἤνοιξεν (Gen 29 31).3 Klassisch würde bei einem Kompositum das Simplex augmentiert; im Fall von οἴγω wäre aufgrund des Diphthongs οἰ-4 das syllabische Augment, also ἔῳξα, zu erwarten; dies ergäbe ἀνέῳξα. Allerdings ist das Simplex οἴγω resp. οἴγνυμι in der biblischen Gräzität nicht anzutreffen, weshalb das Kompositum ἀνοίγω überwiegend als einfaches Verb behandelt, und daher temporal als ἤνοιξα augmentiert wird.5 Helbing, Grammatik, 80.Vgl. dazu auch Kühner I/2, 36 (§ 205.4), der ἀπαντάω zu den Ausnahmen zählt, bei denen das Augment an das Simplex tritt, obwohl das Simplex ἀντάω ungebräuchlich ist. B.G. Mandilaras: Verb, 123 (§ 267), schließlich bezeichnet Fälle, in denen mit den Präpositionen ἀνά, ἀπό gebildete Verba composita das anlautende ἀ- in ἠ- augmentieren, als „feature of post-Ptolemaic papyri mainly“ (ebd.). 2 Vgl. Bl.-Debr., 77 (§ 101 Anm. 54): „Die Augmentverhältnisse sind verwickelt […]“; zur Aoristbildung von ἀνοίγειν in der Septuaginta vgl. Helbing, Grammatik, 78–79; Thack., 202–204. 3 Zur Doppelaugmentierung vgl. Bl.-Debr., 55 (§ 69.2); Helbing, Grammatik, 77–79; Thack., 202–204. 4 In der Koine ist vielfach zu beobachten, dass der Diphthong οἰ- nicht augmentiert wird; vgl. dazu Bl.-Debr., 53 (§ 67.1.b). 5 Vgl. Kühner I/2, 36 (§ 205.3); B.G. Mandilaras: Verb, 119–120 (§ 261); und im Blick auf die biblische Gräzität Helbing, Grammatik, 79–81, sowie Bl.-Debr., 55 1

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Eigentümlich sind alsdann die Aoriste der Kompositderivate des Verbums ὠθεῖν (ἀπωθεῖν, ἐξωθεῖν). Grundsätzlich gilt, dass bei der Augmentierung eines mit langem Vokal anlautenden Verbums das Augment unbezeichnet bleibt.1 Allerdings gibt es im Attischen diejenigen Fälle, in denen das syllabische Augment vor Vokalen hinzutritt; dazu zählt ὠθεῖν „stoßen“ (vgl. J. La Roche:Augment, 9–12, hier: 10). Kühner I/2, 14–15 (§ 198), gibt zwei Erklärungsversuche für das Vorhandensein des syllabischen Augments im Fall des Verbums ὠθεῖν: 1.) Eine ursprüngliche Digammierung ϝοθεῖν. 2.) Die „Unmöglichkeit des temporalen“ Augments (ebd. 15). Schwyzer I, 654, führt ἔωσα bezeichnenderweise unter den Beispielen für unkontrahiertes „ἐ[ϝ]“ vor nachfolgendem Vokal.

Dessen Aorist lautet klassisch ἔωσα (-σα entstanden aus -θησα).2 Daneben tritt mehr und mehr, besonders im Hellenismus, die (schon im Ionischen bezeugte) Form ὦσα, in der das Augment eben nicht unbezeichnet bleibt (die Form lautet nicht ὤσα), sondern vielmehr kontrahiert wird.3 Entsprechend lauten die Aoriste der Verba composita (§ 69.1): „Komposita, deren Simplex verschollen ist, werden zu allen Zeiten leicht als einfache Verben behandelt […]“. 1 Vgl. Kühner I/2, 10 (§ 198b). — Bei anlautendem ευ kann das Augment zwar unbezeichnet bleiben, wird in der Regel aber durch Dehnung angezeigt; so ist es auch in den Psalmen Salomos gehandhabt, vgl. PsSal 5 18 (ηὐφράνθησαν; s.o. § A-I-3-4 „Konjekturalkritik“ zu PsSal 5 18); 6 4 (ηὐλόγησεν). 2 Die Belege für den Aorist ἔωσα des Simplex ὠθεῖν finden sich beispielsweise bei Platon, Timaeus 92b; beim Attizisten Plutarch (Plutarchus, Vitae parallelae, Vita Romuli 18,9; Moralia, Mulierum virtutes 251D; De Iside et Osiride 356E), und bei dem für seinen Attizismus bekannten Cassius Dio, Historiae Romanae 44,50. Doch auch in der Septuaginta ist an mindestens einer Stelle der klassische Aorist belegt: Jer 41 11 (zu den sonstigen Ausnahmen s.u. S. 102,Anm. 3). – Schwyzer I, 654, bezeichnet den Aorist ἔωσα als die homerische und attische Form. 3 Vgl. Aelius Herodianus, De Prosodia Iliaca IV,3 (ed. A. Lentz: Herodianus II/1, 43) = De passionibus 13 (ed. A. Lentz: Herodianus II/1, 170): ἀπὸ δὲ τοῦ ὤθω βαρυτόνου τὸ „ὦσα παρέξ“ [Homerus, Odyssea IX,488] καὶ ὦσε τὸ τρίτον. ὃ ἐν πλεονασμῷ φησι „κὰδ δ’ ἄρ’ ἐπὶ στόμ’ ἔωσεν“ [Homerus, Ilias XVI,410]. οὕτως οὖν ἐπὶ τούτου. – Der Zirkumflex ist im Aor. Akt. Ausdruck der Kontraktion. Während das Aktiv den Zirkumflex trägt, wird das Medium regulär vom Akut dominiert, vgl. ὠσάμην. PsSal 7 2 lautet die 2. Pers. Sg. Aorist Medium von ἀπωθεῖν daher korrekterweise akzentuiert ἀπώσω. Ich teile nicht die Auffassung, dass das syllabische Augment im Fall von ὠθεῖν weggelassen würde; es wird m. E. lediglich kontrahiert. Anders A. Buttmann: Grammar, 69, und Bl.-Debr., 53

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Einleitung

ἀπωθέω „wegstoßen“ und ἐξωθέω „herausstoßen“ im Aktiv klassischerweise ἀπέωσα und ἐξέωσα.1 Da die mit Präpositionen zusammengesetzten Verba im Normalfall das Simplex augmentieren2, lauten die hellenistischen, kontrahierten Formen des Indikativs: ἀπῶσα und ἐξῶσα.3 Für die Akzentuation gilt dabei die Regel, dass der Akzent des Kompositums nicht über das Augment hinausgezogen werden darf.4 In PsSal 175 ist daher die proparoxytonale Akzentuation ἔξωσαν (vGebhardt, Rahlfs) in ἐξῶσαν (kontrahiert aus ἐξέωσαν) zu korrigieren:5 175

ἐξῶσαν 769 260] ἔξωσαν 336 vGebhardt Rahlfs; ἐξώ­ σαν­το 253

Die Hauptvarianten unterscheiden sich formal nur in der Akzentuation. – Die Variantenbildung in Ra 253 beruht auf dem Kontext: ἐπέθεντο ἡμῖν καὶ ἔξωσαν ἡμᾶς. Die 3. Pers. Pl. Ind. Aor. Med. ἐπέθεντο hat auf die nachfolgende Verbform ἐξῶσαν eingewirkt und zu der Textverderbnis (Aktiv → Medium): ἐξῶσαν → ἐξώσαντο geführt. (§ 66.2), die postulieren, dass das syllabische Augment in der Koine zurückgegangen und nur noch teilweise erhalten, im Fall von ὠθεῖν sogar gänzlich verloren gegangen wäre. So auch Helbing, Grammatik, 72; Thack., 204. 1 Der Aorist Aktiv ἐξέωσα des Kompositums ἐξωθέω ist beispielsweise mehrfach bei Thukydides und Plutarch belegt. Der Aorist Aktiv ἀπέωσα des Kompositums ἀπωθέω ist dagegen selten belegt. 2 Vgl. Kühner I/2, 32–37 (§ 204–205), hier: 32–33 (§ 204.1); ferner im Blick auf die Septuaginta Helbing, Grammatik, 79. 3 Die hellenistischen, kontrahierten Formen sind in der biblischen Gräzität mehrheitlich vertreten. Von 43 Aoristen im Indikativ der Verba ἀπωθέω und ἐξωθέω sind 41 nach dem Muster ὦσα gebildet. Die einzigen beiden Ausnahmen sind die klassischen Morphematiken in 4Regn 17 20 (ἀπεώσαντο) und 4Regn 17 21 (ἐξέωσεν); auffällig daran ist, dass 4Regn schon einmal mit seiner klass. Morphematik hervorstach, namentlich im Fall des Verbums στηρίζειν (s.o. S. 98, Anm. 3). Thack., 204, spricht im Hinblick auf die klass. Morphematik jenes Verbums in 4Regn bezeichnenderweise von einem „clear case of unintelligent Atticism“. 4 Dies ist die Grundregel, vgl. Born.-Risch, 87 (§ 87.2); ferner 84 (§ 85.1 in Anm.); vSiebenthal, 104–105 (§ 74). – Zur Akzentuation beim Augment vgl. im Übrigen ausführlich C. Goettling: Lehre, 46–50; und zur allgemeinen Regel bei den Komposita ebd. 45–46. 5 vGebhardt, 129, im Apparat zu PsSal 17 5, differenziert nicht zwischen ἔξωσαν und ἐξῶσαν, und notiert daher lediglich: „ἔξωσαν JLH“. – Im Übrigen ist auch Ra 336 im Fall von PsSal 17  5 fehlerhaft akzentuiert.

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ἐξῶσαι 260 Rahlfs] ἔξωσαι 253 (vid.); ἐξώσαι em. vGebhardt; ἔξωσον 336-769

Die Hauptvarianten unterscheiden sich gravierend in der Akzentuation: vGebhardt liest den Optativ ἐξώσαι (3. Pers. Sg. Opt. Aor. Akt.), Rahlfs und Ra 260 den geläufigen und der Konstruktion der Vv. 22–25 nach zu er­war­ten­ den Infinitiv ἐξῶ­σαι (Inf. Aor. Akt.)1, Ra 253 dagegen, wie es scheint, den Imperativ ἔξω­σαι (Imp. Aor. Medium).2 – Die Variantenbildungen in Ra 253, 336 und 769 beruhen auf dem Kontext: V. 22 konstruiert im Imperativ Aor. Akt. (καὶ ὑπόζωσον […]) mit angeschlossenem artikuliertem Infinitiv Aor. Akt. (τοῦ θραῦσαι). Der Imperativ Aor. ὑπόζωσον hat auf den Folgevers 23 eingewirkt und die Textverderbnis (Inf. → Imp.): ἐξῶσαι → ἔξωσον (Imp. Akt. 336-769) resp. ἔξωσαι (Imp. Medium 253) verursacht.

Futur Das Verhalten der Genera verbi im Futur ist bereits eingangs thematisiert worden (s.o. § A-I-4-2-2 „Konjugation“, unter der Rubrik „Genera verbi“). Darüber hinaus ist in morphologischer Hinsicht die Futurbildung zu behandeln. Die diesbezüglichen Entwicklungen der Koine beschreibt Helbing, Grammatik, 86: „Die kontrahierten Futura […] sind im Schwinden begriffen […]. Ja es erscheinen sogar neue Kontraktionen, die dann später wieder verschwinden, weil man immer mehr zu offenen Formen neigte.“ (vgl. insgesamt ebd., 86–88). Für die Septuaginta beobachtet Helbing, dass die Kontraktion noch immer überwiegt.3 Insgesamt plädiert er deshalb dafür, bei der kritischen Konstitution des Textes die kontrahierten, asigmatischen Zur Akzentuation des Inf. Aor. I Akt. vgl. C. Goettling: Lehre, 55–58, hier: 55–56. Der Akzent liegt immer auf der Paenultima, die Quantität der Silbe entscheidet über paroxytonale oder properispomenale Akzentuation. Zur Infinitivkonstruktion von PsSal 17 22–25 s.u. § A-I-4-3-2 „Verbalsyntax“ unter der Rubrik „Der substantivierte Infinitiv“. 2 Zur Akzentuation des Imp. Aor. Medium in Unterscheidung vom Inf. Aor. I Akt. vgl. C. Goettling: Lehre, 56. 3 Vgl. Helbing, Grammatik, 87: „Indessen überwiegt bei der LXX noch, wie dies für die Anfänge der Κοινή nicht anders zu erwarten ist, die Kontraktion an zahlreichen Stellen.“ Vgl. dazu Bl.-Debr., 59 (§ 74.1 in Anm. 4): „In LXX überwiegt -ιῶ entschieden, in den ptol. Pap. herrscht es ausschließlich […]“, mit Verweis auf Mayser I/2, hier bes. 128–130 (§ 74). – Zum Futurum Atticum resp. Futurum contractum vgl. Kühner I/2, 108–110 (§ 228). 1

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Formen zu bevorzugen.1 In den Psalmen Salomos treten zwei Fälle auf, die näher zu betrachten sind.2 Es handelt sich um das Verbum καθαρίζειν. Für die Verba auf -ίζειν gilt, dass sie am frühesten asigmatische Futura bildeten, und daher diese Morphematik im hellenistischen Griechisch auch am spätesten ablegten:3 96

καθαριεῖ em. Albrecht] καθαρίσει codd. gr.; καθαριεῖς coni. vGebhardt = Rahlfs

vGebhardt konjiziert ein kontrahiertes, asigmatisches Futur καθαριεῖς, und schlägt damit zugleich einen Wechsel der Person vor (2. anstelle der 3. Pers. Sg.). Die Konjektur vGebhardts z. St. ist im Blick auf den konjizierten Personenwechsel abzulehnen; s. dazu ausführlich § A-I-3-4 „Konjekturalkritik“. Die Annahme eines kontrahierten, asigmatischen Futurs anstelle eines offenen, sigmatischen ist dagegen überzeugend. Zur Begründung verweist vGebhardt auf PsSal 1730. Dort ist das von zwei Textzeugen gebotene kontrahierte, asigmatische Futur καθαριεῖ zu Recht als Hauptlesart übernommen: 1730

καθαριεῖ 253 769] καθαρίσει 336 260.

Helbing, Grammatik, 87. – Andersherum beschreiben Bl.-Debr., 58–59 (§ 74), dass im NT die offenen Futura überwögen, während die kontrahierten „fast nur in Zitaten aus LXX“ (ebd., 58 [§ 74.1]) aufträten. Deshalb gälte: „im NT geht die Tendenz der Schreiber offenbar auf Herstellung der att. Formen [sc. der kontrahierten Formen], so daß bei Originalstellen -ίσω eher als ursprüngliche Schreibung gelten darf.“ (ebd., 59 [§ 74.1 in Anm. 4]). – Bezogen auf PsSal 17 30 kann von einer Korrektur im Falle der Hs. Ra 253, die vielerorts das ursprüngliche, hellenistische Sprachgewand der Psalmen Salomos bewahrt hat, kaum die Rede sein: Ra 253 dürfte über den Vorwurf attizistischer Korrektur mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit erhaben sein. 2 Helbing, Grammatik, 88, liest in PsSal 9  6 (bei Helbing als PsSal 9 12 referenziert) und in PsSal 17 30 jeweils καθαρίσει und führt beide Stellen entsprechend als Belege für den Gebrauch des offenen Futurs an. 3 Vgl. dazu Thack., 228–229 (§ 20.1.[i]): „Futures in -ιῶ from -ίζω verbs were the oldest and most widespread of these asigmatic forms, being common to Attic and Ionic, and they were likewise the last to disappear. In LXX the futures in -ιῶ (-ιοῦμαι) are practically used throughout […] as in the Ptolemaic papyri.“ – Das Verbum ἐλπίζειν beispielsweise behält in der gesamten biblischen Gräzität (im NT begegnen Futurformen dieses Verbums lediglich in LXX-Zitaten: Mt 12 21; Röm 15 12) das kontrahierte, asigmatische Futur ἐλπιῶ bei; vgl. nur PsSal 9 10; 17 3. 33. 1

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Doch gibt das Nebeneinander von unkontrahiertem (PsSal 9) neben kontrahiertem Futur (PsSal 17) allein Anlass, den Text beider Stellen emendatorisch zu harmonisieren? Die Frage ist zu bejahen, denn in der Septuaginta dominiert eindeutig die kontrahierte, asigmatische Form (s.o.). Eine Ausnahme bildet nur Mal 33:1 Dort entscheidet sich Ziegler mit Cod. Vaticanus und Cod. Alexandrinus für die Lesart καθαρίσει, wobei die v.l. καθαριεῖ wohlbezeugt ist. Vor diesem Hintergrund erweist sich die Emendation des Textes im Fall von PsSal 96 als haltbar (s.o. § A-I-3-4-3 „Emendationen“); zumal sich die überlieferte Lesart καθαρίσει in PsSal 96 leicht aus dem Kontext heraus erklärt; s. dazu § A-I-3-2 „Kontextuelle Variantenbildung“. Ein weiteres Charakteristikum der Koine ist die Futurmorphematik des Verbums λαμβάνειν, das analog zum nasalierten Präsens auch mit My gebildet werden kann:2 158 159

καταλήμψονται 253*] καταλήψονται 253c; καταλήψεται 336-769 260. καταλημφθήσονται 253*] καταληφθήσονται rel.

Daneben existieren weiterhin die regulären Formen3, vgl. beispielsweise das in PsSal 53 ausnahmslos bezeugte λήψεται (bis).

Eine weitere Ausnahme bildet Num 30  13 ed. Rahlfs-Hanhart: Dort folgt Rahlfs dem Zeugnis des Cod. Vaticanus, der das beschriebene Nebeneinander kontrahierter und unkontrahierter Futura bezeugt und Num 30  13 κύριος καθαρίσει liest, obwohl er zuvor, i.d. Versen 6 u. 9, κύριος καθαριεῖ las. Dagegen haben J.W. Wevers/U. Quast: Numeri, zu Recht die Lesarten harmonisiert und lesen Num 30  6. 9. 13 κύριος καθαριεῖ. 2 Vgl. Mayser I/1, 166–67; Thack., 108–10 (§ 7.22–25); Bl.-Debr., 76–77 (§ 101.46). 3 Vgl. Mayser I/1, 166. Thack., 108–109 (§ 7.23), unterscheidet drei Phasen: III.–I. Jh. v. Chr. das Nebeneinander beider Formen, I.–IV. Jh. n. Chr. die Dominanz der nasalierten Formen, VI.–VIII. Jh. n. Chr. das Wiedererstarken der regulären Formen. 1

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Modi Optativ Der Optativ tritt in den Psalmen Salomos vergleichsweise häufig auf, und zwar relativ betrachtet in etwa ebenso häufig wie in den kanonischen Psalmen, so dass der morphologische Befund auf breite Basis gestellt ist.1 Die Eigenart der Koine, die Endungen der 3. Pers. Pl. Ind. des sigmatischen Aorists auch auf den starken Aorist und das Imperfekt zu übertragen (s.o. § 4-2-2 „Konjugation“ unter der Rubrik „Tempora“ zum „Imperfekt“), findet sich selbst im Optativ, so dass anstelle von -οιεν, -αιεν, -ειαν die Endungen -οισαν und -αισαν auftreten; dies ist auch in den Psalmen Salomos der Fall:2 48 420 126

δικαιώσ-αισαν ἐκκόψ-αισαν κληρονομήσ-αισαν

Die Bezeugungen z. St. zeigen, dass die Varianten dabei attizistischer Korrektur entspringen:3 48

δικαιώσ-αισαν 253 336] δικαιώσ-αιεν 260; δικαιώσ-ειαν 769c (δικαίωσειαν)-629c.4

In den kanonischen Psalmen sind 110, in den Psalmen Salomos 24 Optative belegt. Nicht als Optative werden in den Psalmen Salomos gewertet: vGebhardts Emendationen des Optativs im Fall von PsSal 17  23–24, die in der vorliegenden Ausgabe nicht übernommen werden (s.o. S. 53, Anm. 1); PsSal 17 45a.b (ταχυνεῖ und ῥύσεται, nicht ταχύναι und ῥύσαιτο; s.o. § A-I-3-4 „Konjekturalkritik“). 2 Vgl. Thack., 215 (§ 17.7); P. Kretschmer: Entstehung, 10, mit Hinweis auf die Optativformen der 3. Pers. Pl. auf -σαν in den Psalmen Salomos; Helbing, Grammatik, 68–69. 3 Im Fall von PsSal 4 8 ist ein Fehler in Hyparchetyp θ (δικαιωσαιαν pro δικαιωσαισαν) für die abweichenden Lesarten der Gruppe 769 verantwortlich, während Hyparchetyp ζ die ursprüngliche Lesart bewahrt hat, wie Ra 336 bezeugt (zu den fehlerhaften Lesarten der Gruppe 769 siehe die folgende Anm.). – Im Fall von PsSal 4 20 und 12  6 ist die attizistische Korrektur auf Hyparchetyp ε zurückzuführen, wie das gemeinsame Zeugnis von Ra 336-769 und 260 nahelegt. 4 Die Lesarten der Gruppe 769 sind bis auf die o. g. Lesart von Ra 629c (δικαι­ ώ­σειαν) grammatisch sinnfrei; zur vollständigen Dokumentation jener fehlerhaf1

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ἐκκόψ-αισαν 253] ἐκκόψ-ειαν 336-769 260. κληρονομήσ-αισαν 253] κληρονομήσ-αιεν 336 (κληρο­νο­ μή­σαι ἐν)-769 260.

4.2.3. Lexik Die Lexik der Psalmen Salomos ist grundsätzlich vor dem Hintergrund der gesamten biblischen Gräzität zu betrachten, will also im Zusammenhang von Septuaginta und Neuem Testament bedacht werden.1 Der Wortschatz der Psalmen Salomos ist bislang von H.E. Ryle/M.R. James: Psalms, 163–73 („Index I–II“), und vGebhardt, 140–50 („Index“), zusammengestellt worden. Auch A.-M. De­ nis’ „Concordance grecque“ (1987) berücksichtigt die Psalmen Salomos. Wertvolle Einzelbeobachtungen zur Lexik sind Ryle/James (1891) zu verdanken.2 Instruktiv und zugleich bezeichnend ist die Tatsache, dass Rehkopf die „Sondervokabeln“ der Psalmen Salomos in seinem „Septuaginta-Vokabular“ (1989) eigens verzeichnet (Rehkopf, 318). Insbesondere eine Analyse der Hapaxlegomena ist aufschlussreich, da sich an ihnen die sprachliche Eigenart der Psalmen Salomos ablesen lässt. Im Folgenden sind die Hapaxlegomena der Psalmen Saloten Lesarten, die bei vGebhardt zudem falsch notiert sind, s.u. § A-III-1-2 „Gemeinsame Randlesarten“. 1 Im Fall der Septuaginta dient E. Hatch/H.A. Redpath: Concordance, als Zugang. Zudem sind insbesondere folgende Speziallexika berücksichtigt: Lust3; Muraoka, Lexicon; Rehkopf. Eine Reihe von jüngeren Studien beschäftigt sich mit der Septuaginta-Lexikographie; vgl. bes. E. Bons/J. Joosten: Handbuch III, und ferner die folgenden Sammelbände, entstanden im (teils losen) Zusammenhang mit dem geplanten „Historical and Theological Lexicon of the Septuagint“: E. Bons u.a.: Lexicology; Ders. u.a.: Reception; J. Joosten/E. Bons: Vocabulary. – Im Fall des Neuen Testaments ist insbesondere Bauer6 zugrunde gelegt; vgl. überdies die grobe „Skizze“ zum ntl. Wortschatz bei Bl.-Debr., 102–103 (§ 126), und darüber hinaus die (noch immer) mitunter wertvollen Einzelartikel im ThWNT. 2 Vgl. bes. H.E. Ryle/M.R. James: Psalms, lxxxvii–lxxxix. Zur Ausgabe von Ryle/James s.o. § A-I-2 „Die Druckausgaben“.

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mos nach Kategorien aufgeschlüsselt, wobei im Fall von PsSal 96 zum tieferen Verständnis die Berücksichtigung des Variantenspektrums erforderlich ist: Zunächst wird ein Hapaxlegomenon der gesamten, profanen wie biblischen, Gräzität behandelt, alsdann elf Hapaxlegomena der biblischen Gräzität. Im Anschluss daran wird der Wortschatz der Psalmen Salomos im Blick auf diejenigen Lexeme beleuchtet, die für den Wortschatz der Septuaginta als besonders zu gelten haben, insofern sie äußerst selten (Hapax-, Dis- oder Trislegomena) oder selten vorkommen. Ein Hapaxle gomenon der ge samten Gräzität 1 ἄναξις (185, ἐν ἀνάξει)

ἡ ἄναξις, -εως „das Aufrichten“.2 — Morphologie resp. Etymologie: Deverbativum zu ἀνάγω „hinaufführen“. Gewöhnlich wäre ἡ ἀναγωγή „die Erhöhung“ zu erwarten, doch dieses Verbalsubstantiv ist der biblischen Gräzität fremd. Das Lexem ἄναξις ist außerhalb der Psalmen Salomos scheinbar nicht belegt.

Hapaxle gomena der biblischen Gräzität Unter den insgesamt elf Hapaxlegomena der biblischen Gräzität seien zunächst besonders ἀναπτέρωσις, ἐξαγορία und μήνισις hervorgehoben:

H.E. Ryle/M.R. James: Psalms, lxxxvii, nennen folgende Hapaxlegomena: ἄναξις, ἀναπτέρωσις, αὐταρκεσία, μήνισις. — Die Ausgabe von Ryle/James beruht auf Ra 260 und ihren Derivaten; αὐταρκεσία ist v.l. von Ra 260 zu PsSal 5 16; in der Tat ist die auf Dittographie und Majuskelverschreibung (Ε→Εσ) beruhende Lesart αὐταρκεσία Hapaxlegomenon der gesamten Gräzität und wird deshalb von Ryle/James angeführt. 2 Vgl., wobei die Psalmen Salomos jeweils als einziger Beleg genannt sind: Rehkopf, 318: „d. Aufrichten“; Muraoka, Lexicon, 43 s.v. ἄναξις: „act of bringing back, ‚restoration‘“; Lust3, 41 s.v. ἄναξις: „bringing up, raising up“; LSJ, 114 s.v. ἄναξις: „bringing up, raising up“; DGE, 256 s.v. ἄναξις: „elevación, encumbramiento“; vgl. ferner A.-M. Denis: Concordance grecque, 143. 1

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ἀναπτέρωσις (412, ἐν λόγοις ἀναπτερώσεως)

ἡ ἀναπτέρωσις, -εως „die Verführung“.1 — Morphologie resp. Etymologie: Deverbativum fem. zu ἀναπτερόω „aufflattern lassen“, gewöhnlich metaphorisch verwendet (das Verbum begegnet nur in den Libri sapientiales der LXX: Sir 31(34) 1; Cant 6 5; Prov 7 11; für das NT ist es nicht belegt). Das Lexem ἀναπτέρωσις ist, abgesehen von den Psalmen Salomos, lediglich ein weiteres Mal, namentlich bei Epiphanius v. Salamis belegt.2

ἐξαγορία (96, ἐν ἐξομολογήσει, ἐν ἐξαγορίαις); Bezeugung: ἐξαγορία 253 336(mend. ἀξαγορία pro ἐξαγορία)3; v.l. ἐξηγορία 769 260

ἡ ἐξαγορία, -ας „die Beichte“.4 — Orthographische Varianten: ἐξαγορεία (zuerst im II. Jh. n. Chr. bei Claudius Ptolemaeus, Apotelesmatica III,15,5–6 [bis]; alle weiteren Belege datieren später) neben ἐξαγορία (außerhalb der Psalmen Salomos nur im XIII. Jh. bei Georgius Acropolites, Annales 74 [bis] sowie v.l. diverser Hss. zu Hiob 22 22a [u.a. von Ra 336-728 bezeugt] und zu Hiob 33 26b) und ἐξηγορία5 (v.l. von Ra 769 260 zu PsSal 9 6 [s.o.]; überdies

Vgl., wobei die Psalmen Salomos jeweils als einziger Beleg genannt sind: Rehkopf, 318: „Verführung“; Muraoka, Lexicon, 45 s.v. ἀναπτέρωσις: „v.n. of ἀνα­ πτερόω“; Lust3, 43 s.v. ἀναπτέρωσις: „clamour“; LSJ, 118 s.v. ἀναπτέρωσις: „clamour“, also ‚Geschrei‘ (der LSJ-Eintrag s.v. ἀναπτέρωσις ist fehlerhaft, insofern die Belegstelle PsSal 4 12 zwar griechisch angeführt ist, der Hinweis auf die Psalmen Salomos aber fehlt, und stattdessen auf Sir 31[34] 1 und Prov 7 11 verwiesen wird); vgl. ferner A.-M. Denis: Concordance grecque, 144. 2 Epiphanius Constantiensis, Ancoratus 105,8. — Der Hinweis darauf ist den Lexika nicht zu entnehmen. 3 Neben Ra 253 kann auch Ra 336 als Zeuge für ἐξαγορία gewertet werden; wenngleich Ra 336 fehlerhaft überliefert ist und z. St. folgendermaßen liest: ἐνεξομολογήσει· ἐναξαγορΐαις. 4 Vgl. Rehkopf, 318: „Loskauf, Beichte“; Muraoka, Lexicon, 244 s.v. ἐξαγορία: „v.n. of prec.“ [i.e. ἐξαγορεύω „to admit publicly“]; Lust3, 209 s.v. ἐξαγορία: „cure by confession“; LSJ, 580 s.v. ἐξαγοράζω: „-εία or -ία, ἡ, excantation of disease, cure by confession“; ebd., Supplement 119 s.v. ἐξαγορεία (mit Verweis auf die Psalmen Salomos); DGE, 1613 s.v. ἐξαγορεία: „confesión“; vgl. ferner A.-M. Denis: Concordance grecque, 335 (Psalmen Salomos als einziger Beleg). 5 Das Lexem ἡ ἐξηγορία ist etymologisch ebenfalls über ἐξ-ἀγορεύω herzuleiten; vgl. dazu schon Passow I/2, 981 s.v. ἐξηγορία. Demgegenüber subsumieren LSJ, 593, das Lexem ἐξηγορία unter ἐξηγέομαι („äußern“ usw.). Diese Herleitung über resp. Zusammenstellung mit ἐξ-ἡγέομαι vermag kaum zu überzeugen, da das fragliche, lediglich zweimal, namentlich im Hiobbuch (Hiob 22 22a; 33 26b), auftretende Lexem ἐξηγορία in seiner dortigen Verwendung eine andere Bedeutung aufweist: In beiden Fällen ist es m. E. am besten mit „Bekenntnis“ wiederzuge1

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Einleitung

zweimal als Hauptlesart im Hiobbuch der LXX belegt: Hiob 22  22a; 33 26b). Im Fall der Psalmen Salomos verdient die Schreibung ἐξαγορία aus stemmatischen Gründen den Vorzug.1 — Morphologie resp. Etymologie: Deverbativum fem. zu ἐξαγορεύω „bekennen, beichten“ (das Verbum begegnet innerhalb der LXX an einem Dutzend Stellen; für das NT ist es nicht belegt). Gewöhnlich wäre ἡ ἐξ­αγόρευσις „das Bekenntnis“ zu erwarten, doch dieses Verbalsubstantiv ist der biblischen Gräzität fremd.2 PsSal 9 6 reiht zwei Synonyme des „Bekenntnisses“ aneinander: das geläufige ἐξομολόγησις und das seltene ἐξαγορία.3 Ähnlich sind PsSal 3 3 das geläufige ἐξομολόγησις und das seltenere δικαίωσις (LXX neben PsSal 3 3 nur Lev 24 22; NT nur Röm 4 25; 5 18) zusammengestellt.

ben. Dieses Wiedergabeverständnis wird durch die hexaplarische Tradition zu den genannten Stellen gestützt, die das (geläufige) Lexem ἐξομολόγησις als Äquivalentübersetzung des Symmachus (Hiob 22 22a) resp. des Theodotion (Hiob 3326b; die Zuweisung an Theodotion ist unsicher) kennt. Die von Muraoka, Lexicon, 251 s.v. ἐξηγορία, für beide Hiobstellen vorgeschlagene Bedeutung „utterance“, also „Äußerung“ (ähnlich auch Rehkopf, 109: „Erzählen, Loben“), ist m. E. allenfalls Hiob 3326b zutreffend (so auch Lust3, 214 s.v. ἐξηγορία: „utterance Jb 33,26“). Im Fall von Hiob 22  22a scheint diese Bedeutung jedenfalls zu neutral; zumindest hier dürfte die von LSJ, 593 s.v. ἐξηγορία, vorgeschlagene Bedeutung „confession“ klar gegenüber Muraoka zu bevorzugen sein (so auch Lust3, 214 s.v. ἐξηγορία: „confession Jb 22,22“). 1 Vgl. vGebhardt, 47. — Die älteren Hyparchetypen γ sowie ε und ζ bezeugen ἐξ­α­γο­ρία, während erst die stemmatisch jüngeren Hyparchetypen η und θ, wohl in Anpassung an das ansonsten in der LXX ausschließlich, aber spärlich belegte ἐξηγορία, ebendieses ἐξηγορία bezeugen. 2 Das Lexem ἐξαγόρευσις begegnet anscheinend erstmals in der frühen römischen Kaiserzeit bei Dionysius Halicarnassensis, Ars rhetorica VIII,14; und alsdann im II. Jh. n. Chr. beim Grammatiker Iulius Pollux, Onomasticon V,147. Alle weiteren Belege sind jüngeren Datums. 3 Zur Synonymik von ἐξομολόγησις und ἐξαγορία vgl. die hexaplarische Tradition zu Hiob 22 22a; 33 26b (s.o. S. 109, Anm. 5). — Ansonsten begegnet häufig die Zusammenstellung der Synonyme ἐξομολόγησις und ἐξαγόρευσις (s. die vorangehende Anm.); vgl. beispielsweise die folgenden patristischen Belege: Aus dem IV. Jh. n. Chr. Didymus Caecus, Commentarii in Psalmos, In Ps. 29–34, 133,13 (ed. M. Gronewald/A. Gesché: Didymus III, 22): ἐξομολόγησις ἐνταῦθα οὐκ ἡ ἐξ­α­γό­ ρευ­σις; aus späterer Zeit Oecumenius, Commentarius in Apocalypsin, V,25,1 (ed. M. de Groote: Commentarius, 154): ἔστι γὰρ ἡ ἐξομολόγησις ἐξαγόρευσις τῶν πε­ πλημμελημένων […]; ferner das Lexicon in carmina Gregorii Nazianzeni (e Cod. Paris. Coislin. 394), s.v. ἐξαγόρευσις.

A Die Textzeugen

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μήνισις (223, ἐν ὀργῇ καὶ θυμῷ μετὰ μηνίσεως)

ἡ μήνισις, -εως „der Groll“.4 — Morphologie resp. Etymologie: Deverbativum zu μηνίζω „grollen“. μηνίζω wiederum dürfte aus dem Aorist von μηνίω (hellenistisch μηνιάω) entstanden sein. Das Lexem μήνισις ist außerhalb der Psalmen Salomos lediglich einmal bei Kyrill von Alexandrien belegt.2 PsSal 2 23 reiht drei Synonyme des „Zorns“ aneinander: ὀργή, θυμός und μήνισις.3

Darüber hinaus sind die folgenden acht Hapaxlegomena der biblischen Gräzität zu nennen: ἀλλοτριότης (1713, ἐν ἀλλοτριότητι)

ἡ ἀλλοτριότης, -ητος „die Fremdheit“.4

ἀμαθία (184, ἀπὸ ἀμαθίας ἐν ἀγνοίᾳ)

ἡ ἀμαθία, -ας „die Unwissenheit“.5

ἀνάμιξις (213, ἐν φυρμῷ ἀναμίξεως)

ἡ ἀνάμιξις, -εως „die Vermischung“.6 — Orthographische Varianten: ἀνά­ μιξις (so PsSal 2 13 vGebhardt mit allen Hss.) neben ἀνά­μειξις (so PsSal 2 13

Vgl., wobei die Psalmen Salomos jeweils als einziger Beleg genannt sind: Rehkopf, 318: „Grimm“; Muraoka, Lexicon, 460 s.v. μήνισις: „= μῆνις“ [i.e. anger, rage]; Lust3, 401 s.v. μήνισις: „wrath, anger“; LSJ, Supplement 209 s.v. μήνισις: „anger“; vgl. ferner A.-M. Denis: Concordance grecque, 547. 2 Kommentar zu Hos 4 10 c – 11, ed. P.E. Pusey: Cyrill I, 105, auf Grundlage von Cod.Vat. gr. 587 (XIII./XIV. Jh.). 3 Zur Synonymik von griech. ὀργή vgl. ausführlich J.H.H. Schmidt: Synonymik I–IV, hier: III, 551–572 (Nr. 142). 4 Vgl. s.v. ἀλλοτριότης: Passow I/1, 111: „Fremdheit; Entfremdung, Abgeneigtheit“; Rehkopf, 318: „d. Fremdsein“; Muraoka, Lexicon, 28: „state of being alien to one’s own outlook and stance“; Lust3, 28: „fact of being alien“. 5 Vgl. s.v. ἀμαθία: Rehkopf, 318: „Unwissenheit“; Muraoka, Lexicon, 30: „refusal to learn“; Lust3, 30: „ignorance, stupidity“. 6 Vgl. Rehkopf, 318 s.v. ἀνάμειξις: „Vermischung“; Muraoka, Lexicon, 42 s.v. ἀνάμειξις: „v.n. of ἀναμίγνυμι“; Lust3, 41 s.v. ἀνάμειξις: „mingling, sexual intercourse“. — Demgegenüber vertreten die klassischen Lexika die Schreibweise ἀνάμιξις: DGE, 253 s.v. ἀνάμιξις: „[…] trato sexual LXX Psalm.Salom.2.13“; LSJ, 113 s.v. ἀναμίξ: „[…] -μίξις, εως, ἡ, mingling, admixture“, jeweils unter Angabe von Belegstellen (u.a. Plutarchus, Vitae parallelae, Vita Numae 17; Galenus, ed. C.G. Kühn: Opera II, 850). Die Schreibweise ἀνάμιξις ist mehr als berechtigt, denn das Substantiv ist nicht vor Theophrast v. Eresos nachweisbar, also nicht vor dem III. Jh. v. Chr. Das dem Substantiv zugrundeliegende Verbum ἀναμείγνυμι hat nun aber die spätere Schreibweise ἀναμίγνυμι (vgl. dazu LSJ, 112 s.v. 4

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Einleitung

Rahlfs1). — Morphologie resp. Etymologie: Deverbativum fem. zu ἀναμίγνυμι „vermischen“.

ἀντίληψις (710, ἐν καιρῷ ἀντιλήψεώς σου; 16tit., εἰς ἀντίληψιν ὁσίοις)

ἡ ἀντίληψις, -εως „die Hilfe“.2 — Orthographische Varianten: ἀντίληψις (so die in den Psalmen Salomos nach vGebhardt und Rahlfs mit allen Hss. bezeugte Form, die in den klassischen Lexika als die ältere Form verzeichnet ist) neben ἀντίλημψις (so die in der Septuaginta ansonsten, immerhin 15mal, gebräuchliche und überdies in den Septuaginta-Lexika verzeichnete Form). Die Unterscheidung in eine ältere ‚klassische‘ und eine jüngere ‚hellenistische‘ Lesart – wie insbesondere von DGE, 340 s.v. ἀντίληψις, vertreten (s.o. mit Anm. 2) – ist jedoch kaum haltbar, wie die Papyri belegen.3 Insofern kann die Schreib-

ἀναμείγνυμι: „ἀναμείγνυμι, later -μίγνυμι“). Die Bildung des Verbalsubstantivs ἀνάμιξις erfolgte in späterer Zeit, als die Verbform ἀναμίγνυμι vorherrschte. 1 Rahlfs bevorzugt die Schreibung nach den Regeln der Schulgrammatik, ohne Rücksicht auf die originäre Orthographie zu nehmen; zu dieser Praxis s.o. § A-I-3-4 „Konjekturalkritik“, bes. S. 53, Anm. 3–4. — Die Rahlfs’sche Emendation hat gewissermaßen die Septuaginta-Lexikographen (vgl. dazu die vorangehende Anm.) in die Irre geführt, insofern sie die Form ἀνάμειξις gebrauchen. Verwunderlich nur, dass ebendiese das Verbum ἀναμίγνυμι – sachlich korrekter-, aber im Blick auf ἀνάμειξις inkonsequenterweise – nicht als ἀναμείγνυμι führen; Rahlfs liest stets ἀναμείγνυμι: vgl. nur ἀναμεμεῖχθαι (Esth 3  13d ed. Rahlfs I, 957) versus ἀναμεμῖχθαι (Esth ο B 4 = Esth L [B][4] ed. R. Hanhart: Esther, 154); natürlich ist ἀναμίγνυμι korrekt (vgl. dazu schon Helbing, Kasussyntax, 250, der stets richtig ἀναμίγνυμι gebraucht), so dass Hanhart nur beizupflichten ist. 2 Vgl. Rehkopf, 27 s.v. ἀντίλημψις: „d. Ergreifen“; Muraoka, Lexicon, 59 s.v. ἀντίλημψις: „help“; Lust3, 55 s.v. ἀντίλημψις: „help, aid“ etc. — Demgegenüber vertreten die klassischen Lexika die Schreibweise ἀντίληψις: DGE, 340 s.v. ἀντίληψις: „pap. y heleníst. ἀντίλημψις“; LSJ, 158 s.v. ἀντιληπτέον: „-ληψις, later -λημψις, εως, ἡ, receiving in turn or exchange […]“. Zur Datierungsfrage vgl. die obigen Ausführungen samt nachfolgender Anm. 3 Die bei Preisigke I, 136 s.v. ἀντίλημψις (-ληψις), angeführten Papyri belegen zumindest für das I. Jh. v. Chr. beide Schreibweisen. — Folgende Belege bezeugen die Schreibweise ἀντίληψις: Aus dem II. Jh. v. Chr. P. Cairo 10351 + 10371 (ed. U. Wilcken: Grundzüge I/2, 18–22 [Nr. 11], hier: S. 22, Z. 13 [= Text B, Fr. (b)]: ἀντιλήψεως) und aus dem I. Jh. v. Chr. P. Berolinensis 13144 (ed. Ge­ neralverwaltung: Griechische Urkunden IV, 324–325 [Nr. 1187], hier: S. 325, Z. 27: ⟨ἀ⟩ντιλήψεως). — Folgende Belege bezeugen die Schreibweise ἀντίλημψις: Aus dem I. Jh. v. Chr. P. Tebtunis 283 (ed. B.P. Grenfell u.a.: Tebtunis II, 41–42 [Nr. 283], hier: S. 42, Z. 22: ἀντιλήμψεως) und aus dem II. Jh. n. Chr. P. Fayum 296 (ed. B.P. Grenfell u.a.: Towns, 308 [Nr. CCXCVI]: ἀντιλήμψεως) sowie P. Beroli-

A Die Textzeugen

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weise ἀντίληψις in den Psalmen Salomos Ursprünglichkeit beanspruchen. — Morphologie resp. Etymologie: Deverbativum fem. zu ἀντι­λαμ­βάνω u.a. „sich einer Sache oder Person annehmen“.

ἐξυμνέω (64, ἐξύμνησεν τῷ ὀνόματι τοῦ θεοῦ αὐτοῦ)

ἐξυμνεῖν „lobsingen“.1

καταφορά (161, ἐν καταφορᾷ ὕπνου)

ἡ καταφορά, -ᾶς „der Tiefschlaf“.2 Das Syntagma καταφορὰ ὕπνου ist m. E. im vorliegenden Kontext am besten mit „Todesschlaf“ wiederzugeben.3

σκορπισμός (1718, ἐγενήθη ὁ σκορπισμὸς αὐτῶν)

ὁ σκορπισμός, -οῦ „die Zerstreuung“.4 — Morphologie resp. Etymologie: Deverbativum masc. zu σκορπίζω „zerstreuen“.

συμμετρία (516, ἐν συμμετρίᾳ αὐταρκείας)

ἡ συμμετρία, -ας „das Maß“.5

Char akter istischer Septuaginta-Wor tschatz Einerseits kann die besondere Häufigkeit als Ausdruck signifikanten Sprachgebrauchs gelten. Dies gilt beispielsweise für den verhältnismäßig häufigen Gebrauch des Substantivs ἔλεος (334mal in der LXX, davon 25mal in den Psalmen Salomos; 27mal im NT) und des Verbums δικαιόω (49mal in der LXX, davon siebenmal in den Psalmen Salomos; 39mal im NT). Weitere, bei Weitem jedoch nicht so signifikante, Beispiele sind: Die Adjektive ἄκακος (17mal in der LXX, davon dreimal in den Psalmen Salomos; im NT Dislegomenon: Röm 16 18; Hebr 7 26) und βέβηλος (15mal in der LXX, davon häufig nensis 7322 (ed. Generalverwaltung: Griechische Urkunden II, 258–61 [Nr. 613], hier: S. 259, Z. 13: ἀντιλήμψεως). 1 Vgl. s.v. ἐξυμνέω: Rehkopf, 318: „singen“; Muraoka, Lexicon, 255: „to sing a hymn“; Lust3, 218: „to praise“. 2 Vgl. s.v. καταφορά: Rehkopf, 318: „Tiefschlaf“; Muraoka, Lexicon, 387: „act of falling into a comatose condition“; Lust3, 329: „downwards motion“. 3 Vgl. Passow I/2, 1664, s.v. καταφορά „4) Schlaf mit Betäubung, Todesschlaf […]“. – Zu PsSal 16 1 s.o. § A-I-3-4 „Konjekturalkritik“. 4 Vgl. s.v. σκορπισμός: Rehkopf, 318: „Zerstreuung“; Muraoka, Lexicon, 626: „v.n. of σκορ­πίζω“ [i.e. „to scatter abroad, scatter around“ (ebd.)]; Lust3, 559: „scattering“. 5 Vgl. s.v. συμμετρία: Rehkopf, 318: „Gleichmaß“; Muraoka, Lexicon, 647: „right measure“; Lust3, 581: „due proportion“.

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Einleitung

im 3. Makkabäerbuch und viermal in den Psalmen Salomos; fünfmal im NT). –– Die Verba ἀνακαλύπτω (25mal in der LXX, davon dreimal in den Psalmen Salomos; im NT Dislegomenon: 2Kor 3 14. 18), διαφέρω (16mal in der LXX, davon zweimal in den Psalmen Salomos; 13mal im NT), ἐπικρατέω (31mal in der LXX, davon besonders häufig in den Makkabäerbüchern1 sowie zweimal in den Psalmen Salomos; nicht im NT), ὀλεθρεύω2 (19mal in der LXX, davon dreimal in den Psalmen Salomos; nicht im NT), προσκόπτω (17mal in der LXX, davon zweimal in den Psalmen Salomos; achtmal im NT), σκορπίζω (24mal in der LXX, davon viermal in den Psalmen Salomos; fünfmal im NT) und ἐξουθενόω3 (siebenmal in der LXX, davon zweimal in den Psalmen Salomos; nicht im NT).

Ein signifikanter Sprachgebrauch liegt andererseits vor, wenn ein in der Septuaginta insgesamt äußerst selten (Hapax-, Dis-, Trislegomenon) oder selten4 bezeugtes Lexem in den Psalmen Salomos gebraucht ist. Diese Fälle sind nachfolgend gesondert aufgeführt. Sie sind insbesondere deshalb von nicht unerheblicher Bedeutung, weil sie wertvolle Anhaltspunkte für die Datierung der Psalmen Salomos bieten. Hapaxlegomena ἀκρασία (43, ἐν ἀκρασίαις)

ἡ ἀκρασία, -ας „die Unbeherrschtheit“.5 — In der LXX Hapaxlegomenon, im NT Dislegomenon (Mt 23 25; 1Kor 7 5). Das Lexem ist vielfach bei Philo und bei Flavius Josephus (De bello Iudaico I,34; II,324; V,122; Antiquitates Iudai-

Das Verbum ἐπικρατέω ist allein 17mal im 1. u. 3.–4.Makkabäerbuch belegt. Vgl. zu ὀλεθρεύω die orthographische Variante ὀλοθρεύω, die als v. l. zu PsSal 4 12 (Ra 260 etc.) u. 15  5 (Ra 260) bezeugt und im NT als Hapaxlegomen in Hebr 11 28 belegt ist. Zu dieser orthographischen Varianz, die durch Vokalassimilation bedingt und durch Majuskelverschreibung begünstigt ist, s.o. § A-I-4-1-1 „Vokalismus und Konsonantismus“ unter der Rubrik „Vokalassimilation“. 3 Vgl. zu ἐξουθενόω die orthographische Variante ἐξουθενέω, die als v. l. zu PsSal 2 5 (Ra 260) bezeugt sowie in der LXX insgesamt achtmal und im NT elfmal belegt ist. Zu dieser orthographischen Varianz s.o. § A-I-4-1-1 „Vokalismus und Konsonantismus“ unter der Rubrik „Konsonantenwechsel Δ–Θ“. 4 Unter „selten“ sind im Folgenden Lexeme zu verstehen, bei denen ein Beleg in den Psalmen Salomos nicht mehr als zehn Belegen in der übrigen Septuaginta gegenübersteht. 5 Vgl. s.v. ἀκρασία: Rehkopf, 11: „Zügellosigkeit“; Muraoka, Lexicon, 22: „lack of self-control“; Lust3, 23: „incontinence, want of self-control“; Bauer6, 63: „d. Un1 2

A Die Textzeugen

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cae III,314; VIII,191; XVI,226; Contra Apionem I,319; II,244) bezeugt. Es ist seit den Vorsokratikern belegt.

ἀνάλημψις (418, εἰς ἀνάλημψιν)

ἡ ἀνάλημψις, -εως „die Aufnahme“.1 — In der LXX Hapaxlegomenon und gleichermaßen im NT Hapaxlegomon (Lk 9  51). In der orthographischen Variante ἀνάληψις ist das Lexem im Testament Levis und in der Himmelfahrt des Mose bezeugt.2

αὐτάρκεια (516, ἐν συμμετρίᾳ αὐταρκείας)

ἡ αὐτάρκεια, -ας „die Genügsamkeit“.3 — In der LXX Hapaxlegomenon, im NT Dislegomenon (2Kor 98; 1Tim 66; s.u. § B-V „Zur Wirkungsgeschichte“). Es ist seit den Vorsokratikern gebräuchlich.

ἐκλογή (94, ἐν ἐκλογῇ καὶ ἐξουσίᾳ τῆς ψυχῆς; 185, εἰς ἡμέραν ἐλέους ἐν εὐλογίᾳ, εἰς ἡμέραν ἐκλογῆς ἐν ἀνάξει χριστοῦ)

ἡ ἐκλογή, -ῆς „die Erwählung“.4 — In der LXX nur in den Psalmen Salomos; dort Dislegomenon. In den jüdischen Rezensionen der LXX zweimal (Jes 22  7 α, Jes 37  24 σ), im NT siebenmal belegt. Das Lexem ist bei Philo (De specialibus legibus IV,157), bei Flavius Josephus (De bello Iudaico II,165; Antiquitates Iudaicae I,169;VII,322;VIII,24; XII,41), und auch im Aristeasbrief

mäßigkeit, d. Zügellosigkeit“. — Vgl. überdies ThWNT II, 338–340 s.v. ἐγκράτεια (ἀκρασία) κτλ. 1 Vgl. s.v. ἀνάλημψις: Rehkopf, 318: „Tod, Hinscheiden“; Muraoka, Lexicon, 42: „act of being taken up into heaven upon death“; Lust3, 40: „taking up, taking away, removal“; Bauer6, 112: „Himmelfahrt“, und im Bezug auf PsSal 4 18: „Tod, Hinscheiden“. — Vgl. überdies ThWNT IV, 8–9 s.v. ἀναλαμβάνω, ἀνάλημψις. 2 Assumptio Moysi, versio Graeca, Fragment c (μετὰ τὴν ἀνάληψιν Μελχί); Testamenta XII patriarcharum, versio Graeca, TestLev 18  3 (ἕως ἀναλήψεως αὐτοῦ); vgl. A.-M. Denis: Concordance grecque, 142. 3 Vgl. s.v. αὐτάρκεια: Rehkopf, 318: „Genügsamkeit“; Muraoka, Lexicon, 103: „state of having necessities provided“; Lust3, 95: „self-sufficiency, independence“; Bauer6, 245: „d. genügende Auskommen“. Vgl. ferner A.-M. Denis: Concordance grecque, 197 (Psalmen Salomos als einziger Beleg). — Überspitzt, aber letztlich bezeichnend ist ThWNT I, 466–467 s.v. αὐτάρκεια, αὐτάρκης: „Das Wort ist gleichzeitig Zentralbegriff der ethischen Diskussion seit Sokrates und abgegriffene Vokabel der Umgangssprache.“ (ebd. 466). Vgl. schließlich zu diesem Lexem noch P. Wilpert:Autarkie. 4 Vgl. s.v. ἐκλογή: Rehkopf, 318: „Erwählung“; Muraoka, Lexicon, 212: „act of choosing out of multiple options“; Lust3, 184: „choice, election, selection“; Bauer6, 489: „d. Erwählung, d. Auslese […]“. — Vgl. überdies ThWNT IV, 181–186 s.v. ἐκλογή, bes. 182–183 zu den Psalmen Salomos.

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gebraucht (Epistula pseudo-Aristeae 33). In der Profangräzität ist das Lexem seit Platon gebräuchlich.1

ὑπερπλεονάζω (516, ἐὰν ὑπερπλεονάσῃ ὁ ἄνθρωπος, ἐξαμαρτάνει)

ὑπερπλεονάζειν „Überfluss haben“.2 — In der LXX Hapaxlegomenon und gleichermaßen im NT Hapaxlegomenon (1Tim 114; s.u. § B-V „Zur Wirkungsgeschichte“). Die Psalmen Salomos sind, abgesehen von Heron v. Alexandria (wohl I. Jh. n. Chr.)3, der älteste Beleg für dieses Lexem; alle übrigen Belege datieren frühestens in das ausgehende I. Jh. n. Chr. (1Tim 1 14)4 resp. in das II. Jh. n. Chr. (Herm 345, Vettius Valens, Anthologiarum libri novem II,21; III,12 bis).

χρηστεύομαι (96, τίνι χρηστεύσει ὁ θεός)

χρηστεύεσθαι „sich gütig erweisen“. — In der LXX Hapaxlegomenon, ebenso im NT (1Kor 13 4). Das Lexem ist über die beiden genannten Belegstellen hinaus nur in der christlichen Gräzität, und dort offensichtlich neutestamentlich beeinflusst, nachweisbar; Lust3, 667, spricht von einem Neologismus.5 In den Psalmen Salomos liegt das Activum – allerdings im Futur (s.u.) – vor, im NT das Medium. Entsprechend sind sich die Lexikographen in der Verzeichnung uneins:6 χρηστεύειν wird von Rehkopf als Grundform postuliert;7 alle übrigen Autoren nennen, sicher unter dem Eindruck des ntl. Beleges und seiner lexikographischen Würdigung stehend, aber dennoch völlig zu

Zu den Platonbelegen vgl.ThWNT IV, 181–186 s.v. ἐκλογή, hier: 181. Vgl. s.v. ὑπερπλεονάζω: Rehkopf, 318: „Überfluß haben“; Muraoka, Lexicon, 699: „to have too much“; Lust3, 632: „to abound exceedingly“; Bauer6, 1677: „in reichem Maß vorhanden sein“. – Vgl. überdies ThWNT VI, 263–266 s.v. πλεονάζω, ὑπερπλεονάζω, im Blick auf ὑπερπλεονάζω: „belegt nicht vor 1. Jhdt. vChr.“ (ebd., 263). 3 Heron Alexandrinus, Pneumatica I,10. — Zu Heron v.Alexandria vgl. D. Engs­ ter: Forschung, 59–61. 4 Die Pastoralbriefe werden in der Regel um 100 n. Chr. datiert; vgl. nur U. Sch­ nell ­ e: Einleitung, 380, und B. Heininger: Rezeption, 323. 5 Vgl. ThWNT IX, 481 s.v. χρηστεύομαι, mit der Betonung darauf, dass dieses Lexem in der Profangräzität nicht belegt ist und erstmals in den Psalmen Salomos auftritt. 6 Die Uneinigkeit wird darin verstärkt, dass Rahlfs und vGebhardt, deren Text von den Lexikographen für die Psalmen Salomos als verbindlich gilt, im Fall von PsSal 9 6 das Medium χρηστεύσῃ bevorzugen, das in der vorliegenden Ausgabe in den Apparat verwiesen wird; s.o. § A-I-3-4 („Konjekturalkritik“). 7 Vgl. Rehkopf, 318 s.v. χρηστεύω: „sich gütig zeigen“. 1 2

A Die Textzeugen

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Recht, χρηστεύομαι als Grundform.1 In den Psalmen Salomos ist das Verbum im Fut. Akt. gebraucht und liefert so ein Beispiel für die koinetypische aktive Futurbildung anstelle einer medialen (s.o. § A-I-4-2-2 „Konjugation“, unter der Rubrik „Genera verbi“). Im ntl. Kontext des ‚Hohelieds der Liebe‘ erscheint χρηστεύεσθαι als Aussage über die Liebe: „χρηστεύεται ἡ ἀγάπη“. — Dabei ist in den ntl. Kommentaren m. E. dem besonderen Umstand allzu wenig Beachtung geschenkt, dass Paulus einen Begriff verwendet, der in der Profangräzität nicht gebraucht ist und seinen einzigen vorpaulinischen Beleg in den Psalmen Salomos hat.2

Dislegomena Unter den Dislegomena seien zunächst besonders ὀλιγωρεῖν und ὀρ­φανία hervorgehoben: ὀλιγωρέω (34, οὐκ ὀλιγωρήσει δίκαιος)

ὀλιγωρεῖν „gering schätzen“ (PsSal 3 4; Prov 3 11).3 — PsSal 34 dürfte von Prov 311 abhängig sein (s.u. § B-I-2 „Die Benutzung der Septuaginta als Merkmal eines genuin griechischen Textes“). Das Lexem ist außerhalb der Psalmen Salomos im Rahmen der biblischen Gräzität lediglich in Prov 3 11 und, davon abhängig, in Hebr 12 5 (Zitat Prov 3 11) belegt.

Muraoka, Lexicon, 736 s.v. χρηστεύομαι: „to act kindly to sbd“; Lust3, 667 s.v. χρη­στεύομαι: „to be kind to, to be merciful towards“; Bauer6, 1766 s.v. χρη­στεύ­ ο­μαι: „sich gütig oder liebreich erzeigen“; vgl. ferner A.-M. Denis: Concordance grecque, 800 (Psalmen Salomos als einziger Beleg), und schließlich C. Spicq: Lexicon I–III, hier: II, 975. 2 H. Lietzmann: Korinther4, 65, übergeht im Zusammenhang mit χρηστεύομαι schlichtweg die Psalmen Salomos. Auch H. Conzelmann: Korinther, 265, bemerkt lediglich, und dabei sachlich inkorrekt: „χρηστεύεσθαι: ‚sich gütig erzeigen’ ist nur in christlicher Literatur belegt.“ W. Schrage: Korinther III, 295, weiß zwar um das dictum probans jenes Lexems in den Psalmen Salomos, ohne dem aber weiter nachzugehen. 3 Vgl. s.v. ὀλιγωρέω: Rehkopf, 206: „gering schätzen“; Muraoka, Lexicon, 493: „1. to belittle […] Pr 3.11.“, „2. to take no heed, remain unconcerned […] PSol 3.4.“; Lust3, 434: „to have little esteem for, to despise“. — Vgl. überdies Helbing, Kasussyntax, 113, zu Prov 3 11, ohne Kenntnisnahme der Psalmen Salomos: „gering achten, vernachlässigen“. 1

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Einleitung

ὀρφανία (410, ἐν ὀρφανίᾳ)

ἡ ὀρφανία, -ας „das Waisentum“ (PsSal 4 10; Jes 47 8).1 — Orthographische Varianten:2 ὀρφανία (so die in den Psalmen Salomos nach vGebhardt und Rahlfs mit allen Hss. bezeugte Form) neben ὀρφανεία (so die im Jesajabuch gebrauchte Form, ohne dass bei J. Ziegler: Isaias, z. St. Varianten verzeichnet wären).

Alsdann sind die nachfolgenden Lexeme zu vermerken, da sie allesamt nicht im Neuen Testament vertreten sind: ἀποσκηνοῦν „fern gelagert sein“ (PsSal 71; Gen 1318)3, ἐλλιπής, -ές „mangelhaft“ (PsSal 417; Sir 1410)4, ἔμπειρος, -ον „erfahren“ (PsSal 159; Tob 55)5, ἐξ­ α­σθενεῖν „ganz schwach werden“ (PsSal 1731; Ps 639)6, ἐπευκτός, -ή -όν „erwünscht“ (PsSal 816; Jer 2014)7, κατάγαιος, -ον „unterirdisch“ (PsSal 89; Gen 616)8, ἡ καταπάτησις, -εως „das Niedertreten“ (PsSal 219; 4Regn 137)9, ἡ μεταμέλεια, -ας „die Reue“ (PsSal 97; Hos Vgl. Rehkopf, 212 s.v. ὀρφανεία: „d. Waisentum“; Muraoka, Lexicon, 507 s.v. ὀρφαν(ε)ία: „state of being an orphan“; Lust3, 447 s.v. ὀρφανεία: „Is 47,8 var. form for ὀρφανία; state of being orphaned, breeavement, loss of children“; s.v. ὀρφανία: „PSal 4,10 orphanhood“. 2 Vgl. die Belege für beide Formen bei LSJ, 1257 s.v. ὀρφανεία et s.v. ὀρφανία; Preisigke II, 203, verzeichnet dagegen nur die Form ὀρφανία. 3 Vgl. s.v. ἀποσκηνόω: Rehkopf, 36: „aufbrechen“; Muraoka, Lexicon, 82: „to fold and shift a tent to live elsewhere“; Lust3, 74: „to remove one’s tent, to decamp“. 4 Vgl. s.v. ἐλλιπής: Rehkopf, 98: „der etwas unterläßt“; Muraoka, Lexicon, 224: „lacking“; Lust3, 193: „defective, wanting“. 5 Vgl. s.v. ἔμπειρος: Rehkopf, 99: „erfahren“; Muraoka, Lexicon, 227: „well acquainted with“; Lust3, 195: „acquainted with“. 6 Vgl. s.v. ἐξασθενέω: Rehkopf, 108: „ganz schwach werden“; Muraoka, Lexicon, 248: „to become utterly weak“; Lust3, 212: „to be utterly weak“. 7 Vgl. s.v. ἐπευκτός: Rehkopf, 114: „‚ersehnt‘, verflucht“; Muraoka, Lexicon, 263: „longed for“; Lust3, 224: „longed for“. 8 Vgl. s.v. κατάγαιος: Rehkopf, 153: „unterirdisch“; Muraoka, Lexicon, 368: „situated below or at the ground or lowest level“; Lust3, 310: „under the earth PSal 8,9“. 9 Vgl. s.v. καταπάτησις: Rehkopf, 158: „d. Niedertreten“; Muraoka, Lexicon, 379: „v.n. of καταπατέω 1: PSol 2.19“ (fälschlich als Hapaxlegomenon verzeichnet, ohne 4Regn 13 7 zu erwähnen); Lust3, 322: „2 Kgs 13,7 trampling“ (fälschlich als Hapaxlegomenon verzeichnet, ohne PsSal 2  19 zu erwähnen). — Vgl. zu diesem Lexem auch A. Passioni dell'Acqua: καταπάτησις, 1313: „Nei Salmi di Salomone significa ‚profanazione‘ di Gerusalemme e del Tempio“; und weiterhin A. Passio­ 1

A Die Textzeugen

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118)1, ἡ πυργόβαρις, εως „die Turmwehr“ (PsSal 819; Ps 1217)2, ὁ φυρ­ μός, οῦ „die Verwirrung“ (PsSal 213; Ez 723).3 Darüber hinaus sind zu nennen: ἡ δοκιμασία, -ας „die Prüfung“ (PsSal 1614; Sir 621)4, ἡσύχιος, -ον „ruhig“ (PsSal 125; Jes 662)5, ἡ μετ­ οχή, -ῆς „die Teilhaberschaft“ (PsSal 146; Ps 1213)6, μέτριος, -α, -ον „maßvoll“ (PsSal 517; Sir 3120)7, ὑποζώννυσθαι „sich untergürten“ (PsSal 1722; 2Makk 319)8, ἡ ὑπόκρισις, -εως „die Heuchelei“ (PsSal 46; 2Makk 625).9

ni dell'Acqua: Immagine, 97–99, mit

der Betonung darauf, dass das Substantiv καταπάτησις erstmals in der Septuaginta bezeugt sei (ebd., 97); zu PsSal 2 19 (referenziert als PsSal 2 20) vgl. bes. ebd., 99. Weil Passioni dell’Acqua die Psalmen Salomos nicht zur Septuaginta zählt, bezeichnet sie καταπάτησις als Hapaxlegomenon der Septuaginta. 1 Vgl. s.v. μεταμέλεια: Rehkopf, 190: „die Reue“; Muraoka, Lexicon, 454: „sense of regret“; Lust3, 397: „repentance, regret“. – Im NT ist das Substantiv nicht vertreten; wohl aber sowohl in der LXX (13mal) als auch im NT (sechsmal) das Verbum μεταμέλεσθαι. 2 Vgl. s.v. πυργόβαρις: Rehkopf, 252: „Schutzwehr am Turm“; Muraoka, Lexicon, 608: „fortress“; Lust3, 538: „citadel, fortress“. 3 Vgl. s.v. φυρμός: Rehkopf, 307: „Verwirrung“; Muraoka, Lexicon, 724: „disorderly mixture“; Lust3, 656: „disorder“. 4 Vgl. s.v. δοκιμασία: Rehkopf, 79: „Prüfung“; Muraoka, Lexicon, 174: „testing of quality“; Lust3, 159: „test, trial“. 5 Vgl. s.v. ἡσύχιος: Rehkopf 137: „ruhig“; Muraoka, Lexicon, 321–322, hier: 322: „not suffering from disturbance or turbulance“; Lust3, 268: „quiet“. 6 Vgl. s.v. μετοχή: Rehkopf, 192: „Teilhaberschaft“; Muraoka, Lexicon, 456: „act of sharing and taking part in“; Lust3, 399: „sharing in, participation of“. 7 Vgl. s.v. μέτριος: Rehkopf, 192: „maßvoll“; Muraoka, Lexicon, 457: „within measure, not excessive“; Lust3, 399: „moderate“. 8 Vgl. s.v. ὑποζώννυμι: Rehkopf, 297: „sich untergürten“; vgl. ferner Muraoka, Lexicon, 702; Bauer6, 1683. 9 Vgl. s.v. ὑπόκρισις: Rehkopf, 297: „Heuchelei“; Muraoka, Lexicon, 703: „act of pretending to be what one actually is not“; Lust3, 635: „wickedness“.

120

Einleitung

Trislegomena Unter den Trislegomena sei besonders das Substantiv ἡ ἱλαρότης, -ητος „die Heiterkeit“ (PsSal 45; 1612; Prov 1822) hervorgehoben.1 PsSal 4 5 (ἐν ἱλαρότητι), PsSal 16 12 (μετὰ ἱλαρότητος). Das Lexem ist in der LXX Trislegomenon und im NT Hapaxlegomenon: Im Rahmen der biblischen Gräzität ist es außerhalb der Psalmen Salomos lediglich in Prov 18 22 und in Röm 12 8 belegt. Wohl ist es aber im hellenistischen Judentum, etwa bei Philo, im Testament Abrahams sowie im Testament Naphtalis anzutreffen.2

Alsdann sind die nachfolgenden Lexeme zu vermerken, da sie allesamt nicht im Neuen Testament vertreten sind: βαρυθυμεῖν „missmutig sein“ (PsSal 29; Num 1615; 3Regn 1125)3, ἡ μικρότης, -ητος „die Kleinheit“ (PsSal 147; 3Regn 1210. 24r)4, ἡ ὀλιγοψυχία, -ας „der Kleinmut“ (PsSal 1611; Ex 69; Ps 549)5, ὁ ὁμαλισμός, -οῦ „das Gleichmachen“ (PsSal 114; Mi 712; Bar 57)6, συμφύρειν „vereinigen“ (PsSal 89; Sir 1214; Hos 414)7, τὸ συν­άλλαγμα, -τος „der Vertrag“ (PsSal 44; 1Makk 1342; Jes 586)8, ἡ συνταγή, -ῆς „die Zusammenordnung“ (PsSal 45;

Vgl. s.v. ἱλαρότης: Rehkopf, 145: „Heiterkeit“; Muraoka, Lexicon, 340: „cheerfulness“; Lust3, 287: „cheerfulness, gaiety“; Bauer6, 762: „d. Heiterkeit, d. Fröhlichkeit, d. Freundlichkeit“. 2 Testamentum Abrahae, versio Graeca, rec. longior 20  8 (ἱλαρότης καὶ ζωὴ καὶ δύναμις); Testamenta XII patriarcharum, versio Graeca,TestNeph 9 2 (ἐν ἱλαρότητι ψυχῆς); vgl.A.-M. Denis: Concordance grecque, 431. – Zu den Belegstellen bei Philo vgl.ThWNT III, 298–300 s.v. ἱλαρός, ἱλαρότης, hier: 299. 3 Vgl. s.v. βαρυθυμέω: Rehkopf, 53: „mißmutig sein“; Muraoka, Lexicon, 113: „to become sullen“; Lust3, 103: „to be indignant“. 4 Vgl. s.v. μικρότης: Rehkopf, 194: „Kleinheit“; Muraoka, Lexicon, 462: „small object“; Lust3, 404: „smallness“. 5 Vgl. s.v. ὀλιγοψυχία: Rehkopf, 206: „Kleinmut“; Muraoka, Lexicon, 492: „faint-heartedness“; Lust3, 433–434: „discouragement, loss of heart“. 6 Vgl. s.v. ὁμαλισμός: Rehkopf, 207: „d. Gleichmachen“; Muraoka, Lexicon, 494: „being levelled, razed to the ground“; Lust3, 435: „levelling, being levelled“. 7 Vgl. s.v. συμφύρω: Rehkopf, 274: „miteinander kneten“; Muraoka, Lexicon, 649–650: „to have frequent dealings“; Lust3, 585: „to mingle with“. 8 Vgl. s.v. συνάλλαγμα: Rehkopf, 275: „Vertrag“; Muraoka, Lexicon, 651: „[…] 2. agreement reached“; Lust3, 586: „covenant, contract […]“. 1

A Die Textzeugen

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Iud A 2038; 2Esdr 1014)1, ἡ φει­δώ, -οῦς „die Knauserei“ (PsSal 513; SapSal 1218; Esth ο B6).2 Darüber hinaus sind zu nennen: ἀναλογίζεσθαι „überlegen“ (PsSal 87; 3Makk 77; Jes 4419)3, διδακτός, -ή, -όν „unterrichtet“ (PsSal 1732; 1Makk 47; Jes 5413)4, ἡ ἰσότης, -ητος „die Gleichheit“ (PsSal 1741; Hiob 3629; Sach 47).5 Seltene Lexeme In der Septuaginta selten sind die Substantive ἁγιασμός (1730), ἀποικεσία (91), ἀτεκνία (418), βεβήλωσις (18; 821), γογγυσμός (513; 1611), γρηγόρησις (32; 164)6, διασπορά (828; 92), διαστολή (44), ἐπαγγελία (126), ἐπιστροφή (7inscr; 910; 1611), ἐπιταγή (1812), εὐστάθεια (49; 64), καταστροφή (136. 7), μαρτυρία (104), παραλογισμός (410. 22), πλάνησις (814. 19), ποικιλία (43; 122), σαλός (63), φωστήρ (1810). — Die Adjektive ἄλογος (1610), ἀνωφελής (168), ἐπιεικής (512), ἐπίσημος (26; 1730), μονο­ γε­νής (184), ψιθυρός (PsSal 121. 3 [ter]). — Die Verba ἀποβλέπω (35), ἀπο­σκοπεύω (35), γρηγορέω (32; s.o. zu γρηγόρησις), ἐκκεν­τέω (226), ἐκ­τίλλω (144), ἐξυβρίζω (16), καταμερίζω (1728), νύσσω (164), ὀ­λισθά­ νω (161), ὁμαλίζω (817), παραδειγματίζω (212), παρα­νο­μέω (168), περιστέλλω (1610), σκανδαλίζω (167), στεφανόω (817), συμ­παρα­λαμ­ Vgl. s.v. συνταγή: Rehkopf, 279: „Zusammenordnung“; Muraoka, Lexicon, 659: „directive specifying a course of action“; Lust3, 594: „assignation“. 2 Vgl. s.v. φειδώ: Rehkopf, 301: „Schonung“; Muraoka, Lexicon, 712: „ἐν ~οῖ ‘grudgingly’ PSol 5.13“; Lust3, 644: „sparing“. 3 Das Lexem ist in der LXX Trislegomenon und im NT Hapaxlegomenon (Hebr 12 3). — Vgl. s.v. ἀναλογίζομαι: Rehkopf, 20: „überlegen“; Muraoka, Lexicon, 42: „to consider carefully“; Lust3, 40: „to consider, to take into consideration“; Bauer6, 112: „überlegen, erwägen denken an“. 4 Das Lexem ist in der LXX Trislegomenon und im NT Dislegomenon (Joh 6 45; 1Kor 2 13).Vgl. s.v. διδακτός: Rehkopf, 75: „unterrichtet“; Muraoka, Lexicon, 164: „well educated“; Lust3, 150: „taught, instructed“; Bauer6, 385: „gelehrt“. 5 Das Lexem ist sowohl in der LXX als auch im NT (2Kor 8  13 bis; Kol 4 1) Trislegomenon. Vgl. s.v. ἰσότης: Rehkopf, 146: „Gleichheit“; Muraoka, Lexicon, 343: „equality“; Lust3, 290: „equality“; Bauer6, 772: „d. Gleichheit“, „d. Billigkeit“; die dortige Angabe „nur zweimal LXX“ ist nicht korrekt. 6 Zu γρηγόρησις und γρηγορέω s.o. § A-I-4-2-2 „Konjugation“ in der Rubrik „Tempora“ zum „Präsens“. 1

122

Einleitung

βά­νω (135), ὑποκρίνομαι (420. 22). — Die Adverbia εἰς ἅπαξ (28 bis; 112) und σύνεγγυς (162). Im Blick auf die Datierungsfrage der Psalmen Salomos ist über die oben genannten Hapaxlegomena der Septuaginta hinaus belangreich, dass sich anhand der Lexik weitere Auffälligkeiten abzeichnen, da fünf der im Rahmen der Septuaginta über die Psalmen Salomos hinaus selten bezeugten Lexeme ausschließlich in späteren Schriften der Septuaginta auftreten, was wichtige Anhaltspunkte für die zeitliche Ansetzung des biblischen Gebrauchs dieser Lexeme liefert: Für die Lexeme ἔμπειρος und ἐπιταγή ergibt sich – aufgrund der Belege im Tobit-, Daniel- und 1. Esdras-Buch – als terminus a quo des biblischen Gebrauchs dieser Lexeme das II. Jh. v. Chr.1 Das Auftreten der Lexeme εὐστάθεια, παραλογισμός, ὑποζώννυσθαι und ὑπόκρισις in den Psalmen Salomos ermöglicht – aufgrund der frühesten Verwendung im 2. Makkabäerbuch – die Setzung eines terminus a quo um 124 v. Chr. für den Gebrauch dieser Lexeme.2 Darüber hinaus ist das Verhältnis des Wortschatzes der Psalmen Salomos zu dem der übrigen Libri sapientiales aufschlussreich. Denn immerhin sind die Psalmen Salomos überlieferungsgeschichtlich betrachtet Teil der Libri sapientiales (s.u. § B-IV „Zur Überlieferungsgeschichte“). Die Nähe zu diesen lässt sich auch an Gemeinsamkeiten in der Lexik ablesen. Selten in der Septuaginta, und dort ausschließlich in den Libri sapientiales vertreten, sind folgende Lexeme, die außerdem in den Psalmen Salomos gebraucht sind: ἐλλιπής, μέτριος

ἔμπειρος (PsSal 15  9;Tob 5 5; s. „Dislegomena“); ἐπιταγή (PsSal 18 12; SapSal 14 17; 18 15; 19 6; 1Esdr 1 16; 3Makk 7 20; Dan 3 16). — Die zeitl. Verortung der griechischen Übersetzung des Tobitbuches ist umstritten; sie dürfte frühestens in das II. Jh. v. Chr. datieren; vgl. K. Hauspie: Tobit, 293. — Danielbuch und 1Esdr, die Berührungspunkte aufweisen, datieren ebenfalls frühestens in das II. Jh. v. Chr.; vgl. D. Böhler: Esdras I, 262–263. 2 εὐστάθεια (PsSal 4 9; 64; SapSal 6 24; Esth 13 5 = 3 13  e; 2Makk 14  6; 3Makk 3 26; 6  28); παρα­λογισμός (PsSal 4  10. 22; Esth 16 6 = 8 12 f; 16  13 = 8 12 n; 2Makk 1 13); ὑπό­κρι­σις (PsSal 4  6; 2Makk 6 25; s.o. „Dislegomena“). — Das 2. Makkabäerbuch ist in seiner vorliegenden Textgestalt nicht vor 124 v. Chr. zu datieren; vgl.T. Nicklas: Makkabaion II, 310–311. — Die (erste) griechische Übersetzung des Estherbuches dürfte 78/77 v. Chr. erfolgt sein; vgl. K. De Troyer: Esther, 276–277. 1

A Die Textzeugen

123

(517), στροφή (122), δοκιμασία (1614), ψιθυρός (121. 3 [ter]), ὀλισθάνω (161) und σκανδαλίζω (167).

4.3. Syntax Unter ausgewählten Gesichtspunkten ist nachfolgend die Syntax der Psalmen Salomos zu betrachten, wobei eine ausführliche Untersuchung einer eigenen Studie vorbehalten bleiben muss. Wichtige Beobachtungen zur Syntax sind Takamitsu Muraokas „Syntax of Septuagint Greek“ (2016) zu verdanken (kurz: Muraoka, Syntax), dessen Einsichten an den gegebenen Stellen Berücksichtigung finden. Der Einfachheit halber ist im Folgenden in Nominal- und Verbalsyntax unterschieden.

4.3.1. Nominalsyntax In den Bereich der Nominalsyntax fallen einige Phänomene, die nur bedingt als Charakteristikum der Psalmen Salomos zu gelten haben; so beispielsweise der attributiv oder prädikativ gebrauchte adnominale Genetiv in der Funktion eines Adjektivs1, wobei ein solcher durchaus als Septuagintismus gewertet werden kann.2 Ein illustratives Beispiel, bei dem annähernd alle Ausdrucksweisen für Adjektivsubstitute in einem Halbvers zusammenfallen, bietet PsSal 12 2a: ἐν ποικιλίᾳ στροφῆς οἱ λόγοι τῆς γλώσσης ἀνδρὸς πονηροῦ – „Mannigfaltig und gewandt sind die Reden von der Zunge des bösen Mannes“. (1) ἐν ποικιλίᾳ „mannigfaltig“ (wörtl. „in Mannigfaltigkeit“) ist präpositionaler Ausdruck als Adjektiversatz in prädikativer Funktion;3 (2) στροφῆς „gewandt“ (wörtl. „[der] Wendung“) ist prädikativer Genetivus qualitatis anstelle eines Adjektivs; (3) πονηροῦ ist schlichtes Adjektiv in attributiver Funktion.

Zum adnominalen Genetiv vgl. Bl.-Debr., 134 (§ 163 mit Anm. 1). Vgl. Bl.-Debr., 136–137 (§ 165.1 mit Anm. 1): „Der Gen. anstelle eines Adjektivs entsprechend dem Hebr.“ (ebd., 136). 3 Zur Präposition ἐν + Subst. als Umschreibung des Adjektivs s.u. unter der Rubrik „Präpositionen“. 1 2

124

Einleitung

Darüber hinaus sind, insbesondere im Gebrauch der Präpositionen, durchaus Charakteristika der Nominalsyntax zu verzeichnen, die nachfolgend dargestellt werden. Numer us 510

πρόσωπον αὐτῶν] πρόσωπα αὐτῶν 260

Prinzipiell tendiert das Hebräische dazu, Possessivsuffixe im Plural mit Substantiven im Singular zu kombinieren; die Septuaginta folgt dieser Tendenz (vgl. Muraoka, Syntax, 107). Im Fall des Substantivs πρόσωπον ist der Plural jedoch gleichwohl stärker vertreten, was, wie Muraoka ebenda zu Recht anmerkt, auch daran liegen mag, dass das entsprechende hebräische Äquivalent ein Pluraletantum ist. Für PsSal 510 gilt jedenfalls zu bedenken, dass beide Numeri als Lesarten vertreten sind: Die Pluralvariante ist allerdings stemmatisch sekundär1 und überdies, da zwei Prädikate im Plural unmittelbar vorangehen (πεινάσωσιν, ἀροῦσιν), aus dem Kontext erklärlich (vgl. schon vGebhardt, 105). Der für ursprünglich zu erachtende Singular πρόσωπον (V.10b) harmoniert indes mit dem vorherigen παντὶ ζῶντι (V.10a). Kongruenz beim Numerus Eine sprachliche Eigentümlichkeit der Psalmen Salomos ist die Konstruktion von ἔθνος im Neutrum Plural mit dem Plural des Prädikats (vgl. Bl.-Debr., 110–111 [§ 133]): ἀνέβησαν […] ἔθνη 22 219 ὠνείδισαν γὰρ ἔθνη 830 καταπίωσιν […] ἔθνη 253] καταπίῃ […] ἔθνη rel.

Die Lesart der Hs. 769 bedarf z. St. einer Erläuterung; s. dazu § A-III-1-3 („Korrektur der Notationen“). — Das Syrische ist als Textzeuge z. St. nicht aus̈ wertbar, da das entsprechende Nomen (syr. ‫)ܐܦܐ‬ nicht nur im Hebräischen, sondern auch im Syrischen ein Pluraletantum ist. 1

A Die Textzeugen

125

Ar tikel vGebhardt hat den Gebrauch des Artikels in den Psalmen Salomos eingehend untersucht und konstatiert eine „Regellosigkeit“ (vGebhardt, 59). – Ist dies wirklich der Fall? Allgemein unterscheiden sich zunächst im Blick auf die Verwendung des Artikels bei Substantiven die Appellativa (in individueller oder generischer Bedeutung) von den Abstrakta. Ein Blick auf die Appellativa zeigt allerdings insbesondere im Blick auf das Nomen θεός eine Regelmäßigkeit: θεός trägt nominativisch oder vokativisch verwendet in den Psalmen Salomos an allen 64 Belegstellen den Artikel: ὁ θεός.1 Diese regelmäßige Verwendung des Artikels im Fall von θεός ist aber auch in der übrigen Septuaginta zu beobachten2, so dass in den Psalmen Salomos kein charakteristischer Gebrauch vorliegt. Darüber hinaus scheint die Verwendung des Artikels in der Tat in den Psalmen Salomos keiner spezifischen Regel zu folgen.3 Pr onomina 35

ἀποσκοπεύει ὅθεν ἥξει σωτηρία αὐτοῦ

Der Gebrauch des Artikels ὁ θεός trifft nur auf Nominativ und Vokativ zu (zum Vokativ ὁ θεός vgl. Helbing, Grammatik, 34). Dies gilt auch für die Zusammenstellung von κύριος mit θεός; vgl. PsSal 4 24 (κύριος ὁ θεὸς ἡμῶν) und 5 1 (κύριε ὁ θεός). Dagegen fehlt der Artikel im Genetiv; vgl. PsSal 6 3 (ὑπὸ κυρίου θεοῦ αὐτοῦ); 16 3 (ἀπὸ κυρίου θεοῦ Ισραηλ) und 17 26 (ὑπὸ κυρίου θεοῦ αὐτοῦ). Zur Zusammenstellung von κύριος mit θεός in den Psalmen Salomos vgl. W.W. von Bau­ dissin: Kyrios II, 144, der der konsequenten Setzung des Artikels ὁ θεός im Nominativ und Vokativ keine weitere Beachtung schenkt. 2 W.W. von Baudissin: Kyrios I, 441–442, kommt bei der Untersuchung des Gottesbegriffs ὁ θεός in der Septuaginta zu dem Ergebnis, dass die (deutlich überwiegende) Setzung des Artikels monotheistisch motiviert sei und gewissermaßen ein „feststehende[r] Gebrauch des Artikels“ vorliege: „[…] wo an den einen Gott Israels gedacht ist, wird ausschließlich ὁ θεός gesagt, dagegen θεός ohne Artikel, wo es sich um den allgemeinen Begriff ‚Gott‘ handelt.“ Vgl. ferner R.W. Funk: Syntax, 144–167 („The Article with θεός“), hier 144: „The article with θεός, it is now generally agreed, does not depend on syntactical relationships, but upon the essential meaning of the term in in each context.“ 3 Muraoka, Syntax, 10, etwa führt PsSal 2 35 als Beispiel für die optionale Auslassung des Artikels bei generischer Bedeutung der Substantive an. 1

126

Einleitung

PsSal 35 ist ein Beispiel für den relativischen Gebrauch des Pronomen adverbiale ὅθεν „woher“: „[der Gerechte] beobachtet, woher seine Rettung kommen wird“.Takamitsu Muraoka erörtert SapSal 1512 und PsSal 35 im Hinblick auf eine interrogative Verwendung von ὅθεν.1 Am ehesten trifft dies auf SapSal 1512 zu (δεῖν γάρ φησιν ὅθεν δή, κἂν ἐκ κακοῦ, πορίζειν – „denn man müsse, so sagt er, Gewinn daraus ziehen, und sei es aus Schlechtem“, ÜS F. Albrecht: Weisheit, 54), denn dort ist ὅθεν δή (wörtl. „woher auch immer“) sicherlich interrogativ konnotiert. Im Fall von PsSal 35 liegt jedoch m. E. ein einfacher relativischer Gebrauch des Pronominaladverbs vor.2 49

σοφίαν ἀλλήλων

PsSal 49 ist ein Beispiel für den Gebrauch eines Pronomen reciprocum. Das Reziprokpronomen ἀλλήλων tritt in der biblischen Gräzität recht häufig auf, wobei der Gebrauch im Neuen Testament gegenüber der Septuaginta deutlich überwiegt.3 Letzteres dürfte im Wesentlichen daran liegen, dass das Reziprokpronomen kein direktes Äquivalent im Hebräischen oder Aramäischen aufweist.4 Zwei Folgerungen Muraoka, Syntax, 91: „A possible new development of ὅθεν ‘where from?’ < ‘whence’ is possibly attested twice“. 2 Zum relativischen Gebrauch des Pronominaladverbs vgl. Muraoka, Syntax, 80–81 (§ 17ga); Bl.-Debr., 82 (§ 104.1). 3 In der LXX liegen 42, im NT 94 Belege vor. Zum Septuaginta-Gebrauch vgl. Muraoka, Syntax, 56–58 (§ 9a–b); zum ntl. Gebrauch vgl. Bl.-Debr., 236 (§ 287). — In PsSal 4 9 (σοφίαν ἀλλήλων – „einer des andern Weisheit“) liegt allerdings ein Sonderfall vor, der lediglich in Jes 34 15 (τὰ πρόσωπα ἀλλήλων – „die einen der andern Gesichter“) eine grammatikalische Entsprechung aufweist; vgl. Muraoka, Syntax, 483: Das Reziprokpronomen ist in beiden Fällen nicht adverbial, sondern adnominal konstruiert. Die Textstelle Jes 34 15 ist insgesamt problematisch: LXX lautet ἐκεῖ ἔλαφοι συνήντησαν καὶ εἶδον τὰ πρόσωπα ἀλλήλων („dort begegneten sich Hirsche, und es sahen die einen der anderen Gesichter“; vgl. die Übersetzung der LXX.D in freier, adverbialer Wiedergabe: „dort begegneten sich Hirsche und sahen einander ins Gesicht“). Davon weicht MT stark ab: ‫עּותּה‬ ָ ‫„( ָשם נִ ְק ְבצּו ַדּיֹות ִא ָשה ְר‬dort versammeln sich die Geier, einer [beim] anderen“). 4 Vgl. Muraoka, Syntax, 56: „Neither Hebrew nor Aramaic possesses a reciprocal pronoun as such, but uses a range of idiomatic collocations.“ — Die Annahme einer hebr. Vorlage der Psalmen Salomos hat zum Lemma ἀλλήλων (PsSal 4 9) eine Reihe an Konjekturvorschlägen provoziert; vgl. vGebhardt, 101, in Anm. zu V. 9. 1

A Die Textzeugen

127

lassen sich aus dieser Tatsache ableiten: Entweder ist eine hebräische Vorlage frei wiedergegeben worden, oder aber es liegt ein Indiz für die genuin griechische Abfassung der Psalmen Salomos vor, die auch aus anderen Gründen naheliegt (s.u. § B-I „Die Frage nach der Abfassungssprache“). Der Syrer übersetzt jedenfalls PsSal 49: ‫ܚܟܡܬܐ‬ ̣ ‫„( ܕܚܕ ܚܕ‬die Weisheit eines jeden“), was der griechischen Vorlage entspricht.1 Präpositionen Die Psalmen Salomos besitzen eine ausgesprochene Vorliebe für Präpositionen. Vor allem ist eine besondere Häufigkeit im Gebrauch der Präposition ἐν zu beobachten.2 Sowohl Adjektive als auch Adverbien werden in den Psalmen Salomos umschrieben (in den Anmerkungen zur deutschen Übersetzung ist dies oftmals erwähnt). Die Umschreibung des Adjektivs geschieht mittels Präposition ἐν + Subst., die Umschreibung des Adverbs mittels Präposition εἰς + Subst.: Präposition ἐν + Subst. Eine Reihe von präpositionalen Ausdrücken dient als Adjektiversatz in prädikativer Funktion, zum Beispiel:3 122a

ἐν ποικιλίᾳ „mannigfaltig“ (wörtl. „in Mannigfaltigkeit“).

Vgl. insgesamt z. St.Trafton, 65–66, in Anm. 40, und bes. ebd., 65: „[…] ‫ܕܚܕ ܚܕ‬ corresponds closely to ἀλλήλων.“ 2 Vgl. H.E. Ryle/M.R. James: Psalms, lxxxix: „The preposition ἐν is almost frequently used as all the other prepositions reckoned together.“ — Den auffälligen Gebrauch der Präpositionen haben bereits H.E. Ryle/M.R. James: Psalms, lxxxix, zu ἐπί, ἀπό, πρός und μετά, beschrieben. 3 Vgl. H.E. Ryle/M.R. James: Psalms, lxxxix: „It is characteristic of this book to use ἐν with a substantive almost in the place of an adjective […].“ 1

128

Einleitung

Teilweise liegt auch adverbialer Gebrauch vor, beispielsweise: 141a

ἐν ἀληθείᾳ „wahrhaftig“ (wörtl. „in Wahrheit“).1

Präposition εἰς + Subst. Eine Reihe von präpositionalen Ausdrücken dient als Ersatz des Adverbs, zum Beispiel: ζήσονται […] εἰς τὸν αἰῶνα „ewig […] werden sie leben“. 143a 171 […] εἰς τὸν αἰῶνα καὶ ἔτι „[…] immer und ewig“. 1713b ἡ καρδία αὐτοῦ ἀλλοτρία ἀπὸ τοῦ θεοῦ ἡμῶν Dieses Syntagma ist zunächst Beispiel für den Gebrauch des ablativischen Genetivs.2 Das Besondere daran ist jedoch, dass das Adjektiv ἀλλότριος hier nicht mit einfachem Genetiv (ἀλλότριος + τινός), sondern vielmehr als präpositionaler Ausdruck mit Genetiv, in dem die Präposition ἀπό den Genetivus separationis unterstreicht, konstruiert ist: „und sein Herz war unserem Gott fremd“. Dasselbe Phänomen liegt in der Konstruktion des Adjektivs κα­θα­ ρός + ἀπό vor, die als gewöhnlich gelten kann; vgl. PsSal 1736 (κα­θα­ ρὸς ἀπὸ ἁμαρτίας). βασιλεὺς δίκαιος διδακτὸς ὑπὸ θεοῦ 1732 Das Verbaladjektiv διδακτός könnte problemlos mit dem einfachen Genetiv stehen (vgl. Jes 5413: διδακτοὺς θεοῦ). Die Psalmen Salomos – mit ihrer ausgesprochenen Vorliebe für Präpositionen – gebrauchen stattdessen den präpositionalen Ausdruck mit Genetiv, in dem die Präposition ὑπό zur Bezeichnung des Urhebers den Genetivus pertinentiae betont.3 Vgl. zu diesem Syntagma Bauer6, 70, s.v. ἀλήθεια, mit Verweis auf die Psalmen Salomos: „ἐν ἀληθείᾳ wirklich, wahrhaftig“. 2 PsSal 17 13 wird von Muraoka, Syntax, als Beispiel für den ablativischen Gebrauch des von einem Adjektiv abhängigen Genetivs angeführt; vgl. ebd., 142– 143: „Genitive with adjectives“, hier: 143: „with ablative value“. 3 PsSal 17 32 wird von Muraoka, Syntax, 136, vgl. 146, als Beispiel für einen „genitive of agent“ angeführt. Vgl. Bl.-Debr., 147 (§ 183: „Der Genitiv bei Verbaladjektiven“): „Zur Bezeichnung des Urhebers beim substantivierten Verbaladjektiv dient auch im NT der Genitiv“; vgl. ferner ebd., 185 (§ 232) zu ὑπό c. Gen. „zur Bezeichnung des Urhebers beim Pass. und bei Ausdrücken passivischen Sinnes“. 1

A Die Textzeugen

129

4.3.2. Verbalsyntax Im Bereich der Verbalsyntax sind in den Psalmen Salomos zwei Auffälligkeiten zu beobachten: einerseits der gehäufte Gebrauch des substantivierten Infinitivs, andererseits Besonderheiten bei der Erweiterung des Verbums. Der substantivier te Inf in itiv Charakteristisch für die Psalmen Salomos ist der für die Septuaginta typische Gebrauch des substantivierten Infinitivs mit ἐν τῷ.1 Das Besondere an dieser Konstruktion ist, dass sie in der Septuaginta insgesamt zwar häufig, aber doch recht ungleichmäßig verteilt ist: Nicht vertreten ist sie im 2.–4. Makkabäerbuch, und in den Libri sapientiales begegnet sie – abgesehen vom Sirachbuch (19mal) – nur an einer einzigen Stelle im Hiobbuch (Hiob 384). Am häufigsten ist sie dagegen im Ezechielbuch zu finden (87mal), häufig auch im Psalter (62mal). Im kurzen Text der Psalmen Salomos sind immerhin 22 Belege zu finden, und so zeigt sich m. E. einmal mehr die sprachliche Aus-

Vgl. dazu Bl.-Debr., 333–334 (§ 404): „Der substantivierte Inf. mit Präp. im Dativ“; Mayser II/1, 328–329. – Diese Konstruktion ist in den Psalmen Salomos im Vergleich zur übrigen Septuaginta relativ häufig; zur Statistik vgl. I. Soisa­ lon-Soininen: Infinitive, 192. Die daraus zu ziehenden Schlüsse – Soisalon-Soininen postuliert (ebd. 208) „eine scharfe Grenze zwischen der Übersetzungssprache und der Sprache der ursprünglich auf Griechisch geschriebenen Bücher“ – sind allerdings kritisch zu hinterfragen: Die Beobachtung, dass ἐν τῷ + Inf. in „2–4 Macc Odae SapSal EpJer Sus“ nicht auftritt (ebd. 193), lässt nicht nur angesichts von Prov, Eccl, Cant, bei denen eine hebräische Vorlage außer Frage steht, die aber Soisalon-Soininen zufolge (vgl. die Tabelle ebd. 192) ἐν + Inf. ebenfalls nicht bieten, sondern auch angesichts des Neuen Testaments, und hier insbesondere des lukanischen Gebrauchs von ἐν τῷ + Inf. (s. dazu Bl.-Debr., a.a.O.), erheblich daran zweifeln, dass derlei statistische Erhebungen zum Gebrauch des Infinitivs sichere Schlüsse darüber zulassen, ob ein griechischer Text auf hebräischer Vorlage beruht oder nicht. Eine Nachahmung der Septuaginta-Sprache, wie sie für Lukas typisch ist, würde den Befund der Psalmen Salomos gleichermaßen erklären. 1

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Einleitung

richtung des Salomopsalters am kanonischen Psalter.1 Ein Beispiel mag genügen:2 59–10

σὺ τρέφεις· ἐν τῷ διδόναι […], (10) ⟨ἐν τῷ⟩ ἑτοιμάσαι.

Diese Verse bezeugen einen doppelten substantivierten Infinitiv als adverbielle Bestimmung zum übergeordneten Prädikat τρέφεις mit (stilistisch bedingter) Elision des zweiten ἐν τῷ.1

Überdies sind allein 15 weitere Fälle des artikulierten Infinitivs für die Psalmen Salomos zu verzeichnen.2 Drei Beispiele seien hervorgehoben, bei denen an den substantivierten Infinitiv mit τοῦ weitere Infinitive ohne Artikel angeschlossen sind: 234–35 1722–253

τοῦ διαστεῖλαι […] ἀποδοῦναι […] ἐλεῆσαι […] ἀποδοῦναι. τοῦ θραῦσαι […] καθαρίσαι […] ἐξῶσαι […] ἐκτρῖψαι […] συντρῖψαι […] ὀλεθρεῦσαι […] φυγεῖν […] ἐλέγξαι.

Vgl. etwa § A-I-4-2-2 zum „Perfekt“. Zur Ausrichtung der Psalmen Salomos am kanonischen Psalter vgl. zudem S. 202,Anm. 2. 2 Bezüglich der Psalmen Salomos ist folgende Verteilung festzustellen: Besonders häufig findet sich der substantivierte Infinitiv mit ἐν τῷ in den Psalmen 5 und 16, hinwieder nicht in den Psalmen 3, 8, 10–14, und 18. Die Belege sind: PsSal 1 1 (bis). 3; 2 1; 4 8; 5 2. 5. 9. 10. 12; 6 1; 7 6; 9 1 (bis); 15 1; 16 1. 3. 11. 12. 14. 15; 17 7. 1 Zur Verwendung des substantivierten Infinitivs in adverbieller Bestimmung zum Prädikat vgl. Bl.-Debr., 334 (§ 404.2). 2 Die Belege sind: PsSal 2 22. 25. 34; 3 7; 5 4; 7 5. 10; 9 4; 14 8; 17 18. 21. 22. 36. 41. – Zu PsSal 17 18 vgl. Muraoka, Syntax, 364. Muraoka behandelt PsSal 17 18 (ἀνέσχεν ὁ οὐρανὸς τοῦ στάξαι ὑετὸν ἐπὶ τὴν γῆν – „der Himmel hörte auf, Regen auf die Erde zu träufeln“) als Beispiel für τοῦ mit Genetiv- oder Ablativfunktion, ergänzt um einen Infinitiv. 3 Der ursprünglichen Konstruktion nach folgen auf den Imperativ Aor. Akt. (V. 22a ὑπόζωσον – „umgürte“) ganze acht Infinitive im Aor. Akt. (V. 22a+b; 23a+b; 24a+b; 25a+b). Dagegen emendiert vGebhardt den Text der Verse 23–24 (zu den Emendationen vGebhardts s.o. S. 53, Anm. 1), indem er anstelle der Infinitive vielmehr Optative liest (auch V. 22 καθαρίσαι mag von vGebhardt als Optativ aufgefasst worden sein, was an der Akzentuation freilich nicht abzulesen ist, da Inf. Aor. Akt. und 3. Pers. Sg. Opt. Aor. Akt. bei dieser Form gleichlauten). Rahlfs hat diese, wohl gemerkt unbegründeten, Entscheidungen vGebhardts in seiner Handausgabe ganz zu Recht revidiert, vgl. Rahlfs-Hanhart im Apparat zu PsSal 17 23; K.G. Kuhn: Textgestalt, 69. – Vgl. ferner im Einzelnen: § A-I-4-2-2 1

A Die Textzeugen

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τοῦ ἄρχειν […] ἐλέγξαι […] ἐξᾶραι.

Der substantivierte Infinitiv mit τοῦ dient häufig als „Bezeichnung eines Zweckes, einer Absicht“1, zum Beispiel: ὑπερηφανία τοῦ καταδυναστευθῆναι. 1741 Das erweiter te Verbum Einige Besonderheiten betreffen die Kasussyntax der Verba. Drei eigentümliche Beispiele lassen sich anführen: 33

δίκαιοι μνημονεύουσιν […] τοῦ κυρίου […] τὰ κρίματα κυρίου. Im Bereich der Kasussyntax verweist Muraoka unter der Rubrik „The verb expanded“ auf einen Sonderfall in PsSal 33 (Muraoka, Syntax, 509). An das gewöhnlich mit dem Genetiv konstruierte Verbum μνημονεύειν sind zwei Objekte angeschlossen; das erste im Genetiv, das zweite im Akkusativ stehend.2 Der Akkusativ ist allerdings weniger verwunderlich, wenn man bedenkt, dass das erste Objekt ein persönliches, das zweite ein sächliches ist und dass der sächliche Akkusativ deutlich häufiger auftritt als der persönliche.3 66

πᾶν αἴτημα ψυχῆς ἐλπιζούσης πρὸς αὐτὸν ἐπιτελεῖ ὁ κύ­ρι­ος Die in PsSal 66 belegte Konstruktion von ἐλπίζειν + πρός τινα ist zwar andernorts nur selten bezeugt, sie passt aber zum sonstigen Sprachgebrauch der Psalmen Salomos, da ἐλπίζειν nämlich immer mit Präposition, und zwar stets mit einer solchen im Akkusativ, konstruiert wird:4

„Konjugation“, „Tempora“, unter der Rubrik „Aorist“ (zu PsSal 17 23 ἐξῶσαι); § A-I-3-4 „Konjekturalkritik“ (zu PsSal 17 22 καθαρίσαι). 1 Vgl. Kühner II/1, 40–42; zur Bedeutung ferner Mayser II/1, 320– 32 („II. Der Infinitiv mit Artikel“); und schließlich Bl.-Debr., 330–332 (§ 400): „τοῦ mit Inf. gehört einer höheren Schicht der Koine an.“ 2 Vgl. Bl.-Debr., 143 (§ 175) zu μνημονεύειν: „meistens Gen., doch auch Akk.“. 3 Vgl. Helbing, Kasussyntax, bes. 108–109, hier 109: „Fast immer ist der Akkusativ ein sächlicher, sehr selten ein persönlicher […]“. 4 Zu ἐλπίζειν vgl. Muraoka, Syntax, 502, der betont, dass die Konstruktionsweisen von ἐλπίζειν in der Septuaginta vielfältig seien; Muraokas Hinweis (ebd., Anm. 2), dass Helbing das Verbum in seiner Kasussyntax nicht behandeln wür-

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Einleitung

ἐλπίζειν + πρός τινα (66). ἐλπίζειν + ἐπί τινα (910; 173. 33); vgl. ἐλπίς + ἐπί τινα (514; 831; 172.39). ἐλπίζειν + εἴς τινα (151); vgl. ἐλπίς + εἴς τινα (1734). 1736

τοῦ ἄρχειν λαοῦ μεγάλου 336-769 260] τοῦ ἄρχειν λαοὺς μεγάλους 253

Es besteht kein Zweifel, dass ἄρχειν c. Gen., und nicht etwa c. Acc. konstruiert wird1, wie Ra 253 als v. l. bezeugt. In der biblischen Gräzität steht ἄρχειν jedenfalls c. Gen.2, und so Mayser zufolge auch ausnahmslos in den Papyri der Ptolemäerzeit.3 Ra 253 hat den Kasus im vorliegenden Fall kontextuell bedingt angeglichen; zur Begründung s.o. § A-I-3-2 „Kontextuelle Variantenbildungen“. de, ist nicht korrekt; vgl. Helbing, Kasussyntax, 199. Zu den Konstruktionsweisen von ἐλπίζειν vgl. ferner Bl.-Debr., 151 (§ 187.2 in Anm. 2). 1 Zu ἄρχειν c. Acc. vgl. Helbing, Kasussyntax, 113–114, hier: 114, der PsSal 17 36 (auf Grundlage der mit Ra 253 gehenden Ausgabe Swetes und referenziert als PsSal 17 41) als Ausnahme für ἄρχειν c. Acc. anführt. – Die Randbemerkung bei Muraoka, Syntax, 507 in Anm 5, dass PsSal 17 36 möglicherweise erhellend für den Gebrauch von κατάρχειν c. Acc. in Sach 9 10 sei, ist kaum hilfreich; Sach 9 10 lautet: κατάρξει ὑδάτων ἕως θαλάσσης καὶ ποταμῶν διεκβολὰς γῆς – „er wird die Wasser bis zum Meer beherrschen und die Flüsse bis zu den Enden der Erde“. Der Satz dürfte syntaktisch parallel konstruiert sein: Am Verbum κατάρχειν hängen zwei Genetive (κατάρξει ὑδάτων […] καὶ ποταμῶν); dem präpositionalen Ausdruck ἕως θαλάσσης im ersten Glied entspricht διεκβολάς γῆς im zweiten Glied, wobei διεκβολάς als „Akkusativ der Ausdehnung“ zu verstehen ist; vgl. dazu m. E. ganz richtig T. Pola: Zacharias, 2465, im Kommentar zu Sach 9 10, mit Verweis auf Bl.-Debr., 131–132 (§ 161). Demgegenüber übersetzt Muraoka: „he will reign over waters .. [sic!] the end-points of the earth“ (a.a.O., s.o.). Zugegebenermaßen bezeichnet Muraoka diesen Akk. als „problematic“ (ebd.). Wollte man dennoch mit Muraoka in Erwägung ziehen, dass hier κατάρχειν c. Gen. et c. Acc. konstruiert sein könnte, dann ist auf den schon von Muraoka z. St. referenzierten Helbing zu verweisen, der konstatiert, „daß Komposita mit κατά von jeher zu transitivem Gebrauch neigen“ (Helbing, Kasussyntax, 114). 2 Zu ἄρχειν c. Gen. vgl. Bl.-Debr., 144 (§ 177). An Septuagintabelegen seien genannt: Iud A 9 11. 13; 1Makk 1 4; Hiob 42 17 d α; Jes 11 10. Nur in Iud A 5 2 ist ἄρχειν c. Acc. zu finden; dort aber in der Konstruktion eines substantivierten Infinitivs mit ἐν τῷ: ἐν τῷ ἄρξασθαι ἀρχηγούς. 3 Vgl. Mayser II/2, 201 u. 215 (jeweils § 85). – Auch klassisch wäre ἄρχειν c. Acc. höchstens die Ausnahme; vgl. Kühner II, 348–349 (§ 416.2 in Anm. 7).

A Die Textzeugen

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4.4. Er gebn is Die Überlieferung hat das sprachliche Gewand der Psalmen Salomos in ihrem Bestreben, den Text diorthotisch zu bereinigen, größtenteils verdeckt (vgl. § A-I-3 „Die Textproblematik im Griechischen“). Der ins IV. Jh. zu datierende Hyparchetyp ε und alle übrigen, von ihm abhängigen griechischen Textzeugen unterliegen attizistischer Korrektur.1 Demgegenüber hat mitunter lediglich ein Textzeuge, namentlich Hs. Ra 253, das ursprüngliche Sprachgewand bewahrt2, das eine Reihe an grammatischen Charakteristika aufweist, die ihrerseits eine klare sprachgeschichtliche Einordnung der griechischen Psalmen Salomos im Rahmen der Koine ermöglichen: Die griechische Sprachgestalt legt eine Datierung der griechischen Psalmensammlung um die Zeitenwende nahe.3 Die Erwägungen zum Charakter der griechischen Überlieferung zeigen, dass die Psalmen Salomos vom biblischen Sprachgebrauch geprägt sind.4 Insbesondere die Untersuchungen zur Lexik offenbaren manche Auffälligkeiten (s.o. § A-I-4-2-3 „Lexik“): Ein bestimmter Wortschatz der Psalmen Salomos ist in der übrigen Septuaginta lediglich in späteren Schriften vertreten, deren Übersetzung ins Griechische nicht

Zu Hyparchetyp ε und seiner Datierung vgl. § A-III-4 das Ergebnis der stemmatischen Analyse. Zur attizistischen Korrektur des Hyparchetyp ε vgl. insbesondere § A-I-4-2-1 in den Ausführungen zum Metaplasmus. Neben den unter § A-I-3 „Die Textproblematik im Griechischen“ abgehandelten Einzelbeobachtungen zur attizistischen Bearbeitung, vor allem in Ra 260, vgl. überdies § D-VII „Satzphonetisches“ zum Νῦ ἐφελκυστικόν. 2 Auf den besonderen Wert von Ra 253 hat bereits vGebhardt, 30–32, mit Nachdruck hingewiesen. Die im Rahmen der vorliegenden Untersuchung gewonnenen Ergebnisse bestätigen vGebhardts Eindruck in vielerlei Hinsicht. Dennoch ist auch Ra 253 vielfach korrupt, so dass die wertvollen Lesarten von einfachen Überlieferungsfehlern (z. B. PsSal 17 36. 37; s.o. § A-I-4-3-2 „Das erweiterte Verbum“) zu scheiden sind. 3 Abgesehen davon, ist ein literarisches Wachstum der Sammlung anzunehmen, s.u. § B-II-2 („Die Psalmensammlung“). 4 Davon zunächst unabhängig zu sehen, ist die Frage nach der Abfassungssprache der Psalmen Salomos, die einer eigenen Betrachtung vorbehalten bleibt, s.u. § B-I („Die Frage nach der Abfassungssprache“). 1

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Einleitung

vor dem II. Jh. v. Chr. erfolgte (s.o. „Seltene Lexeme“ in der Rubrik „Charakteristischer Septuaginta-Wortschatz“). Andere Lexeme, die als Hapaxlegomena der Septuaginta in Erscheinung treten (s.o. „Hapaxlegomena“ in der Rubrik „Charakteristischer Septuaginta-Wortschatz“), geben vor dem Hintergrund ihrer Bezeugung in der Profangräzität resp. im hellenistischen Judentum wertvolle Hinweise für die Datierungsfrage (vgl. bes. ὑπερπλεονάζειν und χρηστεύεσθαι): Auch sie ermöglichen eine zeitliche Eingrenzung und sprechen für eine Datierung der Psalmen Salomos um die Zeitenwende.

II. Die syrische Überlieferung Die syrische Version der Psalmen Salomos wurde 1909 von James Rendel Harris entdeckt und veröffentlicht (Hs. 16h1).1 In den darauffolgenden Jahren wurden neue Textzeugen von W. E. Barnes (Hs. 14k1), E. W. Brooks (Hs. S), F. C. Burkitt (Hs. 10h1) und W. Baars (Hs. 16g7) aufgefunden.2 Die syrische Überlieferung erweist sich als Übersetzung aus dem Griechischen, wie im Folgenden darzulegen sein wird.

Vgl. dazu J.R. Harris: Hymn-Book. Die editio princeps folgte im selben Jahr: J.R. Harris: Odes 1909, eine zweite Auflage erschien 1911: J.R. Harris: Odes 1911. Eine Neuedition unter Berücksichtigung der neuen Handschriftenfunde erschien 1916 und 1920 in Zusammenarbeit mit Alphonse Mingana: Harris-Mingana I–II. 2 F.C. Burkitt: New MS (Hs. 10h1); W. Baars: Additional Fragment (Hs. 16g7); E.W. Brooks: Hymns, 726 und „Errata“ zu PO VII/5 (Hs. S); zu Barnes’ Entdeckung von Hs. 14k1 vgl. J.R. Harris: Odes, 46: „Dr Barnes has discovered in the Cambridge University MS. Add. 2012 (a volume containing two short works of Bar Hebraeus followed by a collection of prayers), the Syriac text of the Psalm of Solomon xvi. 6–13.“; F.C. Burkitt: New MS, 373 Anm. 1: „So C.U.L. Add. 2012, which quotes a few verses from ‚Psalm 58‘ (i. e. Ryle and James xvi), as pointed out by Dr W. E. Barnes in J. T. S. for July 1910.“. Der Hinweis auf JTS lässt sich nicht verifizieren; vgl. dazu bereits Trafton, 9 Anm. 5. 1

A Die Textzeugen

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1. Die syr ischen Zeugen Die fünf syrischen Textzeugen der Psalmen Salomos sind allesamt unvollständig. Bei dreien handelt es sich lediglich um Fragmente (S, 14k1, 16g7). Die übrigen beiden überliefern die Psalmen Salomos im Anschluss an die Oden Salomos (10h1, 16h1), wobei keine der Hss. das Ende der Psalmen Salomos (PsSal 187b–12) überliefert: 10h1 London, British Library, Codex British Library Add. 14538, ff. 151v–152v; Pergamenths., X. Jh.; die Oden Salomos und die Psalmen Salomos enthaltend, näherhin PsSal 11–35b; 102–187a; Sigel bei Burkitt: N, Sigel bei Harris-Mingana: B.1 – Die Hs. wurde 1843 vom British Museum erworben und stammt aus der Nitrischen Wüste Ägyptens.2 16h1 Manchester, John Rylands Library, Codex Rylands Syr. 9, ff. 31v–56v; Papierhs., XV./ XVI. Jh.; die Oden Salomos und die Psalmen Salomos enthaltend, näherhin PsSal 11–1738; Sigel bei Harris-Mingana: H.3 – Die Hs. stammt aus dem Irak.4 S London, British Library, Codex British Library Add. 17134, f. 62v; Pergamenths., VII. Jh.; die Hymnen des Severus von Antiochien (CPG 7072) enthaltend; Randnote zu Hymne 277 mit PsSal 31–5c.5 – Die Hs. gilt als Autograph Jakobs v. Edessa und Zu Hs. 10h1 vgl. W. Wright: Catalogue II, 1003–1008 (Nr. DCCCLXIII), hier: 1008: „A collection of Hymns, very imperfect.“; F.C. Burkitt: New MS; D. Wil­ ley: Odes; Harris-Mingana I, x; Peshitta Institute: List, 19; M. Lattke: Bedeutung I, 32–51. 2 Die Hs. ist Teil der sog. „Nitrian Collection“. Sie wurde von Henry Tattam für das British Museum erworben. Zum Erwerb der Codices Add. 14425–14739 vgl. W. Wright: Catalogue III, xiii. Zur „Nitrian Collection“ vgl. ebd. Preface. 3 Zu Hs. 16h1 vgl. Harris-Mingana I, ix–x; Peshitta Institute: List, 27; M. Lat­ tke: Bedeutung I, 52–77. 4 Zur Provenienz der Hs. vgl. Harris-Mingana I, ix: „from the banks of the Ti­gris“. 5 Zu Hs. S vgl. W. Wright: Catalogue I, 330–339 (Nr. CCCCXXI); den Text der Randnote hat E.W. Brooks: Hymns, 726 und „Errata“ zu PO VII/5, herausgegeben und übersetzt. Die Randnote trägt die Überschrift ‫ܕܚܟܡܬܐ‬, woraus zu schließen ist, dass der Urheber dieser Note – wohl Jakob v. Edessa (zu Jakob s. die nachfolgende Anm.) – ein Exemplar der Psalmen Salomos vor sich hatte, das 1

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ist auf das Jahr 675 n. Chr. datiert.1 Sie wurde 1847 vom British Museum erworben und stammt aus dem in der Nitrischen Wüste Ägyptens gelegenen sog. Syrischen Kloster (‫)دير السريان‬.2 14k1 Cambridge, University Library, Codex Cantabrigiensis Add. 2012, ff. 104v–105r; Papierhs., XIV. Jh; eine Miszellaneenhs., die ff. 76v–157r eine Gebetsammlung mit PsSal 166–13 enthält; Sigel bei Harris-Mingana: C.3 – Die Hs. wurde neben anderen 1842–1844 von George Percy Badger in Mesopotamien und Kurdistan für die „Society for Promoting Christian Knowledge“ erworben; im Jahr 1887 wurde die Sammlung der Gesellschaft der University Library zu Cambridge vermacht.4

als Sapientia Salomonis überschrieben war, ebenso wie dies in Hs. 253 (resp. beim stemmatischen Aszendenten der Hs. 253) der Fall (gewesen) ist; s.u. § B-II-1-1 „Buchtitel“. Die Bezeichnung des Textes als „Weisheit“ hat dazu geführt, dass E.W. Brooks: Hymns, 726, die Randnote zunächst als Zitat aus der Sapientia Salomonis begriff („Wisd. [not in our text, partly illeg.]“), sein Versehen nachträglich jedoch in den „Errata“ zu PO VII/5 korrigierte: „Ps. Sol. iii, 1–6 (not the text of Harris)“. 1 Vgl. W. Wright: Catalogue I, 330: „This manuscript […] is not improbably an autograph of the famous Jacob, bishop of Edessa. It is dated A. Gr. 986, A.D. 675 […].“ Überdies notiert Wright ebenda zur Hs., dass sie die Hymnen des Severus v. Antiochien enthalte, und zwar: „translated from the Greek into Syriac by Paul, bishop of Edessa, when he was residing in the island of Cyprus […]; and revised and corrected by Jacob, in the year above mentioned.“ — Zu Jakob v. Edessa (633–708) vgl. A. Baumstark: Geschichte, 248–256; I.A. Barsoum: Pearls, 334–351; B. ter Haar Romeny: Jacob of Edessa. 2 Die Hs. ist Teil der sog. „Nitrian Collection“, der die meisten syrischen Hss. der British Library zugehören. Sie wurde von Auguste Pacho für das British Museum erworben. Zum Erwerb der Codices Add. 17102–17274 vgl. W. Wright: Catalogue III, xiv–xv. Zur „Nitrian Collection“ s.o. S. 135,Anm. 2. 3 Zu Hs. 14k1 vgl. W. Wright/S.A. Cook: Catalogue I, 525–539; Harris-Mingana I, xi; Peshitta Institute: List, 3. — Im Rahmen der Gebetsammlung steht PsSal 16 6–13 in Hs. 14k1 an 16. Stelle im Anschluss an einen Auszug aus dem 5. Klagelied Jeremias (u.a. Lam 5 19–20); die Stellung im Anschluss an das Jeremiagebet entspricht der in Hs. 16g7 (s.u.), wobei der übrige Überlieferungskontext – soweit der Katalogbeschreibung zu entnehmen ist – abweicht. 4 Zur Provenienz der Hs. 14k1 vgl. W. Wright/S.A. Cook: Catalogue I, xv–xvi („S.P.C.K. Collection“): Die Codices Add. 1962–2026. 3275–3294 gehen auf Bad-

A Die Textzeugen

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16g7 Woodbrooke, Selly Oak Colleges Library, Codex Mingana Syr. 331, f. 13r–v; Papierhs., XVI. Jh.; eine Miszellaneenhs., die ff. 1r–47r eine Gebetsammlung mit PsSal 166–13 enthält.1 – Die auf den 4.10.1573 datierte Hs. stammt von zwei Schreibern und trägt zwei Besitzvermerke.2 Die Hs. wurde von Alphonse Mingana vermutlich im Zeitraum 1925–1932 erworben.3

2. Die Dr uckausgaben James Rendel Harris veröffentlichte 1909 auf Grundlage von Hs. 16h1 die editio princeps der syrischen Psalmen Salomos, eine zweite Auflage erschien 1911, eine Neubearbeitung unter Berücksichtigung der zwischenzeitlich neuen Handschriftenfunde folgte 1916 („vol. I, The text, with facsimile reproduction“) und 1920 („vol. II, The translation, with introduction and notes“) in Zusammenarbeit mit Alphonse Mingana.4 gers Erwerbungen zurück; vgl. allgemein dazu G.P. Badger: Nestorians I–II, bes. II, 13. 1 Zu Hs. 16g7 vgl. A. Mingana: Catalogue I, 610–616; W. Baars:Additional Fragment; Peshitta Institute: List, 48. — Im Rahmen der Gebetsammlung steht PsSal 16 6–13 in Hs. 16g7 an dritter Stelle im Anschluss an denselben Auszug aus dem 5. Klagelied Jeremias, den auch Hs. 14k1 (s.o.) bietet, wobei der übrige Überlieferungskontext – soweit der Katalogbeschreibung zu entnehmen – abweicht. 2 Vgl. A. Mingana: Catalogue I, 615–616. Die Hs. besteht aus zwei Teilen: Teil 1 (ff. 1–155), geschrieben vom Mönch Jakob; Teil 2 (ff. 156–173), geschrieben von dessen Bruder Behnam, Sohn des Simon, Sohn des Habib. Sie enthält zwei Kolophone: Kolophon 1 (f. 173r) ist auf Syrisch verfasst und stammt von der Hand des Kopisten Behnam; Kolophon 2 (f. 173v–174r) ist auf Arabisch verfasst und stammt von der Hand des Kopisten Jakob. — Zwei Besitzvermerke in Garschuni finden sich auf f. 133v und f. 173v. 3 Das genaue Datum der Akquise ist den Katalogangaben Minganas nicht zu entnehmen; zu den Erwerbungen Minganas vgl. A. Mingana: Catalogue I, v: „The majority of the MSS. were collected in the autumn of 1925 in the course of a journey that I was able to undertake in Kurdistan and Upper Mesopotamia […]. From 1925 to 1932 a considerable number of MSS. were added to the collection […]“. 4 J.R. Harris: Odes; Harris-Mingana I–II. — Die 2. Aufl. von 1911 enthält als Frontispiz ein Faksimileblatt (OdSal 26 13–14; 27; 28 1–4) von Hs. 16h1; der Tafelband

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Einleitung

Willem Baars legte 1972 schließlich im Rahmen der Leidener Peshitta-Ausgabe eine diplomatische Neuedition vor, basierend auf Hs. 16h1 (PsSal 11–1734) und Hs. 10h1 (PsSal 1735–187a), allerdings ohne Berücksichtigung der Handschrift S, vor, welche die bislang maßgebliche Ausgabe der syrischen Psalmen Salomos bildet.1 Leider hat Baars in seiner Edition die alte, auf Swete zurückgehende Verszählung, die im Übrigen auch Harris-Mingana zugrunde legen, beibehalten und nicht die Verszählung vGebhardts übernommen (s.o. § A-I-2 „Die Druckausgaben“).

3. Die Textpr oblematik im Syr ischen Die syrische Überlieferung der Psalmen Salomos ist mit einer doppelten Problematik behaftet: (1) Erstens sind die editorischen Vorarbeiten ungenügend, insofern bislang keine kritische, sondern lediglich eine diplomatische Edition vorliegt (s.o. § A-II-2 „Die Druckausgaben“), die, wenn überhaupt, dann nur sehr behutsam in den handschriftlich überlieferten Textbestand korrigierend eingreift und dabei offenkundig nicht das Ziel verfolgt, einen kritischen Text zu konstituieren, der den handschriftlich überlieferten qualitativ entscheidend zu übertreffen vermag. Im Einzelfall gilt es daher kritisch zu hinterfragen, inwieweit von innersyrischer Textverderbnis auszugehen ist, bevor Rückschlüsse auf die Vorlage des Syrischen statthaft sind. Trafton hat in seiner umfangreichen Untersuchung der syrischen Psalmen Salomos auf viele Korruptelen aufmerksam gemacht. Beispiele für innersyrische Korruption finden sich in: 2 1b (ἐν κριῷ; vgl. z. St. Trafton, 31–32 Nr. 2) — 2 19a (ἐν καταπατήσει; vgl. z. St. Trafton, 38 Nr. 55) — 2 19b (τὸ κάλλος; vgl. z. St. Trafton, 38 Nr. 56) — 2 21a (μίτραν; vgl. z. St. Trafton, 40 Nr. 62) — 2 31b (εἰς ἀπώλειαν αἰῶνος; vgl. z. St. Trafton, 47 Nr. 104; Sy16h1 ist gegenüber Sy10h1 verderbt; gleichermaßen ist Sy16h1 darauffolgend in PsSal 2 31c [οὐκ ἔγνωσαν] ver-

von 1916 enthält als Frontispiz ein Faksimileblatt (OdSal 17 7—21 7) von Hs. 10h1, sowie ein komplettes Faksimile der Hs. 16h1. 1 J.-C. Lebram u.a.: OTSy IV/6. – Bei der Baars’schen Edition handelt es sich um eine diplomatische Edition, nicht – wie Trafton, 17–18. 20, meint – um eine kritische.

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derbt) — 4 6b (πενίᾳ; vgl. z. St. Trafton, 63 Nr. 28, im Einklang mit W. Baars: Psalms of Solomon) — 4 8a (ὅ­σιοι; vgl. z. St. Trafton, 64 Nr. 31, im Einklang mit W. Baars: Psalms of Solomon) — 4 14a (ἡ μερὶς αὐτοῦ ist im Syrischen ausgefallen; Harris-Mingana I, konjizieren daher zu Recht ‫ ܡܢܬܗ‬und lesen: ‫;ܡܢܬܗ ܡܪܝܐ‬ die weitergehende Konjektur von W. Baars: Psalms of Solomon, welcher ‫ܡܢܬܗ‬ ‫ ܕܡܪܝܐ‬liest, vermag dagegen nicht zu überzeugen; vgl. dazu Trafton, 68 Nr. 56) — 4 18 ist im Syrischen offenkundig verderbt — 5 12b (εὐφρᾶναι; V. 12b ist insgesamt im Syrischen verderbt. Das von Sy16h1 [als einzigem syr. Zeugen z. St.] gebotene Verbum ‫ ܣܒܥ‬scheint durch Konsonantenmetathese von Beth und Semkath aus ‫ ܒܣܡ‬verlesen worden zu sein. Überdies liest der Syrer αὐτοῦ anstelle von ταπεινοῦ) — 5 14a (πλούσιον; vgl. z. St.Trafton, 78 Nr. 38) — 6 3 (ἀπό; vgl. z. St. Trafton, 82–83 Nr. 11) — 8 3b (ὁ θεός; vgl. z. St. Trafton, 91 Nr. 10: „Perhaps Sy originally read ‫ܕܝܢ ܠܗ ܐܠܗܐ‬.“) – 8 8a (τὰς ἁμαρτίας αὐτῶν; vgl. z. St. Trafton, 92 Nr. 22; Harris-Mingana I, konjizieren – im Unterschied zu W. Baars: Psalms of Solomon – zu Recht) — 8 8b (ἔγνω; W. Baars: Psalms of Solomon, ist zu korrigieren; vgl. z. St. Trafton, 92 Nr. 24) — 8 14b (ποτήριον οἴνου ἀκράτου; vgl. z. St. Trafton, 94 Nr. 45; der syr. Wortlaut [Sy16h1] ist durch Textausfall verkürzt und verderbt; Trafton unterbreitet einen berechtigten Konjekturvorschlag: ‫ܟܣܐ‬ ‫ — )ܕܚܡܪܐ ̣̇ܚܝܐ‬8 16a (ἄρχοντες; Trafton, 95 Nr. 50, unterbreitet abermals einen berechtigten Konjekturvorschlag: ‫ — )̈ܪܝܫܢܝܗ‬8 20a (καὶ πᾶν; vgl. z. St. Trafton, 96 Nr. 59; Harris-Mingana I, konjizieren – im Unterschied zu W. Baars: Psalms of Solomon – m. E. zu Recht: lege ‫ ܘܟܘܠ‬pro ‫ — )ܡܛܠ‬8 25a (τὸ κρίμα σου ἐν τῇ δικαιοσύνῃ σου; vgl. z. St. Trafton, 97 Nr. 72; der syr. Wortlaut [Sy16h1] ist durch Textausfall verkürzt: Ein Äquivalent zu τὸ κρίμα σου fehlt in Sy16h1. Der verbleibende Wortbestand ≈ ἐν τῇ δικαιοσύνῃ σου [Sy16h1 *] ist durch Tilgung der Präposition ‫ ≈ ܒ‬ἐν verbessert worden in ≈ ἡ δικαιοσύνη σου [Sy16h1 C]) — 10 1a (ἐν ἐλεγμῷ; vgl. z. St. Trafton, 106 Nr. 3; Harris-Mingana I, und W. Baars: Psalms of Solomon, konjizieren zu Recht) — 10 2b (τοῖς ὑπομένουσιν; vgl. z. St. Trafton, 107 Nr. 14: „‫ ܡܩܒܠܝܢ‬is probably a corruption of ‫ — )“ܣܒܠܝܢ‬10 3a (δικαίων; δικαίων ist durch Auslassung der Seyame-Punkte in δικαίου verderbt) — 10 3b (τὸ ἔλεος; S. Holm-Nielsen: Psalmen, 85 in Anm. b zu PsSal 103b, schlägt zu Recht vor, ‫ ܚܙܬܗ‬in ‫ ܚܢܢܗ‬zu konjizieren; vgl. z. St. Trafton, 108 Nr. 19) — 10 8 (εἰς σωφροσύνην; lege ‫ ܡܠܘܟܘܬܐ‬pro ‫ — )ܡܠܟܘܬܐ‬13 5b (συμπαραληφθῇ; Harris-Mingana I, konjizieren zu Recht ‫ܢܬܬܒܪ‬ ̣ in ‫ܢܬܕܒܪ‬, vgl. Trafton, 126 Nr. 17) — 13 8a (ἐν περιστολῇ; möglicherweise ist ‫ܝܕܥܬܐ‬ aus ‫ ܝܪܝܥܬܐ‬entstanden1) — 13 9a (δίκαιον; hier ist Sy10h1, das dem Griechischen entspricht, gegenüber Sy16h1 [= W. Baars: Psalms of Solomon] zu bevorzugen; so auch Trafton, 128 Nr. 32) — 13 12b (καί; hier ist Sy10h1, das dem Griechischen entspricht, gegenüber Sy16h1 [= W. Baars: Psalms of Solomon, und Trafton] zu bevorzugen; vgl. z. St. Trafton, 129 Nr. 43) — 14 4a (ἐρριζωμένη; lege ‫ ܡܫܪܫܐ‬pro ‫;ܡܫܪܪܐ‬

Zu ‫ ܝܪܝܥܬܐ‬vgl. Sokoloff, 584b, und R.P. Smith:Thesaurus I, 1631–32.

1

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Einleitung

vgl. dazu bereits S. Holm-Nielsen: Psalmen, 91 in Anm. a zu PsSal 14 4, und Trafton, 133 Nr. 10) — 15 5a (κυρίου; lege ‫ ܡܪܝܐ‬pro ‫ ;ܡܪܝ�ܡܐ‬vgl. z. St. Trafton, 140 Nr. 24 mit Anm. 3, der den Text aber nicht ändert) — 15 5b (ὑπόστασιν; Sy ist mit ̇ ‫ ܫܘܪܪܗܘ‬pro ‫ܢ‬ ̇ ‫ ;ܫ̈ܪܫܝܗܘ‬vgl. z. St. K.G. Kuhn: Textgestalt, 41, zu konjizieren: lege ‫ܢ‬ Trafton, 140–141 Nr. 25, der den Text auch hier nicht ändert) — 15 7b (λοιμοῦ; Sy bedarf der Konjektur; vgl. dazu bereits Harris-Mingana I, z. St.: lege ‫ ܡܘܬܢܐ‬pro ‫ܡܘܬܐ‬1) — 15 8b (τὸ κρίμα; hier ist mit Sy10h1 der Sg. zu lesen, während W. Baars: Psalms of Solomon, mit Sy16h1 den Pl. bevorzugt) — 15 13b (τοῦ θεοῦ αὐτῶν; Trafton, 144 Nr. 48, unterbreitet Kuhn folgend einen berechtigten Konjekturvorschlag: ‫ — )ܐܠܗܗܘܢ‬16 2 (ἁμαρτωλοῦ; ἁμαρτωλοῦ ist in Sy durch das Hinzutreten ̈ — 16 14a (das von Seyame-Punkten in ἁμαρτωλῶν verderbt; lege ‫ ܚܛܝܐ‬pro ‫)ܚܛܝܐ‬ im Syrischen fehlende ψυχήν ist von Harris-Mingana I, Anm. x zu PsSal 16 14, ergänzt worden; W. Baars: Psalms of Solomon, hat diese Konjektur übernommen) — 17 2b (ἡ ἐλπίς αὐτοῦ; Harris-Mingana I, konjizieren zu Recht: lege ‫ܣܒܪܗ‬ pro ‫ ;ܒܣܪܗ‬vgl. z. St. Trafton, 160 Nr. 6, der jedoch ebenso wenig wie W. Baars: Psalms of Solomon, die Korruptele beseitigt. Zur Konsonantenmetathese von Beth u. Semkath s.o. zu PsSal 512b) — 17 5b (ἐξῶσαν ἡμᾶς; Trafton, 161 Nr. 12, unterbreitet einen berechtigten Konjekturvorschlag: lege ‫ ܐܪܚܩܘܢ‬pro ‫)ܐܪܚܩܘܢܝ‬ — 17 12b (τοὺς ἄρχοντας; durch Auslassung der Seyame-Punkte in ≈ τὸν ἄρχοντα verderbt; vgl. z. St. Trafton, 165 Nr. 36) — 17 13a (ἐν ἀλλοτριότητι; hier ist Sy10h1 [‫ ]ܒܢܘܟܪܝܘܬܐ‬gegenüber Sy16h1 [‫ ]ܒܢܘܟܪܝܬܐ‬zu bevorzugen) — 17 19a (συνεσχέθησαν; hier ist Sy10h1 [‫ ]ܐܬܬܚܕܘ‬gegenüber Sy16h1 [‫ ]ܘܐܬܬܚܕܘ‬zu bevorzugen; doch auch dann weicht Sy in der Wortstellung und in den Bezügen vom Griechischen ab; eine Rückübersetzung ergäbe: πηγαὶ αἰώνιοι συνεσχ. ἐξ ἀβύσσων καὶ ἀπὸ ὀρέων ὑψηλῶν) — 17 20a (καὶ λαοῦ; Sy16h1 liest ‫[ ܘܥܕ�ܡܐ‬Sy10h1 ‫ ≈ ]ܥܕ�ܡܐ‬καὶ ἕως, was, wie J. Begrich: Text, 149, zu Recht vermutet, durch einfache Konsonantenmetathese aus ‫ ≈ ܘܕܥ�ܡܐ‬καὶ λαοῦ entstanden sein dürfte) — 17 26a (καὶ συνάξει; K.G. Kuhn: Textgestalt, 70, hat zu Recht vermutet, dass der syr. Text verderbt und Dalath anstelle von Wau gelesen worden sei; lege ‫ ܘܢܟܢܫ‬pro ‫ ;ܕܢܟܢܫ‬vgl. z. St. Trafton, 172

Vgl. R.P. Smith:Thesaurus II, 2057, s.v. ‫ܡܘܬܢܐ‬, mit Belegen für die Wiedergabe von griech. λοιμός durch syr. ‫ ܡܘܬܢܐ‬und mit dem wertvollen Hinweis darauf, dass ‫ ܡܘܬܢܐ‬und ‫ ܡܘܬܐ‬oftmals vertauscht sind, wie die folgenden beiden Beispiele illustrieren mögen: 1. Jer 34 (8) 6 LXX (27 8 MT) bietet Syh den Zusatz καὶ ἐν λοιμῷ für α σ, während in der griech. hexapl. Überlieferung der Zusatz καὶ ἐν θανάτῳ für π (= πάντες) belegt ist. 2. Ex 5 3 liest LXX θάνατος. Syh bezeugt für α einerseits ἐν λοιμῷ (SyhT), andererseits ἐν θανάτῳ (SyhL); für σ ist in der Syh (SyhL; absc. SyhT) θάνατος bezeugt, was J.W. Wevers/U. Quast: Exodus, 101, im hexapl. Apparat z. St. in λοιμός konjizieren. 1

A Die Textzeugen

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Nr. 87) — 17 30b (δοξάσει; hier ist Sy10h1 [‫ ]ܘܢܫܒܚܝܘܗܝ‬gegenüber Sy16h1 [‫]ܘܢܫܒܚܘܢܝܗܝ‬ zu bevorzugen) — 17 37c (συνέσεως; W. Baars: Psalms of Solomon, konjiziert zu Recht ‫ ;ܕܦܛܢܐ‬vgl. z. St. Trafton, 180 Nr. 142) — 17 38 (ἀσθενήσει; W. Baars: Psalms of Solomon, konjiziert zu Recht syr. Imperfekt im Einklang mit griech. Futur: lege ‫ ܢܬܟܪܗ‬pro ‫ ;ܐܬܟܪܗ‬vgl. z. St. Trafton, 180 Nr. 145) — 17 41a (ἐν ἰσότητι; hier ist gegen W. Baars: Psalms of Solomon, mit Harris-Mingana I, ‫ ܒܫܘܝܘܬܐ‬pro ‫ܒܫܦܝܘܬܐ‬ zu lesen; vgl. z. St. Trafton, 181 Nr. 157, der allerdings W. Baars: Psalms of Solomon, folgt) — 17 41b (τοῦ καταδυναστευθῆναι; vgl. dazu Trafton, 181 Nr. 160: „Perhaps ‫ ܬܥܫܢ‬is a corruption of ‫)“ܐܬܥܫܘ‬.

(2) Zweitens gilt das Verhältnis von syrischer und griechischer Überlieferung als unklar: J.R. Harris zieht den Schluss, die syrische Überlieferung basiere auf einem griechischen Text, ebenso mit guten Gründen J. Begrich, W. Baars, und auch S. Brock setzt dies voraus.1 S. Holm-Nielsen nimmt eine gelegentliche Konsultation des Hebräischen bei der Übersetzung vom Griechischen ins Syrische an.2 Wiederum eine andere These stellt K.G. Kuhn auf, der die syrische Version für eine unmittelbare Übersetzung aus dem Hebräischen hält.3 Letzteres vertritt J.L. Trafton in einer leicht modifizierten Weise, indem er die zusätzliche Benutzung des Griechischen durch den syrischen

J.R. Harris: Odes, 38–43; Harris-Mingana II, 106–110; J. Begrich: Text, hier: 151. Begrich argumentiert überzeugend gegen K.G. Kuhn: Textgestalt. Auch W. Baars, in: J.-C. Lebram u.a.: OTSy IV/6, iii, folgt Begrich. S. Brock: Rezension zu Charlesworth, untersucht exemplarisch die griechisch und syrisch vorliegende OdSal 11 und vergleicht diese mit den griechisch und syrisch vorliegenden Psalmen Salomos. Er resümiert: „Finally it must be remembered that the Odes are transmitted both in Syriac and in the Graeco-Latin world in conjunction with the Psalms of Solomon, where the Syriac is definitely a translation from the Greek […].“ (ebd. 143). 2 S. Holm-Nielsen: Psalmen, hier: 55. Diese Möglichkeit erwog und verwarf bereits J. Begrich:Text, 145. 3 K.G. Kuhn: Textgestalt. Kuhn legt seiner Untersuchung PsSal 13–17 zugrunde. 1

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Einleitung

Übersetzer nicht kategorisch ausschließt.1 G. Ward wiederum ist Kuhn gefolgt.2 Eine Übersetzung der syrischen Überlieferung aus dem Griechischen ist insgesamt mit Harris und Begrich, aber auch Baars, am wahrscheinlichsten.3 Mehr noch, ausgehend von der vorangegangenen Untersuchung der griechischen Überlieferung dürfte unstrittig sein, dass die syrische Version auf griechischer – und nicht auf hebräischer – Vorlage basiert (s.o. § A-I-4 „Charakter und Datierung der griechischen Überlieferung“). Eine weitere Bestätigung der griechischen Vorlage des Syrischen liefert die Tatsache, dass die griechischen Psalmen Salomos die Septuaginta benutzen, wie in der „Textgeschichte“ zu entfalten sein wird (s.u. § B-I). 4. Char akter und Datier ung der syr ischen Über setzung Als Textgrundlage der anschließenden Betrachtung dient die von Baars besorgte Ausgabe, deren Text gemeint ist, wenn im Folgenden von der syrischen Übersetzung die Rede ist. Im Vordergrund soll die Frage nach der Datierung der syrischen Übersetzung stehen, die in den bisherigen Untersuchungen zu den syrischen Psalmen Salomos, wenn überhaupt, dann nur am Rande erwähnt wird.4 Einzig Har Trafton, bes. 217–218; Ders.: Psalms of Solomon. Zu Trafton vgl. die Rezensionen von: R.R. Hann: Rezension zu Trafton; R.B. Wright: Rezension zu Trafton; O. Wintermute: Syriac Psalms of Solomon. – Leider stützt sich Trafton auf Hanns fehlerhaftes Stemma (s.u. § A-III „Das Stemma der Überlieferung“, S. 164 mit Anm. 1–2). Zudem stimmt Traftons eigenes Stemma nicht mit seiner Beschreibung der handschriftlichen Filiation überein:Trafton, 264. 2 G. Ward: Psalms, 231: „[…] but the demonstration of the probability of a Hebrew Vorlage behind both the Syriac and the Greek texts is still the main contribution of this study“. 3 Dass die syrische Übersetzung auf griechischer Vorlage basierte, vermutete im Übrigen schon O. Bardenhewer: Geschichte I, 369: „Der syrische Text der 18 jüdischen Psalmen darf mit Sicherheit als Übersetzung der noch erhaltenen griechischen Version bezeichnet werden“. 4 Trafton und Ders.: Psalms of Solomon, geht m. W. an keiner Stelle seiner Studien auf die Datierungsfrage ein. – G. Ward: Psalms, wiederum, der eine hebräi1

A Die Textzeugen

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ris-Mingana äußern sich konkret zur Datierungsfrage; sie nehmen an, dass die syrische Übersetzung der Psalmen Salomos um 700 n. Chr. entstand (vgl. Harris-Mingana II, 106–107). Ein wichtiger äußerer Anhaltspunkt für die Datierung der syrischen Übersetzung scheint prima facie durch Hs. S, den ältesten syrischen Textzeugen der Psalmen Salomos, gegeben: Hs. S ist eine PsSal 3 1–6 enthaltende Marginalnote, überliefert in einer auf das Jahr 675 n. Chr. datierten Handschrift (zur Beschreibung s.o. § A-II-1 „Die syrischen Zeugen“). Die Untersuchung von Hs. S hat jedoch gezeigt, dass dieser Textzeuge von der übrigen syrischen Überlieferung nicht unwesentlich abweicht1 und eine eigenständige, unabhängig von der sonstigen syrischen Überlieferung gefertigte Übersetzung darstellt.2 Für die Rekonstruktion des griechischen Textes ist Hs. S mit seinen Varianten, die von den übrigen syrischen Textzeugen und von der griechischen Überlieferung abweichen, aber keine alternative Vorlage erkennen lassen, daher nicht bedeutsam. Ob seines eigenständigen Textcharakters bietet Hs. S somit auch im Blick auf die Datierungsfrage keinen verlässlichen Anhaltspunkt.

Prinzipiell lässt sich als Grundsatz festhalten: Erfolgte die Übersetzung der syrischen Psalmen Salomos aus dem Hebräischen, so mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit vor dem V. Jh.; erfolgte sie aus dem Griechischen, so nach dem V. Jh.3 Dieser Grundsatz beruht auf folgenden Überlegungen: Übersetzungen aus dem Hebräische Vorlage für die griechischen und syrischen Psalmen Salomos postuliert, datiert die Übersetzung aus dem Hebräischen ins Syrische folgendermaßen: „Prior to the fourth century C.E., when the system of pointing nouns to distinguish between the singular and the plural, the Syriac text would have been ambiguous with reference to number. This argues for the translation from Hebrew into Syriac to have taken place at least before that date, and probably earlier as portions of the Peshitta were translated in the first century C.E.“ (ebd. 228). 1 Trafton, 240: „Yet in vv. 1–5 (up to the point where 10h1 breaks off) 10h1 and 16h1 agree against S twenty times in just ten lines. […] S represents a rather different textual tradition from the one shared by 10h1 and 16h1.“; vgl. ebd. 59. – Die Abweichungen von Hs. S gegenüber Hss. 10h1 und 16h1 verzeichnet Trafton, 12 („The Psalms of Solomon, Syriac and Greek Texts“). 2 Trafton, 241, mutmaßt zur Entstehung von Hs. S: „Thus, the differences might be explained on the assumption that the scribe wrote the verses from memory, with the result that what looks like a different textual tradition is really the product of a reasonably accurate, but not photographic, memory.“ 3 Harris-Mingana II, 106–107, datieren die Übersetzung aus dem Griechischen ins Syrische um 700 n. Chr. – Die übrigen bisherigen Studien zum Syrischen be-

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schen ins Syrische dürften kaum nach dem IV. Jh. n. Chr. entstanden sein.1 Das V. und VI. Jh. n. Chr. sind durch eine starke Hellenisierung der syrischen Kultur und Sprache charakterisiert, in deren Zentrum die Schule von Edessa steht (vgl. S. Brock: Introduction, 14). Das V. bis VII. Jh. ist die Phase, in der das Gros der Literatur aus dem Griechischen ins Syrische übersetzt wird.2 Am Ende ist die Übersetzungstechnik so ausgefeilt, dass die Übersetzungen das höchste Maß an Wörtlichkeit erreichen (vgl. S. Brock: Bible, 27), was paradigmatisch an der Syrohexapla abzulesen ist (vgl. F. Albrecht: Bibelübersetzung, 236–38). Nur eine genaue Untersuchung des Charakters der syrischen Übersetzung vermag, hier näheren Aufschluss zu geben. 4.1. Lexik Der nachfolgende, knapp gehaltene Überblick zur syrischen Lexik hat einen klaren Fokus: Leitend ist die Frage, inwiefern die syrische Lexik Rückschlüsse auf die Datierung der syrischen Übersetzung gibt. Dazu soll zunächst das von Sokoloff im Jahr 2009 vorgelegte „Syriac Lexicon“, das dem Untertitel zufolge „A Translation from the Latin, Correction, Expansion, and Update of C. Brockelmann’s Lexicon Syriacum“ zu sein verspricht, betrachtet werden; im Anschluss daran kommt ein eigener Ansatz zum Tragen, der die griechischen Lehnwörter zum Ausgangspunkt nimmt (s.u. § 4.1.1).

handeln die wichtige Frage der Datierung nicht oder nicht hinreichend genau, s.o. S. 142 mit Anm. 4. 1 Die Peshitta-Übersetzung des Alten Testaments, vornehmlich auf dem Hebräischen basierend, wird in der neueren Forschung in die zweite Hälfte des II. Jhs. n. Chr. datiert, vgl. B. ter Haar Romeny/ C. E. Morrison: Peshitta; M.P. Weitzm ­ an: Version, 248–258. – Entsprechend argumentiert Ward, der eine hebr. Vorlage der Psalmen Salomos postuliert, für eine Datierung der syr. Übersetzung vor dem IV. Jh. n. Chr., s.o. S. 142,Anm. 4. 2 Vgl. S. Brock: Bible, 27. – Eine Klassifizierung in drei Epochen der Übersetzungen aus dem Griechischen ins Syrische nimmt S. Brock: History, vor: (1) IV./V. Jh. (vgl. ebd. 10–11); (2) VI. Jh. (vgl. ebd. 11–12); (3) VII. Jh. (vgl. ebd. 12–14). Zu den Übersetzungen des VIII./IX. Jhs. vgl. S. Brock: Changing.

A Die Textzeugen

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Die Untersuchung zeigt, dass Sokoloff die Psalmen Salomos in seiner Überarbeitung des Brockelmann’schen Lexikons in nicht größerem Maße berücksichtigt als zuvor schon Brockelmann. Die sechs Einträge betreffen:1 ܵ ‫( ܬܐ ܲܢ‬στεναγμός) — „sigh, groan“ (Sok.) — „gemitus“ 414b ‫ܚܬܐ‬ ݂ � ܸ (Bro­ckelm.).2 ܵ ‫( ܪ‬θλῖψις) – „uproar“ (Sok.) – „tumultus“ (Brockelm.).3 81a ‫ܓܫܐ‬ ܸ ܵܵ 818b ‫( ܫܪܪܐ‬ἀσφάλεια) – „firmness“ (Sok.) – „firmitas“ (Brockelm.).4 133c 133c

‫ ܩܨܨ‬Pa’el (θλάω) — „to break into pieces“ (Sok.) — „con­ fregit“ (Brockelm.).5 ܵ ‫( �ܲܪ‬μύλη) — „molar tooth“ (Sok.) — „dens molaris“ (Bro‫ܚܝܐ‬

ckelm.). Die lexikographischen Einträge sind fragwürdig: Sokoloff nennt PsSal 133 als einzigen Beleg;6 Brockelmanns Eintrag ist fehlerhaft.7 Zu PsSal 133c s.u. § A-II-4-2-4 „Übersetzungsfehler“.

Die von Brockelmann (und Sokoloff) verwendete Verszählung beruht auf Swetes Zählung und ist nachfolgend an die moderne, gängige Zählung des griechischen Textes angepasst. Zu den Abweichungen in der Verszählung s.o. § A-II-2 „Die Druckausgaben“. 2 Vgl. Sokoloff, 1619a s.v. ‫ܬܐܢܚܬܐ‬: „sigh, groan […] PsSol 4:16“; Brockelmann, 28a s.v. ‫ܐܢܚ‬: ‫ܬܐܢܚܬܐ‬, ‫ܬܢܚܬܐ‬: „gemitus OS 416 [OS = Odes and Psalms of Solomon]“. 3 Vgl. s.v. ‫ܪܓܫܐ‬: Sokoloff, 1436a: „uproar […] PsSol 8:1“; Brockelmann, 713a: „tumultus […] Ps Sal 81“. 4 Vgl. s.v. ‫ܫܪܪܐ‬: Sokoloff, 1613a: „firmness PsSol 8:20“; Brockelmann, 802a: „firmitas ψ Sal 820“. 5 Vgl. Sokoloff, 1398a s.v. ‫ܩܨܨ‬: „to break into pieces […] PsSol 13:3 (wild animals w. molars)“; Brockelmann, 686b s.v. ‫ܩܨ‬: „confregit ψ Sal 133“. 6 Vgl. Sokoloff, 1455b s.v. ‫ܪܚܝܐ‬: „molar tooth PsSol 13:3 (wild animals w. molars); JAOS20 13:3 (n. fnd. [n. fnd. = not found]) (P. 723 [P. 723 = Brockelmann, p. 723])“ (s. die nachfolgende Anm.). 7 Vgl. Brockelmann, 723b s.v. ‫ܪܚܝܐ‬: „dens molaris JAOS 20 133“. Brockelmanns Angabe „133“ könnte (fehlerhaft) „Ps Sal 13 3“ referenzieren; der Hinweis auf „JAOS 20“ lässt sich, wie Sokoloff (s. die vorangehende Anm.) berechtigterweise anmerkt, nicht zuordnen. 1

146 1310b

Einleitung

‫( ܥܛܝ‬ἐξαλείφω) – „to propitiate (sins)“ (Sok.) – „ piavit (peccata)“ (Brockelm.).1

4.1.1. Gr iechische Lehnwör ter Insbesondere die Betrachtung der griechischen Lehnwörter in der syrischen Übersetzung der Psalmen Salomos verspricht Erkenntnisgewinn, weil sich so eine neue Argumentationsgrundlage zur Datierung jener Übersetzung eröffnet.2 Diese Datierungsmethode beruht auf zwei Beobachtungen: (1) Erstens nimmt im Laufe der Zeit die Anzahl der griechischen Lehnwörter im Syrischen merklich zu: Vor dem V. Jh. ist ihre Zahl überschaubar, später unüberschaubar (vgl. Sokoloff, xix). (2) Zweitens hat sich die Orthographie griechischer Lehnwörter im Syrischen im Laufe der Sprachgeschichte entscheidend entwickelt:3 In der Frühphase werden die griechischen Vokale, die im Syrischen durch matres lectionis wiedergegeben werden, unvollständig repräsentiert, in der Spätphase hingegen nahezu vollständig.4 Unter diesen Gesichtspunkten bietet sich ein Blick auf die Lehnwörter der syrischen Psalmen Salomos an. Die syrische Version bietet eine Reihe an griechischen Lehnwörtern:5 Neben den Partikeln γάρ (PsSal 12 passim) und δέ (PsSal 216 passim) Vgl. Sokoloff, 1091b s.v. ‫ܥܛܝ‬: „to propitiate (sins) […] PsSol 13:9“; Brockelmann, 520 s.v. ‫ܥܛܐ‬: „piavit (peccata) ψ Sal 13 9“. 2 Zum Phänomen griech. Lehnwörter im Syrischen vgl. nur: A. Schall: Studien; H.-F. Weiss: Problem; J.F. Healey: Loans; S. Brock: Formations; Ders.: Greek. 3 Vgl. A.M. Butts: Language 2013, 129–130, und Ders.: Language 2016, 90–91: „In contrast to the representation of Greek consonants in Syriac, which is remarkably stable and regular […] there is a great deal of variation in the representation of Greek vowels in the Syriac script. […] First, the vowel system of Greek was far from stable […].The second and greater source of variation in the representation of Greek vowels in Syriac stems from the optional use of matres lectionis for each of the Greek vowels (excluding diphthongs).“ 4 Vgl.A.M. Butts: Language 2013, 132, und Ders.: Language 2016, 93: „[…] the orthography of Greek loanwords in Syriac changed diachronically […]: over time vowels in Greek loanwords tend to be represented more fully in Syriac.“ 5 Eine (unvollst.) Auflistung und (kurzgefasste) Bewertung gibt Trafton, 193–94. 1

A Die Textzeugen

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̇ (PsSal 219), σχῆμα – ‫( ܐܣܟ�ܡܐ‬PsSal 233a, sind dies:1 θρόνος – ‫ܬܪܘܢܘܣ‬ ̇ ‫( ̇ܢ‬PsSal 48 s.u. § 4-1-1-2), ὅσιος – ‫( ܚܣܝܐ‬PsSal 38; 48; 153)2, νόμος – ‫ܡܘܣܐ‬ passim), στολή – ‫( ܐܣܛ�ܠܐ‬PsSal 117), διαθήκη – ‫( ܕܝܬܝܩܝ‬PsSal 1715, s.u. § 4-1-1-1). Zwei aussagekräftige Fälle, namentlich die Lehnwörter ‫ ܕܝܬܝܩܝ‬und ‫ܐܣܟ�ܡܐ‬, sollen nachfolgend untersucht werden:

4.1.1.1. ‫( ܕܝܬܝܩܝ‬διαθήκη) 1715

Griech.: Καὶ ἐπεκρατοῦσαν αὐτῶν οἱ υἱοὶ τῆς διαθήκης. ̈ ‫ܢ‬ ̇ ‫ܒܢ‬ ̇ ‫ܘܐܚ ̣ܝܕܝܢ ̣ܗܘܘ ܠܗܘ‬ Syrisch: .‫ܝܗ ܕܕܝܬܝܩܝ‬

Die Wiedergabe von διαθήκη mit syrisch ‫ ܕܝܬܝܩܝ‬ist besonders aufschlussreich: Während in der Frühphase dieses Wortes (IV./V. Jh.) der Hiat ‚ια‘ durch Yud sowie das finale ‚η‘ durch Olaph oder Yud wiedergegeben werden und das erste ‚η‘ unrepräsentiert bleibt, sind aus der Spätphase (VI./VII. Jh.) die Wiedergabe des Hiats durch Yud plus Olaph sowie die Wiedergabe des ersten und zweiten ‚η‘ durch Yud belegt.3 Damit lässt sich die syrische Form ‫ ܕܝܬܝܩܝ‬sprachgeschichtlich mit guten Gründen in die Spätphase datieren.

4.1.1.2. ‫( ܒܐܣܟ�ܡܐ‬ἐν σχήματι) 233a

Griech.:

Εὐλογεῖτε τὸν θεόν, οἱ φοβούμενοι τὸν κύριον ἐν ἐπιστήμῃ.

Zum Partikelgebrauch in den syr. Psalmen Salomos s.u. § A-II-4-1-2. Das dreimal verwendete Lehnwort ὅσιος (syr. ‫ )ܚܣܝܐ‬fehlt in Traftons Aufstellung (s.o. S. 146, Anm. 5). Die Realisierung des Spiritus asper erfolgt durch Heth, die des Iota durch Yud. – Zu syrisch ‫ ܚܣܝܐ‬vgl. Sokoloff, 475–476; die nicht ganz unwichtige Angabe, dass es sich um ein griechisches Lehnwort im Syrischen handelt, fehlt bei Sokoloff nicht nur hier, sondern auch beim Nomen ‫( ܚܣܝܘܬܐ‬Sokoloff, 476), das eine eindeutige Entlehnung zu griechisch ἡ ὁσιότης „Heiligkeit“ ist. 3 Zum griechischen Lehnwort διαθήκη im Syrischen vgl. A.M. Butts: Language 2013, 130–132; Ders.: Language 2016, 92–93. 1 2

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Einleitung

̇ ‫̣̇ܒܪܟܘ ܠܡܪܝܐ ̇ܗܢܘܢ‬ Syrisch: .‫ܕܕܚܠܝܢ ܡܢ ܡܪܝܐ ܒܐܣܟ�ܡܐ‬

Anstelle des griechischen ἐν ἐπιστήμῃ „mit Einsicht“ liest das Syrische ‫ܒܐܣܟ�ܡܐ‬.Trafton gibt den Ausdruck mit „in form“ wieder und übersetzt den Vers wie folgt: „Bless the Lord, those who fear him in form“ (Trafton, 31). Demnach interpretiert er das syrische ‫ܒܐܣܟ�ܡܐ‬ als griechisches Lehnwort τὸ σχῆμα (‫ )ܐܣܟ�ܡܐ‬mit vorangestellter Präposition Beth.1 Traftons Übersetzung zeigt indes, dass der Sinn des Verses kaum getroffen sein kann: Denn wie sollte der vermeintlich syrische Ausdruck „den Herrn in Form fürchten“ zu verstehen sein? Im Folgenden soll gezeigt werden, dass sowohl die Herleitung des Ausdrucks ‫ ܒܐܣܟ�ܡܐ‬als auch die Übersetzung, wie sie Trafton vorgeschlagen hat, zweifelhaft ist. Das griechische σχῆμα ist in der Septuaginta Hapaxlegomenon: Es findet sich einzig und allein in Jes 317 LXX: καὶ κύριος ἀποκαλύψει τὸ σχῆμα αὐτῶν „und der Herr wird ihre (sc. der Töchter Zions) Gestalt enthüllen“. Die Peshitta verwendet in Jes 317 das griechische Lehnwort σχῆμα (‫)ܐܣܟ�ܡܐ‬.2 Der Masoretische Text liest ‫פ ְת ֵהן‬. ָ Diese Wortform wird in der Regel unter der Annahme verstanden, sie leite sich von hebräisch ‫פ ָאה‬, ֵ stat. cstr. ‫„( ְפ ַאת‬Stirn“, „Schläfe“)3 ab. In der älteren Forschung wird jedoch eine Herleitung über das

Vgl. Trafton, 48 Nr. 109: „This is concrete proof that the presence of Gk loan-words in a Sy text does not imply that it was translated from a Gk text.“ – Zu syr. ‫ ܐܣܟ�ܡܐ‬vgl. Sokoloff, 74; Brockelmann, 35. – Zu griech. τὸ σχῆμα vgl. Passow II/2, 1793–1794; LSJ, 1745; Bauer6, 1590. 2 Somit scheint Jes 3 17 das Griechische (und nicht das Hebräische) der Peshitta-Übersetzung als Grundlage gedient zu haben. — Zur Peshitta-Übersetzung vgl. S. Brock: Bible, 23: „The translator all worked basically from the Hebrew text, and this Hebrew text was essentially the same as the consonantal Hebrew text […]. In some books the translator seem to have consulted or made use of other translations: thus at various places in the Pentateuch (Genesis, Deuteronomy) there are some remarkable links between the Peshitta and the Jewish Aramaic Targums and for some of the Prophets and Wisdom books the translator probably consulted the Septuagint on occasion, in order to seek help over difficult passages in Hebrew“. 3 Vgl. G.R. Driver: Problems, 38; Gesenius18, 1034–1035; Gesenius17, 631 s.v. ‫פ ָאה‬. ֵ — Vgl. zur Problematik der Stelle (ohne Bezugnahme auf die Septuaginta) H. Wildberger: Jesaja I2, 139. 1

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etymologisch unsichere Nomen ‫ פֹת‬als Bezeichnung der weiblichen Scham erwogen.1 Sowohl die Septuaginta als auch die Vulgata schwächen mit ihrer Übersetzung die Bedeutung ab: Die Septuaginta wählt mit σχῆμα „Gestalt“ ein neutrales Äquivalent (vgl. dazu D.A. Baer: Exegesis, 38 Anm. 25; 39), die Vulgata spricht mit crinis „Haar“ in Verbindung mit dem Verbum nudare „entblößen“ eine eindeutigere Sprache.2

Im griechischen Alten Testament ist das Lexem σχῆμα, wie bereits angemerkt, nur einmal vertreten (Jes 317). In der AT-Peshitta (ca. II. Jh. n. Chr.; zur Datierung s.o. S. 144, Anm. 1) findet sich das griechische Lehnwort σχῆμα (‫ )ܐܣܟ�ܡܐ‬nicht nur Jes 317, sondern auch an zwei weiteren Stellen (Num 187; 4Makk 125).3 Im griechischen Neuen Testament ist das Lexem σχῆμα zweimal vertreten (1Kor 731; Phil 27). In der NT-Peshitta (ca. V. Jh. n. Chr.) findet sich das griechische Lehnwort σχῆμα (‫ )ܐܣܟ�ܡܐ‬nicht nur 1Kor 731 und Phil 27, sondern als Wiedergabe der Derivate zu griech. σχῆμα (dazu s.u.) mehrfach (Röm 1313; 1Kor 735; 1223; 1440; 1Thess 412; 2Thess 23; 1Tim 29; 42; 2Tim 35;Tit 23).4 Die Morphologie der Lehnwortbildung ist im Fall von syr. ‫ܐܣܟ�ܡܐ‬ leicht nachvollziehbar: Das anlautende Olaph (‫ )ܐ‬verstärkt im Syrischen angesichts der anlautenden Doppelkonsonanz im Griechischen Vgl. Gesenius18, 1089: „umstr.: ihre Stirn od. herk. (?) ihre Scham (eigtl. ihr Loch) Jes 3:17)“ mit Verweis auf Septuaginta und Vulgata; Gesenius17, 665–666 s.v. ‫פֹת‬: „unsicheres W.“ mit Verweis auf die ältere Sekundärliteratur. 2 Die Vulgata liest: et Dominus crinem earum nudabit. Die Bedeutung pubes („Schamhaar“) haftet crinis jedoch nicht an; vgl.TLL IV, 1201–1205 s.v. crinis. 3 In der AT-Peshitta findet sich das griech. Lehnwort ‫ ܐܣܟ�ܡܐ‬über Jes 3 17 hinaus zweimal: 1. Num 18 7 als Übersetzung von griech. τρόπος (hebr. ‫)ד ָבר‬. ָ ̈ ݁ ‫ܐܣܟ‬ 2. 4Makk 1 25 in der Wendung ‫ܡܝܗ ܣܓܝܐܝܢ‬ („in ihren großen Formen“) – LXX πολυτροπωτάτη („mannigfaltigst“) – als Übersetzung des griech. Adjektivs πολύτροπος. 4 In der NT-Peshitta findet sich das griech. Lehnwort ‫ ܐܣܟ�ܡܐ‬mehrfach: In der Form ‫ ܒܐܣܟ�ܡܐ‬viermal als Übersetzung für das griech. εὐσχήμων „anständig“ (εὐσχημόνως: Röm 13 13; 1Kor 14 40; 1Thess 4 12; τὸ εὔσχημον: 1Kor 7 35), jeweils einmal für das gegenteilige ἀσχήμων „unanständig“ (τὰ ἀσχήμονα: 1Kor 12 23, syr. ‫ ;ܐܣܟ�ܡܐ‬dazu s.u. mit der nachfolgenden Anm.) und für das auf ähnlicher Bedeutungsebene liegende ἡ ὑπόκρισις „die Heuchelei“ (1Tim 4 2 ἐν ὑποκρίσει, syr. ‫)ܒܐܣܟ�ܡܐ‬. 1

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Einleitung

das griechische Sigma (σ).1 Koph (‫ )ܟ‬dient der Wiedergabe des griechischen Chi (χ).2 Das Bedeutungsspektrum von ‫ ܐܣܟ�ܡܐ‬lässt sich mit Brockelmann und Sokoloff (s.o. S. 148, Anm. 1) in drei Bereiche unterteilen: (1) habitus, modus/ „kind, form“; (2) ornatus/ „dress, vestment“; (3) species, simulatio/ „appearance“. Sokoloff nennt gegenüber Brockelmann zwei weitere Bereiche, die sich im Wesentlichen mit dem ersten Bedeutungsbereich decken: (4) „kind“ und (5) „grammatical form“. Dem ersten Bereich (1) lassen sich zuordnen: τὸ σχῆμα (1Kor 731; Phil 27); ὁ τρόπος (2Thess 23); ἡ μόρφωσις (2Tim 35) und τὸ κατάστημα (Tit 23). Dem zweiten Bereich (2) gehört ἡ καταστολή (1Tim 29) an. Sowohl Brockelmann als auch Sokoloff weisen zudem auf den speziellen Ausdruck ‫ ܒܐܣܟ�ܡܐ‬hin. Sokoloff gibt als Bedeutung „becomingly“ mit Verweis auf Röm 1313 (εὐσχημόνως) an.3 Der Ausdruck ‫ ܒܐܣܟ�ܡܐ‬dient jedoch über Röm 1313 hinaus in drei weiteren Fällen zur Wiedergabe des griechischen εὐ-σχήμων „anständig“ (wörtl. „wohl-gestaltet“): εὐσχημόνως: Röm 1313; 1Kor 1440; 1Thess 412; τὸ εὔσχημον: 1Kor 735. Angesichts der Tatsache, dass die griechische Vorsilbe εὐ- im Griechischen der Spätantike als β gesprochen wurde, dürfte es m. E. naheliegend sein, das Beth des Ausdrucks ‫ܒܐܣܟ�ܡܐ‬ nicht als Präposition Beth, sondern vielmehr als Realisierung der griechischen Vorsilbe εὐ- zu verstehen. Möglicherweise wäre in lexikographischer Hinsicht gar zu überlegen, das Lexem ‫ ܒܐܣܟ�ܡܐ‬unter Olaph dient optional zur Wiedergabe des Sigmas bei Konsonantenhäufung im Anlaut; vgl. A.M. Butts: Language 2013, 116–17; Ders.: Language 2016, 26. Die Wiedergabe des griech. Alphas mit Olaph ist Butts zufolge eher Ausnahme als Regel: „In the vast majority of cases (over 95%), Greek α is left unrepresented in the consonantal text of Syriac“ (A.M. Butts: Language 2013, 133). Die Verwendung des Olaphs als mater lectionis zur Wiedergabe des Alphas sei ein spätes Phänomen (VI. Jh.), oder aber es handele sich bei den Wörtern, welche jenes Olaph verwendeten, um Hapaxlegomena oder Fremdwörter im Unterschied zu Lehnwörtern, vgl. ebd. 136. Letzters trifft auf 1Kor 12 23 zu, wo Olaph das griech. Alpha privativum wiedergibt: τὰ ἀσχήμονα, syr. ‫ܐܣܟ�ܡܐ‬. 2 Vgl. A.M. Butts: Language 2013, 120; Ders.: Language 2016, 84–85. 3 Vgl. Sokoloff, 74, der dieser Bedeutung einen eigenen Paragraphen widmet. Brockelmann, 35, führt das Griechische εὐσχημόνως mit Verweis auf Röm 13 13 an, ohne eine Übersetzung vorzuschlagen. 1

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dem Buchstaben Beth als eigenes Lemma zu führen. Auf alle Fälle dient der syrische Ausdruck ‫ ܒܐܣܟ�ܡܐ‬in der Peshitta des Neuen Testaments als Übersetzung des Adverbs εὐσχημόνως („anständig“). Ebendieser Ausdruck scheint dem syrischen Übersetzer der Psalmen Salomos bei der Wiedergabe von PsSal 233a vorgeschwebt zu haben. Zumindest dürfte „den Herrn anständig zu fürchten“ verständlicher sein als „den Herrn in Form zu fürchten“.

4.1.2. Par tikelgebr auch Die syrische Übersetzung der Psalmen Salomos fügt gegen die grie­ chische Vorlage Partikeln ein.1 So ergänzt sie die Partikel ‫ܕܝܢ‬ (PsSal 215; passim; vgl.Trafton, 38 Nr. 48), zum Beispiel: Griech.: ἐγώ 215 ̇ Syrisch: ‫ܐܢܐ ܕܝܢ‬ Weitaus signifikanter ist der Gebrauch der Partikel ‫ܓܝܪ‬. Die syrische Übersetzung ergänzt mehrfach die Partikel ‫( ܓܝܪ‬PsSal 12 [bis]; passim; vgl.Trafton, 24–25 Nr. 5), zum Beispiel:

Zum Gebrauch der griech. Partikeln im Syrischen vgl. S. Brock: Treatment, bes. 81–82 (γάρ) und 82–84 (δέ). Aaron Michael Butts hat sowohl den Gebrauch des griech. Lehnworts δέ im Syrischen untersucht (vgl. A.M. Butts: Language 2013, 370–92; Ders.: Language 2016, 119. 174–91) als auch den des griech. Lehnworts γάρ (A.M. Butts: Language 2013, 392–97; Ders.: Language 2016, 191–94). Er geht davon aus, dass es sich bei den genannten Partikeln nicht um Lehnwörter im eigentlichen Sinne handele. So auch schon T. Nöldeke: Grammatik, 98 (§ 155) Anm. 2: ‫ ܓܝܪ‬und ‫„ ܕܝܢ‬sind echtsyrische Wörter, die sich aber im Gebrauch fast ganz nach γάρ und δέ gerichtet haben.“ — Ein Blick auf die Oden Salomos zeigt, dass der Gebrauch der Partikeln ‫ ܓܝܪ‬und ‫ ܕܝܢ‬in den Oden Salomos vergleichbar mit dem Gebrauch dieser Partikeln in den Psalmen Salomos ist; zur Verwendung der Partikeln ‫ ܓܝܪ‬und ‫ ܕܝܢ‬in den Oden Salomos vgl. M. Lattke: Wörter, 286 (65mal ‫ܓܝܪ‬, 24mal ‫ ܕܝܢ‬in den Oden Salomos), und bes. ebd. 287–90. Zum sprachl. Verhältnis von Psalmen Salomos und Oden Salomos s.u. § B-II-4-3 „Das sprachliche Verhältnis zu den syrischen Odae Salomonis“; zum überlieferungsgeschichtl. Verhältnis beider Schriften s.u. § B-IV-3 „Das überlieferungsgeschichtliche Verhältnis zu den Odae Salomonis“. 1

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12 Griech.: ἐξάπινα Syrisch: ‫̣ܡܢ ̣ܫܠܝܐ ܓܝܪ‬ Trafton untersucht die Verwendung der Partikel ‫ ܓܝܪ‬in den syrischen Psalmen Salomos und kommt zu dem Ergebnis, dass sich 60 mal ‫ ܓܝܪ‬finde, wobei 39mal kein entsprechendes γάρ im Griechischen vorliege (vgl. Trafton, 24–25 Nr. 5). Butts untersucht den allgemeinen Gebrauch der Partikel ‫ ܓܝܪ‬im Syrischen und betont, dass der Gebrauch der Partikel ‫ ܓܝܪ‬im Syrischen im Laufe der Zeit stark angestiegen sei.1 Diese Beobachtung lässt sich durch folgenden Befund untermauern: In der AT-Peshitta (ca. II. Jh. n. Chr.; zur Datierung s.o. S. 144, Anm. 1) liegt 82mal ‫ ܓܝܪ‬vor. Zum Vergleich: die Septuaginta, welche – das muss betont werden, damit keine Missverständnisse entstehen – in den wenigsten Büchern Vorlage der Peshitta-Übersetzung ist (s.o. S. 148 mit Anm. 2), verwendet 1463mal γάρ. In der NT-Peshitta (ca. V. Jh. n. Chr.) liegt 1054mal ‫ ܓܝܪ‬vor, wobei die griechische Vorlage die Partikel γάρ 990mal verwendet. Der Gebrauch im Syrischen übersteigt im Neuen Testament sogar den der griechischen Partikel.2

Im Vergleich von AT- und NT-Peshitta zeigt sich, dass der Gebrauch der Partikel ‫ ܓܝܪ‬im Syrischen stark ansteigt. Ebendies lässt sich, wie Trafton gezeigt hat, auch anhand der Psalmen Salomos beobachten. Ein Vergleich der griechischen Version mit der syrischen zeigt, dass diese Partikel erstaunlich oft Verwendung findet. Dies ist ein weiteres Argument für die Spätdatierung der syrischen Übersetzung der Psalmen Salomos.

Vgl. A.M. Butts: Language 2013, 392–397; Ders.: Language 2016, lässt diesen Sachverhalt aus. 2 Zu einem sehr ähnlichen Ergebnis kommt S. Brock: Treatment, im Blick auf die Vetus Syra des Lukasevangeliums (die älteste Hs. der ntl. Vetus Syra, namentlich der Evangeliencodex Syrus Sinaiticus, datiert in das IV. Jh. n. Chr.). Die ebd. 81 angebrachte Statistik zeigt, dass der Gebrauch der Partikel ‫ ܓܝܪ‬im Syrischen gegenüber dem Gebrauch der Partikel γάρ im Griechischen überwiegt. 1

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4.2. Über setzungstechn ik Sehr häufig löst die syrische Übersetzung Asyndeta der griechischen Vorlage durch Wau-copulativum auf:1 PsSal 1 1. 3. 5. 8 (bis); 2 2 (bis).3. 4. 5; passim. Der substantivierte Infinitiv mit Präposition im Dativ2 der griechischen Vorlage wird im Syrischen überwiegend mittels temporaler Konjunktion ‫ ܟܕ‬und finiter Verbform aufgelöst:3 11 Griech.: ἐν τῷ θλίβεσθαί με … ἐν τῷ ἐπιθέσθαι ̇ Syrisch: ‫ܣܡܘ‬ ‫ܐܬܐܠܨܬ … ܟܕ‬ ‫ܟܕ‬ ̣ Seltener ist die Wiedergabe mit der Präposition ‫ ܒ‬und Substantiv:4 21 Griech.: ἐν τῷ ὑπερηφανεύεσθαι Syrisch: ‫ܒܫܘܒܗܪܗ‬ ̣ Beide Wiedergaben können im selben Vers begegnen:5

Vgl. Trafton, 24 Nr. 3; 32 Nr. 4; passim. – Während die syr. Übersetzung sehr häufig Wau ≈ καί gegenüber ihrer griech. Vorlage hinzufügt, sind Fälle, in denen die syr. Übersetzung ein im Griechischen vorhandenes καί auslässt (z.B. PsSal 9 8 c), selten. 2 Zum substantivierten Infinitiv mit Präposition im Dativ s.o. § A-I-4-3-2 „Verbalsyntax“ unter der Rubrik „Der substantivierte Infinitiv“. 3 Vgl. über PsSal 1 1 hinaus: PsSal 1 3; passim. – Siehe zu diesem Phänomen Trafton, 23 Nr. 1. Die Erweiterungen der griech. Infinitiv-Konstruktion sind unterschiedlich realisiert: PsSal 1 1: griech. subst. Inf. ἐπιθέσθαι + Subj. ἁμαρτωλούς im Akk.; syr. Subj. im stat. emph. 4 Vgl. über PsSal 2 1 hinaus: PsSal 5 5 (ἐν τῷ θλίβεσθαι); 15 1 (ἐν τῷ θλίβεσθαι). – Siehe zu diesem Phänomen Trafton, 23 Nr. 1. Die Erweiterungen der griech. Infinitiv-Konstruktion stehen in den genannten Fällen im Syrischen als Attribut im Genetiv: PsSal 1 3 (s.u. mit Anm. 5): griech. subst. Inf. γενέσθαι + Präpositionalattribut ἐν τέκνοις; syr. Genetiv. – PsSal 2 1 griech. subst. Inf. ὑπερηφανεύεσθαι + Subj. τὸν ἁμαρτωλόν im Akk.; syr. Genetiv. 5 Die Wendung καὶ ⟨ἐν τῷ⟩ πολλὴν γενέσθαι wird im Syrischen mit finiter Verbform (des Verbums des griech. Infinitivs), Präposition ‫ ܒ‬und adverbialiter verstandenem Substantiv wiedergegeben. Zum adverbialiter verstandenen Substantiv ‫ ܣܘܓܐܐ‬vgl. die analoge Wiedergabe der Peshitta zu Sus θ 4 (σφόδρα). — Trafton, 25 Nr. 9, versteht die Konstruktion nicht und ordnet die Wendung als unverständlich ein: „The last clause in Sy is difficult. […] There is no obvious explanation for Sy here.“ 1

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Griech.: ἐν τῷ εὐθηνῆσαί με καὶ [sc. ἐν τῷ] πολλὴν γενέσθαι ̇ ‫ܟܕ ̇ܥܬܪܬ‬ Syrisch: ‫ܘܗܘܝܬ ܒܣܘܓܐܐ‬ Übersetzungstechnisch bedingt ist auch die Wiedergabe des Dativs im Syrischen mittels Präposition ‫ܒ‬.1 Das Vorhandensein der Präposition ‫ ܒ‬lässt also keine Rückschlüsse darüber zu, ob die griechische Vorlage die Präposition ἐν bot. Zum Beispiel: 415

Griech. Syrisch:

ἐν ὀδύναις καὶ πενίᾳ καὶ ἀπορίᾳ ̈ ‫ܘܒܚܘܣܪܢܐ‬ ‫ܒܟܐܒܐ ܘܒܡܣܟܢܘܬܐ‬ ̣

Im Fall von πενίᾳ ergänzt Ra 260 die Präposition ἐν. Sy kann aus den zuvor genannten Gründen nicht als Zeuge für ἐν gelten.

59b Griech.: ἐρήμοις Syrisch: ‫( ≈ ܒܕܒܪܐ‬ἐν) ἐρήμῳ; cf. V. 10a Außer Ra 253 ergänzen alle Hss. die Präposition ἐν. Auch Sy bezeugt die Präposition ‫ܒ‬, die jedoch z. St. kaum Übersetzung von ἐν, sondern vielmehr Wiedergabe des griech. Dativs ist.

105a Griech. ἐν κρίμασιν αὐτοῦ ̇ ≈ (ἐν) πᾶσι κρίμασιν αὐτοῦ ̇ ‫ܒܟܠܗܘ‬ Syrisch: ‫ܢ ܕ ̣ܝ ̈ܢܘܗܝ‬ Außer Ra 336 lassen alle Hss. die Präposition ἐν aus. Sy bezeugt zwar – abgesehen von der Tatsache, dass Sy ≈ πᾶσι hinzufügt – die Präposition ‫ܒ‬, kann aber dennoch nicht als Zeuge für das von Ra 336 gebotene ἐν gelten.

1612a Griech.: εὐδοκίᾳ Syrisch: ‫ܒܨܒܝܢܐ‬ ̣ ≈ (ἐν) εὐδοκίᾳ Vgl. dazu Trafton, 155 Nr. 45, in Auseinandersetzung mit K.G. Kuhn:Textgestalt, 55, welcher ἐν auf Basis des Syrischen z. St. zu konjizieren gedachte.

An einer Stelle ist ausnahmsweise auch der Genetiv mittels Präposition wiedergegeben (PsSal 177b: ‫ ≈ ̣ܡܢ ܫܪܒܬܐ‬γένους).2

Je nach Kontext kann auch die Präposition ‫ ܠ‬den Dativ wiedergeben, so z.B. PsSal 9 6 b (ἡμῖν καὶ τοῖς προσώποις ἡμῶν); PsSal 15 11a (τοῖς τέκνοις αὐτῶν). 2 Vgl. dazu Trafton, 162 Nr. 22, der dies zu Recht als idiomatische Wiedergabe bezeichnet. 1

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4.2.1. Par aphr asier ungen Mitunter ist die griechische Vorlage paraphrastisch wiedergegeben worden; vgl. z. B. PsSal 161. 10b. 15.1 Die nachgenannten Fälle illustrieren, dass paraphrasierende Wiedergaben unterschiedliche Gründe haben: Einerseits mögen sie rein übersetzungstechnisch bedingt sein, insofern, als dass die Zielsprache (Syrisch) die Merkmale der Ausgangssprache (Griechisch) anders wiederzugeben pflegt (s.u. das Beispiel PsSal 24). Andererseits kann die paraphrastische Wiedergabe auf einfacher Interpretation beruhen (s.u. die Beispiele PsSal 512a. 13a; 97b; etc.). Griech.: ἀπορίψατε μακράν 24 Syrisch: ‫ܘܫܕܘ‬ (wörtl. „Seid fern und werft!“) ̣ ̣ ‫ܐܪܚܩܘ‬ Das Adverb der griechischen Vorlage wird in der Weise wiedergegeben, dass anstelle des Adverbs „fern“ das Verbum „fern sein“ mit parataktisch angeschlossenem verbum finitum konstruiert wird; vgl. ebenso PsSal 157; 1610b.2 In vielen Fällen vereinfacht die syrische Übersetzung, ohne dass eine abweichende Vorlage anzunehmen wäre. Zum Beispiel: Griech.: ὅτι τίς χρηστὸς καὶ ἐπιεικὴς ἀλλ’ ἢ σύ 512a Syrisch: ‫„( ܡܛܠ ܕܐܢܬ ̣ܗܘ ܒܣ ̣ܝ�ܡܐ ܘܢ ̣ܝܚܐ‬denn du bist gütig und mild“)

PsSal 16 1 ist das Verbum νυστάζειν im Kontext der Vorstellung vom Seelenschlaf im Syrischen mit dem Verbum ‫ ܗܡܝ‬paraphrasiert.Trafton, 146, merkt dazu lediglich an, dass der Unterschied zum Griechischen nicht erklärbar wäre; aber bereits Harris-Mingana I,Anm. b zu PsSal 16 1, bemerken lapidar: „The translation of the difficult opening verses is somewhat paraphrastic, but the Greek can be seen through the Syriac.“ – PsSal 16 10 b bietet der Syrer ‫ܡܠܬܐ‬ ‫ ܕ�ܠܐ‬als Überseṭ zung von ἄλογον. – PsSal 16 15 ist das griech. ἐλεηθήσεται im Syrischen durch das Syntagma ‫̈ܪܚ�ܡܐ‬ ̣ ‫ܢܗܘܘܢ ܥܠܘܗܝ‬ ̣ umschrieben. 2 Zu PsSal 2 4 im Syrischen vgl.Trafton, 33 Nr. 12; zu PsSal 15 7 ebd. 141 Nr. 31. — In seinen Anmerkungen zu den Adverbia geht Trafton, 226, nicht auf die Fälle ein, in denen das Syrische die Adverbia des Griechischen paraphrastisch wiedergibt, sondern lediglich auf die Fälle, in denen das Syrische Adverbia gegenüber dem Griechischen hinzufügt (z. B. PsSal 2 9). 1

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513a Griech.: ἡ αὔριον Syrisch: ‫ܘܡܚܪ‬ ‫„( ܝܘܡܢ‬heute und morgen“) ̣ Griech.: ἐν μεταμελείᾳ 97b ̇ Syrisch: ‫ܐܝܬܝܗ‬ ‫ܕܬܒܘ‬ ‫„( �ܡܐ‬wenn sie bereuen“) ̣ Griech.: ἐν ἰσχύι λόγου 1736b Syrisch: ‫„( ܒܡܠܬܗ‬mit seinem Wort“) 182b

Griech.: Syrisch:

εἰς δέησιν πτωχοῦ ἐν ἐλπίδι ≈ εἰς ἐλπίδα πτωχοῦ

4.2.2. Explikationen und Harmon isier ungen Jede Übersetzung ist zugleich Interpretation. Ein Charakteristikum der syrischen Übersetzung der Psalmen Salomos ist die Tendenz, implizite Bezüge der Vorlage zu explizieren. Beispielsweise bezeugt das Syrische in PsSal 63 nicht nur eine andere Versteilung von V. 3a zu V. 3b, sondern auch einen Zusatz in V. 3a, der keinen Rückhalt im Griechischen hat: ‫ܡܛܠ ܕܕ ̣ܝܠܗ ̣ܗܘ‬. Weitere Beispiele für Explikationen sind: 24

Griech.: Syrisch:

οὐκ εὐόδωκεν αὐτοῖς ≈ + κύριος1 Sy16h1*

87b

Griech.: Syrisch:

ἐν τοῖς κρίμασιν αὐτοῦ ≈ ἐν π ᾶ σ ι τοῖς κρίμασιν αὐτοῦ Sy16h1

95b Griech.: αἴτιος τῆς ψυχῆς Syrisch: ≈ αἴτιος τοῦ κρίματος τῆς ψυχῆς αὐτοῦ Sy16h1 95c

Griech.: Syrisch:

κατ’ ἄνδρα καὶ οἶκον ≈ κατὰ π ά ν τ α ἄνδρα καὶ οἶκον α ὐ τ ο ῦ Sy16h1

98c

Griech.: Syrisch:

ἵνα μὴ ἐπιθῶνται ἡμῖν ≈ + (τὰ) ἔθνη Sy16h1 (cf. PsSal 99a)

Im Fall von κύριος schwankt der Gebrauch des Artikels in den Psalmen Salomos. Siehe dazu die Ausführungen unter § A-I-4 „Charakter und Datierung der griechischen Überlieferung“. 1

A Die Textzeugen

157

1610b

Im Anschluss an diesen Vers bieten die zwei syrischen Textzeugen Sy14k1 et 16g7 einen längeren Zusatz, der als explikatorische Glosse zu verstehen ist.1

1714b

Griech.: καθὼς καὶ τὰ ἔθνη ἐν ταῖς πόλεσιν Syrisch: καθὼς καὶ τὰ ἔθνη  ἐ π ο ί η σ α ν (syr. ‫)ܥܒܕܘ‬ ̣ 2  ἐν ταῖς πόλεσιν Während griech. κοίτη das „Bett“ bezeichnet und im übertragenen Sinne auch das Lager von Tieren, ist syr. ‫ ܩܢܐ‬in seiner Bedeutung auf das „Nest“ beschränkt; die syr. Übersetzung expliziert also z. St.

1716b

Sodann tendiert die syrische Übersetzung dazu, den Text zu harmonisieren. Beispiele für übersetzungsbedingte Harmonisierungen, die keinen Anhaltspunkt in der griechischen Überlieferung haben, sind:3 23–5

Griech.: Syrisch:

κυρίου (V. 3) — θεοῦ (V. 5) ≈ κυρίου (V. 3 — V. 5)

516a

Griech.: Syrisch:

μακάριος ≈ + ἀνήρ (cf. PsSal 61)

Griech.: 6 4 Syrisch:

τῷ ὀνόματι  κ υ ρ ί ο υ (V. 4a) — τῷ ὀνόματι  τ ο ῦ θ ε ο ῦ α ὐ τ ο ῦ (V. 4b) ≈ τῷ ὀνόματι  κ υ ρ ί ο υ (V. 4a) — ≈ τῷ ὀνόματι  κ υ ρ ί ο υ (V. 4b)

151 Griech.: ἐπεκαλεσάμην (V. 1a) — ἤλπισα + εἰς (V. 1b) ̇ ≈ ἐπεκαλεσάμην (V. 1a) — Syrisch:4 ‫ܩܪܝܬ‬ ̇ + ‫ ≈ ܠ‬ἐπεκαλεσάμην (V. 1b) ‫ܩܪܝܬ‬

Vgl. dazu Trafton, 153–154 Nr. 39. Alsdann bieten die besagten beiden Textzeugen Sy14k1 et 16g7 in PsSal 16 12b einen weiteren sekundären Zusatz: + ‫ܠ ̣ܝ‬. 2 Zu den sprachlichen Eigentümlichkeiten der Psalmen Salomos gehört es, das Neutrum im Pl. mit dem Pl. des Prädikats zu konstruieren (dazu s.u. § A-I-4-3-1 „Nominalsyntax“ unter der Rubrik „Numerus“); wollte man annehmen, dass die Lesart des Syrischen auf griech. Vorlage beruhte, wäre ἐποίησαν zu postulieren. 3 Davon zu unterscheiden ist die kontextuelle Variantenbildung in der griech. Primärüberlieferung. Siehe dazu § A-I-3-2 „Kontextuelle Variantenbildung“. 4 Fehl gehen die Überlegungen bei Trafton, 137–138 Nr. 3, der kontextuellen Einfluss von V. 1a auf V. 1b nicht einmal erwägt. 1

158

Einleitung

1743c. 44b Griech.: Syrisch:

ἐν μέσῳ  λ α ῶ ν   ἡγιασμένων (V. 43c) — ἐν συναγωγῇ  φ υ λ ῶ ν (V. 44b) ≈ ἐν μέσῳ  λ α ο ῦ   ἡγιασμένου (V. 43c) — ≈ ἐν συναγωγῇ  λ α ο ῦ (V. 44b)

Etwas sonderbar mutet alsdann die folgende Harmonisierung an, die in starkem Maße Interpretation ist: Griech.: ἡ συμμετρία (V. 16a) — τὸ μέτριον (V. 17a) 516–17 Syrisch: ‫ ≈ ܡܣܟܢܘܬܐ‬ἡ πενία (V. 16a — V. 17a) Diese Beispiele belegen zudem den sekundären Charakter der syrischen Übersetzung im Vergleich zur griechischen Überlieferung.

4.2.3. Wor tstellung Die syrische Übersetzung bietet im Vergleich zum Griechischen zahlreiche Wortumstellungen. Trafton gibt dazu einen umfassenden Überblick (vgl.Trafton, 219–221). Ein Beispiel mag genügen: 12

κραυγὴ πολέμου / ἐνώπιόν μου tr. Sy

4.2.4. Über setzungsfehler Ein erster Übersetzungsfehler liegt in PsSal 13a vor, wo ὅτι im Anschluss an vorangehendes ὅτι-causale (V. 2b) fälschlich kausal wiedergegeben ist. Ein weiteres Beispiel einer Fehlübersetzung liefert die syrische Übersetzung von PsSal 133c. Die Versteile b) und c) sind im Parallelismus membrorum gestaltet: b) ἐν τοῖς ὀδοῦσιν αὐτῶν c) καὶ ἐν ταῖς μύλαις

ἐτίλλοσαν ἔθλων

σάρκας αὐτῶν ὀστᾶ αὐτῶν·

Dabei entsprechen ὀδόντες („Schneidezähne“) und μύλαι („Backenzähne“) einander. Das griechische Lexem μύλη bedeutet „Mühle“ und kann im Plural sowohl „Mühlsteine“ als auch „Mahlzähne“

A Die Textzeugen

159

resp. „Backenzähne“ bedeuten (vgl. s.v. μύλη Passow II/1, 294; LSJ, 1152.). Die syrische Übersetzung gibt μύλαι mit ‫ ̈ܪܚܘܬܐ‬wieder: 133c

Griech.: καὶ ἐν ταῖς μ ύ λ α ι ς ἔθλων ὀστᾶ αὐτῶν· ̇ ‫ܘܒ̈ܪܚܘܬܐ † ܡܩܨܨܢ ̣ ̈ܗܘܝ † ܓ̈ܪܡܝܗܘ‬ Syrisch: .‫ܢ‬

Die Bedeutung des syrischen Lexems ist auf den Wortgehalt „Mühlsteine“ beschränkt.1 Daraus folgt, dass der syrische Übersetzer die Doppelbedeutung des Wortes μύλαι nicht richtig zu fassen vermochte. Selbst Kuhn, der ansonsten durchgängig von einer hebräischen Vorlage der syrischen Psalmen Salomos ausgeht, erwägt z. St. eine Konsultation des Griechischen.2 Trafton sieht sich angesichts von PsSal 133c schließlich (in deutlicher Anlehnung an Kuhn) genötigt, eine gelegentliche Konsultation des Griechischen für den syrischen Übersetzer anzunehmen.3 Fehler in der Übersetzung haben unterschiedliche Ursachen; eine Ursache kann in der fehlerhaften Rezeption der griechischen Vorlage liegen:

Dies erkennen alle bisherigen Kommentatoren an; s.u. mit Anm. 3. Die Lexikographen Sokoloff (s.o. S. 145, Anm. 6) und Brockelmann (s.o. S. 145, Anm. 7) haben indes einen eigenen Bedeutungsgehalt des Lexems postuliert, s.o. § A-II4-1 „Lexik“. Dies ist jedoch mit Kuhn und Trafton entschieden von der Hand zu weisen, zumal PsSal 13 3 der einzige Beleg jener Sonderbedeutung wäre. 2 Vgl. K.G. Kuhn: Textgestalt, 27–28: „Dieses Wort […] (‚die Mühlsteine‘, ‚die Mühle‘) paßt ja hier auch seinem Sinn nach gar nicht. Hier hat also S[yrisch] wahrscheinlich einmal aus S[eptuaginta] übersetzt (μύλαι = ‚Mühle‘) [‬…]. Vermutlich kannte der Übersetzer von S[yrisch] das ziemlich seltene Wort ‬‫מ ַת ְלעֹות‬‪ ְ nicht und hat darum die S[eptuaginta]-Übersetzung zu Rate gezogen und wörtlich nach ihr übersetzt.“ 3 Trafton, 122, übersetzt den Vers folgendermaßen: „And they were cutting off their bones with millstones“. In seiner Kommentierung merkt Trafton an: „[…] ‚molars’ […] is probably the intended sense here. But Sy ‫ ̈ܪܚܘܬܐ‬can not mean ‚molars‘, nor can Hb ‫ מתלעות‬mean ‚millstones‘. Thus, Sy does not seem to be a translation of Hb here. But Sy could be explained on the basis of Gk: the Sy translator, not realizing that the context demanded another sense of μύλαι, translated μύλαι as ‫̈ܪܚܘܬܐ‬.“ (ebd. 124–125). 1

160

Einleitung

≈ 16 216b ≈ 56 ≈ 146b ≈ 1714a ≈ 1728b–29a ≈

ἔγνωκαν pro ἤνεγκαν. τὰς πονηρὰς σφοδράς pro τὰς πονηρὰς σφόδρα.1 cf. PsSal 82: ≈ ἀνέμου πολλοῦ σφοδροῦ pro ἀνέμου πολλοῦ σφόδρα.2 μὴ βραδύνῃς pro μὴ βαρύνῃς. ἐν δοχῇ pro ἐν μετοχῇ. ἐποίησεν pro ἐποίησεν ἐν: haplogr. (ενεν→εν).3 ὅτι pro ἔτι: ε→ο.

Die syrische Übersetzung missinterpretiert das in V. 28b nachgestellte ἔτι als ὅτι ̇ ̇ ‫ܢܥܡܪ ܥܡܗܘ‬ und zieht es zum Folgenden (V. 29a): ‫ܕܕܐܢ‬ ‫ ܡܛܠ‬.‫ܢ‬ ̣ ‫ ≈ �ܠܐ‬οὐ παρ­οική­ 4 σει αὐ­τοῖς· ὅτι κρινεῖ.

1745b 182a

≈ ἐθνῶν pro ἐχθρῶν.5 ≈ πάντα pro ἐπ’ αὐτά.

In manchen Fällen kann die Fehlübersetzung sowohl innersyrisch als auch innergriechisch verursacht sein: ̈ ̈ βασιλείας pro βασιλεῖς vel ‫ ܡܠܟܘܬܐ‬pro ‫ܡܠܟܐ‬.6 230b 819–20 κατελάβοντο, ἀπώλεσαν, ἐξέχεαν pro κατελάβετο, ἀπώλεσεν, ἐξέχεεν.7

Vgl. Trafton, 38 Nr. 52, der allerdings die unhaltbare Vermutung äußert, das Griechische z. St. könne ursprünglich τὰς πονηρὰς σφοδράς gelautet haben. Die ebd. in Anm. 2 angegebene Lesart für Ra 253 („253 has σφοδρον“ [sic!]) ist im Übrigen falsch; Ra 253 liest σφόδρα. 2 Vgl. Trafton, 90 Nr. 5. 3 Vgl. Trafton, 166 Nr. 42. Infolge dessen ist im Syrischen das Äquivalent zu ὅσα ausgefallen. 4 Vgl. Trafton, 173–175 Nr. 103, der die bislang z. St. vorgetragenen Argumente darlegt, aber selbst an seiner These einer hebr. Vorlage der syr. Übersetzung festhält. — Die syr. Übersetzung liefert im Übrigen weitere Belege für verderbte Stichometrie resp. falsch verstandene Bezüge, beispielsweise in PsSal 413 (ἐν πᾶσι τούτοις trahit ad v. 14a); 424b (ἐν δικαιοσύνῃ trahit ad v. 25); 63a (ἡ ψυχὴ αὐτοῦ trahit ad v. 3b); 815b (ἔκρινεν trahit ad v. 15a); 176a (ἐν δόξῃ trahit ad v. 5c). 5 K.G. Kuhn:Textgestalt, 79, hält ἐχθρῶν für eine innergriech. Korruptele und bevorzugt mit der syr. Übersetzung ἐθνῶν. Damit verdreht Kuhn eindeutig den Sachverhalt. Wertvoll ist indes sein Hinweis auf die Verschreibung von ἐθνῶν und ἐχθρῶν in LXX Ps 105 41 a. 6 Vgl. Trafton, 47 Nr. 111. 7 Vgl. Trafton, 95–96 Nr. 54; 58; 60. 1

A Die Textzeugen

115a 1738

161

ἐσκίασεν pro ἐσκίασαν vel ‫ ܛܠܠ‬pro ‫ܛܠܠܘ‬.1 εὐλογίας pro εὐλογία vel ‫ ܒܒܘܪܟܬܗ‬pro ‫ܒܘܪܟܬܗ‬.2

Im Fall von PsSal 424a dürfte die Vorlage des Syrischen ἐν ὑπερ­ ηφανίᾳ am Versende gehabt haben, was einen fehlerhaften Bezug von ‫ ̇ܟܠ‬begünstigte, so dass πᾶσαν im Sinne von πάντας verstanden und auf τοὺς ποιοῦντας bezogen werden konnte. Im Fall von PsSal 103a ist die syrische Überlieferung mehrfach verderbt: (1) ὀρθώσει (Dat. Sg. von ὄρθωσις) pro ὀρθώσει (3. Sg. Fut. Akt. von ὀρθόω); infolge dessen erklärt der Syrer ὁδός zum Subjekt und liest ὁδός pro ὁδούς; innersyrisch verderbt ist schließlich δικαίων in δικαίου durch Auslassung der Seyame-Punkte. (2) Alsdann führt die falsche Interpretation der scriptio continua von διαστρέψει ἐν παιδείᾳ zu der Übersetzung ≈ διαστρέψειεν παιδεία: διαστρέψειεν (3. Sg. Opt. Aor. Akt.) pro διαστρέψει (3. Sg. Fut. Akt.).

4.3. Das spr achliche Verhältn is zu den syr ischen Odae Salom o n is 3 Die syrische Tradition bietet einen anderen Überlieferungskontext der Psalmen Salomos als die griechische. In der syrischen Überlieferung folgen die Psalmen Salomos auf die Oden Salomos und werden sogar fortlaufend mit diesen gezählt. Vermutlich geht die Zusammenstellung beider Schriften auf die griechische Vorlage der syrischen

Vgl. Trafton, 112 Nr. 11: „Perhaps ‫ ܛܠܠ‬is a corruption of ‫“ܛܠܠܘ‬. Trafton, 180 Nr. 143, hält im Anschluss an K.G. Kuhn: Textgestalt, 76, den Fehler für innersyr. verursacht, doch ist jener ebenso gut auf der Ebene des Griechischen verortbar. So oder so ist der Fehler kontextuell durch Angleichung an das unmittelbar vorangehende μετὰ ἰσχύος καὶ δικαιοσύνης (‫ܘܒܙܕܝܩܘܬܐ‬ ‫)ܒܥܘܫܢܐ‬ ̣ entstanden. Im Ergebnis also verbindet die syr. Übersetzung V. 38 mit dem Vorvers. 3 Hier geht es um das sprachliche Verhältnis; zum überlieferungsgeschichtlichen Verhältnis der Psalmen Salomos zu den Oden Salomos s.u. § B-III-3 zur Überlieferungsgeschichte. 1 2

162

Einleitung

Übersetzung zurück.1 S. Brock hat in einer exemplarischen Analyse der griechisch und syrisch vorliegenden OdSal 11 im Vergleich mit den Psalmen Salomos gezeigt, dass beide syrischen Versionen – die Version der Psalmen Salomos und die der Oden Salomos – dieselben sprachlichen Charakteristika aufweisen.2 Beide Übersetzungen dürften daher in denselben Zeitraum zu datieren sein. Dies lässt den Schluss zu, dass die Übersetzung beider Schriften sehr wahrscheinlich nach ihrer Zusammenstellung, die sich in die zweite Hälfte des III. Jhs. n. Chr. datieren lässt (s.u. § B-IV-3), erfolgte.

4.4. Er gebn is Die relative Häufigkeit griechischer Lehnwörter in der syrischen Übersetzung spricht für eine Abfassung nach dem V. Jh. n. Chr. Der signifikant hohe Gebrauch der Partikel ‫ ܓܝܪ‬ist ebenfalls Indiz für eine späte Abfassungszeit. Die recht ausgeprägte Verwendung von matres lectionis zur Wiedergabe der griechischen Vokale im Syrischen verweist auf das VI.–VII. Jh. n. Chr., wie das Beispiel διαθήκη gezeigt hat. Beides bestätigt im Übrigen, dass die syrische Übersetzung der Psalmen Salomos eine griechische Vorlage hatte. Ihrem Charakter nach ist die Übersetzung zwar eng an ihrer Vorlage orientiert, jedoch nicht in extremem Maße, wie es für die Übersetzungen des VII. Jhs. n. Chr. typisch ist. Von daher liegt eine Datierung in das VI. Jh. n. Chr. nahe.

Wollte man annehmen, dass die Oden Salomos keine griechische Vorlage besaßen, sondern genuin syrisch verfasst wurden, wäre die Zusammenstellung von Psalmen Salomos und Oden Salomos auf den Übersetzer zurückzuführen, der die Psalmen Salomos ins Syrische übersetzte. 2 Vgl. S. Brock: Rezension zu Charlesworth, 143: „[…] where the Greek vocabulary of Ode 11 overlaps with that of the Psalms of Solomon, the Syriac will be found to use the same word in both Odes and Psalms in all cases but one.“ 1

A Die Textzeugen

163

III. Das Stemma der Überlieferung Die Beobachtungen vGebhardts zur Stemmatisierung sind wertvoll und bieten eine günstige Ausgangslage. Die nachfolgende Abbildung zeigt das Stemma vGebhardts, wobei in runden Klammern (annäherungsweise) die Hyarchetypen des der vorliegenden Ausgabe zugrunde gelegten Stemmas ebenso wie die Transpositionen der vGebhardt’schen Sigel in die Rahlfsnomenklatur verzeichnet sind, um im Folgenden die Vergleichbarkeit beider Stemmata zu erleichtern.

Abb. 1: Stemma vGebhardts (transponiert)

Seit vGebhardt sind einerseits neue griechische Textzeugen und andererseits die syrische Überlieferung hinzugetreten, die es in das Stemma einzubeziehen gilt. Überdies war vGebhardt die Bedeutung der Hs. Ra 260 als Teil der auf justinianischer Vorlage beruhenden „Bibel des Niketas“ ebenso wenig bekannt wie das genaue Verhältnis der Hss. Ra 336, Ra 629 und Ra 769 zueinander, das aufgrund von Fehlkollationen in der vGebhardt’schen Darstellung empfindlich verunklärt ist.1 Die stemmatisch falsche Einordnung dieser nicht durch vGebhardt selbst kollationierten Hss. Ra 336, Ra 629 und Ra 769 beruht auf fehlerhaften Kolla1

164

Einleitung

Daneben hat Robert Hann eine Studie zur Textüberlieferung der Psalmen Salomos vorgelegt und den Versuch unternommen, vGebhardts Stemma unter Einbeziehung der neu hinzugetretenen Hss. zu verbessern.1 Die Arbeit Hanns weist jedoch aufgrund von Fehlkollationen eine Reihe gravierender Irrtümer auf, die das Bild der Überlieferung mitunter erheblich verzeichnen.2 Ausgehend von Hanns Stemma hat alsdann Trafton, 263–64, eine eigene Stemmatisierung unter Berücksichtigung des Syrischen vorgelegt.

Unstrittig ist die Spaltung der griechischen Texttradition in zwei Überlieferungsarme. Der eine Arm wird durch die Hs. Ra 253 repräsentiert, der andere durch die übrigen Hss. Die Filiation dieser übrigen Hss. verhält sich nach dem Stemma vGebhardts folgendermaßen: Ra 336 erscheint als direkter Deszendent der Majuskelvorlage „x“, von der eine weitere Majuskelvorlage „w“ abhängt, die Ausgangspunkt einer zwiegespaltenen Minuskelüberlieferung ist:3 Von „w“ derivieren einerseits über die Minuskelvorlage „v“ die Hss. Ra 769 und Ra 629, andererseits über die Minuskelvorlage „u“ die Hs. Ra 260 mit ihren Abkömmlingen. Ebendiese Filiation ist im Folgenden insbesondere im Blick auf die postulierten Minuskelvorlagen kritisch zu hinterfragen und gegebenenfalls zu modifizieren.

1. Das Verhältn is von 769 zu 629 Von „w“ derivieren vGebhardt zufolge über die Minuskelvorlage „v“ die Hss. Ra 769 (vGebhardt: XII. Jh.; Albrecht: XI. Jh.) und Ra 629 (XII.–XIII. Jh.).4 Das Verhältnis von Ra 769 und Ra 629 ist durch vGebhardt eingehend beschrieben worden; allerdings haben fehlerhafte Kollationen zu einem verfälschten Ergebnis geführt, das tionen. Zur Kollation dieser Hss. für die vGebhardt’sche Ausgabe s.o. § A-I-2 „Die Druckausgaben“. 1 R.R. Hann: History. Hanns Stemma findet sich ebd., 104. 2 Für diese Fehlkollationen zeichnet Robert Wright verantwortlich; vgl. dazu F. Alb ­ recht: Notwendigkeit, 114 Anm. 24; Ders.: Psalmoi Salomontos, 362 Anm. 3. 3 Vgl. dazu das Stemma bei vGebhardt, 90. 4 Zu „v“ als Minuskelvorlage vgl. vGebhardt, 40 Anm. 1: „Dafür spricht auch der Umstand, dass L und C zuweilen in auffallender Accentuirung zusammentreffen […]“.

A Die Textzeugen

165

der Korrektur bedarf (s. die Zusammenstellung der korrigierten Notationen am Ende dieses Abschnitts). Zwischen Ra 769 und Ra 629 lassen sich im Fall der Psalmen Salomos folgende Gemeinsamkeiten beobachten:

1.1. Gemeinsame Lücken Drei Fälle belegen gemeinsame Lücken von Ra 769 und 629, die auf eine enge Verwandtschaft beider Hss. zueinander schließen lassen: 53

Ausfall des Stichos 53a (οὐ γὰρ –– δυνατοῦ) in Ra 769 629 gegen Ra 336, der sich durch die Annahme einer Parablepse von ἐμοῦ (52 fin.) zu δυνατοῦ (53a fin.) erklären lässt.

132

Besonders auffällig ist jedoch PsSal 132:



Ra 769 liest auf drei Zeilen, wobei einzelne Wörter oder Wortteile durchgestrichen sind: 1.) ὁ βραχίων κυρίου ἔσωσεν ἡμᾶς ἀπὸ ῥομφαίας __ αίας >διαπορευομένης< διαπορ ∣ 2.) ἀπὸ λιμοῦ καὶ θανάτου ἁμαρτωλῶν ∣ 3.) θηρία ἐπέδραμον […] ∣



Ra 629 liest ebenfalls auf drei Zeilen, wobei die dritte Zeile nach Seitenwechsel folgt:

1.) ὁ βραχίων κυρίου ἔσωσεν ἡμᾶς ἀπὸ αίας ___ (Leerraum) 2.) ἀπὸ λιμοῦ ____________________________ (Leerraum) 3.) θηρία ἐπέδραμον […]

∣ ∣∣ ∣

136–7 Ausfall des Verses 136b fin.— 7 (οὐδέν. ὅτι –– ἁμαρτωλῶν) in Ra 769 629 gegen Ra 336, was sich nicht ohne Weiteres aus der stichischen Schreibweise, wie sie Ra 336 bezeugt, erklären lässt.

166

Einleitung

1.2. Gemeinsame Randle sar ten 1 Bereits vGebhardt folgert, dass die Möglichkeit einer direkten Abhängigkeit beider Handschriften voneinander besteht, und stellt die Abweichungen von Ra 769 und Ra 629 zusammen (vGebhardt, 36–38). Dabei erwägt er eine Abhängigkeit der Hs. Ra 629 von Hs. Ra 769, verwirft diese Möglichkeit aber aufgrund von PsSal 48 und 61.2 In beiden Fällen sind vGebhardts Lesarten jedoch fehlerhaft. Korrekt lauten sie: 483

δικαιώσαισαν 253 336; δικαίωσαιαν 769* δικαίωσειαν 769c; δικαιώσαιαν 629* δικαιώσειαν 629c.

Auffälligerweise teilen Ra 769 und Ra 629, abgesehen von der Akzentuation, dieselben Lesarten: Beide Hss. bieten die grammatisch sinnfreie Form δικαίωσαιαν/ δικαιώσαιαν als ursprüngliche Lesart und korrigieren interlinear auf jeweils dieselbe Weise durch hochgestellte Ligatur ει in δικαίωσειαν/ δικαιώσειαν. Dabei ist jedoch lediglich die Form δικαιώσειαν (Ra 629c) grammatisch korrekt.4 Zweifellos hängen beide Hss. zusammen, wobei die eine von der anderen abgeschrieben worden ist. Warum sollte nun aber der Kopist eine zwar korrigierte, aber doch korrekt akzentuierte Lesart abändern? Hier ist am wahrscheinlichsten davon auszugehen, dass Ra 769 die Vorlage bildet, aus der Ra 629 sorgfältig das Lemma samt Korrektur kopierte, dabei jedoch die Akzentuation korrigierte.5

Neben gemeinsamen Randlesarten weisen Ra 769 und 629 als weitere Gemeinsamkeit das Vorhandensein von Randnoten auf. Allerdings sind diese in beiden Fällen im Laufe der Überlieferung stark beschädigt worden (so durch falsche Restaurierungsmaßnahmen im Fall von Ra 629; f. 306v befand sich eine zehnzeilige Randnote zu PsSal 12) oder ganz verloren gegangen (so durch Beschnitt im Fall von Ra 769; zu der einzig überlieferten Note, die im XIX. Jh. noch vorhanden und lesbar war, s.u. S. 259,Anm. 2). 2 Vgl. vGebhardt, 38. Im Fall von PsSal 4 8 notiert vGebhardt fälschlich für Hs. Ra 769 die Lesart δικαίως εἶεν und für Ra 629 δικαιώσαιαν, im Fall von PsSal 6 1 fälschlich für Ra 769 ἐπικαλεῖσθαι und für Ra 629 ἐπικαλέσασθαι. 3 Vgl. die fehlerhafte Zusammenstellung der Lesarten zu PsSal 4 8 bei vGebhardt, 36: δικαιώσαισαν 253 336] δικαίως εἶεν 769; δικαιώσαιαν 629. 4 Zur Morphematik des Optativs in den Psalmen Salomos s.o. § A-I-4-2-2 „Konjugation“ unter der Rubrik „Modi“. 5 Ein weiteres Indiz dafür, dass Ra 769 die Vorlage von Ra 629 bildet, ist PsSal 13 9 die korrekt akzentuierte Lesart πρωτοτόκου in Ra 629 gegenüber der inkorrekt akzentuierten Lesart πρωτοῦτόκου (sic!) in Ra 769. 1

A Die Textzeugen

611

167

ἐπικαλέσασθαι 253 769 629; ἐπικαλεῖσθαι 260.

PsSal 48 und 61 eignen sich also, anders als vGebhardt annimmt, nicht als Beleg dafür, dass beide Hss. unabhängig aus gemeinsamer Vorlage geflossen seien, sondern bekräftigen, dass Ra 629 von Ra 769 abhängt. Dies wird des Weiteren durch folgende Lesarten bestätigt, die bei vGebhardt größtenteils unvollständig erfasst sind: 233 35 828 911 147 154 165

αὐτοῦ 769 629txt; κυρίου 629mg. αὐτοῦ 769 629c; αὐτῷ 629*. ⲓ̅ⲗ̅ⲏ̅ 769; ⲓ̅ⲗ̅ⲏ̅ⲙ̅ 629*; ⲓ̅ⲏ̅ⲗ̅ 629c.2 ἡ 769*; om. ἡ 769c 629. ἐμνήσθησαν τοῦ θεοῦ] ἐμνήσθησαν του (∣) (sic!) 769; ἐμνή­σθη­ σαν αὐτοῦ 629. ὀργή 769mg; om. ὀργή 769txt 629. ἐλογίσομαι 769*; ἐλογίσομε (sic!) 769c; ἐλογίσω με 629.

1.3. Kor rektur der Notationen Die fehlerhaften Notationen vGebhardts sind über PsSal 48 und 61 (s.o. § A-III-1-2) hinaus folgendermaßen zu korrigieren: 510 121

πρόσωπον 253 336 7693 629] πρόσωπα 260 δόλια 253 336 260] πονηρά 629*; δολερά 769 629c

Vgl. die fehlerhafte Zusammenstellung der Lesarten zu PsSal 6 1 bei vGebhardt, 36: ἐπικαλέσασθαι 253 629] ἐπικαλεῖσθαι 260 769. 2 Zur ungewöhnlichen Schreibweise des Nomen sacrums Ἰσραήλ in Ra 769 s.u. § D-V „Nomina sacra“. Die von Ra 629* bezeugte Verlesung ⲓ̅ⲗ̅ⲏ̅ⲙ̅ erklärt sich wunderbar ob der Tatsache, dass die Vorlage Ra 769 die ausgefallene Schreibweise ⲓ̅ⲗ̅ⲏ̅ bot. 3 769 liest πρόσωπ, wobei das Pi über das Omega gestellt ist; diese paläographische Suspension kann per se als Sg. oder Pl. aufgefasst werden. Insgesamt neigt Ra 769 dazu, einen Konsonanten, dem ein Vokal folgt, hochzustellen; Beispiele hierfür sind: PsSal 6 3 ποτμῶν mit suspendiertem Tau = ποταμῶν; 9 5 κρίματ mit suspendiertem Tau = κρίματα; 17 34 πάντ mit suspendiertem Tau = πάντα. Insofern scheint im Fall von PsSal 5 10 πρόσωπ mit suspendiertem Pi prima facie = πρόσωπα zu bedeuten. Das dies unwahrscheinlich ist, zeigt allerdings das Stemma – sowohl das vGebhardt’sche als auch das der vorliegenden Ausgabe: Nach 1

168 161

Einleitung

καταφορᾷ 253 6061] καταφθορᾷ 336 769 629 260-471

Im Ergebnis ist das Postulat einer gemeinsamen Minuskelvorlage „v“ zu verwerfen.2 Die Abhängigkeit der Hss. Ra 769 und Ra 629 voneinander ist in der vorliegenden Ausgabe daher wie folgt zu notieren: 769 = 769-629 (zur Notationsweise und ihrer Begründung s.u. § C).

2. Das Verhältn is von 769 zu 336 Das Verhältnis von Ra 769 und Ra 336 ist bislang unzureichend bestimmt. Im Wesentlichen haben fehlerhafte Kollationen, insbesondere von Ra 769, aber auch von Ra 629 (s.o. § A-III-1-3), vGebhardts Einschätzung der Überlieferungslage getrübt. Eine genaue Untersuchung zeigt indes, dass sich alle drei Hss. eine gemeinsame Majuskelvorlage (Hyparchetyp ζ) teilen, von der zudem die heutzutage unvollständige Hs. Ra 728 deriviert, die sehr wahrscheinlich ebenfalls ein Zeuge der Psalmen Salomos gewesen ist (zu Ra 728 s.o. § A-I-1 in vGebhardt bezeugen die Hyparchetypen y und x die Lesart πρόσωπον; nach dem Stemma der vorliegenden Ausgabe sind es die Hyparchetypen γ und ε. Daneben könnte man annehmen, dass die (eindeutige) Lesart der Hs. Ra 629 (πρόσωπον) für die Interpretation der Lesart von Hs. Ra 769 ausschlaggebend sein könnte; hier ist allerdings zu bedenken, dass – wie eingangs bemerkt – die in Hs. Ra 769 z. St. vorliegende Suspension beide Numeri bezeichnen kann, also in keiner Weise als Argument gegen eine stemmatische Abhängigkeit der Hs. Ra 629 von Hs. Ra 769 dienen sollte. Vielmehr dürfte Hs. Ra 629 die Suspension dem Kontext entsprechend schlichtweg korrekt als Sg. aufgefasst haben. Auch wenn man also annähme, dass Ra 769 in ihrer Vorlage, namentlich im Hyparchetyp θ ( 336 471 1 Titulus Α Ψαλμὸς τῷ Σαλωμὼν (em. Albrecht) εἰς τέλος (coni. Perles: cf. 11); ̄ Sy10h1; Ὠιδὴ ΜΓ Ψαλμὸς τῷ Σαλομὼν πρῶτος 336; Α 260-606 769; ΜΓ (‫)ܕܡ ̄ܓ‬ ̄ 16h1 (‫ )ܙܡ ̣ܝܪܬܐ ܕܡ ܘܬܠܬ‬Sy ; > 253 471 1  1 θλίβεσθαί με coni. Perles] + εἰς τέλος codd. gr. vGebhardt = Rahlfs et Sy (‫ ≈ ܒܐܚܪܝܬܝ‬εἰς τέλος μου): cf. praef. p. 54  |  om. τόν 253 2  ἐπακούσεται] εἶπα ἐπακού­ σε­ται coni. vGebhardt = Rahlfs: cf. praef. p. 60 3  πολλήν 253 769] πο­λύν 336 260 4  διεδόθη] διέλθοι 260: δοθ→λθο et η→ι  |  bis scr. τὴν — ἐσχά­του 253*  |  bis scr. ἡ 769 (∣)  |  αὐτῶν 2] αὐτοῦ 769 5  εἶπαν] εἶπον 769  |  πέσωσιν 253 260] πέσωσι 336-769 471; + μέν 769 7  καὶ ἐγώ 253 336] καγώ 769 260; om. καί Sy16h1: ‫ܘܘ → ܘܘܘ‬

1 1 2 3 4 5 6 7 8

21 – 11

2

Ἐν τῷ ὑπερηφανεύεσθαι τὸν ἁμαρτωλὸν ἐν κριῷ κατέβαλλε τείχη ὀχυρά, καὶ οὐκ ἐκώλυσας. 2 ἀνέβησαν ἐπὶ τὸ θυσιαστήριόν σου ἔθνη ἀλλότρια, κατεπατοῦσαν ἐν ὑποδήμασιν αὐτῶν ἐν ὑπερηφανίᾳ, 3 ἀνθ᾿ ὧν οἱ υἱοὶ Ἱερουσαλὴμ ἐμίαναν τὰ ἅγια κυρίου, ἐβεβηλοῦσαν τὰ δῶρα τοῦ θεοῦ ἐν ἀνομίαις. 4 ἕνεκεν τούτων εἶπεν Ἀπορίψατε αὐτὰ μακρὰν ἀπ᾿ ἐμοῦ. οὐκ εὐόδωκεν αὐτοῖς  5τὸ κάλλος τῆς δόξης αὐτῆς· ἐξουθενώθη ἐνώπιον τοῦ θεοῦ, ἠτιμώθη ἕως εἰς τέλος. 6 οἱ υἱοὶ καὶ αἱ θυγατέρες ἐν αἰχμαλωσίᾳ πονηρᾷ, ἐν σφραγῖδι· ὁ τράχηλος αὐτῶν ἐν ἐπισήμῳ, ἐν τοῖς ἔθνεσιν. 7 Κατὰ τὰς ἁμαρτίας αὐτῶν ἐποίησεν αὐτοῖς, ὅτι ἐγκατέλιπεν αὐτοὺς εἰς χεῖρας κατισχυόντων. 8 ἀπέστρεψεν γὰρ τὸ πρόσωπον αὐτοῦ ἀπὸ ἐλέους αὐτῶν, νέον καὶ πρεσβύτην καὶ τέκνα αὐτῶν εἰς ἅπαξ, ὅτι πονηρὰ ἐποίησαν εἰς ἅπαξ τοῦ μὴ ἀκούειν. 9 καὶ ὁ οὐρανὸς ἐβαρυθύμησεν, καὶ ἡ γῆ ἐβδελύξατο αὐτούς, ὅτι οὐκ ἐποίησε πᾶς ἄνθρωπος ἐπ᾿ αὐτῆς ὅσα ἐποίησαν. 10 καὶ γνώσεται ἡ γῆ τὰ κρίματά σου πάντα τὰ δίκαια, ὁ θεός. 11  Ἔστησαν τοὺς υἱοὺς Ἱερουσαλὴμ εἰς ἐμπαιγμὸν ἀντὶ πορνῶν ἐν αὐτῇ· πᾶς ὁ παραπορευόμενος εἰσεπορεύετο κατέναντι τοῦ ἡλίου. 1 

2 3 4 5 (5)

6 7 8

(9)

9

332

Β Ψαλμὸς τῷ Σαλωμὼν περὶ Ἱερουσαλήμ

1



ΨΑΛΜΟΙ ΣΟΛΟΜΩΝΤΟΣ

(10) (11)

10 (12) 11 (13)

253 336-769 260 Sy10h1 Sy16h1

2 Titulus Β (Βος 336) Ψαλμὸς τῷ Σαλωμὼν (em. vGebhardt; Σαλωμῶν 253; Σαλομών 336 260-606; Σαλομ⟨ών⟩ 769) περὶ Ἱερουσαλήμ 253 336-769 260-606; ̄ Sy10h1; Ὠιδὴ ΜΔ (‫ )ܙܡ ̣ܝܪܬܐ ܕܐܪܒܥܝܢ ܘܐܪܒܥ‬Sy16h1; > 471 ΜΔ (‫)ܕܡ ̄ܕ‬ 2  1 κατέβαλλε 253 336] κατέβαλε 769 260 vGebhardt = Rahlfs 2  κατε­πα­ τοῦ­σαν 253] κατεπάτουν rel. 3  om. οἱ 336  |  ἐβεβηλοῦσαν 253] ἐβεβήλουν 336769 260 4  ἀπο­ρίψατε 253 vGebhardt] ἀπορ­ρίψατε 769 260 Rahlfs; ἀπερ­ρί­ψατε 336: ο→ε  |  εὐ­ό­δωκεν] εὐδοκῶ ἐν coni. Hilgenfeld vGebhardt = Rahlfs: cf. praef. p. 60 5  αὐτῆς 471 Sy10h1] αὐτοῦ 253 336-769 260-606 Sy16h1  |  ἐξ­ου­θε­νώ­θη] ἐξου­ θενήθη 260  |  om. ἕως 260 6  om. οἱ et αἱ 253  |  ἔθνεσιν 253 769] -σι 336 260 8  ἀπέστρεψεν 253 769] -ψε 336 260  |  τό 253] > rel.  |  ἐλέους 253] ἐλέου rel. | αὐτῶν1] αὐτοῦ 336 Sy  |  εἰς ἅπαξ1 et 2 Rahlfs] εἰσ­ά­παξ vGeb­hardt 9  ἐβα­ρυ­θύ­ μη­σεν 336-769] -σε 253 260  |  ὅσα] οὖσα 253* 10  πάντα τὰ δίκαια] τὰ δίκαια πάντα 336 11  ἔστησαν] ἔστησεν 260(-σε 471)  |  παρα­πο­ρευ­όμενος] πο­­ρευ­

333

PSALMI SALOMONIS

ἐνέπαιζον ταῖς ἀνομίαις αὐτῶν (14)καθὰ ἐποίουν αὐτοί· ἀπέναντι τοῦ ἡλίου παρεδειγμάτισαν ἀδικίας αὐτῶν. 13 καὶ θυγατέρες Ἱερουσαλὴμ βέβηλοι κατὰ τὸ κρίμα σου, ἀνθ᾿ ὧν αὗται ἐμιαίνοσαν αὑτὰς ἐν φυρμῷ ἀναμίξεως. 14 τὴν κοιλίαν μου καὶ τὰ σπλάγχνα μου πονῶ ἐπὶ τούτοις. 15  Ἐγὼ δικαιώσω σε, ὁ θεός, ἐν εὐθύτητι καρδίας, ὅτι ἐν τοῖς κρίμασίν σου ἡ δικαιοσύνη σου, ὁ θεός. 16 ὅτι ἀπέδωκας τοῖς ἁμαρτωλοῖς κατὰ τὰ ἔργα αὐτῶν καὶ κατὰ τὰς ἁμαρτίας αὐτῶν τὰς πονηρὰς σφόδρα. 17 ἀνεκάλυψας τὰς ἁμαρτίας αὐτῶν, ἵνα φανῇ τὸ κρίμα σου, ἐξήλειψας τὸ μνημόσυνον αὐτῶν ἀπὸ τῆς γῆς. 18 ὁ θεὸς κριτὴς δίκαιος καὶ οὐ θαυμάσει πρόσωπον. 19  Ὠνείδισαν γὰρ ἔθνη Ἱερουσαλὴμ ἐν καταπατήσει, κατεσπάσθη τὸ κάλλος αὐτῆς ἀπὸ θρόνου δόξης. 20 περιεζώσατο σάκκον ἀντὶ ἐνδύματος εὐπρεπείας, σχοινίον περὶ τὴν κεφαλὴν αὐτῆς ἀντὶ στεφάνου. 21 περιείλατο μίτραν δόξης, ἣν περιέθηκεν αὐτῇ ὁ θεός· ἐν ἀτιμίᾳ τὸ κάλλος αὐτῆς ἀπερίφη ἐπὶ τὴν γῆν. 22 Καὶ ἐγὼ εἶδον καὶ ἐδεήθην τοῦ προσώπου κυρίου καὶ εἶπον Ἱκάνωσον, κύριε, τοῦ βαρύνεσθαι χεῖρά σου ἐπὶ Ἱερουσαλὴμ ἐν ἐπαγωγῇ ἐθνῶν·  23ὅτι ἐνέπαιξαν καὶ οὐκ ἐφείσαντο, ἐν ὀργῇ καὶ θυμῷ μετὰ μηνίσεως (26)καὶ συντελεσθήσονται, ἐὰν μὴ σύ, κύριε, ἐπιτιμήσῃς αὐτοῖς ἐν ὀργῇ σου, 12

212 – 23 (14) 12

13 (15)

14 (16) 15

(17) 16

(18) 17 (19)

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(26)

253 336-769 260 Sy10h1 Sy16h1 όμενος 253 13  αὗται] αὐταί em. vGebhardt = Rahlfs  |  ἐμιαί­νο­σαν em. Al­bre­ cht] ἐμι­αί­ωσαν 253 vGebhardt = Rahlfs: νο→ω; ἐμίαινον rel.: cf. praef. p. 77  |  αὑ­τάς em. vGebhardt = Rahlfs] αὐτάς 253; ἑαυτάς 336-769 260: cf. praef. p. 77  |  ἀνα­μί­ ξεως] ἀναμείξεως em. Rahlfs: cf. praef. p. 111 sq. 14  σπλάγ­χνα 253 260] σπλά­χνα 336 (∣)-769: cf. praef. p. 169 15  κρίμα­σιν 253] -σι rel. 16  αὐ­τῶν 1] αὐτῷ 769  |  om. καί 769 260 17  αὐτῶν 2] αὐτοῦ 769* 19  ὠ­νεί­δισαν] ὠνείδισας 471  |  ἐν κατα­ πα­τή­σει] κατα­πατῆσαι 336  |  κατε­σπά­σθη em. vGebhardt = Rahlfs, cf. Sy (‫])ܐܬܦܣܩ‬ κατ­έσπασεν (-σε 336 260) codd. gr.: ΘΗ→ΕΝ, cf. praef. p. 77 21  περι­είλατο ̣ 253] περι­είλετο rel.  |  ἀπερίφη em. Al­brecht] ἀπερρίφη rel. (-φει 253: η→ει): cf. praef. p. 77 22  κυρίου] + τοῦ θεοῦ 336  |  καὶ εἶπον] κἀγὼ εἶ­πον 336  |  om. κύριε 336 | τοῦ βα­ρύνεσθαι/ χεῖρά σου tr. 336  |  χεῖρά σου] χεῖ­ρας σου 253: dittogr. (Σ→ΣΣ) | Ἱερου­σαλήμ] Ἰσραήλ 253 Sy  |  ἐπαγωγῇ] ἀπαγω­γῇ 260 23  αὐτοῖς 253 260] αὐτούς 336-769

224 – 35

ΨΑΛΜΟΙ ΣΟΛΟΜΩΝΤΟΣ

334

24 (27) 24ὅτι

(28)

25

(29)

26 (30)

27 (31)

(32)

28 29 (33)

30 (34) 31 (35) 32 (36) 33 (37) 34 (38) 35 (39)

οὐκ ἐν ζήλει ἐποίησαν, ἀλλ᾿ ἐν ἐπιθυμίᾳ ψυχῆς, ἐκχέαι τὴν ὀργὴν αὐτῶν εἰς ἡμᾶς ἐν ἁρπάγματι. 25 μὴ χρονίσῃς, ὁ θεός, τοῦ ἀποδοῦναι αὐτοῖς εἰς κεφαλάς, τοῦ εἰπεῖν τὴν ὑπερηφανίαν τοῦ δράκοντος ἐν ἀτιμίᾳ. 26 Καὶ οὐκ ἐχρόνισα, ἕως ἔδειξέν μοι ὁ θεὸς τὴν ὕβριν αὐτοῦ· ἐκκεκεντημένον ἐπὶ τῶν ὀρέων Αἰγύπτου, ὑπὲρ ἐλάχιστον ἐξουδενωμένον ἐπὶ γῆς καὶ θαλάσσης. 27 τὸ σῶμα αὐτοῦ διαφερόμενον ἐπὶ κυμάτων ἐν ὕβρει πολλῇ, καὶ οὐκ ἦν ὁ θάπτων, (32)ὅτι ἐξουθένωσεν αὐτὸν ἐν ἀτιμίᾳ. 28 Οὐκ ἐλογίσατο ὅτι ἄνθρωπός ἐστιν, καὶ τὸ ὕστερον οὐκ ἐλογίσατο. 29 εἶπεν Ἐγὼ κύριος γῆς καὶ θαλάσσης ἔσομαι, καὶ οὐκ ἐπέγνω, ὅτι ὁ θεὸς μέγας, κραταιὸς ἐν ἰσχύι αὐτοῦ τῇ μεγάλῃ. 30 αὐτὸς βασιλεὺς ἐπὶ τῶν οὐρανῶν καὶ κρίνων βασιλεῖς καὶ ἀρχάς· 31 ὁ ἀνιστῶν ἐμὲ εἰς δόξαν καὶ κοιμίζων ὑπερηφάνους εἰς ἀπώλειαν αἰῶνος ἐν ἀτιμίᾳ, ὅτι οὐκ ἔγνωσαν αὐτόν. 32 Καὶ νῦν ἴδετε, οἱ μεγιστᾶνες τῆς γῆς, τὸ κρίμα τοῦ κυρίου, ὅτι μέγας βασιλεὺς καὶ δίκαιος κρίνων τὴν ὑπ᾿ οὐρανόν. 33 εὐλογεῖτε τὸν θεόν, οἱ φοβούμενοι τὸν κύριον ἐν ἐπιστήμῃ, ὅτι τὸ ἔλεος κυρίου ἐπὶ τοὺς φοβουμένους αὐτὸν μετὰ κρίματος 34 τοῦ διαστεῖλαι ἀνὰ μέσον δικαίου καὶ ἁμαρτωλοῦ ἀποδοῦναι ἁμαρτωλοῖς εἰς τὸν αἰῶνα κατὰ τὰ ἔργα αὐτῶν 35 καὶ ἐλεῆσαι δίκαιον ἀπὸ ταπεινώσεως ἁμαρτωλοῦ καὶ ἀποδοῦναι ἁμαρτωλῷ ἀνθ᾿ ὧν ἐποίησεν δικαίῳ.

253 336-769(629: 227–) 260 Sy10h1 Sy16h1 24  ζήλει 253] ζήλῳ rel.  |  ἀλλ᾿] ἀλλά 260  |  ἐκχέαι] ἐκχέας 336 25  μή] pr. καί 253  |  ἀτιμίᾳ] αι(∣∣)τία μία (sic) 253; ἀτιμίᾳ μιᾷ 336: dit­togr. 26  ἕως] + οὗ 336 | ἔδειξεν 253 769] -ξε 336 260  |  ἐλάχιστον coni. Geiger vGebhardt = Rahlfs, cf. Sy] ἐλα­χίστου codd. gr.: cf. praef. p. 55 27  διαφερόμενον] διεφθαρ­μέ­νον 260  |  post οὐκ ἦν incipit 629  |  ἐξουθένωσεν 253] ἐξουδένωσεν rel.: ex praec. (226) 28  ἐστίν] ἐστί 260 29  εἶπεν] εἰπεῖν 769 (629 latet)  |  κραταιός] pr. καί vel  629; + καί 471* 31  om. ὁ 336 260  |  αἰῶ­νος 253] αἰώνιον rel. 32  τοῦ 253] > rel.  |  κρί­ νων] κρῖ­νον 336: ω→ο 33  κυ­ρίου 253 336-629mg 260 Sy] αὐ­τοῦ 769-629txt 34  repetivit ἀπο­δοῦ­ναι — αὐτῶν post ἁμαρτωλοῦ (235) 336 35  ἐποί­ησεν 253 769] ἐ­ποί­ησε 336 260

335

PSALMI SALOMONIS

ὅτι χρηστὸς ὁ κύριος τοῖς ἐπικαλουμένοις αὐτὸν ἐν ὑπομονῇ ποιῆσαι κατὰ τὸ ἔλεος αὐτοῦ τοῖς ὁσίοις αὐτοῦ παρεστάναι διὰ παντὸς ἐνώπιον αὐτοῦ ἐν ἰσχύι. 37 εὐλογητὸς κύριος εἰς τὸν αἰῶνα ἐνώπιον δούλων αὐτοῦ. 36

236– 38 (40) 36

(41) 37

Γ Ψαλμὸς τῷ Σαλωμὼν περὶ δικαίων Ἵνα τί ὑπνοῖς, ψυχή, καὶ οὐκ εὐλογεῖς τὸν κύριον; ὕμνον καινὸν ψάλατε τῷ θεῷ τῷ αἰνετῷ. 2 ψάλλε καὶ γρηγόρησον ἐπὶ τὴν γρηγόρησιν αὐτοῦ, ὅτι ἀγαθὸς ψαλμὸς τῷ θεῷ ἐξ ἀγαθῆς καρδίας. 3 δίκαιοι μνημονεύσουσιν διὰ παντὸς τοῦ κυρίου, ἐν ἐξομολογήσει καὶ δικαιώσει τὰ κρίματα κυρίου. 4 οὐκ ὀλιγωρήσει δίκαιος παιδευόμενος ὑπὸ κυρίου· ἡ εὐδοκία αὐτοῦ διὰ παντὸς ἔναντι κυρίου. 5 Προσέκοψεν ὁ δίκαιος καὶ ἐδικαίωσεν τὸν κύριον, ἔπεσεν καὶ ἀποβλέπει τί ποιήσει αὐτῷ ὁ θεός, ἀποσκοπεύει ὅθεν ἥξει σωτηρία αὐτοῦ. 6 ἀλήθεια τῶν δικαίων παρὰ θεοῦ σωτῆρος αὐτῶν, οὐκ αὐλίζεται ἐν οἴκῳ δικαίου ἁμαρτία ἐφ᾿ ἁμαρτίαν· 7 ἐπισκέπτεται διὰ παντὸς τὸν οἶκον αὐτοῦ ὁ δίκαιος, τοῦ ἐξᾶραι ἀδικίαν ἐν παραπτώματι αὐτοῦ. 8 ἐξιλάσατο περὶ ἀγνοίας ἐν νηστείᾳ καὶ ταπεινώσει ψυχὴν αὐτοῦ,

3

1 

1 (2)

2 3 4 5

(6) (7)

6

(8)

7

(9)

8

253 336-769 260 SyS(31–5c) Sy10h1(–35b) Sy16h1 36  ὁσίοις] μετ’ 260

3 Titulus Γ (Γος 336; > 260) Ψαλμὸς τῷ Σαλωμὼν (em. vGebhardt; Σα­λω­ μῶν 253; Σαλομών 336-629 606; Σαλομων 769; Σαλομ⟨ών⟩ 260-471) περὶ δι­καί­ων ̄ Sy10h1; Ὠιδὴ ΜΕ (‫ܘܚܡܫ‬ 253 336-769 260; ΜΕ (‫)ܕܡ ̄ܗ‬ ̣̇ ‫ )ܙܡ ̣̈ܝܪܬܐ ܕܐܪܒܥܝܢ‬Sy16h1 3  1 οὐκ εὐλογεῖς] οὐ λογεῖς 253*  |  καινόν 336 260 Sy] καὶ αἶνον 253 769: dittogr.  |  ψάλατε] ψάλλετε 253 2  ψάλλε καί ] ψάλαι 336: cf. praef. p. 272  |  θεῷ 253 769 260 Sy10h1 Sy16h1] κυρίῳ 336; > SyS  |  ἀγαθῆς 253 336 Sy] ὅλης 769 260 3  μνημονεύσουσιν 253] μνημονεύουσι rel. (vGebhardt = Rahlfs)  |  om. ἐν 769* | κυρίου 2] pr. τοῦ 253 4  κυρίου1] pr. τοῦ 253  |  ἔναντι 253] ἐν­αν­τί­ον rel. 5  desinit Sy10h1 post θεός et deest usque ad 102  |  σωτηρία 253 769 260-471] pr. ἡ 336 606  |  αὐτοῦ 336-769-629c 260] αὐτῷ 253 629*  |  desinit SyS post αὐτοῦ 6  δικαίου 253 Rahlfs] pr. τοῦ rel. (vGebhardt) 8  ψυχήν] ψυχῆς coni. vGebhardt = Rahlfs: cf. praef. p. 60 sq.  |  om. αὐτοῦ1 253  | 

38 – 44

(10)

9

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10 (12) (13)

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12 (15) (16)

2 3 4

336

καὶ ὁ κύριος καθαρίζει πᾶν ἄνδρα ὅσιον καὶ τὸν οἶκον αὐτοῦ. 9 Προσέκοψεν ἁμαρτωλὸς καὶ καταρᾶται ζωὴν αὐτοῦ, τὴν ἡμέραν γενέσεως αὐτοῦ καὶ ὠδῖνας μητρός. 10 προσέθηκεν ἁμαρτίας ἐφ᾿ ἁμαρτίας τῇ ζωῇ αὐτοῦ· ἔπεσεν, ὅτι πονηρὸν τὸ πτῶμα αὐτοῦ, καὶ οὐκ ἀναστήσεται. 11 ἡ ἀπώλεια τοῦ ἁμαρτωλοῦ εἰς τὸν αἰῶνα, καὶ οὐ μνησθήσεται, ὅταν ἐπισκέπτηται δικαίους. 12 αὕτη ἡ μερὶς τῶν ἁμαρτωλῶν εἰς τὸν αἰῶνα· οἱ δὲ φοβούμενοι τὸν κύριον ἀναστήσονται εἰς ζωὴν αἰώνιον, καὶ ἡ ζωὴ αὐτῶν ἐν φωτὶ κυρίου καὶ οὐκ ἐκλείψει ἔτι.

4 1

ΨΑΛΜΟΙ ΣΟΛΟΜΩΝΤΟΣ

Δ Διαλογὴ τοῦ Σαλωμὼν τοῖς ἀνθρωπαρέσκοις Ἵνα τί σύ, βέβηλε, κάθησαι ἐν συνεδρίῳ ὁσίων καὶ ἡ καρδία σου μακρὰν ἀφέστηκεν ἀπὸ τοῦ κυρίου ἐν παρανομίαις παροργίζων τὸν θεὸν Ἰσραήλ; 2 περισσὸς ἐν λόγοις, περισσὸς ἐν σημειώσει ὑπὲρ πάντας, ὁ σκληρὸς ἐν λόγοις, κατακρῖναι ἁμαρτωλοὺς ἐν κρίσει· 3 καὶ ἡ χεὶρ αὐτοῦ ἐν πρώτοις ἐπ᾿ αὐτὸν ὡς ἐν ζήλει, καὶ αὐτὸς ἔνοχος ἐν ποικιλίᾳ ἁμαρτιῶν καὶ ἐν ἀκρασίαις. 4 οἱ ὀφθαλμοὶ αὐτοῦ ἐπὶ πᾶσαν γυναῖκα ἄνευ διαστολῆς, ἡ γλῶσσα αὐτοῦ ψευδὴς ἐν συναλλάγματι μεθ᾿ ὅρκου. 1

253 336-769 260 Sy16h1 πᾶν 253 Rahlfs] πάντα rel. (vGebhardt): cf. 820 et praef. p. 89  |  ὅσιον] θεῖον 769: οσ→θε 9  ἁμαρτωλός] pr. ὁ 336  |  ζωήν] pr. τήν 336 10  προσέθηκεν] προσ­έ­θη­ καν 260  |  ἁμαρτίας1 336 260: cf. 36b] ἁμαρτίαις 253 769  |  πτῶμα] σπέρμα 336 11  μνησθήσεται] μὴ μνησθ. 253: dittogr. (μν→μημν) 12  ἡ1 253] > rel.  |  τόν 1 253 336] > 769 260  |  om. καί 2 253

4 Titulus Δ Διαλογὴ τοῦ Σαλωμὼν (em. vGebhardt; Σαλωμῶν 253; Σαλομών 336-769) τοῖς ἀνθρωπαρέσκοις (+ τέταρτος 336) 253 336-769; Γ Ψαλμός τῷ Σα­ λο­μὼν (Σαλομῶν 149) τοῖς ἀνθρωπαρέσκοις 260-606; Ὠιδὴ ΜΖ (‫ܙܡ ̣ܝܪܬܐ ܕܐܪܒܥܝܢ‬ ‫ )ܘܫܒܥ‬Sy16h1; > 471 4  1 βέβηλε/ κάθησαι 253 Sy16h1] tr. rel.  |  ὁσίων 336] ὁσίῳ 253 769; > 260 | om. τοῦ 336* 2  om. ὁ 336  |  κατα­κρῖναι em. vGebhardt = Rahlfs, cf. Sy16h1 (‫ ])ܠܡܚܝܒܘ‬κα­τα­κρίναι 253 336; κατα­κρίνει 769; κατακρίνων 260: cf. praef. p. 78 3  ζή­λει 253] ζήλῳ rel.  |  ἁμαρτιῶν καί] ἁμαρτωλῶν 253 Sy16h1 4  om. αὐτοῦ2 253

337

PSALMI SALOMONIS

ἐν νυκτὶ καὶ ἐν ἀποκρύφοις ἁμαρτάνει ὡς οὐχ ὁρώμενος, ἐν ὀφθαλμοῖς αὐτοῦ λαλεῖ πάσῃ γυναικὶ ἐν συνταγῇ κακίας· ταχὺς εἰσόδῳ εἰς πᾶσαν οἰκίαν ἐν ἱλαρότητι ὡς ἄκακος. 6  Ἐξάραι ὁ θεὸς τοὺς ἐν ὑποκρίσει ζῶντας μετὰ ὁσίων, ἐν φθορᾷ σαρκὸς αὐτοῦ καὶ πενίᾳ τὴν ζωὴν αὐτοῦ· 7 ἀνακαλύψαι ὁ θεὸς τὰ ἔργα ἀνθρώπων ἀνθρωπαρέσκων, ἐν καταγέλωτι καὶ μυκτηρισμῷ τὰ ἔργα αὐτοῦ. 8 καὶ δικαιώσαισαν ὅσιοι τὸ κρίμα τοῦ θεοῦ αὐτῶν ἐν τῷ ἐξαίρεσθαι ἁμαρτωλοὺς ἀπὸ προσώπου δικαίου, ἀνθρωπάρεσκον λαλοῦντα νόμον μετὰ δόλου. 9 καὶ οἱ ὀφθαλμοὶ αὐτῶν ἐπ᾿ οἶκον ἀνδρὸς ἐν εὐσταθείᾳ ὡς ὄφις διαλῦσαι σοφίαν ἀλλήλων ἐν λόγοις παρανόμων. 10 οἱ λόγοι αὐτοῦ παραλογισμοὶ εἰς πρᾶξιν ἐπιθυμίας ἀδίκου, οὐκ ἀπέστη, ἕως ἐνίκησεν σκορπίσαι ὡς ἐν ὀρφανίᾳ· 11 καὶ ἠρήμωσεν οἶκον ἕνεκεν ἐπιθυμίας παρανόμου, παρελογίσατο ἐν λόγοις, ὅτι οὐκ ἔστιν ὁρῶν καὶ κρίνων· 12 ἐπλήσθη ἐν παρανομίᾳ, ἐν ταύτῃ καὶ οἱ ὀφθαλμοὶ αὐτοῦ ἐπ᾿ οἶκον ἕτερον ὀλεθρεῦσαι ἐν λόγοις ἀναπτερώσεως. 13 οὐκ ἐμπίπλαται ἡ ψυχὴ αὐτοῦ ὡς ᾅδης ἐν πᾶσι τούτοις. 14 Γένοιτο, κύριε, ἡ μερὶς αὐτοῦ ἐν ἀτιμίᾳ ἐνώπιόν σου, ἡ ἔξοδος αὐτοῦ ἐν στεναγμοῖς καὶ ἡ εἴσοδος αὐτοῦ ἐν ἀρᾷ· 15 ἐν ὀδύναις καὶ πενίᾳ καὶ ἀπορίᾳ ἡ ζωὴ αὐτοῦ, κύριε, ὁ ὕπνος αὐτοῦ ἐν λύπαις καὶ ἡ ἐξέγερσις αὐτοῦ ἐν ἀπορίαις. 16 ἀφαιρεθείη ὕπνος ἀπὸ κροτάφων αὐτοῦ ἐν νυκτί, ἀποπέσοι ἀπὸ παντὸς ἔργου χειρῶν αὐτοῦ ἐν ἀτιμίᾳ. 17 κενὸς χερσὶν αὐτοῦ εἰσέλθοι εἰς τὸν οἶκον αὐτοῦ,

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253 336-769 260 Sy16h1 5  οὐχ] ὀχ’ 253 8  δικαιώσαισαν 253 336] δικαιώσαιεν 260; δικαίωσαιαν 769* (mend.) δι­καί­ωσειαν 769c (mend.); δικαιώσαιαν 629*(mend.); δικαιώσειαν 629c: cf. praef. p. 166  |  ὅσι­οι 253 769] pr. οἱ 336 260  |  δικαίου] pr. τοῦ 336  |  νό­μον μετὰ δό­λου] μόνον μετὰ δούλου 253 9  αὐτῶν] αὐτοῦ 336 Sy16h1  |  ἐπ᾿ οἶ­κον] ἐν οἴκῳ 260 10  ἀδίκου] ἀδίκων 253  |  ἀπέστη] ἀνέστη 260: π→ν  |  ἐνί­κησεν 253 769] ἐνίκησε 336-629 260; > Sy 11  om. οἶκον 260 12  ὀλεθρεῦ­σαι 253] ὀλο­θρεῦ­σαι rel.: ε→ο 13  ἐμπίπλαται] ἐμπίμπλαται 769  |  ὡς ᾅδης] ὡς ὁ ᾅδης 336: dittogr. (σ→σο); > 260 15  πενίᾳ] pr. ἐν 260  |  om. καί 2 253  |  λύπαις] ὀδύναις 260: λυπ→δυν  |  ἐξ­έ­γερ­σις] ἔγερσις 336  |  ἀπορίαις] ἀπορίᾳ 471 16  ἀποπέσοι] ἀπο­ πέ­σοιεν 253  |  χει­ρῶν] χειρός 471  |  αὐτοῦ 2◠2 (417) 253

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417 – 51 (19)

ΨΑΛΜΟΙ ΣΟΛΟΜΩΝΤΟΣ

338

καὶ ἐλλιπὴς ὁ οἶκος αὐτοῦ ἀπὸ παντός, οὗ ἐμπλήσει ψυχὴν αὐτοῦ· μονώσει ἀτεκνίας τὸ γῆρας αὐτοῦ εἰς ἀνάλημψιν. 19 Σκορπισθείησαν σάρκες ἀνθρωπαρέσκων ὑπὸ θηρίων, καὶ ὀστᾶ παρανόμων κατέναντι τοῦ ἡλίου ἐν ἀτιμίᾳ. 20 ὀφθαλμοὺς ἐκκόψαισαν κόρακες ὑποκρινομένων, ὅτι ἠρήμωσαν οἴκους πολλοὺς ἀνθρώπων ἐν ἀτιμίᾳ, καὶ ἐσκόρπισαν ἐν ἐπιθυμίᾳ 21καὶ οὐκ ἐμνήσθησαν θεοῦ, καὶ οὐκ ἐφοβήθησαν τὸν θεὸν ἐν ἅπασι τούτοις (25)καὶ παρώργισαν τὸν θεόν, καὶ παρωξύνθη 22ἐξᾶραι αὐτοὺς ἀπὸ τῆς γῆς, ὅτι ψυχὰς ἀκάκων παραλογισμῷ ὑπεκρίνοντο. 23 Μακάριοι οἱ φοβούμενοι τὸν κύριον ἐν ἀκακίᾳ αὐτῶν. καὶ ὁ κύριος ῥύσεται αὐτοὺς ἀπὸ ἀνθρώπων δολίων καὶ ἁμαρτωλῶν, καὶ ῥύσεται ἡμᾶς ἀπὸ παντὸς σκανδάλου παρανόμου. 24 ἐξάραι ὁ θεὸς τοὺς ποιοῦντας ἐν ὑπερηφανίᾳ πᾶσαν ἀδικίαν, ὅτι κριτὴς μέγας καὶ κραταιὸς κύριος ὁ θεὸς ἡμῶν ἐν δικαιοσύνῃ. 25 γένοιτο, κύριε, τὸ ἔλεός σου ἐπὶ πάντας τοὺς ἀγαπῶντάς σε.

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Ε Ψαλμὸς τῷ Σαλωμών Κύριε ὁ θεός, αἰνέσω τῷ ὀνόματί σου ἐν ἀγαλλιάσει, ἐν μέσῳ ἐπισταμένων τὰ κρίματά σου τὰ δίκαια· 1

253 336-769 260 Sy16h1 17  ἐλλιπής 336-629 260] ἐλ­λει­πής 253 769: ι→ει 18  μονώσει] μονίᾳ 253  |  ἀνά­ λημ­ψιν 253] ἀνάληψιν rel. 20  ὀφθαλ­μοὺς ἐκκόψαισαν κόρακες 253] ἐκκόψει­αν κό­ρακες ὀφθαλμοὺς ἀν­θρώ­πων rel.  |  ἠρήμωσαν] -σεν 253  |  πολλοὺς ἀν­θρώ­πων] ἀνθρώ­πων πολλῶν 769  |  ἐσκόρπισαν ἐν] ἐσκόρπισεν (ex ἐσκόπισεν correxit prima manu) 253 21  ἐμνή­σθη­σαν θεοῦ] ἐμνήσθης ἀνθρώπου 253: αν→ (θ→ο)  |  ἅπασι 253 769] πᾶσι 336 260  |  παρωξύν­θη em. Albrecht, cf. Sy16h1 (‫ ])ܐܬܚܡܬ‬παρ­ώξυνεν 253: θη→εν; παρ­ώξυναν 336-769 260 vGebhardt = Rahlfs: cf. praef. p. 78 22  ἐξᾶραι 253c 336-629 (vid.)] ἐξ­άραι 253* 769 260 vGeb­hardt = Rahlfs: cf. praef. p. 78 n. 2 23  καί 1 253 Sy16h1] > 336-769 260

5 Titulus Ε Ψαλμὸς τῷ Σαλωμών (em. vGebhardt; Σαλωμῶν 253) 253; Ε Τῷ Σα­λομὼν ψαλμὸς πέμπτος 336; Ε Ψαλμὸς Σολομῶν 769; Δ Ψαλμὸς Σαλο­μών 260-606; Ὠιδὴ ΜΗ (‫ )ܙܡܝܪܬܐ ܕܐܪܒܥܝܢ ܘܬܡܢܐ‬Sy16h1; > 471 5  1 τῷ ὀνόματι 253 769 260] τὸ ὄνομα 336 471

339

PSALMI SALOMONIS

ὅτι σὺ χρηστὸς καὶ ἐλεήμων, ἡ καταφυγὴ τοῦ πτωχοῦ· ἐν τῷ κεκραγέναι με πρὸς σὲ μὴ παρασιωπήσῃς ἀπ᾿ ἐμοῦ. 3  οὐ γὰρ λήψεται σκῦλα ἄνθρωπος παρὰ ἀνδρὸς δυνατοῦ· καὶ τίς λήψεται ἀπὸ πάντων, ὧν ἐποίησας, ἐὰν μὴ σὺ δῷς; 4 ὅτι ἄνθρωπος καὶ ἡ μερὶς αὐτοῦ παρὰ σοῦ ἐν σταθμῷ· οὐ προσθήσει τοῦ πλεονάσαι παρὰ τὸ κρίμα σου, ὁ θεός. 5  Ἐν τῷ θλίβεσθαι ἡμᾶς ἐπικαλεσόμεθά σε εἰς βοήθειαν, καὶ σὺ οὐκ ἀποστρέψῃ τὴν δέησιν ἡμῶν, ὅτι σὺ ὁ θεὸς ἡμῶν εἶ. 6 Μὴ βαρύνῃς τὴν χεῖρά σου ἐφ᾿ ἡμᾶς, ἵνα μὴ δι᾿ ἀνάγκην ἁμάρτωμεν. 7 καὶ ἐὰν μὴ ἐπιστρέψῃς ἡμᾶς, οὐκ ἀφεξόμεθα, ἀλλ᾿ ἐπὶ σὲ ἥξομεν. 8  Ἐὰν γὰρ πεινάσω, πρὸς σὲ κεκράξομαι, ὁ θεός, καὶ σὺ δώσεις μοι. 9 Τὰ πετεινὰ καὶ τοὺς ἰχθύας σὺ τρέφεις· ἐν τῷ διδόναι σε ὑετὸν ἐρήμοις εἰς ἀνατολὴν χλόης, 10 ἑτοιμάσαι χορτάσματα ἐν ἐρήμῳ παντὶ ζῶντι. Καὶ ἐὰν πεινάσωσιν, πρὸς σὲ ἀροῦσιν πρόσωπον αὐτῶν. 11 Τοὺς βασιλεῖς καὶ ἄρχοντας καὶ λαοὺς σὺ τρέφεις, ὁ θεός, καὶ πτωχοῦ καὶ πένητος ἡ ἐλπὶς τίς ἐστιν εἰ μὴ σύ, κύριε; 12 καὶ σὺ ἐπακούσῃ· ὅτι τίς χρηστὸς καὶ ἐπιεικὴς ἀλλ᾿ ἢ σύ, εὐφρᾶναι ψυχὴν ταπεινοῦ ἐν τῷ ἀνοῖξαι χεῖρά σου ἐν ἐλέει; 13  Ἡ χρηστότης ἀνθρώπου ἐν φειδοῖ καὶ ἡ αὔριον, καὶ ἐὰν δευτερώσῃ ἄνευ γογγυσμοῦ, καὶ τοῦτο θαυμάσειας. 14 τὸ δὲ δόμα σου πολὺ μετὰ χρηστότητος καὶ πλούσιον, καὶ οὗ ἐστιν ἡ ἐλπὶς ἐπὶ σέ, οὐ φείσεται ἐν δόματι.

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253 336-769 260 Sy16h1 2  σὺ χρηστός] εὔχρη­στος 253: σ→ε  |  ἡ] εἶ 260 3  οὐ — δυνατοῦ] > 769  |  σκῦλα ἄνθρωπος 260, cf. Sy16h1 (‫ ])ܒܪܢܫܐ ܫܒ ̣ܝܬܐ‬σκῦλα 253 336; τις σκῦλα coni. vGeb­ hardt = Rahlfs: cf. praef. p. 62  |  παρά] ἀπό 336 4  σοῦ] σοί 260 5  om. σε 253 | ἀπο­στρέ­ψῃ 253 769] ἀπο­στρέψης 336; ἀποστρέψεις 260  |  ὁ θεὸς ἡμῶν/ εἶ 253] tr. rel. 6  βα­ρύ­νῃς] βα­ρύνεις 336: η→ει 7  ἀλλ᾿ ] ἀλλά 260 9  τρέφεις] + κύριε 629 (vid.)  |  ἐρήμοις 253] pr. ἐν rel. 10  ἑτοιμάσαι] ἡτοίμασας coni. vGebhardt = Rahlfs: cf. praef. p. 62 sq.  |  πεινάσωσιν 253 (πιν.: ει→ι)] πει­νά­σωσι 336 260; πει­ νήσωσι 769  |  ἀροῦσιν 253] -σι rel.  |  πρόσωπον] πρόσωπα 260 11  ἄρχον­τας] pr. τούς 260  |  τρέφεις] στρέφεις 253 12  ἐπακούσῃ] ἐπ­α­κού­σης 253  |  ἐλέει 253] ἐλέῳ rel. 13  φειδοῖ 336] φειδῷ 253 769; φίλῳ 260: δ→λ  |  καὶ ἐάν 253 769] + καί 336 260  |  θαυμάσειας] θαυμασιάσω 769 14  des­init 336 post χρη­ στότη(∣∣)⟨τος⟩ et deest usque ad 812  |  οὗ ] οὐκ 253 Sy16h1  |  ἡ ἐλ­πὶς ἐπὶ σέ 253 Sy16h1] ἐπὶ σέ, κύριε, ἡ ἐλπίς rel.

515 – 66

ΨΑΛΜΟΙ ΣΟΛΟΜΩΝΤΟΣ

340

15 (17) 15ἐπὶ

πᾶσαν τὴν γῆν τὸ ἔλεός σου, κύριε, ἐν χρηστότητι. μνημονεύει ὁ θεὸς ἐν συμμετρίᾳ αὐταρκείας· ἐὰν ὑπερπλεονάσῃ ὁ ἄνθρωπος, ἐξαμαρτάνει. 17 ἱκανὸν τὸ μέτριον ἐν δικαιοσύνῃ, καὶ ἐν τούτῳ ἡ εὐλογία κυρίου εἰς πλησμονὴν ἐν δικαιοσύνῃ. 18 ηὐφράνθησαν οἱ φοβούμενοι κύριον ἐν ἀγαθοῖς, καὶ ἡ χρηστότης σου ἐπὶ Ἰσραὴλ ἐν τῇ βασιλείᾳ σου. 19 εὐλογημένη ἡ δόξα κυρίου, ὅτι αὐτὸς βασιλεὺς ἡμῶν.

16 (18) 16Μακάριος, οὗ (19)

17 (20) 18 (21) 19 (22)

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Ϛ Ἐν ἐλπίδι τῷ Σαλωμών



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Μακάριος ἀνήρ, οὗ ἡ καρδία αὐτοῦ ἑτοίμη ἐπικαλέσασθαι τὸ ὄνομα κυρίου· ἐν τῷ μνημονεύειν αὐτὸν τὸ ὄνομα κυρίου σωθήσεται. 2 αἱ ὁδοὶ αὐτοῦ κατευθύνονται ὑπὸ κυρίου, καὶ πεφυλαγμένα ἔργα χειρῶν αὐτοῦ ὑπὸ κυρίου θεοῦ αὐτοῦ. 3 ἀπὸ ὁράσεως πονηρῶν ἐνυπνίων αὐτοῦ οὐ ταραχθήσεται (5)ἡ ψυχὴ αὐτοῦ, ἐν διαβάσει ποταμῶν καὶ σάλῳ θαλασσῶν οὐ πτοηθήσεται. 4 ἐξανέστη ἐξ ὕπνου αὐτοῦ καὶ ηὐλόγησεν τῷ ὀνόματι κυρίου, ἐπ᾿ εὐσταθείᾳ καρδίας αὐτοῦ ἐξύμνησεν τῷ ὀνόματι τοῦ θεοῦ αὐτοῦ· 5 καὶ ἐδεήθη τοῦ προσώπου κυρίου περὶ παντὸς τοῦ οἴκου αὐτοῦ, καὶ κύριος εἰσήκουσεν προσευχὴν παντὸς ἐν φόβῳ θεοῦ. 6 καὶ πᾶν αἴτημα ψυχῆς ἐλπιζούσης πρὸς αὐτὸν ἐπιτελεῖ ὁ κύριος· εὐλογητὸς κύριος ὁ ποιῶν ἔλεος τοῖς ἀγαπῶσίν αὐτὸν ἐν ἀληθείᾳ. 1

1

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253 769 260 Sy16h1 16  αὐταρκείας] αὐ­ταρ­κεσίας 260 (mend.): dittogr. (ε→εσ) 17  ἐν δικαιοσύνῃ 1◠2 Sy16h1 18  ηὐφράνθησαν 253] εὐ­φράνθησαν rel.; εὐφρανθείησαν coni. Fritzsche vGeb­ hardt = Rahlfs: cf. praef. p. 63  |  om. ἐν 2 253

6 Titulus Ϛ (Ε 260-606; > 253) Ἐν ἐλπίδι τῷ Σαλωμών (em. vGebhardt; Σο­ λο­μῶν 253; Σαλομών 769 260-606) 253 769 260-606; Ὠιδὴ ΜΘ (‫ܙܡ ̣ܝܪܬܐ ܕܐܪܒܥܝܢ‬ ‫ )ܘܬܫܥܐ‬Sy16h1; > 471 6  1 ἐπικαλέσασθαι] ἐπικαλεῖσθαι 260 3  ὁράσεως 253 Sy16h1] ὁράσεων rel. | σάλῳ coni. de Lagarde vGebhardt = Rahlfs, cf. Sy16h1] σάλον 253 769; σά­λων 260: cf. praef. p. 55 4  ηὐλόγησεν 253 769] εὐλόγησε 629 260  |  τῷ ὀ­νό­ματι 1 et 2 ] τὸ ὄνομα 260  |  om. αὐτοῦ 2 253, cf. Sy16h1  |  ἐξύμνησεν 253 769] -σε 629 260 5  εἰσήκουσεν 253] -σε rel. 6  om. ὁ 1 769 260  |  ἔλεος] ἔλεον 260

341

PSALMI SALOMONIS

71 – 82

Ζ Τῷ Σαλωμών· ἐπιστροφῆς Μὴ ἀποσκηνώσῃς ἀφ᾿ ἡμῶν, ὁ θεός, ἵνα μὴ ἐπιθῶνται ἡμῖν, οἳ ἐμίσησαν ἡμᾶς δωρεάν· 2 ὅτι ἀπώσω αὐτούς, ὁ θεός. μὴ πατησάτω ὁ ποὺς αὐτῶν κληρονομίαν ἁγιάσματός σου. 3 σὺ ἐν θελήματί σου παίδευσον ἡμᾶς καὶ μὴ δῷς ἔθνεσιν. 4 ἐὰν γὰρ ἀποστείλῃς θάνατον, σὺ ἐντελῇ αὐτῷ περὶ ἡμῶν· 5 ὅτι σὺ ἐλεήμων, καὶ οὐκ ὀργισθήσῃ τοῦ συντελέσαι ἡμᾶς. 6  Ἐν τῷ κατασκηνοῦν τὸ ὄνομά σου ἐν μέσῳ ἡμῶν ἐλεηθησόμεθα, (6) καὶ οὐκ ἰσχύσει πρὸς ἡμᾶς ἔθνος, 7ὅτι σὺ ὑπερασπιστὴς ἡμῶν, καὶ ἡμεῖς ἐπικαλεσόμεθά σε, καὶ σὺ ἐπακούσῃ ἡμῶν. 8 ὅτι σὺ οἰκτειρήσεις τὸ γένος Ἰσραὴλ εἰς τὸν αἰῶνα καὶ οὐκ ἀπώσῃ. 9 καὶ ἡμεῖς ὑπὸ ζυγόν σου τὸν αἰῶνα καὶ μάστιγα παιδείας σου. 10 κατευθυνεῖς ἡμᾶς ἐν καιρῷ ἀντιλήψεώς σου τοῦ ἐλεῆσαι τὸν οἶκον Ἰακὼβ εἰς ἡμέραν ἐν ᾗ ἐπηγγείλω αὐτοῖς.

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Η Τῷ Σαλωμών· εἰς νῖκος Θλῖψιν καὶ φωνὴν πολέμου ἤκουσεν τὸ οὖς μου, φωνὴν σάλπιγγος ἠχούσης σφαγὴν καὶ ὄλεθρον· 2 φωνὴ λαοῦ πολλοῦ ὡς ἀνέμου πολλοῦ σφόδρα, ὡς καταιγὶς πυρὸς πολλοῦ φερομένου δι᾿ ἐρήμου. 1

253 769 260 Sy16h1

7 Titulus Ζ (Ϛ 260-606) Τῷ Σαλωμὼν (em. vGebhardt; Σολομῶν 253; Σα­λο­ μῶν 769; Σαλομών 629 260-606) ἐπιστροφῆς 253 769 260-606; Ὠιδὴ Ν (‫ܙܡ ̣ܝܪܬܐ‬ ‫ )ܕܚܡܫܝܢ‬Sy16h1; > 471 7  1 οἳ ἐμίσησαν 253] οἱ μισήσαντες rel. 7  om. σύ 2 769  |  ἐπακούσῃ] ἐπ­α­κού­ σεις 769 8  οἰκτειρήσεις] οἰκτιρήσεις em. Rahlfs: cf. praef. p. 53 n. 4 9  om. 79 Sy16h1 | παιδείας] παιδεία 769 (629 latet) 10  κατευθυνεῖς 769 vGebhardt = Rahlfs] κατ­ ευθύνεις rel.  |  ᾗ] ᾧ 253 8 Titulus Η (Θ 253; Ζ 260-606; Ὠιδὴ Η 769) Τῷ Σαλωμὼν (em. vGeb­hardt; Σολομῶν 253; Σαλομ⟨ών⟩ 769; Σαλομών 629 (vid.) 260-606) εἰς νῖκος (νεῖ­κος em. Rahlfs) 253 769 260-606; Ὠιδὴ ΝΑ (‫ )ܙܡ ̣ܝܪܬܐ ܕܚܡܫܝܢ ܘܚܕܐ‬Sy16h1; > 471 8  1 ἤκουσεν 253] -σε rel.  |  φωνήν 2 — ὄλεθρον bis scr. 769 2  ὡς ἀνέμου πολ­ λοῦ bis scr. 769

8 1 2

83 – 17

342

καὶ εἶπα τῇ καρδίᾳ μου· Ποῦ ἄρα κρινεῖ αὐτὸν ὁ θεός; φωνὴν ἤκουσα εἰς Ἱερουσαλὴμ πόλιν ἁγιάσματος· 5 συνετρίβη ἡ ὀσφύς μου ἀπὸ ἀκοῆς, παρελύθη γόνατά μου, (6)ἐφοβήθη ἡ καρδία μου, ἐταράχθη τὰ ὀστᾶ μου ὡς λίνον. 6 εἶπα Κατευθύνουσιν ὁδοὺς αὐτῶν ἐν δικαιοσύνῃ. 7 Ἀνελογισάμην τὰ κρίματα τοῦ θεοῦ ἀπὸ κτίσεως οὐρανοῦ καὶ γῆς, ἐδικαίωσα τὸν θεὸν ἐν τοῖς κρίμασιν αὐτοῦ τοῖς ἀπ᾿ αἰῶνος. 8 ἀνεκάλυψεν ὁ θεὸς τὰς ἁμαρτίας αὐτῶν ἐναντίον τοῦ ἡλίου, ἔγνω πᾶσα ἡ γῆ τὰ κρίματα τοῦ θεοῦ τὰ δίκαια. 9 ἐν καταγαίοις κρυφίοις αἱ παρανομίαι αὐτῶν, ἐν παροργισμῷ· υἱὸς μετὰ μητρὸς καὶ πατὴρ μετὰ θυγατρὸς συνεφύροντο. 10 ἐμοιχῶντο ἕκαστος τὴν γυναῖκα τοῦ πλησίον αὐτοῦ, συνέθεντο αὐτοῖς συνθήκας μετὰ ὅρκου περὶ τούτων. 11 τὰ ἅγια τοῦ θεοῦ διηρπάζοσαν ὡς μὴ ὄντος κληρονόμου λυτρουμένου. 12 ἐπατοῦσαν τὸ θυσιαστήριον κυρίου ἀπὸ πάσης ἀκαθαρσίας καὶ ἐν ἀφέδρῳ αἵματος ἐμίαναν τὰς θυσίας ὡς κρέα βέβηλα. 13 οὐ παρέλιπον ἁμαρτίαν, ἣν οὐκ ἐποίησαν ὑπὲρ τὰ ἔθνη. 14 Διὰ τοῦτο ἐκέρασεν αὐτοῖς ὁ θεὸς πνεῦμα πλανήσεως, ἐπότισεν αὐτοὺς ποτήριον οἴνου ἀκράτου εἰς μέθην. 15 ἤγαγεν τὸν ἀπ᾿ ἐσχάτου τῆς γῆς, τὸν παίοντα κραταιῶς, ἔκρινεν τὸν πόλεμον ἐπὶ Ἱερουσαλὴμ καὶ τὴν γῆν αὐτῆς. 16 ἠπάντησαν αὐτῷ οἱ ἄρχοντες τῆς γῆς μετὰ χαρᾶς, εἶπαν αὐτῷ Ἐπευκτὴ ἡ ὁδός σου, δεῦτε εἰσέλθατε μετ᾿ εἰρήνης. 17 ὡμάλισαν ὁδοὺς τραχείας ἀπὸ εἰσόδου αὐτοῦ, ἤνοιξαν πύλας ἐπὶ Ἱερουσαλήμ, ἐστεφάνωσαν τείχη αὐτῆς. 3

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ΨΑΛΜΟΙ ΣΟΛΟΜΩΝΤΟΣ

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10 (11) 11 (12) 12 (13) 13 (14) 14 (15) 15 (16) (17)

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253 336(812–)-769 260 Sy16h1 3  εἶπα 253] εἶπον rel.; + ἐν coni. Hilgenfeld: cf. praef. p. 63  |  αὐ­τόν] αὐτήν 769 4  εἰς] ἐν 260 5  μου 2◠3 Sy16h1 6  εἶπα 253] εἶ­πον rel.  |  κατευθύνου­σιν codd. gr.] κατευθυνοῦσιν Sy16h1 Fritzsche vGebhardt = Rahlfs: cf. praef. p. 53 n. 1  |  ⟨ὁ⟩δούς 253 8  ἔγνω] ἔγνωσαν 769 9  κρυφίοις] κρυ­φοῖς 769 10  om. τήν 769 260 | αὐτοῖς] αὑτοῖς vGebhardt = Rahlfs 11  διηρπάζοσαν (-ζωσαν 253: ο→ω)] διήρ­πα­ ζον 769 260: cf. praef. p. 95  |  ὡς μή 253 Sy16h1] οὐκ rel. 12  ἐπατοῦσαν 253] ἐπά­ τουν rel.  |  post ἀκαθαρσίας incipit 336  |  ἐμίαναν 253] ἐμίαινον rel. 14  αὐτούς] αὐτοῖς 260 15  ἤγαγεν 253 769] -γε 336-629 260  |  om. τόν 2 336  |  ἔκρινεν 253] -νε rel. 16  ἠπάντησαν 253 (ἡπ.) Swete] ἀπήντησαν rel. (vGeb­hardt = Rahlfs): cf. praef. p. 99 sq.  |  εἶπαν 253] εἶπον rel.  |  εἰσέλθατε 253] εἰσέλθετε rel. 17  αὐτοῦ] αὐτῶν 260

343

PSALMI SALOMONIS

818 – 32

Εἰσῆλθεν ὡς πατὴρ εἰς οἶκον υἱῶν αὐτοῦ μετ᾿ εἰρήνης, ἔστησεν τοὺς πόδας αὐτοῦ μετὰ ἀσφαλείας πολλῆς. 19 κατελάβετο τὰς πυργοβάρεις αὐτῆς καὶ τὸ τεῖχος Ἱερουσαλήμ, ὅτι ὁ θεὸς ἤγαγεν αὐτὸν μετὰ ἀσφαλείας ἐν τῇ πλανήσει αὐτῶν. 20 ἀπώλεσεν ἄρχοντας αὐτῶν καὶ πᾶν σοφὸν ἐν βουλῇ, ἐξέχεεν τὸ αἷμα τῶν οἰκούντων Ἱερουσαλὴμ ὡς ὕδωρ ἀκαθαρσίας. 21 ἀπήγαγεν τοὺς υἱοὺς καὶ τὰς θυγατέρας αὐτῶν, ἃ ἐγέννησαν ἐν βεβηλώσει. 22  Ἐποίησαν κατὰ τὰς ἀκαθαρσίας αὐτῶν καθὼς οἱ πατέρες αὐτῶν, ἐμίαναν Ἱερουσαλὴμ καὶ τὰ ἡγιασμένα τῷ ὀνόματι τοῦ θεοῦ. 23 ἐδικαιώθη ὁ θεὸς ἐν τοῖς κρίμασιν αὐτοῦ ἐν τοῖς ἔθνεσιν τῆς γῆς, καὶ οἱ ὅσιοι τοῦ θεοῦ ὡς ἀρνία ἐν ἀκακίᾳ ἐν μέσῳ αὐτῶν. 24 αἰνετὸς κύριος ὁ κρίνων πᾶσαν τὴν γῆν ἐν δικαιοσύνῃ αὐτοῦ. 25  Ἰδοὺ δή, ὁ θεός, ἔδειξας ἡμῖν τὸ κρίμα σου ἐν τῇ δικαιοσύνῃ σου, εἴδοσαν οἱ ὀφθαλμοὶ ἡμῶν τὰ κρίματά σου, ὁ θεός. 26 ἐδικαιώσαμεν τὸ ὄνομά σου τὸ ἔντιμον εἰς αἰῶνας, ὅτι σὺ ὁ θεὸς τῆς δικαιοσύνης κρίνων τὸν Ἰσραὴλ ἐν παιδείᾳ. 27 ἐπίστρεψον, ὁ θεός, τὸ ἔλεός σου ἐφ᾿ ἡμᾶς καὶ οἰκτίρησον ἡμᾶς· 28 συνάγαγε τὴν διασπορὰν Ἰσραὴλ μετὰ ἐλέους καὶ χρηστότητος, ὅτι ἡ πίστις σου μεθ᾿ ἡμῶν. 29 καὶ ἡμεῖς ἐσκληρύναμεν τὸν τράχηλον ἡμῶν, καὶ σὺ παιδευτὴς ἡμῶν εἶ, 30μὴ ὑπερίδῃς ἡμᾶς, ὁ θεὸς ἡμῶν, ἵνα μὴ καταπίωσιν ἡμᾶς ἔθνη ὡς μὴ ὄντος λυτρουμένου. 31 καὶ σὺ ὁ θεὸς ἡμῶν ἀπ᾿ ἀρχῆς, καὶ ἐπὶ σὲ ἡ ἐλπὶς ἡμῶν, κύριε, 32 καὶ ἡμεῖς οὐκ ἀφεξόμεθά σου, ὅτι χρηστὰ τὰ κρίματά σου ἐφ᾿ ἡμᾶς. 18

(20) 18

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253 336-769 260 Sy16h1 18  ἔστησεν 253 769] -σε 336-629 260 19  om. ὁ 336-769 260 20  πᾶν 253 Rahlfs] πάντα rel. (vGebhardt): cf. 38 et praef. p. 89  |  ἐξέχεεν 253 769] ἐξέχεε 336629 260 21  ἀπήγαγεν 253 769] -γε 336-629 260  |  ἃ ἐγ. 253] ἃς ἐγ. rel.: dit­to­gr. (ε→σε)  |  ἐγέννησαν] -σεν 471 22  ἐμίαναν] -νεν 253 Sy16h1 23  ἔθνε­σιν 253*] -σι rel.  |  ἀρνία] ἀρνίαι 260 24  γῆν ἐν δικαιοσύνῃ] δικαιοσύνην 336 25  εἴ­δο­σαν 253] εἶδον rel.: cf. praef. p. 97  |  ἡμῶν] αὐτῶν 260 26  τῆς δικαιο­σύ­νης] τὴν δικαιο­ σύ­νην 253 28  Ἰσ­ρα­ήλ] Ἱερουσαλήμ 629*  |  μετά 253 629] μετ’ 336-769 260 | ἐλέους 253] ἐ­λέ­ου rel.  |  om. ἡ 253 29  om. τόν 253 30  κατα­πί­ω­σιν 253] καταπίῃ rel.  |  ὡς 253 Sy16h1] > rel. 31  ἡ ἐλπὶς ἡμῶν 253 Sy16h1] ἠλπί­σα­μεν rel. 32  ἐφ᾿ ἡ­μᾶς] εἰς ἡμᾶς 253; > Sy16h1

833 – 96

ΨΑΛΜΟΙ ΣΟΛΟΜΩΝΤΟΣ

344

33 (39) 33ἡμῖν 34 (40)

καὶ τοῖς τέκνοις ἡμῶν ἡ εὐδοκία εἰς τὸν αἰῶνα· κύριε, σωτὴρ ἡμῶν, οὐ σαλευθησόμεθα ἔτι τὸν αἰῶνα χρόνον. 34 αἰνετὸς κύριος ἐν τοῖς κρίμασιν αὐτοῦ ἐν στόματι ὁσίων, καὶ εὐλογημένος Ἰσραὴλ ὑπὸ κυρίου εἰς τὸν αἰῶνα.

9

Θ Τῷ Σαλωμών· εἰς ἔλεγχον

(2)

2 (3) (4)

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4

Ἐν τῷ ἀπαχθῆναι Ἰσραὴλ ἐν ἀποικεσίᾳ εἰς γῆν ἀλλοτρίαν, ἐν τῷ ἀποστῆναι αὐτοὺς ἀπὸ κυρίου τοῦ λυτρωσαμένου αὐτούς, ἀπερίφησαν ἀπὸ κληρονομίας, ἧς ἔδωκεν αὐτοῖς κύριος. 2 ἐν παντὶ ἔθνει ἡ διασπορὰ τοῦ Ἰσραὴλ κατὰ τὸ ῥῆμα τοῦ θεοῦ, ἵνα δικαιωθῇς, ὁ θεός, ἐν τῇ δικαιοσύνῃ σου ἐν ταῖς ἀνομίαις ἡμῶν, ὅτι σὺ κριτὴς δίκαιος ἐπὶ πάντας τοὺς λαοὺς τῆς γῆς. 3 οὐ γὰρ κρυβήσεται ἀπὸ τῆς γνώσεώς σου πᾶς ποιῶν ἄδικα, καὶ αἱ δικαιοσύναι τῶν ὁσίων σου ἐνώπιόν σου, κύριε, καὶ ποῦ κρυβήσεται ἄνθρωπος ἀπὸ τῆς γνώσεώς σου, ὁ θεός; 4 Τὰ ἔργα ἡμῶν ἐν ἐκλογῇ καὶ ἐξουσίᾳ τῆς ψυχῆς ἡμῶν τοῦ ποιῆσαι δικαιοσύνην καὶ ἀδικίαν ἐν ἔργοις χειρῶν ἡμῶν· καὶ ἐν τῇ δικαιοσύνῃ σου ἐπισκέπτῃ υἱοὺς ἀνθρώπων. 5 ὁ ποιῶν δικαιοσύνην θησαυρίζει ζωὴν αὑτῷ παρὰ κυρίῳ, καὶ ὁ ποιῶν ἀδικίαν αὐτὸς αἴτιος τῆς ψυχῆς ἐν ἀπωλείᾳ· τὰ γὰρ κρίματα κυρίου ἐν δικαιοσύνῃ κατ᾿ ἄνδρα καὶ οἶκον. 6 Τίνι χρηστεύσει ὁ θεός, εἰ μὴ τοῖς ἐπικαλουμένοις τὸν κύριον; 1 

1

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253 336-769 260 Sy16h1 33  om. ἡ 769  |  εὐδοκία] + αὐτῶν 336  |  κύριε] κύ­ριος 769 34  στόματι] στόμα­ σιν 336  |  εὐλογημένος] pr. σύ 260: dittogr. (ΕΥ→ΣΥΕΥ)

9 Titulus Θ Τῷ Σαλωμὼν (em. vGebhardt; Σαλομών 629 260-606; Σα­λο­μῶν 253 769) εἰς ἔλεγχον 253 769 260-606; Τῷ Σαλομὼν εἰς νῖκος ψαλμὸς Θ καὶ εἰς ἔλεγχον 336; Ὠιδὴ ΝΒ (‫ )ܙܡ ̣ܝܪܬܐ ܕܚܡܫܝܢ ܘܬ̈ܪܬܝܢ‬Sy16h1; > 471 9  1 Ἰσραήλ] Ἱερουσαλήμ 336  |  ἀποικεσίᾳ] ἀποικησίᾳ 260  |  ἀπερίφησαν 253 vGebhardt] ἀπερρίφησαν rel. (Rahlfs)  |  κύριος] pr. ὁ 336 2  ἡ διασπορά] ἐπὶ δια­ σπορᾷ 260  |  ἵνα δικαιωθῇς] ἵν δικαιόσης 253: haplogr. (αδ→δ), ω→ο et θ→Σ  |  om. τῇ ̣̇ κακά rel.  |  om. αἱ 769: haplogr. (αιαιδι→αιδι) 4  om. 336 3  ἄδικα 253 Sy16h1(‫])ܥܘ�ܠܐ‬ 2 ἐν  253 336 5  αὑτῷ 253 (αὐτῶ)] ἑαυτῷ rel.  |  ἀδικίαν] ἄδικα 260: cf. 93 6  χρη­ στεύ­σει 769 Sy16h1] χρηστεύσῃ 253 260 vGebhardt = Rahlfs: ει→η; χρησιμεύσει 336: cf. praef. p. 92  |  om. ὁ 471  |  καθαριεῖ em. Albrecht] καθαρίσει codd. gr.; καθαριεῖς coni. vGebhardt = Rahlfs: cf. praef. pp. 64 sq. 78 sq.  |  ἐν ἐξαγορίαις 253] ἐναξ­α­γο­ρίαις 336; ἐν ἐξηγορίαις 769 260; > Sy16h1  |  ἁπάντων] πάντων 336

345

PSALMI SALOMONIS

καθαριεῖ ἐν ἁμαρτίαις ψυχὴν ἐν ἐξομολογήσει, ἐν ἐξαγορίαις, ὅτι αἰσχύνη ἡμῖν καὶ τοῖς προσώποις ἡμῶν περὶ ἁπάντων. 7 καὶ τίνι ἀφήσει ἁμαρτίας, εἰ μὴ τοῖς ἡμαρτηκόσιν; δικαίους εὐλογήσεις καὶ οὐκ εὐθυνεῖς περὶ ὧν ἡμάρτοσαν, καὶ ἡ χρηστότης σου ἐφ’ ἁμαρτάνοντας ἐν μεταμελείᾳ. 8 Καὶ νῦν σὺ ὁ θεός, καὶ ἡμεῖς λαός σου, ὃν ἠγάπησας· ἰδὲ καὶ οἰκτείρησον, ὁ θεὸς Ἰσραήλ, ὅτι σοί ἐσμεν, καὶ μὴ ἀποστήσῃς ἔλεός σου ἀφ᾿ ἡμῶν, ἵνα μὴ ἐπιθῶνται ἡμῖν. 9 ὅτι σὺ ᾑρετίσω τὸ σπέρμα Ἀβραὰμ παρὰ πάντα τὰ ἔθνη καὶ ἔθου τὸ ὄνομά σου ἐφ᾿ ἡμᾶς, κύριε, καὶ οὐ καταπαύσεις εἰς τὸν αἰῶνα. 10 ἐν διαθήκῃ διέθου τοῖς πατράσιν ἡμῶν περὶ ἡμῶν, καὶ ἡμεῖς ἐλπιοῦμεν ἐπὶ σὲ ἐν ἐπιστροφῇ ψυχῆς ἡμῶν. 11 τοῦ κυρίου ἡ ἐλεημοσύνη ἐπ’ οἶκον Ἰσραὴλ εἰς τὸν αἰῶνα καὶ ἔτι.

Ι Ἐν ὕμνοις τῷ Σαλωμών

96 – 103 (12) (13) (14)

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Μακάριος ἀνήρ, οὗ ὁ κύριος ἐμνήσθη ἐν ἐλεγμῷ, καὶ ἐκυκλώθη ἀπὸ ὁδοῦ πονηρᾶς ἐν μάστιγι καθαρισθῆναι ἀπὸ ἁμαρτίας τοῦ μὴ πληθῦναι. 2 ὁ ἑτοιμάζων νῶτον εἰς μάστιγας καὶ καθαρισθήσεται· χρηστὸς γὰρ ὁ κύριος τοῖς ὑπομένουσιν παιδείαν. 3 ὀρθώσει γὰρ ὁδοὺς δικαίων καὶ οὐ διαστρέψει ἐν παιδείᾳ, 1

253 336-769 260 Sy10h1(102–) Sy16h1 7  ἀφήσει] ἀφήσεις coni. vGebhardt = Rahlfs: cf. praef. p. 64 sq.  |  ἡμαρ­τη­κόσιν 769] -σι rel.  |  ἡμάρτοσαν 253] ἥμαρτον rel.  |  ἐφ’ scripsi] ἐπί coni. vGeb­hardt = Rahlfs; περί codd. gr.: cf. praef. pp. 55. 277 8  σου 1 253 Sy16h1] > rel. (vGebhardt = Rahlfs)  |  οἰκτεί­ρησον 253 vGeb­hardt] οἰκτίρησον em. Rahlfs; οἴκτειρον rel. | ἔλεος 253] ἔ­λε­ον rel. 9  οὐ κατα­παύ­σεις εἰς Sy16h1] οὐ κατα­παύ­σεις 253: haplogr. (ΕισΕισ→Εισ); οὐ κατα­παύσει εἰς 336-769: haplogr. (σΕ→Ε); οὐ κατα­παύσῃ εἰς 260; οὐκ ἀπώσῃ εἰς coni. vGebhardt = Rahlfs: cf. praef. p. 65 sq. 11  om. ἡ 253 769c-629  |  ἐπ’ 253] ἐπί rel. (vGebhardt = Rahlfs): cf. praef. p. 276 10 Titulus Ι Ἐν ὕμνοις τῷ Σαλωμών (em. vGebhardt; Σαλωμῶν 253) 253; Ι ὕμνος τῷ Σαλομών (Σαλωμῶν 769) 769 260-606; ὕμνος τῷ Σαλομὼν (+ ψαλμός 336) Ι 336-629; Ὠιδὴ ΝΓ (‫ )ܙܡ ̣ܝܪܬܐ ܕܚܡܫܝܢ ܘܬܠܬ‬Sy16h1; > 471 10  1 καθαρισθῆναι 253 336 Sy16h1] pr. καί 769 260 2  καί 253 Sy16h1(‫])ܐܦ‬ > rel. (vGebhardt = Rahlfs)  |  post καθαρισθήσεται incipit Sy10h1  |  om. γάρ 769 | ὑπομένουσιν 253] -σι rel. 3  διαστρέψει] διαπρέψει 253

1

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346

καὶ τὸ ἔλεος κυρίου ἐπὶ τοὺς ἀγαπῶντας αὐτὸν ἐν ἀληθείᾳ. 4 καὶ μνησθήσεται κύριος τῶν δούλων αὐτοῦ ἐν ἐλέει· ἡ γὰρ μαρτυρία ἐν νόμῳ διαθήκης αἰωνίου, ἡ μαρτυρία κυρίου ἐπὶ ὁδοὺς ἀνθρώπων ἐν ἐπισκοπῇ. 5 Δίκαιος καὶ ὅσιος ὁ κύριος ἡμῶν ἐν κρίμασιν αὐτοῦ εἰς τὸν αἰῶνα, καὶ Ἰσραὴλ αἰνέσει τῷ ὀνόματι κυρίου ἐν εὐφροσύνῃ. 6 καὶ ὅσιοι ἐξομολογήσονται ἐν ἐκκλησίᾳ λαοῦ, καὶ πτωχοὺς ἐλεήσει ὁ θεὸς ἐν εὐφροσύνῃ Ἰσραήλ· 7 ὅτι χρηστὸς καὶ ἐλεήμων ὁ θεὸς εἰς τὸν αἰῶνα, καὶ συναγωγαὶ Ἰσραὴλ δοξάσουσιν τὸ ὄνομα κυρίου. 8 τοῦ κυρίου ἡ σωτηρία ἐπ’ οἶκον Ἰσραὴλ εἰς σωφροσύνην αἰώνιον.

11

ΙΑ Τῷ Σαλωμών· εἰς προσδοκίαν Σαλπίσατε ἐν Σιὼν ἐν σάλπιγγι σημασίας ἁγίων, κηρύξατε ἐν Ἱερουσαλὴμ φωνὴν εὐαγγελιζομένου· ὅτι ἠλέησεν ὁ θεὸς Ἰσραὴλ ἐν τῇ ἐπισκοπῇ αὐτῶν. 2 στῆθι, Ἱερουσαλήμ, ἐφ᾿ ὑψηλοῦ καὶ ἰδὲ τὰ τέκνα σου ἀπὸ ἀνατολῶν καὶ δυσμῶν συνηγμένα εἰς ἅπαξ ὑπὸ κυρίου. 3 ἀπὸ βορρᾶ ἔρχονται τῇ εὐφροσύνῃ τοῦ θεοῦ αὐτῶν, ἐκ νήσων μακρόθεν συνήγαγεν αὐτοὺς ὁ θεός. 4 ὄρη ὑψηλὰ ἐταπείνωσεν εἰς ὁμαλισμὸν αὐτοῖς, οἱ βουνοὶ ἐφύγοσαν ἀπὸ εἰσόδου αὐτῶν· 5 οἱ δρυμοὶ ἐσκίασαν αὐτοῖς ἐν τῇ παρόδῳ αὐτῶν, πᾶν ξύλον εὐωδίας ἀνέτειλεν αὐτοῖς ὁ θεός, 1

1

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ΨΑΛΜΟΙ ΣΟΛΟΜΩΝΤΟΣ

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253 336-769 260 (Sy10h1) Sy16h1 4  μνη­σθή­σε­ται] μνήσεται 253  |  om. γάρ 260 5  om. ὁ 253  |  ἐν 1 336] > 253 769 260  |  τῷ ὀ­νό­ματι] τὸ ὄνομα 260  |  κυρίου] + εἰς τὸν αἰῶνα 336: ex praec. 7  δοξά­σου­σιν 253] -σι rel. 8  ἐπ’] ἐπί 253 vGeb­hardt = Rahlfs: cf. praef. p. 276 | σω­φρο­σύ­νην 253 769c-629c 260 Sy (lege ‫ ܡܠܘܟܘܬܐ‬pro ‫ ])ܡܠܟܘܬܐ‬εὐφροσύνην 336769*-629* vGebhardt = Rahlfs: ex praec. (106)

11 Titulus ΙΑ (post προσδοκίαν tr. 336 629) Τῷ Σαλωμὼν (em. vGebhardt; Σο­λομῶν 253; Σαλωμῶν 769 (629 latet); Σαλομών 336 260-606) εἰς προσδοκίαν ̄ ‫ܕܚܡܫܝܢ‬ 253 336-769 260-606; ΝΓ (‫ )ܕܢ̄ ̄ܓ‬Sy10h1; Ὠιδὴ ΝΔ (‫ܘܕ‬ ̣̇ ‫ )ܙܡ ̣ܝܪܬܐ‬Sy16h1; > 471 11  1 Ἰσραήλ] pr. ἐν 260; pr. ‫ ܥܠ‬Sy  |  αὐτῶν] αὐτοῦ 336 Sy 2  om. τά 336 | ̇ ‫ ̇ܟܠܗܘ‬Sy  |  ὑπό ] ἀπό 253 4  ἐφύγοσαν εἰς ἅπαξ Rahlfs] εἰσάπαξ vGebhardt; ‫ܢ‬ 253] ἔφυγον rel. 5  οἱ δρυμοί ] οἱ βουνοί 629: ex praec. (114); αἱ κέδροι (‫ )ܐ̈ܪܙܐ‬Sy | ἐσκί­ασαν] ἐσκίασεν (‫ )ܛܠܠ‬Sy; ἐσκίρτησαν 471

347

PSALMI SALOMONIS

ἵνα παρέλθῃ Ἰσραὴλ ἐν ἐπισκοπῇ δόξης θεοῦ αὐτῶν. Ἔνδυσαι, Ἱερουσαλήμ, τὰ ἱμάτια τῆς δόξης σου, ἑτοίμασον τὴν στολὴν τοῦ ἁγιάσματός σου· ὅτι ὁ θεὸς ἐλάλησεν ἀγαθὰ Ἰσραήλ εἰς τὸν αἰῶνα καὶ ἔτι. 8 ποιήσαι κύριος ἃ ἐλάλησεν ἐπὶ Ἰσραὴλ καὶ Ἱερουσαλήμ, ἀναστήσαι κύριος τὸν Ἰσραὴλ ἐν ὀνόματι δόξης αὐτοῦ· 9 τοῦ κυρίου τὸ ἔλεος ἐπὶ τὸν Ἰσραὴλ εἰς τὸν αἰῶνα καὶ ἔτι.

116 – 124

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8 9

ΙΒ Τῷ Σαλωμὼν ἐν γλώσσῃ παρανόμων Κύριε, ῥῦσαι τὴν ψυχήν μου ἀπὸ ἀνδρὸς παρανόμου καὶ πονηροῦ, ἀπὸ γλώσσης παρανόμου καὶ ψιθύρου, καὶ λαλούσης ψευδῆ καὶ δόλια. 2  Ἐν ποικιλίᾳ στροφῆς οἱ λόγοι τῆς γλώσσης ἀνδρὸς πονηροῦ· ὥσπερ ἐν ἅλῳ πῦρ ἀνάπτον καλάμην αὐτοῦ 3 ἡ παροικία αὐτοῦ ἐμπλῆσαι οἴκους ἐν γλώσσῃ ψευδεῖ, ἐκκόψαι δένδρα εὐφροσύνης φλογιζούσης. Παρανόμους (4)συνχέαι οἴκους ἐν πολέμῳ χείλεσιν ψιθύροις, 4 μακρύναι ὁ θεὸς ἀπὸ ἀκάκων χείλη παρανόμων ἐν ἀπορίᾳ· καὶ σκορπισθείησαν ὀστᾶ ψιθύρων ἀπὸ φοβουμένων κύριον,

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253 336-769 260 (Sy10h1) Sy16h1 6  om. θεοῦ 336 7  tr. Ἰσ­ραήλ post ἔτι 769: cf. praef. p. 50 sq. 8  Ἱερουσαλήμ] pr. ἐν 260 9  om. τό 769

12 Titulus ΙΒ (post παρανόμων tr. 629) Τῷ Σαλωμὼν (Σαλωμῶν 769; Σα­λο­ μών 336-629 606; Σαλο⟨μών⟩ 260) ἐν γλώσσῃ παρανόμων (παρὰ νόμων 769) 253 336-769 260-606; ΝΔ (‫ )ܕܢ̄ ̄ܕ‬Sy10h1; Ὠιδὴ ΝΕ (‫ܘܚܡܫ‬ ̣̇ ‫ )ܙܡ ̣ܝܪܬܐ ܕܚܡܫܝܢ‬Sy16h1; > 471 c 12  1 δόλια] πονηρά 629*; δολερά 769-629 2  ἐν ποικιλίᾳ στροφῆς 253 336] ἐν ποικιλίᾳ τροφῆς 769; ἐν ποιήσει διαστροφῆς 260: cf. praef. p. 41  |  ἅλῳ 260] λαῷ 253 336-769 vGebhardt = Rahlfs: ΑΛ → ΛΑ  |  ἀνάπτον] ἀνάπτων 336: ο→ω  |  κα­ λά­μην 260] καλλονήν rel.: cf. praef. p. 41 sq. 3  ἐμπλῆσαι 253 336 (ἐνπλ.)] ἐμ­πλή­σαι 769 260 Sy; ἐμπρῆσαι coni. Hilgenfeld vGebhardt = Rahlfs: cf. praef. p. 66  |  παρα­ νό­μους 253 769c (παρὰ νόμους)-629] παρανόμου 336-769*(παρὰ νό­μου) 260 | συν­χέαι 253 vGebhardt] συγχέαι rel. (Rahlfs)  |  οἴκους2 coni. Rahlfs, cf. vGeb­ hardt] add. vel pr. παρανόμους (παρὰ νόμους 769) codd. gr. et Sy: cf. praef. p. 55 sq. | χεί­λε­σιν 253] -σι rel.  |  ψιθύροις] ψιθύρων 336 4  ἀκάκων] κακῶν 471  |  om. ἐν ἀπο­ρίᾳ Sy  |  σκορπισθείησαν 253] σκορπισθείη rel.  | 

4

124 – 137 (5)

5 6

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(7) (8)

ΨΑΛΜΟΙ ΣΟΛΟΜΩΝΤΟΣ

348

ἐν πυρὶ φλογὸς γλῶσσα ψίθυρος ἀπόλοιτο ἀπὸ ὁσίων. 5 φυλάξαι κύριος ψυχὴν ἡσύχιον μισοῦσαν ἀδίκους, καὶ κατευθύναι κύριος ἄνδρα ποιοῦντα εἰρήνην ἐν οἴκῳ. 6 τοῦ κυρίου ἡ σωτηρία ἐπὶ Ἰσραὴλ παῖδα αὐτοῦ εἰς τὸν αἰῶνα· καὶ ἀπόλοιντο οἱ ἁμαρτωλοὶ ἀπὸ προσώπου κυρίου ἅπαξ, καὶ ὅσιοι κυρίου κληρονομήσαισαν ἐπαγγελίας κυρίου.

13

ΙΓ Τῷ Σαλωμὼν ψαλμός· παράκλησις τῶν δικαίων Δεξιὰ κυρίου ἐσκέπασέν με, δεξιὰ κυρίου ἐφείσατο ἡμῶν· ὁ βραχίων κυρίου ἔσωσεν ἡμᾶς ἀπὸ ῥομφαίας διαπορευομένης, ἀπὸ λιμοῦ καὶ θανάτου ἁμαρτωλῶν. 3 θηρία ἐπεδράμοσαν αὐτοῖς πονηρά· ἐν τοῖς ὀδοῦσιν αὐτῶν ἐτίλλοσαν σάρκας αὐτῶν καὶ ἐν ταῖς μύλαις ἔθλων ὀστᾶ αὐτῶν· 4  καὶ ἐκ τούτων ἁπάντων ἐρρύσατο ἡμᾶς κύριος. 5  Ἐταράχθη ὁ εὐσεβὴς διὰ τὰ παραπτώματα αὐτοῦ, μήποτε συμπαραληφθῇ μετὰ τῶν ἁμαρτωλῶν· 6 ὅτι δεινὴ ἡ καταστροφὴ τοῦ ἁμαρτωλοῦ, καὶ οὐχ ἅψεται δικαίου οὐδὲν ἐκ πάντων τούτων. 7 ὅτι οὐχ ὁμοία ἡ παιδεία τῶν δικαίων ἐν ἀγνοίᾳ καὶ ἡ καταστροφὴ τῶν ἁμαρτωλῶν. 1

1

2

2 3

4 5

(4)

6

(5)

7

(6)

253 336-769 260 Sy10h1 Sy16h1 ὁσίων] + συνχέαι οἴκους 253: cf. 123; + καὶ οἴκων αὐτῶν Sy 5  φυλάξαι] pr. καί 253 Sy  |  κύριος 1◠2 253  |  ἄνδρα ποιοῦντα] ἀνδρὸς ποιοῦντος 253  |  ἐν οἴκῳ] + τοῦ κυρίου Sy: cf. 126 in. 6  ἐπί ] ἐστί 769  |  παῖδα] παίδων 336  |  ὅσιοι 253 260] pr. οἱ 336-769  |  κληρονομήσαισαν 253 (-μίσαισαν: η→ι)] κλη­ρο­νο­μή­σαι ἐν 336-769; κληρονομήσαιεν 260  |  om. κυ­ρίου 4 253

13 Titulus ΙΓ (post δικαίων tr. 629; > 336) Τῷ Σαλωμὼν (Σαλομών 336-629 260-606) ψαλμὸς (> 769) παράκλησις τῶν δικαίων (+ τρεῖς καὶ δέκατος 336) 253 336-769 260-606; ΝΕ (‫ )ܕܢ̄ ̄ܗ‬Sy10h1; Ὠιδὴ ΝϚ (‫ )ܙܡ ̣ܝܪܬܐ ܕܚܡܫܝܢ ܘܫܬ‬Sy16h1; > 471 13  1 ἐσκέπασεν 253 769] -σε 336-629 260 3  ἐπεδράμοσαν 253] ἐπέδραμον rel.  |  ἐτίλλοσαν 253] ἔτιλλον rel.  |  μύλαις] + αὐτῶν 260  |  ὀστᾶ] pr. τά 336 4  κύριος 253 769 260] pr. ὁ 336-629 5  εὐσεβής coni. Wellhausen] ἀσε­βής codd. gr. et Sy: cf. praef. p. 56  |  om. τά 253 6  ἡ 253] > rel.  |  δι­καίου] pr. τοῦ 769 | οὐδὲν/ ἐκ πάντων τούτων 253] tr. 336 260; om. οὐδέν 769: v. infra 7] > 769:

349

PSALMI SALOMONIS

ἐν περιστολῇ παιδεύεται δίκαιος, ἵνα μὴ ἐπιχαρῇ ὁ ἁμαρτωλὸς τῷ δικαίῳ· 9 ὅτι νουθετήσει δίκαιον ὡς υἱὸν ἀγαπήσεως, καὶ ἡ παιδεία αὐτοῦ ὡς πρωτοτόκου. 10 ὅτι φείσεται κύριος τῶν ὁσίων αὐτοῦ καὶ τὰ παραπτώματα αὐτῶν ἐξαλείψει ἐν παιδείᾳ. 11 ἡ γὰρ ζωὴ τῶν δικαίων εἰς τὸν αἰῶνα· ἁμαρτωλοὶ δὲ ἀρθήσονται εἰς ἀπώλειαν, καὶ οὐχ εὑρεθήσεται μνημόσυνον αὐτῶν ἔτι· 12 ἐπὶ δὲ τοὺς ὁσίους τὸ ἔλεος κυρίου, καὶ ἐπὶ τοὺς φοβουμένους αὐτὸν τὸ ἔλεος αὐτοῦ. 8

138 – 146 (7)

8

(8)

9

(9)

10 11

(10)

(11)

ΙΔ Ὕμνος τῷ Σαλωμών Πιστὸς κύριος τοῖς ἀγαπῶσιν αὐτὸν ἐν ἀληθείᾳ, τοῖς ὑπομένουσιν παιδείαν αὐτοῦ, 2 τοῖς πορευομένοις ἐν δικαιοσύνῃ προσταγμάτων αὐτοῦ, ἐν νόμῳ, ᾧ ἐνετείλατο ἡμῖν εἰς ζωὴν ἡμῶν. 3 ὅσιοι κυρίου ζήσονται ἐν αὐτῷ εἰς τὸν αἰῶνα· ὁ παράδεισος τοῦ κυρίου, τὰ ξύλα τῆς ζωῆς, ὅσιοι αὐτοῦ. 4 ἡ φυτεία αὐτῶν ἐρριζωμένη εἰς τὸν αἰῶνα, οὐκ ἐκτιλήσονται πάσας τὰς ἡμέρας τοῦ οὐρανοῦ· 5 ὅτι ἡ μερὶς καὶ κληρονομία τοῦ θεοῦ ἐστιν Ἰσραήλ. 6 Καὶ οὐχ οὕτως οἱ ἁμαρτωλοὶ καὶ παράνομοι, οἳ ἠγάπησαν ἡμέραν ἐν μετοχῇ ἁμαρτίας αὐτῶν· 1

12

14 1 2 (2) 3

(3) 4

5 (4)

253 336-769 260 (Sy10h1) Sy16h1 homoiot. τούτων (v. 6) — ἁμαρτωλῶν (v. 7)  |  τῶν ἁμαρ­τω­λῶν] τοῦ ἁ­μαρ­τω­λοῦ 253 10  ⟨ὅ⟩τι 336 11  οὐχ] οὐκ 253: cf. praef. p. 277 12  om. αὐ­τόν 253

14 Titulus ΙΔ (post Σαλωμών tr. 629; > 336) Ὕμνος τῷ Σαλωμών (Σαλωμῶν 253; Σαλομών 336-629 260-606; + ψαλμὸς ΙΔ 336) 253 336-769 260-606; ΝϚ (‫ )ܕܢ̄ ̄ܘ‬Sy10h1; Ὠιδὴ ΝΖ (‫ )ܙܡ ̣ܝܪܬܐ ܕܚܡܫܝܢ ܘܫܒܥ‬Sy16h1; > 471 14  1 πιστός (v. 1) — αἰῶνα (v. 4) dupl. 629 in margine  |  ὑπομένουσιν 253] -σι rel. 2  πο­ρευομένοις] + ἐν ἀκακία καί 336  |  ἐν νόμῳ ᾧ 769] ἐν νόμῳ 253: haplo­gr. (ωω→ω); ἐν νόμῳ ὅν 336; ἐν νόμῳ ὡς 260; diff. Sy (≈ νόμον): cf. praef. p. 43 sq. 3  τοῦ 253] > rel. 5  κληρονομία 253 336c-769] pr. ἡ 336* 260  |  Ἰσ­ραήλ] pr. ὁ 260

6

147 – 154

ΨΑΛΜΟΙ ΣΟΛΟΜΩΝΤΟΣ

350

ἐν μικρότητι σαπρίας ἡ ἐπιθυμία αὐτῶν, καὶ οὐκ ἐμνήσθησαν τοῦ θεοῦ. 8 ὅτι ὁδοὶ ἀνθρώπων γνωσταὶ ἐνώπιον αὐτοῦ διὰ παντός, καὶ ταμεῖα καρδίας ἐπίσταται πρὸ τοῦ γενέσθαι. 9 διὰ τοῦτο ἡ κληρονομία αὐτῶν ᾅδης καὶ σκότος καὶ ἀπώλεια, καὶ οὐχ εὑρεθήσονται ἐν ἡμέρᾳ ἐλέους δικαίων· 10 οἱ δὲ ὅσιοι κυρίου κληρονομήσουσιν ζωὴν ἐν εὐφροσύνῃ. 7

7 (5)

8 9 (6) 10

15

ΙΕ Ψαλμὸς τῷ Σαλωμὼν μετὰ ᾠδῆς Ἐν τῷ θλίβεσθαί με ἐπεκαλεσάμην τὸ ὄνομα κυρίου, εἰς βοήθειαν ἤλπισα τοῦ θεοῦ Ἰακὼβ καὶ ἐσώθην· ὅτι ἐλπὶς καὶ καταφυγὴ τῶν πτωχῶν σύ, ὁ θεός. 2 τίς γὰρ ἰσχύει, ὁ θεός, εἰ μὴ ἐξομολογήσασθαί σοι ἐν ἀληθείᾳ; καὶ τί δυνατὸς ἄνθρωπος, εἰ μὴ ἐξομολογήσασθαι τῷ ὀνόματί σου; 3 ψαλμὸν καινὸν μετὰ ᾠδῆς ἐν εὐφροσύνῃ καρδίας, καρπὸν χειλέων ἐν ὀργάνῳ ἡρμοσμένῳ γλώσσης, ἀπαρχὴν χειρῶν ἀπὸ καρδίας ὁσίας καὶ δικαίας, 4 ὁ ποιῶν ταῦτα οὐ σαλευθήσεται εἰς τὸν αἰῶνα ἀπὸ κακοῦ, φλὸξ πυρὸς καὶ ὀργὴ ἀδίκων οὐχ ἅψεται αὐτοῦ, 1 

1



(2)

2

(3)



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3

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4

(6)

253 336-769 260 (Sy10h1) Sy16h1 7  ἡ ἐπιθυμία] ἐν ἐπιθυμίᾳ 260  |  τοῦ θεοῦ] του (∣) (sic) 769; αὐ­τοῦ 629 8  τα­ μεῖα 253 vGebhardt] ταμιεῖα 336 (τὰ μιεῖα) 260 Rahlfs; τὰ ταμιεῖα 769: cf. praef. p. 82 9  ἐλέους 253] ἐλέου rel. 10  κληρονομήσουσιν 253 336-769] -σι 629 260

15 Titulus ΙΕ (post ᾠδῆς tr. 336) Ψαλμὸς (⟨Ψ⟩αλμός 336) τῷ Σαλωμὼν (Σα­ λω­μῶν 253; Σολομών 336; Σαλομών 260-606) μετὰ (μετ’ 336 260-606) ᾠδῆς 253 336 260-606; ΙΕ Ψαλμὸς Σαλωμῶν 769; Ψαλμὸς Σαλομὼν ΙΕ 629; ΝΖ (̄‫)ܕܢ̄ܙ‬ Sy10h1; Ὠιδὴ ΝΗ (‫ )ܙܡܝܪܬܐ ܕܚܡܫܝܢ ܘܬܡܢܐ‬Sy16h1; > 471 15  1 βοήθειαν] pr. τήν 336; + μου Sy16h1  |  ἤλπισα] ἐσώθην 253: ex sq.; ἐπ­εκα­ λε­σά­μην Sy16h1: ex praec.  |  σύ] + εἶ 336 Sy16h1 2  τίς] τί 336  |  ἰσχύει] ἰσχύσει 336  |  om. σοί 336 3  καινόν] καὶ αἶνον 260: dittogr. (αι → αιαι)  |  μετά 253] μετ’ rel.  |  ἀπαρχήν 253 260] ἀπαρχῆς 336; ἀπαρχή 769  |  χειρῶν coni. Begrich] χειλέων codd. gr. et Sy vGebhardt = Rahlfs: cf. praef. p. 56 sq. 4  ὀργή 253 336-769mg 260 Sy16h1] > 769txt-629  |  ἀδίκων] ἀδικῶν 629  |  οὐχ] οὐκ 253: cf. praef. p. 277

351

PSALMI SALOMONIS

155 – 13

ὅταν ἐξέλθῃ ἐφ’ ἁμαρτωλοὺς ἀπὸ προσώπου κυρίου ὀλεθρεῦσαι πᾶσαν ὑπόστασιν ἁμαρτωλῶν· 6 ὅτι τὸ σημεῖον τοῦ θεοῦ ἐπὶ δικαίους εἰς σωτηρίαν. 7 Λιμὸς καὶ ῥομφαία καὶ θάνατος ἀπὸ δικαίων μακράν· φεύξονται γὰρ ὡς διωκόμενοι ἀπὸ λοιμοῦ ἀπὸ ὁσίων. 8 καταδιώξονται δὲ ἁμαρτωλοὺς καὶ καταλήμψονται. καὶ οὐκ ἐκφεύξονται οἱ ποιοῦντες ἀνομίαν τὸ κρίμα κυρίου, 9 ὡς ὑπὸ πολεμίων ἐμπείρων καταλημφθήσονται· τὸ γὰρ σημεῖον τῆς ἀπωλείας ἐπὶ τοῦ μετώπου αὐτῶν. 10 καὶ ἡ κληρονομία τῶν ἁμαρτωλῶν ἀπώλεια καὶ σκότος, καὶ αἱ ἀνομίαι αὐτῶν διώξονται αὐτοὺς ἕως ᾅδου κάτω. 11 ἡ κληρονομία αὐτῶν οὐχ εὑρεθήσεται τοῖς τέκνοις αὐτῶν, αἱ γὰρ ἁμαρτίαι ἐξερημώσουσιν οἴκους ἁμαρτωλῶν· 12 καὶ ἀπολοῦνται ἁμαρτωλοὶ ἐν ἡμέρᾳ κρίσεως κυρίου εἰς τὸν αἰῶνα, ὅταν ἐπισκέπτηται ὁ θεὸς τὴν γῆν ἐν κρίματι αὐτοῦ· 13 οἱ δὲ φοβούμενοι τὸν κύριον ἐλεηθήσονται ἐν αὐτῇ, καὶ ζήσονται ἐν τῇ ἐλεημοσύνῃ τοῦ θεοῦ αὐτῶν· καὶ ἁμαρτωλοὶ ἀπολοῦνται εἰς τὸν αἰῶνα χρόνον. 5

(7)

5

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6 7

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8 9 (10) (11) 10

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12 (14) (15) 13

253 336-769 260 (Sy10h1) Sy16h1 5  ἐφ’ 253] ἐπί rel. (vGebhardt = Rahlfs): cf. praef. p. 276 sq.  |  ὀλε­θρεῦ­σαι 253] ὀλο­ θρεῦσαι rel.: ε→ο 7  ἀπὸ δικαίων/ μακράν 253 Sy] tr. 336-769 260  |  δι­ωκό­μενοι 336] διωκομένου rel.  |  ἀπὸ λοιμοῦ em. Hilgen­feld, cf. Sy (lege ‫ ܡܘܬܢܐ‬pro ‫])ܡܘܬܐ‬ ἀπὸ λιμοῦ 253 336; λιμοῦ 769 260: οι→ι; πολέμου coni. vGebhardt = Rahlfs: cf. praef. p. 66 sq.  |  ἀπὸ ὁσίων 253 260] ἀπὸ θείων 336-769: οσ→θε; ἀπ’ αὐτῶν Sy16h1 8  καταδιώξονται 253 Sy] κατα­διώξεται rel.  |  κατα­λήμψον­ται 253*(καταλήψον­ ται 253c)] καταλήψεται 336-769 260  |  κυρί­ου] τοῦ θεοῦ 769 9  κατα­λημ­φθή­ σον­ται 253*] καταληφθή­σονται rel. 10  om. αἱ 253: haplo­­gr.  |  κάτω] κατωτάτου 336 11  αἱ ] καί 336  |  ἁμαρτίαι 253 Sy] ἀνο­μίαι rel. 12  ἁμαρτωλοί ] pr. οἱ 260  |  fin.] + ἀποδοῦναι (pro ἀπολοῦνται: λ→δ) ἁ­μαρ­τωλοῖς εἰς (pro ἁμαρτωλοὶ εἰς: dittogr. (ε→σε)) τὸν αἰῶνα χρόνον 260: ex 1513c: cf. praef. p. 44 13  om. καὶ ἁμαρτω­ λοὶ — χρόνον 260: v. supra (1512b fin.)  |  ἁμαρ­τωλοί] pr. οἱ 769  |  ἁμαρτωλοὶ/ ἀπο­λοῦνται 253 Sy] tr. 336-769: cf. 1512a

161 – 10

16

(2)

3 4 5 6 7 8 9 10

352

IϚ Ὕμνος τῷ Σαλωμών· εἰς ἀντίληψιν ὁσίοις Ἐν τῷ νυστάξαι ψυχήν μου ἀπὸ κυρίου παρὰ μικρὸν ὠλίσθησα ἐν καταφορᾷ ὕπνου (2) τῷ μακρὰν ἀπὸ θεοῦ· 2 παρ᾿ ὀλίγον ἐξεχύθη ἡ ψυχή μου εἰς θάνατον σύνεγγυς πυλῶν ᾅδου μετὰ ἁμαρτωλοῦ 3 ἐν τῷ διενεχθῆναι ψυχήν μου ἀπὸ κυρίου θεοῦ Ἰσραήλ· εἰ μὴ ὁ κύριος ἀντελάβετό μου τῷ ἐλέει αὐτοῦ εἰς τὸν αἰῶνα. 4 ἔνυξέν με ὡς κέντρον ἵππου ἐπὶ τὴν γρηγόρησιν αὐτοῦ, ὁ σωτὴρ καὶ ἀντιλήπτωρ μου ἐν παντὶ καιρῷ ἔσωσέν με. 5  Ἐξομολογήσομαί σοι, ὁ θεός, ὅτι ἀντελάβου μου εἰς σωτηρίαν καὶ οὐκ ἐλογίσω με μετὰ τῶν ἁμαρτωλῶν εἰς ἀπώλειαν. 6 μὴ ἀποστήσῃς τὸ ἔλεός σου ἀπ᾿ ἐμοῦ, ὁ θεός, μηδὲ τὴν μνήμην σου ἀπὸ καρδίας μου ἕως θανάτου. 7 ἐπικράτησόν μου, ὁ θεός, ἀπὸ ἁμαρτίας πονηρᾶς καὶ ἀπὸ πάσης γυναικὸς πονηρᾶς σκανδαλιζούσης ἄφρονα. 8 καὶ μὴ ἀπατησάτω με κάλλος γυναικὸς παρανομούσης καὶ παντὸς ὑποκειμένου ἀπὸ ἁμαρτίας ἀνωφελοῦς. 9 Τὰ ἔργα τῶν χειρῶν μου κατεύθυνον ἐν τόπῳ σου καὶ τὰ διαβήματά μου ἐν τῇ μνήμῃ σου διαφύλαξον. 10 τὴν γλῶσσάν μου καὶ τὰ χείλη μου ἐν λόγοις ἀληθείας περίστειλον, 1 

1

2

ΨΑΛΜΟΙ ΣΟΛΟΜΩΝΤΟΣ

253 336-769(629: –168) 260 (Sy10h1) Sy16h1 Sy14k1 et 16g7 (166–)

16 Titulus ΙϚ (post ὁσίοις tr. 629) Ὕμνος τῷ Σαλωμὼν (em. vGebhardt; Σα­ λω­μῶν 253 769; Σαλομών 336 629) εἰς ἀντίληψιν ὁσίοις 253 336-769; ΙϚ Ψαλμὸς τῷ Σαλομὼν (Σαλομών 260) εἰς ἀντίληψιν 260-606; Ὠιδὴ ΝΘ (‫ܙܡ ̣ܝܪܬܐ ܕܚܡܫܝܢ‬ ‫ )ܘܬܫܥܐ‬Sy16h1; > 471 16  1 ὠλίσθησα 253 629 260] -σαν 769; ὕπνωσα 336: cf. sq.  |  om. ἐν 769 | κατα­φορᾷ ὕπνου 253 606] καταφθορᾷ ὕπνου 336-769 260-471: dittogr. (ο→θο); ὕπνῳ καταφθορᾶς Sy  |  ὕπνου τῷ μακράν 253 260 769] ὕπνου τὸ μακρὰν γε­νέ­ σθαι 336; ὑπνούντων μακράν coni. vGebhardt = Rahlfs: cf. praef. p. 67 sq. 3  om. κυρί­ου Sy  |  κύριος] θεός 336  |  μου 2 ] + εἰς σωτηρίαν 336 4  ἔνυξεν 253 769] -ξε 629 260  |  om. ἔνυξέν με — σωτηρίαν (v. 5) 336  |  σωτήρ] + μου Sy  |  ἔσω­σεν 253 769] -σε 629 260 5  ἀντελάβου μου] ἀντελάβετό μου 253: cf. 163  |  σωτηρί­ αν] + τῷ ἐλέει αὐτοῦ εἰς τὸν αἰῶνα 336: ex 163 6  σου 2 ] περὶ σοῦ 253  |  om. μου 253 7  θεός] κύριος Sy  |  om. ἀπὸ ἁμαρτίας — καί 1  (v. 8) 336  |  om. πο­νηρᾶς 1 — ἐν τό­πῳ σου (v. 9) Sy14k1 et 16g7 8  desinit 629 post ἁμαρτίας 9  ἐν τό­πῳ σου] ἐν­ώ­πι­ όν σου Sy

353

PSALMI SALOMONIS

1610 – 174

ὀργὴν καὶ θυμὸν ἄλογον μακρὰν ποίησον ἀπ᾿ ἐμοῦ. 11 γογγυσμὸν καὶ ὀλιγοψυχίαν ἐν θλίψει μάκρυνον ἀπ᾿ ἐμοῦ, ἐὰν ἁμαρτήσω ἐν τῷ σε παιδεύειν εἰς ἐπιστροφήν. 12 εὐδοκίᾳ δὲ μετὰ ἱλαρότητος στήρισον τὴν ψυχήν μου· ἐν τῷ ἐνισχῦσαί σε τὴν ψυχήν μου ἀρκέσει μοι τὸ δοθέν. 13 ὅτι ἐὰν μὴ σὺ ἐνισχύσῃς, τίς ὑφέξεται παιδείαν ἐν πενίᾳ αὐτοῦ; 14 ἐν τῷ ἐλέγχεσθαι ψυχὴν ἐν χειρὶ σαπρίας ἡ δοκιμασία σου ἐν σαρκὶ αὐτοῦ καὶ ἐν θλίψει πενίας· 15 ἐν τῷ ὑπομεῖναι δίκαιον ἐν τούτοις ἐλεηθήσεται ὑπὸ κυρίου.

11 12 13 14 15

IZ Ψαλμὸς τῷ Σαλωμών· μετὰ ᾠδῆς τῷ βασιλεῖ Κύριε, σὺ αὐτὸς βασιλεὺς ἡμῶν εἰς τὸν αἰῶνα καὶ ἔτι· ὅτι ἐν σοί, ὁ θεός, καυχήσεται ἡ ψυχὴ ἡμῶν. 2 καὶ τίς ὁ χρόνος ζωῆς ἀνθρώπου ἐπὶ τῆς γῆς; κατὰ τὸν χρόνον αὐτοῦ καὶ ἡ ἐλπὶς αὐτοῦ ἐπ᾿ αὐτόν. 3 ἡμεῖς δὲ ἐλπιοῦμεν ἐπὶ τὸν θεὸν σωτῆρα ἡμῶν· ὅτι τὸ κράτος τοῦ θεοῦ ἡμῶν εἰς τὸν αἰῶνα μετ᾿ ἐλέους, καὶ ἡ βασιλεία τοῦ θεοῦ ἡμῶν εἰς τὸν αἰῶνα ἐπὶ τὰ ἔθνη ἐν κρίσει. 4 Σύ, κύριε, ᾑρετίσω τὸν Δαυὶδ βασιλέα ἐπὶ Ἰσραήλ, καὶ σὺ ὤμοσας αὐτῷ περὶ τοῦ σπέρματος αὐτοῦ εἰς τὸν αἰῶνα τοῦ μὴ ἐκλείπειν ἀπέναντί σου βασίλειον αὐτοῦ.

17

1

1 2 3

(4) (5)

253 336-769 260 (Sy10h1) Sy16h1 Sy14k1 et 16g7 (–1613) 10  ἐμοῦ ◠ ἐμοῦ (v. 11) 769 12  στήρισον 253 336] στή­ριξον 769 (στήρξον) 260 13  des­init Sy14k1 et 16g7 post αὐτοῦ  |  om. σύ Sy16h1  |  ἐν­ι­σχῦ­σαι] ἰσχύσαι 606  |  ἐν­ ισχύσῃς] ἐνισχύσαις 253*; + με Sy  |  παι­δεί­αν/ ἐν πενίᾳ 253 (πεδίαν pro παι­δεί­ αν: αι→ε et ει→ι) 336-769 260c] tr. 149*-471; πενίαν ἐν παι­δείᾳ 260*  |  αὐ­τοῦ scrip­ si: cf. praef. p. 57 14  ἐν χειρὶ σαπρίας om. Sy16h1 (Sy10h1 deest)  |  σα­πρί­ας] + αὐτοῦ 253 336; + αὐτῆς 769 260: cf. praef. p. 57  |  ἡ δοκιμασία σου om. Sy16h1 (sed hab. Sy10h1 ut videtur)

17 Titulus ΙΖ Ψαλμὸς τῷ Σαλωμὼν (Σαλωμῶν 253; Σαλομών 336 260-606) μετὰ (μετ’ 336-769 260-606) ᾠδῆς τῷ βασιλεῖ 253 336-769 260-606; Ὠιδὴ Ξ (‫ )ܙܡ ̣ܝܪܬܐ ܕܫܬܝܢ‬Sy16h1; > 471 17  1 om. αὐτός 253  |  βασιλεύς] + εἰς τὸν αἰῶνα ὁ θεός 336  |  ἡμῶν 1 ] + καί 336  |  θεός] + ἡμῶν 253 2  om. ἐπ’ αὐτόν Sy 3  ἐλπιοῦμεν] ἐλπίζομεν 336 | τὸν/ θεόν 253] tr. 336 260; + τόν 769  |  ἐλέους 253] ἐλέου rel.  |  om. ἐν κρίσει 253 4  ἐπί ] ἐν 769txt  |  om. αὐτοῦ 1 253  |  om. εἰς τὸν αἰῶνα Sy  |  ἐκλείπειν 253 260] ἐκ­λιπεῖν 336-769  |  σου] τό 769  |  αὐτοῦ 2 ] αὐτῶν Sy

4

175 – 15  5

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6

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7

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10 (12) 11 (13) 12 (14) 13 (15) 14 (16) 15 (17)

ΨΑΛΜΟΙ ΣΟΛΟΜΩΝΤΟΣ

354

καὶ ἐν ταῖς ἁμαρτίαις ἡμῶν ἐπανέστησαν ἡμῖν ἁμαρτωλοί· ἐπέθεντο ἡμῖν καὶ ἐξῶσαν ἡμᾶς οἷς οὐκ ἐπηγγείλω, μετὰ βίας ἀφείλαντο (7)καὶ οὐκ ἐδόξασαν τὸ ὄνομά σου τὸ ἔντιμον. 6 ἐν δόξῃ ἔθεντο βασίλειον ἀντὶ ὕψους αὐτῶν, ἠρήμωσαν τὸν θρόνον Δαυὶδ ἐν ὑπερηφανίᾳ ἀλλάγματος. 7 Καὶ σύ, ὁ θεός, καταβαλεῖς αὐτοὺς καὶ ἀρεῖς τὸ σπέρμα αὐτῶν ἀπὸ τῆς γῆς ἐν τῷ ἐπαναστῆναι αὐτοῖς ἄνθρωπον ἀλλότριον γένους ἡμῶν. 8 κατὰ τὰ ἁμαρτήματα αὐτῶν ἀποδώσεις αὐτοῖς, ὁ θεός, εὑρεθῆναι αὐτοῖς κατὰ τὰ ἔργα αὐτῶν. 9 οὐκ ἐλεήσει αὐτοὺς ὁ θεός. ἐξηρεύνησεν τὸ σπέρμα αὐτῶν καὶ οὐκ ἀφῆκεν αὐτῶν ἕνα· 10 πιστὸς ὁ κύριος ἐν πᾶσι τοῖς κρίμασιν αὐτοῦ, οἷς ποιεῖ ἐπὶ τὴν γῆν. 11  Ἠρήμωσεν ὁ ἄνομος τὴν γῆν ἡμῶν ἀπὸ ἐνοικούντων αὐτήν, ἠφάνισαν νέον καὶ πρεσβύτην καὶ τέκνα αὐτῶν ἅμα· 12 ἐν ὀργῇ καὶ λαοὺς αὐτοῦ ἐξαπέστειλεν ἐπ’ αὐτά, ἕως ἐπὶ δυσμῶν καὶ τοὺς ἄρχοντας τῆς γῆς εἰς ἐμπαιγμόν, καὶ οὐκ ἐφείσατο. 13 ἐν ἀλλοτριότητι ὁ ἐχθρὸς ἐποίησεν ὑπερηφανίαν, καὶ ἡ καρδία αὐτοῦ ἀλλοτρία ἀπὸ τοῦ θεοῦ ἡμῶν, 14 καὶ πάντα, ὅσα ἐποίησεν ἐν Ἱερουσαλήμ, καθὼς καὶ τὰ ἔθνη ἐν ταῖς πόλεσιν σὺν τοῖς θεοῖς αὐτῶν, 15 καὶ ἐπεκρατοῦσαν αὐτῶν. 5

253 336-769 260 (Sy10h1) Sy16h1 5  ἡμῖν 1] ἡμῶν 336  |  ἐπέθεντο] ὑπέθεντο 336; pr. καί Sy  |  ἐξῶσαν 769 260] ἔξωσαν 336 vGebhardt =Rahlfs; ἐξώσαντο 253: cf. praef. p. 102  |  om. οὐκ1 769 | μετά] pr. καί 336  |  ἀφείλαντο 253] ἀφείλοντο rel. 6  ἔθεντο] pr. καί Sy16h1 (sed non Sy10h1 ut videtur)  |  ἀλλάγματος] ἀλαλάγματος 260: dittogr. (λ→αλ); + αὐτῶν Sy 7  om. ὁ θεός Sy  |  om. τό 253 8  εὑρεθῆναι] εὑρεθείη 260 9  οὐκ1] > 260; pr. κατὰ τὰ ἔργα αὐτῶν 336-769 260; pr. καί Sy  |  ἐλεήσει] ἠλέησεν coni. vGebhardt = Rahlfs: cf. praef. p. 68  |  αὐτῶν1] αὐτοῦ 769*  |  αὐτῶν ἕνα] αὐτούς 260 10  κύριος] θεός 336  |  ποι­εῖ ] ἐποίησεν 336 Sy 11  ἄνομος] ἄνεμος 260: ο→ε  |  τήν] pr. ἐπί 253  |  τέκ­να] pr. τά 336 12  ἐν ὀργῇ καὶ λαοὺς αὐτοῦ scripsi] ἐν ὀργῇ κάλ­λους αὐτοῦ codd. gr. et vGebhardt = Rahlfs: λα→λλ; sim. Sy (‫ܒܫܘܦܪܐ‬ ̣ ‫ ≈ ܕܪܘܓܙܗ‬ἐν κάλλει ὀρ­γῆς αὐτοῦ): cf. praef. p. 57  |  αὐ­τοῦ ] αὐτῶν 336  |  ἐξαπέστειλεν ἐπ’ scripsi] ἐξαπέ­στειλεν codd. gr. et vGeb­hardt = Rahlfs: haplogr. (ενεπ→εν), cf. praef. p. 57 sq. et 272 13  ἐποί­η­σεν ὑπερ­η­φα­νίαν 769 260] ἐποί­η­σεν (-σε 336) ἐν ὑπερηφα­ νίᾳ 253 336: dittogr. (εν→ενεν)  |  om. τοῦ 336 14  πόλεσιν σύν scripsi] πόλεσι codd. gr.: haplogr. (σινσυν→σιν→σι) et υ→ι: cf. praef. p. 58 sq. et 272  |  τοῖς θεοῖς] τοὺς θεούς 253; τοῦ σθέ­νους coni. vGebhardt = Rahlfs: cf. praef. p. 69 15  ἐπεκρατοῦσαν 253] ἐπε­

355

PSALMI SALOMONIS

1715 – 23

οἱ υἱοὶ τῆς διαθήκης ἐν μέσῳ ἐθνῶν συμμίκτων, οὐκ ἦν ὁ ποιῶν ἐν μέσῳ ἐν αὐτοῖς, ἐν Ἱερουσαλήμ, ἔλεος καὶ ἀλήθειαν. 16 ἐφύγοσαν ἀπ᾿ αὐτῶν οἱ ἀγαπῶντες συναγωγὰς ὁσίων, ὡς στρουθία ἐξεπετάσθησαν ἀπὸ κοίτης αὐτῶν. 17 ἐπλανῶντο ἐν ἐρήμοις σωθῆναι ψυχὰς αὐτῶν ἀπὸ κακοῦ, καὶ τίμιον ἐν ὀφθαλμοῖς παροικίας ψυχὴ σεσῳσμένη ἐξ αὐτῶν. 18 εἰς πᾶσαν τὴν γῆν ἐγενήθη ὁ σκορπισμὸς αὐτῶν ὑπὸ ἀνόμων, ὅτι ἀνέσχεν ὁ οὐρανὸς τοῦ στάξαι ὑετὸν ἐπὶ τὴν γῆν. 19 πηγαὶ συνεσχέθησαν αἰώνιοι ἐξ ἀβύσσων ἀπὸ ὀρέων ὑψηλῶν, ὅτι οὐκ ἦν ἐν αὐτοῖς ποιῶν δικαιοσύνην καὶ κρίμα. 20 ἀπὸ ἄρχοντος αὐτῶν καὶ λαοῦ ἐλαχίστου ἐν πάσῃ ἁμαρτίᾳ· ὁ βασιλεὺς ἐν παρανομίᾳ καὶ ὁ κριτὴς ἐν ἀπειθείᾳ καὶ ὁ λαὸς ἐν ἁμαρτίᾳ. 21  Ἰδέ, κύριε, καὶ ἀνάστησον αὐτοῖς τὸν βασιλέα αὐτῶν υἱὸν Δαυὶδ εἰς τὸν καιρόν, ὃν εἶδες σύ, ὁ θεός, τοῦ βασιλεῦσαι ἐπὶ Ἰσραὴλ παῖδά σου· 22 καὶ ὑπόζωσον αὐτὸν ἰσχὺν τοῦ θραῦσαι ἄρχοντας ἀδίκους, καθαρίσαι Ἱερουσαλὴμ ἀπὸ ἐθνῶν καταπατούντων ἐν ἀπωλείᾳ, 23 ἐν σοφίᾳ, ἐν δικαιοσύνῃ (26)ἐξῶσαι ἁμαρτωλοὺς ἀπὸ κληρονομίας, ἐκτρῖψαι ὑπερηφανίαν ἁμαρτωλοῦ ὡς σκεύη κεραμέως,

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253 336-769 260 (Sy10h1) Sy16h1 κρά­τουν 769 260; ἀπεκράτουν 336  |  om. οἱ 253: haplo­gr., cf. praef. p. 272  |  ὁ ποιῶν ἐν μέσῳ ἐν αὐτοῖς 253] ὁ ποιῶν ἐν αὐτοῖς ἐν μέσῳ 336-769 260; ἐν αὐτοῖς ὁ ποιῶν coni. vGebhardt = Rahlfs: cf. praef. p. 69 sq. 16  ἐφύ­γο­σαν 253] ἔφυγον rel.  |  ἀπ᾿ αὐ­ τῶν] ἀπὸ τούτων 769  |  om. ὁ­σί­ων 769  |  ἐξ­επ­ε­τά­σθησαν] ἐξεπέτασαν 769 17  παροικίας ψυχή ] παροικία ψυχῆς 253* Sy 18  εἰς πᾶσαν] pr. ἐφύγοσαν ἀπ’ αὐ­ τῶν οἱ ἀγαπῶντες συναγωγὰς ὁσίων 253: ex praec. (1716)  |  om. ὁ 1 253  |  ἀν­ έσχεν] ἐνέσχεν 336  |  τὴν γῆν 2 ] τῆς γῆς 336* 20  αὐτῶν] αὐτοῦ 336  |  καὶ λαοῦ] καὶ ἕως (‫ ܘܥܕ�ܡܐ‬pro ‫ )ܘܕܥ�ܡܐ‬Sy16h1; ἕως Sy10h1  |  ὁ βασιλεύς — υἱὸν Δαυίδ post 1721 ponit 336 21  υἱόν] υἱῷ 253  |  εἶδες 253(ἴδες: ει→ι) 336-769, cf. Sy (‫])ܚܙܐ‬ οἶδες 260: ε→ο; οἶδας 471; εἵλου coni. vGeb­hardt = Rahlfs: cf. praef. p. 70  |  om. ἐπί ̇ 769 22  καθαρίσαι coni. Geiger vGeb­hardt = Rahlfs, cf. Sy (‫])ܕܢܕܟܝܗ‬ καθάρισον codd. gr.: ex praec. (1721: ἀνάστησον; 1722: ὑπόζωσον), cf. praef. p. 59 23  om. ἐν σοφίᾳ ἐν δικαιοσύνῃ Sy  |  ἐν δικαιοσύνῃ] δικαιοσύνης coni. Rahlfs: cf. praef. p. 70  |  ἐξ­ῶ­σαι 260 Rahlfs] ἔξωσαι 253 (vid.); ἐξώσαι em. vGebhardt; ἔξωσον 336-769: cf. praef. p. 103  |  ἐκτρῖψαι] ἐκτρίψαι em. vGebhardt: cf. praef. p. 130 n. 3  |  ἁμαρτωλοῦ] ἁμαρ­ τω­λῶν 336; ἁμαρ­τωλούς 260: ex praec.; > Sy  |  ὡς] ἐν 336

23

1724 – 34

356

ἐν ῥάβδῳ σιδηρᾷ συντρῖψαι πᾶσαν ὑπόστασιν αὐτῶν, ὀλεθρεῦσαι ἔθνη παράνομα ἐν λόγῳ στόματος αὐτοῦ, 25 ἐν ἀπειλῇ αὐτοῦ φυγεῖν ἔθνη ἀπὸ προσώπου αὐτοῦ καὶ ἐλέγξαι ἁμαρτωλοὺς ἐν λόγῳ καρδίας αὐτῶν. 26 Καὶ συνάξει λαὸν ἅγιον, οὗ ἀφηγήσεται ἐν δικαιοσύνῃ, καὶ κρινεῖ φυλὰς λαοῦ ἡγιασμένου ὑπὸ κυρίου θεοῦ αὐτοῦ· 27 καὶ οὐκ ἀφήσει ἀδικίαν ἐν μέσῳ αὐτῶν αὐλισθῆναι ἔτι, καὶ οὐ κατοικήσει πᾶς ἄνθρωπος μετ᾿ αὐτῶν εἰδὼς κακίαν· γνώσεται γὰρ αὐτοὺς ὅτι πάντες υἱοὶ θεοῦ εἰσιν αὐτῶν. 28 καὶ καταμερίσει αὐτοὺς ἐν ταῖς φυλαῖς αὐτῶν ἐπὶ τῆς γῆς, καὶ πάροικος καὶ ἀλλογενὴς οὐ παροικήσει αὐτοῖς ἔτι· 29 κρινεῖ λαοὺς καὶ ἔθνη ἐν σοφίᾳ δικαιοσύνης αὐτοῦ. διάψαλμα. 30 Καὶ ἕξει λαοὺς ἐθνῶν δουλεύειν αὐτῷ ὑπὸ τὸν ζυγὸν αὐτοῦ καὶ τὸν κύριον δοξάσει ἐν ἐπισήμῳ πάσης τῆς γῆς καὶ καθαριεῖ Ἱερουσαλὴμ ἐν ἁγιασμῷ ὡς καὶ τὸ ἀπ᾿ ἀρχῆς 31 ἔρχεσθαι ἔθνη ἀπ᾿ ἄκρου τῆς γῆς ἰδεῖν τὴν δόξαν αὐτοῦ φέροντες δῶρα τοὺς ἐξησθενηκότας υἱοὺς αὐτῆς καὶ ἰδεῖν τὴν δόξαν κυρίου, ἣν ἐδόξασεν αὐτὴν ὁ θεός. 32 καὶ αὐτὸς βασιλεὺς δίκαιος διδακτὸς ὑπὸ θεοῦ ἐπ᾿ αὐτούς, καὶ οὐκ ἔστιν ἀδικία ἐν ταῖς ἡμέραις αὐτοῦ ἐν μέσῳ αὐτῶν, ὅτι πάντες ἅγιοι, καὶ βασιλεὺς αὐτῶν χριστὸς κύριος. 33 οὐ γὰρ ἐλπιεῖ ἐπὶ ἵππον καὶ ἀναβάτην καὶ τόξον οὐδὲ πληθυνεῖ αὑτῷ χρυσίον οὐδὲ ἀργύριον εἰς πόλεμον καὶ πολλοῖς οὐ συνάξει ἐλπίδας εἰς ἡμέραν πολέμου. 34 Κύριος αὐτὸς βασιλεὺς αὐτοῦ, ἐλπὶς τοῦ δυνατοῦ ἐλπίδι θεοῦ, καὶ ἐλεήσει πάντα τὰ ἔθνη ἐνώπιον αὐτοῦ ἐν φόβῳ. 24

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ΨΑΛΜΟΙ ΣΟΛΟΜΩΝΤΟΣ

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253 336-769 260 (Sy10h1) Sy16h1 (–1734a) 24  συντρῖψαι] συντρίψαι em. vGebhardt; σύντριψον 336: cf. praef. p. 130 n. 3  |  αὐ­ τοῦ ◠ αὐτοῦ 2 (v.  25) 471 27  om. ἔτι 260  |  εἰσιν/ αὐτῶν 253] tr. 336-769 260 (εἰσι) 28  om. τῆς 336  |  αὐτοῖς] pr. ἐν 769  |  ἔτι] ὅτι Sy: ε→ο 29  om. διά­ ψαλμα 471 (spatio re­lic­to: cf. 189) Sy 30  τόν1 253] > rel.  |  κα­θα­ριεῖ 253 769] καθαρίσει 336 260 31  ἔρ­χεσθαι 253 260] ἔρχεσθε 336-769: αι→ε  |  ἀπ᾿ ] ἀπό 769 32  δί­και­ος] + καί 606  |  om. ὅτι πάντες — fin. 336  |  χριστὸς κύριος] χρι­ στὸς κυ­ρί­ου coni. Carrière Rahlfs: cf. praef. pp. 70–76 33  ἐπί ] ἐφ’ 336: cf. praef. p. 276 sq.  |  αὑ­τῷ em. vGeb­hardt = Rahlfs] αὐτῷ codd. gr.: cf. praef. p. 79  |  οὐδέ 2 253] καί rel.  |  πολ­λοῖς] πολλοῖς ⟨λαοῖς⟩ coni. vGebhardt = Rahlfs: cf. praef. p.  76 34  des­init Sy16h1 post κύριος  |  τοῦ ] αὐτοῦ 253

357

PSALMI SALOMONIS

1735 – 46

πατάξει γὰρ γῆν τῷ λόγῳ τοῦ στόματος αὐτοῦ εἰς αἰῶνα, εὐλογήσει λαὸν κυρίου ἐν σοφίᾳ μετ᾿ εὐφροσύνης· 36 καὶ αὐτὸς καθαρὸς ἀπὸ ἁμαρτίας τοῦ ἄρχειν λαοῦ μεγάλου, ἐλέγξαι ἄρχοντας καὶ ἐξᾶραι ἁμαρτωλοὺς ἐν ἰσχύι λόγου. 37 καὶ οὐκ ἀσθενήσει ἐν ταῖς ἡμέραις αὐτοῦ ἐπὶ θεῷ αὐτοῦ· ὅτι ὁ θεὸς κατειργάσατο αὐτὸν δυνατὸν ἐν πνεύματι ἁγίῳ καὶ σοφὸν ἐν βουλῇ συνέσεως μετὰ ἰσχύος καὶ δικαιοσύνης. 38(43) καὶ εὐλογία κυρίου μετ᾿ αὐτοῦ ἐν ἰσχύι, (44)καὶ οὐκ ἀσθενήσει. 39  Ἡ ἐλπὶς αὐτοῦ ἐπὶ κύριον, καὶ τίς δύναται πρὸς αὐτόν; 40 ἰσχυρὸς ἐν ἔργοις αὐτοῦ καὶ κραταιὸς ἐν φόβῳ θεοῦ ποιμαίνων τὸ ποίμνιον κυρίου ἐν πίστει καὶ δικαιοσύνῃ καὶ οὐκ ἀφήσει ἀσθενῆσαι ἐν αὐτοῖς ἐν τῇ νομῇ αὐτῶν. 41 ἐν ἰσότητι πάντας αὐτοὺς ἄξει, καὶ οὐκ ἔσται ἐν αὐτοῖς ὑπερηφανία τοῦ καταδυναστευθῆναι ἐν αὐτοῖς. 42 Αὕτη ἡ εὐπρέπεια τοῦ βασιλέως Ἰσραήλ, ἣν ἔγνω ὁ θεός, ἀναστῆσαι αὐτὸν ἐπ᾿ οἶκον Ἰσραὴλ παιδεῦσαι αὐτόν. 43 τὰ ῥήματα αὐτοῦ πεπυρωμένα ὑπὲρ χρυσίον τὸ πρῶτον τίμιον, ἐν συναγωγαῖς διακρινεῖ λαοῦ φυλὰς ἡγιασμένου, οἱ λόγοι αὐτοῦ ὡς λόγοι ἁγίων ἐν μέσῳ λαῶν ἡγιασμένων. 44 μακάριοι οἱ γενόμενοι ἐν ταῖς ἡμέραις ἐκείναις ἰδεῖν τὰ ἀγαθὰ Ἰσραὴλ ἐν συναγωγῇ φυλῶν, ἃ ποιήσει ὁ θεός. 45 ταχυνεῖ ὁ θεὸς ἐπὶ Ἰσραὴλ τὸ ἔλεος αὐτοῦ, ῥύσεται ἡμᾶς ἀπὸ ἀκαθαρσίας ἐχθρῶν βεβήλων. 46 κύριος αὐτὸς βασιλεὺς ἡμῶν εἰς τὸν αἰῶνα καὶ ἔτι. 35

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253 336-769 260 (Sy10h1) 35  πατάξει 769 260 Sy] κατ­άξει 253 336  |  αἰῶνα] pr. τόν 336 36  λαοῦ με­γά­ λου] λαοὺς μεγάλους 253 37  ὁ θεός — ἐν πνεύματι deest in Sy10h1 (mutil.)  |  δυ­ να­τόν] δύναμιν 769; > 336  |  μετά] μετ’ 260  |  δικαιοσύνης] δικαι­ο­σύ­νην 253 39  om. ἡ 606 40  ἀφήσει] ἀφῆσαι 336  |  αὐτῶν] αὐτῷ 769; αὐτοῦ Sy10h1 41  ἰσό­ τη­τι 253 336-769mg Sy10h1 (lege ‫ ܒܫܘܝܘܬܐ‬pro ‫ ])ܒܫܦܝܘܬܐ‬ὁσιότητι 769txt 260 | ἄξει] αὔξει 606 42  Ἰσραήλ 1 ] Ἱερουσαλήμ 336: cf. praef. p. 274 sq. 43  τὸ πρῶ­τον/ τί­ μι­ον 253] tr. rel.; om. τὸ πρῶτον Sy10h1  |  λαοῦ 253 Sy10h1] λα­ούς rel.  |  ἡ­γι­ασ­ μένου] ἡ­γι­ασ­μένων 260  |  αὐτοῦ 2 ] αὐτῶν 253  |  om. ὡς 336 44  γε­νό­με­νοι 253] γινό­μενοι rel.: cf. 186  |  Ἰσραήλ] Ἱερουσαλήμ 336: cf. praef. p. 274 sq.  |  ἃ ποι­ή­σει 260: cf. 186] ποιῆσαι rel. 45  ταχυνεῖ em.Albrecht] τα­χύ­νη 253: ει→η; τα­χύ­ναι 336769 260 vGebhardt = Rahlfs: η→αι, cf. praef. p. 79 sq.  |  ῥύσεται] ῥῦσαι 769; ῥύσαιτο coni. Fritzsche vGebhardt = Rahlfs: cf. praef. p. 76  |  ἐχθρῶν] ἐθ­νῶν Sy10h1

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181 – 10

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IH Ψαλμὸς τῷ Σαλωμών· ἔτι τοῦ χριστοῦ κυρίου Κύριε, τὸ ἔλεός σου ἐπὶ τὰ ἔργα τῶν χειρῶν σου εἰς τὸν αἰῶνα, ἡ χρηστότης σου μετὰ δόματος πλουσίου ἐπὶ Ἰσραήλ· 2 οἱ ὀφθαλμοί σου ἐπιβλέποντες ἐπ᾿ αὐτά, καὶ οὐχ ὑστερήσει ἐξ αὐτῶν· τὰ ὦτά σου ἐπακούει εἰς δέησιν πτωχοῦ ἐν ἐλπίδι. 3 τὰ κρίματά σου ἐπὶ πᾶσαν τὴν γῆν μετὰ ἐλέους, καὶ ἡ ἀγάπη σου ἐπὶ σπέρμα Ἀβραάμ, υἱοὺς Ἰσραήλ. 4 ἡ παιδεία σου ἐφ᾿ ἡμᾶς ὡς υἱὸν πρωτότοκον μονογενῆ ἀποστρέψαι ψυχὴν εὐήκοον ἀπὸ ἀμαθίας ἐν ἀγνοίᾳ. 5 καθαρίσαι ὁ θεὸς Ἰσραὴλ εἰς ἡμέραν ἐλέους ἐν εὐλογίᾳ, εἰς ἡμέραν ἐκλογῆς ἐν ἀνάξει χριστοῦ αὐτοῦ. 6 Μακάριοι οἱ γενόμενοι ἐν ταῖς ἡμέραις ἐκείναις, ἰδεῖν τὰ ἀγαθὰ κυρίου, ἃ ποιήσει γενεᾷ τῇ ἐρχομένῃ 7 ὑπὸ ῥάβδον παιδείας χριστοῦ κυρίου, ἐν φόβῳ θεοῦ αὐτοῦ, ἐν σοφίᾳ πνεύματος καὶ δικαιοσύνης καὶ ἰσχύος, 8 κατευθῦναι ἄνδρα ἐν ἔργοις δικαιοσύνης φόβῳ θεοῦ, καταστῆσαι πάντας αὐτοὺς ἐνώπιον κυρίου, 9 γενεὰ ἀγαθὴ ἐν φόβῳ θεοῦ ἐν ἡμέραις ἐλέους. διάψαλμα. 10 Μέγας ἡμῶν ὁ θεὸς καὶ ἔνδοξος ἐν ὑψίστοις κατοικῶν, ὁ διατάξας ἐν πορείᾳ φωστῆρας εἰς καιροὺς ὡρῶν, ἀφ᾿ ἡμερῶν εἰς ἡμέρας· 1

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ΨΑΛΜΟΙ ΣΟΛΟΜΩΝΤΟΣ

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253 336(–184)-769 260 (Sy10h1(–186))

18 Titulus ΙΗ Ψαλμὸς τῷ Σαλωμὼν (Σαλωμών ex Σαλωμῶν correxit prima manu 769; Σαλομών 336 260-606) ἔτι (ἐπί 769 260-606) τοῦ χριστοῦ κυρίου 253 ̄ Sy10h1; > 471 336-769 260-606; Ξ (‫)ܣ‬ 18  1 om. ἡ 336 (initio stichi)  |  μετά] ἐπί 253 2  ἐπιβλέποντες] ἐπιβλέπουσιν 769  |  ἐπ’ αὐτά] πάντα Sy10h1  |  ἐπακούει 253, cf. Sy] ἐπακούσει rel.: dittogr. (ε→σε) 3  μετά ] μετ’ 260  |  ἐλέους 253] ἐλέου rel.  |  om. ἡ 253  |  Ἀβραὰμ υἱ­οὺς Ἰσ­ραήλ coni. Fabricius] Ἀβραὰμ υἱοῦ Ἰσραήλ codd. gr.; Ἰσραὴλ υἱοῦ Ἀβραάμ Sy10h1: cf. praef. p. 59 4  πρωτότοκον μονογενῆ] πρωτοτόκου μονογενοῦς 769  |  εὐ­ήκοον] ὑπή­κο­ον 260  |  desinit 336 post ἀγνοίᾳ 5  om. ὁ θεός Sy10h1  |  ἐλέ­ους 253] ἐλέου rel.; deest in Sy10h1 (mutil.)  |  ἐν — αὐτοῦ deest in Sy10h1 (mu­til.) 6  γε­νό­μενοι 253] γι­ νό­μενοι rel.: cf. 1744  |  om. ταῖς 253  |  desinit Sy10h1 post ἰ­δεῖν 8  ἄν­δρα ἐν] ἄν­ δρας ἐν 253: dittogr. (ε→σε)  |  ἐνώπιον 253 769] ἐν φό­βῳ 260 9  ἐ­λέους 253] ἐλέ­ου rel.  |  om. διάψαλμα 471 (spatio relicto): cf. 1729 10  ἡ­μῶν/ ὁ θε­ός 253] tr. rel. | ὡρῶν] ἀρῶν 769

359

PSALMI SALOMONIS

καὶ οὐ παρέβησαν ἀπὸ ὁδοῦ, ἧς ἐνετείλω αὐτοῖς· 11 ἐν φόβῳ θεοῦ ἡ ὁδὸς αὐτῶν καθ᾿ ἑκάστην ἡμέραν ἀφ᾿ ἧς ἡμέρας ἔκτισεν αὐτοὺς ὁ θεὸς καὶ ἕως αἰῶνος· 12 καὶ οὐκ ἐπλανήθησαν ἀφ᾿ ἧς ἡμέρας ἔκτισεν αὐτούς, ἀπὸ γενεῶν ἀρχαίων οὐκ ἀπέστησαν ὁδῶν αὐτῶν, εἰ μὴ ὁ θεὸς ἐνετείλατο αὐτοῖς ἐν ἐπιταγῇ δούλων αὐτοῦ.

1810 – 12

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253 769 260 12  ὁδῶν 253] ἀπὸ ὁδοῦ rel. Subscriptio Σολομῶντος ψαλμοί, στίχοι ψν 253; ψαλμοὶ Σολόμωνος ιη 769; ψαλ­μοὶ Σολομῶντος ιη ἔχουσιν ἔπη ͵α 260, ψαλμοὶ Σολομῶντος δεκαοκτώ· ἔχουσιν ἔπη τριάκοντα 606; subscriptio deest in 471