Schwellenzeit: Beiträge zur Geschichte des Christentums in Spätantike und Frühmittelalter 3110149680, 9783110149685

Herausgegeben von Winrich A. Löhr und Hanns Christof Brennecke. Der Ausgang der römischen Antike im lateinischen Westen

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Schwellenzeit: Beiträge zur Geschichte des Christentums in Spätantike und Frühmittelalter
 3110149680, 9783110149685

Table of contents :
Vorwort v
Quellenverzeichnis xi
Das gotische Christentum
Wulfila. Vom Bischof von Gotien zum Gotenbischof l
Die Überlieferung des Namens Ulfila. Zum linguistischen Umgang mit der Überlieferungsgeschichte 41
Theodor von Herakleia (328/34 — 351/55). Ein wenig bekannter Kirchenpolitiker und Exeget des vierten Jahrhunderts 51
Die Fragmente der Skeireins und der Johanneskommentar des Theodor von Herakleia 69
Zeit und Umstände des westgotischen Übergangs zum Christentum 89
Gotien. Eine Kirche im Vorfeld des frühbyzantinischen Reiches 97
Das gotische Christentum im vierten Jahrhundert 115
Das gotische liturgische Kalenderfragment — Bruchstück eines Konstantinopeler Martyrologs 147
Märtyrerüberlieferungen aus der gotischen Kirche des vierten Jahrhunderts 169
Gab es eine gotisch-arianische Mission im süddeutschen Raum? 203
kirihha — *cyrica — κυριακόν. Zum geschichtlichen Hintergrund einer Etymologie 223
Zur Frage früher christlicher Einwirkungen auf den westgermanischen Raum 229
Das Christentum im frühen Frankenreich
Das Heilige in Laienhand. Zur Entstehungsgeschichte der fränkischen Eigenkirche 247
Das sogenannte zweite Konzil von Arles und die älteste Kanonessammlung der arelatenser Kirche 267
Bonosus von Naissus, Bonosus von Serdika und die Bonosianer 287
Remigius v. Reims. Kirchenmann einer Umbruchszeit 305
Francia Rhinensis und rheinische Kirche. Randbemerkungen zur frühen fränkischen Geschichte 329
Columbans Wirken im Frankenreich (591—612) 349
Der adoptianische Streit im Rahmen der spanischen Kirchengeschichte 381
Frühmittelalterliches Christentum in Irland und England
Der irische Osterzyklus des sechsten und siebten Jahrhunderts 417
Die irische Mission des siebten Jahrhunderts. Historisches Geschehen oder historiographische Legende 439
Kilian von Würzburg. Gestalt und Gestaltung eines Heiligen 459
Fragen der frühen angelsächsischen Festlandsmission 487
Bibliographie Knut Schäferdiek 1957-1994 511
Register
Moderne Autoren 523
Antike und mittelalterliche Quellen 528

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Knut Schäferdiek Schwellenzeit

IWl DE

G

Arbeiten zur Kirchengeschichte Begründet von

Karl Hollf und Hans Lietzmannf Herausgegeben von

Christoph Markschies, Joachim Mehlhausen und Gerhard Müller Band 64

Walter de Gruyter · Berlin · New York

1996

Knut Schäferdiek

Schwellenzeit Beiträge zur Geschichte des Christentums in Spätantike und Frühmittelalter Herausgegeben von

Winrich A. Löhr und Hanns Christof Brennecke

Walter de Gruyter · Berlin · New York

1996

§1 Gedruckt auf säurefreiem Papier, das die US-ANSI-Norm über Haltbarkeit erfüllt.

Die Deutsche Bibliothek —

CIP-Einheitsaufnahme

Schäferdiek, Knut: Schwellenzeit: Beiträge zur Geschichte des Christentums in Spätantike und Frühmittelalter / Knut Schäferdiek. Hrsg. von Winrich A. Löhr und Hanns Christof Brennecke. — Berlin ; New York : de Gruyter, 1996 (Arbeiten zur Kirchengeschichte ; Bd. 64) ISBN 3-11-014968-0 NE: GT

© Copyright 1996 by Walter de Gruyter & Co., D-10785 Berlin Dieses Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlages unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Printed in Germany Satz und Druck: Arthur Collignon GmbH, Berlin Buchbinderische Verarbeitung: Lüderitz & Bauer GmbH, Berlin

Vorwort Der Ausgang der römischen Antike im lateinischen Westen und das Frühmittelalter sind definiert durch die sogenannte Völkerwanderung, als deren Ergebnis die Ansiedlung germanischer Gruppen auf bisher römischem Gebiet erfolgte. Dieser sich über einen längeren Zeitraum hinziehende Prozess der eigentlichen germanischen Volk- und Staatenbildung auf Reichsterritorium ist nun ganz wesentlich durch die Annahme des christlichen Glaubens durch diese germanischen Völker geprägt. Während des Frühmittelalters kann sich im Westen das Christentum in den neuen germanischen Staatenbildungen auch jenseits der Grenzen des alten Imperium Romanum ausbreiten, wird geradezu identitätsbildend für die jungen germanischen Völker und Staaten. Die Geschichte der Kirche des Frühmittelalters ist trotz der großen Tradition, für die gleichsam paradigmatisch die Gesamtdarstellungen von Albert Hauck und Hans von Schubert aus dem Ende des 19. und Beginn des 20. Jahrhunderts stehen, in der zweiten Hälfte unseres Jahrhunderts weithin zu einem — viel beklagten — weißen Fleck in der protestantischen deutschen Kirchengeschichtsschreibung geworden. Das hängt nicht nur mit einer nicht zu übersehenden theologiegeschichtlichen Konzentration protestantischer Kirchengeschichtsforschung nach dem Ende des zweiten Weltkrieges zusammen, sondern auch mit mancherlei ideologischen Verirrungen der Frühmittelalterforschung der ersten Hälfte unseres Jahrhunderts, die besonders den Prozess der Christianisierung der germanischen Völker dann nahezu tabuisiert haben. Das hatte nun allerdings zur Folge, daß ideologisch aufgeladene Versatzstücke der älteren Forschung auch weithin unkritisch mitgeschleppt wurden. Knut Schäferdiek hat mit seiner 1967 publizierten Habilitationsschrift ,Die Kirche in den Reichen der Westgoten und Suewen bis zur Begründung der westgotischen katholischen Staatskirche' (Bibliographie Nr. 26) und seinen seither in dichter Folge erschienenen, aber leider teilweise nur schwer zugänglichen Untersuchungen zum Prozess der Annahme des Christentums durch die germanischen Völker insofern bahnbrechend gewirkt, als er die weithin noch herrschende ideologisch bestimmte Sicht besonders des sogenannten germanischen Arianismus' nicht nur aufgezeigt, sondern auch methodisch

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Vorwort

widerlegt und neue überzeugende Deutungsmuster dieses Phänomens und seiner theologischen Überwindung aufgezeigt hat. Der in seiner Gründlichkeit und Ausführlichkeit zu diesem Thema einzigartige Artikel ,Germanenmission', der 1978 im ,Reallexikon für Antike und Christentum' (Bibliographie Nr. 63) erschien, hat die Forschung auf einen Stand gestellt, der seither Grundlage jeder Beschäftigung mit diesem Thema sein muß. Deshalb haben wir als Herausgeber dieser Sammlung, mit der wir als seine Schüler Knut Schäferdiek anläßlich seiner Emeritierung danken wollen, uns zu dieser thematisch auf den Prozeß der Annahme des christlichen Glaubens durch die verschiedenen germanischen Völker konzentrierten Sammlung seiner verstreut publizierten Aufsätze entschlossen. Der Bogen der hier zusammengestellten Studien Knut Schäferdieks aus beinahe dreißig Jahren Forschung führt, thematisch von der Reichskirche des vierten Jahrhunderts ausgehend, deren theologische und kirchenpoütischen Frontstellungen das Christentum der gotischen Stämme formte, bis zu den Anfangen der besonders für das deutsche Mittelalter dann wichtigen und folgenreich angelsächsischen Festlandsmission im achten Jahrhundert. So haben sich drei größere Themenkomplexe für diese Sammlung gleichsam wie von selbst ergeben. Den ersten Teil (Nr. 1 — 12) bilden Untersuchungen über das gotische Christentum und hier besonders auch seine griechischen altkirchlichen Wurzeln (Nr. 1; 3; 4; 9). Der zweite Teil (Nr. 13-19) thematisiert die ganz andere fränkische Christianisierungsgeschichte, wobei der Aufsatz über ,Columbans Wirken im Frankenreich' (Nr. 18) auf den Zusammenhang der fränkischen mit der irischen und englischen Kirchengeschichte verweist, die das Thema des dritten Teiles bildet (Nr. 20 — 23). Einige an eher versteckter Stelle veröffentlichte Beiträge, wie z. B. die Studie über JDas Heilige in Laienhand' (Nr. 13), finden sich hier ebenso wie Monographien in nuce, z. B. über den adoptianischen Streit im Kontext der spanischen Kirchengeschichte (Nr. 19). Dieser Band stellt aber ganz bewußt nur eine Auswahl aus den Arbeiten Knut Schäferdieks dar, und dies in zweifacher Hinsicht: Zum einen sind die patristischen Studien hier nicht berücksichtigt; zum anderen ist anhand der angehängten Bibliographie deutlich, daß längst nicht alle Untersuchungen Schäferdieks zum Frühmittelalter Platz finden konnten. Vor allem die wichtigen und leichter greifbaren Lexikonartikel und Beiträge in Sammelbänden blieben ausgespart. In allen Beiträgen wird das beharrlich vertretene Anliegen Knut Schäferdieks deutlich, den epochalen Umbruch des Frühmittelalters, diese ,Schwellenzeit' par excellence, unter verschiedenen Aspekten so zu analysieren und zu beschreiben, daß im Hinblick auf Kontinuität oder Diskontinuität, Tradi-

Vorwort

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tion oder Tradition sprengenden Neuaufbruch die Akzente mit Präzision gesetzt werden können. Ein auf diese Weise deutlich werdendes nuanciertes Profil dieser jSchwellenzeit' von Spätantike und Frühmittelalter kann auch helfen, spätere Krisenkonstellationen und Traditionsbrüche, wie z. B. den Investiturstreit oder die Reformation, sachgerecht einzuordnen. Dieser Umbruch erweist sich so auch in neuer und völlig anderer Weise als die ältere ideologische Fixierung der Forschung erwarten ließ, als ein genuines Thema auch protestantischer Kirchengeschichtsschreibung. Die hier zusammengestellten Forschungen sind Beiträge ausschließlich zur spätantiken und frühmittelalterlichen Kirchengeschichte, aber sie kennen keine spezifisch kirchengeschichtliche Methodik. Allerdings stehen angesichts einer oft problematischen Quellenlage immer wieder auch methodische Fragen zur Diskussion; einige dieser Studien führen dies geradezu exemplarisch vor (z. B. Nr. 2; 20; 22). Trotz aller Vorsicht im Methodischen bleibt immer bewußt, daß bei schlechter oder widersprüchlicher Überlieferung eine Hypothese, die Zusammenhänge verdeutlicht und erschließt, ihr Recht und ihren unverzichtbaren Platz hat. Der methodischen Klarheit korrespondiert in allen Arbeiten Knut Schäferdieks die Kritik an jeder Form ideologischer Vereinnahmung kirchengeschichtlicher Forschung. Gerade in dieser Hinsicht haben wir als seine Schüler in seinen Seminaren methodisch lernen dürfen, wofür wir hier ausdrücklich Dank sagen wollen. Daß dieser Sammelband überhaupt realisiert werden konnte, ist dem Verlag Walter de Gruyter und besonders seinem theologischen Fachleiter, Dr. Hasko v. Bassi, und Frau Angelika Hermann, die für die technische Herstellung verantwortlich war, zu danken. Den Herausgebern der ,Arbeiten zur Kirchengeschichte', vor allem Prof. Dr. Christoph Markschies ist zu danken, daß dieser Band in der Reihe erscheinen kann, in der vor fast dreißig Jahren auch die Habilitation Knut Schäferdieks veröffentlicht wurde. Die Register haben die Mitarbeiter am Erlanger Lehrstuhl für Kirchengeschichte Susanne Stör, Jens Hans und Tobias Wittenberg unter der fachkundigen Leitung von Dr. Jörg Ulrich erstellt. Auch ihnen allen soll hier herzlich gedankt sein. Bonn — Erlangen, im April 1996 Winrich A. Löhr

Hanns Christof Brennecke

Inhaltsverzeichnis Vorwort

V

Quellenverzeichnis

XI

Das gotische Christentum Wulfila. Vom Bischof von Coden zum Gotenbischof

l

Die Überlieferung des Namens Ulfila. Zum linguistischen Umgang mit der Überlieferungsgeschichte

41

Theodor von Herakleia (328/34 — 351/55). Ein wenig bekannter Kirchenpolitiker und Exeget des vierten Jahrhunderts

51

Die Fragmente der Skeireins und der Johanneskommentar des Theodor von Herakleia

69

Zeit und Umstände des westgotischen Übergangs zum Christentum .

89

Gotien. Eine Kirche im Vorfeld des frühbyzantinischen Reiches . . . .

97

Das gotische Christentum im vierten Jahrhundert

115

Das gotische liturgische Kalenderfragment — Bruchstück eines Konstantinopeler Martyrologs

147

Märtyrerüberlieferungen aus der gotischen Kirche des vierten Jahrhunderts

169

Gab es eine gotisch-arianische Mission im süddeutschen Raum? . . . .

203

kirihha — *cyrica — Etymologie

223

. Zum geschichtlichen Hintergrund einer

Zur Frage früher christlicher Einwirkungen auf den westgermanischen Raum

229

X

Inhaltsverzeichnis

Das Christentum im frühen Frankenreich Das Heilige in Laienhand. Zur Entstehungsgeschichte der fränkischen Eigenkirche

247

Das sogenannte zweite Konzil von Arles und die älteste Kanonessammlung der arelatenser Kirche

267

Bonosus von Naissus, Bonosus von Serdika und die B o n o s i a n e r . . . .

287

Remigius v. Reims. Kirchenmann einer Umbruchszeit

305

Francia Rhinensis und rheinische Kirche. Randbemerkungen zur frühen fränkischen Geschichte

329

Columbans Wirken im Frankenreich (591 — 612)

349

Der adoptianische Streit im Rahmen der spanischen Kirchengeschichte

381

Frühmittelalterliches Christentum in Irland und England Der irische Osterzyklus des sechsten und siebten Jahrhunderts

417

Die irische Mission des siebten Jahrhunderts. Historisches Geschehen oder historiographische Legende

439

Kilian von Würzburg. Gestalt und Gestaltung eines Heiligen

459

Fragen der frühen angelsächsischen Festlandsmission

487

Bibliographie Knut Schäferdiek 1957-1994

511

Register Moderne Autoren Antike und mittelalterliche Quellen

523 528

Quellenverzeichnis (Die Nr. hinter jedem Titel beziehen sich auf die beigelegte Gesamtbibliographie)

/. Das gotische Christentum 1. Wulßla. Vom Bischof von Gotten %um Gotenbischof

in: ZKG 90 (1979), 253-292 = Von Konstantin, zu Theodosius. Wilhelm Schneemelcher zum 65. Geburtstag, hrsg. v. W. A. Bienert/ K. Schäferdiek, 107-146. (Nr. 70) 2. Die Überlieferung des Namens Ulfila. Zum linguistischen Umgang mit der Uberlieferungsgeschichte Überarbeitete Fassung der Erstveröffentlichung in: Beiträge zur Namenforschung 25 (1990), 267-276. (Nr. 126) 3. Theodor von Herakkia (328/34 — 351/55). Ein wenig bekannter Kirchenpolitiker und Exeget des vierten Jahrhunderts in: Romanitas Christianitas. Untersuchungen zur Geschichte und Literatur der römischen Kaiserzeit. Johannes Sträub zum 70. Geburtstag am 18. Oktober 1982, hrsg. v. G. Wirth, Berlin-New York 1982, 393-410. (Nr. 82) 4. Die Fragmente der Skeireins und der Johanneskommentar des Theodor von Herakleia in: Zeitschrift für Deutsches Altertum 110 (1981), 175-193. (Nr. 76) 5. Zeit und Umstände des westgotischen Übergangs %um Christentum in: Historia 28 (1979), 90-97. (Nr. 68) 6. Gotten. Eine Kirche im Vorfeld des frühby^aniinischen Reiches in: JAG 33 (1990 [1991]), 36-52. (Nr. 129) 7. Das gotische Christentum im vierten Jahrhundert in: Triuwe. Studien zur Sprachgeschichte und Literaturwissenschaft. Gedächtnisbuch für Elfriede Stutz, hrsg. v. K.-E Kraft, E.-M. Lill, U. Schwab (Heidelberger Bibliotheksschriften 47), Heidelberg 1992, 19-50. (Nr. 131)

XII

Quellenverzeichnis

8. Das gotische liturgische Kalenderfragment — Bruchstück eines Konstantinopeler Martyrologs in: ZNW 79 (1988), 116-137. (Nr. 117) 9. Märtyrerüberlieferungen aus der gotischen Kirche des vierten Jahrhunderts in: Logos. FS für Luise Abramowski, hrsg. v. H. C. Brennecke/E. L. Grasmück/C. Markschies (BZNW 67), Berlin-New York 1993, 328-360. (Nr. 132) 10. Gab es eine gotisch-arianische Mission im süddeutschen Raum? in: Zeitschrift für Bayerische Landesgeschichte 45 (1982), 239-257. (Nr. 81) / /. kirihha — *cyrica — . Zum geschichtlichen Hintergrund einer Etymologie in: Beiträge zur Geschichte der Deutschen Sprache und Literatur 106 (1984), 46-50. (Nr. 90) 12. Zur Frage früher christlicher Einwirkungen auf den westgermanischen Raum in: ZKG 98 (1987), 149-166. (Nr. 114)

II. Das Christentum im frühen Frankenreich 13. Das Heilige in Eaienhand. Zur Entstehungsgeschichte der fränkischen Eigenkirche in: Vom Amt des Laien in Kirche und Theologie. FS für G. Krause zum 70. Geburtstag, hrsg. v. H. Schröer u. G. Müller, Berlin 1982, 122-140. (Nr. 79) 14. Das sogenannte %weite Konzil von Ar/es und die älteste Kanonessammlung der arelatenser Kirche in: Zeitschrift der Savigny-Stiftung für Rechtsgeschichte 102, Kanonistische Abteilung 71 (1985), 1-19. (Nr. 102) 15. Bonosus von Naissus, Bonosus von Serdika und die Bonosianer in: ZKG 96 (1985), 162-178. (Nr. 97) 16. Remigius v. Reims. Kirchenmann einer Umbruchsi^eit in: ZKG 94 (1983), 256-278. (Nr. 87) / 7. Francia Rhinensis und rheinische Kirche. Randbemerkungen %ur frühen fränkischen Geschichte in: Standfester Glaube. FS für J. F. G. Goeters, hrsg. v. H. Faulenbach (Schriftenreihe des Vereins für Rheinische Kirchengeschichte 100), Köln 1991, 1-20. (Nr. 128)

Quellenverzeichnis

XIII

18. Columbans Wirken im Frankenreich (591 — 612)

in: Die Iren und Europa im Früheren Mittelalter I, hrsg. v. H. Löwe, Stuttgart 1982, 171-201. (Nr. 80) 19. Der adoptianische Streit im Rahmen der spanischen Kirchengeschichte

in: ZKG 80 (1969), 291-311; 81 (1970) 1-16 (Nr. 32/34)

///. Frühmittelalterliches Chnstentum in Irland und England 20. Der irische Oster^yklus des sechsten und siebten Jahrhunderts in: Deutsches Archiv 39 (1983), 357-378. (Nr. 89) 21. Die insche Mission des siebten Jahrhunderts. Historisches Geschehen oder historiographische Legende

Leicht erweiterte deutsche Neufassung des ursprünglich englisch erschienenen Tagungsbeitrags The Irish Mission of the seventh century; historical fact or historiographical fiction?', in: The end of strife. Papers selected from the proceedings of the Commission Internationale d'Histoire Ecclesiastique Comparee held at the University of Durham 2 to 9 September 1981, hrsg. v. D. Loades, Edinburgh 1984, 139-154. (Nr. 91) 22. Kilian von Wur^burg. Gestalt und Gestaltung eines Heiligen in: Iconologia Sacra. Mythos, Bild, Bildkunst und Dichtung in der Religions- und Sozialgeschichte Europas. FS für Karl Hauck, hrsg. v. Hagen Keller u. N. Staubach (Arbeiten zur Frühmittelalterforschung 23), Berlin-New York 1994, 313-340. (Nr. 135) 23. Fragen der frühen angelsächsischen Festlandsmission in: Frühmittelalterliche Studien 28 (1994), 172-195. (Nr. 137)

Das gotische Christentum

Wulfila Vom Bischof von Gotien zum Gotenbischof Die Zeugnisse über das Christentum im Gotien des vierten Jahrhunderts lassen erkennen, daß seine reichskirchlichen Beziehungen - neben denen auch solche zur syrischen Audianersekte stehen - keineswegs einlinig waren. Bedeutsam ist sicher das Verhältnis zur kappadokischen Kirche. Es hat seinen Ursprung in der Verschleppung kappadokischer Christen, zu denen auch Vorfahren Wulfilas zählten, bei gotischen Raubzügen während der ersten Hälfte der sechziger Jahre des dritten Jahrhunderts, und es spiegelt sich in der Anteilnahme des Basileios von Kaisareia am Schicksal des Christentums im Gotenland ebenso wie in dem Interesse, das der gebürtige Kappadokier Philostorgios sicherlich auch über eine von Photios ausdrücklich notierte konfessionelle Sympathie hinaus der Gestalt Wulfilas entgegenbringt.1 Sprechender Ausdruck dieser alten Beziehung ist nicht zuletzt auch die Translation der Reliquien des gotischen Märtyrers Sabas nach Kappadokien. Daneben lassen andere Reliquientranslationen nach Mopsuestia und Kyzikos weitere Beziehungen erahnen. Gewichtig sind schließlich die durch den kirchlichen Auftrag Wulfilas gegebenen; sie weisen unmittelbar in die Hauptstadt und an den Kaiserhof.2 Ob und wie weit über ein solches Nebeneinander unterschiedlicher reichskirchlicher Beziehungen von vorne herein auch die theologischen und kirchenpolitischen Parteibildungen der innerkirchlichen Auseinandersetzungen dieser Zeit das Christentum in Gotien berührt haben, ist allerdings eine andere Frage. Eher gegen eine solche Annahme spricht die Verehrung jener Märtyrer der 369 beginnenden gotischen Christenverfolgung, deren Reliquien schließlich zwischen 383 und 392 nach Kyzikos gelangten, einer Stadt übrigens, die zur Zeit der theodosianischen Wende eine Hochburg des dann hier wie in Konstantinopel noch längere Zeit als Sondergemeinde sich behauptenden antinikänischen Flügels der Homoiusianer gewesen ist; das Gedächtnis dieser Märtyrer ist sowohl in „orthodoxer" byzantinischer wie in „arianischer" gotischer Tradition gepflegt worden.' In diesem Zusammen1

Philostorgios, Hist. eccl. II 5, ed. J. Bidez/F. Winkelmann, Berlin 21972 (GCS), S. 17 f. 2 Zusammenstellung mit Belegen bei K. Sdiäferdiek, Art. Germanenmission: RAC 10 (1977), Sp. 492-548, hier 497 ff. 3 Griechische Menologien zum 26. März: H. Adielis, Der älteste deutsche Kalender: ZNW l (1900), S. 308-335, Text S. 318-320; auch bei H. Delehaye, Saints de Thrace et de : AnalBoll 31 (1912), S. 161-300, hier S. 279, sowie (ohne Translationsbericht) ders., Synaxarion Ecclesiae Constantinopolitanae (Acta Sanc-

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Vom Bischof von Gotien zum Gotenbischof

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hang muß auch die Rolle Wulfilas genauer untersucht werden, gilt seine Tätigkeit doch weithin in besonderer Weise als kennzeichnend für das Hinauswirken reichskirchlicher Parteibildungen in das nördliche Vorfeld des Reiches. Ihre Einschätzung verbindet sich dabei aufs engste mit Fragen der Datierung. Man pflegt gemeinhin davon auszugehen, daß Wulfila seine Bischofsweihe bei Gelegenheit der Kirchweihsynode zu Antiochien 341 empfangen habe. Dieses Datum gilt dann zumeist als Anzeichen dafür, daß er in seiner bischöflichen Wirksamkeit von vorne herein auf die Linie der eusebianischen Symbolformulierung dieser Synode, der sogenannten zweiten antiochenischen Formel, festgelegt gewesen sei. Zwar hat K. D. Schmidt auch darauf hingewiesen, daß für einen mit dem Stand der theologischen Diskussionen und kirchlichen Frontbildungen nicht unmittelbar Vertrauten ein Ja zu diesem Symbol nicht unbedingt eine bewußte Parteinahme bedeutet haben müsse;4 doch das dürfte wohl nur für eine aus dem Kontext der synodalen Debatte gelöste oder unkommentiert weitergegebene Formel gelten. Indessen muß die Datierung der Weihe Wulfilas auf 341 überhaupt in Frage gestellt werden. Sie beruht auf einer Harmonisierung der Angaben des Philostorgios mit den von Auxentius von Dorostorum für eine relative Wulfilachronologie genannten Zahlen, die keiner von beiden Quellen gerecht wird. Philostorgios berichtet, Wulfila sei mit einer gotischen Gesandtschaft an den Hof Konstantins gekommen und habe bei dieser Gelegenheit von Euseb (von Nikomedien) und „den Bischöfen mit ihm" die Weihe erhalten,8 und Auxentius nennt für ihn ein Weihealter von dreißig sowie eine bischöfliche Amtszeit von vierzig Jahren, davon sieben nördlich der Donau und dreiunddreißig auf römischem Reichsboden.* Da aber Wulfila auf jeden Fall torum, Propyl. Nov.), Brüssel 1902, Sp. 559 f.; vgl. Sozomenos, Hist. eccl. IV 37, 14, ed. J. Bidez/G. Ch. Hansen, Berlin 1960 (GCS 50), S. 296. - Gotisdier Kalender zum 29. Oktober, ed. W. Streitberg, Die gotische Bibel, Heidelberg »1971, S. 472; auch bei Delehaye, Saints, S. 276. * K. D. Schmidt, Die Bekehrung der Ostgermanen zum Christentum, Göttingen 1939, S. 235 f. R. Klein, Constantius II. und die christliche Kirche (= Impulse der Forschung 26), Darmstadt 1977, S. 251 f. stellt eine sachliche Verwandtschaft zwischen den antiochenischen Bekenntnissen von 341 und der späteren Theologie Wulfilas überhaupt in Frage: „Übersehen wird ganz allgemein . . . . , daß in den vier antiochenischen Formeln von einer Unterordnung des Sohnes gegenüber dem Vater nirgends die Rede ist" (ebd., Anm. 136). Dabei hat er jedoch seinerseits die Stelle der zweiten Formel übersehen oder in ihrer Bedeutung verkannt, die besagt, daß „die Namen (der göttlichen Trias) . . . genau je die eigene Hypostase, den eigenen Rang und die eigene Ehre eines jeden der Benannten bezeichnen": Athanasios, De synod. 23, 6, ed. H. G. Opitz, Athanasius Werke II/l, Berlin 1935/41, S. 249; Sokrates, Hist. eccl. II 10, ed. R. Hussey/W. Bright, Oxford 21893, S. 72; Bibliothek der Symbole und Glaubensregeln der alten Kirche, ed. A. u. G. L. Hahn, Breslau M 897 (Nachdruck Hildesheim 1962), S. 185 f. 6 Philost., Hist, eccl. II 5, S. 17 f. Bidez/Winkelmann. * In der Dissertatio contra Ambrosium des Maximin (MPL Suppl. l, Sp. 693728, darin Auxentius Sp. 703-707) 53. 56. 59-61, MPL Suppl. l, Sp. 705 f. Zur Person des Auxentius s. M. Meslin, Les Ariens d'Occident, Paris 1967 (Patristica Sorbonensia 8), S. 47 ff.

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Vom Bischof von Gotien zum Gotenbischof

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nach dem Konzil von Aquileia vom Herbst 381 noch kirchenpolitisch tätig war,7 kann bei einer Amtszeit von vierzig Jahren seine Weihe nicht mehr in die Zeit Konstantins fallen. Man hat den so sich ergebenden Schwierigkeiten auf verschiedene Weise zu begegnen gesucht. Vielfach wird angenommen, bei Philostorgios/Photios sei Verschreibung für , eine in der Tat recht häufige Verwechselung, die jedoch gerade in diesem Fall mit ziemlicher Sicherheit auszuschließen ist, zwar nicht mit dem einfachen Hinweis, daß das zweite Buch des Philostorgios allein der Geschichte Konstantins gewidmet sei,8 aber doch aus inneren Gründen des Textes selbst. Denn als Ganzes ist das hier zur Diskussion stehende fünfte Kapitel im zweiten Buch der Kirchengeschichte offensichtlich fehlplaziert. Sein Hauptthema ist die Rolle, die Wulfila als Leiter einer auf römisches Gebiet übersiedelnden Schar gotischer Christen spielt. Alle anderen Informationen sind in Gestalt zweier Rückblenden darin eingeschaltet. Philostorgios berichte, so beginnt Photios sein Exzerpt, daß Wulfila „zu dieser Zeit" seine aus Glaubensgründen vertriebene Gemeinde von jenseits der Donau herübergeführt habe. „Diese Zeit" wäre nach dem Zusammenhang des zweiten Buches die zweite Hälfte der zwanziger Jahre des vierten Jahrhunderts, nach der konkreten Angabe des Auxentius 9 ist es jedoch tatsächlich ein Zeitpunkt während der Herrschaft des Konstantios. Mit: „Christlich geworden aber sei das Volk auf folgende Weise", wird dann eine erste Rückblende eingeleitet. Sie führt in die Zeit Valerians (253-260) und Galliens (260-268) und berichtet von der Verschleppung galatischer und kappadokischer Christen, ihrem Bekehrungswerk unter den Goten und Wulfilas kappadokischen Vorfahren. Darauf wird kurz das Hauptthema wieder aufgenommen: „Dieser Wulfila also leitete den Auszug der Frommen, weil er zu ihrem ersten Bischof eingesetzt war", um jedoch sogleich mit: „Eingesetzt aber wurde er auf folgende Weise", eine erneute Rückblende einzuschalten. Diese spricht von Ereignissen der Zeit Konstantins, nämlich der gotischen Gesandtschaft und Wulfilas Weihe, und schließt daran eine allgemeine Würdigung seines Wirkens an. Abschließend kommt dann wieder das Hauptthema zur Geltung: „Es siedelte aber der Kaiser das überlaufende Volk im Gebiet von Mösien an ..." Innerhalb eines Erzählungszusammenhangs also, der nach seiner primären Thematik in die Zeit des Konstantios gehört, findet die im Fluß der Erzählung auftretende Angabe „zur Zeit Konstantins" ihren Sinn als Signalisierung einer Rückblende auf früheres Geschehen. Ohne diese Funktion wäre sie überflüssig und unverständlich. Philostorgios hat anscheinend den ganzen, wohl in homöischem Milieu tradierten Erzählungszusammenhang los7

Diss. Maxim. 41, MPL Suppl. l, Sp. 703. L. Schmidt, Geschichte der deutschen Stämme bis zum Ausgang der Völkerwanderung, I: Die Ostgermanen, München 21941, Nachdr. ebd. 1969, S. 235, Anm. 4, wo allerdings zudem noch geltend gemacht wird, die Bemerkung des Philostorgios, es seien seinerzeit auch die Barbarenvölker jenseits der Donau dem Kaiser unterworfen gewesen, passe nur auf Konstantin. * Auxentius, Diss. Maxim. 59, MPL Suppl. l, Sp. 706: a thunc beate memorie Constantio principe. 8

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gelöst von einer genauen chronologischen Zuordnung vorgefunden und seinerseits aufgrund jenes „zur Zeit Konstantins" eingeordnet, nicht nur irrig, sondern auch recht oberflächlich; denn er ordnet ihn vor der erst im übernächsten Kapitel berichteten Rehabilitation des Euseb von Nikomedien ein, dessen Amtstätigkeit indessen im Text vorausgesetzt wird. Für die Datierung der Weihe Wulfilas aber liegt hier ein gewichtiges, nicht einfach beseite schiebbares Zeugnis vor. Die Annahme, Wulfila sei nach der Reise an den Hof Konstantins noch einige Jahre bis zur Weihe im Reich geblieben oder aber Philostorgios habe zwei Reisen, eine zur Zeit Konstantins und die andere zu der des Konstantios, zu einer zusammengezogen,10 ist lediglich eine Verlegenheitsauskunft, die es mit einer auf Auxentius sich berufenden Datierung seiner Weihe auf 341 vereinbar machen soll. Nun weisen jedoch die Angaben des Auxentius zu den zeitlichen Umständen des Todes Wulfilas" kaum auf eine andere Situation als die der von Theodosios auf Juni 383 berufenen, aber nicht in der zugesagten Weise freier Diskussion durchgeführten „Häretikersynode".12 Bei einer vierzigjährigen Amtszeit kommt dann aber auch der um die Jahreswende 341/2 verstorbene Euseb von Nikomedien nicht mehr als Ordinator in Betracht. Die Jahresangaben des Auxentius sind also, werden sie genau genommen, mit dem zweifachen konkreten Hinweis bei Philostorgios - Konstantin und Euseb von Nikomedien - nicht ausgleichbar. Im übrigen hat Auxentius auch ein besonderes apologetisches Interesse gerade an diesen Zahlen. Er benutzt sie als Aufhänger für typologische Hinweise, die den Lebensweg Wulfilas als providentiell geführt erscheinen lassen sollen.13 Man gesteht ihm daher auch eine großzügige Abrundung zu. Ebensogut aber kann Deutungswille auch irrige Kombinationen begünstigen.14 Das Argument, ein polemisches 10

Vgl. A. Lippold, Art. Ulfila: Paul/Wissowa 2. R. 17 (1961), Sp. 512-532, hier Sp. 515. " Diss. Maxim. 61, MPL Suppl. l, Sp. 706. 12 Vgl. dazu z.B. H. Böhmer, Art. Wulfila: RE3 21 (1908), S. 548-558, hier S. 552 ff.; A. Lippold (Anm. 10), Sp. 521 ff. Daß ich RAG 10, Sp. 500 neben 383 noch das unmögliche Alternativdatum 381 genannt habe, beruht auf der Nachwirkung einer Fehleinschätzung der Zahlenangaben des Auxentius. 13 Diss. Maxim. 56 f., MPL Suppl. l, Sp. 705 f.: Das Weihealter Wulfilas entspricht dem Alter, in dem David, Josef und Jesus ihr eigentliches Wirken aufnahmen, und Wulfila ist in hoc per gratiam Christi imitator Christi et sanctorum eins. Diss. Maxim. 59, ebd. Sp. 706: Als Bischof wirkt er sieben Jahre im Barbarenland und 33 im Reich, ut etiam in hoc, quorum sanctorum imitator crat, , quod quadraginta annorum spatium ... (folgt verderbter Text); es dürfte an 2. Sam. 5, 4 f. gedacht sein: „David war dreißig Jahre alt, als er König wurde, und vierzig Jahre regierte er. In Hebron regierte er über Juda sieben Jahre, und in Jerusalem regierte er über ganz Israel und Juda 33 Jahre." 14 B. Capelle, La lettre d'Auxence sur Ulfila: RevBen 34 (1922), S. 224-233 hat die Zahlenangaben bei Auxentius ohne stichhaltige Begründung als spätere Zutaten Maximins ansehen wollen, da sie in besonders krassem Mißverhältnis zu seinen den Quellen nicht gerecht werdenden chronologischen Ansätzen stehen, die von einer Identität der Übersiedlung der Wulfilagemeinde mit dem gotischen Donauübergang von 376 ausgehen; vgl. die Replik von J. Zeiller, Le premier etablissement des Goths chretiens dans l'empire d'orient: Melanges G. Schlumberger I, Paris 1924,

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Schriftstück wie der Auxentiusbrief habe sich die Blöße einer fehlerhaften Darstellung gegenüber noch lebenden Zeitgenossen Wulfilas nicht leisten dürfen, verschlägt nicht, da es mit bewußter Fälschung rechnet und zudem wohl auch falsche Maßstäbe an die kirchliche Kontroversliteratur des vierten Jahrhunderts anlegt. Auxentius rechnet mit einer bischöflichen Amtstätigkeit Wulfilas von 7 + (40 - 7) Jahren. Setzt man statt dessen 7 + 40 Jahre voraus, ergibt sich eine relative Chronologie, die mit den Hinweisen des Auxentius auf das Todesdatum und mit den Angaben bei Philostorgios vereinbar wäre. Das ist keineswegs eine müßige Spekulation. Wie noch zu zeigen sein wird, hat Wulfila nacheinander zwei zu unterscheidende Bischofsämter innegehabt. Wird dies verkannt - und Auxentius hat seinen Lehrer sicher nur in seinem zweiten, auf römischem Boden ausgeübten Tätigkeitsbereich kennengelernt -, kann sehr leicht eine vorgegebene Zeitangabe für das zweite Amt fälschlich auf die gesamte bischöfliche Wirkungszeit bezogen und so als die Jahre der ersten Amtstätigkeit mit in sich schließend angesehen werden. Der Weg von einer richtigen Addition zu einer irrigen Subtraktion ist unter diesen Voraussetzungen gar nicht sehr weit. Doch wie dem auch sei - für die Chronologie Wulfilas muß in jedem Fall von der Schilderung der Zeitumstände seines Todes bei Auxentius und von den Angaben des Philostorgios ausgegangen werden. Dem kann auch nicht die Überlegung entgegenstehen, daß Euseb erst 338 von Nikomedien nach Konstantinopel übergewechselt sei, zumal der Konstantinopler Ortsbischof Paulos während der letzten Zeit der Herrschaft Konstantins, nach der Synode von Tyros (335), sich in der Verbannung befand,15 wobei das Bistum unbesetzt geblieben zu sein scheint. Wulfilas Weihe erfolgte also aller Wahrscheinlichkeit nach vor Konstantins Tod (22. Mai 337) und jedenfalls nach der Rehabilitierung des 325 verbannten Euseb von Nikomedien (328), vielleicht 336, während des ersten Exils des Paulos von Konstantinopel. E. A. Thompson, der zögernd für eine Datierung der Weihe in die Zeit Konstantins eintritt,1* stellt die Dinge auf den Kopf: „And if it is asked why an envoy who presumably went to the capital was not consecrated by the bishop of the capital, the answer is that Paul . . . was a Nicaean, and hence would scarcely have felt inclined to promote a barbarian, whom he would have regarded as heretical." " Den Ruf eines Kämpfers für das nikänische Bekenntnis verdankt Paulos erst der Nachwelt. 335 hat er die Verurteilung des Athanasios mit unterzeichnet. Die sonst mit der vermeintlichen Ordination in Antiochien 341 begründete frühe „arianische" Prägung des Bischofs Wulfila schreibt Thompson gewissermaßen als vorgeS. 3-11. Vor allem hat Capelle eine hinreichende Analyse der Quellen unterlassen und nur vordergründig mit dem ersten Augenschein ihres nicht in einen Gesamtzusammenhang eingeordneten Wortlautes argumentiert. 15 Dazu s. A. Lippold, Art. Paulus v. Constantinopel: Pauly/Wissowa Suppl. 10 (1965), Sp. 510-520, hier 513 f. 18 E. A. Thompson, The Visigoths in the time of Ulfila, Oxford 1966, S. XVI. Zur Datierung auf 338 durch R. Klein s. u. Anm. 29. 17 Ebd., S. XVI f.

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gebene Qualität schon dem aus Gotien kommenden Lektor zu. Doch die gestellte Frage hat sicherlich ihr Recht. Sie spricht für den vorgeschlagenen Ansatz auf 336. Daß dabei die Wendung des Philostorgios: „Von Euseb und den Bischöfen mit ihm", wenn sie überhaupt als Umschreibung einer Synode zu präzisieren ist, nicht notwendig auch auf eine der uns aus der Überlieferung näher bekannten Versammlungen bezogen werden muß, bedarf kaum eines Hinweises. Für die Beurteilung Wulfilas und seiner frühen bischöflichen Wirksamkeit hat diese notwendige Korrektur der gängigen Datierung unmittelbare Folgen. Seine Ordination fällt in die Zeit der konstantinischen Scheinbefriedung der Kirche nach Nikaia und steht somit gerade nicht in einem Kontext expliziter theologischer Programmformulierungen. Von dem formell allerseits anerkannten Nikänum schweigt man, und Alternativen wagte man noch nicht zu formulieren. Stellt man dies in Rechnung sowie das Wirkungsfeld in einem kirchlichen Randgebiet, aus dem Wulfila kommt und in das er zurückkehrt, so ist kaum anzunehmen, daß er vor seiner Niederlassung auf römischem Reichsboden in Mösien mit den christologischen Problemen der kirchlichen Auseinandersetzungen konfrontiert wurde und genötigt war, eine eigene Stellung in den kontroversen Fragen zu reflektieren und genauer auszuformulieren. Diese Niederlassung innerhalb des Römischen Reichs erfolgte unter dem Druck einer gotischen Christenverfolgung,18 in der Wulfila sich wohl auch den später geführten Ehrentitel eines „Bekenners" erwarb. Sie muß als Ausdruck einer erfolgreichen gotischen Wendung gegen die von Konstantin errichtete römische Vorherrschaft gewertet werden, die auch in einen versuchten gotischen Einfall in das Reichsgebiet einige Zeit vor 348 ausmündete.19 Dieser Zusammenhang führt ebenso wie die nicht unproblematische Angabe des Auxentius über die Dauer der Tätigkeit Wulfilas in Gotien darauf, daß der Exodus der gotischen Christen in die Zeit nach der fehlgeschlagenen Reichssynode von Serdika (342) fällt, wiederum eine Zeit der vorübergehenden Dämpfung der Auseinandersetzungen um die innerkirchlichen Gegensätze. Wulfila hat sich daher zur expliziten Bestimmung des eigenen Standortes möglicherweise überhaupt erst angesichts der Frontbildungen in der zweiten Hälfte der fünfziger Jahre genötigt gesehen, in deren Kontext seine uns tatsächlich bezeugte Stellung auch definiert ist. Kräfte, 18

Diss. Maxim. 58 f., MPL Suppl. l, Sp. 706; Philost., Hist. eccl. II 5, S. 17 Bidez/Winkelmann; ein Reflex der Verfolgung bei Kyrill von Jerusalem, Katech. 10, 19, MPG 33, Sp. 688 (gehalten 348/350): Perser und Goten als Blutzeugen Christi — bei den ersten ist sicher an die c. 340 beginnende Christenverfolgung Sdiapurs II. zu denken. 19 E. A. Thompson, Constantine, Constantius II and the lower Danube frontier: Hermes 84 (1956), S. 372-381, hier S. 375 ff. (gekürzt wiederholt: ders., Visigoths [Anm. 16], S. 13 if.), zur Christenverfolgung S. 380 f.; R. Klein (Anm. 4), S. 261 f., der allerdings die Aufnahme der Wulfilagoten ins Reich als auslösenden Faktor des gotisch-römischen Konflikts ansehen möchte und so den nach Analogie der zweiten Verfolgung anzunehmenden politischen antirömischen Charakter auch schon der Maßnahmen verkennt, die den Auszug der Wulfilagruppe veranlaßten (vgl. jedoch ebd., S. 258, Anm. 147).

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die dabei richtungweisend auf seine Stellungnahme einwirken konnten, gab es im Umfeld, in theologischen Strömungen der Donauprovinzen, wie sie in den sirmischen Formeln von 357 und 359 zum Ausdruck kamen und den Anstoß zur Bildung des homöischen Programms gaben. Die Aussage des Auxentius, Wulfila sei auf vielen Synoden in seiner Haltung bestärkt worden,20 fügt sich gut in diesen Zusammenhang; überliefert ist seine Teilnahme an der Akakianersynode zu Konstantinopel 360.21 Von Bedeutung aber dürfte auch die Bindung an Konstantios gewesen sein, der die Niederlassung der Wulfilagemeinde in Mösien ermöglicht hatte. Ihren Leiter soll er hochgeschätzt und als „Mose unter uns" bezeichnet haben,22 und sein Gedächtnis wurde nach Ausweis des gotischen Kalenderfragments in der gotischen Liturgie bewahrt.23 Nicht berufen kann man sich in diesem Zusammenhang auf die Bemerkung des Sokrates, Wulfila sei erst mit seiner Unterzeichnung des Symbols der Konstantinopler Synode von 360 auf die Seite der Homöer getreten; denn sie ist sicher nur eine Folgerung des Historikers aus seinen Quellen.24 Auf der anderen Seite aber kann man auch nicht einfach Wulfilas Versicherung, er habe immer so geglaubt, mit der er sein Bekenntnis von 383 einführt,25 als Beleg dafür heranziehen, daß die in diesem Bekenntnis ausformulierte theologische Position ihn schon während seiner ganzen Amtszeit als bewußte theologische Leitlinie begleitet habe. Eine solche Beteuerungsformel kann nicht mehr sein als der Ausdruck der persönlichen Überzeugung, daß die in gegebener Situation explizit formulierte Theologie je schon impliziter Inhalt des überkommenen Glaubens gewesen sei. Sie schließt lediglich aus, daß Wulfila im Laufe seiner Entwicklung einen bewußten Stellungswechsel, eine Art „konfessioneller Konversion" erfahren hat, nicht aber, daß ihm die Problemstellungen der zeitgenössischen Diskussion erst im Laufe seiner Amtszeit aktuell bewußt geworden sind, so wie es - unter anderen Umständen - etwa bei Hilarius von Poitiers geschehen ist. So, wie sich die Hinweise der Quellen zu den Anfängen Wulfilas im Lichte der zeitgenössischen Geschichte darstellen, wird es daher kaum statthaft sein, schon die Anfänge gotischen Christentums im vierten Jahrhundert auf die Kategorien „orthodox" und „arianisch" aufzuteilen, wie es K. D. Schmidt konsequent durch*° Diss. Maxim. 46, MPL Suppl. l, Sp. 704. Zur theologischen Prägung des Umfeldes Wulfilas vgl. Meslin (Anm. 6), S. 253-352, bes. S. 300 ff. 21 Sokr., Hist. eccl. II 41, S. 129 Hussey/Bright; vgl. auch Sozom., Hist. eccl. IV 24, l, S. 178 Bidez/Hansen. 22 Philost., Hist. eccl. II 5, S. 18 Bidez/Winkelmann; der Vergleich Wulfilas mit Mose auch bei Auxentius, Diss. Maxim. 59, MPL Suppl. l, Sp. 706. 23 Eintragung zum 3. November: Kustanteinus thiudanis; daß hier „Konstantin" zweifellos fehlerhafte Schreibung für „Konstantios" ist, stellt das Tagesdatum sicher, der Todestag des am 3. Nov. 361 verstorbenen Konstantios. Er gilt auch für Auxentius als beatae memoriae (s. o., Anm. 9). 24 Sokr., Hist. eccl. II 41, S. 129 Hussey/Bright, vgl. dazu weiter unten; zur Weiterentwicklung dieser Vorstellung bei Sozomenos und Theodoret s. u. bei Anm. 85 u. 86. 16 Diss. Maxim. 63, MPL Suppl. l, Sp. 707: semper sic credidi.

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zuführen gesucht hat,2* oder gar mit J. Zeiller von regelrechter Missionskonkurrenz zu sprechen.27 Der Historiker tut sich als rückschauender Beobachter zuweilen schwer, Vorgänge in dem ihnen eigenen zeitgeschichtlichen Zusammenhang zu sehen, weil er eben weiß, wie es weiter gegangen ist, und daher unbewußt dazu neigt, ex eventu zu deuten. Die Darstellungen der Geschichte Wulfilas sind dazu in mancher Hinsicht Beispiel. Das Bild eines Wegbereiters des „gotischen Arianismus", so berechtigt es an sich ist, läßt seine Weihe ganz unter die Perspektive der Begegnung mit Euseb von Nikomedien treten und aus dem Vollzug der Ordination ohne weiteres ein dauerhaft prägendes LehrerSchüler-Verhältnis werden. K. D. Schmidt setzt dabei voraus, daß diese Weihe eine Art spontaner Handlung, eine „zugreifende Tat" Eusebs gewesen sei aufgrund eines vielversprechenden Eindrucks, den Wulfila auf ihn gemacht habe.28 So wird jedoch ein wesentliches Moment der Situation, soweit sie überhaupt erkennbar ist, ausgeblendet, und es ist eigentlich erstaunlich, daß die damit gegebene perspektivische Verzerrung erst in jüngster Zeit von R. Klein deutlich erkannt und aufgedeckt worden ist, der dann allerdings infolge inkonsequent bleibender Korrektur des herkömmlich angenommenen Weihedatums Wulfilas dessen Ordination der Zeit des Konstantios zuordnet und im Zusammenhang des von ihm entworfenen Bildes der Kirchenpolitik dieses Kaisers deutet.29 Ein Mitglied einer offiziellen gotischen Gesandtschaft an den Hof Konstantins wird, offensichtlich bei dieser Gelegenheit, zum Bischof geweiht. Dies konnte schwerlich nur eine „zugreifende Tat" des weihenden Bischofs sein. Hierzu bedurfte es der Abstimmung und des Einvernehmens mit dem Kaiser. Der mit der Weihe Wulfilas aufgenommenen oder eher fortgesetzten kirchlichen Beziehung nach Gotien eignet so auch ein politischer Aspekt. Er dürfte für Wulfilas Stellung kennzeichnender sein als seine vermeintliche Ein2

« K. D. Schmidt (Anm. 4), S. 212 ff. J. Zeiller, Les origines du christianisme dans les provinces danubiennes de l'empire romain, Paris 1918 (Nachdr. Rom 1967), S. 419, der diese Situation sogar vor Wulfila schon gegeben sieht. 28 K. D. Schmidt (Anm. 4), S. 233. 29 R. Klein (Anm. 4), S. 255 f. möchte Wulfilas Weihe auf 338 anläßlich der Paulos von Konstantinopel erneut absetzenden Synode datieren und in Konstantins Tod und den Problemen der Nachfolgereglung den Anlaß der gotischen Gesandtschaft vermuten. Noch deutlicher als bei dem Ansatz auf 341 wird damit das Problem der nicht nur auseinandergehenden, sondern sich auch ausschließenden Quellenangaben in einer unklaren Scheinlösung verwischt, indem beides, die relative Chronologie des Auxentius und die konkreten Angaben bei Philostorgios nicht genau genommen und damit letztlich an allen Quellen vorbei datiert wird. Denn bei der gegebenen Quellenlage läßt sich nun einmal die Annahme, die gotische Gesandtschaft sei „wahrscheinlich nicht mehr zu Lebzeiten Constantins" erfolgt (ebd., S. 254), soll sie nicht willkürliche Behauptung bleiben, nur mit den Zahlenangaben des Auxentius begründen, die jedoch mit einer Datierung auf 338 sogleich wieder völlig entwertet werden, was Klein auch ausdrücklich bestätigt (S. 255, Anm. 142). Daß er hier übrigens 383 als Todesjahr Wulfilas voraussetzt, wenig später aber (S. 260, Anm. 150) mit der gleichen Selbstverständlichkeit 381, erweckt nicht den Eindruck eines allzu intensiven Eingehens auf diese Datierungsfrage. 27

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ordnenbarkeit in die kirchliche Parteibildung der ersten anderthalb Jahrzehnte nach Nikaia, und dieses Moment ist sicher auch als Hintergrund seiner sp teren Vertreibung aus Gotien zu sehen. Die Angabe des Philostorgios, er sei zum Bischof „f r die Christen im Gotenland" geweiht worden,30 mu dabei gegen ber der anderw rts begegnenden Bezeichnung „Gotenbischof" 31 als zutreffendere Umschreibung seines urspr nglichen Amtsauftrages gelten. Das findet eine nachdr ckliche Best tigung durch die entsprechende Benennung des Bischofs Theophilos von Gotien in der Unterzeichnerliste des Konzils von Nikaia 325: Θεόφιλος Γοτθίας32. Von diesem wird im brigen ebenso noch die Rede sein m ssen wie von Wulfilas Bezeichnung als Gotenbischof. Denn auch diese hat anscheinend - und nicht nur als Ausdruck einer sachlichen Wertung seines Wirkens - ihr Recht. Ihn jedoch von vorne herein so zu nennen und gar von einer Weihe zum Gotenbischof zu sprechen,33 ist jedenfalls ungenau und daher einer wirklichen historischen Erfassung hinderlich. G nzlich irref hrend, weil der prim ren Gemeindebezogenheit des altkirchlichen und byzantinischen Bischofsamtes nicht Rechnung tragend, ist schlie lich seine in der Literatur leider immer wieder begegnende Bezeichnung als „Missionsbischof".34 Der Rahmen der Amtseinsetzung bekundet deutlich, da es dabei zugleich um eine Angliederung der Christen im Gotenland an und ihre Unterstellung unter die Reichskirche als Ausdruck eines r mischen Vormachtsanspruches geht. Sp tere Zeiten haben daf r das Verfassungselement der Unterstellung unter das Patriarchat von Konstantinopel, den kumenischen Patriarchen. Wulfila war so zum reichskirchlichen Bischof f r die Christen in dem im dritten Jahrhundert von gotischen Einwanderern in Besitz genommenen Gebiet n rdlich der Donau eingesetzt worden, das den gr ten Teil der alten, von Aurelian endg ltig aufgegebenen trajanischen Provinz Dakien und die stlich daran anschlie enden Landschaften bis zum Dnjestr umfa te.95 Es hie auch r mischerseits in konstantinischer Zeit bereits offiziell Gotien 30

Hist. eccl. II 5, S. 18 Bidez/Winkelmann: (επίσκοπος [?]) χειροτονείται των εν τη Γετικη χριστιανιζόντων. 31 Stellenangaben s. Anm. 77. 32 Dazu s.u., Exkurs I am Ende des Aufsatzes. 33 Z. B. K. D. Schmidt (Anm. 4), S. 233. Schon bei Auxentius, der seinen Lehrer gewi nur in seiner Stellung als „Gotenbischof" gekannt haben wird, scheint sich die bertragung dieses Amtstitels bereits auf Wulnlas bisch fliche Anf nge anzubahnen, wenn es dort hei t, er sei geweiht worden, ut regerei et corrigeret et doceret et aedificaret gentem Gothorum (Diss. Maxim. 56, MPL Suppl. l, Sp. 706); vgl. dazu das oben zu einer m glichen Fehlkombination der Amtszeiten Wulfilas durch Auxentius Gesagte. 34 Sie unterl uft selbst bei einem Kirchenhistoriker vom Range H. v. Schuberts (Staat und Kirche in den arianischen K nigreichen und im Reiche Chlodwigs, M nchen/Berlin 1912, S. 50), in einem fachtheologischen Nachschlagewerk wie der RGG* VI (1962), Sp. 1831 (P. Wackwitz) und im Schmidt-WolPschen Handbuch: Die Kirche in ihrer Geschichte, Lieferung E, G ttingen 21976, S. 5 (G. Haendler). ss Beschreibung bei L. Schmidt (Anm. 8), S. 224 f. und E. A. Thompson, Visigoths (Anm. 16), S. 3 f.

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(Gotthia, )36. Eine genauere Vorstellung von dieser Gemeinde, neben deren bischöflidier Versorgung Wulfila - wie auch sonst mancher altkirchliche Bischof in seinem Sprengel - auch missionarisch tätig war,37 läßt sich nicht gewinnen, zumal man sich auch von den demographischen Verhältnissen in Gotien überhaupt kein deutliches Bild machen kann. Wo die Quellen wenigstens einen flüchtigen Einblick in das Leben der Christen in Gotien ermöglichen,88 handelt es sich um Gegebenheiten zur Zeit der 369 ausbrechenden gotischen Christenverfolgung, der zweiten uns bekannten im Verlauf von knapp drei Jahrzehnten. Sie führen damit wohl in eine andere Situation, als sie vor der ersten, die Tätigkeit Wulfilas in Gotien beendenden Verfolgung gegeben war. Die sprachlichen Verhältnisse bleiben für uns ebenso im dunkeln wie die demographischen, doch müssen die Christen spätestens zum Zeitpunkt der Vertreibung Wulfilas auf jeden Fall zu einem beträchtlichen Anteil gotischer Sprache gewesen sein; denn das ist sicherlich eine Voraussetzung für das Entstehen des Bedürfnisses nach einer gotischen Bibelübersetzung, dem Wulfila mit seiner Ubersetzungsarbeit entspricht. Daß darunter auch mit assimilierten Abkömmlingen provinzialrömischer Christen zu rechnen ist, die früher nach Gotien verschleppt worden waren, bezeugt Wulfila in eigener Person. Er hatte, wie schon erwähnt, kappadokische Vorfahren, , in der Literatur häufig als Großeltern angesprochen, was zwar vom zeitlichen Rahmen her durchaus möglich, aber vom Wortlaut nicht eindeutig gesichert ist; sie kamen aus einem Dorf Sadagolthina bei Parnassos am Halys.39 Wird aus dieser Abkunft und seinem gotischen Namen gefolgert, daß er einen gotischen Vater und eine griechische Mutter gehabt haben müsse,40 so bleibt dabei das Phänomen möglicher Assimilation außer acht. Die gelegentlich angestellten Erwägungen zur Frage seines sozialen und rechtlichen Status innerhalb der gotischen Gesellschaft41 zeigen zudem, daß der Hinweis auf seine Abstammung für sich allein offenbar auch für eine Einschätzung der sozialen 38

So auf konstantinischer Münzprägung: C. H. V. Sutherland/R. A. G. Carson, The Roman Imperial Coinage, vol. VII, ed. P. Bruun, London 1966, S. 215, Nr. 531; vgl. auch die Bezeichnung des nördlichen Ufers der unteren Donau als ripa gothica (Anonymus Valesianus 35, ed. J. Moreau/V. Velkov, Excerpta Valesiana, Leipzig 1958, S. 10). 87 Diss. Maxim. 57, MPL Suppl. l, Sp. 706. 38 Martyrium des Sabas, ed. H. Delehaye, Saints (Anm. 3), S. 216-221, Abdruck: Ausgewählte Märtyrerakten, hg. v. R. Knopf, neubearb. v. G. Krüger, mit Nachtrag v. G. Ruhbach, Tübingen 41965 (Sammig, ausgew. kirchen- u. dogmengesch. Quellenschriften, NF 3), S. 119-124; Menologien zum 26. März (wie Anm. 3). 39 Philost., Hist. eccl. II 5, S. 17 Bidez/Winkelmann. 40 So z.B. H. Böhmer (Anm. 12), S. 549; A. Lippold (Anm. 10), Sp. 514. Dagegen ist für Wulfilas Nachfolger Seiinas, der keinen gotischen Namen führt, überliefert, daß er der Ehe eines Goten mit einer Phrygerin entstammte (Sokr., Hist, eccl. V 24, S. 245 Hussey/Bright); es muß sich dabei übrigens nicht um eine in Gotien eingegangene Verbindung handeln. 41 S. dazu K. D. Schmidt (Anm. 4), S. 231 mit Anm. 4 u. vgl. A. Lippold (Anm. 10), Sp. 514: Man ist zumeist geneigt anzunehmen, daß seine Wirksamkeit den Status eines Freien voraussetze. Ein karolingerzeitliches Beispiel eines bedeutenden

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Zugehörigkeit der gotischen Christen nicht viel austrägt. Wichtiger scheint hier der Übergang der um Wulfila sich scharenden Christen auf römisches Gebiet zu sein. Sie waren zahlenmäßig stark genug, um als geschlossene Gruppe angesiedelt zu werden und selbständig weiterbestehen zu können. Ein Exodus in diesem Umfang dürfte ohne eine wesentliche Beteiligung freier Männer nicht denkbar sein. Das deutet darauf hin, daß das Christentum zu diesem Zeitpunkt bereits einen gewissen Einbruch und Bodengewinn innerhalb der gotischen Stammesgesellschaft erreicht hatte und keineswegs nur eine Unfreienreligion sein konnte. Aber auch schon die Tatsache selbst, daß von seiten eines gotischen Herrschaftsträgers zu einem gegebenen Zeitpunkt allgemeine Unterdrükkungsmaßnahmen gegen die Christen aufgenommen werden, weist in die gleiche Richtung. Dabei gibt die technische Bezeichnung des Verantwortlichen als iudex bei Auxentius 42 vielleicht auch einen Anhaltspunkt für die Organisationsebene, von der aus diese Initiative ausgeht. Es ist die des Stammesverbandes, nicht die eines der in diesem mehr oder minder locker zusammengeschlossenen Kleinstämme.43 Es wäre indessen aber wohl kurzschlüssig, daraus eine gleichmäßige Präsenz des Christentums innerhalb des Systems dieser Kleinstämme folgern zu wollen. Es stellt sich nun die Frage nach eventuellen begünstigenden Faktoren für eine solche Entwicklung der religiösen Verhältnisse in Gotien und nach der Rolle, die der Ernennung Wulfilas in diesem Zusammenhang und zu ihrem wahrscheinlichen Zeitpunkt zukommen könnte. Vom Zweck der gotischen Gesandtschaft, gelegentlich derer seine Weihe erfolgte, erfahren wir nichts.44 Aber wenn ihr ein gotischer Christ angehört, der zudem auch noch Kleriker - Lektor - ist,45 und wenn dieser dann vom Hofbischof die Bischofsweihe erhält, liegt sicher die Annahme nahe, daß eben dies zumindest auch ein Zweck dieser Gesandtschaft gewesen sein könne. Man könnte an die entsprechen-

Bischofs unfreier Abkunft bietet Ebo von Reims und Hildesheim, qui erat ex originalium servorum stirpe (Thegan, Vita Hludowici 44, ed. G. H. Pertz, MG Script. 2, S. 599); er verdankte seinen Aufstieg dem Karolingerhaus. Wulfila scheint, wie die Umstände seiner Weihe vermuten lassen, jedenfalls von Teilen der gotischen Führungsschicht der konstantinischen Zeit begünstigt worden zu sein; ein Aufstieg aus ursprünglicher Unfreiheit ist dabei sicher nicht undenkbar. 4t Diss. Maxim. 58, MPL Suppl. l, Sp. 706. 4S S. E. A. Thompson, Visigoths (Anm. 16), S. 44 ff. 44 Wenig präzise ist die Philostorgios-Notiz auch für die Frage, wer die Gesandtschaft trägt, der gotische Gesamtverband oder Teilverbände. Die Formulierung ( ), aus dem Abstand eines Jahrhunderts geschrieben und nur im Exzerpt durch Photios überliefert, darf kaum auf die Goldwaage gelegt werden mit dem Hinweis, daß eine permanente personelle Spitze des Gesamtverbandes unwahrscheinlich sei (dazu L. Schmidt [Anm. 8], S. 293 f. u. E. A. Thompson, Visigoths [Anm. 16), S. 43 ff.). Der Autor selbst meint gewiß eine gotische Gesamteinheit, von deren Aufbau er schwerlich genauere Vorstellungen hat, und mit dem Gesamtverband als Vertragspartner Konstantins im Frieden von 332 muß wahrscheinlich auch gerechnet werden. 45 Diss. Maxim. 56, MPL Suppl. l, Sp. 705.

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den Gesandtschaften aus dem krimgotischen Bereich von 404 4 * und 547/8" denken. Bei diesen mu man allerdings voraussetzen, da die entsendenden Verb nde offiziell christlich waren. Das trifft zwar f r die Westgoten der konstantinischen Zeit nicht zu, und insofern sind die Situationen nicht direkt vergleichbar. Aber es kommt hier f r das letzte Jahrf nft Konstantins noch ein anderes Moment ins Spiel. Sokrates berichtet im Anschlu an den berlegenen r mischen Sieg ber die Goten vom Jahre 332, diese h tten, „ersch ttert von ihrer unerwarteten Niederlage, damals zuerst der Religion des Christentums geglaubt, durch die ja Konstantin heilvoll zum Ziele gelangt sei."48 Es f llt schwer, das Gewicht dieser von Eusebs Darstellung des Gotensieges Konstantins so nicht gest tzten Mitteilung einzusch tzen — Euseb spricht nur von Befriedung und Zivilisierung der unterworfenen Goten.49 Enth lt sie einen historischen Kern, so doch wohl am ehesten in dem Sinn, da seinerzeit das ja bereits vor 332 in Gotien pr sente Christentum Auftrieb und g nstige Entfaltungsm glichkeiten erhielt.60 E. A. Thompson verweist in diesem Zusammenhang auch auf ein aus arch ologischen Befunden erschlossenes Fu fassen des Christentums in der romanodakischen Restbev lkerung w hrend des fr hen vierten Jahrhunderts.61 Da im brigen unmittelbar weiterf hrende Quellenzeugnisse fehlen, bedarf es einiger allgemeiner berlegungen. Dabei geht es nicht um eine Aufwertung der Sokratesnotiz, sondern um den Versuch, ein Bild der Situation zu gewinnen, das auch den erkennbaren sp teren Gegebenheiten gerecht wird. Zum Gotenfeldzug von 332 war es durch r misches Eingreifen in eine gotisch-sarmatische Auseinandersetzung gekommen. Er tr gt so einen deutlich offensiven Charakter.52 Der durch Konstantins gleichnamigen Sohn erfochM

Johannes Chrysostomos, Ep. 14, 5, MPG 52, Sp. 618. Prokop, De bello gothico IV 4,12, ed. J. Haury/G. Wirth, Procopii Caesariensis opera omnia II, Leipzig 1963, S. 502. 48 Sokr., Hist. eccl. I 18, S. 38 Hussey/Bright: εκείνους τε έκπεπληγμένους τω παραλόγω της ήττης πιστεϋσαι τότε πρώτον τη Χριστιανισμού θρησκεία, δι' ης καΐ Κωνσταντίνος έσώζετο. Nach dem Zusammenhang schlie t εκείνους auch die Sarmaten ein, die 332 jedoch auf r mischer Seite standen, wie berhaupt Sokrates ein falsches Bild von den Ursachen des Gotenfeldzuges gibt (vgl. zu diesem Anm. 52). 40 Euseb, Vita Constantini IV 5, 2 ed. F. Winkelmann, Eusebius Werke I l, Berlin 1975 (GCS), S. 121. so Vgl. R. Klein (Anm. 4), S. 253, Anm. 139. Die Textstelle hat J. Zeiller (Anm. 27), S. 419 sogar veranla t, eine planm ige konstantinische Missionsoffensive zu postulieren, wozu der Wortlaut des Textes passend zurechtgebogen wird: Er berichte, „qui" apr£s les avoir vaincus, Constantine s'efforja de rapandre chez eux le christianisme"; doch dies sagt er eben nicht. 51 E. A. Thompson, Visigoths (Anm. 16), S. 78 ff. 82 Zu den Vorg ngen s. L. Schmidt (Anm. 8), S. 227 f. sowie E. A. Thompson, Constantine (Anm. 19), S. 372 ff. und Visigoths (Anm. 16), S. 10 f. mit im einzelnen unterschiedlichen Auffassungen zu verschiedenen Aspekten des Geschehens. Nachtr glich hingewiesen sei an dieser Stelle auf die erst w hrend der Fahnenkorrektur erscheinende Monographie von Herwig Wolfram, Geschichte der Goten, M nchen 1979; zur Befriedung der Goten durch Konstantin s. dort S. 64 f. mit Hinweis auf eine mir entgangene Untersuchung von Evangelos K. Chrysos zum Charakter des Foedus von 332, der dadurch eine Reichsangeh rigkeit der Goten bei Wahrung 47

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tene berlegene r mische Sieg stellte nachdr cklich die r mische Kontrolle des Raumes n rdlich der unteren Donau sicher. F r die Goten brachte er eine Abh ngigkeit vom Reich mit sich - in welcher Form ist offenbar nicht ganz klar; jedenfalls hat Thompson die herk mmliche Vorstellung von einem F deratenverh ltnis bestritten mit dem Argument, da Konstantin nach dem Zeugnis des Euseb die Subsidienzahlungen eingestellt habe." Dies soll hier jedoch nicht n her er rtert, vielmehr eine ganz andere Frage gestellt werden. Konstantin vermochte 332 als Abschlu einer zielstrebig verfolgten Politik in diesem Raum die Befriedung der Goten zu seinen Bedingungen durchzuf hren. Die R ckwirkungen, die der erbrachte Erweis berlegener r mischer Macht auf die gotische Einsch tzung des Christentums haben konnte, d rften von Sokrates zutreffend geschildert sein. Sollte nun in dieser Situation nicht auch Konstantin seinerseits in der Friedensregelung f r eine Sicherstellung des Bestandes und der Entfaltungsm glichkeit der Kirche in Gotien Sorge getragen haben? Die Frage ist keineswegs so spekulativ, wie sie vielleicht auf den ersten B ck erscheinen m chte. Einmal st nde ein solches Vorgehen in Einklang mit den Leitvorstellungen und der Praxis konstantinischer Religionspolitik.84 Aber nicht nur das - es lie e vielmehr auch die Umst nde der Bestellung Wulfilas zum Bischof f r Gotien voll verst ndlich werden, ihren vorauszusetzenden politischen Charakter und ihren Zusammenhang mit einer offiziellen gotischen Gesandtschaft, deren Mission dann in dieser Hinsicht als Loyalit tsbekundung gelten mu . Es gilt allgemein als ausgemacht, da Wulfila der erste Bischof des donaul ndischen Gotien gewesen sei.51 Das scheint Philostorgios zu best tigen, der ihn als ersten Bischof der Christen im Gotenland bezeichnet. Dem steht aber entgegen die Aussage des Sokrates, er sei Sch ler des in Nikaia unterzeichnenden Bischofs Theophilos von Gotien gewesen." Man weist sie jedoch im allgemeinen zur ck und versetzt Theophilos zu den Goten der Krim. Das Gewicht der Argumente f r diese These steht allerdings in keinem Verh ltnis zu der Sicherheit, mit der sie st ndig wiederholt wird. Die Bist mer Gotien und Bosporus (Pantikapaion), so hei t es, erschienen in der nik nischen gentiler Autonomie hergestellt sieht (S. 65, Anm. 33: E. K. Chrysos, Gothia Romana: Dacoromanica l [1973], S. 52-64). " Eus., V. Const. IV 5, l, S. 121 Winkelmann; vgl. auch Sokr., Hist. eccl. I 18, S. 38 Hussey/Bright. 64 Vgl. J. Str ub, Konstantin als κοινός επίσκοπος: ders., Regeneratio Imperil, Darmstadt 1972, S. 134-158 (urspr ngl. engl.: Dumbarton Oaks Papers 21 [1967], S. 37-55); Konstantins Schreiben an Schapur II.: Eus., V. Const. IV 9-13, S. 123125 Winkelmann; Theodoret, Hist. eccl. I 25,1-11, ed. L. Parmentier/F. Scheidweiler, Berlin 21954 (GCS 44), S. 76-79. ss S. jedoch C. Patsch, Beitr ge zur V lkerkunde von S dosteuropa III: Sitzungsber. d. Akad. d. Wissensch. in Wien, phil.-hist. Kl. 208,2 (1928), S. 25; A. A. Vasiliev, The Goths in the Crimea, Cambrigde (Mass.) 1936, S. 11-20. « Philost., Hist. eccl. II 5, S. 17 Bidez/Winkelmann: Ό τοίνυν Ούρφίλας οδτος καθηγήσατο της εξόδου των ευσεβών (der auswandernden gotischen Christen), επίσκοπος αυτών πρώτος καταστάς. Sokr., Hist. eccl. II 41, S. 129 Hussey/Bright. Zur nik nischen Unterzeichnerliste s. u., Exkurs I.

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Unterzeichnerliste nebeneinander, Johannes Chrysostomos bezeuge das unter einem Bischof kirchlich organisierte Christentum der Krimgoten und nenne ihr Gebiet Gotien (Γοτθία), und das im bosporanischen Reich und in Chersonesos einheimische Christentum m sse die seit der Mitte des dritten Jahrhunderts auf die Krim einstr menden Goten alsbald erfa t haben.57 Diese letzte Annahme ist nicht nur eine blo e Behauptung ohne Evidenz; sie beruht auch auf irrigen Vorstellungen von der St rke des dabei vorausgesetzten einheimischen Christentums, das sich im ausgehenden dritten Jahrhundert wohl selbst erst in den Anf ngen seiner Entfaltung befand. In Chersonesos wird eine Gemeinde historisch erst in den letzten Jahrzehnten des vierten Jahrhunderts fa bar. F r eine im neunzehnten Jahrhundert aufgedeckte Basilika f hrt M nzdatierung nicht ber die Zeit Valentinians I. (364-375) zur ck,58 und in der Teilnehmerliste des Konstantinopler Konzils von 381 ist mit dem an 143. Stelle genannten Aitherios erstmals zuverl ssig ein Bischof von Chersonesos bezeugt.59 F r die Vorgeschichte des Bistums gibt es nur unsichere Angaben der Synaxarien berlieferung, und selbst diese lassen das Christentum erst zur Zeit Diokletians nach Chersonesos vordringen.60 Eine dagegen von J. Zeiller und K. D. Schmidt angenommene Durchsetzung des Christentums im bosporanischen Reich schon im dritten Jahrhundert geht von der irrigen Voraussetzung aus, ein vor bergehend in der M nzpr gung des bosporanischen K nigs Thothorses (286/7-308/9) erscheinendes Kreuzzeichen sei als solches ohne weiteres schon Indiz f r Christentum.*1 Als ltestes datierbares tats chlich christliches Zeugnis f r das bospo57

Zeiller (Anm. 27), S. 414, dem K. D. Schmidt (Anm. 4), S. 214 ff. unter einseitiger Betonung des letzten Arguments folgt. Willk r ist es, Athanasios, De incarn. 51,2, ed. Ch. Kannengie er, Paris 1973 (Sources Chretiennes 199), S. 450 als Zeugnis f r &nmgotisches Christentum zu werten (Schmidt ebd., S. 215). brigens sollte man an diese Stelle als Zeugnis f r gotisches Christentum auch sonst - und ganz abgesehen davon, da die Schrift nicht sicher zu datieren ist (vgl. M. Tetz, TRE IV, 1979, S. 345) - keine allzuhohen Erwartungen stellen. Es handelt sich um eine typische apologetische Beispielreihe zur Reichweite der christlichen Botschaft. Darin folgen auf eine Reihe konkreter V lkernamen (Skythen, thioper, Perser, Armenier und Goten) auch noch zwei sehr vage gehaltene Angaben: τους έπέκεινα του Ωκεανού λεγόμενους (vielleicht ist an Indien gedacht) und τους υπέρ Ύρκανίαν Οντάς (was, d rfte man es konkretisieren, auf Chorasan und die Landschaften am Oxus weisen w rde, wohin das Christentum im Verlauf des vierten Jahrhunderts vorzudringen begann). Es soll hier wohl in erster Linie ein weit ausgreifender Bereich rund um die stliche H lfte des Mittelmeerraums mit Namen abgedeckt werden. 58 H. Leclercq, Art. Caucase: Diet, d'ardieol. dir£t. et de liturgie II 2, Paris 1925, Sp. 2639-2686, zu Chersonesos Sp. 2640-2647. se Eccl. Occid. Monum. lur. Ant., ed. C. H. Turner, II 3, Oxford 1939, S. 462 f.; F. Schulthess, Die syr. Kanones der Synoden von Nicaea bis Chalcedon, Berlin 1908 (Abh. d. Ges. d. Wissensch. zu G ttingen, phil.-hist. Kl. NF 10,2), S. 119; zur Abweichung der griechischen berlieferung s. N. Q. King, The 150 Holy Fathers of the Council of Constantinople 381 A.D.: Studia Patristica I 1, Berlin 1957 (TU 63), S. 635-641, hier S. 638 f. w Synax. Eccl. Const, zum 7. M rz, Sp. 517 Delehaye. " J. Zeiller (Anm. 27), S. 409, den K. D. Schmidt (Anm. 4), S. 213 fehlerhaft verk rzend aufnimmt, wobei er audi unzutreffende geographische Vorstellungen wachruft, wenn er das bosporanische Reich „K nigreich der Krim" nennt. Zu den

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ranisdie Reich gilt indessen eine Grabinschrift aus Pantikapaion vom Jahre 304,82 und ein so vorzüglicher Kenner der bosporanischen Geschichte wie V. F. Gajdukevic rechnet damit, „daß das Christentum spätestens Ende des 3. Jahrhunderts im bosporanischen Reich Eingang gefunden hat".83 Zudem schätzt die Annahme früher Übertragung einheimischen Christentums an die Krimgoten auch die Verhältnisse falsch ein, aus denen sich eine solche Übertragung hätte ergeben können. Von Chersonesos wird angenommen, daß die Stadt sich während des hier in Frage stehenden Zeitraums in Bindung an das Römische Reich habe behaupten können;*4 den auf die Krim vorstoßenden Goten gegenüber würde das aber ein der Übermittlung religiöser Vorstellungen schwerlich förderliches Verhältnis defensiver Konfrontation bedeuten. Das die Halbinseln Kertsch und Taman umfassende bosporanische Reich hingegen geriet seit der Mitte des dritten Jahrhunderts zunächst unter erheblichen Druck seitens der in seine Nachbarschaft eingedrungenen Völkerschaften, mit denen es zeitweilig zu kooperieren gezwungen war. Dieser Bedrohung ist möglicherweise der König Teiranes (275/6-279/80) erfolgreich begegnet; jedenfalls feiert er einen entscheidenden Sieg, und er tut das mit einer heidnischen Weiheinschrift.85 Das kennzeichnet die religiöse Situation zur Zeit der ersten gotisch-bosporanischen Beziehungen, denen auch hier bald infolge erneuter Bindung des bosporanischen Reiches an Rom 88 eine stärkere

Münzen s. K. V. Golenko, K datirovke odnoj gruppy monet Foforsa: Sovetskaja Ardieologija 1958, Nr. 2, S. 259-263 (mit Abbildungen); das Zeichen erscheint auf der Vorderseite neben dem Bild des Königs und hat in der Regel die Gestalt eines liegenden, ausnahmsweise auch eines stehenden gleichschenkligen Kreuzes; die durch es gekennzeichnete Serie von Prägungen fällt in die Jahre 296-298 (die numismatischen Angaben Zeillers beruhen auf B. K. v. Köhne, Description du de feu le prince Basile Kotschoubey II, St. Petersburg 1857, und sind überholt). Zur Problematik unbesehener christlicher Deutung von Kreuzzeichen auf Münzen vgl. die Hinweise bei E. Dinkier, Das Kreuz als Siegeszeichen: ZThK 62 (1965) S. 1-20 (= ders., Signum crucis, Tübingen 1967, S. 55-76), hier S. 16 (bzw. 70), Anm. 59, sowie P. Bruun, Roman Imperial Coinage VII (Anm. 36), S. 62, Anm. 5. 82 Corpus Inscriptionum Regni Bosporani/Korpus bosporskich nadpisej (CIRB), Moskau/Leningrad 1965, S. 937, Addenda Nr. 3. Auch in diesem Fall beruht die christliche Zuordnung auf dem nicht immer eindeutigen Kriterium des Kreuzzeichens, hier in Gestalt eines großen Kreuzes in der Mitte der Steinplatte unter der Inschrift sowie eines Kreuzchens zu Beginn der ersten Zeile. Vgl. zum Kreuzzeichen in jüdischem Sepulchralgebrauch E. Dinkier, Zur Geschichte des Kreuzsymbols: ZThK 48 (1951), S. 148-172 (= ders., Signum Crucis, Tübingen 1967, S. 1-25) u. Kreuzzeichen und Kreuz: JbAC 5 (1961), S. 93-112 (= Signum Crucis, S. 26-54), hier S. 93-100 (bzw. 26-35); doch unterscheidet sich das im CIRB wie schon in der Erstveröffentlichung durch V. V. Skorpil (Zapiski imperatorskogo odesskogo obs'c'estva istorii i drevnostej 22 [Odessa 1900], S. 59) leider nur beschriebene, nicht abgebildete große Kreuz der Kertscher Inschrift von den bei Dinkier abgebildeten Zeichen: Es ist ungleichschenklig (21 11 cm) und an den Enden verbreitert. 83 V. F. Gajdukevic1, Das bosporanische Reich, Berlin 21971, S. 483. 84 L. Schmidt (Anm. 8), S. 210; V. F. Gajdukevii (Anm. 63), S. 487 f. M CIRB (Anm. 62), S. 38 ff., Nr. 36; vgl. dazu V. F. Gajdukevii (Anm. 63), S. 471. ·· V. F. Gajdukeviü (Anm. 63), S. 476 f.

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Distanzierung gefolgt sein dürfte; eine Vorherrschaft über die Bosporaner haben die Goten anscheinend erst nach dem Hunnensturm gewonnen.*7 Ebensowenig wie die unbegründete Vorstellung von einer frühen krimgotischen Annahme des Christentums aus der einheimischen Umgebung verschlagen auch die übrigen Argumente für die krimgotische Zuordnung des Theophilos. In der nikänischen Liste erscheinen er und Kadmos von Bosporos an den beiden letzten Stellen, an einem Platz, der für diese beiden sonst nicht einordnenbaren Vertreter des Christentums jenseits der nördlichen Grenzen gar nicht auffällig ist und der, aus der Perspektive des Reichs begründet, keineswegs notwendig eine unmittelbare Nachbarschaft beider besagt. Euseb hat in seiner Aufzählung der Konzilsteilnehmer den Goten neben den Perser gestellt.88 Bleibt das Zeugnis des Johannes Chrysostomos. Er hat während seiner Amtszeit als Bischof von Konstantinopel (Februar 398 bis Juni 404) einen Bischof Unila ( ) geweiht und nach Gotien am (kimmerischen) Bosporos entsandt und erfährt Ende 404 im Exil, daß ein Diakon Moduhari ( ) mit der Nachricht von Unilas Tod und dem Ersuchen des Gotenfürsten um Bestellung eines Nachfolgers nach Konstantinopel gekommen sei." Es gibt mithin um 400 offiziell angenommenes, unter einem für „Gotien" geweihten Bischof kirchlich organisiertes krimgotisches Christentum. Seine Vorgeschichte bleibt völlig im dunkeln, dafür gibt es seit dem achten Jahrhundert wieder Zeugnisse eines Krimbistums „Gothia", die aber im vorliegenden Zusammenhang ohne Belang sind.70 Angesichts der Mehrdeutigkeit des Begriffes Gotien gibt somit die verfügbare Kenntnis von einem krimgotischen Bistum um 400 nicht den geringsten Anhaltspunkt für eine Zuordnung des Theophilos. Es bleiben die widersprüchlichen Aussagen des Philostorgios und Sokrates. Wie der letzte zu seiner Behauptung eines Lehrer-Schüler-Verhältnisses zwischen Theophilos und Wulfila kommen konnte, ist dem Wortlaut seiner Notiz noch anzusehen. Er fand Theophilos als Unterzeichner des Konzils von Nikaia, Wulfila aber als solchen der Konstantinopler Synode von 360 und schloß daraus auf eine Sukzession, wobei Wulfila jedoch vom rechten Glauben seines Vorgängers abgefallen sei. Damit behauptet Philostorgios allerdings nur scheinbar das Feld. Denn seine Angabe, Wulfila sei der erste Bischof in Gotien gewesen, steht ebenso unter dem Verdacht, nur Folgerung aus vorgegebenen Informationen zu sein, sei es, daß er einer Tradition folgt, die das Andenken an einen möglichen Vorgänger verdrängt hatte - etwa weil dieser nach homöisdien Maßstäben als Häretiker („Homousianer") gelten konnte -, sei es, daß er oder die von ihm aufgenommene Tradition unter dem Eindruck der tatsächlich zutreffenden Bezeichnung Wulfilas als des ersten Inhabers des noch zu besprechenden Amtes eines Gotenbischofs stand. Man muß daher nach mittelbaren Anhaltspunkten für eine Zuordnung des Bischofs Theophilos •7 V. F. Gajdukevic" (Anm. 63), S. 471 u. 499 f. *8 S. u., Exkurs I. 69 Job. Chrysost., Ep. 14, 5, MPG 52, Sp. 618. 70 Das Material dazu bei Vasiliev (Anm. 55).

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von Gotien aus der nikänischen Unterzeichnerliste suchen. Solche sind: Für die konstantinische Zeit ist Gotien als offizielle Bezeichnung für das Gebiet nördlich der Donau belegt;71 schon im dritten Jahrhundert ist das Christentum durch verschleppte Christen in diesen gotischen Siedlungsbereich gelangt; 72 daß Wulfila vor seiner Bischofsweihe bereits einen kirchlichen Rang innehatte, läßt auf das Vorhandensein einer kirchlichen Organisation zur Zeit Konstantins schließen. Dies sind hinreichende Indizien, einen zu dieser Zeit auftretenden Bischof von Gotien diesem Raum zuzuordnen. Wir dürfen ihn mit Sokrates als Vorgänger Wulfilas ansehen und können möglicherweise in seinem Tod einen Anlaß zu der gotischen Gesandtschaft an den Kaiserhof vermuten, in deren Verlauf Wulfila zum Bischof für Gotien geweiht wird. Nachdem Wulfila nach einigen Jahren der Tätigkeit in diesem Wirkungsbereich genötigt war, Gotien mit einer Schar Christen zu verlassen, werden diese in Mösien angesiedelt, und zwar in der zur thrakischen Diökese gehörenden Provinz Moesia secunda - „wie es jedem beliebte" nach Philostorgios, „in den Bergen" nach Auxentius, und am Fuß des Balkans, bei Nikopolis ad Istrum, heute einer Ruinenstätte an der Jantra, eine kleine Strecke weit nördlich von Tarnovo in Bulgarien, kennt zweihundert Jahre später Jordanes ihre Nachkommen als ein bescheidenes Hirten- und Bauernvölkchen unter dem Namen Kleingoten (Got hi minor es).73 Sie scheinen dabei eine gewisse Autonomie erhalten zu haben; denn nach der von Jordanes aufgenommenen Überlieferung hat Wulfila für sie auch eine weltliche Leitungsfunktion als primas ausgeübt, ein Begriff, den Jordanes an anderer Stelle für Anführer west- und ostgotischer Teilverbände ("Gaufürsten") ge71

S. o., Anm. 36. Der Begriff wird auch später noch auf das Gebiet angewandt: Epiphanios, Panar. 70, 15, 5, ed. K. Holl III, Berlin 1933 (GCS 37), S. 248; Augustmus, De eh. dei XVIII 52, ed. B. Dombart/A. Kalb, CCh Ser. lat. 48, S. 651; Orosius, Hist, l 2, 53, ed. C. Zangemeister, CSEL 5, S. 22; Überschrift der Passio des Innas, Remas und Pinas, ed. H. Delehaye, Saints (Anm. 3), S. 215; Märt. Sabae l, S. 216 Delehaye ( als Selbstbezeichnung der Kirche Gotiens). 72 Die in Betracht kommenden Gotenzüge gehen von den festländischen, nicht von den Krimgoten aus (s. L. Schmidt [Anm. 8], S. 213—215), und die kirchlichen kappadokisch-gotischen Beziehungen führen in den westgotischen Bereich. Die Bedeutung von Deportationen provinzialrömischer Bevölkerungselemente aus stärker christlich durchsetzten Gebieten für die Ausbreitung des Christentums zeigt sich auch an den Anfängen der dann ebenfalls in Nikaia durch einen Bischof vertretenen Kirche in Persien: Chronik v. Seert II, ed. A. Scheer, PO 4, S. 220 ff. Die Vorgänge fallen in die gleiche Zeit wie die großen Gotenzüge, nur daß die Deportationen und Umsiedlungen syrischer Bevölkerungselemente durch Schapur I. planmäßiger und zahlenmäßig umfangreicher vorzustellen sind. Im gotischen Bereich dürfte ein Teil der Verschleppten auch noch in die während der sechziger Jahre des dritten Jahrhunderts wohl noch anhaltende gotische Westbewegung mit hineingezogen worden sein. 73 Philost., Hist. ecd. II 5, S. 18 Bidez/Winkelmann; Diss. Maxim. 59, MPL Suppl. l, Sp. 706; Jordanes, Get. 267, ed. Th. Mommsen, MG Auct. Ant. 5. l, S. 127.

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braucht.74 Auch zu der Frage, welchen Status Wulfila als Bischof jetzt innerhalb der Reichskirche erhalten habe, sind nat rlich berlegungen angestellt worden.75 Es ist an eine chorbisch fliche Stellung gedacht worden, aber auch an die bertragung eines bestehenden Bistums.78 H. v. Schubert dagegen hatte seine berlegungen an die Wulfila beigelegte Bezeichnung „der Gotenbischof" (δ των Γότθων επίσκοπος) gekn pft, ohne indessen genauer zu untersuchen, welcher Aussagewert ihr zugemessen werden kann. Sie begegnet f r Wulfila zweimal bei Sokrates und einmal bei Sozomenos,77 und f r seinen Nachfolger Seiinas (Σελινας) findet sie sich einmal bei Sokrates.78 Dabei l t die erste Sokratesstelle zun chst kein gro es Vertrauen in ihre Pr zision aufkommen. Sie nennt im gleichen Satz wie Wulfila auch den Bischof Theophilos von Gotien der nik nischen Unterzeichnerliste unzutreffend so. Die Sache stellt sich jedoch anders dar, wenn man die Parallelstelle bei Sozomenos heranzieht. Beide Historiker vermerken Wulfilas Teilnahme an der Konstantinopler Synode von 360, Sokrates in einem Nachtrag zu seinem Bericht ber diese, Sozomenos gleich anf nglich bei seinen Angaben zu ihrer Zusammensetzung. Sein Bericht ber die Synode bringt von Sokrates unerw hnte Details und bekundet so einen selbst ndigen R ckgriff auf die Quellen - seine Angaben zur Verurteilung des Aetios beruhen erkennbar auf dem entsprechenden Synodalschreiben.79 Da auch er Wulfila Gotenbischof nennt, d rfte daher diese Bezeichnung wohl den Synodaldokumenten entnommen sein und wird bei Sokrates nur f lschlich auch auf Theophilos bertragen. Es kommt ihr somit ein betr chtlicher Aussagewert zu. Man kann sie tats chlich als eine Art „Stellenbeschreibung" ansehen, wie v. Schubert es getan hat - nur hatte er, irregeleitet von der fal74

Get. 134, S. 93 Mommsen: primates eorv.m et duces, qui regum vice illis praeerant (gemeint sind Fritigern, Alatheus und Safrac); vgl. auch R. Klein (Anm. 4), S. 259, Anm. 148. 75 Vgl. H. B hmer (Anm. 12), S. 550; H. v. Schubert (Anm. 34), S. 49 ff.; A. Lippold (Anm. 10), Sp. 518. 76 Die Vorstellung von K. K. Klein (u. a. in: Gotenprimas Wulfila als Bischof und Missionar: Geschichtswirklichkeit und Glaubensbew hrung. Festschr. Bischof F. M ller, Stuttgart 1967, S. 84-107, hier S. 87 f.), Wulfila sei Bischof von Nikopolis gewesen, ist nicht so abwegig, wie A. Lippold (Anm. 10), Sp. 518 annehmen will (und wie es mancher Beitrag von K. K. Klein zur Geschichte Wulfilas tats chlich ist). Ich habe ihn noch in RAG 10, Sp. 500 aufgenommen, weil er eine Erkl rung zu bieten schien f r die Tatsache, da ihm ein Kind anscheinend provinzialr mischer Abkunft - sein Sch ler und sp terer Laudator Auxentius - zur Erziehung anvertraut wurde (Diss. Maxim. 55, MPL Suppl. l, Sp. 705), sowie f r die Geltung, die er im Kreis des hom ischen Episkopats gehabt zu haben scheint. Ist jedoch das oben im Text weiter Ausgef hrte schl ssig, mu diese Vorstellung fallengelassen werden. " Sokr., Hist. eccl. II 41, S. 129 Hussey/Bright; IV 33, S. 210 ebd.; Sozom., Hist. eccl. IV 24,1, S. 178 Bidez/Hansen; vgl. aber auch VI 37,6, S. 295 ebd. (τον του έθνους έπίσκοπον) und Theodoret, Hist. eccl. IV 37,3, S. 274 Parmentier/ Scheidwe er (αυτών επίσκοπος). Zu Auxentius s. Anm. 33. 78 Sokr., Hist. eccl. V 23, S. 245 Hussey/Bright; vgl. Sozom., Hist. eccl. VII 17, 11, S. 326 Bidez/Hansen. 79 Vgl. Sozom., Hist. eccl. IV 24, 2, S. 178 Bidez/Hansen mit Theodoret, Hist, eccl. II 28, l, S. 163 Parmentier/Scheidweiler.

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sehen Vorstellung, Wulfila sei von vorne herein „zum Missionsbischof für die Goten geweiht" worden,80 daraus eine Kontinuität seines Amtsauftrages über die Auswanderung aus Gotien hinweg erschließen wollen. Sie bekundet aber im Gegenteil dessen Neudefinition als Folge dieser Auswanderung und der Niederlassung im Reich. An die Stelle eines räumlich umschriebenen bischöflichen Kompetenzbereiches tritt ein ethnisch definierter, wobei „der Goten" sicherlich nicht auf die Goten schlechthin, sondern nur auf die besondere, reichsansässig gewordene Gotengemeinschaft bezogen werden darf.81 Daß Wulfila in einer solchen Funktion lediglich chorbischöflichen Rang besessen haben sollte, ist schon angesichts der dieser Gemeinschaft zugebilligten Autonomie unwahrscheinlich, die nach der kirchlichen Seite hin uneingeschränkte bischöfliche Vollmacht erforderte. H. v. Schubert hat zudem annehmen wollen, daß sich diese Gemeinde unter Einbeziehung der 376 ins Reich aufgenommenen und nach verheerenden zwischenzeitlichen Wirren 382 durch Theodosios d. Gr. in der thrakischen Diökese, vermutlich doch ebenfalls in der Moesia secunda angesiedelten Goten unter Fritigern82 zu einer „umfassenderen Gotenkirche erweitert" habe.83 Diese Annahme beruht jedoch im wesentlichen nur auf der Verkennung der präzisen Bedeutung der Bezeichnung Wulfilas als „des Gotenbischofs". Positive Anhaltspunkte dafür gibt es nicht. Mit seiner neuen reichskirchlichen Installation war Wulfilas Auftrag für Gotien erledigt, und von einer weiteren Wirksamkeit dort erfahren wir nichts. Nur scheinbar läßt sich eine solche aus Sokrates belegen. Ihm ist offenbar die Tatsache einer Ansiedlung von Goten in Mösien bereits unter Konstantios unbekannt, und daher ist ihm die richtige Zuordnung des Gotenbischofs nicht möglich. Er kann ihn nur mit den transdanubischen Goten in Verbindung bringen, und so verknüpft er - oder auch schon die von ihm aufgenommene Quelle - unter dieser falschen Voraussetzung die vorgefundenen Nachrichten. Er - oder seine Quelle - läßt Wulfila im Zusammen80

H. v. Schubert (Anm. 34), S. 50. Einen vergleichbaren partikulären Sinn hat „der Goten" offenbar auch, wenn später der den Westgoten unter Alarich I. zugehörende Bischof Sigishari ( ) ebenfalls als „der Gotenbischof" bezeichnet werden kann (Sozom., Hist, eccl. IX 9, l, S. 401 Bidez/Hansen, im Zusammenhang der Erhebung des römischen Stadtpräfekten Priscus Attalus zum Gegenkaiser durch Alarich 409). Es handelt sich hier sicherlich nur um eine für den römischen Beobachter naheliegende Verwendung oder Neubildung der Bezeichnung „Gotenbischof" ohne ihren für Wulfila vorauszusetzenden präzisen reichskirchlichen Sinn und ohne, daß sich ausmachen läßt, ob sie einer von Sigishari selbst geführten Amtsbezeichnung entspricht (vgl. ihre unpräzise Anwendung auf Theophilos durch Sokrates). Deshalb ist es auch kaum möglich, aus der Verwendung der bestimmten Form des Singular (die für Wulfila exakt den Gegebenheiten entsprach) hier weitere Folgerungen zu ziehen (vgl. das Reden des Philostorgios von „dem Machthaber des Volkes" und seine Problematik: s.o., Anm. 44); für den Berichterstatter stellt sich eben der Bischof, von dem allein er Kunde hat, gleichviel ob es tatsächlich der einzige war oder nicht, als der (West-) Gotenbischof dar. 82 Zu den Ereignissen s. L. Schmidt (Anm. 8), S. 400-421. 83 H. v. Schubert (Anm. 34), S. 53. 81

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hang der Annahme des „albanischen" Christentums durch einen gotischen Teilverband unter Fritigern zur Zeit des Valens t tig werden und dabei auch Anla zu der tats chlich aber schon fr her einsetzenden Christenverfolgung Athanarichs geben,84 und zwar ganz ungeachtet dessen, da er ihn bereits bei einem viel fr heren Anla , dem Konzil von 360, schon als Gotenbischof vorgestellt hatte. Die darin liegende Ungereimtheit kommt bei Sozomenos noch deutlicher zum Ausdruck. Wulfila ist f r ihn Bischof der Goten und Vertrauensmann ihrer F hrung, noch bevor sie sich zur Annahme des Christentums entschlie en.85 Das entspricht zwar vielleicht noch einem modernen Phantasiebild vom „Missionsbischof" Wulfila, aber nicht altkirchlichen und byzantinischen Gegebenheiten. Theodoret hat die darin liegende Schwierigkeit empfunden. Er sucht sie dadurch zu beheben, da er die Goten bereits Christen sein und sie dort, wo Sozomenos oder die beiden gemeinsame Quelle von einem Religionswechsel spricht, einen Konfessionswechsel vornehmen l t.8* Nat rlich lassen sich bei dem sp rlichen Flie en unserer Quellen aus ihrem Schweigen noch keine unmittelbaren Schl sse ziehen. Doch pa t ein solches Schweigen hinsichtlich einer weiteren direkten transdanubischen Wirksamkeit Wulfilas durchaus zu dem, was vom Gesamtbild her wahrscheinlich ist. Der Gotenbischof wird nicht mehr die Funktion des Bischofs von Gotien wahrgenommen haben. Da man dagegen mit einer Beteiligung von Kr ften seiner Gemeinde und der Nutzbarmachung seiner sprachlichen Leistung beim kirchlichen Vollzug des f r die westgotische Christianisierung bahnbrechenden Religionswechsels Fritigerns wird rechnen d rfen, steht auf einem anderen Blatt und geh rt bereits in die Geschichte der auch ber Wulfilas Tod hinaus noch l nger andauernden, wirksamen balkangotischen christlichen hom ischen Ausstrahlung.87 In Gotien haben sich aber auch ber die Wulfila und seine Gemeinde ins Exil treibenden Unterdr ckungsma nahmen hinaus Christen behaupten k nnen, und zwar sicherlich auch weiterhin in einer Weise, der gegen ber die Frage: „Arianisch oder orthodox?" eine k nstliche Schabionisierung bedeutet. Die bereits eingangs erw hnte nachweisliche Inanspruchnahme von M rtyrern der Christenverfolgung Athanarichs durch die liturgische Tradition beider Seiten macht das deutlich genug. Dementsprechend unterscheidet Epiphanios noch um 377 unter den Opfern dieser Verfolgung ganz unreflektiert nur zwischen Anh ngern des in Gotien wirkenden Sektierers Audios und „unseren Christen",88 und auch im Martyrium des Sabas (372) hat die 84

Sc-kr., Hist. eccl. IV 33, S. 210 Hussey/Bright; vgl. zur Konstruktion des Abschnittes und zur Chronologie K. Sch ferdiek, Zeit und Umst nde des westgotisdien Obergangs zum Christentum: Historia 28 (1979), S. 90-97. 85 Sozom., Hitt. eccl. VI 37, S. 294 ff. Bidez/Hansen. 8 * Theodoret, Hist. eccl. IV 37, S. 273 f. Permantier/Scheidweiler. Liest man unvoreingenommen den ersten Teil des Sozomenosberichtes (Hist. eccl. VI 37, 1-7, S. 294 f. Bidez/Hansen), gewinnt man den Eindruck, er k nnte ebenso gemeint sein. Dodi die Fortsetzung verbietet dieses Verst ndnis. 87 Vgl. zu dieser die bersicht bei K. Sch ferdiek (Anm. 2), Sp. 511-519. es Epiph., Panar. 70,15,4, III S. 248 Holl: . . . έδιώχθησαν οί πλείους (sc. der Audianer), ου μόνον, αλλά καΐ οί ημέτεροι εκεί Χριστιανοί.

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Kennzeichnung des Helden als rechtgläubig8* wohl kein aktuelles Eigengewicht, sondern ist Stilelement eines Tugendkatalogs, der Sabas als Heiligen charakterisieren soll. Erst später, als „gotisch" und „arianisch" schon fest assoziierte Begriffe sind, wird in den Quellen die „Konfessionsfrage" gestellt, so wenn Sokrates die Opfer der Verfolgung Athanarichs als Arianer bezeichnet90 oder das Martyrium des Niketas es für erforderlich hält, für seinen Heiligen einen Rechtgläubigkeitsnachweis zu konstruieren.91 Vor allem das Bestreben, allein Valens oder seine kirchliche Umgebung für den Arianismus der Goten verantwortlich zu machen, führt dazu, daß man kontrastierend älteres gotisches Christentum als „katholisch" im Sinne bewußt nikänischer Festlegung betrachtet. In der schon genannten Darstellung Theodorets ist diese Sicht voll ausgebildet,92 und bei Sozomenos kann man sie geradezu in statu nascendi betrachten, wenn er Wulfila für einen braven Nikäner erklärt, der an der Akakianersynode von 360 nur aus Unbedachtsamkeit teilnimmt, später dann aber leider doch der Raffinesse der arianischen Hofclique des Valens erliegt.** Entnehmen kann man den Nachrichten zur Verfolgung Athanarichs jedoch, daß sich das Christentum Gotiens eine gewisse kirchliche Organisation bewahrt oder wieder aufgebaut hatte.94 Angesichts des früher Ausgeführten läßt diese Beobachtung die Frage aufkommen, ob es denn nicht auch wieder einen Bischof von Gotien gegeben haben mag. Spätestens die offizielle Annahme des Christentums durch Fritigerns Teil verband um 37595 könnte Anlaß zur erneuten Ernennung eines solchen Bischofs gegeben haben. Die Quellen bieten dazu aber nur sehr vage und unsichere Angaben. Orosius schreibt, die Goten hätten bei dieser Gelegenheit um die Entsendung von Bischöfen gebeten,98 und dazu paßt scheinbar, wenn Eunapios bei der Schil89

Märt. Sabae 2, S. 217, 12 Delehaye: . Sokr., Hist. eccl. IV 33, S. 210 Hussey/Bright. 91 Märt. Nicetae 2, ed. H. Delehaye, Saints (Anm. 3), S. 209-215, hier S. 210, 20 ff.; vgl. auch Aug., De civ. dei XVIII 52, CCh Ser. lat. 48, S. 651 (rex Gothorum in ipsa Gothia persecutes est christianos..., cum ihi non essent nisi catholici) mit der Anm. 88 schon angeführten Schilderung desselben Geschehens durch Epiphanios. 98 Vgl. auch Isidor v. Sevilla, Hist. Goth. 10, ed. Th. Mommsen, MG Auct. Ant. 11, S. 271. Hinter diesem Bericht von einem offenen Zusammenstoß zwischen vormals vor der Verfolgung des Athanarich ausgewichenen „katholischen" gotischen Glaubensflüchtlingen und den 376 auf Reichsgebiet übergegangenen Goten könnte sich übrigens eine durch Deutung verunklarte Erinnerung an einen zeitweiligen Konflikt zwischen diesen und der wulfilanischen Gotengemeinschaft verbergen; denn wie man in dem „katholischen" Bekenntnis jener Glaubensflüchtlinge nicht mehr wird sehen dürfen als ein Postulat sekundärer Geschichtssdiau, so ist ihre Verbindung mit der Christenverfolgung Athanarichs nur eine Schlußfolgerung Isidors aus den von ihm aufgenommenen Angaben des Orosius zu dieser Verfolgung (Oros., Hist. VII 32, 9, S. 513 Zangemeister, vgl. Isid., Hist. Goth. 6, S. 269 f. Mommsen). 98 Sozom., Hist. eccl. VI 37, 8 f., S. 295 Bidez/Hansen. 90

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Märt. Sabae 4, S. 218 Delehaye; Menologien zum 26. März (Anm. 3) mit gotischer Kalendernotiz zum 29. Oktober. 95 S. Anm. 84. 98 Oros., Hist. VII 33, 19, S. 520 Zangemeister.

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derung des gotischen Donauübergangs von 376 bemerkt, sie hätten, um als Christen zu erscheinen, einige verwunderlich gekleidete Leute „als ihre Bischöfe" herausgestellt.97 Aber der Plural macht stutzig. Die Ernennung mehrerer Bischöfe schlösse die Durchführung einer Diözesangliederung ein, womit aber doch wohl kaum zu rechnen ist. Möglicherweise schmückt Orosius auch nur die ihm vorliegende Nachricht von der gotischen Annahme des Christentums frei aus, während bei dem Christengegner Eunapios nicht unbedingt kanonisch präzise Terminologie vorliegen muß - die Gruppe, der er in einem rudimentären Stadium der Christianisierung mehrere Bischöfe zuordnet, dürfte übrigens kaum mehr als vierzigtausend Köpfe gezählt haben.98 Ein Bischof namens Goddas ( ) begegnet dagegen in der Passio des Innas, Remas und Pinas.99 Diese Märtyrer fanden in Gotien den Tod durch Ertränken, wurden von Christen begraben und ihre Reliquien sieben Jahre später von Goddas erhoben, der sie zunächst an einen anderen Ort „im gleichen Land", dann aber „nach einem Ort namens Haliskos (" ), einem Hafen", bringt. Dieser Ort ist nicht zu identifizieren, andere Orts- und Zeitangaben werden nicht gemacht. K. D. Schmidt dachte an Vorgänge im ostgotischen Raum Südrußlands, E. A. Thompson lokalisiert das Geschehen dagegen in den westgotischen Bereich,100 und das hat die größere Wahrscheinlichkeit für sich, nicht einfach, weil unsere Nachrichten über gotische Christenverfolgungen nur diesen Bereich betreffen, sondern weil nur hier die besonderen politischen Beziehungen zum Reich gegeben sind, als deren Begleiterscheinung sie verständlich werden. Thompsons Gründe für eine Datierung des Martyriums in die erste der beiden überlieferten Verfolgungen dagegen sind nicht unbedingt durchschlagend; die Frage wird offenbleiben müssen. Von Goddas möchte er annehmen, daß er „katholisch" gewesen sei, da es zu Zeiten Wulfilas kaum noch einen zweiten „arianischen" Bischof in Gotien gegeben habe. Er sei möglicherweise ernannt worden, um den Auswirkungen der Tätigkeit Wulfilas zu begegnen — von wem, wird nicht gefragt. Die Hypothese beruht auf der unbegründeten Annahme einer explizit „arianischen" Prägung schon der frühen Wirksamkeit Wulfilas und einer Fehldeutung seiner Bezeichnung als Gotenbischof. Sie ist unhaltbar. Dagegen könnte Goddas, dessen einzige Erwähnung auf jeden Fall in die Zeit nach der Wirksamkeit Wulfilas in Gotien weist, durchaus ein Nachfolger in dessen Amt des Bischofs von Gotien sein. Es ist schon angesprochen worden, daß wohl die Zeit nach der Niederlassung in Mösien, als der unter Konstantin bald nach Nikaia weithin ausgeblendete theologische Hintergrund der innerkirchlichen Gegensätze nach einem ersten kurzfristigen Aufscheinen Anfang der vierziger Jahre im Ver97

Eunapios, Fragm. 55, ed. L. Dindorf, Historici Graeci minores I, Leipzig 1870, S. 248 f. 98 L. Schmidt (Anm. 8), S. 403. 99 Ed. H. Delehaye, Saints (Anm. 3), S. 215 f. 100 K. D. Schmidt (Anm. 4), S. 320; E. A. Thompson, Der gotische Bischof Goddas: Zeitschrift für deutsches Altertum 86 (1955/56), S. 275-278; desgl. engl.: ders., Visigoths (Anm. 16), S. 161-165.

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lauf der fünfziger Jahre zunehmend wieder zur Geltung kam, auch für Wulfila die Zeit notwendiger Stellungnahme und einer reflektierten Abklärung der eigenen Position gewesen sein muß. Mit guten Gründen nimmt man zumeist auch an, daß ebenfalls in diesem Zeitraum sein eigentliches Lebenswerk, die Verschriftlichung des Gotischen und die Bibelübersetzung, entstanden oder vollendet worden ist - soweit es überhaupt vollendet wurde; denn die Bibelübersetzung ist offensichtlich unvollständig geblieben. Philostorgios bringt die vielzitierte Anekdote, Wulfila habe die Königsbücher ausgelassen, weil die Kriegslust seines Volkes nicht noch eine Bestärkung durch deren kriegerischen Inhalt erfahren sollte.101 Man nimmt das allzuleicht für bare Münze. Hier muß wohl der Topos vom kriegerischen Charakter barbarischer Völker herhalten, um die Unvollständigkeit der gotischen Übersetzung wenigstens teilweise zu erklären. Wie weit das Alte Testament überhaupt übersetzt wurde, ist unbekannt. Erhalten sind nur drei Palimpsestblätter aus Nehemia.102 Eine Bekundung spezieller theologischer Ausrichtung ist die Inangriffnahme der Bibelübersetzung als solche sicher nicht, muß doch auch eine im homöischen Programm anklingende biblizistische Haltung in erster Linie wohl als Ausformung einer allgemeinen altkirchlichen Hochschätzung der Schrift verstanden werden. Sie ist ein Versuch sprachlicher Umsetzung, der sich ganz in das Bild der voraufgehenden und der noch folgenden Ausbreitungsgeschichte des Christentums rund um die östliche Hälfte des Mittelmeers fügt. Der in ihr der Volkssprache offengehaltene religiös-kirchliche Stellenwert hat gewiß erhebliche Bedeutung für die Entfaltung der Nationalkulturen im Raum der östlichen Christenheit gehabt. Einer Deutung von P. Scardigli entsprechend jedoch umgekehrt das Übersetzungswerk Wulfilas primär als Ausdruck einer bewußten gotischen kulturellen Selbstfindung im Gegenüber zur frühbyzantinischen Reichskultur zu werten,103 hieße die reichskirchliche Integration verkennen, die sein Wirken von vornherein und auf die Dauer bestimmt hat. Neben der gotischen Bibelübersetzung oder auch schon vor ihr ist sicher auch eine gotische Liturgie entwickelt worden, deren spätere Verbreitung durch das gotische liturgische Kalenderfragment und eine aus dem wandalischen Nordafrika überlieferte liturgische Formel bezeugt ist.104 Ein von K. Gamber unternommener 101

Philost., Hist. eccl. II 5, S. 18 Bidez/Winkelmann. Zur gotischen Bibel s. JE. Stutz, Gotische Literaturdenkmäler, Stuttgart 1966, S. 20 ff.; dies., Das Neue Testament in gotischer Sprache: Die alten Übersetzungen des Neuen Testaments, die Kirchenväterzitate und Lektionare, hg. v. K. Aland, Berlin 1972 (Arbeiten zur neutestamentl. Textforschung 5), S. 375-402. - Ausgabe: Die gotische Bibel, hg. v. W. Streitberg, Darmstadt '1971 (= Heidelberg 21919 mit Korrektur von Druckfehlern). 103 P. Scardigli, La conversione dei Goti al cristianesimo: La conversione al cristianesimo nell'Europa dell'alto medioevo. Settimane di studio del Centro Italiano di Studi sull'alto medioevo 14 (1967), S. 47-86. 104 Kalenderfragment s. Anm. 3. - In der pseudaugustinischen Collatio cum Pascentio 15, MPL 33, Sp. 1163 findet sich in handschriftlich entstellter Form die Formel fröja armes, entsprechend bibelgotischem frauja armais = ; vgl. dazu G. Eis, Der wandalische Gebetsruf fröja armes: Forschungen u. Fort101

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Versuch, sie nach ihrem Aufbau und Verlauf zu rekonstruieren, erschöpft sich indessen in einer Verknüpfung ungesicherter Annahmen und überschreitet bei weitem die durch das überlieferte Material gesetzten Grenzen der Erkenntnismöglichkeit.105 „Über die Qualität der gotischen Bibelübersetzung liegt kein festgegründetes Gesamturteil vor." Mit diesen Worten kennzeichnet die Germanistin E. Stutz den Ertrag der sprachwissenschaftlichen Auseinandersetzung mit dem gotischen Bibeltext.108 Sie gemahnen den Kirchenhistoriker zu einer in der Vergangenheit nicht immer geübten Zurückhaltung bei der Einschätzung des von Wulfila unternommenen sprachlichen Vermittlungsversuches insgesamt.107 Ein spezielleres Problem ist demgegenüber die Frage nach einem möglichen Niederschlag der besonderen theologischen Ausrichtung Wulfilas in seiner Übersetzung. Man hat einen solchen Niederschlag im gotischen Text von Phil. 2, 6 sehen wollen.108 Hier wird wiedergegeben schritte 34 (1960), S. 183-185 (= ders., Altgermanistische Beiträge zur geistl. Gebrauchsliteratur, Bern/Frankfurt 1974, S. 9-15). Ps.-Aug. gibt keinen Aufschluß über die Verwendung der Formel, und Eis rechnet aufgrund mittelalterlicher Parallelen mit ihrem Gebrauch als Akklamationsformel (vgl. zur altkirchlidien Verwendung von als Akklamtionsformel Th. Klauser, Akklamtionen: RAG l, Stuttgart 1950, Sp. 216-233, hier Sp. 229). Die Formel hat jedoch früh auch einen festen Platz in der Liturgie (vgl. Apostol. Konst. VIII 6,4, ed. F. Funk, Paderborn 1905, S. 478), und daher kommt wohl auch der liturgische Gebrauch am ehesten als Medium ihrer Vermittlung in den gotischen Sprachraum in Betracht. Im Raum der unteren Donau scheint sich die gotische Liturgiesprache noch sehr lange behauptet zu haben. In der ersten Hälfte des neunten Jahrhunderts hat der gelehrte Abt der Reichenau Walahfrid Strabo (Liber de exordiis 7, ed. A. Boretius/V. Krause, MG Leg. II 2, S. 481) noch Kunde von ihrer Verwendung in der Dobrudscha (die damals zum ersten bulgarischen Reich gehörte, das seinerseits wieder unmittelbar südöstlicher Nachbar des Frankenreichs war), und nach der slavischen Konstantinsvita (c. 16, übers. J. Bujnoch, Zwischen Rom und Byzanz, Graz/ Wien/Köln *1972 [Slav. Geschichtsschreiber 1], S. 98) hätte damals auch der Slavenmissionar Konstantin/Kyrill davon Kenntnis gehabt (vgl. allerdings Bujnoch z. St., Anm. 162, S. 208 f.). Die Frage, ob dies auch die Bewahrung einer nicht oder wenig veränderten Gestalt der ursprünglichen gotischen Liturgie bedeutet, sowie die eng damit zusammenhängende, ob sich ihre Träger noch in einem Bekenntnisgegensatz zur byzantinischen Kirche sahen, kann man zwar stellen, aber nicht beantworten. 105 K. Gamber, Liturgie übermorgen, Freiburg/Basel/Wien 1966, S. 93-105 unter Bezugnahme auf frühere eigene Arbeiten; vgl. dazu O. Nußbaum, Zur Liturgie übermorgen: Theol. Revue 63 (1967), Sp. 217-228, hier Sp. 222 f., dem ich auch den Hinweis auf diesen liturgiegeschichtlichen Versuch verdanke. 108 E. Stutz, Literaturdenkmäler (Anm. 102), S. 56. 107 Vgl. die überschwenglichen Beurteilungen bei K. D. Schmidt (Anm. 4), S. 284296 und H. Steubing, Miscellen zur gotischen Bibelübersetzung des Ulfilas: ZKG 64 (1952/3), S. 137-165, die von methodisch nicht hinreichend abgeklärten Wortschatzbeobachtungen ausgehen. 108 Vgl. W. Streitberg in seiner Ausgabe der gotischen Bibel (Anm. 102), S. 370, Anm. z. St.; K. D. Schmidt (Anm. 4), S. 294; zurückhaltend E. Stutz, Literaturdenkmäler (Anm. 102), S. 6. Ablehnend hat sich geäußert F. Jostes, Das Todesjahr des Ulfilas und der Übertritt der Goten zum Arianismus: Beitr. zur Gesch. d. dt. Sprache u. Lit. 22 (1897), S. 159-187, hier S. 186, Anm. 1. - Begründet wurde die Vorstellung von einem „arianischen" Sprachklang des gotischen Wortlautes von Phil. 2, 6 durch C. O. Graf Castiglione (De Ulphilae et Gothorum Arianismo, in:

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mit wisan sik galeiko guda (zu sein selbst gleich Gott). Wulfila, so hei t es, gebrauche hier galeiks (dessen adverbiale Form galeiko ist) zur Wiedergabe von ίσος, w hrend man eigentlich ibna erwarten sollte; denn galeiks sei die regelm ige Entsprechung zu δμοιος. Eine gleicherma en deutliche Entsprechung zwischen ibna und ϊσος l t sich allerdings nicht ausmachen. Als quivalent f r ϊσος begegnet ibna im erhaltenen Bestand der gotischen Bibel nur in der Wiedergabe des Kompositums ίσάγγελοι mit ibnans aggilum Lk. 20, 36. Im brigen sind von den sieben Stellen, an denen einfaches ίσος au er Phil. 2, 6 im Neuen Testament noch vorkommt, drei auch im gotischen Text erhalten. Lk. 6, 34 steht f r τα ϊσα als „wertm ig Gleiches" samalaud, und Mk. 14, 56.59 wird ϊσος im Sinne von „inhaltlich bereinstimmend" mit samaleiks wiedergegeben. Dessen adverbiale Form samaleiko ist gel ufiges quivalent von ομοίως und dadurch m glicherweise so besetzt, da es als Entsprechung des adverbialen ϊσα in Phil. 2, 6 entfiel und hier ein Synonym eintreten mu te. Dann aber st nde galeiko an dieser Stelle der gotischen Bibel mit dem gleichen Recht wie in einigen deutschen bersetzungen das offenbar nicht nur etymologisch identische „gleich", das brigens auch die gem e Wiedergabe von βμοιος in der hom ischen Kennformel δμοιος κατά τάς γραφάς ist. F r eine Beurteilung unserer Stelle ist es angesichts der Gleichung galeiks = όμοιος berhaupt wichtig, sich nicht auf ein einseitiges und verengtes Verst ndnis des letzten im Sinne von „ hnlich" festlegen zu lassen, das letztlich in der „orthodoxen" Polemik des vierten Jahrhunderts wurzelt. Das Wort bedeutet „gleich", „gleichartig", „ hnlich" unter Abhebung auf eine wesentliche wechselseitige bereinstimmung des Verglichenen.109 Wulfilas Sprachgebrauch in Phil. 2, 6 ist demnach nicht auff llig. Seine bersetzung ist sachgem und entspricht dabei allerdings durchaus auch seinem theologischen Denken, nur eben nicht dem, was man landl ufig unter seinem „Arianismus" verstehen m chte. Eine Verwendung von ibna an dieser Stelle m te dagegen wohl eher auff llig erscheinen, und zwar nicht allein und vielleicht auch nicht einmal an erster Stelle im Blick auf den hier eben doch nur mehr in bescheidenen Grenzen erkennbaren sonstigen Sprachgebrauch der gotischen Bibel, sondern auch aus sachlichen Gr nden. Anla zu einer solchen Annahme bieten einige Stellen der vom Erstherausgeber Skeireins (Auslegung) genannten, in wenigen Palimpsestfragmenten gotisch berlieferten, urspr nglich wohl eher griechisch abgefa Gothicae versionis efistolarum divi Pauli ad Gal., ad Phil., ad. Co/., ad Thess. I . .. quae supersunt, ed. C. O. Castillonaeus, Mailand 1835, S. 63-72, hier S. 63 f.). Er meinte, in dieser Stelle ein wesentliches Argument f r seine Behauptung sehen zu k nnen, Wulfila sei strikter „Arianer" gewesen und nicht etwa „Semiarianer", wie H. F. Ma mann hatte annehmen wollen (Skeireins aiwaggeljons thairh Johannen. Auslegung des Evangelii Johannis in gothischer Sprache, ed. H. F. Ma mann, M nchen 1834, S. 74—76). Beide verwenden dabei ein seinerzeit vorgegebenes undifferenziertes dogmengeschichtliches Ordnungsschema, das so l ngst nicht mehr anwendbar ist. 109 Vgl. J. Schneider, Art. δμοιος: Theol. W rterb. z. NT III, Stuttgart 1954, S. 186-188; G. W. H. Lampe, A Greek Patristic Lexicon, Oxford 1961,8.9^4(5. v.

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ten Johanneserklärung.110 Darin wird zweimal ibna und einmal das im gegebenen Zusammenhang offenbar damit bedeutungsgleidie ibnaleiks ausdrücklich von galeiks abgesetzt und erscheint dabei aus dem Zusammenhang des Textes heraus durch ein Bedeutungsgefälle auf „identisch" hin gekennzeichnet.111 Unter dieser Voraussetzung aber müßte eine Verwendung des Wortes bei der Wiedergabe von Phil. 2, 6 für Wulfila glatter „Sabellianismus" gewesen sein, der Christus als Gottessohn mit Gott, dem Vater, personidentisch erscheinen ließ. Gewiß war im theologischen Umfeld der Reichskirche, in das er hineingewachsen war, der Argwohn gegenüber Tendenzen solcher Art besonders ausgeprägt, und mit seiner Umgebung teilte er die Überzeugung, daß die Verfechter des „sabellianisch" dächten.112 Doch dies allein berechtigt sicher noch nicht, seine Wortwahl an der besprochenen Stelle als „arianisierend" zu kennzeichnen. Nur vermeintlich kontrastiert somit die Wiedergabe von Phil. 2, 6 einem anderen sprachlichen Moment der Bibelübersetzung Wulfilas, nämlich dem theologischen Aspekt seines Dualgebrauchs, der aber auch ohne solchen kontrastierenden Hintergrund Interesse behält.113 Er begegnet in Joh. 10, 30: ik jäh atta meins ain siju (ich und mein Vater, wir-beide-sind eins), Joh. 17, 21: in ttggkis (in uns-beiden),·und Joh. 17,22: swaswe wit ain siju (wie wir-beide eins sind-wir-beide).114 Hier kommt sprachlich eine über die Möglichkeiten der Vorlage hinausgehende, sehr enge Zusammenordnung von Vater und Sohn zum Ausdruck. „Die gotische Formulierung liegt sozusagen jenseits der arianischen Kontroverse", bemerkt E. Stutz dazu.115 Immerhin aber schließt auch Wulfilas theologische Ausfüllung des homöischen Bekenntnisrahmens eine grundsätzliche und ausschließende Zusammenordnung von Vater und Sohn ein. Das wechselseitige Verhältnis zwischen sprachlichem Ausdruck und theologischer Reflexion ist somit durchaus nicht ohne weiteres näher bestimmbar. Über Wulfilas eigene theologische Prägung sind wir wenigstens teilweise durch ein Selbstzeugnis unterrichtet, durch ein Bekenntnis, das er vor seinem Tod in Konstantinopel als Vermächtnis für seine Gemeinde formuliert hat.119 H. E. Giesecke117 hat darin Wulfilas Tauf symbol sehen wollen. Darüber 110 Vgl. dazu E. Stutz, Literaturdenkmäler (Anm. 102), S. 64-69; Erstausgabe s. Anm. 108; maßgebliche Ausgabe: The Gothic Commentary on the Gospel of John, ed. W. H. Bennett, New York 1960 (The Modern Language Association of America, monograph series 21). 111 Dazu s. Exkurs II am Ende des Aufsatzes. 112 Ausdrücklich bezeugt durch Auxentius, Dtss. Maxim, 47, MPL Suppl. l, Sp. 704: Quapropter homottsianorum sectam destruebat, quia non confusas et concretas personas, sed discretas et distinctas credebat. 11S S. dazu E. Stutz, Literaturdenkmäler (Anm. 102), S. 6 u. 50-52. Sie sieht den Dualgebraudi gegenüber Phil. 2, 6 kontrastieren. F. Jostes (Anm. 108) hatte ihn als Argument gegen die „arianische" Deutung der Stelle betrachtet. 114 Übersetzung nach E. Stutz, Literaturdenkmäler (Anm. 102), S. 6. 115 E. Stutz, Literaturdenkmäler (Anm. 102), S. 51. »· Diis. Maxim. 63, MPL Suppl. l, Sp. 707. 117 H. E. Giesecke, Die Ostgermanen und der Arianismus, Leipzig 1939, S. 28 ff.

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hinaus wollte er in dem Referat des Auxentius über Wulfilas Lehre,118 dessen kunstvollen Aufbau er herausgearbeitet hat, sein Meßbekenntnis wiederfinden.119 Diese letzte Hypothese erledigt sich von selbst. Die Kirche des vierten Jahrhunderts hatte noch kein Meßbekenntnis. Außerdem gibt sich das Referat des Auxentius sehr deutlich als situationsbezogene, auf aktuelle Streitfragen ausgerichtete Darstellung zu erkennen. Es muß als rhetorisch ausgefeilter Kommentar zum Bekenntnis Wulfilas verstanden werden. Dessen Charakter läßt sich nur durch einen formalen Vergleich mit der zeitgenössischen Symboltradition bestimmen. Das Taufsymbol bildet den Rahmen vieler Bekenntnisformulierungen des vierten Jahrhunderts und ist zudem Modellfall des Symbols als einer Stilform theologischer Aussage. Zwar nicht sein genauer Wortlaut, aber sein wesentlicher Inhalt und sein Aufbau waren zur Zeit Wulfilas längst festgelegt. Seine Formulierung ist insofern nicht in das Belieben des einzelnen Bischofs gestellt. Dieser Grundform gegenüber hebt sich nun Wulfilas Bekenntnis ab durch eine Reduktion auf der einen und die Einblendung bestimmter theologischer Reflexionen auf der anderen Seite. Beides wird aus einer zeitgeschichtlich genau bestimmbaren Situationsbezogenheit völlig verständlich. Hinzu kommt im Aufbau noch eine Verschiebung der Schöpferprädikation vom ersten in den zweiten Artikel. Wulfila zitiert mithin kein Taufsymbol, sondern formuliert sein Bekenntnis in eine konkrete Diskussionslage hinein unter nachdrücklicher und ausschließlicher Konzentration auf die Aussagen, in denen er den status confessionis gegeben sieht - man könnte fast sagen, als ein Kampfbekenntnis. Denn im Gegensatz zu mancher Symbolformulierung des vierten Jahrhunderts verschleiert es nichts, sondern nennt klar und gezielt seine von der siegenden nikänischen Orthodoxie soeben erst öffentlich verworfenen Positionen und eben gerade sie. In der gegebenen Situation muß es so als geradezu aggressiv erscheinen. Es lautet:1*0 118

Diss. Maxim. 42 ff., MPL Suppl. l, Sp. 703 ff. Für H. E. Giesecke ist diese Genusbestimmung des Auxentiusreferates und des von diesem kommentierten Bekenntnisses ein wesentlidies, in seiner mangelnden Tragfähigkeit aber audi einfadi durdisdiaubares Argumentationselement; denn so wird der in diesen Texten allein angesprodiene partielle theologisdie Problemhorizont zum elementaren Ausdrudt der diristlidien Überzeugungen Wulfilas insgesamt umgedeutet, und Giesedie nimmt nun das Fehlen der Aussagen zum Heilswerk Christi und zur Esdiatologie sowie die Ausführlidikeit des pneumatologisdien Abschnittes zum Ausgangspunkt einer tendenziösen Mißdeutung Wulfilas im Sinne einer deutsdigläubigen Ideologie (S. 57 ff.): Wulfila sei, neben Meister Edihart und Luther, „einer jener Großen, die innerhalb des Christentums dessen Grenzen sprengten und in denen das germanisdie Wesen durdi das fremde Gewand hindurch Geltung verlangte und behauptete" (S. 61). 120 Ego ulfila episkoptts et confessor semper sic credidi et in hac fide sola et vera transitum facio ad dominum meum: credo unum esse deum fairem solum ingenitum et invisivilem, et in unigenitum filium eius dominum et deum nostrum opificem et factorem universe creature non habentem similem suum: ideo unus est omnium deus pater, qui et dei nostri est deus; et unum spiritum sanctum, virtutem inluminantem et sanctificantem - ut ait christus post resurrectionem ad apostolos suos: „Ecce ego mitto promissum patris met in vobis; vos autem sedete in civitatefm] hierusalem, 119

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„Ich, Wulfila, Bischof und Bekenner, habe stets so geglaubt und trete in diesem alleinigen und wahren Glauben den Heimgang zu meinem Herren an. Ich glaube, da ein Gott ist, der Vater,121 allein ungezeugt und unsichtbar,122 und an seinen eingeborenen Sohn, unseren Herrn und Gott,123 den Erschaffer und Sch pfer der gesamten.Sch pfung, der nicht seinesgleichen hat - daher ist einer der Gott aller,124 der Vater, der auch unseres Gottes Gott ist -,125 und einen heiligen Geist, die erleuchtende und heiligmachende Kraft - so wie Christus nach der Auferstehung zu seinen Aposteln sagt: .Siehe, ich sende die Verhei ung meines Vaters auf euch; ihr aber bleibet in der Stadt Jerusalem, bis da ihr angetan werdet mit Kraft aus der H he' (Lk. 24, 49), ferner: ,Ihr werdet aber Kraft empfangen, wenn der heilige Geist auf euch herabkommt' (Apg. 1,8)-,

quoadusque indttamini virtutem ab alto", item: „Et accipietis virtutem superveniente[m] in vos sancto spiritu" — nee deum nee dominum, sed ministrum cbristi d, nee qlem, sed subditum et oboedientem in omnibus filio; et filium subditum et oboedientem et in omnibus deo patrique ... 121 Sirmische Formel von 357: Unum constat deum esse omnipotentem et patrem (Hilarius, De synod. 11, MPL 10, Sp. 487; S. 200 Hahn). 122 Ygj j;e Gegen berstellung in der sirmischen Formel von 357 (Hilar., De synod. 11, MPL 10, Sp. 489; S. 201 Hahn): patrem initium non habere, invisibilem esse, immortalem esse, impassibilem esse, filium autem natum esse ex patre ... 123 Sirmium 357:.. .filium dei, dominum et deum nostrum .. . (Hilar., De synod, n, MPL ίο, Sp. 489; S. 20l Hahn); Konstantinopel 360: . . . 6 μονογενής του θεοϋ υίός . .., ό κύριος καΐ ό θεός ημών ... (Athan., De synod. 30,7. S. 259 Opitz; Sokr., Hist. eccl. II 41, S. 128 Hussey/Bright; S. 209 Hahn); Nike 359:... 6 μονογενής του θεοϋ υίός . . . θεός καΐ κύριος ... (Theodoret, Hist. eccl. II 21,6, S. 145 Parmentier/ Scheidweiler; S. 206 Hahn); Germinius von Sirmium:.. .filium eius unicum et dominum deum nostrum ... (Hilar., Collect, antiariana A I 4III, ed. A. Feder, CSEL 65, S. 47; S. 262 Hahn); Fragm. IV der von A. Mai (Scriptorum veterum nova collectio III 2, Rom 1828, S. 208-237; MPL 13, Sp. 593-628) als sermonum arianorum fragmenta herausgegebenen, von Meslin (Anm. 6), S. 113-129 Palladius von Ratiaria zugeschriebenen und auf 381/3 datierten Bruchst cke:filius. . . est. . . omni creaturae dominusetdeus (MPL 13, Sp. 605). Vgl. aber auch Basileios von Kaisareia, Reg. moral., pro/. VIII (defide) 4 (MPG 31, Sp. 685; S. 269 Hahn):... τον μονογενή αύτοϋ υίόν, ν κύριον καΐ θεόν ημών. \ ··' '··' 124 Sirmium 357: I deo omnium deus unus est (Hilar., De synod. 11, MPL 10, Sp. 488; S. 200 Hahn); vgl. auch folgende Anm. iis Ygj_ dje Bezugnahme der sirmischen Formel von 357 auf Joh. 20,17 (Hilar., De synod. 11, MPL 10, Sp. 488; S. 200 Hahn); Pallad. Rat.(?), Fragm. IV: pater autem et filio deus est cuius et auctor est et omnium et ideo solus verus deus, quia dei deus est (MPL 13, Sp. 604).

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nicht Gott noch Herr, sondern getreuer Diener Christi, dem Sohn nicht gleich, sondern in allen Dingen untergeben und gehorsam, und den Sohn Gott und dem Vater untergeben und gehorsam12e und in allen Dingen . . ." (der Rest des Textes ist zerstört). Sachlich steht dieses Bekenntnis vor allem der programmatischen zweiten sirmischen Formel von 357m nahe, an die es auch vernehmliche Anklänge aufweist. Es gewinnt so seine Prägung aus der Aufnahme geläufiger Traditionselemente einer die Trinität in hierarchischer Stufung denkenden Theologie. Die Aseität Gottes als des Vaters wird gegenüber dem Kausiertsein des Sohnes hervorgehoben und dessen Unterordnung unter den Vater betont. Hinzu kommt eine relative Ausführlichkeit des pneumatologischen Teils mit zwei Schriftbelegen für den behaupteten rein dienenden Charakter des Geistes. Sie erklärt sich aus der Aktualität dieser Fragen nach den konstantinopler Synoden von 381 und 382.128 Dabei ist für die Bestimmung der theologischen Haltung Wulfilas die hier gemachte pneumatologische Aussage an sich weniger interessant als das Licht, das von ihr auf die beiden ersten Teile des Bekenntnisses fällt. In der gotischen homöischen Tradition, die man übrigens ebensowenig wie die Theologie Wulfilas in isolierender Betrachtung als ein spezifisch und ausschließlich gotisches Phänomen ansehen darf, die sich vielmehr in erheblichem Umfang auch aus dem fortwirkenden Erbe des reichskirchlichen, insbesondere des von M. Meslin beschriebenen lateinischen Homöertums des vierten Jahrhunderts gespeist haben wird,1" lebt die klassische „arianische" Verwendung von Prov. 8, 22-25 fort, der für das Kausiertsein des Sohnes durch den Vater neben dem Begriff „zeugen" auch die Ausdrücke „schaffen" und „grün124

Sirmium 357: Filium subiectum (pttirh ... (Hilar., De synod. 11, MPL 10, Sp. 489; S. 201 Hahn; zur Ergänzung von patri s. Athan., De synod. 28, 8, S. 257, 15 Opitz); vgl. auch Sirmium 351, anatb. XVIII: .. . (Athan., De synod. 27, 3, S. 255 Opitz; Sokr., Hist. eccl. II 30, S. 102 Hussey/ Bright; S. 198 Hahn); Pallad. Rat. (?), Fragm. I: filium... oboedientem atque subditttm ... deo patrique suo (MPL 13, Sp. 596 f.). m Hilar., De synod. 11, MPL 10, Sp. 487-489; S. 199-201 Hahn; vgl. zur Formel Meslin (Anm. 6), S. 276 ff. i»8 Vgl. dazu A. M. Ritter, Das Konzil von Konstantinopel und sein Symbol, Göttingen 1965, S. 239 ff. 129 Sicher nicht umsonst hat man es z. B. im ausgehenden fünften Jahrhundert im Blick auf die Diskussionslage im Wandalenreich für nötig gehalten, sich mit einer gegen Ambrosius gerichteten Schrift des 381 in Aquileia verurteilten Palladius von Ratiaria auseinanderzusetzen (Vigilius v. Thapsus, C. Arianos II 50, MPL 62, Sp. 230). Zum lateinischen Arianismus und Homöertum der Zeit von 335 bis 430 s. Meslin (Anm. 6). Unmittelbares Zeugnis der gotischen Aufnahme seiner literarischen Hinterlassenschaft sind die Gothica Veronensia, ed. W. Streitberg, Die got. Bibel (Anm. 102), S. 489-491; s. dazu E. Stutz, Literaturdenkmäler (Anm. 102), S. 72-74. In welchem Umfang und während welchen Zeitraums mit der Aufnahme griechischen Schrifttums zu redinen ist, bleibt offen; daß es zu ihr gekommen ist, zeigt die vermutlich griechische Vorlage der Skeireins (s. Anm. 110); doch Entstehungsort und -zeit der gotischen Übersetzung sind nicht bestimmbar.

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den" als biblisch sanktioniert galten und die sicher auch Wulfila gel ufig war.130 Sein Bekenntnis zeigt jedoch, wie wenig dieser eben doch biblisch vorgegebene Sprachgebrauch an sich austr gt. Die Art und Weise n mlich, wie hier der Geist Vater und Sohn gegen ber abgesetzt wird, macht deutlich, da f r Sohn und Geist nicht nur an verschiedene Rangebenen gedacht ist. Trotz der entschiedenen Unterordnung des Sohnes unter den Vater sind dem Geist gegen ber beide doch wieder auf einer gemeinsamen Ebene anderer wesenhafter Qualit t gesehen. Die Gottespr dikation des Sohnes hat gr eres Gewicht als das einer blo uneigentlichen Redeweise. Dem entsprechen die Ausf hrungen des Auxentius. Nach Behauptung der Unter- und Nachordnung des Sohnes als „zweiten Gottes" nach dem Vater131 f hrt er betont kontrastierend fort: „ . .. aber auch gro er Gott und gro er Herr und gro er K nig und gro es Geheimnis. . ." m Und auch bei ihm wieder ist die Absetzung des Geistes gegen ber Vater und Sohn aufschlu reich: „W hrend n mlich ein ungezeugter Gott ist und ein eingeborener Herr Gott, kann der heilige Geist, der Beistand, weder Gott noch Herr genannt werden, sondern hat von Gott durch den Herrn sein Dasein empfangen."13S Die Aussage Theodorets, der gotische „Arianisrnus" lehre die Inferiorit t, nicht aber die Gesch pflichkeit des Sohnes,134 findet hier eine Best tigung und weist zugleich hin auf das Festhalten dieses Moments in der nachwulfilanischen gotischen hom ischen Tradition.135 130 Unmittelbar im Zusammenhang von Prov. 8, 22 f. 25 begegnen alle drei Begriffe in den Thesen des Wandalenk nigs Thrasamund (496-523) bei Fulgentius von Ruspe, ed. J. Fraipont, CChr Ser. lat. 91, S. 67, 13 ff. F r Wulfilas n here Umgebung vgl. Auxentius (Diss. Maxim. 43 f., MPL Suppl. l, Sp. 703), wo auch noch das ebenfalls nicht ungew hnliche, aber an dieser Stelle vielleicht auch durch Stilzwang veranla te facere erscheint (creavit et genuit I fecit et fundavit). 131 DIM. Maxim. 44, MPL Suppl. l, Sp. 703: secundum deum... a patre et post patrem et propter patrem et ad gloram patris esse. Die aus der Tradition der Logostheologie stammende Wendung vom zweiten Gott weist hier mittelbar ebenso das neuarianisdie Axiom ab, es k nne nicht von einer abgeleiteten und daher reduzierten Weise des Gottseins geredet werden, wie sie auch erl utert, was es hei t, den Vater — mit Joh. 17, 3 und entsprechend der Formel von Nike - solttm verum deum zu nennen (Auxent., Dis$. Maxim. 42, ebd.), n mlich „allein Gott im uneingeschr nkten Vollsinn des Wortes", der eben als solcher auch dei nostri est deus; vgl. Pallad. Rat. (?), Fragm. IV, MPL 13, Sp. 604 (s. Anm. 125). Die Formel von Nike (Theodoret, Hist. ecd. II 21,3, S. 145 Parmentier/Scheidweiler; S. 205 Hahn) bzw. die ihr zugrundeliegende sirmische Formel von 359 (Athan., De synod. 8, 4, S. 235 Opitz; Sokr., Hist. ecd. II 37, S. 110 Hussey/Bright; S. 204 Hahn) nimmt mit der Wendung είς Ινα τον μόνον καΐ (Nike: εις ένα καΐ μόνον) άληθινόν θεόν m glicherweise bewu t ein verschiedentlich in stlichen Symbolen sich findendes Element auf, das einer arianisierenden Deutung offenstehen konnte (wie z. B. deutlich in den Apostol. Konst. VII 41, 4, S. 444/6 Funk). 132 Diss. Maxim. 44, MPL Suppl. l, Sp. 703. 133 DZ'M. Maxim. 51, MPL Suppl. l, Sp. 705: uno enim deo ingenito extante et uno domino unigenito deo subsistente Spiritus sanctus advocatus nee deus nee dominus potest did, sed a deo per dominum ut esset accepit. 134 Theodoret, Hist. ecd. IV 37, 4, S. 274 Parmentier/Scheidweiler. 135 Vgl ayjjj Skeireins V d 1-3, S. 70 Bennett; ainabaura sunau guthis guth wisan gakunnan (dem eingeborenen Sohn Gottes zuerkennen, da er Gott ist); auch das

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Demgegenüber könnte allerdings zunächst auffallen, daß Wulfilas Bekenntnis eine wesentliche Aussage nicht bringt, die in der homöischen Bekenntnisgrundlage durchaus ihren Platz hat - in der sirmischen Formel von 357, an die es sich offensichtlich anlehnt, sowie in derjenigen von Nike 359, die als offizielles Bekenntnis von Rimini auch die Bekenntnisnorm der gotischen Homöer darstellt,138 oder in dem mit ihr weitgehend gleichlautenden Symbol der Konstantinopler Synode von 360,137 das Wulfila selbst mit unterzeichnet hat -, nämlich die Bezeichnung des Sohnes als „Gott aus Gott". Sie ist jedoch in der gotischen homöischen Tradition nachweisbar,138 und ihr Fehlen bei Wulfila indiziert nur seine tatsächliche Beschränkung auf das unmittelbar Strittige. Gleiches gilt sicher auch für das Fehlen einer anderen wichtigen Aussage der genannten homöischen Bekenntnisse in Wulfilas Kampfsymbol: „Vor allen Äonen und vor jeglichem Anfang gezeugt." Zwar sind später in der homöischen Theologie des Wandalen- und Westgotenreiches offenbar auch andere Aussagen unterlaufen,139 doch in dem 386 ausbrechenden sogenannten psathyrianischen Streit innerhalb der Konstan-

Bild, das Isidor v. Sevilla von der Eigenart des dabei als anhomöisdi dargestellten „Arianismus" der Goten zeidinet, läßt noch die grundlegende Zäsur in der Gegenüberstellung von Vater und Sohn einer- und Heiligem Geist andererseits erkennen (Hist. Goth. 8, S. 270 Mommsen). 189 Theodor«, Hist. eccl. II 21, 3-7, S. 145 f. Parmentier/Sdieidweiler; S. 205 f. Hahn. Zur normativen Geltung des Konzils von Rimini für die gotisdie homöische Kirdie s. Victor v. Vita, Hist, persec. 3, 5, ed. M. Petsdienig, CSEL 7, S. 73 f. und das III. Konzil von Toledo 589, anath. 17, ed. J. Vives, Concilios visigoticos e hispano-romanos, Barcelona/Madrid 1963, S. 119. Die gotisdi-homöische Rezeption der durch Rimini sanktionierten Formel von Nike ist Folge des Anschlusses der Delegierten der Synode von Seleukia an die dem westlichen Parallelkonzil aufgezwungene Entscheidung, wodurch die damit gebilligte Formel auch für den Osten verbindlich wurde (vgl. Cod. Theodos. XVI l, 4, ed. Th. Mommsen I 2, Berlin 2 1954, S. 834; zu den Vorgängen im einzelnen vgl. H. Lietzmann, Geschichte der alten Kirche III, Berlin 21953, S. 225 ff.; Meslin [Anm. 6], S. 80 ff., 285 ff.). Die Aufnahme der Formel in Rimini selbst hat sich, wenn man von dem bei Hieronymus, Altercatio Luciferiani et Orthodoxi 17 (MPL 23, Sp. 279) mitgeteilten Wortlaut ausgehen darf, allerdings so vollzogen, daß ihr Text teilweise an die abendländische Symboltradition angeglichen und dabei auch gekürzt wurde, insbesondere im „heilsgeschichtlichen'' Teil. Dadurch scheint der in der Formel von Nike unter Verdoppelung der Aussagen über Himmelfahrt, Sessio ad dexteram und Endgericht in diesen verklammerte Passus über den Geist fortgefallen zu sein. Die Aufnahme des Verbotes des -Begriffs läßt dagegen das bei Hieronymus eingangs von c. 18 davon gegebene zusammenfassende Referat erkennen. 137 Athan., De synod. 30,2-10, S. 218 Opitz; Sokr., Hist. eccl. II 41, S. 128 f. Hussey/Bright; S. 208 f. Hahn. 138 Thrasamund bei Fulgentius v. Ruspe, CChr Ser. lat. 91, S. 67, l ff. 4 ff. is« Vgl. Fulgentius v. Ruspe, Ad Thrasamundum II 7, 5 f., CChr Ser. lat. 91, S. 129; Ps.-Vigilius v. Thapsus, Contra Varimadum I 12, ed. B. Schwank, CChr Ser. lat. 90, S. 25: Erat tempus antequam de patre filius nasceretur; Isid. v. Sevilla, Hist. Goth. 8, S. 270 Mommsen: filium patri... esse ... aeternitate posteriorem; III. Konzil v. Toledo, anath. 8, S. 119 Vives: Quiquttmque initium Filio Dei. . . deptttaverit, anathema sit (vgl. anath. 2, ebd., S. 118). Schon des Auxentius post patrem (Diss. Maxim. 44, MPL Suppl. l, Sp. 703) ist mehrdeutig.

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tinopler Homöergemeinde trat Wulfilas Schüler und Nachfolger Seiinas für die Zeitlosigkeit der Vatereigenschaft Gottes ein.140 Ein eigentümlicher Zug des Bekenntnisses Wulfilas ist indessen die schon angedeutete ungewöhnliche Stellung der Schöpferprädikation. In der altkirchlichen Symbolüberlieferung hat sie, wo sie auftritt, ihren Ort unter den Aussagen über Gott als Vater. Hier aber rückt sie in den christologischen Teil an die Stelle, an der in der östlichen Bekenntnistradition der Gedanke der Schöpfungsmittlerschaft des Sohnes Ausdruck findet. Auxentius läßt erkennen, daß dies im Zusammenhang mit der Subordinationsvorstellung steht. Diese ist sachlich begründet in dem - bei nicht bestrittener Gemeinsamkeit doch auch wieder behaupteten qualitativen Unterschied zwischen dem „ungewordenen" Vater und dem „gezeugten" Sohn. Die Subordination ist Folge eines daher zwischen beiden bestehenden „Unterschiedes in der Göttlichkeit". Ihm entsprechen zwei unterschiedliche Weisen des „Schaffens". Die eine ist dem Vater zugeordnet und verbleibt auf der Ebene der Göttlichkeit, die andere kommt dem Sohn zu und führt unter diese hinaus: „Der Vater nämlich ist der Schöpfer des Schöpfers, der Sohn aber der Schöpfer der gesamten Schöpfung." 141 Der Begriff des Schaffens hat hier einen weiteren und weniger präzisen Sinn als in der als orthodox sich durchsetzenden Theologie und auch dem genuinen Arianismus oder Neuarianismus. Er umschließt die Vorstellungen des „Zeugens" und des „Schaffens" (im engeren Sinn), ohne beide wie dort scharf zu trennen oder wie hier kategorial gleichzusetzen. Die christologische Verwendung von Prov. 8, 22 f. mußte von daher ganz unproblematisch sein. Das Geschaffensein des Sohnes wird auf einer wesensmäßig ganz anderen Ebene gesehen als das der Welt. Eine deutliche Distanz trennt diese Position etwa von der neuarianisch geprägten Formel des Eudoxios von Konstantinopel, für den der Sohn - „besser" zwar „als die gesamte Schöpfung nach ihm" - doch nur „das vorzüglichste und allererste der Geschöpfe" sein kann 142 und so grundsätzlich der geschaffenen Welt zugeordnet bleibt. Sieht man diese Ausformung der Subordinationsvorstellung und daneben die Fülle der apophatischen Gottesprädikate, die Auxentius dem Vater zuordnet,148 dann wird unmittelbar auch ihr theologisches Interesse sichtbar. Im Denkbild der Subordination erscheint der Weltbezug Gottes aussagbar. Uralte Motive der Logoschristologie wirken hier fort und ordnen Wulfila 140

Sokr,, Hist. eccl. V 23, S. 244 f. Hussey/Brigth; Sozom., Hist. eccl. VII 17, 9-12, S. 326 Bidez/Hansen; die Behauptung der beiden Historiker, diese Meinung werde trotz der Lehre von einer Erschaffung des Sohnes aus dem Nichts vertreten, ist verzerrender Kommentar aufgrund eines fixierten Feindbildes vom „Arianismus" des Seiinas. 141 Diss. Maxim. 46, MPL Suppl. l, Sp. 704: Wulfila habe gelehrt, differentiam esse divinitatis patris et filii, dei ingeniti et dei unigeniti, et patrem quidem creatorem esse creatoris, filium vero creatorem esse toüus creationis. 142 Doctrina Patrum 9, 14, ed. F. Diekamp, Münster 1907, S. 64 f. (wonach der Text S. 261 Hahn zu korrigieren ist). 143

Diss. Maxim. 42, MPL Suppl. l, Sp. 703; vgl. Meslin (Anm. 6), S. 306-308.

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einem innerkirchlichen Traditionszusammenhang zu, aus dem heraus er den Rahmen des homöischen Bekenntnisses ausfüllt. Allerdings begegnet der Logosbegriff selbst, der ja auch einer Verwendung im Sinne bekämpfter theologischer Positionen wie etwa der des Markell von Ankyra offenstand, bei ihm nicht, und er ist wohl, wie das Fehlen des Begriffes verbum auch in des Auxentius rhetorischer Anhäufung von Sohnesprädikationen144 nahelegt, bewußt vermieden worden. Das widerspricht dem zunächst Festgestellten jedoch nicht, und sein Fehlen ist auch entgegen der Meinung von K. D. Schmidt145 keineswegs für das Bekenntnis Wulfilas in besonderer Weise kennzeichnend. Er begegnet ebensowenig in der sirmischen Formel von 357 und dem „datierten" sirmischen Bekenntnis vom 22. Mai 359 und fehlt daher auch in der aus diesem hervorgegangenen Formel von Nike und deren Aufnahme durch die Konstantinopler Synode von 360. Das Interesse der von Wulfila aufgenommenen subordinatianischen Christologie an einer Aussagbarkeit des Weltbezuges Gottes zeigt sich unmittelbar auch darin, daß er neben dem Ungezeugtsein als spezifisch dem Vater zukommende Eigenschaft auch noch die Unsichtbarkeit nennt. Das schließt unausgesprochen in sich die entsprechende Vorstellung von einer Sichtbarkeit des Sohnes als Ausdrucks seiner Mittlerfunktion14' - er ist „das Abbild des unsichtbaren Gottes" (Kol. l, 15) und gilt traditionell als Subjekt der alttestamentlichen Theophanien -, eine Vorstellung, die in der homöischen Tradition der germanischen Völkerwanderungsreiche weitergewirkt zu haben scheint.147 Der so nicht allein am Gegensatz ingenitus — genittts festgemachte „Unterschied in der Göttlichkeit" von Vater und Sohn geht aber noch weiter. Die zweite sirmische Formel führt unter den dem Vater zukommenden Eigenschaften ausdrücklich auch die Leidensunfähigkeit auf und hält dem gegenüber, der Sohn habe durch den von ihm angenommenen Menschen „mitgelitten".148 Der Sohn ist auch menschlichem Erfahren zugänglich und wird zu dessen Subjekt. In der sirmischen Formel verbindet sich diese Aussage noch mit der abendländischen Inkarnationsvorstellung des suscepisse hominem, in der Entfaltung der homöischen Theologie aber findet sie, wohl unter östlichem Einfluß, systematischen Ausdruck in einer konsequenten Lo144

Diss. Maxim. 44, MPL Suppl. l, Sp. 703. K. D. Schmidt (Anm. 4), S. 275: „Es ist bezeichnend, daß im Bekenntnis Wulfilas der griechische spekulative Begriff des Logos völlig fehlt." 14(1 Vgl. Sirmium 351, anath. XV (Athan., De synod. 27, 3, S. 255 Opitz; Sokr., Hist. eccl. II 30, S. 102 Hussey/Bright; S. 198 Hahn); Pallad. Rat. (?), Fragm. IV, MPL 13, Sp. 603: Sohn und Vater gegenübergestellt als qui visits est ei quern nemo vidit hominum nee videre polest. 147 Ps.-Vig. Thaps., C. Varimad. I 20, CChr Ser. lat. 90, S. 33: Ideo pater maior est, qttia ipse invisibilis dicitur, filius Vero visibilis conprobatur; III. Konzil v. Toledo, anath. 9, S. 119 Vives: Quiquumque Filium Del secundum divinitatem suam visibilem aut passibilem attsus fuerit proßteri, anathema sit. 148 Hilar., De synod. 11, MPL 10, Sp. 489; S. 201 Hahn: Patrem ... impassibilem esse . . . ; Filium . . . carnem et corpus, id est hominem suscepisse . . ., per quem compassus est. Vgl. Pallad. Rat. (?), Fragm. IV, MPL 13, Sp. 603: Vater und Sohn stehen sich gegenüber als qui impassibilis est et qui pro nobis passus est. 14

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gos-Sarx-Christologie."9 Audi sie ist offenbar in der homöischen Tradition der germanischen Völkerwanderungsreiche gepflegt worden150 und darf sicher auch für Wulfila vorausgesetzt werden. Sachlich zeigt sie auf dem vorgegebenen subordinatianischen Hintergrund eine andere, eher auf Intentionen der Theopaschiten und Neuchalkedonenser des sechsten Jahrhunderts vorausweisende Akzentuierung als der die Leiblichkeit Christi entweltlichende apollinaristische Ansatz. Doch ist sie damit unter dem auch fortwirkenden Zwang der Diskussionslage des vierten Jahrhunderts nicht zu selbständiger Geltung gekommen, vielmehr ganz in den Dienst des Subordinationsmotivs getreten. Insgesamt ordnet sich Wulfila, soweit seine dogmengeschichtliche Stellung uns unmittelbar oder mittelbar zugänglich wird, völlig dem reichskirchlichen Umfeld ein, innerhalb dessen seine theologischen Überzeugungen sich geformt haben. Ihren aus diesem Umfeld zwanglos herleitbaren, gerade auch in der für Wulfila bedeutsamen sirmischen Formel von 357 scharf ausformulierten Subordinatianismus demgegenüber als eine - wie es heute wohl heißen würde - Kontextualisierung in Analogie zu einem vermeintlich germanischen Vater-Sohn-Verhältnis, als „eine eigene, von germanischen Denkvoraussetzungen her erfolgende Erfassung der altkirchlichen Lehre von Christus" anzusprechen,151 ist unbegründet und hergeholt, auch abgesehen davon, daß das hier angesprochene Vater-Sohn-Verhältnis als Element patriarchalischer Familienstruktur nicht nur gemeinindogermanisch ist, son149

Vgl. Pallad. Rat. (?), Fragm. XIII, MPL 13, Sp. 617: . . . Spiritus sanctus... modum humanitatis manifestissime adnuntians obstrttit os eorum qui dicunt ettm animam cum corpore assumpsisse... ; . . . carnem suscepit et habitavit in nobis, hoc est in carne nostra, et in ipsa passus est impassibilis Verbum Deus. Vgl. ferner Meslin (Anro. 6), S. 314-318. 150 Ps.-Vig. Thaps., C. Varimad. I 37, CChr Ser. lat. 90, S. 47: Idea minor est filius, quia ipse, non pater, in cruce suspensus a ludaeis inrisus est; Fulg. v. Ruspe, Ad Tbrasamundum 1 7 2 , CChr Ser. lat. 91, S. 103 f. (Fulgentius tritt dem homöisdien „Theopaschitismus" zu einer Zeit entgegen, als die dialkedonensisdie Orthodoxie des Ostens beginnt, dem theopaschitisdien Motiv einen theologisdien Sinn abzugewinnen! Vgl. B. Nisters, Die Christologie des hl. Fulgentius v. Ruspe, Münster 1930, S. 84 ff.); III. Konzil v. Toledo, anath. 9 (s. Anm. 147). 151 K. D. Schmidt (Anm. 4), S. 275 f., Zitat S. 276. Gänzlich schief werden Schmidts Erwägungen, wenn er „die Parallele des Königtums" für die Vorstellung von einer Unterordnung im Innenverhältnis bei gemeinsamer Majestät im Außenverhältnis heranzieht. Für eine solche Analogie fehlt den Westgoten der Zeit Wulfilas der reale Ansatzpunkt - sie hatten kein Königtum (s. dazu L. Schmidt [Anm. 8], S. 243—246). Man muß den nationalromantischer Tradition verpfliditeten Wertungsversuch Schmidts allerdings auch in seinem zeitgeschichtlichen Zusammenhang sehen, der Auseinandersetzung mit dem deutschgläubigen Vorwurf einer Überfremdung des „germanischen Wesens" durch das Christentum; völlig blind dafür ist Meslin (Anm. 6), wenn er (S. 13, Anm. 2) Schmidt lediglich als „plus mesuri" gegen H. E. Giesedte (Anm. 117) absetzt, ein Fehlurteil, dem man aber eine verständliche Unkenntnis der innerdeutschen Frontbildungen während der Jahre des dritten Reichs und der darin von K. D. Schmidt (1896-1964) eingenommenen Position zugute halten muß (zu dieser vgl. die verstreuten Hinweise bei K. Meier, Der ev. Kirchenkampf I/II, Halle u. Göttingen 1976, Register s. v.).

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dern auch der biblischen Tradition entspricht. Der Gotenbischof als Leiter einer reichsansässig gewordenen Gemeinde findet seine theologische Orientierung in den reichskirchlichen Beziehungen, in die er sich hineingestellt sah. Sie wiesen ihn auf einen bestimmten Weg. Ihn hat er sich zu eigen gemacht und dabei schwerlich andere theologische Grundintentionen verfolgt, als sie auch in der Ausbildung des anerkannten alt kirchlichen Dogmas durchgehalten wurden. Er tat es in der Begrifflichkeit und mit den Denkbildern, die er auf dem gewiesenen Weg vorfand, und die waren andere und möglicherweise auch weniger befriedigende als diejenigen der sich durchsetzenden nikänischen Orthodoxie. Ihn aber darum Häretiker zu nennen, wäre eine Bewertung, die den Begriff des rechten Glaubens als rein formale Kategorie meint anwenden zu können. Beide im gegebenen Rahmen nur kurz ansprechbaren Momente - die sprachliche Nationalisierung und die Fixierung auf ein theologisches Denkmodell im Zusammenhang innerkirchlicher Frontbildungen - machen die allgemeine kirchengeschichtliche Bedeutung der zweiten und längsten Wirkungsperiode Wulfilas aus. Es sind die beiden Momente, die in erster Linie den „gotischen Arianismus" definieren. Sie definieren ihn als eine Ausgestaltung östlichen Kirchentums, als ein Glied in dessen vielsprachigem Chor, und zugleich als Produkt einer innerkirchlichen Diskussion um eine gemäße Ausdrucksform christlichen Glaubens. Wulfilas Exulantengemeinde wird so zur Pflanzstätte dieses „gotischen Arianismus " und stellt seine erste kirchliche Ausformung dar. Diese Entfaltungsmöglichkeit bildet sicherlich eine ganz entscheidende Voraussetzung für sein Beharrungsvermögen nicht nur in den äußeren Wirren der Jahre seit 376, sondern auch über die seit 380 sich vollziehende reichskirchliche Neuorientierung hinaus. Von dem rudimentären Christentum des die weitere westgotische Geschichte fortsetzenden Fritigernverbandes wäre das kaum zu erwarten gewesen. In diesem Beharrungsvermögen aber liegt die mit der Christianisierung dieses Verbandes anhebende Breitenwirkung des „gotischen Arianismus" ebenso beschlossen wie sein Schicksal als Sonderbekenntnis. Exkurs I: Der Bischof Theophilos von Gotien in der Unterzeichnerliste des Konzils von Nikaia In der von H. Geizer vorgenommenen Rekonstruktion der Liste der auf dem Konzil von Nikaia unterzeichnenden Bischöfe erscheint an 219., vor152 letzter Stelle, unter der Rubrik der Name , gefolgt von dem ebenfalls unter eigener Rubrik rangierenden Kadmos von Bosporos. Diese Rekonstruktion ist, da die griechische Form selbst nicht unmittelbar überliefert ist, aus der lateinischen1" und syrischen154 Überlief e152

Patrum Nicaenorum Nomina, ed. H. Geizer, H. Hilgenfeld, O. Cuntz, Leipzig 1898, S. LXIV. 15S Nomina, S. 56 f., zu ergänzen durch Ecclesiae occidentalis monumenta iuris antiquissima, ed. C. H. Turner, I l, Oxford 1899, S. 90 f.; I 2, 1904, S. 101: Theophilus gutthias (mit Varianten in der Schreibweise) als 217. (= vorletzter) Unterzeichner.

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rung gewonnen. Der Name des Theophilos gehört zu denen, die nur in der längeren Form dieser Liste („Liste von 221 Namen" nach E. Honigmann) aufgeführt werden. Sie liegt in der Mehrzahl der lateinischen Versionen und in der syrischen Übersetzung der griechischen Kanonessammlung des fünften Jahrhunderts im Cod. Add. 14528 des Britischen Museums vor. Einer der lateinischen Überlieferungszweige bietet dagegen eine verkürzte Form der Liste. E. Honigmann hat diese als ihre der langen gegenüber ursprünglichere Gestalt angesehen und die entsprechende Rekonstruktion ihrer von Entstellungen der Überlieferung gereinigten griechischen Grundlage („Liste von 194 Namen") versucht.155 Ein Argument dafür, daß ein Mehr an Namen, das in der längeren Form auch nach kritischer Sichtung verbleibt, nicht ursprünglicher Bestandteil der nikänischen Liste sei, kann er jedoch nicht beibringen; vielmehr hält er selbst auch eine Unvollständigkeit der Kurzform für möglich.16' In der kurzen Form vermißt man unter anderem auch die letzten vier Namen der langen. Gerade ihr Fehlen aber scheint bei näherem Zusehen eher sekundär als ursprünglich zu sein. Sehr früh schon ist der nikänischen Liste die Bemerkung zugewachsen, daß die Namen der abendländischen Teilnehmer absichtlich ausgelassen seien; sie vermochte deren Zurückbleiben hinter der traditionell genannten Zahl von 318 Konzilsvätern zu erklären.157 In der Kurzform schließt sie die Namensliste ab1S8 und bietet gerade in dieser Stellung eine naheliegende Erklärung für den Ausfall der vier letzten Namen. Dem Redaktor erschien die Auslassung der abendländischen Teilnehmer nicht vollständig durchgeführt. Er kappte daher die Liste seiner Vorlage dort, wo mit der Teil zu beginnen schien, den er für einen Rest der Aufzählung der Okzidentalen halten konnte. Dieser Kappung sind dann neben den Namen eines pannonischen und eines gallischen Bischofs auch die ganz zum Schluß stehenden der Bischöfe Theophilos von Gotien und Kadmos von Bosporos zum Opfer gefallen. Daß Theophilos tatsächlich zum ursprünglichen Bestand der Liste gehört, läßt sich noch weiter erhärten. In der Beschreibung der nikänischen Synode in der Vita Constantini glaubte Honigmann den Reflex einer noch älteren 154 Nomina, S. 116; Die syr. Kanones der Synoden von Nicaea bis Chalcedon, ed. F. Schulchess, Berlin 1908 (Abh. d. Ges. d. Wissensch. zu Göttingen, phil.-hist. Kl. NF 10, 2), S. 13: tufilus dgttti' als 219. (vorletzter) Unterzeichner. 185 E. Honigmann, La liste originale des Peres de Nicee: Byzantion 14 (1939), S. 17—76; Korrekturen und Ergänzungen ders., The original lists of the members of the Council of Nicaea, the Robber-Synod and the Council of Chalkedon: ebd. 16 (1942/3) S. 20-80, hier S. 22-28. Rekonstruktion der Kurzform: 1939, S. 44 ff. mit Korrektur 1942/3, S. 22. Diese Rekonstruktion liegt der Karte „Die christlichen Gemeinden bis 325" im Atlas zur Kirchengeschichte, hg. v. H. Jedin / K. S. Latourette / J. Martin, Freiburg/Basel/Wien 1970, S. 5 zugrunde. 1M E. Honigmann 1939, S. 49 u. 1942/3, S. 23, „list of about 194-203 names". 157 Zur Überlieferung vgl. E. Schwanz, Die Kanonessammlungen der alten Reichskirche: ZSavRG 56, kan. Abt. 25 (1936), S. 1-114 (= ders., Ges. Schriften IV, Berlin 1960, S. 159-275), hier S. 14-16 (bzw. 172-174); ein vielleicht doch etwas zu scharfsinniger Erklärungsversuch zu einem möglichen Sitz im Leben ebd., S. 41-43 (bzw. S. 201 f.). 1M S. 57 Nomina; S. 91 Turner I 1.

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Liste der Konzilsväter zu erkennen. Euseb schildert hier I M in einer Aufzählung von 24 Gliedern die Zusammensetzung des Konzils. Zum Teil sind diese Glieder Provinznamen, doppelt so häufig jedoch entsprechende Ethnika im Plural. Dabei fallen neben den drei letzten Gliedern („die noch weiter entfernt Wohnenden", „von den Spaniern der hochberühmte Mann", Presbyter als Vertreter des Bischofs der Kaiserstadt) die Glieder 10 und 11 als eine eigene syntaktisch-stilistische Einheit aus dem Rahmen: „Sogar ein Perser war als Bischof auf der Synode zugegen, und auch ein Skythe fehlte nicht im Reigen." Jenen findet man in Johannes von Persien der Namensliste wieder,180 in diesem aber wollte Honigmann den Bischof Marcus von Tomi in der Provinz Skythien sehen.1'1 Diese Identifikation aber ist sehr zweifelhaft, auch abgesehen von der möglichen Frage, ob die Aufzählung Eusebs, wie dabei vorausgesetzt wird, konsequent die diokletianische Provinzeinteilung zum Hintergrund hat. Honigmann hat sie, zugestandenermaßen „somewhat arbitrarily", durch Ergänzungsvorschläge damit in Einklang zu bringen versucht. Sie scheint aber eher noch wenigstens teilweise unter der Nachwirkung der älteren Ordnung zu stehen; das gilt vor allem für den Bereich der Balkanhalbinsel, für den Thraker, Makedoner, Achäer und Epiroten genannt werden. Honigmann hatte einräumen müssen, daß der „Skythe", so wie er ihn deutete, in der Aufzählung völlig fehlplaziert sei. Wäre diese Deutung zutreffend, dann gehörte er in die Nachbarschaft der „Thraker" (Platz 18 der euseb'schen Aufzählung), von denen ihn aber tatsächlich die Aufzählung der kleinasiatischen Provinzen (Platz 12 bis 17) trennt. Das und die deutliche Zusammenordnung und auch Hervorhebung des Persers und des Skythen (unter der unausgesprochenen Rubrik „sogar Reichsausländer") sprechen entschieden dafür, „Skythe" hier als Synonym für „Gote" zu verstehen, wie es auch anderwärts in der Vita Constantini begegnet.1 Dies um einer schlecht begründeten Verwerfung der längeren Form der nikänischen Liste willen für ein Mißverständnis Eusebs zu erklären,1'3 ist Willkür. Eusebs Skythe ist schwerlich ein anderer als Theophilos von Gotien der längeren Unterzeichnerliste, die gerade durch dieses Zeugnis der Vita Constantini in ihrem Wert bestärkt wird. Exkurs II: Theologiegeschichtliche Erwägungen zum Begriffspaar ihna(leiks) / galeiks in der Skeireins An zwei Stellen der erhaltenen Fragmente der Skeireins treten die Begriffe ibna und galeiks1M und einmal ibnaleiks und galeiksifi in einen noch 1M

Eus., V. Const. Ill 7, l f., S. 84 f. Winkelmann; dazu E. Honigmann, 1942/3 (Anm. 155), S. 23 ff. 180 Nr. 77 Honigmann; Nr. 82 Geizer. 181 Nr. 188 Honigmann; Nr. 206 Geizer, hier als Markus von Kalabrien. 1M Eus., V. Const. IV 5, l f., S. 121 Winkelmann. 193 E. Honigmann, 1942/3 (Anm. 155), S. 27. 1M I a 12-16, S. 51 Bennett; V d 11-13, S. 70 Bennett. 185 V d 21 f., S. 70 Bennett.

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n her zu bestimmenden semantisdien Kontrast. Dabei ist das Kompositum ibnaleiks ein Hapaxlegomenon, das jedodi durch strenge sachliche Parallelit t zu ibna als hier mit diesem bedeutungsgleich ausgewiesen wird. G. W. S. Friedrichsen sieht es dementsprechend als quivalent von ίσος an.1M Man hat darin zwar auch eine Entsprechung von ομοούσιος167 oder δμοιούσιος Ι6β finden wollen. Doch das ist unbegr ndet. Die durch -ούσιος gebildeten Komposita setzen die Substantialit t des durch sie Bezeichneten voraus, w hrend ibnaleiks an unserer Stelle dem Begriff frijapwa, αγάπη zugeordnet ist, der eine Beziehung aussagt. F r eine Bestimmung des Verh ltnisses der Begriffe zueinander ist I a 1216 f r sich allein noch nicht hinl nglich aufschlu reich. Es hei t dort von Christus als Erl ser: ni ibna ni galeiks unsarai garaihtein: ak silba garaihtei wisands (ουκ ίσος ουδέ δμοιος τη ημών δικαιοσύνη, αλλ' αυτός δικαιοσύνη ών)1β9. Erst aus den beiden weiteren Stellen, an denen ibna(leiks) und galeiks in Gegensatz zueinander treten, wird deutlicher, welchen Klang die Begriffe in ihrem wechselseitigen Verh ltnis f r den unbekannten Kommentator gehabt, haben m ssen. Beide Stellen stehen im Zusammenhang einer l ngeren, schon V a einsetzenden antisabellianischen Ausf hrung. Das ist ein Kontext, dem f r das Verst ndnis ganz erhebliche Bedeutung zukommt. An der ersten (Vd 11-13) hei t es zu Joh. 5, 23 („ ... damit alle den Sohn ehren, wie sie den Vater ehren"): ni ibnon ak galeika sweripa usgiban (ουκ ϊσην αλλ* όμοίαν τιμήν άποδιδόναι), „nicht n mliche, sondern gleiche Ehre zu erweisen". An der zweiten Stelle (Vd 21 f.) wird dann zu Joh. 17,23 („ ... da du sie liebst, wie du mich liebst") gesagt: ni ibnaleika frijapiva ak galeika (ουκ ϊσην άγάπην αλλ* όμοίαν), „nicht n mliche, sondern gleiche Liebe". F r den Kommentator hat sich offenbar - vorausgesetzt, die zweifache Annahme trifft zu, da einmal eine bersetzung aus dem Griechischen vorliegt und zum anderen die Begriffspaare ibna(leiks) l galeiks und ϊσος/ δμοιος einander entsprechen - die im Bedeutungsfeld von ϊσος gegebene Vorstellung genauer bereinstimmung und Deckungsgleichheit170 zu der eines in-eins-Fallens verdichtet,"1 der er δμοιος als „gleich beschaffen" gegen1M

G. W. S. Friedrichsen, Notes on the Gothic Bible: New Test. Studies 9 (1962/3), S. 39-55, hier S. 45. 167 E. Dietrich, Die Bruchst cke der Skeireins, Stra burg 1903 (Texte u. Unters, zur altgerm. Religionsgesch., Texte 2), S. LXIX, danach W. Streitberg in seiner Ausgabe der Skeireins z. St. (Die got. Bibel [Anm. 102], S. 465) sowie in seinem (auch der got. Bibel beigebundenen) gotisch-griechisch-deutschen W rterbuch, Heidelberg »1971, S. 65 s. v.; vgl. E. Stutz, Literaturdenkm ler (Anm. 102), S. 67. 1W S. Feist, Etymologisches W rterbuch der gotischen Sprache, Leiden 81939, S. 282. 1M R ck bersetzung von G. W. S. Friedrichsen, The Gothic ,Skeireins* in the Greek Original: New Test. Studies 8 (1961/2), S. 43-56, hier S. 46. Die im folgenden gegebenen R ck bersetzungsvorschl ge sind dagegen vom Verfasser.

i TO Vgl. dazu G. St hlin, Art. ίσος κτλ.: Theol. W rterb. z. NT III, Stuttgart 1938,8.343-356. 171 Als sprachliches Analogen lie e sich vielleicht die gel ufige Unscharfe der Abgrenzung von „der gleiche" und „derselbe" in der deutschen Umgangssprache anf hren (vgl. Duden, Das gro e W rterbuch der deutschen Sprache III, Mannheim/

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berstellt. Mit dem gotischen Begriffspaar nimmt dann der bersetzer diese Entgegenstellung auf.172 Dieses durch die deutschen bersetzungsvorschl ge zu beiden Stellen angedeutete Verst ndnis ergibt sich stringent aus der Argumentationslogik des Textzusammenhangs von V c-d (S. 69 f. Bennett). Da der Vater nicht richte, so hei t es dort, sondern das Gericht dem Sohn bertrage (Joh. 5, 22), zeige den Unterschied der beiden Personen. Der Vater bergibt die Vollmacht des Richtens, und der Sohn empf ngt diese Ehre, damit man ihn ehrt wie den Vater. Wir m ssen also, so folgert der Kommentator, „dem ungeborenen Gott Ehre erweisen und (j h, καί, die Kopula hat Gewicht) dem eingeborenen Sohn Gottes zuerkennen, da er Gott ist. Daher sollen wir als Glaubende also jedem von beiden (hvaparamme, έκατέρω) nach Geb hr (hi wairpidai, κατ* άξίαν) Ehre erweisen." Denn Joh. 5,23 „lehrt uns, nicht n mliche, sondern gleiche Ehre zu erweisen". Vorrangig geht es hierbei dem Gesamtzusammenhang nach deutlich niat darum, zwischen der dem Vater und der dem Sohn zu erweisenden Ehre graduell zu unterscheiden. Vielmehr wird darauf abgehoben, da jedem von ihnen je eigene Ehrerweisttng zukommt. Den Sohn ehren wie den Vater, das kann nicht hei en, ihn in die dem Vater erwiesene Ehre als vermeintlich mit diesem personidentisch mit einzubeziehen, die dem Vater erwiesene Ehre als eben die auch dem Sohn erwiesene anzusehen. Vielmehr hat der Sohn aufgrund des Unterschiedes der πρόσωπα und seiner Teilhabe an der g ttlichen Majest t einen ihm selbst eigenen Anspruch auf solche Ehrerweisung. Die f r ihn geforderte Ehrerweisung ist daher nicht einfach in der dem Vater zugewendeten schon mit erbracht, vielmehr kommt beiden als zu unterscheidenden Zielpersonen je gleiche Ehrerweisung zu. In Joh. 17, 23 findet der Kommentator das dann best tigt. Die gleiche Liebe erscheint hier infolge der Unterschiedenheit der Bezugspersonen nicht als identische, sondern als analoge Beziehung. Die bersetzung Bennetts und die deutsche Wort-f rWort-Ubertragung von E. Stutz1TS projezieren im Bann einer schon von Ma mann begr ndeten Deutungstradition einen „arianisierenden" Sinn in den Text hinein und brechen die antisabellianische Spitze der Argumentation ab. E. Dietrich sah in den Ausf hrungen der Skeireins eine „direkte Antithese gegen Athanasius, welcher aus der gleichen Stelle Joh. 5, 23 das ίσότιμον Wien/Z rich 1977, S. 1047 s. v. gleich). Vgl. aber auch die Parallelisierung ταύτο καί ίσον bei Aristoteles, Polit. V l, ed. I. Bekker, Aristotelis opera II, Berlin 1831 (Nachdr. Darmstadt 1960), S. 1031 b 31, oder koinegriechisches ίσος in der Bedeutung „derselbe wie der vorher genannte" (F. Preisigke, W rterbuch der griedi. Papyrusurkunden I, Berlin 1925, Sp. 700 s. v. Nr. 10). 172 Handelt es sich nicht um eine bersetzung, dann gelten diese Feststellungen unmittelbar von dem gotischen Begriffspaar selbst. 173 E. Stutz, Literaturdenkm ler (Anm. 102), S. 66, vgl. auch die Erl uterungen dazu S. 67; in ihnen f hrt die hermeneutische Vorgabe »arianisch« auch zu der unbegr ndeten Deutung von antharleikei (έτερότης) an der Stelle V c 4f, S. 69 Bennett: .. . twaddjt andwairthje antbarleikein (την των δύο προσώπων ετερότητα) als »Andersartigkeit«; gemeint ist die Unterschiedenheit der Personen im Gegensatz zur Identit t (ταΰτότης).

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και ίσόδοξον folgerte".174 Angesprochen ist damit offenbar die pseudathanasianische Expositio fiaei, die beide Begriffe als Pr dikationen f r den Sohn verwendet.17* Die Schrift ist m glicherweise Markell von Ankyra zuzuschreiben;17' die von Dietrich behauptete Antithetik w rde dann gerade der prim r antisabellianisdien Ausrichtung der Argumentation des Skeireinisten entsprechen. Indessen ist eine „direkte" Antithetik berhaupt fraglich. Die positive Aufnahme des Gedankens der Ισοτιμία in der Expositio - wie brigens auch seine Ablehnung bei Euseb von Kaisareia177 - akzentuiert den Begriff der τιμή anders als Skeireins V d; dort meint er den jemandem eigenen Ehrenrang,178 in den besprochenen Ausf hrungen der Skeireins jedoch die geschuldete Ehrerweisung. (Infolge satztechnischer Schwierigkeiten mu ten die f r die Transkription des Gotischen blichen Sonderzeichen teilweise durch die Buchstabenkombinationen th bzw. hv ersetzt werden - erstes durchgehend in den Anmerkungen, letztes einmal im Text.)

174 175

E. Dietrich (Anm. 167), S. LXXVII, Anm. 5. Ps.-Athan., Expos, fidei l, 2, ed. H. Nordberg, Athanasiana I, Helsinki 1962 (Societas Scientiarum Fennica. Commentationes Humanarum Litterarum XXX 2), S. 49 (Nordberg behauptet die Echtheit der Schrift). 176 F. Scheidweiler, Wer ist der Verfasser des sog. Sermo maior de fide?: ByzZ 47 (1954), S. 333-357. 177 Eus., De eccl. theol. II 7, 3, ed. E. Klostermann, Leipzig 1906 (GCS 14), S. 104, 15 f. 178 In diesem Sinne wird sweritha, τιμή Skeireins V c 15, S. 69 Bennett verwandt.

Errata S. 4, Anm. 10: Pauly statt Paul S. 12, Anm. 50: qu' statt qui' S. 36, Anm. 156: S. 22 statt S. 23

Die Überlieferung des Namens Ulfila Zum linguistischen Umgang mit der Überlieferungsgeschichte* Daß der Name des bekannten Gotenbischofs und Bibelübersetzers hypokoristisches Diminutiv eines mit gotisch rvulfs gebildeten Namens ist und daher mit ,Wölfle' wiedergegeben werden kann, ist allgemein anerkannt. Strittig ist dagegen neben der Frage, ob diesem Hypokoristikum eine ein- oder zweigliedrige Ausgangs for m zugrunde liegt, das Problem seiner ursprünglichen Lautgestalt. Ausführlich hat sich damit K. K. Klein befaßt1. Die unterschiedlichen überlieferten Namenformen hat bereits im Jahre 1911 M. Schönfeld2 zusammengetragen. Diese Aufstellung bedarf einzelner Korrekturen und muß ergänzt werden. Die in ihr den Belegen beigefügten Daten weisen schon darauf hin, daß eine solche Auflistung nicht als Einladung zu einer rein synchronischen Auswertung miverstanden werden darf. K. K. Klein hat deshalb auch versucht, die geschichtliche Umgebung zu bestimmen, aus der die unterschiedlichen Namenvarianten hervorgegangen sind3, beläßt es aber letztlich bei sehr allgemeinen Kennzeichnungen wie gotisch, griechisch, lateinisch oder arianisch und orthodox. Außer Betracht bleibt so, daß die überliefernden Texte durchweg darstellende Quellen sind und somit selbst in einem Prozeß der Tradierung und Traditionsbildung stehen. So vermerkt K. K. Klein etwa zur Passio des Niketas, ,die Wichtigkeit der Namensüberlieferung'

* Überarbeitete Fassung der Erstveröffentlichung in Beiträge zur Namenforschung 25 (1990) 267-276. 1 K. K. Klein, Der Name Wulfilas, ZVS. (= Zeitschrift für vergleichende Sprachforschung) 70 (1952) 154—176, in Anknüpfung an und Auseinandersetzung mit E. Schröder, Ulfila: Festschrift Bezzenberger, Göttingen 1921, 132-139. 2 Wörterbuch der altergermanischen Personen- und Völkernamen nach der Überlieferung des klassischen Altertums bearbeitet, 1911, S. 271. Von K.K. Klein, ZVS. 70 (1952) S. 154-176 erweiterte Auflistung bei H.-J. Graf, BNF. (— Beiträge zur Namenforschung) NF. 7 (1972) S. 79 f. 3 K.K. Klein ZVS. 70 (1952) S. 158.

42

Die Überlieferung des Namens Ulfda

bleibe ,bestehen, woher immer der Verfasser seine Daten zusammengeschrieben haben' möge4. Gerade diese letzte Frage nach dem Traditions Zusammenhang ist jedoch für die Beurteilung des Stellenwertes einer Überlieferung alles andere als gleichgültig. Die uns überkommenen schriftlichen Zeugnisse nennen vier Träger des gleichen Namens, nämlich a. den a. 383 verstorbenen Gotenbischof, b. einen weströmischen Heermeister der Jahre 410/115, c. einen sonst nicht weiter bekannten Namenträger aus dem tolosanischen Westgotenreich des späten fünften Jahrhunderts und d. einen burgundischen Grafen des frühen sechsten Jahrhunderts. Es begegnen dabei die folgenden Namenvarianten (rein graphische Abweichungen bleiben unberücksichtigt, oblique Kasus sind in den Nominativ umgesetzt):

1.1.

(bei Olympiodor/Photios

).

zu a: Sokrates6 II 41 (S. 129); IV 33 zweimal (S. 210). - Sozomenos7 IV 24,1 (S. 178,11); VI 37,8.12 (S. 295,23; 296,16); VII 17,12 (S. 326,24). Theodoret8 IV 37,2.5 (S. 274,4.13). - Von Sozomenos VI 37 sind abhängig: Theodores Anagnostes9, Epit. 213 zweimal (S. 74,18.23), Theophanes10

4 5

6

7

8

9

10

Ebenda, S. 159. Man vergleiche dazu A.H.M. Jones—J.R. Martindale— J. Morris, The Prosopography of the Later Roman Empire II, Cambridge 1980, p. 1181. Er entstammt wohl dem Westgotenverband Alarichs, man vergleiche H. Wolfram, Die Goten, 3. A. 1990, S. 160. Sokrates Scholastikos, Kirchengeschichte, ed. R. Hussey-W. Bright, 2. A. Oxford 1893. Die Kirchengeschichte ist a. 439 oder bald danach in Konstantinopel geschrieben worden. Kirchengeschichte, ed. J. Bidez-G.Ch. Hansen, GCS 50, 1960. Die Kirchengeschichte ist nach der des Sokrates, zwischen den Jahren 439 und 450, in Konstantinopel geschrieben worden. Theodoret von Kyrrhos, Kirchengeschichte, ed. L. Parmentier — F. Scheidweiler, GCS 44, 2. A. 1954. Die Kirchengeschichte ist gegen a. 440 in Kyrrhos in Syrien (nordöstlich von Aleppo/Halab) geschrieben worden. Kirchengeschichte, ed. G. Ch. Hansen, GCS, 1971. Die Epitome der größtenteils verlorenen, gegen a. 530 entstandenen Kirchengeschichte Theodors stammt aus dem V./8. Jahrhundert. Chronographie, ed. C. de Boor, I, Leipzig 1883, Neudruck 1963 (geschrieben a. 810/1-814).

Die

berlieferung des Namens Ulfila

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A.M. 5869 (S. 64,17: Εύφίλας)11 und Nikephoros Kallistos Xanthopulos12 XV 48 zweimal (Sp. 737B; 740B). zu b: Olympiodor13, frg. 17,1 zweimal (S. 176,9; 178,17), berliefert durch Photios, Bibliothek, cod. 80 (ed. R. Henry, I, Paris 1959, S. 171,14f; 172,10); frg. 17,2 zweimal (S. 180,38.42), berliefert durch Sozomenos IX 14,2 (S. 405,17.20). 1.2. Ulftlas. zu a: Cassiodor/Epiphanius14 V 36,1 (S. 277,3, nach Sozomenos IV 24,1); V 38,2 (S. 281,12f, nach Sokrates II 41); VIII 13,5f zweimal (S. 485,15.18, nach Sokrates IV 33); VIII 13,23 (S. 488,100, nach Theodoret IV 37,2). Die lateinische Namenform ist eine buchstabengetreue Wiedergabe der griechischen aus der jeweiligen Vorlage (1.1) und geh rt daher als Anhang zur griechischen berlieferung. 1.3. Gulfilas (Gulftla). zu a: Isidor15, Chron. 350 (S. 469); Hist. Goth. 7 (S. 270,20). Der Kontext ist die Nachricht von der Erfindung der gotischen Schrift und der bersetzung der Bibel ins Gotische. Isidor bernimmt sie in die Gotengeschichte aus seiner Chronik, die ihrerseits wiederum nahezu w rtlich Cassiodor/Epiphanius VIII 13,5 (1.2) aufnimmt einschlie lich der griechischen Endung des

1

' Zu der offensichtlichen Verschreibung Εύφίλα (Genitiv) bei Theophanes vergleiche man St. Gero, A note on the name of Wulfila in Greek and Syriac, BNF. NF. 12 (1977) S. 154f (in diesem Beitrag steht durchg ngig fehlerhaft ψ statt φ). Gero denkt an eine Kontamination mit dem Namen des im gleichen Zusammenhang genannten Konstantinopeler Bischofs Εύδόξιος. Doch die von Anastasius Bibliothecarius (gestorben a. 879) verfa te lateinische bersetzung der Chronik des Theophanes (Theophanes, Chronographie, ed. C. de Boor, II, Leipzig 1885, S. 93,36) bietet f r δι' Εύφίλα per Hul am (sie). Diese Namenform spricht daf r, da Anastasius in seiner Vorlage noch δι' Ούλφίλα gelesen hat und Εΰφίλα eine sekund re Textverderbnis der griechischen berlieferung ist. 12 Kirchengeschichte, Migne PG. 145 — 147, hier 146 (geschrieben gegen a. 1320). 13 Olympiodor von Theben, ed. R.C. Blockley, The Fragmentary Classicising Historians of the Later Roman Empire II (Classical and Medieval Texts, Papers and Monographs 10), Liverpool 1983. Das Geschichtswerk Olympiodors ist nach a. 425 entstanden. 14 Historia ecclesiastica tripartita, ed. W. Jacob-R. Hanslik, CSEL. 71, Wien 1952. Die Historia tripartita ist gegen a. 560 im Kloster Vivarium (bei Squillace in Kalabrien) redigiert worden. 15 Isidor von Sevilla, Chronik, ed. Th. Mommsen, MG Auct.Ant. 11, Berlin 1894, Neudruck 1951, S. 424 —481; Historia Gothorum, Wandalorum, Sueborum, ed. Th. Mommsen, ebd. S. 267 — 304. Die Chronik ist etwa a. 615, die Gotengeschichte etwa a. 625 verfa t worden.

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Die Überlieferung des Namens Ulfila

Namens. Nur dessen Anlaut ist verändert. Zur Erklärung dafür ist auf die Verwendung des Graphems ais

Όμοίως τω Φιλίππφ έλέγχεται μηδέν μέγα

hugjands: ni wairpidos

φαντασθείς μηδέ έπάξιον

laisareis andfraggkjands t>airh poei usbar qifrands:

του διδασκάλου φρονήσας δι' ων έπήγαγεν ·

Vgl. ELFRIEDE STUTZ, Gotische Literaturdenkm ler, Stuttgart 1966, S. 68. Zur Forschungsgeschichte s. W. H. BENNETT, The Gothic Commentary on the Gospel of John (The Modern Language Association of America, monograph series 21), New York 1960, S. 12-25. 4 Zur Diskussion dieser Frage s. BENNETT [Anm. 3], S. 40. 5 BENNETT [Anm. 3], S. 38-42. 6 G.W.S. FRIEDRICHSEN, The Gothic 'Skeireins' in the Greek Original, New Testament Studies 8 (1961/2) 43-56 (der Titel ist allerdings ebenso irref hrend wie anspruchsvoll); ders., Notes on the Gothic Bible, ebd. 9 (1962/3) 39-55, hier S. 53-55; ders., The Gothic Commentary on St. John 'Skeireins', leaf VIII, ebd. 10 (1963/4) 499-504, hier S. 499-502; ders., The Gothic 'Skeireins' in the Greek Original, leaves V and VII, ebd. 16 (1969/70) 277-283 (unter v lliger Au erachtlassung der Theodor-Fragmente). 7 Hg. v. J. REUSS, Johannes-Kommentare aus der griechischen Kirche (Texte u. Unters, zur Gesch. d. altchristl. Lit. 89), Berlin 1966, S. 72. 3

[177]

Die Fragmente der 'Skeireins' und der Johanneskommentar Theodors

'akei pata hua ist

71

άλλα ταΰτα τί εστίν 6

du siva managein:'

εις τοσούτους;

Ebenfalls aus der Perikope von der wunderbaren Brotvermehrung stammt auch die zweite Stelle, Sk VII d 6-10 (BENNETT, S. 78). Ihre Entsprechung findet sich dieses Mal allerdings in einem Fragment aus dem Matth uskommentar Theodors zu Mt. 15,37f: (Jesus weist mit dem Speisungswunder darauf hin,) patei is was s sama saei in aupidai .m. jere attans ize fodida:10

(Jesus wirkt das Speisungswunder, um zu zeigen,) δτι αυτός ην δ και πρώην εν τη έρήμω τεσσαράκοντα έτη τον Ισραήλ διατρέψας.

In diesem Fall weist der gotische Text dem griechischen gegen ber zwei Modifikationen auf. Die Wendung και πρώην (auch ehedem) wird bergangen11, vor allem aber "Israel" durch "ihre V ter" ersetzt und damit offenbar eine Beziehung hergestellt zu Joh. 6,31: "Unsere V ter haben in der W ste Manna gegessen". Eine solche nderung k nnte nat rlich auch ein Kommentator vorgenommen haben, der f r eine Johanneserkl rung den ihm vorliegenden Matth uskommentar Theodors auswerten wollte. Doch mindestens ebenso wahrscheinlich, angesichts der Identit t der zuerst angef hrten Stelle mit einem Fragment des Johanneskommentars Theodors, eher noch weit wahrscheinlicher ist, da der gotische Text mit seinen Abweichungen von der griechischen Vergleichsstelle im Matth uskommentar gar nicht aus diesem, sondern aus dem Johanneskommentar stammt und bereits Theodor von Herakleia selbst sich in beiden Kommentaren modifizierend wiederholt hat. Das gesamte in der Diskussion des 19. Jahrhunderts zusammengetragene und von ihm noch vermehrte Vergleichsmaterial aus der altkirchlichen Literatur hat E. DIETRICH in der Einleitung zu seiner 'Skeireins'-Ausgabe unter der Rubrik "Parallelen aus der theologischen Tradition" aufgelistet12. Er ist dabei einschlie lich der beiden schon genannten Theodorfragmente auf nicht weniger als 99 Stellenangaben gekommen. Von ihnen hat dann W. STREITBERG nach dem Auswahlkriterium des w rtlichen Anklangs 41 im kritischen Apparat zu seiner Ausgabe abgedruckt13. Eine weitere vermeintliche Parallele 8

"Ebenso wie Philippus wird er als einer, der nichts Gro es denkt und nicht der W rde des Lehrers eingedenk ist, berf hrt durch das, was er vorbrachte, indem er sagte: 'Aber was ist das f r so viele?'" ' Theod. Heracl., In Matth. frg. 98, 6-9, hg. v. J. REUSS, Matth us-Kommentare aus der griechischen Kirche (Texte u. Unters, zur Gesch. d. altchristl. Lit. 61), Berlin 1957, S. 84. 10 ". . . da er derselbe war, der in der W ste 40 Jahre ihre V ter ern hrt hatte." 11 Sie fehlt brigens auch in einer stark k rzenden Parallelversion des Katenenfragmentes zu Matth us, dort aber auf jeden Fall zweifellos sekund r. 12 E. DIETRICH, Die Bruchst cke der Skeireins (Texte u. Unters, zur altgerm. Religionsgesch., Texte 2), Stra burg 1903, S. LII-LVII. 13 Die gotische Bibel, hg. v. W. STREITBERG, Heidelberg 21919 = Darmstadt61971, S. 456-471.

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glaubte dar ber hinaus noch G. EHRISMANN anf hren zu k nnen14. Bei einer kritischen Durchmusterung stellt sich indessen heraus, da fast alle diese Stellen f r eine literatur- und theologiegeschichtliche Ortung der 'Skeireins' v llig wertlos sind. Die Mehrzahl der Parallelen ist so allgemeiner Art oder in ihrer hnlichkeit zu Passagen des gotischen Textes durch die Gemeinsamkeit des vom ausgelegten Text vorgegebenen Themas so zwanglos erkl rbar, da man ihnen keinerlei Signifikanz f r die Bestimmung unmittelbarer oder mittelbarer literarischer Beziehungen zusprechen kann. Zuweilen erscheint die Verkn pfung der Stellen mit dem gotischen Vergleichstext rein assoziativ, und in einer Reihe von F llen besteht berhaupt nur eine scheinbare inhaltliche Verwandtschaft infolge einer Ausblendung des jeweiligen beiderseitigen Kontextes oder des Einbringens eines sehr bestimmten - und dann durch die Unterstellung vermeintlicher Parallelit t im hermeneutischen Zirkel sich weiter verfestigenden - Vorverst ndnisses von der theologischen Pr gung der 'Skeireins'15. Ein n heres Eingehen erfordern daher letztlich nur zwei der genannten Stellen. Deren erste ist ein Satz aus dem vor 429 entstandenen Johanneskommentar des Kyrill von Alexandrien (gest. 444), der sich zu dem Abschnitt Sk II c 22-d 25 (BENNETT, S. 57f.) stellt. Beide Stellen geh ren jeweils zur Erkl rung von Joh. 3,5: "Wenn jemand nicht aus Wasser und Geist geboren wird, kann er nicht in das Reich Gottes kommen". Vor einem Vergleich sind allerdings noch einige Erw gungen zum Verst ndnis des gotischen Textes notwendig. In ihm nimmt der offenbar berhaupt f r die 'Skeireins' wichtige Begriff garehsns eine bedeutende Stellung ein. Er begegnet in den 'Skeireins'Fragmenten insgesamt zehn Mal, davon zweimal in unserem Textabschnitt, und zwar in beiden F llen mit der genetivischen N herbestimmung daupeinais, der Taufe (II c 25f. d 18f.). In der gotischen Bibel unterl uft er nur einmal als Wiedergabe von προθεσμία in der rechtstechnischen Bedeutung 'festgesetzter Termin' (Gal. 4,2). F r seine Verwendung in der 'Skeireins' ergibt sich 14

G. EHRISMANN, Besprechung der Ausgabe von DIETRICH, ZfdPh 38 (1906) 382-395, hier S.

394f. 15

Ein markantes Beispiel der Parallelisierung unter Ausblendung des Kontextes und Einbringen eines Vorverst ndnisses ist die Gegen berstellung von Sk V d 11-14 (BENNETT, S. 70): ni ibnon ak galeika iiverifra usgiban uns laiseifr (das Christuswort Joh. 5,23 "lehn uns, nicht n mliche, sondern gleiche Ehre darzubringen") und einiger Worte aus Theod. Heracl., In Joh. fr. 225 (REUSS, S. 124: δ τε απεσταλμένος . . . ουδαμώς ομότιμος είναι τω πεπομφότι δύναται (DIETRICH [Anm. 12] S. LVII; STREITBERG [Anm. 13], S. 465, App. zu Z. 24). Das Theodorfragment bezieht sich auf Joh. 13.16 ("Ein Knecht ist nicht gr er als sein Herr noch ein Gesandter gr er als der, welcher ihn gesandt hat") und besagt als ganzes: "Da ihr als Knechte und meine Gesandten unm glich gr er seid als der entsendende Herr, ist eindeutig, da ja der Knecht, solange er Knecht ist, wesentlich geringer ist als der Herr und der Gesandte, solange er den Rang des Gesandten einnimmt, in keiner Weise dem Entsendenden gleichgeachtet sein kann". Geht es hier um die Stellung der J nger in ihrem Verh ltnis zu Christus, so handelt es sich in der 'Skeireins'-Stelle um die Ehre, die die Gl ubigen dem Sohn ebenso wie dem Vater (als von diesem unterschiedener Person) darzubringen haben.

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Die Fragmente der 'Skeireins' und der Johanneskommentar Theodors

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dagegen aus den jeweiligen Textzusammenh ngen der Sinn 'Bestimmung', 'Plan'16, und STREITBERG hat im Apparat zu seiner Ausgabe vorgeschlagen17, darin eine Wiedergabe von οικονομία zu sehen, das mit 'Heilsplan' nur ann hernd umschrieben wird. In dem hier gegebenen theologischen Sinn meint das Wort Gottes planvoll zielstrebiges Heilswirken in Welt und Zeit und die Mittel, in denen es sich zur Geltung bringt18. Indessen hat FRIEDRICHSEN diese Ubersetzungsgleichung in Frage gestellt und garehsns als quivalent f r πρόθεσις im Sinne von 'Vorsatz', 'Entschlu * aufgefa t19. Dementsprechend bersetzt er in unserem Text garehsns daupeinats mit πρόθεσις του βαπτίσματος20, was dann soviel wie 'Entschlu ' oder 'Ratschlu der' oder 'zur Taufe' hei en m te. Das aber ist vom Zusammenhang her v llig ausgeschlossen. Der Text er rtert den spezifischen Charakter der Taufe als Heilsmittel, der definiert ist durch ein Miteinander von sinnlich wahrnehmbarem Wasser und geglaubter Geistpr senz, und das erfordert οικονομία του βαπτίσματος, die gottgewollt heilswirksame Verfa theit der Taufe21. Man darf in diesem Fall die Gleichung garehsns = οίκονομία wohl als so gut wie sicher ansehen, und daraus ergibt sich eine gewisse Wahrscheinlichkeit daf r, da sie auch f r die anderen Stellen des Vorkommens von garehsns in der 'Skeireins' - oder jedenfalls einen Teil von ihnen - ebenfalls gilt, zumal bei keiner von ihnen inhaltliche Gr nde dem entgegenstehen22. 16

STREITBERG, Gotisch-griechisch-deutsches W rterbuch, Heidelberg 1910 = Darmstadt 1971 (der gotischen Bibel beigebunden), S. 47 s. v. 17 STREITBERG [Anm. 13], S. 456, App. zu Z. 7. Die gotische Bibel allerdings gibt οίκονομία in der Mehrzahl der F lle und ohne R cksicht auf den jeweiligen Bedeutungsgehalt mit fauragaggi (Lk. 16,2.3.4; Eph. 1,10;3,2.9), einmal jedoch auch mit ragin (Kol. 1,25) wieder, das anderw rts f r γνώμη (1. Kor. 7,25; 2. Kor. 8,10; Phlm. 14) und δόγμα (Kol. 2,14) eintritt. F r den ersten Begriff ergibt sich aus einem Vergleich des jeweiligen Kontextes die Grundbedeutung des vorgeordneten, regulierenden, organisierenden Amtes und seiner Wahrnehmung, f r den zweiten die einer aufgrund gegebener Autorit t mit Anspruch auf Verbindlichkeit getroffenen Entscheidung. Der zweite Begriff kam so zur Wiedergabe von οίκονομία in seinem theologischen Sinn nicht in Betracht. Aber auch fauragaggi erscheint in seiner biblischen Verwendung - in Lk. 16 meint es das Amt des wirtschaftsf hrenden Hausverwalters, Eph. 2,3 den Amtsauftrag des Apostels, und in Eph. 1,10;3,9 gibt es οίκονομία im allgemeinen Sinne des zur Ausf hrung Bringens wieder, das eine theologische Bedeutung als Heilsveranstaltung nur durch seine N herbestimmung aus dem Kontext erh lt - nicht so vorgepr gt, da es sich allein darum hier schon anbieten mu te. Anscheinend entspringt die Verwendung von garehsns einer Auseinandersetzung mit dem Sinngehalt des theologisch aufgef llten οίκονομία-Begriffs. 18 Belegmaterial bei G. W. H. LAMPE, A. Patristic Greek Lexicon, Oxford 51978, S. 941f. s. v. (Abschn. C). 19 FRIEDRICHSEN 1961/2 [Anm. 6], S. 46, Anm. 11. Das Wort begegnet neutestamentlich auch in der Bedeutung des g ttlichen (Heils-)Ratschlusses, in der es durch die gotischen Begriffe muns (Rm. 9,11; Eph. 3,11), wilja (Eph. 1,11) und likains (2. Tim. 1,9) bersetzt wird. 20 Ebd., S. 50. 21 Vgl. ή του βαπτίσματος οίκονομία, der heilsplanm ige Sinn der (Johannes-)Taufe, in einem "Theodor" (von Herakleia oder von Mopsuestia?) zugeschriebenen Katenenfragment zu Mt. 4,12: "Theod.", In Mt. frg. 14,17 (REUSS, S. 140). 22 Der Begriff οίκονομία begegnet auch in Katenenfragmenten aus Theodor von Herakleia: In Joh. frg. 37,2 (REUSS, S. 74): Christi Ινσαρκος οικονομία; In Joh. frg. 52,1; 196,15 (REUSS, S. 76; 116); in Mt. frg. 124,5; 125,1 (REUSS, S. 91; 92): ή του πάθους οίκονομία; In Joh. frg. 169,3 5

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Ein weiteres sprachliches Problem in unserem Textabschnitt neben anderen23 ist ferner die anscheinend als solches bislang gar nicht erkannte Frage der grammatischen Struktur der f r die Sinnerfassung wesentlichen Wortfolge du garehsn daupeinais andniman at raihtis mann us missaleikom wistitn ussatidamma (II c 25-d 5). Deren zweiter Teil at. . . mann . . . ussatidamma wird stets als ein durch at signalisierter, dem griechischen absoluten Genetiv entsprechender absoluter Dativ verstanden24. Der ganze Textabschnitt erscheint so allerdings als eine reichlich unverst ndliche Aussage ber eine in der Vergangenheit (naudi aurfts . . . was), zur Zeit Jesu, bestehende Notwendigkeit und Naturgem heit, "die Oikonomie der Taufe zu empfangen25, sofern der Mensch aus unterschiedlichen Naturen besteht", denen entsprechend dann Christus Wasser und Geist als Elemente der Taufe bestimmt habe. Tats chlich geht es aber hier wie in den weiter unten aufgef hrten Vergleichstexten darum, gerade die "Oikonomie" der Taufe, ihre spezifische Sakramentsgestalt, schon von ihrer Stiftung her in einem notwendigen und naturgem en Begr ndungszusammenhang mit der Doppelnatur des Menschen stehen zu sehen. Eben diesen Sinn aber l t der Text erkennen, wenn man die fragliche Sequenz nicht als absoluten Dativ aufl st, sondern sie versteht als von at regierte pr positionale Erg nzung zu andniman mit dem Partizip ussatidamma in attributiver Stellung zu mann16: Naudipaurfts auk was: j h gadob wistai du garehsn daupeinais andniman: at raihtis mann us missaleikom wistim ussatidamma: us saiwalai raihtis j h leika: j h anpar t>ize ansiun wisando: anparu pan ahmein: Duppe gatemiha

Denn es war eine Notwendigkeit und der Natur gem , die Oikonomie der Taufe herzunehmen vom Menschen n mlich, der aus unterschiedlichen Naturen besteht, aus der Seele n mlich und dem Leib, (wobei) das eine von diesen sichtbar ist, das andere aber geisthaft. Daher hat er geziemenderweise

(REUSS, S. 108): ή του πράγματος (des Sterbens Jesu) οίκονομία; In Mt. frg. 85a,10. b, 13 (REUSS, S. 80): ό της οικονομίας σκοπός; vgl. auch Anm. 21. Nat rlich erlaubt das bei der Gel ufigkeit des Begriffs keinen Schlu auf literarische Beziehungen. 23 Vgl. dazu BENNETT [Anm. 3], S. 118-121. 24 Vgl. DIETRICH [Anm. 12], S. 20 z.St.; E. HOFMANN, Zum Gebrauch der Partizipien in der Skeireins, in: Indogermanistica. Festschr. Wolf gang Krause, Heidelberg I960, S. 24-30, hier S. 27; FRIEDRICHSEN 1961/2 [Anm. 6]: την πρόθεσιν του βαπτίσματος δέχεσθαι, του γαρ ανθρώπου εν ποικίλαις φύσεσιν συνεστηκότος · BENNETT [Anm. 3], S. 57f: to receive the plan of baptism, man verily being composed of different entities. 25 DIETRICH [Anm. 12], S. 7 u. 20: zu verstehen. 26 Etwa: την οίκονομίαν του βαπτίσματος δέχεσθαι παρά γαρ του ανθρώπου εκ διαφόρων φύσεων συγκειμένου.

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and pana pize laist. jah twos ganamnida waihts: swesa17 bajopum du daupeinais garehsnai. jah t>ata raihtis anasiunjo wato jah pana andafrahtan ahman: ei raihtis pata gasaihuano . . .

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in Ankn pfung an diese auch zwei Dinge benannt, Spezifika f r beide hinsichtlich der Oikonomie der Taufe, das sichtbare Wasser n mlich und den intelligiblen Geist, damit n mlich das (sichtbar) in Erscheinung Tretende . . .

Bei Kyrill von Alexandrien28 hei t es: Επειδή γαρ σύνθετόν τι και ούχ απλούν κατά φύσιν ό άνθρωπος, εκ δύο κεκρασμένος, αισθητού δηλονότι σώματος και ψνχής νοερας, διπλής αύτώ προς άναγέννησιν ένδεήσει θεραπείας συγγενώς πως έχούσης προς άμφω των δεδηλομένων. πνεύματι μεν αγιάζεται του ανθρώπου το πνεύμα, ΰδατι δε αΰ πάλιν ήγιασμένφ το σώμα.

Da n mlich der Mensch der Natur nach etwas Zusammengesetztes und nicht Einfaches ist, aus zweien verschmolzen, dem sinnlich wahrnehmbaren Leib n mlich und der geisthaften Seele, bedurfte er zur Wiedergeburt einer zweifachen Heilung, die gewisserma en in einem Entsprechungsverh ltnis zu beiden genannten (Elementen) steht. Durch den Geist n mlich wird des Menschen Geist geheiligt, durch das (selbst) wiederum geheiligte Wasser aber der Leib.

Beide Texte tragen den gleichen Gedanken in einer sich stellenweise sehr nahekommenden sprachlichen Ausformulierung vor, doch z-eigt die 'Skeireins' gegen ber Kyrill auch unterscheidende Merkmale, eine st rkere R ckkoppelung auf den anla gebenden Evangelientext und die Einf hrung des Begriffs der Taufoikonomie. Eine weitere, von DIETRICH nicht erfa te griechische 27

M glicherweise liegt swesa in seiner Inkongruenz zu waihts ein griechisches Adjektiv neutr. pl. (ίδια, οικεία) zugrunde, das vom bersetzer als substantiviert und appositionell stehend verstanden wurde; daf r k nnte vielleicht auch die gotischerseits offenbar empfundene, in der Hs. durch Interpunktion angedeutete Z sur zwischen waihts und swesa sprechen. 28 In Joh. comm. II l (ed. P. E. PusEY, Oxford 1872 = Br ssel 1965, I, S. 219). DIETRICH [Anm. 12], S. LIV ordnet der Parallele aus Kyrill eine Stelle aus der Johanneserkl rung des Ammonios von Alexandrien, In Joh. frg. 74,1-3 (REUSS, S. 215f.) vor, die jedoch in jeder Hinsicht eine viel geringere N he zu unserem 'Skeireins'-Abschnitt aufweist als der Text Kyrills. Ihm war aus Datierungsgr nden daran gelegen, eine Abh ngigkeit der 'Skeireins' von Kyrill auszuschlieen, und er behauptete daher eine gemeinsame (mittelbare oder unmittelbare) Abh ngigkeit beider von Ammonios (S. LXXXf.); tats chlich aber kann dessen Kommentar fr hestens in die zweite H lfte des f nften Jahrhunderts datiert werden und ist u. a. auch von Theodor von Herakleia und Kyrill abh ngig; vgl. J. REUSS, Der Presbyter Ammonios von Alexandrien und sein Kommentar zum Johannesevangelium: Biblica 44 (1963) 159-170.

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Parallele bietet ein St ck aus den 348 gehaltenen Katechesen des Kyrill von Jerusalem (gest. 386)29: Επειδή γαρ διπλούς ό άνθρωπος, εκ ψυχής και σώματος συγκείμενος, διπλούν και το καθάρσιον · τό μεν άσώματον τω άσωμάτω, το δε σωματικόν τω σώματι. Και το μεν ΰδωρ καθαίρει το σώμα, το δε Πνεΰμα σφραγίζει την ψυχήν.

Da n mlich der Mensch zwief ltig ist, aus Seele und Leib zusammengesetzt, ist zwief ltig auch das Reinigungsmittel: Das Unk rperliche (gilt) dem Unk rperlichen, das Leibhaftige aber dem Leib; und das Wasser reinigt den Leib, der Geist aber versiegelt die Seele.

Trotz einer strafferen und ausgefeilteren Ausdrucksweise reicht auch hier die Parallelit t zu den beiden anderen Texten bis in die sprachliche Ausformung hinein. Diese ist allerdings aber auch bis zu einem gewissen Grade durch den Inhalt der Aussage vorgegeben und somit an dessen Tradierung gebunden30, so da es kaum m glich ist, aus der aufgewiesenen Parallelit t auf unmittelbare literarische Abh ngigkeiten zu schlie en. Alle drei Texte stehen offenbar in der gleichen Tradition einer bestimmten Deutung der Taufe, die von der 'Skeireins' bei aller Gemeinsamkeit mit den anderen Autoren doch auch erkennbar eigenst ndig aufgenommen ist. Die letzte hier noch zu nennende Parallelstelle zur 'Skeireins' ist ein Fragment aus dem Johanneskommentar des Ammonios von Alexandrien (nach 451) und betrifft Sk III b 23-c 25 (BENNETT, S. 60f.), einen Text aus der Erkl rung zu Joh. 3,25, der in der berlieferten Form zwar vor eine Reihe sprachlicher Probleme stellt31, aber in seiner Sachaussage durchaus klar ist und daher hier ohne weitere Er rterung mit der gl ttenden bersetzung des Herausgebers wiedergegeben sei: Unte witot» fize unfaurweisane missadede ainaizos raidida: azgon kalbons gabrannidaizos utana 29

The Law prescribed for a certain unpremeditated misdeed, that the ash of a heifer burned outside

Horn cat. Ill 4 (ed. W. K. REISCHL/J. RUPP, M nchen 1848/1860 = Hildesheim 1967,1, S. 68). 30 Vgl. auch Ambrosius v. Mailand, Expos, ev. sec. Luc. II 79 (ed. M. ADRIAEN, CChr.ser.lat. 14, S. 65): Nam cum ex duabtti naturis homo, id est ex anima subsistit et corpore, uisibile per ttisibiUa, inuisibile ner inuisibile mysterium consecratur; aqua enim corpus abluitttr, spirit* animae delict Λ mundantur (Denn da der Mensch aus zwei Naturen, n mlich aus Seele und Leib besteht, wird das Sichtbare durch Sichtbares, das Unsichtbare durch ein unsichtbares Mysterium geheiligt; mit dem Wasser n mlich wird der Leib gewaschen, durch den Geist werden die Vergehen des Herzens gereinigt); Ambrosius wird hier wie auch sonst h ufig aus stlicher berlieferung sch pfen. ' 31 Dazu s. BENNETT [Anm. 3], S. 121-124.

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Die Fragmente der 'Skeireins' und der Johanneskommentar Theodors

hi baurgeinais: afaruh pan po in wato wairpandans hrain: j h hwssopon j h wullai raudai ufartrusnjandans: swaswe gadob pans ufar miton munandane: Ip iohannes idreigos daupein merida: jah missadede a et paim ainfalpaba gawandjandam gahaihait: IP fraujins at afleta frawattrhte jah fragift weihis ahmins: j h fragibands im patei sunjtis piudangardjos wairpaina:

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the camp should be cast afterward into clean water and sprinkled with hyssop and red wool, as befitted those who were above liberate intent. John, however, was preaching a baptism of repentance and promised forgiveness of misdeeds to those who simply reformed, whereas with the Lord's forgiveness of sins he promised the gift of the Holy Spirit as well, granting them also that they should become children of the Kingdom.

Das entsprechende Ammonios-Fragment32, das von der Katenen berlieferung zu Joh. 3,23 gestellt wird, lautet: Το "ύδωρ του ραντισμοϋ" το έχον "την σπόδον της δαμάλεως" καθαρισμόν έποίει άκουσίων αμαρτημάτων και τους από αφής νεκρών έκάθαιρεν· Ιωάννου δε το βάπτισμα τοις γνησίως μετανοοϋσι και των εκουσίων παρεϊχεν άφεσιντο δε του Χρίστου πάντων τών αμαρτημάτων, άλλα και πνεύμα άγιον παρείχε και υιοθεσίας άξίαν.

Das Reinigungswasser mit der Asche der jungen Kuh bewirkte eine Reinigung von unvors tzlichen S nden und reinigte die durch eine Ber hrung von Leichen (Unreinen). Die Taufe des Johannes aber gew hrte den aufrichtig Bu e Tuenden Vergebung auch der vors tzlichen (S nden), diejenige Christi jedoch gew hrte (die) aller S nden, aber auch den heiligen Geist und die W rde der Kindschaft.

Der Vergleich beider Texte l t ebenso deutlich wie die genaue sachliche Entsprechung auch die formalen Unterschiede erkennen. Das AmmoniosFragment ist wesentlich klarer durchgestaltet als die Passage der 'Skeireins'. Die beiden ersten der verglichenen S hnerituale werden in der 'Skeireins' umst ndlich als Inhalt der Gesetzesvorschrift und der Verk ndigung des T ufers eingef hrt, und das dritte Glied, die Taufe Christi, wird selbst gar 32

In Joh. frg. 93 (REUSS, S. 220).

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nicht genannt, sondern nur in ihrer Wirkung beschrieben, das allerdings m glicherweise infolge fehlerhafter Text berlieferung33. Bei Ammonios stehen die drei Rituale dagegen jeweils hervorgehoben als Subjekte ihrer Wirkungen am Anfang der einzelnen Sinnabschnitte. Die auch abgesehen von den sprachlichen Schwierigkeiten des gotischen Textes umst ndliche Bezugnahme der 'Skeireins' auf Num. 19 ist dabei reduziert auf die ganz auf den Vergleich konzentrierte Nennung des "Reinigungswassers mit der Asche der jungen Kuh". Die Steigerung von "unvors tzlichen bertretungen" ber " bertretungen" zu "S nden"34 wird bei Ammonios in der Klimax "unvors tzliche S nden", "vors tzliche S nden", "alle S nden" st rker herausgearbeitet. Wenn hier ein literarisches Abh ngigkeitsverh ltnis vorliegt, dann f hrt es bei weitem eher von der 'Skeireins'-Vorlage zu der st rker ausgearbeiteten Textgestalt des ohnehin in gro em Umfang auf ltere Kommentare zur ckgreifenden Ammonios als umgekehrt. Die aufweisbaren direkten literarischen Beziehungen der 'Skeireins' beschr nken sich somit auf zwei w rtliche bereinstimmungen mit Theodor von Herakleia. Das ist durchaus ein Grund, MASSMANNS Vermutung aufzunehmen und weiterzufragen, ob sich unter Umst nden nicht auch sachliche bereinstimmungen wahrscheinlich machen lassen. Das erweist sich in der Tat als m glich. Das erste Blatt der 'Skeireins'-Fragmente setzt ein mit der Kommentierung der Lamm-Gottes-Pr dikation Jesu durch den T ufer (Joh. 1,29). Der Kommentator stellt dabei grunds tzliche Erw gungen zum Heilswerk Christi an unter der die Kirchenv ter des vierten Jahrhunderts mehrfach bewegenden Fragestellung nach dem Grund der Inkarnation. Der Erl ser h tte ja auch ohne sie durch seine g ttliche Machtvollkommenheit die Menschen aus der Gewalt Satans befreien k nnen. Das h tte jedoch Zwang (naufa, ανάγκη) bedeutet, und eine Zwangserl sung h tte einer gerechten Heilsordnung (garaihteins garehsns, δικαιοο~ύνης οικονομία) widersprochen; denn auch der Teufel hat die Menschen zur Urs nde nicht gezwungen (nautyan, άναγκάζειν, βιάζεσ33

Zum Problem des Genetivs fraujins (des Herren) in Sk III c!9 vgl. BENNETT [Anm. 3], S. 123f., dessen von seinem Vertrauen in die Exaktheit der Hs. getragene Deutung wohl kaum der Wortstellung gerecht wird und hinsichtlich der Beziehung des Partizips fragibands ('gew hrend') zu Schwierigkeiten f hrt; in seiner Analyse des Partizipialgebrauchs der 'Skeireins' (W. H. BENNETT, The Function of Present Participial Constructions in the Skeireins, in: Melanges de linguistique et de philologie, Fernand Mosse in memoriam, Paris 1959, S. 32-36) ist dann unsere Stelle auch nicht aufgef hrt; die dort aufgelisteten Beispiele "subordinierender" Partizipien zeigen aber die strikte Einhaltung der Kongruenz, und so m te fragibands (nom masc.) in BENNETTs Deutung - was die englische bersetzung verschleiert - auf den T ufer bezogen werden, was jedoch inhaltlich unm glich ist. 34 Es darf nicht bersehen werden, da im Gegensatz zum Mk. 1,4 (du aflageinai frawaurhte, εις άφεσιν αμαρτιών) Sk III c 15f missadede aflet (wohl παραπτωμάτων άφεσιν) schreibt. Da FRIEDRICHSEN 1961/2 [Anm. 6], S. 53 unter Verweis auf Mk. 1,4 αμαρτιών δφεσιν bersetzt, bedeutet eine Verkennung des von der 'Skeireins' offenbar angestrebten Begriffsgef lles, die allerdings Tradition'hat, vgl. z. B. DIETRICH [Anm. 12], S. 9.

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θαι), sie vielmehr dazu verleitet, indem er sie t uschte (usluton, άπατάν). Haben die Menschen aus eigenem Willen auf den Teufel geh rt, so war es angemessen, da sie nun auch der Lehre des Erl sers aus eigenem Willen beistimmten. Um diese Lehre aber kundzutun, hat er daher menschliche Gestalt angenommen35. Entsprechend seiner Bedeutung f r den S ndenfall wird somit dem freien Willen des Menschen auch f r das Geschehen der Heilszueignung eine erhebliche, im Heilsplan Gottes verankerte und dessen Gestalt bestimmende Bedeutung beigemessen. Die als solche von einem breiten Konsens altkirchlicher Tradition getragene berzeugung von der menschlichen Willensfreiheit36 gewinnt dabei f r die 'Skeireins' unter dem Gesichtspunkt der "gerechten Oikonomie" eine besondere Relevanz f r das Verst ndnis des Werkes Christi. Zu den Erw gungen der 'Skeireins' l t sich nun aber auch eine Reihe von Stellen aus der Katenen berlieferung des Johanneskommentars Theodors von Herakleia heranziehen, in denen sich ein gleichgerichtetes Interesse bekundet und auch das Motiv der menschlichen Entscheidungsfreiheit Bedeutung f r das Verst ndnis des Wirkens des Johanneischen Christus erh lt. So hei t es zu Joh. 16,12 ("Noch vieles habe ich euch zu sagen, aber ihr k nnt es jetzt nicht tragen"), Christus h tte zwar die Herzen der Zuh rer beliebig wandeln k nnen, habe es jedoch nicht getan, weil das, was aus Zwang geschehe (to εξ ανάγκης), ohne Verdienst sei37. An anderer Stelle wird auf die Frage, warum Christus es zugelassen habe, da Judas zum Verr ter wurde, geantwortet, Gott lasse den Menschen grunds tzlich handeln, wie er wolle, da er ihm die F higkeit der Selbstbestimmung gegeben habe; so sei es etwa auch bei Adam geschehen, den er nicht zum Besseren gezwungen habe (έβιάζετο)38. Ihn habe der Teufel durch T uschung (δι' απατής) zum Abfall von Gott gebracht und seiner Gewalt unterworfen39. Die freiwillige beltat eines J ngers erweise die Freiheit der brigen, die nicht durch Zwang (ανάγκη) zu gottesf rchtigem Verhalten gebracht worden seien40. Christi Aussage, er habe seine J nger 35

Sk I b 6-d 22 (BENNETT, S. 52-54). Vgl. A. DlHLE, Das Problem der Entscheidungsfreiheit in fr hchristlicher Zeit: Gnadenwahl und Entscheidungsfreiheit in der Theologie der Alten Kirche, hg. v. F. VON LILIENFELD u. E. M HLENBERG (Oikonomia 9), Erlangen 1980, S. 9-31; 90-94. DIETRICH [Anm. 12], S. LIII u. LXXVII hatte nach dem Vorgang von M.H. JELLINEK, Zur Skeireins, PBB 15 (1891) 438-440 an eine mittelbare Abh ngigkeit der 'Skeireins' von Iren us, haer. V 1,1 gedacht (ed. A. ROUSSEAU/L. DOUTRELEAU/CH. MERCIER, Sources Chret. 153, Paris 1969, S. 18/20). Doch fehlt dort gerade die entscheidende Parallelisierung von Gewaltlosigkeit der Verf hrung zur Urs nde und Gewaltlosigkeit der Erl sung. Die letzte wird im Gegenteil vielmehr der Gewalt des Urverf hrers entgegengestellt. Au erdem ist auch der Zusammenhang unterschiedlich bestimmt. Iren us sieht die Inkarnation im Rahmen seiner άνακεφαλαίωσις-Vorstellung, f r die 'Skeireins' hingegen ist sie eben eine Frage der gerechten Heilsordnung. 37 In Joh. frg. 314 (REUSS, S. 148). 38 In Joh. frg. 227 (REUSS, S. 125). 39 In Joh. frg. 200.213 (REUSS, S. 117; 147). 40 In Joh. frg. 228 (REUSS, S. 125). 36

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behütet und keiner außer dem "Sohn des Verderbens" sei verloren gegangen (Joh. 17,12), zeige, daß er sie nicht durch Zwang ( )) an sich gezogen 41 habe . Ebensowenig zwingt ( ) Gottes Vorherwissen die Gottlosen zu ihrem Unglauben42. Die eigene freie Entscheidung läßt Menschen geistlich sehend oder blind sein43 und ist grundlegend für das Verharren in der Christusgemeinschaft44. Auch auf einer anderen Ebene noch läßt sich sachliche Übereinstimmung feststellen. Nach der 'Skeireins' widerlegen die Aussagen des Täufers Joh. 3,31f auch Sabellius und Markell, "die sich erdreistet hatten, Vater und Sohn als einen (einzigen) zu bezeichnen"45. Völlig in einer gleichgerichteten antihäretischen Deutung erschöpft sich die Auslegung von Joh. 5,20-23, die mit der Ausnahme weniger Zeilen das gesamte Blatt V der 'Skeireins' einnimmt46. Die gleiche antihäretische Ausrichtung ist aber auch für das Bild kennzeichnend, das die Katenenüberlieferung vom Johanneskommentar Theodors vermittelt. Je zweimal werden Sabellius47 und die Sabellianer48 ausdrücklich genannt und dabei die personale Unterschiedenheit von Vater und Sohn betont. Es war dies offenbar eine Konstante des Johanneskommentars Theodors, ein Anliegen, das er zu allen Johanneischen Texten zur Sprache gebracht hat, in denen Christi Verhältnis zu Gott, dem Vater, angesprochen wird. Je einmal ist die Rede von den Markellianern49 und Markell50. Die Katenenf ragmente entsprechen damit in der theologischen Frontstellung völlig derjenigen der 'Skeireins'. Zwar werden in der Katenenüberlieferung über Markell und Sabellius hinaus auch noch die Montanisten als Häretiker ausdrücklich genannt und bestritten51, doch ihre Nennung war von der Sache her an die im gotischen Text nicht erhaltene Erklärung der johanneischen Parakletenverheißung gebunden. 41

In Joh. frg. 337 (REUSS, S. 154). In Joh. frg. 207 (REUSS, S. 120). 43 In Joh. frg. 96 (REUSS, S. 91). 44 In Joh. frg. 284.285 (REUSS, S. 139; 140). 45 Sk IV d 17-24 (BENNETT, S. 66). 46 Sk V a 5-d 25 (BENNETT, S. 67-70). Mit "auf eben dieselbe Weis(e)" bricht Blatt V ab; die antisabellianische Deutung dürfte sich mit der Erklärung von Joh. 5,23b noch einige Zeilen fortgesetzt haben. Zum theologischen Verständnis vgl. H.-G. RlCHERT, Ni ibnon ak galeika sweri|Ja. Überlegungen zum dogmatischen Standpunkt des Skeireinisten, in: Festschr. Gottfried Weber (Frankfurter Beitr. zur Germanistik 1), Bad Homburg/Berlin/Zürich 1967, S. 11-45, und, in Unkenntnis dieser Untersuchung geschrieben, K. SCHÄFERDIEK, Wulfila, Zs. f. Kirchengesch. 90 (1979) 253-293, hier S. 289-292, beide mit dem gleichen Ergebnis, daß Sk V für sich alleine genommen nur negativ "antisabellianisch", nicht aber positiv "arianisch" verstanden werden kann; vgl. dazu jedoch weiter unten (bei Anm. 79). 47 In Joh. frg. 255 zu Joh. 14.10 (REUSS, S. 131), vgl. frg. 254.257 (REUSS, S. 131; 132); frg. 269 zu Joh. 14,23 (REUSS, S. 136), vgl. frg. 268.270 (REUSS, S. 135f; 136). 48 In Joh.-frg. 56 zu Joh. 8,18 (REUSS, S. 80); frg. 215 zu Joh. 12,49f (REUSS, S. 122). 49 In Joh. frg. 40 zu Joh. 6,62 (REUSS, S. 76). 50 In Joh. frg. 333 zu Joh. 17,4f (REUSS, S. 152). 51 In Joh. frg. 260.261.271.272 zu Joh. 14,15f.26 (REUSS, S. 133f; 134; 136; 137). 42

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Zu diesen sachlichen Gemeinsamkeiten tritt schließlich noch die formal methodische einer "antiochenischen" Prägung der Exegese, ihrer ausschließlichen Konzentration auf den Literalsinn des behandelten Textes. Dieser Zug wird für Theodor auch durch Hieronymus bestätigt, der dessen ihm bekannten Kommentaren neben sprachlicher Gewandtheit und Klarheit vor allem eine "historische" Verstehensweise zuschreibt52. Es ergibt sich somit folgender Befund: 1. Die 'Skeireins' weist eine wortwörtliche Übereinstimmung mit einem Fragment aus dem Johanneskommentar des Theodor von Herakleia auf, und zwar bei der Erklärung von Joh. 6,9, der einzigen Stelle, zu der eine Kommentierung sowohl in der 'Skeireins' als auch in der griechischen Katenenüberlieferung Theodors erhalten ist. 2. Eine nahezu wörtliche Übereinstimmung besteht mit einem Text aus dem Matthäuskommentar Theodors, dessen von der 'Skeireins' repräsentierte Fassung aber zur Verwendung in einem Johanneischen Kontext adaptiert ist. 3. Sachliche und sprachliche Berührungen zweier Stellen des gotischen Textes mit Passagen griechischer Johannesauslegungen des fünften Jahrhunderts belegen keine literarische Abhängigkeit auf seiten der 'Skeireins'. 4. Die 'Skeireins' und der Johanneskommentar Theodors legen großes Gewicht auf das Moment des freien Willens und seiner Bedeutung für Sündenfall und Erlösung sowie für das Verständnis des Werkes Christi. 5. Ebenso stehen beide in derselben betonten antisabellianisch-antimarkellischen Frontstellung. 6. Beide sind in ihrer Hermeneutik dem Literalsinn der Schrift verpflichtet. In ihrer Bündelung lassen diese je für sich gewiß nur in unterschiedlichem Grade signifikanten Befunde kaum einen anderen Schluß zu als die Annahme, daß man es in der 'Skeireins' tatsächlich mit den Resten einer gotischen Übersetzung des Werkes Theodors zu tun hat. In ihr sind Teile daraus erhalten, von denen die griechische Überlieferung ihrerseits mit jener einen glücklichen Ausnahme nichts bewahrt hat. Theodor war Bischof von Herakleia, dem vormaligen Perinthos und heutigen Marmaraereglisi am Marmarameer rund 95 km westlich von Konstantinopel. Nach dem Zeugnis des Hieronymus ist er während der Regierungszeit des Konstantios (337-361) mit Kommentaren über das Matthäusund Johannesevangelium, die Paulusbriefe und die Psalmen literarisch hervorgetreten53, und er scheint sich mit "diesen und auch wohl noch weiteren Arbeiten54 ein beträchtliches Ansehen als Exeget erworben zu haben. Außerdem gehörte er zu den führenden Bischöfen der östlichen kirchenpolitischen Mehrheitspartei der "Eusebianer" während der Konstantin- und Konstantios52

Hieran., Vir. ill. 90 (ed. W. HERDING, Leipzig 1924, S. 53f). Hieran., wie Anm. 52; vgl. außerdem Comm. in Matth., praef. (CChr.ser.lat. 77, S. 5); Comm. in Gal., prol. (PL 26, col. 333); Ep. 112,4.20; 119,2 (ed. I. HlLBERG, CSEL 55, S. 371.390; 447). Vgl. auch Theodoret, Hist. eccl. II 3,8 (ed. L. PARMENTIER/F. SCHEIDWEILER, GCS 44, S. 97). 54 Zum überlieferten Bestand des Werkes s. M. GEERARD, Clavis Patrum Graecorum II, Turnhout 1974, Nr. 3561-3566. 53

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ära55. Das erste, was wir von ihm hören, ist, daß er - wohl gegen 335 gemeinsam mit Euseb von Nikomedien Kritik an der Wahl des Paulos zum Bischof von Konstantinopel geäußert hat56. Bald darauf begegnet er als Mitglied einer Bischofsdelegation, durch die Konstantin zur Einberufung der Synode von Tyros 335 veranlaßt wird, die dann Athanasios von Alexandrien aus disziplinarischen Gründen verurteilt57. Als Teilnehmer dieser Synode wird er Mitglied der von ihr nach Ägypten zur Untersuchung der gegen Athanasios erhobenen Vorwürfe entsandten Kommission58. 341 gehört er zu der um diese Zeit in Antiochien offenbar permanent tagenden eusebianischen Synode59 und nimmt im Sommer des gleichen Jahres an der dort zusammentretenden Kirchweihsynode teil60, auf der die Redeweise von den drei göttlichen Hypostasen mit je eigenem Rang bekräftigt wird61. Im Folgejahr erscheint er unter den Organisatoren der Wahl des Makedonios zum Bischof von Konstantinopel entgegen dem Versuch des zwischenzeitlich verbannten Paulos, nach dem Tod des 338 in die Kaiserstadt übergewechselten Euseb von Nikomedien seinen alten Sitz wiederzugewinnen62. Im gleichen Jahr 342 reist er als Mitglied einer östlichen Bischofsdelegation an den westlichen Kaiserhof in Trier63, und im Herbst desselben Jahres findet man ihn unter den östlichen Bischöfen, die das Konzil von Serdika (Sofia) unter Protest verlassen und in Philippopel (Plovdiv) eine eigene Tagung abhalten64. Von den Synodalen in Serdika wird er zu den führenden Männern der östlichen Mehrheitspartei gerechnet und für abgesetzt erklärt65. Nach der Rückkehr des Athanasios aus 55

Athanasios, Ep. ad episc. Aeg. et Lib. 7 (PG 25, col. 554); Theodoret, Hist. eccl. II 3,8; V 7,1 (PARMENTIER/SCHEIDWEILER, S. 97; 286). 54 Sozomenos, Hist. eccl. III 3,1 (ed. J. BlDEZ/G. CH. HANSEN, GCS 50, S. 104). Zu Paulos vgl. A. LIPPOLD, Paulus v. Constantinopel, PAULY/WissoWA, Suppl. 10 (1965), Sp. 510-520. 57 Theodoret, Hist. eccl. I 28,2 (PARMENTIER/SCHEIDWEILER, S. 82). Zur Synode von Tyros vgl. W. SCHNEEMELCHER, Die Epistula encyclica des Athanasius, in: ders., Gesammelte Aufsätze zum Neuen Testament und zur Patristik (Analecta Vlatadon 22), Thessaloniki 1974, S. 290-337, hier S. 298-309. Zu Athanasios vgl. M. TETZ, Athanasius v. Alexandrien, Theol. Realenzyklopädie 4 (Berlin 1979), S. 333-349. 58 Athanasios, Apol. sec. 76,2 (ed. H.G. OP1TZ, Athanasius Werke II l, Berlin 1934-1941, S. 156). 59 Athanasios, Apol. sec. 21,1 ( , S. 102). 60 Sozomenos, Hist. eccl. III 5,10 (BlDEZ/HANSEN, S. 107). 61 Sog. 2. Formel von Antiochien: Athan., De synod. 23,6 (OPITZ, S. 249; A. HAHN/G. L. HAHN, Bibliothek der Symbole und Glaubensregeln der Alten Kirche, Breslau 31897 = Hildesheim 1962, S. 185f). Vgl. W. SCHNEEMELCHER, Die Kirchweihsynode von Antiochien 341, in: Bonner Festgabe Johannes Sträub (Beihefte der Bonner Jahrbücher 39), Bonn 1977, S. 319-346. 62 Sokrates, Hist. eccl. II 12 (ed. R. HUSSEY/W. BRIGHT, Oxford 21893, S. 73); Sozomenos, Hist. eccl. III 7,4 (BlDEZ/HANSEN, S. 109). 63 Athanasios, De synod. 25,1 (OPITZ, S. 250). 64 Hilarius, Collectanea antiariana Parisina A IV 3 (ed. A. FEDER, CSEL 65, S. 72). " Synodalschreiben bei Hilarius, Collect, antiar. Paris. B II 1,7,3; 1,8,2 (FEDER, S. 119; 123f; ed. C. H. TURNER, Ecclesiae occidentalis monumenta Juris antiquissima 12,4, Oxford 1939, S. 649; 650); griech.: Athan., Apol. sec. 47,1.3 (OPITZ, S. 122; 123); Theodoret, Hist. eccl. II 8,28.33 (PARMENTIER/SCHEIDWEILER, S. 109; 111). Zur Synode von Serdika vgl. W. SCHNEEMELCHER,

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seinem zweiten Exil nach Alexandrien 346 findet man Theodor auf einer antiochenischen Synode, die die Wiederaufnahme der bischöflichen Amtstätigkeit durch Athanasios für rechtswidrig erklärt und ausdrücklich seinen Gegenbischof Georg bestätigt66. 349 soll er um ein Einvernehmen mit dem sich zeitweilig wieder behauptenden Paulos von Konstantinopel bemüht gewesen sein67. 351 ist er auf der Synode zu Sirmium zugegen, die gegen den Markellschüler Photin von Sirmium verhandelt und ein schon neun Jahre zuvor in Antiochien für Verhandlungen mit dem Westen sehr zurückhaltend formuliertes Symbol durch scharfe antimarkellische Verwerfungen präzisiert68. 355 gilt er als verstorben69. Zu denjenigen, die mit ihm auf dem Konzil zu Serdika verurteilt wurden, zählen auch die Bischöfe Ursacius von Singidunum (Belgrad) und Valens von Mursa (Esseg an der Dräu). Beide haben bereits 335 mit ihm in der Untersuchungskommission der Synode von Tyros zusammengearbeitet und finden sich neben ihm wieder unter den Unterzeichnern der sirmischen Formel von 351. Beide wiederum werden 357 gemeinsam mit Germinius von Sirmium die "zweite sirmische Formel" propagieren70, die den Auftakt zur Bildung der "homöischen" Partei gibt und zu der das Bekenntnis Wulfilas enge Beziehungen auf weist71. Die Feststellung dieser Zusammenhänge könnte vielleicht neues Licht auf die von MASSMANN bis zu K. HELM diskutierte Frage des Verhältnisses der 'Skeireins' zu Wulfila werfen72, zumal man über sie hinaus wohl mit einiger Berechtigung annehmen darf, daß Theodor und Wulfila einander persönlich begegnet sind, und es überdies auch keineswegs unwahrscheinlich ist, daß Theodor bereits an der Weihe Wulfilas zum Bischof für Gotien durch Euseb von Nikomedien und "die Bischöfe mit ihm" gegen Ende der Regierung Konstantins73 beteiligt war. Es spricht unter diesen Umständen doch Erhebliches dafür, daß die gotische Übersetzung des Johanneskommentars Theodors, mithin die 'Skeireins' in der wulfilanischen Gotengemeinschaft Serdika 342, in: Ecclesia semper reformanda. Evang. Theologie, Sonderh., Ernst Wolf zum 50. Geburtstag, München 1952, S. 83-104 = ders., Ges. Aufs. [Anm. 57], S. 338-364. 66 Sozomenos, Hist. eccl. IV 8,4 (BlDEZ/HANSEN, S. 147). 47 Historia Athanasii 2 (TURNER, S. 663). 68 Hilarius, Collect, antiar. Paris. B VII 9 (FEDER, S. 170). Die Liste bei Sokr., Hist. eccl. II29 (HUSSEY/BRIGHT, S. 100), die mit Hypantionos von Herakleia schon den Nachfolger Theodors aufführt, gehört nicht zur Synode von 351; vgl. dazu bereits Henri Valesius, PG 67, Sp. 277, Anm. 89. 69 Theodoret, Hist. eccl. II 16,11 (PARMENTIER/SCHEIDWEILER, S. 133). 70 Athanasios, De synod. 28,2 ( , S. 256); Sozomenos, Hist. eccl. IV 12,6 (BlDEZ/ HANSEN, S. 155); die Formel: Hilarius, De synod. 11 (PL 10, col. 487-489; HAHN, S. 199-201), vgl. dazu M. MESLIN, Les Ariens d'Occident (Patristica Sorbonensia 8), Paris 1967, S. 267-281; zu Ursacius und Valens vgl. ebd., S. 71-84, zu Germinius S. 67-71. 71 Vgl. dazu SCHAFERDIEK [Anm. 46], S. 280-286. 72 MASSMANN [Anm. l], S. 87-89; K. HELM, Einiges über die Skeireins, PBB 80 (Tübingen 1958), S. 201-207. 73 Philostorgios, Hist. eccl. II 5 (ed. J. BiDEZ/F. WINKELMANN, GCS, Berlin 21972, S. 18); zur Datierung vgl. SCHAFERDIEK [Anm. 46], S. 254-258.

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des vierten Jahrhunderts beheimatet ist. Ob man dar ber hinausgehen und Wulfila als bersetzer festmachen oder ausschlie en kann, ist eine Frage an die methodischen M glichkeiten und Grenzen linguistischer Analyse. Kennzeichnend f r die geschichtliche Stellung Theodors ist auch die entschiedene Wendung seiner Exegese gegen Markell und 'Sabellius'. Markeil von Ankyra suchte schon seit dem Konzil von Nikaia (325) die theologische Auseinandersetzung mit den Eusebianern, deren Theologie ihm philosophisch berfremdet erschien und deren bestimmendes Denkmodell von den drei g ttlichen Hypostasen er grunds tzlich in Frage stellte. Er ging aus von der in heilsgeschichtlicher Entfaltung gedachten Einheit Gottes. Daf r wurde er u. a. als "Sabellianer" mi verstanden und zu Unrecht bezichtigt, dem Gottessohn einen Anfang in der irdischen Geburt zuzuschreiben74. In den drei iger Jahren von einer eusebianischen Synode als Irrlehrer verurteilt, mu te er schlie lich aus Ankyra weichen, wurde aber 340 von einer r mischen Synode und 342 vom Konzil zu Serdika f r rechtgl ubig erkl rt, was die Erbitterung seiner stlichen Gegner weiter steigerte. Zudem gewann die Auseinandersetzung mit ihm bald nach Serdika noch zus tzliche Aktualit t infolge des Hervortretens seines Sch lers Photin75. Meint der Name Markells einen konkreten zeitgen ssischen Gegner, so ist demgegen ber der des Sabellius f r Theodor ein h resiologisches Codewort. Mit ihm werden die bezeichnet, die, wie Athanasios, glaubten von der Selbigkeit (ταύτότης) der Gottheit des Vaters und des Sohnes reden zu m ssen76 und die von nur einer Hypostase Gottes sprachen, wie es in jeweils unterschiedlichem theologischen Horizont Markell und Athanasios taten und wie es die Synode von Serdika als verbindliche Sprachregelung proklamierte77. Die so markierte theologische Frontstellung Theodors findet in seiner kirchlichen Wirksamkeit ihre Aktualisierung und beleuchtet ihrerseits wieder den Hintergrund dieser Wirksamkeit. F r die 74

Das Bild Markells hat in der j ngeren Forschung erheblich an Differenziertheit gewonnen; s. vor allem M. TETZ, Zur Theologie des Markell von Ankyra I-III, Zs. f. Kirchengesch. 75 (1964) 217-270; 79 (1968) 3-42; 83 (1972) 145-194; zusammenfassende Darstellung: A. GRILLMEIER, Jesus der Christus im Glauben der Kirche I, Freiburg/Basel/Wien 1979, S. 414-439 (S. 415, Anm. l: Literatur bersicht). 75 Zu Photin vgl. F. LOOPS, Photin von Sirmium, 3Realencyklop d. f r protest. Theol. u. Kirche 15 (Leipzig 1904), S. 372-374 u. M. SlMONETTl, Studi suH'arianesimo (Verba Seniorum, n. s. 5), Rom 1965, S. 135-159 (Sulla dottrina di Fotino). 76 Athanasios, Or. c. Arian. III 4 (PG 26, col. 329): Die Einheit τη ταύτότητι της μιας θεότητας, definiert als Einheit τη Ιδιότητι και οίκειότητι της φύσεως (in der spezifischen Eigenart der Natur); vgl. demgegen ber Sk V c 4f (BENNETT, S. 69): die anparleikei (έτεροτης, Unterschiedenheit) von Vater und Sohn, diese aber definiert als twaddje anduiairpje anparleikei (Unterschiedenheit zweier Personen). 77 Synodalschreiben von Serdika: . . . μίαν είναι ύπόοτασιν (latein.: substantiam, quarn ipsi graset usian appellant) .. . τον πατρός και του υίοϋ και του αγίου πνεύματος (..., da eine Hypostase . . . des Vaters, des Sohnes und des hl. Geistes ist), Theodoret, Hist. eccl. II 8,39 (PARMENTIER/SCHEIDWEILER, S. 113; lat. Fassung TURNER, S. 651); vgl. Athan., Ep. ad Afros 4 (PG 26, col. 1036 B); Markell, Ep. ad Liberium 12 (ed. M. TETZ, Zs. f. Kirchengesch. 83 [1972] 152).

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Beurteilung der 'Skeireins' bedeutet diese Ortung, daß ihre zuletzt von DIETRICH versuchte Bestimmung als "homöisch" auch abgesehen davon, daß sie sich auf den Wortlaut der 'Skeireins' allein nicht stützen läßt78, anachronistisch ist. Doch zweifellos steht die Vorlage des gotischen Textes unmittelbar in der Tradition, aus der in den Jahren 357 bis 359 das homöische Programm erwachsen sollte, und kennzeichnet so auch das reichskirchliche Umfeld, in das Wulfila bei seiner Emigration aus Gotien hineinstieß. Damit erweist sich auf der anderen Seite wiederum aber auch RICHERTS Einschätzung, der "Antisabellianismus" der 'Skeireins' sei im Blick auf die Frontstellung des arianischen Streites "dogmatisch indifferent"79, als nicht aufrecht zu erhalten. Sucht man allerdings unter diesen Voraussetzungen das spezifische theologische Profil des Kommentars, den der gotische Text repräsentiert, mit Hilfe der Katenenüberlieferung näher zu bestimmen, wird man enttäuscht; denn diese Überlieferung weist offensichtlich Züge jungnikänisch-orthodoxer Überarbeitung auf80. Nur gelegentlich scheint einmal die Spur einer Theologie auf, die im Gegensatz von "gezeugt" und "ungezeugt" Stufen der Intensität des Gottseins und damit eine wesensmäßige Begründung eines trinitarischen Über- und UnterordnungsVerhältnisses sah81. Von der 'Skeireins' her läßt sich dieses von 78 79

DIETRICH [Anm. 12], S. LXXVf; vgl. dazu KICHERT u. SCHAFERDIEK [Anm. 46].

RlCHERT [Anm. 46], S. 42, vgl. S. 12f; er vermerkt im übrigen ausdrücklich die relative Geltung dieses Urteils allein für eine isolierte Betrachtung der 'Skeireins'-Fragmente (S. 42). Der über den Rahmen des 'Skeireins'-Verständnisses hinausführende Gewinn der Klärung des textimmanenten Sinnes von Sk V liegt darin, daß sie ein entscheidendes semasiologisches Argument gegen die Unterstellung einer "arianisierenden" Tendenz der Wiedergabe von Phil. 2,6 in der gotischen Bibel liefen; s. dazu KICHERT, S. 42f. und SCHAFERDIEK [Anm. 46], S. 130-132. Die Folgerungen allerdings, die RlCHERT, S. 43-45 daraus wiederum für die theologiegeschichtliche Beurteilung Wulfilas zieht, gehen viel zu weit, zumal er dabei die Aussagefähigkeit des überlieferten Bekenntnisses Wulfilas (ed. R. GRUYSON, Scolies ariennes sur le concile d'Aquilee, Sources Chret. 267, Paris 1980, S. 250) bei weitem unterschätzt (vgl. dazu SCHAFERDIEK, S. 132-140); es gibt Wulfilas Stellung in einem "arianischen" Kontext deutlich zu erkennen und bietet keinen Anlaß, einen tiefgreifenden Gegensatz zwischen ihm und seiner Deutung durch Auxentius von Dorostorum (GRUYSON, S. 236-250) zu konstruieren. Allerdings führt es auf der anderen Seite auch zu weit, Wulfila nur aufgrund gewisser, aus einem gemeinsamen Traditionshintergrund erklärbarer Anklänge des Auxentius an Eunomios (vgl. zu diesem LUISE ABRAMOWSKI, Euriomios. Reallexikon f. Antike u. Christent. 6, 1966, Sp. 936-947) mit M. SlMONETTi, L'arianesimo di Ulfila, Romanobarbarica l (Rom 1976) 297-323 dem radikalen Neuarianismus zuzuordnen, dessen philosophische Orientierung ihm fremd ist. 80 Vgl. Theod. Heracl., In Joh. frg. 70.126.254.257.310.334.336 {REUSS, S. 84; 99; 131; 132; 146; 153); vielleicht beruht auf der Kenntnis solch überarbeiteter Schriften das Urteil des Philostorgios, Theodor sei Homousianer gewesen: Hist. eccl. VIII 17 (BlDEZ/WlNKELMANN, S. 115). Frg. 117 (REUSS, S. 97), das sich gegen eine Logos-Sarx-Christologie wendet, weil diese Christi Gottheit als leidensfähig erscheinen lasse, hat sogar eine direkte Zuspitzung gegen "arianisierende" Tendenzen, wird aber möglicherweise durch die Aussage frg. 397 (REUSS, S. 166), daß der leidende Christus "kein bloßer Mensch war, sondern fleischgewordener Gott", als Fremdgut erwiesen. 81 Theod. Heracl., In Joh. frg. 331 zu Joh. 17,3 (REUSS, S, 152): "Wahren Gott nennt er ( = Christus) den Vater als ungezeugt, stellt sich freilich (damit) nicht selbst außerhalb des Gottseins. Gott ist nämlich auch der Eingeborene, aber gezeugt aus Gott". Die Prädikation soll offenbar dem Vater als dem "ungezeugten Gott" vorbehalten werden.

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der Katenenüberlieferung vermittelte, zweifellos sekundäre und schon von der Terminologie her nicht in die Zeit Theodors passende Bild schwerlich korrigieren. Immerhin aber dürfte der gotische Text gegenüber solchen retuschierten Teilen der Katenenüberlieferung eher die eigene Prägung Theodors bewahren; denn so wenig die Auslegung von Joh. 5,19-23 in Sk V auch auf die positive Behauptung eines Subordinatianismus ausgerichtet ist, so steht sie ihm doch auch wieder nicht im Wege, während in einem Katenenfragment eine klassische subordinatianische Belegstelle, Joh. 14,28 ("Der Vater ist größer als ich"), als uneigentliche und vorläufige Aussage Christi dargestellt und damit einer subordinatianischen Deutung ausdrücklich verschlossen wird82. Die vermeintliche dogmatische Indifferenz des isoliert gesehenen Antisabellianismus der 'Skeireins' erweist sich hier geradezu als versteckter Hinweis auf die ursprüngliche theologische Prägung des Kommentars gegenüber seiner späteren Überarbeitung. An einer anderen Stelle aber fällt doch auch von der griechischen Überlieferung her ein Licht auf die Ausführungen der 'Skeireins'. DIETRICH hatte - gewiß in Überschätzung des Stellenwertes des Sk I a 18f eingesprengten Zitats aus Eph. 5,2 - den Eindruck gewonnen, die 'Skeireins' deute den Tod Christi im Horizont einer Sühnopfervorstellung83. Tatsächlich jedoch teilt auch Theodor von Herakleia die bei den griechischen Kirchenvätern geläufige Loskauftheorie, der Christi Tod als Lösegeld für die Befreiung des Menschen aus der ihn dem Tod preisgebenden Macht Satans galt8;. Die vorstehenden Ausführungen sind ein Versuch, die Frage der 'Skeireins' einmal aus kirchengeschichtlicher Sicht anzugehen - gelegentlich gewagte Grenzüberschreitungen mögen die Fachvertreter der Germanistik dem Eifer für die Sache zugute halten und mit Nachsicht beurteilen. Das Ergebnis, der versuchte Aufweis der Vorlage, deren geschichtlicher Ort in den kirchlichtheologischen Auseinandersetzungen während des zweiten Viertels des vierten Jahrhunderts recht genau bestimmbar ist, möchte vor allem ein Beitrag zum Verständnis und zur Beurteilung dieses gotischen Literaturdenkmals sein. Als solches aber ist die 'Skeireins' zugleich auch ein Bruchstück altkirchlicher exegetischer Literatur und könnte vielleicht auch dem Kirchenhistoriker dienlich sein zumindest als Hinweis auf Theodor von Herakleia, der auch in umfangreichen Darstellungen der alten Kirchengeschichte, wenn überhaupt, dann nur ganz am Rande erwähnt und in den neueren Handbüchern der Patrologie ganz übergangen wird85, dessen theologische Wirksamkeit als 82

83 84

Theod. Heracl., In Joh. frg. 275 (REUSS, S. 138).

DIETRICH [Anm. 12], S. LXXVIII.

Theod. Heracl., In Joh. frg. 200 (REUSS, S. 117). Bei H. LlETZMANN, Geschichte aus der alten Kirche III, Berlin 21953, wird kurz seine Mission am Trierer Hof und seine Verurteilung in Serdika erwähnt (S. 194f), bei C. ANDRESEN, Die Kirchen der alten Christenheit, Stuttgart 1971, und K. BAUS/E. EWIG, Die Reichskirche nach Konstantin d. Gr., 1. Halbbd., Die Kirche von Nikaia bis Chalkedon (= Handbuch der 85

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Exeget aber für eine sachgemäße Einschätzung der vornehmlich als kirchenpolitische Pressuregroup gezeichneten Eusebianerpartei seiner Zeit wohl mitbedacht werden muß. Kirchengesch., hg. v. H. JEDIN, Bd. II 1), Freiburg/Basel/Wien 21979 ist er nicht genannt, ebensowenig bei J. QUASTEN, Patrology III, Utrecht/Antwerpen/Westminster (Md.) 1960 und B. ALTANER/A. STUIBER, Patrologie, Freiburg/Basel/Wien 81978; vgl. dagegen O. BARDENHEWER, Geschichte der altkirchlichen Literatur III, Freiburg 21923 = Darmstadt 1962, S. 265 (hier ist S. 595 übrigens auch die 'Skeireins' genannt).

Errata S. 72, Textzeile 4 v. u.: genitivischen statt genetivischen S. 74, Textzeile 6 v. o.: Genitiv statt Genetiv S. 74, Textzeile 9 v. o.: naudipaurfts statt naudi aurfts

S. 78, Anm. 33, Zeile 1: Genitiv statt Genetiv S. 85, Anm. 79, Zeile 9: Gryson statt Gruyson S. 85, Anm. 79, Zeile 13: Gryson statt Gruyson

ZEIT UND UMSTÄNDE DES WESTGOTISCHEN ÜBERGANGS ZUM CHRISTENTUM Seit E. A. Thompson 1956 einen auf die Zeit von 382 bis 395 führenden Spätansatz der förmlichen Annahme des Christentums durch die Westgoten zu begründen versucht hat 1 , ist in dieser Frage eine gewisse Unsicherheit zu beobachten, die eine nochmalige Aufnahme des Problems als sinnvoll und geboten erscheinen läßt. Das gilt umso mehr, als sich mit dem Datierungsproblem auch Fragen des sachlichen Verständnisses der Vorgänge verbinden hängt doch schon Thompsons zeitlicher Ansatz unmittelbar mit seiner Deutung der Vorgänge selbst zusammen2. Berichte über die Annahme des „arianischen" Christentums durch die Westgoten bzw. einen westgotischen Teilverband finden sich bei den drei Kirchenhistorikern Sokrates, Sozomenos und Theodoret sowie bei Orosius3. Angaben späterer Historiker (Jordanes, Isidor von Sevilla) sind ohne selbständigen Wert. Am wenigsten ergiebig ist Orosius. Nach ihm haben die Goten zu einer nicht näher bestimmten Zeit vor der Schlacht von Adrianopel von Valens Bischöfe zwecks Unterweisung im christlichen Glauben erbeten und daraufhin wegen der Irrgläubigkeit des Kaisers von diesem arianische Lehrer erhalten. Orosius ist auch gar nicht so sehr an diesem Geschehen selbst interessiert; ihm kommt es vor allem darauf an, geschichtstheologisch einen sachlichen Zusammenhang zwischen der Tatsache, daß Valens die Goten um den rechten Glauben betrogen habe, und seinem Untergang zu konstruieren. Jordanes4 hat ihn so verstanden, daß die gotische Bitte um christliche Unterweisung bei Gelegenheit des Donauübergangs der Goten und ihrer Aufnahme ins Reich 376 erfolgt sei. Eine unmittelbare Handhabe zu dieser Einordnung bietet aber die Darstellung des Orosius selbst nicht. Sehr ausführlich ist demgegenüber die Schilderung bei Sozomenos. Interessant ist sie allerdings in erster Linie nicht so sehr aus diesem Grunde, als vielmehr deshalb, weil sie einen Einblick in die Arbeitsweise des Autors im

1

E. A. Thompson, The Date of the Conversion of the Visigoths: Journ. of Eccl. Hist. 7 (1956) 1-11; ders., The Visigoths in the Time of Ulfila, Oxford 1966, 78-83. 2 Zu dieser s. E. A. Thompson, Christianity and the Northern Barbarians: Nottingham Medieval Studies 1 (1957) 3-21 = The Conflict between Paganism and Christianity in the Fourth Century, ed. A. Momigliano, Oxford 1963, 16-78; ders.; Visigoths 103ff. 3 Sokr., Hist. eccl. IV 33, ed. R. Hussey/W. Bright 209 f; Sozom., Hist. eccl. VI 37, ed. J. Bidez/G. Ch. Hansen (GCS 50), 294-296; Theodoret, Hist. eccl. IV 37, ed. L. Parmentier/F. Scheidweiler (GCS 44) 237f; Orosius, Hist. VII 33, 19, ed. C. Zangemeister (CSEL 5) 520. 4 Jord., Getica 131f, ed. Th. Mommsen (MG Auct. Ant. 5) 92.

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Umgang mit seinen Quellen gibt. Sie weist Brüche und Unstimmigkeiten auf, die darauf zurückgehen, daß hier zwei offensichtlich nebeneinander umlaufende Vorstellungen von der Entstehungsgeschichte des gotischen „Arianismus" ineinander gearbeitet sind. Deren eine hat Sozomenos mit Theodoret gemeinsam. Sie besagt, daß die „Arianisierung" der Goten im Zusammenhang ihres Donauübergangs und der Aufnahme ins Reich erfolgt sei, und zwar auf dem Wege über eine massive Überredung ihres Bischofs Wulfila durch arianische kirchliche Hofkreise. Für Theodoret, der sich dabei den Anachronismus erlaubt, den bereits 370 verstorbenen arianischen Bischof Eudoxios von Konstantinopel entscheidend mitwirken zu lassen, ist das ein „Konfessionswechsel". Die bislang „katholischen" Goten werden jetzt „arianisch". Sozomenos dagegen ordnet den Gotenbischof Wulfila, den er trotz seiner Unterschrift unter das Bekenntnis der konstantinopler homöischen Synode von 360 noch bis 376 Nikäner sein läßt, bereits einem noch heidnischen Volk zu, dessen Übergang zum Christentum dann gleich zum „Arianismus" führt. Hier liegt eine wesentliche Unstimmigkeit seiner Darstellung, die bei Theodoret durch Umdeutung vom Religions- zum Konfessionswechsel geglättet ist, eine Unstimmigkeit, die nur übersehen werden kann, wenn man Wulfila die der zeitgenössischen Kirche unbekannte Funktion eines „Missionsbischofs" zuschreibt. Dabei wird sichtbar, daß neben der Tendenz, die kirchliche Umgebung des Valens dafür verantwortlich zu machen, die Kunde vom „Gotenbischof" Wulfila ein wichtiges Konstruktionselement dieser Version der gotischen „Arianisierungsgeschichte" ist. Es erweist diese Version aber zugleich auch als bloße Kombination, um derentwillen Sozomenos sogar die bessere, wohl Synodaldokumenten entnommene Nachricht von Wulfilas Unterzeichnung der Homöersynode von 360 entwertet und die Zuordnung eines Bischofs an ein noch heidnisches Volk in Kauf. nimmt, während Theodoret ein bereits eingewurzeltes „orthodoxes" Christentum unter den Goten postuliert. Denn die erstmals im Zusammenhang des Konzils von 360 für Wulfila begegnende Bezeichnung „Gotenbischof"5 beschreibt allem Anschein nach seine Funktion als des kirchlichen Leiters der zur Zeit des Konstantios mit ihm ins römische Reich gekommenen und in Mösien angesiedelten christlichen gotischen Gemeinschaft, der später sogenannten „Kleingoten". Zuvor war er „Bischof für die Christen im Gotenland"6 oder „Bischof von Gotien" gewesen7. Die Beziehung der Amtsbezeichnung „Gotenbischof" auf die Goten schlechthin, die wohl in einer Unkenntnis der

5

Sokr., Hist. eccl. II41, ed. Hussey/Bright 129;Sozom.,Hist. eccl. IV 24, l, ed. Bidez/Hansen

178. 6

Philost., Hist. eccl. II 5, ed. J. Bidez/F. Winkelmann (GCS), 18. Dazu s. im einzelnen K. Schäferdiek, Wulfila (erscheint in Zeitschr. f. Kirchengesch. 90, 1979). 7

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kleingotischen Gruppe und ihrer Besonderheit wurzelt, ist ein - allerdings bis in die Gegenwart sich behauptendes - Mißverständnis. Es hat die Ausbildung der geschilderten Vorstellung von der gotischen „Arianisierung" erst ermöglicht und bedingt zugleich die bei Sozomenos darin zutage tretende Unstimmigkeit, die in der fortentwickelten Fassung bei Theodoret durch die gekennzeichnete Retusche beseitigt ist. Eingeschoben in diese Darstellung ist bei Sozomenos eine zweite Überlieferung, die für sich allein bei Sokrates begegnet. Demnach ist es im norddanubischen Gotien zu einem internen Machtkampf zwischen den Gotenfürsten Athanarich und Fritigern gekommen, bei der Fritigern, in Bedrängnis geraten, römische Hilfe in Anspruch nahm und aus Dankbarkeit das Christentum in seiner von Valens vertretenen Form annahm, als er infolge dieser Hilfe die Oberhand gewinnen konnte. Sokrates oder auch schon die ihm vorliegende Quelle hat an diesen Bericht noch einige weitere Nachrichten über gotisches Christentum angeschlossen. „Damals auch" ( ), so heißt es, habe der Gotenbischof Wulfila die gotische Schrift erfunden und die Bibel übersetzt. Da er aber nicht nur die Leute Fritigerns, sondern auch die Athanarichs christlich unterwiesen habe, sei es zur Christenverfolgung Athanarichs gekommen. Bei Sozomenos erhält dieser ganze Erzählungskomplex, den er Sokrates oder einer beiden gemeinsamen Quelle entnimmt und durch zusätzliches Material zur Verfolgung Athanarichs anreichert, infolge seiner Einschiebung in die andere Vorstellung von der Entstehung des gotischen „Arianismus" eine sekundäre zeitliche Einordnung in den Zusammenhang der Ereignisse nach dem gotischen Donauübergang von 376. Demgegenüber schien die Sokrates-Darstellung selbst mit ihrem Ablauf der Ereignisse Fritigerns Bekehrung, Wulfilas Wirksamkeit, dadurch ausgelöste Verfolgung Athanarichs - eine Handhabe zu einer zuverlässigen zeitlichen Näherbestimmung zu bieten. Denn die Christenverfolgung Athanarichs ist auf die Jahre von 369 bis mindestens 372 datierbar8, so daß sich für die Einordnung der Auseinandersetzung zwischen Athanarich und Fritigern mit der Folge des Übertritts Fritigerns scheinbar die Zeit des 367-369 von Valens geführten Gotenkrieges anbot9. Leider aber liegen die Dinge so einfach nicht. Die Darstellung des Sokrates gibt nicht den Ablauf der Ereignisse wieder, sondern das Bild, das der Autor oder seine Quelle sich davon macht. In dem

8

Beginn 369: Hieron., Chron ad. a. 369, ed. R. Helm (GCS 47) 245, 20-23; Andauer bis mindestens 12. Apr. 372 (Märtyrertod des Sabas): Märt. Sabae 7, 5, ed. H. Delehaye, Anal. Boll. 31 (1912) 221, 6-8. 9 Daß der Zusammenhang bei Sokrates für die Auseinandersetzung Athanarich/Fritigern in den Zusammenhang des Gotenkrieges führen müsse, setzt Thompson, Date 6f u. Visigoths 87f voraus; an eine Zeit unmittelbar im Anschluß an den Krieg denkt ohne nähere Begründung K. D. Schmidt, Die Bekehrung der Ostgermanen zum Christentum, Göttingen 1939, 240.

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kompositionstechnischen aber wird deutlich eine redaktionelle Fuge sichtbar. Sie läßt erkennen, daß der Bericht von Fritigerns Übertritt den Anlaß bot, hier weiteres Material in scheinbarer Folgerichtigkeit anzuschließen. Dabei unterläuft dann sogleich dieselbe Fehleinschätzung des Funktionsbereiches Wulfilas in seiner Eigenschaft als Gotenbischof, die anderwärts schon begegnet ist, obwohl auch Sokrates weiß, daß Wulfila bereits 360 in dieser Funktion tätig war10. Die ursächliche Verknüpfung der Verfolgung Athanarichs mit seiner Wirksamkeit muß daher ebenso wie auch deren Verbindung mit dem Übertritt Fritigerns als reine Kombination des Historikers oder seiner Vorlage gelten. Das Datum der Verfolgung Athanarichs erlaubt somit keinerlei Rückschluß auf die Zeit der Auseinandersetzung zwischen Athanarich und Fritigern. Mit dieser chronologischen Feststellung entfällt auch Thompsons Argumentation dafür, daß diese Auseinandersetzung zwischen den beiden Gaufürsten lediglich eine Erfindung sei, um das „arianische" Bekenntnis der Goten zu erklären11. Er begründet das damit, daß die Darstellung des Sokrates und des Sozomenos ohnehin einander widersprächen und daß vor allem Ammianus Marcellinus in seinem Bericht vom Gotenkrieg des Valens12 eine für die römische Position den Goten gegenüber so wichtige Begebenheit nicht erwähne. Dies aber ist eine methodisch kurzschlüssige Argumentation auf den ersten Augenschein hin. Sie unterläßt es, die Unterschiedlichkeit der Darstellung der beiden Kirchenhistoriker auf ihre Begründung in einer unterschiedlichen Weise der Quellenbenutzung und -Verarbeitung hin zu befragen und damit den möglichen Aussagewert des von diesen Darstellungen jeweils entworfenen Gesamtbildes der Vorgänge zu bestimmen, ehe aus einem solchen Gesamtbild Folgerungen für einzelne der in es eingearbeiteten Elemente gezogen werden. Sokrates selbst macht die Auseinandersetzung der beiden Gotenfürsten zum Fixpunkt der Einordnung seiner Darstellung in den Gesamtrahmen seiner Kirchengeschichte. Darauf weist nicht nur das redaktionelle , mit dem die übrigen Nachrichten zum gotischen Christentum daran angehängt werden; vielmehr knüpft auch das nächste Kapitel mit seinen Eingangsworten noch einmal unmittelbar an diese Auseinandersetzung an: „Bald nachdem die Barbaren ein Einvernehmen miteinander getroffen hatten . . ,"13. Den einzigen Anhaltspunkt für die von ihm selbst beabsichtigte chronologische Eingliederung des Geschehens bietet daher die Stellung des Kapitels im chronologischen Gesamtaufriß des vierten, der Regierungszeit des Valens (364-378) gewidme-

10

S. o., Anm. 3. Thompson, Date 6ff u. Visigoths 87ff. 12 Ammian. Marcell., Hist. XXVII 5, ed. C. U. Clark 428-430. 13 Sokr., Hist. eccl. IV 34, ed. Hussey/Bright 210. 11

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ten Buches seiner Kirchengeschichte. Dessen Darstellung erreicht mit den Kapiteln 20 bis 22 den Tod des Athanasius und die daran anschließenden alexandrinischen Ereignisse des Jahres 373. Es folgen in den Kapiteln 23 bis 28 Themen, die keine zeitlich punktuellen Geschehnisse betreffen und zum Teil auch nach rückwärts ausgreifen, und die Kapitel 29 bis 31 bilden einen bewußt eingeschalteten, bis zum Tod Valentinians I. geführten Exkurs über Ereignisse im Westreich. In Kapitel 32 wird dann von der nicht mehr erhaltenen „Toleranzrede" berichtet, die Themistios vor Valens in Antiochien gehalten habe; sie könnte in den dortigen Aufenthalt des Kaisers während des Winters 373/4 gehört haben14. Sokrates selbst rechnet möglicherweise mit 375, schließt er doch seinen Bericht eben an den bis zum Tod Valentinians I. (17. November 375) geführten Exkurs über westliche Begebenheiten an. Es folgt das hier zur Diskussion stehende Kapitel 33, dem sich in Kapitel 34 der Bericht vom Hunneneinbruch und dem Donauübergang der Goten 376 anschließt. Nach dem Urteil des Sokrates fällt somit die Auseinandersetzung zwischen Athanarich und Fritigern und dessen Übertritt zum Christentum in die Zeit zwischen 373/4 (375 ?) und 376, und er wird darin von Ammianus Marcellinus jedenfalls insoweit bestätigt, als dessen Darstellung des Gotenkrieges von 367-369 tatsächlich eine innergotische Auseinandersetzung solchen Ausmaßes während der Zeit dieses Krieges mit einiger Wahrscheinlichkeit ausschließt. Eine Möglichkeit, über diese Feststellung hinauszukommen, gibt es nicht. Immerhin aber nennt die sonst ganz von Sokrates (oder unmittelbar von seiner Quelle?) abhängige Passio des Niketas über diesen hinaus das Jahr 375 als Datum der Bekehrung der Goten15. Im übrigen ist es auch aus sachlichen Gründen nicht unwahrscheinlich, daß die hier angesprochene machtpolitische Auseinandersetzung gotischer Fürsten in die Zeit zwischen den gotischerseits von Athanarich geführten Krieg mit Valens und die Ereignisse von 376 zu datieren ist, sehen wir doch 376 bei der Spaltung der Westgoten angesichts des Hunneneinbruchs gerade auch Fritigern neben einem anderen gotischen Anführer (Alaviv) in Gegensatz zu Athanarich treten16. Die Glaubwürdigkeit des Sokratesberichtes sieht Thompson auch dadurch erschüttert, daß ein zeitgenössischer Beobachter, Ambrosius von Mailand, noch bis mindestens 381 nichts von gotischem Christentum gewußt habe. „When he refers incidentally to the matter in 378 he implies that the barbarians were pagan"17. Dies entnimmt er einer Passage aus De fide II 1618. Ambrosius 14

Zur „Toleranzrede" s. W. Stegemann, Pauly/Wissowa 2. Reihe 10,1934,1660, wo allerdings gegenüber älterem Ansatz auf 374 an 376 gedacht ist; eine sichere Datierung ist aber nicht möglich. 15 Passio Nicetae 5, ed. H. Delehaye, Anal. Boll. 31 (1912) 21 If. " Zu den Vorgängen und Quellen s. L. Schmidt, Geschichte der deutschen Stämme bis zum Ausgang der·Völkerwanderung I. Die Ostgermanen, München2 1941 = 1969, 400f. 17 Thompson, Date 8 u. Visigoths 89. 18 Ambros., De fide II 16, 139f, ed. G. Faller (CSEL 78) 106.

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postuliert dort einen inneren Zusammenhang zwischen der arianischen Häresie des Ostens und dem Unglück des Gotenkrieges: „Offensichtlich geht dem göttlichen Zorn eine Ursache voraus derart, daß dort dem römischen Reich zuerst die Treue (fides) gebrochen wurde, wo man sie Gott gebrochen hatte . . . Haben wir nicht vernommen, daß das ganze Gebiet von Thrakien über Uferdakien und Mösien bis Valerien und Pannonien ebenso von gotteslästerlicher Rede wie von barbarischem Aufruhr (sacrilegis panter vocibus et barbaricis motihus) erzittert?" Diese sacrilegae voces, mit denen Ambrosius unzweifelhaft auf die Lehren und Symbolformulierungen der in den Donauprovinzen herrschenden Homöer zielt, glaubte Thompson als Hinweis auf gotisches Heidentum ansehen zu müssen. Krasser läßt sich der Text kaum mißdeuten. Der zweite vermeintliche Beleg für gotisches Heidentum entstammt den Vorwürfen, die Ambrosius gegen den ehemaligen homöischen Bischof von Pettau Julianus Valens erhebt19. Dieser sei, „von gotischer Gottlosigkeit (impietas) beschmutzt", „mit Halskette und Armring nach Art der Heiden" vor einem römischen Truppenteil aufgetreten, was nicht nur für einen Bischof (sacerdos), sondern für jeden Christen ein Sakrileg und römischem Brauch zuwider sei; allenfalls die götzendienerischen Priester (idolatrae sacerdotes) der Goten träten so auf. Offenbar hatte Julianus Valens - wie andere heimatlos gewordene homöische Bischöfe auch - Rückhalt bei einer der in den achtziger Jahren des vierten Jahrhunderts nach Italien kommenden gotischen Truppeneinheiten gefunden und sich dabei der Art des Auftretens anbequemt, die man gotischerseits anscheinend von einem Bischof erwartete. Daß Ambrosius das als heidnisch abqualifiziert, entspricht dem Tonfall seiner gegen Julianus betriebenen Hetze. Der Vorgang selbst ist kaum etwas anderes als ein mittelbarer Beweis dafür, daß die um 381 in Oberitalien auftretenden gotischen Foederaten mindestens formell homöische Christen waren. Die Stelle belegt so gerade das Gegenteil von dem, was Thompson ihr hatte entnehmen wollen20. Im übrigen aber bezeugt Eunapios, daß der gotische Teilverband unter Fritigern sich bereits beim Donauübergang von 376 als formell christlich dargestellt hat21. Thompson bemerkt dazu nur in einer Fußnote: „I confess that I do not know what to make of Eunapius, frag. 55, but I take it that no one would claim on the strength of that passage that Eunapius believed the Visigoths to have been Christian in 376"22. Eunapios tut dies auch expressis 19

Ambros., Ep. X 9, MPL 16, 983. Daß Ambrosius dann für 385 auch ausdrücklich das homöische Christentum der gotischen Hilfstruppen bezeugt (Ep. XX, MPL 16, 1036ff), hat Thompson bei der Angabe von 395 als spätestem Übertrittstermin übrigens ganz übersehen. 21 Eunap., Frg. 55, ed. C. Müller, Frag. Hist. Grace. IV (1868) 38f. 22 Thompson, Date 8, Anm. 5 u. Visigoths 90, Anm. 3. 20

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verbis nicht. Er ist vielmehr der Meinung, daß sie tatsächlich noch Heiden gewesen seien, bezeugt aber dabei ebenso ausdrücklich, daß sie - zur Täuschung der Römer, wie er meint - den Anspruch erhoben, für Christen gehalten zu werden. Sie haben deshalb einige verwunderlich gekleidete Gestalten „als ihre Bischöfe" herausgestellt und auch eine Art von Mönchen bei sich gehabt. Sieht man davon ab, daß es sicher unpräzise ist, wenn Eunapios gleich von einer Mehrzahl von Bischöfen redet, so zeichnet er hier doch ein Bild, das ganz dem entspricht, was man von einem Stammesverband erwarten darf, der noch nicht sehr lange zuvor als ganzer formell und äußerlich das Christentum angenommen hat. Nicht mit seiner Deutung, sondern mit seiner Situationsschilderung unterstützt so Eunapios jedenfalls insoweit den Bericht des Sokrates und macht damit allein schon die Spätdatierung der westgotischen Annahme des Christentums hinfällig. Diese Spätdatierung ist nicht nur eine Voraussetzung für Thompsons Deutung des Christianisierungsvorganges selbst, sie bringt vielmehr auch ihrerseits wieder ein Verständnisproblem mit sich, das er in seinem ersten Beitrag noch gar nicht ins Blickfeld bekommen hatte und erst später anspricht23, die Frage nämlich, wie es bei einem allein als soziale Assimilation zu deutenden Vollzug der Christianisierung nach 382 noch zur Annahme der reichskirchlich ausgeschalteten homöischen Bekenntnisform kommen konnte. Zwangsläufig taucht dabei sofort das leidige Problem einer möglichen besonderen Affinität der germanischen Stammesgesellschaft zu dieser Ausgestaltung christlicher Theologie wieder auf. Thompson stellt daher auch einige Erwägungen dazu an. Die hierarchisch gestufte Trinität habe dem Stammesführer ein Modell bieten können, in dem er die von ihm seinen Leuten gegenüber angestrebte Machtstellung definiert sehen konnte. Auch habe ein anthropomorphes Gottesbild einer Auffassung entsprechen können, für die vom Helden über den Halbgott zum Gott nur ein gleitender Übergang bestehe. Hier wird nicht nur übersehen, daß man es bei der subordinatianischen Trinitätstheologie dieses „Arianismus" mit einer Ausformung der Logoschristologie zu tun hat, die als solche weit von jedem Anthropomorphismus entfernt ist. Es wird vielmehr überhaupt eine falsche Perspektive angelegt, die sich einseitig an den abstrakt-spekulativen Zügen des theologischen Denkbildes der Trinität orientiert. Doch lassen schon die wenigen Zeilen des Bekenntnisses Wulfilas24 auch eine andere, praktisch sicher bedeutsamere Dimension erkennen. Im Gegenüber zum Menschen - und das ist in erster Linie entscheidend für den religiösen Erlebensbereich, für Liturgie und Frömmigkeit - treten Vater und Sohn in einer engen und ausschließenden Gemeinsamkeit auf einer überweltlichen Ebene zueinander. Denn auch der 23 24

Thompson, Visigoths 107ff. Dissertatio Maximini 63, MPL Suppl l, 707.

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Sohn ist, vom Menschen aus gesehen, vor allem einmal Gott und Herr und als solcher Teilhaber einer unvergleichlichen Majestät - vom Geist kann hier abgesehen werden, da er unpersönlich und instrumental gedacht wird. Die Herrenprädikation des Sohnes ist zugleich auch Funktionsbezeichnung. Denn in seinem Wirken kommt die Weltherrschaft Gottes zur Geltung, so daß ein Versuch christlicher Legitimation politischer Macht unter diesen Voraussetzungen folgerichtig - wie in der konstantinischen Kaiserideologie geschehen christologisch und nicht trinitarisch ansetzen muß. Wichtiger allerdings als die skizzierten Erwägungen erschien Thompson der Gedanke, daß die gotische Führungsschicht vor allem deshalb ein Interesse an dem „arianischen" Sonderbekenntnis gehabt haben müsse, um sich in kirchlicher Hinsicht organisatorische Selbständigkeit zu wahren und nicht von der theodosianischen Reichskirche absorbiert zu werden. Dazu jedoch bedurfte es keines Sonderbekenntnisses, sondern lediglich politischer Autonomie. Denn diese ist, wie die byzantinische und die frühmittelalterliche abendländische Missionsgeschichte lehrt, die Voraussetzung auch der kirchlichen Autonomie. Die homöische Bekenntnisgestalt des gotischen Christentums bleibt so aber ein gewichtiges inneres Indiz dafür, daß die den allgemeinen öffentlichen Christianisierungsprozeß einleitende Grundentscheidung vor dem theodosianischen Umschwung gefallen ist. Alles in allem erweist sich bei näherem Zusehen die Spätdatierung der westgotischen Bekehrung als zu gebrechlich, um auch nur sich selbst tragen zu können, geschweige denn das Schwergewicht einer ganz bestimmten Deutung des Geschehensablaufes der Christianisierung überhaupt. Die von Sokrates mitgeteilte Überlieferung von der ausschlaggebenden Bedeutung der Auseinandersetzung zwischen Athanarich und Fritigern für die gotische Annahme des Christentums verdient in ihrem wesentlichen Inhalt nach wie vor Vertrauen, und die von ihm unausgesprochen intendierte Datierung in die Zeit zwischen 373/4 (375?) und 376 ist jedenfalls nicht unwahrscheinlich. Daß für den kirchlichen Vollzug der Entscheidung Fritigerns auf Kräfte aus dem Kreis der längst reichsansässig gewordenen Gemeinde Wulfilas zurückgegriffen wurde, darf man wohl annehmen; denn in ihr dürfte der gotische „Arianismus", wie er durch das homöische Bekenntnis und die nationalsprachliche Gestalt definiert ist, seine eigentliche Heimat haben. Daß aber Wulfila selbst auch an dieser Missions- und kirchlichen Organisationsarbeit noch beteiligt war, ist lediglich eine Kombination der überliefernden Autoren aus der ersten Hälfte des fünften Jahrhunderts.

GOTIEN Eine Kirche im Vorfeld des fr hbyzantinischen Reichs In den Teilnehmerlisten der beiden gro en von Konstantin einberufenen Synoden, 314 in Arles und 325 in Nikaia, tritt f r uns manche fr hchristliche Gemeinde unvermittelt aus dem Dunkel der Geschichte heraus. So finden wir in der berlieferten Unterzeichnerliste von Nikaia an vorletzter Stelle dann auch einen Bischof Theophilos von Gotien (Θεόφιλος Γοτθίας)1. berzogene Kritik hat diesen Eintrag zwar als nicht urspr nglich ansehen wollen2, doch das ist schlecht begr ndet. Schon Euseb von Kaisareia spielt in seiner Beschreibung der nik nischen Synode in der Vita Constantini mit den Worten: ». . . und auch ein Skythe fehlte nicht im Reigen«3 offensichtlich auf diesen Konzilsteilnehmer an. Die Liste von Nikaia bezeugt damit nicht nur ein bereits kirchlich organisiertes Christentum in Gotien, sie bietet vielmehr zugleich auch den ersten Beleg f r diesen L ndernamen Gotien, Γοτθία, selbst. Nicht viel sp ter begegnet der Name erneut, und zwar in der lateinischen Form Gothia, in der r mischen M nzpr gung der Zeit nach Konstantins Gotensieg von 3324. Danach taucht er wieder in Zeugnissen der christlichen Literatur der letzten Jahrzehnte des vierten und des fr hen f nften Jahrhunderts auf5. Zuf llig nur als bersetzung des griechischen Γοτθία ist auch der gotische Name Gutbiuda berliefert6. Er d rfte jedoch von jeher die Entsprechung der griechischen und lateinischen Bezeichnung gewesen sein und bedeutet eigentlich Gotenvolk, dann aber eben auch Land des Gotenvolkes. Gemeint ist in all diesen Zeugnissen das Gebiet n rdlich der unteren Donau, das seit dem sp ten dritten Jahrhundert von dem gotischen Teilverband der Terwingen

1 HEINRICH GELZER / HEINRICH HILGENFELD / OTTO CUNTZ, Patrum Nicaenorum nomina (Leipzig 1898) LXIV. Grundlage der Rekonstruktion der griechischen Laste ist die lateinische und syrische berlieferung: CUTHBERT HAMILTON TURNER, Ecclesiae occidendalis monumenta iuris antiquissima 1,1 (Oxford 1899) 90f und 1,2 (ebd. 1904) 101; FRIEDRICH SCHULTHESS, Die syrischen Kanones der Synoden von Nicaea bis Chalcedon - AbhG ttingen NF 10,2 (Berlin 1908) 13. 2 ERNST HONIGMANN, La liste originale des Peres de Nicee: Byzantion 14 (1939) 17/76; ders., The original lists of the members of the Council of Nicaea, the Robber-Synod and the Council of Chalkedon: ebd. 16 (1942/43) 20/80, hier 22/8. Vgl. dazu KNUT SCH FERDIEK, Wulfila. Vom Bischof von Gotien zum Gotenbischof: ZKG 90 (1979) 253/92, hier 287/9. ! Euseb. vit. Const. 3,7,1 (GCS Euseb. 1,1, 84,13f WINKELMANN): . .. ουδέ Σκΰ&ης άπελιμπάνετο της χορείας, 4 PATRICK M. BRUUN, The Roman imperial coinage 7 (London 1966) 215 (Trier nr. 531). Zum politischen und staatsrechtlichen Hintergrund dieser Pr gungen vgl. EVANGELOS K. CHRYSOS, Gothia Romana. Zur Rechtslage des F deratenlandes der Westgoten im 4. Jh.: Dacoromania l (1973) 52/64.

s Martyrium des Sabas, Praescr. und 1. S. 4 (HIPPOLYTE DELEHAYE, Saints de Thrace et de Mesie: AnBoll 31 [ 1912] 161/300 [Text des Sabasmartyriums: 216/21), hier 216,21. 30; 217,27; 218,16); Passio des Innas, Remas und Pinas, Superscr. (ebd. 215f, hier 215,24 [die Abfassungszeit ist allerdings in diesem Fall nicht zu bestimmen]); Menologiennotiz zum 26. M rz (ebd. 279); Epiph. haer. 70,15,2/5 (GCS Epiph. 3, 248,11/28 HOLL); Aug. civ. D. 18,52 (CCL 48, 651,57 DOMBART/ KALB); Oros. hist. 1,2,53 (CSEL 5, 22,1 ZANGEMEISTER); Konstantinopeler Kalendar (s. u. Anm. 6). 6 Gotisches Kalenderfragment, Eintrag zum 23. Oktoher; diplomatische Ausgabe von ERNST A. EBBINGHAUS, Gothica XI. The Gothic calendar: General Linguistics 15 (1975) 36/9, hier 36. Der gotische Kalender ist wahrscheinlich eine nicht vor 419 entstandene bersetzung einer griechischen Vorlage aus Konstantinopel; vgl. KNUT SCH FERDIEK, Das gotische liturgische Kaienderfragment - Bruchst ck eines Konstantinopeler Martyrologs: ZNW 79 (1988) 116/37. Zur Bedeutung von Gutbiuda als Gotenland vgl. ERNST A. EBBINGHAUS, The first entry of the Gothic calendar: JoumThStud NS 27 (1976) 140/5, hier 140.

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Gotien. Eine Kirche im Vorfeld des fr hbyzantinischen Reichs

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beherrscht wurde, aber in betr chtlichem Umfang auch nichtgotische Volksgruppen in sich schlo . Zwischen Dnjestr im Osten und Siebenb rger Erzgebirge und Alt im Westen umfa te es den gr ten Teil Bessarabiens und der Moldau sowie Muntenien und einen Teil Siebenb rgens7. Von einem anderen Gotien spricht dagegen zu Beginn des f nften Jahrhunderts Johannes Chrysostomos. Es liegt auf der Krim. Seine politische und kirchliche Geschichte l t sich, wenn auch nur schemenhaft und diskontinuierlich, bis ins sp te Mittelalter, die kirchliche gar bis ins 18. Jahrhundert verfolgen, und selbst die gotische Sprache hat hier noch bis ins 16. Jahrhundert gelebt8. F r dieses Gotien hat Johannes Chrysostomos nicht lange vor 404 einen Bischof mit dem gotischen Namen Unila geweiht9. Des fteren hat man auch den Bischof Theophilos von Gotien aus der Unterzeichnerliste von Nikaia hierhin einordnen wollen, und zwar darum, weil nach der Darstellung des eunomianischen Kirchenhistorikers Philostorgios aus der Zeit um 430 Wulfila der erste Bischof f r die Christen im donaul ndischen Gotien gewesen sein soll10. Das ist aber unwahrscheinlich. Besonders g nstige Rahmenbedingungen f r eine fr he Christianisierung der Goten auf der Krim, wie sie die ltere Forschung angenommen hatte, haben tats chlich nicht bestanden". Ihre Annahme des Christentums d rfte kaum lange vor der Weihe des Bischofs Unila durch Johannes Chrysostomos erfolgt sein, und Unila ist wahrscheinlich ihr erster Bischof gewesen. Dagegen spricht alles f r eine Ortung des Bischofs Theophilos im terwingischen Bereich: die offizielle Bezeichnung dieses Raumes als Gotien in konstantinischer Zeit, Hinweise auf fr he christliche Einfl sse bei den westlichen Goten und wohl auch der auf das Bestehen einer kirchlichen Organisation weisende kirchliche Rang eines Anagnosten, den Wulfila vor seiner Bischofsweihe innehatte12. Mit Deutungsversuchen an dem Eintrag der nik nischen Liste13 l t sich jedenfalls die Behauptung des Philostorgios nicht retten. Entweder hat er schon eine unzutreffende Information aufgenommen oder selbst aus seiner Quelle einen falschen Schlu gezogen. 7

Vgl. dazu HERWIG WOLFRAM, Geschichte der Goten2 (M nchen 1980) 103/7 mit der Karte 491. CHRYSOS, Gothia (o. Anm. 4) 61 gibt eine etwas andere Umfangsbestimmung und bezieht entgegen negativem arch ologischen Befund auch Oltenien ein; das h ngt mit seiner Auffassung zusammen, da sich in der staatsrechtlichen Verwendung des Namens Gothia auf konstantinischer M nzpr gung auch die Aufrechterhaitung des r mischen Herrschaftsanspruchs auf die von Aurelian (270-275) ger umte Provinz Dakien bekunde. Die neue Benennung definiert jedoch eine neue Gr e. • Vgl. AJLEKSANDR ALEKSANDROVI£ VASIUEV, The Goths in the Crimea (Cambridge, Mass. 1936); D. et L. STIERNON, Art. Gotthia: DictHistGE 21 (1986) 862/ 918, bes. 880/918; ERNST SCHWARZ, Die Krimgoten: Saeculum 4 (1953) 156/64, nachgedruckt: ders. (Hrsg.), Zur germanischen Stammeskunde — Wege der Forschung 249 (Darmstadt 1972) 202/16; GERD H0ST, Spuren der Goten im Osten: Norsk Tidskrift for Sprogvidenskap 25 (1971) 45/90, hier 66/87. 9 Joh. Chrys. ep. 14,5 (SC 13, 151 MAUNGREY), im Jahre 404 aus dem Verbannungsort Kukusos (G ks n/ t rkischer Verwaltungsbezirk Maras) an die Diakonisse Olympias in Konstantinopel gerichtet.

I0

Vgl. zB. JACQUES ZEILLER, Les origines du christianisme dans les provinces danubiennes de I'empire romain — Bibliotheque des Ecoles Frangaises d'Athenes et de Rome 112 (Paris 1918) 409; KURT DIETRICH SCHMIDT, Die Bekehrung der Ostgermanen zum Christentum (G ttingen 19S9) 213; ADOLF LJPPOLD, Art. Ulfila: PW 17A.1 (1966) 512/32, hier 516; WOLFRAM, Geschichte (o. Anm. 7) 88. Philostorg. h. e. 2,5 (GCS Philostorg.2 17,17/9 BIDEZ/WINKELMANN). " Vgl. SCH FERDIEK, Wulfila (o. Anm. 2) 265/8. 12 Auxentius von Durostorum bei Maximin, c. Ambr. 35 (CCL 87, 164 GRYSON): de lectore triginta annorum episkopus est ordinatus (mit drei ig Jahren wurde er vom Lektor zum Bischof geweiht). " EvANGELOS K. CHRYSOS, Το Βυζάντιον και οί Γότθοι. Συμβολή είς την έξωτερικήν πολιτικήν του Βυζνατίου κατά τον δ' αίώνα (Thessalonike 1972) 85/8 weist Theophilos nach Tomi (Konstanza/Rum nien) in der Provinz Scythia minor. Doch diese ist nicht Gotien, und berdies erscheint an 188. Stelle der nik nischen Liste nach HONIGMANN, Liste (o. Anm. 2) 48 mit Markos bereits ein Bischof von Tomi.

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Gotien. Eine Kirche im Vorfeld des frühbyzantinischen Reichs

99

Die oder jedenfalls doch wesentliche Wurzeln des Christentums in Gotien liegen in Kleinasien14. In den Jahren zwischen 250 und dem Gotensieg Claudius' II (268-270) bei Naissus (Nisch/Serbien) 269 hatte der Osten des Reichs unter einer Reihe von Goteneinfällen zu leiden. Bei einem dieser Einfalle, der, wohl 257, über Bithynien bis ins Innere Kleinasiens nach Galatien und Kappadokien führte15, sind anscheinend nicht wenige römische Provinziale, darunter auch Christen und christliche Geistliche, von den Goten mitgeschleppt worden. Eine von den Kirchenhistorikem Philostorgios und Sozomenos aufgenommene christliche Überlieferung berichtet davon16. Der gebürtige Kappadokier Philostorgios teilt dabei überdies noch mit, daß zu diesen Verschleppten auch die Vorfahren Wulfilas aus einem nordwestkappadokischen Dorf gehört haben. Das weist auf einen kappadokischen Ursprung dieser Überlieferung. Ihr eigentliches Interesse gilt einem erfolgreichen missionarischen Wirken der verschleppten Christen unter den Goten, das allerdings nur in stereotypen erbaulichen Wendungen beschrieben wird. Man wird auch fragen dürfen, ob das Bild von der gottergebenen Gefangenenschar überhaupt die ganze Wahrheit wiedergibt. Ein Jahr zuvor waren Boraner und Goten über See in den Pontos eingefallen, und aus dem kanonischen Brief Gregors des Wundertäters erfahren wir, daß es römische Provinziale, und zwar auch Christen, gegeben hat, die, in die Hände der Eindringlinge gefallen, mit Ihnen gemeinsame Sache gemacht haben17. Auf jeden Fall aber wird eine Reihe geschichtlicher Gegebenheiten faßbar. Der Goteneinfall von 257 ist von Goten geführt worden, die im westlichen Teil des seinerzeitigen gotischen Machtbereichs zwischen Donau und Don lebten. Sie waren in der Folgezeit die Träger der Landnahme im späteren Gotien, in deren Verlauf sich auch die Ausgrenzung des Verbandes der Terwingen vollzog, der Waldleute im Gegensatz zu den Bewohnern der südrussischen Steppe18. Die 257 verschleppten und vielleicht zum Teil auch halb oder gar ganz freiwillig mitgezogenen kleinasiatischen, insbesondere wohl kappadokischen Christen müssen zu einem wesentlichen Umfang in diese Westbewegung mit einbezogen worden sein. Sie waren zahlreich genug, den christlichen Glauben über die erste Generation hinaus zu bewahren, und zwar über eine im Generationswechsel sich vollziehende Assimilation an eine gotische Umgebung hinweg. Ein Beispiel dafür bietet nicht nur Wulfila, sondern auch noch der 333/34 geborene Sabas. Er gilt als Gote von Geburt, und zugleich betrachtet Basileios von Kaisareia Kappadokien als das Land, das ihn hervorgebracht hat19. Wahrscheinlich liegen überhaupt die Anfänge eines gotischen Christentums bei einer solchen Gotisierung von Christen ursprünglich anderer Herkunft und weniger bei erbaulich geschilderten Bekehrungserfolgen, nicht sosehr also bei einer Christianisierung von Goten als vielmehr bei einer Gotisierung von Christen. Andererseits scheinen selbst über der Verschleppung und gotischen Westbewegung sowie über den Erschütterungen 14

Zu den Anfangen des gotischen Christentums vgl. auch PETER STOCKMEIER, Bemerkungen zur Christianisierung der Goten im 4. Jahrhundert: ZKG 92 (1981) 315/24, hier 315/9. 15 Dazu s. WOLFRAM, Geschichte (o. Anm. 7) 51/3. 84. 16 Philostorg. h. e. 2,5 (17,6/17 BIDEZ/WINKELMANN); Sozom. h. e. 2,6,2f (GCS 50, 58,14/27 BIDEZ/ HANSEN). " Greg. Thaum. ep. can. 7 (PG 10, 1040CD)'. 18 Vgl. dazu WOLFRAM, Geschichte (o. Anm. 7) 57/60. 13/5.

19

Martyrium des Sabas l (DELEHAYE [o. Anm. 5] 216,29 [Sabas Gote von Geburt]). 7 (221,4/9 [Sabas stirbt SSjährig am 12. April 372 als Märtyrer]). Basil. M. ep. 165 (2, 101,23/6 COURTONNE); daß mit nicht Kappadokien als Heimatland des Adressaten (ni diesem s. u. Anm. 41), sondern als das des Märtyrers gemeint ist, ergibt sich eindeutig aus dem Kontext: der Märtyrer ist die Frucht eines aus Kappadokien stammenden Samens. Voraussetzung der hier gezogenen Schlüsse ist natürlich, daß es sich bei der Reliquientranslation, auf die ep. 165 anspielt, tatsächlich um diejenige der Sabasreliquien handelt.

100

Gotien. Kine Kirche im Vorfeld des fr hbyzantinischen Reichs

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und Umbr chen der terwingischen Verbandsbildung die Beziehungen zu Kappakokien nicht abgerissen zu sein. Beil ufig erw hnt Basileios von Kaisareia in einem seiner Briefe einen Kappadokier Eutyches, der einst unter den Donaugoten gewirkt habe und in der Lage gewesen sei, »Barbaren aus der Kraft des Geistes und durch das Wirken seiner Gnadengaben zu z hmen«20. F r Basileios verk rpert Eutyches eine von der traurigen Gegenwart abstechende gute alte Zeit, und nach dem Kontext seines Briefes ist diese gute alte Zeit die der heroisierten M rtyrerkirche. Eutyches fuhrt uns so in die vorkonstantinische Zeit. Er d rfte wohl um die Wende zum vierten Jahrhundert in Gotien gewirkt haben und war wahrscheinlich eher ein Sendbote der Christenheit Kappadokiens auf den Spuren der Verschleppten von 257 als einer ihrer Abk mmlinge. Ungeachtet der berschwenglichen Worte des Basileios war der wesentlichste Teil seines Wirkens sicher weniger ein Gewinn altangestammter Goten als vielmehr eine kirchliche Sammlungs- und Aufbauarbeit unter den christlichen Elementen der polyethnischen Bev lkerung Gotiens. Den Erfolg einer solchen Sammlungs- und Aufbauarbeit dokumentiert dann eben 325 auf der Synode von Nikaia die Unterschrift eines Bischofs von Gotien. Aufgrund seines griechischen Namens darf man vielleicht auch vermuten, da diese Kirche damals noch vornehmlich von nichtgotischen Elementen bestimmt war. Konstantin hat nach dem Gewinn der Alleinherrschaft eine planm ige Sicherung der Donaugrenze betrieben. Dabei ging er 332 zur Offensive ber und f gte den Terwingen eine schwere Niederlage bei, die sie zwang, als F deralen in ein Bindungsverh ltnis zum Reich einzutreten21. Der Konstantinopeler Kirchenhistoriker Sokrates behauptet zudem in seinem gegen 440 geschriebenen Geschichtswerk, sie h tten, »ersch ttert von ihrer unerwarteten Niederlage, damals zuerst der Religion des Christentums geglaubt, durch die ja Konstantin heilvoll zum Ziele gelangt sei«22. Eusebs Bericht ber die Unterwerfung der Goten in seinem »Leben Konstantins« best tigt dergleichen jedoch nicht23, und Sokrates selbst entfaltet anderw rts auch andere Vorstellungen von der Christianisierung der Goten24. Aber sicher hat Konstantin seinem politisch-religi sen Selbstverst ndnis entsprechend das Christentum in Gotien in Schutz genommen und mit der Inpflichtnahme der Goten zumindest mittelbar der Kirche in Gotien eine Gew hr ihres Bestandes verschafft. Jedenfalls erscheint gegen Ende der Regierung Konstantins, wohl 336, eine gotische Gesandtschaft am Kaiserhof, zu der auch der Anagnost Wulfila geh rt. Er wird bei dieser Gelegenheit von Konstantins Vertrauensbischof Euseb von Nikomedien und anderen Bisch fen aus Eusebs Umkreis zum Bischof f r die Christen im Gotenland geweiht. So berichtet es die von Philostorgios aufgenommene berlieferung25. H ufiger wird zwar 20

Basil. M. ep. 164,2 (2, 98,36/99,9 COURTONNE; hier 99,1/3: . . . βαρβάρους έξημερώσαι τη δυνάμει του Πνεύματος καΐ rfj ενεργείς των παρ' αυτού χαρισμάτων). Da es sich um eine Wirksamkeit unter den Donaugoten handelt, ergibt sich aus dem gesamten Kontext des Briefes, der sich mit den um 370 in Gotien stattfindenden Ma nahmen gegen die Christen befa t. 21 Vgl. dazu WOLFRAM, Geschichte (o. Anm. 7) 62/6; CHRYSOS, Gothia (o. Anm. 4) sieht darin sogar eine f rmliche Angliederung Gotiens an das Reich. 22 Socr. h. e. 1,8 (38 HUSSEY/BRIGHT): εκείνους τε έκπεπληγμένους τφ παραλόγω της ήττης πιστεΰσαι τότε πρώτον τη Χριστιανισμού θρησκεία, δι' ης και Κωνσταντίνος έσώζετο.

" Euseb. vit. Const. 4,5,2 (121,10/21 WINKELMANN). « Socr. h. e. 4,33 (209fHUSSEY/BRIGHT). " Philostorg. h. e. 2,5 (17,19/18,2 BIDEZ/WINKELMANN): παρά του την αρχήν έχοντος του Ιθνους επί των Κωνσταντίνου χρόνων εις πρεσβείαν συν δλλοις άποσταλείς. .., υπό Εύσεβίου καΐ των συν αΰτφ επισκόπων χειροτονείται των εν τη Γετικη χριστιανιζόντων (Als er [Wulfila] zur Zeit Konstantins von dem Machthaber des Volkes [der Goten) mit anderen zu einer Gesandtschaft entsandt war,. . . wurde er von Euseb und den Bisch fen mit ihm [zum Bischof) f r die Christen im Getenland [= Gotenland] geweiht),

2

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101

angenommen, daß diese Weihe erst zur Zeit des Konstantios anlaßlich der großen Kirchweihsynode von Antiochien 341 stattgefunden habe, und man beruft sich dafür auf die Angaben, die Wulfilas Schüler Auxentius von Durostorum über die Amtszeit seines Lehrers macht. Diese aber fuhren frühestens auf 343 und erweisen sich im übrigen schnell als typologische Elemente einer hagiographischen Stilisierung des Lebens Wulfilas. Mit den konkreten Angaben des Philostorgios sind sie nicht harmonisierbar26. Die Zugehörigkeit eines christlichen Klerikers zu einer gotischen Gesandtschaft an den Hof Konstantins und dessen Weihe zum Bischof für Gotien bei dieser Gelegenheit kann nun nicht lediglich als Verkettung von Zufällen angesehen werden. Vielmehr muß Wulfilas Weihe mindestens ein Zweck der Gesandtschaft gewesen sein, und das Ersuchen um sie ist möglicherweise die Erfüllung einer gotischerseits eingegangenen Bündnisverpflichtung. Es setzt voraus, daß das neun Jahre zuvor von Theophilos vertretene Bistum Gotien jetzt vakant war. Was während dieser neun Jahre geschehen ist, wissen wir nicht, aber es ist durchaus denkbar, daß Wulfila der unmittelbare Nachfolger des Bischofs Theophilos aus der nikänischen Unterzeichnerliste wurde. Sokrates bezeichnet ihn als dessen Schüler2'. Das ist zwar wohl nur eine Folgerung des Kirchenhistorikers aus seinem Quellenmaterial, aber sie könnte durchaus zutreffend sein. Wulfilas kirchlicher Rang als Anagnost spricht dafür, daß er eine kirchliche Erziehung genossen hat, die ihm auch die in seinem Lebenswerk sich bekundende Bildung vermittelt haben dürfte. Der Zeitstellung nach hat er zudem auf jeden Fall Theophilos gekannt und auch seine Weihe zum Anagnosten sehr wahrscheinlich von ihm erhalten. Wulfila, »Wölfle«, war ein Gote kappadokischer oder jedenfalls teilweise kappadokischer Abkunft. Für die geläufige Behauptung, er müsse der Sohn eines gotischen Vaters und einer kappadokischen Mutter gewesen sein, gibt es keine Grundlage. Nach Auxentius war er bei seiner Bischofsweihe dreißig Jahre alt, eine Zahl allerdings, die sogleich wieder typologische Bedeutung für seine hagiographische Zeichnung gewinnt28. Seine kappadokischen Vorfahren von 257 mögen der Generation seiner Großeltern, könnten aber auch schon der seiner Urgroßeltern angehört haben. Über seine soziale Herkunft kann man nur spekulieren. Auf jeden Fall muß er ein freier Mann gewesen sein. Zeit seines Amtes habe er, so schreibt Auxentius, »ohne Unterbrechung in griechischer, lateinischer und gotischer Sprache in der einen und einzigen Kirche Christi gepredigt«29. Diese Beherrschung dreier Sprachen spiegelt einmal eine Grenzlandsituation im Wirkungsfeld unterschiedlicher kultureller Einflußzonen wider, bei der die Kirche mit ihren grenzüberspannenden Beziehungen eine wesentliche Vermittlungsrolle spielen mußte. Sie mag aber darüber hinaus in einem gewissen Umfang auch den Kommunikationsbedürfnissen und -erfordemissen des kirchlichen Leitungsamts in der christlichen Diaspora der polyethnischen Gesellschaft Gotiens der konstantinischen Zeit entsprochen haben, in der sich anscheinend auch Anfänge des Christentums in der romanodakischen Restbevölkerung bemerkbar machten30. Doch daß jetzt ein Gote Bischof wurde, deutet ebenso wie die Ereignisse der Folgezeit 26

Auxentius von Durostorum bei Maximin, c. Ambr. SS. 35 (16Sf GRYSON); vgl. dazu SCHÄFERDIEK, Wulfila (o. Anm. 2) 108/12. 27 Socfr. h. e. 2,41 (129 HUSSEY/BRICHT). 28 Auxentius von Durostorum bei Maximin, c. Ambr. 35 (164 GRYSON).

29

Auxentius von Durostorum bei Maximin, c. Ambr. S3 (163 GRYSON): . . . grecam et latinam et goticam linguam sine intermissione in una et sola eclesia Cristi predicauit. so JON BARNEA, Les monuments paleochretiens de Roumanie = Sussidi allo studio delle antichitä cristiane 6 (Rom 1977) 13. 22/4. 112f. 246/53.

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auf einen Bodengewinn gerade auch im eigentlichen gotischen Bereich. Wulfilas Fähigkeit hat diese Entwicklung sicherlich weiter gefördert, und so wurde während der Zeit seines Wirkens das gotische Christentum für die gotische Führungsspitze zu einem Problem. »Aus der Mißgunst und auf Betreiben des Feindes wurde damals durch den gottlosen und verruchten Richter der Goten im Barbarenland mit despotischem Terror eine Christenverfolgung in Gang gebracht«, heißt es bei Wulfilas Schüler Auxentius31. Sieben Jahre nach Wulfilas Weihe soll das geschehen sein - hier steht man wieder vor dem Problem der Zeitangaben des Auxentius, das aber vielleicht nur darin besteht, daß er im Banne seines Deutungsinteresses richtige Zahlen falsch kombiniert hat. Jedenfalls fallen die Ereignisse in die vierziger Jahre. Kyrill von Jerusalem wird auf sie zurückblicken, wenn er gegen Ende dieses Jahrzehnts neben persischen auch gotische Blutzeugen erwähnt*2. Die Initiative geht von der politischen Führung des terwingischen Gesamtverbandes aus, ist also nicht nur Angelegenheit des einen oder anderen terwingischen Teilstammes. Die Machthaber dieser herrschaftlich verfaßten Teilstämme werden in den Quellen unter anderem »Könige« genannt, eine Terminologie, der wohl ein gotisches >reiks< zugrundeliegt. Gemeinsam bilden sie die oligarchische Führungsspitze des Gesamtverbandes. Sie können dessen politische und insbesondere militärische Leitung zeitweilig auch einem einzelnen aus ihrer Mitte übertragen, und eben der mit diesem Führungsauftrag betraute Herrschaftsträger erscheint in den Quellen als »Richter«". Das Einschreiten gegen die Christen auf dieser Ebene zeigt ebensosehr das Gewicht an, das man der Frage der christlichen Infiltration beimaß, wie auch deren räumliche Streuungsbreite. Die soziale Ausgreifweite ist nicht zu bestimmen. Nicht erkennbar ist auch der weitere geschichtliche Rahmen. Es bleibt offen, ob man die Geschehnisse mit einer auch nur undeutlich faßbaren kurzfristigen Störung des gotisch-römischen Verhältnisses während der vierziger Jahre in Verbindung bringen darf34. Die Maßnahmen gegen die Christen griffen hart zu. Wulfila selbst ist offenbar unter Druck gesetzt worden, denn er kann sich später »Bekenner« nennen35. Nachdem es zunächst eine beträchtliche Zahl von Blutopfern gegeben hat, kommt es schließlich zur Vertreibung einer größeren Gruppe gotischer Christen unter Einschluß ihres Bischofs aus Gotien. Von Konstantios erhalten sie die Möglichkeit, sich als geschlossener Verband unter der geistlichen wie politischen Leitung Wulfilas zwischen Donau und Balkangebirge im Gebiet von Nikopolis in Niedermösien (nördlich von Tämovo/Bulgarien) anzusiedeln. Mit ihrer Vertreibung und Neuansiedlung auf römischem Reichsboden hat diese Gotengemeinschaft aufgehört, Teil des terwingischen Volksverbandes zu sein. Sie bildet fortan eine eigenständige gotische gens, die der später so genannten Kleingoten. Als solche 31

Auxentius von Durostorum bei Maximin. c. Ambr. 36 (164 GRYSON): . . . et ex inuidia et operatione inimici thunc ab inreligioso et sacrilego iudice Gothonun tyrannico terrore in uarbarico cristianorum persecutio est excitata. 32 Cyrill. Hier, catech. 10,19 (286 REISCHL). " Vgl. HERWIG WOLFRAM, Gotische Studien 1. Das Richtertum Athanarichs: MittlnstÖsterrGesch 83 (1975) 1/32; ders., Gotische Studien H. Die terwingisehe Stammesverfassung und das Bibelgotische (I): ebd. 83 (1975) 289/324, bes. 300/11; ders., Geschichte (o. Anm. 7), 103/11.

3

* Vgl. LUDWIG SCHMIDT, Geschichte der deutschen Stämme bis zum Ausgang der Völkerwanderung. Die Ostgermanen2 (München 1941) 229; E. A. THOMPSON, The Visigoths in the time of Ulfila (Oxford 1966) 16f; WOLFRAM, Geschichte (o. Anm. 7) 67. 5S Auxentius von Durostorum bei Maximin, c. Ambr. 40 (Bekenntnis Wulfilas) (166 GRYSON): Ego Vlfila episkopus et confessor. . . (Ich, Wulfila, Bischof und Bekenner. . .).

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hat sie sich noch lange behauptet, nachdem sie sich schon in den Gotenstürmen der Jahre zwischen 376 und 382 erfolgreich einer erneuten Einbeziehung in einen größeren gotischen Verband widersetzt hat36. Das muß deutlich gemacht werden, da es auch kirchliche Folgen hat, deren Außerachtlassung zu falschen Vorstellungen führt und geführt hat. Die wulfilanische Gotengemeinschaft ist nicht eine Fortsetzung der Kirche von Gotien im Exil, sondern eine neue, eigenständige kirchliche Funktions- und Jurisdiktionseinheit. Mit ihrer Errichtung war Wulfilas Amtsauftrag für Gotien erloschen, und er führte fortan die Amtsbezeichnung eines Bischofs der Goten, mit der er offenbar auch die Beschlüsse der Anfang Januar 360 in Konstantinopel tagenden Synode unterzeichnet hat. Die Näherbestimmung »der Goten« hat dabei eine ganz konkrete, fest umrissene Bedeutung. Sie bezieht sich auf die Goten, die als selbständiger gentiler Verband unter Wulfilas Leitung in Mösien reichsansässig geworden sind87. Ob der ungenannte Gotenrichter das Christenproblem mit der Vertreibung für erledigt gehalten hat, können wir nicht wissen. Ebensowenig läßt sich die Größe der über die Donau gehenden Christengemeinschaft bestimmen. Man wird sie sich aber sicher nicht allzu zahlreich vorstellen dürfen. Für das Christentum in Gotien und insbesondere unter den Goten selbst muß ihre Vertreibung aber doch einen empfindlichen Einbruch bedeutet haben, zumal es durch sie zugleich auch seinen kirchlichen Leiter verlor. Es ist dennoch nicht nur nicht erloschen; es hat vielmehr in der Folgezeit erneut Boden gewinnen können, so daß sich gegen Ende der sechziger Jahre für den Gotenrichter des letzten Jahrzehnts der terwingischen Herrschaft in Gotien, Athanarich, das Christenproblem von neuem stellte. Infolge der von Athanarich aufgenommenen Maßnahmen kamen dann erneut christliche Flüchtlinge ins Reich38, von denen sicher manche auch Anschluß an die wulfilanische Gemeinschaft gesucht und gefunden haben. Ob auf der anderen Seite Wulfila und seine Gemeinschaft ihrerseits in der Zwischenzeit zur kirchlichen Wiedererholung und Weiterentwicklung in Gotien beigetragen haben, ist nicht festzustellen, aber zumindest nicht unwahrscheinlich. Von ihnen ausgehende Einflüsse müßten dann den römisch-gotischen Verkehrswegen über die offiziellen Donauübergänge von Oescus (bei Gigen/Bulgarien) und Transmarisca (Tutrakan/Bulgarien) gefolgt sein39. Kirchliche Beziehungen wohl als Folge der von Konstantin aufgenommenen Kirchenpolitik haben anscheinend zwischen Gotien und Konstantinopel bestanden. Wie es scheint, hat Konstantinopel sogar die Kirche in Gotien als Tochterkirche betrachtet. Darauf weist die Aufnahme gotischer Märtyrer in ein auch wieder nur in einem gotischen Fragment erhaltenes zeitgenössisches Konstantino-

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Isid. Goth. 10 (MG AA 11, 27 If MOMMSEN); vgl. Araber es sich handelt. Die weitere Wahrnehmung WOLFRAM, Geschichte (o. Anm. 7) 91. 141. einer doch wohl als geistlich-moralische Kategorie zu 37 Vgl. dazu SCHAFERDIEK, Wulfila (o. Anm. 2) 269/71. fassenden missionarischen Verantwortung durch WulDie von STOCKMEIER (o. Anm. 14) S22f dagegen fila ist im übrigen durch die neuen kirchenrechtlichen erhobenen Einwände überzeugen nicht, weil sie auf die Gegebenheiten nicht ausgeschlossen. Nur kennen wir kirchenrechtliche Problematik, für die die Amtsbeleider die genaue Rolle nicht, die Wulfilas Gemeinde Zeichnungen ja nur symptomatisch sind, und ihre als geistliches und personelles Rekrutierungszentrum politischen Rahmenbedingungen nicht hinreichend ein- für die kirchliche Arbeit nördlich der Donau wahrgehen. Der Hinweis auf einen Bischof der Araber unter scheinlich gespielt hat. den Unterzeichnern des Synodalschreibens der antic- " Hier, chron. ad a. 369 (GCS Euseb. 7, 245,20/2 chenischen Synode von 363 (Socr. h. e. 3,25 ( 1 7 1 HELM). HUSSEY/BRIGHT] ) trägt in diesem Zusammenhang " Zu den römisch-gotischen Verkehrsbeziehungen vgl. nichts aus, da auch hier, gleichviel ob darauf eine WOLFRAM, Geschichte (o. Anm. 7) 64f. Antwort möglich ist, gefragt werden muß, um welche

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peler Kalendar40. Unsicher sind dagegen aktive kirchliche Einflüsse aus der Grenzprovinz Skythien, von der aus jedoch der syrische Sektierer Audios in Gotien gewirkt hat41. Im Blick auf die Entwicklung des Christentums in Gotien nach der Vertreibung Wulfilas verdient möglicherweise schon der Gote Arinthaios Aufmerksamkeit. Er ist Mitte der fünfziger Jahre in den römischen Reichsdienst eingetreten und in der Folgezeit bis zum Heermeister aufgestiegen42. Aller Wahrscheinlichkeit nach stammte er aus der terwingischen Herrenschicht Gotiens, die mit ihren Gefolgschaften das gotische Föderatenaufgebot für das Reich stellte. Arinthaios war Christ und wurde nach damals verbreiteter Gepflogenheit kurz vor seinem Tod getauft. Zu Basileios von Kaisareia hat er in freundschaftlicher Beziehung gestanden43. In der Mitte des fünften Jahrhunderts zählt Theodoret ihn in seiner Kirchengeschichte zu einem Kreis führender Militärbefehlshaber, die 378 eine dogmatisch falsch ausgerichtete Kirchenpolitik des Kaisers Valens als tiefste Ursache der sich zuspitzenden Gotenkrise angesprochen haben sollen44. Doch diese Geschichte ist wohl nur eine Legendenbildung im Zuge einer apologetischen geschichtstheologischen Bewältigung der Gotenkrise von 376-382 und ihrer Folgewirkungen aus der Sicht der nachtheodosianischen reichskirchlichen Orthodoxie. Die persönliche Beziehung zwischen Arinthaios und dem kappadokischen Metropoliten Basileios aber läßt sich möglicherweise in den Zusammenhang der überkommenen kirchlichen Beziehungen von Kappadokien nach Gotien einordnen, die gerade während der bischöflichen Amtszeit von Basileios (370-379) mit der Translation der Reliquien des gotischen Märtyrers Sabas nach Kappadokien neu ins Bewußtsein gehoben werden45. Ist das richtig und hat Arinthaios das Christentum nicht erst im römischen Reichsdienst angenommen, dann muß es etwa ein Jahrzehnt nach der großen Christenvertreibung immer noch oder bereits wieder Christen selbst in der terwingischen Herrenschicht gegeben haben. Von größerem Interesse als solche notwendig mit großen Unsicherheiten belasteten Schlüsse ist indessen die beiläufige Erwähnung eines in Gotien tätigen Bischofs namens 40

Gotisches Kalenderfragment, Eintragungen zum 23. und 29. Oktober (36f EBBINGHAUS); vgl. dazu SCHÄFERDIEK, Kalenderfragment (o. Anm. 6). 41 Die Translation der Reliquien des gotischen Märtyrers Sabas bald nach dessen Tod (12. April 372) nach Kappadokien erfolgte über Skythien; vgl. Martyrium des Sabas 8 (221,10/20 DELEHAYE). Sie ist jedoch von einem spezifisch kappadokischen Interesse getragen worden. Basil. M. ep. 165 (2, 100,17/9 COURTONNE) bescheinigt dem Adressaten, er habe »das fremde Land ( ) mit den Früchten des Geistes erfüllt« (Übersetzung: WOLF-DIETER HAUSCHILD, Basilius von Caesarea, Briefe 2 — Bibl. der griech. Lit. 3 (Stuttgart 1973] 88). Dieser Adressat ist sicher nicht, wie die überlieferte Überschrift besagt, Ascholios von Thessalonike, sondern wahrscheinlich Vetranio von Tomi; vgl. dazu JOSEPH MANSION, Les origines du christianisme chez les Gots: AnBoll 33 (1914) 5/3.0, bier 12/4, und HAUSCHILD aO. 17 Of. Das »fremde Land« aber ist sein Wirkungsbereich außerhalb Kappadokiens, nicht Gotien, das Basileios wenige Zeilen später als »das euch benachbarte Barbarenland« bezeichnet ( , 2, 101,24 COURTONNE). Zu Audios s. Epiph. haer. 70,14,5 (247,25/31

HOLL). Mit einer regen kirchlichen Missionstätigkeit von der Provinz Skythien aus während der frühen siebziger Jahre des 4. Jh. rechnet zwar J. COMAN, Saint Basile le Grand et l'eglise de Gothic. Sur les missionaires cappadociens en Scythie mineure et en Dacie: Patristic and Byzantine Review 3 (1984) 54/68; doch das wird vom Quellenbefund nicht getragen. 4J A. H. M. JONES / J. R. MARTINDALE / J. MORRIS, The prospography of the later Roman Empire l (Cambridge 1971) 120f. 4S Basil. M. ep. 269 (3, 139/41 COURTONNE; Trostschreiben an die Witwe des Arinthaios; hier 141,24/6 Hinweis auf seine Taufe); vgl. ep. 179 (2, 115 COURTONNE). *· Theodrt. h. e. 4,33,2f (GCS Theodrt. 271,17/272,5 PARMENTIER/SCHEIDWEILER). 45 Basil. M. ep. 155 (2, 81,38/40 COURTONNE), wahrscheinlich an den Militärbefehlshaber (dux) der Provinz Skythien, lunios Soranos, vgl. HAUSCHILD (o. Anm. 41), 168; ep. 165 (2, 101,23/36 COURTONNE; wahrscheinlich an Vetranio von Tomi, vgl. Anm. 41); Martyrium des Sabas, Praescr. und 8 (216,21/4. 221,10/20 DELEHAYE).

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Goddas. Sie begegnet in einer Menologiennotiz über die Märtyrer Irmas, Remas und Pinas, die wohl ein Auszug aus einem ausführlicheren Martyriumsbericht ist. Die drei Märtyrer »aus dem Nordland der Barbaren«, die sich von einem ungenannten Machthaber nicht vom Christentum abbringen lassen, werden in einem Fluß ertränkt und darauf zunächst von anderen Christen an Ort und Stelle begraben. Sieben Jahre später erhebt dann der Bischof Goddas ( ) ihre Reliquien und deponiert sie an einem anderen ungenannten Ort in Gotien, von dem er sie danach noch einmal an einen dritten, nicht mehr identifizierbaren Ort transferiert46. Die Bezeichnung »der Bischof Goddas« ist eindeutig und kann weder durch Verweis auf das ohnehin für die Balkanprovinzen nicht belegte Institut des Chorbischofs47 fort- noch durch das Eintragen anachronistischer Vorstellungen eines frei umherziehenden Missionsbischofs umgedeutet werden. Goddas ist ein Bischof, und zwar nach seinem sichtbar werdenden Wirkungsfeld ein Bischof mit Zuständigkeit für Gotien48. Leider lassen sich die Ereignisse nicht datieren. Da aber die zur Vertreibung der Wulfilagemeinde führenden Unterdrückungsmaßnahmen sicherlich die erste gewaltsame Konfrontation des Christentums mit der terwingischen Führung gewesen sind, fällt das Wirken des Bischofs Goddas auf jeden Fall in die Zeit nach der Tätigkeit Wulfilas in Gotien, und das kann eigentlich nur heißen, daß er ein Nachfolger Wulfilas im Amt des Bischofs von Gotien ist. Seine Reliquientranslation fällt etwa in die fünfziger Jahre oder aber auf einen Zeitpunkt sieben Jahre nach dem von Athanarich eingeleiteten, 369 beginnenden und bis mindestens April 372 anhaltenden Vorgehen gegen die Christen49, und das hieße in die Spätzeit des Christentums in Gotien nach dem Abzug des größten Teils der Terwingen über die Donau 376. Schemenhaft lassen die Nachrichten aus der Zeit der Verfolgung unter Athanarich eine kirchliche Infrastruktur erkennen. Die Heimat des Märtyrers Sabas ist ein Dorf in Muntenien in der Nähe des Flusses Buzäu. In dessen weiterem Umkreis gibt es zwei kirchliche Stationen, die jeweils mit einem Presbyter besetzt sind50. Ein anderer, nicht näher zu lokalisierender Martyriumsbericht zeigt, daß es an solchen Stationen auch gottesdienstliche Gebäude gegeben hat. Die Quellen sprechen von einer , und auch das gotische Kalenderfragment gibt seine griechische Vorlage mit aikklesjo wieder. Ein solches leicht in Brand zu setzendes Kirchengebäude ist als schlichter Holzbau vorzustellen. Die in den Quellen erwähnte Kirche wird über den Köpfen der darin Versammelten in Brand gesteckt51. In ihr waren sogar zwei Presbyter zugegen52. Man darf so mit einer größeren Anzahl von Presbytern rechnen, die die kirchliche Feldarbeit in 46

Martyrium des Irmas, Remas und Pinas: 215f DELEHAYE (Reliquienerhebung und -translation 216,10/4). 47 WOLFRAM, Geschichte (o. Anm. 7) 94 bezeichnet ihn beiläufig als »katholischen Chorbischof«. 48 Vgl. E. A. THOMPSON, Der gotische Bischof Goddas: Zs. für deutsches Altertum 86 (1955/56) 275/8 (englisehe Fassung: ders., Visigoths (o. Anm. 34] 161/5), der sich jedoch den Zugang durch die geläufige unkritische Verwendung der Sterotypen »arianisch« und »katholisch« verstellt. 49 Beginn der Maßnahmen Athanarichs gegen die Christen 369: Hier, chron. ad a. 369 (246,20/3 HELM). Märtyrertod des Sabas am 12. April 372: Martyrium des Sabas 7 (221,6/8 DELEHAYE). 50 Martyrium des Sabas 4 (218,15/33 DELEHAYE).

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Menologiennotiz zum 26. März (279 DELEHAYE); Synaxarium Ecclesiae Constantinopolitanae: ASS Prop. Nov. 559f DELEHAYE; Sozom. h. e. 6,37,14 (296,24/8 BIDEZ/HANSEN; ist hier romantisch-erbauliche Stilisierung mit Barbarentopik); Gotisches Kalenderfragment, Eintrag zum 29. Oktober (37 EBBINGHAUS); zum Verständnis dieses Eintrags vgl. ERNST A. EBBINGHAUS, The second entry of the Gothic calendar Journal of English and Germanic Philology 77 (1978) 183/7 und SCHÄFERDIEK, Kalenderfragment (o. Anm. 6), 124/8. i2 Menologiennotiz zum 26. März (279 DELEHAYE); Synaxarium Ecclesiae Constantinopolitanae: ASS Prop, Nov. 559f DELEHAYE; vgl. Gotisches Kalenderfragment, Eintrag zum 29. Oktober (37 EBBINGHAUS).

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Gotien getragen haben. Zur Zeit der Translation der Sabasreliquien wurde die Leitung der Kirche Gotiens von dem Kollegium der Presbyter wahrgenommen53. Ein Gote wie Arinthaios entstammt sicherlich einem gards, dem Sitz eines terwingischen Herrn und zugleich dem zugeordneten Familien- und Personenverband. Sabas dagegen findet seinen gesellschaftlichen Ort in der haims, dem Dorf und seiner genossenschaftlich organisierten Gemeinschaft, dem Lebensraum des gewöhnlichen, von den politischen Entscheidungsprozessen ausgeschlossenen freien Terwingen54. Auch diese Gemeinschaft kennt soziale Unterschiede, und Sabas gehört zu den mittellosen Bewohnern seines Dorfes55. Im gleichen Dorf gibt es neben ihm noch weitere Christen, über die wir jedoch nichts Näheres erfahren, außer daß sie nicht den gleichen unbedingten Bekenntniseifer an den Tag legen wie Sabas56. Ob sie das tun, weil sie mehr zu verlieren haben als er, steht dahin. Auf jeden Fall aber dürfte dieses bäuerlich-dörfliche Umfeld wohl den ursprünglichen und hauptsächlichen sozialen Verbreitungsraum des gotischen Christentums vor dem Religionswechsel des Fürsten (reiks) Fritigern gebildet haben, und darin waren die Christen eine Minderheit. Das Sabasmartyrium zeigt zugleich aber, daß diese Dorfgemeinschaft dennoch auch eine Art Schutzzone für die Christen sein konnte. Zweimal spüren Beauftragte der gotischen Machthaber im Heimatdorf des Sabas nach Christen, und beide Male gelingt es den Dorfbewohnern, die Christen unter ihnen mit Schlichen, notfalls sogar durch Meineid, dem Zugriff zu entziehen. Nur Sabas spielt aufgrund seiner kompromißlosen Bekenntnisfreude dieses Spiel nicht mit und muß dann zumindest zeitweise das Dorf verlassen57. Die dörflichen Christen finden sich eingebettet in eine Solidargemeinschaft der kleinen Leute gegenüber den Herrschenden. Festgenommen und mißhandelt wird Sabas schließlich auch nicht aus seiner Dorfgemeinschaft heraus, sondern an einer der kirchlichen Stationen zusammen mit einem Presbyter. Dieser Presbyter namens Sansalas war wegen der christenfeindlichen Maßnahmen bereits auf römisches Gebiet geflüchtet, dann aber zur Feier des Ostergottesdienstes wieder zurückgekehrt58. Er war es wohl auch, dem die Aktion eigentlich galt, und Sabas wird nur mit festgenommen, weil er sich zufällig bei ihm befindet. Selbst nachdem Sabas dann nach einer bewußt provokativen Weigerung, Opferfleisch zu essen, zum Tode durch Ertränken bestimmt ist, wollen ihn die mit der Durchführung der Hinrichtung beauftragten Handlanger des Machthabers noch einmal heimlich laufen lassen, worauf er sich aber wiederum nicht einläßt59. Das Einschreiten gegen die Christen konnte somit an der Basis ins Leere greifen. Es war Sache der herrschaftlichen terwingischen Führungsschicht. Deutlich sind zudem Ähnlichkeiten zur Christenpolitik der diokletianischen Tetrarchie. Sie rühren aus einer vergleichbaren Grundsituation her. Die Niederbrennung einer Kirche mit der darin versammelten Gemeinde und die Festnahme eines Presbyters nach einer möglicherweise heimlichen Osterfeier sind offenbar Aktionen zur Unterbindung christlichen Gottesdienstes. Als positive Zielsetzung entspricht dem das Bemühen, eine kultische Eingliederung der Christen zu erzwingen, ein Bemühen, das der interpretatio Christiana als Versuch des Abbringens vom christlichen Glauben erscheint. Man verlangt von den Christen, Opferfleisch zu essen60 und sich so der Kultgemeinschaft einzuordnen. Ein besonders planmäßi55

Martyrium des Sabas 8 (221,18 DELEHAYE). M Vgl. WOLFRAM, Studien II (o. Anm. 33) 330/24; ders., Geschichte (o. Anm. 7) 117/22. « Martyrium des Sabas 3 (218,10/5 DELEHAYE). 56 Ebd. (217,26/218,100.).

" Ebd. (217,25/218,15). « Ebd. 4 (218,16/219,6). 59 Ebd. 6f (219,30/221,1). 6 ° Ebd. 3. 6 (217,26/8. 219,30/3). 5

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ges Vorgehen wird Athanarich selbst zugeschrieben. Er habe ein Kultbild auf einem Wagen bei den Behausungen der als Christen Bezeichneten vorfahren lassen, und die Häuser derer, die das Opfer verweigerten, seien dann samt ihren Bewohnern verbrannt worden61. Auch hier ist das eigentliche Ziel die kultische Eingliederung durch Terror und nicht etwa eine Vernichtung der Christen. Diese von Athanarich als terwingischem Richter ausgelöste und verantwortete Christenpolitik schließt sich zeitlich an den von Kaiser Valens in den Jahren 367-369 geführten Gotenkrieg an, dessen Anlaß und Verlauf hier nicht zu erörtern sind. Er endete im Herbst 369 mit einem Friedensschluß, der von Valens und Athanarich bei Noviodunum (Isaccea/ Rumänien), eine kleine Strecke oberhalb des Donaudeltas, auf einem Schiff vollzogen wurde, das in der Mitte der Donau verankert war. Dieser Friede bedeutete die Lösung des die Terwingen an das Reich bindenden Föderatenverhältnisses62. Die damit von Athanarich erfolgreich betriebene Politik terwingischer politischer Selbstbehauptung findet in seiner Wendung gegen die Christen eine folgerichtige religiös-ideologische Fortsetzung nach innen. Sie aktiviert die Funktion der Kultgemeinschaft als Mittel der Ausformung und Wahrung ethnischer politischer Identität. Die christliche Kultverweigerung, von der römischen Umwelt des frühen Christentums als Aufsagung eines gesellschaftlichen Grundkonsenses gedeutet, erscheint jetzt als vermeintliche Aufsagung terwingischer Identität, die von der terwingischen Herrschaftsschicht oder ihren durch Athanarich repräsentierten Kreisen in der neu gegebenen Lage nicht mehr akzeptiert wird. Ihr so aus einem gesteigerten politischen Selbstbewußtsein erwachsendes Vorgehen gegen die Christen erscheint dann zeitgenössischer römisch-christlicher Betrachtung negativ gekehrt als Folge eines antirömischen Affektes63. Die politische Machtstellung, die Athanarich sich in der Wahrnehmung seines Richteramtes aufbauen konnte, blieb im übrigen auf die Dauer zumindest einzelnen Vertretern der terwingischen Aristokratie nicht unverdächtig. Das sorgte für den Aufbau innerer politischer Spannungen. Zu einem nicht näher zu bestimmenden Zeitpunkt in der ersten Hälfte der siebziger Jahre des vierten Jahrhunderts lösten sie sich in einem offenen Konflikt. Darin stellte sich der Stammesfürst Fritigem gegen Athanarich. Wir erfahren davon aus einer Überlieferung, die der Kirchenhistoriker Sokrates ein knappes Menschenalter danach aufgenommen hat. Darin heißt es auch, daß Fritigem zunächst in Bedrängnis gekommen sei, dann aber römischen Rückhalt gesucht und sich mit römischer Militärhilfe behauptet habe. Infolgedessen habe er sich danach auch dem Christentum als der Religion des Kaisers angeschlossen64. Der Wert dieser Überlieferung ist zwar gelegentlich in Frage gestellt worden65, jedoch ohne tragfähige Begründung66. Dieser Übertritt eines reiks bedeutete faktisch auch die förmliche Annahme des Christentums durch den von ihm beherrschten terwingischen Teilverband. Polarisierungen innerhalb des labilen Machtgleichgewichts der terwingischen Oligarchie erhielten damit zugleich eine religiös-ideologische Dimension. Zunächst allerdings ist es nur bei einer 61

Sozom. h. e. 6,37,13 (296,20/4 BIDEZ/HANSEN). Ein sachlicher Zusammenhang mit der Verbrennung einer Gemeinde in ihrer Kirche wird erst von Sozomenos konstruiert. 62 Vgl. dazu WOLFRAM, Geschichte (o. Anm. 7) 68/74. 65 Epiph. haer. 70,15,4 (3,248,18/21 HOLL). 64 Socr. h. e. 4,33 (209f HUSSEY/BRJGHT).

« E. A. THOMSPON, The date of the conversion of the Visigoths: JoumEcclHist 7 (1956) l/l 1; ders., Visigoths (o. Antn. 34) 78/83. " Vgl. KNUT SCHÄFERDIEK, Zeit und Umstände des westgotischen Übergangs zum Christentum: Historia 28 (1979) 90/7; ZEEV RUBIN, The conversion of the Visigoths to Christianity: MusHelv 38 (1981) 34/54.

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Turbulenz innerhalb des Systems geblieben. Als im Sommer 376 der Hunnensturm hereinbricht, ist es wieder Athanarich, der erneut als Richter den terwingischen Gesamtverband fuhrt und die Verteidigung.organisiert. Als diese allerdings völlig zusammenbricht, bricht auch die terwingische Gemeinschaft auseinander. Der größte Teil der Terwingen überschreitet unter Führung der Fürsten Alaviv, von dem wir nichts Näheres wissen und der nur kurzfristig in Erscheinung tritt, und Fritigem mit Genehmigung des Kaisers die Donau. Der Rest zieht sich unter Athanarichs Führung auf eine Rückzugsposition in Gotien zurück67. Die römischen Beziehungen Fritigerns und die Tatsache, daß sein Verband formell als christlich galt, waren mit ausschlaggebend für die Bereitschaft des Kaisers, die Terwingen ins Reich aufzunehmen68. Die geschichtlichen Folgen dieses Schrittes sind bekannt und stehen hier nicht zur Erörterung. Die Terwingen Fritigerns wurden in den stürmischen Jahren nach dem Donauübergang zum Kristallisationskern der Bildung eines neuen gotischen Verbandes, der dann als Westgotenvolk seine eigene Geschichte hatte. Religiös-kirchlich war diese Geschichte bereits durch die Entscheidung Fritigerns in Gotien vorgezeichnet. Wie diese Entscheidung seinerzeit kirchlich umgesetzt wurde, ist unbekannt. Gerne wird behauptet, sie habe Wulfila Anlaß zu Entfaltung einer erneuten Tätigkeit in Gotien gegeben. Das ist letztlich jedoch nur der Nachhall eines in sich wenig wahrscheinlichen Ablaufbildes, das Sokrates in seiner Kirchengeschichte mit recht einfachen redaktionellen Mitteln konstruiert hat. Mangels genauer Einordnungsmöglichkeiten schließt er das, was ihm an Informationen über Wulfila einerseits und die Christenverfolgung Athanarichs andererseits zur Verfügung steht, an den Bericht von der Auseinandersetzung Fritigerns mit Athanarich an und versucht daraus eine geschlossene Darstellung zu gewinnen69. Da es sich bei Fritigerns Übertritt um eine Angelegenheit handelte, in die die kaiserliche Politik unmittelbar miteinbezogen war, ist anzunehmen, daß die kirchliche Umsetzung dieses Schrittes von Konstantinopel aus in die Wege geleitet wurde. Eine Einschaltung Wulfilas mit Rückgriff auf Kräfte seiner Gotengemeinschaft ist dabei allerdings sehr wahrscheinlich. Bischof von Konstantinopel war damals Demophilos (370-380). Vor seiner Berufung in die Kaiserstadt hatte er das Bistum Beroia in Thrakien (Stara Zagora/Bulgarien) innegehabt. In diesem Amt ist er der südliche Nachbarbischof Wulfilas gewesen, und er hat sicher zu dessen unmittelbarem kirchlichen Kontaktkreis gehört. Jedenfalls ist der Fritigemverband schnell mit geistlichen Kräften versorgt worden. Zur Zeit des Donauübergangs hat er wohl schon den Rahmen einer eigenen kirchlichen Funktions- und Jurisdiktionseinheit gebildet70. Das ist wahrscheinlich auch eine wesentliche Voraussetzung für die Beibehaltung des zu dieser Zeit doch erst rudimentären Christentums über die Erschütterungen der Folgejahre hinweg. Seine Geistlichen sind dabei offenbar bereit gewesen, sich auch während der 67

Vgl. dazu WOLFRAM, Geschichte (o. Anm. 7) 76/81. Vgl. ebd. 137. 69 Socr. h. e. 4,33 (210 HUSSEY/BRIGHT); gänzlich verunklart wird das Bild bei Sozom. h. e. 6,37,2/14 (294,17/296,28 BIDEZ/HANSEN) und Theodrt. h. e. 4,37 (273f PARMENTIER/SCHEIDWEILER). Vgl. dazu SCHÄFERDIEK, Zeit (o. Anm. 66). Von den bei RUBIN (o. Anm. 66) gegen meine Quellenanalyse erhobenen Einwendüngen sehe ich mich nicht überzeugt; sie verkennen die konstruktive Arbeit des Kirchenhistorikers Sokrates. 68

70

Vgl. Eunap. frg. 55 (MÜLLER, FHG 4, S8f); an der Beziehung dieses Fragments auf die Ereignisse von 376 halte ich im Anschluß an SCHMIDT (o. Anm. 34) 402 und WOLFRAM, Geschichte (o. Anm. 7) 94 gegen MÜLLER aO. 39 und RUBIN (o. Anm. 66) 35, fest. Die Meinung des Eunapios, daß das Vorweisen christlicher Geistlicher durch die Goten nur Maskerade gewesen sei, ist polemische antichristliche Tendenz.

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Auseinandersetzungen mit dem Reich mit den Goten zu identifizieren. Auch das läßt an Kräfte gotischer Herkunft denken. Die kirchliche Geschichte dieses Verbandes ist aber ebensowenig wie die der Wulfilagemeinschaft Geschichte der Kirche in Gotien oder deren Fortsetzung. In Gotien ist die Kirche oder zumindest das Christentum nicht einfach mit der Katastrophe von 376 erloschen. Noch einmal hören wir davon, und zwar aus der Zeit zwischen 383 und 39271. Damals erhob eine Fürstin Gaatha, eine »Königin ( ) des Gotenvolkes«, wie es heißt, also wohl die Frau eines reiks, die Reliquien der Märtyrer, die zur Zeit Athanarichs in den Flammen ihrer Kirche den Tod gefunden hatten. Mit ihrer Tochter, die den lateinischen Namen Dulcilla trägt, transferiert sie sie dann ins Reich, näherhin nach Kyzikos am Marmarameer (Balkiz/türkischer Verwaltungsbezirk Balikesir). Die Gründe für diese Ortswahl sind unbekannt. Nicht verwunderlich dagegen ist, daß hier aus Gotien kirchliche Beziehungen ins Reich aufgenommen oder aktiviert werden, die sowohl an der jetzt von Wulfilas Nachfolger Selenas geleiteten wulfilanischen Gemeinschaft als auch an den inzwischen von Theodosios ebenfalls zwischen Donau und Balkan angesiedelten Westgoten vorbeigehen. Beide Verbände bilden eigene Kirchenkörper, deren unmittelbare kirchliche Beziehungen ebenso in das Reich weisen wie die der Kirche Gotiens. Das läßt sich auch anderweitig verdeutlichen. Das Fragment des nach 419 wahrscheinlich in der wulfilanischen Gemeinschaft Mösiens entstandenen gotischen liturgischen Kalenders weist zwei Einträge mit Kommemorationen von Märtyrern aus Gotien auf. Der gotische Kalender ist jedoch aller Wahrscheinlichkeit nach die Übersetzung eines Kalenders der Kirche von Konstantinopel, die somit hier auch Überlieferungsmittlerin ist. Die Reliquientranslation nach Kyzikos bezeugt Christentum noch für die Spätzeit in Gotien, und das sogar im Hause eines reiks und anscheinend in der gleichen Gegend, in der seinerzeit durch einen reiks namens Wingurich der brutale Christenmord veranlaßt worden ist. Dieses Christentum ist allerdings in seiner Umgebung alles andere als unangefochten. Die Fürstin Gaatha, deren Tochter in Kyzikos bleibt und wohl die ursprüngliche Quelle der Translationsüberlieferung ist, kehrt nämlich mit ihrer übrigen christlichen Begleitung wieder nach Gotien zurück, und dort wird einer der Begleiter gesteinigt, und zwar seines Christentums wegen; denn der Text bezeichnet seinen Tod als Vollendung, und das heißt als Martyrium. Die Art des Todes deutet auf einen spontanen Ausbruch antichristlicher Ressentiments und damit auf ein anderes religiöses Klima als während des herrschaftlich gelenkten politischen Vorgehens gegen die Christen zur Zeit Athanarichs, jedenfalls ein anderes Klima, als es im Sabasmartyrium begegnet. Auf dem Hintergrund der kirchengeschichtlichen Darstellungstradition mag es seltsam erscheinen, daß bei einem Zusammentragen der Daten zur Geschichte des Christentums in Gotien der Begriff »Arianismus« nicht erscheint. Er ist bisher bewußt vermieden worden. Niemanden verwundert es, wenn - ohne daß hier auf die Definitionsprobleme der Begriffe eingegangen wird - in der Abfolge der Bischöfe von Konstantinopel gleichermaßen ein »Arianer« wie Eudoxios und ein »Nikäner« wie Gregor von Nazianz begegnen. Für das Christentum in Gotien aber werden die Begriffe arianisch und orthodox - oder was immer 71

Menologiennotiz zum 26. März (279 DELEHAYE). Die Deutung des Translationsberichts wirft erhebliche verfassungsgeschichtliche Probleme auf, vgl. DIETRICH CLAUDE, Adel, Kirche und Königtum im Westgotenreich — Vorträge und Forschungen, Sonderband 8 (Sigmaringen 1971) 16f; doch ein hagiographischer

Text ist keine Urkunde, und man muß damit rechnen, daß er unangemessene Vorstellungen von der Stellung einer in dem für eine reichsrömische Perspektive mittlerweile in weite Feme gerückten Gotien an sein Traditionsmaterial herangetragen hat.

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man sonst als Gegenbegriff zu arianisch verwendet - zu einem Raster, das dazu dient, Diskontinuitäten und Doppelspurigkeiten bis hin zur Vorstellung einer Art konfessioneller Missionskonkurrenz zu behaupten. Das beginnt schon bei den christlichen Schriftstellern des fünften Jahrhunderts. Einer Erfassung des geschichtlichen Sachverhalts ist es aber wenig förderlich. So schroff die innerkirchlichen Kommunikationsabbrüche des sogenannten arianischen Streites und die Formen kirchenpolitischen Umgangs zwischen seinen Gruppierungen auch sind, es handelt sich zunächst einmal um Auseinandersetzungen innerhalb der Reichskirche. Es gibt auch örtliche Gemeindespaltungen wie etwa die in Antiochien mit ihren weitreichenden Folgen. Aber eine arianische Kirche im Sinne des hier mit Arianismus Gemeinten gibt es eigentlich erst seit theodosianischer Zeit. Gotien liegt im Vorfeld des frühbyzantinischen Reichs, und die gotische Kirche ist bestimmt von dem, was in ihr an reichskirchlicher Ausstrahlung, soweit sie davon erfaßt ist, wirksam wird. Eine sonderkirchliche Konkurrenz fand diese Ausstrahlung lediglich in dem Wirken des asketisch-rigoristischen syrischen Sektierers Audios72, der von seinem Verbannungsort in Skythien mit einigem Erfolg auch in Gotien gewirkt hat. Er hat dort eine christliche Sondergemeinschaft aufbauen können, der er einen Bischof mit dem lateinischen Namen Silvanus gab. Nach dessen Tod ist sie zusammengeschmolzen und wahrscheinlich mit der Verfolgung Athanarichs und dem Auszug zahlreicher Audianer ins Reich erloschen73. Für die Frage, in welcher Weise sich das reichskirchliche Christentum in der Kirche Gotiens spiegelt, besagt die Unterzeichnung der Entscheidungen von Nikaia durch den Bischof Theophilos schlicht gar nichts. Alle namhaft zu machenden Teilnehmer der antiochenischen Kirchweihsynode von 341, die bereits zur Zeit der Synode von Nikaia im Amt waren, erscheinen ebenfalls in der nikänischen Unterzeichnerliste, mögen einzelne auch mit Bedenken und Verzögerung unterzeichnet haben74. Der Langlebigste von ihnen begegnet dann auch noch zusammen mit Wulfila auf der Akakianersynode vom Januar 360 in Konstantinopel75. Für den Kirchenhistoriker mögen das banale Feststellungen sein, aber sie sollen dann auch bei der Behandlung eines Themas wie des hier anstehenden zur Geltung kommen. Der Standort des Bischofs Theophilos von Gotien ist am ehesten in dem breiten kirchlich-theologischen Umfeld zu suchen, dessen Vertreter sich nach Nikaia als sogenannte Mittelpartei unter der Leitung Eusebs von Nikomedien sammeln und deren christologische Überzeugungen sich in der sogenannten zweiten antiochenischen Formel von 341 niederschlagen76. Auf jeden Fall ist Wulfila, der von seiner am Ende seines Lebens 72

Dazu s. HENRI-CHARLES PUECH, Art. Audianer: RAG l (1950) 910/5. 73 Epiph. haer. 70,14,5. 15,2/5 (3,247,25/31. 248,9/29 HOLL). 74 Die Namen der Teilnehmer von Antiochien 341: Julius von Rom, Antwortbrief auf das Schreiben der antiochenischen Synode bei Athanas. apol. c. Arian. 21,1 (2, 102,1 SfOrrz); Synodalschreiben von Serdika 342 in Collectanea antiariana Parisina B II I (CSEL 65, 102,2f FEDER); desgl. bei Theodrt. h. e. 2,8,6 (102.18/ 20 PARMENTIER/SCHEIDWEILER); Sozom. h. e. 2,5,10 (107,5/13 BIDEZ/HANSEN); alle vorgenannten Aufzähhingen mit unterschiedlichem Umfang. In der liste von Nikaia bei HONIGMANN, Liste (o. Anm. 2) 44/8 erscheinen davon: Patrophilos von Skythopolis (nr. S3), Narkissos von Neronias (nr. 80), Makedonios von Mopsuestia (nr. 85), Menophantos von Ephesos (nr.

113), Euseb von Nikomedien (nr. 175), Theognis von Nikaia (nr. 176), Maris von Chalkedon (nr. 177). » Maris von Chalkedon: Socr. h. e. 2,41 (128 HUSSEY/ BRIGHT: Maris; 129: Wulfda); Sozom. h. e. 4,24,1 (178,10f BIDEZ/HANSEN: Maris und Wulfila); Chronicon Paschale ad a. 360 (543,21 DINDORF). 76 Die zweite antiochenische Formel: Athanas. syn. 23,2/10 (2,1, 249,11/250,4 OPITZ); vgl. dazu JOHN NORMAN DAVIDSON KELLY, Altchristliche Glaubensbekenntnisse (Göttingen 1972) 269/72; WILHELM SCHNEEMELCHER, Die Kirchweihsynode von Antiochien: Bonner Festgabe J. Sträub = Bonnjbb Beih. 39 (Bonn 1977) 319/46, hier 340/6; WINRICH ALFRIED LÖHR, Die Entstehung der homöischen und homöusianischen Kirchenparteien. Studien zur Synodalgeschichte des 4. Jahrhunderts (Bonn 1986) 10/6.

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bekundeten theologischen Überzeugung sagt, er habe stets so geglaubt77, in einem solchen theologischen Umfeld aufgewachsen und sicher nicht erst anläßlich seiner Weihe durch Euseb von Nikomedien damit in Berührung gekommen. Seine Profilierung im Sinne der 359 als reichskirchliche Norm durchgesetzten homöischen Theologie aber steht im Diskussionskontext der späten fünfziger Jahre des vierten Jahrhunderts. Sie fällt in die Zeit längst nach seinem Übergang ins Reich. Hier bildet sich konform mit der für die dakisch-thrakischen Donauprovinzen überhaupt bestimmenden Entwicklung der sogenannte gotische Arianismus aus. Die Kirche in Gotien selbst aber ist in die Diskussionen der fünfziger und sechziger Jahre und den darin sich vollziehenden Differenzierungsprozeß mit seinen Aus- und Abgrenzungen anscheinend kaum einbezogen gewesen. Für einen in das zeitgenössische Parteienspektrum nicht zu verrechnenden traditionalistisch-antiarianischen reichskirchlichen Beobachter der siebziger Jahre erscheinen die nichtaudianischen Christen Gotiens in der Zeit der Verfolgung Athanarichs einfachhin als »unsere dortigen Christen«78. Aus der Sicht einer Zeit, in der die Gleichsetzung von gotisch und arianisch bereits festgeschrieben war, kann sich dann Augustin, dessen Informanten selbst aus Gotien stammten, diese noch offene Situation nunmehr so vorstellen, daß es damals in Gotien allein »katholische« Christen gegeben habe79. Das Gedächtnis gotischer Märtyrer wurde von der reichskirchlich homöischen Kirche von Konstantinopel ebenso aufgenommen wie von dem »Jungnikäner«80 Basileios im kappadokischen Kaisareia. Im Falle der in den Flammen umgekommenen gotischen Gemeinde ist die reichskirchlich vermittelte Weitertradierung sowohl im orthodoxen als auch im arianischen Bereich der nachtheodosianischen Zeit unmittelbar zu fassen81. Es ist daher unangebracht, von dem theologischen und kirchenpolitischen Standort der Rezipienten zurückzuschließen auf eine entsprechende, im Horizont der Diskussionen der Valensära explizit definierte theologische Stellung der Märtyrer und ihres engeren kirchlichen Umfeldes. Die kirchliche Lage in Gotien gab zu solchen Positionsnahmen keinen Anlaß. Ein solcher Anlaß hätte wohl die Aufnahme des gotischen Arianismus durch den Teüverband Fritigems werden können, die durch die Rahmenbedingungen des Übertritts Fritigems und seiner kirchlichen Umsetzung vorgegeben war. Doch dazu hat die Katastrophe von 376 keine Zeit mehr gelassen. Der frühbyzantinischen Reichskirche zugeordnet, mit Wurzeln in der frühchristlichen Kirche der vorkonstantinischen Zeit und zugleich in einer exponierten Lage im nördlichen Vorfeld des Reichs nimmt die Kirche Gotiens eine besondere Stellung innerhalb der 77 Auxentius von Durostorum bei Maximin. c. Ambr. 40 (166 GRYSON): Ego Vlfila episkopus et confessor semper sie credidi et in hac fide sola et uera transitum facio ad dominum meum (Ich, Wulfila, Bischof und Bekenner, habe stets so geglaubt und trete in diesem alleinigen und wahren Glauben den Heimgang zu meinem Herrn an). " Epiph. haer. 70,15,4 (3,248,19 HOLL): . " Aug. civ. D. 18,52 (651,56/652,61 DOMBART/KALB): Nisi föne non est persecutio conputanda, quando rex Gothorum in ipsa Gothia persecutus est Christianos crudelitate mirabili, cum ibi non essent nisi catholici, quorum plurimi martyrio coronati sunt, sicut a quibusdam fratribus, qui tunc illic pueri fuerant et se ista

uidisse incunctanter recordabantur, audiuimus (Ist es etwa nicht als Verfolgung zu rechnen, wenn ein Gotenkönig in Gotien, als es dort lediglich katholische Christen gab, mit außergewöhnlicher Grausamkeit gegen die Christen vorgegangen ist, von denen zahlreiche die Krone des Martyriums erlangten, wie wir von einigen Brüdern vernommen haben, die seinerzeit als Kinder dort gewesen sind und sich ohne Überlegen erinnerten, diese Ereignisse miterlebt zu haben?). io Zur Berechtigung dieses Begriffs vgl. HANNS CHRISTOF BRENNECKE, Erwägungen zu den Anfangen des Neunizänismus: Oecumenica et Patristica, Festschr. W. Schneemelcher (Genf/Stuttgart 1989) 241/57. " S. o. Anm. 51.

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kirchlichen Geschichte des vierten Jahrhunderts ein. Ihrer Nachzeichnung setzen die Quellen enge Grenzen. Immerhin aber läßt sich von ihr ein deutlicheres Bild gewinnen als etwa von der gleichzeitigen Geschichte der Kölner Kirche zwischen Matemus und Severin. In die Augen fällt die für diesen räumlich wie zeitlich und sicher auch nach der Zahl der Christen begrenzten Bereich relativ hohe Zahl der Blutzeugen. Dreiunddreißig, vielleicht sogar sechsunddreißig individuelle Märtyrer und Märtyrerinnen begegnen uns in den Quellen, einunddreißig davon mit Namensnennung82. Darüber hinaus gibt es glaubwürdige Hinweise auf zahlreiche weitere Martyrien85. Die Kirche Gotiens nimmt damit eine Sonderstellung auch in der germanischen Christianisierungsgeschichte ein, und darin liegt wohl auch das sie eigentlich Kennzeichnende. Es ist bedingt durch ihre besondere Situation innerhalb des Bereichs der terwingischen Herrschaftsbildung, die sich in der Auseinandersetzung mit dem römischen Reich und seinem Kaisertum entfaltete und darin ihr Selbstverständnis finden mußte. Daß es in Gotien aber auch nach dem Zusammenbruch dieser terwingischen Herrschaftsbildung noch Christen gegeben hat, zeigt das Beispiel der Fürstin Gaatha und ihres gelynchten Begleiters. Damit allerdings verlieren sich die Spuren des terwingischen Christentums dann im dunkeln. Man darf aber durchaus fragen, ob sie sich auch tatsächlich ganz verloren haben. In dem auf die Katastrophe von 376 folgenden Menschenalter vollzieht sich im hunnischen Machtbereich nördlich der Donau eine neue gotische Ethnogenese, in die auch die Reste der Terwingen einbezogen worden sein müssen. Als ihr Ergebnis tritt uns in der Mitte des fünften Jahrhunderts der ostgotische Volksverband entgegen84. Es ist nicht undenkbar, daß es in diesem Prozeß auch Kontinuitätslinien gegeben hat, die vom terwingischen Christentum des vierten Jahrhunderts hineinreichen in die spätere ostgotische Kirche, deren Anfänge für uns völlig im dunkeln liegen85, eine

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Als Märtyrer bekannt werden: " Gotisches Kalenderfragment, Eintrag zum 23. Okt. 1. Sabas: Martyrium des Sabas (Anm. 5); (36 EBBINGHAUS): prize ana gutbiudai managaize 2./4. Irmas, Remas und Pinas: Passio (Anm. 5); marwtre (der vielen Märtyrer im Gotenland), vgl. 5./30. in ihrer Kirche verbrannte Gemeinde von 26 EBBINGHAUS, First entry (o. Anm. 6) 144f. Auxentius Christen, davon dreizehn Männer (darunter zwei Pres- von Durostorum bei Maximin, c. Ambr. 37 (165 byter und ein Mönch) und sieben Frauen namentlich GRYSON): Vertreibung der Wulfilagemeinde post mulgenannt.· Menologiennotiz zum 26. März (Anm. 51), torum seruorum et ancillarum Cristi gloriosum martyvgl. Gotisches Kalenderfragment, Eintrag zum 29. Okt. rium (nach einem ruhmreichen Martyrium zahlreicher (ebd.); Knechte und Mägde Christi); daß der Kalendereintrag 31. Freibareiks: Gotisches Kalenderfragment, Eintrag zum 23. Okt. diesen Märtyrern gilt (u. a. EBBINGHAUS zum 23. Okt. (36 EBBINGHAUS); zu der unhaltbaren aO.), ist eine reine Vermutung. Annahme, der Eintrag meine eigentlich Fritigem, vgl. M Vgl. WOLFRAM, Geschichte (o. Anm. 7) 308/21. SCHÄFERDIEK, Kalenderfragment (o. Anm. 6) 123f; im 85 In diesem Zusammenhang mag daraufhingewiesen übrigen vgl. EBBINGHAUS, First entry (o. Anm. 6) werden, daß aus einem Grab des 5. Jh. aus dem 142/5. Gräberfeld von Häcs-Bendekpuszta (Komitat Domogy/ 32. Wellas: Menologiennotiz zum 26. März, Transla- Ungarn) südlich des Plattensees, im Gebiet des pannotionsbericht (Anm. 71); nischen Ostgotenreichs der Jahre 456/7-473, eine 33. Niketas: Passio des Niketas (209/15 DELEHAYE [o. zerbröckelte Bleitafel mit nicht mehr zusammenhänAnm. 5); ohne geschichtlichen Wert; die Passio belegt gend lesbarer Inschrift in bibelgotischer Schrift zutage lediglich die Verehrung des Niketas als eines gotischen getreten ist; s. E. A. EBBINGHAUS, The Gothic material Märtyrers in Mopsuestia). from the cemetery at Häcs Bendekpuszta: General Hinzu kommen möglicherweise noch: Linguistics 29 (1989) 79/83. Natürlich ist hier aber 34./36. Hildevora, Vihila, Theogenes: Predigt In natale auch balkangotischer Einfluß des 5. Jh. nicht auszuHildaevorae, Vihilae et Theogenis, ed. GERMAIN MORJN, schließen. Un group inconnu de martyrs goths dans 'un sermon anonyme d'origine barbare: Histjb 52 (1932) 178/84.

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Gotien. Fine Kirche im Vorfeld des frühbyzantinischen Reichs

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Entsprechung also zu jener Kontinuität, die von den kappadokischen Christen des Jahres 257 zur Kirche Gotiens im vierten Jahrhundert geführt hat. Mit dieser auf den Anfang zurückweisenden Überlegung mag sich der Kreis unserer Betrachtungen schließen.

Das gotische Christentum im vierten Jahrhundert Guter altgermanistischer Tradition entsprechend war Elfriede Stutz stets bedacht, die Gegenstände ihrer philologischen Arbeit auch in ihren vielfältigen geschichtlichen Beziehungen wahrzunehmen. Ihr lebhaftes Interesse daran führte sie zu einer engagierten Teilnahme an einer von Heidelberger Theologen ins Leben gerufenen kirchengeschichtlichen Sozietät. Das Erscheinen einer gedrängten Übersicht über die Entstehung und Ausbreitung des gotischen Christentums 1 ließ sie spontan Kontakt zu einem ihr unbekannten Kirchenhistoriker suchen. Daraus wurde ein immer wieder neu aufgenommener anregender Gedankenaustausch, der von gegensätzlichen Meinungen eher belebt als beeinträchtigt wurdet Angesichts dieses durch den Tod der germanistischen Gesprächspartnerin jäh unterbrochenen Dialogs zwischen den Fächern mag es angebracht sein, daß in einer ihr gewidmeten Gedenkschrift sich auch die Kirchengeschichte mit einem eigenen Beitrag zu Wort meldet. Er möchte versuchen, das Bild des geschichtlichen Rahmens, innerhalb dessen die gotische christliche Literatur steht, ein wenig zu präzisieren. 1

K. ScHÄFERDIEK, Germanenmission, in: Reallexikon für Antike und Christentum, 10. 1977, Sp. 492-548. ^ Als entschieden kontrovers erwies sich die Einschätzung der von R. v. RAUMER angeregten und von Fr. KLUGE begründeten Vorstellung einer wortgeschichtlich anweisbaren gotischen Mission im mitteleuropäischen Raum; vgl. dazu Elfriede STUTZ, Die germanistische These vom "Donauweg" gotisch-arianischer Missionare im 5. und 6. Jahrhundert, in: österreichische Akademie der Wissenschaften, phil.-hist. KL, Denkschriften 115, Wien 1980, S. 207-227 und demgegenüber K. SCHÄFERDIEK, Gab es eine gotisch-arianische Mission im süddeutschen Raum?, in: Zeitschrift für bayerische Landesgeschichte 45 (1982) 239257. Nicht ohne Befriedigung hat Elfriede STUTZ notiert (brieflich 4.4.1986), daß die von ihr verfochtene Sicht aufrecht erhalten wurde von P. WlESINGER, Gotische Lehnwörter im Bairischen. Ein Beitrag zur sprachlichen Frühgeschichte des Bairischen, in: H. BEUMANN — W. SCHRÖDER (Hgg.), Frühmittelalterliche Ethnogenese im Alpenraum (Nationes 5), Sigmaringen 1985, S. 153-200, obwohl darin keine neuen Argumente zum Tragen kommen.

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Das gotische Christentum im vierten Jahrhundert

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1. Bedingungen und Stufen der Christianisierung Die einzige und zudem auch nur mit Einschränkungen so zu bezeichnende dokumentarische Quelle zum frühen Christentum im gotisch-terwingischen Bereich ist der Eintrag des Bischofs Theophilos von Gotien ( ) 3 in der Unterzeichnerliste der Synode von Nikaia 325. Ihr läßt sich noch zur Seite stellen die Notiz der Kirchenhistoriker Sokrates4 und Sozomenos5 über die Teilnahme Ulfilas an der akakianischen, "homöischen" Synode zu Konstantinopel im Januar 3606, deren Akten beiden Historikern vorgelegen haben müssen. Allerdings ist gerade die erste Quelle auch in Frage gestellt worden. Einerseits hat ein Vorschlag zu einer Rekonstruktion der nikänischen Liste neben anderen Eintragungen auch die des Theophilos als sekundäre Erweiterung betrachtet. Die Begründung dafür ist jedoch nicht tragfähig; schon Euseb setzt in seinem Leben Konstantins die Teilnahme eines Synodalen aus Gotien voraus.7 Auf der anderen Seite hat man das Wirkungsfeld •5

Ecclesiae occidentalis monumenta iuris antiquissima, ed. C. H. TURNER, I l, Oxford 1899, S. 90f. und I 2, ebd. 1904, S. 101; Fr. SCHULTHESS, Die syrischen Kanones der Synoden von Nicaea bis Chalcedon (Abhandlungen der Gesellschaft der Wissenschaften zu Göttingen, phil.-hist. Kl., NF 10,2), Berlin 1908, S. 13; H. GELZER — H. HILGENFELD — O. CUNTZ, Patrum Nicaenorum nomina, Leipzig 1898, S. LXIV. Es gibt keine Aktenüberlieferung zur Synode von Nikaia. 4 Sokrates, Kirchengeschichte 41, ed. R. HUSSEY — W. BRIGHT, Oxford ^1896, S. 129. Sokrates war nach der im Titel seines Werkes überlieferten Berufsbezeichnung Rechtsbeistand (Scholastikos). Er gehörte der novatianischen christlichen Sondergemeinde in Konstantinopel an. Seine Kirchengeschichte ist in der vorliegenden zweiten Fassung zwischen 439 und 450 abgeschlossen worden. Die Notiz über Ulfilas Teilnahme an der Konstantinopeler Synode ist übernommen worden in die gegen 560 im Kloster Vivarium in Kalabrien entstandene Historia tripartite von Cassiodor/Epiphanius V 38,2, ed. W. JACOB — R. HANSLIK (CSEL 71), Wien 1952, S. 281,12-16. ^ Sozomenos, Kirchengeschichte IV 24.1, ed. J. BlDEZ— G. Chr. HANSEN (GCS50), Berlin 1960, S. 178,10f. Sozomenos aus Gaza war Rechtsbeistand in Konstantinopel. Seine in erheblichem Umfang von Sokrates (s. Anm. 4) abhängige Kirchengeschichte entstand vor 450. ^ Vgl. zu dieser Synode W. A. LÖHR, Die Entstehung der homöischen und homöusianischen Kirchenparteien, Bonn 1986, S. 155; H. Chr. BRENNECKE, Studien zur Geschichte der Homöer (Beiträge zur historischen Theologie 73), Tübingen 1988, S. 54f. ' E. HONIGMANN, La liste originale des Peres de Nic6e, in: Byzantion 14 (1939) 17-76; ders., The Original Lists of the Members of the Council of Nicaea, the Robber-Synod and the Council of Chalcedon, in: ebd. 16 (1942/3) 20-80, hier S. 20-28. Euseb, Über das Leben Konstantins III 7,1, ed. Fr. WINKELMANN (GCS), Berlin 1975, S. 84,13f. ("auch ein Skythe fehlte nicht im Reigen"); vgl. K. SCHÄFERDIEK, Wulfila. Vom Bischof von Gotien zum Gotenbischof, in: Zeitschrift für Kirchengeschichte 90 (1979) 253-292, hier S. 287-289. Auf

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des Bischofs Theophilos auf der Krim im taurischen Gotien suchen wollen, weil nach der Aussage des Kirchenhistorikers Philostorgios Ulfila der erste Bischof für das donauländische Gotien gewesen sein soll. Doch auch das ist nicht überzeugend.8 Hier wird vorschnell eine Harmonisierung von Quellenaussagen versucht, ohne sie eingehend genug auf ihre Tragfähigkeit zu befragen. Von Interesse ist in dieser Hinsicht auch die Aufnahme der beiden genannten Zeugnisse durch Sokrates und Sozomenos. Sie zeigt, wie während des Menschenalters nach dem Tode Ulfilas das Bild von ihm noch ausgestaltet wurde. Auf der Synode von 360 hat Ulfila nach Meinung des Sokrates erstmals eine irrgläubige Formel unterzeichnet. Zuvor habe er sich im Gefolge von Theophilos zum nikänischen Glauben gehalten. Hier begegnet man schwerlich einer eigenwertigen Überlieferung^, man steht vielmehr unmittelbar vor einer Überlieferungsbildung im Vollzug. Sokrates setzt die beiden Synodaleintragungen zueinander in Beziehung und versucht daraus als Historiker ein Bild der Geschehnisse zu gewinnen. Sozomenos übernimmt dieses Bild, jedoch mit einer kleinen Abwandlung. Weil er zusätzlich eine Überlieferung kennt, nach der Ulfila sich erst zur Zeit des gotischen Donauübergangs von 376 vom nikänischen Glauben abgewandt hat, vermutet er, der Gotenbischof habe der Synode von 360 lediglich aus Unachtsamkeit beigestimmt.10 Im übrigen sind wir, sieht man von dem Selbstzeugnis der erhaltenen Reste einer gotischen christlichen Literatur und einem sehr zweifelhaften dinglichen Überrest11 ab, auf ausgestaltete Traditionen angewiesen, die HONIGMANNS Rekonstruktion geht es zurück, daß in der Karte "Die christlichen Gemeinden bis 325" im Atlas zur Kirchengeschichte, hg. v. H. JEDIN — K. S. LATOURETTE — J. MARTIN, Aktualisierte Neuausgabe, Freiburg/Basel/Rom/Wien 1987, S. 5 das Bistum Gotien nicht erscheint. Bei F. van der MEER — Christine MoHRMANN, Bildatlas der frühchristlichen Welt, Gütersloh 1959, Karte 3/4 wird es an der Stelle der späteren byzantinischen Eparchie Gotthia auf der Krim lokalisiert. 8 Vgl. dazu SCHÄFERDIEK, Wulfila (wie Anm. 7), S. 119-123; s. auch u. bei Anm. 76. " Sokrates (wie Anm. 4); vgl. D. und L. STIERNON, Gotthia, in: Dictionnaire d'histoire et de geographic ecclesiastiques 21 (1986) 862-918, hier Sp. 875 (Theophilos als Vorgänger Ulfilas "comme le rapporte une certaine tradition"). 10 Sozomenos, Kirchengeschichte IV 37,8, ed. BlDEZ — H A N S E N , S. 295,22-27. 1 ' Das sog. Siegel Ulfilas, ein 1875 von G. SCHLUMBERGER auf Korfu erworbenes Bronzepctschaft, dessen Herkunft und Fundumstände unbekannt sind. Es hat die Figur eines (Hundes oder) Wolfs als Griff und zeigt ein in auflösbares Monogramm und die Umschrift ("des Bischofs Urphilas") mit Kreuz; s. V. GARDTHAUSEN, Das Siegel Wulfilas, in: Beiträge zur Geschichte der deutschen Sprache und Literatur 48 (1924) 448-458; O. FlEBIGER — L. SCHMIDT, Inschriftcnsammlung zur Geschichte der Ostgcrmanen (Akademie der Wissen-

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durch ihre Aufnahme und Einbindung in erzählende Darstellungen überliefert sind. Eine solche Überlieferung über die Anfänge des gotischen Christentums wird von den Kirchenhistorikern Philostorgios und Sozomenos mitgeteilt.12 Sozomenos ordnet sie in eine umfassende Übersicht über den Stand der Ausbreitung des Christentums zur Zeit Konstantins ein. Bei Philostorgios ist sie mit anderen Überlieferungen zur Frühgeschichte des gotischen Christentums und vor allem zur Person Ulfilas verknüpft Sie besagt: Bei einem wohl auf 257 zu datierenden, über Thrakien nach Kleinasien, nach Philostorgios insbesondere nach Galatien und Kappadokien führenden Goteneinfall1·3 werden von den Eindringlingen Christen und christliche Geistliche als Gefangene mit fortgeführt, die dann in der Fremde Barbaren für ihren Glauben gewinnen können. Philostorgios fügt als Nachtrag noch hinzu, daß zu den Verschleppten auch die kappadokischen Vorfahren Ulfilas aus der Ortschaft Sadagollhina bei Parnasses gehört haben, die unweit der galatisch-kappadokischen Grenze, östlich des Nordendes des Tuz Gölü in der Nähe des heutigen Sereflikochisar in Inneranatolien gelegen war.14 Schäften in Wien, phil.-hist. Kl., Denkschriften 60,3), Wien 1917, S. 89 (Nr. 169) mit der Ergänzung in O. FlEBlGER, Inschriftensammlung zur Geschichte der Ostgermanen, NF (ebd. 70.3), Wien 1939, S. 23 (Nr. 31). Die Namensform mit Dissimilation l>r dürfte sekundär sein. Sokrates und Sozomenos (s.o. Anm. 4 und 5) weisen mit einem Rückgriff auf die vom Gotenbischof selbst unterzeichneten Beschlüsse der Konstantinopeler Synode von 360 auf als authentische griechische Wiedergabeform seines Namens. Sie entspricht auch der lateinischen Form Ulfila, die der Gotenbischof selbst in seinem Bekenntnis von 383 verwendet (s.u. Anm. 52). 12 Sozomenos, Kirchengeschichte 6,2-3, ed. BlDEZ— HANSEN, S. 58,1427; aufgenommen in die gegen 518 entstandene Historia tripartita des Theodor Anagnostes, s. Theodores Anagnostes, ed. G. Chr. HANSEN (GCS), Berlin 1971, S. 15. - Philostorgios, Kirchengeschichte II 5, ed. J. BlDEZ — Fr. WlNKELMANN (GCS), Berlin 1972, S. 17,6-15. Der aus Kappadokien stammende Eunomianer ("Neuarianer") Philostorgios hat seine Kirchengeschichte zwischen 425 und 433 in Konstantinopel verfaßt. Sie ist nur noch mittelbar erhalten, zumeist in einem Auszug des Konstantinopeler Gelehrten und Patriarchen Photios aus dem neunten Jahrhundert. - Zur Diskussion um die Anfänge des gotischen Christentums vgl. P. STOCKMEIER, Bemerkungen zur Christianisierung der Goten im 4. Jh., in: Zeitschrift für Kirchengeschichte 92 (1981) 315-324. ^ Zu diesem Goteneinfall s. H. WOLFRAM, Die Goten. Von den Anfängen bis zur Mitte des sechsten Jahrhunderts, München 31990, S. 61f. und S. 84f. Philostorgios datiert ihn auf die Regierungszeit Valerians und Galliens, Sozomenos auf die Galliens "und seiner Mitkaiser" (Valerian regierte 253-260, Gallien 253260 als Mitherrscher, 260-268 allein). Nach Philostorgios wird der Einfall von "Skythen", nach Sozomenos von einem Völkergemisch geführt. 14 Philostorgios, Kirchengeschichte II 5, ed. BlDEZ — WlNKELMANN, S. 17,15-17. Zu Sadagolthina vgl. S. SALAVILLE, Un ancien bourg de Cappadoce. Sadagolthina, in: Echos d'Orient 15 (1912) 61-63; Fr. HlLD, Das byzantinische Straßensystem in Kappadokien (österreichische Akademie der

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Dieser Nachtrag bekundet ein kappadokisches Überlieferungsinteresse. Er gehört zu den besonderen Nachrichten über Ulfila, die der gebürtige Kappadokier Philostorgios mitzuteilen weiß und in die er die allgemeinere Überlieferung von den verschleppten Christen eingebunden hat Die kappadokischen Vorfahren Ulfilas werden zumeist der Generation seiner Großeltem zugerechnet. Sie könnten aber durchaus auch schon der seiner Urgroßeltern angehört haben. Die präzise Nachricht über sie zeigt, daß die verschleppten Christen von 257 und ihre Nachkommen mehrere Generationen hindurch ihren christlichen Glauben bewahren und Beziehungen zu ihrer Heimat aufrecht erhalten konnten, und zwar auch über ihre Teilnahme an der gotischen Westwanderung in das Gotien des vierten Jahrhunderts zwischen Alt und Dnjestr und über ihre gotische Assimilierung und Einbeziehung in die terwingische Ethnogenese hinweg. In den Zusammenhang dieser fortdauernden Beziehungen nach Kappadokien ist sicher auch der von dort stammende Eutyches einzuordnen. Sein erfolgreiches christliches Wirken unter den Goten gilt 374 für Basileios von Kaisareia als Beispiel einer vermeintlich noch unverdorbenen Vergangenheit.1 ^ Möglicherweise auch noch eine Nachwirkung dieser alten kirchlichen Verbundenheit ist schließlich die Translation der Reliquien des gotischen Märtyrers S abas in die kappadokische Metropole Kaisareia 374, an der zwei gebürtige Kappadokier, der Militärbefehlshaber der Provinz Skythien Junios Soranos und wahrscheinlich der Bischof Bretanion von Tomi wesentlichen Anteil hatten.16 Wissenschaften, phil.-hist. Kl., Denkschriften 131), Wien 1977, S. 39 u. S. 37 (Karte). ^ Basileios von Kaisareia, Brief 164,2, ed. Y. COURTONNE, S.Basile. Lettres II, Paris 1961, S. 98.36-99,3. 16 Martyrium des Sabas l (Praescr.) und 8, ed. H. DELEIIAYE, Saints de Thrace et de Mesie, in: Analecta Bollandiana 31 (1912) 161-300 (Text des Sabasmartyriums: S. 216-221), hier S. 216,21-24 u. S. 221,10-20. Vgl. Basileios von Kaisareia, Brief 155 (wahrscheinlich an Junios Soranos); 164,1; 165, ed. COURTONNE, II, "S. 81,38-40; S. 98,24-34; S. 101,23-31. Zu den Vermutungen über den Adressaten von Brief 164 vgl. W.-D. HAUSCHILD, Basilius von Caesarea. Briefe. Zweiter Teil, eingel., übers, und erläutert von W.-D. HAUSCHILD (Bibliothek der griech. Lit. 3), Stuttgart 1973, S. 170f. Der Adressat ist ein Geistlicher - die Anrede muß nicht unbedingt einen Bischof meinen (vgl. G. W. H. LAMPE, A Patristic Greek Lexicon, Oxford 1961, S. 635 s.v. II C) - kappadokischer Herkunft, der Basileios persönlich unbekannt ist. Er wirkt in einem "fremden Land", das aber von dem seinem Wirkungsbereich "benachbarten Barbarenland" zu unterscheiden ist, also wohl in einer der Provinzen an der Donaugrenze; für den Glauben durchgestandene Kämpfe gehören demnach in die zeitgenössischen innerkirchlichen Auseinandersetzungen. Berichtet wird dazu aus den im allgemeinen homöisch bestimmten Donauprovinzen nur ein Zusammenstoß des Bischofs Bretanion von Tomi mit Kaiser Valens, der in die Jahre 368/9 fallen muß, als Valens sich im Verlauf seines Gotenkrieges mehrfach auch in der Provinz Skythien aufgehalten hat: Sozomenos, Kirchengeschichte VI 21,5f., ed.

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In der erbaulich stilisierten christlichen Darstellung erscheinen die in die Fremde verschlagenen christlichen Geistlichen ohne weiteres als erfolgreiche Weitervermittler ihres Glaubens. Die Überzeugung von einer Selbstevidenz des Christentums blendet die Frage nach den Bedingungen seiner Verbreitung aus. Ein bemerkenswertes Grunddatum ist schon, daß es überhaupt möglich war, den christlichen Glauben als weitervermittelbares Gut über eine tiefgreifende Entwurzelungserfahrung hinweg dauerhaft festzuhalten. Eine Voraussetzung dafür war sicher, daß es gelang, einen neuen gemeindlichen Zusammenhalt zu schaffen. Wesentlich für eine Möglichkeit weitergreifender Wirkungen nach außen ist dann gewiß auch eine mit der Zeit fortschreitende gotische Assimilierung gewesen. Die erste Kemgruppe christlicher Goten dürfte somit eher aus gotisierten Christen als aus frei gewonnenen Konvertiten bestanden haben. Soziale Konsolidierung und ethnische Integrierung müssen als notwendige Entwicklungsschritte auf dem Weg von einer zunächst gewiß wenig organisierten Gruppe christlicher "displaced persons" zu einer gotischen Kirche angesehen werden. Die erfolgreich abgeschlossene Konsolidierung wird sichtbar an der Vertretung der Kirche Gotiens auf der nikänischen Synode, und ein markantes Zeugnis der ethnischen Integrierung bieten Person und Werk Ulfilas. Ungeachtet dieser Entwicklung bleibt das gotische Kirchentum jedoch bis zu den kirchlichen Ab- und Ausgrenzungen der theodosianischen Zeit eingebunden in die seit Konstantin zur Reichskirche werdende Großkirche innerhalb des römischen Reiches. Auch das wird schon rein äußerlich wieder durch die Anwesenheit des Bischofs für Gotien auf der ersten Reichssynode in Nikaia bezeugt, aber auch durch Ulfila, den Goten mit kappadokischen Vorfahren, zu dessen kirchlicher Bildung die Kenntnis des Griechischen und Lateinischen gehört und der in entscheidenden Augenblicken seines Wirkens in unmittelbare Beziehungen zur christlichen Kaisermacht tritt.

BlDEZ — HANSEN, S. 263,27-264,8; vgl. Theodoret, Kirchengeschichte IV 37, ed. L·. PARMENTIER — F. SCHEIDWEILER (GCS 44), Berlin 21954, S. 273,1-6. Das fügt sich zu dem von Basileios vorausgesetzten zeitlichen Ablauf; zur Zeit der Bemühung des Adressaten um die Translation der Sabasreliquien liegt sein Einsatz für den Glauben bereits in der Vergangenheit. Somit könnte der Adressat, wie schon verschiedentlich vermutet, tatsächlich Bretanion von Tomi sein. Nicht entfernt von den Quellen - den genannten Basileios-Briefen und dem Sabasmartyrium - getragen werden die weitgehenden Spekulationen über ein aktives Missionszentrum in der römischen Provinz Skythien in den siebziger Jahren des vierten Jahrhunderts von J. CoMAN, Saint Basile le Grand et l'iglise de Gothic. Sur les missionaires cappadociens en Scythie mineure et en Dacie, in: Patristic and Byzantine Review 3 (1984) 54-68; deutlich zurückhaltender ist demgegenüber die Behandlung der gleichen Quellen bei S. C. ALEXE, Saint Basile le Grand et le christianisme roumain au IVC siecle, in: Studia Patristica 17, ed. by Elizabeth A. LIVINGSTONE, Oxford 1982, , S. 1049-1059.

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In der Kirchengeschichte des Sokrates begegnet die Überlieferung von den verschleppten kleinasiatischen Christen nicht. Dort heißt es vielmehr in einer Darstellung der Förderung der Kirche durch Konstantin beiläufig, Sarmaten und Goten hätten unter dem Eindruck einer ihnen von Konstantin zugefügten Niederlage "erstmals der Religion des Christentums geglaubt", unter deren Zeichen der Kaiser seinen Sieg errungen habe.17 Angespielt wird dabei auf Konstantins Gotensieg von 332.18 Doch wird hier sicher keine eigene Überlieferung über Vorgänge in Gotien aufgenommen, sondern nur die zugrundeliegende Quelle, Eusebs Leben Konstantins, überinterpretiert.19 Gelegentlich, auch vom Verfasser dieses Beitrags, an diesen Text geknüpfte Erwägungen zur kirchlichen Bedeutung des von Konstantin 332 den terwingischen Goten aufgenötigten Bündnisses sind daher müßig. Ohne auch kirchliche Folgen blieb diese Anbindung der Terwingen an das Reich jedoch sicher nicht. Es ist gewiß nicht von ungefähr, daß einige Jahre später zu einer terwingischen Gesandtschaft an den Hof Konstantins ein christlicher Kleriker, der Anagnost Ulfila, gehört, der dann durch den bischöflichen Berater des Kaisers, Euseb von Nikomedien, zum Bischof für die Christen in Gotien geweiht wird.20 Deren Zahl muß zumindest seit der Zeit Konstantins beträchtlich angewachsen sein. Denn das ist sicher einer der Gründe dafür, daß im Verlauf der vierziger Jahre des vierten Jahrhunderts durch einen Gotenrichtcr, und das heißt, auf der Ebene des terwingischen Gesamtverbandes, wahrscheinlich im Zusammenhang mit einer Störung der terwingischrömischen Beziehungen 21 , eine gewaltsame Unterdrückung des gotischen Christentums versucht wird. Die dabei aus Gotien vertriebene Ulfilagemeindc war stark genug, um die Grundlage eines eigenen gentilen Verbandes innerhalb der Reichsgrenzen zu bilden, ohne daß durch ihren Abzug das Christentum in Gotien selbst erloschen ist.22 17

Sokrates, Kirchengeschichte I 18, ed. HUSSEY — BRIGHT, S. 38. Vgl. dazu WOLFRAM, Goten (wie Anm. 13), S. 70f. 19 Euseb, Leben Konstantins IV 5, ed. WINKELMANN, S. 121,10-20. Nach Euseb hat Konstantin die besiegten "Skythen" "von einer gesetzlosen und tierisch rohen Lebensweise zu einer rechtlichen und vernünftigen umgestimmt". 20 Philostorgios, Kirchengeschichte II 5, ed. BlDEZ — W l N K E L M A N N , S. 17,19-18,2; vgl. dazu weiter unten (bei Anm. 73-76). 21 Vgl. WOLFRAM, Goten (wie Anm. 13), S. 72f. 22 Philostorgios, Kirchengeschichte II 5, ed. BlDEZ — W l N K E L M A N N , S. 17,3-6; 18,9-12. Auxentius von Durostorum, Brief über Lehre und bischöfliches Wirken Ulfilas (= c. 24-41 der sog. Dissertatio Maximini) 36f., ed. R. GRYSON, Scripta Arriana Latina I (CChr. SL 87), Turnhout 1982, S. 164f. Der Brief des Ulfilaschülers und Bischofs von Durostorum an der Donau in Niedermösien (bei Silistra/Bulgarien) ist bald nach der von Theodosius d.Gr. im Juni 383 veranstalteten "Synode aller Parteien" verfaßt worden (vgl. Anm. 70). Bei der sog. Dissertatio Maximini aus der Mitte des fünften Jahrhunderts handelt 18

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Eine ganz andere Überlieferung über das Fußfassen des Christentums unter den Goten begegnet in der Kirchengeschichte des Sokrates. Sie ist dort mit einer Nachricht über die Bibelübersetzung Ulfilas und einem Bericht über ein gewaltsames Einschreiten Athanarichs gegen das gotische Christentum zu einer geschlossenen Darstellung zusammengearbeitet worden, deren Fugen jedoch deutlich zu erkennen sind.2·' Nach dieser Überlieferung kam es zu einer innergotischen Auseinandersetzung zwischen Athanarich, der seit Mitte der sechziger Jahre des vierten Jahrhunderts als "Richter", und das heißt, als gewählter Führer des terwingischen Gesamtverbandes erscheint, und Fritigern, einem der terwingischen Teilverbandsfürsten. Als Athanarich sich in dieser Auseinandersetzung als überlegen erwies, suchte Fritigern römische Unterstützung. Sie wurde von Valens bewilligt, und mit römischer Truppenhilfe konnte Athanarich geschlagen werden. Aus Erkenntlichkeit schloß sich daraufhin Fritigern der Religion des Kaisers an und veranlaßte auch seine Untertanen zu diesem Schritt. "Darum", so vermerkt Sokrates, bevor er zu der Nachricht von Ulfilas Bibelübersetzung übergeht, "sind nun einmal die Goten bis heute zumeist arianischen Glaubens, weil sie sich dem seinerzeit des Kaisers wegen angeschlossen haben", iir trägt damit ein eigenes Frageinteresse an die von ihm aufgenommene Überlieferung heran und wertet sie als Erklärung für die Verhältnisse seiner Gegenwart aus.

es sich um Scholien des homöischen Bischofs Maximin zu den Akten des Konzils von Aquileia vom Herbst 381. 23 Sokrates, Kirchengeschichte IV 33, ed. HUSSEY — BRIGHT, S. 209f. Sozomenos, Kirchengeschichte VI 37,2-12, ed. BlDEZ — HANSEN, S. 294,17296,20 hat die Darstellung aus Sokrates übernommen, aber mit einer anderen Überlieferung verschmolzen, nach der die Goten beim Donauübergang von 376 unter ausschlaggebender Beteiligung Ulfilas vom orthodoxen zum arianischen Bekenntnis übergegangen sein sollen. Die von Sokrates gegebene Darstellung ihrer Annahme des Christentums ist dadurch erheblich verunklart worden. Vgl. dazu K. SCHÄFERDIEK, Zeit und Umstände des westgotischen Übergangs zum Christentum, in: Historia 28 (1979) 90-97, hier S. 90-94; erneut nicht hinreichend Rechnung getragen wird dem Charakter des von Sokrates gezeichneten Ablaufsbildes als einer historiographischen Konstruktion bei Z. RUBIN, The Conversion of the Visigoths to Christianity, in: Museum Helveticum 38 (1981) 34-54. - Die Darstellung des Sokrates ist aufgenommen worden von der Passio des Niketas 3f., ed. DELEHAYE, Saints (wie Anm. 16), S. 210f. und von Cassiodor/Epiphanius, Historia tripartita VIII 13,2-6, ed. JACOB — HANSLIK, S. 485,5-20; eine knappe, wahrscheinlich über eine Zwischenquelle vermittelte Zusammenfassung bringt der jakobitische Patriarch Michael der Syrer (1126-1199) in seiner Chronik VU 7, ed. J.-B. CHABOT, Chronique de Michel le Syrien IV, Paris 1910 (= Brüssel 1963), S. 153 (syrischer Text) und I, Paris 1899 (= Brüssel 1963), S. 303 (französ. Übersetzung). Die Sozomenos-Version ist zumindest in ihrem ersten Teil übernommen worden von Theodor Anagnostes, Historia tripartita, Epitome 213, ed. HANSEN, S. 74,18-75,3.

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Daß es während der Regierungszeit des Valens (364-378) im Zuge einer gotisch-römischen Kontaktaufnahme zu einem gezielten, vom Kaiser geförderten Missionseinsatz gekommen ist, bestätigt aufgrund anderer Überlieferung auch Orosius.24 Danach haben die Goten von Valens die Entsendung von Bischöfen zur Unterweisung im christlichen Glauben erbeten. Der Kaiser habe daraufhin arianische Lehrer geschickt. Auch hier tritt die Überlieferung in das Licht der seit der theodosianischen Zeit sich stellenden Frage nach den Gründen des arianischen Sonderbekenntnisses der Goten, und Orosius setzt das Motiv der Entsendung arianischer Missionare durch Valens geschichtstheologisch ein, um die Katastrophe dieses Kaisers in der Schlacht von Adrianopel 378 als göttliches Strafgericht zu deuten.25 Sokrates datiert die Auseinandersetzung zwischen Athanarich und Fritigem mit ihren Folgen durch die Einordnung in den Aufriß seiner Kirchengeschichte mittelbar auf die Zeit gegen 375.2^ Andererseits schließt er an seinen Bericht die Nachricht über Ulfilas Bibelübersetzung an, um dann mit der Behauptung, Ulfila habe seine Wirksamkeit auch auf die Leute Athanarichs ausgedehnt, einen Übergang zu der Überlieferung von Athanarichs Unterdrückung der Christen und zugleich ein vermeintliches Motiv für sie zu finden. Das christenfeindliche Vorgehen Athanarichs fällt aber bereits in die Zeit von 369/371 bis mindestens ins Frühjahr 372.27 Doch die Verknüp24

Orosius, Historiae adversus paganos VII 33,19, ed. C. ZANGEMEISTER (CSEL 5), Wien 1882, S. 520.15-18. Orosius schrieb sein apologetisches Geschichtswerk 417/8. Isidor von Sevilla hat in seiner etwa 625/6 verfaßten Gotengeschichte, c. 7f., ed. Th. MOMMSEN (MG. Auct. Ant. 11), Berlin 1894 (= 1951), S. 270,5-23 die Nachricht des Orosius mit der durch die Historia tripartita von Cassiodor/Epiphanius vermittelten Darstellung des Sokrates verknüpft. Ebenfalls auf Orosius greift die im Auszug des Jordanes erhaltene, gegen Mitte des sechsten Jahrhunderts abgeschlossene Gotengeschichte Cassiodors zurück: Jordanes, Getica XXV 131 f., ed. Th. MOMMSEN (MG. Auct. Ant. 5), Berlin 1882 (= 1951). S. 92,5-16. 25 Orosius. Historiae VD 33,19. ed. ZANGEMEISTER, S. 520,18-521,3. Vgl. zu dieser Art christlicher Geschichtsapologetik im Blick auf die Schlacht von Adrianopel auch Theodoret, Kirchengeschichte IV 33,2f.. ed. PARMENTIER — SCHEIDWEILER, S. 217,17-272,5. Theodoret war Bischof von Kyrrhos in Syrien (Ruinenstätte nordöstlich von Haleb/Aleppo) und hat seine Kirchengeschichte 449/450 geschrieben. 2 ^ Vgl. SCHÄFERDIEK, Zeit (wie Anm. 23), S. 93f. Wertlos ist die Datierung auf 375 in der Passio des Niketas 5, ed. DELEHAYE, S. 209f.; sie stammt aus Sokrates, Kirchengeschichte IV 31, ed. HUSSEY — BRIGHT, S. 208. 27 Hieronymus, Chronik zum Jahr 369. ed. R. HELM (GCS). Berlin 21984, S. 245,20-22 (eingereiht zwischen die Veranstaltung von Kampfspielen durch Valens nach der Rückkehr vom Gotenkrieg im Herbst 369 und den Tod des Euseb von Vercelli im Sommer 371; vgl. STIERNON, wie Anm. 9, S. 878); Martyrium des Sabas 7, ed. DELEHAYE. S. 221.6-9 (Tod des Sabas am 12. April 372).

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fung des Religionswechsels Fritigerns mit der Behauptung einer Mission Ulfilas und dem Bericht von der Christenverfolgung Athanarichs hat erst Sokrates hergestellt. Der Zusammensto zwischen den Gotenf rsten l t sich aus sachlichen Gr nden tats chlich am ehesten in die letzte Zeit vor dem Hunneneinbruch und dem Zerfall des terwingischen Verbandes 376 einordnen; denn offenbar hat Fritigem mit seiner dabei aufgenommenen Beziehung zum Reich sich die Stellung aufgebaut, in der er 376 nach dem Scheitern des von Athanarich gef hrten Versuchs einer Hunnenabwehr einem Gro teil der Terwingen als Hoffnungstr ger erscheinen konnte.28 F r die Annahme eines tats chlichen Wirkens Ulfilas in Gotien im Zusammenhang mit seinem Religionswechsel aber bietet die historiographische Konstruktion des Sokrates keine tragf hige Grundlage. Das Vorgehen Athanarichs gegen die gotischen Christen schlo sich an den Gotenkrieg von 366-369 an, der im Herbst 369 in dem zwischen Valens und Athanarich verhandelten Friedensschlu von Noviodunum (Isaccea) zur Beendigung der terwingischen F deratenbindung an das Reich gef hrt hatte.^ Die von Sokrates aufgenommene berlieferung nennt als Motiv daf r die berzeugung Athanarichs, durch das Christentum werde "die von den V tern berkommene religi se Sitte verf lscht"30, und ein zeitgen ssischer christlicher Berichterstatter sieht darin einen antir mischen Affekt wirksam.31 Es geht, wie sicher auch schon bei dem antichristlichen Einschreiten eines Gotenrichters in den vierziger Jahren des vierten Jahrhunderts; um eine Vergewisserung gotischer Identit t, und ebenso wie in der r mischen Christenpolitik der vorkonstantinischen Zeit wurde nicht eine Vernichtung der Christen, sondern ihre kultische Wiedereingliederung angestrebt.32 Das kennzeichnet die offenbar von der Entwicklung der terwingisch-r mischen Beziehungen wesentlich mitbestimmte Lage des in Gotien herangewachsenen Christentums mit seiner diasporakirchlichen Organisation. Der aus dem gleichen politischen Zusammenhang erfolgende Religionswechsel des reiks Fritigern schafft nun f r seinen Teilverband, sein kuni, 28

Vgl. WOLFRAM, Goten (wie Anm. 13), S. 79-81. Vgl. WOLFRAM, Goten (wie Anm. 13), S. 74-78; U. WANKE, Die Gotenkriege des Valens (Europ. Hochschulschriflen, Reihe 3, Bd. 412), Frankfurt a.M./Bem/New York/Paris 1990, S. 84-110. 30 Sokrates, Kirchengeschichte IV 33, ed. HUSSEY — BRIGHT, S. 210: ως παραχαραττομένης της πατρώου θρησκείας. Vgl. Sozomenos, Kirchengeschichtc VI 37,12, ed. BIDEZ— HANSEN, S. 296,16-20. 31 Epiphanios, Panarion 70,15,4, ed. K. HOLL III (GCS 37), Leipzig 1933, S. 248,18-22. Epiphanios war Bischof von Salamis auf Zypern (Ruinenst tte n rdlich von Famagusta) und hat sein Panarion 375-377 geschrieben. 32 Martyrium des Sabas 3 u. 6, ed. DELEHAYE, S. 217, 25-28 u. S. 219,30-33; Sozomenos, Kirchengcschichte VI 37,13, ed. BlDEZ — HANSEN, S. 296,20-24. 29

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neue Bedingungen. Der christliche Gottesdienst wird zur anerkannten und damit aufgrund seines Exklusivitätsanspruchs auch ausschließlichen Form öffentlicher religiöser Selbstvergewisserung. Mit kaiserlicher Unterstützung wurde dafür sogleich mit dem Aufbau einer entsprechenden, den Verband insgesamt erfassenden kirchlichen Organisation begonnen. Das entspricht einem für die Christianisierung geschlossener gentil-religiöser politischer Verbände kennzeichnenden Missionsvollzug von oben nach unten und von außen nach innen, durch Ansetzen bei der politischen Führungsspitze und Überstülpen einer kirchlichen Organisationsstruktur des öffentlichen Gottesdienstes. Dieses Verfahren ist keineswegs nur mittelalterlich. Es läßt sich auch bei der Christianisierung Armeniens seit der Wende vom dritten zum vierten Jahrhundert, bei derjenigen Georgiens seit der konstantinischen Zeit und bei der Äthiopiens seit den vierziger Jahren des vierten Jahrhunderts beobachten.33 Bereits beim Donauübergang von 376 erscheinen die von Fritigern, anfänglich noch zusammen mit einem weiteren Stammesfürsten, Alaviv, geführten Terwingen als formell christlich, und für die Genehmigung ihrer Aufnahme ins Reich durch Valens ist das sicher auch von Belang gewesen.34 Zugleich war damit die Voraussetzung geschaffen für den Forlbestand des Christentums mit einer den Verhältnissen entsprechenden kirchlichen Ordnung während der folgenden Jahre der Auseinandersetzung mit dem Reich und der ethnischen Neuslrukturicrung im westgotischen Volksverband,3^ Der Prozeß der förmlichen Christianisierung muß in diesen Jahren sogar rasch weiter fortgeschritten sein. 376 war auch ein mit alanischcn und hunnischen Elementen durchsetzter greutungischer Verband ins Reich eingedrungen und halte sich in der Folge zeitweilig den Terwingen 33

Vgl. die Übersichten bei C. D. G. MÜLLER, Geschichte der orientalischen Nationalkirchen (Die Kirche in ihrer Geschichte, hg. v. B. MOELLER, Bd. l, Lfg. D 2), Göltingen 1981; zum Grundsätzlichen vgl. H.-D. KAHL, Die ersten Jahrhunderte des missionsgeschichtlichen Mittelalters. Bausteine für eine Phänomcnologie bis ca. 1050, in: Kirchengeschichte als Missionsgeschichtc, II l, hg. v. K. SCHÄFERDIEK, München 1978, S. 11-76. Eunapios, Fragment 55, ed. Carl MÜLLER, Fragmenta Historicorum Graecorum IV, Paris 1868 (= 1928), S. 38f. = Frg. 48,2, ed. R. C. BLOCKLEY, The Fragmentary Classicising Historians of the Later Roman Empire II, Liverpool 1983, S. 74-76; das Fragment läßt sich entgegen der Meinung der Herausgeber sinnvoll nur den Vorgängen von 376 zuordnen. Das Geschichtswerk des Eunapios entstand bald nach 404 und ist im Sinn einer heidnischen Geschichtsapologetik dem christlichen Kaisertum gegenüber kritisch eingestellt. Daher stellt Eunapios das Christentum der Goten beim Donauübergang als einen lediglich zur Täuschung der römischen Instanzen vorgespiegelten Schein dar. Schwer zu beurteilen ist, ob seine Angabc, die Goten hätten in aller Heimlichkeit auch ihre alten heidnischen Heiligtümer und deren Kultpersonal mit sich geführt, lediglich ein Tcndcnzgerücht oder eine zuverlässige Nachricht ist. 3 ^ Zu den Ereignissen vgl. WOLFRAM, Goten (wie Anm. 13), S. 124-145.

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Fritigems angeschlossen. 380 wurde er von dem westlichen Kaiser Gratian mit Foederatenstatus in Pannonien angesiedelt. Diese Goten dürften daher auch die in den Folgejahren im Westreich auftretenden gotischen Foederateneinheiten gestellt haben, und 381 hat offenbar der zeitweilige homöische Bischof von Pettau Julianus Valens bei ihnen Rückhalt gefunden.36 Sie waren demnach zu dieser Zeit bereits christlich. Ihre Christianisierung muß sich in der Zeit ihres Anschlusses an Fritigems Terwingen vollzogen haben. In diesen stürmischen Jahren entstanden auch die Voraussetzungen für das Bild von den Goten, "denen der Karren als Kirche dient", oder dem "rotblonden Gotenheer", das seine "Kirchenzelte mit sich führt".37 Aber auch die Kirche in Gotien nördlich der Donau hat über die Ereignisse von 376 in ihrer Diasporasituation noch fortbestanden.38 Noch aus der Zeit zwischen 383 und 392 ist das Martyrium eines ihr angehörigen Christen überliefert39, danach verliert sich ihre Spur im dunkeln. Ganz auf die Frage der nachtheodosianischen Zeit nach dem Grund für die besondere arianische Bekenntnisgestalt des gotischen Christentums richtet sich eine Überlieferung, die bei Sozomenos und Theodore! begegnet.40 Ihr 3

" Ambrosius, Gesta concilii Aquileiensis, ep. 2,9 (= Ambrosius, ep. 10,9 der Maurinerzählung). ed. Michaela ZELZER (CSEL 82), Wien 1982, S. 322,105323,114. Das Konzil von Aquileia unter Vorsitz des Ambrosius fand Anfang September 381 statt. Zu Julianus Valens vgl. M. MESLIN, Les Ariens d'Occident (Patristica Sorbonensia 8), Paris 1967, S. 66f. Vgl. auch Ambrosius, Brief 76,12 (= 20,12 der Maurinerzählung), ed. ZELZER, S. 114,78-82 vom April 386. 37 Ambrosius, Brief 76,12 (= 20,12 der Maurinerzählung), ed. ZELZER, S. 114,80f. vom April 386: Quibus (sc. Gothis) ut olim plaustra sedes erat, ita nunc plaustrum ecclesia est. Hieronymus, Brief 107,2, ed. I. HlLBERG (CSEL 55), Wien/Leipzig 1912, S. 292,16, wohl aus dem Jahr 401: Getarum rutilus et flauus exercitus ecclesiarum circumfert tentoria. 38 Vgl. K. SCHÄFERDIEK, Gotien. Eine Kirche im Vorfeld des frühbyzantinischen Reiches, in: Jahrbuch für Antike und Christentum 33 (1990) 36-52. ' Im Translationsbericht der Menologiennotiz zum 26. März über gotische Märtyrer der Zeit Athanarichs, ed. H. ACHELIS, Der älteste deutsche Kalender, in: Zeitschrift für die neutestamentliche Wissenschaft l (1900) 308-335, hier S. 319; DELEHAYE, Saints (wie Anm 16), S. 179. Nicht auszumachen ist, ob die Erhebung der Reliquien der gotischen Märtyrer Irmas, Remas und Pinas durch einen Bischof Goddas (Passio des Irmas, Remas und Pinas, ed. DELEHAYE, Saints, S. 215f.) in die Zeit nach der ersten oder der zweiten gotischen Christenverfolgung, mithin in die fünfziger Jahre des vierten Jahrhunderts oder in die Zeit um 378 fällt. 40 Sozomenos, Kirchengeschichte VI 37,2-12, ed. BIDEZ — HANSEN, S. 294,17-296,20, verunklart durch Verschmelzung mit der Darstellung von Sokrates über die Auseinandersetzung Fritigems mit Athanarich, das Wirken Ulfilas und Athanarichs Vorgehen gegen die Christen (s. Anm. 23). Theodoret, Kirchengeschichtc IV 37, ed. PARMENTIER — SCHEIDWEILER, S. 273,16-274,15, aufgenommen von Cassiodor/Epiphanius, Historia tripartita VIII 13,21-24, ed.

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zufolge wären die Goten zunächst orthodox gewesen und erst anläßlich des Donauübergangs von 376 arianisch geworden. Während der Verhandlungen mit Valens über eine Erlaubnis zur Niederlassung auf römischem Boden hätten arianische Hofkreise den Gotenbischof Ulfila, der bei Sozomenos als Leiter der terwingischen Verhandlungsdelegation erscheint, durch Versprechungen - so Sozomenos - oder durch Bestechung und Täuschung - so Theodoret - für ihre Überzeugung gewonnen, und durch seine Vermittlung seien dann auch die Goten arianisch geworden. Theodoret veranschaulicht dabei das Wuchern einer solchen Überlieferungsbildung, indem er den bereits 370 verstorbenen Bischof Eudoxios von Konstantinopel für die Umstimmung Ulfilas verantwortlich macht. Die Überlieferung ist offenbar nicht mehr als eine späte Konstruktion. Sie sucht eine verschwommene Kenntnis von der Förderung der gotischen Christianisierung durch den Kaiser Valens, der für die spätere Orthodoxie als fanatischer Förderer des Arianismus galt, sowie davon, daß Ulfila das Amt eines Gotenbischofs versehen hat, in freier Kombination für eine Erklärung des römisch-gotischen Bekenntnisgegensatzes auszuwerten.41 Allerdings steckt in dieser Konstruktion insofern auch etwas Richtiges, als die gotischen Christen jenseits der Donau aus der Sicht reichskirchlicher Beobachter noch in den siebziger Jahren des vierten Jahrhunderts nicht als Arianer angesehen wurden. Ein recht engstirniger zeitgenössischer Vertreter der nikänischen Richtung betrachtet die Opfer der Christenverfolgung Athanarichs, soweit sie nicht Anhänger des zeitweilig auch in Gotien missionierenden syrischen Sektierers Audios waren4^, einfach als "unsere dortiJACOB — HANSLIK, S. 488,91-489,108. P. HEATHER, The Crossing of the Danube and the Gothic Conversion, in: Greek, Roman, and Byzantine Studies 27 (1986) 289-318 bewertet diese Überlieferung aufgrund einer Fehleinschätzung über; sie handelt nicht von der Christianisierung der Goten, sondern von ihrem Übergang vorn "orthodoxen" zum "arianischen" Christentum, was bei Sozomenos durch die Verknüpfung mit der Darstellung des Sokrates allerdings leicht verwischt wird. 4 ' Ein in sich ganz unwahrscheinliches Ablaufbild entwirft E. K. CHRYSOS, ' , Thessalonike 1972, S. 77-123 in einem Versuch der Harmonisierung aller darstellenden Quellen, ohne nach den Informations- und Interesscnhorizonten der von ihnen aufgenommenen Überlieferungsbildungen zu fragen. Danach soll Valens auf Anraten von Eudoxios im Anschluß an den Gotenkrieg ein Missionsunlernehmen unter Einschaltung Ulfilas durchgeführt haben. Die dann ausbrechendc Auseinandersetzung zwischen Fritigern und Athanarich habe dadurch einen religiösen Einschlag und Athanarichs Vorgehen gegen die Christen infolge des römischen Eingreifens für Fritigern eine antirömische Zuspitzung erhalten. 4 ^ Zu Audios und seiner Gemeinschaft vgl. H.-Ch. PUECH, Audianer, in: Reallcxikon für Antike und Christentum, l, 1950, Sp. 910-915. Seine aus der Verbannung in die Provinz Skythicn betriebene Mission: Epiphanios, Panarion 70,14,5-15,4, ed. HOLL III, S. 247,25-248,22.

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gen Christen".4^ Ambrosius, ein unerbittlicher Verfechter nikänischer Rechtgläubigkeit, sagt in einer wohl 377 gehaltenen, in seinen Lukaskommentar eingearbeiteten Predigt im Blick auf die seinerzeitigen Gotenwirren: "Daher wohl besiegen sie uns, wie die gegenwärtigen Verhältnisse zeigen, weil sie mit der Hingabe ihres Blutes den bekannten, dem die Arianer die Frage nach seiner Herkunft anzuhängen suchten".44 Die gotischen Märtyrer werden damit sogar den reichskirchlichen Arianern gegenübergestellt. Auch in der 378 oder kurz danach entstandenen Chronik des Hieronymus erscheinen die Opfer der Religionspolitik Athanarichs einfach und ohne Vorbehalt als "Christen"45, und noch 425 setzt Augustin als selbstverständlich voraus, daß es zur Zeit dieses Gotenrichters in Gotien nur "katholische" Christen gegeben habe.46 Das heißt allerdings nicht schon, daß die seinerzeitige Kirche Gotiens "orthodox" im Sinne der auf die Dauer sich durchsetzenden nikänischen Linie war, sondern nur, daß man keinen Anlaß hatte, sie für "arianisch" zu halten. Sie war von den kirchlichen Auseinandersetzungen wahrscheinlich gar nicht berührt, jedenfalls nicht unmittelbar in sie hineinbezogen. Daher konnte eine Märtyreriiberlieferung der gotischen Kirche ohne weiteres ebenso in einem nikänischen ("orthodoxen") wie in einem homöischen ("arianischen") reichskirchlichen Traditionsmilieu gepflegt werden. Die byzantinische Menologienüberlieferung notiert zum 26. März das Gedächtnis einer Gruppe gotischer Märtyrer der Zeit Athanarichs, die in den Flammen ihrer in Brand gesteckten Kirche den Tod gefunden haben.47 Ihre Reliquien sind in theodosianischer Zeit, zwischen 383 und ·* Epiphanios, Panarion 70,15,4, ed. HO.LL III, S. 248, 19: oi . 4 Ambrosius, Expositio Evangelii secundum Lucam II 37, ed. M. ADRIAEN (CChr. SL 14), Turnhout 1957, S. 47,520-523: Et ideo fortasse nos uincunt (sc. Golhi et Armenii, von denen tatsächlich jedoch nur die ersten in Betracht kommen), ut praesentia docent, quoniam quem illi oblatione sanguinis fatebantur huic Arriani quaestionem generis inferebanl. Zum Datum vgl. J.-R. PALANQUE, Saint Ambroise et l'empire romain, Paris 1933, S. 47,530f. 45 Hieronymus, Chronik zum Jahr 369, ed. HELM, S. 245,20-22. 46 Augustin, De civitate dei XVIII 52, ed. B. DOMBART — A. KALB (CChr. SL 48), Turnhout 1955, S. 651,56-652,61. De civitate XVIII ist 425 entstanden. Augustin weiß von den Ereignissen durch unmittelbare Zeitzeugen. 47 Menologiennotiz zum 26. März, ed. ACHELIS (wie Anm. 39), S. 318; DELEHAYE, Saints (wie Anm. 16), S. 279; desgleichen im Konstantinopeler Synaxar: Synaxarium Ecclesiae Constantinopolitanae, ed. H. DELEHAYE (Acta Sanctorum, Propyl. Nov.), Brüssel 1902, Sp. 559f. Die gleiche Überlieferung hat auch Sozomenos, Kirchengeschichte VI 37,14. ed. BlDEZ — HANSEN, S. 296,24-28 aufgenommen. Außer Betracht bleiben die martyrologischen Überlieferungen, für die aus Quellenmangel eine arianische Tradierung nicht aufgezeigt werden kann: Martyrium des S abas (s. Anm. 16), Passio des Innas, Remas und Pinas (s. Anm. 39), Passio des Niketas (s. Anm. 23).

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392 aus Gotien nach Kyzikos (Balkiz in der Südwestecke des Golfs von Bandirma/Marmarameer) überführt worden.48 Ihr Gedächtnis wird aber zum 29. Oktober auch im gotischen liturgischen Kalenderfragment vermerkt.49 Dieser Kalender ist sehr wahrscheinlich die Übersetzung eines Konstantinopeler Martyrologs, dessen Grundbestand wohl aus der "arianischen" Zeit des Stuhls von Konstantinopel unter Eudoxios (360-370) und Demophilos (370380) stammt und das danach noch in der seit 380 bestehenden Konstantinopeler arianischen Sondergemeinde fortgeschrieben wurdet Erst Sokrates sieht aufgrund des von ihm durch Kombination seiner Quellen entworfenen Ablaufbildes die Opfer der Maßnahmen Athanarichs als Arianer an, deren Irrglauben er meint mit ihrer Schlichtheit entschuldigen zu müssen.51 Wie Heiligenüberlieferungen konnten sicher auch Glaubensflüchtlinge aus Gotien in unterschiedlichen kirchlichen Umfeldern Fuß fassen, so etwa die Informanten Augustins, die in ihrer Jugend unmittelbare Zeugen der christenfeindlichen Maßnahmen Athanarichs gewesen sind, in einem westlichen orthodoxen Milieu. Die Unterzeichnung der Beschlüsse der Synode von Nikaia 325 durch den Bischof Theophilos von Gotien erlaubt keine nähere dogmengeschichtliche Kennzeichnung der gotischen Kirche der konstantinischen Zeit. Das nikänische Bekenntnis hat seine spätere Bedeutung erst durch eine längere Rezeptionsgeschichte erhalten, und unterzeichnet haben es zahlreiche Bischöfe, die von ihren Gegnern in der Folgezeit als "arianisch" angefochten wurden, darunter auch Ulfilas Ordinator Euseb von Nikomedien. Das Bewußtsein des sterbenden Ulfila, am Ende einer kontinuierlichen theologischen Entwicklung oder vielmehr überhaupt nicht in einer theologischen Entwicklung zu stehen 52 , und seine Weihe durch Euseb weisen darauf hin, daß er von

48

Translationsbericht (s. Anm. 39). Gotisches Kalenderfragment, ed. E. A. EBBINGIIAUS, Gothica XI: The Gothic Calendar, in: General Linguistics 15 (1975) 36-39, worin S. 37,10 naubaimbair (statt naubaimbar) zu lesen ist (EBBINGHAUS brieflich), hier S. 37,7-9; vgl. dazu ders., The second entry of the Gothic calendar, in: Journal of English and Germanic Philology 77 (1978) 183-187; K. SCHÄFERDIEK, Das gotische liturgische Kalenderfragment - Bruchstück eines Konstantinopeler Martyrologs, in: Zeitschrift für die neutestamentliche Wissenschaft 79 (1988) 116-137, hier S. 124-128. 50 Vgl. SCHÄFERDIEK, Kalcnderfragment (wie Anm. 49). 51 Sokrates, Kirchengeschichte IV 33, ed. HUSSEY — BRIGHT, S. 210. Sozomcnos, Kirchengeschichte VI 37,12, ed. BlDEZ— HANSEN, S. 296,14-20 hat diese Problematisierung der gotischen Märtyrer nicht aufgenommen. 52 Auxcntius in Disscrtatio Maximini 40, ed. GRYSON, S. 166: Ego Vlfila episkopus et confessor semper sic credidi et in hac fide sola et uera transitum facio ad dominum meum (Ich, Ulfila, Bischof und Bekenner, habe stets so geglaubt 49

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Anfang an in den Vorstellungen der Mehrheit der östlichen Bischöfe der konstantinischen Zeit zu Hause war. Deren Grundüberzeugung war, daß man klar zwischen Gott Vater und dem präexistenten Gottessohn unterscheiden müsse und daß diese Unterscheidung eine gestufte Hierarchie der göttlichen Personen einschließe. Ulfilas eigentliche theologische Profilierung hat sich jedoch nicht in Gotien, sondern auf römischem Reichsboden vollzogen. Infolge ihrer engen reichskirchlichen Beziehungen ist die Kirche Gotiens aber sicher auch, spätestens bei der kirchlichen Umsetzung der religiösen Entscheidung Fritigerns, mit den Formeln der homöischen Theologie in Berührung gekommen, die am Ende der Konstantiosära (360/61) und im Osten erneut während der Herrschaft des Valens (364-378) die verbindliche Norm der offiziellen Reichsorthodoxie bildeten und an die sich seitdem das Ketzerstereotyp "arianisch" heftete.53 Eine unmittelbare Bedeutung für die inneren kirchlichen Verhältnisse in Gotien oder innerhalb des Fritigemverbandes hat das aber sicherlich kaum gehabt. Bekenntnisse dieser Art waren Regulative für kirchliche Amtsträger, insbesondere Bischöfe. Zu einem im allgemeinen kirchlichen Leben greifbaren Identifikation s- und Unterscheidungsmerkmal entwickelte sich die Form der gottesdienstlichen Doxologie. Ihre überkommene, auch für die gotische Kirche des vierten Jahrhunderts vorauszusetzende Gestalt, nach der dem Vater durch den Sohn im heiligen Geist Ehre dargebracht wurde54, konnte einer arianischen Deutung offenstehen. Daher kam es zu alternativen, antiarianisch gedachten Formulierungen, in denen man die Ehre dem Vater mit dem Sohn samt dem heiligen Geist oder dem Vater und dem Sohn und dem heiligen Geist darbrachte.55 Im spanischen Westgotenreich sollte dieses Unterscheidungsund trete in diesem alleinigen und wahren Glauben den Heimgang zu meinem Herrn an). " Es handelt sich um das Symbol von Nike von 359 und dessen Aufnahme durch die Konstantinopcler Synode vom Januar 360; vgl. zu den Vorgängen und zur kirchcnpolitischcn Durchsetzung der homöischen Formel LöHR (wie Anm. 6), S. 93-155; BRENNECKE (wie Anm. 6), S. 23-86 u. S. 181-224. Texte: Symbol von Nike bei Theodoret, Kirchengeschichte II 21,3-7. ed. PARMENTIER — SCHEIDWEILER, S. 145,3-146,12 (abgedruckt u.a. auch bei BRENNECKE, a.a.O., S. 246f.); Symbol von Konstantinopel bei Athanasios, De synodis 30,2-10, ed. H.-G. OPITZ, Athanasius Werke II l, Berlin 1934-41 (unabgeschlossen), S. 258,26-259,20 (u.a. auch bei BRENNECKE, a.a.O., S. 248). 54 Vgl. Kl. GAMBER, Die Liturgie der Goten und der Armenier (Studia Patristica et Liturgica, Beih. 21), Regensburg 1988, S. 39; der hier angeführte anonyme Traktat Contra paganos X 2, ed. R. GRYSON, Scripta Arriana Latina I (CChr. SL 87), Turnhout 1982, S. 140 kann allerdings nicht für die gotische Kirche herangezogen werden, wie überhaupt diese liturgiegeschichtliche Bestandsaufnahme in allgemein kirchengeschichllicher Hinsicht zu wünschen läßt. Vgl. A. STUIBER, Doxologie, in: Reallexikon für Antike und Christentum, 4, 1959, Sp. 210-226, hier Sp. 221-223. Das Sabasmartyrium ist nach dem

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merkmal beträchtliche Bedeutung haben56, doch in den sechziger und siebziger Jahren des vierten Jahrhunderts war es erst in der Entfaltung und Ausbreitung begriffen. Bedeutsam für die geschichtliche Entwicklung des gotischen Christentums wurde das homöische Bekenntnis erst durch die Ereignisse seit 378, in denen die gotischen Kirchen, die des werdenen Westgotenverbandes wie die der ulfilanischen Gemeinschaft, der später sogenannten Kleingoten57, die von Theodosius d. Gr. heraufgeführte reichskirchliche Umorientierung nicht mehr mit vollzogen. Was zunächst Folge und Ausdruck reichskirchlicher An- und Einbindung war, wurde nun zu einem Merkmal der Abgrenzung. Aber noch am Ende des vierten Jahrhunderts hat zwar einerseits der gotische Heermeister Gainas für seine gotische Gefolgschaft die Überlassung einer Kirche in Konstantinopel für den arianischen Gottesdienst gefordert58; doch auf der anderen Seite konnte Johannes Chrysostomos offenbar ohne weiteres die in der Hauptstadt stationierten gotischen Föderalen oder zumindest einen großen Teil von ihnen in die orthodoxe Kirche einbeziehen.59 Von nördlich der Donau verbliebenen Muster des Polykarpmartyriums aus dem 2. Jh. in Briefform gekleidet. Dabei ist am Schluß eine ältere doxologische Formel der Vorlage im (neu-)nikänischen Sinn umgestaltet worden: Martyrium Polykarps 20,2, ed. R. KNOPF — G. KRÜGER, Ausgewählte Märtyrerakten (Sammlung ausgewählter kirchen- und dogmengeschichtlicher Quellenschriften. NF 3), Tübingen 41965, S. 7,14-17 (Gott sei "durch seinen Sohn ... Ehre ..."); Martyrium des Sabas 8, ed. DELEHAYE, S. 221,25-28 (Gott sei "Ehre ... mit dem eingeborenen Sohn und dem heiligen Geist ..."). Darin kommt jedoch sicherlich nicht die Kirche Gotiens, sondern das reichskirchliche Überlieferungsmilieu des Sabasmartyriums zur Sprache. 56 Vgl. Gregor von Tours, Zehn Bücher Geschichten VI 40, ed. R. BUCHNER, II (Ausgewählte Quellen zur deutschen Geschichte des Mittelalters 3), Darmstadt 1959 (= 71988), S. 70,7-28; Arianisches Reichskonzil von Toledo 580 bei Johannes von Biclaro, Chronik zum Jahr 580, ed. Th. MOMMSEN (MG. Auct. Ant. 11), Berlin 1894 (= 1951), S. 216,5-8 (hier ist in Zeile 5f. die Herausgeberkonjektur "a nostra catholica fide" zu ersetzen durch die überlieferte Lesung "ad nostram catholicam fidem"); 3. Konzil von Toledo 589, Anathematismus 14, ed. J. VlVES, Concilios Visigoticos e Hispano-Romanos, Barcelona/Madrid 1963, S. 13. Vgl.-aber auch schon Auxentius in Dissertatio Maximini 32, ed. GRYSON, S. 163. 57 Jordanes, Getica LI, ed. MOMMSEN, S. 127,5-11. 58 Zu Gainas vgl. A. H. M. JONES — J. R. MARTINDALE — J. MORRIS, The Prosopography of the later Roman Empire, I, Cambrigde 1971, S. 379f.; G. ALBERT, Goten in Konstantinopel (Studien zur Geschichte und Kultur des Altertums, NF l, Reihe 2), Paderborn 1984, S. 103-162 (zur arianischen Kirche S. 156-158). 59 Theodoret, Kirchengeschichte V 30, l f., ed. PARMENTIER — SCHEIDWEILER, S. 330,9-18. Johannes Chrysostomos, Homilia habita postquam presbyter Gothus etc., MlGNE PG 63, Sp. 499-510; Johannes war seit 398 Bischof von Konstantinopel und wurde 404 aus politischen Gründen abgesetzt

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gotischen Christen schließlich werden noch zwischen 383 und 392 kirchliche Beziehungen nach Kyzikos, in ein auf jeden Fall nichtarianisches reichskirchliches Umfeld, aufgenommen oder gepflegt.60

2. Das Wirken Ulfilas Von Ulfila besitzen wir als Selbstzeugnis ein Bekenntnis, das er unmittelbar vor seinem Tod als theologisches Vermächtnis "für das ihm anvertraute Volk", und das heißt für seine Diözesanen, niedergeschrieben hat und das in aller Deutlichkeit seine in den Auseinandersetzungen der Zeit beharrlich behauptete Stellung bekundet. Es ist in lateinischer Form überliefert, und nichts spricht gegen die Annahme, daß dies auch seine ursprüngliche Fassung ist.61 Daß sich Ulfila darin als Bckenncr bezeichnet, deutet an, daß und verbannt. Die angeführte Predigt muß vor dem Konslantinopeler Gotenmassaker vom Juli 400 (vgl. Sokrates, Kirchengeschichtc VI 6, ed. HUSSEY — BRIGHT, S. 257f.) gehalten worden sein, nach der überlieferten Überschrift in der nicht mehr sicher zu lokalisierenden, dem Konstantinopelcr Bischof Paulos (c. 335-351) gewidmeten Pauluskirche (zu dieser s. R. JANIN, La geographic ecclesiastique de l'empire byzantin I. Le siege de Constantinople et le patriarcat oecumenique, III: Les eglises et monasteres, Paris 1953, S. 407-409). Nach der Überschrift fand sie statt, "nachdem Goten die Schriftlesung gehalten hatten und ein gotischer Presbyter zuvor gepredigt hatte" (PG 63, Sp. 499). Sie geht nicht auf die arianischen Streitigkeiten ein, schließt aber mit einer antiarianisch deutbaren doxologischen Formel. ALBERT (wie Anm. 58), S. 173f. vermutet, es sei "fraglich, ob diese Gemeinde nur aus konvertierten terwingischen Arianern bestand. In viel größerem Umfang dürfte sie sich wenigstens anfänglich aus in der Hauptstadt ansässigen Krimgotcn zusammengesetzt haben, die ja am nicaenischen Bekenntnis festgehalten hatten." Das ist jedoch eine verfehlte Spekulation aufgrund einer gängigen Fehleinschätzung der Bedeutung der Positionen des arianischen Streites für das frühe gotische Christentum und der unbegründeten Annahme einer frühen Christianisierung der Krimgoten (vgl. o. Anm. 8). Chrysostomos hat sich jedoch auch um die kirchliche Organisation von Goten unter der Herrschaft eines eigenen Königs in der Nähe des kimmerischen Bosporos (Straße von Kertsch) gekümmert: Joh. Chrysost., Brief 9,5b an Olympias (14,5 der Maurinerzählung), ed. Anne-Marie MALINGREY (SC 13), Paris 1947, S. 151. Es ist im übrigen nicht undenkbar, daß dabei auch liturgisches Gut der donauländischcn Goten in den krimgotischcn Bereich vermittelt worden ist. Translationsbcricht der Menologiennotiz zum 26. März (wie Anm. 39). Bischof Eleusios von Kyzikos (seit 356) war entschiedener Vertreter der auf der Synode von Ankyra 358 konstituierten, gleichermaßen antinikänischen wie antiarianischen Gruppierung der Homoiusiancr und hat sich der theodosianischen Wende versagt. Er ist letztmals für 383 bezeugt (Sokrates, Kirchengeschichte V 10, ed. HUSSEY — BRIGHT, S. 224; Sozomenos, Kirchengeschichte VII 12,9, ed. BlDEZ — HANSEN, S. 316.2 ). Nach ihm dürfte der Übergang der Gemeinde zu nikänisch-orthodoxcr Ausrichtung erfolgt sein. 61 Auxentius in Disscrtatio Maximini 40, cd. GRYSON, S. 166; zum Traditionshintergrund und theologischen Gehalt s. S c i l Ä F E R D I E K , Wulfila (wie

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er auch selbst, sicher während der christen feindlichen Maßnahmen der terwingischen Führung zur Zeit des Konstantios, seines christlichen Glaubens wegen unter Druck gesetzt worden ist Ausführlichere Mitteilungen über ihn bringen sein Schüler Auxentius von Durostorum (an der Donau bei Silistra/Bulgarien) und der Kirchenhistoriker Philostorgios.62 Obwohl sie unterschiedliche dogmatische Positionen vertreten - Auxentius ist Homöer, Philostorgios Eunomianer ("Neuarianer") -, gilt er beiden als Zeuge für die rechte kirchliche Lehre, und beider Darstellung hat Züge hagiographischer Verklärung. Auxentius dürfte seinen Brief über die Lehre und das bischöfliche Wirken seines Lehrers Ulfila sehr bald nach dessen Tod geschrieben haben. Darin heißt es nach einer ausführlichen Darstellung der Lehre Ulfilas, er habe eben diese rechte Lehre während einer vierzigjährigen Amtszeit als Bischof "auf griechisch, lateinisch und gotisch unablässig in der einen und einzigen Kirche Christi verkündigt". 63 Die Betonung des Wirkens in der "einen und einzigen Kirche Christi" ist ein Protest gegen die seit 380 vollzogene kirchliche Ausgrenzung der Verfechter der homöischen Theologie, und der Hinweis auf die Verkündigung der rechten Lehre in drei Sprachen ist weniger ein Lob der sprachlichen Gewandtheit Ulfilas als vielmehr eine Bekundung der universalen Geltung seiner Verkündigung. Der Ablauf des bischöflichen Wirkens Ulfilas beglaubigt seine Lehre; denn durch ihn wird er als "Nachahmer Christi und seiner Heiligen"64 erwiesen. Wie Gott durch Mose sein Volk durch das Meer aus der Gewalt des Pharao geführt hat, damit es ihm diene, so hat er durch Ulfila eine große Zahl von Bekennern aus der Bedrängnis ei-

Anm. 7), S. 280-286. Anzeichen einer Übersetzung, sei es aus dem Griechischen, sei es aus dem Gotischen, sind bislang nicht aufgewiesen worden, vgl. R. GRYSON (Hg.), Scolies ariennes sur le concile d'Aquilee (SC 267), Paris 1980, S. 168. Der Ulfilaschüler Auxentius spricht von einer literarischen Hinterlassenschaft seines Lehrers auch in lateinischer Sprache (Dissertatio Maximini 33, ed. GRYSON, S. 163). Er selbst ist einerseits von früher Jugend auf von Ulfila erzogen worden (Dissertatio Maximini 34, ed. GRYSON, S. 163f.) und erweist sich andererseits als gewandter lateinischer Autor. Das Lateinische muß demnach für Ulfila und in seiner Umgebung eine nicht unbedeutende Rolle gespielt haben. 62 Auxentius in Dissertatio Maximini 33-40, ed. GRYSON, S. 163-166 (vorauf geht c. 24-32, ebd. S. 160-163 eine Darstellung der Lehre Ulfilas). Philostorgios, Kirchengeschichte II 5, ed. BlDEZ — WINKELMANN, S. 17,3-18,14 (Exzerpt des Photios). D:> Auxentius in Dissertatio Maximini 33, ed. GRYSON, S. 163: Haec et his similia exsequente quadraginta annis in episcopatu gloriose florens apostolica gratia graecam et latinam et goticam linguam sine intermissione in una et sola eclesia Cristi praedicauit. Auxentius in Dissertatio Maximini 37, ed. GRYSON, S. 164: imitator Cristi et sanctorum eius; vgl. c. 38, ebd. S. 165. £ *}

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ner Verfolgung über die Donau geführt, um ihm in den Bergen zu dienen.65 Er stirbt an einer Krankheit nach dem Beispiel des Propheten Elisa.66 Mit dreißig Jahren wurde er Bischof, in dem gleichen Alter, in dem David zum König eingesetzt wurde, Joseph in Ägypten an die Öffentlichkeit trat und Jesus sein Wirken begann.67 Vierzig Jahre hat er als Bischof gewirkt, davon sieben im Gotenland und dreiunddreißig auf römischem Gebiet, so wie David vierzig Jahre geherrscht hat, davon sieben in Hebron und dreiunddreißig in Jerusalem.68 Alle von Auxentius genannten Daten der relativen Chronologie Ulfilas sind somit Elemente einer biblischen Typologie und daher, wenn überhaupt, nur unter allergrößter Zurückhaltung historisch auswertbar. Dagegen liefert er zwei Angaben zur absoluten Chronologie. Die Vertreibung Ulfilas mit einer größeren Gruppe gotischer Christen aus Gotien und ihre Ansiedlung im römischen Reich fällt in die Zeit des Konstantios (33736l)69, und die Schilderung der Umstände seines Todes weist eindeutig auf die von Theodosios im Juni 383 in Konstantinopel durchgeführte Synode aller Parteien.70 Außerdem erfahren wir noch, daß Ulfila vor seiner Bischofsweihe Lektor (Anagnost) gewesen ist.71 Im übrigen beläßt es Auxentius bei sehr allgemeinen Angaben über eine pastorale und missionarische Tätigkeit seines Lehrers bei den Goten, seine Anwesenheit auf vielen Bischofsversammlungen und eine zahlreiche literarische Hinterlassenschaft in den drei genannten Sprachen.7^

65 66

Auxentius in Dissertatio Maximini 37, ed. GRYSON, S. 165. Auxentius in Dissertatio Maximini 39, ed. GRYSON, S. 165; vgl. 2. Kon.

13,14. 6 ' Auxentius in Dissertatio Maximini 35, ed. GRYSON, S. 164; vgl. 2. Sam. 5,4; Gen. 41,46; Luk. 3,23. 6 ^ Auxentius in Dissertatio Maximini 38, ed. GRYSON, S. 165; vgl. 1. Kon. 2.11. 69 Auxentius in Dissertatio Maximini 37, ed. GRYSON, S. 165. Auxentius in Dissertatio Maximini 39, ed. GRYSON, S. 165f.; vgl. dazu GRYSON, Scolies (wie Anm. 61), S. 149-165. Zur Synode vom Juni 383 s. Sokrates, Kirchengeschichte V 10, ed. HUSSEY — BRICHT, S. 222-225, danach Sozomenos, Kirchengeschichte VII 12, ed. BIDEZ — HANSEN, S. 314-316. 71 Auxentius in Dissertatio Maximini 35, ed. GRYSON, S. 164. *7 0 Auxentius in Dissertatio Maximini 35, ed. G R Y S O N , S. 164: Umschreibung des bischöflichen Amtsauftrages, zu dem auch die Mehrung der Zahl der Christen gehört; c. 27, ebd., S. 161: Bestärkung der theologischen Überzeugung Ulfilas bei consilia heiliger Bischöfe; c. 27 u. 33, ebd., S. 161 u. S. 163: als Gattungen der literarischen Hinterlassenschaft werden sermones und tractatus (c. 27) bzw. tractatus und inlerpretationes (c. 33) genannt, also Predigten (sermones, tractatus), aber möglicherweise auch gelehrte Abhandlungen (tractatus) und Schriftauslegungen (interprelationes).

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Der kohärenten Darstellung des Auxentiusbriefes gegenüber bringt Philostorgios eine literarische Verschränkung verschiedener Überlieferungen mit unterschiedlichen Zeithorizonten.73 Das Hauptthema ist dabei die Ansiedlung der von Ulfila geführten, aus dem Gotenland vertriebenen Christen durch den nicht namentlich genannten Kaiser Kons tan üos in Mösien. In diese Erzählung verschränkt ist einmal die bereits besprochene Überlieferung vom Ursprung des gotischen Christentums bei verschleppten Christen aus Kleinasien mit dem Zusatz, daß zu diesen auch Vorfahren Ulfilas gehört haben74, und zum anderen eine Verknüpfung zweier weiterer Überlieferungen über Ulfila. Deren erste begegnet allein bei Philostorgios. Sie berichtet, daß Ulfila bei Gelegenheit einer gotischen Gesandtschaft an den Hof Konstantins, der er selbst angehörte, von Euseb (von Nikomedien) und den Bischöfen seines Umkreises zum Bischof "für die Christen im Gotenland" geweiht worden sei.7^ Die Behauptung, er sei ihr erster Bischof gewesen, gehört nicht zu dieser Überlieferung selbst. Sie findet sich lediglich in einer ihr vorgeschalteten redaktionellen Überleitung76, ist also wohl kaum mehr 73

Vgl. SCHÄFERDIEK, Wulfila (wie Anm. 7), S. 108-110. Der Zeithorizont des Haupt- und Rahmenthemas fällt nach dem Zeugnis des Auxentiusbriefes in die Zeit des Konstantios, und dementsprechend weist innerhalb des Erzählungszusammenhangs eine Rückblende auf die Zeit Konstantins zurück (BlDEZ — WlNKELMANN, S. 17,19-21). Dennoch ist die Erzählung insgesamt bei Philostorgios in die Zeit Konstantins eingeordnet, und zwar zwischen eine Darstellung der Liquidierung des Konstantinssohnes Crispus und der Gemahlin Konstantins Fausta 326 (II 4, ed. BlDEZ — WiNKELMANN, S. 15-17) und die Nachricht von der Rehabilitierung der in Nikaia amisenthobenen Bischöfe Euseb von Nikomedien, Maris von Chalkedon und Theognis von Nikaia 328 (II 7, ebd. S. 18,21-19,3). Photios schließt seine Zusammenfassung von II 5 mit der Bemerkung, Philostorgios habe Ulfila über die Maßen in den Himmel gehoben sowie "ihn und die ihm Unterstellten als Anhänger seiner eigenen Irrlehre" dargestellt (ebd. S. 18,12-14). Anschließend, in II 6 (ebd. S. 18,15-20), hat Philostorgios dann die Himjariten Südarabiens als "Heterousianer" in Anspruch genommen, und auch hier kommt es mit einem Hinweis auf die Wirksamkeit Theophilos des Inders unter ihnen zu einem Vorgriff auf Ereignisse der Zeit des Konstantios (vgl. zur südarabischen Mission des Theophilos III 4, ebd. S. 32,10-34,23). Möglicherweise haben beide Kapitel im Originalwerk des Philostorgios einen die chronologische Abfolge unterbrechenden Exkurs gebildet, dessen Thema die Verbreitung der aus seiner neuarianischen Sicht rechten Lehre unter den Völkern war und den Photios nicht als solchen erkannt hat. 74 S.o. bei Anm. 12-14. 7 -> Philostorgios, Kirchcngeschichte II 5, ed. BlDEZ — W i N K E L M A N N , S. 17,19-18,2. 76 Philostorgios, Kirchengeschichte II 5, ed. BlDEZ — W i N K E L M A N N . S. 17,17-19: "Dieser Ulfila nun," (von dessen Vorfahren im Satz zuvor die Rede war.) "leitete den Auszug der Gläubigen, weil er zu ihrem ersten Bischof eingesetzt worden war; eingesetzt aber wurde er folgendermaßen: ..."

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als eine Schlußfolgerung oder Annahme des Philostorgios. Angehängt an die Nachricht von Ulfilas Bischofsweihe ist dann eine Überlieferung von der Entwicklung einer gotischen Schrift und der Übersetzung der Bibel durch ihn.77 Sie ist auch Sokrates bekannt78, doch allein Philostorgios bringt die zusätzliche Angabe, Ulfila habe bei der Bibelübersetzung die Königsbücher übergangen, um mit deren Kriegsgeschichten nicht den ohnehin kriegslüsternen Goten einen zusätzlichen Anreiz ihrer Kampfbegierde zu geben. Neben der schon erwähnten, den Synodalakten entnommenen Nachricht über Ulfilas Teilnahme an der homöischen Synode vom Januar 360 in Konstantinopel79 liegt schließlich noch die Angabe der Gotengeschichte von Cassiodor/Jordanes vor, daß Ulfila Bischof und Primas, geistlicher wie weltlicher Leiter der mit ihm aus Gotien vertriebenen und im Römischen Reich angesiedelten christlichen Gotengemeinschaft gewesen sei, deren Nachfahren im sechsten Jahrhundert im Gebiet von Nikopolis (nördlich von Tärnovo/Bulgarien) am Fuß des Balkangebirges lebten.80 Sie stammt sicherlich aus balkangotischer Überlieferung, ist aber wohl durch das ostgotische Überlieferungsmilieu im Umkreis des Ravennater Hofes vermittelt worden. Alle übrigen Angaben der kirchlichen Autoren des fünften Jahrhunderts - daß nämlich Ulfila Schüler des Bischofs Theophilos von Gotien gewesen sei81, daß er nach dem Religionswechsel Fritigerns in Gotien missionarisch gewirkt habe8^, daß er an den Verhandlungen über den gotischen Donauübergang von 376 beteiligt gewesen sei83 oder daß er mit den im September 381 auf dem Konzil von Aquileia verurteilten homöischen Bischöfen Palladius von Rat i aria (ArCar/Bulgarien) und Secundianus von 77

Philostorgios, Kirchengeschichte II 5, ed. BlDEZ — WiNKELMANN, S. 18,2-9. 78 Sokrates, Kirchengeschichte IV 33, ed. HussEY —BRIGHT, S. 210; danach Sozomenos, Kirchengeschichte VI 37,11 ed. BlDEZ — HANSEN, S. 296.12 . und Michael der Syrer (s.o. Anm. 23). Über Cassiodor/Epiphanius, Historia tripartite VIII 13,5, ed. JACOB — HANSLIK, S. 485,15f. (nach Sokrates) ist die Überlieferung von Isidor von Sevilla, Chronik 350, ed. Th. MOMMSEN (MG. Auct. Ant. 11), Berlin 1894 (= 1951), S. 469 und Gotengeschichte 8, ed. MOMMSEN, S. 270,20-23 aufgenommen worden. Verkürzt auf die Nachricht von der Entwicklung der gotischen Schrift begegnet sie auch bei Jordanes, Getica LI, ed. MOMMSEN, S. 127,6. '" S.o. Anm. 4 u. 5. 80 Jordanes, Getica LI, ed. MOMMSEN, S. 127,5-11. Der Kontext ist ein Überblick über die Völkerverteilung nach dem Zusammenbruch der Hunnenherrschaft in der Schlacht am Nedao (454/5): L 264-LI 267, ebd. S. 216,8-217,11. 81 S.o. Anm. 9. 82 S.o. Anm. 23. 83 Sozomenos, Kirchengeschichte VI 37,5f., ed. BlDEZ — HANSEN. S. 295,913; vgl. Anm. 40.

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Singidunum (Belgrad) an den Hof Theodosios1 d. Gr. gereist sei84 - sind historiographische Konstruktionen, Vermutungen und Kombinationen aufgrund der den Autoren zugänglichen Überlieferungen ohne eigenen Quellenwert Demnach läßt sich folgendes Bild Ulfilas und seines Wirkens umreißen*^: Er war gotisierter Nachfahre verschleppter kappadokischer Christen. Wahrscheinlich ist er kirchlich erzogen worden; denn er hat sich eine kirchliche Bildung aneignen können, die ihn dazu befähigte, nicht nur in der Kirche Gotiens das Amt eines Anagnosten zu versehen, sondern sich darüber hinaus auch der Aufgabe einer Bibelübersetzung zu stellen. Gegen Ende der Zeit Konstantins, wohl 336, wurde er von dem bischöflichen Berater des Kaisers, Euseb von Nikomedien, allem Anschein nach im Einvernehmen mit der terwingischen Führung und dem Kaiserhof, zum Bischof für Gotien geweiht, ein Amt, in dem er auch missionarisch gewirkt hat. Im Verlauf der vierziger Jahre zwang ihn ein gewaltsames Einschreiten der terwingischen Führung gegen die gotischen Christen, mit einer größeren Zahl von ihnen im Römischen Reich Zuflucht zu suchen. Von Kaiser Konstantios wurden sie bei Nikopolis in Niedermösien zwischen Balkangebirge und Donau angesiedelt. Als geistlicher Leiter dieser Gemeinschaft, als Bischof eines reichsansässig gewordenen gentilen Verbandes, hat Ulfila seitdem die Amtsbezeichnung Gotenbischof geführt, mit der er offenbar die Beschlüsse der Konstantinopeler Synode von 360 unterzeichnet hat. Es gibt keinen Anlaß zu der Annahme, daß er nach diesem Übergang in das Reich noch einen kirchlichen Auftrag für Gotien wahrgenommen hat und erneut nördlich der Donau tätig geworden ist. Dagegen wird man annehmen dürfen, daß sich in seiner Gemeinschaft ein geistliches Rekrutierungszentrum herausgebildet hat, das, zumal nach dem Religionswechsel Fritigerns, Kräfte für die kirchliche Feldarbeit unter den Terwingen bereitstellen konnte, auch wenn es dafür keine unmittelbaren Quellenbelege gibt. Der Fritigernverband verfügte offensichtlich sehr schnell über Geistliche, die in den Wirren seit 376 und ungeachtet der Konfrontation mit dem Reich den begonnenen Christianisierungsprozeß fortführen und eine eigene kirchliche Organisation aufrechterhalten konnten. Sie haben damit auch die von Ulfila begründete gotische kirchliche Schriftkultur an die Kirche des westgotischen Volkes vermittelt, das sich aus dem Fritigernverband als Kristallisationskem entwickelte. Die Verbreitung und das Studium der gotischen Bibel im Westgotenreich des fünften 84

Dissertatio Maximini 23, ed. GRYSON, S. 160; vgl. dazu GRYSON, Scolies (wie Anm. 61), S. 162-165. 85 Vgl. ausführlicher A. LlPPOLD, Ulfila, in: PAULY — WISSOWA, RE, 2. Reihe 17, Stuttgart 1961, S. 512-531 und (mit anderer Chronologie) ScHÄFERDIEK, Wulfila (wie Anm. 7); vgl. auch T. D. BARNES, The consecration of Ulfila, in: Journal of Theological Studies, n.s. 41 (1990) 541-545.

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Jahrhunderts läßt sich zumindest erschließen.8ii Terwingisch-westgotischer Herkunft dürften auch die Goten gewesen sein, für die Johannes Chrysostomos Ende des vierten Jahrhunderts in Konstantinopel gotischen Gottesdienst einrichten läßt.87 Ulfilas eigene weitere Entwicklung nach dem Übergang auf Reichsboden war bestimmt durch das kirchliche Umfeld in den Donauprovinzen und vollzog sich ganz innerhalb eines reichskirchlichen Rahmens. In den Donauprovinzen mit der Ausnahme Skythiens gewann seit Ende der fünfziger Jahre des vierten Jahrhunderts die aus der östlichen Mehrheits- oder Mittelpartei erwachsende kirchlich-theologische Gruppierung der Homöer eine feste Stellung. Unter ihnen findet sich dann auch Ulfila wieder. Homöer werden sie nach der von ihnen verfochtenen Aussage benannt, der vorweltliche Gottessohn sei Gott dem Vater "gleich gemäß der Schrift" ( ). Sie kennzeichnet das Ende 359 unter kaiserlichem Druck als reichskirchliche Lehmorm in Geltung gesetzte Lehrbekenntnis.8** Beabsichtigt war damit ein reichskirchlicher Kompromiß zwischen den heillos zerstrittenen Gruppierungen des sogenannten arianischen Streites unter Ausklammerung der Spekulationen über die Wesensbeziehungen von Gott in seiner Unbedingtheit und dem ihn in die Welt vermittelnden vorweltlichen Gottessohn, doch unter deutlicher Aufrechterhaltung der im Osten verbreiteten Vorstellung eines klaren Über- und Unterordnungsverhältnisses zwischen beiden. Formiert hat sich diese Gruppierung 357 auf einer Synode in Sirmium (Mitrowitz/Sremska Mitrovica an der Save/Jugoslawien) mit der lateinisch abgefaßten sogenannten zweiten sirmischen Formel.89 Auf sie greift das Bekenntnis Ulfilas von 383 sichtlich zurück.90 Wenig überzeugend ist demgegenüber ein Versuch, seine theologische Stellung aufgrund des Referates von Auxentius in der Nähe der neuarianischen Theologie des Eunomios zu orten.91 Mehr als ein gemeinsamer Traditionshintergrund in 86

Vgl. W. HENSS, Leitbilder der Bibelübersetzung im 5. Jahrhundert. Die Praefatio im Evangelienkodex Brixianus (f) und das Problem der gotisch-lateinischen Bibelbilinguen (Abhandlungen der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, phil.-hist. Kl. 1973, 1), Heidelberg 1973, bes. S. 81-83 zu Salvian von Marseille, Vom Regiment Gottes V, II 5-8, ed. G. LAGARRIGUE (SC 220), Paris 1975. S. 314-316. 87 S.o. Anm. 59. 88 S.o. Anm. 53. 89 Überliefert bei Hilarius, De synodis 11, MlGNE PL 10, Sp. 487-489; vgl. dazu LÖHR (wie Anm. 6), S. 45-52. 90 Vgl. SCIIÄFERDIF.K, Wulfila (wie Anm. 7), S. 134 91 M. SlMONETTI, L'arianesimo di Ulfila, in: Romanobarbarica l (Rom 1976) 297-323. Eine wesentliche hermeneutische Vorgabe dieser Deutung ist die zwar traditionelle, aber kaum haltbare Vorstellung, daß die homöische Position eine Öffnung hin zu der ncuarianischen Theologie des Eunomioskreises gesucht habe.

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den subordinatianisch bestimmten Überlieferungen östlicher Christologie wird dabei nicht sichtbar. Als ein Vertreter der seit 380 reichskirchlich entmachteten homöischen Kirchenpartei ist Ulfila im Juni 383 zu einer von Theodosios d. Gr. einberufenen Synode aller Parteien nach Konstantinopel gereist92 und dort noch während der Verhandlungen über die synodalen Verfahrensmodalitäten verstorben. Ulfilas bedeutendste Leistung ist die Begründung einer gotischen kirchlichen Schriftkultur durch die Schaffung einer geeigneten gotischen Buchschrift9^ un( j die Inangriffnahme einer gotischen Bibelübersetzung. Es gab zu seiner Zeit bereits Bibelübersetzungen ins Lateinische ("Vetus Latina") und Syrische ("Peschitta" des Alten und "Vetus Syra" des Neuen Testaments), und auch die Übertragung in koptische Dialekte hatte wohl schon begonnen.94 Ulfila selbst hat in der lateinischsprachigen Umgebung der Donauprovinzen sicher eine Form der alllateinischen Übersetzung gekannt.9^ Das eigentliche Problem der Homöer war jedoch vielmehr, daß ihre Formeln den Herausforderungen der begrifflich scharfen eunomianischen Theologie nicht gewachsen waren und daher eine gewünschte Abgrenzung erschwerten. Vgl. H. Ch. BRENNECKE, Erwägungen zu den Anfängen des Neunizänismus, in: Oecumenica et Patristica. Festschrift Wilhelm Schneemelcher, Genf/Stuttgart 1989, S. 241253. Q *7 yi Vgl. Anm. 70. Nach einer Glosse Maximins, Scolia in concilium Aquileiense 95, ed. GRYSON (wie Anm. 22), S. 195 soll Ulfila gemeinsam mit anderen Bischöfen nach dem Konzil von Aquileia 381 bei Theodosios die Zusage dieser Synode aller Parteien erwirkt haben. Dabei handelt es sich jedoch nur um eine unbegründete Mutmaßung des Glossators aufgrund des Auxentiusbriefes; vgl. GRYSON, Scolies (wie Anm. 61), S. 162-165. y Nur am Rand erwähnt sei ein Versuch, entgegen den Quellenzeugnissen die Schaffung der gotischen Schrift dem Armenier Mesrop/Maschtoz (gest. 440/1) zuzuschreiben. Nach dem Referat von V. INGLJSIAN, Das wissenschaftliche Leben der Armenier in der Gegenwart, in: Oriens Christianus 39 (1955) 102-111, hier S. HOf. begegnet diese These bei N. AKINIAN, S.MaStoc* Vardapet (Der hl. Maschtoz Wardapet, armen, mit dt. Zusammenfassung), Wien 1949; danach beruhte der Bericht von Mesrops Erfindung einer Schrift für die Sprache der kaukasischen Albaner bei Koriun, Beschreibung des Lebens und Sterbens des hl. Lehrers Mesrop 15, übers, von S. WEBER, Ausgewählte Schriften der armenischen Kirchenväter, I (Bibliothek der Kirchenväter2 57), München 1927, S. 217f. auf einem Mißverständnis; tatsächlich ginge es hier um die Schaffung der goüschen Schrift. 94 Zu den altkirchlichen Bibelübersetzungen vgl. die Übersicht von Barbara ALAND — K. ALAND — S. P. BROCK — Chr. HANNICK — G. MINK — V. REICHMANN, Bibelübersetzungen, I. Die alten Übersetzungen des Alten und Neuen Testaments, in: Theologische Realenzyklopädie, 6, 1980, S. 161-216 (mit ausführlichen Literaturangaben). " Auf den Text der gotischen Bibel kann man sich dafür allerdings nicht berufen. In der textgeschichtlichen Diskussion um sie spielt zwar die Annahme eines westlichen Texteinschlags eine große Rolle; vgl. den Überblick bei Elfricde Q->

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Die gotische Bibel aber ist die erste Übersetzung, über deren Entstehung es eine Überlieferung gibt.96 Allerdings hat man diese Überlieferung auch in den Bereich der Legendenbildung verweisen wollen.97 Auxentius erwähne bei seinen Angaben zu Leben und Werk Ulfilas die Bibelübersetzung nicht Es sei aber undenkbar, daß er ein solches Werk seines Lehrers verschwiegen habe, wenn es ihm bekannt gewesen sei. Unglaubwürdig weil uneinsichtig sei auch die Mitteilung des Philostorgios, Ulfila habe die gesamte Schrift übersetzt mit Ausnahme der Königsbücher, um nicht durch deren Kriegsgeschichten den kriegerischen Sinn der Goten noch zu fördern; denn das Kriegsmotiv spiele im Alten Testament nicht nur in den Königsbüchern eine Rolle.98 PhiSTUTZ, Das Neue Testament in gotischer Sprache, in: K. ALAND (Hg.), Die alten Übersetzungen des Neuen Testaments, die Kirchenväterzitate und Lektionare (Arbeiten zur neutestamentlichen Textforschung 5), Berlin/New York 1972, S. 375-402, hier S. 389-396. Doch ist neuerlich wieder ein solcher westlicher Einfluß nachdrücklich bestritten worden von R. GRYSON, La version gotique des ovangiles. Essai de Evaluation, in: Revue theologique de Louvain 21 (1990) 331. Hinzuweisen ist jedoch auf das lateinische Bekenntnis Ulfilas. Die beiden darin unterlaufenden biblischen Anführungen aus Luk. 24.49 und Act. 1,8 (Dissertatio Maximini 40, ed. GRYSON, S. 166) zeigen eine altlateinische Textform. Die erste von ihnen deckt sich nahezu völlig mit der Textgestalt der Evangelienhandschriften f und q: Itala. Das NT in altlateinischer Überlieferung, hg. v. A. JÜLICHER, durchges. und zum Druck besorgt v. W. MATZKOW und K. ALAND, III. Das Lukasevangelium, Berlin/New York 21976, S. 281. Zu uirtutem superuenientem in der Anführung aus Act. 1,8 vgl. den Apparat z. St. in Novum Testamentum Domini nostri Jesu Christi secundum editionem S. Hieronymi, ed. J. WORDSWORTH — H. J. WHITE. Ill, Oxford 1954, S. 37. 96 S.o. Anm. 77 u. 78. 9 ' A. VÖÖBUS, Early versions of the New Testament (Papers of the Estonian Theological Society in Exile 6), Stockholm 1954, S. 301-303; A. A. LEONT'EV, K probleme avtorstva "vul'filianskogo" perevoda, in: Problemy sravniternoj filologii. Sbornik statej k 70-letiju ilena-korrespondenta AN SSSR V. M. ÄRMUNSKOGO. Moskau/Leningrad 1964, S. 271-276; vgl. aber auch GRYSON, Version (wie Anm. 95), S. 13. 98 LEONT'EV (wie Anm. 97), S. 275f. macht gegen Ulfilas Urheberschaft auch noch geltend, daß er bei Cassiodor/Jordanes nicht als Bibelübersetzer genannt werde und daß Walahfrid Strabo die Übersetzungsarbeit ganz allgemein gotischen Gelehrten zuweise. Cassiodor/Jordanes, Getica LI, ed. MOMMSEN, S. 127,6 nimmt zwar die Überlieferung von der Erfindung der gotischen Schrift und der Übersetzung der Bibel durch Ulfila nur in ihrem ersten Teil auf. Doch ist das eine Reduktion. Sie kann die bereits über ein Jahrhundert früher bezeugte Überlieferung von der Bibelübersetzung nicht in Frage stellen. Über den Beweggrund zu dieser Reduktion - etwa mangelndes Interesse an der gotischen Bibel oder eher noch Vorbehalte gegen sie - läßt sich nur spekulieren. Walahfrid Strabo, Libellus de exordiis et incrementis rerum ecclesiasticarum 7, ed. V. KRAUSE (MG. Leg. sect. II 2), Hannover 1907 (= 1980/4), S. 481,36-38 wiederum verweist ausdrücklich auf historiae als seine Quellen; seine Rede von nicht näher benannten

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lostorgios bietet jedoch lediglich eine Erweiterung der Überlieferung von Ulfila als Bibelübersetzer, wie sie unabhängig von ihm auch in der Kirchengeschichte des Sokrates begegnet. Eine solche Erweiterung kann aber nicht zum Schlüssel einer Wertung dieser Überlieferung selbst gemacht werden. Wenn sie überhaupt eine verwertbare Nachricht enthält, dann allenfalls die, daß es keine gotische Übersetzung der Königsbücher gab. Das suchte man dann einerseits mit Hilfe des Topos vom kriegerischen Wesen barbarischer Völker zu erklären, und andererseits meinte man daraus kurzschlüssig folgern zu können, daß im übrigen die ganze Bibel übersetzt worden sei. Weiterhin dient die Geschichte vom Übergehen der Königsbücher auch dazu, Ulfila als Befrieder barbarischer Kriegsbegierde zu zeichnen. Keinen Rückschluß erlaubt schließlich das Schweigen des Auxentius über eine Bibelübersetzung. Er will nämlich nicht, wie durchweg unbesehen unterstellt wird, eine Gesamtdarstellung von Lehre, Leben und Werk seines Lehrers geben. Ihm geht es allein um Ulfilas Lehre und deren Geltung als eines zuverlässigen Ausdrucks rechten Glaubens. Sie sieht er ausgewiesen durch den universalen Horizont ihrer kirchlichen Verkündung und dadurch, daß Ulfilas bischöfliches und damit auch lehramtliches Wirken in besonderem Maße gottgeleitet war, wie eine typologische Deutung seiner Daten zeigen soll. Die Bibelübersetzung aber gehört nicht zu dieser Thematik. Unter Umständen mochte es zudem für Auxentius im Sinne seiner apologetischen Zielsetzung sogar geraten sein, nicht von ihr zu reden, falls es etwa schon zu seiner Zeit, wie später im fünften Jahrhundert^, in lateinischen nikänischen. Kreisen Vorbehalte gegen sie gab. Ganz unbesehen darf die Überlieferung von der Übersetzung der Bibel durch Ulfila allerdings auch wieder nicht aufgenommen werden. Auch unabhängig von der Angabe des Philostorgios über das Fortlassen der Königsbücher und der Frage ihrer Zuverlässigkeit muß offen bleiben, welchen Umfang die gotische Übersetzung wirklich gehabt hat.10^ Die erhaltenen Reste entstammen den Evangelien, dem Corpus Paulinum ohne Hebräerbrief und den Büchern 5-7 des Nehemiabuches. J Die Erhaltung der Evangelien Gelehrten als Übersetzern ist demnach nur eine Verallgemeinerung der Angaben der Historia tripartita und/oder Isidors über Ulfilas Übersetzungswerk (s.o. Anm. 78). 99 Zu solchen Vorbehalten s. HENSS (wie Anm. 86). l"" Wohl nicht als Hinweis auf eine umfangsmäßige Unvollständigkeit ist Salvian, Vom Regiment Gottes V ,11 6, ed. LAGARRIGUE. S. 314 zu verstehen. Es geht hier um die inhaltliche Fülle und Unversehrtheit. 101 Die gotische Bibel, hg. v. W. STREITBERG, Heidelberg 21919 (= Darmstadt ^1971); ergänzend: Elfriede STUTZ, Ein gotisches Evangelienfragment in Speyer, in: Zeitschrift für vergleichende Sprachforschung 85 (1971) 85-95; dies., Fragmentum Spirense - Verso, in: ebd. 87 (1973) 1-15.

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zu gut der Hälfte und der Paulusbriefe zu etwa zwei Dritteln ihres Textbestandes ist nicht ausschließlich Zufall. Die Bibel war in erster Linie ein gottesdienstliches Buch, und aus gottesdienstlichen Bedürfnissen sind die meisten der alten Übersetzungen hervorgegangen. Die Grenze zwischen der Übersetzung liturgisch verwendeter Bibeltexte und der Bibelübersetzung ist fließend. Im neunten Jahrhundert wird den Brüdern Konstantin/Kyrill (gest. 869) und Method (gest. 885) die Übersetzung der Bibel mit Ausnahme der Makkabäcrbücher ins Altslavische zugeschrieben.^ Wahrscheinlich jedoch handelt es sich dabei nur um eine Übertragung der liturgischen Schriftlesungen.103 pür die gottesdienstliche Lesung aber haben die Evangelien und die Paulusbriefe vorrangige Bedeutung. Entsprechend darf man für sie eine hohe Überlieferungsdichte und daher relativ bessere Erhaltungschancen erwarten. So ist tatsächlich auch rund die Hälfte des erhaltenen gotischen Textes der paulinischen Briefe sogar doppelt überliefert.104 Die Frage gottesdienstlicher Bedürfnisse muß auch bei der Einschätzung einer Chrysostomoshomilie und der Salzburger Gotica als mögliche Hinweise auf verlorene gotische biblische Texte mit bedacht werden. Sie betreffen die in der Liturgie fest verankerten Psalmen10^ und die Genesis, die im reichskirchlichen Konstantinsvita 14; Methodiosvita 15, übers, v. J. Bu/NOCH, Zwischen Rom und Byzanz. Leben und Wirken der Slavenapostel Kyrillos und Melhodios nach den Pannonischen Legenden und der Klemensvita. Bericht von der Taufe Rußlands nach der Laurentiuschronik (Slavische Geschichtsschreiber 1), Graz/Wien/Köln 21972, S. 94 und S. 123f. 103 Vgl. Chr. HANNIK, Bibelübersetzungen I 11.1, in: Theologische Realenzyklopädie, 6, 1980, S. 213-215; ders., Cyrillus und Methodius, in: ebd., 8, 1981, S. 266-270, hier S. 268. 104 Ygj zum Bestand der Überlieferung Elfriede STUTZ, Gotische Literaturdenkmäler, Stuttgart 1966, S. 16f. u. S. 28f. (noch ohne das Speyerer Schlußblatt des Codex Argenteus); dies., Das Neue Testament (wie Anm. 95), S. 375377; dies., Codices Gotici, in: Reallexikon der Germanischen Altertumskunde^ 5, 1984, S. 52-60, hier S. 53f. 105 Nach Johannes Chrysostomos, Homilie Cum imperatrix media nocte, MlGNE PG 63, Sp. 471 nahmen in Konstantinopel 398 an einer von der Kaiserin Eudoxia veranstalteten Reliquientranslation Chöre teil, die auf lateinisch, syrisch und griechisch sowie "in der Sprache der Barbaren", und das kann hier kaum etwas anderes heißen als auf gotisch, die Psalmen Davids anstimmten. Die von Chrysostomos eingerichtete gotische Gemeinde (s.o. bei und mit Anm. 59) bot ein Überlieferungsmilieu, in dem am Ende des vierten Jahrhunderts in Konstantinopel gotische liturgische Tradition und damit auch gotische biblische Texte unter orthodoxem Vorzeichen weitergepflegt werden konnten. Chrysostomos selbst hat zu dieser Gemeinde gepredigt, nachdem zuvor Schriftlesungen in gotischer Sprache stattgefunden hatten; Johannes Chrysostomos, Homilia habita postquam presbyter gothus etc. l, MlGNE PG 63, Sp. 501: "Wo ist die Botschaft der Fischer und Zeltmacher? Nicht allein in Judäa, sondern, wie ihr heute gehört

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Umfeld des gotischen Christentums der Zeit Ulfilas während der Fastenzeit im Gottesdienst verlesen wurde.106 Daß ohnedies zumindest größere Teile des Alten Testaments ins Gotische übertragen worden sind, gibt zudem die Praefatio des Brixener altlateinischen Evangeliars zu verstehen.107 Eine weitere Frage ist es, ob die Zuschreibung der gotischen Bibel an Ulfila nicht vereinfacht. Im fünften Jahrhundert entsteht die armenische Bibelübersetzung, nachdem zu Beginn des Jahrhunderts der Mönch Mesrop/Maschtoz (gest. 440/41) die seitdem gebräuchliche armenische Schrift geschaffen hat. Mesrop selbst und der armenische Katholikos Sahak I. (387-438/9) haben zu dieser Übersetzungsarbeit beigetragen, aber sie haben sie nicht allein bestritten. Das läßt zwar auch Mesrops Schüler Koriun in der Lebensbeschreibung seines Lehrers noch erkennen, doch ist er sichtlich bestrebt, Mesrop und Sahak einseitig in den Vordergrund zu stellen.10** Solche Personalisierungen sind ein geläufiges Element exemplifizierender Vereinfachung im Vollzug der Traditionsbildung. Damit ist auch bei der Überlieferung von Ulfila als dem Übersetzer der Bibel ins Gotische zu rechhabt, auch in der Sprache der Barbaren strahlt sie leuchtender auf als die Sonne. Skythen, Thraker und Sauromaten, Mauren und Inder sowie die äußersten Randbewohner der Welt sinnen über diese Botschaft nach, nachdem sie sie in die je eigene Sprache übertragen haben." Zum zeitgenössischen liturgischen Psalmengebrauch vgl. F. van der PAVERD, Zur Geschichte der Meßliturgie in Antiocheia und Konstantinopel gegen Ende des vierten Jahrhunderts (Orientalia Christiana Analecta 187), Rom 1970, S. 116-129. 106 Die Salzburger Alkuinhandschrift Vindob. 795 vom Ende des 8. Jh. enthält in einem ihr nachträglich vorgehefteten Teil unter anderem einige gotische Schrift- und Textbeispiele mit lateinischen Erläuterungen, deren Datierung strittig ist (Ansätze zwischen Zeitgleichheit mit der ursprünglichen Handschrift und dem 10. Jh.)· Darunter findet sich die Wendung jäh libaida, eine Entsprechung von , das in stereotyper Wiederholung die Generationenliste von Gen. 5 (wie auch die von Gen. 11) kennzeichnet, sowie eine Reihe von Zahlen aus der Liste von Gen. 5: Alkuin-Briefe und andere Traktate. Im Auftrage des Salzburger Erzbischofs Arn um 799 zu einem Sammelband vereinigt. Codex Vindobonensis 795 der österreichischen Nationalbibliothek. Faksimileausgabe. Einführung: Fr. UNTERKIRCHNER (Codices selecti XX), Graz 1969, fol. 20V; zum kodikologischen Befund vgl. Einführung, S. 20f., femer B. BISCHOFF, Anecdota novissima (Quellen und Untersuchungen zur lateinischen Philologie des Mittelalters 7), Stuttgart 1984, S. 258. Zum Inhaltlichen vgl. A. KISCH, Versuch einer neuen Erklärung der in der Alkuinhandschrift (No. 795) der k.u.k. Hofbibliothek in Wien enthaltenen gotischen Fragmente, in: Jahresbericht über das k.u.k. Staatsgymnasium mit deutscher Unterrichtssprache in Prag, Neustadt, für das Schuljahr 1901-1902. S. 35-48; STREITBERG (wie Anm. 101), S. 475-478. Zur gottesdienstlichen Genesislesung vgl. van der PAVERD (wie Anm. 105), S. 98f. 107 Brixener Evangeliar, fol. 37^,58-60. ed. HENSS (wie Anm. 86), S. 23, vgl. S. 40; zum Verständnis S. 30f. 108 Koriun, Leben Mesrops 8.10.17, übers. WEBER, S. 207f. S. 210f. S. 220f.

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nen. Beobachtungen zum Sprachgebrauch der gotischen Bibel legen die Vermutung nahe, daß dabei nicht nur ein Übersetzer am Werk war.109 Aber auch unabhängig davon kann kaum zweifelhaft sein, daß Ulfila sich von vornherein Helfer, Mitarbeiter und Fortsetzer herangebildet hat.110 In der Geschichte der Bibelübersetzungen bedeutet die gotische Bibel einen Neueinsatz. Sie ist die erste Übersetzung in einem kulturellen Umfeld ohne eigene schriftsprachliche Tradition.111 In der Überlieferung von der Schaffung einer gotischen Schrift durch Ulfila hat das seinen Niederschlag gefunden. Im Armenien des fünften Jahrhunderts gilt die ebenfalls aus kirchlichen Bedürfnissen erwachsene Schaffung der armenischen Schrift als ein in Plan und Ausführung gottgeleitetes Unterfangen, durch das die Heilige Schrift und die Überlieferung der Väter nun auch armenisch zur Sprache kommen konnte. 112 Ähnlich wird später, im neunten Jahrhundert, im Bereich der byzantinischen Slavenmission die Schaffung der glagolitischen Schrift durch Konstantin/Kyrill gewertet.113 Die Entwicklung einer Schrift ist eine elementare geistliche Tat. Sie macht die jeweilige Sprache aufnahmefähig für die heilige Schrift Sie erfordert jedoch zugleich eine weitergreifende Bildungsanstrengung. In Armenien wird im Anschluß an die Entwicklung der Schrift ein Schulbetrieb eingerichtet, um die damit eröffnete Möglichkeit fruchtbar zu machen.114 Auch im gotischen Bereich war es unabdingbar, zugleich mit der Inangriffnahme der Bibelübersetzung und dem Aufbau einer gotischen Liturgie Geistliche heranzubilden, die die so sich entfaltende kirchliche gotische Schriftkultur aufnehmen und weitervermitteln konnten. Es läßt sich hier eine weitreichende Wirksamkeit Ulfilas erschließen, die durch kritische Abstriche an der vereinfachenden und verall109 Yg] G \y § FRIEDRICHSEN, The Gothic Version of the Epistles. A Study of its Style und Textual History, Oxford 1939, S. 259f.; GRYSON, Version (wie Anm. 95). S. 13. 1 Auch eine so individuelle sprachgestalterische Leistung wie Luthers Bibelübersetzung hat Mitarbeiter gehabt; vgl. K. H. zur MÜHLEN, Luthers deutsche Bibelübersetzung als Gemeinschafts werk, in: Eine Bibel - viele Übersetzungen. Not oder Notwendigkeit, hg. v. S. MEURER (Jahrbuch des Evgl. Bibelwerks 18), Stuttgart 1978, S. 90-97. 111 Von der Frage gotischer Runen v er Wendung kann hier schon wegen des funktional eng begrenzten Anwendungsbereichs der Runenschrift abgesehen werden. 112 Koriun, Leben Mesrops 6.8.10, übers. WEBER, S. 205. S. 207-209. S. 210f.; vgl. auch 12, ebd., S. 213 zur Schaffung der georgischen Schrift und 15, ebd., S. 217f. zu der einer Schrift für die Sprache der kaukasischen Albaner (im Osten des heuligen Aserbeidschan) ebenfalls durch Mesrop. 113 Konstantinsvita 14 und Methodiosvita 5, übers. BUJNOCH, S. 94 u. S. 115. 114 Vgl. Koriun, Leben Mesrops 6 u. 10, übers. WEBER, S. 106 u. S. 211f.

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gemeinernden Behauptung der Überlieferung, er habe die Bibel übersetzt, in ihrer Bedeutung nicht gemindert werden kann. 11 ^ Unabhängig von dem Umfang seiner eigenen Beteiligung an der Übersetzung selbst hat er nicht nur die Möglichkeit zur Erarbeitung einer gotischen Bibel, sondern zugleich auch die Voraussetzungen für ihre Wirkungsgeschichte geschaffen. Er hat dabei eine gotische Übersetzungstradition begründet, innerhalb deren sicherlich auch die Arbeit an der Bibel weitergeführt werden konnte, von deren Umfang und Fortwirken sich aber kein näheres Bild mehr gewinnen läßt Im balkangotischen Bereich ist nach 419 ein in der arianischen Sondergemeinde von Konstantinopel fortgeschriebenes Konstantinopeler Martyrolog des vierten Jahrhunderts übertragen worden, dessen einziger überlieferter Rest das erhaltene gotische Kalenderfragment116 ist. Nicht zu bestimmen ist, wann die gotische Übersetzung der Johanneserklärung des Bischofs Theodor von Herakleia (328/34-351/5) entstanden ist, deren Reste in den Bruchstücken der Skeireins vorliegen.117 Allein durch sie sind einige Passagen des laufenden Textes dieses Kommentars bewahrt, während in der griechischen Überlieferung nur Katenenscholien erhalten sind. Die griechische Vorlage läßt auch hier an eine Herkunft der Übersetzung aus dem balkangotischen Bereich denken. Theodor selbst hat zum reichskirchlichen Bezugsfeld Ulfilas während der ersten anderthalb Jahrzehnte seiner bischöflichen Amtszeit gehört und war möglicherweise sogar an seiner Ordination beteiligt.118 Es ist eine rezeptionsgeschichtliche Verengung des Blickfeldes, wenn die gotischen Literaturdenkmäler einseitig nur als frühe schriftliche Selbstbekundungen des germanischen Sprachkreises und als Niederschlag einer gotischen Aufnahme des Christentums gewertet werden und darüber hinaus die 1

GRYSON, Version (wie Anm. 95), S. 13 verengt den Blick auf die unmittelbare Übersetzungstätigkeit, wenn er, noch dazu relativiert durch eine gleich anschließend vorgetragene Fehleinschätzung des Schweigens des Auxentius über die Bibelübersetzung (vgl. dazu o. bei Anm. 97), vorschlägt: "On pourrait concevoir, qu'il" (sc. Ulfila) "ait command^ et supervise l'entreprise, voire traduit personellement Tun ou l'autre livre, mais pas davantage." So formuliert ist das auch über die Blickverengung hinaus eine unangemessene Abwertung der zu erschließenden Leistung Ulfilas. 116 Diplomatische Ausgabe von E. A. EBBINGHAUS (wie Anm. 49). Zu den historischen Fragen s. SCHÄFERDIEK, Kalenderfragment (wie Anm. 49). 117 Ausgabe von W. H. BENNETT, The Gothic Commentary on the Gospel of John (Modem Language Association of Amerika, Monograph Series 21), New York 1960 (= 1966). Zur Identifikation vgl. K. SCHÄFERDIEK, Die Fragmente der "Skeireins" und der Johanneskommentar des Theodor von Herakleia, in: Zeitschrift für deutsches Altertum 110 (1981) 175-193. 118 Zu Theodor vgl. K. SCHÄFERDIEK, Theodor von Herakleia (328/34351/55), in: Romanitas - Christianitas. Festschrift Johannes Sträub, Berlin/New York 1982, S. 393-410.

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gotische Bibel lediglich noch als Zeugnis der neu testamentlichen Textgeschichte in den Blick kommt. Die Reste der gotischen Übersetzungsliteratur sind die friihesten Dokumente der Begründung einer christlich-kirchlichen Schriftkultur in einem Bereich ohne eigenen schriftkulturellen Hintergrund. Das macht sie zu einem eindrucksvollen Zeugnis des Willens und Vermögens der christlichen Buchreligion zu aktiver, in ihren eigenen Voraussetzungen begründeter kultureller Gestaltung im Umkreis der schriftlosen mediterranen Randkulturen.

Das gotische liturgische Kalenderfragment — Bruchstück eines Konstantinopeler Martyrologs Zu den Resten der gotischen kirchlichen Literatur, die der überlieferungsgeschichtliche Zufall bewahrt hat1, gehört auch der 1819 erstmals im Druck veröffentlichte2 sog. gotische Kalender. Es handelt sich dabei um ein die Zeit vom 23. Oktober bis zum 30. November abdeckendes Bruchstück eines Martyrologs, das in der unteren Beschriftung von Seite 196 der im achten Jahrhundert überschriebenen, aus Bobbio stammenden Mailänder Palimpsesthandschrift Ambros. S 36 sup3 überliefert ist. Ihm geht voraus der mit Phlm 23 abbrechende fragmentarische Text der gotischen Übersetzung der Paulusbriefe. Dazwischen sind nach Ausweis der ursprünglichen Paginierung vier Blätter ausgefallen. Auf ihnen dürfte neben den beiden Schlußversen des Philemonbriefes der Text des Martyrologs für die Zeit vom Jahresanfang bis zum 22. Oktober gestanden haben. Dagegen ist es offenbar nicht über den 30. November hinausgeführt worden; denn die Rückseite des Blattes, auf dessen Vorderseite das Fragment steht, weist keine gotische Beschriftung mehr auf4. H. Achelis hatte vermutet, daß der Dezember mit Rücksicht auf das Adventsfasten ausgespart worden sei5, und diese Vermutung ist in der germanistischen Literatur als Tatsachenbehauptung aufgenommen worden6. Sie ist jedoch allein darum schon unannehmbar, weil die Übung des 1 2

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Vgl. E. Stutz, Gotische Literaturdenkmäler, Stuttgart 1966 (zum Kalender: 69-72). Ulphilae partium ineditarum in Ambrosianis palimpsestis ab Angelo Maio repertarum specimen, coniunctis curis eiusdem Maii et Caroli Octavii Castillonaei editum, Mailand 1819. Mit vier zugehörigen Blättern der Turiner Handschrift Taurin. F IV l fasc. 10 bildet diese Handschrift den Cod. A der gotischen Bibel. Vgl. zum kodikologischen Befund H. Achelis, Der älteste deutsche Kalender, ZNW l, 1900, 308-335, hier 309-315. Achelis, Kalender (Anm. 4) 315 f. Vgl. R. Loewe, Der gotische Kalender, ZDA 59, 1922, 244-290, hier 278-280; W. Streitberg in den Erläuterungen zu seiner Ausgabe des Fragments: Die gotische Bibel, hg. v. W. Streitberg, Darmstadt 51965, 433; Stutz, Literaturdenkmäler (Anm. 1) 70. P. Scardigli, Die Goten. Sprache und Kultur, München 1973 (Lingua e storia dei Goti, Florenz 1964) 162 f. wertet das Fragment als privaten Versuch eines Schülers,.einen Teil des kirchlichen Festkalenders aus dem Gedächtnis niederzu-

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Adventsfastens zu spät um sich greift, um schon die Entstehung des gotischen Märtyrerkalendariums beeinflussen zu können oder von der gotischen Kirche als Erbe ihres reichskirchlichen Ursprungs aufgenommen zu werden7. Auch für die vorösterliche Quadragesima hatte Achelis die Aussparung eines Monats im gotischen Martyrolog erwogen8. Das liturgische Heiligengedächtnis auch während der Fastenzeit ist jedoch für den Redaktor des Martyrologium Hieronymianum gegen die Mitte des fünften Jahrhunderts eine selbstverständliche Vorgabe seiner Arbeit9. Im Osten bestimmt die unter dem Namen einer Synode von Laodikeia überlieferte Sammlung von Synodalkanones aus der zweiten Hälfte des vierten Jahrhunderts, man dürfe während der Quadragesima »keine Märtyrergedenkfeier ( ) veranstalten«, solle vielmehr »ein Gedächtnis ( ) der heiligen Märtyrer an den Samstagen und Sonntagen bege10 hen« . Es wird unterschieden zwischen dem festlichen Begehen des Märtyrertages, das mit der herkömmlichen Feier des Totenmahls auch außergottesdienstliche Dimensionen hatte, und der gottesdienstlichen Kommemoration. Nur sie soll während der Fastenzeit stattfinden, und zwar an den fastenfreien Tagen, an denen auch ein voller Gottesdienst mit Anaphora gehalten wurde11. Auch dafür aber war das Kalendar erforderlich. Eine Lücke zum Jahresende weist auch das mit dem 26. Dezember einsetzende, in seiner griechischen Vorform wohl bald nach 362 in Nikomedien entstandene Martyrologium Syriacum12 auf. Es bricht mit dem 24. November ab und läßt somit den Zeitraum vom 25. November bis 25. Dezember unbesetzt. Hier wie beim gotischen Martyrolog wird man das abrupte Abbrechen am ehesten damit erklären können, daß es sich

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schreiben; vgl. dazu jedoch U. Schwab, Bilaif im gotischen Kalender, Helikon 7, 1967, 357-394, hier 358 f. Vgl. K. Holl, Die Entstehung der Fastenzeiten in der griechischen Kirche, in: ders., Gesammelte Aufsätze II. Der Osten, Tübingen 1928, 155-203, hier 181-197; A. Baumstark, Advent, RAC l, 1950, 112-125, hier 121-123. Achelis, Kalender (Anm. 4) 314 f.; danach Streitberg, Bibel (Anm. 6) 433. Pseudepigraph. Schreiben des Chromatius und Heliodor an Hieronymus, hg. v. H. Quentin/H. Delehaye, Acta Sanctorum Nov. II 2, Brüssel 1931, 1. Synode von Laodikeia, c. 51, hg. v. F. Lauchert, Die Kanones der wichtigsten altkirchlichen Concilien, Freiburg/Leipzig 1896, 77. Vgl. Synode von Laodikeia, c. 49, Lauchert, 77. Syrischer Text mit griechischer Übersetzung und den Parallelstellen des Martyrologium Hieronymianum, hg. v. R. Graffin/L. Duchesne, Acta Sanctorum Nov. II l, Brüssel 1894, L-LXIX (Text: LII-LXV); Neuausgabe mit französischer Übersetzung von F. Nau, PO 10, 1912, 7-26 (Text: 11-26); deutsche Übersetzung (ohne die sekundär angefügte Aufstellung persischer Märtyrer) bei H. Lietzmann, Die drei ältesten christlichen Martyrologien, KIT 2, 21911, 7 — 15; lateinische Übersetzung mit ausführlicher Einleitung von B. Mariani, Breviarium Syriacum, Rom/Barcelona/ Freiburg i. Br. 1956.

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jeweils um die mittelbare oder unmittelbare Wiedergabe einer am Ende durch Blattverlust oder Unleserlichwerden einer Seite verst mmelten Vorlage handelt. Einer Kommentierung der einzelnen Eintragungen des gotischen Bruchst cks sei zun chst sein Text nach der Ausgabe W. Streitbergs13 sowie eine bersetzung seiner Eintragungen nebst dem Versuch einer Ann herung an eine m gliche griechische Vorlage vorangestellt. Text: |kg| bize ana Gutbiudai managaize marytre j h Fribareikei[kei]s. |kd| |ke| |kq| |kz| |kh| |kb| gaminpi marytre bize bi Werekan papan j h Batwin bilaif. aikklesjons fullaizos ana Gutbiudai gabrannidai.

IH |a|

|g| |d| |e| |q| |z| |h| IM |i| |ia| |ib| |ig| |id| |ie|

Naubaimbair: fruma Jiuleis |1| |iq| Kustanteinus biudanis. Dauribaius aipisks.

Filippaus apaustaulus in Jairupulai.

|ih| |ib|

bizo alpjono in[e] Bairaujai |m| samana

|k| |ka| |kb| |kg| |kd| |ke| |kq| |kz| jkh| |kb| Andriins apaustaulus. |1|

bersetzung: 23. (Okt.) der vielen M rtyrer14 im Gotenland und des Fritharikis. των εν Γοτθία πολλών μαρτύρων και Φριθαρίκου. 13

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Der gotische Kalender, hg. v. W. Streitberg, Bibel (Anm. 6) 472. Mit marytre statt marwtre (23. und 29. Okt.) wurde von der konsequenten Transliteration Streitbergs abgewichen; vgl. zu diesem Wort aber auch Anm. 14. Die Schreibung marytre hier und in der folgenden Eintragung legt eine Emendation in marlyre nahe; vgl. dazu Schwab, Bilaif (Anm. 6) 359 — 361. Durch R. Grysons

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29. (Okt.)

Ged chtnis der M rtyrer um Wereka den Presbyter und Batwins [...] einer vollen Kirche im Gotenland verbrannt. μνεία των μαρτύρων των περί Ούήρεκαν πρεσβύτερον και Βατουίνον [...] εκκλησίας πλήρους εν Γοτθία κατακαυθέντες. November: Vor(monat) des Julmonats 30 (Tage) 3. (Nov.) Konstantins (Konstantios')15 des Kaisers. Κωνσταντίνου (Κωνσταντίου) βασιλέως. 6. (Nov.) Dorotheos' des Bischofs. Δωροθέου του επισκόπου. 15. (Nov.) Philippos' des Apostels in Hierapolis. Φιλίππου του αποστόλου εν Ίεραπόλει. 19. (Nov.) der Alten (sc. alten Frauen) in Beroia, (der) 40 zusammen. των πρεσβυτίδων εν Βέροια μ' κατά το αυτό. 29. (Nov.) Andreas' des Apostels. Ανδρέου του αποστόλου. Die Form der Eintragung folgt mit der laufenden Durchz hlung der Monatstage stlicher bung. Sicher nur versehentlich ist dabei der 31. Oktober bergangen. Auff llig ist das Nebeneinander von zwei Monatsbezeichnungen in der berschrift zum November. Neben einer einheimischen, am Jul, der Mittwinterzeit, orientierten Benennung steht der lateinische, und zwar unmittelbar in seiner lateinischen Form bernommene Monatsname. Offenbar bestand ein Bed rfnis, eine der beiden Bezeichnungen durch die andere zu erkl ren. Dabei hat die Verwendung einheimischer Monatsnamen auch bei bernahme des julianischen Kalenders wiederum stliche Vorbilder16, wie auch das Martyrologium Syriacum veranschaulicht. Die gotische Monatsbezeichnung f gt sich so zur Form der Tagesz hlung und wird daher als Entsprechung eines griechischen Νοέμβριος das Urspr ngliche sein. Der lateinische Monatsname kann dann mit R. Loewe17 als sp tere westliche Glosse zur Erl uterung der

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Neulesung und -ausg be der gotischen Glossen des Cod. Veron. Bibl. Capit. 51 ist jetzt mit Glosse XXVII auch *martyr belegt: R. Gryson, Le recueil arien de Verone, IP 13, 1982, 77-92, hier 91. Zur notwendigen Verbesserung in Konstantios s. u. (bei Anm. 57). Sicher auf der gleichen handschriftlich h ufigen Verwechslung der Namen Konstantinos und Konstantios beruht auch die Nennung Konstantins unter dem 3. November in dem syrisch-jakobitischen Menolog des Cod. Brit. Mus. Add. 14504, hg. v. F. Nau, PO 10, 1912,47,11. Vgl. V. Grumel, La chronologic, Traite d'etudes byzantines I, Paris 1958, 174 f. Loewe, Kalender (Anm. 6) 250. Ohne das Nebeneinander der beiden Bezeichnungen zu erkl ren, setzt V. Corazza (Le parole latine in gotico, AANL.M ser. III, vol. XIV, fasc. l, 1969, 66, vgl. 77) eine Entlehnung der lateinischen Namensform in Moesien voraus.

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außer Gebrauch kommenden gotischen Benennung verstanden werden, in der sich der kulturelle Einfluß einer lateinischen Umwelt bemerkbar macht. Sechs der sieben Eintragungen des gotischen Fragments führen die genannten Heiligen oder Heiligengruppen im unverbundenen Genitiv an, eine dagegen (29. Oktober) als Genitivattribut zu gaminfri, . Die elliptische Weise kalendarischer Namenseintragung im Genitiv hat schon vorchristliche Präzedenzien, wie ein erhaltenes Bruchstück eines inschriftlichen Kalendariums von Stiftergeburtstagen der Zeit um 200 aus Ostia zeigt18. Von den beiden durch den Chronographen von 354 überlieferten Kalendarien der römischen Gemeinde19 verwendet sie die depositio episcoporum ganz, die depositio martyrum nahezu durchgehend. Das karthagische Kalendar des frühen sechsten Jahrhunderts20 gebraucht sie für seine Märtyrernotierungen im Unterschied zu den durch vorangestelltes depositio gekennzeichneten Eintragungen verstorbener Bischöfe. Im Martyrologium Hieronymianum21 ist sie die bei weitem überwiegende Form der Eintragungen. Im Martyrologium Syriacum ist eine unverbundene Namensnotierung die Regel. Ob sie allerdings in der griechischen Vorlage im Nominativ erfolgt ist, wie der syrische Text nahezulegen scheint, wird sich nicht mit letzter Sicherheit sagen lassen. Die Notierungen der in das Martyrologium Hieronymianum eingegangenen Parallelüberlieferung dieser griechischen Vorlage erscheinen dort genitivisch22. Als unausgesprochenes Bezugsnomen der genitivischen Eintragung ist in christlichen Kalendarien, die dem Märtyrer- und Totengedächtnis dienen, ein Begriff vorauszusetzen, der eine Beziehung zum Tod, insbeson18

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CIL 14,326; s. dazu A. Stuiber, Heidnische und christliche Gedächtniskalender, JAC 3, 1960, 24-33, hier 24-28. Hg. v. Th. Mommsen, MGH.AA 9, 1892 = 1961, 70-72; danach u. a. bei Lietzmann, Martyrologien (Anm. 12) 2 — 4. Nach der Erstausgabe von J. Mabiüon, Vetera Analecta III, Paris 1682, 398 u. a., bei Lietzmann, Martyrologien (Anm. 12) 4 —6. Kommentierte Ausgabe von H. Quentin/H. Delehaye, Acta Sanctorum Nov. II 2, Brüssel 1931. Das Syrische kennt keine Kasus. Die Wiedergabe der Namen der griechischen Vorlage erfolgt — von der gelegentlichen Schreibung biblisch-semitischer Namen in semitischer Form abgesehen — über eine mehr oder minder annähernde Transkription zumeist auf der Basis der griechischen Nennform oder, weniger häufig, auch in Angleichung an den syrischen status emphaticus über die Ersetzung der griechischen Endung durch auslautendes -ä. Die syntaktische Möglichkeit zur Nachbildung einer elliptischen genitivischen Notierung durch Setzung der Relativpartikel d- bestand; doch bleibt offen, ob man eine solche formale Anlehnung an eine griechische Vorlage als zwingend voraussetzen darf. Auf der anderen Seite ist aber natürlich auch eine syntaktische Umformung einer Vorlage durch den Redaktor des Martyrologium Hieronymianum leicht verstellbar.

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dere zum Märtyrertod der genannten Person herstellt. Für den Osten ist dabei an (sc. ) als ursprünglichen, später in dieser Verwendung außer Gebrauch gekommenen Terminus zu denken, und zwar in der speziellen Bedeutung »Jahrestag des Todes als Totengedächtnistag«23. In dem bereits genannten Kanon 51 der sog. Synode von Laodikeia wird er noch verwendet, und für das zweite und dritte Jahrhundert ist er durch die Martyrien Polykarps und des Pionios belegt24. Die martyrologische Verwendung der lateinischen Wörter natalis, natale, natalicium steht wohl als Bedeutungsentlehnung unter dem Vorbild des griechischen Begriffs. Unter dem Einfluß der eigentlichen Wortbedeutung ist dieser lateinischen Adaptation bald auch die symbolische Deutung des Martyriumstages als des Tages der Geburt zu einem neuen Leben zugewachsen. Über eine gotische Entsprechung kann man allenfalls spekulieren. Doch gaminpi kann sie jedenfalls nicht gelautet haben, da dieses Wort gerade dazu dient, die Notierung zum 29. Oktober von den üblichen Eintragungen zu unterscheiden. Einen Schlüssel zum Verständnis dieser abweichenden Form der Notierung bietet vielleicht wieder der laodikänische Synodalkanon. Die in der Bezeichnung mitgesetzte Fixierung des Märtyrergedächtnisses auf den Jahrestag des jeweiligen Martyriums oder jedenfalls das Datum, das man für diesen Jahrestag hielt, stellt eine Beziehung zwischen dem Gedächtnis und dem gedächtnisstiftenden Geschehen her. Es ist eine zeitliche Dimension der Vergegenwärtigung des Märtyrers, der im Bezug des Märtyrerkultes auf Märtyrergrab und -reliquien auch eine lokale und dingliche Dimension entspricht25. Die Bestimmung von Laodikeia zeigt, daß das liturgische Gedächtnis auch aus dieser zeitlichen Dimension gelöst sein kann, in diesem Fall unter den besonderen Bedingungen der Quadragesima. Das Martyrologium Syriacum bringt zum 6. April einen Hinweis auf ein anscheinend in Nisibis am Freitag nach Ostern begangenes »Gedächtnis aller Märtyrer«26, eines unbestimmten Kollektivs also, das 23 24

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Dazu s. A. Stuiber, Geburtstag, RAC 9, 1976, 217-246, hier 229-233. Märt. Pol. 18,3, hg. v. H. Musurillo, The Acts of the Christian Martyrs, Oxford 1972, 16; Mart. Pionii 2,1 f., Musurillo, 136. Vgl. Th. Baumeister, Heiligenverehrung I, RAC 14, Lfg. 1, 1987, 96-150, hier 124-135. Nau (Anm. 10) 15,1 f.: »... und am Freitag nach Ostern, welcher ist der Gedenktag (dukränä, ) für alle Märtyrer, in der Stadt Nisibis Hermas der Märtyrer an demselben Freitag nach der Woche der Azymen.« Mit der aus dem Rahmen fallenden Notierung eines beweglichen Datums und ohne Parallele im Martyrologium Hieronymianum ist dieser Vermerk sicher ein sekundärer Zusatz gegenüber der ursprünglichen griechischen Vorform des syrischen Martyrologs. Dieses vermerkt außerdem zum 30. Mai, 15. Juli und 1. August noch je einen Namen in syntaktischer Fügung mit dukränä ( ); trotz eines Erklärungsversuches von H. Achelis (Die Martyrolo-

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nicht zu einem geschichtlichen Einzeldatum in Beziehung gesetzt werden kann. Der Eintrag des gotischen Kaiendars könnte demnach besagen, daß man am 29. Oktober das Gedächtnis, aber nicht den Jahrestag als Gedenktag der genannten Märtyrer begeht, etwa weil dieser Jahrestag nicht überliefert war. Neben den Märtyrer- und den ihnen vergleichbaren Apostelgedächtnissen hat man schon früh — in Rom schon gleichzeitig mit der Anlage eines Märtyrerkalendars gegen Mitte des dritten Jahrhunderts — auch die verstorbenen Bischöfe notiert. Lange noch aber wurde deutlich zwischen beider Gedächtnis unterschieden, so etwa in Rom durch Führung zweier getrennter Kalendarien und im karthagischen Kalendar durch Unterscheidung von natalicia martyrum und depositiones episcoporum21. Die dem zugrundeliegende Differenzierung in der theologischen Wertung und liturgischen Gewichtung hat gegen die Mitte des vierten Jahrhunderts Kyrill von Jerusalem ausgesprochen: »Sodann gedenken wir auch der zuvor Entschlafenen, zuerst der Erzväter, Propheten, Apostel, Märtyrer, damit Gott durch ihre Gebete und Fürbitten unser Gebet annimmt. Ferner (vollziehen wir betendes Gedenken) auch für die zuvor entschlafenen heiligen Väter und Bischöfe und überhaupt alle unter uns zuvor Entschlafenen, weil wir glauben, es sei für die Seelen, für die über dem heiligen, Ehrfurcht einflößenden Opfer das Gebet dargebracht wird, von höchstem Nutzen«28. Das gotische Kalendarium aber trifft eine solche Unterscheidung jedenfalls in formaler Hinsicht nicht. In unterschiedsloser Weise vermerkt es — von der formal abweichenden Eintragung des Märtyrergedächtnisses zum 29. Oktober abgesehen — einmal je zwei Märtyrer- (23. Oktober,

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gien. Ihre Geschichte und ihr Wert, AGWG.PH NS 3,3, 1900, 55) bedürfen diese Eintragungen aber wohl noch einer besonderen Untersuchung. Gelegentlich ist auch für diese Unterscheidung eingesetzt worden. Der in den vierziger Jahren des fünften Jahrhunderts schreibende Kirchenhistoriker Sozomenos erwähnt bei einer Schilderung der kirchlichen Verhältnisse von Gaza und Maiumas in Palästina auch ihre jeweiligen Märtyrerfeste ( ) und Bischofsgedächtnisse ( ... ): Sozomenos, Hist. eccl. V 3,8, hg. v. J. Bidez/G. Gh. Hansen, GCS 50, 1957, 196,14-19. Für das gotische Kalendar, das ausdrücklich von Märtyrergedächtnis spricht, kommt diese spezielle Bedeutung von natürlich nicht in Betracht. Kyrill von Jerusalem, Mystagog. Katechesen 5,9, hg. v. F. L. Cross, London 1951, 33, vgl. u. Anm. 37; vgl. auch Augustin, sermo 159,1, PL 38, 868: Der Vollkommenheit der Märtyrer wegen halte es die kirchliche Ordnung so, »daß dort, wo die Märtyrer am Altar verlesen werden, nicht für sie gebetet wird. Für die übrigen Verstorbenen aber, deren gedacht wird, wird gebetet. Es ist nämlich eine Kränkung, für einen Märtyrer zu beten, dessen Gebeten wir uns anbefehlen sollen.« Vgl. auch sermo 285,5, PL 38, 1295. Zur Entwicklung vgl. H. Delehaye, Sanctus, SHG 17, 1927, 132-134.

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19. November) und Apostelfeste (15. und 29. November) und zum anderen je einen Gedenktag für einen Bischof (6. November) und einen römischen Kaiser (3. November). Es repräsentiert damit seiner Entstehungszeit entsprechend ein über einen reinen Märtyrerkult hinausgehendes Entwicklungsstadium der Heiligenverehrung29. Eine genauere geschichtliche Einordnung des Kalendariums erfordert zunächst ein näheres Eingehen auf die einzelnen Eintragungen des Fragments. Deren erste, zum 23. Oktober, die dem Gedächtnis »der vielen Märtyrer im Gotenland und des Fritharikis« (Friedrichs) gilt, läßt sich nicht aus anderen Quellen konkretisieren. Davon, daß auch der genannte Fritharikis Blutzeuge war, muß man ausgehen. Andernfalls müßte man erwarten, daß der Rechtstitel, der ihm Anspruch auf einen Platz in der liturgischen Kommemoration gibt — in Betracht käme eigentlich nur das Bischofsamt — genannt wäre. Offen bleibt nur, ob er als herausgehobenes Mitglied der Gruppe der »vielen Märtyrer« oder unabhängig von ihr aufgeführt ist. Kein Beitrag zum Verständnis, sondern nur ein schlechtes Beispiel gelehrter Willkür im Umgang mit einem Quellentext ist die zuerst 1834 noch vorsichtig von H. F. Maßmann 30 und dann 1854 von W. Krafft 31 geäußerte, seitdem immer wieder aufgenommene Annahme, Fripareikeis sei nur eine Verschreibung des Namens des Gotenfürsten Fritigern, habe doch dieser gegen 375 mit seinem terwingischen Teilverband zum Christentum übergegangene Fürst für die gotische Christianisierungsgeschichte eine wesentliche Rolle gespielt, während von einem Fritharikis nichts überliefert sei32. Die Textsorte, mit der man es hier zu tun hat, wird dabei überhaupt nicht in Rechnung gestellt. Das Vorkommen sonst unbekannter Namen ist für ein martyrologisches Kalendarium nicht außergewöhnlich. Ferner bleibt, wo ein solches Verzeichnis über den Kreis der Märtyrer und Apostel hinausgreift, die Aufnahmevoraussetzung der Heiligkeit doch 29

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Vgl. H. Delehaye, Les origines du culte des martyrs, SHG 20,21933, bes. 92-99, und den eingehenden Überblick mit weiterführenden Literaturangaben bei Baumeister, Heiligenverehrung (Anm. 25), bes. 141 — 146, beide ohne Berücksichtigung des gotischen Kaiendars, das Delehaye (252 — 254) lediglich zu einem geographischen Überblick über die altkirchliche Märtyrerverehruhg herangezogen hat. H. F. Maßmann, Skeireins aiwaggeljons pairh lohannen, München 1834, 95 (Anm.). W. Krafft, Die Anfänge der christlichen Kirche bei den germanischen Völkern I/l, Berlin 1854, 385. Loewe, Kalender (Anm. 6) 258 — 261, hat diesem Gewaltstreich interpretatorischer Willkür wenigstens noch eine scharfsinnige paläographische Rechtfertigung nachzuschieben versucht. Unter Berufung darauf wertet Z. Rubin, The Conversion of the Visigoths to Christianity, MH 38, 1981, 34 — 54, hier 52f., den Kalendereintrag sogar als zumindest hilfsweisen Beleg dafür, daß Fritigern die ihm zugeschriebene Rolle tatsächlich gespielt hat, und führt mit einem solchen Zirkelschluß diese Textmanipulation völlig ad absurdum.

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an die Gruppenzugeh rigkeit zum M nchtum oder zum Episkopat gebunden — das gilt auch noch f r die Adelsheiligen der merowingisch-fr hkarolingischen Zeit. F r einen terwingischen reiks33 ist da kein Platz und wird auch durch ein vermeintliches Pr zedens der Aufnahme eines r mischen Kaisers kein Platz geschaffen; denn dem als christlich sich legitimierenden Kaiser kommt in der religi s-theologischen Wertung der nachkonstantinischen griechischen Kirche eine singul re Stellung zu. Nur der Vollst ndigkeit halber sei auch noch darauf hingewiesen, da die balkangotische Gemeinschaft, der die gotische Textgestalt des Kaiendars urspr nglich zuzuweisen ist, au erhalb der vom terwingischen Teilverband Fritigerns zum Westgotenvolk f hrenden ethnogenetischen Kontinuit tslinie steht34. Die Eintragung zum 29. Oktober ist von besonderem Interesse, weil das hier vergegenw rtigte Geschehen auch in der byzantinischen menologischen berlieferung einen Niederschlag gefunden hat. Zugleich weist sie aber auch sprachliche Schwierigkeiten auf, die noch nicht befriedigend gel st werden konnten. Das Verst ndnis des ersten Teiles bis Batwin l t sich anhand der Angaben der griechischen Menologien berlieferung und der formalen Parallele von pize bi Werekan zu pai bi ina (οί περί αυτόν) in Mk410 leicht bestimmen. Es handelt sich um eine Gruppe von M rtyrern, die, um Wereka und Batwins geschart, mit diesen das Martyrium erleiden. Dennoch hat U. Schwab eine ganz andere Struktur- und Sinnerfassung vorgeschlagen35. Sie m chte bi Werekan papan j h Batwin als Pr positionalattribut auf gaminfri beziehen und bersetzt: »... das Andenken der M rtyrer, d. h. an den Presbyter Wereka und Batwins ,..«36. Das aber ist aus sachlichen Gr nden unhaltbar. Zun chst einmal hei t gaminfri, μνεία, im Zusammenhang eines martyrologischen Kaiendars nicht »Andenken«, sondern ist terminus technicus f r die liturgische Heiligenkommemoration. Sodann wird durch die Nebeneinanderstellung eines Genitiv- (martyre) und eines Pr positionalattributes genau die von Kyrill von Jerusalem vorgenommene Differenzierung der Kommemorationen37 eingetragen, die das gotische Kalendarium jedenfalls in der Form seiner 33

Zum Begriff reiks in seiner verfassungsgeschichtlichen Bedeutung vgl. H. Wolfram, Gotische Studien II, MI G 83, 1975, 289-324, hier 300-305. 34 Zu den Problemen der gotischen Stammesbildungen vgl. H. Wolfram, Geschichte der Goten, M nchen 21980. « Schwab, Bilaif(Anm. 6) 362 f. 36 Schwab, Bilaif(Anm. 6) 363. 37 S. o. bei Anm. 28. Kyrill differenziert dabei sprachlich durch die Kontrastierung eines Genitiv- und eines Pr positionalobjektes zum Pr dikat: ... μνημονεύομεν ... πρώτον πατριαρχών ... είτα και υπέρ των ... αγίων πατέρων. Vgl. auch das Inklinationsgebet in der Liturgie der Apostolischen Konstitutionen VIII 13,6, hg. v. F. X. Funk, Paderborn 1905, 514,24 — 26: των αγίων μαρτύρων μνημονεύσωμεν ... υπέρ των εν πίστει άναπεπαυσαμένων δεηθώμεν.

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Notierungen eben nicht vorgenommen hat. Wereka und Batwins werden so aus dem Bereich des M rtyrerged chtnisses herausgenommen und dem F rbittged chtnis zugeordnet. Diese Konsequenz ergibt sich deutlich gerade auch aus der von U. Schwab zur Rechtfertigung ihrer Verbindung von gaminfri mit einem Pr positionalattribut mit bi angef hrten Stelle 2 Tim 13: haba bi puk gaminfri in bidom meinam (έχω την περί σου μνείαν εν ταϊς δεήσεσίν μου). Damit scheidet von vornherein auch die von U. Schwab vorgeschlagene Deutung des problematischen bilaif aus. Sie m chte es getrennt schreiben und ebenfalls als ein dem ersten paralleles Pr positionalattribut zu gaminfri auffassen mit dem Sinn: (das Ged chtnis) an die (ihre) Nachkommenschaft, oder auch: an den (ihren) Sohn38. Doch auch die lteren Vorschl ge einer sinnvollen Deutung von bilaif bringen keine L sung. Dem Satzbau nach m chte man eine Parallele zu der dem Namen Werekas appositionell nachgestellten Amtsbezeichnung vermuten. Doch eine berzeugende Erkl rung von bilaif im Sinne einer solchen Bezeichnung oder eines Begriffs im Bedeutungsfeld »Amtsbruder« ist bislang nicht gelungen39. Als Alternative ist vorgeschlagen worden, das Wort — wenn es denn eines ist — als Praeteritum eines Verbs *bileiban mit der Bedeutung »bleiben, andauern, Bestand haben« anzusehen und als Pr dikat zu gaminfri zu fassen: »Das Ged chtnis ... hat Bestand«. Dagegen hat U. Schwab40 semantische Bedenken geltend gemacht, da *bileiban nicht »bleiben« im Sinne von »Bestand haben« bedeuten k nne. Das zu beurteilen ist Sache der Germanistik. Eine sachliche Schw che der verbalen Deutung von bilaif isl aber auf jeden Fall, da auch hier wieder gaminpi als »Gedenken, das man bewahrt«, und nicht als liturgischtechnischer Begriff gefa t wird41. G. Friedrichsen schlie lich meinte, bilaif als Substantiv mit der Bedeutung »Rest«, »das was brig bleibt«, ansprechen zu k nnen, das zugleich das Bezugsnomen des folgenden Genitivs aikklesjons fullaizos (einer vollen Kirche) sei42. So verstanden wird bilaif dann Explikation zu 38

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Schwab, Bilaif (Anm. 6) 386 — 394; sie verweist auf die Menologien berlieferung, nach der Wereka und Batwins (Βαθούσης) »mit ihren beiden S hnen und zwei T chtern« den Tod gefunden haben, und postuliert ein nicht belegtes Wort *laif, Nachkommenschaft, oder *laifs, Sohn. bersicht bei Schwab, Bilaif (Anm. 6) 381 -383. Schwab, Bilaif (Anm. 6) 366-381. J. Mansion (Les origines du christianisme chez les Gots, AnBoll 33, 1914, 5 — 30, hier 23) hat dagegen das Andauern der memoria liturgisch verstehen und unter Verschiebung der Eintragung auf den 30. Oktober als eine Oktav des M rtyrerged chtnisses vom 23. Oktober deuten wollen. Das ist jedoch nicht m glich, weil eine Oktav zu Heiligentagen erst eine relativ sp te westliche Erscheinung ist; vgl. A. Hollaardt, Octaaf, Liturgisch Woordenboek, Roermond 1965/68, 1918-1920. G. Friedrichsen, Notes on the Gothic Calendar, Modern Language Review 22, 1927, 90-93, hier 91 f.

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gaminbi: das Gedächtnis ist das, was von den in einer vollen Kirche Umgekommenen bleibt43. Eine solche Vorstellung aber steht in krassem Widerspruch zum altkirchlichen Verständnis des Märtyrergedächtnisses, das den Märtyrer als fürbittmächtigen Teilhaber eines gesteigerten Lebens vergegenwärtigt, nicht aber lediglich als Inhalt eines Gedenkens der Nachwelt lebendig erhält44. Die sachlich notwendige Zurückweisung des Deutungsversuchs von G. Friedrichsen läßt auch das Problem des unverbundenen Genitivs aikklesjons fullaizos (einer vollen Kirche) offen. Scheinbar zerschlagen scheint der gordische Knoten durch die Konjektur gabrannidaizos für gabrannidai. (Gedächtnis) einer im Gotenland verbrannten vollen Kirche45. Daß aber damit die Kirche als Kirchengebäude zum Gegenstand einer liturgischen Kommemoration gemacht wird, erscheint auch dann noch befremdlich, wenn der Begriff wie hier im Sinn der Redefigur der Synekdoche verwendet wird. Größeren Anklang als ein solcher Texteingriff hat im übrigen die Auffassung gefunden, es könne sich um eine ungeschickte Nachbildung eines griechischen absoluten Genitivs handeln46. Damit wird das Verständnisproblem jedoch nur auf den hypothetischen Wortlaut einer griechischen Vorlage verschoben; denn es ist nicht zu erkennen, in welcher im gegebenen Sachzusammenhang sinnvollen logischen Beziehung ein solcher absoluter Genitiv zu einer griechischen Entsprechung von gabrannidai (etwa ) stehen könnte. Das Vollsein einer Kirche ist kein dem Verbranntwerden der Märtyrer parallel laufender oder es begründender Vorgang oder Zustand. Vorerst muß es wohl bei der Feststellung bleiben, daß der Text so, wie er vorliegt, partiell unverständlich ist. Deutlich ist aber auch, daß eine Erörterung der Verständnisschwierigkeiten allein im Horizont der textimmanenten sprachlichen Gegebenheiten und abstrakter sprachlicher, 43

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Friedrichsen, 92: »The memory of the martyrs who were with Wereka the priest and Batwins — all that is left of a church full of people — burnt in Gothia«, oder: »The memory ... is all that remains of a full church burnt in Gothia« — für gabrannidai (verbrannt, Nominativ pl. masc.) wird dabei im ersten Fall gabrannidaize (Genitiv pl. masc.), im zweiten Fall gabrannidaizos (Genitiv sg. fern.) gelesen. Vgl. auch Schwab, Bilaif(Anm. 6) 383-385. Noch massiver kommt diese das Textgenus außer acht lassende Verwechslung von zu vollziehendem gottesdienstlichen Gedächtnis und zu bewahrendem Andenken in einer von Friedrichsen (Notes [Anm. 42] 91) alternativ vorgeschlagenen Deutung von bilaif als Reliquien zum Tragen; unter ihrer Voraussetzung kann er selbst den Text nur noch unter willkürlicher Einführung eines Verbs verständlich machen: »we honour (a) the memory ...; (b) the relics«. Mansion, Origines (Anm. 41) 23. Loewe, Kalender (Anm. 6) 246, nach einem Vorschlag von E. Dietrich, Die Fragmente der Skeireins, Straßburg 1903, LX; vgl. auch C. L. Wrenn, Gothic notes, MLR 25, 1930, 185-190, hier 190.

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grammatisch-struktureller wie semantischer Möglichkeiten ohne Mitberücksichtigung der außersprachlichen kontextuellen Bezüge kaum zu einer befriedigenden Lösung führen kann. Die griechische hagiographische Überlieferung über das zum 29. Oktober vermerkte Ereignis ist von H. Achelis47 und H. Delehaye48 erschlossen worden. Sie notiert das Geschehen zum 26. März und gibt darüber eine ins einzelne gehende, nüchterne und präzise Darstellung. Zwischen dem 24. August 367 und dem 9. August 378 wurde danach auf Veranlassung eines gotischen , und d. h. eines reiks, des Führers eines terwingischen Teilverbandes, namens Wingurich eine Kirche niedergebrannt, in der eine Schar Christen versammelt war, die dabei den Tod fanden. Von ihnen werden mit Namen aufgeführt die Presbyter Bathuses, in dem man den Batwin des gotischen Kaiendars wiedererkennen darf, und Verikas, der Wereka des Kaiendars, »mit ihren zwei Söhnen und zwei Töchtern«, ein Mönch Arpylas sowie als Laien zwölf Männer und sieben Frauen49. Mit ihnen fand auch ein zufällig hinzugekommener Christ den Tod. Es folgt dann noch ein Translationsbericht, nach dem eine gotische , mithin die Frau eines reiks, namens Gaatha die Reliuuien dieser Märtyrer zwischen dem 25. August 383 und dem 15. Mai 392 aus Gotien nach Kyzikos gebracht hat. Ohne den Translationsbericht hat diese Darstellung Eingang in das Konstantinopeler Synaxar gefunden50. Sie kann jedoch, wenn man ihre Verbindung mit dem Translationsbericht als ursprünglich ansehen darf, nicht die unmittelbare Quelle des Kalendariums sein; denn der Translationsbericht weist mit seinen Zeitangaben auf eine Entstehung in einem reichskirchlichen Umfeld der Zeit nach dem theodosianischen Umschwung, während das Kalendarium arianisch ist. Man muß daher an eine der griechischen Menologienüberlieferung wie dem gotischen Kalendar gemeinsame Quelle denken, aus der zudem auch noch die Darstellung desselben Ereignisses durch den Kirchenhistoriker Sozomenos51 geschöpft worden sein könnte, an einen in Gotien selbst aus unmittelbarer Nähe zu dem Geschehen abgefaßten Bericht. Dafür, daß der Menologientext für das Martyrium eine ältere Quelle benutzt, spricht auch ein innerer Grund. 47 48

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Achelis, Kalender (Anm. 4) 317-326 (Texte: 318-320). H. Delehaye, Saints de Thrace et de Mesie, AnBoll 31,1912,161-300, hier 278-280 (Texte: 279). Zusammenstellung bei Achelis, Kalender (Anm. 4) 323. Varianten der Überlieferung brauchen hier nicht zu interessieren. Eine sprachliche Analyse der Namen gibt R. Loewe, Gotische Namen in hagiographischen Texten, BGDS 47, 1923, 407—433, hier 411-430. Synaxarium Ecclesiae Constantinopolitanae zum 26. März, hg. v. H. Delehaye, Acta Sanctorum Propyl. Nov., Brüssel 1902, 559 f. Sozomenos, Hist. eccl. VI 37,14, Bidez/Hansen (Anm. 27) 296,24-28.

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In der kirchengeschichtlichen Literatur ist häufiger die Frage gestellt worden, ob die Opfer Wingurichs wohl »arianische« odej »katholische« Christen gewesen seien. Sie ist jedoch sachlich unbegründet. Der sogenannte gotische Arianismus hat sich in der wulfilanischen Gotengemeinschaft auf römischem Reichsboden in Niedermösien herausgebildet. Das Christentum in Gotien aber ist bis zu dem gegen 375 erfolgenden Religionswechsel Fritigerns von den Konfrontationen des arianischen Streites offenbar unberührt geblieben52. Dementsprechend stellt sich für den Martyriumsbericht auch nicht die Frage der Rechtgläubigkeit der Märtyrer im Sinne der einen oder anderen Seite. Aus einer späteren Sicht aufgenommen wird sie dagegen im Translationsbericht, der betont, daß die Gotenfürstin Gaatha »eine Christin und rechtgläubig«53 war. Der Eintrag zum 29. Oktober gewinnt durch diese griechische Überlieferung Konkretion. Das Geschehen läßt sich der durch den Richter, den Führer des Gesamtverbandes der terwingischen Goten, Athanarich ausgelösten Christenverfolgung in Gotien zuordnen, die von 369 bis mindestens 372 andauerte54. Der im Bericht des Sozomenos behauptete unmittelbare Zusammenhang mit einer von Athanarich in die Wege geleiteten Opferaktion zur Erzwingung der kultischen Integration der gotischen Christen55 allerdings ist anscheinend erst von Sozomenos selbst bei der Aufarbeitung seines Materials hergestellt worden. Der Translationsbericht gibt zudem einen Hinweis auf die Vielschichtigkeit der kirchlichen Beziehungen des frühen gotischen Christentums, das sich in den Eintragungen des Kalendariums niedergeschlagen hat. Die Translation erfolgt lange nach dem gotischen Donauübergang ins römische Reich von 376 aus dem Bereich eines nördlich der Donau verbliebenen terwingischen Teilverbandes. Sie führt nach Kyzikos und geht somit ebenso an der schon länger bei Nikopolis in Mösien angesiedelten christlichen wulfilanischen Gotengemeinschaft vorbei wie an dem sich konsolidierenden, ebenfalls offiziell christlichen westgotischen Volksverband, den Theodosios im Oktober 382 ebenfalls in dem Grenzland zwischen unterer Donau und Balkangebirge ansiedelte56. 52

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Vgl. K. Schäferdiek, Wulfila. Vom Bischof von Gotien zum Gotenbischof, ZKG 90, 1979, 253-292, hier 258f. und 271-273. Martyrium der heiligen Märtyrer im Gotenland, Achelis, Kalender (Anm. 4) 319,14. Beginn 369: Hieronymus, Chron. ad a. 369, hg. v. R. Helm, GCS,31984, 245,20-23. Andauern: Das Martyrium des Sabas, c. 7; Delehaye (Saints [Anm. 48] 221,6 — 8) datiert dessen Märtyrertod auf den 12. April 372. Sozomenos, Hist. eccl. VI 37,13, Bidez/Hansen (Anm. 27) 296,20-24. Sozomenos gibt deutlich zu verstehen, daß er den Bericht von der Niederbrennung der Kirche aus einer anderen Informationsquelle hat. Vgl. Wolfram, Geschichte (Anm. 34) 153-163.

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Am 3. November 361 starb in Mompsukrenai in Kilikien Kaiser Konstantios57, und zweifellos ist die Eintragung des Namens Konstantins unter dem 3. November ein Versehen, das ebensogut wie in der gotischen Überlieferung auch schon in einer griechischen Vorlage unterlaufen sein kann. Knapp zwei Jahre zuvor, am I.Januar 360, hatte Konstantios sein zehntes Konsulat in der Überzeugung antreten können, mit der Durchsetzung der dem Reichskonzil von Rimini und Seleukeia (359) aufgenötigten homöischen (»arianischen«) Formel von Nike nach Jahrzehnten innerkirchlicher Lehrauseinandersetzungen den kirchlichen Frieden wiederhergestellt zu haben58. Seine Präsenz im gotischen Kalendarium ist im übrigen der erste Beleg für die Aufnahme eines verstorbenen Kaisers in die gottesdienstliche Kommemoration. Möglich war sie nur auf dem Hintergrund der christlichen byzantinischen Kaiseridee, wie sie bereits Euseb von Kaisareia in seiner theologischen Deutung der Sendung Konstantins grundgelegt hat59. Die christlich legitimierte Kaiserherrschaft wird danach transparent für das Weltregiment Gottes. Sie bringt es abbildhaft zur Geltung und gewinnt darin eine heilsgeschichtliche Dimension. »Von« Gottes Logos »und durch ihn trägt der gottgeliebte Kaiser das Abbild des obersten Königtums und führt so in Nachahmung des Mächtigeren lenkend das Steuer aller Dinge auf Erden«60. In dieser Sicht erscheint der Kaiser als Mittler des Herrscherwillens Gottes in einer einzigartigen Stellung, die es der griechischen Kirche ermöglichte, einen verstorbenen Kaiser in ähnlicher Weise wie verstorbene Bischöfe in das liturgische Heiligengedächtnis einzubeziehen. Im Blick auf das gotische Kalendar bedeutet das aber umgekehrt wiederum auch, daß in einem kirchlichen Milieu, das eine solche Einbeziehung vornimmt, die ihr zugrundeliegende Wertung des frühbyzantinischen Kaisertums geteilt und damit sein Herrschaftsanspruch anerkannt wird. Die dem Kaisertum zugeschriebene Sendung konnte der einzelne Kaiser in unterschiedlichem Maß erfüllen oder auch verfehlen, und eben57

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Sokrates, Hist. eccl. II 47, hg. v. R. Hussey/W. Bright, Oxford 21893, 135; anonymer arian. Historiograph, frg. 32, hg. v. J. Bidez/F. Winkelmann, Philostorgius Kirchengeschichte, Anhang VII, GCS, 1972, 226,1-8, aus Chronicon paschale, hg. v. L. Dindorf, I, Bonn 1832, 545,7 — 14; Consularia Constantinopolitana ad a. 361, Mommsen (Anm. 19) 240 f. Zu Konstantios vgl. J. Moreau, Constantius II., JAC 2, 1959, 162-179; R. Klein, Constantius II. und die christliche Kirche, Impulse der Forschung 26, Darmstadt 1977. Vgl. H. Eger, Kaiser und Kirche in der Geschichtstheologie Eusebs von Cäsarea, ZNW 38, 1939, 97-115; J. Sträub, Vom Herrscherideal der Spätantike, Stuttgart 1939 = Darmstadt 1964, 113 — 129; ders.^ Konstantin als , in: ders., Regeneratio Imperii, Darmstadt 1972, 134 — 158. Euseb, Tricennatsrede auf Konstantin 1,6, hg. v. I. A. Heikel, Eusebius Werke I, GCS 7, 1902, 199,1-3.

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sowenig wie jeder Bischof wurde auch jeder Kaiser einer liturgischen Kommemoration gewürdigt. Über die Bestimmung der Rechtgläubigkeit als eines dafür grundlegend mitentscheidenden Auswahlkriteriums aber war sich die Kirche selbst bekanntlich nicht immer einig. Insofern kann, wie im vorliegenden Fall, der Name eines Kaisers im Kalendarium auch die christliche Gemeinschaft kennzeichnen, die ihn so zu gottesdienstlichen Ehren bringt. Doch solche kontingenten geschichtlichen Beziehungen begründen eben nicht das Phänomen der Kaiserkommemoration überhaupt. Die Berücksichtigung des Konstantios im gotischen Kalendar darf daher mit großer Wahrscheinlichkeit auch als Hinweis darauf genommen werden, daß unter seinem Todestag, dem 22. oder, wie in der späteren byzantinischen Überlieferung, dem 21. Mai, auch Konstantin darin seinen Platz gefunden hatte, das Urbild christlichen Kaisertums, als dessen getreulichen Nachfolger ein arianischer Geschichtsschreiber des vierten Jahrhunderts Konstantios würdigt: »Er tat wohl vor dem Herrn und wandelte auf den Pfaden seines Vaters Konstantin«61. Auf die Identität des zum 6. November vermerkten Bischofs Dorotheos hat H. Delehaye hingewiesen62. Er gehört in die Sukzessionsreihe der »arianischen« Bischöfe von Konstantinopel. Unmittelbar nach Abschluß der Reichssynode von Seleukeia 359 veranstaltete die obsiegende homöische oder — nach ihrem Anführer Akakios von Kaisareia — »akakianische« Kirchenpartei, an der in der Folge als polemische Fremdbezeichnung der Name der »Arianer« haftet, im Januar 360 in Konstantinopel eine Synode, an der auch der Gotenbischof Wulfila teilnahm63. Auf ihr wurde unter anderen der Konstantinopeler Bischof Makedonios abgesetzt. An seiner Stelle wurde am 27. Januar 360 Eudoxios von Germanikeia eingeführt64, der in der Folge erheblichen Einfluß auf die Ausrichtung der Kirchenpolitik des Kaisers Valens (364 — 378) ausüben sollte. Eudoxios starb im Frühjahr 370. Sein Nachfolger wurde Demophilos, der vorher Bischof von Beroia in Thrakien gewesen war65. Nachdem 61

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Anonymer arian. Historiograph, frg. 32a, Bidez/Winkelmann (Anm. 57) 226,34 f., aus Chronicon miscellaneum, hg. v. F. W. Brooks, CSCO 3, 1955, 133,2 — 4; übers. I.-B. Chabot, CSCO 4, 1955, 103,33 f. Delehaye, Saints (Anm. 48) 277. Sokrates, Hist. eccl. II 41, Hussey/Bright (Anm. 57) 129; Sozomenos, Hist. eccl. IV 24,1, Bidez/Hansen (Anm. 27) 179,9 — 14. Zur dogmatisch-kirchenpolitischen Partei der »Homöer« s. W. A. Löhr, Die Entstehung der homöischen und homöusianischen Kirchenparteien, Ev. theol. Diss. Bonn 1986. Anonymer arian. Historiograph, frg. 31, Bidez/Winkelmann 224,11 — 13, aus Chronicon paschale, Dindorf I, 543,18 — 21. Sokrates, Hist. eccl. IV 14, Hussey/Bright 187; Sozomenos, Hist. eccl. VI 13,1, Bidez/Hansen 254,15-19; Philostorgios, Hist. eccl. IX 8 u. 10, Bidez/Winkelmann 119,14-18 u. 119,27-120,3.

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Theodosios d. Gr. am 24. November 380 in Konstantinopel hatte einziehen können, forderte er von Demophilos eine Erklärung für das nikänische Bekenntnis. Dazu fand dieser sich jedoch nicht bereit. Er mußte daher am 26. November die Stadt verlassen. An seine Stelle trat Gregor von Nazianz, mit dem sich die offizielle reichskirchliche Sukzessionsliste von Konstantinopel fortsetzt. Demophilos aber betrachtete sich auch weiterhin als rechtmäßigen Bischof von Konstantinopel und führte außerhalb der Stadt seine Amtsgeschäfte für die damit konstituierte Konstantinopeler arianische Sondergemeinde weiter66. Im Juni 383 nahm er an der von Theodosios einberufenen sogenannten Häretikersynode teil67, zu der auch Wulfila geladen war, der dann aber noch während der Vorverhandlungen verstarb68. Demophilos starb 386. Zu seinem Nachfolger wurde zunächst ein Marinos aus Thrakien bestellt, an dessen Stelle jedoch alsbald Dorotheos trat69, der zuvor zunächst Bischof von Herakleia und dann seit 376 von Antiochien gewesen war, als solcher aber ebenfalls 380 den offiziellen reichskirchlichen Status verloren hatte70. Er starb am 6. November 407 und erhielt einen Nachfolger namens Barbas71, mit dem sich die Sukzessionskette der arianischen Bischöfe von Konstantinopel im Dunkel der Geschichte verliert. Die Verdrängung des Marinos durch Dorotheos zog einen Streit nach sich, der zu einer längeren Spaltung der arianischen Gemeinde führte. Er erhielt eine theologische Dimension in der Frage nach der Zeitlosigkeit der Vaterprädikation Gottes. Dorotheos bestritt ihre Zeitlosigkeit, Marinos trat dafür ein. Seine Partei nannte man die Psathyrianer — etwa: »Pfannküchler« —, weil sie in einem syrischen Pfannkuchenverkäufer Theoktistos einen eifrigen Wortführer gefunden hatte, aber man nannte sie auch Gotenpartei, weil sich der Gotenbischof Selenas, Wulfilas Amtsnachfolger, auf ihre Seite stellte. Erst 419, zwölf Jahre nach dem Tod des Dorotheos, konnte dieser durch interne Querelen der Psathyrianerpartei 66

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Sokrates, Hist. eccl. V 7, Hussey/Bright 219 f.; Sozomenos, Hist. eccl. VII 5,5 f., Bidez/Hansen 306,21-307,3; Philostorgios, Hist. eccl. IX 19, Bidez/Winkelmann 125,7 — 13 (die Angabe des Philostorgios, Demophilos habe sich nach Beroia zurückgezogen, ist offensichtlich unzutreffend). Sokrates, Hist. eccl. V10, Hussey/Bright 224; Sozomenos, Hist. eccl. VII 12,9, Bidez/ Hansen 315,29-316,1. Auxentius von Dorostorum in: Maximini episcopi dissertatio 39, hg. v. R. Gryson, Scripta arriana latina I, CChr.SL 87, 1982, 165 f. Sokrates, Hist. eccl. V12, Hussey/Bright 226 f.; Sozomenos, Hist. eccl. VII 14,4, Bidez/Hansen 318,25-319,3. Sokrates, Hist. eccl. IV 35, Hussey/Bright 211; Sozomenos, Hist. eccl. VI 37,17, Bidez/Hansen 297,7-11; Philostorgios, Hist. eccl. IX 14 u. 19, Bidez/Winkelmann 120,24 f. u. 125,7-16. Sokrates, Hist. eccl. VII6, Hussey/Bright 287.

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noch verwickeitere Streit durch den gotischen Heermeister Plinthas, einen Anhänger der psathyrianischen Seite, beigelegt werden72. Damit ergibt sich auch 419 als frühestes Datum für den Abschluß des Kalendariums in seiner vorliegenden Form. Vor der von Plinthas herbeigeführten Aussöhnung ist eine gotische Übernahme eines kalendarischen Dorotheosgedächtnisses kaum denkbar. Man wird vielmehr mit R. Loewe in seiner Berücksichtigung eine bewußte Dokumentation dieser Aussöhnung sehen können73. Das Gedächtnis des Apostels Philippos ist zum 15. November vermerkt. Die spätere byzantinische Überlieferung begeht es einen Tag früher. Die Angabe von Hierapolis in Phrygien als Ort des Todes und Grabes weist auf eine schon in das zweite Jahrhundert zurückgehende Traditionsbildung, in der der Philippos des Jüngerkreises Jesu mit dem Philippos aus dem Siebenerkreis der Apostelgeschichte verschmilzt74. Ob dabei die in den apokryphen Philipposakten des vierten oder fünften Jahrhunderts75 ausgestaltete Vorstellung von einem Märtyrertod vorausgesetzt wird, läßt sich nicht ausmachen. R. Loewe meinte in der Eintragung des Philippos einen Niederschlag besonderer gotischer Beziehungen nach Phrygien sehen zu können ähnlich denjenigen nach Kappadokien, die auf eine Verschleppung kappadokischer Christen bei einem Goteneinfall wohl im Jahr 257 zurückgehen76. Das steht jedoch auf schwachen Füßen. Als Indiz dafür bleibt nur der Verweis darauf, daß Wulfilas Nachfolger Selenas der Ehe

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Sokrates, Hist. eccl. V 23, Hussey/Bright 244f.; Sozomenos, Hist. eccl. VII 17,9-14, Bidez/Hansen 326,8 — 327,6; beide verzeichnen die theologische Diskussion, weil sie ihr ein Arianismusstereotyp unterlegen, das der homöischen Position sachlich unangemessen ist. Zu Plinthas vgl. J. R. Martindale, The Prosopography of the Later Roman Empire II, Cambridge 1980, 892 f. Loewe, Kalender (Anm. 6) 271 f. Vgl. W. Bauer in: E. Hennecke/W. Schneemelcher, Neutestamentliche Apokryphen II, Tübingen 31964 = "1971, 28 f. Zu den Philipposakten vgl. F. Bovon u. a., Les actes apocryphes des apötres, Genf 1981, 301-304; das Martyrium: Acta Philippi 107-148, hg. v. M. Bonnet, Acta Apostolorum apocrypha II 2, Leipzig 1903 = Darmstadt 1959, 41 -90. Loewe, Kalender (Anm. 6) 274—278. Zu den Beziehungen nach Kappadokien vgl. Basileios von Kaisareia, Ep. 164.165, hg. v. Y. Courtonne, II, Paris 1961, 97—101, vgl. Basilius von Caesaraea, Briefe, übers, v. W.-D. Hauschild, BGrL 3, 1973, 86 — 88 u. 170 f. (Erläuterungen); Translation der Sabasreliquien nach Kappadokien: Martyrium Sabae l, hg. v. H. Delehaye, Saints (Anm. 48) 216,21-24, vgl. 288 f.; A. H. M. Jones/J. R. Martindale/J. Morris, The Prosopography of the Later Roman Empire I, Cambridge 1971, 848, s.v. Soranus; das allerdings auch konfessionell mitbedingte Interesse des gebürtigen Kappadokiers Philostorgios an Wulfila: Hist. eccl. II 5, Bidez/Winkelmann (Anm. 57) 17,3-18,4. Zum Datum des Goteneinfalls s. Wolfram, Geschichte (Anm. 34) 84.

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eines Goten mit einer Phrygierin entstammte77 — aber eben mit einer Phrygierin der Generation nach Wulfila und nicht einer Gotin mit phrygischen Vorfahren; man wird an die Ehe eines reichsansässigen Goten mit einer römischen Provinzialin denken müssen. Im Mittelalter beanspruchte Konstantinopel, den vermeintlichen Leib des Philippos in seinen Mauern zu bewahren. Das war aber sicher in frühbyzantinischer Zeit, für die eine wohl Anfang des fünften Jahrhunderts errichtete Kirche in Hierapolis auf die dortige Verehrung des Philipposgrabes hinweist78, noch nicht der Fall. Eine Philipposkirche aber wurde auch in Konstantinopel schon zur Zeit des Kaisers Anastasios I. (491—518) gebaut79. Daß damit einem hier schon bestehenden Philipposkult Rechnung getragen wurde, ist nicht auszuschließen. Das Gedächtnis der vierzig »Alten« in Beroia am 19. November findet eine Parallele unter dem gleichen Datum im Martyrologium Hieronymianum: In Eraclea sanctae mulieres cum viduis numero XL*0, nur daß hier als Martyriumsort Herakleia statt Beroia genannt wird. Die griechische Menologienüberlieferung, die das Gedächtnis der vierzig zum l. September notiert, gleicht beide Ortstraditionen aus mit einer phantasievollen Martyriumsgeschichte, die das Verfahren gegen die Märtyrerinnen in Beroia beginnen und in Herakleia enden läßt und ihnen als geistlichen Berater einen Diakon Ammon zur Seite stellt81. Dabei werden sie als »heilige Frauen« bezeichnet und dementsprechend als asketische Jungfrauengemeinschaft geschildert. Auch das Martyrologium Hieronymianum nennt sie »heilige Frauen«, allerdings mit dem Zusatz »samt den Witwen«. Die Märtyrerinnen werden somit als zusammengehörige und herausgehobene Gruppe innerhalb der Gemeinde angesprochen. Das legt 77

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Sokrates, Hist. eccl. V 23, Hussey/Bright (Anm. 57) 245. Der von Loewe, Kalender (Anm. 6) 276 f., als phrygisch gedeutete Name des Selenas begegnet nicht in der Aufstellung von L. Zgusta, Kleinasiatische Personennamen, Prag 1964, ergänzend ders., Neue Beiträge zur kleinasiatischen Anthroponymie, Prag 1970. Kaum ein tragfähiger Beleg für besondere phrygische Beziehungen ist es, daß sich der im Sabasmartyrium vorkommende Name eines gotischen Christen Sansalas möglicherweise zu einem inschriftlich aus Halikarnassos in Karien belegten Namen stellen läßt (Loewe, Kalender, 277 f.; Zgusta, Neue Beiträge, 87, § 1371a). Vgl. R. Krautheimer, Early Christian and Byzantine Architecture, Harmondsworth 7 1979, 170 f. R. Janin, La geographic ecclesiastique de l'empire byzantin I. Le siege de Constantinople et le patriarcat oecumenique. III: Les eglises et les monasteres, Paris 1953, 508 f.; vgl. Synaxarium Ecclesiae Constantinopolitanae zum 14. Nov., Delehaye (Anm. 50) 222 f. Martyrologium Hieronymianum zum 19. Nov., Quentin/Delehaye (Anm. 21) 607. Martyrium der 40 heiligen Frauen und des heiligen Ammon, hg. v. H. Delehaye, Saints (Anm. 48) 194-207; Kurzfassung ebd., 207-209; vgl. Synaxarium Ecclesiae Constantinopolitanae zum 1. Sept., Delehaye (Anm. 50).

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nahe, da hinter dem Ausdruck »Alte« des gotischen Kaiendars ein Begriff mit einer spezielleren Bedeutung als lediglich »Frauen h heren Alters« steht. Ein solcher, unspezifisch aber auch mit »Alte« (fern.) bersetzbarer Begriff begegnet in einer Bestimmung der sogenannten Synode von Laodikeia. Sie verf gt, da in der Kirche keine »sogenannten πρεσβύτνδες oder προκαθήμεναι eingesetzt werden sollen«82. Gemeint sind dabei mit πρεσβύτιδες offenbar die Angeh rigen des altkirchlichen gemeindlichen Witwenstandes, einer geistlichen Gemeinschaft lterer Frauen83. Das Martyrologium Hieronymianum deutet mit seinem Zusatz wenigstens eine Beziehung zu diesem Stand noch an, w hrend die Menologien berlieferung die vierzig nach dessen Erl schen konsequent als Angeh rige des an seine Stelle getretenen Jungfrauenstandes schildert. Hinter dem gotischen Text steht dagegen offenbar eine Formulierung, die einem lteren berlieferungszustand entspricht. Man darf daher vielleicht auch der Zuordnung zu Beroia ein h heres Alter zusprechen als der zu Herakleia. Der Apostel Andreas findet seinen Platz im gotischen Kalendar unter dem 29. November, einen Tag fr her, als die sp tere byzantinische berlieferung sein Ged chtnis begeht. Ob man das allerdings, wie zumeist angenommen, f r ein Versehen des gotischen Kaiendars halten mu , ist fraglich. Auch das karthagische Martyrolog vermerkt den Apostel zum 29. November84. Ein Sterbe- und Begr bnisort wird nicht genannt. Eine von Origenes aufgenommene Tradition von einer Aufteilung der Missionsfelder unter den Aposteln schreibt Andreas Skythien als Wirkungsbereich zu85. Auf dem Hintergrund der gel ufigen Gleichsetzung von Goten und Skythen k nnen daher die gotischen M rtyrer Innas, Remas und Pinas als »Heilige aus dem Nordland der Barbaren« in einem ideellen Sinn auch »Sch ler« des Apostels Andreas genannt werden86. Wichtiger als eine solche eher gelehrte Reflexion ist f r den Andreaskult aber die 357 von Konstantios veranla te Translation der vermeintlichen Reliquien des Apo82

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Synode von Laodikeia, c. 11, Lauchert (Anm. 10) 73; vgl. auch Epiphanios, Panarion 79,4,1, hg. v. K. Holl, III, GCS 37, 1933, 478,27-29. Vgl. A. Kaisbach, Diakonisse, RAC 3, 1957, 917-928, hier 917-921; G. St hlin, Art. χήρα D.4., ThWNT IX, 1973, 451-454; R. Gryson, Le ministere des femmes dans l'eglise ancienne, Gembloux 1972, 92-95 (zu Laodikeia c. 11), 31-33 u. 65-75. Martyrolog von Karthago zum 29. November, Lietzmann, Martyrologien (Anm. 12) 6. Euseb, Hist. eccl. III 1,1, ed. Schwartz I, 188,3 (aus der Genesiserkl rung des Origenes); vgl. zu dieser Traditionsbildung E. Junod, Origene, Eusebe et la tradition sur la repartition des champs de mission des apotres, in: Bovon u. a., Actes (Anm. 75) 233-248. Martyrium des Innas, Remas und Pinas, hg. v. H. Delehaye, Saints (Anm. 48) 215,25 f.

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stels nach Konstantinopel87. Sie erfolgte aus Achaia88, und das bedeutet näherhin aus Patrai, wo der Apostel nach den darin von der kirchlichen Überlieferung aufgenommenen apokryphen Andreasakten· den Märtyrertod am Kreuz gefunden haben soll89. Es ist durchaus denkbar, daß diese Translation sich an eine Invention angeschlossen hat. Jedenfalls scheint sie den Anstoß für die Verbreitung eines Andreaskultes gegeben zu haben, während eine Berufung auf den Apostel zur Legitimation kirchlicher Ansprüche Konstantinopels erst sehr viel später einsetzt90. Das gotische Kalendarium gilt herkömmlicherweise als genuines Produkt der gotischen Kirche91, die dabei viel zu undifferenziert als monolithische Größe betrachtet wird92. Eine besondere Verbundenheit mit Konstantios, die angeblich mitursächlich für dessen Aufnahme in das Kalendar gewesen sein soll, weist auf die schon in den vierziger Jahren des vierten Jahrhunderts auf römischem Reichsboden ansässig gewordene, von Jordanes später Kleingoten genannte93 wulfilanische Gotengemeinschaft; die Eintragung zum 29. Oktober betrifft die auch nach ihrem Auszug aus Gotien dort noch bestehende Kirche; und wenn die Aufnahme der vierzig Märtyrerinnen, wie behauptet wird, eine Folge der Ansiedlung der Goten durch Theodosios in Thrakien sein soll, ist damit die Kirche des um die Terwingen Fritigerns als Kristallisationskern sich bildenden westgotischen Volksverbandes ins Auge gefaßt. Daß das gotische Kalendarium »aus dem griechischen übersetzt oder doch von seinem Verfasser zunächst griechisch gedacht worden ist«94, wird aus der kulturellen Situation und dem Bildungshintergrund der gotischen Geistlichkeit erklärt. 87

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Hieronymus, Chronik ad a. 357, Helm (Anm. 54) 240,26-241,2; Consularia Constantinopolitana ad a. 357, Mommsen (Anm. 19) 239. Philostorgios, Hist. eccl. III 2, Bidez/Winkelmann (Anm. 57) 31,3 f. Martyrium der Andreasakten: M. Hornschuh in Hennecke/Schneemelcher (Anm. 74) 291-296. Vgl. F. Dvornik, The Idea of Apostolicity in Byzantium and the Legend of the Apostle Andrew, Cambridge/Mass. 1958, 138-299. Achelis, Kalender (Anm. 4) 332-335; Loewe, Kalender (Anm. 6) 282-287; R. Aigran, L'hagiographie, Paris 1953, 18. Vgl. dazu Schäferdiek, Wulfila (Anm. 51). Eine undifferenzierte, den komplexen politischen und verfassungsgeschichtlichen Verhältnissen nicht hinreichend Rechnung tragende Sicht wirkt auch bei Rubin, Conversion (Anm. 32) unter dem Eindruck der historiographischen Konstruktion des Kirchenhistorikers Sokrates, Hist. eccl. IV 33, Hussey/Bright (Anm. 57) 209 f. noch nach. Jordanes, Getica LI, hg. v. Th. Mommsen, MGH.AA 5,1, 1882, 127,5-11. Loewe, Kalender (Anm. 6) 245. Ein starkes, bislang als solches noch nicht erkanntes Indiz für den Übersetzungscharakter ist das unspezifische »der Alten« in der Eintragung zum 19. November, das als Wiedergabe eines in seiner speziellen Bedeutung nicht erfaßten griechischen Begriffs verständlich gemacht werden kann (s. o. bei Anm. 80-83).

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Bei näherer Betrachtung zeigt das Kalendarium jedoch ein Konstantinopeler Kolorit. Am deutlichsten zeigt sich das zunächst bei der Eintragung des Bischofs Dorotheos. Als Hinweis auf einen Konstantinopeler Ursprung läßt sich aber auch das Gedächtnis des Apostels Andreas werten, und das Vorkommen einer Kaiserkommemoration läßt ebenfalls in erster Linie an die Kirche der Kaiserstadt denken. Auf den ersten Blick mögen diese beiden Indizien zunächst als wenig eindeutig erscheinen. Doch sie gewinnen durch eine formale Beobachtung erheblich an Gewicht. Abgesehen von den Eintragungen der gotischen Märtyrer im Oktober bieten zwei der Eintragungen eine Ortsangabe, Hierapolis für Philippos und Beroia für die vierzig Märtyrerinnen. Dagegen fehlt eine Ortsangabe für Konstantios, Dorotheos und Andreas. Diesen dreien aber ist gemeinsam, daß Konstantinopel der Ort ihrer Grabstätte ist. Konstantios erhielt hier ein Staatsbegräbnis in der kaiserlichen Grablege in der Apostelkirche95; daß Dorotheos am Ort seines bischöflichen Wirkens auch begraben wurde, darf man ohne weiteres annehmen; und für Andreas wurde durch die Reliquientranslation die Konstantinopeler Apostelkirche zur Grabstätte. Hier zeigt sich deutlich eine Konstantinopeler Perspektive, aus der heraus eine Angabe des Grabesortes nur erforderlich erscheint, wenn er außerhalb des Bereichs der eigenen Gemeinde liegt. Das wahrscheinliche Datum für die Aufnahme des Andreasgedächtnisses gibt die Translation im Jahre 357, während der zweiten Amtsperiode des Bischofs Makedonios (342 — 346; 351 — 360). Konstantios kam sicher bald nach seinem Tod 361 während des Episkopats des Eudoxios (360 — 370) hinzu. Er ist später wieder aus dem Gedächtnis der Konstantinopeler Kirche gestrichen worden, weil er als Förderer des »Arianismus« nach der Wende unter Theodosios nicht mehr dem kritischen Maßstab der Rechtgläubigkeit entsprach. Die kaum vor 419 fallende Aufnahme des Dorotheos96 führt dann in die arianische Sondergemeinde der Zeit nach dem 26. November 380. In der vorliegenden Gestalt des Kalendars hat man es daher mit einer Fortschreibung eines schon älteren Konstantinopeler Martyrologs durch diese arianische Sondergemeinde zu tun. Mit dem Apostel Philippos und den vierzig Märtyrerinnen aus Beroia zeigt das Kalendarium Tendenzen zu einer überörtlichen Ausweitung. Die besonderen Voraussetzungen und Zusammenhänge für die Aufnahme dieser Einträge bleiben jedoch im dunkeln. Für die vierzig Märtyrerinnen könnte man vielleicht darauf hinweisen, daß Demophilos Bischof von Beroia war, ehe er auf den Stuhl der Hauptstadt berufen wurde. Voraussetzungen eigener Art waren dagegen für die Aufnahme gotischer Märtyrer gegeben. Das Konzil von Konstantinopel von 381 bestimmte am Ende 95 96

Vgl. J. Bidez, Julian der Abtrünnige, München 41940, 218. S. o. bei Anm. 7-3.

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seines zweiten, der Ordnung der reichskirchlichen Jurisdiktionsverhältnisse gewidmeten Kanons: »Die Kirchen Gottes bei den barbarischen Völkern sollen nach dem von den Vätern her geltenden Gewohnheitsrecht verwaltet werden«97. Wie dieses Gewohnheitsrecht aussah, wird leider nicht erläutert. Die Entwicklung der kirchlichen Verhältnisse bei den Goten stand jedoch seit der Zeit Konstantins in so enger und unmittelbarer Wechselbeziehung zur kaiserlichen Gotenpolitik, daß mit einer daraus sich ergebenden kirchlichen Zuordnung auch des gotischen Christentums zum Bischofsstuhl der Kaiserstadt gerechnet werden kann. Christliche Märtyrer Gotiens fanden somit als Heilige einer Tochterkirche Aufnahme in das Kalendar von Konstantinopel. Nach 376 ist die Kirche in Gotien, dem Land nördlich der Donau, untergegangen. Für die auf Reichsgebiet ansässigen und neu angesiedelten Goten aber war das von der Synode von 381 beschworene Gewohnheitsrecht wirksamer, als es den Synodalen recht sein konnte. Sie vollzogen den theodosianischen Umschwung der reichskirchlichen Lehrausrichtung nicht mit und fanden ihre kirchliche Orientierung weiterhin am arianischen Bistum von Konstantinopel. Für die ohnedies mit ihrer Trägerschaft schon Anfang des fünften Jahrhunderts in den Westen abwandernde Kirche des neukonstituierten westgotischen Volksverbandes läßt sich das zwar nicht unmittelbar belegen, für die wulfilanischen Kleingoten Niedermösiens aber tritt es mit der Beteiligung des Wulfilanachfolgers Selenas am psathyrianischen Streit98 deutlich an den Tag. Diese kleingotische Kirche kann es auch nur gewesen sein, die nicht vor 419 das Konstantinopeler Kalendar in der Form, wie es in der arianischen Sondergemeinde der Hauptstadt überliefert wurde, übernommen und in ihre gotische Kirchensprache übertragen hat. In dieser Gestalt ist es dann im weiteren Verlauf des fünften Jahrhunderts im Zuge der kleingotischen Mission an die Ostgoten vermittelt worden und mit ihnen schließlich in den Westen gelangt. 97

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Synode von Konstantinopel 381, c. 2, Lauchert (Anm. 10) 84,31-33. S. o. bei Anm. 72.

Errata S. 158, Textzeile 18 v. o.: Reliquien statt Reliuuien S. 162, Anm 71: zufügen: (Korrektur: Es ist auch noch der Nachfolger des am 24.'Juni 430 verstorbenen Barbas, Sabbatios, bekannt: Sokrates, Hist. eccl. VII 30, Hussey/Bright 314.)

Märtyrer-Überlieferungen aus der gotischen Kirche des vierten Jahrhunderts

"Perser und Goten und alle aus den Heiden, die für den das Leben lassen, den sie nicht mit leiblichen Augen gesehen haben, legen Zeugnis ab." Mit diesen Worten spielt Kyrill von Jerusalem1 gegen 350 ebenso wie auf die 341 von Schapur II (309-379) ausgelöste blutige Christenverfolgung im sassanidischen Perserreich auch auf ein gewaltsames Einschreiten gegen Christen im Gebiet der terwingischen Goten nördlich der Donau zwischen Alt und Dnjestr an.2 Es muß sich dabei um die wohl in die späten vierziger Jahre des vierten Jahrhunderts fallende und möglicherweise mit einer zeitweiligen Belastung der gotischrömischen Beziehungen3 in Zusammenhang stehende gotische Christenverfolgung handeln, die zur Vertreibung Ulfilas und seiner Gemeinde aus dem gotischen Machtbereich geführt hat. Außer der Anspielung Kyrills finden sich Nachrichten darüber nur in den Überlieferungen von Ulfilas Wirken bei seinem Schüler Auxentius von Durostorum4 und Philostorgios5. Nach Auxentius ist es in ihrem Verlauf zum Martyrium vieler christlicher Männer und Frauen gekommen. Eine zweite Christenverfolgung in Gotien hat der Gotenrichter, der gewählte Anführer des terwingischen Gesamtverbandes, Athanarich, im Anschluß an den 367 bis 369 von Kaiser Valens geführten Gotenkrieg veranlaßt.6 Sie hat ein breiteres Echo bei kirchlichen Schriftstellern gefunden. Die Chronik des 1

Vgl. Kyrill von Jerusalem, Katechesen 10,19, ed. W.K. Reischl, München 1848 = Hildesheim 1967, 268. 2 Zum terwingischen Christentum des vierten Jahrhunderts vgl. K. Schäferdiek, Gotien. Eine Kirche im Vorfeld des frühbyzantinischen Reiches: JAC 33 (1990) 36-52; ders., Das gotische Christentum im vierten Jahrhundert (erscheint in Gedenkschrift für E. Stutz). 3 Vgl. EA. Thompson, The Visigoths in the Time of Ulfila, Oxford 1966, 16f.; H. Wolfram, Die Goten, München 19903, 72f. 4 Auxentius von Durostorum in der sog. Dissertatio Maximini 36f., ed. R. Gryson, Scripta arriana latina I (CChr.SL 87) Turnhout 1982, 164f. 5 Philostorgios, H.E. 11,5, ed. J. Bidez/F. Winkelmann (GCS), Berlin 1972, 17,3-6. 6 Vgl. Wolfram, Goten (wie Anm. 3) 74-79.

170

Märtyrerüberlieferungen aus der gotischen Kirche des vierten Jahrhunderts

[329]

Hieronymus notiert sie und spricht von zahlreichen Blutopfern und Glaubensflüchtlingen.7 Epiphanios von Salamis kommt in seinem Bericht über die Audianersekte beiläufig auf sie zu sprechen, da der Sektenstifter Audios von seinem Exil in der Grenzprovinz Skythien aus im Gotenland gepredigt und Zulauf gefunden hatte und nun auch seine Anhänger von der Verfolgung betroffen waren. Nicht nur die meisten von ihnen, sondern auch "unsere dortigen Christen" sind nach der Darstellung von Epiphanios dadurch aus Gotien vertrieben worden.8 Ambrosius von Mailand schließlich versucht in einer der später in seinem Lukaskommentar aufgegangenen Predigten eine geschichtstheologische Wertung der Gotenwirren der letzten Jahre des Kaisers Valens. Es sei nicht verwunderlich, daß die Goten über die Römer siegten; hätten sie doch mit der Hingabe ihres Blutes den bekannt, dem die Arianer die Frage seiner Herkunft anzuhängen suchten.' Fast fünf Jahrzehnte nach diesen Zeugnissen aus der zweiten Hälfte der siebziger Jahre des vierten Jahrhunderts kommt Augustin noch einmal auf die Verfolgung der Christen durch einen "Gotenkönig" im Gotenland zu sprechen, über die er noch unmittelbar durch ehemalige Zeitzeugen unterrichtet ist. Auch er weiß von zahlreichen Martyrien. Zudem stellt sich für ihn, nachdem seit der Zeit Theodosius' d.Gr. der römisch-gotische Gegensatz auch im jeweiligen kirchlichen Bekenntnis zum Ausdruck kam, die "Konfessionsfrage": Es habe seinerzeit im Gotenland nur "katholische" Christen gegeben.10 Etwas später bezeichnet dagegen im Osten der Kirchenhistoriker Sokrates die Märtyrer der Verfolgung Athanarichs ohne weiteres als "Arianer"11. Über zusätzliche Nachrichten zu der Verfolgung verfügt schließlich Sozomenos. Neben einer noch zu besprechenden Märtyrertradition nimmt er auch eine Überlieferung von einem besonderen Vorgehen Athanarichs zur Erzwingung kultischer Konformität 7

Vgl. Hieronymus, Chronik zum Jahr 369, ed. R. Helm (GCS), Berlin 19842, 245,20-22. Epiphanios, Panarion 70,15,4, ed. Karl Holl, III (GCS 37), Leipzig 1933, 248,18-20. 9 Vgl. Ambrosius, Expositio evangelii secundum Lucam II 37, ed. M. Adriaen (CChr.SL 14), Turnhout 1957, 47,516-522. 10 Augustinus, De civitate dei 18,52 (geschrieben 425), ed. B. Dombart/A. Kalb (CChr.SL 48), Turnhout 1955, 651,56 - 652,61. 11 Vgl. Sokrates, H.E. IV 33, ed. R. Hussey/W. Bright, Oxford 21893, 210; vgl. Sozomenos, H.E. VI 37,12, ed. J. Bidez/G.Chr. Hansen (GCS 50), Berlin 1960, 2%, 14-20. 8

[330]

Märtyrerüberlieferungen aus der gotischen Kirche des vierten Jahrhunderts

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auf. Er habe ein hölzernes Kultbild auf einem Wagen bei denen herumführen lassen, die als Christen galten, und alle, die diesem Bild die kultische Verehrung verweigert hätten, seien mit ihren Häusern verbrannt worden.12 Angesichts dieser Verfolgungsgeschichte ist es nicht verwunderlich, daß eine Reihe von Märtyrerüberlieferungen aus der gotischen Kirche des vierten Jahrhunderts auf uns gekommen ist. Die historisch wertvollste darunter ist das Martyrium des Sabas." Es ist in den Rahmen eines Briefes der Kirche in Gotien an die Kirche in Kappadokien gestellt und diente als Begleitschreiben zur Translation

der Sabasreliquien nach Kappadokien. In drei wohl 373/4

geschriebenen Briefen geht auch Basileios von Kaisareia auf diese Translation ein.14 Sie hat demnach nur etwa anderthalb bis zwei Jahre nach dem in das Frühjahr 372 fallenden Tod des Märtyrers stattgefunden. Durchgeführt wurde sie von dem aus Kappadokien stammenden Militärbefehlshaber der Provinz Skythien, Junios Soranos, unter Beteiligung des ebenfalls in Kappadokien beheimateten Bischofs Bretanion von Tomi.15 Soranos hatte auch die Reliquien aus Gotien auf römisches Gebiet überfuhren lassen. Die Mitteilung des Martyriums darüber gibt keinen Anlaß anzunehmen, daß sie danach zunächst in Skythien verblieben sind und erst später nach Kappadokien versandt wurden. Die

12

Vgl. Sozomenos, H.E. VI 37,13, ed. Bidez/Hansen 269,20-24. Vgl. Martyrium des Sabas (BHG31607), ed. H. Delehaye, Saints de Thrace et de Mesie: AnBoll 31 (1912) 161-300, hier 216-221, vgl. 224 zur handschriftlichen Grundlage; abgedruckt in R. Knopf/G. Krüger, Ausgewählte Märtyrerakten, mit einem Nachtrag von G. Ruhbach (SQS NS 3), Tübingen 41965, 119-124. Die Person des Sabas ist später hagiographisch umgestaltet worden zu einem vorgeblichen, der Zeit Aurelians (270-275) zugeordneten Soldatenmärtyrer Sabas Stratelales; s. dazu E. FoUieri, Saba Goto e Saba Stratelata: AnBoll 80 (1962) 248-307, hier 248-271 auch Übersicht über die hagiographischen, liturgischen und ikonographischen Zeugnisse des Sabaskultes. 14 Vgl. Basileios von Kaisareia, Ep. 155; 164; 165, ed. Y. Courtonne, Saint Basile, Lettr.es II, Paris 1961, 80f.97-99. lOOf. Brief 155 ist ohne Adressatenangabe überliefert und wahrscheinlich an den MilitärbefehJshaber der Provinz Skythien, Junios Soranos, gerichtet. Adressat von Brief 164 ist Bischof Ascholios von Thessalonike. Ihn nennt wohl irrig die handschriftliche Überlieferung auch als Empfänger von Brief 165, der vermutlich eher an den Bischof Bretanion von Tomi in Skythien (Konstanza/Rumänien) gerichtet war. Zur Situation und zu den Adressaten der drei Briefe vgl. immer noch G. Pfeilschifter, Kein neues Werk des Wulfila: Festgabe A. Knöpfler (VKHSM 3. Reihe 1), München 1907, 192-224; vgl. aber auch J. Mansion, Les origines du christianisme chez les Gots: AnBoll 32 (1914) 5-30, hier 12-20, der Brief 164 ebenfalls an Bretanion gerichtet sieht. In Brief 155 bittet Basileios um Übersendung von Märtyrerreliquien, die Briefe 164f setzen die erfolgte Translation voraus. 15 M. Sab. 8, ed. Delehaye 221,10-20. Die Beteiligung des Bischofs Bretanion ergibt sich aus Basileios, Ep. 165, ed. Courtonne 101,23-26. 13

172

M rtyrer berlieferungen aus der gotischen Kirche des vierten Jahrhunderts

[331]

berf hrung aus Gotien und die Weitersendung nach Kappadokien waren vielmehr zwei unmittelbar aufeinander folgende Abschnitte ein und derselben Translation. Sie erfolgte "mit dem Willen des Presbyteriums".16 In einem Schriftst ck, das sich als Brief der Kirche in Goten gibt, kann damit nur das Presbyterium dieser Kirche gemeint sein.17 Da lediglich von ihm und nicht von einem Bischof die Rede ist, weist daruf hin, da

das erstmals 325 in der

Unterzeichnerliste der Synode von Nikaia begegnende Amt des Bischofs von Gotien seinerzeit unbesetzt war. Ob diese Vakanz durchg ngig seit der Vertreibung Ulfilas und seiner Neuinstallation als Bischof seiner reichsans ssig gewordenen Gotengemeinschaft in Moesien18 bestanden hat, l t sich nicht feststellen. Das einleitende Kapitel des Martyriums schlie t mit der Bemerkung, der M rtyrer habe "uns um des Gedenkens und um der Erbauung der Frommen willen aufgetragen, nach seinem Hinscheiden im Herrn nicht zu ruhen, vielmehr alle seine Gro taten aufzuschreiben".19 Sie hat Anla 16

zu der Vermutung

M. Sah. 8, ed. Delehaye 221,13-18: ...όπερ (n mlich den sterblichen Rest des unmittelbar nach seinem Tod in Gotien bestatteten M rtyrers) Οΰνιος Σωρανός, ό λαμπρότατος δοΰξ τ^ς Σκυ8άας ... εκ του βαρβαρικού είς την 'Ρωμανίαν μετήνεγκεν. και χαριζόμεν ος τη έαυτοϋ πατρίδι... είς την Καππαδοκίαν ... απέστειλε ... δια ^ελήματοτις του πρεσβυτερίου ... (ihn hat der erlauchte Dux von Skythien Junios Soranos ... aus dem Barbarenland auf r misches Gebie.t berf hrt und seinem Vaterland zum Geschenk ... mit dem Willen des Presbyteriums ... nach Kappadokien ... gesandt). 17 Pfeilschifter (wie Anm. 14) 203f hat an ein Presbyterium auf r mischem Boden, in Skythien gedacht, unter der Voraussetzung eines zeitweiligen Verbleibs der Sabasreliquien in dieser Provinz. Doch davon ist im Martyrium keine Rede. In der skythischen Kirche bestand kein Rechtstitel auf die Reliquien. Ihre Zustimmung h tte zudem auch von dem fUr ganz Skythien zust ndigen Bischof Bretanion von Tomi verantwortet werden m ssen; vgl. zu dieser Zust ndigkeit Theodoret, H.E. VI.35, ed. L. Parmentier/F. Scheidweiler (GCS 44), Berlin 21954273,2f.; Sozomenos, H.E. VI, 21,3, ed. Bidez/Hansen 263,17-23. 18 Vgl. dazu K. Sch ferdiek, Wulfila. Vom Bischof von Gotien zum Gotenbischof: ZKG 90 (1979) 253-292, hier 253-272. H. Boehmer-Romundt, Ein neues Werk des Wulfila?: NJKA 6 (1903) 272288, hier 281f. hat unter der traditionellen, aber irrigen Voraussetzung, Ulfilas bisch fliche Jurisdiktion habe sich auch nach der Niederlassung im r mischen Reich noch auf Gotien erstreckt, die Erw hnung allein des Presbyteriums und nicht des Bischofs als einen Hinweis darauf gewertet, da der Bischof in der Person Ulfilas selbst der Verfasser des Sabasmartvriums gewesen sei. Pfeilschifters Annahme, es habe sich um ein Presbyterium in Skythien gehandelt (s. Anm. 17), ist Teil seiner Auseinandersetzung mit Boehmer und bleibt eine befriedigende Erkl rung daf r schuldig, da von keiner bisch flichen Zustimmung die Rede ist. Boehmer hat sich im brigen sp ter selbst von seiner unhaltbaren Zuweisung des Sabasmartyriums an Ulfila distanziert, s. H. Boehmer, Wulfila: RE 21, Leipzig 31908, 548-558, hier 556,13-15. Sie hat dennoch den Blick auf zutreffende Wahrnehmungen seiner Untersuchung verstellt. 19 M. Sab. l, ed. Delehaye 217,9-11.

[332]

M rtyrer berlieferungen aus der gotischen Kirche des vierten Jahrhunderts

gegeben, der Martyriumsbericht selbst sei m glicherweise

173

lter als seine

briefliche Rahmung und somit vor der Reliquientranslation nach Kappadokien und unabh ngig von ihr entstanden.20 Das beruht jedoch auf der unbegr ndeten Annahme, es habe zun chst eine Translation nur nach Skythien stattgefunden, und ist nicht einsichtig. Der briefliche Rahmen selbst greift auf das Martyrium Polykarps zur ck. Dessen Pr skript und Schlu Abwandlungen

w rtlich

aufgenommen.21

werden mit geringf gigen

Allerdings

verdienen

die

Abwandlungen des Briefschlusses Beachtung. Er enth lt eine ausgestaltete doxologische Formel, in der nach dem Wortlaut des Polykarpmartyriums Gott die Ehre dargebracht wird "durch seinen Sohn, den eingeborenen Jesus Christus", nach dem des Sabasmartyriums jedoch "mit dem eingeborenen Sohn und dem heiligen Geist". Die vorgefundene zweigliedrige Formel wird umgestaltet zu einer im nik nischen Sinne eindeutigeren unter ausdr cklicher Einbeziehung des heiligen Geistes. Sie entspricht der abgewandelten Form der gottesdienstlichen Doxologie, mit der Basileios von Kaisareia um die gleiche Zeit Aufsehen erregt hat.22 Unter den in der Reichskirche bestehenden theologischen Frontbildungen kommt

sie

einem

Reliquientranslation

Bekenntnis

gleich und

kennzeichnet

so

vermittelnde Kontaktmilieu des Basileios.

abgewandelt wird auch die Gru formel der Vorlage: "Es gr sind". Sie erh lt die Gestalt: "Es gr

das

die

Ebenfalls

en euch die bei uns

en euch, die mit euch Verfolgung erfahren

haben".23 Fraglich ist allerdings, ob man auch das als Stellungnahme in den zeitgen ssischen kirchlichen Auseinandersetzungen ansehen kann, als Anspielung auf die bedr ngte Lage der Nik ner unter der Herrschaft des Valens (364-378).

20

Pfeilschifter (wie Anm. 14) 201; vgl. Delehaye (wie Anm. 13) 289f. M. Sah. l, ed. Delehaye 216,21-24, vgl. Martyrium Polykarps, Praescr., ed. K. Bihlmeyer, Die Apostolischen V ter. Neubearbeitung der Funkschen Ausgabe, mit einem Nachtrag von W. Schneemelcher (SQS 2.Reihe 1,1), T bingen 31970, 120,17-19; M. Sab. 8, ed. Delehaye 221, 21-28; vgl. Martyrium Polykarps 20, ed. Bihlmeyer 130,24 - 131,7. 22 M. Polyc. 20,2, ed. Bihlmeyer 131,3-6 (... δια του παιδός αϋτοϋ του μονογενούς Ίησοϋ Χρίστου ...); Μ. Sab. 8, ed. Delehaye 221,25-28 (... συν παιδί μονογενεί και άγίφ πνεΰματι ...); vgl. Basileios von Kaisareia, De spiritu sancto 1,3, ed. B. Pruche, Basile de Cesarde, Traite du SaintEsprit (SC 17), Paris 1947, 109 (... μετά του Υϊοϋ συν τφ Πνεύματι τφ άγίφ). 23 Μ. Polyc. 20,2, ed. Bihlmeyer 131,6f (ύμας οϊ συν ήμΓν προσαγορεύουσιν); Μ. Sab. 8, ed. Delehaye 221,24f (υμάς οι συν ΰμΓν δεδιωγμένοι προσαγορεύουσιν). 21

174

M rtyrer berlieferungen aus der gotischen Kirche des vierten Jahrhunderts

[333]

Sie war aber gerade in Kappadokien offenbar nicht besonders gespannt.14 Zudem ist auch gar nicht die Rede von einer Absender und Adressaten verbindenden

anhaltenden

Verfolgungssituation.

Vielmehr

werden

die

Adressaten in den R ckblick auf eine vergangene Verfolgungserfahrung mit einbezogen. Das k nnte an die erst rund zw lf Jahre zur ckliegende Bedr ngnis des christlichen Kaisareia unter der Herrschaft Julians (360-363) erinnern, mit deren Ged chtnis sich auch das des M rtyrers Eupsychios verband, der damals zur Ahndung einer Tempelzerst rung hingerichtet worden war.25 Der Martyriumsbericht selbst beginnt mit einer allgemeinen Charakterisierung des Sabas, die im wesentlichen aus erbaulichen, mit neutestamentlichen Anf hrungen durchsetzten Leerformeln und Stereotypen besteht, zu denen auch die Aussage geh rt, er sei rechtgl ubig gewesen.26 Verwertbar sind die konkreten Angaben, da

er geb rtiger Gote war und da er in der Kirche

gesungen, also wohl als Psaltes dem niederen Klerus angeh rt hat.27 An anderer Stelle hei t es, da

er den M rtyrertod am 12. April 372 im Alter von

achtunddrei ig Jahren fand;24 demnach ist er 333/4 geboren. Nicht nur erbauliche Floskel ist m glicherweise auch die Bemerkung, er sei von Kind auf Christus ergeben gewesen.29 Das hie e, da er christlich erzogen worden ist und daher wohl aus einer christlichen Familie stammte. Die Darstellung seines M rtyrerschicksals hat in den vergangenen Jahrzehnten auch deshalb historisches Interesse gefunden, weil sie ein Streiflicht auf die Lebensverh ltnisse eines Dorfes und seiner Bewohner in Gotien wirft, die sonst

24

Pfeilschifter (wie Anm. 14) 204-208 sieht darin eine solche, den kirchenpolitischen Standort des Martyriumverfassers kennzeichnende Anspielung, hat dagegen die Aussagekraft der umgebildeten doxologjschen Formel f r dessen Einstellung nicht erkannt. Zur Lage in Kappadokien vgl. H.Chr. Brennecke, Studien zur Geschichte der Hom er (BHTh 73), T bingen 1988, 226-231. 25 Vgl. Sozomenos, H.E. V, 4,1-5; ll,7f., ed. Bidez/Hansen 196,28 - 197,19; 209,26 - 210,6. Zu Eupsychios und seinem Kult vgl. auch Brennecke (wie Anm. 24) 150-152, der jedoch wohl zu weit geht, wenn er Eupsychios als einen Hom er bezeichnet; er war ein zelotischer Christ in Kaisareia zu einer Zeit, als die Gemeinde von Bischof Dianios geleitet wurde, der die hom ische Formel der Konstantinopeler Synode von 360 unterzeichnet hatte. 26 M. Sab.lf, ed. Delehaye 216,25 - 217,24 (c.2, ebd. 217,12: Γεγένητει γαρ όρ»ός τη πίστει ...). 27 Μ. Sab. l, ed. Delehaye 216,29 (Γότ&ος ων τψ γένει) und 2, ebd. 217,17 (ψάλλων εν εκκλησία). 28 Μ. Sab. 7, ed. Delehaye 221,4-9. 29 Μ. Sab. 1, ed. Delehaye 217,1-3.

[334]

Märtyrerüberlieferungen aus der gotischen Kirche des vierten Jahrhunderts

175

nicht in das Blickfeld der Quellen treten.30 Sabas war besitzloses Mitglied einer Dorfgemeinschaft, zu der auch einzelne Christen gehörten, die aber mehrheitlich heidnisch war. Sie bildet eine Genossenschaft, die ihre inneren Angelegenheiten selbst regelt. Auch der mittellose Sabas hat dabei, wie vermutlich alle freien Männer, ein Mitspracherecht. Zugleich unterstehen die Dorfbewohner aber auch einer herrschaftlichen Gewalt, über deren Begründung und Organisation und über deren Herrschaftsträger die Darstellung des Martyriums keine Auskunft gibt. Sie kann von der Dorfgemeinschaft Gehorsam erwarten und daher sicher auch erzwingen, und sie bringt ihr gegenüber gegebenenfalls auch politische Vorgaben der "Großen", der oligarchischen Führungsspitze des gotischterwingischen Stammesverbandes zur Geltung.31 Im Interessenbereich des Sabasmartyriums

ist

das

die

Durchführung

der christenfeindlichen

Religionspolitik, die Athanarich, dessen Name und Funktion allerdings nicht erwähnt werden, seit 369 verfolgte. Zweimal greift die Herrschaft in diesem Sinn in das Leben des Heimatdorfes des Sabas ein. Das erste Mal wird von den Dorfbewohnern das Essen von Opferfleisch gefordert. Um ihre christlichen Mitglieder zu schützen, beschließt die Gemeinschaft, diesen bei der Aktion kultisch unbedenkliches Fleisch unterzuschieben. Sabas verweigert jedoch auch das und erklärt das Essen für eine Absage an den christlichen Glauben. Dem Martyrium zufolge hat er damit auch die anderen Christen von der Beteiligung an dem Täuschungsmanöver abgehalten. Wegen seines Herausfallens aus der genossenschaftlichen Solidarität wird er danach vorübergehend aus dem Dorf verwiesen.32 Allerdings weist die 30

Vgl. EA. Thompson, The Passio S. Sabae and Early Visigothic Society: Hist 4 (1955) 331-338, ohne wesentliche Änderungen unter der Überschrift The Passion of St. Saba and Village Life aufgenommen in ders., Visigoths (wie Anm. 3) 64-77; J. Strzelczyk, Spoteczenstwo wizygockie VI wieku w jwietle "Meczenstwa iwietego Saby": Eos 68 (1980) 229-250 (ungeachtet des Titels geht der Aufsatz nur in einem Teil auf das Sabasmartyrium ein, 235-241, und erörtert im übrigen die geschichtlichen Bedingungen für das frühe gotische Christentum überhaupt); Wolfram, Goten (wie Anm. 3) passim; vgl. auch P.S. Nasturel, Les actes de saint Sabas le Goth. Histoire et archeologie: RESEE 7 (1969) 175-185. 31 Vgl. allgemein zu den Fragen der gotisch-terwingischen Verfassung Wolfram, Goten (wie Anm. 3) 99-114. M Vgl. M. Sab. 3, ed. Delehaye 217,26 - 218,2. Völlig uneinsichtig ist die Behauptung von Thompson, Passio (wie Anm. 30), 333 = Visigoths (wie Anm. 3), 68, die Solidaritätsaufkündigung habe für die Dorfbewohner in der Kultverweigerung als Vergehen gegen die Götter gelegen. Das -

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[335]

Darstellung des Martyriums Unstimmigkeiten auf. Bei einer Kultverweigerung eines Christen, geschweige denn einer Mehrzahl von ihnen müßte man, wie bei der Kultbildaktion Athanarichs,33 eigentlich Sanktionen der Herrschaftsträger oder ihrer Beauftragten erwarten. Möglicherweise hat die hagiographische Zeichnung ein Verhalten des Sabas im Vorfeld der Opferfleischaktion, das von der Dorfgemeinschaft durch seine zeitweilige Ausweisung unterlaufen wird, zu einem öffentlichen Bekenntnisakt ausgestaltet. Bei einer weiteren Gelegenheit wird offenbar von den Dorfbewohnern gefordert, die Christen unter ihnen zu benennen oder zumindest zu erklären, ob sich unter ihnen Christen befänden. Die Vertreter der Dorfgemeinschaft, die selbst Heiden waren, beschließen daraufhin, in feierlicher Form zu beschwören, daß es im Dorf keine Christen gäbe. Auch dagegen verwahrt sich Sabas, weshalb sie dann schwören, es finde sich in ihrem Dorf nur ein einziger Christ. Sabas wird daraufhin vor den Vertreter der Herrschaft zitiert, der ihn aus der Dorfgemeinschaft verweisen läßt, nachdem er festgestellt hat, daß er nichts besitzt und daher kein gesellschaftliches Gewicht hat.34 Die Ereignisse, die schließlich zu seinem Märtyrertod führen, treffen Sabas außerhalb seines Dorfes. Zur Feier des Osterfestes macht er sich - woher wird nicht gesagt - auf den Weg zu einem anderen Ort,35 an dem ein Presbyter Guththikas tätig ist. Eine visionäre Gestalt weist ihn jedoch an, sich statt dessen

wie übrigens auch die auf den weiteren Verlauf der Ereignisse sich beziehende Vorstellung Thompsons (Passio 333 = Visigoths 69), die Dorfgemeinschaft habe Sabas letztendlich fallen gelassen - hat Strzelczyk (wie Anm. 30) 240f. zurechtgerückt. Verweigerung der Kultgemeinschaft kennzeichnet schließlich das christliche Verhalten schlechthin, und der vorgesehene Täuschungsversuch respektiert sie. 33 Vgl. Anm. 12. 34 M. Sab. 3, ed. Delehaye 218,3-15. Thompson, Passio (wie Anm. 30) 333 = Visigoths (wie Anm. 3) 69, stellt die Dinge auf den Kopf, wenn er meint, Sabas "hätte verschont werden können, wenn die Dorfältesten dem Verfolger hätten aufweisen können, daß Sabas einigermaßen vermögend gewesen sei". Gerade weil er kein soziales Gewicht hat, bleiben ihm dieses Mal größere Sanktionen erspart. 35 Vgl. M. Sab. 4, ed. Delehaye 218,18: . Der Ausdruck "Stadt" ist nicht im strengen Sinn zu nehmen. Der Schauplatz des Sabasmartyriums am Buzau im nördlichen Muntenien liegt außerhalb des ehemaligen dakoromanischen Urbanisierungsbereichs, und es mag darauf hingewiesen werden, daß im Bibelgotischen mit baurgs wiedergegeben wird, worunter wohl ein adeliges Herrschaftszentrum zu verstehen ist, vgl. Wolfram, Goten (wie Anm. 3) 109f. Es ist auch an eine Siedlung in einem ehemaligen römischen Militärlager gedacht worden, vgl. Nasturel (wie Anm. 30) 181, Anm. 15.

[336]

Märtyrerüberlieferungen aus der gotischen Kirche des vierten Jahrhunderts

177

zu einem anderen Presbyter namens Sansalas zu begeben. Dieser war vor der Verfolgung auf römisches Gebiet geflohen, aber zur Osterfeier wieder zurückgekommen. Da Sabas jedoch von seiner Rückkehr nichts weiß, bedarf es erst eines Wunders, ehe er dieser Weisung folgt: Schneefall aus heiterem Himmel versperrt ihm den ursprünglich eingeschlagenen Weg. Mit Sansalas begeht er dann das Osterfest und bleibt auch danach noch in dessen Haus. In der Nacht zum Mittwoch nach Ostern erscheint Atharid, der Sohn eines "Kleinkönigs", das heißt eines terwingischen Teilverbandsfürsten (reiks)3*, namens Rothesteos, mit einer Schar von Gefolgsleuten. Sie nehmen beide fest. Sansalas wird auf einem Wagen verwahrt und Sabas, der völlig unbekleidet vom Lager weggeschleppt wurde, in roher Weise mißhandelt,37 wobei er sich auf wunderbare Art unverletzlich und schmerzunempfindlich erweist. Er wird schließlich mit gespreizten Gliedern an zwei Wagenachsen gebunden, bis zum späten Mittwoch Abend weiter gefoltert und dann liegengelassen. Eine mit nächtlichen Hausarbeiten beschäftigte Frau bindet ihn los, doch Sabas flieht nicht, sondern hilft ihr bei der Arbeit. Am nächsten Morgen läßt Atharid ihn mit gebundenen Händen an den Firstbalken hängen.38 Dann schickt er Leute mit Opferfleisch, das Sansalas und Sabas essen sollen, wenn sie mit dem Leben davonkommen wollen. Beide verweigern das, Sabas dabei mit ausfälligen Worten über Atharid. Einer von dessen Gefolgsleuten schleudert ihm daher mit voller Wucht eine Keule vor die Brust, wobei Sabas sich erneut unempfindlich und unverletzlich zeigt." Als Atharid von diesen Vorgängen erfährt, befiehlt er, Sabas zu töten. Vom weiteren Schicksal des Presbyters Sansalas erfahren wir dagegen nur, daß er nicht mit Sabas den Tod gefunden hat. Sabas wird gefesselt zum Buzau40 geführt, einem aus den Südkarpaten kommenden Nebenfluß des Sereth, um ihn

36

Vgl. H. Wolfram, Gotische Studien II. Die terwingische Stammesverfassung und das Bibelgotische (I): MÖIG 83 (1975) 289-324, hier 303-305. 37 Vgl. M. Sah. 4, ed. Delehaye 218,15 - 219,20. 38 Vgl. M. Sah. 5, ed. Delehaye 219,11-29. 39 Vgl. M. Sab. 6, ed. Delehaye 219,30 - 220,15. 40 Vgl. M. Sab. 7, ed. Delehaye 220,19: , vgl. M. Fluss, Museus: Pauly/Wissowa/Kroll, RE 31, Stuttgart 1933, 822.

178

M rtyrer berlieferungen aus der gotischen Kirche des vierten Jahrhunderts

[337]

zu ertr nken. Doch berlegen die M nner des Exekutionskommandos, ob sie ihn nicht laufen lassen sollen. Sabas lehnt das ab. Vision r sieht er in Herrlichkeit die bereitstehen, die gekommen sind, ihn in Empfang zu nehmen, die Geleitengel f r die Seele des verstorbenen M rtyrers. Darauf werfen ihn die Henker ins Wasser und dr cken ihn mit einem Holzscheit unter die Oberfl che.41 "Auf diese Weise durch Holz und Wasser vollendet, hat er das Kennzeichen des Heils unbefleckt bewahrt".42 Sein Tod wird genau datiert auf Donnerstag nach Ostern, den 12. April 372.43 Sein Leichnam, den die Henker aus dem Wasser gezogen und liegen gelassen hatten, wurde von Christen bestattet.44 Beim Lesen dieses M rtyrerberichtes stellt sich die Frage, warum nur der niedere Kleriker Sabas und nicht auch der Presbyter Sansalas den Tod erleiden mu te. Man hat das damit erkl ren wollen, da nur Sabas Gote gewesen sei, nicht aber Sansalas, der einen eher kleinasiatischen Namen trage.45 Dieses Argument ist jedoch insofern in sich selbst nicht schl ssig, als es sich auf zwei unterschiedlichen Ebenen bewegt. F r Sansalas wird auf den Namen verwiesen, f r Sabas auf die Angabe des Martyriums, er sei gotischer Abkunft, ohne auf den Namen einzugehen, dessen germanische Deutung auch in Frage gestellt wird.46 41

Vgl. M. Sah. 7, ed. Delehaye 220,16 - 221,4. M. Sah. 7, ed. Delehaye, 221,4f: και οϋτω τελειωθείς δια ξύλου και ύδατος αχραντον έφύλαξε της σωτηρίας το βυμβολον. Darauf spielt Basileios von Kaisareia, Ep. 164,2, ed. Courtonne 99,18 ("das Holz, das Wasser, die Vollendungsmittel der M rtyrer") deutlich an. 43 M. Sah. 7, ed. Delehaye 221,6-9 mit den textkritischen Anmerkungen dazu. Auch das vorausgesetzte Osterdatum des 8. April stimmt zu 372. 44 Vgl. M. Sah. 8, ed. Delehaye 221,10-15. 45 Vgl. H. Wolfram, Gotische Studien III. Die terwingische Stammesverfassung und das Bibelgotische (II): M IG 84 (1976) 239-261, hier 240; ders., Goten (wie Anm. 3) 114f.; Strzelczyk (wie Anm. 30) 238f. R. Loewe, Der gotische Kalender: ZDA 59 (1922) 245-290, hier 277f. stellt Σανοαλας zu einem inschriftlich f r das vierte vorchristliche Jahrhundert aus Karien bezeugten Ζόνζολος. L. Zgusta, Neue Betr ge zur kleinasiatischen Anthroponymie, Prag 1970, 87, h lt diese Zuordnung f r unwahrscheinlich und spricht Sansalas ohne eigentliche Begr ndung als kappadokischen Namen an. 46 R. Loewe, Gotische Namen in hagiographischen Texten: BGDS 47 (1923) 407-433, hier 432 hat nach dem Vorgang lterer Sabas unter Verweis auf mehrgliedrige Namen mit Sab- als gotischen Namen angesprochen. H. Reichert, Die Bewertung namenkundlicher Zeugnisse f r die Verwendung der gotischen Sprache. Methodendiskussion an Hand der Namen der M rtyrer aus der Gothia des 4. Jahrhunderts: Germanische Rest- und Tr mmersprachen, hg. v. H. Beck (Erg nzungsb nde zum RGA 3), Berlin/New York 1989, 119-141, hier 131f., stellt das zwar nicht v llig infrage, h lt es aber f r wenig wahrscheinlich mit der Begr ndung, die Kontinuit t und berregjonalit t der Verwendung eingliedriger Namenbildungen im Germanischen sei gering. 42

[338]

Märtyrerüberlieferungen aus der gotischen Kirche des vierten Jahrhunderts

179

Vor allem aber wird die angesprochene Vermutung von der Darstellung des Sabasmartyriums nicht gedeckt. Sansalas selbst hat sich bedroht gesehen und ist deshalb zeitweilig auf römisches Reichsgebiet ausgewichen. Von ihm wird ebenso kultische Gemeinschaft verlangt wie von Sabas. Auch der Hagiograph hat die Frage gestellt, warum ihn dennoch nicht der für die Verweigerung angedrohte Tod trifft. Er hat sie Sabas in den Mund gelegt und läßt ihm von den Leuten Atharids die Antwort geben: "Es ist nicht deine Sache, darüber zu bestimmen".47 Der Gang der Darstellung erweckt im übrigen den Eindruck, daß ein sehr herausforderndes

Verhalten des Sabas wesentlich mitursächlich für die

Anordnung Atharids war, ihn zu töten. Dabei alleine wird man aber nicht stehen bleiben müssen. Die Aktion Atharids hatte es nicht auf Sabas abgesehen. Er wird lediglich mit gefangen, weil er sich zufällig bei Sansalas befand, dem offenbar das Unternehmen eigentlich galt. Dann aber ist Sabas von Anfang an Objekt der sadistischen Roheit der Leute Atharids; denn darum handelt es sich bei seinen Mißhandlungen während der Nacht und des ersten Tages nach der Festnahme offensichtlich und nicht um eine zweckgerichtete Folter zur Brechung seiner religiösen Beharrlichkeit. Sansalas bleibt davon verschont. Das läßt annehmen,

Einen von Thompson, Visigoths (wie Anm. 3) 84 Anm. 3 gegebenen Hinweis auf das angelsächsische Hypokoristikon Saba für Saeberht (Beda, H.E. 11,5, ed. B. Colgrave/R-A.C. Mynors, Oxford 1969, 152) hält er für nicht tragfähig. Statt dessen stellt er alternativ eine thrakische Etymologisierung oder eine kleinasiatische, näherhin kappadokische Herkunft zur Erörterung (L. Zgusta, Kleinasiatische Personennamen, Prag 1964,449 führt die Namen und auf, und zwar aus Phrygjen). Reicherts Behauptung, daß diese Deutungsmöglichkeiten sinnvoller seien als die germanische, ist nicht unbedingt einsichtig. Von ihm nicht herangezogen und von-Loewe ausdrücklich ausgeschlossen ist der Name des 439 bei Kaisareia in Kappadokien geborenen Einsiedlers Sabas, des Gründers der großen Laura südöstlich von Jerusalem; hier kommt auch eine Benennung nach dem gotischen Mörtyrer infolge eines durch die Reliquientranslation begründeten Sabaskultes in Betracht. Nicht übergangen werden sollte aber, daß auch die griechische Wiedergabe des syrischen saba, der Alte, ist, dessen Verwendung als Name zeitgenössisch belegt ist. Saba war der Ehrenname des im vierten Jahrhundert in Mesopotamien lebenden Einsiedlers Julianos: Theodoret, H.E. 111,24,1 ed. Parmentier/Scheidweüer 202,25 - 203,1; ders., Mönchsgeschichte 11,1, ed. P. Canivet/A. Leroy-Molinghen (SC 234), Paris 1977, 191,1-4; Saba hieß auch einer der Anführer der Messalianerbewegung in der zweiten Hälfte des vierten Jahrhunderts: Theodoret, H.E. IV,11,2, ed. Parmentier/Scheidweiler 219,12f.; desgleichen wurde ein ostsyrischer Märtyrer des vierten Jahrhunderts Saba genannt: BHO 1031, vgl. J.-M. Sauget, Saba (Pigursnap): BBS 11, Rom 1968, 535f. Auszuschalten ist der Eintrag eines Presbyters Saba unter dem 27. August im Martyrologium Syriacum, ed. F. Nautin (PO 10), Paris 1915, 20; hier setzt der Paralleleintrag im Martyrologium Hieronymianum, ed. H. Quentin/H. Delehaye (ASS Nov. II 2), Brüssel 1931, 469 Sabbatios voraus. " M. Sab. 7, ed. Delehaye 220,19-23.

180

Märtyrerüberlieferungen aus der gotischen Kirche des vierten Jahrhunderts

[339]

daß er in den Augen Atharids und seiner Gefolgsleute ein größeres soziales Ansehen besaß als Sabas und dementsprechend einen stärkeren

sozialen

Rückhalt hatte. War Sabas bei einer früheren Gelegenheit seine geringe soziale Geltung zugute gekommen, so zeigt sich jetzt gegenüber dem Kastengeist der Gefolgsleute eines Adelsherrn ihre negative Seite in der Rücksichtslosigkeit, mit der man ihn behandelt. Umso herausfordernder muß auch sein Verhalten gewirkt haben, das doch wohl kaum nur martyrologische Stilisierung des Hagiographen ist. Das Sabasmartyrium ist rund zwei Jahre nach dem Tod des Sabas wahrscheinlich in der römischen Provinz Skythien geschrieben worden.41 Es weist Züge hagiographischer Verdichtung auf, die erbaulich stereotype allgemeine Kennzeichnung des Heiligen, die Aufnahme des Motivs der Empfindungslosigkeit

des

Märtyrers, die

symbolische Ausdeutung

des

Exekutionsvollzugs "durch Holz und Wasser" und die Vorstellung, daß das Aufsuchen des Presbyters Sansalas und damit der Weg zum Märtyrertod auf wundersame Weise providentiell gewiesen worden sei. Auf der anderen Seite aber steht es den Ereignissen zeitlich wie räumlich nahe und hat offenbar zuverlässige Informationen aus Gotien aufnehmen können. Für die Vorgänge im Gotien des vierten Jahrhunderts historisch wertlos ist dagegen die zweite ausgeführte Passio, das Martyrium des Niketas.49 Es ist nicht vor dem späten fünften Jahrhundert in Mopsuestia in Kilikien (Misis östlich von Adana/Türkei) entstanden als Kultlegende zum Gedächtnistag des Heiligen am 15. September in der vor der Stadt liegenden Niketaskirche, die seine Reliquien

48

Auf einen reichsrömischen Blickwinkel deutet, daß es von Sabas heißt, er sei, "indem er sein Leben in Gotien verbrachte, inmitten eines verderbten und verkehrten Geschlechts wie eine Leuchte in der Welt erstrahlt" (vgl. Phil. 2,15): M. Sab. l, ed. Delehaye 216,29-31; vgl. auch Mansion (wie Anm. 14) 12. Über den Verfasser des Martyriums läßt sich allenfalls spekulieren. Nach älterer Zuweisung an Ascholios von Thessalonike (so bereits L.-S.L. de Tillemont, Mfemoires pour servir ä l'histoire ecclosiastique des six premiers siecles 10, Paris 1705, 717) und einer ganz unhaltbaren Zuschreibung an Ulfila (vgl. Anm. 18) hat Pfeilschifter (wie Anm. 14) 224 an Bretanion von Tomi und Delehaye (wie Anm. 13) 291 an den Presbyter Sansalas gedacht. Dabei kennzeichnet der Name des Bischofs von Tomi zumindest das Umfeld, in dem das Sabasmartyrium entstanden ist. 49 Vgl. Martyrium des Niketas (BHG31339), ed. Delehaye (wie Anm. 13) 209-215, vgl. 223f. zu den Handschriften (metaphrastische Bearbeitung: PG 115,704-712).

[340]

Märtyrerüberlieferungen aus der gotischen Kirche des vierten Jahrhunderts

181

barg.30 Der Verfasser weiß nicht mehr, als daß Niketas ein Märtyrer aus dem Gotenland war, dessen Reliquien ein Bürger aus Mopsuestia namens Marianos in seine Heimatstadt überführt hat. Im übrigen nimmt er nur die dabei leicht retuschierte Darstellung des Sokrates von der Christenverfolgung Athanarichs und eine örtliche Überlieferung von der Translation auf.31 Neben diesen beiden grundverschiedenen Martyrien sind noch zwei Kurzfassungen von Märtyrerberichten für den Menologiengebrauch überliefert. Die erste davon wird in der Menologienüberlieferung zum 26. März aufgeführt als "Kampf (oder:Martyrium) der heiligen Märtyrer (oder: der Heiligen), die in Gotien das Blutzeugnis abgelegt haben". Sie ist in vier Fassungen veröffentlicht worden, von denen

drei im wesentlichen gleichlautend sind." Diese

Überlieferung betrifft eine kleine christliche Gemeinde von 26 Personen, nämlich die Presbyter Bathuses (richtiger: Batwins) und Wereka und deren zwei Söhne und zwei Töchter, einen Mönch Arpylas (oder Harpylas) sowie neunzehn ebenfalls namentlich aufgeführte Laien, zwölf Männer und sieben Frauen, aus der Zeit eines sonst unbekannten Gotenfürsten Wingurich, wohl eines der terwingischen Teilverbandsfürsten,* sowie der Kaiser Valentinian (L), Valens und Gratian. Diese Datierung führt auf den Zeitraum zwischen dem 24. August 367 und dem 17. November 375 und läßt sich gewiß einengen auf die Zeit der antichristlichen Maßnahmen Athanarichs (369 bis mindestens Frühjahr 372). Die gesamte Gemeinde fand den Tod in den Flammen der auf Veranlassung

50

Vgl. Martyrium des Niketas l und 7, ed. Delehaye 209,26 - 210,6 und 214,3-13. Das Martyrium ist nach der Amtszeit des Bischofs Auxentios II. von Mopsuestia entstanden, von dem eine legendenhafte Episode mitgeteilt wird: c.8, ebd. 214,14 - 215,14. Nach den auf der Konstantinopeler Synode von 553 verlesenen Diptychen von Mopsuestia war Auxentios der zweite Nachfolger des zur Zeit des Konzils von Chalkedon (451) amtierenden Bischofs Basianos: Synode von Konstantinopel 553, Actio V 92,19-21, ed. J. Sträub, ACO IV l, Berlin 1971, 121,29.32.35. 51 Vgl. dazu im einzelnen Delehaye (wie Anm. 13) 281-286. 52 Vgl. H. Achelis, Der älteste deutsche Kalender: ZNW l (1900) 308-335, hier 318.319.319f in drei Fassungen, und zwar 1) aus Cod. Ambrosianus B 133 sup und Cod. Berol. Philipp. 1622; dies ist die Fassung des Konstantinopeler Synaxarium Sirmondianum, ed. H. Delehaye, Synaxarium Ecclesiae Constantinopolitanae (ASS, Propyl.Nov.), Brüssel 1902, 559f.; 2) nach Cod. Ambrosianus Q 40 sup; 3) aus dem sog. Menologion des Kaisers Basileios II (einem Synaxar) nach PG 117,368; diese Fassung ist den anderen gegenüber stark verkürzt und erbaulich umgestaltet. Eine vierte Fassung nach Cod. Paris. BN 1587 hat Delehaye (wie Anm. 13) 279 veröffentlicht. a Vgl. Anm. 36.

182

Märtyrerüberlieferungen aus der gotischen Kirche des vierten Jahrhunderts

[341]

Wingurichs in Brand gesteckten Kirche, in der sie versammelt war. Mit ihnen starb auch ein zufällig anwesender ungenannter auswärtiger Christ. Diese Überlieferung hat auch Sozomenos ohne Namen und Daten, aber mit erbaulichen Einzelzügen ausgestaltet, in seine Kirchengeschichte aufgenommen. Er läßt die Frauen Kleinkinder bei sich haben oder Säuglinge stillen und bezeichnet die Kirche als Kirchenzelt.54 Außerdem ist sie unter dem 29. Oktober in ein zeitgenössisches Konstantinopeler Martyrolog eingegangen, von dem ein kleiner Rest in gotischer Übersetzung im gotischen liturgischen Kalenderfragment erhalten ist.55 Der Kalendereintrag lautet: "Gedächtnis der Märtyrer um Wereka den Presbyter und Batwins (...) einer vollen Kirche im Gotenland; (sie wurden) verbrannt".56 In zwei Fassungen der Menologienüberlieferung wird der Martyriumsbericht ergänzt durch einen Translationsbericht.57 Danach hat "Gaatha, die Königin des Gotenvolks, die eine Christin und rechtgläubig war, mit anderen Christen und dem Laien Wellas" die Reliquien der Märtyrer erhoben. Ihrem Sohn Arimer die Herrschaft überlassend, begibt sie sich mit ihrer Tochter Dulcilla ins römische Reich. Später benachrichtigt sie von dort aus ihren Sohn, der sie zurückholt. Dabei reist auch Wellas mit zurück, der sie also begleitet hatte. Dulcilla bleibt in Kyzikos (Balkiz am Golf von Bandirma/Marmarameer) zurück, und Gaatha überläßt der Stadt auch einen Teil der Reliquien. Das geschah zur Zeit der Kaiser Valentinian (II.) und Theodosios (L), mithin in dem Zeitraum vom 19. Januar 379 bis zum 15. Mai 392. Wellas erleidet nach der Rückkehr in Gotien

54

Vgl. Sozomenos, H.E. VI, 37,14, ed. Bidez/Hansen 296,24-28. Ausgabe des Kalenderfragments von E A. Ebbinghaus, Gotica XI. The Gothic Calendar: General Linguistics 15 (1975) 36-39. Zu den literarischen und historischen Fragen vgl. K. Schäferdiek, Das gotische liturgische Kalenderfragment - Bruchstück eines Konstantinopeler Martyrologs: ZNW 79 (1988) 116-137. 56 Gotisches Kalenderfragment zum 29. Oktober, ed. Ebbinghaus 37,7-9: gaminthi marwtre thize bi werekan papan jäh batwin bilaif aikklesjons fullaizos ana gutthiudai gabrannidai (hier gegenüber der scriptio continua der Ausgabe mit Worttrennung angeführt). Der Text ist möglicherweise nicht ganz in Ordnung; bilaif bereitet Deutungsschwierigkeiten; vgl. dazu E.A. Ebbinghaus, The Second Entry of the Gothic Calendar: JEGP 77 (1978) 183-187. Zur Entstellung des Namens Batwins zu Bathuses in der Menologienüberlieferung vgl. EA. Ebbinghaus, Gothic Names in the Menologies: General Linguistics 19 (1979) 69-73, hier 70f. 57 Vgl. Fassung 2 und 3 bei Achelis (wie Anm. 52) 319.320; Fassung 2 auch abgedruckt bei Delehaye (wie Anmerkung 13) 279. Die (Synaxarien-)Fassung 3 ist 2 gegenüber stark gekürzt. 55

[342]

Märtyrerüberlieferungen aus der gotischen Kirche des vierten Jahrhunderts

183

den Märtyrertod durch Steinigung. Dulcilla ist später - wohl in Kyzikos - "in Frieden entschlafen". Die Geschichte von der Gotenkönigin, die ihrem Sohn die Herrschaft überläßt, um auf Reisen zu gehen, trägt sagenhafte Züge und läßt sich nicht mit gotisch-terwingischen Verfassungsverhältnissen in Einklang bringen,38 auch wenn wir über die Gegebenheiten bei den 376 nördlich der Donau verbliebenen Terwingen, um die es hier geht, sonst keine Nachrichten haben. Dahinter wird aber doch noch soviel sichtbar, daß die Translation der Reliquien von einer hochgestellten gotischen Christin, vermutlich der Frau eines reiks39, durchgeführt worden ist. Die griechische Vorlage des gotischen Kaiendars ist wahrscheinlich nicht vor 419 von der seit 380 bestehenden homöischen ("arianischen") Sondergemeinde von Konstantinopel an die reichsansässigen Goten in Moesien vermittelt worden. Das Gedächtnis der Märtyrer ist also von der homöischen ebenso wie von der reichskirchlich-orthodoxen Überlieferung der nachtheodosianischen Zeit tradiert worden. Der hinter den erhaltenen Überlieferungen stehende Martyriumsbericht muß daher aus vortheodosianischer Zeit stammen und hat demnach zeitlich den berichteten Ereignissen ähnlich nahegestanden wie das Sabasmartyrium. Die Aufnahme in ein zeitgenössisches Konstantinopeler Martyrolog legt nahe, daß die reichskirchliche Rezeption und Weitertradierung dieser Überlieferung von Konstantinopel ausgegangen ist, so wie die des Sabasmartyriums von Kaisareia. Die Konstantinopeler Kirche bot zudem auch ein Traditionsmilieu, aus dem 380 hagiographisches und liturgisches Gut bruchlos sowohl in orthodoxe reichskirchliche als auch in homöische sonderkirchliche Überlieferung übergehen konnte. Daß der Translationsbericht nicht ursprünglicher Bestandteil der Märtyrerüberlieferung war, zeigt schon das Datum der Translation. Er entspringt einem durch diese Reliquienüberführung gegebenen Lokalinteresse der 58

Vgl. dazu D. Claude, Adel, Kirche und Königtum im Westgotenreich (Vorträge und Forschungen, Sonderband 8), Sigmaringen 1971,16f. Die Parallelfassung des sog. Menologions des Basileios (Text 3 bei Achelis), die stark kürzt und die Namen und Daten fortläßt, spricht nicht von einer "Königin", sondern von der "Gemahlin des anderen Anführers". Damit soll sie wohl nur von dem Verfolger Wingurich des Martyriumsberichtes abgesetzt werden. Doch ließe sich immerhin fragen, ob in dem beiden Fassungen gemeinsamen Archetyp der Überlieferung wirklich "Königin" und nicht vielmehr "Frau eines Anführers" gestanden hat. 9 Vgl. Anm. 36.

184

M rtyrer berlieferungen aus der gotischen Kirche des vierten Jahrhunderts

[343]

Gemeinde von Kyzikos. Mit dem Namen der F rstentochter Dulcilla hat er dabei wohl das Ged chtnis der

berlieferungsmittlerin bewahrt. Ein Kennzeichen der

sp teren Abfassung ist auch die betonte Charakterisierung der "K nigin" Gaatha als rechtgl ubig. Gewi

ist auch Sabas so bezeichnet worden, aber dabei

erscheint rechtgl ubig auf der gleichen Ebene mit anderen Pr dikaten eines Heiligenstereotyps, w hrend es in der Kennzeichnung Gaathas eigengewichtig f r sich allein steht. Der Translationsbericht stellt, anders als der M rtyrerbericht, dem gotischen Christentum gegen ber bereits die "Konfessionsfrage". Teils zum 20. Januar, teils zum 20. Juni40 notiert die Synaxarien berlieferung ein Martyrium, das in etwas ausf hrlicherer Form auch in einem Menologion zum Monat Juni unter dem 20. Juni erscheint und dort berschrieben ist: "Kampf der heiligen M rtyrer Irmas, Remas, Pinas, die in Gotien gelitten haben, in Kurzfassung".61 Nur diese

berschrift weist die M rtyrer ausdr cklich nach

Gotien. Der Text nennt sie Heilige "aus dem Nordland der Barbaren, die zu J ngern des Apostels Andreas wurden",62 eine deutliche Anspielung auf die Vorstellung von "Skythien" als dem Missionsgebiet des Andreas.63 Dort treiben sie Mission und treten deshalb auch vor den Barbarenherrscher, der sie auf jede Weise zu verlocken sucht. Doch sie geben seiner Gottlosigkeit nicht nach. Deshalb werden sie erst geschlagen und dann get tet. Man f hrt sie zu einem Flu , der wegen eines gerade herrschenden strengen Winters zugefroren war. Dort waren im Wasser drei Holzstangen eingerammt, an die man sie bindet. "Als ihnen das Wasser bis zum Hals reichte, bergaben sie ihre Seele dem Herrn". N hme man diese Formulierung genau, m

te man an einen Tod durch

K lteeinwirkung denken; wahrscheinlich aber darf man sie nicht genau nehmen, und beabsichtigt war sicher wie im Falle des Sabas das Ertr nken, das m glicherweise zugleich als Reinigungsritual galt.64 Sieben Jahre sp ter hat "der 60

Vgl. Synaxar von Konstantinopel (wie Anm. 52) 407, zum 20. Januar, vgl. die Randnotiz zum 20. Juni ebd. 757/8,60. 61 BHGJ 2184: "Α^λησις εν έπιτόμφ των αγίων μαρτύρων "Ιννα, Τημα, Πίνα, παθόντων εν Γοτ»ίa—*cyrica—KOp\aKOv

225

Wort hat bei der Erörterung der Herleitung von Kirche bislang keine Beachtung gefunden. Es ist aber dafür nicht ohne Bedeutung. Die Verwendung des substantivierten Neutrums eines von /dominus abgeleiteten Adjektivs für das christliche Versammlungs- und Gottesdienstgebäude ist nicht so naheliegend, daß beide Wörter als unabhängige Parallelbildungen betrachtet werden können. Vielmehr dürfte die spezifische Verwendung von dominicum dem Muster des griechischen Wortes gefolgt sein. Es belegt so mittelbar, daß der griechische Ausdruck im kirchlichen Westen tatsächlich bekannt gewesen ist und Widerhall gefunden hat. Nach Ausweis des germanischen Lehnwortes kann aber das griechische Wort dabei nicht ganz von dominicum verdrängt worden sein. Es muß sich vielmehr, geht man von den Vorstellungen von Frings als einer zu bewährenden Arbeitshypothese aus, jedenfalls zeitweilig im Rhonebereich, im Raum von Lyon, behauptet haben und von dort im Rahmen bestehender Beziehungen in der umgangssprachlich vermittelten Kurzform nach Trier gedrungen sein.10 Daß es dem aufkommenden dominicum gegenüber hat standhalten können, spricht für eine relativ frühe Einbürgerung innerhalb des in seinen Anfängen sehr stark griechisch geprägten Christentums des Rhoneraums. Es ist daher nicht unwahrscheinlich, daß es auch Trier noch in vorkonstantinischer Zeit erreicht hat; denn mit einer christlichen Versammlungsstätte und einem entsprechenden Bedürfnis, sie zu benennen, ist für die Moselmetropole des späten 3. bis frühen 4. Jh. sicher zu rechnen. Frings hatte demgegenüber angenommen, daß in Trier erst in konstantinischer Zeit aufgekommen sei und als »Modewort« ein älteres basilica überlagert habe, auf dessen Einwirkung auch der Genuswechsel vom Neutrum des griech. Ausgangs- zum Femininum des westgerm. Lehnwortes beruhe. Daß basilica damals in Trier ein absterbendes Wort gewesen sei, wie Frings dabei voraussetzt, ist allerdings sehr fraglich. In Lateinafrika ist das Wort als Ausdruck für das gottesdienstliche Gebäude der Christen bereits für die Zeit der diokletianischen Christenverfolgung faßbar.11 Es scheint aber dennoch im ersten Drittel des 4. Jh. noch keineswegs allenthalben in der lateini10

11

Zur Bedeutung von Lyon als frühchristlichem Ausstrahlungszentrum vgl. Emilienne Demougeot, Rome, Lyon et la christianisation des pays Rhenans, in: Rome et le christianisme dans la region Rhenane. Colloque du Centre de recherches d'histoire des religions de l'Universite de Strasbourg (19-21 mai 1960), Paris 1963, S. 23-47. Dölger S. 174; Mohrmann S. 170-172.

226

kirihba—*cyma—K\)p\a.Yio\

sehen Kirche in gleicher Weise geläufig gewesen zu sein. Der Verfasser des Pilgeritinerars von Bordeaux vom Jahre 333 hat es jedenfalls an einer Stelle für erforderlich gehalten, basilica durch dominicum zu erläutern.12 Konstantin hat das Wort offenbar gerne auf die von ihm errichteten repräsentativen Kirchenbauten angewendet gesehen13, und erst mit seiner Verwendung im Zuge der konstantinischen Kirchenbautätigkeit scheint es als Ausdruck für das christliche gottesdienstliche Gebäude zu breiterer Geltung gekommen zu sein.14 Als im zweiten Viertel des 4. Jh. in Trier an der heute von Dom und Liebfrauenkirche eingenommenen Stelle eine prachtvolle Doppelkirchenanlage entstand, ist basilica dort also wohl weit eher eine neu aufkommende als eine absterbende Bezeichnung für das Versammlungs- und Gottesdienstgebäude der Christen gewesen, eher ein »Modewort« der konstantinischen Zeit als . Dieser neue Sprachgebrauch aber konnte Mißverständnisse auslösen; denn basilica war ja kein neuer Begriff, sondern eine altvertraute, geläufige Bezeichnung für öffentliche Gebäude unterschiedlicher Art.15 Solche Uneindeutigkeit mußte ein Bedürfnis nach Verdeutlichung wachrufen, wie es auch der Verfasser des Pilgerhandbuchs von Bordeaux empfunden hatte, als er basilica als Bezeichnung der Jerusalemer Grabeskirche durch dominicum erläuterte. Auch in Trier stand ein Begriff zur Erläuterung zur Verfügung, nicht das lateinische Bedeutungslehnwort, sondern , die vulgärsprachliche Form seines griechischen Vorbildes, als ein regionaler kirchensprachlicher Archaismus. Seine Bedeutung war innerhalb seines Geltungsbereiches sicher auch Nichtchristen bekannt, und mit seiner Hilfe war ohne weiteres Eindeutigkeit zu schaffen: basilica *cyrica16, das christliche Versammlungs- und Gottesdienstgebäude im Zuschnitt und mit dem Anspruch der neu heraufziehenden Zeit, grammatisch mit Genuswechsel für durch Attraktion infolge enger attributiver Zu12 13 14 15 16

Itinerarium Burdigalense, ed. P. Geyer, Wien 1898 (CSEL 39), S. 23,l f.: basilica ... id est dominicum. Dölger S. 172f. Vgl. Mohrmann S. 172 und zum romanistischen Befund Frings/Müller S. 116f. Vgl. Mohrmann S. 170 f. Es mag in diesem Zusammenhang nicht uninteressant sein, daß die älteste lateinische Übersetzung der Vita Antonii des Athanasios von Alexandreia einmal mit basilica dominica wiedergibt: Vita Antonii 8,3, ed. G. J. M. Bartelink, Vita di Antonio, Mailand 1974 (Vite dei Santi I), 26,17 (griech. Text: PG 26,856 A).

[49]

[50]

kirihha-*cynca--KKp\aKO\/

227

Ordnung oder aber einfach aufgrund von Kongruenz infolge eines noch vorhandenen Empfindens für den ursprünglich adjektivischen Charakter des Wortes. Von Dauer war diese Verbindung nicht. Es behauptet sich das alte Regionalwort des von Trier kirchensprachlich bestimmten Mosel- und Mittelrheingebietes, die volkstümlichere Bezeichnung in einem Raum, in dem die Wahrung römischer Kontinuität in der Neige der Römerzeit mehr und mehr der Schicht der kleinen Leute zufällt. Doch seine zeitweilige Verbindung mit basilica war wirksam genug, ihm ein neues Genus und damit die Form zu geben, in der es von den Franken übernommen wurde. Diese fränkische Rezeption steht somit am Ende eines längeren, von zu *cyrica führenden Entwicklungsprozesses, und es ist keineswegs nötig, sie in allzugroßer Nähe zur konstantinischen Zeit zu sehen, wie es das Mißverständnis von als eines »Modewortes« dieser Zeit suggerieren möchte und suggeriert hat. Sie muß vor sich gegangen sein, nachdem infolge der fränkischen Siedlungs- und Herrschaftsausweitung des 5. Jh. in dauernder unmittelbarer Nachbarschaft die tagtägliche Begegnung mit Erscheinungsformen provinzialrömischen Christentums ein Bedürfnis nach deren Benennung hatte wachwerden lassen.17 Man kommt damit näher an die Zeit Chlodwigs als an die Konstantins heran. Die rechtsrheinische Germania wird das Wort überhaupt erst als Element der fränkischen Kirchensprache erreicht haben. Auf jeden Fall aber kann westgerm. *kirika nicht ohne weiteres als Zeugnis für ein römerzeitliches Einsickern christlicher Termini in diesen Bereich, in dem in vorfränkischer Zeit für deren Tradierung gar kein Kommunikationsbedürfnis bestand, in Anspruch genommen werden.

17

Vgl. zu den Verhältnissen Eugen Ewig, Trier im Merowingerreich, Trier 1954 = Aalen 1973, S. 61-77, und Kurt Böhner, Romanen und Franken im Trierer Land, in: Geschichte des Trierer Landes, hg. v. Richard Laufner, I, Trier 1964, S. 312-335. Es sei schließlich auch darauf hingewiesen, daß anscheinend auch dominicum eine Spur außerhalb der Romania hinterlassen hat, nämlich in domhnach als einem Bildungselement alter irischer Ortsnamen; vgl. P. W. Joyce, The Origin and History of Irish Names of Places I, Dublin 51887, S. 318f. (die Beziehung auf dominica, Sonntag, dürfte sekundäre gelehrte Konstruktion sein). Demnach müßte die lateinische Entsprechung zu in britischer Latinität noch bis weit ins 5. Jh. hinein lebendig gewesen sein.

Zur Frage früher christlicher Einwirkungen auf den westgermanischen Raum Überraschend früh begegnet in der altkirchlichen Literatur nicht allein der Volksname der Germanen, sondern darüber hinaus auch die Behauptung, daß der christliche Glaube bereits bei ihnen Eingang gefunden habe. Eine solche Angabe findet sich nämlich schon um 200 bei dem ersten lateinischen Kirchenschriftsteller, dem Nordafrikaner Tertullian. In seiner Schrift „Gegen die Juden" führt er eine Völkerliste auf, die die universale Verbreitung und Anerkennung des Christentums anschaulich machen soll, und darin werden auch die Germanen genannt. Die Aufzählung beginnt zunächst mit der geringfügig abgewandelten Völkerliste aus der Pfingstgeschichte, Act. 2,9—11, und fährt dann folgendermaßen fort: „. . . und die übrigen Völker wie die Stammesvielfalt der Gätuler und die zahlreichen Gebiete der Mauren, alle Grenzmarken Spaniens und die unterschiedlichen Völkerschaften Galliens sowie die den Römern unzugänglichen, Christus aber unterworfenen Gebiete der Britannier, Sarmaten, Daker, Germanen und Skythen und zahlreicher entlegener Völker und Landschaften und vieler Inseln, die uns unbekannt sind und die wir nicht aufzuzählen vermögen".1 Nach der Nennung der Gätuler und Mauren an den Grenzen Lateinafrikas und einer Umschreibung der römischen Westprovinzen erscheinen die Germanen hier in einer ungeordneten Aufführung von Völkern im nördlichen Vorfeld des römischen Reiches. Der Name der längst schon von den Sarmaten verdrängten Skythen ist dabei nurmehr eine allerdings noch lange fortlebende literarische Chiffre für die Völkerschaften der Steppenzone nördlich des Schwarzen Meeres, und die Behauptung, das Land der Britannier und das im Raum des heutigen Sie-

1

Tertullian, Adversus ludaeos 7,4, ed. E. Kroymann (CCh.SL 2), Turnhout 1954, 1354: ...et ceterae gentes, ut iam Getulorum varietates et Maurorum multi fines et Hispaniarum omnes termini et Galliarum diversae nationes et Britannorum inaccessa Romanis loca, Christo vero subdita, et Sarmatarum et Dacorum et Germanorum et Scytbarum et abditarum multarum gentium et provinciarum et insularum multarum noms ignotarum, quae enumerare minus possumus.

230

Zur Frage fr her christlicher Einwirkungen

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benb rgen gelegene Gebiet der Daker seien den R mern unzug nglich,2 ist ein Anachronismus; beide waren zur Zeit Tertullians als Provinzen fest in r mischer Hand, Britannien seit dem ersten, Dakien seit dem fr hen zweiten Jahrhundert. Da Tertullian, nachdem er so die Liste der Apostelgeschichte, im Uhrzeigersinn rund um das mediterrane Reichsgebiet fortschreitend, vervollst ndigt hat, schlie lich auch noch V lker, L nder und Inseln f r das Christentum beansprucht, von denen er gar nichts wei , gibt seine Aufz hlung vollends als ein allenfalls auf literarische Reminiszenzen zur ckgreifendes rhetorisches Stilmittel ohne jeden sachlichen Informationsgehalt zu erkennen. Eine zutreffendere Einsch tzung, wenn auch sicherlich kaum mehr an wirklicher Sachkenntnis, d rfte dahinter stehen, wenn einige Jahrzehnte sp ter im Osten Origenes die gleichen n rdlichen V lkerschaften, die auch Tertullian genannt hat, zu denen rechnet, die zumeist das Evangelium noch nicht vernommen haben.3 Eine wirkliche Kenntnis dagegen wird man bei Iren us von Lyon voraussetzen d rfen. In seiner um 180 geschriebenen „Widerlegung der f lschlich so genannten Gnosis" f hrt er als Zeugen der universalen Einheit kirchlicher Lehr berlieferung auch „die in den germanischen Provinzen gegr ndeten Kirchen" neben denen in Spanien, bei den Kelten, im Orient, in gypten, Libyen und „in der Mitte der Welt" auf. 4 Doch dieses Zeugnis geh rt nicht in den Zusammenhang der germanischen Christianisierungsgeschichte. Es ist eine Quelle f r die Ausbreitungsgeschichte des Christentums in den r mischen Grenzprovinzen.5 Auch haben die hier von Iren us genannten fr hen Gemeinden in den germanischen Provinzen kaum aus 2

Vgl. auch Tert., Adv.lud. 7,8f., ed. Kroymann, 1356: Quid de ipsis Romanis dicam, qui legiorium suarum praesid s Imperium suum muniunt nee trans istas gentes porrigere vires regni sui possunt? Christi autem nomen ubique porrigitur, ubique creditur, ab omnibus gentibus supra enumeratis colitur, ubique regnat, ubique adoratur [Was soll ich von den R mern sagen, die ihr Reich durch die Schutztruppen ihrer Legionen sichern und die Macht ihrer Herrschaft nicht ber jene V lker auszudehnen verm gen? Christi Name aber erstreckt sich berall hin, wird berall geglaubt, von allen ooen aufgez hlten V lkern verehrt, herrscht berall, wird berall angebetet]. 3 Origenes, Matth uskommentar, ser. 39 zu Mt. 24,9, ed. Erich Klostermann (GCS 38), Leipzig 1933, 76,7-10; quid autem dicamus de Britannis et Germanis, qui sunt circa Oceanum, vel apud barbaros Daces et Sarmatas et Scythas, quorum plurimi nondum audierunt evangelii verbum [Was sollen wir von den Britanniern und Germanen sagen, die am Ozean leben, oder zu den barbarischen Dakern und Skythen, von denen die meisten das Wort des Evangeliums noch nicht geh rt haben?]. 4 Iren us, Adversus haereses 1,10,2, ed. A. Rousseau/L. Doutreleau (SC 264), Paris 1979, 159f.: και ούτε αϊ εν Γερμανίαις ιδρυμένοι Έκκλησίαι άλλως πεπιστεύκασιν ή άλλως παραδιδόασιν οΰτε εν ταίς Ίβηρίαις οΰτε εν Κελτοΐς οΰτε κατά τάς ανατολάς οΰτε εν Αίγύπτω οΰτε εν Λιβύη οΰτε αϊ κατά μέσα του κόσμου ίδρυμέναι [Weder die in Germanien gegr ndeten Kirchen glauben oder berliefern anders (als in der apostolischen berlieferung festgelegt), noch die in Spanien, noch die bei den Kelten, noch die im Orient, noch die in gypten, noch die in Libyen, noch die in der Mitte der Welt gegr ndeten]. 5 Vgl. dazu Emilienne Demougeot, Rome, Lyon et la christianisation des pays rhenans, in: Rome et le christianisme dans la region rhenane, Paris 1963, 23—47.

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angestammten Bevölkerungselementen bestanden, etwa aus Nachfahren der linksrheinischen Germanen der frühen Römerzeit. Weit eher ist an sich zusammenfindende Kreise und kleine Gemeinschaften von Zuwanderern aus anderen Reichsteilen zu denken, wie ja auch des Irenäus eigene Gemeinde im gallischen Hinterland noch von zugewanderten griechischen Bevölkerungselementen geprägt war, zu denen nicht zuletzt auch er selbst als Kleinasiate von Herkunft gehörte. Im übrigen steht die Nachricht des Irenäus von solchen frühen Christengemeinden in den germanischen Provinzen völlig vereinzelt da, und die Anfänge des Christentums in den Grenzprovinzen an Rhein und Donau verlieren sich für uns ganz im Dunkel der Geschichte. Es ist offenbar nur langsam und zögernd, in einigermaßen nennenswertem Umfang wohl überhaupt erst seit der zweiten Hälfte des dritten Jahrhunderts in diese Gebiete vorgedrungen. Die germanischen und belgischen Provinzen wie auch Rätien und Noricum gehören zu den Reichsteilen, die auch am Vorabend der konstantinischen Wende noch erst sehr spärlich vom Christentum durchsetzt waren. So besteht auch kein Anlaß zu vermuten, daß die Alemannen bei Inbesitznahme des Dekumatlandes, des Dreiecks zwischen Main, Rhein und Donau, das nach dem endgültigen Zusammenbruch des obergermanisch-rätischen Limes 259/60 als erstes römisches Reichsgebiet im Westen auf die Dauer in germanische Hand fiel, auch bei einer gewissen Bevölkerungskontinutität dort Spuren oder gar Reste provinzialrömischen Christentums vorgefunden haben könnten. Dem läßt sich auch nicht eine Aussage des zu Beginn des vierten Jahrhunderts schreibenden, zum Christentum bekehrten nordafrikanischen Rhetors Arnobius entgegenhalten. Arnobius tritt in seiner Schrift „Wider die Heiden" dem geläufigen heidnischen Vorwurf entgegen, der durch die Christen erregte Zorn der Götter sei die Ursache für alles mögliche Unheil. Er schreibt in diesem Zusammenhang unter anderem: „Wenn sie" — die Götter — „wollten, daß die Alemannen, Perser und Skythen darum besiegt werden, weil unter ihren Leuten Christen lebten und ihre Bleibe hatten, wieso haben sie dann den Römern den Sieg zuteil werden lassen, da doch auch unter ihren Leuten Christen lebten und ihre Bleibe hatten?"6 Hier soll mit einem offensichtlichen Beiklang von Ironie der konservativ-heidnische Vorwurf, die den Christen zur Last zu legende Abkehr von den Göttern sei der tiefere und eigentliche Grund auch der militärischen Katastrophen des Reiches und der verheerenden feindlichen Einfalle am Rhein, im Balkan- und Schwarzmeerraum und an der persischen Grenze während der großen Reichskrise des dritten Jahrhunderts, mit umgekehrtem Vorzeichen auf die erfolgreiche Stabilisierung der Verhältnisse in diesen kritischen Bereichen durch Diokletian und die Tetrarchie angewendet und damit ad absurdum geführt werden. Es ist ein rhetorischer Kunstgriff, wenn 6

Arnobius, Adversus nationes I 16, ed. A. Reifferscheid (CSEL 4), Wien 1875, 12, 13—17: 5t Alamannos, Persas, Scythas idcirco voluerunt devinci, qttod habitarent et degerent in eorum gentibus Christiani: Quemadmodum Romanis tribuere victoriam, cum habitarent et degerent in eorum quoque gentibus Christiani?

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auch zu Beginn des vierten Jahrhunderts nicht gerade ein geschickter, konnte doch diese Argumentation auch als Bestätigung der antichristlichen Religionspolitik Diokletians verstanden werden. Irgend eine nähere Kenntnis von den religiösen Verhältnissen bei den genannten Feindvölkern aber verbirgt sich dahinter sicher nicht. Anders als im gotischen Ausgreifsraum an der Schwarzmeerküste und unteren Donau ist es überhaupt denkbar unwahrscheinlich, daß es im Bereich der germanisch-rätischen Grenzzone bereits im dritten Jahrhundert, sei es im Zuge politischer, wirtschaftlicher und kultureller Austauschbeziehungen, sei es in der Folge kriegerischer Auseinandersetzungen und der germanischen Einfalle in Reichsgebiet, zu nachhaltigen germanischen Begegnungen mit römischem Christentum oder weiterwirkenden christlichen Ausstrahlungen nach Germanien gekommen ist. Dafür waren auf provinzialrömischer Seite die Voraussetzungen überhaupt erst seit dem vierten Jahrhundert gegeben. Nicht nur wuchs jetzt die Verbreitungsdichte des Christentums auch in den Grenzprovinzen und ihrem Hinterland, und zwar in besonderem Maß wohl in den sozial führenden Schichten, es trat vielmehr zudem auch infolge der ihm durch die konstantinische Wende zugewiesenen Geltung sehr viel augenfälliger in Erscheinung. Man denke nur an den kirchlichen Ausbau der konstantinischen Kaiserresidenz Trier, wo mit den durch ein Baptisterium verbundenen spätrömischen Vorgängerbauten von Dom und Liebfrauenkirche eine für die nordwestlichen Außenprovinzen des Reiches beispiellos bleibende repräsentative Doppelkirchenanlage entstand,7 man denke aber auch an das Erscheinen christlicher Symbolik auf Feldzeichen des römischen Heeres und in der kaiserlichen Münzprägung. 8 Es bleibt jedoch zu fragen, ob diese gewandelten Voraussetzungen provinzialrömischer christlicher Präsenz auch zu Auswirkungen auf die germanischen Verhältnisse jenseits der Reichsgrenzen geführt haben. Als wertlos für die Beantwortung dieser Frage muß man sicher die allgemein gehaltenen Behauptungen zweier griechischer Autoren des fünften Jahrhunderts ausschalten. Im zweiten Buch seiner zwischen 439 und 450 geschriebenen Kirchengeschichte spricht der konstantinopler Rechtsanwalt Sozomenos von der Förderung und dem Fortgang, den die Kirche zur Zeit Konstantins erfahren hat. In diesem Zusammenhang heißt es unter anderem 7

Vgl. dazu Jochen Zink, Die Baugeschichte des Trierer Doms von den Anfängen im 4. Jh. bis zur letzten Restauration: Der Trierer Dom, hg. v. Franz J. Ronig (Rhein. Verein für Denkmalpflege und Landschaftsschutz, Jahrbuch 1978/9), Neuss 1980, 17-111, hier 17-28. 8 Zum Labarum, dem christlichen Feldzeichen der spätrömischen Zeit, ygl. Rudolf Egger, Das Labarum. Die Kaiserstandarte der Spätantike (Sitzungsber. d. Osterreich. Akad. d. Wissenschaften, phil.-hist. Kl. 234,1), Wien 1960. — Zu den Anfängen römischer Münzprägung mit christlichen Symbolen vgl. Maria R.-Alföldi, Antike Numismatik, Mainz 1978, I 184 f. sowie speziell Konrad Kraft, Das Silbermedaillon Constantins d. Gr. mit dem Christusmonogramm auf dem Helm: Jahrb. für Numismatik u. Geldgeschichte 5/6 (1954/5) 151-178 (Nachdruck: Konstantin d. Gr., hg. v. Heinz Kraft, Darmstadt 1974, 297—344); Patrick Bruun, The Christian Signs on the Coins of Constantine: Arctos. Acta Philologica Fennica NS 3 (1962) 5—35.

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auch: „W hrend die Kirche sich dergestalt ber das gesamte r mische Kulturreich ausbreitete, drang die Gottesverehrung selbst unter den Barbaren vor. Schon n mlich hingen die St mme im Rheingebiet dem Christentum an; auch Kelten und die Fernsten unter den Galliern, die ihre Heimat am Atlantik haben, sowie Goten und deren fr here Grenznachbarn an den Ufern der Donau, die schon lange Teilhaber des Glaubens an Christus sind, vollzogen eine Wendung zu kultivierterer und vernunftgem er Art". 9 Gleich anschlie end ist dann von der Verschleppung kleinasiatischer Christen bei den Gotenz gen nach der Mitte des dritten Jahrhunderts und ihrer missionarischen Wirksamkeit unter den Goten die Rede. Mehr als eine verallgemeinernde Vorschaltung zu dem Bericht von diesen Vorg ngen, die tats chlich zu den Anf ngen des gotischen Christentums beigetragen haben, 10 darf man in den angef hrten Worten schwerlich sehen. Noch offenkundiger erweist die Plerophorie der Aufz hlung die Wertlosigkeit ihrer konkreten Einzelangaben, wenn um etwa die gleiche Zeit der Bischof Theodoret von Kyrrhos stlich von Antiochien unter denen, die neben den R mern und den ihnen Unterworfenen die Gebote Christi angenommen haben, au er „Skythen", Sarmaten, Indern, thiopiern, Persern, Chinesen, Hyrkaniern (am S dostufer des Kaspischen Meeres), Baktriern (im Raum des heutigen Afghanistan) und Britanniern auch die Germanen und die eigentlich ihnen zuzurechnenden, aber bei einem Autor seiner Zeit ohnehin nur eine gelehrte literarische Reminiszenz bildenden Kimbern nennt." Von den konkreten Vorg ngen gegen Ende der bisch flichen Amtszeit des Ambrosius von Mailand (373—397) wei dagegen dessen ehemaliger Sekret r Paulinus in seiner 422 auf Anregung Augustins geschriebenen, nach hagiographischen Vorbildern gestalteten Lebensbeschreibung des gro en Mail nder Kirchenf rsten zu berichten. Seine Erz hlung f hrt uns an den S dostrand des mitteleurop ischen Germanien: „Zu eben dieser Zeit", n mlich nach der Usurpation des Eugenius (392/4), „hatte eine Markomannenf rstin Fritigil von einem bei Gelegenheit aus Italien kommenden Christen vom Ruhm des Ambrosius berichten h ren. Sie nahm darauf den Glauben an Christus an, als dessen Diener sie diesen wu te, und erbat durch Boten unter bersendung von Geschenken an die Kirche nach Mailand schriftliche Unterrichtung dar ber, wie sie zu glauben habe. Ambrosius schickte ihr eine glanzvolle briefliche Glaubensunterweisung und hielt sie dabei zugleich an, 9

Sozomenos, Kirchengeschichte II 6,1, ed. ). Bidez/G. Ch. Hansen (GCS 50), Berlin 1960, 58, 8-13: Πληθυνούσης δε της εκκλησίας τούτον τον τρόπον ανά πάσαν την 'Ρωμαίων οίκουμένην, καί δι' αυτών των βαρβάρων ή θρησκεία έχώρει. ήδη γαρ τα τε άμφί τον Τήνον φύλα έχριστιάνιζον, Κελτοί τε καί οί Γαλατών ένδον τελευταίοι τον ώκεανόν προσοικοΰσι, καί Γότθοι, καί όσοι τούτοις όμοροι το πριν ήσαν άμφί τάς οχθας "Ιστρου ποταμού, πάλαι μετάσχοντες της εις Χριστόν πίστεως επί το ήμερώτερον καί λογικόν μευ^ρμόσαντο. 10 Vgl. dazu Peter Stockmeier, Bemerkungen zur Christianisierung der Goten im 4.Jh.: 2KG 92 (1981) 315-324. 11 Theodoret von Kyrrhos, Curatio 9,15, ed. P. Canivet (SC 57,2), Paris 1958, 340.

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sie möge ihrem Gatten nahelegen, mit den Römern Frieden zu wahren. Nach Erhalt dieses Briefes überredete sie ihren Mann, sich mit seinem Volk unter römisches Kommando zu stellen. Als sie nach Mailand gekommen war,, schmerzte es sie sehr, den heiligen Bischof, zu dem sie eilte, nicht mehr vorzufinden; denn er war bereits aus diesem Leben geschieden".12 Man hat es bei diesem Bericht, in dem Ambrosius als ausschlaggebender Anlaß und treibende Kraft des Geschehens erscheint, mit einer hagiographischen Umsetzung und Verarbeitung historischer Nachrichten zu tun. Man muß daher, will man an die im Hintergrund stehenden Ereignisse herankommen, seine besondere Perspektive zu entzerren versuchen. Fritigil ist die Gattin eines Markomannenfürsten, dem der Königstitel beigelegt wird und der mit seinem Verband in römischen Dienst tritt. Er wird daher wohl jenen Markomannen zuzurechnen sein, die auf römischem Reichsboden in Ufernoricum und Oberpannonien, in dem donauländischen Grenzgebiet zwischen Inn und Bakonywald angesiedelt wurden.13 Seine Gattin zeigt sich vom römischen Christentum beeindruckt. Ihre dadurch veranlaßte Kontaktaufnahme mit Ambrosius ist möglicherweise auf einem bereits durch bestehende politische Beziehungen angebahnten Weg in die zeitweilige Kaiserresidenz Mailand zustandegekommen. Daß dabei Ambrosius seinerseits in seinem Lehrschreiben auch eine politische Einflußahme im Interesse markomannischer Vertragstreue zum Reich versucht hat, ist keineswegs unwahrscheinlich. Ursächlich für die römische Indienstnahme des Verbandes wird er aber doch wohl erst unter dem Blickwinkel des Hagiographen. Über den Ausgang seines geistlichen Bemühens, ob Fritigil tatsächlich in aller Form Christin wurde und die Taufe empfing, erfahren wir nichts, und noch viel weniger, ob ihr Interesse am Christentum innerhalb des markomannischen Bereichs weitere Kreise gezogen hat. Aus dem Schweigen des Paulinus darüber darf man in diesem Fall wohl schließen, daß ihm nichts davon bekannt war; denn dergleichen hätte er sich kaum entgehen lassen. Was er aber zu berichten weiß, ist eine singuläre Episode ohne weitere Folgen, und sie führt sehr wahrscheinlich auch gar nicht über die römischen Reichsgrenzen hinaus. Für die Frage nach den Möglichkeiten und Wegen, durch die unter Umständen über diese Grenzen hinweg römisches Christentum nach Germanien gedrungen sein könnte, scheint die gegen Mitte des fünften Jahrhunderts 12

Paulinus von Mailand, Vita Ambrosii 36, ed. M. Pellegrino, Rom 1961, 102: Per idem tempus Fritigil quaedam regina Marcomannorum, cum a quodam Christiana viro, qui ad illam föne de Italiae partibus advenerat, referente sibi audiret famam viri (sc. Ambrosii), Christo credidit, cuius illum servulum recognoverat, missisque Mediolanum muneribus ad ecclesiam per legatos postulavit, ut scriptis ipsius qualiter credere deberet informaretur. Ad quam ille epistolam fecit praeclaram in modum catechismi, in qua etiam admonuit ut suaderet viro Romanis pacem servare: qua accepta epistola, mulier suasit viro, ut cum populo suo se Romanis traderet. Quae cum venisset Mediolanum, plurimum doluit, quod sanctum sacerdotem, ad quem festinaret, minime reperisset; iam enim de hac luce migraverat. 13 Vgl. Ludwig Schmidt, Geschichte der deutschen Stämme bis zum Ausgang der Völkerwanderung. Die Westgermanen, I, München 1938 = 1969, 184f.

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entstandene anonyme, aber wahrscheinlich Prosper von Aquitanien zuweisbare Schrift „Über die Berufung aller Heiden" auf den ersten Blick eine Antwort zu geben. Dem Verfasser ist an der Behauptung einer uneingeschränkten Universalität des göttlichen Heilswillens und -wirkens gelegen. Er sucht sie mit einem Hinweis darauf zu veranschaulichen, daß auch unter den Barbaren das Heil kund werde. In diesem Zusammenhang heißt es: „Von Feinden in Gefangenschaft geführt, haben Söhne der Kirche ihre Herren zu Hörigen des Evangeliums von Christus gemacht und diejenigen mit der Unterweisung im Glauben geleitet, denen sie nach Kriegsrecht dienten. Andere Barbaren wiederum haben in römischen Hilfsdiensten in unseren Landen gelernt, was sie in ihrer Heimat nicht erfahren konnten, und sind, in der christlichen Religion unterwiesen, nach Hause zurückgekehrt".14 Ins Barbarenland verschleppte Pronvinziale einerseits und aus römischen Diensten heimkehrende Barbaren andererseits erscheinen somit als wirksame Vermittler christlichen Einflusses außerhalb des römischen Herrschaftsbereiches. Für die Anfänge des Christentums bei den Goten des unteren Donauraums hat der erste der hier genannten Übermittlungswege in der Tat eine Rolle gespielt. Nach altem Kriegsrecht versklavte Menschen gehörten natürlich auch zu der Beute, die Franken und Alemannen bei ihren Raubzügen in die römischen Provinzen mit sich führten. Der spätere Kaiser Julian rühmt sich, durch seine Alemannensiege (357/59) zwanzigtausend solcher Gefangener befreit zu haben,15 und sicher haben sich Christen etwa unter den Gefangenen gefunden, die der Alemannenfürst Rando 368 aus Mainz fortgeschleppt hat, nachdem er die Stadt mit seinen Scharen während eines christlichen Festes ungehindert hatte heimsuchen können.16 Es gibt jedoch nicht den mindesten Hinweis dafür, daß solche verschleppten Christen im fränkischen und alemannischen Reichsvorfeld lebens- und entwicklungsfähige Gemeinden haben bilden können, die gar noch zu einer christlichen Durchsetzung ihrer germanischen Umwelt in der Lage gewesen sein sollten. Es herrschten hier offenbar andere Bedingungen, als sie in dem polyethnischen Herrschaftsverband des donauländischen Gotien gegeben waren, innerhalb dessen anscheinend auch aus dem Reich verpflanzte Bevölkerungsgruppen relativ freie Entfaltungsmöglichkeiten gefunden haben. Insofern lassen sich die Gegebenheiten des terwingisch-gotischen Raumes auch nicht ohne weiteres in das erbauliche Bild des geistlichen Rollentausches zwischen Herren und Knechten fassen, und es besteht erst recht kein Anlaß, ihm für den fränkischen und alemannischen Bereich Realität beizumessen. 14

De vocatione omnium gentium II23, PL 51, 717D/718A: Quidam ecclesiaefiliiab hostibus capti, dominos suos Christi Evangelio manciparunt et quibus conditione bellica serviebant, eisdem fidei magisterio praefuerunt. At alii barbari dum Romanis auxiliantur, quod in suis locis nosse non poterent, in nostris didicere regionibus, et ad sedes suas cum Christianae religionis institutione remearunt. 15 Julian, An Rat und Volk von Athen c.8, ed. J. Bidez I l, Paris 1932, 227. 16 Ammianus Marcellinus, Römische Geschichte XXVII 10,1 f., ed. Wolfgang Seyfarth IV, Berlin 1971, 82, 1-6.

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Es bleibt der zweite von unserem Autor ins Auge gefaßte Übermittlungsweg, das Einsickern christlicher Einflüsse durch Germanen, die aus römischen Diensten als Christen in ihre Heimat zurückgekehrt sein sollen. Da gerade seit Konstantin die Zahl solcher Söldner sprunghaft anstieg und während des vierten Jahrhunderts zu einer regelrechten Germanisierung des römischen Heeres führte, drängt sich eine solche Vorstellung natürlich rasch auf. Doch auch hier mahnt näheres Zusehen zu größter Zurückhaltung. Die Religionszugehörigkeit der Germanen in römischen Diensten, über die infolge ihres Aufstieges in höchste Führungsstellen Nachrichten überliefert sind, ist nur in wenigen Fällen zu ermitteln. In einer sechzig Namen umfassenden Zusammenstellung für das vierte Jahrhundert lassen sich lediglich vier Heiden und ebensoviele Christen eindeutig ausmachen.17 Bezeichnend ist dabei aber, daß von diesen Christen keiner aus dem westlichen Germanien stammt. Sie müssen daher in unserem Zusammenhang außer Betracht bleiben. Zwar wird aus der gleichen Namensliste häufig auch noch der Heermeister Silvanus, der fränkischer Abkunft war, als Christ angesehen. Aber diese religiöse Zuweisung ist keineswegs sicher. Silvanus sah sich 355, als er in Köln an der niedergermanischen Front stand, durch gegen ihn am Kaiserhof laufende Umtriebe in höchste Bedrängnis gebracht und ließ sich in dieser Lage in einer Flucht nach vorn selbst zum Kaiser ausrufen. Seine Erhebung wurde jedoch alsbald erstickt und er selbst niedergemacht, nachdem er vergebens in einer „Versammlungsstätte des christlichen Kultes" Zuflucht zu finden versucht hatte.18 Aus diesem Zufluchtsversuch kann jedoch nicht ohne weiteres schon gefolgert werden, daß er selbst Christ war. Im übrigen ist er auch als Sohn eines im Dienst Konstantins d. Gr. stehenden Franken schon in Gallien geboren und aufgewachsen, und sein lateinischer Name mag auf einen gewissen Grad der Romanisierung der Familie deuten. Ganz aus dem hier zur Diskussion stehenden Personenkreis fällt schließlich der weströmische Gegenkaiser der Jahre 350/53 Magnentius, der in seiner Münzprägung als Christ erscheint, was möglicherweise aber auch nur politische Zweckpropaganda gewesen sein könnte.19 Er stammte lediglich mütterlicherseits aus einer Familie von Laeten, das heißt, an die Scholle gebundenen Zwangsansiedlern fränkischer Herkunft. In Gallien zeigt der Befund zahlreicher Gräber, die nach ihren Beigaben Offizieren germanischer Herkunft und ihren Frauen zuzuordnen sind, eine Beibehaltung germanischen Brauchs und gibt so zu erkennen, daß man es hier mit einer Bevölkerungsgruppe innerhalb der römischen Grenzprovinzen zu tun hat, die infolge ihrer zahlenmäßigen Stärke und sozialen Geschlossen17

Manfred Waas, Germanen im römischen Dienst im 4. Jh. n. Chr., Phil.Diss. Bonn 1971, 68-113. 18 Ammian. Marcell. XV 5,31, ed. W. Seyfarth I, Berlin 1968, 130,7-11. Zu Silvanus vgl. A. H. M. Jones/J. R. Martindale/J. Morris, The prosopography of the later Roman Empire I, London 1971, 840f. 19 Vgl. dazu Joachim Ziegler, Zur religiösen Haltung der Gegenkaiser des 4.Jh., Kallmünz 1970, 53-74.

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heit eine kulturelle Eigenprägung bewahrte.20 Das von Valentinian I (364 bis 375) ausgesprochene Verbot von Ehen zwischen römischen Provinzialen und Reichsfremden21 mußte das auch noch von römischer Seite verstärken. Für christliche Einflüsse war so eine sicher nicht zu unterschätzende Eingangsschwelle gegeben. Erst recht oder eher in noch viel stärkerem Maße gilt entsprechendes für die breite Masse der in größeren oder kleineren landsmannschaftlichen Verbänden zusammengefaßten germanischen Söldner. Für die Spitze der römisch-germanischen Militärhierarchie läßt sich zudem auch noch eine andere Beobachtung anstellen, die zeigt, daß das Christentum auch als kaiserliche Religion selbst auf Germanen in exponierten Stellungen keinen konkurrenzlos überwältigenden Eindruck zu machen brauchte. Drei fränkische Heermeister des letzten Viertels des vierten Jahrhunderts, Richomer, Bauto und der ältere Arbogast, waren nicht nur ihrer Herkunft gemäß Heiden, sie haben vielmehr auch Kontakt zur heidnischen Geistigkeit ihrer römischen Umwelt gesucht und Beziehungen zu dem konservativ-heidnischen Senatskreis um Q. Aurelius Symmachus gepflegt. Richomer war zudem auch noch mit einem anderen Exponenten heidnischer Tradition, dem gefeierten antiochenischen Rhetor Libanios, freundschaftlich verbunden, und Arbogast hat 392/4 die mit einer letzten heidnischen Reaktion einhergehende Usurpation des Symmachusfreundes Eugenius nach dem Tode Valentinians II. (383—392) getragen.22 Bemerkenswert für die Begegnung eines vornehmen Germanen mit der religiösen Welt des römischen Reiches ist schließlich auch der von Ammianus Marcellinus beiläufig überlieferte Fall des Alemannenfürsten Mederich. Er hatte längere Zeit als Geisel in Gallien gelebt, wohl während der seit Ende der zwanziger Jahre des vierten Jahrhunderts bis zur Erhebung des Magnentius (350) an der Rheingrenze herrschenden Friedenszeit. Dort war er in die Serapismysterien eingeweiht worden und legte deshalb seinem Sohn Agenerich nachträglich den Namen Serapio bei.23 Soweit es das westliche Germanien betrifft, können nach allem, was sich feststellen läßt, die Vorstellungen des Verfassers der Schrift „Über die Berufung aller Heiden" von einer über zwei parallele Kanäle verlaufenden christlichen Infiltration der Stämme jenseits der Reichsgrenzen doch wohl nur als 20 Horst Wolfgang Boehme, Germanische Grabfunde des 4. bis 5. Jh. zwischen unterer Elbe und Loire, München 1974. 21 Codex Theodosianus III 14,1, ed. Th. Mommsen I 2, Berlin 21954 = 31962, 155. 22 Vgl. Karl Friedrich Stroheker, Zur Rolle der Heermeister fränkischer Abstammung im späten vierten Jahrhunden: Historia 4 (1955) 314-330, hier 324-329 = ders., Germanentum und Spätantike, Zürich/Stuttgart 1965, 9—29, hier 22—28. Zur heidnischen Senatsopposition vgl. Hans-Dietrich Altendorf, Römische Senatsaristokratie und Christentum am Ende des 4. Jahrhunderts: Kirchengeschichte als Missionsgeschichte I, hg. v. H. Frohnes / U. W. Knorr, München 1974, 227-243. 23 Ammianus Marcellinus, Römische Geschichte XVI 12,25, ed. Wolfgang Seyfarth I, Berlin 1968, 192, 8—12. Agenerich/Serapio war zur Zeit der Alemannenschlacht Julians bei Straßburg (357) noch ein sehr junger Mann. Die Begegnung seines Vaters mit dem Mysterienkult könnte demnach in die Zeit des Konstans (337—350) fallen.

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Ideal- und Wunschbild angesehen werden, das, vom theologischen Anliegen des Heilsuniversalismus wachgerufen, mit erbaulichen Zügen ausgeführt wird. Archäologische Befunde, die diesen aus der schriftlichen Überlieferung sich ergebenden Eindruck abmildern könnten, gibt es nicht. Eine Erörterung fordern dagegen noch einige sprachgeschichtliche Beobachtungen und die Frage ihrer missionsgeschichtlichen Auswertung. Die deutsche historische Wortforschung sucht die sprachliche Seite der germanischen Begegnung mit dem Christentum und seiner Aneignung durch die Abgrenzung zeitlicher und räumlicher Schichten des frühen christlich-kirchlichen Wortschatzes und ihre Einordnung in wirkungsgeschichtliche Zusammenhänge näher zu erhellen. Dabei bleibt sicher vieles unsicher und manches auch umstritten, es zeichnen sich aber doch auch gewisse Linien ab. So hebt sich eine alte Schicht von kirchensprachlichen Lehnwörtern heraus, die zwar noch nicht notwendigerweise schon eine Zugehörigkeit der sie ursprünglich aufnehmenden germanischen Sprecher selbst zum Christentum widerspiegelt, die aber auf jeden Fall in einer näheren und häufigen Begegnung mit seinen äußeren Erscheinungsformen und einem daraus entspringenden Bedürfnis, sie zu benennen, ihren Sitz im Leben hat. Über die Ausgrenzung dieser Schicht kirchensprachlichen Wortschatzes läßt sich im einzelnen gewiß diskutieren. Hans Eggers hat in einer Übersicht über die missionsgeschichtlich interessanten Ergebnisse wortgeschichtlicher Arbeit sechs Wörter als für sie repräsentativ herausgestellt.24 Es sind: 1) Kirche, althochdeutsch kirihha, altsächsisch kirika, altenglisch cirica, wohl über vermutetes vulgärlateinisches :;"cyrica unter Genuswechsel aus , einer vulgärgriechischen Nebenform für griechisches , im Sinne von Kirchengebäude;25 2) Bischof, althochdeutsch biscof, altsächsisch biscop, altenglisch bisceof, aus galloromanisch !:"(e)biscopu zu gräkolateinisch episcopus; 3) Mönch, althochdeutsch munih, altsäcnsisch munik, altenglisch munuk, aus galloromanisch ""municus zu gräkolateinisch monachus; 4) Münster, althochdeutsch munistri, altenglisch mynster, aus galloromanisch *monisterium zu gräkolateinisch monasterium, Kloster; 5). segnen in der Bedeutung „mit dem Kreuzzeichen bezeichnen", althochdeutsch seganön, altsächsisch segnön, altenglisch segnian, aus galloromanisch :; "segnare zu lateinisch signare; 6) Almosen, althochdeutsch (fränkisch) alamuosa, altsächsisch alemosna, altenglisch aelmisse, aus galloromanisch :; "almosna zu gräkolateinisch eleemosyna. Dieses letzte Wort allerdings wird man, auch wenn es in formaler Hinsicht ganz den übrigen fünf entspricht, aus sachlichen Gründen wohl einer anderen Zeit- und Intensitätsstufe der Berührung mit dem Christentum zuordnen müssen. Im klassischen, schon 24

Hans Eggers, Die Annahme des Christentums im Spiegel der deutschen Sprachgeschichte: Kirchengeschichte als Missionsgeschichte II l, München 1978, 466-504, hier 485 f. 25 Vgl. Achim Masser, Die Bezeichnungen für das christliche Gotteshaus in der deutschen Sprache des Mittelalters, Berlin 1966, 17—27.

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aus dem Judentum überkommenen Dreiklang mit Beten und Fasten ist das Almosen ein christliches Werk, zu dem diejenigen angehalten werden, die bereits ihren Weg in die Kirche gefunden haben. Der wahrscheinliche Ort der Übernahme dieses Begriffs ist daher in der kirchlichen Unterweisung und Predigt und nicht in einer rein äußerlichen Begegnung mit Erscheinungsformen des Christentums zu suchen. Den genannten Lehnworten sind zwei Merkmale gemeinsam: Sie sind gemeinwestgermanisch, und das heißt vor allem, sie gehören zum kirchlichen Wortschatz nicht nur des Altdeutschen, sondern auch des Altenglischen, und sie beruhen auf vulgärlateinisch-galloromanischen Ausgangswörtern. Das letzte weist auf ihre Übernahme im umgangssprachlichen Austausch innerhalb des gallischen Raumes, und die gemeinwestgermanische Verbreitung deutet auf ein hohes Alter der Entlehnung hin. Doch hier ist für eine missions- und kirchengeschichtliche Auswertung schon Vorsicht geboten. Als sicher kurzschlüssig weil allein auf der immanenten Logik eines abstrakten Denkmodells der Entfaltung der westgermanischen Sprachgruppe beruhend muß die gelegentlich angestellte Vermutung ausgeschaltet werden, die altenglische Beteiligung an einem solchen elementaren christlichen Lehnwortschatz weise auf eine Übernahme schon vor der Einwanderung der Angelsachsen nach England.26 Das Wortgut müßte dann einen Teil der angelsächsischen Verbände noch vor ihrer um die Mitte des fünften Jahrhunderts in größerem Umfang in Gang kommenden Abwanderung vom Kontinent erreicht haben und dann unter ihnen auch bewahrt worden sein. Es ist jedoch nicht einsichtig, von welchen Kommunikationsbedürfnissen eine solche frühe Übermittlung nach Germanien hinein und eine anschließende generationenlange Weitertradierung getragen worden sein sollte. Sehr viel näher liegt es, an eine fränkische Vermittlung im Zuge der frühen Angelsachsenmission zu denken.27 Ihr ist eine Aufnahme politischer kentisch-fränkischer Beziehungen vorauf gegangen, eine Beteiligung fränkischer Kräfte an ihren Anfängen gerade auch zur sprachlichen Unterstützung der aus Rom entsandten Missionare ist überliefert,28 und auch darüber hinaus sind fränkische Einflüsse wirksam gewesen.29 Nur scheinbar eine chronologische Handhabe bietet auch das Wort Kirche als Bezeichnung des christlichen Gottesdienstgebäudes infolge der Annahme, das griechische Ausgangswort sei im Trierer und mittelrheinischen Raum als kurzlebiges Modewort der konstantinischen Zeit aufgekommen und von den 26

Vgl. Hans Eggers, Deutsche Sprachgeschichte I, Reinbek 1963, 118-120; mit Einschränkungen ders., Annahme (wie Anm. 24), 487. 27 Vgl. Theodor Frings, Germania Romana I, Halle 21966, 41. 28 Gregor d. Gr., Registrum epistolarum VI 51 (an die Frankenkönige Theuderich II [596-613, Burgund] und Theudebert II [596-612, Auster] vom Juli 596), ed. D. Norberg (CCh. SL 140), Turnhout 1982, 424, 13-16; Beda venerabilis, Kirchengeschichte I 25, ed. G. Spitzbart I (Texte zur Forschung 34,1), Darmstadt 1982, 80. 29 Vgl. Friedrich Prinz, Zum fränkischen und irischen Anteil an der Bekehrung der Angelsachsen: ZKG 95 (1984) 315-336.

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fränkischen Grenznachbarn übernommen worden.30 Doch ist eher ein relativ altes Won, das sich regional anscheinend noch gegenüber dem sonst im Westen durchdringenden, nach seinem Muster gebildeten Bedeutungslehnwort dominicum behauptet hat, so etwa im Trierer Raum, der schon früh von dem griechisch durchsetzten christlichen Ausstrahlungszentrum Lyon erreicht worden sein dürfte. Dagegen hat das zwar schon früh in Nordafrika für das gottesdienstliche Gebäude der Christen gebrauchte basilica allgemeine Verbreitung in dieser Bedeutung erst infolge der Kirchenbautätigkeit der konstantinischen Zeit gefunden. Da basilica aber in einem allgemeineren Sinn als Bezeichnung für allerlei öffentliche Gebäude schon längst geläufig war, hat man ihm in Trier bei der neuen, speziell christlichen Anwendung möglicherweise zeitweilig das hier noch lebendige ältere Wort zur Näherbestimmung und Verdeutlichung beigefügt: basilica *cyrica; das würde zwanglos den Genuswechsel vom neutrischen Ausgangswort zu der als Basis des westgermanischen Lehnwortes zu vermutenden femininen Form erklären. Auf jeden Fall aber gibt es keinen Grund, an eine germanische Übernahme des Wortes vor dem fünften Jahrhundert zu denken, als sich im Zuge der fränkischen Landnahme, die im weiteren Trierer Raum einen germanischen Siedlungsgürtel rings um eine romanische Reliktzone im Moseltal legte,31 die Kirche und ihre Einrichtungen auf altem römischen Provinzialboden selbst anhaltend in den engeren alltäglichen Gesichtskreis von Franken rückte. Vor einer Verbreitung im rechtsrheinischen Germanien steht man aber auch damit immer noch nicht. Der Eindruck einer frühen Verbreitung christlicher Termini im germanischen Raum mag sich auf den ersten Blick auch einstellen, wenn man als ältestes Zeugnis des Wortes Segen, althochdeutsch segan, eine langobardische Runeninschrift aus Pannonien ansprechen will.32 Es handelt sich um eine Zueignungsinschrift auf einem zusammengehörigen Paar von Bügelfibeln aus einem Frauengrab des langobardischen Gräberfeldes von Bezenye (Pallersdorf) im Komitat Raab-Ödenburg im Nordwesten Ungarns. Das Gräberfeld wird ans Ende der pannonischen Langobardenzeit datiert (ca. 550—568).33 30

Die von Masser (wie Anm. 25) referierte wortgeschichtliche Diskussion zu „Kirche" leidet unter unzulänglicher Berücksichtigung des altkirchlichen Sprachgebrauchs; vgl. dazu Knut Schäferdiek, - *cyrica — kirihha. Zum geschichtlichen Hintergrund einer Etymologie: Beiträge zur Geschichte der deutschen Sprache und Literatur 106 (1984) 46-50. 31 Vgl. Eugen Ewig, Trier im Merowingerreich, Trier 1954 = Aalen 1973, 61 — 77; Kurt Böhner, Romanen und Franken im Trierer Land: Geschichte des Trierer Landes, hg. v. Richard Laufner, I, Trier 1964, 312-335. 32 Friedrich Kluge, Etymologisches Wörterbuch der deutschen Sprache, bearbeitet v. Walther Mitzka, Berlin 2I1975, 697 (hier wird die Runeninschrift mit „um 600" zu spät datiert); Hans Eggers, Sprachgeschichte I (wie Anm. 26), 120, dagegen nicht mehr Annahme (wie Anm. 24), 486. Die Inschrift: Stephan Opitz, Südgermanische Runeninschriften im älteren Futhark aus der Merowingerzeit, Kirchzarten 21980, 11 u. 183-185. 33 Joachim Werner, Die Langobarden in Pannonien (Abhandlungen der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Phil.-hist. Kl. NF 55), München 1962, 45.

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Für die doch wohl zu Lebzeiten der Bestatteten gefertigte Inschrift führt das etwa in das zweite Viertel des sechsten Jahrhunderts. Neben zwei Namen enthält sie die als Zueignungswunsch gedeuteten Wörter unja und segun, die zu althochdeutsch wunn(i)a (neuhochdeutsch Wonne) und segan gestellt werden. Aufgrund des letzten gilt sie allgemein als christlich, so daß sie auch als Beispiel einer Ersetzung magischer Ausdrücke durch christliche Wunschformeln angesehen werden konnte.34 Doch ist ihr religionsgeschichtlicher Hintergrund keineswegs ohne weiteres auszumachen, zumal auch die Möglichkeit des Synkretismus mit in Betracht gezogen werden muß, und es ist methodisch problematisch, den Inhalt der Wunschformel einfach von der Bedeutung her zu bestimmen, die den beiden darin verwendeten Wörtern in Jahrhunderte späteren Texten der althochdeutschen Literatur zukommt. Wichtiger als die religionsphänomenologische Zuordnung ist für die Möglichkeit der Bewertung des langobardisch-runischen segun als Niederschlag einer Wortwanderung indessen die Frage, ob es tatsächlich mit dem althochdeutschen segan genetisch identisch ist. Über die Herleitung des letzten besteht keine einhellige Meinung, doch scheint einiges dafür zu sprechen, daß man es hier mit einer relativ späten althochdeutschen Rückbildung aus dem bereits erwähnten Verb seganon zu tun hat.35 Dann aber steht das runische segun für sich alleine und könnte als unabhängige Übernahme von lateinisch signum (altromanisch *segnu) gedeutet werden. Doch auch, wenn beide Worte einen gemeinsamen fränkischen Ursprung haben sollten, wäre es noch keineswegs ohne weiteres auch statthaft, in dem langobardischen Zeugnis den Endpunkt eines längeren gestaffelten innergermanischen Übermittlungsvorgangs zu sehen. 548 beruft sich eine langobardische Gesandtschaft dem byzantinischen Kaiser Justinian (527—565) gegenüber auf das Langobarden und Byzantiner verbindende katholische Christentum.36 Ein geschichtlicher Kontext für die hier vorausgesetzte, sicher nur sehr oberflächliche und allein von der politischen Spitze vollzogene förmliche langobardische Hinwendung dazu aber läßt sich in der politischen Machtkonstellation finden, die sich in den Jahren um den Tod des Ostgotenkönigs Theoderich (471 — 526, seit 493 Regent des weströmischen Reiches) herausbildete. Langobardischerseits suchte damals König Wacho (ca. 510—540) politischdynastische Beziehungen zum Frankenreich, während sich andererseits zur Zeit Theudeberts I von Austrasien (534—548) die fränkische Macht, und zwar auch in kirchlicher Hinsicht, bis in den Ostalpenraum und an die pannonische Grenze bemerkbar machte.37 Wer die Runeninschrift von Bezenye

34

Stefan Sonderegger, Frühe Erscheinungsformen dichterischer Sprache im Althochdeutschen: Typologia Litterarum. Festschrift für Max Wehrli, Zürich 1969, 54-81, hier 56. 35 Theodor Frings / Gertraud Müller, Germania Romana II, Halle 1968, 460f. 36 Prokop, Gotenkriege III 34,24, ed. Otto Veh II, München 1966, 662. 37 Vgl. Jörg Jarunt, Geschichte der Langobarden (Urban-Taschenbücher 339), Stuttgart 1982, 21 f.; Erich Zöllner, Geschichte der Franken, München 1970, 91-93.

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Zur Frage früher christlicher Einwirkungen

als Niederschlag ursprünglich fränkischer christlicher Terminologie deuten will, darf diese Gegebenheiten gewiß nicht außer Betracht lassen. Besteht somit keine Nötigung, die Anfänge eines wenn auch nur elementaren westgermanischen christlichen Wortschatzes bis ins vierte Jahrhundert zurückzudatieren, so muß aus kirchengeschichtlicher Sicht auch vor allzu weitgehenden Folgerungen aus sprachgeschichtlichen Beobachtungen zu dem Wort Gott gewarnt werden. Als Wiedergabe von , deus ist dieses etymologisch nicht befriedigend aufgehellte Wort gemeingermanisch. Grammatisch wird es wie seine griechische und lateinische Entsprechung persönlich im Maskulinum verwendet, ist aber ursprünglich ein Neutrum. Im Althochdeutschen spiegelt sich das nunmehr in dem neutrischen Kompositum daz abgot (der heidnische Gott in christlicher Deutung, das Götterbild) und dem vereinzelten neutrischen Glossenwort helligot (Unterweltsgötter) für lateinisches manes (Totengeister).38 Im Gotischen ist es auch formal an der endungslosen Form des Nominativ Singular gulp und der Pluralbildung guda (Joh. 10,34f.; Gal. 4,8) zu erkennen.39 Allgemein wird angenommen, daß der Übergang zur maskulinischen Verwendung des Wortes, der von der Sprachgemeinschaft zunächst als Regelverstoß empfunden werden mußte, unter christlichem Einfluß erfolgt ist. Der Begriff wird für seine christliche Verwendung gleichsam zurechtgebogen. Hans Eggers spricht sogar von einer Bedeutungsentlehnung 40 und folgert aus der Gemeinsamkeit von Gotischem und Westgermanischem, daß sie „schon in heidnischer Zeit" erfolgt sein könnte, „als die Germanen erstmals von dem einen göttlichen Herrn der Christen erfuhren, der unnennbar war und keines Namens bedurfte, im Gegensatz zu der Vielzahl der heidnischen und römischen Götter, deren Namen man kannte". 41 Doch das ist es wohl kaum, was man erfuhr, wenn man als von außen kommender Beobachter im römischen Reich Christen in ihrer alltäglichen Umwelt begegnete. Was man da in erster Linie erfahren mußte, das waren etwa ihre Christus- und Märtyrerverehrung, eine bis zur 38

Vgl. Elisabeth Karg-Gasterstädt, got und abgot: Beiträge zur Geschichte der deutschen Sprache und Literatur 67 (1945) 420-433. 39 Im Altnordischen, das den ursprünglich neutrischen Charakter des Wortes ebenfalls durch Endungslosigkeit zu erkennen gibt, unterläuft in erstarrten Formeln gelegentlich auch bei Beziehung auf den christlichen Gott sogar eine neutrisch-pluralische Verwendung; vgl. Walter Baetke, gud in den altnordischen Eidesformeln: Beiträge zur Geschichte der deutschen Sprache und Literatur 70 (1948) 351—371, vgl. auch Wolfgang Lange, Studien zur christlichen Dichtung der Nordgermanen, Göttingen 1958, 183T. Im übrigen ist der altnordische christliche Sprachgebrauch auf die Dauer zu einer sekundären grammatischen und lautlichen Unterscheidung zwischen neutrischem god, heidnischer, und maskulinem g«: At alü atque alü praefata exgtnte ministri / Sermonisfuerant iliis inpartibus orbis. / E quibus egrtgti Suidbert Viraque sacerdos / Temporibus fulsere suis [.Diener des Wortes jedoch fanden sich immer neue / aus dem genannten Volk in jenen Teilen der Welt. / Hell erglänzten aus ihnen die außergewöhnlichen Männer / Suidbert und Vira der Bischof*]. Es handelt sich aber wohl um eine bloße Reihung auf gleicher Ebene und keine Zuordnung Viras zu Suidbert. Für ungesicherte Vermutungen über die Identität Viras vgl. LEVISON (wie Anm. 92) S. 82 Anm. 2.

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Betrachtet man diese Überlieferung aus dem Kontext heraus, in den sie von Beda eingeordnet worden ist, dann wirft ihre Mitteilung, ,die in Friesland dem Dienst am Wort ergebenen Brüder'101 hätten einen aus ihrer Mitte zum Bischof gewählt und zur Weihe nach England geschickt, dieser aber habe bald nach seiner Rückkehr Friesland verlassen, erhebliche Fragen auf. Einerseits wird angenommen, Suidberts Wahl zum Bischof habe stattgefunden, während sich Willbrord auf seiner ersten Romreise befand102, andererseits, sie müsse nach seiner Rückkehr in seiner Anwesenheit erfolgt sein103. Als Grund für Suidberts alsbaldigen Fortgang aus Friesland wird vielfach vermutet, die eigenmächtige Bestellung eines Bischofs sei auf den Widerstand Pippins gestoßen104. Indessen nimmt Suidbert eine neue Tätigkeit im austrasisch-fränkischen Herrschaftsbereich auf, und es ist schließlich auch wieder Pippin, der ihm die Gründung eines Klosters in Kaiserswerth ermöglicht. Rechnet man mit einer die Belange Pippins außer acht lassenden Bischofswahl im Beisein und unter der Leitung Willibrords, müßte man diesem zudem ein beträchtliches Maß an Blauäugigkeit hinsichtlich der Bedingungen unterstellen, die sich aus der Anlehnung an die fränkische Herrschaft für seine Arbeit ergaben. Beda will jedoch sicher zu verstehen geben, daß Suidbert in Abwesenheit Wülibrords gewählt wurde; denn ,die Brüder' sind für ihn auch an anderer Stelle die Mitarbeiter Willibrords im Gegenüber zu ihm selbst105. Dann aber müßte man in der Wahl Suidberts zum Bischof einen provokativen Akt der Opposition gegen Willibrord als den Leiter der Gruppe sehen. Doch das Gedächtnis Suidberts findet später Eingang in Willibrords Kalendar. Vor allem aber stellt sich unter dieser Voraussetzung die Frage, mit welcher Legitimation Suidbert und seine Wähler ihren Anspruch bei Wilfrith hätten glaubhaft machen und ihn zur Vornahme der Weihe bewegen können und in welcher Beziehung sie als Mönche aus dem irischen Rathmelsigi überhaupt zu Wilfrith gestanden haben sollen. Eine Beziehung zu ihm hatte gerade Willibrord als sein ehemaliger Zögling im Kloster Ripon106. Letztlich müssen die sich stellenden Verständnisschwierigkeiten auf die Frage führen, ob denn das von Beda entworfene Bild überhaupt stimmig ist oder ob nicht vielmehr seine Verknüpfung von Willibrord- und Suidbertüberlieferung und ihre Synchronisierung irrig sind. Sein Hinweis, daß Wilfrith zur Zeit der Weihe Suidberts im Exil in Mercien gelebt habe (691/2-702/3) und die Weihe erfolgt sei, als der gewählte Nachfolger Theodors von 101 102

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Beda, Hist. V 11 (wie Anm. 2) S. 4&4:jrains, qui tränt in Frtsia Verbi ministcrio mancipati. Vgl. z. B. VON SCHUBERT (wie Anm. 40) S. 297; LEVISON (wie Anm. 92) S. 57; RADEMACHER (wie Anm. 93) S. 148; THEODOR SCHIEFFER, Art. Suitbert, in: Lexikon für Theologie und Kirche2 Freiburg i. Br. 1964, Sp. 1159; EWIG (wie Anm. 40) S. 13. Vgl. z.B. ALBERT HAUCK, Kirchengeschichte Deutschlands l, Leipzig 21922 = Berlin-Leipzig 81954, S. 407; FRANZ FLASKAMP, Suidbercht (Missionsgeschichte der deutschen Stämme und Landschaften 2) Duderstadt 1930, S. 15-19; WAMPACH (wie Anm. 47) S. 223 f. Vgl. z.B. HAUCK (wie Anm. 103) S. 408; FLASKAMP (wie Anm. 103) S. 20-22; WAMPACH (wie Anm. 47) S. 224 f.; ferner RADEMACHER (wie Anm. 93) S. 148 und SCHIEFFER (wie Anm. 102), die aber auch ein Zerwürfnis zwischen Suidbert und Willibrord zu erwägen geben. Beda, Hist. V 11 (wie Anm. 2) S. 486: alias quoque iüis in rtgonibus ipse (sc. Uilbnrd) (onstituit antistites ex totwn numen fratmm, qui uel stcum utlpost si Uio ad pracdieandum uencrant [,er (Willibrord) setzte in diesem Gebiet aus der Zahl der Brüder, die entweder mit ihm oder nach ihm zur Verkündigung dorthin gekommen waren, auch andere Bischöfe ein*]. Alkuin, Vita Willibrordi 3 (wie Anm. 24) S. 117,25-118,13 (ohne Nennung Wilfriths); Eddi Stephanus, Vita Wilfridi 26 (wie Anm. 1) S. 52.

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Canterbury sein Amt noch nicht angetreten habe (zwischen Anfang Juli 692 und Ende August 693), kann keineswegs ohne weiteres als Stütze dieser Synchronisierung gelten. Er ist eher eine für Beda aus ihr sich ergebende Folgerung, die ihm Gelegenheit zu einer beschönigenden Erklärung dafür gibt, daß Suidbert seine Weihe nicht von dem Erzbischof von Canterbury empfängt. In nahezu gleicher Weise hatte er früher schon in einem anderen Zusammenhang eine von Wilfrith vorgenommene Bischofsweihe kommentiert107. Nach der von Beda aufgenommenen Überlieferung gehört Suidbert zu einem Kreis von Mönchen, die mit Missionsaufgaben in Friesland betraut sind. Zugleich stehen sie in einem solchen Verhältnis zu Wilfrith, daß es für sie selbstverständlich erscheint, den aus ihrer Mitte gewählten Anwärter auf das Bischofsamt zur Weihe zu ihm zu schicken in der Erwartung, daß diese auch erteilt wird. Eddi Stephanus berichtet von Wilfriths Durchreisemission in Friesland im Winter 678/9108. Auch wenn deren Erfolge dabei übertrieben werden, läßt sich doch fragen, ob Wilfrith nicht auch Vorsorge für eine Weiterführung seiner Ansätze getroffen haben mag. Eddi teilt darüber nichts mit. Doch in der Wilfrith verbundenen Missionarsgruppe um Suidbert wird möglicherweise noch eine Spur solcher Vorsorge sichtbar. Ihr Wirkungsfeld wäre dann das nicht fränkisch beherrschte Friesland gewesen. Der Eindruck, es handele sich um das friesische Wirkungsfeld Willibrords, entsteht erst durch Bedas Verknüpfung von Suidbert- und Willibrordüberlieferung. Wie die Ortsbestimmung muß dann auch der Zeitansatz Bedas korrigiert werden. Am ehesten ist zu denken an die Jahre nach Wilfriths Rückkehr aus Rom und seiner zeitweiligen Inhaftierung in Northumbrien, in denen er zunächst in Sussex missionarisch und kirchenorganisatorisch tätig war (ca. 681—685) und dann nach einem Zwischenaufenthalt in Wessex (685) vorübergehend wieder nach Northumbrien zurückkehren konnte (686), an die Zeit wohl auch vor dem Eintreffen Wiktberts in Friesland. Ein solcher Ansatz bietet zugleich eine mögliche Erklärung für den überraschenden Fortgang Suidberts aus dem friesischen Wirkungsfeld, nachdem seine Bischofswahl und -weihe doch eher als Anzeichen einer Stabilisierung erscheinen. Er könnte veranlaßt sein durch den zwischen 679 und 689/90 erfolgten friesischen Herrschaftswechsel von Aldgisl zu seinem Sohn Radbod109, an dessen missions feindlicher Haltung dann auch Wiktbert gescheitert ist. Ein solcher erfolgloser Ausgang eines Versuchs, Wilfriths Missionsansatz weiterzuführen, wäre auch ein denkbarer Grund für Eddi Stephanus, davon zu schweigen und statt dessen auf seine erfolgreiche Wiederaufnahme durch Wilfriths einstigen Zögling Willi107

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Beda, Hist. IV 23 (wie Anm. 2) S. 410: der zum Bischof für das tnercische Unterkönigtum der Hwicce vorgesehene Oftfor ... iubtnte Aedilndo rege per Uilfridum beaiae memoriae antistittm, qui tunc temporis Mediterraneomm Anglemm tpiscopatum gtrebat, ordinaius ist, pro to quod archiepiscopus Theodoras tarn dtfunctus trat, et necdurn aliuspro to ordinatus episcopus [,... wurde auf Geheiß Ethelreds (König von Mercicn) durch den Bischof Wilfrith seligen Angedenkens geweiht, der damals das Bistum der Mittelangeln (zum mercischen Herrschaftsbereich gehörend) versah, weil der Erzbischof Theodor (von Canterbury) bereits verstorben und an seiner Stelle noch kein anderer Bischof geweiht war*]. Eddi Stephanus, Vita Wilfridi 26 (wie Anm. 1) S. 52. Der Herrschaftswechsel ist erfolgt zwischen dem Aufenthalt Wilfriths bei Aldgisl im Winter 678/9 und dem Feldzug Pippins gegen Radbod nicht lange vor dem Eintreffen der Willibrordgruppe im Frankenreich 690: Eddi Stephanus, Vita Wilfridi 16 f. (wie Anm. 1) S. 52/4; Beda, Hist. V 10 (wie Anm. 2) S. 480. Der Herrschaftsantritt Radbods fällt einige Zeit vor den Feldzug Pippins, da schon Wiktbert mit ihm zu tun hatte: Beda, Hist. V 9, S. 478.

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brord zu verweisen110. Mit dieser Ortung der Suidbertgruppe erweisen sich alle vermeintlichen Rätsel der Bischofswahl und -weihe Suidberts als Scheinprobleme, die allein durch Bedas Überlieferungsverknüpfung aufgeworfen werden. Nach der Aufgabe der Arbeit in Friesland sucht Suidbert ein neues Wirkungsfeld im fränkischen Herrschaftsbereich. Er findet es in einem Randgebiet Austrasiens, im Land der Boruktuarer111, in dem Raum zwischen Lippe und Ruhr112. Die von Beda aufgezeichnete Suidbertüberlieferung ist die einzige schriftliche Quelle zur Geschichte dieses alten Bruktererlandes in merowingischer Zeit. Die in einer hochmittelalterlichen Urkundenfälschung aus dem Kölner Stift St. Kunibert verfochtene Behauptung, bereits Dagobert I. (623—638) habe der Kölner Kirche im Osten dieses Raumes, in Soest, Besitz übertragen, ist nicht glaubwürdig113. Über die Bedingungen des der Überlieferung nach erfolgreichen Wirkens Suidberts unter den Boruktuarern ist infolge völligen Quellenmangels nichts bekannt. Man wird aber annehmen dürfen, daß er seine Tätigkeit dort mit Wissen und Willen Pippins aufgenommen hat, möglicherweise auch von ihm oder aus seiner Umgebung dorthin gewiesen worden ist. Jedenfalls hat er sich, als schließlich die dauerhafte Inbesitznahme des Boruktuarerlandes durch die Sachsen seinem dortigen Wirken ein Ende machte, an ihn gewandt in der berechtigten Erwartung, von ihm Unterstützung zu erhalten. Es wurde ihm ,Auf dem Werth' ein Besitz zur Ermöglichung einer Klostergründung, nach Kaiserswerther Überlieferung ein Hof namens Rheinhausen114, übertragen. Nach der Suidbertüberlieferung geschah das auf Verwenden Plektruds. Das deutet auf eine besondere Anteilnahme Plektruds, die an110

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Vgl. Anm. 1. Beda bietet die Form Bunctoari, nicht Bonctoarii (Hist. V 9 und 11 [wie Anm. 2] S. 476 und 484, 486). Boructuari ist ein Bewohnername mit dem Volksnamen der Brukterer als erstem und dem geläufigen *-u>ari als zweitem Glied mit der Bedeutung 'Bewohner des Bruktererlandes', d. h. des von den Brukterern seit Ausgang des ersten Jahrhunderts besiedelten Raumes zwischen Lippe und Ruhr. Der Name lebt in dem des karolingerzeitlichen sächsischen Boractra-Gxas (Raum Bochum/Werl) fort. Die Namenbildung weist auf eine politische Neukonstituierung im Rahmen der fränkischen Reichsbildung nach Auflösung der Altstämme des Frankenbundes, zu denen die Brukterer gehört haben. Zu den Brukterern vgl. LUDWIG SCHMIDT, Geschichte der deutschen Stämme bis zum Ausgang der Völkerwanderung. Die Westgermanen, Neudruck der 2. Aufl., München 1970, S. 420-424; GÜNTER NEUMANN-HARALD VON PETRIKOVITS-RAFAEL VON USLAR, Art. Brukterer, in: Reallexikon der Germanischen Altertumskunde2 3, Berlin-New York 1978, S. 581-586. Zum Boruktuarerland vgl. EUGEN EWIG, Die Civitas Ubiorum, die Francia Rhinensis und das Land Ribuarien, in: Rheinische Vierteljahrsblätter 19, 1954, S. 1-29, S. 14-16 = FRANZ PETRI (Hg.), Siedlung, Sprache und Bevölkerungsstruktur im Frankenreich (Wege der Forschung 49) Darmstadt 1973, S. 403— 446, S. 424-426 = EUGEN EWIG, Spätantikes und fränkisches Gallien I (Beihefte der Francia 3.1) Zürich-München 1976, S. 472-503, S. 487-489; WILHELM WINKELMANN, Frühgeschichte und Frühmittelalter, in: WILHELM KOHL (Hg.), Westfälische Geschichte l, Düsseldorf 1983, S. 187-230, S. 192f., 225 sowie 199 (Kartenskizze). Das Boruktuarerland reichte im Westen nicht bis zum Rhein; Versuch einer Erfassung der West- und Ostgrenze bei RADEMACHER (wie Anm. 93) S. 142 f. FRIEDRICH WILHELM OEDIGER, Die Regesten der Erzbischöfe von Köln im Mittelalter l, Bonn 1954/ 61, S. 21, Nr. 35 (die Fälschung aus dem 12. Jh. ebd. S. 310, Nr. 1039); vgl. DERS., Geschichte des Erzbistums Köln l, Köln 21972, S. 78; HANS-DIETRICH KAHL, Karl der Große und die Sachsen, in: Politik, Gesellschaft, Geschichtsschreibung. Gießener Festgabe für Franüiek Graus zum 60. Geburtstag, Köln-Wien 1982, S. 49-130, S. 54. Diplom Heinrichs VI. von 1193, HEINRICH KELLETER, Urkundenbuch des Stiftes Kaiserswerth (Urkundcnbücher der geistlichen Stiftungen des Niederrheins 1) Bonn 1904, S. 29 (Nr. 18); vgl. zu den Fragen der Kaiserswcrther Besitzübertragung auch WERNER (wie Anm. 25) S. 258—263.

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scheinend engere Beziehungen zum Kölner Raum hatte115, und vielleicht darf man auch an Verbindungen des Suidbertkreises zu ihr denken. Bedas historiographische Einbindung der ihm in der Passio der Ewalde und der Kaiserswerther Klostergründungstradition vorliegenden isolierten Nachrichten über zeitgenössische angelsächsische Missionsversuche auf dem Fesdand in seine Darstellung der Willibrordmission — oder besser: der vom Egbertkloster Rathmelsigi ausgehenden Mission — hat die Sicht der frühen angelsächsischen Festlandmission nachhaltig bestimmt und sie auch über eine berechtigte wirkungsgeschichtliche Gewichtung hinaus ganz in den Horizont der Willibrordmission treten lassen. Auch die bei Beda durchaus noch erkennbare Rolle Egberts ist dabei weithin in den Hintergrund getreten, in ausgeprägtem Maße in der Wertung Willibrords als eines im Schnittpunkt irofränkischer, römischer und angelsächsischer Traditionen stehenden Exponenten universalmissionarischen Denkens durch W H. Fritze116. Demgegenüber sollte im Vorstehenden versucht werden, ein stärkeres Augenmerk auch auf die vor und neben Willibrord wirksamen Kräfte zu richten und dabei womöglich, nicht zuletzt auch über eine methodisch gebotene Dekomposition der Darstellung Bedas, ein nuancenreicheres Bild zu gewinnen und scheinbar Vertrautes in neuem Licht zu sehen. 115 116

VgL WERNER (wie Anm. 25) S. 249. FRITZE (wie Anm. 20).

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1964 Das manichäische Aktencorpus und Leucius Charinus: EDGAR HENNECKE/WILHELM SCHNEEMELCHER (Herausgeber), Neutestamentliche Apokryphen in deutscher Übersetzung, Band II, Tübingen 31964, 117 — 125 [englische Übersetzung London 1965] Johannesakten: EDGAR HENNECKE/WILHELM SCHNEEMELCHER (Herausgeber), Neutestamentliche Apokryphen in deutscher Übersetzung, Band II, Tübingen 31964, 125—176 [englische Übersetzung London 1965] Rezension zu: Tusculum-Lexikon griechischer und lateinischer Autoren, München 1963: ZEITSCHRIFT FÜR KIRCHENGESCHICHTE 75 (1964) 162-163 Rezension zu: Hans Erich Feine, Kirchliche Rechtsgeschichte, Köln/Gra^ 4 1964: ZEITSCHRIFT FÜR KIRCHENGESCHICHTE 75 (1964) 358-359 1965 Rezension zu: Erik Tidner, Didascaliae Apostolorum Canonum Ecclesiasticorum Traditionis Apostolicae versiones latinae [Texte und Untersuchungen 75], Berlin 1963: THEOLOGISCHE LITERATURZEITUNG 90 (1965) 839-840 Rezension zu: Jahrbuch für Antike und Christentum 6 (1963): ZEITSCHRIFT FÜR KIRCHENGESCHICHTE 76 (1965) 420-421 1966 Rezension zu: Henricus Kraft, Clavis Patrum Apostolicorum, München 1963: THEOLOGISCHE LITERATURZEITUNG 91 (1966) 521—522 Papst, /. Historisch: EVANGELISCHES STAATSLEXIKON, Stuttgart/Berlin 1966, 1453-1455 Rezension zu: Francis J. Buckley, Christ and the Church according to Gregory of Elvira, Rom 1964: ZEITSCHRIFT FÜR KIRCHENGESCHICHTE 77 (1966) REZENSION zu: / N. Bakhui^en van den Brink,/J. Undeboom, Handboek der Kerkgeschiedenis I und II, den Haag 1965: ZEITSCHRIFT FÜR KIRCHENGESCHICHTE 77 (1966) 350-352

Bibliographie Knut Schäferdiek

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1967 24 Rezension zu: Gon^alo Martine^ Die%j IM coleccion canonica Hispana I, Madrid 1966: ZEITSCHRIFT FÜR KIRCHENGESCHICHTE 78 (1967) 144-148 25 REZENSION zu: Günther Koch, Heilsverwirklichung bei Theodor von Mopsuestia [Münchener Theologische Studien II31], München 1965: THEOLOGISCHE LITERATURZEITUNG 92 (1967) 433-444 26 Die Kirche in den Reichen der Westgoten und Suewen bis zur Begründung der westgotischen katholischen Staatskirche [Arbeiten %ur Kirchengeschichte 39], Berlin 1967 27 Rezension zu: Hans-Joachim Diesner, Das Vandalenreich [Urban-Bücher 95], Stuttgart 1966: ZEITSCHRIFT FÜR KIRCHENGESCHICHTE 78 (1967) 365366 28 Rezension zu: Karl-Josef Barbian, Die alihochdeutschen Symbola [Veröffentlichungen des Missionspnesterseminars Sankt Augustin 14], Steyl 1964: ZEITSCHRIFT FÜR KIRCHENGESCHICHTE 78 (1967) 383 — 385

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1968 Rezension zu: Fnedrich Prin^ Frühes Mönchtum im Frankenreich, München 1965: ZEITSCHRIFT FÜR KIRCHENGESCHICHTE 79 (1968) 100-102 Rezension zu: Evangelos Chrysos, Die Bischofslisten des V. ökumenischen Kon%ils [Antiquitas 114], Bonn 1966: ZEITSCHRIFT FÜR KIRCHENGESCHICHTE 79 (1968) 406-407

1969 31 Rezension zu: Bibliographia synodorum particularium, collegii Jacobus Theodorus Sawicki [Monumenta iuris canonici, series C, subsidia 2], Rom 1967: ZEITSCHRIFT FÜR KIRCHENGESCHICHTE 80 (1969) 255-256 32 Rezension zu: Geschichtsivirklichkeit und Glaubensbewährung. Festschrift für Bischof Friedrich Müller, herausgegeben von Franklin Clark Fry, Stuttgart 1967: ZEITSCHRIFT FÜR KIRCHENGESCHICHTE 80 (1969) 256 — 258 33 REZENSION zu: Giuseppe Luigi Dossetfi, H Simbolo di Nicea e di Costantinopoli [Testi e ricerche di seiende religiöse 2], Rom 1967: ZEITSCHRIFT FÜR KIRCHENGESCHICHTE 80 (1969) 258-260 34 Der adoptianische Streit im Rahmen der spanischen Kirchengeschichte [ ): ZEITSCHRIFT FÜR KIRCHENGESCHICHTE 80 (1969) 291-311 [Fortsetzung s. 34]

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1970 Theodor von Mopsuestia als Exeget des vierten Evangeliums: STUDIA PATRISTICA 10. Papers presented to the Fifth International Conference

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Bibliographie Knut Schäferdiek

on Patristic Studies held at Oxford 1967, edited by F. L. Cross [Texte und Untersuchungen 107], Berlin 1970, 242-246 Der adoptianische Streit im Rahmen der spanischen Kirchengeschichte [II]: ZEITSCHRIFT FÜR KIRCHENGESCHICHTE 81 (1970) 1-16 (Fortsetzung von 32] Der germanische Arianismus. Erwägungen zum geschichtlichen Verständnis: MISCELLANEA HISTORIAE ECCLESIASTICAE III. Colloque de Cambridge 24. —28. sept. 1968 [Bibliotheque de la Revue d'histoire ecclesiastique 50], Löwen 1970, 71-83 Rezension zu: Emilienne Demougeot, La formation de /'Europe et les invasions barbans, Paris 1969: JAHRBUCH FÜR ANTIKE UND CHRISTENTUM 13 (1970) 107 1972

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Rezension zu: Antonio Monies Moreira, Potamius de Lisbonne et la controverse arienne, Löwen 1969: ZEITSCHRIFT FÜR KIRCHENGESCHICHTE 83 (1972) 251-252 1973

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Rezension zu: Friedrich Wilhelm Baufy Biographisch-bibliographisches Kirchenlexikon, Lieferung 1 — 5, Hamm 1970—1972: ZEITSCHRIFT FÜR KIRCHENGESCHICHTE 84 (1973) 96-97 Ein neues Bild der Geschichte Chlodwigs?: ZEITSCHRIFT FÜR KIRCHENGESCHICHTE 84 (1973) 270-277 1974

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Rezension zu: Karl Heinrich Krüger, Königsgrabkirchen [Münstersche Mittelalter-Schriften 4], München 1971: ZEITSCHRIFT FÜR KIRCHENGESCHICHTE 85 (1974) 98-99 Rezension zu: Jürgen Scheele, Zur Rolle der Unfreien in den römischen Christenverfolgungen. Phil. Dissertation Tübingen 1970: ZEITSCHRIFT FÜR KIRCHENGESCHICHTE 85 (1974) 98 Bekehrung und Bekehrungsgeschichte, //. Deutschland und Nachbarländer. III. England und Schottland: REALLEXIKON DER GERMANISCHEN ALTERTUMSKUNDE 2 2, Lieferung 2/3, Berlin/New York 1974, 180-188 Mitherausgeber: Wilhelm Schneemelcher, Gesammelte Aufsätze zum Neuen Testament und zur Patristik, herausgegeben von Wolfgang A. Bienert und Knut Schäferdiek [Analecta Vlatadon 22], Thessaloniki 1974

Bibliographic Knut Schäferdiek

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Rezension zu: Dietrich Claude, Adel und Königtum im Westgotenreich [Vorträge und Forschungen. Sonderband 8], Sigmaringen 1971: ZEITSCHRIFT DER SAVIGNY-STIFTUNG FÜR RECHTSGESCHICHTE, Germanistische Abteilung 91 (1974) 205-207 1975

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Bischofsamt, /. Historisch: EVANGELISCHES STAATSLEXIKON2, Stuttgart 1975, 225-226 Kaisertum und Papsttum: EVANGELISCHES STAATSLEXIKON2, Stuttgart 1975, 1089-1094 Kirchenstaat: EVANGELISCHES STAATSLEXIKON2, Stuttgart 1975, 12371238 Ökumenische Konzile: EVANGELISCHES STAATSLEXIKON2, Stuttgart 1975, 1667-1670 Papst, /. Historisch: EVANGELISCHES STAATSLEXIKON2, Stuttgart 1975, 1743-1744 Simonie: EVANGELISCHES STAATSLEXIKON2, Stuttgart 1975, 2308 — 2309 Rezension zu: Torben Chrisfensen, C. Galerius Valerius Maximinus. Studier overpolitik og religion i Romerriget 305— 13, Kopenhagen 1974: ZEITSCHRIFT FÜR KIRCHENGESCHICHTE 86 (1975) 242-243 Rezension zu: Festschrift für Walter Schlesinger, herausgegeben von Helmut Beumann, Band II [Mitteldeutsche Forschungen 74/11], Köln/Wien 1974: ZEITSCHRIFT FÜR KIRCHENGESCHICHTE 86 (1975) 246 — 247 Rezension zu: [Hydatius von Aquae Flaviae:] Hydace, Chronique. I. Introduction, texte critique, traduction. — II. Commentaire et index, par Alan Tranoj [Sources Chretiennes 218/219], Paris 1974: ZEITSCHRIFT FÜR KIRCHENGESCHICHTE 86 (1975) 398-399 Rezension zu: Wolfgang H. Fritze, Papst und Frankenkönig [Vorträge und Forschungen, Sonderband 10], Sigmaringen 1973: ZEITSCHRIFT DER SAVIGNYSTIFTUNG FÜR RECHTSGESCHICHTE, Germanistische Abteilung 92 (1975) 398-399 1976

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Bischof, /. Historisch: REALLEXIKON DER GERMANISCHEN ALTERTUMSKUNDE 2 3, Lieferung 1/2 (1976) 34-36 Bonifatius: REALLEXIKON DER GERMANISCHEN ALTERTUMSKUNDE 2 3, Lieferung 1/2 (1976) 220-223 Rezension zu: John T. McNeil, The Celtic Churches, Chicago/London 1974: ZEITSCHRIFT FÜR KIRCHENGESCHICHTE 87 (1976) 358 — 359

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Bibliographie Knut Schäferdiek

Mitherausgeber: Theologische Realenzyklopädie l ff, Berlin/New York 1976 ff

1977 Amt, V.4. Ausblick: THEOLOGISCHE REALENZYKLOPÄDIE 2, Lieferung 3/ 4 (1977) 552 Rezension zu: Einar Molland, Kristenhetens kirker og trossamfunn, Oslo 1976: ZEITSCHRIFT FÜR KIRCHENGESCHICHTE 88 (1977) 333-334 1978

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Germanenmission: REALLEXIKON FÜR ANTIKE UND CHRISTENTUM 10 (1978) 492-548 Herausgeber: Die Kirche des früheren Mittelalters [Kirchengeschichte als Missionsgeschichte II 1], herausgegeben von Knut Schäferdiek, München 1978 Die geschichtliche Stellung des sogenannten germanischen Arianismus: KJRCHENGESCHICHTE ALS MISSIONSGESCHICHTE II l, herausgegeben von Knut Schäferdiek, München 1978, 79-90 Eugen Ewig/Knut Schäferdiek, Christliche Expansion im Merowingerreich: KIRCHENGESCHICHTE ALS MISSIONSGESCHICHTE II l, herausgegeben von Knut Schäferdiek, München 1978, 116 — 145 Die Grundlegung der angelsächsischen Kirche im Spannungsfeld insular-keltischen und kontinental-römischen Christentums: KIRCHENGESCHICHTE ALS MISSIONSGESCHICHTE II l, herausgegeben von Knut Schäferdiek, München 1978, 149-191

1979 Zeit und Umstände des westgotischen Übergangs zum Christentum: HisTORiA28 (1979) 90-97 Mitherausgeber: Von Konstantin zu Theodosius. Wilhelm Schneemelcher zum 65. Geburtstag [= Zeitschrift für Kirchengeschichte 90, Heft 2/3], herausgegeben von Wolfgang A. Bienert/Knut Schäferdiek, Stuttgart 1979 Wulfila. Vom Bischof von Gotien zum Gotenbischof: ZEITSCHRIFT FÜR KIRCHENGESCHICHTE 90 (1979) 253-292 = Von Konstantin zu Theodosius [s. 6 , 107-146 1980 Caesarius von Arles: REALLEXIKON DER GERMANISCHEN ALTERTUMSKUNDE 2 4, Lieferung 3/4 (1980) 319-321

Bibliographie Knut Schäferdiek

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Christentum der Bekehrungszeit, I A. Kirchliche Voraussetzungen der Germanenbekehrung. REALLEXIKON DER GERMANISCHEN ALTERTUMSKUNDE2 4, Lieferung 3/4 (1980) 501-510 Zu Verfasserschaft und Situation der epistula ad Constantiam de imagine Christi: ZEITSCHRIFT FÜR KIRCHENGESCHICHTE 91 (1980) 177 — 186 1981 Chlodwig: THEOLOGISCHE REALENZYKLOPÄDIE 8, Lieferung 1/2 (1981) 1-2 Christenverfolgungen, 2. /. Chnstenverfolgungen außerhalb des Römischen Reiches. 1. Gotten: THEOLOGISCHE REALENZYKLOPÄDIE 8, Lieferung 1/2 (1981) 29 Die Fragmente der ,Skeireins' und der Johanneskommentar des Theodor von Herakleia: ZEITSCHRIFT FÜR DEUTSCHES ALTERTUM 110 (1981) 175-193 Rezension zu: Franklin H. Uttell, Atlas %ur Geschichte des Chnstentums, Wuppertal 1980: ZEITSCHRIFT FÜR KIRCHENGESCHICHTE 92 (1981) 334-336 Rezension zu: Kirkehisiorisk bibliograß, Kopenhagen 1979: ZEITSCHRIFT FÜR KIRCHENGESCHICHTE 92 (1981) 336-337 1982 Das Heilige in Laienhand. Zur Entstehungsgeschichte der fränkischen Eigenkirche: VOM AMT DES LAIEN IN KIRCHE UND THEOLOGIE. Festschrift für Gerhard Krause zum 70. Geburtstag, herausgegeben von Henning Schröer und Gerhard Müller, Berün 1982, 122-140 Columbans Wirken im Frankenreich (591-612): DIE IREN UND EUROPA IM FRÜHEREN MITTELALTER, herausgegeben von Heinz Löwe, Stuttgart 1982, Band I, 171-201 Gab es eine gotisch-arianische Mission im süddeutschen Raum?: ZEITSCHRIFT FÜR BAYERISCHE LANDESGESCHICHTE 45 (1982) 239 — 257

82 Theodor von Herakleia (328/34 — 351/55). Ein wenig bekannter Kirchenpolitiker und Exeget des vierten Jahrhunderts: ROMANITAS — CHRISTIANITAS. Untersuchungen zur Geschichte und Literatur der römischen Kaiserzeit. Johannes Sträub zum 70. Geburtstag am 18. Oktober 1982 gewidmet, herausgegeben von Gerhard Wirth, Berlin/New York 1982, 393-410

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1983 Franken: THEOLOGISCHE REALENZYKLOPÄDIE 11, Lieferung 2/3 (1983) 330-335

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Bibliographie Knut Schäferdiek

Herkunft und Interesse der alten Johannesakten: ZEITSCHRIFT FÜR DIE NEUTESTAMENTLICHE WISSENSCHAFT 74 (1983) 247-267 Germanenmission, arianische: THEOLOGISCHE REALENZYKLOPÄDIE 12, Lieferung 3/4 (1983) 506-510 Germanisierung des Christentums: THEOLOGISCHE REALENZYKLOPÄDIE 12, Lieferung 3/4 (1983) 521-524 Remigius von Reims. Kirchenmann einer Umbruchszeit: ZEITSCHRIFT FÜR KIRCHENGESCHICHTE 94 (1983) 256-278 Rezension zu: Eric Junod/'Jean-Daniel Kaestli, L'histoire des actes apocryphes des apotres du au IXe siede. Le cas des Actes de Jean [Cahiers de la Revue de iheologie et dephilosophie 7], Genf, Lausanne, Neuchatel 1983: ZEITSCHRIFT FÜR KIRCHENGESCHICHTE 94 (1983) 376 — 377 Der irische Osterzyklus des sechsten und siebten Jahrhunderts: DEUTSCHES ARCHIV 39 (1983) 357-378

1984 90 kirihha — *cynca — . Zum geschichtlichen Hintergrund einer Etymologie: BEITRÄGE ZUR GESCHICHTE DER DEUTSCHEN SPRACHE UND LITERATUR 106 (1984) 46-50 91 The Irish mission of the seventh century. Historical fact or historiographical fiction?: THE END OF STRIFE. Papers selected from the Colloquium of the Commission d'Histoire Ecclesiastique Comparee held at the University of Durham 2. to 9. September 1981. Edited by David Loades, Edinburgh 1984, 139-154 92 Rezension zu: Scripta arriana latina I, ed. Roger Gryson [Corpus Christianorum, series latina 87], Turnhout 1982: ZEITSCHRIFT FÜR KIRCHENGESCHICHTE 95 (1984) 254 93 Rezension zu: Reiner Sörries, Die Bilder der Orthodoxen im Kampf gegen die Arianer [Europäische Hochschulschriften R. XXIII 186], Frankfurt/Bern 1983: ZEITSCHRIFT FÜR KIRCHENGESCHICHTE 95 (1984) 254-258 94 Rezension zu: La coleccion canonica Hispana III, ed. Gon^alo Martine^ D/e^/ Felix Rodngue^j Madrid 1982: ZEITSCHRIFT FÜR KIRCHENGESCHICHTE 95 (1984) 258-259 1985 95 Herausgeber: Martin Luther im Spiegel heutiger Wissenschaft [Studium Universale — Schriftenreihe der Universität Bonn 4], herausgegeben von Knut Schäferdiek, Bonn 1985 96 galeiks afar bokom. der gotische arianismus: HISTORICUM. zeitung der aktionsgemeinschaft für die historischen institute an österreichischen

Bibliographie Knut Schäferdiek

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Universitäten sowie für die lehrer an höheren schulen, sommer 1985, 13-15 Bonosus von Naissus, Bonosus von Serdika und die Bonosianer: ZEITSCHRIFT FÜR KIRCHENGESCHICHTE 96 (1985) 162-178 Gottschalk der Sachse: THEOLOGISCHE REALENZYKLOPÄDIE 14, Lieferung 1/2 (1985) 108-110 Rezension zu: August Strobel, Texte %ur Geschichte des frühchristlichen Osterkalenders [Liturgiemssenschaftltche Quellen und Forschungen 64], Münster 1984: THEOLOGISCHE LITERATURZEITUNG 110 (1985) 613-614 Rezension zu: Acta Johannis, ed. Eric Junod/Jean-Daniel Kaestli (Corpus Chnstianorum, series apocryphorum 1 — 2], Turnhout 1983: ZEITSCHRIFT FÜR KIRCHENGESCHICHTE 96 (1985) 422-424 Echternach, 2. Missionsgeschichtliches: REALLEXIKON DER GERMANISCHEN ALTERTUMSKUNDE2 6, Lieferung 3/4 (1985) 351 —353 Das sogenannte zweite Konzil von Arles und die älteste Kanonessammlung der arelatenser Kirche: ZEITSCHRIFT DER SAVIGNY-STIFTUNG FÜR RECHTSGESCHICHTE 102, Kanonistische Abteilung 71 (1985) 1 — 19 Die ,Passio Johannis' des Melito von Laodikeia und die , Virtutes Johannis': ANALECTA BOLLANDIANA 103 (1985) 367-382

1986 104

Elipandus: LEXIKON DES MITTELALTERS 3, München/Zürich 1986, 1830-1831 105 Eigenkirchen: REALLEXIKON DER GERMANISCHEN ALTERTUMSKUNDE2 6 (1986) 559-561 106 Herausgeber: Bibliographia Patristica XXVI/XXVII. Die Erscheinungen der Jahre 1981 und 1982, Berlin/New York 1986

1987 107 108 109 110 111

Bischofsamt: EVANGELISCHES STAATSLEXIKON3, Stuttgart 1987, 268 — 270 Kaisertum und Papsttum: EVANGELISCHES STAATSLEXIKON3, Stuttgart 1987, 1465-1472 Kirchenstaat: EVANGELISCHES STAATSLEXIKON3, Stuttgart 1987, 1693 — 1695 Ökumenische Konzile: EVANGELISCHES STAATSLEXIKON3, Stuttgart 1987, 2308-2312 Papst, /. Historisch: EVANGELISCHES STAATSLEXIKON3, Stuttgart 1987, 2400-2402

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Bibliographie Knut Schäferdiek

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Missionary Methods: THE CHRISTIANIZATION OF SCANDINAVIA. Report of an Symposium held at Kungälv, Sweden, edited by Birgit Sawyer/ Peter Sawyer/Ian Wood, Alingsäs 1987, 24-26 113 Rezension zu: Louis Leloir, Ecrites apocryphes sur les apotres. Traduction de I'edition armenienne de Venise. I [Corpus Christianorum, series apocryphorum 3], Turnboui 1986: THEOLOGISCHE LITERATURZEITUNG 112 (1987) 448-449 114 Zur Frage früher christlicher Einwirkungen auf den westgermanischen Raum: ZEITSCHRIFT FÜR KIRCHENGESCHICHTE 98 (1987) 149 — 166 115 Herausgeber: Bibliographia Patristica XXVIII. Die Erscheinungen des Jahres 1983, herausgegeben von Knut Schäferdiek, Berlin/New York 1987 1988

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Eligius von Noyon, /. Historisches: REALLEXIKON DER GERMANISCHEN ALTERTUMSKUNDE2 7, Lieferung 1/2 (1988) 144-147 Das gotische liturgische Kalenderfragment — Bruchstück eines Konstantinopeler Martyrologs: ZEITSCHRIFT FÜR DIE NEUTESTAMENTLICHE WISSENSCHAFT 79 (1988) 116-137 Irische Mission: EVANGELISCHES KiRCHENLEXiKON3 2 (1988) 724 — 726 1989

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Mitherausgeber: Oecumenica et Patristica. Festschrift Wilhelm Schneemelcher zum 75. Geburtstag, herausgegeben von Damaskinos Papandreou/Wolfgang A. Bienert/Knut Schäferdiek, Chambesy —Genf/ Stuttgart 1989 120 Der Sermone de passione sanctorum Donati et Aduocati als donatistisches Selbstzeugnis: OECUMENICA ET PATRISTICA [s. 116], Chambesy—Genf/ Stuttgart 1989, 175-198 121 Emmeran: REALLEXIKON DER GERMANISCHEN ALTERTUMSKUNDE2 7, Lieferung 3/4 (1989) 272-274 122 Die Leukios Charinos zugeschriebene manichäische Sammlung apokrypher Apostelgeschichten: WILHELM SCHNEEMELCHER (Herausgeber), Neutestamentliche Apokryphen in deutscher Übersetzung II, Tübingen 51989, 81-93 [englische Übersetzung London 1990] 123 Johannesakten: WILHELM SCHNEEMELCHER (Herausgeber), Neutestamentliche Apokryphen in deutscher Übersetzung II, Tübingen 51989, 138-190 [englische Übersetzung London 1990] 124 Konstantinopel, /. Ökumenische Synode 680/81: THEOLOGISCHE REALENZYKLOPÄDIE 19, Lieferung 3/4 (1989) 527-529

Bibliographie Knut Schäferdiek

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Herausgeber: Bibliographia Patristica XXIX. Die Erscheinungen des Jahres 1984, herausgegeben von Knut Schäferdiek, Berlin/New York 1989

1990 126 Die Überlieferung des Namens Ulfila. Zum linguistischen Umgang mit der Überlieferungsgeschichte: BEITRÄGE ZUR NAMENFORSCHUNG 25 (1990) 267-276

1991 127

Christian Mission and Expansion: EARLY CHRISTIANITY. Origins and evolution to A. D. 600. In Honour of W H C Frend. Edited by Ian Hazlett, London 1991, 65-77 128 Francia rhinensis und rheinische Kirche. Randbemerkungen zur frühen fränkischen Geschichte: STANDFESTER GLAUBE. Festschrift J. F. G. Goeters, herausgegeben von Heiner Faulenbach [Schriftenreihe des Vereins für Rheinische Kirchengeschichte 100], Köln 1991, 1-20 129 Gotien. Eine Kirche im Vorfeld des frühbyzantinischen Reichs: JAHRBUCH FÜR ANTIKE UND CHRISTENTUM 33 (1990 [1991]) 36 — 52

1992 130

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Rezension zu: Jakob Amstadt, Südgermanische Religion seit der Völkenvanderungs^eit, Stuttgart/Berlin/Köln 1991: THEOLOGISCHE LITERATURZEITUNG 117 (1992) 417 Das gotische Christentum im vierten Jahrhundert: TRIUWE. Studien zur Sprachgeschichte und Literaturwissenschaft. Gedächtnisbuch für Elfriede Stutz, herausgegeben von Karl-Friedrich Kraft/Eva-Maria Lill/ Ute Schwab [Heidelberger Bibliotheksschriften 47], Heidelberg 1992, 1950

1993 132

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Märtyrerüberlieferungen aus der gotischen Kirche des vierten Jahrhunderts: LOGOS. Festschrift für Luise Abramowski, herausgegeben von Hanns Christof Brennecke/Ernst Ludwig Grasmück/Christoph Markschies [Beihefte %ur Zeitschrift für die mutestamentliche Wissenschaft 67], Berlin/New York 1993, 328-360 Mittelalter: THEOLOGISCHE REALENZYKLOPÄDIE 23, Lieferung 1/2 (1993) 110-121 Attila: LEXIKON FÜR THEOLOGIE UND KiRCHE 3 l (1993) 1166

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Bibliographie Knut Schäferdiek

1994 135 Kilian von Würzburg. Gestalt und Gestaltung eines Heiligen: ICONOLOGIA SACRA. Mythos, Bild, Bildkunst und Dichtung in der Religionsund Sozialgeschichte Europas. Festschrift für Karl Hauck, herausgegeben von Hagen Keller und Nikolaus Staubach [Arbeiten %ur Frühmittelalterforschung 23], Berlin/New York 1994, 313-340 136 Herausgeber: Bibliographia Patristica XXX —XXXII. Die Erscheinungen der Jahre 1985 — 1987, herausgegeben von Knut Schäferdiek, Berlin/New York 1994 137 Fragen der frühen angelsächsischen Festlandmission: FRÜHMITTELALTERLICHE STUDIEN 28 (1994) 172-195 138 Fachberater: Reallexikon der germanischen Altertumskunde2 8 ff, Berlin/New York 1994 ff

Register Moderne Autoren Abramowski, L. 85 Achclis, H. l, 147 f., 158f., 166, 181, 206 Aigran, R. 166 Akinian, N. 139 Alamo, M. del 391 f. Albert, G. 131 f. Alexe, S. C. 120 Altaner, B. 87 Altendorf, H.-D. 237 Amann, R. 382, 386 Amstad, J. 468 Anderson, A. O. 472 Anderson, M. O. 351, 472 Andresen, C. 86 Angenendt, A. 221, 471 f., 501, 504 Ansprengcr, F. 382, 387, 389, 391 f. Anton, H. H. 331, 343 Aufderhaar, E. 209 Bach, A. 206 f. Bachelet, X. le 287 Baesecke, G. 221 Baetke, W. 210 Bardenhewer, C). 87 Bardy, G. 287 Barnea, I. 101 Barnes, T. D. 137 Bartelink, G. J. M. 226 Barton, F. 203 Bauer, W. 163 Baucrreiss, R. 204 Baumeister, T. 152 Baumstark, A. 148 Baus, K. 86 Beck, H. 205,211,221,494 Bennett, W. H. 62, 70, 74, 76, 78 f., 145 Berkum, . van 336

Berschin, W 372, 473 Bctz, W. 221 Bidagor, R. 253 Bidez,J. 167 Bigelmair, A. 461 f., 465, 474, 478 Bilgeri, B. 376 Biraben, J.-N. 306 Bischoff, B. 460, 463, 474, 481 f. Blanke, F. 371-373, 375, 377 Bleiber, W. 332 Boe, C. de 336, 343 Boeren, P. C. 322, 336, 345 Böhme, H.W. 215,217, 237 Böhmer, H. 4, 10, 18, 172 Bohnenberger, K. 209, 218 Böhner, K. 227, 335 Boppcrt, VK 336 Borries-Schultcn, S. von 459 Botte, B. 216 Bovon, F. 163 Braune, W 210 Brechter, S. 477 Brennecke, H. C. 55, 59, 111, 116, 130, 139, 174, 337 Brockelmann, C. 45 Bruckner, A 460, 473 Brunhöhd, F. 478 Bruun, P. 15, 97, 232 Bullough, D. 382, 384 Büttner, H. 340 Butxen, R. 468 Capelle, B. 4 Carson, R. A. G. 10 Caspar, E. 298, 360 Caspari, C. P. 67 Chabot, J.-B. 45 Chadwick, H. 288

524

Register

Christlein, R. 213 Chrysos, E. K. 12 f., 97 f., 100, 127, 206 Claude, D. 109, 183, 219 f. Colbert, E. P. 391 Coman,J. 104, 120, 187 Corazza, V. 150 Corsten, K. 335 Coville, A. 355 Crook, J. A. 307 f., 323, 346 Cross, F. L. 153 De Abadal y de Vinyals, R. 382 Delehaye, H. l f., 126, 153 f., 158, 161 Demougeot, E. 230 Dienemann,]. 459, 461-463, 466, 470 f., 473, 475, 478 f., 484 Diepholder, G. 494 Dietrich, E. 38, 40, 71, 74, 78 f., 85 f., 157 Diez, G. M. 260, 279 f., 282 Dihle, A. 79 Dinklage, K. 462 Dinkier, E. 15 Dix, G. 216 Dölger, F.J. 205,224-226 Doppelfeld, O. 333, 335 Dopsch, A. 251 Dorner, I. A. 381 Droege, G. 329, 335 Duchesne, L. 268, 309, 318, 322 f., 327, 337 Düwel, K. 376 Dvornik, F. 166 Ebbinghaus, E. A. 48, 97, 105, 112, 145, 182, 190, 194, 196, 200 Ebrard, J. H. A. 439 Eckardt, A. 353 f. Eger, H. 160 Eggers, H. 206, 208, 210, 212, 232, 238-240, 242 Ehrismann, G. 72 Eichler, E. 493 Eis, G. 23 Eibern, V. H. 340 Engel, E. 493 Engel, W. 480 Engelhart, H. 468, 485

Engels, O. 337 Engemann, J. 217 Ewig, E. 86, 227, 240, 311-313, 316 f., 319-322, 324, 326 f., 329-333, 338-343, 347 f., 355, 360, 369, 371 f., 461, 466, 509 Faulhaber, M. 62 Feine, H. E. 247, 249-251, 262, 265 Feist, S. 38 Fernandez, G. 193 Fiebiger, O. 45, 117 f. Finkenstaedt, T. 502 Finsterwalder, P. W. 495 Fitz,J. 185 Flaskamp, F. 503, 505, 507 Florez, H. 384, 387 Follieri, E. 171 Freeden, M. H. von 480 Friedrichsen, G. W. S. 38, 62, 70, 74, 144, 156 f. Frings, T. 208, 210, 223, 239, 241 Fritze, W. H. 491 -495, 497, 500-502, 510 Gajdukevic, V. F. 15 f. Gamber, K. 24, 130 Gamillscheg, E. 47 Garns, P. B. 388 Gardthausen, V. 44, 117 Gauthier, N. 338, 347 Gibb, H. A. R. 384 Giesecke, H. E. 26 f., 34 Giesen, D. 366 Girardet, M. 52, 57, 60 Goff, J. le 306 Golenko, K. V. 15 Gougaud, L. 351 Graf, H.-J. 41, 45 Graus, F. 367 Green, D. H. 210 Grierson, P. 307 f., 323, 346 Griffe, E. 308, 319 Grillmeier, A. 67, 84 Grönbeck, W. 376 Grumel, V. 150 Gryson, R. 140, 145, 150, 165

Moderne Autoren

Güldenstubbe, E. S. von 459 Günther, R. 343 Haendler, G. 9, 399, 495 Hajjar, J. 54 Hamann, S. 213 f. Hannik, C. 142 Härtung, W 331 Hauck, A. 247, 296, 351, 355, 363, 382, 384, 476, 507 Hauschild, W.-D. 104, 120 Heather, P. 127, 188 Hefele, C.J. 382 Heil, W 382-384, 386-388, 390 Heinemeyer, K. 264, 340 Heinzelmann, M. 316 Helfferich, A. 387-389 Helm, K. 83, 249, 375 Henss, W. 138, 141 Herrmann, J. 60, 493 Hild, F. 118 Hinderung, R. 204 Hinschius, P. 247 Hofmann, E. 74 Hofmann, J. 460, 463, 474 f., 481 f. Holder, A. 364 Holl, K. 148 Hollardt, A. 156 Holtz, G. 469 Honigmann, E. 36 f., 51, 97 f., 116 Höslinger, R. 250 Host, G. 98 Ibach, H. 209 Inglisian, V. 139 Jänichen, H. 215, 331 Janin, R. 132, 164 Jankuhn, H. 333 Jäschke, K.-U 368, 372 Jecker, G. 334 Jedin, H. 87 Jellinek, M. H. 79, 206 Jones, A. H. M. 42, 104, 131, 163, 236, 307 f., 323, 346 Jones, C. W 361 Jostes, F. 24, 26 Joyce, P. W 227 Junod, E. 165

525

Kahl, H.-D. 125, 372, 509 Kaisbach, A. 165 Karg-Gasterstädt, E. 242 Keller, R. E. 207 Kelleter, H. 509 Kelly, J. N. D. 110,315 King, N. Q. 14 Kirsten, E. 186 Kisch, A. 143 Klauser, T. 24 Klebel, E. 213 Klein, K. K. 18,41,44,48 Klein, R. 2, 5 f., 8, 12, 18, 58, 160 Klingenberg, H. 214-216, 218, 245 Kluge, F. 115, 203 f., 206, 208, 211 f., 223, 240 Knobloch, J. 206-209, 219 f. Köbler, G. 261 Kock, A. 50 Köhler, G. 245 Köhne, B. K. von 15 Köpke, R. 338 Krafft, W 154 Kraft, K. 232 Kranzmayer, E. 206, 221 Krautheimer, R. 164 Kretschmer, P. 224 Krüger, B. 493 Krüger, K. H. 326, 333, 335, 355 Krusch, B. 307 f., 323, 339, 352, 354-356, 364, 368, 382 Kühn, H. 213 f., 243, 250 Kupper, J.-L. 337 Lampe, G. W. H. 25,218 Langgärtner, G. 275 Laprat, R. 354, 356, 358 Lazio, G. 494 Leclercq, H. 14, 382 Leont'ev, A. A. 140 Leube, A. 244 Levison, W 264, 307, 331, 338, 461, 478, 500, 502, 504, 506 f. Lieb, H. 373 f. Lietzmann, H. 86, 148 Lindner, K. 462, 466-468, 480 Lippold, A. 4 f., 10, 18, 52, 55, 59, 82, 98, 137, 331 f.

526 Loewe, R. 147, 150, 154, 157 f., 163 f., 166, 178, 189, 194, 198, 200 Löhr, WA. 110, 116, 130, 161 Longnon, A. 364 Loofs, F. 84, 269, 287 Luginbühl, E. 210 Maassen, F. 267 f. Mabilllon,]. 151 Madoz, J. 293 Mahn, J.-B. 408 Mälzer, G. 480 Mansion,]. 104, 156f., 171, 180, 185, 189, 194 Marnell, W H. 369 Martin, M. 221 Martindale, J. R. 42, 104, 131, 163, 236 Masser, A. 205, 223, 238, 240 Maßmann, H. F. 25, 69, 83, 154 Mastrelli, A. 205 Maurer, K. 249 Meier, H. 212 Meier, K. 34 Meslin, M. 2, 7, 83, 126 Meyvaert, P. 477 Mildenberger, G. 467 Miljocic, V. 214-217 Mohrmann, C. 224 — 226 Moos, R von 317, 319 Moosbrugger-Leu, R. 373 f. Moreau, J. 160 Morin, G. 191 Morris,]. 42, 104, 131, 163, 236 Much, R. 205 Müller, C. 108 Müller, C. D. G. 125 Müller, G. 241 Müller, K. 257, 323 Munding, E. 463 Munier, C. 279 Nasturel, P.S. 175 f. Naumann, H. 469 Neumann, G. 509 Niermeyer,]. F. 261, 477 Nisters, B. 34 Nonn, U. 307 f., 346 Nußbaum, O. 24, 216

Register

O'Caroll, J. 353 O'Fiaich, T. 470 f. O Croinin, D. 489, 504 Oedinger, F. W 337-339, 509 Olsen, O. 250 Opitz, S. 240 Oppenheimer, F. 306 Panhuysen, T. A. S. M. 336 f. Patsch, C. 13 Paulsen, P. 216 Paverd, F. van der 143, 216 Payne, R. 45 Petri, F. 329, 335 Petrikovits, H. von 224, 335, 343, 509 Pfeilschifter, G. 171, 173 f. Pfrang, M. 468 Pirling, R. 335 Pongelet, A. 480 Pontal, O. 341 Pöschl, A. 261 Prete, S. 299 Prinz, F. 207, 212, 214, 221, 239, 263, 308, 317, 352, 354 f., 358, 372, 375, 379, 483 f. Puech, H.-C. 109, 127, 199 Puniet, P. de 314-316, 325 Quasten, J. 87 Quentin, H. 471 Rademacher, H. 505, 507 Raepsaet-Charlier, G. 330, 345 Raepsaet-Charlier, M.-T. 330, 345 R. Alföldi, M. 232 Ranke, K. 250 Rapp, U. 459 Raumer, R. von 115, 203, 219 Rehfeldt, B. 184 Reichert, H. 178 f., 189, 193-196, 198, 200 Reiffenstein, 1. 212 f. Reindel, K. 204, 213 f. Rcischmann, H.-J. 500 Rettberg, F. W. 476 Rcuss,]. 61, 75 Rey, M. van 345 Richert, H.-G. 65, 80, 85 Riezler, S. 478, 480

Moderne Autoren

Ritter, A. M. 29 Rivera Recio, J. F. 382, 386 Roth,H. 213 f. Roussel, J. 364 Rubin, Z. 107 f., 122, 154, 187 Ryan, J. 356 Salaville, S. 118 Scardigli, P. 23, 147, 206 Schäublin, C. 63 Scheele, P. W. 471 Scheidweiler, F. 40 Schieffer, T. 483, 507 Schindler, R. 335 Schlesinger, W. 333 Schlimpert, G. 493 Schlumberger, G. 117 Schmidt, K. D. l, 8-10, 14, 22, 24, 33, 34, 91, 98, 203, 212, 244 Schmidt, L. 3, 9, 11 f., 15, 17, 19, 22, 45, 93, 102, 108, 117, 234, 284, 331, 493 Schmidt, W 250 Schmidt-Wiegand, R. 334 Schneemelcher, W. 52, 54, 60, 68, 82, 110 Schneider, J. 25 Schneider, R. 332, 355, 364 f., Schönfeld, M. 44, 493 Schubert, H. von 9, 18 f., 250 f., 257-261,295,495, 507 Schulthess, F. 14, 51, 97, 116 Schütte, A. 505 Schwab, U. 148 f., 155-157 Schwarcz, A. 185 Schwartz, E. 36, 52, 54, 299 Schwarz, F.. 98, 296 Semmler, J. 345 Simonetti, M. 84 f., 138 Sucher van Bath, B. H. 357 Smedberg, G. 251 Solano, J. 381 Sonderegger, S. 241 Sprandel, R. 358 Sprangel, R. 331 Staab, F. 329, 331 Stählin, G. 38, 165 Stegemann, W. 93

527

Steinen, W von den 305, 311, 313-315, 327, 331 Stenzel, A. 314 Steubing, H. 24 Steuer, H. 333 Stiernon, D. 98, 117, 123 Stiernon, L. 98, 117, 123 Stockmeier, P. 99, 103, 118, 233 Sträub, J. 13, 160 Streitberg, W. 2, 24, 73, 141, 143, 147-149 Stroheker, K. F. 237, 260, 308 Strzelczyk, J. 175 f., 178 Stuiber, A. 87, 130, 151 f. Stutz, E. 23 f., 26, 29, 38 f., 70, 115, 140-142, 147, 204, 206 f., 209 Stutz, U 247-251,257, 259 f. Sutherland, C. H. V. 10 Szadeszky-Kardon, S. 494 Tetz, M. 14, 52, 67 f., 82, 84 Thompson, E. A. 5 f., 9, 11 f., 22, 89, 92-95, 102, 105, 107, 169, 175, 179, 186, 220 Tiefenthaler, M. 374 Torres, M. 251 Turner, C. H. 51 Unterkirchner, F. 143 Uslar, R. von 509 Vasiliev, A. A. 13, 98 Vcrbeek, A. 337 Verhulst, A. 502 Vogel, C. 271 Vööbus, A. 140 Vries, J. de 250, 334, 374 Waag, A. 206 VC'aas, M. 236 Wackwitz, P. 9 Walch, C. W. F. 287 Walker, G. S. M. 353, 357 Walter, L. K. 460 Wampach, C. 466, 496, 507 Wanke, U. 124 Wattenbach, W. 307, 354 Weber, S. 139

528

Register

Weidemann, K. 340 Weigand, R. 480 Weinfurter, S. 337 Weisweiler,]. 204, 212

Wendehorst, A. 459, 462 f., 465, 474, 476 Wenskus, R. 503 Werner, J. 240, 331 Werner, M. 466 f., 474, 483, 492, 509 f. Wessen, E. 219 Weyres, W 335 Wiesinger, P. 115 Winheller, E. 338 Winkelmann, W 509 Witkowski, T. 493 Wittstadt, K. 459, 461, 468, 480, 485

Wölfflin-Troll, E. 44 Wolfram, H. 12, 42, 98-100, 102 f., 105-108, 112, 118, 121, 124 f., 155, 159, 169, 175-178, 184-186, 189, 195, 197, 213 f., 376 Wren, C. L. 157 Wüthrich, R. 373 f. Zeiller, J. 4, 8, 12, 14, 98, 185 f., 287 Zeiß, H. 296 Zenetti, P. 216

Zgusta, L. 164, 179 Zibermayr, I. 204

Ziegler, J. 236 Zink, J. 232 Zöllner, E. 311 f., 320, 323, 329, 332

Antike und mittelalterliche Quellen Acta Philippi

De Sanctis Euboncensis ecclesiae

107-148: 163 Actus S. Silvestri Sanctuarium:

313

Adalgisel-Grimo Diaconus Testamentum allg.: 264

Adam von Bremen Gesta Hammaburgensis ecclesiae pontißcum

4: 493, 502

Adamnan Vita Columbae 3: 472

Adhelm Hpistula ad Geraint allg.: 420 f.

Agobard Adversus Felicem 16: 403

Alkuin Adversus Felicem IJbri 1: 398, 405, 413

allg.: 498 f., 506 Epistula 172 allg.: 394 Epistula ad Beatum

allg.: 398, 405, 414 Vita Willibrordi (1)

allg.:

500

3: 507 4: 496 5-8: 498 5: 473, 496-499 6 f.: 499 7: 470 8: 500

9: 491,499, 501 f. l Of.: 502 10: 502 13: 497 f., 500 24: 499 Vita Willibrordi (2)

24: 499

Altfrid Vita IJudgeri 1: 488, 501

Antike und mittelalterliche Quellen

Alvar von Cordoba Epistulae 1: 406, 409, 414 3: 409

4: 388, 409 13: 389 f. Ambrosius von Mailand De sacramentis 4, 23: 326 De fide 2, 16: 93 Expositio evangelii secundum Lucam allg.: 128 2, 37: 170

2, 79:

76

Epistulae 76: 94, 126 77: 298 Epistulae extra collectionem 15: 390 Ammianus Marcellinus Historia 15, 5: 236 16, 12: 237 27, 5: 92 27, 10: 235 28, 5: 245 Ammonius von Alexandrien Fragment a in Jo. 74: 75 93: 77 (Ps.-)Anatolius De ratione paschali 1: 419, 422 2: 420 3 f.: 420 8: 420 10: 422 12: 420 Annales Bertiniani ad a. 832: 466 Annales Fuldenses ad a. 838: 461 ad a. 850: 461 ad a. 855: 461

Annales Maximiniani ad a. 787: 462 Annales Mettenses priores ad a. 686/687: 496 ad a. 688: 462 ad a. 711: 501 Annales Petaviani ad a. 713: 506 Annales Regni Francorum ad a. 749: 465, 484 ad a. 798: 410 Anonymer Chronograph von 354 allg.: 418 Anonymus Arianus Fragmenta 31: 161 32: 160 32a: 161 Anonymus Pelagianus Epistula Honoroficentia allg.: 245 Anonymus Valesianus 35: 10 Anselm von Lüttich Epistula ad Annonem allg.: 338 Apollinaris Sidonius Epistulae allg.: 310 4, 15: 256 8, 14: 309 9, 7: 305, 308 Arbeo von Freising Vita Corhiniani 24: 479 26: 452, 479 29-31: 479 30: 479 31: 479 Vita et passio Sancti Haimhrammi Martyns 3: 494

529

530

Register

Aristoteles Politica

5,1:

38 f.

Arnobius Adversus nationes allg.: 231 Athanasius von Alexandrian Apologia secunda contra Arianos

13: 21: 28: 36: 42: 46: 47: 72: 73: 75: 76: 77: 78: 79: 87:

53 53 f., 82 53 57 54 57 57, 82 53 53 53 53, 82 52 52 f. 52 f. 53

De incarnatione

51:

14

Epistula de Synodis Anmini et Seleuciae

8: 30 23: 2, 60, 65, 82 25: 55, 82 26: 58 27: 29, 33, 59 f. 28: 29, 49, 83 30: 28, 31, 130 Epistula ad Afros episcopos

4:

84

Epistula ad episcopos Aegypti et IJbyae

7: ' 52, 82 8: 51 Historia Ananorum ad monachos

20: 28:

57 59

Orationes contra Ananas

3, 4:

84

Vita An to nii

8:

226

(Ps.-)Athanasius Expositio ßdei 1: 40 Augustinus von Hippo Contra Secundinum Manichaeum

5:

401

De catechi^andis rudibus allg.: 315 De civitate Dei 18,52: 17,21,97,111,128,170 De trinitate allg.: 410 Enarrationes in psalmos

54, 4:

397

Enchiridion ad iMurentium

22, 40:

398

Sermones

159, 1:

153

(Ps.-)Augustinus Collatio cum Pascentio 15: 23 Auxentius von Durostorum s. Maximinus, Dissertatio contra Ambrosium Avitus von Vienne Ada concilii Epaonensis et Eudgunensis

c. 5: 253 c. 25: 252 f., 261 Contra Eutychianam haeresim libri

2:

291

Epistulae

7: 252, 258 31: 294 46: 314, 324 Lihrorum contra Ariannos reliquiae

19:

290

Basilius von Caesarea De spiritu sancto allg.: 173 Epistulae

155: 164: 165: 179:

104, 119, 187 100, 119, 187 99, 104, 119, 187 104

Antike und mittelalterliche Quellen 269: 104 Moralia (Deßde) 4: 28

80: 475, 484 109: 496 137: 495

Beatus von Liebana Epistula ad Fidelis 1: 406 In Apocaltpsin libri duodecim 1, 4: 391 2, Prol.: 407

Bonifatius I. von Rom Epistula ad HUarium episcopum Narbonensem allg.: 276

Beda Venerabilis De tempore ratione 56: 494 Historia ecclesiastica gentis Anglorum 1, 15: 491 1, 25: 239 1, 27: 477, 481 2,2: 420 f. 2, 19: 420, 474, 490 3, 3: 375, 421 3, 13: 488 3, 18: 455 3, 19: 448 3,25: 361,42If., 437 3, 27: 489 4, 13: 455 4, 23: 508 5, 8: 488, 506 5,9-11: 489,498 5, 9 f.: 489 5,9: 488 f., 491,496, 498 f., 508 f.

Caesarius von Arles Ecce manifestissime c. 1-5: 282 Sermones 151,1: 325

5,10: 473,496-498, 503 f., 508 5,11: 498-500,505-507,509 5,19: 488-490 5,22: 420, 490 Vita Cudberti 44: 504 Beowulf-Epos allg.: 502 Bonifatius Epistulae 12: 475 44: 452, 483 59: 385 46: 495 78: 248

Breviarium Gothicum allg.: 400

Cassiodorus Variae 2,41: 331 4, 1: 203 Cassiodorus/ Epiphanius Historia ecclesiastica tripartita 5, 36: 43 5, 38: 43 8, 13: 43, 47, 122, 126, 136 Catalogue Sanctorum Hiberniae allg.: 421 Chronicon Albeldense allg.: 405 Chronicon Paschale ad a, 360: 110 Chronicon Rotense allg.: 408 Chronik von Seert 2: 17 Codex 95: 96: 97:

Carolinus 383 f., 402, 412 382-384, 386, 388 f., 392 382-384

Codex Emilianensis Escorial D, 1,1: 385, 393 Codex Justinianus l, 5, 10: 259 Novellae constitutiones 11,5: 297

531

532

Register

Codex Theodosianus 3, 14, 1: 237 15, l, 4: 31 16,2,33: 258 f. 16, 5, 14: 259 Collectio Arelatensis 1: 275 12: 276 34: 281 35: 281 Collectio Palatina 37: 299 Columbanus Carmen III (ad Fedolium epistula) aUg.:

353

Epistulae 1: 360 1-2: 425 1-3: 358 l, 3: 420, 422, 427 1,4: 361 f., 427 f. l, 5: 362 1,6: 358 f. l, 9: 360, 425 l, 12: 361 1, 19: 362 2: 353, 362 2, 5: 361 f., 425 2, 6: 354, 362 2, 7: 350, 419, 446, 476, 490 3: 425 3,2: 361-363,371,450 3, 3: 363 4: 368 4, 3: 363 4, 4: 358 4, 5: 446, 490 4, 8: 369 4, 9: 369 5: 378 Poenitentale B, 25: 297 Regula coenobialis allg.: 349 8: 357 Regula monachorum allg.: 349

Concilium Agathense (506) allg.: 280, 282 f. c. 1: 277 f. c. 4: 278 c. 7: 277 f. c. 9: 278 c. 10-11: 276 c. 20: 278 c. 21: 252, 254 c. 24: 277 c. 27: 279 c. 31: 277 c. 34: 277 c. 35: 277 c. 37-42: 279 c. 43: 278 Concilium Aquisgranense (800) allg.: 413 Concilium Arausicanum (441) allg.: 268, 273, 280, 282 f., 302 c. 1-3: 272 c. 1: 270 c. 2: 270 c. 4: 271 c. 5a: 271 c. 5b: 271 c. 6: 271 Erg. zu c. 6: 271 c. 7: 271 c. 9: 251 c. 9a: 271 c. 9b: 271 11-15: 271 c. 20-22: 271 c. 21: 270 c. 22: 281 c. 24: 271 c. 26b: 271 c. 36: 251 Concilium Arausicanum (529) Praef.: 256 Concilium Arelatense (314) allg.: 271 f., 279, 282 f. c. 9: 270, 288 c. 22: 273 Nomina episcoporum: 272

Antike und mittelalterliche Quellen

Concilium Arelatense II (442-506) allg.: 267 f., 279 f., 282, 287 c. 1-18: 271 c. 1-17: 272 c. 1-5: 282 c. 1: 270 c. 2: 270 c. 3: 270, 276 c. 4: 270, 276 c. 6: 274 f. c. 10 f: 271 c. 10: 270, 272, 274 c. 11: 270f. c. 16: 269, 274, 287 f. c. 17: 270, 287 f. c. 18-25: 272 c. 18a: 272 c. 19-28: 272 c. 19: 277 c. 24: 274 f. c. 25: 273 c. 26-46: 273 c. 27: 274

c. 29-46: 271 c. 33: 271 c. 34: 271 c. 45: 278 c. 46: 267, 273 c. 47-56: 272 c. 47-55: 273 c. 47: 274 c. 49: 275 c. 50: 274, 277 c. 51: 277 c. 52: 267, 274 c. 53-55: 274 c. 56: 267

533

c. 17: 256 c. 19: 279 c. 25: 254 Nomina episcoporum: 309, 318, 341 f.

Concilium Aurelianense (533) Nomina episcoporum: 320 Concilium Aurelianense (538) c. 5: 261 f. c. 5, 21: 256 c. 34: 291, 295 Nomina episcoporum: 320 Concilium Aurelianense (541) c. 3: 255 c. 7: 258 c. 26: 257 f. c. 33: 257, 261 Concilium Aurelianense (549) Nomina episcoporum: 321, 323, 336, 341 Concilium Autissiodorensis (585/603) c. 3: 334 Concilium Bracarense (572) Epitome: 260 c. 5: 260 c. 6: 260 Concilium Cabilonense (647-653) c. 14: 258, 262 Concilium Caesaraugustanum (691) c. 2: 382 Concilium Carpentoratense (527) Epistula synodis: 256

Concilium Arelatense III (524) allg.: 280, 282

Concilium Claremontanum (535) Nomina episcoporum: 310, 321, 336, 341, 343

Concilium Arvernense (535) c. 15: 255

Concilium Clippiacense (626-27) c. 5: 297

Concilium Aurelianense (511) allg.: 280, 282 c. 3: 279 c. 9, 4: 281 c. 10: 220

Concilium Constantinopolitanum (381) c. 2: 187 Concilium Cordubiense (839)

allg.: 388-391,393,406,409

534 Concilium Epaonense (517) allg.: 282, 284 c. 22: 281, 284 Concilium Francofordiense (794) allg.: 401, 404, 415 Epistula episcoporum Hispaniae ad Karolum Magnum allg.: 411 Epistula episcoporum Hispaniae ad episcopos Frandae allg.: 293, 385, 387, 400 f., 404 f., 412 f. Concilium Hispalense (612) c.12 387 Concilium Ilerdense (546) aUg.: 282 c. 3: 279 Concilium Matisconense (581/583) c. 10: 255 Concilium Nicaenum (325) allg.: 272, 280, 282 f. Abbrevatio Rufini: 269 f., 272, 280-283, 287 c. 1: 271 c. 2: 270 f., 275 Erg. zu c. 2: 271 c. 3: 270 f., 275, 277 Erg. zu c. 3: 271 c. 4: 271 f. c. 5: 271 f. c. 6: 271, 275 c. 8: 271, 275 c. 9: 281 c. 10: 270 c. 11: 270-272 Erg. zu c. 11: 271 c. 12: 271 Erg. zu c. 12: 271 c. 13: 271 c. 14: 275 c. 15: 272, 275 c. 16: 268 f., 271 c. 17: 268, 271, 275 c. 18: 271, 275

Register

c. 19: 268 f., 271,287 Erg. zu c. 19: 271 c. 22: 272 Concilium Parisiense (614) Nomina episcoporum: 336 f. Concilium Regense (439) allg.: 280, 282, 283 c. 5: 279 Concilium Romanum (745) allg.: 385 Concilium Serdicense (342) allg.: 54 Concilium Tarraconense (516) allg.: 282 c. 11: 279 Concilium Taurinense (398/401) allg.: 280, 282 f. Concilium Toletanum I (400) allg.: 398 Concilium Toletanum III (589) anath. 2: 31 anath. 9: 33 f. anath. 17: 31 c.14: 389 Concilium Toletanum IV (633) c.5: 382, 398, 403 Concilium Toletanum VI (638) allg.: 398 f., 403 Concilium Toletanum XI (675) allg.: 399, 403 f. Symbol: 293, 399 Concilium Toletanum XIV (684) c.8: 403 Concilium Toletanum XV (688) allg.: 403 f., 406 Concilium Toletanum XVI (693) allg.: 399, 406 Concilium Turonense (567) allg.: 252 c. 21: 267

Antike und mittelalterliche Quellen

Concilium Valentinum (374) allg.: 274, 278-280, 282 f. c. 1: 278 c. 2: 272, 274 c. 4, 3: 281 Concilium Valletanum (546) allg.: 282 c. 2: 279 Concilium Vasense (442) allg.: 273, 276, 280, 282 f. c. 4-6: 272 c. 4: 278

c. 9-10: 272,277 Concilium Veneticum (461—491) allg.: 278 c. 1: 279 c. 5-8: 279 c. 11-13: 279 c. 16: 279 Constitutiones Apostolorum 8, 3, 15: 216 8, 6, 4: 24 8, 13, 6: 155 Consularia Constantinopolitana ad a. 357: 166 ad a. 361: 160 Continuationes Fredegarii 5: 496 7: 501

Eddi Stephanus Vita Wilfridi 16 f.: 508 26: 487 f., 507 f. 28: 294 66: 488 Elipandus Epistula ad Alcuin

allg.:

400,404,409,411,413

Epistula ad Felicem

allg.:

393, 41 If., 414

Epistula ad Fidelium

aUg.:

393, 398

Epistula ad Migetium Haereticura

allg.: 385 2: 385, 392 3: 386 10: 387 11: 386,389 12 f.: 386 Ennodius Panegyricus 15, 72: 331

Epiphanius Panarion

70, 14 f.: 192 70, 14: 104, 110 70,15: 17, 20, 97, 107, 110 f., 124, 128, 170, 196 79, 4: 165

Continuator Prosperi Havnensis 411: 46 f.

Epistulae Austrasicae 1-4: s. Remigius 8, 15-17: 326 16: 327

Cummian Epistula ad Segne allg.: 420, 424, 435

Eudoxios von Konstantinopel

Dagobert I. Rex

Eugenius von Toledo

Pnvilegium libertatis atque immunitatis allg.: 263

Dionysius Exiguus Collectio decretorum potificum Romanorum

Innocentius 49: 289 Ubellus de cycle allg.: 421

Expositio ßdei aUg.: 32, 67 Carmina

39, 6: 40, 6:

44 44

Eugipp Vita Severini 5: 213 8: 213 19.: 203

535

536

Register

Eulogius v. Alexandria Bibliothecae codices 280: 390 Eunapios Fragmenta

55: 22, 94, 108, 125, 188 Euseb von Caesarea De ecclesiastica theologia 2, 7: 40 De laudibus Constantini 1, 6: 160 17, 4: 224 De Vita Constantini 3, 7: 37, 97 4,5: 12 f., 37, 100, 121 4,9-13: 13 Historia ecclesiastica 3, 1: 165, 184 9, 10: 224

4, 36: 365 4, 38: 378 4, 42: 364 Fulgentius von Ruspe Ad Trasimundum regem Vandalorum aUg.: 30 1, 7: 34 2, 7: 31 Gelasius von Kyzikos Historia ecclesiastica 2, 7: 51 (Ps.-)Gelasius Decretum 5, 9: 289 Gennadius von Marseille De viris illustribus c. 14: 288 Über sive diffinitio eccleseasticorum dogmatum allg.: 269 21: 289

Flodoard Historia Remensis ecclesiae 1, 19: 307 2, 1: 310 3, 21: 308

Gesta concilii Aquileiensis allg.: 94, 126

Formula Marculfi 1, 1: 354

Gothica Veronensia allg.: 29

Fortunatus Carmina 2, 13: 327 3, 14: 340 9, 9: 340 Vita S. Germani 59: 252 Vita S. Martini 4: 326 Vita S. Radegundis 12: 324

Gotischer Kalender allg.: 206 zum 23. Oktober: 190 zum 29. Oktober: If., 21,23, 182

Fredegar Chronik 4,21: 4, 24: 4, 26: 4,29: 4, 30:

364 354, 364 371 364 365

89, 4-7: 293

Gregorius der Große Epistula 11,52: 290 Homiliae in E^echielem 1: 360 2: 360 Registrum epistularum 6, 51: 239 Gregorius Thaumaturgus Epistula canonica 7: 99 Gregorius von Tours Historia Francorum l prol: 315

Antike und mittelalterliche Quellen

l, 1, 2, 2, 2, 2, 2, 2, 2, 2,

1: 324 36: 313 5: 336, 338 9: 323 23: 332 27: 311 28: 320 29 f.: 314 30: 331 31: 305, 307, 312-315, 317, 325 2, 37: 332 f. 2, 40: 333 2, 42: 335 3, 3: 502 3,31: 216 4, 19: 324 5, 20: 365 6,40: 131 8, 15: 468, 374 8, 21: 326, 327 8, 33: 256 9, 14: 326 10, 8: 252 10, 18: 252 10, 23: 361 10, 31: 253, 256 10, 19: 326 Über in gloria martyrum 55: 306 71: 336 f. 78: 305 f., 308, 310, 326 93: 324 Libri miraculorum de virtute S. Jul. 2, 48: 254 3, 51: 253 8, 65: 252 Vitae patrum 6, 2: 333 f. Heriger von Lobbes Epistula ad quemdam Hugonem monachom allg.: 38 Gesta episcoporum I^eodinensium allg.: 337 7: 337 f. 15: 338 27: 339 28: 338

537

Heterius/Beatus A.d Elipandum 1,1: 402 f.

1,13: 407 f. l, 17: 405 l, 21: 406 l, 38: 392 1,43: 392 f., 398, 402, 405 f. 1,44: 293, 402 f. l, 54: 399 l, 59 f.: 415 l, 60: 404 l, 66-71: 403 1,71: 403 f.

l, 72: 404 1,75-81: 403 l, l, l, l, 1, 2, 2, 2, 2,

76: 404 83: 395 121: 401 122: 404, 406 125: 404 2: 403 23-25: 412 99 392 699: 406

Hieronymus Adversus lovinianum allg.: 390 Altenatio iMdferani et Orthodoxi 17: 31 18: 31 Chronicon ad a. 357: 166

ad a. 369: 91, 103, 105, 123, 128, 159, 170 Commentatorium in Matthaeum libri praef.: 61, 81 Commentatorium in epistulam ad Galatas libri prol.: 61, 81 De viris illustribus liber 90: 61, 81 Epistulae 107: 26 112: 61,81 119: 61,81

538 Hilarius von Poitiers De synodis 11: 28 f., 33, 49, 83, 138 Fragmenta histonca (= Collectanea antiariana Pansina) A, 1, 4: 28 A, 4, 3: 56 f., 82 A, 7, 4: 58 B, 2, 1: 54,57,82,110 B, 7, 9: 59, 83 Append. 1, 5: 57 Hinkmar von Reims Collectio de ecclesiis et capellis allg.: 265 Vita Remigii allg.: 307 1: 309 2: 308, 325 16: 309, 323 21: 325 23: 310 24: 326 25: 326 29: 310 32: 307, 309, 315, 322 f., 326 Testamentum S. Remigii allg.: 307 f., 315, 346 (Ps.-)Hippolyt Traditio apostolica 37 f.: 216 Hispana allg.: 280, 282, 284 c. 1 -10: 282 Deer. 25: 289 Continuatio: 384, 390, 393, 406 Hrabanus Maurus Epistulae 29: 481 Ibn Hazem Kitab al-fasl 1: 395 f. 6, 23: 410 Ildefons von Toledo De cognitione baptismi 42: 398

Register

De virginitate perpetua beatae Mariae c. 2: 390 c. 3: 398 Epistulae 2: 290 6: 278 16: 298 17, 8: 298 17, 9: 298, 300 41: 289 Etymologiarum 7, 2: 398, 401 Mo^arabicus Sacramentorum allg.: 399 f. Indiculus superstitionum et paganiarum c. 29: 334 loca Monachorum allg.: 44 Irenaeus von Lyon Adversus haereses 1, 10: 230 Isidor von Seville Chronica 350: 43, 136 De differentiis rerum 2, 6: 401 2, 8: 404 De vim illustnbus 33: 292 Etymologiae 7, 12: 407 8, 5: 292 Historia Gothorum 6: 21 7 f.: 123 7: 43 8: 30 f., 136 10: 21, 103 Itineraria Romana 4, 25: 376 Itinerarium Antonini allg.: 368 Itinerarium Burdigalense allg.: 226

Antike und mittelalterliche Quellen

Johannes Chrysostomus Epistulae 9,5b: 32 14,5: 12, 16, 98 Homilia habita postquam presbyter Gothus allg.: 131 1: 142 Johannes von Antiochien Fragmenta 77: 188 Johannes von Biclaro Chronica ad a. 580: 131 Johannes II. von Rom Epistula ad Caesarium Arelatensem aUg.: 281 Jonas von Bobbio Vita Columbani l, 4f.: 475

l, 4: 350, 352, 472 1,5: 349, 351 f., 359, 376, 448 1,6: 351 f., 354, 359, 366 1,7-9: 356

l, 7: 350, 356, 359 l, 8 f.: 359 1,10: 356 f., 359 f. 1,11: 359 l, 12: 356 l, 13: 356 l, 14: 358, 364 l, 15: 356 l, 17: 356 1,18: 365 f., 378 1,19: 1,20:

356, 358 f., 364-367 352 f., 355, 358, 363, 367 f., 370 l, 21: 369 l, 22: 357, 370 1,23: 368 f. 1,24: 369 f., 379 l, 25 f.: 371 1,25: 370 f., 447 l, 26: 350 l, 27 f.: 360 1,27: 360,371-378,425,447, 490

1,28: 360, 377 f. 1,29: 364,379 1,30: 363, 371, 378 f. 2, 1: 358 2, 8 f.: 221 2, 8: 296 2, 9: 358 2, 12: 252 Vita Vedastis allg.: 323 3: 323 5: 307, 323 f., 332 f. 6: 324 7: 323, 376 Jonas von Orleans De cultu imaginum 1: 409 Jordanes De rebus geticis

24:

493

131 f.: 89,123 134: 18 267: 17, 47, 131, 136, 166 Julianus Imperator Epistula ad Athenienses 8: 235 Julianus von Serdika Epistula ad Ruf um allg.: 299 Julianus von Toledo Apologeticum ßdei allg.: 398, 404, 406 Julius von Rom Epistula 1 (=Athanasius, Apologia secunda 21-35) allg.: 53 f., 82 Justinianus Imperator Confessio rectaeßdei allg.: 300 Koriun Vita Mesropi 6: 144 8: 143 10: 144

539

540

Register

Kyrill von Alexandrian Commentarius in Johannem 2, 1: 75 Prologus de ratione paschae 1: 435 Kyrill von Jerusalem Catecheses illuminandorum 10, 19: 6, 102, 169 Catecheses mystagogicae

3, 4: 76 5, 9: 153 (Ps.-)Kyrill Epistula Scripta venerationis vestrae c. 3: 426 Leges Visigothorum 12, 2, 14: 389 Leo der Große Epistulae 10: 275 68: 302

Martin von Braga De correctione rusticorum 8: 469 Martyrium Sabae allg.: 112,128 Praescr.: 97, 104 1: 17,97,99,163,172-174,180 2: 21, 174

3: 4:

97, 106, 124, 175 f. 21, 97, 105, 176 f.

5: 177 6: 124, 177 7: 99, 105, 123, 159, 174, 177 f. 7, 5: 91 8: 104,106,131,171-173,178

Martyrium Innae, Remae et Pinae allg.: 17, 105, 112, 128, 165, 184 f., 194 superscr.: 97

Leo von Sens Epistula ad Childebert allg.: 319 f., 323 Lex Gundobada Unterzeichnerliste:

Markell von Ankyra Epistula ad Uberium 12: 84

47, 49

Liber Complutensis allg.: 280, 282 c. 1-10: 282 Liber Historiae Francorum 37: 366 48: 496 50: 501

Martyrium Nicetae allg.: 44,47,112,128 1: 181 2-7: 193 2: 21 4: 44

5:

93, 123

7:

181

Martyrium Pionii 2, If.: 152

Liber Ordinum allg.: 382, 384

Martyrium Polycarpi Praescr.: 173 18, 3: 152 20: 173 20, 2: 131, 173

Liber Pontificalis allg.: 506

Martyrologium Bedae Venerabilis zum 3. Oktober: 504

Liberius von Rom Epistula ad Constantium s. Hilarius, Fragmenta A 7, 4

Martyrologium Hieronymianum allg.: 151, 164, 310, 326

Manuscripta Monte Cassino 4: 410 19: 410

Martyrologium Rabani Mauri allg.: 461, 468, 480 Martyrologium Syriacum allg.: 148

Antike und mittelalterliche Quellen

Martyrologium Usuardi allg.: 310 Maximinus Dissertatio contra Ambrosium

(=Auxentius) allg.: 2-4, 6 f., 9-11, 17 f., 26 f., 30-33,46,95,98, 101 f., Ill, 129, 132-134, 137, 162, 169 Menologia graeca zum 26. März: l, 10, 21, 181 f., 195, 198 Menologium Basilianum

allg.: 181-183 Michael der Syrer Chronicon 7, 7: 45, 47, 122 Nikephoros Kallistos Xanthopulos Ecclesiasticae Histonae 15,48: 42 Oracional Visigotico allg.: 401 Origenes Fragmenta ex commentariis in Mt. 39: 230 Orosius Historiarum adversus paganos libri l, 2: 17, 97 7, 32: 21 7, 33: 21, 89, 123, 188 (Ps.-P)Palladadius von Ratiaria Fragmenta allg.: 46 1: 29 4: 28, 30, 33 13: 34 Passio Desiderii et Reginfredi 4: 477 7: 477 Passio maior S. Kiliani allg.: 461 2: 472 f.

541

4: 474 f. 12: 477, 482 15: 483 18: 466, 478 19-23: 483 Passio minor Kiliani martyris allg.: 461 - 463, 465, 468, 474, 478, 480, 485 f. 1: 470, 472 2: 470 f. 3: 466, 474 4: 468, 475 f. 5: 470, 475 6: 466, 470 f., 473 f. 7: 470 8: 478 10: 470, 481 11: 484 12: 470, 478 13: 468,478 14: 464, 466, 479, 485 15: 465 17: 471 Paulinus von Mailand Vita Ambrosii 36: 102 Philostorgios Historia ecclesiastica

2, 4: 2,5:

135 l f., 6 f., 9, 13, 17, 23, 44, 83,90, 98-100, 118,

2,6: 3,2: 3,4: 3, 12: 4,12: 5, 3: 8, 4: 8, 17: 9, 8: 9, 10: 9, 14: 9, 19:

121, 133, 135 f., 163, 169, 197 135 166 135 58 f. 56 56 56 64, 85 161 161 162 162

542

Register

Photios Bibliothecae codices 80: 43 280: 390 Pirmin Scarapsus 22: 334

Salonius von Genf De evangelio lohannis 19: 302 Salvianus von Marseille De gubernatione Dei 5: 138, 141 Epistulae 9: 302

Prokop De hello gotbico 3, 24: 241 4, 4: 12

Samson von Cordoba Apologeticus 2, 2: 389

Prosper von Aquitanien Cbronica 1243: 46

Series archiepiscoporum Moguntinorum allg.: 339

Z}tf vocatione omnium gentium

2, 23:

235

Ravennatis anonymi cosmographia et Guidonis geographia allg.: 329 f., 332 4, 24: 329 4, 25: 376 4, 26: 329, 331 6, 26: 329 Remigius von Reims Epistulae Austrasicae

1-4: 307 1: 317 2: 311,348

3: 310, 318, 342 f. 4:

321 f., 339, 343 f.

Römische Ostertafel des Codex Ambros. H. 150 inf.: 417 Rufinus Historia ecclesiastica

5, 23 f.:

427

Ruotger Vita Brunonis allg.: 503 Ruricius von Limoges Epistulae

2, 7: 46, 48 2, 33: 276

Sermo in natale Hildaevorae, Vihilae et Theogenis aUg.: 112 Siricius von Rom Epistulae 1: 270 Skeireins allg.: 24 f., 29, 47-50, 62, 69-87 1, a: 37, 38 1, b-d: 67 1, b-c: 67 1, b: 66 1, c: 66, 68 1, d: 67 2, c-d: 72, 74 2, c: 72 2, d: 72 3, b-c: 76 f. 3, c: 78 4, d: 66, 80 5: 80, 85 5, a-d: 66, 80 5, c-d: 39, 65 f. 5, c: 39 f., 84 5, d: 30, 37 f., 40, 65 f., 72 7, a: 70 7, d: 71 Sokrates Historia ecclesiastica 1, 8: 100

Antike und mittelalterliche Quellen

l, 18: 1, 31: 2,4: 2, 10: 2, 12: 2, 14: 2, 18: 2, 19: 2, 29: 2, 30: 2, 37: 2,41: 2, 3, 3, 4,

47: 12: 25: 14:

12 f., 121 53 56 2, 60, 65 55, 82 58 55 58 83 29, 33, 59 f. 30 7, 18, 31, 42 f., 48, 90, 101, 110, 116, 161, 193 160 56 103 161

4,20-34:

4, 31: 4,33:

4, 34: 4, 35: 5, 7: 5, 10: 5, 12: 5,23: 5, 24: 6, 6: 7, 6: 7, 30:

92 f.

123 20 f., 43, 47, 89, 92, 100, 107 f., 122, 124, 129, 136, 166, 170, 188, 196 92 162 162 132, 134, 162, 192 162 18, 32, 163 f., 199 10 132 162 244

Sozomenos Historia ecclesiastica 2, 5: 110

2,6: 99,118,197,233 2, 25: 53 2, 3, 3, 3, 3, 3, 3, 3, 4, 4,

28: 1: 3: 5: 6: 7: 10: 11: 8: 12:

53 52 82 54, 82 54 55, 58, 82 55 58 58, 83 83

4,24:

7, 18, 42 f., 48, 56, 90, 110, 116, 161, 193 4,37: l f., 117 5, 3: 153 5, 4: 56, 174 6, 13: 161 6,21:

6,37:

7, 7, 7, 7, 9, 9,

5: 12: 14: 17: 9: 14:

119,172

20 f., 42, 89, 105, 107 f., 122, 124, 126, 128 f., 136, 158 f., 162, 170 f., 182, 188, 196 f. 162 132, 134, 162, 192 162 18, 32, 42, 163, 199 19 43

Statuta ecclesiae antiqua allg.: 279 f.

c. 84: c. 86:

278 278

Sulpicius Severus Vita Martini 17,5-7: 371 Symmachus von Rom Epistula 9: 281 Synaxarium armenice allg.: 44 Synaxarium Ecclesiae Constantinopolitanae allg.: l, 164, 181, 184 f. zum 7. März: 14 Tacitus Germania 4, 1: 493 Tertullian Adversus ludaeos 7, 4: 229 7, 8: 230 Thegan Vita Hludovia 44: l Of.

543

544

Register

Theodoret von Kyros Graecarum affectionum curatio 9, 2: 233 Historia ecclesiastica 1, 7: 57 1, 25: 13

1, 28: 51, 82 1, 30: 53 2, 2: 61 2, 3: 81 f. 2, 8: 54, 57, 82, 84 2, 9 f.: 57 2, 16: 60, 83 2,21: 28, 30 f., 130 2, 24: 194 2, 28: 18 3, 24: 179 4, 11: 179 4, 33: 104, 123 4,37: 18, 20, 30, 42 f., 89, 108, 120, 126, 188 5, 7: 82 5, 30: 131 6, 35: 172 Historia religiosa 2, 1: 179

Theodoras Anagnostes Historia ecclesiastica tripartita Epitome 213: 42, 122 Theodorus von Herakleia Fragmenta in Jo.

27: 37: 40: 52: 56: 70: 96: 117: 126: 169: 196: 200: 207: 215: 225: 227:

70 73 66 f., 80 73 66, 80 64, 85 80 64, 85 64, 85 73 73 68, 79, 86 80 66 72 79

228: 254: 255: 257: 260: 261: 268: 269: 270: 271: 272: 275: 284: 310: 314: 315: 331: 333: 334: 336: 337: 344: 379: 397:

79 64, 66, 80, 85 80 64, 66, 80, 85 80 80 66, 80 66, 80 66, 80 80 80 86 80 64, 85 79 64 65, 85 66, 80 64, 85 64, 85 80 66 67 85

Fragmenta in Is. 32: 63 41: 63 51: 63

53: 66 54: 63 Fragmenta in Mt. 3: 63 14: 73 80: 66 85a: 73 f. 85b: 73 £ 98: 71 101: 67 108: 62 112: 62 115: 63

124: 125: 133: 134:

62, 73 73 62 64 f.

Theophanes Cbronographia ad. a. 369 p. c. n.:

42 f.

Antike und mittelalterliche Quellen

Tomus Damasi allg.:

300

Vita Constantini (slavisch) allg.:

23 f.

Tractatus de ratione paschae allg.: 420

Vita Cuthberti 4, 16: 504

Uffila

Vita Eligii 2, 16: 334, 469

Confessio fidei allg.: 46

Victor von Vita Historia Persecutionis Vandalicae 3, 5: 31

Victurius Aquitanus Cursus paschalis

allg.:

360, 367, 382, 384, 421, 423 prol. 9: 435 Vigilius von Rom Constitutum de tribus capitulis allg.: 300 Epistula encyclica allg.: 300

Vigilius von Thapsus Contra Arrianos 2, 50: 29 . De unitate trinitatis 12: 410

(Ps.-)Vigilius von Thapsus Contra 1, 12: 1, 20: 1, 37:

Vanmadum 31 33 34

Vita Ermenefredi 1: 296 Vita Eucharii et Valerii et Materni allg.: 338 Vita Faronis 100:

444

Vita Fidoli 2: 320 Vita Fridolini 2: 449 Vita Fursei 6 f.: 455 8 f.: 490 8: 448 Vita Gaucerici 13: 335 Vita Gertrudis A, 2: 444 Vita Medardis 1: 305 2: 324 25: 324

Vita Agili 1: 354, 357

Vita patrum lurensium

Vita Amandi

Vita Richarii Primigenia 3: 445

16: 20:

453, 494 453

Vita Arnulfi 25:

252

Vita Burchardi (1) 6: 484 Vita Burchardi (2) 2, 4: 466 Vita Caesarii 2, 18: 469

545

144:

469

Vita S. Remedii allg: 305 1: 305 f., 308 f. 2 f.: 306 2: 309 3: 306 4: 306

5: 306 6-8: 307 9: 306, 308

546 Vita Sadalbergae 1: 203, 296, 354, 358 7: 296 Vita Sigiramni 9: 445 Walahfrid Strabo Über de exordüs 1: 23 f. IJbellus de exordis et incrementis rerum eccliasticarum 7: 140, 207 Vita Galli 2: 475 4: 373 f. 5: 373, 447 6: 374 f. 9: 373, 472 10: 373 14: 374 15: 374 24: 373 26: 473 Wetti Vita Galli 4: 373 f. 5 f.: 373

Register

5: 6: 9: 10: 14: 15: 24: 26:

373, 375 374 373, 472 373 374 374, 477 373 473

Widukind von Corvey Res gestae saxoniae 2, 53: 493 Willibald Vita Bonifatii 4: 501 5: 467 6: 376, 467, 470, 483 8: 462 Willibrord von Echternach Wiüibrordkakndar Tafel 3: 506 Tafel 10: 504 Tafel 11: 496,499,501 Zosimus I. von Rom Epistulae 1: 275