Schutz der Gesellschafter in den Sanierungsplanverfahren deutschen, französischen und englischen Rechts 9783814558851

Vor dem Hintergrund der Umsetzung der Vorgaben der 2019 erlassenen Restrukturierungsrichtlinie in das deutsche und franz

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Schutz der Gesellschafter in den Sanierungsplanverfahren deutschen, französischen und englischen Rechts
 9783814558851

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Carla Maier Schutz der Gesellschafter in den Sanierungsplanverfahren deutschen, französischen und englischen Rechts

Institut für Internationales und Europäisches Insolvenzrecht der Universität zu Köln (Hrsg.)

Schutz der Gesellschafter in den Sanierungsplanverfahren deutschen, französischen und englischen Rechts

von Carla Maier

RWS Verlag Kommunikationsforum GmbH & Co. KG ˜ Köln

Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

© 2021 RWS Verlag Kommunikationsforum GmbH & Co. KG Postfach 27 01 25, 50508 Köln E-Mail: [email protected], Internet: http://www.rws-verlag.de Das vorliegende Werk ist in all seinen Teilen urheberrechtlich geschützt. Alle Rechte vorbehalten, insbesondere das Recht der Übersetzung, des Vortrags, der Reproduktion, der Vervielfältigung auf fotomechanischem oder anderen Wegen und der Speicherung in elektronischen Medien. Satz und Datenverarbeitung: SEUME Publishing Services GmbH, Erfurt Druck und Verarbeitung: Hundt Druck GmbH, Köln

Vorwort des Herausgebers Die vorliegende Schrift von Carla Maier ist am Institut für Internationales und Europäisches Insolvenzrecht der Universität zu Köln entstanden. Möglich geworden ist die Veröffentlichung durch die großzügige Unterstützung des Fördervereins des Instituts, der dieses Forschungsprojekt und eine Projektstelle für Frau Maier finanziert hat. Die Abhandlung untersucht, welche Rechtsstellung die Gesellschafter in den Insolvenzplan- und Restrukturierungsplanverfahren des deutschen, französischen und englischen Rechts innehaben. Im Vordergrund stehen die aktuellen Entwicklungen infolge der Umsetzung der Restrukturierungsrichtlinie. Die Schrift behandelt u. a. auch den neuen englischen Restructuring Plan und selbstverständlich auch die Gesellschafterstellung im StaRUG. Obgleich keine Dissertation, bietet die Schrift auf wissenschaftlich hohem Niveau, zugleich aber praxisnah eine wertvolle rechtsvergleichende Orientierung. Die Veröffentlichung ist auf dem Stand von August 2021.

Prof. Dr. Christoph Thole Institutsdirektor Institut für Internationales und Europäisches Insolvenzrecht der Universität zu Köln

V

Inhaltsverzeichnis Rn.

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Vorwort des Herausgebers ............................................................................. V Literaturverzeichnis .................................................................................... XIII A. Einleitung ..................................................................................... 1 ........ 1 I.

Regelungsziele der Restrukturierungsrichtlinie .......................... 2 ........ 1

II. Umsetzung der Restrukturierungsrichtlinie in nationales Recht ............................................................................................. 3 ........ 2 III. Nationale Unterschiede bezüglich der Verfahrensziele ............ 4 ........ 3 IV. Einbeziehung der Anteilsinhaber in das Sanierungsplanverfahren ....................................................................................... 7 ........ 5 V. Probleme grenzüberschreitender Sanierungsplanverfahren ....... 9 ........ 6 B. Insolvenzrechtliche Restrukturierungsverfahren im Überblick ............................................................................................. 10 ........ 7 I.

Restrukturierung im deutschen Insolvenzrecht ...................... 1. Das Schutzschirmverfahren, § 270b InsO a. F. bzw. § 270d InsO n. F. ................................................................ 2. Das Insolvenzplanverfahren .............................................. 3. Der Restrukturierungsrahmen nach StaRUG .................. a) Der Restrukturierungsplan (§§ 2 – 28 StaRUG) ........ b) Stabilisierungs- und Restrukturierungsinstrumente (§§ 29 – 72 StaRUG) .................................................... c) Sanierungsmoderation (§§ 94 – 100 StaRUG) ............

11 ........ 7 12 15 18 19

........ 7 ........ 9 ...... 10 ...... 11

22 ...... 12 23 ...... 12

II. Verfahren zur Restrukturierung im englischen Recht ............ 1. Das Verfahren der administration ...................................... 2. Das Company Voluntary Arrangement ........................... 3. Das Scheme of Arrangement ............................................. 4. Restructuring Plan nach Corporate Insolvency and Governance Act ..................................................................

25 26 29 35

III. Das französische Recht der Kollektivverfahren ....................... 1. Mandat ad hoc .................................................................... 2. Procédure de conciliation ................................................... 3. Die sauvegarde Verfahren .................................................. a) Das sauvegarde Verfahren ...........................................

44 45 46 48 49

...... ...... ...... ......

13 14 15 18

40 ...... 20 ...... ...... ...... ...... ......

23 23 24 26 26

VII

Inhaltsverzeichnis Rn.

4.

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b) Das beschleunigte Sanierungsverfahren (sauvegarde accélérée) ................................................ 54 ...... 29 c) Umsetzung der Vorgaben der Restrukturierungsrichtlinie ...................................................................... 55 ...... 30 Das redressement judiciaire ................................................ 59 ...... 31

IV. Zwischenergebnis ...................................................................... 61 ...... 33 C. Beteiligung der Anteilsinhaber an den Restrukturierungsverfahren .................................................................................... 63 ...... 35 I.

Einbeziehung der Gesellschafter in die Sanierungsplanverfahren deutschen Rechts ...................................................... 1. Einbeziehung in das Insolvenzplanverfahren .................... 2. Stellung der Anteilsinhaber im Restrukturierungsrahmen ................................................................................ a) Kritik an der Eingriffsbefugnis im Restrukturierungsrahmen ............................................................ b) Einfluss der Gesellschafter im Vorfeld des Restrukturierungsrahmens ..............................................

64 ...... 35 65 ...... 35 68 ...... 38 69 ...... 38 71 ...... 39

II. Einbeziehung der Anteilsinhaber in die französischen Sanierungsplanverfahren ............................................................ 73 ...... 40 1. In die präventiven sauvegarde Verfahren ........................... 74 ...... 41 2. In das redressement judiciaire ........................................... 76 ...... 42 III. Einbeziehung in das englische Sanierungsrecht ........................ 1. In das Company Voluntary Arrangement ......................... 2. In das Scheme of Arrangement Verfahren ........................ 3. In den Restructuring Plan nach Part 26A Companies Act ........................................................................................

80 ...... 44 81 ...... 44 82 ...... 45 83 ...... 47

IV. Zwischenergebnis ....................................................................... 85 ...... 48 D. Mögliche gesellschaftsrechtliche Planmaßnahmen ............. 86 ...... 49 I.

Der Debt Equity Swap .............................................................. 1. In den deutschen Sanierungsverfahren .............................. a) Rechtstechnische Umsetzung ..................................... b) Bewertung der Forderung ........................................... c) Sanierungsprivileg, § 39 Abs. 4 S. 2 InsO .................. d) Keine Umwandlung gegen den Willen der Forderungsgläubiger .......................................................... e) Überwindung der Obstruktion der Altgesellschafter ......................................................................... f) Alternative Gestaltungsmöglichkeiten ....................... 2. Im englischen Recht ........................................................... a) Rechtstechnische Umsetzung ....................................

VIII

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49 49 50 51 53

93 ...... 53 94 96 98 99

...... ...... ...... ......

53 54 55 55

Inhaltsverzeichnis Rn.

3.

b) Kein Sanierungsprivileg ............................................. c) Umwandlung gegen den Willen der betroffenen Gläubiger .................................................................... d) Umwandlung gegen den Willen der Anteilsinhaber ........................................................................ (1) Im Rahmen eines CVA ..................................... (2) Im Rahmen eines Scheme of Arrangement ..... (3) Im Rahmen eines Restructuring Plan .............. e) Alternative Gestaltungsmöglichkeiten ..................... Im französischen Recht ................................................... a) Rechtstechnische Umsetzung ................................... b) Umwandlung gegen den Willen der Gläubiger ........ c) Keine Umwandlung gegen den Willen der Anteilsinhaber ........................................................................

II. Übertragung der Gesellschafteranteile in Sanierungsplanverfahren ................................................................................... 1. Französisches Recht ........................................................ 2. Deutsches Recht ............................................................... 3. Englisches Recht .............................................................. III. Umwandlungsmaßnahmen ..................................................... 1. Deutsches Recht ............................................................... a) Verschmelzungen (§§ 1 Abs. 1 Nr. 1, 2 ff. UmwG) ...................................................................... b) Spaltungen (§ 123 UmwG) ....................................... c) Formwechsel (§ 1 Abs. 1 Nr. 4 i. V. m. §§ 190 ff. UmwG) ...................................................................... d) Stellung der Gesellschafter bei Umwandlungsmaßnahmen im Rahmen des Insolvenzplans ........... e) Umwandlungsmaßnahmen im Restrukturierungsverfahren nach StaRUG ............................................ 2. Englisches Recht .............................................................. 3. Französisches Recht ........................................................ IV. Eingriffsbefugnis der Gerichte in Gesellschafterrechte und Geschäftsführungsbefugnisse ........................................... 1. Französisches Recht ........................................................ a) Im sauvegarde Verfahren ........................................... b) Im redressement judiciaire ........................................ (1) Veräußerungsverbot ab Verfahrenseröffnung ........................................................... (2) Ausübung des Stimmrechts und gerichtliche Einziehung der Anteile .................................... (3) Zwangsweiser Austausch der Geschäftsleitung ............................................................... 2. Deutsches Recht ................................................................

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100 ...... 56 101 ...... 56 102 103 104 105 106 107 109 113

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75 75 76 76

143 ...... 77 144 ...... 77 146 ...... 78 147 ...... 78 IX

Inhaltsverzeichnis Rn.

3. 4.

Seite

Englisches Recht .............................................................. 150 ...... 80 Zwischenergebnis ............................................................. 154 ...... 81

E.

Rechtsschutzmöglichkeiten der Gesellschafter gegen gesellschaftsrechtliche Planmaßnahmen .............................. 155 ...... 83

I.

Deutsches Recht ....................................................................... 1. Im Insolvenzplanverfahren ............................................... a) Keine Zustimmungsfiktion, § 245 Abs. 1, Abs. 3 InsO ............................................................... b) Minderheitenschutzantrag, § 251 Abs. 1 InsO ....... c) Sofortige Beschwerde, § 253 InsO .......................... 2. Im Restrukturierungsplanverfahren nach StaRUG ........ a) Schutz vor einem klassenübergreifenden CramDown, § 26 StaRUG ................................................. b) Minderheitenschutzantrag, § 64 StaRUG ................ c) Sofortige Beschwerde, § 66 StaRUG ....................... 3. Zwischenergebnis .............................................................

156 ...... 83 157 ...... 83 157 159 160 161

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II. Französisches Recht ................................................................ 168 1. Rechtsschutz im sauvegarde Verfahren .......................... 169 a) Kein Schutz vor einer klassenübergreifenden Mehrheitsentscheidung ............................................. 169 b) Kein Minderheitenschutzantrag ............................... 170 c) Rechtsbehelfe gegen die gerichtliche Planbestätigung ................................................................. 171 2. Rechtsschutz im Rahmen der redressement judiciaire ... 172 a) Kein Schutz gegen klassenübergreifende Mehrheitsentscheidungen .......................................................... 173 b) Kein Minderheitenschutzantrag ............................... 174 c) Rechtsbehelfe gegen die gerichtliche Planbestätigung ................................................................. 175

...... 91 ...... 91

III. Englisches Recht ...................................................................... 1. Im Scheme of Arrangement ............................................ 2. Im neuen Restrukturierungsverfahren nach CIGA ........ 3. Im Company Voluntary Arrangement ............................

...... ...... ...... ......

F.

177 177 179 180

...... 91 ...... 92 ...... 92 ...... 93 ...... 93 ...... 93 ...... 94 95 95 96 97

Zwischenergebnis .................................................................... 182 ...... 99

G. Die Bestimmung des anwendbaren Rechts bezüglich gesellschaftsrechtlicher Maßnahmen in Sanierungsplanverfahren ........................................................................... 186 .... 101 I.

Gesellschaftsrechtliche Kollisionsregeln ................................. 188 .... 101

II. Anwendungsbereich der EuInsVO und Bestimmung des anwendbaren Rechts nach der EuInsVO ................................ 190 .... 102 X

Inhaltsverzeichnis Rn.

Seite

III. Qualifikation gesellschaftsrechtlich wirkender Planmaß nahmen ..................................................................................... 193 .... 104 1. Qualifikation der verfahrensrechtlichen Aspekte der Maßnahmen ................................................................ 194 .... 105 2. Qualifikation der Eingriffe in die Gesellschaftsstruktur .............................................................................. 195 .... 105 IV. Anwendbares Recht außerhalb des Anwendungsbereichs der EuInsVO ............................................................................ 197 .... 107 H. Internationale Anerkennung gerichtlich bestätigter Planmaßnahmen ..................................................................... 200 .... 109 I.

Anerkennung im Rahmen der EuInsVO ............................... 1. Grundsätzlich automatische Anerkennung .................... a) Anzuerkennende Entscheidungen im redressement judiciaire .................................................................... b) Anzuerkennende Entscheidungen in den sauvegarde Verfahren ................................................ 2. Ordre public Vorbehalt ................................................... a) Grundlagen des ordre public Vorbehalts ................. b) Überprüfung gesellschaftsrechtlicher Planmaßnahmen ....................................................................... (1) Angemessene Verfahrensbeteiligung ............... (2) Rechtliches Gehör ............................................ (3) Forderungsumwandlung gegen den Gläubigerwillen ......................................................... c) Keine Unvereinbarkeit mit der deutschen ordre public ..........................................................................

II. Anerkennung gerichtlicher Urteile außerhalb des Anwendungsbereichs der EuInsVO ................................................... 1. Scheme of Arrangement ................................................... 2. Restructuring Plan nach Part 26A des Companies Act ...................................................................................... 3. Company Voluntary Arrangement .................................. 4. Zwischenergebnis ............................................................. 5. Anerkennungsversagungsgründe ..................................... 6. Ordre public Vorbehalt des materiellen Kollisionsrechts .................................................................................. 7. Zwischenergebnis ............................................................. I.

201 .... 109 202 .... 109 204 .... 110 206 .... 111 207 .... 111 208 .... 111 209 .... 112 210 .... 113 212 .... 113 213 .... 114 214 .... 115 215 .... 116 217 .... 117 218 219 220 221

.... .... .... ....

117 117 118 119

223 .... 120 227 .... 121

Zusammenfassung und Fazit ................................................. 228 .... 123

Sachwortregister .......................................................................................... 127

XI

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XXXII

A. Einleitung Die rechtsvergleichende Betrachtung der europäischen Insolvenzrechtssysteme, 1 und dabei insbesondere der Sanierungssysteme, hat vor dem Hintergrund der unlängst verabschiedeten Restrukturierungs- und Insolvenzrechtlinie1) neue Bedeutung erlangt. Es bietet sich mit Blick auf die Umsetzung der Restrukturierungsrichtlinie an, eine rechtsvergleichende Analyse des sanierungsrechtlichen Ist-Zustands europäischer Rechtsordnungen, aber auch der bereits in Kraft getretenen nationalen Umsetzungen, vorzunehmen. Rechtsträgererhaltende Sanierungsplanverfahren haben außerdem in jüngster Zeit infolge der durch die Covid-19-Pandemie bedingten wirtschaftlichen Nachwehen noch weiter an Bedeutung gewonnen.2) Gerade zur Überwindung einer infolge der Pandemie eingetretenen temporären Liquiditätskrise eines an sich profitablen Unternehmens bietet sich ein Restrukturierungsplanverfahren als Sanierungsinstrument an. Viele rentable Unternehmen werden schließlich nur mit Unterstützung durch Fremdkapitalgeber die Krise überstehen. Die Sanierung eines Unternehmens durch Reduktion des Fremdkapitals ist mithin das richtige Sanierungsmittel für diese Unternehmen. I. Regelungsziele der Restrukturierungsrichtlinie Die Restrukturierungsrichtlinie strebt die Einführung präventiver Sanierungs- 2 instrumente in den Mitgliedstaaten an, um Insolvenzen der schuldnerischen Gesellschaften zu vermeiden und sich frühzeitig zu restrukturieren.3) Die Liquidation notleidender aber bestandsfähiger Unternehmen soll vermieden werden, um Arbeitsplätze zu erhalten, den Verlust von Kompetenzen zu verhindern und die Befriedigungsquote der Gesamtgläubigerschaft im Vergleich zu einem Liquidationsszenario zu erhöhen.4) Vor dem Erlass der Restrukturierungsrichtlinie bestanden zwischen den Mitgliedstaaten große Unterschiede hinsichtlich des Repertoires an präventiven Sanierungsinstrumenten.5) Einige Mitgliedstaaten, wie beispielsweise Frankreich, verfügten bereits über präventive, vor der Zahlungsunfähigkeit verfügbare, Sanierungsplanverfahren. In anderen Mitgliedstaaten, wie beispielsweise Deutschland, war die Möglichkeit, ___________ 1)

2) 3) 4) 5)

Richtlinie (EU) 2019/1023 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. Juni 2019 über präventive Restrukturierungsrahmen, über Entschuldung und über Tätigkeitsverbote sowie über Maßnahmen zur Steigerung der Effizienz von Restrukturierungs-, Insolvenz- und Entschuldungsverfahren und zur Änderung der Richtlinie (EU) 2017/1132 (Richtlinie über Restrukturierung und Insolvenz), abrufbar in der deutschen Fassung unter https://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/TXT/PDF/?uri= CELEX:32019L1023 (zul. abgerufen am 24. Mai 2021). Vgl. zum Insolvenzplanverfahren bspw. Keller, BB 2020, 2435, 2435. Vgl. Erwägungsgründe 2, 4 der Restrukturierungsrichtlinie. Vgl. Erwägungsgrund 2 der Restrukturierungsrichtlinie. Vgl. Erwägungsgrund 4 der Restrukturierungsrichtlinie.

1

A. Einleitung

ein Restrukturierungsplanverfahren einzuleiten, an das Eintreten der materiellen Insolvenzreife des Unternehmens geknüpft. Die Restrukturierungsrichtlinie schreibt die Möglichkeit der Inanspruchnahme einer frühzeitigen Sanierung vor. Hinsichtlich der genauen Ausgestaltung der Eintrittsvoraussetzungen lässt die Restrukturierungsrichtlinie den nationalen Gesetzgebern allerdings einen großen Ermessensspielraum.6) II. Umsetzung der Restrukturierungsrichtlinie in nationales Recht 3 Der Umsetzungszeitrum der Restrukturierungsrichtlinie endete zwei Jahre nach der Veröffentlichung der Restrukturierungsrichtlinie und damit im Juli 2021. Von den untersuchten Rechtsordnungen hat lediglich Deutschland bereits ein Umsetzungsgesetz verabschiedet und veröffentlicht. Das Unternehmensstabilisierungs- und -restrukturierungsgesetz7) trat am 01. Januar 2021 in Kraft. In Frankreich wurde hingegen nach aktuellem Stand lediglich ein Vorentwurf eines Umsetzungsgesetzes (avant-projet) vom Justizministerium veröffentlicht und zur Diskussion freigestellt.8) England trifft aufgrund des Austritts des Vereinigten Königreichs aus der Europäischen Union im Januar 2020 keine Pflicht mehr zur Umsetzung der Restrukturierungsrichtlinie.9) Zwar traf Großbritannien durch die Vereinbarung einer Übergangsfrist bis zum 31. Dezember 2020 noch die Pflicht zur Umsetzung von Richtlinien, deren Umsetzungszeitraum im Jahr 2020 abliefen. Allerdings wurde die Restrukturierungsrichtlinie im Juli 2019 verabschiedet, sodass der Umsetzungszeitraum bis Juli 2021 dauert und Großbritannien keine Pflicht trifft, die Richtlinie umzusetzen.10) Bemerkenswert ist insofern, dass der Austrittsvertrag zwischen dem Vereinigten Königreich und der Europäischen Union vom 24. Dezember 2020 keine einzige Regelung bezüglich der wechselseitigen Anerkennung juristischer Urteile beinhaltet – weder auf dem Gebiet des Zivilrechts, des Wirtschafts___________ 6) Vgl. zu den Vorgaben der Restrukturierungsrichtlinie unter anderen die Darstellung bei Madaus, DB 2019, 592 ff.; Spahlinger, NZI-Beilage 2019, 69, 69. 7) Im Folgenden: StaRUG. 8) Abrufbar unter http://www.textes.justice.gouv.fr/textes-soumis-a-concertation-10179/ restructuration-et-insolvabilite-des-entreprises-33684.html (zul. abgerufen: 24. Mai 2021). Das endgültige Umsetzungsgesetz wurde ursprünglich für Mai 2021 erwartet. Mangels Veröffentlichung eines Gesetzesvorschlags zum Stand des 24. Mai 2021, ist für die vorliegende Untersuchung der Vorentwurf heranzuziehen. Da aber bereits in Art. 196 des Gesetz Nr. 2019-486 vom 22.5.2019 über das Wachstum und die Umwandlung von Unternehmen (loi relative à la croissance et la transformation des entreprises, sog. „Loi PACTE“) die wesentlichen Änderungen des sauvegarde Verfahrens, zu denen der Gesetzgeber befugt wird, abgesteckt wurden und diese sich im Wesentlichen mit den Vorschlägen im Vorentwurf von Januar 2021 decken, dürfte das Umsetzungsgesetz keine großen Überraschungen mehr bringen. 9) Vgl. Schlegel, INDat Report 10/2020, 36, 39. 10) Das EU Withdrawal Agreement wurde nach Ablaufen der transition period am 1. Januar 2021 wirksam.

2

III. Nationale Unterschiede bezüglich der Verfahrensziele

rechts, noch des Insolvenzrechts.11) Es scheint trotz des – oder gerade wegen des Austritts aus der EU – lohnenswert, das englische Sanierungsrecht in den Rechtsvergleich einzubeziehen. Insbesondere lohnt ein näherer Blick auf das englische Recht wegen des neuen Restructuring Plan Verfahrens, das im Zuge des Corporate Insolvency and Governance Act im Juni 2020 in Part 26A des Companies Act eingefügt wurde.12) Dieses neue Restrukturierungsverfahren ist das Ergebnis von seit 2016 währenden Reformdiskussionen bezüglich des Scheme of Arrangement Verfahrens.13) Interessanterweise setzt das neu eingeführte Verfahren dabei viele wesentliche Punkte der Restrukturierungsrichtlinie um, ohne letztlich auf dieser zu beruhen.14) III. Nationale Unterschiede bezüglich der Verfahrensziele Bei einem Vergleich verschiedener Insolvenz- und Sanierungsverfahren ist es 4 gewinnbringend, die unterschiedlichen Verfahrensziele der verglichenen insolvenzrechtlichen Systeme in den Blick zu nehmen. Zwischen dem deutschen und französischen Regelungsansatz bestehen grund- 5 sätzliche Unterschiede. Während im deutschen Recht, prominent in § 1 InsO15) festgehalten, die gleichmäßige Befriedigung der Gläubiger des Insolvenzschuldners im Vordergrund steht, richtet das französische Sanierungs- und Insolvenzrecht seinen Fokus stärker auf den Erhalt des insolventen Schuldners und somit somit auf das politische Ziel, Arbeitsplätze zu sichern. Dem deutschen Gesetzgeber geht es vornehmlich darum, einen insolventen Schuldner aus dem wirtschaftlichen Geschehen zu nehmen, bevor dessen Gläubiger und andere Marktteilnehmer infiziert werden.16) Aufgrund der Bestrebung, möglichst viele noch rentable Unternehmen und damit Arbeitsplätze zu erhalten, war das französische Recht lange Zeit sanierungsfreundlicher als das deutsche Recht. Dies änderte sich spätestens mit der Umsetzung der Restrukturierungsrichtlinie in das StaRUG. Allerdings bedingt nicht erst die Restrukturierungsrichtlinie eine Annäherung zwischen dem deutschen und französischen Sanierungsrecht. Bereits der Koalitionsvertrag der deutschen Bundesregierung setzte 2018 das Ziel einer deutsch-französischen Annäherung im Bereich der Insol___________ 11) Vgl. Ungerer, NJW 2021, 1270, 1270. 12) Abrufbar unter https://www.legislation.gov.uk/ukpga/2020/12/enacted (zul. abgerufen: 24. Mai 2021). Siehe hierzu auch später, Rn. 40 ff. 13) Vgl. hierzu Vaccari, I.C.C.L.R. 2020, 31(12), 645 ff.; Memorandum from the Department for Business, Energy and Industrial Strategy to the Delegated Powers and Regulatory Reform Committee (May 20, 20), S. 1; Schlegel, INDat Report 10/2020, 36, 36. 14) Vgl. Schlegel, INDat Report 10/2020, 36, 36; Siehe hierzu später noch, Rn. 40 ff. 15) Wortlaut des § 1 S. 1 InsO: „Das Insolvenzverfahren dient dazu, die Gläubiger eines Schuldners gemeinschaftlich zu befriedigen, indem das Vermögen des Schuldners verwertet und der Erlös verteilt oder in einem Insolvenzplan eine abweichende Regelung insbesondere zum Erhalt des Unternehmens getroffen wird.“ 16) Vgl. Keller, BB 2020, 2435, 2435.

3

A. Einleitung

venz und Restrukturierung.17) Diese Zielsetzung formulierte bereits im Vorfeld auch der französische Präsident Macron in einer Rede im Jahr 2017 an der Universität Sorbonne.18) Auch der im Jahr 2019 geschlossene Aachener Vertrag19) zwischen Frankreich und Deutschland gibt das Ziel der Schaffung einheitlicher Regeln im Bereich des Insolvenz- und Sanierungsrechts vor. Zuletzt hat die Deutsch-Französische Parlamentarische Versammlung20) eine derartige Annäherung gefordert und hierfür eigens eine Arbeitsgruppe eingerichtet.21) Es scheint demnach nicht nur vor dem Hintergrund der Annäherung durch die Vorgaben der Restrukturierungsrichtlinie opportun, den aktuellen Stand des deutschen und französischen Insolvenz- und Sanierungsrechts zu vergleichen. 6 Auch zwischen dem englischen und dem deutschen Insolvenzrecht lassen sich bedeutende Unterschiede bezüglich der Verfahrensziele, der Rolle der handelnden Personen und der Einbindung des Gerichts feststellen.22) Spätestens seit der umfassenden Reform des englischen Insolvenzrechts durch den Enterprise Act 2002 spricht man von einer regelrechten „rescue culture“, welche das englische Insolvenzrecht prägt.23) Trotz der ausgeprägten Sanierungskultur, welche im deutschen Insolvenzrecht bisher eine eher untergeordnete Rolle spielte, sind die übergeordneten Regelungsziele des englischen Insolvenzrechts zumindest teilweise mit denen des deutschen Rechts vergleichbar. Die drei übergeordneten Ziele bestehen in der bestmöglichen Befriedigung der Gläubiger („…to maximise the return to creditors […]“), der Etablierung einer fairen und gerechten Rangordnung verschiedener Gläubigerforderungen und der Verteilung des Vermögens („…to establish a fair and equitable system for the ranking of claims and distribution of assets among creditors […]“) und zuletzt soll das Insolvenzrecht nach englischem Verständnis einen Mechanismus zur Verfügung stellen, mit dem die Ursachen für das Scheitern ermittelt und diejenigen, die sich der Misswirtschaft schuldig gemacht haben, zur Rechenschaft gezogen und gegebenenfalls ihres Rechts beraubt werden kön___________ 17) Vgl. Gruber, NZI 2021, 249, 249; Koalitionsvertrag der Bundesregierung, 2018, S. 55 Rn. 2486 ff. abrufbar unter: https://www.bundesregierung.de/breg-de/themen/ koalitionsvertrag-zwischen-cdu-csu-und-spd-195906 (zul. abgerufen am 24. Mai 2021). 18) Rede v. 26.9.2017, abrufbar unter: https://www.diplomatie.gouv.fr/IMG/pdf/26.09_-_ discours_du_president_de_la_republique_-_initiative_pour_l_europe_transcript__cle0cfdbe .pdf (zuletzt abgerufen am 01. Juni 2021). 19) Der Aachener Vertrag soll die Regeln des 1963 geschlossenen Élysée-Vertrags ergänzen; Vertrag über die deutsch-französische Zusammenarbeit und Integration v. 22.1.2019, abrufbar unter: https://www.bmvi.de/SharedDocs/DE/Anlage/G/elysee-vertrag.html (zuletzt abgerufen am 01. Juni 2021). 20) Die Deutsch-Französische Parlamentarische Versammlung setzt sich aus 50 Abgeordneten des Deutschen Bundestages sowie 50 Abgeordneten der Assemblée nationale zusammen. 21) Gruber, NZI 2021, 249, 249. 22) Schlegel, in: MüKo-InsO, 4. Aufl. 2021, Länderbericht England, Rn. 13. 23) Goode, Principles of Corporate Insolvency Law, 5th ed. 2019, Rn. 2-01; Schlegel, in: MüKo-InsO, 4. Aufl. 2021, Länderbericht England, Rn. 14.

4

IV. Einbeziehung der Anteilsinhaber in das Sanierungsplanverfahren

nen, sich an der Leitung anderer Unternehmen zu beteiligen („…to provide a mechanism by which the causes of failure can be identified and those guilty of mismanagement brought to book and, where appropriate, deprived of the right to be involved in the management of other companies […]“).24) Während dieser letztgenannte Sanktionsgedanke im deutschen Insolvenzrecht eine (wenn überhaupt) untergeordnete Rolle spielt, sind die Ziele der größtmöglichen und möglichst gerechten Gläubigerbefriedigung dem deutschen Insolvenzrecht bekannt. IV. Einbeziehung der Anteilsinhaber in das Sanierungsplanverfahren Die Frage der Einbeziehung der Anteilsinhaber sowie die Art und Weise der 7 Einbeziehung in das Sanierungsverfahren überlässt die Restrukturierungsrichtlinie weitgehend dem nationalen Gesetzgeber.25) Als erklärtes Regelungsziel setzt die Restrukturierungsrichtlinie allerdings den Abbau des Blockadepotenzials der Anteilsinhaber durch die nationalen Regelungen.26) Auch vor dem Erlass der Restrukturierungsrichtlinie war bereits eine Entwicklung in den europäischen Rechtsordnungen hin zu einer stärkeren Einbeziehung der Anteilsinhaber in die Sanierung der schuldnerischen Gesellschaft und Möglichkeit der zwangsweisen Durchsetzung von Zugeständnissen der Anteilsinhaber zu beobachten. Im deutschen Insolvenzplanverfahren ist eine Einbeziehung der Anteilsinhaber in das Planverfahren seit der Gesetzesreform durch das sog. ESUG27) im Jahr 2011 möglich.28) Auch das französischen Pendant zum Insolvenzplanverfahren, die redressement judiciaire, gab die Gesellschafterneutralität mit der Einführung weitreichender gerichtlicher Eingriffsbefugnisse durch Gesetzesreformen in den Jahren 201429) und durch die sog. Loi Macron im Jahr 201530) auf, verfolgt dabei jedoch bisher einen anderen Regelungsansatz als das deutsche Insolvenzrecht.31) Lediglich das englische Insolvenzplanverfahren, das Company Voluntary Arrangement, ist weiterhin ge___________ 24) 25) 26) 27) 28) 29)

30)

31)

Goode, Principles of Corporate Insolvency Law, 5th ed. 2019, Rn. 2-01. Vgl. nicht zuletzt Erwägungsgrund 43 und Art. 12 der Restrukturierungsrichtlinie. Vgl. beispielsweise Erwägungsgrund 57 und Art. 12 der Restrukturierungsrichtlinie. Gesetz zur weiteren Erleichterung der Sanierung von Unternehmen vom 7.12.2011, verkündet in BGBl Jg. 2011 Teil I Nr. 64, 13. Dezember 2011. BT Drs. 17/5712, S. 30 et. al.; Rühle, in: Nerlich/Römermann InsO, 42. EL 2021, § 217 Rn. 2a. Loi n° 2014-1 du 2 janvier 2014 umgesetzt in der ordonnance, n° 2014-326 du 12 mars 2014, vgl. hierzu Saint-Alary-Houin, Droit des Entreprises en Difficultés, 12e éd., 2020, Rn. 109; Degenhardt, NZI 2014, 433 ff. Loi n° 2015-990 du 6 août 2015 pour la croissance, l’activité et l’égalité des chances économiques (Gesetze für „Wachstum, Aktivität und Gleichheit der wirtschaftlichen Chancen“), vgl. hierzu Saint-Alary-Houin, Droit des Entreprises en Difficultés, 12e éd., 2020, Rn. 111 ff.; Degenhardt, NZI 2017, 134 ff. Vgl. hierzu später, Rn. 76 ff.

5

A. Einleitung

sellschafterneutral.32) Gesellschaftsrechtliche Maßnahmen waren im englischen Recht bisher stattdessen nur in den originär gesellschaftsrechtlichen Planverfahren umsetzbar. Durch die Einführung des Restructuring Plan ist jedoch auch im englischen Recht zumindest im Rahmen dieses Planverfahrens unter Umständen eine zwangsweise Einbindung der Anteilsinhaber möglich.33) 8 Ohne bereits zu viele Untersuchungsergebnisse vorwegzunehmen, lässt sich eine Rechtsentwicklung hin zu einer stärkeren Einbindung der Anteilsinhaber in die Sanierungsplanverfahren feststellen. Hinsichtlich der außerinsolvenzlichen Sanierungsplanverfahren wird diese Entwicklung verstärkt durch die Vorgaben der Restrukturierungsrichtlinie und deren Regelungsziel, Blockadepotenziale der Anteilsinhaber zu minimieren. Umso interessanter scheint es, die verschiedenen nationalen Regelungsansätze vor und auch nach der Umsetzung der Restrukturierungsrichtlinie zu vergleichen. V. Probleme grenzüberschreitender Sanierungsplanverfahren 9 Zuletzt sollen in der Untersuchung noch die Folgefragen gesellschaftsrechtlicher Planmaßnahmen mit Auslandsbezug im Bereich des Internationalen Privatrechts und dem Bereich der internationalen Anerkennung gerichtlicher Entscheidungen angerissen werden. Dabei sind insbesondere die aktuellen Veränderungen durch die nationalen Umsetzungsgesetze der Restrukturierungsrichtlinie aber auch durch den Austritt des Vereinigten Königreichs aus der Europäischen Union genauer in den Blick zu nehmen. Einige Konstellationen sind in diesem Bereich noch nicht geklärt und führen zu einiger Unsicherheit in der Rechtsanwendung in internationalen Sachverhalten. Auch diese Untersuchung kann die Probleme letztlich aufwerfen, aber es würde den Rahmen sprengen, diese in der ihnen gebotenen Tiefe zu untersuchen.

___________ 32) Vgl. hierzu später, Rn. 83 f. 33) Vgl. hierzu später, Rn. 83 f.

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B. Insolvenzrechtliche Restrukturierungsverfahren im Überblick Der Untersuchung der unterschiedlichen in Sanierungsplanverfahren mögli- 10 chen gesellschaftsrechtlichen Kapitalmaßnahmen und deren Umsetzung voranzustellen ist jedoch ein Überblick über die einzelnen zur Verfügung stehenden Sanierungsverfahren in den verschiedenen Rechtsordnungen. Selbst wenn sich nicht alle diese Verfahren für einen Vergleich mit den deutschen Sanierungsplanverfahren anbieten, dient es dem Systemverständnis, diese Verfahren zu umreißen. I. Restrukturierung im deutschen Insolvenzrecht Die rechtsträgererhaltende Sanierung gewinnt im deutschen Recht in den 11 letzten Jahren zunehmend an Bedeutung. Diese Entwicklung ist insbesondere seit dem ESUG zu beobachten, dessen erklärtes Ziel die Erhaltung überlebensfähiger Unternehmen zur Sicherung von Arbeitsplätzen war.34) Zur Verwirklichung dieses Ziels etablierte der Gesetzgeber verschiedene Sanierungswerkzeuge im deutschen Insolvenzrecht, um Anreize für eine frühzeitige Antragsstellung zu setzen. Die Entwicklung hin zu rechtsträgererhaltenden Sanierungen in einem möglichst frühen Krisenstadium setzt sich auch in der Restrukturierungsrichtlinie fort, deren nationale Umsetzung in das deutsche Recht die Möglichkeit eines präventiven Restrukturierungsrahmens etablierte. Damit wurde erstmalig ein eigenes Sanierungsplanverfahren bereits vor der materiellen Insolvenz eines Unternehmens ermöglicht. 1. Das Schutzschirmverfahren, § 270b InsO a. F. bzw. § 270d InsO n. F. Das Schutzschirmverfahren nach § 270b InsO a. F. wurde vom Gesetzgeber 12 im Rahmen des ESUG geschaffen, um unternehmerischen Insolvenzschuldnern eine Sanierung mittels frühzeitiger Antragsstellung zu erleichtern.35) Es wurde in der Begründung des Gesetzesentwurfs zwar als „eigenständiges Sanierungsverfahren im Zeitraum zwischen Eröffnungsantrag und Verfahrenseröffnung“36) bezeichnet. Korrekter ist es indes, nicht von einem eigenen Verfahren als vielmehr von einer Maßnahme zur Vorbereitung eines Insolvenzplanverfahrens, einem „sanierungsvorbereitenden Eröffnungsverfahren“, zu sprechen.37) Das Schutzschirmverfahren nach § 270b InsO sollte nach dem Willen des Gesetzgebers gegenüber dem allgemeinen Eröffnungsverfahren einer Ei___________ 34) 35) 36) 37)

Vgl. Beschlussempfehlung und Bericht, BT-Drs. 17/7511 v. 26.10.2011, S. 1. Wallner, ZIP 2015, 997, 998; Kern, in: MüKo-InsO, 4. Aufl. 2020, § 270 b InsO Rn. 1. BT-Drs. 127/11, S. 58; Undritz, in: K. Schmidt InsO, 19. Aufl. 2016, § 270 b Rn. 1. Kern, in: MüKo-InsO, 4. Aufl. 2020, § 270 b InsO Rn. 1; Hofmann, NZI 2010, 798, 801; Undritz, in: K. Schmidt InsO, 19. Aufl. 2016, § 270 b, Rn. 1.

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B. Insolvenzrechtliche Restrukturierungsverfahren im Überblick

genverwaltung nach § 270a InsO a. F. weitreichendere Schutzmechanismen gewähren.38) Vorausgesetzt wurde ein Eröffnungsantrag bei drohender Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung, jedoch nicht bei bereits eingetretener Zahlungsunfähigkeit, und zusätzlich die Sanierungsfähigkeit. Der Schuldner hatte die Erfüllung der Eröffnungsvoraussetzungen gem. § 270b Abs. 1 S. 3 InsO a. F. mittels Bestätigung einer in Insolvenzsachen erfahrenen Person nachzuweisen. Im Gegenzug wurde dem Schuldner eine höchstens dreimonatige Frist zur Vorbereitung eines Insolvenzplans gewährt. Außerdem konnte das Gericht nach § 270 Abs. 2 S. 2 InsO a. F. vom Schuldnervorschlag des Schuldners für einen vorläufigen Verwalter im Regelfall nicht abweichen. Der namensgebende „Schutzschirm“ bestand in den sonstigen sanierungsfreundlichen Sonderregelungen nach §§ 270b Abs. 3 InsO a. F., welche das Gericht für das Eröffnungsverfahren erließ. Insbesondere hervorzuheben ist dabei im Unterschied zum Wortlaut des § 270a InsO a. F. die Möglichkeit des Schuldners, Masseverbindlichkeiten zu begründen, § 270b Abs. 3 S. 1 InsO a. F. 13 Bereits vor dem Erlass des SanInsFoG wurde Kritik am Schutzschirmverfahren mangels Praxisrelevanz laut.39) Insbesondere der Mehrwert im Vergleich zum allgemeinen Eröffnungsverfahren nach § 270a InsO a. F. wurde angezweifelt.40) Die im Vergleich höheren Eröffnungsvoraussetzungen des § 270b InsO a. F. seien angesichts der kaum vorhandenen Sanierungsvorteile nicht gerechtfertigt.41) Die Autoren der Evaluierung des ESUG empfahlen schließlich, das Schutzschirmverfahren in der Form des § 270b InsO a. F. abzuschaffen und stattdessen die Verfahren des § 270a InsO a. F. und § 270b InsO a. F. zu einem einheitlichen Eigenverwaltungseröffnungsverfahren mit erhöhten Voraussetzungen zu verschmelzen.42) Spätestens nach dem Erlass der Restrukturierungsrichtlinie und dem gesetzgeberischen Auftrag eines präventiven Restrukturierungsverfahrens stellte sich die Frage, ob ein parallel bestehendes Schutzschirmverfahren redundant sei.43) 14 Entgegen der Empfehlung der ESUG Evaluierung schaffte der Gesetzgeber das Schutzschirmverfahren im Zuge des SanInsFoG nicht ab.44) Das Verfahren wurde in § 270d InsO neu geregelt. Es soll dem Schuldner weiterhin bereits ___________ 38) Vgl. BT-Drs. 127/11, S. 58. 39) Vgl. zur Bewertung der Erfahrungen mit dem Schutzschirmverfahren nach § 270b InsO a. F. Jacoby/Madaus/Sack/Schmidt/Thole, ESUG-Evaluierung, 2019, S. 100 ff. 40) Kern, in: MüKo-InsO, 4. Aufl. 2020, § 270 a InsO Rn. 14.; Jacoby/Madaus/Sack/ Schmidt/Thole, ESUG-Evaluierung, 2019, S. 100. 41) Jacoby/Madaus/Sack/Schmidt/Thole, ESUG-Evaluierung, 2019, S. 100. 42) Jacoby/Madaus/Sack/Schmidt/Thole, ESUG-Evaluierung, 2019, S. 107. 43) Die Redundanz bejahend Freitag, ZIP 2019, 541, 550 ff; Zur Diskussion vgl. Kern, in: MüKo-InsO, 4. Aufl. 2020, § 270b InsO Rn. 16. 44) Thole, NZI-Beilage 2021, 90, 92, welcher den Grund für das Festhalten des Gesetzgebers am Schutzschirmverfahren in der im Zuge der Covid-19 Pandemie größeren Bedeutung des Verfahrens sieht.

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I. Restrukturierung im deutschen Insolvenzrecht

im Eröffnungsverfahren die Ausarbeitung eines Insolvenzplans unter Schutz vor den Vollstreckungszugriffen seines Gläubigers ermöglichen.45) Die Veränderungen durch das SanInsFoG unterstreichen allerdings den Charakter des Schutzschirmverfahrens als Unterart eines allgemeinen Eigenverwaltungseröffnungsverfahrens.46) Durch eine Annäherung der Eröffnungs- sowie Beendigungsvoraussetzung der Eigenverwaltungseröffnungsverfahren dürfte das Schutzschirmverfahren an Bedeutung gewinnen.47) Inwieweit es jedoch neben dem durch das SanInsFoG neu eingeführten Restrukturierungsrahmen nach StaRUG praktische Bedeutung behält, ist noch nicht abschließend zu beurteilen.48) Im Unterschied zum letztgenannten Verfahren dient das Schutzschirmverfahren lediglich der Vorbereitung eines Sanierungsverfahrens und eröffnet keine Eingriffsbefugnisse in das Vermögen der schuldnerischen Gesellschaft, geschweige denn in das Vermögen der Gesellschafter. Für die Zwecke der Untersuchung ist es daher nicht in den weiteren Vergleich einzubeziehen. 2. Das Insolvenzplanverfahren Das Insolvenzplanverfahren ist in den §§ 217 ff. InsO geregelt. Es ermöglicht 15 den Beteiligten eines Insolvenzverfahrens von den Vorschriften der Insolvenzordnung über das Regelverfahren abzuweichen.49) Das Verfahren ist vom Gesetzgeber nicht nur zur Verwirklichung einer rechtsträgererhaltenden Sanierung konzipiert, sondern ermöglicht unterschiedlichste Planmaßnahmen zur Masseverwertung, beispielsweise die Liquidation oder eine übertragende Sanierung.50) In § 217 InsO sind die plantauglichen Regelungsgegenstände, die Rechtspositionen, in welche mittels Insolvenzplan eingegriffen werden kann, aufgeführt. Seit Einfügung der Normen des §§ 217 Abs. 1 S. 2, 225a InsO durch das ESUG sind auch die Anteils- oder Mitgliedschaftsrechte plantaugliche Gegenstände. Das deutsche Insolvenzrecht gab mit dem ESUG seine Gesellschafterneutralität auf und ermöglichte es, gesellschaftsrechtliche Maßnahmen auch mittels Insolvenzplan zu beschließen.51) ___________ 45) Ellers/Martini, in: BeckOK InsO, 23. Ed. 15.4.2021, § 270d Rn. 1. 46) Thole, NZI-Beilage 2021, 90, 92; Ellers/Martini, in: BeckOK InsO, 22. Ed. 15.1.2021, § 270d Rn. 4. 47) Ellers/Martini, in: BeckOK InsO, 23. Ed. 15.4.2021, § 270d Rn. 7. 48) Vgl. auch Ellers/Martini, in: BeckOK InsO, 23. Ed. 15.4.2021, § 270d Rn. 7. 49) Lüer/Streit, in: Uhlenbruck InsO, 15. Aufl. 2019, § 217 Rn. 1; Spliedt, in: K. Schmidt InsO, 19. Aufl. 2016, § 217 Rn. 1; Rühle, in: Nerlich/Römermann InsO, 42. EL Februar 2021, § 217 Rn. 5; Eidenmüller, in: MüKo-InsO, 4. Aufl. 2020, § 217 Rn. 1. 50) Vgl. BT-Drs. 12/2443, S. 90; Thole, in: Handbuch Insolvenzplan, 2. Aufl. 2020, § 1 Rn. 1; Eidenmüller, in: MüKo-InsO, 4. Aufl. 2020, § 217 Rn. 171. 51) Begründung RegE ESUG, BT-Drucks. 17/5712, S. 18; Spliedt, in: K. Schmidt InsO, 19. Aufl. 2016, § 225a Rn. 1; Eidenmüller, NJW 2014, 17 ff.; Madaus, ZIP 2016, 1141, 1141; Zur Bewertung der Einbeziehung von Gesellschafter- und Anteilsinhaberrechte in das Insolvenzplanverfahren infolge der Neuregelung durch das ESUG vgl. Jacoby/ Madaus/Sack/Schmidt/Thole, ESUG-Evaluierung, 2019, S. 164 ff.; Vgl. unten Rn. 65 ff.

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B. Insolvenzrechtliche Restrukturierungsverfahren im Überblick

16 Das Insolvenzplanverfahren beginnt mit der Vorlage des Insolvenzplans bei Gericht nach § 218 InsO, an welche sich die Vorprüfung des Gerichts anschließt. Ein Planmangel gem. § 231 InsO kann zur Zurückweisung des Plans führen, falls der Mangel nicht innerhalb einer angemessenen Frist zu beheben ist.52) Das Gericht kann nach § 231 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 InsO den Plan wegen formeller Fehler, wegen Mängel im Hinblick auf die Gruppenbildung im Sinne des § 222 InsO oder mangels Aussichten einer erfolgreichen Abstimmung oder Planbestätigung zurückweisen. Weist das Gericht den Plan nicht nach § 231 InsO zurück, bestimmt es einen Erörterungs- und Abstimmungstermin nach § 235 Abs. 1 InsO. Zur Abstimmung berechtigt sind alle planbetroffenen Gläubiger und Anteilsinhaber. Das Stimmrecht der Gläubiger richtet sich nach den angemeldeten und unbestrittenen Forderungen (§§ 237, 77 InsO), das Stimmrecht der betroffenen Anteilsinhaber bestimmt sich gem. § 238a InsO nach deren Beteiligung am gezeichneten Gesellschaftskapital.53) Die erforderliche Mehrheit ist in jeder Abstimmungsgruppe nach § 244 Abs. 1 InsO durch das Erreichen der einfachen Kopfmehrheit der abstimmenden Gläubiger sowie kumulativ der einfachen Summenmehrheit durch die abstimmenden Gläubiger gewahrt. Für Anteilsinhaber verweist § 244 Abs. 3 InsO auf die Anforderungen des Abs. 1, wobei hierbei auf die Höhe der Beteiligung statt der Forderungshöhe abzustellen ist. 17 Nach der Annahme des Insolvenzplans durch die Beteiligten mittels Abstimmung in unterschiedlichen Abstimmungsgruppen (§§ 244 – 247 InsO) bestätigt das Gericht den Insolvenzplan nach § 248 InsO. Im Anschluss bleibt den Verfahrensbeteiligten eine zweiwöchige Rechtsmittelfrist zur Geltendmachung der sofortigen Beschwerde nach § 253 InsO. Sollte eine solche Beschwerde nicht vorliegen, wird der Insolvenzplan rechtskräftig und das Insolvenzplanverfahren ist nach § 258 InsO durch das Insolvenzgericht aufzuheben. Daran schließt sich die Phase der Planverwirklichung an, welche jedoch nur fakultativ nach §§ 260, 261 InsO durch den Insolvenzverwalter bzw. Sachwalter54) überwacht wird. Grundsätzlich erlischt das Amt des Insolvenzverwalters bzw. des Sachwalters im Moment der Aufhebung durch das Insolvenzgericht und der Insolvenzschuldner erhält das Recht, wieder frei über sein Vermögen zu verwalten (§ 259 Abs. 1 InsO). 3. Der Restrukturierungsrahmen nach StaRUG 18 Zur Umsetzung der Restrukturierungs- und Insolvenzrichtlinie trat am 1. Januar 2021 im Zuge des Gesetzes zur Fortentwicklung des Sanierungs- und ___________ 52) Vgl. Breuer, in: MüKo-InsO, 4. Aufl. 2020, § 231 Rn. 8. 53) Vgl. näher hierzu sogleich, Rn. 65 ff. 54) Häufig werden Insolvenzplanverfahren im Rahmen einer Eigenverwaltung durch den Schuldner angestrebt. In diesem Fall wird nach § 270 Abs. 1 InsO statt eines Insolvenzverwalters ein Sachwalter bestellt.

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I. Restrukturierung im deutschen Insolvenzrecht

Insolvenzrechts (SanInsFoG) das Unternehmensstabilisierungs- und Unternehmensrestrukturierungsgesetz (StaRUG) in Kraft. Das StaRUG stellt Sanierungsschuldnern bereits vor der materiellen Insolvenzreife modular einsetzbare Sanierungsinstrumente zur Verfügung.55) a) Der Restrukturierungsplan (§§ 2 – 28 StaRUG) Das Herzstück des Gesetzes ist der Restrukturierungsrahmen in Teil II des 19 StaRUG mit der Regelung des Restrukturierungsplans nach §§ 2 ff. StaRUG.56) Der Restrukturierungsplan ist im Wesentlichen dem Insolvenzplan nachempfunden.57) Mit dem modularen Ansatz, verschiedene Restrukturierungsinstrumente zur Auswahl zu stellen, ist das Verfahren allerdings flexibler als das Insolvenzplanverfahren.58) Die durch den Plan gestaltbaren Rechtsverhältnisse sind in § 2 StaRUG aufgeführt. Für die Zwecke der Untersuchung besonders von Interesse ist die Möglichkeit gesellschaftsrechtlicher Maßnahmen durch Gestaltung der Anteils- und Mitgliedschaftsrechte nach § 2 Abs. 3 StaRUG.59) Ergänzt wird die Regelung durch § 7 Abs. 4 StaRUG, wonach jede gesellschaftsrechtlich zulässige Planmaßnahme gestattet ist.60) Die Regelungen über die Planabstimmung finden sich in den §§ 17 – 28 StaRUG, 20 wobei es sich dabei lediglich um die Regelungen über eine privatautonome Planabstimmung ohne gerichtliche Beteiligung handelt.61) Eine Planabstimmung mit gerichtlicher Beteiligung ist, im Unterschied zum Insolvenzplanverfahren, nur fakultativ und richtet sich nach §§ 45 ff. StaRUG. Entscheidet der Schuldner jedoch, die Abstimmung ohne gerichtliche Beteiligung durchzuführen, hat er den Planbetroffenen nach § 17 StaRUG ein Planangebot zu unterbreiten, muss ihnen nach § 17 Abs. 3 StaRUG Gelegenheit zur gemeinschaftlichen Erörterung des Restrukturierungsplans geben und setzt sodann gem. § 19 StaRUG eine Annahmefrist. Die Planabstimmung erfolgt innerhalb der jeweiligen Abstimmungsgruppe und richtet sich nach § 20 StaRUG. Das Stimmrecht der Planbetroffenen richtet sich nach § 24 StaRUG. Dabei ist, ebenso wie im Insolvenzplanverfahren, für Restrukturierungsgläubiger nach § 24 Abs. 1 S. 1 StaRUG auf die Forderungshöhe und bei planbetroffenen Anteilsinhabern nach § 24 Abs. 1 Nr. 3 StaRUG auf deren Anteil am gezeichneten Kapital ___________ 55) Vgl. RegE, BT-Drs. 19/24181, S. 89 und S. 130 ff.; Gruber, NZI 2021, 249, 250; Zum StaRUG-RefE Thole, ZIP 2020, 1985, 1985. 56) Madaus, NZI-Beilage 2021, 35, 35; Taras/Suchan, NJW-Spezial 2021, 21, 21; Zum StaRUG-RefE Thole, ZIP 2020, 1985, 1987. 57) Taras/Suchan, NJW-Spezial 2021, 21, 21; Zum StaRUG-RefE Thole, ZIP 2020, 1985, 1985. 58) Taras/Suchan, NJW-Spezial 2021, 21, 21. 59) Hierzu siehe unten genauer, Rn. 68 ff. 60) Vgl. ausführlich dazu später, Rn. 68 f. 61) Pehl, in: Braun StaRUG, 1. Aufl. 2021, § 17 Rn. 1; Zum StaRUG-RefE Thole, ZIP 2020, 1985, 1989.

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B. Insolvenzrechtliche Restrukturierungsverfahren im Überblick

abzustellen. Die erforderliche Mehrheit in den Abstimmungsgruppen liegt nach § 25 StaRUG bei 75 % der Stimmrechte und stellt mithin im Unterschied zu § 244 InsO nur auf eine Summenmehrheit ab, statt zusätzlich auf die Kopfmehrheit, obwohl Art. 9 Abs. 6 U Abs. 1 u. 2 der Restrukturierungsrichtlinie eine Kumulation zwischen Summen- und Kopfmehrheit zuließ.62) Dafür ist die erforderliche Summenmehrheit höher als die im Sinne des § 244 Abs. 1 Nr. 2 InsO.63) Ebenso wie im Insolvenzplanverfahren ist es auch im Restrukturierungsplanverfahren nach § 26 StaRUG möglich das Votum einer Abstimmungsgruppe zu überstimmen.64) 21 Stimmen alle Planbetroffenen dem Restrukturierungsplan zu, bedarf dieser zum Wirksamwerden keiner gerichtlichen Bestätigung. Wie sich aus dem Wortlaut des § 18 StaRUG ergibt, ist im Umkehrschluss ein Wirksamwerden gegenüber dissentierenden Beteiligten allerdings nur durch eine fakultative gerichtliche Planbestätigung nach §§ 45 ff. StaRUG zu erreichen. b) Stabilisierungs- und Restrukturierungsinstrumente (§§ 29 – 72 StaRUG) 22 In § 29 Abs. 2 StaRUG sind die Sanierungsinstrumente aufgeführt, die der nachhaltigen Beseitigung der drohenden Zahlungsunfähigkeit im Sinne des § 18 InsO dienen sollen.65) Ist das Unternehmen bereits zahlungsunfähig, ist ihm der Weg in den Restrukturierungsrahmen nach dem StaRuG verwehrt. In der Regelung des § 29 StaRUG kommt der modulare Ansatz des Gesetzes zum Ausdruck. Die Sanierungsinstrumente, wie beispielsweise die gerichtliche Planabstimmung nach § 29 Abs. 2 Nr. 1 StaRUG oder eine gerichtlich angeordnete Einschränkung der individuellen Rechtsdurchsetzung der Gläubiger (Stabilisierung) gem. § 29 Abs. 2 StaRUG, können vom Schuldner unabhängig voneinander in Anspruch genommen werden und bedürfen nur teilweise der gerichtlichen Beteiligung. c) Sanierungsmoderation (§§ 94 – 100 StaRUG) 23 Die Regelungen über die Sanierungsmoderation nach §§ 94 – 100 StaRUG sind zwar systematisch am Ende des StaRUG geregelt, chronologisch sind sie dem Restrukturierungsrahmen allerdings vorgelagert.66) Indes führt eine Sanierungsmoderation nicht zwingend überhaupt zum Eintritt in den Restruk___________ 62) Herzig, in: Braun StaRUG, § 25 Rn. 2; Vgl. so auch zu § 27 StaRUG-RefE Thole, ZIP 2020, 1985, 1990. 63) Vgl. so auch zu § 27 StaRUG-RefE Thole, ZIP 2020, 1985, 1990. 64) Hierzu vgl. später Rn. 162. 65) Nach intensiver dem Gesetzesentwurf vorangegangenen Diskussion entschied sich der Gesetzgeber damit für eine Umsetzung der in der Restrukturierungsrichtlinie vorausgesetzten „wahrscheinlichen Insolvenz“ mittels der „drohenden Zahlungsunfähigkeit“ im Sinne des § 18 InsO. Zur Diskussion vgl. bereits Thole, ZIP 2017, 101, 103 m. w. N. 66) Vgl. zum Gesetzesaufbau auch schon zum StaRUG-RefE Thole, ZIP 2020, 1985, 1985.

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II. Verfahren zur Restrukturierung im englischen Recht

turierungsrahmen, sie kann auch als eigenständiges Unterstützungsverfahren genutzt werden.67) Die Sanierungsmoderation ist ein für das deutsche Recht gänzlich neues Sanierungsinstrument, das an das französische präventive Verfahren der mandat ad hoc68) angelehnt ist.69) Es handelt sich dabei um ein nicht-öffentliches Verfahren, in dem ein gerichtlich bestellter Sanierungsmoderator zwischen den Verfahrensbeteiligten vermittelt und diese bei der Ausarbeitung eines Sanierungsvergleichs unterstützt.70) Während die präventiven Moderationsverfahren im französischen Recht die Sanierungsmittel erster Wahl sind71), wird die Sanierungsmoderation im deutschen Recht primär für die Sanierung von Kleinst- und Kleinunternehmen in Frage kommen, die sich eine Restrukturierung mit „professioneller Beratung nicht leisten können“.72) Mangels Öffentlichkeit der Sanierungsmoderation kann das Verfahren nicht 24 in Anhang A der EuInsVO aufgenommen werden und fällt demnach nicht in deren Anwendungsbereich.73) Restrukturierungsplanverfahren unterfallen demgegenüber zumindest dann dem Anwendungsbereich der EuInsVO, wenn sie nach §§ 84 ff. StaRUG öffentlich bekannt gemacht wurden.74) II. Verfahren zur Restrukturierung im englischen Recht Gerät ein Unternehmen in finanzielle Schwierigkeiten stehen ihm im englischen 25 Recht eine ganze Reihe von Sanierungsinstrumenten oder Abwicklungsverfahren zur Verfügung.75) Als letztes Mittel kommt bei Zahlungsunfähigkeit ein Liquidationsverfahren (winding-up) in Betracht, welches ausschließlich zur Auflösung und Liquidierung des Insolvenzschuldners führt.76) Ebenso wie im deutschen Regelverfahren nach § 199 InsO sind Anteilsinhaber in einem winding-up Verfahren lediglich im Rahmen der Ausschüttung eines eventuellen Überschusses zu berücksichtigen.77) Einem Liquidationsverfahren vorge___________ 67) Blümle/Erbe, in: Braun StaRUG, 1. Aufl. 2021, Vorb. zu §§ 94 – 100, Rn. 1. 68) Vgl. hierzu sogleich, Rn. 45. 69) Thole, ZIP 2020, 1985, 2000; Blümle/Erbe, in: Braun StaRUG, 1. Aufl. 2021, Vorb. zu §§ 94 – 100, Rn. 1; Teilweise wird auch eine Ähnlichkeit zum französischen Schlichtungsverfahren (conciliation) festgestellt, vgl. hierzu Gruber, NZI 2021, 249, 252. 70) Thole, ZIP 2020, 1985, 2000; Blümle/Erbe, in: Braun StaRUG, 1. Aufl. 2021, Vorb. zu §§ 94 – 100, Rn. 1. 71) Dammann, NZI 2009, 502, 504; Gruber, NZI 2021, 249, 252. 72) RegE, BT-Drs. 19/24181, S. 183 (zu § 100 RegE); Thole, ZIP 2020, 1985, 2000. 73) Thole, ZIP 2020, 1985, 2000. 74) Thole, ZIP 2020, 1985, 1998; vgl. zur Anwendung der EuInsVO noch Rn. 200 ff. 75) Nicht ganz selbstverständlich ist die weit überwiegende Mehrzahl der möglichen Verfahren kodifiziert, vgl. Goode, The Principles of Corporate Insolvency Law, 5th ed. 2019, Rn. 01-20. 76) Finch/Milman, Corporate Insolvency Law, 3rd ed. 2017, S. 21; Goode, The Principles of Corporate Insolvency Law, 5th ed. 2019, Rn. 5-01. 77) Goode, The Principles of Corporate Insolvency Law, 5th ed. 2019, Rn. 01-04.

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B. Insolvenzrechtliche Restrukturierungsverfahren im Überblick

lagert steht es der Insolvenzschuldnerin zum einen offen, eine außergerichtliche Restrukturierung durch individuelle Verhandlungen mit den einzelnen Gläubigern anzustrengen (workout).78) Weiter stehen der Schuldnerin aber auch verschiedene Sanierungsverfahren zur Verfügung. In Frage kommt zunächst die Eröffnung eines gesellschaftsrechtlichen Restrukturierungsverfahrens (Scheme of Arrangement), die Eröffnung eines Insolvenzplanverfahrens (Company Voluntary Arrangement)79) oder eines administration Verfahrens. Seit der Insolvenzrechtsreform durch den Corporate Insolvency and Governance Act im Mai 2020 steht den zu sanierenden Schuldnern daneben auch die Möglichkeit eines Restructuring Plan zur Verfügung, der im Wesentlichen ein überarbeitetes Scheme of Arrangement mit dem entscheidenden Vorteil der Möglichkeit eines sog. cross-class cram-down ist.80) 1. Das Verfahren der administration 26 Das administration Verfahren wurde auf Empfehlung des 1982 veröffentlichten „Cork Report“81) durch den Insolvency Act eingeführt.82) Vergleichbar zum Schutzschirmverfahren ist die administration kein eigenständiges Sanierungsverfahren. Vielmehr handelt es sich um einen Schutz, der dem Insolvenzschuldner gewährt wird, um die Vermögensmasse für ein nachfolgendes Verfahren zu sichern.83) Zur Sicherung wird die schuldnerische Gesellschaft unter die Aufsicht eines administrators gestellt und über das Vermögen der schuldnerischen Gesellschaft wird ein Moratorium in Form einer Vollstreckungs- und Verwertungssperre verhängt.84) Das Hauptziel der administration ist die Unternehmenserhaltung oder als Alternative die Veräußerung des Betriebs als going concern, um ein besseres Ergebnis als durch Liquidierung zu erhalten.85) Nur falls diese Ziele nicht zu erreichen sind oder sich als wirtschaft-

___________ 78) Vgl. zu dieser Form der „informal rescue“ Finch/Milman, Corporate Insolvency Law, 3rd ed. 2017, S. 21 ff.; Goode, The Principles of Corporate Insolvency Law, 5th ed. 2019, Rn. 12-02. 79) Nach Pt I des Insolvency Act. 80) Schlegel, INDat Report 10/2020, 36, 37; Näher hierzu sogleich, Rn. 40 ff. 81) Report of the Review Committee on Insolvency Law and Practice (1982) vorgelegt durch eine Expertenkommission benannt nach dem ihr vorsitzenden Insolvenzrechtsexperten Sir Kenneth Cork, vgl. Finch/Milman, Corporate Insolvency Law, 3rd ed. 2017, S. 26 ff. 82) Finch/Milman, Corporate Insolvency Law, 3rd ed. 2017, S. 301. 83) Goode, The Principles of Corporate Insolvency Law, 5th ed. 2019, Rn. 11-18. 84) Kaupthing Singer & Friedlander Ltd (In Administration), Re [2010] EWCA Civ 518, Rn. 7; Finch/Milman, Corporate Insolvency Law, 3rd ed. 2017, S. 302; Goode, The Principles of Corporate Insolvency Law, 5th ed. 2019, Rn. 11-18. Auf Antrag kann auch ein vorläufiges Moratorium (interim moratorium) durch das Gericht verhängt warden, vgl. Finch/Milman, Corporate Insolvency Law, 3rd ed. 2017, S. 317. 85) Goode, The Principles of Corporate Insolvency Law, 5th ed. 2019, Rn. 11-18.

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II. Verfahren zur Restrukturierung im englischen Recht

lich nachteilig erweisen, kann der administrator auch einzelne Vermögensgegenstände zur Befriedigung der gesicherten Gläubiger verwerten.86) Insbesondere die pre-pack administration erfreut sich großer Beliebtheit in 27 der englischen Restrukturierungspraxis.87) Dabei wird bereits vor der Eröffnung des administration Verfahrens unter Einbindung des späteren administrators über einen Verkauf des Unternehmens verhandelt.88) Sobald das administration Verfahren eröffnet wird, verkauft der administrator mittels einer out-ofcourt-administration das Unternehmen. Aus dem sich daraus ergebenden Verkaufserlös werden zunächst die gesicherten Gläubiger befriedigt, die ungesicherten Gläubiger können auf den Erlös jedoch nicht zugreifen und gehen – mangels noch zu verwertender unternehmerischer Vermögensmasse – zumeist leer aus. Das Sanierungsinstrument geriet – insbesondere durch Verkäufe unter Wert an dem schuldnerischen Unternehmen nahestehende Personen – in die Kritik.89) Letztlich ist die administration allerdings weniger ein eigenes Sanierungsplan- 28 verfahren, als eher eine vorgelagerte Sicherungsmaßnahme, die entweder eine rechtsträgererhaltende oder eine übertragende Sanierung vorbereiten soll.90) 2. Das Company Voluntary Arrangement Ebenso wie die administration wurde das Company Voluntary Arrangement91) 29 auf Empfehlung der Cork Committee durch sec. 1 – 7 Insolvency Act eingeführt.92) Es ist ein Vergleich der Schuldnergesellschaft mit ihren Gläubigern, der auch einzelne dissentierende Gläubiger bindet.93) Weder die Insolvenz, noch eine finanzielle Krise anderen Ausmaßes ist Voraussetzung für die Ver___________ 86) Vgl. One Blackfriars Ltd (In Liquidation), Re [2021] EWHC 684 (Ch); Goode, The Principles of Corporate Insolvency Law, 5th ed. 2019, Rn. 11-18. 87) Vgl. ausführlich zur pre-pack administration Umfreville, I.C.C.L.R. 2019, 30 (11), 581, 582 f.; Goode, The Principles of Corporate Insolvency Law, 5th ed. 2019, Rn. 11-38 ff.; vgl. Harris, Comp. Law. 2021, 42 (6), 196 zu den durch diese ausgelösten Diskussionen und die 2021 erlassenen einschränkenden Regelungen bei einem pre-pack sale zugunsten einer mit dem Unternehmen verbundenen Person; Ausführlich auch Schlegel, in: MüKo-InsO, 4. Aufl. 2021, Länderbericht England, Rn. 76. 88) Harris, Comp. Law. 2021, 42 (6), 196. 89) Teilweise beispielsweise an die ursprüngliche Geschäftsführung; Harris, Comp. Law. 2021, 42 (6), 196. 90) Häufig wird aus diesem Grund die administration als zusätzliches Instrument mit einem Restrukturierungsverfahren (beispielsweise dem Scheme of Arrangement Verfahren oder einem CVA) kombiniert, um die Vorteile eines Moratoriums auch in einem Restrukturierungsverfahren nutzen zu können, vgl. Goode, The Principles of Corporate Insolvency Law, 5th ed. 2019, Rn. 11-30 ff. 91) Im Folgenden: CVA. 92) Finch/Milman, Corporate Insolvency Law, 3rd ed. 2017, S. 417 ff. 93) Finch/Milman, Corporate Insolvency Law, 3rd ed. 2017, S. 417 ff.; Goode, The Principles of Corporate Insolvency Law, 5th ed. 2019, Rn. 12-46; Sax/Swierczok, in: Flöther Sanierungsrecht, 1. Aufl. 2019, K 102.

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B. Insolvenzrechtliche Restrukturierungsverfahren im Überblick

fahrenseinleitung.94) Bei einem isolierten CVA, nicht kombiniert mit einer administration oder einem winding-up Verfahren, verbleibt die Kontrolle über das Unternehmen in den Händen der Geschäftsführung (directors).95) Hinter einem CVA verbergen sich entweder Maßnahmen zur Bereinigung der Passiva der schuldnerischen Gesellschaft (composition) und bzw. oder die Restrukturierung des Unternehmens mittels eines Sanierungsplans (Scheme of Arrangement).96) 30 Häufig wird das CVA als Pendant zu einem Insolvenzplanverfahren bezeichnet.97) Die Vergleichbarkeit der beiden Sanierungsinstrumente wird damit begründet, dass beide Verfahren in Anhang A der EuInsVO aufgeführt wurden und somit deren Anwendungsbereich unterfielen. Richtig ist zumindest, dass das CVA im Unterschied zum Scheme of Arrangement und zum Restructuring Plan insolvenzrechtlicher Natur ist, was bereits an der Verortung im Insolvency Act deutlich wird. Allerdings gibt es einige gravierende Unterschiede zwischen dem CVA und einem Insolvenzplanverfahren. 31 Ein wesentlicher Unterschied liegt in der Zielsetzung der beiden Verfahren. Während das Insolvenzplanverfahren vorrangig die rechtsträgererhaltende Restrukturierung erleichtern soll, dient das CVA primär der Verringerung des Fremdkapitals des Unternehmens um einen „sale as a going concern“ zu erleichtern. Es ist ein Werkzeug zur übertragenden Sanierung und greift nicht in die gesellschaftsrechtliche Kapitalstruktur des Insolvenzschuldners ein.98) Das CVA ist nach dem Wortlaut der sec. 1 (1) Insolvency Act nur auf Vereinbarungen zwischen dem Sanierungsschuldner und dessen Gläubiger beschränkt.99) Weiter bringt ein CVA im Unterschied zu einem Insolvenzplanverfahren nicht regelmäßig eine Vollstreckungs- und Verwertungssperre mit sich.100) Bis zur Einführung eines modular einsetzbaren Moratoriums durch ___________ 94) Goode, The Principles of Corporate Insolvency Law, 5th ed. 2019, Rn. 12-27. 95) Finch/Milman, Corporate Insolvency Law, 3rd ed. 2017, S. 418; Goode, The Principles of Corporate Insolvency Law, 5th ed. 2019, Rn. 12-27; allerdings wird regelmäßig eine Art Sachwalter (nominee) zur Unterstützung der Geschäftsführung bei der Ausarbeitung des proposals hinzugezogen. 96) Hierunter versteht sich aber gerade kein Scheme of Arrangement nach sec. 895 ff. Companies Act, vgl. Goode, The Principles of Corporate Insolvency Law, 5th ed. 2019, Rn. 12-29. 97) Vgl. hierzu bspw. den Rechtsvergleich bei Glöckler, Anwendbares Recht und Anerkennung bei gesellschaftsrechtlichen Maßnahmen im Sanierungsplanverfahren, 2021, S. 75. 98) Goode, The Principles of Corporate Insolvency Law, 5th ed. 2019, 12-44. 99) Hierin liegt der entscheidende Unterschied zum Scheme of Arrangement und dem Restructuring Plan. 100) Gromek Broc/Parry, Corporate Rescue, 2nd ed. 2006, S. 100 f.; Goode, Principles of Insolvency Law, 5th ed. 2019, 12-40; Sax/Swierczok, in: Flöther Sanierungsrecht, 2019, K. 114; ist das CVA jedoch Teil einer administration oder eines winding-up Verfahrens tritt ein verbindliches Moratorium in Kraft. Sollte kein verbindliches Moratorium bestehen, gibt es Möglichkeiten dieses vertraglich im Rahmen des CVA zu vereinbaren.

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II. Verfahren zur Restrukturierung im englischen Recht

den Corporate Insolvency and Governance Act 2020101), konnten nur kleine Gesellschaften überhaupt ein Moratorium nach sec. 382 (3) des Companies Act beantragen.102) Der wohl bedeutendste Unterschied zum Insolvenzplanverfahren ist das Ab- 32 stimmungsverfahren. Abweichend von einem Insolvenzplanverfahren, dem StaRUG-Verfahren oder dem Scheme of Arrangement, wird über ein CVA nicht in Gruppen abgestimmt. Stattdessen stimmen die Beteiligten in zwei getrennten Versammlungen ab, einer Gläubigerversammlung und einer Gesellschafterversammlung.103) Die Annahme des Sanierungsplans in der Gläubigerversammlung erfordert eine Kopfmehrheit von 75 % der anwesenden und stimmberechtigten Gläubiger. Stimmberechtigt sind alle ungesicherten Gläubiger, die Kenntnis von der Gläubigerversammlung haben.104) Gesicherte Gläubiger sind weder teilnahme- noch stimmberechtigt, allerdings sind deren Forderungen auch nicht von einem CVA betroffen.105) Zusätzlich zu der DreiViertel-Kopfmehrheit müssen die abstimmenden Gläubiger auch eine einfache Summenmehrheit repräsentieren.106) Die Gesellschafterversammlung muss mit einer einfachen Mehrheit der teilnahme- und stimmberechtigten Gesellschafter zustimmen.107) Allerdings ist seit den Gesetzesänderungen durch den Enterprise Act 2002 nach sec. 4A (2) (b) Insolvency Act lediglich das Votum der Gläubigerversammlung entscheidend für die Annahme des Sanierungsplans.108) Mit der Annahme des CVA entfaltet der Sanierungsplan Rechtswirkung ohne 33 dass es einer gerichtlichen Planbestätigung bedarf.109) Trotzdem bindet der Plan alle teilnahme- und stimmberechtigten Gläubigern, sec. 5 (2), (2A) Insolvency Act. ___________ 101) Vgl. zum Moratorium eingeführt durch CIGA 2020 in Part A1 des Insolvency Act später Rn. 43 und unter anderen Schlegel, INDat Report 10/2020, 36, 37. 102) Goode, The Principles of Corporate Insolvency Law, 5th ed. 2019, 12-40; Sax/Swierczok, in: Flöther Sanierungsrecht, 2019, K. 114. 103) Goode, The Principles of Corporate Insolvency Law, 5th ed. 2019, 12-42; Finch/Milman, Corporate Insolvency Law, 3rd ed. 2017, S. 438; Sax/Swierczok, in: Flöther Sanierungsrecht, 2019, K. 121. 104) Nach r. 15.28 (1) IR 2016; vgl. Goode, The Principles of Corporate Insolvency Law, 5th ed. 2019, 12-42. 105) Finch/Milman, Corporate Insolvency Law, 3rd ed. 2017, S. 438; Goode, The Principles of Corporate Insolvency Law, 5th ed. 2019, 12-42. 106) Und damit die Mehrheit der ungesicherten Gesamtforderungen, Finch/Milman, Corporate Insolvency Law, 3rd ed. 2017, S. 438; Sax/Swierczok, in: Flöther Sanierungsrecht, 2019, K. 123. 107) Sax/Swierczok, in: Flöther Sanierungsrecht, 2019, K. 124; das Stimmgewicht richtet sich dabei nach der Satzung der Gesellschaft. 108) Vgl. dazu unten, Rn. 81; Finch/Milman, Corporate Insolvency Law, 3rd ed. 2017, S. 439; Sax/Swierczok, in: Flöther Sanierungsrecht, 2019, K. 126. 109) Goode, The Principles of Corporate Insolvency Law, 5th ed. 2019, Rn. 12-43.

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B. Insolvenzrechtliche Restrukturierungsverfahren im Überblick

34 Vor der Flucht deutscher Unternehmen in eine Sanierung nach dem Scheme of Arrangement stand ein Vergleichsschluss deutscher Unternehmen mit ihren Gläubigern im Rahmen des CVA hoch im Kurs.110) Im Unterschied zum Scheme of Arrangement mussten diese Unternehmen für die internationale Zuständigkeit englischer Gerichte nach Art. 3 EuInsVO111) ihr COMI (Center of Main Interest) jedoch in das Vereinigte Königreich verlagern. 3. Das Scheme of Arrangement 35 Das Scheme of Arrangement ist ein Planverfahren der schuldnerischen Gesellschaft, in das sowohl Gläubiger als auch Gesellschafter einbezogen werden können. Das Verfahren kann unabhängig von der finanziellen Situation des Unternehmens geschlossen werden.112) Das Verfahren dient weniger zur Sanierung einer überschuldeten Gesellschaft, als vielmehr zur Vereinfachung gesellschaftsrechtlicher Maßnahmen.113) Deswegen ist es auch nicht überraschend, dass das Scheme of Arrangement nicht im Insolvency Act geregelt ist, sondern in Part 26 sec. 895 – 901 des Companies Act. 36 Einer der wichtigsten Unterschiede eines Scheme of Arrangement zu einem CVA liegt in der gerichtlichen Beteiligung.114) Der Abschluss eines wirksamen und bindenden Sanierungsplans bedarf der gerichtlichen Bestätigung des Plans, weswegen das Scheme of Arrangement aufwändiger ist als der Abschluss eines CVA.115) Es wird kein Verwalter bestellt. Das Planvorschlagsrecht hat nicht nur der Schuldner, sondern alle Gesellschafter, Gläubiger oder Gläubigergruppen.116) Allerdings bedarf jeder Planvorschlag, auch ein Vorschlag der Gesellschafter oder der Gläubiger, der Zustimmung der Geschäftsführer für die gerichtliche Bestätigung.117) Zur Ausarbeitung des Plans kann das Gericht ___________ 110) Sax/Swierczok, in: Flöther Sanierungsrecht, 2019, K 102; siehe bspw. Entscheidung im Fall Schefenacker, The High Court of Justice, Chancery Division, in the matter of the Insolvency Act 1986 and in the matter of Schefenacker plc, CVA 1674 of 2007. 111) Seit dem Austritt des Vereinigten Königreichs aus der Europäischen Union und der damit endenden Anwendbarkeit der EuInsVO erübrigt sich allerdings auch die Bestimmung der Zuständigkeit im Rahmen des CVA nach dem sog. COMI, näher hierzu unten Rn. 199 ff. 112) Goode, The Principles of Corporate Insolvency Law, 5th ed. 2019, Rn. 12-12; Bork, IILR 2012, 477, 477; Schlegel, INDat Report 10/2020, 36, 38; Finch/Milman, Corporate Insolvency Law, 3rd ed. 2017, S. 412. 113) Zu möglichen Anwendungsgebieten vgl. Finch/Milman, Corporate Insolvency Law, 3rd ed. 2017, S. 410; Goode, The Principles of Corporate Insolvency Law, 5th ed. 2019, Rn. 12-12. 114) Weiterführend zu den Unterschieden zwischen dem CVA und dem Scheme of Arrangement vgl. auch Kranz, Rescue Culture in Großbritannien, 2017, S. 189 ff. 115) Milman, Co. L.N. 2011, 301, 1, 2; Goode, Principles of Corporate Insolvency Law, 5th ed. 2019, Rn. 12-13. 116) Milman, Co. L.N. 2011, 301, 1, 2; Finch/Milman, Corporate Insolvency Law, 3rd ed. 2017, S. 410; Goode, The Principles of Corporate Insolvency Law, 2019, Rn. 12-16. 117) Goode, Principles of Corporate Insolvency Law, 5th ed. 2019, Rn. 12-16.

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II. Verfahren zur Restrukturierung im englischen Recht

kein Moratorium anordnen.118) Der Schuldner kann sich nur vertraglich mit den beteiligten Gläubigern auf eine Vollstreckungs- und Verwertungssperre einigen.119) Im Rahmen eines Scheme of Arrangement ist es möglich, nur ausgewählte Gläubigerklassen, deren Beteiligung für eine erfolgreiche Sanierung erforderlich ist, in das Verfahren einzubeziehen. Diese Teilkollektivität wurde in der Restrukturierungsrichtlinie und dem darauf beruhenden StaRUG-Verfahren aufgegriffen. Im Unterschied zu einem CVA stimmen die Beteiligten über das Scheme of 37 Arrangement in Gruppen ab (Creditors‘ or Members‘ Meetings).120) Dabei ist eine Kopfmehrheit der abstimmenden Gläubiger sowie zusätzlich eine 75 % Summenmehrheit erforderlich, sec. 899 (1) Companies Act.121) Die Beteiligten sind nach der Rechtsprechung so in Gruppen einzuteilen, dass Beteiligte, deren Rechte und Interessen nicht so unterschiedlich sind, um ihnen eine gemeinsame Abstimmung unmöglich zu machen („whose rights are not so dissimilar as to make it impossible for them to consult together with a view to their common interest“), in einer Abstimmungsgruppe abstimmen.122) Die Frage, nach welchen Kriterien die Gruppen zu bilden sind, obliegt der Einschätzung des Gerichts und ist immer wieder Gegenstand von Auseinandersetzungen.123) Ein weiterer Vorteil des Scheme of Arrangement im Unterschied zu einem 38 CVA liegt in der Möglichkeit, Eingriffe in Gesellschafter- und alle124) Gläubigerrechte gegen deren Willen durchzusetzen.125) Es bindet alle Verfahrensbeteiligte, unabhängig davon, ob sie stimmberechtigt waren.126) Allerdings ___________ 118) Das ist einer der häufigsten Kritikpunkte am Scheme of Arrangement und der Grund, weshalb es meistens mit einer administration kombiniert wird, vgl. Bork, IILR 2012, 477, 481; Goode, Principles of Corporate Insolvency Law, 5th ed. 2019, Rn. 12-22; Vgl. hierzu im Unterschied die Norm des § 49 StaRUG zur Anordnung einer sog. Stabilisierung, während welcher Maßnahmen der Einzelzwangsvollstreckung und -verwertung untersagt werden. 119) Finch/Milman, Corporate Insolvency Law, 3rd ed. 2017, S. 410. 120) Milman, Co. L.N. 2011, 301, 1, 2; Sax/Swierczok, in: Flöther Sanierungsrecht, 2019, K. 19. 121) Milman, Co. L.N. 2011, 301, 1, 2; Finch/Milman, Corporate Insolvency Law, 3rd ed. 2017, S. 410. 122) Re Hawk Insurance Co. Ltd. (2001), B.C.C. 2002, 300, 301; Payne, E.B.O.R. 2013, 14 (4), 563, 564; Sovereign Life Assurance Co v. Dodd [1892] 2 QB 573, 583; Goode, Principles of Corporate Insolvency Law, 5th ed. 2019, Rn. 12-13; Unabhängig davon, ob ihre Forderungen bedingt sind oder sie diese bereits geltend gemacht haben. 123) Vgl. Milman, Co. L.N. 2006, 21/22, 1, 1; Einzelheiten der Gruppeneinteilung sind nicht gesetzlich vorgeschrieben. Eindeutig scheint es jedenfalls zu sein, dass für shareholder, gesicherte und ungesicherte Gläubiger jeweils eigene Gruppen zu bilden sind, vgl. Finch/Milman, Corporate Insolvency Law, 3rd ed. 2017, S. 413. 124) Und damit im Unterschied zum CVA auch in die Rechte der gesicherten Gläubiger, vgl. Milman, Co. L.N. 2011, 301, 1, 2. 125) Finch/Milman, Corporate Insolvency Law, 3rd ed. 2017, S. 411; Sax/Swierczok, in: Flöther Sanierungsrecht, 2019, K. 19. 126) Finch/Milman, Corporate Insolvency Law, 3rd ed. 2017, S. 411.

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B. Insolvenzrechtliche Restrukturierungsverfahren im Überblick

bedarf es hierfür der Zustimmung jeder einzelnen Abstimmungsgruppe. Anders als im Insolvenzplan- oder StaRUG-Verfahren ist keine klassenübergreifende Mehrheitsentscheidung (sog. cross-class cram-down) möglich.127) 39 Das Scheme of Arrangement erlangte einige Aufmerksamkeit bei deutschen Unternehmen bevor im deutschen Recht ein präventives Restrukturierungsverfahren zur Verfügung stand.128) Besonders die Flexibilität mangels Regelungen der möglichen Planmaterie machte das Verfahren attraktiv für deutsche Unternehmen.129) Diesen Unternehmen spielte in die Hände, dass das Scheme of Arrangement nicht in den Anwendungsbereich der EuInsVO fiel, sodass die Zuständigkeitsregel nach Art. 3 EuInsVO zugunsten des Gerichts am Ort des Mittelpunkts der hauptsächlichen Interessen des Schuldners (sog. COMI) nicht griff. Der zuständige High Court ließ bereits jegliche Verbindung der Rechtssache nach England ausreichen, um sich selbst für zuständig zu erklären.130) 4. Restructuring Plan nach Corporate Insolvency and Governance Act 40 Das englische Sanierungsrecht wurde in jüngster Zeit durch den im Mai 2020 verabschiedeten Corporate Insolvency and Governance Act 2020131) reformiert.132) Die Gesetzesänderung des Companies Act war primär eine Reaktion des britischen Gesetzgebers auf die Finanz- und Wirtschaftskrise infolge der Covid-19-Pandemie.133) Die beschlossenen Maßnahmen unterteilen sich in zwei Kategorien: zum einen wurden vorübergehende Änderungen des Insolvenzrechts beschlossen als Reaktion auf die akute Gefährdung der Unternehmen infolge der Pandemie. Zum anderen enthält der CIGA aber auch dauerhafte Änderungen des Sanierungsrechts.134) Das Ziel der Gesetzesänderungen war ___________ 127) Finch/Milman, Corporate Insolvency Law, 3rd ed. 2017, S. 413; Sax/Swierczok, in: Flöther Sanierungsrecht, 2019, K. 19. 128) Zu dem damals lauter werdenden Ruf der Literatur nach einem vergleichbaren deutschen Sanierungsverfahren vgl. Goetker/Schulz, ZIP 2016, 2095 ff.; Sax/Swierczok, ZIP 2016, 1945 ff.; Jacoby/Madaus/Sack/Schmidt/Thole, ESUG Evaluierung, 2019, S. 134 f. 129) Milman, Co. L.N. 2011, 301, 1, 2; Finch/Milman, Corporate Insolvency Law, 3rd ed. 2017, S. 410; Sax/Swierczok, in: Flöther Sanierungsrecht, 2019, K. 26. 130) Re APCOA Holdings GmbH (2014), auch besprochen in Goode, Principles of Corporate Insolvency Law, 5th ed. 2019, Rn. 12-17. 131) Im Folgenden: CIGA. 132) Vaccari, I.C.C.L.R. 2020, 31(12), 645, 646; Schlegel, INDat Report 10/2020, 36 ff.; Memorandum from the Department for Business, Energy and Industrial Strategy to the Delegated Powers and Regulatory Reform Committee (May 20, 20), S. 1 ff. 133) Vaccari, I.C.C.L.R. 2020, 31(12), 645, 646; Memorandum from the Department for Business, Energy and Industrial Strategy to the Delegated Powers and Regulatory Reform Committee (May 20, 20), S. 1. 134) Vaccari, I.C.C.L.R. 2020, 31(12), 645, 646; Memorandum from the Department for Business, Energy and Industrial Strategy to the Delegated Powers and Regulatory Reform Committee (May 20, 20), S. 1; Schlegel, INDat Report 10/2020, 36, 36.

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II. Verfahren zur Restrukturierung im englischen Recht

es, die rechtsträgererhaltende Sanierung zu erleichtern.135) Die wichtigsten dauerhaft etablierten Mechanismen sind ein modular mit allen Arten von Restrukturierungsverfahren zu kombinierendes Moratorium, das Verbot von insolvenzbedingten Lösungsklauseln (termination clauses) in Verträgen mit Lieferanten und als „Herzstück der Reform“136) ein Restrukturierungsplan (Restructuring Plan).137) Der in Part 26A des Companies Act eingefügte Restructuring Plan steht nicht ohne Grund in unmittelbarer systematischer Regelungsnähe zum Vorbildverfahren des Scheme of Arrangement in Part 26 des CA. Im Wesentlichen orientiert sich das neue Restrukturierungsverfahren am Scheme of Arrangement, hat aber den entscheidenden Vorteil einer klassenübergreifenden Mehrheitsentscheidung (cross-class cram-down).138) Vergleichbar zu einem Scheme of Arrangement – und anders als in einem CVA – stimmen die Gläubiger und vom Plan betroffenen Gesellschafter in Gruppen über den von den Geschäftsführern des Schuldners vorgeschlagenen Restrukturierungsplan ab.139) Dabei bedarf es einer Summenmehrheit von min. 75 % der Stimmen in jeder Abstimmungsklasse, wobei die Kopfmehrheit anders als im Scheme of Arrangement unberücksichtigt bleibt.140) Im Unterschied zu einem Scheme of Arrangement kann das Gericht einen Re- 41 structuring Plan bestätigen, obwohl eine oder mehrere Gruppen gegen diesen gestimmt haben.141) Hierfür ist erforderlich, dass die Mitglieder der dissentierenden Gruppen durch den Plan nicht schlechter gestellt werden als in der wahrscheinlichsten Handlungsalternative.142) Bemerkenswert ist die Ähnlichkeit dieses Schlechterstellungsverbots zu dem Insolvenzplanverfahren und dem Restrukturierungsverfahren nach StaRUG und damit auch dem „best interest of creditors test“ nach den Wertungen des Art. 11 der Restrukturierungsrichtlinie. Ein weiterer Unterschied zum Scheme of Arrangement Verfahren liegt in ___________ 135) Schlegel, INDat Report 10/2020, 36, 36; Memorandum from the Department for Business, Energy and Industrial Strategy to the Delegated Powers and Regulatory Reform Committee (May 20, 20), S. 1. 136) Schlegel, INDat Report 10/2020, 36, 36. 137) Vaccari, I.C.C.L.R. 2020, 31(12), 645, 646; Memorandum from the Department for Business, Energy and Industrial Strategy to the Delegated Powers and Regulatory Reform Committee (May 20, 20), S. 2. 138) Vaccari, I.C.C.L.R. 2020, 31(12), 645, 664. 139) Vgl. grundlegend zu den Unterschieden zwischen dem Scheme of Arrangement und dem Restructuring Plan das erste Urteil betreffend eines Restructuring Plans Virgin Atlantic Airways Limited and in the Matter of Part 26A of the Companies Act 2006 (2020) EWHC 2376 (Ch). 140) Vaccari, I.C.C.L.R. 2020, 31(12), 645, 664; Virgin Atlantic Airways Limited and in the Matter of Part 26A of the Companies Act 2006 (2020) EWHC 2376 (Ch), Rn. 42. 141) Virgin Atlantic Airways Limited and in the Matter of Part 26A of the Companies Act 2006 (2020) EWHC 2376 (Ch), Rn. 43; Vaccari, I.C.C.L.R. 2020, 31(12), 645, 664. 142) Das Gericht beurteilt, welche Handlungsalternative im konkreten Fall am wahrscheinlichsten ist vgl. Virgin Atlantic Airways Limited and in the Matter of Part 26A of the Companies Act 2006 (2020) EWHC 2376 (Ch), Rn. 43.

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B. Insolvenzrechtliche Restrukturierungsverfahren im Überblick

den Eröffnungsvoraussetzungen. Das Restructuring Plan Verfahren kann nur eingeleitet werden, wenn sich die Schuldnergesellschaft bereits in finanziellen und den Geschäftsbetrieb beeinträchtigenden Schwierigkeiten befindet oder diese wahrscheinlich sind.143) 42 Obwohl das Vereinigte Königreich durch das Wirksamwerden des EU Withdrawal Abkommens und dem Ablauf der transition period zum 31. Dezember 2020 nicht mehr verpflichtet ist, die Restrukturierungsrichtlinie in nationales Recht umzusetzen, scheint der Restructuring Plan zumindest auch an die Vorgaben der Restrukturierungsrichtlinie angelehnt.144) Allerdings setzte der Gesetzgeber hauptsächlich Empfehlungen zur Verbesserung des Scheme of Arrangement um, die von einer Expertenkommission bereits 2016 geäußert wurden.145) 43 Das neben dem Restructuring Plan durch den CIGA neu geschaffene Moratorium nach Part A1 des Insolvency Act 1986 ist ein eigenständiges Sanierungsmodul, das mit jeder Form von Sanierungsverfahren kombinierbar ist.146) Zulässig ist eine solche Vollstreckungs- und Verwertungssperre bei allen Unternehmen, die nicht Subjekt eines Insolvenzverfahrens sind, denen innerhalb der letzten zwölf Monate bereits ein Moratorium gewährt wurde oder über deren Vermögen innerhalb der letzten zwölf Monate bereits ein CVA oder ein administration Verfahren durchgeführt wurde.147) Gewährt werden 20 Tage Moratorium, wobei dieser Zeitraum auch verlängert werden kann. Damit ist das Moratorium nach dem CIGA kürzer als die Stabilisierungsanordnung nach § 49 StaRUG. Der wesentlichste Unterschied zur Stabilisierungsanordnung des § 49 StaRUG ist aber die Wirkungsweise. Während das Moratorium nach Insolvency Act eine echte Aussetzung der Fälligkeit ist, schützt die Stabilisierungsanordnung den Schuldner lediglich vor Vollstreckungsmaßnahmen.148) Letztlich ist der Restructuring Plan die Weiterentwicklung des Scheme of Arrangement Verfahrens, die viele Aspekte der Restrukturierungsrichtlinie aufgreift und damit auch dem Restrukturierungsverfahren nach StaRUG sehr ähnlich ist. ___________ 143) Schlegel, INDat Report 10/2020, 36, 38. 144) Schlegel, INDat Report 10/2020, 36, 39. 145) Insolvency Service, A Review of the Corporate Insolvency Framework: A Consultation on Options for Reform (May 2016), abrufbar unter: https://assets.publishing. service.gov.uk/government/uploads/system/uploads/attachment_data/file/525523/A_ Review_of_the_Corporate_Insolvency_Framework.pdf (zul. abgerufen am: 24. Mai 2021); Vaccari, I.C.C.L.R. 2020, 31(12), 645, 663. 146) Schlegel, INDat Report 10/2020, 36, 36, ein Moratorium kannte das englische Recht bisher nur bei der administration und für kleinere Gesellschaften bei dem Abschluss eines CVA. Dass das Moratorium aber nicht nur auf den Restructuring Plan beschränkt ist, zeigt sich bereits daran, dass es nicht im Companies Act geregelt ist, sondern als neuer Part A1 in den Insolvency Act integriert wurde. 147) Memorandum from the Department for Business, Energy and Industrial Strategy to the Delegated Powers and Regulatory Reform Committee (May 20, 20), S. 2. 148) So wohl auch Tashiro, NZI-Beilage 2021, 77, 78.

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III. Das französische Recht der Kollektivverfahren

III. Das französische Recht der Kollektivverfahren Auch das französische Sanierungsrecht bietet unterschiedliche Insolvenz- 44 und Restrukturierungsplanverfahren an. Charakteristisch für das französische Sanierungsrecht sind die bereits lange vor Erlass der Restrukturierungsrichtlinie etablierten präventiven Sanierungsinstrumente zur Insolvenzvermeidung. Besonders die Gesetzesreform von 2005 hat mit der Einführung der Frühwarnmechanismen im Bereich der vertraglichen Sanierung (procédures amiables, mandat ad hoc, conciliation) und mit einem bindenden aber vorinsolvenzlichen Restrukturierungsverfahren (procédure de sauvegarde) einen ganzen „Werkzeugkasten“ an Sanierungsinstrumenten bereitgestellt.149) Dieser Ansatz dient dem politischen Ziel, möglichst vielen überlebensfähigen Unternehmen in der Krise ein passendes Werkzeug zur rechtsträgererhaltenden Sanierung an die Hand zu geben – und damit Arbeitsplätze zu erhalten. Viele Regelungselemente der Restrukturierungsrichtlinie waren im französischen Recht bereits vor deren Umsetzung verwirklicht. Auf noch erforderliche Gesetzesänderungen ist einzugehen.150) 1. Mandat ad hoc Die mandat ad hoc war ursprünglich eine richterliche Rechtsfortbildung des 45 Tribunal de Commerce de Paris zur Bewältigung der Immobilienkrise der 1980er Jahre.151) Durch eine Reform im Jahre 1994 wurde das Sanierungsinstrument im Code de Commerce (C.com.) kodifiziert und ist seit der Reform 2005 in Art. L. 611-3 C.com. geregelt.152) Bei der mandat ad hoc handelt es sich weniger um ein formalisiertes Verfahren, als vielmehr um eine dem Restrukturierungsverfahren vorgeschaltete Unterstützung durch einen externen Insolvenzrechtsexperten.153) Der Präsident des örtlich zuständigen Handelsgerichts setzt auf Antrag des zu sanierenden Unternehmens nach Art. R. 611-18 C.com. einen mandataire ad hoc ein und definiert sowohl dessen Auftrag als auch die Dauer der mandat ad hoc.154) Im Wesentlichen soll der mandataire ad hoc die Geschäftsführung unterstützen, die Ursachen für die finanzielle Schieflage zu beseitigen und gegebenenfalls Individualverein___________ 149) Mouial Bassilana, Entreprise en difficulté: avant-propos, 2019, Sect. 1 Rn. 14. 150) Bisher liegt nach heutigem Stand (15. Juni 2021) lediglich ein Vorentwurf eines Umsetzungsgesetzes vor. Dieses avant-projet des Justizministeriums wird unten auf Rn. 55 f. näher untersucht. 151) Cesaro/Duchange, Entreprise en difficulté, 10/2018, S. 25; Saint-Alary-Houin, Entreprises en difficulté, 12e edition 2020, Rn. 330. 152) Cesaro/Duchange, Entreprise en difficulté, 2018, S. 25; Saint-Alary-Houin, Entreprises en difficulté, 12e edition 2020, Rn. 330. 153) Vgl. Dammann, NZI 2008, 420, 420; Saint-Alary-Houin, Entreprises en difficulté, 12e edition 2020, Rn. 333 zu den Anforderungen an die Person des mandataire ad hoc. 154) Saint-Alary-Houin, Entreprises en difficulté, 12e edition 2020, Rn. 331, 332; Cesaro/ Duchange, Entreprise en difficulté, 10/2018, S. 25.

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B. Insolvenzrechtliche Restrukturierungsverfahren im Überblick

barungen mit einzelnen Gläubigern zu treffen.155) Das Verfahren ähnelt der Sanierungsmoderation nach §§ 94 ff. StaRUG.156) Eine rein vertragliche Lösung im Rahmen der mandat ad hoc hat gegenüber einem kollektiven Restrukturierungsverfahren den Vorteil, dass es vertraulich und diskret stattfindet.157) Beliebt ist die mandat ad hoc als Möglichkeit zur Ausarbeitung eines Sanierungsplanverfahrens in Vorbereitung des sauvegarde Verfahrens (prepackaged plan).158) Da die mandat ad hoc kein kollektiv wirkendes Planverfahren ist, sondern lediglich vertragliche Abreden mit einzelnen Gläubigern unterstützt, bietet es sich für diesen Rechtsvergleich allerdings nicht an. 2. Procédure de conciliation 46 Die procédure de conciliation ist ein Schlichtungsverfahren, das im Rahmen der Gesetzesreform 2005 eingeführt wurde.159) Die Eröffnung erfolgt auf Antrag des Schuldners, sollte sich dieser in rechtlichen, wirtschaftlichen oder finanziellen Schwierigkeiten befinden oder wenn der Schuldner seit höchstens 45 Tagen zahlungsunfähig ist.160) Ist das Unternehmen also noch nicht zahlungsunfähig, hat es die Wahl zwischen einer conciliation und einem sauvegardeVerfahren.161) Der Präsident des Handelsgerichts setzt auf Antrag des Schuldners gem. Art. L. 611-6 C.com. einen Schlichter (conciliateur) für in der Regel vier Monate ein.162) Der Schlichter soll in dieser Zeit auf das Zustandekommen eines Sanierungsvergleichs zwischen dem Schuldner und den wichtigsten Gläubigern hinwirken.163) Der conciliateur hat jedoch keine Handhabe, Gläubiger zum Abschluss des Vergleichs zu zwingen. Es werden keine Gläu___________ 155) Saint-Alary-Houin, Entreprises en difficulté, 12e edition 2020, Rn. 335; Lienhard, Procedures collectives, 2020 – 2021, Rn. 11.22. 156) Vgl. zur Sanierungsmoderation Thole, ZIP 2020, 1985, 2000. 157) Lienhard, Procedures collectives, 2020 – 2021, Rn. 11.12; Saint-Alary-Houin, Droit des entreprises en difficulté, 12e edition 2020, Rn. 337. 158) Lienhard, Procedures collectives, 2020 – 2021 Rn. 11.14; Saint-Alary-Houin, Entreprises en difficulté, 12e edition 2020, Rn. 337. 159) Das Verfahren richtet sich nach Art. L. 611-4 bis Art. L. 611-12 C.com.; Vgl. Lienhard, Procedures collectives, 2020 – 2021, Rn. 21.11; Saint-Alary-Houin, Entreprises en difficulté, 12e edition 2020, Rn. 338; Degenhardt, NZI 2014, 433, 434. 160) Saint-Alary-Houin, Entreprises en difficulté, 12e edition 2020, Rn. 341; Degenhardt, NZI 2014, 433, 434; Dammann, NZI 2008, 420, 421. Da es in der Praxis häufig schwierig ist festzustellen, ob der Schuldner bereits seit 45 Tagen oder ggf. länger zahlungsunfähig ist, wird diese Bedingung bei jeder Eröffnungsentscheidung zur Vermeidung von Verfahrensmissbräuchen durch die Staatsanwaltschaft (ministère public) kontrolliert, vgl. Lienhard, Procedures collectives, 2020 – 2021, Rn. 21.41. 161) Saint-Alary-Houin, Entreprises en difficulté, 12e edition 2020, Rn. 341. 162) Lienhard, Procedures collectives, 2020 – 2021, Rn. 21.92; in der Wahl des conciliateur ist das Gericht weitestgehend frei, der Schuldner hat zwar ein Vorschlagsrecht, von diesem kann das Gericht allerdings abweichen, vgl. Lienhard, Procedures collectives, 2020 – 2021, Rn. 21.151. 163) Saint-Alary-Houin, Entreprises en difficulté, 12e edition 2020, Rn. 355; Lienhard, Procedures collectives, 2020 – 2021, Rn. 21.152.

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III. Das französische Recht der Kollektivverfahren

bigergruppen zur Abstimmung über den Sanierungsplan gebildet.164) Weiter greift auch keine Vollstreckungs- und Verwertungssperre zugunsten des Schuldners. Allerdings sind während des Schlichtungsverfahrens keine Insolvenzanträge der Gläubiger zulässig und auf schuldnerischen Antrag kann das Gericht nach Art. 1244-1 C. civ. die Forderung eines Gläubigers bis zu zwei Jahre stunden (délai de grâce).165) Damit kann Akkordstörern der Wind aus den Segeln genommen werden.166) Der ausgearbeitete Vergleich muss dem Gericht vorgelegt werden und kann von 47 diesem entweder einfach (constatation)167) oder auf Antrag des Schuldners offiziell bestätigt werden (homologation).168) Für die offizielle Bestätigung muss das Gericht die Zweckmäßigkeit des geschlossenen Vergleichs zur Ausräumung der wirtschaftlichen Schwierigkeiten des Schuldners sowie eine positive Fortführungsprognose feststellen.169) Im Unterschied zum Abschluss eines Insolvenzoder Restrukturierungsplans, treffen der Schuldner und dessen Gläubiger im Rahmen einer conciliation jedoch nur vertragliche Abreden. Dissentierende Gläubiger sind nicht an die Wirkungen eines gerichtlich bestätigten Schlichtungsplans gebunden.170) Trotzdem erfreut sich die conciliation, insbesondere aufgrund der Vertraulichkeit und Flexibilität des Verfahrens, großer Beliebtheit und weist eine hohe Erfolgsquote auf.171) Wie die mandat ad hoc wird auch die conciliation in der Praxis häufig zur Ausarbeitung eines Sanierungsplans oder zur Vorbereitung einer übertragenden Sanierung (prepack-cession) für ein anschließendes Restrukturierungs- oder Insolvenzplanverfahren genutzt.172) ___________ 164) Lienhard, Procedures collectives, 2020 – 2021, Rn. 21.161; Dammann, in: MüKo-InsO, 4. Aufl. 2021, Länderbericht Frankreich, Rn. 45. 165) Lienhard, Procedures collectives, Rn. 21.161; Dammann, in: MüKo-InsO, 4. Aufl. 2021, Länderbericht Frankreich, Rn. 44; Degenhardt, NZI 2014, 433, 434; Dammann, NZI 2008, 420, 421. 166) Dammann, in: MüKo-InsO, 4. Aufl. 2021, Länderbericht Frankreich, Rn. 44. 167) Was gegenüber der offiziellen Bestätigung den Vorteil der Geheimhaltung des Schlichtungsverfahrens und des Vergleichs bietet. Die Geheimhaltung macht einen großen Anteil des Erfolgs der conciliation aus. 168) Saint-Alary-Houin, Entreprises en difficulté, 12e edition 2020, Rn. 378; Damann, NZI 2008, 420, 421. 169) Vgl. Damann, NZI 2008, 420, 421; Saint-Alary-Houin, Entreprises en difficulté, 12e edition 2020, Rn. 380. 170) Saint-Alary-Houin, Entreprises en difficulté, 12e edition 2020, Rn. 372. 171) Vgl. den Bericht des Haut Comité Juridique de la Place financière de Paris, Rapport du Groupe Défaillances d’Entreprises (HCJP), v. 1.7.2016, S. 7 (Abrufbar unter: https:// publications.banque-france.fr/sites/default/files/rapport_04_f.pdf; zul. abg. am 28.5.2021); Dammann, NZI 2008, 420 f.; Dammann, in: MüKo-InsO, 4. Aufl. 2021, Länderbericht Frankreich, Rn. 37. 172) Vgl. den Bericht des Haut Comité Juridique de la Place financière de Paris, Rapport du Groupe Défaillances d’Entreprises (HCJP), v. 1.7.2016, S. 7 (Abrufbar unter: https:// publications.banque-france.fr/sites/default/files/rapport_04_f.pdf; zul. abg. am 28.5.2021); Dammann, in: MüKo-InsO, 4. Aufl. 2021, Länderbericht Frankreich, Rn. 37.

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B. Insolvenzrechtliche Restrukturierungsverfahren im Überblick

3. Die sauvegarde Verfahren 48 Die sauvegarde Verfahren sind im Unterschied zu den sonstigen präventiven Sanierungswerkzeugen Kollektivverfahren, die auch dissentierende Gläubiger binden. Seit der Einführung der sauvegarde financière accélerée im Jahr 2010 besteht allerdings die Möglichkeit mittels teilkollektiven Planverfahrens nur die für die Sanierung relevanten Finanzgläubiger in das Verfahren einzubeziehen. Seit der Erweiterung im Jahr 2014 mit der sauvegarde accélerée besteht eine Möglichkeit eines teilkollektiven Verfahrens unter Einbeziehung von Gläubigern jeglicher Art. a) Das sauvegarde Verfahren 49 Das präventive Sanierungsverfahren wurde bereits 2005 kodifiziert und bildet nach dem Willen des französischen Gesetzgebers das zentrale Verfahren des französischen Restrukturierungsrechts.173) Das zeigt sich daran, dass es als Referenzverfahren gilt: Regelungen zu anderen Reorganisations- und Liquidationsverfahren, insbesondere zur redressement judiciaire, sind nur insoweit eigenständig kodifiziert, wie sie vom sauvegarde Verfahren abweichen.174) 50 Im sauvegarde Verfahren wird die starke Stellung des Gerichts im Unterschied zum deutschen oder englischen Sanierungsrecht deutlich. Bei Verfahrenseröffnung wird vom zuständigen Insolvenzgericht der verfahrensleitende Richter (juge-commissaire) benannt, welcher eine herausgehobene Überwachungsfunktion während des Verfahrens einnimmt.175) Er beurteilt nicht nur die Rechtmäßigkeit des Verfahrens, sondern entscheidet auch bei wirtschaftlichen Sachverhalten nach Ermessen.176) Neben dem juge-commissaire wird ein Vertreter der Arbeitnehmer (représentant des salariés) durch die Personalvertretung bestimmt, ein Gläubigervertreter (mandataire judiciaire) ernannt und zusätzlich ein Verwalter zur Überwachung und Unterstützung der Geschäftsleitung (administrateur judiciaire) bestellt.177) 51 Das Verfahren orientiert sich – ebenso wie die Restrukturierungsrichtlinie – an dem präinsolvenzlichen Chapter 11 Verfahren des US-amerikanischen Bank-

___________ 173) Saint-Alary-Houin, Entreprises en difficulté, 12e edition 2020, Rn. 919. 174) Saint-Alary-Houin, Entreprises en difficulté, 12e edition 2020, Rn. 919; Degenhardt, NZI 2014, 433, 435. 175) Mouial Bassilana, Entreprise en difficulté: avant-propos, 03/2021, Sect. 3 Rn. 53; SaintAlary-Houin, Entreprises en difficulté, 12e edition 2020, Rn. 505. 176) Saint-Alary-Houin, Entreprises en difficulté, 12e edition 2020, Rn. 507; Bauerreis, in: Kindler/Nachmann/Bitzer, Handbuch Insolvenzrecht, 8. EL Dez. 2020, Länderbericht Frankreich, Rn. 68. 177) Saint-Alary-Houin, Entreprises en difficulté, 12e edition 2020, Rn. 514.

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III. Das französische Recht der Kollektivverfahren

ruptcy Code.178) Es steht allerdings, und damit im Unterschied zum USamerikanischen Vorbild,179)nur Schuldnern offen, die drohend zahlungsunfähig sind bzw. sich in Schwierigkeiten befinden, die sie alleine nicht bewältigen können („difficultés qu’il [débiteur] n’est pas en mesure de surmonter“, Art. 620-1 C.com.).180) Bereits zahlungsunfähigen Schuldnern ist das sauvegarde Verfahren verwehrt. Insofern drängt sich ein Vergleich zum deutschen Restrukturierungsverfahren nach StaRUG auf.181) Wie bei einem StaRUG Verfahren muss bei Eintritt der Zahlungsunfähigkeit des schuldnerischen Unternehmens bei einem sauvegarde Verfahren dieses beendet und in ein ordentliches Insolvenzverfahren übergeleitet werden. In beiden Verfahren sind zwangsweise Planeingriffe auch in die Rechte dissentierender Gläubiger möglich.182) Interessant ist allerdings der Unterschied zu den deutschen Planverfahren be- 52 züglich der Abstimmungsmodalitäten. Unter dem Schwellenwert von 150 Arbeitnehmern und 20 Mio Euro Umsatz richtet sich das Abstimmungsverfahren über den plan de sauvegarde nach Art. L. 626-5 Abs. 1 C.com. Es sind im Unterschied zu größeren Verfahren keine Gläubigerkomitees (comités de créanciers) zu bilden, in welchen über den Plan abgestimmt wird.183) Stattdessen schlägt der Schuldner einen mit dem administrateur ausgearbeiteten Sanierungsplan vor, der gerichtlich bestätigt werden muss (plan imposé).184) Über einen plan imposé wird nicht abgestimmt. Stattdessen befragt der vom Gericht eingesetzte Gläubigervertreter (mandataire judiciaire) jeden betroffenen Gläubiger einzeln nach dessen Zustimmung für die jeweilige Planmaßnahme.185) Überschreitet der Insolvenzschuldner diese Schwellenwerte, stimmen die Gläu- 53 biger in zwei Gläubigerkomitees über die Planmaßnahmen ab.186) Die Komi___________ 178) Dammann, Mélanges en l’honneur du Professeur Claude Witz, 2018, 221, 222; Mouial Bassilana, Entreprise en difficulté: avant-propos, 03/2021, Sect. 1 Rn. 11; Arnold/ Slawik, NZI-Beilage 2021, 79, 80. 179) Ein Chapter 11 Verfahren kann unabhängig vom Vorliegen eines Insolvenzgrunds eröffnet werden, vgl. Kern, in: MüKo-InsO, 4. Aufl. 2020, Vorb. §§ 270 – 285, Rn. 11; Siemon, NZI 2016, 57, 59. 180) Arnold/Slawik, NZI-Beilage 2021, 79, 80; Bauerreis, in: Kindler/Nachmann/Bitzer, Handbuch Insolvenzrecht in Europa, 7. EL Juli 2020, Länderbericht Frankreich, Rn. 65; Degenhardt, NZI 2014, 433, 435. 181) Arnold/Slawik, NZI-Beilage 2021, 79, 80. 182) Arnold/Slawik, NZI-Beilage 2021, 79, 80. 183) Lienhard, Procedures collectives, Rn. 82.51. Unterhalb des Schwellenwerts kann der jugecommissaire auf Antrag der Gläubiger allerdings fakultativ Gläubigerkomitees einrichten. 184) Saint-Alary-Houin, Entreprises en difficulté, 12e edition 2020, Rn. 1031. 185) Saint-Alary-Houin, Entreprises en difficulté, 12e edition 2020, Rn. 1031. Da über einen plan impose aber nicht abgestimmt wird, kann er nur Verbindlichkeiten stunden, Forderungsverzichte bedürften der ausdrücklichen Zustimmung des Gläubigers. Im Zuge der Umsetzung der Restrukturierungsrichtlinie wird die Möglichkeit eines plan imposé voraussichtlich jedoch abgeschafft, vgl. dazu unten Rn. 56. 186) Lienhard, Procedures collectives, Rn. 82.52; Saint-Alary-Houin, Entreprises en difficulté, 12e edition 2020, Rn. 514.

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B. Insolvenzrechtliche Restrukturierungsverfahren im Überblick

tees sind nach dem Vorbild des US-amerikanischen Sanierungsrechts aufgeteilt in eine Gruppe aller Finanzierungsgläubiger187) und einer Gruppe der wichtigsten188) Lieferanten.189) Bemerkenswert ist die Einteilung der Gläubiger anhand ihrer Funktion und im Unterschied zu den deutschen Planverfahren nicht anhand des Rangs ihrer Forderungen.190) Der Sanierungsplan gilt als im jeweiligen Gläubigerkomitee angenommen, wenn er eine Summenmehrheit von 75 % erhält.191) Zur Planannahme bedarf es der Zustimmung beider Gruppen. Es ist keine Zustimmungsfiktion möglich192), anders als im Insolvenzplanverfahren, dem Restrukturierungsplanverfahren oder auch dem Restructuring Plan nach englischem Recht. Neben der Zustimmung der Gläubigerkommitees bedarf der Plan nach Art. L. 626-9 C.com. der gerichtlichen Bestätigung zur Wirksamkeit.193) Bei einem Scheitern der Planabstimmung ist das Gericht befugt, ebenfalls einen plan imposé zu erlassen.194) Der gerichtlich bestätigte Plan entfaltet Wirkung gegenüber jedermann gem. Art. L. 626-11 C.com. Auch dissentierende Gläubiger sind durch die Planwirkung gebunden.195) Gesellschafter in ihrer Position als Anteilseigner sind jedoch keine Mitglieder der Gläubigerkomitees. Im Unterschied zum Restrukturierungsplan nach StaRUG können im plan de sauvegarde keine Eingriffe in die Positionen der Gesellschafter geregelt werden (Art. L. 626-3 C.com.).196) Allerdings sind die ___________ 187) Bis zur Gesetzesreform 2014 stimmten alle Finanzgläubiger – auch nachrangige ohne Berücksichtigung der Nachrangigkeit mit demselben Stimmenverhältnis ab. Erst seither müssen dem Gericht Nachrangigkeitsvereinbarungen gemeldet werden und dieses entscheidet über die Wertung der Stimmen nachrangiger Finanzgläubiger, vgl. Degenhardt, NZI 2014, 433, 436. 188) Wenn die Forderung mehr als 5 % der Gesamtsumme aller Lieferantenforderungen beträgt. 189) Dammann, Mélanges en l’honneur du Professeur Claude Witz, 2018, 221, 223; SaintAlary-Houin, Entreprises en difficulté, 12e edition 2020, Rn. 949; Bauerreis, in: Kindler/ Nachmann/Bitzer, Handbuch Insolvenzrecht in Europa, 7. EL Juli 2020, Länderbericht Frankreich, Rn. 67. 190) Dammann, Mélanges en l’honneur du Professeur Claude Witz, 2018, 221, 223; als sonstige Gläubiger sind darüber hinaus lediglich die Schuldverschreibungsgläubiger (Association des obligataires) berechtigt, über den Plan abzustimmen, vgl. Saint-AlaryHouin, Entreprises en difficulté, 12e edition 2020, Rn. 955. 191) Saint-Alary-Houin, Entreprises en difficulté, 12e edition 2020, Rn. 954. 192) Hierzu und der Erforderlichkeit einer Reform des französischen Sanierungsrechts in Umsetzung des Art. 11 der Restrukturierungsrichtlinie vgl. Dammann, Mélanges en l’honneur du Professeur Claude Witz, 2018, 221, 222 ff. 193) Saint-Alary-Houin, Entreprises en difficulté, 12e edition 2020, Rn. 975. 194) Dammann, in: MüKo-InsO, 4. Aufl. 2021, Länderbericht Frankreich, Rn. 136; allerdings wird die Möglichkeit, einen plan imposé nach Scheitern der Abstimmung zu erlassen, im Zuge der Umsetzung der Restrukturierungsrichtlinie voraussichtlich abgeschafft, vgl. dazu unten Rn. 56. 195) Saint-Alary-Houin, Entreprises en difficulté, 12e edition 2020, Rn. 1001. 196) Dammann, in: MüKo-InsO, 4. Aufl. 2021, Länderbericht Frankreich, Rn. 136; Bauerreis, in: Kindler/Nachmann/Bitzer, Handbuch Insolvenzrecht in Europa, 7. EL Juli 2020, Länderbericht Frankreich, Rn. 70; Degenhardt, NZI 2014, 433, 436.

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III. Das französische Recht der Kollektivverfahren

Gesellschafter seit einer Reform des Sanierungsrechts im Jahr 2014197) stärker in die Sanierung des Unternehmens eingebunden. Seither werden durch die Verfahrenseröffnung die noch ausstehenden, aber noch nicht fälligen Einlagen fällig gestellt.198) Sie sind vom Gläubigervertreter (mandataire judiciaire) einzufordern, Art. L. 624-20, L. 622-20 C.com. Gesellschafter können diese Einlageverpflichtung indes mit eigenen Forderungen beispielsweise aus Gesellschafterdarlehen gegen die Gesellschaft aufrechnen, Art. L. 626-3 C.com. Im Unterschied zum deutschen Recht, wo eine solche Aufrechnung aufgrund der Nachrangigkeit von Forderungen auf Rückzahlungen eines Gesellschafterdarlehens bzw. einer wirtschaftlich entsprechenden Rechthandlung gem. § 39 Abs. 1 Nr. 5 InsO nicht möglich wäre, existieren im französischen Recht keine Sonderregelungen betreffend die Insolvenzforderungen von Gesellschaftern. b) Das beschleunigte Sanierungsverfahren (sauvegarde accélérée) Im Jahr 2010 wurde zur Ergänzung des Sanierungsrepertoires eine Sonder- 54 form des klassischen sauvegarde Verfahrens eingeführt: das beschleunigte finanzielle Sanierungsverfahren (sauvegarde financière accélérée) mit der Möglichkeit, nur Finanzgläubiger einzubeziehen.199) Im Jahr 2014 erweiterte der französische Gesetzgeber den Anwendungsbereich dieses teilkollektiven Verfahrens auch auf sonstige Gläubiger mit der Einführung des allgemeinen beschleunigten Sanierungsverfahrens (sauvegarde accélerée).200) Im Wesentlichen entsprechen diese beschleunigten Verfahren dem sauvegarde Verfahren mit der Besonderheit, lediglich ausgewählte Gläubiger in das Verfahren einzubeziehen – im Falle einer sauvegarde financière accélérée nur ausgewählte Finanzgläubiger.201) Außerdem ist Voraussetzung für die Einleitung eines solchen beschleunigten Verfahrens, dass sich das Unternehmen bereits in einer conciliation befindet und der Schlichtungsplan am Widerstand einzelner Gläubiger zu scheitern droht.202) Die Teilkollektivität ermöglicht eine schnelle Abwicklung des Verfahrens in einem Zeitraum von einem Monat203) und die Verknüpfung mit der conciliation entfaltet ein gewisses Drohpotential ___________ 197) Loi n° 2014-1 du 2 janvier 2014 umgesetzt in der ordonnance, n° 2014-326 du 12 mars 2014, vgl. hierzu Saint-Alary-Houin, Droit des Entreprises en Difficultés, 12e éd., 2020, Rn. 109. 198) Degenhardt, NZI 2014, 433, 436 f. 199) Eingeführt durch die Loi n°2010-1249 vom 22 octobre 2010; vgl. hierzu Saint-AlaryHouin, Entreprises en difficulté, 12e edition 2020, Rn. 958. 200) Erweitert durch die Loi n°2014-326 vom 12 mars 2014; vgl. hierzu Degenhardt, NZI 2014, 433 ff.; Saint-Alary-Houin, Entreprises en difficulté, 12e edition 2020, Rn. 958. 201) Saint-Alary-Houin, Entreprises en difficulté, 12e edition 2020, Rn. 958 ff. 202) Saint-Alary-Houin, Entreprises en difficulté, 12e edition 2020, Rn. 961; Arnold/Slawik, NZI-Beilage 2021, 79, 80. 203) Die Frist kann maximal und einmalig um einen Monat verlängert werden.

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B. Insolvenzrechtliche Restrukturierungsverfahren im Überblick

für die einzelnen dissentierenden Gläubiger. Die beschleunigten Sanierungsverfahren dienten dem europäischen Gesetzgeber als Inspiration für die Restrukturierungsrichtlinie204), weswegen es nicht wunder nimmt, dass die Teilkollektivität ebenso auch im Restrukturierungsverfahren nach StaRUG aufgegriffen wurde.205) c) Umsetzung der Vorgaben der Restrukturierungsrichtlinie 55 Bis zum heutigen Tag206) hat der französische Gesetzgeber die Vorgaben der Restrukturierungsrichtlinie noch nicht final in nationales Recht umgesetzt. Das Justizministerium veröffentlichte allerdings im Januar 2021 einen Vorentwurf eines Gesetzes (avant-projet) und rief zur allgemeinen Diskussion über den Vorschlag auf.207) Da aber bereits in Art. 196 des Gesetz Nr. 2019-486 vom 22.5.2019 über das Wachstum und die Umwandlung von Unternehmen (Loi relative à la croissance et la transformation des entreprises, sog. „Loi PACTE“) die wesentlichen Änderungen des sauvegarde Verfahrens, zu denen der Gesetzgeber befugt wird, abgesteckt wurden208) und diese sich im Wesentlichen mit den Vorschlägen im Vorentwurf von Januar 2021 decken, dürfte das Umsetzungsgesetz keine großen Überraschungen mehr bringen. 56 Vorgesehen ist eine Umsetzung der Restrukturierungsrichtlinie durch eine Gesetzesänderung des bereits existierenden Verfahrens des beschleunigten sauvegarde Verfahrens (sauvegarde accélérée).209) Wenig überraschend angesichts der bereits im Vorfeld geübten Kritik210) und vor dem Hintergrund der Vorgabe des Art. 11 der Restrukturierungsrichtlinie, steht im Zentrum des Vorschlags die Einführung von Gläubigerklassen in allen französischen Sanierungsplanverfahren.211) Es sind nach dem Vorschlag mindestens zwei Gläubigergruppen zu bilden, wobei Arbeitnehmer ebenso wie im deutschen Recht vom Verfahren unberührt bleiben sollen.212) Es ist darüber hinaus sowohl im sauvegarde Verfahren als auch im redressement judiciaire eine eigene Abstim___________ 204) 205) 206) 207) 208) 209)

210) 211) 212)

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Dammann, Mélanges en l’honneur du Professeur Claude Witz, 2018, 221, 222. Müller, ZIP 2020, 2253, 2256. Stand: 15. Juni 2021. Abrufbar unter http://www.textes.justice.gouv.fr/textes-soumis-a-concertation-10179/ restructuration-et-insolvabilite-des-entreprises-33684.html (zul. abgerufen: 21. Mai 2021). Vgl. hierzu Lienhard, Procedures collectives, 2020/2021, Rn. 01.111. Orientations proposées pour la transposition du titre II de la directive, abrufbar unter: http://www.textes.justice.gouv.fr/textes-soumis-a-concertation-10179/restructurationet-insolvabilite-des-entreprises-33684.html (zul. abgerufen: 21. Mai 2021); Dammann/ Malavielle, Recueil Dalloz 2021, 293, 293. Dammann, Mélanges en l’honneur du Professeur Claude Witz, 2018, 221, 223 ff. Vgl. Proposition de la rédaction, S. 12. Orientations proposées pour la transposition du titre II de la directive, abrufbar unter: http://www.textes.justice.gouv.fr/textes-soumis-a-concertation-10179/restructurationet-insolvabilite-des-entreprises-33684.html (zul. abgerufen: 21. Mai 2021).

III. Das französische Recht der Kollektivverfahren

mungsgruppe der Anteilsinhaber vorgesehen, sofern sie vom Plan betroffen sind.213) Diese Änderung dient der Vorgabe des Art. 9 der Restrukturierungsrichtlinie und macht deutlich, dass in Zukunft auch gesellschaftsrechtliche Maßnahmen im sauvegarde Verfahren möglich sind.214) Mit der Einführung der Gläubigerklassen soll auch die Einführung des cross-class cram-down, also einer klassenübergreifenden Mehrheitsentscheidung, in das sauvegarde Verfahren verbunden sein.215) Das dient der Umsetzung des Art. 11 der Restrukturierungsrichtlinie. Der Vorentwurf orientiert sich hinsichtlich der Einführung der absoluten Prioritätsregel am vom deutschen Gesetzgeber gewählten Weg, eine Durchbrechung dieser Regel zuzulassen, vgl. § 28 Abs. 2 StaRUG. Vorgeschlagen wird außerdem die Abschaffung der Möglichkeit des Gerichts bei Scheitern der Planabstimmung in den Gläubigerklassen einen plan imposé zu verabschieden.216) Bezüglich der Einbindung der Anteilsinhaber galt es für den französischen 57 Gesetzgeber, die Vorgaben des Art. 12 der Restrukturierungsrichtlinie zu erfüllen und zu verhindern, dass Anteilsinhaber, deren Beteiligung wertlos ist, die Sanierung mittels Abstimmung in der Gesellschafterversammlung zu blockieren.217) Im Wesentlichen bedarf es jedoch lediglich Gesetzesänderungen der bereits 58 bestehenden Verfahren, um den Vorgaben der Restrukturierungsrichtlinie zu entsprechen. Das liege, dem französischen Schrifttum nach zu urteilen, daran, dass die Restrukturierungsrichtlinie selbst wesentliche Aspekte aus dem sauvegarde Verfahren übernommen habe.218) 4. Das redressement judiciaire Das Verfahren der redressement judiciaire kommt von den untersuchten fran- 59 zösischen Verfahren einem Insolvenzplanverfahren am nächsten. Die Regelungen des redressement judiciaire in Art. L. 631-1 ff. C.com. verweisen auf ___________ 213) Vgl. die vorgeschlagenen Änderungen des Art. L. 626-30 Proposition de la rédaction, S. 28. 214) Vgl. den Passus in der Erklärung des Vorentwurfs, Orientations proposées pour la transposition du titre II de la directive: „Une classe détenteurs de capital serait constituée en sauvegardes (accélérée et non accélérée) et en redressement judiciaire, si les détenteurs de capital sont potentiellement affectés par le projet de plan.“ 215) Vgl. Proposition de la rédaction, S. 12. 216) Orientations proposées pour la transposition du titre II de la directive, abrufbar unter: http://www.textes.justice.gouv.fr/textes-soumis-a-concertation-10179/restructurationet-insolvabilite-des-entreprises-33684.html (zul. abgerufen: 15. Juni 2021). 217) Vgl. bereits im Vorfeld Dammann/Boché-Robinet, Recueil Dalloz 2017, 1264, 1273 ff. welche auch den Begriff der „out-of-money“ Anteilseigner entsprechend der Grundsätze nach englischem Recht aufgreifen bezüglich Anteilsinhabern, die im Vergleichsszenario der Insolvenz keine Aussicht auf eine Quote hätten. 218) Vgl. Dammann/Sénéchal, Le droit d’insolvabilité internationale, 2018, S. 750; Dammann/ Boché-Robinet, Recueil Dalloz 2017, 1264, 1264.

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B. Insolvenzrechtliche Restrukturierungsverfahren im Überblick

die Normen bezüglich des Referenzverfahrens der sauvegarde Verfahrens nach Art. L. 620-1 ff. C.com. Es bestehen viele Gemeinsamkeiten bezüglich Verfahrensablauf, Verfahrensbeteiligte und Abstimmungsmodalitäten.219) Allerdings setzt das redressement judiciaire – im Unterschied zu dem vorinsolvenzlichen sauvegarde Verfahren – die Zahlungsunfähigkeit der Gesellschaft voraus, welche sich in der Zahlungseinstellung äußert (cessation des paiements).220) Alle Normen, die sich auf die Zahlungsunfähigkeit beziehen, weichen demnach von den Regelungen der sauvegarde Verfahren ab. Den Eröffnungsantrag können sowohl der Schuldner oder die Gläubiger, aber auch die Staatsanwaltschaft (ministère public) oder der zuständige Richter am Handelsgericht stellen.221) Auf das Eröffnungsurteil folgt die sechsmonatige Beobachtungsphase (phase d’obsérvation) zur Ausarbeitung eines Restrukturierungsplans.222) 60 Vergleichbar zum deutschen Insolvenzplanrecht war auch das redressement judiciaire lange gesellschafterneutral. Ebenso wie sich dies im Insolvenzplanverfahren mit dem Inkrafttreten des ESUG änderte, wurde die Rechtslage in Frankreich durch den Erlass der sog. Loi Macron223) modifiziert. Es nimmt nicht wunder, dass sich der französische Gesetzgeber bei der Ausgestaltung der Loi Macron unter anderem am ESUG orientierte.224) Im Unterschied zum ESUG entschied sich der französische Gesetzgeber allerdings nicht für eine Einbeziehung der Anteilsinhaber in die Planwirkungen und damit für die Wirkung des Obstruktionsverbots zur Minimierung des Blockadepotenzials der Gesellschafter.225) Stattdessen ermöglichte die Loi Macron weitreichende Eingriffsbefugnisse des Gerichts in Anteilsrechte.226) Angesichts der parallelen Entwicklung der Verfahren aber auch aufgrund der Unterschiede in Verfahrensbeteiligten, Stellung des Gerichts und Abstimmungsmodalitäten, bietet es sich an, die Stellung der Gesellschafter im Insolvenzplanverfahren mit der Stellung der Gesellschafter im redressement judiciaire zu vergleichen. ___________ 219) Saint-Alary-Houin, Entreprises en difficulté, 12e edition 2020, Rn. 975, im Folgenden liegt daher der Fokus auf den Unterschieden der beiden Verfahren. 220) Saint-Alary-Houin, Entreprises en difficulté, 12e edition 2020, Rn. 1082f. 221) Vgl. Art. L. 631-5 C.com. Der Schuldnerantrag besteht aus der Anzeige der Zahlungsunfähigkeit und darf nach Art. L.631-4 C.com. nicht später als 45 Tage nach Eintritt der Zahlungsunfähigkeit erfolgen, hierzu Saint-Alary-Houin, Entreprises en difficulté, 12e edition 2020, Rn. 1093 ff. 222) Saint-Alary-Houin, Entreprises en difficulté, 12e edition 2020, Rn. 1074; Währenddessen ist die Liquidität des schuldnerischen Unternehmens dadurch geschützt, dass über das einzurichtende Anderkonto nur mit gerichtlicher Anordnung zu verfügen ist. 223) Loi n° 2015-990 du 6 août 2015 pour la croissance, l’activité et l’égalité des chances économiques (Gesetze für „Wachstum, Aktivität und Gleichheit der wirtschaftlichen Chancen“), vgl. zu der Gesetzesnovelle Degenhardt, NZI 2017, 134 ff. 224) Étude d’impact, S. 132; Rapport n° 2498, S. 565, 567 ff. 225) Vgl. unten, Rn. 65 f. 226) Vgl. dazu sogleich, Rn. 78, 116, 119, 142.

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IV. Zwischenergebnis

IV. Zwischenergebnis Das Sanierungsrecht der betrachteten Staaten ist breit gefächert und war Ge- 61 genstand zahlreicher Gesetzesreformen und -novellen der letzten Jahre. Das bestätigt die Relevanz des Restrukturierungsrechts, welche auch durch den Erlass der Restrukturierungsrichtlinie 2019 verdeutlicht wurde. Wie gesehen, hat der deutsche Gesetzgeber deren Vorgaben bereits mit dem Erlass des SanInsFoG im Januar 2021 erfüllt, der französische Gesetzgeber hat bisher nur einen Gesetzesentwurf vorgelegt. Bemerkenswert ist in diesem Zuge, dass auch der englische Gesetzgeber im Zuge des CIGA unabhängig von der Restrukturierungsrichtlinie deren Vorgaben weitestgehend umgesetzt hat. Wie herausgearbeitet, bieten sich indes nicht alle dargestellten Sanierungs- 62 werkzeuge für einen Vergleich an. Um einigermaßen vergleichbare Rechtskonstrukte zu betrachten, werden im Folgenden die Stellung und Rechte der Gesellschafter im Insolvenzplanverfahren, dem Restrukturierungsverfahren nach StaRUG, dem Company Voluntary Arrangement, dem neuen Restructuring Plan nach CIGA mit den sauvegarde Verfahren und dem redressement judiciaire verglichen.

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C. Beteiligung der Anteilsinhaber an den Restrukturierungsverfahren Nachdem die zu vergleichenden Verfahren in Grundzügen vorgestellt sind, gilt 63 es nun die Rechte, Pflichten und Positionen der Anteilsinhaber bzw. die Eingriffe in die Anteilsrechte im Rahmen der betreffenden Restrukturierungsverfahren näher zu untersuchen. In der Situation der Zahlungsunfähigkeit bzw. der finanziellen Krise kommt es mitunter zu einer Verschiebung des Machtverhältnisses zwischen Gesellschaftern, Geschäftsführern und Gläubigern. Eine zentrale Weichenstellung für das Gelingen einer Sanierungsmaßnahme ist die Möglichkeit, Anteilsinhaber in das Verfahren einzubeziehen und deren Potential, gesellschaftsrechtliche Maßnahmen durch Gesellschafterbeschlüsse zu blockieren, zu überwinden. Die Bedeutung einer solchen Möglichkeit zeigt sich nicht zuletzt in Art. 12 der Restrukturierungsrichtlinie. Auch der europäische Richtliniengeber gibt den Nationalstaaten auf, das Blockadepotenzial der Anteilsinhaber zu minimieren. Die untersuchten Rechtsordnungen implementierten zur Erreichung dieses Ziels unterschiedliche Regelungskonzepte. I. Einbeziehung der Gesellschafter in die Sanierungsplanverfahren deutschen Rechts Sowohl im Insolvenzplanverfahren als auch im Restrukturierungsplanverfah- 64 ren nach StaRUG ist es möglich, Anteilsinhaber einzubeziehen und zwangsweise Sanierungsbeiträge von diesen mittels Planregelung in Mehrheitsentscheidung zu erzwingen. 1. Einbeziehung in das Insolvenzplanverfahren Erst die ESUG Reform im Jahr 2011 schuf die Möglichkeit, gesellschafts- 65 rechtliche Maßnahmen im Insolvenzplanverfahren vorzunehmen und die Anteilsinhaber als eigene Abstimmungsgruppe in das Insolvenzplanverfahren einzubeziehen.227) Dabei wurde nach § 225a Abs. 1 Hs. 1 InsO zwar der Grundsatz der Unberührtheit von Anteils- und Mitgliedschaftsrechten beibehalten. Allerdings kann der Plan nach § 225a Abs. 1 Hs. 2 InsO etwas anderes bestimmen und unmittelbar auf die Anteile der Gesellschafter zugreifen. Diese Möglichkeit ist bemerkenswert, da die mitgliedschaftlichen Rechte nicht Teil der Insolvenzmasse sind, sondern Vermögenswerte der Anteilsinhaber.228) Vor der Reform durch das ESUG musste eine durch den Plan vorgesehene Kapi___________ 227) BT-Drs. 17/5712, 4.5.2011, S. 18; Eidenmüller, in: MüKo-InsO, 4. Aufl. 2020, § 222 Rn. 69; Lüer/Streit, in: Uhlenbruck InsO, 15. Aufl. 2019, § 222 Rn. 19. 228) Thole, in: Handbuch Insolvenzplan, 2. Aufl. 2020, § 1 Rn. 30; Lüer/Streit, in: Uhlenbruck InsO, 15. Aufl. 2019, § 222 Rn. 19.

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C. Beteiligung der Anteilsinhaber an den Restrukturierungsverfahren

talmaßnahme in einer Gesellschafterversammlung außerhalb des Insolvenzverfahrens mittels Gesellschafterbeschlusses umgesetzt werden. Die einzige Möglichkeit, die Anteilsinhaber zu einer Zustimmung zu bewegen, bestand in der Verknüpfung der Maßnahme als Bedingung für die Wirksamkeit des Insolvenzplans nach § 249 InsO.229) Diese Verknüpfung setzte allenfalls einen Anreiz, machte den Gesellschafterbeschluss aber nicht obsolet. 66 Gesellschaftsrechtliche Kapitalmaßnahmen können seit der Reform mittels Planregelung beschlossen werden (§ 225a Abs. 2, 3 InsO) und entfalten mit der Planbestätigung Wirkung, ohne dass es einer weiteren Umsetzungshandlung bedarf (§ 254a InsO).230) Aufgrund der Regelung in § 254a InsO gelten alle im Plan enthaltenen Gesellschafterbeschlüsse und sonstigen Willenserklärungen der Anteilsinhaber als in der erforderlichen Form abgegeben. Greift der Plan in die Anteilsrechte ein, sind die Anteilsinhaber als eigene Abstimmungsgruppe nach § 222 Abs. 1 S. 2 Nr. 4 InsO in die Planabstimmung einzubeziehen.231) Sie unterliegen auch dem Obstruktionsverbot nach § 245 InsO. Somit kann eine Kapitalmaßnahme auch gegen den mehrheitlichen Willen der Gesellschafter umgesetzt werden. Die Einbeziehung der Gesellschafter minimiert deren Potential, im Insolvenzplan beschlossene Kapitalmaßnahmen durch einen Beschluss der Gesellschafterversammlung zu blockieren.232) Weder zur vom Regelverfahren abweichenden Fortführung der Gesellschaft noch zur Durchsetzung einer gesellschaftsrechtlichen Planmaßnahme bedarf es seither eines gesonderten Gesellschafterversammlungsbeschlusses.233) Nach § 225a Abs. 3 InsO sind dabei alle gesellschaftsrechtlich zulässigen Maßnahmen auch im Insolvenzplan umsetzbar.234) Ihre Grenzen finden die Maßnahmen allerdings in der Verhältnismäßigkeit.235) Eine gesellschaftsrechtliche Maßnahme muss zur Rechtfertigung des Eingriffs in die Gesellschafterrechte dem Insolvenzzweck dienen.236) 67 Wie bereits angedeutet, findet die Abstimmung über Planregelungen – und damit auch über im Plan enthaltene gesellschaftsrechtliche Maßnahmen – in Ab___________ 229) Bork, Sanierungsrecht in Deutschland und England, 2011, 15.8. 230) Lüer/Streit, in: Uhlenbruck InsO, 15. Aufl. 2019, § 254a Rn. 6; Madaus, in: MüKo-InsO, 4. Aufl. 2020, § 254a Rn. 9; Segmiller, Kapitalmaßnahmen im Insolvenzplan, 2013, S. 188. 231) BT-Drs. 127/11, S. 43; Lüer/Streit, in: Uhlenbruck InsO, 15. Aufl. 2019, § 222 Rn. 21; Spahlinger, in: Kübler/Prütting/Bork InsO, 88. EL Mai 2021, § 222 Rn. 25. 232) BT-Drs. 127/11, S. 42; Thole, in: Handbuch Insolvenzplan, 2. Aufl. 2020, § 1 Rn. 30; Rühle, in: Nerlich/Römermann InsO, 42. EL Februar 2021, § 225a Rn. 1. 233) BT-Drs. 127/11, S. 42; Rühle, in: Nerlich/Römermann InsO, 42. EL Februar 2021, § 225a Rn. 20. 234) Zur Frage nach der Auslegung der „gesellschaftsrechtlichen Zulässigkeit“ vgl. bereits Simon/Merkelbach, NZG 2012, 121 ff.; Hirte, in: Uhlenbruck InsO, 15. Aufl. 2019, § 225a Rn. 41; Nawroth/Wohlleber, ZInsO 2013, 1022 ff. 235) Brünkmans, ZIP 2014, 1857, 1861 f.; Madaus, ZIP 2012, 2133, 2137. 236) Brünkmans, in: Handbuch Insolvenzplan, 2. Aufl. 2020, § 32 Rn. 426.

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I. Einbeziehung der Gesellschafter in die Sanierungsplanverfahren deutschen Rechts

stimmungsgruppen statt. Jede Gruppe stimmt nach § 243 InsO gesondert über den Insolvenzplan ab. Das Stimmrecht der Anteilsinhaber richtet sich dabei gem. § 238a InsO nach den Beteiligungen der jeweiligen Anteilsinhaber am gezeichneten Kapital237) der schuldnerischen Gesellschaft, ist jedoch nicht zwangsläufig identisch mit deren gesellschaftsrechtlichen Stimmrechten.238) Gesellschaftsrechtliche Stimmrechtsbeschränkungen, Sonder- oder Mehrstimmrechte sind nach § 238 Abs. 1 S. 2 InsO im Rahmen des Insolvenzplanverfahrens unbeachtlich. Damit richtet sich die Bestimmung der Stimmrechte der Anteilsinhaber im Gegensatz zu Gläubigerstimmrechten nicht nach einer Feststellung im Prüfungstermin239), sondern nach der Eintragung des Anteilsinhabers in der Gesellschafterliste bzw. dem Aktienregister.240) Nach dem Prinzip der doppelten Mehrheit gem. § 244 Abs. 1, Abs. 3 InsO bedarf es zur Annahme des Plans gruppenintern der Zustimmung der einfachen Kopfmehrheit der abstimmenden Betroffenen und kumulativ der einfachen Summenmehrheit der Abstimmenden, wobei nach Abs. 3 in der Gruppe der Anteilsinhaber nur auf die Mehrheit der Summe der Beteiligungswerte abzustellen ist.241) Bezüglich der gruppeninternen Zustimmung ist zusätzlich die Fiktion des § 246a InsO zu beachten. Die Zustimmung der Gruppe der Anteilsinhaber gilt als erteilt, wenn sich kein Mitglied der Gruppe an der Planabstimmung beteiligt.242) Eine Planabstimmung soll nicht dadurch erschwert werden, dass Anteilsinhaber, deren Gesellschaftsanteile durch das Insolvenzverfahren entwertet sind und denen der Plan keine Leistungen anbietet, mangels Interesse der Abstimmung fernbleiben.243) Allerdings ist diese unterstellte Zustimmung nicht im Rahmen des Obstruktionsverbots nach § 245 Abs. 1 Nr. 3 InsO zu berücksichtigen. Die Fiktion soll nicht zu Lasten obstruierender Beteiligter gehen.244) Entsprechend dem Grundgedanken des ESUG, die Anteilsinhaber den Gläubigern gleichzustellen in der Sanierung,245) hat jede Gruppe dasselbe Gewicht in der Planan___________ 237) Zur relevanten Bezugsgröße der Stimmrechtsbestimmung in unterschiedlichen Gesellschaftsformen vgl. Madaus, in: MüKo-InsO, 4. Aufl. 2020, § 238a Rn. 7 ff. 238) Pleister, in: Kübler/Prütting/Bork InsO, 88. EL Mai 2021, § 238a Rn. 3. 239) Bei Gläubigern nach den Vorschriften der §§ 174 ff. InsO. 240) Hirte, in: Uhlenbruck InsO 15. Aufl. 2019, § 238a Rn. 25; Madaus, in: MüKo-InsO, 4. Aufl. 2020, § 238a Rn. 10; sollte das Stimmrecht eines Anteilsinhabers streitig sein, ist umstritten, wie dieses festzusetzten ist. Die Norm des § 238a InsO gibt hierauf keine Antwort. Im Zweifel ist eine Einigung zwischen dem Verwalter und den Anteilsinhabern zu suchen: Ist diese nicht zu finden, entscheidet das Insolvenzgericht unanfechtbar über das Stimmrecht. 241) Vgl. Thole, Gesellschaftsrechtliche Maßnahmen in der Insolvenz, 3. Aufl. 2020, Rn. 263. 242) Rühle/Ober, in: Nerlich/Römermann InsO, 42. EL Feb. 2021, § 246a Rn. 1. 243) Begr. RegE BT-Drs. 17/5712, S. 34; Rühle/Ober, in: Nerlich/Römermann InsO, 42. EL Feb. 2021, § 246a Rn. 1. 244) Rühle/Ober, in: Nerlich/Römermann InsO, 42. EL Feb. 2021, § 246a Rn. 2. 245) BT-Drs. 17/5712, S. 34; Jacoby/Madaus/Sack/Schmidt/Thole, ESUG-Evaluierung, 2018, S. 100 ff.

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C. Beteiligung der Anteilsinhaber an den Restrukturierungsverfahren

nahme. Letztlich sind auch dissentierende Anteilsinhaber an sämtliche Planwirkungen gebunden, selbst wenn sie den Planregelungen mehrheitlich widersprachen. Damit wird den Gesellschaftern das Blockadepotenzial genommen. 2. Stellung der Anteilsinhaber im Restrukturierungsrahmen 68 Auch im präventiven Restrukturierungsrahmen sind Anteilsrechte am Sanierungsschuldner nach § 2 Abs. 3 StaRUG plantauglich. Dabei nennt die Norm des § 7 Abs. 4 StaRUG einige zulässige Plangestaltungen und greift sodann den Wortlaut des § 225a InsO auf, wonach jede gesellschaftsrechtlich zulässige Maßnahme auch in den Restrukturierungsplan aufgenommen werden kann.246) Vergleichbar zur Wirkung des § 245 InsO im Insolvenzplanverfahren kann unter den Voraussetzungen des § 26 StaRUG die Zustimmung auch der dissentierenden Gruppe der Anteilsinhaber fingiert werden. Damit kann Anteilsinhabern auch im präinsolvenzlichen Bereich der Wert ihres Anteils potentiell komplett entzogen werden.247) a) Kritik an der Eingriffsbefugnis im Restrukturierungsrahmen 69 Im deutschen Schrifttum wird teilweise moniert, eine so weitreichende Eingriffsbefugnis in die Anteilsrechte mittels Restrukturierungsplans bei nur drohender Zahlungsunfähigkeit gegen den Gesellschafterwillen sei nicht zu rechtfertigen mit Blick auf den Schutz des Art. 14 GG.248) Erst bei einer Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung seien die Gesellschaftsanteile entwertet und damit deren Entzug zu rechtfertigen.249) 70 Dem ist jedoch zu entgegen, dass der Restrukturierungsrahmen Regelungen zum Schutz eines dissentierenden Gesellschafters vorsieht. Zum einen bedarf es nach § 18 StaRUG entweder der Zustimmung eines jeden einzelnen Planbetroffenen zum Planangebot oder – falls es dissentierende Planbetroffene gibt – der gerichtlichen Planbestätigung, damit der Plan Bindungswirkung auch gegenüber dissentierenden Betroffenen entfaltet. Eine gerichtliche Planbestätigung ist jedoch nach § 64 Abs. 1 StaRUG auf Antrag des Gesellschafters zu versagen, wenn der Gesellschafter durch den Plan schlechter steht als er ohne diesen stünde.250) Der Gesetzgeber entschied sich dafür, im vorinsolvenzlichen Restrukturierungsverfahren einen Eingriff in Gesellschafterrechte in dersel___________ 246) Wobei der Wortlaut bereits bzgl. § 225a InsO unklar und umstritten ist, vgl. Mulert/ Steiner, NZG 2021, 673, 673; Brünkmans, in: Handbuch Insolvenzplan, 2. Aufl. 2020, § 31 Rn. 1. 247) Beispielsweise durch einen Kapitalschnitt auf Null. 248) Schäfer, ZIP 2020, 2164, 2164; Proske/Streit, NZI 2020, 969, 970; Korch, NZG 2020, 1299 ff. 249) Schäfer, ZIP 2020, 2164, 2164; Proske/Streit, NZI 2020, 969, 970 Korch, NZG 2020, 1299, 1299. 250) Vgl. hierzu ausführlich unten, Rn. 163 f.

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I. Einbeziehung der Gesellschafter in die Sanierungsplanverfahren deutschen Rechts

ben Weise und im selben Ausmaß wie im Insolvenzplanverfahren zu ermöglichen.251) Die Einbeziehung der Anteilsrechte in die vorinsolvenzliche Sanierung entspricht dabei auch der Praxis und trägt dem wirtschaftlichen Gedanken Rechnung, auch die Anteile an einer zumindest drohend zahlungsunfähigen Gesellschaft hätten einen bereits stark reduzierten Wert.252) Im Restrukturierungsplan sind gem. § 64 Abs. 3 StaRUG – wie im Insolvenzplan gem. § 251 Abs. 3 InsO – Mittel vorzusehen, die den Verlust des Gesellschafteranteils wertmäßig ausgleichen. Die Höhe dieses Ausgleichs ist außerhalb des Restrukturierungsverfahrens zu bestimmen, richtet sich jedoch nach dem verbleibenden Restwert des Gesellschaftsanteils. Ob die Gesellschaft drohend zahlungsunfähig oder zahlungsunfähig ist, macht zunächst keinen Unterschied. Die Höhe der Ausgleichszahlung bestimmt sich individuell nach der Differenz des in der Fortführung verbleibenden Restwerts und dem nach Plan verbleibenden Wert. Das Argument, ein solcher rein wertbezogener Ausgleich könne das (zwangsweise) Ausscheiden eines Gesellschafters nicht rechtfertigen253), verfängt nicht, da auch im Insolvenzplanverfahren das Anteilsrecht nicht als Position an sich, sondern nur dem Wert nach geschützt ist.254) Vor der materiellen Insolvenzreife ist zwar eventuell ein höherer Restwert der Anteile zu schützen – nicht ersichtlich ist jedoch, weshalb ein wertbezogener Schutz vor diesem Stadium generell auszuschließen sei. Festzuhalten bleibt, dass die Anteilsrechte während der Rechtshängigkeit der Restrukturierungssache nach StaRUG nur wertmäßig geschützt sind und die Gesellschafter nicht als Mitglieder, sondern vielmehr als nachnachrangige Gläubiger behandelt werden. b) Einfluss der Gesellschafter im Vorfeld des Restrukturierungsrahmens Angesichts der Eingriffsbefugnisse der Regelungen des Restrukturierungs- 71 rahmens in Anteilsrechte der Gesellschafter diskutiert das deutsche Schrifttum die Notwendigkeit eines zustimmenden Gesellschafterbeschlusses bei einer GmbH im Vorfeld der Anzeige der Restrukturierungssache nach § 31 StaRUG.255) Das StaRUG selbst schweigt zu dieser Frage und stellt keine Pflicht der Geschäftsleitung auf, vor der Anzeige einen Gesellschafterbeschluss einzuholen.256) Die Befürworter eines solchen Beschlusses nehmen al___________ Esser, in: Braun StaRUG, 1. Aufl. 2021, § 2 Rn. 31. Esser, in: Braun StaRUG, 1. Aufl. 2021, § 2 Rn. 31. Schäfer, ZIP 2020, 2164, 2164 ff. Hierzu bezüglich des Insolvenzplanverfahrens Thole, Gesellschaftsrechtliche Maßnahmen in der Insolvenz, 3. Aufl., Rn. 212; Jacoby/Madaus/Sack/Schmidt/Thole, ESUGEvaluierung, 2018, S. 164. 255) Scholz, ZIP 2021, 219, 226 ff.; Fuhrmann/Heinen/Schilz, NZG 2021, 684 ff; Thole, BB 2021, 1347; Rauhut, NZI-Beilage 2021, 52 ff.; Ristelhuber, NZI 2021, 417, 418; Hoffmann, WM 2021, 429 ff.; Brünkmans, ZInsO 2021, 125, 127. Das Problem stellt sich nur bei einer GmbH, bei einer AG ist aus Praktikabilitätsgründen die Einschaltung des Aufsichtsrats ausreichend, vgl. Brünkmans, ZInsO 2021, 121, 127. 256) Brünkmans, ZInsO 2021, 125, 127; Thole, BB 2021, 1347, 1348. 251) 252) 253) 254)

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C. Beteiligung der Anteilsinhaber an den Restrukturierungsverfahren

lerdings Bezug auf die Situation bei einem freiwilligen Insolvenzantrag nach § 18 InsO, im Rahmen dessen ebenfalls die Zustimmung der Gesellschafterversammlung einzuholen ist.257) 72 Ein freiwilliger Insolvenzantrag bzw. die Anzeige der Restrukturierungssache nach § 31 StaRUG sei keine reine Geschäftsführungsmaßnahme, sondern zumindest eine außergewöhnliche Maßnahme, welche einen zustimmenden Gesellschafterbeschluss erfordere.258) Teilweise wird sogar eine qualifizierte Gesellschaftermehrheit gefordert, da es sich um ein Grundlagengeschäft handle.259) Bei einer solchen Pflicht könnte es sich allerdings nur um eine interne Verpflichtung handeln, von der die Zulässigkeit der Anzeige nach § 31 StaRUG nicht abhängt.260) Gegen die Vergleichbarkeit mit einem freiwilligen Insolvenzantrag nach § 18 InsO wird zwar eingewendet, der Restrukturierungsrahmen nach StaRUG sei gerade auf die Fortführung der Gesellschaft und nicht auf deren Liquidation ausgerichtet und führe im Unterschied zum Regelverfahren nicht zur Auflösung der Gesellschaft und damit nicht zu vergleichbaren Konsequenzen für die Gesellschafter.261) Allerdings ist zu beachten, dass die Geschäftsführer mit der Rechtshängigkeit der Restrukturierungssache nach § 32 Abs. 1 StaRUG primär den Interessen der Gläubigergesamtheit verpflichtet sind.262) Dieser shift of duties von den Gesellschaftsinteressen zu den Gläubigerinteressen beeinträchtige die Gesellschafter bereits so gravierend, dass wohl überwiegend angenommen wird, die Anzeige der Restrukturierungssache sei zumindest eine außergewöhnliche Geschäftsführungsmaßnahme nach § 47 GmbHG und erfordere mithin im Innenverhältnis einen Gesellschafterbeschluss mit einfacher Mehrheit.263) II. Einbeziehung der Anteilsinhaber in die französischen Sanierungsplanverfahren 73 Ebenso wie das deutsche Recht wurde auch das französische Sanierungsrecht lange Zeit von dem Paradox eines sehr starken Eingriffs in Gläubigerrechte einerseits und der weitgehenden Unberührtheit der Gesellschafterstellung andererseits dominiert.264) Zwar wurde dieses Dogma durch verschiedene ___________ 257) Fuhrmann/Heinen/Schilz, NZG 2021, 684, 687; Brünkmans, ZInsO 2021, 125, 127; zu § 18 InsO bereits Thole, ZIP 2013, 1937, 1939; OLG München, Urt. v. 21.3.2013 – 23 U 3344/12, NZI 2013, 542. 258) Scholz, ZIP 2021, 219, 227; Thole, BB 2021, 1347, 1350. 259) Fuhrmann/Heinen/Schilz, NZG 2021, 684, 689; So auch Rauhut, NZI-Beilage 2021, 52, 54. 260) Hoffmann, WM 2021, 429, 433; Ristelhuber, NZI 2021, 417, 418. 261) Brünkmans, ZInsO 2021, 125, 127. 262) Vgl. grundsätzlich hierzu Scholz, ZIP 2021, 219, 219 f. 263) Thole, BB 2021, 1347, 1350; Rauhut, NZI-Beilage 2021, 52 ff.; a. A. Hoffmann, WM 2021, 429, 434. 264) Vgl. Dammann/Alle, Bulletin Joly Sociétés, 10/2019, 1, 1.

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II. Einbeziehung der Anteilsinhaber in die französischen Sanierungsplanverfahren

Gesetzesreformen aufgeweicht, allerdings gibt es bisher keine Möglichkeit, gesellschaftsrechtliche Kapitalmaßnahmen nur mittels Planregelung gegen den Willen der Anteilseigner durchzusetzen. Das französische Sanierungsrecht verfolgt bisher eine andere Strategie zur Minimierung des Blockadepotenzials dissentierender Anteilsinhaber. Statt diese als Abstimmungsgruppe in das Planverfahren einzubeziehen, bedarf eine gesellschaftsrechtliche Kapitalmaßnahme eines zusätzlichen zustimmenden Gesellschafterbeschlusses. Das Blockadepotenzial dissentierender Anteilsinhaber soll mittels weitreichender gerichtlicher Eingriffsbefugnisse minimiert werden. 1. In die präventiven sauvegarde Verfahren In den französischen präventiven sauvegarde Verfahren besteht keine Möglich- 74 keit, Kapitalmaßnahmen gegen den Mehrheitswillen der Gesellschafter herbeizuführen.265) Für den Beschluss von Kapitalmaßnahmen muss außerhalb des Verfahrens eine außerordentliche Gesellschafterversammlung (assemblée spéciale) nach Art. L. 626-3 C.com. einberufen werden.266) Auch bei einem im sauvegarde Verfahren zu realisierenden Debt Equity Swap ist ein zustimmender Beschluss einer Gesellschafterversammlung erforderlich.267) Ursprünglich sah die Gesetzesreform von 2005, durch welche das sauvegarde Verfahren eingeführt wurde, noch weitreichende Eingriffsbefugnisse des Gerichts in die Gesellschaftsanteile in der Hand der Geschäftsleitung vor.268) Diese Befugnisse wurden indes mit einer Reform des sauvegarde Verfahrens im Jahr 2008 gestrichen, um die Attraktivität des Verfahrens zu steigern und Anreize für geschäftsführende Gesellschafter zu schaffen, frühzeitig ein präinsolvenzliches Sanierungsverfahren einzuleiten.269) Eine stärkere Einbeziehung der Gesellschafter, unabhängig von der Verwirklichung gesellschaftsrechtlicher Maßnahmen, machte allerdings die Reform des sauvegarde Verfahrens im Jahr 2014270) möglich. Im Kern werden seit der Reform die bis zur Verfahrenseröffnung nicht geleisteten Einlagen fällig gestellt und der Gläubigervertreter ___________ 265) Klaiber, Zur Stellung der Gläubiger und Gesellschafter im französischen Recht der Kollektivverfahren, 2019, S. 182; Thole, in: Flöther Sanierungsrecht, 2019, L. 17. 266) Thole, in: Flöther Sanierungsrecht, 2019, L. 17; Klaiber, Zur Stellung der Gläubiger und Gesellschafter im französischen Recht der Kollektivverfahren, 2019, S. 151. 267) Vgl. dazu unten, Rn. 110; Thole, in: Flöther Sanierungsrecht, 2019, L. 17. 268) Klaiber, Zur Stellung der Gläubiger und Gesellschafter im französischen Recht der Kollektivverfahren, 2019, S. 182; Bauerreis, in: Kindler/Nachmann/Bitzer, Handbuch Insolvenzrecht in Europa, 8. EL Mai 2021, Länderbericht Frankreich, Rn. 156 f. 269) Vgl. zur Reform Lienhard, Procedures collectives, 2020/2021, Rn. 01.71. Interessanterweise wurden aber im redressement judiciaire sehr ähnliche Befugnisse mit der Loi Macron eingeführt. Dieses stellt aber kein präinsolvenzliches Sanierungsverfahren dar, sondern ein Restrukturierungsverfahren nach Zahlungseinstellung, siehe dazu später, Rn. 142 ff. 270) Ordonnnance portant réforme de la prévention des difficultés des entreprises et des procédures collectives, Nr. 2014-326 v. 12.3.2014; vgl. hierzu Lienhard, Procedures collectives, 2020/2021, Rn. 01.101; Degenhardt, NZI 2014, 433 ff.

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C. Beteiligung der Anteilsinhaber an den Restrukturierungsverfahren

(mandataire judiciaire) ist befugt, diese einzutreiben, Art. L. 624-20 C.com. i. V. m. Art. L. 622-20 C.com.271) 75 Die Gesellschafterneutralität des sauvegarde Verfahrens wird allerdings mit aller Wahrscheinlichkeit durch die Umsetzung der Restrukturierungsrichtlinie aufgegeben, sollten die im Vorentwurf des Justizministeriums vorgeschlagenen Änderungen Eingang in das Gesetz finden.272) Ab der Umsetzung sind auch gesellschaftsrechtliche Kapitalmaßnahmen im französischen sauvegarde Verfahren möglich unter Einbeziehung der Anteilsinhaber als eigene Abstimmungsgruppe.273) Es bedarf in der Folge dementsprechend keines Beschlusses einer zusätzlichen Gesellschafterversammlung mehr.274) 2. In das redressement judiciaire 76 Auch im redressement judiciaire können gesellschaftsrechtliche Kapitalmaßnahmen nur nach Zustimmung der außerordentlichen Gesellschafterversammlung realisiert werden. Allerdings hat das Gericht im Unterschied zu den sauvegarde Verfahren sehr weitreichende Eingriffsbefugnisse in die Rechte der Anteilseigner.275) 77 Die Einbeziehung der Anteilseigner in das redressement judiciaire umfasst zum einen ebenfalls die durch die Gesetzesreform 2014 eingeführte Fälligstellung der Einlagen nach Art. L. 624-20 C.com.276) Außerdem wurde durch die Reform 2014 die Möglichkeit der Kapitalerhöhung durch einen gerichtlich bestellten Beauftragten (mandataire en justice) nach Art. L. 631-9-1 C.com. eingeführt.277) Allerdings ist für diese Maßnahme der Verlust des Eigenkapitals um mehr als die Hälfte des satzungsmäßigen Gesellschaftskapitals erforderlich, Art. L. 626-3 C.com.278) Seit einer erneuten Reform im Jahr 2016 ist der Betrag der Wiederherstellung immerhin nicht mehr auf die Hälfte des Ge___________ 271) Lienhard, Procedures collectives, 2020/2021, Rn. 01.101; Degenhardt, NZI 2014, 433, 436. 272) Vgl. dazu bereits oben, Rn. 55 ff.; So auch bereits Dammann/Alle, Bulletin Joly Sociétés, 10/2019, 1, 1. 273) Vgl. dazu bereits oben, Rn. 55 ff.; So auch bereits Dammann/Alle, Bulletin Joly Sociétés, 10/2019, 1, 1. 274) Vgl. dazu bereits oben, Rn. 55 ff.; So auch bereits Dammann/Alle, Bulletin Joly Sociétés, 10/2019, 1, 1. 275) Im Unterschied zum sauvegarde Verfahren beruht das redressement judiciaire schließlich nicht auf freiweilliger Grundlage, sondern erfolgt infolge einer gesetzlichen Antragspflicht, vgl. Klaiber, Stellung der Gläubiger und Gesellschafter im französischen Recht der Kollektivverfahren, 2019, S. 183. 276) Vgl. dazu auch im sauvegarde Verfahren, Rn. 74. 277) Lienhard, Procedures collectives, 2020/2021, Rn. 01.101; Degenhardt, NZI 2014, 433, 436. 278) Lienhard, Procedures collectives, 2020/2021, Rn. 01.101; Saint-Alary-Houin, Droit des entreprises en difficultés, Rn. 1193; Degenhardt, NZI 2014, 433, 436.

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II. Einbeziehung der Anteilsinhaber in die französischen Sanierungsplanverfahren

sellschaftskapitals beschränkt. Stattdessen schlägt der Insolvenzverwalter den Betrag vor, um welchen das Gesellschaftskapital zu erhöhen ist.279) Weiter nimmt das Gericht seit der Reform 2014 eine noch ausgeprägtere Stellung ein, indem es gültige Sperrminoritäten dadurch aushebeln kann, dass abweichende Mehrheitserfordernisse verfügt werden.280) Der weitgehenden Gesellschafterneutralität der französischen Planverfahren 78 sollte schließlich durch die noch weiter reichenden Regelungen der Reform der Loi Macron ein Ende gesetzt werden.281) Zur Einschränkung des Blockadepotenzials opponierender Anteilsinhaber führte diese Gesetzesänderung die Möglichkeit der durch die Reform 2014 eingeführten zwangsweisen Kapitalerhöhung (dilution forcée)282) weiter. Zusätzlich wurde die Möglichkeit einer zwangsweisen Abtretung der Unternehmensanteile (cession forcée)283) eingeführt. Im Rahmen dieser Maßnahmen wird ein Beauftragter (mandataire en justice) gerichtlich bestellt, der eine außerordentliche Gesellschafterversammlung einberufen und anstelle dissentierender Gesellschafter für eine Kapitalmaßnahme stimmen kann.284) Der Beschluss der zwangsweisen Abtretung bzw. der Kapitalerhöhung erfolgt vor dem zuständigen Gericht nach der erforderlichen Anhörung der betroffenen Anteilseigner und in Anwesenheit des jeweils zuständigen Staatsanwalts (ministère public).285) Die hohen Voraussetzungen für die Realisierung der zwangsweisen Abtretung sind der Kontroversen bezüglich deren Verfassungsmäßigkeit geschuldet, die nach der Verabschiedung der Loi Macron aufkamen.286) Die neu eingefügten gerichtlichen Kompetenzen der dilution forcée und der cession forcée erregten großen Unmut, da sie durch die Ausgestaltung als Zwangsmaßnahmen einer Enteignung der Gesellschafter gleichkämen.287) Vor dem Hintergrund der weitgehenden Gesellschafterneutralität des französischen Sanierungsrechts288) war die Loi Macron tatsächlich eine Kehrtwende. Die Verfassungsmäßigkeit der neu implementierten Eingriffsrechte wurde durch eine Entscheidung des französischen Verfassungsrats (Conseil constitutionnalité) vom ___________ 279) Saint-Alary-Houin, Droit des entreprises en difficultés, Rn. 1193; Blanc, Entreprise en difficulté, 04/2021, Rn. 45. 280) Blanc, Entreprise en difficulté, 04/2021, Rn. 41; Klaiber, Zur Stellung der Gläubiger und der Gesellschafter im französischen Recht der Kollektivverfahren, 2019, S. 151. 281) Vgl. hierzu Dammann/Alle, Bulletin Joly Sociétés, 10/2019, 1, 1. 282) Hierzu ausführlich sogleich, Rn. 116 f. 283) Hierzu ausführlich später, Rn. 119 ff. 284) Näher hierzu und zu den Unterschieden zu der Gesetzesreform 2014 vgl. sogleich, Rn. 115, 119. 285) Saint-Alary-Houin, Droit des entreprises en difficultés, Rn. 1196; Staatsanwälte treten in Frankreich als Vertreter der Exekutive auch in Zivilprozessen auf, wenn Belange der Öffentlichkeit berührt sind. 286) Degenhardt, NZI 2017, 134, 138. 287) Saint-Alary-Houin, Droit des entreprises en difficultés, Rn. 1195. 288) Vgl. Dammann/Alle, Bulletin Joly Sociétés, 10/2019, 1, 1, welche den Schutz der Gesellschafterrechte im Vorfeld der Loi Macron als „sacro-saint“ bezeichnet.

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C. Beteiligung der Anteilsinhaber an den Restrukturierungsverfahren

05. August 2015 bestätigt.289) Die Sanierung einer Gesellschaft, die min. 150 Arbeitnehmer habe, rechtfertige diesen starken Eingriff in die Eigentumsrechte der Gesellschafter.290) 79 Im Gegenteil monierten Kritiker in der Folge der Reform, die eingeführten Maßnahmen gingen nicht weit genug.291) Aufgrund der hohen Hürden für die Umsetzung verfügten die Gesellschafter immer noch über ein zu großes Blockadepotenzial, um den Anforderungen des Art. 12 der Restrukturierungsrichtlinie gerecht zu werden.292) Letztlich sei die Loi Macron zur Einschränkung der Gesellschafterrechte nichts weiter als ein großgewordener Papiertiger.293) Nach dem Gesetzesentwurf zur Umsetzung der Restrukturierungsrichtlinie ist jedoch zu erwarten, dass die französischen Sanierungsverfahren im Zuge der Richtlinienumsetzung reformiert und Blockademöglichkeiten der Anteilseigner weiter abgebaut werden.294) Auch in das Verfahren der redressement judiciaire soll die Möglichkeit eines cross-class cram-down in das Planverfahren implementiert werden.295) III. Einbeziehung in das englische Sanierungsrecht 80 Auch in den englischen Sanierungsplanverfahren können Anteilsinhaber einbezogen werden und damit einen Restrukturierungsbeitrag leisten. Allerdings ist das englische Pendant zu einem Insolvenzplanverfahren, das CVA, weitgehend gesellschafterneutral. Gesellschaftsrechtliche Maßnahmen sind nur im Rahmen der gesellschaftsrechtlichen Verfahren des Scheme of Arrangement und des neu durch den CIGA eingeführten Restructuring Plan nach Part. 26A Companies Act zu realisieren. 1. In das Company Voluntary Arrangement 81 Im CVA sind keine Regelungen zur Einbeziehung gesellschaftsrechtlicher Maßnahmen vorgesehen, weil dieses Verfahren nur das Rechtsverhältnis zu den Gläubigern in den Blick nimmt.296) Gesellschaftsrechtliche Regelungen ___________ 289) Cons. Const., 5 août, n°2015-715; Saint-Alary-Houin, Droit des entreprises en difficultés, Rn. 1195. 290) Saint-Alary-Houin, Droit des entreprises en difficultés, Rn. 1195. 291) Vgl. Dammann/Alle, Bulletin Joly Sociétés, 10/2019, 1, 1. 292) Dammann/Alle, Bulletin Joly Sociétés, 10/2019, 1, 1. 293) So jedenfalls Dammann/Alle, Bulletin Joly Sociétés, Ocotbre 2019, 1, 1, welche die Reform aus diesem Grund als „lettres morte“ bezeichnen. 294) Siehe hierzu den Vorschlag des Justizministeriums zur Umsetzung der Restrukturierungsrichtlinie, vgl. Rn. 55 ff.; Das bereits fordernd vgl. auch Dammann/Alle, Bulletin Joly Sociétés, 10/2019, 1, 1. 295) Siehe hierzu den Vorschlag des Justizministeriums zur Umsetzung der Restrukturierungsrichtlinie, vgl. Rn. 55 ff.; Das bereits fordernd Dammann/Alle, Bulletin Joly Sociétés, Octobre 2019, 1, 1. 296) Finch/Milman, Corporate Insolvency Law, 3rd ed., 2017, S. 417; Goode, The Principles of Corporate Insolvency Law, 5th ed. 2019, Rn. 12-27; Bork, Sanierungsrecht in Deutschland und England, 2011, Rn. 15.12.

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III. Einbeziehung in das englische Sanierungsrecht

sind nur parallel zum Sanierungsverfahren mittels Beschlusses einer Gesellschafterversammlung denkbar.297) Die Unfähigkeit, Anteilsinhaber in das CVA einzubeziehen, wird von der englischen Insolvenzrechtspraxis als einer der entscheidenden Faktoren für die geringe Zahl abgeschlossener CVA identifiziert.298) Um die Gesellschafter von der Abstimmung auszuschließen, wird ihnen das wirtschaftliche Interesse an der insolventen Gesellschaft abgesprochen – sie seien „out-of-money“, weil sie auch im Vergleichsszenario der Liquidation keinen Vermögenswert erhielten.299) Daraus resultiere auch, dass die Anteilsinhaber eigentlich kein Recht haben sollten, über die in einem CVA beschlossenen Maßnahmen abzustimmen.300) Seit den Gesetzesänderungen durch den Enterprise Act 2002 nach sec. 4A (2) (b) Insolvency Act entscheidet tatsächlich auch nur das Votum der Gläubigerversammlung über die Annahme des Sanierungsplans.301) Die Gesetzesänderung sollte das Blockadepotenzial der Gesellschafter auf ein Minimum reduzieren. Die Anteilsinhaber hätten mangels gesellschaftsrechtlicher Eingriffe und aufgrund der Wertlosigkeit der Anteile im Vergleichsszenario der Liquidation sowieso kein wirtschaftliches Interesse an der Gesellschaft.302) An der Sinnhaftigkeit einer Gesellschafterversammlung wird vor diesem Hintergrund teilweise gezweifelt.303) Allerdings haben die Gesellschafter die Möglichkeit, einen Antrag auf eine gerichtliche Entscheidung zur Versagung des CVA zu stellen, falls die Entscheidung der Gläubigerversammlung von der Mehrheitsentscheidung der Gesellschafter abweicht (sec. 4A (3) Insolvency Act).304) 2. In das Scheme of Arrangement Verfahren Im Unterschied zum insolvenzrechtlichen CVA können gesellschaftsrechtliche 82 Kapitalmaßnahmen in das Scheme of Arrangement Verfahren nach sec. 895 ff. in Part 26 Companies Act einbezogen werden. Das Scheme of Arrangement ist nicht originär insolvenzrechtlicher, sondern gesellschaftsrechtlicher Na-

___________ 297) Bork, Sanierungsrecht in Deutschland und England, 2011, Rn. 15.12. 298) Insolvency Lawyers‘ Association (ILA), Encouraging Company Rescue – A Consultation (June 2009), 8.9.2009, Rn. 3.2. 299) Finch/Milman, Corporate Insolvency Law, 3rd ed. 2017, S. 439. 300) Finch/Milman, Corporate Insolvency Law, 3rd ed. 2017, S. 439 f. 301) Finch/Milman, Corporate Insolvency Law, 3rd ed. 2017, S. 439; Sax/Swierczok, in: Flöther Sanierungsrecht, 2019, K. 126. 302) Finch/Milman, Corporate Insolvency Law, 3rd ed. 2017, S. 440. 303) Goode, The Principles of Corporate Insolvency Law, 2019, Rn. 12-43; Finch/Milman, Corporate Insolvency Law, 3rd ed. 2017, S. 439 f. 304) Vgl. Goode, The Principles of Corporate Insolvency Law, 5th ed. 2019, Rn. 12-43; Schillig, in: Beck BeckOK InsO, Stand: 15.1.2021, Internationales Insolvenzrecht – England, Rn. 44. Das CVA ist nur unter der auflösenden Bedingung eines solchen Gesellschafterantrags wirksam.

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C. Beteiligung der Anteilsinhaber an den Restrukturierungsverfahren

tur.305) Allerdings verändert auch das Scheme of Arrangement nicht zwingend die Rechte der Anteilsinhaber. Es sind auch Gestaltungen eines sog. creditor scheme denkbar, das lediglich betroffene Gläubiger in die Sanierung mit einbezieht.306) Bei einer Gestaltung unter Einbeziehung der Anteilsinhaber sind demgegenüber auch gesellschaftsrechtliche Kapitalmaßnahmen ohne gesonderte Gesellschafterhauptversammlung realisierbar.307) Die Anteilsinhaber bilden dabei eine eigene Abstimmungsgruppe. Zur Annahme eines Planvorschlags bedarf es jeweils der Kopfmehrheit der abstimmenden Gläubiger bzw. Gesellschafter sowie zusätzlich einer 75 % Summenmehrheit, sec. 899 (1) Companies Act.308) Damit können zumindest einzelne dissentierende Gesellschafter an die Wirkungen des Sanierungsplans gebunden werden. Im Unterschied zu den Sanierungsverfahren nach deutschem Recht gibt es allerdings keine Möglichkeit, das mehrheitliche Votum der Anteilsinhaber mittels einer klassenübergreifenden Mehrheitsentscheidung zu überstimmen.309) Zur Überwindung des Blockadepotenzials dissentierender Alt-Gesellschafter hat sich in der englischen Rechtsprechung ein umstrittener310) Mechanismus herausgebildet. Unter dem Stichwort des „economic interest issue“ sprechen Gerichte ganzen Gruppen von Anteilseignern oder Gläubigern das Recht zur Abstimmung mangels wirtschaftlichem Interesse am Sanierungsplan ab.311) Englische Gerichte wollten der Torpedierung gesellschaftsrechtlicher Maßnahmen entgegengesteuern, indem Akkordstörer generell von der Abstimmung ausgeschlossen werden oder deren widersprechendes Votum der Planbestätigung nicht entgegensteht, solange kein finanzieller Ertrag für die Anteilsinhaber zu erwarten sei.312) Diese Rechtsprechung beruht auf der Prämisse, dass die ___________ 305) Zu möglichen Anwendungsgebieten vgl. Finch/Milman, Corporate Insolvency Law, 3rd ed. 2017, S. 410; Goode, The Principles of Corporate Insolvency Law, 5th ed. 2019, Rn. 12-12. 306) Vgl. Schwarz, Debt-Equity-Swaps, 2015, S. 312. 307) Finch/Milman, Corporate Insolvency Law, 3rd ed. 2017, S. 410; Bork, Sanierungsrecht in Deutschland und England, 2011, Rn. 15.1; Schwarz, Debt-Equity-Swaps, 2015, S. 312. 308) Milman, Co. L.N. 2011, 301, 1, 1; Finch/Milman, Corporate Insolvency Law, 3rd ed. 2017, S. 410. 309) Siehe hierzu bereits oben, Rn. 38; Finch/Milman, Corporate Insolvency Law, 3rd ed. 2017, S. 413; Sax/Swierczok, in: Flöther Sanierungsrecht, 2019, K. 19. 310) Derrick, Insolv. Int. 2005, 18 (9), 136 ff.; Ellis/Dusic, Insolv. Int. 2009, 22 (10), 157 f. 311) Vgl. nur Re MyTravel Group Plc (2004) EWCA Civ. 1734; (2005) 2 B.C.L.C. 123; Re Tea Corporation Ltd. (1904) 1 Ch. 12; vgl. Zur Problematik auch Derrick, Insolv. Int. 2005, 18 (9), 136; Schwarz, Debt-Equity-Swaps, 2015, S. 271 ff. 312) In der Entscheidung Re Tea Corporation Ltd. (1904) 1 Ch. 12 stand bspw. ein transfer SoA zur Abstimmung, nach dessen Inhalt die Stammanteilseigner ihre Anteile an der Gesellschaft aufzugeben hatten im Gegenzug für Anteile an einer neuen Gesellschaft. Die Anteilseigner stimmten gegen den Plan, die anderen Gruppen stimmten für den Plan. Der zuständige Richter entschied jedoch, dass das Votum der Gruppe der Anteilseigner nicht zu beachten sei, da diese in einer Insolvenz nur nachrangig zu berücksichtigen wären und demnach bei der Verteilung der verbleibenden Vermögenswerte nichts zu erwarten hätten.

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III. Einbeziehung in das englische Sanierungsrecht

Anteilsinhaber im englischen Recht ebenso wie im deutschen Recht nach § 199 InsO als nachnachrangige Gläubiger lediglich im Rahmen einer Überschussverteilung berücksichtigt werden. Einen gesetzlichen Mechanismus zur Überwindung der Blockade durch den Mehrheitswillen der Anteilsinhaber kannte das englische Recht vor Einführung des Restructuring Plan somit nicht. Lediglich die durch die Rechtsprechung entwickelten Ausschlussmechanismen ermöglichten eine Sanierung trotz mehrheitlichen Widerstands der Gesellschafter. 3. In den Restructuring Plan nach Part 26A Companies Act Ebenso wie in einem Scheme of Arrangement Verfahren können auch im Rah- 83 men des gesellschaftsrechtlich eingeordneten Restructuring Plan nach Part 26A des Companies Act Kapitalmaßnahmen verwirklicht werden.313) Die Anteilsinhaber werden ebenfalls als Abstimmungsgruppe in das Verfahren über den Restructuring Plan einbezogen und es bedarf keiner gesonderten Gesellschafterversammlung. Der entscheidende Vorteil eines Restructuring Plan besteht in der Möglichkeit einer klassenübergreifenden Mehrheitsentscheidung (cross-class cram-down).314) Hierfür ist erforderlich, dass die Mitglieder der dissentierenden Gruppen durch den Plan nicht schlechter gestellt werden als in der wahrscheinlichsten Handlungsalternative. Das Gericht beurteilt, welche Handlungsalternative im konkreten Fall am wahrscheinlichsten ist.315) Auch das Votum der Gruppe bzw. der Gruppen der Anteilseigner kann über- 84 stimmt und somit gesellschaftsrechtliche Kapitalmaßnahmen gegen den mehrheitlichen Willen der Anteilsinhaber verwirklicht werden. Zusätzlich zur Möglichkeit des cross-class cram-down, bleibt es dem Gericht unbenommen, Anteilsinhaber mangels wirtschaftlichen Interesses an der Gesellschaft von der Abstimmung auszuschließen, obwohl in deren Rechtsstellung eingegriffen wird.316) Im Unterschied zum Scheme of Arrangement Verfahren ist dieses Ausschlusskriterium in Part 26A mit sec. 901C (4) nun auch kodifiziert.317) Das bietet zusätzlich die Möglichkeit, Akkordstörer bereits vor der Abstimmung auszuschließen.318) Bezüglich der Überwindung des Blockade___________ 313) Vgl. Vaccari, I.C.C.L.R. 2020, 31(12), 645, 664; Virgin Atlantic Airways Limited and in the Matter of Part 26A of the Companies Act 2006 (2020) EWHC 2376 (Ch), Rn. 41. 314) Virgin Atlantic Airways Limited and in the Matter of Part 26A of the Companies Act 2006 (2020) EWHC 2376 (Ch), Rn. 43; Vaccari, I.C.C.L.R. 2020, 31(12), 645, 664. 315) vgl. Virgin Atlantic Airways Limited and in the Matter of Part 26A of the Companies Act 2006 (2020) EWHC 2376 (Ch), Rn. 23, Rn. 43. 316) Vgl. zur „out-of-money“ Rechtsprechung bezüglich des Scheme of Arrangement bereits oben, Rn. 104. 317) Virgin Atlantic Airways Limited and in the Matter of Part 26A of the Companies Act 2006 (2020) EWHC 2376 (Ch), Rn. 41; Vgl. die Anmerkung zum Urteil Shearman & Sterling LLP, J.I.B.L.R. 2021, 36 (1), N9, N9. 318) Vgl. auch Tashiro, NZI-Beilage 2021, 77, 77.

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C. Beteiligung der Anteilsinhaber an den Restrukturierungsverfahren

potenzials der Anteilsinhaber, geht der Restructuring Plan daher sogar noch über die auch in den deutschen Sanierungsplanverfahren und von der Restrukturierungsrichtlinie in Art. 11 vorgesehene klassenübergreifende Mehrheitsentscheidung hinaus. IV. Zwischenergebnis 85 Alle drei untersuchten Rechtsordnungen sehen inzwischen Sanierungsverfahren mit der Möglichkeit zur Einbeziehung von Anteilsinhabern vor. Dabei implementierten die Gesetzgeber in Deutschland, Frankreich und England ursprünglich recht unterschiedliche Mechanismen zur Überwindung des Blockadepotenzials der Gesellschafter. Während in Deutschland hierzu das Obstruktionsverbot mit dem Schutz des Schlechterstellungsverbots dient, versucht das französische Sanierungsrecht dem Blockadepotenzial durch weitreichende gerichtliche Eingriffsbefugnisse Herr zu werden und die englische Rechtsprechung etablierte Argumentationen, um das Erfordernis der Zustimmung einer jeden Gruppe durch den Ausschluss von der Abstimmung auszuräumen. Die Unterschiede relativieren sich in jüngster Zeit mit der Einführung einer Möglichkeit zur klassenübergreifenden Mehrheitsentscheidung im Restructuring Plan und der voraussichtlichen Einführung von Gläubigerklassen, ebenfalls verbunden mit der Möglichkeit zur Überstimmung der Gruppenvoten, in die französischen Sanierungsplanverfahren.

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D. Mögliche gesellschaftsrechtliche Planmaßnahmen Für das Gelingen einer rechtsträgererhaltenden Sanierung ist es beinahe uner- 86 lässlich, auch gesellschaftsrechtliche Maßnahmen im Planverfahren anzustrengen. Wie bereits angedeutet, ist in den untersuchten Rechtsordnungen eine Entwicklung hin zu einer größeren Einbeziehung der Anteilsinhaber in die Restrukturierung der Gesellschaft zu beobachten. Es bleibt zu untersuchen, welche konkreten gesellschaftsrechtlichen Maßnahmen in den unterschiedlichen Sanierungsplanverfahren umsetzbar sind. I. Der Debt Equity Swap Im Mittelpunkt einer rechtsträgererhaltenden Sanierung steht regelmäßig die 87 Verringerung der Verbindlichkeiten der Gesellschaft und eine Erhöhung des Eigenkapitals.319) Eine Möglichkeit hierfür ist der ursprünglich aus dem USamerikanischen Recht stammende Debt Equity Swap.320) Letztlich handelt es sich dabei um eine Sonderform der Kapitalerhöhung in Form der Umwandlung von Gläubigerforderungen in Anteilsrechte am Sanierungsschuldner und damit von Fremd- in Eigenkapital.321) Die Passivseite der Bilanz verringert sich und Aktivmasse wird freigesetzt, ohne dass die Gesellschaft eigene Mittel hierfür aufbringen müsste.322) Gleichzeitig sind Gläubiger eher bereit, auf Forderungen teilweise oder ganz zu verzichten, wenn sie im Gegenzug Anteilsrechte am Schuldner erhalten und somit im Falle einer erfolgreichen Sanierung an dessen künftigen Gewinnen partizipieren.323) Alle drei untersuchten Rechtsordnungen kennen eine solche Umwandlung von Fremd- in Eigenkapital, allerdings in unterschiedlichen Ausformungen. 1. In den deutschen Sanierungsverfahren Sowohl im Insolvenzplanverfahren als auch im Restrukturierungplan nach 88 StaRUG ist die Möglichkeit eines Debt Equity Swaps vorgesehen und durch § 225a Abs. 2 S. 1 InsO bzw. § 7 Abs. 4 S. 1 StaRUG ausdrücklich kodifiziert. Im Insolvenzplanverfahren ist der Debt Equity Swap eine der bedeutendsten ___________ 319) Franke, Debt Equity Swaps, 2011, S. 33; Schwarz, Debt-Equity-Swap, 2015, S. 43. 320) Clowry, European Company Law 2010, 7 (2), 51, 51; Schwarz, Debt-Equity-Swap, 2015, S. 43; Bronger, Debt Equity Swaps als finanzwirtschaftliches Sanierungsinstrument, 2019, S. 38 f.; Vgl. zur Stellung der Gesellschafter bei einem Debt Equity Swap, Hacioglu, Gesellschafterschutz beim Debt-Equity-Swap, 2018. 321) Hacioglu, Gesellschafterschutz beim Debt-Equity-Swap mittels Insolvenzplan, 2018, S. 26; Bork, Sanierungsrecht in Deutschland und England, 2011, Rn. 15.20; Schwarz, Debt-Equity-Swap, 2015, S. 43. 322) Schwarz, Debt-Equity-Swap, 2015, S. 43; Franke, Debt Equity Swaps, 2011, S. 33. 323) Bronger, Debt Equity Swaps als finanzwirtschaftliches Sanierungsinstrument, 2019, S. 33; Finch/Milman, Corporate Insolvency Law, 3rd ed., 2017, S. 267; Schwarz, DebtEquity-Swap, 2015, S. 44.

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D. Mögliche gesellschaftsrechtliche Planmaßnahmen

Maßnahmen zur strukturellen Sanierung des Unternehmens und zur Beseitigung einer (drohenden) Überschuldung.324) Auch für die Restrukturierungspläne nach StaRUG dürfte der Debt Equity Swap eine zentrale Rolle spielen. Gerade im vorinsolvenzlichen Bereich, bei Unternehmen mit guter Fortführungsperspektive, ergibt eine Umwandlung der belastenden Passiva in Anteile Sinn. a) Rechtstechnische Umsetzung 89 Die Umwandlung der Forderungen in Eigenkapital ist als besondere Form der Kapitalerhöhung ausgestaltet.325) Im Unterschied zu einer Barkapitalerhöhung wird die Einlage nicht durch Geld eingebracht, sondern als Sacheinlage durch die Beibringung einlagefähigen Vermögens in Form der Verbindlichkeit.326) Rechtstechnisch erfolgt die Einbringung der Forderungen entweder durch einen Erlass gem. § 397 Abs. 1 BGB oder mittels Abtretung nach § 398 BGB durch Konfusion der Forderungsinhaberschaft und der Schuld in der Person der schuldnerischen Gesellschaft.327) Bei einer isolierten Kapitalerhöhung, außerhalb eines Insolvenzplanverfahrens, haben die Altgesellschafter zum Schutz vor einer Verwässerung ihrer Anteile ein Bezugsrecht auf einen ihrem jeweiligen Anteil am bisherigen Grundkapital entsprechenden Teil der neu ausgegebenen Anteile.328) Im Rahmen eines Debt Equity Swaps ist das Bezugsrecht jedoch auszuschließen, es kommt schließlich nur die Zeichnung

___________ 324) Thole, Gesellschaftsrechtliche Maßnahmen in der Insolvenz, 3. Aufl. 2020, Rn. 323; Brünkmans, in: Handbuch Insolvenzplan, 2. Auflage 2020, § 32 Rn. 305; Hirte, in: Uhlenbruck InsO, 15. Aufl. 2019, § 225a InsO, Rn. 18. 325) Schwarz, Debt-Equity-Swap, 2015, S. 63; Hacioglu, Gesellschafterschutz beim DebtEquity-Swap mittels Insolvenzplan, 2018, S. 26. 326) Hacioglu, Gesellschafterschutz beim Debt-Equity-Swap mittels Insolvenzplan, 2018, S. 27; Franke, Debt Equity Swaps, 2011, S. 33 f.; Bronger, Debt Equity Swaps als finanzwirtschaftliches Sanierungsinstrument, 2019, S. 40. 327) BGHZ 110, 47, 60; Bronger, Debt Equity Swaps als finanzwirtschaftliches Sanierungsinstrument, 2019, S. 40 ff.; Schwarz, Debt-Equity-Swap, 2015, S. 63; Hirte, in: Uhlenbruck InsO, 15. Aufl. 2019, § 225a InsO, Rn. 19 f.; Schürnbrand/Verse, in: Münchener Kommentar zum Aktiengesetz, 5. Aufl. 2021, § 186 Rn. 1; Rieder/Holzmann, in: Grigoleit Aktiengesetz, 2. Aufl. 2020, § 186 Rn. 1. Bei der AG richtet sich dies nach § 186 Abs. 1 AktG, bei der GmbH ist ein Bezugsrecht zwar nicht ausdrücklich geregelt, aber nach ganz herrschender Meinung haben die GmbH-Gesellschafter ebenfalls ein Bezugsrecht nach § 186 Abs. 1 AktG analog, vgl. Schwarz, Debt-Equity-Swap, 2015, S. 66 f.; Rühle/ Ober, in: Nerlich/Römermann InsO, 42. EL Februar 2021 § 225a Rn. 39. 328) Schürnbrand/Verse, in: Münchener Kommentar zum Aktiengesetz, 5. Aufl. 2021, § 186 Rn. 1; Rieder/Holzmann, in: Grigoleit Aktiengesetz, 2. Aufl. 2020, § 186 Rn. 1. Bei der AG richtet sich dies nach § 186 Abs. 1 AktG, bei der GmbH ist ein Bezugsrecht zwar nicht ausdrücklich geregelt, aber nach ganz herrschender Meinung haben die GmbHGesellschafter ebenfalls ein Bezugsrecht nach § 186 Abs. 1 AktG analog, vgl. Schwarz, Debt-Equity-Swap, 2015, S. 66 f.; Rühle/Ober, in: Nerlich/Römermann InsO, 42. EL Februar 2021 § 225a Rn. 39.

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I. Der Debt Equity Swap

durch die ursprünglichen Forderungsgläubiger in Betracht.329) Ein Bezugsrechtsausschluss ist außerhalb des Insolvenzplanverfahrens nach § 186 Abs. 3 S. 1 AktG (analog)330) nur mittels eines Beschlusses mit Drei-ViertelKapitalmehrheit der Anteilseigner möglich.331) Für das Insolvenzplanverfahren kann das Bezugsrecht nach § 225a Abs. 2 S. 3 InsO ausgeschlossen werden. Es bedarf neben einer Insolvenzplanregelung hierfür weder eines Beschlusses der Gesellschafterhauptversammlung noch einer Begründung des Ausschlusses nach § 186 Abs. 4 S. 1 AktG (analog). Die Begründung liegt bereits im Sanierungszweck der Maßnahme.332) Auch im Restrukturierungsplanverfahren besteht nach § 7 Abs. 4 S. 2 StaRUG die Möglichkeit eines Bezugsrechtsausschlusses mittels Planregelung. Ebenso wie in einem Insolvenzplanverfahren ist dabei die Frage nach der Notwendigkeit einer Rechtfertigung des Ausschlusses zu stellen.333) Es ist aufgrund der Ähnlichkeit zum Insolvenzplanverfahren aber davon auszugehen, dass das Gesellschaftsrecht vollständig durch die Normen zum Restrukturierungsplan überlagert ist und die Rechtfertigung bereits im Sanierungszweck liegt.334) b) Bewertung der Forderung Unklar ist, ob zur Bestimmung des Werts der eingebrachten Forderung auf den 90 Nennwert der Forderung im Moment der Forderungsbegründung335) oder auf den Verkehrswert zum Zeitpunkt der Anmeldung der Eintragung der Kapitaleinbringung in das Handelsregister336) abzustellen ist.337) Das Abstellen auf den Nennwert der Forderung birgt die Gefahr einer Überbewertung der For___________ 329) Vgl. Schwarz, Debt-Equity-Swap, 2015, S. 66 f.; Rühle/Ober, in: Nerlich/Römermann InsO, 42. EL Februar 2021 § 225a Rn. 39. 330) Die Norm des § 186 Abs. 3 S. 1 AktG wird nach herrschender Meinung analog auf die Gesellschafter der GmbH angewendet, vgl. Servatius, in: Baumbach/Hueck, GmbHG, 22. Aufl. 2019, § 55 Rn. 20; Lieder, in: MüKo-GmbHG, 3. Aufl. 2018, § 55 Rn. 70; Inhester, in: Saenger/Inhester, NomosKo GmbHG, 4. Aufl. 2020, § 55 Rn. 28. 331) Schürnbrand/Verse, in: MüKo-AktG, 5. Aufl. 2021, § 186 Rn. 73; Rieder/Holzmann, in: Grigoleit Aktiengesetz, 2. Aufl. 2020, § 186 Rn. 46. 332) Rühle/Ober, in: Nerlich/Römermann InsO, 42. EL Februar 2021 § 225a Rn. 40; Schwarz, Debt-Equity-Swap, 2015, S. 68. 333) Seibt/Bulgrin, DB 2020, 2226, 2235. 334) Vgl. Seibt/Bulgrin, DB 2020, 2226, 2235. 335) Spliedt, in: K. Schmidt InsO, 19. Aufl. 2016, § 225a Rn. 23. 336) Zur Maßgeblichkeit dieses Zeitpunkts vgl. Haas, in: HK-InsO, 10. Aufl. 2019, § 225a Rn. 29. 337) K. Schmidt, ZIP 2012, 2085, 2087; Thole, Gesellschaftsrechtliche Maßnahmen, 3. Aufl. 2020, Rn. 327 ff; Schwarz, Debt-Equity-Swap, 2015, S. 117 ff. Die Frage nach der Forderungsbewertung ist für die Bestimmung des Verhältnisses der Gläubiger als NeuGesellschafter zu den Altgesellschaftern relevant. Die Frage wird nicht durch das Verbot nach § 254 Abs. 4 InsO ausgeräumt, da eine vorsätzliche Überbewertung gesellschaftsrechtlich unzulässig ist und deswegen bereits gegen § 225a Abs. 3 InsO verstieße, vgl. Spliedt, in: K. Schmidt InsO, 19. Aufl. 2016, § 225a Rn. 21.

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D. Mögliche gesellschaftsrechtliche Planmaßnahmen

derung.338) Eine Überbewertung der Forderung verstieße gegen den gesellschaftsrechtlichen Grundsatz der realen Kapitalaufbringung.339) Nach diesem Grundsatz soll eine Werthaltigkeitsprüfung der Sacheinlage die Gläubiger der Kapitalgesellschaft vor einer Verringerung der Aktivmasse schützen.340) Bei einer Bewertung der Forderung nach dem Nominalwert könnte der Gläubiger mit einer wertlosen Forderung eine Kapitalbeteiligung mit höherem Wert erlangen.341) Das widerspricht dem Grundsatz der größtmöglichen Gläubigerbefriedigung, da die Masse zugunsten eines einzelnen Gläubigers ohne adäquaten Ausgleich geschmälert wird. Nur wenn die Forderung in ihrem noch verbleibenden Restwert berücksichtigt wird, ist eine Überbewertung zu verhindern.342) 91 Als Folgefrage ist zu klären, ob auf den Liquidationswert oder auf den Fortführungswert der zu bewertenden Forderung abzustellen ist.343) Für die Bewertung nach dem Liquidationswert spricht der systematische Vergleich zum Wortlaut des § 225a Abs. 5 InsO bezüglich der Höhe des Abfindungsanspruchs eines ausscheidenden Gesellschafters. Hierfür ist der Zerschlagungswert des Anteils des ausscheidenden Gesellschafters relevant.344) Weiter ist es zirkelschlüssig, auf den Fortführungswert abzustellen.345) Dieser beruht gerade auf der Prämisse der Einbringung der Forderung als Sacheinlage in das schuldnerische Vermögen. Wenn man den Fortführungswert berücksichtigen wollte, müsste man jedoch folgerichtig den Nennwert ansetzen, weil bei erfolgreicher Fortführung die Überschuldung beseitigt wäre und die Forderung wieder ihren ursprünglichen Verkehrswert hätte.346) Die Forderung muss demnach anhand ihres Verkehrswertes in Form des Liquidationswertes im Moment ___________ 338) Die Vertreter der Auffassung argumentieren überwiegend, dass von der Überbewertung der Forderung die Gläubigergemeinschaft profitiere, weil erst dadurch andere Forderungen werthaltig werden, vgl. Cahn/Simon/Theiselmann, CFL 2010, 238, 244; Hölzle, in: Kübler, HRI, 3. Aufl. 2019, § 31 Rn. 83. 339) Dieser Grundsatz ist u. a. den Normen des §§ 56, 56a, 57 Abs. 2 GmbHG/§§ 183, 184 Abs. 3, 185 Abs. 1 S. 3 AktG zu entnehmen, vgl. Brünkmans/Harmann, Handbuch Insolvenzplan, 2. Aufl. 2020, § 35 Rn. 93. 340) Brünkmans/Harmann, in: Handbuch Insolvenzplan, 2. Aufl. 2020, § 35 Rn. 93. 341) Thole, Gesellschaftsrechtliche Maßnahmen, 3. Aufl. 2020, Rn. 333. 342) So u. a. auch Schwarz, Debt-Equity-Swap, 2015, S. 117 ff.; Rühle/Ober, in: Nerlich/ Römermann InsO, 42. EL Februar 2021 § 225a Rn. 39; Thole, Gesellschaftsrechtliche Maßnahmen, 3. Aufl. 2020, Rn. 333; Dafür spricht auch, dass der Gesetzgeber in der Begründung des Regierungsentwurfs des ESUG davon ausgeht, dass „die Werthaltigkeit der einzubringenden Forderung aufgrund der Insolvenz des Schuldners regelmäßig reduziert sei und nicht dem buchmäßigen Nennwert entspreche, sondern deutlich darunter liegen werde“, Begr. RegE BT-Drucks. 17/5712, S. 31 f. 343) Thole, Gesellschaftsrechtliche Maßnahmen, 3. Aufl. 2020, Rn. 334. 344) Rühle/Ober, in: Nerlich/Römermann InsO, 42. EL Februar 2021 § 225a Rn. 37. 345) Thole, Gesellschaftsrechtliche Maßnahmen, 3. Aufl. 2020, Rn. 334. 346) Thole, Gesellschaftsrechtliche Maßnahmen, 3. Aufl. 2020, Rn. 334.

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I. Der Debt Equity Swap

der Anmeldung der Einbringung zur Eintragung in das Handelsregister berücksichtigt werden. c) Sanierungsprivileg, § 39 Abs. 4 S. 2 InsO Einen wichtigen Anreiz für eine Sanierung mittels Debt Equity Swaps setzt das 92 Sanierungsprivileg gem. § 39 Abs. 4 S. 2 InsO zugunsten der einlegenden Gläubiger. In einer Folgeinsolvenz der schuldnerischen Gesellschaft werden die Gesellschafter, die ihren Gesellschaftsanteil im Zuge eines Debt Equity Swaps erlangt haben, nicht nachrangig nach § 39 Abs. 1 Nr. 5 InsO befriedigt, sondern weiterhin im Rang eines Insolvenzgläubigers nach § 38 InsO. Das Sanierungsprivileg des § 39 Abs. 4 S. 2 InsO greift auch zugunsten der Neu-Gesellschafter, die ihre Forderung in einem dem Insolvenzverfahren vorangegangen Restrukturierungsplanverfahren eingebracht haben.347) d) Keine Umwandlung gegen den Willen der Forderungsgläubiger Sowohl im Insolvenzplan- als auch im Restrukturierungsplanverfahren ist 93 keine zwangsweise Umwandlung von Gläubigerforderungen in Anteilsrechte gegen den Willen der betroffenen Gläubiger nach § 225a Abs. 2 S. 2 InsO bzw. § 7 Abs. 4 S. 2 StaRUG möglich. Kein Gläubiger kann gegen seinen Willen mittels Insolvenzplanregelung zum Anteilsinhaber werden, vielmehr bedarf es der Zustimmungserklärung eines jeden Gläubigers, der seine Forderung in den Tausch einbeziehen will, § 230 Abs. 2 InsO.348) Dahinter verbirgt sich der Gedanke, dass mit der Mitgliedschaft in der schuldnerischen Gesellschaft auch Pflichten verbunden sind, welche dem Gläubiger nicht aufgezwungen werden dürfen.349) Das verstieße nach deutschem Verständnis gegen die grundrechtlich geschützte negative Vereinigungsfreiheit des Art. 9 GG.350) e) Überwindung der Obstruktion der Altgesellschafter Dagegen sind Debt Equity Swaps auch gegen den mehrheitlichen Willen der 94 Altgesellschafter umsetzbar. Wie bereits erörtert,351) können gesellschaftsrechtliche Kapitalmaßnahmen im Insolvenzplan geregelt werden ohne dass es eines zusätzlichen Beschlusses der Gesellschafterversammlung bedarf. Auch über die Insolvenzplanregelung eines Debt Equity Swaps wird in Gruppen abge___________ 347) 348) 349) 350)

Es bedarf keiner dem § 39 Abs. 4 S. 2 InsO entsprechenden Norm im StaRUG. Thole, ZIP 2014, 2365, 2368. Rühle/Ober, in: Nerlich/Römermann InsO, 42. EL Februar 2021 § 225a Rn. 42. Haas, NZG 2012, 961, 965; Rühle/Ober, in: Nerlich/Römermann InsO, 42. EL Februar 2021 § 225a Rn. 42; wobei eine Ausnahme des Zustimmungsvorbehalts bei Anleihegläubigern nach § 5 Abs. 3 Nr. 5 SchVG greift, wonach für die Umwandlung der Forderungen der Anleihegläubiger die mehrheitliche Abstimmung ausreicht, vgl. auch später Rn. 213. 351) Siehe oben, Rn. 65.

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D. Mögliche gesellschaftsrechtliche Planmaßnahmen

stimmt, wobei die Ablehnung der dissentierenden Gesellschafter mittels Obstruktionsverbots bei Erfüllung der Maßgaben des § 245 Abs. 1 Nr. 1 – 3 InsO überstimmt werden kann. Allerdings erfordert dies eine Schlechterstellung der Gesellschafter durch die Planregelung im Vergleich zum Regelverfahren. Da im Falle der Insolvenz die Anteile wertlos sind, da Anteilsinhaber nach § 199 InsO nur bei einem Überschuss berücksichtigt werden, dürfte eine Schlechterstellung regelmäßig nicht gegeben sein.352) 95 Auch ein Debt Equity Swap im Rahmen eines Restrukturierungsplanverfahrens kann bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 26 Abs. 1 StaRUG gegen den Mehrheitswillen der Anteilseigner umgesetzt werden.353) Im Unterschied zum Insolvenzplanverfahren ist hierbei dem Restwert der Anteilsrechte der Gesellschafter besondere Beachtung zu schenken, was die Bestimmung durch das Gericht um einiges aufwändiger macht.354) Wie bereits untersucht, ist der Restwert der Gesellschafteranteile nach Ansicht des Gesetzgebers ausreichend über das Verschlechterungsverbot des §§ 26 Abs. 1 Nr. 1 64 Abs. 1 S. 1 StaRUG abgesichert.355) f) Alternative Gestaltungsmöglichkeiten 96 Neben dem klassischen Debt Equity Swap gibt es auch die Gestaltungsmöglichkeit eines sog. unechten Debt Equity Swaps.356) Dabei werden nach § 225a Abs. 3 Hs. 2 Alt. 2 InsO die bestehenden Anteile auf Gläubiger übertragen, welche in der Folge mittels Erlassvertrags auf ihre Forderungen verzichten. Diese Gestaltung ist insbesondere bei börsennotierten Unternehmen beliebt, da mittels dieser Gestaltung der Streubesitzanteil von Aktien erhalten werden kann.357) 97 Weiter ist in der Praxis auch die Gestaltung in Form eines Ausgliederungsmodells (Reverse Debt Equity Swap) bekannt.358) Dabei bringen die Gläubiger ihre Insolvenzforderungen in eine hierfür zu gründende Zweckgesellschaft (NewCo) ein und werden Gesellschafter der letzteren. Die schuldnerische Gesellschaft bringt mittels Ausgliederung nach § 123 Abs. 3 Nr. 1 UmwG oder Einzelübertragung Betriebsteile in die neue Gesellschaft ein.359) Diese Gestal___________ 352) 353) 354) 355) 356) 357) 358) 359)

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Grds. zum Schlechterstellungsverbot des § 245 InsO vgl. Jungmann, KTS 2006, 135 ff. Zum Schlechterstellungsverbot des § 26 Abs. 1 Nr. 1 StaRUG Distler, ZIP 2021, 1033 ff. Distler, ZIP 2021, 1033, 1040. Vgl. zum rechtlichen Schutz der Gesellschafter oder Mitglieder Esser, in: Braun StaRUG, 1. Aufl. 2021, § 2 Rn. 35 f. Vgl. hierzu ausführlich Hacioglu, Gesellschafterschutz beim Debt-Equity-Swap mittels Insolvenzplan, 2018, S. 115 ff. Thole, Gesellschaftsrechtliche Maßnahmen, 3. Aufl. 2020, Rn. 323a. Hierzu Schwarz, Debt-Equity-Swap, 2015, S. 79 f; Drouven, ZIP 2009, 1052 f. Schwarz, Debt-Equity-Swap, 2015, S. 79; Thole, Gesellschaftsrechtliche Maßnahmen in der Insolvenz, 3. Aufl. 2020, Rn. 324.

I. Der Debt Equity Swap

tung hat den Vorteil des lastenfreien Erwerbs von Gesellschaftsanteilen durch die Gläubiger und den Entfall der Haftung der Gläubiger als Rechtsnachfolger, aber den Nachteil des Verlusts von Sicherheiten für die ursprünglichen Gesellschaftsanteile.360) 2. Im englischen Recht Auch das englische Sanierungsrecht kennt das Werkzeug einer debt to equity 98 conversion, um die Verschuldung der zu sanierenden Gesellschaft zu minimieren.361) Allerdings gibt es einige entscheidende Unterschiede zum deutschen Recht in der rechtstechnischen Umsetzung. a) Rechtstechnische Umsetzung Dem modularen Ansatz des englischen Sanierungsrechts entsprechend ist ein 99 Debt Equity Swap sowohl in der administration, einem CVA, einem Scheme of Arrangement oder im Rahmen des Restructuring Plan denkbar. Die gängigste Art des Debt Equity Swap im englischen Recht gleicht dabei in vielen Punkten der „klassischen“ Umwandlung nach deutschem Recht.362) Im Unterschied zum deutschen Recht wird die Forderung allerdings als Bareinlage (cash consideration) eingebracht.363) Die Gläubiger verzichten entweder auf ihre Forderung und erhalten im Gegenzug in der entsprechenden Höhe Anteile, sie erbringen ihre Einlage durch eine Barzahlung und die Gesellschaft nutzt diese, um die Verbindlichkeit zu befriedigen364) oder der Gläubiger kann seine Forderung gegen die von ihm zu erbringende Einlage aufrechnen.365) Nach sec. 583 (3) c) Companies Act gelten dabei auch der Forderungsverzicht oder die Aufrechnung als Bareinlagen. Im englischen Gesellschaftsrecht gilt – vergleichbar zum deutschen Verbot der Überbewertung – grundsätzlich ein Verbot der „Unterpari-Emission“, das heißt der Ausgabe von Anteilen für eine Gegenleistung unter deren Nominalwert.366) Bei einer Überbewertung der Forderung droht dem Gläubiger als Zeichner der neuen Anteile eine Nachzah___________ 360) Thole, Gesellschaftsrechtliche Maßnahmen, 3. Aufl. 2020, Rn. 323a. 361) Goode, The Principles of Corporate Insolvency Law, 5th ed. 2019, Rn. 12-44; Finch/ Milman, Corporate Insolvency Law, 3rd ed., 2017, 267; Philipp R. Wood, Principles of International Insolvency, 2nd ed. 2007, 21-067 ff.; Schwarz, Debt-Equity-Swap, 2015, passim. 362) Siehe dazu bereits Rn. 88 ff.; Schwarz, Debt-Equity-Swap, 2015, S. 81. 363) Clowry, European Company Law 2010, 7 (2), 51, 52; Schwarz, Debt-Equity-Swap, 2015, S. 138 ff. 364) Eine zulässige aber komplizierte „Hin- und Herzahlung“ vgl. Schwarz, Debt-EquitySwap, 2015, S. 138 f. 365) Philipp R. Wood, Principles of International Insolvency, 2nd ed. 2007, 21-067; Schwarz, Debt-Equity-Swap, 2015, S. 138 f. 366) Sec. 580 Companies Act; Schwarz, Debt-Equity-Swap, 2015, S. 138; vgl. Pennington, Company Law, 8th ed. 2001, S. 167 ff.

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lungspflicht.367) Dieses Verbot greift allerdings nur bei Sacheinlagen (noncash consideration) und nicht bei Bareinlagen und somit nicht im Rahmen eines Debt Equity Swaps.368) b) Kein Sanierungsprivileg 100 Im Unterschied zum deutschen Recht gewährt das englische Sanierungsrecht den Neu-Gesellschaftern kein Sanierungsprivileg im Sinne des § 39 Abs. 4 S. 2 InsO. Zu beachten ist allerdings, dass § 39 Abs. 4 S. 2 InsO im Zusammenhang mit der Norm des § 39 Abs. 1 Nr. 5 InsO steht und lediglich den Nachrang eines Darlehens eines Gesellschafters oder einer wirtschaftlich gleichgestellten Leistung aushebelt. Im englischen Recht gibt es aber keinen gesetzlichen Nachrang des von Gesellschaftern eingebrachten Fremdkapitals.369) Das englische Recht betrachtet Forderungen lediglich nach der formalen Ausgestaltung und ordnet sie nicht wegen der Position des Leistenden unter.370) Die Gläubiger verlieren zwar in der Folgeinsolvenz ebenfalls ihre Befriedigungsposition und werden zu „subordinated claimants“, die wie Alt-Gesellschafter im Rang nach allen Gläubigern befriedigt werden.371) Allerdings hängt dies nicht mit dem Fehlen eines Sanierungsprivilegs in Form des § 39 Abs. 4 S. 2 InsO zusammen, sondern mit der Stellung als Anteilsinhaber. c) Umwandlung gegen den Willen der betroffenen Gläubiger 101 Eine dem § 225a Abs. 2 S. 2 InsO oder dem § 7 Abs. 4 S. 2 StaRUG entsprechende Norm gibt es in keinem der untersuchten Sanierungsplanverfahren englischen Rechts.372) Forderungen können demnach auch gegen den Willen dissentierender Gläubiger in Anteilsrechte umgewandelt werden. Eine Diskussion über die Rechtmäßigkeit einer aufgezwungenen Gesellschafterstellung wird im englischen Schrifttum – soweit ersichtlich – nicht geführt.373) d) Umwandlung gegen den Willen der Anteilsinhaber 102 Die Einbeziehung der Alt-Gesellschafter in die Entscheidung über einen Debt Equity Swap hängt von der gewählten Verfahrensart ab. Außerhalb eines ___________ Schwarz, Debt-Equity-Swap, 2015, S. 138. Schwarz, Debt-Equity-Swap, 2015, S. 138. Ausführlich hierzu Schwarz, Debt-Equity-Swap, 2015, S. 176 ff. Scherer/Schimmelpenninck, I.L.& P. 2004, 20 (2), 54, 55; Schwarz, Debt-Equity-Swap, 2015, S. 176. 371) Clowry, European Company Law 2010, 7 (2), 51, 52; Philip R. Wood, Principles of international insolvency, 2n ed., 2007, 21-078; Finch/Milman, Corporate Insolvency Law, 3rd ed., 2017, S. 268. 372) Schwarz, Debt-Equity-Swap, 2015, S. 257; Hölzle, in: Kübler, HRI, § 31 Rn. 66; Glöckler, Anwendbares Recht und Anerkennung bei gesellschaftsrechtlichen Maßnahmen, 2021, S. 80 f. 373) Vgl. auch Schwarz, Debt-Equity-Swap, 2015, S. 257. 367) 368) 369) 370)

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I. Der Debt Equity Swap

gerichtlichen Sanierungsverfahrens, bei einem Debt Equity Swap rein vertraglichen Charakters, bedarf es der Zustimmung der Gesellschafter nach den allgemeinen Regeln des Kapitalgesellschaftsrechts.374) Nach allgemeinem Gesellschaftsrecht bedarf ein solcher Beschluss über den Bezugsrechtsausschluss (waiver of pre-emption right), die Kapitalerhöhung und sonstige erforderliche Satzungsänderungen einer Kapitalmehrheit von 75 %.375) Mangels kodifizierter Zustimmungspflichten oder gesellschaftsrechtlicher Treuepflichten der Gesellschafter untereinander im englischen Recht kann bei einem solchen vertraglichen workout der Debt Equity Swap nicht gegen den Willen dissentierender Gesellschaftergruppen beschlossen werden.376) (1) Im Rahmen eines CVA Teilweise wird im deutschen Schrifttum angenommen, ein Debt Equity Swap 103 sei im Rahmen des CVA gegen den Willen der Alt-Gesellschafter möglich.377) Die Autoren stützen sich dabei auf sec. 4A (2) lit. b Insolvency Act, wonach ein CVA auch nur mit der Zustimmung der Gläubigergruppe und gegen den mehrheitlichen Willen der Gesellschafter wirksam ist.378) Die Vertreter dieser Ansicht übersehen jedoch, dass ein CVA nach dem Wortlaut der sec. 1 (1) Insolvency Act nur auf Vereinbarungen zwischen dem Sanierungsschuldner und dessen Gläubiger beschränkt ist.379) Nach sec. 5 (2) Insolvency Act bindet das Abkommen nur die Gesellschaft und Personen, die zur Abstimmung auf der Gläubigerversammlung berechtigt waren. Gegenüber den Anteilsinhabern entfaltet das CVA keine Bindungswirkung. Vielmehr bedarf es in einem solchen Fall zur Wirksamkeit des Debt Equity Swaps neben dem Abschluss eines CVA noch der Zustimmung einer gesondert abzuhaltenden Gesellschafterversammlung nach den Regeln des allgemeinen Gesellschaftsrechts.380) Eine durch § 254a Abs. 2 InsO dem Insolvenzplan zugeschriebene Wirkung zur Ersetzung von gesellschaftsrechtlichen Beschlüssen entfaltet das CVA gerade nicht. ___________ 374) Finch/Milman, Corporate Insolvency Law, 3rd ed., 2017, S. 269; Schwarz, Debt-EquitySwap, 2015, S. 394. 375) Clowry, European Company Law 2010, 7 (2), 51, 52 f.; Schwarz, Debt-Equity-Swap, 2015, S. 313. 376) Finch/Milman, Corporate Insolvency Law, 3rd ed., 2017, S. 269; Schwarz, Debt-EquitySwap, 2015, S. 394. 377) Weller, ZGR 2008, 835, 841; Eidenmüller, ZIP 2007, 1729, 1736; Jaffé, in: Kölner Schrift zur Insolvenzordnung, 3. Aufl. 2009, Teil 4, Kap. 23, Rn. 51; Breuninger/Ernst, GmbH 2009, 861, 862. 378) Vgl. zu der Wirkung des sec. 4A Abs. 2 lit. b Insolveny Act bereits oben, Rn. 81; Eidenmüller, ZIP 2007, 1729, 1736; Weller, ZGR 2008, 835, 841. 379) Schwarz, Debt-Equity-Swap, 2015, S. 307; Glöckler, Anwendbares Recht und Anerkennung bei gesellschaftsrechtlichen Maßnahmen, 2021, S. 80 f. 380) Clowry, European Company Law 2010, 7 (2), 51, 54; Schwarz, Debt-Equity-Swap, 2015, S. 311; Finch/Milman, Corporate Insolvency Law, 3rd ed., 2017, S. 268; Glöckler, Anwendbares Recht und Anerkennung bei gesellschaftsrechtlichen Maßnahmen, 2021, S. 81.

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D. Mögliche gesellschaftsrechtliche Planmaßnahmen

(2) Im Rahmen eines Scheme of Arrangement 104 Auch im Rahmen eines Scheme of Arrangement nach sec. 895 ff. Companies Act kann ein Debt Equity Swap umgesetzt werden. Im Unterschied zu einem CVA wird in einem Scheme of Arrangement in Gruppen abgestimmt, wobei bei einer die Kapitalstruktur verändernden Planregelung, wie dem Debt Equity Swap, auch die Anteilsinhaber einzubeziehen sind.381) Wie bereits erörtert, gilt ein Scheme of Arrangement als angenommen, wenn in jeder der Abstimmungsgruppen mindestens 75 % Summenmehrheit und eine einfache Kopfmehrheit erreicht wird.382) Es ist daher zumindest möglich, einzelne dissentierende Alt-Gesellschafter zu überstimmen und einen Debt Equity Swap entgegen ihres Willens umzusetzen. Im Vergleich zu den Möglichkeiten der Umsetzung eines Debt Equity Swaps außerhalb eines gerichtlichen Sanierungsverfahrens bietet dies allerdings keinen Mehrwert. Auch nach allgemeinem Gesellschaftsrecht bedarf es einer Zustimmung von 75 % der Kapitalmehrheit.383) Eine Gestaltung des klassischen Debt Equity Swaps gegen den Mehrheitswillen der Alt-Gesellschafter ist allerdings auch nicht mittels Ausschlusses der Alt-Gesellschafter von der Planabstimmung mangels wirtschaftlichen Interesses („economic interest“) möglich.384) Die Rechtsprechung385) zum Ausschluss der „out-of-money“ Gesellschafter von der Planabstimmung betraf lediglich transfer schemes, wonach Anteile an eine andere Gesellschaft übertragen wurden. Es ist unklar, ob die Rechtsprechung auch auf sonstige Scheme of Arrangement Verfahren zu übertragen ist.386) Jedenfalls dürfte ein klassischer Debt Equity Swap allerdings die Interessen der Alt-Gesellschafter aufgrund der Gefahr der Verwässerung ihrer Anteile berühren und ein Abstimmungsausschluss ausscheiden. Ein solcher Ausschluss ist allerdings bei einer sog. Reverse Debt Equity Swap (Debt-NewCo-Swap Konstruktion)387) denkbar. Hierbei handelt es sich um ein transfer scheme. Es ließe sich argumentieren, die Interessen der Anteilsinhaber seien nicht berührt, schließlich behielten sie die Anteile an der zu sanierenden Gesellschaft. Lediglich Betriebsteile würden an die neu gegründete Zweckgesellschaft übertragen.

___________ 381) Clowry, European Company Law 2010, 7 (2), 51, 53; Schwarz, Debt-Equity-Swap, 2015, S. 313. 382) Siehe bereits oben, Rn. 82; Clowry, European Company Law 2010, 7 (2), 51, 53. 383) Clowry, European Company Law 2010, 7 (2), 51, 53; Schwarz, Debt-Equity-Swap, 2015, S. 313. 384) Parry, Corporate Rescue, 2008, 17-03, 17-022; Schwarz, Debt-Equity-Swap, 2015, S. 315; a. A. wohl Clowry, European Company Law2010, 7 (2), 51, 53. 385) Re MyTravel Group Plc (2004) EWCA Civ. 1734; (2005) 2 B.C.L.C. 123; Re Tea Corporation Ltd. (1904) 1 Ch. 12. 386) Schwarz, Debt-Equity-Swap, 2015, S. 313. 387) Parry, Corporate Rescue, 2008, 17-03; Siehe dazu sogleich, Rn. 106.

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I. Der Debt Equity Swap

(3) Im Rahmen eines Restructuring Plan Ebenso wie im Scheme of Arrangement kann ein Debt Equity Swap auch im 105 Rahmen des Restructuring Plan nach CIGA unter Einbeziehung der Anteilsinhbaber umgesetzt werden. Auch über den Restructuring Plan wird in Gruppen abgestimmt, wobei die Anteilsinhaber eine eigene Gruppe bilden.388) Dabei sind allerdings die Hürden zur Umsetzung eines Debt Equity Swaps geringer im Vergleich zum Scheme of Arrangement. Dabei bedarf es keiner Kopfmehrheit in jeder Abstimmungsgruppe, sondern lediglich der 75 % Summenmehrheit.389) Der entscheidende Unterschied im Vergleich zu einem Scheme of Arrangement ist allerdings, dass nun ein Debt Equity Swap auch gegen den Mehrheitswillen der Alt-Gesellschafter umsetzbar ist. Im Restructuring Plan wurde die Möglichkeit eines cross-class cram-down implementiert.390) Erst seit der Reform des CIGA im Mai 2020 sind also Debt Equity Swaps gegen den Willen der Alt-Gesellschafter zu realisieren. e) Alternative Gestaltungsmöglichkeiten Um die fehlende Zustimmung der existing shareholders außerhalb des Restruc- 106 turing Plan zu umgehen, gibt es wie im deutschen Recht auch die Möglichkeit eines Reverse Debt Equity Swaps.391) Dabei ist kein zustimmender Beschluss der Gesellschafter nötig, da kein Bezugsrechtsausschluss oder Kapitalerhöhungsbeschluss erforderlich ist.392) Es wird eine neue Gesellschaft gegründet, in welche die Darlehensgläubiger ihre Forderungen im Gegenzug für Anteilsrechte an der neuen Gesellschaft einbringen. Anschließend überträgt die schuldnerische Gesellschaft das Unternehmen mittels asset deal an die neu gegründete Gesellschaft.393) Im Ergebnis erreicht man hierdurch eine Gestaltung zur Bindung mehrheitlich dissentierender Alt-Gesellschafter ohne klassenübergreifende Mehrheitsentscheidung. 3. Im französischen Recht Auch im französischen Sanierungs- und Insolvenzrecht besteht die Möglich- 107 keit, das Eigenkapital mittels Debt Equity Swaps zu erhöhen (convérsion des créances). Möglich ist dies sowohl im Rahmen des sauvegarde Verfahrens oder des redressement judiciaires als auch außerhalb eines Planverfahrens in den vor___________ 388) Virgin Atlantic Airways Limited and in the Matter of Part 26A of the Companies Act 2006 (2020) EWHC 2376 (Ch), Rn. 43; Vgl. bereits oben, Rn. 83 f. 389) Siehe bereits oben, Rn. 40. 390) Vgl. bereits oben, S. 84; Virgin Atlantic Airways Limited and in the Matter of Part 26A of the Companies Act 2006 (2020) EWHC 2376 (Ch), Rn. 43; Vaccari, I.C.C.L.R. 2020, 31(12), 645, 664. 391) Siehe dazu bereits Rn. 97; Parry, Corporate Rescue, 2008, 17-03; Schwarz, DebtEquity-Swap, 2015, S. 313. 392) Schwarz, Debt-Equity-Swap, 2015, S. 313. 393) Schwarz, Debt-Equity-Swap, 2015, S. 313.

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D. Mögliche gesellschaftsrechtliche Planmaßnahmen

gelagerten procédures amiables, also der mandat ad hoc und der conciliation.394) Im Unterschied zum deutschen und englischen Recht spielt die Diskussion des Debt Equity Swaps eine vergleichsweise untergeordnete Rolle im Schrifttum des französischen Sanierungsrechts. Die geringe Beachtung ist vermutlich darauf zurückzuführen, dass in keinem der untersuchten Sanierungsverfahren ein Debt Equity Swap mittels Mehrheitsentscheidung gegen den Willen der Anteilsinhaber durchgesetzt werden kann. Unter dem Blockadepotenzial der Alt-Gesellschafter leidet die Effizienz des Debt Equity Swaps nach französischem Recht.395) 108 Ob sich die Bedeutung des Debt Equity Swaps mit der Umsetzung der Restrukturierungsrichtlinie und der zu erwartenden Einführung einer klassenübergreifenden Mehrheitsentscheidung396) vergrößert, ist zu erwarten397), bleibt aber abzuwarten. a) Rechtstechnische Umsetzung 109 In den allermeisten Fällen wird eine Kapitalerhöhung, beispielsweise mittels Debt Equity Swap, mit einer vorangegangenen Kapitalherabsetzung verbunden (coup d’accordéon).398) Wie im englischen Recht und im Gegensatz zum deutschen Recht gilt die Einbringung der Gläubigerforderung in den französischen Sanierungsverfahren nicht als Sacheinlage, sondern als Bareinlage (apport en numéraire).399) Nach Art. 631-19-2 Abs. 2 C.com. können die Gläubiger durch Aufrechnung ihre anerkannten Forderungsteile einbringen.400) 110 Die Aufrechnung richtet sich außerhalb eines Sanierungsplanverfahrens nach den allgemeinen zivilrechtlichen Regelungen gem. Art. 1289 Code civil.401) Im Unterschied zu den Planverfahren, der sauvegarde und der redressement judiciaire, haben die vorgelagerten Sanierungsinstrumente rein vertraglichen Charakter. Über die Umwandlung der Forderungen in Eigenkapital wird nicht mittels Gläubigerabstimmung entschieden, sondern mittels Individualabreden mit den einzelnen Gläubigern.402) Da der Barkapitalerhöhung jedoch regel___________ 394) Le Bars/Rodriguez, Association d’actionnaires et de défense des investisseurs, 01/2019, Ch. 3 Sec. 1; Droege Gagnier/Dust, NZI 2014, 942, 942. 395) So auch Droege Gagnier/Dust, NZI 2014, 942, 942. 396) Siehe hierzu bereits oben, Rn. 56. 397) So wohl auch Dammann/Alle, Recueil Dalloz, 2019, 2047, 2050. 398) Näher zur Ausgestaltung des coup d’accordéon: Le Bars/Rodriguez, Association d’actionnaires et de défense des investisseurs, 01/2019, Ch. 3 Sec. 1; Droege Gagnier/ Dust, NZI 2014, 942, 943. 399) Dammann/Podeur, Bulletin Joly Sociétés 2009, 1129, 1130; Le Corre, Droit et Pratique des Procédures Collectives, 9ème ed. 2016, Rn. 511-22 f.; Droege Gagnier/Dust, NZI 2014, 942, 945. 400) Le Corre, Droit et Pratique des Procédures Collectives, 9ème ed. 2016, Rn. 511-23. 401) Droege Gagnier/Dust, NZI 2014, 942, 942. 402) Vgl. bereits oben, Rn. 45 f.

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I. Der Debt Equity Swap

mäßig eine Kapitalherabsetzung vorangeht (coup d’accordéon), ist eine Satzungsänderung erforderlich. Eine solche kann nur in einer Gesellschafterversammlung mit Zwei-Drittel-Mehrheit beschlossen werden, Art. L. 225-96 III C.com.403) Auch eine Kapitalerhöhung, die in einem Sanierungs- oder Insolvenzplanver- 111 fahren geregelt wird, bedarf eines Beschlusses der Gesellschafterversammlung.404) Dabei ist eine Mehrheit von zwei Dritteln der anwesenden Anteilsinhaber erforderlich, Art. L. 626-3 C.com.405) Allerdings kann der Insolvenzverwalter, dem das Gericht im Rahmen eines redressement judiciaire die Kompetenz zur Einberufung der Gesellschafterversammlung übertragen kann, die erforderliche Mehrheit nach Art. L. 626-16-1 C.com. auf eine einfache Kopfund Summenmehrheit herabsetzen.406) Das Gesetz trifft keine Regelungen über die Ausgestaltungsmöglichkeiten und die Herkunft des einzubringenden Kapitals, allerdings nennt Art. L. 626-30-2 Abs. 2 C.com exemplarisch eine Umwandlung von Verbindlichkeiten in Eigenkapital als Instrument zur Verringerung der Passiva im Rahmen eines Sanierungs- oder Insolvenzplanverfahrens.407) Daraus wird abgeleitet, dass zur Erhöhung des Kapitals auch eine Aufrechnung der Gläubigerforderung als Bareinlage möglich ist.408) Die Anteilsinhaber einer Aktiengesellschaft haben im französischen Gesell- 112 schaftsrecht im Rahmen von Barkapitalerhöhungen auch ein Bezugsrecht zur Zeichnung neu geschaffener Anteile, vgl. Art. L. 225-132, Art. L. 631-19-2 Abs. 4 C.com. (droit préférentiel de souscription).409) Dieses Recht gilt jedoch nicht absolut. Will ein Gesellschafter sein Bezugsrecht nicht ausüben, kann er es auf einen Dritten übertragen.410) Zum anderen kann das Bezugsrecht ebenfalls durch einen Beschluss von zwei Dritteln der auf der Hauptversammlung anwesenden Gesellschafter aufgehoben werden.411) ___________ 403) Blanc, Entreprise en difficulté, 04/2021, Rn. 42; Droege Gagnier/Dust, NZI 2014, 942, 942. 404) Le Corre, Droit et Pratique des Procédures Collectives, 9ème ed. 2016, Rn. 511-22. 405) Le Corre, Droit et Pratique des Procédures Collectives, 9ème ed. 2016, Rn. 511-22. 406) Lienhard, Procedures collectives, 2020/2021, Rn. 82.242; Blanc, Entreprise en difficulté, 04/2021, Rn. 42; Droege Gagnier/Dust, NZI 2014, 942, 944. 407) Klaiber, Zur Stellung der Gläubiger und Gesellschafter im französischen Recht der Kollektivverfahren, 2019, S. 146. 408) Le Corre, Droit et Pratique des Procédures Collectives, 9ème ed. 2016, Rn. 511-22. 409) Blanc, Recueil Dalloz 2015, 2460, 2460; Le Bars/Rodriguez, Association d’actionnaires et de défense des investisseurs, 01/2019, Ch. 3 Sec. 1, Rn. 116; die Gesellschafter einer SARL, also der französischen Form der GmbH, haben nach allgemeinem Gesellschaftsrecht kein Bezugsrecht im Rahmen einer Kapitalerhöhung. 410) Lecourt, Capital social, 11/2020, Art. 2 § 1 Rn. 198. 411) Vgl. ausführlich zum Bezugsrecht der Alt-Gesellschafter und dessen Ausschluss Le Bars/Rodriguez, Association d’actionnaires et de défense des investisseurs, 01/2019, Ch. 3 Sec. 1, Rn. 116.

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D. Mögliche gesellschaftsrechtliche Planmaßnahmen

b) Umwandlung gegen den Willen der Gläubiger 113 Da es in den französischen Sanierungsverfahren keine dem § 225a Abs. 2 S. 2 InsO entsprechende Norm gibt, können Gläubiger im Unterschied zu den Regelungen im deutschen Recht auch gegen ihren Willen in eine Gesellschafterstellung gedrängt werden.412) Das Risiko einer aufgedrängten Gesellschafterstellung der Gläubiger ist von besonderer Brisanz, wenn man die relativ scharfen Haftungsrisiken der Gesellschafter im französischen Recht bedenkt.413) Aus diesem Grund sind zwingende Umwandlungen auch nur in Gesellschaften mit beschränkter Haftung möglich. Allerdings laufen die Gesellschafter im französischen Recht trotzdem schnell Gefahr, als faktische Geschäftsführer in Haftung genommen zu werden.414) Schützen können sich Gläubiger vor einer aufgedrängten Gesellschafterstellung verbunden mit den Haftungsrisiken nur durch einen vollständigen Verzicht auf ihre Forderungen. Im deutschen Recht wäre eine solche zwangsweise Beteiligung aus Gründen der negativen Vereinigungsfreiheit nach Art. 9 GG bereits aus verfassungsrechtlicher Sicht bedenklich.415) c) Keine Umwandlung gegen den Willen der Anteilsinhaber 114 Wie bereits gesehen, gibt es zumindest im Rahmen der bisher zur Verfügung stehenden Sanierungsverfahren keine Möglichkeit eines Debt Equity Swaps gegen den Willen der Alt-Gesellschafter. Anders als die Gläubiger, schützt der französische Gesetzgeber die Alt-Gesellschafter durch weitgehende Entscheidungsmacht vor einer Verwässerung ihrer Anteilsrechte. Die Gesellschafter verfügen über ein enormes Blockadepotenzial zur Verhinderung einer solchen Umwandlung. Das Votum der Alt-Gesellschafter in der Gesellschafterversammlung kann, anders als in den deutschen Sanierungsplanverfahren, nicht durch die Zustimmung anderer Planbeteiligter überstimmt werden. Allerdings deutet das avant-projet zur Umsetzung der Restrukturierungsrichtlinie darauf hin, dass der Gesetzgeber, wohl auch als Reaktion auf Kritik an der Schwerfälligkeit der französischen Sanierungsplanverfahren416), die Möglichkeit einer

___________ 412) Vgl. Art. L 626-30-2 Abs. 2 C.com; Droege Gagnier/Dust, NZI 2014, 942, 945. Dies gilt allerdings nur dann, wenn es sich um eine Gesellschaft mit begrenzter Haftung handelt („société par actions dont tous les actionnaires ne supportent les pertes qu'à concurrence de leurs apports“). Ausgenommen sind außerdem Insolvenzforderungen, die durch das Privileg im Rahmen einer vorangegangen conciliation abgesichert sind, vgl. Dammann, in: BeckOK InsO, Stand: 15.1.2021, Länderbericht Frankreich, Rn. 264. 413) Klaiber, Zur Stellung der Gläubiger und der Gesellschafter im französischen Recht der Kollektivverfahren, 2019, S. 267; Droege Gagnier/Dust, NZI 2014, 942, 942. 414) Droege Gagnier/Dust, NZI 2014, 942, 946. 415) Haas, NZG 2012, 961, 965. 416) Vgl. nicht zuletzt Dammann, Mélanges en l’honneur du Professeur Claude Witz, LexisNexis, 2018, S. 222 ff.; Dammann, Recueil Dalloz, octobre 2019, 2047 ff.

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I. Der Debt Equity Swap

klassenübergreifenden Mehrheitsentscheidung bei Einbeziehung der Anteilsinhaber in das Planverfahren vorsieht.417) Bereits nach der aktuellen Gesetzeslage seit den Änderungen durch die Loi 115 Macron418) können Anteilsinhaber im insolvenzrechtlichen Sanierungsverfahren der redressement judiciaire aber auch ohne cross-class cram-down zu einer Kapitalerhöhung zur Wiederherstellung des Gesellschaftskapitals gezwungen werden.419) Zum einen ist in diesem Kontext die durch die Reform 2014 geschaffene Möglichkeit der Kapitalerhöhung durch einen gerichtlich bestellten Beauftragten nach Art. L. 631-9-1 C.com. zu nennen. Ist im Plan eine Regelung zur Wiederherstellung des Gesellschaftskapitals enthalten und zeichnet es sich ab, dass Gesellschafter die Zustimmung verweigern, kann der Insolvenzverwalter die gerichtliche Bestellung eines Beauftragten (mandataire en justice) beantragen.420) Dieser Beauftragte hat sodann die Gesellschafterversammlung einzuberufen und darf das Stimmrecht der dissentierenden Gesellschafter ausüben und an deren Stelle für die Kapitalerhöhung stimmen.421) Allerdings ist für diese Maßnahme der Verlust des Eigenkapitals um mehr als die Hälfte des satzungsmäßigen Gesellschaftskapitals erforderlich.422) Seit einer erneuten Reform im Jahr 2016 ist die Wiederherstellung immerhin nicht mehr auf die Hälfte des Gesellschaftskapitals beschränkt.423) Stattdessen schlägt der Insolvenzverwalter den Betrag vor, um welchen das Gesellschaftskapital zu erhöhen ist.424) Weiter geht dagegen die durch die Loi Macron zusätzlich eingeführte Möglich- 116 keit der zwangsweisen Kapitalerhöhung (dilution forcée) in Art. L. 631-19-2 C.com. Auch hierbei kann der Insolvenzverwalter oder der Vertreter des öffentlichen Interesses (ministère public) einen Beauftragten gerichtlich bestellen lassen, der das Stimmrecht anstelle dissentierender Gesellschafter auf der Gesellschafterversammlung ausübt und somit eine Kapitalerhöhung beschließt.425) ___________ 417) 418) 419) 420)

421)

422)

423) 424) 425)

Vgl. hierzu bereits oben, Rn. 56. Vgl. hierzu bereits oben, Rn. 78. Vgl. hierzu bereits oben, Rn. 78; Blanc, Recueil Dalloz 2015, 2460, 2460. Saint-Alary-Houin, Droit des entreprises en difficulté, 12e édition, 2020, Rn. 1193; Blanc, Recueil Dalloz, 2015, 2460, 2462; Thole, in: Flöther Sanierungsrecht, 2019, L. 17; Degenhardt, NZI 2017, 134, 138. Saint-Alary-Houin, Droit des entreprises en difficulté, 12e édition, 2020, Rn. 1193; Blanc, Recueil Dalloz, 2015, 2460, 2460, 2462; Thole, in: Flöther Sanierungsrecht, 2019, L. 17; Degenhardt, NZI 2017, 134, 138. Blanc, Recueil Dalloz, 2015, 2460, 2460, 2462; Saint-Alary-Houin, Droit des entreprises en difficulté, 12e édition, 2020, Rn. 1193; Thole, in: Flöther Sanierungsrecht, 2019, L. 17; Degenhardt, NZI 2017, 134, 138. Blanc, Recueil Dalloz, 2015, 2460, 2460; Thole, in: Flöther Sanierungsrecht, 2019, L. 17; Degenhardt, NZI 2017, 134, 138. Saint-Alary-Houin, Droit des entreprises en difficulté, 12e édition, 2020, Rn. 1193. Blanc, Recueil Dalloz, 2015, 2460, 2460; Saint-Alary-Houin, Droit des entreprises en difficulté, 12e édition, 2020, Rn. 1195.

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D. Mögliche gesellschaftsrechtliche Planmaßnahmen

Eine derartige Kapitalerhöhung kann in der Folge auch mittels Einbringung der Gläubigerforderungen erfolgen.426) Die Befugnis im Rahmen der dilution forcée ist dabei im Unterschied zu Art. L. 631-9-1 C.com. nicht auf die Wiederherstellung des Gesellschaftskapitals beschränkt. Sie setzt auch nicht voraus, dass das Gesellschaftskapital infolge von Verlusten vermindert ist.427) Die weiter reichenden Eingriffsbefugnisse durch die dilution forcée werden jedoch dadurch beschränkt, dass sie nur in der Sanierung eines Schuldners mit min. 150 Arbeitnehmern zulässig sind, die Einstellung der Geschäftstätigkeit eine schwere Störung der Wirtschaft und des Arbeitsmarktes auf nationaler Ebene bewirken könnte, die vorgesehene Kapitalerhöhung die einzige ernstzunehmende Möglichkeit erscheint, eine solche Störung zu vermeiden und seit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens mindestens drei Monate vergangen sind.428) Diese erhöhten Anforderungen waren den – inzwischen durch Urteile des Conseil constitutionnel ausgeräumten429) – Zweifeln an der Verfassungsmäßigkeit dieser weitgehenden Eingriffe in das Eigentum der Anteilsinhaber geschuldet.430) 117 In der Umsetzung der gesellschaftsrechtlichen Planmaßnahmen zeigen sich deutlich die bereits angesprochenen Unterschiede in der Gewichtung der Insolvenzzwecke zwischen dem deutschen und dem französischen Recht. Während die deutschen Restrukturierungsplanverfahren den Fokus auf die Gläubigerbefriedigung legen und deren Rechte durch § 225a Abs. 2 S. 2 InsO schützt, steht im französischen Recht eher der Schuldner- und damit Gesellschafterschutz im Vordergrund.431) II. Übertragung der Gesellschafteranteile in Sanierungsplanverfahren 118 Vergleichbar zu einer Kapitalerhöhung mittels Einbringung von Gläubigerforderungen kann es einer Sanierung auch zuträglich sein, Gesellschaftsanteile im Rahmen eines share deals an Dritte abzutreten. 1. Französisches Recht 119 Neben der bereits dargestellten zwangsweisen Kapitalerhöhung (dilution forcée), brachte die Gesetzesreform durch die Loi Macron auch eine Möglichkeit der zwangsweisen Abtretung der Anteile an der schuldnerischen Gesell___________ 426) Blanc, Entreprise en difficulté, 04/2021, Rn. 210. 427) Saint-Alary-Houin, Droit des entreprises en difficulté, 12e édition, 2020, Rn. 1195; Blanc, Recueil Dalloz, 2015, 2460, 2460; Degenhardt, NZI 2017, 134, 138. 428) Blanc, Recueil Dalloz, 2015, 2460, 2460; Degenhardt, NZI 2017, 134, 138. 429) Cons. Const., 5 août, n°2015-715; Hierzu Saint-Alary-Houin, Droit des entreprises en difficulté, 12e édition, 2020, Rn. 1195. 430) Blanc, Recueil Dalloz, 2015, 2460, 2461; Degenhardt, NZI 2017, 134, 138. 431) So auch Dammann/Alle, Bulletin Joly Sociétés, 10/2019, S. 1.

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II. Übertragung der Gesellschafteranteile in Sanierungsplanverfahren

schaft (cession forcée) durch die Implementierung des Art. L. 631-9-2 C.com.432) Das Gericht ordnet dabei die Abtretung aller oder einer bestimmten Anzahl der Anteile opponierender Anteilseigner an, falls diese Mehrheitseigner sind oder zumindest eine Sperrminorität innehaben.433) Die cession forcée betrifft mithin nur Gesellschafter, die in der Lage sind, den Planvollzug zu verhindern.434) Altgesellschfter, deren Rechte nicht übertragen wurden, haben daraufhin das Recht, aus der Gesellschaft auszutreten und können den Kauf ihrer Gesellschaftsanteile durch den Zessionar fordern.435) Der vom Gericht eingesetzte mandataire en justice übernimmt die für die Abtretung erforderlichen Handlungen anstelle der betroffenen Gläubiger und bezahlt den ausscheidenden Gesellschaftern den Wert ihrer Anteile aus.436) Der Wert der Anteile ist dabei von einem vom Gericht eingesetzten Sachverständigen zu bestimmen.437) Im Unterschied zu der Regelung des Art. L. 631-9-1 C.com., welche durch die Reform im Jahr 2014 eingefügt wurde, setzt die Möglichkeit der Kapitalbeschaffung mittels cession forcée nicht voraus, dass das Eigenkapital unter die Hälfte des Gesellschaftskapitals abgesunken ist.438) Wie auch die zwangsweise Kapitalerhöhung, ist die cession forcée nur im Rahmen des redressement judiciaire möglich und auch dort steht sie nur im Falle der Sanierung einer Gesellschaft mit mindestens 150 Arbeitnehmern offen und unterliegt als ultima ratio den bereits dargestellten439) engen Voraussetzungen.440) 2. Deutsches Recht Auch in den deutschen Sanierungsplanverfahren ist eine Abtretung der Un- 120 ternehmensanteile zur Restrukturierung der schuldnerischen Gesellschaft ein häufiges Sanierungswerkzeug.441) Seit das ESUG die Möglichkeit schuf, Anteilsrechte in die Insolvenzplanregelungen einzubeziehen, obwohl diese kein ___________ 432) Blanc, Recueil Dalloz, 2015, 2460, 2460. 433) Saint-Alary-Houin, Droit des entreprises en difficultés, Rn. 1195; Blanc, Recueil Dalloz, 2015, 2460, 2460; Degenhardt, NZI 2017, 134, 138. 434) Saint-Alary-Houin, Droit des entreprises en difficultés, Rn. 1195. 435) Saint-Alary-Houin, Droit des entreprises en difficultés, Rn. 1195; Degenhardt, NZI 2017, 134, 138. 436) Saint-Alary-Houin, Droit des entreprises en difficultés, Rn. 1195; Blanc, Recueil Dalloz, 2015, 2460, 2460; Degenhardt, NZI 2017, 134, 138. 437) Saint-Alary-Houin, Droit des entreprises en difficultés, Rn. 1195; Degenhardt, NZI 2017, 134, 138. 438) Degenhardt, NZI 2017, 134, 138. 439) Vgl. bereits die Darstellung der dilution forcée in Rn. 116. 440) Saint-Alary-Houin, Droit des entreprises en difficultés, Rn. 1195. 441) Vgl. nur den Wortlaut des § 225a Abs. 3 Alt. 2 InsO und § 7 Abs. 4 S. 4 StaRUG. Vgl. allgemein zur Zession von Gesellschaftsanteilen in der Insolvenz, Wieneke/Hoffmann, ZIP 2013, 697 ff.; Brünkmans, ZIP 2014, 1857; zum Problem der Übertragbarkeit von vinkulierten Anteilen an Kapitalgesellschaften im Insolvenzverfahren vgl. Skauradszun, NZG 2012, 1244 ff.

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D. Mögliche gesellschaftsrechtliche Planmaßnahmen

Teil der Insolvenzmasse bilden, sind auch Plangestaltungen zur Umsetzung eines share deals umsetzbar.442) Im Gleichlauf zur Regelung des § 225a Abs. 3 InsO bezüglich des Insolvenzplans ermöglicht § 68 Abs. 2 StaRUG die Abtretung der Gesellschafteranteile auch im vorinsolvenzlichen Sanierungsplan.443) Eine zwangsweise Anteilsübertragung oder eine zwangsweise Kapitalerhöhung nach französischem Vorbild gegen den Willen eines Gesellschafters kraft gerichtlicher Anordnung ist im deutschen Recht allerdings nicht vorgesehen. Im Unterschied zum französischen Sanierungsrecht bedarf es einer solchen Eingriffsmöglichkeit aber auch nicht im selben Ausmaß. Schließlich können Gesellschafterrechte – wie bereits dargestellt – nach § 225a InsO in die Planabstimmung einbezogen werden und nach § 254a Abs. 2 InsO können erforderliche Willenserklärungen einzelner opponierender Gläubiger fingiert werden.444) Im Gegensatz zum französischen Recht, bedarf es keines zusätzlichen Beschlusses der Gesellschafterversammlung. Im Ergebnis kann die Entscheidung der Gesellschafter unter Berücksichtigung des Obstruktionsverbots nach § 245 InsO durch die Einbeziehung in die Planregelungen überstimmt werden.445) Die Zustimmungsfiktion des § 245 InsO bzw. des § 26 StaRUG greift selbst im Rahmen der Übertragung von Gesellschafteranteilen und damit dem vollständigen Verlust der Gesellschafterposition des Alt-Gesellschafters.446) Die Unternehmensanteile in der Hand der Gesellschafter werden im Insolvenzplanverfahren und dam StaRUG-Verfahren nur als Vermögenswert geschützt, wie auch an § 251 Abs. 3 InsO bzw. § 64 Abs. 3 StaRUG ersichtlich wird.447) Die Planregelung über die Abtretung der Gesellschaftsanteile gegen den Willen der Gesellschafter sind also nur dann rechtswidrig, wenn der Anteilsinhaber in einem Regelverfahren besser stünde als er nach dem Plan steht.448) 121 Problematisch könnte der Eingriff auf den Gesellschaftsanteil mittels Insolvenz- oder Restrukturierungsplan werden, wenn über das Vermögen des Gesellschafters ebenfalls das Insolvenzverfahren eröffnet wurde.449) In dieser – insbesondere in Konzernstrukturen nicht seltenen – Konstellation der Doppelinsolvenz ist der Gesellschaftsanteil ein Teil der Insolvenzmasse des Ge___________ 442) Hierzu und zu einer Gegenüberstellung zum asset deal vgl. Brünkmans, ZIP 2014, 1857 ff. 443) Vgl. hierzu kritisch Schäfer, ZIP 2020, 2164, 2164. 444) Vgl. bereits oben Rn. 66. 445) Vgl. Simon/Merkelbach, NZG 2021, 121, 127; Brünkmans, in: Handbuch Insolvenzplan, 2. Aufl. 2020, § 31 Rn. 13 f. 446) Simon/Merkelbach, NZG 2021, 121, 127; Insbesondere kritisch hierzu bzgl. Des Restrukturierungsverfahrens nach StaRUG Schäfer, ZIP 2020, 2164, 2166 f. 447) Brünkmans, in: Handbuch Insolvenzplan, 2. Aufl. 2020, § 31 Rn. 13 f., § 32 Rn. 428. 448) Simon/Merkelbach, NZG 2021, 121, 127; Brünkmans, in: Handbuch Insolvenzplan, 2. Aufl. 2020, § 32 Rn. 428. 449) Thole, Gesellschaftsrechtliche Maßnahmen in der Insolvenz, 3. Aufl., 2020, Rn. 304; Brünkmans, in: Handbuch Insolvenzplan, 2. Aufl. 2020, § 32 Rn. 433.

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II. Übertragung der Gesellschafteranteile in Sanierungsplanverfahren

sellschafters.450) Der drohende Entzug des Gesellschafteranteils im Planverfahren über das Vermögen der Gesellschaft dürfte den Wert des Anteils in der Vermögensmasse des Gesellschafters erheblich mindern.451) Trotzdem wird, soweit ersichtlich, der Zugriff auf den Gesellschaftsanteil auch in der Doppelinsolvenz bejaht.452) 3. Englisches Recht Vor der Einführung des neuen Restrukturierungsverfahrens in Part 26A des 122 Companies Act konnten Anteile nur im Rahmen eines Scheme of Arrangement Verfahrens übertragen werden. Mangels Möglichkeit eines cross-class cramdown war es – im Unterschied zu Gestaltungen des deutschen oder französischen Rechts nicht möglich, Anteile gegen den Willen der Gesellschafter zu übertragen. In einem transfer scheme konnten nur einzelne dissentierende Anteilsinhaber zu einer Abtretung der von ihnen gehaltenen Anteile gezwungen werden.453) Um das Blockadepotenzial der Gesellschafter zu umgehen, wurde in der Praxis eine Kombination aus einem asset deal und einem Debt Equity Swap zur Mittel der Wahl.454) Dabei konnte wirtschaftlich ein ähnliches Ergebnis erreicht werden. In das Verfahren werden zunächst mittels Scheme of Arrangement nur die vorrangigen Gläubiger einbezogen. Diese einigen sich darauf, das Unternehmen mittels asset deal auf eine neue Einheit zu übertragen und ihre Forderung im Zuge eines Debt Equity Swap in Anteile an der neu gegründeten Einheit einzutauschen. Diese Gestaltung war umsetzbar durch eine Kombination aus einem Scheme of Arrangement und einer pre-pack administration.455) Die einbezogenen Gläubiger erhalten als Gegenleistung für ihren Forderungsverzicht Gesellschaftsanteile in der neu gegründeten Einheit, die alte Einheit bleibt als leere Hülle zurück und wird liquidiert.456) Die nicht einbezogenen Gläubiger gehen leer aus und die Anteile der Alt-Gesellschafter sind weitestgehend wertlos.457) Damit kann die Entscheidung der Alt-Gesellschafter zwar nicht entweder vorweggenommen werden, wie im französischen Recht, oder mittels Obstruktionsverbots fingiert werden, wie im deutschen ___________ 450) Thole, Gesellschaftsrechtliche Maßnahmen in der Insolvenz, 3. Aufl., 2020, Rn. 304 Brünkmans, in: Handbuch Insolvenzplan, 2. Aufl. 2020, § 32 Rn. 433. 451) Thole, Gesellschaftsrechtliche Maßnahmen in der Insolvenz, 3. Aufl., 2020, Rn. 304. 452) Brünkmans, in: Handbuch Insolvenzplan, 2. Aufl. 2020, § 32 Rn. 433. 453) Beispiele für problematische Gestaltungen im Rahmen von share splitting Konstellationen vgl. auch Tsagas, J.B.L. 2019, 4, 282 ff.; Zum Fall Re Dee Valley Group Plc., Re (2017) EWHC 184 (Ch). 454) Payne, Cambridge Law Journal, C.L.J. 2018, 77 (1), 124, 128; Re Bluebrook Ltd. (2009), EWHC 2114 (Ch); (2010) 1 B.C.L.C. 338. 455) Payne, Cambridge Law Journal, C.L.J. 2018, 77 (1), 124, 128; Re Bluebrook Ltd. (2009), EWHC 2114 (Ch); (2010) 1 B.C.L.C. 338. 456) Payne, Cambridge Law Journal, C.L.J. 2018, 77 (1), 124, 128; Re Bluebrook Ltd. (2009), EWHC 2114 (Ch); (2010) 1 B.C.L.C. 338. 457) Payne, Cambridge Law Journal, C.L.J. 2018, 77 (1), 124, 128; Re Bluebrook Ltd. (2009), EWHC 2114 (Ch); (2010) 1 B.C.L.C. 338.

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D. Mögliche gesellschaftsrechtliche Planmaßnahmen

Recht, letztlich kann die Blockade der Alt-Gesellschafter allerdings trotzdem umgangen werden. 123 Mit der Einführung des neuen Restructuring Plan dürfte sich die Praxiskonstruktion mittels asset deal und Debt Equity Swap erübrigt haben. Im Unterschied zu der Restrukturierung im Rahmen des Scheme of Arrangement können im Restrukturierungsplan nach Part 26A ganze Abstimmungsgruppen überstimmt werden.458) In Zukunft ist es demnach auch im englischen Sanierungsrecht möglich, die Zustimmung der Alt-Gesellschafter gegen ihren Willen zu fingieren. III. Umwandlungsmaßnahmen 124 Auch Umwandlungen des Rechtsträgers in Form von Spaltungen, Formwechsel und Verschmelzungen können zu Sanierungszwecken in Betracht kommen. 1. Deutsches Recht 125 Im deutschen Recht sind Umwandlungsmaßnahmen plantauglich nach §§ 217 S. 2, 225a InsO.459) Im Gegensatz zu der übertragenden Sanierung in Form eines asset deal führt eine Umwandlung des insolventen Rechtsträgers zur Gesamtrechtsnachfolge des neu errichteten oder des übernehmenden Rechtsträgers.460) Das kann in der Praxis vorteilhaft sein, um Lizenzen oder sonstige auf den Rechtsträger beschränkte Berechtigungen nicht zu verlieren.461) Weiter bedarf es im Rahmen einer Gesamtrechtsnachfolge keiner Zustimmung der jeweiligen Vertragspartner zur Vertragsübernahme.462) Das ist insbesondere bei operativ tätigen Rechtsträgern ein erheblicher Sanierungsvorteil gegenüber der übertragenden Sanierung. Gleichzeitig hat die Gesamtrechtsnachfolge gegenüber einer übertragenden Sanierung den Nachteil, die bilanzielle Überschuldung nicht zu beseitigen. Auch die Verbindlichkeiten gehen auf den übernehmenden Rechtsträger über.463) Dem wirkt allerdings die Spaltungsfreiheit entgegen, wonach die Möglichkeit besteht, nur einzelne Vermögenswerte zu übertragen – die Umwandlung bedingt dementsprechend eine nur partielle Gesamtrechtsnachfolge.464) ___________ 458) Siehe dazu bereits Rn. 40 f. 459) Vgl. weiterführend zu Umwandlungsmaßnahmen im Insolvenzplanverfahren bspw. Greif-Werner, Umwandlungen im Insolvenzplanverfahren, 2018. 460) Greif-Werner, Umwandlungen im Insolvenzplanverfahren, 2018, S. 24. 461) Madaus, ZIP 2012, 2133, 2133; Thole, Gesellschaftsrechtliche Maßnahmen in der Insolvenz, 3. Aufl. 2020, Rn. 343. 462) Brünkmans, ZInsO 2014, 2533, 2545. 463) Madaus, ZIP 2012, 2133, 2133; Thole, Gesellschaftsrechtliche Maßnahmen in der Insolvenz, 3. Aufl. 2020, Rn. 356. 464) Greif-Werner, Umwandlungen im Insolvenzplanverfahren, 2018, S. 24.

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III. Umwandlungsmaßnahmen

Vor dem ESUG waren Umwandlungsmaßnahmen im Rahmen eines Insol- 126 venzplanverfahrens nach ganz herrschender Meinung nicht möglich.465) Zur Begründung wurde insbesondere der Wortlaut des § 3 Abs. 3 UmwG angeführt, wonach ein aufgelöster Rechtsträger an Verschmelzungen nur teilnehmen kann, wenn die Fortführung des jeweiligen Rechtsträgers beschlossen werden könnte.466) Nach den Verweisungen der §§ 124 Abs. 2, 191 Abs. 3 UmwG auf § 3 Abs. 3 UmwG galt entsprechendes auch für Spaltungen und Formwechsel. Erst seit der Änderung durch das ESUG kann der Rechtsträger trotz Eröffnung des Insolvenzverfahrens mittels Insolvenzplanverfahren fortgesetzt werden. Seit dem ESUG sind somit Umwandlungen auch im Rahmen des Insolvenzplanverfahrens plantauglich.467) Es sind eine Vielzahl von Gestaltungsmöglichkeiten nach dem UmwG im Insolvenzplanverfahren denkbar. Zur Sanierung bieten sich insbesondere die Verschmelzung des aufgelösten Rechtsträgers, die Spaltung sowie ein Formwechsel an.468) a) Verschmelzungen (§§ 1 Abs. 1 Nr. 1, 2 ff. UmwG) Bei einer Verschmelzung nach den §§ 2 ff. UmwG werden die Vermögenswerte 127 eines Rechtsträgers auf einen anderen – bereits existierenden (Verschmelzung durch Aufnahme) oder neu zu gründenden (Verschmelzung durch Neugründung) – Rechtsträger übertragen.469) Der übernehmende Rechtsträger wird zum Gesamtrechtsnachfolger des übertragenden Rechtsträgers. Der übertragende Rechtsträger wird aufgelöst ohne abgewickelt zu werden.470) Die Verschmelzung kommt in einem Insolvenzplanverfahren als alternative Transaktionskonstruktion einer Unternehmensakquisition in Betracht.471) Insolvente Rechtsträger können richtigerweise sowohl als Ausgangs- als auch als Zielrechtsträger auftreten.472) Entscheidend ist vielmehr, ob durch die Verschmelzung ein sanierter Rechtsträger entsteht oder ob die Verschmelzung lediglich der Abwicklung des insolventen Rechtsträgers dient (Sanierungs- oder Ab___________ 465) Madaus, ZIP 2012, 2133, 2133; Thole, Gesellschaftsrechtliche Maßnahmen in der Insolvenz, 3. Aufl. 2020, Rn. 343; Greif-Werner, Umwandlungen im Insolvenzplanverfahren, 2018, S. 24. 466) Madaus, ZIP 2012, 2133, 2134; Thole, Gesellschaftsrechtliche Maßnahmen in der Insolvenz, 3. Aufl. 2020, Rn. 345. 467) Heidinger, in: Henssler/Strohn GesR, 5. Aufl. 2021, UmwG § 3 Rn. 19a. 468) Vgl. zu den einzelnen Fallgruppen Madaus, ZIP 2012, 2133 ff.; Thole, Gesellschaftsrechtliche Maßnahmen in der Insolvenz, 3. Aufl. 2020, Rn. 343 ff.; vgl. umfassend hierzu Greif-Werner, Umwandlungen im Insolvenzplanverfahren, 2018. 469) Vgl. Brünkmans, ZInsO 2014, 2533, 2534; Madaus, ZIP 2012, 2133, 2134; Thole, Gesellschaftsrechtliche Maßnahmen in der Insolvenz, 3. Aufl. 2020, Rn. 345. 470) Vgl. weitergehend zum Verfahrensablauf einer Verschmelzung Brünkmans, ZInsO 2014, 2533, 2535. 471) Greif-Werner, Umwandlungen im Insolvenzplanverfahren, 2018, S. 37; Brünkmans, ZInsO 2014, 2533, 2534. 472) Madaus, ZIP 2012, 2133, 2134; Thole, Gesellschaftsrechtliche Maßnahmen in der Insolvenz, 3. Aufl. 2020, Rn. 350; a. A.: Becker, ZInsO 2013, 1885, 1888.

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D. Mögliche gesellschaftsrechtliche Planmaßnahmen

wicklungsfusion).473) Die Zulässigkeit von Abwicklungsfusionen ist unter Berücksichtigung der gesetzgeberisch durch § 3 Abs. 3 UmwG bezweckten Privilegierung der Sanierungsfusion problematisch.474) b) Spaltungen (§ 123 UmwG) 128 Neben der Verschmelzung zweier Rechtsträger sind auch Spaltungen eines Rechtsträgers denkbar. Eine Spaltung zeichnet sich durch die vollständige oder lediglich teilweise Aufteilung des Gesellschaftsvermögens auf einen oder mehrere Rechtsträger aus.475) Zu unterscheiden sind dabei Aufspaltungen (§ 123 Abs. 1 UmwG), Abspaltungen (§ 123 Abs. 2 UmwG) und Aufgliederungen (§ 123 Abs. 3 UmwG).476) Bei Aufspaltungen und Abspaltungen erhalten die Gesellschafter des Ausgangsrechtsträgers grundsätzlich Anteile am übernehmenden Rechtsträger. Bei einer Ausgliederung nach § 123 Abs. 3 UmwG überträgt ein Rechtsträger zwar auch einzelne Vermögenswerte an einen anderen Rechtsträger wie bei einer Auf- und Abspaltung, allerdings stehen die Anteile an dem übernehmenden Rechtsträger nicht den Gesellschaftern des übertragenden Rechtsträgers zu, sondern dem übertragenden Rechtsträger selbst.477) 129 Während der Zustimmungsbeschluss der Gesellschafter des übertragenden Rechtsträgers mittels Planklausel ersetzt werden kann, bedarf es trotzdem sowohl bei Verschmelzungen als auch bei Spaltungen weiterhin der Zustimmung der Gesellschafter des übernehmenden Rechtsträgers.478) In den gestaltenden Teil des Insolvenzplans kann selbstverständlich nicht der Umwandlungsvertrag aufgenommen werden, sondern lediglich der Zustimmungsbeschluss des zu sanierenden Rechtsträgers.479) c) Formwechsel (§ 1 Abs. 1 Nr. 4 i. V. m. §§ 190 ff. UmwG) 130 Auch ein Formwechsel kann der Sanierung eines Rechtsträgers dienen. Anders als bei einer Verschmelzung oder Spaltung werden keine Vermögenswerte des zu sanierenden Rechtsträgers übertragen. Unter Beibehaltung der recht___________ 473) Madaus, ZIP 2012, 2133, 2134; Thole, Gesellschaftsrechtliche Maßnahmen in der Insolvenz, 3. Aufl. 2020, Rn. 350. 474) Vgl. hierzu genauer Thole, Gesellschaftsrechtliche Maßnahmen in der Insolvenz, 3. Aufl. 2020, Rn. 353 m. w. N. 475) Brünkmans, ZInsO 2014, 2533, 2541; Greif-Werner, Umwandlungen im Insolvenzplanverfahren, 2018, S. 39. 476) Vgl. hierzu ausführlich Brünkmans, ZInsO 2014, 2533, 2541 ff.; Thole, Gesellschaftsrechtliche Maßnahmen in der Insolvenz, 3. Aufl. 2020, Rn. 355 ff. 477) Brünkmans, ZInsO 2014, 2533, 2541. 478) Greif-Werner, Umwandlungen im Insolvenzplanverfahren, 2018, S. 36; Brünkmans, ZInsO 2014, 2533, 2535. 479) Brünkmans, ZInsO 2014, 2533, 2535.

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III. Umwandlungsmaßnahmen

lichen Identität ändert der Rechtsträger nur seine Rechtsform.480) In Frage kommt beispielsweise ein Formwechsel von einer Personengesellschaft in eine Kapitalgesellschaft zur Beschränkung der zukünftigen Haftung oder Veränderung der Corporate Governance Struktur.481) Sanierungswerkzeuge können auch der Börsengang mit vorangehender Umwandlung der Gesellschaft in eine AG bzw. der umgekehrte Fall eines sog. „kalten Delisting“, um die Gesellschaft von der Börse zu nehmen, sein.482) Da bei einem Formwechsel, im Gegensatz zu den anderen Umwandlungsmaßnahmen, nur der schuldnerische Rechtsträger beteiligt ist, kann der Insolvenzplan nicht nur den schuldnerischen Zustimmungsbeschluss ersetzen, vielmehr ändert sich mit dem Planbestätigungsurteil unmittelbar die Rechtslage ohne zusätzlich erforderlichen Beschluss.483) d) Stellung der Gesellschafter bei Umwandlungsmaßnahmen im Rahmen des Insolvenzplans Unabhängig von der jeweils gewählten Umwandlungsmaßnahme können In- 131 solvenzplanregelungen sämtliche Beschlüsse der Gesellschafter des zu sanierenden Rechtsträgers ersetzen. Tritt der insolvente Rechtsträger im Rahmen von Verschmelzungen, Auf- 132 oder Abspaltungen als übertragender Rechtsträger auf, haben dessen Gesellschafter zur Wahrung der „Kontinuität der Mitgliedschaft“484) gem. §§ 2 Abs. 1, 20 Abs. 1 Nr. 3 UmwG i. V. m. der Verweisung in § 125 UmwG Anspruch auf Anteile am übernehmenden Rechtsträger.485) Auf diesen Anspruch können die Gesellschafter jedoch nach §§ 54 Abs. 1 S. 3, 68 Abs. 1 S. 3 UmwG verzichten.486) Grundsätzlich bedarf dies einer notariell zu beurkundenden Einzelerklärung der Gesellschafter (vgl. § 54 Abs. 1 S. 3 Hs. 2 UmwG bzw. § 68 Abs. 1 S. 3 Hs. 2 UmwG).487) Da Regelungen über Anteils- und Mitglied___________ 480) Stengel, in: Semler/Stengel/Leonard, Umwandlungsgesetz, 5. Aufl. 2021, § 1 Rn. 2; Oetker, in: ErfKom UmwG, 21. Aufl. 2021, § 1 Rn. 5; Thole, Gesellschaftsrechtliche Maßnahmen in der Insolvenz, 3. Aufl. 2020, Rn. 364. 481) Vgl. hierzu die Umwandlung im Fall Suhrkamp von einer GmbH & Co. KG in eine AG, OLG Frankfurt/M., ZIP 2013, 2112. 482) Vgl. Brünkmans, ZInsO 2014, 2533, 2547. 483) Brünkmans, ZInsO 2014, 2533, 2547. 484) Vgl. hierzu grundsätzlich Greif-Werner, Umwandlungen im Insolvenzplanverfahren, 2018, S. 175 ff. 485) Vgl. grundlegend hierzu und den damit verbundenen Vorteilen gegenüber einer Kapitalaufbringung zugunsten der Alt-Gesellschafter mittels Kapitalerhöhung GreifWerner, Umwandlungen im Insolvenzplanverfahren, 2018, S. 175 ff. 486) Greif-Werner, Umwandlungen im Insolvenzplanverfahren, 2018, S. 181; Brünkmans, ZInsO 2014, 2533, 2534; Thole, Gesellschaftsrechtliche Maßnahmen in der Insolvenz, 3. Aufl. 2020, Rn. 353; Madaus, ZIP 2012, 2133, 2136. 487) Greif-Werner, Umwandlungen im Insolvenzplanverfahren, 2018, S. 182 f.; Brünkmans, ZInsO 2014, 2533, 2535.

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D. Mögliche gesellschaftsrechtliche Planmaßnahmen

schaftsrechte aber nach § 217 Abs. 1 S. 2 InsO plantauglich sind, kann auch der Verzicht Gegenstand einer Planregelung sein.488) Bei einem Formwechsel haben die Gesellschafter grundsätzlich einen Austritts- und Abfindungsanspruch nach § 207 UmwG.489) Allerdings ist bei einem Formwechsel mittels Insolvenzplanregelung § 225a Abs. 5 InsO lex specialis gegenüber § 207 UmwG.490) Der Abfindungsanspruch bestimmt sich gemäß § 225a Abs. 5 S. 1 InsO nach dem Liquidationswert des Rechtsträgers. Außerdem kann die Auszahlung des Abfindungsanspruchs zur Schonung der Finanzlage des zu sanierenden Rechtsträgers bis zu drei Jahre gestundet werden, § 225a Abs. 5 S. 2 InsO. 133 Außerhalb des Insolvenzplanverfahrens bedarf der Zustimmungsbeschluss der Gesellschafterversammlung zu Umwandlungsmaßnahmen gem. § 50 Abs. 1 UmwG einer Mehrheit von mindestens drei Vierteln der abgegebenen Stimmen. Da in einem Insolvenzplanverfahren die Gruppe der Anteilseigner nach § 244 Abs. 3 InsO den Plan mit einfacher Mehrheit annimmt, ist das Mehrheitserfordernis durch den Insolvenzplan deutlich herabgesetzt.491) Darüber hinaus kann den Gesellschaftern mittels Planmehrheit die Entscheidung über den Bezug der Anteile am übernehmenden Rechtsträger genommen werden. Das Obstruktionsverbot gem. § 245 InsO kann die Zustimmung der gesamten Gesellschaftergruppe auch im Rahmen der Umwandlung fingieren. e) Umwandlungsmaßnahmen im Restrukturierungsverfahren nach StaRUG 134 Auch im Restrukturierungsverfahren nach StaRUG können Umwandlungsmaßnahmen realisiert werden. Das ergibt sich aus der im Wortlaut mit § 225a Abs. 3 InsO weitestgehend identischen Vorschrift des § 7 Abs. 4 S. 5 StaRUG. Vertreter der Ansicht, die Anzeige der Restrukturierungssache nach § 31 StaRUG erfordere im Innenverhältnis einen zustimmenden Beschluss der Gesellschafterversammlung, fordern teilweise einen Beschluss mit qualifizierter Gesellschaftermehrheit, falls eine Umwandlungsmaßnahme durch den Restrukturierungsplan realisiert werden soll.492) Aufgrund der Eingriffsintensität seien Umwandlungsmaßnahmen Grundlagengeschäfte.493) Auch außerhalb eines Restrukturierungsverfahrens ist für eine Umwandlungsmaßnahme ein DreiViertel-Mehrheitsbeschluss der Gesellschafterversammlung erforderlich gem. ___________ 488) Brünkmans, ZInsO 2014, 2533, 2535; Thole, Gesellschaftsrechtliche Maßnahmen in der Insolvenz, 3. Aufl. 2020, Rn. 353; Madaus, ZIP 2012, 2133, 2136. 489) Brünkmans, ZInsO 2014, 2533, 2548. 490) Brünkmans, ZInsO 2014, 2533, 2548. 491) Brünkmans, ZInsO 2014, 2533, 2549. 492) Vgl. zur Diskussion des Zustimmungserfordernisses der Gesellschafterversammlung vor der Anzeige der Restrukturierungssache bereits Rn. 71. 493) Rauhut, NZI Beilage 2021, 52, 54.

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III. Umwandlungsmaßnahmen

§ 217 Abs. 1 S. 3 UmwG.494) Der grundsätzlich erforderliche Gesellschafterbeschluss bei Vornahme von Grundlagengeschäften könne nicht dadurch umgangen werden, dass die Grundlagengeschäfte in einem Restrukturierungsplan versteckt werden.495) Bereits die Anzeige der Restrukturierungssache gefährde Mitgliedschaftsrechte aufgrund der Möglichkeit einer klassenübergreifenden Mehrheitsentscheidung nach § 26 StaRUG dergestalt, dass ein Beschluss der Gesellschafterversammlung erforderlich sei.496) 2. Englisches Recht Im CVA sind keine Änderungen der Kapitalstruktur der Gesellschaft möglich, 135 weshalb Umwandlungsmaßnahmen in diesem nicht beschlossen werden können.497) Dagegen ist das Scheme of Arrangement ein Werkzeug zur Veränderung der Kapitalstruktur der schuldnerischen Gesellschaft und dient nach dem originären Grundgedanken der Erleichterung von Übernahmen und Verschmelzungen.498) Damit fallen auch Umwandlungen in Form der Verschmelzungen und Auf- bzw. Abspaltungen in den typischen Anwendungsbereich eines Scheme of Arrangement.499) Mangels Eintrittsvoraussetzungen in das Scheme of Arrangement500) dient das Verfahren damit auch häufig dazu, solventen Unternehmen die Verschmelzung vorzubereiten und mittels Verkürzung der Verbindlichkeiten zu erleichtern.501) Weiter wurde das Scheme of Arrangement aufgrund der großzügigen Auslegung der ausreichenden Verbindung nach England und der daraus folgenden Eröffnung eines Verfahrens über ausländische Unternehmen auch zur Erleichterung von grenzüberschreitenden Verschmelzungen (cross-border mergers) unter Umgehung der Übernahmerichtlinie502) genutzt.503) Ebenso wie bei anderen Maßnahmen wird im Rahmen des Scheme of Arrangement in Klassen abgestimmt, wobei keine Zustimmungsfiktion einer dissentierenden Abstimmungsklasse möglich ist.504) ___________ 494) 495) 496) 497) 498)

499)

500) 501) 502) 503) 504)

Schlitt, in: Semler/Stengel/Leonard, Umwandlungsgesetz, 5. Aufl. 2021, § 217 Rn. 20. Rauhut, NZI Beilage 2021, 52, 54. Vgl. bereits Rn. 71; Fuhrmann/Heinen/Schilz, NZG 2021, 684, 686. Zur Rechtsnatur des CVA bereits oben, Rn. 29 ff., 81. Vgl. bereits oben, Rn. 35; Payne, E.B.O.R. 2013, 14 (4), 563, 564; Finch/Milman, Corporate Insolvency Law, S. 410; Goode, The Principles of Corporate Insolvency Law, 5th ed. 2019, Rn. 12-12; Braun, Die vorinsolvenzliche Sanierung, 2015, S. 61. Vgl. insbesondere zu Verschmelzungen (mergers) im Rahmen des Scheme of Arrangement Charnley/Milman, Co L.N. 2013, 337, 1, 2 f.; Payne, E.B.O.R. 2013, 14 (4), 563, 564. Siehe bereits oben, Rn. 35; Umwandlungsmaßnahmen sind auch in sog. Solvent Schemes über das Vermögen von zahlungsfähigen Gesellschaften möglich. Milman, Co L.N. 2014, 358, 1, 3; Charnley/Milman, Co L.N. 2013, 337, 1, 2 f. Richtlinie 2004/25/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 21. April 2004 betreffend Übernahmeangebote (Übernahmerichtlinie). Goode, Principles of Corporate Insolvency Law, 5th ed. 2019, Rn. 12-12. Siehe bereits oben, Rn. 82.

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D. Mögliche gesellschaftsrechtliche Planmaßnahmen

Demnach sind Umwandlungen auch in einem Scheme of Arrangement nur mittels Zustimmung von min. 75 % der Anteilsinhaber möglich. 136 Insofern bringt der neue Restrukturierungsplan einige Veränderungen mit sich. Im Unterschied zum Scheme of Arrangement ist seine Ausrichtung stärker auf die Vermeidung einer drohenden Insolvenz ausgerichtet505), weshalb Umwandlungsmaßnahmen zur Beseitigung finanzieller Schwierigkeiten drohend zahlungsunfähiger Unternehmen weiter in den Fokus rücken könnten. Sollte dies der Fall sein, ist es nun auch möglich, Umwandlungen mittels gruppenübergreifender Mehrheitsentscheidung gegen den mehrheitlichen Willen der Anteilseigner durchzusetzen.506) 3. Französisches Recht 137 Auch im plan de sauvegarde und im plan de redressement kommen Umwandlungsmaßnahmen als Sanierungsinstrumente in Betracht. Im Vordergrund steht in den französischen Sanierungsverfahren zwar die Bereinigung der Bilanz, beispielsweise mittels Stundungen oder Schulderlasses.507) Der durch das Gesetz vom 18. November 2016 geänderte Art. L. 626-3 C.com. ist allerdings nicht einschränkend hinsichtlich der in Betracht kommenden, rechtlich zulässigen Sanierungsmaßnahmen und nennt explizit die Einstellung, Hinzufügung oder Veräußerung eines oder mehrerer Geschäftszweige als plantaugliches Sanierungsmittel („l'arrêt, l'adjonction ou la cession d'une ou plusieurs branches d'activités“). Darunter ließen sich zumindest auch Umwandlungsmaßnahmen ohne größere Auslegungsschwierigkeiten fassen.508) 138 Sowohl im plan de sauvegarde als auch in einem plan de continuation im Rahmen des redressement judiciaire sind Änderungen der Gesellschaftsstruktur möglich und üblich.509) Im Fokus der französischen Sanierungspraxis stehen dabei der Formwechsel und die Spaltung des schuldnerischen Rechtsträgers.510) Bei einem Formwechsel kann sich zum Beispiel eine SARL511) in eine SA (Société Anonyme)512) wandeln oder umgekehrt.513) Die Beweggründe eines ___________ 505) Im Gegensatz zum Scheme of Arrangement ist es Voraussetzung zur Eröffnung eines Restrukturierungsverfahrens nach Part 26A Companies Act, dass das Unternehmen finanzielle Schwierigkeiten zu überwinden versucht. 506) Zur Zulässigkeit des cram-downs im neuen Restrukturierungsplan vgl. bereits Rn. 84. 507) Saint-Alary-Houin, Droit des Entreprises en Difficultés, 12e édition, 2020, Rn 1018. 508) Vgl. zum offenen Wortlaut des Art. L. 626-3 C.com. Saint-Alary-Houin, Droit des Entreprises en Difficultés, 12e édition, 2020, Rn. 1022. 509) Blanc, Entreprise en difficulté, 04/2021, Rn. 45; Saint-Alary-Houin, Droit des Entreprises en Difficultés, 12e édition, 2020, Rn. 1018. 510) Blanc, Entreprise en difficulté, 04/2021, Rn. 45; Saint-Alary-Houin, Droit des Entreprises en Difficultés, 12e édition, 2020, Rn. 1022. 511) Das französische Pendant zur Gesellschaft mit beschränkter Haftung. 512) Die französische Version einer Aktiengesellschaft. 513) Blanc, Entreprise en difficulté, 04/2021, Rn. 45; Saint-Alary-Houin, Droit des Entreprises en Difficultés, 12e édition, 2020, Rn. 1022.

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IV. Eingriffsbefugnis der Gerichte in Gesellschafterrechte/Geschäftsführungsbefugnisse

solchen Formwechsels entsprechen dabei den im deutschen Sanierungsrecht angeführten Erwägungen.514) Weiter kann die Gesellschaft in mehrere Tochtergesellschaften aufgespaltet werden.515) Entweder der ursprüngliche Rechtsträger wird in der Folge aufgelöst, entsprechend einer Aufspaltung im deutschen Recht, oder die ursprüngliche Gesellschaft besteht als Muttergesellschaft weiter- vergleichbar mit einer Ausgliederung im deutschen Recht. Während demnach Umwandlungsmaßnahmen im französischen Sanierungsplanverfahren eine vergleichbare Rolle wie in den deutschen Sanierungsplanverfahren spielen, gibt es Unterschiede in der Umsetzung der Planmaßnahmen. Wie bei der Kapitalerhöhung ist im französischen Recht auch für eine Umwandlungsmaßnahme ein zusätzlicher Beschluss der Gesellschafter erforderlich.516) Es gibt bisher keine Möglichkeit im französischen Sanierungsrecht, diesen Beschluss zu fingieren oder zu ersetzen. Allerdings ist es dem zuständigen Gericht auch bezüglich der Entscheidung über Umwandlungsmaßnahmen möglich das erforderliche Quorum und die zu erreichende Mehrheit festzusetzen.517) IV. Eingriffsbefugnis der Gerichte in Gesellschafterrechte und Geschäftsführungsbefugnisse Aufgrund der Sachnähe der Gesellschafterstellung in der Restrukturierung 139 und Insolvenz von Unternehmen zur Stellung der Geschäftsführer sei im Folgenden ein kurzer Blick auf diese erlaubt. Insbesondere die für das französische Sanierungsrecht charakteristischen weitreichenden Eingriffsbefugnisse des Gerichts in die Mitgliedschaftsrechte sind dabei von Interesse. Diese haben auch Auswirkungen auf die Position der Geschäftsführer. 1. Französisches Recht Wie bereits mehrfach angedeutet, hat das Gericht in den französischen Sanie- 140 rungsplanverfahren eine starke Stellung inne. Mittels der zwangsweisen Abtretung (cession forcée)518) und der zwangsweisen Kapitalerhöhung (dilution forcée)519) übt das Gericht großen Einfluss auf die Rechte der Anteilsinhaber aus. Noch weitreichender sind die Eingriffsbefugnisse des Gerichts im Rahmen des redressement Verfahrens, wenn Anteilsrechte in der Hand des oder der Geschäftsführer (dirigeants) liegen. ___________ 514) Vgl. hierzu bereits Rn. 130135; Blanc, Entreprise en difficulté, 04/2021, Rn. 45. 515) Blanc, Entreprise en difficulté, 04/2021, Rn. 45; Saint-Alary-Houin, Droit des Entreprises en Difficultés, 12e édition, 2020, Rn. 1022. 516) Blanc, Entreprise en difficulté, 04/2021, Rn. 45; Saint-Alary-Houin, Droit des Entreprises en Difficultés, 12e édition, 2020, Rn. 1022. 517) Blanc, Entreprise en difficulté, 04/2021, Rn. 45. 518) Vgl. hierzu insbesondere Rn. 119 f. 519) Vgl. hierzu insbesondere Rn. 116 f.

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D. Mögliche gesellschaftsrechtliche Planmaßnahmen

a) Im sauvegarde Verfahren 141 Ursprünglich sah die Gesetzesreform von 2005, durch welche das sauvegarde Verfahren eingeführt wurde, noch weitreichende Eingriffsbefugnisse des Gerichts in die Gesellschaftsanteile in der Hand der Geschäftsleitung vor.520) Die Gesellschaftsanteile konnten zum einen ab der Verfahrenseröffnung für unveräußerlich erklärt werden, zum anderen konnte ein gerichtlicher Vertreter (mandataire en justice) die mit der Beteiligung verbundenen Stimmrechte ausüben. Diese Befugnisse wurden indes mit einer Reform des sauvegarde Verfahrens im Jahr 2008 gestrichen, um die Attraktivität des Verfahrens zu steigern und mehr Anreize für geschäftsführende Gesellschafter zu schaffen, möglichst frühzeitig ein präinsolvenzliches Sanierungsverfahren einzuleiten.521) Auch die Möglichkeit des Gerichts gem. Art. L. 626-4 C.com., die Planbestätigung von einem Wechsel der Geschäftsführung abhängig zu machen, wurde heftig kritisiert und letztlich zurückgenommen.522) Die Aussicht auf den Entzug der eigenen Gesellschaftsanteile oder der Geschäftsleitung hätte den Geschäftsführern wohl keinen Anreiz für eine frühere Verfahrenseinleitung geboten. b) Im redressement judiciaire 142 Im Unterschied zu einem sauvegarde Verfahren hat das Gericht im Insolvenzplanverfahren der redressement judiciaire die Befugnis, in die Gesellschaftsanteile der Geschäftsleiter einzugreifen.523) Ebenso wie bezüglich der Eingriffe in die Gesellschafterrechte mittels der Befugnisse der Loi Macron nach Art. L. 631-19-1 C.com. reichte dem französischen Conseil constitutionnel die Insolvenzreife und der Sanierungszweck als Rechtfertigung für derartige Eingriffe in die Anteilsrechte der Geschäftsführer aus.524) Die Eingriffsbefugnisse in die Rechte der Geschäftsführer stehen dem Gericht lediglich auf ___________ 520) Lienhard, Procédures collectives, 2020 – 2021, Rn. 116.31; Monsèrié-Bon, Entreprise en difficulté-Gestion de l’entreprise, 10/2020, Rn. 34; Klaiber, Zur Stellung der Gläubiger und Gesellschafter im französischen Recht der Kollektivverfahren, 2019, S. 182; Bauerreis, in: Kindler/Nachmann/Bitzer, Handbuch Insolvenzrecht in Europa, 7. EL Juli 2020, Länderbericht Frankreich, Rn. 156 f. 521) Vgl. zur Reform Lienhard, Procédures collectives, 2020 – 2021, Rn. 01.71; Monsèrié-Bon, Entreprise en difficulté-Gestion de l’entreprise, 10/2020, Rn. 34; Vgl. Bauerreis, ZGR 2006, 294, 325 Interessanterweise wurden aber im redressement judiciaire sehr ähnliche Befugnisse mit der Loi Macron eingeführt. Dieses stellt aber kein präinsolvenzliches Sanierungsverfahren dar, sondern ein Restrukturierungsverfahren nach Zahlungseinstellung, weswegen die Befugnisse im Rahmen des redressement judiciaire gerechtfertigt seien, siehe dazu Rn. 78 f. und sogleich Rn. 142. 522) Lienhard, Procédures collectives, 2020 – 2021, Rn. 116.31; Blanc, Entreprise en difficulté, 04/2021, Rn. 46. 523) Klaiber, Zur Stellung der Gläubiger und Gesellschafter im französischen Recht der Kollektivverfahren, S. 183. 524) Cons. const. 7 oct. 2015, no 2015-486 QPC; Lienhard, Procédures collectives, 2020 – 2021, Rn. 116.31.

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IV. Eingriffsbefugnis der Gerichte in Gesellschafterrechte/Geschäftsführungsbefugnisse

Antrag des Vertreters des öffentlichen Interesses (ministère public) zu, der neben dem Gericht eine Schlüsselrolle des Verfahrens inne hat.525) (1) Veräußerungsverbot ab Verfahrenseröffnung Nach Art. L. 631-10 Abs. 1 C.com. unterliegen die Anteile der Geschäftsführer 143 am schuldnerischen Unternehmen ab dem Erlass des Eröffnungsurteils einem absoluten Veräußerungsverbot.526) Dabei ist irrelevant, ob es sich bei den Anteilen um direkt oder indirekt gehaltene Geschäftsanteile, Aktien, Wertpapiere oder sonstige Beteiligungen handelt.527) Die Modalitäten dieses Veräußerungsverbots legt im Einzelfall das Gericht fest. Gesetzlich angeordnet ist jedoch die Nichtigkeitsfolge der Veräußerung der Geschäftsführer entgegen der gesetzlichen Anordnung („à peine de nullité“).528) Zur Umsetzung des Veräußerungsverbots werden die von den Geschäftsführungsorganen gehaltenen Beteiligungen nach Art. L. 631-10 Abs. 2 C.com. auf ein spezielles Anderkonto („un compte spécial bloqué“) übertragen. Jegliche Transaktionen von diesem Konto stehen in der Folge nach Art. L. 631-10 Abs. 2 S. 2 C.com. unter dem Zustimmungsvorbehalt des verfahrensleitenden Richters (juge-commissaire). Die Unveräußerlichkeit der Anteile wird außerdem nach Art. L. 631-10 Abs. 3 C.com. auf Verlangen des Verwalters (administrateur) in das Handelsregister (les registres de la personne morale) eingetragen, um den Rechtsverkehr zu schützen.529) (2) Ausübung des Stimmrechts und gerichtliche Einziehung der Anteile Das Stimmrecht, das sich aus den von der Geschäftsleitung gehaltenen Ge- 144 sellschaftsanteilen ableitet, darf außerdem nach Art. L 631-19-1 Abs. 2 S. 1 C.com. für eine vom Gericht bestimmte Zeit von einem gerichtlichen Vertreter (mandatairead hoc) ausgeübt werden.530) Weiter kann das Gericht gem. Art. L 631-19-1 Abs. 2 S. 2 C.com. auch die 145 Veräußerung dieser Anteile zu einem von einem Sachverständigen festgesetzten Preis anordnen.531) Der Verkaufswert der Anteile wird sich regelmäßig ___________ 525) Vgl. grundsätzlich zur Rolle des ministère public in der redressement judiciaire: Flores, Ministère public – Les fonctions judiciaires du ministère public, 12/2019, Rn. 163 ff. 526) Monsèrié-Bon, Entreprise en difficulté-Gestion de l’entreprise, 10/2020, Rn. 34; Lienhard, Procédures collectives, 2020 – 2021, Rn. 116.32; Piédelièvre/Guerchoun, Saisies et mesures conservatoires, 10/2020, Rn. 14. 527) Lienhard, Procédures collectives, 2020 – 2021, Rn. 116.32; Klaiber, Zur Stellung der Gläubiger und Gesellschafter im französischen Recht der Kollektivverfahren, S. 183. 528) Lienhard, Procédures collectives, 2020 – 2021, Rn. 116.32; Klaiber, Zur Stellung der Gläubiger und Gesellschafter im französischen Recht der Kollektivverfahren, S. 183. 529) Beder, Publicité légale, Mars 2021, Rn. 194. 530) Cagnoli, Entreprise en difficulté: procédure et organes, 05/2021, Rn. 582. 531) Cagnoli, Entreprise en difficulté: procédure et organes, 05/2021, Rn. 582; Blanc, Entreprise en difficulté, 04/2021, Rn. 203.

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D. Mögliche gesellschaftsrechtliche Planmaßnahmen

nach dem Zerschlagungswert des Unternehmens richten und dementsprechend niedrig ausfallen. Unabhängig von dem vermeintlich schlechten Verkaufserlös kommt die zwangsweise Veräußerung der Anteile einer gerichtlich angeordneten Enteignung gleich.532) Das Gericht kann frei entscheiden, ob alle Anteile der Geschäftsführer abzutreten sind oder nur ein Teil.533) Das Ziel der zwangsweisen Abtretung der Anteile liegt darin, eine ablehnende Abstimmung der Geschäftsführer über Planmaßnahmen in der Planabstimmung zu verhindern.534) Das kann zur Folge haben, dass, obwohl keine übertragende Sanierung im Rahmen eines plan de cession beschlossen wurde, ein neuer Mehrheitsgesellschafter trotz eines eigentlich anvisierten Fortführungsvertrags eingesetzt werden kann.535) (3) Zwangsweiser Austausch der Geschäftsleitung 146 Weiter kann das Gericht nach Art. L. 631-19-1 Abs. 1 C.com. die Bestätigung eines Plans zur Unternehmensfortführung von einem Austausch der Geschäftsleitungsorgane abhängig machen.536) Damit hat das Gericht auch großes Drohpotenzial bezüglich der Veräußerung der von der Geschäftsleitung gehaltenen Gesellschaftsanteile: Sollten sich die Geschäftsführer der Veräußerung entgegenstellen, steht dem Gericht zu, die Planbestätigung unter die Bedingung der Einsetzung einer neuen Geschäftsleitung zu stellen.537) 2. Deutsches Recht 147 Ein derartiger direkter enteignender Eingriff in die Gesellschafterrechte durch die Gerichte ist dem deutschen Sanierungs- und Insolvenzrecht fremd.538) Ein solcher Eingriff kann im Unterschied zum französischen Recht auch nicht durch die Verknüpfung der Geschäftsführer- und Gesellschafterstellung gerechtfertigt werden. Ganz im Gegenteil scheint die Geschäftsführung besonders im Schutzschirm- und Eigenverwaltungsverfahren stärker eingebunden zu sein und es scheint nach § 276a Abs. 1 S. 1 InsO gesetzgeberisch zumindest unterstützt, eine Sanierung unter der bisherigen Geschäftsleitung

___________ 532) Cagnoli, Entreprise en difficulté: procédure et organes, 05/2021, Rn. 582; Blanc, Entreprise en difficulté, 04/2021, Rn. 203. 533) Blanc, Entreprise en difficulté, 04/2021, Rn. 203. 534) Blanc, Entreprise en difficulté, 04/2021, Rn. 202. 535) Blanc, Entreprise en difficulté, 04/2021, Rn. 202. 536) Klaiber, Zur Stellung der Gläubiger und Gesellschafter im französischen Recht der Kollektivverfahren, 2019, S. 184; Blanc, Entreprise en difficulté, 04/2021, Rn. 204. 537) Vgl. Cagnoli, Entreprise en difficulté: procédure et organes, 05/2021, Rn. 582. 538) Vgl. auch Klaiber, Zur Stellung der Gläubiger und Gesellschafter im französischen Recht der Kollektivverfahren, 2019, S. 272.

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IV. Eingriffsbefugnis der Gerichte in Gesellschafterrechte/Geschäftsführungsbefugnisse

zu ermöglichen.539) Eine zwangsweise Abtretung der Gesellschaftsanteile widerspricht zum einen dem konsensualen Ansatz sowohl des Schutzschirmverfahrens als auch der beiden Planverfahren im deutschen Recht.540) Zum anderen ist aus dem Wortlaut des § 225 Abs. 1 InsO541) vielmehr eine grundsätzliche Unberührtheit der Gesellschaftsanteile abzuleiten,542) die gerade nicht mit einem direkten hoheitlichen Zugriff auf die Gesellschafterrechte vereinbar ist. Auch das Zusammenfallen der Geschäftsführer- und Gesellschafterstellung rechtfertigt keine hiervon abweichende Bewertung. Zwar kann das Gericht im deutschen Recht ebenfalls ein Verfügungsverbot 148 gegenüber der Geschäftsleitung der schuldnerischen Gesellschaft erteilen – nach § 21 Abs. 2 S. 11 Nr. 2 InsO greift dieses sogar bereits im Eröffnungsverfahren und nicht erst in Form des Insolvenzbeschlags nach Verfahrenseröffnung. Weiter kann das Gericht nach § 49 Abs. 1 StaRUG die Aussetzung von Zwangsvollstreckungen oder Verwertungsmaßnahmen bereits parallel zum Planabstimmungsverfahren nach StaRUG anordnen.543) Allerdings sind weder das Verfügungsverbot noch die Stabilsierungsanordnung nach § 49 StaRUG vergleichbar mit der hoheitlich angeordneten Veräußerungssperre nach Art. 631-10 Abs. 1 C.com. Im Gegensatz zum französischen Recht zielen die Maßnahmen auf die Sicherung schuldnerischen Vermögens und erstrecken sich gerade nicht auf Gesellschaftsanteile, welche im Eigentum der Geschäftsleitung stehen. Das Gericht hat keinen direkten hoheitlichen Zugriff auf das Vermögen der Geschäftsleitung. Ebenso wenig hat das Gericht die Befugnis, die Abberufung der Geschäftsleitung zu forcieren.544) Es bleibt festzuhalten, dass die starke Rolle des Gerichts und die Eingriffsbe- 149 fugnis in die Rechte und die Stellung der Geschäftsleitung nach französischem Recht dem deutschen Recht weitestgehend fremd sind. ___________ 539) Zur Diskussion der Rolle der Geschäftsführung in der GmbH in Eigenverwaltung vgl. weiterführend Klöhn, NZG 2013, 81 ff.; Zur Abgrenzung der Kompetenzbereiche der Gesellschafterversammlung und der Geschäftsführung im Falle der Eigenverwaltung vgl. Schulz, Sanierungsgeschäftsführung in Krise und Eigenverwaltung, 2017, S. 158 ff. 540) Vgl. Klaiber, Zur Stellung der Gläubiger und Gesellschafter im französischen Recht der Kollektivverfahren, 2019, S. 272. 541) § 2 Abs. 3 StaRUG ist im Vergleich dazu zwar offener formuliert, allerdings gilt auch im StaRUG Verfahren aufgrund der Trennung zwischen dem schuldnerischen Vermögen und dem Gesellschaftervermögen vom Grundsatz der Unberührtheit der Gesellschaftsanteile. 542) Hirte, in: Uhlenbruck InsO, 15. Aufl. 2019, § 225a Rn. 5; Andres, in: Andres/Leithaus InsO, 4. Aufl. 2018, § 225a Rn. 2. 543) Vgl. zur Stabilisierungsanordnung Brinkmann, ZIP 2020, 2361, 2362; De Bruyn/Ehmke, NZG 2021, 661, 663 f. 544) Vgl. Klaiber, Zur Stellung der Gläubiger und Gesellschafter im französischen Recht der Kollektivverfahren, 2019, S. 273. Lediglich in Ausnahmefällen kann das Gericht ein Tätigkeitsverbot aussprechen, so zum Beispiel nach § 6 Abs. 2 S. 2 GmbHG oder § 76 Abs. 3 S. 2 Nr. 2 AktG.

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D. Mögliche gesellschaftsrechtliche Planmaßnahmen

3. Englisches Recht 150 Auch das englische Recht kennt derart weitreichende Eingriffsbefugnisse des zuständigen Gerichts wie nach französischem Beispiel nicht. 151 Im insolvenzrechtlichen CVA wäre eine solche hoheitliche Befugnis bereits wesensfremd, da es sich um ein Vergleichsverfahren mit nur sehr geringer gerichtlicher Beteiligung handelt.545) Zwar kann die Verfügungsbefugnis der Geschäftsführer mittels Vereinbarung der Parteien im CVA begrenzt werden.546) Allerdings hat das Gericht diese Eingriffsbefugnis gerade nicht. Die Wirksamkeit des zwischen dem Schuldner, dessen Gläubigern und eventuell Gesellschaftern erarbeiteten Vergleichs bedarf noch nicht einmal einer gerichtlichen Planbestätigung.547) 152 Sowohl im Scheme of Arrangement nach Part 26 des Companies Act als auch im Restructuring Plan des CIGA nach Part 26A ist zwar das zuständige Gericht stärker beteiligt als in einem CVA.548) Allerdings beschränkt sich die Rolle des Gerichts auch bei diesen beiden Verfahren auf die Eröffnung des Verfahrens sowie eine anschließende Überprüfung des ausgehandelten Vergleichs hinsichtlich der eigenen Zuständigkeit und der Rechtmäßigkeit des Vergleichs.549) Zwar steht dem Gericht bei Bejahung der Zuständigkeit und der Rechtmäßigkeit auch ein Ermessen zur Bewertung der Fairness des Vergleichs offen, allerdings prüft das Gericht dabei nur, ob das Scheme von vernünftigen und redlich handelnden Geschäftsleuten angenommen werden durfte.550) Es kann keine eigenen Bedingungen, wie die Abberufung der Geschäftsleitung, stellen oder direkt über das Eigentum der am Verfahren Beteiligten verfügen. 153 Lediglich in der Folge einer Haftung der Geschäftsführer wegen einer Insolvenzverschleppung (fraudulent oder wrongful trading) wird häufig auch deren Geschäftsführertätigkeiten nach dem Company Directors Disqualification Act 1986 untersagt.551) In besonders schweren Fällen kann den betreffenden Personen ein Verbot der Ausübung von Geschäftsführungsämtern für 15 Jahre ___________ 545) Vgl. bereits Rn. 23 f. 546) Vgl. dazu die beispielhafte Aufführung von möglichen Klauseln eines Arrangement bei Goode, Principles of Corporate Insolvency Law, 5th ed. 2019, Rn. 12-45. 547) Siehe bereits oben Rn. 33 f. 548) Milman, Co. L.N. 2011, 301, 1, 2; Goode, Principles of Corporate Insolvency Law, 5th ed. 2019, Rn. 12-13; Schlegel, in: MüKo-InsO, 4. Aufl. 2021, Länderbericht England, Rn. 80. 549) Payne, E.B.O.R. 2013, 14 (4), 563, 566 f. 550) Milman, Co L.N. 2014, 358, 1, 3. 551) Goode, Principles of Corporate Insolvency Law, 5th ed. 2019, Rn. 14-59; Schlegel, in: MüKo-InsO, 4. Aufl. 2021, Länderbericht England, Rn. 109; Weiterführend zur Haftung wegen wrongful trading und fraudulent trading vgl. Rajak, Co L.N. 2017, 392, 1 ff.; Dine, J.B.L. 1994, Jul, 325 ff.; Dabor, Comp. Law. 2018, 39 (8), 243 ff.

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IV. Eingriffsbefugnis der Gerichte in Gesellschafterrechte/Geschäftsführungsbefugnisse

auferlegt werden.552) Insoweit sind im Ansatz ähnliche Tendenzen wie im französischen Recht zu erkennen: Die Geschäftsführungsfähigkeiten der Geschäftsführer einer schuldnerischen Gesellschaft werden angezweifelt. Allerdings kommt eine derartige Haftung der Geschäftsleiter zum einen nur im Regelverfahren in Betracht. Zum anderen erfordert die Disqualifizierung im englischen Recht ein festgestelltes Fehlverhalten mit Gläubigerbenachteiligungsabsicht, welche eine strafrechtliche Sanktionierung nach sich zog.553) Im Unterschied zum französischen Sanierungsrecht ist eine Suspendierung der Geschäftsleiter weder im Sanierungsplanverfahren möglich noch kann das Gericht die Abberufung eigenständig beschließen. 4. Zwischenergebnis Bezüglich der Stellung der Geschäftsleitung ist das englische Sanierungsrecht 154 dem deutschen Sanierungsrecht ähnlicher als dem französischen Recht. Beiden erstgenannten Rechtsordnungen sind die dem französischen Gericht eingeräumten Eingriffsbefugnisse sowohl in das Eigentum als auch in die Stellung der Geschäftsleitung fremd.

___________ 552) Dine, J.B.L. 1994, Jul, 325, 325; Schlegel, in: MüKo-InsO, 4. Aufl. 2021, Länderbericht England, Rn. 109. 553) Dine, J.B.L. 1994, Jul, 325, 326.

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E. Rechtsschutzmöglichkeiten der Gesellschafter gegen gesellschaftsrechtliche Planmaßnahmen Wie festgestellt, nehmen die Gesellschafter in den untersuchten Rechtsord- 155 nungen sehr unterschiedliche Rollen im Rahmen der Sanierungs- und Insolvenzplanverfahren ein. Zu untersuchen bleibt nun in der Folge, inwieweit Gesellschafter während des Planabstimmungsverfahrens rechtlich geschützt werden und inwieweit ihnen Rechtsmittel gegen die bestätigten Planmaßnahmen offenstehen. I. Deutsches Recht Sowohl im Insolvenzplanverfahren als auch im Restrukturierungsplanverfah- 156 ren sind Eingriffe in die Gesellschafterrechte möglich. In beiden Verfahren haben die Anteilsinhaber in beiden verschiedene Rechtsschutzmöglichkeiten gegen diese Eingriffe. 1. Im Insolvenzplanverfahren a) Keine Zustimmungsfiktion, § 245 Abs. 1, Abs. 3 InsO Im Insolvenzplanverfahren ist als chronologisch erster Rechtsschutzmecha- 157 nismus die Anordnung des Obstruktionsverbots nach § 245 Abs. 1, Abs. 3 InsO zu nennen. Nach dem Schlechterstellungsverbot des § 245 Abs. 1 Nr. 1 InsO greift die Zustimmungsfiktion nur, wenn die einzelnen gegen die Planmaßnahmen stimmenden Beteiligten nicht schlechter gestellt werden, als sie ohne den Insolvenzplan stünden.554) Im Insolvenzplanverfahren ist das Vergleichsszenario zur Feststellung einer Schlechterstellung das Regelverfahren, mithin der Liquidationswert des Unternehmens und somit grundsätzlich die Quotenzahlung an die Beteiligten.555) Nur wenn konkrete Anhaltspunkte für eine übertragende Sanierung im Rahmen des alternativen Regelverfahrens bestehen, hat das Gericht den potentiellen Kaufpreis der Vergleichsrechnung zugrunde zu legen.556) Da Gesellschafter und Anteilsinhaber bei der Liquidation des Unternehmens im Regelverfahren nur im Rahmen der Nachtragsverteilung nach § 199 S. 2 InsO zu berücksichtigten sind, ist die Hürde für das Schlechterstellungsverbot nicht besonders hoch.557) ___________ 554) Rühle, in: Nerlich/Römermann, InsO, 42. EL Feb. 2021, § 245 Rn. 5; Andres, in: Andres/ Leithaus, InsO, 4. Aufl. 2018, § 245 Rn. 3; Lüer/Streit, in: Uhlenbruck InsO, 15. Aufl. 2019, § 245 Rn. 5; Spliedt, in: K. Schmidt InsO, 19. Aufl. 2016, § 245 Rn. 7. 555) Rühle, in: Nerlich/Römermann, InsO, 42. EL Feb. 2021, § 245 Rn. 9; Andres, in: Andres/ Leithaus, InsO, 4. Aufl. 2018, § 245 Rn. 3; Lüer/Streit, in: Uhlenbruck InsO, 15. Aufl. 2019, § 245 Rn. 5; Spliedt, in: K. Schmidt InsO, 19. Aufl. 2016, § 245 Rn. 7. 556) Haas, in: HK-InsO, 10. Aufl. 2020, § 245 Rn. 8; Rühle, in: Nerlich/Römermann, InsO, 42. EL Feb. 2021, § 245 Rn. 9; Spliedt, in: K. Schmidt InsO, 19. Aufl. 2016, § 245 Rn. 11. 557) Vgl. Drukarczyk/Schüler, in: MüKo-InsO, 4. Aufl. 2020, § 245 Rn. 103.

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E. Rechtsschutzmöglichkeiten der Gesellschafter gegen Planmaßnahmen

158 Nach § 245 Abs. 1 Nr. 2 InsO ist Bedingung für die Zustimmungsfiktion weiter die angemessene Beteiligung der Gruppenmitglieder am wirtschaftlichen Planmehrwert. Für die in den Plan einbezogenen Anteilseigner ist die Bedingung der angemessenen Beteiligung nach § 245 Abs. 3 InsO konkretisiert.558) Die Norm verbietet die Überbefriedigung der Gläubiger nach § 245 Abs. 3 Nr. 1 InsO ebenso wie die Besserstellung gleichrangiger Anteilseigner nach § 245 Abs. 3 Nr. 2 InsO.559) Geschützt werden allerdings nur die vermögenswerten Restwerte der Anteile und gerade keine mitgliedschaftlichen Rechte, welche im Normalfall ebenfalls im wirtschaftlichen Wert des Anteils eingepreist sind.560) Sollten die Planregelungen gegen die Regelungen des § 245 Abs. 1, Abs. 3 InsO verstoßen, sind die Anteilseigner vor einer Zustimmungsfiktion geschützt. b) Minderheitenschutzantrag, § 251 Abs. 1 InsO 159 Falls diese Bedingungen jedoch erfüllt sind und mittels Obstruktionsverbots die Zustimmung der jeweiligen Gruppe fingiert wird, können die Gläubiger trotzdem gegen die Planbeschlüsse vorgehen. Nach § 251 Abs. 1 InsO wird den Planbeteiligten in diesem Fall Minderheitenschutz gewährt. Auch Anteilseignern steht es offen, mittels Antrags nach § 251 InsO Rechtsschutz gegen Planmaßnahmen zu ersuchen.561) Dabei ist auf Antrag eines Planbeteiligten die Planbestätigung zu versagen, wenn der Antragsteller durch den Plan voraussichtlich schlechter gestellt wird, als er ohne einen Plan stünde und wenn er dem Plan bereits spätestens im Abstimmungstermin schriftlich oder zu Protokoll widersprach, vgl. § 251 Abs. 1 Nr. 1, Nr. 2 InsO. Zu beachten ist, dass der Minderheitenschutzantrag nach § 251 Abs. 2 InsO nur zulässig ist, wenn der Antragsteller spätestens im Abstimmungstermin glaubhaft gemacht hat, dass er durch den Plan voraussichtlich schlechter gestellt ist als durch das Regelverfahren. Die voraussichtliche Schlechterstellung des § 251 Abs. 1 Nr. 2 InsO stellt ein materielles Planbestätigungshindernis dar. Sofern dieses glaubhaft gemacht wird, darf das zuständige Gericht den Insolvenzplan nicht bestätigen.562) Allerdings besteht die Möglichkeit, eine Schlechterstellung im ___________ 558) Vgl. Drukarczyk/Schüler, in: MüKo-InsO, 4. Aufl. 2020, § 245 Rn. 102; Rühle, in: Nerlich/ Römermann, InsO, 42. EL Feb. 2021, § 245 Rn. 25; Spliedt, in: K. Schmidt InsO, 19. Aufl. 2016, § 245 Rn. 35. 559) Spliedt, in: K. Schmidt InsO, 19. Aufl. 2016, § 245 Rn. 35; Rühle, in: Nerlich/ Römermann, InsO, 42. EL Feb. 2021, § 245 Rn. 25; Drukarczyk/Schüler, in: MüKo-InsO, 4. Aufl. 2020, § 245 Rn. 102. 560) Vgl. Hölzle, ZIP 2014, 1819, 1822 f.; Spliedt, in: K. Schmidt InsO, 19. Aufl. 2016, § 245 Rn. 35; Kritisch hierzu BGH NZI 2014, 751 Rn. 42; Schäfer, ZIP 2015, 1208, 1210; ders., ZIP 2016, 1911. 1913. 561) Sinz, in: MüKo-InsO, 4. Aufl. 2020, § 251 Rn. 7; Lüer/Streit, in: Uhlenbruck InsO, 15. Aufl. 2019, § 251 Rn. 14. 562) Rühle, in: Nerlich/Römermann, InsO, 42. EL Feb. 2021, § 251 Rn. 14; Sinz, in: MüKoInsO, 4. Aufl. 2020, § 251 Rn. 7.

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I. Deutsches Recht

Sinne des § 251 Abs. 1 Nr. 2 InsO auszuräumen. Eine voraussichtliche Schlechterstellung kann die Planbestätigung nicht hindern, wenn gem. § 251 Abs. 3 InsO im gestaltenden Teil finanzielle Mittel zum Ausgleich bereitgestellt werden.563) Diese salvatorische Klausel wurde im Rahmen des ESUG eingefügt, um das Blockadepotenzial der Planbeteiligten – insbesondere der Anteilsinhaber – zu minimieren.564) Ob jedoch der Antragsteller tatsächlich einen Anspruch auf die bereitgestellten Mittel hat, ist nach § 251 Abs. 3 S. 2 InsO außerhalb des Insolvenzplanverfahrens zu entscheiden.565) Mit dieser Rechtsgestaltung kommt einmal mehr der auf den Liquidationswert begrenzte Vermögensschutz zum Ausdruck.566) Eine weitere Einschränkung oder gar ein Verlust des Mitgliedschaftsrechts sei darüber hinaus unbedenklich, da die schuldnerische Gesellschaft im Regelinsolvenzverfahren gelöscht würde und somit die Mitglieder ihre Rechtsstellung verlören.567) Dem nur im Einzelfall fortbestehenden Restwert der Unternehmensanteile sei durch die Ausgleichsregelung des § 251 Abs. 3 InsO ausreichend Rechnung getragen.568) c) Sofortige Beschwerde, § 253 InsO Sollte der Insolvenzplan gerichtlich bereits bestätigt worden sein, steht dem 160 voraussichtlich schlechter gestellten Planbeteiligten noch die sofortige Beschwerde gem. § 253 InsO gegen den Planbestätigungsbeschluss offen.569) Seit den Änderungen durch das ESUG sind nach der Aufzählung in § 253 Abs. 1 InsO auch die in den Plan einbezogenen Anteilsinhaber beschwerdebefugt.570) Weiter bedarf es für die Zulässigkeit des Rechtsbehelfs einer Beschwer im Sinne des § 253 Abs. 2 InsO. Dabei ist zu unterscheiden zwischen der formellen und der materiellen Beschwer.571) Für die formelle Beschwer nach § 253 Abs. 2 Nr. 1, Nr. 2 InsO muss der Beschwerdeführer dem Plan bereits im Abstimmungstermin schriftlich oder zu Protokoll widersprochen haben und zusätzlich im Abstimmungstermin auch gegen den Plan gestimmt haben. Hat der Beschwerdeführer allerdings einen Minderheitenschutzantrag nach § 251 InsO gestellt, ersetzt dieser den Widerspruch gem. § 253 Abs. 2 ___________ 563) Näher hierzu vgl. Lehmann/Rühle, NZI 2015, 151 ff.; Sinz, in: MüKo-InsO, 4. Aufl. 2020, § 251 Rn. 36; Rühle, in: Nerlich/Römermann, InsO, 42. EL Feb. 2021, § 245 Rn. 2. 564) Vgl. Sinz, in: MüKo InsO, 4. Aufl. 2020, § 251 Rn. 36; Lehmann/Rühle, NZI 2015, 151, 152; BT-Drs. 17/5712, S. 34. 565) Sinz, in: MüKo InsO, 4. Aufl. 2020, § 251 Rn. 41. 566) BT-Drs. 17/5712, S. 34; Siehe bereits Rn. 157; Kritisch hierzu Schäfer, ZIP 2015, 1208, 1210; ders., ZIP 2016, 1911. 1913. 567) BT-Drs. 17/5712, S. 34. 568) BT-Drs. 17/5712, S. 35. 569) Vgl. hierzu die Ausführungen bei Bulgrin, Die strategische Insolvenz, 2016, S. 186 ff. 570) Sinz, in: MüKo-InsO, 4. Aufl. 2020, § 253 Rn. 17; BT-Drs. 17/5712, S. 35. 571) Bulgrin, Die strategische Insolvenz, 2016, S. 186.

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E. Rechtsschutzmöglichkeiten der Gesellschafter gegen Planmaßnahmen

Nr. 1 InsO.572) Für eine zulässige Beschwerde ist es jedoch nicht zwingend erforderlich, dass der Beschwerdeführer bereits einen Minderheitenschutzantrag nach § 251 InsO gestellt hat.573) Zusätzlich zur formellen Beschwer des § 253 Abs. 2 Nr. 1, Nr. 2 InsO muss der Beschwerdeführer auch materiell beschwert sein. Diese liegt vor, wenn der Beschwerdeführer nach § 253 Abs. 2 Nr. 3 InsO glaubhaft machen kann, dass er durch den Plan wesentlich schlechter gestellt wird, als er ohne Plan stünde und dass dieser Nachteil nicht durch eine Zahlung aus den in § 251 Abs. 3 InsO genannten Mitteln ausgeglichen werden kann.574) Die Aufnahme von Vorsorgemaßnahmen nach § 251 Abs. 2 Nr. 3 InsO kann demnach die materielle Beschwer ausräumen.575) Zur substantiierten Darlegung entsprechend des Beweismaßstabs nach § 4 InsO i. V. m. § 294 ZPO muss der Gesellschafter eine mit Tatsachen unterlegte Vergleichsrechnung mit dem hypothetischen Ergebnis eines Regelverfahrens erstellen.576) Im Unterschied zum Antrag gem. § 251 InsO muss die Schlechterstellung für die materielle Beschwer einer sofortigen Beschwerde nach § 253 Abs. 2 Nr. 3 InsO wesentlich sein.577) Die sofortige Beschwerde hat Suspensiveffekt, sie verhindert den Eintritt der Rechtskraft des Insolvenzplans und damit die Wirkungen des § 254 InsO gegenüber allen Beteiligten.578) Das Gericht hat nach § 253 Abs. 4 InsO die Möglichkeit, die Beschwerde auf Antrag des Insolvenzverwalters579) zurückzuweisen, wenn die Nachteile einer Planverzögerung den zu erwartenden Nachteil des Antragstellers überwiegen.580)

___________ 572) Spliedt, in: K. Schmidt InsO, 19. Aufl. 2016, § 253 Rn. 6; Sinz, in: MüKo-InsO, 4. Aufl. 2020, § 253 Rn. 27; Rühle, in: Nerlich/Römermann, InsO, 42. EL Feb. 2021, § 253 Rn. 17. 573) BGH, ZIP 2014, 1442 (Suhrkamp); Bulgrin, Die strategische Insolvenz, 2016, S. 186, 186. 574) Rühle, in: Nerlich/Römermann, InsO, 42. EL Feb. 2021, § 253 Rn. 18. 575) BGH, ZIP 2014, 1442, Rn. 10 (Suhrkamp); Lüer/Streit, in: Uhlenbruck InsO, 15. Aufl. 2019, § 253 Rn. 9. 576) Rühle, in: Nerlich/Römermann, InsO, 42. EL Feb. 2021, § 253 Rn. 20. 577) Lüer/Streit, in: Uhlenbruck InsO, 15. Aufl. 2019, § 253 Rn. 8, eine solche kann nach der Rechtsprechung erst bejaht werden, wenn das zu erwartende Planergebnis voraussichtlich mindestens 10 % unter dem Vergleichswert der Liquidation im Regelverfahren liegt, vgl. BGH, ZIP 2014, 1442, Rn. 10 (Suhrkamp). 578) Lüer/Streit, in: Uhlenbruck InsO, 15. Aufl. 2019, § 253 Rn. 1. 579) Ob im Falle eines Insolvenzplanverfahrens in Eigenverwaltung der Sachwalter oder der Schuldner selbst nach § 253 Abs. 4 InsO berechtigt sind, verhält sich der Wortlaut nicht. Wegen der lediglich überwachenden Funktion des Sachwalters sprechen wohl die besseren Argumente dafür, den Schuldner selbst als antragsberechtigt anzusehen, so auch Sinz, in: MüKo-InsO, 4. Aufl. 2020, § 253 Rn. 60; Fischer, NZI 2013, 513, 516. 580) Letztlich bedingt spätestens diese Zurückweisungsmöglichkeit die geringen Erfolgsaussichten der sofortigen Beschwerde; vgl. hierzu BGH, ZIP 2014, 1442, Rn. 10 (Suhrkamp); Bulgrin, Die strategische Insolvenz, 2016, S. 186, 187.

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I. Deutsches Recht

2. Im Restrukturierungsplanverfahren nach StaRUG Da Anteilsinhaber ebenfalls Planbetroffene des Restrukturierungsplans nach 161 § 2 Abs. 3 StaRUG sein können,581) muss es ihnen auch möglich sein, Rechtsschutz gegen den Restrukturierungsplan zu ersuchen. Die vom Gesetzgeber gewählten Mechanismen hierfür lehnen sich weitestgehend an die soeben dargestellten Regelungen im Insolvenzplanverfahren an. Im Unterschied zu letzterem muss im vorinsolvenzlichen Restrukturierungsverfahren allerdings dem Umstand Rechnung getragen werden, dass die Anteilsrechte nicht selten noch einen größeren Restwert haben als nach der Eröffnung eines Insolvenzverfahrens. Insbesondere mit Blick auf Art. 9 GG und Art. 14 GG muss den Anteilsinhabern deswegen durch das StaRUG ausreichender Rechtsschutz gewährt werden.582) a) Schutz vor einem klassenübergreifenden Cram-Down, § 26 StaRUG Vergleichbar zum Obstruktionsverbot in § 245 Abs. 1 InsO kann auch im 162 Restrukturierungsverfahren nach § 26 Abs. 1 StaRUG die Zustimmung einer Abstimmungsgruppe fingiert werden.583) Dabei dürfen die jeweiligen Gruppenbeteiligten nach § 26 Abs. 1 Nr. 1, Nr. 2 InsO, ebenso wie im Insolvenzplanverfahren, durch die Planmaßnahmen nicht schlechter gestellt werden und müssen wirtschaftlich angemessen am Planmehrwert beteiligt werden, vgl. § 27 StaRUG.584) Die Vorschrift setzt die Vorgaben des Art. 11 Abs. 1 UAbs. 1 lit. a iVm. Art. 10 Abs. 2 UAbs. 1it. d der Restrukturierungsrichtlinie um.585) Zusätzlich zu den Voraussetzungen des § 245 Abs. 1 Nr. 1 – 3 InsO muss im Restrukturierungsverfahren die Mehrheit der Gruppen nach § 26 Abs. 1 Nr. 3 StaRUG dem Vorschlag zustimmen.586) Das entspricht der Vorgabe des Art. 11 Abs. 1 UAbs. 1 lit. b Restrukturierungsrichtlinie. Fraglich ist jedoch, ob im Restrukturierungsverfahren nach StaRUG auch der Liquidationswert als Vergleichswert für die Bemessung der Schlechterstellung der Planbetroffenen herangezogen werden sollte. Im Unterschied zum Insolvenzplanverfahren ist der Zugang zum Restrukturierungsverfahren nicht erst bei materieller Insolvenzreife der Schuldnerin eröffnet. Im Gegenteil ist den Aufhebungsgründen nach § 33 Abs. 2 StaRUG sowie der Gesetzesbegründung587) vielmehr zu entnehmen, dass für den Zugang zum Restrukturierungsrahmen gerade keine Insolvenzreife im Sinne einer Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung vor___________ 581) 582) 583) 584) 585) 586) 587)

Vgl. bereits Rn. 68. Vgl. Spahlinger, NZI-Beilage 2019, 69, 70. Vgl. bereits Rn. 20, 68. Distler, ZIP 2021, 1033, 1035. Distler, ZIP 2021, 1033, 1035. Vgl. hierzu Kern, NZI-Beilage, 74, 75. RegE-StaRUG, BT Drs. 19/24181, zu § 34 Abs. 3, S. 137.

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E. Rechtsschutzmöglichkeiten der Gesellschafter gegen Planmaßnahmen

liegen darf.588) Als zentraler Aspekt des Restrukturierungsplans dürfte sich in der Zukunft deswegen auch die nach § 6 Abs. 2 StaRUG in den darstellenden Teil des Restrukturierungsplans aufzunehmende Vergleichsrechnung herausstellen.589) Zwar überlässt der Gesetzgeber die Feststellung des heranzuziehenden Vergleichswerts der Sanierungspraxis im Einzelfall.590) Auch die Richtlinie sieht hierzu in Art. 2 Abs. 1 Nr. 6 alternative Berechnungsmethoden, entweder zur Bestimmung des Liquidationswertes oder zur Ermittlung auf der Grundlage des nächstbesten Alternativszenarios, vor. Im Unterschied zum Insolvenzplanverfahren ist der Liquidationswert als Vergleichsbasis aber nur anzunehmen, wenn der Verkauf oder eine Fortführung des Unternehmens aussichtslos scheinen.591) b) Minderheitenschutzantrag, § 64 StaRUG 163 Ebenso wie nach § 251 InsO im Insolvenzplanverfahren haben Planbeteiligte nach § 64 StaRUG auch im vorinsolvenzlichen Restrukturierungsverfahren die Möglichkeit, einen Minderheitenschutzantrag zu stellen, um die gerichtliche Planbestätigung nach § 60 Abs. 1 S. 1 StaRUG zu verhindern. Der Minderheitenschutzantrag nach § 64 StaRUG setzt die Vorgaben des Art. 10 Abs. 2 UAbs. 1 lit. d der Restrukturierungsrichtlinie um.592) Danach haben die Mitgliedstaaten sicherzustellen, dass eine Justiz- oder Verwaltungsbehörde überprüft, ob das Kriterium des Gläubigerinteresses gewahrt wird durch den Restrukturierungsplan.593) Zwar erfassen Art. 10 Abs. 2 UAbs. 1 lit. d sowie Art. 2 Abs. 1 Nr. 6 der Restrukturierungsrichtlinie nur die Gläubiger als schützenswerten Personenkreis. Allerdings entschied sich der deutsche Gesetzgeber bei der Umsetzung der Richtlinie für eine Eingriffsmöglichkeit des Restrukturierungsplans in die Rechte der Anteilsinhaber. Aus diesem Grund erstreckt § 64 Abs. 1 StaRUG den Schutz auch auf die in den Plan einbezogenen Anteilsinhaber.594) 164 Bei der gesetzestechnischen Umsetzung des Minderheitenantrags nach § 64 StaRUG orientierte sich der Gesetzgeber an § 251 InsO. Der im Unterschied zu § 251 Abs. 1 InsO eingefügte Zusatz des § 64 Abs. 1 S. 2 StaRUG nimmt die Situation der Wertminderung einer Absonderungsanwartschaft infolge einer Stabilisierungsanordnung nach § 49 StaRUG in den Blick. Auf eine Schlechterstellung der Absonderungsberechtigten, die auf die Vollstreckungs___________ 588) Balthasar, NZI-Beilage 2021, 18, 19. 589) Vgl. so auch Grau/Pohlmann/Radunz, NZI 2021, 522, 525; Thole, ZIP 2020, 1985, 1989; Girotto/Czernay, NZI-Beilage 2021, 66, 68. 590) Fendel, in: Braun StaRUG, 1. Aufl., 2021, § 64 Rn. 9. 591) Thole, ZIP 2020, 1985, 1989; Girotto/Czernay, NZI-Beilage 2021, 66, 68. 592) Fendel, in: Braun StaRUG, 1. Aufl., 2021, § 64 Rn. 1. 593) Fendel, in: Braun StaRUG, 1. Aufl., 2021, § 64 Rn. 1. 594) Fendel, in: Braun StaRUG, 1. Aufl., 2021, § 64 Rn. 1.

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I. Deutsches Recht

und Verwertungssperren nach § 49 Abs. 1 Nr. 1, Nr. 2 StaRUG zurückzuführen ist, kann ein Minderheitenschutzantrag nicht gestützt werden. Damit soll verhindert werden, dass die Stabilisierungsanordnung durch den Minderheitenantrag nach § 64 StaRUG im Nachhinein untergraben wird. Ebenso wie nach § 251 Abs. 3 InsO können die Plangestalter nach § 64 Abs. 3 StaRUG einen Minderheitenschutzantrag durch die Bereitstellung von Mitteln zum Ausgleich einer glaubhaft gemachten Schlechterstellung unterbinden.595) Obwohl diese Regelung keine Vorlage in der Restrukturierungsrichtlinie findet, scheint sie mit deren Vorgaben zumindest vereinbar, weil mit den zurückgestellten finanziellen Mitteln die Schlechterstellung der dissentierenden Planbeteiligten ausgeglichen werden könnte. Ob den Planbeteiligten tatsächlich ein Anspruch auf finanziellen Ausgleich aus den bereitgestellten finanziellen Mitteln zusteht, ist nach § 64 Abs. 3 S. 2 StaRUG außerhalb des Restrukturierungsrahmens zu klären.596) Insoweit entspricht der Minderheitenschutz den Regelungen im Insolvenzplanverfahren und beschränkt sich ebenfalls auf einen lediglich finanziellen Schutz der Gesellschafterstellung. Das ist mit den Vorgaben der Restrukturierungsrichtlinie vereinbar. c) Sofortige Beschwerde, § 66 StaRUG Auch die Regelungen über die sofortige Beschwerde nach § 66 StaRUG sind 165 weitestgehend an der Regelung des § 253 InsO orientiert. Allerdings steht die Beschwerdebefugnis nach § 66 Abs. 1 S. 1 StaRUG gegen die Ablehnung der Planbestätigung nur dem Schuldner zu. Der Schuldner hat andererseits keine Beschwerdebefugnis gegen eine Planbestätigung. Einer solchen bedarf er allerdings auch nicht, da nur der Schuldner ein Planinitiativrecht innehat und nur der Schuldner die Planbestätigung überhaupt beantragen darf.597) Es ist demnach konsequent, nur dem Schuldner die Anfechtung einer Planablehnung zu ermöglichen.598) Die Beschwerdefrist ist eine Notfrist und beträgt nach der Anwendung des § 569 ZPO über § 40 StaRUG zwei Wochen.599) Sie beginnt mit der Verkündung des Beschlusses. Vergleichbar mit der sofortigen Beschwerde des § 253 InsO muss der Beschwerdeführer durch substantiierte Darlegung glaubhaft machen, dass er durch den Plan wesentlich schlechter

___________ 595) Fendel, in: Braun StaRUG, 1. Aufl., 2021, § 64 Rn. 14. 596) Kritisch zu der dadurch den Plangestaltern eröffneten Möglichkeit der Ausschließung der Gesellschafter gegen Bereitstellung einer Abfindung und dem dadurch ineffizienten Minderheitenschutz vgl. Schäfer, ZIP 2020, 2164, 2167. 597) Begr. zu § 73 RegE SanInsFoG (heute § 66), S. 192; Fendel, in: Braun StaRUG, 1. Aufl., 2021, § 66 Rn. 4. 598) Begr. zu § 73 RegE SanInsFoG (heute § 66), S. 192; Fendel, in: Braun StaRUG, 1. Aufl., 2021, § 66 Rn. 4. 599) Fendel, in: Braun StaRUG, 1. Aufl., 2021, § 66 Rn. 6.

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E. Rechtsschutzmöglichkeiten der Gesellschafter gegen Planmaßnahmen

gestellt wird.600) Der wichtigste Unterschied zur sofortigen Beschwerde nach § 253 InsO ist jedoch der fehlende Suspensiveffekt der sofortigen Beschwerde nach § 66 StaRUG.601) Damit soll die von der Restrukturierungsrichtlinie intendierte Verfahrensbeschleunigung mittels zügiger Planbestätigung verwirklicht werden.602) Die im Plan festgelegten Wirkungen treten damit nicht erst mit Rechtskraft des Bestätigungsbeschlusses ein (vgl. § 254 Abs. 1 InsO), sondern schon mit der Verkündung des Bestätigungsbeschlusses gem. § 65 Abs. 1 StaRUG. Eine aufschiebende Wirkung der sofortigen Beschwerde kann auf Antrag des Beschwerdeführers durch das Restrukturierungsgericht nach § 66 Abs. 4 StaRUG nur angeordnet werden, wenn der Vollzug des Plans sonst zu schwerwiegenden und nicht mehr rückgängig zu machenden Nachteilen des Beschwerdeführers führte. Ebenfalls der Verfahrensbeschleunigung dient auch die dem § 253 Abs. 4 InsO entsprechende Befugnis der sofortigen Zurückweisung einer Beschwerde nach § 66 Abs. 5 StaRUG. Ebenso wie der Beschwerdeführer im Insolvenzplanverfahren kann der Beschwerdeführer auch im Restrukturierungsrahmen durch das Gericht auf den Schadensersatzanspruch nach § 66 Abs. 5 S. 4 StaRUG verwiesen werden, sofern die Nachteile einer Planverzögerung die Nachteile des Beschwerdeführers überwiegen. Im Unterschied zur Entschädigungsregelung nach § 64 Abs. 3 StaRUG muss der Restrukturierungsplan keine Rückstellungen für einen Schadensersatzanspruch nach § 66 Abs. 5 StaRUG enthalten.603) 166 Die Aufhebung des planbestätigenden Beschlusses durch das Landgericht führt wie bei einer sofortigen Beschwerde nach § 253 InsO nicht zur Hinfälligkeit der Planabstimmung.604) Das Verfahren wird in den Stand des § 60 StaRUG zurückversetzt. Nur wenn sich der Gesetzesverstoß auch auf die Planabstimmung ausgewirkt hat, ist diese hinfällig und das Beschwerdegericht verweist die Sache unter Aufhebung des Bestätigungsbeschlusses nach § 38 StaRUG i. V. m. § 538 Abs. 2 ZPO zurück. Entscheidet das Beschwerdegericht über die sofortige Beschwerde, kann es die Sache entweder gem. § 38 StaRUG i. V. m. § 538 ZPO an das Restrukturierungsgericht zurückverweisen oder selbst über den Restrukturierungsplan entscheiden.605) Gegen die Beschwerde___________ 600) Fendel, in: Braun StaRUG, 1. Aufl., 2021, § 66 Rn. 9; Das Gesetz schweigt zur genauen Bestimmung der Erheblichkeitsschwelle. Hier kann jedoch nach Fendel, in: Braun StaRUG, 1. Aufl., 2021, § 66 Rn. 9. – wie bei § 253 InsO auch – die 10 % Schwelle angeführt werden. Nur wenn das zu erwartende Planergebnis des Beschwerdeführers nach dessen Glaubhaftmachung mehr als 10 % als sein Ergebnis im Vergleichsszenario beträgt, kann die sofortige Beschwerde zulässig sein. 601) Fendel, in: Braun StaRUG, 1. Aufl., 2021, § 66 Rn. 12. 602) Fendel, in: Braun StaRUG, 1. Aufl., 2021, § 66 Rn. 12. 603) Fendel, in: Braun StaRUG, 1. Aufl., 2021, § 66 Rn. 13; siehe auch den Vergleich zu § 253 Abs. 4 InsO, welcher im Unterschied zu § 251 Abs. 3 InsO ebenfalls keine finanziellen Mittel für den Fall einer sofortigen Beschwerde vorsehen muss. 604) Fendel, in: Braun StaRUG, 1. Aufl., 2021, § 66 Rn. 16. 605) Fendel, in: Braun StaRUG, 1. Aufl., 2021, § 66 Rn. 16.

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II. Französisches Recht

entscheidung des Landgerichts ist – wie im Fall einer sofortigen Beschwerde nach § 253 InsO – die Rechtsbeschwerde statthaft, sollte diese vom Landgericht zugelassen werden, vgl. § 38 StaRUG i. V. m. § 574 Abs. 1 Nr. 2 ZPO. 3. Zwischenergebnis Im deutschen Recht werden Gesellschafter sowohl im Insolvenzplanverfah- 167 ren als auch im Verfahren über den Restrukturierungsrahmen nach StaRUG in jedem Verfahrensstadium durch rechtliche Mechanismen geschützt. Gleichzeitig ist jedoch auffällig, dass zur Verwirklichung des Ziels einer Verfahrensbeschleunigung und damit der Masseerhaltung sowohl Minderheitenanträge nach § 251 InsO bzw. § 64 StaRUG als auch sofortige Beschwerden nach § 253 InsO bzw. § 66 StaRUG mittels Verweises auf Schadensersatzansprüche ausgeräumt werden können. Die deutschen Insolvenz- und Sanierungsplanverfahren bringen mit dieser Ausgestaltung einmal mehr zum Ausdruck, dass Gesellschafterrechte nur ihrem finanziellen Restwert nach geschützt werden. II. Französisches Recht Im Unterschied zum deutschen Sanierungs- und Insolvenzplanverfahren ste- 168 hen Gesellschaftern im französischen sauvegarde oder redressement judiciaire Verfahren keine vergleichbaren Rechtsmittel zur Verfügung. Allerdings stehen den Planbetroffenen andere Mechanismen zur Geltendmachung ihrer Benachteiligung offen. 1. Rechtsschutz im sauvegarde Verfahren a) Kein Schutz vor einer klassenübergreifenden Mehrheitsentscheidung Ein Rechtsschutzmechanismus vergleichbar zu denen des § 245 InsO bzw. 169 des § 26 StaRUG kennt das sauvegarde Verfahren nicht. Das liegt allerdings daran, dass ein klassenübergreifender Cram-Down im Rahmen des Abstimmungsverfahrens über den Sanierungsplan auch nicht möglich ist.606) Der das Obstruktionsverbot einschränkende Schutz des § 245 InsO – bzw. des § 26 StaRUG im mit dem sauvegarde Verfahren vergleichbaren Restrukturierungsrahmen – ist im sauvegarde Verfahren nicht erforderlich. Allerdings ist zu erwarten, dass mit der Umsetzung des Art. 11 der Restrukturierungsrichtlinie, welcher die Möglichkeit eines klassenübergreifenden Cram-Downs vorsieht, eine entsprechende Regelung auch in das französische Sanierungsrecht implementiert wird.607) ___________ 606) Dammann, in: MüKo-InsO, 4. Aufl. 2021, Länderbericht Frankreich, Rn. 120. 607) Vgl. zum Entwurf des französischen Gesetzgebers im Vergleich zu den Vorgaben des StaRUG Dammann/Malavielle, Recueil Dalloz, 293 ff.; Vgl. zum Umsetzungsentwurf auch schon oben Rn. 55 ff.

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E. Rechtsschutzmöglichkeiten der Gesellschafter gegen Planmaßnahmen

b) Kein Minderheitenschutzantrag 170 Aber auch ein Minderheitenschutzantrag im Sinne des § 251 InsO bzw. § 64 StaRUG ist dem französischen präventiven Sanierungsplanverfahren fremd. Im Unterschied zum deutschen Sanierungs- und Insolvenzrecht prüft das Gericht im Zuge der Planbestätigung nach Art. L. 626-11 C.com. vielmehr vorrangig, ob den Interessen aller Gläubiger hinreichend Rechnung getragen wurde, ob der Schuldner noch nicht zahlungsunfähig war und ob die Planregelungen eine reelle Chance bieten, die finanziellen Schwierigkeiten der Schuldnerin auszuräumen.608) Zwar muss das Gericht überprüfen, ob die Interessen aller Gläubiger berücksichtigt wurden und damit eben auch die Interessen der Minderheiten.609) Allerdings gibt es keine Möglichkeit der opponierenden Minderheiten in diesem Stadium einen Antrag zu stellen, um die Planbestätigung zu verhindern. Ein Vergleich zur Situation des Minderheitsgläubigers in einem Insolvenzverfahren in Form eines „best interest of creditors‘ test“ muss das Gericht gerade nicht zu seiner Entscheidungsgrundlage machen.610) Es findet in der Phase der Planbestätigung kein individueller Minderheitenschutz statt.611) Ein „best interest of creditors‘ test“ in Form einer derartigen Vergleichsrechnung ist jedoch mit der Umsetzung der Restrukturierungsrichtlinie zu erwarten.612) Ein solcher Test wurde von der französischen Lehre zum Sanierungsrecht vor Erlass der Restrukturierungsrichtlinie gefordert613) und entspricht der Anforderung des Art. 10 Abs. 2 UAbs. 1 lit. d der Restrukturierungsrichtlinie, wonach die Planbestätigung zu versagen ist, wenn der Plan das Kriterium des Gläubigerinteresses der ablehnenden Gläubiger nicht wahrt. Nach der Definition des Art. 2 Abs. 1 Nr. 6 der Restrukturierungsrichtlinie ist unter dem Kriterium des Gläubigerinteresses ein Schlechterstellungsverbot des ablehnenden Gläubigers zu verstehen im Vergleich zu dessen Befriedigung im Liquidationsverfahren bzw. im nächstbesten Alternativszenario. Um dieses Kriterium zu erfüllen, muss die Umsetzung der Richtlinienvorgaben in das französische Sanierungsrecht das Erstellen einer solchen Vergleichsrechnung im Rahmen eines Minderheitenschutzantrags vorsehen. c) Rechtsbehelfe gegen die gerichtliche Planbestätigung 171 Das Urteil über die Bestätigung oder Ablehnung des Sanierungsplans durch das Insolvenzgericht unterliegt nur wenigen Rechtsbehelfen, obwohl diese bereits im Vergleich zur ursprünglichen Verfahrenseinführung mit dem Ge___________ 608) 609) 610) 611) 612) 613)

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Saint-Alary-Houin, Entreprises en Difficultés, 12e éd. 2020, Rn. 979. Saint-Alary-Houin, Entreprises en Difficultés, 12e éd. 2020, Rn. 980. Dammann, in: MüKo-InsO, 4. Aufl. 2021, Länderbericht Frankreich, Rn. 126. Dammann, in: MüKo-InsO, 4. Aufl. 2021, Länderbericht Frankreich, Rn. 126. Dammann/Malavielle, Recueil Dalloz 2021, 293 f. Vgl. Dammann, in: MüKo-InsO, 4. Aufl. 2021, Länderbericht Frankreich, Rn. 126.

II. Französisches Recht

setz von 1985 ausgeweitet wurden.614) Nach Art. L. 661-1 C.com. können der Schuldner, der Insolvenzverwalter (l’administrateur), der Gläubigerverwalter (mandataire judiciaire), der Betriebsrat (comité d’entreprise)615) und Gläubigerkomitees616) entweder Berufung (l’appel) oder eine Kassationsbeschwerde (pourvoi en cassation)617) gegen das Planbestätigungsurteil einlegen.618) Mangels direkter Einbeziehung der Gesellschafterrechte in den Sanierungsplan haben Gesellschafter auch grundsätzlich keine kodifizierte Möglichkeit, Rechtsmittel gegen den Plan einzulegen. 2. Rechtsschutz im Rahmen der redressement judiciaire Im Unterschied zum Sanierungsplanverfahren sind Anteilsrechte im Insolvenz- 172 planverfahren (redressement judiciaire) plantauglich.619) Zu untersuchen bleibt aber, ob den Anteilsinhabern auch Rechtsschutzmechanismen im Rahmen der Planabstimmung bzw. Rechtsbehelfe gegen einen Planbestätigungsbeschluss zur Verfügung stehen. Das sauvegarde Verfahren dient als Modellverfahren, von welchem das redressement judiciaire nur punktuell abweicht.620) Ähnlichkeiten im Rechtsschutzsystem der Planbeteiligten überraschen also nicht und im Folgenden soll der Fokus nur auf den Abweichungen liegen. a) Kein Schutz gegen klassenübergreifende Mehrheitsentscheidungen Gesellschafter stimmen, wie bereits erörtert621), in einer gesonderten Gesell- 173 schafterversammlung über die Planmaßnahmen eines Insolvenzplans ab. Dementsprechend bedarf es auch im Rahmen der Abstimmung über den plan de redressement keines Schutzes nach dem Beispiel des § 245 InsO. b) Kein Minderheitenschutzantrag Ebenso wie im Rahmen des Sanierungsplanverfahrens besteht auch im Bestä- 174 tigungsverfahren des Insolvenzplans keine Möglichkeit, einen Minderheitenschutzantrag zu stellen, um den Wert des eigenen Anteils geltend zu machen. ___________ 614) Saint-Alary-Houin, Entreprises en Difficultés, 12e éd. 2020, Rn. 1004. 615) Falls es keinen Betriebsrat gibt, nimmt diese Aufgabe stattdessen der Vertreter des öffentlichen Interesses (ministère public) wahr. 616) Gläubiger können sich nach Art. L. 634-26-1 C.com. nicht einzeln, sondern nur nach einer gemeinsamen Entscheidung des jeweiligen Gläubigerkomitees gegen den Planbestätigungsbeschluss wehren. 617) Eine Beschwerde beim Obersten Gerichtshof, dem Cour de Cassation. Die Formalitäten der Rechtsbehelfe richten sich dabei nach allgemeinem Recht (droit commun) und können deswegen an dieser Stelle nur angerissen werden. 618) Saint-Alary-Houin, Entreprises en Difficultés, 12e éd. 2020, Rn. 1004. 619) Vgl. bereits oben Rn. 76 ff. 620) Vgl. bereits oben Rn. 59 ff. 621) Vgl. bereits oben Rn. 76 ff.

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E. Rechtsschutzmöglichkeiten der Gesellschafter gegen Planmaßnahmen

c) Rechtsbehelfe gegen die gerichtliche Planbestätigung 175 Gegen einen Insolvenzplan, der die Fortführung des Unternehmens regelt (plan de continuation) sind dieselben Rechtsbehelfe wie gegen den Sanierungsplan (plan de sauvegarde) möglich. 176 Das Planbestätigungsurteil bezüglich eines Insolvenzplans zur Gestaltung einer übertragenden Sanierung (plan de cession) unterliegt nur wenigen Rechtsmitteln, obwohl die Gesetzesreform von 2005 die Möglichkeiten der gerichtlichen Kontrolle bereits ausgeweitet hat.622) Ein Beschwerderecht gegen den Planbestätigungsbeschluss (droit d’appel) aus Gründen der materiellen Benachteiligung mit dem Ziel, den Beschluss abändern zu lassen (appels-réformation), haben lediglich der Schuldner, der Vertreter des öffentlichen Interesses (ministère public), der übernehmende Rechtsträger oder ein Vertragspartner, dessen Vertrag infolge des Plans beendet wird Art. L. 642-7 C.com.623) Andere Planbetroffene können keine Beschwerde gegen das Planbestätigungsurteil einlegen. Ihnen bleibt nur die Möglichkeit, aufgrund formeller Mängel des Planbeschlusses dessen Nichtigkeit im Wege einer Aufhebungsklage (recours en annulation) geltend zu machen (appels-nullité).624) Weiter kann eine Aufhebungsklage aus Gründen der Verletzung grundlegender Verfahrensregeln (violation des principaux fondamentaux de la procédure) oder eines Machtmissbrauchs (un excès de pouvoir) erhoben werden.625) Allerdings ist nicht abschließend geklärt, wer dabei überhaupt als Verfahrensbeteiligter anzusehen ist. Nach der Rechtsprechung des Kassationsgerichtshofs zählen hierzu nicht die Alt-Gesellschafter,626) was ihnen auch das Recht, eine Aufhebungsklage zu erheben, nimmt. Im Gerichtstermin, in dem eine Maßnahme wie eine zwangsweise Abtretung der Gesellschaftsanteile (cession forcée) oder eine zwangsweise Kapitalerhöhung (dilution forcée) vom Gericht angeordnet wird, müssen die Alt-Gesellschafter zwar angehört werden.627) Allerdings steht den Anteilsinhabern kein Rechtsbehelf gegen den Planbestätigungsbeschluss zu, selbst wenn der Plan die zwangsweise Abtretung von bis zu 95 % der Anteile anordnet.628)

___________ Saint-Alary-Houin, Entreprises en Difficultés, 12e éd. 2020, Rn. 1287. Saint-Alary-Houin, Entreprises en Difficultés, 12e éd. 2020, Rn. 1288. Saint-Alary-Houin, Entreprises en Difficultés, 12e éd. 2020, Rn. 1290. Saint-Alary-Houin, Entreprises en Difficultés, 12e éd. 2020, Rn. 1293. Im vorliegenden Fall bezüglich eines plan de cession; Douai, 21 sept. 1989, n°4, S. 517; Vgl. hierzu auch Saint-Alary-Houin, Entreprises en Difficultés, 12e éd. 2020, Rn. 1292 mit weiterführenden Hinweisen. 627) Dammann, in: BeckOK InsO, Stand: 15.1.2021, Internationales Insolvenzrecht – Frankreich, Rn. 317. 628) Saint-Alary-Houin, Entreprises en Difficultés, 12e éd. 2020, Rn. 1290. 622) 623) 624) 625) 626)

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III. Englisches Recht

III. Englisches Recht 1. Im Scheme of Arrangement Wie bereits festgestellt, gibt es keine Möglichkeit durch ein Scheme of Arrange- 177 ment eine opponierende Gläubigerklasse an den Akkord zu binden.629) Dementsprechend bedarf es auch keines Schutzes vor Übervorteilung opponierender Minderheiten im Sinne des § 26 StaRUG. Auch ein Minderheitenantrag entsprechend dem Beispiel des § 64 StaRUG ist einem Scheme of Arrangement Verfahren fremd. Das Gericht prüft vor der Bestätigung zwar neben der Einhaltung der formellen Voraussetzungen auch, ob der Akkord die Gläubigerinteressen fair berücksichtigt.630) Dabei sind Maßstab aber die Interessen der beteiligten Gläubiger im Gesamten und nicht die finanziellen Interessen der opponierenden Minderheit. Es wird lediglich festgestellt, ob die Mehrheit keinen ungerechtfertigten Vorteil aus ihrer Stellung zieht.631) Ein Schutz übervorteilter Minderheiten nach dem Beispiel des deutschen Sa- 178 nierungsplanrechts erübrigt sich vermutlich im Rahmen des Scheme of Arrangement bereits aus dem Grund, dass Gläubiger „ohne wirtschaftliches Interesse“ an einem Scheme of Arrangement schon gar nicht in die Abstimmung einzubeziehen sind.632) Gläubiger ohne wirtschaftliches Interesse sind solche, die weder von einem dem Scheme folgenden Verkauf des Unternehmens noch von einer Liquidation der schuldnerischen Gesellschaft profitierten, da die zu erwartenden Erlöse nicht ausreichen, um die ihnen gegenüber vorrangigen Gläubiger zu befriedigen.633) Diese Regelung ist Konsequenz aus der strikten Anwendung der absolute priority rule, welche auch dem Obstruktionsverbot des § 245 InsO zugrunde liegt. Allerdings hat diese Regelung im Scheme of Arrangement nicht nur Auswirkungen auf die Befriedigungsaussichten der Planbeteiligten, sondern führt dazu, dass ganze Gläubigerklassen schon von Amts wegen nicht in der Abstimmung zu berücksichtigen sind und keine Möglichkeit haben, Rechtsbehelfe gegen den Plan geltend zu machen.634) Diese Gläubiger oder Gesellschafter können zwar in dem der Planbestätigung vorgelagerten Gerichtstermin (sanction hearing) ihre Benachteiligung monieren.635) Auswirkungen auf die gerichtliche Entscheidung hat dies allerdings nicht, da ihnen aufgrund der fehlenden Befriedigungsaussicht jegliches wirtschaftliches ___________ 629) Vgl. Rn. 82; Finch/Milman, Corporate Insolvency Law, 3rd ed. 2017, S. 413; Goode, Principles of Corporate Insolvency Law, 5th ed. 2019, Rn. 12-25. 630) Milman, Co. L.N. 2006, 21/22, 1, 1; Finch/Milman, Corporate Insolvency Law, 3rd ed. 2017, S. 410; Goode, Principles of Corporate Insolvency Law, 5th ed. 2019, Rn. 12-24. 631) Goode, Principles of Corporate Insolvency Law, 5th ed. 2019, Rn. 12-24. 632) Vgl. Bereits oben Rn. 82, insbesondere Rn. 104; Goode, Principles of Corporate Insolvency Law, 5th ed. 2019, Rn. 12-24. 633) Goode, Principles of Corporate Insolvency Law, 5th ed. 2019, Rn. 12-24. 634) Goode, Principles of Corporate Insolvency Law, 5th ed. 2019, Rn. 12-24. 635) Goode, Principles of Corporate Insolvency Law, 5th ed. 2019, Rn. 12-24.

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E. Rechtsschutzmöglichkeiten der Gesellschafter gegen Planmaßnahmen

Interesse an der schuldnerischen Gesellschaft abgesprochen wird.636) Auch andere Rechtsbehelfe stehen diesen Gläubigern oder Gesellschaftern in der Folge nicht offen. 2. Im neuen Restrukturierungsverfahren nach CIGA 179 Im Unterschied zum Scheme of Arrangement nach Part 26 des Companies Act, ermöglicht der durch den Corporate Insolvency and Governance Act 2020 neu eingeführte Restrukturierungsplan die Möglichkeit eines klassenübergreifenden Mehrheitsentscheids nach sec. 901G des neu geschaffenen Part 26A des Companies Act.637) Allerdings werden mit der Möglichkeit eines cross-class cram-down keine korrespondierenden zusätzlichen Rechtsschutzmöglichkeiten der opponierenden Minderheiten gegen den Planbestätigungsbeschluss in den Companies Act eingefügt. Der Gesetzesbegründung ist vielmehr zu entnehmen, dass auch im neuen Restructuring Plan der große Ermessensspielraum des Gerichts bezüglich der Planbestätigung erhalten bleibt.638) Selbst wenn die Voraussetzungen eines klassenübergreifenden Mehrheitsentscheids erfüllt sind, hat das Gericht die Möglichkeit, den Restrukturierungsplan als ungerecht und unangemessen („not just and equitable“) abzuweisen.639) Im Unterschied zum Scheme of Arrangement Verfahren ist zwar vorgeschrieben, dass Gläubiger oder Gesellschafter an der Abstimmung grundsätzlich teilnehmen müssen, allerdings kann das Gericht ihnen auch weiterhin das wirtschaftliche Interesse mangels voraussichtlicher Quote im Alternativszenario absprechen und sie ___________ 636) Ein Beispiel eines solchen Ausschlusses aus der Abstimmung ist die Bestätigung des Sanierungsplans über das Vermögen der Re Bluebrook Ltd. (2009), EWHC 2114 (Ch); (2010) 1 B.C.L.C. 338. In diesem Verfahren galt es, einen pre-pack asset deal im Rahmen eines Scheme of Arrangement zu bestätigen. Dabei ergaben drei unterschiedliche Bewertungen des Unternehmens, dass der Ertrag aus dem Unternehmensverkauf noch nicht einmal ausreichen wird, um sog. senior debt Gläubiger zu befriedigen. Aus diesem Grund wurden alle anderen Gläubiger bereits im Abstimmungsverfahren übergangen. Manche der Gläubiger (insb. mezzanine lenders) schlossen sich zusammen und machten im sanction hearing ihre Gläubigerbenachteiligung geltend durch den Ausschluss über die Abstimmung. Das Gericht entschied jedoch, dass der Widerstand der opponierenden Gläubiger mangels wirtschaftlichem Interesse hinfällig ist und bestätigte den Sanierungsplan trotzdem; vgl. Goode, Principles of Corporate Insolvency Law, 5th ed. 2019, Rn. 12-24. 637) Vgl. bereits oben, Rn. 84; Explanatory Notes to the Corporate Insolvency and Governance Act 2020, S. 6 Rn. 9, 15, abrufbar unter https://www.legislation.gov.uk/ ukpga/2020/12/pdfs/ukpgaen_20200012_en.pdf (zul. abg. am 11.5.2021); Schlegel, in: MüKo-InsO, 4. Aufl. 2021, Länderbericht England, Rn. 86; Tashiro, NZI Beilage 2021, 77, 79. 638) Explanatory Notes to the Corporate Insolvency and Governance Act 2020, S. 6 Rn. 15, abrufbar unter https://www.legislation.gov.uk/ukpga/2020/12/pdfs/ukpgaen_20200012_ en.pdf (zul. abg. am 11.5.2021). 639) Vgl. Explanatory Notes to the Corporate Insolvency and Governance Act 2020, S. 6 Rn. 15, abrufbar unter https://www.legislation.gov.uk/ukpga/2020/12/pdfs/ukpgaen_ 20200012_en.pdf (zul. abg. am 11.5.2021).

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III. Englisches Recht

damit von der Abstimmung ausschließen.640) Möglichkeiten einen Minderheitenantrag entsprechend § 64 StaRUG zu stellen, bieten sich den überstimmten Gläubigern oder Gesellschaftern auch nicht im reformierten Restrukturierungsverfahren. Im Wesentlichen reproduziert das Restrukturierungsverfahren das bereits bekannte und parallel dazu bestehende Scheme of Arrangement Verfahren auch hinsichtlich etwaiger Rechtsschutzmöglichkeiten dissentierender Gläubiger oder Gesellschafter. 3. Im Company Voluntary Arrangement Ein CVA gilt grundsätzlich auch als angenommen, wenn nur die Gläubigerver- 180 sammlung zustimmt, obwohl die Gesellschafterversammlung gegen den Planbeschluss stimmt.641) Allerdings haben die Gesellschafter in dieser Konstellation die Möglichkeit, einen Antrag auf eine gerichtliche Entscheidung zur Versagung des CVA zu stellen, sec. 4A (3) Insolvency Act.642) Kommt das Gericht zur Überzeugung, die Anteilsinhaber würden ungerechtfertigt benachteiligt durch den Plan, kann es nach sec. 4 (6) lit. a Insolvency Act bestimmen, dass stattdessen das Abstimmungsergebnis der Gesellschafter Wirkung entfaltet.643) Einen Schutz vor einer klassenübergreifenden Mehrheitsentscheidung bedarf 181 es im Rahmen eines CVA nicht, da dieses weder Gläubigerklassen noch einen klassenübergreifenden Cram-Down Mechanismus kennt.644) Allerdings können sowohl stimmberechtigte Gläubiger als auch Gesellschafter nach sec. 6 Insolvency Act die gerichtliche Überprüfung eines CVA im Hinblick auf eine unfaire Benachteiligung des Antragstellers (unfair prejudice) oder einen erheblichen Regelverstoß (material irregularity) beantragen.645) Eine derartige unfaire Benachteiligung könnte beispielsweise gegeben sein, wenn ein vorrangiger Gläubiger nicht vor den sonstigen Gläubigern befriedigt wird oder wenn ein vorrangiger Gläubiger eine geringere Quote als ein anderer vorrangiger Gläubiger erhält. Eine Formel, wie das Gericht eine eventuelle Benachteiligung zu prüfen hat, formuliert die Rechtsprechung646) wie folgend: Die Benachteiligung ist durch einen Vergleich in verschiedene Richtungen festzustellen. Zum einen ___________ 640) Schlegel, in: MüKo InsO, 4. Aufl. 2021, Länderbericht England, Rn. 88, die Vermutung gilt im Unterschied zum Scheme of Arrangement Verfahren zunächst mal für eine Beteiligung aller planbetroffener Gläubiger und Gesellschafter. 641) Siehe bereits oben Rn. 32, 81. 642) Vgl. Goode, The Principles of Corporate Insolvency Law, 2019, Rn. 12-43; Schillig, in: Beck BeckOK InsO, Stand: 15.1.2021, Internationales Insolvenzrecht – England, Rn. 44. 643) Vgl. Goode, The Principles of Corporate Insolvency Law, 2019, Rn. 12-43; Schillig, in: Beck BeckOK InsO, Stand: 15.1.2021, Internationales Insolvenzrecht – England, Rn. 44. 644) Siehe bereits oben Rn. 81. 645) Goode, Principles of Corporate Insolvency Law, 5th ed. 2019, Rn. 12-55; Schillig, in: Beck BeckOK InsO, Stand: 15.1.2021, Internationales Insolvenzrecht England, Rn. 48. 646) Etherton J in Prudential Assurance Co Ltd. V PRG Powerhouse Ltd. (2007), vgl. hierzu Goode, Principles of Corporate Insolvency Law, 5th ed. 2019, Rn. 12-55.

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E. Rechtsschutzmöglichkeiten der Gesellschafter gegen Planmaßnahmen

habe das Gericht einen vertikalen Vergleich mit der Situation des Antragstellers im nächstbesten Alternativszenario vorzunehmen. Zum anderen solle das Gericht aber auch einen horizontalen Vergleich mit anderen Gläubigern in derselben Klasse erstellen. Da im CVA keine Gläubigerklassen gebildet werden, sei Rückgriff auf ein hypothetisches Scheme of Arrangement Verfahren zu nehmen und danach zu fragen, in welcher Position der Antragsteller in diesem Fall gewesen wäre. Letztlich läuft ein solches Vergleichsverfahren auf einen „best interest of creditors‘ test“ hinaus und greift das Kriterium der Gläubigergruppengleichbehandlung auf. Insofern ist die Bewertung vergleichbar zum deutschen Sanierungsplan- und Insolvenzplanverfahren. Ist das Gericht von der Benachteiligung des Antragstellers überzeugt, kann es das CVA entweder widerrufen oder dessen Umsetzung aussetzen.647)

___________ 647) Goode, Principles of Corporate Insolvency Law, 5th ed. 2019, Rn. 12-55.

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F. Zwischenergebnis Es zeigt sich, dass alle untersuchten Rechtsordnungen gesellschaftsrechtliche 182 Maßnahmen als Mittel zur Restrukturierung einsetzen. Allerdings unterscheidet sich die Art und Weise der Umsetzung. Das deutsche Sanierungs- und Insolvenzrecht ist hinsichtlich der Einbeziehung 183 der Gesellschafter in die Restrukturierung wohl am weitreichendsten. Sowohl im Insolvenzplanverfahren als auch im Restrukturierungsplanverfahren nach StaRUG sind Gesellschafter als eigene Abstimmungsgruppe in die Planabstimmung integriert. Über gesellschaftsrechtlich wirkende Kapitalmaßnahmen wird wie über alle anderen Planmaßnahmen abgestimmt. Gesellschaftsrechtliche Maßnahmen können mittels des Obstruktionsverbots gem. § 245 InsO bzw. wegen der entsprechenden Regelung über gruppenübergreifende Mehrheitsentscheidungen gem. § 26 StaRUG gegen den mehrheitlichen Willen der Gesellschafter umgesetzt werden. Das Besondere an der Integration der gesellschaftsrechtlichen Regelungen in die Planverfahren nach deutschem Recht ist der Wegfall des Erfordernisses von weiteren gesellschaftsrechtlichen Beschlüssen. Es ist im Unterschied zum – bisherigen – französischen Regelungsansatz kein gesonderter Beschluss der Gesellschafterhauptversammlung erforderlich. Das minimiert das viel beschriebene Blockadepotenzial der Anteilsinhaber. Bereits lange vor der Restrukturierungsrichtlinie schuf der deutsche Gesetzgeber mit der Reform durch das ESUG die Möglichkeit, das Blockadepotenzial der Gesellschafter zu minimieren durch eine Einbindung in das Planverfahren und einem im Wesentlichen auf den Liquidationswert begrenzten Vermögens- statt Statusschutz der Gesellschafter. Zur Umsetzung der Vorgaben des Art. 12 der Restrukturierungsrichtlinie konnte der deutsche Gesetzgeber dementsprechend auf die Regelungen über die Einbindung der Gesellschafter in das Insolvenzplanverfahren zurückgreifen. Ein Novum stellen die Regelungen des StaRUG über die Einbeziehung der Gesellschafter allerdings trotzdem dar. Schließlich ist über § 26 StaRUG ein zwangsweiser Eingriff in Vermögenswerte möglich, ohne dass die schuldnerische Gesellschaft bereits materiell insolvent ist. Das englische Pendant zum Insolvenzplanverfahren ist das CVA. Zu beachten 184 sind allerdings einige gravierende Unterschiede zwischen den Verfahren. Der entscheidendste Unterschied hinsichtlich der Gesellschafterstellung ist sicher, dass das CVA kaum Möglichkeiten vorsieht, gesellschaftsrechtliche Eingriffe in das Verfahren zu integrieren. Lediglich eine Umwandlung von Gläubigerforderungen in Eigenkapital ist ohne weitere gesellschaftsrechtliche Beschlüsse möglich. Die Verfahren zur gesellschaftlichen Restrukturierung sind das Scheme of Arrangement und der neue Restructuring Plan, eingeführt durch den Corporate Insolvency and Governance Act 2020. Beide Verfahren sind keine ausgewiesenen Insolvenzverfahren und sind dementsprechend auch im

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F. Zwischenergebnis

Companies Act geregelt. Der neue Restructuring Plan ist an das Scheme of Arrangement angelehnt, hat diesem gegenüber aber den entscheidenden Vorteil, eine klassenübergreifende Mehrheitsentscheidung zu ermöglichen und minimiert damit das Blockadepotenzial der Anteilsinhaber. Insofern könnte man das Restrukturierungsplanverfahren als Umsetzung der Vorgaben des Art. 11 und der Art. 9, 12 der Restrukturierungsrichtlinie bezeichnen, obwohl das Vereinigte Königreich aufgrund des Austritts aus der Europäischen Union zu deren Umsetzung nicht mehr verpflichtet war. 185 In den französischen Sanierungsplanverfahren ist die starke Stellung des Gerichts auffällig. Insbesondere im Rahmen des Insolvenzplanverfahrens, der redressement judiciaire, hat das Gericht weitgehende Eingriffsmöglichkeiten in die Rechtspositionen der Anteilsinhaber. Gleichzeitig bedarf eine gesellschaftsrechtliche Kapitalmaßnahme trotz der Integration in den plan de redressement stets noch des Beschlusses einer Gesellschafterversammlung. Es sind mithin keine gesellschaftsrechtlichen Maßnahmen gegen den Mehrheitswillen der Gesellschafter möglich. Im vorinsolvenzlichen sauvegarde Verfahren sind grundsätzlich keine Eingriffe in die Anteile der Gesellschafter möglich. Lediglich ein Debt Equity Swap ist auch im vorinsolvenzlichen Sanierungsplanverfahren umsetzbar. Aber auch diesbezüglich haben die Gesellschafter eine starke Rechtsstellung inne: Eine Umwandlung von Forderungen in Anteilsrechte bedarf der mehrheitlichen Zustimmung der Versammlung der Alt-Gesellschafter. Interessanterweise müssen die betroffenen Gläubiger selbst der Umwandlung nicht gesondert zustimmen. Bisher wird in den französischen Sanierungsplanverfahren in Komitees abgestimmt, die eher nach der Funktion der Gläubiger und nicht nach dem Rang oder der Höhe ihrer Forderungen zusammengestellt sind und es ist keine klassenübergreifende Mehrheitsentscheidung möglich. Nach dem bisher vorliegenden avant-projet zur Umsetzung der Restrukturierungsrichtlinie scheinen aber Gläubigergruppen eingeführt werden, um den Vorgaben des Art. 11 der Restrukturierungsrichtlinie gerecht zu werden. Nach diesen Vorschlägen sind in der Zukunft gesellschaftsrechtliche Maßnahmen mittels Planverfahren ohne gesonderte Gesellschafterversammlung und mithilfe einer klassenübergreifenden Mehrheitsentscheidung gegen den Mehrheitswillen der Anteilsinhaber zu realisieren.

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G. Die Bestimmung des anwendbaren Rechts bezüglich gesellschaftsrechtlicher Maßnahmen in Sanierungsplanverfahren Im Folgenden ist nun der Frage nachzugehen, wie die Umsetzung der gesell- 186 schaftsrechtlichen Maßnahmen in Insolvenz- und Restrukturierungsplanverfahren aus der Sicht des Internationalen Privatrechts und Internationalen Zivilverfahrensrechts zu beurteilen ist. Zunächst soll das auf die Maßnahmen anwendbare Recht unter Abgrenzung des Gesellschaftsstatuts und des Insolvenzstatuts dargestellt werden. Eine vertiefte Auseinandersetzung mit der Abgrenzung des Gesellschaftsstatuts von dem Insolvenzstatut nach den Vorgaben des Internationalen Privatrechts würde den Rahmen dieser Arbeit allerdings überschreiten.648) Grundsätzlich bemüht sich das Internationale Privatrecht, das anwendbare 187 Recht zu ermitteln, indem es zunächst das Rechtsgebiet des betrachteten Rechtsverhältnisses nach der jeweiligen Natur desselben bestimmt.649) Es stellt sich demnach die Frage, ob gesellschaftsrechtlich wirkende Maßnahmen im Rahmen eines Insolvenz- oder Sanierungsplanverfahrens gesellschaftsrechtlich oder insolvenzrechtlich zu qualifizieren sind. Erst in einem zweiten Schritt ist die anwendbare Kollisionsregel zur Bestimmung der einschlägigen Rechtsordnung zu ermitteln. I. Gesellschaftsrechtliche Kollisionsregeln Bezüglich gesellschaftsrechtlicher Maßnahmen außerhalb eines Insolvenzver- 188 fahrens stellt sich grundsätzlich die Frage nach einschlägigen gesellschaftsrechtlichen Kollisionsregeln zur Bestimmung des anwendbaren Rechts. Es gibt weder eine ausdrückliche Kollisionsregelung im europäischen Sekundärrecht650) noch eine Kollisionsregel im autonomen deutschen Kollisionsrecht.651) Demnach existiert keine geschriebene Regelung, die das Gesellschaftsstatut bestimmt ___________ 648) Siehe umfassend zu dieser Problematik Glöckler, Anwendbares Recht und Anerkennung bei gesellschaftsrechtlichen Maßnahmen in Sanierungsplanverfahren, 2021. 649) Dieser als Qualifikation bezeichnete Vorgang geht auf die viel zitierte Formel Savignys zurück „(…) dass bei jedem Rechtsverhältnis dasjenige Rechtsgebiet aufgesucht werde, welchem dieses Rechtsverhältnis seiner eigenthümlichen Natur nach angehört oder unterworfen ist (worin dasselbe seinen Sitz hat).“, vgl. Savigny, System des heutigen römischen Rechts, Bd. 8, 1848, S. 28, 108. 650) Allerdings entnehmen einige Autoren gestützt auf die Rechtsprechung des EuGH insbesondere in den Rechtssachen Überseering (EuGH, Urt. v. 5.11.2002 Rs. C-208/00 – Überseering) und Inspire Art (EuGH, Urt. v. 30.9.2003 – Rs. C-167/01- Inspire Art) der Niederlassungsfreiheit aus dem europäischen Primärrecht nach Artt. 49, 54 AEUV eine implizite gesellschaftsrechtliche Kollisionsregel im Sinne der Gründungstheorie, vgl. Behrens, IPrax 2004, 20, 25; Horn, NJW 2004, 893, 896; Weller, IPrax 2009, 202, 205; Hölzle, KTS 2011, 291, 329. 651) Vgl. Fischer, NZG 2021, 483 ff.

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G. Bestimmung des anwendbaren Rechts bezüglich gesellschaftsrechtlicher Maßnahmen

und die heranzuziehen ist, um zu klären, welcher Rechtsordnung eine Gesellschaft unterworfen ist. 189 In Deutschland und Frankreich war bis 2002 die sog. Sitztheorie herrschend, wonach eine Gesellschaft immer dem Forum des Landes unterfiel, in dem sie ihren Verwaltungssitz (tatsächlicher Sitz, siège réel) hatte.652) In England ist traditionell die Gründungstheorie anzuwenden.653) Die Entscheidung des BGH in der Rechtssache Überseering654) führte jedoch dazu, dass in der Folge auch in Deutschland vermehrt die Gründungstheorie angewandt wurde, um einen Konflikt mit der Niederlassungsfreiheit des AEUV zu vermeiden.655) Die Anwendung der Sitztheorie führt nämlich dazu, dass die Gesellschaften in Deutschland nicht als rechts- und parteifähig anerkannt wurden und in eine deutsche Personengesellschaft umgewandelt wurden, wodurch häufig der für Kapitalgesellschaften charakteristische Schutz durch die Haftungsbeschränkung verloren ging.656) Inzwischen gilt der vormalige Theorienstreit zwischen der Sitztheorie und der Gründungstheorie zumindest bezüglich der EU-Auslandsgesellschaften als weitgehend geklärt zugunsten einer Anwendung der Gründungstheorie.657) Sollte man zum Ergebnis kommen, gesellschaftsrechtliche Planmaßnahmen seien per se gesellschaftsrechtlich zu qualifizieren, wäre zumindest bezüglich EU-Auslandsgesellschaften in allen drei betrachteten Rechtsordnungen Deutschland, Frankreich und England658), auf das im jeweiligen Gründungsstaat anwendbare Recht abzustellen. II. Anwendungsbereich der EuInsVO und Bestimmung des anwendbaren Rechts nach der EuInsVO 190 Parallel zur Ermittlung der richtigen Kollisionsregel zur Bestimmung des anwendbaren Rechts auf gesellschaftsrechtliche Sachverhalte ist auch bei in___________ 652) Eidenmüller, in: Eidenmüller, Ausländische Kapitalgesellschaften im deutschen Recht, 1. Aufl. 2004, § 1 Rn. 4 ff.; Vgl. ausführlich zur historischen Entwicklung der Sitztheorie in Deutschland und Frankreich Kühne, Die Anerkennung ausländischer Gesellschaften im französischen und deutschen Rechtskreis, 2014. 653) Fischer, NZG 2021, 483, 484. 654) BGH, NJW 2003, 1461 ff. 655) Eidenmüller, in: Eidenmüller, Ausländische Kapitalgesellschaften im deutschen Recht, 1. Aufl. 2004, § 2 Rn. 87 ff.; v. Hein, in: MüKo-BGB, 8. Aufl. 2020, Art. 4 EGBGB, Rn. 161. 656) Mock/Schildt, ZInsO 2003, 396, 396 f. m. w. N. 657) Servatius, in: Baumbach/Hueck GmbHG, 22. Aufl. 2019, § 4a, Rn. 11; Thomale, NZG 2011, 1290, 1293; Keller, NZI 2021, 110, 113. 658) In England jedoch nach dem Austritt aus der Europäischen Union nun nicht mehr aus Gründen der Wahrung der Niederlassungsfreiheit aus Artt. 49, 54 AEUV, sondern aus der im common law begründeten autonomen Anwendung der Gründungstheorie, vgl. Fischer, NZG 2021, 483, 484. Unklar ist indes, wie Gesellschaften englischen Rechts nun nach dem Brexit bspw. im deutschen oder französischen Rechtsraum zu behandeln sind, ob nach der Sitztheorie oder der Gründungstheorie. Eine weitergehende Auseinandersetzung mit dieser nun auftretenden Drittstaatenproblematik vgl. bspw. Fischer, NZG 2021, 483 ff.; Teichmann/Knaier, EuZW-Sonderausgabe 1/2020, 14, 17 f.

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II. Anwendungsbereich der EuInsVO und Bestimmung des anwendbaren Rechts

solvenzrechtlich qualifizierten Sachverhalten zunächst die richtige Kollisionsvorschrift zu benennen. Im Gegensatz zum Gesellschaftsrecht gibt es jedoch im europäischen Sekundärrecht geschriebene Kollisionsregelungen zur Bestimmung des anwendbaren Rechts bei insolvenzrechtlichen Sachverhalten in Form der Regelungen der EuInsVO.659) Der Anwendungsbereich der EuInsVO ist eröffnet, wenn der Schuldner seinen sog. COMI in einem Mitgliedstaat der EU hat660) und wenn der betrachtete Sachverhalt einen grenzüberschreitenden Bezug aufweist.661) Weiter ist der Anwendungsbereich eröffnet, wenn eine nicht in der EU gegründete Gesellschaft ihren COMI in einem Mitgliedstaat hat.662) Welche jeweiligen nationalen Verfahren dem Anwendungsbereich der EuInsVO unterworfen sind, ist Anhang A zur EuInsVO zu entnehmen. Daraus ergibt sich, dass sowohl auf das Insolvenzplanverfahren663), auf das redressement judiciaire als auch auf die sauvegarde Verfahren, die administration und das Corporate Voluntary Arrangement664) die Kollisionsvorschriften der EuInsVO Anwendung finden. Nach der Definition in Art. 1 EuInsVO können auch vorinsolvenzliche Sanierungsverfahren erfasst sein. Die zur Umsetzung der Restrukturierungsrichtlinie neu geschaffenen Restrukturierungsplanverfahren können der EuInsVO unterworfen werden, allerdings ist dies nicht zwingend.665) Auch die öffentliche666) Variante des StaRUG Verfahrens wird in Anhang A der EuInsVO aufgenommen.667) Nach dem Austritt des Vereinigten Königreichs gilt die EuInsVO in England nicht weiter.668) Das englische ___________ 659) Verordnung (EG) 2015/848 des Europäischen Parlementes und des Rates vom 20. Mai 2015 über Insolvenzverfahren (Europäische Insolvenzverordnung), kurz im Folgenden: EuInsVO. 660) Vgl. Erwägungsgrund 25 EuInsVO. 661) Das ist gegeben, wenn der COMI der Schuldnerin (einer EU-Auslandsgesellschaft) in einem anderen Mitgliedstaat als dem ihrer Gründung liegt, vgl. Vallender, KTS 2005, 283, 286; Mock/Schildt, ZInsO 2003, 396, 398; Vgl. grundsätzlich zur Heranziehung des COMI Fletcher, in: Moss/Fletcher/Isaacs, EU Regulation on Insolvency Proceedings, 3rd ed. 2016, Rn. 3.11 ff. 662) Thole, in: Handbuch Insolvenzplan, 2. Aufl. 2020, § 40 Rn. 4; Knof, in: Uhlenbruck InsO, Band 2, EuInsVO, 15. Aufl. 2019, Art. 1 Rn. 4; nach der Rechtssache Schmid (EuGH Urt v 16.1.2014 – C-328/12, Tz 20 ff. – Schmid) verzichtet der EuGH auf einen teilweise geforderten qualifizierten Unionsbezug mit erhöhten Anforderungen und lässt den Mittelpunkt der Interessen in einem Mitgliedstaat für die Anwendung der EuInsVO ausreichen. 663) Als „Insolvenzverfahren“ nach der Aufzählung in Anhang A. 664) Als „voluntary arrangement under insolvency legislation“ in der Aufzählung des Anhangs A. 665) Skauradszun, NZI 2021, 568, 568; Reinhart, in: MüKo-BGB, 4. Aufl. 2021, Band 4, EuInsVO, Art. 1 Rn. 11; Thole, in: Handbuch Insolvenzplan, 2. Aufl. 2020, § 40 Rn. 11. 666) Vgl. Thole, ZIP 2020, 1985, 1998; nur wenn die Restrukturierungssache nach §§ 88 – 92 StaRUG öffentlich bekannt gemacht wird, kann auch die Anwendung der EuInsVO bezüglich Rechtsanwendung und insbesondere der Anerkennung herangezogen werden. 667) Wann dies geschehen wird ist allerdings unklar, da hierfür die EuInsVO geändert werden muss, vgl. Hoegen/Kranz, NZI 2021, 105, 109 Fn. 62. 668) Mankowski, EuZW-Sonderausgabe 1/2020, 3, 11 f.

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G. Bestimmung des anwendbaren Rechts bezüglich gesellschaftsrechtlicher Maßnahmen

Scheme of Arrangement Verfahren nach Part 26 des Companies Act fiel allerdings bereits vor dem Brexit nicht in den Anwendungsbereich der EuInsVO669), weshalb sich die Frage nach der Aufnahme des neuen Restrukturierungsverfahrens nach Part 26A des Companies Act wohl so oder so nicht gestellt hätte. 191 Innerhalb des Anwendungsbereichs der EuInsVO bestimmt sich das anwendbare Recht nach Art. 7 Abs. 1 EuInsVO. Danach findet das Insolvenzrecht des Eröffnungsstaats Anwendung. Das Insolvenzrechtsstatut erstreckt sich ausweislich Art. 7 Abs. 2 S. 2 lit. j EuInsVO auch auf die Voraussetzungen und die Wirkungen der Beendigung des Verfahrens insbesondere mittels Vergleichs. Damit nimmt die Verordnung explizit Bezug auf Sanierungspläne.670) 192 Damit bleibt festzuhalten, dass gesellschaftsrechtliche und insolvenzrechtliche Regelungen unterschiedlich anzuknüpfen sind im Internationalen Privatrecht. Während das anwendbare Gesellschaftsrecht innerhalb der Mitgliedstaaten der Europäischen Union671) nach der Gründungstheorie zu bestimmen ist, richtet sich die lex fori concursus im Anwendungsbereich der EuInsVO nach dem Recht des Eröffnungsstaats. Mit Blick auf gesellschaftsrechtliche Maßnahmen im Rahmen eines Insolvenzplanverfahrens bleibt die Frage, ob diese gesellschaftsrechtlich zu qualifizieren sind und sich mithin nach dem Gesellschaftsrecht des Gründungsstaats richten oder insolvenzrechtlich zu qualifizieren sind und damit nach dem Insolvenzrecht des Eröffnungsstaats zu behandeln sind. III. Qualifikation gesellschaftsrechtlich wirkender Planmaßnahmen 193 Die Frage nach der Qualifikation gesellschaftsrechtlich wirkender Maßnahmen im Rahmen eines Insolvenzplanverfahrens stellt sich im deutschen Recht erst seit der Aufgabe der Gesellschafterneutralität des Insolvenzplanverfahrensmit der Verabschiedung des ESUG.672) Die Qualifikation darf nicht schematisch danach vorgenommen werden, ob eine bestimmte Regelung in den Insolvenzgesetzen oder gesellschaftsrechtlichen Gesetzen angesiedelt ist. Stattdessen ist eine funktionelle Betrachtung der zu qualifizierenden Regelung anzustellen.673) ___________ 669) Mankowski, EuZW-Sonderausgabe 1/2020, 3, 12; Thole, in: Handbuch Insolvenzplan, 2. Aufl. 2020, § 40 Rn. 11. 670) Knof, in: Uhlenbruck InsO, 15. Aufl. 2020, Band 2, EuInsVO, Art. 7 Rn. 89; Thole, in: Handbuch Insolvenzplan, 2. Aufl. 2020, § 40 Rn. 19. 671) Die Gründungstheorie findet damit im Verhältnis zu England gerade keine Anwendung mehr. 672) Vgl. Fehrenbach, ZIP 2014, 2485 ff. 673) Thole, in: Handbuch Insolvenzplan, 2. Aufl. 2020, § 40 Rn. 20; Grundsätzlich zum Begriff der „Qualifikation“ vgl. Kegel/Schurig, Internationales Privatrecht, 9. Aufl. 2004, S. 3325 ff.; Junker, Internationales Privatrecht, 4. Aufl. 2021, S. 99 ff.; v. Hein, in: MüKo BGB, 8. Aufl. 2020, Einl. zum Internationalen Privatrecht, Rn. 109 ff.; v. Bar/Mankowski, Internationales Privatrecht, 1. Band, 2. Aufl. 2003, Rn. 210 f.

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III. Qualifikation gesellschaftsrechtlich wirkender Planmaßnahmen

1. Qualifikation der verfahrensrechtlichen Aspekte der Maßnahmen Relativ eindeutig zu beantworten ist die Frage der Qualifikation der Regelun- 194 gen über die grundsätzliche Einbeziehung der Anteilseigner in das Insolvenzplan- bzw. Sanierungsplanverfahren. Diese Frage betrifft verfahrensrechtliche Aspekte des Planverfahrens und ist damit vom Wortlaut des Art. 7 EuInsVO erfasst, somit insolvenzrechtlich zu qualifizieren.674) Konsequenterweise folgt daraus, dass bei einem in Deutschland eröffneten Insolvenzplanverfahren über das Vermögen einer ausländischen Gesellschaft auch Gesellschafter einbezogen werden können, die nach dem durch das Gesellschaftsstatut berufenen Recht nicht abstimmungsberechtigt wären.675) Außerdem kann die Frage nach der Art und Weise der Einbeziehung der Gesellschafter in das Planverfahren als eine Rangfrage im Sinne des Art. 7 Abs. 2 lit. i EuInsVO verstanden werden und ist somit von der lex fori concursus erfasst.676) Auch die Festlegung des Stimmrechts betrifft einen verfahrensrechtlichen Aspekt und ist vom Insolvenzrechtsstatut erfasst – richtet sich also bei einem deutschen Insolvenzplanverfahren unabhängig vom Gesellschaftsstatut des Schuldners nach § 238a InsO. Lediglich die der Festsetzung zugrundeliegenden Regelungen über die Höhe der Kapitalbeteiligung sind eine eigenständig anzuknüpfende Vorfrage, welche dem Gesellschaftsstatut unterfällt.677) 2. Qualifikation der Eingriffe in die Gesellschaftsstruktur Schwieriger einzuordnen sind allerdings die im Plan vereinbarten Eingriffe in 195 die Gesellschaftsstruktur oder Gesellschafterrechte. Diese Frage betrifft keinen verfahrensrechtlichen Aspekt des Insolvenzplanverfahrens und kann auch unter keine der von Art. 7 Abs. 2 EuInsVO genannten Kategorien zweifelsfrei gefasst werden. Dabei ist zunächst festzustellen, dass die generelle Zulässigkeit der einzelnen gesellschaftsrechtlichen Maßnahme wohl dem Insolvenzrechtsstatut unterfällt.678) Die Durchführung der Kapitalmaßnahme indes ist keine genuin insolvenzrechtliche Fragestellung und bedarf daher einer differenzierten Anknüpfung. Im Falle eines Kapitalschnitts und einer Kapitalerhöhung wird teilweise vertreten, diese seien gesellschaftsrechtlich zu qualifizieren.679) ___________ 674) Thole, in: Handbuch Insolvenzplan, 2. Aufl. 2020, § 40 Rn. 28; Anders Fehrenbach, ZIP 2014, 2485, 2490, der die Qualifikation danach treffen will, ob die Anteilsrechte in die Passivmasse der Insolvenzschuldnerin fallen oder nicht. 675) So zum Beispiel Anteilseigner einer in England gegründeten Gesellschaft, die im Rahmen eines englischen Sanierungsplanverfahren nicht stimmberechtigt wären mangels „genuine economic interest“ an der Gesellschaft. In einem Insolvenzplanverfahren wären diese Gesellschafter zu beteiligen. 676) Vgl. Thole, in: Handbuch Insolvenzplan, 2. Aufl. 2020, § 40 Rn. 24, 28. 677) Thole, in: Handbuch Insolvenzplan, 2. Aufl. 2020, § 40 Rn. 29. 678) Thole, in: Handbuch Insolvenzplan, 2. Aufl. 2020, § 40 Rn. 30. 679) Vgl. Weller, ZGR 2008, 835, 842 plädiert für eine gesellschaftsrechtliche Anknüpfung im Falle einer Kapitalerhöhung im Rahmen eines CVA, wo sich das Problem parallel zum Insolvenzplanverfahren stellt.

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G. Bestimmung des anwendbaren Rechts bezüglich gesellschaftsrechtlicher Maßnahmen

Das würde allerdings zu Schwierigkeiten bei einem Auseinanderfallen des Gesellschafts- und Insolvenzstatuts führen: Über das Vermögen einer französischen Gesellschaft könnte beispielsweise ein Insolvenzplanverfahren eröffnet werden nach deutschem Recht, falls sie den Mittelpunkt ihrer hauptsächlichen Interessen in Deutschland hätte. Die Gesellschafter könnten auch in das Verfahren einbezogen werden und gesellschaftsrechtliche Maßnahmen könnten grundsätzlich durchgeführt werden im Sinne des § 225a Abs. 3 InsO. Allerdings unterläge die Durchführung der Maßnahmen wiederum französischem Gesellschaftsrecht. Für die Gegenansicht einer insolvenzrechtlichen Qualifikation der konkreten Voraussetzungen der gesellschaftsrechtlich wirkenden Planmaßnahmen ließe sich anführen, dass – zumindest im deutschen Recht – über die Normenkette des §§ 225a Abs. 3, 254 Abs. 1, 254a Abs. 2 InsO gerade kein gesellschaftsrechtliches Verfahren eingehalten werden muss zur Umsetzung einer gesellschaftsrechtlichen Maßnahme. Die außerhalb des Insolvenzplans geltenden Zustimmungsregeln werden vom Insolvenzrecht überlagert.680) Ähnlich dürfte die Argumentation in der parallelen Frage der Anknüpfung von Kapitalmaßnahmen im Rahmen eines CVA verlaufen.681) Auch bei einem CVA überlagern genuin insolvenzrechtliche Regelungen die Zustimmungserfordernisse zu Kapitalmaßnahmen. Schließlich sind Kapitalmaßnahmen – insbesondere die im CVA zu verwirklichende Kapitalerhöhung mittels Debt Equity Swap – auch gegen das Votum der Gesellschafterversammlung nur mit Bestätigung von 75 % der Stimmen der Gläubigerversammlung möglich.682) Demgegenüber dürfte die Entscheidung im französischen redressement judiciaire bzw. der sauvegarde Verfahren vielmehr zugunsten einer gesellschaftsrechtlichen Qualifikation ausfallen. Schließlich bedarf es für die Verwirklichung gesellschaftsrechtlicher Maßnahmen im Rahmen der französischen Planverfahren immer zusätzlich noch der Entscheidung der Gesellschafterversammlung.683) Diese Anknüpfung ist allerdings mit der Umsetzung der Restrukturierungsrichtlinie in das französische Recht zu überdenken. Schließlich schlägt der bereits besprochene Gesetzesentwurf eine Integration der Anteilseigner als Abstimmungsgruppe in das Planverfahren vor und macht damit externe Gesellschafterversammlungen obsolet.684) 196 Letztlich ist es wohl sachgerecht, die Durchführung der Maßnahme dem Insolvenzrechtsstatut zu unterwerfen und Vorfragen, wie beispielsweise die ___________ 680) Thole, in: Handbuch Insolvenzplan, 2. Aufl. 2020, § 40 Rn. 32. 681) Allerdings ist seit dem Austritt des Vereinigten Königreichs aus der Europäischen Union und dem Ende der Geltung der EuInsVO zu beachten, dass eine insolvenzrechtliche Qualifikation nicht zu einer Anwendung der EuInsVO und damit des COMI-Prinzips führt. Vielmehr ist stattdessen mangels Vorgängervorschriften der EuInsVO auf nationales englisches Kollisionsrecht abzustellen. Das ändert jedoch nichts an der Grenze zwischen insolvenzrechtlicher und gesellschaftsrechtlicher Qualifikation. 682) So auch Weller, ZGR 2008, 835, 842; siehe bereits oben Rn. 81. 683) Siehe oben bereits, Rn. 73. 684) Vgl. zum Gesetzesnetwurf des französischen Justizministeriums bereits oben, Rn. 55 ff.

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IV. Anwendbares Recht außerhalb des Anwendungsbereichs der EuInsVO

Bewertung der im Rahmen eines Debt Equity Swap zu leistenden Einlage, eigenständig anzuknüpfen.685) IV. Anwendbares Recht außerhalb des Anwendungsbereichs der EuInsVO Außerhalb des Anwendungsbereichs der EuInsVO ist zur Bestimmung des 197 anwendbaren Rechts auf die nationalen Kollisionsregeln zurückzugreifen. Im deutschen Recht finden sich diese in den §§ 335 ff. InsO. Stellt sich demnach die Frage nach dem anwendbaren Recht in einem in Deutschland eröffneten Verfahren über das Vermögen einer Gesellschaft mit COMI in einem Drittstaat, ist § 335 InsO heranzuziehen. Ebenso wie nach Art. 7 EuInsVO ordnet auch § 335 InsO die Anwendung des Rechts des Eröffnungsstaats an – mithin die lex fori concursus. Auch im französischen Recht ist in einem grenzüberschreitenden Fall mit Be- 198 zügen zu einem Drittstaat mangels Eröffnung des Anwendungsbereichs der EuInsVO auf das nationale, nicht kodifizierte, internationale Privatrecht zurückzugreifen.686) Die größte Bedeutung dürfte das nationale französische Kollisionsrecht im Rahmen grenzüberschreitender procédures amiables – wie beispielsweise der Schlichtung (conciliation) haben. Diese fallen im Unterschied zu den Sanierungsplanverfahren der sauvegarde Verfahren und des redressement judiciaire nicht in den sachlichen Anwendungsbereich der EuInsVO.687) Aber im Unterschied zu den deutschen Kollisionsregeln weicht das französische nationale Kollisionsrecht teilweise erheblich von den Regelungen der EuInsVO ab.688) Nach dem Austritt des Vereinigten Königreichs gilt die EuInsVO in England 199 nicht weiter.689) Problematisch ist daher der Umgang mit grenzüberschreitenden CVA. Mangels insolvenzrechtlicher Altübereinkommen zwischen den Mitgliedstaaten ist letztlich bezüglich der Bestimmung der Zuständigkeit, des anwendbaren Rechts und der Anerkennung auf nationale insolvenzrechtliche Kollisionsregeln zurückzugreifen.690) ___________ 685) So auch Thole, in: Handbuch Insolvenzplan, 2. Aufl. 2020, § 40 Rn. 35 ff. 686) Vgl. Dammann/Sénéchal, Le droit de l’insolvabilité internationale, 2018, Rn. 2038 ff.; Dammann, in: MüKo-InsO, 4. Aufl. 2021, Länderbericht Frankreich, Rn. 192. 687) Das begründet sich mit dem vertraulichen Charakter dieser nicht-öffentlichen Verfahren, Saint-Alary-Houin, Droit des Entreprises en Difficultés, 2020, Rn. 1518; Dammann/ Sénéchal, Le droit de l’insolvabilité internationale, 2018, Rn. 2039. 688) Dammann/Sénéchal, Le droit de l’insolvabilité internationale, 2018, Rn. 2038 ff.; Dammann, in: MüKo-InsO, 4. Aufl. 2021, Länderbericht Frankreich, Rn. 192. 689) Mankowski, EuZW-Sonderausgabe 1/2020, 3, 11 f. 690) Vgl. Mankowski, EuZW-Sonderausgabe 1/2020, 3, 12 f. Ob die Verfahren mangels Anwendbarkeit der EuInsVO nun in den Anwendungsbereich der EuGVVO (Verordnung (EU) Nr. 1215/2012 des Europäischen Parlamentes und des Rates vom 12. Dezember 2012 über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen) fallen, ist keine Frage des anwendbaren materiellen Rechts sondern eine Frage des Internationalen Verfahrensrechts, schließlich betrifft die Brüssel-Ia-VO lediglich Fragen der internationalen Zuständigkeit, des Verfahrens und der Anerkennung gerichtlicher Urteile. Vgl. zur Frage sogleich unten, Rn. 215 ff.

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H. Internationale Anerkennung gerichtlich bestätigter Planmaßnahmen Neben der Frage des anwendbaren Rechts stellt sich in Sanierungsplanverfah- 200 ren mit grenzüberschreitendem Bezug regelmäßig auch das Problem der internationalen Anerkennung gerichtlicher Planbestätigungsurteile. Anerkennung bedeutet dabei, dass die ausländische Entscheidung auch im Inland Wirkung entfaltet.691) I. Anerkennung im Rahmen der EuInsVO Die Anerkennung zwischen den Mitgliedstaaten der EuInsVO richten sich 201 ebenfalls nach deren Regelungen. 1. Grundsätzlich automatische Anerkennung Die Anerkennung der Eröffnungsentscheidung eines in Anhang A aufgeführten 202 Verfahrens in einem Mitgliedstaat richtet sich nach Art. 19 EuInsVO.692) Danach erfolgt die Anerkennung automatisch ohne zusätzliches Verfahren, was den Grundsatz des gegenseitigen Vertrauens in das rechtmäßige Verfahren in anderen Mitgliedstaaten zum Ausdruck bringt.693) Die Eröffnungsentscheidung entfaltet nach Art. 20 Abs. 1 EuInsVO die Wirkungen, die ihr der Staat der Verfahrenseröffnung beimisst. Dies beruht auf dem im europäischen Prozessrecht geltenden Grundsatz der Wirkungserstreckung.694) Die Wirkungen, die eine gerichtliche Entscheidung im Entscheidungsstaat hat, soll sie auch im Anerkennungsstaat haben.695) Die Anerkennung führt nicht zu einer Art Übersetzung der Entscheidung in eigene Rechtskategorien des Anerkennungsstaates.696) Die Norm des Art. 32 EuInsVO erweitert die automatische Anerkennung auf weitere gerichtliche Entscheidungen.

___________ 691) Thole, in: Handbuch Insolvenzplan, 2. Aufl. 2020, § 40 Rn. 43; v. Hein, in: MüKo BGB, 8. Aufl. 2020, Einl. zum Internationalen Privatrecht, Rn. 92 f. 692) Die EuInsVO enthält nicht nur Regelungen zur Bestimmung des anwendbaren materiellen Rechts, sondern auch Regelungen der internationalen Zuständigkeit und Anerkennung. 693) Vgl. ErwG 65 der EuInsVO; Sutschet, in: Vallender, EuInsVO, 2. Aufl. 2020, Art. 19 Rn. 12. 694) Vgl. Virgos/Schmit, Erläuternder Bericht 1996, Rn. 153; Thole, in: MüKo InsO, EuInsVO, 4. Aufl. 2021, Art. 20 Rn. 4; Sutschet, in: Vallender, EuInsVO, 2. Aufl. 2020, Art. 20 Rn. 4; Grundsätzlich zur Wirkungserstreckung, vgl. Geimer, IZPR, 8. Aufl. 2019, Rn. 2776 ff. 695) Vgl. Virgos/Schmit, Erläuternder Bericht 1996, Rn. 153; Sutschet, in: Vallender, EuInsVO, 2. Aufl. 2020, Art. 20 Rn. 4. 696) Vgl. Virgos/Schmit, Erläuternder Bericht 1996, Rn. 153; Thole, in: MüKo InsO, EuInsVO, 4. Aufl. 2021, Art. 20 Rn. 4.

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H. Internationale Anerkennung gerichtlich bestätigter Planmaßnahmen

203 Danach sind grundsätzlich Urteile im Zusammenhang mit den ausländischen in Anhang A aufgeführten Sanierungsplan- und Insolvenzplanverfahren auch in Deutschland automatisch anzuerkennen nach Artt. 19, 32 EuInsVO. Dazu zählen die hier untersuchten Entscheidungen im Rahmen eines redressement judiciaire und der sauvegarde Verfahren. Seit dem Austritt des Vereinigten Königreichs aus der Europäischen Union und damit aus dem Anwendungsbereich der EuInsVO findet allerdings keine automatische Anerkennung der Entscheidungen im Zusammenhang eines CVA mehr statt.697) a) Anzuerkennende Entscheidungen im redressement judiciaire 204 In einem redressement judiciaire hat bereits das Eröffnungsurteil gem. Art. L. 631-10 C.com. die Wirkung einer Veräußerungssperre hinsichtlich der von den Geschäftsführern gehaltenen Gesellschaftsanteile.698) Auch diese Wirkung des Eröffnungsurteils ist über die automatische Anerkennung gem. Art. 19 EuInsVO auf den Anerkennungsstaat zu erstrecken, selbst wenn es – wie in Deutschland – keinen vergleichbaren Rechtsmechanismus in diesem Staat gibt.699) Wie bereits erörtert, hat das Gericht auch im weiteren Verlauf des redressement judiciaire weitreichende Befugnisse.700) Beispielsweise kann das Gericht nach Art. L. 631-19-2 Abs. 2 C.com. einen Bevollmächtigten ernennen (mandataire en justice), der die Gesellschafterversammlung einberuft und eine im Plan vorgesehene Kapitalerhöhung beschließt.701) Weiter kann das Gericht nach Art. L. 631-19-2 Abs. 5 und Abs. 10 C.com. auch die zwangsweise Übertragung von Gesellschaftsanteilen anordnen durch einen gerichtlich bestellten Bevollmächtigten.702) 205 Auch diese Urteile und Anordnungen des Gerichts sind nach Artt. 19, 32 EuInsVO automatisch anzuerkennen in einem anderen Mitgliedstaat. Die Anordnungen des Gerichts, welche die Gesellschaftsanteile und die Ausübung des mit ihnen verbundenen Stimmrechts betreffen, können unter Entscheidungen betreffend die Durchführung des Verfahrens gem. Art. 32 Abs. 1 UAbs. 1 Alt. 1 EuInsVO subsumiert werden. Obwohl die Wirkungen sowie die dem jeweiligen Stimmrecht zugrundeliegenden Zuordnung der Kapitalanteile gesellschaftsrechtlich zu qualifizieren sind, liegt es nahe, die gerichtlichen Anordnungen insolvenzrechtlich anzuknüpfen – schließlich betreffen sie ex___________ 697) Mankowski, EuZW-Sonderausgabe 1/2020, 3, 11 f. 698) Vgl. bereits oben, Rn. 143. 699) Das ergibt sich aus dem Grundsatz der Wirkungserstreckung in der Form, welche das Urteil im jeweiligen Erststaat hat, vgl. Virgos/Schmit, Erläuternder Bericht 1996, Rn. 153; Thole, in: MüKo-InsO, EuInsVO, 4. Aufl. 2021, Art. 20 Rn. 4; Sutschet, in: Vallender, EuInsVO, 2. Aufl. 2020, Art. 20 Rn. 4; Grundsätzlich zur Wirkungserstreckung, vgl. Geimer, IZPR, 8. Aufl. 2020, Rn. 2776 ff. 700) Vgl. bereits oben Rn. 142 ff. 701) Vgl. bereits oben Rn. 113. 702) Vgl. bereits oben Rn. 119.

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I. Anerkennung im Rahmen der EuInsVO

plizit insolvenzrechtliche Befugnisse des Gerichts, welche auf die Situation des redressement judiciaire beschränkt sind.703) b) Anzuerkennende Entscheidungen in den sauvegarde Verfahren Ebenso wie das Restrukturierungsverfahren nach StaRUG fällt auch das sauve- 206 garde Verfahren in den Anwendungsbereich der EuInsVO.704) Dementsprechend sind auch gerichtliche Entscheidungen im Rahmen der sauvegarde Verfahren über Art. 19 EuInsVO bzw. Artt. 19, 32 EuInsVO automatisch anzuerkennen in einem mitgliedstaatlichen Anerkennungsstaat. Da das redressement judiciaire auf das Referenzverfahren der sauvegarde verweist, gilt das grundsätzlich zur automatischen Anerkennung eben Herausgearbeitete auch für das sauvegarde Verfahren. Im Unterschied zum redressement judiciaire sind allerdings keine direkten Eingriffe in die Gesellschafterrechte vorgesehen, weshalb sich eine Einordnung diesbezüglicher gerichtlichen Anordnungen erübrigt. 2. Ordre public Vorbehalt Trotz des Vorliegens der Voraussetzungen der automatischen Anerkennung 207 nach Art. 19 EuInsVO bzw. Artt. 19, 32 EuInsVO kann diese verweigert werden, wenn das betreffende Urteil gegen die öffentliche Ordnung (ordre public) des Anerkennungsstaates verstößt, vgl. Art. 33 EuInsVO.705) Der ordre public Vorbehalt ist dabei die einzige Grenze der Anerkennung gerichtlicher Entscheidungen im Sinne des Art. 32 EuInsVO.706) a) Grundlagen des ordre public Vorbehalts Die Anerkennung darf verweigert werden, wenn die Entscheidungen mit den 208 Grundprinzipien des Rechts des Anerkennungsstaats oder den verfassungsmäßig garantierten Rechten und Freiheiten des Einzelnen unvereinbar sind (ordre public).707) Hierbei kommen sowohl materiellrechtliche Verstöße als auch verfahrensrechtliche Verletzungen in Betracht.708) Die materiellrechtliche ___________ 703) Umfassend zur Qualifizierung der gerichtlichen Befugnisse im Rahmen des redressement judiciaire als insolvenzrechtliche Maßnahmen, vgl. Glöckler, Anwendbares Recht und Anerkennung bei gesellschaftsrechtlichen Maßnahmen in Sanierungsplanverfahren, 2021, S. 320 ff. 704) Zur Anwendung auch auf vorinsolvenzliche Sanierungsverfahren vgl. Dammann/ Sénéchal, Le droit d’insolvabilité internationale, 2018, Rn. 273 f. 705) Vgl. Hübler, in: Nerlich/Römermann, EuInsVO, 42. EL Februar 2021, Art. 33 Rn. 15. 706) Thole, in: MüKo-InsO, EuInsVO, 4. Aufl. 2021, Art. 33 Rn. 1; Grundsätzlich zum ordre public Vorbehalt im europäischen und deutschen Internationalen Insolvenzrecht vgl. Mankowski, KTS 2011, 185 ff. 707) Mankowski, KTS 2011, 185, 186; Thole, in: MüKo InsO, EuInsVO, 4. Aufl. 2021, Art. 33 Rn. 1; Virgos/Schmit, Erläuternder Bericht 1996, Rn. 206. 708) Virgos/Schmit, Erläuternder Bericht 1996, Rn. 206; Reutershahn, in: Vallender, EuInsVO, 2. Aufl. 2020, Art. 33 Rn. 1; Thole, in: MüKo-InsO, EuInsVO, 4. Aufl. 2021, Art. 33 Rn. 1.

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H. Internationale Anerkennung gerichtlich bestätigter Planmaßnahmen

ordre public umfasst insbesondere den Grundsatz der Nichtdiskriminierung und den Schutz des Privateigentums.709) Der verfahrensrechtliche ordre public Vorbehalt schützt die elementaren verfahrensrechtlichen Garantien des Anerkennungsstaates, insbesondere die Grundsätze des fairen Verfahrens nach Art. 6 EMRK.710) Der ordre public Vorbehalt ist allerdings sehr restriktiv auszulegen und darf nur als ultima ratio zum Einsatz kommen, um den Grundsatz des gegenseitigen Vertrauens nicht auszuhöhlen.711) Nicht umfasst ist insbesondere eine Nachprüfung auf die Rechtmäßigkeit der gerichtlichen Entscheidung – es findet keine sog. révision au fond statt.712) Außerdem ist der Vorbehalt auf offensichtliche Verstöße wesentlicher Rechtsprinzipien beschränkt.713) b) Überprüfung gesellschaftsrechtlicher Planmaßnahmen 209 Eingriffen in die Gesellschafterstellung und Gesellschafterrechte haften eine nicht zu übersehende verfassungsrechtliche Brisanz, insbesondere bezüglich der Eigentumsgarantie, an.714) Wie in der Untersuchung festgestellt, unterscheiden sich die Ansätze der Mitgliedstaaten, Gesellschafter in die Sanierung der schuldnerischen Gesellschaft einzubeziehen, erheblich. Dementsprechend scheint es naheliegend, die verschiedenen Ausgestaltungen der Einbeziehung der Gesellschafter in die Sanierungsplanverfahren auf ihre Vereinbarkeit mit der jeweiligen ordre public des mitgliedstaatlichen Anerkennungsstaates zu überprüfen. Eine derartige Überprüfung bedürfte allerdings der vertieften Auseinandersetzung mit den verfassungsrechtlichen Prinzipien der möglichen mitgliedstaatlichen Anerkennungsstaaten. Diese würde den Rahmen der Untersuchung sprengen. Stattdessen ist lediglich in groben Zügen die Vereinbarkeit der im redressement judiciaire möglichen Eingriffe mit der deutschen ordre public festzustellen.715) ___________ 709) Virgos/Schmit, Erläuternder Bericht 1996, Rn. 206; Reutershahn, in: Vallender, EuInsVO, 2. Aufl. 2020, Art. 33 Rn. 1. 710) Reutershahn, in: Vallender, EuInsVO, 2. Aufl. 2020, Art. 33 Rn. 5. 711) Mankowski, KTS 2011, 185, 186; Hübler, in: Nerlich/Römermann, EuInsVO, 42. EL Februar 2021, Art. 33 Rn. 15; Reutershahn, in: Vallender, EuInsVO, 2. Aufl. 2020, Art. 33 Rn. 1; Thole, in: MüKo-InsO, EuInsVO, 4. Aufl. 2021, Art. 33 Rn. 1. 712) Virgos/Schmit, Erläuternder Bericht 1996, Rn. 202; Mankowski, KTS 2011, 185, 188; Thole, in: MüKo InsO, EuInsVO, 4. Aufl. 2021, Art. 33 Rn. 1. 713) Mankowski, KTS 2011, 185, 187; Virgos/Schmit, Erläuternder Bericht 1996, Rn. 204. 714) So stellte auch die Europäische Kommission bezüglich Art. 12 der Restrukturierungsrichtlinie fest: „Because treatment of shareholders raises some sensitive constitutional concerns about the protection of the right of property, the means of implementing this rule should be left to the Member States, provided they are effective.“, vgl. SWD (2016) 357 final, S. 69. 715) Zu beachten ist auch, dass die möglichen Eingriffe in den englischen Sanierungsplanverfahren nicht in den Anwendungsbereich der EuInsVO und damit sowieso nicht in den Genuss der automatischen Anerkennung nach Art. 19 EuInsVO fallen. Dementsprechend stellt sich diesbezüglich nicht das Problem einer eventuellen Schranke durch die ordre public gem. Art. 33 EuInsVO.

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I. Anerkennung im Rahmen der EuInsVO

(1) Angemessene Verfahrensbeteiligung Bei der Einbeziehung der Gesellschafter in das Sanierungsplanverfahren ist 210 der angemessenen Verfahrensbeteiligung besondere Beachtung zu schenken. Ein Verstoß gegen die verfahrensrechtliche ordre public ist diesbezüglich zu bejahen, wenn planbetroffene Gläubiger keine Gelegenheit bekommen, am Planverfahren teilzunehmen.716) Eine angemessene Verfahrensbeteiligung der Anteilsinhaber im Rahmen eines 211 redressement judiciaire könnte ganz grundsätzlich angezweifelt werden mangels Einbeziehung in die Planabstimmung.717) Die Anteilsinhaber sind im französischen Recht bisher nicht als eigene Abstimmungsgruppe in das Verfahren einbezogen. Allerdings stimmen die Gesellschafter in einer gesondert einzuberufenden Gesellschafterversammlung über Kapitalmaßnahmen ab.718) Diese Beteiligung geht sogar über das hinaus, was in Art. 9 und Art. 12 der Restrukturierungsrichtlinie vorausgesetzt wird. Nach der Richtlinie steht es den Mitgliedstaaten nach Art. 9 Abs. 3 lit. a sogar frei, die Anteilsinhaber trotz Planbetroffenheit nicht in eine Abstimmung über die Sanierungsplanmaßnahmen zu integrieren. Vorgegeben durch die Richtlinie ist nach Art. 12 lediglich, dass die Anteilsinhaber Sanierungsbeiträge erbringen müssen. In der Ausgestaltung der Einbeziehung bleiben die Mitgliedstaaten recht frei. Angesichts dieser Vorgaben der Europäischen Kommission kann der nicht integrierte Ansatz des französischen redressement judiciaire, die Anteilsinhaber in einer getrennten Gesellschafterversammlung abstimmen zu lassen, kein Verstoß gegen die verfahrensrechtliche ordre public in Deutschland darstellen. Schließlich haben die Anteilseigner gerade durch die Nichteinbeziehung sogar eine herausgehobene Stellung und Blockademöglichkeit. (2) Rechtliches Gehör Weiter kommt ein Verstoß gegen das Gebot des rechtlichen Gehörs als Grund- 212 prinzip der deutschen verfahrensrechtlichen ordre public – nicht zuletzt verbrieft durch Art. 6 EMRK und Art. 103 Abs. 1 GG719) – mangels ausreichender Rechtsbehelfe zugunsten der Gesellschafter in Betracht.720) Wie bereits herausgearbeitet, haben Gesellschafter im redressement judiciaire im Unterschied zum deutschen Recht keine Möglichkeit mittels sofortiger Beschwerde im Sinne des § 253 InsO bzw. § 66 StaRUG geltend zu machen, durch die Planmaßnahmen wesentlich schlechter gestellt zu sein im Vergleich zum ___________ 716) Vgl. Virgos/Schmit, Erläuternder Bericht 1996, Rn. 206; 717) Vgl. bereits oben Rn. 76 ff.; Vgl. hierzu auch Glöckler, Anwendbares Recht und Anerkennung bei gesellschaftsrechtlichen Maßnahmen in Sanierungsplanverfahren, 2021, S. 300 f. 718) Vgl. bereits oben, Rn. 73 ff. 719) Mankowski, KTS 2011, 185, 193. 720) Zu dieser Frage auch schon Glöckler, Anwendbares Recht und Anerkennung bei gesellschaftsrechtlichen Maßnahmen in Sanierungsplanverfahren, 2021, S. 344 f.

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H. Internationale Anerkennung gerichtlich bestätigter Planmaßnahmen

nächstbesten Alternativverfahren.721) Im Gerichtstermin, in dem eine Maßnahme wie eine zwangsweise Abtretung der Gesellschaftsanteile (cession forcée) oder eine zwangsweise Kapitalerhöhung (dilution forcée) vom Gericht angeordnet wird, müssen die Alt-Gesellschafter allerdings angehört werden.722) Der ordre public Vorbehalt gewährt keine Garantie, dass Verfahrensprinzipien im Erststaat auf dieselbe Art und Weise ausgestaltet sind wie im Anerkennungsstaat.723) Die Möglichkeit, auf das Planbestätigungsurteil zumindest Einfluss zu nehmen durch Geltendmachung der eigenen Schlechterstellung, dürfte das Recht auf rechtliches Gehör wahren. Dies gilt selbst dann, wenn der Schutz nicht im selben Maße effektiv und weitreichend ist wie im deutschen Recht.724) (3) Forderungsumwandlung gegen den Gläubigerwillen 213 Die Möglichkeit der Umwandlung von Insolvenzforderungen in Eigenkapital ohne den Willen der betreffenden Gläubiger könnte gegen die materiellrechtliche ordre public verstoßen. Im französischen redressement judiciaire gibt es keine dem § 225a Abs. 2 S. 2 InsO entsprechende Schutznorm.725) Im deutschen Recht dient die Norm des § 225a Abs. 2 S. 2 InsO der Verwirklichung des Schutzes der grundrechtlich gesicherten negativen Vereinigungsfreiheit (Art. 9 GG) sowie der Eigentumsgarantie (Art. 14 GG).726) Insofern könnte ein Verstoß gegen diese grundrechtlich geschützten Prinzipien der Anerkennung eines Bestätigungsurteils eines plan de redressement durch deutsche Gerichte entgegenstehen. Indes ist ein Verstoß gegen die materiellrechtliche ordre public zwischen europäischen Mitgliedstaaten selten anzunehmen aufgrund des weitreichenden Grundsatzes des gegenseitigen Vertrauens in die Rechtsstaatlichkeit der Mitgliedstaaten.727) Gegen einen solchen Verstoß spricht auch, dass im Rahmen des ESUG-Gesetzgebungsverfahrens die Regelung des § 225a Abs. 2 S. 2 InsO i. V. m. § 230 Abs. 2 InsO nicht unumstritten war und auch heute teilweise kritisiert wird.728) Erst im Referenten- und im Regie___________ 721) Vgl. bereits oben, Rn. 173 ff. 722) Vgl. bereits oben, Rn. 175 f.; Dammann, in: BeckOK InsO, Stand: 15.1.2021, Internationales Insolvenzrecht Frankreich, Rn. 317. 723) Vgl. auch Mankowski, KTS 2011, 185, 194; Mankowski, BB 2006, 1753, 1758; vgl. EuGH, Urt. v. 28.3.2000 Rs. C-7/98 – Dieter Krombach/André Bamberski. 724) Vgl. auch Glöckler, Anwendbares Recht und Anerkennung bei gesellschaftsrechtlichen Maßnahmen in Sanierungsplanverfahren, 2021, S. 337. 725) Siehe bereits oben, Rn. 113. 726) Spahlinger, in: Kübler/Prütting/Bork InsO, 87. EL März 2021, § 225a Rn. 31 ff.; Rühle/ Ober, in: Nerlich/Römermann, 42. EL Februar 2021, § 225a Rn. 8 ff.; Eidenmüller, in: MüKo-InsO, 4. Aufl. 2020, § 225a Rn. 33. 727) Laukemann, IPrax 2012, 207, 214; Vgl. allgemein zu den engen Grenzen des ordre public Vorbehalts zum Schutz des Grundsatzes des gegenseitigen Vertrauens Mankowski, KTS 2011, 185 ff. 728) Vgl. hierzu Eidenmüller, in: MüKo-InsO, 4. Aufl. 2020, § 225a Rn. 33 ff.; Hirte, in: Uhlenbruck InsO, 15. Aufl. 2019, § 225a Rn. 27; Hirte, ZInsO 2010, 1297, 1305.

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I. Anerkennung im Rahmen der EuInsVO

rungsentwurf entschied sich der Gesetzgeber gegen eine Widerspruchslösung statt der jetzigen Zustimmungslösung.729) Diese Überlegungen wurden sodann allerdings wieder fallengelassen, wobei auch heute noch teilweise moniert wird, die Norm stelle ein Sanierungshindernis dar.730) Diese Kritik zeigt bereits, dass der Regelungsgedanke des § 225a Abs. 2 S. 2 InsO zumindest keinen zwingenden Geltungsanspruch hat. Noch eindeutiger wird dies bei der näheren Betrachtung der Ausnahmen von der Regelung des § 225a Abs. 2 S. 2 InsO. Der Grundsatz der Zustimmungspflicht der betroffenen Gläubiger wird durchbrochen bezüglich Anleihen nach dem SchVG.731) Nach § 5 Abs. 3 Nr. 5 SchVG können die Forderungen von Anleihegläubigern ohne deren individuelle Zustimmung lediglich auf der Grundlage eines Mehrheitsbeschlusses in Eigenkapital umgewandelt werden.732) Zwar ist dabei zu beachten, dass sich Anleihegläubiger bei der Vergabe der Schuldverschreibung bereits über die Existenz der Norm des § 5 Abs. 3 Nr. 5 SchVG informieren konnten und somit nicht von einer Umwandlung überrascht werden können.733) Dem deutschen Recht ist es jedoch zumindest nicht völlig fremd, Gläubiger im Rahmen eines Insolvenzplanverfahrens zwangsweise in die Rolle eines Anteilseigners zu drängen. Vor dem Hintergrund der Kritik an der Regelung des § 225a Abs. S. 2 InsO i. V. m. § 230 Abs. 2 InsO als Sanierungshindernis in der deutschen Insolvenzrechtslehre sowie der Ausnahme im deutschen Schuldverschreibungsrecht dürfte zumindest keine offensichtliche Unvereinbarkeit mit Grundprinzipien des deutschen materiellen Rechts vorliegen.734) Die zwangsweise Umwandlung von Forderungen in Eigenkapital ist kein Verstoß gegen die deutsche materiellrechtliche ordre public. c) Keine Unvereinbarkeit mit der deutschen ordre public Ohne jeden einzelnen im redressement judiciaire möglichen Eingriff in die 214 Gesellschaftsstruktur und die Gesellschafterrechte im Detail untersuchen zu können, scheint es eindeutig, dass das Verfahren weder gegen die deutsche verfahrensrechtliche noch materiellrechtliche ordre public verstößt. Der automatischen Anerkennung der im Zusammenhang mit dem redressement judiciaire ___________ 729) Eidenmüller, in: MüKo InsO, 4. Aufl. 2020, § 225a Rn. 33; Vgl. zur Diskussion während des Reformvorhabens des ESUG auch Eidenmüller/Engert, ZIP 2009, 541, 552. 730) Eidenmüller, in: MüKo InsO, 4. Aufl. 2020, § 225a Rn. 33 ff. 731) Hirte, in: Uhlenbruck InsO, 15. Aufl. 2019, § 225a Rn. 28; Eidenmüller, in: MüKo-InsO, 4. Aufl. 2020, § 225a Rn. 34. Vgl. zum Ablauf des Debt Equity Swap bei der Restrukturierung von Anleihen Thole, ZIP 2014, 2365 ff. 732) Die Norm des § 5 Abs. 3 Nr. 5 SchVG findet nach der Maßgabe des § 19 Abs. 1 S. 1 SchVG auch im Insolvenzplanverfahren Anwendung und ist insoweit lex specialis gegenüber § 225a Abs. 2 S. 2 InsO. 733) Spahlinger, in: Kübler/Prütting/Bork InsO, 87. EL März 2021, § 225a Rn. 32. 734) So auch Glöckler, Anwendbares Recht und Anerkennung bei gesellschaftsrechtlichen Maßnahmen in Sanierungsplanverfahren, 2021, S. 346.

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H. Internationale Anerkennung gerichtlich bestätigter Planmaßnahmen

ergangenen gerichtlichen Entscheidungen nach Artt. 19, 32 EuInsVO stünde kein Hindernis entgegen. II. Anerkennung gerichtlicher Urteile außerhalb des Anwendungsbereichs der EuInsVO 215 Die Anerkennung gerichtlicher Urteile außerhalb des Anwendungsbereichs der EuInsVO richtet sich entweder nach der EuGVVO oder nach nationalen Regelungen über die Anerkennung ausländischer Urteile. Entscheidend für die Einordnung ist dabei die Qualifizierung der Urteile. Das folgt aus der Bereichsausnahme des Art. 1 Abs. 2 lit. b EuGVVO, wonach diese nämlich gerade nicht auf Konkurse, Vergleiche und ähnliche Verfahren anzuwenden ist. Ist ein Urteil demnach insolvenzrechtlich zu qualifizieren, fällt aber nicht in den örtlichen Anwendungsbereich der EuInsVO, ist eine Anwendung der EuGVVO trotzdem grundsätzlich ausgeschlossen.735) 216 Virulent ist die Einordnung von Sanierungsplanverfahren außerhalb des Anwendungsbereichs der EuInsVO insbesondere seit dem Austritt des Vereinigten Königreichs aus der Europäischen Union. Die ehemalige Problematik, ob das Scheme of Arrangement Verfahren zu insolvenzähnlich ist, um trotz der Bereichsausnahme des Art. 1 Abs. 2 lit. b unter die EuGVVO subsumiert zu werden, erübrigt sich indes.736) Mit dem Austritt des Vereinigten Königreichs und dem Ablauf der Übergangsfrist am 31. Dezember 2020 endete auch die Geltung der EuGVVO in England.737) Damit stellt sich die Frage bei einer Anerkennung in Deutschland nun im autonomen Internationalen Verfahrensrecht. Es bleibt die Entscheidung, ob die Urteile im Rahmen des Scheme of Arrangement, des neuen Restrukturierungsverfahrens sowie des CVA nach der insolvenzrechtlichen Norm des § 343 InsO oder der zivilprozessualen Norm des § 328 ZPO zu behandeln sind. ___________ 735) Vgl. weiterführend zur Abgrenzung der Anwendungsbereiche der EuInsVO und der EuGVVO Strobel, Die Abgrenzung zwischen EuGVVO und EuInsVO, 2006. 736) Vgl. zur Problematik der Einordnung der im Rahmen des Scheme of Arrangement Verfahren ergangenen Urteile unter die EuGVVO Thole, ZGR 2013, 109, 113 ff.; BGH, NZI 2021, 425 ff.; Paulus, NZI 2021, 428 f.; Bormann, NZI 2011, 892, 895 f.; Paulus, ZIP 2011, 1077, 1080. 737) Lein, ZvglR 2021, 1, 19; Mankowski, EuZW-Sonderausgabe 1/2020, 3, 8; Antomo, in: BeckOK ZPO, 40. Ed. 1.3.2021, Brüssel-Ia-VO, Art. 1 Rn. 11. Nach Art. 67 Abs. 1 des Austrittsabkommens vom 24.1.2020 (Abl EU L 29/7) blieb die EuGVVO auch nach dem Austritt des Vereinigten Königreichs weiter anwendbar, allerdings nur soweit es sich um Titel handelt, die in Verfahren geschaffen werden, die vor Ende der Übergangszeit (31.12.2020) eingeleitet wurden. Bisher ungeklärt ist, ob stattdessen Altabkommen wie das EuGVÜ wieder in Kraft treten. Ausgeschlossen ist wohl inzwischen ein Beitritt Großbritanniens zum LugÜ, vgl. hierzu Wagner, IPrax 2021, 2, 7 f. Unabhängig von den weiteren Entwicklungen im Internationalen Zivilprozessrecht im Verhältnis zwischen der EU-27 und dem Vereinigten Königreich ist mithin für die Zwecke dieser Arbeit anzunehmen, dass für die Anerkennung englischer Urteile auf die nationalen Regeln über das internationale Verfahrensrecht zurückzugreifen ist.

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II. Anerkennung gerichtlicher Urteile außerhalb des Anwendungsbereichs der EuInsVO

1. Scheme of Arrangement Das Scheme of Arrangement fiel bereits vor dem Austritt des Vereinigten Kö- 217 nigreichs aus der Europäischen Union nicht in den Anwendungsbereich der EuInsVO, da es mangels originär insolvenzrechtlichen Charakters nicht in Anhang A aufgeführt wurde. Bereits diesbezüglich war in der deutschen Lehre umstritten, nach welchen Regeln die Anerkennung der gerichtlichen Urteile zur Bestätigung eines Scheme of Arrangement erfolgen sollte.738) Der Hintergrund der Diskussion war die sehr großzügige Auslegung englischer Gerichte ihrer eigenen Zuständigkeit in Scheme of Arrangement Verfahren über das Vermögen auch ausländischer Gesellschaften.739) Das Scheme of Arrangement nach Part 26 des Companies Act ist kein rein insolvenzrechtliches Verfahren, sondern dient vorrangig der Erleichterung von Unternehmensverschmelzungen und anderen gesellschaftsrechtlichen Maßnahmen.740) Mangels gemeinschaftlicher Befriedigung, kann das Scheme of Arrangement wohl nicht insolvenzrechtlich qualifiziert werden.741) Diesem Gedanken folgend, muss im deutschen Internationalen Zivilprozessrecht § 328 ZPO Anwendung finden.742) 2. Restructuring Plan nach Part 26A des Companies Act Ebenso wie beim Scheme of Arrangement handelt es sich auch beim Restructuring 218 Plan Verfahren nach Part 26A nicht um ein Insolvenzverfahren zur gemeinschaftlichen Befriedigung. Folgerichtig ist mangels der Insolvenzähnlichkeit bezüglich der Anerkennung in Deutschland ebenfalls auf § 328 ZPO zurückzugreifen.743) 3. Company Voluntary Arrangement Im Unterschied zum Scheme of Arrangement und dem Restrukturierungs- 219 planverfahren ist das CVA insolvenzrechtlich zu qualifizieren.744) Dement___________ 738) Zum damaligen Meinungsstand Thole, ZGR 2013, 109, 113 ff.; Bormann, NZI 2011, 892, 895 f.; Paulus, ZIP 2011, 2033, 2043 ff. 739) So bejahten die englischen Gerichte ihre internationale Zuständigkeit beispielsweise in den Rechtssachen Rodenstock (Re Rodenstock GmbH [2011] EWHC 1104 (Ch), siehe ZIP 2011, 1017) oder Tele Columbus (Re Tele Columbus GmbH [2014] EWHC 249 (Ch) und ließen hierfür eine Verbindung zum englischen Recht ausreichen, ohne dass die Gesellschaften ihren Sitz bzw. den Mittelpunkt ihrer hauptsächlichen Interessen in England gehabt hätten. Einige deutsche Unternehmen nutzten die Möglichkeit einer schnellen und vergleichsweise einfachen Restrukturierung im Rahmen eines Scheme of Arrangement, da es im deutschen Recht vor der Einführung des StaRUG keine Möglichkeit eines außerinsolvenzlichen Sanierungsplanverfahrens gab. 740) Vgl. oben, Rn. 35; Goode, Principles of Corporate Insolvency Law, 2019, Rn. 12-12. 741) Vgl. auch BGH NJW 2012, 2113 Rn. 24; Thole, ZGR 2013, 109, 126 ff.; Roth, in: Stein/Jonas ZPO, 23. Aufl. 2015, § 328 Rn. 64. 742) Hierzu bereits Sax/Swierczok, ZIP 2017, 601, 604; Mankowski, EuZW-Sonderausgabe 1/2020, 3, 13; Thole, in: MüKo-InsO, 4. Aufl. 2021, § 343 Rn. 19. 743) So auch Schlegel, in: MüKo-InsO, 4. Aufl. 2021, Länderbericht England, Rn. 111. 744) Was sich nicht zuletzt aus der Auflistung in Anhang A der EuInsVO zeigte; vgl. bereits oben Rn. 30.

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H. Internationale Anerkennung gerichtlich bestätigter Planmaßnahmen

sprechend wäre bezüglich der Anerkennung der Urteile im Zusammenhang mit einem CVA auf § 343 InsO abzustellen. Die Anerkennung eines Urteils zur Planbestätigung des CVA richtete sich grundsätzlich nach § 343 Abs. 2 InsO. Zu beachten ist allerdings, dass ein CVA nicht unbedingt einer gerichtlichen Bestätigung bedarf. Zur Wirksamkeit reicht die Zustimmung der Gläubigerversammlung.745) Damit gibt es kein nach § 343 Abs. 2 InsO anerkennungsfähiges Urteil zur Beendigung des CVA.746) Für eine Anwendung des § 343 Abs. 2 InsO muss die Entscheidung von einem Gericht ausgehen. Dies ergibt sich aus dem Wortlaut des mit § 343 Abs. 2 in Zusammenschau zu lesenden § 343 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 InsO.747) Mangels sonstiger in Betracht kommenden Anerkennungsregeln ist die Wirkungserstreckung der Planmaßnahmen des CVA im Zweitstaat lediglich über materiellrechtliche Kollisionsregeln möglich.748) Mangels Anwendbarkeit der EuInsVO nach dem Austritt des Vereinigten Königreichs aus der Europäischen Union, kommen hierfür stattdessen vertragliche Kollisionsregeln in Betracht. Aus Sicht der Mitgliedstaaten hat dabei die Rom-I-VO über vertragliche Rechtsverhältnisse den Vorteil, gem. Art. 2 Rom-I-VO als loi uniforme ausgestaltet zu sein und mithin auch gegenüber Drittstaaten, und damit dem Vereinigten Königreich, Anwendung zu finden.749) Sollte man allerdings zum Schluss kommen, das CVA könne aufgrund der insolvenzrechtlichen Qualifikation nicht schuldrechtlich angeknüpft werden, scheidet eine Anwendung der Rom-I-VO aus. In diesem Fall ist auf die nationalen Kollisionsregeln, also auf das EGBGB, zurückzugreifen. 4. Zwischenergebnis 220 Der Austritt des Vereinigten Königreichs aus der Europäischen Union führte zu Herausforderungen im Bereich des Internationalen Privatrechts und Internationalen Zivilverfahrensrechts. Im Rahmen der Anerkennung ist für das Scheme of Arrangement und für den neuen Restructuring Plan auf das nationale Kollisionsrecht des Zweitstaates zurückzugreifen, wobei mangels insolvenzrechtlichen Charakters der Verfahren das allgemeine Zivilprozessrecht einschlägig sein dürfte. Mangels gerichtlicher Bestätigung entfaltet das CVA nur ___________ 745) Vgl. bereits oben Rn. 32; Bork, Sanierungsrecht in Deutschland und England, 2011, § 6 Rn. 6.7; Thole, in: MüKo-InsO, 4. Aufl. 2021, EuInsVO, Art. 32 Rn. 9a. 746) Siehe zum parallelen Problem, ob das CVA durch eine gerichtliche Entscheidung im Sinne des Art. 32 Abs. 1 EuInsVO beendet wird Thole, in: MüKo-InsO, 4. Aufl. 2021, EuInsVO, Art. 32 Rn. 9a; Reutershahn, in: Vallender, EuInsVO, 2. Aufl. 2020, Art. 32 Rn. 7; Mock, in: BeckOK InsO, 22. Ed. 15.1.2021, EuInsVO, Art. 32 Rn. 11. 747) Thole, in: MüKo-InsO, 4. Aufl. 2021, § 343 Rn. 15; Begr. RegE BT-Drs. 15/16, S. 21. 748) Thole, in: MüKo-InsO, 4. Aufl. 2021, EuInsVO, Art. 32 Rn. 9a; Reutershahn, in: Vallender, EuInsVO, 2. Aufl. 2020, Art. 32 Rn. 7; Mock, in: BeckOK InsO, 22. Ed. 15.1.2021, EuInsVO, Art. 32 Rn. 11. 749) Sax/Swierczok, ZIP 2017, 601, 603.

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II. Anerkennung gerichtlicher Urteile außerhalb des Anwendungsbereichs der EuInsVO

nach den Regeln des materiellen Kollisionsrechts in Zweitstaaten Geltung. Trotz des Brexits scheint es dabei für die Mitgliedstaaten möglich, auf die Rom-I-VO zurückzugreifen. 5. Anerkennungsversagungsgründe Sollte man das Scheme of Arrangement sowie das Restructuring Plan Verfahren 221 nach Part 26A des Companies Act unter die Anerkennungsregel des § 328 ZPO fassen, dürfte dem anzuerkennenden Planbestätigungsurteil kein Anerkennungsversagungsgrund des § 328 Abs. 1 Nr. 1 – 5 ZPO entgegenstehen. Insbesondere fällt dabei § 328 Abs. 1 Nr. 1 ZPO ins Auge, dem das sogenannte „Spiegelbildlichkeitsprinzip“ zu Grunde liegt.750) Im Unterschied zur Anerkennung nach den Regeln der EuGVVO ist im deutschen Zivilprozessrecht zu prüfen, ob bei einer hypothetischen Geltung deutschen Zuständigkeitsrechts ebenfalls dasselbe Gericht zuständig gewesen wäre.751) Das urteilende Gericht müsste demnach auch nach den §§ 12 ff. ZPO zuständig sein. An dieser Stelle ist keine vertiefte Prüfung dieser Voraussetzungen zu leisten. Allerdings dürfte diese Prüfung angesichts der in der Vergangenheit zum Scheme of Arrangement getroffenen sehr weiten Auslegung der eigenen Zuständigkeit durch englische Gerichte752) interessant werden in Anerkennungsfällen auch der Urteile im Zusammenhang mit dem Restructuring Plan nach Part 26A des Companies Act. Weiter könnte ein ordre public Verstoß einen Anerkennungsversagungsgrund 222 darstellen gem. § 328 Abs. 1 Nr. 4 ZPO. Vor dem Erlass der Restrukturierungsrichtlinie und der Einführung des StaRUG wurde zumindest vereinzelt diskutiert, ob ein vorinsolvenzlicher Eingriff in Rechtspositionen durch das Scheme of Arrangement eine nicht zu legitimierende Einschränkung des Art. 14 GG bilde und somit ein ordre public Verstoß zumindest denkbar sei.753) Spätestens jedoch seit Erlass der Restrukturierungsrichtlinie, durch welche die Mitgliedstaaten zur Schaffung der Möglichkeit des vorinsolvenzlichen Eingriffs verpflichtet wurden, kann dieser Gedanke nicht mehr verfangen. Auch ansonsten weist insbesondere das neue englische Restrukturierungsverfahren keine ___________ 750) Allgemein hierzu Roth, in: Stein/Jonas ZPO, 23. Aufl. 2015, § 328 Rn. 73; Kern, ZZP 2007, Bd. 120, 31 ff. 751) Roth, in: Stein/Jonas ZPO, 23. Aufl. 2015, § 328 Rn. 73. Die Frage danach, ob in diesem Zusammenhang auch die Regeln der EuGVVO zu berücksichtigen sind, erübrigt sich bezüglich der englischen Sanierungsplanverfahren mangels Anwendbarkeit der EuGVVO. Die Frage danach, ob in diesem Zusammenhang auch die Regeln der EuGVVO zu berücksichtigen sind, erübrigt sich bezüglich der englischen Sanierungsplanverfahren mangels Anwendbarkeit der EuGVVO. Vgl. zum Problem Kern, ZZP 2007, Bd. 120, 31, 45 ff.; Sax/Swierczok, ZIP 2017, 601, 604; Stadler, in: Musielak/Voit ZPO, 18. Aufl. 2021, § 328 Rn. 10. 752) Siehe dazu bereits oben Rn. 217. 753) Schümann-Kleber, IILR 2011, 447, 457 f.; Vgl. im Ergebnis jedoch verneinend Thole, ZGR 2013, 109, 139.

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H. Internationale Anerkennung gerichtlich bestätigter Planmaßnahmen

wesentlichen grundrechtsrelevanten Abweichungen von der verfahrensrechtlichen und materiellen Ausgestaltung des StaRUG Verfahrens auf, sodass kein ordre public Verstoß in Betracht kommt. 6. Ordre public Vorbehalt des materiellen Kollisionsrechts 223 Auch im Rahmen der Rom-I-VO kann nach Art. 21 Rom-I-VO in Ausnahmefällen die Anwendung der ausländischen Norm aufgrund ihrer Unvereinbarkeit mit der öffentlichen Ordnung des Zweitstaats versagt werden. Indes sind einer derartigen Anwendungsversagung aufgrund der weitgehenden Privatautonomie im Vertragsrecht hohe Hürden gesetzt.754) 224 Ein Verstoß gegen die deutsche öffentliche Ordnung durch Regelungen des CVA ist allenfalls durch die Vorschrift des sec. 4 A (2) lit. b Insolvency Act, wonach es für die Annahme des CVA ausreicht, dass die Gläubigerversammlung dem proposal zustimmt, obwohl die Gesellschafterversammlung dieses ablehnt, denkbar.755) In dem CVA, das trotz der Ablehnung der Gesellschafter zustandekommt, könnte ein, im deutschen Recht unzulässiger, Vertrag zu Lasten Dritterzu sehen sein. 225 Zu beachten ist allerdings zunächst, dass in ein CVA keine gesellschaftsrechtlichen Maßnahmen integriert werden können. Diese sind lediglich begleitend zu einem CVA nach allgemeinen gesellschaftsrechtlichen Regeln zu verwirklichen.756) Auch ein Debt Equity Swap kann nicht gegen den Willen der Gesellschafter durchgesetzt werden.757) 226 Außerdem steht den Gesellschaftern bei einem Auseinanderfallen der Abstimmungsergebnisse zwischen der Gläubiger- und der Gesellschafterversammlung die Möglichkeit einer Rechtsbeschwerde offen.758) Sie können nach sec. 4A (3) Insolvency Act das Gericht anrufen, sollte die Entscheidung der Gläubigerversammlung von ihrer Entscheidung abweichen. Kommt das Gericht nach der Prüfung zur Überzeugung, die Gesellschafter werden ungerechtfertigt benachteiligt, kann es nach sec. 4 (6) lit. a Insolvency Act anordnen, dass die Entscheidung der Gesellschafter anstelle des Gläubigervotums gilt.759) Die Gesellschafter sind also nicht rechtsschutzlos gestellt. Weiter spricht gegen einen ordre public Verstoß, dass es infolge des Obstruktionsverbots des § 245 ___________ 754) Martiny, in: MüKo-BGB, Rom-I-VO, 8. Aufl. 2021, Art. 21 Rn. 2. 755) Vgl. hierzu bereits oben, Rn. 81; zu den bereits im Rahmen des Art. 33 EuInsVO bezüglich des redressement judiciaire ausgeräumten Zweifeln an der Vereinbarkeit einer Forderungsumwandlung gegen den Willen der Gläubiger im Rahmen des Debt Equity Swaps, vgl. Rn. 213. 756) Vgl. bereits oben, Rn. 81. 757) Vgl. bereits oben, Rn. 102. 758) Vgl. bereits oben, Rn. 181. 759) Vgl. dazu bereits oben Rn. 181.

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II. Anerkennung gerichtlicher Urteile außerhalb des Anwendungsbereichs der EuInsVO

InsO im Insolvenzplanverfahren bzw. gem. § 26 StaRUG im Restrukturierungsplanverfahren auch nach deutschem Recht möglich ist, Gesellschafter gegen ihren Willen an die Wirkungen des Sanierungsplans zu binden. Im Übrigen kann an dieser Stelle wieder auf die Vorgaben der Restrukturierungsrichtlinie verwiesen werden. Der europäische Richtliniengeber stellt es den Mitgliedstaaten schließlich nach Art. 9 Abs. 3 lit. a sogar frei, die Anteilsinhaber trotz Planbetroffenheit nicht in eine Abstimmung über die Sanierungsplanmaßnahmen zu integrieren.760) Angesichts dieser Vorgaben der Europäischen Kommission kann auch die Ausgestaltung der Einbeziehung der Gesellschafterversammlung in das CVA keinen evidenten Verstoß gegen die Grundprinzipien der deutschen öffentlichen Ordnung darstellen. 7. Zwischenergebnis Trotz der noch bestehenden Unsicherheit hinsichtlich der nach dem Austritt 227 des Vereinigten Königreichs aus der Europäischen Union anzuwendenden Regelungen sowohl im Internationalen Privatrecht als auch im Internationalen Verfahrensrecht, dürfte zumindest feststehen, dass keinem der drei untersuchten Sanierungsplanverfahren englischen Rechts die Anerkennung in Deutschland mangels Vereinbarkeit mit der öffentlichen Ordnung zu versagen ist.

___________ 760) Siehe bereits zur Prüfung der Vereinbarkeit des redressement judiciaire mit der deutschen ordre public, Rn. 211.

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I. Zusammenfassung und Fazit Es zeigt sich, dass alle untersuchten Rechtsordnungen gesellschaftsrechtliche 228 Maßnahmen als Mittel zur Restrukturierung einsetzen. Interessanterweise ist dabei eine einheitliche Entwicklung von einer Gesellschafterneutralität hin zu einer stärkeren Einbeziehung der Gesellschafter und zur Möglichkeit gesellschaftsrechtlicher Eingriffe gegen den mehrheitlichen Willen der Anteilsinhaber zu beobachten. Das deutsche Insolvenzrecht gab die Gesellschafterneutralität bereits lange vor 229 der Umsetzung der Restrukturierungsrichtlinie auf. Seit der Reform durch das ESUG im Jahr 2011 ist die Umsetzung gesellschaftsrechtlicher Maßnahmen im Insolvenzplanverfahren auch gegen den Willen der Gesellschafter möglich. Das StaRUG zur Umsetzung der Vorgaben der Restrukturierungsrichtlinie greift die wesentlichen Regelungsinhalte des Insolvenzplanverfahrens auf und verlagert diese in den vorinsolvenzlichen Bereich. Auch im Restrukturierungsplan nach StaRUG können gesellschaftsrechtliche Maßnahmen mittels gruppenübergreifender Mehrheitsentscheidung gem. § 26 StaRUG gegen den Willen der Gesellschaftermehrheit verwirklicht werden. Das Blockadepotenzial der Gesellschafter ist in den deutschen Restrukturierungsplan- und Insolvenzplanverfahren dadurch minimiert, dass es zur Umsetzung gesellschaftsrechtlicher Maßnahmen keiner zusätzlichen gesellschaftsrechtlichen Beschlüsse bedarf und dass die Anteilsinhaber in den Planverfahren durch eine Mehrheitsentscheidung überstimmt werden können, sofern ihnen der Liquidationswert ihrer Beteiligung erhalten bleibt. Das französische Sanierungsrecht etablierte bereits 2005 mit dem sauvegarde 230 Verfahren ein kollektiv bindendes Sanierungsplanverfahren im vorinsolvenzlichen Bereich. Allerdings ist das sauvegarde Verfahren weitgehend gesellschafterneutral, unmittelbare Eingriffe in die Gesellschafterpositionen sind nur im französischen Pendant zum Insolvenzplanverfahren, der redressement judiciaire, möglich. Im Unterschied zum deutschen Recht etablierte der französische Gesetzgeber zur Minimierung des Blockadepotenzials der Anteilsinhaber weitreichende gerichtliche Eingriffsbefugnisse in die Rechte der Anteilsinhaber, die charakteristisch für die starke Stellung des Gerichts im französischen Sanierungsrecht sind. Das Blockadepotenzial der Gesellschafter wird bisher unter anderem dadurch minimiert, dass im Fall der Opposition ein gerichtlich bestellter Vertreter anstelle dissentierender Gesellschafter abstimmen kann. Der französische Gesetzgeber hat noch kein Gesetz zur Umsetzung der 231 Vorgaben der Restrukturierungsrichtlinie verabschiedet. Die französischen außerinsolvenzlichen Mechanismen wie das mandat ad hoc, die conciliation und die sauvegarde Verfahren erfüllen allerdings bereits die meisten Vorgaben der Restrukturierungsrichtlinie zur frühzeitigen Vermeidung von Insolvenzen. 123

I. Zusammenfassung und Fazit

Der durch das Justizministerium im Januar 2021 veröffentlichte Vorschlag für ein Umsetzungsgesetz sieht Änderungen des sauvegarde Verfahrens und der redressement judiciaire entsprechend der Richtlinienvorgaben vor. Im Zentrum der Reform steht dabei die Einführung von Gläubigergruppen statt der bisher zu bildenden Gläubigerkomitees in beiden untersuchten Sanierungsplanverfahren. Dabei ist zur Umsetzung der Artt. 9, 12 der Restrukturierungsrichtlinie auch die Möglichkeit vorgesehen, durch Planregelungen in Gesellschafterrechte einzugreifen. Gesellschafter sind in diesem Fall als eigene Abstimmungsgruppe in das Verfahren einzubeziehen. Außerdem wird zur Umsetzung des Art. 11 der Restrukturierungsrichtlinie eine Möglichkeit für gruppenübergreifende Mehrheitsentscheidungen in die Planverfahren integriert. Damit scheinen in Zukunft gesellschaftsrechtliche Maßnahmen gegen den Mehrheitswillen der Gesellschafter möglich. Dies stellt ein Novum dar, weil bisher gesellschaftsrechtliche Maßnahmen nur im Rahmen des insolvenzrechtlichen plan de redressement möglich waren und stets des Beschlusses einer zusätzlichen Gesellschafterversammlung bedurften. 232 Das englische Insolvenzrecht ist im Vergleich der untersuchten Rechtsordnungen die gegenüber Gesellschafterrechten neutralste Rechtsordnung. Dies gilt insbesondere für das insolvenzrechtlich konnotierte Vergleichsverfahren der CVA – einzig ein im Rahmen des CVA vereinbarter Debt Equity Swap berührt die Rechtsstellung der Gesellschafter. Gesellschaftsrechtliche Maßnahmen sind jedoch in originär gesellschaftsrechtlichen Planverfahren, also dem Scheme of Arrangement und dem durch den Corporate Insolvency and Governance Act 2020 in Part 26A des Companies Act eingefügten Restructuring Plan möglich. Der neue Restructuring Plan nach dem Corporate Insolvency and Governance Act 2020 ist das Ergebnis eines Reformvorhabens bezüglich des Scheme of Arrangements, das bereits 2016 eingeleitet wurde. Obwohl der englische Gesetzgeber aufgrund des Austritts des Vereinigten Königreichs aus der Europäischen Union nicht mehr zur Umsetzung der Restrukturierungsrichtlinie verpflichtet ist, wurden einige Vorgaben der Richtlinie unabhängig davon bereits durch den im Mai 2020 erlassenen Corporate Insolvency and Governance Act verwirklicht. Insbesondere entspricht die Einführung eines cross-class cram-down, also einer klassenübergreifenden Mehrheitsentscheidung, den Vorgaben des Art. 11 der Restrukturierungsrichtlinie. 233 In grenzüberschreitenden Konstellationen sind gesellschaftsrechtlich wirkende Planmaßnahmen zur Bestimmung des anwendbaren Rechts insolvenzrechtlich zu qualifizieren. Den Mitgliedstaaten steht es frei, die auf der Umsetzung der Restrukturierungsrichtlinie beruhenden Sanierungsplanverfahren durch die Aufnahme in Anhang A der EuInsVO deren Geltung zu unterwerfen. Das StaRUG unterfällt dementsprechend den Wirkungen der EuInsVO. Soweit dies bisher absehbar ist, plant der französische Gesetzgeber die Umsetzung der Restrukturierungsrichtlinie mittels Reform der bereits bestehenden sauvegarde

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I. Zusammenfassung und Fazit

Verfahren. Auf diese ist die EuInsVO bereits anwendbar. Die im Rahmen des redressement judiciaire und der sauvegarde Verfahren getroffenen gerichtlichen Entscheidungen sind in einem anderen Mitgliedstaat entsprechend Artt. 19, 32 EuInsVO automatisch anzuerkennen. Es stehen der automatischen Anerkennung aus deutscher Sicht auch keine Bedenken bezüglich der Vereinbarkeit mit der öffentlichen Ordnung im Sinne des Art. 33 EuInsVO entgegen. Infolge des Austritts des Vereinigten Königreichs, und mangels Abkommens 234 mit der Europäischen Union diesbezüglich, ist die EuInsVO nach Ablauf der Übergangsfrist seit Januar 2021 nicht mehr in England anwendbar. Das Scheme of Arrangement Verfahren unterfiel bereits vor dem Austritt nicht dem Anwendungsbereich der EuInsVO. Zur Anerkennung der im Rahmen des Scheme of Arrangement ergangenen Urteile ist auf das nationale Internationale Zivilprozessrecht, in Deutschland § 328 ZPO, zurückzugreifen. Auch zur Anerkennung der Urteile im Rahmen des Restructuring Plan nach Part 26A des Companies Act englischen Rechts ist nach deutschem Recht auf § 328 ZPO abzustellen. Mangels Planbestätigungsurteils im Rahmen des CVA kann dieses nur nach den Regeln des materiellen Kollisionsrecht Wirkung in den europäischen Mitgliedstaaten entfalten. Dazu ist nach dem Austritt des Vereinigten Königreichs auf die als loi uniforme ausgestaltete Rom-I-VO über vertragliche Schuldverhältnisse zurückzugreifen. Auch der Anerkennung der englischen Sanierungsplanverfahren stehen aus deutscher Sicht keine Bedenken bezüglich der Vereinbarkeit mit der ordre public entgegen.

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Sachwortregister

Absolute Prioritätsregel

6, 178 Abstimmungsgruppen 17, 20, 67, 104 Administration 26, 122 Anerkennung 200 ff. – Anerkennungsstaat 202, 204, 207 ff. – der Eröffnungsentscheidung 202 Assemblée spéciale 74 Aufhebungsklage 176 Außergewöhnliche Geschäftsführungsmaßnahme 72 Austritt aus der Europäischen Union 3, 184, 190, 199, 216 – Brexit 190

Barkapitalerhöhung

89, 110, 112 Bezugsrechtsausschluss 89, 101, 106 Blockadepotenzial 7, 60, 67, 73, 78, 81, 84, 114, 159

Center of Main Interest (COMI) 34, 39, 190, 197 – Company Voluntary Arrangement (CVA) 29 ff. Coup d’accordéon 109 f. Cross-class cram-down 25, 38, 40, 56, 79, 83 f., 105, 122

Debt Equity Swap

87 ff. – Reverse Debt Equity Swap 97, 104, 106 – Sanierungsprivileg 92 Drittstaat 197 f., 219

Economic interest

Enterprise Act 2002 6, 32, 81 Eröffnungsstaat 191 f., 197 ESUG 7, 11 ff., 60, 65, 126, 213

Forderungsbewertung

90

Geschäftsführer

29, 72, 113, 139 ff., 204 – directors 29, 153 – dirigeants 139 ff. Gesellschafter – -beschluss 65, 71 ff., 134 – -neutralität 7, 15, 75, 78, 193, 228 f. – -rechte 66, 70, 79, 120, 142, 147, 156, 195, 209, 231 – -versammlung 32, 65 f., 71, 74 ff., 81, 134, 173, 195, 211 Gesellschaftsstatut 186 ff. Gläubigerversammlung 32, 81, 103, 180, 219, 224 f. Grundlagengeschäft 72, 134 Grundsatz des gegenseitigen Vertrauens 208 Gründungstheorie 189, 192

Insolvenzplanverfahren

15 ff., 65 ff., 88, 120, 126, 157, 190 – Gruppenbildung 16 – Minderheitenschutzantrag 159 – Planbestätigung 16 – Stimmrecht 16 – Sofortige Beschwerde 160 – Zustimmungsfiktion 120, 157 f. Insolvenzstatut 186, 195

Juge-commissaire

50, 143

82, 104 Eigenkapital 77, 87, 89, 110 f., 115, 213

127

Sachwortregister

Kapitalmaßnahme

65 f. – -erhöhung 77, 87 ff., 102, 106, 109, 176, 195, 212 – -schnitt 195 – -herabsetzung 109 f. Klassenübergreifende Mehrheitsentscheidung 40, 56, 82 f., 114, 181 Kollisionsregel 187 ff., 197 ff., 219 Kontinuität der Mitgliedschaft 132

Planbestätigung 16, 21, 33, 70, 159 f., 163, 175 f., 178 f., 200, 212, 221 Pre-pack administration 27, 122 Procédures amiables – Conciliation 44, 46 f., 54, 198 – Mandat ad hoc 44 f., 47

Lex fori concursus

Redressement judiciaire

192, 194, 197 Liquidationswert 91, 132, 157, 162, 229 Loi Macron 7, 60, 78 f., 115 f., 119, 142 – Cession forcée 78, 119, 140, 176, 212 – Dilution forcée 78, 116, 140, 176, 212 – Mandataire en justice 77 f., 115, 119, 204

Mandataire judiciaire 50 ff., 74, 171 Mehrheitsbeschluss 134, 213 Minderheitenschutzantrag 159, 163 f. Ministère public 59, 78, 116, 142, 176 Mittelpunkt der hauptsächlichen Interessen siehe Center of Main Interest Obstruktionsverbot

60, 66 f., 85, 94, 120, 157 f. Ordre public 207 ff. – Verfahrensrechtlich 208, 210 f. – Materiellrechtlich 208, 213 ff. – Öffentliche Ordnung 207, 224 „Out-of-money Rechtsprechung“ 81, 104

Planabstimmung

20, 66 f., 104, 155, 166, 183, 211

128

Qualifikation

193 ff.

59 ff. – Plan de cession 145, 176 – Plan de continuation 175, 138 Restructuring Plan 40 ff. – Corporate Insolvency and Governance Act 2020 (CIGA) 31, 40 ff., 105, 179, 184, 232 – Siehe auch cross-class cram-down Restrukturierungsrahmen 18 ff., 68 ff. – Eingriffsbefugnis 69 – Gesellschafterbeschluss 71 – Minderheitenschutzantrag 163 f. – Planabstimmung 20 – Planbestätigung 70 – SanInsFoG 18 – Stabilisierungsanordnung 148, 164 – StaRUG 3, 5, 18, 68 – Sofortige Beschwerde 165 f. Restrukturierungsrichtlinie 2 ff. – Umsetzung 3, 5, 11, 18, 55 f. – avant-projet 55 ff.

Sauvegarde Verfahren

48 ff., 74 f. – Gläubigerkomitees 52 – Sauvegarde accélerée 54 – Sauvegarde financière accélerée 54 – Planabstimmung 53 – Plan de sauvegarde 52 f., 137, 175

Sachwortregister

Scheme of Arrangement 35 ff., 82 – Abstimmungsgruppen 82 – „Economic interest issue“ 82 Schutzschirmverfahren 12 ff. Share deal 118, 120 Sitztheorie 189 Sofortige Beschwerde 160, 165 f.

Vergleichsrechnung 157, 160, 162, 170 – „Best interest of creditors‘ test“ 41, 170, 181 Vorfrage 194, 196

Veräußerungsverbot

Zahlungsunfähigkeit

143 Verfahrensziele 4, 6 Verfügungsverbot 148

Wirkungserstreckung

202, 219

12, 22, 25, 51, 59 – Drohende 12, 22, 69

129