Rede über die praktische Philosophie der Chinesen: Zweisprachige Ausgabe 9783787328901, 9783787307951

"Ich habe nit wuhst, das der wulf so gotlose ist", kommentierte Friedrich Wilhelm I. Wolffs Rede. Bei "St

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German Pages 324 [432] Year 1994

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Rede über die praktische Philosophie der Chinesen: Zweisprachige Ausgabe
 9783787328901, 9783787307951

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CHRISTIAN WOLFF

Oratio de Sinarum philosophia practica Rede über die praktische Philosophie der Chinesen

Ubersetzt, eingeleitet und herausgegeben von MICHAEL ALBRECHT

LATEINISCH- DEUTSCH

FELIX MEINER VERLAG HAMBURG

PHILOSOPHISCHE BIBLIOTHEK BAND 374 Die Wiedergabe der Titelblätter auf den Seiten XCI, XCV und 1 erfolgt mit freundlicher Genehmigung der Oriental Division, The New York Public Library, Astor, Lenox and Tilden Foundati­ ons, der Stadtbibliothek Trier und des Priesterseminars Trier.

Im Digitaldruck »on demand« hergestelltes, inhaltlich mit der ursprünglichen Ausgabe identisches Exemplar. Wir bitten um Verständnis für unvermeidliche Abweichungen in der Ausstattung, die der Einzelfertigung geschuldet sind. Weitere Informationen unter: www.meiner.de/bod.

Bibliographische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliographie; detaillierte bibliogra­phi­­ sche Daten sind im Internet über ‹http://portal.dnb.de› abrufbar. ISBN: 978-3-7873-0795-1 ISBN eBook: 978-3-7873-2890-1 © Felix Meiner Verlag GmbH, Hamburg 1985. Alle Rechte vor­ behalten. Dies gilt auch für Vervielfältigungen, Übertragungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen, soweit es nicht §§  53 und 54 URG ausdrücklich gestatten. Gesamtherstellung: BoD, Norderstedt. Gedruckt auf alterungsbeständigem Werkdruck­papier, hergestellt aus 100 % chlor­frei gebleich­tem Zellstoff. Printed in Germany. www.meiner.de

INHALT

Einleitung. Von Michael Albrecht . . . . . . . . . . . § 1 . Der Beginn des chinesischen Einflusses auf das europäische Denken . . . . . . . . . . . . . § 2 . Die China-Mission der J esuiten . . . . . . . . . § 3. Der Ritenstreit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . § 4. Leibniz und China . . . . . . . . . . . . . . . . . . § 5. Wol ff, Leibniz und China . . . . . . . . . . . . . § 6. Wolff und der Naturwissen schaftler Noel § 7 . Wolff und Noe!s Übersetzung der ,klassischen Bücher' der Chinesen . . . . . . . . . . . § 8. Konfuzius . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . § 9 . Wolff und China bis 1 7 2 1 : Die ,allgemeine praktische Philosophie' . . . . . . . . . . . . . . . § 1 0 . Die Prorektoratsrede von 1 7 2 1 . § 1 1 . Wolffs Vertreibung aus Halle . . . . . . . . . § 1 2 . Wolff und China bis 1 7 26. Couplets Konfuzius-Ausgabe . . . . . . . . . . . . . . . . . . § 1 3 . Wolffs Ausgabe seiner Rede . . . . . . . . . . . § 1 4 . Zeitgenössische Urteile über die Chinesenrede . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . § 1 5 . Wolff und China 1 726- 1 7 5 4 . . . . . . . . . .

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IX

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X XII XVII XIX XXI

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XXII

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XXIV XXVIII

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XXXII XXXVIII . XLVI .

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LIII LXII

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LXX LXXX

Editionsgeschichte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1 . Ausgaben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2 . Oberse tzungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

XC XC XCVII

Zur Textgestaltung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

CI!

Zur Übersetzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

CIV

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VI

I nhalt C H R ISTIAN W O L F F

Orati o de Sinarum philosophia practica . . . . . . . . . . Rede über die praktische Ph ilosophie der Chinesen Vorwort [ 1 7 2 6) . . . . . . . . . . . . . . . .

5

Rede über die praktische Philosophi• :ler Chinesen [1 7 2 1 ) . . . . . . . . . . . . . . . .. . . . . . . . . . . Das hohe Alter und die B erühmtheit der Philosophie der Chinesen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Konfuzius ist nicht der Urheber der chinesischen Philosophie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Die Urheber der chinesischen Philosophie . . . . . Der Staat der Chinesen verfäll t . . . . . . . . . . . . . . Konfuzius stellt das verfallene China wieder her . Der grundlegende alte Lehrsatz der Chinesen . . . Woraus Konfuzius seine Lehre geschöpft hat . . . Das Ansehen des Konfuzius . . . . . . . . . . . . . . . . Das Schicksal der Lehren des Konfuzius . . . . . . . Vorhaben des Au tors . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Bitte um Aufmerksamkeit und Wohlwollen . . . . Der Prüfstein für die Weisheit der Chinesen . . . . Beantwortung eines Einwandes . . . . . . . . . . . . . Der erste Grundsatz der Philosophie der Chinesen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Der Unterschied bei den tugendhaften Handlungen und den Arten der Tugend . . . . . . . . . Die Chinesen hatten d e n untersten Grad der Tugend . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Wie die Chinesen die Ausübung der Tugend beförderten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Beantwortung des Einwandes . . . . . . . . . . . . . . . Warum die Chinesen mehr auf das S treben nach der Tugend bedacht waren als auf die Vermeidung der Laster . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Was sind die Kräfte der Natur? . . . . . . . . . . . . . . Die Grundsätze des sittlichen Handeins . . . . . . . O b d e r Tugend Grenzen zu setzen sind . . . . . . . . Ein wich tiger Grundsatz d e s sittlichen Handeins .

1 3

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13 15 15 15 17 17 19 19 21 21 23 23

. . . 25 . . . 25 . . . 27 . . . 27 . . . 29 . . . . .

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29 31 33 33 35

Inhalt

VI I

Woher die Gewohnheit eines guten Handelns, das Tugend vortäusch t, kommt .......... . ..... . Woher die wahre Tugend kommt .. .......... . Die doppelte Schule der Ch inesen zur Ausb ildung der Sitten ........ . . . . . . . . .......... . . . Notwendigkeit und Begrundung der Schule der Erwach senen ....... . ... . ..... . ..... . .... Der Un terricht an beiden Schulen ........ ..... Lobenswerte Maßnahmen der Chinesen . . . ..... . Die prak tischen Grundsätze der Chinesen ....... . . Ihr Grund . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Die B eweisart der Chinesen ......... . ......... Die Gewiß heit der Gru ndsätze der Ch inesen . .. . .. Das Bemühen des Verfassers auf diesem Gebiet Warum die chinesischen Lehren dem Verfasser anders zu sein scheinen als dem Obersetzer . . . . . Wie der Wille zu vervollkommnen ist ....... . . .. Die Stufen folge der Pflich ten bei der Ausübung der Tugend . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Das Streben der Chinesen , andere besser zu machen . ....... . . . . . . . . . . . . . . . .... . . . .. Der Endzweck der Chinesen . . .. . . . .... . . . . .. . . Das höchste Gut der Chinesen . . . . . . . . . . . . . . . . . Die Beweggründe der Chinesen . . . . . . . . . . . . . . . . . Die besondere Art, die Beweggrunde vorzutragen ... Ob die Chinesen Tugend besaßen . . . . . . . . . ...... Der Nutzen der Bräuche bei der Ausbildung der Tugend . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Schluß . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Anrede an den neugewählten Prorektor ..... . . . . . Einsetzung des Prorektors . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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37 37 37 39 41 43 45 45 47 47 47 49 51 53 53 55 57 57 59 59 61 65 69 71

[ Anmerkungen ( 1 7 2 6 ) ] . . . . . . .. . . . . . . . . . . . . . . . . 7 7 Anmerkungen des Herausgebers . . . . . . . ... . . . . . 1 . Anmerkungen zum Titel und zum Vorwort ( 1 7 2 6 ) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2 . Anmerkungen zur Prorektoratsrede ( 1 7 2 1 ) . . . 3 . Anmerkungen zu Wolffs Anmerkungen ( 1 7 2 6 ) .

. 269 . 2 69 . 2 74 . 27 7

VIII

I nhalt

Von Wolff verwendete Abkürzungen

302

V o m Herausgeber gekürzt zitierte Literatur . . .

3 04

Personenregister . . . . . . . .

313

Stichwortregister . . . . . . .

320

Siglen

w

M p

H

Wolff Meletemata Pomum Eridis Hagen

(Erläuterungen vgl. Editionsgeschichte)

C N

Couplet Noet

Corrigenda Se ite, Ze ile

stat t

lie s

XIX, 1 4

1 79 9 1 79 7 Bd. 8 New Y ork 1 8 00- 1 89 2 1 2 3- 1 2 8 ; wird alles kum ulierte Wolff, und mit . . . anderen Seite

1 69 9 1 69 7 Bd. 8 . New York 1 8 00- 1 9 8 2 1 2 3- 1 2 8 , werden allen kulminierte Wolff kritisierte zwar auch das Waisenhaus, stand aber - und mit ihm das ganze 'pädagogische Jahrhundert', das nicht zuletzt den Philanthropinismus hervor­ brachte - in der Frage der Er­ ziehbarkeit des Menschen auf der anderen Seite . bringen Denunziationen observationibus annähernd benannt den Dingen überhaupt

XXI, 8 XXI, 1 9 XXIV, 4 XXX, 3 3 XXXII, 3 1 XLVIII, 4 L XLVIII, 26 bis IL, 2

LXXXVII, 1 5 XCII, 9 4, 2 1 65 , 30 9 7 , 405 1 0 1 , 483 1 29,225 1 3 5 , 346 300, 42 308,30 318, 5

brigen Denunziation obseervationibus annhähernd benant dem Seienden im Allgemeinen nämlicht Gande Besondungserhö­ Gedanken Rougement

nämlich Gnade Besoldungserhö­ Gedancken Rougemont

EINLEITUNG

Drei Themenbereiche sind es vor allem, die als Vorausset­ zungen zum Verständnis von Christian Wolffs Rede über die praktische Philosophie der Chinesen wichtig sind : die heute verschwundene und vergessene Faszination, die Chi­ na auf das europäische Denken einmal ausgeüb t hat ( § 1 5 ) , Wolffs Quellen für seine China-Kenntnisse ( § 6 -8 und 1 2 ) und Wolffs ,allgemeine praktische Philosophie' (§ 9 ) . Vom Inhalt des Buches muß wegen der etwas verwickelten Editionsgeschichte (s. u.) zunächst der Text der Rede von 1 7 2 1 behandelt werden ( § 10) , bevor die Hauptthemen der Anmerkungen von 1 7 2 6 dargestellt werden (§ 13 ). Die zeit­ genössischen Wirkungen von Wolffs Rede schlagen sich in seiner Vertreibung aus Halle nieder; die Rede ist ein Mark­ stein der deutschen Aufklärung ( § 1 1 ) , während ihr unmit· telbarer philosophiegeschiehtlichter Einfluß schwer abzu­ schätzen ist ( § 1 4 ) . - Zur Ab rundung werden einige Stel­ len genannt, an denen sich Wolt'f nach 1 7 2 6 ausdrückl ich au f das chinesische Denken bezieht ( § 15) . Wegen dieser Vielfalt an Themen erschien e s rat sam, de­ ren Behandlung immer dann au f kurze Zusammenfassun­ gen zu beschränken , wenn au f vorhandene Forschungser­ gebnisse verwiesen werden konnte. Die dabei genannten Ti­ tel stellen j eweils eine wohlüberlegte Auswahl dar. Sie sol­ len daher auch eine Hilfe für denjenigen Leser sein, der ein­ zelne, ihn interessierende Aspekte vertiefen möchte . - In manchen anderen Fragen mußte dagegen Neuland betre ten werden. Auch wenn dabei vieles nicht erschöpfend ab ge­ handelt wird , so sind doch sowohl ausführlichere Überle­ gungen als auch die Wiedergabe der Primärquellen nicht zu vermeiden.

X

Michael Albrecht

§

1.

Der Beginn des chinesischen Einflusses auf das europäische Denken

L ite ra tur zum ge istige n Einfluß Ch inas auf Europa: Donald F. Lach, China in We stern Thought and Culture . In: Dictio nary of the History of Ide as, ed. by Philip P. Wiener. Vol. I. New York 1 9 6 8 , S. 3 5 3 - 3 7 3 (eine ausgezeichnete Einführung mit kleineren Fehlern ) . Zur ergän­ zung der klug ausgewählten Bibliographie (S. 3 7 3) , aus der besonders das Werk von Pinot (mit Bibliographie) hervorzuheben ist: ders . , Chi­ na and the Era of the Enligh te n m en t, in : The Journal of Modern Hi­ story 14 ( 1 94 2 ) , S. 209-2 2 3 (Literaturbericht). - David E. Mungel­ Io, Sa me Re cent Studie s on the Confl uence of Ch ine se and Wes tern Inte lle c tual His tory, in : Journal of the History of Ideas 40 ( 1 979) , S. 649-66 1 . - Charles 0. Hucker, Ch ina. A Critical Bib liography. Tus­ con 1 976 ( ' 1 962), S . 3 0-3 2 : Early modern Chinese-Western rela­ tions (fast nur englischsprachige Titel) . - Friedrich Andreae , China und das achtze hnte Jahrhunde rt. In: Grundrisse und Bausteine zur Staats- und zur Ge schichtsle hre . Zusamme nge trage n zu de n Ehre n Gustav Schmo lle rs . . . von Kurt Breysig u.a., Berlin 1 9 0 8 , S . 1 2 1-200 (Chinas Einfluß auf die Staatsauffassung). - David Wei-Yang Dai, Con­ fuc ius and Confucianism in the European Enligh te n me n t. Ph. D. Uni­ versity of Illinois at Urbana-Champaign 1 979 (Dai behandelt vorran ­ gig das Verhältnis des j esuitischen China-Bildes zu den chinesischen Quellen ) . - Otto Franke , China als Kulturma cht, in: Zeitschrift der Deutschen Morgenländischen Gesellschaft 77 ( 1 9 2 3), S . 1 - 3 0 . Wolfgang Franke , Ch ina und das A be ndland (Kleine Vandenhoeck­ Reihe, Bd. 1 4 6 / 1 4 7 / 1 48). Göttingen 1 9 6 2 ( kenntnisreiche Zusam­ menfassung) . - Basil Guy , The Fre nch Image of Ch ina befo re and afte r Vo ltaire (Studies on Vo ltaire and the Eighteenth Century, vol. 2 1 ). Oxford 1 9 6 3 (s tellenweise oberflächlich; hält Formeys Bearbei­ tung von Wolffs Anmerkungen [ s . u. ,Editionsgeschichte'] für origi­ nale Wolff-Te xte). - Rudolf Franz Merke!, China und das A be nd­ land im 17. und 18. Jahrhunde rt, in : Sinica 7 ( 1 9 3 2i, S. 1 2 9 - 1 35.­ Arnnld H. Rowbotham , China and the Age of Enligh tme nt in Eu­ rope, in : The Chinese Social and Political Science Review 1 9 ( 1 9 35/ 36), S . 1 7 6 - 2 0 1 . - ders . , The Impac t of Co nfucianism on Seve n­ tee nth Ce ntury Europe , in: The Far Eastern Quarterly 4 ( 1 944/45) , S. 224-242. Die neuesten Forschungsergebnisse finden sich vor allem in der Reihe "La Chine au temps des lumieres", vgl . z.B. Bd. 2: La m iss ion franr; aise de Pek in aux XVlle et X VII Ie siecle s (Actes du [ I e ] collo­ que international de Sinologie). Paris 1 9 7 6 , Bd. 4: L es rapports e n tre Ia Chine e t l'Eurpe au te mps de s lu m iere s (Actes du IJC colloque . . . ) . Paris 1 9 8 0 , und Bd. 6 : Apprecia tio n par l 'Europe de Ia tradition chi­ no ise a partir du X VIIe siecle (Actes du III e colloque . . . ) . Paris 1 9 8 3 .

E inleitung

XI

Daß in Europa seit dem Ende des 16. J ahrhunderts die geistige Entdeckung Chinas einsetzte, ist die Leistung der jesuitischen China-Mission. Zwar hatte schon Marco Polo über seine Reise nach China berichtet. Seine Erzählung weckt jedoch Zweifel, ob er wirklich in China war. Jeden­ falls blieb ihm das chinesische Denken ebenso verschlossen wie den portugiesischen Femhändlem, die 1514 den See­ weg nach Südchina eröffnet hatten. Dem anwachsenden In­ teresse der Europäer ist die immense Verbreitung zuzu­ schreiben, die Juan Gonzcc 1111. RECU S A TR BYOL TII, Cum Conten fu Societa ris

apud

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liiW/fLta Rt&ill"' fS AuJ. Stimti11,.", Rt&· OrtÜIIM;,.,. ANNO lt.' DCC XXV.

Verk leinerte Wiederga be des Titelb la ttes der A u sgabe von 1 725 (P)

XCII

Editionsgeschichte

ginnt mit dem angeblichen Erstdruck in Rom, den es natür­ lich nicht gegeben hat . Wolffs Gegner Joachim Lange be­ ginnt das Vorwort zu seiner Ausgabe von 1 7 2 6 ( s . u . ) mit der Feststellung, daß die Rede "Superiori anno" , also 1 7 2 5 , erschienen sei. Die Angaben über den ,Erstdruck' i n Rom werden also selbst von Lange nicht ausgewertet ; sie dienen offensichtlich nur dem Zweck, Wolff mit Rom und mit der Inquisition in Verbindung zu bringen und so die Reihe der Denunziation zu verlängern . Der unbekannte Herausgeber scheint nicht gewußt zu haben, daß die Inquisition für eine Druckerlaubnis gar nicht zuständig gewesen wäre . Als Ort des ,Nachdrucks' wurde Trevoux gewählt, weil hier das Journal de Tnivo ux erschien, die wissenschaftliche Zeitschrift der Jesuiten. Anscheinend nahm der Herausge­ ber an , daß dies nicht jedermann bekannt sei ; darum fügte er noch die angebliche ,Zustimmung der Gesellschaft Jesu' hinzu . Wahrscheinlich hat Wolff Recht ( im Vorwort zu sei­ ner Ausgabe, Anmerkung a) : Diese Angaben sind eine Art Erwiderung auf eine S chrift Wolffs von 1 7 2 3 , in der er sich, um das internationale Renomme von Leibniz zu belegen, auf das Urteil des Journal de Trevo ux berufen hatte. Zwi­ schen Leibniz und dem Journal de Trevo ux bestanden dar­ über hinaus seit jeher gute Beziehungen; Leibniz war schon im ersten J ahrgang ( 1 7 0 1 ) mit drei Beiträgen vertreten . Jean Boudot II. druckte zwar nicht in Trevoux, sondern in Paris. Als Buchdrucker der französischen Akademie bil­ dete er aber eine Verb indungslinie zu Fontenelle , dem Se­ kretär der Akademie und damit zu dessen Eloge auf Leib ­ niz ( die allerdings nicht bei B oudot gedruckt wurde ) , auf die sich Wolff ebenfalls 1 7 2 3 berufen hatte ( vgl. sein Vor­ wort , Anmerkung b ). Auch diese Angaben sind also wahr­ scheinlich eine Reaktion auf Äußerungen Wolffs . J eden­ falls ist P nirgendwo anders als in Deutschland gedruckt worden . Leider nahm Ludovici (a.a.O . ) die Angaben dieses Titels für bare Münze. Er fügte sogar das Format (Quart) der an­ geblichen Erstausgabe von 1 7 2 2 hinzu . Außer irgendwel­ chen Gerüchten dürfte ihm aber nur der Titel von P vorge­ legen haben; alle seine sonstigen Angaben finden sich hier

Editionsgeschichte

XCIII

wieder. Mit Wolffs Vorrede von 1 7 2 6 setzte sich Ludovici dagegen überhaupt nicht auseinander. Seine Schilderung wurde dennoch immer wieder übernommen . So falsch der Titel von P ist, so korrekt ist andererseits der Ab druck des Textes der Rede . Es ist durchaus möglich, daß er auf eine oder mehrere sorgfältige Mitschriften zu­ rückgeht, die während der Rede Wolffs angefertigt wurden. Das Mitschreiben zu denunziatorischen Zwecken wurde ja von den Hallischen Pietisten häufig angewendet, auch ge­ gen Wolff (vgl . Einleitung § 1 1 ) . Wolff reagierte sofort auf das Erscheinen des ,Zankap­ fels' und ließ erklären, er erkenne "dieses nicht als seine Arbeit" an , s. Neue Zeitungen von Gelehrten Sachen des Jahrs 1 725. Anderer Theil , S . 7 9 5 ( 1 5 . Oktober) . Zugleich machte Wolff bekannt, er habe seine "Oration mit Anmer­ ckungen unter die Presse gegeben" (ebd . ) . Dies entsprach zwar nicht den Tatsachen; erst durch das Erscheinen von P sah sich Wolff veranlaßt , mit der Arbeit an einer eigenen Ausgabe seiner Rede zu beginnen. Seine Absicht, das Pu­ blikum möglichst davon abzuhalten, den ,Zankap fel' zu kau­ fen und zu benutzen , ist aber nicht unverständlich. - Auch Joachim Lange las Wolffs Ankündigung und vermutete rich­ tig, daß Wolffs Ausgabe noch gar nicht im Druck war. Lan­ ge hielt den Text von P für so skandalös, daß er annehmen mußte, Wolff werde eine eigene Ausgabe vor allem deswe­ gen herausbringen , um einen ,verb esserten' Text vorlegen zu können ( vgl. Langes Vorwort , S. 4f. ) . So arbeitete nicht nur Wolff, sondern gleichzeitig au ch Lange an einer erneuten Ausgabe der Rede , wobei Lange nach Möglichkeit Wolff zu­ vorkommen und den Text von P durch einen erneuten Ab­ druck für die Öffentlichkeit als den originalen Wortlaut festschreiben wollte. Dennoch war Wolff früher fertig. Offenbar hatte er mit größter Eile gearbeitet. Er verschob sogar das Schreib en von Neujahrsglückwünschen , "weil ich vermeinte , es solle meine Rede von den Sinesen fertig wer­ den. Es dürfte wohl aber noch eine und andere Woche An­ stand haben" ( am 1 0. 1 . 1 7 2 6 an Cyprian : Wotschke , S. 6 1 ; vgl. ebd. das Ende des Briefes vom 5 . 1 1 . 1 7 2 5 ) . Schon am 1 9 . J anuar 1 7 2 6 (Datum des Vorworts) konnte Wolff seine

XCIV

Editionsgeschichte

Arbeit beenden und am 2 1 . Februar den Abschluß des Druckes melden, s . Neue Zeitungen von Gelehrten Sachen des Jahrs 1 726. Erster Theil, S. 1 3 8 : "Allhier ist in der An­ dräischen Buchhandlung fertig worden ... " (vgl. oben S . LXIX ). CHRISTIANI WOLFII, f . . . fORATIO/DEfSINA­ RUM PHILOSOPHIA/PRACTICA,/IN SOLEMNI PANEGYRI/RECITATA ,/CUM/IN IPSO A CADE­ MIAE HA LENSIS/NA TA LI XX VIII. d. XII. Julii A. O.R. 1 7 2 1 ./FASCES P RORECTORALES SUC­ CESSORI /TRADERET, /NOTIS UBERIORIBUS ILLUSTRATA.fFRANCOFUR TI ad MOENUM, MDCCXXVI ./Apud Joh. B . Andreae & Henr. Hort. - Vorwort : 6 S. ( unpag. ) , 1 1 2 S . Obwohl die Druckvorlage für den Text der Rede offensicht­ lich nicht P ist, sind die Unterschiede nur geringfügig ( vgl. "Textgestaltung" sowie die Lesarten ) . Die in der Tat "weit läufftigen Anmerckungen" (Kunik , S. 7 0 ) nehmen - zumin­ dest verbaliter - nichts von dem zurück , was 1 7 2 1 gesagt worden war ( vgl . Einleitung § 1 3 ) . Wolff versteckt auch keineswegs die Tatsache, daß die beiden Quellen, auf de­ nen seine China-Kenntnis beruht, von J esuiten stammen . Durch Marginalien (an den Rand gesetzte Zwischenüber­ schriften) wird der Text der Rede gegliedert und seine Be­ deutung unterstrichen. - Mindestens einen Monat später erschien Langes Ausgab e : W

Lange NOVA/ ANATOME ,/SEU /IDEA ANALYTICA/ SY­ STEMATIS METAPHYSICI/WOLFIANI ,/ . . . fCUI E SPECIAL! CONSILIO ET CONSENSUf ORDINIS THEOL OGOR UM IN A CAD. FRIDER. PRAE­ MITTITUR/ORA TIOfDEjSAPIENTIA SINAR UM/ CONFUCIANA ,/ . . . fNOTIS ELENCTICIS/UB ER­ IORIBUS INSTRUCTA : /AC SUBIUNGITURfEPI­ CRISIS IN NO TA S fi STIUS ORATIONIS WOLFI­ ANAS ,/AUCTORE/D . J OACHIMO LANGIO ,f ... f FRANCOFUR TI E T LIPSIAEfiN BIBLIOPOLIO KNOCHIANO MDCCXXVI . - Vorwort : S. 3 - 8 ,

XCV

Editionsgeschichte

NOV A

A N A T O M E, SEU

IDEA ANALYTICA SYSTEMATIS

METAPHYSICI

WOLFI ANI,

QVA ILLUD

I N INTEGR.A COMPAGE SECUNDUM SUAM SIC DICTI ,

SUA,

I D EAL ISM I

E T MATERIALISMI GENESIN , SEU COMPOSITIONEM BIFORMEM , OB ORAVES II.ATIONES DENUO RESOLUIUM EV!SCER.ATUM EXHIBETUll :

ORDINIS

AT