Rechtsschutz bei gemeinschaftswidrigen Beihilfen vor europäischen und deutschen Gerichten [1 ed.] 9783428504701, 9783428104703

In der Europäischen Union entscheidet grds. die Kommission über die Rechtmäßigkeit der Vergabe mitgliedstaatlicher Beihi

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Rechtsschutz bei gemeinschaftswidrigen Beihilfen vor europäischen und deutschen Gerichten [1 ed.]
 9783428504701, 9783428104703

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ERIK STAEBE

Rechtsschutz bei gemeinschaftswidrigen Beihilfen vor europäischen und deutschen Gerichten

Hamburger Studien zum Europäischen und Internationalen Recht Herausgegeben von Thomas Bruha, Meinhard Hilf, Hans Peter Ipsen t , Rainer Lagoni, Gert Nicolaysen, Stefan Oeter

Band 29

Rechtsschutz bei gemeinschaftswidrigen Beihilfen vor europäischen und deutschen Gerichten

Von Erik Staebe

Duncker & Humblot · Berlin

Gedruckt mit Mitteln der Mathews-Stiftung im Stifterverband für die Deutsche Wissenschaft

Die Deutsche Bibliothek - CIP-Einheitsaufnahme Staebe, Erik:

Rechtsschutz bei gemeinschaftswidrigen Beihilfen vor europäischen und deutschen Gerichten / Erik Staebe. - Berlin : Duncker und Humblot, 2001 (Hamburger Studien zum europäischen und internationalen Recht ; Bd. 29) Zugl.: Hamburg, Univ., Diss., 2001 ISBN 3-428-10470-6

Alle Rechte vorbehalten © 2001 Duncker & Humblot GmbH, Berlin Fremddatenübernahme: Selignow Verlagsservice, Berlin Druck: Berliner Buchdruckerei Union GmbH, Berlin Printed in Germany ISSN 0945-2435 ISBN 3-428-10470-6 Gedruckt auf alterungsbeständigem (säurefreiem) Papier entsprechend ISO 9706 θ

Meinen Eltern

Vorwort Die vorliegende Arbeit wurde vom Fachbereich Rechtswissenschaft der Universität Hamburg im Wintersemester 2000/2001 als Dissertation angenommen. Für die Drucklegung konnten Literatur und Rechtsprechung noch bis Oktober 2000 berücksichtigt werden. Vielen habe ich zu danken: Professor Dr. Meinhard Hilf hat mein Promotionsvorhaben betreut und mir während meiner Assistentenzeit an seinem Lehrstuhl den notwendigen Freiraum für diese Arbeit gewährt. Professor Dr. Gert Nicolay sen hat mir wertvolle Hinweise gegeben und in kurzer Zeit das Zweitgutachten erstattet. Meine früheren Kolleginnen und Kollegen in der Abteilung für Europäisches Gemeinschaftsrecht der Universität Hamburg haben mir in vielen Gesprächen weitergeholfen. Für Aufmunterung und Diskussion in der letzten Phase der Arbeit danke ich insbesondere Herrn Hartmut Pellens. Die Herren Rechtsanwälte Dr. Frank Burmeister, Frankfurt am Main, und Georg Reichert, Berlin, haben das Manuskript kritisch durchgesehen. Ihnen verdanke ich wichtige Anregungen. Die Graduiertenförderung der Freien und Hansestadt Hamburg hat die Fertigstellung der Arbeit durch ein Abschlußstipendium gefördert. Nicht zuletzt danke ich Herausgebern und Verlag für die Aufnahme in diese Schriftenreihe. Gewidmet ist das Werk jedoch meinen Eltern, deren Förderung und Unterstützung Studium und Promotion überhaupt erst ermöglicht haben. Frankfurt am Main, im November 2000

Erik Staebe

Inhaltsübersicht § 1 Einleitung Α. Beihilfenkontrolle als Aufgabe der Gerichte? B. Problemabgrenzung C. Gang der Untersuchung

19 19 22 29

§2 System der Kontrolle staatlicher Beihilfen A. Begriff und Erscheinungsformen staatlicher Beihilfen B. Materielle Regelungen in Art. 87 (ex-Art. 92) ff. EG C. Beihilfenaufsichtsverfahren D. Zusammenfassung

31 31 40 48 63

§ 3 „Grundrechtsrelevanz" des Beihilfenrechts A. Grundlagen B. Grundrechtsträger und Grundrechtsadressaten C. Grundrechtsverletzung durch Beihilfenvergabe? D. Zusammenfassung

65 65 67 78 94

§ 4 Gemeinschaftsrechtlicher Rechtsschutz A. Grundlagen B. Rechtsschutz gegen Handlungen der Gemeinschaftsorgane C. Rechtsschutz bei Untätigkeit der Gemeinschaft D. Erstes Zwischenergebnis

95 95 95 134 146

§ 5 Mitgliedstaatliche Gerichte als „europäische Gerichte" in der Beihilfenkontrolle 148 A. Effektiver Rechtsschutz durch nationale Gerichte 148 B. Unmittelbare Anwendbarkeit des Beihilfenrechts 153 C. „Verfahrensautonomie" und Vorabentscheidungsverfahren 163 D. Zusammenfassung 170 §6 Rechtsschutz vor deutschen Gerichten A. Grundlagen B. Rechtsschutz gegen den Mitgliedstaat C. Rechtsschutz gegen den Begünstigten D. Zweites Zwischenergebnis

171 171 172 217 225

§ 7 Ausblick und Zusammenfassung A. „Verzahnung" trotz Systemdivergenzen B. Wechselseitige Einwirkungen C. Zusammenfassung in Thesen

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Inhaltsverzeichnis § 1 Einleitung Α. Beihilfenkontrolle als Aufgabe der Gerichte? I. Wirtschaftstheoretische Beurteilung von Beihilfen II. Gemeinschaftsrechtliche Beurteilung von Beihilfen III. Beihilfenkontrolle B. Problemabgrenzung I. „Staatliche Beihilfen" und Gemeinschaftsmaßnahmen II. Art. 87 (ex-Art. 92) EG ff. und andere Beihilfenkontrollsysteme III. Interessenkonflikte im Beihilfenrecht C. Gang der Untersuchung

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§2 System der Kontrolle staatlicher Beihilfen A. Begriff und Erscheinungsformen staatlicher Beihilfen I. Begriff der Beihilfe II. Erscheinungsformen von Beihilfen in Deutschland 1. Wirtschaftliche Erscheinungsformen 2. Rechtliche Erscheinungsformen a) Einzelbeihilfe durch Verwaltungsakt b) Einzelbeihilfe durch öffentlich-rechtlichen Vertrag c) Einzelbeihilfe durch privatrechtlichen Vertrag? d) Beihilfenregelungen B. Materielle Regelungen in Art. 87 (ex-Art. 92) ff. EG I. „Unvereinbarkeitsgrundsatz" 1. Tatbestandsmerkmale des Art. 87 (ex-Art. 92) Abs. 1 EG 2. „Verbotscharakter" des Art. 87 (ex-Art. 92) Abs. 1 EG 3. Anwendung des „Unvereinbarkeitsgrundsatzes" in besonderen Wirtschaftssektoren II. Ausnahmeregelungen 1. Art. 87 (ex-Art. 92) Abs. 2 EG 2. Art. 87 (ex-Art. 92) Abs. 3 EG a) Ermessen und Ermessensbindung b) Ausnahmetatbestände im einzelnen c) Gruppenfreistellung C. Beihilfenaufsichtsverfahren I. Aufsichtsverfahren vor der Kommission 1. Grundlagen der Verfahrensverordnung 2. Einzelne Aufsichtsverfahren a) Verfahren bei angemeldeten Beihilfen (Art. 2 bis 9 VerfO) aa) Grundstruktur bb) Vorläufige Prüfung cc) Förmliche Prüfung

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Inhaltsverzeichnis

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b) Verfahren bei rechtswidrigen Beihilfen (Art. 10 bis 15 VerfO) aa) Grundstruktur bb) Verfahrensablauf c) Verfahren bei mißbräuchlicher Anwendung (Art. 16 VerfO) aa) Verfahrensablauf bb) Verhältnis zu Art. 88 (ex-Art. 93) Abs. 2 Unterabs. 2 EG d) Verfahren bei bestehenden Beihilfenregelungen (Art. 17 bis 19 VerfO) aa) Grundstruktur bb) Verfahrensablauf 3. Verfahrensbeteiligte a) Kreis der Verfahrensbeteiligten b) Rechte der Verfahrensbeteiligten aa) Vorläufige Prüfung bb) Förmliche Prüfung II. Ratsverfahren D. Zusammenfassung

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§ 3 „Grundrechtsrelevanz" des Beihilfenrechts A. Grundlagen B. Grundrechtsträger und Grundrechtsadressaten I. Grundrechtsträger II. Grundrechtsadressaten 1. Gemeinschaftsorgane als Grundrechtsadressaten 2. Mitgliedstaaten als Grundrechtsadressaten a) Rechtsprechung des EuGH b) Auffassungen der Generalanwälte und der Literatur aa) Keine mitgliedstaatliche Grundrechtsbindung? bb) Fallbezogene Grundrechtsbindung (1) Beihilfenaufsicht als mittelbarer Vollzug (2) Begründungsansätze (3) Homogenitätsgebot C. Grundrechtsverletzung durch Beihilfenvergabe? I. Wettbewerbsfreiheit 1. Anerkennung der Wettbewerbsfreiheit als Grundrecht? a) Rechtsprechung des EuGH b) Auffassungen in der Literatur c) Kein Grundrecht auf Wettbewerbsfreiheit 2. Ergebnis II. Eigentumsfreiheit 1. Anerkennung der Eigentumsfreiheit als Grundrecht 2. Grundrechtsverletzung durch Beihilfenvergabe? 3. Ergebnis III. Berufsfreiheit 1. Anerkennung der Berufsfreiheit als Grundrecht 2. Grundrechtsverletzung durch Beihilfenvergabe 3. Ergebnis IV. Allgemeiner Gleichheitssatz

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Inhaltsverzeichnis 1. Anerkennung als Grundrecht? a) Rechtsprechung des EuGH b) Auffassungen in der Literatur c) Kein Gleichheits-Grundrecht 2. Anspruch auf Subventionierung? 3. Ergebnis D. Zusammenfassung

§ 4 Gemeinschaftsrechtlicher Rechtsschutz A. Grundlagen B. Rechtsschutz gegen Handlungen der Gemeinschaftsorgane I. Nichtigkeitsklage 1. Zulässigkeitsvoraussetzungen a) Überblick b) Klagegegenstände aa) Tatbestandsmerkmal „andere Person" bb) Tatbestandsmerkmal „Entscheidungen" (1) Entscheidungen in der vorläufigen und förmlichen Prüfung (2) Genehmigungsfiktion bei angemeldeten Beihilfen (3) Mitteilung über die Nicht-Einleitung der vorläufigen Prüfung (4) Einstellung der fortlaufenden Prüfung? (5) Ratsentscheidung nach Art. 88 (ex-Art. 93) Abs. 3 Satz 3 EG (6) „Parallelentscheidungen"? c) Klageberechtigung aa) Unmittelbare Betroffenheit bb) Individuelle Betroffenheit (1) Rechtsprechung der Gemeinschaftsgerichte (a) Cofaz: Formalisierte Klagebefugnis (b) CIRFS, Cook, Matra: Erweiterungen (c) Neuere Rechtsprechung des EuG (aa) Rs.T-447 bis 449/93 -AITECu. a (bb) Rs. T-435/93 - ASPEC u. a (cc) Rs. T-398/94 - Kahn Scheepvaart u. a (2) Auffassungen in der Literatur (a) Individuelle Betroffenheit durch Verfahrensbeteiligung (aa) Verfahrensbeteiligte als feststehender Personenkreis (bb) Verfahrensbeteiligte Grundrechtsbetroffene (cc) Verfahrensbeteiligte „Erstbeschwerte" (dd) Verfahrensbeteiligte als „Anwalt des Gemeinschaftsinteresses" (b) Individuelle Betroffenheit durch materielle Beeinträchtigung (aa) Individuelle Betroffenheit durch Wettbewerbsstörung

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Inhaltsverzeichnis (bb) Individuelle Betroffenheit durch möglichen Grundrechtseingriff (3) „Teleologische Theorie" der individuellen Betroffenheit . (a) Wortlautinterpretation des Art. 230 (ex-Art. 173) Abs. 4 EG (b) Systematische Stellung des Art. 230 (ex-Art. 173) Abs. 4 EG (c) Teleologische Auslegung des Art. 230 (ex-Art. 173) Abs. 4 EG (aa) Sinn und Zweck nach Ρ laumann (bb) Individuelle Betroffenheit durch „Adressatenähnlichkeit" (d) Übereinstimmung mit der Rechtsprechung d) Klagefrist aa) „Anforderungsfrist"? bb) Klagefrist 2. Begriindetheitsprüfung II. Amtshaftungsklage 1. Zulässigkeitsvoraussetzungen a) Überblick b) Rechtsschutzbedürfnis aa) Keine Subsidiarität zur Nichtigkeitsklage bb) Subsidiarität gegenüber nationalem Rechtsschutz 2. Begriindetheitsprüfung III. Zusammenfassung C. Rechtsschutz bei Untätigkeit der Gemeinschaft I. Untätigkeitsklage 1. Zulässigkeitsvoraussetzungen a) Überblick b) Klagegegenstände aa) Tatbestandsmerkmal „an sie zu richten" (1) Rechtsprechung des EuG (2) Auffassungen in der Literatur (3) Parallelität der Klagearten bb) Pflichtwidrige Untätigkeit (1) Keine Entscheidung nach der vorläufigen Prüfung (2) Keine Entscheidung nach der förmlichen Prüfung (3) Keine Einleitung der vorläufigen Prüfung? (4) Keine Entscheidung bei fortlaufender Prüfung? (5) Keine Einleitung eines Vertragsverletzungsverfahrens? ... (6) Keine Entscheidung im Ratsverfahren? c) Klageberechtigung d) Sonstige Zulässigkeitsvoraussetzungen 2. Begriindetheitsprüfung II. Amtshaftungsklage III. Zusammenfassung D. Erstes Zwischenergebnis

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Inhaltsverzeichnis § 5 Mitgliedstaatliche Gerichte als „europäische Gerichte" in der Beihilfenkontrolle A. Effektiver Rechtsschutz durch nationale Gerichte I. Grundrecht auf effektiven Rechtsschutz II. „Rechtsschutzauftrag" für nationale Gerichte im Beihilfenrecht 1. Rechtsprechung des EuGH 2. „Kooperationsbekanntmachung" der Kommission 3. Beihilfenrecht vor nationalen Gerichten B. Unmittelbare Anwendbarkeit des Beihilfenrechts I. Unmittelbare Anwendbarkeit des Gemeinschaftsrechts 1. Rechtsnatur und Geltung des Gemeinschaftsrechts 2. Anwendungsvorrang bei direkten und indirekten Kollisionen 3. Kriterien der unmittelbaren Anwendbarkeit II. Unmittelbare Anwendbarkeit der Art. 87 (ex-Art. 92) ff. EG 1. Art. 87 (ex-Art. 92) Abs. 1 EG? 2. „Konkretisierungen" a) „Durchführungsverbot" b) Abschließende Entscheidungen c) Vertragliche Ausnahmevorschriften? d) Sekundärrechtliche Ausnahmevorschriften III. Unmittelbare Anwendbarkeit der Gemeinschaftsgrundrechte C. „Verfahrensautonomie" und Vorabentscheidungsverfahren I. Verfahrensrechtliche Vorgaben des Gemeinschaftsrechts II. Bedeutung des Vorabentscheidungsverfahrens 1. Grundstruktur des Vorabentscheidungsverfahrens 2. Gültigkeitsüberprüfung ohne Nichtigkeitsklage? a) Rechtsprechung des EuGH b) „Keine Vorlage ohne Anfechtung" c) Konsequenzen für den Rechtsschutz im Beihilfenrecht D. Zusammenfassung §6 Rechtsschutz vor deutschen Gerichten A. Grundlagen I. Öffentlich-rechtliche Konkurrentenklage II. Zivilrechtlicher Konkurrentenschutz B. Rechtsschutz gegen den Mitgliedstaat I. Anfechtungsklage 1. Zulässigkeitsvoraussetzungen a) Statthaftigkeit der Anfechtungsklage aa) Bewilligungsbescheid mit beihilfenaufsichtsrechtlicher Genehmigung bb) Bewilligungsbescheid ohne beihilfenaufsichtsrechtliche Genehmigung? (1) Rechtsfolgen eines Verstoßes gegen das Durchführungsverbot (a) Uneinheitliche Rechtsprechung (aa) Ältere Rechtsprechung des EuGH (bb) Neuere Rechtsprechung des EuGH (cc) Rechtsprechung deutscher Gerichte

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Inhaltsverzeichnis

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(b) Durchführungsverbot als „relatives Verbot"? (c) Durchführungsverbot als „absolutes Verbot" (2) Rechtsfolgen eines Verstoßes gegen eine Verbotsentscheidung (3) Anfechtungsklage gegen nichtige Verwaltungsakte? b) „Europäisierte" Klagebefugnis aa) Grundlagen: „Schutznormtheorie" (1) Ältere „Schutznormtheorie" (2) Andere Ansätze in der Literatur (3) Neuere „Schutznormtheorie" bb) „Europäisierung" der Schutznormtheorie (1) „Materiell-rechtliche Lösung" (2) Autonome Auslegung (3) Schutznormkriterien (a) Schutznorm durch Normstruktur (b) Schutznorm durch Norminhalt cc) Beihilfenrechtliche Schutznormen (1) Unvereinbarkeitsgrundsatz (2) „Konkretisierungen" des Unvereinbarkeitsgrundsatzes ... (3) Gemeinschaftsgrundrecht auf Berufsfreiheit als „Schutznorm" dd) Möglichkeit der „SchutznormVerletzung" c) Zwischenergebnis 2. Begriindetheitsprüfung II. Unterlassungsklage 1. Zulässigkeitsvoraussetzungen a) Statthaftigkeit der Unterlassungsklage aa) Tatsächliche Gewährung einer Beihilfe bb) Bevorstehender Erlaß von Rechtshandlungen b) Klagebefugnis 2. Begriindetheitsprüfung III. Feststellungsklage 1. Zulässigkeitsvoraussetzungen a) Statthaftigkeit der Feststellungsklage b) Klagebefugnis und Feststellungsinteresse 2. Begriindetheitsprüfung IV. Normenkontrolle V. Amtshaftungsklage 1. Haftungsvoraussetzungen 2. Haftungsausschluß? VI. Zivilrechtliche Schadenersatz-und Unterlassungsklage? VII. Zusammenfassung C. Rechtsschutz gegen den Begünstigten I. Allgemeine Schadenersatz- und Unterlassungsansprüche II. Wettbewerbliche Schadenersatz- und Unterlassungsansprüche? 1. Voraussetzungen des § 1 UWG 2. Beihilfenannahme als „Konkurrenzvereitelung"?

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Inhaltsverzeichnis 3. 4. 5. D. Zweites

Beihilfenverwendung als „Preisunterbietung"? Beihilfenverwendung als eigene Fallgruppe? Indizwirkung der Gemeinschafts Widrigkeit Zwischenergebnis

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§ 7 Ausblick und Zusammenfassung A. „Verzahnung" trotz Systemdivergenzen B. Wechselseitige Einwirkungen C. Zusammenfassung in Thesen

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Literaturverzeichnis

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Abkürzungsverzeichnis Die verwendeten Abkürzungen entsprechen, soweit sie nicht allgemein gebräuchlich sind, dem Verzeichnis von Hildebert Kirchner; Abkürzungsverzeichnis der Rechtssprache, 4. Α., Berlin u.a. 1993. Weitere oder abweichend gebrauchte Abkürzungen lösen sich wie folgt auf: Abg. ABl. CahDrEur CMLRev. EAG(V) EAGFL EC EFRE EG(V) EGKS(V)

ELRev. endg. ESF EuG EU(V) EWG(V) EWR(V) EWS FIW GA i.S.v. KMU KOM KommE KoopB KS

2 Staebe

Abgeordneter (des Europäischen Parlaments) Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften (Ser. L und C) Cahiers de Droit Européenne Common Market Law Review Europäische Atomgemeinschaft, Vertrag zur Gründung der Europäischen Atomgemeinschaft Europäischer Ausrichtungs- und Garantiefonds für die Landwirtschaft European Community Europäischer Fonds für regionale Entwicklung Europäische Gemeinschaft, Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft Europäische Gemeinschaft für Kohle und Stahl, Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft für Kohle und Stahl European Law Review endgültig Europäischer Sozialfonds Gericht erster Instanz der Europäischen Gemeinschaften Europäische Union, Vertrag zur Gründung der Europäischen Union Europäische Wirtschaftsgemeinschaft, Vertrag zur Gründung der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft Europäischer Wirtschaftsraum, Vertrag zur Gründung des Europäischen Wirtschaftsraums Europäisches Wirtschafts- und Steuerrecht Forschungsinstitut für Wirtschaftsverfassung und Wettbewerb Generalanwalt im Sinne von kleine und mittlere Unternehmen Europäische Kommission Kommissionsentscheidung Bekanntmachung über die Zusammenarbeit zwischen Kommission und staatlichen Gerichten auf dem Gebiet der staatlichen Beihilfen Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft für Kohle und Stahl

18 KSE LIEI NordÖR RTDE Slg. VerfO

ZEW

Abkürzungsverzeichnis Kölner Studien zum Europarecht Legal Issues of European Integration Zeitschrift für öffentliches Recht in Norddeutschland Revue trimesterielle de droit Européenne Sammlung der Rechtsprechung des EuGH (ab 1991 Serie I) und des EuG (ab 1991 Serie II) Verordnung (EG) Nr. 659/1999 des Rates vom 22. März 1999 über besondere Vorschriften für die Anwendung von Artikel 93 des EG-Vertrages (Verfahrensverordnung), ABl. 1999 L83, S. 1 ff. Zentrum für Europäisches Wirtschaftsrecht (Universität Bonn)

Das Gesetz ohne einen Richter, der über seine Einhaltung wacht, ist wie ein Körper ohne Seele. Piaton

§ 1 Einleitung A. Beihilfenkontrolle als Aufgabe der Gerichte? In der praktischen Wirtschaftspolitik der Europäischen Gemeinschaft und ihrer Mitgliedstaaten spielt die Wirtschaftsförderung durch Beihilfen traditionell eine bedeutende Rolle. Beihilfen sind nicht nur wesentliches Merkmal des modernen Leistungsstaates, sondern auch der Gemeinschaft selbst, die aus diesem Grund bisweilen sogar als „Interventionsgemeinschaft" charakterisiert worden ist.1 Das Volumen staatlicher Beihilfen für die gewerbliche Wirtschaft beläuft sich nach dem letzten von der Europäischen Kommission herausgegebenen Bericht über staatliche Beihilfen im Jahresdurchschnitt auf etwa 38 Mrd. ECU, unter Einbeziehung der Beihilfen für Landwirtschaft und Fischerei, die Kohle- und Stahlindustrie, den Verkehrs- und Finanzdienstleistungssektor auf durchschnittlich 95 Mrd. ECU.2 Gegenüber dem Vorbericht 3 ist das Beihilfenvolumen in nahezu allen Bereichen leicht rückläufig. 4 Deutschland ist jedoch trotz des deutlichen Rückgangs der staatlichen Beihilfen in den letzten Jahren auf ein durchschnittliches Beihilfenvolumen in der gewerblichen Wirtschaft von etwa 13 Mrd. ECU nach wie vor „Beihilfen-Europameister". 5 I. Wirtschaftstheoretische Beurteilung von Beihilfen Die volkswirtschaftspolitische Beurteilung von Beihilfen fällt ambivalent aus: unter den (theoretischen) Idealbedingungen des vollständigen Wettbewerbs sind sie 1 Volkmar Götz, in: Börner/Bullinger, Subventionen im Gemeinsamen Markt, KSE 29, S. 371. 2 Vgl. Kommission, 7. Beihilfenbericht, KOM 1999,148 endg.; die Zahl bezieht sich auf die Jahre 1995 bis 1997 und betrifft 15 Mitgliedstaaten; vgl. näher Thomas v. Danwitz, JZ 2000, 429,430. 3 Kommission, 6. Beihilfenbericht, KOM 1997, 170 endg.; danach wurden in den Jahren 1993 bis 1995 in den früheren 12 Mitgliedstaaten allein Beihilfen i.H. v. jährlich etwa 101 Mrd. ECU gewährt. 4 Bezogen auf die früheren 12 Mitgliedstaaten ist das jährliche Beihilfenvolumen auf rd. 88 Mrd. ECU gesunken; vgl. Madeleine Tilmans, Competition Policy Newsletter 2/1999, S.41. 5 Vgl. Kommission, 7. Beihilfenbericht, a.a.O.; vgl. Madeleine Tilmans, Competition Policy Newsletter 2/1999, S.41, 43; kritisch Karel van Miert, ZEW-Vorträge Nr. 89, S. 19. Einen Eindruck vom Umfang der Finanzhilfen des Bundes geben die Subventionsberichte der Bundesregierung gem. § 12 StbG, vgl. zuletzt 16. Bericht, BR-Ds. 598/97; 17. Bericht, Pressemitteilung des BMF vom 28.7.1999.

2*

§ 1 Einleitung

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negativ zu beurteilen. Sie stellen außer-wettbewerbliche Einflüsse dar, die prinzipiell dazu führen, daß der Wettbewerb seine positiven Funktionen, nämlich die Steuerungs- und Ordnungsfunktion, nicht mehr optimal erfüllen kann. Die marktgerechte Allokation der knappen Produktionsfaktoren wird beeinträchtigt, weil Beihilfen zu Kostensenkungen, Absatz- und damit Wettbewerbsvorteilen führen, die nicht auf der Wirtschaftskraft des einzelnen Unternehmens beruhen. Die kalkulierten Angebotspreise sind nicht mehr allein durch die Kosten, der Marktpreis ist also nicht mehr allein durch Angebot und Nachfrage bestimmt. Wirtschaftliche Betätigungen werden ins Leben gerufen oder gefördert, die nicht der rationellsten Verwendung der Produktionsfaktoren entsprechen. Überholte Wirtschaftsstrukturen werden aufrecht erhalten, der notwendige strukturelle Wandel wird verzögert. 7 Darüber hinaus bewirkt die Begünstigung einzelner Unternehmen durch Zuwendungen der öffentlichen Hand eine Benachteiligung der Mitbewerber, denen eine ähnliche Förderung versagt bleibt.8 Die Märkte entwickelter Volkswirtschaften entsprechen allerdings nicht dem idealen Marktmodell. Die Staaten sind hier neben dem Schutz des Wettbewerbs auch anderen gesamtwirtschaftlichen und gesellschaftspolitischen Zielen, etwa einer ausgewogenen wirtschaftlichen Entwicklung oder der Sicherung von Wachstum und Beschäftigung verpflichtet. Zur Erreichung dieser Ziele wird die gezielte Wirtschaftsförderung durch Beihilfen als notwendiges Lenkungsinstrument angesehen, um Ungerechtigkeiten auszugleichen und „Anpassungslasten" abzumildern.9 Vom Gemeinschaftsstandpunkt aus sind Beihilfen nicht allein wegen ihres wettbewerbsschädigenden Charakters unerwünscht.10 Beihilfen einzelner Mitgliedstaaten für heimische Unternehmen widersprechen dem Gemeinschaftsinteresse noch aus einem anderen Grund. Wegen der unterschiedlichen wirtschaftlichen Bedingungen in den Mitgliedstaaten ist mit der Beihilfenvergabe immer auch die Gefahr eines „Subventionswettlaufs" zwischen den Mitgliedstaaten verbunden, deren Beihilfenpolitik oft stärker an nationalen als an gemeinschaftlichen Zielen orientiert ist und sich deshalb tendenziell im Konflikt mit dem von der Gemeinschaft verfolgten Ziel 6 Vgl. hierzu Andreas Maag, Verbot wettbewerbsverfälschender Beihilfen, S.20ff.; Meinhard Ciresa, Beihilfenkontrolle, S. 13 ff.; Wulfdiether Zippel, in: Börner/Neundörfer, Recht und Praxis der Beihilfen, KSE 32, S. 1, 2. 7 Vgl. zur grundsätzlichen Kritik staatlicher Beihilfen auch Bodo Börner, in: Börner/Jahrreiß/Stern, Festschrift für Karl Carstens, Bd. 1, S. 63,66ff.; Manfred Caspari, in: Mestmäcker/ Möller/Schwarz, Festschrift für Hans von der Groeben, S.69ff.; Ian Harden , in: ders., State Aid, S. 12, 14f.; Ulrich Immenga, Schwerpunkte des Kartellrechts 1990/91, FIW-Heft 146, S. 19, 20f. 8 Jürgen Schwarze, in: Selmer/v. Münch, Gedächtnisschrift für Wolfgang Martens, S. 819,

820. 9

Vgl. Manfred Caspari, Schwerpunkte des Kartellrechts 1980/81, FIW-Heft 100, S. 1; Ulrich Immenga, Schwerpunkte des Kartellrechts 1993/94, FIW-Heft 163, S. 1, 2. 10 Christopher Bellamy! Graham Child , Common Market Law of Competition, para 14-001; Wolfgang Mederer , in: v. d. Groeben/Thiesing/Ehlermann, Kommentar, vor Art. 92 Rn. 3.

Α. Beihilfenkontrolle als Aufgabe der Gerichte?

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der Verwirklichung eines Binnenmarktes befindet, in dem der freie Verkehr von Waren, Personen, Dienstleistungen und Kapital gewährleistet ist. Im mitgliedstaatlichen „Subventionswettbewerb" sind Beihilfen nur akzeptabel, wenn sie dem Interesse der Gemeinschaft entsprechen. Ein „fairer Systemwettbewerb4' der Mitgliedstaaten setzt voraus, daß sich nationale „Standortvorteile" gerade nicht aus der jeweiligen Bereitschaft zu möglichst hohen staatlichen Zuwendungen ergeben.11 II. Gemeinschaftsrechtliche Beurteilung von Beihilfen Das Gemeinschaftsrecht trägt der Ambivalenz der Beurteilung von Beihilfen auf unterschiedliche Weise Rechnung. Zunächst ist die Gemeinschaft dem Wettbewerbsprinzip verpflichtet. Es ist Strukturmerkmal des Binnenmarktes.12 Zu seinem Schutz sieht Art. 3 lit. g EG 13 als Aufgabe der Gemeinschaft die Errichtung eines Systems vor, das den Wettbewerb innerhalb des Gemeinsamen Marktes vor Verfälschungen schützt. Ein wichtiges Element dieses Systems ist der Titel des EG-Vertrags über die Wettbewerbspolitik mit seinem eigenen Abschnitt über staatliche Beihilfen in Art. 87 (ex-Art. 92) ff. EG. Art. 87 (ex-Art. 92) Abs. 1 EG erklärt staatliche oder aus staatlichen Mitteln gewährte Beihilfen gleich welcher Art, die durch die Begünstigung bestimmter Unternehmen oder Produktionszweige den Wettbewerb verfälschen oder zu verfälschen drohen, grundsätzlich für unvereinbar mit dem Gemeinsamen Markt. Von diesem Grundsatz gibt es Ausnahmen, deren Vorliegen in einem Aufsichtsverfahren nach Art. 88 (ex-Art. 93) EG festgestellt werden kann. III. Beihilfenkontrolle Das Beihilfenaufsichtsverfahren wird nach diesen Vorschriften grundsätzlich von der Europäischen Kommission geführt. Nur ausnahmsweise ist auch der Rat als Akteur vorgesehen. Im (scheinbaren) Widerspruch zu diesen Grundsätzen heißt es in allerdings im Leitsatz des Urteils des Europäischen Gerichtshofes (EuGH) vom 21. November 1991 in der Rechtssache C-354/90:14 „Die Durchführung des Sy11 Wulfdiether Zippel, in: Börner/Neundörfer, Recht und Praxis der Beihilfen, KSE 32, S. 1, 2f. und ausf. S. 12ff. Christian Koenig/Jürgen Kühling, EuZW 1999, 517, 521 f., die in diesem Zusammenhang auf die inzwischen eingetretene Notwendigkeit einer stärkeren wettbewerblichen Ausrichtung hinweisen. 12 Vgl. Wolfgang Kilian, Europäisches Wirtschaftsrecht, Rn.219. 13 Die Vorschriften des EG-Vertrages werden der neuen Praxis des EuGH entsprechend seit Inkrafttreten des Vertrags von Amsterdam, vgl. ABl. 1997 C340, S. 1 ff., am 1.5.1999 jetzt mit der Abkürzung „EG" anstelle des alten „EGV" zitiert; vgl. hierzu die Pressemitteilung des EuGH, abgedruckt in EWS 1999, 342f. 14 Rs. C-354/90, Slg. 1991,1-5505 ff. - Fédération Nationale du Commerce Extérieur des Produits Alimentaires (FNCE) et Syndicat National des Négociants et Transformateurs de Saumon/Französische Republik.

§ 1 Einleitung

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stems der Kontrolle staatlicher Beihilfen obliegt sowohl der Kommission als auch... den nationalen Gerichten." Dem Urteil lag ein Vorabentscheidungsersuchen des französischen Conseil d'État zugrunde, vor dem sich die Fédération Nationale du Commerce Extérieur des Produits Alimentaires (FNCE) und ein weiterer Unternehmensverband gegen die Erhebung einer parafiskalischen Abgabe durch die französische Regierung zugunsten zweier Einrichtungen zur Förderung der Seefischerei gewandt hatten. Die Europäische Kommission hatte die Erhebung dieser Abgabe als Beihilfe i. S. v. Art. 87 (ex-Art. 92) ff. EG bewertet und ein Beihilfenaufsichtsverfahren nach Art. 88 (ex-Art. 93) Abs. 2 EG eingeleitet. Ohne den Abschluß dieses Verfahrens abzuwarten, hatte die französische Regierung die Abgabe durch den Erlaß einer Verordnung erhoben und den begünstigten Einrichtungen zugewiesen, obwohl dies dem sog. „Durchführungsverbot" des Art. 88 (ex-Art. 93) Abs. 3 Satz 3 EG widersprach. Nach dieser Vorschrift darf eine Beihilfe bis zum Abschluß des Beihilfenaufsichtsverfahrens nicht eingeführt werden. Die Klägerinnen hatten daraufhin die Verordnung unter Berufung auf die Verletzung des „Durchführungsverbotes" vor einem französischen Gericht angefochten. Der EuGH stellte zur Rolle der nationalen Gerichte im Rahmen der Beihilfenaufsicht fest, diese müßten aus einem Verstoß gegen Vorschriften des Gemeinschaftsrechts mit unmittelbarer Wirkung „zugunsten der Einzelnen, die sich auf eine solche Verletzung berufen können, entsprechend ihrem nationalen Recht sämtliche Folgerungen sowohl bezüglich der Gültigkeit der Rechtsakte zur Durchführung der Beihilfemaßnahmen als auch bezüglich der Beitreibung der unter Verletzung dieser Bestimmung gewährten finanziellen Unterstützungen oder eventueller vorläufiger Maßnahmen ziehen".15 Mit diesem Urteil hat der EuGH nicht nur nationale Gerichte vor die Aufgabe gestellt, Einzelnen im Zusammenhang mit der Vergabe staatlicher Beihilfen, die unter die Kontrollvorschriften der Art. 87 (ex-Art. 92) ff. EG fallen, Rechtsschutz zu gewähren. Er hat vielmehr auch die hier zu untersuchende Frage aufgeworfen, wie Rechtsschutz bei der Vergabe staatlicher Beihilfen überhaupt verwirklicht werden kann und in welchem Verhältnis dabei der gemeinschaftsrechtliche Rechtsschutz und der Rechtsschutz vor nationalen Gerichten zueinander stehen.

B. Problemabgrenzung Die Untersuchung der Rechtsschutzmöglichkeiten bei der Vergabe staatlicher Beihilfen ist in mehreren Richtungen von verwandten Fragestellungen abzugrenzen. So ist auf den Rechtsschutz bei der Vergabe von Gemeinschaftsbeihilfen (hierzu I.) ebensowenig einzugehen wie auf den Rechtsschutz bei der Vergabe staatlicher Beihilfen, die nicht den Art. 87 (ex-Art. 92) ff. EG, sondern anderen gemeinschaftsrechtlichen Regeln unterliegen (hierzu II.). Die Untersuchung kann ferner nicht alle Interessenkonflikte erfassen, die im Bereich des Beihilfenrechts auftreten können, 15

Rs. C-354/90, Slg. 1991,1-5505 ff. - FNCE, Urteilsgründe Tz. 12.

Β. Problemabgrenzung

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sondern beschränkt sich vielmehr auf den Rechtsschutz i m Zusammenhang mit der Beihilfenvergabe, um den sich Wettbewerber des Beihilfenempfängers und sonstige Dritte bemühen (hierzu III.). Aus praktischen Gründen ist die Untersuchung hinsichtlich der Einzelheiten des nationalen Rechtsschutzes schließlich auf das deutsche Recht beschränkt. 16

I . „Staatliche Beihilfen" und Gemeinschaftsmaßnahmen Die Frage der Rechtsschutzmöglichkeiten vor nationalen Gerichten bei der Vergabe staatlicher Beihilfen bezieht sich lediglich auf Beihilfen der Mitgliedstaaten und nicht auf Gemeinschaftsbeihilfen. 17 Diese fallen schon dem Wortlaut nach nicht unter das Kontrollsystem der Art. 87 (ex-Art. 92) ff. EG, 1 8 sondern unterliegen lediglich einer Rechtskontrolle durch den Europäischen Rechnungshof. 19 Bei Gemeinschaftsbeihilfen handelt es sich um Maßnahmen, die auf Rechtsakten der Gemeinschaft beruhen und zumindest teilweise aus Gemeinschaftsmitteln finanziert werden. 20 Hierbei kann es sich um unmittelbare oder mittelbare Beihilfen handeln. Die unmittelbare Gewährung von Beihilfen durch die Gemeinschaft ist dabei die Ausnahme. 21 In der Regel werden die Mittel von staatlichen Behörden als mit16

Vgl. zum englischen Recht zuletzt etwa Thomas Sharpe, in: Harden, State Aid, S.88ff. Zur Kompetenz der Gemeinschaft zur Gewährung von Gemeinschaftsbeihilfen vgl. Albert Bleckmann, DÖV 1977, 615 ff.; zum Rechtsschutz bereits Hans-Werner Rengeling, in: Wilke/Weber, Gedächtnisschrift für Friedrich Klein, S.416, 417 ff.; Jürgen Schwarze, in: Selmer/v. Münch, Gedächtnisschrift für Wolfgang Martens, S. 819, 843 ff. 18 So EuGH, Rs. 213-215/81, Slg. 1982, 3583, 3602f. - Norddeutsches Vieh-und Fleischkontor; gleichwohl muß die Gemeinschaft auch bei Gemeinschaftsbeihilfen eine Wettbewerbsverfälschung oder Handelsbeeinträchtigung vermeiden; vgl. nur Wolfgang Mederer, in: v. d. Groeben/Thiesing/Ehlermann, Kommentar, vor Art. 92 Rn. 5; Fritz-Harald Wenig, in: Ehlermann/Bieber, Handbuch, vor Art. 92 Rn. 4; ausf. Martin Reufels, Subventionskontrolle, S. 64 ff.; vereinzelt wird gegen den eindeutigen Wortlaut eine direkte oder analoge Anwendung des Art. 87 (ex-Art. 92) Abs. 1 EG auf Gemeinschaftsbeihilfen befürwortet, vgl. etwa Norbert Low, Rechtsschutz des Konkurrenten, S.89; Stefan Ulrich Pieper, in: Saiger, Handbuch, §37 Rn. 23; Peter-Christian Müller-Graff\ ZHR 1988,403,414; unklar GA VerLoren van Themaat, Schlußanträge zu EuGH, Rs.213-215/81, Slg. 1982, 3583, 3617f. -Norddeutsches Vieh- und Fleischkontor; Wolf gang Kilian, Europäisches Wirtschaftsrecht, Rn. 224. 19 Christian Koenig/Jürgen Kühling, EuZW 1999, 217, 219. 20 Hans-Peter Ipsen, Europäisches Gemeinschaftsrecht, S.680f.; Martin Seidel, Vorträge, Reden und Berichte Nr. 26, S. 25 ff. 21 Ausnahmefälle: Finanzierung bestimmter Investitionsvorhaben der Europäischen Investitionsbank; Strukturbeihilfen zur Förderung energiewirtschaftlicher Vorhaben nach VO 3056/73/EWG, ABl. 1973 L312, S. 1, und nach VO 1972/83/EWG, ABl. 1983 LI95, S.6; Entwicklungsbeihilfen im Bereich der Datenverarbeitung nach VO 1996/79/EWG, ABl. 1979 L231, S.l; Forschungs- und Investitionsbeihilfen an Unternehmen der Kohle- und Stahlindustrie nach Art. 54, 55 EGKSV; vgl. Volkmar Götz, in: Dauses, Handbuch, Kap. H. III Rn. 2; Martin Seidel, in: Börner/Jahrreiß/Stern, Festschrift für Karl Carstens, Bd. 1, S. 273,276; ders., EuR 1985, 22, 28 ff. 17

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§ 1 Einleitung

telbare Gemeinschaftsbeihilfen gewährt.22 In Abgrenzung zu staatlichen Beihilfen liegen Gemeinschaftsbeihilfen immer dann vor, wenn die Gemeinschaft allein oder im Zusammenwirken mit den Mitgliedstaaten die „Programmhoheit" über die Maßnahmen ausübt, also die Voraussetzungen der Förderung des Begünstigten bestimmen kann, und wenn die Gemeinschaft die Maßnahmen ganz oder teilweise finanziert. 23 Ganz aus Gemeinschaftsmitteln finanzierte Gemeinschaftsbeihilfen gibt es vor allem im Bereich der Gemeinsamen Agrarpolitik: Die Leistungen der „Abteilung Garantie" des Europäischen Ausrichtungs- und Garantiefonds für die Landwirtschaft (EAGFL) sind mittelbare Gemeinschaftssubventionen. 24 Das Prinzip der Ko-Finanzierung, d. h. die Vergabe von Beihilfen, die teils von der Gemeinschaft, teils von den Mitgliedstaaten finanziert werden, dominiert dagegen im Bereich der in Art. 159 (ex-Art. 130 b) EG aufgezählten gemeinschaftlichen Strukturfonds. 25 Dort heißt es, daß die Gemeinschaft die strukturpolitischen Bemühungen der Mitgliedstaaten durch diese Fonds, die Europäische Investitionsbank und sonstige Finanzierungsinstrumente „unterstützt". Im einzelnen handelt es sich um Beihilfen aus dem durch Art. 34 (ex-Art 40) Abs. 3 EG begründeten EAGFL, „Abteilung Ausrichtung" 26 , dem durch Art. 146 (ex-Art. 123) EG eingerichteten Sozialfonds (ESF)27 und dem in Art. 160 (ex-Art. 130 c) EG geregelten Fonds für regionale Entwicklung (EFRE)28. Da sich aus Art. 159 (ex-Art. 130 b) EG ergibt, daß die Finanzierungsinstrumente der Gemeinschaft nicht auf diese drei Fonds beschränkt sind, ist schließlich aufgrund des Art. 161 (ex-Art. 130d) EG der sog. Kohäsionsfonds eingerichtet worden. 29

22 Martin Seidel, in: Börner/Jahrreiß/Stern, Festschrift für Karl Carstens, Bd. 1, S. 273, 278ff.: ders., EuR 1985,22, 32ff.; Wulfdiether Zippel, in: Börner/Neundörfer, Recht und Praxis der Beihilfen, KSE 32, S. 1, lOff. 23 Volkmar Götz, in: Dauses, Handbuch, Kap.H.III Rn.2; ders., in: Börner/Bullinger, Subventionen im Gemeinsamen Markt, KSE 29, S.371, 389 ff. 24 Martin Seidel, in: Börner/Jahrreiß/Stern, Festschrift für Karl Carstens, Bd. 1, S. 273,281 ; Fritz-Harald Wenig, in: Ehlermann/Bieber, Handbuch, vor Art. 92 Rn. 5; ausf. Peter Gilsdorf, in: Börner/Bullinger, Subventionen im Gemeinsamen Markt, KSE 29, S.215, 231 ff. 25 s. hierzu Martin Seidel, in: Börner/Jahrreiß/Stern, Festschrift für Karl Carstens, Bd.l, S. 273, 278ff.; ders., EuR 1985, 22, 32ff.; zum rechtlichen Rahmen der Strukturfonds im einzelnen Reinhard Priebe, in: Randelzhofer/Scholz/Wilke, Gedächtnisschrift für Eberhard Grabitz, S. 551 ff.; Tim Frazer, ELRev. 1995, 3 ff. 26 Peter Gilsdorf, in: Börner/Bullinger, Subventionen im Gemeinsamen Markt, KSE 29, S.215, 246ff. 27 Hierzu grundlegend Wolf gang Stabenow, in: Börner/Bullinger, Subventionen im Gemeinsamen Markt, KSE 29, S. 313 ff. 28 Hierzu grundlegend Paul Wäldchen, in: Börner/Bullinger, Subventionen im Gemeinsamen Markt, KSE 29, S. 345 ff. 29 VO 1164/94/EWG, ABl. 1994 L130, S. 1.

Β. Problemabgrenzung

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II. Art. 87 (ex-Art. 92) EG ff. und andere Beihilfenkontrollsysteme Die Fragestellung beschränkt sich auf staatliche Beihilfen, die unter die Vorschriften des EG-Vertrages fallen. Das Gemeinschaftsrecht enthält darüber hinaus in den anderen Gemeinschaftsverträgen und in völkerrechtlichen Verträgen Regelungen über staatliche Beihilfen. Auch im nationalen Recht der Mitgliedstaaten erfolgt die Vergabe öffentlicher Mittel nicht schrankenlos, sondern unterliegt rechtlichen Bindungen.30 Besondere praktische Bedeutung haben bisher aber nur die Vorschriften des EG-Vertrages erlangt. Bei den sonstigen Beihilfenvorschriften des primären Gemeinschaftsrechts handelt es sich zunächst um das Beihilfen- und Subventionsverbot in Art. 4 lit. c KS. 31 In seinem Geltungsbereich kommen die Art. 87 (ex-Art. 92) ff. EG nicht zur Anwendung.32 Daneben enthält das Abkommen über den Europäischen Wirtschaftsraum (EWR-Abkommen)33 in Art. 61 bis 64 Vorschriften über staatliche Beihilfen 34, die den materiellen Regelungen des EG-Vertrages weitgehend entsprechen35. Hinsichtlich des Verfahrens und des Rechtsschutzes36 sind mit dem EG-Vertrag vergleichbare Regelungen getroffen worden. 37 Neben dem EWR-Abkommen besteht weiterhin ein Verbot staatlicher Beihilfen in Art. 23 Abs. 1 Ziff. iii des Freihandelsabkommens zwischen der Europäischen Gemeinschaft und der Schweiz, die sich dem Europäischen Wrrtschaftsraum nicht an30

Vgl. etwa zum Subventionsrecht in Deutschland Görg Haverkate, in: R. Schmidt, Öffentliche Wirtschaftsrecht, Besonderer Teil 1, S. 331 ff. m. w. N. 31 Die Vorschriften des EGKS-Vertrages werden - der neuen Praxis des EuGH entsprechend - seit Inkrafttreten des Vertrags von Amsterdam, vgl. ABl. 1997 C340, S. Iff., am 1.5.1999 jetzt mit der Abkürzung „KS" anstelle des alten „EGKSV" zitiert; vgl. hierzu die Pressemitteilung des EuGH, abgedruckt in EWS 1999, 342 f.; zum Subventions verbot des EGKS-Vertrages Hans-Georg Koppensteiner, Subventionsverbot des EGKSV, S.9ff.; JeanYves Chérot , Aides d'État, S. 113 ff.; Werner Nissen, BB 1962,1229; Volkmar Götz, in: Dauses, Handbuch, Kap.H.III Rn.60ff.; Gabriela v. Wallenberg, in: Grabitz/Hilf, Kommentar, vor Art. 92 EGV Rn.7ff. 32 Zum Verhältnis zwischen EGKS- und EWG-Vertrag EuGH, Rs. 188-190/80, Slg. 1982, 2524,2580-Frankreich u. a./Kommission; vgl. Hans-Werner Rengeling, in: Börner/Neundörfer, Recht und Praxis der Beihilfen, KSE 32, S.23, 25. 33 Das Abkommen ist abgedruckt in ABl. 1994 L1, S. 1. 34 Art. 61-64 EWRV werden ergänzt durch den Anhang XV des EWRV, ABl. 1994 L 1, S.457, und ein Protokoll über die Zusammenarbeit im Bereich der staatlichen Beihilfen (Protokoll Nr. 27 zum EWRV), ABl. 1994 L1, S. 193. 35 Volkmar Götz, in: Dauses, Handbuch, Kap. H. III Rn. 8; Carl Baudenbacher, Brief Guide, S.65. 36 Die Beihilfenaufsicht obliegt der EFTA-Überwachungsbehörde, die den acquis communautaire der Kommission im Beihilfenrecht übernommen hat, vgl. den entsprechenden Beschluß, ABl. 1994 L231, S. 1, geändert durch ABl. 1995 L175, S.59 und ABl. 1996 L124, S. 41; zur fortlaufenden Übernahme des Gemeinschaftsrechts vgl. Volkmar Götz, in: Dauses, Handbuch, Kap. H. III, Rn. 8; Carl Baudenbacher, Brief Guide, S. 66, jeweils m. w. N. 37 s. hierzu Leigh Hancher/Tom Ottervanger ! Ρ iet J. Slot, EC State Aids, para 17.51 ff.

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geschlossen hat.38 Anders als die materiellen Regelungen des EWR-Abkommens ist es jedoch lediglich durch ein Konsultationsverfahren vor einem Gemischten Ausschuß abgesichert.39 Ein Beihilfenregime ist ferner in den sog. Europa-Abkommen vorgesehen. Bei diesen handelt es sich um besondere Assoziierungsabkommen, die die Gemeinschaft und die Mitgliedstaaten seit Anfang der neunziger Jahre mit einzelnen Reformstaaten Mittel- und Osteuropas abgeschlossen haben.40 Bestandteil der umfangreichen Regelungen zur Gründung einer Assoziation mit den jeweiligen Partnerländern ist jeweils auch ein Abschnitt über das Wettbewerbsrecht, der ein absolutes Verbot für staatliche Beihilfen vorsieht. 41 Verfahrensrechtliche Regelungen fehlen hier allerdings. 42 Zum rechtlichen Rahmen für staatliche Beihilfen gehören schließlich die wirtschaftsvölkerrechtlichen Vorschriften im Zusammenhang mit der Errichtung der Welthandelsorganisation am 1.1.199543 Die dortigen subventionsrechtlichen Bestimmungen binden als „integrierender Bestandteil des Gemeinschaftsrechts" auch die EG-Mitgliedstaaten.44 Nach dem neuen Übereinkommen über Subventionen und Ausgleichsmaßnahmen („Subventionskodex")45 werden Beihilfen in drei Kategorien eingeteilt: Sie können verboten, angreifbar oder grundsätzlich erlaubt sein.46 Ein unbedingtes Subventionsverbot besteht nach Art. 3 des Subventionskodex für solche Subventionen, die an ein Exportgeschäft oder an den bevorzugten Gebrauch inländischer Produkte zu lasten ausländischer Erzeugnisse geknüpft werden. 47 Gewährt ein Mitgliedstaat der WTO derartige Subventionen, können die anderen Mit38

Das Abkommen ist abgedruckt in ABl. 1972 L300, S. 189. Vgl. zum Beihilfenverbot im Freihandelsabkommen mit der Schweiz grundlegend Andreas Maag, Verbot wettbewerbsverfälschender Beihilfen, S. 196ff.; Carl Baudenbacher, Brief Guide, S.71f. 40 Vgl. nur die Abkommen mit Ungarn, ABl. 1993 L347, S.l; Polen, ABl. 1993 L348, S.l; Rumänien, ABl. 1994 L357, S. 1; Bulgarien, ABl. 1994 L358, S. 1; der Tschechischen Republik, ABl. 1994 L360, S. 1; der Slowakischen Republik, ABl. 1994 L359, S. 1. 41 Siehe nur Art. 62 Abs. 1 Ziff. iii EA-Ungarn; Art. 63 Abs. 1 Ziff. iii EA-Polen; Art. 64 Abs. 1 Ziff. iii EA-Rumänien, Bulgarien und Tschechische Republik; Art. 65 Abs. 1 Ziff. iii EASlowakische Republik; zum Beihilfenrecht der Europa-Abkommen Andrew Evans, ELRev 1996, 263 ff.; Alexandra Jour-Schröder, EuZW 1996, 741 ff. 42 Carl Baudenbacher, Brief Guide, S. 73; Andrew Evans, ELRev 1996,263,266; Alexandra Jour-Schröder, EuZW 1996, 741, 742. 43 Siehe hierzu Heinz Hauserl Kai-Uwe Schanz, Das neue GATT, S. 86 ff.; Volkmar Götz, in: Dauses, Handbuch, Kap. H. III Rn. 5ff.; Rolf Stober, Besonderes Wirtschaftsverwaltungsrecht, S.277f. 44 So schon EuGH, Rs.21-23/72, Slg. 1972,1219,1227-International Fruit Company; vgl. auch Gutachten 1/94, Slg. 1994,1-5267 ff. - WTO-Gutachten. 45 Agreement on Subsidies and Countervailing Measures, ABl. 1994 L336, S. 156ff. 46 Vgl. zum GATT-Subventionsrecht Reiner Schmidt, Die Verwaltung, Beiheft 1998/2, S. 165,173. 47 Vgl. hierzu Ulrich Immenga, Schwerpunkte des Kartellrechts 1993/94, FIW-Heft 163, S. 1,10; Peter Schütterle, EuZW 1995, 391, 392. 39

Β. Problemabgrenzung

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glieder Abwehrmaßnahmen sowohl nach einem innerstaatlichen Verfahren (sog. „Track-1-Verfahren") als auch im Rahmen eines multilateralen Streitschlichtungsverfahrens (sog. „Track-2-Verfahren") ergreifen. In der EG ist die Zuständigkeit für das „Track-1-Verfahren" auf die Gemeinschaftsorgane übergegangen. Zur näheren Ausgestaltung wurde hier inzwischen eine neue „Antisubventions-Grundverordnung" erlassen.48 Im nationalen Recht sind allgemeine Regelungen über Subventionen die Ausnahme. Subventionen werden zwar auch hier nicht unkontrolliert vergeben und unterliegen einer Rechtskontrolle. Das nationale Recht steht Subventionen und Beihilfen jedoch nicht grundsätzlich negativ gegenüber. Aus dieser Zurückhaltung erklärt sich die große praktische Bedeutung der gemeinschaftsrechtlichen Beihilfenaufsicht. 49 I I I . Interessenkonflikte im Beihilfenrecht Wie jede hoheitliche Wirtschaftsaufsicht ist auch die Gemeinschaftsaufsicht über staatliche Beihilfen von unterschiedlichen Interessenkonflikten geprägt. Die bei der Vergabe und Kontrolle mitgliedstaatlicher Beihilfen Beteiligten und Betroffenen verfolgen naturgemäß unterschiedliche Interessen. Rechtsstreitigkeiten können demnach in verschiedenen Konstellationen auftreten. 50 Während der Gemeinschaft an der Einhaltung des Gemeinschaftsrechts gelegen ist, stehen für Mitgliedstaaten, Begünstigte und Dritte wirtschaftliche Interessen im Vordergrund. Der beihilfengewährende Mitgliedstaat und der Beihilfenempfänger möchten ihr geplantes Beihilfenvorhaben durchführen. Konkurrenten des Beihilfenempfängers verfolgen regelmäßig das entgegengesetzte Ziel. Sonstige Dritte, etwa Unternehmensverbände, Arbeitnehmer des begünstigten Unternehmens oder seiner Konkurrenten, Gewerkschaften, Steuerzahler oder deren Organisationen schließen sich den Interessen der Seite an, der sie sich jeweils verbunden fühlen. 51 Mit der hier aufgeworfenen Frage nach den Rechtsschutzmöglichkeiten gegen eine Beihilfenvergabe insbesondere vor nationalen Gerichten wird aus den verschiedenen denkbaren Interessenkonflikten der Konflikt zwischen Konkurrenten und sonstigen Dritten und den übrigen an der Beihilfenvergabe beteiligten Akteuren herausgegriffen. Mitgliedstaaten werden eine Beihilfenvergabe vor nationalen Gerichten nicht angreifen. Wenn sie selbst die Beihilfe vergeben, werden sie hiergegen vor eigenen nationalen Gerichten nicht vorgehen. Wollen sie sich gegen die Beihilfenvergabe eines anderen Mitgliedstaats wenden, werden sie keinen Rechtsschutz vor dessen nationalen Gerichten suchen, sondern vielmehr im Rahmen des gemeinschaftlichen Aufsichtsverfahrens ausschließlich gemeinschaftsrechtlichen Rechts48 49 50 51

VO 2026/97/EG, ABl. 1997 L288, S. 1; hierzu Ulrich Soltész , EWS 1999, 81 ff. Vgl. Dirk Ehlers, DVB1. 1993, 861, 866. Vgl. Marco NMez Müllerl Hans-Georg Kamann, EWS 1999, 332. Zu den Anspruchszielen Dritter Carsten Nowak, Konkurrentenschutz, S. 162 ff.

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schütz in Anspruch nehmen. Auch Beihilfenempfänger werden sich nicht gegen eine Beihilfenvergabe wehren. Die Beihilfe kommt ihnen ja gerade zugute. Ihr Interesse geht vielmehr dahin, die Beihilfe zu behalten und sich etwa gegen eine Rückforderung zu verteidigen. 52 Der Rechtsschutz gegen eine Beihilfenvergabe vor nationalen Gerichten ist eine Frage, die lediglich Konkurrenten und sonstige Dritte betrifft. Auf diesen Kreis möglicher Kläger ist die hier vorzunehmende Untersuchung daher beschränkt. Es wird also der Fragenkreis der sog. „Konkurrentenklage" angesprochen, die in Deutschland seit einer grundlegenden Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts aus dem Jahre 196853 geradezu einen „Siegeszug" angetreten hat, der sich sowohl in übergreifenden Untersuchungen54 als auch in Abhandlungen über den Konkurrentenschutz in einzelnen Regelungsmaterien niedergeschlagen hat.55 Bei den übergreifenden Untersuchungen stand insbesondere die Frage im Vordergrund, ob angesichts der Ähnlichkeit der Fallgestaltungen in den verschiedenen Bereichen von einem „Institut der Konkurrentenklage" ausgegangen werden könne, oder ob es sich hier lediglich um eine begriffliche Zusammenfassung typischer Fallkonstellationen handele. Deren Gegenstand wären die Klagen bestimmter Drittbetroffener, die zu einem nach ökonomischen Gesichtspunkten abzugrenzenden Kreis von Personen gehörten, die miteinander im Wettbewerb56 stehen57. Die bereichsspezifischen Abhandlungen waren demgegenüber den konkreten Rechtsschutzmöglichkeiten in den jeweils untersuchten Sachgebieten gewidmet. Die Rechtslage in einzelnen Rechtsmaterien hat für die Beantwortung der Frage nach einem „Institut der Konkurrentenklage" allenfalls Indizwirkung. Ihr soll in der vorlie52

Die Rückforderung rechtswidriger Beihilfen beruht auf Gemeinschaftsrecht, richtet sich aber nach nationalem Recht. Rückforderungspraxis und Rechtsschutz des Begünstigten haben vielfältige Probleme aufgeworfen; vgl. hierzu ausf. Adinda Sinnaeve, Rückforderung, S.60ff., Martin Reufels, Subventionskontrolle, S.69ff.; Albrecht A. Randelzhofer, Kontrollverfahren, S. 131 ff.; Sabine Beckmann, Rückforderung, S.30ff.; Matthias Stolba, Europäisierung staatlicher Beihilfen, S. 226 ff.; Sabine Altmeyer, Gemeinschaftswidrigkeit staatlicher Beihilfen, S.43ff.; Hans-Georg Fischer, DVB1. 1990, 1088ff.; Thorsten Richter, DÖV 1995, 846ff.; Juliane Kokott, DVB1. 1993, 1235; Alfred Dickersbach, GewArch 1993, 177 ff.; Eckhard Pache, NVwZ 1994, 318, 321 ff.; Klaus J. Hopti Ernst-Joachim Mestmäcker, W M 1996, 753, 759f. und 801 ff.; s.a. zuletzt EuGH, Slg. 1997,1-1591 ff.-Alcan. 53 BVerwGE 30, 191 ff. 54 Vgl. schon Rupert Scholz, Wirtschaftsaufsicht und subjektiver Konkurrentenschutz (1971); rechtsvergleichend bereits Dieter Weinhardt, Die Klagebefugnis des Konkurrenten (1973); Manfred Zuleeg, Subventionskontrolle durch Konkurrentenklage (1974); zuletzt Peter M. Huber, Konkurrenzschutz im Verwaltungsrecht (1991); Walter Frenz, Verwaltungsgerichtlicher Rechtsschutz in Konkurrenzsituationen (1999). 55 Vgl. z. B. für die Konkurrentenklage im Steuerrecht Brigitte Knobbe-Keuk, BB 1982, 385 ff.; im Beamtenrecht Klaus Finkelnburg, DVB1.1980,809 ff.; im Gewerberecht Dirk Frers, DÖV 1988, 670 ff.; im Subventionsrecht Fritz Rittneri Klaus-Dieter Stephan, GewArch 1985, 177 ff. 56 Zur Bestimmung dieses - nicht auf den wirtschaftlichen Bereich beschränkten - Ansatzpunktes der Untersuchung zum Konkurrentenschutz Peter M. Huber, Konkurrenzschutz, S. 2 f. und 30 ff. 57 s. nur Peter M. Huber, Konkurrenzschutz, S. 1 f.

C. Gang der Untersuchung

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genden, auf die Vergabe gemeinschaftsrechtlich relevanter staatlicher Beihilfen bezogenen Arbeit daher nicht weiter nachgegangen werden. Zwar ist auch der Rechtsschutz Dritter in diesem Bereich bereits Gegenstand von Untersuchungen gewesen.58 Diese orientierten sich jedoch vorwiegend an den gemeinschaftsrechtlichen Rechtsschutzmöglichkeiten und den gemeinschaftsrechtlichen Vorgaben für den nationalen Rechtsschutz, ohne auf Einzelheiten der Umsetzung dieser Vorgaben im nationalen Prozeßrecht einzugehen. Diese Lücke soll durch die vorliegende Untersuchung geschlossen werden.

C. Gang der Untersuchung Bei der Vergabe staatlicher Beihilfen wirken Gemeinschaft und Mitgliedstaaten zusammen. Dementsprechend kann auch der Rechtsschutz prinzipiell sowohl auf gemeinschaftsrechtlicher Ebene als auch auf nationaler Ebene verwirklicht werden. Dabei können weder die gemeinschaftsrechtlichen noch die nationalen Rechtsschutzmöglichkeiten unabhängig von den materiellen Grundlagen des Beihilfenrechts und den Regelungen des gemeinschaftlichen Beihilfenaufsichtsverfahrens betrachtet werden. Die jüngere Rechtsentwicklung hat hier zudem verschiedene Änderungen mit sich gebracht, die auch für die später zu behandelnden Rechtsschutzfragen von Bedeutung sind. Hier ist besonders auf das Inkrafttreten der „Verordnung (EG) Nr. 659/1999 des Rates vom 22. März 1999 über besondere Vorschriften für die Anwendung von Artikel 93 des EG-Vertrages" 59 hinzuweisen. Erstmals wird hier für Konkurrenten und Dritte eine Möglichkeit ausdrücklich verankert, sich mit einer Art „Subventionsbeschwerde" an die Kommission zu wenden. Die Untersuchung geht daher vom gemeinschaftsrechtlichen System der Kontrolle staatlicher Beihilfen aus (§ 2). Ein Hauptproblem des gerichtlichen Rechtsschutzes von Konkurrenten und sonstigen Dritten im deutschen Wirtschaftsverwaltungsrecht bildet die Frage, unter welchen Umständen Kläger, die sich gegen Maßnahmen der Verwaltung wehren wollen, die nicht an sie selbst gerichtet sind, eine zulässige Klage erheben können. Es geht hier um die etwa in § 42 Abs. 2 VwGO für die Anfechtungsklage verankerte Zulässigkeitsvoraussetzung der Klagebefugnis, für die es erforderlich ist, daß der Kläger eine Verletzung „eigener Rechte", insbesondere seiner (deutschen) Grundrechte, geltend macht. Für die Zulässigkeit einer Nichtigkeitsklage im Bereich des gemeinschaftsrechtlichen Rechtsschutzes kommt es dagegen weniger auf die Verletzung „eigener Rechte", sondern nach Art. 230 (ex-Art. 173) Abs. 4 EG vielmehr darauf an, ob der Kläger durch die angegriffene Maßnahme „unmittelbar und indi58 Insbes. von Carsten Nowak, Konkurrentenschutz in der EG (1997); Norbert Low, Der Rechtsschutz des Konkurrenten gegenüber Subventionen aus gemeinschaftsrechtlicher Sicht (1992). 59 ABl. 1999 L83,S. Iff.

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§ 1 Einleitung

viduell betroffen" ist. Obwohl der EuGH in diesem Zusammenhang die bloße Geltendmachung einer Verletzung der (gemeinschaftsrechtlichen) Grundrechte traditionell nicht genügen läßt, wird in der neueren Literatur vereinzelt gefordert, die Zulässigkeit einer Klage von diesem Kriterium abhängig zu machen. Es stellt sich vor der Betrachtung der beiden Rechtsschutzsysteme daher zunächst die Frage nach der materiell-rechtlichen Bedeutung der Gemeinschaftsgrundrechte für das Handeln der Gemeinschaft und der Mitgliedstaaten im Beihilfenrecht (§3). Auf dieser Basis können dann die gemeinschaftsrechtlichen Rechtsschutzmöglichkeiten dargestellt werden (§4), deren Schwerpunkt auf der angedeuteten Kontroverse liegen wird, ob die Geltendmachung einer Grundrechtsverletzung für die Zulässigkeit einer Klage ausreichen kann. Bevor sich die Untersuchung sodann der Frage zuwendet, ob und inwiefern dem Grundrechtsschutz und der Verwirklichung des Beihilfenrechts auch vor deutschen Gerichten Rechnung getragen werden kann, müssen die Voraussetzungen des nationalen Rechtsschutzes im Zusammenhang mit dem Gemeinschaftsrecht näher betrachtet werden (§ 5). Auf dieser Grundlage kann die Untersuchung der Rechtsschutzmöglichkeiten vor deutschen Gerichten erfolgen (§ 6). Die Ergebnisse dieser Untersuchungen führen schließlich zu allgemeinen Feststellungen über den wechselseitigen Einfluß des Gemeinschaftsrechts und des nationalen Rechts beim Rechtsschutz im Beihilfenrecht und leisten so einen Beitrag zur „Europäisierung des Verwaltungsprozeßrechts" in diesem Bereich (§ 7).

§ 2 System der Kontrolle staatlicher Beihilfen A. Begriff und Erscheinungsformen staatlicher Beihilfen Der Begriff der staatlichen Beihilfe ist i m Gemeinschaftsrecht nirgends definiert. Nach allgemeiner Ansicht ist er aber denkbar weit zu verstehen (hierzu I.), so daß seine Erscheinungsformen vielfältig sind (hierzu II.).

I . Begriff der Beihilfe Die Rechtsprechung des EuGH geht seit dem sog. Bergmannsprämien-Urteil 1 von einem weiten Verständnis des Begriffs der „Beihilfe" aus.2 Dieses liegt in gleicher Weise der Kommissionspraxis 3 und der Literatur 4 zugrunde. Nach inzwischen wohl überwiegender Ansicht muß sogar auf eine abschliessende Definition des Begriffs „Beihilfe" verzichtet werden, weil damit notwendigerweise eine Einschränkung verbunden wäre, für die es nach Wortlaut, Systematik sowie Sinn und Zweck der beihilfenbezogenen Regelungen des Gemeinschaftsrechts keine Grundlage gibt. 5 Staatliche „Beihilfen" sind vielmehr alle Maßnahmen der Mitgliedstaaten, die 1

EuGH, Rs. 30/59, Slg. 1961, 1, 42ff. - Steenkolenmijnen Limburg (Bergmannsprämie). Vgl. zur neueren Rechtsprechung des EuGH und des EuG zum Beihilfenbegriff Gerrit Schohe/Mark Hoenike, EuZW 1997, 741 f.; Waltraud Hakenbergl Ernst Tremmel, EWS 1997, 217ff.; dies., EWS 1999, 167, 168ff. 3 Vgl. Antwort der Kommission auf die Anfrage des Abg. Burgbacher, ABl. 1963 Nr. 125, S.2235. 4 Fritz-Harald Wenig, in: Ehlermann/Bieber, Handbuch, Art. 92 Rn. 4; Wolfram Cremer, in: Calliess/Ruffert, Kommentar, Art. 87 EG Rn. 7; FrankRawlinson, in: Lenz, Kommentar, Art. 87 Rn.2ff; GertNicolaysen, Europarecht II, S. 280ff.; Stefan Ulrich Pieper, in: Saiger, Handbuch, § 37 Rn. 39; Stefan Hoischen, Beihilferegelung, S. 3 ff.; Sabine Diehm, Überwindung der nationalen Beihilfenpolitik, S.8ff., zusammenfassend S. 13; Hans-Werner Rengeling, in: Börner/ Neundörfer, Recht und Praxis der Beihilfen, KSE 32, S.23, 26ff.; Martin Seidel, in: Börner/ Neundörfer, Recht und Praxis der Beihilfen, KSE 32, S.55, 60 und 62ff.; ders., Vorträge, Reden und Berichte Nr. 26, S. 12f.; Conor Quigley, ELRev. 1988, 242, 243ff. 5 Wolf gang Mederer, in: v. d. Groeben/Thiesing/Ehlermann, Kommentar, Art. 92 Rn. 4 ff.; Gabriela v. Wallenberg, in: Grabitz/Hilf, Kommentar, Art. 92 EGV Rn. 3; Frank Rawlinson, in: Lenz, Kommentar, Art. 87 EG Rn. 2; F. Thilo Klingbeil, Beihilfeverfahren, S.41 f.; auch der EuGH verzichtet inzwischen auf eine abschließende Begriffsdefinition; vgl. nur Rs. 290/83, Slg. 1985,439,450 - Kommission/Frankreich. 2

32

§ 2 System der Kontrolle staatlicher Beihilfen

die übrigen Tatbestandsmerkmale dieser Regelungen erfüllen. Solange hier für vergleichbare staatliche Maßnahmen gleiche Kriterien gelten, ist eine abschließende Definition des isolierten Begriffs der „Beihilfe" nicht erforderlich. 6 Das weite Begriffsverständnis und der Verzicht auf eine abschließende Definition werden bereits durch den Wortlaut 7 der beihilfenbezogenen Vorschriften des Gemeinschaftsrechts nahegelegt, wenn etwa Art. 87 (ex-Art. 92) Abs. 1 EG von „Beihilfen gleich welcher Art" an Unternehmen oder Produktionszweige spricht.8 Auch die systematische Auslegung9 führt zu einem umfassenden Begriffsverständnis. Im Unterschied zu Art. 28 (ex-Art. 30) EG, der den Mitgliedstaaten mengenmäßige Einfuhrbeschränkungen und Maßnahmen gleicher Wirkung verbietet, gibt es keine Maßnahmen mit gleicher Wirkung wie Beihilfen. 10 Systematische Anhaltspunkte ergeben sich ferner aus der neuen Verfahrensverordnung für das Beihilfenrecht. 11 Deren Art. 1 lit. a „definiert" Beihilfen lediglich als „alle Maßnahmen, die die Voraussetzungen des Art. 87 (ex-Art. 92) Abs. 1 EG erfüllen". Nach Art. 1 lit. b Ziff. i, ii und lit. c fallen unter den Begriff der Beihilfe jedoch nicht nur Einzelbeihilfen, sondern auch Beihilfenregelungen, also einzelne Zuwendungen (vgl. Art. 1 lit. e) und Maßnahmen, nach denen allgemein und abstrakt definiert wird, unter welchen Voraussetzungen ein Begünstigter eine Beihilfe erhalten kann (vgl. Art. 1 lit. d). Auch hieraus ergibt sich ein weites Begriffsverständnis. Einen systematischen Hinweis enthält schließlich Art. 4 lit. c EGKS-Vertrag mit seinem Verbot von „Subventionen und Beihilfen". Die Vorschrift verweist terminologisch auf den Subventionsbegriff des nationalen Rechts. Legaldefinitionen sind allerdings auch 6

s. schon Dieter Lefèvre , Staatliche Ausfuhrförderung, S. 113 ff.; Martin Reufels, Subventionskontrolle, S. 37; Jürgen Schwarze, in: Selmer/v. Münch, Gedächtnisschrift für Wolfgang Martens, S. 819, 833. 7 Der Wortlaut bildet für die Auslegung allenfalls den Ausgangspunkt; vgl. Albert Bleckmann,, NJW 1982, 1177, 1178; Peter Meyer, Jura 1994, 455, 456; Meinhard Hilf Auslegung mehrsprachiger Verträge, S.65ff.; Carsten Buck , Auslegungsmethoden, S. 152ff.; der EuGH ist in seinem Bergmannsprämien-Urteil zur Bestimmung des Begriffs der Beihilfe zunächst auch vom „gewöhnlichen Sprachgebrauch" ausgegangen, vgl. Rs. 30/59, Slg. 1961, 1, 42 - Bergmannsprämie. 8 Diese Auslegung ergibt sich auch aus der Entstehungsgeschichte der Vorschrift. Die historische Interpretation spielt bei der Auslegung des primären Gemeinschaftsrechts allerdings keine Rolle; vgl. Albert Bleckmann, NJW 1982,1177,1178; Peter Meyer, Jura 1994,455; Carsten Buck, Auslegungsmethoden, S. 143 ff.; der Begriff „Beihilfe", in der französischen Vertragsfassung „aides", in der englischen Version „aids", wurde auch gewählt, um der Auslegung des aus dem nationalen Recht überkommenen Begriffs der Subvention zu entgehen; vgl. Volkmar Götz, in: Dauses, Handbuch, Kap. H III Rn. 1. 9 Der systematischen Auslegungsmethode kommt im Gemeinschaftsrecht ein erhebliches Gewicht zu; vgl. Albert Bleckmann, NJW 1982,1177,1178; Peter Meyèr, Jura 1994,455,456; Carsten Buck, Auslegungsmethoden, S. 177 ff. 10 So Gabriela v. Wallenberg, in: Grabitz/Hilf, Kommentar, Art. 92 EGV Rn. 5; Peter-Christian Müller-Graff, ZHR 1988,401,425; krit. Conor Quigley, ELRev. 1988, 242, 252. 11 VO 659/99/EG, ABl. 1999 L83, S. 1 ff.

Α. Begriff und Erscheinungsformen staatlicher Beihilfen

33

dort nicht vorhanden. 12 So liegt etwa dem deutschen Wirtschaftsverwaltungsrecht ein „materieller Subventionsbegriff 4 zugrunde, 13 unter den direkte und indirekte Subventionen bzw. Subventionen i m engeren und weiteren Sinne fallen. 14 Da der EGKS-Vertrag allerdings keine unterschiedlichen Rechtsfolgen an die Begriffe „Subvention" und „Beihilfe" knüpft, ist anzunehmen, daß hier Subventionen i m engeren Sinne angesprochen sind und daß der i m EG-Vertrag vorherrschende Begriffs der Beihilfe 1 5 gegenüber dem Begriff der Subvention der weitere ist. 1 6 Letztlich ergibt sich die weite und nicht abschließende Auslegung des Beihilfenbegriffs aus Sinn und Z w e c k 1 7 der beihilfenbezogenen Vorschriften des Gemeinschaftsrechts. 18 Das gemeinschaftsrechtliche Beihilfenregime soll nämlich verhindern, daß der Wettbewerb oder der Handel zwischen den Mitgliedstaaten durch staatliche Maßnahmen beeinträchtigt werden. 19 Trotz des Verzichts auf eine abschließende Definition besteht Einvernehmen darüber, daß bestimmte Indizien für das Vorliegen einer Beihilfe sprechen. Charakteristisches Merkmal einer Beihilfe ist, daß es sich um eine staatliche Maßnahme handelt, durch die Unternehmen oder Produktionszweige ohne marktmäßige Gegenleistung einseitig begünstigt werden, 20 ohne daß es darauf ankommt, ob sie un12

Fragmentarische gesetzliche Regelungen enthält etwa das deutsche Recht in § 264 Abs. 6 StGB (Subventionsbetrug) und § 12 Abs. 2 StbG; zu den Elementen des Subventionsbegriffs in Deutschland Volkmar Götz, Recht der Wirtschaftssubventionen, S. 13 ff.; Albert Bleckmann, 55. DJT, S.D-7, 8ff.; Jürgen Gündisch, NVwZ 1984,489. 13 „Subventionen" im materiellen Sinne sind begünstigende staatliche Maßnahmen, die direkt oder indirekt, unmittelbar oder mittelbar ohne marktmäßige Gegenleistung gewährt werden. Ein - theoretisch denkbarer - „formeller Subventionsbegriff' würde etwa darauf abstellen, ob es sich um Maßnahmen handelt, die in bestimmten Vorschriften als „Subventionen" bezeichnet werden, etwa weil sie nach § 12 StbG in einem „Subventionsbericht" veröffentlicht werden müssen. 14 Zu den Elementen des materiellen Subventionsbegriffs nach h. M. Görg Haverkate, in: R. Schmidt, Öffentliches Wirtschaftsrecht, Besonderer Teil 1, § 4 Rn. 6 ff.; Albert Bleckmann, 55. DJT, S.D-7, 9ff.; Christoph Gusy, JA 1991, 286, 287f.; Jürgen Gündisch, NVwZ 1984, 489,490; zum Vergleich zwischen Gemeinschaftsrecht und deutschem Recht Meinhard Schröder, ZHR 1988, 391,400f. 15 Außer in Art. 87 (ex-Art. 92) ff. verwendet der EG-Vertrag diesen Begriff noch in Art. 34 (ex-Art.40) Abs. 2, Art. 36 (ex-Art.42), Art. 44 (ex-Art. 54) Abs. 3 lit. h, Art. 73 (ex-Art. 77) und Art. 132 (ex-Art. 112) EG. 16 Wolf gang Mederer, in: v. d. Groeben/Thiesing/Ehlermann, Kommentar, vor Art. 92 Rn. 2. 17 Die teleologische Auslegung ist die charakteristische Auslegungsmethode des Gemeinschaftsrechts, vgl. Albert Bleckmann, NJW 1982, 1177, 1178; Peter Meyer, Jura 1994, 455, 456; Carsten Buck, Auslegungsmethoden, S. 202 ff. 18 Wolfgang Mederer, in: v. d. Groeben/Thiesing/Ehlermann, Kommentar, Art. 92 Rn. 2 19 Martin Seidel, EuR 1985, S.22, 23 f.; Ulrich Immenga, Schwerpunkte des Kartellrechts 1990/91, FIW-Heft 146, S. 19, 21; Stefan Ulrich Pieper, in: Saiger, Handbuch, § 37 Rn. 17. 20 So die ganz h. M., vgl. nur Wolf gang Mederer, in: v. d. Groeben/Thiesing/Ehlermann, Kommentar, Art. 92 Rn. 6; früher wurden ζ. T. nur völlig unentgeltliche Zuwendungen als Beihilfen angesehen, vgl. Jochen Thiesing, in: v. d. Groeben/v. Boeckh/Thiesing/Ehlermann, Kom3 Staebe

§ 2 System der Kontrolle staatlicher Beihilfen

34

mittelbar oder mittelbar, direkt oder indirekt oder in einer bestimmten Rechtsform gewährt wird. 2 1

I I . Erscheinungsformen von Beihilfen in Deutschland Entsprechend dem weiten Beihilfebegriff sind die Erscheinungsformen von Beihilfen zumindest in wirtschaftlicher und rechtlicher Hinsicht außerordentlich vielfältig.

1. Wirtschaftliche

Erscheinungsformen

Nach der Entscheidungspraxis von Kommission und Gerichtshof können Beihilfen bei wirtschaftlicher Betrachtung typischerweise 22 in Form von direkten oder indirekten Zuschüssen, 23 der Befreiung von Steuern, 24 Abgaben oder parafiskalischen Abgaben, 25 i m Abschluß von Verträgen zu günstigen Bedingungen, 26 der Übernahmentar, 3. Auflage, Art. 92 Rn.5; Fritz-Harald Wenig, in: v. d. Groeben/Thiesing/Ehlermann, Kommentar, 4. Auflage, Art. 92 Rn. 5. 21 So die ganz h. M., vgl. nur Wolf gang Mederer, in: v. d. Groeben/Thiesing/Ehlermann, Kommentar, Art.92 Rn.7; früher wurde z.T. nur die unmittelbare begünstigende Zuwendung als Beihilfe angesehen, vgl. Hubert Ehring, EuR 1974, 108, 120. 22 Volkmar Götz, in: Dauses, Handbuch, Kap. H. III Rn. 31 nennt in Anlehnung an die Wettbewerbsberichte der Kommission vier Gruppen „typischer Beihilfeformen"; vgl. auch die Zusammenstellungen bei Gabriela v. Wallenberg , in: Grabitz/Hilf, Kommentar, Art. 92 EGV Rn. 10, Hartmut Maurer, Allgemeines Verwaltungsrecht, § 17 Rn. 6; Lise Funck-Brentano, EuZW 1991,417; Meinhard Schröder, ZHR 1988, 391, 398; Gerd Schetting, Rechtspraxis der Subventionierung, S.24ff. 23 Z.B. Zinszuschüsse, vgl. EuGH, Rs.62,72/87, Slg. 1988,1573,1593-Exécutif régional Wallon; „verlorene Zuschüsse", vgl. KommE 91/144/EWG, ABl. 1990L73, S.27,28; s.a. die Mitteilung der Kommission, ABl. 1997 C273, S.3. 24 Vgl. KommE 86/593/EWG, ABl. 1986 L342, S. 32, 33; s. a. die Mitteilung der Kommission, ABl. 1998 C348, S.3; vgl. Wolfgang Mederer, in: v. d. Groeben/Thiesing/Ehlermann, Kommentar, Art. 92 Rn. 46. 25 Ζ. B. (teilweise) Befreiung von Soziallasten, vgl. EuGH, Rs. 173/73, Slg. 1974, 709, 719 - Italien/Kommission; KommE 80/392/EWG, ABl. 1980 L264, S. 28. 26 Z.B. zinsverbilligte Darlehen, vgl. EuGH, Rs.C-301/87, Slg. 1990,1-307,362; Zahlungsaufschub für Darlehensrückzahlung, vgl. KommE 88/468/EWG, ABl. 1988 L229, S.37, 38; Vorzugstarife, vgl. KommE 85/215/EWG, ABl. 1985 L97, S.49,52; EuGH, Rs.67,68,70/85, Slg. 1988,219, 270 - van der Kooy; verbilligter Erwerb oder Verkauf von Grundstücken, vgl. KommE 92/11/EWG, ABl. 1992 L6, S. 36 - Toyota; KommE 92/456/EWG, ABl. 1992 L263, S. 15 - DB/Potsdamer Platz; verbilligte Vermietung von Grundstücken, vgl. KommE 87/515/EWG, ABl. 1987 L295, S.25, 27; s.a. die Mitteilung der Kommission, ABl. 1997 C209, S. 3; umstr. für die Vergabe öffentlicher Aufträge, EuGH, Rs.C-21/88, Slg. 1990,1-889, 922 f. - Du Pont; Rs.C-351/88, Slg. 1991,1-3641, 3657 f. - Laboratori Bruneau; vgl. hierzu Wolf gang Mederer, in: v. d. Groeben/Thiesing/Ehlermann, Kommentar, Art. 92 Rn. 6; krit. Volkmar Götz, in: Dauses, Handbuch, Kap.H.III Rn.41; Peter Schütterle, EuZW 1995, 391, 393f.

Α. Begriff und Erscheinungsformen staatlicher Beihilfen

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me staatlicher Garantien27 oder von Verlusten28 oder jeder anderen Maßnahme gleicher Wirkung bestehen.29 2. Rechtliche Erscheinungsformen In rechtlicher Hinsicht erfolgt die Vergabe einer Beihilfe in Deutschland mit den Instrumenten, die der beihilfengewährenden Stelle zur Wahrnehmung ihrer Aufgaben zur Verfügung stehen. Nach deutschem Recht kommt der öffentlichen Hand als „Subventionsgeberin" nach ganz überwiegender Auffassung grundsätzlich ein Wahlrecht hinsichtlich der Rechtsformen der Subventionsvergabe zu: Sie kann, sofern nicht bestimmte Vergabeformen gesetzlich vorgeschrieben sind, zwischen öffentlich-rechtlichen, privatrechtlichen Gestaltungsformen oder kombinierten, „zweistufigen" Subventionsverhältnissen wählen.30 Einzelbeihilfen können grundsätzlich durch Verwaltungsakt, durch öffentlich-rechtlichen Vertrag oder durch privatrechtlichen Vertrag gewährt werden. Beihilfenregelungen, nach der Definition des Art. 1 lit. d VerfO Regelungen, wonach Unternehmen, die in der Regelung in einer allgemeinen und abstrakten Weise definiert werden, ohne nähere Durchführungsmaßnahmen Einzelbeihilfen gewährt werden können, sind im deutschen Recht in Form des Gesetzes, einer Rechtsverordnung oder einer Satzung ebenso denkbar wie in Form von VerwaltungsVorschriften (Subventionsrichtlinien). 31

27

Z.B. Wechselkursgarantien, Bürgschaften, vgl. KommE 79/519/EWG, ABl. 1979 LI38, S. 30; KommE 91/306/EWG, ABl. 1990 L158, S.71, 72; staatliche Kapitalbeteiligungen an Unternehmen, vgl. EuGH, Rs. 323/82, Slg. 1984, 3809, 3830 - Intermills; Rs.C-142/87, Slg. 1990, 959, 1012-Tubemeuse; s.a. die diesbezügl. Mitteilungen der Kommission in BullEG9/1998 und ABl. 1993 C307, S.3; vgl. Wolfgang Mederer, in: v.d.Groeben/Thiesing/Ehlermann, Kommentar, Art. 92 Rn. 8 f., 44; Volkmar Götz, in: Dauses, Handbuch, Kap. H. III Rn.32f. 28 Z.B. Übernahme von Forderungen, KommE 88/454/EWG, ABl. 1988 L220, S.30, 35. 29 Z.B. „logistische und kommerzielle Unterstützung" eines staatseigenen Unternehmens, EuGH, Rs. C-39/94, Slg. 1996, 1-3547 ff. - SFEI/La Poste; vgl. außerdem die Antwort der Kommission auf die Anfrage des Abg. Burgbacher, ABl. 1963, S. 2235. 30 Peter M. Huber, Konkurrenzschutz, S.52ff.; Hartmut Maurer, Allgemeines Verwaltungsrecht, § 9 Rn. 9; Albert Bleckmann, Subventionsrecht, S. 86; Rolf Stober, Besonderes Wirtschaftsverwaltungsrecht, S.292; Jürgen Schwarze, in: Selmer/v. Münch, Gedächtnisschrift für Wolfgang Martens, S.819, 822; Alfred Dickersbach, NVwZ 1993, 846, 849f.; Paul Hemeler, VerwArch 86, 249; Hans-Jürgen Papier, ZHR 1988,493; Christoph Gusy, JA 1991, 327, 328; ders., DÖV 1984, 872, 873; Hanspeter Knirsch, NVwZ 1984,495 ff.; Jürgen Becker, JA 1986, 359; Eberhard Schmidt-Aßmann, DVB1. 1989, 532ff.; Fritz Ossenbühl, JuS 1979,681 ff.; krit. insbes. Dirk Ehlers, VerwArch 1983, 112 ff. 31 Vgl. zum Subventionsrecht in Deutschland Görg Haverkate, in: R. Schmidt, Öffentliches Wirtschaftsrecht, Besonderer Teil 1, S. 331 ff., Hans-Dieter Jarass, JuS 1980, 115 ff.; jeweils m. w. Lit. 3*

36

§ 2 System der Kontrolle staatlicher Beihilfen

a) Einzelbeihilfe durch Verwaltungsakt Der Verwaltungsakt gemäß § 35 Satz 1 VwVfG ist das am häufigsten genutzte Vergabeinstrument. 32 Dies liegt zum einen daran, daß diese Vergabeform teilweise ausdrücklich gesetzlich vorgeschrieben ist. Zum anderen läßt er der Verwaltung hinreichende Möglichkeiten, durch Nebenbestimmungen gemäß § 36 VwVfG die Pflichten des Beihilfenempfängers zu regeln. 33 Bedeutung hat der Verwaltungsakt ferner im Rahmen „mehrstufiger Beihilfenverhältnisse". Hier wird die Entscheidung, ob überhaupt eine Beihilfe bewilligt werden soll, durch einen Verwaltungsakt getroffen, während die Ausgestaltung der tatsächlichen Gewährung in Privatrechtsform erfolgen kann.34 Das für den Bürger zunächst nur als privatrechtlich zu erkennende Verhalten der Verwaltung unterliegt durch diese Konstruktion in vollem Umfang den öffentlich-rechtlichen Bindungen35. Es handelt sich hier um die von H.-P. Ipsen entwickelte „Zweistufentheorie", 36 die zwar von Anfang an erheblicher Kritik ausgesetzt war, 37 aber nach wie vor als Konstruktionsmodell bei der Beihilfenvergabe zur Verfügung steht.

b) Einzelbeihilfe durch öffentlich-rechtlichen Vertrag Ist eine bestimmte Rechtsform für die Vergabe von Beihilfen nicht gesetzlich vorgeschrieben, kann sich die Verwaltung des öffentlich-rechtlichen Vertrages gemäß § § 54 ff. VwVfG bedienen. Von dieser Möglichkeit ist in den letzten Jahren zunehmend Gebrauch gemacht worden. 38 §§ 54 ff. VwVfG unterscheiden zwischen koordinations- und subordinationsrechtlichen Verträgen. Koordinationsrechtlich sind solche Verträge, die zwischen grundsätzlich gleichgeordneten Vertragspartnern geschlossen werden und Rechtsbeziehungen betreffen, die nicht durch Verwaltungsakt 32 Volkmar Götz, Recht der Wirtschaftssubventionen, S. 41 f.; H ans-Jürgen Papier, ZHR 1988,493,495; Christoph Gusy, JA 1991, 327. 33 Dirk Ehlers, VerwArch 1983, 112, 123. 34 Hans-Peter Ipsen, DVB1. 1956, 602 ff. 35 Zur Ratio der Zweistufentheorie Wolfgang Rüfner, Formen öffentlicher Verwaltung, S. 372; Rolf Stober, Besonderes Wirtschaftsverwaltungsrecht, S. 293; Michael Jakobs, BayVBl. 1985, 357. 36 Vgl. zur Zweistufentheorie auch BVerwGE 1, 308; 7, 180; 13, 47; 13, 307; 35, 170; 45, 13, 14; Β GHZ 40, 206, 210; 52, 155, 160; 61, 296, 299; Michael Jakobs, BayVBl. 1985, 353, 354; Hans-Dieter Jarass, JuS 1980, 115, 118; Christoph Gusy, JA 1991, 328 f. 37 ManfredZuleeg, Rechtsform der Subventionen, S.61; ders., in: Oberndorfer/Schambeck, Festschrift für Ludwig Fröhler, S.275, 288 ff.; Herbert Β ethge, JR 1972, 139ff.; Dirk Ehlers, VerwArch 1983, 112, 116f.; Richard Flessa, DVB1. 1985, 1365, 1366; Hartmut Maurer, Allgemeines Verwaltungsrecht, § 17 Rn.24ff. 38 Vgl. Wilhelm Henke, Recht der Wirtschaftssubventionen, S.26ff.; Christian-Friedrich Menger, VerwArch 1978,93,96; Heinz-Josef Friehe, DÖV 1980,673,675; Jens-Peter Schneider, NJW 1992,1197; Hubertus Gersdorf, JuS 1994,955,956; Andreas Knuth, JuS 1986,523.

Α. Begriff und Erscheinungsformen staatlicher Beihilfen

37

geregelt werden können. Subordinationsrechtlich sind dagegen Verträge zwischen Vertragsparteien, die ansonsten in einem Verhältnis der Über- und Unterordnung stehen würden. Hier könnte andernfalls auch ein Verwaltungsakt erlassen werden. Die Unterscheidung zwischen koordinationsrechtlichen und subordinationsrechtlichen Verträgen ist von Bedeutung, da einige Vorschriften der §§ 54 ff. VwVfG nur für subordinationsrechtliche Verträge gelten.39 In den Fällen, in denen eine Beihilfe durch öffentlich-rechtlichen Vertrag gewährt wird, ist grundsätzlich auch der Erlaß eines entsprechenden Verwaltungsakts zulässig.40 Beihilfengewährende öffentlichrechtliche Verträge sind demnach stets subordinationsrechtliche Verträge gemäß §54 Satz 2 VwVfG. Teilweise wird angenommen, beihilfengewährende öffentlich-rechtliche Verträge könnten lediglich die „zweite Stufe" einer mehrstufigen Beihilfengewährung darstellen und nie isoliert abgeschlossen werden. Nur wenn dem öffentlich-rechtlichen Vertrag ein Verwaltungsakt vorgeschaltet sei, könne für den Vertragspartner und seinen Konkurrenten ausreichender Rechtsschutz sichergestellt werden. 41 Zumindest im Verhältnis zu Wettbewerbern des Beihilfenempfängers müsse ein Verwaltungsakt angenommen werden. 42 Hiergegen wird eingewandt, die Annahme eines Verwaltungsakts laufe hier auf eine „Fiktion" hinaus, weil die Erklärung der Behörde nicht zugleich Verwaltungsakt und vertragliche Willenserklärung sein könne.43 Mit diesem Argument läßt sich die Auffassung, die mit ihrer Betonung der verbesserten Rechtsschutzmöglichkeiten aus rechtspolitischer Perspektive Zustimmung verdient, nicht ablehnen. Verwaltungsakte können durch schlüssiges Verhalten der Behörde abgegeben werden. 44 Es fehlt beim konkludent abgegebenen Verwaltungsakt auch nicht an der nach §§41,43 VwVfG erforderlichen Bekanntgabe.45 Daß eine Erklärung der Behörde nicht zugleich Verwaltungsakt und vertragliche Willenserklärung sein könne, mag allenfalls auf den koordinationsrechtlichen Verwaltungsvertrag theoretisch zutreffen, weil sich der handelnde Verwaltungsträger nicht zugleich im Verhältnis der Über- und Unterordnung (Situation des Verwaltungsakts) und der Gleichordnung (koordinationsrechtlicher Vertrag) befinden kann. Im Verhältnis zu Dritten, die durch den Abschluß eines koordinationsrechtlichen Vertrages in ihren Rechten beeinträchtigt werden, liegt auch bei diesem Vertrag ein Verhältnis der Über- und Unterordnung vor, so daß die Annahme eines konkludenten Verwaltungsakts durchaus möglich erscheint. Jedenfalls trifft der Einwand, die Verwaltung könne nicht zugleich im Verhältnis der Gleichordnung und 39

Vgl. hierzu ausf. Hartmut Maurer, Allgemeines Verwaltungsrecht, § 14 Rn. 12 ff. Dirk Ehlers, VerwArch 1983, 112,131; krit. Martin Bullinger, DÖV 1977, 816. 41 So insbes. Albert Bleckmann, Subventionsrecht, S. 86ff.; Ferdinand O. Kopp, BayVBl. 1980, 609, 611 f. 42 Albert Bleckmann, Subventionsrecht, S. 147 f. 43 Hartmut Maurer, Allgemeines Verwaltungsrecht, § 17 Rn. 14; Dirk Ehlers, VerwArch 1983, 120; Heinz-Josef Friehe, DÖV 1980, 675. 44 Ferdinand O. Kopp/Wolf-Rüdiger Schenke, VwGO-Kommentar, Anh. § 42 Rn. 24. 45 So jedoch Sabine Beckmann, Rückforderung, S. 52. 40

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§ 2 System der Kontrolle staatlicher Beihilfen

der Über- und Unterordnung handeln, für den subordinationsrechtlichen Vertrag nicht zu, weil sich der Verwaltungsträger beim Abschluß eines solchen Vertrages gerade ebenso wie beim Erlaß eines Verwaltungsakts in einem Über- und Unterordnungsverhältnis zu seinem Vertragspartner befindet. Die Auffassung, beihilfengewährende öffentlich-rechtliche Verträge könnten nur auf der Grundlage eines auf der „ersten Stufe" erlassenen Bewilligungsbescheides abgeschlossen werden, ist gleichwohl abzulehnen, weil § 54 Satz 2 VwVfG den subordinationsrechtlichen Vertrag ausdrücklich regelt. Hier ist die Möglichkeit anerkannt, einen solchen Vertrag abzuschließen, ohne daß dem Vertragsschluß ein Verwaltungsakt vorgeschaltet ist. Die vorgeschlagene Konstruktion ist zwar grundsätzlich denkbar und zulässig,46 letztlich aber auch nicht aus Gründen des Rechtsschutzes Dritter unbedingt erforderlich, weil die Wirksamkeit eines öffentlichrechtlichen Vertrages gemäß § 58 Abs. 1 VwVfG von der Zustimmung Dritter abhängig ist, in deren Rechte er eingreift. 47 Eine Beihilfe kann also durch subordinationsrechtlichen öffentlich-rechtlichen Vertrag vergeben werden, ohne daß diesem ein Verwaltungsakt vorgeschaltet sein müßte.

c) Einzelbeihilfe durch privatrechtlichen Vertrag? In neuerer Zeit beruhen Beihilfen vielfach auf Verträgen, denen die Beteiligten ausschließlich privatrechtlichen Charakter zubilligen. In der Literatur wurde daher schon früh die Beihilfenvergabe durch ausschließlich privatrechtlichen Vertrag befürwortet, weil sich bei diesen Verträgen alle Rechte und Pflichten aus dem Zivilrecht ergäben.48 Angesichts der Wahlfreiheit bezüglich der Rechtsform seien privatrechtliche Verträge zur Beihilfenvergabe auch ohne weiteres zulässig49. Die Gegenauffassung bezweifelt die Notwendigkeit privatrechtlicher Verträge zur Vergabe von Beihilfen, weil das öffentliche Recht über geeignetere Handlungsformen verfüge. 50 In der Tat enthalten viele der zwischen der Verwaltung und Privaten geschlossenen Verträge Beihilfenelemente. Da der Staat sich trotz seiner grundsätzlichen Wahlfreiheit auch bei privatrechtlichem Handeln seinen öffentlich-rechtlichen Bindungen nicht entziehen darf, ist die Konstruktion einer Beihilfenvergabe durch ausschließlich privatrechtliches Handeln abzulehnen. Vielmehr handelt es sich aufgrund der öffentlich-rechtlichen Bindungen um öffentlich-rechtlich überlagertes und gebundenes Privatrecht („Verwaltungsprivatrecht"), das der Verwaltung bei der 46

ManfredZuleeg, in: Oberndorfer/Schambeck, Festschrift für Ludwig Fröhler, S. 286,289. Dirk Ehlers, VerwArch 1983, 112, 122; Heinz-Josef Friehe, DÖV 1980, 673, 675. 48 Vgl. Dimitris Triantajyllou, DÖV 1999, 51, 52. 49 Vgl. etwa BGHZ 91,96; Christoph Gusy, JA 1991,327; Martin Reufels, Subventionskontrolle, S. 101; Klaus Lange, NVwZ 1983, 313, 314 m.w.N. 50 Dirk Ehlers, VerwArch 1983, 112, 113 f. 47

Α. Begriff und Erscheinungsformen staatlicher Beihilfen

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Wahrnehmung ihrer Aufgaben zur Verfügung steht.51 Die Wahlfreiheit des Staates geht nur so weit, daß er sich privater Rechtsformen bedienen, nicht aber alle Freiheiten der Privatautonomie beanspruchen darf. Wenn eine Beihilfengewährung durch „privatrechtlichen Vertrag" erfolgt, kann den öffentlich-rechtlichen Bindungen der Verwaltung in zweierlei Hinsicht Rechnung getragen werden. Entweder ergeben sich Anhaltspunkte für den Erlaß eines vorgeschalteten Verwaltungsakts über die Gewährung einer Beihilfe, der dann durch einen privatrechtlichen Vertrag im Sinne der „Zweistufentheorie" umgesetzt wird. 52 Dem Konstruktionsmodell der „Zweistufentheorie" werden zwar insbesondere die Abgrenzungsprobleme zwischen der ersten und der zweiten Stufe entgegen gehalten, weil in der Praxis regelmäßig nur eine einzige Vergabehandlung nach außen sichtbar sei. Auf diesen Einwand, daß die Erklärung einer Behörde nicht zugleich Verwaltungsakt und vertragliche Willenserklärung sein könne, ist zu erwidern, daß sich die Behörde zumindest ζ. B. gegenüber Wettbewerbern des Vertragspartners objektiv nicht in der Situation einer vertragsschließenden Partei befindet. Ob die Behörde einen Verwaltungsakt erlassen hat, hängt im übrigen nicht vom inneren Willen der Behörde, sondern von den Kriterien des § 35 VwVfG ab. Ergeben sich danach im Zusammenhang mit dem privatrechtlichen Vertragsschluß keinerlei Anhaltspunkte für das Vorliegen einer Einzelfallregelung mit Außenwirkung gegenüber Dritten, so könnte den öffentlich-rechtlichen Bindungen der Verwaltung bei der Vergabe von Beihilfen auch durch die Annahme eines öffentlich-rechtlichen Vertrages Rechnung getragen werden. 53 Die Frage, ob ein Vertrag als öffentlich-rechtlich oder privatrechtlich zu beurteilen ist, ist nämlich ebenfalls nicht anhand des inneren Willens der Verwaltung beim Vertragsschluß, sondern anhand objektiver Umstände, insbesondere des Gesamtcharakters des Vertrages zu beurteilen. 54 Angesichts der öffentlich-rechtlichen und insbesondere gemeinschaftsrechtlichen Bindungen, denen die Vergabe staatlicher Beihilfen unterliegt, ist in derartigen Fällen ein öffentlich-rechtliches Vertragsverhältnis anzunehmen.55 Diese Konstruktion hat aufgrund der Anforderungen, die heute im Rahmen der „Zweistufentheorie" an das Vorliegen zweier getrennter Rechtshandlungen gestellt werden, immer mehr an Bedeutung gewonnen. Wenn also bei einer Beihilfenvergabe nicht feststellbar ist, daß zwei voneinander unabhängige Rechtshandlungen mit eigen51

Volkmar Götz, Recht der Wirtschaftssubventionen, S.56ff. Dirk Ehlers, DVB1. 1983,422,429; Christoph Gusy, DÖV 1984, 872, 875. 53 Dirk Ehlers, DVB1. 1983,422,429; Wilhelm Henke, Recht der Wirtschaftssubventionen, S. 169 f. 54 Hartmut Maurer, Allgemeines Verwaltungsrecht, § 14 Rn. 8 ff. 55 Nach h. M. liegt ein einheitliches öffentlich-rechtliches Vertragsverhältnis vor, vgl. OVG Berlin, DVB1. 1975, 904; BVerwGE 39, 329; 65, 167; Hartmut Maurer, Allgemeines Verwaltungsrecht, § 14 Rn. 12; Utz Schliesky DÖV 1994,114,117; es können aber öffentlich-rechtliche Regelungen mit privatrechtlichen Vereinbarungen in einem Vertrags werk zusammengefaßt werden, vgl. BGHZ 57,130ff.; 66, 229ff.; BGH NJW 1981,2811,2812; NVwZ 1985,517f.; NJW 1987, 60, 61; NJW-RR 1989, 1120; VGH Mannheim NJW 1984, 251, 252. 52

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§ 2 System der Kontrolle staatlicher Beihilfen

ständigem Regelungsgehalt vorliegen, wird ein einheitliches, nach öffentlichem Recht zu beurteilendes Vertragsverhältnis angenommen.56 d) Beihilfenregelungen Schließlich können auch abstrakt-generelle Regelungen des deutschen Rechts Beihilfen enthalten. Die Subventionsvergabe muß zwar nicht auf der Grundlage eines Gesetzes oder sogar durch Gesetz selbst erfolgen. 57 Die öffentliche Hand kann sich dieser Handlungsform aber ebenso bedienen wie anderer abstrakt-genereller Regelungen.58 Als Handlungsformen der öffentlichen Hand kommen also auch untergesetzliche oder verwaltungsinterne Regelungen wie Verordnungen, Satzungen oder auch Verwaltungsvorschriften, Pläne, etc. in Betracht. 59 Sofern diese nur die Grundlage für die Gewährung einzelner Zuwendungen darstellen, handelt es sich um Beihilferegelungen. 60 Ist ein solcher Umsetzungsakt nicht mehr erforderlich, sondern wird vielmehr die Beihilfe durch die Regelung rechtsgestaltend angeordnet, handelt es sich um eine Einzelbeihilfe. 61

B. Materielle Regelungen in Art. 87 (ex-Art. 92) ff. EG Art. 87 (ex-Art. 92) ff. EG sind vom Grundsatz der Unvereinbarkeit staatlicher Beihilfen mit dem Gemeinsamen Markt geprägt (hierzu I.). Allerdings ist die Perspektive der Gemeinschaft gegenüber staatlichen Beihilfen lediglich prinzipiell „negativ",62 denn der Unvereinbarkeitsgrundsatz wird durch eine Reihe von Ausnahmen durchbrochen (hierzu II.). 63 56 Hans-Dieter Jarass, JuS 1980, 118; Hartmut Maurer, Allgemeines Verwaltungsrecht, S.412; Manfred Zuleeg, in: Oberndorfer/Schambeck, Festschrift für Ludwig Fröhler, S. 294; Dirk Ehlers, VerwArch 1983, 112, 119. 57 Vgl. zur Kontroverse um den Gesetzesvorbehalt im Subventionsrecht einerseits Manfred Zuleeg, DÖV 1984,733,734 f., andererseits Michael Jakobs, BayVBl. 1985,353,354 f.; HansDieter Jarass, NVwZ 1984,473 ff. 58 Vgl. Martin Oldiges, NJW 1984, 1927, 1928. 59 Vgl. bereits Manfred Zuleeg, in: Börner/Bullinger, Subventionen im Gemeinsamen Markt, KSE 29, S.7, 16f.; Martin Oldiges, NJW 1984, 1927ff. 60 Ein Beispiel hierfür ist die inzwischen von der Kommission untersagte Regelung des § 3 Entschädigungs- und Ausgleichsleistungsgesetz, BGBl. 19941, S.2624, nach der Agrargrundstücke in Ostdeutschland zu erheblich abgesenkten Preisen u. a. an LPG-Nachfolgebteriebe verkauft werden konnten; vgl. hierzu schon Matthias Pechstein/Andreas Damm, EWS 1996, 333 ff.; und nunmehr Matthias Pechstein, NJW 1999, 1429ff. 61 Ein Beispiel hierfür ist das Stromeinspeisungsgesetz, vgl. Fritz Ossenbiihl, DÖV 1998,

811,812.

62 Gert Nicolaysen, Europarecht II, S. 279f.; Hans-Werner Rengeling, JZ 1984, 795, 796; Gabriela v. Wallenberg, in: Grabitz/Hilf, Kommentar, vor Art. 92 EGV Rn. 1, spricht vom „Prinzip der negativen Integration". 63 Umstr. ist, ob die Kommission aus diesem Umstand die Kompetenz ableiten darf, die mitgliedstaatliche Beihilfengewährung im Hinblick auf allgemeine wirtschaftspolitische Ziele zu

Β. Materielle Regelungen in Art. 87 (ex-Art. 92) ff. EG

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I . „Unvereinbarkeitsgrundsatz" Ausgangspunkt einer materiell-rechtlichen Prüfung ist Art. 87 (ex-Art. 92) Abs. 1 EG. Danach sind Beihilfen gleich welcher Art unvereinbar mit dem Gemeinsamen Markt, wenn sie die übrigen Tatbestandsmerkmale erfüllen. 1. Tatbestandsmerkmale

des Art. 87 (ex-Art. 92) Abs. 1 EG

Die Beihilfen müssen „staatlich" sein oder „aus staatlichen Mitteln" stammen, also zur Belastung eines öffentlichen Haushalts eines Mitgliedstaats führen. 64 Dies ist in einem weiten Sinne zu verstehen: In gegliederten Staatswesen gehören auch innerstaatliche autonome Hoheitsträger zum „Staat". 6 5 Dessen Belastung muß eine Begünstigung von „Unternehmen oder Produktionszweigen" gegenüberstehen. 66 Mindestens einem selbständigen Rechtssubjekt, das auf Dauer einen wirtschaftlichen und nicht bloß ideellen Zweck verfolgt, 67 werden also außerhalb marktmäßiger Entgelte 68 Mittel zugeführt oder Belastungen vermindert. 69 Die Begünstigung muß koordinieren; dafür vgl. EuGH, Rs. 171/83 R, Slg. 1983,2621,2627-Kommission/Frankreich; und die wohl inzwischen h. M., vgl. Wolf gang Mederer, in: v. d. Groeben/Thiesing/Ehlermann, Kommentar, vor Art. 92 Rn. 4; Fritz-Harald Wenig, in: v. d. Groeben/Thiesing/Ehlermann, Kommentar, 4. Auflage, vor Art. 92 Rn. 3; Eberhard Grabitz, in: Magiera, Entwicklungsperspektiven, S. 95, 102; Manfred Caspari, Schwerpunkte des Kartellrechts 1980/81, FIW-Heft 100, S. 1,2; F. Thilo Klingbeil, Beihilfeverfahren, S. 38 f.; Martin Bullinger, in: Börner/Bullinger, Subventionen im Gemeinsamen Markt, KSE 29, S. 161, 162f.; Ulrich Immenga, Schwerpunkte des Kartellrechts 1993/94, FIW-Heft 146, S. 1,2; dagegen aber Léontin-Jean Constantinesco, Europäisches Gemeinschaftsrecht, S.240f.; Bodo Börner, in: Magiera, Entwicklungsperspektiven, S.83, 86; ders., in: Börner/Jahrreiß/Stern, Festschrift für Karl Carstens, Bd. 1, S. 63; Gabriela v. Wallenberg , in: Grabitz/Hilf, Kommentar, vor Art. 92 EGV Rn. 2; Volkmar Götz, in: Dauses, Handbuch, Kap.H.III Rn. 13; Martin Seidel, in: Börner/Neundörfer, Recht und Praxis der Beihilfen, KSE 32, S.55, 56; Hans-Werner Rengeling, JZ 1984, 795, 796; zuletzt Christian KoeniglJürgen Kühling, EuZW 1999, 517 ff.; für die Unbeachtlichkeit dieser Kontroverse hingegen Albrecht A. Randelzhof er, Kontrollverfahren, S.26. 64

Vgl. EuGH, Rs. C-52-54/97, Slg. 1998,1-2629 - Viscido; hierzu Ulrich Soltész , EuZW 1998, 747 ff.; Wolf gang Mederer, in: v. d. Groeben/Thiesing/Ehlermann, Kommentar, Art. 92 Rn. 13; Gabriela v. Wallenberg , in: Grabitz/Hilf, Kommentar, Art. 92 EGV Rn. 15 ff.; Conor Quigley, in: Harden, State Aid, S. 28, 30f.; für Verzicht auf dieses Kriterium Marco M. Slotboom, ELRev. 1995, 289, 295 f.; zu den Tatbestandsmerkmalen zuletzt Christian KoenigtJürgen Kühling, NJW 2000, 1065 ff. 65 Volkmar Götz, in: Dauses, Handbuch, Kap. H. III Rn. 22; zu dem insofern bestehenden früheren Meinungsstreit Fritz-Harald Wenig, in: v. d. Groeben/Thiesing/Ehlermann, Kommentar, 4. Auflage, Art. 92 Rn.8. 66 Ausf. Peter-Christian Müller-Graff, ZHR 1988,401, 417ff. 67 Vgl. Gabriela v. Wallenberg , in: Grabitz/Hilf, Kommentar, Art. 92 EGV Rn. 19 ff.; von Art.92 Abs. 1 sind z.B. die reine Kulturförderung, die wirtschaftsfeme Grundlagenforschung oder Sozialleistungen ausgenommen. 68 Vgl. hierzu etwa Matthias Pechstein/Andreas Damm, EWS 1996, 333, 336. 69 Volkmar Götz, in: Dauses, Handbuch, Kap. H. III Rn. 24; Art. 87 ff. EG gelten auch für öffentliche Unternehmen, vgl. Gert Nicolaysen, in: Börner/Neundörfer, Recht und Praxis der Beihilfen, KSE 32, S. 111, 120.

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§ 2 System der Kontrolle staatlicher Beihilfen

eine „Sonderunterstützung" für ein oder mehrere bestimmte Unternehmen darstellen und darf nicht lediglich allgemeiner Natur sein.70 Schließlich müssen durch diese Beihilfe eine Wettbewerbsverfälschung, verstanden als jede 71 tatsächliche oder potentielle Veränderung der Marktbedingungen auf dem relevanten Produktmarkt, 72 und eine Beeinträchtigung des Handelsverkehrs zwischen den Mitgliedstaaten zumindest drohen. 73 2. „Verbotscharakter"

des Art. 87 (ex-Art. 92) Abs. 1 EG

Früher wurde die Auffassung vertreten, es handele sich bei dem Unvereinbarkeitsgrundsatz lediglich um eine Verbotsermächtigung zugunsten der nach dem Beihilfenaufsichtsverfahren zuständigen Gemeinschaftsorgane, insbesondere der Kommission, nicht dagegen um ein Beihilfenverbot. 74 In der Tat sieht der Wortlaut des Art. 87 (ex-Art. 92) Abs. 1 EG kein Verbot, die Abschaffung oder Beseitigung staatlicher Beihilfen vor und unterscheidet sich somit von anderen Regelungen, die Hindernisse des gemeinschaftlichen Warenverkehrs betreffen, indem sie Zölle „abschaffen" oder mengenmäßige Einfuhrbeschränkungen „verbieten". 75 Bestehende Beihilfen i. S. d. Art. 88 (ex-Art. 93) Abs. 1 EG dürfen daher beibehalten werden, solange im Beihilfenaufsichtsverfahren nichts Gegenteiliges entschieden wurde. Neubeihilfen i. S. d. Art. 88 (ex-Art. 93) Abs. 3 EG dürfen jedoch bis zu einer Entscheidung im Beihilfenaufsichtsverfahren nicht eingeführt werden (sog. „Durchführungsverbot"). Insoweit stellt Art. 87 (ex-Art. 92) Abs. 1 EG ein Verbot mit Erlaub70 Vgl. Gabriela v. Wallenberg , in: Grabitz/Hilf, Kommentar, Art. 92 EGV Rn. 21 f.; Wolfgang Mederer, in: v. d. Groeben/Thiesing/Ehlermann, Kommentar, Art. 92 Rn. 26 („Selektivität"); Volkmar Götz, in: Dauses, Handbuch, Kap.H.III Rn.27 („Spezifität"). 71 Nach h. M. kommt es nicht wie in Art. 81 (ex-Art. 85) EG auf einen bestimmten Grad der Wettbewerbsverfälschung („Spürbarkeit") an, weil für staatliche Maßnahmen strengere Maßstäbe gelten, vgl. Gabriela v. Wallenberg , in: Grabitz/Hilf, Kommentar, Art. 92 EGV Rn. 27; Volkmar Götz, in: Dauses, Handbuch, Kap. H III, Rn.45 f.; Peter-Christian Müller-Gr äff, ZHR 1988,401,431 f.; Ezra C. Zivier, Jura 1997,116,117f.; a. A. Wolfgang Mederer, in: v.d. Groeben/Thiesing/Ehlermann, Kommentar, Art. 92 Rn. 35; Fritz-Harald Wenig, in: v. d. Groeben/ Thiesing/Ehlermann, Kommentar, 4. Auflage, Art. 92 Rn. 21 und 25; Norbert Low, Rechtsschutz des Konkurrenten, S.85; Werner Keßler, DÖV 1977, 619, 621. 72 Vgl. hierzu Gabriela v. Wallenberg, in: Grabitz/Hilf, Kommentar, Art. 92 EGV Rn. 23 ff.; Fritz-Harald Wenig, in: Ehlermann/Bieber, Handbuch, Art. 92 Rn. 17 ff. 73 Vgl. Gabriela v. Wallenberg, in: Grabitz/Hilf, Kommentar, Art. 92 EGV Rn.28ff.; FritzHarald Wenig, in: Ehlermann/Bieber, Handbuch, Art. 92 Rn. 22 ff.; auch hier verneint die h. M. das Erfordernis der „Spürbarkeit" vgl. Peter-Christian Müller-Grajf, ZHR 1988, 401, 433 f.; Malcolm Ross, CMLRev. 1989,167,168; Hans-Jörg Niemeyer, EuZW 1993,273 f.; a. A. Wolfgang Mederer, in: v. d. Groeben/Thiesing/Ehlermann, Kommentar, Art. 92 Rn. 39; Norbert Low, Rechtsschutz des Konkurrenten, S. 88; krit. ggü. dem Tatbestandsmerkmal überhaupt Joachim Modlich, EWS 1996, 405 f. 74 So Michel Waelbrock, in: Mégret/Waelbrok/Louis/Vignes/Dewost, Kommentar, Art. 92 Ziff. 2. 75 Volkmar Götz, in: Dauses, Handbuch, Kap. H. III Rn. 10; Ulrich Immenga, Schwerpunkte des Kartellrechts 1990/91, FIW-Heft 146, S. 19, 21.

Β. Materielle Regelungen in Art. 87 (ex-Art. 92) ff. EG

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nisvorbehalt dar. 76 Zwar ist die Vorschrift bei isolierter Betrachtung zu unbestimmt, um als absolutes und unbedingtes Verbot gelten zu können. Durch das „Durchführungsverbot" wirkt der Unvereinbarkeitsgrundsatz für neu einzuführende Beihilfen aber als Verbotsvorschrift. 77

3. Anwendung des „ Unvereinbarkeitsgrundsatzes Wirtschaftssektoren

" in besonderen

Der Unvereinbarkeitsgrundsatz gilt in allen Mitgliedstaaten der Gemeinschaft seit dem jeweiligen Inkrafttreten des EG-Vertrages. 78 In sachlicher Hinsicht gilt er vorbehaltlich primärrechtlicher Sonderregelungen für alle Beihilfen an Unternehmen in allen Wirtschaftsbereichen. 79 Derartige Regelungen enthält das Gemeinschaftsrecht für Ausfuhrsubventionen und für die Sektoren Landwirtschaft, Verkehr sowie Kohle und Stahl. Den spezifischen Problemen anderer Sektoren trägt das Gemeinschaftsrecht durch Ausnahmen im Anwendungsbereich der Art. 87 (ex-Art. 92) ff. EG Rechnung. Wortlaut und Auslegung der Vorschriften ergeben jedoch, daß die Beihilfenvorschriften auf Ausfuhrbeihilfen 80 ohne weiteres und auf Beihilfen für die Landwirtschaft 81 und im Verkehrssektor 82 zumindest eingeschränkt angewendet werden. Auf76 Wolfgang Mederer, in: v. d. Groeben/Thiesing/Ehlermann, Kommentar, Art. 92 Rn. 3; Jean-Yves Chérot , Aides d'Etat, S. 15. 77 So die heute allg. Ansicht, vgl. Frank Rawlinson, in: Lenz, Kommentar, Art. 87 Rn. 1; Wolfram Cremer, in: Calliess/Ruffert, Kommentar, Art. 87 Rn. 5; F. Thilo Klingbeil, Beihilfeverfahren, S. 20; ebenso auch mit anderer Formulierung Gabriela v. Wallenberg , in: Grabitz/ Hilf, Kommentar, Art. 92 EGV Rn. 2. 78 Vgl. zur örtlichen und zeitlichen Geltung der Art. 92 ff. Wolf gang Mederer, in: v.d. Groeben/Thiesing/Ehlermann, Kommentar, vor Art. 92 ff. Rn. 7 ff. m. w. N. 79 Wolf gang Mederer, in: v. d. Groeben/Thiesing/Ehlermann, Kommentar, vor Art. 92 ff. Rn. 6; Gabriela v. Wallenberg , in: Grabitz/Hilf, Kommentar, vor Art. 92 EGV Rn. 4ff.; Carl Baudenbacher, Brief Guide, S.5. 80 Hier ist die Anwendbarkeit umstritten: EuGH, Rs. 142/87, Slg. 1990,1-959,1013 - Tubemeuse, die Kommission, vgl. KommE 87/418/EWG, ABl. 1987 L227, S.45 -Tubemeuse; KommE 89/305/EWG, ABl. 1989 L123, 52 - Peugeot SA, und die h. M. in der Literatur befürworten die Anwendung, vgl. nur F. Thilo Klingbeil, Beihilfeverfahren, S.45 und 47. Exportbeihilfen unterliegen damit einem doppelten Regime: einerseits unterfallen sie Art. 87 (exArt. 92) ff. EG, andererseits unterliegen sie der Gemeinsamen Handelspolitik; vgl. EuGH, Gutachten 1/75, Slg. 1976,1355 ff. - Lokale Kosten. Die etwa von Christoph Vedder, in: Grabitz/ Hilf, Kommentar, Art. 112 EGV Rn. 8, vertretene a. A. wäre weder mit dem Wortlaut des Art. 132 (ex-Art. 112) noch mit dem Zweck der Art. 87 (ex-Art. 92) ff. EG vereinbar. 81 Dies gilt grds. dort, wo Gemeinsame Marktorganisationen bestehen; i. ü. ist nach der aufgrund Art. 36 (ex-Art. 42) Satz 1 EG erlassenen VO 26/62/EWG nur Art. 88 (ex-Art. 93) Abs. 1 und Abs. 3 Satz 1 EG anwendbar; vgl. Volkmar Götz, in: Dauses, Handbuch, Kap. H. III Rn. 63; Gabriela v. Wallenberg , in: Grabitz/Hilf, Kommentar, Art. 92 EGV Rn.33; F. Thilo Klingbeil, Beihilfeverfahren, S.49.

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§ 2 System der Kontrolle staatlicher Beihilfen

grund der speziellen Regelung des Art. 4 lit. c des EGKS-Vertrages ist lediglich der Sektor Kohle und Stahl vom Beihilfenrecht des EG-Vertrages ausgenommen.83 II. Ausnahmeregelungen Der Grundsatz der Unvereinbarkeit staatlicher Beihilfen mit dem Gemeinsamen Markt wird vielfältig durchbrochen. Schon nach Art. 87 (ex-Art. 92) Abs. 1 EG sind Beihilfen mit dem Gemeinsamen Markt nur unvereinbar, soweit im Vertrag nicht etwas anderes bestimmt ist. Abs. 2 der Vorschrift enthält Legalausnahmen zu Abs. 1. In Abs. 3 sind Ermessensausnahmen vorgesehen. Im Rahmen der Beihilfenaufsicht ist dies die bedeutsamste Bestimmung. Sie gestattet der Kommission, staatliche Beihilfen für mit dem Gemeinsamen Markt vereinbar zu erklären.

1. Art. 87 (ex-Art. 92) Abs. 2 EG Nach Abs. 2 sind Verbraucher- und Katastrophenbeihilfen sowie Beihilfen aufgrund der Teilung Deutschlands de jure mit dem Gemeinsamen Markt vereinbar. 84 Umstritten ist, ob diese Beihilfen den Tatbestand des Abs. 1 EGV erfüllen und in Abs. 2 ihre Rechtfertigung finden 85 oder ob sie schon nicht tatbestandsmäßig im Sinne des Unvereinbarkeitsgrundsatzes sind86. Schon vom Wortlaut her sind diese Beihilfen jedoch tatbestandsmäßig, weil sie für „vereinbar" erklärt werden. Handelte es sich hier um Maßnahmen, die den Tatbestand nicht erfüllen, bedürfte es des Abs. 2 gar nicht. Obwohl die Beihilfen für mit dem Gemeinsamen Markt vereinbar erklärt werden, unterliegen sie gleichwohl der Kontrolle. 87 Im einzelnen88 handelt es sich 82 Hier wird lediglich der Kreis der Ausnahmetatbestände erweitert; vgl. Gabriela v. Wallenberg , in: Grabitz/Hilf, Kommentar, Art. 92 EGV Rn. 34; Norbert Low, Rechtsschutz des Konkurrenten, S. 108. 83 Keine Ausnahme gilt dagegen für den Anwendungsbereich des EAG-Vertrages, der kein eigenes Beihilfenregime enthält und daher insoweit den Art. 87 (ex-Art. 92) ff. EG nicht entgegensteht; vgl. hierzu EuGH, Rs. 188-190/80, Slg. 1982,2524,2580-Frankreich u. a./Kommission; Frank Rawlinson, in: Lenz, Kommentar, vor Art. 92 Rn. 10; F. Thilo Klingbeil, Beihilfeverfahren, S.50. 84 Vgl. hierzu im Überblick Gabriela v. Wallenberg , in: Grabitz/Hilf, Kommentar, Art. 92 EGV Rn. 37 ff.; Wolf gang Mederer, in: v. d. Groeben/Thiesing/Ehlermann, Kommentar, Art. 92 Rn. 50ff.; Christopher Bellamy IGraham Child, Common Market Law of Competition, para 14-011. 85 So die h. M., vgl. Wolfgang Mederer, in: v. d. Groeben/Thiesing/Ehlermann, Kommentar, Art. 92 Rn. 50; Gabriela v. Wallenberg, in Grabitz/Hilf, Kommentar, Art. 92 EGV Rn. 37; Wolfram Cremer, in: Calliess/Ruffert, Kommentar, Art. 87 EG Rn. 19; Frank Rawlinson, in: Lenz, Kommentar, Art. 87 Rn. 22 f. 86 So etwa Hans-Werner Rengeling, in: Börner/Neundörfer, Recht und Praxis der Beihilfen, S. 33; Monika Hochbaum, Diskriminierungs- und Subventionsverbot, S. 193. 87 Vgl. schon Fritz-Harald Wenig, in: v. d. Groeben/Thiesing/Ehlermann, Kommentar, 4. Auflage, Art. 92 Rn.28.

Β. Materielle Regelungen in Art. 87 (ex-Art. 92) ff. EG

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um Beihilfen sozialer Art an einzelne Verbraucher, wenn sie ohne Diskriminierung nach Herkunft der Waren gewährt werden (lit. a), um Beihilfen zur Beseitigung von Schäden, die durch Naturkatastrophen oder sonstige außergewöhnliche Ereignisse entstanden sind (lit. b) sowie um Beihilfen für die Wirtschaft bestimmter durch die Teilung Deutschlands betroffener Gebiete der Bundesrepublik Deutschland, soweit sie zum Ausgleich der teilungsbedingten Nachteile erforderlich sind (lit. c). 89 2. Art. 87 (ex-Art. 92) Abs. 3 EG Abs. 3 enthält im Gegensatz zu Abs. 2 keine Legalausnahmen, sondern sieht die Möglichkeit vor, daß bestimmte Beihilfen für mit dem Gemeinsamen Markt vereinbar angesehen werden können, obwohl sie den Tatbestand des Abs. 1 erfüllen. 90 Dabei sind bestimmte Zielkriterien vorgegeben. Zuständig für die Entscheidung nach Abs. 3 sind die Kommission (lit. a bis d) bzw. der Rat (lit. e). Aus dem Wortlaut („können") ergibt sich, daß es sich bei der Entscheidung um eine Ermessensentscheidung handelt.91 a) Ermessen und Ermessensbindung Das Ermessen ist nach Maßgabe wirtschaftlicher und sozialer Wertungen „pflichtgemäß", also im Rahmen allgemeiner Ermessensgrenzen auszuüben.92 Um eine gleichmäßige Entscheidungspraxis zu erreichen, hat die Kommission ihre Kriterien der Ermessensausübung einerseits in sog. „Leitlinien" und andererseits unter Beteiligung der Mitgliedstaaten in sog. „Gemeinschaftsrahmen" niedergelegt.93 88 Nach Art. 73 (ex-Art. 77) EG gelten weitere Ausnahmen für Beihilfen im Verkehrssektor; Norbert Low, Rechtsschutz des Konkurrenten, S. 108 f. 89 Vgl. hierzu etwa Peter Schütterle, EuZW 1994,715 ff.; Thomas Falkenkötter, NJW 1996, 2689, 2690f.; Erik Staebe!Olaf Wittern, Jura 1998. 91, 95 f.; Erik Staebe, JA 2000, 457 ff.; Christian Koenig/Jürgen Kühling, NJW 2000, 1065, 1070. 90 Vgl. hierzu im einzelnen Gabriela v. Wallenberg, in: Grabitz/Hilf, Kommentar, Art. 92 EGV Rn. 41 ff.; Wolf gang Mederer, in: v. d. Groeben/Thiesing/Ehlermann, Kommentar, Art. 92 Rn. 65 ff.; Wolfram Cremer, in: Calliess/Ruffert, Kommentar, Art. 87 Rn. 39 ff. 91 EuGH, Rs. 78/76, Slg. 1979,595 ff. - Steimke und Weinlig; ebenso Wolf gang Mederer, in: v. d. Groeben/Thiesing/Ehlermann, Kommentar, Art. 92 Rn. 65; Volkmar Götz, in: Dauses, Handbuch, Kap. H. III, Rn. 47; Jürgen Schwarze, Europäisches Verwaltungsrecht, Bd. 1, S. 372f.; Christopher Bellamy /Graham Child, Common Market Law of Competition, para. 14-012; Leigh Hancher/Tom Ottervanger/Piet J. Slot , EC State Aids, paras 3.11 ff. 92 Vgl. nur EuGH, Rs. 730/79, Slg. 1980, 2671 - Philip Morris; Rs.62, 72/87, Slg. 1988, 1573 - Exécutif régional Wallon; Wolfgang Mederer, in: v. d. Groeben/Thiesing/Ehlermann, Kommentar, Art. 92 Rn. 67; Volkmar Götz, in: Dauses, Handbuch, Kap. Η. III, Rn. 47; Jürgen Schwarze, Europäisches Verwaltungsrecht, Bd. 1, S.31 Iff.; Malcolm Ross, CMLRev. 1989, 167,174f.; Thomas v. Danwitz, JZ 2000,429, 433. 93 Vgl. hierzu Thomas Jestaedt/Ulkrike Häsemeyer, EuZW 1995,787,788 f.; Fiona Cownie, ELRev. 1986,247,250ff.; Frank Rawlinson, in: Harden, State Aid, S.52ff.; Giacinto della Cananea, in: Harden, State Aid, S. 61 ff.; Christian Koenig/Jürgen Kühling, NJW 2000, 1065, 1071.

§ 2 System der Kontrolle staatlicher Beihilfen

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Leitlinien sind die mittlerweile umfassend veröffentlichten informellen Stellungnahmen der Kommission, die als Schreiben an die Mitgliedstaaten, als Veröffentlichung im EG-Bulletin oder im Bericht über die Wettbewerbspolitik ergehen, und in denen die Kommission ihre Auffassung über künftige Beihilfenvorhaben mitteilt. Nach der Rechtsprechung des EuGH handelt es sich hier um Auslegungsgrundsätze zu den Vertragsbestimmungen, 94 die einen Vertrauenstatbestand schaffen und zu einer Selbstbindung der Verwaltung führen. 95 Im Unterschied zu den Leitlinien beziehen sich die Gemeinschaftsrahmen nicht nur auf künftige, sondern auch auf bestehende Beihilfen und werden insoweit erst mit Zustimmung des Mitgliedstaates, der die bestehende Beihilfe eingeführt hat, wirksam. 96

b) Ausnahmetatbestände im einzelnen Art. 87 (ex-Art. 92) Abs. 2 EG betrifft vor allem solche Beihilfen, die das wirtschaftliche Ungleichgewicht innerhalb der Gemeinschaft ausgleichen. Es sind dies Regionalbeihilfen zur Förderung von Gebieten mit niedriger Lebenshaltung oder erheblicher Unterbeschäftigung (lit. a) 97 oder Beihilfen für bestimmte Wirtschaftszweige oder -gebiete (lit. c Satz l). 9 8 Hierzu gehören nicht nur sektorale Beihilfen, 99 sondern auch solche Fördermaßnahmen, mit denen bestimmte wirtschaftspolitische Ziele verfolgt werden sollen (sog. horizontale Beihilfen). Hier handelt es sich hauptsächlich um Beihilfen für den Umweltschutz,100 für die Rettung und Umstrukturie94

Vgl. EuGH, Rs. 310/85, Slg. 1987, 901 - Deufil; Rs. C-278-280/92, Slg. 1994, I-4103 - Hytasa; die Leitlinien betreffen sowohl einzelne Tatbestandsmerkmale als auch Ausnahmetatbestände; vgl. nur die Mitteilung über „De-minimis-Beihilfen", ABl. 1996 C68, S.9. 95 So insbesondere die Rspr. des EuG, vgl. Rs. T-214/95 - Vlaams Gewest, Slg. 1998, II-717; T-149/95, Slg. 1997,11-2031 - Ducros; Rs. T-380/94, Slg. 1996,11-2169-AIUFFASS; vgl. Wolfgang Mederer, in: v. d. Groeben/Thiesing/Ehlermann, Kommentar, Art. 92 Rn. 74; Thomas Jestaedt/Ulrike Häsemeyer, EuZW 1995, 787, 789f.; Thomas v. Danwitz, JZ 2000, 429, 434; Gilbert GornigiChristiane Trüe, JZ 2000, 395, 401; die Schutzwürdigkeit des Vertrauens ist allerdings dadurch eingeschränkt, daß die Kommission ihre Entscheidungspraxis bei Änderung der wirtschaftlichen Umstände ändern muß, vgl. EuG, Rs. T-214/95, Slg. 1998, 11-717 — Vlaams Gewest. 96 Hierzu Wolf gang Mederer, in: v. d. Groeben/Thiesing/Ehlermann, Kommentar, Art. 92 Rn. 75; ebenso Thomas JestaedtiUlrike Häsemeyer, EuZW 1995, 787, 789. 97 Vgl. hierzu schon Hans-Werner Rengeling, ZHR 1988,455,466ff. 98 Vgl. Leitlinien für staatliche Beihilfen mit regionaler Zielsetzung, ABl. 1998 C74, S. 9; hierzu Thomas Jestaedt/Nicola Schelling , EWS 1999,1 ff.; Friedrich Erlbacher, EuZW 1998, 517 ff. 99 Vgl. Leitlinien für den Luftverkehr, ABl. 1994 C 350, S. 5; Leitlinien für den Seeverkehr, ABl. 1997 C205, S.5; Mulitisektoraler Regionalbeihilferahmen für große Investitionsvorhaben, ABl. 1998 C107, S.7; Beihilfekodex für die Kunstfaserindustrie, ABl. 1996 C94, S. 11; Gemeinschaftsrahmen für staatliche Beihilfen in der Kfz.-Industrie; ABl. 1997 C279, S. 1. 100 v g l Gemeinschaftsrahmen für staatliche Umweltschutzbeihilfen, ABl. 1994 C72, S. 3; hierzu Reinhard Quick, EuZW 1994, 620 ff.

Β. Materielle Regelungen in Art. 87 (ex-Art. 92) ff. EG

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rung von Unternehmen, 101 für kleine und mittlere Unternehmen, 102 für die Förderung der Beschäftigung 103 und für Forschung und Entwicklung. 104 Diese Beihilfen sind jedoch nur zulässig, soweit sie die Handelsbedingungen nicht in einer Weise verändern, die dem gemeinsamen Interesse zuwiderläuft. Ausnahmefähig sind weiterhin Beihilfen zur Förderung von Vorhaben von gemeinsamem europäischen Interesse oder zur Behebung einer beträchtlichen Störung im Wirtschaftsleben eines Mitgliedstaates (lit. b) sowie Beihilfen zur Förderung der Kultur und der Erhaltung des kulturellen Erbes (lit. d). Die besondere Ausnahmeregelung durch eine Entscheidung des Rates (lit. e) ist bisher lediglich für den Bereich des Schiffbaus genutzt worden. 105

c) Gruppenfreistellung Weitere Ausnahmen vom Unvereinbarkeitsgrundsatz werden sich zukünftig aus Gruppenfreistellungsverordnungen der Kommission ergeben, die diese nunmehr auf Grundlage der gemäß Art. 89 (ex-Art. 94) EG erlassenen sog. „Ermächtigungsverordnung" Nr. 994/98 vom 7. Mai 1998106 (ErmVO) erlassen kann. Diese Verordnung enthält selbst keine beihilfenrechtlichen Ausnahmetatbestände, sondern verleiht der Kommission die Befugnis, bestimmte Beihilfen durch abstrakt-generelle Regelungen vom Unvereinbarkeitsgrundsatz freizustellen. Im einzelnen betrifft die Verordnung einerseits bestimmte horizontale Beihilfen, insbesondere für kleine und mittlere Unternehmen, für Forschung und Entwicklung, für Umweltschutzmaßnahmen sowie Beschäftigung und Ausbildung. Andererseits sind bestimmte Regionalbeihilfen freistellungsfähig (Art. 1 Abs. 1 ErmVO). Darüber hinaus ist in der Ermächtigungsverordnung eine Freistellungsmöglichkeit für sog. „de minimis"-Beihilfen 107 vorgesehen (Art. 2 ErmVO). Sektorale Freistellungsmöglichkeiten bestehen dagegen nicht. Derzeit bereitet die Kommission eine erste Gruppenfreistellungsverordnung für Beihilfen an kleine und mittlere Unternehmen vor.

101 Vgl. Leitlinien für die Beurteilung entsprechender Beihilfen, ABl. 1994 C368, S. 12, zuletzt verlängert durch ABl. 1999 C67, S. 11; hierzu Thomas Jestaedt/Andreas Miehle, EuZW 1995, 659ff.; die Novellierung steht kurz bevor, vgl. FAZ vom 13.7.1999. 102 Vgl. Gemeinschaftsrahmen für Beihilfen an KMU, ABl. 1996 C213, S.4. 103 Leitlinien für Beschäftigungsbeihilfen, ABl. 1995 C334, S.4. 104 Gemeinschaftsrahmen für staatliche Forschungs- und Entwicklungsbeihilfen, ABl. 1996 C45, S. 5; hierzu Karl St. Eisermann, EuZW 1996,683ff.; Wolfram Cremer, EWS 1996,379ff. 105 Zuletzt durch die VO 1540/98/EG, ABl. 1998 L202, S. 1; ausführlich zu den Ausnahmetatbeständen des Abs. 3 Wolf gang Mederer, in: v. d. Groeben/Thiesing/Ehlermann, Kommentar, Art. 92 Rn. 79 ff. 106 Die Verordnung ist abgedruckt in ABl. 1998 L142, S. 1 ff.; vgl. dazu Kai Stryczynski, NordÖR 1999, 137f. 107 „De minimis-Beihilfen" verfolgt die Kommission bereits seit 1992 nicht mehr, vgl. die „Mitteilung" in der letzten Fassung in ABl. 1996 C68, S.9.

48

§ 2 System der Kontrolle staatlicher Beihilfen

C. Beihilfenaufsichtsverfahren Neben den materiellen Vorschriften über die Unvereinbarkeit staatlicher Beihilfen bzw. ihre ausnahmsweise Vereinbarkeit mit dem Gemeinsamen Markt enthält Art. 88 (ex-Art. 93) EG Regelungen über Zuständigkeiten und Entscheidungsbefugnisse der Gemeinschaftsorgane für den Fall, daß ein Mitgliedstaat eine Beihilfe einführen will oder eingeführt hat. Hier sind Prüfungsverfahren durch die Kommission und den Rat vorgesehen.

I. Aufsichtsverfahren vor der Kommission Art. 88 (ex-Art. 93) Abs. 1 i. V. m. Abs. 2 und Abs. 3 Satz 1 i. V. m. Abs. 2 EG sehen zwei Prüfungsverfahren vor der Kommission vor, die sich auf bestehende bzw. neu eingeführte Beihilfen beziehen. Beide Verfahren sind hier jedoch nur in ihren Grundzügen geregelt. 108 Aus diesem Grunde war seit langem neben dem Wunsch nach einer Regelung der materiellen Ausnahmen vom Beihilfenverbot auch die Forderung nach einer Kodifizierung des Verfahrensrechts erhoben worden, um hier mehr Transparenz und Rechtssicherheit zu erreichen. 109 Nach langer, auch öffentlich geführter Diskussion110 hatte der Rat Ende 1996 die Kommission aufgefordert, einen entsprechenden Vorschlag zu unterbreiten, 111 der Grundlage für die Verabschiedung der neuen Verfahrensverordnung Nr. 659/99 112 (VerfO) war, in der das Verfahren nach Art. 88 (ex-Art. 93) EG nunmehr näher ausgestaltet und transparen108 Zum Beihilfenaufsichtsverfahren in der Fassung des Vertrages vor Erlaß der VerfO zuletzt Albrecht A. Randelzhof er, Kontroll verfahren, S. 15 ff. und 46 ff; Heinrich Matthies, ZHR 1988, 442, 445ff.; PietJ. Slot, in: Harden, State Aid, S.36ff.; F. Thilo Klingbeil, Beihilfeverfahren, S. 25 ff.; Klingbeil sieht den Begriff des Aufsichtsverfahrens als zu eng an und bevorzugt den Begriff Beihilfeverfahren. Letztlich dürfte es sich hier nur um einen begrifflichen Unterschied handeln. 109 Zur Forderung nach „Subventionstransparenz" bereits Norbert Andel, Vorträge, Reden und Berichte Nr. 146, S. 109, 120f.; zur Neuregeleung Adinda Sinnaeve, EuZW 1999, 270, 276 f. 110 Siehe etwa die Vorschläge privater Organisationen wie des britischen Industrieverbandes CBI vom Januar 1994, das Positionspapier der Union of Industrial and Employers' Confederations of Europe (UNICE) vom Juni 1996, die „Leitlinien für eine wirksame Beihilfenkontrolle" und „Eckpunkte einer Verfahrensverordnung für Beihilfen" des Bundesverbandes der deutschen Industrie vom Oktober 1995 sowie der „Draft of a Council Regulation on the Control of State Aids" der Association Européenne des Avocats (AEA) vom November 1996, EuZW 1996, 688; hierzu Till MüUer-Ibold, EuZW 1996, 677 ff.; Peter Schütterle, EuZW 1997, 33; s. bereits ders., EuZW 1994,265; F. Thilo Klingbeil, Beihilfeverfahren, S, 30; krit. aber Albrecht A. Randelzhof er, Kontrollverfahren, S. 168. 111 Vgl. Peter Schütterle, EuZW 1997, 33; Bernhard Schloh/Mark Hoenike, EuZW 1997, 398,400 (Fn. 22); der Kommissionsvorschlag ist abgedruckt in ABl. 1998 C116, S. 13; hierzu Adinda Sinnaeve, EuZW 1998, 268ff.; dies., Competition Policy Newsletter 2/1999, S.79ff. 112 VO 659/99, ABl. 1999 L83, S. 1 ff.

C. Beihilfenaufsichtsverfahren

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ter gemacht werden sollte.113 Die starke Rechtsstellung der Kommission, die die Prüfungsverfahren traditionell kennzeichnete,114 wurde dabei beibehalten.

1. Grundlagen der Verfahrensverordnung Im Unterschied zu den anderen Gebieten des Wirtschaftsverwaltungsrechts der Gemeinschaft kam es im Bereich des Beihilfenaufsichtsverfahrens erst spät zu einer Regelung des Verwaltungsverfahrens. 115 Rechtsgrundlage für die Verfahrensverordnung ist Art. 89 (ex-Art. 94) EG. Die Kompetenz des Rates, Regelungen über die Durchführung des Verfahrens auf Grundlage des Art. 89 (ex-Art. 94) EG zu erlassen, war von Anfang an unbestritten. 116 Frühere Vorschläge der Kommission zur Durchführung des Verfahrens bei angemeldeten Beihilfen aus dem Jahre 1966117 und zum Verfahren der Koordinierung regionaler Beihilfen aus dem Jahre 1972118 wurden zwar vom Rat nicht verabschiedet und von der Kommission wieder zurückgezogen, beruhten aber auch auf dieser Rechtsgrundlage. Die Verfahrensverordnung gliedert sich in acht Kapitel und enthält neben Regelungen der Aufsichtsverfahren (Kapitel I I bis V) Begriffsdefinitionen (Kapitel I), Vorschriften über die Beteiligten und ihren Rechten (Kapitel VI) sowie zu den Überwachungsinstrumenten (Kapitel VII). Im Schlußkapitel werden Regelungen zur Wahrung des Berufsgeheimnisses, zur Veröffentlichung der im Verfahren zu treffenden Entscheidungen und den Befugnissen eines neu einzusetzenden Beratenden Ausschusses getroffen (Kapitel VIII). Die Verordnung unterscheidet vier Auf113

Überblick über die Verfahrensverordnung bei Adinda Sinnaeve, EuZW 1999, 270 ff. So Volkmar Götz, in: Dauses, Handbuch, Kap.H.III Rn. 10ff. 115 Vgl. im Gegensatz hierzu die Durchführungsverordnungen für das Kartell-, Fusionskontroll- und Außenhandelsrecht, insbesondere VO17/62/EWG des Rates, Erste Durchführungsverordnung zu den Art. 85 und 86 des Vertrages, ABl. 1962 Nr. 13, S. 204; VO 4064/89/EWG des Rates über die Kontrolle von Unternehmenszusammenschlüssen i. d. berichtigten Fassung, ABl. 1990 L257, S. 13; VO 3283/94/EG des Rates über den Schutz gegen gedumpte Einfuhren, ABl. 1994 L349, S. 1; VO 3284/94/EG des Rates über den Schutz gegen subventionierte Einfuhren, ABl. 1994 L349, S.22. 116 Umstritten war dagegen die Frage, inwieweit auch materiell-rechtliche Regelungen noch zur „Durchführung" zweckdienlich seien; vgl. hierzu Gabriela v. Wallenberg , in: Grabitz/Hilf, Kommentar, Art. 94 EGV Rn. 4. 117 KOM (66) 95 v. 16.3.1966, geändert durch KOM (66) 457 endg. v. 10.11.1966; vgl. hierzu Michel Waelbroeck, in: Mégret/Waelbroeck/Louis/Vignes/Dewost, Kommentar, Art. 94 Ziff. 4; sowie die Antwort der Kommission auf die Anfrage des Abg. Jahn, ABl. 1978 C188, S.27f. 118 KOM (72) 1523 endg. v. 4.12.1972; vgl. hierzu Jochen Thiesing, in: v. d. Groeben/ v. Boeckh/Thiesing/Ehlermann, Kommentar, 3. Auflage, Art. 94 Rn. 9; Albert Bleckmann, RabelsZ 1984,419,447; s. a. die Antworten des Rates und der Kommission auf die Anfragen des Abg .Jahn, ABl. 1978 C138, S.27 und ABl. 1978 C150, S.21. 114

4 Staebe

§ 2 System der Kontrolle staatlicher Beihilfen

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sichtsverfahren. Die in Art. 88 (ex-Art. 93) EG vorgesehene prinzipielle Zweistufigkeit dieser Verfahren wurde von der Verfahrensverordnung übernommen. 119

2. Einzelne Aufsichtsverfahren In der vertraglichen Regelung des Art. 88 (ex-Art. 93) EG sind lediglich zwei Aufsichtsverfahren vorgesehen. Nach dem „repressiven" Verfahren des Abs. 1 überprüft „die Kommission... fortlaufend in Zusammenarbeit mit den Mitgliedstaaten die in diesen bestehenden Beihilferegelungen". Im „präventiven" Verfahren des Abs. 3 sind die Mitgliedstaaten verpflichtet, „die Kommission... von jeder beabsichtigten Einführung oder Umgestaltung von Beihilfen so rechtzeitig [zu unterrichten], daß sie sich dazu äußern kann." Ist die Kommission der Auffassung, daß die Beihilfenregelung oder die neu einzuführende oder umzugestaltende Beihilfe mit dem Gemeinsamen Markt unvereinbar ist, ist in beiden Verfahrensarten das Hauptprüfungsverfahren nach Abs. 2 einzuleiten. Die Verfahrensverordnung folgt gegenüber Art. 88 (ex-Art. 93) EG einem gegenläufigen Aufbau und enthält neben dem „Verfahren bei angemeldeten Beihilfen" (Art. 2 bis 9 VerfO) und dem „Verfahren bei bestehenden Beihilferegelungen" (Art. 17 bis 19 VerfO) nunmehr auch Verfahrensregeln für den Fall, daß ein Mitgliedstaat eine Beihilfe rechtswidrig einführt (Art. 10 bis 15 VerfO) oder mißbräuchlich anwendet (Art. 16 VerfO). Die Neuregelung trägt so dem Umstand Rechnung, daß das Schwergewicht der Beihilfenaufsicht heute nicht mehr auf der Kontrolle bestehender Beihilfen i. S. d. Art. 88 (ex-Art. 93) Abs. 1 liegt, sondern auf der Kontrolle neuer oder umgestalteter Beihilfen i. S. d. Abs. 3. 120

a) Verfahren bei angemeldeten Beihilfen (Art. 2 bis 9 VerfO) Das präventive Verfahren wird nunmehr als „Verfahren bei angemeldeten Beihilfen" bezeichnet und in Art. 2 bis 9 VerfO geregelt. aa) Grundstruktur Zum Einstieg wiederholt die Verordnung die beiden „Grundprinzipien" des Beihilfenrechts. 121 Bevor neue Beihilfen eingeführt oder bestehende Beihilfen umgestaltet werden, teilen die Mitgliedstaaten der Kommission ihr Vorhaben „rechtzeitig", 119 Es handelt sich bei der VerfO jedoch nicht nur um die bloße Kodifizierung des Verfahrens, sondern um echte Neuerungen, wenngleich diese in der Tradition der bisherigen Grundsätze stehen; vgl. Wolfgang Mederer, in: v. d. Groeben/Thiesing/Ehlermann, Kommentar, Art. 93 Rn.5. 120 Wolfgang Mederer, in: v. d. Groeben/Thiesing/Ehlermann, Kommentar, Art. 93 Rn. 6. 121 So Adinda Sinnaeve, EuZW 1999, 270, 271.

C. Beihilfenaufsichtsverfahren

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122

d. h. zeitlich vor Einführung oder Umgestaltung, mit und übermitteln alle sachdienlichen Auskünfte (Art. 2 VerfO). Die Kommission kann darüber hinaus ergänzende Auskünfte einholen (Art. 5). 123 Der beihilfengewährende Mitgliedstaat darf die Beihilfe bis zur Genehmigung durch die Kommission nicht einführen (Art. 3 VerfO). Das Verfahren bezieht sich auf „neue Beihilfen", wobei dieser Begriff in Art. 1 lite VerfO negativ definiert wird. Es handelt sich dabei um alle Beihilfen, also Einzelbeihilfen und Beihilfenregelungen, die keine bestehenden Beihilfen sind, einschließlich etwaiger Änderungen bestehender Beihilfen. Die frühere Streitfrage, 124 ob unabhängig von der Tatbestandsmäßigkeit i. S. d. Art. 87 (ex-Art. 92) Abs. 1 EG „jede" Beihilfe Gegenstand des präventiven Verfahrens sei, ist durch die Definition des Art. 1 lit. a VerfO entschieden: alle dem Unvereinbarkeitsgrundsatz unterliegenden Beihilfen i. S. d. Art. 87 (ex-Art. 92) Abs. 1 EG sind Gegenstand des Prüfungsverfahrens. 125 Entscheidendes Merkmal dieses Verfahrens ist das in Art. 88 (ex-Art. 93) Abs. 3 Satz 3 EG niedergelegte und in Art. 3 VerfO wiederholte „Durchführungsverbot", wonach der anmeldende Mitgliedstaat die Beihilfe bis zum Abschluß der Prüfung nicht einführen darf. Vom Wortlaut her meint der Begriff „einführen" jedenfalls die Auszahlung des Subventionsbetrages an den Begünstigten. Nach nahezu allgemeiner Auffassung wird aber der „Einführungszeitpunkt" vorverlegt: eine Beihilfe gilt bereits dann als eingeführt, wenn der gesetzgeberische Mechanismus des Mitgliedstaates die Gewährung einer Beihilfe gestattet, ohne daß es der tatsächlichen Auszahlung oder der formellen Eröffnung des Prüfungsverfahrens bedürfte. 126 Selbst wenn es nach dem Zweck des Beihilfenrechts auf die Verhinderung der Marktstörung ankommt und die Vorverlegung des „Einführungszeitpunkts" teilweise kritisch beurteilt wird, 127 so ist gegen die Vorverlegung unter Effektivitätsgesichtspunkten jedoch nichts einzuwenden: das „Durchführungsverbot" dient nicht nur der Verhinderung einer Marktstörung, sondern soll insgesamt das Wirksamwerden von mit dem Gemeinsamen Markt unvereinbaren Beihilfen verhindern. Daher muß es seine 122 Vgl. hierzu bereits EuGH, Rs. 6/64, Slg. 1964,1251,1272 - Costa/E. N. E. L.; Rs. 120/73, Slg. 1973, 1471, 1481 - Lorenz; Wolfgang Mederer, in: v. d. Groeben/Thiesing/Ehlermann, Kommentar, Art. 93 Rn. 38. 123 Von diesen Regelungen unberührt bleiben Berichtspflichten, die den Mitgliedstaaten von der Kommission in Rahmenregelungen und Leitlinien oder von den Organen in Form von Richtlinien, etwa der „Transparenzrichtlinie" 80/723/EWG, ABl. 1980 L195, S. 35, zuletzt geändert durch Richtlinie 93/84/EWG, ABl. 1993 L254, S. 16, aufgegeben wurden; vgl hierzu F. Thilo Klingheil, Beihilfeverfahren, S.67ff. 124 Vgl. zu dieser Albrecht A. Randelzhofer, Kontrollverfahren, S.56ff. 125 Wolf gang Mederer, in: v. d. Groeben/Thiesing/Ehlermann, Kommentar, Art. 93 Rn. 10 und 37. Beihilfen aus der Gruppenfreistellung fallen also nicht darunter; vgl bereits Martin Reufels, Subventionskontrolle, S. 52. 126 So schon EuGH, Rs. 120/73, Slg. 1973,1471,1481-Lorenz; Schreiben der Kommission an die Mitgliedstaaten, SG(89) D/5521 v. 27.4.1989; vgl. Alan Dashwood, CMLRev. 1975,43, 46; Albrecht A. Randelzhofer, Kontrollverfahren, S.47. 127 Martin Reufels, Subventionskontrolle, S.55.

4*

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§ 2 System der Kontrolle staatlicher Beihilfen

Wirkung bereits vor der tatsächlichen Auszahlung und auch vor Beginn des Prüfungsverfahrens entfalten. 128

bb) Vorläufige

Prüfung

Die angemeldeten Maßnahmen der Mitgliedstaaten werden zunächst im Sinne einer „Grobprüfung" vorläufig geprüft. 129 Die Prüfung bezieht sich bei einer Beihilfenregelung auf deren Vereinbarkeit mit Art. 87 (ex-Art. 92) Abs. 1 EG. Bei einer Einzelbeihilfe, die Gegenstand einer Beihilfenregelung ist, bezieht sie sich auf die Vereinbarkeit mit dieser Regelung. Alle anderen Einzelbeihilfen werden direkt am Maßstab des Art. 87 (ex-Art. 92) Abs. 1 EG geprüft. 130 Das Verfahren wird nach Konsultationen zwischen Kommission und Mitgliedstaat (Art. 2 VerfO) entweder mit einer Entscheidung abgeschlossen, daß es sich bei der angemeldeten Maßnahme nicht um eine Beihilfe handelt (Art. 4 Abs. 2 VerfO), oder die Kommission entscheidet trotz Vorliegen der Tatbestandsmerkmale des Art. 87 (ex-Art. 92) Abs. 1 EG, daß die Beihilfe mit dem Gemeinsamen Markt vereinbar ist und sie keine Einwände erheben will (Art. 4 Abs. 3 VerfO). Bei Zweifeln an der Vereinbarkeit mit dem Gemeinsamen Markt eröffnet sie das förmliche Prüfverfahren (Art. 4 Abs. 4 VerfO). 131 Für die insoweit zu treffende Ermessensentscheidung kommt es nicht auf den Umfang der Beihilfe an, sondern darauf, ob die Schwierigkeiten bei der Beurteilung der Beihilfe die Einleitung des förmlichen Prüfverfahrens erfordern. 132 Diese Entscheidungen müssen - entsprechend der in der Rechtsprechung entwikkelten Frist 133 - innerhalb von zwei Monaten erlassen werden, wenn die Frist nicht von der Kommission im Einvernehmen mit dem Mitgliedstaat verlängert oder ver128 Gabriela v. Wallenberg , in: Grabitz/Hilf, Kommentar, Art. 93 EGV Rn.60; Frank Rawlinson, in: Lenz, Kommentar, Art. 88 Rn. 19; Christopher Bellamy IGraham Child , Common Market Law of Competition, para 14-021; Wolfram Cremer, in: Calliess/Ruffert, Kommentar, Art. 88 Rn. 10. 129 Dieser dem früher zu Art. 93 Abs. 3 entwickelten Begriff des „Vorprüfungsverfahrens" angelehnte Begriff ist nicht treffend, weil die Prüfung auch in diesem „vorläufigen" Verfahren endgültig abgeschlossen werden kann, vgl. Art. 4 Abs. 2 und Abs. 3 VerfO; Wolf gang Mederer, in: v. d. Groeben/Thiesing/Ehlermann, Kommentar, Art. 93 Rn. 4, schlägt daher den Begriff „konsensuales Verfahren" vor. 130 Wolf gang Mederer, in: v. d. Groeben/Thiesing/Ehlermann, Kommentar, Art. 93 Rn. 39. 131 Vgl. zu den Entscheidungsalternativen Adinda Sinnaeve, EuZW 1999,270, 271. 132 Vgl. EuGH, Rs.C-198/91, Slg. 1993,2487,2529-Cook; Rs.C-225/91, Slg. 1993,3203, 3256-Matra. 133 Vgl. die „Lorenz-Frist" nach EuGH, Rs. 120/73, Slg. 1973, 1471, 1482-Lorenz; vgl. Adinda Sinnaeve, EuZW 1999, 270, 272; Marco Nunez Müllerl Hans-Georg Kamann, EWS 1999,332,337; nach der Rechtsprechung vor Erlaß der VerfO war die Zweimonatsfrist bei bestimmten Beihilfen, z.B. im Rahmen von Beihilfenregelungen, auf 20 bis 30 Tage verkürzt; vgl. Martin Reufels, Subventionskontrolle, S. 54. Diese Kommissionspraxis dürfte mit der ausdrücklichen Regelung des Art. 4 Abs. 5 VerfO obsolet geworden sein.

C. Beihilfenaufsichtsverfahren

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kürzt wurde (Art. 4 Abs. 5 VerfO). 134 Andernfalls gilt die Beihilfe als von der Kommission genehmigt. In diesem Fall darf der Mitgliedstaat die Beihilfe nach einer „Auffangfrist" von weiteren 15 Tagen und nach Benachrichtigung der Kommission einführen (Art. 4 Abs. 6 VerfO). 135 cc) Förmliche Prüfung Das förmliche Prüfverfahren wird dadurch eröffnet, daß die Kommission den Beteiligten eine Frist von normalerweise höchstens einem Monat zur Äußerung über die betreffende Beihilfe setzt (Art. 6 Abs. 1 VerfO). Das Verfahren wird nach Prüfung durch die Kommission durch eine Entscheidung abgeschlossen (Art. 7 Abs. 1 VerfO). Diese Entscheidung kann feststellen, daß die Maßnahme keine Beihilfe darstellt (Art. 7 Abs. 2 VerfO), mit dem Gemeinsamen Markt vereinbar (Art. 7 Abs. 3 VerfO), lediglich unter Bedingungen und Auflagen vereinbar (Art. 7 Abs. 4 VerfO) oder aber unvereinbar ist (Art. 7 Abs. 5 VerfO). 136 Schon nach der früheren Rechtsprechung war das förmliche Prüfverfahren innerhalb einer „angemessenen Frist" abzuschließen.137 Die Verfahrensverordnung hält nunmehr eine nicht bindende Frist 138 von 18 Monaten für „angemessen", die aber von der Kommission und dem beihilfengewährenden Mitgliedstaat im Einvernehmen verlängert werden kann (Art. 7 Abs. 6 VerfO). Nach Ablauf der Frist ist die Kommission verpflichtet, auf Wunsch des beihilfengewährenden Mitgliedstaats innerhalb von zwei weiteren Monaten eine Entscheidung nach Aktenlage zu erlassen (Art. 7 Abs. 7 VerfO). Der EuGH hatte der Kommission bislang keine bestimmte Zeitspanne aufgegeben, um ein Hauptprüfungsverfahren abzuschließen. Lediglich in einem Fall, in dem die Kommission nach 26 Monaten noch keine abschließende Entscheidung getroffen hatte, ging der EuGH von einem schutzwürdigen Vertrauen in die Rechtmäßigkeit der Beihilfe aus.139 Insofern dürfte durch die Festschreibung einer Frist eine effektive Verfahrensbeschleunigung erreicht werden. 140

134

Auch diese Möglichkeiten entsprechen dem früheren Rechtszustand; vgl. Gabriela v. Wallenberg , in: Grabitz/Hilf, Kommentar, Art. 93 EGV Rn. 58. 135 Insoweit geht die VerfO über die „Lorenz-Rechtsprechung" hinaus; vgl. Wolfgang Mederer, in: v. d. Groeben/Thiesing/Ehlermann, Art. 93 Rn. 11. 136 Vgl. zu den Entscheidungsalternativen Admdät Sinnaeve, EuZW 1999, 270, 271. 137 Vgl. EuGH, Rs. 59/79, Slg. 1979, 2425, 2428 - Producteurs de Vin. 138 Wolf gang Mederer, in: v. d. Groeben/Thiesing/Ehlermann, Art. 93 Rn. 14, spricht von einer - noch dazu relativ großzügig bemessenen - „Bemühenszusage". 139 EuGH, Rs. 223/85, Slg. 1987,4617, 4659-RSV. 140 Wolf gang Mederer, in: v. d. Groeben/Thiesing/Ehlermann, Kommentar, Art. 93 Rn. 14; entgegengesetzte Vermutungen äußert Adinda Sinnaeve, EuZW 1999, 270, 272.

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§ 2 System der Kontrolle staatlicher Beihilfen

b) Verfahren bei rechtswidrigen Beihilfen (Art. 10 bis 15 VerfO) Während das „Verfahren bei angemeldeten Beihilfen" (Art. 2 bis 9 VerfO) auf der vertraglichen Vorgabe des Art. 88 (ex-Art. 93) Abs. 3 EG beruht und die Neuregelung weitgehend die von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze kodifiziert, handelt es sich bei dem sog. „Verfahren bei rechtswidrigen Beihilfen" um die Neuregelung eines bisher ausschließlich in der Rechtsprechung entwickelten Verfahrens. aa) Grundstruktur Das Verfahren dient der Sicherung des Durchführungsverbots des Art. 88 (exArt. 93) Abs. 3 Satz 3 EG bzw. Art. 3 VerfO und beruht auf den Grundsätzen, die der EuGH in der sog. ßow^ac-Rechtsprechung entwickelt hat. 141 Hier ging es um die Möglichkeiten, die der Kommission zur Verfügung stehen, wenn ein Mitgliedstaat eine Beihilfe einführte, ohne seiner Anmeldepflicht nach Art. 88 (ex-Art. 93) Abs. 3 Satz 1 EG zu genügen. Die Kommission konnte in solchen Fällen von dem Mitgliedstaat nach Anhörung die Einstellung der Beihilfenzahlung und die Herausgabe der für die Beurteilung der Beihilfe notwendigen Informationen verlangen. Stellte der Mitgliedstaat die Zahlung nicht ein, konnte die Kommission den Gerichtshof anrufen. In der das Untersagungsverfahren abschließenden Entscheidung konnte auch die Rückforderung der Beihilfe angeordnet werden. 142 bb) Verfahrensablauf Der Verfahrensablauf orientiert sich am „Verfahren bei angemeldeten Beihilfen", auf dessen Vorschriften verwiesen wird. Statt einer Anmeldung nach Art. 4 Abs. 1 VerfO kommt das Verfahren aber dadurch in Gang, daß die Kommission „Informationen gleich welcher Herkunft" erhält. Zunächst findet eine „vorläufige Prüfung" statt, die mit der Entscheidung abgeschlossen wird, daß keine Beihilfe vorliegt, daß keine Einwände erhoben werden oder daß das förmliche Verfahren eröffnet wird (Art. 13 i. V. m. Art. 4 Abs. 2, 3 und 4 VerfO). Die „förmliche Prüfung" wird ebenfalls durch eine entsprechende Entscheidung abgeschlossen (Art. 13 i. V. m. Art. 7 VerfO). Unabhängig davon, in welchem Stadium sich das Verfahren befindet, sind der Kommission weitere Entscheidungsbefugnisse zur Sicherung des Durchführungsverbots eingeräumt. Insbesondere kann sie gegenüber dem beihilfengewährenden Mitgliedstaat eine Anordnung zur Erteilung weiterer Auskünfte erlassen (Art. 10 141 Vgl. EuGH, Rs. C-301/87, Slg. 1990,1-307 ff. - Boussac; s. zu dieser Rechtsprechung etwa Albrecht A. Randelzhofer, Kontrollverfahren, S.77f. 142 Vgl. EuGH, Rs. C-301/87, Slg. 1990,1-307, 354ff. - Boussac.

C. Beihilfenaufsichtsverfahren

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Abs. 3 VerfO) oder die Aussetzung der Beihilfe anordnen (Art. 11 Abs. 1 VerfO). 143 Insofern regelt die Verfahrensordnung die Grundsätze der Boussac-Rechlsprechung.144 Über diese hinaus ist nunmehr während des laufenden Verfahrens auch eine einstweilige Rückforderungsanordnung zulässig (Art. 11 Abs. 2 VerfO). Im Falle der materiellen Unvereinbarkeit der Beihilfe ist die Kommission nach Abschluß des Verfahrens jetzt verpflichtet, eine endgültige Rückforderungsentscheidung zu treffen (Art. 14 VerfO). 145 Die Dauer der vorläufigen oder förmlichen Prüfung rechtswidriger Beihilfen ist ausdrücklich nicht geregelt (Art. 13 Abs. 2 VerfO). Insbesondere gilt für die vorläufige Prüfung nicht die Lorenz-Frist von zwei Monaten (Art. 4 Abs. 5 VerfO) noch für die förmliche Prüfung die Frist von 18 Monaten (Art. 7 Abs. 6 VerfO). Diese betreffen nur das Verfahren bei angemeldeten Beihilfen. Gleichwohl darf auch die Dauer des „Verfahrens bei rechtswidrigen Beihilfen" nicht unangemessen lang sein. Die Angemessenheit der Frist dürfte anhand der Umstände des Einzelfalles zu beurteilen sein. Eine überlange Verfahrensdauer wäre nur durch außergewöhnliche Umstände zu rechtfertigen. 146 Teilweise ist vorgeschlagen worden, die für das Verfahren bei angemeldeten Beihilfen geltenden Fristen von insgesamt 20 Monaten als Richtschnur anzusehen.147 Hiergegen spricht in praktischer Hinsicht schon, daß dann mit zwei Monaten für die vorläufige und 18 Monaten für die förmliche Prüfung zu wenig Zeit für die besondere Problematik der Vorprüfung bei rechtswidrigen Beihilfen vorgesehen wäre. Außerdem würde durch die Angleichung der Fristen für die Mitgliedstaaten ein Anreiz geschaffen werden, die Anmeldung zu unterlassen.148 Schließlich sind diese Fristen nach dem eindeutigen Wortlaut des Art. 7 Abs. 6 VerfO im Verfahren bei rechtswidrigen Beihilfen gerade nicht anwendbar. Welche Verfahrensdauer angemessen oder unangemessen ist, bleibt daher von den Umständen des Einzelfalls abhängig. c) Verfahren bei mißbräuchlicher Anwendung (Art. 16 VerfO) Neben dem Verfahren bei rechtswidrigen Beihilfen wird in der Verfahrensordnung auch das Verfahren bei mißbräuchlicher Anwendung von Beihilfen neu gere143

Vgl. zu den Entscheidungsaltemativen Adinda Sinnaeve, EuZW 1999, 270, 271. EuGH, Rs. 301/87, Slg. 1990,1-307, 356-Boussac. 145 Unter Hinweis auf EuGH, Rs. C-354/90, Slg. 1990,1-5505 ff. - FNCE, wurde bereits vertreten, die unter Mißachtung des Durchführungsverbots ausgezahlten rechtswidrigen Beihilfen als Darlehen anzusehen und für die Zeit zwischen Aus- und Rückzahlung Zinsen zu verlangen; vgl. Leigh Hancher/Tom OttervangerIPiet J. Slot, EC State Aids, S. 231 f.; Luc Gyselen, CahDrEur 1993, 417, 422; Martin Reufels, Subventionskontrolle, S. 109 und 132; Rechtsgrundlage für die Zinsforderung ist nunmehr Art. 14 Abs. 2 VerfO. 146 Vgl. EuG, Rs. 95/96, Slg. 1998, 11-3407 ff. - Gestevision; Rs. T-213/95, T-18/96, Slg. 1997,11-1739 - SCK und SNK. 147 Marco Nünez Müllerl Hans-Georg Kamann, EWS 1999, 332, 337. 148 Adinda Sinnaeve, EuZW 1999,270, 272. 144

§ 2 System der Kontrolle staatlicher Beihilfen

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gelt (Art. 16 VerfO). Hier wird jedoch weitgehend auf die Vorschriften über das „Verfahren bei rechtswidrigen Beihilfen" verwiesen. Eine „mißbräuchliche Anwendung" von Beihilfen liegt vor, wenn der Empfänger Beihilfen unter Verstoß gegen eine die Genehmigung versagende Entscheidung verwendet. Primärrechtlich existierte in diesem Zusammenhang bisher lediglich die Regelung des Art. 88 (ex-Art. 93) Abs. 2 Unterabs. 2 EG, wonach die Kommission oder jeder betroffene Mitgliedstaat den Gerichtshof unmittelbar anrufen kann, wenn der beihilfengewährende Mitgliedstaat einer Entscheidung der Kommission im Hauptprüfverfahren nicht nachkommt. Diese Möglichkeit bleibt zwar auch nach Erlaß der Verfahrensordnung bestehen,149 wird aber durch das „Verfahren bei mißbräuchlicher Anwendung" ergänzt. Art. 16 VerfO unterscheidet nicht zwischen einer vorläufigen und einer förmlichen Prüfung, verweist jedoch für den Fall einer mißbräuchlichen Anwendung von Beihilfen insbesondere auf Art. 4 Abs. 4 VerfO. Nach dieser Vorschrift kann die Kommission „nach einer vorläufigen Prüfung" in die förmliche Prüfung eintreten. Mit diesem Verweis ist daher auch für das „Verfahren bei mißbräuchlicher Anwendung" die Zweistufigkeit festgeschrieben.

aa) Verfahrensablauf Nach der vorläufigen Prüfung trifft die Kommission eine Ermessensentscheidung über die Eröffnung der förmlichen Prüfung (Art. 16 i. V. m. Art. 4 Abs. 4 VerfO), die ihrerseits wiederum durch eine entsprechende Entscheidung abgeschlossen wird (Art. 16 i. V. m. Art. 7 VerfO). Unabhängig vom Verfahrensstadium darf die Kommission wiederum die Aussetzung der Beihilfe anordnen (Art. 16 i. V. m. 11 Abs. 1 VerfO). Das Durchführungsverbot ist auf mißbräuchlich angewendete Beihilfen unanwendbar, weil Art. 16 VerfO keinen Verweis auf Art. 3 VerfO enthält und diese Vorschrift ihrem Wortlaut nach nur anmeldungspflichtige Beihilfen betrifft, über die noch keine beihilfenaufsichtsrechtliche Entscheidung getroffen wurde. Bei mißbräuchlich angewendeten Beihilfen liegt dagegen eine solche Entscheidung vor, aus der sich selbst ergibt, daß der Mitgliedstaat die fragliche Maßnahme nicht durchführen darf. Aus demselben Grund ist im Verfahren bei mißbräuchlicher Anwendung auch keine Kompetenz der Kommission vorgesehen, zunächst die vorläufige Rückforderung anzuordnen. Vielmehr kann hier die endgültige Anordnung zur Rückforderung getroffen werden (Art. 16 i. V.m. 14 VerfO). Über die Dauer dieses Verfahrens wird ebenfalls keine Regelung getroffen (Art. 16 i. V. m. 13 Abs. 2 VerfO). Ob auch hier eine überlange Verfahrensdauer nur bei außergewöhnlichen Umständen gerechtfertigt wäre, erscheint zweifelhaft, weil die Kommission das Verfahren jederzeit wieder einleiten dürfte. 149

Wolf gang Mederer, in: v. d. Groeben/Thiesing/Ehlermann, Kommentar, Art. 93 Rn. 21.

C. Beihilfenaufsichtsverfahren

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bb) Verhältnis zu Art. 88 (ex-Art. 93) Abs. 2 Unterabs. 2 EG Nach Art. 88 (ex-Art. 93) Abs. 2 Unterabs. 2 EG kann die Kommission gegen einen beihilfengewährenden Mitgliedstaat, der eine an ihn gerichtete Entscheidung nicht beachtet, unmittelbar Klage zum EuGH erheben. Diese Möglichkeit der unmittelbaren Anrufung des EuGH wirft zwei Fragen auf. Einerseits stellt sich die schon vor Erlaß der Verfahrensverordnung erörterte Frage des Verhältnisses dieser Vorschrift zum Vertragsverletzungsverfahren nach Art. 226 (ex-Art. 169) EG. Zum anderen ist das Verhältnis zu dem nunmehr in Art. 16 VerfO geregelten „Verfahren bei mißbräuchlicher Anwendung" zu klären. In der Rechtsprechung fanden sich zunächst Andeutungen, wonach das Vertragsverletzungsverfahren parallel zu dem Verfahren nach Art. 88 (ex-Art. 93) Abs. 2 Unterabs. 2 EG betrieben werden konnte.150 Um Überschneidungen zwischen dem für das Vertragsverletzungsverfahren erforderlichen Vorverfahren und dem Verfahren bei mißbräuchlicher Anwendung zu vermeiden, ist mit der schon früher überwiegenden Literatur 151 davon auszugehen, daß es sich hier um ein eigenes „Vertragsverletzungsverfahren in Beihilfensachen" handelt, das zwar an das allgemeine Vertragsverletzungsverfahren nach Art. 226 (ex-Art. 169) EG angelehnt ist, jedoch wegen des Verfahrensablaufs im Beihilfenrecht besonderen Zulässigkeitsvoraussetzungen unterliegt und insbesondere ohne das übliche Vorverfahren auskommt. Der Erlaß der Verfahrensverordnung dürfte diese Interpretation bestätigen, da hier nunmehr in Art. 16 VerfO ein besonderes Vorverfahren geregelt wird, das vor Klageerhebung durchlaufen werden muß. 152

d) Verfahren bei bestehenden Beihilfenregelungen (Art. 17 bis 19 VerfO) Das in der Verfahrensordnung zuletzt geregelte Verfahren bildet in Art. 88 (exArt. 93) Abs. 1 und 2 EG den „Grundfall" der Beihilfenaufsicht. Es dient der fortlaufenden Kontrolle bestehender Beihilfenregelungen. Mit diesem Verfahren soll dem Umstand Rechnung getragen werden, daß die wirtschaftlichen und sozialen Gegebenheiten, die zur Genehmigung einer Beihilfenregelung geführt haben, Änderungen unterliegen können, die zu einer anderen Beurteilung dieser Regelungen mit dem Gemeinsamen Markt führen können.153 150 Vgl. etwa EuGH, Rs.70/72, Slg. 1973,813,834 - Kommission/Deutschland; Rs.C-5/89, Slg. 1990,1-3437, 3454 - BUG-Alutechnik. 151 Vgl. Gabriela v. Wallenberg , in: Grabitz/Hilf, Kommentar, Art. 93 EGV Rn. 31 ; Wolf gang Mederer, in: v. d. Groeben/Thiesing/Ehlermann, Kommentar, Art. 93 Rn. 68; Erik Staebe/Olaf Wittern, Jura 1998, 91, 94. 152 Offen gelassen wird diese Frage allerdings von Wolf gang Mederer, in: v. d. Groeben/Thiesing/Ehlermann, Kommentar, Art. 93 Rn.21. 153 Ygi Wolfgang Mederer, in: v. d. Groeben/Thiesing/Ehlermann, Kommentar, Art. 93 Rn. 30.

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§ 2 System der Kontrolle staatlicher Beihilfen

aa) Grundstruktur Das Verfahren bezieht sich auf die „bestehenden Beihilferegelungen", d. h. nach Art. 1 lit. b VerfO zunächst um diejenigen, die bei Inkrafttreten des Vertrages am 1. Januar 1958 in den ursprünglichen sechs Mitgliedstaaten bzw. am Tage des jeweiligen Beitritts in den später beigetretenen Mitgliedstaaten bestanden haben („Altbeihilfen", vgl. Art. 1 lit b Ziff. i VerfO). Weiterhin gelten als bestehende Beihilfen solche, die nach Inkrafttreten des Vertrages mit Genehmigung eingeführt oder umgestaltet wurden oder trotz fehlender Genehmigung als genehmigt gelten (vgl. Art. 1 lit b Ziff. ii-iv VerfO). Schließlich werden auch solche Maßnahmen, die zum Zeitpunkt ihrer Einführung keine Beihilfen waren, aber aufgrund der Entwicklung des Gemeinsamen Marktes und ohne Zutun des betreffenden Mitgliedstaates zu Beihilfen wurden, als bestehende Beihilfen angesehen. Hierzu gehören indes nicht solche Maßnahmen, die infolge einer Änderung gemeinschaftlicher Rechtsvorschriften als Beihilfen anzusehen sind (Art. 1 lit. b Ziff. ν VerfO). 154 Während das repressive Aufsichtsverfahren nach Art. 88 (ex-Art. 93) Abs. 1 EG neben der laufenden Überprüfung bestehender Beihilfenregelungen auch die laufende Prüfung von Einzelbeihilfen vorsieht, 155 regeln die in Ausgestaltung des Vertrages erlassenen Art. 17 bis 19 VerfO nur noch das Verfahren bei bestehenden Beihilfenregelungen. Dies entspricht zwar der Kommissionspraxis, die im Rahmen des repressiven Verfahrens auch bislang keine Einzelbeihilfen überprüft hat. 156 Die sekundärrechtliche Durchführungsverordnung kann jedoch den Gegenstand eines primärrechtlich vorgesehenen Aufsichtsverfahrens nicht grundsätzlich beschränken.157 Auch Einzelbeihilfen unterliegen daher weiterhin der fortlaufenden Kontrolle nach Art. 88 (ex-Art. 93) Abs. 1 EG. 158 Weil der Verordnungsgeber mit Erlaß der Verfahrensordnung eine abschließende Regelung treffen wollte, ist anzunehmen, daß die Vorschriften der Art. 17 bis 19 VerfO für Aufsicht über bestehende Einzelbeihilfen entsprechend gelten. bb) Verfahrensablauf Die fortlaufende Überprüfung der bestehenden Beihilfen erfolgt nach pflichtgemäßem Ermessen der Kommission in wiederkehrenden Abständen. Die Häufigkeit hängt von den Umständen des Einzelfalles ab. 159 Das Verfahren beginnt mit einer Mitteilung an den Mitgliedstaat, dem zugleich Gelegenheit zur Stellungnahme ge154 Vgl. Wolfgang Mederer, in: v. d. Groeben/Thiesing/Ehlermann, Kommentar, Art. 93 Rn. 28. 155 Vgl. Volkmar Götz, in: Dauses, Handbuch, Kap. Η III Rn. 83. 156 Adinda Sinnaeve, EuZW 1999, 270, 273. 157 Gabriela v. Wallenberg , in: Grabitz/Hilf, Kommentar, Art. 94 EGV Rn.4. 158 Wolfgang Mederer, in: v. d. Groeben/Thiesing/Ehlermann, Kommentar, Art. 93 Rn. 29. 159 Gabriela v. Wallenberg , in: Grabitz/Hilf, Kommentar, Art. 93 EGV Rn. 6.

C. Beihilfenaufsichtsverfahren

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geben wird (Art. 17 Abs. 2 VerfO). Daraufhin kann die Kommission „zweckdienliche Maßnahmen" vorschlagen (Art. 18 VerfO), d. h. Empfehlungen i. S. d. Art. 249 (ex-Art. 189) Abs. 5 EG erlassen.160 Ist die Kommission der Auffassung, daß die bestehende Beihilfe weiterhin mit dem Gemeinsamen Markt vereinbar ist, ist es zweckdienlich, das laufende Prüfungsverfahren einzustellen. Gelangt die Kommission zu der Auffassung, daß eine Vereinbarkeit nicht vorliegt, so schlägt sie dem Mitgliedstaat andere zweckdienliche Maßnahmen vor, etwa ihre inhaltliche Änderung oder die Einführung neuer Verfahrensvorschriften. Beihilfen, die nicht mehr „verbesserungsfähig" sind, können abgeschafft werden (Art. 18 VerfO). Stimmt der betreffende Mitgliedstaat diesem Vorschlag zu, setzt er die Kommission hiervon in Kenntnis und ist nunmehr verpflichtet, die Empfehlung zweckdienlicher Maßnahmen zu befolgen (Art. 19 Abs. 1 VerfO). Stimmt der Mitgliedstaat dem Vorschlag nicht zu, muß die Kommission durch eine Entscheidung das förmliche Prüfverfahren einleiten (Art. 19 Abs. 2 i. V. m. 4 Abs. 4 VerfO), das wiederum durch eine Entscheidung über Vereinbarkeit oder Unvereinbarkeit der Beihilfe abgeschlossen wird (Art. 19 Abs. 2 i. V. m. 7 Abs. 2 bis 5 VerfO). Für dieses Verfahren gilt wiederum die Frist von „18 plus zwei" Monaten (vgl. Art. 7 Abs. 6 und 7 VerfO).

3. Verfahrensbeteiligte In Art. 88 (ex-Art. 93) EG ist nicht geregelt, wer am Verfahren der Beihilfenaufsicht beteiligt ist. In Abs. 1 heißt es lediglich, daß die Prüfung „in Zusammenarbeit mit den Mitgliedstaaten" erfolgt. Nach Abs. 2 sollen „die Beteiligten" Gelegenheit zu einer Äußerung erhalten. Eine Unterscheidung zwischen beihilfengewährenden und anderen Mitgliedstaaten und deren regionalen Gebietskörperschaften ist ebensowenig vorgesehen wie die Beteiligung der Beihilfenempfänger, deren Konkurrenten oder sonstiger Dritter. Auch vor Erlaß der Verfahrensordnung bestand Einvernehmen darüber, daß trotz dieser Formulierung der Vorschrift eine Beteiligung anderer als der originär verfahrensbeteiligten Mitgliedstaaten durchaus zulässig war. 161 Die Kommission hat hierzu allerdings traditionell die Auffassung vertreten, daß das Verfahren als bilaterales Verfahren zwischen der Gemeinschaft und dem beihilfengewährenden Mitgliedstaat ausgestaltet ist. 162 Die Regelung des Art. 25 VerfO, wonach die Entscheidungen in den verschiedenen Verfahren an die Mitgliedstaaten gerichtet sind, bestätigt zwar diesen Grundsatz, enthält jedoch hinsichtlich der Verfahrensbeteiligten eine Begriffsdefinition in Art. 1 lit. h VerfO. Ihre Rechte werden dort allerdings nicht ausdrücklich geregelt.

160

Vgl. nur Wolf gang Mederer, in: v. d. Groeben/Thiesing/Ehlermann, Kommentar, Art. 93 Rn. 34. 161 Vgl. nur Wolfgang Mederer, in: v. d. Groeben/Thiesing/Ehlermann, Kommentar, Art. 93 Rn. 1 f.; F. Thilo Klingbeil, Beihilfeverfahren, S. 66. 162 Vgl. Antwort auf die Anfrage des Abg. Vredding, ABl. 1970 C22, S.7.

§ 2 System der Kontrolle staatlicher Beihilfen

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a) Kreis der Verfahrensbeteiligten In Art. 1 lit. h VerfO sind als Beteiligte neben den Mitgliedstaaten auch Personen, Unternehmen oder Unternehmensvereinigungen, deren Interessen aufgrund der Gewährung einer Beihilfe beeinträchtigt sein können, wie etwa der Beihilfenempfänger, Wettbewerber und Berufsverbände ausdrücklich genannt. Der Verordnungsgeber hat damit den Kreis der Beteiligten gegenüber den früher in der Rechtsprechung 163 , von der Kommission164 und der Literatur 165 entwickelten Grundsätzen unverändert gelassen.166 Direkt am Verfahren beteiligt sind daher zunächst die Gemeinschaft und der beihilfengewährende Mitgliedstaat. An diesen richten sich die Aufsichtsmaßnahmen der Gemeinschaftsorgane. Die durch die erstinstanzliche Entscheidung des EuG im Urteil Sytraval aufgeworfene Frage, ob der Kreis der direkt Verfahrensbeteiligten nicht auf andere Betroffene auszuweiten sei, weil diese ebenfalls Adressaten der gemeinschaftlichen Maßnahmen seien,167 ist zwar nicht durch die Regelung des Art. 1 lit. h VerfO, wohl aber durch Art. 25 VerfO beantwortet und entspricht auch der Klarstellung des EuGH im Berufungsverfahren Sytraval, daß sich Maßnahmen der Gemeinschaft im Beihilfenaufsichtsverfahren nur an die Mitgliedstaaten richten.168 Neben dem beihilfengewährenden Mitgliedstaat sind daher andere Mitgliedstaaten, der Beihilfenempfänger, dessen Konkurrenten, Unternehmensverbände, Arbeitnehmer, Gewerkschaften, Steuerzahler und deren Verbände als indirekt Verfahrensbeteiligte anzusehen.169 b) Rechte der Verfahrensbeteiligten Mit der Zugehörigkeit zum Kreis der Verfahrensbeteiligten ist noch keine Aussage über die mit der Beteiligteneigenschaft verbundenen Rechte getroffen. Eine Re163

Vgl. grundlegend EuGH, Rs. 323/82, Slg. 1984, 3809, 3826f. - Intermills; zuletzt Rs. C-367/95 P, Slg. 1998,1-1719 ff. - Sytraval. 164 Vgl. Antwort auf die Anfrage des Abg. Vredding, ABl. 1970 C22, S.7. 165 Ygi Fritz-Harald Wenig, in: v. d. Groeben/Thiesing/Ehlermann, Kommentar, 4. Auflage, Art. 93 Rn. 14; Albrecht A. Randelzhofer, Kontrollverfahren, S.70f. 166 So auch Wolfgang Mederer, in: v. d. Groeben/Thiesing/Ehlermann, Kommentar, Art. 93 Rn. 23. 167 Vgl. EuG, Rs. T-95/94, Slg. 1995,11-2651 ff. - Sytraval. 168 EuGH, Rs. C-367/95 P, Slg. 1998,1-1719ff. - Sytraval.; das EuG hat insoweit die Auffassung des EuGH übernommen; vgl. EuG, Rs. T-95/96, Slg. 1999,11-3407 ff. - Gestevision; hierzu Marco NMez Müller!Hans-Georg Kamann, EWS 1999,332,333 f.; Andres Martin-Ehlers, EWS 1998, 245, 246. 169 Albrecht A. Randelzhofer, Kontrollverfahren, S.70f.; str. ist allerdings die Beteiligteneigenschaft für Gebietskörperschaften in den Mitgliedstaaten; dafür Albrecht A. Randelzhofer, Kontrollverfahren, S. 70; dagegen Wolf gang Mederer, in: v. d. Groeben/Thiesing/Ehlermann, Kommentar, Art. 93 Rn. 2.

C. Beihilfenaufsichtsverfahren

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gelung hierzu findet sich in Art. 20 VerfO. Im Einklang mit der früheren Rechtsprechung differenziert diese Vorschrift nach den Verfahrensstadien. aa) Vorläufige

Prüfung

Solange das Verfahren der förmlichen Prüfung noch nicht eröffnet ist, ist die Kommission auch nach Erlaß der Verfahrensverordnung nicht verpflichtet, anderen Beteiligten als dem beihilfengewährenden Mitgliedstaat Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben. Insofern kodifiziert die Verfahrensverordnung den vorherigen Rechtszustand.170 Aus rechtspolitischer Perspektive war die schwache Stellung der sonstigen Beteiligten immer wieder kritisiert worden. Eine Beteiligung sei nicht nur verwaltungstechnisch möglich, sondern aufgrund einer allgemeinen „Sorgfaltspflicht" auch geboten.171 Allerdings sieht Art. 20 Abs. 2 VerfO die Möglichkeit vor, der Kommission Mitteilungen über mutmaßlich rechtswidrige Beihilfen oder eine mutmaßlich mißbräuchliche Anwendung von Beihilfen zu machen („Subventionsbeschwerde"). So werden die Rechte der übrigen Beteiligten durch die Verfahrensordnung zumindest formal gestärkt. 172 Die Kommission ist verpflichtet, ihnen eine Mitteilung zukommen zu lassen, wenn sie kein Prüfverfahren einleiten will. Andernfalls muß sie ihnen Kopien der in einem Verfahren getroffenen Entscheidung übermitteln. Zwar hatte das EuG in seinem Sytraval-Urteil 173 auch einen Anspruch der sonstigen Beteiligten auf rechtliches Gehör im Vorprüfungsverfahren anerkannt. 174 Nachdem die Kommission ein Verfahren bezüglich nicht notifizierter Beihilfen eingestellt hatte, ohne den Kläger angehört zu haben, hatte das EuG diese Entscheidung für nichtig erklärt, weil die Anhörung unterblieben war. Die Kommission hätte die ihr bei Erlaß der Entscheidung obliegende Prüfungs- und Begründungspflicht verletzt. Dies wäre nur unbeachtlich gewesen, wenn vor Erlaß der Einstellungsentscheidung von Amts wegen alle Einwände geprüft worden wären, die die Beteiligten im Vorprüfungsverfahren hätten erheben können. Der EuGH setzte die „Wunderwaffe Sytraval" in seinem Berufungsurteil 175 jedoch außer Kraft, weil die Ver170 Zur Konsultationspflicht zwischen Kommission und Mitgliedstaat vgl. EuGH, Rs. 91, 127/83, Slg. 1984, 3435, 3453 - Heineken; zu den fehlenden Beteiligungsrechten Dritter Rs. 84/82, Slg. 1984,1451,1488 f. - Deutschland/Kommission; vgl. F. Thilo Klingbeil, Beihilfenkontrolle, S. 97; Marco Nunez Müllerl Hans-Georg Kamann, EWS 1999, 332, 333. 171 Martin Reufels, Subventionskontrolle, S.49f.; krit. Peter Schütterle, EuZW 1994, 265. 172 Wolf gang Mederer, in: v. d. Groeben/Thiesing/Ehlermann, Kommentar, Art. 93 Rn. 23; Hans-Jürgen Schroth, FAZ v. 23.7.1999, S.21, der die „Subventionsbeschwerde" als „neuartigen Rechtsbehelf' mit „weitreichenden Rechtsfolgen" charakterisiert; a. A. Carsten Nowak, DVB1. 2000, 20, 21. 173 EuG, Rs. T-95/94, Slg. 1995,11-2651 ff. - Sytraval; hierzu Gerrit Schohe/Mark Hoenike, EuZW 1997, 741, 742. 174 Vgl. Waltraud Hakenberg/Ernst Tremmel, EWS 1999, 167, 174; Mark Hoenike, EuZW 1998, 341, 342 („Wunderwaffe Sytraval"); Alfred Dickersbach, NVwZ 1996, 962, 964. 175 EuGH, Rs. C-367/95 P, Slg. 1998,1-1719ff. - Sytraval.

§ 2 System der Kontrolle staatlicher Beihilfen

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knüpfung von Anhörungspflicht der Beteiligten und Begründungspflicht zu unzumutbaren Anforderungen für die Kommission führen würde. bb) Förmliche Prüfung Schon in Art. 88 (ex-Art. 93) Abs. 2 EG ist festgehalten, daß die Kommission „den Beteiligten" eine Frist zur Äußerung zu setzen hat, bevor sie ihre abschließende Entscheidung trifft. Dementsprechend war nach der früheren Rechtsprechung zunächst dem beihilfengewährenden Mitgliedstaat im Hauptprüfverfahren umfassend rechtliches Gehör zu gewähren. 176 Auch andere Beteiligte hatten das Recht, sich in diesem Verfahren zu äußern. 177 In der Verfahrensverordnung ist nunmehr ausdrücklich geregelt, daß nach Eröffnung des förmlichen Prüfverfahrens nicht nur der beihilfengewährende Mitgliedstaat zu einer Stellungnahme aufgefordert wird (Art. 6 Abs. 1 VerfO), sondern daß auch die anderen Beteiligten eine Stellungnahme abgeben können (Art. 6 Abs. 1 und 20 Abs. 1 VerfO). Ausdrücklich geregelt ist hier nun auch die bisherige Verwaltungspraxis, 178 wonach die Stellungnahmen der übrigen Beteiligten dem beihilfengewährenden Mitgliedstaat mitgeteilt werden, wobei die Identität der Beteiligten nicht bekanntgegeben werden darf (Art. 6 Abs. 2 VerfO).

II. Ratsverfahren Neben den Aufsichtsverfahren vor der Kommission kann nach Art. 88 (ex-Art. 93) Abs. 2 Satz 3 EG auch der Rat auf Antrag eines Mitgliedstaats in Abweichung von Art. 87 (ex-Art. 92) EG eine Beihilfe, die gewährt oder geplant ist, für mit dem Gemeinsamen Markt vereinbar erklären, wenn „außergewöhnliche Umstände eine solche Entscheidung rechtfertigen". Die Vorschrift soll ermöglichen, im Ausnahmefall und bei politischem Konsens punktuell von den Vertragsbestimmungen über staatliche Beihilfen abzuweichen. In der Praxis hat die Vorschrift bislang nur eine untergeordnete Rolle gespielt und ist wegen der durch sie eröffneten Möglichkeit des Rates, die Kontrollkompetenz der Kommission abweichend von den primärrechtlichen Regelungen zu bestimmen, sehr umstritten. 179 176

EuGH, Rs. 234/84, Slg. 1986, 2263, 2289 - Belgien/Kommission; Rs.40/85, Slg. 1986, 2321, 2349 - Belgien/Kommission; Rs. 259/85, Slg. 1987,4393,4415 - Frankreich/Kommission 177 Vgl. hierzu aus der früheren Rechtsprechung EuGH, Rs. 323/82, Slg. 1984, 3809, 3827 - Intermills; vgl. Martin Reufels, Subventionskontrolle, S. 59. 178 v g l Wolfgang Mederer, in: v. d. Groeben/Thiesing/Ehlermann, Kommentar, Art. 93 Rn. 13. 179

Vgl. nur die Kritik von Wolfgang Mederer, in: v. d. Groeben/Thiesing/Ehlermann, Kommentar, Art. 93 Rn. 72.

D. Zusammenfassung

63

Das Ratsverfahren beginnt mit einem Antrag des beihilfengewährenden Mitgliedstaats an den Rat. Wenn dieser Antrag vor Abschluß eines Verfahrens vor der Kommission gestellt wird, führt er zur Aussetzung des Kommissionsverfahrens bis zur Entscheidung des Rates. Der Rat hat seine Entscheidung über das Vorliegen außergewöhnlicher Umstände nach pflichtgemäßem Ermessen zu treffen. Ob der Antrag auch noch gestellt werden kann, wenn ein Verfahren vor der Kommission bereits stattgefunden hat oder ob eine vorliegende Kommissionsentscheidung das Ratsverfahren präkludiert, ist umstritten. Vereinzelt wird vertreten, die Zulässigkeit eines Antrags an den Rat könne nicht vom Vorliegen einer Kommissionsentscheidung abhängen; liege eine solche Entscheidung vor, werde ihr Vollzug durch den Antrag gehemmt.180 Die h. M. geht zu Recht davon aus, daß ein Antrag an den Rat nur bis zum Vorliegen einer Kommissionsentscheidung gestellt werden kann. 181 Andernfalls würde die Ratsentscheidung nach Art. 88 (ex-Art. 92) Abs. 2 Satz 3 EG zum alternativen Rechtsbehelf neben einer Klage vor dem EuGH aufgewertet. Dies widerspräche nicht nur dem institutionellen Gleichgewicht zwischen Kommission, Rat und Gerichtshof, sondern würde auch zu Rechtsunsicherheit führen, weil es im Falle der Nichtentscheidung des Rates zu einer von der Verfahrensordnung in keiner Weise gedeckten Verlängerung der Verfahrensdauer um drei Monate führen würde. Diese Frist ist für den Fall der Nichtentscheidung des Rates vorgesehen, bevor die Kommission dann eine abschließende Entscheidung treffen kann.

D. Zusammenfassung Das gemeinschaftsrechtliche System der Kontrolle staatlicher Beihilfen ist in materieller Hinsicht geprägt von der Unvereinbarkeit der Beihilfen mit dem Gemeinsamen Markt. Der Begriff der Beihilfe wird denkbar weit ausgelegt und umfaßt alle Maßnahmen zur Begünstigung einzelner Unternehmen oder Produktionszweige. Im Anwendungsbereich des EG-Vertrages unterliegen alle Beihilfen einem Aufsichtsverfahren. Neu einzuführende Beihilfen müssen vor ihrer Einführung bei der Kommission angemeldet werden, die die Maßnahmen im Hinblick auf ihre ausnahmsweise Vereinbarkeit mit dem Gemeinsamen Markt prüft und der die Befugnis eingeräumt ist, Entscheidungen an die Mitgliedstaaten zu richten. Entscheidungsbefugnisse bestehen auch bei nicht angemeldeten, d. h. rechtswidrigen, oder entgegen einer Kommissionsentscheidung, d. h. mißbräuchlich angewendeten Beihilfen. Schließlich unterliegen bestehende Beihilfen einer fortlaufenden Kontrolle. Neben der Kommission kann der Rat lediglich im Ausnahmefall eine Entscheidung über die Vereinbarkeit einer Beihilfe mit dem Gemeinsamen Markt treffen. Am 180

So Volkmar Götz, Recht der Wirtschaftssubventionen, S. 114 f. GA Mayras, Schlußanträge zu EuGH, Rs. 70/72, Slg. 1973, 833, 835 - Kommission/ Deutschland; Wolf gang Mederer, in: v. d. Groeben/Thiesing/Ehlermann, Kommentar, Art. 93 Rn. 73; Gabriela v. Wallenberg, in: Grabitz/Hilf, Kommentar, Art. 93 EGV Rn.41. 181

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§ 2 System der Kontrolle staatlicher Beihilfen

Beihilfenaufsichtsverfahren können sich außer den Adressaten der Entscheidungen andere Betroffene beteiligen, etwa der Beihilfenempfänger, dessen Konkurrenten und sonstige Dritte. Letzteren ist durch die Verfahrensverordnung die Möglichkeit eröffnet worden, sich mit Eingaben („Subventionsbeschwerde") an die Kommission zu wenden.

§ 3 „Grundrechtsrelevanz" des Beihilfenrechts A. Grundlagen Zur rechtlichen Bindung, der jede Hoheitsgewalt unterliegt, gehört die Bindung an die Grundrechte der Person. Dies betrifft auch das hoheitliche Handeln bei der Vergabe staatlicher Beihilfen, das grundsätzlich in Grundrechte von Konkurrenten und sonstigen Dritten eingreifen kann. 1 Außer wenigen primärrechtlichen Ansätzen grundrechtlicher oder grundrechtsähnlicher Gewährleistungen 2 fehlt i m Gemeinschaftsrecht nach wie vor ein primärrechtlicher Grundrechtskatalog. Nicht nur zur inhaltlichen Präzisierung und dogmatischen Aufarbeitung des gemeinschaftlichen Grundrechtsstandards, sondern auch zur Dokumentation der inzwischen erreichten Fortschritte des europäischen Einigungswerkes ist die seit langem von den Gemeinschaftsorganen 3 und der Literatur 4 geforderte Einführung eines Grundrechtskataloges nunmehr in greifbare Nähe gerückt: Nach einem Beschluß des Europäischen Rates in Köln i m Juli 1999 konstituierte sich ein Konvent zur Ausarbeitung einer Charta der Grundrechte der Europäischen Union, der auf der Basis des erreichten Grundrechtsstandards i m Juli 2000 1 Vgl. hierzu ausführlich Carsten Nowak, Konkurrentenschutz, S. 391 ff., der die besondere Bedeutung des Grundrechtsschutzes für Konkurrenten gerade im Hinblick auf den vom deutschen Grundgesetz geforderten Grundrechtsschutz betont. Die Forderung eines ausreichenden Grundrechtsschutzes auf Gemeinschaftsebene ist allerdings kein „rein deutsches" Problem, sondern stellt sich als immanentes Problem jeder autonomen Rechtsordnung; vgl. Bengt Beutler, in: v. d. Groeben/Thiesing/Ehlermann, Kommentar, Art. F Rn. 24. 2 Vgl. etwa Art. 6 (ex-Art. F) EU, 288 (ex-Art. 215) Abs. 2 EG, das allgemeine Diskriminierungsverbot des Art. 12 (ex-Art.6) EG, spezielle Diskriminierungsverbote, z.B. Art. 141 (exArt. 119) EG; hierzu grundlegend Ingolf Pernice, Grundrechtsgehalte, S.65ff. 3 Vgl. die Gemeinsame Erklärung des Parlaments, des Rates und der Kommission vom 5.4.1977, ABl. 1977 C103, S. 1; hierzu Meinhard Hilf, EuGRZ 1977,158 ff.; Erklärung des Europäischen Rates vom 8.4.1978, Bull-EG 3/1978, S.5; Memorandum der Kommission, BullEG 1979, Beil. 2; hierzu Hans-Werner Rengeling, EuR 1979,124 ff.; Deklaration zur Europäischen Union vom 20.6.1983, Bull-EG 6/1983, S.26; Erklärung des Europäischen Parlaments über die Grundrechte und Grundfreiheiten, ABl. 1989 C120, S. 52ff.; hierzu Bengt Beutler, EuGRZ 1989, 185 ff.; Verfassungsentwurf des Institutionellen Ausschusses des Parlaments vom 10.2.1994, EP-Dok A3-0064/94. 4 Vgl. nur den programmatischen Aufsatz von Meinhard Hilf, EuR 1991, 19ff.; ders., in: Weidenfeld, Schutz der Grundrechte, S.56, 59f.; Ellen Chwolik-Lanfermann, Grundrechtsschutz, S. 284 m. w. N. aus der älteren Literatur in Fn. 1104; zu diskutierten Optionen bereits Karl M. Meessen, in: Frowein/Hilf/Meessen/Rupp/Zuleeg, Grundrechte in der EG, S.35,37 f.; Peter Schiffauer, EuGRZ 1981, 193 ff.; Kai Bahlmann, in: Börner/Jahrreiß/Stern, Festschrift für Karl Carstens, Bd. 1, S. 17, 23 ff.; Manfred Dauses, JöR 1982,1, 14ff.

5 Staebe

§ 3 „Grundrechtsrelevanz" des Beihilfenrechts

66

einen ersten Entwurf vorgelegt hat, 5 der Ende 2000 feierlich proklamiert werden soll. 6 Danach soll die nach wie vor umstrittene Frage geprüft werden, ob und auf welche Weise die Charta in das europäische Vertragswerk aufgenommen und damit primärrechtlich verbindlich werden soll. Von einer primärrechtlichen Verankerung der Grundrechte kann daher nach wie vor nicht gesprochen werden. Der Entwurf besteht aus 54 Artikeln und einer Präambel. Er soll zumindest die Grundrechte erfassen, 7 die als Ergebnis eines langjährigen Entwicklungsprozesses in Rechtsprechung 8 und Literatur 9 i m Gemeinschaftsrecht seit langem allgemein anerkannt sind. 1 0 Der Entwurf gliedert sich in sieben Kapitel, die materiell den Schutz der Würde des Menschen (Art. 1 bis 5), bestimmte „klassische" Freiheitsrechte (Art. 6 bis 19), Gleichheitsrechte (Art. 20 bis 26), bestimmte soziale Grundrechte (Art. 27 bis 38), einzelne Bürgerrechte (Art. 39 bis 46) und Justizgrundrechte (Art. 47 bis 50) erfassen. I m Zuge der Entwicklung gemeinschaftsrechtlicher Grundrechte hatten sich nicht nur materielle Rechte, sondern auch übergreifende, allgemeine Grundrechtslehren herausgebildet, 11 die der Entwurf der Charta ebenfalls aufnimmt (Art. 51 bis 54). Traditionell handelt es sich bei den Gemeinschaftsgrundrechten um Abwehrrechte gegen Eingriffe der Gemeinschaftsorgane. 12 Trotz neuerer Ansätze in der Literatur 1 3 5

Abrufbar unter http://db.consilium.eu.int/df/default.asp?lang=de . s. Europäischer Rat von Köln (3./4. Juni 1999), Schlußfolgerungen des Vorsitzes, Rn.44f. und Anhang IV, EuGRZ 1999, 364; s.a. das Forum des BMJ „Eine Europäische Grundrechtscharta", am 27.4.1999 in Köln, und hierzu Mark Cole , NJW 1999,2798; aus der daraufhin einsetzenden Debatte hervorzuheben sind die Beiträge von Albrecht Weber, NJW 2000, 537ff.; Udo Di Fabio , JZ 2000, 737 ff.; Ingolf Pernice, DVB1. 2000, 847 ff.; Bernhard Losch!Wiltrud Radau, ZRP 2000, 84 ff.; Susanne Baer, ZRP 2000, 361 ff.; Gerald Hafner!Christoph Strawe! Robert Zuegg, ZRP 2000, 265; Franz Josef Lindner, DÖV 2000, 543 ff.; Willi Tappert, DRiZ 2000, 204 ff. 7 Vgl. Entwurf, 5. Absatz der Präambel: „Diese Charta bekräftigt... die Rechte..." (Hervorhebung durch Verf.). 8 Zurückhaltend noch EuGH, Rs. 1/58, Slg. 1958/59,43, 63 - Stork und Rs. 36-40/59, Slg. 1960, 885, 920f. - Ruhrkohlenverkaufsgesellschaft; grundlegend dann EuGH, Rs. 29/69, Slg. 1969,419,425 - Stauder; zur weiteren Entwicklung der Rspr. nur Meinhard Hilf, in: Frowein/ Hilf/Meessen/Rupp/Zuleeg, Grundrechte in der EG, S.23, 27 ff.; Thomas Oppermann, Europarecht, Rn. 491 und zuletzt Thorsten Kingreen, JuS 2000, 857ff.; Klaus Ritgen, ZRP 2000, 371 ff. 9 Vgl. nur die ausf. Darstellungen von Ellen Chwolik-Lanfermann, Grundrechtsschutz; Irmgard Wetter, Grundrechtscharta, S. 37 ff. 10 Zum Bestand der Grundrechte im Gemeinschaftsrecht Albert Bleckmann, EuGRZ 1981, 257 ff.; Manfred Dauses, JöR 1982,1 ff.; Carl-Otto Lenz, EuGRZ 1993,585 ff.; Ingolf Pernice, NJW 1990,2409ff.; Jürgen Schwarze, EuGRZ 1986,293 ff.; Albrecht Weber, JZ 1989,965 ff.; Pierre Pescatore, EuR 1979, Iff.; Martin Nonhoff, RIW 1995, 541 ff.; Dieter Feger, DÖV 1987, 322 ff. 11 Vgl. Hans-Werner Rengeling, Grundrechtsschutz, S. 11 ff und 171 ff. 12 Thorsten Kingreen, in: Calliess/Ruffert, Kommentar, Art. 6 EU Rn.45. 13 Siehe etwa zur Funktion der Gemeinschaftsgrundrechte als Schutzpflichten Β engt Beutler, in: v. d. Groeben/Thiesing/Ehlermann, Kommentar, Art. F EUV Rn. 86 ff.; Albert Bleckmann, in: 6

Β. Grundrechtsträger und Grundrechtsadressaten

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hat sich ein Verständnis der Gemeinschaftsgrundrechte als Rechte auf Teilhabe und Leistung bislang nicht allgemein durchgesetzt.14 Nicht abschließend geklärt ist auch, in welchem Umfang die Mitgliedstaaten den Bindungen der Gemeinschaftsgrundrechte unterliegen. 15 Da Gemeinschaft und Mitgliedstaaten im Zusammenhang mit der Vergabe staatlicher Beihilfen zusammenwirken, stellt sich im Hinblick auf den Rechtsschutz gegen gemeinschaftswidrige Beihilfen die Frage, ob zum Rechtsrahmen der staatlichen Beihilfenvergabe für die Mitgliedstaaten nicht auch die Gemeinschaftsgrundrechte gehören. Diese, im Bereich der allgemeinen Grundrechtslehren angesiedelte Untersuchung (hierzu u. B.) geht der Beantwortung der Frage voraus, welche Gemeinschaftsgrundrechte im einzelnen als Maßstab hoheitlichen Handelns bei der Beihilfenvergabe herangezogen werden können (hierzu u. C.).

B. Grundrechtsträger und Grundrechtsadressaten I. Grundrechtsträger Träger der Gemeinschaftsgrundrechte bzw. Grundrechtsberechtigte sind jedenfalls die natürlichen oder juristischen Personen des Privatrechts, 16 also grundsätzlich auch Konkurrenten und sonstige Dritte, die im Zusammenhang mit der Vergabe staatlicher Beihilfen in ihren Grundrechten betroffen sein könnten. Umstritten ist lediglich, ob die Grundrechtsträgerschaft auf die „Unionsbürger", d. h. nach Art. 16 (ex-Art. 8) EGV die Staatsangehörigen der Mitgliedstaaten, beschränkt ist oder darüber hinaus auch Angehörigen dritter Staaten, letztlich also „jedermann" zusteht. Der EuGH hatte diese Frage bisher nicht in allgemeiner Form zu entscheiden. Lediglich in einem Fall ging es um das Recht eines Drittstaatsangehörigen auf rechtliBaur/Müller-Graff/Zuleeg, Festschrift für Bodo Börner, S.29, 33, 36f.; Hubertus Gersdorff, AöR 1994,400 ff.; Dieter Kugelmann, Grundrechte in Europa, S.45; Martin Nettesheim, EuZW 1995,106,108; Hans-Werner Rengeling, Grundrechtsschutz S. 112,206; Alexander Roßnagel, DVB1. 1996, 1181, 1186ff.; Michael Tonne, Effektiver Rechtsschutz, S. 276ff. und zuletzt Meinhard Hilf/Erik Staebe, in: E. Klein, The Duty to Protect and to Ensure Human Rights, S. 211,224 ff. 14 Hans-Werner Rengeling, Grundrechtsschutz, S. 205; Martin Nettesheim, EuZW 1995, 106,108; Thorsten Kingreen, in: Calliess/Ruffert, Kommentar, Art. 6 EU Rn.48f. Die Grundrechtscharta betritt mit ihrem im Kapitel IV „Solidarität" vorgesehenen sozialen Grundrechten Neuland. 15 Zu weiteren „allgemeinen Grundrechtslehren", insbesondere zu Begriff, Arten und Rechtsquellen der Grundrechte, Dogmatik der Grundrechtsschranken, Methoden der Grundrechtsgewinnung, der -auslegung und der -konkurrenzen siehe Hans-Werner Rengeling, Grundrechtsschutz, S. 171 ff. Die Grundrechtscharta enthält „Allgemeine Bestimmungen" in Kapitel VII (Art. 51 bis 54) des Entwurfs. 16 Vgl. z.B. EuGH, EuZW 1995, 60 (für eine niederländische Gesellschaft); Hans-Werner Rengeling, Grundrechtsschutz, S.201 ff.; Albrecht Weber, NJW 2000, 537, 541. 5*

§ 3 „Grundrechtsrelevanz" des Beihilfenrechts

68 17

ches Gehör. In der Literatur wird die Geltung der Freiheitsrechte und Verfahrensgrundsätze für Drittstaatsangehörige allgemein bejaht.18 Eine entsprechende Ausweitung der Grundrechtsträgerschaft ergibt sich letztlich aus der Verpflichtung der Achtung der Grundrechte in Art. 6 (ex-Art. F) Abs. 2 EUV, die den universellen Geltungsanspruch der Grundrechte zum Ausdruck bringt. Der Entwurf der Grundrechtscharta präzisiert diese Antwort insoweit, als hier für jedermann geltende Menschenrechte und bestimmte Rechte für die Unionsbürger vorgesehen sind (vgl. Art. 39 ff.). II. Grundrechtsadressaten Durch die Gemeinschaftsgrundrechte werden in erster Linie die Organe der Gemeinschaft verpflichtet. 19 Die Entwicklung der Grundrechte diente gerade der Beschränkung der Gemeinschaftsgewalt bei Rechtssetzung und Vollziehung des Gemeinschaftsrechts. Diesen Grundsatz nimmt auch der Entwurf der Grundrechtscharta auf (vgl. Art. 51 Abs. 1,1. Halbsatz). Bei der Vergabe staatlicher Beihilfen handeln jedoch sowohl Gemeinschaftsorgane als auch Organe der Mitgliedstaaten. Deren Bindung an die Gemeinschaftsgrundrechte ist bislang nicht abschließend geklärt. 20 Hieran ändert sich wegen des vorläufig unverbindlichen Charakters auch durch den Entwurf der Grundrechtscharta nichts, obwohl dieser eine einschlägige Bestimmung enthält (Art. 51 Abs. 1, 2. Halbsatz). 1. Gemeinschaftsorgane als Grundrechtsadressaten Die Bindung der Gemeinschaftsorgane an die Gemeinschaftsgrundrechte steht außer Frage.21 Bei der Entwicklung gemeinschaftsrechtlicher Grundrechte ging es darum, die Hoheitsgewalt der Gemeinschaftsorgane bei Rechtssetzung, Vollziehung und Rechtsprechung einzubinden. Insbesondere Gültigkeit und Interpretation des Sekundärrechts richten sich nach den Maßstäben der Grundrechte. 22 Vorausset17

EuGH, EuZW 1991, 603 f. - Al Jubail Fertilizer Company. Klaus-Dieter Borchardt, in: Lenz, Kommentar, Art. 220 Rn. 34; Bengt Beutler, in: v. d. Groeben/Thiesing/Ehlermann, Kommentar, Art. F EUV Rn. 79; Thorsten Kingreen, in: Calliess/Ruffert, Kommentar, Art. 6 EU Rn. 52; Meinhard Hilf in: Frowein/Hilf/Meessen/ Rupp/Zuleeg, Grundrechte in der EG, S. 31 m. w. N.; Thomas JiirgensenfIrene Schlünder, AöR 1996, 200, 224; Dieter Feger, DÖV 1987, 322; wohl auch Hans-Werner Rengeling, Grundrechtsschutz, S. 15 und 201 f.; krit. Albrecht Weber, NJW 2000, 537, 542. 19 Kai Bahlmann, EuR 1982, 1, 5. 20 Vgl. Hans-Werner Rengeling, Grundrechtsschutz, S. 188 ff. 21 Meinhard Hilf in: Grabitz/Hilf, Kommentar, Art. F EUV Rn.40; Eckart Klein, in: Hailbronner/Klein/Magiera/Müller-Graff, Handkommentar, Art. F Rn. 10; Carl-Otto Lenz, EuGRZ 1993, 585. 22 Matthias Ruffert, EuGRZ 1995,518,519; Thomas Jürgensen/Irene Schlünder, AöR 1996, 18

200, 201.

Β. Grundrechtsträger und Grundrechtsadressaten

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zung für die Bindung ist lediglich, daß die Gemeinschaftsorgane „hoheitlich" handeln.23 Wenn die Gemeinschaftsorgane bei der Vergabe mitgliedstaatlicher Beihilfen durch Aufsichtsentscheidungen tätig werden, sind sie daher an die Gemeinschaftsgrundrechte gebunden. Der entsprechende Satz im Entwurf der Grundrechtscharta lautet daher auch lapidar: „Diese Charta gilt für die Organe und Einrichtungen der Union...". 2. Mitgliedstaaten

als Grundrechtsadressaten

Aus der Struktur der Gemeinschaft als Staatenverbund mit begrenzten Aufgaben sowie dem Umstand, daß die Mitgliedstaaten ganz überwiegend über einen eigenen verfassungsrechtlich verankerten Grundrechtsschutz verfügen, könnte der Schluß gezogen werden, daß sich die Gemeinschaftsgrundrechte ausschließlich an die Organe der Gemeinschaft als Grundrechtsadressaten richten. Dagegen wäre eine umfassende Bindung der Mitgliedstaaten an die Gemeinschaftsgrundrechte denkbar, die aus dem Wortlaut des Art. 6 (ex-Art. F) Abs. 2 EU abzuleiten wäre, weil darin die Grundrechte für die gesamte Union verbindlich gemacht werden. 24 Dies käme allerdings einem in der Gemeinschaft nicht angelegten „Qualitätssprung" in Richtung auf deren Staatsqualität gleich.25 Der Entwurf der Grundrechtscharta hat sich für einen Mittelweg entschieden, wonach die Charta „... für die Mitgliedstaaten ausschließlich bei der Durchführung des Rechts der Union [gilt]" und damit auf die Entwicklung in Rechtsprechung und Literatur Bezug genommen wird. a) Rechtsprechung des EuGH Der EuGH hat sich der Frage, ob auch die Mitgliedstaaten an die Gemeinschaftsgrundrechte gebunden sind, nur schrittweise angenähert. Die Frage der Grundrechtsbindung der Mitgliedstaaten bei der Vergabe staatlicher Beihilfen ist bislang nicht entschieden worden. Ein erster, wenn auch noch wenig eindeutiger Ansatz einer Bindung der Mitgliedstaaten an die Gemeinschaftsgrundrechte war bereits in der /^///-Entscheidung aus dem Jahre 1975 erkennbar. In dem zugrundeliegenden Fall sollte ein italienischer Wanderarbeitnehmer aus Gründen der öffentlichen Sicherheit und Ordnung aus Frankreich ausgewiesen werden. Der Gerichtshof entschied über die Frage der Rechtmäßigkeit einer Einschränkung der Arbeitnehmerfreizügigkeit durch eine nationale Regelung, die nach Art. 39 (ex-Art. 48) Abs. 3 EG „aus Gründen der öffent23

Vgl. zur bisher nicht abschließend geklärten Geltung der Grundrechte im Privatrechtsverkehr Hans-Werner Rengeling, Grundrechtsschutz, S. 199 f. 24 Vgl. Thomas Jürgensenilrene Schlünder, AöR 1996,200,204; Lars B. Krogsgaard, LIEI 1993,99,106; Joseph Weiler, in: Capotorti u. a., Liber Amicorum Pierre Pescatore, S. 821,830. 25 Ingolf Pernice, NJW 1990, 2409, 2411; Stephen Jones, Bindung der Mitgliedstaaten, S. 22.

§ 3 „Grundrechtsrelevanz" des Beihilfenrechts

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liehen Ordnung... gerechtfertigt" war, unter Rückgriff auf in der EMRK verankerte allgemeine Grundsätze, die bei der Auslegung des Gemeinschaftsrechts zu berücksichtigen seien und demnach auch die Anwendung der Vorbehaltsklausel des mitgliedstaatlichen Rechts beeinflussen. 26 In der Entscheidung Cinéthèque , in der es um die Vereinbarkeit einer französischen Regelung zum Vertrieb von Videokassetten mit der Meinungsfreiheit ging, führte der EuGH sodann aber aus, er habe zwar für die Einhaltung der Grundrechte auf dem Gebiet des Gemeinschaftsrechts zu sorgen. Es gehöre jedoch nicht zur Aufgabe der gemeinschaftsgerichtlichen Rechtsprechung, die Vereinbarkeit mitgliedstaatlicher Gesetze, deren Inhalt im Ermessen des nationalen Gesetzgebers stehe, mit der EMRK zu überprüfen. 27 In ähnlicher Weise kam dies in der Entscheidung Demirel zum Ausdruck, in der der EuGH die Überprüfung nationaler aufenthaltsrechtlicher Regelungen anhand der EMRK ablehnte und darauf hinwies, daß ihm eine Überprüfung nationaler Regelungen, die nicht im Rahmen des Gemeinschaftsrechts lägen, verwehrt sei.28 Im Urteil Klensch aus dem Jahre 1986 befürwortete der EuGH hingegen die Überprüfung mitgliedstaatlicher Handlungen am Maßstab der Gemeinschaftsgrundrechte. In diesem Fall ging es um die Anwendung des allgemeinen Gleichheitssatzes, der als Gemeinschaftsgrundrecht gewährleistet werde und auch für die Mitgliedstaaten verbindlich sei.29 Den „Durchbruch" 30 erzielte die Rechtsprechung schließlich mit dem Urteil Wachauf \ wonach die Mitgliedstaaten die Erfordernisse des Grundrechtsschutzes bei der Durchführung der gemeinschaftsrechtlichen Regelungen zu beachten hätten.31 Unterstrichen wird dieses Prinzip schließlich in späteren Entscheidungen: Der Gerichtshof kann eine nationale Regelung, die nicht im Rahmen des Gemeinschaftsrechts ergangen ist, nicht im Hinblick auf die Europäische Menschenrechtskonvention beurteilen. „Fällt eine solche Regelung dagegen in den Anwendungsbereich des Gemeinschaftsrechts, so hat der Gerichtshof, wenn er im Vorabentscheidungsverfahren angerufen wird, dem vorlegenden Gericht alle Kriterien an die Hand zu geben, die es benötigt, um die Vereinbarkeit dieser Regelung mit den Grundrechten beurteilen zu können, deren Wahrung der Gerichtshof zu sichern hat und die sich insbesondere aus der [EMRK] ergeben."32 Insbesondere wenn ein Mit26

EuGH, Rs.36/75, Slg. 1975, 1219-Rutiii. EuGH, Rs. 60, 61/84, Slg. 1985, 2605, 2627 - Cinéthèque. 28 EuGH, Rs. 12/86, Slg, 1987, 3719, 3754 - Demirel. 29 EuGH, Rs.201, 202/85, Slg. 1986, 3477 - Klensch. 30 So Matthias RujferU EuGRZ 1995, 518, 521. 31 EuGH, Rs.5/88, Slg. 1989, 2609 - Wachauf. 32 EuGH, Rs. C-260/89, Slg. 1991, 1-2925, 2964-ERT; ebenso Rs.C-288/89, Slg. 1991, 1-4007 - Collectieve Antennevoorziening Gouda, Rs. C-159/90, Slg. 1991,1-4733 - Grogan, Rs. C-62/90, Slg. 1992,1-2575 - Arzneimittelimporte, und Rs. C-2/92, Slg. 1994,1-955 - Bostock. 27

Β. Grundrechtsträger und Grundrechtsadressaten

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gliedstaat eine Ausnahmeregelung im Bereich der Grundfreiheiten erlasse, sei er an die Gemeinschaftsgrundrechte gebunden, weil die gemeinschaftsrechtlichen Rechtfertigungsgründe für eine Einschränkung der Grundfreiheiten im Lichte der Gemeinschaftsgrundrechte ausgelegt werden müßten.33 b) Auffassungen der Generalanwälte und der Literatur In der Literatur hat die Bindung der Mitgliedstaaten an die Gemeinschaftsgrundrechte lange keine Beachtung gefunden. 34 Im Zuge der Entwicklung der Rechtsprechung war die Frage dann umstritten. aa) Keine mitgliedstaatliche

Grundrechtsbindung?

Entgegen der herrschenden Meinung wird teilweise bezweifelt, daß das Gemeinschaftsrecht die Mitgliedstaaten an die Gemeinschaftsgrundrechte binde, auch wenn die Mitgliedstaaten mit erkennbarem Bezug zum Gemeinschaftsrecht handeln.35 Neuerdings wird im Zuge der Entwicklung eines Grundrechtskataloges sogar eine entsprechende Klarstellung de lege ferenda gefordert. 36 Rechtspolitisch sei die Bindung der Mitgliedstaaten an die Gemeinschaftsgrundrechte zwar wünschenswert, könne aber de lege lata nicht begründet werden. 37 Es sei nicht Ziel der Gemeinschaft, die Gemeinschaftsgrundrechte in den Mitgliedstaaten effektiv „durchzusetzen", indem sich jeder in seinen Grundrechten Betroffene vor mitgliedstaatlichen Gerichten auf die Gemeinschaftsgrundrechte berufen könne und so die mitgliedstaatlichen Gerichte in den Vollzug des Gemeinschaftsrechts eingeschaltet würden. 38 Die Geltung der EMRK in den Mitgliedstaaten und deren Verfassungstraditionen und -gewährleistungen sprächen gegen eine Anwendung der Gemeinschaftsgrundrechte in den Mitgliedstaaten, weil dem Grundrechtsschutz hierdurch ausreichend Rechnung getragen werde. 39 Ein „bürgerfreundliches" Verständnis der Gemeinschaftsrechtsordnung sei zwar grundsätzlich wünschenswert, aber als dogmatischer Anknüpfungspunkt ungeeignet. Schließlich fehle es der Gemeinschaft an der Kompetenz zur Normierung und Durchsetzung von Grundrechten in den Mitgliedstaaten.40 33

EuGH, Rs. C-260/89, Slg. 1991,1-2925, 2964 -ERT. Vgl. aber zuletzt ausf. Johannes Cirkel, Bindungen der Mitgliedstaaten an die Gemeinschaftsgrundrechte (2000). 35 GA Gulman, Schlußanträge zu EuGH, Rs.C-2/92, Slg. 1994,1-955 - Bostock. 36 So von Udo Di Fabio , FAZ vom 17.11.1999, S. 11; s. zu dieser Diskussion auch Albrecht Weber, NJW 2000, 537, 541. 37 Vgl. Matthias Ruffert, EuGRZ 1995, 518, 523. 38 Vgl. Matthias Ruffert, EuGRZ 1995, 518, 523. 39 Vgl. Matthias Ruffert, EuGRZ 1995, 518, 523 f.; GA Gulman, Schlußanträge zu EuGH, Rs.C-2/92, Slg. 1994,1-955 - Bostock; Udo Di Fabio, FAZ vom 17.11.1999, S. 11. 40 Vgl. Matthias Ruffert, EuGRZ 1995, 518, 524f. 34

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§ 3 „Grundrechtsrelevanz" des Beihilfenrechts

bb) Fallbezogene Grundrechtsbindung Von der heute überwiegenden Auffassung wird dagegen eine Bindung der Mitgliedstaaten an die Gemeinschaftsgrundrechte grundsätzlich dort befürwortet, wo mitgliedstaatliches Handeln einen Bezug zum Gemeinschaftsrecht aufweist. 41 Dies bedeutet, daß die Mitgliedstaaten die Gemeinschaftsgrundrechte dort beachten müssen, wo sie „im Anwendungsbereich des Gemeinschaftsrechts" handeln. Nur bei rein nationalen Sachverhalten, also außerhalb des Anwendungsbereichs des Gemeinschaftsrechts, wird eine Bindung der Mitgliedstaaten von der überwiegenden Auffassung verneint. 42 Diese Auffassung wird durch die Formulierung des Entwurfs der Grundrechtscharta aufgenommen. Unter den Vertretern dieser Auffassung besteht allerdings Einigkeit darüber, daß die Grundrechtsbindung der Mitgliedstaaten nicht anhand abstrakter Kriterien bejaht werden kann, sondern daß sie lediglich in bestimmten Fallgruppen gegeben ist. Um welche Fallkonstellationen es sich hier handelt, wird unterschiedlich beurteilt. Der Entwurf der Grundrechtscharta enthält insoweit keine weiteren Anhaltspunkte. Innerhalb der überwiegenden Auffassung unangefochten ist die Grundrechtsbindung lediglich dort, wo die Mitgliedstaaten gemeinschaftsrechtliche Vorgaben auf nationaler Ebene umsetzen oder vollziehen.43 Hier kommt es nicht darauf an, ob es sich um die direkte Anwendung von Gemeinschaftsrecht handelt (unmittelbarer Vollzug), oder ob die Mitgliedstaaten nationales Recht unter Berücksichtigung gemeinschaftsrechtlicher Vorgaben vollziehen (mittelbarer Vollzug). Wo das Gemein41 Matthias Ruffert, EuGRZ 1995, 518, 527f.; Thomas Jürgensenilrene Schlünder, AöR 1996, 200, 222; Hans-Werner Rengeling, Grundrechtsschutz, S.200; Thorsten Kingreen, in: Calliess/Ruffert, Kommentar, Art. 6 EU Rn. 56; Ellen Chwolik-Lanfermann, Grundrechtsschutz, S.77ff.; Irmgard Wetter, Grundrechtscharta, S. 84ff.; John Temple Lang, LIEI 1991, 25, 30ff.; für eine Bindung der Mitgliedstaaten an die allgemeinen Rechtsgrundsätze die ganz h.M., vgl. nur Adinda Sinnaeve, Rückforderung, S.205; Ingolf Pernice, NJW 1990, 2409, 2417; ders., in: Grabitz/Hilf, Kommentar, Art. 164 EGV Rn.46; Rudolf Streinz, Die Verwaltung 1990,179; Ulrich Everling, DVB1. 1983, 654; Gilbert Gornig/Christiane Trüe, JZ 1993, 941; dies., JZ 2000,501,505; Jürgen Schwarze, Europäisches Verwaltungsrecht, Bd.2, S.917; ders., ZfV 1993, 1, 6; ders., NJ 1994, 53, 55f.; Hans-Werner Rengeling/Andreas Middekei Martin Gellermann, Rechtsschutz, Rn.970; Hans-Werner Rengeling, DVB1. 1986, 310; ders., EuR 1984, 357. 42 Vgl. Thomas Jürgensenilrene Schlünder, AöR 1996,200,208 ff.; a. A. nur Joseph Weiler, in: Capotorti u. a., Liber Amicorum Pierre Pescatore, S. 821,830, der eine unmittelbare Grundrechtskontrolle für alle mitgliedstaatlichen Rechtsakte fordert; ähnlich GA Jacobs, Schlußanträge zu EuGH, Rs.C-168/91, Slg. 1993,1-1191, 1211 - Konstandinidis; krit. Ingolf Pernice, NJW 1990, 2409, 2417. 43 Hans-Werner Rengeling, Grundrechtsschutz, S.200; Irmgard Wetter, Grundrechtscharta, S.91 ff.; Albert ΒleckmannlStefan Ulrich Pieper, in: Bleckmann, Europarecht, Rn. 126 f.; Thorsten Kingreen, in: Calliess/Ruffert, Kommentar, Art. 6 EU Rn. 57; ders./Rainer Störmer, EuR 1998, 263, 280f.; Matthias Ruffert, EuGRZ 1995, 518, 527f.; Hubertus Gersdorff, DVB1. 1994, 674, 680; Ulrich Everling, EuR 1990, 195, 212; Thomas Jürgensenilrene Schlünder, AöR 1996, 200, 210f.; s. bereits Pierre Pescatore , EuR 1979, 1, 10.

Β. Grundrechtsträger und Grundrechtsadressaten

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schaftsrecht den Einzelnen unmittelbar betrifft, erscheint die Gemeinschaft gleichsam als Miturheber der mitgliedstaatlichen Rechtshandlung, und das mitgliedstaatliche Verhalten liegt (auch) in ihrem Verantwortungsbereich: Die Mitgliedstaaten befinden sich hier in einer sog. „agency situation", d. h. sie werden als „Behörden der Gemeinschaft", „Sachwalter des Gemeinschaftsinteresses" oder „gemeinschaftsrechtliche Erfüllungsgehilfen" tätig. 44 Weniger eindeutig wird die Bindung der Mitgliedstaaten an die Gemeinschaftsgrundrechte in anderen Bereichen beurteilt, in denen ihr Handeln zwar ebenfalls einen Bezug zum Gemeinschaftsrecht aufweist, in denen aber die Gemeinschaft keine Verantwortung für die national durchzuführenden Regeln trägt. 45 Es handelt sich hier insbesondere um Fälle, in denen sich die Mitgliedstaaten zur Rechtfertigung von Einschränkungen der Grundfreiheiten auf die dort vorgesehenen Ausnahmeklauseln berufen. 46 Für die Frage der Grundrechtsrelevanz des Beihilfenrechts ist zunächst die Frage zu klären, unter welche Fallgruppe mitgliedstaatliches Verhalten bei der Vergabe staatlicher Beihilfen fällt. (1) Beihilfenaufsicht als mittelbarer Vollzug Die mitgliedstaatliche Vergabe von Beihilfen kann lediglich unter die erste Fallgruppe in der Fallkonstellation der „agency situation" fallen. Gegen diese Einordnung könnte zwar sprechen, daß der beihilfegewährende Mitgliedstaat Entscheidungen der Gemeinschaftsorgane im Beihilfenaufsichtsverfahren gerade nicht als „Sachwalter der Gemeinschaft" vollzieht, weil die Gemeinschaft ihn nicht zur Gewährung von Beihilfen verpflichtet, sondern nur ermächtigt. 47 Sieht man die „unmittelbare Betroffenheit" nur dann als gegeben an, wenn der Rechtsakt eines Gemeinschaftsorgans den Einzelnen beschwert, ohne daß es auf weitere dazwischentretende Maßnahmen ankäme, würde durch Entscheidungen im Bereich der Beihilfenaufsicht außer dem Adressaten, also dem beihilfengewährenden Mitgliedstaat, niemand betroffen. Dieser Einwand müßte zumal gelten, wenn Beihilfenaufsichtsentscheidungen nicht einmal unbedingt, sondern etwa unter Auflagen erteilt werden. 48 Diese Betrachtung wäre allerdings dem Vorwurf ausgesetzt, 44 Matthias Ruffert, EuGRZ 1995,518,527; Reinhard Riegel, NJW 1974,1585,1589;/ö/w Temple Lang, LIEI 1991, 23, 30; Thorsten Kingreen, in: Calliess/Ruffert, Kommentar, Art. 6 EU Rn. 57; dersJRainer Störmer, EuR 1998, 263, 280f. 45 Dies übersehen Joseph Weiler/Norman Lockart, CMLRev. 1995, 518, 527 f. 46 Vgl. Thomas Jürgensenilrene Schlünder, AöR 1996, 200, 212ff., insbes. 216; Matthias Ruffert, EuGRZ 1995, 518, 528; Jürgen Schwarze, in: Everling/Narjes/Sedemund, Festschrift für Arved Deringer, S. 160, 169; ders., EuGRZ 1986, 293, 298. 47 Vgl. Dirk Ehlers, VerwArch 1993,151,153; F. Thilo Klingbeil, Beihilfeverfahren, S.204; Klaus Koch, Klagebefugnis Privater, S. 259 m. w. N. 48 Etwa unter dem Vorbehalt eines Kapazitätsabbaus; vgl. hierzu Albrecht A. Randelzhofer, Kontrollverfahren, S. 103.

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§ 3 „Grundrechtsrelevanz" des Beihilfenrechts

das Zusammenwirken von Gemeinschaft und Mitgliedstaat lediglich unter formalen Gesichtspunkten zu betrachten. Praktisch stehen die mitgliedstaatliche Beihilfengewährung und die gemeinschaftliche Aufsichtsentscheidung in einem so engen Zusammenhang, daß auch der EuGH davon ausgeht, daß Nicht-Adressaten der Aufsichtsentscheidung, etwa der Beihilfenempfänger, dessen Konkurrenten oder sonstige Dritte durch die Entscheidung eines Gemeinschaftsorgans unmittelbar betroffen werden, weil die Gewährung der staatlichen Beihilfe mit beihilfenaufsichtsrechtlicher Genehmigung faktisch ohne jeden Spielraum des Mitgliedstaats und quasi „automatisch" erfolgt. 49 Bei der Prüfung der Zulässigkeit der Nichtigkeitsklage eines Nicht-Adressaten gegen eine Aufsichtsentscheidung wird dessen unmittelbare Betroffenheit aufgrund dieser rechtstatsächlichen, „materiellen" Betrachtung bejaht. An dieser „vorschnellen" Annahme der unmittelbaren Betroffenheit ist lediglich früher vereinzelt Kritik geübt worden. 50 Heute findet die Rechtsprechung dagegen allgemeine Zustimmung.51 Dies gilt nicht nur für unbedingte, sondern auch für bedingte Entscheidungen. Diese sind nämlich stets das Ergebnis von Verhandlungen mit dem Mitgliedstaat, dem z.B. eine bedingte Genehmigung gar nicht erteilt werden würde, wenn nicht bei Erlaß der beihilfenaufsichtsrechtlichen Entscheidung feststünde, daß er die Bedingungen auch erfüllen wird. 52 Der EuGH hat sich in einem Fall, der eine solche Konstellation zum Gegenstand hatte, zur Frage der unmittelbaren Betroffenheit konsequenterweise nicht geäußert.53 Das EuG hat die Möglichkeit, daß ein Mitgliedstaat eine genehmigte Beihilfe nicht auszahlt, sogar als „rein theoretisch" bezeichnet.54 Wo Gemeinschaftsorgane unmittelbar wirkende Entscheidungen erlassen, kann das Handeln der Mitgliedstaaten in diesem Bereich, d. h. bei Anwendung und Ausführung dieser Entscheidungen, als Handeln im Anwendungsbereich des Gemeinschaftsrechts bzw. als Handeln in einer „agency situation" angesehen werden, in der eine Bindung an die Gemeinschaftsgrundrechte besteht. 49 Vgl. nur EuGH, Rs. 106,107/63, Slg. 1965,547,555-Töpfer; Rs. 62/70, Slg. 1971, 897, 908 - B o c k ; 11/82, Slg. 1985, 207, 242 - Piraiki-Patraiki; GA Roemer, Schlußanträge zu EuGH, Rs. 10, 18/68, Slg. 1969 459,493 ff. - Eridania. 50 Etwa Heinrich Matthies, 46. DJT, Bd. 2, S.G55, 61, der jedoch andere als beihilfenaufsichtsrechtliche Entscheidungen im Blick hatte und dessen Auffassung auf diese Entscheidungen auch nicht ohne weiteres übertragen werden kann. 51 Insbes. von Hans-Wolfram Daig, Nichtigkeits- und Untätigkeitsklagen, Ziff. 132; Klaus Koch, Klagebefugnis Privater, S.240; Martijn van Empel, CMLRev 1970, 345, 349; GertNicolaysen, EuR 1970, 165, 167ff.; Friedrich v.Burchard, EuR 1991, 140, 154; Gero Leibrock, EuR 1990,20,37; Adinda Sinnaeve, EuZW 1995,172,173; Helmuth Kirschner/Karin Klüpfel, Gericht erster Instanz, Rn.47; Hans-Werner Rengeling/Andreas Middeke/Martin Gellermann, Rechtsschutz in der EU, Rn. 170; Wolfram Cremer, Forschungssubventionen, S. 223; Norbert Low, Rechtsschutz des Konkurrenten, S. 162f.; Albrecht A. Randelzhofer, Kontrollverfahren, S. 103; Martin Reufels, Subventionskontrolle, S. 141. 52 Gero Leibrock, EuR 1990, 20, 23 f.; Albrecht A. Randelzhofer, Kontrollverfahren, S. 103. 53 EuGH, Rs. 222/83, Slg. 1984, 2889, 2896 - Gemeinde Differdange. 54 EuG, Rs. T-435/93, Slg. 1995,11-1281,1306-ASPEC; Rs. T-442/93, Slg. 1995,11-1329, 1351 - ACC; ähnlich bereits EuGH, Rs. 11/82, Slg. 1985, 207, 241 f. - Piraiki Patraiki.

Β. Grundrechtsträger und Grundrechtsadressaten

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(2) Begründungsansätze Die Bindung der Mitgliedstaaten an die Gemeinschaftsgrundrechte in der hier einschlägigen ersten Fallgruppe wird vor allem mit dem Argument der Wahrung eines gemeinschaftsweit einheitlichen Grundrechtsstandards begründet.55 Die Mitgliedstaaten unterlägen hinsichtlich der Beachtung der Gemeinschaftsgrundrechte „selbstverständlich" den gleichen Zwängen wie der Gemeinschaftsgesetzgeber, wenn sie aufgrund der ihnen durch Gemeinschaftsrecht übertragenen Befugnisse handelten.56 Die faktische „Verzahnung" zwischen Gemeinschaftsrecht und nationalem Recht habe immer mehr zugenommen: eine strikte Trennung zwischen Gemeinschaftsrecht und nationalem Recht, die Voraussetzung einer getrennten Anwendung der Grundrechte wäre, sei kaum noch gegeben.57 Nur bei Anerkennung der mitgliedstaatlichen Bindung an die Gemeinschaftsgrundrechte komme das im Verantwortungsbereich der Gemeinschaft vollzogene Recht gleichmäßig zur Anwendung.58 Dogmatisch ergebe sich die Grundrechtsbindung daher vor allem 59 aus dem in Art. 10 (ex-Art. 5) EGV verankerten Prinzip der Gemeinschaftstreue sowie den ungeschriebenen Rechtsgrundsätzen der Effektivität des Gemeinschaftsrechts (effet utile) und der Einheit der Gemeinschaftsrechtsordnung. 60 Ein zweiter wesentlicher Begründungsansatz geht vom Anwendungsvorrang des Gemeinschaftsrechts aus. Es wird geltend gemacht, in der mitgliedstaatlichen Grundrechtsbindung konkretisiere sich dieser Anwendungsvorrang. 61 Die Gemeinschaftsgrundrechte seien unmittelbar anwendbar und infolgedessen im mitgliedstaatlichen Rechtsraum zu beachten.62 Die nationalen Verfassungen müßten als Ursprung der Gemeinschaftsgrundrechte ohnehin dieselben Gewährleistungen enthalten wie die Gemeinschaft, so daß die Bindung der Mitgliedstaaten an die Gemeinschaftsgrundrechte lediglich der Kontrolle dieses Standards diene. Letztlich müsse sich der Unionsbürger als „civis europaeus" kraft seiner Zugehörigkeit zu einem Mitgliedstaat diesem gegenüber auf die Gemeinschaftsgrundrechte berufen können.63 55

John Temple Lang, LIEI 1991, 23, 28f.; vgl. Matthias Ruffert, EuGRZ 1995, 518, 523. Gk Jacobs, Schlußanträge zu EuGH, Rs.5/88, Slg. 1989,2609,2629 - Wachauf; s.a. GA Trabucchi, Schlußanträge zu EuGH, Rs. 118/75, Slg. 1976,1185,1207 - Watson und Belman; GA Jacobs, Schlußanträge zu EuGH, Rs.C-168/91, Slg. 1993,1-1191 - Konstandinidis; ebenso GA van Gerven, Schlußanträge zu EuGH, Rs.C-159/90, Slg. 1991,1-4733 - Grogan. 57 Stephen Jones, Bindung der Mitgliedstaaten, S. 22 f.; unter Hinweis auf das Recht der Vereinigten Staaten Thomas Jürgensen/Irene Schlünder, AöR 1996, 200, 218. 58 Matthias Ruffert, EuGRZ 1995,518,528; ähnlich Joseph Weiler, in: Capotorti u. a., Liber Amicorum Pierre Pescatore, S. 821, 830. 59 Zu fünfzehn (!) anderen, letztlich abzulehnenden dogmatischen Begründungsansätzen Stephen Jones, Bindung der Mitgliedstaaten, S. 31 if., 71 ff., 79 ff., 86 ff., 119 ff., 134 ff., 137 ff., 167 ff., 169 ff., 173 ff. 177 ff., 183 ff., 185 ff., 191 ff. 60 Hierzu Stephen Jones, Bindung der Mitgliedstaaten, S. 37 ff. 61 John Temple Lang, LIEI 1991, 23, 28f.; Irmgard Wetter, Grundrechtscharta, S.96; vgl. Matthias Ruffert, EuGRZ 1995, 518, 523. 62 So insbes. John Temple Lang, LIEI 1991, 23, 28 f. 63 Matthias Ruffert, EuGRZ 1995, 518, 525. 56

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§ 3 „Grundrechtsrelevanz" des Beihilfenrechts

(3) Homogenitätsgebot Festzuhalten ist zunächst, daß eine „offensive" Bindung der Mitgliedstaaten an die Gemeinschaftsgrundrechte auch in Bereichen ohne jeden Bezug zum Gemeinschaftsrecht in der Gemeinschaftsverfassung nicht angelegt ist und auch vom EuGH nicht vertreten wird. Es geht um die Grundrechtsbindung lediglich bei der Umsetzung und Durchführung von Gemeinschaftsrecht durch die Mitgliedstaaten, also in Bereichen, in denen Gemeinschaftskompetenzen bestehen. Die Kompetenz zur „Wahrung des Rechts" im Anwendungsbereich des Vertrages ergibt sich bereits aus Art. 220 (ex-Art. 164) EG, so daß sich die Kompetenzfrage hier eigentlich nicht stellen kann, wenngleich der EuGH zur Frage der Grundrechtsbindung im Bereich des Beihilfenrechts bisher nicht Stellung genommen hat. Hier ist die Bindung der Mitgliedstaaten an den gemeinschaftlichen Grundrechtsstandard jedoch unverzichtbar, um die Homogenität und die Einheit der Gemeinschaftsrechtsordnung sicherzustellen. Der gegen die mitgliedstaatliche Grundrechtsbindung vorgebrachte Einwand, es handele sich lediglich um eine rechtspolitische Forderung, um der Einheit der Gemeinschaftsrechtsordnung willen eine mitgliedstaatliche Bindung an die Gemeinschaftsgrundrechte sicherzustellen, kann ebensowenig überzeugen wie die teleologische Überlegung, es entspreche nicht dem Zweck des Gemeinschaftsrechts, die Gemeinschaftsgrundrechte in den Mitgliedstaaten durchzusetzen. Beiden Einwänden steht spätestens seit Inkrafttreten des Art. 6 Abs. 1 EU i. d. F. des Vertrages von Amsterdam das dort verankerte Homogenitätsgebot entgegen. Nach dieser Vorschrift beruht die Union „auf den Grundsätzen der Freiheit, der Demokratie, der Achtung der Menschenrechte und Grundfreiheiten sowie der Rechtsstaatlichkeit". Ausdrücklich heißt es, daß „diese Grundsätze... allen Mitgliedstaaten gemeinsam [sind]". Damit ist nicht lediglich die Feststellung von Gemeinsamkeiten der Mitgliedstaaten in bezug auf die genannten Grundsätze angesprochen. Die Vorschrift enthält vielmehr ein „Sollensgebot an die Mitgliedstaaten", die Grundsätze auch in Zukunft einzuhalten.64 Ein ähnliches Gebot wurde bereits der Vorgängervorschrift des Art. 6 Abs. 1 EU, Art. F Abs. 1, 2. Halbsatz EUV i. d. F. des Vertrages von Maastricht beigemessen, wonach die Regierungssysteme der Mitgliedstaaten auf demokratischen Grundsätzen beruhen.65 Nunmehr ist das Gebot jedoch ausdrücklich auf die Gewährleistung der Menschenrechte und Grundfreiheiten ausgeweitet worden. Der feststehende Begriff der „Menschenrechte und Grundfreiheiten" entstammt der EMRK und steht nicht im Zusammenhang mit den Grundfreiheiten des EG-Vertrages. 66 Eine Verengung des Grundrechtsschutzes auf den besonders schützensweiten Bereich der Menschenrechte ist 64 Frank Schorkopf \ Ausgestaltung und Gewährleistung der Homogenität, Ziff. 98. «65 Meinhard Hilf in: Grabitz/Hilf, Kommentar, Art. F EUV Rn. 12; Eckart Klein, in: Hailbronner/Klein/Magiera/Müller-Graff, Handkommentar, Art. F Rn. 5; Bengt Beutler, in: v. d. Groeben/Thiesing/Ehlermann, Kommentar, Art. F Rn. 17. 66 Bengt Beutler, in: v. d. GroebenAThiesing/Ehlermann, Kommentar, Art. F Rn. 27.

Β. Grundrechtsträger und Grundrechtsadressaten

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damit nicht gemeint. Jedenfalls beinhaltet die Existenz eines „Sollensgebots an die Mitgliedstaaten", daß die Einhaltung des gemeinschaftlichen Grundrechtsstandards durch die Mitgliedstaaten den Bereich des lediglich rechtspolitisch Wünschenswerten verlassen hat. Aus Art. 6 Abs. 1 EU läßt sich auch entnehmen, daß das Gemeinschaftsrecht durchaus das Ziel verfolgt, dem gemeinschaftlichen Grundrechtsstandard im mitgliedstaatlichen Rechtsraum zum Durchbruch zu verhelfen. Ob angesichts dieser Überlegungen nationale Verfassungstraditionen und die Geltung der EMRK in allen Mitgliedstaaten eher für oder gegen eine mitgliedstaatliche Grundrechtsbindung herangezogen werden können, kann offenbleiben. Es ist jedoch darauf hinzuweisen, daß sich nicht nur die mitgliedstaatlichen Verfassungstraditionen, sondern auch die Geltung der EMRK in den Mitgliedstaaten durchaus unterscheiden und hierdurch dem Gebot an die Mitgliedstaaten, einen einheitliche gemeinschaftlichen Grundrechtsstandard einzuhalten, möglicherweise nicht ausreichend Rechnung getragen werden kann. Für die Bindung der Mitgliedstaaten an die Gemeinschaftsgrundrechte spricht schließlich die Behandlung der ähnlich gelagerten Frage der Bindung der Mitgliedstaaten an die allgemeinen Rechtsgrundsätze im Bereich des mittelbaren Vollzugs des Gemeinschaftsrechts. Diese Bindung war früher gelegentlich mit der Begründung bestritten worden, diese gemeinschaftsrechtlichen Grundsätze seien nicht präzisiert und bestimmt genug, daß sie exakte Maßstäbe für das nationale Verwaltungsverfahren bieten könnten.67 Heute wird diese Frage dagegen unter Berufung auf das Urteil Deutsche Milchkontor 68 zur Bindung der Mitgliedstaaten an die allgemeinen Rechtsgrundsätze bei der Rückforderung von Gemeinschaftsbeihilfen zumindest in der Literatur ganz überwiegend bejaht, um insoweit einen Maßstab69 bzw. Mindeststandard70 für den Vollzug des Gemeinschaftsrechts aufzustellen. 71 Im Ergebnis sind daher die Mitgliedstaaten zumindest in der ersten Fallgruppe an die Gemeinschaftsgrundrechte gebunden, d. h. wenn sie gemeinschaftsrechtliche Vorgaben auf nationaler Ebene umsetzen oder vollziehen. Diese Fallkonstellation ist auch bei der Vergabe staatlicher Beihilfen gegeben, weil die Entscheidungen der Gemeinschaftsorgane auch Nicht-Adressaten unmittelbar betreffen und die Gemeinschaft daher als Miturheber der mitgliedstaatlichen Rechtshandlung erscheint und das mitgliedstaatliche Verhalten auch in ihrem Verantwortungsbereich liegt. 67

So insbesondere bzgl. des allgemeinen Rechtsgrundsatzes des Vertrauensschutzes bei der Rückforderung von Gemeinschaftsbeihilfen, vgl. Meinhard Hilf \ in: Schwarze, Europäisches Verwaltungsrecht im Werden, S. 76, 82; Hans-Jürgen Papier, ZHR 1988, 498; Bengt Beutler/ Roland Bieber!Jörn Ρipkornì Jochen Streil, Europäische Union, S.233. 68 EuGH, Rs. 205-215/82, Slg. 1983, 2669ff. - Deutsche Milchkontor. 69 Ulrich Everling, DVB1.1983,654; Hans-Werner Rengeling, DVBL 1986,310; ders., EuR 1984, 331, 357; Volkmar Götz, EuR 1986, 45; Robert Koch, EuZW 1995, 78, 80. 70 Jürgen Schwarze, Europäisches Verwaltungsrecht, Bd. 2, S. 917; Rudolf Streinz, Die Verwaltung 1990,179; Dimitris Triantafyllou, NVwZ 1992,438; Gilbert Gornig/Christiane Trüe, JZ 1993, 941; John Temple Lang, LIEI 1991, 28 ff. 71 Ausf. Adinda Sinnaeve, Rückforderung, S.200 ff., insbes. 205 f.

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§ 3 „Grundrechtsrelevanz" des Beihilfenrechts

C. Grundrechtsverletzung durch Beihilfenvergabe? Die unmittelbar auf die wirtschaftliche Betätigung des Einzelnen bezogenen Grundrechte haben in der Praxis des gemeinschaftlichen Grundrechtsschutzes wegen der traditionell wirtschaftspolitischen und wirtschaftsrechtlichen Ausrichtung der Gemeinschaft eine überragende Rolle gespielt. Das hoheitliche Verhalten der Gemeinschaft und der Mitgliedstaaten im Zusammenhang mit der Vergabe staatlicher Beihilfen könnte demnach eine Verletzung der gemeinschaftsrechtlichen Grundrechte der Wettbewerbs- (hierzu I.), Eigentums- (hierzu II.) oder Berufsfreiheit (hierzu III.) sowie des allgemeinen Gleichheitssatzes (hierzu IV.) darstellen. I. Wettbewerbsfreiheit 1. Anerkennung der Wettbewerbsfreiheit

als Grundrecht?

Die Existenz eines Grundrechts auf Wettbewerbsfreiheit, wie es im deutschen,72 spanischen73 und italienischen Verfassungsrecht 74 anerkannt ist, ist im Bereich der Gemeinschaftsrechtsordnung umstritten. Der Entwurf der Grundrechtscharta enthält kein ausdrückliches Grundrecht auf Wettbewerbsfreiheit, sondern lediglich eine Bestimmung über die „unternehmerische Freiheit", die „nach dem Gemeinschaftsrecht und den einzelstaatlichen Rechtsvorschriften anerkannt" wird. a) Rechtsprechung des EuGH Eine eindeutige Anerkennung eines Grundrechts auf Wettbewerbsfreiheit ist in der Rechtsprechung nicht erfolgt. Anhaltspunkte sind zunächst den Urteilen International Fruit Company 75 und Maizena 76 zu entnehmen, in denen der EuGH eine Verletzung der in Art. 3 lit. g, 81, 82 (ex-Art. 3 lit. f, 85, 86) EGV verankerten „wettbewerblichen Grundsätze" durch gemeinschaftsrechtliche Regelungen im Agrarsektor prüfte. Im Fall International Fruit Company hatten sich die Klägerinnen als Importeure landwirtschaftlicher Erzeugnisse gegen ein gemeinschaftsrechtlich eingeführtes Lizenzsystem für Tafeläpfel mit der Begründung gewandt, es verstoße ge72

Vgl. nur BVerwGE 30,191,197 ff.; 65,167,174; Heinz-JosefFriehe, JuS 1981,867; Gert Nicolay sen, in: Bieber/Bleckmann/Capotorti, Gedächtnisschrift für Christoph Sasse, S.651, 656 f. 73 Vgl. zu diesem aus Art. 38 der Spanischen Verfassung abgeleiteten Recht Stefan GeysLehmann/Maria Sande, RIW 1990, 357; Michael Kort, WuW 1993, 1013. 74 Vgl. zu dem aus Art. 41 der Italienischen Verfassung abgeleiteten Recht Carsten Th. Ebenroth/Andreas Kaiser, RIW 1991, 8; krit. aber etwa Enrico Giammarco, GRUR Int. 1989, 30 f. 75 EuGH, Rs. 41-44/70, Slg. 1971,411 ff. - International Fruit Company. 76 EuGH, Rs. 139/79, Slg. 1980, 3393 ff. - Maizena.

C. Grundrechtsverletzung durch Beihilfenvergabe?

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gen die genannten wettbewerblichen Grundsätze.77 Im Fall Maizena griffen die Klägerinnen eine andere Gemeinschaftsmaßnahme im Agrarsektor mit derselben Begründung an.78 Der EuGH untersuchte und bejahte die Verhältnismäßigkeit der fraglichen Regelungen im Hinblick auf die Einschränkung des Wettbewerbs. Als subjektives öffentliches Recht bezeichnete der EuGH die „wettbewerblichen Grundsätze" allerdings nicht. 79 Nähere Hinweise zur Existenz eines Grundrechts auf Wettbewerbsfreiheit ergeben sich aus dem Urteil Altöle. 80 Hier hatte der EuGH im Rahmen eines Vorabentscheidungsverfahrens über die Auslegung und Gültigkeit einer Richtlinie über Altölbeseitigung zu entscheiden, die den Mitgliedstaaten die Befugnis einräumte, räumlich abgegrenzte Bezirke zu bilden und in diesen Bezirken bestimmte Unternehmen mit der Sammlung und Beseitigung von Altölen zu beauftragen. Auf die Frage des vorlegenden Gerichts, ob diese Regelung mit den Grundsätzen der Handels- und Wettbewerbsfreiheit vereinbar wäre, stellte der EuGH zunächst fest, „daß die Grundsätze des freien Wettbewerbs... sowie der grundrechtlichen Handelsfreiheit allgemeine Grundsätze des Gemeinschaftsrechts darstellen, über deren Einhaltung der Gerichtshof wacht."81 Beide Grundsätze könnten allerdings durch im Allgemeininteresse liegende Ziele und im Rahmen des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes eingeschränkt werden. 82 In der Rechtssache Rau 83 ging es im Rahmen eines Vorabentscheidungsverfahrens um eine Beeinträchtigung des Wettbewerbs für Margarinehersteller, die sich gegen die verbilligte Abgabe von Butter wandten. Der EuGH war um die Beantwortung der Frage gebeten worden, ob gemeinschaftliche Maßnahmen, die die Wettbewerbsposition bestimmter Unternehmen verbessern und sich dadurch nachteilig für deren Konkurrenten auswirken, den allgemeinen Rechtsgrundsätzen des Gemeinschaftsrechts, „insbesondere den Grundsätzen der freien Berufsausübung, der allgemeinen Handlungsfreiheit und der Wettbewerbsfreiheit zuwiderlaufen". Der Gerichtshof sah diese „Grundsätze" jedoch nicht als verletzt an, weil ein „Unternehmen kein wohlerworbenes Recht auf Beibehaltung eines Vorteils geltend machen [kann], der ihm aus einer Marktorganisation in ihrer zu einem bestimmten Zeitpunkt bestehenden Form erwächst. Dieser Grundsatz gilt auch für Unternehmen, die nicht unter die betreffende Marktorganisation fallen." 84

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EuGH, Rs. 41-44/70, Slg. 1971, 411,426 f. - International Fruit Company. EuGH, Rs. 139/79, Slg. 1980, 3393, 3421 f. - Maizena. 79 EuGH, Rs. 41-44/70, Slg. 1971, 411, 427 - International Fruit Company; EuGH, Rs. 139/79, Slg. 1980, 3393, 3421 f. - Maizena. 80 EuGH, Rs. 240/83, Slg. 1985, 531 ff. - Altöle. 81 EuGH, Rs. 240/83, Slg. 1985, 531, 548-Altöle. 82 EuGH, Rs. 240/83, Slg. 1985, 531, 549-Altöle. 83 EuGH, Rs. 133-136/85, Slg. 1987, 2289ff. - Rau. 84 EuGH, Rs. 133-136/85, Slg. 1987, 2289, 2338f. - Rau. 78

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§ 3 „Grundrechtsrelevanz" des Beihilfenrechts

b) Auffassungen in der Literatur In der Literatur sind die Auffassungen zur Existenz eines Grundrechts auf Wettbewerbsfreiheit geteilt. Die Existenz eines Grundrechts auf Wettbewerbsfreiheit wurde schon in älteren Stellungnahmen teilweise als selbstverständlich vorausgesetzt,85 teilweise direkt aus Art. 87 (ex-Art. 92) EG 86 oder aus den gemeinschaftsrechtlichen Grundprinzipien der allgemeinen Handlungsfreiheit und Gleichheit abgeleitet87 bzw. als ungeschriebenes Prinzip des Gemeinschaftsrechts verstanden.88 Die neuere Literatur greift auf die ausdrückliche Erwähnung des Wettbewerbs in verschiedenen Bestimmungen des EG-Vertrages zurück. 89 So wird etwa auf die Präambel des EG-Vertrages verwiesen, in der der Gemeinschaft das Ziel vorgegeben wird, einen „redlichen Wettbewerb" zu gewährleisten. In Art. 3 lit. g EG sei die „Errichtung eines Systems [vorgesehen], das den Wettbewerb innerhalb des Binnenmarktes vor Verfälschungen schützt". Nicht nur einzelnen Unternehmen sei nach Art. 81,82 (exArt. 85, 86) EG wettbewerbsbeschränkendes Verhalten verboten, sondern nach Art. 86 (ex-Art. 90) EG auch den Mitgliedstaaten. Staatliche Beihilfen unterlägen der Kontrolle der Art. 87 (ex-Art. 92) ff. EG. 90 Damit sei zwar noch nichts über den Charakter des Wettbewerbsprinzips als individualschützendes Grundrecht gesagt; der wirksame Schutz des Wettbewerbs und die individuelle Wirtschaftsfreiheit bedingten jedoch einander.91 Die Auslegung der Bestimmungen über den Schutz des Wettbewerbs ergebe letztlich ein Grundrecht auf Wettbewerbsfreiheit. 92 In diesem Sinne sei die Rechtsprechung des EuGH zu interpretieren. Dieser habe nicht nur den freien Wettbewerb als eines der fundamentalen Prinzipien des Gemeinschaftsrechts 93 bzw. als tragenden Grundsatz des Vertrages 94 charakterisiert. Die Gemeinschaftsorgane hätten die Grundsätze des Gemeinschaftsrechts über den Wettbewerb bei ihren Handlungen zu beachten.95 Im Zusammenhang mit den Urtei85

Hans-Peter Ipsen, Europäisches Gemeinschaftsrecht, S. 728; Gottfried Zieger, J. ö. R. 1973,299,318. 86 So Görg Haverkate, in: R. Schmidt, Öffentliches Wirtschaftsrecht, Besonderer Teil 1, §4 Rn. 70. 87 Ingolf Pernice, Grundrechtsgehalte, S.97ff., 124; Dieter Feger, Grundrechte, S. 177. 88 GADuthuilletdeLamothe, Schlußanträge zu Rs.38/70, Slg. 1971,157-Tradax; Manfred Zuleeg, EuR 1982, 21, 28; Bastian van der Esch, WuW 1988, 563, 565. 89 Ingolf Pernice, NJW 1990, 2409, 2413; Ernst-U. Petersmann, EuZW 1993, 594; ders., Außenwirtschaft 1993,409; Gerhard Schmid , Außenwirtschaft 1993,479; Alexander SchmidtLossberg, Kontrolldichte, S. 272; Pieter VerLoren van Themaat, in: Mestmäcker/Möller/ Schwarz, Festschrift für Hans von der Groeben, S.431,435. 90 Norbert Low, Rechtsschutz des Konkurrenten, S. 73 f. 91 Ingolf Pernice, Grundrechtsgehalte, S. 123 m.w.N. 92 Norbert Low, Rechtsschutz des Konkurrenten, S.75f. 93 Vgl. EuGH, Rs. 240/83, Slg. 1985, 531, 550. 94 Vgl. EuGH, Rs.20/59, Slg. 1960, 681, 710-Italien/Hohe Behörde. 95 Vgl. EuGH, Rs.56, 58/64, Slg. 1966, 321, 390-Grundig; Rs.249/85, Slg. 1987, 2345, 2360 - Albako.

C. Grundrechtsverletzung durch Beihilfenvergabe?

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len International Fruit Company und Maizena wird zwar eingeräumt, daß der EuGH den subjektiv-rechtlichen Charakter der Wettbewerbsfreiheit nicht ausdrücklich festgestellt habe.96 Aus dem Umstand, daß der Gerichtshof die Rechtmäßigkeit des Eingriffs in die in Art. 3 lit. g, 81, 82 (ex-Art. 3 lit f., 85, 86) EG verankerten wettbewerblichen Grundsätze am Maßstab des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes prüft, wird jedoch gefolgert, diese „grundrechtstypische" Prüfung spreche für eine „indirekte Anerkennung" des Grundrechtscharakters der Wettbewerbsfreiheit. 97 In den Entscheidungen Altöle und Rau habe der EuGH den Wettbewerb als allgemeinen „Grundsatz" des Gemeinschaftsrechts bezeichnet, der inhaltlich und systematisch den Gemeinschaftsgrundrechten gleichstehe.98 c) Kein Grundrecht auf Wettbewerbsfreiheit Die Anerkennung der Wettbewerbsfreiheit als Grundrecht und insbesondere die entsprechende Interpretation der Urteile des EuGH stößt jedoch auf teilweise schärfsten Widerstand.99 Die Tatsache, daß der EuGH in den Urteilen International Fruit Company und Maizena eine Verhältnismäßigkeitsprüfung vorgenommen habe, spreche keineswegs für die Existenz eines Grundrechts, weil die Prüfung der Verhältnismäßigkeit etwa auch im Zusammenhang mit den Grundfreiheiten eine Rolle spiele und keineswegs „grundrechtstypisch" sei. Die Auslegung des Wortlauts in den Fällen Altöle und Rau, wie sie von den Befürwortern vorgenommen werde, sei schlicht mißglückt, da der EuGH in der fraglichen Urteilspassage den Grundsatz des Wettbewerbs im Unterschied zum ebenfalls erwähnten Grundsatz der Handelsfreiheit gerade nicht als „grundrechtlich" bezeichnet habe. Die fundamentale Bedeutung des freien Wettbewerbs für die Verwirklichung der Vertragsziele der Europäischen Gemeinschaft ist unbestritten. Dies hat zu der Frage geführt, ob das Gemeinschaftsrecht angesichts dieser großen Bedeutung anders als etwa das deutsche Grundgesetz eine bestimmte Wirtschaftsverfassung konstituiert. In neuerer Zeit wird diskutiert, ob sich die Gemeinschaft nicht aus Gründen der Klarstellung auf marktwirtschaftliche Grundsätze festlegen sollte. 100

96

Norbert Low, Rechtsschutz des Konkurrenten, S.76. Norbert Low, Rechtsschutz des Konkurrenten, S.77f., insbes. S.78 Fn.28; Dieter Feger, Grundrechte, S. 177; letztlich offengelassen von Hans-Werner Rengeling, Grundrechtsschutz, S. 28 f.; Michael Schweitzer/Waldemar Hummer, Europarecht, Rn. 805. 98 Norbert Low, Rechtsschutz des Konkurrenten, S.78. 99 Insbesondere Carsten Nowak, Konkurrentenschutz, S. 483 ff.; Philip v.Dietze, Verfahrensbeteiligung und Klagebefugnis, S. 133 f.; GA Reischl, EuGH, Rs. 138, 139/79, Slg. 1980, 3362, 3378. 100 Vgl. hierzu Hans-Werner Rengeling, Grundrechtsschutz, S.28f.; Ernst-Joachim Mestmäcker, in: ders./Möller/Schwarz, Festschrift für Hans von der Groeben, S. 9, 39. 97

6 Staebe

§ 3 „Grundrechtsrelevanz" des Beihilfenrechts

82

2. Ergebnis Für einen subjektiv-rechtlichen Charakter der Wettbewerbsfreiheit lassen sich diese Überlegungen allerdings nicht heranziehen. Auch dem Umstand, daß der EuGH bei der Prüfung einer Verletzung der Wettbewerbsfreiheit in „grundrechtstypischer" Art und Weise eine Verhältnismäßigkeitsprüfung vornimmt, kann allenfalls Indizwirkung im Bezug auf die Grundrechtsqualität des zu prüfenden verletzten Rechtes beigemessen werden. 101 Nach den Formulierungen der Urteile steht lediglich fest, daß der EuGH auf die Wettbewerbsfreiheit als „Grundsatz" des Gemeinschaftsrechts zurückgreift, ohne auch nur in einem Fall dessen etwaigen „grundrechtlichen" Charakter einzuräumen. Dies wird durch die sprachliche Differenzierung im Urteil Altöle besonders deutlich, in dem der EuGH von den „Grundsätze[n] des... freien Wettbewerbs sowie [der] grundrechtlichen Handelsfreiheit" spricht. Da sich insoweit auch an anderer Stelle keine anderen Formulierungen finden, kann nicht von einer Anerkennung eines „Grundrechtes" auf Wettbewerbsfreiheit ausgegangen werden. 102 Ob dies darauf zurückzuführen ist, daß ein solches Grundrecht lediglich in den Verfassungsordnungen von drei Mitgliedstaaten nachgewiesen werden kann und selbst dort nicht gänzlich unumstritten ist, kann ebenso offen bleiben wie die Bedeutung der EMRK für dieses Ergebnis. Auch hier fehlt es an einem Grundrecht auf Wettbewerbsfreiheit. Beide Umstände legen jedoch die Anerkennung eines Grundrechts auf Wettbewerbsfreiheit nicht unbedingt nahe.103 Dem Fehlen eines Grundrechts auf Wettbewerbsfreiheit im Entwurf der Grundrechtscharta kommt hingegen deutlich größere Bedeutung zu. Im Hinblick auf die Wettbewerbsfreiheit ist die Gewährung einer Beihilfe also mangels deren Anerkennung als Gemeinschaftsgrundrecht nicht relevant. II. Eigentumsfreiheit Möglicherweise verletzt hoheitliches Handeln des Mitgliedstaats oder der Gemeinschaftsorgane im Zusammenhang mit einer Beihilfenvergabe das Eigentumsrecht von Konkurrenten und sonstigen Dritten. 1. Anerkennung der Eigentumsfreiheit

als Grundrecht

Anders als die Wettbewerbsfreiheit ist das Eigentumsgrundrecht nach anfänglicher Ablehnung durch den EuGH 104 seit langem Bestandteil des Kanons der Ge101

Carsten Nowak, Konkurrentenschutz, S.486. Carsten Nowak, Konkurrentenschutz, S.485. 103 Carsten Nowak, Konkurrentenschutz, S.487. 104 Vgl. EuGH, Rs. 1/58, Slg. 1958/59, 43, 63 - Stork und Rs. 36-40/59, Slg. 1960, 885, 920 f. - Ruhrkohlenverkaufsgesellschaft; hier waren die aufgeworfenen Grundrechtsfragen allerdings nicht entscheidungserheblich; vgl. hierzu Meinhard Hilf in: Frowein/Hilf/Meessen/ 102

C. Grundrechtsverletzung durch Beihilfenvergabe?

83

meinschaftsgrundrechte. 105 Auch hier fehlt es zwar noch an der primärrechtlichen Verankerung. Insbesondere stellt Art. 295 (ex-Art. 222) EG, wonach der Vertrag die Eigentumsordnung der Mitgliedstaaten unberührt läßt, keine primärrechtliche Gewährleistung der Eigentumsfreiheit als Individualgrundrecht dar. 106 Die Vorschrift bestätigt vielmehr, daß die Gemeinschaft den Mitgliedstaaten keine bestimmte Konzeption oder Regelung des Eigentums vorschreiben will und bringt so die „eigentumspolitische Neutralität" der Gemeinschaft zum Ausdruck. 107 Der Entwurf der Grundrechtscharta sieht den Schutz des Eigentumsrechts jedoch in Art. 17 mit dem Wortlaut vor: „Jede Person hat das Recht, ihr rechtmäßig erworbenes Eigentum zu besitzen, zu nutzen, darüber zu verfügen und es zu vererben." Mangels vertraglicher Grundlage kam zunächst dem EuGH die Aufgabe der Entfaltung des Eigentumsschutzes zu. Nachdem er bereits in einem Urteil aus dem Jahre 1973 eine Verordnung mit der Begründung verworfen hatte, der Schutz des berechtigten Vertrauens der betroffenen Unternehmer sei nicht berücksichtigt worden,108 folgte die ausdrückliche Anerkennung der gemeinschaftsrechtlichen Eigentumsgarantie mit dem Urteil Hauer 109 im Jahre 1979. Hier ging es um die Rechtmäßigkeit eines durch eine Ratsverodnung verhängten Neuanpflanzungsverbots für Weinreben. Die zuständige deutsche Verwaltungsbehörde hatte den Antrag einer Winzerin auf Erteilung einer Genehmigung zum Weinanbau abgelehnt und sich im Verwaltungsrechtsstreit auf die Ratsverordnung berufen. Im Rahmen der Rechtmäßigkeitsprüfung zog der EuGH, ohne freilich eine Grundrechtsverletzung zu bejahen, das gemeinschaftliche Grundrecht der Eigentumsfreiheit heran, das er - anders als den Grundsatz der Wettbewerbsfreiheit - als „Eigentumsrecht" und damit als Grundrecht bezeichnete.110 In dem später ergangenen Urteil Testa findet sich der Satz: „Das Eigentumsrecht zählt zu den Grundrechten, deren Schutz die Gemeinschaftsrechtsordnung ... gewährleistet". 111 Eine abschließende abstrakte Definition des Schutzbereichs hat der EuGH bislang nicht gegeben. Ausgangspunkt der Entfaltung des gemeinschaftsrechtlichen Rupp/Zuleeg, Grundrechte in der EG, S.23, 27; Irmgard Wetter, Grundrechtscharta, S. 132f.; Gert Nicolaysen, Europarecht I, S.60f. 105 Vgl. EuGH, Rs.4/73, Slg. 1974, 491 ff. - N o l d ; Rs. 44/79, Slg. 1979, 3727 ff. - Hauer; vgl. Theodor Schilling, EuGRZ 1998, 177ff.; Thorsten Kingreen, in: Calliess/Ruffert, Kommentar, Art. 6 EU Rn. 94 m. w. N. in Fn. 212. 106 Hans-Peter Ipsen, Europäisches Gemeinschaftsrecht, S. 725; Hans-Werner Rengeling, Grundrechtsschutz, S.42; Olaf Müller-Michaels, Eigentumsschutz, S.34f.; Carsten Nowak, Konkurrentenschutz, S.475. 107 Christine von Milczewski, Schutz des Eigentums, S.24ff.; Olaf Müller-Michaels, Eigentumsschutz, S. 35; Ingolf Pernice, in: Grabitz/Hilf, Kommentar, Art. 164 EGV Rn. 54; Michael Schweitzer, in: Grabitz/Hilf, Kommentar, Art. 222 EWGV, Rn.2. 108 EuGH, Rs. 1/73, Slg. 1973, 723, 730 - Westzucker. 109 EuGH, Rs. 44/79, Slg. 1979, 3727, 3745 - Hauer. 110 EuGH, Rs. 44/79, Slg. 1979, 3727, 3745 - Hauer. 111 EuGH, Rs.41, 121, 796/79, Slg. 1980, 1979, 1996ff. -Testa. 6*

§ 3 „Grundrechtsrelevanz" des Beihilfenrechts

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Eigentums ist das Sacheigentum. Darüber hinaus grenzt der Gerichtshof den Schutzbereich neuerdings negativ ab, indem er solche Vorteile vom Eigentumsschutz ausschließt, die weder aus dem Vermögen noch aus der Berufstätigkeit des Betroffenen herrühren. 112 Eigentum kann demnach sein, was das Ergebnis von Kapital oder Arbeitskraft darstellt und seinem Inhaber in einer dem klassischen Sacheigentum vergleichbaren Weise zugewiesen ist. 113 Zum Eigentum gehören daher zunächst Grundstücke oder bewegliche Sachen114 sowie das „geistige Eigentum" an Immaterialgüterrechten. 115 Ob das gemeinschaftsrechliche Eigentumsgrundrecht darüber hinaus auch das insbesondere von deutschen Klägern immer wieder geltend gemachte „Recht am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb" schützt, ist umstritten. Vereinzelt wird die Frage unter Hinweis auf das Urteil Biovilac 116 bejaht. 117 In diesem Fall hatte sich die Klägerin des Ausgangsverfahrens auf die Verletzung ihres Rechts am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb bezogen, um Schadenersatz wegen wirtschaftlicher Einbußen zu erlangen, die sie durch den gemeinschaftsrechtlich vorgeschriebenen Verkauf von Magermilchpulver zu abgesenkten Preisen erlitten hatte. Der EuGH stellte in seiner Entscheidung jedoch nicht auf eine Verletzung des Rechts am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb ab, sondern prüfte allgemein eine Eigentumsverletzung, die hier letztlich nicht vorlag. Überwiegend wird daraus der Schluß gezogen, daß der EuGH das Unternehmen zwar prinzipiell als geschützt ansieht, wobei der Schutz spezifisch unternehmerischer Belange aber nicht weiter gehen soll als der Schutz des Eigentums im allgemeinen.118 Auch in anderen Urteilen unterblieb eine besondere Prüfung, obwohl sie sich aufgrund der behaupteten Eingriffe in unternehmerische Belange angeboten hätte. Vielmehr untersuchte der EuGH hier die Eigentumsverletzung, ohne einem spezifischen Recht am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb eine besondere Bedeutung beizumessen.119 Konsequenterweise heißt es dann im Urteil des EuGH zur Bananenmarktordnung aus dem Jahre 1994, daß kein Wirtschaftsteilneh112

stock.

EuGH, Rs.C-44/89, Slg. 1991,1-5119-v.DeetzenII; Rs.C-2/92, Slg. 1994,I-955-Bo-

113 Vgl. Jochen Abr. Frowein, in: Grewe/Rupp/Schneider, Festschrift für Hans Kutscher, S. 189,190f.; Olaf Müller-Michaels, Eigentumsschutz, S.37; Joseph Weilerl Norman Lockart, CMLRev. 1995, 579, 613 f.; Thorsten Kingreen, in: Calliess/Ruffert, Kommentar, Art. 6 EU Rn. 97 ff. 114 Hierzu Theodor Schilling, EuZW 1991,310; Johannes Günter, Berufsfreiheit und Eigentum, S.33f. 115 Olaf Müller-Michaels, Eigentumsschutz, S.37; ausführlich zu Immaterialgüterrechten Christine von Milczewski, Schutz des Eigentums, S.42 ff.; Johannes Günter, Berufsfreiheit und Eigentum, S.34ff. 116 EuGH, Rs. 59/83, Slg. 1984,4057,4079f. - Biovilac. 117 Insbesondere von Hans-Werner Rengeling, Grundrechtsschutz, S.36f. und 46; Irmgard Wetter, Grundrechtscharta, S. 145 f.; nach Carsten Nowak, Konkurrentenschutz, S.478, hat der EuGH mit dem Biovilac-Urteil „Spielraum für Spekulationen" eröffnet. 118 Vgl. Johannes Günter, Berufsfreiheit und Eigentum, S.37. 119 Vgl. nur EuGH, Rs. 258/81, Slg. 1982, 4261, 4280 - Metallurgia Halyps; Rs. 306/93, Slg. 1994,1-5555, 5582 - SMW Winzersekt.

C. Grundrechtsverletzung durch Beihilfenvergabe?

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mer ein Eigentumsrecht an einem Marktanteil geltend machen kann, den er zum Zeitpunkt vor Einführung einer gemeinsamen Marktorganisation hatte.120 Nach diesem Urteil besteht nunmehr Einigkeit darüber, daß der Schutz kaufmännischer Interessen oder Aussichten, deren Ungewißheit zum Wesen wirtschaftlicher Tätigkeit gehört, nicht zum geschützten Bestand des Unternehmens zählen kann.121 2. Grundrechtsverletzung

durch Beihilfenvergabe?

Angesichts dieses Umfangs der gemeinschaftsrechtlichen Gewährleistung stellt sich bereits die Frage, ob im Zusammenhang mit einer Beihilfenvergabe überhaupt der Schutzbereich des Eigentumsgrundrechts von Konkurrenten und sonstigen Dritten betroffen sein kann. Da durch die Gewährung einer Beihilfe an einen Beihilfenempfänger weder das Sach- noch das geistige Eigentum Dritter betroffen ist, sondern vor allem deren kaufmännische Interessen und Marktchancen beeinträchtigt werden, kommt allenfalls ein Eingriff in den eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb in Betracht. Unabhängig von der angesprochenen Streitfrage, ob dieser überhaupt einen über den Schutz des Sach- oder geistigen Eigentums hinausgehenden Schutz genießt, ist zweifelhaft, ob im Zusammenhang mit der Beihilfenvergabe überhaupt von einem Eingriff gesprochen werden kann. Der EuGH unterscheidet seit seiner Leitentscheidung im Fall Hauer in Anlehnung an den Wortlaut des Art. 1 des 1. Zusatzprotokolls zur EMRK zwei Formen des Eingriffs in das Eigentum: Eingriffe sind entweder Maßnahmen, die darauf gerichtet sind, dem Eigentümer sein Recht zu entziehen, oder Maßnahmen, die bezwecken, die Ausübung dieses Rechts zu beschränken.122 Durch die Bildung dieser beiden Eingriffskategorien, die jeweils auf die Zielsetzung der hoheitlichen Maßnahme abstellen, wird allerdings Maßnahmen der Eingriffscharakter abgesprochen, die sich lediglich mittelbar als Eigentumsbeeinträchtigung auswirken, ohne diese zu bezwecken. Um derartige Maßnahmen handelt es sich jedoch beim hoheitlichen Verhalten im Zusammenhang mit der Vergabe staatlicher Beihilfen. Dieses Verhalten kann bereits aufgrund der zur Verfügung stehenden Handlungsformen niemals auf den Entzug des Eigentums von Konkurrenten und sonstigen Dritten gerichtet sein. Daß durch die Begünstigung des Beihilfenempfängers bezweckt wird, Dritte in der Ausübung ihres Eigentums zu beschränken, ist allenfalls in einem praktisch nahezu ausgeschlossenen Extremfall denkbar. Das hoheitliche Verhalten im Zusammenhang mit der Vergabe staatlicher Beihilfen wirkt sich vielmehr in aller Regel mittelbar auf das Eigentum Dritter aus. 120

EuGH, Rs. C-280/93, Slg. 1994,1-4973 - Bananenmarktordnung. Johannes Günter, Berufsfreiheit und Eigentum, S. 38; Irmgard Wetter, Grundrechtscharta, S. 139ff.; Carsten Nowak, Konkurrentenschutz, S.478; vgl. hierzu bereits EuGH, Rs.4/73, Slg. 1974, 491, 508-Nold; Rs. 154 u. a./78, 39 u. a./79, Slg. 1980, 907, 1010-Valsabbia. 122 Olaf Müller-Michaels, Eigentumsschutz, S.44ff.; Johannes Günter, Berufsfreiheit und Eigentum, S.33. 121

§ 3 „Grundrechtsrelevanz" des Beihilfenrechts

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Eine Beurteilung mittelbarer Eingriffe in das Eigentumsrecht ist in der Rechtsprechung bisher nicht ausdrücklich erfolgt. 123 Aus dem Entwurf für die Grundrechtscharta ergeben sich für diese Frage keine Anhaltspunkte. Die Literatur setzt sich mit der Behandlung des mittelbaren Grundrechtseingriffs nur vereinzelt auseinander und lehnt den Schutz vor mittelbaren Eingriffen unter Hinweis auf die Rechtsprechung ganz überwiegend ab. 124 Wenngleich sich dieses Ergebnis nicht auf eine eindeutige Aussage des EuGH zum mittelbaren Eingriff in das Eigentumsrecht stützen läßt, so kann hier doch das Urteil Kommission!Deutschland aus dem Jahre 1986 herangezogen werden, in dem der EuGH der Anerkennung eines mittelbaren Grundrechtseingriffs in einem breiteren Zusammenhang entgegengetreten ist. 125 In einem Vertragsverletzungsverfahren hatte die deutsche Regierung gerügt, eine gemeinschaftsrechtliche Vorschrift führte zur Schließung inländischer Betriebe und stellte einen nicht zu rechtfertigenden Eigentumseingriff dar. Im Urteil heißt es dazu, daß die fragliche Regelung „die Existenz der Unternehmen... oder den Wesensgehalt der freien Berufswahl nicht beeinträchtigt. Sie berührt nicht einmal unmittelbar, sondern nur mittelbar ein damit zusammenhängendes Recht...". Obwohl der Eingriff in die Existenz des Unternehmens und der Eingriff in die freie Berufswahl zusammen erörtert werden, so ergibt sich aus dieser Urteilspassage, daß die „nur mittelbare" Beeinträchtigung dieser Rechte für die Annahme eines Eingriffs nicht ausreicht.

3. Ergebnis Mittelbare Beeinträchtigungen können demnach nicht als Eingriff angesehen werden. 126 Eingriffe in das Eigentumsrecht liegen nur dort vor, wo sie zielgerichtet erfolgen. Das hoheitliche Verhalten im Zusammenhang mit der Vergabe staatlicher Beihilfen erfüllt diese Voraussetzung allenfalls in einem theoretischen Extremfall. 127 Da die staatliche Beihilfenvergabe oder das Verhalten der Gemeinschaftsor123

Vgl. Olaf Müller-Michaels, Eigentumsschutz, S.47. Hans-Werner Rengeling, Grundrechtsschutz, S.27 und 43; Olaf Müller-Michaels, Eigentumsschutz, S.47; ähnlich Martin Nettesheim, EuZW 1995, 106, 108. Oft wird die Frage gar nicht ausdrücklich erörtert, vgl. aber etwa Dieter Feger, Grundrechte, S. 157, der ohne nähere Erläuterung den Schutz vor „allen möglichen Eingriffen" gewährleistet sieht, und Sven Brandt, Eigentumsschutz, S. 194ff., der das Vorliegen eines Eingriffs durch eine Benutzungsregelung anhand der „Schwere und Intensität" abgrenzen will und so wohl einen mittelbaren Eingriff für möglich hält. 125 EuGH, Rs. 116/82, Slg. 1986, 2519, 2544ff.-Kommission/Deutschland. 126 Vgl. hierzu auch EuGH, Rs. 230/78, Slg. 1979, 2749 - Eridania; Rs. 59/83, Slg. 1984, 4957 - Biovilac; Rs. 281/84, Slg. 1987, 49 - Zuckerfabrik Bedburg, denen ebenfalls die Fallkonstellation eine mittelbaren Eingriffs zugrundelag, ohne daß der EuGH diesen als Eigentumseingriff qualifiziert hätte. 127 Olaf Müller-Michaels, S.47; i. Erg. zustimmend aber auch Carsten Nowak, Konkurrentenschutz, S.478f. 124

C. Grundrechtsverletzung durch Beihilfenvergabe?

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gane unterhalb dieses Extremfalls keinen Eingriff in das Eigentumsrecht darstellen, hat der Eigentumsschutz für das Beihilfenrecht nahezu keine Bedeutung. III. Berufsfreiheit Die parallele Behandlung des Eigentumsrechts und des Rechts der freien Berufswahl im Urteil Kommission/Deutschland könnte zu dem Schluß führen, im Hinblick auf die Vergabe staatlicher Beihilfen spiele das Grundrecht der Berufsfreiheit eine vergleichbar untergeordnete Rolle. 1. Anerkennung der Berufsfreiheit

als Grundrecht

Zunächst gehört dieses Grundrecht ebenfalls zu dem seit langem feststehenden Bestand der Gemeinschaftsgrundrechte. Bereits im Urteil Nold, m einer der ersten grundlegenden Entscheidungen zum Grundrechtsschutz, erfolgte die Anerkennung der Berufsfreiheit in Anlehnung an die „Verfassungsordnung verschiedener Mitgliedstaaten".129 Der Begriff „Grundrecht" wurde allerdings erst in späteren Urteilen ausdrücklich erwähnt. Hier finden sich dann verschiedene Formulierungen, in denen die Berufsfreiheit als „Recht der freien Berufswahl" 130 und „Recht der freien Berufsausübung" 131 bezeichnet wird. Der Entwurf der Grundrechtscharta bezeichnet das Grundrecht ausdrücklich als „Berufsfreiheit" und stellt ihm das „Recht zu arbeiten" (Art. 15) und die „Unternehmerische Freiheit" (Art. 16) zur Seite. Zum Schutzbereich rechnete der EuGH im Ν old- Urteil zunächst die „Freiheit der Arbeit, des Handels und anderer Berufstätigkeiten", ohne im einzelnen zwischen der Freiheit der Berufswahl und der Freiheit der Berufsausübung zu differenzieren. 132 Insbesondere seit dem Urteil Hauer steht jedoch fest, daß beide Aspekte der Berufsfreiheit vom Gemeinschaftsrecht geschützt werden. Der EuGH prüfte hier nicht nur eine mögliche Verletzung des gemeinschaftlichen Eigentumsgrundrechts, sondern auch der Berufsfreiheit. Diese sah er aber ebenfalls nicht als verletzt an, weil das Neuanpflanzungsverbot für Weinreben keinen Eingriff in den Winzerberuf darstellte. 133 Die mögliche Beeinträchtigung der Berufsausübung wird im Urteil offen gelassen. Aus anderen Entscheidungen wird jedoch deutlich, daß auch diese in den Schutzbereich der Berufsfreiheit fällt, indem es etwa heißt, daß „das Recht auf 128

EuGH, Rs. 4/73, Slg. 1974,491 ff. - Nold. EuGH, Rs. 4/73, Slg. 1974, 491 f f . - N o l d ; krit. Ingolf Pernice, Grundrechtsgehalte, S.48 f., der daraufhinweist, daß es sich lediglich um die Verfassungsordnung Luxemburgs und Deutschlands handelte. 130 EuGH, Rs. 116/82, Slg. 1986, 2519, 2545 - Kommission/Deutschland. 131 EuGH, Rs.234/85, Slg. 1986, 2897, 2912-Keller. 132 Vgl. zu diesen beiden Aspekten der Berufsfreiheit insbesondere die Rspr. des BVerfG zu Art. 12 Abs. 1 GG, etwa bereits BVerfGE 7, 377,400ff. - Apothekenurteil. 133 EuGH, Rs. 44/79, Slg. 1979, 3727, 3745 - Hauer. 129

§ 3 „Grundrechtsrelevanz" des Beihilfenrechts

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freie Berufsausübung... zu den allgemeinen Rechtsgrundsätzen gehört, die der Gerichtshof zu wahren hat". 134 2. Grundrechtsverletzung

durch Beihilfenvergabe

Ebenso wie hinsichtlich der Eigentumsfreiheit stellt sich hier die Frage, ob hoheitliches Verhalten im Zusammenhang mit einer Beihilfenvergabe den Schutzbereich der Berufsfreiheit von Konkurrenten und sonstigen Dritten berührt. Zumindest die Berufsausübung von Konkurrenten des Beihilfenempfängers, aber auch von Unternehmensverbänden der Konkurrenzunternehmen könnte hier beeinträchtigt sein. Allerdings handelt es sich bei der Vergabe von Beihilfen an einen begünstigten Wettbewerber wiederum nicht um einen unmittelbaren Eingriff 135 in Grundrechte von Konkurrenten und Dritten, weil eine Beihilfenvergabe auf die Begünstigung des Empfängers gerichtet ist und nicht auf die Regelung der Berufsausübung anderer. Die Beurteilung mittelbarer Eingriffe ist mangels ausdrücklicher Regelungen im Entwurf der Grundrechtscharta nach wie vor aus der Rechtsprechung des EuGH heraus zu beurteilen. Nachdem dieser im Urteil Kommission!Deutschland einen Eingriff der angefochtenen Maßnahme ausgeschlossen hatte, weil diese „die Existenz der Unternehmen ... oder den Wesensgehalt der freien Berufswahl... nicht einmal unmittelbar, sondern nur mittelbar" beeinträchtigte, 136 wäre die dogmatische Figur eines mittelbaren Eingriffs ausgeschlossen137 und folglich bei der Vergabe staatlicher Beihilfen kein Eingriff in die Berufsfreiheit anzunehmen.138 Diese Schlußfolgerung kann jedoch nach dem Urteil zur Bananenmarktordnung 139 nicht mehr aufrecht erhalten bleiben. Zur Frage des Eingriffs in das Recht auf freie Berufsausübung enthält dieses Urteil nämlich neue Formulierungen, in denen der Gerichtshof etwa „zu dem behaupteten Eingriff in das Recht auf freie Berufsausübung... [feststellt]..., daß die Einführung eines Zollkontingents... tatsächlich die Wettbewerbsstellung... der Wirtschaftsteilnehmer... ändert,...". 140 Es sei lediglich zu prüfen, ob die eingeführ134

EuGH, Rs.234/85, Slg. 1986, 2897, 2912-Keller. Zum Schutz vor unmittelbaren Eingriffen s. EuGH, Rs. C-177/90, Slg. 1992,1-35 - Kühn; Rs. C-306/93, Slg. 1994,1-5555 - Winzersekt; Thorsten Kingreen, in: Calliess/Ruffert, Kommentar, Art. 6 EU Rn. 129. 136 EuGH, Rs. 116/82, Slg. 1986, 2519-Kommission/Deutschland. 137 So Gert Nicolay sen, Europarecht I, S.61, unter Hinweis auf EuGH, Rs. 116/82; offengelassen von Rupert Stadler, Berufsfreiheit, S.346f.; Carl-Otto Lenz, EuGRZ 1993, 593, 597; Martin Nonhoff, RIW 1995, 541, 545. 138 Krit. zum mittelbaren Grundrechtseingriff auch Ingolf Pernice, in: Grabitz/Hilf, Kommentar, Art. 164 EGV Rn.62b; Hans-Werner Rengeling, Grundrechtsschutz, S.27. 139 EuGH, Rs. C-280/93, Slg. 1994,1-4973, 5044 - Bananenmarktordnung. 140 EuGH, Rs. C-280/93, Slg. 1994,1-4973, 5066 - Bananenmarktordnung (Urteilsgründe Tz. 136); ebenso Carsten Nowak, Konkurrentenschutz, S.481, Johannes Günter, Eigentumsund Berufsfreiheit, S. 27; wohl auch Thorsten Kingreen, in: Calliess/Ruffert, Kommentar, Art. 6 135

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ten Beschränkungen gerechtfertigt sein könnten. Wenn der EuGH also zur Prüfung von Rechtfertigungsgründen übergeht, bejaht er aufgrund ihrer logischen Vorrangigkeit folglich auch die Eingriffsqualität der fraglichen Maßnahme. Besonders deutlich wird dies an einer späteren Stelle des Urteils, in der der EuGH seine Ausführungen zusammenfaßt: „Aus dem Vorstehenden ergibt sich, daß der mit der Verordnung vorgenommene Eingriff in die Berufsausübungsfreiheit der traditionellen Vermarkter von Drittlandsbananen dem Gemeinwohl dienenden Zielen der Gemeinschaft entspricht und dieses Recht nicht in seinem Wesensgehalt antastet." 141 Der Schutz der Berufsfreiheit der Wettbewerber auch vor mittelbaren Eingriffen ist also inzwischen grundsätzlich anerkannt. 142 Daß es sich bei der Formulierung und Prüfungsfolge des EuGH nicht lediglich um ein „Redaktionsversehen" handelt, ergibt sich daraus, daß der EuGH auch in anderen Fällen die gleiche Begründungsstruktur verwendet. 143 Auch die Vergabe staatlicher Beihilfen stellt für Wettbewerber des Beihilfenempfängers dann grundsätzlich einen Eingriff in dieses Gemeinschaftsgrundrecht dar. 144 Während das Urteil zur Bananenmarktordnung zwar hinsichtlich des Schutzes vor mittelbaren Eingriffen Veränderungen mit sich gebracht hat, legt der EuGH nach wie vor strenge Maßstäbe an, bevor eine Verletzung des Grundrechts anzunehmen ist. Die Berufsfreiheit kann nach ständiger Rechtsprechung „keine uneingeschränkte Geltung beanspruchen, sondern [ist] im Zusammenhang mit ihrer gesellschaftlichen Funktion zu sehen".145 Eingriffe in das Grundrecht sind daher gerechtfertigt, wenn diese „tatsächlich dem Gemeinwohl dienenden Zielen der Gemeinschaft entsprechen und nicht einen im Hinblick auf den verfolgten Zweck unverhältnismäßigen, nicht tragbaren Eingriff darstellen, der [die Berufsfreiheit] in ihrem Wesensgehalt antastet". Der Entwurf der Grundrechtscharta enthält eine diese Grundsätze reflektierende allgemeine Schrankenbestimmung, die für alle Grundrechte gilt (Art. 52 Abs. I). 1 4 6 Auch im Hinblick hierauf dürfte ein Grundrechtseingriff letztlich auch künftig auf extreme Fälle beschränkt sein. 3. Ergebnis Hoheitliches Handeln im Zusammenhang mit der Vergabe staatlicher Beihilfen stellt gleichwohl einen mittelbaren Eingriff in das Gemeinschaftsgrundrecht der BeEU Rn. 129, der aber die Einführung eines Zollkontingents als Beispiel für einen unmittelbaren Eingriff in die Berufsfreiheit ansieht. 141 EuGH, Rs.C-280/93, Slg. 1994,1-4973, 5066 - Bananenmarktordnung. 142 CarstenNowak, Konkurrentenschutz, S. 481 ; Martin Nettesheim, EuZW 1995,106,107. 143 Vgl. nur Rs. C-306/93, Slg. 1994,1-5550ff. - SMW Winzersekt (Urteilsgründe Tz. 24 ff.). 144 CarstenNowak, Konkurrentenschutz, S.481; vgl. Martin Nettesheim, EuZW 1995,106; Georg M. Berrisch, EuR 1994, 461,465. 145 EuGH, Rs.C-280/93, Slg. 1994,1-4973,5065f. - Bananenmarktordnung; vgl. nur Thorsten Kingreen, in: Calliess/Ruffert, Kommentar, Art. 6 EU Rn. 130 ff. 146 Krit. hierzu Markus Kenntner, ZRP 2000,423,424.

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§ 3 „Grundrechtsrelevanz" des Beihilfenrechts

rufsfreiheit dar, wenngleich dieser in der überwiegenden Mehrzahl der denkbaren Fälle durch Gemeinwohlbelange gerechtfertigt ist. IV. Allgemeiner Gleichheitssatz Schließlich stellt sich im Zusammenhang mit der Vergabe staatlicher Beihilfen die Frage eines Verstoßes gegen den allgemeinen Gleichheitssatz. Gerade bei der Beihilfenvergabe ist das Spannungsverhältnis zwischen hoheitlichem Handeln und Grundrechtsschutz besonders augenfällig, weil das Merkmal der Spezifität Beihilfen besonders kennzeichnet. Eine Subvention ist gerade um so wirksamer, je gezielter sie vergeben wird. 1. Anerkennung als Grundrecht? Die Gleichbehandlung ist klassischer Ausdruck des Gerechtigkeitsprinzips und prägt die gesamte Gemeinschaftsrechtsordnung bereits in Form von zahlreichen Diskriminierungsverboten, etwa dem Verbot der Diskriminierung aus Gründen der Staatsangehörigkeit in Art. 12 (ex-Art. 6) EG. Heute besteht darüber Einigkeit, 147 daß diese primärrechtlichen Vorschriften zumindest einen objektiven rechtsstaatlichen Verhaltensgrundsatz und eine Auslegungsmaxime des Gemeinschaftsrechts darstellen. Der Entwurf der Grundrechtscharta nimmt in Art. 20 den Satz „Alle Personen sind vor dem Gesetz gleich" auf. Ob das Gemeinschaftsrecht aber einen allgemeinen Gleichheitssatz mit Grundrechtscharakter enthält, ist aber traditionell umstritten und wird durch den Entwurf der Grundrechtscharta zumindest nicht ausdrücklich beantwortet. a) Rechtsprechung des EuGH Der EuGH hat den allgemeinen Gleichheitssatz in einer Reihe von Urteilen aus den spezifischen, vertraglich normierten Diskriminierungsverboten entwickelt, die er als Ausdruck eines allgemeinen Prinzips interpretierte, hinter das die speziellen Diskriminierungsverbote zurücktreten. 148 Eine wichtige Quelle war dabei das Diskriminierungsverbot des Art. 34 (ex-Art. 40) Abs. 3 Unterabs. 2 EG. In den Quellmehl-Urteilen erkannte der Gerichtshof erstmals, daß das hier niedergelegte Diskriminierungsverbot „nur der spezifische Ausdruck des allgemeinen Gleichheitsgrundsatzes [ist], der zu den Grundprinzipien des Gemeinschaftsrechts gehört. Nach die147

Früher war die Geltung eines allgemeinen Gleichheitssatzes angesichts der vielfältigen Spezifizierungen teilweise bestritten worden, vgl. etwa Hans-Peter Ipsen, Europäisches Gemeinschaftsrecht, S. 723 f.; Konrad Feige, Gleichheitssatz, S. 145 ff., 147; Karl M. Meessen, in: Frowein/Hilf/Meessen/Zuleeg, Grundrechte in der EG, S.42. 148 Vgl. Astrid Sybille Mohn, Gleichheitssatz, S. 46; Irmgard Wetter, Grundrechtscharta, S. 198; Uwe Kischel, EuGRZ 1998,1, 3.

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sem Grundsatz dürfen vergleichbare Sachverhalte nicht unterschiedlich behandelt werden, es sei denn, daß eine Differenzierung objektiv gerechtfertigt wäre." 149 Nach der in ständiger Rechtsprechung verwendeten Formel verlangt der Gleichheitssatz, vergleichbare Sachverhalte nicht unterschiedlich und ungleiche Sachverhalte nicht gleich zu behandeln, ohne daß eine Differenzierung objektiv gerechtfertigt wäre 150 und dieser Eingriff verhältnismäßig ist. 151 Zu der Frage, ob es sich bei dem allgemeinen Gleichheitssatz um einen objektiv-rechtlichen „Grundsatz" oder um ein subjektiv-rechtliches „Grundrecht" handelt, hat der EuGH allerdings nicht eindeutig Stellung genommen. b) Auffassungen in der Literatur In der Literatur wird der Grundrechtscharakter des allgemeinen Gleichheitssatzes überwiegend bejaht.152 Teilweise wird dies damit begründet, daß sich der Gleichheitssatz nicht nur aus den primärrechtlichen Diskriminierungsverboten, sondern auch aus der Rechtsvergleichung ergebe, auch wenn der EuGH auf diese nicht zurückgreife. 153 Überwiegend wird die formale Anerkennung als Grundrecht allerdings damit begründet, daß der EuGH die Frage, wann eine Diskriminierung, also ein Eingriff in den allgemeinen Gleichheitsgrundsatz gerechtfertigt ist, nach denselben Kriterien beurteile wie Eingriffe in andere Gemeinschaftsgrundrechte und Grundfreiheiten. 154 Nach einer anderen Auffassung hat der allgemeine Gleichheitssatz keinen Grundrechtscharakter. 155 Hier wird argumentiert, im Unterschied zu den Gemeinschaftsgrundrechten habe der EuGH den allgemeinen Gleichheitssatz vertragsimmanent, 149 EuGH, Rs. 117/76 und 16/77, Slg. 1977, 1753, 1769f. - Quellmehl (Ruckdeschel); nahezu wortgleich bis in die jüngste Rspr., vgl. Rs. 210-202/85, Slg. 1986,3477,3507 - Klensch; Rs. C-267-285/88, Slg. 1990, 1-435, 480 - Wuidart; Rs. C-280/93, Slg. 1994, 1-4973, 5062 - Deutschland/Rat; vgl. Hans-Werner Rengeling, Grundrechtsschutz, S. 138 ff. m. w. N. 150 EuGH, Rs. 117/76, Slg. 1977, 1753, 1770 - Ruckdeschel; vgl. aus der jüngeren Rspr. Rs. 283/83, Slg. 1984, 3791, 3800-Racke; Rs.C-85/90, Slg. 1992,1-5305, 5332 - Dowling. 151 EuGH, Rs. 114/76, Slg. 1977, 1211, 1221 -Bela-Mühle; Rs. 63-69/72, Slg. 1973, 1229, 1248 ff. - Wehrhahn; Rs. 138/78, Slg. 1979, 713,722f. - Stölting. 152 Ingolf Pernice, Grundrechtsgehalte, S. 196 ff.; offen gelassen aber von dems., in: Grabitz/Hilf, Kommentar, Art. 164 EGV Rn.52; Jürgen Schwarze, Europäisches Verwaltungsrecht, Bd. 1, S.529ff., 610; Thorsten Kingreen, in: Calliess/Ruffert, Kommentar, Art.6 EU, Rn. 175; Irmgard Wetter, Grundrechtscharta, S.36; Thomas Oppermann, Europarecht, Rn.492; Jürgen Schwarze, ZfV 1993, 1, 3; Manfred Zuleeg, in: Baur/Müller-Graff/ders., Festschrift für Bodo Börner, S.473, 476; offen gelassen von Hans-Werner Rengeling, Grundrechtsschutz, S. 142; s. a. ders., EuR 1984, 331,338. 153 Albert Bleckmann, Europarecht, Rn. 111; krit. hierzu jedoch Ingolf Pernice, Grundrechtsgehalte, S. 197 Fn.744. 154 Ingolf Pernice, Grundrechtsgehalte, S.200. 155 Carsten Nowak, Konkurrentenschutz, 493 f.; Dieter Feger, Grundrechte, S. 189; Gilbert Gornig/Christiane Trüe, JZ 1993, 884, 888f.

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d. h. aus den besonderen Diskriminierungsverboten, entwickelt und nicht aus den gemeinsamen Verfassungstraditionen der Mitgliedstaaten und der EMRK abgeleitet. Daß der EuGH den Gleichheitssatz denselben Schranken unterwerfe wie die Gemeinschaftsgrundrechte, sei lediglich ein Indiz und kein eindeutiger Beleg für dessen Grundrechtscharakter, denn auch die Grundfreiheiten unterlägen derselben Schrankensystematik wie die Gemeinschaftsgrundrechte, ohne selbst Grundrecht zu sein.156 c) Kein Gleichheits-Grundrecht Ob über die Grundrechtsqualität des allgemeinen Gleichheitssatzes endgültig entschieden werden muß, hängt nicht zuletzt davon ab, ob eine mögliche Grundrechtsverletzung für die Frage des Rechtsschutzes bei der Vergabe staatlicher Beihilfen überhaupt Bedeutung erlangen kann. Dies wäre der Fall, wenn die Vergabe einer staatlichen Beihilfe einen Eingriff in das Gleichheitsgrundrecht derer darstellen würde, die durch die staatliche Maßnahme nicht begünstigt werden und kein anderes Grundrecht vor diesem Eingriff schützen würde. Soweit es lediglich um die Abwehr einer staatlichen Begünstigung geht, bietet nach der Entscheidung über die Bananenmarktordnung das gemeinschaftliche Grundrecht der Berufsfreiheit ausreichenden Schutz,157 so daß die Grundrechtsqualität des allgemeinen Gleichheitssatzes lediglich ein „akademisches Problem" wäre. Bedeutung erlangt die Frage lediglich, wenn es auch als Eingriff in das Grundrecht auf Gleichbehandlung angesehen werden könnte, wenn anderen als den bisher durch eine staatliche Maßnahme Begünstigten ihrerseits durch eine beihilfenaufsichtsrechtliche Entscheidung oder die Ablehnung der Vergabe durch den Mitgliedstaat eine Begünstigung verweigert würde. Dies wäre der Fall, wenn der gemeinschaftsrechtliche allgemeine Gleichheitssatz nicht nur die Abwehr von Ungleichbehandlungen, sondern auch einen Anspruch auf Gleichbehandlung, bezogen auf die Vergabe staatlicher Beihilfen einen Anspruch auf Subventionierung vermitteln würde. 158 2. Anspruch auf Subventionierung? Grundsätzlich liegt ein Verstoß gegen den allgemeinen Gleichheitssatz im Zusammenhang mit der Vergabe staatlicher Beihilfen immer vor, wenn sich hoheitliches Handeln in vergleichbaren Sachverhalten unterscheidet bzw. in unterschiedli156

Carsten Nowak, Konkurrentenschutz, 493 f. So insbesondere Carsten Nowak, Konkurrentenschutz, S.494, 158 Zum „Konkurrentengleichstellungsanspruch" nach deutschem Recht Peter M. Huber, Konkurrenzschutz, S.510f.; Jörg Manfred Mössner, JuS 1971, 131, 133; Fritz Rittner !KlausDieter Stephan, GewArch 1985, 177, 181; Christian-Friedrich Menger/Uwe Erichs en, VerwArch 1967,278,286; Ludwig Fröhler/Helmuth Lenz, GewArch 1976,73,76; zuletzt Dian Schef old, in: Heldrich/Schlechtriem/Schmidt, Festschrift für Helmut Heinrichs, S.487,492 ff. 157

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chen Sachverhalten gleicht. Zunächst muß also die Vergleichbarkeit bzw. Unterschiedlichkeit der Sachverhalte und dann die Ungleichbehandlung bzw. Gleichbehandlung festgestellt werden. Die Vergleichbarkeit zweier Sachverhalte ist dabei anhand objektiver Umstände zu beurteilen. Sie ist nicht nur gegeben, wenn sich zwei Sachverhalte völlig, sondern schon dann, wenn sie sich nur im wesentlichen gleichen.160 Werden durch hoheitliches Handeln bei der Vergabe staatlicher Beihilfen einzelne Unternehmen begünstigt, während andere, obwohl sie sich in einer vergleichbaren Lage befinden, keine Zuwendung erhalten, stellt dies eine unterschiedliche Behandlung im wesentlichen vergleichbarer Sachverhalte dar. Liegt ein Gleichheitsverstoß durch hoheitliches Handeln im Zusammenhang mit der Vergabe staatlicher Beihilfen vor, kann dies zwar prinzipiell nicht nur auf die Gewährung einer Beihilfe an einen Begünstigten, sondern auch auf die Nicht-Gewährung einer Beihilfe an andere zurückgehen. Formal wären zwei Konsequenzen aus diesem Gleichheitsverstoß denkbar: es könnte entweder dem Begünstigten die Zuwendung wieder entzogen werden oder andere könnten ebenfalls eine Begünstigung erhalten. 161 Die „Brücke" zu einem Anspruch auf eine bestimmte Wiederherstellung der Gleichheit könnte jedoch lediglich über eine Interpretation des allgemeinen Gleichheitssatzes als „Schutzpflicht" oder als Anspruch auf Teilhabe oder Leistung geschlagen werden. Diese Interpretation der Gemeinschaftsgrundrechte hat sich bisher allerdings weder allgemein noch insbesondere für den allgemeinen Gleichheitssatz durchgesetzt.162 Anders als in der Diskussion um einen „Anspruch auf Subventionierung" aus dem Gleichheitsgrundrecht des Art. 3 Abs. 1 GG kann der allgemeine Gleichheitssatz des Gemeinschaftsrechts keinen Anspruch auf staatliche Beihilfen vermitteln. 163 3. Ergebnis Die Bedeutung des allgemeinen Gleichheitssatzes im Zusammenhang mit der Vergabe staatlicher Beihilfen ist daher gering. In seiner Abwehrfunktion gewährleistet er keinen weitergehenden Schutz als das Freiheitsgrundrecht der Berufsfreiheit. Für die Anerkennung einer Funktion als grundrechtliche Schutzpflicht oder als Teilhaberecht liegen keine Anhaltspunkte vor. Daher kommt es auf die theoretische Fra159 EuGH, Rs. 84/87, Slg. 1988, 2647, 2674 - Erpelding; Rs. C-267-285/88, Slg. 1990, 1-435, 480: Wuidart; vgl. Manfred Zuleeg, in: Baur/Müller-Graff/ders., Festschrift für Bodo Börner, S. 473,477. 160 Vgl. Astrid Sybille Mohn, Gleichheitssatz, S.48ff. 161 Vgl. Peter M. Huber, Konkurrenzschutz, S.510f. 162 Hans-Werner Rengeling, Grundrechtsschutz, S.205; Martin Nettesheim, EuZW 1995, 106,108; Hubertus Gersdorff.; AöR 1994, 400, 410. 163 Würden sich die Staatsangehörigen desselben Mitgliedstaats auf den Gleichheitssatz berufen, stellte sich zudem das Problem der sog. „Inländerdiskriminierung", die sowohl der EuGH als auch die Literatur für zulässig halten; vgl. Theodor Schilling, JZ 1994, 8,9; Thomas Jürgensen/Irene Schlünder, AöR 1996, 200, 226.

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§ 3 „Grundrechtsrelevanz" des Beihilfenrechts

ge des Grundrechtscharakters des allgemeinen Gleichheitssatzes auch nicht an. Die Formulierungen des EuGH, wonach es sich hier lediglich um einen „Grundsatz" handele, ließen sich allerdings nur widerlegen, wenn man hier die durchgängige Verwendung einer unpräzisen Terminologie unterstellen würde: Ähnlich wie bei dem „Grundsatz" der Wettbewerbsfreiheit spricht der EuGH den allgemeinen Gleichheitssatz nicht als Grundrecht, sondern als „Gleichheitsgrundsatz" an. Die schrankensystematische Behandlung dieses „Grundsatzes" stellt zwar ein Indiz für die Einordnung als Grundrecht dar. Da sowohl die Verletzung der Grundfreiheiten als auch der lediglich objektiv-rechtliche Grundsatz der Wettbewerbsfreiheit ebenfalls im Hinblick auf ihre Verhältnismäßigkeit überprüft werden, bestehen aber Zweifel daran, ob der allgemeine Gleichheitssatz deshalb als Grundrecht angesehen werden muß.

D. Zusammenfassung Wie bei jedem hoheitlichen Handeln sind auch bei der Vergabe staatlicher Beihilfen die Bindungen der Gemeinschaftsgrundrechte zu beachten. Dies gilt nicht nur für die Organe der Gemeinschaft, sondern auch für die Mitgliedstaaten. Dies ergibt sich aus der unmittelbaren Betroffenheit der Grundrechtsträger durch die formal an die Mitgliedstaaten adressierten Entscheidungen. Zwar werden diese bei formaler Betrachtung durch eine Entscheidung im Beihilfenaufsichtsverfahren lediglich ermächtigt, eine Beihilfe zu gewähren. Tatsächlich weichen sie, nachdem sie eine staatliche Maßnahme erst einmal zur Genehmigung angemeldet haben, nach erfolgter Genehmigung von ihrem Vorhaben nicht mehr ab, sondern setzen die Kommissionsentscheidung „automatisch" um. Durch diese Umsetzung handeln sie als „verlängerter Arm" der Gemeinschaft und unterliegen daher der Grundrechtsbindung. Insoweit bewegen sich Gemeinschaftsorgane und Mitgliedstaaten im Schutzbereich des Gemeinschaftsgrundrechts der Berufsfreiheit der Wettbewerber des Beihilfenempfängers. Die Wettbewerbsfreiheit, die Eigentumsfreiheit und der allgemeine Gleichheitssatz sind demgegenüber nicht oder nur unter besonderen Umständen einschlägig. Entgegen der früheren Rechtsprechung stellen nach dem Urteil des EuGH zur Bananenmarktordnung auch mittelbar auf den Schutzbereich dieses Grundrechts einwirkende Maßnahmen grundsätzlich Grundrechtseingriffe dar.

§ 4 Gemeinschaftsrechtlicher Rechtsschutz Α. Grundlagen Gemeinschaftsorgane, insbesondere die Kommission, sind die Hauptakteure der Beihilfenaufsicht. Sie unterliegen der gemeinschaftsgerichtlichen Kontrolle: Die Europäische Gemeinschaft ist eine „Rechtsgemeinschaft". Konkurrenten und sonstige Dritte können also gegen Handlungen bzw. die Untätigkeit der Organe im Beihilfenaufsichtsverfahren vor dem EuGH Rechtsschutz suchen. „Rechtsschutz" wird hierbei als umfassender gerichtlicher Schutz bei der Anwendung des Beihilfenrechts verstanden.1 Im gemeinschaftlichen Rechtsschutzsystem2 ist gegen Organhandlungen zunächst die Nichtigkeitsklage nach Art. 230 (ex-Art. 173) EG möglich. Denkbar ist auch eine Schadenersatzklage wegen außervertraglicher Haftung der Gemeinschaft nach Art. 235 i. V. m. 288 Abs. 2 (ex-Art. 178 i. V. m. 215 Abs. 2) EG. Gegen die Untätigkeit der Gemeinschaftsorgane stehen die Untätigkeitsklage nach Art. 232 (ex-Art. 175) EG und ebenfalls die Schadenersatzklage zur Verfügung. 3

B. Rechtsschutz gegen Handlungen der Gemeinschaftsorgane I. Nichtigkeitsklage Die Nichtigkeitsklage dient der Einhaltung und rechtmäßigen Anwendung des Gemeinschaftsrechts durch die Organe. Es handelt sich um eine Gestaltungsklage, mit der die Nichtigkeit einer Organhandlung geltend gemacht werden kann.4 Im Zusammenhang mit der Vergabe staatlicher Beihilfen handeln die Gemeinschaftsorga1 Im Vordergrund steht hier der „subjektive Rechtsschutz" des Einzelnen. Der Begriff des Rechtsschutzes umfaßt allerdings auch den Rechtsschutz staatlicher oder gemeinschaftlicher Organe; vgl. zum Begriff des Rechtsschutzes Michael Tonne, Effektiver Rechtsschutz, S. 30ff.; Hans-Werner Rengeling/Andreas Middeke/Martin Gellermann, Rechtsschutz, Rn. 5. 2 Rechtsschutz besteht daneben auch für den beihilfengewährenden Mitgliedstaat und das begünstigte Unternehmen selbst, vgl. hierzu F. Thilo Klingbeil, Beihilfeverfahren, S. 186 ff. und 221 ff., sowie für andere Mitliedstaaten, vgl. F. Thilo Klingbeil, a. A. O., S. 198 ff. und 230 ff. 3 In allen Verfahren ist auch vorläufiger Rechtsschutz möglich, für den jedoch hier keinerlei Besonderheiten gelten und der deshalb unerörtert bleibt; vgl. dazu F. Thilo Klingbeil, Beihilfeverfahren, S. 253 ff.; Martin Reufels, Subventionskontrolle, S. 160ff.; eingehend Martin Weber, Vorläufiger Rechtsschutz bei subventionsrechtlichen Konkurrentenklagen, S. 124 ff. 4 Zu Wesen und Bedeutung der Nichtigkeitsklage Hans-Werner Rengeling/Andreas Middeke! Martin Gellermann, Rechtsschutz, Rn. 122.

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§ 4 Gemeinschaftsrechtlicher Rechtsschutz

ne ausschließlich durch die in Art. 4 und 7 VerfO sowie Art. 88 (ex-Art. 93) Abs. 3 Satz 3 EG vorgesehenen Aufsichtsentscheidungen, gegen die sich die Klage der Konkurrenten und sonstigen Dritten richten muß. 1. Zulässigkeitsvoraussetzungen a) Überblick Die Zulässigkeit der Nichtigkeitsklage hängt nach Art. 230 (ex-Art. 173) EG vor allem davon ab, ob sie von Mitgliedstaaten und den Gemeinschaftsorganen (Abs. 2 und 3) oder von natürlichen und juristischen Personen (Abs. 4) erhoben wird. Bei der Klage von Konkurrenten und sonstigen Dritten gegen Organhandlungen in der Beihilfenaufsicht handelt es sich um eine Klage natürlicher oder juristischer Personen. Der EuGH legt hier einen gemeinschaftsrechtlichen Begriff der natürlichen oder juristischen Person zugrunde, nach dem maßgeblich ist, ob der Kläger nach nationalem Recht mit eigener Rechtspersönlichkeit ausgestattet ist oder zumindest Merkmale aufweist, an die die Rechtspersönlichkeit üblicherweise anknüpft. 5 Im Ergebnis deckt sich dies mit dem Begriff der Parteifähigkeit im Prozeßrecht der Mitgliedstaaten.6 Die dortigen Voraussetzungen für die Qualifizierung als natürliche oder juristische Personen werden Konkurrenten und sonstige Dritte zumeist erfüllen. Schwierigkeiten können sich hier lediglich bei Berufs- und Unternehmensverbänden, Gewerkschaften, Verbraucher- oder Steuerzahlerverbänden ergeben, die nach nationalem Recht u. U. nicht als rechtsfähige Vereinigungen eingestuft werden. Auch bei Gesellschaften in Gründung ist die Parteifähigkeit nicht ohne weiteres gegeben. Der EuGH verfährt hinsichtlich der Parteifähigkeit jedoch großzügig, wenn der Kläger in einem dem angefochtenen Rechtsakt vorausgegangenen Verwaltungs- oder Ausschreibungsverfahren beteiligt war.7 Konkurrenten und sonstige Dritte, die nach nationalem Recht parteifähig sind oder Beteiligte i. S. d. Art. 1 lit. h VerfO waren, sind also im Verfahren der Nichtigkeitsklage parteifähig. 8 Art. 230 (ex-Art. 173) Abs. 4 EG nennt die Organhandlungen, die die parteifähigen natürlichen oder juristischen Personen mit der Nichtigkeitsklage anfechten können. Sie können sich danach gegen „die an sie ergangenen Entscheidungen sowie (...) diejenigen Entscheidungen [wenden], die, obwohl sie als Verordnung oder als 5 Vgl. etwa EuGH, Rs. 107/63, Slg. 1965, 548, 555 f. - Töpfer; für die deutsche Kommanditgesellschaft Rs. 50/84, Slg. 1984, 2247, 2252 - Bensider; für eine Berufsvereinigung Rs. 297/86, Slg. 1988, 3531, 3552-CIDA; für eine Gewerkschaft Rs. 18/74, Slg. 1974, 933, 944 - Syndicat Général; vgl. Jürgen Schmidt-Räntsch, EuZW 1990, 376, 377. 6 Hans-Wolfram Daig, Nichtigkeits- und Untätigkeitsklagen, Ziff. 14f.; Hans-Werner Rengeling/Andreas MiddekelMartin Gellermann, Rechtsschutz, Rn. 134; F. Thilo Klingbeil, Beihilfeverfahren, S.179. 7 Vgl. EuGH, Rs. 135/81, Slg. 1982, 3799, 3808-Agences de Voyages. 8 So Christian KoeniglClaude Sander, EG-Prozeßrecht, Rn.241; i. Erg. auch F. Thilo Klingbeil, Beihilfeverfahren, S. 181.

Β. Rechtsschutz gegen Handlungen der Gemeinschaftsorgane

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eine an eine andere Person gerichtete Entscheidung ergangen sind, sie unmittelbar und individuell betreffen". Neben der Frage, welche Organhandlungen im Beihilfenaufsichtsverfahren als Klagegegenstände in Betracht kommen, hängt die Zulässigkeit der Klage der Konkurrenten und sonstigen Dritten daher von ihrer unmittelbaren und individuellen Betroffenheit (der sog. „Klageberechtigung") ab. Die Klage muß schließlich innerhalb einer bestimmten Klagefrist erhoben werden. Die übrigen Zulässigkeitsvoraussetzungen der Nichtigkeitsklage natürlicher oder juristischer Personen werfen keine besonderen Probleme auf. Die Klage muß sich gegen den richtigen Beklagten richten. Hier handelt es sich um das Organ, das die angefochtene Handlung erlassen hat.9 Aus dem Kreis der Gemeinschaftsorgane kommen im Rahmen einer mitgliedstaatlichen Beihilfenvergabe lediglich die Kommission oder der Rat in Betracht, die nach Art. 230 (ex-Art. 173) Abs. 1 EG auch passiv parteifähig sind. Der Kläger muß außerdem das Vorliegen eines Nichtigkeitsgrundes nach Art. 230 (ex-Art. 173) Abs. 2 EG geltend machen und darlegen, aus welchem der dort aufgeführten Klagegründe die Organhandlung rechtswidrig sein soll. Sachlich zuständig für die Nichtigkeitsklage natürlicher und juristischer Personen ist nunmehr 10 nach Art. 3 des einschlägigen Ratsbeschlusses aus dem Jahre 199311 das Gericht erster Instanz.12 b) Klagegegenstände Als Klagegegenstände kommen diejenigen Handlungen der Gemeinschaftsorgane im Beihilfenaufsichtsverfahren in Frage, durch die einem Mitgliedstaat die rechtmäßige Vergabe einer Beihilfe gestattet wird. Konkurrenten und sonstige Dritte sind niemals Adressaten solcher Handlungen. Sie sind vielmehr stets an die Mitgliedstaaten gerichtet. Voraussetzung einer zulässigen Nichtigkeitsklage ist nach Art. 230 (ex-Art. 173) Abs. 4 EG, daß es sich bei diesen Entscheidungen dennoch um „an eine andere Person gerichtete Entscheidungen" handelt. 9 Vgl. Hans-Werner Rengeling/Andreas MiddekelMartin Gellermann, Rechtsschutz, Rn. 135 ff.; Hans-Wolfram Daig, Nichtigkeits- und Untätigkeitsklagen, Ziff. 17. 10 Durch Beschluß 88/591/EAG, EGKS, EWG, ABl. 1988 L319, S. 1, wurde das Gericht erster Instanz eingerichtet. Zunächst war es aber nur für Beamtenklagen, bestimmte Klagen nach dem EGKSV und Klagen natürlicher und juristischer Personen in Wettbewerbssachen zuständig; hierzu Hans-Werner Rengeling/Andreas Middekel Martin Gellermann, Rechtsschutz, Rn. 127; Hans-Jürgen Rabe, NJW 1989, 3041 ff. 11 Beschluß 93/350/EAG, EGKS, EWG, ABl. 1993 L144, S.21; hierzu Hans-Jörg Niemeyer, EuZW 1993, 529, 530; Andreas Middeke/Peter Szczekalla, JZ 1993, 284, 286. 12 Im Zuge der Zuständigkeitserweiterung des EuG sollen künftig auch Klagen von Mitgliedstaaten gegen die Kommission vor dem EuG erhoben werden. Für diese war bisher der EuGH zuständig. Bisher waren in Fällen paralleler Klageerhebung die Verfahren vor dem EuGH nach Art. 47 Abs. 3 EuGH-Satzung ausgesetzt und erst nach Abschluß des Verfahrens vor dem EuG fortgesetzt worden; vgl. zu dieser Entwicklung Waltraud Hakenberg/Ernst Tremmel, EWS 1999, 167.

7 Staebe

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§ 4 Gemeinschaftsrechtlicher Rechtsschutz

aa) Tatbestandsmerkmal

„ andere Person "

Zunächst scheint der Wortlaut die Nichtigkeitsklage auf Entscheidungen zu beschränken, die an eine andere natürliche oder juristische Person des Privatrechts gerichtet sind. Klagen gegen an Mitgliedstaaten gerichtete Entscheidungen, wie sie im Beihilfenaufsichtsverfahren getroffen werden, wären demnach nicht zulässig. Es besteht jedoch Einigkeit darüber, daß dieser Wortlaut eine Individualklage gegen an Mitgliedstaaten gerichtete Entscheidungen nicht ausschließt.13 Der Begriff der „anderen Person" ist nicht etwa auf natürliche oder juristische Personen des Privatrechts beschränkt. Art. 230 (ex-Art. 173) Abs. 4 EG spricht vielmehr im ersten Halbsatz von „jeder natürlichen oder juristischen Person" und im zweiten Halbsatz von der „anderen Person", so daß hier auch juristische Personen des öffentlichen Rechts wie ζ. B. die Mitgliedstaaten angesprochen sind.

bb) Tatbestandsmerkmal

„Entscheidungen "

Einigkeit besteht ferner darüber, daß nicht nur „Entscheidungen" i. S. d. Art. 249 (ex-Art. 189) Abs. 4 EG, sondern darüber hinaus alle anderen Organhandlungen mit der Nichtigkeitsklage angefochten werden können, die Rechtswirkungen im Einzelfall erzeugen. Obwohl der Wortlaut des Art. 230 (ex-Art. 173) Abs. 4 EG ausdrücklich von „Entscheidungen" als Klagegegenstand der Nichtigkeitsklage spricht, sind hier alle Maßnahmen gemeint, die ihren Adressaten - nicht notwendigerweise nur den Kläger - in rechtsverbindlicher Weise beschweren.14 Das Vorliegen der formellen Kriterien des Art. 249 (ex-Art. 189) Abs. 4 EG ist jedoch hinreichende - wenn auch nicht notwendige - Bedingung für die Zulässigkeit der Klage.

(1) Entscheidungen in der vorläufigen und förmlichen Prüfung Als Klagegegenstände kommen demnach zunächst die die Konkurrenten und sonstigen Dritten beschwerenden Entscheidungen der Kommission zum Abschluß einer vorläufigen Prüfung nach Art. 4 Abs. 2 und 3 VerfO bzw. zum Abschluß einer förmlichen Prüfung nach Art. 7 Abs. 2 und 3 VerfO in Betracht. 13

EuGH, Rs. 25/62, Slg. 1963,213,237 - Plaumann; Hans-Werner RengelinglAndreas Middeke/Martin Gellermann, Rechtsschutz, Rn. 143; Hans-Wolfram Daig, Nichtigkeits- und Untätigkeitsklagen, Ziff. 121; Heinrich Kirschneri Karin Klüpfel, Gericht erster Instanz, Rn.48; Waltraud Hakenberg/Christine Stix-Hackl, Handbuch, S.41; Albrecht A. Randelzhofer, Kontrollverfahren, S. 89; gegen die ältere a. A. von Gerhard Bebr, Judicial Control, S. 71 f.; Ernst Steindorff\ Rechtsschutz und Verfahren, S.94. 14 So die st. Rspr., vgl. schon EuGH, Rs. 19-22/86, Slg. 1962, 1003,1020-FNBG; und die allg. A. in der Literatur; vgl. Uwe ErichsenlRichard Weiß, Jura 1990, 528, 531; Hans-Werner Rengeling/Andreas MiddekelMartin Gellermann, Rechtsschutz, Rn. 143; Heinrich Kirschneri Karin Klüpfel, Gericht erster Instanz, Rn.48.

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Kommt die Kommission im „Verfahren bei angemeldeten Beihilfen" (Art. 2 bis 9 VerfO) in der vorläufigen Prüfung nach Art. 4 VerfO zu dem Ergebnis, daß es sich bei einem angemeldeten Vorhaben nicht um eine Beihilfe handelt, stellt sie dies nach Art. 4 Abs. 2 VerfO durch eine „Entscheidung" fest. Erfüllt das Vorhaben einen Ausnahmetatbestand, erläßt sie nach Art. 4 Abs. 3 VerfO eine „Entscheidung, keine Einwände zu erheben". Wird das Stadium des förmlichen Prüfverfahrens nach Art. 7 erreicht und kommt die Kommission hier zu dem Ergebnis, daß keine Beihilfe vorliegt, erläßt sie nach Art. 7 Abs. 2 VerfO ebenfalls eine „Entscheidung". Liegt ein Ausnahmetatbestand vor, ergeht nach Art. 7 Abs. 3 VerfO eine „Positiventscheidung". Auch im Verfahren bei rechtswidrigen Beihilfen (Art. 10 bis 15 VerfO) werden die vorläufige und die förmliche Prüfung nach Art. 13 VerfO mit den in Art. 4 Abs. 2 und 3 sowie Art. 7 Abs. 2 und 3 VerfO genannten Entscheidungen abgeschlossen.15 Im Verfahren bei mißbräuchlicher Anwendung (Art. 16 VerfO) steht der Kommission in der vorläufigen Prüfung nur die Entscheidungsmöglichkeit der Eröffnung des förmlichen Verfahrens offen. Da diese Konkurrenten und sonstige Dritte nicht beschwert, liegt hier in diesem Prüfungsstadium kein Klagegegenstand vor. Die Entscheidungen im förmlichen Verfahren richten sich jedoch gem. Art. 16 VerfO wiederum nach Art. 7 VerfO und sind daher als Gegenstände der Nichtigkeitsklage denkbar. Im Verfahren bei bestehenden Beihilferegelungen (Art. 17 bis 19 VerfO) schließlich findet anstelle der vorläufigen nur eine fortlaufende Prüfung statt. Ob die hier getroffenen Maßnahmen, insbesondere die Einstellung der fortlaufenden Prüfung, als Klagegegenstände dienen könnten, wird gesondert untersucht. In der förmlichen Prüfung dieses Verfahrens werden nach Art. 19 Abs. 2 VerfO jedoch wiederum die in Art. 7 VerfO genannten Entscheidungen getroffen. Vor Erlaß der Verfahrensverordnung war entgegen der jüngeren Rechtsprechung16 bezweifelt worden, ob bei der „Verfahrenseinstellung" des früheren Vorprüfungsverfahrens (heute: Verfahren bei angemeldeten Beihilfen) 17 sowie bei der po15

Die übrigen in diesem Verfahren möglichen Entscheidungen, d. h. die Auskunftsanordnung nach Art. 10 Abs. 3, die Aussetzungsanordnung nach Art. 11 Abs. 1, die einstweilige Rückforderungsanordnung nach Art. 11 Abs. 2 sowie die Rückforderungsanordnung nach Art. 14 VerfO beschweren Konkurrenten und sonstige Dritte nicht und spielen daher hier keine Rolle. 16 Vgl. nur EuGH, Rs. 166, 220/86, Slg. 1988, 6473, 6501 - Irish Cement; C-313/90, Slg. 1993,1-1125, 1184-CIRFS; Rs. 84/82, Slg. 1984, 1451, 1488 - Deutschland/Kommission; unklar Rs. 120/73, Slg. 1973,1471, 1482-Lorenz. 17 GA Darmon, Schlußanträge zu EuGH, Rs. 166,220/86, Slg. 1988,6473,6494 - Irish Cement, sowie unter Berufung auf EuGH, Rs. 120/73, Slg. 1973, 1471, 1482 - Lorenz etwa Gabriela v. Wallenberg , in: Grabitz/Hilf, Kommentar, Art. 93 EGV Rn. 59; Lefevre, Staatliche Ausfuhrförderung, S. 139 f.; Hans-Werner Rengeling, in: Börner/Neundörfer: Recht und Praxis 7*

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sitiven Stellungnahme zum Abschluß des Hauptprüfungsverfahrens 18 von Entscheidungen i. S. d. Art. 230 (ex-Art. 173) Abs. 4 EG ausgegangen werden konnte. Nach dem Wortlaut der Art. 4 Abs. 2 und Abs. 3 sowie Art. 7 Abs. 2 und 3 VerfO ist nunmehr durchgehend der Erlaß einer „Entscheidung" vorgesehen. Schon dieser Wortlaut läßt erkennen, daß mit dem Erlaß der Verfahrensverordnung die Streitfrage um den Entscheidungscharakter der Organhandlungen im Beihilfenaufsichtsverfahren geklärt werden sollte.19 Ob es sich tatsächlich um „Entscheidungen" handelt, hängt jedoch nicht allein von dem nunmehr gewählten Wortlaut ab, sondern ist durch dessen systematisch-teleologische Auslegung im Hinblick auf die Kriterien des Art. 249 (ex-Art. 189) Abs. 4 EG zu beantworten.20 Auch bei einer als „Entscheidung" bezeichneten Organhandlung muß es sich nämlich nicht zwingend um eine Entscheidung handeln.21 Eine Entscheidung liegt vielmehr nur vor, wenn sich die Handlung an einzelne oder an eine begrenzte Zahl von Adressaten richtet und verbindliche Rechtswirkungen für einen zu regelnden Einzelfall erzeugt.22 Die Entscheidungen nach Art. 4 Abs. 2 und Abs. 3 sowie Art. 7 Abs. 2 und 3 VerfO regeln jeweils Einzelfälle, indem sie die Rechtmäßigkeit des verfahrensgegenständlichen Beihilfenvorhabens feststellen. Sie ergehen gegenüber einer begrenzten Zahl von Adressaten, nämlich i. d. R. an einen beihilfengewährenden Mitgliedstaat. Ferner sind sie erkennbar geeignet, Rechtswirkungen zu erzeugen, indem sie den Mitgliedstaat von seiner Pflicht zur Beachtung des „Durchführungsverbots" des Art. 3 VerfO entbinden und ihm die rechtmäßige Einführung der Beihilfe gestatten. Der Entscheidungscharakter der Maßnahmen der Kommission nach Art. 4 Abs. 2 und der Beihilfen, KSE 32, S. 23,45; Sabine Diehm, Überwindung der nationalen Beihilfenpolitik, S. 81; Martin Reufels, Subventionskontrolle, S. 150; Hans-Jörg Niemeyer, EuZW 1993, 273, 275; Gero Leibrock, EuR 1990, 20, 32f.; Norbert Low, Rechtsschutz des Konkurrenten; S. 46; ausführlich zum Meinungsstreit Wolfram Cremer, Forschungssubventionen, S. 206 ff. m. w.N. 18 Nach Jochen Thiesing, in: v. d. Groeben/v. Boeckh/Thiesing/Ehlermann, Kommentar, 3. Auflage, Art. 93 Rn. 48, sollte auch hier nicht unbedingt eine Entscheidung i. S. d. Art. 189 Abs. 4 EGV a. F. vorliegen; anders jedoch die fast allg. Auffassung, vgl. nur Wolfram Cremer, Forschungssubventionen; S. 210 m. w. N. in Fn. 21. 19 So Carsten Nowak, DVB1. 2000, 20, 21. 20 Vgl. zur teleologischen Auslegung Albert Bleckmann, NJW 1982,1177,1178; Peter Meyer, Jura 1994, 455, 456; Carsten Buck, Auslegungsmethoden, S. 202 ff.; methodisch erfordert die Bestätigung eines eindeutigen Wortlauts indessen weniger Aufwand als die Begründung eines vom Wortlaut nicht vorgesehenen Ergebnisses. Zu der vor Erlaß der VerfO erforderlichen Auslegung des Entscheidungscharakters einer Verfahrenseinstellung vor Erlaß der VerfO siehe Wolfram Cremer, Forschungssubventionen, S. 209 ff. 21 Nach Gabriela v. Wallenberg, in: Grabitz/Hilf, Kommentar, Art. 93 EGV Rn. 59, hatte auch der EuGH, der schon in seinem Urteil in der Rs. 84/82, Slg. 1984,1451,1485 ff.-Deutschland/Kommission von einer „Entscheidung" zum Abschluß des Vorprüfungsverfahrens ausgegangen war, hiermit keine Entscheidung i. S. d. Art. 189 Abs. 4 „gemeint"; hierzu krit. Wolfram Cremer, Forschungssubventionen, S.207. 22 Heinz Hetmeier, in: Lenz, Kommentar, Art. 249 Rn. 15 f.; Gudrun Schmidt, in: v. d. Groeben/Thiesing/Ehlermann, Kommentar, Art. 189 Rn.42.

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Abs. 3 sowie Art. 7 Abs. 2 und 3 VerfO ist daher gegeben und wird - im Einklang mit der schon zuvor im Vordringen befindlichen Auffassung in der Literatur 23 - seit Erlaß der Verfahrensverordnung auch nicht mehr bezweifelt. 24 (2) Genehmigungsfiktion bei angemeldeten Beihilfen Weniger eindeutig ist indessen, ob es sich auch bei der sog. „Genehmigungsfiktion" im Verfahren bei angemeldeten Beihilfen (Art. 2 bis 9 VerfO) nach Art. 4 Abs. 6 VerfO um einen zulässigen Klagegegenstand der Nichtigkeitsklage handelt. Danach „gilt" eine angemeldete Beihilfe als genehmigt, wenn die Kommission innerhalb von zwei Monaten nach Anmeldung keine Entscheidung erläßt. Gegen den Entscheidungscharakter dieser „Genehmigungsfiktion" könnte sprechen, daß die Kommission hier überhaupt nicht handelt, sondern untätig bleibt und es sich auf den ersten Blick bei dieser Untätigkeit nicht um den Gegenstand einer Nichtigkeits-, sondern vielmehr einer Untätigkeitsklage nach Art. 232 (ex-Art. 175) Abs. 3 EG handeln müßte. Die h. M. geht hinsichtlich der „Genehmigungsfiktion" zutreffend von einer mit der Nichtigkeitsklage anfechtbaren „impliziten Entscheidung" der Kommission aus.25 Hierfür spricht zwar noch nicht, daß die „Genehmigungsfiktion" dieselben Rechtswirkungen hat wie eine Entscheidung nach Art. 4 Abs. 2 und 3 VerfO. 26 Diese Rechtswirkung der Untätigkeit würde gerade dafür sprechen, sie als Gegenstand der Untätigkeitsklage einzustufen. Entscheidend ist, daß eine solche Untätigkeitsklage ins Leere gehen würde, weil diese gemäß Art. 232 (ex-Art. 175) Abs. 2 EG nur zulässig ist, wenn das Gemeinschaftsorgan, dessen Untätigkeit mit der Klage gerügt werden soll, nicht vor Klageerhebung zum Handeln aufgefordert worden ist und die begehrte Handlung dann nicht innerhalb von zwei Monaten vorgenommen hat.27 Innerhalb zweier weiterer Monate kann dann die Untätigkeitsklage erhoben werden. Nach Ablauf dieser Zeitspanne wäre die Genehmigungswirkung des Art. 4 Abs. 6 VerfO bereits eingetreten, und die Kommission dürfte die mit der Untätigkeitsklage eingeklagte Handlung gar nicht mehr vornehmen.28 Letztlich han23

So Wolfram Cremer, Forschungssubventionen, S. 206 ff., 217; Frank Rawlinson, in: Lenz, Kommentar, Art. 88 Rn. 18; Norbert Low, Rechtsschutz des Konkurrenten, S. 137; F. Thilo Klingbeil, Beihilfeverfahren, S. 203; Ulrich Immenga, Schwerpunkte des Kartellrechtes 1990/91, FIW-Heft 146, S. 19, 31; vermittelnd Gero Leibrock, EuR 1990, 20, 31 f., der zwar keine Entscheidung, aber eine anfechtbare Maßnahme annimmt. 24 Wolf gang Mederer, in: v. d. Groeben/Thiesing/Ehlermann, Kommentar, Art. 93 Rn. 43. 25 Wolfgang Mederer, in: v. d. Groeben/Thiesing/Ehlermann, Kommentar, Art. 93 Rn. 44; Adinda Sinnaeve, EuZW 1995, 172, 173 f.; Albrecht A. Randelzhofer, Kontrollverfahren, S.100, 106f.; Jens-Peter Schneider, DVB1. 1996, 1301, 1303. 26 So aber Adinda Sinnaeve, EuZW 1995, 172, 173 f. 27 Vgl. Hans-Werner Rengeling/Andreas Middekel Martin Gellermann, Rechtsschutz, Rn. 225. 28 Wie hier auch Wolfgang Mederer, in: v. d. Groeben/Thiesing/Ehlermann, Kommentar, Art. 93 Rn. 44; Marco Nùnez Müllerl Hans-Georg Kamann, EWS 1999, 332, 337; Adinda Sinnaeve, EuZW 1999, 270, 272.

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delt es sich bei der Untätigkeit der Kommission auch deshalb um eine „implizite Entscheidung", weil die Kommission sich bei Ablauf der in Art. 4 Abs. 6 VerfO genannten Frist von zwei Monaten, nach deren Verstreichen der Mitgliedstaat sich noch einmal an die Kommission wenden muß, zumindest zum Schluß bewußt für die Untätigkeit entschieden hat.

(3) Mitteilung über die Nicht-Einleitung der vorläufigen Prüfung Unstreitig ist hingegen, daß die Mitteilung der Kommission, ein vorläufiges Prüfverfahren über rechtswidrige Beihilfen (Art. 10 bis 15 VerfO) oder über die mutmaßliche mißbräuchliche Anwendung von Beihilfen (Art. 16 VerfO) überhaupt nicht einzuleiten, als Klagegegenstand der Nichtigkeitsklage in Betracht kommt.29 Will die Kommission überhaupt nicht in das Verfahren der vorläufigen Prüfung von Beihilfen eintreten, so ist sie nach Art. 20 Abs. 2 VerfO verpflichtet, den Beteiligten, die ihr Informationen über mutmaßlich rechtswidrige Beihilfen oder eine mutmaßlich mißbräuchliche Anwendung von Beihilfen übermittelt haben, eine Mitteilung darüber zukommen zu lassen, daß sie „zu dem Fall [k]eine Auffassung vertreten" will. Hierbei handelt es sich zwar nicht um eine Entscheidung i. S. d. Art. 249 (ex-Art. 189) Abs. 4 EG, weil sie keinerlei Rechtswirkungen erzeugt: die mutmaßlich vertragswidrige Beihilfe ist und bleibt rechtmäßig. Wenn die Kommission aber mit einer Mitteilung zu erkennen gibt, daß sie eine Entscheidung in der Sache nicht treffen will und diese Sachentscheidung aber anfechtbarer Klagegegenstand wäre, gehen die Rechtsprechung und die Literatur auch bei der vorausgehenden Mitteilung von einer anfechtbaren Rechtshandlung aus, um den Rechtsschutz im Vorfeld der Eröffnung eines beihilfenaufsichtsrechtlichen Verfahrens nicht zu verkürzen. 30 Da die Kommission die hier nicht eröffnete vorläufige Prüfung mit einer anfechtbaren Entscheidung nach Art. 4 Abs. 2 und 3 VerfO abschließen würde, handelt es sich daher bei der Mitteilung, nicht in die vorläufige Prüfung einzutreten, um eine mit der Nichtigkeitsklage anfechtbare Rechtshandlung.

(4) Einstellung der fortlaufenden Prüfung? Kein Klagegegenstand ist dagegen die Einstellung der fortlaufenden Prüfung im Rahmen des „Verfahrens bei bestehenden Beihilferegelungen", weil es sich hier 29

So auch Wolfgang Mederer, in: v. d. Groeben/Thiesing/Ehlermann, Kommentar, Art. 93 Rn. 23; Marco NMez Müllerl Hans-Georg Kamann, EWS 1999, 332, 337; Carsten Nowak, EuZW 2000,453,457. 30 Vgl. EuGH, Rs. 215/86, Slg. 1988, 2206 - Asteris; EuG, Rs. T-509/93, Slg. 1996, ΙΙΙ 182 - Richco; Hans-Werner Rengeling/Andreas Middekel Martin Gellermann, Rechtsschutz, Rn. 146; Heinrich Kirschneri Karin Klüpfel, Gericht erster Instanz, Rn.48.

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nicht um eine Entscheidung, sondern lediglich um eine Empfehlung handelt.31 Die Kommission kann in diesem Verfahren eine „Entscheidung" lediglich über die Einleitung des förmlichen Verfahrens erlassen. Diese werden Konkurrenten und sonstige Dritte nicht anfechten, weil sie ihren Interessen gerade entspricht. Die „zweckdienlichen Maßnahmen" im Vorfeld dieser Entscheidung erzeugen dagegen keine Rechtswirkungen, weil sich für den beihilfengewährenden Mitgliedstaat bezüglich der Rechtmäßigkeit seiner Beihilfe nichts ändert. Diese bleibt vielmehr während der fortlaufenden Prüfung rechtmäßig.

(5) Ratsentscheidung nach Art. 88 (ex-Art. 93) Abs. 3 Satz 3 EG Klagegegenstand könnte dagegen noch die Entscheidung des Rates nach Art. 88 (ex-Art. 93) Abs. 2 Satz 3 EG sein, mit der einstimmig auf Antrag eines Mitgliedstaates entschieden werden kann, daß eine von diesem Staat gewährte oder geplante Beihilfe in Abweichung vom Vertrag als mit dem Gemeinsamen Markt vereinbar gilt, wenn außergewöhnliche Umstände diese Entscheidung rechtfertigen. Nach den Kriterien des Art. 249 (ex-Art. 189) Abs. 4 EG handelt es sich auch bei dieser Organhandlung um eine Entscheidung, weil sie sich an eine begrenzte Zahl von Adressaten richtet und verbindliche Rechtsfolgen erzeugt.32 Dem Rat steht bei dieser Entscheidung zwar ein erheblicher Ermessensspielraum zu, der gerichtlich nur eingeschränkt nachprüfbar ist. 33 Auf die Qualifizierung der Ratsentscheidung als Klagegegenstand hat dies jedoch keinen Einfluß. (6) „Parallelentscheidungen"? Vereinzelt ist die Frage aufgeworfen worden, ob mit den Entscheidungen im Beihilfenaufsichtsverfahren nicht regelmäßig auch (durch schlüssige Erklärung abgegebene) ,,Parallelentscheidungen" an die sonstigen Beteiligten verbunden sind, die sich am Verfahren durch Einlegung einer Beschwerde beteiligt haben. Dann kämen nicht nur die an die Mitgliedstaaten gerichteten Entscheidungen, sondern auch diese „Parallelentscheidungen" als Gegenstände einer Nichtigkeitsklage in Betracht. 34 Gegen die Anerkennung von „Parallelentscheidungen" wird eingewandt, diese seien so eng mit der an den Mitgliedstaat gerichteten Hauptentscheidung verbunden, daß man sie nur gemeinsam anfechten könnte. Deshalb ergehe im Fall mitgliedstaatsgerichteter Entscheidungen in wirtschaftsverwaltungsrechtlichen Auf31 Vgl. EuGH, Rs.C-44/93, Slg. 1994,1-3829 - Assurances du Crédit; EuG, Rs. T-330/94, Slg. 1996, 11-1475 - Salt Union; Wolfgang Mederer, in: v. d. Groeben/Thiesing/Ehlermann, Kommentar, Art. 93 Rn. 35. 32 Vgl. Gudrun Schmidt, in: v.d. Groeben/Thiesing/Ehlermann, Kommentar, Art. 189 Rn.42. 33 Wolfgang Mederer, in: v. d. Groeben/Thiesing/Ehlermann, Kommentar, Art. 93 Rn. 74. 34 Philip v.Dietze, Verfahrensbeteiligung und Klagebefugnis, S.89f.

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sichtsverfahren lediglich eine einheitliche Entscheidung.35 Diesem Einwand ist zwar zuzugeben, daß er auf ein Dilemma aufmerksam macht, das mit der Anerkennung von „Parallelentscheidungen" verbunden wäre. Entscheidend für die Frage, ob durch schlüssiges Verhalten eine „Entscheidung" getroffen wird, sind jedoch nicht praktische Fragen des widerspruchsfreien Rechtsschutzes, sondern wiederum der Umstand, ob durch eine angenommene „Parallelentscheidung" selbständige Rechtswirkungen erzeugt würden. Dies ist jedoch nicht der Fall, weil sich in der /tectostellung Dritter durch die an einen Mitgliedstaat gerichtete Entscheidung nichts ändert. Nur im Verhältnis zu diesem erzeugt eine beihilfenaufsichtsrechtliche Genehmigung Rechtswirkungen. „Parallelentscheidungen" ergehen daher nicht. c) Klageberechtigung Für Klagen von Konkurrenten und sonstigen Dritten ist die Klageberechtigung die entscheidende Zulässigkeitsvoraussetzung. Als natürliche und juristische Personen können sie nach Art. 230 (ex-Art. 173) Abs. 4 EG ohne weiteres lediglich „gegen die an sie ergangenen Entscheidungen" vorgehen. Bei „an eine andere Person gerichteten", also mitgliedstaatsgerichteten Entscheidungen im Rahmen der Beihilfenaufsicht ist die Klageberechtigung nur gegeben, wenn diese den Kläger gleichwohl unmittelbar und individuell betreffen. aa) Unmittelbare Betroffenheit Das Tatbestandsmerkmal der unmittelbaren Betroffenheit ist im Ergebnis relativ unproblematisch. Schon die „Betroffenheit" selbst wird weit verstanden und nicht etwa lediglich im Sinne einer ausschließlich „rechtlichen Betroffenheit" ausgelegt. Vielmehr ist sie schon beim Vorliegen jeder durch den Rechtsakt bewirkten denkbaren Beeinträchtigung eines relevanten Interesses gegeben.36 Die „Unmittelbarkeit" dieser Betroffenheit könnte dagegen bei einer formellen Betrachtung ausgeschlossen sein, weil eine beihilfenaufsichtsrechtliche Entscheidung erst dann nachteilige Auswirkungen auf Konkurrenten und sonstige Dritte hat, wenn der Mitgliedstaat die Beihilfe tatsächlich gewährt und der Beihilfenempfänger sie angenommen und verwendet hat. Die Beeinträchtigung der Kläger wird unmittelbar erst durch den mitgliedstaatlichen Vollzug und das Verhalten privater Dritter ausgelöst. Ob in einer solchen Konstellation gleichwohl eine unmittelbare Betrof35

So Philip v.Dietze, Verfahrensbeteiligung und Klagebefugnis, S.90. Vgl. EuGH, Rs. 10, 18/68, Slg. 1969, 459, 481 ff. -Eridania; Rs. 62/70, Slg. 1971, 897, 907 f. - Bock; in der Literatur herrscht insoweit eine terminologische, nicht aber sachliche Unklarkeit, vgl. nur Thomas Oppermann, Europarecht, Rn. 648 („wirtschaftliches Interesse"); Uwe ErichseniRichard Weiß, Jura 1990, 528, 532 („tatsächliches Interesse"); Hans-Wolfram Daig, Nichtigkeits- und Untätigkeitsklagen, Ziff. 122 („schutzwürdiges Interesse"); HansWerner Rengeling/Andreas Middekel Martin Gellermann, Rechtsschutz, Rn. 159. 36

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fenheit bejaht werden kann, hängt zunächst davon ab, ob die mitgliedstaatliche Maßnahme zwingende Folge eines Gemeinschaftsaktes ist oder ob sie im Ermessen der nationalen Behörde steht.37 Weiterhin kommt es auch darauf an, welche Entscheidungsmöglichkeiten der Beihilfenempfänger wahrnehmen kann. Diese bereits für die Geltung der Gemeinschaftsgrundrechte beim mitgliedstaatlichen Vollzug erörterte Frage führt im Bereich der Beihilfenaufsicht nur zur unmittelbaren Betroffenheit von Konkurrenten und Dritten, weil diese zwar nicht formell, wohl aber materiell durch eine beihilfenaufsichtsrechtliche Entscheidung betroffen sind. Dieses Ergebnis deckt sich mit dem Zweck des Erfordernisses der „Unmittelbarkeit". Durch dieses Kriterium soll nämlich vor allem das Klagerecht gegen Normativakte ausgeschlossen werden. 38 Aufsichtsentscheidungen werden auf mitgliedstaatlicher Ebene regelmäßig „automatisch" umgesetzt.39 bb) Individuelle Betroffenheit Wichtigste und seit langem heftig umstrittene Voraussetzung der Klageberechtigung ist die individuelle Betroffenheit. Wegen der mit diesem Tatbestandsmerkmal des Art. 230 (ex-Art. 173) Abs. 4 EG verbundenen Auslegungsschwierigkeiten wurde die Vorschrift seit den sechziger Jahren grundsätzlich kritisiert. Teilweise wurde etwa vertreten, der individuellen Betroffenheit fehle es neben der unmittelbaren Betroffenheit an einer eigenständigen Bedeutung.40 Bis in die jüngste Zeit ist außerdem gefordert worden, auf das Tatbestandsmerkmal wenigstens de lege ferenda zu verzichten.41 (1) Rechtsprechung der Gemeinschaftsgerichte In der Rechtsprechung des EuGH hat die Anfechtung von Entscheidungen der Gemeinschaftsorgane im Beihilfenaufsichtsverfahren durch Konkurrenten und son37

Hans-Werner Rengeling/Andreas MiddekeiMartin Gellermann, Rechtsschutz, Rn. 168; Hans-Wolfram Daig, Nichtigkeits- und Untätigkeitsklagen, Ziff. 125. 38 Hans-Werner Rengeling/Andreas Middekei Martin Gellermann, Rechtsschutz, Rn. 160. 39 So die ganz h. M., vgl nur Heinrich Kirschneri Karin Klüpfel, Rn.47; Hans-Werner RengelinglAndreas Middekei Martin Gellermann, Rechtsschutz, Rn. 169 f.; Klaus Koch, Klagebefugnis Privater, S.240; Hans-Wolfram Daig, Nichtigkeits- und Untätigkeitsklagen, Ziff. 132; Martijn van Empel, CMLRev 1970,345, 349; Gert Nicolay sen, EuR 1970,165,167 ff.; Friedrich v.Burchard, EuR 1991, 140, 154; Gero Leibrock, EuR 1990, 20, 37; Adinda Sinnaeve, EuZW 1995, 172, 173; Wolfram Cremer, Forschungssubventionen, S. 223; Norbert Low, Rechtsschutz des Konkurrenten, S. 162f.; Albrecht A. Randelzhofer, Kontrollverfahren, S. 103; Martin Reufels, Subventionskontrolle, S. 141; 40 Léon Goffin, CahDrEur 1966, 75, 84ff.; Léontin-Jean Constantinesco, Recht der EGI, Rn.773. 41 Siehe nur Otto Riese, EuR 1966, 24, 46; Hans-Wolfram Daig, in: Aubin u. a., Festschrift für Otto Riese, S. 187, 209; zur neueren Diskussion im Vorfeld der zum Vertrag von Amsterdam führenden Regierungskonferenz Nanette Neuwahl, ELRev. 1996, 17 ff. m. w. N.

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stige Dritte lange Zeit keine Rolle gespielt. Erst seit der Cofaz-Entscheidung aus dem Jahre 1986 haben der EuGH und später auch das EuG in verschiedenen Urteilen zur Frage der individuellen Betroffenheit Dritter durch beihilfenaufsichtsrechtliche Entscheidungen Stellung genommen. In dem - soweit ersichtlich - ersten Urteil, das die Nichtigkeitsklage eines Beteiligten gegen eine Entscheidung im Beihilfenaufsichtsverfahren zum Gegenstand hatte, spielte die Frage der Klageberechtigung keine besondere Rolle. Hier hatte die Klägerin als niederländische Tochtergesellschaft eines Tabakwarenherstellers die Aufhebung einer Entscheidung der Kommission beantragt, mit der diese der niederländischen Regierung die Gewährung von Beihilfen untersagt hatte.42 Beihilfenbegünstigte war allerdings die Klägerin selbst, so daß die Frage der individuellen Betroffenheit in den Entscheidungsgründen keine Rolle spielte.43 Sie stand vielmehr ohne weiteres fest.

(a) Cofaz: Formalisierte Klagebefugnis Über die Klage eines Unternehmensverbandes, in dem sich Wettbewerber des begünstigten Unternehmens zusammengeschlossen hatten, hatte der EuGH erstmals in seinem Cofaz-Urteil aus dem Jahre 198644 zu entscheiden. Der diesem Urteil 45 zugrundeliegende Sachverhalt betraf die Entscheidung der Kommission, ein Hauptprüfungsverfahren über eine Beihilfenregelung einzustellen, mit der die niederländische Regierung über eine Staffelung der Erdgaspreise einheimische Ammoniakhersteller begünstigte. Vor Erlaß dieser Einstellungsentscheidung hatte sich der Unternehmensverband namens konkurrierender französischer Ammoniakhersteller, darunter die späteren Klägerinnen (Cofaz 46 u. a.) mit einer Beschwerde an die Kommission gewandt. Der EuGH bejahte die individuelle Betroffenheit der Klägerinnen unter Rückgriff auf die „klassische" Formel seines Ρ laumann-Urteils aus dem Jahre 1963 47 Im dortigen Fall hatte der Kläger, ein Importeur von Clementinen, eine an den Mitgliedstaat Deutschland gerichtete Entscheidung über die Anwendung des Gemeinsamen Zolltarifs angefochten. Zum Vorliegen der individuellen Betroffenheit heißt es im Urteil: „Wer nicht Adressat einer Entscheidung ist, kann nur dann geltend machen, von ihr individuell betroffen zu sein, wenn die Entscheidung ihn wegen bestimmter persönlicher Eigenschaften oder besonderer, ihn aus dem Kreis der übrigen Personen heraushebender Umstände berührt und ihn daher in ähnlicher Weise individua42

EuGH, Rs. 730/79, Slg. 1980, 2671 ff. - Philip Morris. EuGH, Rs.730/79, Slg. 1980, 2671, 2687-Philip Morris. 44 EuGH, Rs. 169/84, Slg. 1986, 391 ff. - Cofaz. 45 Bei dem Urteil handelte es sich um ein - nach Art. 92 § 1 VerfO-EuGH zulässiges - Zwischenurteil, in dem ausschließlich über die Zulässigkeit entschieden wurde. 46 Die Abkürzung steht für Compagnie Française de l'Azote. 47 EuGH, Rs. 25/62, Slg. 1963, 211 ff. - Plaumann. 43

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lisiert wie den Adressaten." 48 Der Gerichtshof hatte nach dieser Formel die individuelle Betroffenheit in dem dortigen Verfahren verneint, weil der Kläger lediglich in seiner Eigenschaft als Teilnehmer am Wirtschaftsleben betroffen war und es sich hier um eine Tätigkeit handelte, die jederzeit und von jedermann ausgeübt werden konnte.49 In einem späteren Urteil hatte der EuGH ergänzend hinzugefügt, daß die individuelle Betroffenheit auch bei Marktbeteiligten, die zu dem Adressaten der angefochtenen Entscheidung in einer Wettbewerbsbeziehung stehen, nur bei Vorliegen besonderer Umstände vorliegen kann.50 Im Ctf/öz-Urteil sah der EuGH derartige Umstände dann aber als gegeben an, weil die namens der Wettbewerber auftretende Klägerin durch die Einlegung einer Beschwerde das Beihilfenaufsichtsverfahren initiiert hatte und das Verfahren durch ihre Erklärungen maßgeblich bestimmt wurde. 51 Da die Marktstellung der durch die Klägerin vertretenen Unternehmen durch die angefochtene Entscheidung spürbar beeinträchtigt wurde, konnten sich diese auch auf ein aus Art. 93 Abs. 2 EGV (heute: Art. 88 Abs. 2 EG) abzuleitendes Recht zur Verfahrensbeteiligung berufen, obwohl anders als in anderen Bereichen des gemeinschaftlichen Wirtschaftsverwaltungsrechts für das Beihilfenaufsichtsverfahren keine Verfahrensordnung existierte, die derartige Beteiligungsrechte ausdrücklich gewährte.52 Konsequenterwiese wurde in dem nur wenige Monate später entschiedenen Fall DEFI 53 die Klage eines Unternehmensverbandes der französischen Textilindustrie abgewiesen, der sich gegen eine Entscheidung der Kommission über eine französische Beihilfenregelung wenden wollte. In diesem Fall hatte der Verband sich weder namens der in ihm zusammengeschlossenen Unternehmen an den EuGH gewandt noch sich im Verfahren vor der Kommission durch Einlegung einer Beschwerde oder Abgabe einer Stellungnahme beteiligt.54

(b) CIRFS, Cook, Matra : Erweiterungen Im CIRFS-Uritil aus dem Jahre 199355 erweiterte der EuGH seine Rechtsprechung zur individuellen Betroffenheit auf einen klagenden Unternehmensverband, der sich im eigenen Namen gegen eine Entscheidung gewandt hatte, das Vorprüfungsverfahren über eine von der französischen Regierung für die Errichtung einer Produktionsanlage für Polyestergarne gewährte Beihilfe einzustellen. Vor Erlaß der 48 49 50 51 52 53 54 55

EuGH, Rs. 25/62, Slg. 1963, 211, 238 - Plaumann. EuGH, Rs. 25/62, Slg. 1963, 211, 239 - Plaumann. EuGH, Rs. 10, 18/68, Slg. 1969,459,482 - Eridania. EuGH, Rs. 169/84, Slg. 1986, 391,414-Cofaz. EuGH, Rs. 169/84, Slg. 1986, 391,414-Cofaz. EuGH, Rs. 282/85, Slg. 1986, 2469ff. - DEFI. EuGH, Rs. 282/85, Slg. 1986, 2469, 2476f. - DEFI. EuGH, Rs.C-313/90, Slg. 1993,1125ff.-CIRFS.

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Entscheidung hatte sich CIRFS, 56 der Kläger, der zufällig aus einer Tageszeitung von der beabsichtigten Beihilfengewährung erfahren hatte, sowohl im eigenen Namen als auch namens der in ihm vereinigten Wettbewerber mit einer Beschwerde an die Kommission gewandt und dadurch das Beihilfenaufsichtsverfahren initiiert. In seinem Urteil nahm der EuGH nicht zur individuellen Betroffenheit der dem Verband angehörenden Unternehmen, sondern nur zur individuellen Betroffenheit des Unternehmensverbandes Stellung. Insoweit bejahte er die Zulässigkeit, weil sich der Kläger durch seine Beschwerde am Vorverfahren beteiligt hatte.57 In den wenigen Monate nach dem C//?F5-Urteil folgenden Urteilen Cook 58 und Matra 59 bejahte der EuGH schließlich auch die individuelle Betroffenheit von Konkurrenzunternehmen selbst. Der Fall Cook betraf die Entscheidung der Kommission, das Vorprüfungsverfahren über eine Beihilfe der spanischen Regierung zugunsten einer Eisengießerei in einer strukturschwachen Region einzustellen.60 Im Fall Matra ging es um eine vergleichbare Entscheidung der Kommission über ein Beihilfevorhaben der portugiesischen Regierung zugunsten eines von Ford of Europe Inc. und der Volkswagen AG gegründeten Gemeinschaftsunternehmens in Portugal. 61 In beiden Fällen hatten die Kläger, konkurrierende Unternehmen des Beihilfenempfängers, das Verfahren durch eine Beschwerde in Gang gebracht.62 In den weitgehend übereinstimmenden Urteilspassagen zur individuellen Betroffenheit der Klägerinnen verwies der EuGH darauf, daß den Klägern als Wettbewerbern der Begünstigten in einem Hauptprüfungsverfahren das Recht zur Verfahrensbeteiligung zugestanden hätte.63 Als unzulässig abgewiesen wurde demgegenüber eine Klage der niederländischen Landbouwshap, 6* einer Körperschaft des öffentlichen Rechts, deren Aufgabe die Förderung der Interessen der Landwirtschaft war und die sich gegen die Einstellung eines Vorprüfungsverfahrens über niederländische Beihilfenmaßnahmen in Form von Erdgas-Vorzugstarifen an Industrieunternehmen gewandt hatte. Zur Begründung verwies der EuGH auf die fehlende Wettbewerberstellung der von der Körperschaft vertretenen Landwirte mit den Beihilfenemepfängern. 65 56

Die Abkürzung steht für Comité international de la ray one et de fibres. EuGH, Rs.C-313/90, Slg. 1993, 1125, 1185-CIRFS. 58 EuGH, Rs.C-198/91, Slg. 1993,1-2487ff.-Cook. 59 EuGH, Rs.C-225/91, Slg. 1993,1-3203ff. -Matra. 60 EuGH, Rs. C-198/91, Slg. 1993,1-2487, 2524f. - Cook. 61 EuGH, Rs.C-225/91, Slg. 1993,1-3203, 3252f. -Matra. 62 Dies ergibt sich aus den Sitzungsberichten, vgl. EuGH, Rs.C-198/91, Slg. 1993,1-2487, 2490 - Cook, und EuGH, Rs. C-225/91, Slg. 1993,1-3203, 3207 - Matra. 63 EuGH, Rs.C-198/91, Slg. 1993, 1-2487, 2528- Cook, und EuGH, Rs.C-225/91, Slg. 1993,1-3203, 3255-Matra. 64 EuGH, Rs. C-295/92, Slg. 1992,1-5003 ff. - Landbouwshap. 65 EuGH, Rs. C-295/92, Slg. 1992,1-5003, 5007 - Landbouwshap. 57

Β. Rechtsschutz gegen Handlungen der Gemeinschaftsorgane

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(c) Neuere Rechtsprechung des EuG Im Anschluß an die Entscheidungen des EuGH ergingen eine Reihe von Entscheidungen des seit 1993 für Klagen natürlicher und juristischer Personen grundsätzlich als Eingangsinstanz zuständigen EuG. (aa) Rs. T-447 bis 449/93 -AITEC u. a. Im Urteil AITEC 66 setzte sich das EuG mit der Klageberechtigung eines Unternehmensverbandes der Zementindustrie und mehrerer Zementhersteller auseinander, die sich gegen eine Einstellung eines Hauptprüfungsverfahrens wandten. Die Kommission hatte der griechischen Regierung hierdurch die Gewährung einer Umstrukturierungsbeihilfe für einen heimischen Konkurrenten genehmigt. Das EuG bejahte zunächst die individuelle Betroffenheit der klagenden Konkurrenzunternehmen, die gegen die Beihilfengewährung Beschwerde eingelegt bzw. sich am Verfahren beteiligt hatten, wobei es für die Verfahrensbeteiligung sogar genügte, daß in einem anderen Verfahren auf dieses Bezug genommen wurde. 67 Auch die individuelle Betroffenheit des Unternehmensverbandes AITEC sah das EuG als gegeben an, weil dieser sich nicht nur am Verfahren beteiligt hatte, sondern als Verband von in ihren wettbewerblichen Interessen beeinträchtigten Konkurrenzunternehmen auch in seinen eigenen Interessen verletzt war. 68 Entsprechend bejahte das EuG die individuelle Betroffenheit in weiteren Urteilen, in denen klagende Wettbewerber selbst69 oder aber Unternehmensverbände, deren Mitglieder im Wettbewerb zu dem beihilfenbegünstigten Unternehmen standen,70 sich am Beihilfenaufsichtsverfahren beteiligt hatten. In einem Urteil heißt es zur individuellen Betroffenheit wörtlich, „besonders für den Bereich der Kontrolle staatlicher Beihilfen ergibt sich aus der Rechtsprechung, daß eine Entscheidung, durch die ein gem. Art. 93 Abs. 2 EGV [jetzt: Art. 88 Abs. 2 EG] eingeleitetes Verfahren abgeschlossen wird, diejenigen Unternehmen individuell betrifft, die die Beschwerde, die zur Einleitung des Untersuchungsverfahrens geführt hat, eingelegt, Erklärungen abgegeben und den Verfahrensablauf bestimmt haben, sofern ihre Marktstellung durch die Beihilfe, die Gegenstand der angefochtenen Entscheidung ist, spürbar beeinträchtigt wird (...)"·71 Über diese Grundsätze und ihre Beachtung hatte das EuG zuletzt im Fall RJB Mining 72 zu entscheiden. In diesem Urteil nahm 66 EuG, Rs. 447-449/93, Slg. 1995,11-1971 ff. - AITEC (Associazione Italiana Tecnico Economia del Cemento) u. a. 67 EuG, Rs.447-449/93, Slg. 1995,11-1971, 1988ff. und 2000ff. - AITEC u. a. 68 EuG, Rs. 447-449/93, Slg. 1995,11-1971,1994ff. - AITEC u. a. 69 EuG, Rs. T-149/95, Slg. 1997,11-2031 ff., insbes. 2042f. -Ducros. 70 EuG, Rs. T-380/94, Slg. 1996,11-2169, 2187 f. - AIUFFASS/AKT. 71 EuG, Rs. T-149/95, Slg. 1997,11-2031 ff., insbes. 2042f. - Ducros. 72 EuG, Rs. T-l 10/98, Urteil vom 9. September 1999.

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§ 4 Gemeinschaftsrechtlicher Rechtsschutz

das EuG zu Zulässigkeitsfragen zwar nicht Stellung, da es sich um ein eine Zwischenentscheidung zu materiell-rechtlichen Fragen73 handelte. Die Voraussetzungen der individuellen Betroffenheit der Kläger, die am Beihilfenaufsichtsverfahren durch Einlegung einer Beschwerde teilgenommen hatten, lagen jedoch vor. 74 Demgegenüber führte das Fehlen der Verfahrensbeteiligung trotz Vorliegen einer Wettbewerberstellung in umgekehrt gelagerten Fällen zur Abweisung der Klage.75

(bb) Rs. T-435/93 - ASPEC u. a. Trotz der Betonung der Wettbewerbereigenschaft und der Verfahrensbeteiligung führte das EuG im Zusammenhang mit der Formulierung der an die individuelle Betroffenheit zu stellenden Anforderungen aus, daß sich aus den o. g. Kriterien noch nicht ergebe, „... daß ein Unternehmen nicht in anderer Weise unter Hinweis auf besondere Umstände, die es in ähnlicher Weise individualisieren wie den Adressaten, den Nachweis erbringen kann, daß es individuell betroffen ist(...)." 76 In den Urteilen ASPEC 77 und A4C 78 hatte das Gericht zu prüfen, ob einzelne Unternehmen und die mit ihnen klagenden Unternehmensvereinigungen der Sorbiterzeuger durch eine Entscheidung der Kommission zum Abschluß eines Hauptprüfungsverfahrens individuell betroffen waren. Mit dieser war der italienischen Regierung im Rahmen eines Beihilfenprogramms die Gewährung einer Beihilfe zugunsten eines Wettbewerbers der klagenden Unternehmen im Mezzogiorno genehmigt worden. 79 Weder die Mitgliedsunternehmen noch die Verbände hatten gegen die Gewährung der Einzelbeihilfe Beschwerde erhoben. Der Verband AAC und dessen Mitgliedsunternehmen hatten sich jedoch zuvor bereits gegen Regelungen des Beihilfenprogramms gewandt, die später weggefallen waren. 80 Das EuG bejahte die individuelle Betroffenheit der klagenden Mitgliedsunternehmen, ohne auf die Klageberechtigung der Unternehmensverbände einzugehen: Die Mitgliedsunternehmen hatten im Verfahren Informationen zur Struktur des relevanten Marktes und ihrer 73

Diese Möglichkeit besteht gem. Art. 114 VerfO-EuG. Die Klägerin war als britische Steinkohleerzeugerin Wettbewerberin der durch eine Beihilfe Deutschlands begünstigten Ruhrkohle AG und hatte die Genehmigungsentscheidung der Kommission angefochten. Nach Auskunft des EuG hatte sie das Verfahren durch eine Beschwerde initiiert. 75 EuG, Rs. T-11/95, Slg. 1998,11-3239, 3258f. - BP Chemicals. 76 EuG, Rs. T-149/95, Slg. 1997,11-2031 ff., insbes. 2042f. -Ducros. 77 EuG, Rs. T-435/93, Slg. 1995,11-1281 ff. - ASPEC (Association of Sorbitol Producers in the EC). 78 EuG, Rs. T-442/93, Slg. 1995,11-1329 ff. - AAC (Association des amidonneries de céréales de la CEE). 79 EuG, Rs. T-435/93, Slg. 1995, 11-1281, 1288ff. - ASPEC, Rs. T-442/93, Slg. 1995, 11-1329, 1336ff. - AAC. 80 EuG, Rs. T-435/93, Slg. 1995,11-1281,1302-ASPEC, Rs. T-442/93, Slg. 1995,11-1329, 1348-AAC. 74

Β. Rechtsschutz gegen Handlungen der Gemeinschaftsorgane

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Marktstellung vorgelegt, die eine besondere, nämlich von wenigen Marktteilnehmern geprägte Marktstruktur erkennen ließen. Aus dieser „besonderen Situation" leitete das EuG schließlich die individuelle Betroffenheit der Unternehmen ab.81 Dieselbe Überlegung führte zur Anerkennung der individuellen Betroffenheit im Fall Dänische Werften 82 Er betraf eine Entscheidung der Kommission, mit der der deutschen Regierung zum Abschluß des Vorprüfungsverfahrens ein Beihilfevorhaben genehmigt worden war. Vor Erlaß dieser Entscheidung waren die Kläger nicht besonders hervorgetreten. Die individuelle Betroffenheit ergab sich jedoch daraus, daß die im Wettbewerb zum beihilfenbegünstigten Unternehmen stehenden Kläger sich in einer „besonderen Wettbewerbssituation" befanden, die der Kommission durch von den Klägern vorgelegte Unterlagen und aufgrund ihrer eigenen Erkenntnisse im Vorprüfungsverfahren bekannt war. Der relevante Markt bestand letztlich nur aus den Klägern und dem begünstigten Unternehmen, die infolge dessen durch die Entscheidung der Kommission individuell betroffen waren. 83 (cc) Rs. T-398/94 - Kahn Scheepvaart u. a. Daß die Anerkennung der individuellen Betroffenheit aufgrund einer besonderen Marktstruktur auf wenige Fälle beschränkt bleibt und zudem vorausgesetzt wird, daß es sich bei den Klägern um Wettbewerber des Begünstigten handelt, zeigen verschiedene Urteile zu Klagen gegen Beihilfenregelungen. 84 Im Fall Kahn Scheepvaart 85 wandte sich ein niederländisches Unternehmen gegen eine Entscheidung der Kommission, mit der diese eine deutsche Schiffbaubeihilfenregelung genehmigt hatte. Obwohl die Klägerin das Verfahren durch eine Beschwerde bei der Kommission initiiert hatte, verneinte das EuG die individuelle Betroffenheit der Klägerin. Da die Kommission mit dieser Entscheidung nicht über eine individuelle Beihilfe entschieden hatte, sondern es sich um die Genehmigung von Steuervorschriften, d. h. einer generellen Beihilfenregelung handelte, fehlte es auch an einem durch die Beihilfe begünstigten Unternehmen. Ohne einen Begünstigten fehlte es wiederum an einem Wettbewerbsverhältnis und damit letztlich an einem Beteiligungsrecht der Klägerin, ohne daß die individuelle Betroffenheit nicht bejaht werden konnte.86 81

EuG, Rs. T-435/93, Slg. 1995,11-1281, 1305ff., insbes. 1309-ASPEC, Rs. T-442/93, Slg. 1995,11-1329,1350ff, insbes. 1354-AAC. 82 EuG, Rs. T-266/94, Slg. 1996-11,1399 ff. - Skibsvaerftsforeningen („Dänische Werften"). 83 EuG, Rs. T-266/94, Slg. 1996,11-1399, 1417ff., insbes. 1419/20-Dänische Werften. 84 EuG, Rs. T-154/94, Slg. 1996, II-1377 ff. - Comité des Salines; Rs. T-178/94, Slg. 1997, 11-2529-ATM; Rs. T-188/95, Slg. 1998,11-3713, 3729ff. - Waterleiding Maatschappij; Rs. T-86/96, Slg. 1999, 11-179, insbes. 198 und 201 - ADL/HLF; Rs. T-4/97, Slg. 1997, 1505-D'Orazio. 85 EuG, Rs. T-298/94, Slg. 1996,11-477 ff. - Kahn Scheepvaart. 86 EuG, Rs. T-298/94, Slg. 1996,11-477, 490ff., insbes. 492 und 495 - Kahn Scheepvaart.

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Am fehlenden schutzwürdigen Beteiligungsrecht scheiterte auch die individuelle Betroffenheit im Fall Arbeitnehmervereinigungen. 87 Hier sollten vom französischen Staat Beihilfen an ein Unternehmen gewährt werden, das sich mit Produktion und Übertragung von Fernsehprogrammen befaßte. Die Kommission hatte diese Beihilfen untersagt. Gegen diese Entscheidung wandten sich die Personalvertretung des Unternehmens und mehrere Gewerkschaften, die sich in keiner Weise am Beihilfenaufsichtsverfahren beteiligt hatten. Das EuG stellte fest, daß Arbeitnehmervertretungen zwar grundsätzlich als Beteiligte in diesem Verfahren in Betracht kommen können. Ein Beteiligungsrecht würde ihnen allerdings nur zustehen, wenn sie sich auf eine Verletzung ihrer im Beihilfenaufsichtsverfahren schutzwürdigen Interessen hätten berufen können, etwa ihrer Interessen als Verhandlungspartner im Beihilfenaufsichtsverfahren. Da die klagenden Arbeitnehmervertretungen keine derartige Interessenverletzung geltend machen konnten, sondern lediglich in ihrem allgemeinen Interesse an der Rechtmäßigkeit beihilfenaufsichtsrechtlicher Entscheidungen verletzt waren, fehlte es hier an der individuellen Betroffenheit. 88 (2) Auffassungen in der Literatur In der Literatur besteht Einigkeit darüber, daß die Plaumann-Formel den Ausgangspunkt der Auslegung des Merkmals der individuellen Betroffenheit bildet und demzufolge neben dem Adressaten nur derjenige von einer Entscheidung individuell betroffen ist, der geltend machen kann, daß ihn die Entscheidung wegen bestimmter persönlicher Eigenschaften oder besonderer, ihn aus dem Kreis der übrigen Personen heraushebender Umstände berührt und ihn daher in ähnlicher Weise individualisiert wie den Adressaten.89 Welche persönlichen Eigenschaft oder besonderen Umstände zu einer solchen individuellen Betroffenheit führen, ist jedoch seit langem umstritten. Die heute hierzu vertretenen Auffassungen lassen sich in zwei Gruppen einteilen. Die Vertreter der ersten Gruppe gehen - mit unterschiedlichen Begründungen, jedoch im Ergebnis übereinstimmend - davon aus, daß es für die individuelle Betroffenheit darauf ankomme, ob sich der Kläger aufgrund ihm eingeräumter Verfahrensrechte an dem der angefochtenen Entscheidung vorausgegangenen Beihilfenaufsichtsverfahren beteiligt habe. Für die Vertreter der zweiten Gruppe hängt die individuelle Betroffenheit nicht vom formellen Kriterium einer Verfahrensbeteiligung, sondern von materiellen, in der Person des Klägers liegenden Umständen ab.

87

EuG, Rs. T-189/97, Slg. 1998,11-337 ff. - Arbeitnehmervereinigungen. EuG, Rs. T-189/97, Slg. 1998,11-348 ff., insbes. 351 - Arbeitnehmervereinigungen. Der EuGH hat dieses Urteil inzwischen mit der gleichen Begründung bestätigt; vgl. EuGH, Rs.C-106/98P, Urt. v. 23.5.2000, DVB1. 2000, 1266, 1267. 89 EuGH, Rs. 25/62, Slg. 1963, 211, 239 - Plaumann. 88

Β. Rechtsschutz gegen Handlungen der Gemeinschaftsorgane

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(a) Individuelle Betroffenheit durch Verfahrensbeteiligung Daß nur derjenige durch eine nicht an ihn gerichtete Entscheidung individuell betroffen sei, der sich aufgrund von Verfahrensrechten an dem der Entscheidung vorangegangenen Verfahren der Beihilfenaufsicht beteiligt habe, ist - wenn auch mit erheblichen Unterschieden in der Begründung - die nach wie vor überwiegende Auffassung. 90 Danach wären Konkurrenten und sonstige Dritte individuell betroffen, wenn sie Beteiligte des Beihilfenaufsichtsverfahrens nach Art. 1 lit. h VerfO sind. Auf die - umstrittene - Frage, ob die individuelle Betroffenheit für Verbände anders zu beurteilen ist als für die von ihnen vertretenen natürlichen oder juristischen Personen, käme es nach dieser Auffassung nicht an.91 Innerhalb der herrschenden Auffassung lassen sich vier Begründungsansätze unterscheiden.

(aa) Verfahrensbeteiligte als feststehender Personenkreis Das Erfordernis der Verfahrensbeteiligung wird überwiegend lediglich mit dem Hinweis auf die in der Cofaz-Rechtsprechung entwickelten Grundsätze begründet.92 Soweit eine nähere Begründung erfolgt, knüpft sie an die ältere, bereits seit dem Plaumann- Verfahren geführte Diskussion um die allgemeinen Voraussetzungen der Klageberechtigung bei der Nichtigkeitsklage an, die der EuGH mit dem Cofaz-Urteil zumindest für den Beihilfenbereich entschieden habe.93

90 Vgl. aus der Kommentar- und Handbuchliteratur nur Hans-Werner Rengeling/Andreas Middekei Martin Gellermann, Rechtsschutz, Rn. 165; Christian KoeniglClaude Sander, EGProzeßrecht, Rn. 295; Waltraud Hakenberg/Christine Stix-Hackl, Handbuch, S. 41; Hans Krück, in: v. d. Groeben/Thiesing/Ehlermann, Kommentar, Art. 173 Rn.58; Klaus-Dieter Borchardt, in: Lenz, Kommentar, Art. 230 Rn. 37. 91 Ζ. T. wird hier für eine großzügige Auslegung plädiert, denn die Verbände träten letztlich in Prozeßstandschaft für ihre Mitglieder auf; vgl. Ami Barav, CMLRev 1974, 191, 198; Gert Nicolaysen, EuR 1970, 165, 167; Gerhard Bebr, Judicial Control, S.78. 92 Vgl. Hans-Werner Rengeling/Andreas Middekei Martin Gellermann, Rechtsschutz, Rn. 165; Christian Koenigl Claude Sander, EG-Prozeßrecht, Rn. 295; Waltraud Hakenbergl Christine Stix-Hackl, Handbuch, S.41; Hans Krück, in: v. d. Groeben/Thiesing/Ehlermann, Kommentar, Art. 173 Rn. 58; Klaus-Dieter Borchardt, in: Lenz, Kommentar, Art. 230 Rn. 37; F. Thilo Klingbeil, Beihilfeverfahren, S. 21 Off.; Martin Reufels, Subventionskontrolle, S. 143 f.; Sabine Diehm, Überwindung der nationalen Beihilfepolitik, S. 139f.; Joachim Basti Klaus G. Blank, WuW 1993, 181, 188; Dirk Ehlers, VerwArch 1993, 139, 154; Claus Weber, DZWir 1997, 524, 525; Hans-Jörg Niemeyer, EuZW 1993, 273, 278. 93 GA Lenz, Schlußanträge zu C-313/90, Slg. 1993, 1-1125, 1163-CIRFS; GA Tesauro, Schlußanträge zu Rs.C-198/91, Slg. 1993,1-2487, 2510-Cook; GA van Gerven, Schlußanträge zu Rs. 225/91, Slg. 1993,1-3203, 3225 f. - Matra; Gert Nicolaysen, EuR 1986, 261, 263; Jürgen Schwarze, in: Selmer/v. Münch, Gedächtnisschrift für Wolfgang Martens, S. 819,845 f.; Ernst Steindorff, ZHR 1986,222,253; ErikPijnacker-Hordijk, LIEI 1985,67,78f.; Gero Leibrock, EuR 1990, 20, 32; Albrecht A. Randelzhofer, Kontrollverfahren, S. 115.

8 Staebe

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Schon in dieser älteren Diskussion 9 4 war an der restriktiven Auslegung der individuellen Betroffenheit K r i t i k geäußert worden. 95 A m weitesten ging der Vorschlag, die individuelle Betroffenheit des Nicht-Adressaten durch eine an einen Mitgliedstaat gerichtete Entscheidung bereits anzuerkennen, wenn nur der den Nicht-Adressaten auf nationaler Ebene treffende hoheitliche Art ebenfalls ein Individualakt sei. 96 Die Mehrzahl der Autoren stellte hingegen darauf ab, ob der Nicht-Adressat bereits bei Erlaß der angefochtenen Entscheidung feststand. Teilweise wurde es hierbei schon als ausreichend angesehen, wenn dieser Kreis nach abstrakten Kriterien bestimmbar war. 9 7 Andere verlangten hingegen, daß der Kreis der Kläger bereits bei Erlaß der angefochtenen Entscheidung abschließend und konkret feststand. 98 Gegen diese in der älteren Diskussion überwiegende Auffassung war aber bereits vertreten worden, daß es für die individuelle Betroffenheit auf Kriterien in der Person 94

Ausführliche Darstellung dieses früheren Meinugsstreits bei Norbert Low, Rechtsschutz des Konkurrenten, S. 147 ff.; Wolfram Cremer, Forschungssubventionen, S. 232ff. 95 Vgl. die grundsätzlichen Bemerkungen von Martin Seidel, in: Börner/Neundörfer, Recht und Praxis der Beihilfen, KSE 32, S.55, 68 f. 96 Wolf gang Danner, Klagemöglichkeit privater Personen, S. 113 ff.; Gert Nicolay sen, EuR 1970,161,169 f.; diese Auffassungen bezogen sich allerdings nicht auf an Mitgliedstaaten gerichtete, beihilfenaufsichtsrechtliche Entscheidungen, sondern auf Entscheidungen an Private. Entgegen Wolfram Cremer, Forschungssubventionen, S. 232 und 251, kann dieser Bezug auch nicht angenommen werden, weil nach dieser Auffassung dann jedermann individuell betroffen wäre, der sich gegen eine Entscheidung über eine Beihilfenvergabe durch Verwaltungsakt oder Vertrag wendet. Eine derartige Ausweitung des Art. 173 Abs. 4 a.F. EGV kann den Autoren nicht unterstellt werden, wird aber von Wolfram Cremer, a. a. O., S. 251, kritisiert. 97 Später GA Roemer, Schlußanträge zu EuGH, Rs. 6/68, Slg. 1968,611,630 - Zuckerfabrik Watenstedt; ders., Schlußanträge zu EuGH, Rs. 63/69, Slg. 1970,213,219- Compagnie Française I; ebenso schon Dietrich Ehle, NJW 1963, 2193, 2196, Ernst-Werner Fuß, NJW 1964, 945, 949 f.; Manfred Zuleeg, Subventionskontrolle durch Konkurrentenklage, S. 41 f.; grundsätzlich ebenfalls auf die Bestimmbarkeit bezogen sich Klaus Koch, Klagebefugnis Privater, S. 291 ff., der lediglich eine „gewisse Überschaubarkeit" forderte, und Hans-Wolfram Daig, in: Aubin u. a., Festschrift für Otto Riese, S. 187,209 f., der entgegen seinem späteren Standpunkt in ders., Nichtigkeits- und Untätigkeitsklagen, Ziff. 141, Fn.384, nach „regionalen Kriterien" abgrenzen wollte. 98 GA Gand, Schlußanträge zu EuGH, Rs.38/64, Slg. 1965,277,292-Getreide-Import; GA Dutheillet de Lamothe, Schlußanträge zu EuGH, Rs. 62/70, Slg. 1971, 897, 915 - Bock; so auch noch G A Roemer, Schlußanträge zu EuGH, Rs. 25/62, Slg. 1963,211,257; ders., Schlußanträge zu EuGH, Rs. 106, 107/63, Slg. 1965, 560, 563-Töpfer; ders., Schlußanträge zu EuGH, Rs. 10, 18/68, Slg. 1969, 485, 492f. - Eridania; ders., Schlußanträge zu EuGH, Rs. 41-44/70, Slg. 1971, 411, 434 f. - Fruit Company; ebenso GA Rozés, Schlußanträge zu EuGH, Rs. 307/81, Slg. 1982, 3463, 3479 - Alusuisse; wohl auch gegen seinen früheren, in NJW 1964, 945, 949f. vertretenen Standpunkt Ernst-Werner Fuß, JuS 1967, 552, 557, und ebenfalls gegen seine frühere, in: Aubin u. a., Festschrift für Otto Riese, S. 187,209 f. geäußerte Auffassung Hans-Wolfram Daig, Nichtigkeits- und Untätigkeitsklagen, S. 111 und 109, Fn. 384. Nach Carl-Hermann Hie, 46. DJT, Bd. 1, S. G 1, 17, war sogar erforderlich, daß der Kläger durch die angefochtene Regelung ausschließlich selbst betroffen wurde.

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des Klägers ankomme, etwa auf eine tatsächliche" oder potentielle100 Störung seiner Marktinteressen. Das Cofaz-Urteil wurde als erster Schritt zur Entscheidung dieses Meinungsstreits in Bezug auf das Beihilfenrecht angesehen, weil zum Zeitpunkt des Erlasses der angefochtenen Entscheidung feststehe, wer im Verwaltungsverfahren beteiligt gewesen und demzufolge individuell betroffen sei. Für den Rechtsschutz gegen Beihilfenentscheidungen gälten nunmehr trotz des Fehlens einer Verfahrensordnung dieselben Grundsätze, die der EuGH in anderen Bereichen des gemeinschaftlichen Wirtschaftschaftsverwaltungs- und Wettbewerbsrechts zugrunde lege. Tatsächlich hat der EuGH bereits seit den siebziger Jahren die individuelle Betroffenheit von Nicht-Adressaten gegen Entscheidungen dort bejaht, wo diesen im Verwaltungsverfahren Antrags- oder Anhörungsrechte eingeräumt waren. Es handelte sich hier insbesondere um in Kartell-, 101 Antisubventions-102 oder Antidumpingverfahren 103 ergangene Entscheidungen.104 Der vom EuGH beschrittene „neue Weg der Konkurrentenklage" 105 war zwar zunächst noch der Kritik ausgesetzt, mit der Bejahung der individuellen Betroffenheit aufgrund einer Beteiligung am Hauptprüfungsverfahren werde der Rechtsschutz in den Fällen ausgeschlossen, in denen die Prüfung durch Verfahrenseinstellung des Vorprüfungsverfahrens ende. Die Kommission hätte es so selbst in der Hand, eine Klageberechtigung anderer Beteiligter als des Adressaten zu ermöglichen oder zu verhindern. Dies widerspreche dem Gebot des effektiven Rechtsschutzes und sei außerdem willkürlich, weil eine Einstellungsentscheidung den potentiellen Kläger ebenso treffen könne wie eine das Hauptverfahren abschließende Entscheidung.106 99

Léontin-Jean Constantinesco, Unmittelbare Anwendbarkeit, S.90. Hans-Josef Rüber, NJW 1972, 2097, 2102. 101 Insbesondere EuGH, Rs.26/76, Slg. 1977,1875, 1902f. -Metro; Rs.210/81, Slg. 1983, 3045, 3063 f. - Demo-Studio-Schmidt. 102 Insbesondere EuGH, Rs. 191/82, Slg. 1983, 2913, 2931 ff. - Fediol I. 103 Insbesondere EuGH, Rs. 113/77, Slg. 1979,1185,1205 - NTN Toyo Bearing Company; Rs.70/87, Slg. 1989,1781, 1831 -Fediol III. 104 Vgl. zu dieser Rechtsprechung Albrecht A. Randelzhofer, Kontrollverfahren, S.9\; Adinda Sinnaeve, EuZW 1995,172,173; zu ihrer Einordnung Wolfram Cremer, Forschungssubventionen, S. 229 ff. m. w.N. insbes. in Fn. 169; F. Thilo Klingbeil, Beihilfeverfahren, S.207. 105 So der programmatische Titel des Besprechungsaufsatzes von Gert Nicolaysen, EuR 1986, 261. 106 Vgl. zu dieser Kritik Wolfram Cremer, Forschungssubventionen, S. 225 ff., der darüber hinaus meint, das Kriterium der Verfahrensbeteiligung müsse wegen der tatsächlichen Parallelen zwischen nationalen Beihilfen und Gemeinschaftsbeihilfen dann auch für Klagen gegen Gemeinschaftsbeihilfen gelten. Da hier ein Verwaltungsverfahren überhaupt nicht vorgesehen sei, könne man aus Gründen der Gleichheit auch bei nationalen Beihilfen hinsichtlich der individuellen Betroffenheit nicht auf eine Verfahrensbeteiligung abstellen. Dieser Schluß ist nicht zwingend, weil das Gemeinschaftsrecht selbst (primärrechtlich) die Differenzierung zwischen gemeinschaftlichen und nationalen Beihilfen vornimmt. Angesichts dessen können gegen unterschiedliche prozeßrechtliche Konsequenzen keine Bedenken bestehen. 100

8*

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Diese Kritik wurde seit der Bejahung der individuellen Betroffenheit im Fall CIRFS, in dem sich die Kläger gegen Einstellungsentscheidungen im Vorprüfungsverfahren gewandt hatten, allerdings nicht weiter vertreten. (bb) Verfahrensbeteiligte Grundrechtsbetroffene Ein neuerer Ansatz geht davon aus, daß die Verfahrensbeteiligung als ungeschriebene Zulässigkeitsvoraussetzung erforderlich sei, ohne die der individuell betroffene Kläger sich nicht auf seine individuelle Betroffenheit berufen dürfe bzw. insofern „präkludiert" sei. 107 Die individuelle Betroffenheit ergebe sich zwar grundsätzlich aus dem mit einer beihilfenaufsichtsrechtlichen Entscheidung verbundenen Eingriff in die grundrechtlich geschützte Wettbewerbsfreiheit des Nicht-Adressaten. Beteilige sich dieser aber trotz der Grundrechtsbeeinträchtigung nicht am Beihilfenaufsichtsverfahren, entfalte die fehlende Verfahrensbeteiligung „Präklusionswirkung". 108 Eine zulässige Klage könne daher nur erheben, wer sich am Verfahren beteiligt habe. (cc) Verfahrensbeteiligte „Erstbeschwerte" Nach einem anderen, hinsichtlich der Verfahrensbeteiligung vergleichbaren Ansatz ist die Verfahrensbeteiligung erforderlich, weil ohne sie eine „Verwirkung" der Klageberechtigung eintrete. Nach dieser Auffassung ergibt sich die individuelle Betroffenheit zwar nicht aus einer möglichen Grundrechtsverletzung, sondern knüpft statt dessen an die früher vertretene These an, wonach diejenigen als durch eine Entscheidung individuell betroffen angesehen wurden, die bei Erlaß der Entscheidung zu einem erkennbaren, d. h. nach abstrakten Kriterien bestimmbaren Personenkreis zählten.109 Zur Unterscheidung der individuell Betroffenen von sonstigen Betroffenen dient hier aber als abstraktes Kriterium die sog. „Erstbeschwer". 110 Verbiete eine Kommissionsentscheidung die Gewährung einer Beihilfe, sei das begünstigte Unternehmen durch diese Entscheidung „erstbeschwert". Werde die Gewährung einer Beihilfe erlaubt, seien hierdurch weder der Mitgliedstaat als Adressat der Entscheidung noch der Beihilfenempfänger beschwert, sondern vor allem Konkurrenten und Dritte. Als „Erstbeschwerte" einer Entscheidung seien sie hinreichend individualisiert. Allerdings ergebe sich aus dieser Individualisierung nicht automatisch die Klageberechtigung. Beteilige sich ein „erstbeschwerter" Konkurrent gleichwohl nicht am Beihilfenaufsichtsverfahren, sei die aufgrund der individuellen Betroffen107 Norbert Low, Rechtsschutz des Konkurrenten, S. 154 ff. 108 Norbert Low, Rechtsschutz des Konkurrenten, S. 157f.; ähnlich Hans-Jürgen Papier, ZHR 1988, 503 109 Wolfram Cremer, Forschungssubventionen, S. 240ff. 110 Wolfram Cremer, Forschungssubventionen, S.245; ebenso jetzt ders., in: Calliess/Ruffert, Kommentar, Art. 230 Rn. 60; ders., EWS 1999, 48, 53 f.

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heit an sich vorliegende Klageberechtigung verwirkt. Eine zulässige Klage setze also eine vorherige Verfahrensbeteiligung voraus. 111 (dd) Verfahrensbeteiligte als „Anwalt des Gemeinschaftsinteresses" Ein anderer Weg zur Begründung des Erfordernisses der Verfahrensbeteiligung liegt darin, die individuelle Betroffenheit eines Nicht-Adressaten anzuerkennen, wenn dieser eine Verletzung von Interessen geltend mache, die den Interessen der Gemeinschaft entsprächen. Der Kläger übernehme dann die Funktion eines Anwalts des Gemeinschaftsinteresses. 112 Als solcher müsse er sich jedoch am Verfahren beteiligt haben oder sich zumindest auf ein Beteiligungsrecht berufen können. Der durch eine Entscheidung der Kommission im Beihilfenaufsichtsverfahren in seinen Interessen berührte und wenigstens potentiell verfahrensbeteiligte Konkurrent sei daher individuell betroffen. 113 (b) Individuelle Betroffenheit durch materielle Beeinträchtigung Für die Vertreter der Gegenposition in der Literatur kommt es für die individuelle Betroffenheit nicht auf die Verfahrensbeteiligung, sondern auf in der Person des Klägers liegende Umstände an. Der ältere Meinungsstreit hat sich nach Auffassung dieser Autoren insofern durch die Cofaz-Rechtsprechung nicht erledigt. (aa) Individuelle Betroffenheit durch Wettbewerbsstörung Anknüpfend an die entsprechenden, bereits in der älteren Diskussion um die Auslegung der individuellen Betroffenheit vertretenen Auffassungen 114 wird in neuerer Zeit argumentiert, daß jede Interessenbeeinträchtigung 115 bzw. wenigstens die Beeinträchtigung des Klägers in seinen wettbewerblichen Interessen zur Begründung der individuellen Betroffenheit genüge.116 Die Anerkennung dieser Interessen beruhte auf der Einräumung von Verfahrensrechten, wobei es nicht auf deren tatsächliche Ausübung, sondern lediglich auf ihre grundsätzliche Gewährleistung ankomme. Individuell betroffen wären demnach alle Konkurrenten sowie die übrigen Verfahrensbeteiligten, die durch die angefochtene Entscheidung in ihren Interessen beeinträchtigt sind. 111

Wolfram Cremer, Forschungssubventionen, S.262. Philip v.Dietze, Verfahrensbeteiligung und Klagebefugnis, S. 199 ff. 113 Philip v.Dietze, Verfahrensbeteiligung und Klagebefugnis, S. 199ff., insbes. 211. 114 Vgl. Léontin-Jean Constantinesco, Unmittelbare Anwendbarkeit, S.90; Bodo Börner, 46. DJT, Bd. 2, S.G9, 31; Hans-Josef Rüber, NJW 1972, 2097, 2102. 115 Trevor Hartley, Foundations, S. 384; Anthony Ar null, CMLRev 1995,7,33; Dieter Weinhardt, Klagebefugnis des Konkurrenten, S. 167 f. 116 Martin Reufels, Subventionskontrolle, S. 153; Romina Polley, EuZW 1996, 300, 301; Adinda Sinnaeve, EuZW 1995, 172, 174. 112

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Zur Begründung wird darauf hingewiesen, daß sich für das Konzept der Überschaubarkeit des Personenkreises weder im Wortlaut der Vorschriften über die Nichtigkeitsklage noch in den mitgliedstaatlichen Rechtsordnungen eine Stütze finde. Als Indiz dafür, daß sich auch der EuGH inzwischen dieser Auffassung angeschlossen habe, werden insbesondere die Entscheidungen Cook und Matra gewertet, weil hier in den Entscheidungsgründen nicht mehr auf das Kriterium der tatsächlichen Verfahrensbeteiligung eingegangen worden sei.117 (bb) Individuelle Betroffenheit durch möglichen Grundrechtseingriff Ebenfalls unter Bezug auf schon früher vertretene Auffassungen 118 ist gerade in den letzten Jahren vermehrt die These aufgestellt worden, es sei derjenige als individuell betroffen und damit als klageberechtigt anzusehen, der durch den angefochtenen Rechtsakt möglicherweise in einem subjektiven Recht, insbesondere in Gemeinschaftsgrundrechten verletzt sei, 119 wobei allerdings Streit darüber besteht, ob im Falle der Beihilfenvergabe das Grundrecht auf Wettbewerbsfreiheit 120 oder die Grundrechte der Berufsfreiheit bzw. im Extremfall auch der Eigentumsfreiheit 121 einschlägig sein sollen. Einigkeit besteht jedenfalls über die Grundthese, Art. 230 (ex-Art. 173) Abs. 4 EG sei - auch über den Wortlaut hinaus - grundrechtskonform auszulegen.122 Diese Auffassung bezieht sich vorwiegend auf den Rechtsschutz der Träger der Gemeinschaftsgrundrechte, die sich auf die Berufs- oder Wettbewerbsfreiheit berufen können. Sonstige Dritte können sich als juristische Personen des Privatrechts zwar grundsätzlich auch auf Gemeinschaftsgrundrechte berufen. Entscheidungen im Bereich der Beihilfenaufsicht werden hier jedoch nur im Ausnahmefall einen Eingriff darstellen. Zur Begründung der individuellen Betroffenheit aufgrund einer möglichen Grundrechtsverletzung sind hauptsächlich zwei Argumente vorgebracht worden: Zum einen wurde vor Erlaß der Verfahrensverordnung darauf hingewiesen, daß gerade im Bereich des Beihilfenrechts die Verschränkung von Klageberechtigung und 117 Martin Reufels, Subventionskontrolle, S. 153; Romina Polley, EuZW 1996, 300, 301; Adinda Sinnaeve, EuZW 1995, 172, 174. 118 s. nur Michel Fromont, CahDrEur 1966,47, 62f. 119 Ludwig Allkemper, Rechtsschutz des Einzelnen, S. 90ff.; Wilfried Bernhardt, Verfassungsprinzipien, S. 270ff.; Carsten Nowak, Konkurrentenschutz, S. 453 ff.; Norbert Low, Rechtsschutz des Konkurrenten, S. 156; Thomas v. Danwitz, NJW 1993,1108,1115; Dirk Ehlers, VerwArch 1993, 153; José Carlos Moitinho de Almeida, in: Due/Lutter/Schwarze, Festschrift für Ulrich Everling, Bd. 1, S. 872; Nanette Neuwahl, ELRev 1996, 30f.; Carsten Nowak/Hans Peter Nehl, EuZW 1999, 350, 351. 120 Norbert Low, Rechtsschutz des Konkurrenten, S. 118 f., 156. 121

Carsten Nowak, Konkurrentenschutz, S. 475 ff. Norbert Low, Rechtsschutz des Konkurrenten, S. 153 ff.; Carsten Nowak, Konkurrentenschutz, S. 500ff.; ders., DVB1. 2000, 20, 23ff. 122

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tatsächlicher Verfahrensbeteiligung besonders bedenklich sei, weil es hier an ausdrücklichen Verfahrensrechten fehle. 123 Zum anderen wird die grundsätzliche Anerkennung der Gemeinschaftsgrundrechte betont, durch die die „Rechtssubjektivität des Marktbürgers" zunehmend ausgebaut worden sei und der im Rechtsschutzsystem letztlich nur dadurch Rechnung getragen werden könne, daß eine mögliche Grundrechtsverletzung zur individuellen Betroffenheit führe. 124 Diese Entwicklung habe der EuGH in seinen Urteilen Cook und Matra nachvollzogen, indem er auf das Kriterium der vorangegangenen Verfahrensbeteiligung verzichtet habe.125 Vor allem in der Rechtsprechung des Gerichts erster Instanz fänden sich neuerdings Anhaltspunkte dafür, daß diesen Argumenten in der Rechtsprechung größeres Gewicht zukomme: in den Urteilen ASPEC und AAC habe das EuG ausdrücklich erklärt, daß die Heranziehung des Kriteriums der vorangegangenen Verfahrensbeteiligung zur Begründung der individuellen Betroffenheit die Heranziehung anderer Kriterien keinesfalls ausschließe.126 Das EuG habe die individuelle Betroffenheit in diesen Fällen ebenso wie im Fall Dänische Werften ausschließlich mit den erheblichen Auswirkungen der streitigen Beihilfe auf die Marktstellung der jeweiligen Kläger begründet. 127 Damit habe sich die gemeinschaftliche Gerichtsbarkeit von ihren französischen Einflüssen 128 gelöst und sich der in Deutschland geltenden Rechtsprechung angenähert.129

(3) „Teleologische Theorie" der individuellen Betroffenheit Entgegen der Auffassung, das Tatbestandsmerkmal der individuellen Betroffenheit entbehre einer eigenständigen Bedeutung, kommt es für die Klageberechtigung nach wie vor entscheidend darauf an, ob der Kläger durch den angefochtenen Rechtsakt individuell betroffen ist. 130 Der Wortlaut des Vertrages würde nicht zwischen individueller und unmittelbarer Betroffenheit unterscheiden, wenn es sich 123

CarstenNowak, Konkurrentenschutz, S.458ff. Norbert Low, Rechtsschutz des Konkurrenten, S. 154; Carsten Nowak, Konkurrentenschutz, S. 453 ff., insbes. 45. 125 So CarstenNowak, Konkurrentenschutz, S.469, unter Hinweis auf EuGH, Rs.C-198/91, Slg. 1993, 1-2487 - Cook (Tz. 22f.), und Rs. C-225/91, Slg. 1993, 1-3203 (Tz. 16) - Matra. 126 So Carsten Nowak, Konkurrentenschutz, S. 459 und 465, unter Hinweis auf EuG, Rs. T-435/93, Slg. 1995,11-1281 - ASPEC, und Rs. T-442/93, Slg. 1995,11-1329, 1352-AAC. 127 So CarstenNowak, Konkurrentenschutz, S.466f., unter Hinweis auf EuG, Rs. T-435/93, a. A.O., S.11-1281,1307; Rs. T-442/93, a. A.O., S.II-1329,1352; Rs. T-266/94, Slg. 1996, ΙΙΙ 399 ff. - Dänische Werften. 128 Die insoweit bestehenden Parallelen galten bis heute als unbestritten, vgl. Albert Bleckmann, DÖV 1993, 842; Claus-Dieter Classen , NJW 1995, 2457, 2461; Ulrich Everling, in: Everling/Narjes/Sedemund, Festschrift für Arved Deringer, S.40,41. 129 So CarstenNowak, Konkurrentenschutz, S.449,468 und 472 f., unter Hinweis auf Jürgen Schwarze, RIW 1996, 893, 897. 130 So Léon Goffin, CahDrEur 1966,75,84ff.; Léontin-Jean Constantinesco, Recht der EGI, Rn.773. 124

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hier um eine Tautologie handelte, also zwei Tatbestandsmerkmale gleichen Inhalts vorlägen. 131 Dafür spricht letztlich auch, daß sich die Forderungen nach einer Streichung de lege ferenda trotz mehrerer Vertragsrevisionen nicht durchgesetzt haben. Trotz aller Schwierigkeiten 132 muß die Auslegung zunächst vom Wortlaut der Vorschrift, also von dem Begriffspaar „individuelle Betroffenheit" ausgehen, wenngleich der Wortlaut bei der Auslegung des Gemeinschaftsrechts eher in den Hintergrund tritt, 133 während die systematisch teleologische Auslegung letztlich entscheidet.134 (a) Wortlautinterpretation des Art. 230 (ex-Art. 173) Abs. 4 EG Wann Entscheidungen der Gemeinschaftsorgane im Beihilfenaufsichtsverfahren den Kläger individuell betreffen, läßt sich dem Wortlaut des Art. 230 (ex-Art. 173) Abs. 4 EG nicht eindeutig entnehmen.135 „Individuelle Betroffenheit" besagt lediglich, daß der Kläger vom Klagegegenstand „als Einzelner betroffen" sein, sich also in seiner Betroffenheit in irgendeiner Weise von anderen abheben muß. 136 Es handelt sich also bei den Begriffen „individuell" und „Betroffenheit" um zwei Tatbestandsmerkmale. Trotz der grundsätzlichen Möglichkeit, bei der Auslegung vom Wortlaut abzuweichen, lassen sich der Formulierung der Vorschrift dennoch Interpretationshinweise entnehmen. Hier wird vom Wortlaut zumindest nahegelegt, daß die bloße Interessen- oder Grundrechtsbeeinträchtigung allein nicht zur „individuellen Betroffenheit" führt, weil es sich dann lediglich um eine „Betroffenheit" als solche handeln würde. Erst durch Vorliegen weiterer Kriterien kann diese auch zur „individuellen Betroffenheit" werden. 137 Daß die individuelle Betroffenheit aber ausschließlich eine Verfahrensbeteiligung voraussetzt, ist dem Wortlaut der Vorschrift ebensowenig zu entnehmen: Wollte man die Klageberechtigung von der Beteiligung 131

Wolfram Cremer, Forschungssubventionen, S.239. Siehe nur Gert Nicolay sen, EuR 1970, 165, 169: „undurchsichtigste und umstrittenste Voraussetzung der Klagebefugnis"; James Dinnage, ELRev 1979, 15, 34: „unfortunate drafting"; Norbert Low, Rechtsschutz des Konkurrenten, S. 153. 133 Der Wortlaut bildet für die Auslegung allenfalls den Ausgangspunkt; vgl. Albert Bleckmann, NJW 1982, 1177, 1178; Peter Meyer, Jura 1994, 455, 456; Meinhard Hilf, Auslegung mehrsprachiger Verträge, S. 65 ff.; Carsten Buck, Auslegungsmethoden, S. 152 if.; auch die historische Interpretation spielt bei der Auslegung des primären Gemeinschaftsrechts allerdings keine große Rolle; vgl. Albert Bleckmann, a. a. O.; Peter Meyer, a. a. O.; Carsten Buck , a. a. Ο., S. 143 ff.; in historischer Hinsicht wäre zur Auslegung des Art. 230 EG zu sagen, daß sich hier französische Einflüsse niedergeschlagen haben; vgl. Carsten Nowak, Konkurrentenschutz, S. 449 ff.; Albert Bleckmann, Europarecht, Rn.879; ders., DÖV 1993, 842; Claus-Dieter Classen, NJW 1995, 2457, 2461; Ulrich Everling, in: Everling/Narjes/Sedemund, Festschrift für Arved Deringer, S.40,41. 134 Die teleologische Auslegung ist die charakteristische Auslegungsmethode des Gemeinschaftsrechts, vgl. Albert Bleckmann, NJW 1982, 1177, 1178; Peter Meyer, Jura 1994, 455, 456; Carsten Buck , Auslegungsmethoden, S. 202 ff. 135 Norbert Low, Rechtsschutz des Konkurrenten, S. 153. 136 Wolf gang Danner, Klagemöglichkeit Privater, S. 111. 137 Wolfram Cremer, Forschungssubventionen, S. 240. 132

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an einem Verwaltungsverfahren abhängig machen, so liefe dies auf die Einführung der zusätzlichen, vertraglich nicht vorgesehenen Zulässigkeitsvoraussetzung eines Vorverfahrens hinaus.138 (b) Systematische Stellung des Art. 230 (ex-Art. 173) Abs. 4 EG Auch eine systematische Betrachtung deutet darauf hin, daß es für die Frage der individuellen Betroffenheit nicht auf eine subjektive Rechts- oder Interessenverletzung ankommen kann. Aus Art. 230 (ex-Art. 173) Abs. 2 EG läßt sich nur ableiten, daß es für die Begründetheit der Nichtigkeitsklage darauf ankommt, ob einer der dort genannten Klagegründe vorliegt, aus dem sich die Rechtswidrigkeit des angefochtenen Klagegegenstandes ergibt. Weitere Klagegründe, insbesondere die Zweckmäßigkeit und Billigkeit des Klagegegenstandes oder die Verletzung eines subjektiven Rechts des Klägers, sind nicht zulässig139. Konsequenterweise dürfte dann die Möglichkeit einer subjektiven Rechtsverletzung, etwa der Verletzung von Grundrechten, ebenfalls nicht zur Begründung der Klageberechtigung ausreichen. Allerdings gehören die Grundrechte auch zum systematischen Kontext der Vorschrift. Ein eindeutiges Ergebnis läßt sich durch diese Auslegung daher nicht erreichen. (c) Teleologische Auslegung des Art. 230 (ex-Art. 173) Abs. 4 EG Für die Auslegung kommt es letztlich auf den Sinn und Zweck der auszulegenden Vorschrift an. Was Sinn und Zweck des Art. 230 (ex-173) Abs. 4 EG ist, ist nirgends ausdrücklich niedergelegt. Eine teleologische Auslegung läuft daher immer Gefahr, einen vom jeweiligen Gesetzesanwender vermuteten oder erwünschten Zweck in den Mittelpunkt der Betrachtung zu rücken und die Interpretation hieran auszurichten. So wird hinsichtlich des Zwecks der Vorschrift des Art. 230 (ex-Art. 173) Abs. 4 EG einerseits vertreten, hier würde die Wahrung des Gemeinschaftsrechts beabsichtigt, 140 während andere der Auffassung sind, Sinn und Zweck sei die Sicherstellung eines möglichst umfassenden und effektiven Individualrechtsschutzes, ohne daß dieser allerdings zur Zulässigkeit einer „Popularklage" führen dürfe. 141 (aa) Sinn und Zweck nach Plaumann Was Sinn und Zweck der Vorschrift des Art. 230 (ex-Art. 173) Abs. 4 EG ist, muß zunächst der Rechtsprechung des EuGH zu dieser Vorschrift selbst entnom138

Vgl. Heinrich Kirschneri Karin Klüpfel, Gericht erster Instanz, Rn.47. Heinrich Kirschneri Karin Klüpfel, Gericht erster Instanz, Rn.44. 140 Die Vorschrift sei Ausprägung des Art. 164 EGV, vgl. Norbert Low, Rechtsschutz des Konkurrenten, S. 153. 141 Heinrich Kirschneri Karin Klüpfel, Gericht erster Instanz, Rn.45; Gerhard Bebr, Judicial Control, S. 65; Norbert Low, Rechtsschutz des Konkurrenten, S. 153. 139

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men werden. Unbestrittener Ausgangspunkt dieser Rechtsprechung ist die Plaumann-Formel, nach der die Klageberechtigung auf diejenigen Kläger beschränkt ist, die von dem angegriffenen Rechtsakt wegen bestimmter persönlicher Eigenschaften oder besonderer, sie aus dem Kreis der übrigen Personen heraushebender Umstände berührt werden und daher in ähnlicher Weise individualisiert sind wie der Adressat. 142 Entgegen der These vom möglichst umfassenden Individualrechtsschutz ergibt sich aus der Plaumann-Formel also eine Beschränkung des Individualrechtsschutzes als Zweck des Art. 230 (ex-Art. 173) Abs. 4 EG. Bei näherer Betrachtung trifft die Plaumann-Formel aber insgesamt drei Aussagen zur Bestimmung von Sinn und Zweck des Erfordernisses der individuellen Betroffenheit. Individuelle Betroffenheit soll vorliegen, wenn der angegriffene Rechtsakt den Kläger wegen „bestimmter persönlicher Eigenschaften" berührt. Diese Formulierung deutet darauf hin, daß es durchaus denkbar wäre, auf allein in der Person des Klägers liegende Umstände zurückzugreifen. Individuelle Betroffenheit kann alternativ („oder") aber auch vorliegen, wenn „besondere... Umstände" gegeben sind. Diese Formulierung deutet auf das Erfordernis objektiver Kriterien hin, etwa einer tatsächlichen Verfahrensbeteiligung des Klägers. Entscheidend für die Ermittlung des Zwecks der Vorschrift ist folglich das dritte Element der Plaumann-Formel. Sowohl die „bestimmten persönlichen Eigenschaften" als auch die „besonderen... Umstände" müssen den Kläger „in ähnlicher Weise individualisieren wie den Adressaten". Hieraus ergibt sich, daß Art. 230 (ex-Art. 173) Abs. 4 EG bezwecken soll, denjenigen ein Klagerecht zuzubilligen, die in einer vergleichbaren Weise betroffen sind wie die Adressaten selbst. Für die Bestimmung der individuellen Betroffenheit der Dritten kommt es also auf das Bestehen von Gemeinsamkeiten bzw. Ähnlichkeiten mit dem Adressaten an. (bb) Individuelle Betroffenheit durch „Adressatenähnlichkeit" Für den Bereich des Beihilfenrechts ist damit eine Berufung der Nicht-Adressaten auf allein in ihrer Person liegende Umstände ausgeschlossen.143 Adressat einer beihilfenaufsichtsrechtlichen Entscheidung ist der beihilfengewährende Mitgliedstaat. Mit ihm hat der Nicht-Adressat so gut wie nichts gemeinsam. Weder steht er zu ihm im Wettbewerb, so daß er sich nicht darauf berufen kann, in ähnlicher Weise 142

EuGH, Rs. 25/62, Slg. 1963, 211 ff. - Plaumann. Dies entspricht der h. M., vgl. Hans-Werner Rengeling/Andreas Middekel Martin Gellermann:, Rechtsschutz, Rn. 165; Christian KoeniglClaude Sander, EG-Prozeßrecht, Rn.295; Waltraud Hakenberg/Christine Stix-Hackl, Handbuch, S.41; Hans Krück, in: v. d. Groeben/Thiesing/Ehlermann, Kommentar, Art. 173 Rn.58; Klaus-Dieter Borchardt, in: Lenz, Kommentar, Art. 230 Rn. 37; F. Thilo Klingbeil Beihilfeverfahren, S. 210ff.; Martin Reufels, Subventionskontrolle, S. 143 f.; Sabine Die hm, Überwindung der nationalen Beihilfepolitik, S. 139 f.; Joachim Bast/Klaus G. Blank, WuW 1993,181, 188; Claus Weber, DZWir 1997, 524, 525. 143

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in seiner Wettbewerberstellung betroffen zu sein,144 noch ist er in ähnlicher Weise in seinen Interessen verletzt. 145 Die Interessen des Mitgliedstaats als dem Adressaten der Entscheidung und Konkurrenten oder Dritten als Nicht-Adressaten sind vielmehr völlig entgegengesetzt. Während der Mitgliedstaat eine Beihilfe auszahlen möchte, wollen die Nicht-Adressaten (mit Ausnahme des Beihilfenempfängers) dies gerade verhindern. Schließlich kommt mangels Grundrechtsträgerschaft des beihilfengewährenden Mitgliedstaats auch keine Ähnlichkeit in Bezug auf eine mögliche Verletzung der Gemeinschaftsgrundrechte und folglich kein Rückgriff auf einen Grundrechtseingriff zur Begründung der individuellen Betroffenheit in Betracht. 146 Angesichts der unter keinem Gesichtspunkt bestehenden Ähnlichkeit zwischen dem Adressaten und dem klagenden Nicht-Adressaten läßt der Zweck der Vorschrift eine Begründung der individuellen Betroffenheit aufgrund einer Wettbewerbsstörung, Interessen- oder möglichen Grundrechtsbeeinträchtigung nicht zu. Die Ähnlichkeiten zwischen Adressat und Nicht-Adressat müssen folglich im Bereich der formellen Kriterien, insbesondere bei der Verfahrensbeteiligung liegen. Auch deren dogmatische Begründung muß sich jedoch an den genannten teleologischen Überlegungen orientieren. Die fehlende Ähnlichkeit zwischen dem Adressaten und Nicht-Adressaten hinsichtlich der Grundrechtsbetroffenheit muß hier zunächst zur Ablehnung des Begründungsansatzes führen, wonach sich die individuelle Betroffenheit grundsätzlich aus einer möglichen Grundrechtsverletzung ergeben soll, auf die sich der Kläger nur berufen kann, wenn er sich vorher am Verfahren beteiligt hat. 147 Abgesehen davon, daß in der Berufung auf das Grundrecht auf Wettbewerbsfreiheit bereits in grundrechtsdogmatischer Hinsicht von den falschen Voraussetzungen ausgegangen wird, führt die Grundrechtsverletzung nicht zur individuellen Betroffenheit. Zudem bestehen erhebliche Zweifel an der Behauptung, die fehlende Verfahrensbeteiligung entfalte Präklusionswirkung. Würde man die individuelle Betroffenheit durch den möglichen Grundrechtseingriff unterstellen, bedürfte eine derartige Präklusionswirkung der Verfahrensbeteiligung nach dem auch im Gemeinschaftsrecht geltenden Grundsatz vom Vorbehalt des Gesetzes einer ausdrücklichen Rechtsgrundlage.148 An dieser fehlt es allerdings sowohl in Art. 230 (ex-Art. 173) EG als auch bei den Verfahrensvorschriften des Beihilfenrechts. Der gleichen Kritik ist auch der Ansatz ausgesetzt, der die Verfahrensbeteiligung als Bedingung für die Zulässigkeit einer Klage ansieht, bei der der Nicht-Adressat 144

So aber Martin Reufels, Subventionskontrolle, S. 153; Romina Polley, EuZW 1996, 300, 301; Adinda Sinnaeve, EuZW 1995,172,174. 145 So aber Trevor Hartley , Foundations, S. 384; Anthony Ar null, CMLRev. 1995,7 ff. 146 So aber Norbert Low, Rechtsschutz des Konkurrenten, S. 153 ff.; Carsten Nowak, Konkurrentenschutz, S. 500 ff. 147 So aber Norbert Low, Rechtsschutz des Konkurrenten, S. 153 ff. 148 Carsten Nowak, Konkurrentenschutz, S.506f.

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als „Erstbeschwerter" individuell betroffen ist. 149 Für eine Verwirkung des Klagerechts gibt es keinerlei Anhaltspunkte. Außerdem ist gegen diesen Ansatz einzuwenden, daß er das Klagerecht gerade aus der fehlenden Ähnlichkeit ableiten will, indem er darauf abstellt, ob der klagende Nicht-Adressat „als Erster" und damit in anderer Weise betroffen ist als der Adressat. Der Unterschied zwischen Adressaten und Nicht-Adressaten könnte nicht größer sein. Letztlich liegt hier eine Parallelkonstellation zur Interessenverletzung vor, die nicht zur individuellen Betroffenheit führen kann. Nicht überzeugen kann schließlich auch die Auffassung, die die Verfahrensbeteiligung für erforderlich hält, um den Kläger in seiner Eigenschaft als Anwalt des Gemeinschaftsinteresses zu mobilisieren. 150 Daß der Verfahrensbeteiligte bei funktioneller Betrachtung zum Anwalt des Gemeinschaftsinteresses wird, ist offensichtlich. Warum gerade diese Eigenschaft eines verfahrensbeteiligten Nicht-Adressaten zu dessen individueller Betroffenheit führen soll, ist jedoch nicht ersichtlich. Auch hier fehlt es wiederum an der Ähnlichkeit mit dem Adressaten. Will der NichtAdressat als Anwalt des Gemeinschaftsinteresses gegen eine an den Adressaten gerichtete Entscheidung vorgehen, befindet sich der Adressat in der Rolle als Anwalt seiner eigenen Interessen. Zur Begründung der individuellen Betroffenheit muß letztlich herangezogen werden, daß der Kläger zu einem bei Erlaß der angefochtenen Entscheidung feststehenden Personenkreis (Closed Shop) gehört hat. 151 Dies ist zunächst bei einer tatsächlich vorliegenden Verfahrensbeteiligung der Fall. Hierin liegt dann die besondere Gemeinsamkeit zwischen dem Mitgliedstaat als Adressaten der angefochtenen Entscheidung und dem Kläger. Es fragt sich indes, ob die Verfahrensbeteiligung allein notwendige und hinreichende Bedingung sein kann, um eine Ähnlichkeit mit dem Adressaten der Entscheidung zu begründen. So ist anstelle der ausschließlichen Anknüpfung an die tatsächliche Verfahrensbeteiligung denkbar, daß der Adressat und der Nicht-Adressat aus anderen Gründen als Mitglieder eines bestimmten Personenkreises feststehen. Dies kann vorliegen, wenn insbesondere der klagende Nicht-Adressat dem handelnden Gemeinschaftsorgan bei Entscheidungserlaß aus anderen Gründen als aufgrund einer vorherigen Verfahrensbeteiligung bekannt war. Auch in diesem Fall wäre die Ähnlichkeit mit dem Adressaten gegeben. In anderer Richtung kann es für die Ähnlichkeit mit dem Adressaten auch nicht genügen, daß sich irgendein Nicht-Adressat am Verfahren beteiligt hat. Die Möglichkeiten zur Verfahrensbeteiligung sind nach Art. 20 VerfO sehr umfangreich. Hier bedarf es zur Begründung der Adressaten-Ähnlichkeit eines weiteren „Filters", um wirklich nur denjenigen die Klagemöglichkeit zu gewähren, die ähnlich wie ein Mitgliedstaat betroffen sind, ζ. B. weil sie in besonders schutzwürdigen Interessen 149 150 151

So aber Wolfram Cremer, Forschungssubventionen, S. 240ff. So aber Philip v.Dietze, Verfahrensbeteiligung und Klagebefugnis, S. 199 ff. Ähnlich jetzt Gilbert Gornig! Christiane Trüe, JZ 2000, 395, 398 f.

Β. Rechtsschutz gegen Handlungen der Gemeinschaftsorgane

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verletzt wurden. Diese können nach den in der Rechtsprechung entschiedenen Fällen darin liegen, daß sie als Wettbewerber oder Unternehmensverbände betroffen waren, die zudem im Beihilfenaufsichtsverfahren als Verhandlungsführer in Erscheinung getreten sind.

(d) Übereinstimmung mit der Rechtsprechung Die hier vorgeschlagene Auslegung der individuellen Betroffenheit erfaßt die sich in der neueren Rechtsprechung des EuG abzeichnenden Fallgruppen. Als individuell betroffen wurden einerseits die Kläger in der Fallgruppe AITEC angesehen, die sich aufgrund von Verfahrensrechten tatsächlich am Beihilfenaufsichtsverfahren beteiligt hatten. Hier handelte es sich insbesondere um Wettbewerber und deren Unternehmensverbände. Daß die Verfahrensbeteiligung nicht das ausschließliche Kriterium darstellen muß, beweisen die Urteile der Fallgruppe ASPEC, in denen sich die individuelle Betroffenheit aus dem Umstand ergab, daß die Kläger als Wettbewerber oder deren Unternehmensverbände bei Erlaß der Entscheidung feststanden. In den übrigen Fällen wurde die individuelle Betroffenheit verneint, weil weder eine aufgrund von Verfahrensrechten erfolgte Verfahrensbeteiligung noch eine diese ausnahmsweise substituierende Erkennbarkeit gegeben war.

d) Klagefrist Die Nichtigkeitsklage muß schließlich nach Art. 230 (ex-Art. 173) Abs. 5 EG innerhalb einer Frist von zwei Monaten nach Zustellung der angefochtenen Entscheidung erhoben werden. Da Konkurrenten und sonstige Dritte nicht Adressaten einer von ihnen anzufechtenden Entscheidung sind, wird ihnen diese jedoch nicht zugestellt, so daß sie möglicherweise nicht rechtzeitig von Erlaß und Zustellung der Entscheidung an den Mitgliedstaat erfahren. So besteht die Gefahr, daß sie die Klagefrist versäumen und die Entscheidung bestandskräftig wird. 152

aa) „Anforderungsfrist

"?

Zur Lösung dieses Problems hatte sich in der Literatur 153 unter Hinweis auf ältere Urteile 154 der Weg herausgebildet, den Beginn der Klagefrist vom Zeitpunkt der Zu152

Romina Polley, EuZW 1996, 300, 301. Vgl. insbes. Bernhard Schiohl Mark Hoenike, EuZW 1997,398,400; Wolf gang Mederer, in: v. d. Groeben/Thiesing/Ehlermann, Kommentar, Art. 93 Rn. 44. 154 Vgl. insbes. EuGH, Rs. 236/86, Slg. 1988, 3761, 3784 - Dillinger Hütte; ähnlich bereits Rs. 76/79, Slg. 1980,665, 667-Könecke; Rs. 180/88, Slg. 1990,1-4413,4440 - Wirtschaftsvereinigung Eisen- und Stahlindustrie; Rs. C-102/92, Slg. 1993,1-801 ff. - FAS. 153

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§ 4 Gemeinschaftsrechtlicher Rechtsschutz

Stellung der Entscheidung an den Adressaten auf den Zeitpunkt der Zustellung an den klagenden Nicht-Adressaten zu verschieben.155 Der EuGH hatte im Urteil Dillinger Hüttenwerke erstmals ausdrücklich festgestellt, daß der Beginn der Klagefrist bei fehlender Bekanntgabe oder Mitteilung auf den Zeitpunkt zu verlagern sei, an dem der betroffene Kläger erstmals vom vollen Inhalt der Entscheidung Kenntnis erhalte. Zur Erlangung dieser Kenntnis müsse er allerdings die vollständige Entscheidung „innerhalb einer angemessenen Frist anfordern", sobald er erfahre, daß eine ihn möglicherweise betreffende Entscheidung ergangen sei. 156 Die „angemessene Frist" wurde als „Anforderungsfrist" bezeichnet. Sie sollte mit der erstmaligen Kenntniserlangung beginnen - sei diese durch mündliche oder schriftliche Informationen, durch die Kommission, den Mitgliedstaat, den Beihilfenempfänger, durch das Amtsblatt oder die Medien erfolgt 157 - , und ihre Dauer sollte von den Umständen des Falles abhängen.158

bb) Klagefrist Von dieser Rechtsprechung hat der EuGH inzwischen Abstand genommen. Angesichts der inzwischen allgemein üblichen Praxis, Beihilfenaufsichtsentscheidungen im Amtsblatt bekanntzugeben, läßt die neuere Rechtsprechung des EuGH und des EuG keine besondere „Anforderungsfrist" mehr gelten.159 Dies bereitet insbesondere dann keine besonderen Schwierigkeiten, wenn der Kläger der Kommission im Beihilfenaufsichtsverfahren als Beteiligter bekannt ist und nach Art. 20 Abs. 1 VerfO eine Kopie der im Verfahren ergangenen Entscheidung erhält. 160 Wird ihm keine Kopie überlassen, ist er auf die Lektüre des Amtsblattes verwiesen. Eine zeitliche Verschiebung der Klagemöglichkeiten ist allerdings weder mit dem Wortlaut des Art. 230 (ex-Art. 175) Abs. 5 EG noch mit dem Sinn und Zweck der Klagefrist vereinbar, die die Bestandskraft ergangener Rechtsakte und damit die Rechtssicherheit gewährleisten soll. 161 155

Unklar dagegen Romina Polley, EuZW 1996, 300, 302, die lediglich die Gefahr der Bestandskraft erkennt und daher für eine formell unbefristete Klagemöglichkeit eintritt. 156 EuGH, Rs. 236/86, Slg. 1988, 3761, 3784 - Dillinger Hütte. 157 Vgl. Bernhard Schloh/Mark Hoenike, EuZW 1997, 398, 400; Romina Polley, EuZW 1996, 300, 302. 158 Bernhard Schloh/Mark Hoenike, EuZW 1997, 398,401 schlagen mindestens eine 14-tägige „Lesepflicht des Amtsblattes als allgemeine Informationspflicht jedes mündigen Bürgers" vor; Romina Polley, EuZW 1996, 300, 302 will die Dauer des fortbestehenden Klagerechts letztlich von der rechtlichen Zulässigkeit der Rückforderung der bereits gewährten Beihilfen abhängig machen und käme damit zu einer wesentlich längeren Frist. 159 EuGH, Rs.C-309/95, Slg. 1998,1-655,676; EuG, Rs. T-l 1/95, Slg. 1998,11-3235,3288; T-140/95, Slg. 1998,11-3327; Rs. T-14/96, Slg. 1998,11-139. 160 Wolfgang Mederer, in: v. d. Groeben/Thiesing/Ehlermann, Kommentar, Art. 93 Rn. 44. 161 Hans-Werner Rengeling!Andreas Middekei Martin Gellermann, Rechtsschutz, Rn. 175.

Β. Rechtsschutz gegen Handlungen der Gemeinschaftsorgane

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2. Begriindetheitsprüfung Die zulässige Nichtigkeitsklage ist begründet, wenn einer der Klagegründe des Art. 230 (ex-Art. 173) Abs. 1 EG gegeben ist. Angesichts der weiten Formulierung der Klagegründe findet hier grundsätzlich eine umfassende Rechtskontrolle statt.162 Bei der Kontrolle von Ermessensentscheidungen in Beihilfensachen sind die Gemeinschaftsgerichte nach der unbestrittenen Rechtsprechung auf eine Plausibilitätskontrolle beschränkt. Eine eigene wirtschaftliche Würdigung darf vom Gericht nicht vorgenommen werden. Statt dessen überprüfen EuGH und EuG lediglich, ob der Sachverhalt, der der getroffenen Ermessensentscheidung zugrunde gelegt wurde, zutreffend festgestellt wurde, ob die Verfahrens- und Begründungsvorschriften eingehalten wurden und ob keine offensichtlich fehlerhafte Würdigung des Sachverhalts oder ein Ermessensmißbrauch der Kommission vorliegt. 163 Dies gilt insbesondere für die Entscheidung des Rates nach Art. 88 (ex-Art. 93) Abs. 2 Unterabs. 3 EG. 164 Wird der Nichtigkeitsklage stattgegeben, hebt das Gericht die angefochtene Handlung gem. Art. 231 (ex-Art. 174) EG durch ein Gestaltungsurteil auf. Es hat allgemeine Geltung und beseitigt den Rechtsakt mit ex-tunc-Wirkung. 165

II. Amtshaftungsklage Neben der Nichtigkeitsklage dient auch die Amtshaftungsklage dem Rechtsschutz gegen Handlungen der Gemeinschaftsorgane. 166 Wenn die Gemeinschaft in ihrem Zuständigkeitsbereich Rechte und Pflichten des Einzelnen begründet, kann sie ihn auch durch administrative oder normative Maßnahmen schädigen. Im Zusammenhang mit der Vergabe staatlicher Beihilfen sind solche Schäden grundsätzlich als Folge aller mit der Nichtigkeitsklage anfechtbaren administrativen Organhandlungen denkbar. Nach Art. 288 (ex-Art. 215) Abs. 2 EG ersetzt die Gemeinschaft „im Bereich 162

Hans-Werner Rengeling/Andreas Middekel Martin Gellermann, Rechtsschutz, Rn.182. So für die Beihilfenaufsicht insbes. EuGH, Rs.C-225/91, Slg. 1993,1-3203, 3256- Matra. Es handelt sich hier um einen allgemeinen Grundsatz, vgl. EuGH. Rs. 136/77, Slg. 1978, 1245,1256-Racke; Rs. 138/79, Slg. 1980,3333,3358-Roquette Frères; Rs.42/84, Slg. 1985, 2245, 2575 - Remia; Rs. 142, 156/84, Slg. 1987, 4487, 4583 - BAT u. Reynolds; EuG, Rs. T-44/90, Slg. 1992, II-l, 28 - La Cinq; T-7/92, Slg. 1993,11-669 - Asia Motor France; zustimmend F. Thilo Klingbeil, Beihilfeverfahren, S.215; Norbert Low, Rechtsschutz des Konkurrenten, S. 163; Gerrit SchohelMark Hoenike, EuZW 1997, 741, 744; Ingolf Pernice, in: Grabitz/ Hilf, Kommentar, Art. 164 EGV Rn. 37; Carsten Nowak, DVB1. 2000, 20, 21. 164 Wolfgang Mederer, in: v. d. Groeben/Thiesing/Ehlermann, Kommentar, Art. 93 Rn. 74. 165 Vgl. bereits EuGH, Rs. 3/54, Slg. 1954/55,133,147-Assider; Rs. 22/70, Slg. 1971,263, 279 - Kommission/Rat; Rs. 21/86, Slg. 1987,795,806 f. - Euridiki Samara; Hans-Werner Rengeling/Andreas Middekel Martin Gellermann, Rechtsschutz, Rn. 194; Heinrich Kirschneri Karin Klüpfel, Gericht erster Instanz, Rn. 44. 166 Christian KoenigIClaude Sander, EG-Prozeßrecht, Rn. 382; Hans-Werner Rengeling/ Andreas Middekel Martin Gellermann, Rechtsschutz, Rn.243; Armin v. Bogdandy, JuS 1990, 872. 163

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§ 4 Gemeinschaftsrechtlicher Rechtsschutz

der außervertraglichen Haftung... den durch ihre Organe oder Bediensteten... verursachten Schaden...". Art. 235 (ex-Art. 178) EG weist dem EuGH die Zuständigkeit für Amtshaftungsklagen zu. 167 Mit einer Amtshaftungsklage kann zwar nicht erreicht werden, diese Organhandlungen für nichtig zu erklären. Sie dient lediglich dem Ausgleich für Schäden, die durch gemeinschaftsrechtswidriges außervertragliches hoheitliches Handeln der Organe oder ihrer Bediensteten verursacht werden. 168 1. Zulässigkeitsvoraussetzungen a) Überblick Die Zulässigkeit der Amtshaftungsklage ist in Art. 235 (ex-Art. 178) EG nur unzureichend geregelt. Anders als bei den übrigen Klagearten fehlt bei der Amtshaftungsklage eine Bestimmung über die Beteiligten. Nach ständiger Rechtsprechung kann jede natürliche oder juristische Person Amtshaftungsklage erheben, die durch ein Gemeinschaftsorgan einen Schaden erlitten hat. 169 Es handelt sich um denselben Personenkreis wie bei der Nichtigkeitsklage, so daß Konkurrenten und sonstige Dritte beteiligtenfähig sind. Klagegegner ist die Gemeinschaft, der das schädigende Handeln zuzurechnen ist. 170 Eine besondere Klageberechtigung ist nicht ausdrücklich vorgesehen und bedarf keiner besonderen Prüfung, weil es sich hier um eine „klassische" Schadenersatzklage handelt.171 Gegenstand der Klage sind „außervertragliche" Amtshandlungen der Gemeinschaftsorgane, durch die ein Schaden verursacht wurde. Über „vertragliche Handlungen", also das Handeln bei zivil- oder öffentlich-rechtlichen Verträgen zwischen der Gemeinschaft und Dritten, ist mangels einer Gemeinschaftszuweisung von nationalen Gerichten zu entscheiden. Es kommen auch nur Handlungen der Gemeinschaftsorgane als Gegenstand der Klage in Betracht, nicht hingegen Vollzugshandlungen der Mitgliedstaaten.172 Bei Schäden, die Konkurrenten und sonstigen Dritten infolge einer möglicherweise rechtswidrigen Entscheidung der Kommission oder des Rates im Beihilfenaufsichtsverfahren entstanden sind, handelt es sich um Schäden wegen außervertraglicher Handlungen. Hier wäre einzuwenden, daß der Scha167

Vgl. Armin v. Bogdandy, in: Grabitz/Hilf, Kommentar, Art. 178 EGV Rn. 1. Eine Haftung der Gemeinschaft für gemeinschaftsrechtmäßiges Handeln, das den Einzelnen in besonderer Weise betrifft („Sonderopfer"), d. h. also eine Haftung für enteignende Eingriffe, besteht bisher nicht; vgl. Eckart Klein, in: Hailbronner/Klein/Magiera/Müller-Graff, Handkommentar, Art. 215 Rn.42; Christian Koenigl Claude Sander, EG-Prozeßrecht, Rn. 383. 169 Vgl. EuGH, Rs. 18/74, Slg. 1974, 933, 944-Allg. Gewerkschaft; Rs. 72/74, Slg. 1975, 401, 410-Union Syndicale; Hans-Werner Rengeling/Andreas Middekei Martin Gellermann, Rechtsschutz, Rn. 246. 170 Vgl. EuGH, Rs. 63-69/72, Slg. 1973, 1229, 1247 - Werhahn; Hans-Werner Rengelingl Andreas Middekei Martin Gellermann, Rechtsschutz, Rn.247. 171 Hans-Werner Rengelingl Andreas Middekei Martin Gellermann, Rechtsschutz, Rn. 248. 172 Christian KoenigIClaude Sander, EG-Prozeßrecht, Rn. 382. 168

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den durch eine Organhandlung im Beihilfenaufsichtsverfahren lediglich mittelbar verursacht wird, weil eine Entscheidung der Kommission oder des Rates den Mitgliedstaat erst zur Gewährung der Beihilfe und damit zur Vornahme der schädigenden Handlung ermächtigt. Art. 235 (ex-Art. 178) EG eröffnet dem Gerichtshof keine Zuständigkeit zur Überprüfung nationaler Vollzugsmaßnahmen. Nach den im Zusammenhang mit der Geltung der Grundrechte und zur Begründung der unmittelbaren Betroffenheit bei der Nichtigkeitsklage angestellten Überlegungen zur unmittelbaren Betroffenheit von Nicht-Adressaten durch Organhandlungen im Beihilfenaufsichtsverfahren ist der gemeinschaftsgerichtliche Rechtsweg gegen diese Organhandlungen grundsätzlich eröffnet. In diesem Fall stellt sich allerdings die Frage nach dem Rechtsschutzbedürfnis bzw. der Subsidiarität gegenüber dem nationalen Rechtsschutz (hierzu b). Die übrigen Zulässigkeitsvoraussetzungen der Amtshaftungsklage werfen dagegen keine besonderen Schwierigkeiten auf. Anders als bei der Nichtigkeitsklage ist keine Klagefrist vorgesehen. Aus Art. 43 Satz 1 EuGH-Satzung, der eine Verjährungsfrist von fünf Jahren für Amtshaftungsansprüche vorsieht, ergibt sich jedoch eine entsprechende Klagefrist. 173 Nach Art. 3 Abs. 1 lit. c des einschlägigen Ratsbeschlusses ist auch für Schadenersatzklagen natürlicher oder juristischer Personen nunmehr das Gericht erster Instanz zuständig.174

b) Rechtsschutzbedürfnis Die Amtshaftungsklage ist ein Instrument des sekundären Rechtsschutzes. Mit ihr wird nicht die Schadensquelle bekämpft, sondern die Schadensfolge „liquidiert". Zudem wirken bei der Verursachung des Schadens Gemeinschaft und Mitgliedstaaten zusammen. Es stellt sich also die Frage des Verhältnisses der Amtshaftungsklage gegenüber dem Primärrechtsschutz auf Gemeinschaftsebene und zum Rechtsschutz auf nationaler Ebene. aa) Keine Subsidiarität

zur Nichtigkeitsklage

Ausgehend von seinem Urteil im Fall Plaumann war der EuGH in seiner früheren Rechtsprechung von der Subsidiarität der Amtshaftungsklage zur Nichtigkeitsklage ausgegangen.175 In seinem Urteil Schöppenstedt gab der EuGH diese Rechtsprechung auf und betonte den eigenständigen Charakter der Amtshaftungsklage, indem er darauf verwies, daß Amtshaftungs- und Nichtigkeitsklage im Vertrag nebeneinander stehen und von eigenständigen Voraussetzungen abhängig sind. 176 Zur Zuläs173 174 175 176

9 Staebe

Hans-Werner Rengeling/Andreas Middekel Martin Gellermann, Rechtsschutz, Rn. 255. Vgl. Beschluß 93/350/EAG, EGKS, EWG, ABl. 1993 L144, S.21. EuGH, Rs. 25/62, Slg. 1963, 211, 237ff. - Plaumann. EuGH, Rs.5/71, Slg. 1971, 975, 983 f. - Schöppenstedt.

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§ 4 Gemeinschaftsrechtlicher Rechtsschutz

sigkeit der Amtshaftungsklage ist es daher nicht erforderlich, daß die schädigende Handlung zuvor mit der Nichtigkeitsklage angefochten wurde. 177 Die Amtshaftungsklage ist vielmehr Ausdruck der Gewährleistung effektiven Rechtsschutzes, mit der auch bestehende Rechtsschutzdefizite im übrigen kompensiert werden können. Gerade wenn also eine Nichtigkeitsklage nicht erhoben werden kann, bietet die Amtshaftungsklage die Möglichkeit, einen Rechtsakt doch noch zum Gegenstand einer gerichtlichen Überprüfung zu machen.178 bb) Subsidiarität

gegenüber nationalem Rechtsschutz

Tritt der Schaden allerdings unter Mitwirkung eines Mitgliedstaats durch einen innerstaatlichen Vollzugsakt ein, müßte der EuGH in seinem Schadenersatzurteil auch darüber entscheiden, ob die innerstaatliche Maßnahme ihrerseits rechtmäßig oder rechtswidrig war. Zur Entscheidung über die Rechtmäßigkeit innerstaatlicher Vorschriften ist der EuGH jedoch nicht befugt. Er geht daher insbesondere in seiner jüngeren Rechtsprechung davon aus, daß die Amtshaftungsklage subsidiär zu innerstaatlichen Rechtsschutzmöglichkeiten ist. 179 Vor Schadenseintritt muß der Kläger dort gegen den innerstaatlichen Vollzugsakt vorgehen. Nach Schadeneintritt ist die gemeinschaftliche Amtshaftungsklage grundsätzlich erst statthaft, wenn der innerstaatliche Rechtsweg gegen die mitgliedstaatliche Vollzugshandlung ausgeschöpft worden ist und auf nationaler Ebene für den entstandenen Schaden kein Ersatz erlangt werden konnte.180 2. Begründetheitsprüfung Ist die Zulässigkeit der Amtshaftungsklage unter Berücksichtigung des vorrangigen nationalen Rechtsschutzes gegeben, hängt ihr Erfolg davon ab, ob die Voraussetzungen des Art. 288 (ex-Art. 215) Abs. 2 EG erfüllt sind, d. h. ob ein Gemeinschaftsorgan in Ausübung seiner Amtstätigkeit eine dem Schutz des Klägers dienende Rechtsnorm verletzt und dadurch unmittelbar einen kausalen Schaden des Klägers verursacht hat. Bei den Handlungen von Kommission und Rat im Verfahren der Beihilfenaufsicht handelt es sich um die Ausübung von Amtstätigkeit. Wenn diese rechtswidrig ist und ein durch sie verursachter Schaden nachgewiesen werden kann, stellt sich ei177 So auch die allg. Ansicht in der Literatur, vgl. nur Hans-Werner Rengelingl Andreas MiddekelMartin Gellermann, Rechtsschutz, Rn. 257. 178 Vgl. Peter Aubin, Haftung der EWG, S.71; Armin v. Bogdandy, JuS 1990, 872. 179 Vgl. EuGH, Rs. 12 u. a./77, Slg. 1978,553,569 - Debayser; Rs. 101/78, Slg. 1979,623, 638 - Granaria; Rs.C-72/90, Slg. 1990,1-2181,2185-Asia Motor France; Rs.C-119/88, Slg. 1990,1-2189,2210-AERPO; hierzu Peter Aubin, Haftung der EWG, S. 187 ff.; Stefan Ulrich Pieper, NJW 1992, 2454, 2466. 180 Hans-Werner Rengelingl Andreas Middekei Martin Gellermann, Rechtsschutz, Rn. 259.

Β. Rechtsschutz gegen Handlungen der Gemeinschaftsorgane

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nerseits die Frage, ob eine „dem Schutz des Klägers dienende Rechtsnorm" verletzt wurde und ob der eingetretene Schaden nicht nur kausal, sondern auch „unmittelbar" auf diese Rechtsverletzung zurückgeht. Als gemeinschaftsrechtliche Schutznormen für Schäden bei der Vergabe staatlicher Beihilfen kommen alle Vorschriften in Betracht, an die sich die Gemeinschaftsorgane im Zusammenhang mit der Beihilfenaufsicht halten müssen. Ob die Vorschriften des materiellen Beihilfenrechts und des Beihilfenaufsichtsrechts Rechtsnormen sind, die dem Schutz des Geschädigten dienen, ist umstritten. Die Rechtsprechung hat sich hierzu bislang nicht ausdrücklich bekannt. Die Schadenersatzklage hat in der bisherigen Praxis des Rechtsschutzes gegen gemeinschaftswidrige Beihilfen nur am Rande eine Rolle gespielt.181 Im Fall Produits Bertrand ging es um den Ersatz ein Schadens, der angeblich infolge eines Amtsfehlers der Kommission entstanden sein sollte, der darin bestand, daß diese das (frühere) Hauptprüfungsverfahren nach Art. 88 (ex-Art. 93) Abs. 2 EG nicht eingeleitet hatte. Allerdings konnte die Klägerin die Ursächlichkeit dieses Verhaltens für ihren Schaden nicht nachweisen, so daß die Klage erfolglos blieb. 182 Das Urteil Pantochim bezog sich auf eine schadenstiftende Untätigkeit zum Erlaß einer Amtshandlung, deren Vornahme außerhalb der Befugnisse der Kommission gelegen hätte. Mangels Rechtswidrigkeit bestand hier kein Schadenersatzanspruch. 183 Der Rechtssache BAI lag schließlich eine Amtspflichtverletzung außerhalb der eigentlichen Pflichten des Beihilfenaufsichtsverfahrens zugrunde: hier begehrte die Klägerin Schadenersatz, weil ihr eine beihilfenaufsichtsrechtliche Entscheidung verspätet und in einer für sie nicht verständlichen Sprache zugestellt worden war, so daß sie die Klagefrist der Nichtigkeitsklage versäumte. Weil die Klägerin aber den ihr entstandenen Schaden nicht nachweisen konnte, wurde die Klage abgewiesen.184 In der Literatur wird die Frage des Schutznormcharakters der Vorschriften der Art. 87 (ex-Art. 92) ff. EG vereinzelt mit der Überlegung abgelehnt, diese seien an die Mitgliedstaaten gerichtet und bezweckten nicht den Schutz von Wettbewerbern und sonstigen Dritten. 185 Hiergegen spricht, daß die Vorschriften über die Beihilfenaufsicht Bestandteil der Wettbewerbsregeln sind und diese nach allgemeiner Auffassung nicht nur dem Schutz des Wettbewerbs als Institution, sondern auch und ge181 Soweit in diesem Zusammenhang auf das Urteil des EuGH, Rs. 106-120/87, Slg. 1988, 5515 ff. - Asteris Bezug genommen wird, ist darauf hinzuweisen, daß dieser Fall ein Vorabentscheidungsverfahren in einem Verfahren von Privatpersonen gegen nationale Behörden vor einem griechischen Gericht betraf, das über Schadenersatz wegen nicht gezahlter Gemeinschaftsbeihilfen zu entscheiden hatte. 182 EuGH, Rs. 40/75, Slg. 1976, 709ff. - Produits Bertrand. 183 EuG, Rs. T-107/96, Slg. 1998,11-311 ff. - Pantochim. 184 EuG, Rs. T-230/95, Slg. 1999,11-123 ff. - BAI. 185 Martin Seidel, Schwerpunkte des Kartellrechts 1996/97, FIW-Heft 171, S. 29, 36 ff. 9*

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§ 4 Gemeinschaftsrechtlicher Rechtsschutz

rade dem Schutz einzelner Wettbewerbsteilnehmer dienen.186 Die beihilfenrechtlichen Vorschriften enthalten zwar keinen ausdrücklichen Hinweis darauf, daß sie den Schutz Einzelner bezwecken. Allerdings ergibt sich der Schutzzweck der Vorschriften aus ihrem systematischen Zusammenhang. Als Elemente des von der Gemeinschaft zu errichtenden Systems, das den Wettbewerb im Gemeinsamen Markt vor Verfälschungen schützen soll, verfolgen die Vorschriften des Wettbewerbsrechts nicht nur den allgemeinen und abstrakten Zweck, den Wettbewerb als Institution zu erhalten, sondern sie dienen auch unmittelbar dem Schutz aller einzelnen Wettbewerber. Dieser systematische Zusammenhang mit den sonstigen wettbewerbsbezogenen Vorschriften des EG-Vertrages, insbesondere des Kartellrechts in Art. 81 (exArt. 85) ff. EG, läßt sich nicht dadurch relativieren, daß sich die Beihilfenaufsicht an die Mitgliedstaaten wendet. Es liegt in der Natur staatlicher Beihilfen, daß sie nur durch formal staatsgerichtete Vorschriften kontrolliert werden können. Über den Schutzzweck der Normen ist damit nicht entschieden. Zudem ist in der Rechtsprechung anerkannt, daß an den Schutznormcharakter einer gemeinschaftsrechtlichen Vorschrift keine erhöhten Anforderungen zu stellen sind,187 sondern es genügen läßt, wenn eine Norm des Gemeinschaftsrechts verletzt wird, die zwar Belange allgemeiner Art schützt, als „Reflex" aber auch individuellen Interessen dient. 188 Anerkannt hat der EuGH beispielsweise den Schutznormcharakter der einzelner Grundfreiheiten 189 oder auch der Gemeinschaftsgrundrechte. 190 Hinsichtlich der Normen des Beihilfenrechts hat die Rechtsprechung den Schutznormcharakter zwar nicht ausdrücklich anerkannt, ihm jedoch auch nicht ausdrücklich widersprochen, indem die Klage etwa im Fall Produits Bertrand nicht wegen des fehlenden Schutznormcharakters, sondern wegen der nicht nachgewiesenen Kausalität zwischen der Nichteröffnung des (früheren) Hauptprüfungsverfahren nach Art. 88 (ex-Art. 93) Abs. 2 EG und dem entstandenen Schaden abgewiesen wurde. 191 Wegen entstandener Schäden können sich folglich Konkurrenten auf eine Verletzung der beihilfenbezogenen Vorschriften berufen. Sonstige Dritte sind insofern auf die Geltendmachung einer Grundrechtsverletzung verwiesen. Ein besonderes Verschulden ist für die gemeinschaftliche Amtshaftung nicht erforderlich. Die Rechtswidrigkeit des Organhandelns „impliziert" das Verschulden der Bediensteten. Praktische Schwierigkeiten stellen sich jedoch gerade im Bezug 186

Jürgen Schwarze, in: Selmer/v. Münch, Gedächtnisschrift für Wolfgang Martens, S. 819,

840 f.

187

So Hans-Werner Rengelingl Andreas Middekei Martin Gellermann, Rechtsschutz, Rn. 266. 188 Vgl. EuGH, Rs.5 u. a./66, Slg. 1967,331, 354 - Kampffmeyer I; st. Rspr., vgl. nur EuG. Rs. T-120/89, Slg. 1991,11-279, 288 f. 189 Etwa des freien Warenverkehrs, EuGH, Rs.5 u. a./66, Slg. 1967, 331, 354-Kampffmeyer I. 190 s. nur EuGH, Rs. 59/83, Slg. 1984, 4057, 4079 - Biovilac; Rs. 281/84, Slg. 1987, 49, 91 f.-Bedburg. 191 EuGH, Rs. 40/75, Slg. 1976, 709 ff. - Produits Bertrand.

Β. Rechtsschutz gegen Handlungen der Gemeinschaftsorgane

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auf beihilfenrechtliche Organhandlungen beim Nachweis des Kausalzusammenhangs zwischen Handlung und Schaden.192 Dieser Nachweis ist in den bisherigen Fällen, in denen eine Schadenersatzklage im Zusammenhang mit einer Kommissionsentscheidung über Beihilfen erhoben worden war, regelmäßig mißlungen. I I I . Zusammenfassung Gegen Handlungen der Gemeinschaftsorgane stehen Konkurrenten und sonstigen Dritten grundsätzlich die Nichtigkeitsklage und die Schadenersatzklage zur Verfügung, wobei es sich bei der Nichtigkeitsklage um den eher erfolgversprechenden Rechtsbehelf handelt. Sie kann gegen die Entscheidungen der Kommission in der vorläufigen und förmlichen Prüfung nach Art. 4 Abs. 2 und 3 sowie Art. 7 Abs. 2 und 3 VerfO, gegen die „Genehmigungsfiktion" nach Art. 4 Abs. 6 VerfO, gegen die Mitteilung, ein vorläufiges Verfahren über rechtswidrige Beihilfen nicht einzuleiten, sowie schließlich gegen die Entscheidung des Rates nach Art. 88 (ex-Art. 93) Abs. 3 EG erhoben werden. In diesem Verfahren ist klageberechtigt, wer sich aufgrund eines schutzwürdigen Verfahrensrechts am Beihilfenaufsichtsverfahren beteiligt hat oder ausnahmsweise aufgrund besonderer Umstände zum Entscheidungszeitpunkt erkennbar betroffen war. Als Kläger mit schutzwürdigen Beteiligungsrechten kommen vor allem Konkurrenten und deren Berufsverbände in Betracht. Die Klageberechtigung sonstiger Dritter richtet sich danach, ob die Umstände dafür sprechen, daß sie „ähnlich" wie der Adressat der angefochtenen Entscheidung betroffen sind. Die Nichtigkeitsklage hat Erfolg, wenn die angefochtene Entscheidung rechtswidrig ist. Insofern kommen die Vorschriften des Beihilfenrechts zur Anwendung, wobei die Prüfung angesichts des Ermessens der Gemeinschaftsorgane beschränkt ist. Bei der Schadenersatzklage stellt sich die Frage der Subsidiarität zum nationalen Rechtsschutz, die an dieser Stelle nicht abschließend beantwortet werden kann. Ein Schadenersatzanspruch ist vom Vorliegen einer Schutznorm abhängig, auf die sich die Kläger berufen können. Das Beihilfenrecht steht hier lediglich als Schutznorm für Wettbewerber des Begünstigten zur Verfügung, während sich sonstige Dritte auf eine Verletzung ihrer Gemeinschaftsgrundrechte stützen müssen. Der Kausalitätsnachweis dürfte hier die größere und entscheidende Hürde darstellen.

192 Diese dürfte nur äußerst selten zu führen sein, vgl. in anderem Zusammenhang bereits Hans-Werner Rengeling, in: Wilke/Weber, Gedächtnisschrift für Friedrich Klein, S.416,420; Wolfram Cremer, Forschungssubventionen, S.220; Albrecht A. Randelzhofer, Kontrollverfahren, S. 100.

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§ 4 Gemeinschaftsrechtlicher Rechtsschutz

C. Rechtsschutz bei Untätigkeit der Gemeinschaft I. Untätigkeitsklage Ebenso wie die Nichtigkeitsklage dient die in Art. 232 (ex-Art. 175) EG geregelte Untätigkeitsklage in erster Linie der Einhaltung und Anwendung des Gemeinschaftsrechts durch eine objektive Legalitätskontrolle des organschaftlichen Verhaltens.193 Im Unterschied zur Nichtigkeitsklage, die als Gestaltungsklage auf die Beseitigung der angefochtenen Handlung zielt, ist die Untätigkeitsklage lediglich auf die Feststellung der in der Untätigkeit liegenden Vertragsverletzung gerichtet. 194 1. Zulässigkeitsvoraussetzungen a) Überblick Die Zulässigkeit der Untätigkeitsklage hängt wie die Zulässigkeit der Nichtigkeitsklage davon ab, ob die Klage von Mitgliedstaaten und Gemeinschaftsorganen oder von natürlichen und juristischen Personen erhoben wird. 195 Gegenstand der Individualklage nach Art. 232 (ex-Art. 175) Abs. 3 EG muß die Untätigkeit jedes Gemeinschaftsorgans sein, „einen anderen Akt als eine Empfehlung oder Stellungnahme an sie zu richten". Damit stellt sich die Frage, welche Untätigkeit eines Gemeinschaftsorgans im Rahmen der Beihilfenaufsicht als Klagegegenstand in Betracht kommt (hierzu b). Daneben müssen wiederum die Klageberechtigung (hierzu c) und weitere Zulässigkeitsvoraussetzungen vorliegen (hierzu d). b) Klagegegenstände Es besteht Einigkeit darüber, daß der Begriff „Akt" die möglichen Gegenstände der Untätigkeitsklage nicht auf bestimmte Rechtshandlungen beschränkt. 196 Als Gegenstand einer Individualklage nach Art. 232 (ex-Art. 175) Abs. 3 EG kommt vielmehr jedes pflichtwidrige Nicht-Handeln der Gemeinschaftsorgane im Beihilfenaufsichtsverfahren in Betracht. Allerdings wird dieses weite Begriffsverständnis durch die Einschränkung relativiert, daß „Empfehlungen oder Stellungnahmen" nicht als Klagegegenstände in 193 Christian Koenig/Claude Sander, EG-Prozeßrecht, Rn. 332; Hans-Werner Rengeling/ Andreas Middekel Martin Gellermann, Rechtsschutz, Rn. 200. 194 Jürgen Wohlfahrt, in: Grabitz/Hilf, Kommentar, Art. 175 EGV Rn.2; Hans-Werner Rengeling/Andreas Middekel Martin Gellermann, Rechtsschutz, Rn. 200. 195 Hans-Wolfram Daig, Nichtigkeits- und Untätigkeitsklagen, Ziff. 312ff.; Christian Koenig/Claude Sander, EG-Prozeßrecht, Rn.335. 196 Hans-Wolfram Daig y Nichtigkeits- und Untätigkeitsklagen, Ziff. 294; Hans-Werner Rengeling/Andreas Middekel Martin Gellermann, Rechtsschutz, Rn.218.

C. Rechtsschutz bei Untätigkeit der Gemeinschaft

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Betracht kommen, sondern daß sich Kläger lediglich wegen des Nicht-Erlasses rechtsverbindlicher Organhandlungen an den Gerichtshof wenden können.197 Dem Wortlaut nach muß diese Rechtshandlung darüber hinaus „an sie zu richten" sein. Organhandlungen im Beihilfenaufsichtsverfahren sind nie an Konkurrenten oder sonstige Dritte, sondern immer an den beihilfengewährenden Mitgliedstaat „zu richten". Vor der Untersuchung, welche Untätigkeit im einzelnen Gegenstand einer Untätigkeitsklage sein kann, stellt sich daher die Frage, ob Konkurrenten und sonstige Dritte mit dieser Klage überhaupt geltend machen können, daß ein Rechtsakt im Beihilfenaufsichtsverfahren gegenüber einem Mitgliedstaat hätte erlassen werden müssen. aa) Tatbestandsmerkmal

„an sie zu richten"

Es besteht darüber Einigkeit, daß die Formulierung „an sie zu richten" so zu verstehen ist, daß diejenigen Maßnahmen als Klagegegenstände ausgeschlossen sind, bei denen sich natürliche und juristische Personen nicht einmal potentiell in der Rechtsstellung eines Adressaten befinden, d. h. bei denen der begehrte Rechtsakt niemals unmittelbare und individuelle Geltung entfalten könnte.198 Es muß sich vielmehr um individuelle Maßnahmen handeln. Da es sich dem Wortlaut nach um „an den Kläger zu richtende" Entscheidungen handeln muß und die Entscheidungen im Beihilfenaufsichtsverfahren niemals an die klagenden Konkurrenten und sonstige Dritte, sondern in der Regel an den beihilfengewährenden Mitgliedstaat gerichtet sind, ist eine Untätigkeitsklage hier auf den ersten Blick unzulässig. In der Rechtsprechung war diese Frage bis vor kurzem unentschieden.199 In der Literatur herrscht Streit darüber, ob eine natürliche oder juristische Person auch Beschwerde darüber führen kann, daß ein Gemeinschaftsorgan einen Rechtsakt gegenüber einem Dritten bzw. einem Mitgliedstaat nicht erlassen hat. 200 (1) Rechtsprechung des EuG Im Urteil Gestevision Telecinco aus dem Jahre 1998 hatte sich das EuG erstmalig 2 0 1 mit der Zulässigkeit einer Klage in dieser Fallkonstellation zu befassen. 202 Die 197

Hans-Werner Rengelingl Andreas Middekei Martin Gellermann, Rechtsschutz, Rn.219. EuGH,Rs.C-68/95,Slg. 1996,1-6065-T.Port;EuG,Rs.T-3/90,Slg. 1991,11-1,7-Prodifarma; Hans-Wolfram Daig, Nichtigkeits- und Untätigkeitsklagen, Ziff. 303 ff.; Christian Koenig/Claude Sander, EG-Prozeßrecht, Rn. 359; Hans-Werner Rengelingl Andreas Middekei Martin Gellermann, Rechtsschutz, Rn.219. 199 Hans-Werner Rengelingl Andreas Middekei Martin Gellermann, Rechtsschutz, Rn. 221. 200 Vgl. Marco Nunez Müllerl Hans-Georg Kamann, EWS 1999, 332, 334. 201 In früheren Entscheidungen deutete sich der Standpunkt des EuGH bereits an, vgl. etwa EuGH, Rs. 118/73, Slg. 1985,2325,2345 - CMC; Rs. 247/87, Slg. 1989,291,301 - Star Fruit; C-371/89 und 247/90, Slg. 1990,1-1555, 1557-Emrich. 202 EuG, Rs. T-95/96, Slg. 1998,11-3407 - Gestevision Telecinco. 198

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Klägerin, eine private spanische Fernsehgesellschaft, hatte bei der Kommission in den Jahren 1992 und 1993 Beschwerden gegen eine möglicherweise rechtswidrige Beihilfengewährung an öffentlich-rechtliche Fernsehveranstalter durch die öffentliche Hand in Spanien erhoben. Über diese Beschwerden hatte die Kommission bis 1996 nicht entschieden. Nach einer nochmaligen Aufforderung zur Entscheidung und zur Einleitung eines Hauptprüfungsverfahrens (heute: formelles Verfahren im Rahmen des Verfahrens bei angemeldeten Beihilfen nach Art. 2 ff. VerfO) hatte die Klägerin eine Untätigkeitsklage erhoben. Das EuG bejahte entgegen der Auffassung der Kommission die Zulässigkeit der Untätigkeitsklage.203 Die Kommission hatte geltend gemacht, Art. 232 (ex-Art. 175) Abs. 3 EG könne nicht so weit ausgelegt werden, daß betroffenen Dritten eine Klagemöglichkeit eingeräumt werde. Bereits zur Erhebung der Nichtigkeitsklage seien nur potentielle Adressaten einer Handlung berechtigt, und Art. 232 (ex-Art. 175) Abs. 3 EG sei enger auszulegen. Im übrigen könnte sich die Klägerin an die nationalen Gerichte wenden.204 Das EuG bekräftigte den Grundsatz, wonach natürliche und juristische Personen die Untätigkeitsklage nicht nur erheben können, wenn sie selbst potentielle Adressaten der unterlassenen Rechtshandlung sind, sondern auch dann, wenn das beklagte Organ den Erlaß eines Rechtsakts unterlassen hat, der sie in gleicher Weise betroffen hätte. Diese Grundsätze gelten demnach auch im Bereich des Beihilfenaufsichtsverfahrens. Da die (potentielle) unmittelbare und individuelle Betroffenheit der Klägerin durch die (potentielle) Entscheidung der Kommission hier vorlag, war die Klage zulässig.205 (2) Auffassungen in der Literatur In der Diskussion um die Zulässigkeit der Untätigkeitsklage werden traditionell zwei entgegengesetzte Auffassungen vertreten. Auf der einen Seite wird die Zulässigkeit der Untätigkeitsklage bei Unterlassung drittgerichteter Rechtsakte unter Hinweis auf den Wortlaut des Art. 232 (ex-Art. 175) Abs. 3 EG grundsätzlich abgelehnt. „An sie zu richten" bedeute, daß nur die Untätigkeit beim Erlaß solcher Rechtsakte als Klagegegenstand in Betracht komme, die an den Kläger selbst adressiert seien.206 Das Interesse des Einzelnen am Tätigwerden der Gemeinschaft sei nur dann hinreichend schutzwürdig, wenn dieser auch Adressat des nicht erlassenen Aktes sei. 207 Hiervon seien der EuGH und das EuG in den bisherigen Entscheidun203

EuG, Rs. T-95/96, Slg. 1998,11-3407 - Gestevisión Telecinco. EuG, Rs. T-95/96, Slg. 1998,11-3407 - Gestevisión Telecinco. 205 EuG, Rs. T-95/96, Slg. 1998,11-3407 - Gestevisión Telecinco. 206 GA Roemer, Schlußanträge zu EuGH, Rs. 103/63, Slg. 1964, 913, 934 - Rhenania; GA Slynn, Schlußanträge zu EuGH, Rs.246/81, Slg. 1982, 2277, 2293-Lord Bethell; Gero Leibrock, EuR 1990,20,43; Fritz-Harald Wenig, in: v. d. Groeben/Thiesing/Ehlermann, Kommentar, 4. Auflage, Art. 93 Rn.50; Martin Seidel, Schwerpunkte des Kartellrechts 1996/97, FIWHeft 174, S. 29, 36. 207 GA Capotorti, Schlußanträge zu EuGH, Rs. 125/78, Slg. 1979, 3173, 3179ff. - Gema. 204

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gen ausgegangen.208 Hier handelte es sich jedoch nicht um Klagen gegen die Untätigkeit der Kommission im Beihilfenverfahren, 209 auf die sich die Vertreter dieser Auffassung jedoch nicht direkt bezogen haben.210 Seit der Entscheidung Gestevision Telecinco findet sich auch keine derartige Äußerung mehr. Auf der anderen Seite wurde von der überwiegenden Anzahl der Autoren die Zulässigkeit der Untätigkeitsklage bei drittgerichteten Rechtsakten bejaht.211 Angesichts dessen fand die Entscheidung Gestevision Telecinco ungeteilte Zustimmung. 212 Das Rechtsschutzsystem des EG-Vertrages gehe hinsichtlich der Klagegegenstände von einer „Parallelität zwischen Nichtigkeits- und Untätigkeitsklage" aus.213 Würden sich die Klagegegenstände der Nichtigkeitsklage und der Untätigkeitsklage unterscheiden, hätte dies nämlich zur Folge, daß es vom Verhalten der mit einem Antrag befaßten Gemeinschaftsbehörden abhinge, ob gegen diese geklagt werden könne. Würde über den Antrag entschieden, wäre die Nichtigkeitsklage auch dann eröffnet, wenn der Antragsteller nicht Adressat der ergangenen Entscheidung wäre. Würde nicht entschieden, wäre nach dem Wortlaut des Art. 232 (exArt. 175) EG der Rechtsschutz ausgeschlossen, wenn der Antragsteller nicht Adressat der Maßnahme wäre. Da es nicht von dem Verhalten der Behörde abhängen dürfe, ob Rechtsschutzmöglichkeiten bestünden, müßte die Untätigkeitsklage auch gegen drittgerichtete Rechtsakte zulässig sein.214 Dies entspreche auch dem durch die Eröffnung der Klagemöglichkeit für natürliche und juristische Personen zum Ausdruck gebrachten Zweck der Untätigkeitsklage, nicht nur zur objektiven Legalitätskontrolle beizutragen, sondern auch dem Individualrechtsschutz zu dienen.215

208 EuGH, Rs. 246/81, Slg. 1982, 2277, 2293 - Lord Bethell; EuG, Rs. T-277/94, Slg. 1996, 11-351, 375-AITEC; 209 Die beiden genannten Urteile betrafen Ausnahmefälle, in denen der jeweilige Kläger von den beantragten Handlungen nicht unmittelbar und individuell hätte betroffen werden können. Lord Bethell hatte „als Privatmann" eine Beschwerde im Kartellverfahren erhoben, AITEC hatte die Einleitung eines Vertragsverletzungsverfahrens bei der Kommission beantragt; vgl. zum Ganzen Marco Nunez Müllerl Hans-Georg Kamann, EWS 1999, 332, 334. 210 Vgl. nur GA Verloren van Themaat, Schlußanträge zu EuGH, Rs. 169/84, Slg. 1986,391, 405 - Cofaz, der die Frage ausdrücklich offengelassen hat. 211 Hans-Werner Rengelingl Andreas Middekei Martin Gellermann, Rechtsschutz, Rn. 221. 212 Insbesondere von Marco Nünez Müllerl Hans-Georg Kamann, EWS 1999, 332, 334 f.; Lothar Harings, EWS 1999, 286, 288. 213 So schon EuGH, Rs. 15/70, Slg. 1970, 975 Rn 5/7 - Chevalley, und Rs. C-68/95, Slg. 1996,1-6065 Rn. 59 - T. Port. 214 GA Dutheillet de Lamothe, Schlußanträge zu EuGH, Rs. 15/71, Slg. 1971, 797, 806 ff. - Mackprang; Christian KoenigIClaude Sander, EG-Prozeßrecht, Rn. 354; Ludwig Allkemper, Rechtsschutz des Einzelnen, S. 116; Norbert Low, Rechtsschutz des Konkurrenten, S. 166; F. Thilo Klingbeil, Beihilfeverfahren, S.218f.; Alistair McDonagh, CahDrEur 1994, 607,633 ff.; Claus Weber, DZWir 1997, 524, 525. 215 Christian KoenigIClaude Sander, EG-Prozeßrecht, Rn. 337.

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(3) Parallelität der Klagearten Zumindest für den Beihilfenbereich ist der herrschenden Auffassung zuzustimmen, die sich mit dem genannten Urteil auch in der Rechtsprechung des EuG durchgesetzt hat. Gerade für den Rechtsschutz im Beihilfenverfahren kann es keinen Unterschied machen, ob die Kommission gehandelt hat oder nicht. Den Konkurrenten oder sonstigen Dritten trifft in beiden Fällen die Untätigkeit der Kommission genauso wie der Erlaß einer genehmigenden Entscheidung, weil die Beihilfe dann ausgezahlt werden darf. 216 Allein der Grundsatz der Parallelität von Nichtigkeits- und Untätigkeitsklage entspricht dem rechtsstaatlichen Postulat des möglichst umfassenden Individualrechtsschutzes.217 bb) Pflichtwidrige

Untätigkeit

Als Klagegegenstand kommt demnach der pflichtwidrige Nicht-Erlaß von Entscheidungen im Beihilfenaufsichtsverfahren durch Kommission und Rat in Betracht. Eine Untätigkeitsklage scheidet aus, wenn Kommission oder Rat in irgendeiner Weise tätig geworden sind. In diesem Fall ist die Nichtigkeitsklage vorrangig. 218 Eine die Nichtigkeitsklage begründende Organhandlung liegt auch dann vor, wenn ein anderer als der beantragte Rechtsakt erlassen wird. 219 Wegen des Charakters des Verfahrens nach Art. 88 (ex-Art. 93) EG i. V. m. der Verfahrensverordnung als Aufsichtsverfahren ist eine Untätigkeitsklage auch ausgeschlossen, wenn der klagende Konkurrent selbst eine Begünstigung erreichen will. Diese könnte die Kommission im Rahmen des Verfahrens überhaupt nicht gewähren. Eine „Teilhabeklage" bzw. „positive Konkurrentenklage" ist dem Rechtsschutz im Beihilfenaufsichtsverfahren fremd. 220

216

F. Thilo Klingbeil, Beihilfeverfahren, S.218; Norbert Low, Rechtsschutz des Konkurrenten, S.167. 217 Wie hier auch Hans-Wolfram Daig, Nichtigkeits- und Untätigkeitsklagen, Ziff. 331; Hans-Werner Rengeling/Andreas Middekel Martin Gellermann, Rechtsschutz, Rn.221; Bernd Langeheine, in: Grabitz/Hilf, Kommentar, Art. 175 EGV Rn. 20; Marco Nüfiez Müllerl HansGeorg Kamann, EWS 1999, 332. 218 Christian KoenigIClaude Sander 334; Malcolm Ross, CMLRev. 1986, 867, 873; Siegfried Magiera, in: Hailbronner/Klein/Magiera/Müller-Graff, Handkommentar, Art. 92 Rn. 15; EuGH, Rs. 48/65, Slg. 1966, 27, 40-Lütticke; 10, 18/68, Slg. 1969, 459, 484 - Eridania; 42/71, Slg. 1972,105, 110-Nordgetreide. 219 Vgl. EuGH, Rs. 166, 220/86, Slg. 1988, 6473 Rn. 17-Irish Cement; Rs.42,49/59, Slg. 1961, 111 - SNUPAT; EuG, Rs. T-95/96, Slg. 1998,11-3407 - Gestevisión Telecinco. 220 Sabine Diehm, Überwindung der nationalen Beihilfepolitik, S. 144; Martin Reufels, Subventionskontrolle, S. 140 und 153 f.

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(1) Keine Entscheidung nach der vorläufigen Prüfung Als erster möglicher Klagegegenstand wäre denkbar, daß die Kommission im Rahmen der vorläufigen Prüfung keine Entscheidung erläßt. Handelte es sich um eine angemeldete Beihilfe, „gilt" aber nach Art. 4 Abs. 6 VerfO die Beihilfe nach zwei Monaten als genehmigt. Da es sich bei dieser Genehmigungsfiktion nach zutreffender Ansicht 221 um eine „implizite Entscheidung" handelt, kommt die Untätigkeit der Kommission in der vorläufigen Prüfung im Verfahren bei angemeldeten Beihilfen als Gegenstand der Untätigkeitsklage nicht in Betracht. Anders liegt es bei der vorläufigen Prüfung im Verfahren bei rechtswidrigen Beihilfen. Hier gilt die „Genehmigungsfiktion" des Art. 4 Abs. 6 VerfO nicht, so daß keine „implizite Entscheidung" ergehen kann. Die Kommission ist allerdings verpflichtet, das Verfahren bei rechtswidrigen Beihilfen in angemessener Zeit zu Ende zu führen. Diese Pflicht der Kommission ist in der Rechtsprechung entwickelt worden 222 und hat in Art. 10 Abs. 1 VerfO Niederschlag gefunden. Danach prüft die Kommission „unverzüglich" alle Informationen über angeblich rechtswidrige Beihilfen. Für die Dauer dieses Verfahrens ist allerdings keine Frist vorgesehen. Die Fristen der vorläufigen und der förmlichen Prüfung im Verfahren bei angemeldeten Beihilfen gelten hier nach Art. 13 Abs. 2 VerfO gerade nicht. Das Verfahren darf gleichwohl nicht unangemessen lange dauern. Von einer „Richtschnur" von 20 Monaten kann allerdings nicht ausgegangen werden. Vielmehr bestimmt sich die Angemessenheit nach den Umständen des Einzelfalls. 223 Entscheidet die Kommission innerhalb dieser angemessenen Frist nicht, liegt der Gegenstand einer Untätigkeitsklage vor. (2) Keine Entscheidung nach der förmlichen Prüfung Hat die Kommission nach Abschluß der vorläufigen Prüfung das förmliche Prüfverfahren eröffnet und trifft hier keine abschließende Entscheidung, gilt bei keiner Verfahrensart eine „Genehmigungsfiktion". Die Kommission ist lediglich in der förmlichen Prüfung der Verfahren bei angemeldeten Beihilfen und bei bestehenden Beihilferegelungen an die „Bemühensverpflichtung" in Art. 7 Abs. 6 VerfO gebunden, wonach sie das Verfahren innerhalb von 18 Monaten abschließen soll. Bei rechtswidrigen Beihilfen und bei mißbräuchlicher Anwendung ist keine Frist vorgegeben. Gleichwohl dürfen auch diese Verfahren nicht unangemessen lang sein. Wird 221 Wolfgang Mederer, in: v. d. Groeben/Thiesing/Ehlermann, Kommentar, Art. 93 Rn. 44; Adinda Sinnaeve, EuZW 1999, 279, 272; Marco Nünez Müllerl Hans-Georg Kamann, EWS 1999, 332, 337; s. oben S. 101 f. 222 Vgl. zuletzt EuGH, Rs.C-367/95 P, Slg. 1998,1-1719-Sytraval; EuG, Rs. T-95/96, Slg. 1998,11-3407 - Gestevisión Telecinco; EuG, Rs. T-17/96, unveröff. - TF-l/Kommission. 223 Marco Nünez Müllerl Hans-Georg Kamann, EWS 1999, 332, 337, halten 20 Monate für eine „Richtschnur".

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die Kommission nach 18 Monaten bzw. nach einer angemessenen Zeit nicht tätig, liegt auch hier der Gegenstand einer Untätigkeitsklage vor. (3) Keine Einleitung der vorläufigen Prüfung? Unklar ist die Beurteilung dagegen hinsichtlich einer Untätigkeit der Kommission, überhaupt in das Verfahren der vorläufigen Prüfung einzutreten. Hat der beihilfengewährende Mitgliedstaat sein Vorhaben angemeldet, wird also das „Verfahren bei angemeldeten Beihilfen" geführt, ist die Kommission nach Art. 4 Abs. 1 VerfO zum Eintritt in die vorläufige Prüfung verpflichtet. Eine entsprechende Untätigkeit stellt einen Gegenstand der Untätigkeitsklage dar. Anders könnte es im „Verfahren rechtswidriger Beihilfen" oder im „Verfahren bei mißbräuchlicher Anwendung" liegen. Vereinzelt ist die Frage aufgeworfen worden, ob die Kommission verpflichtet ist, bei unterbliebener Anmeldung durch den Mitgliedstaat infolge einer Mitteilung anderer Beteiligter in eine vorläufige Prüfung einzutreten. 224 Dies wäre im Hinblick auf die Regelung in Art. 10 Abs. 1 VerfO, die insoweit die bisherige Rechtsprechung225 wiedergibt, möglicherweise zu bejahen, weil danach die Kommission zur „unverzüglichen Prüfung" der ihr zur Kenntnis gebrachten und zur Verfügung stehenden Informationen über Beihilfen verpflichtet ist. Eine Pflicht der Kommission zur Eröffnung der vorläufigen Prüfung besteht jedoch nicht. Auch vor Erlaß der Verfahrensordnung stand es der Kommission frei, in das Vorprüfungsverfahren einzutreten. 226 Zwar spricht der Wortlaut des Art. 10 Abs. 1 VerfO nicht eindeutig gegen eine Pflicht zur Verfahrenseröffnung, weil sich die Pflicht zur „unverzüglichen Prüfung" sowohl auf die Phase nach Beginn des vorläufigen Prüfverfahrens beziehen kann als auch auf die Frage, ob dieses Verfahren überhaupt eröffnet werden muß. 227 Der Wortlaut des Art. 20 Abs. 2 ist demgegenüber klar und deutlich. Dort heißt es, daß die Kommission den Beteiligten, der ihr eine Mitteilung über mutmaßlich rechtswidrige Beihilfen gemacht hat, unterrichten muß, wenn „in Anbetracht der ihr vorliegenden Informationen keine ausreichenden Gründe [bestehen], zu dem Fall eine Auffassung zu vertreten". Hier ist ausdrücklich der Fall vorgesehen, daß die Kommission „keine Auffassung" vertreten, also das Verfahren der vorläufigen Prüfung nicht eröffnen will. Von einer entsprechenden Pflicht kann also nicht ausgegangen werden. 228 Dies entspricht auch den Erwägungsgründen der Verfahrensordnung, wonach der Verordnungsgeber den 224

Insbes. von Marco Nünez Müllerl Hans-Georg Kamann, EWS 1999,332,336f., die einer solchen Pflicht im Ergebnis skeptisch gegenüberstehen. 225 Vgl. insbes. EuGH, Rs. C-367/95 P, Slg. 1998,1-1719ff. - Sytraval. 226 Dies ergibt sich zuletzt aus EuG, Rs. T-95/96, Slg. 1998,11-3407 - Gestvision Telecinco, wonach die Kommission das Vorprüfungsverfahren erst dann zügig abschließen muß und nicht unbegrenzt hinauszögern darf, wenn sie sich „einmal für die Einleitung einer solchen Vorprüfung entschieden hat" (Tz. 74); wohl krit. hierzu Carsten Nowak, EuZW 2000, 453,457. 227 Marco Nünez Müllerl Hans-Georg Kamann, EWS 1999, 332, 336. 228 Marco Nünez Müllerl Hans-Georg Kamann, EWS 1999, 332, 337.

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durch die Rechtsprechung entwickelten Zustand nicht verändern wollte, sondern lediglich dessen Kodifizierung beabsichtigte.229 Eine derartige Pflicht wäre auch in praktischer Hinsicht völlig unzweckmäßig, weil die Kommission dann nicht nur gezwungen wäre, auch auf substanzlose oder rechtsmißbräuchliche Beschwerden zu reagieren, sondern weil auch mit der Einleitung der vorläufigen Prüfung oft bereits ein erheblicher Aufwand verbunden ist, von dem die Kommission aus Gründen der Verwaltungseffizienz freigehalten werden muß. 230 Eine Klage gegen die Untätigkeit der Kommission, in eine vorläufige Prüfung rechtswidriger Beihilfen einzutreten, wäre daher nicht zulässig. Von diesem Ergebnis unberührt bleibt jedoch die sich aus dem Wortlaut des Art. 20 Abs. 2 VerfO ergebende Pflicht, den Beteiligten, der die Information eingereicht hat, darüber zu unterrichten, daß keine vorläufige Prüfung stattfinden soll. Die Untätigkeit, eine solche Mitteilung zu erlassen, kann dagegen Gegenstand einer Untätigkeitsklage sein, weil die Mitteilung an den Beteiligten zu richten gewesen und mit der Nichtigkeitsklage anfechtbar gewesen wäre. (4) Keine Entscheidung bei fortlaufender Prüfung? Kein Klagegegenstand ist ferner die Untätigkeit der Kommission, im Rahmen der fortlaufenden Prüfung bestehender Beihilferegelungen in das förmliche Prüfverfahren einzutreten. Hiergegen spricht nicht schon, daß die Kommission bei der Beurteilung bestehender Beihilferegelungen über einen weiten Ermessensspielraum verfügt. Ihr steht vielmehr auch Ermessen im Hinblick darauf zu, ob sie im Rahmen der fortlaufenden Prüfung „zweckdienliche Maßnahmen" in Form von Empfehlungen oder Stellungnahmen abgeben oder eine Entscheidung über die Eröffnung der förmlichen Prüfung erlassen will. 2 3 1 Lediglich in dem aufgrund der komplexen wirtschaftlichen Erwägungen praktisch kaum denkbaren Extremfall, indem das Ermessen vollständig reduziert wäre, weil eine bestehende Beihilferegelung offensichtlich rechtswidrig ist, könnte von einer Pflicht zur Einleitung des förmlichen Verfahrens ausgegangen werden. Unterhalb dieser Extremsituation liegt im Nicht-Erlaß einer Entscheidung in der fortlaufenden Prüfung kein Gegenstand einer Untätigkeitsklage.

(5) Keine Einleitung eines Vertragsverletzungsverfahrens? Kein Klagegegenstand kann schließlich die Untätigkeit der Kommission zur Einleitung eines Vertragsverletzungsverfahrens nach Art. 88 (ex-Art. 93) Abs. 2 229 Vgl. 16. Erwägungsgrund der VerfO; zust. Adinda Sinnaeve, EuZW, 1999, 279, 275; Marco Nünez Müllerl Hans-Georg Kamann, EWS 1999, 332, 336. 230 Marco Nünez Müllerl Hans-Georg Kamann, EWS 1999, 332, 336. 231 Wolf gang Mederer, in: v. d. Groeben/Thiesing/Ehlermann, Kommentar, Art. 93 Rn. 45.

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Unterabs. 2 EG sein, obgleich neuerdings vereinzelt eine solche Pflicht im Hinblick auf die neuere Rechtsprechung des EuG zur Untätigkeitsklage diskutiert wird. 232 Das EuG habe spätestens mit der Entscheidung Gestevision Telecinco einen „Anspruch des Beschwerdeführers auf zeitnahen Erlaß einer sachlichen Entscheidung" anerkannt. Dieser liege bei einer Beeinträchtigung materieller Rechte oder Verfahrensgarantien vor und ergebe sich letztlich aus dem Grundrecht auf effektiven Rechtsschutz.233 Selbst wenn die Anerkennung der Pflicht zur Beendigung des Verfahrens der vorläufigen Prüfung im Kontext anderer wirtschaftsverwaltungsrechtlicher Aufsichtsverfahren im Gemeinschaftsrecht inzwischen den Schluß zuließe, daß in der Rechtsprechung inzwischen ein „allgemeiner Grundsatz des Gemeinschaftsrechts" mit dem Inhalt entwickelt worden sei, daß Verwaltungsverfahren in angemessener Frist zum Abschluß gebracht werden müßten,234 so folgt hieraus nicht, daß nunmehr im Beihilfenbereich umfassende Ansprüche von Beschwerdeführern auf Tätigwerden der Kommission entstanden sind. Vielmehr steht es der Kommission nach wie vor frei, aufgrund von „Beschwerden" bzw. Mitteilungen tätig zu werden. Erst recht steht es der Kommission frei, dort tätig zu werden, wo sie gar kein Verwaltungsverfahren im engeren Sinne führt. Bei der in Art. 88 (ex-Art. 93) Abs. 2 Unterabs. 2 EG vorgesehenen Einleitung eines Vertragsverletzungsverfahrens bei mißbräuchlicher Anwendung von Beihilfen handelt es sich vielmehr um ein gerichtliches Verfahren. Dieses folgt einerseits zeitlich auf ein bereits durch eine Entscheidung abgeschlossenes Verwaltungsverfahren, nämlich das förmliche Prüfverfahren, dessen Abschlußentscheidung hier mißachtet wird. Andererseits findet es parallel zu einem neuen Verwaltungsverfahren statt, nämlich dem Verfahren bei mißbräuchlicher Anwendung (Art. 16 VerfO), das seinerseits durch eine neue Sachentscheidung abgeschlossen werden kann. Auf diese Verwaltungsverfahren, nicht jedoch auf das parallele Gerichtsverfahren, bezieht sich der nunmehr möglicherweise anerkannte allgemeine Rechtsgrundsatz auf zügigen Verfahrensabschluß. Außerdem verfügt die Kommission bei der Einleitung des Vertragsverletzungsverfahrens über einen weiten Ermessensspielraum, der sich allenfalls in extremen Fällen zu einer unbedingten Pflicht verdichten könnte. Dieser Ermessensspielraum darf nicht mit dem der Kommission im übrigen eingeräumten Ermessen bei der Beurteilung eines Beihilfenvorhabens verwechselt werden. Untätigkeitsklagen, die auf die Nicht-Einleitung eines Vertragsverletzungsverfahrens gerichtet sind, sind daher nicht etwa nur unbegründet, sondern wegen des Fehlens einer pflichtwidrigen Untätigkeit bereits unzulässig.235 232

Lothar Harings, EWS 1999, 286, 289. Lothar Harings, EWS 1999, 286, 289. 234 Marco Nünez Müller/Hans-Georg Kamann, EWS 1999, 332, 336. 235 Dies verwechselt Lothar Harings, EWS 1999, 286, 290f., der meint, die Ermessensprüfung sei eine Frage der Begründetheit. Das Ermessen bezieht sich aber auf die Frage der 233

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Für dieses Ergebnis spricht auch, daß es sich bei der Nicht-Einleitung eines Vertragsverletzungsverfahrens durch die Kommission auch deshalb nicht um den Gegenstand einer Untätigkeitsklage handeln kann, weil es sich weder bei der Entscheidung der Kommission, eine Klage zu erheben, noch bei der Klageerhebung selbst um Maßnahmen handelt, die an den Kläger oder an einen Dritten zu richten wären. 236 Die Entscheidung der Kommission über die Klageerhebung ist vielmehr eine interne Vorbereitungshandlung. Der Klageantrag begründet das Prozeßrechtsverhältnis zwischen Kommission und dem beklagten Mitgliedstaat. Beide Handlungen erzeugen keinerlei Rechtswirkungen für die Kläger, wenn sie erlassen würden. 237 Daher kann ihr Nicht-Erlaß nicht Gegenstand der Untätigkeitsklage sein. (6) Keine Entscheidung im Ratsverfahren? Ebenfalls kein Gegenstand einer Untätigkeitsklage kann das Unterbleiben einer Entscheidung des Rates im Verfahren nach Art. 88 (ex-Art. 93) Abs. 2 Satz 3 EG sein. Für diesen Fall ist in Satz 2 der Vorschrift nämlich ausdrücklich vorgesehen, daß im Falle der Untätigkeit des Rates die Kommission entscheidet. Der Rat hat nach dieser Vorschrift also gar nicht die Pflicht, eine Entscheidung zu treffen. Die Untätigkeitsklage kann jedoch nur bei pflichtwidriger Untätigkeit erhoben werden. c) Klageberechtigung Aus der Parallelität der Nichtigkeits- und der Untätigkeitsklage ergibt sich, daß der Kläger nur dann klageberechtigt ist, wenn er vom Nicht-Handeln des Gemeinschaftsorgans unmittelbar und individuell betroffen ist. In der Literatur wird die besondere Prüfung der Klageberechtigung für überflüssig gehalten, weil als Klagegegenstand nur solches Nicht-Handeln zulässig sei, das den Einzelnen unmittelbar und individuell betrifft. 238 Letzteres trifft zwar im Ergebnis zu, verbindet aber getrennt voneinander zu prüfende Zulässigkeitsvoraussetzungen. Die Klageberechtigung ist pflichtwidrigen Untätigkeit und damit unmittelbar auf den Klagegegenstand und auf die Zulässigkeitsprüfung. 236 EuGH, Rs.C-10/90, Slg. 1990,1-1515,1555-Emrich; siehe zuletzt EuG, Rs. T-l 17/96, Slg. 1995,11-141 ff. - Intertronic. Gleichwohl hat auch das Vertragsverletzungsverfahren individualrechtliche Bedeutung: die Kommission kann mit einer Beschwerde auf eine Vertragsverletzung aufmerksam gemacht werden. Hieraus ergibt sich jedoch kein subjektives Recht zur Erhebung einer Aufsichtsklage, vgl. EuGH, Rs. 242/87, Slg. 1989, 291, 301 - Star Fruit; vgl. Christian KoenigIClaude Sander, EG-Prozeßrecht, Rn. 360; Klaus-Dieter Borchardt, in: Lenz, Kommentar, Art. 232 Rn. 13; für den Bereich des Beihilfenrechts ausdrücklich in EuG, Rs. 447-449/93, EuZW 1997, 27 - AITEC. 237 So namentlich das EuG, Rs. 447-449/93, EuZW 1997,31 - AITEC. Diese Kriterien sind entgegen Lothar Harings, EWS 1999, 286, 291, auch nach der neueren Rechtsprechung zur Untätigkeitsklage nicht obsolet geworden. 238 Christian KoenigIClaude Sander, EG-Prozeßrecht, Rn. 366.

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daher nach wie vor zu prüfen. 239 Im Beihilfenrecht ist hierzu hypothetisch zu fragen, ob die durch die Untätigkeitsklage begehrte Entscheidung, wenn sie negativ für den Kläger ausgefallen wäre, diesen unmittelbar und individuell beträfe. 240 Wie bei der Nichtigkeitsklage richtet sich dies nach den Grundsätzen der Plaumann-Formel. Nach der oben vertreten Auffassung ist daher derjenige unmittelbar und individuell betroffen, der nach den Umständen „ähnlich" wie der Adressat von der potentiellen Entscheidung betroffen wäre, d. h. wer sich aufgrund eines schutzwürdigen Verfahrensrechts an die Gemeinschaft gewandt hat. Auf die o. g. Ausnahme für Kläger, die aus anderen Gründen „ähnlich" betroffen sind wie Verfahrensbeteiligte, kommt es bei der Untätigkeitsklage nicht an, weil sich die Kläger hier vor Klageerhebung ohnehin an die Kommission gewandt haben müssen. Klageberechtigt sind daher vor allem Wettbewerber und ihre Berufsverbände.

d) Sonstige Zulässigkeitsvoraussetzungen Die übrigen Zulässigkeitsvoraussetzungen sind wiederum unproblematisch. Die Untätigkeitsklage ist gegen das Organ zu richten, dessen Nicht-Handeln Gegenstand der Klage ist. Die im Beihilfenaufsichtsverfahren zuständigen Organe Kommission und Rat sind in Art. 232 (ex-Art. 175) Abs. 1 EG als mögliche Beklagte genannt. Die Klage ist allerdings nach Art. 232 (ex-Art. 175) Abs. 2 EG nur zulässig, wenn das beklagte Organ zuvor zum Handeln aufgefordert worden ist. Es ist also vor Klageerhebung ein Vorverfahren durchzuführen, in dem das Organ zum Tätigwerden aufgefordert worden ist 241 . Hat das Organ innerhalb von zwei Monaten („Stellungnahmefrist") nicht zu dieser Aufforderung Stellung genommen, kann die Klage dann innerhalb von zwei weiteren Monaten („Klagefrist") erhoben werden. 242 Für das Beihilfenaufsichtsverfahren ist die Erforderlichkeit dieser Frist bezweifelt worden, weil sie dazu führt, daß sich Stellungnahme- und Klagefrist zu einer Frist von vier Monaten addieren. 243 Sachlich ist für die Untätigkeitsklage natürlicher und juristischer Personen ebenso wie für die Nichtigkeitsklage das Gericht erster Instanz zuständig.244

239

So auch Hans-Werner Rengeling/Andreas Middekel Martin Gellermann, Rechtsschutz, Rn. 224. 240 F. Thilo Klingbeil, Beihilfeverfahren, S. 219. 241 Christian KoenigiClaude Sander, EG-Prozeßrecht, Rn. 343. 242 Christian KoenigIClaude Sander, EG-Prozeßrecht, Rn. 372. 243 Vgl. Luc Gyselen, CahDrEur 1993,417,437 f. 244 Art. 3 Abs. 1 lit c des Beschlusses 93/350/EAG, EGKS, EWG, ABl. 1993 L144, S. 21.

C. Rechtsschutz bei Untätigkeit der Gemeinschaft

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2. Begriindetheitsprüfung Die Untätigkeitsklage ist begründet, wenn es das beklagte Gemeinschaftsorgan unter Verletzung einer sich aus dem primären oder sekundären Gemeinschaftsrecht ergebenden Handlungspflicht unterlassen hat, einen Rechtsakt zu erlassen.245 Läßt sich der Umfang der Handlungspflicht nicht genau bestimmen oder ist dem Organ hinsichtlich seiner Tätigkeit Ermessen eingeräumt, liegt keine Handlungspflicht vor. Ist die Untätigkeitsklage begründet, beschränkt der EuGH sich auf die Feststellung der Untätigkeit zur Erfüllung der Handlungspflicht, ohne auf das „Wie" der gebotenen Handlung einzugehen. Wird der Klage stattgegeben, müssen nach Art. 233 (exArt. 176) EG die Gemeinschaftsorgane, deren Untätigkeit für vertragswidrig erklärt worden ist, die sich aus dem Urteil ergebenden Maßnahmen ergreifen. II. Amtshaftungsklage Auch bei Untätigkeit der Gemeinschaftsorgane kann neben der Untätigkeitsklage grundsätzlich die Amtshaftungsklage erhoben werden, weil dem Einzelnen auch als Folge des Nicht-Handelns Schäden entstehen können. Mit der Amtshaftungsklage kann das Organ zwar nicht zur Vornahme der unterlassenen Handlung verpflichtet werden. Sie dient jedoch dem Ausgleich für die infolge der Untätigkeit entstandenen Schäden. Die Klage kann von Konkurrenten und sonstigen Dritten im Falle jeder pflichtwidrigen Untätigkeit der Gemeinschaftsorgane unter den gleichen Voraussetzungen erhoben werden wie die Amtshaftungsklage bei Organhandlungen. Ist die Zulässigkeit der Amtshaftungsklage unter Berücksichtigung des vorrangigen nationalen Rechtsschutzes gegeben, hängt ihr Erfolg davon ab, ob die Voraussetzungen des Art. 288 (ex-Art. 215) Abs. 2 EG erfüllt sind, d. h. ob ein Gemeinschaftsorgan in Ausübung seiner Amtstätigkeit eine dem Schutz des Klägers dienende Rechtsnorm verletzt und dadurch unmittelbar einen kausalen Schaden des Klägers verursacht hat. I I I . Zusammenfassung Gegen die Untätigkeit der Gemeinschaftsorgane im Zusammenhang mit der Vergabe staatlicher Beihilfen stehen Konkurrenten und sonstigen Dritten die Untätigkeitsklage und die Schadenersatzklage zur Verfügung. Für letztere gelten hier keine Besonderheiten im Vergleich zur Schadenersatzklage bei Handlungen der Gemeinschaftsorgane. Die Untätigkeitsklage kann trotz des Umstandes erhoben werden, daß die Akte, die die Gemeinschaftsorgane im Beihilfenaufsichtsverfahren zu erlassen hätten, sich nicht an die Kläger, sondern an den Mitgliedstaat richten. Die neuere Rechtsprechung des EuG hat insofern früher bestehende Unsicherheiten be245

Hans-Werner Rengeling/Andreas

10 Staebe

Middekel Martin Gellermann, Rechtsschutz, Rn. 235.

146

§ 4 Gemeinschaftsrechtlicher Rechtsschutz

seitigt. Zulässig ist die Klage jedoch nur, soweit durch die Untätigkeit bestehende Handlungspflichten verletzt wurden. Nicht jede Untätigkeit der Kommission oder des Rates im Beihilfenaufsichtsverfahren stellt die Verletzung einer Handlungspflicht dar. Im einzelnen kann die Untätigkeitsklage nur erhoben werden, wenn die Kommission bereits in das Verfahren der vorläufigen oder förmlichen Prüfung eingetreten ist. Trifft sie nach Eintritt in das Verfahren der vorläufigen Prüfung innerhalb einer den Umständen des Falles „angemessenen" Frist keine Entscheidung, liegt eine pflichtwidrige Untätigkeit vor. Gleiches gilt für den Fall, daß im Verfahren der förmlichen Prüfung keine Entscheidung getroffen wird. Keine Pflichtwidrigkeit stellt dagegen die Untätigkeit der Kommission dar, in das Verfahren der vorläufigen Prüfung überhaupt nicht einzutreten. Wenn eine pflichtwidrige Untätigkeit vorliegt, besteht die Klageberechtigung für diejenigen, die sich auf ein schutzwürdiges Beteiligungsrecht berufen können und sich bereits mit einer Beschwerde an die Kommission gewandt haben. Die Begründetheit der Klage liegt vor, wenn die zur Zulässigkeit geltend gemachte Untätigkeit des beklagten Organs festgestellt wird.

D . Erstes Zwischenergebnis In diesem Stadium der Untersuchung der Klagemöglichkeiten von Konkurrenten und sonstigen Dritten ist festzuhalten, daß das gemeinschaftliche Rechtsschutzsystem mit der Nichtigkeits- und der Untätigkeitsklage sowie der parallel zu diesen Klagen möglichen Amtshaftungsklage das Instrumentarium für Konkurrenten eines Beihilfenempfängers bereitstellt, sich gegen ein Handeln und Unterlassen der Gemeinschaftsorgane im Verfahren der Beihilfenaufsicht zur Wehr zu setzen. Aus dem Kreis der sonstigen Dritten kommen als Kläger wegen der für die Nichtigkeits- und Untätigkeitsklage erforderlichen Klageberechtigung nur solche Kläger in Betracht, die Gemeinsamkeiten mit dem Adressaten beihilfenaufsichtsrechtlicher Entscheidungen, d. h. dem beihilfengewährenden Mitgliedstaat, aufweisen. Dies sind vor allem Unternehmensverbände konkurrierender Unternehmen, die im Beihilfenaufsichtsverfahren etwa als Verhandlungspartner der Kommission mitgewirkt und sich dadurch in eine „adressatenähnliche" Position gebracht haben. An dieser Stelle ist gleichwohl auf zwei Problembereiche hinzuweisen, in denen es zu unerwünschten Rechtsschutzdefiziten kommen könnte. Bei der Nichtigkeitsklage kommt hier die Fallkonstellation in Betracht, daß ein möglicherweise in seinen Gemeinschaftsgrundrechten betroffener Dritter den von den Gemeinschaftsgerichten zugrundegelegten Maßstäben der Klageberechtigung, d. h. nach der hier vertretenen Auffassung den Kriterien der „Adressatenähnlichkeit" nicht genügt. Dies kann vor allem dadurch geschehen, daß er sich nicht am Beihilfenaufsichtsverfahren beteiligt hat, weil er von der geplanten staatlichen Maßnahme keine Kenntnis hatte. Wenn er nicht ausnahmsweise als Betroffener erkennbar oder der Kommission aus

D. Erstes Zwischenergebnis

147

anderen Gründen als Betroffener bekannt war, ist seine Nichtigkeitsklage zurückzuweisen. Sollte hier tatsächlich eine Grundrechtsverletzung vorliegen, kann dieses Ergebnis unter dem Gesichtspunkt des effektiven Rechtsschutzes nicht hingenommen werden. Hier stellt sich eine erste Aufgabe für den Rechtsschutz vor nationalen Gerichten. Im Rahmen der Untätigkeitsklage hat sich der Rechtsschutz gegen Pflichtwidrigkeiten der Kommission durch die neueste Rechtsprechung zwar verbessert. Potentiell Betroffene, d. h. derselbe Klägerkreis wie bei der Nichtigkeitsklage, haben die Möglichkeit, den Abschluß eines einmal eingeleiteten Beihilfenaufsichtsverfahrens zu erzwingen, wenn die Kommission nach den Umständen des Einzelfalls unangemessen lange untätig bleibt. Die Einleitung des Verfahrens selbst können sie selbst dann nicht herbeiführen, wenn der beihilfengewährende Mitgliedstaat seine Maßnahmen unter Verstoß gegen das Durchführungsverbot bereits ergriffen hat. In diesem Fall stellt sich ein weiteres Rechtsschutzdefizit auf Gemeinschaftsebene dar, das unter Rechtsschutzgesichtspunkten ebenfalls problematisch ist. Mit diesem Befund ist das „Aktionsfeld" für nationale Gerichte im Beihilfenrecht eröffnet.

§ 5 Mitgliedstaatliche Gerichte als „europäische Gerichte" in der Beihilfenkontrolle In allen Rechtsmaterien mit gemeinschaftsrechtlichem Bezug sind die mitgliedstaatlichen Gerichte ein „natürliches Forum des Gemeinschaftsrechts". Sie können daher auch beim Rechtsschutz gegen die Vergabe staatlicher Beihilfen eine Rolle spielen und möglicherweise sogar die auf der Ebene des gemeinschaftsrechtlichen Rechtsschutzes bestehenden Defizite ausgleichen. Dies beruht auf dem gemeinschaftsrechtlichen Anspruch des Einzelnen auf effektiven Rechtsschutz durch nationale Gerichte (hierzu Α.), die unter den Voraussetzungen der unmittelbaren Anwendbarkeit des Gemeinschaftsrechts (hierzu B.), dabei aber unter Beachtung sonstiger gemeinschaftsrechtlicher Vorgaben (hierzu C.) als „Gemeinschaftsgerichte im weiteren Sinne"1 tätig werden können.

A. Effektiver Rechtsschutz durch nationale Gerichte I. Grundrecht auf effektiven Rechtsschutz Der EG-Vertrag enthält nur wenige Regelungen über die Durchsetzung des Gemeinschaftsrechts in Verfahren vor nationalen Gerichten. Lediglich aus dem zwischen Mitgliedstaaten und Gemeinschaft geltenden Loyalitätsgebot aus Art. 10 (exArt. 5) EG und aus der Regelung über das Vorabentscheidungsverfahren in Art. 234 (ex-Art. 177) EG läßt sich entnehmen, daß die Befassung nationaler Gerichte mit dem Gemeinschaftsrecht bereits von den „Vertragsvätern" vorgesehen war und im System des gemeinschaftsbezogenen Rechtsschutzes angelegt ist.2 Der EuGH hat sich im Zusammenhang mit Rechtsschutzfragen schon früh für die Einbeziehung der mitgliedstaatlichen Gerichte in die Durchsetzung des Gemeinschaftsrechts ausgesprochen. Einen ersten Ansatzpunkt enthält bereits die Entscheidung van Gend & Loos3 aus dem Jahre 1963, in der sich ein niederländischer Importeur gegen eine Zollerhöhung für bestimmte Einfuhren in die Niederlande wehrte. Der EuGH stellte nicht nur die unmittelbare Anwendbarkeit der einschlägigen Vorschriften des Vertrages fest, sondern betonte auch die Rolle der nationalen Gerichte 1

Vgl. Ami Barav, Juge national, S. 2; s. a. zuletzt Günter Hirsch, ZRP 2000, 57, 59. Vgl. Hans-Dieter Jarass, Grundfragen, S.6f.; Michael Tonne, Effektiver Rechtsschutz, S.29. 3 EuGH, Rs. 26/62, Slg. 1963,1 ff. - van Gend & Loos. 2

Α. Effektiver Rechtsschutz durch nationale Gerichte

149 4

bei der Durchsetzung des Gemeinschaftsrechts. Als im Fall Pecastaing einer nach Belgien eingereisten französischen Staatsangehörigen die Aufenthaltsgenehmigung verweigert worden war, weil sie sich in Deutschland und Frankreich als Prostituierte betätigt hatte, kam der im Vorabentscheidungsverfahren eines belgischen Gerichts mit der Sache befaßte EuGH zu dem Schluß, die Mitgliedstaaten seien verpflichtet, den effektiven Rechtsschutz für Staatsangehörige anderer Mitgliedstaaten zu gewährleisten, in dem sie ein faires Verfahren ermöglichten. In der Johnston-Eritscheidung5 aus dem Jahre 1986 verwandte der EuGH erstmals die Formel vom „allgemeinen Rechtsgrundsatz des effektiven Rechtsschutzes". In diesem Fall war die Klägerin gegen ihren Willen nicht als Hilfspolizistin in Nordirland weiterbeschäftigt worden, was ihrer Ansicht nach gegen materielle Vorschriften einer EWG-Richtlinie verstieß. Zur Rechtfertigung berief sich der Mitgliedstaat auf eine gerichtlich nicht überprüfbare ministerielle Anordnung. Da die Richtlinie auch gewährleistete, daß eine Verletzung der dort enthaltenen Vorschriften justiziabel sein mußte, wurde der Klägerin nach der Auffassung des EuGH die Möglichkeit des gerichtlichen Rechtsschutzes genommen, obwohl ihr nach der Richtlinie ein „Anspruch auf Gewährung effektiven Rechtsschutzes durch ein zuständiges Gericht" zugestanden hätte. Im kurze Zeit später ergangenen Urteil Heylens, 6 das einen Rechtsstreit um die Anerkennung ausländischer Diplome betraf, verzichtete der EuGH dann auf eine sekundärrechtliche Anknüpfung der „Gewährleistung eines effektiven Rechtsschutzes". Diese als allgemeiner Rechtsgrundsatz bezeichnete Rechtsschutzgarantie lag in der Folgezeit noch weiteren Urteilen zugrunde.7 In der Literatur ist die Existenz eines Rechts auf effektiven Rechtsschutz durch nationale Gerichte heute8 allgemein anerkannt.9 Letztlich ergibt sich dessen Existenz nicht nur aus dem System des gemeinschaftlichen Rechtsschutzes, sondern auch aus dessen Anerkennung in den gemeinsamen Verfassungstraditionen der Mitgliedstaaten10 und Art. 6 und 13 EMRK, die im Rahmen der Rechtsvergleichung als Rechtsquellen des Gemeinschaftsrechts herangezogen werden müssen.11 Effektiver 4

EuGH, Rs. 98/79, Slg. 1980, 691 - Pecastaing. EuGH, Rs. 222/84, Slg. 1986, 1651, 1682-Johnston. 6 EuGH, Rs. 222/86, Slg. 1987, 4097 - Heylens. 7 Z.B. EuGH, Rs.C-340/89, Slg. 1991, I-2357-Vlassopoulou; Rs.C-104/91, Slg. 1992, 1-3003,3029 - Borrell; Rs.C-19/92, Slg. 1993,1-1663,1698-Kraus; Rs.C-228/92, Slg. 1994, 1445, 1473 - Roquette Frères. 8 Vgl. aus der früheren, eher skeptischen Literatur Dieter Feger, Grundrechte, S. 135 f. 9 Michael Tonne, Effektiver Rechtsschutz, S. 42 f.; Irmgard Wetter, Grundrechtscharta, S. 194 ff.; Ellen Chwolik-Lanfermann, Grundrechtsschutz, S.72; Ingolf Pernice, Grundrechtsgehalte, S.442f.; Christian Tomuschat, EuR 1990, 358 f.; Hans-Werner Rengeling, Grundrechtsschutz, S. 158 ff.; Hans-Werner Rengelingl Andreas Middekei Martin Gellermann, Rechtsschutz, Rn. 7; Ulrich Everling, EuR 1990, 210f.; Thomas v.Danwitz, NJW 1993, 1108, 1114; zuletzt Carlos Rodriguez Iglesias, NJW 1999, 1,5. 10 Zur Rechtslage in den damals 12 Mitgliedstaaten Michael Tonne, Effektiver Rechtsschutz, S.47ff. 11 Zu den Grundlagen dieser Rechtsvergleichung Michael Tonne, Effektiver Rechtsschutz, S. 150ff. (zu Art.6 EMRK) und 179ff. (zu Art. 13 EMRK). 5

150

§ 5 Mitgliedstaatliche Gerichte in der Beihilfenkontrolle

Rechtsschutz bei einer Verletzung subjektiver Rechte des Gemeinschaftsrechts dürfte letztlich auch von der Rechtsschutzgarantie des Art. 19 Abs. 4 GG erfaßt sein.12 II. „Rechtsschutzauftrag" für nationale Gerichte im Beihilfenrecht Der Rechtsschutz durch nationale Gerichte im Beihilfenrecht hat bislang in der Rechtsprechung des EuGH und in der Literatur zu Rechtsschutzfragen nur am Rande Beachtung gefunden. Dies spiegelt auch der rechtstatsächliche Befund einer gemeinschaftsweit vergleichsweise geringen Zahl von Fällen, in denen sich nationale Gerichte bisher mit Fragen des gemeinschaftlichen Beihilfenrechts auseinandersetzen mußten. Auf der anderen Seite ist die Einbeziehung der nationalen Gerichte in die Durchsetzung des Beihilfenrechts praktisch erwünscht: Im Jahre 1995 veröffentlichte die Kommission hierzu ihre Grundsätze in Form einer Bekanntmachung.13 1. Rechtsprechung des EuGH Die Rechtsprechung des EuGH betraf bislang lediglich Fallkonstellationen, in denen Mitgliedstaaten gegen das Durchführungsverbot des Art. 88 (ex-Art. 93) Abs. 3 Satz 3 EG bzw. Art. 3 VerfO verstoßen hatten. Schon im Fall Steimke und Weinlig, in dem es um die im Ausgangsverfahren vor dem nationalen Gericht gerügte Rechtmäßigkeit eines Absatzförderungsfonds für die deutsche Landwirtschaft ging, stellte der EuGH fest, daß nationale Gerichte mit Streitigkeiten befaßt werden können, in deren Rahmen sie zur Auslegung und Anwendung der Art. 87 (ex-Art. 92) ff. EG gezwungen wären. Jedoch könnten sie hierbei nicht die Unvereinbarkeit einer staatlichen Beihilfe mit dem Gemeinsamen Markt feststellen. Die Auslegung könnte sich allerdings auf den in Art. 87 (ex-Art. 92) Abs. 1 EG enthaltenen Begriff der Beihilfe und sodann auf die Feststellung beziehen, ob eine ohne Beachtung des in Art. 88 (ex-Art. 93) Abs. 3 EG vorgesehenen Verfahrens eingeführte Maßnahme diesem Verfahren hätte unterworfen werden müssen.15 Zu weitergehenden Aufgaben der nationalen Gerichte äußerte sich der EuGH erst wieder in seinem FNCE-Urteil 16 aus dem Jahre 1991. Hier war im Vorabentscheidungsverfahren über die Auslegung des Durchführungsverbots zu entscheiden. Im Ausgangsrechtsstreit hatten sich zwei Unternehmensverbände in Frankreich gegen die Erhebung einer parafiskalischen Abgabe durch die französische Regierung zu12 13 14 15 16

Hans-Dieter Jarass, DVB1. 1995, 954, 955 in Fn.5. ABl. 1995 C312, S.8ff. EuGH, Rs. 78/76, Slg. 1977, 595 ff. - Steimke und Weinlig. EuGH, Rs. 78/76, Slg. 1977, 595 (Tz. 14) - Steimke und Weinlig. EuGH, Rs. C-354/90, Slg. 1991,1-5505 - FNCE.

14

Α. Effektiver Rechtsschutz durch nationale Gerichte

151

gunsten von Einrichtungen zur Förderung der Seefischerei gewandt. Die Kommission hatte die Erhebung dieser Abgabe als Beihilfe angesehen und ein Beihilfenaufsichtsverfahren eingeleitet. Ohne den Abschluß dieses Verfahrens abzuwarten, hatte die französische Regierung die Abgabe durch den Erlaß einer Verordnung erhoben und damit gegen das Durchführungsverbot verstoßen. Dieser Verstoß führte nach Ansicht des EuGH dazu, daß die nationalen Gerichte zugunsten der einzelnen, die sich auf diesen Verstoß berufen, „entsprechend ihrem nationalen Recht sämtliche Folgerungen sowohl bezüglich der Gültigkeit der Rechtsakte zur Durchführung der Beihilfemaßnahmen als auch bezüglich der Beitreibung der unter Verletzung dieser Bestimmung gewährten finanziellen Unterstützungen oder eventueller vorläufiger Maßnahmen ziehen" müssen. Diese Rechtsprechung bestätigte der EuGH in seinem Urteil SFEIILa Poste. 17 Hier ging es um eine Begünstigung des privatisierten Tochterunternehmens der französischen Post, das auf dem Markt für Expresszustelldienste tätig war. Gegen diese Begünstigungen wollte sich der Unternehmensverband der französischen Expresszusteller (iSFEI) zur Wehr setzen und erhob Beschwerde bei der Kommission. Bevor das Beihilfenaufsichtsverfahren mit einer Entscheidung abgeschlossen werden konnte, erhob SFEI beim Tribunal de Commerce in Paris Klage auf Feststellung, daß es sich bei den staatlichen Maßnahmen um Beihilfen handelte, die unter Verstoß gegen das Durchführungsverbot eingeführt worden waren. Der EuGH hatte im Vorabentscheidungsverfahren die Frage zu beantworten, welche Befugnisse dem nationalen Gericht im Falle eines Verstoßes gegen das Durchführungsverbot zustehen. Er wiederholte die Formel aus dem Urteil FNCE, wonach die nationalen Gerichte „sämtliche Folgerungen" zu ziehen und insoweit eine ergänzende Aufgabe wahrzunehmen hätten.18 2. „ Kooperationsbekanntmachung " der Kommission Teilweise unter Bezug auf diese Urteile hat die Kommission im Jahre 1995 eine „Bekanntmachung über die Zusammenarbeit zwischen der Kommission und den Gerichten der Mitgliedstaaten im Bereich der staatlichen Beihilfen" herausgegeben.19 Ihrer Rechtsnatur nach handelt es sich bei dieser Bekanntmachung - wie bei vergleichbaren Handlungen oder Verlautbarungen der Kommission - um eine Empfehlung i. S. d. Art. 249 (ex-Art. 189) Abs. 5 EG, der keine verbindliche Wirkung zukommt 20 und die die Kommission ohne Rücksicht auf bestehende Kompetenznormen nach Art. 211 (ex-Art. 155) EG jederzeit abgeben kann. Trotz der fehlenden rechtlichen Verbindlichkeit kommt derartigen Rechtsakten eine gewisse Bedeutung zu, weil in Rechtsprechung und Literatur anerkannt ist, daß sich die Mitgliedstaaten 17 18 19 20

EuGH, Rs. C-39/94, Slg. 1996,1-3547 - SFEI/La Poste. Ähnlich wieder EuGH, Rs. C-295/97, EuZW 1999, 530ff. - Piaggio. ABl. 1995 C312, S.8ff., im folgenden „KoopB". Heinz Hetmeier, in: Lenz, Kommentar, Art. 249 Rn. 18.

152

§ 5 Mitgliedstaatliche Gerichte in der Beihilfenkontrolle

aufgrund ihrer Pflicht zu gemeinschaftsfreundlichem Verhalten an ihnen orientieren und mitgliedstaatliche Gerichte sie etwa bei der Auslegung nationaler Vorschriften berücksichtigen müssen.21 Die Kommission betont allerdings in der konkreten Bekanntmachung deren unverbindlichen Charakter. 22 Zentrales Anliegen der Bekanntmachung ist die Niederlegung der Grundsätze, die die nationalen Gerichte bei Rechtsstreitigkeiten im Zusammenhang mit einer Verletzung des Durchführungsverbotes beachten sollen. So soll den nationalen Gerichten die Aufgabe zufallen zu prüfen, ob es sich bei Maßnahmen, die gegen das Durchführungsverbot verstoßen, überhaupt um „Beihilfen" handelt.23 Hierzu ist der Begriff der Beihilfe auszulegen, nicht aber über deren Vereinbarkeit mit dem Gemeinsamen Markt zu entscheiden. Diese Zuständigkeit steht ausschließlich der Kommission zu. 24 Gleichwohl wiederholt die Kommission die Grundsätze des EuGH aus dem Urteil FNCE, 25 wenn es heißt, die nationalen Gerichte „müssen die Rechte schützen, über die der einzelne aufgrund der direkten Wirkung des in Artikel 93 Absatz 3 letzter Satz des Vertrages [heute: Art. 88 Abs. 3 Satz 3 EG] niedergelegten Verbots verfügt. Sie müssen alle geeigneten Mittel und einschlägigen innerstaatlichen Rechtsvorschriften anwenden, um diese den Mitgliedstaaten aufgrund des Vertrages obliegende Verpflichtung unmittelbar durchzusetzen."26 In diesem Zusammenhang sollen Kommission und mitgliedstaatliche Gerichte zusammenarbeiten, um die teilweise komplexen Probleme bei der Anwendung der Beihilfenvorschriften zu lösen. Die Gerichte können hierzu die Kommission um Amtshilfe ersuchen.27 3. Beihilfenrecht

vor nationalen Gerichten

Trotz der grundsätzlichen Aufgabenzuweisung ist die Zahl der Fälle in nationalen Gerichtsverfahren, in denen das gemeinschaftliche Beihilfenrecht eine Rolle gespielt hat, bislang eher gering. Die Kommission hat dem Umstand, daß über die Relevanz des Beihilfenrechts vor nationalen Gerichtsverfahren lange Zeit nichts näheres bekannt war, zum Anlaß genommen, im Jahre 1998 bei der Association Européenne des Avocats (AEA) eine Untersuchung in Auftrag zu geben, in der das case law der staatlichen Gerichte der Mitgliedstaaten zusammengestellt wurde. 28 Danach 21 EuGH, Rs. 322/88, Slg. 1989, 4421 - Grimaldi; Eberhard Grabitz, in: ders./Hilf, Kommentar, Art. 189 EWGV Rn. 82; Heinz Hetmeier, in: Lenz, Kommentar, Art. 249 Rn. 19. 22 Präambel und Einleitung zur KoopB, ABL. 1995 C312, S.8. 23 Ziff. 7 KoopB, im Anschluß an EuGH, Rs. 78/76, Slg. 1977, 595 (Tz. 14) - Steimke und Weinlig. 24 Ziff. 8 KoopB. 25 EuGH, Rs. C-354/90, Slg. 1991,1-5505 - FNCE. 26 Ziff. 10 KoopB. 27 Ziff. 23 KoopB. 28 AEA, Application of EC state aid law by the Member State courts, Zusammenfassung S. 237 ff. (nachfolgend „AEA-Report"); hierzu Adinda Sinnaeve, Competition Policy Newsletter, 2/1999, S. 38 ff.

Β. Unmittelbare Anwendbarkeit des Beihilfenrechts

153

ließen sich bis 1998 insgesamt nur 116 Fälle nachweisen, in denen nationale Gerichte auf Vorschriften des gemeinschaftlichen Beihilfenrechts Bezug genommen haben. Über 75% entfielen dabei auf die „großen" Mitgliedstaaten Deutschland, Frankreich und Italien.29 Die entschiedenen Fälle lassen sich in zwei verschiedene Kategorien mit jeweils unterschiedlichen Fallkonstellationen einteilen. Eine Kategorie umfaßt diejenigen Verfahren, an denen Wettbewerber nicht beteiligt waren. So betrafen 16 Fälle die Rückforderung gemeinschaftswidriger Beihilfen bzw. Klagen von Beihilfenbegünstigten gegen den beihilfengewährenden Mitgliedstaat, der eine Rückforderungsanordnung erlassen hatte.30 In 60 Fällen hatten nationale Gerichte über Klagen von Steuerpflichtigen zu entscheiden, die sich gegen eine steuerliche Inanspruchnahme unter Hinweis darauf wehren wollten, daß andere Steuerpflichtige von ihrer Steuerpflicht befreit worden wären und insofern eine diskriminierende Handlung des Mitgliedstaats vorläge. 31 Weitere Entscheidungen hatten innerstaatliche Streitigkeiten zwischen verschiedenen Verwaltungsträgern zum Gegenstand.32 In der zweiten Kategorie von Entscheidungen, die Klagen von Wettbewerbern des Beihilfenbegünstigten zum Gegenstand hatte, sind 28 Entscheidungen ergangen. Diese betreffen in ihrer Mehrzahl die Fallkonstellation, in der ein Wettbewerber vor seinem nationalen Gericht gegen eine Vergabeentscheidung vorgegangen ist. 33 In einigen Fällen sind Amtshaftungsansprüche wegen einer Verletzung gemeinschaftsrechtlicher Vorschriften geltend gemacht worden, und drei Entscheidungen betreffen wettbewerbsrechtliche Klagen von Wettbewerbern gegen den Beihilfenbegünstigten.34 Über die von der vom EuGH und der Kommission formulierten grundsätzlichen Aufgaben und Befugnisse nationaler Gerichte herrscht allgemein Einvernehmen. Die geringe Zahl der entschiedenen Fälle, von denen im übrigen etwa 30 aus Deutschland stammen, legt jedoch die Vermutung nahe, daß über Grundlagen und Ausgestaltung des Zusammenspiels zwischen Gemeinschaftsrecht und nationalem Recht Unsicherheiten bestehen. B. Unmittelbare Anwendbarkeit des Beihilfenrechts Auf Vorschriften des Gemeinschaftsrechts kann sich ein Kläger vor mitgliedstaatlichen Gerichten nur dann berufen, wenn diese Vorschriften unmittelbar anwendbar sind. Dies ist im Gemeinschaftsrecht nicht durchgängig der Fall. Die unmittelbare Anwendbarkeit ist allgemein nur bei Vorliegen bestimmter Vorausset29 AEA-Report, S.239; die Materialsammlungen befinden sich auf S.45ff. (Frankreich), 93 ff. (Deutschland) und 143 ff. (Italien). 30 AEA-Report, S.240. 31 AEA-Report, S.241. 32 AEA-Report, S.242. 33 AEA-Report, S.243. 34 AEA-Report, S. 245 f.

154

§ 5 Mitgliedstaatliche Gerichte in der Beihilfenkontrolle

zungen gegeben (hierzu I.). Die Rüge der Gemeinschaftsrechtswidrigkeit einer Beihilfengewährung vor mitgliedstaatlichen Gerichten setzt konkret voraus, daß gemeinschaftsrechtliche Vorschriften über die Rechtmäßigkeit einer Beihilfe unmittelbar angewendet werden können (hierzu II.). Darüber hinaus stellt sich die Frage der unmittelbaren Anwendbarkeit der Gemeinschaftsgrundrechte (hierzu III.). I. Unmittelbare Anwendbarkeit des Gemeinschaftsrechts Für die Frage der unmittelbaren Anwendbarkeit des Gemeinschaftsrechts ist grundsätzlich von Rechtsnatur und Geltung des Gemeinschaftsrechts auszugehen. Hieraus ergeben sich die Voraussetzungen für die unmittelbare Anwendbarkeit. 1. Rechtsnatur und Geltung des Gemeinschaftsrechts Nach ständiger Rechtsprechung des EuGH 35 ist der (ursprüngliche) EWG-Vertrag zwar als völkerrechtlicher Vertrag geschlossen worden. Durch ihn wurden jedoch nicht nur wechselseitige Verpflichtungen begründet, sondern vielmehr eine neue Rechtsordnung geschaffen, zu deren Gunsten die Mitgliedstaaten ihre Hoheitsrechte immer weiter eingeschränkt haben und deren Rechtssubjekte nicht nur die Mitgliedstaaten, sondern auch die einzelnen Bürger sind. Wesentliche Merkmale dieser Rechtsordnung sind ihr Vorrang vor dem Recht der Mitgliedstaaten und die unmittelbare Anwendbarkeit einzelner Bestimmungen.36 Das Bundesverfassungsgericht hat sich der Ansicht des EuGH zur Rechtsnatur des Gemeinschaftsrechts mit anderer Begründung angeschlossen.37 Ansatz der Beurteilung war zunächst Art. 24 Abs. 1 GG a. F., wonach der Bund durch Gesetz Hoheitsrechte auf zwischenstaatliche Einrichtungen übertragen konnte. Bei der Gemeinschaft handele es sich um eine solche Einrichtung, weil sie eine von der Staatsgewalt der Mitgliedstaaten unabhängige öffentliche Gewalt verkörpere, deren Recht eine eigene Rechtsordnung darstelle, die weder Völkerrecht noch natio35 So der EuGH, vgl. Rs.6/64, Slg. 1964,1251,1269 ff.-Costa/E.N.E.L.; die entscheidende Urteilspassage lautet: „Zum Unterschied von gewöhnlichen internationalen Verträgen hat der EWG-Vertrag eine eigene Rechtsordnung geschaffen, die bei seinem Inkrafttreten in die Rechtsordnungen der Mitgliedstaaten aufgenommen worden... ist... Aus alledem ist zu schließen, daß dem vom Vertrag geschaffenen... Recht... keine... innerstaatlichen Rechtsvorschriften vorgehen können." 36 Diese Interpretation ist auch Grundlage der Literatur, vgl. Hans-Peter Ipsen, Europäisches Gemeinschaftsrecht, S.59ff.; Thomas Oppermann, Europarecht, Rn.629; Hans-Werner Rengelingl Andreas Middekei Martin Gellermann, Rechtsschutz, Rn. 876 ff.; Manfred Dauses, Vorabentscheidungsverfahren, S. 19 f.; Darstellung der anderen Ansichten bei Michael Schweitzer/Waldemar Hummer, Europarecht, 845 ff.; Rudolf Streinz, Europarecht, Rn. 107 ff. 37 Bedenken ergaben sich zunächst im Hinblick auf den noch nicht hinreichend entwickelten Grundrechtsschutz auf Gemeinschaftsebene, vgl. BVerfGE 22, 293; 31, 145, 173f.; 37, 271,280.

Β. Unmittelbare Anwendbarkeit des Beihilfenrechts

155

nales Recht der Mitgliedstaaten sei. Mit dem Erlaß der Zustimmungsgesetze zu den Gemeinschaftsverträgen sei der innerstaatliche „Rechtsanwendungsbefehl" für die mit Vorrang vor dem Recht der Mitgliedstaaten und unmittelbarer Anwendbarkeit einzelner Bestimmungen ausgestattete Gemeinschaftsrechtsordnung erteilt worden. 38 An die Stelle des Art. 24 GG a. F. ist inzwischen der neue Art. 23 GG getreten. In der europäischen und mitgliedstaatlichen Rechtsprechung besteht also Einigkeit darüber, daß das Gemeinschaftsrecht innerstaatlich gilt und daß ihm Vorrang vor nationalem Recht zukommt. Ob sich dieser Vorrang aus den Besonderheiten der Gemeinschaftsrechtsordnung ergibt oder kraft verfassungsrechtlicher Ermächtigung besteht, kann daher letztlich dahinstehen. Offen bleiben kann hier auch, ob es sich bei dem Vorrang um einen Geltungs- oder Anwendungsvorrang handelt. Im Einklang mit der Rechtsprechung des EuGH 39 und des BVerfG 40 besteht nach der heute weit überwiegenden Auffassung lediglich ein Anwendungsvorrang des Gemeinschaftsrechts: Sind also die Bestimmungen beider Rechtsordnungen nicht miteinander in Einklang zu bringen, geht das Gemeinschaftsrecht dem deutschen Recht vor, ohne es außer Kraft zu setzen.41

2. Anwendungsvorrang

bei direkten und indirekten Kollisionen

Der Anwendungsvorrang des Gemeinschaftsrechts liegt immer dort auf der Hand, wo eine unmittelbar anwendbare gemeinschaftsrechtliche Norm für einen bestimmten Adressaten einen bestimmten Sachverhalt anders regelt als eine für denselben Adressaten und denselben Sachverhalt geltende Norm des nationalen Rechts. Für diesen „materiellen Konfliktfall" bzw. diese „direkte" („echte") Kollisionslage hat sich inzwischen42 die „europarechtliche Lösung" des Anwendungsvorranges im 38

So insbesondere BVerfGE 73,339,374 f. - Solange II; danach erstreckt sich der im innerstaatlichen Zustimmungsgesetz zu den Gemeinschaftsverträgen liegende Anwendungsbefehl - Art. 23 Abs. 1 Satz 2 GG, früher Art. 24 Abs. 1 GG - auf die gemeinschaftsrechtliche Verpflichtung, den innerstaatlichen Vorrang herzustellen. 39 Der EuGH leitet den Vorrang des Gemeinschaftsrechts aus dessen Rechtsnatur ab, vgl. EuGH, vgl. Rs. 6/64, Slg. 1964,1251,1269ff.-Costa/E.N.E.L. 40 Für das BVerfG ergibt sich der Vorrang aus dem Rechtsanwendungsbefehl, vgl. BVerfGE 73, 339 - Solange II. Unumstritten war der Vorrang vor einfachen Gesetzen; str. war der Vorrang vor dem Verfassungsrecht, der-jedenfalls prinzipiell - inzwischen anerkannt ist.; vgl. BVerfGE 73, 339, 374f. - Solange II. 41 Vgl. für die nahezu allg. Ansicht in der Literatur Hans-Peteripsen, Europäisches Gemeinschaftsrecht, S.59ff.; Thomas Oppermann, Europarecht, Rn.629; Hans-Werner Rengeling/Andreas Middekel Martin Gellermann, Rechtsschutz, Rn. 876 ff.; Darstellung der anderen Ansichten bei Michael Schweitzer/Waldemar Hummer, Europarecht, 845 ff.; Rudolf St rei nz, Europarecht, Rn. 107 ff.; Matthias Stolba, Europäisierung staatlicher Beihilfen, S.94ff.; Carl-Otto Lenz, DVB1. 1990, 903, 905; Hans-Dieter Jarass, DVB1. 1995, 954ff. 42 Vgl. zu den früher vertretenen Lösungsansätzen des Vorrangproblems Hans-Werner Rengeling/Andreas Middekel Martin Gellermann, Rechtsschutz, Rn.929ff.

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§ 5 Mitgliedstaatliche Gerichte in der Beihilfenkontrolle

geschilderten Sinne durchgesetzt.43 Methodisch weniger eindeutig, im Ergebnis jedoch ebenso klar müssen auch solche Fälle gelöst werden, in denen nationale Normen nicht direkt mit einer unmittelbar anwendbaren Norm des Gemeinschaftsrechts kollidieren, sondern in denen die Anwendung von Vorschriften des nationalen Rechts die praktische Wirksamkeit des Gemeinschaftsrechts in sonstiger Weise beeinträchtigt. Auch in diesen Fällen der „indirekten", „unechten" Kollision ist der Anwendungsvorrang des Gemeinschaftsrechts im Ergebnis die „richtige" Kollisionsregel.44 Allerdings führt der strenge Anwendungsvorrang in den hier angesprochenen Fallkonstellationen nicht weiter. Es geht nämlich regelmäßig um Vorschriften des nationalen Verwaltungsverfahrens- und Verwaltungsprozeßrechts, deren Anwendung die umfassende Durchsetzung des Gemeinschaftsrechts vereiteln könnte. Diese schlicht unangewendet zu lassen, würde das Problem nicht lösen, weil das Gemeinschaftsrecht entsprechende (und damit vorrangig anzuwendende) Vorschriften nicht vorhält. Der Anwendungsvorrang des Gemeinschaftsrechts muß sich daher bei „indirekten" Kollisionen in der Weise auswirken, daß nationale Vorschriften gemeinschaftskonform ausgelegt werden. 45 In diesem Sinne hat der EuGH den Vorrang des Gemeinschaftsrechts auch auf Fälle indirekter Kollisionen erstreckt, indem er die Gerichte der Mitgliedstaaten verpflichtet, „alle geeigneten Maßnahmen zu treffen, um die Geltung und Wirksamkeit des Gemeinschaftsrechts zu gewährleisten".46 Trotz der grundsätzlichen Zustimmung zum Anwendungsvorrang des Gemeinschaftsrechts bei „indirekten" Kollisionen sind schematische oder allgemeingültige Regeln darüber nicht aufgestellt worden, wie der Verkürzung des Geltungsanspruchs des Gemeinschaftsrechts durch die Anwendung nationalen Vorschriften generell entgegengewirkt werden könnte.47 Es besteht vielmehr Einvernehmen darüber, daß das Vorrangprinzip nicht schematisch übertragen werden darf, sondern wegen der Ergänzungsfunktion des nationalen Rechtsschutzes unter Berücksichtigung der Situation der nationalen Rechtsordnungen angewendet werden muß.48 Aus der Perspektive des Gemeinschaftsrechts ist dies solange hinzunehmen, wie die im Hinblick auf die gleichmäßige und wirkungsvolle Anwendung des Gemeinschaftsrechts bestehenden gemeinschaftsrechtlichen Vorgaben (hierzu u. C. I.) dabei zur Geltung gebracht werden können.49 43 Eberhard Grabitz, in: Grabitz/Hilf, Kommentar, Art. 189 EWGV Rn. 18 ff.; Bengt Beutler/Roland Bieber!Jörn Ρipkorn!Jochen Streil, Europäische Union, S. 88; Thomas Oppermann, Europarecht, Rn. 525 ff. 44 Karl-Eugen Huthmacher, Vorrang bei indirekten Kollisionen, S. 295 ff. 45 Thomas v.Danwitz, Verwaltungsrechtliches System, S. 117 f.; Martin Burgi, DVB1.1995, 772, 775. 46 EuGH, Rs. 68/88, Slg. 1989,2965,2984 - Kommission/Griechenland; Rs.C-326/88, Slg. 1990,1-2911, 2935; Rs.C-352/92, Slg. 1994,1-3385, 3407. 47 Karl-Eugen Huthmacher, Vorrang bei indirekten Kollisionen, S. 127 ff.; Albrecht Weber, EuR 1986, 1,3; Hans-Dieter Jarass, DVB1. 1995, 954, 958. 48 Dimitris Triantafyllou, NVwZ 1992,437; Karl-Eugen Huthmacher, Vorrang bei indirekten Kollisionen, S. 293, 298; Robert Koch, EuZW 1995, 78, 80. 49 Dies betont insbesondere Karl-Eugen Huthmacher, Vorrang bei indirekten Kollisionen, S. 107; ähnlich Matthias Stolba, Europäisierung staatlicher Beihilfen, S. 160f.

Β. Unmittelbare Anwendbarkeit des Beihilfenrechts

3. Kriterien

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der unmittelbaren Anwendbarkeit

Die Einigkeit über Rechtsnatur und Geltung des Gemeinschaftsrechts im nationalen Recht und seinen grundsätzlichen Anwendungsvorrang besagt nichts über die unmittelbare Anwendbarkeit einzelner Vorschriften. 50 Die unmittelbare Anwendbarkeit einzelner Normen dient vielmehr umgekehrt zur Absicherung der innerstaatlichen Geltung und des Vorrangs. Der EuGH hat seit seiner Entscheidung van Gend & Loos51 daran festgehalten, daß alle Normen des Gemeinschaftsrechts unmittelbar anwendbar sind, wenn sie „vollständig und rechtlich vollkommen" sind. Es kommt hierbei nicht darauf an, ob sie sich ihrem Wortlaut nach an den Einzelnen wenden52 oder diesem subjektive Rechte verleihen 53. Auch Vorschriften, die sich an die Mitgliedstaaten richten, können unmittelbar anwendbar sein.54 Im wesentlichen müssen zwei Voraussetzungen erfüllt sein.55 Erstens müssen die Vorschriften der Sache nach abschließend sein, d. h. sie müssen eine klare Verpflichtung der Mitgliedstaaten zu einem bestimmten Tun oder Unterlassen enthalten. Zweitens müssen sie rechtlich vollkommen sein, d. h. es dürfen keinerlei weitere Maßnahmen zu ihrer Durchführung erforderlich sein, den Mitgliedstaaten darf kein Ermessen bei der Erfüllung ihrer Verpflichtungen verbleiben und die Durchführung der Vorschrift darf nicht von weiteren Bedingungen abhängen. Liegen diese beiden Voraussetzungen vor, ist die Vorschrift für ihre denkbaren Adressaten einschließlich der Einzelpersonen unmittelbar anwendbar. Entscheidend für die unmittelbare Anwendbarkeit ist also nicht der Wortlaut der einzelnen Vorschrift, sondern deren Wirkung. Es kommt nämlich darauf an, ob die Vorschrift den Einzelnen in derselben Qualität betrifft wie den Mitgliedstaat. Insofern liegt der unmittelbaren Anwendbarkeit eine „funktionale Betrachtungsweise" zugrunde.

50 Synonym wird von „unmittelbarer Wirkung", „Geltung" oder „Durchgriff 4 des Gemeinschaftsrechts gesprochen; vgl. Hans-Werner Rengeling/Andreas MiddekelMartin Gellermann, Rechtsschutz, Rn.879; Hans-Dieter Jarass, NJW 1990, 2420. 51 Rs. 26/62, Slg. 1963, 1, 4 - van Gend und Loos; st. Rspr., vgl. Rs. 57/65, Slg. 1966, 257 - Lütticke, Rs. 2/74, Slg. 1974, 631 - Reyners; Rs. 33/74, Slg. 1974, 1299 - van Binsbergen. 52 Eberhard Grabitz, in: Grabitz/Hilf, Kommentar, Art. 189 EWGV Rn. 13; Hans-Dieter Jarass, DVB1. 1995, 954, 955. 53 Matthias Ruffert, DVB1. 1998, 69, 71. 54 Carl-Otto Lenz, DVB1. 1990, 903, 905; Albert Bleckmann, Europarecht, Rn. 829ff.; Rudolf Geiger, Grundgesetz und Völkerrecht, S.244. 55 Vgl. ManfredZuleeg, EG-Recht im innerstaatlichen Bereich, S.47 ff.; Léontin-Jean Constantinesco, Unmittelbare Anwendbarkeit, S. 18 ff.; in der Sache ebenso Michael Schweitzer! Waldemar Hummer, Europarecht, Rn. 846, die vier Voraussetzungen aufzählen, und Hans-Georg Fischer, Europarecht, § 6 Rn. 6, der drei Kriterien benennt.

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§ 5 Mitgliedstaatliche Gerichte in der Beihilfenkontrolle

II. Unmittelbare Anwendbarkeit der Art. 87 (ex-Art. 92) ff. EG 1. Art. 87 (ex-Art 92) Abs. 1 EG? Nach den genannten Kriterien ist zunächst die „Unvereinbarkeitsklausel" des Art. 87 (ex-Art. 92) Abs. 1 EG zu beurteilen. Umstritten ist hier bereits das Vorliegen der ersten Voraussetzung für deren unmittelbare Anwendbarkeit. Daß hier keine der Sache nach abschließende und vollständige Regelung getroffen wird, könnte sich nämlich daraus ergeben, daß Beihilfen lediglich für „mit dem Gemeinsamen Markt unvereinbar" erklärt und nicht eindeutig verboten werden. Überwiegend wird der „Unvereinbarkeitsgrundsatz" jedoch als grundsätzliches Verbot wettbewerbsverfälschender Beihilfen verstanden56. Wenngleich der Wortlaut letzte Zweifel hieran nicht beseitigt, so spricht zumindest in systematischer Hinsicht das Durchführungsverbot der Art. 88 (ex-Art. 93) Abs. 3 Satz 3 EG und Art. 3 VerfO für den Verbotscharakter der Vorschrift. Vor einer Entscheidung der Kommission im Beihilfenaufsichtsverfahren unterliegt die Gewährung einer Beihilfe der „Sperrwirkung" dieser Vorschriften. Wenn Beihilfen nicht grundsätzlich verboten wären, bedürfte es einer solchen Regelung nicht. Die „Unvereinbarkeitsklausel" erfüllt also die erste Voraussetzung für eine unmittelbare Anwendbarkeit. 57 Mangels ihrer rechtlichen Vollkommenheit ist aber die zweite Voraussetzung nicht erfüllt. Zwar bedarf es zur Durchführung des Beihilfenverbots keinerlei weiterer Maßnahmen, und auch den Mitgliedstaaten ist bei der Erfüllung ihrer Verpflichtung, keine Beihilfen einzuführen, kein Ermessen eingeräumt. Das Beihilfenverbot ist jedoch nicht unbedingt. Dies ergibt sich aus den Ausnahmevorschriften des Art. 87 (ex-Art. 92) Abs. 2 und Abs. 3 EG sowie der Existenz des Beihilfenaufsichtsverfahrens und seiner Ausgestaltung. Kommission und Rat haben in Bezug auf die Frage, welche Beihilfen verboten und welche erlaubt sind, einen erheblichen Ermessensspielraum. 58 Gegen die unmittelbare Anwendbarkeit des Art. 87 (ex-Art. 92) Abs. 1 EG spricht zudem, daß die zwangsläufige Überprüfung der Vereinbarkeit von Beihilfen durch mitgliedstaatliche Gerichte mit dem Beihilfenaufsichtsverfahren konkurrieren würde. Dies würde nicht nur den Aktionsradius, den der EuGH den nationalen Gerichten in seinen Urteilen FNCE 59 und SFEIILa Poste 60 zugebilligt hat, erheblich über56 So die allg. Ansicht, vgl. Volkmar Götz, in: Dauses, Handbuch, Kap.H.III Rn. 10; Gabriela v. Wallenberg , in: Grabitz/Hilf, Art. 92 EGV Rn. 2; Wolf gang Mederer, in: v. d. Groeben/ Thiesing/Ehlermann, Kommentar, Art. 92 Rn.3; F. Thilo Klingbeil, Beihilfeverfahren, S.20; CarstenNowak, Konkurrentenschutz, S.220f.; Peter M. Huber, EuR 1981, 31, 48f. 57 Ebenso Martin Reufels, Subventionskontrolle, S. 127. 58 So schon EuGH, Rs. 78/76, Slg. 1977, 595 - Steimke und Weinlig; vgl. Gero Leibrock, EuR 1990, 20, 28. 59 EuGH, Rs. C-354/90, Slg. 1991,1-5505 ff. - FNCE. 60 EuGH, Rs. C-39/94, Slg. 1996,1-3547 ff. - SFEI/La Poste.

Β. Unmittelbare Anwendbarkeit des Beihilfenrechts

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schreiten, sondern nationale Gerichte könnten die vom Vertrag der Kommission und ausnahmsweise dem Rat zugewiesene Beurteilungsaufgabe, ob die Gewährung einer Beihilfe auch in Anbetracht der Ausnahmeregelungen der Art. 87 (ex-Art. 92) ff. EG mit dem Gemeinsamen Markt vereinbar oder unvereinbar ist, im Regelfall auch gar nicht leisten. Nach der Ausgestaltung des Beihilfenaufsichtsverfahrens fehlt ihnen hierzu die Kompetenz.61 Die „Unvereinbarkeitsklausel" ist daher nicht unmittelbar anwendbar.62 2. „ Konkretisierungen

"

Die fehlende unmittelbare Anwendbarkeit der „Unvereinbarkeitsklausel" besagt noch nichts über die unmittelbare Anwendbarkeit der „Konkretisierungen" des Beihilfenverbots und bestehender Ausnahmevorschriften. a) „Durchführungsverbot" Unmittelbar anwendbar ist die Konkretisierung des „Unvereinbarkeitsgrundsatzes" durch das Durchführungsverbot des Art. 88 (ex-Art. 93) Abs. 3 Satz 3 EG und Art. 3 VerfO. 63 Das an die Mitgliedstaaten adressierte Verbot, anmeldungspflichtige Beihilfen nicht einzuführen, bevor eine Genehmigung erfolgt ist, ist der Sache nach sowohl abschließend und vollständig als auch rechtlich vollkommen. Durchführungsmaßnahmen sind für die Einhaltung dieses Verbots nicht erforderlich, Ermessen ist den Mitgliedstaaten hier nicht eingeräumt. Die Durchführung der Vorschrift ist anders als der „Unvereinbarkeitsgrundsatz" selbst auch unbedingt, weil es zu dem Durchführungsverbot keinerlei Ausnahmeregelungen gibt. Das Verbot der Gewährung einer Beihilfe vor Abschluß des Prüfungsverfahrens während des Prüfungsverfahrens ist daher in Verfahren vor mitgliedstaatlichen Gerichten unmittelbar anwendbar. Es gilt nicht nur dann, wenn eine Beihilfe trotz der Sperrwirkung des Durchführungsverbotes vor Abschluß des „Verfahrens bei angemeldeten Beihilfen" (Art. 2 ff. VerfO) ausgezahlt wird, sondern auch im „Verfahren bei rechtswidrigen Beihilfen" (Art. 10ff. VerfO), d.h. wenn eine anmeldungspflichtige Beihilfe 61

Volkmar Götz, in: Dauses, Handbuch, Kap. H. III Rn. 15. So die allg. Ansicht, vgl. Gabriela v. Wallenberg , in: Grabitz/Hilf, Art. 92 EGV Rn. 2; Wolf gang Mederer, in: v. d. Groeben/Thiesing/Ehlermann, Kommentar, Art. 92 Rn. 3; Andreas Maag y Verbot wettbewerbsverfälschender Beihilfen, S. 75; Matthias Stolba, Europäisierung nationaler Beihilfen, S.210ff. 63 Vgl. EuGH, Rs. 6/64, Slg. 1964, 1251, 1269ff. - Costa/E.N.E.L.; Rs. 77/72, Slg. 1973, 1471, 1483 - Lorenz; s. a. die allg. Ansicht, vgl. Volkmar Götz, in: Dauses, Handbuch, Kap. H. III Rn. 15 und 88; Michael Schweitzer/Waldemar Hummer, Europarecht, Rn. 1317; Martin Reufels, Subventionskontrolle, S. 129f.; Ernst Steindorff\ in: Immenga/Möschel, Festschrift für Emst-Joachim Mestmäcker, S.497, 500; Hans-Jörg Niemeyer, EuZW 1993, 273, 278; Gero Leibrock, EuR 1990, 20, 29; Matthias Stolba, Europäisierung staatlicher Beihilfen, S, 217ff.; Alan Dashwood, CMLRev. 1975,43,52; Hans-Werner Rengeling, in: Börner/Neundörfer, Recht und Praxis der Beihilfen, KSE 32, S.23,50. 62

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§ 5 Mitgliedstaatliche Gerichte in der Beihilfenkontrolle

nicht angemeldet wurde. Im „Verfahren bei mißbräuchlicher Anwendung von Beihilfen" (Art. 16 VerfO), d. h. wenn eine Beihilfe unter Verstoß gegen eine genehmigende Entscheidung verwendet wird, ist das Durchführungsverbot dagegen unanwendbar, weil die Beihilfe ursprünglich rechtmäßig durchgefühlt wurde.

b) Abschließende Entscheidungen Unmittelbar anwendbar sind auch die verfahrensabschließenden Entscheidungen der Gemeinschaftsorgane in den in der Verfahrensverordnung vorgesehenen Verfahren. 64 Art. 249 (ex-Art. 189) Abs. 4 EG stellt den Gemeinschaftsorganen eine Handlungsform zur Verfügung, die individuelle Einzelfallentscheidungen ermöglicht. 65 Entscheidungen richten sich an einen individuellen Empfänger und sind für diesen in allen Teilen verbindlich. Die unmittelbare Anwendbarkeit von Entscheidungen kann nur für ihre Empfänger ohne weiteres bejaht werden. Entscheidungen im Beihilfenaufsichtsverfahren sind daher zunächst für die Mitgliedstaaten als Adressaten verbindlich und anwendbar. Gleichwohl hat der EuGH anerkannt, daß auch staatengerichtete Entscheidungen zugunsten Einzelner unmittelbar anwendbar sind, wenn sie die Voraussetzungen erfüllen, von deren Vorliegen die unmittelbare Anwendbarkeit einer Richtlinienbestimmung abhängt66. Richtlinien erfordern nach Art. 249 (ex-Art. 189) Abs. 3 EG im Regelfall ein zweistufiges Rechtssetzungsverfahren: nachdem auf der Ebene des Gemeinschaftsrechts eine bestimmte Regelung getroffen wurde, bedarf es innerhalb einer gewissen Frist der Umsetzung dieser Regelung in das nationale Recht. Ebenso wie die Entscheidung im Beihilfenaufsichtsverfahren richtet sich die Richtlinie zunächst an die Mitgliedstaaten. Da die Wirksamkeit der Richtlinienbestimmungen ebensowenig wie die Beachtung einer Entscheidung dem Mitgliedstaat allein überlassen bleiben kann, sind Richtlinienbestimmungen unmittelbar anwendbar, wenn die zur Umsetzung gesetzte Frist fruchtlos abgelaufen ist, wenn die fraglichen Bestimmungen den Einzelnen begünstigen und darüber hinaus hinreichend genau und unbedingt sind, so daß sie keine weiteren Durchführungsakte mehr erfordern. Entscheidungen, die im Beihilfenaufsichtsverfahren an die Mitgliedstaaten adressiert sind, enthalten keine Umsetzungsfrist, sondern genehmigen bzw. untersagen ein bestimmtes Beihilfenvorhaben. Sie haben unmittelbare Auswirkungen auf den Einzelnen und sind daher unmittelbar anwendbar.

64 Volkmar Götz, in: Dauses, Handbuch, Kap. H.III Rn. 16; Martin Reufels, Subventionskontrolle, S. 128 f.; Claus-Michael Happe, NVwZ 1993, 32, 34. 65 Eberhard Grabitz, in: Grabitz/Hilf, Kommentar, Art. 189 EWGV Rn. 65; Rudolf Streinz, Europarecht Rn. 413. 66 EuGH,Rs.9/70,Slg. 1970,825,838f.-Grad;Rs.23/70,Slg. 1970,881,893-Haselhorst; Wolf gang Groß, JuS 1990, 522, 526; Thomas Oppermann, Europarecht, Rn.476.

Β. Unmittelbare Anwendbarkeit des Beihilfenrechts

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c) Vertragliche Ausnahmevorschriften? Zweifelhaft ist dagegen, ob die unmittelbare Anwendbarkeit auch Ausnahmeregelungen zum „Unvereinbarkeitsgrundsatz" erfaßt, so daß diese dem unmittelbar anwendbaren Durchführungsverbot entzogen wären. Zunächst kämen hier die Ausnahmeregelungen in Art. 87 (ex-Art. 92) Abs. 2 und 3 EG in Betracht. Diese Vorschriften erfüllen die Kriterien der unmittelbaren Anwendbarkeit jedoch nicht. Beiden fehlt es an der rechtlichen Vollkommenheit. Art. 87 (ex-Art. 92) Abs. 3 EG ist schon aufgrund seiner Formulierung („als ... vereinbar können angesehen werden: ...") nicht unbedingt und erfordert eine Ermessensentscheidung der Kommission. Art. 87 (ex-Art. 92) Abs. 2 EG ist demgegenüber zwar deutlicher formuliert („... vereinbar sind:..."). Die in Art. 87 (ex-Art.92) Abs. 2 EG genannten Erlaubnistatbestände enthalten jedoch eine Vielzahl unbestimmter Rechtsbegriffe („Beihilfen sozialer Art", „Beihilfen zur Beseitigung von Schäden... durch außergewöhnliche Ereignisse", „Beihilfen..., soweit sie zum Ausgleich der durch die [deutsche] Teilung verursachten wirtschaftlichen Nachteile erforderlich sind"). Art. 87 (ex-Art. 92) Abs. 2 EG kann demnach ohne eine konkretisierende Kommissionsentscheidung nicht angewendet werden. d) Sekundärrechtliche Ausnahmevorschriften Anders könnte die unmittelbare Anwendbarkeit sekundärrechtlicher Ausnahmevorschriften zum „Unvereinbarkeitsgrundsatz" zu beurteilen sein. Hier kommen einerseits die Leitlinien und Gemeinschaftsrahmen in Betracht, in denen die Kommission teilweise gemeinsam mit den Mitgliedstaaten ihre Grundsätze der Ermessensausübung hinsichtlich der Ausnahmetatbestände des Art. 87 (ex-Art. 92) Abs. 3 EG niedergelegt hat. Andererseits ist auf das neue Instrument der Gruppenfreistellung im Bereich des Beihilfenrechts hinzuweisen. Ausgehend von der Überlegung, daß die praktisch wichtigsten Regelungen, anhand derer Prognosen über die Vereinbarkeit von Beihilfevorhaben mit dem Gemeinsamen Markt getroffen werden können, in Leitlinien und Gemeinschaftsrahmen zu finden sind, wurde vor Erlaß der Verfahrensverordnung in der Literatur die Frage aufgeworfen, diesen Rahmenregelungen teilweise unmittelbare Anwendbarkeit zuzuerkennen.67 Eine Bindung der Mitgliedstaaten an Vorschriften in Gemeinschaftsrahmen sollte dort gegeben sein, wo sich diese auf bereits bestehende Beihilferegelungen bezogen und wenn die Mitgliedstaaten diesen zugestimmt hatten. In einem solchen Fall hätten die Vorschriften des Gemeinschaftsrahmens auch als „zweckdienliche Maßnah67

So insbes. Thomas JestaedtlUlrike Häsemeyer, EuZW 1995, 787, 790ff.; krit. Volkmar Götz, in: Dauses, Handbuch, Kap.H.III Rn. 19; Stefan Ulrich Pieper, in: Saiger, Handbuch, § 37 Rn. 89; ausf. zum Diskussionsstand vor Erlaß der VerfO F. Thilo Klingbeil, Beihilfeverfahren, S. 74 ff. 11 Staebe

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§ 5 Mitgliedstaatliche Gerichte in der Beihilfenkontrolle

men" im Verfahren bei bestehenden Beihilfen nach Art. 93 Abs. 1 EGV (a. F.) ergehen können.68 Die Gemeinschaftsrahmen stellten dann lediglich eine andere Form dieser Maßnahmen dar, nämlich eine Art „beihilfenkontrollpolitische Übereinkommen". 69 Sonstigen Regelungen in Gemeinschaftsrahmen und Leitlinien, die sich nicht auf bestehende Beihilfen bezogen, wurde dagegen lediglich eine faktische Verbindlichkeit zuerkannt. 70 Jedenfalls waren die Mitgliedstaaten an die mit ihrer Zustimmung beschlossenen Gemeinschaftsrahmen gebunden. Aus dieser Bindung sollte sich dann auch eine unmittelbare Anwendbarkeit der Vorschriften vor nationalen Gerichten ergeben, um dem nationalen Richter zu ermöglichen, die Vereinbarkeit bestehender nationaler Beihilferegelungen mit den Gemeinschaftsrahmen zu überprüfen. 71 Der Erlaß der Verfahrens Verordnung hat die aufgeworfene Frage in Art. 19 VerfO beantwortet. Wenn sich Regelungen in Gemeinschaftsrahmen im Verfahren bei bestehenden Beihilferegelungen als „zweckdienliche Maßnahmen" darstellen, so sind die Mitgliedstaaten nach Art. 19 Abs. 1 VerfO an diese Regelungen gebunden, wenn sie ihnen zugestimmt haben. Dort heißt es, „die Mitgliedstaaten sind aufgrund ihrer Zustimmung verpflichtet, die zweckdienlichen Maßnahmen durchzuführen". Ob diese Regelungen unmittelbar anwendbar sind, ist nach den allgemeinen Kriterien zu beurteilen. Die unmittelbare Anwendbarkeit setzt voraus, daß die Regelung der Sache nach abschließend, vollständig und rechtlich vollkommen ist. Durchführungsmaßnahmen dürfen nicht mehr erforderlich sein. Diese Kriterien dürften „zweckdienliche Maßnahmen" in der Regel erfüllen. 72 Ohne weiteres unmittelbar anwendbar sollen künftig Gruppenfreistellungsregelungen sein, die auf der Grundlage der neuen Ermächtigungsverordnung für Gruppenfreistellungen 73 erlassen werden. Dieser Wille des Verordnungsgebers der Ermächtigungsverordnung ergibt sich aus dem fünften Erwägungsgrund der Präambel, in dem es heißt, „Gruppenfreistellungen erhöhen die Transparenz und Rechtssicherheit, und sie können von den nationalen Gerichten... unmittelbar angewendet werden". Aus dieser Andeutung in der Präambel ergibt sich jedoch noch nicht, daß alle Regelungen der Gruppenfreistellungsverordnungen, die auf Grundlage dieser Verordnung erlassen werden, auch tatsächlich unmittelbar anwendbar sind. Dies entscheidet sich vielmehr anhand der allgemeinen Kriterien. Der Verordnungsgeber der Freistellungsverordnungen ist allerdings gehalten, die Bedingungen der Freistellung hinreichend präzise zu definieren, um die unmittelbare Anwendung durch nationale Gerichte zu gewährleisten.74 68

Vgl. insbes. Thomas Jestaedt! Ulrike Häsemeyer, EuZW 1995, 787, 790. Peter Schütterle, EuZW 1995, 391, 394; ders,, EuZW 1995, 581, 582. 70 Thomas Jestaedt!Ulrike Häsemeyer, EuZW 1995, 787, 791. 71 Thomas Jestaedt/Ulrike Häsemeyer, EuZW 1995,787, 792. 72 Im Erg. ebenso Wolfgang Mederer, in: v. d. Groeben/Thiesing/Ehlermann, Kommentar, Art. 92 Rn. 75. 73 V0994/98/EG des Rates vom 7.5.1998, ABl. 1998 L142, S. 1 ff. 74 Wolf gang Mederer, in: v. d. Groeben/Thiesing/Ehlermann, Kommentar, Art. 94 Rn. 9. 69

C. „Verfahrensautonomie" und Vorabentscheidungsverfahren

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I I I . Unmittelbare Anwendbarkeit der Gemeinschaftsgrundrechte Schließlich stellt sich die Frage der unmittelbaren Anwendbarkeit auch für die Gemeinschaftsgrundrechte, insbesondere die Berufsfreiheit. Sie läßt sich ohne weiteres bejahen, denn die unmittelbare Anwendbarkeit der Gemeinschaftsgrundrechte ist ein Reflex der unmittelbaren Anwendbarkeit anderer Vorschriften des Gemeinschaftsrechts. 75 Die Geltung von Grundrechten im Gemeinschaftsrecht hat ihren Grund nicht zuletzt in dem Umstand, daß unmittelbar anwendbare Normen des Gemeinschaftsrechts in Rechte Einzelner eingreifen können.76 Daher sind auch die Grundrechte selbst unmittelbar anwendbares Gemeinschaftsrecht.

C. „Verfahrensautonomie" und Vorabentscheidungsverfahren Wenn unmittelbar anwendbare Vorschriften des Gemeinschaftsrechts bei Verfahren vor nationalen Gerichten angewendet werden sollen, gilt mangels gemeinschaftsrechtlicher Regelungen des Gerichtsverfahrens das nationale Recht, für das allerdings inzwischen vielfältige gemeinschaftsrechtliche Vorgaben bestehen (hierzu I.). Unter Berücksichtigung dieser Vorgaben darf Gemeinschaftsrecht zwar vom nationalen Gericht angewendet werden. Wegen des in Art. 220 (ex-Art. 164) EG verankerten Auslegungsmonopols des EuGH für das Gemeinschaftsrecht besteht nach Art. 234 (ex-Art. 177) EG die Möglichkeit und in bestimmten Fällen auch die Verpflichtung, innerhalb eines nationalen Rechtsstreits eine Vorabentscheidung des EuGH über die Auslegung oder Gültigkeit des Gemeinschaftsrechts herbeizuführen (hierzu u. II.). I. Verfahrensrechtliche Vorgaben des Gemeinschaftsrechts Die gemeinschaftsrechtlichen Vorgaben für die Durchsetzung des Gemeinschaftsrechts vor nationalen Gerichten haben sich in der Rechtsprechung des EuGH in drei Stufen entwickelt. Nachdem der EuGH bereits in den Entscheidungen van Gend & Loos77 und Costa/E.N.E.L. n die Ergänzungsfunktion des nationalen Rechtsschutzes für die Wahrung der Rechte des Einzelnen bei der Durchführung des Gemeinschaftsrechts betont hatte, hatte er zunächst zur konkreten Ausgestaltung dieses Rechtsschutzes nicht weiter Stellung genommen79, sondern war von dem Grundsatz ausgegangen, daß die Mitgliedstaaten zwar in der Gestaltung des nationalen Rechtsschutzes frei, aber dennoch auf den Schutz der Rechte des Einzelnen verpflichtet waren. Trotz der als grundsätzliches Element der (vertikalen) Gewalten75 76 77 78 79

11

Ulrich HöscK Die Verwaltung 1997, 211, 226 f. Thorsten Kingreen, in: Calliess/Ruffert, Kommentar, Art. 6 Rn. 28. EuGH, Rs. 26/62, Slg. 1993,1 ff. - van Gend & Loos. EuGH, Rs. 6/64, Slg. 1964,1141 - Costa/E. N. E. L. Vgl. EuGH, Rs. 13/68, Slg. 1968, 679ff. - Salgoil.

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§ 5 Mitgliedstaatliche Gerichte in der Beihilfenkontrolle

teilung zwischen Gemeinschaft und Mitgliedstaaten angesehenen mitgliedstaatlichen „Verfahrensautonomie" 80 bestand also eine ergebnisbezogene Vorgabe für den nationalen Rechtsschutz. In den späteren Urteilen Rewe* 1 und Comefi 1 hat sich der Gerichtshof dann dem Verfahrensrecht zugewendet und über die reine Ergebnisvorgabe hinaus zur Ausgestaltung der staatlichen Gerichtsverfahren festgestellt, diese dürften erstens nicht ungünstiger gestaltet werden als für gleichartige, das innerstaatliche Recht betreffende Klagen (sog. Nichtdiskriminierungsprinzip), und zweitens dürfte die Verfolgung der durch das Gemeinschaftsrecht gewährten Rechte nicht unmöglich gemacht werden (sog. Effektivitätsprinzip). 83 Über die Rewe/Comet-Formel hinaus läßt sich in der dritten und derzeit weder in der Rechtsprechung noch in der wissenschaftlichen Diskussion abgeschlossenen Phase eine Tendenz der gemeinschaftsrechtlichen Ausgestaltung einzelner verfahrensrechtlicher und materiell-rechtlicher Institute des nationalen Rechts durch Richterrecht beobachten.84 Während die „formalen Einwirkungslinien" des Gemeinschaftsrechts insbesondere durch die Grundsätze des Vorrangs und der unmittelbaren Anwendbarkeit klar erkennbar sind,85 sind Tragweite und Grenzen im einzelnen vielfach offen. 86 Die gemeinschaftsrechtlichen Vorgaben betreffen bereits das allgemeine Verwaltungsrecht und das Verwaltungsverfahrensrecht 87, in dem die Entwicklung ihren Ausgang genommen hat. Als „Schrittmacher" der Entwicklung wird insoweit das Urteil im Fall Deutsche Milchkontor 88 angesehen, in dem der EuGH die allgemeinen Rechtsgrundsätze des Gemeinschaftsrechts erstmals als Maßstabsnormen für die Anwendung des nationalen Verwaltungsverfahrensrechts angenommen hat.89 Seither sind insbesondere die Bestandskraft begünstigender Verwaltungsakte und das Verfahren ihrer Rücknahme Gegenstand gemeinschaftsrechtlicher Vorgaben gewe80

Thomas v.Danwitz, DVB1. 1998,421,431; ders., JZ 1999, S. 198,199; in Anbetracht des Vorabentscheidungsverfahrens skeptisch Eberhard Schmidt-Aßmann, DVB1. 1993, 924, 933. 81 EuGH, Rs.33/76, Slg. 1976, 1989ff.-Rewe. 82 EuGH, Rs. 45/76, Slg. 1976, 2043 ff. - Comet. 83 EuGH, Rs.33/76, Slg. 1976, 1989, 1997-Rewe; Rs.45/76, Slg. 1976, 2043, 2053-Comet. 84 Zu dieser Entwicklung Michael Tonne, Effektiver Rechtsschutz, S. 191 ff.; Eberhard Schmidt-Aßmann, DVB1. 1993, 924, 930f.; Carlos Rodriguez Iglesias , NJW 2000, 1889, 1892 f. 85 Eberhard Schmidt-Aßmann, in: Badura/Scholz, Festschrift für Peter Lerche, S. 513, 519 ff. 86 Thomas v.Danwitz, DVB1. 1998, 421, 422; einen Überblick über die „betroffenen" Materien geben Eberhard Schmidt-Aßmann, DVB1.1993,924,929ff.; Martin Bur gì, DVB1.1995, 772ff.; Martin Pagenkopf, NVwZ 1993, 216, 220f. 87 s. aus dieser Diskussion nur die übergreifenden Untersuchungen von Stefan Kadelbach, Allgemeines Verwaltungsrecht unter europäischem Einfluß (1999); Thomas v.Danwitz, Verwaltungsrechtliches System und Europäische Integration (1996), jeweils m. w. N. 88 EuGH, Rs. 205-215/82, Slg. 1983, 2633 ff. - Deutsche Milchkontor. 89 Vgl. Thomas v.Danwitz, DVB1. 1998, 421, 424.

C. „Verfahrensautonomie" und Vorabentscheidungsverfahren

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sen. In diesen Zusammenhang gehört auch die Schaffung eines gemeinschaftsrechtlichen Staatshaftungsanspruchs für die mitgliedstaatliche Verletzung des Gemeinschaftsrechts, den der EuGH erstmalig in seinem Francovich-Urteil aus dem Jahre 199191 begründete und inzwischen - unter reger Anteilnahme der Literatur 92 - auf Schadensfälle ausgeweitet hat, die durch legislatives Unrecht des nationalen Gesetzgebers,93 durch die unterlassene,94 fehlerhafte 95 oder verspätete Umsetzung von Richtlinien96 oder durch administrative Einzelentscheidungen ergehen, die gegen den EG-Vertrag verstoßen.97 Neben dem allgemeinen Verwaltungs- und Verwaltungsverfahrenrecht beeinflußt das Europäische Gemeinschaftsrecht zunehmend auch das Verwaltungsprozeßrecht. 98 Den Ausgangspunkt der Rechtsprechung bildete das Urteil Factortame I," dem ein Konflikt zwischen der effektiven Verwirklichung des Gemeinschaftsrechts und dem im britischen Verfassungsrecht verankerten Grundsatz zugrunde lag, der einstweiligen Rechtsschutz gegen die Krone, d. h. die Regierung, ausschloß. Nach der Entscheidung des EuGH durfte dieser Grundsatz in Verfahren mit Gemeinschaftsrechtsbezug nicht mehr angewendet werden. Seither hat der EuGH - wiederum begleitet von der Literatur - in weiteren Teilbereichen des Verwaltungsprozeßrechts 100 Vorgaben zur Ausgestaltung gemacht. Zu diesen gehören neben dem Recht des einstweiligen Rechtsschutzes101 der Umfang der Klagebefugnis 102 und die Frage der Kontrolldichte von Entscheidungen der Verwaltung. 103 90

Aufgrund der traditionellen Zuordnung zum Allgemeinen Verwaltungsrecht, vgl. Hartmut Maurer, Allg. Verwaltungsrecht, §25, passim. 91 EuGH, Rs.C-6 u. 9/90, Slg. 1991,1-5357 ff. - Francovich. 92 Vgl. aus der Fülle der Beiträge nur Martin Nettesheim, DÖV 1992,999 ff.; Thomas v. Danwitz, JZ 1994, 335 ff.; ders., DVB1. 1997,1 ff.; Fritz Ossenbühl, Staatshaftungsrecht, S.492ff. m. w. N. 93 EuGH, Rs.C-46 u. 48/93, Slg. 1996,1-1029 ff. - Brasserie du pêcheur und Factortame III; hierzu Rudolf Streinz, EuZW 1996, 201 ff. 94 EuGH, Rs. C-334/92, Slg. 1993, 1-6911 ff. - Wagner Miret; vgl. Kay Hailbronner, JZ 1992, 284 ff. 95 EuGH, Rs. C-392/93, Slg. 1996,1-1631 ff. - British Telecom; vgl. Dirk Ehlers, JZ 1996, 776 ff. 96 EuGH, Rs.C-178 u.a./94, Slg. 1996,1-4845 ff. - Dillenkofer; vgl. Norbert Reich, EuZW 1996, 709. 97 EuGH, Rs. C-5/94, Slg. 1996,1-2553 ff. - Hedley Lomas; vgl. Hans-Dieter Jarass, NJW 1994, 881 ff. 98 s. aus dieser Diskussion nur die übergreifenden Beiträge von Claus-Dieter Classen , Europäisierung der Verwaltungsgerichtsbarkeit (1996); Volker Roben, Einwirkung der Rechtsprechung auf das mitgliedstaatliche Verfahren (1998), jeweils m. w. N. 99 EuGH, Rs.C-213/89, Slg. 1990,1-2433 ff. - Factortame I. 100 Vgl. Martin Burgi, DVB1. 1995, 772, 778. 101 Vgl. Juliane Kokott, Die Verwaltung 1998, 335, 340ff.; Stefan Lehr, Einstweiliger Rechtsschutz und Europäische Union, m. w. N. 102 Vgl. hierzu Juliane Kokott, Die Verwaltung 1998, 335, 348 ff. 103 Vgl. hierzu Juliane Kokott, Die Verwaltung 1998, 335, 364ff.

166

§ 5 Mitgliedstaatliche Gerichte in der Beihilfenkontrolle

II. Bedeutung des Vorabentscheidungsverfahrens Kommt es im Rechtsstreit vor einem nationalen Gericht auf die Auslegung einer unmittelbar anwendbaren Norm des Gemeinschaftsrechts an, befindet sich der nationale Richter in einem theoretischen Konflikt mit dem in Art. 220 (ex-Art. 164) EG verankerten Auslegungsmonopol des EuGH: nur dieser sichert die Wahrung des Rechts bei der Auslegung und Anwendung des Gemeinschaftsrechts. Zur Auflösung dieses Konflikts ist das nationale Gerichtsverfahren mit dem gemeinschaftlichen Rechtsschutz über das Vorabentscheidungsverfahren nach Art. 234 (ex-Art. 177) EG verbunden. Wenn in einem nationalen Gerichtsverfahren gegen die Vergabe staatlicher Beihilfen die Rechtmäßigkeit und Gültigkeit beihilfenaufsichtsrechtlicher Entscheidungen in Zweifel gezogen wird, müßte der EuGH über diese Frage also im Vorabentscheidungsverfahren entscheiden. Für Klagen gegen beihilfenaufsichtsrechtliche Entscheidungen steht jedoch grundsätzlich das Verfahren der Nichtigkeitsklage nach Art. 230 (ex-Art. 173) EG zur Verfügung, die nach Art. 230 (ex-Art. 173) Abs. 5 EG lediglich innerhalb einer Frist von zwei Monaten erhoben werden kann, während für das Vorabentscheidungsverfahren keine besondere Frist vorgesehen ist. Hier stellt sich demnach die Frage, ob diese beiden Verfahren beziehungslos nebeneinander stehen, oder ob auch in diesem Bereich des Verwaltungsprozeßrechts Einwirkungen des Gemeinschaftsrechts auf das nationale Recht vorliegen. 104 Während die Einwirkungen des Gemeinschaftsrechts auf das allgemeine Verwaltungsrecht und das Verwaltungsprozeßrecht schon seit längerem eine erhebliche Resonanz gefunden haben, waren die Bezüge zwischen dem nationalen und dem gemeinschaftlichen Rechtsschutz lange weitgehend unbeachtet geblieben. Die Auseinandersetzung beschränkte sich vielfach auf die Feststellung, ein Instanzenzug zwischen dem nationalen und dem gemeinschaftlichen Rechtsschutz bestehe nicht, und die Nichtigkeitsklage und das Vorabentscheidungsverfahren stünden selbständig nebeneinander.105 1. Grundstruktur

des Vorabentscheidungsverfahrens

Nach Art. 234 (ex-Art. 177) Abs. 1 lit. a und b EG können die mitgliedstaatlichen Gerichte Fragen nach der Auslegung des primären oder sekundären Gemeinschaftsrechts oder der Gültigkeit des sekundären Gemeinschaftsrechts dem EuGH vorlegen. 106 Den mitgliedstaatlichen Gerichten 107 steht nach Art. 234 (ex-Art. 177) Abs. 2 104

Zu dieser Frage Eckhard Pache, EuZW 1994, 615ff.; ders., JA 1995, 189ff.; Christoph Gröpl, EuGRZ 1995,583 ff. 105 So Fritz-Harald Wenig, in: Grabitz/Hilf, Art. 173 EWGV Rn. 1; Kay Hailbronner, in: ders./Klein/Magiera/Müller-Graff, Handkommentar, Art. 173 Rn. 1; Hans-Werner Rengelingl Andreas Middekei Martin Gellermann, Rechtsschutz, Rn. 371; Manfred Dauses, Vorabentscheidungsverfahren, S.74. 106 Ygi z u m Vorlagegegenstand insbes. Manfred Dauses, Vorabentscheidungsverfahren, S.53ff.

C. „Verfahrensautonomie" und Vorabentscheidungsverfahren

167

EG ein Vorlagerecht zu, wenn sie eine Entscheidung über Auslegung oder Gültigkeit des Gemeinschaftsrechts für erforderlich halten.108 Lediglich ausnahmsweise besteht auch eine Vorlagep/7/c/tf. Diese ist in Art. 234 (ex-Art. 177) Abs. 3 EG zunächst solchen Gerichten auferlegt, deren Entscheidung nicht mehr mit Rechtsmitteln des innerstaatlichen Rechts angefochten werden kann. Unabhängig von innerstaatlichen Rechtsbehelfen besteht eine Vorlagepflicht auch dann, wenn das mitgliedstaatliche Gericht wegen Zweifeln an ihrer Gültigkeit einen Gemeinschaftsrechtsakt unangewendet lassen will. 1 0 9 Voraussetzung für eine Vorlage ist stets, daß das vorlegende Gericht Zweifel an der Gültigkeit oder Auslegung gemeinschaftsrechtlicher Bestimmungen hat. Die aus diesen Zweifeln heraus formulierte Vorlagefrage muß für die Entscheidung des vorlegenden Gerichts erheblich, also nach seiner Rechtsauffassung und Tatsachenwürdigung für die Entscheidung des Ausgangsrechtsstreits entscheidend sein. Hierbei steht den Gerichten ein erheblicher Beurteilungsspielraum zu. 110 Da die Vorlagepflicht grundsätzlich letztinstanzlich entscheidende Gerichte trifft, müssen die Untergerichte bei Fragen nach der Auslegung des Gemeinschaftsrechts im Regelfall nicht vorlegen. Sie trifft aber eine Vorlagepflicht, wenn sie sekundäres Gemeinschaftsrecht als ungültig betrachten und nicht anwenden.111 Dies gilt allerdings nur, wenn die Gültigkeitsfrage auch entscheidungserheblich ist. Andernfalls, d. h. im Falle einer nicht entscheidungserheblichen Vorschrift des Gemeinschaftsrechts, dürfen sie auch selbst von der Ungültigkeit ausgehen. Im übrigen bestehen Ausnahmen von der Vorlagepflicht, wenn die aufgeworfene Vorlagefrage vom EuGH bereits in einem ähnlichen Fall beantwortet wurde oder eine gesicherte Rechtsprechung vorliegt. Auch wenn die richtige Auslegung des Gemeinschaftsrechts so offensichtlich ist, daß kein Raum für vernünftige Zweifel an der Entscheidung über die gestellte Vorlagefrage bleibt, besteht keine Vorlagepflicht. 112 In nationalen Gerichtsverfahren gegen die Vergabe staatlicher Beihilfen hat der nationale Richter daher einerseits das Recht, Fragen zur Auslegung des von ihm anzuwendenden Gemeinschaftsrechts zu stellen, d. h. entweder zur Auslegung des Durchführungsverbots nach Art. 88 (ex-Art. 93) Abs. 3 Satz 3 EG oder zur Auslegung beihilfenaufsichtsrechtlicher Entscheidungen. Da hinsichtlich der Oiganhand107 Zum Begriff der „vorlageberechtigten Gerichte" bereits EuGH, Rs. 61/65, Slg. 1966, 584 ff. - Vaasen-Göbbels; ausf. hierzu Christian KoeniglClaude Sander, EG-Prozeßrecht, Rn. 468 ff. 108 Näher um Vorlagerecht EuGH, Rs. 166/73, Slg. 1974, - Rheinmühlen I; vgl. Carl-Otto Lenz, NJW 1993, 2664ff. 109 Näher zur Vorlagepflicht EuGH, Rs. 283/81, Slg. 1982, 3415ff. - CILFIT; vgl. Adrian Glaesner, EuR 1990, 143ff.; Anthony Ar null, ELRev. 1988, 125ff; Wolf-Eckart Sommer, NVwZ 1996, 135 ff.; Eckhard PachefFrank Burmeister, NVwZ 1996, 979 ff. 110 Wolf gang Wegener, in: Calliess/Ruffert, Kommentar, Art. 234 Rn. 14 ff. 111 EuGH, Rs. 314/85, Slg. 1987, 4199ff. - Foto-Frost. 112 Zu den Ausnahmen von der Vorlagepflicht Wolf gang Wegener, in: Calliess/Ruffert, Kommentar, Art. 234 Rn. 21 ff.

168

§ 5 Mitgliedstaatliche Gerichte in der Beihilfenkontrolle

lungen auch Fragen der Gültigkeit zum Gegenstand eines Vorabentscheidungsverfahrens gemacht werden können, kann zudem bezüglich beihilfenaufsichtsrechtlicher Entscheidungen außerdem die „Gültigkeitsfrage" gestellt werden, wenn diese entscheidungserheblich ist. 2. Gültigkeitsüberprüfung

ohne Nichtigkeitsklage?

In dieser Fallkonstellation aktualisiert sich die bereits aufgeworfene Frage, in welchem Verhältnis der nationale Rechtsschutz zur Nichtigkeitsklage als der innerhalb einer Zweimonatsfrist zur Überprüfung der Gültigkeit sekundärer Gemeinschaftsrechtsakte zu erhebenden Klageart steht. Die einschlägigen Vorschriften regeln das Verhältnis der Klagearten zueinander nicht. 113 Hintergrund der Klagefrist der Nichtigkeitsklage ist indes, daß belastende Entscheidungen der Gemeinschaftsorgane nicht unbegrenzt angefochten werden, sondern im Interesse der Rechtssicherheit zu einem bestimmten Zeitpunkt formell bestandskräftig werden sollen.114 a) Rechtsprechung des EuGH Die Frage des Verhältnisses zwischen Vorabentscheidungsverfahren und Nichtigkeitsklage war in der Rechtsprechung bis zum Urteil Textilwerke Deggendorf nicht umfassend geklärt. In einem früheren Urteil war zwar die Zulässigkeit eines Vorabentscheidungsverfahrens unabhängig von der Nichtigkeitsklage bejaht worden. Der Fall Universität Hamburgl Hauptzollamt Kehrwieder betraf ein Vorabentscheidungsverfahren über die Gültigkeit einer an die Mitgliedstaaten gerichteten zollrechtlichen Entscheidung, von der Einzelne keine Kenntnis erlangt hatten. Im Rahmen eines nationalen Gerichtsverfahrens gegen einen Ablehnungsbescheid der Zollbehörde war die Vorabentscheidung über die Gültigkeit der gemeinschaftlichen Entscheidung beantragt worden. Der EuGH bejahte die Zulässigkeit des Vorabentscheidungsverfahrens, betonte aber zugleich, zum Verhältnis zwischen den Klagearten im allgemeinen damit nicht Stellung genommen zu haben. Eine allgemeine Stellungnahme erfolgte im Urteil Textilwerke Deggendorf\ dem der EuGH entschied, daß „die Gültigkeit eines Gemeinschaftsrechtsaktes... trotz Ablaufs der in Art. 173 III [heute: Art. 230 Abs. 5 EG] festgelegten Frist im Wege des Vorabentscheidungsverfahrens... in Frage gestellt werden [kann]; dieses Verfahren... unterliegt Regeln, die sich von jenen unterscheiden, die für die in Art. 173 des Vertrages genannten Klagearten gelten. Somit vermag dieses Verfahren keine Abweichung vom Grundsatz des sich aus dem Ablauf der Klagefrist ergeben113

Eckhard Pache, EuZW 1994, 615, 616. Zur Bestandskraft gemeinschaftlicher Rechtshandlungen erstmals EuGH, Rs.20/65, Slg. 1965, 1112, 1116f. - Collotti; vgl. Jürgen Schwarze, Europäisches Verwaltungsrecht, Bd. 2, S. 1002ff. m. w.N. 114

in

C. „Verfahrensautonomie" und Vorabentscheidungsverfahren

169

den Rechtsausschlusses zu rechtfertigen, wenn man nicht Art. 173 seines rechtlichen Sinngehaltes entkleiden wollte." 115 b) „Keine Vorlage ohne Anfechtung" In der Literatur besteht seit dem Urteil des EuGH in der Rechtssache Textilwerke Deggendorf Einigkeit darüber, daß die Nichtigkeitsklage gegen einen Gemeinschaftsrechtsakt grundsätzlich vorrangig ist, es sei denn, dem durch diesen Rechtsakt Betroffenen fehle es im Verfahren der Nichtigkeitsklage an der Klageberechtigung. 116 Früher wurde die Zulässigkeit des Vorabentscheidungsverfahrens über die Gültigkeit von Gemeinschaftsrechtsakten einerseits unter Hinweis auf die unterschiedlichen Funktionen von Nichtigkeitsklage und Vorabentscheidungsverfahren uneingeschränkt für zulässig gehalten,117 weil das Vorabentscheidungsverfahren nicht dem Individualschutz, sondern der Wahrung des Gemeinschaftsrechts diene. Demgegenüber wurde unter Hinweis auf die Sicherung der formellen und materiellen Bestandskraft gemeinschaftlicher Entscheidungen die Zulässigkeit einer Gültigkeitsvorlage gegen nicht mehr mit der Nichtigkeitsklage anfechtbare Entscheidungen abgelehnt.118 Die heute vertretene Auffassung in der Literatur geht in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung davon aus, daß ein Gemeinschaftsrechtsakt grundsätzlich mit der Nichtigkeitsklage angefochten werden muß und diese Anfechtung innerhalb der Frist des Art. 230 (ex-Art. 173) Abs. 5 EG zu erfolgen hat. Andernfalls könne die Gültigkeit nicht mehr im Wege des Vorabentscheidungsverfahrens in Frage gestellt werden. Lediglich wenn die Anfechtungsmöglichkeit für den Einzelnen nach Art. 230 (exArt. 173) Abs. 5 EG noch besteht, weil die Frist nicht abgelaufen ist, oder wenn er die Nichtigkeitsklage von vornherein wegen fehlender oder zweifelhafter Klageberechtigung nicht erheben konnte bzw. die Erhebung ihm unzumutbar war, bleibt Raum für eine Gültigkeitsprüfung nach Art. 234 (ex-Art. 177) Abs. 1 lit. b EG. 119 115 EuGH, Rs. C-188/92, Slg. 1994, 1-833 ff. - Textilwerke Deggendorf; ähnlich wieder Rs.C-241/95, Slg. 1996,1-6699 ff. - Accrington Beef; Rs.C-408/95, Slg. 1997,I-6315-Eurotunnel. 116 So Eckhard Pache, EuZW 1994,615ff.; ders., JA 1995,189ff.; Christoph Gröpl, EuGRZ 1995, 583 ff.; Wolfgang Wegener , in: Calliess/Ruffert, Kommentar, Art. 234 Rn. 10. 117 Hanns Prutting, in: Gedächtnisschrift für Peter Arens, S.342f.; Jürgen Wohlfahrt, in: Grabitz/Hilf, Kommentar, Art. 177 EGV Rn. 18 f.; Kay Hailhronner, in: ders./Klein/Magiera/ Müller-Graff, Handkommentar, Art. 173 Rn. 2; Hans-Werner Rengeling/Andreas Middekel Martin Gellermann, Rechtsschutz, Rn. 371 ; Manfred Dauses, Vorabentscheidungsverfahren, S.74; Reimer Voß, in: Schwarze, Wirtschaftsrecht des Gemeinsamen Marktes, S. 11, 26f. 118 So insbes. Christian Tomuschat, Gerichtliche Vorabentscheidung, S.89; Maurice Lagrange, RTDE 1974, 268, 281. 119 Eckhard Pache, EuZW 1994, 615ff.; ders., JA 1995, 189ff.; Christoph Gröpl, EuGRZ 1995, 583 ff.; Wolfgang Wegener, in: Calliess/Ruffert, Kommentar, Art. 234 Rn. 10.

170

§ 5 Mitgliedstaatliche Gerichte in der Beihilfenkontrolle

c) Konsequenzen für den Rechtsschutz im Beihilfenrecht Für die Rolle nationaler Gerichte im Beihilfenrecht hat diese Rechtslage in mehrfacher Hinsicht Bedeutung. Ihre Hauptbedeutung erfährt sie in Fallgestaltungen, wie sie dem Fall Textilwerke Deggendorf zugrunde lag. Hier hatte ein Mitgliedstaat Beihilfen unter Verstoß gegen das Durchführungsverbot eingefühlt. Die Kommission hatte daraufhin eine Rückforderungsentscheidung erlassen. Der Beihilfenempfänger mußte nun entscheiden, ob er gegen die an den Mitgliedstaat gerichtete Entscheidung vorgehen oder ob er seinen Rechtsschutz allein vor nationalen Gerichten suchen sollte und dort Gefahr lief, sich wegen einer Versäumung der Klagefrist des Art. 230 (ex-Art. 173) Abs. 5 EG die Bestandskraft der Kommissionsentscheidung entgegenhalten zu lassen.120 Eine weitere denkbare Konstellation betrifft die Klage von in ihrem Gemeinschaftsgrundrecht auf Berufsfreiheit betroffenen Dritten, die sich vor dem nationalen Gericht gegen eine Beihilfenvergabe an ihren begünstigten Wettbewerber wenden wollen. Hat die Kommission nach einem durchgeführten Beihilfenaufsichtsverfahren zu diesem Vorhaben eine Genehmigungsentscheidung erlassen, stellt sich u. U. bereits bei der Zulässigkeit der Klage des Dritten die Frage, ob diese bereits an der Bestandskraft dieser Genehmigung scheitern wird.

D . Zusammenfassung Zusammenfassend ist festzuhalten, daß das Gemeinschaftsrecht grundsätzlich vor nationalen Gerichten durchgesetzt werden kann, sofern es unmittelbar anwendbar ist. Dies gilt im Bereich des gemeinschaftlichen Beihilfenrechts insbesondere für die „Konkretisierungen" des Unvereinbarkeitsgrundsatzes, d. h. für das Durchführungsverbot und verfahrensabschließende Entscheidungen im Rahmen des Beihilfenaufsichtsverfahrens. Da die Mitgliedstaaten an die Gemeinschaftsgrundrechte gebunden sind und auch diese unmittelbar anwendbar sind, kann auch dem Grundrechtsschutz vor nationalen Gerichten zur Geltung verholfen werden. Für das nationale Prozeßrecht bestehen hier gemeinschaftsrechtliche Vorgaben, die über die Grundsätze der effektiven Durchsetzung und nicht-diskriminierenden Anwendung inzwischen hinausgehen und auch einzelne Bereiche des nationalen Prozeßrechts erfassen. Wie die gemeinschaftsrechtlichen Vorgaben sich auf das nationale Prozeßrecht im einzelnen auswirken, ist im nächsten Kapitel zu untersuchen. Geht es im nationalen Gerichtsverfahren um die Auslegung und Gültigkeit des Gemeinschaftsrechts, sind die Voraussetzungen zu beachten, unter denen ein Vorabentscheidungsverfahren möglich bzw. erforderlich ist.

120

Vgl. Eckhard Pache, EuZW 1994, 615,616.

§ 6 Rechtsschutz vor deutschen Gerichten A. Grundlagen Unter den gemeinschaftsrechtlichen Rahmenbedingungen für den nationalen Rechtsschutz stehen Konkurrenten und sonstigen Dritten zur gerichtlichen Überprüfung der Gemeinschaftsrechtswidrigkeit einer staatlichen Beihilfenvergabe in Deutschland grundsätzlich alle Rechtsschutzmöglichkeiten des nationalen Rechts zur Verfügung. Die Aufgabe der nationalen Gerichte, bei der Durchführung des Systems der Kontrolle staatlicher Beihilfen mitzuwirken, haben die Kommission und der EuGH immer wieder betont. Handlungen des Mitgliedstaats (hierzu u.B.) und das Verhalten des Beihilfenempfängers selbst (hierzu u. C.) können daher zum Gegenstand des gerichtlichen Rechtsschutzes gemacht werden. I. Öffentlich-rechtliche Konkurrentenklage In erster Linie richtet sich der Rechtsschutz gegen die öffentliche Verwaltung, die bei der Gewährung staatlicher Beihilfen in unterschiedlicher Weise handelt. Hier ist das Anwendungsfeld der sog. „öffentlich-rechtlichen Konkurrentenklagen" eröffnet, mit denen sich Drittbetroffene gegen hoheitliche Beeinträchtigungen ihrer Rechtspositionen durch Gewährung einer Begünstigung an einen Wettbewerber wenden. Man unterscheidet grundsätzlich zwischen „positiver" und „negativer" Konkurrentenklage, wobei der Kläger mit ersterer das Ziel verfolgt, eine dem Wettbewerber entsprechende Begünstigung ebenfalls zu erreichen („Konkurrentengleichstellungsklage"), während mit letzterer lediglich die Begünstigung des Wettbewerbers verhindert werden soll („Begünstigungsabwehrklage").1 Da das Gemeinschaftsrecht keinen Anspruch auf Gewährung einer Beihilfe vermittelt, kommt unter Berufung auf die Gemeinschaftsrechtswidrigkeit lediglich die negative Konkurrentenklage gegen Handlungen des Mitgliedstaats in Betracht.

1 Zur Typologie Rupert Scholz, WiR 1972, 35, 37; Peter Miebach, JuS 1987,956; Wolf-Rüdiger Schenke, NVwZ 1993, 718, 719; mit weiterer Differenzierung dagegen Fritz Rittneri Klaus-Dieter Stephan, GewArch 1985, 177; Joachim Scherer, Jura 1985, 11, 12ff.; Thomas Horn, GewArch 1985,73, 79, sieht demgegenüber nur die (positive) Gleichstellungsklage als Konkurrentenklage an.

172

§ 6 Rechtsschutz vor deutschen Gerichten

II. Zivilrechtlicher Konkurrentenschutz Neben den öffentlich-rechtlichen Konkurrentenklagen ist grundsätzlich auch zivilrechtlicher Konkurrentenschutz denkbar. Hier kann der Konkurrent sich zunächst wiederum gegen den beihilfengewährenden Mitgliedstaat wenden und mit einer Amtshaftungsklage oder aufgrund wettbewerbsrechtlicher Ansprüche vorgehen. Im Anschluß an die bereits aus anderen Mitgliedstaaten bekannt gewordenen Fälle, in denen wettbewerbsrechtliche Klagen gegen einen Beihilfenbegünstigten erhoben wurden, ist schließlich zu überlegen, ob auch nach deutschem Recht gegen den Beihilfenempfänger Schadenersatz- und Unterlassungsansprüche bestehen.

B. Rechtsschutz gegen den Mitgliedstaat Gewährt die öffentliche Verwaltung Beihilfen, stehen ihr unterschiedliche Handlungsformen zur Verfügung: sie kann durch Verwaltungsakt oder Vertrag, im Rahmen eines zweistufigen Rechtsverhältnisses oder durch den Erlaß von Rechtsnormen handeln. Dementsprechend verfolgen Konkurrenten und sonstige Dritte, die die Gemeinschaftsrechtswidrigkeit einer staatlichen Handlung geltend machen wollen, unterschiedliche Rechtsschutzziele. Vor allem geht es ihnen um die Aufhebung der rechtswidrigen Handlung, insbesondere des Verwaltungsakts, mit dem eine Beihilfe bewilligt wurde. Wo dies nicht möglich ist, werden sie, wenn der Mitgliedstaat die bewilligende Rechtshandlung bereits vorgenommen, etwa einen entsprechenden Vertrag abgeschlossen hat, wenigstens die tatsächliche Gewährung der Beihilfe verhindern wollen. Steht die fragliche Handlung der öffentlichen Verwaltung noch bevor, ist vorbeugender Rechtsschutz gegen deren Vornahme denkbar. Die Erhebung einer „Konkurrentenklage" als solche ist allerdings nicht möglich. Unter diesem Begriff werden lediglich bestimmte prozessuale Konstellationen der Drittanfechtung einer Begünstigung zusammengefaßt, die unter Ausnutzung der im Verwaltungsprozeßrecht vorgesehenen Klagemöglichkeiten entstehen können.2 Zur Erreichung ihrer Rechtsschutzziele stehen Konkurrenten und sonstigen Dritten daher insbesondere die Anfechtungsklage, die Unterlassungsklage als Form der allgemeinen Leistungsklage, die Feststellungsklage und die Normenkontrolle zur Verfügung.3 Daneben stehen die Klagemöglichkeiten vor den Zivilgerichten. 4 2 Vgl. Walter Frenz, Rechtsschutz in Konkurrenzsituationen, S. 13 ff.; Ferdinand O. Kopp/ Wolf-Rüdiger Schenke, VwGO, §42 Rn.45. 3 Zu eng dagegen Rupert Scholz, WiR 1972,35,37, der nur die Anfechtungs- und Verpflichtungsklage als für eine Konkurrentenklage in Betracht kommende Klagearten anerkennt; auch die Unterlassungsklage kann Konkurrentenklage sein; vgl. zutreffend Fritz Rittner/Klaus-Dieter Stephan, GewArch 1985,177 unter Hinweis auf OVG Münster, NJW 1980, 2323. 4 In allen Verfahren ist ebenso wie auf gemeinschaftsrechtlicher Ebene vorläufiger Rechtsschutz möglich, auf den hier allerdings nicht weiter eingegangen wird; vgl. dazu Martin Weber, Vorläufiger Rechtsschutz bei Konkurrentenklagen, S.2ff.

Β. Rechtsschutz gegen den Mitgliedstaat

173

I. Anfechtungsklage Zunächst können Konkurrenten und sonstige Dritte die Gemeinschaftsrechtswidrigkeit eine Beihilfengewährung mit der in § 42 Abs. 1,1. Alt. VwGO geregelten Anfechtungsklage angreifen. Mit ihr kann die Aufhebung eines bis dahin wirksamen Verwaltungsakts, also gegen die Beihilfengewährung durch Bewilligungsbescheid erreicht werden.5 Dies gilt auch dann, wenn die tatsächliche Gewährung der Begünstigung in einer anderen Rechtsform erfolgt, solange dieser entsprechend der „Zweistufentheorie" eine Grundentscheidung der Verwaltung über diese Gewährung in Form eines Verwaltungsakts vorausgegangen ist.6 1. Zulässigkeitsvoraussetzungen Die Anfechtungsklage gegen einen Bewilligungsbescheid setzt vor allem voraus, daß sie sich gegen einen Verwaltungsakt richtet und daß der Kläger in der Lage ist, gerade in Bezug auf diesen Streitgegenstand eine mögliche Rechtsverletzung geltend zu machen (Klagebefugnis). 7 Der Rechtsweg zu den Verwaltungsgerichten ist nach § 40 Abs. 1 VwGO bei der Klage gegen einen Bewilligungsbescheid stets eröffnet, weil dessen Rechtmäßigkeit von öffentlich-rechtlichen Vorschriften abhängt, insbesondere wenn es um die Frage der Gemeinschaftsrechtswidrigkeit dieser Bescheide geht.8 a) Statthaftigkeit der Anfechtungsklage Eine Anfechtungsklage ist statthaft, wenn sie sich gegen einen rechtlich existenten Verwaltungsakt i. S. d. § 35 VwVfG wendet. Im Zusammenhang mit der Vergabe staatlicher Beihilfen kann die Anfechtungsklage daher nur gegen Bewilligungsbescheide erhoben werden, nicht dagegen bei Vorliegen der übrigen möglichen Handlungsformen. 9 Aus Sicht des Gemeinschaftsrechts sind die nationale Beihilfenvergabe und die Durchführung des Beihilfenaufsichtsverfahren grundsätzlich voneinander unabhängig. Der Mitgliedstaat kann seinen Verwaltungsakt daher erlassen, auch wenn er sein Vorhaben der Kommission nicht angezeigt oder den Verfahrensausgang nicht abgewartet hat. Den gesetzlich erwünschten Regelfall bilden jedoch 5

Vgl. BVerwGE 16, 187; 17, 306; 30, 191; 60, 154; BVerwG NVwZ 1984, 306. Vgl. Fritz Rittneri Klaus-Dieter Stephan, GewArch 1985, 177, 178; Jürgen Schwarze, in: Selmer/v. Münch, Gedächtnisschrift für Wolfgang Martens, S. 819, 837. 7 Vgl. Michael Happ, in: Eyermann, VwGO, §42 Rn. 2; Friedhelm Hufen, Verwaltungsprozeßrecht, § 14 Rn.69. 8 Ferdinand O. Kopp/Wolf-Rüdiger Schenke, VwGO, §40 Rn. 6 ff.; Jürgen Schwarze, in: Selmer/v. Münch, Gedächtnisschrift für Wolfgang Martens, S. 819, 837. 9 Michael Happ, in: Eyermann, VwGO, §42 Rn. 6f.; Fritz RittneriKlaus-Dieter Stephan, GewArch 1985, 177, 178. 6

174

§ 6 Rechtsschutz vor deutschen Gerichten

die Fälle, in denen der Bewilligungsbescheid mit einer beihilfenaufsichtsrechtlichen Genehmigung ergeht. aa) Bewilligungsbescheid mit beihilfenaufsichtsrechtlicher

Genehmigung

Bei Bewilligungsbescheiden, für deren Erlaß der beihilfengewährende Mitgliedstaat eine beihilfenaufsichtsrechtliche Genehmigungsentscheidung der Gemeinschaftsorgane besitzt,10 handelt es sich nach den Kriterien des § 35 VwVfG um Verwaltungsakte. Durch sie trifft die öffentliche Hand dem Beihilfenempfänger gegenüber die Regelung, daß er eine Zuwendung erhält. Unerheblich für die Statthaftigkeit der Anfechtungsklage Dritter ist es, daß sich der Verwaltungsakt nicht an die klagenden Konkurrenten und sonstige Dritte richtet, und daß die für die Wirksamkeit eines Verwaltungsakts erforderliche Bekanntgabe nach § 41 VwVfG nicht ihnen gegenüber, sondern gegenüber dem Beihilfenempfänger erfolgt. Es genügt insoweit für das Vorliegen eines wirksamen Verwaltungsakts, daß dieser seinem Adressaten bekanntgegeben wurde. 11 bb) Bewilligungsbescheid ohne beihilfenaufsichtsrechtliche

Genehmigung?

Fehlt es bei Erlaß des angefochtenen Bewilligungsbescheids an einer beihilfenaufsichtsrechtlichen Genehmigung der Gemeinschaftsoigane, befindet sich der beihilfengewährende Mitgliedstaat entweder im Konflikt mit einer bereits getroffenen Entscheidung oder verstößt mit dem Erlaß seines Bewilligungsbescheides gegen das Durchführungsverbot des Art. 88 (ex-Art. 93) Abs. 3 Satz 3 EG, Art. 3 VerfO. Ein Verstoß gegen das Durchführungsverbot kann sich daraus ergeben, daß der Mitgliedstaat eine Beihilfe einführt, ohne sie überhaupt bei der Kommission angemeldet zu haben, oder daraus, daß der Mitgliedstaat nach einer erfolgten Anmeldung einen Bewilligungsbescheid erläßt, ohne eine Genehmigungsentscheidung abzuwarten.12 Nach einer Formulierung des EuGH in seinem Urteil FNCE 13 beeinträchtigt dies „die Gültigkeit der Rechtsakte zur Durchführung von Beihilfemaßnahmen". Beeinträchtigt der Verstoß des Mitgliedstaats gegen das Durchführungsverbot oder gegen eine Verbotsentscheidung tatsächlich die „Gültigkeit" einer mitgliedstaatlichen 10

Es handelt sich um die Entscheidungen im Verfahren bei angemeldeten Beihilfen (Art. 2 ff. VerfO) nach Art. 4 Abs. 2 und 3 oder Art. 7 Abs. 2 bis 4 VerfO; diese Vorschriften gelten in den Verfahren bei rechtswidrigen Beihilfen (Art. 10 ff. VerfO) und bei mißbräuchlicher Anwendung (Art. 16 VerfO) entsprechend. 11 Walter Schmitt Glaeseri H ans-Detlef Horn, Verwaltungsprozeßrecht Rn. 146; Friedhelm Hufen, Verwaltungsprozeßrecht, § 14 Rn. 10. 12 Thomas Jestaedt, EuZW 1993, 49, 50, spricht hier von „formell rechtswidrigen Beihilfen". 13 EuGH, Rs.C-354/90, Slg. 1991,1-5505, 5526-FNCE.

Β. Rechtsschutz gegen den Mitgliedstaat

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Maßnahme, würde dies die „Nichtigkeit" des mitgliedstaatlichen Verwaltungsakts i. S. d. § 44 Abs. 1 VwVfG bedeuten.14 In diesem Fall stellt sich die Frage der Statthaftigkeit der Anfechtungsklage gegen nichtige Verwaltungsakte. (1) Rechtsfolgen eines Verstoßes gegen das Durchführungsverbot Nach der vertraglichen Regelung des Art. 88 (ex-Art. 93) Abs. 3 Satz 3 EG dürfen neu eingeführte Beihilfen vor einer abschließenden Entscheidung der Kommission nicht durchgeführt werden. Dort heißt es, „der betreffende Mitgliedstaat [dürfe] die beabsichtigte Maßnahme nicht durchführen, bevor die Kommission eine abschließende Entscheidung erlassen hat". Entsprechend dieser vertraglichen Bestimmung bestimmt der zum „Verfahren bei angemeldeten Beihilfen" gehörende Art. 3 VerfO nunmehr, daß „anmeldungspflichtige Beihilfen... nicht eingeführt werden [dürfen], bevor die Kommission eine diesbezügliche Genehmigungsentscheidung erlassen hat oder die Beihilfe als genehmigt gilt". Angesichts dieser Formulierungen, denen für die „Nichtigkeit" nationaler Beihilfenbescheide keine eindeutigen Aussagen zu entnehmen sind, sind der Charakter des Durchführungsverbots und die Rechtsfolgen eines Verstoßes seit langem umstritten. Es geht hier um die Frage, ob es sich bei dem Durchführungsverbot um ein „absolutes" oder um ein „relatives" Verbot handelt: Bei einem „absoluten Verbot" sollte ein Verstoß unmittelbar die Rechtswirkung der Nichtigkeit auslösen; bei einem bloß „relativen Verbot" würde die Nichtbeachtung nur dann Rechtsfolgen auslösen, wenn die eingeführten Beihilfen zugleich materiell rechtswidrig wären. (a) Uneinheitliche Rechtsprechung Die Rechtsprechung des EuGH hat sich nur in wenigen Urteilen mit den Wirkungen eines Verstoßes gegen das Durchführungsverbot beschäftigt. Schon in der Entscheidung CostalE.N.E.L. erklärte der EuGH das Durchführungsverbot allerdings für unmittelbar anwendbares Gemeinschaftsrecht, das von nationalen Gerichten zu beachtende Rechte Einzelner begründe.15 Demzufolge finden sich auch Urteile deutscher Gerichte, aus denen sich Anhaltspunkte für die Auslegung des Durchführungsverbots ergeben.

14 15

Wolf gang Schäfer, in: Obermayer, VwVfG, §44 Rn.7. EuGH, Rs. 6/64, Slg. 1964, 1254, 1272-Costa/E.N.E.L.

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§ 6 Rechtsschutz vor deutschen Gerichten

(aa) Ältere Rechtsprechung des EuGH Als dem EuGH im Fall Lorenz 16 mehrere Fragen zur Auslegung der Vorschriften über das Beihilfenaufsichtsverfahren vorgelegt wurden, 17 beschränkte er sich hinsichtlich der Auswirkungen des Durchführungsverbots auf die Feststellung, daß das in Art. 88 (ex-Art. 93) EG vorgesehene Verfahren „das Wirksamwerden vertragswidriger Beihilfen... unterbinden" wolle, ohne sich abschließend auf bestimmte Konsequenzen für die beihilfengewährenden nationalen Rechtsakte festzulegen. 18 Im Fall Italien/Kommission 19 hatte der EuGH sodann über eine Nichtigkeitsklage des Mitgliedstaats Italien gegen eine Entscheidung der Kommission zu entscheiden, mit der diese die Rückforderung einer nicht angemeldeten Beihilfe verlangt hatte, weil diese unter Verstoß gegen das Durchführungsverbot gewährt worden und auch materiell-rechtlich unzulässig war. Der EuGH nahm zu den Konsequenzen des Verstoßes gegen das Durchführungsverbot zwar nicht Stellung, entschied aber, daß die Kommission in einem derartigen Fall berechtigt war, die Rückforderung oder Umgestaltung der Beihilfe anzuordnen.20 Auch im Urteil Deufil 21 billigte der Gerichtshof eine Rückforderungsanordnung der Kommission, die diese aufgrund von unter Verstoß gegen das Durchführungsverbot gewährten Beihilfen erlassen hatte.22 Die Kommission hatte sich in diesem und vergleichbaren Fällen23 allerdings auf die Rückforderung solcher Beihilfen beschränkt, die auch materiell rechtswidrig waren. Ob der Verstoß gegen das Durchführungsverbot allein zur Rechtswidrigkeit oder Nichtigkeit der Beihilfengewährung führte, war damit nicht entschieden. (bb) Neuere Rechtsprechung des EuGH Der Fall Boussac betraf demgegenüber die Klage gegen eine Rückforderungsanordnung der Kommission, die diese allein auf den Verstoß gegen das Durchführungsverbot gestützt hatte.24 Der EuGH Schloß sich der Auffassung des klagenden Mitgliedstaats Frankreich an, wonach die rein „formelle Rechtswidrigkeit" 25 für die Annahme der Rechtmäßigkeit der Rückforderungsanordnung nicht genüge, sondern daß es hierfür vielmehr auf die materielle Rechtmäßigkeit der gewährten Beihilfe 16

EuGH, Rs. 120/73, Slg. 1973, 1471ff. - Lorenz. Vgl. Vorlagebeschluß des VG Frankfurt am Main, AWD 1973,412,415. 18 EuGH, Rs. 120/73, Slg. 1973, 1471, 1487-Lorenz. 19 EuGH, Rs. 173/73, Slg. 1974,709ff. - Italien/Kommission. 20 EuGH, Rs. 173/73, Slg. 1974, 709, 717 - Italien/Kommission. 21 EuGH, Rs. 310/85, Slg. 1987, 901ff. - Deufil. 22 EuGH, Rs.310/85, Slg. 1987, 901, 927-Deufil. 23 EuGH, Rs. 52/84, Slg. 1986, 89 - Kommission/Belgien; Rs.C-142/87, Slg. 1990,1-959, 1020-Tubemeuse; Rs.C-305/89, Slg. 1991,1-1603, 1644-Italien/Kommission. 24 EuGH, Rs.C-301/87, Slg. 1990,1-307 ff. - Boussac. 25 Zu diesem Begriff Ernst Steindorff, ZHR 1988,474,478; Thomas Jestaedt, EuZW 1993, 49, 50. 17

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ankomme.26 Wenn die Kommission feststelle, daß eine Beihilfe eingeführt worden sei, ohne daß der Mitgliedstaat sie zuvor unterrichtet hätte, so könnte sie dem betreffenden Mitgliedstaat lediglich aufgeben, die Beihilfenmaßnahme bis zum Abschluß der Untersuchung vorläufig einzustellen. Im bereits zitierten Fall FNCE 21, in dem dem EuGH Fragen der Auslegung des Durchführungsverbots vorgelegt worden waren, befaßte sich der Gerichtshof mit der „Gültigkeit" der beihilfengewährenden Rechtshandlung, einer interministeriellen Verordnung, und entschied, daß „die Verletzung von Art. 93 Abs. 3 Satz 3 EWGV [heute Art. 88 Abs. 3 Satz 3 EG] durch die nationalen Behörden die Gültigkeit der Rechtsakte zur Durchführung von Beihilfemaßnahmen [beeinträchtigt]". 28 Die abschließende Entscheidung der Kommission könne keine Heilung der unter Verstoß gegen das Durchführungsverbot ergangenen und deshalb „ungültigen Durchführungsmaßnahmen" zur Folge haben.29 Eine ähnliche Formulierung verwendete der EuGH in seinem Urteil SFEI/La Poste .30 Hier hatte der Gerichtshof die Frage zu beantworten, ob die Rückforderung von unter Verstoß gegen das Durchführungsverbot gezahlten staatlichen Beihilfen das einzige Mittel darstellte, um die Einhaltung des Durchführungsvebots zu gewährleisten. Im Ausgangsrechtsstreit hatte sich ein Unternehmensverband von Expreßzustellern gegen die kommerzielle und logistische Unterstützung gewandt, die die französische Postverwaltung einzelnen ihrer privatrechtlich organisierten Tochterunternehmen gewährt hatte. Der EuGH wiederholte seine Ausführungen aus dem f7VC£-Urteil, wonach die nationalen Gerichte zugunsten des Einzelnen „aus einer Verletzung des Art. 93 Abs. 3 Satz 3 [heute: Art. 88 Abs. 3 Satz 3 EG] des Vertrages sowohl bezüglich der Gültigkeit der Durchführungsakte als auch bezüglich der Beitreibung der... gewährten... [Beihilfen]" alle denkbaren Folgerungen ziehen müßten.31 (cc) Rechtsprechung deutscher Gerichte Deutsche Gerichte haben sich bislang erst in insgesamt rund 35 Fällen überhaupt mit Fragen der Art. 87 (ex-Art. 92) ff. EG befaßt. In den wenigsten Urteilen spielt der Charakter des Durchführungsverbots eine Rolle. Charakteristisch für diese Zurückhaltung deutscher Gerichte ist ein Beschluß des Oberverwaltungsgerichts Lüneburg vom 30. Mai 199432, in dem es um eine (nicht notifizierte) Beihilfe des Landes Niedersachsen ging, gegen die sich ein Wettbewerber des Begünstigten gewandt hatte. Art. 88 (ex-Art. 93) Abs. 3 Satz 3 EG wird weder vom Oberverwaltungsgericht noch in der Entscheidung der Vorinstanz33 erwähnt. Daß das Verwal26 27 28 29 30 31 32 33

EuGH, Rs.C-301/87, Slg. 1990,1-307, 354-Boussac. EuGH, Rs. C-354/90, Slg. 1991,1-5505 ff. - FNCE. EuGH, Rs.C-354/90, Slg. 1991,1-5505, 5526-FNCE. EuGH, Rs.C-354/90, Slg. 1991,1-5505, 5528-FNCE. EuGH, Rs. C-39/94, Slg. 1996,1-3547 ff. - SFEI/La Poste. EuGH, Rs. C-39/94, Slg. 1996,1-3547 ff. - SFEI/La Poste. OVG Lüneburg, Beschl. v. 30.5.1994, Az. 10 M3142/92 - unveröff. VG Hannover, Beschl. v. 27. Mai 1994, Az. 11 Β 3745/94 - unveröff.

12 Staebe

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tungsgericht einen europarechtlichen Bezug zumindest geahnt hat, läßt sich einem angesichts des im Verwaltungsprozeßrechts geltenden Untersuchungsgrundsatzes bemerkenswerten Satz der Gründe entnehmen, der Antragsteller habe eine Verletzung des Gemeinschaftsrechts durch die staatliche Maßnahme nicht hinreichend dargelegt. Allerdings liegt bereits ein Urteil des Bundessozialgerichts vom 24. Januar 199134 vor, in dem es um Sozialversicherungsleistungen im Bereich der Landwirtschaft ging, in denen der Kläger eine nicht notifizierte Beihilfe erblickte. Deshalb wären die Berechnungsregeln für diese Leistungen wegen einer Verletzung des Art. 88 (ex-Art. 93) Abs. 3 Satz 3 EG ungültig. Sowohl die Vorinstanz35 als auch das Bundessozialgericht stellten fest, daß eine nationale Regelung im Anwendungsbereich des Art. 88 (ex-Art. 93) Abs. 3 Satz 3 EG unanwendbar wird. Allerdings kam es hierauf nicht an, weil es sich bei der angefochtenen Maßnahme nicht um eine staatliche Beihilfe im Sinne der Vorschriften des Gemeinschaftsrechts handelte. Eine ähnliche Bedeutung hat das Durchführungsverbot in einem Beschluß des Oberverwaltungsgerichts Münster vom 19. Dezember 199536, in dem sich wiederum ein Wettbewerber gegen eine Beihilfengewährung gewandt hatte, die nicht im Rahmen des Beihilfenaufsicht angemeldet worden war. In diesem Verfahren erkannten sowohl die Vorinstanz37 als auch das Oberverwaltungsgericht, daß die fehlende Notifizierung eine Verletzung des Art. 88 (ex-Art. 93) Abs. 3 Satz 3 EG darstellen würde, ohne dazu Stellung zu nehmen, welche Auswirkungen dies hätte. Dies war nicht erforderlich, weil es sich bei der fraglichen Maßnahme nicht um eine staatliche Beihilfe im Sinne der Art. 87 (ex-Art. 92) ff. EG handelte. Größere Bedeutung gewann die Vorschrift in einem vom Oberlandesgericht München am 27. Februar 199838 zu entscheidenden Fall. Hier ging es um die Frage, ob eine Beihilfengewährung bereits vor Abschluß des Beihilfenaufsichtsverfahrens erfolgen dürfe und welche Auswirkungen insoweit von Art. 88 (ex-Art. 93) Abs. 3 Satz 3 EG ausgingen. Hierzu stellte das OLG lediglich fest: „Auch während der Dauer der in Art. 93 Abs. 3 S. 3 EGV [heute: Art. 88 Abs. 3 S. 3 EG] festgelegten Sperrwirkung ist es nicht schlechterdings untersagt, mit der Gewährung der Beihilfe zu beginnen. Vielmehr kann die Aufnahme einer entsprechenden Vorbehaltsklausel ausreichen", die eine spätere Rückforderung ermöglicht. 39 Ein anderes Verständnis der Vorschrift lag dagegen dem Beschluß des Verwaltungsgerichts Magdeburg vom 2. September 199840 zugrunde, in dem es um einst34 35 36 37 38 39 40

BSG, Urt. v. 24.1.1991, Az. 2 RU 32/90 - unveröff. Bayerisches LSG, Urt. v.7.2.1990, Az.L2 U218/87-unveröff. OVG Münster, Beschl. v. 19.12.1995, Az.4 Β418/95 -unveröff. VG Aachen, Beschl. v. 14.12.1995, Az.3 L2123/94-unveröff. OLG München, Urt. v. 27.2.1998, OLGR München 1999, 32f. OLG München, OLGR München 1999, 32 (Leitsatz 1). VG Magdeburg, Beschl. v. 2.9.1998, EuZW 1998, 669.

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weiligen Rechtsschutz gegen Grundstücksverkäufe im Rahmen des sog. „Flächenerwerbsprogramms" nach dem Ausgleichsleistungsgesetz in den neuen Bundesländern ging. 41 Diese wollten die Antragsteller verhindern, weil es sich hier ihrer Auffassung nach um nicht notifizierte Beihilfen handelte. Das Verwaltungsgericht stellte in seinem Beschluß einen Verstoß gegen das Durchführungsverbot fest und erklärte, daß Art. 88 (ex-Art. 93) Abs. 3 Satz 3 EG einem Verkauf von Grundstücken entgegen stehe.42 Die Vorschrift wirke hier nämlich als Veräußerungsverbot. 43 In eine ähnliche Richtung weist eine Entscheidung des Bundessozialgerichts vom 21. Oktober 199944, in der es um eine die Rechtmäßigkeit einer Umlagepflicht für Konkursausfallgeld ging, in der die Klägerin eine nicht notifizierte Beihilfe erblickte. Das Bundessozialgericht führte in Übereinstimmung mit der Vorinstanz zwar aus, an der Rechtmäßigkeit von Umlagebescheiden bestünden keine Zweifel. „Da die Sperrwirkung des Art. 93 Abs. 3 Satz 3 EG [jetzt: Art. 88 Abs. 3 Satz 3 EG] und die sich daraus ergebende Unwirksamkeit von Rechtsakten nach deutschem Recht sich nur gegen die Rechtmäßigkeit von Beihilfen, nicht aber die Umlagepflicht richtet,..." käme es für diesen Rechtsstreit nicht auf die Verletzung des Durchführungsverbots an. (b) Durchführungsverbot als „relatives Verbot"? In der Literatur ist der Charakter des Durchführungsverbots angesichts der Entscheidungen des EuGH und der deutschen Gerichte nach wie vor umstritten. Ein Teil sieht das Durchführungsverbot als relatives Verbot an, das lediglich dazu führt, daß Beihilfen, die unter Verstoß gegen die Vorschrift gewährt wurden, vorübergehend nicht gewährt werden dürfen. 45 Zur Begründung wird geltend gemacht, der Wortlaut der Vorschrift enthalte keine Aussage über die Auswirkungen eines Verstoßes. Vom Normzweck her reiche es aus, wenn eine nationale Regelung nur vorläufig nicht angewendet würde, denn das Durchführungsverbot habe nur den Sinn, die wettbewerblichen Auswirkungen einer ungenehmigten Maßnahme zu verhindern. Von deren Rechtswidrigkeit könne man erst ausgehen, wenn die Beihilfe auch materiell geprüft und für unvereinbar mit dem Gemeinsamen Markt erklärt worden sei.46 Die Anordnung der Rückforderung einer materiell rechtmäßigen, aber unter Nichtbeachtung 41

Hierzu ausf. Matthias Pechstein/Andreas Damm, EWS 1996, 333 ff.; Matthias Pechstein, EuZW 1998,495. 42 Die Komm, hat in dieser Angelegenheit inzwischen entschieden, daß das Flächenerwerbsprogramm mit dem gemeinschaftlichen Beihilfenrecht unvereinbar ist; vgl. KommE v.22.12.1998, ABl. 1998 C215, S.7; dazu Matthias Pechstein, NJW 1999, 1429ff. 43 VG Magdeburg EuZW 1998, 669, 671 m.zust. Anm. Matthias Pechstein, EuZW 1998, 671 f. 44 BSG, Urt. v.21.10.1999, Az. Β11/10 AL8/98 R - z u r Veröff. in BSGE vorgesehen. 45 GA Reischl, Schlußanträge zu EuGH, Rs. 120/73, Slg. 1973, 1471, 1493 - Lorenz; Siegfried Magiern, in: Baur/Müller-Graff/Zuleeg, Festschrift für Bodo Börner, S.213,220f.; ders., in: Hailbronner/Klein/Magiera/Müller-Graff, Handkommentar, Art. 93 Rn. 32. 46 GA Reischl, Schlußanträge zu EuGH, Rs. 120/73, Slg. 1973, 1471, 1493 - Lorenz. 12*

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des Durchführungsverbots eingeführten und damit (nur) formell rechtswidrigen Beihilfe sei unverhältnismäßig und unzulässig. 47 Dies ergebe sich nicht zuletzt daraus, daß die erst zurückgeforderte Beihilfe nach Vorliegen der - möglicherweise zu erteilenden - beihilfenaufsichtsrechtlichen Genehmigung sogleich wieder ausgezahlt werden dürfe. 48 Das Durchführungsverbot sei zwar unmittelbar anwendbar, könne aber lediglich zur vorläufigen Einstellung der Durchführungsmaßnahmen führen. 49 Dies habe der EuGH i m Boussac-Urteil

klar und deutlich ausgesprochen

und damit der absoluten Wirkung des Durchführungsverbots eine endgültige Absage erteilt. 5 0 Die beihilfengewährenden Rechtsakte des nationalen Rechts sind danach grundsätzlich weiterhin wirksam. 5 1

(c) Durchführungsverbot als „absolutes Verbot" Für die Vertreter der Gegenauffassung stellt das Durchführungsverbot ein absolutes Verbot dar, das unmittelbar zur Rechtswidrigkeit 52 bzw. Nichtigkeit 5 3 der unter Verstoß gegen die Vorschrift gewährten Beihilfen führt. 5 4

47

Siegfried Magiera, in: Baur/Müller-Graff/Zuleeg, Festschrift für Bodo Börner, S. 213, 221; Jens-Peter Schneider, NJW 1992, 1197, 1199; Dimitris Triantafyllou, NVwZ 1992,436, 439; Hans-Georg Fischer, DVB1. 1990, 1089, 1091. 48 Zumindest sollte sich der Empfänger daher auf Vertrauensschutz berufen dürfen; vgl. Fritz-Harald Wenig, in: v. d. Groeben/Thiesing/Ehlermann, Kommentar, 4. Auflage, Art. 93 Rn.53; Dimitris Triantafyllou, NVwZ 1992, 436, 438; ders., DÖV 1999, 51, 53; Eckhard Pache, NVwZ 1994, 318, 320. 49 Siegfried Magiera, in: Baur/Müller-Graff/Zuleeg, Festschrift für Bodo Börner, S. 213, 221 f. 50 Alfred Dickersbach, GewArch 1993, 177, 180. 51 Ebenso - bezogen auf Beihilfen in Form von Staatsbürgschaften - Jürgen FrisingerlAndreas Behr, RIW 1995, 708, 712f.; Mathias Habersack, ZHR 1995, 663, 681; Klaus J. Hopti Ernst-Joachim Mestmäcker, W M 1996, 753, 761. 52 GA Warner, Schlußanträge zu EuGH, Rs. 177/78, Slg. 1977, 2161, 2205 - Pigs and Bacon; ders., Schlußanträge zu EuGH, Rs. 173/73, Slg. 1974,722,724-Italien/Kommission; GA Tesauro, Schlußanträge zu EuGH, Rs.C-142/87, Slg. 1990,1-959, 988f.; Volkmar Götz, in: Dauses, Handbuch, Kap. H III Rn.88; Gero Leibrock, EuR 1990,20,21; Ulrich Hösch, Die Verwaltung 1997, 211, 229; Albrecht A. Randelzhofer, Kontrollverfahren, S.54; Ezra C. Zivier, Jura 1997,116, 122. 53 GA Jacobs, Schlußanträge zu EuGH, Rs.C-354/90, Slg. 1992,1-5505, 5520f.; Matthias Pechstein, EuZW 1998,495,496; ders., EuZW 1998,671,672; ders., NJW 1999,1429,1432; Ernst Steindorff, EuZW 1997, 7, 8 f.; Dirk Ehlers, DVB1. 1991, 605, 612; Fritz Ossenbühl, DÖV 1998,811,817; Martin Reufels, Subventionskontrolle, S. 105 f., 112; ähnlich Rudolf Geiger, Kommentar, Art. 93 Rn. 14 („Unwirksamkeit"); Thomas Jestaedt, EuZW 1993,49ff. („formelle Rechtswidrigkeit"). 54 Widersprüchlich Gabriela v. Wallenberg, in: Grabitz/Hilf, Kommentar, Art. 93 EGV Rn. 61 („Rechtswidrigkeit") und Rn. 69 b („Ungültigkeit"); entgegen der früher vertreten Auffassung Alfred Dickersbach, NVwZ 1996,962,964 („Rechtswidrigkeit") und 967 („Ungültigkeit").

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Zur Begründung wird bereits die Entscheidung CostalE.N.E.L. zur unmittelbaren Anwendbarkeit des Durchführungsverbots herangezogen.55 Wenn das Durchführungsverbot zu den unmittelbar anwendbaren Vorschriften des Gemeinschaftsrechts zähle, müsse es hinreichend klar und genau sein, dürfe keiner Bedingung unterliegen oder weiterer Durchführungsakte mehr bedürfen. 56 Dies müsse im Falle des Durchführungsverbotes die Konsequenz haben, daß es sich hier um ein absolutes Verbot handele, welches die unmittelbare Rechtsfolge der Rechtswidrigkeit der unter Verstoß gegen die Vorschrift gewährten Beihilfen zur Folge habe, andernfalls würde die Vorschrift leerlaufen. 57 Der absoluten Wirkung des Durchführungsverbots stünde die Entscheidung Boussac nicht entgegen: das Urteil verlange lediglich, daß die Kommission unabhängig von der Rückforderung auch im Falle einer unter Verstoß gegen das Durchführungsverbot eingeführten Beihilfe noch eine materielle Prüfung vornehme und nicht etwa darauf verzichte. 58 Die formelle Rechtswidrigkeit werde nicht im nachhinein geheilt. Für die eingeführte Maßnahme bestehe keine Heilungsmöglichkeit, und daher sei sie nichtig. Wenngleich dies rechtspolitisch nicht unbedingt wünschensewert sei, so habe der EuGH dies mit seinen Ausführungen im Urteil FNCE endgültig anerkannt.59 Die zur Ermittlung des Verbotscharakters des Durchführungsverbots erforderliche Auslegung des Art. 88 (ex-Art. 93) Abs. 3 Satz 3 EG und des Art. 3 VerfO muß zwar grundsätzlich vom Wortlaut ausgehen. Da dieser hier zur Frage des „relativen" oder „absoluten" Verbotscharakters aber nichts beiträgt, hängt die Auslegung von systematisch-teleologischen Kriterien ab.60 In systematischer Hinsicht lassen sich auch nach Erlaß der Verfahrensverordnung keine genauen Angaben machen. Zwar enthält Art. 11 Abs. 1 VerfO die Befugnis der Kommission zum Erlaß einer einstweiligen Rückforderungsanordnung, bis über die Rechtmäßigkeit der unter Verstoß gegen das Durchführungsverbot bewilligten Beihilfe entschieden ist. Insofern kodifiziert die Verfahrensverordnung aber lediglich die Grundsätze der Boussac-Entscheidung 61 und betrifft daher wie diese nur die Frage der Zulässigkeit einer Rückforderungsanordnung, nicht die Frage des Schicksals der Maßnahme.

55

EuGH, Rs. 6/64, Slg. 1964,1254, 1272-Costa/E.N.E.L. Vgl.obenS.159f. 57 Vgl. Martin Reufels, Subventionskontrolle, S. 130f.; Albrecht A. Randelzhofer, Kontrollverfahren, S.48. 58 Vgl. Thomas Jestaedt, EuZW 1993,49, 50. 59 Vgl. Albrecht A. Randelzhofer, Kontrollverfahren, S.54f.; Thomas Jestaedt, EuZW 1993, 49, 51 f.; Matthias Pechstein, EuZW 1998, 495,496; ders., NJW 1999, 1429, 1432. 60 Vgl. Albert Bleckmann, NJW 1982, 1177, 1178; Peter Meyer, Jura 1994, 455; Carsten Buck, Auslegungsmethoden, S. 177 ff., 202 ff. 61 Wolf gang Mederer, in: v. d. Groeben/Thiesing/Ehlermann, Kommentar, Art. 93 Rn. 17 f.; Adinda Sinnaeve, EuZW 1999, 270, 273. 56

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Für die Interpretation des Durchführungsverbots als absolutes Verbot sprechen aber Sinn und Zweck der Vorschrift. Wie der EuGH in seinem /*7VC£-Urteil ausgeführt hat, bezweckt das Durchführungsverbot den Schutz des Einzelnen an der Einhaltung des Beihilfenrechts. 62 Entgegen der teilweise in der Literatur vertretenen Auffassung dient Art. 88 (ex-Art. 93) Abs. 3 Satz 3 EG nicht allein der Sicherstellung der Rückforderung, sondern der Durchsetzung des Unvereinbarkeitsgrundsatzes.63 Der Mitgliedstaat könnte andernfalls eine Beihilfe unter Verstoß gegen das Durchführungsverbot „vorsorglich" einführen, und er müßte dann lediglich mit deren vorübergehender Rechtswidrigkeit rechnen.64 Die Motivation, das Beihilfenaufsichtsverfahren überhaupt in der primär- und sekundärrechtlich ausgestalteten Form zu durchlaufen, würde dadurch erheblich gebremst. Die praktische Wrrksamkeit des Durchführungsverbot kann daher nur dessen Interpretation als absolutes Verbot sichern, das die nationalen Maßnahmen ex tunc nichtig macht. Dieses Ergebnis stimmt nicht nur mit der erklärten Kommissionspraxis überein, 65 sondern steht auch mit Urteilen FNCE und Boussac in Einklang. Der scheinbare Widerspruch zur Ztowssac-Rechtsprechung löst sich nämlich dadurch auf, daß der EuGH in diesem Urteil nur über die Befugnis der Kommission entschieden hat, Beihilfen zu prüfen und erforderlichenfalls eine Rückforderungsanordnung zu erlassen, nicht dagegen über den Rechtscharakter des Verbots selbst. Prüfungspflicht und Nichtigkeitsfolge schließen sich aber nicht aus.66 Das Durchführungsverbot ist also ein absolutes Verbot und führt zur Nichtigkeit der nationalen Durchführungsmaßnahmen. Bewilligungsbescheide, die unter Verstoß gegen das Verbot erlassen werden, sind nichtige Verwaltungsakte.

(2) Rechtsfolgen eines Verstoßes gegen eine Verbotsentscheidung In Anbetracht dieses Ergebnisses hinsichtlich der Wirkung eines Verstoßes gegen das Durchführungsverbot sollte die Frage der Wirkung einer beihilfenaufsichtsrechtlichen Verbotsentscheidung vergleichsweise einfach zu beantworten sein. Verstößt ein Mitgliedstaat gegen eine Negativentscheidung, indem er eine Beihilfe entgegen eines eindeutigen Verbots der Kommission bewilligt, ist das „Verfahren bei mißbräuchlicher Anwendung von Beihilfen" (Art. 16 VerfO) anzuwenden. Obwohl diese Vorschrift nicht auf das Durchführungsverbot, sondern nur auf die in Art. 4 und 12 ff. VerfO Entscheidungsbefugnisse verweist, könnte sich aus einem argu62

EuGH, Rs.C-354/90, Slg. 1991,1-5505, 5528-FNCE. Dies verkennen ζ. B. Klaus J. Hopti Ernst-Joachim Mestmäcker, W M 1996,753,761, die den Zweck des Durchführungsverbots allein darin erblicken, die Rückforderung sicherzustellen; vgl. Ernst Steindorff.; EuZW 1997,7,8 f. 64 Albrecht A. Randelzhofer, Kontrollverfahren, S. 55. 65 s. auch die Ausführungen der Kommission im Boussac-Verfahren, EuGH, Rs.C-301/87, Slg. 1990,1-307, 354. 66 Albrecht A. Randelzhofer, Kontrollverfahren, S. 54 f. 63

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mentum a majore ad minus ergeben, daß hier das Durchführungsverbot ebenfalls gilt, denn wenn bereits die nicht-notifizierte (aber immerhin potentiell genehmigungsfähige) staatliche Maßnahme dem Durchführungsverbot und seiner Nichtigkeitsfolge unterliegt, dann müßte dies für eine gegen eine Verbotsentscheidung verstoßende Beihilfe jedenfalls gelten. Die Verfahrensordnung wählt dennoch einen anderen Weg. Sie räumt durch ihren Verweis auf Art. 4 Abs. 4 und die Anordnung der analogen Anwendung der Art. 6, 7 und 9 bis 15 VerfO der Kommission Entscheidungsbefugnisse zum Erlaß von Rückforderungsanordnungen ein. Auf die „Gültigkeit" der nationalen Bewilligungsbescheide wirken sich diese Kommissionsbefugnisse zunächst jedoch nicht aus. „Ungültig" und nichtig sind lediglich die gegen das Durchführungsverbot verstoßenden Bewilligungsbescheide.

(3) Anfechtungsklage gegen nichtige Verwaltungsakte? Die Statthaftigkeit der Anfechtungsklage gegen nichtige Verwaltungsakte ist umstritten. In der Rechtsprechung wird die Anfechtungsklage gegen nichtige Verwaltungsakte zwar für zulässig gehalten, weil sich die Nichtigkeit zumeist erst im Verlauf des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens herausstellt und der Kläger nicht mit dem Risiko einer unstatthaften Klage belastet werden soll.67 Vor der Feststellung der Nichtigkeit soll sogar ein „Wahlrecht" zwischen der Anfechtungsklage und der für nichtige Verwaltungsakte in § 43 Abs. 1, 2. Alt. VwGO geregelten Nichtigkeitsfeststellungsklage bestehen.68 Die Literatur stimmt dieser „pragmatischen Lösung" überwiegend zu. Dies wird teilweise damit begründet, der nichtige Verwaltungsakt erzeuge den Rechtsschein der Existenz69 und sei deshalb zumindest äußerlich wirksam. 70 Jedenfalls sei die Klage bei festgestellter Nichtigkeit aber auf eine Nichtigkeitsfeststellungsklage umzustellen: der Feststellungsantrag sei als Minus im Anfechtungsantrag enthalten.71 Teilweise wird dagegen die UnStatthaftigkeit der Anfechtungsklage gegen nichtige Verwaltungsakte vertreten und sogleich auf die Nichtigkeitsfeststellungsklage verwiesen, weil die Anfechtungsklage eine Gestaltungsklage sei. Ein nichtiger Verwaltungsakt könne nicht aufgehoben, mit der Klage könne also nichts „gestaltet" werden.72 Für die letztgenannte Auffassung spricht sicherlich, daß es für die Zulässigkeit der Anfechtungsklage darauf ankommt, ob ein Verwaltungsakt vorliegt und nicht 67

Vgl. BVerwGE 35, 334, 335. BPH NVwZ 1987, 359; BSG NVwZ 1989, 902. 69 Ferdinand O. KoppIWolf-Rüdiger Schenke, VwGO, § 42 Rn. 3; Wolf-Rüdiger Verwaltungsprozeßrecht, Rn. 183. 70 MichaelHapp, in: Eyermann, VwGO, §42 Rn. 11, 13. 71 Jost Pietzcker, in: Schoch/Schmidt-Aßmann/Pietzner, VwGO, §42 Rn. 18. 72 Friedhelm Hufen, Verwaltungsprozeßrecht, § 14 Rn. 11. 68

Schenke,

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darauf, ob dies behauptet wird oder ein entsprechender „Rechtsschein" besteht.73 Im vorliegenden Zusammenhang kommt es auf die Streitfrage der Statthaftigkeit der Anfechtungsklage nicht an, weil darüber Einigkeit besteht, daß es sich hier nur um eine anfängliche Statthaftigkeit aus Gründen der Prozeßökonomie handelt. Letztlich ist gegen nichtige Verwaltungsakte mit der Nichtigkeitsfeststellungsklage vorzugehen. Dies gilt auch für nichtige Bewilligungsbescheide, deren Gültigkeit infolge eines Verstoßes gegen das Durchführungsverbot des Art. 88 (ex-Art. 93) Abs. 3 Satz 3 EG beeinträchtigt ist.

b) „Europäisierte" Klagebefugnis Zur Zulässigkeit einer Anfechtungsklage, mit der die Gemeinschaftsrechtswidrigkeit einer nationalen Bewilligung angefochten werden soll, ist es nach § 42 Abs. 2 VwGO erforderlich, daß der Kläger geltend macht, durch den angefochtenen Verwaltungsakts in seinen Rechten verletzt zu sein, es sei denn, etwas anderes sei gesetzlich bestimmt.74 Es besteht weitgehende Übereinstimmung darüber, daß die Verletzung eines „eigenen Rechts" immer dann vorliegt und zur Klagebefugnis führt, wenn sich der Kläger auf ein Recht berufen kann, das zumindest auch seinen Interessen dient: es muß ein „subjektiv-öffentliches Recht" vorliegen. Damit ist die Frage der Klagebefugnis angesprochen, die sich zunächst nur für die Anfechtung eines Verwaltungsaktes durch dessen Adressaten unproblematisch beantworten läßt,75 der sich wegen eines nach deutschem Recht rechtswidrigen Verwaltungsaktes an die Gerichte wendet. Hier folgt die Klagebefugnis letztlich aus Art. 2 Abs. 1 GG und dem durch die allgemeine Handlungsfreiheit verbürgten lückenlosen Grundrechtsschutz.76 Die unter Berufung auf dessen Gemeinschaftsrechtswidrigkeit gegen einen beihilfengewährenden Bewilligungsbescheid klagenden Konkurrenten und sonstigen Dritten sind allerdings weder Adressaten dieses Verwaltungsaktes, noch berufen sie sich auf einen Verstoß gegen deutsches Recht. Vielmehr liegt hier der Fall der Anfechtung einer „Drittbegünstigung" vor, in dem die Kriterien für das Vorliegen der Klagebefugnis seit langem kontrovers diskutiert werden. 77

73

Vgl. BVerwGE 2, 273; 3, 237; 5, 325; 14, 323; zustimmend Friedhelm Hufen, Verwaltungsprozeßrecht, § 14 Rn. 11 ; Ludwig Renck, NVwZ 1989,117,118; Walter Schmitt Glaeser/ Hans-Detlef Horn, Verwaltungsprozeßrecht, Rn. 139; ähnlich auch Helge Sodan, in: Sodan/ Ziekow, VwGO, § 42 Rn. 23. 74 Vgl. BVerwGE 39, 345, 347; Michael Happ, in: Eyermann, VwGO, §42 Rn.71. 75 Nach der sog. „Adressatentheorie" ist der Adressat eines belastenden Verwaltungsakts immer klagebefugt; vgl. BVerwG NJW 1988,2752,2753; NVwZ 1993,884\ Michael Happ, in: Eyermann, VwGO, § 42 Rn. 88; Ferdinand O. Kopp/Wolf-Rüdiger Schenke, § 42 Rn. 69. 76 Vgl. BVerfGE 6, 32ff.; 9, 83, 88; 80, 137ff. 77 Vgl. hierzu bereits Ottmar Bühler, Subjektive öffentliche Rechte und ihr Schutz (1914).

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aa) Grundlagen: „Schutznormtheorie" Traditioneller und bis heute nicht aufgegebener Ansatzpunkt der Rechtsprechung und der überwiegenden Literatur 78 zur Beantwortung der Frage der Klagebefugnis ist die sog. „Schutznormtheorie", die heute allerdings im Einflußbereich des Gemeinschaftsrechts steht.79 (1) Ältere „Schutznormtheorie" Nach der früher vertretenen Ausprägung dieser Lehre konnte sich das geltend gemachte Recht des Klägers aus jeder zwingenden Norm des öffentlichen Rechts ergeben, die objektiv zugunsten bestimmter Personen wirkte und subjektiv im Interesse dieser Personen erlassen worden war. 80 Das Vorliegen dieser Kriterien war durch Auslegung zu ermitteln, bei der dem historischen Willen des Gesetzgebers große Bedeutung zukam.81 Wo dieser Wille über die subjektive Zielrichtung einer Norm keinen Aufschluß gebe, wollte man allerdings davon ausgehen, daß ein Rechtssatz, der faktisch Individualinteressen zugute kam, dies auch bezweckte. Dabei sollte es nicht darauf ankommen, ob die Vorschrift zugleich auch Allgemeininteressen diente. Es genügte vielmehr für das Vorliegen einer „Schutznorm", daß sie auch zum Schutz von Individualinteressen erlassen worden war. 82 (2) Andere Ansätze in der Literatur Gegen die Schutznormtheorie wurde in der Literatur schon früh 83 eingewandt, die zentrale Bedeutung der Auslegung objektiver Normen führe wegen der damit verbundenen Schwierigkeiten bei der Klagebefugnis zu lediglich einzelfallbezogenen Ergebnissen.84 Abstrakte Aussagen seien demgegenüber notwendigerweise un78

Vgl. nur BVerfGE 57, 9, 26; 51, 193, 212; 51, 176, 186; 46, 214, 200f.; 31, 364, 369; BVerwGE 72, 300ff.; 66, 307ff.; 65,167ff.; 61, 256ff.; 52, 122ff.; 98, 118 m.w.N.; BVerwG GewArch 1989, 172f.; DVB1. 1987,1265 ff.; DVB1. 1987,476; s. aus der heutigen Kommentarliteratur nur Konrad Redeker/Hans-J. von Oertzen, VwGO, §42 Rn. 16; Eberhard SchmidtAßmann, in: Maunz/Dürig, GG-Kommentar, Art. 19 Abs. 4 Rn. 128, 131. 79 Zur historischen Entwicklung der Schutznormtheorie Hartmut Bauer, Geschichtliche Grundlagen, S.80ff., 99ff., 140ff.; ders., AöR 1988, 582, 583; Peter M. Huber, Konkurrenzschutz, S. lOOff., 107ff. m.w.N. 80 Ottmar Bühler, in: Bachof, Gedächtnisschrift für Walter Jellinek, S. 269,278 f.; vgl. Peter M. Huber, Konkurrenzschutz, S. 108. 81 Ojto Bachof ; in: ders., Gedächtnisschrift für Walter Jellinek, S. 287. 82 Siehe nur Ottmar Bühler, in: Bachof, Gedächtnisschrift für Walter Jellinek, S. 269,278 f. 83 Krit. zur Schutznormtheorie bereits Rudolf Bernhardt, JZ 1963,302,305; Reiner Schmidt, NJW 1967, 1635, 1640f. 84 Robert Alexy, DÖV 1984, 953, 961; Rüdiger Breuer, DVB1. 1983, 431, 436; Hans Heinrich Rupp, DVB1. 1982, 144ff.; vgl. Helge Sodan, in: Sodan/Ziekow, VwGO, §42 Rn. 380ff. m. w. N.

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differenziert und würden dem Einzelfall nicht immer gerecht.85 Genaue Prognosen über das Vorliegen der Klagebefugnis seien nicht möglich. Wegen ihre spekulativen Charakters gefährde die „Schutznormtheorie" letztlich die Rechtssicherheit.86 Teilweise wurde in der Literatur daher die Auffassung vertreten, unter der Herrschaft des Grundgesetzes, das die Schutznormtheorie als Produkt des letzten Jahrhunderts bereits vorgefunden habe, müßte vorwiegend 87 oder ausschließlich88 die Möglichkeit einer Grundrechtsverletzung über die Begründung der Klagebefugnis entscheiden.89 Eine zweite Gruppe wollte die Klagebefugnis im Rahmen einer Gesamtbewertung des jeweiligen „Rechtsverhältnisses" zwischen Bürger und Verwaltung und zuerkennen.90 Wieder andere Autoren haben sich für eine stärkere „Objektivierung" des Rechtsschutzes ausgesprochen: der Gesetzgeber habe es in der Hand, die Klagemöglichkeiten einzelner zuzulassen. Ohne Rücksicht auf „Schutznormen" müßten daher Klagen Einzelner, die aufgrund objektiver Vorschriften, insbesondere der Grundrechte oder des Verfassungsrechts, als „Sachwalter" öffentlicher Interessen angesehen werden könnten, zugelassen werden. 91

(3) Neuere „Schutznormtheorie" Entgegen dieser Stimmen in der Literatur hat sich die Schutznormtheorie in einer modifizierten Form der „älteren" Lehre 92 in der Rechtsprechung93 und der überwie85

Robert Alexy, DÖV 1984, 953, 961. Rüdiger Breuer, DVB1. 1983, 432, 436; Reiner Schmidt, Öffentliches Wirtschaftsrecht, Besonderer Teil 1, S.453; Hartmut Bauer, in: Heckmann/Meßerschmidt, Gegenwartsfragen den Öffentlichen Rechts, S. 113, 130. 87 Michael Bothe, JZ 1975,399,401 ; Jost Pietzcker, in: Püttner, Festschrift für Otto Bachof, S. 131, 143; vgl. Peter M. Huber, Konkurrenzschutz, S. 173ff. und 200ff. 88 Rudolf Bernhardt, JZ 1963, 302 ff.; Manfred Zuleeg, Subventionskobntrolle durch Konkurrentenklage, S.62ff.; ders., DVB1. 1976, 509, 514f. 89 Generell ablehnend gegenüber der Existenz von Abwehrrechten Dritter überhaupt Wilhelm Henke, Recht der Wirtschaftssubventionen, S. 112ff.; Martin Pagenkopf, BauR 1977, 155,157. 90 Rüdiger Breuer, DVB1. 1983, 431, 437; ders., DVB1. 1986, 849, 854; Wilhelm Henke, DÖV 1980, 621, 622; Hartmut Bauer, DVB1. 1986, 208, 215ff.; ders., in: Heckmann/Meßerschmidt, S. 113, 143 ff.; ders., AöR 1988, 582, 590; Matthias Schmidt-Preuß, Kollidierende Privatinteressen, S.247f. 91 Arno Scherzberg, Jura 1988,455,458 f.; Uwe Erichsen, in: Erichsen/Martens, Allgemeines Verwaltungsrecht, § 11 Rn. 38; Alexander Blankenagel, Die Verwaltung 1993,1, 21 f.; Albert Bleckmann, VB1BW 1985, 361, 364; vgl. Peter M. Huber, Konkurrenzschutz, S. 110. 92 Vgl. zur begrifflichen Unterscheidung zwischen „älterer" und „neuerer" Lehre Hartmut Bauer, AöR 1988, 582, 587 ff. 93 BVerfGE 27, 297, 307; BVerwGE 1, 83; 3, 362, 363; 27, 29, 31 f.; 28, 268, 270; 39, 235, 237; 41,58,63; 44,235,238; 52,122,128; 65,167,171; 72,226,229; 78,40,41; 80,259,260; 92,313,317; 98,118m.w.N. 86

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genden neueren Literatur 94 grundsätzlich erhalten. Nach einer Formulierung des Bundesverfassungsgerichts setzt „die Begründung eines subjektiven Rechts... eine Norm des objektiven Rechts voraus, die geeignet ist, entweder unmittelbar oder durch Vermittlung eines von der Norm mit Rechtswirkungen ausgestatteten Aktes eine Rechtsposition des Einzelnen zu begründen."95 Subjektiv-öffentliche Rechte werden in einer dreistufigen Prüfung ermittelt. 96 Zunächst bedarf es eines zwingenden Rechtssatzes des objektiven Rechts. Hier ist vor allem das einfache Gesetz angesprochen, es kommen jedoch auch untergesetzliche Normen oder Grundrechte in Betracht. 97 Dieser Rechtssatz des objektiven Rechts muß zumindest auch individuellen Interessen dienen. Und schließlich bedarf es der „Gewährung der Rechtsmacht zur Durchsetzung des normativ angeordneten Interessentenschutzes an den Begünstigten".98 Wann diese drei Voraussetzungen vorliegen, ergibt die unter Berücksichtigung der gesamten Rechtsordnung und der hier wirkenden Schutz- und Zweckbestimmungen vorgenommene Normauslegung,99 bei der allerdings der Wille des historischen Gesetzgebers keine so gewichtige Rolle mehr spielt wie in der früheren Lehre. 100 Die neuere Lehre zeichnet sich vor allem durch eine stärkere Berücksichtigung der Grundrechte im Zusammenhang mit der Bestimmung des subjektiv-öffentlichen Rechts aus.101 Diese spielen nicht nur bei der Auslegung einfachgesetzlicher Normen eine Rolle, die selbstverständlich in Anbetracht der Grundrechte erfolgen muß. Insofern haben die Grundrechte eine „norminterne Wirkung": Greift staatliches Handeln hier in den Schutzbereich eines Grundrechts ein, hat die einschlägige 94 Eberhard Schmidt-Aßmann, in: Maunz/Dürig, GG-Kommentar, Art. 19 IV Rn. 127 ff.; Helge Sodan, in: Sodan/Ziekow, VwGO, § 42 Rn. 379; Michael Happ, in: Eyermann, VwGO, § 42 Rn. 86; Ferdinand O. Kopp/Wolf-Rüdiger Schenke, VwGO, § 42 Rn. 78; Michael RonellenfitschlRüdiger Wolf, NJW 1986,1955; Ulrich Ramsauer, AöR 1986,501,505; Dirk Ehlers, VerwArch 1993, 139, 144 f.; Claus-Dieter Classen, NJW 1995, 2457,2458. 95 BVerfGE 51, 193,211. 96 Auf. hierzu Johannes Dietlein, JuS 1996, 593, 594ff. 97 Joachim Scherer Jura 1985, 11, 12; Eberhard Schmidt-Aßmann, in: Maunz/Dürig, GGKommentar, Art. 19 Rn. 127; Peter M. Huber, Konkurrenzschutz, S. 109. 98 Vgl. BVerwGE 27,29, 33; 28,268, 275 f.; 32,173,175; 65, 313,320; 66, 307; zum Ganzen Ferdinand O. Kopp/Wolf-Rüdiger Schenke, VwGO, § 42 Rn. 78; Fritz Rittneri Klaus-Dieter Stephan, GewArch 1985,177,182f.; DirkFrers, DÖV 1988, 670,674ff.; Heinz-Josef Friehe, JuS 81, 867 f. 99 Eberhard Schmidt-Aßmann, in: Maunz/Dürig, GG-Kommentar, Art. 19 Abs. 4 Rn. 128; Ferdinand O. Kopp/Wolf-Rüdiger Schenke, VwGO, § 42 Rn. 83; Walter Schmitt GlaeseriHansDetlef Horn, Verwaltungsprozeßrecht, Rn. 164 ff.; Peter M. Huber, Konkurrenzschutz, S. 110; Albert v.Mutius, VerwArch 1978, 106; Ferdinand O. Kopp, BayVBl. 1977, 519f. 100 Vgl. Eberhard Schmidt-Aßmann, in: Maunz/Dürig, GG-Kommentar, Art. 19 Abs. 4 Rn. 138 m. w. N.; insofern ist die „Schutznormtheorie" ein Kanon von Methoden und Regeln, mit denen der Schutznormcharakter ermittelt wird; vgl. Eberhard Schmidt-Aßmann, in: Maunz/Dürig, GG-Kommentar, Art. 19 IV Rn. 128. 101 Vgl. Ferdinand O. Kopp/Wolf-Rüdiger Schenke, VwGO, § 42 Rn. 83.

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Norm des einfachen Rechts Schutznormcharakter. 102 Die zentrale „Errungenschaft" der neueren Lehre besteht indessen darin, neben der „norminternen Wirkung" auch die „normexterne Wirkung" der Grundrechte für die Begründung der Klagebefugnis erkannt zu haben.103 In Bereichen, in denen einfachgesetzliche Regelungen fehlen, ist ein direkter Rückgriff auf die Grundrechte als Schutznormen möglich. 104 Eine bloße Grundrechtsbeeinträchtigung genügt nach allgemeiner Auffassung jedoch zur Geltendmachung der Verletzung eines subjektiv-öffentlichen Rechts nicht. Die (ausnahmsweise) Berücksichtigung von Grundrechten im Rahmen der Schutznormtheorie soll vielmehr nur dazu dienen, die Verletzung eines grundrechtlich garantierten Kernbereichs abzuwehren. Zur Bestimmung dieses Kernbereichs hat das Bundesverwaltungsgericht die Formel entwickelt, daß ein Dritter eine Verletzung seines aus Grundrechten abgeleiteten subjektiv-öffentlichen Rechts nur dann geltend machen kann, wenn sich seine Rechtsstellung durch die angefochtene Maßnahme nachhaltig verändert, so daß er dadurch schwer und unerträglich getroffen wird („Schweretheorie"). 105 Als entscheidender Durchbruch zur Anerkennung des Schutznormcharakters der Grundrechte gegen die Gewährung von Beihilfen und Subventionen gilt heute das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts zu Winzergenossenschaften aus dem Jahre 1968.106 In der Sache ging es darum, daß das Land Rheinland-Pfalz acht Winzergenossenschaften Subventionen aus Bundesmitteln zur Förderung des Weinbaus und der Kellerwirtschaft gewährt, zugleich aber eine Subventionierung der Klägerin abgelehnt hatte. Diese versuchte mit ihrer Klage ebenfalls eine Subvention zu erhalten, hilfsweise aber wenigstens die Subventionierung der Konkurrenten zu verhindern. Das Bundesverwaltungsgericht hatte hier erstmals anerkannt, daß die durch Art. 2 Abs. 1 GG geschützte Wettbewerbsfreiheit als Schutznorm eines Konkurrenten gegenüber der Subventionierung von Wettbewerbern anzusehen sei, wenn er geltend machen könne, daß seine schutzwürdigen Interessen bei der Subventionsentscheidung willkürlich vernachlässigt worden seien. Der Verlust bloßer 102 s. nur BVerwGE 81,329,339 ff.; Helge Sodan, in: Sodan/Ziekow, VwGO, § 42 Rn. 384 f.; Michael Happ, in: Eyermann, VwGO, §42 Rn. 87; Peter Preu, Subjektivrechtliche Grundlagen, S.29f.; Peter M. Huber, Konkurrenzschutz, S. 189ff., insbes. S.222; Walter Schmitt GlaeserlHans-Detlef Horn, Verwaltungsprozeßrecht, Rn. 163. 103 BVerwG NJW 1996, 1297; NVwZ 1997, 384, 386; Peter Preu, Subjektivrechtliche Grundlagen, S.30; Peter M. Huber, Konkurrenzschutz, S. 115; Jost Pietzcker, in: Püttner, Festschrift für Otto Bachof, S. 131, 139; Karl Eckhart Heinz, DÖV 1987, 851, 852; Helge Sodan, in: Sodan/Ziekow, VwGO, § 42 Rn. 886; Michael Happ, in: Eyermann, VwGO, § 42 Rn. 90; Ferdinand O. Kopp/Wolf-Rüdiger Schenke, VwGO, § 42 Rn. 117 f. m. w. N. 104 Peter M. Huber, Konkurrenzschutz, S. 115 f. 105 BVerwGE 32, 173, 178; 36, 248, 249f.; 44, 244, 246ff.; 50, 282, 287; vgl. Eberhard Schmidt-Aßmann, in: Maunz/Dürig, GG-Kommentar, Art. 19 Abs. 4 Rn. 125; Helge Sodan, in: Sodan/Ziekow, VwGO, § 42, Rn. 387 f.; Peter Preu, Subjektivrechtliche Grundlagen, S. 30; Peter M. Huber, Konkurrenzschutz, S. 116. 106 BVerwGE 30, 191, 197; ähnlich bereits BVerwG DVB1. 1969, 367; anders die frühere Rspr., vgl. hierzu BVerwGE 10, 122; 16, 189; Reiner Schmidt, NJW 1967, 1635 ff.

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Annehmlichkeiten, die Beeinträchtigung wirtschaftlicher Chancen oder Standortvorteile im Wettbewerb sollten insoweit aber nicht genügen, weil nicht jede Beeinträchtigung infolge einer Drittbegünstigung einen Eingriff in den Rechtskreis des Konkurrenten begründen könne. Die Verletzung eigener Rechtspositionen sei jedoch immer dann möglich, wenn die Wettbewerbslage derart verzerrt würde, daß die Störung dem Nichtbegünstigten in einer Weise vermittelt wird, daß dieser nicht mehr existenzfähig wäre. Die Entscheidung war in der Literatur einhellig begrüßt und in den Zusammenhang der „Schweretheorie" gestellt worden. 107 Dies entspricht der heute vertretenen Interpretation des Schutznormcharakters von Grundrechten bei mittelbaren Störungen der Wettbewerbsfreiheit, die eine „unerträgliche" Einschränkung des Wettbewerbs bzw. eine „unzumutbare" Schädigung der Konkurrenten voraussetzt.108 bb) „ Europäisierung " der Schutznormtheorie Wie andere Bereiche des Verwaltungs-, Verwaltungsverfahrens- und Verwaltungsprozeßrechts steht die „Schutznormtheorie" inzwischen unter dem Einfluß des europäischen Gemeinschaftsrechts. Den in der früheren Literatur vertretenen Ansätzen, die zur Bestimmung der Klagebefugnis nicht auf die Schutznormtheorie zurückgreifen wollen, ist zwar zuzugestehen, daß sie auf die Schwächen der von der Rechtsprechung und der herrschenden Lehre zugrunde gelegten Vorgehensweise hingewiesen haben. Die „Schutznormtheorie" läßt trotz ihrer Bezeichnung als „Theorie" keine allgemeingültigen abstrakten Aussagen darüber zu, unter welchen Umständen die Klagebefugnis zu bejahen ist. 109 Eine abschließende und unumstrittene Antwort auf diese Frage haben jedoch auch an anderen Ansätze bislang nicht geben können. Angesichts dessen hat sich die Diskussion um die Klagebefugnis inzwischen unter dem Einfluß des Europäischen Gemeinschaftsrechts von der grundsätzlichen Kritik etwas entfernt und sich statt dessen der „Verarbeitung" und Ausgestaltung des europäischen Einflusses zugewandt.110 Unproblematisch ist dieser nämlich lediglich in den Bereichen, in denen der deutsche Gesetzgeber in Umsetzung des Gemeinschaftsrechts ausdrückliche oder durch 107 Rupert Scholz, WiR 1972, 35, 40ff.; Karl Heinrich Friauf DVB1. 1969, 368 ff.; Reiner Schmidt, BB 1969, 653 f.; Peter Selmer, NJW 1969, 1266ff.; Rupert Scholz, NJW 1969, 1044 ff.; Fritz Rittneri Klaus-Dieter Stephan, GewArch 1985,177,178; Jörg Manfred Mössner, JuS 1971, 131, 135. 108 BVerwG NVwZ 1984, 306, 307; Helge Sodan, in: Sodan/Ziekow, VwGO, §42 Rn.295; Peter Preu, Subjektivrechtliche Grundlagen, S. 65; Carl-Hermann Ule, Verwaltungsprozeßrecht, S.203; Wolf-Rüdiger Schenke, Verwaltungsprozeßrecht, Rn.523. 109 Vgl. zu den übrigen Einwänden Peter M. Huber, Konkurrenzschutz, S. 110ff. 110 Vgl. nur Juliane Kokott, Die Verwaltung 1998, 335,448 ff.; Claus-Dieter Classen, NJW 1995,2457,2458 f.; Martin Burgi, DVB1.1995,772,778 f.; Dimitris Triantafyllou, DÖV 1997, 192,195 f.; Thomas v.Danwitz, DÖV 1996,481,487f.; Walter Frenz, DVB1. 1995,408,410f.; Matthias Ruffert, DVB1. 1998, 69ff.

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Auslegung der nationalen Vorschriften zu ermittelnde subjektiv-öffentliche Rechte begründet hat. Dies gilt selbst dann, wenn der deutsche Gesetzgeber hierbei auch solche subjektiven Rechte begründet, die im traditionellen System des Rechtsschutzes einen „Fremdkörper" darstellen. 111 Zumindest grundsätzliche Einigkeit besteht außerdem darüber, daß auch das nicht umgesetzte, unmittelbar anwendbare Gemeinschaftsrecht im Rahmen der Klagebefugnis nach §42 Abs. 2 VwGO eine Rolle spielen kann. 112 (1) „Materiell-rechtliche Lösung" Zunächst geht es um die „richtige" dogmatische Verortung des Gemeinschaftsrechts in § 42 Abs. 2 VwGO, d. h. um die Frage, wie der Rückgriff auf das Gemeinschaftsrecht im Rahmen der Klagebefugnis dogmatisch einzuordnen und zutreffend zu begründen ist. Hier wird teilweise darauf verwiesen, daß es sich bei den unmittelbar anwendbaren und vor nationalen Gerichten einklagbaren gemeinschaftsrechtlichen Normen um solche handele, die nach § 42 Abs. 2, 1. Halbsatz VwGO zur Klage berechtigten. 113 Auf ihre Qualifikation als subjektiv-öffentliche Rechte kommt es nach dieser Auffassung überhaupt nicht an. Verlange eine gemeinschaftsrechtliche Vorschrift die Einklagbarkeit vor nationalen Gerichten, sei dies i. S. d. § 42 Abs. 2, 1. Halbsatz VwGO „gesetzlich bestimmt" (sog. prozessualer Begründungsansatz).114 Andere Stimmen in der Literatur vertreten dagegen die Auffassung, daß dort, wo die Auslegung einer gemeinschaftsrechtlichen Norm ergebe, daß sie zugunsten des Einzelnen vor nationalen Gerichten einklagbar sein müsse, ein neues subjektiv-öffentliches Recht geschaffen würde, auf das sich der Kläger nach § 42 Abs. 2, 2. Halbsatz VwGO 1 1 5 bzw. in analoger Anwendung dieser Vorschrift 116 berufen könne, weil es ihn dem Staat gegenüber berechtige und ihm die Rechtsmacht einräume, mit Hilfe der Rechtsordnung seine Interessen zu verfolgen (materiell-rechtlicher Begründungsansatz).117 111 Claus-Dieter Classen , NJW 1995,2457,2459; Ferdinand O. Kopp/Wolf-Rüdiger Schenke, VwGO, §42 Rn. 152. 112 Albrecht Weber, BayVBl. 1984, 321. 113 In §42 Abs. 2 VwGO heißt es: „Soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist, ist die Klage nur zulässig, wenn der Kläger geltend macht, durch den Verwaltungsakt... in seinen Rechten verletzt zu sein." 114 Jürgen Schwarze, in: ders., Verwaltungsrecht unter europäischem Einfluß, S. 123, 178; JohannesMasing, Mobilisierung des Bürgers, S. 176ff.; Uwe Erichsen, NVwZ 1992,419; trotz Kritik zust. Juliane Kokott, Die Verwaltung 1998, 335, 350f. 115 Claus-Dieter Classen , VerwArch 1997, 645,677; Thomas v.Danwitz, DVB1. 1998,421, 426; Dimitris Triantafyllou, DÖV 1997,192,197 f.; Friedrich Schock, Die Verwaltung, Beiheft 2/1998, S. 135,149; Walter Frenz, DVB1.1995,408,409; Ralf Halfmeier, VerwArch 1999,74, 85. 116 Matthias Ruffert, DVB1. 1998, 69, 74. 117 Zu dieser Terminologie Juliane Kokott, Die Verwaltung 1998, 335, 350f.

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Im Ergebnis handelt es sich hier um einen eher theoretischen Streit, dessen Bedeutung davon abhängt, wie andere Streitfragen im Zusammenhang mit der Einklagbarkeit des Gemeinschaftsrechts vor nationalen Gerichten entschieden werden. Umstritten ist nämlich weiterhin, wann und unter welchen Bedingungen eine gemeinschaftsrechtliche Norm vor nationalen Gerichten einklagbar sein soll bzw. einem Einzelnen „eigene Rechte" verleiht. Dies ergibt sich ebenso wie im nationalen Recht in den wenigsten Fällen ausdrücklich, sondern zumeist durch Auslegung der betreffenden gemeinschaftsrechtlichen Vorschriften. Das Gemeinschaftsrecht verwendet den Begriff des „subjektiven öffentlichen Rechts" als solchen nicht. 118 Es geht also bei diesem Streit um die Frage, ob es bei der Auslegung auf die Wertungen des deutschen Rechts ankommen darf, die sich etwa aus der Schutznormtheorie ergeben, oder ob sich die Auslegung der gemeinschaftsrechtlichen Vorschrift ausschließlich nach den gemeinschaftsrechtlichen Vorgaben richten muß. Ist hier das Gemeinschaftsrecht entscheidend, kommt es auf die Frage nicht mehr an, ob die Auslegung einer gemeinschaftsrechtlichen Norm über §42 Abs. 2, 1. Halbsatz VwGO zur Einklagbarkeit oder über § 42 Abs. 2, 2. Halbsatz VwGO zur Begründung eines subjektiven Rechts führt. 119 (2) Autonome Auslegung Insbesondere in der Kommentarliteratur wird die Auffassung vertreten, die Auslegung gemeinschaftsrechtlicher Vorschriften müsse unter Berücksichtigung der im nationalen Recht geltenden Schutznormtheorie erfolgen. 120 Nur so könnten radikale Systemeingriffe im deutschen Verwaltungsprozeßrecht vermieden und dem Zweck der Klagebefugnis, Popularklagen zu vermeiden, ausreichend Rechnung getragen werden. Das Gemeinschaftsrecht fordere nämlich lediglich, daß überhaupt Rechtsschutz unter Berücksichtigung gemeinschaftsrechtlicher Normen gewährt werde und lasse dem nationalen Recht hinsichtlich der Ausgestaltung durchaus Spielräume. 121 Die ausschließlich gemeinschaftsrechtliche Auslegung berge zudem die Gefahr einer Überschreitung der Kompetenzgrenzen in sich. 122 118

Dimitris Triantafyllou, DÖV 1997, 192, 193. Dies wird ausdrücklich betont von Juliane Kokott, Die Verwaltung 1998,335,350. Wenn den Wertungen des nationalen Rechts größeres Gewicht zukommen sollte, kommt es weiter darauf an, ob sich diese auf beide Halbsätze des § 42 Abs. 2 VwGO in gleicher Weise auswirken. Wirken sie sich unterschiedlich aus, könnte der Unterschied zwischen der prozessualen und der materiell-rechtlichen Lösung für die Klagebefugnis entscheidendes Gewicht bekommen. 120 Michael Happ, in: Eyermann, VwGO, §42 Rn.74; Rainer Wahl, in: Schoch/Schmidt-Aßmann/Pietzner, VwGO, vor §42 II Rn. 128; ebenso Rainer Wahl!Peter Schütz, in: Schoch/ Schmidt-Aßmann/Pietzner, VwGO, §42 Rn.216; Walter Schmitt GlaeseriHans-Detlef Horn, Verwaltungsprozeßrecht, Rn. 172. 121 Dimitris Triantafyllou, DÖV 1997, 192, 194. 122 So insbes. Michael Happ, in: Eyermann, VwGO, § 42 Rn. 74; für den Bereich des einstweiligen Rechtsschutzes ebenso Friedrich Schoch, in: ders./Schmidt-Aßmann/Pietzner, VwGO, §80 Rn. 270. 119

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Vereinzelt wird sogar geltend gemacht, für die großzügige Verleihung „eigener Rechte" durch eine an gemeinschaftlichen Grundsätzen orientierte Auslegung möglicher Schutznormen bestehe gar kein Bedürfnis, weil zur Durchsetzung und Wahrung des Gemeinschaftsrechts bereits ein verbessertes Initiativrecht des Einzelnen vor der mitgliedstaatlichen Verwaltung genügen würde. 123 Unmittelbar anwendbares Gemeinschaftsrecht könnte demnach nur zur Begründung der Klagebefugnis herangezogen werden, wenn die strengen Voraussetzungen der Schutznormtheorie vorlägen. Die in Rechtsprechung124 und überwiegender Literatur 125 vertretene Gegenauffassung will über die Auslegung gemeinschaftsrechtlicher Vorschriften im Ergebnis ausschließlich nach gemeinschaftsrechtlichen Grundsätzen entscheiden. Zunächst ist festzuhalten, daß angesichts des Grundsatzes des effektiven Rechtsschutzes und in Anbetracht der zunehmenden Verrechtlichung im Anwendungsbereich des Gemeinschaftsrechts für alle gemeinschaftsrelevanten Tätigkeiten der nationalen Behörden der Rechtsweg zu staatlichen Gerichten garantiert sein muß. 126 Die Vorstellung, den gemeinschaftsrechtlichen Vorgaben insoweit durch verbesserte Beschwerde- oder Initiativrechte vor nationalen Verwaltungsbehörden gerecht werden zu können, ist daher verfehlt. 127 Auch der Einwand der fehlenden Kompetenz der Gemeinschaft für entsprechende Vorgaben bzw. eine gemeinschaftsrechtliche Auslegung durch den EuGH kann nicht überzeugen. Die Kompetenz des EuGH zur Wahrung und Auslegung des Gemeinschaftsrechts ist in Art. 220 (ex-Art. 164) EG ausdrücklich verankert. Zwar ergeben sich aus den Vorschriften des gemeinschaftlichen Rechtsschutzes keine Kompetenzen zur Regelung des nationalen Verwaltungsprozeßrechts.128 Die Kompetenzen für die durch den mitgliedstaatlichen Rechtsschutz durchzusetzenden Sachmaterien enthalten allerdings eine Annexkompetenz der Gemeinschaft zu rechtsschutzspezifischen Vorgaben. Dies folgt aus der logischen Überlegung, daß die Mitgliedstaaten andernfalls im Rahmen ihrer verfahrensrechtlichen Autonomie die Durchsetzung des Gemeinschaftsrechts vereiteln könnten.129 123 So insbes. Rainer Wahl, in: Schoch/Schmidt-Aßmann/Pietzner, VwGO, §42 I I Rn. 128; ebenso Eberhard Schmidt-Aßmann, DVB1. 1993, 924, 934. 124 Vgl. BVerwGE 75, 223, 235; 74, 241, 246. 125 Helge Sodan, in: Sodan/Ziekow, VwGO, §42 Rn. 389; Ferdinand O. Kopp/Wolf-Rüdiger Schenke, VwGO, §42 Rn. 153; Juliane Kokott, Die Verwaltung 1998, 335, 338f. 126 Dimitris Triantafyllou, DÖV 1996, 192, 200. 127 Dimitris Triantafyllou, DÖV 1996, 192, 200. 128 Gleichwohl hat der EuGH die Kompetenz zu Vorgaben für den einstweiligen Rechtsschutz der Mitgliedstaaten auch auf die Existenz entsprechender Vorschriften im gemeinschaftlichen Rechtsschutzsystem gestützt; vgl. EuGH, Rs. 465/93, Slg. 1995, 1-3761, 3802ff- Atlanta; s. a. Christoph Gröpl, EuGRZ 1995,583. Dieser Begründungsansatz ist wegen der Systemunterschiede zwischen Gemeinschaft und Mitgliedstaaten nicht uneingeschränkt auf andere Klagearten übertragbar; vgl. Juliane Kokott, Die Verwaltung 1998, 335, 338. 129 Zum Ganzen ausf. Juliane Kokott, Die Verwaltung 1998,335,339 f., die auch daran zweifelt, daß das BVerfG in diesem Bereich die Gemeinschaftskompetenz verneinen würde; vgl. BVerfGE 89, 155ff. - Maastricht; BVerfGE 92, 203 ff. - Fernsehrichtlinie.

Β. Rechtsschutz gegen den Mitgliedstaat

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Daraus folgt auch die Notwendigkeit einer autonomen Auslegung des Gemeinschaftsrechts, wie sie anderen Sachmaterien des Gemeinschaftsrechts zugrunde liegt. Der hier vorliegende Fall einer indirekten Kollision zwischen möglichen gemeinschaftsrechtlichen Schutznormen und ihrer autonomen Auslegung und nationalen prozeßrechtlichen Vorgaben in Gestalt der „Schutznormtheorie" wäre ohne Einschränkungen des Effektivitätsprinzips nicht zu verwirklichen, das insoweit eine Schranke für das nationale Recht darstellt. (3) Schutznormkriterien Ob und welche allgemeinen Kriterien für das Vorliegen einer zur Klagebefugnis führenden Norm sprechen, ist allerdings mit dem bloßen Verweis auf eine „ausschließlich gemeinschaftsrechtlich orientierte Auslegung" nicht zu beantworten. Der EuGH, der sich vor allem in seinen Urteilen zur Nichtumsetzung verschiedener Umweltrichtlinien mit der Begründung von Rechten Einzelner befaßt hat, hat solche Rechte ohne nähere Ausführungen bereits unter Hinweis darauf angenommen, die praktische Wirksamkeit einer Richtlinienvorschrift würde abgeschwächt, wenn sich der Einzelne nicht auf sie berufen könnte.130 (a) Schutznorm durch Normstruktur Im Anschluß an diese - „axiomatische" - Rechtsprechung wird in der Literatur die Auffassung vertreten, der Schutznormcharakter gemeinschaftsrechtlicher Vorschriften ergebe sich folglich bereits aus der Normstruktur: eine unmittelbar anwendbare Norm des Gemeinschaftsrechts vermittele stets ein subjektiv-öffentliches Recht.131 Dies ergebe sich bereits daraus, daß das Gemeinschaftsrecht vom Prinzip der dezentralen Anwendung ausgehe, die sich bereits aus der Rechtsprechung zur unmittelbaren Anwendbarkeit ergebe. Darüber hinaus komme dem Einzelnen im Gemeinschaftsrecht eine besondere „Systemfunktion" für die Rechtsentwicklung zu. Diese verlange, daß er seinen „allgemeinen Normvollziehungsanspruch" vor nationalen Gerichten auch geltend machen könne. Dem Gemeinschaftsrecht liege nämlich das „Konzept der dezentralen Erzwingung" (invocabilité ) zugrunde. Insofern unterscheide sich die Funktion subjektiv-öffentlicher Rechte im Gemeinschaftsrecht von der Funktion dieser Rechte im deutschen Recht. Subjektive Rechte des Gemeinschaftsrechts erfüllten neben der Funktion der Sicherstellung des individuellen Rechtsschutzes auch die Verwirklichung der größtmöglichen Wirksamkeit des Gemeinschaftsrechts. 132 130 Vgl. nur EuGH, Rs.C-131/88, Slg. 1991, 825, 867; Rs. 361/88, Slg. 1991, 2567, 2601; Rs. C-59/89, Slg. 1991, 2607, 2631; EuGH EuZW 1995, 635, 636. 131 Thomas v.Danwitz, VerwArch 1993, 73ff.; ders., DÖV 1996, 481, 482; ders., Verwaltungsrechtliches System, S.233f. 132 Thomas v.Danwitz, DÖV 1996,481,489; ders., Verwaltungsrechtliches System, S.233; ähnlich Claus-Dieter Classen, NJW 1995,2457,2458; ders., Europäisierung der Verwaltungsgerichtsbarkeit, S. 116f.; s.a. Ralf Halfmeier, VerwArch 1999, 74, 87.

13 Staebe

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§ 6 Rechtsschutz vor deutschen Gerichten

(b) Schutznorm durch Norminhalt Auch für die ganz überwiegend vertretene Gegenauffassung bildet zwar die Normstruktur den Ausgangspunkt für die Bestimmung subjektiv-öffentlicher Gemeinschaftsrechte. 133 Die Tatsache, daß eine gemeinschaftsrechtliche Norm unmittelbar anwendbar sei, ist jedoch keine hinreichende, sondern nur eine notwendige Bedingung für ihren subjektiv-rechtlichen Charakter. Anders formuliert: die unmittelbare Anwendbarkeit setzt keine subjektiv-öffentlichen Rechte voraus, sondern bringt sie - unter weiteren Voraussetzungen - zur Entstehung. Zu diesen Voraussetzungen gehöre es, daß die Normauslegung ergebe, daß die fragliche Vorschrift des Gemeinschaftsrechts den Interessen Einzelner dient. 134 Zunächst beruht die Begründung subjektiver Rechte aus der unmittelbaren Anwendbarkeit einer Norm auf dem Mißverständnis, der EuGH habe die Existenz eines subjektiven Rechts selbst zur Voraussetzung für die unmittelbare Anwendbarkeit gemacht.135 Träfe dies zu, müßten unmittelbar anwendbare Normen „automatisch" subjektiv-öffentliche Rechte begründen. Diese Auffassung war im Anschluß an die ersten Urteile 136 zur unmittelbaren Anwendbarkeit von Richtlinienbestimmungen zwar weit verbreitet, 137 ist jedoch mit späteren Urteilen 138 obsolet geworden, in denen es der EuGH für die unmittelbare Anwendbarkeit von Richtlinienbestimmungen genügen ließ, daß diese hinreichend genau und unbedingt waren, ohne daß es auf die Verleihung von Rechten an Einzelne entscheidend angekommen wäre. 139 Daß dem Gemeinschaftsrecht das Prinzip der dezentralen Anwendung zugrunde liegt, ist keine neue Beobachtung140 und kann nicht dazu führen, daß unmittelbar anwendbare Normen subjektiv-öffentliche Rechte vermitteln. In - anderweitig begründeten - subjektiv-öffentlichen Rechten findet das Prinzip der dezentralen Anwendung vielmehr lediglich seinen Ausdruck. 141 133 Vgl. nur Matthias Ruffert, DVB1. 1998, 69,74 f.; Walter Frenz, DVB1. 1995,408,411 f.; Martin Burgi, DVB1. 1995, 772, 775; Dimitris Triantafyllou, DÖV 1997, 192, 197f.; Klaus Stern, JuS 1998, 769, 770f. 134 Dimitris Triantafyllou, DÖV 1997, 192, 196; Matthias Ruffert, DVB1. 1998, 69, 74; Juliane Kokott, Die Verwaltung 1998, 335, 363. 135 Matthias Ruffert, DVB1. 1998, 69ff. 136 EuGH, Rs. 148/78, Slg. 1979, 1629, 1642-Ratti; Rs.8/81, Slg. 1982, 53, 71 - Becker; Rs. 221/88, Slg. 1990,495, 525 - Busseni. 137 ChristanCalliess, NVwZ 1996,339,340; Hans-Georg Fischer, NVwZ 1992,635,637 f.; Winfried Haneklaus, ON Bl. 1993,129,132; Ingolf Pernice, NVwZ 1990,414,424; Hans-Dieter Jarass, Grundfragen der innerstaatlichen Geltung, S.82. 138 Insbes. EuGH, Rs.C-431/92, Slg. 1995,1-2189ff. - Großkrotzenburg. 139 Vgl. Matthias Ruffert, DVB1. 1998, 69, 70f.; Günter Hirsch, NJW 2000, 1817, 1821. 140 Claus-Dieter Ehlermann, in: Capotorti u.a., Liber Amicorum Pierre Pescatore, S.205ff. 141 Matthias Ruffert, DVB1. 1995, 69, 71 f.

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Die Begründung subjektiv-öffentlicher Rechte unter Hinweis auf die Systemfunktion des Einzelnen kann nicht zur Begründung des Schutznormcharakters gemeinschaftsrechtlicher Vorschriften aus ihrer Normstruktur dienen. Diese Überlegung träfe möglicherweise zu, wenn das Gemeinschaftsrecht lediglich oder überwiegend Rechte des Einzelnen gegen ihre Mitgliedstaaten enthielte, wie dies im Anfangsstadium der Entwicklung des Gemeinschaftsrechts noch angenommen werden konnte. Das Gemeinschaftsrecht schützt allerdings auch Rechte des Einzelnen gegenüber der Gemeinschaft selbst. Individualinteresse und das Allgemeininteresse an der umfassenden Vollziehung des Gemeinschaftsrechts fallen hier auseinander. Ohne eine Betrachtung der einzelnen Sachmaterie lassen sich daher Allgemeininteresse und Individualinteresse nicht gleichsetzen.142 Schließlich kommt es für die Kriterien einer Schutznorm nicht nur einseitig auf die Systemfunktion des Einzelnen an. Auch eine funktionelle Betrachtung des Rechtsschutzsystems und der Grundsatz der Effektivität sprechen dafür, den Schutznormcharakter gemeinschaftsrechtlicher Normen von einer Auslegung im Hinblick darauf abhängig zu machen, ob sie zumindest auch ihren Interessen dienen.143 Die Einführung einer Popularklage verlangt das Gemeinschaftsrecht jedenfalls nicht. 144 Daß die Rechtsprechung keine bestimmten Kriterien für eine Begründung subjektiver Rechte erkennen läßt, kann sowohl als Beleg dafür herangezogen werden, es sei nur auf die Normstruktur abzustellen. Es kann sich aus der „axiomatischen" Formulierung jedoch auch ergeben, daß die Norm entsprechend ausgelegt wurde. In der Rechtsprechung finden sich Formulierungen, die auf ein derartiges Vorgehen des EuGH hindeuten. Unproblematisch sind dort Fälle, in denen Einzelnen ausdrücklich Rechte verliehen werden („darf 4 , „ist berechtigt"). 145 Im übrigen hat der Gerichtshof teilweise auf das Schutzziel der jeweiligen Vorschrift, 146 teilweise auf die Fähigkeit der fraglichen Norm, in den Interessenkreis Einzelner einzugreifen, 147 oder auf die konkrete Betroffenheit des Einzelnen abgestellt.148 Es wird daher vorgeschlagen, im Rahmen der Auslegung zu fragen, ob die fragliche Norm des Gemeinschaftsrechts eine Pflicht des Staates normiert, die auch dem Schutz des Einzelnen dient und dieser in seinem geschützten Interesse betroffen ist. 149 142

Juliane Kokott, Die Verwaltung 1998, 335, 352. Teilweise wird hier weiter differenziert: für die Begründung subjektiver Rechte aus Richtlinienbestimmungen soll bereits die unmittelbare Anwendbarkeit genügen, weil schon mit der Nicht-Umsetzung spezifische Interessen betroffen seien; vgl. Matthias Ruffert, DVB1. 1998, 69, 74f. 144 GA Capotorti, Schlußanträge zu Rs. 158/80, Slg. 1981, 1805, 1856-Rewe; Manfred Zuleeg, NJW 1993, 37; Klaus Stern, JuS 1998, 769, 771. 145 Vgl. Hans-Werner Rengelingl Andreas Middekei Martin Gellermann, Rechtsschutz, Rn. 1083. 146 EuGH, Rs. 361/88, Slg. 1991, 2567, 2601; Rs.C-58/89, Slg. 1991,4983, 5023. 147 EuGH, Rs.C-131/88, Slg. 1991, 825, 867. 148 EuGH, Rs. C-87-89/90, Slg. 1991, 3757, 3790. 149 So insbes. Klaus Stern, JuS 1998,769,771; Martin Burgi, DVB1. 1995,772,778; HansWerner Rengelingl Andreas Middekei Martin Gellermann, Rechtsschutz, Rn. 1092. 143

13*

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§ 6 Rechtsschutz vor deutschen Gerichten

cc) Beihilfenrechtliche

Schutznormen

Nach den grundsätzlichen Überlegungen zu den Voraussetzungen der Klagebefugnis kommt es für die Klage der Konkurrenten und sonstigen Dritten gegen den Bewilligungsbescheid entscheidend darauf an, ob unmittelbar anwendbare Normen des Gemeinschaftsrechts als Schutznormen ausgelegt werden können. Denkbar wären hier der Unvereinbarkeitsgrundsatz des Art. 87 (ex-Art. 92) Abs. 1 EG sowie das gemeinschaftsrechtliche Grundrecht auf Berufsfreiheit. (1) Unvereinbarkeitsgrundsatz Teilweise ist die Auffassung vertreten worden, bereits der Unvereinbarkeitsgrundsatz des Art. 87 (ex-Art. 92) Abs. 1 EG käme als Schutznorm in Betracht. 150 Zwar fehle es an dessen unmittelbarer Anwendbarkeit. Aus der fehlenden unmittelbaren Anwendbarkeit folge jedoch nicht automatisch, daß sich Kläger nicht auf eine Verletzung dieser Vorschrift berufen könnten, weil die Konkretisierungen des Unvereinbarkeitsgrundsatzes, d. h. das Durchführungsverbot des Art. 88 (ex-Art. 93) Abs. 3 Satz 3 EG und im Beihilfenaufsichtsverfahren erlassene Entscheidungen unmittelbar anwendbar seien. Dieser Auffassung ist im Hinblick auf die unterschiedlichen Inhalte des Unvereinbarkeitsgrundsatzes und seiner Konkretisierungen zu widersprechen. Auf nicht unmittelbar anwendbare Vorschriften kann sich, wie die Vertreter dieser Auffassung ζ. T. selbst einräumen, 151 vor nationalen Gerichten niemand berufen. Die Verletzung der gemeinschaftsrechtlichen Vorschrift, nach der Beihilfen mit dem Gemeinsamen Markt unvereinbar sind, kann daher niemals zur Klagebefugnis führen. 152 (2) „Konkretisierungen" des Unvereinbarkeitsgrundsatzes Anders als der Unvereinbarkeitsgrundsatz erfüllen dessen Konkretisierungen bereits die erste Voraussetzung für das Vorliegen einer Schutznorm, denn sie sind unmittelbar anwendbar. Weder das Durchführungsverbot noch die typische negative Entscheidung der Kommission sehen ihrem Wortlaut nach Rechte Dritter vor, zu deren Schutz die jeweilige Regelung dienen könnte. Das Durchführungsverbot lautet in der Fassung der Verfahrensverordnung vielmehr: „Anmeldungspflichtige Beihilfen... dürfen nicht eingeführt werden, bevor die Kommission eine diesbezügliche 150

Uwe Erichsen, Jura 1994, 385, 386; Günter Püttner, JuS 1995, 1069, 1070; Hans-Josef Rüber, NJW 1971, 2097, 2100. 151 Vgl. Gero Leibrock, EuR 1990,20,29, der die unmittelbare Anwendbarkeit aber auch als entscheidendes Kriterium ansieht. 152 Jürgen Schwarze, in: Selmer/v. Münch, Gedächtnisschrift für Wolfgang Martens, S. 819, 840; Ezra C. Zivier, Jura 1997, 116, 121; siehe schon Manfred Zuleeg, in: Börner/Bullinger, Subventionen im Gemeinsamen Markt, KSE 29, S.7,49 f.

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Genehmigungsentscheidung erlassen hat oder die Beihilfe als genehmigt gilt." In Entscheidungen der Kommission zu einem bestimmten mitgliedstaatlichen Beihilfenvorhaben finden Dritte höchstens im Ausnahmefall Erwähnung. Jedenfalls ergibt sich aus dem Wortlaut einer solchen Entscheidung kaum jemals der Schutznormcharakter. Eine systematisch-teleologische Auslegung der Konkretisierungen des Unvereinbarkeitsgrundsatzes führt allerdings zu dessen Annahme. Die Vorschriften stehen im Zusammenhang mit den Wettbewerbsregeln des Vertrages und sind Teil des nach Art. 3 lit. g EG zu errichtenden Systems, das den Wettbewerb innerhalb des Gemeinsamen Marktes vor Verfälschungen schützen soll. Wenngleich der Zweck des gemeinschaftsrechtlichen Wettbewerbsregimes auch darin besteht, Verwerfungen zwischen den Mitgliedstaaten und einen „Subventionswettlauf' zu vermeiden, steht doch der grundsätzliche Zweck jedes Wettbewerbsrechts gerade angesichts einer fortschreitenden Integration mehr und mehr im Mittelpunkt. Da der Wettbewerb als Steuerungssystem für einzelne Wirtschaftsteilnehmer gedacht ist, muß mit dem Schutz des Wettbewerbs auch der Schutz der einzelnen Wirtschaftsteilnehmer einher gehen. Regelungen zum Schutz des Wettbewerbs beziehen daher den Schutz Einzelner in ihren Regelungszweck ein. Gleichwohl sind die Auffassungen in der Literatur über den Schutznormcharakter der Konkretisierungen des Unvereinbarkeitsgrundsatzes geteilt. Teilweise wird dem Durchführungsverbot ein derartiger Charakter mit der Überlegung abgesprochen, die Vorschrift selbst sehe eine Wettbewerbsverfälschung nicht vor. 153 Nach der wohl überwiegenden Auffassung sollen die Vorschriften ein subjektiv-öffentliches Recht für Wettbewerber enthalten.154 Nachdem der EuGH schon in seinen frühen Urteilen zur unmittelbaren Anwendbarkeit des Durchführungsverbots 155 und den Folgen eines Verstoßes gegen dieses Verbot Stellung genommen hatte, finden sich erst in jüngeren Entscheidungen Anhaltspunkte für den Umfang der Rechte Dritter, die sich aus einem Verbotsverstoß ergeben. 156 Erst im bereits zitierten FNCE-Urieil aus dem Jahre 1991157 entschied der EuGH, daß die nationalen Gerichte aus einer Verletzung des Durchführungsverbots entsprechend ihrem nationalen Recht sämtliche Folgerungen ziehen müßten. 153

Volkmar Götz, in: Dauses, Handbuch, Kap. H. III Rn. 116; Peter Schütterle, EuZW 1995, 391,395. 154 EuGH, Rs. 78/76, Slg. 1973, 611, 622 - Capolongo; Manfred Zuleeg, in: Börner/Bullinger, Subventionen im Gemeinsamen Markt, KSE 29, S.7, 50; Ezra C. Zivier, Jura 1997, 116, 121; Jens-Peter Schneider, DVB1. 1996, 1299, 1306; Jürgen Schwarze, in: Selmer/v. Münch, Gedächtnisschrift für Wolfgang Martens, S. 819, 840; Matthias Pechstein, EuZW 1998, 671, 672; Peter M. Huber, EuR 1981, 31, 50. 155 EuGH, Rs. 6/64, Slg. 1964, 1254, 1272-Costa/E.N.E.L. 156 Offen gelassen noch in EuGH, Rs. 120/73, Slg. 1973, 1471 ff. - Lorenz; Rs. 173/73, Slg. 1974,709ff. - Italien/Kommission; Rs. 310/85, Slg. 1987, 901 ff. - Deufil; Rs. C-301/87, Slg. 1990,1-307 ff.-Boussac; 157 EuGH, Rs. C-354/90, Slg. 1991,1-5505 ff. - FNCE.

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Im Vorabentscheidungsverfahren SFEIILa Poste 158 wiederholte der EuGH seine Ausführungen aus dem FAOMJrteil, wonach die nationalen Gerichte zugunsten des Einzelnen „aus einer Verletzung des Art. 93 Abs. 3 Satz 3 [heute: Art. 88 Abs. 3 Satz 3 EG] des Vertrages sowohl bezüglich der Gültigkeit der Durchführungsakte als auch bezüglich der Beitreibung der... gewährten... [Beihilfen]... einen Schutz gegen die Auswirkungen der rechtswidrigen Durchführung von Beihilfen sicherzustellen" hätten. Gegen die Interpretation des Durchführungsverbotes als Schutznorm, die sich auf negative Kommissionsentscheidungen übertragen läßt, ließe sich einwenden, daß in den genannten Urteilen der geschützte Personenkreis nicht benannt wird und der EuGH damit möglicherweise zu erkennen gegeben hat, daß der Norm kein individualschützender Charakter zukommen soll. 159 Diesem Einwand und der These, der Schutznormcharakter könne sich nur ergeben, wenn die Vorschrift eine Wettbewerbsverfälschung voraussetze und demzufolge unmittelbar wettbewerblichen Zwecken diene, ist die systematische Überlegung entgegen zu halten, daß das Durchführungsverbot den Unvereinbarkeitsgrundsatz konkretisiert, der seinerseits eine Verfälschung des Wettbewerbs erfordert. Der hier konkretisierte Normzweck indiziert zugleich den geschützten Personenkreis, bei dem es sich nur um die Wettbewerber des Beihilfenempfängers handeln kann. (3) Gemeinschaftsgrundrecht auf Berufsfreiheit als „Schutznorm" Als Schutznorm im Fall der gemeinschaftswidrigen Beihilfenvergabe kommt darüber hinaus das gemeinschaftliche Grundrecht der Berufsfreiheit in Betracht. In Rechtsprechung und Literatur ist der Schutznormcharakter der Gemeinschaftsgrundrechte im Rahmen der Klagebefugnis nach § 42 Abs. 2 VwGO bislang nur wenig erörtert worden. 160 Unumstritten ist jedoch, daß bei der Gewährung von Wirtschaftssubventionen die deutschen Grundrechte der Berufsfreiheit aus Art. 12 GG, 161 der Eigentumsfreiheit aus Art. 14 GG 1 6 2 und der Wettbewerbsfreiheit als Ausdruck der durch Art. 2 Abs. 1 GG geschützten allgemeinen Handlungsfreiheit 163 als einschlägige Schutznormen in Betracht kommen. Eines rechtsvergleichenden 158

EuGH, Rs. C-39/94, Slg. 1996,1-3647 ff. - SFEI/La Poste. Jens-Peter Schneider, DVB1. 1996, 1299, 1306 f. 160 Vgl. nur eine entspr. Andeutung bei Walter Frenz, DVB1. 1995,408,413. 161 Vgl. OVG Münster NVwZ 1984,522, 524; im Falle eines Eingriffs in die Wettbewerbsfähigkeit bejaht Rupert Scholz, NJW 1969, 1044 einen Abwehranspruch aus Art. 12 und 14 GG. 162 Vgl. BVerwGE 30, 191, 199; im Extremfall der existenzvemichtenden Wirkung einer Subvention für den Konkurrenten sehen Heinz-Josef Friehe, JuS 1981, 867, 868 ff. und Peter Badura, in: Wilke, Festschrift zum 125jährigen Bestehen der Juristischen Gesellschaft zu Berlin, S. 1, 21 f. den Abwehranspruch in Art. 14 GG begründet. 163 BVerwGE 30,191, 198; Heinz-Josef Friehe, JuS 1981, 867, 868 ff.; Jörg Manfred Mössner, JuS 1971, 131, 136. 159

Β. Rechtsschutz gegen den Mitgliedstaat

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Hinweises bedarf es im Falle der Gemeinschaftsgrundrechte jedoch nicht: Gemeinschaftsrechtliche Normen, die dem Einzelnen ein Recht verleihen, sind ohne weiteres als Schutznormen zu qualifizieren. 164 Die Gemeinschaftsgrundrechte, insbesondere das Gemeinschaftsgrundrecht auf Berufsfreiheit kommen daher als mögliche Schutznorm in Betracht.

dd) Möglichkeit der „ Schutznormverletzung

"

Nach den Regeln der Darlegungslast kann der Kläger also geltend machen, wegen einer gemeinschaftsrechtlichen Schutznorm in einem subjektiv-öffentlichen (Gemeinschafts-) Recht verletzt zu sein. Die negative Ausgrenzungsformel, wonach die Klagebefugnis nur dann fehlt, „wenn offensichtlich und eindeutig nach keiner Betrachtungsweise die vom Kläger behaupteten Rechte bestehen oder ihm zustehen können",165 bedarf für die Drittbetroffenenklage unter Berufung auf das Gemeinschaftsrecht in zweifacher Hinsicht der Ergänzung. Einerseits muß der Kläger eingehender als der Adressat darlegen, weshalb die angegriffene Maßnahme Rechte verletzt, die seinem Schutz dienen.166 Während der klagende Konkurrent diese Voraussetzung erfüllen dürfte, bestehen in anderer Hinsicht größere Schwierigkeiten. Da sich die Klagebefugnis aus der Geltendmachung einer Schutznormverletzung ergibt, muß für das Gericht auch die Möglichkeit bestehen, die Verletzung der geltend gemachten Schutznorm festzustellen. Diese Möglichkeit ist für nationale Gerichte in Folge der Bestandskraft beihilfenaufsichtsrechtlicher Entscheidungen nicht immer gegeben. Keine Schwierigkeiten bereitet die Situation, in der der Mitgliedstaat gegen das Durchführungsverbot oder eine negative Entscheidung verstoßen hat. Hier ist die Möglichkeit der Schutznormverletzung immer gegeben, weil das Gericht diese im Rahmen der Begründetheit feststellen kann. Liegt dagegen eine beihilfenaufsichtsrechtliche Genehmigung für den angefochtenen Bewilligungsbescheid vor, kann die Verletzung des Gemeinschaftsgrundrechts auf Berufsfreiheit als Schutznorm nur festgestellt werden, wenn ein Vorabentscheidungeverfahren über die Gültigkeit der beihilfenaufsichtsrechtlichen Genehmigung noch zulässig wäre. Ist die Genehmigungsentscheidung bereits bestandskräftig geworden, müßte das Gericht von ihrer Rechtmäßigkeit ausgehen. Der Eingriff in die Berufsfreiheit wäre dann durch die bestandskräftige Genehmigungsentscheidung gerechtfertigt. Die für die Klagebefugnis erforderliche Möglichkeit einer Schutznormverletzung wäre nicht mehr ge164 So bereits Klaus Stern, JuS 1998, 769, 701; Hans-Werner Rengelingl Andreas Middekei Martin Gellermann, Rechtsschutz, Rn. 1083. 165 BVerwGE 44,1,3. 166 Vgl. BVerwG NVwZ 1984, 306; BVerwGE 60, 154, 159; 30, 191, 197; OVG Münster NJW 1980, 2323; OVG Koblenz, GewArch 1981, 384, 386; VGH München NJW 1985, 758; Ludwig FröhlerlHelmuth Lenz, GewArch 1976, 74; Rudolf Bernhardt JZ 1963, 304; Joachim Scherer, Jura 1985, 11, 12.

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geben. Anders liegt es lediglich, wenn das Vorabentscheidungsverfahren, z.B. wegen der Unzulässigkeit einer Nichtigkeitsklage gegen die gemeinschaftliche Genehmigungsentscheidung, noch zulässig ist. In diesem Fall ist die Rechtsverletzung eines Konkurrenten, der sich auf sein Gemeinschaftsgrundrecht der Berufsfreiheit beruft, nicht schlechthin ausgeschlossen, und er könnte über das Vorabentscheidungsverfahren noch eine Prüfung der Gültigkeit der beihilfenaufsichtsrechtlichen Genehmigung erreichen. c) Zwischenergebnis Die übrigen Zulässigkeitsvoraussetzungen der Anfechtungsklage, 167 insbesondere die Beteiligten- und Prozeßfähigkeit nach §§61 und 62 VwGO, die formellen Voraussetzungen sowie die vorherige Durchführung eines Widerspruchsverfahrens nach § § 68 ff. VwGO dürften klagende Konkurrenten ohne weiteres erfüllen. Eine Versäumung der Widerspruchs- und Anfechtungsfristen führt zu formeller Bestandskraft des nationalen Bewilligungsbescheids.168 Gegen einen unter Verstoß gegen das Durchführungsverbot bzw. gegen eine negative Kommissionsentscheidung erlassenen Bewilligungsbescheid ergibt sich die Klagebefugnis eines Konkurrenten daher aus dem Durchführungsverbot bzw. der Kommissionsentscheidung. Bei einer Klage gegen einen mit beihilfenaufsichtsrechtlicher Genehmigung erlassenen Bewilligungsbescheid ist die Anfechtungsklage nur zulässig, wenn das nationale Gericht eine Verletzung der Berufsfreiheit als Schutznorm noch feststellen darf. Dies ist der Fall, wenn die Gültigkeit der Genehmigung noch im Wege der Vorabentscheidung geprüft werden kann. Dies ist ausgeschlossen, wenn der Kläger gegen die Genehmigungsentscheidung eine Nichtigkeitsklage vor dem EuGH erheben konnte. 2. Begriindetheitsprüfung Die Anfechtungsklage ist begründet, wenn der angefochtene Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger in seinen Rechten verletzt ist. Für die Rechtswidrigkeit sind bei der Drittanfechtung nur die gerügten Vorschriften entscheidend. Bei der Prüfung muß das nationale Gericht aber etwaige Ausnahmeregelungen von Amts wegen anwenden. Dies bezieht sich künftig insbesondere auf mögliche unmittelbar anwendbare Gruppenfreistellungen für bestimmte Beihilfenvorhaben.

167 168

Vgl. hierzu Friedhelm Hufen, Verwaltungsprozeßrecht, § 10 Rn.4f. s. hierzu Christoph Gusy, GewArch 1988, 322ff.

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II. Unterlassungsklage Da die Anfechtungsklage lediglich gegen die Beihilfengewährung durch Bewilligungsbescheid zur Verfügung steht und die in § 43 VwGO geregelte Klage zur Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses nach Abs. 2 dieser Vorschrift nicht statthaft ist, soweit der Kläger seine Rechte durch eine Gestaltungs- oder Leistungsklage verfolgen kann, kommt in Fällen der Beihilfengewährung durch andere Handlungsformen als durch einen Bewilligungsbescheid eine Unterlassungsklage in Betracht. Mit dieser Klage, die in der VwGO zwar nicht ausdrücklich geregelt, aber als Unterfall der allgemeinen Leistungsklage169 heute allgemein anerkannt ist, 170 kann sich der Kläger grundsätzlich gegen alle belastenden Handlungen der Verwaltung, also auch gegen die Handlungen zur Vergabe einer Beihilfe wenden. Allerdings kann mit der Unterlassungsklage nicht die Unwirksamkeit einer Rechtshandlung, sondern lediglich der Anspruch auf Unterlassung der durch diese Handlung erstmalig 171 oder wiederholt drohenden Störung geltend gemacht werden. 172 Allgemein anerkannt ist, daß sich diese Klage auf die Unterlassung schlichten Verwaltungshandelns beziehen kann.173 Die Unterlassungsklage gegen rechtsförmliche Handlungen der Verwaltung wirft dagegen verschiedene Probleme auf.

169

Die allgemeine Leistungsklage ist ebenfalls gesetzlich nicht ausdrücklich geregelt, wird aber in §43 Abs. 2 Satz 2, § 111 Satz 1, § 113 Abs.4, § 169 Abs.2 und § 191 Abs. 1 VwGO anerkannt oder zumindest vorausgesetzt; Einwände gegen die grundsätzliche Anerkennung erheben weder die Rechtsprechung, vgl. BVerwGE 31, 301, 303; 36, 192,199; 41, 253, 255 f.; 59, 319,325; 77,268,275, noch die Literatur, vgl. jeweils m. w. N. Helge Sodan, in: Sodan/Ziekow, VwGO, §42 Rn. 39; Jost Pietzcker, in: Schoch/Schmidt-Aßmann/Pietzner, VwGO, §42 Abs. 1 Rn. 150; Fritz Rittneri Klaus-Dieter Stephan, GewArch 1985, 177, 178; Peter Miebach, JuS 1987, 956, 957. 170 So BVerwGE 31,301; 60,144; BVerwG DVB1.1971,74; VGH München BayVBl. 1985, 83, 84; Helge Sodan, in: Sodan/Ziekow, VwGO, § 42 Rn. 39; Jost Pietzcker, in: Schoch/ Schmidt-Aßmann/Pietzner, VwGO, §42 Abs. 1 Rn. 162ff.; Udo Steiner, JuS 1984, 853. 171 Z.T. wird für die Unterlassungsklage gegen die erstmalige Störung der Begriff der vorbeugenden Unterlassungsklage verwendet; vgl. Jost Pietzcker, in: Schoch/Schmidt-Aßmann/ Pietzner, VwGO, §42 Abs. 1 Rn. 162; Friedhelm Hufen, Verwaltungsprozeßrecht, § 16 Rn. 10; ebenso OVG Berlin NJW 1977,2283 f.; VGH München NJW 1986, 3221 f.; der allerdings ein Pleonasmus ist: Unterlassungsklagen sind immer vorbeugend; vgl. Helge Sodan, in: Sodan/ Ziekow, VwGO, § 42 Rn.53. 172 Helge Sodan, in: Sodan/Ziekow, VwGO, §42 Rn.53, will einen einheitlichen Begriff der Unterlassungsklage für alle Konstellationen verwenden. 173 Vgl. BVerwGE 14, 323,327; 34, 69,73; 59,231, 232f.; 77, 268,275; Friedhelm Hufen, Verwaltungsprozeßrecht, § 16 Rn. 4 ff; Konrad RedeckerlHans-J. v.Oertzen, VwGO, §42 Rb. 162f.; Udo Steiner, JuS 1984, 853, 854.

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§ 6 Rechtsschutz vor deutschen Gerichten

1. Zulässigkeitsvoraussetzungen Die Zulässigkeit der Unterlassungsklage setzt zunächst voraus, daß sich der Kläger gegen hoheitliche Handlungen wendet und demzufolge der Verwaltungsrechtsweg nach § 40 Abs. 1 VwGO eröffnet ist. Dies ist nicht nur bei der Beihilfenvergabe durch Verwaltungsakt, sondern auch bei der Beihilfengewährung durch Vertrag oder Rechtsnorm der Fall. 174 Zwar findet sich in Rechtsprechung175 und Literatur 176 die Tendenz, bei Handlungen der Verwaltung im Zusammenhang mit privatrechtlichen Verträgen die gerichtliche Kontrolle an die Handlungsform „anzuseilen",177 so daß auch bei öffentlichrechtlich überlagerten zivilrechtlichen Verträgen der Rechtsweg zu den ordentlichen Gerichten eröffnet wäre. Selbst wenn man die Vergabe staatlicher Beihilfen in vertraglicher Form wegen der besonderen Bindungen an das Gemeinschaftsrecht nicht ohnehin als öffentlich-rechtliche Vertragsbeziehungen qualifiziert, ist dieser Auffassung nicht zu folgen. 178 Da es für die Rechtswegfrage auf die streitentscheidenden Normen ankommt, d. h. darauf, auf welche Rechtsgrundlage der Kläger sein Begehren stützt,179 ist für die Unterlassungsklage gegen eine gemeinschaftsrechtswidrige Beihilfenvergabe der Verwaltungsrechtsweg eröffnet. 180 a) Statthaftigkeit der Unterlassungsklage Die Unterlassungsklage ist statthaft, wenn der Anspruch auf Unterlassung einer drohenden hoheitlichen Störung geltend gemacht wird, die entweder in schlichtem Verwaltungshandeln oder in rechtsförmlichem Handeln besteht, wobei in beiden Fällen ein - allerdings unterschiedlich qualifiziertes - besonderes Rechtsschutzinteresse vorliegen muß, weswegen gerade vorbeugender Rechtsschutz in Anspruch genommen werden soll. Das „gerade auf die Inanspruchnahme vorbeugenden 174 BVerwGE 22, 138, 140; 56, 365, 368; BVerwG NJW 1969, 809; OVG Münster NVwZ 1994, 522, 523; Albert Bleckmann, Subventionsrecht, S. 86; Manfred Zuleeg, Die Rechtsform der Subventionierung, S. 11; Hubertus Gersdorff,, JuS 1994, 955. 175 Vgl. nur GmS-OGB NJW 1986, 2359; BVerwG DVB1. 1995, 1087, 1088; NVwZ 1990, 754; s. auch die Auffassung der Vorinstanz zu OLG Frankfurt NVwZ 1993,706. 176 Dirk Ehlers, Verwaltung in Privatrechtsform, S.286f.; Jost Pietzcker, NVwZ 1983,121, 124 f. 177 Joachim Burmeister, DÖV 1975, 695, 698. 178 So in Abweichung von seiner früheren Auffassung Dirk Ehlers, in: Schoch/Schmidt-Aßmann/Pietzner, VwGO, § 40 Rn. 297; Christian-Friedrich Menger/Uwe Erichsen, VerwArch 1970, 375, 380f.; Michael Dawin, NVwZ 1983, 400,401. 179 Dirk Ehlers, in: Schoch/Schmidt-Aßmann/Pietzner, VwGO, §40 Rn.207. 180 OLG Frankfurt, NVwZ 1993,706; OVG Berlin DVB1.1975,904; BVerwGE 39,329; 65, 167; weiterhin str. ist, ob ein Streit über die Ausgestaltung nicht auch öffentlich-rechtlich ist; teilweise wird insgesamt ein einheitliches öffentlich-rechtliches Rechtsverhältnis angenommen, vgl. Utz Schliesky, DÖV 1994, 114, 117, entgegen BGHZ 66, 229ff.; BGH NJW 1981, 2811, 2812; NJW 1987, 60, 61; NJW-RR 1989, 1120; VGH Mannheim NJW 1984, 251, 252.

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Rechtsschutzes gerichtete Rechtsschutzinteresse" liegt immer vor, wenn es dem Betroffenen nicht zumutbar ist, auf den von der VwGO grundsätzlich vorgesehenen nachträglichen Rechtsschutz verwiesen zu werden. 181 aa) Tatsächliche Gewährung einer Beihilfe Als Klagegegenstand kommt daher zunächst die tatsächliche Gewährung einer Beihilfe in Betracht, d. h. etwa die Auszahlung eines Geldbetrages oder die Verschaffung eines sonstigen Vorteils. Formal betrachtet wäre dies unabhängig davon der Fall, ob diese Gewährung die tatsächliche Vollzugshandlung eines Bewilligungsbescheides, eines Vertrages oder einer Rechtsnorm wäre. Gerade wenn sich die Gewährung aber als Vollzugshandlung eines Bewilligungsbescheides darstellt, fehlt es bereits am Rechtsschutzinteresse, weil der Vollzug eines Verwaltungsakts mit der (nachträglichen) Anfechtungsklage angegriffen werden muß. 182 In den anderen Fällen der drohenden tatsächlichen Gewährung besteht diese Möglichkeit des nachträglichen Rechtsschutzes dagegen nicht. Zwar wird auch hier gegen die Statthaftigkeit der Unterlassungsklage eingewandt, daß sie den Interessen des Klägers nicht ausreichend Rechnung trage, weil sie die Wirksamkeit der der Beihilfe zugrunde liegenden Rechtshandlung unberührt lasse. Dies habe zur Folge, daß sich die Behörde etwa im Falle eines weiterhin wirksamen öffentlich-rechtlichen Vertrages, den sie letztlich nicht erfülle, möglicherweise schadenersatzpflichtig mache, so daß der Kläger mit der Unterlassungsklage lediglich einen „Pyrrhussieg" erringe. 183 Bei der Prüfung eines Unterlassungsanspruches gegen die tatsächliche Gewährung einer Begünstigung ist jedoch die Wirksamkeit der beihilfengewährenden Rechtshandlung inzident zu prüfen. 184 Das Bestehen des Unterlassungsanspruchs setzt die Unwirksamkeit dieser Rechtshandlung voraus. 185 Für eine Klage gegen die bevorstehende tatsächliche Gewährung ist das Rechtsschutzbedürfnis daher gegeben, und die Unterlassungsklage ist statthaft. 186 bb) Bevorstehender Erlaß von Rechtshandlungen Angesichts der Möglichkeit der Unterlassungsklage gegen die bevorstehende tatsächliche Gewährung einer Beihilfe, die durch Vertrag oder Rechtsnorm gewährt 181

Vgl. BVerwGE 14, 323, 328f.; BVerfGE 35, 263, 274; 51, 268, 284. Jost Pietzcker, in: Schoch/Schmidt-Aßmann/Pietzner, VwGO, §42 Rn. 162; Friedhelm Hufen, Verwaltungsprozeßrecht, § 16 Rn.7 183 Heinz-Josef Friehe, DÖV 1980, 673, 674. 184 Vgl. Andreas Knuth, JuS 1986, 523, 524. 185 Hubertus Gersdorff,, JuS 1994,955, 956. 186 So i.Erg. ebenso Manfred Zuleeg, DÖV 1984,733,738; Joachim Scherer, Jura 1985,11, 14; wohl auch Andreas Knuth, JuS 1986, 523, 524; krit. Heinz-Josef Friehe, DÖV 1980, 673, 674. 182

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werden soll, sowie in Anbetracht der Zulässigkeit der Anfechtungsklage gegen die Beihilfengewährung aufgrund eines Verwaltungsakts ist die Unterlassungsklage gegen den bevorstehenden Erlaß einer Rechtshandlung nicht statthaft. In der älteren Rechtsprechung ist die Unterlassungsklage gegen bevorstehende Rechtshandlungen ohnehin generell verneint worden. 187 Auch das Bundesverwaltungsgericht hat eine ablehnende Haltung in dieser Frage eingenommen und betont, daß das Rechtsschutzsystem der VwGO grundsätzlich nachträglichen Rechtsschutz vorsehe. 188 Der Ausnahmecharakter des vorbeugenden Rechtsschutzes wird auch in der Literatur allgemein anerkannt. 189 Es bedarf für den Ausnahmefall stets eines qualifizierten Rechtsschutzbedürfnisses, das nur bejaht werden kann, wenn durch den Erlaß einer Rechtshandlung vollendete Tatsachen geschaffen oder schwere, nicht wieder gutzumachende Schäden eintreten würden. 190 Gegen den möglicherweise entstehenden Schaden infolge einer tatsächlichen Beihilfengewährung kann der Kläger jedoch immer die Klage auf Unterlassung dieses schlichten Verwaltungshandelns erheben, so daß ein besonderes Rechtsschutzinteresse an der Unterlassungsklage gegen rechtsförmliche Handlungen nicht gegeben ist. b) Klagebefugnis Ebenso wie für die Zulässigkeit der Anfechtungsklage ist es auch für die Zulässigkeit der Unterlassungsklage erforderlich, daß der Kläger eine Verletzung eigener Rechte geltend macht. Dies ergibt sich nach ganz überwiegender Auffassung aus einer analogen Anwendung des §42 Abs. 2 VwGO. 191 Gegen die abweichende Auffassung in der Literatur 192 spricht, daß die ausdrückliche Regelung der Klagebefugnis die Konzeption der Klagearten als „Verletzten-" und nicht als „Interessentenklagen" spiegelt und daß deshalb auch bei der gesetzlich nicht geregelten allgemeinen Leistungs- bzw. Unterlassungsklage von diesem Erfordernis abgewichen werden kann. 193 Wie bei der Anfechtung eines mit einer beihilfenaufsichtsrechtlichen Genehmigung erlassenen Bewilligungsbescheids kann sich der Kläger auf die dort erörterten Schutznormen berufen. Deren Geltendmachung führt auch 187

Vgl. Helge Sodan, in: Sodan/Ziekow, VwGO, §42 Rn.54. Vgl. BVerwG DVB1.1965,364; DVB1.1971,746,747; vgl. auch BVerfGE 35,263,274; 51,268, 284. 189 Wolf-Rüdiger Schenke, Verwaltungsprozeßrecht Rn. 355 ff; Friedhelm Hufen, Verwaltungsprozeßrecht, § 16 Rn. 13. 190 s. BVerwG NJW 1996, 139; DVB1. 1971, 746, 747; DVB1. 1965, 364; VGH München BayVBl. 1980, 692. 191 BVerwGE 36,192,199; 60,144,150; 62,11,14; Werner Frotscher, DÖV 1971,259,262; Walter Schmitt GlaeseriHans-Detlef Horn, Verwaltungsprozeßrecht, Rn. 387; Dirk Ehlers, in: Schoch/Schmidt-Aßmann/Pietzner, VwGO, §42 Abs. 1 Rn. 170; Friedhelm Hufen, Verwaltungsprozeßrecht, § 16 Rn. 15. 192 Vgl. mit jeweils unterschiedlicher Begründung nur Hans Heinrich Rupp, DVB1. 1982, 144, 146; Uwe Erichsen, DVB1. 1982, 95, 100; Norbert Achterberg, DVB1. 1981, 278, 279. 193 So Dirk Ehlers, in: Schoch/Schmidt-Aßmann/Pietzner, VwGO, §42 Abs. 1 Rn. 170. 188

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bei der Unterlassungsklage zur Klagebefugnis, wenn ihre Verletzung im Rahmen der Begründetheit festgestellt werden kann. Dies wirft bei der tatsächlichen Gewährung von Beihilfen, die gegen das Durchführungsverbot oder eine negative Kommissionsentscheidung verstoßen, keine Probleme auf. Im Falle einer bevorstehenden, aber bereits von der Kommission genehmigten Vergabe hängt die Klagebefugnis von der Möglichkeit ab, zuvor mit einer Nichtigkeitsklage gegen die Genehmigung vorzugehen. 2. Begründetheitsprüfung Die unter den genannten Voraussetzungen zulässige Unterlassungsklage ist begründet, wenn der Kläger einen Anspruch auf Unterlassung der tatsächlichen Gewährung der Beihilfen hat. Grundlage eines solchen Anspruchs ist mangels einer besonderen gesetzlichen Regelung der sog. „grundrechtliche Schutzanspruch auf Unterlassung, Beseitigung und Herstellung" in seiner besonderen Ausprägung des allgemeinen Unterlassungsanspruchs. 194 In der Praxis ist er vor allem aus Anlaß von Störungen durch hoheitlich betriebene Anlagen 195 und hoheitliche ehrverletzende Äußerungen 196 entwickelt worden, ist aber heute in Rechtsprechung197 und Literatur 198 als - in unterschiedlichen Anspruchskonstellationen auftretender - allgemeiner Unterlassungsanspruch gegen hoheitliche Realakte anerkannt. 199 Er setzt die Verletzung einer grundrechtlichen Rechtsposition oder einer Rechtsposition einfachen Rechts durch einen rechtswidrigen hoheitlichen Eingriff voraus. 200 Über den Unterlassungsanspruch eines Wettbewerbers gegen die öffentliche Hand wegen der bevorstehenden Vergabe staatlicher Beihilfen an einen Begünstigten war in der Rechtsprechung bisher noch nicht zu entscheiden. In der Literatur finden sich hierzu nur vereinzelte Andeutungen. Indes betrifft die Vergabe einer staatlichen Beihilfe den Schutzbereich des gemeinschaftlichen Grundrechts auf Berufsfreiheit und 194

Fritz Ossenbühl, Staatshaftungsrecht, S. 285 ff. Vgl. nur BVerwG NJW 1988, 2396; VGH Mannheim NVwZ-RR 1989, 173; OVG Koblenz NVwZ 1990, 279; VGH Kassel NVwZ-RR 1989, 177; OVG Berlin NVwZ-RR 1989, 125; vgl. Fritz Ossenbühl, Staatshaftungsrecht, S.288 m.w.N. 196 Vgl. Rechtsprechungsnachweise bei Hans-Werner Laubinger, VerwArch 1989, 261, 280ff.; Fritz Ossenbühl, Staatshaftungsrecht, S.290f. 197 s. insbes. VGH Kassel NVwZ-RR 1989, 177; VGH Mannheim NVwZ-RR 1989 173, 174. 198 Fritz Ossenbühl, Staatshaftungsrecht, S. 291; Hans Peter Köckerbauerl Ruth Büllesbach, JuS 1991, 373 ff. 199 Meinungsverschiedenheiten bestehen insoweit über die richtige Rechtsgrundlage, die teilweise in einer analogen Anwendung des § 1004 BGB, teilweise in den Grundrechten gesehen wird; vgl. hierzu ausf. Hans Peter Köckerbauer/Ruth Büllesbach, JuS 1991,373,374 f.; das BVerwG läßt diese Frage neuerdings offen, vgl. BVerwG DVB1.1989,463,464; DVB1. 1988, 967,968. 200 In der Sache übereinstimmend VGH Kassel NVwZ-RR 1989, 175; VGH Mannheim NVwZ-RR 1989 173, 174. 195

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stellt daher einen Eingriff in ein subjektives Recht durch hoheitliches Handeln dar. Erfolgt dies mit einer beihilfenaufsichtsrechtlichen Genehmigung, so stellt sich die Frage der Rechtswidrigkeit dieses Handelns, für die es darauf ankommt, ob eine Verletzung der gerügten Schutznorm vorliegt, also des Gemeinschaftsgrundrechts auf Berufsfreiheit. Hierfür kommt es vor allem auf die Rechtmäßigkeit der beihilfenaufsichtsrechtlichen Genehmigung an. Ist ein Vorabentscheidungsverfahren über deren Gültigkeit zulässig und wird dort die Ungültigkeit der Genehmigung festgestellt, ist der Eingriff in das Grundrecht nicht gerechtfertigt. Ist das Vorabentscheidungsverfahren wegen der Bestandskraft der Genehmigungsentscheidung unzulässig, liegt eine Rechtfertigung des Eingriffs dagegen regelmäßig vor. Fehlt es demgegenüber an der beihilfenaufsichtsrechtlichen Genehmigung, ergibt sich der Unterlassungsanspruch bereits aus den spezielleren Schutznormen. Der Schutznormcharakter des Durchführungsverbots bzw. der negativen Entscheidung der Kommission muß beinhalten, daß eine geplante rechtswidrige Beihilfe tatsächlich nicht gewährt werden darf.

I I I . Feststellungsklage Rechtsschutz gegen den Erlaß einer beihilfengewährenden Rechtshandlung bietet neben der Anfechtungs-, und der Unterlassungsklage die Feststellungsklage nach § 43 VwGO. Die Vorschrift regelt drei Varianten dieser Klageart. 201 Während mit der allgemeinen Feststellungsklage entweder das Bestehen („positive Feststellungsklage") oder das Nichtbestehen („negative Feststellungsklage") eines Rechtsverhältnisses festgestellt werden kann, geht es bei der Nichtigkeitsfeststellungsklage um die Feststellung der Nichtigkeit eines Verwaltungsakts. Letztere kommt gegen den Erlaß eines nichtigen Bewilligungsbescheides in Betracht, wie er bei einem Verstoß gegen das Durchführungsverbot des Art. 88 (ex-Art. 93) Abs. 3 Satz 3 EG vorliegt. Im übrigen können sich klagende Dritte mit der allgemeinen Feststellungsklage gegen das Nichtbestehen von Rechtsverhältnissen wenden, mit denen ein Beihilfenempfänger begünstigt wird.

1. Zulässigkeitsvoraussetzungen Für die Feststellungsklage gegen eine beihilfengewährende Rechtshandlung sind ebenso wie für die Anfechtungs- und Unterlassungsklage öffentlich-rechtliche Normen maßgeblich. Entscheidend für die Zulässigkeit der Klage ist zunächst, in welchen Fällen diese Klageart überhaupt statthaft ist.

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Friedhelm Hufen, Verwaltungsprozeßrecht, § 18 Rn. 1.

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a) Statthaftigkeit der Feststellungsklage Mit der allgemeinen Feststellungsklage wird die gerichtliche Feststellung eines „Rechtsverhältnisses" begehrt. Dieser Begriff ist denkbar weit zu verstehen und umfaßt alle rechtlichen Beziehungen, die aus einem konkreten Sachverhalt aufgrund einer Rechtsnorm des öffentlichen Rechts zwischen Personen bzw. zwischen Personen und Sachen bestehen.202 Aufgrund dieser Weite könnten sämtliche öffentlich-rechtlichen Rechtsbeziehungen zum Gegenstand der Feststellungsklage gemacht werden. 203 Daher sieht bereits § 43 Abs. 1, 2. Alt. VwGO die Einschränkung vor, daß die Feststellungsklage nicht erhoben werden kann, wenn die Nichtigkeit eines Verwaltungsakts festgestellt werden soll. Nach § 43 Abs. 2 VwGO ist sie ferner unstatthaft, soweit der Kläger seine Rechte durch Gestaltungs- oder Leistungsklage verfolgen kann. Die allgemeine Feststellungsklage kann daher nicht gegen die Beihilfengewährung durch Bewilligungsbescheid erhoben werden, weil gegen diesen entweder die Anfechtungsklage oder die Nichtigkeitsfeststellungsklage statthaft sind. Die Klage kann außerdem nicht erhoben werden, wenn festzustellende Rechtsverhältnisse erst künftig begründet werden sollen, weil bis zur tatsächlichen Gewährung von Beihilfen die Unterlassungsklage (als Unterfall der Leistungsklage) vorrangig wäre. Die „negative Feststellungsklage" kommt daher als statthafte Klageart nur gegen beihilfengewährende Rechtshandlungen in Betracht, die bereits vollzogen, d. h. in deren Folge Beihilfen bereits tatsächlich gewährt wurden. 204 Hier ist insbesondere die Beihilfengewährung durch einen öffentlich-rechtlichen Vertrag angesprochen, gegen die in der Rechtsprechung die Feststellungsklage ausdrücklich zugelassen wurde. 205 Allerdings stellt sich bei der Feststellungsklage gegen einen „Subventionsvertrag" das Problem, daß dieser Vertrag nicht zwischen dem Kläger und der öffentlichen Hand, sondern zwischen dieser und dem Beihilfenempfänger geschlossen wird. Wegen des umfassenden Begriffs des „Rechtsverhältnisses", das § 43 VwGO zugrunde liegt, steht dieser Umstand der Statthaftigkeit der Klage nach der herrschenden Auffassung nicht entgegen.206 Zu diesem Ergebnis kommt auch eine andere Auffassung, die zwar die Feststellung von Rechtsverhältnissen zwischen Dritten an sich für un202 BVerwGE 40, 323, 325; Friedhelm Hufen, Verwaltungsprozeßrecht § 18 Rn.7; Wolf-Rüdiger Schenke, Verwaltungsprozeßrecht Rn. 378; Jost Pietzcker, in: Schoch/Schmidt-Aßmann/ Pietzner, VwGO, §43 Rn.5. 203 Jost Pietzcker, in: Schoch/Schmidt-Aßmann/Pietzner, VwGO, §43 Rn.2. 204 Vgl. Hubertus Gersdorff, JuS 1994,955,956; Andreas Knuth, JuS 1986,523,524; HeinzJosef Friehe, DÖV 1980, 675. 205 OVG Münster NVwZ 1984, 522; ähnlich BVerwGE 90, 112, 114; zustimmend Andreas Knuth, JuS 1986,523,524; Heinz-Josef Friehe, DÖV 1980,673,675; Albert Bleckmann, Subventionsrecht, S. 147. 206 BVerwG NJW 1970, 2260; BVerwGE 39, 247, 248; 50, 60, 62; BVerwG NJW 1970, 2260; NVwZ 1985,112,113; OVG Münster NVwZ 1984,522,523; OVG Berlin NVwZ 1991, 798; Rainer Wahl/Peter Schütz, in: Schoch/Schmidt-Aßmann/Pietzner, VwGO, § 42 Abs. 2 Rn.23ff.; Hubertus Gersdorff, JuS 1994, 955, 956.

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statthaft hält, jedoch in der Beziehung des Klägers zu den Dritten ein eigenes feststellungsfähiges Rechtsverhältnis sieht.207 Wenigstens wenn es sich bei dem streitgegenständlichen Rechtsverhältnis um einen öffentlich-rechtlichen Vertrag handelt, spricht gegen die Konstruktion eigenständiger Rechtsverhältnisse zu anderen als den vertragsschließenden Parteien, daß der Gesetzgeber die Möglichkeit durchaus berücksichtigt hat, daß Rechtsverhältnisse in Rechte Dritter eingreifen können, ohne daß eigenständige Rechtsverhältnisse zu diesen begründet werden: § 58 Abs. 1 VwVfG sieht nämlich vor, daß ein öffentlich-rechtlicher Vertrag, der in Rechte eines Dritten eingreift, schwebend unwirksam ist, bis der Dritte dem Vertrag zustimmt. Aus dem weiten Begriff des „Rechtsverhältnisses", der §43 VwGO zugrunde liegt, ergibt sich daher, daß auch Rechtsverhältnisse zwischen Dritten Gegenstand einer Feststellungsklage sein können. Für den Fall der Beihilfenvergabe sind dies vor allem öffentlich-rechtliche Verträge zwischen der Verwaltung und dem Beihilfenempfänger. 208 Umstritten ist ferner die Feststellungsfähigkeit einer denkbaren Beihilfengewährung durch Rechtsnormen. Teilweise wird hier die Auffassung vertreten, eine Feststellungsklage gegen eine Rechtsnorm sei unstatthaft, weil insofern der Normenkontrollantrag nach § 47 VwGO vorrangig sei. 209 Allerdings zielt eine Klage auf Feststellung bestimmter Rechte oder Pflichten, die sich aus der Rechtswidrigkeit oder Nichtigkeit einer Rechtsnorm ergeben, nicht auf die Feststellung der Nichtigkeit der Norm selbst ab, sondern ist lediglich hierauf gestützt. Die Feststellungsklage könnte sich bei einer Beihilfengewährung durch Rechtsnorm also auf Feststellung des Nichtbestehens einer Pflicht der Verwaltung beziehen, eine bestimmte Begünstigung nicht zu gewähren. Allerdings ist die Feststellungsklage subsidiär zur Leistungs- oder Gestaltungsklage, wenn dem Kläger das Abwarten eines Vollzugsaktes zumutbar ist. 210 Gerade bei der Gewährung von Beihilfen ist kein Fall denkbar, in dem eine Beihilfe unmittelbar durch den Erlaß einer Rechtsnorm tatsächlich gewährt wird und zwischen Erlaß der Norm und tatsächlicher Begünstigung keine Bewilligungsentscheidung der Verwaltung tritt, wonach der Beihilfenempfänger zum Kreis derer gehört, die durch die abstrakt-generelle Regelung begünstigt werden.

207 So insbes. Jost Pietzcker, in: Schoch/Schmidt-Aßmann/Pietzner, VwGO, § 43 Rn. 3 und 23, wonach auch das Urteil des OVG Münster NVwZ 1984, 522, dieser Auffassung nicht entgegensteht: Kem dieses Streits sei ebenfalls das Abwehrrecht des Klägers, also ein „eigenes" Rechtsverhältnis zwischen diesem und der Verwaltung, gewesen. 208 So auch OVG Münster NVwZ 1984, 522 209 Vgl. BVerwGE 14, 235, 236; BVerwG NJW 1983, 2208. 210 Z.B. BVerwG NVwZ-RR 1992, 152, 153\ Jost Pietzcker, in: Schoch/Schmidt-Aßmann/ Pietzner, VwGO, §42 Rn.25.

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b) Klagebefugnis und Feststellungsinteresse Nach § 43 Abs. 1 VwGO ist die Feststellungsklage von einem berechtigten Interesse des Klägers an der baldigen Feststellung abhängig. Das Gesetz ordnet hier nicht ausdrücklich an, daß die Klage nur erhoben werden kann, wenn das Rechtsverhältnis die eigene Rechtssphäre berührt. Dementsprechend ist das Zulässigkeitserfordernis der Verletzung „eigener Rechte", d. h. der Klagebefugnis, nach wie vor umstritten. Die Rechtsprechung211 und die überwiegende Literatur 212 gehen von der Parallelität der Klagearten in der VwGO und der übergreifenden Konzeption der Klagearten als „Verletztenklagen" aus und verlangen für die Zulässigkeit der Klage eine Verletzung in eigenen Rechten. Die abweichende Auffassung verweist auf den Wortlaut des § 43 VwGO, der dieses Erfordernis nicht enthält, sondern vielmehr das Vorliegen eines bloßen Feststellungsinteresses genügen läßt.213 Allerdings kann es angesichts der Lückenhaftigkeit des Gesetzes im Bereich der Klagearten und ihrer Zulässigkeitsvoraussetzungen nicht entscheidend auf den Wortlaut ankommen. Bei systematischer Betrachtung kann vom Erfordernis der Klagebefugnis zumindest bei der Drittfeststellungsklage nicht abgesehen werden. 214 Wie bei der Anfechtungs- und der Unterlassungsklage kann sich der Kläger gegen das Nichtbestehen eines Rechtsverhältnisses bezüglich einer mit beihilfenaufsichtsrechtlicher Genehmigung gewährten Beihilfe nur wenden, wenn die Schutznormverletzung im Rahmen der Begründetheit der Klage festgestellt werden kann. Geht es um Rechtsverhältnisse, die unter Verstoß gegen das Durchführungsverbot oder eine negative Kommissionsentscheidung begründet wurden, ergibt sich die Klagebefugnis aus diesen Regelungen. Lag eine beihilfenaufsichtsrechtliche Genehmigung vor, kommt es für die Klagebefugnis auf die Zulässigkeit eines Vorabentscheidungsverfahrens über die Gültigkeit dieser Genehmigung an. Bei Vorliegen der Klagebefugnis besteht für die statthafte, d. h. nicht subsidiäre Feststellungsklage auch das berechtigte Interesse an der baldigen Feststellung.215

211

BVerwG NJW 1982, 2205 entnahm das Erfordernis noch §43 Abs. 1 selbst; BVerwG NVwZ 1991,470; DVB1.1995,1250, VGH München DVB1.1995,162 wenden demgegenüber § 42 Abs. 2 VwGO analog an. 2,2 Vgl. nur (für analoge Anwendung des §42 Abs. 2 VwGO) Andreas Knuth, JuS 1986,523, 525 f.; Dirk Ehlers, NVwZ 1990, 105, 110f.; ders., VerwArch 1993, 139, 143 f.; (mit anderen Begründungen) Jost Pietzcker, in: Schoch/Schmidt-Aßmann/Pietzner, VwGO, §43 Rn.31ff.; Wolf-Rüdiger Schenke, Verwaltungsprozeßrecht, Rn. 382, 409 f.; Friedhelm Hufen, Verwaltungsprozeßrecht, § 18 Rn.26ff.; Hubertus Gersdorf, JuS 1994, 955, 957. 213 Insbes. Hans-Werner Laubinger, VerwArch 1991,459,491 ff.; Franz Knöpfle, in: Badura/Scholz, Festschrift für Peter Lerche, S.771,783 f. 214 Ebenso OVG Münster NVwZ 1984,522, 523; für die Nichtigkeitsfeststellungsklage bereits BVerwG DÖV 1982,411 ; für Drittrechtsverhältnisse allgemein OVG Koblenz NJW 1976, 1163, 1165; Andreas Knuth, JuS 1986, 523, 525; Hubertus Gersdorff, JuS 1994, 955, 957f. 215 Zum Feststellungsinteresse Jost Pietzcker, in: Schoch/Schmidt-Aßmann/Pietzner, VwGO, §43 Rn.31 ff. 14 Staebe

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2. Begründetheitsprüfung Die Feststellungsklage ist begründet, wenn das streitgegenständliche Rechtsverhältnis nicht besteht bzw. der streitgegenständliche Verwaltungsakt nichtig ist. Ein Bewilligungsbescheid, der ohne beihilfenaufsichtsrechtliche Genehmigung erlassen wurde, ist stets nichtig, so daß eine diesbezügliche Feststellungsklage ohne weiteres begründet ist. Unter welchen Voraussetzungen dagegen ein öffentlich-rechtlicher Vertrag infolge eines Gemeinschaftsrechtsverstoßes nicht besteht, d. h. unwirksam oder nichtig ist, wird nicht einheitlich beurteilt. Maßgeblich hierfür können je nachdem, ob der Vertragsschluß mit beihilfenaufsichtsrechtlicher Genehmigung216 oder unter Verstoß gegen das Durchführungsverbot 217 erfolgte, die §§ 58 und 59 VwVfG 2 1 8 sein. Jedenfalls führt aber der Eingriff in Rechte Dritter nach § 58 Abs. 1 VwVfG zur schwebenden Unwirksamkeit, solange diese nicht schriftlich zugestimmt haben. Die Vorschrift dient im Rechtsschutzsystem der VwGO dem Schutz Dritter bei öffentlich-rechtlichen Verträgen, weil ihnen hier die Möglichkeit der Anfechtungsklage nicht zur Verfügung steht.219 Unabhängig von den Nichtigkeitsgründen wird so sichergestellt, daß Dritte bei Handlungen der Verwaltung in der Rechtsform des öffentlich-rechtlichen Vertrages geschützt sind. 220 Die allgemeine Feststellungsklage Dritter ist daher begründet, wenn der geltend gemachte Eingriff in ihre Rechte tatsächlich vorliegt. IV. Normenkontrolle Gegen die Beihilfengewährung durch eine gemeinschaftsrechtswidrige Rechtsnorm ist schließlich die Möglichkeit einer Normenkontrolle zu erwägen. Die Normenkontrolle steht grundsätzlich der Verfassungsgerichtsbarkeit zu, die allein die Verwerfungskompetenz über formelle Gesetze hat. 221 Die verwaltungsgerichtliche Normenkontrolle ist gem. § 47 VwGO auf untergesetzliche Rechtsnormen beschränkt. Da in verfassungsgerichtlichen Verfahren keine Verletzung des Gemeinschaftsrechts gerügt werden kann, 222 kann die Gemeinschaftsrechtswidrigkeit einer 216 Für Nichtigkeit nach § 59 Abs. 2 Nr. 2 in diesem Fall Martin Bullinger, in: Börner/Bullinger, Subventionen im Gemeinsamen Markt, KSE 29, S. 161, 205; Hans-Jürgen Papier, in: Kloepfer u. a., Bedeutung der EG, S.51, 56; für Anwendung des §58 Abs. 1, Andreas Knuth, JuS 1986, 523, 524. 217 Für Nichtigkeit nach § 59 bzw. nach § 58 Abs. 2 Jens-Peter Schneider, NJW 1992,1197, 1199 f. 218 A.A. Dirk Ehlers, DVB1. 1991,603,613, der in Abweichung von §§58,59 einen besonderen Nichtigkeitsgrund der Gemeinschaftswidrigkeit vorschlägt. 219 Vgl. bereits die Begründung zum VwVfG, BT-Dr 7/910, S. 82. 220 Andreas Knuth, JuS 1986, 523. 221 Friedhelm Hufen, Verwaltungsprozeßrecht, § 19 Rn. 3. 222 Manfred Zuleeg, in: Börner/Bullinger, Subventionen im Gemeinsamen Markt, KSE 29, S.7,49; Wolf-Rüdiger Schenke, NVwZ 1993, 718, 726f.

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Beihilfengewährung durch Rechtsnorm allenfalls zum Gegenstand eines Normenkontrollantrages nach § 47 VwGO gemacht werden, wenn es sich um die dort genannten Rechtsnormen handelt. Der Normenkontrollantrag ist statthaft, wenn er sich auf untergesetzliche Normen auf dem Gebiet des Bauplanungsrechts oder andere, im Range unter dem Landesgesetz stehende Rechtsvorschriften bezieht.223 Kein Gegenstand der Normenkontrolle sind allerdings die bei der Beihilfenvergabe häufig vorkommenden Verwaltungsvorschriften, weil es sich hier nur um verwaltungsinterne Regelungen handelt.224 Es kommen daher vor allem beihilfengewährende Rechtsverordnungen einer Landesregierung oder Satzungen von Gemeinden und sonstigen Körperschaften des öffentlichen Rechts als Antragsgegenstände in Betracht. Als Antragsteller können Konkurrenten und sonstige Dritte nur auftreten, wenn sie geltend machen können, durch die streitgegenständliche Rechtsnorm in eigenen Rechten verletzt zu sein oder in absehbarer Zeit verletzt zu werden. 225 Für diese der Klagebefugnis angenäherte Antragsbefugnis gelten nunmehr dieselben Anforderungen wie bei der Anfechtungs- und Unterlassungsklage.226 Umstritten ist allerdings, ob das Europäische Gemeinschaftsrecht Prüfungsmaßstab des Normenkontrollverfahrens sein kann. Dies wird teilweise unter Hinweis auf den Anwendungsvonang des Gemeinschaftsrechts mit dem Argument verneint, ein Verstoß nationaler Rechtsnormen gegen Gemeinschaftsrecht führe lediglich zur Unanwendbarkeit, nicht aber zur Nichtigkeit gemeinschaftswidriger nationaler Vorschriften. 227 Diese Auffassung ist schon deshalb unzutreffend, weil § 47 Abs. 5 VwGO das (für das Normenkontrollverfahren zuständige) Oberverwaltungsgericht nicht auf die Feststellung der Nichtigkeit der Norm beschränkt, sondern eine anderweitige Tenorierung zuläßt, wenn die Rechtswidrigkeit der Norm nicht zur Nichtigkeit, sondern lediglich zur Unanwendbarkeit führen sollte. 228 Dies wäre bei einer ursprünglich im Beihilfenaufsichtsverfahren genehmigten, später aber für rechtswidrig erkannten beihilfengewährenden Rechtsnorm der Fall. Bei einem Verstoß gegen das Durchführungsverbot ordnet das Gemeinschaftsrecht bereits die Nichtigkeit an, so daß die Nichtigerklärung i. S. d. § 47 Abs. 5 VwGO ohne weiteres erfolgen kann. Der Normenkontrollantrag kann schließlich grundsätzlich unabhängig von einer 223 Vgl. Michael Gerhardt, in: Schoch/Schmidt-Aßmann/Pietzner, VwGO, §47 Rn.51f.; Ferdinand O. Kopp/Wolf-Rüdiger Schenke, VwGO, § 47 Rn. 6 und 14. 224 Ferdinand O. Kopp/Wolf-Rüdiger Schenke, VwGO, §47 Rn. 17; Wolf-Rüdiger Schenke, DÖV 1979, 622. 225 Diese sog. „Antragsbefugnis" wurde erst durch das 6. VwGOÄndG eingefühlt, vgl. Wolf-Rüdiger Schenke, NJW 1997, 82. 226 Michael Gerhardt, in: Schoch/Schmidt-Aßmann/Pietzner, VwGO, §47 Rn.40f. 227 So VGH München, BayVBl. 1996, 243; Jens Rime , NVwZ 1996,458 f. 228 Eckhard Pache/Frank Burmeister, NVwZ 1996, 979; Michael Gerhardt, in: Schoch/ Schmidt-Aßmann/Pietzner, VwGO, §47 Rn. 113; wohl auch Friedhelm Hufen, Verwaltungsprozeßrecht, § 30 Rn. 16.

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Anfechtungs- oder Unterlassungsklage erhoben werden. 229 Er ist begründet, wenn die angegriffene Rechtsnorm rechtswidrig ist. Diese Rechtswidrigkeit kann sich insbesondere auch aus einem Verstoß gegen Europäisches Gemeinschaftsrecht ergeben. 230 Hierzu gehören aufgrund des Anwendungsvorrangs des Gemeinschaftsrechts das Gemeinschaftsgrundrecht auf Berufsfreiheit ebenso wie das Durchführungsverbot oder eine negative Kommissionsentscheidung. V. Amtshaftungsklage Neben dem verwaltungsgerichtlichen Rechtsschutz durch Anfechtungs-, Unterlassungs- und Feststellungsklage sowie die Möglichkeit der Normenkontrolle kommt auch auf nationaler Ebene eine Haftung des Staates für die Gewährung gemeinschaftswidriger Beihilfen in Betracht. Dies ergibt sich nicht nur aus dem Zweck des nationalen Staatshaftungsrechts, wonach der Staat für die rechtswidrige Ausübung öffentlicher Gewalt auch haften muß, 231 sondern es handelt sich hier nicht zuletzt um eine Konsequenz aus der gemeinschaftsrechtlichen Vorgabe zur Sicherung des effektiven Rechtsschutzes bei einer Verletzung des Gemeinschaftsrechts vor nationalen Gerichten. 232 1. Haftungsvoraussetzungen In Rechtsprechung und Literatur ist umstritten, ob es sich hier um einen eigenständigen gemeinschaftsrechtlichen Staatshaftungsanspruch handelt,233 oder ob sich die Haftung nach dem nationalen Staatshaftungsrecht richtet, das durch die gemeinschaftsrechtlichen Vorgaben modifiziert wird. 234 Auf die Einordnung kommt es lediglich an, um einer Prüfung den „richtigen" Haftungstatbestand zugrunde zu legen. Da wegen des Prinzips der vollen Wirksamkeit des Gemeinschaftsrechts im Ergebnis die gemeinschaftsrechtlichen Vorgaben über Inhalt und Umfang des Anspruchs 229

BVerwGE 68, 13. Eckhard Pache! Frank Burmeister, NVwZ 1996, 979; Michael Gerhardt, in: Schoch/ Schmidt-Aßmann/Pietzner, VwGO, §47 Rn. 113; wohl auch Friedhelm Hufen, Verwaltungsprozeßrecht, § 30 Rn. 16. 231 Vgl. insbes. die Amtshaftung nach Art. 34 GG i. V. m. § 839 BGB; hierzu Fritz Ossenbühl, Staatshaftungsrecht, S. 1 ff.; Die Haftung aus schuldrechtlichen bzw. schuldrechtsähnlichen Sonderbeziehungen kommt im Verhältnis zwischen dem beihilfengewährenden Mitgliedstaat und Dritten nicht in Betracht; die Haftung wegen Enteignung scheitert daran, daß die Gewährung staatlicher Beihilfen Konkurrenten und sonstige Dritte nicht in ihrem Eigentumsrecht betrifft; ein Haftung aus Aufopferung scheidet aus, weil die Berufsfreiheit nicht zu den hierdurch geschützten immateriellen Rechten gehört. 232 s. oben S. 148 f. 233 So insbes. Matthias Cornils, Staatshaftungsanspruch, S. 89 ff., 122; Fritz Ossenbühl, Staatshaftungsrecht, S. 524 ff. 234 Carsten Albers, Haftung der Bundesrepublik, S. 184ff.; Martina Deckert, EuR 1997, 203, 213 f.; Andres Martin-Ehlers, EuR 1996, 376, 396. 230

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entscheiden, ist die praktische Relevanz dieser Streitfrage vom Standpunkt des Gemeinschaftsrechts aus gering. Praktische Erwägungen sprechen aber für die Annahme eines eigenständigen, von den nationalen Haftungsgrundlagen losgelösten und im Verhältnis zu diesen auch spezielleren Staatshaftungsanspruchs. 235 Zu dessen vom EuGH insbesondere in den Urteilen Francovich 236 und Brasserie du pêcheur 237 ausformulierten Voraussetzungen gehört, daß ein Mitgliedstaat eine Norm des Gemeinschaftsrechts verletzt, welche bezweckt, dem Einzelnen Rechte zu verleihen, und daß dieser dadurch einen Schaden erleidet. Der Verstoß muß allerdings „hinreichend qualifiziert" sein und zum Schaden in einem unmittelbaren Kausalzusammenhang stehen.238 In der Rechtsprechung hat eine Verletzung beihilfenrechtlicher Vorschriften durch einen Mitgliedstaat bislang keine Rolle gespielt. Die bisherigen Entscheidungen betrafen vielmehr hauptsächlich Verstöße der Mitgliedstaaten gegen die Pflicht zur rechtzeitigen und ordnungsgemäßen Umsetzung von Richtlinien. 239 Im Urteil Hedley Lomas hatte der EuGH allerdings über den Fall einer gegen das primäre Gemeinschaftsrecht verstoßenden administrativen Einzelentscheidung zu entscheiden, 240 der der Konstellation einer regelmäßig ebenfalls durch die nationale Verwaltung erfolgenden staatlichen Beihilfenvergabe vergleichbar ist, die unter Verstoß gegen primärrechtliche Vorschriften gewährt wird. 241 Ein Verstoß gegen sekundärrechtliche Vorschriften durch administrative Einzelentscheidungen war zwar bislang nicht Gegenstand einer haftungsrechtlichen Entscheidung des EuGH, dürfte jedoch im Ergebnis nicht anders zu bewerten sein als ein Verstoß gegen primäres Gemeinschaftsrecht. 242 Der Einzelne kann sich im Zusammenhang mit einer Beihilfenvergabe auf subjektiv-öffentliche Rechte des Gemeinschaftsrechts berufen. Nicht jeder Gemeinschaftsrechtsverstoß ist allerdings „hinreichend qualifiziert". Der Mitgliedstaat muß die Grenzen des ihm eingeräumten Handlungsspielraums „offenkundig und erheblich" überschritten haben.243 Insofern ist die hinreichende Qualifizierung einer staatlichen Beihilfenvergabe, für die eine beihilfenaufsichtsrechtliche Genehmigung vorliegt, niemals gegeben, 235

Fritz Ossenbühl, Staatshaftungsrecht, S.526. EuGH, Rs.C-6 u. 9/90, Slg. 1991,1-5357 ff. - Francovich. 237 EuGH, Rs.C-46 u.48/93, Slg. 1996,1-1029ff. -Brasserie du pêcheur. 238 Zu den Haftungsvoraussetzungen Fritz Ossenbühl, Staatshaftungsrecht, S.504f. 239 Vgl. insbes. die Entscheidungen EuGH, Rs.C-6 u.9/90, Slg. 1991,1-5357ff. - Francovich; Rs. C-334/92, Slg. 1993, 1-6911 ff. - Wagner Miret; Rs. C-392/93, Slg. 1996, 1-1631 ff. - British Telecommunications und Rs. C-178 u. a./94, Slg. 1996,1-4845 ff. - Dillenkofer. 240 EuGH, Rs. C-5/94, Slg. 1996,1-2553 ff. - Hedley Lomas. 241 Vgl. zu den denkbaren Haftungskonstellationen Ingo Saenger, JuS 1997, 865, 866f. 242 Fritz Ossenbühl, Staatshaftungsrecht, S.503. 243 Vgl. EuGH, Rs.C-46 u.48/93, Slg. 1996,1-1029ff. - Brasserie du pêcheur. 236

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selbst wenn sich diese im nachhinein als rechtswidrig erweisen sollte. Entscheidend für die hinreichende Qualifizierung sind nämlich etwa die Klarheit der verletzten gemeinschaftsrechtlichen Normen oder auch Verhaltensweisen eines Gemeinschaftsorgans, das zu der schädigenden Handlung beigetragen hat. Während es bei Vorliegen einer beihilfenaufsichtsrechtlichen Genehmigung an einem „hinreichend qualifizierten Verstoß" fehlt, liegt dieser bei einem Verstoß gegen das klar und eindeutig formulierte Durchführungsverbot regelmäßig vor. Hinsichtlich der negativen Entscheidungen der Kommission kommt es auf deren Inhalt und den dem Mitgliedstaat eingeräumten Handlungsspielraum an. Ebenso wie im Fall des gemeinschaftlichen Schadenersatzes dürfte es schließlich bei der Geltendmachung des Amtshaftungsanspruchs vor allem schwierig sein, den Kausalzusammenhang zwischen der Beihilfengewährung und einem eingetretenen Schaden praktisch zu beweisen.244 2. Haftungsausschluß? Unabhängig von der allgemeinen Problematik der Reichweite nationaler Haftungsausschlüsse des Staatshaftungsrechts 245 und deren Anwendbarkeit im Falle des gemeinschaftsrechtlichen Staatshaftungsanspruchs könnte eine Haftung des Mitgliedstaats im Zusammenhang mit einer Beihilfenvergabe ausgeschlossen sein, weil es sich bei der zu gewährenden Ersatzleistung ihrerseits wieder um eine finanzielle Zuwendung und damit möglicherweise um eine Beihilfe handelt, die ihrerseits mit dem Gemeinsamen Markt unvereinbar ist. Dies wäre bei einer ersten Betrachtung des Art. 87 (ex-Art. 92) Abs. 1 EG der Fall, weil es sich bei der staatlichen Schadenersatzleistung um staatliche Mittel handelt, die an ein einzelnes Unternehmen gewährt werden. Allerdings ist nicht ganz klar, ob der Begriff der Beihilfe derartige staatliche Zuwendungen erfaßt. Zu dessen charakteristischen Merkmalen gehört nämlich die Einseitigkeit, die bei Zahlungen zur Widergutmachung eingetretener Schädigungen nicht gegeben ist. 246 Im übrigen beruht die Leistung des Schadenersatzes auf Gemeinschaftsrecht und ist daher von Art. 87 (ex-Art. 92) Abs. 1 EG nicht erfaßt. Dort heißt es nämlich im 1. Halbsatz, daß die Unvereinbarkeit nur vorliegt „soweit... nichts anderes bestimmt ist". Der EuGH hat in dem ähnlich gelagerten Fall Asterts entschieden, daß Zahlungen, zu denen nationale Behörden im Rahmen von Schadenersatzklagen verpflichtet werden, sich von staatlichen Beihilfen unterscheiden und nicht unter die beihilfenaufsichtsrechtlichen Vorschriften fallen. 247 244

Vgl. zu den Schwierigkeiten des Schadensnachweises in anderem Zusammenhang bereits Hans-Werner Rengeling, in: Wilke/Weber, Gedächtnisschrift für Friedrich Klein, S.416, 420. 245 Hier geht es etwa um Haftungsausschlüsse nach § 839 Abs. 1 Satz 2 und Abs. 3 BGB, das Mitverschulden nach § 254 BGB und den Haftungsausschluß von Ausländern; vgl. ausf. Fritz Ossenbühl, Staatshaftungsrecht, S.516 m.w.N. 246 Vgl. Wolfgang Mederer, in: v. d. Groeben/Thiesing/Ehlermann, Kommentar, Art. 92 Rn.6. 247 EuGH, Rs. 106-120/87, Slg. 1988, 5515, 5542 - Asteris.

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Auch die Kommission, deren Vorschlag zur Verfahrensverordnung ursprünglich sogar eine Vorschrift zur Behandlung von Amtshaftungsfällen bei der Durchführung des Beihilfenrechts enthalten sollte,248 vertritt die Auffassung, daß das materielle Beihilfenrecht Amtshaftungsansprüchen nicht entgegensteht. In der „Bekanntmachung über die Zusammenarbeit zwischen der Kommission und den Gerichten der Mitgliedstaaten im Bereich der staatlichen Beihilfen" 249 wird ausdrücklich auf die Möglichkeit der Haftung des Staates für Schäden hingewiesen, die dem Einzelnen durch dem Staat zurechenbare Verstöße gegen das Gemeinschaftsrecht entstehen können.250 Unter den genannten Bedingungen können die Geschädigten diese Ansprüche daher vor nationalen Gerichten durchsetzen.

VI. Zivilrechtliche Schadenersatz- und Unterlassungsklage? Neben der Amtshaftung ist zu erwägen, ob staatliches Handeln bei der Vergabe von Beihilfen nicht auch zivilrechtliche Ansprüche auf Schadenersatz und Unterlassung auslösen kann. Insbesondere kommen hier Ansprüche in Betracht, die sich aus dem Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) ergeben. Auch im Zusammenhang mit der Gewährung staatlicher Subventionen wurden zivilrechtliche Ansprüche konkurrierender Unternehmen gegen die öffentliche Hand aus § 1 UWG in der früheren Rechtsprechung teilweise angenommen.251 Nach dieser Vorschrift kann auf Unterlassung und Schadenersatz in Anspruch genommen werden, wer im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs Handlungen vornimmt, die gegen die guten Sitten verstoßen. Nimmt die öffentliche Hand am Wirtschaftsleben teil, steht sie privaten Wirtschaftsteilnehmern gleich. Sie kann Geschäfte jeder Art abschließen und unterliegt dabei den Bindungen des Lauterkeitsrechts. 252 Die erwerbswirtschaftliche Betätigung der öffentlichen Hand ist nicht gesetzlich ausgeschlossen und bedarf keiner besonderen rechtlichen Legitimation.253 Voraussetzung hierfür ist allerdings, daß sich die öffentliche Hand und andere Wettbewerbsteilnehmer auf der Ebene der Gleichordnung zu einander befinden, was schon allein aufgrund der besonderen öffentlich-rechtlichen Bindungen im Zusammenhang mit der Vergabe staatlicher Beihilfen, die im übrigen zumeist zur Erreichung bestimmrter Zwecke gewährt werden, nie der Fall ist, auch wenn diese durch 248 Vgl. Peter Schütterle, EuZW 1994, 265, 267; ders., EuZW 1995, 391, 395, der diesem Vorschlag kritisch gegenübersteht. 249 Die Mitteilung (KoopB) ist abgedruckt in ABl. 1995 C312, S. 8ff.; vgl hierzu bereits oben S. 151 f. 250 Ziff. 11 KoopB. 251 Vgl. BGHZ 36,91; BGH GRUR1965,373 - Blockeis II; BGHZ 82,375 - Kassenbrillen; OLG Frankfurt NVwZ 1993, 706; vgl. Fritz Ossenbühl, NJW 2000, 2945, 2947. 252 Adolf Baumbach/Wolfgang Η eferme hl, Wettbewerbsrecht, § 1 UWG Rn.914ff.; Utz Schliesky, DVB1. 1999, 78, 83. 253 BVerwGE 39, 329, 336f.; BGHZ 19, 299.

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einen privatrechtlichen Vertrag erfolgt. Der älteren Rechtsprechung ist die Literatur daher mit dem Argument entgegengetreten, in derartigen Fällen sei der Zivilrechtsweg nicht gegeben.254 Da für die Rechtswegabgrenzung die Normen entscheiden, aus denen der Klageanspruch hergeleitet wird, sind für eine Klage wegen der Gemeinschaftswidrigkeit staatlicher Beihilfen die Zivilgerichte stets unzuständig.

VII. Zusammenfassung Hinsichtlich des Rechtsschutzes gegen mitgliedstaatliches Handeln bei der Vergabe staatlicher Beihilfen stellt auch das deutsche Recht ein vielfältiges Instrumentarium zur Verfügung. Den Schwerpunkt des Rechtsschutzes bildet dabei die Anfechtungsklage, weil die Beihilfenvergabe durch Verwaltungsakt noch immer die praktisch wichtigste Handlungsform der öffentlichen Verwaltung bei der Subventionsgewährung darstellt. Die in diesem Zusammenhang erörterte Frage der vom Einfluß des Gemeinschaftsrechts gekennzeichneten Klagebefugnis hat Modellcharakter für die übrigen Klagearten, mit denen sich Dritte gegen die tatsächliche Gewährung einer Beihilfe, die Feststellung der Nichtigkeit abgeschlossener beihilfengewährender Verträge und die Rechtswidrigkeit untergesetzlicher Rechtsnormen wenden können. Zwar scheitert eine Berufung auf den Unvereinbarkeitsgrundsatz als Schutznorm an dessen unmittelbarer Anwendbarkeit. Wettbewerber des Beihilfenempfängers können sich jedoch auf einen Verstoß gegen die Konkretisierungen des Unvereinbarkeitsgrundsatzes, d. h. auf eine Beihilfengewährung unter Verstoß gegen das Durchführungsverbot oder eine verfahrensabschließende negative Entscheidung im Beihilfenaufsichtsverfahren berufen. Darüber hinaus steht ihnen auch das Gemeinschaftsgrundrecht der Berufsfreiheit zur Verfügung. Insgesamt ist die Möglichkeit einer Schutznormverletzung jedoch nur gegeben, wenn das nationale Gericht dadurch nicht in eine Situation versetzt wird, die Ungültigkeit einer bereits bestandskräftigen beihilfenaufsichtsrechtlichen Entscheidung annehmen zu müssen. Die Schutznorm Verletzung bei einem Verstoß gegen das Durchführungs verbot oder eine negative beihilfenaufsichtsrechtliche Entscheidung ist daher immer möglich. Bei einem Verstoß gegen das Gemeinschaftsgrundrecht der Berufsfreiheit hängt die Möglichkeit der Schutznormverletzung von der Zulässigkeit eines Vorabentscheidungsverfahrens ab. Diese wiederum ist an die Zulässigkeit einer Nichtigkeitsklage gegen die beihilfenaufsichtsrechtliche Entscheidung gekoppelt. Demnach ist die Anfechtungsklage unter Berufung auf diese Schutznorm auf Wettbewerber des Beihilfenempfängers beschränkt, die die Voraussetzungen der Klageberechtigung zur Erhebung der Nichtigkeitsklage nicht erfüllt haben. Neben den Rechtsschutzmöglichkeiten im Rahmen der Anfechtungs-, Unterlassungs- und Feststellungklage sowie der verwaltungsgerichtlichen Normenkontrolle besteht grundsätz254

Vgl. Günter Püttner, GRUR 1964, 359ff.; ders., JuS 1995, 1069, 1070; Utz Schliesky, DVB1. 1999, 78, 85; Winfried Brohm, NJW 1994, 281, 285.

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lieh die Möglichkeit der Amtshaftungsklage aufgrund des vom EuGH entwickelten gemeinschaftsrechtlichen Staatshaftungsanspruchs.

C. Rechtsschutz gegen den Begünstigten Neben dem Rechtsschutz des Konkurrenten gegenüber den beihilfegewährenden staatlichen Stellen ist grundsätzlich denkbar, den Beihilfenempfänger, der eine gemeinschaftswidrige Beihilfe annimmt, für sich verwendet und sich im Wettbewerb Vorteile verschafft, auch zivilrechtlich in Anspruch zu nehmen. Anspruchsziel wäre nicht nur Schadenersatz, sondern auch die Unterlassung dieses Handelns, die bereits vorbeugend geltend gemacht werden könnte. Als Anspruchsgrundlagen kommen zunächst die allgemeinen Vorschriften des Deliktsrechts des BGB und ferner die bereits im Zusammenhang mit staatlichem Handeln erörterten Vorschriften des Lauterkeitsrechts in Betracht. I. Allgemeine Schadenersatz- und Unterlassungsansprüche Das BGB gewährt Ansprüche auf Schadenersatz und infolgedessen auch auf Unterlassung schädigender Handlungen nicht nur in - hier nicht einschlägigen - speziellen Vorschriften, sondern insbesondere in drei Generalklauseln. Diese Vorschriften beziehen sich auf Schäden, die einem anderen durch eine vorsätzliche sittenwidrige Schädigung (§ 826 BGB), an bestimmten Lebensgütern oder Rechten (§ 823 Abs. 1 BGB) oder durch die Verletzung eines Schutzgesetzes (§ 823 Abs. 2 BGB) entstehen. Ein Ersatzanspruch nach § 826 BGB infolge der Annahme einer gemeinschaftswidrigen Beihilfe ist wegen des insoweit regelmäßig fehlenden Vorsatzes des Begünstigten255 lediglich in völlig konstruierten Ausnahmefällen denkbar. Ein Anspruch aus § 823 Abs. 1 BGB dürfte am Fehlen eines Eingriffs in die dort genannten bestimmten Rechtsgüter (Leben, Körper, Gesundheit, Freiheit, Eigentum) bzw. am Fehlen eines unmittelbaren und betriebsbezogenen Eingriffs in das „sonstige Recht" am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb scheitern. 256 Eine Haftung des Begünstigten kommt allenfalls unter dem Gesichtspunkt der Schutzgesetzverletzung nach § 823 Abs. 2 BGB in Betracht. Danach ist zum Schadenersatz verpflichtet, wer gegen ein Schutzgesetz verstößt. Voraussetzung hierfür ist allerdings, daß den Schädiger hierfür ein Verschulden trifft. 257 Mit der Vorschrift werden Verhaltensanforderungen aus anderen Rechtsgebieten, d. h. auch öffentlich-rechtliche Anfor255 Der Vorsatz muß nicht alle Schadensfolgen umfassen. Ein Rechtsirrtum, ζ. B. über die Rechtmäßigkeit der staatlichen Maßnahme, schließt den Vorsatz aus; vgl. BGH NJW 1973, 2285 f.; Jürgen Oechsler, in: Staudinger, BGB, § 826 Rn. 89. 256 Anerkannt seit RGZ 58,24,30; zum Erfordernis der Unmittelbarkeit des Eingriffs BGHZ 29, 65; zur Betriebsbezogenheit BGHZ 86, 152, 156; vgl. zum Ganzen Bernd Schildt, W M 1996, 2261 ff.; Karsten Schmidt, JuS 1993, 985 ff. 257 Hans Joachim Mertens, in: MünchKomm-BGB, § 823 Rn. 160.

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derungen, zivilrechtlich durchgesetzt.258 Die Annahme einer ursprünglich genehmigten staatlichen Beihilfe, die sich im nachhinein als rechtswidrig erweist, war dem Begünstigten erlaubt. Ein Verschuldensvorwurf kann hier nicht begründet werden. Anders liegt es möglicherweise im Falle der Annahme einer ungenehmigten, gegen das Durchführungsverbot oder eine negative Kommissionsentscheidung verstoßenden Beihilfe. Hier kommt es darauf an, ob es sich hier um Schutzgesetze i. S. d. § 823 Abs. 2 BGB handelt. Die Frage der Schutzgesetzqualität des Durchführungsverbots oder einer negativen Aufsichtsentscheidung ist bisher weder in der Rechtsprechung259 noch in der Literatur beantwortet worden. 260 § 823 Abs. 2 BGB greift grundsätzlich bei einer Verletzung solcher Rechtsnormen ein, die wenigstens auch die Interessen des Einzelnen schützen sollen.261 Der Begriff des „Gesetzes" wird dabei weit verstanden und umfaßt nicht nur formelle Gesetze, sondern jede Rechtsnorm. 262 Ob allerdings Einzelfallentscheidungen wie die negative Entscheidung der Kommission als Schutzgesetze i. S. d. § 823 Abs. 2 BGB herangezogen werden können, ist zweifelhaft, weil das BGB hier lediglich die Einhaltung abstrakt-genereller Normen durch die Anordnung eines Schadenersatzanspruchs gewährleisten will. 2 6 3 Damit wäre lediglich ein Verstoß gegen das Durchführungsverbot unter dem Gesichtspunkt der Schutzgesetzverletzung denkbar. Obwohl es sich bei dem Durchführungsverbot um eine Norm des Europäischen Gemeinschaftsrechts handelt, ist sie als Gesetz im Sinne des Deliktsrechts einzustufen. Ob es sich hier aber um ein „Schutz"-Gesetz handelt, hängt insbesondere davon ab, ob das Gesetz dem Individualschutz dient und der eingetretene Schaden auch vom Schutzzweck der Norm umfaßt wird. 264 Dem Wortlaut der Vorschrift, die sich ausschließlich an die Mitgliedstaaten richtet, ist in dieser Hinsicht nichts zu entnehmen. Daß das Durchführungsverbot bei systematisch-teleologischer Betrachtung dem Individualschutz geschädigter Wettbewerber dient, ist bereits festgestellt worden. Es handelt sich hier aber um den Individualschutz vor der Gewährung einer Beihilfe durch die öffentliche Hand, also um Schutz vor staatlichem Verhalten. Die Rechtsprechung des EuGH zur Auslegung 258

Johannes Hager, in: Staudinger, BGB, § 823 Rn. G 3. Vgl. die umfangreichen Rechtsprechungsübersichten zu den als Schutzgesetze anerkannten Vorschriften, etwa bei Johannes Hager, in: Staudinger, BGB, § 823 Rn. G41 ff. 260 Ernst Steindorff, in: Immenga/Möschel, Festschrift für Emst-Joachim Mestmäcker, S. 497,507; ders., EG-Vertrag und Privatrecht, S. 349 f.; Michel Struys, RTDE 1993,17,32, die die Frage aber letztlich offen lassen. 261 Hans Joachim Mertens, in: MünchKomm-BGB, § 823 Rn. 162ff.; Johannes Hager, in: Staudinger, BGB, § 823 Rn. G9ff.; Albrecht Zeuner, in: Soergel, BGB, § 823 Rn. 289ff. 262 Vgl. für den Schutzgesetzcharakter der Art. 81 (ex-Art. 85) ff. EG Vorschriften des Kartellrechts (Art. 81 und 82 EG) Jürgen F. Baur, EuR 1988,257 ff.; Gerhard Grill, in: Lenz, Kommentar, Art. 81 Rn.31. 263 Albrecht Zeuner, in: Soergel, BGB, § 823 Rn. 286. 264 Albrecht Zeuner, in: Soergel, BGB, § 823 Rn. 290; Hans Joachim Mertens, in: MünchKomm-BGB, §823 Rn.165. 259

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des Durchführungsverbots läßt keine Anhaltspunkte dafür erkennen, daß die Vorschrift, die schon ihrem Wortlaut nach an die Mitgliedstaaten adressiert ist, auch den Zweck verfolgt, vor dem (in der Annahme einer Beihilfe liegenden) Verhalten des Begünstigten zu schützen. Den Individualschutz in dieser Weise auszudehnen, liefe nicht nur auf die Pflicht des Mitgliedstaats hinaus, zum Schutz der Wettbewerber das Durchführungsverbot nicht zu mißachten, sondern es würde eine „wettbewerbliche Pflicht" des Begünstigten begründet 265, an der staatlichen Einhaltung dieses Verbots mitzuwirken. Dies mag zwar rechtspolitisch wünschenswert sein,266 läßt sich der Norm jedoch nicht entnehmen. Entsprechend hat auch der EuGH in seinem ,SF£7-Urteil 267 darauf hingewiesen, daß die nationalen Gerichte zwar verpflichtet sind, den Schutz gegen die Auswirkungen der rechtswidrigen Durchführung von Beihilfen sicherzustellen. Wegen der „Staatsbezogenheit" der Beihilfenvorschriften „bietet das Gemeinschaftsrecht keine ausreichende Grundlage für eine Haftung eines Beihilfenempfängers, der nicht geprüft hat, ob die Kommission von der Beihilfe, die er erhalten hat, ordnungsgemäß unterrichtet wurde". Dieser Umstand stehe allerdings der eventuellen Anwendung des nationalen Rechts der außervertraglichen Haftung nicht entgegen. Allein aufgrund des Gemeinschaftsrechts kann den Beihilfenempfänger jedoch keine Haftung treffen. 268 Zum Vergleich kann in diesem Zusammenhang auch ein Urteil des BGH 269 herangezogen werden, der in einem Fall, in dem es u. a. um die Schutzgesetzqualität des Art. 4 lit. b KS ging, zu entscheiden hatte. Diese Norm, die in unmittelbarer Nachbarschaft zum Beihilfen- und Subventionsverbot des EGKS-Vertrages steht, verbietet ihrem Wortlaut nach alle Maßnahmen, die eine Diskriminierung zwischen Erzeugern, Käufern oder Verbrauchern herbeiführen. Obwohl sie sich ebenso wie das Beihilfen- und Subventionsverbot des Art. 4 lit. c KS gleichermaßen an Mitgliedstaaten und an Unternehmen richtet, verneinte der BGH den Schutzgesetzcharakter der Norm, die weniger dem Schutz des Einzelnen als vielmehr der Sicherung des Wettbewerbs auf den Märkten insgesamt diene.270 Für eine andere Auslegung des Durchführungsverbots sind keine Anhaltspunkte vorhanden. Ansprüche nach § 823 Abs. 2 BGB bestehen hier nicht.

265

Vgl. Martin Reufels, Subventionskontrolle, S. 104f.; Gerrit Schohe/Mark Hoenike, EuZW 97,741, 747. 266 Ygi e t w a Ernst Steindorff, in: Immenga/Möschel, Festschrift für Ernst-Joachim Mestmäcker, S.497, 507. 267 268 269 270

EuGH, Rs. C-39/94, Slg. 1996,1-3457 ff. - SFEI/La Poste. EuGH, Rs. C-39/94, Slg. 1996,1-3457 (Tz. 74) - SFEI/La Poste. BGHZ 30, 74 ff. - Saarbergwerke. BGH 30, 74, 87, unter Berufung auf Ernst Steindorff, RabelsZ 1956, 270, 318.

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§ 6 Rechtsschutz vor deutschen Gerichten

II. Wettbewerbliche Schadenersatz- und Unterlassungsansprüche? Das Verhalten von Unternehmen im Wettbewerb ist nicht nur Gegenstand allgemeiner zivilrechtlicher Vorschriften, sondern insbesondere Gegenstand des UWG, dessen Vorschriften der Gefahr des Mißbrauchs der wirtschaftlichen Freiheit entgegenwirken sollen. Neben verschiedenen speziellen Verbotstatbeständen sieht § 1 UWG eine Generalklausel vor, nach der sittenwidriges Verhalten im Wettbewerb zu Unterlassungs- und Schadenersatzansprüchen verhilft. Diese könnte auf die Annahme und Verwendung gemeinschaftswidriger Beihilfen anwendbar sein. 1. Voraussetzungen des § 1 UWG Die wettbewerbsrechtliche Generalklausel setzt voraus, daß ein Unternehmen im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs Handlungen vornimmt, die gegen die guten Sitten verstoßen. Zum „geschäftlichen Verkehr" gehört jede wirtschaftliche Betätigung im weitesten Sinne, sofern sie nach außen hervortritt und es sich nicht um „rein private" Angelegenheiten von Teilnehmern am Wirtschaftsverkehr handelt.271 Eine Handlung geschieht „zu Zwecken des Wettbewerbs", wenn in objektiver Hinsicht zwischen dem handelnden und dem durch dieses Handeln betroffenen Unternehmen ein „Wettbewerbsverhältnis" besteht.272 In subjektiver Hinsicht ist die Absicht erforderlich, die eigene Wettbewerberstellung zu verbessern. 273 An das Vorliegen eines Wettbewerbsverhältnisses werden keine hohen Anforderungen gestellt. Zumeist handelt es bei den beteiligten Unternehmen um solche, die in derselben Branche und auf derselben Wirtschaftsstufe tätig sind. Erforderlich ist dies jedoch nicht, so daß auch zwischen Unternehmen verschiedener Branchen oder Wirtschaftsstufen ein Wettbewerbsverhältnis bestehen kann. 274 Ist das fragliche Verhalten objektiv zur Verbesserung der eigenen Situation im Wettbewerb geeignet, spricht eine tatsächliche Vermutung für das Vorliegen der erforderlichen Absicht. 275 Schließlich muß das Verhalten sittenwidrig sein. In subjektiver Hinsicht muß der Handelnde zumindest die Umstände kennen, aus denen sich die Sittenwidrigkeit ergibt. 276 Ein Unternehmen, das staatliche Beihilfen entgegennimmt und verwendet, handelt objektiv zur Förderung seines Geschäftszweckes im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs. Problematisch ist hier freilich die Sittenwidrigkeit dieses Handelns. Stellt sich diese heraus, kann der von § 1 UWG gewährte Anspruch 271

Adolf Baumbach/Wolfgang Hefermehl, Wettbewerbsrecht, Einl. Rn.208ff.; Volker Emmerich, Wettbewerbsrecht, S. 22. 272 BGHZ 93, 96, 97 m.w.N. 273 Vgl. Adolf Baumbach/Wolfgang Hefermehl Wettbewerbsrecht, Einl. Rn. 215 m.w.N. 274 BGH NJW 1988, 3154, 3155; Volker Emmerich, Wettbewerbsrecht, S.24f. 275 BHGNJW 1990,1529, \530;Adolf Baumbach/Wolf gang Hefermehl, Wettbewerbsrecht, Einl. Rn. 235. 276 s. eingehend Volker Emmerich, Wettbewerbsrecht, S.42ff.

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auf Unterlassung und Schadenersatz nicht allein von dem „unmittelbar Verletzten", also von Konkurrenten und Abnehmern des Handelnden, geltend gemacht werden, sondern darüber hinaus nach § 13 Abs. 2 UWG auch von anderen Gewerbetreibenden, die Waren oder Leistungen auf dem gleichen Markt anbieten, von Verbänden zur Förderung gewerblicher Interessen, von Verbraucherverbänden und von Industrie- und Handelskammern. Sittenwidrig ist grundsätzlich alles, was das Anstandsgefühl aller redlichen Gewerbetreibenden verletzt oder von der Allgemeinheit mißbilligt oder für untragbar gehalten wird. 277 Zur Konkretisierung des Begriffs werden heute - nicht abschließend - Fallgruppen gebildet. Zu diesen gehören die „Behinderung" der Mitbewerber durch Verhaltensweisen, mit denen versucht wird, diese durch andere Umstände als die Qualität der eigenen Leistung zu überflügeln. 278 Wettbewerbswidrig ist ein Verhalten grundsätzlich auch dann, wenn ein Wettbewerber einen Vorsprung dadurch zu erlangen sucht, daß er die durch Gesetze oder Verträge festgelegten Bedingungen mißachtet, an die sich die übrigen Marktteilnehmer halten („Rechtsbruch"), 279 oder wenn durch das fragliche Verhalten durch Beseitigung der Freiheit von Angebot und Nachfrage der Wettbewerb auf einem Markt insgesamt gefährdet wird („Marktstörung"). 280 Ein Verhalten kann darüber hinaus auch dann wettbewerbswidrig sein, wenn es in keine der Fallgruppen fällt, aber dennoch wettbewerblich bedenklich ist. 281 2. Beihilfenannahme als „Konkurrenzvereitelung"? Der EuGH hat in seinem SF£/-Urteil entschieden, daß ein auf Gemeinschaftsrecht beruhender Schadenersatzanspruch des Beihilfenempfängers zwar nicht veranlaßt, aber auch nicht ausgeschlossen sei, wenn er sich aus dem nationalen Recht ergebe. 282 In der deutschen Rechtsprechung hat das Problem der Sittenwidrigkeit der Annahme einer staatlichen Beihilfe bisher allerdings keinerlei Beachtung gefunden.283 In der Literatur ist in diesem Zusammenhang der Vorschlag gemacht worden, bereits die Annahme einer rechtswidrigen Beihilfe als sittenwidrig anzusehen, weil es sich hier um eine unzulässige „Konkurrenzvereitelung" als Unterfall der „Behinderung" i. S. d. § 1 UWG handele.284 Zur Begründung heißt es, daß die auf § 1 UWG 277

BGHZ 54, 188, 190. Adolf Baumbach/Wolf gang H eferme hl, Wettbewerbsrecht, § 1 UWG Rn.208. 279 Adolf Baumbach/Wolf gang H eferme hl, Wettbewerbsrecht, § 1 UWG Rn.608. 280 Adolf Baumbach/Wolfgang Hefermehl, Wettbewerbsrecht, § 1 UWG Rn. 833. 281 BGH NJW 1986, 318; NJW 1992, 2419, 2420. 282 EuGH, Rs. C-39/94, Slg. 1996,1-3457 (Tz. 74) - SFEI/La Poste. 283 Vgl. Helmut Köhler/Ernst Steindorff, NJW 1995,1705,1708, die daraufhinweisen, daß das Stichwortverzeichnis von Adolf Baumbach/Wolf gang Hefermehl, Wettbewerbsrecht, die Begriffe „Beihilfe" und „Subvention" gar nicht führt. 284 Peer Groeschke, BB 1995, 2329 und 2332: Verweis auf BGH GRUR 1990, 463, NJW 1993, 1659 f.; GRUR 1977, 672, 674; Utz Schliesky, DÖV 1994, 114; BGH GRUR 1958, 86, 88; DB 1995, 1324, 1325. 278

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§ 6 Rechtsschutz vor deutschen Gerichten

gestützte zivilrechtliche Konkurrentenklage im Unterschied zum verwaltungsgerichtlichen Rechtsschutz schneller zu gerechteren Ergebnissen führe, weil sich der benachteiligte Konkurrent direkt gegen den Begünstigten wenden und ihn entweder zur Unterlassung der Annahme einer Beihilfe zwingen oder aber im nachhinein den „Begünstigtenvorteil" abschöpfen könne.285

3. Beihilfenverwendung

als „Preisunterbietung"?

Helmut Köhler und Ernst Steindorff haben dagegen die Auffassung vertreten, lediglich die Verwendung einer gemeinschaftswidrigen Beihilfe, durch die günstigere Angebotspreise am Markt kalkuliert werden würden, könne den Tatbestand des § 1 UWG unter dem Gesichtspunkt der „Preisunterbietung" als Unterfall der „Behinderung" erfüllen. 286 Dies betreffe allerdings nur solche Beihilfen, die nach einem beihilfenaufsichtsrechtlichen Verfahren bereits untersagt bzw. unter Mißachtung des Durchführungsverbots gewährt worden seien. Offen sei, wie die Verwendung einer gewährten Beihilfe behandelt werden müsse, wenn gegen die diesbezügliche beihilfenaufsichtsrechtliche Genehmigung eine Klage anhängig sei.287 Zur Begründung wird zunächst rechtsvergleichend auf ein wettbewerbsrechtliches Urteil des Tribunal de Commerce Bruxelles vom 13.2.1995288 verwiesen. In diesem Fall hatte das beklagte Unternehmen Beihilfen des belgischen Staates erhalten, die ausgezahlt worden seien, bevor das Aufsichtsverfahren über die zunächst angemeldeten Beihilfen zum Abschluß gebracht worden sei. Unter Ausnutzung der Beihilfen hatte die Beklagte bei einer Ausschreibung der belgischen Staatsbahn ein Preisangebot unterbreiten können, das um 40 % unterhalb des Angebots des konkurrierenden klägerischen Unternehmens lag. Die Abgabe dieses Angebots stellte nach Auffassung des Handelsgerichts einen Verstoß gegen die guten Sitten des Handelsverkehrs dar, weil es unter Ausnutzung der Mißachtung des unmittelbar geltenden Durchführungsverbots abgegeben worden sei. Aufgrund der Parallelen des belgischen und deutschen Lauterkeitsrechts gebe diese Entscheidung Anlaß zu einer entsprechenden Auslegung der Generalklausel des § 1 UWG. Hier lasse sich die Kalkulation von Verkaufspreisen unter Ausnutzung gemeinschaftswidriger Zuwendungen als „Preisunterbietung" in die Fallgruppe der „Behinderung" einordnen. 289 285

Peer Groeschke, BB 1995, 2329, 2332. Helmut Köhler/Ernst Steindorff, NJW 1995,1705,1708; ebenso Ernst Steindorff, in: Immenga/Möschel, Festschrift für Emst-Joachim Mestmäcker, S.497, 509f. 287 Helmut Köhler/Ernst Steindorff, NJW 1995, 1705, 1708. 288 Rs. A.C./441/95 - Breda Fucine Meridionali SpA/Manoir Industries S.A., zit. n. Urteilsbericht von Helmut Köhler/Ernst Steindorff, NJW 1995, 1705 ff. 289 Helmut Köhler/Ernst Steindorff, NJW 1995, 1705,1708; Ernst Steindorff, in: Immenga/ Möschel, Festschrift für Ernst-Joachim Mestmäcker, S.497, 509f. 286

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Wenngleich es an einschlägiger Rechtsprechung fehle, so ergäben sich doch Parallelen zur Wettbewerbswidrigkeit der Preisunterbietung durch die öffentliche Hand aufgrund einer rechtswidrigen Mittelverwendung. 290 In derartigen Fällen, in denen die öffentliche Hand Mittel, die ihr kraft öffentlichen Rechts zur Förderung bestimmter Zwecke zur Verfügung stünden, dazu einsetze, ohne sachlichen Zusammenhang mit diesem Zweck private Gewerbetreibende zu unterbieten, habe die Rechtsprechung einen Verstoß der öffentlichen Hand gegen § 1 UWG angenommen. 291 Dabei komme es nicht darauf an, ob sich die Mittelverwendung für die Wettbewerber negativ auswirke. 292 Die Maßnahme an sich sei bereits als wettbewerbswidrig anzusehen. Nur so werde die Chancengleichheit im Wettbewerb gesichert und das Allgemeininteresse an der Verwendung öffentlicher Mittel geschützt. Bei der Verwendung von Beihilfen, die unter Verstoß gegen das Durchführungsverbot verwendet würden, lägen die Dinge ebenso. Ob der Wettbewerb von der öffentlichen Hand oder von einem durch die öffentliche Hand subventionierten Privaten ausgehe, spiele keine Rolle. Die Verwendung sei auch in dieser Konstellation sittenwidrig, weil nur so die Chancengleichheit im Wettbewerb und das Allgemeininteresse an ordnungsgemäßer Verwendung öffentlicher Mittel gewahrt werden könne.293 4. Beihilfenverwendung

als eigene Fallgruppe?

Neuerdings vertritt Steindorff die Auffassung, die Verwendung von Beihilfen, die entgegen unmittelbar anwendbarer Beihilfenverbote des Gemeinschaftsrechts, insbesondere des Durchführungsverbots, eingefühlt worden sind, bedürfe der Einordnung in eine der zu § 1 UWG entwickelten Fallgruppen nicht, sondern bilde einen eigenen Anwendungsfall der wettbewerbsrechtlichen Generalklausel. 294 Dies entspreche dem Zweck des gemeinschaftlichen Beihilfenrechts. 295 5. Indizwirkung

der Gemeinschaftswidrigkeit

Wie sich im Zusammenhang mit dem verwaltungsgerichtlichen Rechtsschutz und dem allgemeinen Schadenersatz- und Unterlassungsanspruch gegen den Beihilfenempfänger bereits gezeigt hat, verbietet sich eine pauschale, den Stand eines beihilfenaufsichtsrechtlichen Genehmigungsverfahrens nicht berücksichtigende Anknüpfung an die Gemeinschaftsrechtswidrigkeit staatlicher Beihilfen. Vielmehr ist auch 290

Vgl. RGZ 138, 174, 178; BGH NJW 1982, 2125; NJW 1987, 60; NJW-RR 1993, 225. So insbes. BGH NJW 1982, 2125. 292 BGH NJW-RR 1993, 225. 293 Zum Ganzen Helmut Köhler/Ernst Steindorff,\ NJW 1995, 1705, 1708; Ernst Steindorff,\ in: Immenga/Möschel, Festschrift für Ernst-Joachim Mestmäcker, S.497, 509 f. 294 Ernst Steindorff,\ EG-Vertrag und Privatrecht, S. 535. 295 Ernst Steindorff,, EG-Vertrag und Privatrecht, S. 535 f. 291

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§ 6 Rechtsschutz vor deutschen Gerichten

für die Frage der Sittenwidrigkeit zwischen Beihilfen, die zunächst im beihilfenaufsichtsrechtlichen Verfahren genehmigt worden sind, und anderen Fällen zu unterscheiden. Im Falle der Annahme und Verwendung einer Beihilfe, für die nach Abschluß eines beihilfenaufsichtsrechtlichen Verfahrens eine Genehmigung erteilt worden ist, fehlt es am sittenwidrigen Verhalten. In den übrigen denkbaren Fällen der Annahme und Verwendung gemeinschaftswidriger Beihilfen kommt es für den Tatbestand des § 1 UWG darauf an, ob bereits die Annahme oder erst die Verwendung der Beihilfe als unlauteres Verhalten begriffen werden und darüber hinaus als sittenwidrig qualifiziert werden kann. Die Annahme einer gemeinschaftswidrigen Beihilfe könnte lediglich der Fallgruppe des Rechtsbruchs zugeordnet werden. Der Einordnung als „Behinderung" (in den Unterfällen der „Konkurrenzvereitelung" oder der „Preisunterbietung") steht entgegen, daß sich diese Fallgruppe des § 1 UWG auf ein bestimmtes Verhalten am Markt bezieht und die Annahme einer Beihilfe für sich allein keinerlei marktbezogenen Auswirkungen hat. Gegen die Einordnung als Rechtsbruch sprechen aber dieselben Erwägungen, die zur Ablehnung der Schutzgesetzqualität des Durchführungsverbots bzw. einer verfahrensabschließenden Entscheidung geführt haben: Ihrem Wortlaut nach richten sich diese Normen an die Mitgliedstaaten. Zwar dient die Vorschrift dem Schutz der Wettbewerber vor rechtswidrigen Beihilfen. Der Schutz soll jedoch durch ein an die öffentliche Hand gerichtetes Verbot realisiert werden. Es ist weder dem Wortlaut etwa des Durchführungsverbots selbst noch der hierzu vorliegenden Rechtsprechung zu entnehmen, daß über die Verpflichtung des beihilfengewährenden Mitgliedstaats hinaus auch dem Beihilfenempfänger eine „wettbewerbliche Pflicht" auferlegt wird, sich „rechtstreuer" zu verhalten als der Mitgliedstaat. Daraus ergibt sich, daß auch die Verwendung der Beihilfe keinen Rechtsbruch darstellen kann. Den Beihilfenempfänger trifft insoweit erst recht keine Pflicht, den beihilfengewährenden Mitgliedstaat zur Einhaltung des Gemeinschaftsrechts anzuhalten. Zwar kann es in Verbindung mit der Verwendung einer gemeinschaftswidrigen Beihilfe grundsätzlich zu Fällen der „Behinderung" kommen, die sowohl in Form der „Konkurrenzvereitelung" oder auch als „Preisunterbietung" auftreten kann. Allerdings müßte hier weiteres Marktverhalten hinzutreten, um den Vorwurf der Sittenwidrigkeit zu begründen. Die Qualifizierung der Verwendung gemeinschaftswidriger Beihilfen als eigene Fallgruppe ist demgegenüber zu allgemein, um zu einer Abgrenzung zwischen lauterem und unlauterem Verhalten beizutragen. Es ist kaum eine Art und Weise der Verwendung gemeinschaftswidriger Beihilfen denkbar, die nicht schon unter die bereits anerkannten Fallgruppen der Sittenwidrigkeit fiele. Ein Unternehmen, das gemeinschaftswidrige Beihilfen verwenden will, wird in erster Linie zur Kalkulation günstiger Angebotspreise greifen. Das einzig denkbare Verhalten, das in diesem Zu-

D. Zweites Zwischenergebnis

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sammenhang noch in Betracht käme, ohne bereits von einer spezielleren Fallgruppe erfaßt zu werden, wäre die schlichte Annahme der Beihilfe selbst. Hier entstünde dann jedoch ein Widerspruch in der Beurteilung der Sittenwidrigkeit unter dem Gesichtspunkt des Rechtsbruchs, der hier nicht vorliegt. Zwar können Verhaltensweisen grundsätzlich auch als sittenwidrig beurteilt werden, wenn sie keiner der bisher anerkannten Fallgruppen zuzuordnen sind. Hier würde sich die Beurteilung jedoch in einen eindeutigen Widerspruch zu der sich aufgrund der bestehenden Fallgruppen ergebenden Wertung stellen. Im Ergebnis ist festzuhalten, daß die Auffassungen zutreffend darauf hingewiesen haben, daß zwischen unlauterem Wettbewerb und Beihilfen ein Zusammenhang bestehen kann - aber nicht muß: für einen Anspruch aus unlauterem Wettbewerb ist Beihilfenverwendung daher zwar hinreichende, nicht aber notwendige Bedingung. Zivilrechtliche Schadenersatz- und Unterlassungsansprüche sind daher insgesamt ausgeschlossen.

D. Zweites Zwischenergebnis Die Rechtsschutzmöglichkeiten vor nationalen Gerichten bilden dennoch eine wichtige Ergänzung des gemeinschaftsrechtlichen Rechtsschutzes im Zusammenhang mit der Vergabe gemeinschaftswidriger Beihilfen. Wenngleich Ansprüche gegen den Begünstigten selbst ausscheiden, können sich dessen Wettbewerber unter Berufung auf eine Verletzung des Durchführungsverbotes oder einen Verstoß gegen eine verfahrensabschließende Beihilfenaufsichtsentscheidung an den beihilfengewährenden Mitgliedstaat wenden. Die Rechtsschutzlücke infolge der eingeschränkten Möglichkeiten, im Rahmen der Untätigkeitsklage gegen einen mitgliedstaatlichen Verstoß gegen das Durchführungsverbot oder eine Beihilfenaufsichtsentscheidung vorzugehen, wird durch den nationalen Rechtsschutz geschlossen. Gleiches gilt für den Fall, in dem sich der in seinem Gemeinschaftsgrundrecht auf Berufsfreiheit betroffene Wettbewerber mangels Klageberechtigung nicht vor dem EuGH gegen eine Beihilfenvergabe wehren konnte. In dieser Konstellation schafft der nationale Rechtsschutz Abhilfe, weil im Falle der unzulässigen Nichtigkeitsklage die Möglichkeit der Verletzung dieser Schutznorm gegeben ist. Da der staatliche Rechtsschutz außerdem die Amtshaftungsklage bei einer Verletzung des Gemeinschaftsrechts ermöglicht, tritt die gemeinschaftliche Amtshaftung hinter die mitgliedstaatliche Haftung zurück, soweit hier ausreichender Ersatz entstandener Schäden erlangt werden kann.

15 Staebe

§ 7 Ausblick und Zusammenfassung A. „Verzahnung" trotz Systemdivergenzen Es ist ein Gemeinplatz, daß infolge der unmittelbaren Anwendbarkeit des Gemeinschaftsrechts der Rechtsschutz auf europäischer und nationaler Ebene miteinander verknüpft und beide Rechtsschutzsysteme wechselseitigen Einflüssen ausgesetzt sind. Dies gilt auch für den Rechtsschutz bei gemeinschaftswidrigen Beihilfen. Zwar liegt der Schwerpunkt der Rechtsschutzmöglichkeiten auf der Ebene des gemeinschaftlichen Rechtsschutzes. Konkurrenten und sonstige klageberechtigte Dritte, insbesondere Berufsverbände der Konkurrenzunternehmen des Beihilfenempfängers, müssen nach wie vor zunächst auf der gemeinschaftsrechtlichen Ebene gegen beihilfenaufsichtsrechtliche Entscheidungen vorgehen. Vor allem aber in zwei Bereichen ist dieser Rechtsschutz nicht erfolgversprechend: die Nichtigkeitsklage eines Konkurrenten, der sich weder am Beihilfenaufsichtsverfahren beteiligt hat noch in sonstiger Weise bei Erlaß einer beihilfenaufsichtsrechtlichen Entscheidung als Betroffener erkennbar war, ist ebenso unzulässig wie die Untätigkeitsklage, mit der er die Kommission zum Einschreiten gegen einen Verstoß des Mitgliedstaats gegen das Drehführungsverbot oder eine beihilfenaufsichtsrechtliche Entscheidung veranlassen will. Hier bestehen dagegen Klagemöglichkeiten vor nationalen Gerichten, vor denen der Verstoß gegen das Gemeinschaftsgrundrecht auf Berufsfreiheit bzw. der Verstoß gegen das Durchführungsverbot oder eine beihilfenaufsichtsrechtliche Entscheidung geltend gemacht werden kann. Diese „Verzahnung" gemeinschaftsrechtlichen und nationalen Rechtsschutzes erscheint jedoch gerade angesichts der unterschiedlichen Ausgestaltung der Rechtsschutzsysteme, die auch unterschiedliche Konsequenzen hinsichtlich Erfolgsaussichten möglicher Klagen haben, nicht selbstverständlich und bedarf daher wenigstens einer Erläuterung. Die Unterschiede hinsichtlich der den Kläger individualisierenden Zulässigkeitsvoraussetzungen im gemeinschaftlichen Rechtsschutz und bei Klagen vor deutschen Gerichten haben gezeigt, daß das deutsche Verwaltungsprozeßrecht auf einer Systementscheidung für den Individualrechtsschutz beruht: der Kläger muß die Verletzung eigener Rechte geltend machen, um eine Klage erheben zu können. Der Verstoß gegen die objektive Rechtsordnung reicht hierzu nicht aus. Das Gemeinschaftsrecht folgt dagegen anderen Rechtstraditionen, insbesondere der angelsächsischen und der französischen, die stärker auf eine objektive Rechtskontrolle ausgerichtet sind. Dies führt dazu, daß die Geltendmachung einer Verletzung subjektiver Rechte und die Klageberechtigung im Extremfall nichts miteinander zu tun haben, sondern sich die Klageberechtigung in der Rechtsprechung

Β. Wechselseitige Einwirkungen

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des EuGH nach wie vor grundsätzlich aus formellen Kriterien ergibt. Zugleich beruht aber die Begründung der Individualklagemöglichkeiten vor nationalen Gerichten ebenfalls auf gemeinschaftsrechtlichen Vorgaben, insbesondere auf der Begründung subjektiver Rechte des Gemeinschaftsrechts im Rahmen der Klagebefugnis. Dieser Umstand wirft die grundsätzliche Frage auf, wie der scheinbare Systembruch des Gemeinschaftsrechts zu erklären ist, der darin besteht, die Klageberechtigung Einzelner auf der Ebene des gemeinschaftsrechtlichen Rechtsschutzes zu beschränken und parallel hierzu eine Ausweitung auf nationaler Ebene vorzugeben. Die Erklärung hierfür liegt letztlich im integrationspolitischen Konzept der Gemeinschaft, für eine effektive Durchsetzung des Gemeinschaftsrechts zu sorgen. Rechtsakte der Gemeinschaft stellen oft das Produkt eines Abstimmungsprozesses zwischen den Mitgliedstaaten dar, der nicht durch großzügige Klagemöglichkeiten konterkariert werden soll. Durch sie würde die Durchsetzung des Gemeinschaftsrechts und damit die Funktionsfähigkeit der Gemeinschaft beeinträchtigt. Mitgliedstaatliche Handlungen, die sich im Widerspruch zum Gemeinschaftsrecht befinden, sind dagegen aus der Perspektive des Gemeinschaftsrechts grundsätzlich unerwünscht. Hier sind erleichterte Rechtsschutzmöglichkeiten der Durchsetzung des Gemeinschaftsrechts gerade zuträglich und der Funktionsfähigkeit der Gemeinschaft förderlich. Die Systemdivergenzen zwischen den Rechtsschutzsystemen finden ihre Rechtfertigung daher letztlich im Integrationsprinzip.

B. Wechselseitige Einwirkungen Bestehen demnach zwar keine grundsätzlichen Bedenken gegen die „Verzahnung" divergierender Rechtsschutzsysteme, so stellt sich dennoch die Frage, ob unterschiedliche Rechtsschutzkonzeptionen auf Dauer Bestand haben können, wenn sie sich in einem so engen Verbund befinden wie im Bereich des Rechtsschutzes gegen gemeinschaftswidrige Beihilfen. Es ist wiederum ein Gemeinplatz, daß die unterschiedlichen Rechtsschutzsysteme nicht „versteinert" nebeneinander stehen, sondern zumindest potentiell Veränderungen unterliegen. Auf den ersten Blick betreffen die Innovationsimpulse aufgrund des Vorrangs des Gemeinschaftsrechts vor allem das nationale Recht. Ebenso wie aber in anderen Bereichen, insbesondere bei der Entwicklung der europäischen Grundrechte, wesentliche Entwicklungsimpulse für das Gemeinschaftsrecht von den nationalen Rechtssystemen ausgingen, könnte sich auch das Gemeinschaftsrecht unter dem Einfluß des nationalen Rechts verändern. Der Einfluß des Gemeinschaftsrechts auf das nationale Verwaltungsprozeßrecht dürfte dabei stärker zunehmen. Die eingeschränkten Voraussetzungen, unter denen eine Klage Dritter im deutschen Verwaltungsprozeßrecht bislang möglich war, sind durch die Vorgabe einklagbarer subjektiv-öffentlicher Gemeinschaftsrechte bereits aufgeweicht worden. Gerade hinsichtlich der präzisen Formulierung subjektiv-öffentlicher Gemeinschaftsrechte besteht jedoch infolge der Begründung von Rechts-

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§ 7 Ausblick und Zusammenfassung

Schutzmöglichkeiten im nationalen Recht ein gewisser Veränderungsdruck für das Gemeinschaftsrecht. Dieser bezieht sich insbesondere auf die Voraussetzungen eines mittelbaren Eingriffs in die Berufsfreiheit. Abgesehen davon ist das Zusammenwirken von gemeinschaftsrechtlichem und nationalem Rechtsschutz erst dann befriedigend gelöst, wenn in allen Mitgliedstaaten in vergleichbaren Fällen auch vergleichbare Ergebnisse erzielt werden. Über künftige Entwicklungen kann natürlich nur spekuliert werden. Fest steht lediglich, daß die Einräumung von Rechten an Einzelne auch die Gewährung von Klagemöglichkeiten beinhalten muß. Dieses Prinzip wird mit dem lateinischen Satz Ubi ius, ibi remedium treffend beschrieben. Für die künftige Entwicklung des Rechtsschutzes gegen gemeinschaftswidrige Beihilfen stellt sich aber nicht die Frage, ob überhaupt Rechtsschutzmöglichkeiten gegen Eingriffe von hoher Hand bestehen, sondern auf welcher Ebene der Rechtsschutz auf Dauer gewährt wird. Anders gewendet: im Verhältnis der Gerichtsbarkeiten zueinander geht es langfristig um die Frage: Ubi remedium?

C. Zusammenfassung in Thesen I. Die Vergabe staatlicher Beihilfen unterliegt einem gemeinschaftsrechtlichen Rechtsrahmen. Dieser bezieht sich in einem umfassenden Sinne auf staatliche Maßnahmen, durch die Unternehmen oder Produktionszweige ohne marktmäßige Gegenleistung einseitig begünstigt werden, ohne daß es darauf ankäme, ob diese Begünstigung mittelbar oder unmittelbar, direkt oder indirekt oder in einer bestimmten Rechtsform erfolgt. Der beihilfenbezogene Rechtsrahmen des Gemeinschaftsrechts ist durch drei Elemente gekennzeichnet: Beihilfen sind grundsätzlich unvereinbar mit dem Gemeinsamen Markt, sie unterliegen einem Aufsichtsverfahren insbesondere vor der Kommission und ihre Vergabe kann Dritte in ihren grundrechtlich geschützten Rechtspositionen beeinträchtigen. 1. Der in Art. 87 (ex-Art. 92) Abs. 1 EG niedergelegte Grundsatz der Unvereinbarkeit staatlicher Beihilfen, die zu einer Verfälschung des Wettbewerbs und einer Beeinträchtigung des Handels zwischen den Mitgliedstaaten führen können, stellt zumindest für neu einzuführende Beihilfen ein Verbot mit Erlaubnisvorbehalt dar. Neu einzuführende Beihilfen müssen bei der Kommission angemeldet werden. Bis zu einer Entscheidung der Kommission muß ihre Durchführung, also die Gewährung der Zuwendungen an den Beihilfenempfänger, unterbleiben. Es handelt sich bei der Regelung des Art. 87 (ex-Art. 92) Abs. 1 EG gleichwohl nur um einen „Grundsatz" und nicht um ein absolutes Beihilfenverbot, weil das Verbot mit Erlaubnisvorbehalt lediglich im Bezug auf neu einzuführende Beihilfen besteht. Bestehende Beihilfen sind nicht verboten, sondern unterliegen lediglich der Kontrolle. Außerdem wird die Regelung des Art. 87 (ex-Art. 92) Abs. 1 EG durch eine Reihe von Ausnahmetatbeständen durchbrochen, die sich auf Fälle beziehen, in denen Beihilfen mit dem Gemeinsamen Markt vereinbar sind.

C. Zusammenfassung in Thesen

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2. Ob hinsichtlich einer staatlichen Maßnahme ein Ausnahmetatbestand vorliegt, wird im Verfahren der Beihilfenaufsicht festgestellt, dessen grundsätzliche Regelung in Art. 88 (ex-Art. 93) EG inzwischen durch eine auf der Grundlage des Art. 89 (ex-Art. 94) EG erlassene Verfahrensverordnung (VerfO) näher ausgestaltet wurde. Hier sind vier Aufsichtsverfahren vor der Kommission und eine ausnahmsweise Zuständigkeit des Rates vorgesehen. Das regelmäßige Verfahren ist das „Verfahren bei angemeldeten Beihilfen" nach Art. 2 bis 9 VerfO. Will ein Mitgliedstaat eine Beihilfe einführen, muß er sie zunächst bei der Kommission angemeldet haben. Zuvor besteht nach Art. 88 (ex-Art. 93) Abs. 3 Satz 3 EG und Art. 3 VerfO ein „Durchführungsverbot". Die Kommission unterzieht die Beihilfe in einem prinzipiell zweistufigen Verfahren zuerst einer „vorläufigen Prüfung" und tritt dann gegebenenfalls in die „förmliche Prüfung" ein. Zum Abschluß der Prüfungsphasen hat sie die Befugnis, Entscheidungen an den beihilfengewährenden Mitgliedstaat zu erlassen. An den Regelungen über das Verfahren bei angemeldeten Beihilfen orientieren sich Ausgestaltung und Ablauf der übrigen Aufsichtsverfahren, die sich nach Art. 10 bis 15 VerfO auf „rechtswidrige Beihilfen", nach Ar. 16 VerfO auf die „mißbräuchliche Anwendung von Beihilfen" und nach Art. 17 bis 19 VerfO auf „bestehende Beihilferegelungen" beziehen. Das Verfahren bei einer Entscheidung des Rates nach Art. 88 (ex-Art. 93) Abs. 2 Satz 3 EG ist auf Fälle unter „außergewöhnlichen Umständen" beschränkt und kann nur anstelle eines Aufsichtsverfahrens vor der Kommission betrieben werden. Obwohl Entscheidungen im Verfahren der Beihilfenaufsicht an die Mitgliedstaaten erlassen werden, stehen anderen Betroffenen, etwa dem Beihilfenempfänger, dessen Konkurrenten, Unternehmensverbänden und anderen, Beteiligungsmöglichkeiten zur Verfügung. In der Phase der vorläufigen Prüfung beschränken sich diese darauf, der Kommission in Form einer „Subventionsbeschwerde" Mitteilung über mutmaßlich gemeinschaftsrechtswidrige Beihilfen zu machen. In der förmlichen Prüfung besteht die Möglichkeit, Stellungnahmen abzugeben. 3. Wie jedes hoheitliche Handeln ist auch die Vergabe staatlicher Beihilfen nur in den durch die Gemeinschaftsgrundrechte gezogenen Grenzen zulässig. a) Dies betrifft zunächst die Aufsichtsentscheidungen der Gemeinschaftsorgane als Adressaten der Gemeinschaftsgrundrechte, ist jedoch nicht auf diese beschränkt. Auch die Mitgliedstaaten unterliegen bei der Vergabe staatlicher Beihilfen der Grundrechtsbindung, weil sie hier „im Anwendungsbereich des Gemeinschaftsrechts" tätig werden und ihre Maßnahmen den einzelnen Grundrechtsträger unmittelbar betreffen. Zwar handelt es sich bei gemeinschaftlichen Aufsichtsentscheidungen formal nur um Ermächtigungen an den Mitgliedstaat, zuvor angemeldete Beihilfen auch tatsächlich zu gewähren. Die Abweichung des Mitgliedstaats von dieser Ermächtigung ist jedoch eine rein theoretische Möglichkeit. Tatsächlich setzt der Mitgliedstaat eine Aufsichtsentscheidung direkt um und gewährt die Beihilfe in der von ihm beantragten Form. Es handelt sich daher bei der Vergabe staatlicher Beihilfen um „mittelbaren Vollzug" des Gemeinschaftsrechts, bei dem die Mitgliedstaaten der Grundrechtsbindung unterliegen.

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§ 7 Ausblick und Zusammenfassung

b) Die Beihilfenvergabe und die beihilfenaufsichtsrechtliche Entscheidung stellen dabei grundsätzlich Eingriffe in das Gemeinschaftsgrundrecht auf Berufsfreiheit von Wettbewerbern des Beihilfenempfängers dar. Obwohl es sich um hoheitliche Maßnahmen handelt, die sich lediglich mittelbar auf die Berufsausübung von Konkurrenten auswirken, ist dessen Schutzbereich nach der neueren Rechtsprechung des EuGH zu diesem Gemeinschaftsgrundrecht eröffnet, wenn auch die Annahme einer Verletzung auf Extremfälle beschränkt sein dürfte. II. Gegen die Entscheidungen der Gemeinschaftsorgane oder ihre Untätigkeit können Rechtsschutzmöglichkeiten vor dem EuGH in Anspruch genommen werden. 1. Handlungen der Gemeinschaftsorgane sind grundsätzlich Gegenstand einer Nichtigkeitsklage. Insofern können Konkurrenten und andere Dritte sich hier gegen Entscheidungen der Kommission und des Rates wehren, die diese zum Abschluß der beihilfenaufsichtsrechtlichen Prüfung erlassen und durch die die Einführung einer Beihilfe gestattet wird. Es handelt sich hier um die Entscheidungen nach Art.4 Abs. 2 bis 4 VerfO zum Abschluß der vorläufigen Prüfung, um die Entscheidungen nach Art. 7 Abs. 2 und 3 zum Abschluß der förmlichen Prüfung sowie um die Ratsentscheidung nach Art. 88 (ex-Art. 93) Abs. 3 Satz 3 EG. Eine Nichtigkeitsklage kann außerdem gegen die Mitteilung der Kommission erhoben werden, nicht in ein Verfahren der vorläufigen Prüfung einzutreten. Auch wenn die Kommission auf die Anmeldung einer Beihilfe hin untätig bleibt und die Maßnahme nach einer gewissen Zeit gem. Art. 4 Abs. 6 VerfO als genehmigt gilt, ist hiergegen die Nichtigkeitsklage statthaft. Entscheidende Zulässigkeitsvoraussetzung ist sodann die Klageberechtigung, die die unmittelbare und individuelle Betroffenheit des Klägers durch den angefochtenen Rechtsakt voraussetzt. Während die unmittelbare Betroffenheit ohne Schwierigkeiten zu bejahen ist, da die Mitgliedstaaten eine beihilfenaufsichtsrechtliche Entscheidung ohne Abweichungen umsetzen, herrscht über die Voraussetzungen der individuellen Betroffenheit seit langem heftiger Streit. Nach der hier vertretenen Auffassung kommt es für die individuelle Betroffenheit darauf an, ob der klagende Dritte ein ausreichendes Maß an „Ähnlichkeit" mit dem Adressaten der Entscheidung, d. h. dem Mitgliedstaat, aufweist. Dies ist der Fall, wenn sich der Kläger aufgrund eines schutzwürdigen Verfahrensrechts, d. h. etwa als Wettbewerber oder Verhandlungsführer, entweder am Beihilfenaufsichtsverfahren beteiligt hat oder aufgrund besonderer Umstände bei Erlaß der Entscheidung als Betroffener erkennbar war. Auf die Betroffenheit in Gemeinschaftsgrundrechten kommt es für die Klageberechtigung demgegenüber alleine nicht an. Liegen die übrigen Voraussetzungen nicht vor, ist auch die Klage eines in seinen Gemeinschaftsgrundrechten betroffenen Dritten unzulässig. 2. Die Untätigkeit der Gemeinschaftsorgane, insbesondere der Kommission, kann zum Gegenstand einer Untätigkeitsklage gemacht werden. Obwohl diese nur zulässig ist, wenn sie sich darauf bezieht, daß es ein Gemeinschaftsorgan unterlassen hat, einen Akt an den Kläger zu richten, können Konkurrenten und andere Dritte die Un-

C. Zusammenfassung in Thesen

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tätigkeit der Gemeinschaftsorgane beim Erlaß einer an die Mitgliedstaaten zu richtenden Entscheidung angreifen, wenn es sich hier um eine pflichtwidrige Untätigkeit handelt. Dies ergibt sich aus der Parallelität von Nichtigkeits- und Untätigkeitsklage. Die pflichtwidrige Untätigkeit der Gemeinschaftsorgane kann darin bestehen, daß die Kommission in der vorläufigen Prüfung im Verfahren bei rechtswidrigen Beihilfen keine Entscheidung trifft, weil hier die „Genehmigungsfiktion" des Art. 4 Abs. 6 VerfO nicht gilt. In allen Verfahren ist die Untätigkeit im Stadium der förmlichen Prüfung rechtsschutzfähig. Kein Gegenstand der Untätigkeitsklage liegt allerdings vor, wenn die Kommission überhaupt nicht in die vorläufige Prüfung eintritt. Dies gilt sowohl im Verfahren bei angemeldeten Beihilfen als auch im Verfahren bei rechtswidrigen Beihilfen oder mißbräuchlicher Anwendung, d.h. also, wenn der Mitgliedstaat sich über das Durchführungsverbot oder eine bereits erlassene Kommissionsentscheidung hinwegsetzt. 3. Sowohl bei Handlungen als auch bei der Untätigkeit der Gemeinschaftsorgane kann die Amtshaftungsklage erhoben werden, die jedoch, weil die schadenstiftende Handlung auch auf einem mitgliedstaatlichen Verhalten beruht, subsidiär gegenüber nationalen Rechtsschutzmöglichkeiten ist. III. In beiden Konstellationen, in denen gemeinschaftsrechtliche Rechtsschutzmöglichkeiten nicht bestehen, kann durch Rechtsschutz vor nationalen Gerichten Abhilfe geschaffen werden. Mögliche Klagen richten sich hier gegen den beihilfengewährenden Mitgliedstaat. Der Rechtsschutz gegen den Beihilfenempfänger selbst, etwa in Form einer Schadenersatz- und Unterlassungsklage oder aufgrund unlauteren Wettbewerbs, scheitert daran, daß Annahme und Verwendung einer staatlichen Beihilfe für den Beihilfenempfänger nicht rechtswidrig sind. Gleichwohl bildet die Annahme einer Beihilfe in tatsächlicher Hinsicht häufig eine Voraussetzung für weiteres unlauteres Verhalten. 1. Wird in Deutschland eine Beihilfe durch Verwaltungsakt gewährt, kann hiergegen die Anfechtungsklage erhoben werden. Fehlt es an einer beihilfenaufsichtsrechtlichen Genehmigung, liegt ein Verstoß gegen das Durchführungsverbot vor, der an sich die Nichtigkeit des Verwaltungsakts zur Folge hat, weil es sich bei dem Durchführungsverbot nach der hier vertretenen Auffassung um ein „absolutes Verbot" handelt. Gleichwohl ist die Anfechtungsklage zunächst statthaft, die später auf eine Nichtigkeitsfeststellungsklage umgestellt werden muß. Entscheidende Zulässigkeitsvoraussetzung ist die Klagebefugnis. Sie ist gegeben, wenn der Kläger die mögliche Verletzung eines subjektiv-öffentlichen Rechts geltend machen kann. Die „Schutznormtheorie" des deutschen Verwaltungsprozeßrechts findet hier mit der Maßgabe Anwendung, als Schutznormen auch subjektive Rechte des Gemeinschaftsrechts zu berücksichtigen. a) Erfolgt die staatliche Beihilfenvergabe unter Verstoß gegen das Durchführungsverbot oder eine entgegenstehende Aufsichtsentscheidung, vermitteln Art. 88 (ex-Art. 93) Abs. 3 Satz 3 EG und Art. 3 VerfO bzw. die Aufsichtsentscheidung

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§ 7 Ausblick und Zusammenfassung

selbst ein solches Recht. Dessen Verletzung ist auch möglich und kann vom nationalen Richter ggf. nach Durchführung eines Vorabentscheidungsverfahrens festgestellt werden. Insofern wird die Rechtsschutzlücke geschlossen, die durch die eingeschränkte Zulässigkeit der Untätigkeitsklage entsteht. b) Liegt eine beihilfenaufsichtsrechtliche Genehmigung vor, kommt als Schutznorm lediglich das Gemeinschaftsgrundrecht der Berufsfreiheit in Betracht. Hier kann der nationale Richter die Rechtsverletzung nur annehmen, wenn er dabei von der Ungültigkeit der vorliegenden Genehmigungsentscheidung ausgeht. Da für eine Entscheidung über die Gültigkeit sekundären Gemeinschaftsrechts der EuGH zuständig ist, hängt die Möglichkeit der Schutznormverletzung letztlich von der Zulässigkeit des Vorabentscheidungsverfahrens ab, mit dem der EuGH mit Fragen der Auslegung und Gültigkeit des Gemeinschaftsrechts befaßt werden kann. Das Vorabentscheidungsverfahren ist in dieser Fallkonstellation subsidiär zur Nichtigkeitsklage. Wenn der Kläger die beihilfenaufsichtsrechtliche Genehmigung also mit der Nichtigkeitsklage anfechten konnte, kann er sich nicht mehr auf die Möglichkeit einer Grundrechtsverletzung vor dem nationalen Gericht berufen. War die Nichtigkeitsklage allerdings unzulässig, weil der Kläger die strengen Voraussetzungen der Klageberechtigung nicht erfüllt hat, ist die Möglichkeit der Rechtsverletzung gegeben, und der EuGH kann im Vorabentscheidungsverfahren mit der Frage der Gültigkeit der beihilfenaufsichtsrechtlichen Genehmigung befaßt werden. 2. Außer der Anfechtungsklage kann staatlichen Handeln im Zusammenhang mit der Beihilfenvergabe Gegenstand einer Unterlassungsklage sein, die sich gegen die tatsächliche Gewährung der Zuwendung richtet. Erfolgt die Vergabe einer Beihilfe durch einen öffentlich-rechtlichen Vertrag, ist hiergegen die Feststellungsklage zu erheben. Werden Beihilfen durch abstrakt-generelle Regelungen gewährt, kommt hiergegen ein Normenkontrollantrag in Betracht, wenn es sich um untergesetzliche Normen handelt. 3. Neben diesen Klagemöglichkeiten steht auch im System des nationalen Rechtsschutzes die Amtshaftungsklage. Entsteht ein Schaden durch einen mitgliedstaatlichen Verstoß gegen primäres oder sekundäres Gemeinschaftsrecht, kann diese Klage unter Berufung auf den gemeinschaftsrechtlichen Staatshaftungsanspruch erhoben werden. IV. Beim Rechtsschutz Dritter gegen gemeinschaftswidrige Beihilfen, insbesondere des Konkurrenten des Beihilfenempfängers, wirken Gemeinschaftsgerichte und nationale Gerichte also zusammen. Dies entspricht dem Grundsatz des effektiven Rechtsschutzes durch nationale Gerichte im Anwendungsbereich des Gemeinschaftsrechts und ist letztlich die Konsequenz aus der unmittelbaren Anwendbarkeit gemeinschaftsrechtlicher Normen und ihres Vorrangs. Soweit der effektiven Verwirklichung des Gemeinschaftsrechts nationale Vorschriften direkt oder indirekt entgegenstehen, stehen sie im Hinblick auf die Effektivität der Durchsetzung des Gemeinschaftsrechts unter „europäischem Einfluß".

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