Rechtsphilosophische Grundlagen des Ressourcenschutzes: Zu den normativen Ebenen der ökologischen Frage [1 ed.] 9783428515165, 9783428115167

Martin Heidrich widmet sich thematisch der Frage nach der Regelung bzw. Regelbarkeit der ökologischen Frage in rechtsphi

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Rechtsphilosophische Grundlagen des Ressourcenschutzes: Zu den normativen Ebenen der ökologischen Frage [1 ed.]
 9783428515165, 9783428115167

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Schriften zum Umweltrecht Band 137

Rechtsphilosophische Grundlagen des Ressourcenschutzes Zu den normativen Ebenen der ökologischen Frage

Von

Martin Heidrich

asdfghjk Duncker & Humblot · Berlin

MARTIN HEIDRICH

Rechtsphilosophische Grundlagen des Ressourcenschutzes

Schriften zum Umweltrecht Herausgegeben von Prof. Dr. Michael Kloepfer, Berlin

Band 137

Rechtsphilosophische Grundlagen des Ressourcenschutzes Zu den normativen Ebenen der ökologischen Frage

Von

Martin Heidrich

asdfghjk Duncker & Humblot · Berlin

Der Fachbereich Rechtswissenschaft der Universität Hamburg hat diese Arbeit im Jahre 2004 als Dissertation angenommen.

Bibliografische Information Der Deutschen Bibliothek Die Deutsche Bibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über abrufbar.

Alle Rechte vorbehalten # 2004 Duncker & Humblot GmbH, Berlin Fremddatenübernahme: L101 Mediengestaltung, Berlin Druck: Color-Druck Dorfi GmbH, Berlin Printed in Germany ISSN 0935-4247 ISBN 3-428-11516-3 Gedruckt auf alterungsbeständigem (säurefreiem) Papier ∞ entsprechend ISO 9706 *

Internet: http://www.duncker-humblot.de

Für meine Frau Nicola

„Wagen wir, die Dinge zu sehen, wie sie sind. Es hat sich ereignet, daß der Mensch ein Übermensch geworden ist. Er bringt die übermenschliche Vernünftigkeit, die dem Besitz übermenschlicher Macht entsprechen sollte, allerdings nicht auf.“ Albert Schweitzer anläßlich der Verleihung des Friedensnobelpreises in Oslo am 4. November 1954

Vorwort Jeder Jurist stellt sich während seiner Ausbildung oder praktischen Tätigkeit wenigstens ein einziges Mal die Frage nach dem Wesen des Rechts, der Gerechtigkeit oder der Moral. Die praktische Notwendigkeit eines Umweltschutzes bewegt zudem alle Menschen und wird wohl verstärkt auch noch die zukünftigen Generationen beschäftigen. Die Untersuchung widmet sich daher thematisch der Frage nach der Regelung beziehungsweise der Regelbarkeit der ökologischen Frage in rechtsphilosophischer Hinsicht. Methodologisch handelt es sich um eine Grundlagenbetrachtung, welche die Regelungsebenen des Ressourcenschutzes und die diesen normativen Ebenen zuzuordnenden Theorien sowohl formal als auch inhaltlich systematisiert. Dabei findet die Auseinandersetzung auf zwei normativen Ebenen statt, nämlich einerseits auf jener der Moral und andererseits auf jener des Rechts. Die vorliegende Arbeit wurde von dem Fachbereich Rechtswissenschaft der Universität Hamburg im Jahre 2004 als Dissertation angenommen. Für die thematischen Anregungen und die Betreuung bin ich Herrn Professor Dr. Michael Köhler, der zudem das Erstgutachten erstellte, sehr dankbar. Ich danke ferner Herrn Professor Dr. Hans-Joachim Koch für die Erstellung des Zweitgutachtens sowie Herrn Rechtsanwalt Frank Heemann, Frau Annett Thielemann, dem Institut für Rechtsphilosophie der Universität Hamburg, dem Institut für Internationale Angelegenheiten der Universität Hamburg, dem Philosophischen Seminar der Universität Hamburg und der Technischen Universität Dresden für ihre freundliche Unterstützung. Mein besonderer Dank gilt meinen lieben Eltern und meiner lieben Frau Nicola sowie meiner kleinen Emma, welche die aus anwaltlicher und rein wissenschaftlicher Tätigkeit resultierende Doppelbelastung leider sehr oft zu spüren bekommen, mich dennoch stets voll unterstützt haben. Dresden, im Februar 2004

Martin Heidrich

Inhaltsübersicht A. Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 19 B. Zum Begriff der natürlichen Ressource . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 23 I. Zur Etymologie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 23 II. Materieller Gehalt des Begriffes Ressource – Annahmen und Definitionen für den Fortgang der Untersuchung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 25 C. Regelungsebenen des Ressourcenschutzes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Die Normenebene der Moral . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Die Normenebene des Rechts. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Die materielle Permeabilität des Begriffspaars trotz formaler Autonomie des Rechts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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D. Die ökologische Frage als ethisches Eingangsproblem. . . . . . . . . . . . . . . . . . . 33 I. Ökologische Ethik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 33 II. Anthropozentrische Positionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 37 III. Nicht-anthropozentrische Positionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 79 IV. Ökologische Ethik – ein Fazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 106 E. Zur Regelungsebene des Rechts. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 112 I. Abgrenzung der Freiheitssphären. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 112 II. Grundsätzliche Parameter für die rechtliche Ausgestaltung des Ressourcenschutzes und zur Formulierung der Fragestellung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 117 III. Die Ökologische Besitzordnung im Lichte der vorherrschenden Konzeptionen zur Verteilungsgerechtigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 127 F. Konklusion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 194 Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 202 Sach- und Personenregister . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 224

Inhaltsverzeichnis A. Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 19 B. Zum Begriff der natürlichen Ressource . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 23 I. Zur Etymologie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 23 II. Materieller Gehalt des Begriffes Ressource – Annahmen und Definitionen für den Fortgang der Untersuchung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 25 C. Regelungsebenen des Ressourcenschutzes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Die Normenebene der Moral . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Die Normenebene des Rechts. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Die materielle Permeabilität des Begriffspaars trotz formaler Autonomie des Rechts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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D. Die ökologische Frage als ethisches Eingangsproblem. . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Ökologische Ethik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Anthropozentrische Positionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Geistige Grundlagen der Anthropozentrik. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Abendländisch-christliches Naturverständnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Sonderstellung des Menschen und Herrschaftsauftrag Gottes . bb) Zur Frage des programmatischen Destruktivismus der christlichen Anthropozentrik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Das Verständnis des Menschen von sich und der Natur seit dem Zeitalter der Aufklärung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Menschenwürde und Autonomie. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Die Sonderstellung des Menschen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Rationale und empirische Naturerkenntnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . (1) Der Rationalismus (Descartes). . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (2) Der Empirismus (Bacon). . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Argumentationsmuster eines anthropozentrisch verstandenen Naturund Ressourcenschutzes. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Universalisierung und ökologischer Utilitarismus . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Utilitarismus – Instrumenteller Wert der Natur . . . . . . . . . . . . . . bb) Universalisierung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Zukunftsethik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (1) Universalistische Zukunftsethik (Jonas). . . . . . . . . . . . . . . . . (a) Begründung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (b) Bewertung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (2) Utilitaristische Zukunftsethik (insbesondere Birnbacher) . (a) Begründung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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Inhaltsverzeichnis (b) Bewertung und Anwendungsfragen . . . . . . . . . . . . . . . . Der umweltökonomische Ansatz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Fazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Ästhetizismus – eudaimonischer Wert der Natur . . . . . . . . . . . . Das soziologische Moment der Naturbeherrschung und das psychologische Moment der Naturseltenheit. . . . . . . . . . . . . . . . (1) Soziologisches Moment der Naturbeherrschung. . . . . . . . . (2) Psychologisches Moment der Naturseltenheit . . . . . . . . . . . (3) Bedeutung beider Begriffe für die ethische Bezugnahme bb) Das Argument der Naturschönheit. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (1) Eudaimonischer Eigenwert der Natur . . . . . . . . . . . . . . . . . . (2) Die Funktionalität des Naturschönen für die Moralität . . (3) Folgerungen aus dem Begriff des Naturschönen . . . . . . . . c) Subjektive Wertlehren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Résumée zum anthropozentrischen Natur- und Ressourcenschutz . . . . III. Nicht-anthropozentrische Positionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Heterogenität des nicht-anthropozentrischen Lagers und Abgrenzung zur Naturschutzdebatte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Der Vorwurf des Speziezismus – das Gleichheitspostulat . . . . . . . . . . . a) Die Grenzfall-Argumentation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Aussage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Fazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Zwecktätigkeit der Natur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Der Mensch als Teil der Natur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Homo animal – Das intelligente Tier Mensch . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Die Aussage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Bewertung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . e) Der Evolutionismus – Die Natur als Vorstufe zum bzw. als Ahne des Menschen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Aussage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Einordnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Mitleidsethik (Bentham u. a.). . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Mitleid als im Grundsatz nicht-anthropozentrisches Humanphänomen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Vorsoziales Gefühl des Mitleids (Rousseau) . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Mitleid als Motivation (Schopenhauer) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Fazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Zur Wahrnehmbarkeit des Naturleids . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Die (an-)klagende Natur und ihr Schmerzenslaut . . . . . . . . . . . bb) Leid und Klage der stillen Natur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Bewertung des pathozentrisch-pathognomischen Begründungsversuches . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Objektive Werttheorie und absolute Ethik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . dd) ee) b) Der aa)

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Inhaltsverzeichnis

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a) Objektive Werttheorie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 101 b) Absoluter Wert allen Lebens (Schweitzer) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 103 5. Defaitismus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 104 a) Fatalistischer Defaitismus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 105 b) Nihilistisch-aktivistischer Defaitismus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 106 IV. Ökologische Ethik – ein Fazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 106 E. Zur Regelungsebene des Rechts. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 112 I. Abgrenzung der Freiheitssphären. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 112 1. Keine originären Rechte der Natur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 113 2. Der konstruktivistische Ansatz zur Begründung von Naturrechten. . . . 114 a) Inhalt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 114 b) Bewertung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 116 II. Grundsätzliche Parameter für die rechtliche Ausgestaltung des Ressourcenschutzes und zur Formulierung der Fragestellung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 117 1. Inhaltliche Anforderungen aufgrund des Regelungsgegenstandes . . . . . 117 a) Kompatibilität zum gängigen Rechtsbegriff . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 118 b) Vertikale und horizontale Dimensionierung des Regelungsgegenstandes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 118 2. Ressourcenschutz als anthropologisch-menschenwürdebezogene Fragestellung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 119 a) Das Postulat vom Menschenrecht auf Natur. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 119 b) Fazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 120 3. Ressourcenschutz als Frage einer zu lösenden Verteilungsproblematik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 121 4. Ressourcenschutz als Frage der Teilhabegerechtigkeit und der rechtsphilosophischen Fundierung der Besitzordnung . . . . . . . . . . . . . . . 124 a) Zur Gerechtigkeit und gerechten Lösung von Güterkonkurrenzen im allgemeinen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 124 b) Zum Begriff der Gerechtigkeit im speziellen: Die Formen der Gerechtigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 126 III. Die Ökologische Besitzordnung im Lichte der vorherrschenden Konzeptionen zur Verteilungsgerechtigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 127 1. Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 127 2. Die geschichtlichen Ursprünge des Begriffes der Teilhabegerechtigkeit (Aristoteles, Thomas von Aquin) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 128 3. Gemeinschaftsbezogene und fürsorglich orientierte ökologische (Um-)Verteilungsgerechtigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 131 a) Einführung – Geschichtliche Wurzeln des Kommunitarismus und Kollektivismus (Rousseau, Hegel, Marx) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 131 b) Aktuelle gemeinschaftsbezogene Positionen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 136 aa) Der kommunitaristische Gerechtigkeitsansatz . . . . . . . . . . . . . . . 136 (1) Sphären der Gerechtigkeit – situationsbezogene bzw. gleiche Verteilung der Naturgüter (Walzer) . . . . . . . . . . . . . 137

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Inhaltsverzeichnis (2) Genetischer und normativer Kommunitarismus . . . . . . . . . bb) Das Modell des sozialen Wohlfahrts- und Umverteilungsstaates als Grundlage für eine ökologische Gerechtigkeit . . . . (1) Iustitia distributiva als Korrektiv für den utilitaristischen Ansatz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (2) Verteilung durch unsichtbare Hand (Smith) oder nach Verdienst (von Hayek) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Konsensuell orientierte ökologische iustitia distributiva. . . . . . . . . . . . . a) Zum grundsätzlichen Argumentationsmuster des Kontraktualismus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Gerechtigkeit nach Rawls. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Übertragung des Vertragsgedankens auf den Untersuchungsgegenstand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Bewertung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Zur allgemeinen Kritik an aktuellen kontraktualistischen Modellen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Beurteilung des vertraglichen Modells im Rahmen des Untersuchungsgegenstandes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5. Subjektiv-freiheitsrechtlich orientierte Teilhabegerechtigkeit bezüglich der Naturgüter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Empirisch-weltaneignende selbstbezogene Subjektivität (Locke). . aa) Zur Grundaussage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Anwendungsgrenzen im vorliegenden Bezug . . . . . . . . . . . . . . . b) Freiheitsrechtlich orientierte iustitia distributiva (Kant) . . . . . . . . . . aa) Systematik der Kantischen Eigentumskonzeption . . . . . . . . . . . (1) Der Begriff des Sachenrechts nach Kant . . . . . . . . . . . . . . . (2) Erste Erwerbung und ursprüngliche Gemeinschaft des Bodens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (a) Rechtliches Postulat der praktischen Vernunft . . . . . . (b) Endlichkeit der Erdfläche und ursprüngliche Erwerbung des Bodens. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (3) Die Erwerbung im Rahmen einer bürgerlichen Verfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (a) Der rechtliche Akt der ersten Erwerbung im Rahmen der distributiven Willkür . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (b) Peremptorischer und provisorischer Besitz sowie Kants Abgrenzung zu Locke . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Bewertung des Kantischen Ansatzes für den Untersuchungsgegenstand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (1) Hinreichende Dimensionalität des Gesamtbesitzbegriffes (2) Zur Beschaffenheit des Teilhaberechtes nach Kant (Kompatibilität zum Rechtsbegriff) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (a) Besitzindividualismus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (b) Prozedualismus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

140 143 143 145 147 147 149 151 153 153 155 157 157 157 159 161 163 163 163 164 165 169 169 171 174 174 175 176 177

Inhaltsverzeichnis

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(c) Sozialstaatsgedanke. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 179 (d) Stellungnahme und Synthese: Materieller Gehalt der wechselseitig-allgemeingültigen Einräumung . . . . 181 (3) Konkretisierung des Begriffes der freiheitlichen Teilhabegerechtigkeit auf die ökologische Frage . . . . . . . . . . . . . . 183 (a) Vernunftsursprünglicher Gesamtbesitz der Menschheit an ihrer Umwelt. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 183 (b) Der Einbezug zukünftiger Generationen . . . . . . . . . . . . 185 (c) Leistungsfähigkeit und inhaltliche Ausrichtung des vernunftsursprünglichen Teilhaberechtes an der natürlichen Umwelt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 187 (aa) Normative Konkretisierung des freiheitlichen Teilhaberechts. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 187 (bb) Leistungsfähigkeit der freiheitlichen Teilhabegerechtigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 189 6. Fazit: Freiheitsnotwendige iustitia distributiva Kantischer Prägung zur Lösung der ökologischen Frage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 191 F. Konklusion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 194 Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 202 Sach- und Personenregister . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 224

A. Einleitung Die Ökologische Frage ist eine der zentralen gesellschaftlichen Diskurse der Gegenwart. Zum Abschluß der UNO-Konferenz über Umwelt und Entwicklung in Rio de Janeiro im Jahre 1992 wurde von den Teilnehmern ein ethischer bzw. politischer Vertrag mit der Natur verlangt und der als Agenda 21 gekennzeichnete Aktionsplan der vereinten Nationen für Umweltinitiativen auf globaler, nationaler sowie lokaler Ebene verabschiedet. Nach dem in Rio de Janeiro entwickelten Prinzip der gemeinsamen, aber unterschiedlichen Verantwortlichkeiten sollen die Industrieländer die Entwicklungsländer unterstützen, um das gemeinsame Ziel zu erreichen, die Erde für zukünftige Generationen zu erhalten. Es wurde zum Beispiel festgeschrieben, daß der Anteil der Menschen, die keinen Zugang zu sauberem Trinkwasser haben, bis zum Jahr 2015 halbiert werden und eine Reduzierung der Emission von Treibhausgasen bis 2000 auf den Stand von 1990 stattfinden sollte. Spätestens nach dieser internationalen Umweltkonferenz schloß sich eine umfangreiche, interdisziplinär geführte, gesellschaftliche Diskussion zur Frage des Umweltschutzes und der nachhaltigen Entwicklung an. Insbesondere wurden mannigfaltige Versuche unternommen, nunmehr auch geistigkulturell das Fundament eines allgemeingültigen und umfassenden, von naturwissenschaftlicher Seite bereits als Notwendigkeit formulierten Umweltschutzes zu etablieren. Es war die Erkenntnis durchgedrungen, daß die ökologische Frage ohne einen gesellschaftlichen Konsens aufgrund ihrer globalen Dimensionalität nicht zu lösen sein würde. Man machte sich daran, auf allen Ebenen des gesellschaftlichen Diskurses, d.h. insbesondere in wirtschaftspolitischer, ethischer, rechtlicher, internationaler und intergenerationeller Perspektive, Argumentationsmuster zu entwickeln, die einen, über das Motiv der Notwendigkeit hinausgehenden Verpflichtungsgrund für den, von der Menschheit universell zu forcierenden Umweltschutz begründen sollten. Gerade in internationalen Bezügen stellte und stellt die Frage nach einer allgemeinverbindlichen und auf grundsätzliche Akzeptanz eines jeden stoßenden Regelung des Ressourcenschutzes eine besondere Notwendigkeit dar.1 Im globalen Kontext sind mithin diejenigen allgemeinen Rich1 von Prittwitz, Institutionelle Arrangements und Zukunftsfähigkeit, S. 12 ff.; Biermann, Zukunftsfähigkeit durch neue institutionelle Arrangements auf globaler Ebene?, S. 103 ff.; Oberthür, Institutionelle Innovationsperspektiven in der interna-

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tigkeitskriterien gefragt, die, ungeachtet eines bestimmten Kulturkreises, auf allgemeine Akzeptanz stoßen, wenn im Rahmen gesellschaftlicher bzw. international geführter Diskussionen lokale oder landesspezifische Auffassungen divergieren und verschiedene (nationale) Egoismen aufeinandertreffen.2 Nachdem sich zeigte, daß die Konvention von Rio de Janeiro allein nicht ausreichte, um zum Beispiel den Ausstoß an Treibhausgasen zu begrenzen, da es insbesondere an rechtlichen Verpflichtungen fehlte, wurden im Rahmen der Klimakonferenz von Kyoto im Jahre 1997 zwar strengere Pflichten für die Industrieländer formuliert, die ihren Ausstoß an klimaschädlichen Gasen um mehr als fünf Prozent in der Zeit vom Jahre 2008 bis 2012 gegenüber dem Vergleichsjahr 1990 senken sollten. Dies war aber der Auftakt zu einem jahrelangen Tauziehen um die Ratifizierung des Kyoto-Protokolls in den einzelnen Signatarstaaten einerseits und andererseits zum Feilschen um einen Handel mit Emissionsrechten für die Anrechnung von grenzüberschreitenden Klimaschutzprojekten bzw. die kalkulatorische Einbeziehung der durch Wälder und Felder gebundenen Kohlenstoffe.3 Mit entsprechenden Erwartungen blickte die Weltgemeinschaft daher auf den in Johannesburg im Jahre 2002 stattgefundenen Weltgipfel über nachhaltige Entwicklung. Es war geplant, – neben der Erweiterung materieller Mindeststandards – insbesondere die rechtliche Implementierung und einen Sanktionsmechanismus im Hinblick auf die in Rio de Janeiro vereinbarte Agenda 21 zu beraten und zu beschließen.4 Es wurden sodann zwar gewisse, bisher noch nicht vereinbarte Mindeststandards verabschiedet, wie zum Beispiel für die Energiebewirtschaftung (Bedeutsame Steigerung des Anteils erneuerbarer Energien), die globalen Regeln für Unternehmen (Ökologische und soziale Verantwortung der global handelnden Unternehmen als wichtiger Bestandteil der nachhaltigen Entwicklung) und die natürlichen Ressourcen (Verhinderung des Verlustes der natürlichen Ressourcen sobald wie möglich), die aber materiell weich formuliert waren und denen entsprechende Überwachungsmechanismen zudem nicht korrespondieren. tionalen Umweltpolitik, S. 117 ff.; Mayer-Ries, Globales Arrangement für eine lokale Politik nachhaltiger Entwicklung, S. 137 ff. 2 Vgl. auch: Birnie, International Environmental Law: Its Adequacy for Present and Future Needs, S. 51 ff.; Hurrell/Kingsbury, The International Politics of the Environment, S. 1 ff.; von Weizäcker/Lovins/Lovins, Faktor Vier, S. 251 ff. 3 Vgl. hierzu: Vorholz, Geschäfte mit der Luft, DIE ZEIT 12/2002; Mayer-Ries a. a. O.; Greene, The System for Implementation Rewiew in the Ozone Regime, S. 89 ff.; Young/Levy, The Effectiveness of International Environmental Regimes, S. 1 ff.; Kiss/Shelton, International Environmental Law, S. 81 ff. 4 Vgl. zu den angestrebten Zielen: Grefe, Bloß keine Lippenbekenntnisse mehr, DIE ZEIT 35/2002; Biermann a. a. O.; Oberthür a. a. O.

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Die Ergebnisse von Johannesburg wurden daher überwiegend mit Enttäuschung und Ernüchterung aufgenommen.5 Nach wie vor ist also die Menschheit in der Frage des Naturschutzes und der Verteilung der irdischen Ressourcen unüberwindbar zerstritten. Auf eine universell-normative bzw. allseitig konsentierte Begründung eines Ressourcenschutzes scheint sich zudem das Primat der Politik nicht stützen zu können. Dabei hängt die ökologische Frage eng mit der Analyse der gemeinsamen geistigen Wurzeln der westlichen Welt und ihres Naturverständnisses zusammen. An der Bewertung dieser geistig-kulturellen Bezüge in der Umweltschutzdebatte scheiden sich jedoch die Geister – einerseits in ein, dem neuzeitlich-westlichen Rechts- und Wirtschaftsverständnis mit seinem Globalisierungsphänomen sehr kritisch bis feindselig gegenüberstehenden Lager, und andererseits in eine Fraktion, die den Fortschrittsglauben6 nicht aufgegeben hat und dessen Prinzip vielmehr zur Entwicklung eines Systems des nachhaltigen Wirtschaftens einsetzen bzw. fortentwickeln will. Die vorliegende Untersuchung widmet sich thematisch der Frage nach der Regelung bzw. Regelbarkeit der ökologischen Frage in rechtsphilosophischer Hinsicht. Methodologisch handelt es sich daher um eine Grundlagenbetrachtung, welche die Regelungsebenen des Ressourcenschutzes und die diesen normativen Ebenen zuzuordnenden Theorien sowohl formal als auch inhaltlich systematisiert. Die ökologische Frage als solche wird daher zunächst auf den Punkt gebracht. Es sollen sodann sowohl die ethischen als auch die rechtlichen Perspektiven und Argumentationsmuster der diesbezüglichen Debatte geordnet und untersucht werden. Insgesamt wird dabei der Frage nachgegangen, ob sich universell-normative Standards für die Erhaltung der natürlichen Lebensgrundlagen begründen lassen und ob sich diese im (entwickelbaren) Rahmen eines neuzeitlichen Moral- und Rechtsbegriffes oder hierzu in Opposition bewegen. Hierbei wird zwar auch die inhaltliche Eignung des jeweils dargestellten Ansatzes für den Regelungsgegenstand des Ressourcenschutzes grundsätzlich aufgezeigt. Aus diesem werden aber keine praktischen Forderungen bzw. Normen für konkrete ökologische Konflikte hergeleitet. Dies soll anderen wissenschaftlichen Disziplinen bzw. Arbeiten vorbehalten bleiben. Trotz der globalen Bedeutung des Umweltschutzes einerseits und des Bestehens bedeutender, nicht-westlicher philosophischer Schulen, wie zum 5 Schäfers, Der Klimaschutz kommt nur langsam voran. Viele Gipfel, aber wenig Erfolge, Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 25. August 2002; vgl. auch die Stellungnahmen der verschiedenen Umweltschutzorganisationen in: Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 3. September 2002; Grefe, Enttäuschte Hoffnung, DIE ZEIT 31/2002. 6 Vgl. hierzu ausführlich insgesamt: Schäfer, Das Bacon-Projekt. Von der Erkenntnis, Nutzung und Schonung der Natur.

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Beispiel der asiatischen Lehren des Konfuzianismus, Taoismus oder Buddhismus, andererseits beschränkt sich diese Auseinandersetzung auf die westlichen, d.h. europäischen bzw. angelsächsischen, Philosophien. Mögen dadurch auch denkbare Ursachenanalysen und Regelungsansätze im Hinblick auf die ökologische Frage, die ein nicht-westliches Verständnis von Gesellschaft, Staat, Subjekt oder Natur zugrunde legen, unberücksichtigt bleiben. Eine alleinige Bezugnahme auf westliche Theorien rechtfertigt sich für den vorliegenden Untersuchungsgegenstand jedoch bereits daraus, daß die gegenwärtige Diskussion um die ökologische Frage deutlich von einer kritischen Auseinandersetzung mit der global-ökologisch besonders folgenreichen, westlichen, vom Technik- und Fortschrittsglauben sowie modernen Marktverständnis bestimmten Einstellung zur Natur dominiert ist.7

7 Vgl. ganz in diesem Sinne u. a.: Schäfer, Das Bacon-Projekt. Von der Erkenntnis, Nutzung und Schonung der Natur, S. 13 ff.; Ott, Ökologie und Ethik, S. 114 ff.

B. Zum Begriff der natürlichen Ressource I. Zur Etymologie Sich unvoreingenommen dem vorliegenden Thema zu nähern, erweist sich als kein leichtes Unterfangen. Bereits der thematisch gewählte Begriff der Ressource scheint tendenziös und vorgreiflich zu sein. Im Wort Ressource (französisch: Hilfsmittel) offenbart sich die finale Verknüpfung zwischen dem Menschen als verfügendem und nutzendem Subjekt und der Natur als dienendem Objekt. So mag denn auch die Verwendung dieses Begriffes bei der Formulierung der hier thematisierten Fragestellung zunächst den Eindruck erwecken, dieser Wortsinn werde vom Verfasser als Soll-Zustand der vorliegenden Untersuchung bereits zugrunde gelegt. Dem ist aus zweierlei Gründen jedoch nicht so: Zum einen lassen sich absolut wertfreie Synonyme für den Begriff der Ressource nicht finden. Etymologisch sind ähnliche Begriffe, wie jener der Natur, Umwelt oder der natürlichen Lebensgrundlagen, nämlich nicht präziser. Der Begriff der Umwelt ist ebenfalls eng mit der geistesgeschichtlichen Tradition des Abendlandes verbunden. Dahinter steht das rationale Verständnis eines kategorialen Dualismus zwischen Subjekt und Objekt, Person und Sache, Leib und Seele.1 Umwelt kann daher als der lebensweltliche Objektbereich des äußeren Daseins verstanden werden, auf den der Mensch lediglich in seiner physischen Integrität rückbezogen ist.2 Gegenläufig, aber gleichwohl nicht minder vorbefaßt, wäre demgegenüber der Begriff der Mitwelt. Diesem liegt wiederum die Interpretation eines ganzheitlichen Mensch-Natur-Verständnisses zugrunde. Die Natur rückt darin nicht nur als äußeres Bedürfnisreservoir für menschliche Zwecke in den Blickpunkt, sondern als ein gesamtheitlich organisches Wirkgefüge, dessen Teil der Mensch unmittelbar ist.3 Auch der Begriff der natürlichen Lebensgrundla1 Vgl. Caspar, Ökologische Verteilungsgerechtigkeit und moderner Rechtsstaat am Beispiel des Klimaschutzes, ARSP 1997, S. 338, 344; ders., Tierschutz unter rechtsethischem Aspekt, ARSP 1995, S. 381 ff., im Hinblick auf die rechtsethischen Bestimmungen des Mensch-Tier-Verhältnisses. 2 Vgl. Caspar, Ökologische Verteilungsgerechtigkeit und moderner Rechtsstaat am Beispiel des Klimaschutzes, ARSP 1997, S. 338, 345. 3 Vgl. Caspar a. a. O.; vgl. auch in diesem Sinne: Meyer-Abich, Mit-Eigentum und Würde der Natur im Zeitalter der Wirtschaft, S. 19; ders. insgesamt hierzu in: Aufstand für die Natur – Von der Umwelt zur Mitwelt, wonach es gelte die

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B. Zum Begriff der natürlichen Ressource

gen, wie in Artikel 20 a des Grundgesetzes positiv-gesetzlich aufgenommen, kann nicht neutral verstanden werden. Denn ohne weiteres fällt unter eine derartige Terminologie zum Beispiel eine bestimmte Pflanzenart nicht, die weder aus ästhetischen Gründen noch wegen einer etwaigen heilenden Wirkung menschlichen Zwecken dienen kann und damit für das menschliche Dasein offenkundig ohne Bedeutung ist. Selbst die Bezeichnung Natur ist lediglich sehr vordergründig betrachtet eine wertfreie Benennung des sachlichen Gegenstandes der ökologischen Frage. Mag auch objektiv hierunter zunächst alles das (Stoff, Substanz, Materie) zu verstehen sein, was an organischen und anorganischen Erscheinungen (Pflanzen, Tieren, Gewässern, Gesteinen, Erdoberfläche und -substanz) ohne Zutun des Menschen existiert oder sich entwickelt, liegt hierin dennoch zugleich eine implizierte dualistische Ausrichtung des Verhältnisses zwischen Mensch und Natur. Zum anderen wird man zweifelsohne und als unbestreitbares Faktum akzeptieren müssen, daß jegliches menschliches Leben auf bestimmten natürlichen Lebensgrundlagen jedenfalls beruht und ohne diese nicht denkbar ist.4 Daß der Mensch die Natur überhaupt zu seinem Überleben nutzen darf, kann nicht ernstlich in Zweifel gezogen werden. Auch insofern ist es für den vorliegenden Untersuchungsgegenstand nicht angezeigt, auf den Begriff der Ressource notwendigerweise von vornherein zu verzichten. Der empirische Befund im Hinblick auf die Inanspruchnahme der natürlichen Umwelt durch die Menschheit in der Neuzeit ist freilich weitreichender und wirft damit gerade die sogenannte ökologische Frage auf. Die Umwelt des Menschen ist nicht bloß betrachtete, als schön oder bedrohlich empfundene Natur und ebensowenig lediglich dessen elementare Lebensgrundlage. Die ganze Welt, soweit die Materie reicht und Naturgesetze herrschen, ist, jedenfalls für die moderne arbeitsteilige Industrie- und Dienstleistungsgesellschaft, in erster Linie Ressource, um daraus mit Hilfe von Energie etwas Neues zu erstellen. Die natürliche Welt erscheint hierdurch nur noch als Material, als wirtschaftliches, der Willkür des Menschen unterworfenes Gut.5 Der allgemeine Begriff der Natur in der modernen, sowohl markt- als auch planwirtschaftlich organisierten Ökonomie ist jener der Regulierung ihrer Ausbeutung. Die Natur ist hiernach schlichtweg Ressource, das Vorratshaus, aus dem der Mensch seine Bedürfnisse, ungeachtet ihres Grades oder ihrer Legitimität befriedigt, ein Behälter nicht ersetzbarer Stoffe. Ihre Menschheit in eine umfassende Rechtsgemeinschaft der Natur zu integrieren, um das menschliche Verhalten mit der gesamten natürlichen Lebensordnung in Einklang zu bringen. Natur wäre danach als das Ganze zu verstehen, zu dem auch wir gehören würden, und unter der natürlichen Mitwelt die außermenschliche Natur, die auch ein Teil des Ganzen sei, allerdings der größere. 4 Vgl. Kant, Metaphysik der Sitten, S. 262. 5 Meyer-Abich, Wege zum Frieden mit der Natur, S. 121.

II. Materieller Gehalt des Begriffes Ressource

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maßgebliche und tatsächliche Funktion besteht nach bisherigem ökonomischen Verständnis einfach darin, verfügbar zu sein.6 Der Berechtigung eines so verstandenen Natur- oder Ressourcenbegriffes soll hier – am Anfang der Untersuchung – ungeprüft selbstverständlich nicht das Wort geredet werden. Denn es ist auch gerade die kritische Auseinandersetzung mit diesem beschriebenen Ist-Zustand, die sowohl den Bezug des Menschen zur Natur als auch dessen Verhältnis zu seinesgleichen angesichts der fortschreitenden Verknappung und Zerstörung natürlicher Güter auf den Prüfstand stellt. Festzuhalten bleibt damit, daß der vorliegenden Untersuchung ein etymologisch neutraler Terminus nicht zugrunde gelegt werden kann. Insofern wird die zutage tretende wortgeschichtliche bzw. semantische Vorgreiflichkeit anläßlich der thematischen Auseinandersetzung mit der Frage, ob und inwiefern bei ethischer wie rechtstheoretischer Betrachtung der Natur die Rolle einer bloßen Ressource des Menschen zukommen soll, weder vermeidbar noch notwendigerweise aufzulösen sein. Die genannten Begriffe werden daher – da etymologische Wertungen nicht vermeidbar (gleichwohl aber auch nicht bezweckt) sind – im Rahmen der nachfolgenden Untersuchung bedeutungsgleich verwendet.

II. Materieller Gehalt des Begriffes Ressource – Annahmen und Definitionen für den Fortgang der Untersuchung Für die folgenden Darstellungen und Überlegungen ist es erforderlich, daß die im weiteren synonym verwendeten Begriffe der Ressource, der Natur und der natürlichen Lebensgrundlagen inhaltlich definiert werden. Als Minimalbeschreibung ist festzustellen, daß man unter natürlichen Ressourcen begrifflich zunächst ohne weiteres die natürlichen Lebensgrundlagen verstehen kann, auf denen jegliches menschliches Leben jedenfalls beruht. Hierunter sind zum einen diejenigen Naturgüter zu verstehen, die dem Menschen zum Konsum bzw. Weiterverarbeiten im weitesten Sinne zur Verfügung stehen. Zum anderen kann auch die – in der Regel beschränkte – Aufnahmefähigkeiten der Natur für die vom Menschen verursachten und zu entsorgenden Abfälle als natürliche Ressourcen verstanden werden.7 Im einzelnen ist der Begriff der Ressource indifferent: Bei den jeweiligen Umweltgütern wird es sich (meistens) um knappe oder (seltener) um im 6

Brodbeck, Die fragwürdigen Grundlagen der Ökonomie, S. 125. Vgl. van Dieren, Mit der Natur rechnen. Der neue Club-of-Rome-Bericht, S. 209; Meyer-Abich, Wege zum Frieden mit der Natur. Praktische Naturphilosophie für die Umweltpolitik, S. 121 ff. 7

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B. Zum Begriff der natürlichen Ressource

stets ausreichenden Maße vorhandene Ressourcen handeln. Etwaige Mangelerscheinungen im Hinblick auf knappe Ressourcen können lediglich lokal in kleinen Gemeinschaften oder auch übergreifend global von Bedeutung sein. Von besonderer Relevanz für nachfolgende Generationen mag zudem sein, daß häufig die Knappheit lediglich abgeschwächt und zeitlich gestreckt werden kann, als solche aber letztlich nicht überwindbar ist. Daher findet interdisziplinär in diesem Zusammenhang terminologisch die Unterscheidung zwischen (bedingt) regenerierbaren bzw. erneuerbaren (z. B. Wälder, Tierbestände) und nicht regenerierbaren bzw. nicht erneuerbaren (erschöpfbaren) Ressourcen statt. Letztere sind solche, die durch den Produktionsprozeß vollständig verbraucht werden und keine Regenerationsfähigkeit aufweisen, wie z. B. fossile Energieträger und mineralische Rohstoffe.8 Da jedoch eine Ressource streng genommen als erneuerbar oder nicht erneuerbar gilt, je nachdem, ob sie in signifikantem Ausmaß natürlicher Regeneration unterliegt9, besteht in letzter Konsequenz ein wirklicher Unterschied zwischen den gewöhnlicherweise als erschöpfbar oder nicht erschöpfbar bezeichneten Ressourcen in den meisten Zusammenhängen nur in gradueller Weise.10 Auch vermeintlich erneuerbare Ressourcen sind im Prinzip erschöpfbar, da die Erschöpfbarkeit einer Ressource nicht nur von ihren Eigenschaften abhängt, sondern auch von den ökonomischen Aktivitäten und technischen Fertigkeiten der auf diese zurückgreifenden Gesellschaft.11 Aus diesem Grunde und unter Berücksichtigung des Umstandes, daß die gesamte ökologische Debatte gerade vor dem Hintergrund der insbesondere in den letzten Jahrzehnten offenbar gewordenen Begrenztheit der zu nutzenden bzw. zu verteilenden, nicht regenerierbaren natürlichen Ressourcen geführt wird, sei klarstellend darauf hingewiesen, daß im folgenden allein von nicht erneuerbaren Ressourcen die Rede sein wird.

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van Dieren, Mit der Natur rechnen. Der neue Club-of-Rome-Bericht, S. 210. Welsch, Wohlfahrtstheorie und Wirtschaftspolitik natürlicher Ressourcen, S. 8 ff. 10 Ganz in diesem Sinne auch: Kloepfer/Reinert, Umweltprobleme als Verteilungsprobleme in rechtlicher Sicht, S. 27; vgl. auch: Unnerstall, Rechte zukünftiger Generationen, S. 132 ff. 11 Kloepfer/Reinert, Umweltprobleme als Verteilungsprobleme in rechtlicher Sicht, S. 28; vgl. auch: Kollek, Was gibt Natur – Natur als Rohstoff, S. 137 ff. 9

C. Regelungsebenen des Ressourcenschutzes Rechtsphilosophie im allgemeinen und die rechtsphilosophischen Grundlagen eines Ressourcenschutzes im besonderen bewegen sich – dies wird die weitere Untersuchung zeigen – in einem Spannungsverhältnis der beiden Normkategorien des Rechts einerseits und der Moral andererseits. Es ist daher zum Zwecke der näheren Auseinandersetzung mit dem vorliegenden Thema geboten, die beiden den Ressourcenschutz konstituierenden Normbereiche und ihr Verhältnis zueinander näher zu untersuchen. Da der Naturschutzgedanke veränderten Einstellungsmustern und Anschauungen sowie zeitgenössischen Wandlungen der Geisteshaltung unterworfen ist und sich ständig weiterentwickelt hat, spricht vieles dafür, nicht nur die geistesgeschichtliche Perspektive, sondern auch das Wechselspiel der Normebenen Recht/Moral in die Analyse mit einzubeziehen. Es folgt daher zunächst ein kurze1 begriffliche Konturierung dessen, was im folgenden mit Recht bzw. Moral – insbesondere im Kantischen Sinne2 – gemeint ist, um sodann auf die für den Ablauf der weiteren Untersuchung relevante Permeabilität dieser beiden grundsätzlich von einander definitorisch-abstrakten Begriffe einzugehen.

I. Die Normenebene der Moral Die Frage nach der Moral darf als fundamental bezeichnet werden. Die Philosophie stellt sich nicht nur die Erkenntnisfrage (Was ist die Welt? Was kann mein Verstand über sie aussagen?), sondern gerade auch die moralische Frage nach Prinzipien, d.h. Tugendpflichten, für unsere Lebensführung (Wie soll ich leben? Worauf soll sich mein Wille richten?). Tugendpflich1 Hinsichtlich einer ausführlichen Abgrenzung der beiden Begriffe, die in diesem Zusammenhang den Rahmen sprengen würde, kann auf anderenorts erschienene Publikationen, wie zum Beispiel Seelmann, Rechtsphilosophie, S. 73 ff. m. w. N.; Höffe, Recht und Moral: Ein Kantischer Problemaufriß, Neue Hefte für Philosophie, 17, S. 1 ff. m. w. N., verwiesen werden. 2 Eine vertiefte – in diesem Zusammenhang ausufernde – Darstellung anderer Ansätze zum Rechts- bzw. Moralbegriff erfolgt nicht. Die von Kant entwickelten Begrifflichkeiten prägten die neuzeitlich-freiheitlichen Vorstellungen von den beiden Normbereichen jedenfalls entscheidend. Zu den Begriffen des Rechts und der Moral eingehender siehe insgesamt: Höffe, Klassiker der Philosophie. Von Immanuel Kant bis Jean Paul Sartre.

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C. Regelungsebenen des Ressourcenschutzes

ten beinhalten innere Maximen des Wollens und reichen im materiellen Pflichtgehalt unter Umständen wesentlich weiter3 als die auf der Normenebene des Rechts bestehenden Rechtspflichten, nämlich insbesondere auf die eigene Vollkommenheit und die fremde Glückseligkeit.4 Der Pflichtbegriff steht unmittelbar in Beziehung zu einem inneren Sittengesetz des jeweiligen Willens. Selbiges wird damit zwar allein vom Willen des einzelnen gebildet, allerdings als obere und allgemeine Handlungsanweisung nur nach Maßgabe der ersten Variante des kategorischen Imperativs, wonach so zu handeln sei, daß die Maxime meines Willens jederzeit zugleich als Prinzip einer allgemeinen Gesetzgebung gelten könne.5 Diese innere, sittliche Gesetzgebung gibt dabei nicht die Gesetze für die Handlungen, sondern nur für die Maximen der Handlungen.6, 7 Das Sittengesetz ist mithin als Norm des jeweiligen eigenen Willens zu denken und nicht als Gesetz des Willens überhaupt, der auch der Wille eines jeden sein könnte, wodurch es sich eben nicht um eine innere sittliche Pflicht, sondern um eine äußere Rechtspflicht handeln würde, die nicht in das Feld der Ethik gehört.8, 9 Im praktischen Bezug bedeutet dies, daß es unter moralischem Aspekt grundsätzlich jedem freisteht, im persönlichen Verhältnis zur Natur und den natürlichen Lebensgrundlagen seine eigene kategoriale Konzeption zu verfolgen. Als empirischer Befund ist freilich zu konstatieren, daß die sich tatsächlich herausgebildeten Moralbegriffe insbesondere auf kollektiven Wertvorstellungen, wie Sitten und Bräuchen, und nicht auf subjektiv-autonomen Willensprozessen beruhen. 3 Hierdurch wird auch deutlich, daß die Unterscheidung zwischen Recht und Moral praktisch auch dazu dient, klarzustellen, was nicht Gegenstand des Rechts sein darf, was für die staatliche Gewalt unverfügbar ist, wozu nicht gezwungen werden darf. 4 Kant, Metaphysik der Sitten, S. 387. 5 Kant, Kritik der praktischen Vernunft, S. 30. 6 Kant, Metaphysik der Sitten, S. 388. 7 Die Frage nach dem Sittengesetz wird freilich nuancierter diskutiert als dies im Rahmen dieser Untersuchung wiederzugeben ist. Vgl. etwa die Umformulierung des Kategorischen Imperativs im Rahmen der Diskursethik durch Habermas, Moralbewußtsein und kommunikatives Handeln, S. 77; vgl. auch hierzu kritisch: Abel, Probleme und Perspektiven der Gegenwartsphilosophie, Allgemeine Zeitschrift für Philosophie 2000, S. 19, 43. 8 Kant a. a. O. 9 Die mit Kant vorzunehmende Unterscheidung zwischen Rechts- und Tugendpflichten sollte nicht mit einem anderen Kantischen Dualismus, nämlich dem zwischen Moralität/Legitimität auf der einen Seite und Moralität/Legalität auf der anderen Seite, verwechselt werden. Nur in der Verpflichtungsweise, nicht im Gegenstand der Pflicht unterscheiden sich Legalität und Moralität. Insofern verläuft Kants Trennung zwischen Rechtspflichten und Tugendpflichten quer zu der von Legalität und Moralität; vgl. hierzu ausführlich: Seelmann, Rechtsphilosophie, S. 75 ff.

II. Die Normenebene des Rechts

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II. Die Normenebene des Rechts Der Begriff des Rechts, sofern er sich auf eine ihm korrespondierende Verbindlichkeit bezieht, betrifft demgegenüber nur das äußere, und zwar praktische Verhältnis einer Person gegen eine andere, sofern ihre Handlungen als facta aufeinander (unmittelbar oder mittelbar) Einfluß haben können.10 Das Rechtsgesetz betrifft somit ein Pflichtgesetz der Handlungen und damit das äußere und praktische Verhältnis einer Person gegen eine andere. Eingriffe in die Freiheit des anderen sind nur zur Wahrung eines allseitig gleichen Maßes an Freiheit erlaubt.11 Wo das Rechtsgesetz ein Pflichtgesetz der Handlungen beinhaltet, stellt das moralische Gesetz im engeren Sinne ein Pflichtgesetz für die Maximen des Wollens dar. Deshalb können den inneren Tugendpflichten auch keine äußeren Rechtsforderungen entgegenstehen. Der Bereich der Zwecksetzung entzieht sich der Kompetenz äußerer Gesetzgebung, die zwar das Prinzip rechtlich legitimer Handlungen enthält, es jedoch jedermanns freier Willkür überläßt, welchen Zweck er sich für seine jeweiligen Handlungen setzen will.12 Falls das Recht dennoch grundsätzlich eine innere Anerkennung von Rechtsverbindlichkeiten und damit mehr als bloße Legalität, mehr als Übereinstimmung der Handlung mit dem Rechtsgesetz13, fordern könnte, würde die Möglichkeit der Entstehung eines Gesinnungsrechts bzw. einer formalen Rechtsmoralisierung eröffnet14, die mit der Innen-Außen-Struktur praktischer Gesetzgebung als Applikation der reinen praktischen Vernunft selbst unvereinbar wäre und vom Recht eine praktisch unmögliche Aufgabe der Regelung der Zwecksetzung als Triebfederbestimmung15 verlangen würde. Recht gestaltet sich danach interdependent nur zwischen Rechtspersonen bzw. Subjekten und regelt den äußeren Gebrauch der dem Subjekt eigenen Freiheit. Recht und Subjektivität bilden eine untrennbare Verbindung.16 Der praktische Vollzug des freien Willens des Subjekts (Handlung) im Bereich seiner äußeren Freiheit setzt stets faktisch die – durch Recht zu leistende – inhaltliche Gewährung eben dieser Handlungsfreiheit voraus. Praktisch be10

Kant, Metaphysik der Sitten, S. 229 ff.; vgl. auch: Wildt, Zum Verhältnis von Recht und Moral bei Kant, ARSP 1997, S. 159 ff. sowie insgesamt: Stragas, Kritik der Kantischen Rechtsphilosophie; Kaulbach, Studien zur späten Rechtsphilosophie Kants und ihre transzendale Methode, S. 135 ff. 11 Kant a. a. O. 12 Kant a. a. O. 13 Kant a. a. O. 14 Krijnen, Haben Tiere Rechte?, ARSP 1997, S. 369 ff. m. w. N.; ferner: Höffe, Recht und Moral, Neue Hefte für Philosophie, 17, S. 84 ff. 15 Krijnen, Haben Tiere Rechte?, ARSP 1997, S. 394. 16 Krijnen, Haben Tiere Rechte?, ARSP 1997, S. 369, 392.

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C. Regelungsebenen des Ressourcenschutzes

deutet dies, daß die ethischen Auffassungen des einzelnen zur Natur – sei er nun Naturschützer oder auf Naturgüter angewiesener Konsument bzw. Produzent – dort ihre Grenzen haben, wo die Rechte anderer Rechtssubjekte beginnen.

III. Die materielle Permeabilität des Begriffspaars trotz formaler Autonomie des Rechts Die Erkenntnis von der begrifflichen Trennung des Rechts von der Moral ist für Zweierlei bedeutsam: Erstens hilft sie zunächst, den definitorischen Eigengehalt der gesellschaftlichen Erscheinungen des Rechts bzw. der Moral zu begreifen und selbige zu weiteren Humanphänomenen, wie Freiheit und Autonomie, ins rechte Verhältnis zu setzen. Zweitens erlaubt das Verständnis von der grundsätzlichen dogmatisch-formalen Abstraktheit des Rechts von der Moral die wenigstens gelegentlich vorzufindende tatsächlich-materielle Permeabilität zwischen beiden Bereichen richtig einzuschätzen. Es sei an dieser Stelle deutlich herausgestellt, daß die grundsätzliche Emanzipation des Rechts von der Moral im engeren Sinne, d.h. verstanden als Gesetzgebung für den inneren Willkürgebrauch, nicht in Frage gestellt werden soll. Einer etwaigen materiellen Rechtsmoralisierung soll ebensowenig das Wort geredet werden. Denn die Erkenntnis, daß es Bereiche menschlichen Handelns gibt, die aufgrund ihrer Zielsetzung oder ihrer Handlungsmotive gar nicht verrechtlicht werden dürfen, kann – wie bereits dargestellt – berechtigterweise als fester und anerkannter Bestandteil der Rechtsphilosophie betrachtet werden. Die anzunehmende graduelle Permeabilität beider Normbereiche stellt den systematischen Grundansatz der Trennung auch nicht in Frage. Sie basiert vielmehr auf zwei empirischen Befunden: Zum einen darf – auch wenn Recht und Moral einander systematisch nebengeordnet und eine materielle Moralisierung des Rechts aus diesem Grunde zurückzuweisen ist – folgendes nicht übersehen werden: Der tatsächlich vorzufindende Komplex positiver naturschutzrechtlicher Normen ist ganz allgemein als ein kompromißfähiger Teil und als eine Schnittmenge17 einer Vielzahl von divergierenden sowie konkurrierenden ethischen Konzepten des Natur- und Ressourcenschutzes und daraus resultierender freiheitsbeschränkender Forderungen aufzufassen. Über deren Einlösung ließ sich im großen und ganzen im Gesetzgebungsverfahren Übereinstimmung herstellen. Daraus wird deutlich, daß eine rechtsphilosophische 17 Sitter-Liver, Natur als Polis. Vertragstheorie als Weg zur ökologischen Gerechtigkeit, ARSP-Beiheft 56, S. 139, 140, spricht vom Recht als dem treuen Spiegel dominierender moralischer Überzeugungen.

III. Die materielle Permeabilität des Begriffspaars

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Untersuchung die dem Recht vorausliegenden ethischen Dimensionen des Naturschutzes nicht ausblenden darf.18 Denn dem Regelungsbereich der Ethik kommt insofern tatsächlich eine, zwar systematisch aufgrund des formalen Rechtsbegriffes nicht eingeräumte, aber unter Berücksichtigung empirisch-gesellschaftlicher Bezüge sich zwangsläufig ergebende materielle Filter- und Steuerungsfunktion19 für den zu regelnden Natur- und Ressourcenschutz zu. Die Emotionalität, mit der die Auseinandersetzung um die ökologische Frage geführt wird, betrifft demgemäß auch weniger die Beurteilung rein juristischer oder rechtstheoretischer Fragen, als vielmehr die dahinter stehende Haltung, ethische Ansprüche durch eine möglichst weitgehende Übersetzung in das Rechtssystem zu stärken. Zum anderen wird der Gang der weiteren Untersuchung noch zeigen, daß die ökologische Frage – sowohl in rechtlicher als auch in ethischer Hinsicht – nicht nur durch die Diskussion um materielle Ausgestaltungen des Naturund Ressourcenschutzes bestimmt wird, sondern auch gerade durch den formellen Disput darüber, ob nur der Mensch oder gleichermaßen auch die Natur als Subjekt und nicht bloß als Objekte auf beiden Regelungsebenen aufzufassen ist. Ganz in diesem Sinne wird sehr häufig die vorerwähnte strikte Trennung zwischen Ethik und Recht mit dem Hinweis auf dennoch feststellbare Interdependenzen zum Anlaß genommen, um auf moralische Argumentations- bzw. Verweisungsdimensionen des Rechts20 hinzuweisen. So enthalten auch die meisten der Beiträge, auf die im weiteren Verlauf dieser Untersuchung Bezug genommen wird, Aussagen sowohl im Hinblick auf die ethische als auch auf die rechtliche Regelungsebene, in der Regel allerdings leider ohne die diesbezüglich notwendige begriffliche Trennschärfe.21 Man kann sogar sagen, daß es geradezu symptomatisch für die interdisziplinär geführte Diskussion der ökologischen Frage ist, daß die vorgebrachten Argumente häufig in ethisch-rechtlichen Gemengelagen vorgebracht werden, ohne in gebotener Art und Weise für eine hinreichende Differenzierung zwischen beiden Regelungsebenen Sorge zu tragen. Im Ergebnis ist zu konstatieren, daß Moral und Recht formal-systematisch verschieden sind, aber materiell nicht voneinander geschieden.22 Das 18 In diesem Sinne auch insgesamt argumentierend: Schröter, Mensch, Erde, Recht. Grundfragen ökologischer Rechtstheorie; vgl. ferner: Unnerstall, Rechte zukünftiger Generationen, S. 54 ff. 19 Vgl. Caspar, Tierschutz im Recht der modernen Industriegesellschaft, S. 36. 20 Vgl. zu diesen Phänomenen: Seelmann, Rechtsphilosophie, S. 80 m. w. N. 21 Vgl. zum tendenziellen Überwiegen ethischer Ausführungen in rechtstheoretisch orientierten Überlegungen: Kube, Die juristische Dogmatik auf dem Weg zur Ökologischen Rechtstheorie, ARSP 1997, S. 416, 422. 22 A. Kaufmann, Rechtsphilosophie, S. 214; Schapp, Freiheit, Moral und Recht. Grundzüge einer Philosophie des Rechts, S. 225 ff.

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C. Regelungsebenen des Ressourcenschutzes

Recht dient auch letztlich der Selbstverwirklichung der moralischen Persönlichkeit. Freilich kann das Recht die moralische Pflichterfüllung nicht erzwingen, es kann sie nur ermöglichen. Ist das Recht aber die Möglichkeit der Moral, dann ist es notwendig auch die der Unmoral.23 Das Recht kann und muß jenes Maß an äußerer Freiheit schaffen, ohne das die innere Freiheit der moralischen Pflichterfüllung nicht gedeihen kann. Freilich ist dabei das Recht auf die Garantie der elementaren moralischen Forderungen beschränkt. Es kann und darf seinen Blick nicht auf die Gipfel des anspruchsvollen hohen Ethos richten, und insofern kann man es in der Tat als das ethische Minimum bezeichnen.24 Eine Grundlagenbetrachtung des Ressourcenschutzes hat auf der ersten normativen Ebene der ökologischen Ethik zu beginnen. Im unmittelbar folgenden wird der Verfasser daher versuchen, eine Bresche in das mittlerweile ausufernde Dickicht der existierenden ökologischen Moralvorstellungen zu schlagen. Darauf aufbauend wird sodann im zweiten Hauptteil konkret herauszuarbeiten sein, ob und inwiefern seitens der ökologischen Ethik Grundsatzentscheidungen sowie Parameter für die rechtlichen Grundlagen eines Ressourcenschutzes geliefert werden.

23 24

A. Kaufmann, Rechtsphilosophie, S. 215. A. Kaufmann, Rechtsphilosophie, S. 216.

D. Die ökologische Frage als ethisches Eingangsproblem I. Ökologische Ethik Die gegenwärtig vorzufindende Landschaft der ökologischen Ethik in der westlichen bzw. abendländischen Kultur stellt den vorläufigen Endpunkt einer sich historisch ständig – zum Teil linear, aber auch renaissanceartig – verändernden Einstellung des Menschen zur Natur dar. Die für den heutigen Umgang mit der Natur entscheidende Zäsur fand im Zeitalter der Aufklärung statt, wo der fundamentale Bruch mit der traditionellen Sichtweise eines einheitlichen Weltbildes vollzogen wurde, in dem Mensch und Natur gleichsam in der Schöpferperson Gottes aufgehoben waren. Es begann nunmehr das Zeitalter der modernen Naturwissenschaften und mit ihm eine neue umfassende Sicht der Welt. Die organische Ordnungsvorstellung des Mittelalters fiel vor dem kritischen Erkenntnisprozeß der Moderne in sich zusammen. Die Natur, die vom kontemplativen Denken der Antike bis zum Mittelalter als sinnhafte, vergeistigte, von inneren Kräften durchwirkte Einheit gesehen wurde, fand sich reduziert zu einer äußeren, körperlichen Sphäre, die eine Wertschätzung nur noch als Bedürfnisreservoir menschlicher Zwecke erlangte.1 Die Welt wurde von nun an als bloße Welt der Erscheinungen verstanden, deren Mysterien sich mittels des Verstandes in Wissen verwandeln ließen und die sich in ein funktionalistisches, auf menschliche Bedürfnisse zentriertes Vernunftskonzept einpassen ließ. Die Entzauberung der Schöpfung zur bloßen Umgebung und Umwelt, ihre Gleichsetzung mit einer rein rationalen, nach dem Gesetz von Ursache und Wirkung verkoppelten äußeren Hülle menschlicher Existenz, kündigte den Übergang zur Neuzeit und das bis heute fortwirkende Modell der Naturerkenntnis und Naturdurchdringung an.2 Bevor die Ursachen moderner ökologischer Probleme der Limitierung natürlicher Ressourcen, wie Wasser, Luft und Boden, überhaupt sichtbar wur1 Vgl. Caspar, Tierschutz im Recht der modernen Industriegesellschaft, S. 53 m. w. N. 2 Vgl. im Sinne dieses Rationalisierungsgedankens etwa Descartes, Von der Methode des richtigen Vernunftsgebrauchs und der wissenschaftlichen Forschung, S. 45 ff.; Spinoza, Die Ethik nach Art der Geometrie dargestellt, II, S. 90 ff.; IV, S. 260 ff.; ders., Politisches Traktat, II, S. 17 ff.; Bacon, Neues Organon, Teilband 1, Vorrede, S. 13; ders., Neu-Atlantis, S. 90 ff.

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D. Die ökologische Frage als ethisches Eingangsproblem

den, gehörte die analoge Erfahrung knapper Güter, etwa bei der Inanspruchnahme von Ackerland, beim Abbau von Bodenschätzen oder ganz allgemein bei der Versorgung der Bevölkerung mit Nahrungsmitteln, durchaus zum kulturell-ökonomischen Erfahrungsschatz früherer Zeiten.3 Dennoch prägte der Glauben an eine Selbstreproduktivität und Unerschöpflichkeit von Naturressourcen das menschliche Denken bis in die Neuzeit. Je mehr die Begrenztheit der natürlichen Lebensräume durch die im Zuge der von Europa ausgehende Kolonisation und das dadurch steigende Handel- und Gewerbetreiben – als Anfang der heute zu konstatierenden Globalisierung – zunehmend zu immer engermaschigeren Verbindungen zwischen fernen Ländern und dem alten Kontinent führte, desto klarer mußte diese Sicht schrittweise revidiert werden.4 Kumulativ hierzu war der Siegeszug des modernen Menschenbildes5 zu verzeichnen, mit dem sich immer mehr das Bewußtsein bezüglich einer Verantwortung für das eigene Handeln verband. Denn jeder Appell an einen schonungsvollen Umgang mit den Ressourcen, jeder auf Selbstbescheidung und Einsicht angelegte Hinweis auf einen global nicht verallgemeinerungsfähigen Naturverbrauch, richtet sich schließlich an ein grundsätzlich zur Mäßigung seiner Bedürfnisse und zu einem Überdenken seines persönlichen Lebensentwurfes fähiges Individuum, mithin auch an seine ethische Verfaßtheit. Spätestens seit Anfang der siebziger Jahre des letzten Jahrhunderts verdichteten sich schließlich Beiträge, die zum einen mit neuen Gedanken zum Umgang des Menschen mit der belebten Natur, insbesondere zu Tieren, aufriefen und zum anderen angesichts der sogenannten ökologischen Krise in den Industrieländern im Bereich der allgemeinen Philosophie einen beachtlichen neuen, gleichwohl heterogenen Zweig herausbildeten, der insgesamt schlagwortartig als ökologische Ethik6 bezeichnet werden kann. Die ökologische Ethik als solche gab und gibt es somit freilich nicht, sondern vielmehr ein facettenreiches Bündel verschiedener Wertungen, Analysen und ethischer Neuentwürfe zur sogenannten ökologischen Frage7 und zum 3

Zu der historischen Entwicklung der ökologischen Frage vgl. Heine, Umweltschutz aus historischer Sicht – Vom Beginn der Neuzeit bis ins 20. Jahrhundert, S. 157 ff.; Weber, Die Erde ist nicht Untertan, Grundrechte der Natur, S. 23 ff. 4 Zur frühen Kritik am Kolonialismus etwa: Rousseau, Diskurs über die Ungleichheit (2. Diskurs), S. 373 ff.; Kant, Zum ewigen Frieden, S. 341 ff. 5 Zum Verhältnis von Natur und Menschenbild: Gierer, Im Spiegel der Natur erkennen wir uns selbst, S. 253 ff.; Schäfer, Wandlungen des Naturverständnisses, S. 23 ff. 6 Vgl. zur ökologischen Ethik-Diskussion als Reaktion auf die sich abzeichnende globale ökologische Krise der Neuzeit: Mayer, Bioethik und Bioethics, Perspektive der Philosophie, Neues Jahrbuch 1999, S. 299, 309.

I. Ökologische Ethik

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Problem der nachhaltigen Entwicklung.8, 9 Im Laufe der diesbezüglichen Auseinandersetzungen, die teilweise unter direktem Einbezug anderer Fragestellungen, wie zum Beispiel der Tierschutzdebatte10 oder der Diskussion 7 Vgl. hierzu im Überblick: Ott, Ökologie und Ethik, S. 114 ff.; Schäfer, Das Bacon-Projekt, S. 152 ff.; ders., Wandlungen des Naturverständnisses, S. 23 ff.; Löw, Natur und Ethik, S. 13 ff.; Meyer-Abich, Kann die Natur durch den Menschen gewinnen?, S. 257; Gil, Handlungsräume und Naturverständnis. Zur Kritik des ökologischen und technokratischen Naturalismus, S. 79 ff.; Krebs, Naturethik im Überblick, S. 337 ff.; Williams, Muß Sorge um die Umwelt vom Menschen ausgehen?, S. 296 ff.; Frankena, Ethik und Umwelt, S. 271 ff.; Taylor, Die Ethik der Achtung gegenüber der Natur, S. 111 ff.; insgesamt: Krebs, Ethics of Nature; dies., Naturethik: Grundtexte der gegenwärtigen tier- und ökoethischen Diskussion; Gorke, Die Grenzen der Anthropozentrik, UNIVERSITAS 1999, S. 257 ff.; Oslaj, Mensch und Natur, Philosophisches Jahrbuch 1998, S. 346 ff.; Bausch, Zukunftsverantwortliche Wirtschaftsethik, S. 124 ff.; Gronke, Die ökologische Krise und die Verantwortung gegenüber der Natur, S. 159 ff.; Böhler, Im Dilemma der Zukunftsgefährdungsgesellschaft, S. 199 ff.; Schröder, Politische Strategien im Spannungsfeld von Ökonomie und Ökologie, S. 204 ff.; Bausch, Orientierung und politische Strategien im Spannungsfeld von Ökonomie und Ökologie, S. 211 ff.; Rusche, Ethik und Umweltverantwortung in der Unternehmensführung, S. 355 ff. 8 Zum Begriff der Nachhaltigkeit (Sustainable Development) siehe insbesondere: Immler, Nachhaltige Wirtschaft, UNIVERSITAS 1992, S. 661 ff.; Kreibich, Nachhaltiges Wirtschaften, UNIVERSITAS 1995, S. 681 ff.; ders., Nachhaltige Entwicklung, S. 335 ff.; Nutzinger/Zahrnt, Nachhaltigkeit, Wachstum und Wertorientierung, Zeitschrift für Evangelische Ethik 1997, S. 276; Calliess, Nachhaltige Entwicklung in der europäischen Union, S. 461 ff. 9 Der Begriff der Nachhaltigkeit benennt – streng genommen – ein ökonomisches Prinzip. Selbiges gebietet, daß jede Beeinträchtigung der heutigen Umwelt, die mit großer Wahrscheinlichkeit die zukünftige Welt benachteiligen wird, kompensiert werden müßte. Der gewählte Ansatz des konstanten Kapitals definiert nachhaltige Entwicklung als den Zustand, bei dem der durchschnittliche Kapitalbestand, der zukünftigen Generationen überlassen wird, nicht unter dem liegen dürfe, der derzeit vorzufinden sei. Danach dürften Umweltressourcen solange verbraucht oder zerstört werden, wie wir die Verluste dadurch ausgleichen, daß wir den Bestand des menschengemachten Vermögens (z. B. Straßen, Häuser und Maschinen) entsprechend erhöhen. In dieser Betrachtungsweise ist die Natur nichts als eine Form von Kapital und damit – wie die meisten Formen von Kapital – letztlich substituierbar. Im Gegensatz dazu führen die Vertreter einer ökologischen Nachhaltigkeit das Konzept des kritischen natürlichen Kapitals an. Bestimmte Ressourcen, d.h. zum Beispiel der Kohlendioxid-Kreislauf, die Ozonschicht oder die Artenvielfalt, haben sowohl primäre (ökologische) Werte als auch sekundäre Werte (Nützlichkeit für den Menschen und Marktwert). Da die natürlichen und die menschengemachten Kapitalbestände oft nicht vollkommen oder nicht direkt substituierbar sind, fordern die Vertreter einer ökologischen Nachhaltigkeit, daß wir zumindest das kritische natürliche Kapital schützen müssen. Danach müsse man den gesamten Kapitalbestand betrachten und darüber hinaus auch die Umwelt besonders berücksichtigen. 10 Vgl. hierzu ausführlich: Caspar, Tierschutz unter rechtsphilosophischem Aspekt, ARSP 1995, S. 378 ff.; ders. Tierschutz im Recht der modernen Industriegesellschaft, S. 48 ff.; Schröter/Özmen, Das Tier im Kontext menschlicher Verant-

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D. Die ökologische Frage als ethisches Eingangsproblem

um alternative Gesellschaftsformen, stattfand, haben sich auf metaethischer Ebene im wesentlichen zwei Positionen entwickelt, die sich unverein- und unversöhnbar gegenüberzustehen scheinen und grob als anthropozentrische und nicht-anthropozentrische Ansichten bezeichnet werden können.11 Die folgende Darstellung folgt dieser Unterteilung, wobei zu beachten ist, daß eine klare Zuordnung der verschiedenen Ansätze nicht immer möglich ist. Der in diesem Zusammenhang zu vernehmende Einwand, die Debatte um einen anthropozentrischen oder nicht-anthropozentrischen Ansatz kreise lediglich um ein Scheinproblem, da es jenseits anthropozentrischer Ansätze überhaupt keine nicht-anthropozentrischen Umweltschutzstandpunkte geben könne12, mag erkenntnistheoretisch – insbesondere im Hinblick auf die diesbezüglichen, noch aufzuzeigenden Unschärfen im Lager der nicht-anthropozentrischen Positionen – zum Teil sogar berechtigt sein. Dieser pauschale Einwurf greift jedoch im Rahmen einer Gesamtbeurteilung zu kurz und wird den zum Teil feinsinnigen Argumenten der nichtanthropozentrischen Ethik nicht gerecht. Im Gang der weiteren Untersuchung wird die klassische Unterscheidung zwischen Anthropozentrik und Nicht-Anthropozentrik daher beibehalten, da dies auch für das inhaltliche Verständnis der – präzise negativ ausgedrückt – anthropozentrik-kritischen Ansichten im Ergebnis vorteilhaft ist und die strukturelle Übersichtlichkeit fördert.

wortungsfreiheit, ARSP 2000, S. 286 ff.; Singer, Alle Tiere sind gleich, S. 13 ff.; Regan, Wie man Rechte für Tiere begründet, S. 33 ff.; U. Wolf, Haben wir moralische Verpflichtungen gegen Tiere?, S. 47 ff.; Frey, Rechte, Interessen, Wünsche und Überzeugungen, S. 76 ff.; Habermas, Die Herausforderung der ökologischen Ethik für eine anthropozentrisch ansetzende Konzeption, S. 92 ff.; Tugendhat, Wer sind alle?, S. 100 ff. 11 Diese Unterteilung findet sich in fast allen Beiträgen zur ökologischen Frage, vgl. u. a. Schäfer a. a. O.; Ott a. a. O.; Caspar a. a. O.; Krebs, Hat die Natur Eigenwert?, ARSP-Beiheft 71, S. 194; Altner, Perspektiven für eine ökologische Weltkultur im Widerspruch zwischen Anthropozentrik und Biozentrik, S. 261 ff.; Mensching, Natur als Ressource = Naturzerstörung?, S. 169 ff.; vgl. auch insgesamt von der Pfordten, Ökologische Ethik; insgesamt ders., Naturschutz jenseits des Menschen. Zur Struktur und Tragfähigkeit nicht-anthropozentrischer Begründungen in der ökologischen Ethik und Rechtstheorie; Petersen, Anthropozentrik und Ökozentrik, ARSP 1997, S. 361 ff. 12 Ladeur, Kann es eine Umweltverfassung geben? Zur Diskussion um ein Staatsziel Umweltschutz im Grundgesetz, S. 167; Kuhlmann, Aufnahme der Mitgeschöpflichkeit ins Grundgesetz, JZ 1990, S. 162, 170 ff.

II. Anthropozentrische Positionen

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II. Anthropozentrische Positionen Die Frage der Beschaffenheit des Schutzes der Natur als bloße Ressource im engeren Sinne, d.h. als für den Menschen ausbeutungsfähiges Objekt, darf sich streng terminologisch erst dann stellen, wenn man einen anthropozentrischen Standpunkt eingenommen hat. Das Lager der sogenannten anthropozentrischen Positionen läßt sich in verschiedene Ansätze unterteilen, die selten in Reinform, sondern vielmehr im Rahmen von argumentativen Gemengelagen auftreten. Gemeinsam ist diesen Anschauungen jedoch, daß der Mensch Mittelpunkt und Zweck des Weltgeschehens ist. Denn jede anthropozentrische Sichtweise läßt – ungeachtet der innerhalb dieser Fraktion im einzelnen vertretenen und häufig divergierenden Ansätze – im strengen Gegensatz zur nicht-anthropozentrischen Ethik im Ergebnis die Behandlung der Natur nur als Zugriffsobjekt zu.13 Dies hat auf der Ebene der Ethik die entscheidende Konsequenz, daß es der Anthropozentrik nicht um Anerkennung oder Achtung eines Eigenwertes der Natur, sondern um den Schutz ihres Wertes für den Menschen geht.14 Historisch finden sich die ersten Ansätze einer systematischen Anthropozentrik in der abendländischen Kultur zunächst in den christlichen Wertlehren. Sodann setzte in der westlichen Welt eine rationale Thematisierung spätestens dann ein, als der Mensch als autonomes Subjekt sozusagen in das Zeitalter der Moderne trat. Insbesondere die kritischen Schriften Kants und die insgesamt sich auf dem Höhepunkt befindliche europäische Aufklärung schufen seinerzeit die rational-geistigen Wurzeln des fortan und noch heute wirkenden anthropozentrischen Denkens.15 Der Mensch wurde – nicht nur aufgrund eines abendländisch-christlichen, sondern unter Bezugnahme auf ein rational entwickeltes Naturverständnis – seiner Bestimmung nach zum letzten Zweck innerhalb des teleologischen Systems der Natur, zu ihrem betitelten Herren16 gekürt. In dieser Tradition stehend, ist Umweltschutz im Ergebnis um des Menschen willen zu betreiben. Wie bereits dargelegt, drücken formal feststehende Begrifflichkeiten, wie zum Beispiel jener der Umwelt, die tiefen anthropozentrischen Wurzeln aus, weil der Verwender einer derartigen Terminologie ganz selbstverständlich den Menschen in den Mittelpunkt des Naturgeschehens zu setzen scheint.17 13 Weiter differenzierend jedoch Krebs, Hat die Natur Eigenwert?, ARSP-Beiheft 71, S. 194, für die bei Einnahme eines ästhetisch-anthropozentrischen Standpunktes die Natur nicht zwangsläufig als Ressource begriffen werden könne. 14 Krebs a. a. O. 15 Höffe, Moral als Preis der Moderne. Ein Versuch über Wissenschaft, Technik und Umwelt, S. 214. 16 Kant, Kritik der Urteilskraft, S. 165 ff. 17 Bosselmann, Eigenrechte der Natur, KJ 1985, S. 345 ff.

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D. Die ökologische Frage als ethisches Eingangsproblem

Hinsichtlich der folgend dargestellten Ansichten gilt es zum einen zu beachten, daß diese in ihrem jeweiligen historischen Kontext zu sehen sind. Sie spiegeln den jeweiligen geistig-kulturellen Entwicklungsstand der Gesellschaft wider. Zum anderen ist zu berücksichtigen, daß es sich bei den einzelnen Positionen der Anthropozentrik häufig um bestimmte ethische Argumentationsmuster handelt. Deutlich erkennbar in diesem Zusammenhang ist, daß die jeweilige anthropozentrische Einstellung zur Natur von der Zuschreibung des Wertes seiner eigenen Person innerhalb des Naturgeschehens und der Gesellschaft abhängig ist. Damit sind konsistente Aussagen über den Naturschutz eng mit variablen Zuschreibungen des menschlichen Selbstwertes verbunden. Dies gilt sowohl für religiöse als auch für rationale Argumentationsmuster. Es werden daher als Ausgangspunkt für die weitere Darstellung des anthropozentrischen Geistes im zunächst folgenden Teil dessen wesentliche geistige Fundamente, nämlich das menschliche Selbst- und Naturverständnis erstens in der christlich-abendländischen Kultur und zweitens im Rahmen der neuzeitlichen Aufklärung zu beschreiben sein, um sodann im nachfolgenden Teil die darauf basierenden ethischen Bezugnahmen des Subjekts auf die Natur und die hieraus resultierende Argumentation aufzuzeigen. 1. Geistige Grundlagen der Anthropozentrik Die Wurzeln für eine anthropozentrische Grundhaltung finden sich sowohl in der ursprünglich für den abendländischen Kulturkreis maßgeblichen christlichen Naturauffassung18 als auch in der diese später überholenden Weltanschauung der Aufklärung. Für beide wird der Vorwurf erhoben, sie bildeten bereits das kulturelle Fundament für eine zwangsläufig schonungslose und despotische Ausbeutung bzw. Unterdrückung der Natur.19 Wäre dies der Fall, so wäre Natur- bzw. Ressourcenschutz von einem anthropozentrischen Standpunkt aus nur schwer bzw. möglicherweise nur unter Zuhilfenahme ethischer Korrektivansätze zu begründen.

18 Vgl. Höffe, Abschied vom anthropozentrischen Denken, UNIVERSITAS 1994, 453 ff.; Daecke, Eigeninteresse des Menschen – Eigenwert der Natur, UNIVERSITAS 1994, 133 ff.; Ott, Ökologie und Ethik, S. 86 ff. 19 Zur kritischen Generalogie vgl. insgesamt: Amery, Das Ende der Vorsehung. Die gnadenlosen Folgen des Christentums; Drewermann, Der tödliche Fortschritt.

II. Anthropozentrische Positionen

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a) Abendländisch-christliches Naturverständnis aa) Sonderstellung des Menschen und Herrschaftsauftrag Gottes Ausgangspunkt des christlich-anthropozentrischen Menschenverständnisses ist die im biblischen Schöpferbericht angelegte Sonderstellung des Menschen in der Welt und der aus dem Leib-Seele-Konflikt resultierende Dualismus der menschlichen Existenz. Gott umgebe und durchdringe danach als Letztgründung alles, er sei Ziel und Erfüllung der ganzen Schöpfung. Denn in ihm würde alles geschaffen, was im Himmel und auf Erden sei. Er sei vor allem, und alles habe in ihm Bestand.20 Der biblische Schöpfungsbericht will dabei nicht in erster Linie die Frage beantworten, wie der Mensch entstanden ist. Das biblische Thema lautet vielmehr dahingehend, was der Mensch sei und welche Sendung bzw. Aufgabe er habe. Der biblische Schöpfungsbericht liefert in diesem Zusammenhang eine erste entscheidende Aussage, die für die anthropozentrische Sonderstellung21 des Menschen prägend ist: Gott schuf den Menschen – und nur diesen – ihm zum Bilde.22 Die Sonderstellung des Menschen wird biblisch ferner durch den ihm eigenen Dualismus23 begründet, der seinen Anfang im sogenannten Sündenfall24 nimmt. Die Menschheitsgeschichte beginnt nämlich für die Bibel damit, daß der Mensch aus der strengen Instinkt- und Naturgebundenheit befreit wird, und zwar durch den Mythos von der Vertreibung aus dem Paradies, nachdem der erste Mensch vom Baum der Erkenntnis gegessen hatte.25 Der Mensch greift in der christlichen Vorstellung zu Beginn der Geschichte der Menschheit nach der Freiheit, nämlich nach der Möglichkeit, gut und böse zu unterscheiden.26 Dies hatte zur Folge, daß der Mensch durch diesen Schritt einen Naivitätsbruch hin zur Freiheit vollzogen hatte und aufhörte, bloßes Naturwesen und Geschöpf zu sein. Der Beginn der biblischen Menschheitsgeschichte ist also der Schritt aus der Schöpfung und damit aus der unmittelbaren Nähe Gottes heraus in die Gottesferne: Der Mensch wird Mensch, 20

1. Buch Mose, 1. Kapitel, 1 ff. Zum christlichen Leitbild des bundesrepublikanischen Menschenwürdebegriffes vgl. Dolzer-Zippelius, Bonner Kommentar zum Grundgesetz, Art. 1, Rn. 2; vgl. auch: Starck, Menschenwürde und Verfassungsgarantie im modernen Staat, JZ 1981, S. 457; Rusche, Umweltverantwortung in der christlichen Sozialethik, S. 138 ff. 22 1. Buch Mose, 1. Kapitel, 27. 23 Hierzu auch Rensch, Das universale Weltbild. Evolution und Naturphilosophie, S. 224. 24 1. Buch Mose, 3. Kapitel, 1 ff. 25 1. Buch Mose, 3. Kapitel, 23. 26 1. Buch Mose, 3. Kapitel, 5. 21

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D. Die ökologische Frage als ethisches Eingangsproblem

indem er sich von Gott distanziert. Der ewige Kampf zwischen Leib und Seele, die ständige zweifache Orientierung des Menschen, nämlich einerseits hin zur Erde (Staub der Erde)27 und andererseits hin zu Gott (Ebenbild Gottes), ist von Anfang seiner Geschichte an, d.h. seit dem Sündenfall, sein ewiger Wegbegleiter, prägt ihn, macht nach christlich-abendländischer Tradition mithin das Menschsein aus. Korrespondierend zu der so beschaffenen biblischen Sonderstellung des Menschen ist schließlich der Ausgangspunkt des christlichen Naturverständnisses im sogenannten dominium terrae zu finden, wonach der Mensch zum Herrn über die Natur auserwählt und dazu berufen wurde, sich die Erde untertan zu machen und über die Fische im Meer, die Vögel unter dem Himmel sowie über alles Getier, daß da auf Erden krieche, zu herrschen.28 Der Mensch überragt und transzendiert damit sichtbar die übrige Schöpfung, weil er den Glanz der Ebenbildlichkeit Gottes trägt. Er ist gleichzeitig zum Dialog mit Gott aufgerufen, zur Mitarbeit mit seinem Schöpfer eingeladen und zum Herrscher über die Welt bestellt. Dieser eindeutige Herrscherauftrag resultiert direkt aus der biblischen Hierarchievorgabe, wonach der Mensch der Repräsentant Gottes und sein Bild sei.29 Dieses Gebot hat bekanntlich zwei Seiten, nämlich zum einen die expansive Ausbreitung des Menschen über die ganze Erde und zum anderen die umfassende Nutzung und Unterordnung der gesamten subhumanen Natur. Aus diesem Grunde wurde auch die Umwelt in der abendländisch-westlichen Geschichte stets weltlich und nicht göttlich begriffen. Dieser Umstand erklärt auch das dem christlichen Glauben eigene säkulare Naturverständnis, das – im Unterschied zum sakralen – den naturwissenschaftlichen und technischen Umgang mit der Natur sowohl legitimiert als auch erst ermöglicht. bb) Zur Frage des programmatischen Destruktivismus der christlichen Anthropozentrik Der Herrschaftsauftrag des Menschen allein wird im allgemeinen noch nicht zum Anlaß genommen, dem christlich-abendländischen Mensch-Natur-Verhältnis den Vorwurf eines systematischen Naturdestruktivismus zu unterstellen. Vielmehr wird in Ergänzung hierzu gerade das säkulare Naturverständnis der christlichen Lehre teilweise als Freigabe der Natur zur Ausbeutung und als Freibrief für einen rücksichtslosen Umgang mit der Umwelt verstanden.30 Andere kritische Stimmen betonen darüber hinaus den 27 28 29 30

1. Buch Mose, 3. Kapitel, 19. 1. Buch Mose, 1. Kapitel, 28. 1. Buch Mose, 1. Kapitel, 27. Rensch a. a. O.

II. Anthropozentrische Positionen

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monotheistischen Zug der christlichen Religion.31 Durch einen Gott, der keinerlei Götter neben sich dulde, durch einen mithin monotheistischen Gott, werde die Natur entsakralisiert. Denn hinsichtlich der Natur werde die Kategorie des Heiligen nicht etwa am gründlichsten durch die wissenschaftliche Aufklärung zerstört.32 Destruktiv sei vielmehr die Religion selbst, da diese nicht in erster Linie auf die wissenschaftliche, sondern auf die religiöse Aufklärung gerichtet sei. Dieser Monotheismus führe zu einer kompromißlosen Eifersucht, mit der jede Verehrung außerhalb des einen Gottes verboten werde und welche all den nicht-christlichen Schutzgottheiten den Tod bringe, die im Baum, in der Quelle oder im Stein leben und diese vor dem Zugriff des Menschen bewahren.33 Diesem Einwand folgend gebe es bereits seit Überwindung der animistischen Tabus und nicht erst seit der neuzeitlichen Aufklärung in der Natur keinen Ort mehr, der dem Menschen grundsätzlich verboten sei. Mithin hätte die Naturausbeutung und Zerstörung bereits systematisch ihren Anfang zu Beginn der biblischen Schöpfungsgeschichte genommen.34 Der Kern der biblischen Schöpfungsgeschichte sei schließlich die Auserwähltheit des Menschen vor aller Schöpfung, mithin der totale Herrschaftsauftrag und die Zusicherung einer Heilsgeschichte, welche dereinst alles kreatürliche Leid überwinden soll, und die Zusicherung eines Gleichgewichts der planetarischen Biosphäre zugunsten des Menschen.35 Es ergeben sich jedoch erhebliche Zweifel, ob das dominium terrae wirklich primär so destruktiv verstanden und als Aufforderung zur grenzenlosen Ausbeutung der Natur aufgefaßt werden kann. Diese Folgerung würde nämlich verkennen, daß dem Verfasser des Schöpfungsberichts mit Sicherheit nur die soziale Ethik des Herrschens und Dienens bekannt gewesen sein dürfte36, die einen fürsorglichen Umgang mit der Natur nicht zwingend ausschließt. Es lassen sich dem biblischen Herrschaftsauftrag ferner korrigierende Gegenzitate gegenüberstellen, welche dessen Aussage eindeutig und nachhaltig relativieren. Als Verwalter soll der Mensch nämlich Verantwortung vor dem Schöpfer haben. Die ältere Schöpfungsgeschichte beschreibt 31 Höffe, Abschied vom anthropozentrischen Denken, UNIVERSITAS 1994, S. 453, 455; Jonas, Das Prinzip Verantwortung, S. 574. 32 Jonas a. a. O. 33 Höffe, Abschied vom anthropozentrischen Denken, UNIVERSITAS 1994, S. 453, 456. 34 Vgl. Amery, Das Ende der Vorsehung. Die gnadenlosen Folgen des Christentums, S. 29; vgl. in diesem Sinne auch Kaiser, Gott schläft im Stein. Indianische und abendländische Weltansichten im Widerstreit, S. 25 ff., der zudem auf die Destruktivität des männlich-patriarchalischen Schöpferbegriffes verweist. 35 Amery a. a. O. 36 v. Weizäcker, Die Zeit drängt, S. 91; Altner, Christentum und Natur – Probleme eines vernachlässigten Verhältnisses, S. 147 ff.

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D. Die ökologische Frage als ethisches Eingangsproblem

die Schöpfung als einen Garten, den der Mensch zwar bebauen kann, aber auch bewahren soll.37 Der Mensch werde berufen, an Gottes Schöpfung in dem Sinne mitzuarbeiten, daß er sie wie ein Hirte benutze und bewahre.38 Es geht nach dem biblischen Auftrag mithin auch um eine umfassende Fürsorge, die ja dann in den weiteren biblischen Traditionen nicht zuletzt darin ihren Ausdruck findet, daß in den Weissagungen der Propheten Schöpfungsaussagen und Friedensverheißungen miteinander verschmelzen.39 Das dominium terrae erklärt den Menschen damit ausdrücklich zu einem Mandatar der Schöpfung, der sein Herrscheramt nur dann erfüllt, wenn er seinen Untertanen, eben gerade auch der subhumanen Natur, Gerechtigkeit widerfahren läßt. Darüber hinaus ist der Mensch zu Großzügigkeit verpflichtet und hat für die Armen und Schwachen sowie für die bedürftige Natur Sorge zu tragen.40 Genau dies hatte Jesus als alttestamentarisches Gebot wiederholt, indem er anwies, daß der Mensch seinen Nächsten lieben solle wie sich selbst.41 Mögen die christlichen Kirchen die Überlebenskrise als Folge neuzeitlicher Naturbemächtigung auch relativ spät entdeckt haben, da im historisch-christlichen Heilsdenken die Erlösung des Menschen im Vordergrund stand.42 Die auch auf Altruismus gegründete gesamte christliche Ethik begründet damit allein noch nicht zwingend ein Programm zur grenzenlosen Naturausbeutung.43 Sie enthält keine systematische Entscheidung gegen Schwache und untergeordnete Kreaturen und zugleich auch nicht zu Lasten des Wohlergehens zukünftiger Generationen. Denn die christliche Lehre fordert, nicht nur den Nächsten, sondern auch den Fernsten zu lieben und daher ihm und auch der schwachen Natur zuliebe unter Umständen auf das zu verzichten, was einem selbst Nutzen bringen würde.44 37

1. Buch Mose, 2. Kapitel, 15. Altner, Christentum und Natur – Probleme eines vernachlässigten Verhältnisses, S. 155. 39 Altner a. a. O. 40 In diesem Sinne auch Höffe, Abschied vom anthropozentrischen Denken, UNIVERSITAS 1994, S. 453, 455. 41 3. Buch Mose, 19. Kapitel, 18. 42 Vgl. Altner a. a. O. 43 Unter diesem Blickwinkel finden sich sogar Stimmen, die eine zwingend anthropozentrische Natureinstellung aus der Sicht des christlich-jüdischen Verständnisses für fraglich halten. Vgl. etwa mit Hinweis auf die im 1. Buch Mose, 1. Kapitel, 10 ff. genannte gute und gesegnete Natur: Daecke, Eigeninteresse des Menschen – Eigenwert der Natur, UNIVERSITAS 1994, S. 133, 144. Vgl. in Ansätzen auch Höffe, Abschied vom anthropozentrischen Denken, UNIVERSITAS 1994, S. 453; v. Weizäcker a. a. O., der davon ausgeht, daß dem Menschen damit weniger eine anthropozentrische, sondern vielmehr eine ganzheitliche Betrachtungsweise aufgegeben wurde. 38

II. Anthropozentrische Positionen

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Dies spricht im Ergebnis freilich auch gegen den Monotheismus-Einwand, da die dem Menschen gegebene Macht eben nicht für sich allein stehen soll, sondern sich mit einer neuen moralischen Verantwortung verbindet. Auf den sich direkt materiell mit dem Monotheismus-Argument vielversprechend beschäftigenden teologischen Einwand, Gott sei in der Natur und die Natur sei in Gott, weil er als Schöpfer mit der Natur verbunden sei, in ihr als Kraft des Werdens wirke, sich als kosmischer Christus in den geistigen Strukturen der Materie zeige45, braucht daher nicht weiter eingegangen zu werden. Es läßt sich vielmehr aus den bereits genannten Gründen festhalten, daß die alleinige Betonung des dominium terrae und des säkularen Naturverständnisses ein verzerrtes Bild der testamentarischen Botschaft zeichnet. Den ausgesprochenen Herrschaftsrechten des Menschen korrespondieren nämlich untrennbare Herrschaftspflichten. b) Das Verständnis des Menschen von sich und der Natur seit dem Zeitalter der Aufklärung Der nicht-religiöse Beitrag zu einer anthropozentrischen Grundhaltung des modernen Menschen zur Natur ist weder allein als moderne Fortschreibung des christlichen Herrscherauftrages zu einer menschlichen Selbsteinschätzung als Krone der Schöpfung noch lediglich als naturwissenschaftliche Einordnung der menschlichen Spezies als Endglied der Evolution zu erklären, sondern in erster Linie mit einem Selbstverständnis, welches nicht nur das Verhältnis zu sich selbst, sondern auch zu seinesgleichen kennzeichnet. aa) Menschenwürde und Autonomie Ausgangspunkt für die menschliche Selbsteinschätzung in der Neuzeit ist der Begriff der Menschenwürde. Neben der älteren christlich-abendländischen Tradition, die vor allem durch das erwähnte Verdikt der Gottbildlichkeit des Menschen bestimmt wurde, folgt aus der Würdezuschreibung normativ ganz allgemein ein mit dem Beginn des menschlichen Lebens allen Menschen gleichsam zustehender Anspruch, im wechselseitigen Umgang miteinander jederzeit in seiner persönlichen Integrität geachtet zu werden.46 Der entscheidende Anwendungsbereich des säkularen Würdebegriffes liegt 44 Daecke, Eigeninteresse des Menschen – Eigenwert der Natur, UNIVERSITAS 1994, S. 133, 140. 45 Daecke, Eigeninteresse des Menschen – Eigenwert der Natur, UNIVERSITAS 1994, S. 133, 142/143. 46 Zu den aktuellen praktischen Bezügen vgl. insgesamt m. w. N.: Hoerster, Neugeborene und das Recht auf Leben.

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freilich vor allem im Recht, wo er insbesondere die Indisponibilität des einzelnen gegenüber der Staatsgewalt festschreibt. Der Begriff der Menschenwürde hat jedoch auch eine moralische Dimension. Ihr so verstandener moderner Gehalt beruht nämlich auf der Annahme der individuellen Fähigkeit des Menschen zur moralischen Selbstbestimmung. Kennzeichnend für die menschliche Existenz sei, daß diese sich gerade von der bloßen Naturnotwendigkeit abheben könne, mithin autonom sei. Im Gegensatz zur bloßen Materie scheint der Mensch nach eigener Auffassung als einziges Naturwesen in der Lage zu sein, aus sich selbst, d. h. aus eigenem Antrieb heraus, tätig zu werden. In der Terminologie Kants47 erweist sich die menschliche Freiheit daher auch in dem Vermögen des Willens, allein der Idee der reinen Vernunft48 zu folgen. Die Autonomie des Willens als der Grund der Würde der menschlichen und jeder vernünftigen Natur49 liegt danach in der Beschaffenheit des Willens, sich selbst – und zwar unabhängig von empirischen Bestimmungsgründen – das Gesetz zu geben. Als normative Richtschnur gilt nicht mehr ein vorgebliches oder aus der Natur deduziertes Ideal des Guten. Das objektiv Richtige wird vielmehr in die formale Widerspruchslosigkeit eines verallgemeinerungsfähigen subjektiven Wollens verlagert. Dessen einzige Triebfeder liegt in der Achtung für das Gesetz nach Maßgabe des – bereits erwähnten50 – kategorischen Imperativs. Nach dessen Grundformulierung sei nur nach derjenigen Maxime zu handeln, durch die man zugleich wollen könne, daß sie ein allgemeines Gesetz werde.51 Freiheit und Sittengesetz sind danach – interdependent – miteinander verknüpft. Das Sittengesetz verweist auf die Möglichkeit der Existenz der Freiheit, und umgekehrt wird die Freiheit zur Bedingung des Sittengesetzes.52 47 Für den vorliegenden Untersuchungsgegenstand und die summarische Hintergrundbeschreibung der Würde- und Autonomie-Begriffe genügt die Bezugnahme auf Kernaussagen der Kantischen Terminologie, die unstreitig wesentliche Akzente für den modernen Würdebegriff setzte. Zur näheren Auseinandersetzung mit den Kantischen Begründungselementen bzw. der diesbezüglichen Fortschreibung: Ilting, Gibt es eine kritische Ethik und Rechtsphilosophie Kants?, Archiv für Geschichte der Philosophie, 63, S. 325, 338 ff.; ders., Der naturalistische Fehlschluß bei Kant, S. 113 ff.; Adorno, Negative Dialektik, S. 267 ff.; Smid, Einführung in die Philosophie des Rechts, S. 109. 48 Kant, Grundlegung zur Metaphysik der Sitten, S. 428/429. 49 Kant, Grundlegung zur Metaphysik der Sitten, S. 435. 50 Vgl. obige Ausführungen zur Abgrenzung der Moral vom Recht unter C.I. 51 Kant, Grundlegung zur Metaphysik der Sitten, S. 421. 52 Kant spricht in diesem Zusammenhang klarstellend zur Vermeidung von Widersprüchen davon, daß die Freiheit die ratio essendi des moralischen Gesetzes, das moralische Gesetz aber die ratio cognoscendi der Freiheit sei, vgl. Kant, Kritik der praktischen Vernunft, S. 4 ff.

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Die Grundformulierung des kategorischen Imperativs erfuhr sodann durch ihre Erweiterung die für die Frage der Menschenwürde entscheidende fundamentale Ausprägung: Man habe so zu handeln, daß man die Menschheit, sowohl in seiner Person, als auch in der Person eines jeden anderen, jederzeit zugleich als Zweck, niemals bloß als Mittel braucht.53 Der Mensch dürfe mithin niemals als Sache, als Objekt oder als Instrument gebraucht werden (Mensch-Zweck-Formel). Der Begriff der Würde drückt in der Beschreibung einer Person als Zweck an sich auch einen eigenen Wert des Menschen und dessen spezifische Indisponibilität aus. Ein solcher Eigenwert der Person kann daher durch kein anderes Äquivalent substituierbar sein. Anders als der Preis für etwas, der ebenfalls einen Wert, und zwar einen relativen bzw. marktgebundenen verkörpert, zeichnet sich die Würde – als absoluter Wert – gerade durch ihre Unveräußerlichkeit aus. bb) Die Sonderstellung des Menschen Anhand der vorerwähnten Termini der Menschenwürde und der Autonomie erklärt sich die anthropozentrische Tradition einer Sonderstellung des Menschen im Naturgefüge insbesondere durch das auf diesen Begriffen basierende Selbstverständnis des modernen Menschen. Nur in der – allein dem Menschen zugänglichen – Moralität besteht die Bedingung, unter welcher der Mensch – lösgelöst von naturgebundener Zweckhaftigkeit – Zweck an sich sein kann. Eine Würdezuschreibung erfolgt daher auch nicht zugunsten der Natur, sondern allein für die Sittlichkeit und die Menschheit schlechthin, sofern sie derselben fähig ist.54 Damit hebt sich der Mensch von der Natur deutlich ab. Er ist betitelter Herr und nimmt eine herausragende Rolle im Naturgefüge wahr.55 Gemeint ist damit aber nicht der Mensch als triebhaftes Naturwesen, welches innerhalb der Evolution bereits allein aufgrund seiner intellektuellen Fähigkeiten zur Bedürfnisbefriedigung eine Besonderheit darstellt. Ein solches könnte niemals in eine von der Natur unabhängige Zweckbeziehung treten. Angesprochen wird hierdurch vielmehr der Mensch als autonomes Vernunftswesen.56 Erst von diesem könne 53

Kant, Grundlegung zur Metaphysik der Sitten, S. 428; vgl. auch Dolzer-Zippelius, Bonner Kommentar zum Grundgesetz, Art. 1 GG, Rn. 7 und Podlech, Alternativ-Kommentar zum Grundgesetz der Bundesrepublik, Art. 1 GG, Rn. 3, die auf die zentrale Bedeutung dieser Formulierung für die grundgesetzliche Fassung des Würdebegriffes hinweisen. 54 Kant, Grundlegung zur Metaphysik der Sitten, S. 434; vgl. auch: Schenk, Der Mensch – Krone der Schöpfung?, S. 53 ff. 55 Vgl. Gierer, Im Spiegel der Natur erkennen wir uns selbst, S. 253 ff. 56 Brenner, Ökologie und Ethik, S. 67.

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schließlich nicht weiter gefragt werden, wozu es existiere. Bereits sein Dasein habe den höchsten Zweck selbst in sich. Denn: Nur im Menschen, aber auch in diesem nur als Subjekt der Moralität, ist die unbedingte Gesetzgebung in Ansehung der Zwecke anzutreffen, welche ihn also allein fähig macht, ein Endzweck zu sein, dem die ganze Natur teleologisch untergeordnet ist.57 Der Kreis zwischen dem menschlichen Würdebegriff der Aufklärung und der aufgezeigten christlichen Anthropozentrik schließt sich im beiderseitig thematisierten Dualismus58 der menschlichen Existenz. Auch für die auf Freiheit, Sittlichkeit und Willensautonomie basierende Anthropozentrik ist der Mensch nicht nur als – quasi bindungslos abgehobenes – Mehr gegenüber allem sonstigen Sein auf Erden zu begreifen. Dieses Mehr ist vielmehr dualistisch verfaßt. Der Mensch führt – korrespondierend zur christlich formulierten Leib-Seele-Problematik – ein Leben als Bürger zweier Welten. Er ist, bezogen auf seinen Leib, seiner Natur nach ein bedürftiges Wesen.59 Die menschliche Natur habe daher einen weiteren, nicht abzulehnenden Auftrag, nämlich sich auch an den eigenen sinnlichen und leiblichen Interessen des Menschen zu orientieren.60 Insofern haben sich die zu bildenden praktischen Maximen insbesondere auch auf die Absicht zu erlangender bzw. zu erhaltender Glückseligkeit und auf das zukünftige Leben auszurichten.61 Gleichwohl sei der Mensch von seiner Leiblichkeit und Sinnlichkeit nicht so abhängig, geschweige denn von selbigen derart dominiert, nicht ganz so Tier, um nicht mehr dem zu folgen, was an sich vernünftig sei. Insofern sei die Vernunft nicht bloßes Werkzeug zur Bedürfnisbefriedigung, zur jederzeitigen Betrachtung und Förderung des eigenen Wohls, auf – über dem tierischen Instinkt – stehender evolutionär höchster Stufe.62 Überdem existiert sie noch zu einem höheren Behuf, nämlich dazu, sich einen Begriff davon zu machen, was an sich gut oder böse sei. Hierzu sei nur eine reine, sinnlich gar nicht interessierte Vernunft in der Lage.63 Nach neuzeitlichem Selbstverständnis des Menschen findet im Begriff des Dualismus somit eine Verklammerung zwischen der natürlichen Existenz des Menschen und sei57

Kant, Kritik der Urteilskraft, S. 165 ff. Vgl. ausführlich zur Frage des Dualismus: Kondylis, Die Aufklärung im Rahmen des neuzeitlichen Rationalismus, S. 382 ff.; vgl. auch: Mohr, Natur und Moral. Ethik in der Biologie, S. 14 ff. 59 Kant, Kritik der praktischen Vernunft, S. 62. 60 Kant a. a. O. 61 Kant a. a. O. Zur viel diskutierten Frage von Triebverdrängung und Trieberfüllung durch Moral vgl. interdisziplinär einführend Plack, Die Gesellschaft und das Böse. Eine Kritik der herrschenden Moral, S. 33 ff., 257 ff. 62 Kant a. a. O. 63 Kant a. a. O. 58

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ner Vernunft statt. Es erfolgt eine Verknüpfung zwischen intelligibler und der empirischen Seite des Menschen durch die Konstruktion des Sittengesetzes in Form des Imperativs. Mit der Struktur des Befehls wird der Seite der bloßen Leiblichkeit sowie subjektiven Fehlbarkeit des individuellen menschlichen Willens gegenüber dem Ideal des Gesollten Rechnung getragen.64 Das Wesensmerkmal der menschlichen Existenz wird in einer zutiefst unsteten, zwischen beiden Extremen hin- und herschwankenden Seinsweise verortet. Diese ist gekennzeichnet von der Zerrissenheit des menschlichen Daseins zwischen Wollen und Müssen, Autonomie und Heteronomie, zwischen geistiger und körperlicher, natürlicher und kultureller Existenz. In einer Welt des Weder-Noch-Seins führt der Mensch das Leben des permanenten Dazwischen.65 Dieser Dualismus stellt für den Menschen jedoch kein zwingendes Lebenshemmnis, sondern dessen besondere, konstituierende Herausforderung dar und begründet damit unzweifelhaft nach menschlichem Selbstverständnis in der westlichen Welt auch die Einzigartigkeit der menschlichen Existenz.66 Ein so verstandenes menschliches Sein in unvollkommener Vollkommenheit mit einem gleichzeitigen Potential an Freiheit, welches dem Menschen wiederum erlaubt, sich zum Subjekt einer umfassenden Verantwortung nicht nur gegenüber sich selbst, sondern auch gegenüber anderen67 zu machen, hebt sich exorbitant vom übrigen natürlichen Sein auf unserem Planeten ab. In diesen Grundüberlegungen liegt nun die eigentliche Geburtsstätte des modernen rationalen Verständnisses der Menschenwürde und der sich hieran zugleich anschließenden abendländisch-anthropozentrischen Grundethik.68

64 Vgl. Kant, Grundlegung zur Metaphysik der Sitten, S. 414, wonach es jedoch für den göttlichen bzw. für einen heiligen Willen keine Imperative geben kann, da Wollen und Sollen hier stets übereinstimmen. 65 Caspar, Tierschutz im Recht der modernen Industriegesellschaft, S. 86. 66 Vgl. neben vielen anderen etwa Heidegger, Die Grundbegriffe der Metaphysik, S. 286; vgl. auch Sartre, Das Sein und das Nichts, S. 46 ff., der – freilich existentialistisch – die Besonderheit des Menschen hinsichtlich seiner Verurteilung zur Freiheit heraushebt. 67 Die sogenannte Verantwortungsethik hat sich innerhalb des anthropozentrischen Lagers – wie sich noch zeigen wird – zu einer Korrektivethik entwickelt. 68 Caspar, Tierschutz im Recht der modernen Industriegesellschaft, S. 87 m. w. N.; ders. Wille und Norm. Die zivilisationskritische Rechts- und Staatskonzeption J. J. Rousseaus, S. 46 ff.; vgl. neben vielen auch: Herder, Briefe zur Beförderung der Humanität, 28. Brief, S. 149; Kant a. a. O.; Heidegger a. a. O.; Sartre a. a. O.

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cc) Rationale und empirische Naturerkenntnis Der moderne Mensch entdeckte seit der Aufklärung nicht nur sich, sondern auch die Natur. Neben dem dargestellten Element des neuzeitlichen Selbstverständnisses des Menschen sind daher als weiteres prägendes Merkmal der Anthropozentrik die expliziten und theoretisch begründeten Vorgaben zu einer systematischen Naturbeherrschung sowie wissenschaftlichen Naturdurchdringung, historisch bekannt als sogenannte rationalistische und empiristische Ansätze, zu nennen. Während erstere, ausgehend vom bereits skizzierten Dualismus der menschlichen Existenz, das qua Vernunftsvermögens deduktiv denkende Subjekt in den Mittelpunkt der Betrachtung stellen, betonen letztere demgegenüber eine induktive Naturbetrachtung, welche das menschliche Wissen auf gesicherte Basiselemente der Sinneserfahrung aufbaut.69 Beide Denkrichtungen begegnen – ganz ähnlich zum abendländischchristlichen Naturverständnis – dem Vorwurf eines – bereits systemimmanenten – destruktiv-exploitativen Naturverhältnisses. (1) Der Rationalismus (Descartes) Insbesondere die Vertreter des sogenannten Rationalismus, allen voran Rene´ Descartes, als deren vielleicht bekanntester Repräsentant70, werden aufgrund ihrer mechanistischen Naturauffassung als Wegbereiter eines – auch zumindest latent aggressiven – Naturbeherrschungsdranges der Neuzeit angesehen.71 Descartes erhob durch sein Postulat des cogito ergo sum das Denken zur fundamentalen Grundlage der menschlichen Existenz. Mittels der Verstandestätigkeit sei es dem Menschen demnach auch möglich, die Wahrnehmungen der Erscheinungen der menschlichen Welt zu ordnen, zu verarbeiten und nach mechanischen Gesetzen von Ursache und Wirkung zu zerglie69 Neben diesen beiden wesentlichen erkenntnistheoretischen Ansätzen wurden historisch freilich noch andere Ansätze formuliert, wie zum Beispiel der sogenannte Sensualismus, die für das moderne westliche Naturverständnis jedoch weniger prägend waren. 70 Descartes, Von der Methode des richtigen Vernunftsgebrauchs und der wissenschaftlichen Forschung, S. 48 ff.; ders., Méditiationes de prima philosophia, S. 57 ff.; vgl. aber auch als bedeutenden Vertreter eines gemäßigt-rationalistischen Ansatzes: Spinoza, Die Ethik nach Art der Geometrie dargestellt, II, 11, S. 90 ff. 71 So etwa Altner, Naturvergessenheit. Argumente für einen neuen Umgang mit allem Leben, S. 15 ff.; Leimbacher, Die Würde von Mensch und Natur ist unteilbar, UNIVERSITAS 1994, S. 108; Hofmann, Natur und Naturschutz im Spiegel des Verfassungsrechts, JZ 1988, S. 268; Hösle, Philosophie in der ökologischen Krise. Moskauer Vorträge, S. 57; vgl. auch Ströker, Natur und ihre Wissenschaft in der Philosophie des 19. Jahrhunderts, S. 255 ff.

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dern. Erst in der Suche nach Erkenntnis gelange der Mensch zu sich selbst und nehme als geistiges Wesen res cogitans die Natur als äußere Welt der Erscheinungen, d.h. als res extensa, wahr.72 Die isolierte Stellung des Vernunftswesens Mensch erlange somit nicht nur im Verhältnis zu den anderen Konturen, sondern auch zu sich selbst, indem sich das Subjekt, aus der Natur empordenkend, seiner selbst Gewißheit verschaffe. Die Methode, durch vorangegangenes Begreifen der Außenwelt Herr zu werden, steht gleichsam paradigmatisch auch für den materiellen Akt der äußeren Formgebung belebter und unbelebter Materie durch direktes Eingreifen in die Naturabläufe. Hierin findet sich somit die rationalistisch begründete Theorie vom Menschen als der Krone der Schöpfung, der sich der Natur vernunftbegabt bedient. Allerdings dürfte der Schluß, in der rationalistischen Deutung der Natur und ihrer Abläufe liege bereits die systemnotwendige Wegbereitung zu einer exploitativ zu verstehenden Anthropozentrik, die eine wesentliche Ursache für die ökologische Frage gesetzt habe, nicht zwingend sein. Zwar kann nach rationalistischer Lesart die Belange der Natur nur erkennen, wer sich auch auf ihre naturwissenschaftliche Deutung und damit ein Stück weit auf ihre Verdinglichung einlasse.73 Der darüber hinaus gehende Gedanke aber, daß die Natur ausschließlich als der Untertan des Menschen zu begreifen sei, wird von der rationalistischen Auffassung ausdrücklich verneint, da dies einerseits nicht mit – der Vernunft entsprechenden – Argumenten begründbar sei und andererseits auch kein sachlich darlegbares Bedürfnis für diesen Beweis existiere.74 Somit begnügt sich der Rationalismus mit dem – weitaus bescheideneren – Gedanken, daß in der Natur nichts geschaffen sei, aus dem der Mensch nicht manchen Nutzen ziehen könne.75 (2) Der Empirismus (Bacon) Der sogenannte Empirismus geht davon aus, daß jedes Wissen aus der begriffsfreien Erfahrung abgeleitet werden könne. Im Gegensatz zum vorerwähnten Rationalismus, dessen Vertreter dem Geiste der kontinentalen Aufklärung entsprangen, fand die Idee des Empirismus insbesondere im angelsächsischen Raum viele Anhänger.76 Den geistigen Urhebern des Empiris72 Descartes, Von der Methode des richtigen Vernunftsgebrauchs und der wissenschaftlichen Forschung, S. 48 ff. 73 Descartes a. a. O.; vgl. hierzu auch Höffe, Moral als Preis der Moderne. Ein Versuch über Wissenschaft, Technik und Umwelt, S. 123 ff. m. w. N. 74 Descartes a. a. O. 75 Descartes a. a. O. 76 Neben anderen insgesamt: Hobbes, Leviathan oder Stoff, Form und Gewalt eines bürgerlichen Staates; Locke, Versuch über den menschlichen Verstand; Berkeley,

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mus wird gleichermaßen der bereits erwähnte Vorwurf der Entwicklung eines ökofeindlichen und ausbeuterischen Naturverständnisses entgegengebracht.77 Der Empirismus erblickt in der wissenschaftlich fundierten technischen Nutzung von Kräften und Stoffen der Natur ein Mittel, durch dessen Einsatz das materielle Wohlergehen aller Menschen gemehrt und gesichert werden könne. Dabei setzt sich diese Auffassung auch sehr ausführlich mit dem rationalistischen Ansatz auseinander und sucht neue Wege zu einer wissenschaftlichen Erkenntnis, die nach empiristischer Terminologie dazu dienen soll, daß der Geist von seinem Recht auf die Natur der Dinge Gebrauch machen könne.78 Menschliches Wissen und menschliche Macht seien danach als eine Einheit zu betrachten, da dort, wo die Macht nicht bekannt, d.h. erforscht, sei, auch die Wirkung nicht hervorgerufen werden könne.79 Will man der Natur danach befehlen, so müsse man lernen, ihr bzw. ihren Gesetzen zunächst zu gehorchen.80 Der Logik des Rationalismus wird die Erfahrung und Entdeckung des Empirismus gegenübergestellt, denn was im Überlegen als Ursache gelte, das sei im Tun als Regel zu erachten.81 Der Schlüssel zur Kunst der Entdeckung82 bzw. zur Bezwingung und Bändigung der Natur wird folglich für diese Ansicht in – nach strengen wissenschaftlichen Kriterien – durchgeführten Naturexperimenten gesehen. Innerhalb dieser Systematik finden sich in der Tat keine materiellen Relativierungen im Hinblick auf den Umgang mit der Natur, wie sie zum Beispiel wenigstens noch in Ansätzen sowohl im christlichen als auch im rationalistischen Naturverständnis zu eruieren waren. Konnte man daher bei letztgenannten Auffassungen noch insgesamt den Vorwurf des zwingend systematischen Naturdestruktivismus zurückweisen, so muß der formal-empiristische Ansatz demgegenüber durchaus als Ausgangspunkt der modernen Technik- und Fortschrittsgläubigkeit gewertet werden. Der Empirismus unEine Abhandlung über die Prinzipien der menschlichen Erkenntnis; Hume, Eine Untersuchung über den menschlichen Verstand; ders., Ein Traktat über die menschliche Natur. Als Hauptvertreter dieser Denkrichtung insgesamt: Bacon, Neu-Atlantis; ders., Neues Organon; ders., Über die Würde und den Fortgang der Wissenschaften. 77 Vgl. Weber, Die Erde ist nicht Untertan, Grundrechte der Natur, S. 62; Capra, Wendezeit. Bausteine für ein neues Weltbild, S. 54; Jonas, Das Prinzip Verantwortung. Versuch einer Ethik für die technische Zivilisation, S. 251 ff.; Schäfer, Das Bacon-Projekt. Von der Erkenntnis, Nutzung und Schonung der Natur, S. 95 ff. 78 Bacon, Neues Organon, S. 13 ff. 79 Bacon a. a. O. 80 Bacon a. a. O. 81 Bacon, Neues Organon, S. 157. 82 Bacon, Über die Würde und den Fortgang der Wissenschaften, S. 447.

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terschied – in Unkenntnis der erst sehr viel später zutage getretenen ökologischen Probleme – nicht zwischen vernünftiger Naturnutzung und Raubbau an der Natur. Für eine Unterscheidung von – in diesem Zusammenhang – guten und schlechten Technologien war ebenfalls kein Raum. Technik mehrte und sicherte per se menschliches Wohlergehen. Der Gedanke, daß es in der Natur etwas zu schonen geben könne, gerade auch weil der Mensch in der Lage bleiben müsse, diese zu nutzen, war den Vertretern der angelsächsischen Aufklärung völlig fremd; denn für diese war Natur noch die unzerstörbare, unerschöpfliche, sich ewig selbst regenerierende Potenz, durch deren Nutzung man sich von den Bedingungen der Kargheit und Knappheit befreien kann. Der Mensch litt zu jener Zeit nach dieser Sichtweise insbesondere deshalb, weil er sich der unendlichen Reichtümer der Natur nicht zu bedienen wußte. Es ist somit festzustellen, daß das Ideal der heilbringenden Technik und Wissenschaft, welches insbesondere von Vertretern des Empirismus hochgehalten wurde, durchaus systematisch jenen Destruktivismus förderte und fördert, welcher der gegenwärtigen Menschheit die ökologischen Probleme hinterlassen hat. Das Problem des Empirismus ist nicht nur ein historisches, sondern in erster Linie ein systematisches. Der Empirismus trifft nämlich zur ökologischen Frage und zur Natur im Hinblick auf ihre Begrenztheit keine eigene Aussage. Er ist im Hinblick auf diese Problematik vielmehr betriebsblind. Die Versuche, innerhalb des empiristischen Gedankens eine Antwort auf die ökologische Krise zu finden bzw. diesen an die Herausforderungen der Gegenwart anzupassen, sind daher auch rein technischer Natur. Insbesondere wird bei derartigen Unterfangen darauf abgehoben, daß innerhalb der Naturwissenschaften hinreichend Raum für Unterscheidungen und darauf gestützte Vorkehrungen sowie Vorbehaltsklauseln geschaffen werden müsse, welche die in der ökologischen Krise sich meldenden destruktiven Effekte auf die Biosphäre zu vermeiden gestatten.83 Damit wird freilich die Haltbzw. Regenerierbarkeit des Baconschen Fortschrittsglaubens im Tatsächlichen vorrangig und konsequent in der Entwicklungsfähigkeit und Wirkmacht der Technik sowie der Naturwissenschaften gesucht. Materielle Gründe für einen schonungsvollen Umgang mit der Natur lassen sich – abgesehen von der im ethischen Bezug unerheblichen bloßen Kenntnis von der Knappheit bestimmter Naturgüter – dem empiristischen Standpunkt nicht entnehmen. 83 Vgl. hierzu ausführlich: Schäfer, Das Bacon-Projekt. Von der Erkenntnis, Nutzung und Schonung der Natur, S. 118, welcher im weiteren Verlauf seiner Darstellung Ansätze und Thesen für eine ökologisch verträgliche, konsequent technische Fortschreibung des empiristischen Grundgedankens nennt.

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Innerhalb der anthropozentrischen Ethik finden sich allerdings – in verschiedenen Argumentationsmustern – materielle Korrektivansätze. Diese Korrektivansätze, welche die eigentliche ökologische Ethik im anthropozentrischen Lager darstellen, sind Gegenstand der unmittelbar nachfolgenden Betrachtung. 2. Argumentationsmuster eines anthropozentrisch verstandenen Natur- und Ressourcenschutzes Es konnte gezeigt werden, daß die Wurzeln für eine anthropozentrische Grundhaltung sich kulturgeschichtlich zum einen aus der originären, für den westlichen Kulturkreis maßgeblichen christlichen Naturauffassung und zum anderen aus den später für die gesellschaftliche Entwicklung maßgeblichen Theorien der neuzeitlichen Aufklärung herleiten lassen. Der Vorwurf, diese Grundströmungen bildeten allesamt bereits systemnotwendig das kulturelle Fundament für eine zwangsläufig schonungslose und despotische Ausbeutung bzw. Unterdrückung der Natur, konnte nur im Hinblick auf eine rein empiristische Grundeinstellung zur Natur nachvollzogen werden. Mag demnach auch der Nachweis in Ansehung eines systemimmanenten Destruktivismus für den anthropozentrisch-historischen Kulturhorizont im übrigen offensichtlich nicht zu führen sein, so steht dennoch als tatsächlicher Befund fest, daß sich moderne Gesellschaften der ökologischen Frage gegenübersehen. Innerhalb des dominierenden anthropozentrischen Lagers haben sich daher bestimmte Argumentationsmuster herausgebildet, die – unter Beibehaltung der skizzierten anthropozentrischen Grundannahmen – materielle Korrektivansätze beinhalten, die auf einen Naturerhalt zugunsten des Menschen zielen. Im wesentlichen handelt es sich hierbei um Versuche, einen Naturschutz mit utilitaristischen, universalistischen oder ästhetischen Argumenten zu begründen bzw. diesen allgemein materiell bei der Formulierung von Wertlehren einzubinden. a) Universalisierung und ökologischer Utilitarismus Untersucht wird einerseits derjenige Ethikentwurf, welcher zum prägenden Wertansatz täglicher politischer und wirtschaftlicher Entscheidungen in der westlichen Welt geworden zu sein scheint, nämlich der Utilitarismus. Andererseits wird unter dem Schlagwort Universalisierung die ebenfalls im Rahmen der ökologischen Frage viel diskutierte Verantwortungsethik behandelt.

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aa) Utilitarismus – Instrumenteller Wert der Natur Beim Utilitarismus in seiner klassischen Form84, dem Nutzsummenutilitarismus85, wird als entscheidendes Kriterium bei der Beurteilung von Handlungen oder von Normen deren Nutzen – im Sinne einer Bedürfnis- und Interessenerfüllung – für die Gesamtheit der Betroffenen bestimmt. Vorzugswürdig seien damit Handlungen und Normen, die bei der Abwägung ihrer positiven und negativen Folgen den größten Gesamtnutzen für die Betroffenen mit sich bringen.86 Beim Utilitarismus handelt es sich daher um eine rationale Ethik. Denn nach dem utilitaristischen Modell lassen sich bei der Anwendung seines Richtigkeitskriteriums (Gesamtnutzen) Handlungen und Normen im Einzelfall kohärent und nachvollziehbar bewerten. Der ökologische Utilitarismus bekennt sich ebenfalls zu einem teleologischen Verständnis von Normen87 und damit im wesentlichen88 zu einer aufgeklärten Anthropozentrik, da er ausschließlich vernunftbegabte Wesen als Träger von Wert und Unwert berücksichtigt.89 Die Ansicht, etwas außer dem Menschen könne strictu sensu Rechte besitzen, wird vom Utilitarismus im wesentlichen abgelehnt.90 Alle guten Gründe für den Naturschutz beziehen sich auf einen irgendwie gearteten Nutzen für den Menschen. Naturschutz sei danach auch primär deshalb wichtig, weil die Befriedigung menschlicher Bedürfnisse nach Nahrung, Obdach und Gesundheit hier und in der dritten Welt, heute und in der Zukunft auf dem Spiel stünden. Als ökologischer Utilitarismus müssen daher insgesamt alle Argumente begriffen werden, die zugunsten einer nachhaltigen Benutzbarkeit naturaler Ressourcen vorgebracht werden.91 Ein gegenwärtiger ökologischer Utilitarismus thematisiert somit vor dem Hintergrund dieser Prämisse vorrangig Probleme einer 84 D.h., wie er insbesondere von Bentham, Prinzipien der Gesetzgebung, S. 2 ff., entwickelt wurde. Über den Utilitarismus insgesamt: Höffe, Einführung in die utilitaristische Ethik – Klassische und zeitgenössische Texte, S. 7 ff. 85 Neben dem sogenannten klassischen Nutzsummenutilitarismus (NSU) existieren auch Modelle, die einen sogenannten klassischen Durchschnittssummenutilitarismus (DNU), Regelutilitarismus, Aktutilitarismus, Präferenzutilitarismus oder nichtklassischen Utilitarismus vorsehen, vgl. Höffe a. a. O. 86 Bentham a. a. O. 87 Birnbacher, Verantwortung für zukünftige Generationen, S. 28 ff. 88 Eindeutige argumentative Unterteilungen sind allerdings zum Teil recht schwierig zu treffen. Im noch folgenden Teil bezüglich der nicht-anthropozentrischen Positionen wird zu zeigen sein, daß bestimmte utilitaristische Ansätze sich ethisch an der Leidensfähigkeit orientieren und im Ergebnis mitunter auch nicht als streng anthropozentrisch begriffen werden können. 89 Birnbacher a. a. O. 90 Passmore, Man’s Responsibiliy for Nature: Ecological Problems and Western Traditions, S. 229. 91 Ott, Ökologie und Ethik. Ein Versuch praktischer Philosophie, S. 116.

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Zukunftsbewertung oder einer ökologischen Preisbildung. Man kann den ökologisch motivierten Utilitarismus folglich grob in einen futuristischen Zweig und einen ökonomischen Ansatz unterteilen. Zwischen beiden bestehen freilich wiederum vielfältige Beziehungen. Der erstgenannte Zweig konzentriert sich auf Rechte zukünftiger Generationen92, während der letztgenannte die These begründen will, die heutigen Preise müßten die ökologische Wahrheit sagen und auch künftige Knappheit adäquat widerspiegeln können. bb) Universalisierung Gegenstand der weiteren Betrachtung wird ferner unter dem Begriff Universalisierung93 ein Ansatz sein, der zwar in seiner Begründung nicht auf utilitaristischen Erwägungen basiert, sondern auf dem Kategorischen Imperativ Kants. Diese Theorie weist aber Simultanität zum futuristischen Zweig des Utilitarismus auf. Beide Ansätze thematisieren die Notwendigkeit der Berücksichtigung zukünftiger Generationen im Rahmen gegenwärtiger ethischer Überlegungen. Ferner greifen beide Positionen im Zusammenhang mit Zukunftsbewertungen auf eine ähnliche Risiko- und Sicherheitsrhetorik zurück, um dem Paradoxon der gleichzeitigen Unerläßlichkeit und offenbaren faktischen Unmöglichkeit des Einbezuges zukünftiger Generationen im Normbildungsprozeß der Gegenwart mathematisch adäquat zu begegnen. Insofern werden Universalisierung und futuristischer Utilitarismus im folgenden gemeinsam unter dem Begriff Zukunftsethik behandelt. Im Anschluß daran wird der bereits erwähnte umweltökonomische Ansatz des Utilitarismus kurz dargestellt. cc) Zukunftsethik Universalistische und utilitaristische Bestrebungen einer Zukunftsethik orientieren sich an der These, daß in die von den jeweiligen gegenwärtigen Generationen anzustellenden ethischen Überlegungen bzw. Kosten-NutzenAbwägungen die Rechte der bzw. die Verpflichtungen gegenüber den zukünftigen Generationen mit einzubeziehen seien.94 Damit überschreitet die92 Vgl. zum häufig thematisierten Begriff der zukünftigen Generation ausführlich: Unnerstall, Rechte zukünftiger Generationen, S. 29 ff. 93 Insgesamt zur Bedeutung einer Universalisierung bzw. Generalisierung im Rahmen ethischer Theorien: Singer, Verallgemeinerung in der Ethik; Wimmer, Universalisierung in der Ethik. 94 Birnbacher a. a. O.; ders., Mensch und Natur. Grundzüge der ökologischen Ethik, S. 278 ff.; ders., Ökologie und Ethik, S. 103 ff.; insgesamt auch: Benden/ Sparwasser, Umweltrecht; Passmore, Man’s Responsibiliy for Nature: Ecological

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ses Modell deutlich den Horizont traditioneller Ethiken, für die Fernwirkungen zumeist ein zu vernachlässigendes Problem waren.95 Die mannigfach im Rahmen dieses Argumentationsmusters angestellten Gedanken haben auch bereits positiv-gesetzlich ihren Niederschlag gefunden, wie zum Beispiel in Art. 20a GG. Die Vertreter einer Zukunftsethik befürchten, daß die Gegenwart künftige Knappheit produziere, die dann in Verteilungskämpfe umschlagen würde. Das humanistische Motiv hinter dem Entwurf einer Ethik für die moderne und technische Zivilisation (emergency-ethics) ist insbesondere die Vermeidung einer Life-Boat-Situation. Diese Ansicht greift mithin empirisch auf psychologische sowie soziologische Phänomene zurück und weist auf die Tatsache hin, daß ökologische Krisen zu desperaten Handlungen motivieren (Not kennt kein Gebot). Je knapper die nutzbare Ressource, desto näher sei ein neuartiges Versinken der Menschheit in Barbarei.96 Um die letzte Wasserstelle werde eben nicht verhandelt, sondern mit allen Mitteln gekämpft.97 (1) Universalistische Zukunftsethik (Jonas) In Anlehnung an das moderne und aufgeklärte Moralverständnis im Sinne des Vernunftsprinzips Kants wird aus der Tatsache, daß der Mensch kraft seines überlegenen technischen Wissens Macht über die Natur habe, insbesondere von Hans Jonas das entscheidende Argument für eine besondere Verantwortung hergeleitet.98 Dabei wird Kants Pflichtbegriff insofern erweitert, als daß Adressat nicht nur der einzelne Mensch bzw. die gegenwärtige Menschheit, sondern auch die zukünftige Menschheit sein soll99. Auf dieser Grundlage wird das Postulat entwickelt, daß der Mensch so zu handeln hätte, daß die Folgen und Wirkungen seines Tuns mit der PermaProblems and Western Traditions; Saladin/Zenger, Rechte künftiger Generationen; Höffe, Moral als Preis der Moderne. Ein Versuch über Wissenschaft, Technik und Umwelt; Hösle, Philosophie der ökologischen Krise. Moskauer Vorträge; von der Pforden, Ökologische Ethik; Brenner, Ökologische Ethik; Visser ’T Hooft, Justice to Future Generations and the Environment; Mohr, Natur und Moral, S. 154. 95 Jonas, Das Prinzip Verantwortung. Versuch einer Ethik für die technische Zivilisation, S. 20 ff.; ders., Prinzip Verantwortung – Zur Grundlegung einer Zukunftsethik, S. 165 ff.; ders., Die Verantwortung des Verbrauchers angesichts der ökologischen Krise, S. 31 ff.; Böhler, Idee und Verbindlichkeit der Zukunftsverantwortung, S. 34 ff.; Werner, Die Zuschreibung von Verantwortung, S. 85 ff.; Hinkmann, Das Interesse des Anderen und die ökologische Herausforderung, ARSP 1997, S. 428 ff. 96 Jonas a. a. O. 97 Vgl. Ott, Ökologie und Ethik, S. 121. 98 Vgl. insgesamt: Jonas, Das Prinzip Verantwortung. 99 Jonas, Das Prinzip Verantwortung, S. 245.

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nenz echten menschlichen Lebens auf Erden, d.h. mit dem Anspruch der Menschheit, auf unbeschränkte Zeit zu leben, vereinbar ist.100 Hierzu im einzelnen: (a) Begründung Jonas wählt zur Begründung seiner Verantwortungsthese einen teleologischen Ausgangspunkt, in dem er zunächst darauf abstellt, daß sich bereits in der vorbewußten Natur Zweckkausalität finden lasse, und zwar mindestens in der Hervorbringung des Lebens an sich.101 Denn hierdurch gebe die Natur wenigstens einen bestimmten Zweck kund, nämlich das Leben selbst.102 Hierauf aufbauend wird postuliert, das Bestehen von Zwecken ermögliche die Unterscheidung von Gut und Übel, da das Erreichen des Zwecks Gut und dessen Vereitelung ein Übel sei.103 Nach Jonas können diese Zwecke für sich allerdings noch keine moralische Verbindlichkeit beanspruchen104, da diese sich unterhalb der Schwelle moralisch relevanten Sollens bewegen und sich vielmehr nur in trieb- oder instinkthaftem Verhalten offenbaren.105 Jonas stellt daher zur weiteren Begründung im Rahmen eines ontologischen Axioms ergänzend fest, daß man in der Fähigkeit, überhaupt Zwecke zu haben, ein Gutes an sich sehen könne, von dem intuitiv gewiß sei, daß es aller Zwecklosigkeit des Seins unendlich überlegen wäre.106 Nach diesem Postulat gelte die Überlegenheit eines Zweckes an sich über die Zwecklosigkeit. Es könne daher eine Sollensforderung definiert werden, da das Gute und Wertvolle eben seinem Begriffe nach dasjenige sei, dessen Möglichkeit die Forderung nach seiner Wirklichkeit enthalte und damit zu einem Sollen werde, wenn ein Wille da sei, der die Forderung vernehmen und in Handeln umsetzen könne.107 Jonas entwickelt damit das Sollen analytisch aus dem Begriff des Guten an sich.108 Der Mensch sei verpflichtet, diese Sollensforderung in seinen Willen aufzunehmen.109 Zwar könne man den freien Willen nicht zwingen, das Leben als 100

Jonas, Das Prinzip Verantwortung, S. 36. Bereits dieser naturphilosophische Begründungsansatz ist auf mannigfaltige Kritik gestoßen, vgl. Gerhardt, Gibt es eine Zweckmäßigkeit des Seins?, S. 68; Kettner, Verantwortung als Moralprinzip, S. 431. 102 Jonas, Das Prinzip Verantwortung, S. 142 ff. 103 Jonas, Das Prinzip Verantwortung, S. 153. 104 Jonas, Das Prinzip Verantwortung, S. 148. 105 Jonas, Das Prinzip Verantwortung, S. 154. 106 Jonas, Das Prinzip Verantwortung, S. 154. 107 Jonas, Das Prinzip Verantwortung, S. 153. 108 Jonas, Das Prinzip Verantwortung, S. 155. 109 Jonas, Das Prinzip Verantwortung, S. 157. 101

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Gutes zu seinem Zweck zu machen, aber ihm könne die Anerkennung abgenötigt werden, das dies seine Pflicht ist.110 Diese Übernahme des Sollens ins Wollen werde insbesondere durch das Verantwortungsgefühl des Menschen geleistet. Dieses Gefühl der Verantwortung werde durch die konkrete Begegnung mit dem Sein ausgelöst, wie zum Beispiel in der Begegnung mit den eigenen Kindern. Der Übergang vom Wollen zum Sollen sei vermittelt durch das Phänomen der Macht in ihrem einzigartigen menschlichen Sinn, wo sich Kausalgewalt mit Wissen und Freiheit verbinde.111 Dabei sei die wichtigste Forderung der Verantwortung auf den Menschen gerichtet, d.h. auf die ontologische Idee des Menschen112, denn beim Menschen erreiche der Wert der Selbstbejahung des Zwecks seine höchste Ausprägung. Darüber hinaus werde er zum Treuhänder aller anderen Selbstzwecke, die jemals unter das Gesetz seiner Macht kämen.113 Mit dem Gedanken der Verantwortung gegenüber der Idee des Menschen wird für Jonas dabei die Idee der Verteidigung eines wahren Menschtums verbunden114, wodurch auf die zeitliche Dimensionalität dieses Begründungsansatzes Bezug genommen wird. Die Verantwortung für die Idee des Menschen sei vor allem Verantwortung für die permanente Existenz der Menschheit. Es sei die selbstverbindliche, immer transzendente Möglichkeit, die durch die Existenz offengehalten werden müsse.115 Diese Verantwortung lasse sich in der Form des eingangs zitierten kategorischen Imperativs formulieren. Die Zeitperspektive, die für sein Gebot gelten soll, ist dabei unendlich.116 Die Erfüllung dieser Pflicht sei aber nicht den zukünftigen Menschen geschuldet, sondern der Idee des Menschen, die eine solche sei, daß sie die Anwesenheit ihrer Verkörperung in der Welt fordere.117 Bezugspunkt des Verantwortungsgefühls ist die Frage, ob es zukünftige Generationen geben würde, deren Mitglieder Bedürfnisse sowie Interessen hätten, die den unsrigen ähnlich und vergleichbar wären und daß es diesen Generationen gegenüber unfair sein würde, auf diese Kosten und Nebenfolgen heutiger Bedürfnisbefriedigungen abzuwälzen.118 Um diese Frage bejahen zu können, werden anthropologi110

Jonas, Das Prinzip Verantwortung, S. 161. Jonas, Das Prinzip Verantwortung, S. 232. 112 Jonas, Das Prinzip Verantwortung, S. 91. 113 Jonas, Das Prinzip Verantwortung, S. 232. 114 Jonas, Das Prinzip Verantwortung, S. 89. 115 Jonas, Das Prinzip Verantwortung, S. 186. 116 Jonas, Das Prinzip Verantwortung, S. 214. 117 Jonas, Das Prinzip Verantwortung, S. 91. 118 Daß es zukünftig überhaupt noch Menschen geben soll, wird hier sinnvollerweise nicht thematisiert. Mag diese stillschweigende Annahme auch einer klassischen, mit dem Wert des Seins objektiv-teleologisch argumentierenden Ethik zu entnehmen sein. Jedenfalls führt auch die Zugrundelegung eines modernen Moralbegriffes nicht zu einem anderen Ergebnis: Der Fall eines jemals vernünftigerweise 111

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sche Merkmale heutiger Personen in die Zukunft hinein verlängert. Es wird unterstellt, daß zukünftige Generationen sich beschweren würden, wenn sie wüßten, welche Altlasten und künftige Knappheiten die heutige Generation ihnen durch ihre gegenwärtige Lebensweise jetzt schon aufbürdet. Dies gelte um so mehr, weil die Gegenwartsgeneration jetzt bereits wisse, wie sehr ihre Lebensweise die Zukunft diskontiere.119 In diesem Sinne handele nur verantwortlich, wer in die Rolle eines rationalen Universalisten120 schlüpfe und gegenüber allen zukünftig Betroffenen einen unparteilichen Standpunkt einnehme und alle Zukunftsvergessenheit ablege.121 Das Verantwortungssubjekt sei dabei aber nicht der Einzelne, sondern das Kollektiv. Die Sphäre dieser Nächstenethik sei nämlich überschattet von einem wachsenden Bereich kollektiven Tuns, in dem Täter, Tat und Wirkung nicht mehr dieselben seien wie in der Nahsphäre und in welchem durch die Enormität seiner Kräfte der Ethik eine neue, nie zuvor erträumte Dimension der Verantwortung aufzwinge.122 Jonas stellt die These auf, daß der Anwender des skizzierten Kategorischen Imperativs sich dem Faktum stellen müsse, daß die langfristige Existenz der Menschheit durch die Entwicklung der modernen technischen Möglichkeiten und deren Anwendung bedroht sei.123 Bei der Frage allerdings, wie der Umgang mit den gefährlichen Techniken zu gestalten sei, erkennt Jonas selbst die allgemeinen Unwägbarkeiten einer Zukunftsethik, die bei ihrer Anwendung aus der Unsicherheit darüber resultieren, daß in der Gegenwart letztlich nur mehr oder weniger gesicherte Prognosen über die zukünftigen Verhältnisse und Entwicklungen getroffen werden können. Um dennoch den gefährlichen Umgang mit den Techniken zu gestalten und der Verantwortung gerecht zu werden, wird von Jonas ein Vorrang der anzunehmenden einstimmigen bzw. verallgemeinerbaren Beschlusses der gegenwärtigen Menschheit, Nachkommenschaft zu verhindern, ist nicht nur extrem unwahrscheinlich, sondern in seinen Folgen nicht so lückenlos kontrollierbar, daß möglicherweise dissentierende künftige Individuen wirklich zu verhindern wären, vgl. Seelmann, Rechtsphilosophie, S. 200; Steinvorth, Klassische und moderne Ethik. Grundlinien einer materialen Moraltheorie, S. 62 ff. 119 Ott, Ökologie und Ethik. Ein Versuch praktischer Philosophie, S. 118; Feinberg, Die Rechte der Tiere und zukünftiger Generationen, S. 172; vgl. zur Diskontierung im Rahmen von Nutzenerwägungen ausführlich: Unnerstall, Rechte zukünftiger Generationen, S. 320 ff. 120 Jonas, Verantwortung für zukünftige Generationen, S. 56 ff.: Der rationale Universalist versucht – im Gegensatz zum rationalen Egoisten oder Kollektivisten – die Summen des Nettonutzens für alle, d.h. auch zukünftig Betroffene, zu maximieren. Vgl. hierzu im Überblick: Gerhardt, Die Ethik wird realistischer. Zu neueren Ethik-Entwürfen, Allgemeine Zeitschrift für Philosophie, Bd. 18, S. 41, 50 ff. 121 Jonas, Das Prinzip Verantwortung, S. 55/56. 122 Jonas, Das Prinzip Verantwortung, S. 26. 123 Jonas, Das Prinzip Verantwortung, S. 26 ff., 54 ff.

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schlechten Prognosen vor den guten Prognosen als Entscheidungsprinzip vorgeschlagen, jedenfalls für den Fall, daß eine Handlung oder eine kollektive Aktivität die permanente Existenz der Menschheit gefährde.124 Als Gründe für dieses Prinzip werden das Mißverhältnis der Wahrscheinlichkeiten von Nutzen und Schaden125, die kumulative Dynamik technischer Entwicklungen126 und die Sakrosanktheit des Subjekts der Entwicklungen127 angeführt. In umgekehrter Formulierung der moralischen Forderung nach dem Erhalt der Menschheit gebe es daher keine noch so kleine Wahrscheinlichkeit des Endes der Menschheit, die in Kauf genommen werden könne, da der diesbezügliche Erwartungswert immer größer wäre als jener aus dem Gewinn und dessen Wahrscheinlichkeit.128 (b) Bewertung Dem teleologischen Begründungsansatz der von Jonas entwickelten Verantwortungsethik wird teilweise widersprochen.129 Dabei fokussiert sich die Kritik in erster Linie auf die von Jonas festgestellte moralische Verantwortung der jetzigen Generation für zukünftige. Angesichts der Unbestimmbarkeit der Anzahl zukünftiger Generationen sei nämlich ganz im Gegenteil eine Art Entpflichtungs-Strategie zu entwickeln, die zukünftige Generationen auf das zu verweisen habe, was diese als Hinterlassenschaft vorfänden. In diesem Punkt wird man allerdings der Verantwortungsethik von Jonas beipflichten müssen, daß diese dem unbestreitbaren Phänomen familiärer Näheverhältnisse besser gerecht wird. Die Verantwortungsethik kann berechtigterweise auf das moralische Wissen zurückgreifen, das in ElternKind-Verhältnissen angelegt ist und das Unendlichkeitsproblem im Hinblick auf die Anzahl zukünftiger Generationen mit einem kategorischen Gegenargument wirkungsvoll zurückweisen.130 Das moralische Wissen familiärer Näheverhältnisse läßt sich nämlich überzeugend vom familiären Nahbereich hin zur Anonymität der nächstfolgenden Generationen abstrahieren, bis man an kognitive Schranken insoweit stößt, als zunehmend unklar wird, welche 124

Jonas, Das Prinzip Verantwortung, S. 70. Jonas a. a. O. 126 Jonas, Das Prinzip Verantwortung, S. 71. 127 Jonas, Das Prinzip Verantwortung, S. 72 ff. 128 Jonas, Das Prinzip Verantwortung, S. 79, 81 ff. 129 Hirsch-Hadorn, Umwelt, Natur und Moral. Eine Kritik an Hans Jonas, Vittorio Hösle und Georg Picht, S. 381 ff.; vgl. auch Unnerstall, Rechte zukünftiger Generationen, S. 262, der die Arbeit von Jonas zwar als „Pionierarbeit“ würdigt, aber konstatiert, daß diese in ihrer Begründung eher durch metaphysische als durch logische Argumente gekennzeichnet sei. 130 Jonas, Das Prinzip Verantwortung, S. 24. 125

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Wirkungen jetzige Handlungen in ferner Zukunft haben könnten. Diese Abstraktionsleistung ist auch denen zumutbar, die keine leiblichen Nachkommen haben, weil etliche Institutionen unserer Gesellschaft, wie zum Beispiel das Rentensystem, auf analogen Generationsverträgen aufgebaut sind. So wird denn auch darauf verwiesen, daß ähnlich paradigmatisch, wie das Eltern-Kind-Verhältnis, zum Beispiel auch die Verantwortlichkeit des Staatsmannes für die Bürger beschaffen sei, ersteres als Urtyp natürlicher und zweitere als Urtyp vertraglicher Verantwortung.131 Ferner wird die Position von Jonas in ihrer Begründung dahingehend kritisiert, daß durch die Umweltproblematik der technologischen Zivilisation nicht das eigene Leben bzw. das Leben von Menschen in räumlicher oder zeitlicher Nähe, sondern das Leben zukünftiger oder räumlich weit entfernt lebender Menschen gefährdet werde, wodurch ein Naturschutz nicht durch eine auf die Selbsterhaltung und die Selbstbestimmung des Individuums bezogene menschliche Vernunft legitimiert werden könne, sondern nur durch eine absolute Instanz, deren Bestehen letztlich nicht begründbar wäre.132 Zu Recht wird hierdurch zwar der letztlich metaphysische Begründungsansatz der Verantwortungsethik bemängelt. Diese pauschale Kritik allein wird allerdings der dargestellten filigranen Zweckargumentation von Jonas nicht gerecht, zumal diese zum Prinzip individueller Selbstbestimmung kein ausschließliches Spannungsverhältnis aufweist. Auf der Anwendungsebene ergeben sich für eine Verantwortungsethik jedoch gravierendere Kritikpunkte. Der von Jonas vorgeschlagene Vorrang von schlechten Prognosen vor guten Prognosen als Entscheidungsprinzip bildet eine Sicherheitsrhetorik, die einerseits den Anwendungsbereich der Verantwortungsethik gar nicht praktikabler gestaltet und zum anderen zu Inkonsistenzen innerhalb seiner Theorie führt. Zum ersten Aspekt ist zu konstatieren: Bei der Erstellung von Prognosen muß auf eine gewisse Berechenbarkeit zukünftigen Nutzens und Schadens zurückgegriffen werden. Wie Jonas selbst erkennt, ist eine entsprechende Bestimmung mit angemessener Genauigkeit jedoch letztlich nicht möglich.133 Hierin besteht ja gerade die Unsicherheit im Hinblick auf die zukünftige Bewertung heutigen Handelns. Mithin zeigt sich, daß die Begriffe positive und negative Prognosen damit eher eine Umbenennung des Problems als dessen Lösung darstellen. Auch die von Jonas angeführte kumulative Dynamik der technischen Entwicklung sagt nicht, nach welchem Prinzip diese Entwicklung gesteuert oder zu beeinflussen gesucht werden soll.134 Im Hinblick auf den zweiten 131 132 133 134

Jonas a. a. O. Hirsch-Hadorn a. a. O. Jonas, Das Prinzip Verantwortung, S. 66 ff. Vgl. Unnerstall, Rechte zukünftiger Generationen, S. 267.

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Kritikpunkt ist festzustellen: Nach Jonas dürfe es keine noch so kleine Wahrscheinlichkeit des Endes der Menschheit geben, die in Kauf genommen werden könne, da der diesbezügliche Erwartungswert immer größer wäre als jener aus dem Gewinn und dessen Wahrscheinlichkeit.135 Praktisch würde dies jedoch dazu führen, daß nur noch diejenigen Technologien zu verfolgen sind, welche die Existenz menschlichen Lebens überhaupt nicht gefährden. Ob diese Prognose vor dem Hintergrund der unübersichtlichen Anwendungsbreite moderner Technologien (dual use bzw. multiple use) und ihrer exponentiell verlaufenden Weiterentwicklungen überhaupt verläßlich angestellt werden kann, mag zu bezweifeln sein. Das von Jonas ausgesprochene Gebot, stets den für den Erhalt der Menschheit sicheren Weg zu wählen, kann somit in letzter Konsequenz auch dazu führen, auf den Einsatz und die Fortentwicklung von Technologien vollständig zu verzichten. Will man dieses Ergebnis vermeiden, kann nur eine Minimierung der Wahrscheinlichkeit gefordert werden. Danach wäre diejenige Handlungsstrategie zu wählen, bei der die Wahrscheinlichkeit des Verlustes der Menschheit am geringsten ist bzw. erscheint. Ein solches Minimalprinzip würde allerdings der von Jonas im Rahmen seiner Begründung als konstitutiv aufgestellten Forderung widersprechen, daß die Existenz der Menschheit überhaupt nicht aufs Spiel gesetzt werden darf. Gelänge es dem Anwender in diesem konstitutiven Sinne dennoch, so zu entscheiden, daß wirksam und verläßlich jeder Umgang mit Ressourcen verboten ist, der die Permanenz menschlichen Lebens (vermeidbar) gefährdet, stellte sich die weitere Frage, wie viele Menschen die Menschheit im Sinne eines Erhaltes der biologischen Gattung eigentlich ausmachen. Die Menschheit als solche gibt es auch, wenn nur eine Million Menschen auf der Erde leben. Eine Katastrophe, der 99 % der gegenwärtigen Menschheit zum Opfer fiele, ist mit der permanenten Existenz der Menschheit als Gattung damit formal durchaus vereinbar.136 Daher ist auch eine nachhaltige Bewirtschaftung der erneuerbaren Ressourcen nach dem von Jonas formulierten Imperativ nicht bzw. nur in einem sehr beschränkten Maße gefordert.137 Das Bedürfnis für eine nachhaltige Bewirtschaftung besteht jedoch bereits dann, wenn es nur um die Wahrung oder Verbreitung eines bereits existierenden Lebensstandards jenseits der Schwelle einer Existenzgefährdung der Menschheit geht. Allenfalls könnte man darauf verweisen, daß auch derartige Verteilungskonflikte das Überleben der Menschheit als solche wenigstens mittelbar gefährden könnten bzw. daß eine menschenunwürdige Existenz der verbleibenden Menschen drohe.138 Für Jonas allerdings fallen die Gefährdung der Exi135 136 137 138

Jonas, Das Prinzip Verantwortung, S. 79, 81 ff. Vgl. auch Apel, Verantwortung heute, S. 18. Unnerstall, Rechte zukünftiger Generationen, S. 268. Vgl. auch Ketelhodt, Verantwortung für Natur und Nachkommen, S. 158 ff.

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stenz der Menschheit und die der Lebensbedingungen der zukünftigen Menschen de facto zusammen.139 (2) Utilitaristische Zukunftsethik (insbesondere Birnbacher) Dieter Birnbacher greift für seinen Entwurf einer Zukunftsethik auf die spezifische Modernität, Rationalität und Liberalität des Utilitarismus zurück, der mit nur geringem metaphysischen Ballast eine prädestinierte Theorie dafür zu sein scheint, Antworten auf drängende Fragen der Gegenwart zu geben, die in einer pluralen Welt gestellt werden. Birnbacher orientiert sich daher an der These, daß in die von den jeweiligen gegenwärtigen Generationen anzustellenden Kosten-Nutzen-Abwägungen die Rechte der bzw. die Verpflichtungen gegenüber den zukünftigen Generationen mit einzubeziehen seien.140 (a) Begründung Birnbachers Utilitarismus ist im Ergebnis ein Nutzsummenutilitarismus. Ein Zustand B sei danach moralisch-normativ besser als ein Zustand A oder gleichwertig genau dann, wenn die Summe der Nutzenwerte der Individuen für den Zustand B höher als die entsprechende Nutzensumme für den Zustand A oder gleich sei. Entsprechend sei eine Handlung B besser als eine Handlung A oder gleichwertig genau dann, wenn die Summe der Nutzenwerte der Individuen für die Handlung B größer als die entsprechende Summe für A oder gleich sei. Mit dieser Definition allein wird das Problem des interpersonellen Nutzenvergleiches, d.h. vor allem die Frage der Kardinalität der Nutzenfunktion, noch nicht gelöst.141 Birnbacher greift hierfür auf einen hedonistischen Ansatz zurück, d.h. auf eine Werttheorie, die allein subjektiven Bewußtseinszuständen Wert zuschreibt und dabei lustgetönte Zustände (Glück genannt) positiv und unlustgetönte Zustände (Leid genannt) negativ bewertet.142 Die utilitaristische Nutzenfunktion der Individuen wird folglich über die Intensität der lustvollen Gefühle definiert. Birnbacher betont bei der Begründung die seiner Ansicht nach gegebene objektive Komponente des Hedonismus, die für jedermann nachvollziehbar143 sei 139

Jonas, Das Prinzip Verantwortung, S. 87. Birnbacher, Verantwortung für zukünftige Generationen, S. 28 ff.; ders., Mensch und Natur. Grundzüge der ökologischen Ethik, S. 278 ff.; ders., Ökologie und Ethik, S. 103 ff. 141 Vgl. etwa: Kutschera, Grundlagen der Ethik, S. 128 ff.; Hampicke, Ökologische Ökonomie, S. 267 ff.; Nida-Rümelin, Entscheidungstheorie und Ethik, S. 55 ff. 142 Birnbacher, Verantwortung für zukünftige Generationen, S. 82. 143 Birnbacher a. a. O. 140

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und von allen klar denkenden Menschen akzeptiert und nicht bestritten werde.144 Der Hedonismus besitze damit die höchste Akzeptanz. Außerdem sei das Glück der Wert, der allen anderen möglichen Werten insofern vorausliege, als sie ohne Glück nichts seien. Birnbacher weitet diesen Gedanken sodann auf das System einer intergenerationellen Glücksmaximierung aus, die vorsieht, daß die Befriedigung der physischen und psychischen Grundbedürfnisse sichergestellt sein soll145, wobei er offenkundig zukünftige Ungleichheiten für legitim hält, indem er anmerkt, daß der subjektive Nutzen weiterhin in größerem Maße von dem subjektiven Anspruchsniveau als von der objektiven Lebensqualität abhänge.146 Birnbacher appelliert für das der Nutzenabwägung zugrundeliegende Kriterium des Glücks an ein Evidenzerlebnis bzw. eine Intuition. Die allgemeine Übereinstimmung verschiedener Individuen, die Birnbacher in dem Begriff des Glücks zu finden glaubt, beruht jedoch in einer Konvergenz, die dadurch erzeugt zu werden scheint, daß jeder unter Glück das versteht, was er für allgemein erstrebenswert hält.147 Insofern wird von anderen Autoren teilweise gefordert, bei der Anwendung des utilitaristischen Modells weniger auf einen Hedonismus und mehr auf eine individuelle Nutzenfunktion im Sinne eines Präferenzutilitarismus als Metrisierung von individuellen Präferenzordnungen zurückzugreifen. Damit soll der Begriff des Nutzens sehr viel offener als die Begriffe der lust- und unlustgetönten Zustände gestaltet werden.148 (b) Bewertung und Anwendungsfragen Der Utilitarismus im allgemeinen sieht sich bereits mannigfaltiger Kritik ausgesetzt, welche insbesondere das formale Abstellen auf einen Gesamtnutzen bemängelt.149 Im Rahmen der hier angestellten Grundlagenbetrachtung soll diese generelle Diskussion allerdings nicht weiter vertieft werden. Vielmehr sei auf die andernorts geführten Diskussionen verwiesen.150 Für die vorliegende Untersuchung kann es daher mit der Berechtigung des Vorwurfes sein Bewenden haben, daß bei utilitaristischen Betrachtungen gene144

Birnbacher, Verantwortung für zukünftige Generationen, S. 83. Birnbacher, Verantwortung für zukünftige Generationen, S. 166 ff. 146 Birnbacher, Verantwortung für zukünftige Generationen, S. 203 ff. 147 So auch Birnbacher a. a. O. 148 Kutschera, Einführung in die Logik der Normen, Werte, und Entscheidungen, S. 97 ff.; ders., Grundlagen der Ethik, S. 17 ff.; Unnerstall, Rechte zukünftiger Generationen, S. 307. 149 Höffe, Einführung in die utilitaristische Ethik, S. 29. 150 Zur utilitaristischen Debatte allgemein vgl. z. B.: Steinvorth, Menschenrechte und Sozialstaat, Rechtsphilosophische Hefte, 1/1992, S. 9 ff. m. w. N.; Höffe a. a. O. 145

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rell für den Menschen relevante Daten im Rahmen der angestellten Gesamtnutzenbetrachtung außer Acht gelassen werden. Mißt man nämlich einerseits eine Handlung oder eine Norm an ihrem kollektiven Gratifikationswert, wofür in vielen Fällen durchaus ein Evidenzerlebnis sprechen mag, so sieht man andererseits gänzlich von Kriterien einer Verteilungsgerechtigkeit ab und setzt sich außerdem in Widerspruch zu einem anderen, fast universal verbreiteten Evidenzerlebnis, daß nämlich die Idee der Unverletzlichkeit der einzelnen Person nicht dem Wohlergehen aller anderen geopfert werden dürfe.151 Für den futuristischen Utilitarismus im speziellen ergeben sich Problemstellungen sowohl auf der Begründungsebene (Vergleichbarkeit und Generalisierbarkeit der Nutzenwerte?) als auch auf der Ebene der Anwendung (Wie ist die Unsicherheit über zukünftige Verhältnisse und Nutzenwerte sowie die unbestimmte Anzahl zukünftiger Generationen aufzulösen? Ist die Diskontierung zukünftigen Nutzens möglich?). Hierzu im einzelnen: Es darf bezweifelt werden, daß generalisierende Begriffsbildungen wie Glück oder Lust einerseits und der Präferenzen andererseits dazu geeignet sind, interpersonelle Nutzenvergleiche, insbesondere in intergenerationeller Hinsicht, anzustellen. Aufgrund der anzunehmenden Vielschichtigkeit individuell empfundenen Glücks bzw. bestehender Präferenzen kann man nicht mehr behaupten, daß diese Lust oder jenes Glück von allen erstrebt oder akzeptiert und als objektiv vergleich- und abwägbar anzusehen ist. Damit fehlt es aber dem Utilitarismus an der notwendigen objektiven Basis zur Herausbildung der für eine Nutzenfunktion erforderlichen Kardinalität, da dieser nur noch in den Präferenzen und subjektiven Nutzenempfindungen der Individuen begründet ist.152 Die einzelnen Nutzenwerte sind damit im Rahmen eines mathematischen Vergleichsmodells nicht auf einen Nenner zu bringen. Hierin wird berechtigterweise ein wesentlicher Begründungsmangel in der Theorie des Utilitarismus gesehen, der noch verstärkter beim Einbezug zukünftiger Generationen zutage tritt. Der dagegen vorgebrachte Einwand, daß umgekehrt ein generelles Verbot oder die Behauptung einer generellen Unmöglichkeit eines solchen Vergleiches gleichermaßen inadäquat seien153, überzeugt nicht, da dieses Argument freilich die Berechtigung der kritisierten Grundannahme der utilitaristischen Präferenzrelation bzw. Glücksmaximierung noch nicht per se zu stützen vermag. Als problematisch stellt sich bei der Anwendung eines futuristischen Utilitarismus auch die Unsicherheit über zukünftige Nutzenwerte und Verhält151

Höffe a. a. O. Unnerstall, Rechte zukünftiger Generationen, S. 307; Kutschera, Grundlagen der Ethik, S. 84 ff. 153 Unnerstall a. a. O. 152

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nisse dar. Mit der Festlegung auf eine Nutzenfunktion als Metrisierung subjektiver Präferenzen ergibt sich ein spezifisches Problem in der Erstreckung auf zukünftige Menschen. Die genauen Präferenzen der zukünftigen Menschen sind der gegenwärtigen Generation auf jeden Fall nicht bekannt, so daß streng genommen ein Utilitarismus in seiner Urfassung nicht zur Anwendung kommen kann. Es wird daher gegen einen futuristischen Utilitarismus auch der generelle Einwand erhoben, daß die Interessen zukünftiger Interessen nur unüberprüfbar postuliert werden, da es trivialerweise die künftigen Generationen eben heute noch nicht gebe.154 Um diesem Argument wirksam zu begegnen, wird im Rahmen eines futuristischen Utilitarismus daher auch der Versuch unternommen, mehr oder minder gut begründete Hypothesen über die Präferenzen der Zukünftigen aufstellen. Dabei wird zunächst darauf abgestellt, daß man den jetzt Lebenden zumindest ein einheitliches Interesse an der Erfüllung ihrer Grundbedürfnisse und an einem gewissen Wohlstand unterstellen kann. In gleicher Weise soll man davon ausgehen können, daß auch die Zukünftigen ein Interesse an der Befriedigung ihrer Grundbedürfnisse und am Wohlstand haben werden.155 Annahmen, die über die Sicherung der Grundbedürfnisse, d.h. eine Nachhaltigkeit im engeren Sinne, hinausgehen, sind hiernach allerdings nicht möglich, weshalb es dem Utilitarismus – ebenso wie der zuvor skizzierten Verantwortungsethik – letztlich nicht möglich ist, Aussagen über eine nachhaltige Bewirtschaftung im weiteren Sinne zu treffen. Den Anwender eines utilitaristischen Modells beschäftigt ferner die Unsicherheit über die technischen Möglichkeiten der zukünftigen Menschen, die zukünftige Effizienz der Nutzung natürlicher Ressourcen und die Entwicklung von Recyclingmöglichkeiten bzw. technischen Substituten, da das utilitaristische Nutzsummierungskalkül und das Maximierungsgebot auf sich kontinuierlich ändernde Situationen unter Risiko- und unter Unsicherheitsbedingungen erweitert werden müssen. Für den Bereich der Risikosituationen, in denen den relevanten Ereignissen Wahrscheinlichkeiten zugeschrieben werden können, wird daher eine sogenannte Erwartungswertmaximierung als Standardlösung angeboten. Für den Bereich der Unsicherheitssituationen könnte man auf verschiedene, der ökonomischen Theorie entliehene Prinzi154

Hirsch-Hadorn, Verantwortungsbegriff und kategorischer Imperativ der Zukunftsethik von Hans Jonas, Zeitschrift für rechtsphilosophische Forschung, Band 54, S. 218 ff., wonach kritisch bezüglich der skizzierten Zukunftsethik anzumerken sei, daß selbige auf einem ontologischen Begriff beruhe und daher im Unterschied zur gängigen Diskussion in der Zukunftsethik nicht am Gedanken internationaler Gerechtigkeit orientiert wäre. 155 Vgl. Barry, Justice between Generations, S. 274; anders aber Birnbacher, Verantwortung für zukünftige Generationen, S. 166 ff., wonach der subjektive Nutzen weiterhin in größerem Maße von dem subjektiven Anspruchsniveau als von der objektiven Lebensqualität abhängen soll.

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pien156 zurückgreifen, wie zum Beispiel das Maximin-Regret-Kriterium157, das Maximin-Prinzip158, das Maximax-Prinzip159, die Laplace-Regel160 und die Hurwicz-Regel161. Dabei kann teilweise in Zweifel gezogen werden, ob diese Prinzipien mit dem Grundgedanken des Utilitarismus, nämlich der Nutzsummenmaximierung, noch zu vereinbaren sind.162 Insbesondere die Unsicherheit über die technischen Entwicklungen sind für die Frage des Umganges mit nicht erneuerbaren Ressourcen von Interesse. Hier kann man zwar Annahmen über eine Effizienzsteigerung oder die Entwicklung von Substituten machen, die in sogenannten Effizienzsteigerungs- und Substitutionsraten ausgedrückt werden. Im Ergebnis wird hierdurch das Problem der Unsicherheit aber nur ausgeklammert bzw. marginalisiert, indem eine Extrapolation der Entwicklung aus der Vergangenheit für die Zukunft vorgenommen wird. Unter Berücksichtigung der Unsicherheit über die unbestimmte Anzahl von Generationen ist die Anwendung von Effizienzsteigerungs- und Substitutionsraten besonders problematisch. Die Berechnung sogenannter optimaler Pfade des Konsums einer nicht erneuerbaren Ressource bei einem Planungszeitraum für eine unbestimmte Anzahl von Generationen und unter Berücksichtigung verschiedener Substitutionstechniken mit unterschiedlichen Wahrscheinlichkeiten ihrer Existenz kann nur zu einem offenen Ergebnis führen. Der optimale Verbrauch liegt danach nämlich weit unter dem Verbrauchsniveau, das nach diesem Modell als gegenwärtiges Verbrauchsniveau angesehen werden kann. Damit kommt man allerdings zu demselben 156 Vgl. insgesamt: Cansier, Umweltökonomie; Kern/Nida-Rümelin, Logik kollektiver Entscheidungen. 157 Danach werden die Differenzen zwischen schlechtem und günstigem Ausgang bei einer Handlung betrachtet. Es soll die Handlung gewählt werden, bei der die Differenz zwischen dem insgesamt, d.h. bei Betrachtung aller möglichen Handlungen, bestmöglichen Ausgang und dem bei der Handlung bestmöglichen Ausgang gleich der Differenz zwischen dem insgesamt schlechtestmöglichen Ausgang und dem schlechtesten Ausgang bei der Handlung ist. 158 Das Maximin-Prinzip ignoriert, daß es eine positive Chance gibt. Es soll die Handlung gewählt werden, bei welcher der schlechteste Ausgang am besten ist. Im Gegensatz hierzu das Minimax-Prinzip: Es wird die Handlung bevorzugt, bei welcher der jeweils beste Ausgang schlechter ist. 159 Dieses ignoriert, daß der positive Ausgang nicht sicher ist. Im Gegensatz hierzu: Das Minimin-Prinzip, bei dem diejenige Handlung bevorzugt wird, bei welcher der jeweils schlechteste Ausgang am schlechtesten ist. 160 Hierbei wird von der Überlegung ausgegangen, daß man bei Entscheidungen unter Unsicherheit die relevanten Ereignisse mangels Kriterien für gleich wahrscheinlich halten kann. 161 Diese führt einen Optimismus-Pessimismus-Parameter ein, der bei der Berechnung eine Mischung aus Optimismus und Pessimismus ermöglichen soll. 162 Vgl. Unnerstall, Rechte zukünftiger Generationen, S. 315.

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Ergebnis wie bei der Hypothese, daß die Möglichkeit der Existenz einer Substitutionstechnologie selbst offen ist. Insofern läßt sich ein Gleichverteilungspfad in diesem Fall natürlich nicht angeben. Je mehr Generationen potentiell existieren, desto weniger dürfen die nächsten fünf Generationen konsumieren, um auf dem utilitaristisch optimalen Konsumpfad zu bleiben. Man kann auch hieraus deutlich ableiten, daß nach dem utilitaristischen Modell nur soviel nicht erneuerbare Ressourcen verbraucht werden dürften, wie unbedingt für das Überleben erforderlich sind, es sei denn, die sichere Anwendbarkeit zukünftiger Substitute ist erkennbar. Bei der Anwendung des klassischen Nutzsummenutilitarismus wird auch die Frage aufgeworfen, ob es erlaubt sei, zukünftige Nutzenwerte gegenüber der Gegenwart abzuwerten, d.h. zu diskontieren. Dem liegt der Gedanke zugrunde, daß das Individuum keinesfalls kurzsichtig sei, sondern, wenn es wüßte, wie alt es würde, ein zeitlich begrenztes Programm wählen würde, d.h. ohne Diskontierung. Die Mindergewichtung späteren Nutzens sei daher die Antwort auf die ungewisse Zukunft.163 Die Entscheidungssituation über zukünftige Zustände und den Inhalt zukünftiger Präferenzen der Individuen ist durch Unsicherheit gekennzeichnet. Der Grad der Unsicherheit wächst dabei mit der zeitlichen Distanz, in der die zu beurteilenden Zustände, also die möglichen Handlungsfolgen, liegen. Wegen der Verknüpfung von Zeitdauer und Grad der Unsicherheit wird zur Bewertung zukünftiger Zustände eine Unsicherheitsdiskontierung im Sinne einer Daumenregel erwogen, die dem begrenzten Wissen der gegenwärtigen Generationen Rechnung tragen soll.164 Das intuitive Bedürfnis nach einem derartigen gesellschaftlichen Zinssatz ist hiernach durchaus nachvollziehbar. Allerdings kann bezweifelt werden, ob sich diese Idee konsequent mit der Theorie des Utilitarismus verbinden läßt. Eine intergenerationelle Unsicherheitsdiskontierung scheitert nämlich daran, daß es keine Möglichkeit gibt, eine Wahrscheinlichkeit für das Weiterleben der Menschheit als solcher anzugeben. Letztlich widerspricht die Diskontierung auch dem vom Utilitarismus vorausgesetzten Gleichheitsgebot.165 dd) Der umweltökonomische Ansatz Am Begriff und der Mehrung des Nutzens arbeitet schließlich auch der auf Grundlage des Utilitarismus entwickelte umweltökonomische Ansatz, der zwar kein ethisches Korrektiv bildet, jedoch der Vollständigkeit halber 163

Hampicke, Ökologische Ökonomie, S. 181. Weikard, Der Beitrag der Ökonomie zur Begründung von Normen des Tierund Artenschutzes, S. 126; Liedekerke, Ecology and International Equity, S. 166. 165 Unnerstall, Rechte zukünftiger Generationen, S. 380. 164

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als vielbemühter Lösungsweg innerhalb der mathematischen Nutzen-Rechnung und der ökonomischen Analyse des Rechts166 hier kurz skizziert sei: Der umweltökonomische Ansatz definiert Umwelt als die Gesamtheit aller naturgegebenen, nicht produzierten Güter und Dienste, die Nutzenströme an die individuellen Teilnehmer des wirtschaftlichen Produktionsund Konsumprozesses abgeben.167 Der Nutzen strömt folglich von der Natur in die Ökonomie, während augenscheinlich umgekehrt nur das Gegenteil der Fall ist. Kennzeichnend für diese Betrachtungsweise ist, beziehungsweise der Nutzen monetär quantifiziert wird. Die Natur wird somit hinsichtlich ihres Nutzens bilanziell erfaßt. Diese reine Kostenbetrachtung vermochte im Rahmen sogenannter Ökobilanzen diejenigen ökonomischen Mechanismen aufzudecken, die nicht unerheblich zur ökologischen Krise beigetragen haben: Anfallende Kosten der Güterproduktion werden externalisiert, private Erträge werden mit privaten Kosten privatisiert.168 Unter Berücksichtigung dieser sozialen Kosten läßt sich mikroökonomisch modellieren, beziehungsweise unter rein marktwirtschaftlichen Bedingungen Unternehmen zum Beispiel bloß versuchen müssen, Kosten auf die Umwelt und/ oder zukünftige Generationen zu verlagern. Makroökonomisch führt die Frage nach der Berücksichtigung der sozialen Kosten freilich zu der Erkenntnis, beziehungsweise das Bruttosozial- beziehungsweise Bruttoinlandsprodukt als Richtgröße für Volkswohlstand den steigenden Anteil sogenannter defensiver Kosten169 zu berücksichtigen hat beziehungsweise einem Ökosozialprodukt gegenüber zu stellen ist.170 Diese ökonomistische Strategie zum Umweltschutz läuft somit darauf hinaus, den Gebrauch naturaler Ressourcen umfassend zu monetarisieren oder zu kommerzialisieren.171 Dabei wird der Versuch unternommen, empirische Begrifflichkeiten, insbesondere zur Bildung eines sogenannten Naturkapitals, für eine quantitative und qualitative Beschreibung von natürlichen Ressourcen und für mögliche Umgangsweisen mit ihnen zu finden.172 Alternativ hierzu finden sich soge166 Vgl. zum grundsätzlichen Einfluß des umweltökonomischen Ansatzes auf die ökonomische Analyse des Rechts: Seelmann, Rechtsphilosophie, S. 179. 167 Bender, Makroökonomik des Umweltschutzes, S. 10. 168 Vgl. insgesamt: Kapp, Soziale Kosten und Marktwirtschaft; Hampicke, Natur und Neoklassische Ökonomie, S. 78; ders. insgesamt, Naturschutz-Ökonomie. 169 Insgesamt: Leipert, Die heimlichen Kosten des Fortschritts. 170 Insgesamt: Wicke, Umweltökonomie. 171 Hampicke, Naturschutz-Ökonomie, S. 14; Immler, Nachhaltige Wirtschaft, UNIVERSITAS 1992, S. 661; Kreibich, Nachhaltiges Wirtschaften, UNIVERSITAS 1995, S. 681 ff.; Simonis, Schrumpfen oder Wachsen, UNIVERSITAS 1999, S. 1035 ff. 172 Vgl. Cansier, Umweltökonomie, S. 79 ff.; Pearce/Turner, Economics of Natural Ressources and the Environment, S. 53; Beckermann, How would you like your Sustainability, Sir?, Environmental Values, 4/1995, S. 169, 178; Jacobs,

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nannte Managementregeln, wie zum Beispiel das einfache Prinzip der Ressourcenschonung, wonach die Nutzung einer Ressource nicht größer sein darf als die Rate der Substitution all ihrer Funktionen173, oder Ausgleichsprogramme174 beziehungsweise Tragekapazitätskonzepte175. Im Ergebnis laufen sämtliche dieser ökonomischen Ansätze – ebenso wie die Komplementärethiken eines utilitaristischen Prinzips oder Verantwortungsprinzips – auf eine Minimalforderung für den Erhalt der Erde als Lebensraum für die Menschen im Sinne eines Life-Support-Systems176 hinaus. ee) Fazit Es ist das Verdienst der utilitaristischen bzw. universalistischen Zukunftsund Verantwortungsethik, den anthropozentrischen Standpunkt bzw. bisherige ethische Standards um ethische Überlegungen im Hinblick auf zukünftige Generationen zu erweitern. Feinsinnig und mit grundsätzlich überzeugenden Konzepten wird von der Zukunftsethik insgesamt der Versuch unternommen, insbesondere dem grundsätzlichen Problem der Ungewißheit über zukünftige Verhältnisse und Interessen/Nutzen wirksam zu begegnen. Dennoch gelingt es weder der utilitaristischen noch der universalistischen Position, eine wirklich widerspruchsfreie Komplementärethik zu entwickeln. Insofern konnten bei beiden Ansätzen auf der Begründungs- und insbesondere auf der Anwendungs- sowie Ergebnisebene Inkonsistenzen aufgezeigt werden, die nicht nur gegenüber den Grundaussagen eines hedonistischen oder utilitaristischen Standpunktes, sondern auch im Hinblick auf Basisgebote der grundsätzlichen Gleichheit und der Selbstbestimmung des einzelnen bestehen. Die Zukunftsethik tendiert insgesamt zwecks Bewältigung der Ungewißheit und Unbestimmbarkeit zukünftigen Seins zu einer Risiko- und Sicherheitsrhetorik, die zwar durchaus filigrane mathematische Ansätze enthält, das Problem im Ergebnis jedoch nicht zu lösen, sondern höchstens zu verlagern bzw. zu belegen vermag. Sämtliche Sicherheits- und Risikoerwägungen münden schließlich in der – eigentlich auch bereits intuitiv sehr naheliegenden – trivialen Erkenntnis, daß aufgrund der Unbestimmbarkeit zukünftiger Verhältnisse heute nur soviel natürliche Ressourcen verbraucht werden dürften, daß die gegenwärtige Existenzsicherung gewährleistet ist.

Sustainable Development, Capital Substitution and Economic Humility, Environmental Values, 4/1995, S. 57, 58. 173 SRU, S. 47, Ziffer 11. 174 Renn, Ein regionales Konzept qualitativen Wachstums, S. 22 ff. 175 Mohr, Wieviel Erde braucht der Mensch, S. 45 ff. 176 Hampicke, Ökologische Ökonomie, S. 59 ff.

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b) Der Ästhetizismus – eudaimonischer Wert der Natur Als zweites weit verbreitetes Argument der Anthropozentrik für einen Naturschutz läßt sich die Betonung eines eudaimonistischen Wertes der Natur anführen. Historisch steht dieses Argumentationsmuster im Zusammenhang mit einer menschlichen Intuition, die einer gewissen Loslösung des Menschen von der Natur entspringt bzw. der Erfahrung, der Gefährlichkeit der Natur weitestgehend enthoben zu sein. Der Mensch trat seit dem Zeitalter der Aufklärung immer stärker heraus aus einer ihn ursprünglich restlos beherrschenden Daseinsordnung und weitestgehend dominierenden Natur. Er erwies sich als freies, nun allein für sein Tun verantwortliches und die Natur zugleich bezwingendes Subjekt. Je stärker sich in ihm das Bewußtsein entwickelte, selbst zum Herrn – auch gerade gegenüber der gebändigten Natur – geworden zu sein, desto mehr gelangte der Gedanke der Verantwortlichkeit und Bewunderung im Hinblick auf die Natur zusehends in das Zentrum ethischer Erwägungen. Die verschiedenen Ansätze, eine ästhetische Hinwendung zur Natur ethisch für einen Naturschutz fruchtbar zu machen, sind in der Literatur weit verbreitet und letztlich als anthropozentrisch zu bezeichnen.177 Aus den vielschichtigen Ansätzen haben sich im wesentlichen drei Hauptbegründungen herausgebildet, nämlich die anhand der Naturbeherrschung, der Naturschönheit und insbesondere der Naturseltenheit. aa) Das soziologische Moment der Naturbeherrschung und das psychologische Moment der Naturseltenheit (1) Soziologisches Moment der Naturbeherrschung Ein wesentlicher Aspekt des anthropozentrisch verfaßten Natur- und Ressourcenschutzes entspringt dem neuzeitlichen Begegnen des Menschen gegenüber der Natur als geschützter Betrachter. Moderne Gesellschaften zeichnen sich aufgrund des technischen Fortschritts gerade durch ein gewisses Maß an Naturbeherrschung aus. Je weiter sich der Mensch historisch von den Zwängen der Natur befreite, desto mehr ging er dazu über, sie zu betrachten und zum Gegenstand ästhetischer Empfindungen zu machen. Soziologisch kann mithin die ästhetische Einstellung zur Natur als Errungenschaft von Gesellschaften verstanden werden, in denen die feindselige Macht äußerer Natur erheblich verringert wurde. Naturbeherrschung ist so177 Bezüglich der im Rahmen ästhetischer Argumentationsmuster gelegentlich vorzufindenden biozentrischen Elemente vgl. Ott, Ökologie und Ethik. Ein Versuch praktischer Philosophie, S. 128 ff.

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mit überhaupt erst die Voraussetzung für die Entstehung des Begriffes naturschön. Erst als gesellschaftlich die Möglichkeit gegeben war, sich auf Natur einzig als Erscheinung und nicht als Stoff von notwendiger Arbeit und Reproduktion des Lebens zu beziehen178, war sie auch Gegenstand ästhetischer Erfahrungen. Die Darstellung des Zusammenhanges zwischen Naturbeherrschung und Naturästhetik fällt denn auch zusammen mit der systematischen Entwicklung der modernen Anthropozentrik in der Aufklärung.179 Danach werde das Dynamisch-Erhabene der Natur nur dann mit einem Gefühl von Lust aufgenommen, wenn das betrachtende Subjekt dieser machtvollen Erhabenheit nicht ausgesetzt sei. Der Anblick des Erhabenen in der Natur – wie zum Beispiel von Gebirgen, Gewittern, Vulkanen, Wasserfällen sowie von grenzenlosen Ozeanen – werde für den Menschen nur desto anziehender, je furchtbarer diese Naturphänomene seien, wenn er sich dabei nur in Sicherheit befinde.180 Naturschauspiele, deren Schönheit man mit der Empfindung begeisternden Wohlwollens nur wahrnehmen kann, wenn man ihrer Gewalt als gesicherter Beobachter gewahr wird, sind danach exemplarisch für das Phänomen des Naturschönen im Modus der Erhabenheit.181 Analoges gelte auch von den Naturschönheiten, die mit menschlicher Arbeit vermittelt sind. So, wie zum Beispiel ein stürmisches Meer nur für den schön sei, der sicher an Land stehe und nicht als Matrose auf Deck, so seien Moorlandschaften am schönsten für die, die nie Torf stechen mußten.182 (2) Psychologisches Moment der Naturseltenheit Dieses Argument nimmt ein weiteres Phänomen auf, welches im engen Zusammenhang mit dem vorerwähnten steht. Es setzt nämlich am Umstand an, daß sich Leben und Arbeit in der modernen Industriegesellschaft zunehmend in die urbanisierte Technosphäre verlagert haben. Hierdurch werde zum einen dem Mensch als Wesen und Bestandteil der Natur nicht hinreichend Rechnung getragen. Zum anderen werden durch diese Entwicklung spezifische Formen von Entfremdung und Sinnverlusten generiert. Die Naturlandschaft stellt in diesem Zusammenhang nicht nur eine Kompensation183 für die Defizite der Stadt- bzw. Industrielandschaft184, sondern auch ein Gegenüber, d.h. eine Alternative zur Technosphäre185 dar. Für den ur178

Adorno, Ästhetische Theorie, S. 103. Vgl. insbesondere Kant, Kritik der Urteilskraft, S. 165 ff. 180 Kant a. a. O. 181 Kant a. a. O.; vgl. auch: Cramer, Das Schöne, das Schreckliche und das Erhabene. Eine chaotische Betrachtung des lebendigen Formprinzips, S. 259 ff. 182 Adorno, Ästhetische Theorie, S. 98. 183 So etwa Ott, Ökologie und Ethik. Ein Versuch praktischer Philosophie, S. 134. 179

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banen Menschen der Neuzeit sei die Natur aber noch mehr als bloße sinnstiftende Erfahrungsalternative bzw. nicht negierbarer Bestandteil seines Lebens. Die ästhetische Hinwendung des Menschen zur seltener werdenden Natur rühre an einer Wunde.186 Der moderne Mensch erkenne, daß sich das Objekt seiner ästhetischen Rekurrierung zunehmend verflüchtige. Der ästhetische Bezug sei hierbei jedoch nicht durch die steigende Wertschätzung infolge fortschreitender Verknappung herzustellen. Vielmehr sei es das evaluative Element, das sich in die Naturästhetik einschleiche, wenn der Naturbetrachter die früher als unberührt erfahrene Natur nunmehr aufgrund ihrer erkennbaren Beeinträchtigung bzw. Veränderung nicht mehr ungebrochen als schön empfinden könne.187 (3) Bedeutung beider Begriffe für die ethische Bezugnahme Es läßt sich resümieren, daß die Momente der Naturbeherrschung und Naturseltenheit soziologisch bzw. psychologisch durchaus fördernde Rahmenbedingungen für die Entwicklung einer bestimmtem ethischen Einstellung des modernen Menschen zur Natur in tatsächlicher Hinsicht bilden dürften. Beachtlich ist auch, daß sich diese Rahmenbedingungen quasi spiegelbildlich aus dem entwickelt haben, worauf sie wiederum korrektivbildend wirkten, nämlich dem technischen Fortschritt. Allerdings bilden die Momente der Naturbeherrschung und Naturseltenheit damit weniger die verallgemeinerungsfähigen Gründe für eine ästhetische Hinwendung zur Natur, sondern vielmehr die tatsächlichen Möglichkeiten zur empirischen Entfaltung und Kultivierung einer bereits bestehenden ästhetischen Bezugnahme. Der Grund für eine Ästhetisierung der Natur ist vielmehr aus dem im folgenden erläuterten Begriff des Naturschönen zu entwickeln. bb) Das Argument der Naturschönheit (1) Eudaimonischer Eigenwert der Natur Materiell wird innerhalb der anthropozentrischen Ethik vielfach auf den ästhetischen Eigenwert der Natur verwiesen.188 Ausgegangen wird hierbei 184 Vgl. hierzu auch: Humpert, Das Phänomen der Stadt: Natur und Stadt, S. 401 ff.; zu den intuitiven Elementen dieser Argumentation: Hammerschmidt, Stadtlandschaft – eine Naturlandschaft?, S. 267 ff. 185 Ritter, Landschaft, S. 150 ff., der bei Landschaft von dem spricht, was vor der Stadt liegt. 186 Adorno a. a. O. 187 Vgl. insgesamt: Seel, Eine Ästhetik mit der Natur; Sicilano, Vom Traum zum Schlamm, taz vom 01.09.1988; Lovelock, Das Gaia-Prinzip, S. 296; Adorno a. a. O.

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in erster Linie davon, daß die Möglichkeit der ästhetischen Betrachtung, sei es nun von Kunst oder Natur, eine zentrale menschliche Glücksmöglichkeit darstelle und damit eudaimonistischen Eigenwert habe.189 Ästhetische Betrachtung, richtig verstanden, verlange, daß man sich auf das Objekt der Betrachtung einlasse, es nicht für irgendwelche Zwecke instrumentalisiere. Postuliert wird hierdurch freilich ein Paradoxon, nämlich die eudaimonische Zweckhaftigkeit der Zwecklosigkeit. Im Gegensatz zum Kunstschönen, welches ebenfalls frei von Zwecksetzungen sei, wird bezüglich des Naturschönen insbesondere ins Feld geführt, daß die Natur als betrachtetes Objekt darüber hinaus eine Vielzahl von menschlichen Sinnen anspreche. Ferner hafte der Natur der Status des Erhabenen an. Insofern erübrigt sich nach dieser Ansicht auch die Frage, ob der Mensch aufgrund seiner wissenschaftlichen Entwicklung selbst in der Lage sein könnte, in ähnlicher Weise technisch erhabene Objekte zu erschaffen. Allerdings wird von den Vertretern der ästhetischen Naturethik selbst die Stichhaltigkeit ihres eigenen Argumentes der Erhabenheit relativiert, da der Mensch paradoxerweise das in seiner Macht Stehende nutzen müsse, um die Erfahrung dessen, was nicht in seiner Macht liege, zu bewahren.190 Alles, was der Mensch mithin unberührt lasse, habe er bereits berührt.191 Der Mensch solle diesen Umstand nicht vergessen, wenn er Selbsttäuschung und schließlich Verzweiflung vermeiden wolle.192 Insgesamt kommt der Ästhetizismus aus vorerwähnten Argumenten zu dem Schluß, daß der Zerstörung der Natur entgegenzuwirken sei, damit der Mensch nicht um eine wichtige Glücksmöglichkeit gebracht werde. Die ästhetische Naturbetrachtung mit ihrer internen Eigenwertstruktur sei eine besondere menschliche Glücksmöglichkeit. Da dieser Umstand für alle, wohl auch für zukünftige Menschen gelte, bestehe die verallgemeinerungsfähige Pflicht, zum Schutz und Erhalt der schönen und erhabenen Natur beizutragen.

188 Insgesamt: Seel, Eine Ästhetik mit der Natur; ders., Ästhetische und moralische Anerkennung der Natur, S. 307 ff.; insgesamt: Schlitt, Umweltethik; Williams, Must a Concern for the Environment Be Centered on Human Beings?, S. 68 ff.; insgesamt: Frankena, Ethics and the Environment; Wilke, Wie zeigt sich die Natur? – Natur als ästhetisches Ereignis, S. 13 ff.; Böhme, Wodurch die Natur in ihren schönen Formen zu uns spricht, S. 39 ff. 189 Teilweise wird auch auf andere eudaimonistische Werthaftigkeiten der Natur verwiesen, z. B. Lübbe, Die große und die kleine Welt, S. 34 ff. (Individualität und Differenz) oder insgesamt bei Kambartel, Philosophie der humanen Welt (Eigenwert und Heiligkeit des Lebens und der Natur). 190 Williams a. a. O. 191 Williams a. a. O. 192 Williams a. a. O.

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(2) Die Funktionalität des Naturschönen für die Moralität Das Naturschöne soll ferner nicht allein nur für ein gutes, sondern vielmehr auch für ein sittliches Leben eine wichtige Voraussetzung bilden. Denn es wird postuliert, daß die Fähigkeit, ein unmittelbares Interesse an der Schönheit haben zu können, jederzeit ein Kennzeichen für eine gute Seele und für einen guten Willen sei. Wenn die Gründung eines solchen guten Willens intern verknüpft sei mit der Sensibilität für das Naturschöne, dann müsse jedermann die Schönheit der Natur schon aus dem Grund erhalten wollen, weil dadurch die Aussichten steigen, moralische Wesen anzutreffen. Das Naturschöne193 sei damit insgesamt funktional für die Existenz moralischer Wesen und deren guten Leben und bereits aus diesem Grund ein besonders hohes Gut. Dabei sei zu beachten, daß das erwähntermaßen scharf vom Sinn für das Kunstschöne194 bzw. vom Geschmack zu unterscheidende Interesse am Naturschönen sich nicht allein auf das Produkt der Form nach, sondern in erster Linie auf das Dasein desselben beziehe. Der Sinn für das Naturschöne sei dabei ständig von dem Gedanken begleitet, daß die Natur jene Schönheit hervorgebracht habe. Daraus folgt, daß eine solche moralische Person zum Beispiel eine wilde Blume nicht gerne in der Natur überhaupt vermissen würde, selbst wenn der Person dadurch keinerlei materieller Schaden erwüchse oder eine Nutzungsmöglichkeit hierdurch nicht genommen würde. Jedermann ist danach verpflichtet, die Landschaften, Wälder, Pflanzen, Tiere usw. genau so zu achten, wie man Personen achten muß, für die diese Entitäten bedeutsam sind. Jedermann ist im Zuge dieses Arguments im anthropozentrischen Sinne verpflichtet, Handlungen zu unterlassen, die dazu führen, daß solche Personen etwas vermissen. Diese Pflicht wird zum Teil sogar als eine Pflicht des Menschen gegen sich selbst betrachtet.195 Da der Mensch sonst keine Pflichten gegen sich selbst haben könne196, sei Primärgrund für das ethische Verbot der Tierquälerei nicht ein irgendwie gearteter Umstand wie Schmerz, Leiden oder Tod, sondern der daraus resultierende Schaden, den eine derartige Gesinnung in pädagogischer Hinsicht für das Individuum habe. So sei zu konstatieren, 193 Zur Frage des Naturschönen und seiner Wahrnehmung durch den Menschen vgl. Adorno, Ästhetische Theorie, S. 108; Schönherr, Von der Schwierigkeit, Natur zu verstehen, S. 106; Rolston, Environmental Ethics, S. 243 ff.; Seel, Ästhetische und moralische Anerkennung der Natur, S. 307 ff.; Cramer, Das Schöne, das Schreckliche und das Erhabene, S. 259 ff. 194 Ebenfalls auf diese Unterscheidung deutlich hinweisend: Krebs, Hat die Natur Eigenwert?, ARSP-Beiheft 71, S. 194, 197. 195 Kant, Metaphysik der Sitten, S. 444 ff.; Meyer-Abich, Wege zum Frieden mit der Natur. Praktische Naturphilosophie für die Umweltpolitik, S. 70 ff. 196 Kant a. a. O.

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daß in Ansehung des lebendigen, obgleich vernunftlosen Teils der Geschöpfe, die Pflicht des Menschen zur Enthaltung von jeglicher gewaltsamer und zugleich grausamer Behandlung der Tiere seine Pflicht gegen sich selbst sei.197 Würde der Mensch dieser Verpflichtung nicht nachkommen, würde dadurch das Mitgefühl am Leiden der Natur im Menschen abgestumpft und dadurch eine der Moralität im Verhältnis zu anderen Menschen sehr dienliche natürliche Anlage geschwächt und sogar nach und nach getilgt.198 (3) Folgerungen aus dem Begriff des Naturschönen Die ethischen Folgen eines Konzeptes des Naturschönen auf die Frage des Ressourcenschutzes sind bereits weitreichend. In Kombination zu den empirisch erklärenden Begriffen sowohl der Naturseltenheit als auch der Naturbeherrschung stellt sich der Aspekt des Naturschönen als ein vernunftsbegründeter und generalisierbarer Ansatz dar. Dieser ist ein grundsätzlicher, an die menschliche Befindlichkeit, sein Wesen überhaupt anknüpfender, vom kulturellen und technischen Stand der jeweiligen Gesellschaft unabhängiger Terminus. Die ästhetische Hinwendung zur schönen Natur ist dabei nur auf anthropozentrischer Grundlage möglich. Das Prinzip des Naturschönen weist der Anthropozentrik zugleich eine Selbstbeschränkung auf, ohne die selbige keinen Fortbestand haben würde. Dabei weist dieser Begriff nicht die gleichen grundsätzlichen Schwachpunkte wie der Utilitarismus auf. Einer rein utilitaristischen Betrachtung, die, wie bereits erwähnt, ständig Gefahr läuft, für den Menschen relevante Daten im Rahmen ihrer Gesamtnutzenbetrachtung außer Acht zu lassen, wird man nämlich wenigstens gerade die zweckfreie Hinwendung zur Natur, welche freilich paradoxerweise zugleich einen besonderen pädagogischen Nutzen für die Gesellschaft darstellt, entgegenhalten können. c) Subjektive Wertlehren Sogenannte Wertphilosophien bzw. Axiologien199 erleben nach Zeiten der temporären Nichtbeachtung200 nunmehr angesichts der ökologischen Herausforderung teilweise eine besondere Renaissance. Auch dieser Ansatz ist in der Regel kein singulärer, sondern tritt häufig in Begründungszusammen197

Kant a. a. O. Kant a. a. O. 199 (Griechisch) áxios = wert, würdig und lógos = Rede, Lehre. 200 Vgl. zum Beispiel Schnädelbach, Philosophie in Deutschland 1831–1933, S. 191–231, der Wertphilosophien für zukunftslos hält. 198

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hängen mit den vorerwähnten Positionen auf. Innerhalb der Wertlehren lassen sich subjektive und objektive unterscheiden. Auf letztere wird noch später im Rahmen der Darstellung der nicht-anthropozentrischen Positionen näher eingegangen. Im Rahmen der anthropozentrischen Ethik sind demgegenüber die subjektiven Wertlehren von Bedeutung. Diese gehen davon aus, daß das urteilende Subjekt bestimmte Naturbestandteile oder Entitäten in der Welt für sich als wertvoll reklamieren kann. Prozedual rekonstruieren Werttheorien Urteile (Evaluative), durch die eine Person etwas als wertvoll oder gut einstuft. Damit steht dieser Ansatz zunächst im engen Zusammenhang mit der angeklungenen hedonistischen Theorie des guten Lebens. Denn die (häufige) Realisierung des Wertvollen bedeutet für den einzelnen zugleich die Erreichung jener glücklichen Bewußtseinszustände, die das Leben für das Subjekt gut bzw. wünschenswert und damit eben wertvoll machen.201 Ganz überwiegend wird evaluativen Äußerungen ein per se bestehender Geltungsanspruch abgesprochen.202 Temporäre Normgeltung, zumindest für einige Gesellschaften, könnten danach nur diejenigen Werte erlangen, die den prozeduralen Test der Verallgemeinerbarkeit überstanden hätten. Der Bereich der möglichen Werte sei somit vom Umfang her betrachtet logischerweise größer als jener der geltenden Normen. Nur letztere seien allerdings moralisch verbindlich. Hierin liege denn auch im Hinblick auf eine praktische Ethik bekanntermaßen die Schwäche der subjektiven Wertlehre.203 Es finden sich aber auch Stimmen, die den Versuch einer materiellen Rationalisierung und Verallgemeinerbarkeit des Naturwertes wagen.204 Der Natur könnte danach die grundsätzliche Aufgabe zufallen, dem Menschen generell durch Naturerfahrungen zu lehren, was wirklich wichtig im Leben sei.205 Diese These fußt allerdings auf der nicht belegbaren Behauptung, man könne beim Menschen schlechthin zwischen wahren und durch die Natur zu befriedigenden Bedürfnissen (der Mensch als im Ursprung immaterielle und zugleich als Naturwesen veranlagte Existenz) sowie falschen Bedürfnissen unterscheiden. Dieser Begründungsmangel würde freilich umgangen werden können, ließe man zunächst genügen, daß für die jeweilige 201 Habermas, Theorie des Kommunikativen Handelns, S. 36 ff., der exemplarisch die Vorliebe für eine herbstliche Landschaft hervorhebt; Frankena, Analytische Ethik, S. 97, der konstatiert, daß es eine lohnende Erfahrung wäre, Gegenstände natürlicher Schönheit zu betrachten. 202 Habermas, Theorie des Kommunikativen Handelns, S. 41. 203 Rolston, Is there an Ecological Ethics?, S. 214. 204 Norton, Why Preserve Natural Variety?, S. 188 ff.; Kettner, Moral responsibility for Nature, S. 48; Hargrove, Foundations of Environmental Ethics, S. 165 ff. 205 Norton, Why Preserve Natural Variety?, S. 192.

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Evaluation eines Subjekts gute, zumindest vertretbare Gründe anzuführen sind206, um dann im Sinne einer Verantwortungsethik danach zu fragen, inwiefern Handlungen bzw. Unterlassungen die Realisierung von Wertvorstellungen auch anderer und damit die Güte deren Lebens allgemein beeinflussen. Durch die Verdichtung einiger, bei dieser Fragestellung wiederkehrender, zeitlos-bedeutender Eigenschaften von Natur-Systemen ließe sich sodann auch deren moralische Relevanz begründen. Diese moralische Relevanz würde sich nicht nur auf die eingangs erwähnte prozedurale Vernormung des Wertes, sondern unverrückbar materiell auf die Existenz der Natur bzw. Naturbereiche schlechthin beziehen.207 Damit wäre allerdings bereits der Boden der subjektiven Wertlehre verlassen und thematisch der Bogen zur sogenannten objektiven Wertphilosophie geschlagen, die einen entsprechenden intrinsischen Wert208 der Natur zu begründen versucht. Ein so zu verstehendes moralisches Gebot zum Naturschutz ließe sich grundsätzlich nicht mehr von einem anthropozentrischen Standpunkt aus rechtfertigen. Insofern vermögen die Ansätze der sogenannten Wertlehren keinen anthropozentrisch begründeten Naturschutz zu vermitteln. 3. Résumée zum anthropozentrischen Natur- und Ressourcenschutz Die Grundlagen für die anthropozentrischen Grundeinstellungen zur Natur finden sich einerseits in der abendländisch-christlichen Tradition und andererseits im aufgeklärten bzw. neuzeitlichen Selbstverständnis des Menschen. Der vielfach erhobene Vorwurf, die Anthropozentrik ließe bereits systemnotwendig keinen Raum für eine Naturschutzethik läßt sich nicht belegen. Sowohl die Sonderstellung des Menschen im Naturgefüge nach christlicher Sicht nebst des ihm erteilten Herrscherauftrages auf der Erde als auch das menschliche Verständnis von sich und der Natur seit dem Zeitalter der Aufklärung begründen keinen systematischen Destruktivismus gegenüber der Natur. Das christliche dominium terrae erklärt den Menschen ausdrücklich zu einem Mandatar der Schöpfung, der seinen Herrscherauftrag nur dann wirksam erfüllt, wenn er der subhumanen Natur Gerechtigkeit widerfahren läßt und dieser gegenüber auch seinen Herrscherpflichten nachkommt. Auch nach rationalistischer Lesart läßt sich eine zwingend aggressive Anthropozentrik nicht begründen. Denn diese Auffassung liefert nur 206

Kettner, Moral responsibility for Nature, S. 47 ff. Kettner, Moral responsibility for Nature, S. 49; Hargrove, Foundations of Environmental Ethics, S. 165 ff. 208 Vgl. Sprigge, Gibt es in der Natur Intrinsische Werte?, S. 60 ff.; Rolston, Werte in der Natur und die Natur der Werte, S. 247 ff. 207

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den rational begründeten Ansatz, daß in der Natur nichts geschaffen sei, was der Mensch nicht grundsätzlich begreifen und woraus er manchen Nutzen ziehen könnte. Eine weitergehende Unterwerfung der Natur ist für diesen Ansatz jedoch rational weder begründbar noch notwendig. Allein dem der modernen Naturwissenschaft geistig zugrundeliegenden Empirismus lassen sich exploitative und destruktive Tendenzen zu Lasten der Natur entnehmen, da er der ökologischen Frage systematisch betrachtet ohne eigene Aussage und betriebsblind gegenübersteht. Innerhalb der anthropozentrischen Meinung wurde mit überwiegend im Grundsatz nachvollziehbaren Argumenten eine ökologische Ethik implementiert, die den Schutz der natürlichen Lebensgrundlagen vorsieht. Zum einen bedienen sich die Vertreter der anthropozentrischen Position Argumentationsmustern, die auf eine Zukunfts- und Verantwortungsethik hinauslaufen und sich daran orientieren, daß in die gegenwärtigen Nutzen-Abwägungen der heutigen Menschheit die Rechte der bzw. die Verpflichtungen gegenüber den zukünftigen Generationen Berücksichtigung finden müßten. Dieser Ausgangspunkt stößt auf mannigfaltige Kritik und läßt in der Tat einige Fragen unbeantwortet. Fest steht jedoch dessen Verdienst, nämlich die systematische Einbeziehung des Nachhaltigkeitsproblems für zukünftige Generationen in heutige ethische Überlegungen. Unübersehbar ist zudem, daß der skizzierte umweltökonomische Ansatz utilitaristische Erwägungen als festen Bestandteil in politische und ökonomische Nachhaltigkeitsdebatten der Gegenwart hat einfließen lassen. Daneben sind ästhetische Argumente von besonderer Bedeutung, die den eudaimonistischen Wert der Natur hervorheben. Das Erleben und Erfahren von Naturbeherrschung und Naturseltenheit bilden den tatsächlich-empirischen Rahmen für den materiell-ethischen Begriff des Naturschönen bzw. Naturerhabenen. Die Natur fungiert in zweierlei Hinsicht in diesem Zusammenhang als Ressource. Einerseits bildet sie die Grundlage bzw. das Basisobjekt für eine bestimmte Art von gutem Leben, von Eudaimonia in und mit der Natur. Andererseits ist das pädagogische Moment des Naturschönen für das moralische Individuum zu betonen, dessen guter Wille und gute Seele eng mit der Fähigkeit verknüpft ist, das Naturschöne zu erfassen und zu begreifen. Schließlich wird der Vorstoß unternommen, im Rahmen von Wertphilosophien bzw. Axiologien für das urteilende Subjekt bestimmte Naturbestandteile in der Welt für sich als wertvoll zu betrachten. Berechtigterweise wird diesem Versuch einer fixierten Evaluation von Naturelementen der Erfolg abgesprochen. Zudem ist zu konstatieren, daß sich dieses Ansinnen nicht konsequent in das anthropozentrische System einfügen läßt, da die Grenzen zur Begründung von intrinsischen Naturwerten konturenlos verlaufen.

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III. Nicht-anthropozentrische Positionen 1. Heterogenität des nicht-anthropozentrischen Lagers und Abgrenzung zur Naturschutzdebatte Nicht-anthropozentrische Positionen weisen bezüglich ihrer Zielsetzungen und Argumentationsformen eine durchaus heterogene Struktur auf. Im Hinblick auf den Gegenstand der Untersuchung ist daher insbesondere zu bedenken, daß die einzelnen Ansichten bei der Frage, in welchen Bereichen der nicht-menschlichen Umwelt ein Eigenwert bzw. ein moralisches Recht zuzuerkennen ist, deutlich divergieren. Ziel der folgenden Darstellung ist es nicht, die einzelnen nicht-anthropozentrischen Positionen im Ergebnisbereich zu differenzieren. Eine derartige Unterscheidung zum Beispiel zwischen biozentrischen, physiozentrischen, kosmozentrischen, hollistischen und pathozentrischen Positionen wird häufig vorgenommen, verdeckt jedoch, daß diese sich häufig derselben Argumente bedienen. Ein großer Teil der Stimmen beschränkt sich etwa auf Eigenrechte der nicht-menschlichen Lebewesen bzw. der Tiere auf unserem Planeten.209 Es liegt auf der Hand, daß die bereits umfangreich geführte Diskussion um Tierrechte im weiteren Gang der Darstellung nicht in extenso wiedergegeben und weitergeführt werden kann. Denn die Tierrechts-Debatte trägt höchstens zur teilweisen Fundamentierung des Ressourcenschutzes bei. Das Bestehen von Berührungspunkten zwischen Tierschutz und Umweltschutz läßt nämlich nicht den Rückschluß auf einen durchgängigen strukturellen Zusammenhang zwischen beiden Regelungsbereichen zu.210 Die belebte Umwelt des Menschen stellt nur ein Fragment seiner natürlichen Lebensgrundlagen dar. Der häufig im Rahmen der tierethischen Auseinandersetzung thematisierte Komplex der Haus-, Zucht- und Nutztierhaltung läßt sich zudem kaum für die Frage des Ressourcenschutzes fruchtbar machen und wird daher vorliegend ausgeblendet, zumal man trefflich darüber streiten kann, ob Zucht- oder Haustiere überhaupt als Natur bzw. natürliche Ressource im ökologischen Sinne betrachtet werden können.211 Tierschutzbezogene Regelungen sind daher nicht bruchlos in das System umweltrecht209 Siehe hierzu insgesamt bezüglich der philosophischen und historischen Grundlagen des Tierschutzes: Caspar, Tierschutz im Recht der modernen Industriegesellschaft. 210 Anders wohl aber Meyer-Abich, Mit-Eigentum und Würde im Zeitalter der Wirtschaft, S. 19, der ganz allgemein nicht auf den Begriff der Umwelt, sondern auf den der Mitwelt abstellt. 211 Vgl. etwa zum Haustier: Heidegger, Die Grundbegriffe der Metaphysik. Weltendlichkeit-Einsamkeit, S. 308, der auf das Mitleben des Nutz- bzw. Haustieres in häuslicher und menschlicher Gemeinschaft abhebt.

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licher- bzw. umweltethischer Normen integrierbar. Wirkrichtungen und Intentionen des allgemeinen Umweltschutzes einerseits und des Tierschutzes andererseits sind zum Teil sogar sehr verschieden. Dies zeigt sich denn auch im Hinblick auf die im weiteren Verlauf der Untersuchung darzustellenden unterschiedlichen Argumentationsansätze und bezüglich der divergierenden Ergebnisse für gleiche oder sich berührende Sachverhalte. Inhaltliche Überschneidungen zwischen Tierschutz- und Umweltschutzbelangen gibt es andererseits unbestreitbar auf verschiedenen Ebenen. Man denke nur an den gesamten Bereich des Artenschutzes, bei dem es um die Erhaltung von bedrohten Populationen bestimmter Tierarten geht und bei dem gleichzeitig auch das einzelne Tier als Bestandteil einer vom Aussterben bedrohten Tierart in den Schutzbereich mit einbezogen wird. Umgekehrt tritt jedoch auch gerade zwischen dem Schutz der Integrität des einzelnen Tieres und den Belangen der Umwelt nicht selten ein essentieller Widerspruch zu Tage. Als Beispiel sei etwa auf bestandsregulierende Maßnahmen der Tiertötung hingewiesen, die, zum Beispiel mit der Reduzierung von Wildbeständen durch das Jagdrecht oder einer Dezimierung im kulturellen Einzugsbereich des Menschen sich ungehindert vermehrender Stadttauben, gerade mit Natur- und Umweltschutzbelangen gerechtfertigt werden.212 Tierschutz stellt somit eine Regelungsmaterie sui generis dar, durch welche das Tier in erster Linie in seiner individuellen Selbstbezüglichkeit und nicht in einem, die äußere Welt der Erscheinungen konstituierenden objektiven Sein erfaßt wird.213 Insgesamt ist allen nicht-anthropozentrischen bzw. anthropozentrik-kritischen Stimmen gemein, daß diese einen moralischen Eigenwert der Natur bzw. des Lebendigen zu begründen suchen. Wer für den moralischen Eigenwert der Natur argumentieren will, der muß freilich Grundelemente der moralischen Kultur identifizieren und zeigen, wieso es inkonsequent sei, moralischen Respekt allein auf die Menschheit zu beschränken. Dieses Ziel wird von allen der folgenden nicht-anthropozentrischen Argumentationsansätze verfolgt. Zunächst wird die Speziezismus-Kritik dargestellt, die sich direkt gegen den anthropozentrischen Ansatz mit Erwägungen zu einem Gleichbehandlungs- bzw. Relativierungsgebot in bezug auf die seitens der Anthropozentrik propagierten Gattungssonderstellung des Menschen wendet. Für das Gleichheitspostulat der Speziezismus-Kritik sind verschiedene wiederkehrende Argumentationsmuster typisch, die insgesamt versuchen, die seitens der Anthropozentrik konstatierte Sonderstellung des Menschen zu egalisieren. Im einzelnen wird diesbezüglich mit Grenzfall-Situationen und der 212 Vgl. hierzu Wohlfahrt, Rechtsprobleme um die Stadttaube, DÖV 1993, S. 152 ff. 213 Caspar, Tierschutz im Recht der modernen Industriegesellschaft, S. 106.

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Zwecktätigkeit der Natur argumentiert. Ferner wird der Mensch als Teil der Natur bzw. der Evolution betont. Im weiteren Fortgang der Untersuchung der nicht-anthropozentrischen Positionen wird sodann ein besonderer Abschnitt der sogenannten Mitleidsethik gewidmet, um sodann auf die Vertreter der objektiven Wertlehren zu sprechen zu kommen. Den skurrilen Abschluß der Betrachtung des nicht-anthropozentrischen Lagers bildet schließlich die Untersuchung des sogenannten Defaitismus. 2. Der Vorwurf des Speziezismus – das Gleichheitspostulat Die sogenannte Speziezismus-Kritik glaubt im Gattungsegoismus des anthropozentrischen Lagers den Grund für das bestehende Vorurteil und eine Befangenheit gegenüber den Interessen des nicht-menschlichen Seins erkannt zu haben.214 Im Kern bemängelt dieser Ansatz, daß der moderne Menschenwürdebegriff, d.h. die bereits oben dargestellte anthropozentrische Fundamentalformulierung der Menschenwürde in Gestalt der MenschZweck-Formel, zu einer Ungleichbehandlung215 von wesentlich gleich liegenden Sachverhalten führe. Begründet wird dies damit, daß die im modernen Menschenwürdebegriff zum Ausdruck kommende Annahme eines menschlichen Eigenwertes eine unüberbrückbare Speziesschranke in bezug auf die Umwelt des Menschen begründe. So enthalte das Gebot, die Menschheit immer nur als Zweck zu behandeln im Umkehrschluß zumindest implizit eine Legitimation zur Instrumentalisierung jeglicher unvernünftiger Entitäten bzw. der Natur schlechthin. Außermenschliche Destinäre fielen danach nicht in den Anwendungsbereich des Würdebegriffes. Der Begriff der Menschenwürde Kantischer Prägung erweise sich mithin als eine außerordentliche Ausschlußklausel.216 Nicht in den Genuß der Verpflichtungsstruktur der Mensch-Zweck-Formel einbezogen könne die Natur beliebig als Mittel zur 214 Vgl. insgesamt Singer, Befreiung der Tiere. Eine neue Ethik zur Behandlung der Tiere, der als Hauptvertreter dieser Ansicht betrachtet werden kann. Ders., Prolog: Ethik und die neue Bewegung zur Befreiung der Tiere, S. 12 ff.; ders., Alle Tiere sind gleich, S. 13 ff.; ihm im deutschsprachigen Raum folgend: Kaplan, Warum Vegetarier?, S. 129; Kohlmann, Überwindung des Anthropozentrismus durch Gleichheit alles Lebendigen?, Zeitschrift für philosophische Forschung, Band 49, S. 15 ff. 215 Zum Gleichheitspostulat in der ökologischen Debatte insbesondere: Taylor, Die Ethik der Achtung für die Natur, S. 77; Attfield, Biozentrismus, moralischer Status und moralische Signifikanz, S. 117. 216 Vgl. hierzu die Kritik an der Kantischen Konzeption bei Midgley, Personen und Nichtpersonen, S. 89 ff.; ferner zum Menschenwürdebegriff mit Blick auf die Stellung des Tieres in der Verfassungsordnung: Dreier/Starck, Tierschutz als Schranke der Wissenschaftsfreiheit, S. 106 ff.

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Erreichung menschlicher Zwecke eingesetzt werden. Der Umgang mit ihr stelle – jedenfalls nach Maßgabe der Mensch-Zweck-Formel – in moralischer Hinsicht kein ethisch relevantes Verhalten dar. Ihre Interessen liegen jenseits des Koordinatensystems ethischer Pflichten.217 Diese Kritik geht über die bereits dargestellte Systemkritik an der Anthropozentrik, die davon ausging, daß die anthropozentrische Position bereits planmäßig und methodologisch eine destruktive Tendenz gegenüber der Natur einnehme, hinaus. Es konnte bereits gezeigt werden, daß die geistigen Grundströmungen der anthropozentrischen Ethik, nämlich das abendländisch-christliche Naturverständnis und die moderne rationale Naturauffassung seit der Aufklärung, per se der Natur überwiegend nicht destruktiv bzw. exploitativ gegenüberstehen. Daneben wurden seitens der anthropozentrischen Ethik Korrekturansätze geschaffen, um einen Naturschutz systemtauglich auch für die Anthropozentrik zu begründen. Dies allein reicht den Speziezismus-Kritikern allerdings nicht. Denn der Natur soll im ethischen Gefüge nicht bloß die Funktion eines schützenswerten Objekts, sondern vielmehr ein Eigenwert zukommen.218 Im Kern enthält diese Kritik an der Würdeargumentation somit den Vorwurf der Ungleichbehandlung. So sei die pauschale Selbstprivilegierung des Menschen nichts anderes als Sexismus oder Rassismus und daher vehement abzulehnen.219 Das Ziel der Speziezismus-Kritik ist eine grundlegende Emanzipation der Natur unter einem fundamentalen Gleichwertigkeitspostulat zwischen allen irdischen Interessen.220 Die wesentliche Stütze der These einer ungerechtfertigten Ungleichbehandlung der Natur ist nach dieser Auffassung das nicht bestehende Differenzierungskriterium. Die Zuschreibung von menschlicher Würde erfolge nämlich gattungsintern und nicht leistungskonform. Sie bemesse sich also weder nach dem konkreten Grad des jeweiligen Vernunftsbesitzes bzw. einer vorhandenen Fähigkeit zu einem geistig-seelischen Wertempfinden noch nach dem Vermögen, ein freies selbstbestimmtes Leben führen zu können oder etwa danach, in der Lage zu sein, zu denken und ein Selbstbewußtsein 217

Caspar, Tierschutz im Recht der modernen Industriegesellschaft, S. 75. Vgl. Singer, Prolog: Ethik und die neue Bewegung zur Befreiung der Tiere, S. 12 ff.; ders., Alle Tiere sind gleich, S. 13 ff.; Kaplan, Warum Vegetarier?, S. 129; vgl. ferner: Kohlmann, Überwindung des Anthropozentrismus durch Gleichheit alles Lebendigen?, Zeitschrift für philosophische Forschung, Band 49, 15 ff. 219 Vgl. Bentham, An Introduction to the Principles of Morals and Legislation, S. 311. 220 Regan, In Sachen Rechte der Tiere, S. 43, der allen Subjekten eines Lebens den gleichen Eigenwert zugesteht; vgl. auch: Schneider, Tiere als Konsumware? Gedanken zur Mensch-Tier-Beziehung, S. 126 ff., der ebenfalls auf das Gleichheitsprinzip abstellt; Singer, Prolog: Ethik und die neue Bewegung zur Befreiung der Tiere, S. 24. 218

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herauszubilden. Damit aber lege die anthropozentrische Auffassung unterschiedliche Differenzierungsmaßstäbe an. Gehe es nämlich darum, Argumente für die Ausgrenzung nicht-menschlicher Subjekte aus dem Kreis würdebegabter Wesen zu formulieren, so werde auf die eben genannten Differenzkriterien abgehoben, die damit aber wiederum konstitutiv für die These einer Superiorität menschlichen Daseins seien. Bei der Zuschreibung des Würdebegriffes innerhalb der eigenen Gattung Mensch werde hingegen dieser Leistungsmaßstab durch das Pauschalkriterium der Abstammung ersetzt. Anders ließe sich auch eine Einbeziehung von Kindern, senilen Alten oder geistesgestörten Menschen in den Kreis der Würdeberechtigten nicht begründen. Im folgenden sind, um die sensible Debatte um den Speziezismus-Vorwurf möglichst übersichtlich zu strukturieren, folgende Argumentationsstränge innerhalb der Kritik am gängigen Menschenwürdebegriff zu differenzieren: a) Die Grenzfall-Argumentation aa) Aussage Ein Begründungsmuster zur Relativierung der menschlichen Sonderstellung bildet der als Grenzfall-Argumentation zu umschreibende Ansatz. Dieser unternimmt den Versuch, die exklusive Zuschreibung eines Eigenwertes menschlicher Existenz durch Rekurrierung auf jene Bereiche menschlichen Lebens, bei denen die den Personenstatus begründenden Merkmale nicht vorhanden sind, als irrational zu überführen. Die rationalistische Grundposition eines dem Leib-Seele-Dualismus entsprechenden kategorialen Unterschiedes zwischen Mensch und Tier soll hierdurch ad absurdum geführt und bestritten werden können. So wird etwa behauptet, daß der gewöhnliche Fehler der Theorien, welche die Philosophen zur Erklärung der Tätigkeit des Geistes aufgestellt haben, darin bestehe, daß sie eine Kompliziertheit und Subtilität des Vorstellens voraussetzten, die nicht nur die geistige Fähigkeit der Tiere übersteige, sondern auch schon die der Kinder und des gemeinen Volkes innerhalb unserer eigenen Spezies, obgleich diese wiederum derselben Gefühlsregungen und Affekte fähig seien, wie Leute mit ausgebildetem Geist und Verstand.221 Mithin sei das den Menschen von der Natur angeblich abhebende Element des Verstandes kein für dessen Gattung schlechthin geltendes und durchgreifendes gemeinsames Merkmal. Darüber hinaus wird von dieser Ansicht eine Gegenüberstellung von gestörtem oder nicht voll ausgebildetem menschlichen Leben mit vernunftbe221

Hume, Traktat über die menschliche Natur, S. 238.

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gabten, höherentwickelten Tierarten vorgenommen. Hierdurch soll die These von der Gleichheit menschlichen und tierischen Lebens ebenfalls gestützt werden.222 Es wird ausgeführt, daß zwar normale erwachsene Menschen durchaus geistige Fähigkeiten hätten, die sie unter gewissen Umständen mehr leiden ließen als Tiere, die unter den gleichen Umständen weniger leiden würden.223 Vor diesem Hintergrund wird von dieser Ansicht auch die Verwendung von Tieren für Versuche am lebenden Objekt dem Versuch am normal entwickelten Menschen als objektiv nachvollziehbar vorgezogen. Hieran schließt sich jedoch pointiert die Folgerung an, daß dieses absurde Differenzkriterium auch gleichzeitig einen Grund dafür liefern würde, konsequenterweise auch menschliche Säuglinge, Waisenkinder oder geistig zurückgebliebene Menschen für Experimente zu verwenden, da diese im Gegensatz zu geistig gesunden Erwachsenen nicht wissen würden, was ihnen bevorsteht. Mit diesem unbehaglichen Ergebnis wird sodann argumentativ mit der Frage geschlossen, auf welcher anderen Grundlage der Mensch, wenn er dennoch einen Unterschied zwischen Tieren und diesen Menschen machen will, dies tun könne, als auf Basis einer nackten und moralisch nicht zu vertretenden Bevorzugung von Mitgliedern seiner eigenen Spezies.224 bb) Fazit Für die ethisch-normative Regelungsebene des Ressourcenschutzes ist dieser Ansatz in doppelter Hinsicht wenig hilfreich: Zum einen überzeugt der Beitrag dieser Meinung zu einem etwaigen Alternativkonzept – soweit dieses, abgesehen von provokanten Thesen überhaupt erkennbar ist – letztlich nicht. Mag diese Position zwar im strategisch-theoretischen Ansatz spitzfindig in der Lage sein, praktische Widerspruchs- bzw. Grenzfall-Situationen225, 226 in der klassischen, vom Würde222

Bentham, An Introduction to the Principles of Morals and Legislation, S. 311. Singer, Befreiung der Tiere. Eine neue Ethik zur Behandlung der Tiere, S. 35. 224 Singer a. a. O. 225 Stellt man jedoch zutreffenderweise – auf die potentiellen geistigen Fähigkeiten ab, die sowohl bei Säuglingen als auch geistig Behinderten als Anlage zu finden sind, so lassen sich diese scheinbaren Widersprüche schnell entkräften. Bei Säuglingen und geistig Behinderten ist der menschliche Intellekt – nämlich jedenfalls potentiell – vorhanden, und zwar bei ersteren eben noch nicht entwickelt und bei letzteren nach gegenwärtigem medizinischen Stand nicht mehr entwickelbar. Derartige potentielle menschliche Anlagen werden freilich bei einem Tier wissenschaftlich niemals nachgewiesen werden können. Dies läßt das Grenzfall-Argument auf den zweiten Blick erheblich an Stichhaltigkeit einbüßen. 226 Vgl. weiterführend zur grundsätzlichen Frage nach der Berechtigung einer Gattungssolidarität: Rawls, Die Idee des politischen Liberalismus. Aufsätze 1978– 1989, S. 95; ders., Eine Theorie der Gerechtigkeit, S. 141 ff. 223

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konzept getragenen anthropozentrischen Unterscheidung zwischen Mensch und Umwelt aufzeigen. Zur entscheidenden Pointe, nämlich zur erweiternden Modifizierung des Würdeverständnisses im Sinne des Tierund Naturschutzes, kommt es jedoch nicht. Der Würdebegriff wird vielmehr vernachlässigt zugunsten einer – nicht ungefährlichen und zum Teil unappetitlichen227 – Diskussion des Personenbegriffes bzw. über die individuelle Leidensfähigkeit, ohne damit auch gleichzeitig ein klares praktisches Konzept zum Mensch-Natur-Verhältnis vorzulegen, welches die oben skizzierte Würdekonzeption auch nur im Ansatz nachvollziehbar zu relativieren vermag. Zum anderen könnte dieser Ansatz – unterstellt das Differenzkriterium des Verstandes bzw. der kognitiven Fähigkeiten ließe sich nicht durchhalten – für die Frage des Ressourcenschutzes nicht durchgängig fruchtbar gemacht werden, da letzterer auch die Erhaltung der unbelebten Natur im Auge hat. Insofern kommt der Auseinandersetzung mit dem GrenzfallArgument größere Bedeutung im Zusammenhang mit der Tierschutz-Debatte zu. b) Zwecktätigkeit der Natur Kurz dargestellt sei ferner ein anderes Argument, welches gegen die traditionelle alleinige Zwecksetzung des Menschen eingewandt wird. Selbiges hebt auf eine ebenfalls zu berücksichtigende Zwecktätigkeit der Natur ab. Die Natur als Ganzes oder zumindest die belebte Natur existiere ebenso wie der Mensch im Rahmen einer bestehenden Zweckbindung, so daß ihr ebenfalls eine eigene Würde zuzuschreiben und der moralische Respekt für die Zwecke der Menschen auf die Zwecke der Natur auszudehnen sei.228 Dieser Ansatz eröffnet jedoch in Wirklichkeit gar keine neue Argumentationsebene und scheitert an den moralischen Determinanten der potentiellen 227 So stellt Singer, Befreiung der Tiere, S. 35, tatsächlich fest, daß die Tötung eines Schimpansen schlimmer sei als die Tötung eines schwer geistesgestörten Menschen, der keine Person sei. Ferner konstatiert Feinberg, Die Rechte der Tiere und zukünftiger Generationen, S. 166, daß auch kein unheilbar dumpf dahindämmernder Mensch Träger von Rechten sein könnte, wenn Mammutbäumen und Rosensträuchern dies ebenfalls verwehrt würde. Mit diesen Thesen setzen sich denn auch kritisch auseinander: Caspar, Tierschutz im Recht der modernen Industriegesellschaft, S. 80; U. Wolf, Das Tier in der Moral, S. 124 ff.; Hoerster, Neugeborene und das Recht auf Leben, S. 29 ff.; vgl. in diesem Zusammenhang auch Birnbacher, Mensch und Natur, S. 296, der darauf hinweist, daß eine ökozentrische Ethik grundsätzlich Gefahr läuft, auch misanthropische Züge aufzuweisen. 228 Attfield, The Good of Trees, Journal of Value Inquiry 1981, S. 51; Taylor, The Ethics of Respect for Nature, Environmental Ethics 1984, S. 6; Insgesamt auch: Johnson, A Morally Deep World.

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Handlungs- und Willensfreiheit, allerdings unter anderen Begrifflichkeiten, nämlich unter Berücksichtigung des sogenannten doppelten Zweckbegriffes. Dieser Begründungsversuch verkennt nämlich die vorzunehmende Differenzierung zwischen funktionalen und praktischen Zwecken. Die von dieser Meinung hervorgehobene Zwecktätigkeit der Natur ist naturgesetzlicher und damit rein funktionaler Art. Im Gegensatz hierzu ist das Ziel zu betrachten, das ein Mensch im Rahmen seiner Willensbildung haben und bestimmen kann, auch ohne über die zu seiner Realisierung notwendigen Mittel reflektiert zu haben. Die Verfolgung eines Zwecks ist nämlich nicht zwangsläufig an die Absicht des Menschen gebunden, bestimmte Mittel einzusetzen. Dem gegenüber ist es der Natur, ebenso wie einer Maschine – anthropomorph gesprochen – egal, ob diese ihren Zweck erfüllt oder ihr Ziel erreicht. Folglich überzeugt das formale Argument einer dem Menschen in ihrer Zwecktätigkeit ähnlichen Natur bereits im Ansatz nicht. c) Der Mensch als Teil der Natur Ein weiteres, häufig gegen die alleinige Zwecksetzung des Menschen eingesetztes Kernargument besteht in dem Verweis darauf, daß der Mensch in erster Linie als Teil der Natur zu begreifen sei, da schließlich sein Gedeih und Verderb mit denen des Naturganzen eng zusammengehe. Der Mensch stehe und falle sozusagen mit der Natur. Danach könnten nur anthropozentrische Dualisten, die den Menschen aufgrund einer unnatürlich westlichen, christlichen und männlichen Denkweise der Umwelt gegenüberstellten, diesen zugleich gegen die Natur ausspielen.229 Richtig wäre es jedoch nach dieser Betrachtungsweise, die gemeinschaftsstiftende Interdependenz zwischen dem menschlichen und dem nicht-menschlichen Dasein zu erkennen. Die danach zu treffende Feststellung einer bestehenden Gemeinschaft des Menschen mit der Natur rechtfertige die grundsätzlich für jede Gesellschaft aufzustellende Forderung einer Befolgung des Gleichheitsgebotes. Mit dieser Argumentation ist man sich innerhalb dieser Ansicht im Ergebnis einig, daß der Natur daher ein moralischer Eigenwert zukommen müsse. 229 Vgl. sog. Deep-Ecology-Bewegung: Naess, Die tiefenökologische Bewegung: Einige philosophische Aspekte, S. 182 m. w. N.; ders. insgesamt, Ecology, Community and Lifestyle. Outline of an Ecosophy; Devall, Die tiefenökologische Bewegung, S. 17 ff.; ferner sog. land ethic: Callicott, Die begrifflichen Grundlagen der land ethic, S. 211 m. w. N.; Rolston, Werte in der Natur und die Natur der Werte, S. 247 m. w. N.; ders., Können wir der Natur folgen?, S. 242 m. w. N.; Meyer-Abich, Kann die Natur durch den Menschen gewinnen?, S. 257 ff. m. w. N.; ders. insgesamt, Wege zum Frieden mit der Natur. Praktische Naturphilosophie für die Umweltpolitik; Bosselmann, Eigenrechte der Natur, KJ 1986, S. 1 ff.; ders., Wendezeit im Umweltrecht. Von der Verrechtlichung der Ökologie zur Ökologisierung des Rechts, S. 345 ff.

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Dieser Begründungsversuch wirft seinerseits viele Fragen auf, die allein mit der Bedingtheit der menschlichen Existenz im Naturgefüge nicht beantwortet werden können. Der Beitrag dieser Argumentation zur Ressourcenschutz-Debatte bleibt mithin auch fraglich. Bereits das Postulat, daß der Mensch Teil der Natur sei, ist nämlich notorisch vieldeutig. Wenn es zum Beispiel nur bedeuten soll, daß der Mensch für sein gutes Leben von der Natur abhängig sei, dann ist dies sicher richtig, aber er begründet sodann noch keinen moralischen Eigenwert der Natur, sondern nur einen anthropozentrisch motivierten Naturschutz. Bloße Abhängigkeit von der Natur belegt zudem ebensowenig zwingend eine gesellschaftliche Interdependenz, die es gestatten würde, den aufgrund menschlicher Eigenschaften nachvollziehbar bestehenden Gattungsegoismus aufzubrechen, der qua eigener Definitionsmacht nur eine intrahumane Moral zuläßt. Wenn der Satz hingegen bedeuten soll, daß – wie in einem Symphonieorchester – das Florieren der Teile im Florieren des Ganzen besteht, dann drückt er sicherlich angesichts der auch unbestreitbar bedrohlichen Seite der Natur eine falsche Harmonie aus und ist abzulehnen. Will der Satz schließlich den ontologischen Unterschied zwischen Mensch und Natur aufheben, weil alles, was ist, nichts als eine Laune und Spielart der Natur ist, die sich bloß unterschiedlicher energetischer Formen und Molekülanordnungen bedient, so muß man sich fragen, was eigentlich durch Wiederholung dieser naturwissenschaftlichen Tatsache für die Begründung eines moralischen Eigenwertes der Natur und per Saldo für die Frage des Naturschutzes gewonnen ist. Zwingend egalisierend wirkt dieses Argument nämlich nicht. Im Gegenteil: Die Laune der Natur fördert doch gerade die Diversität ihrer Erscheinungen. Es ist daher zumindest nicht ausgeschlossen, daß diese Vielfalt an Lebensformen, die zum Teil evolutionär aufeinander aufbauen und Fähigkeiten diverser Vorformen in sich vereinigen, gerade einen legitimen Ansatzpunkt für eine Gattungsunterscheidung zuläßt, zumal nicht nur die Existenz von Molekülen und Energie an sich, sondern auch deren unterschiedliche Anordnung und Ausformung eine Realität bilden. d) Homo animal – Das intelligente Tier Mensch aa) Die Aussage Der Siegeszug der Naturwissenschaften führte historisch nicht nur zu einer Entzauberung der Natur, sondern auch zu der des Menschen. Dieser wurde – vielfach wissenschaftlich begründet – biologisch sowie evolutionär immer stärker in den Gesamtkontext der Natur gerückt. Es setzte sich die Erkenntnis durch, daß die menschliche Existenz zwar als wert- und ideenbestimmtes Leben zu begreifen sein mag, aber in letzter und wirklicher

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Konsequenz nur reaktiv im Hinblick auf die Naturbestimmtheit und Naturbedingtheit des Menschen ausgestaltet sei. Die Abhängigkeit des Menschen von natürlichen und biologischen Faktoren wird daher zum Anlaß genommen, die Abstraktheit des humanen Verstandes und die menschliche Willensfreiheit in Zweifel zu ziehen. Auf dieser Grundlage befinden sich zwei Argumentationslinien, nämlich zum einen die sogenannte evolutionäre Erkenntnistheorie230 und zum anderen der als kritischer Rationalismus231 bezeichnete Ansatz. Im Rahmen der evolutionären Erkenntnistheorie wird davon ausgegangen, daß die menschliche Intelligenz und die Fähigkeit zur Erkenntnis als humane Ausstattung allein in einem rein biologischen Sinne zu verstehen und damit als grundsätzlich prinzipiengleich zu den Fähigkeiten anderer Lebewesen zu denken seien.232 Der menschliche Verstand diene, wie unsere biologische Ausrüstung überhaupt, dem einen großen, naturgegebenen Zweck, nämlich der individuellen und kollektiven (gattungsmäßigen) Lebenserhaltung. Menschliche Intelligenz und menschlicher Intellekt wären danach nichts anderes als Mittel zur Bedürfnisbefriedigung auf besonders hohem Niveau. Eine wirkliche Differenzierung zwischen dem humanen Verstand und den sensitiven oder physischen Fähigkeiten eines Tieres wäre daher nicht zu rechtfertigen, da sowohl menschliche Intelligenz als auch kreatürliche Fähigkeiten in gleicher Effizienz dem selben Ziel dienen, nämlich der Bedürfnisbefriedigung. Ähnlich urteilt auch der kritische Rationalismus.233 Die Wissenschaften könnten danach nur als ein Gefüge von Vermutungen verstanden werden, welches zwar definitiv falsifizierbare, niemals aber verifizierbare Sätze enthalte.234 Der wissenschaftstheoretische Standpunkt des kritischen Rationalismus geht davon aus, daß in der Materie allein die Substanz aller Wirklichkeit gefunden und folglich dem Menschen eine Sonderstellung im Kosmos abgesprochen werden könne. Den Menschen zeichne als zoologische Spezies höchstens ein komplexer Organisationsgrad aus. Diese Auszeichnung sei aber in bezug auf andere Organismen nur als Relativum zu bewerten, deren Absolutes jedoch allein die Natur selbst sei. Bewußtseinszustände 230 Vgl. insgesamt: Vollmer, Evolutionäre Erkenntnistheorie; ders., Mesokosmos und objektive Erkenntnis: Über Probleme, die von der evolutionären Erkenntnistheorie gelöst werden, S. 29 ff.; Insgesamt: Riedl, Biologie der Erkenntnis. Die stammesgeschichtlichen Grundlagen der Erkenntnis; Wuketis, Evolutionäre Erkenntnistheorie. Die neue Herausforderung, S. 11 ff. 231 Insgesamt: Popper, Conjectures and Relations: The growth of scientific knowledge; Albert, Traktat der kritischen Vernunft. 232 Vgl. Vollmer a. a. O.; Riedl a. a. O.; Wuketis a. a. O. 233 Popper a. a. O.; Albert a. a. O. 234 Popper a. a. O.

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gelte es hier vollständig auf gewisse, etwa von der Neurophysiologie zu entdeckende Gehirnprozesse zurückzuführen. Möge es daher auch gelingen, den Menschen als hervorragendes Lebewesen seiner Sprache, seiner Intelligenz, Organisation oder Wissenschaft wegen zu verteidigen. Diese Verteidigungsstrategie reiche jedenfalls nicht aus, dem Menschen eine kategoriale Eigenstellung zuzusprechen, allenfalls die Eigenschaft eines besonders intelligenten Raubtieres Mensch.235 bb) Bewertung Die genannten Argumente skizzieren nur grob eine im übrigen ausdifferenzierte und immer häufiger zu vernehmende Kritik236, die sich mit dualistischen und rationalistischen Ansätzen beschäftigt. Die diesbezüglichen Fragestellungen sind zudem nicht ohne Bedeutung für die Debatte um den Ressourcenschutz. Denn es geht um die Negierung der humanen Sonderstellung gegenüber der gesamten – nicht bloß belebten – Natur, im Rahmen derer der Mensch mit seinem Verstand lediglich eine der unzähligen evolutionären Launen des Naturreichs darstellt. Gegen die Tauglichkeit dieses Ansatzes zur Begründung eines Gleichbehandlungspostulates bzw. eines Eigenwertes der Natur können jedoch zwei gewichtige Einwände erhoben werden, welche die Plausibilität dieser These in Zweifel zu ziehen vermögen. Zum einen führt das naturwissenschaftlich formulierte Postulat vom Tier Mensch zu problematischen, ja unüberwindbaren Implikationen für die Frage einer ökologischen Ethik schlechthin. Wenn der Mensch nämlich nur ein Naturstück, eine auf bloßen Lebenserhalt angelegte Entität wäre, so könnte diesem auch niemand einen prinzipiellen Verzicht auf seine Lebensbelange entweder zugunsten anderer Menschen, nicht-menschlicher Organismen oder der anorganischen Natur gegenüber zumuten.237 Wie es überhaupt sinnlos wäre, Raubtieren Gesetze, die sich gegen ihre natürliche Neigung stemmen, vorzuschreiben, so wäre es sinnlos, dies dem Menschen gegenüber – sofern man ihm ein Verständnis von Gesetzen überhaupt zumutet – tun zu wollen. Sollten jene Gesetze von ihm als lebensdienlich eingestuft werden und seine Glückseligkeit fördern, so würde das Tier Mensch natürlich gehorchen. Die Frage nach einer menschlichen Moral im allge235

Vgl. insgesamt: Desmond, Das Tier Mensch. Caspar, Tierschutz im Recht der modernen Industriegesellschaft, S. 122 ff. 237 In diesem Sinne aber tatsächlich Wilson, Sociobiology: The new Synthesis, S. 3 ff., der von der Moral der Gene spricht; vgl. ferner Ruse, Noch einmal: Die Ethik der Evolution, S. 163, der Moral als kollektive Illusion für den Zweck der Fortpflanzung kennzeichnet. 236

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meinen bzw. einer ökologischen Ethik im besonderen würde sich allerdings dann nicht mehr stellen. Was man nämlich unausweichlich aufgrund eines Naturgesetzes von selbst will bzw. wollen muß, bedarf keines Gebotes.238 Zum anderen sprechen gegen die These vom Tier Mensch die eigentümlichen Human-Phänomene der Wahrheit, Geltung und insbesondere Erkenntnis, die es fraglich erscheinen lassen, ob die vorgenommene Reduktion alles dessen auf empirisch Seiendes, was es in irgendeiner Weise gibt, aufrecht zu erhalten ist. Weil, wie von Erkenntnistheoretikern nicht bestritten, Theorien und Gedanken nicht ausnahmslos gültig sind, stehen sie ständig unter dem Gesetz alternativer Geltungsbestimmtheit.239 Alles Gedachte und Geltung Beanspruchende ist also notwendig geltungsdifferent: Es kann logisch richtig und gegenständlich wahr oder eben unrichtig und unwahr sein. In beiden Fällen ist es zwar in der Welt. Es ist mithin vorhanden. Allein dadurch, daß ein Satz oder ein Gedanke jedoch ist, gilt er noch nicht. Dies ist die Hürde, welche die Vertreter der Tier-Mensch-These letztlich nicht nehmen können. Auch sie sind gezwungen, zur Begründung einer Geltung auf Geltungskriterien (etwa der Wahrheit) und damit auf nicht-seiende Maßstäbe zurückzugreifen.240 Denn die Geltungsdifferenz läßt sich eben nicht auf eine Seins- oder Realitätsdifferenz zurückführen. Die Geltungsdifferenz als wesentliches Strukturmerkmal der menschlichen Erkenntnis ist allem Seinsdenken gegenüber eine kategoriale Novität.241 Geltungsgrund des Geltenden (etwa des Wahren, Guten und Schönen) ist jedoch allein der Mensch, dem damit zugleich eine ureigene, unendliche Möglichkeit des Selbstentwurfes gegeben ist. Dieser entwirft sich somit seiner Idee, nicht seiner Faktizität oder seiner realen Möglichkeiten nach, nicht nach dem, was er ist oder unter gegebenen konkreten Umständen sein kann, sondern nach dem, was er prinzipiell sein kann bzw. soll.242

238 Vgl. Kant, Kritik der praktischen Vernunft, S. 27 ff.; Rickert, Die Philosophie des Lebens. Darstellung und Kritik der philosophischen Modeströmungen unserer Zeit, S. 131. 239 Krijnen, Haben Tiere Rechte?, ARSP 1997, S. 369, 374. 240 Krijnen a. a. O. 241 Krijnen a. a. O. 242 Krijnen, Haben Tiere Rechte?, ARSP 1997, S. 369, 377; vgl. ferner Wagner, Der strenge Begriff der Idee, S. 22 ff.; ders., Über den Begriff des Idealismus und die Stufen der theoretischen Apriorität, S. 179 ff.

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e) Der Evolutionismus243 – Die Natur als Vorstufe zum bzw. als Ahne des Menschen aa) Aussage Der Evolutionismus hängt eng zusammen mit dem naturwissenschaftlichen Denken des Positivismus des 19. Jahrhunderts und den einflußreichen Lehren Darwins über die Entwicklung der Arten.244 Er versucht, den Umstand, daß Bestandteile der nicht-humanen Natur evolutionäre Vorstufen des Menschen bildeten, für eine nicht-anthropozentrische Ethik fruchtbar zu machen. Mag der Begriff der Krone der Schöpfung angesichts der bereits eingetretenen und sich weiter abzeichnenden ökologischen Katastrophen zwar einen faden Beigeschmack erhalten haben. Es besteht aber jedenfalls darin überwiegende Einigkeit – sogar innerhalb eines großen Teils der Vertreter nicht-anthropozentrischer Positionen –, daß dem Menschen in der evolutionären Kette ein besonderer Wert zukommt.245 Es sei nämlich denkbar, die Pflanzen und Tiere sowie die Natur schlechthin als Vorläufer des Menschen zu begreifen, also als Zwischenstufen, ohne die auch Menschen nicht möglich geworden wären. Hochkomplexe246 und differenzierte Sprach- und Kulturwesen, so das Argument, konnten eben nicht schlagartig aus Eiweiß-Molekülen oder einzelligen Algen entstehen. Insofern hätten die gesamten Naturelemente sowie Pflanzen und Tiere gleichsam die Kärrnerarbeit der Evolution für den Menschen geleistet. Die Menschen seien somit das (vorläufige) Endprodukt in der Evolution.247 Hieraus folge, daß die durch ethologische Untersuchungen hervorgebrachten Resultate über das Verhalten nicht-menschlicher Lebewesen als eine Art Ethik der Tiere bzw. vormenschliche Gerechtigkeit Beachtung finden müßten, da das höchste Handeln dasjenige sei, welches zur größten Dauer, Weite und Vollkommenheit des Lebens führe. Demzufolge gebe es ein, jedem einzelnen Lebewe243 Die Bezugnahme auf die Evolution ist vielfältig. So findet sich eine entsprechende Rekurrierung nicht nur in dem bereits dargestellten Homo-Animal-Ansatz, sondern auch im Rahmen der noch später zu skizzierenden objektiven Wertlehre und bei der Theorie des Defaitismus. 244 Vgl. Darwin, Die Abstammung des Menschen, S. 216 ff.; Lorenz, Die acht Todsünden der zivilisierten Menschheit, S. 29 ff. 245 Lenk, Bemerkungen zur Methodologie der Systemanalyse für die Umweltforschung, S. 34; insgesamt: v. Weizäcker, Die Verantwortung der Wissenschaft im Atomzeitalter (Urzeugung); Dobzhansky, Intelligenz (Transzendierung); Jonas, Organismus und Freiheit (Freiheit); Mayr, Eine neue Philosophie der Biologie (Emergenz eines neuen Niveaus); vgl. auch Schröter, Menschenaffen und Rechte, ARSP 1997, S. 397 ff. 246 Kritisch hierzu McShea, Complexity and Evolution: What Everybody Knows, S. 319. 247 Ashby, In Search for an Environmental Ethic, S. 29.

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sen eigentümliches Handeln, welches für dieses das relativ gute Handeln darstelle. Dies sei ein Handeln, das zu der betreffenden Art in gleichem Verhältnis stehe, wie das Handeln, das der Mensch vom moralischen Standpunkt gut kenne und welches sich auf seine Spezies beziehe.248 Danach soll es möglich sein, in der Natur Eigenschaften zu identifizieren, ohne die wir sowohl in unserer bestimmten Naturform als auch als Kulturwesen nicht vorstellbar seien. Diese Eigenschaften seien als ungeplante Resultate der Evolution werthaft, sofern sie als notwendige, wenngleich auch nicht hinreichende Bedingung menschlicher Existenz beschrieben werden können. Ähnlich der inneren Einstellung, die der Mensch zu seinen jeweiligen Vorfahren habe, gründe sich auch eine schwache Sympathie auf dem, worauf er als Gattung fuße. bb) Einordnung Der Evolutionismus relativiert das Differenzkriterium des menschlichen Verstandes und Willens nicht, da er sich mit diesem gar nicht auseinandersetzt. Die praktische Schwäche dieser Ansicht besteht zudem darin, daß mit ihr strenggenommen kein konsequenter Naturschutz denkbar ist. Der sichere biologische Nachweis, ob es sich bei einem Lebewesen um eine evolutionäre Vorstufe zum Menschen handelt, ist nicht ausnahmslos zu führen. Wäre er jedoch möglich, bestünde das weitere Problem darin, wie mit denjenigen Lebensformen zu verfahren ist, die lediglich eine Seitenlinie bilden. Zudem bleibt offen, ob im Konfliktfalle Vorstufen des Menschen diesem gegenüber als gleichwertig zu behandeln sind. Die Bedeutung dieser Meinung für die Frage des Ressourcenschutzes wird zudem dadurch eingeschränkt, daß diese sich auf die zum Menschen in Beziehung zu setzenden Lebewesen und deren ethologischen Merkmale beschränkt und somit jedenfalls die leblose Natur im wesentlichen außer Acht läßt. 3. Mitleidsethik (Bentham u. a.) Eine starke249 und traditionsreiche250 Fraktion251 innerhalb der nicht-anthropozentrischen Umweltethiken, die argumentativ sehr eng mit dem bereits dargestellten speziezismuskritischen Ansatz verbunden ist, begründet 248

Spencer, System der synthetischen Philosophie. Die Prinzipien der Ethik, S. 4. Sowohl Tribe, Was spricht gegen Plastikbäume?, S. 20 ff., als auch Feinberg, Die Rechte der Tiere und zukünftiger Generationen, S. 140 ff., halten das vorwissenschaftliche, intuitive Mitleid mit der Kreatur sogar für den Impuls, der – wie verborgen auch immer – hinter den utilitaristischen, juristischen und ästhetischen Argumenten zum Umwelt- bzw. Tierschutz stehe. 249

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die Notwendigkeit eines Natur- bzw. Tierschutzes mit der Leidensfähigkeit von Lebewesen.252 Danach sei nicht entscheidend, ob Lebewesen einen Verstand oder die Fähigkeit zur Kommunikation haben, sondern vielmehr die Frage zu stellen, ob diese leiden könnten. Als herausragender Vertreter dieses Ansatzes hob insbesondere Bentham auf tiefsitzende menschliche Intuitionen ab und postulierte, daß es nicht darauf ankäme, ob ein Lebewesen denken oder sprechen könne, sondern vielmehr, ob ihm die Fähigkeit zu Leiden zukomme.253 Systematisch geht diese Ansicht davon aus, daß Mitleid reales Leid in der organischen Welt als Bezugspunkt hat. Mitleid setze insofern die organische Fähigkeit voraus, mittels eines Nerven- oder vielleicht sogar Wurzelsystems leiden zu können. Als Prämisse gelte zudem, daß alle Organismen, die durch eine Differenz zu ihrer Umwelt als grenzerhaltend bestimmt seien, nicht bloß eine Identität für den Menschen, sondern ebenso eine wie auch immer rudimentäre Identität für sich hätten.254 Beide Prämissen grenzen Mitleid mit anorganischen Stoffen und technischen Geräten als irrational aus und setzen zudem ihrerseits wiederum voraus, daß organisches Leid anderer Wesen für den Menschen erfahrbar ist, selbst wenn zunächst unklar sei, warum man sich in tierischen Schmerz einfühlen kann und welche Grenzen dieses Einfühlungsvermögen habe. Die Leidensfähigkeit der fühlenden Natur ist jedenfalls nach Ansicht der Mitleidsethiker ein zu berück250 Vgl. etwa Freiherr von Knigge, Über den Umgang mit Menschen, S. 334 ff., der sich auch über den Umgang mit Tieren äußerte und als Begründung dafür, dem Tier jedenfalls unnötiges Leid zu ersparen, neben dem bereits erwähnten Kantischen Argument, kein Unmensch zu werden, auch den Umstand anführte, daß das Tier Pein noch lebhafter spüre als der Mensch, da dessen ganze Existenz auf sinnlicher Erfahrung beruhe. Während danach Menschen Schmerzen ertragen und sich verbeißen bzw. sich über Schmerz mit der Hoffnung hinweg trösten können, indem sie ja wüßten, dieser werde nachlassen, fülle der Schmerz ein Tier völlig aus. 251 Jeweils insgesamt: Singer, Animal Rights and Human Obligations; ders., Praktische Ethik; Regan, The Case for Animal Rights; U. Wolf, Das Tier in der Moral; J. C. Wolf, Tierethik; Rollin, Animal Rights and Human Morality; Midgeley, Animals and Why They Matter; Speamann, Tierschutz und Menschenwürde; Rodd, Biology, Ethics and Animals. 252 Von U. Wolf, Haben wir moralische Verpflichtungen gegen Tieren?, S. 47 ff., wird allerdings bestritten, daß Umweltethik und Mitleid gegenüber Tieren zusammenhingen. Vielmehr sei die Frage nach einem geeigneten Umgang mit der Umwelt strikt von der Frage, ob und in welcher Hinsicht Tiere Gegenstand moralischer Verpflichtungen sein könnten, zu trennen. Dem wird von Ott, Ökologie und Ethik, S. 144, entgegengehalten, daß bereits die Existenz wildlebender Tierpopulationen Grund genug sei, die strikte Trennung von Tieren und Umwelt nicht zu akzeptieren. Die Mitleidsethik sei deshalb als ein Teil des Diskurses über Ökologie und Ethik schlechthin zu begreifen. 253 Bentham, An Introduction to the Principles of Morals and Legislation, S. 311. 254 Vgl. ähnlich bereits insgesamt: Plessner, Stufen des Organischen.

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sichtigender Wert, der eine moralische Pflicht geradezu aufdränge.255 Dieses Mitgefühl führe grundsätzlich zu einer nicht-anthropozentrischen Position, denn in diesem Mitgefühl ließen die Menschen die Umwelt um ihrer selbst willen gelten.256 Daß die Diskussion um eine Mitleidsethik bisher in erster Linie im Rahmen der Tierschutzdebatte unter Bezugnahme auf das tierische Leid geführt wurde, darf nicht dazu verleiten, die Bedeutung dieser Ansicht für die generelle Frage des Ressourcenschutzes bereits aus diesem Grunde als gering zu erachten. Wie sich zeigen wird, ist die Rekurrierung auf ein zu übersetzendes Leidensphänomen bei der auch unbelebten Natur nicht abwegig. Zudem umgeht der pathozentrische Ansatz die Auseinandersetzung um die Bewertung des menschlichen Verstandes und Willens, im Rahmen derer die bisher dargestellten nicht-anthropozentrischen Argumentationsmuster nicht zu überzeugen vermochten. Die Pathozentrik beruht auf zwei wesentlichen Elementen, nämlich zum einen auf dem für einen nicht-anthropozentrischen Ansatz urbar gemachten Phänomen des Mitleids als einem festen Bestandteil des Repertoires menschlicher Erfahrungen – sei dieses nun als vorsoziales Gefühl oder als eine Möglichkeit menschlicher Motivationen aufzufassen – und zum anderen auf der äußerlichen Wahrnehmbarkeit des Leids. a) Mitleid als im Grundsatz nicht-anthropozentrisches Humanphänomen aa) Vorsoziales Gefühl des Mitleids (Rousseau) Daß zum festen Erfahrungsschatz des Menschen auch das Mitleid gehört, wurde insbesondere von Rousseau thematisiert und systematisiert.257 Die beiden grundlegenden Prinzipien des Naturrechts seien danach die Selbstliebe (amour de soir) und das Mitleid. Während die amour de soir den Selbsterhaltungstrieb des frühzeitlichen Menschen umschreibe, fungiere das Mitleid als dessen Korrektiv, als eine Art vorsoziales Gefühl, das dem Menschen einen natürlichen Widerwillen einflöße, irgendein empfindendes Wesen, d.h. in erster Linie seine Mitmenschen, umkommen oder leiden zu sehen.258 Ausgangspunkt für diese Auffassung von Mitleid bzw. für diese Version des Naturrechts ist somit nicht die sich erst im Verlauf der Geschichte herausbildende Vernunftsfähigkeit und der Gesellschaftstrieb, sondern die jedem Lebewesen immanente Empfindungsfähigkeit. Da somit alle Lebewesen durch die Empfindungsfähigkeit, mit der sie begabt seien, etwas 255 256 257 258

Vgl. Birnbacher, Sind wir für die Natur verantwortlich?, S. 118. Meyer-Abich, Dreißig Thesen zur praktischen Naturphilosophie, S. 104. Insgesamt: Rousseau, Diskurs über die Ungleichheit (2. Diskurs). Rousseau, Diskurs über die Ungleichheit (2. Diskurs), S. 57 ff.

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von Natur des Menschen besitzen würden, werde man schließen müssen, daß sie auch am Naturrecht teilhaben müssen und daß der Mensch ihnen gegenüber irgendeiner Art von Pflichten unterworfen sei. Wenn der Mensch verpflichtet sei, seinem Mitmenschen kein Leid zuzufügen, so scheine dies in der Tat weniger deshalb zu sein, weil er ein vernünftiges als deshalb, weil er ein empfindendes Wesen sei.259 Danach fungiere das Mitleid als ein prärationales Gefühl natürlicher Güte, das die Handlungen im Urzustand anstelle von Gesetzen lenke. Erst nachdem der Mensch sich zu einem vernünftigen und soziablen Wesen entwickelt habe, ersterbe diese unfehlbare, instinkthafte Stimme und fordere als Kulturleistung von jedem einzelnen Individuum, diese Leitung des Gewissens unter dem Begriff der Sittlichkeit erneut wieder herzustellen.260 bb) Mitleid als Motivation (Schopenhauer) Das Phänomen des Mitleids läßt sich zudem unter dem Aspekt der Motivation erklären. So hält Schopenhauer in der Frage der Pathozentrik eine streng nicht-anthropozentrische Linie zwar nicht konsequent von Anfang durch. Dieser hat allerdings – unter dem Aspekt der menschlichen Motivation – die Mitleidsethik erstmals systematisch ausformuliert, freilich auch unter Einbezug einiger anthropozentrischer Anklänge261, wie sich noch zeigen wird. Die Bestimmung des Inhalts der moralischen Grundsätze steht nach dieser Betrachtung nicht im Zentrum der philosophischen Erörterungen. Vielmehr gelte es, die Frage zu beantworten, aus welchen Motiven Handlungen entspringen, die nach gängiger Meinung als gut zu gelten haben. Es gehe hierbei also nicht um Soll-Geltung der Maximen für Handlungen, sondern um Motive, aus denen Handlungen entspringen. Hinsichtlich der Motive ist eine Unterscheidung möglich, und zwar zwischen egoistischen (Motiv: mein Wohl), böswilligen (Motiv: die Wehe des anderen) und mitleidigen (Motiv: das Wohl des anderen) Handlungen. Das hieraus für die Frage nach einer Gerechtigkeit entwickelte Neminem-Laede-Prinzip262 gelte sodann auch für nicht-menschliche Lebewesen. Allerdings erhält dieser an sich vielversprechende Ansatz – jedenfalls bei Schopenhauer – eine durchaus anti-deontologische Pointe. Denn das Gewissen solle allein eine Bekanntschaft mit sich selbst machen und Moralität weder lehr-, lern- noch einforderbar sein. Würde man Schopenhauer so weit folgen, wäre auf einer ver259 260 261 262

Rousseau a. a. O. Rousseau a. a. O. Insgesamt: Schopenhauer, Über die Grundlage der Moral. neminem laede, imo omnes, quantum potes, iuva.

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pflichtungsethischen Ebene für einen systematischen Naturschutz freilich wenig gewonnen, da es letztlich von der kontingenten Beschaffenheit des Charakters abhängen soll, ob jemand gemäß obiger Formel handelt oder nicht.263 Es sei – wie bereits eingangs angedeutet – klarstellend darauf hingewiesen, daß dieser mitleidsethische Ansatz schließlich auch kein durchgängig nicht-anthropozentrischer im engeren Sinne ist. Der Fluchtpunkt in Schopenhauers Denken ist nicht der Schutz der Natur, sondern die jeweilige eigene menschliche Erlösung vom Willen zum Leben. Dies deutet somit eher auf eine anthropozentrische Grundposition hin. Mitleid mit nicht-menschlichem Sein hat danach den Sinn, den bestialischen Lebenswillen des Menschen in sich selbst zu überwinden.264 Es sei zu konstatieren, daß ein Mitleid mit Tieren mit der Güte des Charakters so genau zusammenhänge, daß man zuversichtlich behaupten dürfe, wer gegen Tiere grausam sei, könne kein guter Mensch sein.265 Anders jedoch als der bereits dargestellte, eindeutig anthropozentrische Ansatz Kants bezüglich des für einen guten Charakter konstitutiven Bestrebens des Menschen zu einem rücksichtsvollen Umgang mit nicht-menschlichem Sein, zu welchem dieses Zitat Assoziationen zu wecken vermag, dient für Schopenhauer das Gebot zum rücksichtsvollen Verhalten gegenüber den Tieren allerdings weniger dem Zwecke der moralischen Besserung und Erbauung der Menschheit. Das Mitfühlen soll vielmehr der leidensfähigen Kreatur zugute kommen, deren Leid und Schmerz sich dem Mitleidsvollen erschließt und seine Einstellung zu ihr bestimmt. Insofern ist es angezeigt, den Ansatz Schopenhauers im Rahmen der nicht-anthropozentrischen Darstellung zu erwähnen. cc) Fazit Insgesamt kann resümiert werden, daß die Untersuchung des Humanphänomens Mitleid bereits fester und auch anerkannter Bestandteil der allgemeinen ethischen Diskussion ist. Des weiteren ist festzustellen, daß der Begriff des Mitleids in Gänze betrachtet zwar indifferente Momente im Hinblick auf eine ökoethische Verortung aufweist. Jedoch ist auch zu konstatieren, daß die Terminologie des Mitleids im Ergebnis deutlich eine nicht-anthropozentrische ist. 263 Eine andere Schwäche der Ansicht Schopenhauers besteht darin, daß die in allen Mitleidsethiken relevante Frage, wie ich um Leid und Wehe der Tiere wissen kann, bei Schopenhauer von der metaphysischen Tat-Twam-Asi-Lehre abhängig ist. 264 Vgl. Schopenhauer, Über die Grundlage der Moral, S. 139, 169 und dessen Affinität zu fernöstlichen Weisheiten bzw. Angst vor einer Wiedergeburt in Tiergestalt, die das Karma über die Mitleidlosen verhänge. 265 Schopenhauer, Preisschrift über die Grundlage der Moral, S. 34 ff.

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b) Zur Wahrnehmbarkeit des Naturleids Mitleid des Menschen bedarf zu seiner Existenz eines empirischen Bezugspunktes, eines sinnlich wahrnehmbaren Leids des anderen, auf welches sich das Mitleid beziehen kann. An der Frage des Bezugsobjektes zeigt sich denn auch, daß der pathozentrische Begründungsversuch nicht in der Tierschutzdebatte seinen Schluß- und Bestimmungspunkt erreicht, sondern daß dieser Ansatz vielmehr auch auf die Naturschutzfrage schlechthin zu erweitern ist. aa) Die (an-)klagende Natur und ihr Schmerzenslaut Wie bereits eingangs erwähnt, muß durch die Mitleidsethik begründet und bewiesen werden, wie aus dem Leid der anderen Kreatur auch MitLeid auf der Seite des Menschen entstehen kann. Klassischerweise wird daher der Grund für die Erfahrbarkeit des fremden Leids im Schmerzenslaut der Kreatur gesucht. Demnach könne die außermenschliche Natur sich zwar nicht artikulieren, sehr wohl aber lauthals aus tiefer Kehle seufzen. Während sich somit die Vertreter des bereits skizzierten anthropozentrischen Ästhetizismus am schönen Gesang der Vögel laben, deuten die nicht-anthropozentrischen Mitleidsethiker – quasi spiegelbildlich – Bekundungen von Schmerz und Leid. Dieses wahrnehmbare Seufzen sei prinzipiell deutbar.266 Das Mitleid sei somit an ein immer schon vorhandenes Wissen darum gekoppelt, wie bestimmte Laute und Töne, welche die Natur in Fülle produziere, zu interpretieren seien.267 Verstärkt werde dieser Effekt durch die dem Menschen bekannte Familienähnlichkeit zwischen menschlichem und tierischem Ausdrucksverhalten.268 Diese Ausdrucksähnlichkeiten zwischen Mensch und Tier sollen jedoch nicht nur die Aufmerksamkeit des Menschen für das Leid der Kreatur, sondern auch ein Gefühl der Zugehörigkeit fördern. All das Quieken, Winseln, Jaulen, Brüllen, Piepsen und Heulen der Kreatur ist den entsprechenden menschlichen Schmerzenslauten verwandt, und diese Verwandtschaft ist keine, die der menschlichen Würde Abbruch täte, sondern vielmehr eine, die uns auf die Ansprüche der außermenschlichen Natur aufmerksam machen könnte. Als differentia specifica des Menschen gelte 266

Herder, Ideen zu einer Philosophie der Geschichte der Menschheit, S. 126 ff. Daß dem so ist, kann man leicht am menschlichen Mutter-Kind-Verhältnis überprüfen: Die Laute des Kindes vermitteln der Mutter in vorkommunikativer Form Informationen über die Befindlichkeit des Kindes. 268 Dieser Aspekt wird sogar in anthropozentrischer Perspektive aufgegriffen, vgl. Birnbacher, Sind wir für die Natur verantwortlich?, S. 119. 267

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danach zwar die Vernunft, als proprium das Lachen; der Schmerzenslaut hingegen verbinde uns mit der Natur. Die – auch zunächst selbst gezogenen269 – Anwendungsgrenzen dieser Ansicht bewegen sich freilich allein um die Frage des Schutzes bestimmter Lebewesen, die eine Möglichkeit zur wahrnehmbaren, kommunikationsähnlichen Lautgabe besitzen, um somit die Grundlage zur Ausbildung des empfundenen Mitleids zu setzen. Im folgenden wird jedoch gezeigt, daß dieser Ansatz eine thematische Erweiterung auf sonstiges Natursein erfahren hat. bb) Leid und Klage der stillen Natur Wo der klassische Pathozentriker die Grenze zieht, nämlich bei der wahrnehmbaren, kommunikationsähnlichen Lautgabe der Kreatur, setzt der sogenannte pathognomische Ansatz an. Weitergehend wird von diesem die ökologische Mitleidsethik auf Bereiche der Natur ausgedehnt, welche die Aufmerksamkeit des Menschen nicht über einen Schmerzenslaut auf sich ziehen können.270 Bezugspunkte sind hierbei diejenigen Phänomene, bei denen pathische Läsionen naturaler Entitäten auf menschliche Handlungen zurückzuführen sind. Der Gegenstand der pathognomischen Deutung ist dabei allerdings sehr weit gefaßt. Als deutungsfähige Phänomene kommen nicht nur einzelne leidensfähige Tiere in Frage, sondern insbesondere auch synökologisch entscheidende271, größere Einheiten, nämlich ganze Meere, Flüsse, Wälder sowie Landschaften und damit die lädierten Biotope an sich.272 Die These von läsionsbedingten wahrnehmbaren Äußerungsphänomenen der Natur basiert denklogisch – neben der als gegeben anzunehmenden Voraussetzung, daß solche Symptome auch auf der Ebene der Ökosysteme zuzulassen sind – insbesondere auf der Möglichkeit eines neuen Vokabulars, das den Menschen in die Lage versetzt, rationale pathognomische Äußerungen zu produzieren, die dessen Eingriffe in die Natur aus der prä269

Herder a. a. O. Vgl. hierzu ausführlich: Ott, Ökologische Ethik, S. 153 m. w. N. 271 Gemeint ist damit allein die empirisch-naturwissenschaftliche Bedeutung aus ökologischer Sicht. Danach sind Läsionen, die größeren ökologischen Einheiten zugefügt werden, logischerweise schwerwiegender als der ärgste Schmerz eines Einzelwesens. 272 Als beispielhafte Phänomene sind etwa tote Fische zu nennen, die vergiftet ans Ufer geschwemmt werden, und zwar wahrlich keinen Ton mehr von sich geben, dennoch mehr sind als nur konstatierbare wissenschaftliche Ereignisse in der äußeren Welt. Ähnliches gilt für die in begrifflicher Anthropomorphisierung als Angsttriebe bezeichneten Spitzen geschädigter Nadelbäume. Schließlich seien an dieser Stelle das als Mondlandschaft anmutende Ergebnis des Braunkohleabbaus zu nennen, welcher tiefe pathische Einschnitte und Wunden in der Naturlandschaft hinterläßt. 270

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sumtiv übernommenen Perspektive dieser ökologischen Systeme beschreiben.273 Die Natur wäre damit eben nicht mehr sprachlos. Ihre Phänomene könnten in Naturäußerungen transformiert werden. Hierdurch entstünde die Chance eines Diskurses, indem geschädigte Natur als moral patient kontrafaktisch über ihren advokatischen Sprecher, nämlich den Menschen, zum Teilnehmer wird. Der Natur könnte damit quasi ein Platz in der menschlichen Gesellschaft eingeräumt werden. Dieses Ergebnis wird sodann auf etwaige, sich hieraus ergebende diskursethische oder vertragstheoretische Folgen nicht weiter untersucht, sondern vielmehr für das Postulat zum Anlaß genommen, daß aus diesem gemeinschaftsstiftenden Moment jedenfalls der anzunehmende Eigenwert der Natur resultiere. c) Bewertung des pathozentrisch-pathognomischen Begründungsversuches Sowohl der pathozentrische als auch ausdruckspsychologische Ansatz weisen schlüssig die besondere Verbindung des Menschen zur Natur über das Phänomen des Mitleids nach. Die Folgerung jedoch, dieser Nachweis belege zugleich auch die Annahme eines Eigenwertes der Natur, ist in Zweifel zu ziehen. Es kann erstens darauf hingewiesen werden, daß dieser Ansatz das Differenzkriterium des menschlichen Verstandes im wesentlichen argumentativ nicht entkräftet, sondern vielmehr ausweichend den Weg über ein aristotelisches Moralverständnis sucht, ohne sich mit dem Erkenntnissatz der neuzeitlichen westlichen Philosophie, daß letztlich zum Beispiel nur ein kontraktualistisches oder Kantisches Moralverständnis vorstellbar sei, wodurch nur Kontraktpartner oder Vernunftswesen moralischen Status haben könnten274, wirklich auseinanderzusetzen. Die Herausarbeitung der gemeinschaftsstiftenden Kommunikationsbeziehung reicht hierfür jedenfalls allein nicht aus. Zweitens vermag diese Ansicht das grundsätzliche sprachanalytische Differenzkriterium nicht zu entkräften. Denn die Mitleidsethik begegnet der Anthropozentrik nicht mit der grundsätzlichen Interdependenz zwischen den Humanphänomen der Moral und des Interesses sowie der – wenigstens potentiellen – grundsätzlichen gattungsgemäßen Fähigkeit zur Sprache.275 273 So werden denn auch im naturwissenschaftlichen Kontext der ökologischen Debatte häufig Begriffe, wie zum Beispiel verödet, versteppt oder überdüngt, verwendet. 274 Vgl. jeweils insgesamt: Habermas, Erläuterungen zur Diskursethik; Tugendhat, Vorlesung über Ethik. 275 Insgesamt: Frey, Philosophie und Wissenschaft.

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Der pathozentrisch-pathognomische Ansatz ist diesbezüglich auch nicht entwickelbar. Als dritter Einwand ist die Frage anzuführen, ob der vermeintliche Eigenwert der Natur auf Grundlage des zu empfindenden Mitleids auch wirklich für die Annahme eines Gleichheitspostulates herangezogen werden kann. Denn die gleiche Rücksicht auf Natur und Tiere kann mitunter wiederum menschenverachtend sein. Es kann andersherum schließlich auch Situationen geben (Tierversuche, Nahrungsaufnahme, lebensnotwendige Ausbeutung der natürlichen Ressourcen etc.), in denen man sich zwingend über sein Mitleid hinwegsetzen und das Leid und die Läsionen hinnehmen müsse. Eng mit diesem Argument ist daher auch der Einwand der Anthropozentrik verbunden, wonach es als schlichtweg widernatürlich anzusehen sei, daß Beutetiere vor Raubtieren geschützt würden (sogenannter PolicingEinwand).276 Schließlich ist viertens dem pathozentrisch-pathognomischen Begründungsversuch entgegen zu halten, daß dessen deutlicher Schwachpunkt die Frage des anzunehmenden Eigenwertes der Natur ist. Mag er auch für die Frage des Ressourcen- und Naturschutzes thematisch zunächst den verlokkenden Vorteil bieten, daß er ganze Landschaften sowie Lebensräume einbezieht. Schließlich würde es sich hierdurch um Mitleid auf Augenhöhe der Ökologiesystemforschung und damit zugleich auf einer sowohl abstrakten als auch kognitiv zugegebenermaßen durchaus anspruchsvollen Ebene handeln.277 Die Notwendigkeit, daß der Mensch sich Eingriffe in die Natur plakativ und plastisch zu Bewußtsein bringt, ist zudem ebensowenig von der Hand zu weisen. Dennoch vermag die ökologische Pathognomik allein durch dieses Ansinnen ihr erklärtes Ziel, einen Eigenwert der Natur zu begründen, nicht zu erreichen. Neben den bereits dargestellten grundsätzlichen Bedenken gegen eine Mitleidsethik, ist insbesondere gegen den pathognomischen Ansatz einzuwenden, daß dieser Läsionsphänomene schlichtweg mit gattungsspezifischen Begriffen belegen will. Zweifelhaft an diesem Ansatz ist somit insbesondere, daß der Natur bzw. der Kreatur nur deshalb ein Eigenwert zugewiesen wird, weil ihr Attribute der conditio humana zugeschrieben werden. Argumentiert wird also nicht mit der spezifischen Eigenart von anderen Lebensformen oder natürlichen Mitwelten gegenüber dem Menschen, sondern mit Elementen ihrer Wesensgleichheit mit dem Menschen als Naturwesen.278 Die moralische Eigenwert-Bedeutung der Natur als solche wird hierdurch ebensowenig begründet, wie besondere ethische Pflichten des Menschen gegenüber der Natur. Durch das konstru276 Krebs, Hat die Natur Eigenwert?, ARSP-Beiheft 71, S. 194 ff.; dies., Naturethik im Überblick, S. 337 ff. 277 Vgl. Ott, Ökologische Ethik, S. 154, der von Mitleid höherer Art spricht.

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ierte Hineinlesen des Leides in die Natur würde der Mensch höchstens einer humanisierten bzw. fabelhaften Natur und damit letztlich auf rein anthropozentrischer Grundlage nur sich selbst begegnen. 4. Objektive Werttheorie und absolute Ethik a) Objektive Werttheorie Ausgangspunkt der sogenannten objektiven Werttheorie als Grundlage zur Begründung eines Eigenwertes der Natur ist die neukantianische Wertphilosophie, welche zwischen einer aus Gesetzen erklärten Natur, dem wertfrei Wirklichen und der geschichtlichen Kultur, die als eine, aus leitenden Werten heraus entstandene angesehen werden muß, unterscheidet.279 Dem Reich der Werte komme danach eine unbedingte und eigenständige Geltung zu. Beide Spähren treffen sich in einem sogenannten Weltknoten.280 In Abgrenzung zu der anthropozentrischen Frage nach einem eudaimonistischen Eigenwert der Natur und der übrigen nicht-anthropozentrischen Debatte um den moralischen Eigenwert der Natur postuliert die objektive Wertlehre, daß die Natur schon Wert gehabt habe, bevor es überhaupt den Menschen mit seinen Bedürfnissen und seiner politischen Kultur gab. Vom Menschen sei daher ein absoluter Wert der Natur anzuerkennen. Der strategische Vorteil dieses Ausgangspunktes gegenüber den übrigen nicht-anthropozentrischen Positionen liegt auf der Hand: Der – wie bereits gezeigt wurde – letztlich noch nicht gelungene Versuch, die moralische Sonderstellung des Menschen theoretisch zu erschüttern, muß von dieser Ansicht nicht unternommen werden. Eine direkte kritische Bezugnahme zum menschlichen Gattungsegoismus oder Würdebegriff findet somit nicht statt. Die Frage nach der Leidensfähigkeit der Natur ist ebenfalls belanglos. Der Vorteil dieser These für die praktische Umsetzbarkeit in Normen und politisch-juristische Folgerungen wird auf der Begründungsebene allerdings teuer bezahlt. Hier zeigt sich nämlich die deutliche Schwäche dieser These. Denn wer für den absoluten Wert der Natur argumentieren will, muß erklären, wie man auch in einer Welt, in der es niemanden gäbe, dem irgend etwas ausmachte, dennoch zwischen einem guten bzw. werthaften und einem schlechten Zustand in dieser Welt unterscheiden können soll. Er muß zudem dieses Werthafte auch identifizieren können.281 Dies dürfte ein im 278 R. Wolf, Gerechtigkeit und Umweltschutz. Von subjektiv-rechtlichen Begründungsparadoxin zu kollektiv-rechtlichen Lösungsansätzen, ARSP-Beiheft 56, S. 163, 174. 279 Insgesamt: Rickert, Die Grenzen der naturwissenschaftlichen Begriffsbildung. 280 Rickert a. a. O.

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Ergebnis unmögliches Unterfangen sein. Denn dieser Ansatz versucht – ganz entgegen der bereits dargestellten subjektiven Wertlehre – eine ökologische Werttheorie nicht über Bewußtseinszustände und über die betrachtende Person, sondern von den objektiven Eigenschaften der Entitäten her aufzurollen, auf die mentale Zustände sich lediglich beziehen.282 Die Vorschlagsliste für absolute Werte in der Natur, die man sich aus der naturethischen Literatur zusammenstellen kann, ist lang: Diversität, Komplexität, Gesundheit, Einzigartigkeit, Alter, Teleologie usw.283 Ein Wert sei danach eben kein bloßer Bewußtseinszustand, kein inneres Erlebnis, kein Geschmacksurteil und keine Konvention, sondern etwas objektiv in der Welt Vorfindliches.284 Daß manche Werte sich nur in einem erlebnisfähigen Subjekt realisieren könnten, wird von dieser Ansicht schließlich nicht als stichhaltiges Gegenargument aufgefaßt, da hieraus nicht zwingend folge, daß das Bewußtsein alle Werte hervorbringe und keine entdecke.285 Vielmehr sei davon auszugehen, daß die Existenz der Natur ihrer Essenz vorausgehe.286 Die Erklärung für das Vorliegen intrinsischer Werte wird unter Bemühung eines naturhistorischen Vitalismus im geschlossenen und historischen Prozeß der projektiven Evolution (natura naturans) gesucht (longrange objective perspective). Dieses System als solches – und damit auch dessen Resultate (natura naturata) – seien bereits intrinsisch aufgrund ihrer Kapazität, sich insgesamt als geschlossenes System stetig weiter zu entwikkeln (loci of value so far as they are products of systematic nature in its formative process).287 Dies gelte in besonderem Maße für komplexe Ökosysteme, Arten, Landschaften usw. und läuft auf einen allgemeinen Achtungsanspruch der Schöpfung hinaus. Weiter wird argumentiert, daß der Mensch ständig die Unverfügbarkeit der Natur erfahre. Diesem fehle die Kraft, irgend etwas ursprünglich ins Sein zu bringen.288 Was immer er mache, er 281

Krebs, Hat die Natur Eigenwert?, ARSP-Beiheft 71, S. 194. Vgl. Bond, Reason and Value, S. 57 ff.; Nagel, The Point of Nowhere, S. 138 ff.; Rolston, Environmental Ethics, S. 215, der allerdings einen argumentativen Gleichstand zwischen den objektivistischen und subjektivistischen Werttheorien insofern sieht, als daß erstere nicht überzeugend in der Lage sind, Werte widerspruchsfrei als Eigenschaften zu denken und letztere es nicht vermögen, alle Werte in subjektiven Wünschen zu verankern. 283 Vgl. jeweils insgesamt im Rahmen der ökoethischen Diskussion: Jonas, Das Prinzip Verantwortung. Versuch einer Ethik für die technische Zivilisation; Rolston, Environmental Ethics; Hösle, Philosophie der ökologischen Krise. Moskauer Vorträge. 284 Rolston, Environmental Ethics, S. 214 ff. 285 Rolston, Environmental Ethics, S. 211. 286 Hargrove, Foundations of Environmental Ethics, S. 184. 287 Rolston, Environmental Ethics, S. 199. 288 Sitter-Liver, Natur als Polis, ARSP-Beiheft 56, S. 139, 150. 282

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bleibe auf etwas angewiesen, das er nur bearbeiten, verändern oder umstrukturieren könne. Was immer damit existiere, es stamme niemals zur Gänze vom Menschen, sondern wurzele in einem Anderen.289 Diese Begründung wird damit allerdings auf spekulative naturphilosophische Prämissen gestützt, die Ihrerseits einer – letztlich schuldig gebliebenen – argumentativen Begründung bedürfen.290 Die objektive Wertlehre bleibt somit auf der Ebene eines Postulats stecken. Es ist auch zweifelhaft, ob es dieser Theorie gelingen wird, durch naturphilosophische Kenntnisnahme von Eigenschaften der natürlichen Dinge einen begreiflichen Begründungsansatz zu finden. Es fragt sich nach wie vor, wie ein System objektiver Werte bzw. Nichtwerte subjektiv zu denken ist. Jedes beigebrachte Argument zur Begründung eines objektiven Wertes trägt nicht zu dessen Erkennung, sondern vielmehr zu dessen erneuter subjektiver Bewertung bei. Mithin ist in der objektiven Wertlehre eher eine rückläufige Tendenz erkennbar. Denn hier wird bei der Annahme eines Systems objektiver Werte spekulativ von einem metaphysischen Grundprinzip291 ausgegangen, von dem aus schrittweise die Wirklichkeit in ihrer Totalität erklärt werden soll. Damit soll nicht dem viel verwendeten Begriff des Zusammenbruches der metaphysischen Systeme das Wort geredet werden. Ganz im Gegenteil: Positionen wie die vorliegende zeigen, daß im naturwissenschaftlich geprägten Zeitalter, in dem der Mensch und die Natur oft nur noch Kosten-NutzenFaktoren sind, der Rückgriff auf metaphysische Begründungsansätze eine gewisse Renaissance erlebt. Eine tragfähige Grundlage für eine ökologische Ethik, welche gesamtgesellschaftlich sowie intergenerationell zu dimensionieren ist und verallgemeinerungsfähig der Vernunft bzw. einem konsensfähigen Prinzip entspricht, wird durch diesen Ansatz jedoch nicht herausgebildet. b) Absoluter Wert allen Lebens (Schweitzer) Einen ähnlichen Befreiungsschlag gegen die argumentative Enge und Festgefahrenheit, in der sich die meisten nicht-anthropozentrischen Positionen verlieren, stellt die Lehre Albert Schweitzers von der Ehrfurcht vor dem Leben dar. Diese zeichnet sich in erster Linie durch das Hervorheben der Absolutheit des Lebenswertes aus. Während nach Schweitzer die herkömmliche Ethik Kompromisse zwischen verschiedenen Konzeptionen des Glücks und der Selbstverwirklichung verfolgt, erhebt er mit seinem Ansatz der Ehrfurcht vor dem Leben den Anspruch einer absoluten Ethik. Als gut 289 290 291

Sitter-Liver a. a. O. Hargrove a. a. O. unternimmt diesen Versuch und gleitet ins Metaphysische. Ähnliche Einschätzung auch bei Ott, Ökologische Ethik, S. 161.

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könne für die absolute Ethik nur die Erhaltung und die Förderung des Leben gelten. Alles Vernichten und alles Schädigen von Leben, unter welchen Umständen es auch erfolgen mag, könne nach der absoluten Ethik nur als böse bezeichnet werden. Nicht durch empfangene Anleitung zu Ausgleichen zwischen Ethik und Notwendigkeit komme der Mensch in seiner Moralität voran, sondern nur dadurch, daß er die Stimme des Ethischen immer lauter vernehme, daß er immer mehr von der Sehnsucht beherrscht werde, Leben zu erhalten und zu fördern, und daß er in dem Widerstande gegen die Notwendigkeit des Vernichtens und Schädigens von Leben immer hartnäckiger werde.292 Die Begründung ist damit ebenfalls metaphysisch und erhält schließlich eine pathozentrische Wendung. Erklärtes Ziel sei nämlich eine ganzheitliche Sensibilisierung gegenüber der belebten Natur, die Entwicklung eines Bewußtseins der Verantwortung auch für nicht-menschliches Leben und die Vermeidung von Gedankenlosigkeit sowie Naturvergessenheit im Umgang mit unserer nicht-menschlichen Umwelt. Denn keiner solle sich die Last seiner Verantwortung leicht machen. Wenn so viel Mißhandlung der Kreatur vorkomme, wenn der Schrei der auf dem Eisenbahntransport verdurstenden Tiere ungehört verhalle, wenn in unseren Schlachthäusern so viel Rohheit walte, wenn in unseren Küchen Tiere durch unbarmherzige Menschen Unmögliches erdulden müßten oder dem grausamen Spiele von Kindern ausgesetzt seien, trügen wir alle Schuld daran.293 Eine materielle Antwort auf Kollisionsfälle widerstreitender Lebensinteressen findet man bei Schweizer allerdings nicht.294 Im Ergebnis begegnet sein absoluter Moralansatz den gleichen Bedenken, die bereits teilweise gegenüber der Mitleidsethik und im wesentlichen gegenüber der objektiven Wertlehre erhoben wurden. Angesichts der ebenfalls im Rahmen der Ressourcenschutz-Debatte zu beantwortenden Frage nach dem Umgang mit der unbelebten Natur ist das materielle Postulat des absoluten Wertes allen Lebens zudem für die Problematik um die Erhaltung der gesamten natürlichen Lebensgrundlagen auch nur teilweise tauglich. 5. Defaitismus Über das Ziel der Egalisierung der Sonderstellung des Menschen schießt schließlich der sogenannte defaitistische Ansatz weit hinaus. Dieser sei – trotz seiner teilweisen Skurrilität – ebenfalls kurz dargestellt. Als defaitistisch zu bezeichnen sind alle Positionen, welche die Menschen nur als 292 293 294

Schweitzer, Kultur und Ethik, S. 248 ff. Schweitzer, Kultur und Ethik, S. 250. Schweitzer, Kultur und Ethik, S. 249 ff.

III. Nicht-anthropozentrische Positionen

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kluge Tiere295 und damit lediglich als Irrläufer der Evolution begreifen, gegen welche sich die Evolution letztlich zu helfen wisse. Derartige Defaitismen finden sich teilweise in fatalistischer296 und gelegentlich auch sogar in nihilistisch-aktivistischer297 Ausprägung. a) Fatalistischer Defaitismus Diese Theorie geht davon aus, daß bereits das exponentielle Bevölkerungswachstum der Menschheit in naher Zukunft zum Verhängnis werden müsse – ähnlich der Entwicklung von Bakterienkulturen auf für Laborversuche erstellten Nährböden. Die Kultur breite sich solange aus, bis sie den ganzen Nährboden besetze und nehme dann vom ursprünglichen Kern ausgehend nach außen rapide ab, zum Teil aufgrund von Nahrungsmangel, zum Teil aber auch aufgrund einer Vergiftung durch ihre eigenen Abfallprodukte.298 Die Umweltkrise wäre dann als Prozeß der Selbstzerstörung einer bestimmten Struktur zu begreifen, zu deren Elementen auch Menschen gehören. Schädlich wäre dieser Vorgang allein aus der Perspektive der Identität dieser Struktur299, sprich aus menschlicher Sicht. Damit ist diese Ansicht für die Frage einer ökologischen Ethik im Ergebnis allerdings nicht verwertbar. Sie erweckt eher rechtshistorische Assoziationen an traditionsreiche, aber – spätestens seit Kant – überkommene naturrechtliche Konstruktionen eines Mensch und Natur gleichermaßen umfassenden Rechts. Es dürfte sich aber mittlerweile die Erkenntnis durchgesetzt haben, daß die Natur dem Menschen – abgesehen von etwaigem triebhaften Verhalten – eben keine naturgemäßen Handlungsdirektiven lehrt. Die selbstdestruktive Tendenz der menschlichen Spezies mag in den erheblichen ökologischen Problemen für Gegenwart und Zukunft zwar durchaus offenbar geworden sein. Für die berechtigte Frage jedoch, an welchen Normen bzw. Zielen der Mensch nunmehr sein Handeln und seinen freien Willen im Rahmen seiner Selbstgesetzgebung ausrichten soll, ist durch diese empirische Erkenntnis nichts gewonnen. Denn gegen alle Konzepte eines heteronomen Willens, die in Sachstrukturen oder in naturgegebenen Anlagen die Richtschnur für das sehen, was als angemessen oder gerecht betrachtet werden soll, kann nach wie vor der Kantische Einwand300 formuliert werden, daß 295

Vgl. insgesamt: Nietzsche, Also sprach Zarathustra. Eyre, Man the Pest: Eine Frage des Überlebens, S. 56; Sieferle, Perspektiven einer historischen Umweltforschung, S. 368. 297 Insgesamt: Horstmann, Das Untier. 298 Eyre a. a. O. 299 Sieferle a. a. O. 300 Kant, Grundlegung zur Metaphysik der Sitten, S. 446. 296

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D. Die ökologische Frage als ethisches Eingangsproblem

das autonome Vernunftswesen Mensch aus dem, was naturnotwendig ist, nicht schließen kann und muß, was sein soll. Denn der Wille bildet diese Art von Kausalität für alle lebenden Wesen, sofern sie vernünftig sind.301 Freiheit ist dabei die Eigenschaft dieser Kausalität, da sie unabhängig von fremden, sie bestimmenden Ursachen wirken kann.302 Naturnotwendigkeit ist demgegenüber die Eigenschaft der Kausalität aller vernunftslosen Wesen. Für diese ist daher allein der Einfluß fremder Ursachen für ihre Tätigkeit bestimmend.303 b) Nihilistisch-aktivistischer Defaitismus Dieser aus Gründen der Vollständigkeit ebenfalls zu nennende, gleichwohl sehr exotische Ansatz geht noch weiter und fordert, den angeblich unausbleibbaren Vorgang der Ausrottung der Menschheit als eine Art paradoxen letzten Triumph des Intellekts sogar mit Absicht durch kollektiven Selbstmord herbeizuführen.304 Es wurde schon gezeigt, daß dem defaitistischen Ansatz bereits generell die Tauglichkeit für eine ökologische Ethik abzusprechen ist. Konstatieren die Vertreter dieser Ansichten doch sogar selbst, daß die Besinnung auf das Verhältnis von Ökologie und Ethik ein müßiges Unterfangen305 bzw. daß Ethik als Humanitätsduselei abzutun sei.306 Der fatalistische Standpunkt wird schließlich zugeben müssen, daß Menschen in der Welt sein sollen. Zudem gerät der konsequente nihilistisch-aktivistische Defaitist mit seiner Ansicht in performativen Widerspruch zu seinem eigenen Lebensvollzug.307 Im Rahmen der vorliegenden Untersuchung genügt folglich die Feststellung, daß der defaitistische Ansatz im Kanon der verschiedenen Stimmen zur ökologischen Frage eine zwar zynische, aber weit untergeordnete Rolle spielt.

IV. Ökologische Ethik – ein Fazit Betrachtet man die gesamte Landschaft der zu einer ökologischen Ethik vertretenen Ansätze, so muß man zu dem Ergebnis kommen, daß eine an301

Kant a. a. O. Kant a. a. O. 303 Kant a. a. O. 304 Insgesamt: Horstmann a. a. O. 305 Sieferle a. a. O. 306 Vgl. insgesamt: Horstmann a. a. O., der mit Nietzsche provokativ davon ausgeht, daß starke Geister ohne Ethik und Moral auskommen. 307 Ott, Ökologische Ethik, S. 163/164. 302

IV. Ökologische Ethik – ein Fazit

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thropozentrische Position als solche nicht nur per se überzeugender zu begründen, sondern auch gegen den Grundvorwurf der systemimmanenten Destruktivität und gegen alternative nicht-anthropozentrische Gegenkonzepte zu verteidigen ist. Insbesondere aus den vorerwähnten Begriffen der Menschenwürde und der Autonomie erklärt sich nuanciert für die anthropozentrische Tradition die Sonderstellung des Menschen im Naturgefüge. Es wurde gezeigt, daß, entgegen des vielfach zu vernehmenden Einwandes, weder dieser Ansatz noch die Annahme eines göttlichen Herrscherauftrages für den Menschen auf der Erde eine systematische Rechtfertigung für eine aggressive bzw. despotische Anthropozentrik bilden. Vielmehr konnte belegt werden, daß im Lager der anthropozentrischen Positionen eine Vielzahl von systemlogischen bzw. systemimmanenten Korrektivmöglichkeiten angeboten werden. Als – zumindest im Grundsatz – besonders beachtenswert stellten sich dabei die im Rahmen einer universellen und utilitaristischen Betrachtungsweise herausgebildeten Ansätze zu einer Verantwortungs- und Zukunftsethik heraus, da hierdurch der notwendige Versuch unternommen wurde, eine Begründung für den Schutz auch zukünftiger Generationen zu schaffen. Verantwortung für sich, andere und für die Natur hat der Mensch schließlich auch nach dem ästhetizistischen Moralkonzept zu übernehmen. Abgesehen vom ebenfalls skizzierten ästhetischen Begriff des Naturschönen und der menschlichen Pflicht gegen sich selbst, die Natur zu schützen, um nicht zum Unmensch zu werden, erlangt gerade die zu Beginn der Untersuchung bereits genannte, für die Athropozentrik geradezu prägende Kantische Bezeichnung des Menschen als betitelten Herren besondere Bedeutung. Gemeint ist damit aber nicht der Mensch als triebhaftes Naturwesen – ein solches könnte niemals in eine von der Natur unabhängige Zweckbeziehung treten –, sondern als autonomes Vernunftswesen.308 Erst von diesem könne nicht weiter gefragt werden, wozu es existiere. Sein Dasein habe den höchsten Zweck selbst in sich. Nur im Menschen, aber auch in diesem nur als Subjekt der Moralität, ist die unbedingte Gesetzgebung in Ansehung der Zwecke anzutreffen, welche ihn also allein fähig macht, ein Endzweck zu sein, dem die ganze Natur teleologisch untergeordnet ist.309 Hier finden sich bereits die Wurzeln für ein ökologisches Konzept der Verantwortung zu einem schonungsvollen Umgang mit der Natur – nicht als Pflicht gegenüber der Natur als solcher, sondern eben gegenüber sich selbst und allen anderen vernünftigen Wesen gegenüber. Wenn man so will, liegt in dieser Beschränkung des Menschen als Subjekt der Moralität das Fundament zur 308 Eindeutig in diese Tradition Kants im umweltethischen Diskurs stellt sich auch Brenner, Ökologie und Ethik, S. 67. 309 Kant, Kritik der Urteilskraft, S. 165 ff.

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D. Die ökologische Frage als ethisches Eingangsproblem

anthropozentrischen Ethik insgesamt.310 Diese geht nämlich davon aus, daß die Kultivierung der Natur und ihr Verständnis als Mittel zu den Zwecksetzungen des Menschen die natürliche Umwelt nicht der Willkür und Beliebigkeit aussetze, sondern den Normen sittlichen Handlens zu unterwerfen habe.311 Der Mensch als letzter Zweck ist nicht allein als hedonistisches, auf die Befriedigung eigener Bedürfnisse gerichtetes Einzelwesen zu begreifen. Nur solange er bereit ist, eigene Interessen auch für altruistische Erwägungen zurückzustellen, nur soweit er mit und nicht gegen die Natur lebt, kann er deren Endzweck sein.312 Am dargestellten Dualismus der menschlichen Existenz, auf dem die Menschenwürde begrifflich basiert, hat sich auch gezeigt, daß grenzenlose Naturausbeutung und blinde Fortschrittsgläubigkeit eben nicht die logische Konsequenz der gattungsintern zugeschriebenen Sonderstellung des Menschen sind. Verengt man die Werthaftigkeit menschlichen Daseins einseitig auf das lineare Fortschrittsprogramm neuzeitlicher Subjektivität als Postulat einer beständigen Ausweitung der wissenschaftlichen Erkenntnis und technischen Kontrolle der Natur,313 so steht sich schließlich auf Grund der anderen, der naturhaften Dimension menschlicher Existenz, das Individuum selbst als Objekt seiner Erkenntnis gegenüber. In dem Maße, wie sich das Subjekt aus der Natur emporhebt, gerät es als Objekt immer stärker in sie hinein.314 Nicht das Streben um die Ausweitung einer beständigen Kontrolle über die Natur soll sich schließlich aus dem Würdebegriff ergeben, sondern vielmehr die Aufgabe, sich immer wieder aufs neue den Widersprüchen entgegenzusetzen, die das Subjekt in seiner Zerrissenheit zwischen kultureller und natürlicher Existenz aushalten muß.315 Die dargestellten Gegenkonzepte, die sich gegen ein anthropozentrisches Weltbild richten und versuchen, eine moralisch gleichwertige Gemeinschaft zwischen dem Menschen und der Natur herzustellen, überzeugen demgegenüber – insbesondere aus den jeweils genannten Argumenten – im Ergeb310

In diesem Sinne: Schäfer, Das Bacon-Projekt. Von der Erkenntnis, Nutzung und Schonung der Natur, S. 200 ff.; Höffe, Moral als Preis der Moderne. Ein Versuch über Technik und Umwelt, S. 214 ff.; Tribe, Was spricht gegen Plastikbäume?, S. 36. 311 Schäfer a. a. O. 312 In diesem Sinne auch insgesamt: Hösle, Philosophie der ökologischen Krise. Moskauer Vorträge. 313 So Bayertz, Die Idee der Menschenwürde, Problem und Paradoxien, ARSP 1995, S. 467, 480, der die experimentelle Wissenschaft und die technische Anwendung ihrer Resultate zugleich als Ausdruck und Realisierung der Menschenwürde sieht; vgl. auch: Hoerster, Zur Bedeutung des Prinzips der Menschenwürde, JuS 1983, S. 96. 314 Caspar, Tierschutz im Recht der modernen Industriegesellschaft, S. 89. 315 Caspar a. a. O.

IV. Ökologische Ethik – ein Fazit

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nis nicht und vermögen die in sich schlüssige Annahme einer Sonderstellung des Menschen deshalb auch nicht zu erschüttern. Das vorherrschende Verständnis von einer auf die menschliche Gattung allein beschränkten Würde war dabei Gegenstand heftiger Kritik und sollte als Wurzel des anthropozentrischen Übels entlarvt bzw. dem Einwand der Amorphie ausgesetzt werden. Die Kritiker bestreiten das Vorhandensein einer relevanten Tatsache für eine Ungleichbehandlung zwischen Mensch und Natur. Dabei ist wohl zuzugeben, daß die Auffassung eines auf die menschliche Gattung reservierten Würdebegriffes der Tatsache Rechnung tragen muß, daß sich über eine abstrakt philosophische Begrifflichkeit kategoriale Differenzkriterien zwischen Menschen und Natur nicht einfach über menschliche Fähigkeiten, wie zum Beispiel Selbstbewußtsein, Intelligenz oder Kommunikationsfähigkeit, begründen lassen. Insofern war es den Kritikern – insbesondere im Hinblick auf lediglich graduelle biologische Unterschiede zwischen Menschen und Tieren – zwar gelungen, beachtliche Haarrisse im anthropozentrischen System aufzudecken. Im Ergebnis bleibt aber festzuhalten, daß die anthropozentrische Grundthese von der Sonderstellung des Menschen bei Zugrundelegen eines modernen Menschenrechtsverständnisses und bei Berücksichtigung der Idee eines autonomen, sich selbst entwerfenden Subjekts zu verteidigen ist. Die Schwierigkeit, tragfähige Gründe für die Rechtfertigung des gattungsspezifischen Eigenwerts näher darzutun, resultiert nämlich aus dem fast metaphysischen Wesen des letztlich eines naturwissenschaftlichen Beweises nicht zugänglichen Begriffes menschlicher Würde und Autonomie. Besondere kognitive Fähigkeiten des Menschen oder die Leidensfähigkeit bestimmter Lebewesen konnten somit – als lediglich empirische Einzelelemente – weder als gattungsbegründende noch als gattungsdifferenzierende Kriterien überzeugend angeführt werden. Dennoch ist damit nicht jede Erklärungsmöglichkeit ausgeschlossen. Denn es wurden – unabhängig von Nutzenerwägungen316 – für das menschliche Zusammenleben Gründe für die Annahme einer menschlichen Würde geliefert und auch dafür, warum diese auf Mitglieder der menschlichen Gattung beschränkt bleiben soll. Den Kritikern mißlingt damit, den naturgegebenen, als Ist-Zustand vorzufindenden und über den Begriff der Menschenwürde als Soll-Zustand begründbaren menschlichen Gattungsegoismus durch ein überzeugendes Moralkonzept zu erschüttern bzw. zu relativieren. Schließlich offenbart die Betrachtung der gegenwärtigen UmweltethikDiskussion um einen moralischen Eigenwert der Natur eine eigentümliche Situation. Fixiert auf die Ablehnung eines übersteigerten Anthropozentrismus, der eine globale ökologische Krise heraufbeschworen haben soll, wird 316 Für einen rechtspragmatischen Ansatz zur gegenseitigen Würdezuschreibung wohl allerdings: Schneider, Tiere als Konsumware? Gedanken zur Mensch-Tier-Beziehung, S. 123 ff.

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D. Die ökologische Frage als ethisches Eingangsproblem

eine nicht-anthropozentrische Umweltethik gefordert, aber dadurch als Ethik selbst unmöglich gemacht. Zwar ist die Kritik an der Anthropozentrik als Herrschaft instrumenteller Rationalität und Ausweitung egoistischer Interessen über weite Bereiche der Natur in tatsächlicher Hinsicht berechtigt, jedoch verfehlt die Ablehnung der methodisch unhintergehbaren Anthropozentrik jedwede Ethik und die ökologisch verbrämte Naturalisierung des Menschen ihr eigentliches Ziel. Die Anthropozentrik ist mithin für eine ökologische Ethik konstitutiv. Es zeigt sich nämlich, daß allem deklamatorischen Verzicht auf die anthropozentrische Perspektive zum Trotz die Interessengebundenheit unserer Ethik unhintergehbar ist. Es gibt immer eine oberste Ebene, auf der entschieden wird, ob wir mit der Gleichberechtigung alles Existierenden Ernst machen können und wo nicht, und diese oberste Ebene ist letztlich immer anthropozentrisch.317 Aus der bisherigen Untersuchung folgt als Zwischenergebnis: Die moralische Verpflichtung des Menschen zum Natur- bzw. Ressourcenschutz ist anthropozentrisch zu denken. Dabei lassen sich gute Argumente insbesondere aus einer Verantwortungsethik und aus einem Ästhetizismus entwikkeln. Die – nunmehr auch theoretisch begründbare – Bestätigung des menschlichen Sonderstatus im Naturgefüge, welche ihm einerseits erlaubt, auf die Natur als Ressource zurückzugreifen, ihn andererseits aber auch verpflichtet, fürsorglich mit dieser umzugehen, bildet insgesamt auch ein ethisches Erbe an das Recht. Denn der äußere Vollzug des Willens, entsprechend der Selbstgesetzgebung zu handeln, bedarf einer korrespondierenden Freiheit. Dabei gestaltet sich die Selbstgesetzgebung aufgrund des Fazits der ökoethischen Diskussion anthropozentrisch. Natur ist danach grundsätzlich Objekt und Ressource im weitesten Sinne, d.h. nicht nur zur Befriedigung biologischer oder ökonomischer Bedürfnisse, sondern – da sie durch ihre Existenz den selbstbezüglichen ethischen Rekurs erlaubt – durchaus auch notwendige Ressource zur Versittlichung. Für die rechtliche Ausgestaltung des Ressourcenschutzes bedeutet dies, daß die originäre Bildung und Abgrenzung von Freiheitssphären – jedenfalls im Grundsatz – auch nur zwischen menschlichen Subjekten und nicht zwischen dem Menschen und der Natur zu erfolgen hat.318 Kein anderes Resultat ergibt sich im Prinzip bei Zugrundelegen des gesellschaftsvertraglichen Gedankens für einen Rechtsbegriff. Denn das Vertragsmodell fußt auf der Annahme, daß die Be317

Bayertz, Technik, Ökologie und Ethik. Fünf Dialoge über die moralischen Grenzen der Technik und über die Schwierigkeiten einer nichtanthropozentrischen Ethik, S. 231. 318 Im weiteren Verlauf der Untersuchung wird sich jedoch auch zeigen, daß innerhalb der anthropozentrischen Position rechtstheoretisch versucht wird, Freiheitssphären auch zwischen Mensch und Natur zu konstruieren.

IV. Ökologische Ethik – ein Fazit

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troffenen in einem Zustand ursprünglicher Gleichheit durch Vereinbarung jene Grundsätze festlegen, welche die Tiefenstruktur ihrer Gemeinschaft bilden. Sollen aus dem Urzustand gerechte Vereinbarungen zur Abgrenzung der Freiheitssphären folgen, so müssen sich die Vertragspartner in fairen Situationen befinden und als moralische Subjekte gleich behandelt werden.319 Bei Einnahme eines anthropozentrischen Standpunktes ist eine Gemeinschaft von Vertragspartnern unter Berücksichtigung dieses Gleichheitspostulates im Ursprung allerdings nur zwischen Menschen denkbar. Die Frage nach der genauen Formierung und Aufteilung der Freiheitssphären ist Gegenstand der weiteren Untersuchung, die sich mit den rechtstheoretischen Grundlagen des Ressourcenschutzes im engeren Sinne auf der zweiten Regelungsebene, nämlich der des Rechts, beschäftigt.

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Rawls, Eine Theorie der Gerechtigkeit, S. 165.

E. Zur Regelungsebene des Rechts I. Abgrenzung der Freiheitssphären Es wurde bereits darauf hingewiesen, daß – trotz der grundsätzlichen Abstraktheit des Rechts von der normativen Ebene der Moral – die Einnahme eines anthropozentrischen Standpunktes auf der sittlichen Metaebene auch zwingende Auswirkungen auf die rechtliche Ausgestaltung des Ressourcenschutzes haben muß.1 Das Recht hat die Aufgabe, einen Zustand zu schaffen, in dem die Kompatibilität der von verschiedenen Subjekten beanspruchten Freiheitssphären gewährleistet wird. Insofern liefert traditionell erst die Einbeziehung von Interessensphären Dritter für die anthropozentrische Auffassung die Bedingung für freiheitsbeschränkende positive Normen im Umgang mit Naturgütern. Dies lief und läuft klassischerweise in erster Linie auf den Schutz des Eigentums und der Interessen der dahinter stehenden Individuen hinaus. Strukturell haben sich somit bisher zwei positiv-gesetzliche Grundmuster herausgebildet, welche die Natur als Schutzobjekt in ihren Regelungsgehalt aufnehmen. Zum einen ergeben sich ökologische Erwägungen im Recht aus der wechselseitigen Konkurrenz von Nutzungsinteressen der Menschen im Hinblick auf die gleichen Naturgüter. Zum anderen wird der Interessengegensatz zwischen der Nutzung bestimmter natürlicher Ressourcen unter gleichzeitiger Beeinträchtigung anderer Naturgüter und der dadurch bewirkten Gefährdung Dritter thematisiert. In beiden Fällen handelt es sich letztlich um Aspekte der Nutzungskonkurrenzen und damit um Fragen der Verteilungsgerechtigkeit. Es wurde bereits dargelegt, daß originärer Träger von Rechten nur der Mensch sein kann. Neben den auf dieser Erkenntnis aufbauenden, im positiven Recht bereits existierenden und im Hinblick auf den Regelungsgegenstand Natur stets objektiv-rechtlich ausgestalteten Strukturen werden neuerdings auch subjektiv-rechtliche Ansätze angeboten – ohne den anthropozentrischen Standpunkt zu verlassen. Diese zielen auf konstruierte2 Eigenrechte 1

Vgl. hinsichtlich dieses – trotz Autonomiethese – nicht zu leugnenden Faktums: Kube, Die juristische Dogmatik auf dem Weg zur Ökologischen Rechtstheorie, ARSP 83, 416 ff. 2 Als Gegenbegriff zu originär ist hier konstruiert und nicht etwa derivativ zu wählen, da letzterer Begriff die bestehende Rechtsfähigkeit bereits voraussetzt, die es vorliegend erst noch zu begründen gilt.

I. Abgrenzung der Freiheitssphären

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der Natur ab. Insofern ist fraglich, ob sich das Netz der abzugrenzenden Freiheitssphären in einer Gesellschaft letztlich nur zwischen menschlichen Individuen spannt oder ob sich – auf konstruktivistischem Umweg – auch nicht-menschliche Subjekte in ein Rechtssystem einfügen lassen. Bevor somit die Begründungsstrukturen und die grundsätzlichen Parameter für eine rechtliche Ausgestaltung des Ressourcenschutzes näher untersucht werden können, gilt es festzustellen, ob auch die Natur oder Naturbestandteile als konstruierte Rechtssubjekte begriffen werden können. Mithin muß zunächst analysiert werden, wer die Rechtssubjekte bei der rechtstheoretischen Ausgestaltung des Ressourcenschutzes nicht nur originär, sondern auch in letzter denkbarer Konsequenz sind. 1. Keine originären Rechte der Natur Es sei noch einmal klarstellend festgestellt, daß originäre Rechte der Natur auf Grundlage des hier eingenommenen anthropozentrischen Standpunktes nicht begründbar sind. Es ist sicherlich der Bedeutung des subjektiven Rechts für eine freiheitliche Rechts- und Gesellschaftsordnung zuzuschreiben, daß viele Beiträge zum Umwelt- und Naturschutz die Frage nach einem Recht der Natur stellen, ja geradezu heilsuchend auf dieses zusteuern. Die mittlerweile tiefsitzende Erkenntnis, daß die Natur – sei es nun aufgrund der weitgehenden Annahme ihres Eigenwertes oder ihres Wertes für den Menschen – zu schützen sei, scheint für die meisten Beiträge ohne die Anerkennung eines subjektiven Rechts – als Allegorie der Freiheit3 – ohne realen Wert zu sein. Es sind insbesondere in den letzten Jahren eine Fülle von nuancierten Beiträgen erschienen, die sich mit der Frage von bestehenden originären Rechten der Tiere4 bzw. der Natur5 beschäftigten. Deren Befürworter stammen ganz überwiegend aus dem bereits dargestellten nicht-anthropozentri3 Vgl. R. Wolf, Gerechtigkeit und Umweltschutz. Von subjektiv-rechtlichen Begründungsparadoxien zu kollektiv-rechtlichen Lösungsansätzen, ARSP-Beiheft 56, S. 163, 175. 4 Vgl. etwa: Regan, The Case of Animal Rights, S. 235 ff.; Feinberg, Die Rechte der Tiere und zukünftiger Generationen, S. 140 ff.; Caspar, Tierschutz unter rechtsphilosophischem Aspekt, ARSP 1995, S. 379, 398; Sitter-Liver, Tierrechte und ihre Grenzen, UNIVERSITAS 1994, S. 119 ff., Wetleson, Animal Rights or Human Duties?, ARSP-Beiheft 61, S. 63 ff.; Krijnen, Haben Tiere Rechte?, ARSP 1997, S. 369 ff.; Schlitt, Haben Tiere Rechte?, ARSP 1992, S. 225 ff. 5 Vgl. etwa: Bosselmann, Eigenrechte der Natur?, KJ 1986, S. 1 ff.; insgesamt auch: Leimbacher, Die Rechte der Natur; Weber, Grundrechte für Tiere und Umwelt. Die Erde ist nicht Untertan; Sterzel, Ökologie, Recht und Verfassung, KJ 1992, S. 19 ff.; R. Wolf, Gerechtigkeit und Umweltschutz. Von subjektiv-rechtlichen Begründungsparadoxin zu kollektiv-rechtlichen Lösungsansätzen, ARSP-Beiheft 56,

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E. Zur Regelungsebene des Rechts

schen Lager. Für sie ist die Annahme einer Rechtssubjektivität auf seiten der Natur die logische Folge ihres anzuerkennenden Eigenwertes. Da ein anthropozentrisch verstandener und in dieser Untersuchung bereits unterstützter Umweltschutz allerdings stets den Umweg über die menschlichen Interessenbezüge an der Natur nehmen muß, ist jedenfalls das Bestehen eines originären Rechtes der Natur aufgrund ihres vermeintlichen Eigenwertes konsequenterweise bereits im Ansatz abzulehnen. Zudem sind insbesondere die rechtstheoretischen Implikationen des pathozentrisch-pathognomischen Ansatzes, der den ethischen Hauptausgangspunkt für Forderungen nach Rechten der Natur bildet, höchst unbefriedigend. Das aus einer Verrechtlichung des Schutzes leidens- bzw. läsionsfähigen Seins folgende Rationalisierungspostulat erfordert nämlich möglichst genaue wissenschaftliche Aussagen über die konkreten Handlungsbedürfnisse einzelner Lebewesen oder bezüglich der Frage, was unlädierte Natur an sich wäre. Ein nicht verlässlicher Rekurs auf das mehr oder weniger unbestimmte Gefühl des Mitleids bzw. auf pathognomische Deutungen reichen hierfür nicht. Die Einschränkung der Rechtsposition allein aufgrund subjektiven Empfindens des sich in die Natur versetzenden Umweltschützers dürfte als Nachweis umweltschutzwürdiger Bedingungen ebenso wenig genügen. Eine andere, hierüber hinausgehende Frage ist freilich, ob in Interessenkollisionen zwischen menschlichen, vorwiegend ökonomischen Interessen und dem daraus möglicherweise resultierenden Naturleid eine Umkehr der Beweislast eintreten könnte. Denkbar wäre, in diesen Fällen die Entscheidung an dem Grundsatz auszurichten, daß im Zweifel die offensichtlich geringere Naturbeeinträchtigung vorzuziehen ist. Dieser Ansatz bedarf vorliegend jedoch keiner weiteren Vertiefung, da es sich hierbei um eine rechtstechnische Frage der konkreten Ausgestaltung des positiven Rechts handelt. Vom anthropozentrischen Standpunkt aus ist ein subjektives Recht der Natur nur mittelbar über das menschliche Interesse an derselben und mithin – wenn überhaupt – lediglich konstruktivistisch zu denken. Der diesbezügliche Begründungsversuch wird im folgenden untersucht. 2. Der konstruktivistische Ansatz zur Begründung von Naturrechten a) Inhalt Als konstruktivistisch ist derjenige Ansatz zu bezeichnen, welcher – die Notwendigkeit eines umfassenden Umweltschutzes vorausgesetzt – im Wege einer Mitsprache der Natur subjektive Rechte zusprechen will, ohne S. 163 ff.; Birnbacher, Was gegen Naturrechte spricht, UNIVERSITAS 1994, S. 146 ff.

I. Abgrenzung der Freiheitssphären

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das anthropozentrische Fundament letztlich vollständig zu verlassen. Der beachtliche Versuch, Eigenrechte der Natur konstruktiv zu begründen, wird insbesondere durch Rekurs auf das Modell des Gesellschaftsvertrages unternommen.6 Dieser Ansatz kritisiert zunächst die Annahme einer Inkompossibilität7 von Anthropozentrik und Physiozentrik und präsentiert die Vertragstheorie als mögliche Integration beider Positionen. Natur und natürliche Wesen sollen danach zu Partnern in einem Vertrag mit Menschen werden können, welcher der Natur Eigenrechte zuspricht. Zur Begründung wird neben anderen Zweckmäßigkeitserwägungen8, die für die grundsätzliche Vorteilhaftigkeit der Vertragstheorie sprechen sollen, insbesondere die als Gegenseitigkeitsverhältnis zu deutende schicksalhafte Verbindung zwischen dem Menschen und seiner natürlichen Umwelt angeführt. Derartige Sachverhalte werden als typischer Anwendungsfall für moderne Vertragstheorien angesehen, da diese gerade dort entwickelt würden, wo es darum gehe, Verhältnisse mit hohem, lebensbedrohendem Konfliktpotential so zu ordnen, daß für alle in prinzipiell gleichem Ausmaß das Überleben gesichert ist. Es sei gerade die nun nicht mehr so junge Erfahrung der ökologischen Krise, die den Menschen darauf aufmerksam mache, daß es durchaus angemessen wäre, heute menschliches Verhalten in der Natur unter der Kategorie des Konfliktes zu analysieren. Dem fortdauernd ausbeuterischen, gewalttätigen und wenig umsichtigen Umgang der technisch-wissenschaftlichen Zivilisation mit dem außermenschlichen Sein entspreche – sehe man von Rückschlägen durch von Menschen induzierte Naturkatastrophen ab – die stetige Verkümmerung der natürlichen Lebensgrundlagen. Die Natur, gleichsam zurückschlagend, entziehe dem Menschen die Grundlagen seiner Existenz. Da somit offenbar die Mißachtung der von menschlichen Ziel- und Zwecksetzungen abgelösten Eigenständigkeit und Eigengesetzlichkeit der natürlichen Elemente und Verhältnisse, in denen Menschen existieren, die Krise verursacht habe, dränge sich die Achtung vor solcher Eigenständigkeit als mögliche Korrektur auf. Der Mensch, auf Leistung der Natur angewiesen, sei dieser wiederum zur Leistung (unter Umständen auch in Form von Unterlassungen) verbunden, wolle er sein Überleben sichern, jedenfalls so weit dies an ihm liege.9 6 Sitter-Liver, Natur als Polis. Vertragstheorie als Weg zu ökologischer Gerechtigkeit, ARSP-Beiheft 56, S. 139 ff.; Schumann, Können wir uns mit der Natur vertragen?, Zeitschrift für evangelische Ethik 2000, S. 149 ff. 7 Der anthropozentrische Ansatz wird damit nicht abgelehnt, zugleich aber der ethische Eigenwert der Natur bejaht, vgl. Sitter-Liver, Natur als Polis. Vertragstheorie als Weg zu ökologischer Gerechtigkeit, ARSP-Beiheft 56, S. 139, 149. 8 Sitter-Liver, Natur als Polis. Vertragstheorie als Weg zu ökologischer Gerechtigkeit, ARSP-Beiheft 56, S. 139, 146 m. w. N. hinsichtlich der grundsätzlichen Vorzüge der Vertragstheorie.

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E. Zur Regelungsebene des Rechts

Bezüglich der hier interessierenden Frage, wer letztlich Träger von Rechten sein kann, wird von dieser Auffassung eine Rechtsgemeinschaft proklamiert, die auch nicht-menschliches Sein einbezieht. Für das grundsätzliche Problem, daß die Vertragstheorie sich nur auf Wesen anwenden läßt, die selber vertragsfähig sind, bietet diese Ansicht nämlich den Rückgriff auf den Vertretungsgedanken als Lösungsinstrument an, der im geltenden Recht durch Treuhand- und Vormundschaft sowie Anwälte und Stellvertreter seinen Niederschlag gefunden habe.10 Insofern komme gerade – ganz im Sinne der anthropozentrischen Tradition – die Sonderstellung des Menschen zum Tragen, dessen Einsichts- und Urteilsfähigkeit, aber auch sein Vermögen der Emphatie, des Rollentausches und des Sich-In-AndereHineinversetzen-Könnens, ihm die Möglichkeit biete, zu erkennen, was das Wohl, das besondere Gute, für andere Wesen sei.11 Mit der Besinnung auf die Sonderstellung des Menschen, der als Anwalt der sprachlosen Wesen auftreten kann und gerade hierin seine besondere Verantwortung ihnen gegenüber wahrnimmt, gelinge es diesem zugleich, seine eigene Würde zu bewahren.12 b) Bewertung Bezüglich des ins Feld geführten Vertretergedankens und der Bezugnahme auf die menschliche Verantwortung sowohl für nicht-menschliches Sein als auch für die eigene menschliche Würde stellt sich die Frage, weshalb diese Aspekte zwingend auf die Begründung von Naturrechten hinauslaufen sollen und nicht bloß auf die Berücksichtigung der Natur als rechtliches Regelungs- bzw. Schutzobjekt. Die Schwäche dieser Ansicht besteht mithin darin, daß sie nicht umhin kommt, zur Frage eines objektiven Eigenwertes der Natur Stellung nehmen zu müssen. Die Notwendigkeit einer Auseinandersetzung mit der Werthypothese ergibt sich dabei nicht allein aus dem Umstand, daß ohne Eigenwert der Natur das Konstrukt einer Stellvertretung ins Leere liefe. Vielmehr ist entscheidend, daß das Vertragsmodell auf der Annahme fußt, die Betroffenen seien in einem Zustand ursprünglicher Gleichheit jener Grundsätze festgelegt, welche die Tiefenstruktur ihrer Gemeinschaft abgeben.13 Indem somit alle als gleichberechtigte 9 Sitter-Liver, Natur als Polis. Vertragstheorie als Weg zu ökologischer Gerechtigkeit, ARSP-Beiheft 56, S. 139, 147, 148. 10 Sitter-Liver, Natur als Polis. Vertragstheorie als Weg zu ökologischer Gerechtigkeit, ARSP-Beiheft 56, S. 139, 153. 11 Sitter-Liver a. a. O. 12 Sitter-Liver, Natur als Polis. Vertragstheorie als Weg zu ökologischer Gerechtigkeit, ARSP-Beiheft 56, S. 139, 154. 13 Rawls, Eine Theorie der Gerechtigkeit, S. 140.

II. Grundsätzliche Parameter

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Partner bzw. Kontrahenten im Verfassungsdiskurs angesehen werden, ist auch jeder als Träger eines Eigenwertes anerkannt. Der konstruktivistische Ansatz erkennt dieses Problem sogar selbst und versucht, mit den nicht-anthropozentrischen Argumenten zur objektiven Wertlehre einen Eigenwert der Natur zu begründen. Sämtliche Begründungsversuche einer objektiven Wertlehre sind jedoch – wie bereits gezeigt – im Ergebnis nicht haltbar. Genau aus diesem Grunde versucht diese Ansicht, sich weiterhin auch gleichzeitig auf einem anthropozentrischen Standpunkt zu halten. Das erklärte Ziel jedoch, den Gegensatz zwischen Anthropozentrik und Physiozentrik in einer Vertragstheorie aufzulösen, kann so nicht erreicht werden. Denn im Falle der Anerkennbarkeit eines intrinsischen Wertes der Natur wäre ein anthropozentrischer Ansatz endgültig verlassen. Im Ergebnis ist somit festzuhalten, daß sich subjektive Rechte der Natur über Vertragsmodelle unter Beibehaltung der Begründungsstärken des anthropozentrischen Standpunktes letztlich nicht überzeugend rechtfertigen lassen. Eine andere Frage ist freilich, welchen Beitrag das Vertragsmodell im übrigen für die rechtliche Ausgestaltung des Ressourcenschutzes im Stande ist zu leisten. Hierauf wird noch im weiteren Verlauf der Untersuchung zurück zu kommen sein.

II. Grundsätzliche Parameter für die rechtliche Ausgestaltung des Ressourcenschutzes und zur Formulierung der Fragestellung Akteure eines rechtlichen Systems zum Schutz der natürlichen Ressourcen können mithin nur menschliche Wesen sein. Nach der bereits dargestellten Dimensionierung der persönlichen Voraussetzungen eines rechtlichen Systems zum Schutze der natürlichen Lebensgrundlagen wird es im folgenden zum einen um die inhaltlichen Anforderungen gehen, die der Regelungsgegenstand Ressource für das Recht gebietet. Zum anderen soll ergründet werden, unter welcher – für den Fortgang der Untersuchung entscheidenden – rechtstheoretischen Fragestellung die Ausgestaltung des Ressourcenschutzes zu fassen ist. 1. Inhaltliche Anforderungen aufgrund des Regelungsgegenstandes Der notwendige Rahmen für die Frage nach der Ausgestaltung des rechtlichen Ressourcenschutzes wird durch die erforderliche Kompatibilität zum gängigen Rechtsbegriff bestimmt und von der Dimensionierung des Ressourcenschutzes als Regelungsgegenstand.

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E. Zur Regelungsebene des Rechts

a) Kompatibilität zum gängigen Rechtsbegriff Die erste inhaltliche Anforderung an die rechtliche Ausgestaltung des Ressourcenschutzes ist die – eigentlich selbstverständliche – dogmatische Einfügung derselben in das rechtliche Grundsystem. Mithin darf nicht von vornherein voreilig von der Vermutung ausgegangen werden, ein rechtliches Konzept des Ressourcenschutzes müsse sich zwangsläufig in Opposition14 zum gängigen Rechtsbegriff konstituieren, da diesem eine systematische Mitverursachung ökologischer Mißstände anzulasten sei. Es muß folglich erst einmal überprüft werden, inwiefern ein Rechtsbegriff, orientiert am Vertrags- und Freiheitsgedanken sowie an der Idee des subjektiven Rechts, zwingend untauglich für einen konsequenten Ressourcenschutz ist bzw. inwiefern andernfalls ein Schutz der natürlichen Lebensgrundlagen in einen allgemeinen Rechtsbegriff eingepaßt und der gängige Rechtsbegriff insofern verteidigt werden kann. Es darf also schon im Ansatz nicht darum gehen – vorangetrieben von der sich abzeichnenden ökologischen Katastrophe und den etwaigen tatsächlichen Unzulänglichkeiten des positiven Rechts in den modernen, freiheitlich verfaßten Gesellschaften –, ungeprüft primär Alternativkonzepte zu entwickeln, ohne den systematischen bzw. dogmatischen Versuch zu unternehmen, den neuzeitlichen Rechtsbegriff auf seine Tauglichkeit bzw. Entwickelbarkeit im Hinblick auf die ökologische Herausforderung zu überprüfen. Die dogmatischen Orientierungen verschiedener Autoren am Aspekt des Menschenrechts bzw. am Begriff der Verteilungsgerechtigkeit werden daher noch näher zu untersuchen sein. b) Vertikale und horizontale Dimensionierung des Regelungsgegenstandes Die Tauglichkeit eines Rechtsbegriffes in tatsächlicher Hinsicht in bezug auf den Erhalt der natürlichen Lebensgrundlagen wird in erster Linie durch dessen Eignung bestimmt, der besonderen Dimensionierung der Materie Ressource gerecht zu werden. Ob zum Beispiel das reiche Viertel der Welt das Recht besitzt, drei Viertel aller Ressourcen für sich zu beanspruchen oder ob die Gesellschaft das Recht hat, mit dem Hinweis auf die Endlichkeit von Ressourcen die Nutzung des Eigentums einzuschränken, sind Fra14 So aber die durchgängig im nicht-anthropozentrischen Lager zu vernehmende Einforderung von Rechten der Natur für einen effizienteren Naturschutz: Bosselmann, Eigenrechte der Natur?, KJ 1986, S. 1 ff.; insgesamt auch: Leimbacher, Die Rechte der Natur; Weber, Grundrechte für Tiere und Umwelt. Die Erde ist nicht Untertan; Sterzel, Ökologie, Recht und Verfassung, KJ 1992, S. 19 ff.; R. Wolf, Gerechtigkeit und Umweltschutz. Von subjektiv-rechtlichen Begründungsparadoxin zu kollektiv-rechtlichen Lösungsansätzen, ARSP-Beiheft 56, S. 163 ff.

II. Grundsätzliche Parameter

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gen, die sich mit den Erkenntnispotentialen der Naturwissenschaften nicht erschließen lassen und mittels ökologischer Grundethiken weder endgültig beantwortet noch durch bereits existierende positiv-rechtliche Regelungen gelöst werden können. Insbesondere letztere können zur Zeit nicht verhindern, daß Kosten und Nutzen riskanter Technologien räumlich, zeitlich und sozial deutlich auseinanderfallen und damit den individuellen Kurzzeitinteressen Vorrang vor den kollektiven Langzeitinteressen eingeräumt wird. Aufgrund des besonderen Regelungsgegenstandes Ressource strukturiert sich daher die rechtliche Ausgestaltung des Ressourcenschutzes sowohl vertikal als auch horizontal. Mithin gilt es nicht nur, die Frage nach dem Bestehen und der Reichweite von Rechten innerhalb einer übersichtlichen, heutigen Gesellschaft von Rechtssubjekten zu klären. Denn sowohl die rechtliche Erfassung aller Individuen der heutigen Menschheit – d.h. als globale und internationale Rechtsgemeinschaft – als auch der zukünftigen Individuen noch folgender Gesellschaften – d.h. als intergenerationell zu begreifende Rechtsgemeinschaft – ist für die rechtliche Fundierung eines nachhaltigen Wirtschaftens mit knappen Naturgütern von grundlegender Bedeutung. Über die vertikal verlaufende Frage nach dem Zugriffsrecht auf natürliche Ressourcen und der Lösung der hieraus resultierenden Konkurrenzsituationen zwischen den innerhalb eines zeitlichen Kontextes interagierenden Personen erhebt sich im Zeitalter der ökologischen Krise nunmehr die neue Herausforderung, nämlich die Herstellung eines intergenerationellen Rechtsbegriffes zur Einbeziehung der horizontalen Zeitschiene.15 Einer so verstandenen Totalität16 der Rechtsgemeinschaft müssen die rechtlichen Grundlagen zur Lösung der ökologischen Frage genügen. Hierauf sind folglich auch alle nachfolgend skizzierten Ansätze zu untersuchen. 2. Ressourcenschutz als anthropologisch-menschenwürdebezogene Fragestellung a) Das Postulat vom Menschenrecht auf Natur Die Begründung des Naturschutzes durch ein Menschenrecht auf Natur ist ein vielfach17 zu vernehmender und daher auch vorliegend kurz zu skiz15 Vgl. auch: Caspar, Ökologische Verteilungsgerechtigkeit und moderner Rechtsstaat am Beispiel des Klimaschutzes, ARSP 1997, S. 338, 342. 16 Zur Totalität und Dimensionierung der ökologischen Frage vgl. auch: Schäfer, Das Bacon-Projekt. Von der Erkenntnis, Nutzung und Schonung der Natur, S. 40 ff. 17 Rock, Theologie der Natur und ihre anthropologisch-ethischen Konsequenzen, S. 95; insgesamt: Blackstone, Ethics and Ecology; Höffe, Sittlich-politische Diskurse, S. 153; Mariaciara; Human Right to the Environment of Rights of Nature?, ARSP-Beiheft 67, S. 125 ff.

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E. Zur Regelungsebene des Rechts

zierender Ansatz. Dieser entspringt in erster Linie der interdisziplinären Diskussion um generelle Fragestellungen im Zusammenhang mit elementaren Begriffen, die Philosophen wie Juristen überhaupt beschäftigen, d.h. insbesondere: Recht, Mensch, Freiheit und Leben. Es finden sich einerseits Beiträge zur Frage eines Menschenrechts auf Natur in der verfassungsrechtlichen Literatur.18 Auf diese Diskussion wird hier allerdings nicht weiter eingegangen, da es sich ganz überwiegend um dogmatische, rechtstechnische bzw. rechtspolitische Argumente handelt, welche die rechtsphilosophische Begründung eines Grundrechts auf Natur weitestgehend ausblenden und in erster Linie die Durchführbarkeit und Praktikabilität eines solchen Grundrechts zum Gegenstand haben. Andererseits versuchen auch einige Autoren, die Frage nach dem Grund für das Bestehen eines etwaigen Menschenrechtes auf Natur anthropologisch bzw. menschenwürdebezogen zu beantworten, indem ein Recht des Menschen auf seine naturnahe Umgebung postuliert wird.19 Danach bleibe der Mensch nur dann heil und wahrhaft, wenn er in der Natur und unter Erhaltung ihrer lebensspendenden Quellen sowie in der natürlichen Gemeinschaft mit Tieren, Luft und Wasser, Himmel und Erde lebe. Menschen seien leibende Sinneswesen und keine Bewußtseine, die in einem Körper stecken. Der Begriff des Leibs als nächster Natur führe schließlich zur Kategorie der Befindlichkeit. Ein befindlicher Leib existiere jedoch in Umwelten, die nicht nur aus ausgedehnten Dingen und anderen Leibern bestünden, sondern auch aus Atmosphären mit ästhetischem Valeur und evaluativen Anmutungsqualitäten. Lebens-, Leibes- und damit Menschenschutz – so die entscheidende Folgerung – begründe damit auch die Notwendigkeit eines Naturschutzes. b) Fazit Dieser Ansatz mag insgesamt anthropologisch zutreffende Feststellungen enthalten. Diese sollten hier jedenfalls insofern Beachtung finden, als sie die bereits aufgenommene These von der Natur als weit zu fassender Ressource stützen, die sowohl für das leibliche als auch für das geistige Fortkommen des Menschen von Bedeutung ist. Letztlich bleibt jedoch unbeantwortet, was unter evaluativen Ausdrücken, wie heil und wahrhaft, genau zu verstehen ist. Zu Recht wird schließlich dem Argument eines Rechtes auf Umgebung substantiell entgegengebracht, daß dessen Befriedigung bzw. in18

Vgl. Böhme, Die Reproduktion von Natur als gesellschaftliche Aufgabe, S. 76 ff. m. w. N. 19 Meyer-Abich, Dreißig Thesen zur praktischen Naturphilosophie, S. 102; Böhme, Die Reproduktion von Natur als gesellschaftliche Aufgabe, S. 73.

II. Grundsätzliche Parameter

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haltliche Ermittlung nur schwer durchführbar sei. Denn es dürfte feststehen, daß sich Menschen auch in unnatürlichen, ja urbanen, fast rücksichtslos artifizierten Umwelten durchaus wohl fühlen können.20 Letztlich kommt diese Auffassung jedoch über das Faktum der menschlichen Angewiesenheit auf naturale Ressourcen nicht wirklich hinaus. Die genaue Frage, weshalb ein Mensch/eine Generation auf Ressourcen im Sinne einer Befugnisnorm zurückgreifen darf, bleibt ebenso ungestellt wie jene, weshalb und inwiefern ein Mensch/eine Generation den Zugriff auf natürliche Ressourcen eines/einer anderen eventuell zu dulden hat. Insofern ist die Begründung dieses Ansatzes unbefriedigend und genügt dem formulierten Anforderungsprofil an einen für die ökologische Frage tauglichen Rechtsbegriff (Kompatibilität und Dimensionierung) nicht. Die Autoren bleiben im übrigen hinsichtlich der Reichweite eines derartigen Grundrechts die Antwort schuldig. Zudem dürfte gegen diesen Ansatz sprechen, daß Grundrechtsschutz sich primär lediglich reaktiv gegen staatliche Eingriffe richtet. Die Ursachen der ökologischen Katastrophe dürften aber auch bzw. gerade im privaten Handeln zu suchen sein. Ob dieses allein durch eine dem Grundrecht auf Umwelt verpflichtete Eingriffsverwaltung des Staates ökologisch sinnvoll kanalisiert werden kann, darf sehr bezweifelt werden. Vielmehr dürfte sich ein rechtlicher Ressourcenschutz in erster Linie darauf fokussieren, die Frage nach privatrechtlichen Zugriffsrechten und Zugriffskonkurrenzen zu stellen. 3. Ressourcenschutz als Frage einer zu lösenden Verteilungsproblematik Im Rahmen der ethischen Untersuchungen wurde das binäre anthropozentrische Verhältnis Mensch/Natur dargestellt und damit im Ergebnis die Annahme einer Subjekt-Objekt-Beziehung auf moralischer Ebene gestützt. Eine Eins-Zu-Eins-Übersetzung der diesbezüglichen ethischen Einzelpositionen in juridische Grundaussagen würde – ungeachtet der fraglichen Durchführbarkeit eines derartigen Unterfangens – den besonderen, bereits formulierten Anforderungen an einen rechtlichen Ressourcenschutz jedoch nicht gerecht. Ein rechtliches Konzept des Ressourcen- bzw. Naturschutzes, fußend allein auf diesem binären Verhältnis, würde deutlich zu kurz greifen. Denn für das anthropozentrische Denken bildet – wie bereits dargestellt – der Begriff eines vernünftigen, der Verpflichtung fähigen Subjekts die Legitimationsgrundlage für eine Selbstbeschränkungspflicht des Menschen im Umgang mit seiner äußeren Umwelt. Allerdings liegt dieser Konstruktion nur auf den ersten Blick eine zweiseitige, allein zwischen Subjekt und Ob20

Ott, Ökologie und Ethik, S. 141.

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E. Zur Regelungsebene des Rechts

jekt angelegte Pflichtbeziehung auf ethischer Ebene zugrunde. Letztendlich folgt der normative Status der Subjekt-Objekt-Beziehung auch aus dem Subjekt-Subjekt-Verhältnis in der Gesellschaft. Die äußere Welt der Erscheinungen fungiert darin als Realisationskategorie teilweise sich durchkreuzender Bedürfnisse und Lebensentwürfe21: Die Freiheitsansprüche der einzelnen Individuen der Gesellschaft treffen in der Objektssphäre – im rechtlichen Verhältnis – konkurrierend aufeinander. Dieser Konflikt zwischen den mitunter vielen, aufeinanderstoßenden Willen im Hinblick auf das Mein und Dein der Äußeren Dinge schafft eine, jeder Gesellschaft zugrundeliegende Grundvernetzung der Ansprüche und Bedürfnisse ihrer Teilnehmer. Dieses gesellschaftliche Grundszenario einer bestehenden Konkurrenz der freiheitsausübenden Individuen schafft denklogisch den Ruf nach einer gesellschaftlichen Satzung zur Regelung der Konkurrenzlage. Denn sowohl ein etwaiges Postulat eines Zueignungsrechtes des Menschen auf alle Sachen – und damit auch auf die natürlichen Ressourcen – als auch die Frage nach einer gerechten Lösung der hieraus resultierenden Konkurrenzprobleme schaffen das grundsätzliche Bedürfnis nach einer gerechten Verteilung der Welt. Wer etwas für sich benutzt, benötigt dafür einen Titel, mit dem er andere von der Sachnutzung – der Bearbeitung, dem Verbrauch, der Benutzung, der Veräußerung – ausschließen kann. Das Entziehen bestimmter Bereiche der Natur aus der äußeren Welt des Seins in die eigene Verfügungsgewalt, in die normative Dimension des Gehören-Sollens bzw. das Benutzen von Naturgütern zu eigenen Zwecken – seien sie als körperliche Gegenstände konkret aneignungsfähig oder als lebensnotwendige Ressourcen in ihrem jeweiligen Aggregatzustand verbrauchbar – betrifft immer mittelbar auch alle jene Subjekte, die durch den individuellen Akt des Benutzens von der gleichen Sachnutzung ausgeschlossen werden.22 Somit ergeben sich rechtstheoretische Weiterungen aus dem binären (inneren) Subjekt-Objekt-Verhältnis der anthropozentrischen Ethik für das zu entwerfende bzw. das normativ zu beschreibende Netz der (äußeren) Subjekt-Subjekt-Verhälnisse. Die auf ethischer Ebene für die ökologische Frage gefundene Antwort der anthropozentrischen Auffassung schafft für die rechtliche Ebene das Folgeproblem der Verteilung. Dem Recht als Inbegriff der Bedingungen, unter denen die Willkür des einen mit der Willkür des anderen nach einem Gesetz der Freiheit zusammen vereinigt werden kann23, kommt hierbei die Aufgabe zu, einen gesellschaftlichen Zustand zu schaffen, in dem die Kompatibilität der von verschiedenen Subjekten beanspruchten äußeren Freiheitssphären gewährleistet wird. Das 21 22 23

Vgl. Caspar, Tierschutz im Recht der modernen Industriegesellschaft, S. 95. Vgl. Caspar, Tierschutz im Recht der modernen Industriegesellschaft, S. 96. Kant, Metaphysik der Sitten, S. 236 ff.

II. Grundsätzliche Parameter

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praktische Verhältnis der einen Person zur anderen wird dabei in Anbetracht der Knappheit des in bezug genommenen Objektes, nämlich der Naturgüter, von Verteilungskonflikten geprägt sein. Die ökologische Frage verdichtet sich somit – nicht nur in ihrer tatsächlichen Ausgestaltung und der sich hieraus insbesondere neuzeitlich ergebenden gesellschaftlichen und politischen Folgerungen – in rechtsphilosophischer Hinsicht zu der Herausforderung, diese Verteilungsprobleme gerecht zu lösen. Verteilungsprobleme werden einerseits grundsätzlich dort aufgeworfen, wo sich wechselseitige Konkurrenzen von Nutzungsinteressen an Dingen ergeben, andererseits aber auch dort, wo es um den Interessengegensatz zwischen der Nutzung natürlicher Ressourcen und der dadurch bewirkten Gefährdung von Rechtsgütern Dritter geht. Während die letzte Variante vornehmlich den Fall einer intensiven Beanspruchung von Naturgütern, wie Luft, Boden oder Wasser, betrifft, die geeignet ist, Leib, Leben und die Vermögens- bzw. Eigentumssphären anderer Personen zu gefährden, besteht im ersten Fall das Problem in der Zuordnung von individuellen Rechtspositionen an den natürlichen Gütern selbst. Beide Formen der Interessenkollision sollen ihre Auflösung letztlich nach Maßgabe des positiven Rechts erhalten. Dabei ist bekanntermaßen das Privatrecht diejenige Rechtsmaterie, die zwischen Person und Sache eine für andere Individuen zu achtende Rechtsbeziehung herstellt, während das öffentliche Recht – diese Ordnung modifizierend – es übernimmt, zugunsten von umweltlichen Integritätsinteressen Dritter oder der Allgemeinheit die Ausübung jener privatautonomen Nutzungsbefugnisse grundsätzlich einzuschränken bzw. ausnahmsweise zu gewährleisten. Ein auf die ökologische Herausforderung angesetzter Begriff der allgemein formulierten Verteilungsgerechtigkeit muß erklären und in sich aufnehmen können, weshalb die Mitwelt als ein zu verteilendes Gesamtgut der Menschheit aufgefaßt werden kann, das durch den Doppelcharakter der limitierten Nutzung und Respektierung als common heritage of mankind24 bestimmt ist. Es kristallisiert sich zudem historisch deutlich heraus, daß die Debatte um die Maßstäbe einer angemessenen Verteilung – nach den liberalen Reformen des 18. und 19. Jahrhunderts und den sozialen Neuerungen des 19. und 20. Jahrhunderts – nunmehr aktuell unter anderem auch gerade von der Gefährdung der natürlichen Lebensgrundlagen, mithin durch die ökologische Frage geprägt ist. Ausgangspunkt einer jeden Verteilungssituation ist zunächst das Phänomen der Knappheit. Der Begriff der Knappheit steht zudem in einem ge24 Jagels-Sprenger, Common Heritage of Mankind. Vom internationalen Nutzungs- und Verteilungsregime zur Herausbildung einer Bewirtschaftungsordnung zum Schutze natürlicher Ressourcen, KJ 1991, S. 409 ff.

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E. Zur Regelungsebene des Rechts

radezu klassisch-wechselbezüglichen Verhältnis zu dem der Ressource25 und bedeutet, daß die nachgefragten Nutzungen durch die vorhandene Menge oder Qualität des natürlichen Gutes nicht hinreichend befriedigt werden können, also insofern Verwendungskonkurrenzen entstehen. Hieraus resultiert das Verteilungsproblem, also die Frage, wer welche Bedürfnisse mit welchen Mitteln befriedigen kann, bzw. wer welche Ressourcen auf welche Weise und in welchem Ausmaß nutzen darf. Gerade im Bereich der nicht-regenerierbaren Umweltgüter bestehen Knappheits- bzw. Mangelsituationen. Umweltgüter werden als Produktions(standort)faktor und als Konsumgut inzwischen in solchen Ausmaßen genutzt, daß eine uneingeschränkte quantitative und qualitative Befriedigung der nachgefragten und potentiell möglichen bzw. künftig nachfragbaren Nutzungen nicht mehr möglich ist. Gerade Umweltgüter sind damit vorrangige Objekte konkurrierender Verwendungen. Im Fortgang der Untersuchung wird es folglich darum gehen, sich näher mit der Frage nach einer ökologischen Verteilungsgerechtigkeit als Kernproblem der rechtlichen Ausgestaltung des Ressourcenschutzes auseinanderzusetzen. 4. Ressourcenschutz als Frage der Teilhabegerechtigkeit und der rechtsphilosophischen Fundierung der Besitzordnung Der allgemeine Begriff der Verteilungsgerechtigkeit soll nunmehr zunächst anhand der Erscheinungsformen einer gerechten Verteilung veranschaulicht und sodann begrifflich weiter ausdifferenziert werden. a) Zur Gerechtigkeit und gerechten Lösung von Güterkonkurrenzen im allgemeinen Die Begriffe der Gerechtigkeit (iustitia) und der Verteilungsgerechtigkeit (iustitia distributiva) dürften sich in Anbetracht der Säkularisierung der mo25 Es wurde bereits dargelegt, daß streng genommen bei natürlichen Ressourcen generell nur von nicht-regenerierbaren Naturgütern die Rede sein kann. Insofern liegt der ökologischen Verteilungssituation auch eine absolute Knappheit von Umweltgütern zugrunde. Im übrigen muß aber auch zwischen der Ressource selbst und den an ihr möglichen Nutzungen unterschieden werden. Die konkreten Knappheitsverhältnisse bzw. der Grad der Knappheit sind hier abhängig von den jeweils nachgefragten Verwendungen eines Umweltgutes und den zur Verfügung stehenden Umweltkapazitäten (Belastungskapazitäten) und differieren im einzelnen sowohl regional als auch zeitlich erheblich, so daß relative Knappheitsgrade beschrieben werden können.

II. Grundsätzliche Parameter

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dernen Gesellschaften in der Neuzeit als legitimatorische Letztinstanzen ausnehmen. Gerade durch die in den letzten beiden Jahrzehnten praktisch erfahrenen Niedergänge sozialer Utopien und die darauf aufbauenden gesellschaftlichen Systeme sowie das damit verbundene Defizit an visionären Leitbildern scheint sich die Frage nach Gerechtigkeit zum entscheidenden Medium des sozialen Protests entwickelt zu haben. Die Berufung auf Werte, wie den Frieden, das Leben, die Menschenwürde oder den Schutz der natürlichen Lebensgrundlagen, mobilisiert daher ohne weiteres erfolgreich den politischen Widerstand und die Besinnung auf Gerechtigkeit bzw. auf das, was richtig (iustum) ist, damit aber im Ergebnis auch eine nachhaltige Einflußnahme auf das positive Recht. Die grundsätzliche Aufgabe einer gerechten Lösung von Verteilungsproblemen ist, ein System zur Auflösung widerstreitender Interessen zu entwikkeln, zum Beispiel im Hinblick auf Ziele und Zwecke sowie die Adäquatheit von Mitteln. So alt wie die Menschheit ist gleichzeitig die Historie bezüglich bestehender Konflikte um Güter. Diese umfassen einerseits Konkurrenzen um die Teilnahme am Nutzen des Gutes. Geht es dabei zunächst nur um einen wahrscheinlichen Fall der Nutzung, wird Gegenstand des Konflikts regelmäßig bereits die Chance sein. Andererseits könnte es auch um die Vermeidung von Schäden gehen bzw. im Falle der bloßen Wahrscheinlichkeit des Eintrittes eines Schadens um das Risiko. In sämtlichen Fällen ist jedenfalls strittig, wem dasjenige Gut zukommen soll, das – als Mittel eingesetzt – zu dem erstrebten Zweck führt. Güterkonkurrenzen sind damit Konflikte hinsichtlich der Frage, wer den Zweck für sich realisieren kann. In vielen Fällen sind Güterkonflikte deshalb letztlich Auseinandersetzungen um Chancen qualifizierten Lebenkönnens (d.h. der Realisierbarkeit eines Ensembles von Zwecken). Sind die Güter nicht knapp, sind Güterkonflikte – wenn überhaupt notwendig – durch einfache Verteilungsregeln zu lösen. Im Falle einer bestehenden Knappheit führen Güterkonkurrenzen jedoch zu Verteilungskonflikten. Für eine philosophische Betrachtung der Verteilungskonflikte steht die Frage im Vordergrund, welche auf eine gerechte Verteilung zielenden Handlungen so ausgezeichnet werden sollen, daß sie zu Handlungsweisen verstetigt zu werden verdienen, und welche gleichfalls ausgerichteten Verfahren zu wählen sind, um diese Handlungen von anderen (ungerechten) Handlungen zu unterscheiden. Die Rationalität entsprechender Gerechtigkeitsregeln wird dabei immer an der Frage gemessen, ob und in welchem Maße sie geeignet sind, Verteilungskonflikte auch wirklich zu lösen.

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E. Zur Regelungsebene des Rechts

b) Zum Begriff der Gerechtigkeit im speziellen: Die Formen der Gerechtigkeit Gerechtigkeit in ihrem allgemeinen Begriff bedeutet die entwickelte Regelungssystematik freiheitsgesetzlichen Rechts.26 Der Begriff der Gerechtigkeit läßt sich weiter differenzieren und der bisher verwendete allgemeine Terminus der ökologischen Verteilungsgerechtigkeit damit weiter konkretisieren. Die bereits in der Antike zu findende Unterscheidung zweier, in den menschlichen Sozialbeziehungen überall wiederkehrender Grundmodelle, nämlich dem der zuteilenden bzw. ursprünglich-erwerbenden Gerechtigkeit (iustitia distributiva) einerseits und dem der ausgleichend-schützenden (iustitia tutatrix) sowie austauschend-erwerbenden Gerechtigkeit (iustitia commutativa) andererseits27, ist als dauergültiger Bestandteil der bis heute weiterentwickelten Gerechtigkeitslehren aufzufassen.28 Die ausgleichend-schützende Gerechtigkeit (iustitia tutatrix) geht von einer arithmetischen (unterschiedslosen) Gleichheit aller aus. Diese gilt wenigstens zwischen zwei Personen, gerichtet auf vergleich- bzw. teilbare Güter. Die Ausgleichsgerechtigkeit ist damit die notwendige Voraussetzung für alle anderen Formen der Gerechtigkeit, da diese das subjektive Recht der Person in ihrem abstrakt-gesetzten Gegenstandsbezug regelt, mithin zum Beispiel den Rechtsbegriff der Person, die Rechtsfähigkeit oder den Anspruch des einzelnen, von anderen nicht wie eine Sache nach bloßem Belieben behandelt zu werden.29 Die austauschend-erwerbende Gerechtigkeit (iustitia commutativa) soll ihre Anwendung zwischen den von Natur Ungleichen, aber vor dem Gesetz Gleichen finden. Sie zielt auf die konkrete Verwirklichung der Person und auf die absolute Gleichheit von Leistung und Gegenleistung unter den vom Gesetz Gleichgestellten (z. B. Ware und Preis, Schaden und Ersatz) ab. Mithin beruht die iustitia commutativa auf dem subjektiven Recht des Individuums, seine eudämonialen Zielsetzungen auch unter Einbezug anderer Subjekte austauschend zu verfolgen. Bei der zuteilenden bzw. ursprünglich-erwerbenden Gerechtigkeit (iustitia distributiva) bzw. der Verteilungsgerechtigkeit geht es schließlich um die 26 Vgl. Köhler, Iustitia distributiva. Zum Begriff und den Formen der Gerechtigkeit, ARSP 1993, S. 457, 462. 27 Aristoteles, Nikomachische Ethik, 5. Buch, Kap. 5–7. 28 Henkel, Einführung in die Rechtsphilosophie, S. 403 ff. m. w. N.; A. Kaufmann, Rechtsphilosophie, S. 157; Radbruch, Rechtsphilosophie, S. 125 ff. 29 Vgl. Köhler, Iustitia distributiva. Zum Begriff und den Formen der Gerechtigkeit, ARSP 1993, S. 457, 463.

III. Die Ökologische Besitzordnung

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für das notwendige Recht der Person konstituierende ursprüngliche Erwerbsgerechtigkeit. Hier wird die verhältnismäßige Gleichheit in der Behandlung einer Mehrzahl von Personen thematisiert. Die iustitia distributiva ist somit ein Regelkomplex, der die Freiheitsentwicklung des einzelnen in bezug auf seine gegenständliche Umwelt und daher sein ursprüngliches Besitz- und Erwerbsrecht zum Gegenstand hat. Die Begriffe der iustitia distributiva, Verteilungsgerechtigkeit und der ursprünglich erwerbenden (Teilhabe-)Gerechtigkeit werden in der Literatur weitestgehend inhaltsgleich verwendet. Insofern kann zwar dahinstehen, ob es sich bei der Teilhabegerechtigkeit um die Urform der Gerechtigkeit30 handelt oder gar Gerechtigkeit stets als Verteilungsgerechtigkeit zu begreifen ist.31. Es bleibt aber für die Ermittlung der rechtlichen Grundlagen des Ressourcenschutzes vorliegend zu konstatieren, daß es um die Begründung und die Reichweite des Teilhaberechts des einzelnen bzw. einer Generation an den natürlichen Ressourcen geht. Insofern fokussiert sich der Fortgang der weiteren thematischen Auseinandersetzung nach Möglichkeit in erster Linie auf die Herausarbeitung des rechtlichen Begriffes der Teilhabegerechtigkeit im privatrechtlichen bzw. eigentumsrechtlichen Bezug, um hierdurch die thematische Abgrenzung zu einem Begriff der sozialen bzw. politischen Verteilungsgerechtigkeit zu erreichen. Mithin sollen im folgenden der Begriff der Teilhabegerechtigkeit und die Anfangs- bzw. Geltungsgründe einer Besitzordnung als Grundlagen des rechtlich zu fassenden Schutzes der natürlichen Lebensgrundlagen Gegenstand der Betrachtung sein und die bestehenden Konzeptionen aufgezeigt werden.

III. Die Ökologische Besitzordnung im Lichte der vorherrschenden Konzeptionen zur Verteilungsgerechtigkeit 1. Allgemeines Die historische Entfaltung eines Konzeptes der Verteilungsgerechtigkeit ist von einer wechselvollen Geschichte gekennzeichnet. Einerseits verschoben sich im Verlauf der historischen Entwicklung die Schwerpunkte der Gerechtigkeitsdebatte. Neue Themen kamen hinzu, alte verloren an Bedeutung. Andererseits traten – bei ansonsten divergierenden Positionen – Gemeinsamkeiten und Kontinuitäten auf. Während viele ältere Theorien zu personalistischen Konzeptionen neigen, scheint der Schwerpunkt der modernen Debatte bei den institutionalistischen Ansätzen zu liegen.32 Mit Beginn 30 31

A. Kaufmann, Rechtsphilosophie, S. 157. Röhe, Allgemeine Rechtslehre, S. 344.

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E. Zur Regelungsebene des Rechts

der Aufklärung ging es den abendländischen Philosophen zunächst um die Begründung des freien und autonomen, in Selbstrealisation existierenden Subjekts sowie um die Überwindung der mittelalterlichen Bodenordnung, das Abstreifen der überholten Standesgesellschaft und um die Hinwendung zur vernunftsorientierten und rationalen Betrachtung der eigenen und gemeinsamen Existenz. Hierauf aufbauend fokussierte sich die Diskussion auf neue soziale Konzepte und Utopien, welche die gewonnene Idee des Subjekts und des individuellen Interesses wieder zurücknehmen und in der Gemeinschaft aufheben sollten. Neuzeitlich wurde das Anforderungsprofil an eine Gerechtigkeitstheorie deutlich durch die Ernüchterung im Zusammenhang mit dem praktischen Erscheinungsbild und dem schließlichen Niedergang sozialer Utopien bestimmt, gleichzeitig aber auch von Fragen kleinerer Feinabstimmungen in einer allgemein als funktionabel angesehenen sozialen Marktwirtschaft. Als fundamentale und existenzielle Diskurse schoben sich schließlich Fragen nach der intergenerationellen Gerechtigkeit, der ökologischen Nachhaltigkeit und der Globalisierung in den Vordergrund. Im folgenden soll keine historische Darstellung dieser Ansätze erfolgen, sondern – nach einem kurzen Abriß der geschichtlichen Ursprünge des Begriffes der Verteilungsgerechtigkeit in der Antike und im Mittelalter – eine inhaltlich geordnete Schilderung. Gegenstand der Betrachtung werden zunächst gemeinschaftsorientierte Ansätze, nämlich die des Kollektivismus und des Kommunitarismus, sein, die – renaissanceartig – immer wieder vertreten werden. Sodann gilt es, die zur Frage der Verteilungsgerechtigkeit vertretenen konsensuellen bzw. kontraktualistischen Theorien aufzuzeigen, die auch noch für die gegenwärtige Diskussion besondere Wirkkraft entfalten. Schließlich wird ein besonderes Augenmerk auf dem subjektiv-rechtlich ausformulierten, freiheitlichen Teilhaberecht des Individuums liegen. Die jeweiligen Entwürfe werden zudem auf den Untersuchungsgegenstand und seine spezifischen Anforderungen bezogen. Mithin werden die jeweiligen Ansätze auf ihre Tauglichkeit bzw. Entwickelbarkeit im Hinblick auf die dargelegten Kriterien (Kompatibilität und Dimensionalität) für eine haltbare Konzeption des Ressourcenschutzes untersucht. 2. Die geschichtlichen Ursprünge des Begriffes der Teilhabegerechtigkeit (Aristoteles, Thomas von Aquin) Die Ursprünge einer das Privatrecht fundierenden Teilhabegerechtigkeit finden sich in bezug auf das teilhabende Subjekt bei Aristoteles und hinsichtlich des Regelungsobjektes bei Thomas von Aquin. 32

Horn/Scarano, Philosophie der Gerechtigkeit, S. 11.

III. Die Ökologische Besitzordnung

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Fundamental für den Begriff der Verteilungsgerechtigkeit allgemein ist die bereits erwähnte, in der Antike vorgenommene aristotelische Unterscheidung zweier, in den menschlichen Sozialbeziehungen überall wiederkehrender Grundmodelle, nämlich zwischen der zuteilenden Gerechtigkeit einerseits und der ausgleichenden Gerechtigkeit andererseits33, 34. Bei der verteilenden Gerechtigkeit (iustitia distributiva) ist die verhältnismäßige Gleichheit in der Behandlung einer Mehrzahl von Personen Gegenstand der Betrachtung. Rechte und Pflichten sollen nach Maßgabe von Würdigkeit, Fähigkeit, Bedürftigkeit, Schuld etc. zugeteilt werden.35 Dabei hatte Aristoteles in erster Linie jedoch als Regelungsgegenstand der Teilhabegerechtigkeit das Zugangsrecht zu Ämtern und Leistungen des Staates entsprechend gleicher/ungleicher Würdigkeit, mithin eine politische Gerechtigkeit der Polisverfassung, im Auge.36 Diese basierte zwar bereits auf der grundsätzlichen Freiheit und Gleichheit der Polis-Bürger. Jeder Polis-Bürger – mithin nicht jeder Mensch – war folglich auch mit einem Mindeststandard an ökonomisch-eigentumsfundierter Selbständigkeit ausgestattet. Diese fußte aber auf einer teleologisch verfaßten Vergegenständlichung von Freiheit und Gleichheit. Die vorgelagerte Frage nach einer gerechten Teilhabe des einzelnen an der vorfindlichen Empirie hatte Aristoteles daher nicht im Auge, sondern Fragen der Tauschgerechtigkeit bzw. Preisgerechtigkeit sowie der politischen Teilhabegerechtigkeit zwischen den freien Polis-Bürgern. Auf vorpolitische Verhältniskonstitutionen beziehen sich Recht und Gerechtigkeit nach Aristoteles folglich nicht.37 Dem entspricht als Korrelat die Theorie der Hausherrenschaft, die in der Sklaven-Theorie ihren extremen Ausdruck findet.38 Aus der inhaltlich teleologischen Seite des aristotelischen Gerechtigkeitsbegriffes wird ein fundamentales gegenständliches Suum des Polis-Bürgers immer schon vorausgesetzt, und zwar so, daß es einigen von Natur zukommt, einigen anderen eben nicht. Das aristotelische Prinzip einer verfaßten Polis freier und gleicher sowie selbständiger Hausherren bildet die Voraussetzung für alle Formen der Gerechtigkeit, sowohl im Hinblick auf Handlungen und Haltungen der Subjekte als auch bezüglich der systematischen Begründung jeder Gerechtigkeit.39 33

Aristoteles, Nikomachische Ethik, 5. Buch, Kapitel 5–7. Die aristotelische Systematisierung des Gerechtigkeitsbegriffes ist für die antike Gerechtigkeits-Philosophie besonders hervorzuheben, wenngleich die Frage der Gerechtigkeit bereits in der Antike mannigfaltig, zum Beispiel von den Sophisten, von Platon, Epikur und Cicero, reflektiert wurde, vgl. auch im Überblick: Horn/ Scarano, Philosophie der Gerechtigkeit, S. 35 ff. 35 Aristoteles, Nikomachische Ethik, 5. Buch, Kapitel 8. 36 Aristoteles a. a. O. 37 Aristoteles, Nikomachische Ethik, 5. Buch, Kapitel 10; vgl. auch: Ritter, Metaphysik und Politik, S. 165 ff. 38 Aristoteles, Politik, 1. Buch, S. 3 ff. 34

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E. Zur Regelungsebene des Rechts

Im Mittelalter wurde sodann durch Thomas von Aquin das christliche Traditionsgut des sittlichen Wertes des Gemeingebrauchs mit einer sozialethischen Rechtfertigung einer Eigentumsordnung verbunden.40 Im ersten Teil seiner summa theologica postuliert und begründet Thomas von Aquin zunächst ein Herrschaftsrecht der Gesamtheit der Menschen an der Gesamtheit der Natur.41 In einem zweiten Schritt legt Thomas von Aquin dar, daß sich aus dem Privateigentum die beste Ordnung für die Nutzung der Sachgüter ergebe, die Gott der Menschheit zur Verfügung gestellt habe. Hierbei sei von Bedeutung, daß das Privateigentum somit nicht aus einem subjektiven Recht des einzelnen auf Eigentum resultiere, sondern vielmehr auf eine soziale Ordnung zurückzuführen sei. Ferner sei zu beachten, daß einer Person nur dann etwas zugeteilt werde, wenn das, was dem Ganzen gehöre, qua gesellschaftlicher Stellung der Person auch dem Teil nach geschuldet sei.42 Thomas von Aquin beschrieb damit die Güterverteilung der mittelalterlich-ständischen Gesellschaftsordnung. Seine communio originaria fungierte daher ganz im Sinne der christlichen Naturrechtslehre als auf Gottes translatio mundi zurückgehender Grund eines in die teleologische Weltordnung integrierten, folglich am Gemeinwohl orientierten Privateigentums.43 Auch wenn sich im Fortgang der weiteren Untersuchungen zeigen wird, daß die Teleologien der antiken bzw. mittelalterlichen Ansätze weitestgehend überwunden wurden, ist dennoch zu konstatieren, daß bereits frühzeitig die Begriffe der Freiheit, Gleichheit, Verteilungsgerechtigkeit, des Gemeinwohls und Gesamtbesitzes in der abendländischen Philosophie gebildet wurden. Im Vergleich zur materiell-systematischen Herausarbeitung des aristotelischen Begriffes der Teilhabegerechtigkeit mag im subjektivrechtlichen Bezug beim Ansatz von Thomas von Aquin keine Fortschreibung, sondern vielmehr ein systematischer Rückschritt zu erkennen sein. Es darf jedoch nicht verkannt werden, daß Thomas von Aquin erstmals ein Herrschaftsrecht der Gesamtheit der Menschen an der Gesamtheit der 39 Aristoteles, Nikomachische Ethik, 5. Buch, Kap. 10; ders., Politik, 1. Buch, S. 7 ff.; 3. Buch, S. 1 ff.; vgl. auch: Köhler, Iustitia Distributiva. Zum Begriff und zu den Formen der Gerechtigkeit, ARSP 1993, S. 457, 468, Fn. 44 m. w. N. 40 Thomas von Aquin ist als herausragender Gerechtigkeitstheoretiker jener Zeit zu nennen. Gleichwohl existieren auch beachtliche Überlieferungen anderer Denker der Spätantike und des Mittelalters zur Frage der Gerechtigkeit, wie zum Beispiel Augustinus, Anselm von Canterbury, Albertus Magnus oder Dante Alighieri. Vgl. hierzu ausführlich: Horn/Scarano, Philosophie der Gerechtigkeit, S. 91 ff. 41 Kerber, Sozialethik, S. 125. 42 Vgl. ausführlich hierzu auch: Schreiber, Freihandel und Gerechtigkeit, S. 72. 43 Köhler, Ursprünglicher Gesamtbesitz, ursprünglicher Erwerb und Teilhabegerechtigkeit, S. 257; ferner auch: Kerber, Sozialethik, S. 123, der diese Auffassung von Thomas von Aquin zutreffend mit den päpstlichen Enzykliken zur sozialen Frage verknüpft.

III. Die Ökologische Besitzordnung

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Natur44 postuliert hat und somit eine – für die Frage des Ressourcenschutzes im übrigen bedeutsame – Denkfigur, die von Philosophen späterer Jahrhunderte immer wieder aufgenommen wurde. Im Hinblick auf das aristotelische Konzept gilt, daß dieses zwar hinsichtlich des gebildeten Begriffes der Verteilungsgerechtigkeit eine politische Gerechtigkeit im Auge hatte. Doch dieser für den vorliegenden Untersuchungsgegenstand an sich inkompatible Regelungsbezug darf nicht über die systematische Bedeutung des aristotelischen Gerechtigkeitsbegriffes hinwegtäuschen. Denn bereits bei Aristoteles basierte das Konstrukt der Verteilungsgerechtigkeit jedenfalls auf der Idee einer Gemeinschaft freier und gleicher sowie ökonomisch selbstbestimmter Polisbürger. Als Rückschritt dazu wurde die Zuweisung von Rechten an der verteilbaren Empirie im Mittelalter zunächst nicht mehr ausgehend vom freien Subjekt versucht, sondern auf eine teleologische Weltordnung – auf Gottes translatio mundi – zurückgeführt.45 Später, im Zeitalter der europäischen Aufklärung, kehrte der Begriff des autonomen Subjekts renaissanceartig im aristotelischen, sozusagen alteuropäischen Sinne, basierend auf der Idee vergegenständlichter Freiheit in die Gerechtigkeitsdebatte zurück. 3. Gemeinschaftsbezogene und fürsorglich orientierte ökologische (Um-)Verteilungsgerechtigkeit a) Einführung – Geschichtliche Wurzeln des Kommunitarismus und Kollektivismus (Rousseau, Hegel, Marx) Die vorrangige Betonung der Gemeinschaft vor dem Individuum findet in der neuzeitlichen, politischen Gerechtigkeitsdiskussion – hier beziehbar auf den ökologischen Verteilungskonflikt – insbesondere sowohl bei latent kollektivistischen als auch bei kommunitaristischen Ansätzen statt. Daneben finden sich Positionen, die in Kollision mit der Autonomiethese dem Recht abverlangen, daß diese, neben einer in der Kantischen Tradition stehenden Moral der Gerechtigkeit auch eine Moral der Fürsorge und Anteilnahme als Zielsetzung zu berücksichtigen hätte. Die historischen Wurzeln dieser Ansatzpunkte finden sich insbesondere bei Rousseau, Hegel und Marx: Der ideale kollektivistische Zustand sei jener, in dem es kein Privateigentum an Ressourcen und an Produktionsmitteln mehr gebe und in dem die Interessen des Kollektivs und der Gemeinschaft unbedingten Vorrang vor den Interessen des Individuums haben sollen. Dieser Ansatz setzt sich kri44

Vgl. Kerber, Sozialethik, S. 125. Vgl. auch: Köhler, Ursprünglicher Gesamtbesitz, ursprünglicher Erwerb und Teilhabegerechtigkeit, S. 257 m. w. N. 45

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tisch mit dem liberalen Spiel der freien Kräfte im Markt und mit der damit einhergehenden unbegrenzten Akkumulationsmöglichkeit individuellen Besitzes mittels Geldes auseinander. Insbesondere von Rousseau46 und Marx47 wurde dieses Phänomen kritisch aufgenommen und besonders thematisiert.48 Rousseau stellte der subjektivistisch-besitzindividualistischen Realität der selbstsüchtig-bürgerlichen Eigentumskonzeption diametral die These gegenüber, daß die Früchte allen und die Erde niemandem gehören.49 Er führte pointiert aus, daß der erste, der ein Stück Land eingezäunt hätte und es sich einfallen ließ zu sagen: dies ist mein, und Leute fände, die einfältig genug gewesen wären, ihm zu glauben, der wahre Gründer der bürgerlichen Gesellschaft gewesen wäre.50 Dies rechtfertige nach Rousseau die aliénation totale, die völlige Besitzentäußerung an den im demokratischen Allgemeinwillen verfaßten Staat.51 Denn im Eigentum sah Rousseau die Wurzel allen sozialen Übels und empfahl ein Gemeinwesen, in welchem alles Gemeineigentum war. Im Gesellschaftsvertrag solle daher der Gemeinwille das Problem lösen, wie sich die Menschen einer Regierung unterordnen und doch so frei bleiben könnten wie zuvor.52 Der Bürger einer so geeinten Gemeinschaft tausche seine natürliche Freiheit gegen etwas Besseres ein, nämlich die moralische Freiheit. Der Gemeinwille drücke den eigentlichen Willen der Bürger aus, die ihn gemeinsam schaffen. Eine in der Tradition von Rousseau stehende Gerechtigkeitstheorie geht somit davon aus, daß Freiheit und Eigentum nicht Rechte sind, die der einzelne gewissermaßen in die Gesellschaft einbringt, sondern Rechte, die überhaupt erst in der Gesellschaft, im sozialen Zusammenhang, entstehen.53 Somit stellt sich für Rousseau nicht die Frage nach einer zu verzeichnenden Teilhabegerechtigkeit, sondern von Anfang an nach einer gerechten (Um-)Verteilung. Marx greift den als ungerecht empfundenen Zustand der unbegrenzten Akkumulationsmöglichkeit individuellen Besitzes ebenfalls thematisch auf 46

Rousseau, Diskurs über die Ungleichheit (2. Diskurs), S. 172, 190. Marx, Deutsche Ideologie, Marx Engels Werke, Band 3, S. 20, 27, 218; ders., Das Kapital, Marx Engels Werke, Band 25, S. 8, 91; ders., Kritik des Gothaer Programms, Marx Engels Werke, Band 19, S. 18. 48 Einen guten Überblick über eigentumskritische Stimmen von der Antike bis zur Gegenwart bietet insgesamt: Künzli, Mein und Dein. 49 Rousseau, Diskurs über die Ungleichheit (Textsammlung), S. 219. 50 Rousseau a. a. O. 51 Rousseau, Du Contrat Social ou Principes du Droit Politique, S. 518 ff.; ähnlich kritisch wohl auch: Habermas, Faktizität und Geltung, S. 133 ff.; Fromm, Haben oder Sein, S. 30 ff. 52 Rousseau a. a. O. 53 Seelmann, Rechtsphilosophie, S. 185. 47

III. Die Ökologische Besitzordnung

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und versucht, diesen schließlich revolutionär aufzulösen, indem er eine materialistische Reduzierung des Subjektbegriffes, nämlich den Gemeinbesitz postuliert.54 Die Arbeit sei einerseits die Quelle allen Reichtums und aller Kultur. Da nutzbringende Arbeit nur in der Gesellschaft und durch die Gesellschaft möglich wäre, gehöre auch der Ertrag der Arbeit unverkürzt, nach gleichen Rechten, allen Gesellschaftsmitgliedern.55 Andererseits sei aber nicht nur die Arbeit die Quelle allen Reichtums, sondern nicht zuletzt die Natur, welche gerade die Quelle des Gebrauchswertes und des sachlichen Reichtums darstelle, weshalb für Marx der Gemeinbesitz der Gesellschaft an selbiger erforderlich sei.56 Subjektive Teilhaberechte an den Naturgütern gäbe es nach Marx daher nicht, sondern vielmehr einen allgemeinen Freiheitsverlust des Subjekts in der Totalität der Gesellschaft sowie die nach historisch-materialistischen Entwicklungsgesetzen sich herausbildende Diktatur des Proletariats, der sich der Einzelne unterzuordnen hätte.57 In letzter Konsequenz kollektivistisch58 entwickelte schließlich Hegel die Orientierung des Rechts nicht nur am Ziel der Sicherung äußerer Freiheit, d.h. im Kantischen Sinne, sondern auch an der Sorge um die Bedürftigkeit der Individuen. Er läßt damit die individuelle Subjektivität in der Objektivität und Totalität des Staates aufgehen.59 Hegels Rechts- bzw. Gerechtigkeitsphilosophie basiert zunächst auf dem dualistischen Prinzip der Trennung zwischen Geist und Welt. Hierauf aufbauend entwickelt Hegel schließlich den Gedanken der Versöhnung des Geistes mit der Welt.60 Derjenige Teil bzw. diejenige Seite des Geistes, welcher/welche in der Lage sei, die reine Subjektivität des Geistes aufzuheben bzw. zu verlassen und die Objektivität zu erreichen bzw. zu geben, indem diese Objektivität zugleich die Meinige sei61, nennt Hegel den Willen.62 Den durch den freien 54

Marx, Deutsche Ideologie, Marx Engels Werke, Band 3, S. 20, 27, 218; ders., Das Kapital, Marx Engels Werke, Band 25, S. 8, 91; ders., Kritik des Gothaer Programms, Marx Engels Werke, Band 19, S. 18. 55 Marx, Randglossen zum Programm der deutschen Arbeiterpartei, S. 290. 56 Marx a. a. O. 57 Marx, Deutsche Ideologie, Marx Engels Werke, Band 3, S. 20, 27, 218; ders., Das Kapital, Marx Engels Werke, Band 25, S. 8, 91; ders., Kritik des Gothaer Programms, Marx Engels Werke, Band 19, S. 18. 58 Vgl. zur diesbezüglichen Einordnung Hegels sowie anderer Philosophen: von der Pfordten, Normativer Individualismus versus normativer Kollektivismus in der Politischen Philosophie der Neuzeit, Zeitschrift für Philosophische Forschung 2000, S. 491, 507. 59 Hegel, Grundlinien der Philosophie des Rechts oder Naturrecht und Staatswissenschaft im Grundrisse, Band 7, § 258, S. 399. 60 Schreiber, Freihandel und Gerechtigkeit, S. 102 ff.; Hegel, Vorlesungen über die Geschichte der Philosophie, S. 53. 61 Hegel, Vorlesungen über die Geschichte der Philosophie, S. 58.

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Willen hervorgebrachten vernünftigen Endzustand bezeichnet Hegel dabei als die Idee des Rechts.63 Die Hervorbringung der Rechtsidee und die Verknüpfung von Recht und Moral beschreibt Hegel in drei Stufen64: Im ersten Zustand sei der Wille an sich da, das heißt als vollkommen abstraktes, von Bedürfnissen und Neigungen, aber auch von konkreten sozialen Beziehungen gelöstes Ich65 mit der Fähigkeit zu äußerem Wirken.66 Das abstrakte strenge Recht67 stelle deshalb bezogen auf konkrete Handlungen positiv lediglich die Möglichkeit und die rechtliche Erlaubnis von Handlungen dar68, während es negativ das Verbot ausspreche, die Persönlichkeit des anderen in ihren Möglichkeiten zu verletzen.69 Bei Hegel ist dies die Stufe der äußeren Freiheit, bei der er es allerdings nicht beläßt. In der zweiten Stufe wendet sich das Subjekt in der Welt der Moralität als Subjekt sich selbst zu.70 Auf diesem höheren Boden der Freiheit71 identifiziere der Wille auf dem Weg der Reflexion insbesondere den Inhalt seines Handelns, sein Wohl und seinen Zweck, mithin das Gute.72 Der daraufhin entwickelte moralische Standpunkt sei jedoch natürlich noch der des Sollens73, der den Schritt in die äußere Welt noch nicht vollzogen habe. Der Schritt in die äußere Welt werde vielmehr auf der dritten Entwicklungsstufe vollzogen. Die dritte Stufe sei die des freien Willens, der sogenannten Sittlichkeit, bei der das objektive und allgemeine Moment des abstrakten Rechts mit dem subjektiven, besonderen Moment der Moralität vereint werde.74 Die dritte Stufe sei damit der vernünftige Endzustand des an und für sich freien Willens. Zum Begriff des ursprünglichen Teilhaberechts nimmt Hegel dabei bereits in der ersten und zweiten Stufe Stellung. Er postuliert zur Frage des Eigentumsordnung, daß die zentrale Erlaubnis, die das abstrakte Recht be62 Hegel, Grundlinien der Philosophie des Rechts, § 4, S. 46; ders., Vorlesungen über die Geschichte der Philosophie, S. 52. 63 Hegel, Grundlinien der Philosophie des Rechts, §§ 1 ff., S. 29 ff. 64 Hegel, Grundlinien der Philosophie des Rechts, § 33, S. 87, 90. 65 Hegel, Vorlesungen über die Geschichte der Philosophie, S. 68; ders., Grundlinien der Philosophie des Rechts, § 35, S. 93. 66 Hegel, Vorlesungen über die Geschichte der Philosophie, S. 68. 67 Hegel a. a. O. 68 Hegel, Grundlinien der Philosophie des Rechts, § 38, S. 96 ff. 69 Hegel, Grundlinien der Philosophie des Rechts, § 36, S. 95; § 38, S. 97. 70 Hegel, Grundlinien der Philosophie des Rechts, § 105, S. 203. 71 Hegel, Grundlinien der Philosophie des Rechts, § 106, S. 204. 72 Hegel a. a. O. 73 Hegel, Grundlinien der Philosophie des Rechts, § 108, S. 206. 74 Hegel, Vorlesungen über die Geschichte der Philosophie, S. 122.

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inhalte, das Recht eines jeden Menschen auf (ursprünglichen und abgeleiteten) Eigentumserwerb sei. Die Möglichkeit nämlich, Privateigentum zu erwerben, sei unentbehrlich, weil sich die Person eine äußere Freiheitssphäre schaffen müsse75, um sich aus ihrer reinen Subjektivität zu lösen.76 Folglich habe die Person – zunächst ein absolutes Zueignungsrecht auf alle Sachen.77 Was und wieviel der einzelne besitze, sei dabei allerdings zunächst eine rechtliche Zufälligkeit. Daß alle Menschen ihr Auskommen haben sollen, gehöre vielmehr einer anderen Sphäre, d.h. jener der bürgerlichen Gesellschaft, an.78 Die sich in der bürgerlichen Gesellschaft vollziehende Teilhabegerechtigkeit erklärt Hegel sodann nicht anhand materieller Vorgaben oder Mindeststandards, sondern als Prozeß. Er beschreibt die mittelbare Bedürfnisbefriedigung des einzelnen durch Förderung der Bedürfnisbefriedigung der anderen bzw. aller in der Gesellschaft. In der bürgerlichen Gesellschaft gebe sich nämlich die konkrete Person, die sich als besonderer Zweck (selbst) sei79, durch die Beziehung auf andere die Form der Allgemeinheit und befriedige sich, indem sie zugleich das Wohl des anderen mitbefriedige.80 Das Allgemeine erscheine den Individuen in der bürgerlichen Gesellschaft dabei eben nur als Mittel zu ihrem besonderen Zweck und könne von ihnen nur erreicht werden, indem sie selbst ihr Wissen, Wollen und Tun auf allgemeine Weise bestimmen und sich zu einem Glied in der Kette dieses Zusammenhanges machen.81 Für Hegel gehört es zur spezifischen Art rechtlicher Anerkennung zwischen Personen, auch die Bedürftigkeit der Individuen zu ihrem Inhalt zu haben.82 Dieses kollektivistische Moment reicht freilich nicht an ein marxistisches oder rousseausches heran. Denn die Bedürfnisorientierung des Rechts ist für Hegel kein letztes Wort. Vielmehr soll das Recht als allgemeines Geltenlassen von besonderen Bedürftigkeiten verhindern, daß eine, die außerrechtlichen Ungleichheiten kompensierende Staatstätigkeit ihrerseits zur Gefahr für die Freiheit aller werden kann.83 Gleichwohl wird in der Neuzeit auf das Hegelsche Rechtsverständnis zur Begründung fürsorgestaatlicher Konzeptionen rekurriert.84 Hinsichtlich der – nachfolgend skizzierten – gemeinschaftsbetonenden Positionen sei darauf hingewiesen, daß diese gegenüber individualistischen 75 76 77 78 79 80 81 82 83 84

Hegel, Grundlinien der Philosophie des Rechts, § 41, S. 102. Hegel a. a. O. Hegel, Grundlinien der Philosophie des Rechts, § 44, S. 106. Hegel, Grundlinien der Philosophie des Rechts, § 49, S. 112 ff. Hegel, Grundlinien der Philosophie des Rechts, § 182, S. 339. Hegel, Grundlinien der Philosophie des Rechts, § 182, S. 340. Hegel, Grundlinien der Philosophie des Rechts, § 387, S. 343. Hegel, Grundlinien der Philosophie des Rechts, §§ 4 ff., S. 46 ff. Hegel, Grundlinien der Philosophie des Rechts, § 7, S. 54 ff. Stratenwerth, Wie wichtig ist Gerechtigkeit?, S. 353, 361.

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bzw. liberalen Theorien nicht immer klar abgegrenzt werden können und sich auch nicht stets zu diesen in diametralem Widerspruch bewegen. Zudem sind Reinformen dieser Theorien gegenwärtig ebenfalls nicht vorzufinden. Vielmehr handelt es sich in der Regel um Mischformen mit stärkeren Tendenzen in die eine oder andere Richtung.85 Die zum Beispiel von vielen Kommunitaristen geforderte Gemeinschaftsorientierung kann daher mitunter das Resultat einer normativ-individualistischen Rechtfertigung sein. Nicht ausgeschlossen ist demgegenüber mit der Entscheidung für einen normativen Individualismus die Schaffung kollektiver Güter und die Verwendung kollektiver Begriffe, wie etwa der des Gemeinwohls. In letzter Instanz müssen diese kollektiven Güter und Begriffe allerdings auf die Belange der betroffenen Individuen rückführbar sein. Im Rahmen eines Konfliktes hätten sie gegenüber den Belangen der Betroffenen – anders als im Rahmen des normativen Kollektivismus – keinen ultimativen intrinsischen Wert.86 Zu den aktuellen Ansätzen und der hierauf basierenden ökologischen Verteilungsgerechtigkeit im einzelnen: b) Aktuelle gemeinschaftsbezogene Positionen aa) Der kommunitaristische Gerechtigkeitsansatz Der Kommunitarismus kritisiert zwar ebenso wie der Kollektivismus den Liberalismus in seinem individualistischen Menschenbild und seinen liberalen Ergebnissen, vermeidet allerdings zumeist eine klare Entscheidung für eine normativ-kollektivistische Rechtfertigung.87 Unter dem Begriff Kommunitarismus werden heute als – grob vereinfachte – Sammelbezeichnung diejenigen sozialphilosophischen Strömungen zusammengefaßt, die – teilweise auf vorerwähnter historischer Grundlage – im weitesten Sinne liberale Sozialphilosophien als zu individualistisch kriti85 Vgl.: Ueli, Kommunitäre Individualität und neuere Identität, ARSP-Beiheft 76, 2000, S. 61 ff.; J. C. Wolf, Wie kommunitaristisch darf der Liberalismus sein?, ARSP-Beiheft 76, 2000, S. 37 ff.; von der Pfordten, Normativer Individualismus versus normativer Kollektivismus in der Politischen Philosophie der Neuzeit, Zeitschrift für Philosophische Forschung 2000, S. 491 ff.; Hebeisen, Liberalismus und Kommunitarismus betreffend das Verhältnis des Rechten zum Guten, ARSP-Beiheft 76, 2000, S. 119 ff. 86 von der Pfordten, Normativer Individualismus versus normativer Kollektivismus in der Politischen Philosophie der Neuzeit, Zeitschrift für Philosophische Forschung 2000, S. 491, 510. 87 von der Pfordten, Normativer Individualismus versus normativer Kollektivismus in der Politischen Philosophie der Neuzeit, Zeitschrift für Philosophische Forschung 2000, S. 491, 509.

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sieren. Im Rahmen der bisherigen Untersuchung wurde bereits die Kritik von Rousseau und Marx dargestellt, die den gesellschaftsfeindlichen Egoismus in einer am freiheitlichen Subjekt orientierten Eigentumsordnung erkannt zu haben glaubten. Historisch stellt sich die Kontroverse zwischen Liberalismus und Kommunitarismus in erster Linie als eine Ausprägung der gegenseitigen Verwiesenheit von Sozialmodellen dar, die entweder stärker an die Selbständigkeit des Individuums oder stärker an dessen Gemeinschaftsbezogenheit orientiert sind. Der scheinbar unauflösliche Dualismus zwischen Egoismus einerseits und Gemeinsinn andererseits bedingt zugleich eine untrennbar definitorische gegenseitige Verbundenheit der beiden Ansätze einer stark individual oder sozial betonten Wirtschafts- und Sozialordnung. Schon die divisio rerum erfuhr ihre historische Wirkung erst als Kehrseite eines normativen Verständnisses des omnia communia, und die totale soziale Inklusion des Individuums in der Gesellschaft geht der Frage voraus, inwieweit dieses Individuum sich durch das definiert, was dann noch übrigbleibt.88 Als aktuelle Bezugnahmen in der modernen – insbesondere anglo-amerikanischen – Literatur auf dieses Phänomen der gleichzeitigen Verbundenheit und Unvereinbarkeit zwischen Individualismus und Kommunitarismus werden nachfolgend einerseits die von Walzer postulierten Spähren der Gerechtigkeit und andererseits weitergehende Ansätze aufgezeigt, die einen normativen bzw. genetischen Kommunitarismus vertreten.89 (1) Sphären der Gerechtigkeit – situationsbezogene bzw. gleiche Verteilung der Naturgüter (Walzer) In der viel beachteten Gerechtigkeitstheorie Walzers90 sind durchaus einige kommunitaristische Elemente zu entdecken. Der Ausgangspunkt dieses Ansatzes wird durch das Bestreiten der Existenz einer einzigen richtigen Verteilungsregel gebildet. Walzer wendet sich strikt gegen die Vorstellung, daß es für die Verteilungsgerechtigkeit eine derartige absolute Verteilungsregel geben könne, nach der alle heute begehrten Güter zu verteilen wären. 88

Luhmann, Gesellschaftsstruktur und Semantik, S. 149 ff. Es würde an dieser Stelle zu weit führen, die vielen kommunitaristischen Ansätze der Gegenwart darzustellen. Insofern sei verwiesen auf die Gesamtdarstellung von Hebeisen, Liberalismus und Kommunitarismus betreffend das Verhältnis des Rechten zum Guten – Prinzipielle Opposition oder pragmatische Annäherung, Vorrang oder Unabhängigkeit?, ARSP-Beiheft 76, 2000, S. 119 ff.; vgl. auch insgesamt: Etzioni, Jenseits des Egoismusprinzips; ders., Die Entdeckung des Gemeinwesens; ders., Die Verantwortungsgesellschaft. 90 Walzer, Spheres of Justice. A Defense of Pluralism and Equality, S. 41 ff.; ders., The Communitarian Critique of Liberalism, Political Theory, S. 6 ff.; ders., Kritik und Gemeinsinn, S. 15 ff. 89

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Er geht hingegen davon aus, daß es für jedes wertvolle soziale Gut im weiteren Sinne unterschiedliche Verteilungskriterien geben müßte, und plädiert für komplexe Strukturen der Gleichheit als Distributionskriterien, also dafür, daß jede einzelne Sphäre des gesellschaftlichen Verteilungskampfes ihre eigenen, nicht verallgemeinerbaren Kriterien für eine Gleichbehandlung, mithin für eine Gerechtigkeit, erst zu bilden hätte. Die Hoffnung, von einem einheitlichen Gerechtigkeitsbegriff aus die Güter verschiedener Sphären ordnen zu können, ist für Walzer unerreichbar und verhängnisvoll. Einen umfassenden Minimalbegriff des Rechtes à la Platon gebe es überhaupt nicht.91 So unterscheidet er zum Beispiel zwischen verteilungsfähigen Substraten, wie Gruppenzugehörigkeit, Sicherheit, Geld, Freizeit, Bildung, Amt oder politischer Macht. Im Detail sollen sodann etwa Sicherheit und Wohlfahrt sowie ärztliche Versorgung nach einem allgemein geteilten Verständnis von Bedürfnissen verteilt werden. Ämter sollen nach Qualifikation bei gleichen Zugangschancen, politische Macht nach demokratischen Regeln vergeben werden.92 Keines dieser Güter solle andere Güter dominieren. Zum Beispiel dürfe das Gut Geld kein Mittel sein, mit dem man Ämter oder politische Macht erhalten könne. Zwischen den einzelnen Verteilungssphären – daher auch der von Walzer gewählte Begriff der Sphären der Gerechtigkeit – soll es grundsätzlich unüberwindliche Grenzen geben. Walzer hält dies für eine entscheidende Voraussetzung für eine zu erhaltende Gleichheit der Menschen. Denn durch diese Grenzziehung wäre dem einzelnen verwehrt, etwaige Mittel in seinem Besitz zu halten, die es ihm ermöglichen würden, im Rahmen anderer Sphären und Verteilungssituationen über andere Herrschaft auszuüben. Nur durch eine solche Sphärenaufteilung würde es politischen und technischen Eliten verwehrt, alle sozialen Güter zu usurpieren.93 Walzer entwickelt damit die Vorstellung einer sehr stark differenzierenden Gerechtigkeitstheorie, die darauf zielt, praktisch alle Lebensbereiche – grundsätzlich auch den der zu verteilenden Naturgüter – zu erfassen. Sogar Verwandtschaft und Liebe sowie göttliche Gnade sollen danach einem separaten Regelungsbereich für denkbare Verteilungssituationen zugeordnet werden können. Bedeutsam hinsichtlich der Frage nach einer gerechten Verteilung der Besitz- und Nutzungsrechte an Naturgütern ist dabei, daß gerade keine generelle Gerechtigkeitstheorie aufgestellt wird, sondern sektorale Verteilungskonflikte situationsbezogen, unter Beachtung des Gleichheitsprinzips zu lösen seien. Auf den ersten Blick scheint gerade darin für die Lösung öko91 92 93

Walzer, Spheres of Justice. A Defense of Pluralism and Equality, S. 26 ff. Walzer, Spheres of Justice. A Defense of Pluralism and Equality, S. 41 ff. Walzer, a. a. O.

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logischer Verteilungskonflikte ein bestechender Vorteil zu liegen, da sich die Problematik der Verteilung der irdischen Naturgüter – im Gegensatz zu einigen anderen Verteilungslagen – situationsbedingt sowohl international als auch intergenerationell gestaltet, mithin grundsätzlich auch eine, auf die besondere ökologische Konstellation rekurrierende Betrachtung geboten zu sein scheint. Walzer folgt damit der naheliegenden Intuition, Gerechtigkeit bedürfe eines abgeschlossenen Regelungssachverhaltes, einer endlichen Gerechtigkeitssphäre. Zudem ist die – undurchdringliche – Trennung in verschiedene Gerechtigkeitssphären nach Walzer im Hinblick auf die tatsächlichen Herausforderungen, denen sich zum Beispiel der internationale Klimaschutz gegenüber sieht, jedenfalls im Grundsatz scheinbar vielversprechend. Gerade das gegenwärtig international verfolgte Ziel, den weltweiten Ausstoß klimagefährdender Schadstoffe mittelfristig stagnieren zu lassen und langfristig sogar zu reduzieren, führt praktisch dazu, daß verschiedene Bereiche (Sektoren/Sphären) einer gerechten Nutzen- und Lastenverteilung in unbefriedigender Art und Weise miteinander vermischt werden. Als Beispiel sei die Praxis stark Schadstoff emittierender Industrieländer genannt, welche im Rahmen internationaler Vereinbarungen zwar an die Reduzierung ihrer Emissionen vertraglich gebunden sind, sich aber bei der Erfüllung dieser Verpflichtungen wiederum eigene klimafördernde Aufforstungsmaßnahmen anrechnen lassen können, wodurch zwei getrennte Regelungsbereiche miteinander verknüpft werden. Bei konkreter Anwendung der Theorie Walzers zur Bildung einer ökologischen Gerechtigkeit dürften jedoch unüberbrückbare Hindernisse auftreten: Gerade aufgrund der besonderen internationalen und intergenerationellen Dimensionierung der ökologischen Problematik bestünde eine erhebliche Schwierigkeit, sektorale Gerechtigkeitssphären zu schaffen, ohne eine Verfächerung des gesamten Regelungsgegenstandes zu riskieren, welche am Ende keine überschaubare Gesamtlösung für die ökologische Herausforderung mehr zuließe. Die Aufteilung in Gerechtigkeitssphären, mithin in Situationsgerechtigkeiten, scheidet daher für die Beurteilung komplexer Gesamtproblematiken, wie der vorliegenden, aus.94 Ferner überschreitet Walzers Gerechtigkeitsansatz durch die Erfassung aller Lebensbereiche und das Postulat der einzuhaltenden Gleichbehandlung die Grenze zwischen dem Gerechten und dem Guten deutlich. Insofern ist höchst fraglich, wie dieser Ansatz mit dem mittlerweile gängigen Rechts94 Ähnlich auch: Hebeisen, Liberalismus und Kommunitarismus betreffend das Verhältnis des Rechten zum Guten – Prinzipielle Opposition oder pragmatische Annäherung, Vorrang oder Unabhängigkeit?, ARSP-Beiheft 76, 2000, S. 119, 149, der einen so verstandenen Kommunitarismus als zu wenig universalistisch kritisiert.

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bzw. Gerechtigkeitsbegriff – Konsens, Anerkennung bzw. Beschränkung auf das praktische äußere Verhältnis der Individuen – abgestimmt werden kann, wollte man diesen nicht endgültig verwerfen. Walzers Theorie genügt den besonderen Anforderungen an eine ökologische Gerechtigkeit (Kompatibilität/Dimensionalität) daher nicht. (2) Genetischer und normativer Kommunitarismus Die vorerwähnte Grenzziehung zwischen gerecht einerseits und gut andererseits wird von den Vertretern eines normativen bzw. genetischen und damit eigentlichen Kommunitarismus jedoch gerade in Zweifel gezogen. Postuliert wird – gerade auch vor dem Hintergrund der sozialen und ökologischen Krisenerscheinungen in den modernen, liberal verfaßten Gesellschaften – die besondere und unhintergehbare Gemeinschaftsbezogenheit des Subjekts. Eine Teilhabe des einzelnen an den natürlichen Ressourcen wäre damit nur im Wege der staatlichen Zuteilung des gemeinschaftlich verwalteten Naturgüterbestandes zu denken. Liberale und marktwirtschaftlich orientierte Wirtschaftsordnungen wären danach – zum Schutze und zur gerechten Verteilung natürlicher Ressourcen – weitestgehend staatlich streng zu kontrollieren und zu reglementieren. Der genetische Kommunitarismus wirft dem Liberalismus zur Begründung ein im Ansatz falsches Menschenbild vor. Denn Menschen seien weder individuell noch gattungsgeschichtlich zuerst Individuen und würden sodann erst in einen gesellschaftlichen Kontakt zu anderen treten bzw. über die Organisation ihres gesellschaftlichen Zusammenlebens entscheiden. Sie wären historisch vielmehr zuerst Mitglieder einer Gesellschaft oder auch Mitglieder kleiner Gesellschaften. Erst in diesen Gesellschaften und durch diese würden sie so etwas wie Individualität entwickeln.95 Soweit Gesellschaftsvertragstheorien – ob nun historisch oder hypothetisch – bzw. subjektivistisch-freiheitliche Gerechtigkeitsansätze dies leugnen würden, wären sie schon deshalb nicht haltbar. Dieser Begründungsansatz eröffnet jedoch eine müßige, hier nicht zu führende Diskussion. Denn niemand wird sagen können, ob der Mensch zuerst Individuum ist und sodann erst in einen gesellschaftlichen Kontakt zu anderen tritt oder ob er historisch zuerst Mitglied einer Gesellschaft ist und sodann seine Individualität entwickelt. Die gesellschaftliche Dependenz des Individuums ist nicht zu bestreiten. Die Frage allerdings, ob man einen Individualismus im Sinne maximaler Freiheit, die mit der Freiheit der ande95 Eine diesbezügliche, in der amerikanischen Literatur wirkmächtige Liberalismuskritik findet sich bei Sandel, Liberalism and the Limits of Justice, S. 184 ff.

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ren verträglich in Einklang zu bringen ist, schaffen und bewahren sollte, ist eine ganz andere als die nach dem Ursprung des Individuums. Daß der einzelne sich notwendig aus vorgegebenen sozialen Kontexten heraus überhaupt erst zum Individuum entwickeln kann, muß eben noch nicht zwingend bedeuten, daß er diese vorgegebenen sozialen Strukturen auch hinnehmen muß. Der Schwerpunkt der gegenwärtigen Diskussion96 liegt denn auch beim normativen Kommunitarismus, welcher sich programmatisch direkt gegen ein freiheitlich-liberales Verteilungsmodell wendet und die These von der weltanschaulichen Neutralität des modernen Staates anzweifelt bzw. diesen – allein ausgestattet mit formellen Gerechtigkeitskriterien – für gar nicht lebensfähig hält.97, 98 So wird etwa darauf hingewiesen, daß bereits die eingeräumte Präferenz für eine Gesellschaft, die das Gerechte und das Gute trenne, eine Entscheidung für ein bestimmtes gutes Leben sei.99 Letztlich würde sich hierdurch aber eine verschleierte individualistische Gerechtigkeitstheorie des Guten offenbaren, da offensichtlich auch eine liberale Demokratie von einem Einverständnis seiner Bürger über letzte Dinge lebe.100 Folglich sei auch eine liberale Gesellschaft, die das Gute in Verantwortung der einzelnen stelle, nur überlebensfähig, wenn der kommunitaristische Konsens in ihr auch bestimmte Aspekte des Guten umfasse. Diesbezüglich ist jedoch kritisch anzumerken, daß letztlich die nicht vollständig durchführbare Trennung zwischen gerecht und gut auch seitens der LiberalismusVertreter nicht in Abrede gestellt wird. Mit seinen Überlegungen setzt sich der normative Kommunitarismus daher im Ergebnis101 in deutlichen Widerspruch zu Ansätzen, welche die Freiheit des Individuums betonen. Denn ohne ein Mindestmaß an gemeinsamen, notwendig metaphysisch begründeten Wertüberlegungen ist kein liberaler Staat, keine Rechtsordnung dauerhaft zu begründen und zu erhalten.102 Ein etwa in diesem Sinne zu verstehender liberaler Verfassungspatriotismus ist allerdings nicht mehr als die positive Haltung zu einem System freiheitlich verfaßter, wechselseitiger 96 Taylor, Aneinander vorbei: Die Debatte zwischen Liberalismus und Kommunitarismus, S. 103 ff. 97 Taylor a. a. O. 98 Hinsichtlich des normativen Kommunitarismus ist festzustellen, daß dieser nicht automatisch aus dem genetischen Kommunitarismus folgt, vgl. Taylor a. a. O. 99 In diesem Sinne insgesamt: MacIntyre, After Virtue – A Study in Moral Theory. 100 Höffe, Politische Gerechtigkeit. Grundlagen einer kritischen Philosophie von Recht und Staat, S. 29. 101 Vgl. auch: Hebeisen, Liberalismus und Kommunitarismus betreffend das Verhältnis des Rechten zum Guten – Prinzipielle Opposition oder pragmatische Annäherung, Vorrang oder Unabhängigkeit?, ARSP-Beiheft 76, 2000, S. 119 ff. 102 Rüthers, Das Ungerechte an der Gerechtigkeit. Defizite eines Begriffs, S. 34.

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Anerkennung als Rechtssubjekte. Nachhaltiges Wirtschaften und eine positive Zuwendung zur Umwelt werden heute ohnehin – ohne Aufgabe einer liberalen Verfaßtheit – als rechtsbegleitende Bürgerpflichten anerkannt und bilden den ständigen gesellschaftlichen Grundkonsens, der wiederum positiv-gesetzlichen Regelungen zugrunde liegt. Intuitiv scheint es nahe zu liegen, die Ursache der ökologischen Krise in einem übersteigerten, destruktiven Individualismus zu sehen und dieser mit kommunitaristischen Erwägungen zu begegnen. Letztlich wird hierdurch jedoch nur der unterstellte Einzelegoismus durch einen gebildeten Gemeinschaftsegoismus ersetzt. Für den Kommunitarismus stellt sich dann allerdings im ökologischen Kontext die Frage, was unter Gemeinschaft zu verstehen ist, insbesondere, ob diese auch international und intergenerationell zu fassen ist. Angesichts der Heterogenität der in einer solchen Gemeinschaft bestehenden Egoismen der Individuen, Gruppen, Nationen und Generationen ist höchst fraglich, ob ein kommunitaristischer Ansatz überhaupt in der Lage wäre, zu materiellen Gerechtigkeitsaussagen zu gelangen und die erforderliche Dimensionierung aufzuweisen. Die postulierte Fundamentalkritik sowohl des genetischen als auch des normativen Kommunitarismus greifen somit gegenüber einer Eigentumsordnung des freiheitlich verfaßten und selbstbestimmten Subjektes nicht durch. Insbesondere die behaupteten Widersprüche zwischen liberaler Individualität und kommutativer Gemeinschaftsbezogenheit lösen sich im Zuge der geführten Debatte auf. Was bleibt, sind kommunitative Sozialappelle an moderne Wirtschaftsordnungen, auf die ökologische Krise mit Wohlfahrtsbzw. polizeistaatlichen Korrektur- und Umverteilungsmaßnahmen zu reagieren, ohne allerdings einen Beitrag für einen (korrigierten) Rechtsbegriff zu leisten. Gestützt auf eine kommunitativ begründete Gutskonzeption und eine allmächtige Kompetenz des Interventions- und Verteilungsstaates soll damit den Ausuferungen des exploitativen Wirkens der Marktwirtschaft auf die begrenzten Naturgüter entgegengewirkt werden, ohne allerdings damit die grundlegende Rechtsambivalenz103 wirklich zu beseitigen. Im Ergebnis bietet der Kommunitarismus keinen überzeugenden Ansatz, das freiheitlich-liberale System der Eigentumsordnung und subjektiven Teilhabegerechtigkeit durch Momente nachhaltiger Gemeinschaftsbezogenheit zu ersetzen.

103 Vgl. auch: Köhler, Gesellschaft und Staat nach freiheitlichem Rechtsprinzip im Übergang zu einer internationalen Gerechtigkeitsverfassung, S. 216.

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bb) Das Modell des sozialen Wohlfahrts- und Umverteilungsstaates als Grundlage für eine ökologische Gerechtigkeit Vor dem Hintergrund des letztlich nicht konsequent darlegbaren vollständigen Widerspruches zwischen Liberalismus und Kommunitarismus werden teilweise auf der Basis einer grundsätzlichen Liberalität Ansätze für eine korrigierende Verteilungsgerechtigkeit entwickelt, welche ihre praktischen Auswirkungen in der sogenannten sozialen Marktwirtschaft gehabt haben. Fraglich ist, ob man diese entwickelten Systeme für ein Konzept der ökologischen Marktwirtschaft und für einen, diesem insgesamt zugrunde liegenden Gerechtigkeitsbegriff fruchtbar machen kann. (1) Iustitia distributiva als Korrektiv für den utilitaristischen Ansatz Es finden sich Bestrebungen, die handlungstheoretischen Argumentationsmuster des Utilitarismus korrektivbildend mit einer Theorie der Gerechtigkeit zu verbinden, da diesen der Vorwurf anhaftet, zu Lasten von Minderheiten moderne Gesellschaften zu ungerechten Zuständen zu führen. An einem eigenen ausdrücklichen Beitrag der ethischen104 Theorie des Utilitarismus zur Frage der Verteilungsgerechtigkeit fehlt es nämlich. Vielmehr kann hinsichtlich der utilitaristischen Ethikkonzeptionen, gemäß derer die moralische Qualität einer Handlung an den außermoralischen Folgen der Handlung zu messen ist, festgestellt werden, daß diese sogar in einem grundsätzlichen Spannungsverhältnis zum Prinzip der Gerechtigkeit stehen. Das eigentliche Problem des Utilitarismus liegt – wie bereits dargelegt – in seinem Abstellen auf den Gesamtnutzen. Beispielhaft sei nur das von Bentham formulierte Prinzip der Glücksmaximierung genannt, welches mit Zuständen vereinbar ist, die mitunter jedoch als höchst ungerecht empfunden werden können. Grundsätzlich ist mit dem Prinzip der Glücksmaximierung nämlich eine Verteilung von Gütern vereinbar, die mit keiner Gerechtigkeitsregel, erst recht nicht mit dem Prinzip der Gleichverteilung, harmoniert. De facto stellen Utilitaristen Kriterien wie Verdienst und Leistung des Individuums in den Vordergrund, während demgegenüber Gesichtspunkte, wie z. B. Bedürfnis oder Anstrengung, kaum eine Rolle spielen.105 Im Grundsatz ist zudem für die Konzeption der reinen Maximierung des Gesamtnutzens in jeder Form ihrer Anwendung – abgesehen von der Frage nach dem relativ größten Nutzen für die Mehrheit – die absolute Zahl der 104 Insofern sei an dieser Stelle ausdrücklich darauf hingewiesen, daß der utilitaristische Ansatz, würde selbiger nicht, wie noch zu zeigen sein wird, neuerdings Gegenstand des Versuches einer Verbindung mit Gerechtigkeitserwägungen sein, selbstredend systematisch nicht in die Darstellung der Gerechtigkeitsansätze gehört. 105 Bentham, Prinzipien der Gesetzgebung, S. 2 ff.

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durch diese Maßnahmen Begünstigten einerseits und die der Benachteiligten andererseits ohne Bedeutung. Diese – quasi gerechtigkeitsneutrale – Ausrichtung auf die Steigerung von Glück und Gesamtnutzen hat daher zu verschiedenen Kritikansätzen an den utilitaristischen Ethikkonzeptionen geführt. Im Ergebnis zielen diese Positionen auf eine Anreicherung bzw. Korrektur des utilitaristischen Konzeptes durch Momente gesellschaftsnotwendig empfundener Grundgerechtigkeiten. Die Vermeidung eklatanter Ungerechtigkeiten soll so durch ein zusätzliches Kriterium aus dem Bereich der Theorien über die Verteilungsgerechtigkeit erreicht werden. Hierzu werden die einzelnen Parameter der Nutzenberechnung eingeschränkt bzw. definitorisch verfeinert. So hat etwa Frankena in seiner einflußreichen Kritik gefordert, dem Prinzip der Nützlichkeit ein Prinzip der Wohltätigkeit (Benevolenz) an die Seite zu stellen und diese Auffassung als gemischt – deontologische Theorie106 bezeichnet. Rescher schlägt vor, dem orthodoxen Utilitarismus eine erweiterte Variante gegenüberzustellen.107 Diese Erweiterung erreiche man aber genau genommen nur durch eine Eindämmung der Gültigkeit des konsequenten Nutzenprinzips. Rescher ist der Ansicht, daß zum einen die Verteilung von Allgemeingütern bzw. sozial verfügbaren Gütern nur so vorgenommen werden kann, daß Katastrophen vermieden werden. Zum anderen fordert Rescher für individuelle Maßnahmen einen utility floor, d.h. eine Minimalabsicherung für den einzelnen, unterhalb derer er bei Verteilungsverfahren nicht abschneiden dürfe. Die Berücksichtigung des Status eines möglichen outlaws sei das Kennzeichen eines erweiterten deontologischen Utilitarismus, als dessen entscheidendes Prinzip nach wie vor die Berechnung des Durchschnittsnutzens (affective average) gelte. Ferner sei zu versuchen, neben der Summierung des Erwartungsnutzens auch die Verdienste der Betroffenen mit in die Berechnung einzubeziehen oder die Präferenzen der einzelnen Individuen anhand ihrer Motive moralisch zu gewichten. Diese Überlegungen sind für die Bildung rechtstheoretischer Grundkonzeptionen einer gerechten Verteilung der Naturgüter jedoch nicht ergiebig. Natürlich liegt es nahe zu versuchen, die aufgezeigten Probleme des klassischen Utilitarismus dadurch zu entschärfen, daß man dessen Reinposition mit unterschiedlichen materiellen Gerechtigkeitsaussagen verknüpft. Allerdings schaffen die so gewonnenen Programme höchstens ein als Gerechtigkeits-Utilitarismus zu bezeichnendes System, dessen ethisches Entscheidungsprinzip nicht mehr allein auf dem Prozeß der Nutzengeneration basiert, sondern vielmehr auch auf materiellen Kriterien einer Verteilungsgerechtigkeit, die anderen Konzepten als dem des Utilitarismus fragmenta106 107

Frankena, Analytische Ethik, S. 61. Rescher, Distributive Justice, S. 35 ff.

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risch entliehen worden sind.108 Die Einordnung dieses gemischten Ansatzes im Hinblick auf einen Rechtsbegriff erübrigt sich selbstverständlich, da diesbezüglich keine Aussagen getroffen werden (können). Der Dimensionierung der ökologischen Frage wird ein wie auch immer gefaßter Gerechtigkeitsbegriff bei der Verbindung mit utilitaristischen Entscheidungsmaximen gleichfalls nicht gerecht. Denn in Entscheidungssituationen, die sich nicht durch eine bestimmte oder bestimmbare Anzahl von Betroffenen/Begünstigten, sondern durch deren Allheit und zahlenmäßige Unendlichkeit nachfolgender Generationen auszeichnet, versagt ein utilitaristisches Konzept in Ermangelung einer feststellbaren Nutzenmaximierung. Bei der Anwendung des Nutzsummenutilitarismus auf Fragestellungen der intergenerationellen Gerechtigkeit ergeben sich – wie bereits dargestellt – Probleme auf zwei Ebenen: Zunächst kann nicht abschließend beantwortet werden, ob es erlaubt bzw. zu rechtfertigen ist, die Nutzenwerte, die in zukünftigen Zeitpunkten entstehen, gegenüber der Gegenwart abzuwerten, d.h. zu diskontieren.109 Ferner ist unklar, wie das utilitaristische Maximum zu berechnen ist, wenn die in Frage stehenden Handlungen die Identität der zukünftigen Individuen beeinflussen. (2) Verteilung durch unsichtbare Hand (Smith) oder nach Verdienst (von Hayek) Als weitere Verteilungs- und Tauschkonzeption110 sei die von Smith entwickelte Theorie der unsichtbaren Hand zu erwähnen. Danach würden die Reichen in der Gesellschaft von einer unsichtbaren Hand dahin geführt, beinahe die gleiche Verteilung der zum Leben notwendigen Güter zu verwirklichen, die zustande gekommen wäre, wenn die Erde zu gleichen Teilen unter all ihren Bewohnern verteilt worden wäre. So würden sie (die Reichen), ohne es freilich zu beabsichtigen, ja ohne es zu wissen, das Interesse der Gesamtgesellschaft fördern.111 Die Figur der – die göttliche Vorsehung umschreibenden112 – unsichtbaren Hand ergänzt bei Smith in der Gesellschaftstheorie die Besonderheit des Selbstinteresses durch ein Moment der Allgemeinheit und Vermittlung113. Dies gehe sogar so weit, daß sich die Bereicherungssucht der Wohlhabenden jedenfalls im Bereich 108

Vgl. auch: Seelmann, Rechtsphilosophie, S. 181. Zum Problem der Diskontierung in diesem Zusammenhang ausführlich: Unnerstall, Rechte zukünftiger Generationen, S. 320 ff. 110 Schreiber, Freihandel und Gerechtigkeit, S. 92. 111 Smith, Theorie der ethischen Gefühle, S. 316 ff. 112 Smith a. a. O. 113 Smith a. a. O. 109

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der Befriedigung elementarer Lebensbedürfnisse auch zum Vorteil der Armen auswirken soll. Das von Smith entwickelte Prinzip der Existenzsicherung durch wirtschaftliches Wachstum von Eliten hat nachhaltige Auswirkungen auf theoretische Betrachtungen der Wirtschaftswissenschaften in der Folgezeit gehabt und nicht zuletzt eine entscheidende Vorgabe für das System des modernen Sozialstaates gebildet. Eine so verstandene Verteilungsgerechtigkeit müßte – übertragen auf eine gerechte Verteilung der Naturgüter – darauf hinaus laufen, daß die natürlichen Ressourcen im Wege eines sich historisch entwickelnden Determinismus von den Besitzern auf die bisherigen Nicht-Besitzer wenigstens zur Existenzsicherung teilweise umverteilt werden. Eine andere Variante einer materiellen Gerechtigkeitsregel ist die Verteilung nach Verdienst.114 Dieser Vorstellung ist historisch in sozialistischer Denktradition die Orientierung am Bedürfnis entgegengehalten worden. Beide Wertungsansätze, d.h. Verdienst auf der einen Seite und Bedürfnis auf der anderen, stehen sich hinsichtlich des eingenommenen Blickwinkels diametral gegenüber und bilden in modernen, sozial gebundenen Marktwirtschaften ein ständiges politisches Konfliktpotential. Die Zuteilung von Gütern nach dem Bedürfnis der Betroffenen erfolgt praktisch etwa bei der Festlegung eines Existenzminimums, wie zum Beispiel die Festlegung der Pfändungsfreigrenzen oder des Sozialhilfesatzes. Leistungen, Anstrengungen und Fähigkeiten können demgegenüber ebenso als Verteilungskriterien ausgewählt werden. Die Disposition des Empfängers kann sodann zum Maßstab für Güterzuteilungen gemacht werden.115 Lebensweltlich ist uns die Anwendung dieser Prinzipien auch bei der Verteilung von Belastungen vertraut, wie zum Beispiel bei der Kombination mehrerer Formen der Besteuerung (Kopfsteuer, proportionale bzw. progressive Steuer), die den Parametern Gleichheit (Verbrauchssteuer), Bedürfnis (Nichtversteuerung des Mindesteinkommens) oder Leistung (Prämien, Provisionen) Rechnung tragen soll. Parallel kennen wir kompensatorische Maßnahmen, welche die strenge Anwendung nur eines Ansatzes mildern sollen, wie z. B. Kinderfreibeträge. Es mag sein, daß Kriterien wie Bedürfnis und Verdienst grundsätzlich zu geeigneten materiellen Verteilungsmaßstäben bei zeitlich und örtlich einfach dimensionierten Gemeinschaftsgebilden führen können. Ferner ist auch durchaus belegbar, daß selbstregulierende deterministische Tendenzen in jeder Marktwirtschaft vorhanden sind, die zu einer Umverteilung – gleich einer unsichtbaren Hand – führen können. Die zentrale Frage zur rechtstheoretischen Lösung des ökologischen Verteilungskonfliktes setzt jedoch ge114 115

Insgesamt: von Hayek, Die Verfassung von Freiheit. von Hayek a. a. O.

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danklich früher an: Warum soll der einzelne, eine Nation bzw. eine Generation an bestimmten natürlichen Ressourcen – notfalls tituliert auch gegen den Willen anderer – teilhaben dürfen? Der Umverteilungsgedanke setzt seinerseits voraus, daß ein anzuerkennendes System bestehender Teilhabegerechtigkeit existiert, welches bei etwaiger Nichterfüllung des Teilhabeanspruches Maßnahmen einer Umverteilung rechtfertigen könnte. Es handelt sich daher bei den genannten Umverteilungsansätzen – ebenso wie bei den kommunitaristischen Erwägungen – um soziale und politische Gerechtigkeitstheorien, die darum bemüht sind, korrigierende Ausgleichsverteilungen unter der Annahme schon bestehender Besitzrechte in bezug auf den Regelungsgegenstand vorzunehmen. Erforderlich für die rechtstheoretische Bewältigung des ökologischen Distributivproblems ist zwar auch die Untersuchung der intersubjektiven Beschaffenheit von Gesellschaften. Aber es gilt zugleich, bei der gedanklichen Bildung von Besitz- bzw. Gerechtigkeitsgemeinschaften von der besonderen Totalität des Regelungsgegenstandes – d.h. von der internationalen und intergenerationellen Totalität des Gegenstandes Ressource – auszugehen. Diese Voraussetzung wird – wie bereits gezeigt – durch kommunitaristische Erwägungen zwangsläufig nicht erfüllt. Für die Frage des Ressourcenschutzes wird man sich wegen der irreversiblen und krisenhaften Entwicklungen im Zusammenhang mit dem Verbrauch von Naturgütern zudem nicht auf eine Umverteilung durch unsichtbare Hand oder nach Verdienst stützen können. Deshalb ist die Transformation des Leitgedankens der sozialen Marktwirtschaft in den einer ökologischen Marktwirtschaft auch kein probates Mittel zur tatsächlichen Lösung der ökologischen Frage. Die begründete Annahme einer internationalen und intergenerationellen Besitz- bzw. Gerechtigkeitsgemeinschaft dadurch, daß sämtlichen Mitgliedern ein Teilhaberecht an den natürlichen Lebensgrundlagen zukommt, ist folglich noch zu entwickeln. Es ist daher im folgenden zu untersuchen, ob derartige Besitz- und Teilhabeordnungen durch gesellschaftsvertragliche oder am freiheitlichen Subjekt orientierte Gedankenmodelle genügend begründet werden können.

4. Konsensuell orientierte ökologische iustitia distributiva Es gilt zu eruieren, ob die internationale und intergenerationelle Totalität der ökologischen Gemeinschaft und die hierfür erforderliche Regelungskategorietät durch Rekurrierung auf das gesellschaftsvertragliche Modell rechtlich erfaßt werden kann. Zunächst sollen daher das grundsätzliche Argumentationsmuster der vertragstheoretischen Ansätze und hierauf folgend die wohl gegenwärtig am häufigsten fokussierte kontraktualistische Gerechtig-

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keitstheorie aufgezeigt werden – nämlich der Ansatz von John Rawls. Es schließen sich sodann Untersuchungen zur Übertragbarkeit des Vertragsmodelles auf den Untersuchungsgegenstand sowie eine Bewertung an. a) Zum grundsätzlichen Argumentationsmuster des Kontraktualismus Grundlegende Idee des Kontraktualismus ist, daß sich die Menschen selbst auf eine normative Ordnung einigen. Nicht externe Faktoren, sondern die Autonomie der einzelnen Individuen wird zur Rechtfertigungsquelle für bestimmte Rechte und Pflichten. Dem liegt die normative Prämisse des Vertragsdenkens zugrunde, daß aufgrund der freiwilligen Vereinbarung bestimmter Rechte und Pflichten jede Vertragspartei diese Rechten und Pflichten auch als für sich verbindlich akzeptieren muß (vertragliche Verpflichtung als Selbstverpflichtung). Die ideengeschichtliche Genese der Grundmotive des vertragstheoretischen Gedankens reicht von der Antike bis zur Gegenwart.116 Dabei blieben die theoriearchitektonischen Strukturen der vertragstheoretischen Argumentationsmuster im wesentlichen gleich, ungeachtet der Spezifika der einzelnen Konzeptionen im Konkreten.117 Ausgangspunkt jeder vertragstheoretischen Argumentation ist ein hypothetischer Anfangszustand vorgesellschaftlicher Existenz, d.h. der sogenannte Natur- oder Urzustand. Dieser Naturzustand erweist sich jedoch in bezug auf die Lösung bestimmter Probleme, wie zum Beispiel die Verteilung der natürlichen Ressourcen unter der Bedingung der Knappheit, als defizitär. Zur Behebung des naturzustandlichen Defizites schließen sich die Urzustandsparteien aus Erwägungen des vernünftigen Eigeninteresses durch einen Akt reziproker Zustimmung zu einem rechtlichen und politischen Gemeinwesen mit bestimmten Normen und Prinzipien zusammen bzw. lösen die in den Urzustandsdiskurs eingespeisten Gerechtigkeitsprobleme durch eine vertragliche Übereinkunft. Den Abschluß des kontraktualistischen Konzepts bildet sodann der postkontraktuelle Zustand. Er zeichnet sich durch eine bestimmte normative Ordnung aus, welche die natur- bzw. urzuständlichen Probleme im Interesse aller behebt und deshalb auch als legitim gilt. Auf diesem Wege soll es durch das Vertragsmodell möglich sein, einer normativen Ordnung zu einem tragfähigen Fundament zu verhelfen.

116 Vgl. im Überblick: Kersting, Vertrag – Gesellschaftsvertrag – Herrschaftsvertrag, S. 903 ff. 117 Zu einer ausführlichen Beschreibung des kontraktualistischen Vertragsmusters: Kersting, Die Logik des kontraktualistischen Arguments, S. 216 ff.; ders., Die politische Philosophie des Gesellschaftsvertrages, S. 19 ff.

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b) Gerechtigkeit nach Rawls Neben einigen anderen neuzeitlichen Versuchen, den Vertragsgedanken für die in der Gegenwart geführte Gerechtigkeitsdiskussion fruchtbar zu machen118, war es vor allem Rawls und seine Theorie der Gerechtigkeit119, der den kontraktualistischen Ansatz mit viel Beachtung in die Gerechtigkeitsdebatte einbrachte. Rawls Kritik setzt zunächst beim Utilitarismus an und zielt darauf, daß nach dessen Prinzip der Optimierung des Gesamtnutzens die Interessen des einzelnen zugunsten des Allgemeinwohls geopfert werden können. Weitergehend bemängelt Rawls, daß diejenigen, die über die Zuteilung von Gütern bestimmen, eine gesellschaftliche Position inne haben können, die sich im Rahmen der Verteilung als Lobbyismus auswirke. Ferner moniert er den Umstand, daß das Nützlichkeitsprinzip nicht die Forderungen nach einer Wechselseitigkeit erfülle.120 In Abgrenzung hierzu entwickelt er eine Gerechtigkeitskonzeption, die den nutzenethischen Ansatz grundsätzlich ablehnt. Entscheidend sei danach, daß über die materielle Gerechtigkeit nicht direkt, sondern über die Verknüpfung der Betroffenen in einem Verteilungsverfahren zu entscheiden sei. Diese formale Konzeption eines im Verfahrenswege zu schaffenden Zustandes der Gerechtigkeit führt dessen Anwender zu der Frage nach den Regeln, nach denen ein Verteilungskonflikt ausgetragen und aufgelöst werden kann. Eine gerechte Verteilung habe sich danach nicht an materiell fixierbaren Gerechtigkeitsvorstellungen zu orientieren, sondern ist als Ergebnis eines Verfahrens zu gewinnen.121 Innerhalb eines Gedankenexperiments wird von Rawls ein ursprünglich rechts- und gesellschaftsloser Zustand fingiert, in dem bestimmte Entscheider die zu gestaltende Gesellschaft konzipieren. Dabei beraten sie auch über die gerechte Zuteilung natürlicher (z. B. Talente) und sozialer (z. B. Einkommen, Beruf) Güter. Rawls versucht damit, materielle Gerechtigkeitskriterien letzt118 Vgl. den kognitivistischen Ansatz von Höffe, Politische Gerechtigkeit, S. 11 ff., der die Rechtfertigung durch eine legitimatorisch gewendete deskriptive Semantik thematisiert, bzw. Buchanan, Die Grenzen der Freiheit, S. 30 ff., welcher die Rechtfertigung durch Rekurs auf das individuelle Interesse zum Gegenstand seiner Betrachtung macht. Vgl. Dworkin, Bürgerrechte ernstgenommen, S. 429; ders., Why Liberals should believe in Equality?, The New York Rewiew of Books 1983, S. 32 ff., der ebenso wie Rawls das Postulat der Gleichheit betont, sich jedoch unter Fairneßerwägungen noch schärfer gegen den Utilitarismus wendet. Vgl. ferner als Überblick aktueller Ansätze m. w. N.: Engländer, Die neuen Vertragstheorien im Licht der Kontraktualismuskritik von David Hume, ARSP 86, S. 2 ff. 119 Rawls, Eine Theorie der Gerechtigkeit, S. 50 ff.; ders., Die Idee des politischen Liberalismus, S. 255 ff.; ders., Verteilungsgerechtigkeit, S. 355 ff. 120 Rawls, Die Idee des politischen Liberalismus, S. 155. 121 Rawls, Eine Theorie der Gerechtigkeit, S. 83 ff.

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lich aus dem Prinzip der Fairneß zu entwickeln. Rawls fragt danach, was ein am Prinzip der Fairneß orientierter Mensch für richtig halten würde, sofern er von seiner konkreten Situation in der Gesellschaft, über deren Struktur er bestimmen soll, nichts wisse. Rawls kombiniert damit Überlegungen zu den Bedingungen des Vertragsschlusses mit Resultaten der modernen Spieltheorie, um zu Gerechtigkeitsprinzipien und daraus entwickelbaren Entscheidungen von Gerechtigkeitsfragen zu gelangen.122 Zur Schaffung der gebotenen Objektivität auf Seiten der verantwortlichen Entscheider weist Rawls selbigen Charaktere zu, die er als rationale Egoisten bezeichnet. Denn diese sollen selbst nicht wissen, welche Position sie innerhalb dieser, von ihnen zu entwerfenden Gesellschaft einnehmen würden. Um ihre Unparteilichkeit zu garantieren, versieht Rawls sie schließlich mit einem sogenannten Schleier der Unwissenheit. Die rationalen Egoisten würden nach Rawls sodann aufgrund dessen vernünftigerweise so entscheiden, daß auch der am schlechtesten gestellte – grundsätzlich auch mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit der rationale Egoist selbst – bei den anstehenden Entscheidungen hinreichend abgesichert wird. Hinter dem Schleier des Nichtwissens könnten die Entscheider nicht anders, als die Kosten und Nutzen der vorgeschlagenen Prinzipien für alle möglichen gesellschaftlichen Positionen bei ihrem Abstimmungsverhalten gleich zu gewichten.123 Die Entscheidungen der rationalen Egoisten würden sich unter diesen Prämissen bei einer Vielzahl von durchgeführten Verfahren zu bestimmten Entscheidungsmustern verdichten, welche wiederum zu Prinzipien zusammengefaßt werden könnten. Diesen Prinzipien wäre Folge zu leisten, um zu einer gerechten Entscheidung zu gelangen. Hierauf aufbauend entwickelt Rawls sodann im Rahmen eines subjektiv-rechtlichen Begründungsprogrammes thesenartig inhaltliche Gerechtigkeitsprinzipien, die faire Menschen in dieser Situation (Schleier des Nichtwissens) vernünftigerweise für eine wohl geordnete Gesellschaft (well ordered society) in der Vertragssituation (original position) auswählen würden, nämlich erstens, daß jedermann das gleiche Recht auf das umfangreichste Gesamtsystem gleicher Grundfreiheiten habe, das für alle möglich und zu gewähren sei, sowie zweitens, daß soziale und wirtschaftliche Ungleichheiten so beschaffen sein müssen, daß sie dem am wenigsten Begünstigten den größtmöglichen Vorteil bringen und mit Positionen verbunden sind, die jedem offenstehen.124 Rawls beschreitet damit den synthetischen Weg zwischen Kollektivismus und Individualismus. Historisch scheint er einerseits eher an Rousseau als an Locke anzuknüpfen. Rawls geht subjektivitätstheoretisch (vertragstheo122 123 124

Rawls, Eine Theorie der Gerechtigkeit, S. 27 ff. Rawls, Eine Theorie der Gerechtigkeit, S. 159 ff. Rawls, Eine Theorie der Gerechtigkeit, S. 81.

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retisch) von einem Begriff der freien und gleichen Person aus. Die Grundlage seiner Postulate wird daher auch mehr durch die Vermutung von Gleichheit als Grundlage der Gerechtigkeit und weniger von der Annahme einer Legitimität eines status quo von Rechten gebildet. Freiheit muß daher grundsätzlich gleich verteilt sein, und zwar selbst dann, wenn eine ungleiche Verteilung von weit größerem Gesamtnutzen wäre. Aber auch für soziale und wirtschaftliche Ungleichheiten gilt einerseits in der Theorie von Rawls die Vermutung, daß sie zu vermeiden seien – außer dann, wenn es im Falle ihrer Existenz auch dem am schlechtesten Gestellten noch besser gehe als in einer Situation völliger Gleichheit. Insbesondere darin liegt eine scharfe Abgrenzung zum Utilitarismus.125 Für Rawls sind aber andererseits Ungleichheiten durchaus gerechtfertigt, und zwar unter der Bedingung, daß sie dem Benachteiligten zum Vorteil gereichen. Die elementaren Zwecke der anderen (Grundfreiheit) sind jedoch – als Prinzip der Gegenseitigkeit – so anzuerkennen wie die eigenen. Hierdurch erhalten die Interessen des einzelnen zum einen wiederum für Rawls ein gewisses Gewicht, da dessen Interessen nicht dem Wohle der Allgemeinheit bzw. Mehrheit geopfert werden können. Zum anderen wird der Ausgangspunkt für die vertraglich gesicherte Stellung des mangelhaft ausgestatteten Mitglieds einer Gesellschaft gesetzt. Das Fairneß-Prinzip von Rawls zeichnet sich folglich dadurch aus, daß dieses zwischen Freiheit und Gleichheit kein Ausschließungs- oder auch nur Spannungsverhältnis sieht, sondern ein Verhältnis wechselseitiger Bedingtheit. Seine Gerechtigkeitstheorie versucht damit, den modernen Sozialstaat zu begründen. c) Übertragung des Vertragsgedankens auf den Untersuchungsgegenstand Die vertragliche Gerechtigkeitskonzeption erfreut sich in der Literatur bei der Herausbildung einer ökologischen Verteilungsgerechtigkeit einer gewissen Beliebtheit.126 Hinsichtlich der Frage des Urzustandes wird fiktiv angesichts der knappen irdischen Ressourcen auf den Verteilungskampf innerhalb der Menschheit – international wie intergenerationell – abgehoben. In einer anarchistischen Welt ohne handlungsregulierende Normen bestehe ein ständiger Kon125

Rawls, Verteilungsgerechtigkeit, S. 355 ff. Caspar, Ökologische Verteilungsgerechtigkeit und moderner Rechtsstaat am Beispiel des Klimaschutzes, ARSP 97, S. 338, 348; Sitter-Liver, Natur als Polis, ARSP-Beiheft 56, S. 139, 152 ff.; Murswiek, Umweltschutz als Staatszweck, S. 14 ff., 31 ff.; Hofmann, Die Natur als das nicht ganz Andere des Menschen, ARSP 85, S. 38 ff. 126

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flikt um knappe Güter. Jede Naturzustandspartei versuche, sich einen möglichst hohen Anteil an diesen Gütern zu sichern.127 Dieser Aspekt der ökologischen Krise soll als Analogon der Verteilungssituation gedeutet werden, die Hobbes zu bereinigen sich anschickte. Anknüpfend daran könne man sagen, daß das vermeintliche Recht der Menschen auf alles sich als selbstzerstörerisch und damit als Recht auf nichts entpuppe, weil es zum einen von menschlichen Konkurrenten strittig gemacht werde und zum anderen der Menschheit die natürlichen Lebensgrundlagen und damit die Basis jeglicher Rechte zerstöre.128 Das Gebot der Unparteilichkeit (Schleier des Nichtwissens) soll auch bei Einbezug zukünftiger Generationen bzw. im internationalen Bezug greifen. Dem objektiven Entscheider könne klar sein, wer Mitglied in der Gemeinschaft sei. Er würde indessen seinen eigenen Status unter den Mitgliedern nicht kennen. Das Element der Selbsterhaltung veranlasse jeden Entscheider, jene Grundregeln zu finden, denen er als Mitglied irgendwelcher Art in der Gemeinschaft zustimmen könnte. Es sei nicht schwer einzusehen, daß unter diesen Bedingungen zunächst Grundsätze formuliert würden, die der Sicherung der fundamentalen Interessen aller dienen.129 Bei der Entscheidung gegen ein Konzept generationsübergreifender Gerechtigkeit müßten die Entscheider andernfalls befürchten, selbst zu denjenigen zu gehören, deren natürliche Lebensgrundlagen von Vorangegangenen aufgebraucht bzw. irreversibel geschädigt würden.130 Der Übertragung des Modells des Kontraktualismus auf die supranationale bzw. internationale Ebene stehe zudem nicht entgegen, daß Rawls Theorie grundsätzlich auf einen einzelstaatlichen Ansatz ziele. Abgehoben wird in diesem Zusammenhang darauf, daß Rawls zwar selbst darauf hinwies, daß er das Problem der Gerechtigkeit zwischen den Nationen außer Acht lasse, eine Ausweitung der sich auf ein bestimmtes Gesellschaftssystem beziehenden Untersuchung aber nicht ausschließe.131, 132 Die Notwendigkeit des Einbezuges künftiger Generationen habe Rawls zudem ebenfalls erkannt und dadurch gelöst, daß er die Beteiligten die gleichen Freiheiten, die sie selbst beanspruchen, bereits für die Nachkommen wünschen läßt und somit unterschiedlichen Generationen beim Vertragsschluß ein fiktives Stimmrecht zu127

Buchanan, Die Grenzen der Freiheit. Zwischen Anarchie und Leviathan, S. 33,

80 ff. 128 Sitter-Liver, Natur als Polis, ARSP-Beiheft 56, S. 139, 155; ähnlich auch: Hofmann, Die Natur als das nicht ganz Andere des Menschen, ARSP 85, S. 38, 41 ff. 129 Sitter-Liver, Natur als Polis, ARSP-Beiheft 56, S. 139, 158; Caspar a. a. O. 130 Caspar a. a. O. 131 Rawls, Die Idee des politischen Liberalismus, S. 60 ff. 132 Vgl. zur Erweiterbarkeit des Rawlschen Konzepts auf ein internationales System: Kersting, Philosophische Probleme der internationalen Beziehungen, S. 423 ff.; ders., Globale Rechtsordnung oder weltweite Verteilungsgerechtigkeit?, S. 197 ff.

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billigt.133 Die Beteiligten im Urzustand sollen sich als in einer Generationsfolge stehend betrachten und damit ihre Grundsätze unter der Einschränkung beschließen, daß alle vorhergehenden Generationen genau diesen Grundsätzen gefolgt wären.134 Hierauf aufbauend wäre nach diesem Ansatz thesenartig eine inhaltliche Gerechtigkeitskonzeption zu entwickeln, in welcher faire und vernünftige Entscheider auswählen würden, daß erstens jedermann in jeder Generation und Nation das gleiche Recht auf die irdischen Naturgüter habe, soweit dies für alle möglich sei, und daß zweitens Ungleichheiten bei der Verteilung der natürlichen Ressourcen so beschaffen sein müssen, daß sie dem am wenigsten Begünstigten den größtmöglichen Vorteil/Anteil bringen, der mit Rechten verbunden sei, die jedem Mitglied offen stünden.135 Die nationale und internationale Ausformung des Rechts im Hinblick auf die ökologische Besitzordnung sowie bezüglich des Schutzes natürlicher Ressourcen bzw. der Ausgestaltung einer ökologisch nachhaltigen Entwicklung hätte sich daher aus kontraktualistischer Sicht an diesen beiden Thesen zu orientieren. Entsprechendes nationales und internationales bzw. supranationales Recht würde zudem seinen universellen und intergenerationellen Geltungsanspruch hierauf begründen. d) Bewertung aa) Zur allgemeinen Kritik an aktuellen kontraktualistischen Modellen Bereits allgemein betrachtet stecken in den Rawlschen Formeln einige materielle Interpretationsprobleme. Unklar ist, welches die Kriterien dafür sein sollen, daß jemandem in einer bestimmten Verteilungssituation mehr Vorteile zukommen als in einer anderen. Es stellt sich ferner die Frage, ob es nur um materielle Güter geht oder auch um immaterielle, wie zum Beispiel psychisches Wohlbefinden. Aufgrund dieses bestehenden inhaltlichen Klärungsbedarfes und anderer allgemeiner Kritikansätze finden sich im Hinblick auf Rawls Gerechtigkeitstheorie viele interpretatorische Ansätze und kritische Stimmen in der internationalen Literatur.136 Zudem werden gegen den kontraktualistischen Ansatz per se erhebliche Zweifel eingewandt, die seitens der Vertragstheoretiker bisher nicht überzeugend relativiert werden konnten. Die gegen den empirischen bzw. impliziten Gesellschaftsvertrag 133

Rawls, Eine Theorie der Gerechtigkeit, S. 237. Rawls, Eine Theorie der Gerechtigkeit, S. 151, 319 ff. 135 Rawls, Eine Theorie der Gerechtigkeit, S. 81. 136 Einen knappen Überblick gibt Schnepf, Rechtsstaat und Staatenlose, ARSP 1999, S. 200, 211 ff. 134

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vorgebrachte Kritik, daß es in einer Gesellschaft nicht gelingen werde, eine für die legitim-normative Vertragsordnung notwendige freiwillige Zustimmung aller Betroffenen einzuholen, weshalb die Lehre vom Gesellschaftsvertrag eine unmöglich einzulösende Theorienstruktur darstelle137, soll dabei vorliegend sogar dahin stehen. Diesem Argument versuchen Vertragstheoretiker nämlich, mit dem Konstrukt des hypothetischen Vertrages zu begegnen138 sowie mit der Begründung, daß die hypothetische Vertragskonstruktion gute Gründe sichtbar mache, die vernünftige Menschen zu einer vertraglichen Vereinbarung bestimmter Rechte und Pflichten motiviere. Der bedeutendere Haupteinwand gegen jegliche vertragliche Konstruktion betrifft nach unwiderlegter Ansicht der Kritiker allerdings die Frage des Verpflichtungsgrundes. Selbst wenn es zuträfe, daß der Staat und die Rechtsordnung auf einem konkludenten oder hypothetischen Vertrag seiner Bürger beruhe, könne diese unterstellte Zustimmung keinen eigenständigen Verpflichtungsgrund für die Befolgung der Gesetze liefern. Das Legitimationsproblem werde damit nur auf eine andere Ebene verschoben. Dies gelte auch für den hypothetischen Vertag, da dessen inhaltliche Aussagen nur dann eine Rechtfertigungskraft entwickeln könnten, wenn sie auch für reale Menschen Gültigkeit besäßen.139 Dies hätte zur Folge, daß das Konstrukt des Vertrages überflüssig wäre. Die eigeninteressierten Klugheitsimperative, die zur Erklärung der Bindungswirkung von Versprechen und damit auch des Vertragsschlusses herangezogen werden müssen, vermögen den Staat und ein Rechtssystem ebenso unmittelbar – in gleicher Weise wie ein Vertrag – zu begründen.140 Im Ergebnis könne Rawls daher den normativen Ausgangspunkt, auf dem sein Modell eines hypothetischen Vertrages basieren soll, nicht rechtfertigen und somit auch keine Verbindlichkeit der in seinem Urzustand vertraglich vereinbarten Gerechtigkeitsprinzipien für reale Bürger in realen Gesellschaften begründen.141 Vielmehr entferne sich insbesondere Rawls entscheidend vom Vertragsdenken, da die Anwendung der vertragstheoretisch entwickelten Kriterien gar nicht auf einer hypothetischen Zustimmung beruhe, sondern auf einer Analyse rationaler individuel137 Hume, Of the Original Contract, S. 446; Smith, Lectures on Jurisprudence, S. 316 ff.; zur diesbezüglichen Diskussion allgemein: Murphy, Hume and Kant on the Social Contract, Philosophical Studies 1978, S. 65, 66; Hoerster, Klassische Texte der Staatsphilosophie, S. 153 ff.; Mackie, Hume’s Moral Theorie, S. 76 ff. 138 Vgl. für einen Überblick: Engländer, Die neuen Vertragstheorien im Licht der Kontraktualismuskritik von David Hume, ARSP-Beiheft 86, S. 2, 10. 139 Engländer a. a. O. 140 Hume, Of the Original Contract, S. 456; ders., Ein Traktat über die menschliche Natur, S. 233 ff., 294 ff. 141 Engländer, Die neuen Vertragstheorien im Licht der Kontraktualismuskritik von David Hume, ARSP-Beiheft 86, S. 2, 20.

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ler Interessenverfolgung unter der hypothetischen Fragestellung, wozu rationale Individuen ihre Zustimmung wohl geben könnten.142 Die Erwiderung von vertragstheoretischer Seite, daß im Rahmen der Methode des Überlegungsgleichgewichtes verallgemeinerungsfähige Urteile angestrebt werden müßten, die nicht durch den direkten Rückgriff auf rationale Interessen, sondern nur durch Berücksichtigung des Modells des Schleiers des Nichtwissens erreicht werden können, wird von den Kritikern nachvollziehbar mit beispielhaften Anwendungen der Rawlschen Methode begegnet, welche zu absurden und intuitiv als ungerecht empfundenen Ergebnissen führen.143 Ebenso wie der Utilitarismus müsse sich auch die Vertragstheorie daher ihre abwegigen Implikationen in Extremfällen vorhalten lassen.144 bb) Beurteilung des vertraglichen Modells im Rahmen des Untersuchungsgegenstandes Bezogen auf den Untersuchungsgegenstand ergeben sich insbesondere im Hinblick auf die internationale und intergenerationelle Totalität und die kategorialen Anforderungen eines sich hierauf beziehenden Gerechtigkeitsbegriffes Zweifel an der Tragbarkeit des kontraktualistischen Gedankens. Insbesondere gegen die Anwendbarkeit im internationalen Bezug wird berechtigterweise vorgebracht, daß hierfür die Konstruktion des Schleiers des Nichtwissens zu keinen verwertbaren Gerechtigkeitsaussagen führen kann, da dieser grundsätzlich in einem bestimmten Maße zu lüften wäre, um zu fairen Ergebnissen zu kommen145 und um einen anonymen bezugslosen Universalismus zu vermeiden.146 Dabei bliebe fraglich, wieviel Informationen die objektiven Entscheider erhalten dürften, weshalb sich eine Vielzahl von Vertragssituationen mit unterschiedlichen Gerechtigkeitsaussagen denken ließe.147 Damit qualifiziere sich die Vertragstheorie zwar zur Entwicklung von Beurteilungskriterien oder Gerechtigkeitsprinzipien in den 142 Kliemt, Keine Theorie der Gerechtigkeit, ARSP-Beiheft 74, S. 217, 220; Schnepf, Rechtsstaat und Staatenlose – Eine rechtsphilosophische Untersuchung in Auseinandersetzung mit Walzer, Rawls und Kant, ARSP 1999, S. 200, 214. 143 Kliemt, Keine Theorie der Gerechtigkeit, ARSP-Beiheft 74, S. 217, 222 m. w. N. 144 Kliemt a. a. O. 145 Schnepf, Rechtsstaat und Staatenlose – Eine rechtsphilosophische Untersuchung in Auseinandersetzung mit Walzer, Rawls und Kant, ARSP 1999, S. 200, 212. 146 Kersting, Philosophische Probleme der internationalen Beziehungen, S. 443, der allerdings dem Kontraktualismus grundsätzlich eine Tendenz hin auf eine Weltstaatskonzeption zuschreibt. 147 Schnepf a. a. O.

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unterschiedlichen Einzelkontexten und Idealisierungsstufen, sei aber nicht hinreichend für die Bewertung komplexerer Fragestellungen geeignet.148 Vor dem Hintergrund des von Rawls verfeinerten hypothetischen Vertragsmodells mag sicherlich der grundsätzlich empiristische Einwand149 zu kurz greifen, daß die Dynamik politischer Prozesse (bzw. das Eigenleben, welches staatliches Handeln bzw. staatliche Autorität immer entwickeln) und historischer Brüche es unmöglich machen würden, die Legitimität einer aktuellen normativen Ordnung unter Bindung nachfolgender Generationen mit einer ursprünglichen vertraglichen Selbstverpflichtung zu rechtfertigen. Es stellt sich jedoch die Frage, ob die Menschen verschiedener Generationen tatsächlich gedanklich in einem Urzustand zusammengefaßt werden können. Kennzeichnend für den Urzustand ist unter anderem, daß in einer Vorgesellschaft, in der jeder das Recht auf alles und damit das Recht auf nichts hat, gleichzeitig eine notwendige faktische Interdependenz zwischen den Gesellschaftsmitgliedern besteht, die sich aufgrund ihres raum-zeitlichen Zusammentreffens gegenseitig alles nehmen können und daher in einen rechtlich geordneten Gemeinschaftszustand zu überführen sind. Diese hypothetische gegenseitige Bedingtheit findet sich spiegelbildlich im hypothetischen Konsens der Gesellschaftsvertragsparteien wieder und ist mithin konstitutiv. Generationen bzw. die Mitglieder der jeweiligen Generationen erfüllen diese elementare Voraussetzung jedoch gerade nicht. Es fehlt insofern an der Symmetrie zwischen den Beteiligten. Die von Rawls vorgenommene hypothetische Übernahme des Abstimmungsverhaltens zukünftiger Generationen vermag diesen Mangel nicht zu heilen.150 Die von Rawls gewünschte Beurteilung des objektiven Entscheiders, der hinter seinem Schleier des Nichtwissens zwar erkennen kann, daß eine Verteilungsvariante knapper natürlicher Ressourcen in erster Linie zu Lasten zukünftiger Generationen und zu Gunsten der eigenen erfolgt, sich aber dennoch altruistisch für die Verteilungsvariante entscheidet, die zukünftige Generationen zu Lasten der gegenwärtigen schont, ist rein zufällig und nicht systemnotwendig. Die Vertragstheorie scheitert mit ihrem Versuch, international bzw. intergenerationell eine Interessen- bzw. Zustimmungstotalität herbeizuführen. 148 Schnepf, Rechtsstaat und Staatenlose – Eine rechtsphilosophische Untersuchung in Auseinandersetzung mit Walzer, Rawls und Kant, ARSP 1999, S. 200, 214. 149 Hume, Of the Original Contract, S. 456; Kliemt, Keine Theorie der Gerechtigkeit, ARSP-Beiheft 74, S. 217, 227. 150 Rawls selbst erkennt, daß es nicht ausreicht, daß der rationale Entscheider nicht weiß, wo genau in der Abfolge der Generationen er sich befindet, da er abstrakt wenigstens weiß, daß seine Generation nachfolgende Generationen belasten kann, ohne daß seine Generation durch zukünftige Generationen hierfür sanktioniert werden kann.

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Am Vertragsmodell zeigt sich, daß die besonderen kategorischen Anforderungen an das Regelungsobjekt Ressource nicht einer besonderen interpersonalen hypothetischen Beziehung entspringen, welche vertragstheoretisch auch auf internationaler und intergenerationeller Ebene nachvollzogen werden müssen. Vielmehr liegen diese in der Gegenstandstotalität151 des Regelungsobjektes Ressource begründet. Der Rawlsche Personenbegriff, allein orientiert am Gerechtigkeitssinn und an der Fähigkeit zur Konzeption einer eigenen Gutsvorstellung152, vermag jedoch diesem kategorialen Erfordernis nicht zu entsprechen. Ob und wieviele natürliche Güter nach dem zweiten Rawlschen Gerechtigkeitsgrundsatz umverteilt werden können, ist in der notwendigen universellen Perspektive auf vertraglicher Grundlage nicht zu begründen.153 Die selbstbezogene Gutsverfolgung des einzelnen Entscheiders könnte hinter dem Schleier des Nichtwissens nur durch Anwendung einer nicht autonomen Gutskonzeption oder durch Zugrundelegen eines empirisch-pragmatischen Subjektbegriffes154 korrigiert werden, wodurch die Bildung eines kategorialen Gerechtigkeitsbegriffes letztlich nicht möglich ist. Damit ist die kontraktualistische Theorie von Rawls auf überschau- und abgrenzbare Gesellschaften beschränkt und ohne einen bestehenden menschenrechtlichen Universalitätsanspruch.155 Insofern kann abschließend konstatiert werden, daß die internationale und intergenerationelle Totalität der ökologischen Gemeinschaft und die hierfür erforderliche Regelungskategorietät durch Rekurs auf das gesellschaftsvertragliche Modell rechtstheoretisch nicht erfaßt werden kann. 5. Subjektiv-freiheitsrechtlich orientierte Teilhabegerechtigkeit bezüglich der Naturgüter Es konnte bisher gezeigt werden, daß einerseits der kommunitaristische bzw. kollektivistische Ansatz, für den die Existenz von Gemeinschaften, Teilhaberechten und Staaten eine ungefragte Voraussetzung ist, keinen rechtlichen Begründungsbeitrag liefert, sondern sich allein im Bereich eines 151 Begrifflich ebenso: Köhler, Iustitia Distributiva. Zum Begriff und den Formen der Gerechtigkeit, ARSP 1993, S. 457, 477. 152 Rawls, Die Idee des politischen Liberalismus, Aufsätze 1978–1989, S. 119 ff. 153 Vgl. Unnerstall, Rechte zukünftiger Generationen, S. 397 ff., der konstatiert, daß die Vertragstheorie in der Konkretisierung der sich ergebenden Gerechtigkeitsforderungen nicht viel mehr leisten kann als andere Theorien auch. Dies liege an der Komplexität der dabei zu beantwortenden empirischen Fragen, die für alle Theorien gleichermaßen Schwierigkeiten bereiten würden. 154 Köhler, Iustitia Distributiva. Zum Begriff und den Formen der Gerechtigkeit, ARSP 1993, S. 457, 474. 155 Köhler a. a. O.

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E. Zur Regelungsebene des Rechts

sozialen bzw. politischen Verteilungssystems bewegt. Ferner wurde dargelegt, daß moderne Vertragstheorien den vorgängigen Rahmen ihrer Gerechtigkeitsüberlegungen nicht mit eigenen Mitteln etablieren können.156 Im folgenden wird der Frage nachgegangen, inwiefern dem Modell eines ursprünglich freiheitsgesetzlichen Erwerbsrechts freiheitsnotwendige Verteilungsgrundsätze zu entnehmen und für den vorliegenden Untersuchungsgegenstand fruchtbar zu machen sind. a) Empirisch-weltaneignende selbstbezogene Subjektivität (Locke) aa) Zur Grundaussage Das Konzept eines vom Subjektbegriff her entwickelten Systems der Teilhabegerechtigkeit erhielt entscheidende Impulse durch die einflußreiche Tradition der englischen Aufklärung. Diese beruht auf einem Begriff empirisch-selbstbezogener Subjektivität und entwickelte entscheidende Grundlagen der modernen Eigentumstheorie, kritisierte überwiegend – jedoch nicht in letzter Konsequenz – den Einbezug von objektiver Teleologie und fokussierte eine Theorie des subjektiven Rechts zur Erfassung einer allgemeinen Selbstrealisation des einzelnen in der Gesellschaft. Insbesondere von John Locke – als Begründer der modernen Rechtsstaatslehre – wurde der Gedanke eines dem freien Subjekt zuzuordnenden Rechts auf Teilhabe an der Gesamtheit der irdischen Empirie – in Abkehr von der zumindest restfeudalen Besitzauffassung – entscheidend entwikkelt.157 Locke postuliert zunächst ein Gesamtbesitzrecht der gesamten Menschheit an der Gesamtsumme der weltlichen Gegenstände. Dabei erkennt er – ausgehend vom Eigentum eines jeden an der eigenen Person, an der niemand ein Recht hätte, als dieser allein – allen Menschen ein originäres Erwerbsrecht an äußeren Gegenständen zu, die in ihrer Gesamtheit den Menschen bereits an sich gehören sollen.158 Er entwickelt damit in unmittelbarer Erweiterung des Persönlichkeitsrechtes das Recht eines jeden, sich durch persönliche Arbeit das Einzeleigentum an Dingen verschaffen zu können.159 Beispielhaft wird ausgeführt, daß die Früchte, die der einzelne Mensch pflücke, das Tier, das er erlege, der Boden, den er bebaue, ihm gehören sollen. Denn jeder Mensch habe ein ursprüngliches Recht an seiner 156 Ähnlich resümierend: Schnepf, Rechtsstaat und Staatenlose – Eine rechtsphilosophische Untersuchung in Auseinandersetzung mit Walzer, Rawls und Kant, ARSP 85, S. 200, 215. 157 Locke, Zweite Abhandlung über die Regierung, S. 201 ff. 158 Locke, Zweite Abhandlung über die Regierung, S. 215 ff. 159 Locke a. a. O.

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eigenen Person und damit an seinem Körper und an seiner Hände Arbeit.160 Dadurch, daß der Mensch den naturgegebenen Dingen seine eigene Arbeit hinzufüge, erwerbe er das Eigentum. Die Arbeit seines Körpers und das Werk seiner Hände sind damit im eigentlichen Sinne sein Eigentum. Was immer der Mensch also dem Zustand entrücke, den die Natur vorgesehen und in dem sie es belasse, habe er mit seiner Arbeit gemischt und ihm etwas eigenes hinzugefügt. Hierdurch werde allerdings zugleich das gemeinsame Recht anderer Mensch ausgeschlossen. Weil diese Arbeit nämlich das unbestreitbare Eigentum des Arbeiters sei, könne niemand – außer ihm – das Recht auf etwas haben, was einmal mit seiner Arbeit verbunden war. Dieses Prinzip der rechtlichen Aneignung durch Arbeit erstrecke sich Locke zufolge nicht nur auf die Früchte der Erde, sondern darüber hinaus auf die Erde selbst.161 Der ursprüngliche Erwerb eines Bodens ist als eigenmächtiger Akt zu denken, der keiner vertraglichen Übereinkunft mit anderen Naturzustandsbewohnern bedarf. Diesen Begründungsansatz sieht Locke selbst im übrigen von der christlichen Offenbarung (Urbarmachung der Erde) bestätigt, wodurch erneut deutlich die bereits im ersten Teil dieser Untersuchung dargestellte abendländisch-anthropozentrische Tradition zutage tritt, welche auch einen bedeutenden kulturellen Hintergrund für die angelsächsische Aufklärung bildete. Das hierdurch postulierte und begründete Aneignungsrecht unterliegt jedoch auch der entscheidenden Beschränkung, daß dasselbe Gesetz der Natur, das dem Menschen auf diese Weise Eigentum gebe, zugleich durch dieses Eigentum begrenzt werde.162 Zum einen dürfe – als erste Beschränkung – sich niemand mehr aneignen, als er selbst nutzen bzw. verbrauchen kann (to any advantage of life before it spoiles).163 Was über die Nutzungs- bzw. Verbrauchsmöglichkeit hinausgehe, solle vielmehr anderen gehören. Zum anderen dürfe – als zweite Beschränkung im Sinne einer religiös begründeten lex naturalis – der Mensch durch Arbeit Gemeineigentum nur insoweit in Einzeleigentum umwandeln, als genug und ebenso Gutes für andere verbleibe.164 Im Rahmen dieser Aneignungsschranken werden somit fundamentale ökonomische Regeln entwickelt, welche die Ausübung des Aneignungsrechtes durch den einzelnen mit der Notwendigkeit der Erhaltung der Existenz der übrigen Gemeinschaft bzw. der menschlichen Gattung schlechthin in Übereinstimmung bringen sollen. Bezüglich der Definition des Eigentums als solchem sind diese teleologischen Bestimmungen aller160 161 162 163 164

Locke, Zweite Abhandlung über die Regierung, S. 201 ff., 215 ff. Locke, Zweite Abhandlung über die Regierung, S. 221. Locke, Zweite Abhandlung über die Regierung, S. 219. Locke a. a. O. Locke a. a. O.

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dings angehängt und nicht begriffsnotwendig impliziert. Sie können daher auch nicht inhärent aus dem, die gesamte rechtsphilosophische Begründungslast bildenden Subjektivierungsmodell direkt entwickelt werden.165 bb) Anwendungsgrenzen im vorliegenden Bezug Die aktuelle Tauglichkeit der ersten Beschränkung wird durch die von Locke selbst im Grundsatz bereits erkannte Akkumulationsmöglichkeit mittels Geldes bekanntermaßen166 erheblich relativiert. Mit der Einführung des Geldes kann nämlich der einzelne sich so viel Land aneignen, wie er dafür zu zahlen in der Lage ist. Nicht die individuelle Arbeitskraft, sondern die Größe seines Geldvermögens bestimmen mithin den Umfang des Privatbesitzes am Boden. Auf moderne, arbeitsteilig und finanzwirtschaftlich organisierte Gesellschaften und Industriestaaten, die allein für Ihren Fortbestand auf der bisher technisch erreichten Entwicklungsstufe enorme sowie stetig steigende Quantitäten bzw. Vorräte an natürlichen Ressourcen für sich benötigen und auch verbrauchen, läßt sich der Locksche Ansatz nicht projizieren. Die zweite Einschränkung könnte zudem gerade im Hinblick auf die uns heute bekannte Knappheit natürlicher Ressourcen besonders problematisch sein. So finden sich Stimmen, die diese zweite Erwerbseinschränkung für die These zum Anlaß nehmen, daß nach Locke Land bzw. natürliche Ressourcen gar nicht im Privateigentum des einzelnen stehen können.167 Die zweite Schranke ist jedoch nicht in diesem Sinne auf heutige gesellschaftliche Verhältnisse übertragbar. Im Ergebnis hatte Locke nämlich – historisch bedingt – gar nicht die empirische Möglichkeit der tatsächlichen Verknappung von natürlichen Ressourcen im Auge, sondern von vornherein einen transzendal gedachten Naturzustand, in welchem der Mensch der reichen und freigiebigen Natur gegenübersteht, die sich im zweiten Stadium in ein reichhaltiges Warenangebot umgewandelt hat.168 Locke ging es bei dem zweiten Korrektiv des Noch-Genug-Für-Alle lediglich um eine begrenzende Sozialität des Aneignungsrechtes, die freilich noch religiös-teleologisch-naturrechtlich motiviert war.169 Das Aneignungsrecht als Freiheitsrecht ist für 165

Vgl. Kersting, Wohlgeordnete Freiheit, S. 282. Vgl. M. Kaufmann, Rechtsphilosophie, S. 133; Zotta, Kant und der Besitzindividualismus, S. 16; Saage, Eigentum, Staat und Gesellschaft bei Immanuel Kant, S. 52 ff. 167 Becker, Property Rights, S. 43. 168 Schreiber, Freihandel und Gerechtigkeit, S. 85 ff.; Priddat, Das Geld und die Vernunft, S. 80. 169 Bielefeldt, Neuzeitliches Freiheitsrecht und politische Gerechtigkeit, S. 49. 166

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Locke daher von vornherein als religiös-normativ gebundenes Recht zu verstehen. Die Beschränkung des Freiheitsrechtes soll damit dasselbe geradezu ermöglichen.170 Im Kontext des ökologischen Verteilungskonfliktes der Gegenwart verschließt sich dieser historisch fixierte Ansatz damit einem direkt brauchbaren Bezug. Denn Lockes Lehre vom ursprünglichen Erwerb setzt zunächst ganz allein am empirisch-naturgesetzlichen Selbstbesitz des Körpers und seinem formend-einbeziehenden Weltausgreifen an. Dieses empirische Moment eines weltaneignenden Subjekts einerseits und das lediglich als lex naturalis formulierte Korrektiv bieten keinen direkten Ansatz für einen modernen Teilhabegerechtigkeitsbegriff, der empirischen Verkürzungen entgegenwirkt und der internationalen sowie intergenerationellen Dimensionalität des ökologischen Verteilungskonfliktes zu entsprechen vermag. Dem Eigentumssystem von Locke fehlt – da selbiger sich zurückblickend gegen die feudalistischen Besitzverhältnisses richtete – damit auch ein universeller Bezugspunkt, der, über die Errungenschaft eines subjektiven Rechtes bzw. Abwehrrechtes gegenüber dem Staat hinausgehend, auf die Beantwortung der sozialen und ökologischen Frage gerichtet sein kann. Der einzige Ansatzpunkt, der auch nach Locke auf das Totalitätsproblem des menschlichen Anspruches auf die natürlichen Lebensgrundlagen vom Grundsatz her deuten könnte, ist dessen entwickelter grundsätzlicher Gesamtbesitz der Menschheit an allen irdischen Gütern. Neben anderen aktuellen Bemühungen, die Theorie von Locke in ein zeitgemäßes System zu erweitern171, wurde daher zwar vor allem von Steinvorth der Versuch unternommen, an Lockes Prämissen und an dessen Gesamtbesitzbegriff fortentwickelnd anzusetzen172: Es müsse, da nach Locke alle Güter Gemeineigentum der Menschheit insgesamt seien und eine Ausnahme hiervon nur für den Körper und die Ergebnisse seines Gebrauchs gelte, zunächst genauer bestimmt werden, in welchem Umfang in das Arbeitsprodukt noch Gemeineigentum, d.h. vorher unbearbeitete Natur, eingehe. Bei knappen Gütern sei der Wert dieses eingearbeiteten Gemeineigentums keineswegs zu vernachlässigen. Kritisiert wird sodann, daß Locke utilitaristisch davon ausgehe, daß eine Wirtschaft, basierend auf dem Prinzip des Privateigentums, produktiver wäre als eine Wirtschaft, deren Grundlage das Gemeineigentum bilde. Für eine wirklich rechte-orientierte Gerechtigkeitstheorie müsse deshalb den Nichteigentümern an Naturgütern für den Ihnen zustehenden Anteil am Gemeineigentum eine Entschädigung gezahlt werden.173 So könne man sozial170 Bielefeldt, Neuzeitliches Freiheitsrecht und politische Gerechtigkeit, S. 53; vgl. hierzu ausführlich auch: Macpherson, Die politische Theorie des Besitzindividualismus, S. 238 ff. 171 Nozick, Anarchy, State and Utopia, S. 167 ff. 172 Steinvorth, Menschenrechte und Sozialstaat, Rechtsphilosophische Hefte 1/ 1992, S. 9 ff.

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staatliche Leistungen gerade auch mit einer rechte-orientierten Gerechtigkeitstheorie nach Locke begründen.174 Steinvorth gründet seinen Ansatz jedoch nach wie vor auf den Grundsatz der empirischen Weltaneignung als rechtsbegründendes Moment, wodurch empirische Verkürzungen des Eigentumsbegriffes und faktische Vor- und Endverteilungen auf der Primärebene sogar hingenommen werden. Der Gesamtbesitzbegriff wird mithin nicht dazu verwendet, ein – vor jeglicher empirischer Aneignung – bestehendes primäres Teilhaberecht zu formulieren. Vielmehr wird eine über die Sekundärebene zu praktizierende iustitia distributiva favorisiert, die, jedenfalls formal-methodologisch, ganz im Sinne der von Locke eingebrachten lex naturalis äußerlich als Gerechtigkeitskorrektiv hinzugefügt wird. Im Hinblick auf die aufgezeigte Dimensionalität des vorliegenden Untersuchungsgegenstandes läßt sich aus diesem System einer nachträglichen Umverteilung daher nichts gewinnen. b) Freiheitsrechtlich orientierte iustitia distributiva (Kant) Es gilt nunmehr zu eruieren, ob der Universalitäts- und Totalitätsanspruch der ökologischen Frage durch den freiheitlich orientierten Begriff einer iustitia distributiva Kantischer Prägung hinreichend erfaßt werden kann. In Abgrenzung zu Locke wird – losgelöst von einer empirischen Schwerpunktsetzung – bei der Eigentumstheorie Kants die Grundlage durch das von ihm hervorgehobene Prinzip des kritischen Vernunftsrechts gebildet. Zentrale Denkfigur für die Eigentumskonzeption Kants ist das Prinzip der äußeren Erwerbung175, welches seinerseits auf drei, zueinander in einem Vermittlungszusammenhang stehende Prinzipien verweist: Erstens das Gesetz der äußeren Freiheit176 beziehungsweise das angeborene Recht177, zweitens das Postulat der praktischen Vernunft178 und drittens die Idee eines möglichen vereinigten Willens sowie eines Gesamtbesitzes. Die ersten beiden Prinzipien, d.h. der äußeren Freiheit und der praktischen Vernunft, stehen hierbei im Mittelpunkt der Kantischen Konzeption für einen gerechten Tausch, während das dritte Prinzip des vereinigten Willens sowie des Gesamtbesitzes – in dem sich alle Menschen nach Kant im Hinblick auf die 173 Steinvorth, Menschenrechte 1992, S. 9, 16 ff. 174 Steinvorth a. a. O. 175 Kant, Metaphysik der Sitten, 176 Kant, Metaphysik der Sitten, 177 Kant, Metaphysik der Sitten, 178 Kant, Metaphysik der Sitten,

und Sozialstaat, Rechtsphilosophische Hefte 1/

S. S. S. S.

258. 233. 239. 246.

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ganze Erde ursprünglich befinden179 – insbesondere bezüglich des Sachenrechts Aussagen über eine Verteilungskonzeption im Rahmen einer Verallgemeinerung des Besitz- und Erwerbsrechts zu Freiheitszwecken zuläßt. Die Kantische Eigentumstheorie soll im folgenden zunächst systematisch dargestellt werden, um sodann ihre Verwertbarkeit für den Untersuchungsgegenstand einzuschätzen. aa) Systematik der Kantischen Eigentumskonzeption (1) Der Begriff des Sachenrechts nach Kant Für Kant kann das Sachenrecht nur als Verhältnis von Personen gedacht werden, die sich im Gesamtbesitz der Sachen befinden. Ausgangspunkt der Überlegungen Kants zum Sachenrecht ist damit – unabhängig vom konkreten empirischen Regelungsgegenstand – die Figur des Gesamtbesitzes. Hierunter versteht Kant das Recht des Privatgebrauchs einer Sache, in deren (ursprünglichen und gestifteten) Gesamtbesitz der Mensch mit allen anderen sei.180 Die Realdefinition des Sachenrechts, welches das Recht am Boden einschließt, soll die Bedingung der Möglichkeit der Deduktion desselben und damit die Bedingung der Möglichkeit des gesamten Privatrechts enthalten. Kant begründet den anzunehmenden Gesamtbesitzzustand denklogisch: Der Gesamtbesitz sei die einzige Bedingung, unter der es allein möglich sei, daß der einzelne jeden anderen Besitzer vom Privatgebrauch der Sache ausschließe (ius contra quemlibet huius rei possessorem), weil ohne einen solchen Gesamtbesitz, sich gar nicht denken ließe, wie der einzelne, der doch nicht im Besitz der Sache sei, von anderen, die es seien, und die sie brauchen, lädiert werden könnte.181 Ohne diese Annahme ergebe sich ein Widerspruch zum intelligiblen Besitz182. Die Möglichkeit einer Läsion bestünde dann nur unter der Voraussetzung des empirischen Besitzes. Ein rechtliches Mein und Dein würde mithin ausscheiden. Dem Begriff des Gesamtbesitzes korrespondierend nennt Kant sodann die vereinte Willkür, denn durch bloß einseitige Willkür könne der einzelne keinen anderen verbinden, sich des Gebrauchs einer Sache zu enthalten, wozu er sonst keine Verbindlichkeit haben würde.183 Erst der tatsächliche Einbezug des Menschen in die Gemeinschaft des Gesamtbesitzes und die damit verbundene Intersubjektivität schaffen für Kant ferner die Voraussetzung und gleichzei179

Communio fundi originaria, vgl. Kant, Metaphysik der Sitten, S. 267. Kant, Metaphysik der Sitten, S. 260. 181 Kant a. a. O. 182 Ein intelligibler Besitz ist nach Kant ein Besitz ohne Innehabung (detentio), vgl. Kant, Metaphysik der Sitten, S. 245. 183 Kant a. a. O. 180

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E. Zur Regelungsebene des Rechts

tige Notwendigkeit eines Sachenrechtes. Der Erwerb ist dann als Akt gegenseitiger Zuteilung und wechselseitigen Verzichts von Besitzansprüchen zu denken.184 Plastisch unterlegt er diesen Gedanken damit, daß ein Mensch, der auf Erden ganz allein wäre, eigentlich kein äußeres Ding als das Seine haben oder erwerben könnte, weil zwischen ihm, als Person, und allen anderen äußeren Dingen, als Sachen, es gar kein Verhältnis der Verbindlichkeit gäbe. Es bestünde also eigentlich auch kein (direktes) Recht an einer Sache, sondern nur dasjenige werde so genannt, was jemanden gegen eine Person zukommt, die mit allen anderen (im bürgerlichen Zustande) im gemeinen Besitz sei.185 (2) Erste Erwerbung und ursprüngliche Gemeinschaft des Bodens Kant zeigt sodann, daß ein solcher Gesamtbesitz äußerer Sachen rechtmäßig vorausgesetzt werden kann. Mit der Begründung, daß jede Aneignung von Sachen Bodenerwerb voraussetze, wird von Kant das Problem auf das des Gesamtbesitzes am Boden zusammengezogen. Die natürliche gemeinsame Bezugnahme auf den Boden stifte nach Kant nämlich diesen notwendigen Gemeinbesitz. Kant führt hierzu aus, daß ein jeder Boden ursprünglich erworben werden könne. Der Grund hierfür sei in der ursprünglichen Gemeinschaft des Bodens überhaupt zu suchen. Dies basiere auf zwei Grundüberlegungen, nämlich zum einen als Ausfluß der von Kant entwickelten praktischen Vernunft und zum anderen auf einem, auf der Endlichkeit der Erdfläche basierenden Beweis. (a) Rechtliches Postulat der praktischen Vernunft Bei der vorgängig-ursprünglichen Besitzgemeinsamkeit der ganzen Menschheit an der Erdsubstanz handele es sich für Kant nicht um ein tatsächlich dar- bzw. vorstellbares Faktum, sondern um eine Idee, die der praktischen Vernunft entspringe. Nach Kant sei daher der ursprüngliche Gesamtbesitz als ein Grenzbegriff praktischer Vernunft zu verstehen, für den zwar keinerlei Anschauung gegeben werden könne. Allerdings legt Kant als rechtliches Postulat der praktischen Vernunft dar, daß es eine Voraussetzung a priori der praktischen Vernunft wäre, einen jeden Gegenstand der Willkür des einzelnen als objektiv mögliches Mein oder Dein anzusehen und zu behandeln.186 Denn ein Gegenstand der Willkür des einzelnen sei etwas, was 184

Vgl. Ludwig, Kants Rechtslehre, S. 127. Kant a. a. O. 186 Kant, Metaphysik der Sitten, S. 246; hierzu ausführlich: Yumi Saito, War die Umstellung von § 2 der Rechtslehre Kants zwingend?, ARSP 1996, S. 238 ff.; 185

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zu gebrauchen der einzelne physisch in seiner Macht habe. Sollte es nun doch rechtlich schlechterdings nicht in seiner Macht stehen (d.i. mit der Freiheit von jedermann nach einem allgemeinen Gesetz nicht zusammen bestehen können – mithin unrecht sein), Gebrauch von demselben zu machen, so würde die Freiheit sich selbst des Gebrauchs ihrer Willkür in Ansehung eines Gegenstandes derselben berauben, nämlich dadurch, daß sie brauchbare Gegenstände außer aller Möglichkeit des Gebrauchs setze, obwohl die Willkür im Gebrauch der Sachen mit jedermanns äußeren Freiheit nach allgemeinen Gesetzen zusammenstimme.187 Hierdurch postuliert Kant, daß sich jeder empirische Gegenstand virtuell unter dem intelligiblen Besitz subsumieren lassen müsse, daß es also keinen Gegenstand geben könne, der sich dieser Systematik entziehen würde. Das Subjekt kann danach jeden Gegenstand möglicher Erfahrung als den rechtlich Seinen haben.188 Kant begründet die These, daß es unmöglich sei, einen Gegenstand möglicher Erfahrung und möglichen Gebrauchs von jeder Aneignung auszuschließen, indem er nachweist, daß die Setzung des res nullius189 zum Widerspruch führen würde. Nach dem Prinzip des res nullius dürfe der einzelne, was er empirisch gebrauchen und aneignen kann, doch nicht aneignen und damit auch nicht rechtens gebrauchen, weil es rechtswidrig wäre. Rechtswidrig wäre dieser Gebrauch deshalb, weil er nach dem Rechtsbegriff mit der Freiheit von jedermann nach einem allgemeinen Gesetz nicht zusammen bestehen könne.190 Die Aneignung des Gegenstandes verstieße dann gegen das Recht und verletzte die Freiheit der Willkür eines anderen. Da aber die Verletzung des Rechts eines anderen nur dann stattfinden könne, wenn dieses Recht auch bereits bestehe – eine nicht vorhandene Beziehung kann nicht lädiert werden – und sich realisiert habe, könne denklogisch durch die Aneignungshandlung kein anderes Rechtssubjekt und damit kein anderes Recht verletzt werden. Vielmehr wäre jedes Subjekt im Zustand des res nullius als potentieller Eigentümer von der Sache ausgeschlossen. Ein Recht kann also die Aneignung a priori niemals verbieten; denn dies würde die vorhergehende Aneignung bereits voraussetzen. Daß daher ein jeder Boden ursprünglich erworben werden kann, gründet eben auf diesem Postulat ders., Die Debatte weitet sich aus, ARSP 1996, S. 259 ff.; Ludwig, Postulat, Deduktion und Abstraktion in Kants Rechtslehre vom intelligiblen Besitz, ARSP 1996, S. 250 ff. 187 Kant a. a. O. 188 Zu diesem Postulat ausführlich: Deggau, Die Aporien der Rechtslehre Kants, S. 79 ff. 189 Für Kant heißt ein Gegenstand, von dem angenommen wird, daß er unmöglich das Seine eines Subjektes werden könne, res nullius, womit ein Gegenstand der Willkür gemeint ist, der an sich objektiv herrenlos ist, vgl. Kant, Metaphysik der Sitten, S. 246. 190 Kant a. a. O.

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E. Zur Regelungsebene des Rechts

der praktischen Vernunft. Die Idee des Gesamtbesitzes korrespondiert dabei nach Kant interdependent mit jener der allgemeinen Rechtsvernunft. Der Rechtsgrund des Besitzerwerbs kann somit nicht die empirisch bestimmte Willkür sein, sondern nur die den Subjekten gemeinsame Rechtsvernunft.191 Die immanente Objektivität der den Subjekten gemeinsamen Rechtsvernunft resultiert jedoch nicht daraus, daß selbige schon immer – quasi subjektlos – objektiv in der Welt war. Sie existiert vielmehr in den Subjekten der Menschheit als kategorischer Rechtsimperativ. Kant konkretisiert den Gedanken des kategorischen Imperatives inhaltlich zur Formulierung eines originären Aneignungsrechtes: Man könne dieses Postulat ein Erlaubnisgesetz (lex permissiva) der praktischen Vernunft nennen, was jedem Menschen die Befugnis gebe, allen anderen eine Verbindlichkeit aufzuerlegen, die sie sonst nicht hätten, sich des Gebrauchs gewisser Gegenstände seiner Willkür zu enthalten, weil er sie zuerst in seinen Besitz genommen habe.192 Die Vernunft wolle, daß dieses als Grundsatz gelte, und zwar als praktische Vernunft.193 (b) Endlichkeit der Erdfläche und ursprüngliche Erwerbung des Bodens Zum Postulat, daß der Grund für die ursprüngliche Erwerbung des Bodens die ursprüngliche Gemeinschaft des Bodens überhaupt zu sein habe, konstatiert Kant direkt, daß alle Menschen ursprünglich (d.i. vor allem rechtlichen Akt der Willkür) im rechtmäßigen Besitz des Bodens seien (d.i. sie haben ein Recht, da zu sein, wohin sie die Natur oder der Zufall ohne ihren Willen gesetzt hat).194 Wegen der Gleichwertigkeit dieser Bedingungen für alle Menschen auf der räumlich endlichen Fläche der Erdkugel handele es sich hierbei um einen gemeinsamen Besitz aller Menschen, genauer um einen ursprünglichen Gesamtbesitz (communio possessionis originaria). Der Begriff des ursprünglichen Gesamtbesitzes sei – darauf weist Kant erklärend hin – nicht empirisch im Sinne eines tatsächlich vorhanden gewesenen uranfänglichen Gesamtbesitzes zu verstehen, sondern als ein praktischer Vernunftsbegriff, der a priori das Prinzip enthält, nach welchem allein die Menschen den Platz auf Erden nach Rechtsgesetzen gebrauchen könnten.195 Kant gibt damit als Grund der Notwendigkeit des apriorischen Gesamtbesitzes die Kugelgestalt der Erde als einer nur endlichen Fläche an, die der Menschheit diese Gemeinschaft als notwendige Folge von ihrem 191 192 193 194 195

Methodisch grundlegend: Kant, Metaphysik der Sitten, S. 246 ff. Kant, Metaphysik der Sitten, S. 247. Kant a. a. O. Kant, Metaphysik der Sitten, S. 262. Kant a. a. O.

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Dasein auf Erden aufzwinge.196 Für Kant stiften damit die empirischen Gegebenheiten der Erdgestalt die menschliche Gemeinschaft und führen zu der Notwendigkeit des Rechts. Dies nötige der Vernunft – durch die physikalisch-geographische Gestalt der Erde – überhaupt erst ab, einen Begriff zu konstruieren, durch den die Empirie und die menschliche Gemeinschaft vernünftig ins Verhältnis gesetzt werden können. Das Recht dürfte danach als eine Synthese dessen anzusehen sein, was als empirisches Bezugsmaterial lokal-temporär in einer bestimmten Form existent ist. Recht an sich – ohne empirische Bezugspunkte – wäre danach nicht erforderlich. Der Grund für die Annahme des Gesamtbesitzes bezieht sich daher auf das einheitliche Substrat des Rechtsgesetzes, ohne welches es nicht erforderlich wäre. Es bestünde sonst für jeden die Möglichkeit, wie ein Mensch, der auf Erden ganz allein sei, zu handeln.197 Die Konstruktion des ursprünglichen Gesamtbesitzes trägt der grundlegenden Bedingung des menschlichen Seins Rechnung, mit anderen Menschen auf einer begrenzten Erdfläche leben zu müssen. Diese Systematik des Gesamtbesitzes vereinigt in ihrer empirischintelligiblen Doppelnatur die das Distributiverfordernis hervorbringende empirische Gemeinschaft des Bodens mit den Rechtsbedingungen einer freiheitsgesetzlichen Verteilungsregelung.198 Neben den bisher erwähnten Argumenten Kants, die seiner Druckschrift zur Rechtslehre199 im Rahmen der Metaphysik der Sitten entnommen sind, finden sich weit ausführlichere Überlegungen zum empirischen Faktum der Begrenztheit der Erdoberfläche in seinen Vorarbeiten zur Rechtslehre200, die für die richtige Lesart des Gesamtbesitzbegriffes nach Kant herangezogen werden können.201 Darin konstatiert Kant, daß alle Menschen im gemeinsamen natürlichen Besitz des ganzen Erdbodens seien. Allein dieser Besitz sei bloß die Idee des angeborenen Rechts, einen Platz auf demselben, den kein anderer inne habe, einzunehmen, welches allen anderen, mithin jedem, in Gemeinschaft zukomme.202 Alle Menschen hätten ein ursprüngliches Besitzrecht auf einen Platz auf dem Erdboden. Dieses Recht komme jedem und auf jedem Platz der Erde zu.203 Jedermann könne daher 196

Kant a. a. O. Kant, Metaphysik der Sitten, S. 261. 198 Vgl. Kersting, Wohlgeordnete Freiheit, S. 268, 269. 199 D.h. insbesondere den §§ 1–17, vgl. Kant, Metaphysik der Sitten, S. 246 ff. 200 Kant, Vorarbeiten zur Rechtslehre, S. 253 ff. 201 So auch die häufige Praxis in der Sekundärliteratur unter vorsichtiger Beachtung der nicht bruchlosen Kontinuität der Schriften Kants: Kersting, Wohlgeordnete Freiheit, S. 269 ff.; Deggau, Aporien der Rechtslehre Kants, S. 102 ff.; Ludwig, Kants Rechtslehre, S. 102 ff. 202 Kant, Vorarbeiten zur Rechtslehre, S. 253 ff. 203 Kant a. a. O. 197

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E. Zur Regelungsebene des Rechts

diesen oder jenen Platz der Erde besitzen bzw. den einen oder den anderen einnehmen.204 Dies hieße aber auch, daß sich jeder Mensch a priori in einem potentiellen, einander ausschließenden und zugleich eine Einheit bildenden, mithin disjunktiven, allgemeinen Besitz aller Plätze des Erdbodens befinde.205 Dies bedeute wiederum, daß sich jeder Platz im ursprünglichen Besitz aller befinde und somit die Erde als Einheit aller hierauf möglichen Besitze aufzufassen206 bzw. im kollektiv-allgemeinen Besitz207 sei. Auf dieses, anhand der Vorarbeiten Kants entwickelte, Recht auf Existenz und Bodenbesitz kann die Argumentation seiner Rechtslehre nicht verzichten, obwohl es dort nicht explizit entwickelt wird. Kant setzt des weiteren mobile und immobile Sachen der Welt dahingehend in Beziehung, als daß er den Boden als die notwendigerweise vorhandene Substanz kennzeichnet, welche für die Existenz der beweglichen Sachen die Voraussetzung bilde. Letztere seien im Hinblick auf Grund und Boden als (bloße) Inhärenz aufzufassen. Denn im praktischen Sinne könne das Bewegliche auf dem Boden nicht das Seine von jemandem sein, wenn dieser nicht vorher als im rechtlichen Besitz desselben befindlich (als das Seine desselben) angenommen werde.208 Kant führt in diesem Zusammenhang weiter aus, daß – unterstellt, der Boden würde niemandem gehören – es möglich wäre, jede bewegliche Sache, die sich auf ihm befinde, aus ihrem Platze zu stoßen, um ihn selbst einzunehmen, bis sie sich gänzlich verliere, ohne daß der Freiheit irgend eines anderen, der jetzt gerade nicht Inhaber desselben sei, dadurch Abbruch geschehe.209 Dem Besitzrecht an allen beweglichen und unbeweglichen Sachen ist damit logisch ein als Voraussetzung bestehender Substanzbesitz210 vorgelagert. Der Boden, alles bewohnbare Land, können nach Kant begrifflich zu einer Gesamtsubstanz zusammengefaßt werden. In praktisch-rechtlicher Beziehung hängt dieser Gesamt- bzw. Grundsubstanz jeglicher beweglicher Gegenstand an, er inhäriert dieser Grundsubstanz als Akzidenz. Der Boden ist daher als Substanz zu betrachten, und alle beweglichen Güter, die sich nur zufällig auf ihm befinden und nicht notwendig mit ihm verbunden sind, wären nur akzidentiell. Der Eigentümer von beweglichen Sachen hätte also ohne Boden wohl das Recht ihres ausschließlichen Gebrauchs, aber keinen rechtlich garantierten Platz, auf dem er seine Sache ohne die Möglichkeit einer rechtlich begründeten Intervention eines Dritten auch gebrauchen könnte. Nach Kant 204 205 206 207 208 209 210

Kant a. a. O. Kant a. a. O. Kant a. a. O. Kant a. a. O. Kant, Metaphysik der Sitten, S. 262. Kant a. a. O. Kant a. a. O.

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schafft ein ursprüngliches Besitzerwerbsrecht am Boden, d.h. das Recht – im Sinne einer die praktische Selbstrealisation umfassenden Berechtigung –, darauf Stand zu nehmen und Platz zu behalten, erst die Voraussetzung für den Besitz und die Gebrauchsbefugnis an einer beweglichen Sache. Sogar der menschliche Selbstbesitz würde hiervon entscheidend abhängen. (3) Die Erwerbung im Rahmen einer bürgerlichen Verfassung Kant entwickelt auf dieser Grundlage, daß die Aneignung einer Sache wie der eines Bodens, den der Mensch als erster in seiner Gewalt gebracht habe, sich in Konformität mit dem allgemeinen Rechtsgesetz und dem rechtlichen Postulat der praktischen Vernunft verhalte. Geschehe die Aneignung im Zuge der Konstitution eines bürgerlichen Zustandes, so wäre sie auch rechtlich gültig, mithin peremptorisch. Solange die Erwerbung bloß im Hinblick auf diesen Zustand erfolge, sei sie bis zur Einwilligung der anderen gleichermaßen, jedoch nur provisorisch rechtsgültig. Hierzu im einzelnen: (a) Der rechtliche Akt der ersten Erwerbung im Rahmen der distributiven Willkür Kant entwickelt systematisch im Fortgang seiner Überlegungen als weiteres Element die originäre und primäre Inbesitznahme eines bisher physisch noch nicht besessenen Gegenstandes. Denn obgleich eine Sacherwerbung (d.h. zunächst die des Bodens) demzufolge auf den Gesamtbesitz rekurriert, sei sie dennoch nicht vom Seinen eines anderen abgeleitet. Folglich sei der äußere Vorgang der Erwerbung selbst auf die Sache bezogen: Die Besitznehmung (apprehensio), als Anfang der Inhabung einer körperlichen Sache im Raume (possessionis physicae), stimme dabei unter keiner anderen Bedingung mit dem Gesetz der äußeren Freiheit von jedermann (mithin a priori) zusammen, als unter der Priorität in Ansehung der Zeit, d.h. nur als erste und willkürliche Besitznehmung (prior apprehensio).211 Daß die Möglichkeit der einseitigen originären Inbesitznahme bestehen muß, sei nach Kant als solches auf keine Weise einzusehen oder durch Gründe dar zu tun, sondern sei die unmittelbare Folge aus dem Postulat der praktischen Vernunft.212 Kants Theorie der ursprünglichen Erwerbung sieht sich dabei allerdings mit dem Problem konfrontiert, daß die eigenmächtige Inbesitznahme des Bodens einerseits ein Recht gründen soll und andererseits durch bloß einseitige Willkür anderen keine Verbindlichkeit auferlegen kann. 211 212

Kant, Metaphysik der Sitten, S. 265. Kant a. a. O.

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Ohne weiteres kann nämlich nicht davon ausgegangen werden, daß die Willkür des einen mit der Willkür des anderen als in jedem Falle übereinstimmend angenommen werden kann, da die für ihre Existenz und ihr Fortkommen auf die Nutzung äußerer Gegenstände angewiesenen Individuen unter Berücksichtigung der Begrenztheit der natürlichen Ressourcen in einem grundsätzlichen Konkurrenzverhältnis zueinander stehen. Kant begegnet dieser Schwierigkeit mit der Konstruktion der a priori vereinigten Willkür. Derselbe Wille könne eine äußere Erwerbung nicht anders berechtigen, als er in einem a priori vereinigten (d.i. durch die Vereinigung der Willkür aller, die in ein praktisches Verhältnis gegeneinander kommen können), absolut gebietenden Willen enthalten ist. Denn der nur einseitige Wille könne nicht jedermann eine Verbindlichkeit auferlegen. Durch dieses Prinzip sei die Übereinstimmung der freien Willkür eines jeden mit der Freiheit von jedermann, mithin ein Recht überhaupt, und also auch ein äußeres Mein und Dein möglich.213 Der Idee des vereinigten Willens zufolge stimmen daher alle darin überein, daß die Okkupation als sachenrechtliche Erwerbshandlung zu akzeptieren sei. Die Mitglieder der Menschheitsgemeinschaft verpflichten sich in diesem vereinigten Willen quasi gegenseitig214, die damit verbundenen zufälligen Einschränkungen der Freiheit widerspruchslos hinzunehmen. Alle willigen ein, ihren Anspruch auf den rechtlichen Besitz, der ihnen aufgrund der prinzipiellen Erwerblichkeit aller Sachen in bezug auf jede gleichermaßen zukommt, hinsichtlich einer Sache zugunsten desjenigen aufzugeben, der sie zuerst, d.h. übereinstimmend mit dem allgemeinen Gesetz der äußeren Freiheit, in Besitz genommen hat. Die eigenmächtige und daher auch rechtsanmaßende Willkür wird sozusagen durch die a priori vereinigte Willkür ersetzt. Die Ersterwerbshandlung bleibt daher zwar einseitig. Sie bezieht sich jedoch nur auf das in der Erscheinungswelt an Boden und Besitz, was dem Erstokkupanten durch die gemeinschaftliche Willkür als das Seine zugeteilt und bewilligt wurde, mithin durch den allgemeinen Willen gedeckt ist. Durch diese Konstruktion wird den empirischen Erwerbshandlungen erst eine Rechtswirkung verliehen. Im Entwurf des synthetisch-allgemeinen Willens werden die beiden grundsätzlichen Prinzipien der Rechtsvernunft miteinander verknüpft: Einerseits das Prinzip des Rechts, das die freiwillige Selbstbindung als notwendige Rechtmäßigkeitsbedingung einer über die das angeborene Mein gesetzten Grenzen hinausgehenden Freiheitsbeschränkung verlangt und andererseits das Vernunftspostulat, das zur Sicherung der Unabhängigkeit der Freiheit von Sachen die Möglichkeit eines Mein und Dein fordert und so jede rechtliche Regelung der Freiheit der Willkür im Gebrauch von Sachen dem Prinzip 213

Kant, Metaphysik der Sitten, S. 264. Natürlich ist diese Verpflichtung nur sinnbildlich und nicht im vertragstheoretischen Sinne zu verstehen. 214

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der Identität des Besitzes unterwirft.215 Die Vernunftsidee der vereinigten Willkür setzt bei beiden Bedingungen notwendigerweise die Erfüllung voraus, da die Vernunftsidee von einem systematischen Gleichlauf des originären Rechtserwerbs mit dem allgemeinen Rechtsgesetz nur dann ausgehen kann, wenn das Bestehen des Letzteren auch angenommen werden kann. Indem sich in der Idee des vereinigten Willens alle verpflichten, einander hinsichtlich der Freiheit im Gebrauch von Sachen nicht auf die Naturbedingungen des Besitzes zu beschränken, garantieren sie einander auch die Freiheitsstellung gegenüber Sachen, die jedem nach dem Vernunftspostulat grundsätzlich zusteht. Da die Erde die empirische Bedingung der tatsächlichen Existenz der Menschheit und der äußeren Freiheit darstellt, hat der Gesamtwille sie notwendig als Basis seiner eigenen Existenz zu beanspruchen, da er schließlich auch seine eigene Existenz will. Gleichzeitig verlangt er aber auch die aufteilbare Erde als mögliches Objekt der Einzelsubjekte. Er erstrebt das Eigentum an der Erde als privates, also die Distribution der Welt. Der allgemeine Wille selbst zielt darauf ab, daß derjenige, der sich einen Gegenstand als den Seinen aneignet, diesen auch als den Seinen gebrauchen darf. Dies muß er notwendigerweise wollen, weil darin vernünftigerweise die einzige Möglichkeit liegt, daß aus der Erde eine nutzbare Sache wird, welche die menschliche Existenz ermöglicht und befördert. Der intelligible oder bloß rechtliche Besitz bedeutet daher, alle Individuen nach Maßgabe der allgemeinen Gesetzgebung des a priori gedachten Willens in Ansehung des Gebrauchs der Sachen zu verbinden. Die a priori vereinigte Willkür bildet folglich selbst die Voraussetzung der Möglichkeit eines intelligiblen Besitzes.216 (b) Peremptorischer und provisorischer Besitz sowie Kants Abgrenzung zu Locke Nach Kant kann nur in einer bürgerlichen Verfassung etwas peremptorisch, dagegen im Naturzustand zwar auch erworben werden, aber nur provisorisch. Kant benennt als Grundlagen des Erwerbs einer Sache zum einen den empirischen Titel einer Erwerbung und zum anderen den Vernunftstitel. Der empirische Titel der Erwerbung sei die auf die ursprüngliche Gemeinschaft des Bodens gegründete physische Inbesitznahme (apprehensio physica).217 Dagegen liege der Vernunftstitel der Erwerbung nur in der Idee eines a priori vereinigten Willens aller. Der Zustand eines zur Gesetzgebung allgemein wirklich vereinigten Willens sei aber der bürgerliche Zu215 216 217

Vgl. Kersting, Wohlgeordnete Freiheit, S. 267. Vgl. Kersting a. a. O. Kant, Metaphysik der Sitten, S. 264.

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E. Zur Regelungsebene des Rechts

stand.218 Nur in Konformität mit der Idee eines bürgerlichen Zustandes (d.i. in Hinsicht auf ihn und seine Bewirkung, aber vor Wirklichkeit desselben – denn sonst wäre die Erwerbung abgeleitet), mithin nur provisorisch, könne etwas Äußeres ursprünglich erworben werden.219 Die peremptorische, abgeleitete Erwerbung finde dagegen nur im bürgerlichen Zustand statt.220 Kant nimmt sodann eine Exposition des Begriffs einer ursprünglichen Erwerbung vor. Er konstatiert – ausgehend vom ursprünglichen Gesamtbesitz aller am Boden der ganzen Erde (communio fundi originaria) mit dem ihnen von Natur zustehenden Willen (eines jeden), denselben zu gebrauchen (lex iusti) –, daß vernünftigerweise zugleich ein Gesetz bestehen müsse, nach welchem jedem einzelnen ein besonderer Besitz auf dem gemeinsamen Boden bestimmt werden könne (lex iuridica), um den aufgrund der natürlich unvermeidlichen Entgegensetzung der Willkür des einen gegen den anderen drohenden Zustand eines sich gegenseitig behindernden bzw. aufhebenden Gebrauches des Bodens zu vermeiden.221 Deduktiv konkretisiert Kant sodann aus den Prinzipien der reinen rechtlichpraktischen Vernunft den Inhalt bzw. die Reichweite des Begriffes des intelligiblen Besitzes des Gegenstandes. Der Rechtsbegriff des Mein und Dein erstrecke sich nach Kant materiell nicht auf die Substanz an einem anderen Ort, wo der einzelne sei, sondern nur auf den Besitz des in seiner GewaltHabens unter der Verknüpfung desselben mit ihm als subjektive Bedingung der Möglichkeit des Gebrauchs.222 Kant verdeutlicht dies sodann an besonderen Konstellationen, wie zum Beispiel am Erwerb von Gegenständen vom Meeresgrund oder der offenen See.223 Der provisorische Besitz nach Kant ist daher ein vorläufiger Besitz in Erwartung einer Gesetzgebung des allgemeinen Willens. Er verdankt seine Verbindlichkeit zwar einseitiger Anmaßung, welche jedoch der gleichermaßen einseitigen Willkür anderer, die diesen Besitz verhindern wollen, nur jene Antizipation des allgemeinen Willens voraus hat. Im nicht-rechtlichen Zustand ist somit eine provisorische Erwerbung anzuerkennen, obgleich sie aus einem nur einseitigen Willen hervorgeht. Peremptorisch wird sie erst im rechtlichen Zustand, daß heißt bei Zustimmung aller. Mithin hätte die Erwerbung im Naturzustand nur unter der Bedingung des allgemeinen Willens Gültigkeit. Mag dieser auch angenommen werden, so reicht das nicht 218

Kant a. a. O. Vgl. auch: Kant, Metaphysik der Sitten, S. 256, wonach im Naturzustande doch ein wirkliches, aber nur provisorisches äußeres Mein und Dein statthaben könne. 220 Kant a. a. O. 221 Kant, Metaphysik der Sitten, S. 267. 222 Kant, Metaphysik der Sitten, S. 268. 223 Kant, Metaphysik der Sitten, S. 270. 219

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hin, um die Erwerbung peremptorisch zu machen. Dies soll nur unter der Bedingung der Wirklichkeit des allgemeinen Willens im bürgerlichen Zustand möglich sein. Der Begriff der Erwerbung ist mithin doppeldeutig zu verstehen. Er umfaßt das prozeduale Moment als den Akt der Aneignung ebenso wie das Resultat dieses Aktes. Kant unterscheidet zudem die erste Erwerbung von der ursprünglichen.224 Die erste Erwerbung wäre die Erwerbung der bürgerlichen Verfassung als erste Bedingung der Möglichkeit einer peremptorischen Erwerbung. Kant grenzt sich im Zusammenhang mit seinen Ausführungen zur peremptorischen und provisorischen Erwerbung auch zur Eigentumslehre Lockes ab. Der Ausgangspunkt der Eigentumstheorien Lockes und Kants ist zwar teilweise identisch, indem nämlich beide die Fundierung des Eigentums in einer vertraglichen Übereinkunft ablehnen und von der Möglichkeit einer ursprünglichen Erwerbung ausgehen. Kant wirft jedoch die rhetorische Frage auf, ob die Bearbeitung des Bodens zur Erwerbung desselben erforderlich sei und verneint diese Frage mit der Begründung, daß die Produkte aus der Bodenbearbeitung lediglich Akzidenzen wären, welche keine Objekte des unmittelbaren Besitzes ausmachen würden und ferner dem Subjekt nur gehören könnten, sofern die Substanz vorher als das Seine desselben anerkannt wäre.225 Für Kant ist daher – ganz im Gegensatz zu Locke, welcher der Arbeit rechtskonstitutive Bedeutung beimißt – die Bearbeitung des Bodens für die Frage der ersten Erwerbung nur dahingehend von Bedeutung, daß diese für ein äußeres Zeichen der Besitznehmung dienlich ist. Während somit in der Lockeschen Eigentumstheorie Entstehungstatsache, Erkenntnisund Geltungsgrund zusammenfallen, trennt der transzendentalphilosophische Begründungsweg Kants deutlich die empirische und normative Ebene voneinander.226 Kants Begründungsweg wendet sich daher mit seiner Eigentumstheorie in diesem Punkt entschieden gegen die Auffassung Lockes, wonach eine eigenmächtige Ausdehnung der angeborenen persönlichen Rechtssphäre durch Bearbeitung der Empirie möglich sei. Gleichzeitig richtet er sich generell gegen die damit verbundene These von der rechtskonstitutiven Funktion empirischer Handlungen. Okkupation und Arbeit haben für Kant daher keine primäre rechtliche Bedeutung und besitzen nur Zeichencharakter, da mit Okkupation und Arbeit zwar das äußere Recht als ein bestimmtes bestehen, es aber hierdurch nicht begründet werden könne. Zusammenfassend läßt sich zunächst feststellen, daß das Postulat der rechtlichen Vernunft für die Rechtslehre Kants unabdingbar ist, da es den Zusammenhang zwischen dem formalen Rechtsbegriff und den äußeren Ge224 225 226

Kant, Metaphysik der Sitten, S. 259. Kant, Metaphysik der Sitten, S. 265. Vgl. Kersting, Wohlgeordnete Freiheit, S. 289.

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genständen herstellt. Der intelligible Besitz bildet im Sachenrecht Kants die Grundlage jeder möglichen Privateigentumsordnung. Durch seinen Begriff ist es möglich, die tatsächlichen gesellschaftlichen Verhältnisse der Menschen zu den Gegenständen und zueinander rechtlich in Beziehung zu setzen. Der intelligible Besitz ist allerdings nicht der Rechtsgrund dafür, einen Gegenstand als den Seinen besitzen zu können. Dazu bedarf es vielmehr der formalen Allgemeinheit der Willkür aller, also des allgemeinen Willens, und des ihr entsprechenden Gegenstandes, also der Erde als Gesamtbesitz der Menschheit. Dabei ist das Gesetz des allgemeinen Willens aber kein Gesetz der Aneignung der Gegenstände an sich. Das Privatrecht des Naturzustandes muß hierfür in den Rechtszustand der bürgerlichen Gesellschaft übergehen. Zudem ist ohne Rekurs auf den Boden und den von den Menschen auf ihm eingenommenen Platz die Ableitung des Privatrechts nicht möglich. Der ursprüngliche Gesamtbesitz an der Weltsubstanz bildet für Kant die Voraussetzung zur Verwirklichung einer freien Subjektivität. Dem Individuum wird – ausgehend von seiner Urteilhabe und unter Berücksichtigung des Postulats der privaten Brauchbarkeit der Welt – die Berechtigung zum bereits ursprünglichen Erwerb an der Substanz zuteil.227 Hierin findet sich das Fundament einer originären einseitigen Befugnis zur Inbesitznahme (occupatio) nach wechselseitig-allgemeinen Erwerbsgesetzen. Dieses originäre subjektive Erwerbsrecht besteht zugunsten eines jeden menschlichen Individuums. Untereinander und gegenüber der Totalität der Menschheit gestaltet sich die Abgrenzung nach Privatrechtsprinzipien. Der Substanzerwerb des einzelnen ist dabei als ursprünglich-einseitiger Aneignungsakt sich setzender Freiheit zu begreifen.228 bb) Bewertung des Kantischen Ansatzes für den Untersuchungsgegenstand (1) Hinreichende Dimensionalität des Gesamtbesitzbegriffes Es gilt zunächst zu klären, ob der Begriff des Gesamtbesitzes nach Kant die notwendige Dimensionierung aufweist, um der raum-zeitlichen Totalität des Regelungsgegenstandes sowohl in intergenerationeller als auch interpersoneller bzw. internationaler Hinsicht entsprechen zu können. Durch den Rekurs auf die Begrenztheit des Bodens nimmt Kant zur Begründung auf ein empirisches Faktum Bezug. In dieser gemeinschaftsstiftenden Begrenztheit der Erdfläche findet die interpersonelle und zwangsläufig anzunehmende Gemeinschaft in allen möglichen Ausdehnungen, sei es staatlich 227 228

Kant, Metaphysik der Sitten, S. 261 ff. Vgl. auch: Saage, Eigentum, Staat und Gesellschaft bei Immanuel Kant, S. 59.

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oder international, ihre ausdrückliche Berücksichtigung allein darin, daß Kant alle Menschen einbezieht.229 Bezüglich einer zeitlichen Dimensionierung des Gesamtbesitzes auch auf zukünftige Generationen finden sich jedoch keine ausdrücklichen Ausführungen. Gegen den Einbezug zukünftiger Generationen in den Gesamtbesitzbegriff könnte sprechen, daß diese – empirisch betrachtet – für die Frage der jeweiligen augenblicklichen Begrenztheit der Erdfläche keine Bedeutung haben, sondern nur die jeweils gegenwärtigen. Dem korrespondierend wäre auch der allgemeine Wille nicht intergenerationell zu denken. Um eine derartige empirische Betrachtungsweise könnte es Kant gegangen sein, als er die Inbesitznahme des dem einzelnen ursprünglich-rechtlich zustehenden Platzes mit der Geburt beginnen ließ.230 Das Geburtsereignis sei danach Besitznehmung und könnte besitztheoretisch als tatsächliche Apprehension interpretiert werden.231 Eine hierauf aufbauende empirische Verkürzung des Gesamtbesitzbegriffes unter dem Ausschluß zukünftiger Generationen ginge jedoch an der Intention Kants, mit der Idee des Gesamtbesitzes einen Grenzbegriff der praktischen Vernunft zu schaffen, vorbei. Es ist nämlich gerade die Ursprünglichkeit des Gesamtbesitzes, die jeden Rekurs auf einen historischen Übertragungsakt bzw. die Herleitung des Besitzes nur von vorangegangenen Generationen ausschließt.232 In diesen Vernunftsbegriff der Ursprünglichkeit münden alle menschlichen Individuen – gleich welcher Nationalität oder Generation sie entspringen. In der Terminologie der Ursprünglichkeit dimensioniert sich die Menschheit zur Allheit. Wie auch bei der Definition seines Kategorischen Imperativs und der darin aufgefaßten Menschheit als Zweck und Wert, spricht Kant bei der Formulierung des Menschheitsbegriffes alle Menschen im Rahmen seiner Eigentumstheorie vernunfts- bzw. gattungstotalitär und nicht empirisch an. Deshalb und zur Vermeidung eines antagonistischen Zustandes, der das angeborene und gleiche Recht, auf dem Boden zu sein, aufheben würde, soll Kant zufolge dem empirisch separaten Besitz ein intelligibler, kollektiv-allgemeiner (d.i. als Gesamtbesitz des menschlichen Geschlechts) zugrunde liegen, dem ein objektiv vereinigter Wille korrespondiert. Mit Kant läßt sich also die ursprüngliche und rechtliche Besitzgemeinsamkeit des Menschengeschlechtes233 schlechthin – folglich auch zwischen den Generationen – begründen. Der Grund hierfür liegt in der zeitneutralen Ursprünglichkeit des Gesamtbesitzes. Einer konstruktiven Begründung durch empirische Bezugnahmen auf 229

Kant, Vorarbeiten zur Rechtslehre, S. 253 ff. Kant, Vorarbeiten zur Rechtslehre, S. 253 ff. 231 Vgl. Kersting, Wohlgeordnete Freiheit, S. 270. 232 Vgl. Köhler, Ursprünglicher Gesamtbesitz, ursprünglicher Erwerb und Teilhabegerechtigkeit, S. 262. 233 Vgl. Kersting a. a. O. 230

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die Endlichkeit und Begrenztheit natürlicher Ressourcen – gerade im intergenerationellen Kontext – bedarf es als gemeinschaftsstiftendes Element gar nicht erst. Vielmehr reicht hierfür bereits die auf dem allumfassenden System basierende, sich perspektivoffen entwickelnde Gestaltungskraft des provisorischen Erwerbs der Erdsubstanz. Kants Gesamtbesitzbegriff sieht den gegenwärtigen jeweiligen Individualbesitz als provisorisch im Hinblick auf einen künftigen gerechten Zustand an.234 (2) Zur Beschaffenheit des Teilhaberechtes nach Kant (Kompatibilität zum Rechtsbegriff) Nachdem somit anzunehmen ist, daß der Begriff des Gesamtbesitzes grundsätzlich das hinreichende Dimensionierungsvermögen aufweist, gilt es ferner zu klären, ob und inwiefern sich dem skizzierten Sachenrechtsbegriff Kants auch eine materielle Gerechtigkeitsaussage entnehmen läßt. Es mag feststehen, daß Kant es als vernunftsnotwendig ansah, daß alle nutzbaren Gegenstände zu Eigentum erworben werden können und daß ein ursprünglicher Gesamtbesitz des Bodens und damit zusammenhängend die Idee der vereinigten Willkür, von der sich das individuelle Eigentumsrecht ableitet, anzunehmen wäre. Ist ferner zu konstatieren, daß letztlich nur in einer bürgerlichen Gesellschaft Verteilungskonflikte entschieden werden können, so bleibt dennoch fraglich, welches die für die austeilende Gerechtigkeit maßgebenden Verteilungskriterien sind. Es stellt sich die Frage, ob eine interpersonale Verteilung der natürlichen und lebensnotwendigen Ressourcen – analog der viel diskutierten Sozialstaatsfrage – lediglich als Verrechtlichung ethischer Hilfeleistungspflichten oder auch als Explikation der in der Idee der ursprünglich vereinigten Willkür verankerten freiheitsnotwendigen Verteilungsgrundsätze angesehen werden kann.235 Kant selbst gibt hierzu keine explizite Antwort, weshalb interpretatorische Ansätze zu seiner Theorie bemüht werden müssen: (a) Besitzindividualismus Da Kant sich nur beiläufig zu der von ihm befürworteten Verteilung auch in materieller Hinsicht erklärt, indem er rechtliche Gleichheit mit der größten Ungleichheit an Besitztümern für vereinbar hält236, und sich im übrigen 234

M. Kaufmann, Rechtsphilosophie, S. 302. Vgl. in diesem Sinne: Mulholland, Kant’s System of Rights, S. 180 und 388 ff. 236 Kant, Über den Gemeinspruch: Das mag in der Theorie richtig sein, taugt aber nicht für die Praxis, S. 273 ff. 235

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nicht ausdrücklich zu einem materiellen Verteilungsmaßstab äußert, wird zum Teil angenommen, Kant begründe mit seiner Theorie vom Sachenrecht eine besitzindividualistische, auf bloße Sicherung des Erworbenen und gerade nicht auf Umverteilung über den Zweck der physischen Existenzerhaltung aller hinausgehend gerichtete Verteilungskonzeption.237 Kant scheine danach eine extrem ungleiche Eigentumsverteilung als Folge seiner Aneignungsprinzipien gesehen sowie gebilligt zu haben238, so daß sich seine Eigentumstheorie jeder strukturellen Relativierung durch soziale Bindungen entziehe.239 Kants Theorie des ursprünglichen Bodenerwerbs sei nach dieser Lesart der materiellen Verteilung gegenüber gleichgültig, wenn sie nur durchgängig die Bedingung der zeitlichen Priorität bei ihrer Konstitution erfülle. Unter Beachtung dieser einzigen Voraussetzung könne sich jede denkbare Besitzordnung ohne Widerspruch zu Kants sachenrechtlicher Struktur herausbilden.240 Etwaigen Überlegungen zum Sozialstaat im Zusammenhang mit Kants Theorie des Sachenrechts wird von den Vertretern dieser Ansicht eine klare Absage erteilt. Derartige Gedanken mögen zwar Leitlinien einer sozialen Vermögens- und Eigentumspolitik sein. An dem Kantischen Rechtsbegriff und der fundamentalen Aporie der privaten Aneignung gingen sie jedoch vorbei.241 Der bürgerliche Rechtsstaat, verstanden als institutionalisierte und mit Exekutivmacht ausgestattete volonté générale, übernehme nämlich die Aufgabe, ein voll ausgebildetes, d.h. gesellschaftlich wirksames Mein und Dein einerseits und darauf beruhende gesellschaftliche Beziehungen andererseits zu schützen, nicht aber erst die Voraussetzung für deren Bildung zu schaffen.242 Würde man versuchen, in der volonté générale mehr zu sehen, nämlich den Ursprung einer Sozialstaatsidee, so würde dieser Interpretationsansatz einer deutlichen Überbewertung der Funktion des allgemeinen Willens im Rahmen der Kantischen Rechtsphilosophie erliegen. Derartigen Interpretationen wird sogar teilweise der Vorwurf gemacht, daß für diese an erster Stelle nicht die Vergegenwärtigung des vorliegenden Textbefundes, sondern eine freie Fruchtbarmachung der Kantischen Theorie für aktuelle Probleme im Vordergrund stehe.243 Schließlich wird zur Begründung eines vermeintlich von Kant in237

Koslowsky, Staat und Gesellschaft bei Kant, S. 192 ff.; Deggau, Aporien der Rechtslehre Kants, S. 106; Dreier, Eigentum in rechtsphilosophischer Hinsicht, ARSP 1987, S. 167; Saage, Eigentum, Staat und Gesellschaft bei Immanuel Kant, S. 58 und 75 ff.; Zotta, Kant und der Besitzindividualismus, S. 35 ff.; Röckrath, Umverteilung durch Privatrecht?, ARSP 1997, S. 506, 528. 238 Röckrath a. a. O. 239 Saage, Eigentum, Staat und Gesellschaft bei Immanuel Kant, S. 75. 240 Zotta, Kant und der Besitzindividualismus, S. 35. 241 Deggau a. a. O. 242 Zotta a. a. O. 243 Besonders eindringlich: Zotta a. a. O.

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tendierten Besitzindividualismus seine sozialhistorische Verhaftung angeführt, die insbesondere der Entwickelbarkeit des Kantischen Ansatzes entgegenstehen soll. Es seien nämlich die feudalen Strukturen gewesen, gegen die sich Kant versucht hätte, abzugrenzen.244 In langfristiger Perspektive – und in bezug auf aktuelle Probleme einer gerechten Teilhabe – habe das Gesellschaftsmodell Kants jedoch zwangsläufig konservativ werden müssen, weil Kant die Entfaltung der Marktwirtschaft auf dem Niveau der Kleinproduktion als vollendet angesehen245 und die besonderen Verteilungsprobleme der sozialen und ökologischen Frage nicht gekannt habe. Würde man dieser Betrachtungsweise folgen, wäre es im Rahmen der Kantischen Eigentumslehre nicht möglich, auch materielle Aussagen für eine Verteilungsgerechtigkeit zu treffen. Zudem wäre die Kantische Rechtslehre aus sich selbst heraus für die besonderen aktuellen sozialen und ökologischen Fragen nicht anwend- bzw. entwickelbar. (b) Prozedualismus Ein anderer Teil in der Sekundärliteratur steht einer rein besitzindividualistischen Interpretation der Kantischen Rechtslehre skeptisch gegenüber und betont ihren prozedualen Charakter, der es erlaube, eine gewisse Kompatibilität mit – aus anderen Regelungsmaterien als denen des Rechts zu entnehmenden und dieser daher hinzuzufügenden – Sozialstaatserwägungen herzustellen.246 Die fehlende Aussage Kants zu materiellen Verteilungskriterien sei historisch zum einen mit dem noch nicht von den Erfahrungen der industriellen Revolution beeinträchtigten Glauben an die Fähigkeiten einer Verteilung durch unsichtbare Hand im Rahmen einer auf dem Marktmodell beruhenden Gesellschaft247 zurückzuführen und zum anderen auf die antipaternalistische Stoßrichtung seiner Rechts- und Staatsphilosophie248. Dabei sei allerdings zu konstatieren, daß Kants Antipaternalismus keinerlei antisozialstaatliche Implikationen aufweise. Es sei die entmündigende und freiheitsfeindliche Verordnung eines Glückskonzeptes gewesen, gegen die Kant opponiert hätte. Eine Umverteilungspolitik jedoch, die im Zeichen einer sozialen Gerechtigkeit für möglichst viele und immer mehr Menschen stehe, die ökonomische und soziale Voraussetzungen für ein 244

Zotta, Kant und der Besitzindividualismus, S. 25. Saage, Eigentum, Staat und Gesellschaft bei Immanuel Kant, S. 190. 246 Kersting, Wohlgeordnete Freiheit, S. 64; Schreiber, Freihandel und Gerechtigkeit, S. 100; Ludwig, Kants Rechtslehre, S. 128. 247 Vgl. auch insofern: Koslowsky, Staat und Gesellschaft bei Kant, S. 205 ff.; Zotta, Kant und der Besitzindividualismus, S. 23. 248 Vgl. Bartschulat, Recht, Vernunft, Gerechtigkeit, ARSP-Beiheft 56, S. 22. 245

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eigenbestimmtes Dasein sichere und so die aus der sozialen und ökonomischen Ungleichheit resultierende Freiheitsbenachteiligung kompensiere, stehe nicht zwingend im systematischen Widerspruch zur Rechtslehre Kants.249 Allerdings sei darauf hinzuweisen, daß unmittelbar aus den theoretischen Grundlagen der Kantischen Rechtsphilosophie kein Sozialstaatsprinzip hergeleitet werden könne. Vielmehr lasse sich das Prinzip einer politischen bzw. sozialen Gerechtigkeit mit dem Freiheitsprinzip Kantischer Rechtsphilosophie verbinden.250 Es sei nämlich eine umwegige Sozialstaatsbegründung denkbar, die im Lichte des vernunftsrechtlichen Freiheitsbegriffes das Sozialstaatsprinzip als notwendige Sekundärmaxime formuliert Erfahrungsbelehrt könne dieses Sozialstaatsprinzip den freiheitsfeindlichen Auswirkungen sozialer und ökonomischer Ungleichheit entgegenwirken und müßte sich an einer Erneuerung der freiheitsdefizitären Eigentumsordnungen versuchen, um eine breitere Streuung von Freiheitsmöglichkeiten durch die Förderung vermehrter Eigentumsbildung zu erwirken.251 Nicht die entmündigende Entlastung von Lebensrisiken, sondern die Ermöglichung eines eigenbestimmten Daseins für die durch soziale und ökonomische Ungleichheit schicksalhaft benachteiligten Individuen soll danach die Aufgabe des Sozialstaates sein. Dies sei mit der Rechtsphilosophie Kants vereinbar bzw. im Interesse der menschenrechtlichen Freiheit geradezu erforderlich.252 Unter Zugrundelegung dieser Interpretation gäbe der Kantische Rechtsbegriff als solcher ebenfalls keine materielle Anschauung für einen immanenten Gerechtigkeitsbegriff. Allerdings könnte das Sachenrecht mit dem System einer das Freiheitsprinzip fördernden sozialen Gerechtigkeit verbunden werden. (c) Sozialstaatsgedanke Eine dritte Fraktion meint schließlich, den Sozialstaatsgedanken direkt aus dem Kantischen Rechts- und Staatsbegriff deduzieren zu können. Es wird nach allgemeinen Kriterien der Eigentumsverteilung in Kants Philosophie gesucht, auf deren Grundlage ein abstrakt-gleicher Rechtsanspruch jedes Menschen auf Eigentum seinen eigentlichen Zweck, nämlich die Garantie gleicher Freiheit, zu erfüllen vermag.253 In einer entwickelten Eigentumsordnung sei die Aufgabe an die Rechtsordnung gestellt, den einzelnen 249

Kersting, Wohlgeordnete Freiheit, S. 62 ff. Kersting a. a. O. 251 Kersting, Rezension von Kristian Kühl, Eigentumsordnung als Freiheitsordnung, Zeitschrift für philosophische Forschung 1986, S. 309 ff. 252 Kersting, Wohlgeordnete Freiheit, S. 62 ff. 253 Luf, Freiheit und Gleichheit, S. 87. 250

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erst in die Lage zu versetzen, seine Sache überhaupt verteidigen zu können und ihm mithin den nötigen Rechtsschutz zu gewähren, um eine gerechte Verteilung einfordern zu können.254 Abgehoben wird zur Begründung unter anderem darauf, daß für Kant auch die Versorgung der Armen als ein gegen die Besitzenden mit Zwang durchsetzbarer Zweck der Gemeinschaft255 aufzufassen war. Ferner wird darauf verwiesen, daß Kant an anderer Stelle von dem Recht der Menschen unter öffentlichen Zwangsgesetzen spricht, durch welche jedem das Seine bestimmt werden könne256, und dieser gleichzeitig den bürgerlichen Zustand als denjenigen bezeichnet, der allein bestimme, was Recht, was rechtlich und was rechtens wäre.257 Ursprünglich erworbene Rechte unterlägen damit grundsätzlich der Möglichkeit der späteren Umverteilung. Das Kantische Sachenrecht begründe folglich eine auf Ausgleich bedachte Eigentumspolitik.258 Es bestehe ein gleicher Anspruch auf Eigentum, an den sich die Frage anschließe, worin die Grenzen für die individuelle Okkupation bestünden, die der Aushöhlung des abstrakt-gleichen Anspruches bzw. einer disproportionalen Entwicklung der Eigentumsverhältnisse entgegenwirkten.259 Nicht der individuellen Okkupation des Bodens, sondern der volonté générale komme dabei die entscheidende Aufgabe im Rahmen der Verteilung der Empirie zu.260 Die Vertreter dieser Ansicht glauben mithin zeigen zu können, daß das Verhältnis der volonté générale zum Eigentum nach Kant so zu begreifen sei, daß die gesamte Eigentumsordnung als provisorisch verstanden werden könne261 und somit auf die Errichtung des Sozialstaates deute. Kant begründe danach ein Recht des Staates auf Veränderung der vorgegebenen Eigentumsordnung nach Grundsätzen der Gerechtigkeit262 bzw. nach dem Gedanken der sozialen Verantwortung als essentielles Moment der Eigentumsbegründung.263 Demnach soll der provisorische Charakter nach Kants Philosophie 254

Luf, Freiheit und Gleichheit, S. 108, 109. Kant, Über den Gemeinspruch: Das mag in der Theorie richtig sein, taugt aber nicht für die Praxis, S. 273 ff. 256 Kant a. a. O. 257 Kant, Metaphysik der Sitten, S. 267. 258 Luf, Freiheit und Gleichheit, S. 88 ff. 259 Luf, Freiheit und Gleichheit, S. 100. 260 Langer, Reform nach Prinzipien, S. 159. 261 Langer, Reform nach Prinzipien, S. 169. 262 Langer, Reform nach Prinzipien, S. 159; Forschner, Rezension zu: Saage, Eigentum, Staat und Gesellschaft bei Immanuel Kant, Philosophisches Jahrbuch 1974, S. 227, 229 ff.; Gerhardt, Rezension zu Kersting, Wohlgeordnete Freiheit, Allgemeine Zeitschrift für Philosophie 1984, S. 79, 83 ff.; Kühl, Eigentumsordnung als Freiheitsordnung, S. 203 ff.; Brandt, Eigentumstheorien von Grotius bis Kant, S. 193; Luf, Freiheit und Gleichheit, S. 87 ff. 263 Luf, Freiheit und Gleichheit, S. 95. 255

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allen realen Staatsgebilden und jeglichem positiven Recht sowie allen historischen Institutionen zugeschrieben werden können.264 Kant formuliere folglich eine schwache Eigentumsgarantie, was dazu führe, daß die im Naturzustand durch individuelle Okkupation des Bodens entstandene Eigentumsordnung nur vorläufig zu dulden sei und der endgültigen Bestätigung bzw. Gestaltung durch den Zugriff des Gesetzgebers bedürfe.265 Schließlich wird von Vertretern dieser Meinung auf den Einwand der Besitzindividualismus-Kritik, daß die Kantische Theorie aufgrund ihrer historischen Verhaftung einer Fortschreibung auf aktuelle soziale und ökologische Herausforderungen nicht zugänglich wäre, Bezug genommen und postuliert, daß Kant seinen Entwurf des Privatrechts mit einer Fülle historisch kontingenter Inhalte266 angereichert habe, deren Nichtbeachtung, da sie nur dekorativer Bestandteil bzw. Patina seiner Rechtsphilosophie267 seien, unproblematisch wäre.268 Diese Interpretation der Kantischen Eigentumstheorie und seines Staatsbegriffes hält – in Ermangelung wesentlicher historischer Verhaftungen der Lehre Kants – dessen Ansatz auf das aktuelle Bedürfnis nach einem Sozialund Verteilungsstaat nicht nur für problemlos projizierbar, sondern glaubt darüber hinausgehend sogar, in der Kantischen Eigentumstheorie und in der Idee der vereinigten Willkür269 selbst die Wurzeln des modernen Sozialstaates ausmachen zu können. Der Sozialstaat soll mithin die sichere Folge der Eigentumskonzeption Kants bilden und seiner Umsetzung dienen. Bezogen auf den Verteilungskonflikt in der ökologischen Frage würde dies zudem bedeuten, daß sich immense Handlungsspielräume für staatlich regulatives Eingreifen bezüglich des Eigentumsumfanges und der Einschränkung der Nutzungsrechte ergäben. Polizei- und wohlfahrtsstaatliche Regelungen zur Sicherung der irdischen Ressourcen unter einem Regime der vereinigten Willkür wären hierdurch indiziert. (d) Stellungnahme und Synthese: Materieller Gehalt der wechselseitig-allgemeingültigen Einräumung Alle genannten Ansätzen haben das gemeinsame Bedürfnis, Wege zur Begründung von, in ihren materiellen Grundausdehnungen nach Möglichkeit gleich beschaffenen Erwerbsrechten zu finden und dieses erklärte Ziel 264 265 266 267 268 269

Maus, Zur Aufklärung der Demokratietheorie, S. 22. Maus, Zur Aufklärung der Demokratietheorie, S. 165 ff. Maus a. a. O. Maus a. a. O. Maus a. a. O. Langer, Freiheit und Gleichheit, S. 24.

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im Hinblick auf den Freiheitsbegriff im Sinne der Kantischen Rechtsdefinition zu überprüfen. Der erstgenannten Interpretation mag dahingehend zu folgen sein, daß sich in den primärtextlichen Ausführungen Kants in der Tat keine konkreten Anhaltspunkte finden lassen, die zwingend auf die Begründung des modernen Sozialstaates deuten. Vielmehr entsprach der historische Kant in weiten Teilen dem Selbstverständnis frühbürgerlicher und marktwirtschaftlich orientierter Subjekte. Kant war damit in erster Linie antifeudalistisch ausgerichtet270 und vertraute den selbstregulativen Kräften des Marktes. Die besonderen Anforderungen, welche durch die Produktionsverhältnisse in einer modernen und arbeitsteiligen Industriegesellschaft an eine Theorie der Verteilungsgerechtigkeit gestellt werden, waren Kant freilich nicht bekannt.271 Ebensowenig wird für Kant erkennbar gewesen sein, daß die Menschheit in der Lage sein würde, durch den Einsatz und die Weiterentwicklung moderner Technik sowie durch die Beförderung einer massenhaften industriellen Ausbeutung der Naturgüter, eine nachhaltige Verknappung der irdischen, nicht-regenerierbaren Ressourcen herbeizuführen. Die Konklusion der ersten Ansicht jedoch, der Kantischen Theorie sei eine besitzindividualistische und historisch determinierte Stoßrichtung zu eigen, die sich jeder Weiterentwicklung auf zeitgemäße Zustände verschließe, überzeugt indessen nicht. Denn der Kantischen Autonomiethese des Rechts wird durch den generellen Sozialstaatsgedanken auch keineswegs widersprochen. Kant konnte vielmehr die neuzeitlichen Herausforderungen der ökologischen und sozialen Frage eben noch nicht vollständig erkennen und ging mithin bei seinen empirischen Bezugnahmen auf die politischen und sozialen Probleme seiner Zeit ein.272 Dieses zwangsläufig jedem historischen Text anhaftende Defizit eröffnet jedoch gerade die Frage nach einer Übertragbzw. Erweiterbarkeit einer historischen Konzeption auf gegenwärtige Verhältnisse. Die von Kant entwickelten Begriffe des ursprünglichen Gesamtbesitzes, des vereinigten Willens, der praktischen Vernunft und der peremptorischen sowie provisorischen Erwerbung erlauben den Vorwurf der historischen Verhaftung zudem nicht. Vielmehr weisen diese unter Berücksichtigung ihrer abstrakt-dimensionierten Ausrichtung auf einen universalgeschichtlichen Bedeutungsgehalt hin, der sich auch für eine neuzeitliche Anwendung im Grundsatz eignen muß.

270

Insofern zutreffend: Zotta, Kant und der Besitzindividualismus, S. 42. Vgl. Kant, Über den Gemeinspruch: Das mag in der Theorie richtig sein, taugt aber nicht für die Praxis, S. 273 ff.; Langer, Freiheit und Gleichheit, S. 160 ff. 272 Vgl. etwa Kant zur damals zeitgemäßen Frage des Kolonialismus, Metaphysik der Sitten, S. 266. 271

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Dies jedoch nach prozedualistischer Sichtweise zum Anlaß zu nehmen, die Kompatibilität des Kantischen Eigentumsbegriffes mit dem Bedürfnis nach gesicherter gleicher Teilhabe durch die sekundäre Anfügung eines Sozialstaatsmodelles herbeizuführen, greift ebenfalls zu kurz. Die Sicherung eines Grundmaßes an Freiheit für den einzelnen durch ein im konkreten historischen Kontext hinzutretendes Modell einer sozialen Gerechtigkeit ist zwar nicht ausgeschlossen bzw. mag den genannten Zweck sogar erfüllen. Es ist aber nicht notwendig. Denn der systematische Gehalt der Kantischen Erwerbstheorie ist weitreichender und nimmt den Sozialstaat als eine mögliche empirische und temporäre Durchgangsform273 in sich auf. Die ursprüngliche Aneignung ist nämlich nicht durch den Begriff des Gesamtbesitzes schon vorgängig-allgemein durch die freiheitsnotwendigen Besitzrechte der anderen begrenzt. Vielmehr beinhaltet das allgemeine Teilhaberecht Kantischer Prägung bereits in sich zwei Elemente, nämlich einerseits das subjektiv-individuelle Aneignungsrecht des einzelnen und andererseits das korrigierende Kriterium gegenseitiger universal-verbindlicher Konzession. Denn nur in einer Gemeinschaft der verallgemeinerten Freiheit und bestehenden privatrechtlichen Interpersonalität kann der Staat die Funktion des allgemeinen Willens sämtlicher, in Autonomie verfasster Subjekte sein. Alle konkreten Formen des Besitzes bzw. Eigentums implizieren schon im Ansatz mit dem Moment subjektiv-individueller Rechtsmacht zugleich das einschränkende Moment wechselseitig-allgemeingültiger Einräumung.274 Résumée: Der ursprüngliche Gesamtbesitzbegriff nach Kant erfüllt das für den Untersuchungsgegenstand maßgebliche Universalitätskriterium. Kants Eigentumstheorie enthält zugleich eine Aussage über ein allgemeines Teilhaberecht mit intersubjektivem und universal-verbindlichem Einräumungsgehalt. Im folgenden soll dieses Zwischenergebnis auf die Frage nach einer ökologischen Gerechtigkeit konkretisiert bzw. auf diese erweitert werden.

273

Vgl. Köhler, Iustitia distributiva, ARSP 1993, S. 457, 480. Vgl. Köhler, Gesellschaft und Staat nach freiheitlichem Rechtsprinzip im Übergang zu einer internationalen Gerechtigkeitsverfassung, S. 217. 274

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(3) Konkretisierung des Begriffes der freiheitlichen Teilhabegerechtigkeit auf die ökologische Frage (a) Vernunftsursprünglicher Gesamtbesitz der Menschheit an ihrer Umwelt Kant entwirft im Rahmen seiner Eigentumstheorie die Grundlage zur Herleitung eines jeder Person zukommenden Teilhaberechts an der gesamten irdischen Umweltsubstanz. Dieses gründet auf einem menschheitlichvernunftsursprünglichen Gesamtbesitz der Menschheit an den Ressourcen dieser Welt. Hierauf aufbauend wird das ursprüngliche Erwerbsrecht zur einseitigen privaten Okkupation nach wechselseitig-allgemeinen Erwerbsgesetzen hergeleitet. Denn die Systematik jeglichen originären oder derivativen Besitzerwerbs soll schlüssig auf der Ordnung eines Sachenrechts an der Weltsubstanz aller praktischen Formen basieren. Das Bestehen einer mit Freiheit ausgestatteten Persönlichkeit in der Welt mit der gleichzeitigen Existenz eines Sachenrechts an der Weltsubstanz ist für Kant untrennbar miteinander verbunden.275 Kant trifft – ganz im Gegenteil zu den bisher dargestellten Ansätzen – damit Feststellungen zur interdependenten Verknüpfung des Individuums und der Menschheit schlechthin, und zwar mit dem Regelungsgegenstand der Natur bzw. der Naturgüter in der Gestalt der von ihm entwickelten, salomonischen276 Rechtsfigur des Gesamtbesitzes. Die Grundlage des freiheitlichen Verteilungsansatzes basiert nämlich gerade – und wechselbezüglich – auf einem der gesamten Menschheit zukommenden Teilhaberecht an der Gesamtsumme aller Naturgüter. Kant begründet durch die Idee des ursprünglichen Gesamtbesitzes277 damit die für die ökologische Frage entscheidende und notwendige praktische Einheit von Subjekt und Substanz bzw. von Empirie und Vernunft.278 Diese für eine hinreichende Dimensionalität des Gerechtigkeitsansatzes sorgende Verknüpfung wird von anderen Gerechtigkeitsansätzen, die sich zudem nur im Bereich einer sozialen Theorie bewegen und nicht am Rechtsbegriff orientieren, nicht erreicht. Hierbei 275 Die von Kant vorgenommene Verknüpfung der Frage des Menschenrechts mit der des Eigentums ist auch für die Erfassung des neuzeitlichen Eigentumsbegriffes in der Rechtslehre nach wie vor aktuell, vgl. Leisner, Eigentum, S. 27; Hösch, Eigentum und Freiheit, S. 147. 276 Vgl. M. Kaufmann, Rechtsphilosophie, S. 133, 302, der hinsichtlich der Kantischen Überlegungen zum Besitzbegriff von salomonischen und weisen Lösungsansätzen spricht. 277 Kant, Metaphysik der Sitten, S. 262 ff. 278 Köhler, Ursprünglicher Gesamtbesitz, ursprünglicher Erwerb und Teilhabegerechtigkeit, S. 253 ff.

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darf der auf Anwendung Bedachte bei Weiterentwicklung dieses Gedankens jedoch nicht dem Irrtum erliegen, daß diese ursprünglich-individuelle Einheit von gegenständlicher Weltsubstanz und Subjekt zu einem arithmetisch bestimmbaren ideellen Anteil des einzelnen am Gesamtbesitz führen könnte. Mithin kann zum Beispiel ein generelles Grundrecht jedes einzelnen auf Zugang zu Frischwasser unmittelbar aus dem ursprünglichen Gesamtbesitz der Menschheit an der Ressource Süßwasser nicht hergeleitet werden. Das ursprüngliche Teilhaberecht ist vielmehr zunächst nur als sachenrechtliches Gegenstück zum ursprünglichen Menschenrecht als vor allem rechtlicher Akt zu betrachten, dem noch keine eigenen konkreten substantiellen bzw. materiellen Regelungen entnommen werden können. Es bedarf daher zur Formulierung eines Jedermann-Grundrechts auf Zugang zu Süßwasser der von dem Begriff der ursprünglichen Okkupation terminologisch zu trennenden prima occupatio, d.h. des Erwerbsaktes nach allgemeinen Gesetzen.279 Die ursprüngliche Okkupation der Menschheit bezüglich der Ressource Süßwasser bildet nämlich erst und nur die Voraussetzung sowie den Schlußgrund für die folgenden Erwerbsakte einzelner Individuen im Rahmen der prima occupatio nach allgemeinen Gesetzen in privatrechtsbegründender Form. (b) Der Einbezug zukünftiger Generationen Der Begriff des Gesamtbesitzes wurde oben bereits erfolgreich auf seine hinreichende Dimensionierung sowohl im internationalen als auch im intergenerationellen Kontext untersucht. Im Hinblick auf die hier fokussierte Frage des Natur- und Ressourcenschutzes birgt der Begriff der ursprünglichen Okkupation damit eine besondere dogmatische Plattform für die Entwicklung einer ökologischen Gerechtigkeit. Bezieht der ursprüngliche Gesamtbesitzbegriff nämlich die Totalität der Menschheit und ihrer Rechtsgeschichte mit ein, so bleibt er auch ein für künftige Subjekte offener Schlußgrund.280 Mithin ist nicht nur ein gesamtes vertikales (d.h. alle und jetzt), sondern auch ein permanentes horizontales (d.h. alle, und zwar jetzt und auch morgen) Gesamtbesitzrecht aller Rechtssubjekte zu konstatieren. Für Kant korrespondieren mit dem totalitären Grenzbegriff des Gesamtbesitzes die Terminologien des peremptorischen und provisorischen Besitzes. Jede historische bzw. zukünftige Erwerbung von Umweltgütern ist als provisorisch aufzufassen und steht unter der entscheidenden Einschränkung einer permanenten und vernunftgemäß fortentwickelten Besitz- und Er279

Vgl. Kant a. a. O. Vgl. Kant, Metaphysik der Sitten, S. 264; M. Kaufmann, Rechtsphilosophie, S. 302. 280

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werbsordnung, die auf das Ideal der peremptorischen Vollendung zielt. Es kann eben – als wesentlicher Unterschied zur occupatio im Sinne der angelsächsischen Aufklärung – nur indirekt von Besitz und Erwerb an beweglichen und unbeweglichen Sachen die Rede sein, da das lediglich Akzidentielle der beweglichen Sachen, die bloße Form, an sich keinen Sacherwerb vermittelt. Die im Laufe der Geschichte von Individuen, Gemeinschaften oder Völkern konzipierten Erwerbsgesetze bleiben insofern stets partikular im Verhältnis zu künftigen Erweiterungen des allgemeinen Regelungszusammenhangs. Hierdurch wird von vornherein der Selbstzweckhaftigkeit der einseitig-partikularen Weltaneignung als bloß empirisch-faktischer Machtakt entgegengewirkt. Die sich bedingenden Begriffe des provisorischen und peremptorischen Besitzerwerbes bilden somit die kennzeichnenden Kriterien des einer jeden konkreten Besitzform zugrundeliegenden, allgemeinen Prinzips der form- und zukunftsoffenen Weltsubstanz.281 Die ursprüngliche Eingeschränktheit des Erwerbs – oder umgekehrt: sein stets wechselseitiger Einräumungsgehalt – definiert daher das verallgemeinerungsfähige Erwerbsgesetz auf allen Geltungsstufen. Damit steht aber auch fest, daß etwaige nationale Naturschutzgesetze oder zwischenstaatliche bzw. supranationale Regelungen und die darin enthaltenen entsprechenden Erwerbsregeln einerseits zwar stets als provisorisch-zustandsoffen zu begreifen sind, andererseits aber hinsichtlich eines internationalen bzw. intergenerationellen Regelungsgehaltes auf den Schlußgrund der ursprünglichen Okkupation gestützt werden könnten. Mithin wären auch der gesellschaftliche Meinungsbildungsprozeß und die Verhandlungsgestaltung im Hinblick auf privatrechtsgestaltende Verträge oder Normen nach allgemeinen Gesetzen inhaltlich nicht auf politische Opportunitäten reduziert, sondern könnten sich auf ein Gesamtbesitzrecht stützen, welches alle von der zu treffenden Regelung Betroffenen in sich vereint. Derjenige, der sich mit dem Problem der Verknappung natürlicher Ressourcen bisher in empirischer Hinsicht befaßte und – auf der Suche nach rechtstheoretischen Auswegen – zu dieser Dimension des Gesamtbesitzes nach Kant vordringt, wird damit zu einer sicherlich nicht allgemein erwarteten Erkenntnis gelangen: Die Verschwendung bzw. systematische Verknappung natürlicher Ressourcen zu Lasten eines gegenwärtigen Teils sowie der zukünftigen gesamten Menschheit ist nicht als konsequente Fortentwicklung des Kantischen Rechtsverständnisses bzw. eines hierauf aufbauenden etwaigen Besitzindividualismus zu werten, sondern – ganz im Gegenteil – widerspricht diesem regelrecht. Denn der substantielle Gegenstand des ursprünglichen Erwerbs in seiner praktischen Formoffenheit schließt gerade historisch-empirische 281

Vgl. Kant, Metaphysik der Sitten, S. 262.

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Verkürzungen auf bestimmte Gegebenheiten, Verhältnisse, Bezüge oder empirische Existenzgrundlagen aus.282 (b) Leistungsfähigkeit und inhaltliche Ausrichtung des vernunftsursprünglichen Teilhaberechtes an der natürlichen Umwelt Die skizzierten allgemeinen Begriffe der Kantischen Eigentumslehre, wie zum Beispiel der des vernunftsursprünglichen Gesamtbesitzes, weisen selbstredend in ihrer Abstraktheit eine erhebliche Distanz zur praktischen Frage des Ressourcenschutzes auf. Intuitiv mag man daher zunächst geneigt sein, die Leistungsfähigkeit der Idee eines Teilhaberechts Kantischer Prägung darauf zu überprüfen, welche konkreten normativen Lösungsansätze konstitutiv aus diesem heraus zu entwickeln sind. Dies würde allerdings zu einem schiefen Bewertungskriterium führen. Eine Theorie im allgemeinen stellt sich inhaltlich nämlich primär als ein deskriptives System wissenschaftlich begründeter Aussagen zur Erklärung bestimmter Tatsachen oder Erscheinungen und der Ihnen zugrundeliegenden Gesetzmäßigkeiten dar. Für einen rechtstheoretischen Ansatz im speziellen gilt dabei, daß dieser die Gesamtheit der Rechtsnormen im Rahmen einer Abstrahierung zu einem System zu ordnen sucht, in welchem aus möglichst wenigen Sätzen, d.h. Axiomen, sich alle anderen Sätze formlogisch ableiten lassen (Axiomatik). Es gilt daher im folgenden, die abstrakte Figur des freiheitlichen Teilhaberechts zu etwaigen konkreteren Rechtssätzen die ökologische Frage betreffend axiomatisch ins Verhältnis zu setzen, um sodann – hierauf aufbauend – die Frage der Leistungsfähigkeit der Kantischen Eigentumslehre kurz grundsätzlich zu thematisieren. (aa) Normative Konkretisierung des freiheitlichen Teilhaberechts Es wurde bereits dargelegt, daß dem allen Formen des Besitzes an natürlichen Ressourcen zugrunde zu legenden Moment der subjektiv-individuellen Rechtsmacht zugleich das einschränkende Moment der wechselseitigen allgemeingültigen Einräumung korrespondiert. Damit wird zwar die vorgängig-allgemeine Begrenzung der ursprünglichen Aneignung durch die freiheitsnotwendigen Besitzrechte der anderen zum Ausdruck gebracht. Unmittelbar aus diesem Axiom kann aber keine weitere – quasi sich stufenweise entwickelnde – materielle Konkretisierung im Sinne von abgeleiteten und 282

Vgl. auch: M. Kaufmann a. a. O.

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E. Zur Regelungsebene des Rechts

untergeordneten Axiomen entwickelt werden. Insofern läßt sich zum Beispiel unmittelbar aus dem vorgängig-einschränkenden Moment der wechselseitigen allgemeingültigen Einräumung das Teilhaberecht nicht – als nächste logische Stufe – abstrakt-inhaltlich zu einem grundsätzlich ideellen Anteil an der natürlichen Weltsubstanz verdichten, um dieses Axiom seinerseits als weitere materielle Vorgabe für logisch nachfolgende positive Bezüge fortlaufend normativ zu konkretisieren. Vielmehr handelt es sich bei dem korrigierenden Kriterium einer wechselseitigen allgemeingültigen Einräumung um das kategorische Prinzip einer im übrigen inhaltlich offenen Rechtsnormbildung im positiven Bezug. Diese kategoriale Gesetzesfindung darf aber allein aufgrund ihrer inhaltlichen Offenheit im übrigen – dies wurde bereits gezeigt – auch nicht rein prozedual begriffen werden. Sie bestimmt vielmehr einen durch die kategoriale Form des Normbildungsprozesses geprägten vernunftsallgemeinen Inhalt der Erwerbsnorm. Im positiven Bezug konkretisieren bzw. realisieren sich das Erwerbsrecht bzw. die Erwerbsgesetze, die zur Legitimierung einer empirischen Weltaneignung im Rahmen des Freiheitsdaseins erforderlich sind, ohne axiomatische Ableitung als verallgemeinerte Formen der individuellen, empirischen Erwerbsfähigkeit. Diese ist zum einen aufgrund der sich raum-zeitlich ständig entwickelnden objektiven gesellschaftlichen bzw. empirischen Bedingungen einer stetigen Veränderung unterworfen. Zum anderen ist die Erwerbsfähigkeit der einzelnen Individuen per se nicht gleich beschaffen. Die Konkretisierung des freiheitlichen Teilhaberechts zu einem Erwerbsgesetz ist daher sowohl für die jeweiligen objektiven empirischen Umfeldbezüge als auch für die subjektiven Verwirklichungsbedingungen, d.h. für divergierende Entwicklungen der Individuen, grundsätzlich offen, sofern diese Erwerbsnorm einer kategorialen Gesetzesfindung entspricht. Die Konkretisierung des freiheitlichen Teilhaberechts kann danach zwar quantitativ-formal durchaus ungleiche Erwerbungen der Subjekte rechtfertigen. Aufgrund der kategorischen Bindung der Erwerbsgesetze müssen diese aber stets einer kontinuierlichen Verwirklichung bzw. Weiterentwicklung des subjektiven Vermögens aller entsprechen. Zusammenfassend kann das, auf dem ursprünglichen Gesamtbesitz beruhende, subjektive Besitzerwerbsrecht an der je konkret-geformten natürlichen Weltsubstanz als ein Grundteilhaberecht auf systematischen Einbezug in das Gesamtvermögen nach zu entwickelndem subjektiven Vermögen283 definiert werden. Allein vor diesem Hintergrund lassen sich unter Umständen, wenn andere Mittel zur Schaffung von geeigneten Verwirklichungsbedingungen für ein Teilhaberecht einzelner (Gruppen) nach ihrem Vermögen nicht greifen, als Ausnahme auch Normen 283 Köhler, Ursprünglicher Gesamtbesitz, ursprünglicher Erwerb und Teilhabegerechtigkeit, S. 253 ff.

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denken, die sozialstaatliche Umverteilungsmaßnahmen bzw. polizeiliche Regelungen des Umweltschutzes vorsehen. Stets gestaltet sich ein derartiger öffentlich-rechtlicher Ressourcenschutz jedoch nur als positivgesetzliche Hilfsmaßnahme zur kategorialen Konkretisierung des freiheitlichen Teilhaberechts im privatrechtlichen Bezug. Sollten hierbei im Einzelfall – was nicht zwingend ist – Mindeststandards, wie zum Beispiel Mindestverbrauchsmengen für Wasser, Luft oder organische Güter, definiert werden, die Grenzen eines Existenzminimums oder eines bestimmten Niveaus markieren, so sind diese eben nicht unmittelbarer Ausdruck eines übergeordneten Gesamtbesitzgedankens, der zu einer positiv-gesetzlichen Gleichverteilung der Welt in öffentlich-rechtlicher Form auffordert. Vielmehr realisiert sich hierdurch ein von allen gegenüber jedem einzuräumendes Erwerbsrecht an der natürlichen Weltsubstanz nach seinem Vermögen. Hierdurch wird für jedes menschliche Individuum eine materielle Erwerbschance formuliert, die dem Grundmaß nach eine kategorische Teilhabe an den natürlichen Lebensgrundlagen enthält.284 Der gesamte Bestand an möglichen nationalen und internationalen Erwerbs- und Schutznormen soll sich damit nicht in einer linear-materiellen Ableitung aus dem Axiom des vernunftsursprünglichen Gesamtbesitzes entwickeln. Dieser soll auch keinem abstrakten Regelungsregime entspringen, welches dem Gesamtbesitzbegriff als unmittelbare materielle Aussage zwingend und allgemeingültig etwa ein Gleichbehandlungsgebot und die Gewährung bestimmter Mindeststandards entnimmt. Da es damit auch nicht um die Durchsetzung derartiger (öffentlicher) Gebote, sondern um die Realisierung des freiheitlichen Teilhaberechts im privatrechtlichen Bezug geht, hat die positiv-gesetzliche Konkretisierung auch nicht primär, sondern höchstens hilfsweise durch Normen zu erfolgen, die polizeilich-obrigkeitliche Maßnahmen bzw. Umverteilungen vorsehen. Die Konkretisierung des vernunftsursprünglichen Teilhaberechts zur Regelung der ökologischen Frage vollzieht sich vielmehr kategorial als eine dem jeweiligen Gegenstand angemessene Gesetzgebung. Insofern erfolgt diese auch für jeden möglichen Regelungsbereich der Umweltdebatte, ob nun zum Beispiel für den Abbau mineralischer Rohstoffe, den Verbrauch von atmosphärischen Bestandteilen – sei es durch Inanspruchnahme von Luft durch industrielle Produktionsprozesse oder durch Ableiten von Abgasen –, das Abfischen des Meeres oder das Abholzen der tropischen Regenwälder. Dies kann jeweils nur im Rahmen einer vernunftsallgemein begründeten Normenbildung geschehen. Aufgrund des Gesamtbesitzbegriffes in menschheitlicher Perspektive und der damit verbundenen hinreichenden Dimensionalität kann jede dieser Normen mit dem vernunftsursprünglichen Teilhaberecht insbesondere auch dann 284

Köhler a. a. O.

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kongruieren und dessen Konkretisierung darstellen, wenn inhaltlich internationale oder intergenerationelle Regelungen vorgesehen sind.

(bb) Leistungsfähigkeit der freiheitlichen Teilhabegerechtigkeit Ausgehend von den obigen Ausführungen zur Konkretisierung des freiheitlichen Teilhaberechts kann nunmehr die – bereits eingangs formulierte – Frage nach dessen Leistungsfähigkeit grundsätzlich thematisiert werden. Im Hinblick auf das Anforderungsprofil des Untersuchungsgegenstandes, d.h. bezüglich der Frage der Dimensionalität und Kompatibilität, konnte die Leistungsfähigkeit des freiheitlichen Teilhaberechts bereits bejaht werden. Die Leistungsfähigkeit einer Rechtstheorie im allgemeinen hängt des weiteren nicht davon ab, daß möglichst viele direkte und abstrakte Ableitungen (untergeordnete Rechtssätze) aus ihren übergeordneten Axiomen selbst heraus möglich sind, sondern daß die in dem rechtstheoretischen System eingeordneten Normen widerspruchsfrei ihren Platz einnehmen. Letzteres trifft auf das System einer freiheitlichen Teilhabegerechtigkeit zu. Jede freiheitsnotwendige Regelung, ob nun in sachlicher Hinsicht privatrechtlich oder öffentlich-rechtlich bzw. in personeller Hinsicht national, international oder intergenerationell gestaltet, läßt sich axiomatisch als Konkretisierung des freiheitlichen Teilhaberechts in das System einer freiheitlichen Teilhabegerechtigkeit einordnen. Die allgemeine Leistungsfähigkeit des Systems der freiheitlichen Teilhabegerechtigkeit zeigt sich somit in zwei Bereichen: Zum einen ist es dazu geeignet, das Gesamtgefüge freiheitsnotwendiger Regelungen schlüssig zu beschreiben. Zum anderen bietet es in tatsächlicher Hinsicht die Möglichkeit einer Erhöhung der Akzeptanz und Verbindlichkeit von Normen, da diese nicht auf politischen Opportunitäten oder Mehrheiten basieren, sondern primär auf einer vernunftsallgemeinen Begründung. Gegen die grundsätzliche Leistungsfähigkeit der Kantischen Eigentumslehre vermag auch nicht die tatsächlich bestehende Schwierigkeit zu sprechen, in positiv-gesetzlichen Regelungen sehr komplexe Regelungszusammenhänge zu erfassen, wie zum Beispiel den Einbezug zukünftiger Generationen. So ist es im empirischen Bezug für den Normgeber bereits nicht leicht, in den Adressatenkreis mehrere nachfolgende Generationen einzubeziehen. Gedanklich unmöglich scheint die inhaltliche Formulierung eines Gesetzes dann zu werden, wenn es um die personelle Erfassung der, d.h. aller, zukünftigen Generationen geht. Der Grund für diese Schwierigkeit ist jedoch nicht in der Theorie vom freiheitlichen Teilhaberecht selbst angelegt, da der Gesamtbesitzbegriff in seiner Totalität ganz im Gegenteil mit derartigen Normen – unterstellt sie wären faktisch ohne weiteres formulier-

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bar – kongruieren würde. Es handelt sich bei dem Generationenproblem vielmehr um eine schwierige Sachverhaltskonstellation285 der ökologischen Frage, zu der man bei Anwendung anderer Gerechtigkeitsbegriffe als Folge der mangelnden Dimensionalität konsequenterweise gar nicht erst gelangen könnte. 6. Fazit: Freiheitsnotwendige iustitia distributiva Kantischer Prägung zur Lösung der ökologischen Frage Im Gegensatz zu den übrigen, bisher dargestellten kollektivistischen, vertragstheoretischen und empirisch-weltaneignenden Ansätzen einer Verteilungsgerechtigkeit bietet Kants, auf der gesamten Vernunftskritik beruhendes, freiheitliches Rechtsprinzip ein konsequent durchführ- und entwickelbares Gesamtkonzept, welches die letztlich als Problem des Sachenrechts zu behandelnde Frage der Verteilung von Nutzungsrechten an den natürlichen Lebensgrundlagen aus dem Ursprung der menschlichen Existenz in seiner vollen Dimensionalität wirklich zu beantworten vermag. Der systematischen Fortentwicklung des Kantischen Ansatzes gelingt es dabei einerseits, dem Bedürfnis nach dem Erhalt der historisch errungenen Ideen der Freiheit und Gleichheit hinreichend gerecht zu werden. Der freiheitlich-liberale Eigentumsbegriff kann andererseits gegen den häufig erhobenen Vorwurf, eine freiheitlich verfaßte Besitzordnung führe bereits systemnotwenig zur ökologischen Katastrophe, erfolgreich verteidigt werden. Es kann sogar gegenteilig konstatiert werden, daß die Außerachtlassung der Kantischen Idee des vernunftsursprünglichen Gesamtbesitzes der Menschheit an der Summe der irdischen Naturgüter und des kategorial-provisorischen Nutzungsrechtes der natürlichen Ressourcen nach allgemeinen Gesetzen die Grundlage der Zerstörung natürlicher Lebensgrundlagen zu Lasten gegenwärtiger und zukünftiger Populationen bildet. Nicht die Negierung bzw. Korrektur einer freiheitlichen Eigentumsordnung, sondern deren gründlichere Fundamentierung und Beachtung scheinen daher eine der entscheidenden Antworten auf die ökologische Frage zu sein. Allein die Kantische Lehre vom Sachenrecht weist mit ihren Figuren des vernunftsursprünglichen Gesamtbesitzes an der natürlichen Weltsubstanz 285 In diesem Zusammenhang sei für die Normenebene der Moral vergleichsweise auf die Sachverhaltsprobleme verwiesen, die sich bei der Anwendung einer utilitaristischen oder universalistischen Theorie im Zusammenhang mit der Generationenfrage ergeben. Auch hier stößt der Anwender bei der Konkretisierung, d.h. der Formulierung und Evaluierung von zukünftigen Nutzenwerten und Interessen, angesichts der Komplexität des Generationensachverhalts gedanklich an seine Grenzen.

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und des provisorischen Erwerbs jene Dimensionierung auf, die für ein System der umweltrechtlichen Güterzuordnung erheblich ist. Der Begriff des Gesamtbesitzes ist ein praktischer Vernunftsbegriff, der seinerseits auf dem Prinzip fußt, daß die Menschen den begrenzten Platz auf Erden nur nach Rechtsgesetzen gebrauchen können.286 Im Gegensatz zu den anderen Ansätzen zeichnet sich der gemeinschaftsstiftende Gesamtbesitzbegriff Kants damit – als wesentliches Element seiner Totalität – auch durch die besondere freiheitlich-vernunftspraktische Verbindung zwischen Mensch und Natur aus. Diesen, für die Frage der Wahrung der natürlichen Lebensgrundlagen zugunsten der gesamten gegenwärtigen Menschheit bzw. der künftigen Generationen elementaren Systemvorteil vermag eine eingeschränkte Besitzregulation, die sich allein aus dem subjektiven Recht des empirisch weltaneignenden Subjekts bzw. aus einer Vertragskonzeption heraus begreift, nicht aufzuweisen. Dogmatisch ist dies nur aus dem ursprünglichen Gemeinbesitz aller an der Gegenstandstotalität als Vernunftsgrund der Verteilungsgerechtigkeit herzuleiten. Es kann hinsichtlich der Kantischen Lehre vom Gesamtbesitz ferner resümiert werden, daß faktisch-historische Vor- oder Endverteilungen der natürlichen Umwelt systematisch in einer freiheitlich verfaßten Eigentums- und Besitzordnung nicht nur nicht vorgesehen sein können, sondern dieser geradezu widersprechen würden. Die im Laufe der Geschichte von besonderen Individuen, Gemeinschaften oder Völkern konzipierten Nutzungsrechte an den natürlichen Rohstoffen dieser Erde bleiben insofern offen für den Einbezug zukünftiger Generationen und deren Wechselbezüglichkeit zu gegenwärtigen Generationen. Damit bietet die auf dem Kantischen Gesamtbesitzbegriff basierende Teilhabegerechtigkeit die Möglichkeit der Vorstellung eines Gesamtsystems, im Rahmen dessen die jeweiligen historischen und auch zukünftigen Erscheinungsformen der Weltaneignung und die entsprechenden, damit im Zusammenhang zu sehenden Gemeinschaftsformen sich zu einem schlüssigen Gesamtgefüge zusammensetzen. Für die gesamte Menschheitsgeschichte ist daher der Welterwerb in den jeweiligen verallgemeinerungsfähigen Formen unter Berücksichtigung des stets provisorisch-peremptorischen Charakters darstellbar. Die sich bedingenden Begriffe des provisorischen und peremptorischen Besitzerwerbs bilden hierbei die kennzeichnenden Kriterien des, einer jeden konkreten Besitzform zugrundeliegenden, allgemeinen Prinzips der form- und zukunftsoffenen Weltsubstanz.287 Das auf dem ursprünglichen Gesamtbesitz basierende Besitzerwerbsrecht an der konkreten Erscheinungsform der irdischen Substanz ist als ein 286 Kant, Metaphysik der Sitten, S. 262 ff.; Kersting, Wohlgeordnete Freiheit, S. 268 ff. 287 Vgl. Kant, Metaphysik der Sitten, S. 263 ff.

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Grundteilhaberecht auf systematischen Einbezug in das Gesamtvermögen nach zu entwickelndem subjektiven Vermögen zu begreifen. Die Konkretisierung des vernunftsursprünglichen Teilhaberechts zur Regelung der ökologischen Frage vollzieht sich dabei kategorial als eine dem jeweiligen Gegenstand angemessene Gesetzgebung.

F. Konklusion Die Diskussion um die Frage des Ressourcenschutzes findet auf zwei normativen Ebenen statt, nämlich einerseits auf jener der Moral und andererseits auf jener des Rechts. Trotz grundsätzlich formaler Abstraktheit beider Begriffe ist hinsichtlich ihres materiellen Gehaltes eine gewisse Permeabilität zu erkennen. Dieses Ergebnis stellt den systematischen Grundsatz der Trennung, der allerdings in der Literatur zur ökoethischen Diskussion nicht deutlich genug herausgearbeitet wird, nicht in Frage. Eine rechtsphilosophische Untersuchung darf jedoch die dem Recht vorausliegenden ethischen Dimensionen des Naturschutzes nicht ausblenden. Das Recht kann und muß jenes Maß an äußerer Freiheit schaffen, ohne das die innere Freiheit der moralischen Pflichterfüllung nicht gedeihen kann. Eine ökologische Ethik an sich gibt es freilich nicht. Vielmehr verbirgt sich hinter diesem Sammelbegriff ein Bündel von verschiedenen argumentativen Ansätzen, die sich grob in ein anthropozentrisches und nicht-anthropozentrisches Lager aufteilen lassen. Das Lager der anthropozentrischen Positionen enthält, genau wie jenes der nicht-anthropozentrischen Meinungen, in der Regel Ansätze, die sich eher durch argumentative Gemengelagen als durch Reinpositionen auszeichnen. Die geistigen Grundlagen der Anthropozentrik finden sich sowohl in der ursprünglich für die abendländische Kultur maßgeblichen christlichen Naturauffassung als auch in der diese später überholenden Weltanschauung der Aufklärung. Ausgangspunkt des christlich-anthropozentrischen Menschenverständnisses ist die im biblischen Schöpferbericht angelegte Sonderstellung des Menschen in der Welt und der aus dem Leib-Seele-Konflikt resultierende Dualismus der menschlichen Existenz. Der allgemein erhobene Vorwurf eines in der christlichen Lehre systematisch angelegten Destruktivismus ist in diesem Zusammenhang jedoch nicht haltbar. Es konnte vielmehr gezeigt werden, daß die alleinige Betonung des dominium terrae und des säkularen Naturverständnisses ein verzerrtes Bild der testamentarischen Botschaft zeichnet. Den ausgesprochenen biblischen Herrschaftsrechten des Menschen korrespondieren nämlich untrennbare Herrschaftspflichten. Anhand der dargestellten Termini der Menschenwürde und der Autonomie erklärt sich die anthropozentrische Tradition auch aus einer rational begründeten Sonderstellung des Menschen im Naturgefüge. Nur in der – allein dem Menschen zugänglichen – Moralität besteht für diese Auffassung die Bedin-

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gung, unter welcher der Mensch – losgelöst von naturgebundener Zweckhaftigkeit – Zweck an sich sein kann. Der Kreis zwischen dem menschlichen Würdebegriff der Aufklärung einerseits und der aufgezeigten christlichen Anthropozentrik andererseits schließt sich ferner im beiderseitig thematisierten Dualismus der menschlichen Existenz. Dieser stellt für den Menschen jedoch kein zwingendes Lebenshemmnis, sondern dessen besondere, konstituierende Herausforderung dar und begründet damit nach neuzeitlichem Selbstverständnis in der westlichen Welt auch die Einzigartigkeit der menschlichen Existenz gegenüber sonstigem Leben auf unserem Planeten. Ein so verstandenes menschliches Sein in unvollkommener Vollkommenheit mit einem gleichzeitigen Potential an Freiheit, welches dem Menschen wiederum erlaubt, sich zum Subjekt einer umfassenden Verantwortung nicht nur gegenüber sich selbst, sondern auch gegenüber anderen zu machen, soll sich damit deutlich vom übrigen natürlichen Sein auf unserem Planeten abheben. Es wurde zudem gezeigt, daß das Verhältnis des modernen Menschen zur natürlichen Umwelt auch von der die modernen Wissenschaften prägenden rationalen und empirischen Naturerkenntnis bestimmt ist. Allein im Hinblick auf den empirischen Wissenschaftsansatz konnte der Verdacht erhärtet werden, daß dieser das Fundament für eine destruktivexploitative Grundeinstellung des Menschen zur Natur bildet. Konnte somit das anthropozentrische Lager vom Vorwurf, einem planmäßig-zerstörerischen Umgang mit der Natur Vorschub zu leisten, zwar weitestgehend, aber nicht vollständig befreit werden, galt es, die korrektivethischen Ansätze der Anthropozentrik aufzuzeigen. Im wesentlichen handelt es sich hierbei um Versuche, einen Naturschutz mit utilitaristischen, universalistischen oder ästhetischen Argumenten zu begründen bzw. diesen allgemein materiell bei der Formulierung von Wertlehren einzubinden. Sowohl ein ökologischer Utilitarismus als auch ein Universalismus thematisieren vorrangig Probleme der Zukunftsbewertung und liefern einen wichtigen Beitrag für die ökoethische Debatte der Gegenwart. Diese Ansätze orientieren sich nämlich an der These, daß in die von den jeweiligen gegenwärtigen Generationen anzustellenden ethischen Überlegungen die Nutzenwerte der bzw. die Verantwortung gegenüber den zukünftigen Generationen mit einzubeziehen seien. Positiv hervorzuheben ist insbesondere, daß diese Modelle damit deutlich den Horizont traditioneller Ethiken überschreiten, für die Fernwirkungen bisher nur ein zu vernachlässigendes Problem waren. Neben wenigen spezifischen Begründungsschwächen steht der futuristische Zweig allerdings insgesamt vor dem Problem der nur vagen Bestimmbarkeit zukünftigen Nutzens bzw. zukünftiger Interessen – auch vor dem Hintergrund der letztlich nicht feststellbaren Anzahl der zu berücksichtigenden Generationen. Dies führt inhaltlich zu einer Sicherheitsrhetorik, welche die gegenwärtigen ethischen Entscheidungsprozesse in ihren

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Zielsetzungen auf das Erreichen bzw. die Wahrung von Mindeststandards verdichtet. Aus den vielschichtigen Ansätzen, eine ästhetische Hinwendung zur Natur für die ökoethische Diskussion fruchtbar zu machen, haben sich im wesentlichen drei Hauptbegründungen, nämlich die anhand der Naturbeherrschung, der Naturschönheit und insbesondere der Naturseltenheit, herausgebildet. Die Argumente der Naturbeherrschung und Naturseltenheit entwickelten sich quasi spiegelbildlich aus dem, worauf sie sich wiederum korrektivbildend beziehen sollten, nämlich dem technischen Fortschritt. Es konnte gezeigt werden, daß die Momente der Naturbeherrschung und Naturseltenheit damit weniger die verallgemeinerungsfähigen Gründe für eine ästhetische Hinwendung zur Natur bilden, sondern vielmehr die tatsächlichen Möglichkeiten zur empirischen Entfaltung und Kultivierung einer bereits bestehenden ästhetischen Bezugnahme. Der Grund für eine Ästhetisierung der Natur konnte vielmehr aus dem wirkmächtigen Begriff des Naturschönen entwickelt werden. Das Prinzip des Naturschönen weist der Anthropozentrik eine Selbstbeschränkung zur Erhaltung der natürlichen Umgebung als notwendigen Gegenstand ästhetischer Bezugnahmen auf, ohne den selbige nicht durchführbar sein würden. Den Abschluß der Betrachtung der anthropozentrischen Fraktion bildeten schließlich die sogenannten subjektiven Wertlehren, die jedoch im Ergebnis keinen greifbaren Ansatz für einen anthropozentrischen Naturschutz liefern. Nicht-anthropozentrische bzw. anthropozentrik-kritische Konzepte zeichnen sich demgegenüber dadurch aus, daß diese einen moralischen Eigenwert der Natur bzw. alles Lebendigen zu begründen versuchen. Dies erfolgt einerseits durch die dargestellte Speziezismus-Kritik, die sich direkt gegen den anthropozentrischen Ansatz mit Erwägungen zu einem Gleichbehandlungs- bzw. Relativierungsgebot in bezug auf die seitens der Anthropozentrik propagierte Gattungssonderstellung des Menschen wendet. Deren Vertreter argumentieren im einzelnen – allerdings nicht überzeugend – mit Grenzfall-Situationen und der Zwecktätigkeit der Natur. Andererseits wurde der Mensch als ein Teil der Natur bzw. der Evolution begriffen, was jedoch letztlich den anthropozentrischen Standpunkt ebenfalls nicht zu entkräften vermochte. Ein besonderer Abschnitt wurde der sogenannten Mitleidsethik gewidmet, die zwar vom Grundsatz her auf die Diskussion um den Schutz auch der unbelebten Natur erweitert werden kann, jedoch ebenfalls nicht in der Lage ist, einen moralischen Eigenwert der Natur zu begründen. Ohne essentielle Bedeutung für die ethische Diskussion sind schließlich sogenannte objektive Wertlehren und der defaitistische Beitrag. Als Ergebnis der Untersuchung auf ethischer Ebene konnte damit festgehalten werden, daß die Anthropozentrik für eine ökologische Ethik konstitutiv ist und allem deklamatorischen Verzicht auf die anthropozentrische Perspektive zum

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Trotz die Interessengebundenheit der – allein menschlichen – Ethik unhintergehbar ist. Im Rahmen der Untersuchung der ökologischen Frage in rechtlicher Perspektive wurde – ausgehend vom Aspekt der Abgrenzung von Freiheitssphären – zunächst die Frage aufgeworfen, zwischen welchen Subjekten sich ein solches Netz von Freiheitssphären aufspannt. Vom entwickelten anthropozentrischen Standpunkt aus kann ein subjektives Recht der Natur nur mittelbar über das menschliche Interesse an derselben und mithin grundsätzlich nur konstruktivistisch zu denken sein. Der hierauf gerichtete vertragstheoretische Begründungsversuch überzeugte jedoch im Ergebnis nicht, so daß als Subjekt eines Rechtssystems nur der Mensch gedacht werden kann. Für den Fortgang der Untersuchung waren sodann die Parameter für die rechtliche Ausgestaltung des Ressourcenschutzes herauszuarbeiten. Hierbei zeigte sich, daß als inhaltliche Anforderungen an ein rechtliches System des Schutzes der natürlichen Lebensgrundlagen zunächst die nach Möglichkeit herzustellende Kompatibilität zum gängigen Rechtsbegriff zu fordern war. Des weiteren muß die rechtliche Ausgestaltung des Ressourcenschutzes der vertikalen und horizontalen Dimensionalität des Regelungsgegenstandes Ressource gerecht werden. Der rechtliche Kernaspekt der ökologischen Frage wurde sodann auf das Verteilungsproblem im Hinblick auf knappe Naturgüter konkretisiert: Die Freiheitsansprüche der einzelnen Individuen der Gesellschaft treten in der Objektsphäre – im rechtlichen Verhältnis – konkurrierend aufeinander. Dieses gesellschaftliche Grundszenario einer bestehenden Konkurrenz der freiheitsausübenden Individuen schafft denklogisch den Ruf nach einer gesellschaftlichen Satzung zur Regelung dieser Konkurrenzlagen. Damit fokussiert sich die rechtliche Ausgestaltung des Ressourcenschutzes auf den Ausgleich der rivalisierenden Besitz- und Nutzungsansprüche, mithin auf eine Frage der Verteilungsgerechtigkeit. Die ökologische Besitzordnung kann jedoch vor dem Hintergrund der definierten Anforderungen nicht in erster Linie gemeinschaftsbezogen und als fürsorglich orientierte Verteilungsgerechtigkeit gedacht werden. Insbesondere kollektivistische und kommunitaristische Ansätze formulieren eine Fundamentalkritik, die gegenüber einer Eigentumsordnung des freiheitlich verfaßten und selbstbestimmten Subjektes nicht durchzugreifen vermag. Insbesondere die behaupteten Widersprüche zwischen liberaler Individualität und kommutativer Gemeinschaftsbezogenheit lösen sich im Zuge der geführten Debatte auf. Was bleibt, sind kommunitative Sozialappelle an moderne Wirtschaftsordnungen – auf Augenhöhe einer nur sozialen Gerechtigkeitstheorie –, auf die ökologische Krise mit Wohlfahrts- bzw. polizeistaatlichen Korrektur- und Umverteilungsmaßnahmen zu reagieren, ohne allerdings einen wirklichen systematischen Beitrag für einen (korrigierten) Rechtsbegriff

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zu leisten. Gleiches gilt für die dargelegten Bestrebungen, das gerechtigkeitsneutrale, ethische Prinzip des Utilitarismus durch Gerechtigkeitserwägungen ergänzend zu verfeinern. Eine ökologische iustitia distributiva kann in letzter Konsequenz auch nicht auf konsensuelle Konstruktionen des Gesellschaftsvertrages gestützt werden. Insbesondere scheitert die Vertragstheorie – in der von Rawls modifizierten Fassung – mit dem Versuch, international bzw. intergenerationell eine Interessen- bzw. Zustimmungstotalität herbeizuführen. Am Vertragsmodell zeigt sich, daß die besonderen kategorischen Anforderungen an das Regelungsobjekt Ressource nicht einer besonderen interpersonalen hypothetischen Beziehung entspringen, welche vertragstheoretisch auch auf internationaler und intergenerationeller Ebene nachvollzogen werden müssen. Vielmehr liegen diese in der Gegenstandstotalität des Regelungsobjektes Ressource begründet. Der Rawlsche Personenbegriff, allein orientiert am Gerechtigkeitssinn und an der Fähigkeit zur Entwicklung einer eigenen Gutsvorstellung, vermag jedoch diesem kategoralen Erfordernis nicht zu entsprechen. Ob und wieviele natürliche Güter nach dem zweiten Rawlschen Gerechtigkeitsgrundsatz umverteilt werden können, ist in der notwendigen universellen Perspektive auf vertraglicher Grundlage nicht zu begründen. Die selbstbezogene Gutsverfolgung des einzelnen Entscheiders könnte hinter dem Schleier des Nichtwissens nur durch Anwendung einer nicht autonomen Gutskonzeption oder durch Zugrundelegung eines empirisch-pragmatischen Subjektbegriffes korrigiert werden, wodurch die Bildung eines kategorialen Gerechtigkeitsbegriffes letztlich aber nicht möglich wäre. Eine Antwort auf die Frage nach einer ökologischen Verteilungsgerechtigkeit vermag jedoch das Modell eines ursprünglich freiheitsgesetzlichen Erwerbsrechts zu geben. Hierbei kann allerdings nicht auf den auf empirische Aneignung rekurrierenden Eigentumsbegriff nach Locke zurückgegriffen werden. Im Kontext des ökologischen Verteilungskonfliktes der Gegenwart verschließt sich dieser historisch fixierte Ansatz nämlich einem direkt brauchbaren Bezug. Denn Lockes Lehre vom ursprünglichen Erwerb setzt zunächst ganz allein am empirisch-naturgesetzlichen Selbstbesitz des Körpers und seinem formend-einbeziehenden Weltausgreifen an. Dieses empirische Moment eines weltaneignenden Subjekts einerseits und das lediglich als lex naturalis formulierte Korrektiv andererseits bieten keinen direkten Ansatz für einen modernen Teilhabegerechtigkeitsbegriff, der empirischen Verkürzungen entgegenwirkt und der internationalen sowie intergenerationellen Dimensionalität des ökologischen Verteilungskonfliktes zu entsprechen vermag. Dem Eigentumssystem von Locke fehlt – da selbiger sich zurückblickend gegen die feudalistischen Besitzverhältnisse richtete – damit auch ein universeller Bezugspunkt, der über die Errungenschaft eines subjektiven Rechtes bzw. Abwehrrechtes gegenüber dem Staat hinausgeht

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und auf die Beantwortung der sozialen und ökologischen Frage gerichtet sein kann. Vielmehr lassen sich demgegenüber weitreichende Lösungsansätze der von Kant entwickelten Eigentumstheorie entnehmen. Kants Rechtsbegriff erfüllt zunächst zwanglos das Kompatibilitätsgebot im Hinblick auf den gängigen Rechtsbegriff. Durch die von ihm entwickelte Figur des ursprünglichen Gesamtbesitzes wird ferner dem Dimensionalitätserfordernis Rechnung getragen. Mit Kant läßt sich die ursprüngliche und rechtliche Besitzgemeinsamkeit des Menschengeschlechtes schlechthin – folglich auch zwischen den Generationen – begründen. Hierfür reicht die auf dem allumfassenden System basierende, sich perspektivoffen entwickelnde Gestaltungskraft des provisorischen Erwerbs der Erdsubstanz. Hinsichtlich der Frage nach der materiellen Gerechtigkeitsaussage kann resümiert werden, daß diese nicht allein mit dem Testat eines Besitzindividualismus Kantischer Prägung beantwortet werden kann. Gleiches gilt für diejenigen Interpretationsansätze, die glauben, einen im Eigentumsbegriff Kants verankerten reinen Prozedualismus oder den Sozialstaatsgedanken gefunden zu haben. Denn der systematische Gehalt der Kantischen Erwerbstheorie ist weitreichender und nimmt den Sozialstaat als eine mögliche empirische und temporäre Durchgangsform in sich auf. Das allgemeine Teilhaberecht Kantischer Prägung vereint dabei in sich zwei Elemente, nämlich einerseits das subjektiv-individuelle Aneignungsrecht des einzelnen und andererseits das korrigierende Kriterium gegenseitiger universal-verbindlicher Konzession. Denn nur in einer Gemeinschaft der verallgemeinerten Freiheit und bestehender privatrechtlicher Interpersonalität kann der Staat die Funktion des allgemeinen Willens aller in Autonomie verfaßter Subjekte sein. Alle konkreten Formen des Besitzes bzw. Eigentums implizieren schon im Ansatz mit dem Moment subjektiv-individueller Rechtsmacht zugleich materiell das einschränkende Moment wechselseitig-allgemeingültiger Einräumung. Kant trifft – ganz im Gegenteil zu den übrigen Gerechtigkeitsansätzen – Feststellungen zur interdependenten Verknüpfung des Individuums und der Menschheit schlechthin mit dem Regelungsgegenstand der Natur bzw. der Naturgüter in der Gestalt der von ihm entwickelten Rechtsfigur des Gesamtbesitzes. Das ursprüngliche Teilhaberecht ist dabei jedoch nicht als Berechtigung an einem arithmetisch zu bildenden Teilstück der Erdsubstanz vorzustellen, sondern vielmehr als sachenrechtliches Gegenstück zum ursprünglichen Menschenrecht, dem noch keine eigenen konkreten substantiellen bzw. materiellen Regelungen entnommen werden können. Die ursprüngliche Okkupation der Menschheit bezüglich sämtlicher irdischer Ressourcen bildet nämlich erst und nur die Voraussetzung sowie den Schlußgrund für die einzelnen folgenden Erwerbsakte der Individuen im Rahmen der prima occupatio nach allgemeinen Gesetzen in privatrechtsbe-

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gründender Form. Der ursprüngliche Gesamtbesitzbegriff nimmt die Totalität der Menschheit und ihrer Rechtsgeschichte in sich auf und bleibt so auch noch für künftige Subjekte ein offener Schlußgrund. Mithin ist nicht nur ein gesamtes vertikales, sondern auch ein permanentes horizontales Gesamtbesitzrecht aller Rechtssubjekte nach Kant zu entwickeln. Etwaige nationale Naturschutzgesetze oder zwischenstaatliche bzw. supranationale Regelungen und die darin enthaltenen entsprechenden Erwerbsregeln sind zwar stets als provisorisch-zustandsoffen zu begreifen, können aber auch hinsichtlich eines internationalen bzw. intergenerationellen Regelungsgehaltes auf den Schlußgrund der ursprünglichen Okkupation gestützt werden. Der mit der ökologischen Frage Befaßte, der zu dieser Dimension des Gesamtbesitzes nach Kant vordringt, gelangt folglich zu einer nicht allgemein erwarteten Erkenntnis: Die Verschwendung bzw. systematische Verknappung der gegenwärtigen natürlichen Ressourcen zu Lasten der zukünftigen Menschheit ist nicht als konsequente Fortentwicklung des Kantischen Rechtsverständnisses bzw. eines hierauf aufbauenden etwaigen Besitzindividualismus zu werten, sondern – ganz im Gegenteil – widerspricht diesem geradezu. Die so verstandene Teilhabegerechtigkeit ist für unterschiedliche empirische bzw. gesellschaftliche Umfeldbezüge oder subjektive Verwirklichungsbedingungen und für divergierende Entwicklungen der Individuen grundsätzlich offen. Die Theorie des ursprünglichen Erwerbs konstituiert mithin ein von allen gegenüber jedem einzuräumendes Erwerbsrecht an der natürlichen Weltsubstanz nach seinem Vermögen. Hierdurch wird für jedes menschliche Individuum eine materielle Erwerbschance formuliert, die dem Grundmaß nach eine kategorische Teilhabe an den natürlichen Lebensgrundlagen enthält. Die Nutzung von irdischen Rohstoffen, der Verbrauch und die Belastung der Atmosphäre, der Zugang zu frischem Wasser, das Abholzen und atmosphärische Nutzen des tropischen Regenwaldes vollziehen sich provisorisch nach dem gesetzlichen Gleichmaß schlüssigen individuellen Aneignungs- und Bearbeitungsvermögens. Der wechselseitige kategoriale Konzessionsgehalt, dem entsprechende Aneignungsnormen zu kongruieren haben, sichert zugleich den Erhalt der vorgängig-allgemeinen Einräumung des freiheitsnotwendigen Besitzrechtes eines jeden anderen an der natürlichen Umwelt, wodurch auch eine Verschwendung natürlicher Ressourcen zu Lasten der – qua aktuellen und potentiellen Aneignungsvermögens zu berücksichtigenden – zeitgenössischen Individuen bzw. zukünftigen Generationen auszuschließen ist. Gesamtergebnis: Für die normative Ebene der Moral gilt, daß das anthropozentrische Naturverständnis argumentativ zum einen unhintergehbar und zum anderen auch per se nicht notwendigerweise aufzugeben ist, da dieses – entgegen der mannigfaltigen Kritik – unter Berücksichtigung der innerhalb des anthropozentrischen Lagers entwickelten Korrektivansätze keine

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systematisch begründeten, destruktiv-exploitativen Tendenzen aufweist. Auf rechtlicher Ebene kann die Idee des freiheitlich verfaßten subjektiven Rechts ebenfalls gegen den Vorwurf eines etwaigen, sich für die ökologische Frage destruktiv auswirkenden Besitzindividualismus verteidigt werden. Zudem ist aus dem freiheitlichen Teilhaberecht Kantischer Prägung ein für die ökologische Frage brauch- und entwickelbarer Begriff der iustitia distributiva zu entnehmen.

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Sach- und Personenregister Akkumulationsmöglichkeit 132, 160 Akzidentiell 168 Akzidenz 168 aliénation totale 132 Altruismus 42 Aneignungsrecht 159, 160, 183, 199 Ansatz – kommunitaristischer Gerechtigkeitsansatz 136 – pathognomischer 98, 100, 114 – pathozentrischer 94 Anthropozentrik 35, 36, 37, 38, 40, 46, 48, 49, 53, 70, 71, 75, 77, 80, 82, 99, 100, 107, 110, 115, 117, 194, 195, 196, 202, 216 Antike 33, 126, 128, 129, 132, 148, 209, 214, 217, 218 Antipaternalismus 178 Apprehensio 169, 171 apprehensio physica 171 Aquin, Thomas von 128, 130 Arbeit 9, 59, 71, 133, 158, 159, 173 Arbeitskraft 160 Aristoteles 126, 128, 129, 130, 131, 202, 203, 217 Ästhetizismus 70, 73, 97, 110 Aufklärung 33, 37, 38, 41, 43, 46, 48, 49, 52, 70, 71, 77, 82, 128, 131, 158, 181, 194, 212, 214 – angelsächsische 51, 159, 186 Ausbeutung – schonungslose und despotische 38, 52 Ausgleichsprogramm 69 Autonomie 30, 43, 44, 45, 47, 107, 109, 148, 183, 194, 199

Autonomiethese 112, 131, 182 Axiologie 75, 78 Axiomatik 187 Bacon, Francis 21, 22, 33, 35, 49, 50, 51, 108, 119, 202, 218 Bedürfnis 24, 33, 34, 49, 53, 57, 61, 67, 108, 110, 122, 124, 143, 146, 181, 183, 191 Bedürfnisbefriedigung 45, 46, 88, 135 Bentham, Jeremy 53, 82, 84, 92, 93, 143, 203 Besitzerwerbsrecht 169, 188, 192 Besitzindividualismus 160, 161, 176, 177, 178, 181, 182, 186, 199, 201, 214, 223 Besitzordnung 124, 127, 177, 191, 192 – ökologische 153, 197 Besitzrecht – ursprüngliches 167 Bilanz – Ökobilanz 68 Birnbacher, Dieter 53, 54, 62, 63, 65, 85, 94, 97, 114, 202, 203, 205, 206, 217, 218, 220, 221 Boden 33, 77, 123, 134, 158, 160, 163, 164, 165, 166, 168, 169, 171, 173, 174, 175, 176, 180 – Begrenztheit des Bodens 174 Bruttoinlandsprodukt 68 Buddhismus 22 Chance 66, 99, 125 cogito ergo sum 48 communio originaria 130 communio possessionis originaria 166

Sach- und Personenregister Debatte – Gerechtigkeitsdebatte 127, 131, 149 – Tierrechtsdebatte 79 – Tierschutzdebatte 85 Defaitismus 81, 91, 104, 105, 106 Descartes, René 33, 48, 49, 205 Destruktivismus 40, 51, 52, 77, 194 Dimensionalität 19, 57, 128, 140, 161, 174, 184, 189, 190, 191, 197, 198 Dimensionierung 117, 118, 119, 121, 139, 142, 145, 174, 185, 192 Diskontierung 58, 64, 67, 145 – intergenerationelle Unsicherheitsdiskontierung 67 – zukünftigen Nutzens 64 Distributionskriterien 138 divisio rerum 137 dominium terrae 40, 41, 43, 77, 194 Dualismus 23, 28, 39, 46, 48, 108, 137, 194 – Leib-Seele-Dualismus 83 Egoist – rationaler 58, 150 Eigenrecht 37, 79, 86, 112, 113, 115, 118, 204 Eigentum 23, 79, 112, 118, 130, 132, 158, 159, 160, 171, 173, 174, 176, 177, 178, 179, 180, 183, 184, 192, 199, 206, 209, 213, 215, 218, 223 – Privateigentumsordnung 174 Eigentumserwerb 135 Eigentumsgarantie 181 Eigentumskonzeption 132, 162, 163, 181 Eigentumslehre 173, 178, 187, 190, 204, 213 Eigentumsordnung 130, 134, 137, 142, 179, 180, 191, 197, 211, 213 Eigentumssystem 161, 198 Eigentumstheorie 158, 162, 173, 175, 177, 180, 181, 183, 184, 199, 204

225

Eigenwert 36, 37, 38, 42, 43, 45, 72, 73, 74, 79, 80, 81, 82, 83, 86, 87, 89, 99, 100, 101, 102, 109, 113, 114, 115, 116, 196, 205, 212 Empirismus 49, 50, 51, 78 Entpflichtung – Strategie 59 Entscheidungsprinzip – Prognose als Entscheidungsprinzip 59, 60 Erdfläche – Endlichkeit der Erdfläche 166, 164 Erhabenheit 71, 73 Erkenntnis 19, 21, 22, 30, 39, 49, 50, 51, 68, 69, 87, 88, 90, 105, 108, 112, 113, 119, 173, 186, 200, 203, 217, 218, 221 Erkenntnistheorie 88, 221, 223 – evolutionäre 88, 221 Erlaubnisgesetz 166 Erwartungswert 59, 61 Erwartungswertmaximierung 65 Erwerb 130, 131, 161, 164, 172, 174, 175, 184, 186, 188, 198, 212 – ursprünglicher 127, 159, 166, 184, 186, 200 Erwerbung 164, 169, 171, 172, 173, 182, 185 – äußere 162, 170 – erste 173 Ethik 22, 28, 31, 32, 33, 34, 35, 36, 37, 38, 41, 42, 44, 45, 46, 48, 50, 52, 53, 54, 55, 57, 58, 62, 63, 64, 70, 71, 72, 76, 81, 82, 84, 85, 89, 90, 91, 92, 93, 98, 99, 100, 102, 103, 104, 106, 107, 108, 110, 115, 121, 122, 126, 129, 130, 144, 197, 202, 203, 204, 206, 208, 209, 210, 211, 213, 214, 215, 216, 217, 218, 219, 220, 221, 222, 223 – absolute 101, 103 – Komplementärethik 69 – Mitleidsethik 81, 92, 93, 94, 95, 97, 99, 100, 104, 196

226

Sach- und Personenregister

– ökologische 32, 33, 34, 36, 52, 54, 62, 78, 89, 103, 105, 106, 110, 194, 196, 204, 207, 216 – Verantwortungsethik 47, 52, 59, 60, 65, 69, 77, 78, 110, 212 – Zukunftsethik 54, 55, 58, 62, 65, 69, 107, 202, 207, 208, 210 eudamionisch 38, 52 Evaluative 72, 76, 120 Evolution 39, 45, 81, 89, 91, 92, 102, 105, 196, 214, 217, 218, 221, 223 – Endglied der Evolution 43 Evolutionismus 91, 92 Existenz 33, 39, 44, 46, 48, 57, 58, 61, 66, 74, 76, 83, 87, 92, 93, 97, 102, 108, 110, 115, 128, 137, 148, 151, 157, 159, 168, 170, 184, 191, 194 – Bedingtheit der menschlichen Existenz 87 Existenzsicherung 69, 146 Fairneß 150, 151 Fernwirkungen 55, 195 Frage – ökologische 9, 19, 21, 22, 24, 31, 33, 34, 36, 49, 51, 52, 78, 106, 119, 121, 122, 123, 145, 147, 161, 162, 178, 181, 184, 187, 189, 191, 193, 197, 199, 200, 201 Freiheit 29, 30, 31, 32, 39, 44, 46, 47, 57, 91, 106, 110, 113, 120, 122, 129, 130, 131, 132, 133, 134, 135, 140, 141, 146, 149, 151, 152, 160, 162, 165, 167, 168, 170, 171, 173, 174, 175, 178, 179, 180, 181, 182, 183, 184, 191, 192, 194, 195, 199, 205, 207, 208, 209, 210, 211, 214, 219 – Handlungsfreiheit 29 Freiheitsrecht 160, 161, 203 Freiheitssphäre 135 Gattungsegoismus 81, 87, 101, 109 Gegenstandstotalität 157, 192, 198 Geist 50, 83, 133

Geltung 90, 95, 101, 132, 207 Geltungsdifferenz 90 Gemeinbesitz 133, 164, 192 Gemeineigentum der Menschheit 161 Gemeinschaft – ursprüngliche 164, 166, 171 Gemeinwille 132 Gemeinwohl 130, 136 Generation 26, 54, 55, 57, 58, 59, 62, 65, 66, 67, 78, 121, 127, 142, 145, 147, 152, 153, 156, 175, 190, 192, 195, 199, 218 – Anzahl zukünftiger Generationen 59, 64 – zukünftige 9, 19, 26, 31, 35, 42, 53, 54, 57, 58, 59, 60, 61, 62, 63, 64, 65, 66, 67, 68, 69, 78, 85, 92, 107, 113, 145, 152, 156, 157, 175, 185, 190, 192, 195, 200, 204, 206, 210, 221 Generationenproblem 191 Gerechtigkeit 9, 42, 65, 77, 91, 95, 101, 113, 115, 116, 118, 124, 126, 128, 129, 130, 131, 133, 135, 137, 138, 139, 141, 143, 145, 149, 151, 152, 157, 160, 176, 178, 179, 180, 183, 203, 208, 209, 212, 214, 217, 218, 219, 221, 223 – ökologische 30, 139, 140, 143, 183, 185, 220 – politische 129, 131, 147, 160, 161, 203 – Preisgerechtigkeit 129 – Sphäre der Gerechtigkeit 137, 138 – Tauschgerechtigkeit 129 Gerechtigkeitsdebatte 127, 131, 149 Gerechtigkeitstheorie 128, 132, 137, 138, 141, 148, 151, 153, 161, 197, 217 Gesamtbesitz 130, 131, 161, 162, 163, 164, 166, 169, 172, 174, 175, 176, 182, 183, 184, 185, 187, 188, 189, 191, 192, 199, 212 – vernunftsursprünglicher Gesamtbesitz der Menschheit 191

Sach- und Personenregister Gesamtbesitzbegriff 161, 167, 175, 183, 185, 189, 190, 192, 200 – Dimensionalität des Gesamtbesitzbegriffes 174 Gesamtbesitzrecht 158, 185, 200 Gesamtbesitzzustand 163 Gesamtsubstanz 168 Gesellschaft – Totalität der Gesellschaft 133 Gesellschaftsvertrag 132, 148, 153, 211 Gesellschaftsvertragstheorie 140 Gesetz 28, 29, 33, 44, 57, 90, 122, 126, 159, 162, 165, 169, 172, 174 – allgemeines 165, 185, 186, 191, 199 – der äußeren Freiheit 162, 169 – Erlaubnisgesetz 166 – Formulierung eines Gesetzes 190 – mechanisches 48 – Sittengesetz 28, 44, 47 Gesetzgeber 181 Gesetzgebung – allgemeine 28, 171 – sittliche 28 Gesetzgebungsverfahren 30 Gesetzmäßigkeit 187 Gleichbehandlungsgebot 189 Gleichheit 69, 81, 82, 84, 111, 116, 126, 127, 129, 130, 138, 146, 149, 151, 176, 179, 180, 181, 182, 191, 212, 214 Gleichheitspostulat 80, 81, 100, 111 Gleichverteilung 143, 189 Gleichverteilungspfad 67 Globalisierung 34, 128 Glück 62, 63, 64, 103, 144 Glückseligkeit 28, 46, 89 Glücksmaximierung 63, 64, 143 Glücksmöglichkeit 73 Gott 33, 39, 40, 41, 42, 43, 130, 131, 210 Grenzbegriff 164, 175, 185

227

Grenzfall-Argument 83, 84, 85 Grenzfall-Argumentation 83 Grundhaltung – anthropozentrische 38, 52 Grundteilhaberecht 188, 193 Gutsvorstellung 157, 198 Hayek, Friedrich August von 145, 146, 208 Hedonismus 62, 63 Hegel, Georg Wilhelm Friedrich 131, 133, 134, 135, 208, 217 Herrscherauftrag 40, 77 Heterogenität 79, 142 Hurwicz-Regel 66 Idee – des Menschen 57, 108, 203 – des Rechts 134 Inbesitznahme – physische 171 Inhärenz 168 Intelligenz 88, 89, 91, 109, 205 – menschliche 88 Interdependenz 31, 86, 99, 156 – gesellschaftliche 87 Interpersonalität 183, 199 iustitia 124, 126, 129, 147, 162, 191, 198, 201 iustitia commutativa 126 iustitia distributiva 124, 126, 129, 147, 162, 191, 198, 201 iustitia tutatrix 126 Jonas, Hans 41, 50, 55, 56, 57, 58, 59, 60, 61, 62, 65, 91, 102, 204, 208, 210, 212 Kant, Immanuel 24, 27, 28, 29, 34, 37, 44, 45, 46, 47, 54, 55, 71, 74, 75, 90, 96, 105, 106, 107, 122, 154, 155, 156, 158, 160, 162, 163, 164, 165, 166, 167, 168, 169, 170, 171,

228

Sach- und Personenregister

172, 173, 174, 175, 176, 177, 178, 179, 180, 181, 182, 183, 184, 185, 186, 191, 192, 199, 204, 205, 206, 209, 210, 211, 212, 213, 214, 215, 218, 219, 222, 223 Kategorie – des Heiligen 41 Klimaschutz 21, 23, 119, 139, 151, 205, 219 Knappheit 26, 51, 54, 55, 123, 124, 125, 148, 160 Kollektiv 58, 131 Kollektivismus 128, 131, 133, 136, 150, 216 Kolonisation 34 Kommunitarismus 128, 131, 136, 137, 139, 140, 141, 142, 143, 206, 208, 221 Kompatibilität 112, 117, 118, 121, 122, 128, 140, 176, 178, 183, 190, 197 Komplementärethik 69 Konferenz – Umweltkonferenz 19 – UNO-Konferenz 19 Konflikt – Leib-Seele-Konflikt 39, 194 Konfuzianismus 22 Konkretisierung 157, 184, 187, 188, 189, 190, 191, 193 konstruktivistisch 113, 114, 117, 197 Konsumpfad 67 Kontraktualismus 148, 152, 155 Kostenbetrachtung 68 Krise – ökologische 34, 35, 48, 51, 55, 68, 102, 108, 109, 115, 119, 140, 142, 152, 197, 207, 209, 210 Kunstschöne 73, 74 Laplace-Regel 66 Läsion 98, 100, 163 – pathische 98

Leben – absoluter Wert allen Lebens 104 Lebensgrundlage – elementare 24 – natürliche 21, 23, 24, 25, 28, 78, 79, 104, 115, 117, 118, 123, 125, 127, 147, 152, 161, 189, 191, 192, 197, 200 Leib 23, 39, 40, 46, 83, 120, 123, 194 – Leiblichkeit 46 – Leib-Seele-Dualismus 83 – Leib-Seele-Konflikt 39, 194 – Leib-Seele-Problematik 46 Leid 41, 62, 93, 94, 95, 96, 97, 98, 100 Leidensfähigkeit 53, 85, 93, 101, 109 Leistung – sozialstaatliche 162 Leistungsfähigkeit 187, 190 lex naturalis 159, 161, 198 lex permissiva 166 Liberalismus 136, 137, 139, 140, 141, 143, 149, 152, 157, 208, 217, 221, 223 Locke, John 49, 150, 158, 159, 160, 162, 171, 173, 198, 213, 214, 216 Managementregel 69 Marktwirtschaft 68, 128, 142, 143, 146, 178, 203, 204, 205, 207, 210, 211, 213, 218, 219, 222 Marx, Karl 131, 132, 133, 137, 214 Maximax-Prinzip 66 Maxime 28, 29, 44, 46, 95 Maximin-Prinzip 66 Maximin-Regret-Kriterium 66 Mensch – als autonomes Vernunftswesen 45 – als Teil der Natur 81, 86 – Idee des Menschen 57, 108, 203 – Mensch-Zweck-Formel 45, 81 – Sonderstellung des Menschen 39, 40, 45, 77, 80, 101, 104, 107, 108, 109, 116, 194

Sach- und Personenregister Menschenbild 34, 136, 140, 207, 217 – modernes 34 Menschenrecht auf Natur 119 Menschenwürde 39, 43, 44, 45, 47, 81, 93, 107, 108, 109, 125, 194, 208, 220 – Menschenwürdebegriff 81, 83 Menschheit 19, 21, 24, 39, 45, 51, 55, 57, 58, 61, 67, 78, 80, 81, 91, 96, 97, 105, 106, 119, 123, 125, 130, 151, 158, 161, 164, 166, 171, 174, 175, 182, 184, 185, 186, 192, 199, 213 – als Zweck 175 – Gemeineigentum der Menschheit 161 Metrisierung 63, 65 Mitgefühl 75, 94 Mitleid 92, 93, 94, 95, 96, 97, 100 Mitleidsethik 81, 92, 93, 94, 95, 97, 99, 100, 104, 196 – ökologische 98 Mittelalter 33, 128, 130, 131, 208 Mitwelt 23, 79, 123, 215 Monotheismus 41, 43 Monotheismus-Argument 43 Moral 9, 21, 27, 28, 29, 30, 31, 37, 44, 46, 49, 55, 59, 76, 77, 85, 87, 89, 93, 95, 96, 99, 106, 108, 112, 131, 134, 141, 154, 194, 200, 206, 208, 209, 211, 214, 215, 216, 219, 222, 223 – Funktionalität des Naturschönen für die Moralität 74 Moralität 28, 45, 75, 95, 104, 107, 134, 194 Motiv 19, 55, 95, 144 Nachhaltigkeit 35, 65, 128, 215, 216 Naivitätsbruch 39 Natur 19, 21, 22, 23, 24, 25, 26, 28, 30, 31, 33, 34, 35, 36, 37, 38, 40, 41, 42, 43, 44, 45, 46, 48, 49, 50, 51, 52, 53, 54, 55, 56, 59, 61, 62,

229

68, 70, 71, 72, 73, 74, 75, 76, 77, 78, 79, 80, 81, 82, 83, 85, 86, 87, 88, 89, 91, 92, 93, 94, 95, 96, 97, 98, 99, 100, 101, 102, 103, 104, 105, 107, 108, 110, 112, 113, 114, 115, 116, 118, 119, 120, 121, 122, 126, 129, 130, 131, 133, 148, 151, 152, 154, 159, 160, 166, 172, 184, 185, 192, 195, 196, 197, 199, 202, 203, 204, 205, 207, 208, 209, 211, 212, 213, 214, 215, 216, 217, 218, 219, 220, 221, 222 – als Schutzobjekt 112 – Eigenwert der Natur 38, 42, 43, 72, 80, 87, 99, 100, 101, 109, 115, 116, 196, 205 – Entzauberung der Natur 87 – Menschenrecht auf Natur 119 – Rechte der Natur 113, 117, 118, 213 – Zwecktätigkeit der Natur 81, 85, 196 Naturästhetik 71, 72 Naturauffassung 38, 48, 52, 194 – rationale 82 Naturbeherrschung 48, 70, 72, 75, 78, 196 – soziologisches Moment der Naturbeherrschung 70 Naturerkenntnis 33, 48, 195 Naturlandschaft 71, 72, 98, 207 naturschön 71 Naturschönheit 70, 71, 72, 196 – Funktionalität 74 Naturschutz 36, 38, 48, 52, 53, 60, 68, 70, 77, 82, 87, 92, 96, 113, 118, 195, 196, 208, 209, 216 Naturschutzdebatte – Abgrenzung zur 79 Naturseltenheit 70, 71, 72, 75, 78, 196 – psychologisches Moment der Naturbeherrschung 70 Naturvergessenheit 48, 104, 202

230

Sach- und Personenregister

Naturzustand 148, 160, 171, 172, 174, 181 nicht-anthropozentrisch 36, 37, 53, 76, 79, 80, 91, 92, 94, 95, 96, 97, 101, 103, 107, 110, 114, 117, 118, 194, 216 Normbildungsprozess 188 Normenebene – der Moral 27, 191 – des Rechts 28, 29 Novität – kategoriale 90 Nutzen 42, 49, 53, 54, 59, 62, 63, 65, 68, 69, 75, 78, 103, 119, 125, 139, 143, 150, 200 – Gesamtnutzen 53, 63, 143, 144, 151 – Maximierung des Gesamtnutzens 143 Nutzenfunktion – individuelle 63 – utilitaristische 62 occupatio 174, 185, 186, 199 Okkupation 170, 173, 180, 184, 185, 199 Ökobilanz 68 Ökonomie 24, 25, 35, 62, 67, 68, 69, 203, 204, 208, 216, 219, 222 omnia communia 137 pathognomisch 98, 99, 100, 114 Pathozentrik 94, 95 pathozentrisch 79, 94, 97, 99, 100, 104, 114 peremptorisch 169, 171, 173, 182, 185, 192 Permeabilität 27, 30, 194 Pfad – Gleichverteilungspfad 67 – Konsumpfad 67 Polis-Bürger 129 Position

– anthropozentrische 37, 79, 82, 107, 194 – nicht-anthropozentrische 36, 53, 76, 79, 81, 91, 101, 103 Preisgerechtigkeit 129 Privateigentum 130, 131, 135, 160 Privatrecht 123, 128, 174, 177, 217 Problematik – Leib-Seele-Problematik 46 Prognose als Entscheidungsprinzip 59, 60 provisorisch 169, 171, 172, 173, 176, 180, 182, 185, 191, 192, 199 Prozedualismus 178, 199 Rationalismus 46, 48, 49, 50, 88, 212 – kritischer 88 Rawls, John 84, 111, 116, 148, 149, 150, 151, 152, 153, 154, 155, 156, 157, 158, 198, 217, 219 Realität 87, 132 Realitätsdifferenz 90 Recht 27, 28, 29, 30, 31, 33, 35, 43, 44, 47, 50, 60, 79, 80, 82, 85, 89, 108, 110, 112, 113, 114, 116, 117, 118, 120, 122, 123, 125, 126, 127, 129, 130, 131, 134, 141, 142, 150, 152, 153, 156, 158, 161, 162, 163, 165, 166, 167, 168, 169, 173, 175, 178, 180, 183, 190, 191, 192, 194, 197, 202, 203, 205, 208, 209, 212, 219, 221, 222 – Abstraktheit des Rechts 30, 112 – Aneignungsrecht 159, 160, 183, 199 – Autonomie des Rechts 30 – Autonomiethese des Rechts 182 – Besitzerwerbsrecht 169, 188, 192 – Freiheitsrecht 160, 161, 203 – Idee des Rechts 134 – Privatrecht 123, 128, 174, 177, 217 – Rechtssubjekt 30, 113, 142, 165, 185, 200 – Rechtssubjektivität 114

Sach- und Personenregister

231

– Regelungsebene des Rechts 112 – Sachenrecht 163, 174, 177, 179, 180, 191 Rechtsbegriff 110, 117, 118, 121, 126, 142, 145, 165, 172, 173, 176, 177, 179, 184, 197, 199 Rechtsimperativ – kategorischer 166 Rechtstheorie 31, 36, 112, 190, 213, 216, 217, 219 Rechtsvernunft 166, 170 res cogitans 49 res extensa 49 Ressource 20, 21, 23, 24, 25, 26, 33, 34, 35, 36, 37, 53, 55, 61, 65, 66, 68, 78, 100, 110, 112, 117, 118, 119, 120, 121, 122, 123, 124, 127, 131, 140, 146, 147, 148, 151, 153, 156, 157, 160, 170, 176, 181, 182, 184, 185, 186, 187, 191, 197, 198, 199, 210, 214, 222 – natürliche 25, 69, 79, 119, 121, 160 Ressourcenschutz – öffentlich-rechtlicher 189 Rhetorik – Sicherheitsrhetorik 54, 60, 69, 195 Risiko 54, 65, 69, 125 Rousseau, Jean-Jacques 34, 47, 94, 95, 131, 132, 137, 150, 205, 218

Sitte – Metaphysik der Sitten 24, 28, 29, 44, 45, 47, 74, 105, 122, 162, 163, 164, 165, 166, 167, 168, 169, 170, 171, 172, 173, 174, 180, 182, 184, 185, 186, 192, 210 Sittengesetz 28, 44 Sittlichkeit 45, 46, 95, 134 Smith, Adam 145, 154, 220 Sonderstellung – anthropozentrische 39 – des Menschen 39, 40, 45, 77, 80, 101, 104, 107, 108, 109, 116, 194 Sozialstaat 63, 151, 161, 162, 177, 181, 183, 199, 220 Sozialstaatsfrage 176 Sozialstaatsgedanke 179, 182, 199 soziologisch 55, 70, 72 Speziezismus 80, 81, 82, 83, 196 Spieltheorie 150 Strategie 68 – Entpflichtungs-Strategie 59 Subjekt – autonomes 37, 131 Substanz 24, 88, 168, 172, 173, 174, 184, 192 Substitutionstechnologie 67 summa theologica 130 Sündenfall 39

Sachenrecht 163, 174, 177, 179, 180, 191 Schmerzenslaut 97, 98 Schopenhauer, Arthur 95, 96, 219 Schöpferbericht 39, 194 Schöpfung 33, 39, 40, 41, 42, 102 – Krone der Schöpfung 43, 45, 49, 91, 219 – Mandatar der Schöpfung 42, 77 Schweitzer, Albert 7, 103, 104, 219 Seele 23, 40, 74, 78 Selbstbesitz 161, 169, 198 Sensibilisierung 104 Sicherheitsrhetorik 54, 60, 69, 195

Taoismus 22 Tauschgerechtigkeit 129 Technologie – Substitutionstechnologie 67 Technosphäre 71 Teilhabe – kategorische 189, 200 Teilhabegerechtigkeit 124, 127, 129, 130, 131, 132, 135, 142, 157, 158, 175, 184, 188, 190, 200, 212 Teilhaberecht 127, 128, 133, 147, 157, 162, 183, 184, 187, 189, 190, 193, 199, 201

128, 147, 192, 134, 188,

232

Sach- und Personenregister

Theorie – deontologische 144 – Eigentumstheorie 158, 162, 173, 175, 177, 180, 181, 183, 184, 199, 204 – Erkenntnistheorie 88, 221, 223 – Gerechtigkeitstheorie 84, 111, 116, 128, 132, 137, 138, 141, 143, 148, 149, 150, 151, 153, 155, 156, 161, 197, 212, 217 – Gesellschaftsvertragstheorie 140 – Rechtstheorie 31, 36, 112, 190, 213, 216, 217, 219 – Spieltheorie 150 – Vertragstheorie 30, 115, 116, 117, 149, 154, 155, 156, 157, 158, 198, 206, 220 – Werttheorie 62, 76, 101, 102 These – Autonomiethese 112, 131, 182 Totalität 103, 119, 133, 147, 174, 185, 190, 192, 200 – der Gesellschaft 133 – des Regelungsgegenstandes 147, 174 – intergenerationelle 147, 155, 157 – internationale 147, 155, 157 Totalitätsanspruch 162 Tragekapazitätskonzept 69 Tugendpflichten 27, 28, 29 Umverteilung 146, 162, 177, 180, 189, 217 Umverteilungsmaßnahme – sozialstaatliche 189 Umverteilungspolitik 178 Umwelt 19, 23, 24, 33, 35, 37, 40, 49, 55, 59, 68, 79, 81, 85, 86, 92, 93, 104, 108, 113, 115, 118, 121, 127, 142, 184, 187, 192, 195, 200, 206, 208, 209, 215, 222 Umweltkonferenz 19 Ungleichbehandlung 81, 82, 109 Universalisierung 52, 54, 223

Universalitätsanspruch 157, 162 Universalitätskriterium 183 UNO-Konferenz 19 Unwissenheit – Schleier der Unwissenheit 150 Ursprünglichkeit 175 Urzustand 95, 111, 148, 153, 154, 156 Utilitarismus 52, 53, 54, 62, 63, 64, 67, 75, 143, 144, 149, 151, 155, 198 – Nutzsummen-Utilitarismus 53, 62, 67, 145 – ökologischer 52, 53, 195 – Präferenz-Utilitarismus 53, 63 Verantwortung 20, 34, 35, 41, 43, 47, 50, 53, 55, 56, 57, 58, 59, 60, 61, 62, 63, 65, 91, 102, 104, 107, 116, 141, 180, 195, 202, 204, 207, 210, 211, 212, 222 Verantwortungsethik 47, 52, 59, 60, 65, 69, 77, 78, 110, 212 Verantwortungsgefühl 57 Verdienst 69, 78, 143, 145, 146 Verknappung 25, 72, 160, 182, 186, 200 Vernunft 44, 46, 49, 60, 88, 98, 103, 160, 164, 167, 173, 178, 184, 202, 203, 210, 216 – Postulat der praktischen Vernunft 162, 164, 169 – praktische 28, 29, 44, 46, 90, 162, 164, 166, 172, 175, 182, 192, 210 Vernunftsbegriff 175 – praktischer 166, 192 Vernunftsgrund 192 Vernunftspostulat 170 Vernunftstitel 171 Vernunftswesen – Mensch als autonomes Vernunftswesen 45 Verstand 27, 49, 83, 88, 89, 93, 209, 213

Sach- und Personenregister Verteilung durch unsichtbare Hand 145, 178 Verteilungsgerechtigkeit 23, 64, 112, 118, 119, 123, 124, 126, 127, 128, 129, 130, 131, 136, 137, 143, 144, 146, 149, 151, 152, 178, 182, 191, 192, 197, 198, 205, 207, 211, 212, 217 Verteilungsgrundsatz 158, 176 Verteilungskonflikt 61, 123, 125, 131, 138, 149, 176, 181 Verteilungskriterium 138, 146, 176, 178 Verteilungsmaßstab 177 Verteilungsproblematik 121 Verteilungsregel 125, 137 Vertragskonstruktion – hypothetische 154 Vertragskonzeption 192 Vertragstheorie 30, 115, 116, 117, 149, 154, 155, 156, 157, 158, 198, 206, 220 volonté générale 177, 180 Wahrheit 54, 90 Wahrnehmbarkeit 94, 97 – Wahrnehmbarkeit des Naturleids 97 Walzer, Michael 137, 138, 139, 155, 156, 158, 219, 222 Wechselseitigkeit 149 Welt 21, 24, 27, 33, 35, 37, 39, 40, 46, 48, 52, 53, 57, 62, 73, 76, 78, 80, 90, 93, 98, 101, 106, 118, 122, 133, 134, 151, 166, 168, 171, 174, 184, 189, 194, 210, 214 Weltaneignung 162, 186, 188, 192 Weltsubstanz 174, 184, 185, 188, 191, 200 – formoffen 186, 192

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– zukunftsoffen 186, 192 Wert – absoluter Wert allen Lebens 104 Wertlehre 37, 52, 75, 76, 77, 81, 91, 101, 103, 104, 117, 195, 196 – subjektive 76, 77, 102, 196 Wertphilosophie 75, 77, 78 – neukantianische 101 Werttheorie 62, 76, 101, 102 – objektive 101 Wille 27, 47, 56, 74, 78, 96, 105, 122, 132, 133, 134, 147, 166, 170, 172, 175, 205 – Gesamtwille 171 Willensbildung 86 Willkür 24, 29, 108, 122, 163, 164, 165, 169, 172, 174, 176, 181 – Akt der Willkür 166 – vereinte 163 Wirkung, Fernwirkungen 55, 195 Wohlfahrt 80, 138, 223 Wollen – Maximen des Wollens 28, 29 Zukunft 53, 58, 60, 66, 67, 105 Zukunftsbewertung 54, 195 Zukunftsethik 54, 55, 58, 62, 65, 69, 107, 202, 207, 208, 210 Zustand – bürgerlicher 164, 169, 172, 173, 180 Zweck 29, 37, 45, 56, 81, 86, 88, 89, 107, 125, 134, 135, 177, 179, 183, 195 Zwecksetzung 29, 73, 85, 86, 108, 115 Zwecktätigkeit 81, 85, 196 – der Natur 81, 85, 196