Rechtsdogmatik und Wirtschaft: Das richterliche Moderationsrecht beim sittenwidrigen Rechtsgeschäft im Rechtsvergleich - Bundesrepublik Deutschland - Schweiz - Österreich - Frankreich [1 ed.] 9783428461240, 9783428061242

121 13 29MB

German Pages 281 Year 1987

Report DMCA / Copyright

DOWNLOAD FILE

Polecaj historie

Rechtsdogmatik und Wirtschaft: Das richterliche Moderationsrecht beim sittenwidrigen Rechtsgeschäft im Rechtsvergleich - Bundesrepublik Deutschland - Schweiz - Österreich - Frankreich [1 ed.]
 9783428461240, 9783428061242

Citation preview

ALFONS BÜRGE

Rechtsdogmatik und Wirtschaft

Schriften zum Bürgerlichen Recht Band 102

Rechtsdogmatik und Wirtschaft Das richterliche Moderationsrecht heim sittenwidrigen Rechtsgeschäft im Rechtsvergleich - Bundesrepuhlik Deutschland - Schweiz - Österreich - Frankreich

Von

Alfons Bürge

DUNCKER

&

HUMBLOT / BERLIN

CIP-Kurztitelaufnahrne der Deutschen Bibliothek Bürge, Alfons: Rechtsdogmatik und Wirtschaft: d. richter!. Moderationsrecht beim sittenwidrigen Rechtsgeschäft im Rechtsv!;!rgleich - Bundesrepublik Deutschland Schweiz - Osterreich - Frankreich / von Alfons Bürge. - Berlin: Duncker und Humblot, 1987. (Schriften zum Bürgerlichen Recht; Bd. 102) ISBN 3-428-06124-1

NE:GT

Alle Rechte vorbehalten © 1987 Duncker & Humblot GmbH, Berlin 41 Satz: Klaus-Dieter Voigt, Berlin 61 Druck: Berliner Buchdruckerei Union GmbH, Berlin 61 Printed in Germany ISBN 3-428-06124-1

..... tout ce qui est soumis a la succession du temps ne s'explique que par le mlHange des faits et des reflexions: les Allemands voudraient arriver sur tous les sujets ades theories completes, et toujours independantes des circonstances, mais comme cela est impossible, il ne faut pas renoncer aux faits, dans la crainte qu'ils ne circonscrivent les idees; et les exemples seuls, dans la theorie comme dans la pratique, gravent les preceptes dans le souvenir." Mme de Stael, De l'Allemagne, 11, chap. 31.

Vorwort Während der Abfassung der hier vorgelegten Abhandlung hatte ich die Gelegenheit, in allen der darin behandelten Länder für längere Zeit zu arbeiten. Gegenwärtig bin ich als wissenschaftlicher Mitarbeiter am Leopold-Wenger-Institut der Universität München tätig. Aufgrund dieser Umstände versteht es sich von selbst, daß ich vielen für vieles zu danken habe. Ich möchte diesen Dank persönlich abstatten und verzichte deshalb auf die Monotonie einer langen Liste, die zudem den Anschein der Dekoration mit fremden Federn erwecken müßte. Drei Personen will ich dennoch hervorheben. Es schmerzt mich tief, daß ich der ersten von ihnen, meinem Lehrer Prof. Hans Peter die Arbeit in dieser Form nicht mehr überreichen darf. Das Manuskript hatte er noch kritisch durchsehen können. Wer ihn kannte, weiß, wieviel er mir geholfen, und wie sehr er mich gefördert hat. Prof. H. Kötz hat mich in Hamburg im MaxPlanck-Institut für ausländisches und internationales Privatrecht eingeführt; er und der Kreis der Mitarbeiter und Gäste des Institutes waren mir eine angenehme und wichtige Unterstützung. Schließlich fühle ich mich ganz persönlich mit Prof. Th. Mayer-Maly und der Universität Salzburg verbunden. Prof. Mayer-Maly hat mich nicht nur für dieses diabolische Thema erwärmt, sondern mich dann auch freundschaftlich durch mancherlei Fährnisse und Widrigkeiten geführt. Ohne ein Forschungsstipendium des Schweizerischen Nationalfonds wäre das ausgedehnte rechtsvergleichende Arbeiten nicht möglich gewesen. Ein besonderer Dank gilt zum Schluß dem Verlag Duncker & Humblot und dessen Geschäftsführer, Herrn Ernst Thamm, für das mir in dieser Reihe so unkompliziert gewährte Gastrecht und den Mut, sich mit den bei einem Schweizer Autor unvermeidlichen Helvetismen anzufreunden.

Abkürzungen Die Abkürzungen richten sich nach den gebräuchlichen Abkürzungsverzeichnissen.

Für die BRD ist jenes von Kirchner, Abkürzungsverzeichnis der Rechtssprache, Berlin

1983 (3. Aufl.) zu nennen, für Österreich Friedl, Abkürzungs- und Zitierregeln der österreichischen Rechtssprache, Wien 1970; als Leitfaden für die Schweiz dient Oftinger, Vom Handwerkszeug des Juristen und von seiner Schriftstellerei, Zürich 1981 (6. Aufl.). Die Urteile des Schweiz. BGr werden in der Regel mit der ersten Seitenzahl und der Erwägung (E.) zitiert. Datum und Aktenzeichen der deutschen Judikatur finden sich am Schluß des Textteils in einer Konkordanz zusammengestellt. Im ganzen waren Harmonisierungen unumgänglich. Die Arbeit wurde Ende März 1985 abgeschlossen. Nachträge waren vereinzelt noch möglich.

Inhaltsverzeichnis Erster Teil Einleitung

13

Zweiter Teil Übersicht über die Rechtsprechung I. Wucherische Darlehenszinsen .......... . .. . ....................... 1. Bundesrepublik Deutschland

16

16

...................................

16

2. Schweiz .....................................................

22

3. Österreich

25 27

4. Frankreich 11. Überlange vertragliche Bindungen: Bezugsverpflichtungen als Beispiel. .. 1. Bundesrepublik Deutschland

31

...................................

31

2. Schweiz .....................................................

41

3. Österreich

46 52

4. Frankreich III. Zusammenfassende Bemerkungen und Überleitung ...................

57

Dritter Teil Rechtsvergleichende Synthese der Lösungsansätze

60

1. Gesamtnichtigkeit als Rechtsfolge ...............................

60 60

2. Teilnichtigkeit als Rechtsfolge ..... . ............................

68

a) Allgemeine Bemerkungen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ..

68

b) Interpretative Einschränkung der vertraglichen Regelung. . . . . . . ..

70

c) Objektivierung der Teilnichtigkeitsvermutung in der Schweiz .....

73

d) Wertungen aufgrund eines hypothetischen Parteiwillens ..........

75

e) Schlußfolgerungen

.........................................

79

11. Zerlegbarkeit oder objektive Teilbarkeit ............................

81

III. Pönale und ethische Erwägungen ........................... . ......

88

I. Willenstheorie

10

Inhaltsverzeichnis

IV. Das historische Argument

91

V. Analogie und Induktion ......... . .. . .... . ....... . .. . .............

93

VI. Fallgruppen

97

VII. Schutzzweck

99

VITI. Verhalten nach Treu und Glauben .................................. 106

IX. Andere Auswege und Gestaltungen ................................. 111 1. Konversion .................................................. 111 2. Vertragsdenken im Bereicherungsrecht ........................ ~ .. 113 3. Teilwirksamkeitsklauseln ...................................... 118 4. Anpassungsklauseln und Verlängerungsklauseln ................... 119 5. Zerlegung durch die Parteien ................................... 120

6. Lösungen im Rahmen anderer Regelungszusammenhänge ........... 121 X. Zusammenfassung und Überleitung ................................ 123

Vierter Teil Die Koordination des Einzelfalls mit dem gesetzlichen und ökonomischen Kontext

127

I. Koordination im Kontext des Gesetzes .............................. 127 1. Stellung der Willensdoktrin

.................................... 127

2. Allgemeines Privatrecht und Spezialgesetz ........................ 136 a) Einleitung

................................................ 136

aa) Wettbewerbsrecht und Privatrecht ........................ 143 a) Bundesrepublik Deutschland .......................... 144 ~)

Schweiz ................................ . ........... 149

y) Österreich .......................................... 157

bb) Gesetzgebung und Zinsbildung .............................. 160 3. Privatautonomie und Organisationswirkung privatrechtlicher Regelungen ...................................................... 164 4. Die Bedeutung komparativer Sätze .............................. 169 5. Das sittenwidrige Rechtsgeschäft im Prozeß ....................... 173 11. Koordination im ökonomischen Kontext ............................ 182 1. Allgemeines .................................................. 182

2. Preisbildung ................................................. 185 3. Zahlen - vergleichbar und unvergleichlich ........................ 189 4. Das Individuum im Wettbewerb ................................. 193 5. Rechtsvergleichende Vertiefung: Die Aufarbeitung eines ökonomischen Ansatzes durch die französische R~chtsprechung ................... 198

Inhaltsverzeichnis

11

210 6. Das verfügbare Instrumentarium: Praktikabilität 7. Rechtsvergleichende Vertiefung: Die Wirtschaftsinformation in der französischen Wuchergesetzgebung .............................. 213 111. Koordination des Einzelfalls ...................................... 217 1. Allgemeines .................................................. 217 2. Koordination bei ausreichenden juristischen und wirtschaftlichen Daten ....................................................... 220 a) Das Entgelt beim wucherischen Darlehen ...................... b) Das Organisationselement der Dauer .......................... 3. Koordination bei nicht ausreichender wirtschaftlicher Datenbasis .... 4. Scheitern der Koordination .....................................

220 221 224 231

IV. Fluchtlinien der Dogmatik ........................................ 232 1. Allgemeines .................................................. 232 2. Folgenorientierung ............................................ 232 3. Diskurs

..................................................... 236 Fünfter Teil Ausblick

Konkordanz der verwendeten deutschen Rechtsprechung

240 246

Literaturverzeichnis .................................................. 253

Erster Teil

Einleitung Die vorliegende Arbeit beschäftigt sich mit der Frage, wie der Richter mit dem sittenwidrigen Übermaß umzugehen hat, namentlich wie er ein solches reduzieren könne. Die allgemeine Problematik eines richterlichen Moderationsrechtes wollen wir fallbezogen anhand der Rechtsprechung zu den wucherischen Darlehensverträgen und zu den Dauerverträgen, dort mit Schwergewicht auf den überlangen Bezugsbindungen insbesondere bei Bierlieferungsverträgen erörtern. Das hat den Vorteil der Sachnähe, ohne daß deswegen der Anspruch auf Verallgemeinerungsfähigkeit aufgegeben werden müßte. Ohne den wirtschaftlichen Hintergrund ins Blickfeld zu nehmen, scheint uns indessen ein solches Unternehmen sinnlos zu sein. Die Brücke von der Rechtsdogmatik zur Wirtschaft ist also zu schlagen; diese theoretische Ebene rechtfertigt den programmatischen Titel der Arbeit. Grundlage und Bezugsebene bleibt jedoch die Praxis der Fallösung. Statt wie üblich Erwägungen zur Methode an den Anfang zu setzen, wollen wir hier deshalb den umgekehrten Weg gehen. Der praktische Fall soll Einstieg sein und das Problem schärfer einzugrenzen helfen. Das Lösungsinstrumentarium, das zu seiner Bewältigung in den verschiedenen untersuchten Rechtsordnungen - Bundesrepublik Deutschland, Schweiz, Österreich, Frankreich - herangezogen wurde und wird, läßt die Anforderungen an ein befriedigendes methodisches Vorgehen deutlicher hervortreten. Beides zusammen, Fallösung wie Lösungsinstrumentarium, sind das Ziel und sollen als Synthese und Ergebnis den Schluß bilden. Wir sind der Ansicht, daß die hier behandelten Fälle juristisch in einem größeren Zusammenhang gesehen werden müssen. Wer von der Reduktion des sittenwidrigen Übermaßes spricht, setzt ja die Feststellung jenes Übermaßes schon voraus. Darauf näher einzugehen, gestattet der Rahmen unserer Arbeit jedoch nicht; ohne Blick auf das Ganze wird der Teil aber sinnlos. Deshalb schicken wir als Ausweg aus dem Dilemma eine Übersicht voraus, die die Rechtsprechung in jenen Fallgruppen vorführen soll, aus denen wir die Frage der Reduktion des sittenwidrigen Übermaßes herausgreifen werden. Nicht Vollständigkeit ist dabei angestrebt, sondern Akzentsetzung; dem dienen auch die Hinweise auf das gebräuchliche methodische Instrumentarium, das - unter anderem Aspekt freilich - beim speziellen Problem der Teilnichtigkeit in den Lösungsansätzen wieder aufscheinen wird. Auch

14

1. Teil: Einleitung

hier bleibt der Gedanke leitend, Konturen hervortreten zu lassen, um damit an Anschaulichkeit zu gewinnen. In der sich daran anschließenden Überprüfung der Lösungswege, welche Praxis und Doktrin eingeschlagen haben, können wir aus zwei Gründen auf eine Abgrenzung nach den verschiedenen behandelten Ländern verzichten. Soweit nämlich die gesetzliche und dogmatische Basis auf dem Hintergrund einer gemeinsamen wissenschaftlichen Tradition gleich oder zumindest ähnlich ist, gerät eine getrennte Behandlung leicht zur doublettenhaften Wiederholung. Soweit jedoch die gesetzlichen Vorgaben in diametralem Gegensatz zueinander stehen wie die Teilnichtigkeitsvermutung im schweizerischen Recht zur Vermutung der Gesamtnichtigkeit im deutschen BGB, machen gleiche Ergebnisse auf Fehler auf der methodischen Ebene aufmerksam, vollends wenn juristisch gleich argumentiert wird.

Wenn wir dann in der Ausarbeitung unseres Lösungsmodells die drei Länder des deutschen Rechtskreises zusammen behandeln und Abweichungen bloß anmerken, so handelt es sich keineswegs um die Absicht, den jeweiligen Rechtsordnungen fremdes Recht zu unterschieben. Weder wollen wir deutsches Recht exportieren noch umgekehrt fasziniert vom Fremden schweizerische und österreichische Lösungen unbesehen rezipieren. Doch wenn Gemeinsamkeiten sichtbar werden und gemeinsame wissenschaftliche Traditionen sich in der Praxis widerspiegeln, liegt es nahe, solche Linien zu verfolgen, da sie dem Ursprung näherkommen. Warum soll man nicht in einem Bereich gemeinsamer Tradition an den Gedanken des jus commune anknüpfen, zu einer Zeit, in der hektischer Tourismus die mit der zunehmenden sprachlichen Isolierung und der Eigendynamik nationaler und supranationaler Bürokratien tief und tiefer werdenden Gräben zwischen den einzelnen Ländern nur notdürftig überdeckt? Wie uns die Durchsicht des hergebrachten Lösungsinstrumentariums zeigen wird, läßt sich sinnvollerweise die ökonomische Dimension des Problems nicht ausblenden. Daß wir uns damit einer Grenze nähern, ist uns bewußt. Grenzgänge verlocken jedoch, weil sie neue Blickpunkte verheißen, auch wenn dabei, wie Streissler in einem fast schon zum geflügelten Wort avancierten Ausspruch meinte, die Wahrscheinlichkeit, des Dilettantismus geziehen zu werden, mutig hingenommen werden muß!. Der eigenen Grenzen bewußt, versuchen wir deshalb auf der Seite des Juristen zu bleiben. Wie wirtschaftliche Vorgänge in die juristische Dogmatik eingearbeitet werden können, weil sie in der Rechtspraxis bewältigt werden müssen, steht im Vordergrund. Die Perspektive bleibt also juristisch. Dies mag für den Ökonomen ungewohnt sein, es kann ihm aber zeigen, wo ein Diskurs möglich, sinn1 E. Streissler, im Vorwort zu: Zur Einheit der Rechts- und Staatswissenschaften. Ringvorlesung ... Freiburg i. Br. WS 1966/1967, Karlsruhe 1967, VI; vgl. etwa Rebe 9.

1. Teil: Einleitung

15

voll und notwendig wird. Zwar hat die Nationalökonomie Gesichtspunkte entwickelt, die wir zur Lösung heranziehen wollen. Wo sie uns Resultate bereitlegt, beginnt aber erst unsere eigene Arbeit. Die französische Rechtsordnung, die wir zunächst aus praktischen Gründen bei der Ausarbeitung des Lösungsmodells beiseite lassen müssen, wird mit den ausgewählten Beispielen die Berechtigung und die Möglichkeiten dieser spezifisch juristischen Blickrichtung unterstreichen. Der wirtschaftliche Hintergrund und die in die Form der Dogmatik gegossene Denkerfahrung, juristische Tradition und Technik der Praxisbewältigung sollen schließlich wiederum Anleitungen zum praktischen Handeln geben können. Die Möglichkeiten und Grenzen richterlichen Vorgehens werden daher ins Blickfeld geraten, wenn wir die beiden Ebenen, die rechtliche wie die ökonomische, in denen wir die Fälle zu situieren versuchten, nun ihrerseits in Beziehung auf den Einzelfall miteinander koordinieren wollen. Verträglichkeit mit den Vorgängen ökonomischer Feinsteuerung wird so schließlich Kriterium für die Tauglichkeit unseres Lösungsvorschlages. Damit wird sich der Kreis zum Anfang schließen, zur Praxis, die wir jetzt mit dem rechtsvergleichenden Blick auf die Fallgruppen des wucherischen Darlehensvertrages und der überlangen Bezugsbindungen einfangen wollen.

Zweiter Teil

Übersicht über die Rechtsprechung I. Wucherische Darlehenszinsen 1. Bundesrepublik Deutschland

Einen entscheidenden Schritt zur besseren Erfassung wucherischer Darlehensverträge tat das RG, als es von der Meinung abkam, daß § 138 Abs. 2 BGB die Fälle des Mißverhältnisses von Leistung und Gegenleistung abschließend regle l . Indem es nun direkt § 138 Abs. 1 BGB anwandte, forderte es zum objektiv feststellbaren Merkmal des auffälligen Mißverhältnisses noch einen weiteren Umstand, der in der Gesamtwürdigung des Vertrages die Sittenwidrigkeit mitpräge 2 , und darüber hinaus das Bewußtsein des sittenwidrigen Verhaltens beim Wucherer3 . Diese mehr auf der Ebene einer Ethik liegenden Kriterien wurden schließlich soweit relativiert und objektiviert, daß eine grobfahrlässige oder böswillige Ignorierung der subjektiven Notlage des Vertragspartners, welche diesen zum Abschluß des wucherischen Vertrages bewege, genüge. Dieser Schluß könne zwingend aus einem übergroßen Mißverhältnis von Leistung und Gegenleistung gezogen werden4 • Ein solches Resultat erübrige dann regelmäßig eine Prüfung aufgrund der besonderen Tatbestandselemente von § 138 Abs. 2 BGB5.

So z. B. RGZ 64, 181, 182. RG Warn 1909, Nr. 494; weitere Nachweise bei Rühle 37 Fn. 4; dazu auch Hadding, Gutachten, 215f. 3 RGZ 97, 253, 255f.; RGZ 120, 144, 148 (" ... es genügt vielmehr, wenn sie die objektiven Tatumstände gekannt haben, die das Geschäft zu einem sittenwidrigen stempeln. U); RGZ 136, 236, 240. 4 RGZ 150, 1, 5f. (dazu Stoll, AcP 142 (1936) 333 - 340); vgl. Rühle 37 und Hadding 216. Die neuere Rsp. dazu findet sich in BGHZ 80,153, 160f. und in BGH NJW 1979, 805. Eine aufschlußreiche statistische Übersicht über die Häufigkeit des gänzlichen Verzichts auf die Prüfung der subjektiven Voraussetzungen der Sittenwidrigkeit, gegliedert nach Gerichtstypen und Instanzen, bieten Holzscheck / Hörmann / Daviter 376. Zu den Möglichkeiten und Grenzen einer Objektivierung vgl. Mayer-Maly, Bewußtsein, 25ff.; ds., MünchKomm, 2. A., Rz 1Uff. zu § 138 BGB. 5 Vgl. BGH NJW 1979, 808, 809; das kann auch gefolgert werden aus Mayer-Maly, MünchKomm, 2. A., Rz U5f. zu § 138 BGB; Staudinger / Dilcher, 12. A., Rz 4lf., 105 zu § 138 BGB; unscharf Erman / Brox, Rz 9, 34 - 38 zu § 138. Die (seltenere) Rsp. der OLG, welche beim Tatbestand des Kreditwuchers von § 138 Abs. 2 BGB ausgehen, ist zusammengestellt bei Hadding 216 Fn. 239. 1

2

I, 1. Wucherzinsen: BRD

17

Die individuelle Risikogestaltung der gewerblichen Kredite, die einer Typisierung weniger leicht zugänglich ist, ließ den BGH hier in der Objektivierung weniger weit gehen 6 . Sie bewegte ihn auch, eine generelle Festlegung einer Obergrenze für Kreditzinsen strikt abzulehnen 7 • Hingegen war in Fällen von Ratenkrediten, denen wir uns als Beispiel für die Erarbeitung typenspezifischer Kriterien durch die Judikatur im folgenden zuwenden wollen, eine solche von unteren Instanzen befürwortet worden, ohne daß aber eine einheitliche Linie erkennbar geworden wäre 8 • Die Frage wurde dann in der Rechtsprechung außergewöhnlich intensiv unter verschiedenen Aspekten diskutiert, da die unteren Instanzen nicht abließen, durch vorpreschende Urteile den BGH mit dem im Laufe der wirtschaftlichen Entwicklung häufiger und auch problematischer gewordenen Ratenkredit und den mit ihm verbundenen Fragen zu konfrontieren 9 • In dieser Gerichtspraxis zum Konsumkredit, die anhand der letzten großen Entscheidung BGHZ 80, 153 10 als Antwort auf ein differenziertes und mit Argumenten überreich gespicktes Urteil des OLG Stuttgart beleuchtet werden kann l l , hat sich der BGH stets einer Festlegung auf bestimmte Höchstzinssätze widersetzt1 2 • Das begründet er mit einem historischen Argument, nämlich mit dem Bekenntnis des Gesetzgebers zur Vertragsfreiheit und dessen ausdrücklicher Ablehnung der laesio enormis l3 , wie sie anders das ABGB in § 934 kodifiziert hat. Die durch den historischen Gesetzgeber geschaffene Rechtslage sei auch nicht durch die inzwischen 6 Vgl. zur Differenzierung BGH NJW 1980, 445; dazu v. Olshausen, ZHR 1982, 287 Fn. 146. BGH NJW 1982, 2767 beurteilte den betreffenden gewerblichen Kredit nach § 138 Abs. 2 BGB. 7 Vgl. die Zusammenstellung bei Rühle 43; Hadding 216 f.; Brandau 143 Fn. 1; Reifner, DB 1984, 2179; ferner etwa BGH NJW 1982, 2433; OLG Hamm WM 1983, 852. 8 Besonders nachdrücklich von OLG Stuttgart NJW 1979, 2409, 2410. Den uneinheitlichen Kurs belegen Rühle 43 ff.; Hadding 217 ff. 9 Vergleichen läßt sich aus schweiz. Sicht dieser "Ansturm" am ehesten mit der Entscheidungsfreudigkeit kantonaler Gerichte im Vorfeld der Beratungen des BG über den Abzahlungs- und den Vorauszahlungsvertrag vom 23.3.1962; vgl. BGE 8411 13; 266 (dazu OG Zürich SJZ 1958, 273); BGE 85 11 402; OG Zürich ZR 1957,177. 10 Die Praxis des BGH wurde im wesentlichen bestätigt durch BGH NJW 1982, 2433; 2436; WM 1982, 1023. 11 S. o. Fn. 8. Zu diesen Urteilen vgl. etwa folgende Anm. und Beiträge: Kessler, BB 1979, 1423 - 1425; Scholz, WM 1979, 1247 - 1249; Bachmann, NJW 1979, 2082f; Kochendörfer, NJW 1980, 215f.; Canaris, ZIP 1980, 709 - 722; Zwanzig, BB 1980, 1282 - 1288; Reich, JZ 1980, 329 - 336, bes. 333f.; Weber, NJW 1980, 2062 - 2065; Kessler, BB 1981, 931 - 934; Knauth, Bank 1981, 299 - 304; Olzen, JR 1981, 369f.; Ott, BB 1981, 937 - 943; Rittner, DB 1981, 1381 - 1383; Scholz, WM 1981, 538 - 542; v. Olshausen, NJW 1982,909 - 912; ds., ZHR 1982, 259 - 295, bes. 277ff.; Hohendor[, BB 1982, 1205 - 1209. Allgemein zur Problematik Lammel, BB Beil. 8/1980, 1 - 18; Derleder, NJW 1982, 2401 - 2407; Bunte, WM Beil. 1/1984, 1 - 26; ds., ZIP 1985, 1 - 11; Reifner, DB 1984, 2178 - 2184; aus strafrechtlicher Sicht Otto, NJW 1982, 2745 - 2750. 12 BGHZ 80, 153, 156. 13 Vgl. Mugdan, Bd. 2, 178.

2 Bürge

2. Teil: Übersicht über die Rechtsprechung

18

eingetretene Rechtsentwicklung, insbesondere durch die neugeschaffenen Normen zum Verbraucherschutz verändert worden 14 • Die Festlegung einerin Grenzfällen den Tatbestand der Sittenwidrigkeit nicht zureichend ausschöpfenden - Obergrenze müßte deshalb eine Überschreitung der richterlichen Kompetenzen im gewaltenteiligen Rechtsstaat bedeuten 15 • Diese Argumentation läßt verstehen, warum die trotz geübter Flexibilität zunehmende Verwendung des Standards einer Überhöhung des Marktzinses um 100% als Indiz für die Sittenwidrigkeit1 6 von den betroffenen Kreditgebern als Praxisänderung empfunden werden konnte 17 • Ein weiteres Argument, das Sandhaufentheorem, das im Rahmen des speziellen Tatbestandes von § 138 Abs. 2 BGB einzelne Tatbestandsmerkmale wertend aufaddieren und erst per Saldo den Schluß auf die Erfüllung des Gesamttatbestandes ziehen Will18 , wurde vom BGH abgelehnt. Er bestand darauf, daß jedes Tatbestandselement als solches für sich erfüllt sein müsse 19 • Allerdings findet es in modifizierter Form in der Gesamtbeurteilung Eingang. Denn Einzelumstände, die bei einem sittenwidrigen Rechtsgeschäft häufig vorliegen, können nach neuerer Ansicht des BGH im Einzelfall fehlen, wenn nur die übrigen erheblichen Umstände so schwer wiegen, daß sie allein den Schluß auf die Sittenwidrigkeit zulassen 20 . Für unsere Arbeit aber am instruktivsten sind die Überlegungen, die der BGH zum Marktvergleich anstellt, da sie in dieser differenzierten Form weder in der Schweiz noch in Österreich auftauchen. Um zu beurteilen, ob ein auffälliges Mißverhältnis zwischen Leistung und Gegenle~stung besteht, muß nämlich zum Vergleich "das verkehrsübliche und wirtschaftlich noch tragbare Darlehensentgelt" - so der BGH - ermittelt werden. Dabei hat er es abgelehnt, einen Sondermarkt für die Teilzahlungsbanken anzuerkennen, da der Kreis der Nachfrager sowohl für diese Banken als auch für die Universalbanken der gleiche sei21 • Damit konnte er die Heranziehung des BGHZ 80, 153, 156. BGHZ 80, 153, 159. 16 Vgl. BGH NJW 1983, 2692. Das entspricht auch den klaren Ausführungen von Hackl, BB 1977, 1412 - 1415, vgl. Mayer-Maly, FS Larenz (1983), 405; dazu rückblikkend Hackl, DB 1985, 1327 - 1330. 17 S. u. Fn. 41 - 43. 18 Entwickelt von Bender, GS Rödig, 34 - 42; methodisch muß es - mit den notwendigen Korrekturen - richtigerweise in die Auffassung vom Vorliegen eines beweglichen Systems im bürgerl. Recht eingeordnet werden, wie sie Wilburg vertreten hat (zuletzt AcP 1963, 346 - 379), so auch Canaris, ZIP 1980, 717; Mayer-Maly, MünchKomm, 2. A., Rz 23 zu § 138 BGB. 19 BGHZ 80, 153, 159f. 20 BGH NJW 1982, 1981. 21 BGHZ 80, 153, 162ff.; BGH NJW 1982, 2433, 2434; ebenso schon BGH NJW 1979,2089; 1980,2074,2075; 2076, 2077 (mit ablehnender Anm. Löwe) wie auch OLG Hamburg NJW 1982, 942; Klocker 143ff.; Brandau 120ff. Ablehnend mit dem Argument, daß der Markt durch die Verkehrsanschauungen gebildet werde, Canaris, ZIP 1980, 715ff.; ferner eingehend Zwanzig, BB 1980, 1282ff. Die Rsp. des BGHwird hin14

15

I, 1. Wucherzinsen: BRD

19

"Schwerpunktzinses" , wie er in den Monatsberichten der Deutschen Bundesbank jeweils ausgewiesen wird, als Vergleichsbasis schützen 22 • Ähnlich instruktiv ist das Bemühen, das Darlehensentgelt nach seiner wirtschaftlichen Funktion zu bestimmen, losgelöst von der durch den Darleiher gewählten Form23 • Auch feste Kreditkosten, die zwar nicht von der Laufzeit abhängig sind, sollen in die Berechnung des Zinses einbezogen werden, soweit sie vom Darleiher auch als Zinsen eingebaut werden könnten und deshalb je nach Vertragsgestaltung austauschbare Größen darstellen24 • In zwei Punkten differenzierte der BGH jedoch, nämlich bei den Restschuldversicherungsprämien wie bei den Kosten für die Kreditvermittlung. Die Kosten für erstere trennte er ab, gewichtete sie nach den Vorteilen für die beiden Parteien und ordnete - hier nun gewissermaßen in der Rolle eines Preisrichters - die Berücksichtigung zur Hälfte an 25 • Auf der eingeschlagenen Linie der Ermittlung der wirtschaftlich relevanten Kriterien als Grundlage für einen tauglichen Vergleich liegt auch seine Forderung nach einer finanzmathematisch gen auen Berechnungsmethode des Effektivzinses, gegen bestätigt durch die rechtstatsächliche Untersuchung von Holzscheck 1 Hörmann 1 Daviter 228 ff.; Hörmann 1 Holzscheck, BB 1982, 1886ff. (mit Erwiderung aus der Sicht der Teilzahlungsbanken von Scholz 1890 ff.). Der BGH hat es auch abgelehnt, eine behauptete besondere Kostenstruktur der Teilzahlungsbanken als Kriterium für die Marktabgrenzung heranzuziehen (NJW 1982, 2433, 2434); das wäre in der Tat ein Rückfall in die Steinzeit des Zunftwesens und des praktizierten pretium iustum, denn der ,gerechte Preis' war ja in der Regel nichts anderes als der durch die Zunftordnung vorgeschriebene Preis - und dieser stellte auf die Kostenstruktur ab, gleichgültig wie unrationell die Zunftgenossen auch produzieren mochten; vgl. zum Problem auch v. Olshausen, ZHR 1982, 271ff.; gegen die hier vertretene Ansicht zuletzt Büschgen, BB Beil. 9/1984, 15ff.; Bunte, ZIP 1985, 5ff. 22 BGHZ 80, 153, 162ff.; BGH NJW 1982, 2433, 2434; vgl. die Darstellung der Ermittlung des Schwerpunktzinses bei Derleder, NJW 1982, 2406; Hinweise auf die Nachteile jener Methode bei OLG Hamburg NJW 1982, 942, 943f. Kritik an der Eignung des Schwerpunktzinses als Vergleichsbasis üben z. B. Kochendörfer, NJW 1980, 215f.; Fischer, DB 1983, 2180ff.; vgl. demgegenüber Derleder, NJW 1982, 2406f.; Reifner, DB 1984, 2178f.; modifizierend Brandau 125ff., 188f. 23 BGHZ 80, 153, 165ff. 24 Vgl. v. Marschall, Abzahlungskauf, 36f.; dazu auch Canaris, NJW 1978, 189lff., der wohl die Kreditgebühren in die Zinsberechnung einbeziehen und genau prüfen will, ob bei andern Beträgen nicht eine verschleierte Zinsvereinbarung vorliegt, jedoch Restschuldversicherung, Kreditvermittlungsprovision, aber auch Bearbeitungs- und Abrechnungsgebühren nicht zu den Zinsen rechnen will. Dazu muß er allerdings § 1 IV (alte) PreisangabenVO und § 1 aI 5 AbzG eine sehr enge und eingeschränkte Bedeutung geben. 25 BGHZ 80, 153, 167f.; BGH NJW 1979, 808, 809; zur früheren widersprüchlichen Praxis vgl. Hackl, BB 1977, 1414. Rittner, BB Beil. 16/1980, 9ff. und ZKredW 1983, 142f. lehnt die Halbierung ab und will die Restschuldversicherungsprämie allein in der Gesamtwürdigung berücksichtigen. Er scheint jedoch zu übersehen, daß auch kaum zu quantifizierende Kreditsicherheiten wie eine Bürgschaft oder ein Pfand gewiß auch einen Vorteil für den Darleiher darstellen; einleuchtend deshalb zur Kalkulation Brandau 135ff. Gegen die von Scholz, WM 1981, 540 und Herr, DRiZ 1983, 17 vertretene Einbeziehung der bankseitigen Prämienhälfte in den Nettokreditbetrag mit guten Gründen OLG Hamburg WM 1984, 1444. 2'

20

2. Teil: Übersicht über die Rechtsprechung

sofern es auf eine präzise Bestimmung ankommt; dies in Abkehr zu der von ihm früher verwendeten unpräziseren Annäherungsformel 26 • Bei der Frage der Einbeziehung der Kosten für die Kreditvermittlung ging der BGH von der Organisationsstruktur der kreditierenden Bank aus. Da er im Kreditvermittler nur eine andere Art der Organisation des Bankenbetriebes im Verkehr gegen außen sah, die sonst über vermehrte Bankfilialen und durch sonstigen erhöhten organisatorischen und finanziellen Aufwand für die Anwerbung der Kunden bewältigt werden müßte, hat er auch diese Kosten bei der Berechnung der Gesamtbelastung des Kreditnehmers berücksichtigt27 • Allerdings zieht er daraus ebensowenig die Konsequenzen wie aus der hälftigen Einbeziehung der Restschuldversicherung, da er den logischen Schritt, nämlich den resultierenden Effektivzins mit dem Schwerpunktzins zu vergleichen, gerade nicht durchführt. Vielmehr will er zur Ermittlung des Mißverhältnisses auf entsprechende - also vermittelte Ratenkredite mit Restschuldversicherung abstellen oder zu den Ratenkrediten im Schalterverkehr die "verkehrsüblichen Entgelte für die Kreditvermittlung" dazuschlagen 28 • Indirekt bejaht er damit wieder einen Sondermarkt für Teilzahlungskredite, nimmt beträchtliche Verzerrungen zuungunsten des Darlehensschuldners in Kauf und entfernt sich wieder von einer Gesamtkostenrechnung29 ; zudem trägt er dem Umstand nicht Rechnung, daß über dem marktüblichen Entgelt liegende Kosten für Restschuldversicherung und Kreditvermittlung das auffällige Mißverhältnis auch verkleinern können 30 •

26 BGHZ 80, 153, 169. Zu den einzelnen Methoden vgl. Scholz, WM 1980, 322 - 327; Lammel, BB Beil. 8/1980, 7f.; v. Olshausen, NJW 1982, 910ff.; Reifner, DB 1984, 2180ff. Daß für einfachere Fälle die Annäherungsmethode (Uniformmethode) genügt, bestätigt BGH NJW 1982, 2433, 2434. 27 BGHZ 80, 153, 166f.; vgl. BGH NJW 1979,805,806; 2089, 2090. 28 BGHZ 80, 153, 169f.; Zweifel hinsichtlich des Vergleichs mit vermittelten Teilzahlungskrediten äußern hingegen BGH NJW 1982, 2433, 2434; NJW 1983, 2692 im Anschluß an die Kritik von v. Olshausen, NJW 910ff. 29 Insofern konsequent ist daher KG Berlin, ZIP 1982, 555 von einer Gesamtkostenberechnung abgegangen ("Die neuere Rsp. des BGH ... zeigt, daß bei normalen Ratenkrediten die umständliche und mit der Problematik der Bewertung von Maklerkosten und Restschuldversicherungsprämien verbundene Umrechnung der vom Darlehensnehmer zu erbringenden Gegenleistung auf effektive Jahreszinsen zu Vergleichszwecken nicht notwendig ist. "). 30 Kritik an diesen Inkonsequenzen des BGH bei v. Olshausen, NJW 1982, 909ff.; ds., ZHR 1982, 280f.; Derleder, NJW 1982, 2401 - 2407. Bezeichnenderweise wird ein Ausbau dieser Methode von seiten der Teilzahlungswirtschaft begrüßt, vgl. insbes. Scholz, WM 1981, 540, der zudem einen Einbezug des praktizierten ,Packing' (übliche, in den Kreditgebühren enthaltene verdeckte Provision der Bank für den Vermittler, offen ausgewiesene Vermittlercourtage von 5 % und Bearbeitungsgebühr von 2 %) von 0,2 - 0,25% pro Monat postuliert. Abgesehen davon ist der Packing-Anteil bei der steuerlichen Forderungsbewertung von Teilzahlungsbanken abzugsfähig (vgl. Finanzministerium NRW, Erlaß vom 5.1.1984, BB 1984, 259). Als arglistige Täuschung kann OLG Stuttgart ZIP 1984, 1201 das Packing bezeichnen.

I, 1. Wucherzinsen: BRD

21

Obschon das AGBG die Inhaltskontrolle weiterer anstößiger Vertragsklauseln, die den Fall eines Zahlungsverzuges regeln, im Anwendungsfall zuließe, was dann ohne weiteres ihre Unwirksamkeit auslösen würde, ohne jedoch die Gültigkeit des Vertrages an sich zu tangieren, zog der BGH solche Klauseln in die Gesamtwürdigung mit ein. Ihre unangemessene Häufung kann damit den Ausschlag für die Nichtigkeitsfolge aufgrund des Verdiktes der Sittenwidrigkeit geben 31 • Generalpräventive Überlegungen führten den BGH dazu, bei überhöhten Darlehenszinsen, wie in den meisten Fällen sittenwidriger Rechtsgeschäfte32 , auf Totalnichtigkeit zu erkennen. Der sittenwidrig handelnde Vertragspartner soll sich nicht darauf verlassen dürfen, durch gerichtliche Festsetzung schlimmstenfalls noch das zu erhalten, was gerade noch vertretbar und damit sittengemäß ist 33 . Hatte ursprünglich das Reichsgericht aufgrund einer engen, am § 817 1. S. BGB orientierten Auslegung des 2. Satzes die Rückforderung des Darlehensbetrages mit den Mitteln des Bereicherungsrechts abgelehnt 34, so ließ es seit der mit RGZ 161, 52 eingeleiteten Praxisänderung35 wegen der Beschränkung des Leistungsbegriffes in § 817 BGB auf nicht lediglich vorübergehende Zuwendungen die Einrede der Sittenwidrigkeit nur gegen die Rückforderung des Darlehens vor dem vertraglich vereinbarten Fälligkeitstermin ZU 36 • Die Rechtsprechung lehnte hingegen eine Zerlegung des Darlehensvertrages in die beiden Komponenten Darlehenshingabe und Vereinbarung sittenwidriger Zinsen ab 37 • Eine Teilnichtigkeit kä~e wegen der Vermutung der Totalnichtigkeit im BGB nur in Frage, wenn das Darlehen auch ohne Zinsabrede gewährt worden wäre, wurde argumentiert. Daß dies im Wuchergeschäft nicht der Fall ist, ist notorisch; die Gesamtnichtigkeit als Folge ist im Lichte des Willensdogma daher nur konsequent. Im Ergebnis läuft die Rechtsprechung des BGH jedoch auf eine Reduktion des sittenwidrigen Darlehensvertrages auf die bloße Darlehenssumme hinaus, da nicht alle Nebenabreden in der bereicherungsrechtlichen Abwicklung unbeachtlich sind 38 . Die Lehre ist über dieses Ergebnis hinaus schon weiter zu einer VerBGHZ 80, 153, 17lf.; vgl. auch v. Olshausen, ZHR 1982, 28lf. "Als einzig in Betracht kommende Sanktion" bezeichnet sie Mayer-Maly, MünchKomm, 2. A., Rz 132 zu § 138 BGB. 33 Nach BGHZ 68, 204, 206f. = JR 1977, 410 (mit-soweit den Präventionsgesichtspunkt betreffend - zustimmenden Anm. von Lindacher); BGH NJW 1983, 1420, 1422 f. 34 So z.B. RGZ 151, 70. 35 Schon früher in diesem Sinn OLG Dresden, SeuffA 59, 145 (Nr. 81). 36 Vgl. z. B. BGH NJW 1983, 1420, 1422f.; 1962,483; 1148; 1963, 1197, 1198; WM 1971,857,858. 37 BGH NJW 1983,1420, 1422f.; BGHZ 68, 204,207f. 38 So z. B. eine Stundungsabrede in BGH WM 1971, 857, 858. Die Frage der Weiterwirkung der vertraglichen Regelung für den Verzugsfall wird aufgeworfen in BGH NJW 1979, 2089, 2091; WM 1982, 1021, 1023 (vgl. dazu auch: Canaris, WM 1981, 987). Weitere Probleme im Zusammenhang mit der Vermittlungsprovision, Bearbeitungs31

32

22

2. Teil: Übersicht über die Rechtsprechung

gütungspflicht des Bewucherten vorgestoßen, sei es auf dem Weg über eine Leistungskondiktion des Wertes (§ 817 Abs. 2 BGB)39, sei es auf jenem über eine Eingriffskondiktion in der Höhe der marktüblichen Zinsen 4o . Die Kondiktion des geleisteten Entgelts wurde jüngst auch zugelassen für bereits vollständig abgewickelte Verträge. Da weder der BGH noch das anschließend angerufene BVerfG41 hinter der in den letzten Jahren nicht mehr abreißenden Urteilsserie zum Kreditwucher eine wesentliche Veränderung der maßgebenden Rechtsgrundsätze sehen konnten, sondern darin lediglich den Ausdruck eines vollzogenen Wertungswandels erblickten42 , blieb der Einwand, es handle sich um eine unzulässige Rückwirkung einer geänderten Rechtsprechung, ohne Erfolg43 . 2. Schweiz

Das Schweizer Bundesgericht hatte sich letztmals im Jahre 1967 mit der Frage der Sittenwidrigkeit von Darlehenszinsen auseinanderzusetzeni. In jenem Fall war ein effektiver Jahreszins von 26% vereinbart worden, und zwar nicht für einen Konsumkredit, sondern offenbar für ein geschäftliches Darlehen. Da der Fall in einem jener Kantone spielte, die von der ihnen in Art. 73 Abs. 2 OR eingeräumten Kompetenz, Bestimmungen gegen Mißbräuche im Zinswesen aufzustellen, weder selbständig 2 noch auf dem Weg über ein entsprechendes Konkordat 3 Gebrauch gemacht hatten, war eidgenössigebühr und Restschuldversicherung behandeln Canaris 981ff. und Schlothauer / Borggreve, ZKredW 1982, 962 - 968. Sicherungsrechte für ein Wucherdarlehen werden offenbar als unwirksam betrachtet und lediglich fallweise als gültig behandelt, wenn die Sicherheiten auch für etwaige Bereicherungsforderungen bestellt worden sind (vgl. zur Hypothek und zur Grundschuld BGH NJW 1982, 2767, 2768; zur Bürgschaft OLG Frankfurt NJW 1980, 2201; OLG Stuttgart ZIP 1984, 1201, 1213). 39 Ausführlich Medicus, GS Dietz, 61 - 77; ferner Canaris, WM 1981, 985f.; Bunte, NJW 1983, 2676f.; Lieb, MünchKomm, Rz 17 zu § 817 BGB sieht den Ausweg in einer Restriktion der zu weitgehenden Nichtigkeitsfolge, während Hager, 97 ff. über eine sittenkonforme Aufrechterhaltung des Darlehens vorgehen will. 40 So v. a. Flume, AT 11, § 18, 10f Fn. 94; ihm folgend Zimmermann 173f.; Joerges, AlternativK, Rz 10 zu § 817 BGB. Daß Joerges wie Reich, JZ 1980, 334 für eine Vergütungspflicht des Bewucherten eintreten, während Reifner, JZ 1984, 638ff. eine solche nach wie vor ablehnt, zeigt, wie die Kontroverse bereits alle rechtspolitischen Tendenzen erfaßt hat. 41 BGH NJW 1983, 2962; BVerfG BB 1984, 1118. 42 Schon früher hatten von erst beginnendem Wertungswandel und von unzulässiger rückwirkender Geltung der Rsp. gesprochen Scholz, WM 1981, 538f.; Canaris, WM 1981, 989f. Gegen die neueste Rsp. vgl. Bunte, NJW 1983, 2674 - 2678; ds., WM Beil. 1/1984, 22 f.; Löwe, ZIP 1984, 1297; demgegenüber ihr zustimmend Reifner / Siederer, NJW 1984, 2313 - 2316. 43 Zur Hemmung der Vollstreckung vgl. OLG Düsseldorf, NJW 1985, 153; OLG Frankfurt, WM 1985, 19; zu den Grenzen OLG Düsseldorf, WM 1985, 282. 1 BGE 93 11 189. 2 Wie z. B. der Kt. Zürich: §§ 202 - 214 b EG ZGB. 3 Interkant. Konkordat vom 8.10.1957 über Maßnahmen zur Bekämpfung von Mißbräuchen im Zinswesen (SR 221.121.1), dem 9 Kantone beigetreten sind.

I, 2. Wucherzinsen: Schweiz

23

sches Recht anwendbar4. Subsumiert wurde der Fall nicht unter den Tatbestand der Übervorteilung (Art. 21 OR), wie diese gerade zur Abwehr des Zinswuchers geschaffene Nonn hätte erwarten lassen 5 , sondern unter jenen allgemeineren der Sittenwidrigkeit6 • Die restriktive Auslegung von Art. 20 OR, wonach dieser nicht subsidiär in Fällen von Übervorteilung herangezogen werden dürfe, in denen es an den subjektiven Vorausetzungen des Art. 21 OR fehle 7, wurde aufgegeben. Bemerkenswert dabei ist, daß es offensichtlich auf ein zusätzliches Moment der Vorwerfbarkeit nicht ankommt 8 • Das auffällige Mißverhältnis von Leistung und Gegenleistung genügte dem Bundesgericht9 • Zur Ennittlung der Sittenwidrigkeit zog das BGr einzig die im erwähnten Konkordat festgelegte Höchstgrenze von 18%, verstanden als Ausdruck der allgemeinen Übung heran10 • Das Vorliegen eines nonnativen Anhaltspunktes erleichterte sicher das Verdikt der Sittenwidrigkeit, da der schwierige Schritt zur Bestimmung des Grenzwertes des gerade noch Zulässigen scheinbar nicht getan werden mußte. Das Gericht statuierte als Rechtsfolge Restgültigkeit und verwendete den Maßstab von 18% zugleich als Maß der Reduktion. Im wesentlichen begründete es dieses Vorgehen dogmatisch: Der Darlehensvertrag als unvollkommen zweiseitiger Vertrag sei der Teilnichtigkeit zugänglich, soweit nur eine Nebenabrede betroffen sei. Für die Frage der Teilbarkeit und der Art des Vorgehens verwies es auf BGE 80 TI 327 E. 4 b. Das ist insofern bemerkenswert, als dort lediglich die Vereinbarung 4 Allerdings ist die Ansicht des BGr, bei der Frage der Anknüpfung interkantonalen Privatrechts handle es sich unI Auslegung kantonalen Rechts (E. a), mindestens in den Fällen bedenklich, in denen das zu beurteilende kant. Recht die bundesrechtliche Kompetenznorm überhaupt nicht in Anspruch genommen hat. Offenbar hat hier die verfehlte Praxis des BGr ZunI IPR, wonach die Frage, ob von den kant. Instanzen unter mehreren ausl. Rechten das richtige angewandt wurde, nicht zu überprüfen sei (vgl. Vischer / Volken, IPR-Gesetz, 72 f., 184 f.), ihren Niederschlag an noch unpassenderem Ort gefunden. Zur Problematik der richterlichen Überprüfung der Anwendung kant. Privatrechts vgl. im übrigen Liver, Bemer Kommentar, N 60ff. zu Art. 5 ZGB; Jagmetti, in: SPR I, 249ff. 5 Zur hist. Entwicklung ausführlich Ossipow, 205 - 223. Die Anwendung von Art. 21 OR durch AppGr. Basel-Stadt SJZ 1956, 332 erscheint eher als Ausnahme. 6 Vgl. die Kritik von Merz, ZBJV 1969, 21. 7 Unter diesen Prämissen wurde seinerzeit in BGE 43 II 803, 805 eine Zinsabrede von 42,5 % geschützt; vgl. noch BGE 56 II 189, 194, ihm folgend OG Luzern, SJZ 1953, 243f. 8 Wie es noch OG Zürich, ZR 1979, 129, 135 fordert unter mißverständlicher Berufung auf Oftinger, FS Zepos, 549. 9 Wie es auch Oftinger für krasse Fälle annahm. 10 Ähnlich hat das OG Solothurn BlSchKG 13 (1949) 142 die neben einem erheblichen Abzahlungszuschlag und weiteren Verwaltungskosten vereinbarten Verzugszinsen von 18% ohne weitere Prüfung des anwendbaren Maßstabes als nichtig erklärt, obwohl der Kanton keinerlei Regulierung der Darlehenszinsen kennt. Hingegen hatte das OG Luzern SJZ 1953, 243 f. noch keine solchen Maßstäbe finden können. Zur Verfassungsmäßigkeit der Begrenzung der Jahreszinsen von 18 % instruktiv BGE 69 I 171 E. 4, der aber an einer allgemeinen Geltung dieses Grenzwertes für alle Kantone Zweifel aufkommen lassen muß; ähnlich BGE 80 II 327 E. 3 b.

24

2. Teil: Übersicht über die Rechtsprechung

einer horrenden Abschlußkommission gestrichen, die Vereinbarung von 5% Zins jedoch gerade geschützt worden war. In jenem Entscheid, der wegen der zur Gänze nichtigen einzelnen Vertragsklausel vom BGr im Unterschied zum späteren als Stellungnahme zur Totalnichtigkeit verstanden wird l l , war ein Verstoß gegen den in § 213 zürch. EG ZGB festgelegten Höchstzinssatz von 18% zu beurteilen, also eine verbotswidrige Abrede. Dort wird nun deutlich, daß sich das Gericht auf ein historisches Argument, nämlich die Tradition des römischen und gemeinen Rechts stützt, wenn es die Zinsabrede charakterisiert als eine neben der Verpflichtung zur späteren Rückleistung stehende, begrifflich unwesentliche Nebenleistung. Ganz im Banne willenstheoretischer Überlegungen hätte es als adäquate Lösung die von beiden Parteien abhängige Unverbindlichkeitserklärung favorisiert, um dem Willen der Parteien zum Urteilszeitpunkt Rechnung tragen zu können l2 . Da es aber gezwungen war zu entscheiden, stellte es auf das hypothetische Verhalten bei Vertragsschluß ab und fragte, ob eine und allenfalls welche Partei auch ohne den mangelhaften Teil kontrahiert hätte. Er bejahte dies für den Bewucherten und wertete sein Insistieren auf der Gesamtnichtigkeit als rechtsmißbräuchlich, da ihm mit der Teilnichtigkeit geholfen sei1 3 • Interessant ist hier die herangezogene Analogie zur Regelung beim wesentlichen Irrtum. Danach verstößt es gegen Treu und Glauben, auf der Unverbindlichkeit zu beharren, wenn der Vertragspartner bereit ist, den Vertrag so bestehen zu lassen, wie ihn der Irrende verstanden hat (Art. 25 Abs. 2 OR)14. Mit der Konkretisierung der GeneralklauseI von Treu und Glauben wird also letztlich der aufgrund des Willensdogma nichtige Vertrag faktisch im erlaubten Maß aufrechterhalten. Die Fallgestaltung erlaubte es dem Gericht, auf die Bemessung der Reduktion nicht näher einzugehen und damit auch diesbezüglich den hypothetischen Parteiwillen nicht weiter zu untersuchen. Nicht der Zins von 5 % war nämlich anstößig, sondern erst eine zusätzliche Abschlußkommission von Fr. 10'000.- bewirkte die Normwidrigkeit l5 . Indem es sie in voller Höhe 11 So BGE 10711 216 E. 3 a; gegen diese Einordnung kritisch v. Tuhr / Peter, Supplement, § 29 N. 33 e, vgl. auch unten 2. Teil, 11, 2 bei Fn. 35. 12 Daß damit das BGr. die Gesamtnichtigkeit favorisierte, wird aus der Bestätigung dieser Rsp. in BGE 9611 129 E. 3 b klar ersichtlich. 13 So auch BGE 93 11 189 E. b: "Es wäre daher ungerechtfertigt, auch nur die Zinsabrede als nichtig zu erklären und dem Kläger dadurch einen Vorteil zu verschaffen, den der Beklagte ihm vertraglich nie zugestanden hätte." 14 Die dt. Jud. und Lit. wendet hier direkt die Figur der unzulässigen Rechtsausübung an, vgl. BGH MDR 1954, 217; Kramer, MünchKomm, 2. A., Rz 129 zu § 119 BGB; Staudinger / Dilcher, 12. A., Rz 75 zu § 119 BGB; Soergel / Hefermehl, 11. A., Rz 76 zu § 119 BGB; Titze, FS Heymann, Bd. 2, 104ff.; Dießelhorst, Sympotica Wieacker, 210 (alle mit weitere Lit.); so auch schon Gradenwitz, Anfechtung und Reuerecht beim Irrthum, Berlin 1902, 66ff., 74ff. 15 Keine Zinsen erblickte das Genfer KG in den Vergütungen, die die Parteien in BGr SemJud 1966, 215, 219f. vereinbart hatten. Das BGr konnte jedoch die - möglicherweise zu enge - Auslegung des kant. Rechts nur auf Willkür überprüfen.

1,3. Wucherzinsen: Österreich

25

für nichtig erklärte, stützte sich das Gericht auf die von den Parteien vorgenommene Differenzierung der Kreditkosten im Darlehensvertrag, ohne danach zu forschen, ob der Wucherer bei dieser Sachlage nicht wenigstens die höchstzulässigen 18% Zinsen verlangt hätte. Sinn und Zweck der Verbotsnorm hätten eine ergänzende Vertragsauslegung nach dem hypothetischen Parteiwillen in dieser Richtung nicht ausgeschlossen. 3. Österreich

Die österreichische Judikatur bietet auf den ersten Blick wenig Material zur Behandlung von sittenwidrigen Darlehenszinsen. Der OGH erkannte nur selten auf Sittenwidrigkeitl. In einem Fall konnte er sich dieser Problematik und der damit verbundenen Frage der allfälligen Reduktion des sittenwidrigen Übermaßes dadurch entziehen, daß er eine zusätzlich zu Provision, Zinsen und Verzugszinsen vereinbarte ratenweise vorauszahlbare Risikoprämie herauslöste, als Konventionalstrafe betrachtete, sie zur Gänze eliminierte und dadurch die vereinbarte Leistung mäßigte (§ 1336 Abs. 2 ABGB)2. Hingegen bietet uns die Argumentation in den wenigen andern unter dem Gesichtspunkt der guten Sitten beurteilten Fälle Material für die Frage nach den herangezogenen Beurteilungskriterien. Einmal spricht sich der OGH auch in den Wucherfällen für die in der Lehre vertretene Meinung aus, daß die in § 879 Abs. 2 ABGB genannten Tatbestandsmerkmale nicht abschließend aufgezählt seien3 . Der Weg zur Anwendung der GeneralklauseI von § 879 Abs. 1 ABGB bleibt offen, wenn eine Ausbeutungssituation gegeben ist. Allerdings muß in solchen Fällen "ein den individuellen Fall prägendes besonderes zusätzliches Element der Sittenwidrigkeit" hinzukommen4 . Die Zurückhaltung, exorbitante Darlehenszinsen mit dem Verdikt der Sittenwidrigkeit zu belegen, wird mit einem historischen Argument begründet. Seit der Einführung der Zinsfreiheit5 sei nämlich die Gestaltung des Zinses den Marktkräften überlassen und in der Höhe einzig durch § 934 ABGB (Verkürzung über die Hälfte) begrenzt6 • Auch aus diesem Grund sei eine Objektivierung des Tatbestandes, der Schluß vom groben Mißverhältnis 1 So in Anwendung der strafrechtlichen Bestimmungen des WuchG in der damals geltenden Fassung: EvBl1965, Nr. 340. 2 OGH NZ 1981, 8I. 3 SZ 41, Nr. 32; SZ 42, Nr. 2; Klang, JB11946, 63 - 67; Gschnitzer in Klang, ABGB, 2. A., Bd. IV, 1, 188, 203. 4 NZ 1981, 81; SZ 42, Nr. 2. 5 Gesetz vom 14. Juni 1868, wodurch die gegen den Wucher bestehenden Gesetze aufgehoben werden, RGBl1868, Nr. 62. 6 OGH (0. Fn. 3).

26

2. Teil: Übersicht über die Rechtsprechung

zwischen Leistung und Gegenleistung auf den Sittenverstoß unzulässig 7 , mindestens solange die Zinsen nicht weit über das Doppelte des im wirtschaftlichen Verkehr Üblichen hinausgingen8 . Besonderes Interesse müßten bei Bejahung eines Sittenverstoßes die zivilrechtlichen Folgen beanspruchen, hat doch das ABGB keinen klaren Begriff der Nichtigkeit herausgearbeitet9 • Für die Fälle wucherischer Zinsen läßt eine Wertung des § 8 WuchG, wonach lediglich der strafrechtlich geahndete Wucher Nichtigkeitsfolgen auslöst, auf bloße Anfechtbarkeit schließen 10. Ob sie das Ganze oder nur einen Teil erlaßt, ist unklar. Während das Wuchergesetz in der heute geltenden Fassung den Darlehensvertrag zu den gesetzlichen Darlehenszinsen und mit den vereinbarten Sicherheiten für die vertraglich vorgesehene Zeit weiterlaufen läßt l l , beantwortet es die Frage nicht, ob an sich die Vereinbarung ganz oder nur teilweise dahinfallen soll. Die dogmatische Unklarheit darf allerdings nicht darüber hinwegtäuschen, daß praktisch eine staatlich diktierte Teilnichtigkeit vorliegt. Ebensowenig ist dieses Problem in der Anwendung von § 879 Abs. 1 Z. 4 ABGB gelöst. Während noch Gschnitzer keine Möglichkeit sah, zu der von ihm favorisierten Lösung der Restgültigkeit zu gelangen12 , müßte die Analogiebasis des novellierten § 7 WuchG eine solche eigentlich nahelegen. Dies um so mehr, als sich der OGH neuerdings mit Nachdruck für die in der Literatur vertretene Ansicht ausgesprochen hat, den von der Gesetzeslage her gewährten Spielraum für die Vermutung der Restgültigkeit auszunutzen 13 . Ob auf totale Ungültigkeit oder auf Restgültigkeit geschlossen werden muß, dafür ist nämlich bei verbotswidrigen Rechtsgeschäften nach alter Praxis nicht der Wille der Parteien, sondern der Verbotszweck maßgebend 14 • Das Willensdogma wird damit von seiner dominierenden Rolle verdrängt15. Wie Vgl. auch OGH NZ 1974,126,127. OGH NZ 1981, 81, 82. 9 Dazu s. u. 3. Teil, I, 1. 10 Vgl. SZ 23, Nr. 372; Gschnitzer, in Klang, ABGB, 2. A., Bd. IV, 1, 167 (bei Fn. 50), 207ff. Den Entscheidungen OGH EvB11964, Nr. 318 und EvB11965, Nr. 340 liegt das WuchG zugrunde. Zum Verhältnis des WuchG zum strafrechtlichen Wuchertatbestand vgl. Liebseher, WienerKomm, Rz 3f. zu § 154 StGB; zur Bestimmung des Mißverhältnisses vgL EvB11983, Nr. 17. 11 § 7 WuchG. Der Zins beträgt das Zweifache des Diskontsatzes der Österr. Nationalbank (§ 7 Abs. 2 WuchG). Zur Zweckmäßigkeit des Resultates vgl. Doralt / Koziol, 124f. 12 Gschnitzer 207ff.; vgl. auch EvB11965, Nr. 340. 13 Vgl. Mayer-Maly, GS Gschnitzer, 283f.; dazu SZ 44, Nr. 166 (zum verbotswidrigen Rechtsgeschäft); EvB11974, Nr. 137 (zum sittenwidrigen Rechtsgeschäft). 14 Vgl. Gschnitzer 169 mit weiteren Nachweisen, ferner Koziol / Welser, Bd. 1,7. A., 135f. Zum Zusammenhang mit der Normzwecklehre im Deliktsrecht vgl. Mayer-Maly 269 Fn. 14, der auch die Frage aufwirft, ob die Schrankenfunktion des Normzwecks nicht überhaupt allgemein erfaßt werden müsse. 15 Symptomatisch dafür ist die Entwicklung im Mietrecht in bezug auf die Vereinbarung eines unzulässigen Mietzinses. Während die Rsp. zunächst zwischen Nichtig7

8

I, 4. Wucherzinsen. Frankreich

27

diese Restgültigkeit jedoch rechtlich genau zu beurteilen ist, bleibt weitgehend ungeklärt1 6 . In dieser Unbestimmtheit der Rechtsfolgen und in der Abkehr von einef willenstheoretisch begründeten Beurteilung des Vertrags liegt neben dem zur Erfassung des Tatbestandes der Sittenwidrigkeit herangezogenen ,beweglichen System' vielleicht der eigenständigste Beitrag des österreichischen Rechts zu unserem Problem. Die Frage wird aufgeworfen, ob nicht andere als die althergebrachten dogmatischen Kategorien zu systematisieren wären. 4. Frankreich

Vielleicht am allerwenigsten von allen Ländern des westlichen Kulturkreises hat Frankreich eine lange Tradition der Zinsfreiheit. Geht man davon aus, daß sich die Postulate des wirtschaftlichen Liberalismus überall in der Forderung nach Zinsfreiheit verdichteten und die politische Debatte sich oft genug auf diese Formel verkürztel , so kommt man fast zwangsläufig zum Schluß, daß in Frankreich stets ein starker Etatismus diese Bewegung überschattete. Fast als Sinnbild für die Kontinuität zum Absolutismus beendete Napoleon die von der Revolution eingeführte Zinsfreiheit (Loi des 3 - 12 oct. 1789) durch die Loi du 3 sept. 1807. Abgesehen von der Zinsfreigabe für den Handel (1886) und anderen, kleineren Modifikationen sollte dieses Gesetz bis 1918 Bestand haben; und auch damals wurde es in Erwartung eines moderner konzipierten Gesetzes lediglich suspendiert. Eine andere Maßnahme Napoleons war das mit leichter Hand erlassene, einseitig gegen die Juden gerichtete decret infame vom 17. Mai 1808 2 • Es setzte nicht nur einen höchstzulässigen Maximalzins fest, sondern schränkte auch die Geschäftsfähigkeit und die Bewegungsfreiheit der Juden massiv keit des ganzen Mietvertrages und der bloßen Unwirksamkeit der Zinsvereinbarung hin und her schwankte, wie EvBl. 1962, Nr. 111 schön dokumentiert, trifft seit diesem Entscheid die Unwirksamkeit nur noch die Zinsvereinbarung, vgl. OGH MietSlg 31095; 32102 mit weiteren Nachweisen auch zur ähnlich verlaufenden Rsp. zum Ablöse-Unwesen (dazu auch Krejci in Rummel, ABGB, Rz 189 zu § 879). 16 Symptomatisch für die Unklarheit SZ 23, Nr. 372. 1 Vgl. Coing in Coing (Hrsg.), Handbuch der Quellen und Literatur der neueren europ. Privatrechtsgeschichte, Bd. III,l, München 1982, 10. 2 Es sei hier nur deshalb kurz auf die Rolle von Portalis bei den Vorarbeiten zu diesem Gesetz hingewiesen, weil dieser dort die Meinung vertritt, daß zwar im Prinzip Zinsfreiheit herrsche; er bemerkt jedoch dazu sogleich, daß im Handelsverkehr nur die üblichen Zinsen nicht als exzessiv gälten und daß im gemeinen Verkehr nach den "convenances et les idees re!;ues" ein Zinssatz von über 5% übersetzt sei (nach dem Referat des rapport bei R. Anchel, Napoleon et les Juifs, Paris 1928, 261 f.). Das Gesetz vom 3. Sept. 1807 knüpft also an bestehende Anschauungen an. Zur Geschichte des decret infame, vgl. etwa F. Delpech, La Revolution et l'Empire, in Blumenkranz (Hrsg.), Histoire des Juifs en France, Paris 1972, 286 - 304; B. Philippe, ttre juif dans la societe fran!;aise du moyen-age a nos jours, Paris 1979, 128 - 135. Den juristischen Aspekt behandelt F. de Fontette, L'article 4 du ,decret infame' de 1808: le pret consenti par un juif, in: Mel. Savatier, Paris 1965, 277 - 290 (alle mit weiterer Lit.).

2. Teil: Übersicht über die Rechtsprechung

28

ein. Nach Ablauf von zehn Jahren wurde es automatisch außer Kraft gesetzt. Eine Verlängerung kam glücklicherweise nicht mehr zustande. Doch können wir diese Fragen dem Rechtshistoriker überantworten. 1935 wurde dann, um die inzwischen entstandene Lücke zu schließen, ein Gesetz erlassen, das von Capitant warm begrüßt wurde als zeitgemäße Lösung des Wucherproblems in einer sich auf die Zinsfreiheit stützenden Wirtschaft3. Die neuen Bestimmungen sollten dann eingreifen, wenn der Effektivzins den mittleren Zinssatz um die Hälfte übersteigt, wie ihn der gutgläubige Darleiher unter den gleichen Bedingungen und bei gleichem Risiko verlangt. Neben den strafrechtlichen Sanktionen sah es, soweit es um die zivilrechtliche Seite ging, die Reduktion des Zinssatzes und die Gewährung eines Anspruchs aus ungerechtfertigter Bereicherung vor, und zwar bis zur Höhe des normalen Zinsniveaus. Trotz der starken pönalen Komponente des Gesetzes wurde in diesem Punkt auf eine solche verzichtet 4 • Im Grunde genommen handelte es sich um eine modernisierte, die Aufrechterhaltung des Vertrags begünstigende Formel der vom Code civil nur in einigen Spezialfällen übernommenen laesio enormis. Rechtsvergleichend von Interesse ist die Bemerkung Capitants, daß diese Konzeption eine Konkretisierung der in § 138 BGB und Art. 21 OR festgehaltenen Rechtsgedanken sei5 . Dieses Gesetz stieß in der Praxis auf beträchtliche Schwierigkeiten, die es jeder Effektivität beraubten. Der ,caractere subjectif' der Wucherdefinition, auf den meist das Versagen zurückgeführt wurde 6 , darf jedoch nicht mit der subjektiven Seite des Tatbestandes der schweiz. und der deutschen Wucherbestimmung gleichgesetzt werden. Es wurde damit vielmehr die Vergleichsbasis erfaßt, nämlich der gutgläubige Darleiher, der bei gleichen Bedingungen und mit analogen Risiken arbeitet 7 • Hier zeigte die strafrechtliche Konzeption des Gesetzes spürbar ihre Schwäche, denn die Norm war zu unbestimmt, um eine sichere Grundlage für den Strafanspruch abzugeben. D H. 1935 (chron.) 61 - 64. Decret du 8 aout 1935 (D. P. 1935.225), art. l er "Lorsqu'un prH conventionnel a ete fait a un taux effectif depassant de plus de moitie le taux moyen pratique dans les memes conditions par des prHeurs de bonne foi pour des operations de credit comportant les memes risques que le pret dont il s'agit, les perceptions excessives seront imputees de plein droit sur les interets normaux alors echus et subsidiairement sur le capital de la creance. Si la creance est eteinte en capital et interHs, le preteur sera condamne a la restitution des sommes indfrment per.;ues, avec interets du jour OU elles lui auront ete payees." 5 Capitant 64: "Les codes les plus recents considerent simplement l'usure comme une application de la lesion et contiennent une formule generale qui vise tous les contrats." Es folgt der Hinweis auf § 138 BGB und Art. 21 OR. 6 Vgl. Blin, J C. P 1967 I. 2084, nOS 27 S.; Ottenhof 153; Gavalda / Stoufflet, J. C. P 1968.1. 2171, n° 40; zurfruheren Situation vgl. noch Gavalda, D. 1965.468,469 (note Cass. crim. 6 mai 1964). 7 Hingegen wieder im Sinne der dt. und schweiz. Terminologie brauchen den Ausdruck Rives-Lange, D. 1975 chron. 33, n° 11, Cabrillac / Rives-Lange, Rev trim. dr. com. 1976, 772. 3 4

I, 4. Wucherzinsen: Frankreich

29

Daß Straf- und Zivilrecht mit verschiedenen Instrumentarien arbeiten, wird hier anschaulich illustriert. Mit der Loi du 28 dec. 1966 wurde der heutige Rechtszustand erreicht, wenn man von den Nebengesetzen einmal absieht, und die lange Reihe älterer Erlasse - bis hin zum Gesetz von 1804 - auch formell gekappt (art. 17). Rechtstechnisch interessant ist die Einarbeitung des Abzahlungskaufs und anderer Umgehungsgeschäfte. Den modernen Gegebenheiten sollte die Definition des wucherischen Zinses Rechnung tragen. So wurde mit der Einbeziehung der Nebenkosten der Zinsbegriff im Sinne eines Effektivzinses erfaßt und die Entwicklung von Lehre und Rechtsprechung in diesem Punkt gesetzlich festgeschrieben 8 • Die Grenze des Wuchers bestimmt sich vom Marktzins aus, der um höchstens einen Viertel überschritten werden darf. Für die Bestimmung des Marktzinses ist das dem Vertragsschluß vorangehende Trimester maßgebend; abgegrenzt wird der für Kredite gleicher Art und analoger Risiken relevante Markt durch die beim Conseil National de Credit registrierten Banken und Finanzgesellschaften (art. 1er al. 1). Das ist jedoch nicht das einzige etatistische Moment. Ausdrückliche Regelungen dieser Behörde, sowohl was zulässige Nebenkosten wie die von ihr festgesetzten Höchstzinsen für einzelne Kreditarten betrifft, werden vorbehalten. Neben dieser variablen Grenze wird jedoch auch eine absolute Obergrenze statuiert, die in keinem Fall überschritten werden darf. Sie beträgthier stoßen wir wieder auf eine modernisierte Fassung der laesio enormisdas Doppelte des durchschnittlichen Ertragssatzes von Schuldverschreibungen von Privatgesellschaften, die im vorausgegangenen Semester ausgegeben worden sind. Die periodische Publikation der drei möglichen Referenzgrößen im Journal officiel, nämlich des Marktzinses, der durchschnittlichen Erträge der neuen Obligationen sowie der Zinslimiten für gewisse Kreditarten sollen die notwendige Information sichern9 • Der Staat übernimmt auch hier eine weitere Aufgabe, die sich in zwei Richtungen auswirken 8 Loi n° 66 - 1010 du 28 dec. 1966, art. 3: "Dans tous le cas, pour la determination du taux effectif global du pret, comme pour celle du taux effectif pris comme reference, sont ajoutes aux interets les frais, commissions ou remunerations de toute nature, directs ou indirects, y compris ceux qui sont payes ou dus ades intermediaires intervenus de quelque maniere que ce soit dans l'octroi du pret, meme si ces frais, commissions ou remunerations correspondent ades debours reels. . .. ", vgl. Gavalda / Stoufflet n° 44; Bräunig 21 f. Zur früheren Rsp. vgl. Gavalda (0. Fn. 6) 468, 470 und zuletzt Cass. crim. 3 mai 1966 D. 1966 somm. 107. Zur Berechnung des Effektivzinses vgl. Husset, D. 1977 chron. 131 - 136; Cabrillac / Rives-Lange, Rev. trim. dr. com. 1977, 144; Cass. crim. 8 juin 1977, J. C. P. 1978.11. 18875 (note Husset); Dijon 7 dec. 1982, J. C. P. 1984.11. 20296 (note Husset). Die Restschuldversicherung wird nur dann nicht in den Effektivzins einbezogen, wenn die Auszahlung des Darlehens nicht davon abhängig gemacht worden ist und die Entscheidungsfreiheit des Borgers in diesem Punkt daher nicht beschränkt ist, vgl. Cass. crim. 12 oct. 1976, Gaz. Pal. 1976. 2. 762; Paris 11 janv. 1982, Gaz. Pal. 1982. 1. 131 (note Marchi); D. 1982. I. R. 413 (note Vasseur). 9 Art. 1er al. 4; decret n° 67 - 226 du 21 mars 1967.

2. Teil: Übersicht über die Rechtsprechung

30

kann, einmal gegenüber dem Darleiher, der recht zuverlässig das gerade noch erlaubte Maß ermitteln kann, und dann auch gegenüber den Gerichten, die so einen einheitlichen Maßstab anwenden können, was insbesondere für den strafrechtlichen Aspekt wesentlich ist. Den Gerichten wird überdies eine von der Regierung eingesetzte Konsultativkommission zur Verfügung gestellt, die in der Lage ist, sowohl über die Definition des Globalzinses wie über den durchschnittlich erzielten Zinssatz Auskunft zu geben 1o • An deren Gutachten sind die Gerichte jedoch nicht gebunden. Nicht verändert wurden im wesentlichen die zivilrechtlichen Folgen eines Gesetzesverstoßes. Nach wie vor ist die Sanktion Teilnichtigkeit, deren Ausdehnung mit Hilfe der publizierten Größen ebenfalls zuverlässig abgegrenzt werden kann ll . Auf der andern Seite ist die strafrechtliche Konzeption geblieben, die wegen der Feinheit des angewendeten Rasters weit über die strafrechtlichen Wucherbestimmungen in den andern hier behandelten Ländern hinausgehen. Mit diesem Bündel von Maßnahmen ist die zivilrechtliche Feinsteuerung in mancherlei Hinsicht stärker dem Staat überantwortet worden. Hier stoßen wir an die Grenzen der Extension des Privatrechts, die in dieser Frage offenbar enger gezogen sind als in den eben besprochenen Ländern. Wir wollen diese Limite nicht überschreiten und lassen deshalb auch jene direkten Einwirkungen des Staates auf die Zinsgestaltung weg, die in andern Gesetzen in der Zwischenzeit erfolgt sind. Nachzutragen ist vielleicht die Information, daß Verurteilungen aufgrund der Loi du 28 dec. 1966 zur Zeit nicht eben gerade häufig zu sein scheinen 12 .

Art. 7. Die Praxis, bei Fehlen der - gesetzlich vorgeschriebenen - Angabe des Effektivzinses die Zinsen auf die Höhe des gesetzlichen Zinsfußes zu reduzieren (Cass. civ. 24 juin 1981, J. C. P. 1982. 11. 19 713 (note Vasseur); Rev. trim. dr. com. 1981, 809 (obs. Cabrillac / Teyssil~), könnte allerdings ein Indiz dafür sein, daß auch beim Wucherdarlehen die Lösung in dieser, das pönale Moment wieder betonenden Richtung gesucht werden wird. Die Diskussion darüber ist auf jeden Fall wieder offen (vgl. Paris 1er mars 1979, D. 1981. 355 (note Boizard, 360). Der gesetzliche Zinsfuß (art 1907 c. civ. i. V. mit Loi n° 75 - 619 du 11 juillet 1975) entspricht in der Regel dem Diskontsatz der Banque de France. 12 Vgl. obs. Bouzat zu Paris 11 janv. 1972, Rev. trim. dr. com. 1982, 311. Rückschlüsse auf die Häufigkeit der Verfahren läßt auch die Angabe von Husset zu (note sous Dijon 7 dec. 1982, J. C. P. 1984. 11. 20 296), wonach von der Konsultativkommission in den Jahren 1966 - 1981 158 Fälle begutachtet wurden. Zu weiteren gesetzlichen Bestimmungen, die vor allem die Informationspflichten gegenüber dem Konsumenten festlegen, vgl. die Darstellung bei Sanjoz, RIW 1985, 448 - 455. 10 11

H, 1. Bezugsbindungen: BRD

31

ß. Überlange vertragliche Bindungen: Bezugsverpflichtungen als Beispiel 1. Bundesrepublik Deutschland

Wenn wir uns für die Behandlung überlanger vertraglicher Bindungen in der BRD in erster Linie auf die Durchsicht der Rechtsprechung zu den Bierlieferungsverträgen beschränken, so einmal deshalb, weil dort die Probleme der Beurteilung der Dauer deutlich und farbig zutage treten. Zum andern zwingt das überreiche Material zur Auswahl, die im Verlauf der Untersuchung jedoch wettgemacht werden kann. Die Vielzahl von Urteilen seit dem 19. Jhdt. schlägt sich aber keineswegs in einer Vielfalt der getroffenen Lösungen nieder. Die Urteilsreihen lesen sich eher als exercices de style, als Variationen zum gleichen Thema. Ein Wandel in der Rechtsprechung, der über den Einzelfall hinaus grundsätzliche dogmatische Fragen oder den Geltungsanspruch der benutzten Argumente berühren würde, ist abgesehen von der Hinwendung zur Restgültigkeit unter dem Stichwort der Beseitigung des sittenwidrigen Übermaßes nicht zu erkennen. Schon von Anbeginn wird der Bierlieferungsvertrag in seiner typischen Form greifbar: Der Wirt verpflichtet sich als Gegenleistung für ein ihm gewährtes Darlehen, Bier und allenfalls auch andere Getränke nur vorn Darlehensgeber zu beziehen l . In der Rechtsprechung wurde dieser Vertrag, der für die Brauereien neben anderem auch die Funktion hat, Konkurrenten von dem einmal eroberten Markt fernzuhalten oder ihnen wenigstens den Marktzutritt zu erschweren, aus seinem Zusammenhang mit der Wettbewerbsproblematik2 gelöst und lediglich im Hinblick auf die Beziehung inter partes zwischen Gastwirt und Brauerei untersucht. Das RG stilisierte das kartellistische Verhalten der Brauereien zur "sittlich und wirtschaftlich anerkennenswerten Tat" empor3 und ging im weiteren davon aus, daß dieses Vertriebssystem zu den häufigen Erscheinungen des modernen Geschäftslebens gehöre, die zudem wirtschaftlich wichtig und weit verbreitet seien4 • Das änderte sich auch im Laufe der Jahrzehnte nicht und bildet meist unausgesprochen den ökonomischen Hintergrund der Entscheidung5 • Auch So schon OLG Celle OLGRsp. 4 (1902) 205. Auf diese hat schon Kohler, ArchBürgR 31 (1908) 237, bes. 247 eindringlich hingewiesen und dabei den Zusammenhang zum Sherman Act hergestellt. 3 RGZ 63, 390, 392; ähnlich OLG Celle (0. Fn. 1). 4 Zur heutigen Kautelarpraxis vgl. das Muster bei Nath / Schilling / Fingerhut, 130ff. 5 Vgl. etwa OLG Hamm WuW/E OLG 793: "Ein typischer Bierlieferungsvertrag, der die in der Brauereiwirtschaft vorherrschende und gebräuchliche Form der Absatzsicherung und Kreditbeschaffung darstellt, unterliegt grundsätzlich keinen rechtlichen Bedenken." Kritisch zum Schluß von der Branchenüblichkeit auf das rechtlich Zulässige R. Müller Anm. zu BGH JZ 1952, 366. 1

2

2. Teil: Übersicht über die Rechtsprechung

32

die Stellung der Brauereien wird bei solchen Überlegungen herausgelöst und individualisiert, ihr Vorgehen gewürdigt als Bemühen, durch langfristige Absatzverträge die Voraussetzung für langfristige Produktions- und Absatzplanung zu schaffen6 , was auch die EG-Kommission grundsätzlich als Vorzüge herausgearbeitet hat? Ebenso werden die Risiken gewertet 8 und in Relation zu den Vorteilen des Wirtes gesetzt, die vor allem darin bestünden, daß er dank des Darlehens der Brauerei eine eigene selbständige Existenz aufbauen könne 9 • Die Beurteilungskritierien für die stets auf den Einzelfall bezogene Bestimmung der gerade noch zulässigen Bindungsdauer hat die Rechtsprechung auf eine - fast stereotyp gebrauchte - Formel gebracht. Danach ist der Bierlieferungsvertrag dann sittenwidrig, "wenn durch die Ausschließlichkeitsbindung und ihre Ausgestaltung im Einzelfall die wirtschaftliche Bewegungsfreiheit und Selbständigkeit des Gastwirts in unvertretbarer Weise eingeengt werden und er dadurch in eine mit den Anschauungen des redlichen Geschäftsverkehrs nicht mehr zu vereinbarende Abhängigkeit von der Brauerei gerät"10. Faßte das OLG Celle kurz nach Inkrafttreten des BGB noch eine Prüfung im Hinblick auf den Wuchertatbestand von § 138 Abs. 2 BGB ins Auge l1 , so beschränkte sich die nachfolgende Rechtsprechung auf eine solche unter dem allgemeinen Aspekt der Sittenwidrigkeit (§ 138 Abs. 1 BGB). Ließ und läßt das Pathos der Vertragsfreiheit auch iIi gewissem Rahmen eine Bindung ohne Gegenleistung ZU I2 , so hat sich die Gerichtspraxis trotzdem zur Erfassung der Bindung auf eine Äquivalenzprüfung eingelassen. Eine Leistung ohne adäquate Gegenleistung erscheint im Wirtschaftsverkehr als anstößig l3 . So etwa BGH NJW 1972, 1459. ABlEG L 173/5 vom 30.6.83 (VO 1982/83 vom 22.6.83 betr. Alleinbezugsvereinbarungen). . 8 Vgl. BGH NJW 1979, 2149; RGZ 152, 251, 261; 63,390; OLG Celle (0. Fn. 1). 9 BGH NJW 1972,1459; OLG Düsseldorf WuW/E OLG 791; RGZ 63, 390, 392f. 10 So BGH NJW 1979, 2149, 2150; ähnlich BGH WM 1975, 307, 308; BGH NJW 1974, 2089; BGH WM 1973, 1360, 1361; BGH NJW 1972, 1459; alle im wesentlichen basierend auf RGZ 152, 251, 253 (mit weiteren Nachweisen). Eine kürzere Formel wird verwendet in BGH NJW 1970, 2243: "Eine Sittenwidrigkeit ist ... nur dann anzunehmen, wenn der Vertrag dazu führt, dem Gastwirt seine Selbständigkeit und Unabhängigkeit zu nehmen, wenn sich der Vertrag also als ein sogenannter Knebelungsvertrag darstellt ... "; BHGZ 54, 145, 156 = NJW 1970, 2157, 2159; BGH WM 1970, 99; RGZ 63, 390, 392. 11 S. o. Fn. 1. 12 RGZ 152, 251, 261. 13 Vgl. BGH NJW 1972, 1459: "Dabei hängt die Frage, welcher Zeitraum einer vertraglichen Bindung des Gastwirts noch mit den guten Sitten vereinbar ist, vor allem auch von dem wirtschaftlichen Wert der Leistungen ab, die die Brauerei dem Gastwirt im Zusammenhang mit dem Abschluß des Bierlieferungsvertrages gewährt."; BGH NJW 1979, 865; BGH WM 1973, 1360, 1362; BGH DB 1960,231; RG JW 1936, ·569f. 6

7

II, 1. Bezugsbindungen: BRD

33

Da der BGH an einer Würdigung der subjektiven Lage im Einzelfall festhält, tritt infolge der beschränkten Kognitionsbefugnis die tatrichterliche Würdigung in den Vordergrund 14 . Sie umfaßt nach der ständigen Rechtsprechung des BGH den Gesamtcharakter des Vertrags nach Inhalt, Motiv und Zweck, bezogen auf den konkreten Einzelfall 15 • Dennoch ist es dem BGH gelungen, aufgrund dieser formellen Handlungsanleitung eine Reihe materieller Kriterien zu entwickeln, die vom Tatrichter einer Prüfung zugrunde gelegt werden müssen. Damit werden die Rahmenbedingungen objektiviert; sie bleiben aber wegen der Flexibilität der Zuordnungsmöglichkeiten an den Einzelfall gebunden. Unter diesen Kriterien finden wir das den Bierlieferungsvertrag prägende Merkmal, die Gewährung eines Darlehens und dessen Höhe 16 , die Höhe des vereinbarten Zinssatzes im Verhältnis zu einem Bankkreditl 7 , die Tilgungsmodalitäten 18 , die Gewährung eines Rabattes 19 , die Leistung von weiteren Sicherheiten durch den Gastwirt20 , wie überhaupt das Risiko der Brauerei21 , die Überlassung von Inventar22 , der Anteil der Bezugsverpflichtung gemessen am Gesamtumsatz von Bier oder sogar aller Getränke 23 , die Möglichkeit flexibler Reaktionen auf einen veränderten Publikumsgeschmack24, die Festsetzung von Mindestabnahmemengen25 , das Diktat einer Konventionalstrafe und deren Höhe 26 , eine Überbindungspflicht27 , der Verkauf des Grundstücks durch die Brauerei an den Gastwirt 28 und sogar die ,spätere 14 BGH WM 1984, 88, 89f.; BGH NJW 1979, 2149, 2150; BGH WM 1975, 307, 309; WM 1973, 1360, 1361; BGHZ 54, 145, 154 = NJW 1970, 2157, 2159; RGZ 152, 251, 253f. 15 BGH WM 1984, 88, 89; BGH WM 1973, 1360, 1361; BGH NJW 1972,1459; BGH DB 1960, 231; RG JW 1910, 62; besonders herausgestrichen in BGH WM 1977, 641, 643. 16 BGH WM 1975, 850, 851; BGH NJW 1974, 2089, 2090; BGH WM 1973, 1360, 1362; BGH WM 1973, 357; RGZ 152, 251, 253f.; RG JW 1936, 569; RG JW 1910, 62. 17 BGH WM 1975, 850, 851; BGH NJW 1974,2089,2090; BGHZ 54,145,157 = NJW 1970,2157,2160. 18 BGH WM 1975, 850, 851; BGH NJW 1974, 2089, 2090. 19 BGH WM 1973, 357. 20 BGH WM 1975, 850, 851; BGH NJW 1974, 2089, 2090; BGH WM 1973, 1360, 1362; BGHZ 54, 145, 156f. = NJW 1970, 2157, 2160; RGZ 152,251, 261. 21 BGH WM 1975, 850, 851; BGH NJW 1974, 2089, 2090; BGH WM 1973, 1360, 1362; RGZ 152, 251, 261. 22 BGH WM 1975, 307, 309; BGH NJW 1974, 2089, 2090; BGH WM 1973, 357, 358. 23 So differenziert auch die EG-Kommission (0. Fn. 7). Bindung bezüglich aller oder der meisten Getränke lag vor in BGH WM 1975, 850, 851; BGH NJW 1974, 2089; BGH WM 1970, 99, 101; RG JW 1935, 3217; Bindung nur in bezug auf Bier BGH WM 1975,307,309; Zukauf anderer Biere war gestattet BGH NJW 1970,2243,2244; RGZ 63, 390, 393. 24 BGH WM 1975, 307, 309; BGH WM 1973, 924, 925; BGH NJW 1974, 2089, 2090; BGH NJW 1972, 1459. 25 BGH WM 1975, 307, 309; BGH WM 1973, 357. 26 BGH WM 1977, 641, 643; BGH WM 1975, 307, 309; RG JW 1935,3217. 27 BGH NJW 1974,2089,2090; BGH WM 1973, 1360, 1361.

3 Bürge

34

2. Teil: Übersicht über die Rechtsprechung

Praxis'29, sowie schließlich die Vermögensverhältnisse des betroffenen Wirtes 30 . Gerade der letzte Punkt ist erwähnenswert, da damit auch hier das Problem der zulässigen Dauer einer nur einen ihrer Teilbereiche umfassenden Bindung größerer Unternehmen anklingt. Vor allem bei der Beurteilung von Verfallklauseln, die die Pflicht zur sofortigen Rückzahlung des Darlehensbetrages selbst im Falle von geringfügigen vertragswidrigen Handlungen stipulieren, spielt die Anwendung der GeneralklauseI von Treu und Glauben eine Rolle. Interessant ist, daß meist der klare und eindeutige Wortlaut des Vertrages mit diesem Mittel eingeschränkt wird. Kriterium wird nun, wie der Darlehensgläubiger von der ihm unbegrenzt eingeräumten Rechtsmacht Gebrauch machen würde; die klare Bestimmung erfährt eine interpretative Restriktion 31 . Allerdings schwankt hier die Rechtsprechung auffallend. Während sie in den Dreißiger Jahren einer solchen Reduktion bereits wieder ablehnend gegenüberstand 32 und auch nach dem Krieg bei dieser Haltung blieb 33 , besinnt sie sich seit Anfang der Siebziger Jahre wieder auf dieses Vorgehen 34 ; eine klare Linie ist jedoch nicht erkennbar35 . Die Größe, die aufgrund der komparativen Formel ,je - desto'36 mit den vorhin aufgezählten Kriterien zusätzlich in Beziehung gesetzt wird, ist die Zeitdauer. Damit wird sie zwar isoliert, aber nur beschränkt objektiviert37 , da sie auf dem Hintergrund des ganzen Vertrags beurteilt werden muß. Ließ BGH WM 1975, 307, 309. BGH WM 1984, 88, 90; BGH WM 1975, 850, 852; BGH WM 1973, 924, 926. Allerdings wird diese ,spätere Praxis', die wir in Anlehnung an Art. 31 Abs. 3 lit. b Wiener Vertragskonvention vom 23.5.1969 so nennen wollen, "nur unter dem Blicl,{winkel einer zeitlich begrenzten Aufrechterhaltung des Vertrags" berücksichtigt. 30 BGH WM 1975, 307, 309; RG JW 1935, 3217. 31 So schon RGZ 63, 390, 393 "Übrigens ist hierbei zu erwägen, daß eine solche Vertragsbestimmung nicht bloß nach ihrem strengen Wortsinn, sondern vielmehr in dem Geiste zu verstehen ist, in dem eine große Brauerei sie in eignern wohlverstandenen Interesse zur Erhaltung ihres geschäftlichen Renommees zu handhaben pflegt. " 32 Das RG hatte es JW 1935, 3217 abgelehnt - mit kaum verhüllter Kritik an RGZ 63,390,393 - § 242 BGB heranzuziehen; doch schon ein Jahr später rückte der gleiche Senat von dieser Haltung ab (RGZ 152,251,258). 33 Ausdrücklich wieder an die Praxis von RG JW 1935, 3217 hat sich BGHZ 54, 145, 157 = NJW 1970, 2157, 2160 angeschlossen. 34 So bei Gelegenheit der Beurteilung eines Automatenaufstellvertrages in BGH NJW 1971, 1034, ebenso BGH WM 1975, 850, 851; abgelehnt hat er dieses Vorgehen jedoch dann, wenn zahlreiche Bestimmungen so ausgelegt werden müßten, so daß der Vertrag dadurch einen wesentlich andern Inhalt bekommen würde: BGH NJW 1971, 1034,1035; BGH WM 1973, 1360, 136lf.; BGH NJW 1983,159,162. Dieser letzte Entscheid kontrastiert jedoch augenfällig mit BGH NJW 1985,53, der im Anwendungsbereich von § 9 AGBG mit dem ganzen dargebotenen Strauß solcher interpretativer Reduktionen den - weiterbestehenden - Automatenaufstellvertrag zugestandenermaßen in nicht ganz unwesentlicher Weise ändert, dazu u. 5. Teil bei Fn. 1l. 35 Vgl. auch BGH WM 1984, 88, 90. 36 BGH NJW 1979, 2149, 2150; WM 1975,850,851; BGHZ 54, 145, 156 = NJW 1970, 2157; 2159; BGH WM 1970, 99; RG JW 1927,119. 28

29

11, 1. Bezugsbindungen: BRD

35

sich bei Verträgen mit unlimitierter Dauer durch Vertragsergänzung, begründet mit der Pflicht der Rücksichtnahme, die Kündbarkeit leicht herleiten 38 , so war das bei der bewußt gewählten ,ewigen' Dauer nicht mehr möglich. Ihre Unzulässigkeit beruht auf Wertungen, die in andern Gesetzen ausgedrückt sind, so den § 8 Abs. 1 Ziff. 2 und § 10 GewO vom 21. Juni 1896 (Ablösung alter Bann- und Zwangsrechte, Verbot des Neuerwerbs solcher Rechte)39. Schwieriger war die Beurteilung einer zwar begrenzten aber überlangen Vertragsdauer, die dem Gastwirt eine nach dem hinter § 138 Abs. 1 BGB stehenden Rechtsgedanken unzulässige Bindung auferlegte. Fraglich war einmal die Grenzziehung. Während im 19. Jahrhundert die Begrenzung auf die Lebenszeit des Verpflichteten noch gebilligt wurde40 , rückte das RG von dieser Praxis deutlich ab, als es eine Bindung von 20 Jahren als übermäßig verwarf41 • Auf dieser Linie blieb es, als es wenig später eine Dauer von 15 Jahren nicht schützte 42 . Doch 1926 erwog es die Zulässigkeit einer 30jährigen Dauer in Analogie zu den gesetzlich festgelegten Höchstdauern von Mietverträgen (§ 567 BGB), Rentenschulden (§ 1202 BGB) und ähnlichen langfristigen Bindungen im Erbrecht43 • Hingegen hatte 1935 eine neben andern drückenden Vertragsbestimmungen bedenkliche Bindung von 10 Jahren den Ausschlag für das Verdikt der Sittenwidrigkeit gegeben 44, während ein Jahr darauf die Dauer von 8 Jahren als im Prinzip zulässig angesehen wurde 45 • Als eine im Extremfall gerade noch zulässige Höchstdauer hat der BGH schließlich die Laufzeit von 20 Jahren bezeichnet 46 , wobei er vor allem berücksichtigte, daß sich die Bindung nur auf 50 % des Bierbedarfs erstreckte. Diese aus der Konstellation des konkreten Einzelfalls gewonnene Höchstdauer zog er auch später wieder zur Auslegung heran47 • In der Folge nahm er stets auf die Höchstdauer Bezug, ließ ausnahmsweise eine Dauer von 23V2 Jahren ZU48 , bezeichnete in andern Fällen eine Dauer von 16 Jahren 37 BGH NJW 1979, 2149, 2150; RG JW 1935, 3217; hingegen wird z.B. in BGH WM 1973, 357 die höchstzulässige Dauer objektiviert, vgl. jedoch hierzu BGH WM 1984, 88,89. 38 RG SeuffA 55, 149 (Nr. 71). 39 So schon BayOLG SeuffA 39, 175 (Nr. 119); BayOLG SeuffA 49, 178 (Nr. 102); RG JW 1927, 119, 120; materiell daran anschließend BGH WM 1970, 99, 101; BGHZ 74, 293, 298 = NJW 1979, 2150, 2151; BGHZ 83, 313, 318 = NJW 1982, 1692, 1693; BGH WM 1980, 877. 40 BayOLG o. Fn. 39; OLG Stuttgart JbWürtembergRpfl8, 303. 41 RG JW 1910, 62. 42 RGZ 76, 78, 80. 43 RG JW 1927,119,120. 44 RG JW 1935, 3217. 45 RGZ 152, 251, 261. 46 BGH NJW 1970, 2243. 47 BGH NJW 1972, 1459.

3'

2. Teil: Übersicht über die Rechtsprechung

36

als gerade noch vertretbar49 oder reduzierte die Dauer auf 15 Jahre 50, verwies jedoch auch hier wie stets auf die herausgebildete, ausnahmsweise gerade noch zulässige Höchstdauer von 20 Jahren 51 und schützte andererseits, unter Ablehnung einer Bezugsdauer von 15 Jahren im "Normalfall" , eine Laufzeit von 20 Jahren 52 . Die Grenze von 20 Jahren soll auch bei einer darüber hinausgehenden Höchstmenge Beachtung finden 53 • Zieht man die Quintessenz aus dieser Irrfahrt durch die Judikatur, so fällt auf, daß zwar eine absolute Höchstgrenze als Maßstab gefunden wurde und tendenziell auch mit einer normalerweise gerade noch zulässigen Höchstdauer gearbeitet wird, eine Begründung für die Wahl gerade dieser Größen aber weitgehend ausgeblieben ist. Der Zufall mag ähnlich wie in der Schweiz hauptsächlich Regie geführt haben. Hervorzuheben ist, daß der BGH diese Verträge stets unter dem Vorbehalt des Wegfalls der Geschäftsgrundlage gesehen54 und gestützt darauf ein Kündigungsrecht aus wichtigem Grund eingeräumt hat 55 • Ein solches könnte beispielsweise greifen, wenn die Brauerei von dem ihr eingeräumten Übertragungsrecht an eine andere Brauerei Gebrauch macht und deshalb schlechte Qualität des Bieres oder sonstige Nachteile vom Wirt hinzunehmen wären 56 • Schon früh wurde in der Lehre der wettbewerbsrechtliche Pferdefuß solcher Bezugsverpflichtungen gesehen 57 , doch hat sich dieser Ansatzpunkt bisher als bloßer Nebenschauplatz erwiesen. In einem Urteil wurde geprüft, ob Art. V Ziff. 9 c 2 MRVO (BrZ) (Verbot vertikaler Wettbewerbsbeschränkungen), der die gleiche Schutzrichtung wie der spätere § 18 GWB aufwies, durch einen Bierlieferungsvertrag verletzt worden sei, doch aufgrund der Rule of Reason verneint 58 • Eine direkte Anwendung von Art. 85 Abs.1 EWGV durch den Zivilrichter scheiterte später, weil, solange die EG-Kommission nicht tätig werde, in der BRD eine Verwaltungsbehörde, nämlich das Bundeskartellamt zur Durchsetzung dieser Bestimmung zuständig sei, BGH WM 1973, 924. BGH NJW 1974, 2089, 2090. 50 BGH WM 1975, 850, 852; so auch OLG Frankfurt WuW/E OLG 2811. 51 BGHZ 74, 293, 298 = NJW 1979, 2150, 2151; BGH NJW 1979, 865; BGH WM 1975,307,308; relativierend aber BGH WM 1984, 88, 89. 52 BGH WM 1984, 88, 90f. 53 BGH NJW 1979, 865; BGH WM 1972, 1224, 1225f. 54 BGH NJW 1970, 2243. 55 BGH WM 1976, 508; BGH WM 1975, 850, 852; BGH NJW 1970, 2243; BGH NJW 1960, 1614. 56 BGHZ 76, 186 = BGH WM 1976, 508. 57 Vgl. Kohler, ArchBürgR 31 (1908) 237 - 254. 58 JZ 1952, 366, 367 (Anm. Müller, mit der Kritik, daß im Urteil nicht erkennbar wird, ob die "rechtserheblichen Tatsachen der konkreten Wettbewerbslage ermittelt worden sind"). 48 49

11, 1. Bezugsbindungen: BRD

37

das eine Nichtigkeit ex nunc feststellen könne 59 • Andererseits sind bis anhin die Kartellbehörden gegen .solche Verträge auch nicht aufgrund von § 18 GWB eingeschritten, da es nicht möglich sei, die dazu erforderliche Wettbewerbsbeschränkung nachzuweisen, und zudem der Individualschutz, den § 138 BGB erfasse, dem Zivilrichter obliege 60 • Ob die von der EG-Kommission an die Gewährung der Gruppenfreistellung geknüpfte Höchstdauern für mittelfristige Alleinbezugsvereinbarungen über ein ganzes Getränkesortiment von 5 Jahren und für langfristige, nur für Bier geltende von 10 Jahren sowie die Begrenzung von Tankstellenverträgen auf 10 Jahre auf den nationalen Raum ausstrahlen werden 6l , bleibt noch offen. Da Bierlieferungsverträge regelmäßig Wettbewerbsbeschränkungen im Sinne von § 18 GWB darstellen, müssen nach § 34 GWB nicht nur Haupt-, sondern auch Nebenabreden in Schriftform vorliegen. Die damit verbundene Nichtigkeitssanktion des § 125 BGB wegen Formmangels, die die Zivilgerichte aussprechen können, läßt sich vom Abnehmer zuweilen als letzter Ausweg verwenden, um sich von der lästig gewordenen Bindung zu befreien. Dies bewirkte beispielsweise wegen der funktionell aufzufassenden Unternehmereigenschaft des verpachtenden Eigentümers im Falle einer vereinbarten Ausschließlichkeitsbindung, die dem jeweiligen Pächter zu überbinden war, Nichtigkeit des gesamten Vertrages 62 • Eine moderne, ganz in die Konzeption des Wettbewerbsrechts, seiner Kontrollmöglichkeiten und seiner Durchsetzparkeit gestellte Neufassung der Bestimmtheitserfordernisse im erwähnten § 34 GWB trägt den Interessen der Brauerei zur Offenhaltung notwendiger Anpassungsflexibilitäten Rechnung 63 . Dennoch gab es Verträge, die diesen Anforderungen nicht genügen konnten, so daß sie wegen unwirksamen Bezugs auf nicht eindeutig zu bestimmende Preislisten als nichtig erklärt werden mußten 64 • Das Postu59 BGHZ 54. 145. 152 = NJW 1970, 2157, 2158f.; dagegen Mestmäcker, Europ. Wettbewerbsrecht, 562ff. 60 Nachweise bei Emmerich in Immenga I Mestmäcker, Rz 115 zu § 18 GWB. 61 Art. 8 Abs. 1 lit. eid; 12 Abs. 1 lit. c der VO 1984/83 vom 22.6.83 betr. Alleinbezugsvereinbarungen (ABlEG L 173/5 vom 30.6.83). 62 BGH MDR 1978, 999. 63 So wurden zugelassen die Vereinbarung, wonach die Brauerei zu ,angemessenen, konkurrenzfähigen Preisen' zu liefern hat (BGH NJW 1981, 343), der Hinweis auf die jeweils gültigen, schriftlich festgelegten und den Beteiligten jederzeit zugänglichen Preislisten der Brauerei (BGH NJW 1978, 822, mit ablehnender Anm. von Emmerich), der Verweis auf die jeweils von der Brauerei festgesetzten Abgabepreise (BGH NJW 1979, 865) und der Bezug auf die ,bei der Brauerei üblichen Preise' (BGH WuW/E BGH 1988; BGH WuW/E BGH 2012). 64 So wurden nicht zugelassen die konkludente Einigung auf die jeweiligen branchenüblichen Preise (BGH NJW 1979, 2247; weitere Judikatur bei Emmerich, NJW 1980, 1367 Fn. 55), die Bezugnahme auf die ortsüblichen Preise (OLG Düsseldorf BB 1978, 1487; a. A. OLG München WRP 79, 395) oder auf die bei der Brauerei jeweils gültigen Tagespreise (OLG Frankfurt NJW 1977,1157), sowie die getrennte Vereinbarung eines Darlehensvertrages, auf den in der wettbewerbsbeschränkenden Vereinba-

38

2. Teil: Übersicht über die Rechtsprechung

lat der Klarheit gegenüber der Kartellbehörde kann demnach oft eine ähnliche Rolle spielen wie das ursprünglich zur Klarheit im Rechtsverkehr in Rom geschaffene, im 19. Jhdt. aber obsolet gewordene und dogmatisch erstarrte römisch-rechtliche Erfordernis des pretium certurn, das noch 1872 zu einer Diskussion um die Ungültigkeit eines Bierlieferungsvertrages wegen Verstoßes gegen den Bestimmtheitsgrundsatz geführt hatte 65 • Wir erleben hier im Zeichen der Wettbewerbsordnung eine Wiederkehr einer Rechtsfigur. Die bereits berührte Mißbilligung lebenslanger oder unlimitierter Bezugsverträge, welche sich auf §§ 8 Abs. 1 Ziff. 2; 10 GewO stützen kann, hat eine ältere Wurzel in der Aufhebung und Zurückdrängung dinglich radizierter persönlicher Leistungspflichten66 • Gerade im Zusammenhang mit der Eintragung von Reallasten oder beschränkten persönlichen Dienstbarkeiten wird dieser Bezug wieder evident. Da die Rechtsprechung auf dem Standpunkt steht, daß das Institut der Dienstbarkeit nicht zu einer persönlichen Bindung des jeweiligen Eigentümers mißbraucht werden soll, die in keinem inneren Zusammenhang mit seiner rechtlichen Stellung als Eigentümer steht, hat sie die Eintragung einer beschränkten persönlichen Dienstbarkeit abgelehnt, die positiv eine Bezugsverpflichtung festgelegt hatte 67 • Zulässig ist hingegen eine solche Dienstbarkeit, die lediglich das Verbot der Herstellung und des Verkaufs oder Vertriebs von Bier zum Inhalt hat in Kombination mit einem schuldrechtlichen Verzicht der berechtigten Brauerei auf die Ausübung ihres dinglichen Rechts 68 • Obwohl der BGH in dieser dinglichen Sicherung der Bezugsverpflichtung keine unzulässige Gesetzesumgehung sieht, muß er dennoch anerkennen, daß sie das Negativ der positiven Verpflichtung darstellt. Er unterwirft deswegen den nur schuldrechtlichen Vertrag über die Bezugsverpflichtung einer Kontrolle gemäß den in der Rechtsprechung zu § 138 BGB entwickelten Grundsätzen 69 . rung nicht hingewiesen wird, die jedoch mit dieser in einem untrennbaren wirtschaftlichen Zusammenhang steht (BGHZ 84, 322 = NJW 1982, 2872). 65 Das dahinlautende Urteil des AppGr. Oberbayern wurde dann allerdings kassiert durch ROHG 7, 155. Hingegen hat die franz. Rsp. viel später genau diese Richtung eingeschlagen, s. u. Kap. 2, II, 4. 66 Schon früh war die Ausstrahlung der Gewerbefreiheit auf privatrechtliche Beziehungen umstritten, vgl. die eher positive Stellungnahme von Landesberg, Gutachten, VerhDJT 26 (1902) Bd. 2, 350f., die ablehnende Haltung von Scharlach, Gutachten, VerhDJT 27 (1904) Bd.2, 30f. gegenüber Dove ebd. 50f., die letzteren mit Hinweis auf die ablehnende Entscheidung RGZ 38, 155, die 158f. immerhin den Wertungen der GewO eine Ausstrahlung innerhalb gewisser Grenzen zuerkennt. 67 BGHZ 29, 244 = NJW 1959, 670. 68 BGHZ 74, 293 = NJW 1979, 2150. 69 BGH WM 1975, 307; unzulässig wäre die Bestellung einer zeitlich unbeschränkten Dienstbarkeit dieses Inhalts BGHZ 74, 293; ob die Dienstbarkeit auf eine kürzere Laufzeit reduziert werden kann, ließ der BGH NJW 1979, 2149, 2150 offen; vgl. nun aber BGH NJW 1985, 2474.

11, 1. Bezugsbindungen: BRD

39

Wenn bei der Feststellung der Sittenwidrigkeit Wandlungen der deutschen Rechtsprechung im Grundsätzlichen kaum stattgefunden haben, so ist eine Änderung in der Frage der Rechtsfolge eines solchen Verdikts auszumachen. Die Gesamtnichtigkeitsvermutung von § 139 BGB führte zunächst mit einer willenstheoretischen Begründung zur Gesamtnichtigkeit, da es den Parteien, welche den überlangen Vertrag abgeschlossen hatten, nicht gleichgültig habe sein können, ob die Verpflichtung nur kürzere Zeit dauern werde. In einem konkreten Fall zeigten die Unterlagen über die Vertragsverhandlungen übrigens klar, daß die Brauerei mit der geringeren Laufzeit nicht einverstanden war, sondern auf der längeren beharrt hatte 70 . Trotzdem die betreffende Vertragsklausel eindeutig und unmißverständlich die Unbegrenztheit der Bindung statuierte, fand das RG einen Ausweg. Es legte sie nämlich - bei prinzipiellem Bekenntnis zur Nichtigkeitsfolge - unter Zuhilfenahme der Generalklausel von Treu und Glauben dahingehend aus, daß sie auf einen gewissen, dem vernünftigen Ermessen anheimgestellten Zeitraum in Analogie zu gesetzlich festgelegten Höchstdauern begründet gewesen sein soll71. An die in RGZ 152, 251, 258 verallgemeinerte Anwendung von § 242 BGB auf andere Vertragsklauseln 72 knüpfte der BGH schließlich auch in bezug auf die Vertrags dauer wieder an 73 • Später verließ der BGH diesen Boden, berief sich etwas überraschend wieder auf eben den die Gesamtnichtigkeit favorisierenden § 139 BGB74, ohne gleichartige Erwägungen des RG auch nur zu erwähnen 75, und gelangte zur Teilnichtigkeit. Unausgesprochen mochte noch die Verallgemeinerung einer auf § 242 BGB abgestützten Rechtsprechung mitschwingen. Doch wird nun auf zwei andern Ebenen argumentiert, auf einer willenstheoretischen einerseits, andererseits mit der Praxis zur Reduktion von Miet- und Pachtverträgen, die zu Lasten des Mündels abgeschlossen wurden und wegen ihrer Dauer genehmigungsbedürftig waren (§ 1822 Ziff. 5 BGB). Obwohl es der BGH mit dem Hinweis auf die im Vertrag erscheinendeund in der Praxis geschützte - salvatorische Klausel hätte sein Bewenden haben lassen können 76 , will er generalisierend die kürzere, gerade noch in Betracht fallende Laufzeit am tatsächlichen oder hypothetischen Parteiwillen messen. Daß er sich dabei auf eine Analyse der Interessen beider Parteien stützt, spricht er offen aus 77 . Das willenstheoretische Argument steht 70 RG JW 1910, 62.

RG JW 1927,119,120. s. o. bei Fn. 31ff. 73 BGH JZ 1952, 366. 74 BGH NJW 1972, 1459, 1460. 75 Vgl. RGZ 152, 251, 262. 76 BGH NJW 1972, 1459, 1460. 77 BGH NJW 1972, 1459, 1460; so auch BGH WM 1975, 850, 852; BGH NJW 1974, 2089,2090. 71

72

40

2. Teil: Übersicht über die Rechtsprechung

also im Vordergrund. Die Praxis zu § 1822 BGB dient lediglich dazu, die Zerlegungsfähigkeit von längeren Laufzeiten vorzudemonstrieren. Die grundsätzliche Frage der Analogiefähigkeit dieser gesetzlichen Regelung oder die Heranziehung anderer normativer Grundlagen wird nicht diskutiert. Hervorzuheben ist, daß der BGH in einem andern Entscheid auch die Reduktion des prozentualen Anteils der vereinbarten Biermenge neben jener der Zeit geschützt hat7 8 • Läßt diese Rechtsprechung die rechtstheoretische Präzisierung vermissen, so gibt sie außerhalb der dogmatischen Begründungen zwei wichtige und für die Urteilsfindung wesentliche Gesichtspunkte an: Praktisches Bedürfnis, Praktikabilität und Vermeidung von Rückabwicklungen im Dauerschuldverhältnis 79 . Schließlich stoßen wir noch auf ein weiteres, unter wettbewerbsrechtlichem Aspekt bemerkenswertes Argument. Die Aufrechterhaltung des Vertrages in einem zeitlich vertretbaren Umfang entspreche nämlich, so der BGH, in aller Regel den schutzwürdigen Interessen beider Vertragsparteien 8o . Daß den Interessen des Gastwirts Rechnung getragen wird, würde in einem gewissen Widerspruch zur stereotypen Prozeßsituation stehen: Der Wirt möchte aus dem Vertrag aussteigen, das ihm gewährte Darlehen und das geliehene Inventar könnte er ohne weiteres zurückzahlen und zurückgeben. Was in dieser Situation Schutzobjekt wird, sind die Interessen der Brauerei, wie es der BGH an einer Stelle auch deutlich ausspricht 81 , und diese lassen sich verkürzt zusammenfassen als der Vorteil im Wettbewerb, den die Brauerei durch ihre Leistungen errungen hat. Die pönale Funktion von §138 BGB, auf den sich der BGH noch öfters beruft 82 , verblaßt hinter dieser Rechtsprechung zur Gänze und erlangt nur noch Bedeutung bei ,ewigen' Verträgen83 • Der Wertungswiderspruch zwischen der Beurteilung von über 30jährigen und jener von ,ewigen' Verträgen wird augenfällig 84 .

BGH WM 1973, 924, 925. BGH NJW 1972, 1459: " ... würde eine grundsätzliche Nichtanwendung des § 139 BGB dem Sinn dieser Vorschrift widersprechen und zudem einem dringenden praktischen Bedürfnis nicht gerecht werden ... dies um so weniger, als die Rückabwicklung eines bereits weitgehend durchgeführten. .. Bierlieferungsvertrages im Einzelfall zu kaum überwindbaren Schwierigkeiten führen würde." BGH WM 1973, 357,358: "Diese Rechtsauffassung ... trägt nicht nur den schutzwürdigen Belangen beider Vertragsteile ausreichend Rechnung, sondern vermeidet auch weitgehend eine sonst gebotene Rückabwicklung ... ". 80 Vgl. auch BGH WM 1973, 1360, 1362. 81 BGH WM 1973, 357, 358. 82 Vgl. z. B. BGHZ 68, 204, 207 = NJW 1977,1233,1234. 83 S. o. Fn. 39. 84 BGH WM 1975, 307, 308f. finden wir gar eine Reduktion einer auf 36 Jahre vereinbarten Bezugspflicht. 78

79

11,2. Bezugsbindungen: Schweiz

41

2. Schweiz

Das BGr hatte in verschiedenen Fallkonstellationen Gelegenheit, zur Frage der überlangen vertraglichen Bindung Stellung zu nehmen l . Dabei wurde die Tendenz deutlich, gewisse Verträge wie Miete oder Darlehen auch dann in ihrem Bestand zu schützen, wenn sie auf Lebenszeit einer Partei abgeschlossen wurden2 , nicht hingegen ,ewige' Bindungen3 • Eine solche liegt nach Ansicht des BGr nicht vor bei einem frühestens nach Ablauf von 10 Jahren seit dem Tod des Darleihers kündbaren Darlehensvertrag4 . Unter dem Gesichtswinkel von Art. 20 OR prüfte es diesen Fall jedoch nicht. Wie schon öfters hatte es die c1ausula rebus sie stantibus zwar als Ausweg gesehen, die Voraussetzungen dafür aber als nicht gegeben erachtet5 • Die Schranke der zulässigen Bindung sieht das BGr noch stets dort, wo die wirtschaftliche Bewegungsfreiheit aufgehoben oder in einem Maß eingeengt worden ist, daß dadurch die wirtschaftliche Existenz des Verpflichteten gefährdet wird 6• Damit zielt es auf die Knebelung der persönlichen Entschlußfreiheit, die die Wahlmöglichkeiten, mit Mitbewerbern des Gläubigers zu kontrahieren, einschränkt, nimmt davon aber eine vertragliche Verpflichtung, die lediglich das finanzielle Leistungsvermögen übersteigt, ausdrücklich aus 7 • Diese Ansicht, wie sie die Kommentarliteratur seit je vertrittS, ist auch in BGE 97 II 391 bestimmend. Dieser Fall betraf die Stadtgemeinde Chur, welche durch einen 1891 geschlossenen Vertrag zu Stromlieferungen verpflichtet war. Das BGr beobachtete zwar ein ausgesprochenes Mißverhältnis von Leistung und Gegenleistung, stellte aber darauf ab, daß die Verpflichtung nur einen untergeordneten Posten im Budget des betroffenen Stacltwerkes ausmachte, das im übrigen mit Gewinn arbeitete. Damit blieb das BGr in der Frage der Bindung bei der Beurteilung der subjektiven Vermögenslage des Verpflichteten stehen9 • Diese weitgehende Subjektivie1 Vgl. dazu die eingehende Darstellung bei Spira, Bd. 2, 1190 - 1315 mit reichen Lit.-Hinweisen. 2 Für Mietverhältnisse: BGE 56 11 189; ähnlich ZR 66 (1967) Nr. 109 E. 3; für den Darlehensvertrag: BGE 10011 345 E. 2; 7611 144 E. 4. 3 So ausdrücklich die Regesten von BGE 5611 189; ähnlich BGE 10711 216 E. 3; 67 11 221 E. 3 unter Hinweis auf BGE 2611 117 E. 3 (Bierlieferungsvertrag), BGE 25 11 450 E. 3 und 473 E. 4 (als Vorverträge bezeichnet; heute müßten sie wohl als Sukzessivlieferungsverträge betrachtet werden, von denen der erste mit Elementen des Optionsvertrages durchsetzt wäre). 4 BGE 100 11 345 E. 2. 5 BGE 97 11 390 E. 6; 56 11 189, 194. 6 BGE 5611 189, 162; 5111 162 E. 3; 5011 481 E. 3; 4011 233 E. 6; ebenso ZR 56 (1957) Nr. 97, S. 181. 7 BGE 95 11 55; mit dieser Präzisierung wollte das BGr vermeiden, daß Art. 27 Abs. 2 ZGB als weitergehende Alternative zu Art. 21 OR aufgefaßt würde. 8 Vgl. Egger, Zürcher Kommentar, N 35 zu Art. 27 ZGB; Oser / Schönenberger, Zürcher Kommentar, N 37 - 40 zu Art. 20 OR (beide schon in der 1. Aufl.); Becker, Berner Kommentar, N 65ff. zu Art. 19 OR.

42

2. Teil: Übersicht über die Rechtsprechung

rung, wie sie durch die Wahl des unklaren Begriffs der Gefährdung der wirtschaftlichen Existenz als Ausgangspunkt naheliegt, dürfte mitverantwortlich sein für die Schwierigkeiten, für die Bindung der juristischen Person klare Abgrenzungskriterien zu finden 1o . In der Frage der höchstzulässigen Dauer vertraglicher Bindungen blieben für das BGr durchwegs subjektive Kriterien maßgebend. Die in BGE 93 11 290 E. 7 obiter mit Verweisung auf BGE 40 11 233 gefallene Bemerkung, eine die Dauer von 15 Jahren erheblich übersteigende Bezugsverpflichtung sei jedenfalls nicht verbindlich, ist kaum zum Nennwert zu nehmen. Dies nicht nur, weil sich das BGr in jenem älteren Urteil geweigert hatte, eine höchstzulässige Dauer anzugeben, sondern vor allem deshalb, weil es im konkreten Fall die Vertragsdauer von über einem halben Jahrhundert nicht beanstandet und es sich zudem zur Anwendung eines komparativen Maßstabes bekannt hat. Die Höchstdauer soll sich nämlich nach der Intensität der vertraglichen Beschränkung in der wirtschaftlichen Betätigungsfreiheit richten l l .

Analoge Anwendung anderer Gesetzesbestimmungen, die eine Höchstdauer festlegen, wurde wiederholt abgelehnt, so die Heranziehung der allgemeinen Verjährungsfrist von 10 Jahren 12 , die höchstzulässige Bindung des Arbeitnehmers auf die Dauer von ebenfalls 10 Jahren13 , die höchstzulässige Dauer der grundbuchlichen Eintragung von Verfügungsbeschränkungen 14 , 9 E. 7. Ähnlich noch Liver, ZBJV 1973, 89 f., dagegen Merz ebd. 98 f. und ihm folgend Liver, FS Weitnauer, 190 f. 10 Vgl. etwa BGE 106 II 369 E. 4. Zur Problematik vgl. Spiro, Bd. 2, 1302 ff., der vor den Gefahren einer weitgehenden Subjektivierung warnt, die die juristische Person allgemeiner Ausbeutung preisgeben müßte, und objektive Kriterien gewinnt. 11 BGE 93 II 290 E. 7. Mit dieser Begründung hat das Zürcher OG in Bestätigung eines erstinstanzlichen Urteils des Einzelrichters unter Berücksichtigung weiterer subjektiver Kriterien die Zulässigkeit eines 10jährigen Vorauszahlungsvertrages für Möbel verneint, ZR 56 (1957) Nr. 97, S. 181, 182 f.; vgl. auch OG Basel-Land BJM 1973,95,97. 12 BGE 40 II 233 E. 6. 13 BGE 40 II 233 E. 6; 56 II 189, 191 f.; als argumentum e contrario verwendet in BGE 51 II 162 E. 4. 14 BGE 40 II 233 E. 6. Doch nicht einmal in ihrem ureigensten Geltungsbereich greift diese Höchstdauer, denn für lediglich obligatorisch eingeräumte Kaufs-, Verkaufs- und Rückkaufsrechte läßt das BGr eine wesentlich längere als die in Art. 681 Abs. 3/683 Abs. 2 ZGB festgelegte Dauer von 10 Jahren zu. Es erzielt dieses Ergebnis, indem es zwischen obligatorischer Bindung und lediglich dinglicher Wirkung des nur für 10 Jahre eintragungsfähigen Vormerkungsschutzes unterscheidet. Nur auf letzteren soll die gesetzliche Beschränkung zutreffen; BGE 71 II 158 (im Grundsatz bestätigt in BGE 97 II 53 E. 2). So konnte es gar - unter rhetorischem Vorbehalt von Art. 2/27 Abs.2 ZGB - ein seit 80 Jahren bestehendes Kaufsrecht zu Lasten einer Gemeinde schützen. Dieses Ergebnis kritisiert zu Recht Merz, FS Simonius, 235 - 245 (= ds., Abh. 199 - 212), der die gesetzliche Höchstdauer als Begrenzung nehmen will; ihm folgend Spiro, Bd. 2, 1252 (Fn. 12 mit Nachweis der Rsp.); vermittelnd Liver, FS Weitnauer, 184ff., der nach der Intensität der Bindung ihre Dauer in einem Rahmen von 10 - 30 Jahren begrenzt haben möchte (vgl. ds., Zürcher Kommentar, N 138ff. Einl. vor Art. 730 ZGB; ds., SPR, Bd. V, 1, 209f.). Der Gerichtspraxis folgt Meyer-

11,2. Bezugsbindungen: Schweiz

43

die Ablösung einer Grundlast nach 30jährigem Bestand 15 • Letzteres nahm das BGr jedoch in BGE 93 II 290 E. 7 gerade als Höchstgrenze an16 . Hingegen stützte sich das BGr auf allgemeine Ordnungsgesichtspunkte, so auf jene Beobachtung,. daß im Wirtschaftsverkehr persönliche und wirtschaftliche Bindungen der Bewegungsfreiheit durch Vertrag üblich 17 und oft erforderlich seien 18 . Trotz dieses Hinweises auf die sozialen und wirtschaftlichen Bindungen hat sich das BGr die Frage, ob sich eine Schranke von ordnungspolitischen Vorstellungen her ziehen ließe, wie sie sich beispielsweise aus einer Orientierung an den dem Kartellgesetz zugrunde liegenden Wertungen ergeben könnten, nie gestellt. Das ist um so erstaunlicher, als sich das BGr im Gegensatz etwa zur deutschen und österreichischen Rechtsprechung mit dem gesetzlich festgeschriebenen ausfüllungsbedürftigen Begriff der öffentlichen Ordnung auseinandersetzen müßte. Ihn betrachtet es jedoch ohne nähere Begründung als identisch mit dem Komplex der öffentlich-rechtlichen Normen 19 . Wertungen, wie sie der Gesetzgeber in den umliegenden Staaten getroffen hat, zog das BGr hingegen rechtsvergleichend heran, um die Zulässigkeit einer vereinbarten Mietdauer auf Lebzeiten des Mieters zu begründen. Da überall solche Verträge ausdrücklich geschützt seien, hätte der schweiz. Gesetzgeber eine Schranke gesetzlich fixiert, wenn er sich dazu in Gegensatz hätte stellen wollen, wurde argumentiert2o • Dabei blieb aber der funktionale Aspekt 21 , wie er in sozial empfindlichen Rechtsgebieten für eine Rechtsvergleichung unentbehrlich ist, außer Acht. Soweit bei anstößigen überlangen Dauerverträgen die Frage Teil- oder Totalnichtigkeit gestellt war, hat sich das BGr zum Grundsatz der Gesamtnichtigkeit bekannt 22 . Der von Anfang an ungültige Vertrag könne nämlich nicht durch willkürliche Unterschiebung eines anderen Vertrags inhaltes der richterlichen Festsetzung eines anderen Vertragsinhaltes - plötzlich gültig werden 23 • Während das BGr aber anfänglich den ganzen Vertrag als Hayoz, Berner Kommentar, N 129ff.; 311 ff. zu Art. 681; N 40; 66 zu Art. 683 ZGB (mit weiteren Nachweisen). Er stützt sich dabei auf ein historisches Argument, das nach den Ausführungen von Merz als widerlegt gelten kann. 15 BGE 97 11 390 E. 8. 16 Desgleichen Spiro, Bd. 2, 1250ff., der überhaupt die Frist von 30 Jahren als eine allgemeine Schranke auffaßt. An ihn knüpft Liver, FS Weitnauer, 184ff. an, der sie als Richtgröße fallweise je nach Intensität der Bindung einschränken will. 17 BGE 51 11 162 E. 3. Instruktiv auch BGE 95 11 55. 18 BGE 40 11 233 E. 6. 19 BGE 97 11 390. E. 5. 20 BGE 56 11 189, 192 f. 21 Dazu Zweigen / Kötz, Bd. 1, 34ff.; Rheinstein 25ff. (mit weiteren Hinweisen). 22 BGE 50 11 481 E. 2; 6711 221 E. 3 (beides obiter dicta); 9611 129 E. 3 b. Dazu kritisch Bucher, OR, 234 f. .

44

2. Teil: Übersicht über die Rechtsprechung

nichtig behandelte, bezog es später die Sanktion der Gesamtnichtigkeit nur noch auf die beanstandete Vertragsklause12 4 . Das hat seine Auswirkungen. Statt das schon vollzogene Vertragsverhältnis nachträglich wieder ins Ungewisse zu stellen, konnte es so dispositives Gesetzesrecht zur Vertragsergänzung heranziehen, im Falle des auf unbegrenzte Zeit, nämlich bis zur Liquiditation einer juristischen Person abgeschlossenen, Mietvertrages die gesetzliche Kündigungsfrist 25 • Da bei der Beurteilung eines Alleinvertriebsvertrages eine entsprechende dispositive Gesetzesnorm fehlte, bestimmte es dort die Vertragsdauer aufgrund des hypothetischen Parteiwillens neu. Das erlaubte es ihm, sich an wirtschaftlichen Gesichtspunkten zu orientieren und Investitionen wie Gewinnchancen zu berücksichtigen26 • Der Weg zur Heranziehung von vertraglichen Wertungen wird damit grundsätzlich frei, doch zeichnet sich ein Widerspruch ab zu den Fällen, in denen eine dispositive Gesetzesnorm zur Verfügung steht und deshalb eine Besinnung auf die privatautonome Regelung offenbar nicht zulässig sein soll. Abgesehen davon ist der Unterschied zur geltungs erhaltenden Reduktion bei diesem Vorgehen kaum noch zu erkennen. Bei Verpflichtungen, die zwar auf Dauer angelegt sind, aber keine vertragliche Festlegung der Höchstdauer erfahren haben, fand das BGr einen andern dogmatischen Ausweg und ging von der stillschweigenden Vereinbarung der Kündbarkeit aus 27 , was beim beurteilten Fall einer Kartellbindung aber gerade notorischerweise nicht dem Willen der knebelnden Partei entspricht. An die Stelle des Parteiwillens tritt auch hier die Konstruktion eines hypothetischen Willens durch das Gericht. Das gleiche Ziel läßt sich auch über die Auslegung des Parteiwillens erreichen, wenn beliebige Umstände einfach unterschoben werden 28 • In einem andern Fall beurteilte das BGr zwar die Frage der zulässigen Dauer einer Wasserlieferungspflicht, umschiffte jedoch das Problem der Teilnichtigkeit, indem es sich direkt auf 23 BGE 67 II 221 E. 3; die Betonung des Willenselementes, die zur Unanwendbarkeit der Teilnichtigkeitsvermutung von Art. 20 Abs. 2 OR führt, bes. in BGE 5011 481 E. 2. 24 BGE 96 11 129 E. 3 b. 25 BGE 96 II 129 E. 3 b; dazu BGE 107 II 216 E. 3 a. 26 BGE 107 11 216 E. 3 b. 27 BGE 62 11 32 E. 5. 28 Vgl. BGE 97 II 390 E. 7, wonach der Vertrag stillschweigend auf die Dauer der seinerzeit abgetretenen Wasserrechtskonzession hätte abgeschlossen sein sollen. Das BGr ging dann (E. 10) weiter von der Annahme aus, daß diese seinerzeit nur auf die Dauer von 60 Jahren hätte erteilt werden können. Dieser hypothetische Wille hängt aber gänzlich in der Luft, denn die Höchstdauer von 60 Jahren, wie sie das heute noch geltende bündnerische WasserrechtsG vom 18.3.1906 in Art. 10 festlegt, war nach Liver, ZSR 1952 (I) 311ff. eine radikale Neuerung, so daß die Parteien sie 1891 noch gar nicht internalisiert haben konnten (vgl. Liver, ZBJV 1973, 89 f. Fn. 1). - Nebenbei eine hübsche Illustration dafür, wie schnell das historische Argument bei mangelnder historischer Kompetenz auf Abwege führt.

11, 2. Bezugsbindungen: Schweiz

45

den in Art. 27 ZGB garantierten Schutz der Persönlichkeit berief und als Korrektur die Kündigung zuließ29. Indem es später im Rückblick auf jenes Urteil die Lösung auf Art. 2 ZGB abstützte 30 , machte es klar, daß es sich auch hier um eine Vertragsergänzung aufgrund eines hypothetischen Parteiwillens handelte 31 • Wo bei dieser Rsp. der Unterschied zur geltungserhaltenden Reduktion liegt, ist schwierig zu beantworten. Trotzdem hat es das BGr bis heute in der Schwebe gelassen, ob es eine solche ablehnt, oder sie aber - wie es die Lehre fordert 32 - zuläßt 33 . Daß es sich unlängst bei dieser Äußerung auf verschiedene Präjudizienreihen berief, macht die Inkonsequenz noch evidenter. Während im einen Urteil die Belege für Gesamtnichtigkeit tatsächlich solche Fälle betreffen34, sind im andem neben einem obiter dictum nur Belege für die Gesamtnichtigkeit einer einzelnen Klausel zitiert 35 . Wenn im einen Urteil als Präjudizien für eine Reduktion vor allem die Fallgruppe des Verstoßes gegen Verbotsgesetze angeführt wird 36 , sind es im andem mehr die hier soeben ausgebreiteten Urteile37 . Eines wird dabei klar, alle von uns aufgeführten Auswege, nämlich die Annahme der Gesamtnichtigkeit nur der einzelnen Klausel wie den Schluß auf eine stillschweigende Vereinbarung einer Kündigung oder einer bestimmten Vertragsdauer betrachtet das BGr als geltungserhaltende Reduktion. In den Fällen außerordentlicher Bindungen von 40 und 60 Jahren war das Vertragsverhältnis schon abgewickelt3 8 . Eine Prüfung der vertraglichen Äquivalenz 39 ergab, daß die verpflichtete Partei mehr als genug geliefert hatte. Aufschlußreich ist, daß die Maßstäbe, welche das BGr zur Beurteilung herangezogen hat, negativ mit dem Hinweis bestimmt worden sind, daß das Gesetz noch längere Bindungen kenne, als sie im konkreten Fall zu beurteilen waren40 , und positiv mit dem Standard einer in einer zufälligen Fallgestaltung vorgefundenen Laufzeit von 15 Jahren 41 , die sich in der Folge

29 BGE 93 11 290 E. 7. 30

BGE 97 11 390 E. 7; dazu o. Fn. 28; ferner Merz, ZBJV 1973, 98 f.

31 Zu solchen Tatbestandsfiktionen und ihrer fehlenden Methodenehrlichkeit vgl.

Meier / Hayoz, 177 ff.; ds., FS Guldener, 197 ff. 32 Statt vieler v. Tuhr / Peter, Bd. 1, § 2911; 31 V 3. 33 Das Schwanken wird auch dargestellt in BGE 96 11 129 E. 3 b. 34 BGE 106 11 369 E. 4. 35 BGE 107 11 216 E. 3 a: BGE 9611 129 E. 3 b; 8011 327; 67 11 221 E. 3 (als obiter dictum); dazu v. Tuhr / Peter, Supplement, § 29 N. 33 e. 36 BGE 10711 216 E. 3 a; BGE 93 11 189; 57 11 588; 47 11 462. 37 BGE 10611 369 E. 4: BGE 97 11 390; 93 11 290; 6211 32. 38 BGE 93 11 290; 97 11 390. 39 Nur eine solche war in OG Zürich ZR 1981, Nr. 89, S. 212, 214 f. hinsichtlich einer einseitigen Preisfestsetzung durch den Lieferanten in einem Bierbezugsvertrag zu konkretisieren. 40 Z. B. BGE 51 11 162 E. 4. 41 BGE 40 11 233.

2. Teil: Übersicht über die Rechtsprechung

46

offensichtlich zur höchstzulässigen Dauer von Bierlieferungsverträgen durchgemausert hat42 . Das AppGr Basel-Stadt andererseits hat sich bei der Beurteilung eines Tankstellenvertrages auf die Üblichkeit einer Dauer von 20 Jahren der in diesem Gewerbe abgeschlossenen Verträge berufen, die zu keinen Mißständen geführt hätten. Aufgrund welcher Erhebungen es aber zu diesem Schluß auf die Rechtstatsachen kam, führt es nicht näher aus 43 . Während das BGr in der früheren Rsp. tatsächlich Verträgen mit übermäßiger Dauer die Anerkennung versagt hatte 44 , finden sich in der neueren Praxis Fälle, bei denen es den Vertrag für nichtig erklärt oder in ihn gestaltend eingegriffen hätte, selten. Anzuführen wären dafür der Fall eines ,ewigen' Mietvertrages 45 und die unlängst ergangene, höchst bemerkenswerte Entscheidung über einen Alleinvertriebsvertrag 46 • Wo es die erfolgte Kündigung feststellte 47 , war der Vertrag längst über die zulässige Zeit hinaus abgewickelt. Die geknebelte Partei hatte aber mit der festgestellten Vertragsauflösung ihr Prozeßziel erreicht und forderte darüber hinaus kein das Mißverhältnis korrigierendes Entgelt. Die Bejahung der Notwendigkeit, der Vertragsdauer Schranken zu setzen, blieb also über Jahre hinweg weitgehend Rhetorik. Erstaunlich ist dabei, wie oft das BGr versucht hat, seine Lösungen mit Überlegungen zur jeweiligen vertraglichen Äquivalenz zu schmücken. Hingewiesen werden muß zum Schluß noch auf die Rechtfertigung eines unbegrenzten, nicht limitierten Wasserbezugsrechts mit dem Argument, es handle sich um die Erfüllung einer Aufgabe, wie sie auch durch die öffentliche Hand zu lösen wäre 48 • Die soziale Organisation, in die die Parteien eingebettet sind, kommt so zum Tragen. Allerdings bleiben in diesem Fall, wo die Abgrenzung zum öffentlichen Recht mindestens zu besprechen gewesen wäre, einige Fragen offen. 3. Österreich

Bei einer Durchsicht der österreichischen Rechtsprechung fällt auf, wie oft bei typischen Ausgestaltungen von Bierlieferungsverträgen (Eingehung einer Bezugsverpflichtung gegen Gewährung eines Darlehens), der Ausweg mit Hilfe einer formalen Überlegung gesucht wurde. So wurde im ersten BGE 93 II 290 E. 7. SJZ 1974, 73, 74. Allein schon die Vertragsgestaltung im konkreten Fall hätte diesbezügliche Bedenken wecken müssen, sieht sie doch jenen verblüffend ähnlich, die M. Rehbinder, Der Tankstellenvertrag im Blickfeld der Rechtstatsachenforschung, Berlin 1971, beschrieben und kritisch beleuchtet hat. 44 Z. B. BGE 39 II 541 E. 4; 25 II 450 E. 3; 473 E. 4. 45 BGE 96 II 129 E. 3 b. 46 BGE 107 II 216. 47 BGE 93 II 189 E. 8; 97 II 390 E. 10. 48 BGE 67 II 221 E. 3. 42

43

11,3. Bezugsbindungen: Österreich

47

Fall die Bezugsverpflichtung als reine Nebenpflicht im Darlehensvertrag betrachtet, die nach § 1412 ABGB mit der Bezahlung der Hauptschuld unterging l . Ein Bekenntnis zur liberalen Marktordnung war die Feststellung, daß eine Fortdauer über diesen Zeitpunkt hinaus eine grundlose Einschränkung der wirtschaftlichen Handlungsfreiheit des Wirtes bedeute, denn damit wurde die Zulässigkeit jener vertraglichen vertikalen Wettbewerbsbeschränkungen, die mehr sind als der bloße Reflex eines Vertrages, verneint. Nicht folgerichtig war es aber - abgesehen von den Abgrenzungsfragen zum Vorvertrag und zum Optionsvertrag -, solche Bindungen zuzulassen, wenn die essentialia negotii, Menge und Dauer zuvor vertraglich geregelt worden waren. Diese Inkonsequenz wurde in jüngerer Zeit korrigiert2. In diesem Entscheid fiel zusätzlich die Anwendung von § 2 AusbeutungsVO in Betracht, da die Forderung auch grundbuchgesichert war und - Tauglichkeit der Liegenschaft als genügende Sicherheit vorausgesetzt - die Sicherheit zwar im marktüblichen Rahmen lag, der Vertrag jedoch darüber hinaus eine übermäßige, weit über die Laufzeit des Darlehens hinausgehende Bindung festlegte. Bedingt durch die Anwendung des Spezialgesetzes beginnen hier aber schon die Konturen zwischen Vertragszweck und vertraglicher Äquivalenz zu verschwimmen. Die Rechtfertigung der vertikalen Wettbewerbsbeschränkung durch den Vertragszweck verleitete den OGH später, diesen mit der vertraglichen Äquivalenz weitgehend zu identifizieren, so daß eine eigentliche Äquivalenzprüfung ausschlaggebend für die Gültigkeit des Vertrages wurde. In einem Erkenntnis aus dem Jahre 1959 stellte der OGH die entscheidenden Kriterien, welche die Tatsacheninstanz dabei zu untersuchen hatte, ausführlich zusammen3 • Danach sind die gegenseitigen Risiken, das Entgelt in gleichartigen Fällen, Vorteile des Lieferanten, Eigenart des Produktes und seine Akzeptanz bei der Kundschaft des Käufers und schließlich die wirtschaftliche Struktur der betreffenden Branche überhaupt wertend einzubeziehen. Das Denken in einem ,beweglichen System' findet auch hier seinen Niederschlag4 . Unter dem Gesichtspunkt der gewahrten Äquivalenz schützte der OGH schließlich auch eine auf 5 Jahre oder 2'000 kg limitierte Bezugsverpflichtung für Kaffee 5 • Die Beziehung zwischen einer wettbewerblich verfaßten Wirtschaft und der vertraglichen Bindung wurde deutlich, als sich die Frage der Zulässigkeit der Ausgestaltung einer Bezugsverpflichtung als Reallast stellte, stand 1 2

3 4

5

OGH GlUNF 2260 = JBl1903, Nr. 14. OGH JBl1956, 617. SZ 32, Nr. 133 = EvBl1960, Nr. 126. So OGH EvBl1983, Nr. 12. SZ 35, Nr. 93, vgl. auch OGH EvBl1965, Nr. 303.

48

2. Teil: Übersicht über die Rechtsprechung

doch hinter der rigorosen Beschränkung dinglicher Radizierung persönlicher Verpflichtungen im 19. Jhdt. 6 durchaus der Zug der Zeit zur Wirtschaftsfreiheit und zum freien Markt, wie er dann mit der Statuierung der Gewerbefreiheit durch die GewO vom 20.12.1859 7 endgültig zum Durchbruch kam. Das in diese Richtung zielende historische Argument, das die Vorinstanz verwendet hatte, wurde vom OGH aufgegriffen 8 . In diesem Geist hat er denn auch alle Versuche, das Sachenrecht mit der Begründung entsprechend ausgestalteter Dienstbarkeiten oder Grundlasten wettbewerbsbeschränkenden Abreden dienstbar zu machen, abgewehrt 9 • In dem Maße, wie in der Literatur das Verständnis für den wirtschaftlichen Hintergrund dieser Entscheidung gegen sachenrechtliche Beschränkungen der Wettbewerbsfähigkeit geschwunden war und die Lehre die formale Seite des Problems als Auslegung des römisch-rechtlichen Satzes ,servitus in faciendo consistere nequit' isoliert hatte 10 , wurden vertragliche Bezugsbindungen gerade mit dem Argument der Wirtschaftsfreiheit geschützt. So ließ der OGH 1931 eine, allerdings lediglich auf drei Jahre abgeschlossene, Bierbezugsverpflichtung nicht nur deshalb zu, weil solche Konkurrenzausschließungsverträge häufig und gebräuchlich seien, sondern fügte diesem Schluß von der tatsächlichen Übung auf das rechtlich Zulässige auch noch eine Überlegung zur Wirtschaftsverfassung überhaupt hinzu l l . Er wies nämlich darauf hin, daß solche Beschränkungen der wirtschaftlichen Bewegungsfreiheit mit "einem gesunden gesellschaftlichen Zustand vereinbar" seien12 • Ähnliche, das Problem der Wettbewerbsfreiheit auf die Beziehung inter partes reduzierende Erwägungen stellte er auch weni,g später an, als er eine mit einem - als Rabatt ausgestalteten - unentKaisP vom 7. 8. 1848 JGS Nr. 1180; Landgesetz vom 30.4. 1869 LGBI Nr. 55. RGBl1859, Nr. 227. 8 GlUNF 3510 = JB11906, Nr. 52. 9 So hat der OGH die Eintragung als Reallast oder Dienstbarkeit abgelehnt für einen Bierlieferungsvertrag schon 1896 in einer Plenissimar-Entscheidung JB Nr. 133 = GlU 15724; ebenso GIUNF 621; 681; 3510, für einen Warenbezugsvertrag SZ 12 Nr. 179 = ZB11930, Nr. 319, für den Nichtbetrieb eines Kaufmanngeschäfts SZ 5, Nr. 62 (Stillegung einer Fabrik); SZ 28, Nr. 27 = EvB11955, Nr. 166; JB11972, 208 (Nichtbetrieb einer Leder-, Schuh- und Gemischtwarenhandlung); ferner SZ 45 Nr. 26 = EvBl 1972 Nr. 245. Ebenso hat er der Absicherung solcher Verpflichtungen durch Kautionshypotheken einen Riegel geschoben, NZ 1932, 150. 10 Vgl. etwa Ehrenzweig, Bd. I,2, 305; Koziol/ Welser, Bd. 2, 140. Der Zusammenhang zur Privatautonomie als Koordinate eines freiheitlichen Privatrechts wird deutlich bei Zeiller, Commentar über das allgemeine bürgerliche Gesetzbuch, Bd. n,l, Wien-Triest 1812, 303 f. (zu § 482), indem er solche Beschränkungen als Gegenstand der "politischen Gesetzgebung" zuweist. Zu dieser Ausgrenzung aller nicht auf Freiheit und Gleichheit beruhenden Materien aus dem ABGB durch Zeiller und ihrer utopischen, Wirtschaftsfreiheit antizipierenden Stoßrichtung vgl. Grimm, Das Verhältnis von politischer und privater Freiheit bei Zeiller, in: Forschungsband Franz von Zeiller, hrsg. von W. Selb und H. Hofmeister, Wien u. a. 1980, 94 - 106. 11 SZ 13, Nr, 113. 12 Von "gesundem sozialen Zustand" spricht auch OGH JB11932, 428, 429. 6

7

H,3. Bezugsbindungen: Österreich

49

geltlichen Darlehen gekoppelte Bezugsverpflichtung unter dem Gesichtspunkt von § 1 UWG prüfen mußte: Durch "kapitalkräftige Unternehmer" würde "mittleren und kleineren Gewerbeleuten die Führung ihres Betriebes ... erleichtert oder ermöglicht" 13. In einer anderen ausführlichen Stellungnahme zur Wettbewerbswidrigkeit betonte der OGH später, daß es bei diesen Bindungen um eine Beziehung zwischen den Parteien ginge, nämlich zwischen der Brauerei und dem Wirt. Wettbewerbsrechtlich gesehen könnten sie zwar möglicherweise gegenüber den Mitbewerbern sittenwidrig sein, doch wirke sich diese Tatsache nicht auf das interne Verhältnis aus 14 • Das Verhältnis zwischen den Parteien und die Außenwirkungen des Vertrags werden voneinander vollkommen isoliert. So verneint diese Rechtsprechung, welche in der Folge bestätigt wurde, das für das Vorliegen eines wettbewerbswidrigen Verhaltens erforderliche Merkmal der Gemeinsamkeit1 5 deshalb, weil eine solche nur zwischen Konkurrenten möglich seil 6•

So wurde in der Folge die Lösung also meist nicht über eine Besinnung auf das Problem der Grenze der Beschränkung der Wettbewerbsfreiheit gefunden. Deren Rechtfertigung aus dem Vertragszweck und Überlegungen zur vertraglichen Äquivalenz sowie das gegenseitige Verhältnis dieser Elemente zueinander spielten ebensowenig jene Rolle, welche die ersten einschlägigen Entscheidungen noch erwarten ließen. Der OGH zog es fast regelmäßig vor, auf einer formalen Ebene einfach an Präjudizien anzuknüpfen. So entschied er in einem Fall, daß sich der Wirt durch vertragswidrige vorzeitige Rückzahlung des Darlehens nicht von der ihm lästig gewordenen Bindung befreien konnte, da die Rückzahlung des Darlehensbetrages vertraglich mit der Bezahlung des bezogenen Quantums Bier gekoppelt gewesen seil 7 . Dem Gericht erschien hier die Einschränkung der wirtschaftlichen Bewegungsfreiheit nicht als Gegenstand des Vertrags, sondern lediglich als Folge der vertraglichen Verpflichtung. Überdies wäre die Verpflichtung zum Bezug von 500 hl Bier nicht geeignet, eine weitergehende unzulässige Aufhebung der Betätigung der Persönlichkeit zu bewirken. Immerhin wurden in diesem Entscheid Vertragszweck und zweck- und interessengerechte Vertragsgestaltung als rechtlich relevante Punkte hervorgehoben. Daß eine geschickte Kautelarpraxis sich die Neigung zu formaler Argumentation zunutze machen kann, geht aus einem jüngeren Entscheid hervor, der die Koppelung der Leihe einer Kühlanlage auf eine Dauer von 10 Jahren mit einer BierbeJBl1932, 428; ähnlich OGH EvBl1983, Nr. 12. SZ 32, Nr. 133 = EvBl1960, Nr. 126. 15 § 1 Abs. 1 Z. 1 KartG: "Kartelle ... sind Verträge ... durch die im gemeinsamen Interesse eine Regelung oder Beschränkung des Wettbewerbs ... bewirkt wird oder bewirkt werden soll ... ". 16 OGH ÖBl1977, 93. 17 GlUNF 2258 = ZBl1904, 378. 13

14

4 Bürge

2. Teil: Übersicht über die Rechtsprechung

50

zugsverpflichtung schützt, auch wenn eine Ungleichheit der beiderseitigen Vertragspflichten vorliegen sollte 18 • Vertragszweck, sein Zusammenhang mit der Wettbewerbsbeschränkung und zusätzliche Äquivalenzgesichtspunkte werden kurzerhand ausgeblendet. Auch dort, wo Bezugsverpflichtungen dahinfielen, wurde die Begründung weitgehend auf einer formalen Ebene gesucht. So knüpfte der OGH in einem früheren Entscheid an die - durchaus zielführende - wettbewerbsorientierte Rechtsprechung bezüglich Dienstbarkeiten und Reallasten an, als es um die Überbindung einer Bezugsverpflichtung an den Käufer einer Liegenschaft ging 19 • Da weder ein Vertrag zwischen der Brauerei und dem Käufer geschlossen worden war, und da die Bezugsverpflichtung nicht als Reallast bestellt, sondern lediglich die für die persönliche Forderung vereinbarte Konventionalstrafe grundpfandrechtlich gesichert werden konnte, ging die Bezugsverpflichtung mit dem Verkauf des Hauses unter. Ein Darlehensverhältnis bestand übrigens auch hier zu jenem Zeitpunkt nicht mehr. Schließlich griff der OGH auch auf seine Überlegungen zu den essentialia negotii zurück und ließ mit der Qualifikation einer Verpflichtung, jährlich aus einem breiten Sortiment für einen bestimmten Mindestbetrag Waren zu beziehen, als einen infolge mangelnder Bestimmtheit unverbindlichen Vorvertrag (§ 936 ABGB) den eingeklagten Anspruch scheitern 2o . Lediglich die Dauer faßte der OGH dann ins Auge, als er betonte, daß unbeschränkte, ,ewige' Bindungen abzulehnen seien 21 . So wenig wie es unkündbare Gesellschaftsverträge auf immerwährende Zeit gebe, so wenig sollen unbegrenzte Konkurrenzausschließungsverträge zulässig sein 22 • Im Anschluß an einen Teil der deutschen Rechtsprechung sieht er die Höchstdauer von Bierlieferungsverträgen bei 20, und sofern der Gastwirt eher benachteiligt ist, bei 15 Jahren 23 • Auf jeden Fall würden solche Bindungen unter dem Vorbehalt der clausula rebus sic stantibus stehen, die in diesem Fall - anders als in den schweizerischen Entscheidungen - denn auch zum Zuge kam 21 . Das in der Schweiz verwendete, fragwürdige Lösungsargument der subjektiven Verhältnisse des Belasteten ist nur im Fall eines Warenbezugsvertrages wirklich greifbar24 . Dieser wurde unter dem Aspekt der zulässigen Zeitdauer nicht als sittenwidrig betrachtet, da weder eine allzulange Lauf18

OGH 6. 5. 1980 MietSlg 32.101. Die Vereinbarung, daß die Bezugsverpflichtung

für die festgelegte Dauer von 5 Jahren auch im Falle einer vorzeitigen Rückzahlung

bestehen bleiben soll, wurde geschützt, OGH 28. 9. 1959 HS Nr. 273/1 Nr. 42. 19 GlUNF 3510 = JBl1906, Nr. 52. 20 SZ 39, Nr. 35 = EvBl1966, Nr. 278. 21 Rsp 1935, Nr. 188. 22 OGH SZ 24, Nr. 184 = ÖBl1952, 6. 23 EvBl1983, Nr. 12, gegen eine solche Regelbildung vgl. nun BGH WM 1984, 88. 24 OGH EvBl1965, Nr. 303.

II, 3. Bezugsbindungen: Österreich

51

zeit noch sittenwidrige Bedingungen vereinbart waren. Doch wurde die Sittenwidrigkeit auch deswegen verneint, weil die Verpflichtung nur einen Bruchteil der Geschäftstätigkeit ausmachte. Wenn ungelöste Spannung und ein beständiges Schwanken der Begründungen zwischen den Gesichtspunkten der Wettbewerbsfreiheit, des Vertragszwecks, der vertraglichen Äquivalenz und von solchen rein formaler Natur die Rechtsprechung des OGH zu den Bezugsbindungen charakterisieren, so findet sich auf der andern Seite eine große Flexibilität bezüglich der Rechtsfolgen eines solchen Dauervertrags, wenn die Sittenwidrigkeit einmal festgestellt ist. Das ordnet sich in das Bild ein, das wir beim Blick auf die Behandlung der Wucherzinsen in Österreich gewonnen haben. In den beiden einschlägigen Fällen, die bisher publiziert worden sind, lag ein Angebot des Berechtigten zu einer freiwilligen wesentlichen Reduktion der Bindungsdauer vor 25 • Der OGH beachtete es und ordnete an, die Zumutbarkeit der angebotenen kürzeren Vertragsdauer zu überprüfen. Hervorzuheben ist für unsere Untersuchung nicht nur das Bekenntnis zur geltungserhaltenden Reduktion 26 , sondern vor allem die eigenständige Entwicklung, das Angebot des Begünstigten unter Umständen der gerichtlichen Reduktion zugrunde zu legen und die auf Treu und Glauben basierende Pflicht des Belasteten, darauf einzugehen 27 • Die Bereitschaft zu Verhandlungen wird eingebaut in die Lösung, die Sanktion der Gesamtnichtigkeit ausdrücklich abgelehnt und das Argument, ein Vertragsteil könne sich vom andern mit Rücksicht auf die wechselseitigen Verpflichtungen nicht absondern lassen, abgeschnitten, nicht zuletzt dadurch, daß die Neuverhandlung den Parteien überlassen wird. Es ist interessant, daß keine Fälle bekannt sind, bei denen ein österreichisches Gericht von sich aus die Dauer des Vertrages auf das übliche, angemessene oder gerade noch zulässige Maß eingeschränkt hätte. Das verdient Beachtung auch unter prozessualen Aspekten. Hingegen wurde die richtlicher Kompetenz zur Festsetzung einer Begrenzung bei der Beurteilung einer sittenwidrigen Konkurrenzklausel anerkannt 28 • Diese Praxis erleichtert argumentativ den Anschluß an die paralleRsp 1935, Nr. 188; SZ 32, Nr. 133 = EvBl1960, Nr. 126. So auch OGH EvBl 1983, Nr. 12. Hier war das Maß der Reduktion jedoch nicht Thema des Prozesses; lediglich das Recht, eine sittenwidrige Bezugsbindung durch außerordentliche Kündigung aufzulösen, wurde abgelehnt, die Möglichkeit der Reduktion des sittenwidrigen Übermaßes an sich hingegen bejaht. 27 SZ 32, Nr. 133 = EvBl1960, Nr. 126: "Die Beklagten könnten sich nämlich nach Treu und Glauben nicht darauf berufen, daß sie den Vertrag mit dem sittenwidrigen Inhalt oder gar nicht schließen wollten ... " Zunächst wird also nur die Kompetenz des Richters zur Überprüfung des Angebots der Gegenpartei aus dem Gebot des Handelns nach Treu und Glauben abgeleitet, anschließend dann auch die Kompetenz zur Reduktion. 28 SO Z. B. OGH EvBl1965, Nr. 66, vgl. auch Gschnitzer in Klang, ABGB, 2. A., Bd. IV,l, 210; ebenso OGH JBl1964, 33 (mit ablehnender Anm. Gschnitzer, der die konkreten Umstände im Verdikt der Sittenwidrigkeit zu wenig berücksichtigt sah). 25 26

4'

2. Teil: Übersicht über die Rechtsprechung

52

len Fälle der überlangen Bezugsbindungen, wird doch das richterliche Moderationsrecht bei den sondergesetzlich geregelten Konkurrenzverboten (§ 26 HVG, § 36 AnG) lediglich als Konkretisierung und gesetzliche Festschreibung eines aus der GeneralklauseI der guten Sitten abgeleiteten Grundsatzes verstanden, der allgemein angewendet werden muß: Ein Beispiel von Redintegration von Sonderprivatrecht. 4. Frankreich

Wenig fehlte und die in den bisher beobachteten Ländern entwickelte Rechtsprechung hätte sich auch in Frankreich durchgesetzt, modifiziert lediglich durch die üblichen Akzentverschiebungen, wie sie die nationale Eigenart von Praxis und Lehre mit sich bringt. Vor allem im Norden Frankreichs mit seiner alten Brauereitradition waren Bierlieferungsverträge schon früh verbreitet!. Auch hier suchten die Brauereien in der Vertragsgestaltung die Wettbewerbsbeschränkung 2 • Umgehend erfolgte die Reaktion der Wirte, die sich unter Berufung auf die liberte commerciale, einer Errungenschaft der französischen Revolution 3 , dieser Bindungen nach einer gewissen Laufzeit zu entledigen trachteten4 . Die im Falle eines Wettbewerbsverbots von der Cour de cassation gewählte Formel, daß die vereinbarte Beschränkung nur hinsichtlich bei der Größen, Zeit und Ort zugleich nicht unbegrenzt sein dürfe 5 , verführte leicht dazu, eine ,ewige' Dauer zuzulassen, wenn wenigstens die örtliche Ausdehnung begrenzt war 6 • Andererseits wurde eine in einem Kaufvertrag über ein Grundstück zugunsten des Verkäufers vereinbarte ausschließliche Bezugspflicht des Käufers nicht geschützt, da sie als Verstoß gegen das Verbot der Vgl. Falcimaigne 1 ff. (mit Vertragsbeispielen); Marchand passim. Falcimaigne 62 hebt den wettbewerbsbeschränkenden Charakter dieser Verträge hervor, wertet ihn aber positiv. Kritisch hingegen Voirin, note Req. 17 f{~vr. 1931 D.P. 1931.1.41, der sie mit Feudalverhältnissen vergleicht. 3 Decr. 2 - 17 mars 1791, art. 7. 4 Vgl. die Zusammenstellung der älteren Rsp. bei Picard, J.C.P. 1937.1.24 bei Fn. 3 und Voirin, ferner Cass.civ. 2 juill. 1900, D.P. 1901.1.294 - allerdings ein Fall, welcher die entgeltliche Einbringung von Patenten in eine Gesellschaft und ein gleichzeitig damit auf die Dauer von 25 Jahren vereinbartes Wettbewerbsverbot betraf. 5 Cass.civ. 2 juill. 1900, D.P. 1901.1.294. 6 So die Praxis der Cour de Douai, vgl. etwa den Entscheid vom 5. April 1912: " ... qu'il s'en suit que la restriction est donc valable, lorsque librement consentie elle est perpetuelle mais limitee a un lieu determine. ", vgl. auch Marchand 20 ff., der im zustimmenden Sinne die nordfranzösische Praxis zusammenstellte. Dieser Befund steht der verharmlosenden Bemerkung von Falcimaigne 21, daß diese Vereinbarungen stets in ihrer Dauer beschränkt seien, entgegen. Fälle aus dem Arbeitsrecht, wo die gleiche Formel zu sozial harten Entscheidungen geführt hatten, finden sich bei Simler 107 f., z. B. Cass.civ. 26 mars 1928, D.P. 1930.1.145, note Pico Erst Cass.soc. 180ct.1952, J.C.P. 1953.11.7519 (= Rev. trim.dr.civ. 1953, 124 (obs. Carbonnier) signalisiert in dieser Frage einen Stimmungswandel. 1

2

II, 4. Bezugsbindungen: Frankreich

53

Errichtung von Personalservituten (art. 686 C. civ.) erschien 7 . Ebenso zeichnete sich langsam eine Tendenz ab, kumulierend eine zeitliche Begrenzung zu verlangens. Eine absolute Höchstdauer wurde aber nie auch nur anvisiert. Man begnügte sich mit beweglichen Parametern, beispielsweise der Dauer, während welcher der Gebundene das Gewerbe betreibt oder betreiben läßt 9 . Auch die Bindung für die Laufzeit eines Darlehens wurde in diesem Sinne akzeptiert 10 • Der Schutz so weitgehender vertraglicher Bindungen ließ die Frage der Teilnichtigkeit einer örtlichen oder zeitlichen Wettbewerbsbeschränkung kaum je aktuell werden. Immerhin läßt sich aus der im Arbeitsrecht, aber auch in andern Vertragsverhältnissen sich nach 1945 abzeichnenden Tendenz zur Teilnichtigkeit von Konkurrenzverboten ablesen, daß Teilnichtigkeit als Konzept zwar möglich, aber keineswegs selbstverständlich war und sich erst allmählich ihren Platz in der Rechtsprechung sichertell. Doch auch aus andern Gründen blieb es in diesem Zusammenhang weitgehend bei diesem Diskussionsstand. Schon in den dreißiger Jahren wurden verschiedene Vorstöße im Parlament unternommen, um Mißbräuche bei Dauerverträgen auf dem für das französische Wirtschaftsverständnis naheliegenden Weg der Gesetzgebung zu bekämpfen. Die eine Gruppe der Vorstöße betraf die typischen Bierlieferungsverträge12 , die andere die berüchtigten Kettenrnietverträge der United Shoe Machinery Corp., die damals auch die Schweiz und Deutschland heimsuchten 13 • Realisiert wurden diese Vorhaben schließlich mit der Loi du 14 oct. 1943, welche die Höchstdauer für bestimmte Ausschließlichkeitsbindungen auf 10 Jahre festlegt. Die Formulierung des Gesetzes scheint zwar lediglich auf die Fallgruppe der Kettenrnietverträge hinzuzielen 14 . Das zeichnete auch Voirin seinerzeit nach, indem er auf die Unanwendbarkeit bezüglich der in Frankreich Douai 10 nov. 1910, D.P. 1931.11.111. Vgl. Voirin. 9 So Req. 17 fevr. 1931, D.P. 1931.1.41. Ähnlich Req. 9janv.1923, D.P. 1923.1.37 und Req. 22janv.1941, D.A. 1941, 163. 10 Req. 5 fevr. 1934, Gaz.Pal. 1934.2.331 (en sous-note). 11 Vgl. die Skizzierung dieser Entwicklung durch Simler 260 - 266, mit Nachweis der Rsp. und etwa Cass.soc. 210ct.1960, J.C.P. 1960.11.11 886. 12 Vgl. die Hinweise auf die parlament. Arbeit bei Falcimaigne 27 - 40, Picard, J.C.P. 1937.1.24 bei Fn. 3 und Voirin, D.C. 1944.L.1. 13 Vgl. die Nachweise bei Voirin (0. Fn. 12), zu Dtld. RGZ 165,1, zur Schweiz ZR 1930, Nr. 69, S. 130. 14 Loi du 140ct.1943 relative a la clause d'exclusivite, art. l or : "Est limitee a dix ans la duree maxima de validite de toute clause d'exclusivite par laquelle l'acheteur, cessionnaire ou locataire de biens meubles s'engage vis-a-vis de son vendeur, cedant ou bailleur, a ne pas faire usage d'objets semblables ou complementaires en provenance d'un autre fournisseur." 7

8

54

2. Teil: Übersicht über die Rechtsprechung

gebräuchlichen Typen von Bierlieferungsverträgen hinwies, nicht ohne dies anschaulich und scharf zu kritisieren l5 . Sein Schluß auf einen engen Anwendungsbereich des Gesetzes 16 wurde in der Folge oft und gerne zitiert, hingegen nicht seine Kritik am Gesetz. Er vertrat nämlich die Meinung, daß zur Vermeidung von Wertungswidersprüchen, doch auch aus rechtspolitischen Gründen, jede Ausschließlichkeitsbindung verboten gehöre 17 • Aus dem Kommentar Voirins lassen sich die Gefahren einer Gesetzgebung erschließen, die in einem flexiblen wirtschaftlichen Kontext operieren muß. Werden ungenügende Kriterien herangezogen, so droht für breite Fallgruppen di~ Wirkungslosigkeit; werden andererseits starre Grenzen gezogen, so können davon auch Verträge erfaßt werden, bei denen die Grenze weder sinnvoll noch wünschenswert ist. Die betroffenen Wirtschaftskreise haben indessen mit diesem Gesetz gelebt, das in der Tat selten angewendet werden konnte, obwohl untere Instanzen auf eine extensive Auslegung, insbesondere auf die Anwendung auf Rahmenverträge über künftige Lieferungen drängten l8 . Dieser Tendenz schloß sich die Cour de cassation erst spät an in einer - 24 Urteile umfassenden - Urteils serie vom 27. April 1971, die zur Gänze Tankstellenbindungen betraf l9 . Der Schutz der gebundenen Vertragspartei vor einer übermäßigen Vertragsdauer wurde dabei als Zweck des Gesetzes in den Vordergrund gestellt2 0 • Dieses erhielt damit eine allgemeinere Bedeutung und löste sich von der lediglich auf einzelne Fälle bezogenen Konzeption 2 1, obwohl rechtstechnisch diese Lösung mit der Klassifizierung der Distributionsverträge als Kaufverträge wenig elegant erzwungen wurde. Die Loi du 14 oct. 1943 ist vor allen Dingen unter rechtsvergleichendem Aspekt bemerkenswert, da hier zum erstenmal versucht wurde, die höchst15 S.O. Fn. 12, vgL auch seine scharfe Ablehnung solcher Bierlieferungsverträge in note Req. 17 fevr. 1931, D.P. 1931.1.41. Hingegen sieht Azema 33ff. eine Stoßrichtung gegen Bierlieferungsverträge, beharrt aber trotzdem auf einer restriktiven Auslegung. 16 Dagegen hat schon Coulombel337 das Gesetz auch auf den Rahmenvertrag über künftige Lieferungen ausdehnen wollen. 17 D.C. 1944 L. 2: "A notre avis, il aurait fallu frapper toutes les conventions d'exclusivite (et non pas seulement les ,clauses'), en faisant abstraction de la nature et de l'objet du contrat principaL ... Cela montre que pour lutter efficacement contre l'abus, mieux vaut prohiber les clauses d'exclusivite que tenter de les limiter. " 18 So kassierte Cass.com. 14dec.1959, Gaz.PaL 1960,1,112 ein Urteil, das versucht hatte, dieses Gesetz auf einen Rahmenvertrag über Bierlieferungen anzuwenden, ebenso Cass. com. 29 janv.1968, D. 1968, 341 gegenüber Paris 11 juillet 1966, Gaz.PaL 1967.1.22; vgL auch Paris 26janv.1966, D. 1966,294 (= J.C.P. 1966.II.14 588), ferner die Übersicht über die Rsp. bei Ghestin, note zu Cass.com. 27 avril1971, D. 1972, 353. 19 Cass.com. 27 avril1971, J.C.P. 1972.1I.16 975 (note Bore) (= D. 1972, 353, note Ghestin); später etwa Cass.com. 1er fevr. 1972, J.C.P. 1972.11.17136; Cass.com. 13 mars 1972, J.C.P. 1972.1I.17 196 und aus jüngerer Zeit etwa Cass.com. 1er dec. 1981, J.C.P. 1982.IV.73; Paris 3 oV. 1981, J.C.P. 1982.1V.310; Cass.com. 21 mars 1983, Gaz.Pa1.1983 pan. 264. 20 SO V. a. Paris 3nov.1981, J.C.P. 1982.IV.210. 21 So auch Coulombel337.

II, 4. Bezugsbindungen: Frankreich

55

zulässige Dauer der Bindung in Vertriebssystemen zu fixieren; ein Unternehmen, dem erst Jahrzehnte später die EG-Kommission gefolgt ist, die für Gruppenfreistellungen gemäß Art. 85 Abs. 3 EWGV für Alleinbezugsverträge generell 5 Jahre als Höchstgrenze vorsieht, während sie sich für nur Bier umfassende Bindungen sowie Tankstellenbindungen an diese Dauer von 10 Jahren anlehnt 22 . Sonst sind wir überall auf komparative Maßstäbe gestoßen, die sich an einer Höchstdauer lediglich orientieren. Wer in Frankreich eine solche Bindung lösen will, beruft sich jedoch meist nur in zweiter Linie auf diese gesetzliche Regelung. Häufig ist es angezeig.ter, mit einem ganz andern Argument den Vertrag platzen zu lassen, das schon von Voirin als Ausweg aus der Sackgasse der restriktiven Gerichtspraxis und dem zu eng gefaßten Gesetz gesehen wurde. Es wird die Ungültigkeit der Verträge über künftige Lieferungen geltend gemacht, weil kein fester Preis (pretium certurn) oder wenigstens eine von einseitiger Einflußnahme nur einer Partei unabhängige Methode zur Festsetzung des Preises vorgesehen worden war 23 • Obwohl auch andere Stimmen diese Lösung befürworteten, schien sie die gleiche Behandlung zu erfahren wie seinerzeit in Deutschland, als diese Argumente - gestützt auf die explizit in diese Richtung zielende Norm des Bayr. Landrechts 24 - vom ROHG in einer solchen typischen Fallgestaltung abgelehnt wurde 25 • So hob die Cour de cassation einen Entscheid der Cour d'appel de Paris vom 11. Juli 1966 auf, der - wie jener lebhaft diskutierte vom 26. Jan. 1966 26 - einen Tankstellenvertrag wegen fehlender Einigung über den Preis für ungültig erklärt hatte 27 . Die Frage der Vereinbarung eines bestimmten Preises konnte sich deshalb in jenem Zeitpunkt überhaupt wieder stellen, weil der Staat seine Preiskontrolle in bezug auf diese Produkte gelockert hatte. Er legte nämlich nicht mehr wie früher zusammen mit der jeweiligen Maximalmarge des Grossisten auch die damit korrespondierende Minimalmarge des Tankstellenhalters fest, sondern nur noch den Endverkaufspreis an den Konsumenten28 und überließ damit ganz bewußt die Fest22 Art. 8 Abs. 1 lit. c/d; 12 Abs. 1 lit. c der VO 1982/83 vom 22.6.83 betr. Alleinbezugsvereinbarungen (ABlEG L 175/5 vom 30.6.83). 23 Voirin (0. Fn. 12 und 15). 24 Bayr. LR Teil IV c.3 § 7: " ... Zuweilen wird 3tio die Bestimmung des Preises auf bloßes Gutbedunken ausgestellt, wobey wiederum zu unterscheiden ist, ob solches dem Arbitrio deren Contrahenten selbst oder eines Drittens überlassen seye. Erstenfalls gilt der Contract nicht, anderenfalls bleibt er solang in Suspenso, bis der Dritte benannte Arbiter den Ausspruch thut, ... ". 25 ROHG 7, 155. 26 Vgl. Rodiere I Champaud, J.C.P. 1966.I.1988; Didier, D. 1966 chron. 55; Cornu (obs.), Rev.trim.dr.civ. 1966,313. 27 Der Instanzenzug ging vom Trib. Seine 28mars1966, J.C.P. 1966.11.14 690, über Paris lljuillet1966, Gaz.Pa1.1967,1.22, das in umgekehrtem Sinn entschieden hatte und seinerseits kassiert wurde durch Cass.com. 29janv.1968, D.1968, 341 (rap. Dallant); vgl. ferner Cass.com. 3 mars 1970, Bull.civ. IV nOS 84 et 85.

2. Teil: Übersicht über die Rechtsprechung

56

legung des Margenanteils den betroffenen Parteien zur freien Vereinbarung (fusion des marges)29. Einige Jahre nach dem ablehnenden Entscheid war die Cour de cassation dann bereit, auf die früher von der Cour d'appel de Paris eingeschlagene Linie einzuschwenken, und erklärte mit Urteil vom 27. April 1971 eine ganze Reihe von Tankstellenverträgen für ungültig, weil eben die Preisbestimmung einseitig ins Belieben einer einzigen Partei gestellt war 30 . Sie gewichtete nun die Elemente des Kaufvertrages im typischen Bierlieferungsvertrag stärker und verlangte auch hier das Erfordernis des ,pretium certum' (art. 1591 C. civ.). Aus dem Urteil wird klar, daß das Gericht hinter dieser Norm den Ausdruck der Partei autonomie sieht: Entweder bindet man sich und fixiert einen Preis, oder man verzichte auf einen Vertrag; hingegen würde es gegen den Grundsatz der gegenseitigen Autonomie verstoßen, wenn eine Partei zugunsten der andern auf dieses "Handeln in Selbstherrlichkeit" verzichtete. Probleme bot bei diesen außerhalb eines gesetzlichen Typus stehenden Verträgen die Abgrenzung, wo das pretium certum zum Tragen kommen müsse, insbesondere ob das Fehlen der Abmachung bei der einzelnen Lieferung auf den Rahmenvertrag durchschlage. Die Unklarheiten wurden dadurch vergrößert, daß die Cour de cassation erst drei Monate zuvor bei der Beurteilung eines typischen Bierlieferungsvertrages von diesem Erfordernis abgesehen und das Spezifische der Rahmenvereinbarung betont hatte 31 . Einzelne Stimmen propagierten gar noch weitergehend einen eigenständigen, vom Kaufvertrag streng zu trennenden contrat d'assistance et de fourniture 32 . Immerhin, die Ungewißheit der Rechtslage bescherte in wenigen Jahren offenbar über 1000 - mit unterschiedlichem Erfolg geführte - Prozesse 33 . Erst drei Jahre später schuf die Cour de cassation auch hier Klarheit, indem sie die Anwendung von art. 1591 C. civ. auf die Fallgruppe der Bierlieferungsverträge ausdehnte 34 . In einem nächsten Schritt griff sie dann über den Kaufvertrag weit hinaus. Zwar stellte sie einerseits die Verbindung 28

Arrete du 27mai1963, dit de "fusion des marges" (in Kraft seit l.Okt.1963).

29 Zur damaligen Situation der Staats intervention bei der Versorgung mit Erdöl-

produkten vgl. Murat 452ff.; 482ff. 30 Cass.com. 27janv.1971, J.C.P. 1972.11.16975 (note Bore) = D. 1972, 353 (note Ghestin); vgl. auch Rouen lljanv.1972, D. 1972, 585 (note Ghestin). Weitere Nachweise bei Baschet 204 f. Fn. 3. 31 Cass.com. 27janv.1971, D. 1972, 536 (note Ghestin) = Rev. trim.dr.com. 1971, 1067 (obs. Hemard). 32 Mousseron / Seube, D. 1973, chr. 197 - 206. 33 Nach Falleur, Gaz.Pal. 1979,2 doct. 650. 34 Cass.com. 12fevr.1974, D. 1974,414 (note Ghestin) = J.C.P. 1975.11.17 195 (note Bore) = Rev.trim.dr.com. 1975, 163 (obs. Hemard mit dem Hinweis auf einen gegenteiligen Entscheid Colmar, 22mai 1974).

III. Zusammenfassung und Überleitung

57

zu Cass.com. 27. Jan. 1971 her und wertete den Bierlieferungsvertrag nicht als Kaufvertrag, doch zog sie andererseits anstelle von art. 1591 C. civ. mit gleicher Stoßrichtung die generelle Norm von art. 1129 C. civ. heran 35 • Damit ist auf breiter Grundlage die Möglichkeit geschaffen, sich von solchen Bezugsbindungen - beidseitig - lösen zu können. Unscharf sind die Grenzen der Anwendung dieses Prinzips im Einzelfall, wenn noch andere Elemente den Vertrag prägen. Für die typischen Bierlieferungs- und Tankstellenverträge bleibt es jedoch bei dieser Praxis36 • Die Schwierigkeiten, die diese Rechtsprechung für eine prospektive Kalkulation der Preise im Lieferungsvertrag bietet, seien vorerst nur angemeldet. III. Zusammenfassende Bemerkungen und Überleitung Blicken wir zurück auf die Rechtsprechung in den behandelten Fallgruppen der überlangen Dauerbindungen - insbesondere der Bezugsverpflichtungen - und der wucherischen Darlehen, so fällt nicht nur die trotz weitgehend gleicher normativer Grundlage überraschend große Divergenz der getroffenen Wertungen auf, sondern man findet auch typische Züge in der Rechtsfortbildung. Zu notieren ist in erster Linie die Objektivierung der Sittenwidrigkeit. Während sie in der Schweiz und in Österreich schon eine längere Tradition hat, setzt sie sich faktisch auch in der BRD immer stärker durch. Im gleichen Maße beobachten wir eine Abkehr von der Gesamtnichtigkeit als notwendiger und unausweichlicher Rechtsfolge. Während die deutsche Rechtsprechung bis heute an der Gesamtnichtigkeit eines wucherischen Darlehensvertrages festhält, hat sich die schweiz. Praxis hier auf eine Teilnichtigkeit eingelassen, während demgegenüber bei den überlangen Dauerbindungen die Situation genau umgekehrt ist, wie das Beispiel der Bierlieferungsverträge schön illustriert. Bei der Zeitdauer schätzt das BGr die 35 Cass.com. 11 oct.1978, J.C.P. 1979.II.19034 (note Loussouarn) = D. 1979, 135 (note Houin) = Rev.trim.dr.com. 1979, 311 (obs. Hemard); vgl. auch Ghestin, Traite, 430 f. 36 Vgl. etwa Cass.com. 21mars1983, Gaz.Pal 1983, pan. 264 (Mehllieferungsvertrag); Cass.com. 50ct.1982, J.C.P. 1982. IV.370; 25janv.1982, J.C.P. 1982.IV.131; Cass.com. 27 avri11981, Gaz.Pal. 1981, pan.343 (note Le Tourneau); Cass.com. 17nov.1980, J.C.P. 1981.IV.50; Cass.com. 21dec.1981, J.C.P. 1982.IV.95 hält nur fest, daß sich ein Dritter (in diesem Fall der Eigentümer eines fonds de commerce) nicht auf die durch die Loi du 14 oct.1943 statuierte Begrenzung berufen kann. Interessant ist der Fall Paris 3nov.1981, J.C.P. 1982.IV.210, wo dem Lieferanten die Berufung auf das nämliche Gesetz verwehrt wurde, da der Tankstellenpächter ein Interesse an einer längerfristigen Amortisierung hatte. Damit wird der wettbewerbspolitische Gesichtspunkt, der diesem Gesetz zu Gevatter stand, vollends aufgegeben, und das Ganze zur Schutznorm für den Abnehmer umgepolt. Ob an dieser Praxis die - von staatlichem Interventionismus nicht freie - durch den EuGH erzwungene Preisfreigabe für Benzin etwas ändern werde (Arrete n° 85 -10/A du 29janv.1985, J.C.P. (C.!.) 1985.II!.742) ist noch ungewiß.

58

2. Teil: Übersicht über die Rechtsprechung

Chance, zu einer rationalen Begründung des Ausmaßes der Reduktion zu kommen, offenbar als gering ein. Das findet seinen Niederschlag in den vielfältigen und zahlreichen dogmatischen Auswegen, die eine konsequente Linie kaum erkennen lassen, häufig aber im Ergebnis doch wieder auf eine Reduktion zusteuern. Offenheit der Rechtsfolgen und Herausarbeiten eines Verhandlungsansatzes als Lösung kennzeichnet den Weg der österr. Jurisprudenz. Da sich die gesetzliche Konzeption der Teilnichtigkeit in der BRD und in der Schweiz diametral gegenüberstehen, werden wir analysieren müssen, weshalb da wie dort je in der entgegengesetzten Fallgruppe Gesamtnichtigkeit angenommen, beziehungsweise Teilnichtigkeit bevorzugt wird. Soweit letztere praktiziert wird, sind anschließend die Begründungen für die Reduktion und deren Ausmaß durchzumustern, sei es, daß sie über eine interpretative Einschränkung vorgehen, sei es, daß sie eine Objektivierung vornehmen oder schließlich auf einen hypothetischen Parteiwillen abstellen. Ähnliche, ebenfalls auch die Legitimationsbasis der Reduktion berührende Überlegungen sind bei der Durchsicht der Lösungen anzubringen, die sich auf die Zerlegbarkeit, auf pönale und ethische Erwägungen und auf das historische Argument abstützen. Die Durchführung der Reduktion gerät bei der Behandlung der Analogie, des Denkens in Fallgruppen und der Orientierung an einem Schutzzweck ins Blickfeld. Ob man sich an gesetzlichen Maßstäben oder an Präjudizien orientieren will, stets stellt sich die Frage der rationalen Begründung des verwendeten Standards. Nicht weniger gilt dies bei der Heranziehung des Rechtsmißbrauchsverbots. Andere Aspekte, wie sie die bunte Ausgestaltung der Fallreihen eröffnen, sind zum Schluß zu betrachten. Sie können mehr vom Richter aus zur Geltung gebracht werden, man denke nur an die breit geführte Diskussion der bereicherungsrechtlichen Lösung in der BRD, während andere, wie Teilnichtigkeitsvermutungen in der vertraglichen Regelung oder die Zerlegung des Rechtsgeschäfts, mehr auf die Initiative der Parteien zurückgehen. Die Untersuchung im Hinblick auf dogmatische Gesichtspunkte, wie sie in den heute praktizierten Lösungsansätzen zum Ausdruck kommen, soll nicht nur die verwirrende Fülle der vorgeführten Lösungen strukturieren helfen, sondern auch schon Folie für eine dogmatische Neuorientierung bilden, die wir später als erste Ebene unseres Lösungsmodells ausarbeiten werden. Die Vielfalt der explizit herangezogenen oder stillschweigend vorausgesetzten Maßstäbe für die schlußendlich auf irgendwelchen Wegen und Umwegen erreichten Reduktionen erfordern Überlegungen auch zur ökonomischen Rationalität der getroffenen Lösungen. Denn wenn sich der Tatbestand der Sittenwidrigkeit wie deren Grenzen objektivieren lassen, müßte

III. Zusammenfassung und Überleitung

59

dies eigentlich auch für das Ausmaß der Reduktion der Fall sein. Ist es das, so sollte sich dessen Gesetzmäßigkeit erfassen und erklären lassen. Damit ist bereits hingewiesen auf die zweite, die ökonomische Ebene unseres Lösungsmodells, die in der Darstellung der nationalen Diskussion um die getroffenen Lösungen öfters ins Blickfeld gekommen ist unter den Stichwörtern Markt, Marktpreis und Wettbewerb. Der Einblick in die nationalen Lösungen aber hat nicht nur Widersprüche zwischen den Rechtsordnungen der Bundesrepublik Deutschland, der Schweiz und Österreichs gezeigt, sondern trotz der sich scheinbar diametral entgegenstehenden Teil-, bzw. Gesamtnichtigkeitsvermutung eine überraschende Lösungsharmonie gerade in dieser Frage freigelegt, wo man es am allerwenigsten vermuten würde. Er ließ auch erkennen, wie die in Frankreich getroffenen Lösungen davon abweichen. Mit der Verlagerung auf ein ausformuliertes Spezialgesetz in der einen Fallgruppe und mit der Rückbesinnung auf die gemeinrechtliche Tradition des Schutzes der einen Partei vor der willkürlichen Preisbestimmung durch die Gegenpartei fehlt es nämlich zunächst an einer Vergleichsbasis gegenüber den andern Rechtsordnungen. Wir werden sie erst in perspektivischer Verlängerung auf der zweiten Ebene unseres Lösungsmodells wieder einholen. Sie können in der Frage der Erfassung des Marktes und des im Privatrecht in diesem Punkt anwendbaren Wirtschaftsmodells neue Gesichtspunkte beisteuern, um so das Ergebnis plastischer hervortreten zu lassen. Wenden wir uns aber zunächst den Analysen der vorgefundenen rechtsdogmatischen Begründungen auf dem Hintergrund ihres wirtschaftlichen Sachverhalts zu, und versuchen wir das in den Vordergrund geschobene juristische Lösungsargument jeweils an seinem eigenen Anspruch zu messen und so die Begründungsdefizite freizulegen, die die Anforderungen an eine rechtsdogmatische Erfassung dieser wirtschaftlichen Lagen anzeigen sollen.

Dritter Teil

Rechtsvergleichende Synthese der Lösungsansätze I. Willenstheorie 1. Gesamtnichtigkeit als Rechtsfolge

Singulär unter den Teilnichtigkeitsregelungen ist § 139 BGB mit seiner Abkehr von der gemeinrechtlichen Maxime ,utile per inutile non vitiatur'. Hatte diese zuvor noch den Weg in die modernen Kodifiktationen gefunden! und auch so bekannten Kodifikationsentwürfen wie dem Dresdener Entwurfe zugrunde gelegen 2 , wurde sie nun zugunsten der Vermutung der Gesamtnichtigkeit aufgegeben. Die konsequente Systematisierung des Vertragsrechts unter der Willensdoktrin 3 als entscheidendem Ordnungsgesichtspunkt 4 und der damit verbundene Wille zu Abstraktheit und logischer Durchdringung des Privatrechts dürften hier wegleitend gewesen sein. In der Vorlage von Gebhard wurde das Problem noch allgemeiner im Zusammenhang mit der teilweisen Ungültigkeit überhaupt gesehen. Die Schwierigkeit, eine allgemeine Regel zu formulieren, hielt von einem Textvorschlag ab, denn in der Tat ist eine explizite Regel in einem ausschließlich von der Willens autonomie her strukturierten Privatrecht überflüssig, wie wir bald an der schweizerischen Lösung mit ihrer Teilnichtigkeitsvermutung zeigen werden können. Die konkrete Fallentscheidung soll sich am Willen der Parteien ausrichten: "Die Richtschnur für die Entscheidung wird darin zu suchen sein, ob anzunehmen ist, daß auch das modifizierte Rechtsgeschäft dem eventuellen Willen der Urheber entspreche, oder ob man davon ausgehen müsse, daß das Rechtsgeschäft ganz oder gar nicht gewollt 1 Zu ihrer Bedeutung und Tragweite im römischen Recht vgl. Seiler; FS Kaser (1976), 127 - 147; als Bsp. für die spätere Verbreitung seien genannt Sächs. BGB §§ 103/2083; Bad.L.R. S. 6 n. 2 Dresd. Entwurf von 1866 Art. 137. 3 Mit diesem Terminus soll dem Mißverständnis vorgebeugt werden, es habe sich der Streit um Erklärungs- oder Willenstheorie auch auf die Auslegung von § 139 BGB ausgewirkt. Nur insoweit widerspiegelt er sich nämlich da, als allmählich eine sich an subjektiven Momenten orientierende Auffassung zugunsten von objektivierenden Gesichtspunkten aufgegeben wurde, vgl. Seiler 146 f. mit dem Hinweis auf das Kriterium der "Handlungsweise eines verständigen Mannes" in WarnRsp 1 (1908) Nr. 352. 4 Vgl. auch das klare Bekenntnis zum Willensdogma im Entwurf von Gebhard in Schubert, Vorlagen, T. 2, 104ff.; 119ff.

I, 1. Willenstheorie: Gesamtnichtigkeit

61

sei"5. Die fallweise Betrachtung zielte also nicht auf eine Modifizierung der Orientierung am Parteiwillen. Es ging lediglich darum, den Unterschieden in der äußerlichen systematischen Gliederung der Verträge nach einseitigen Rechtsgeschäften, oder einseitigen, synallagmatischen, dinglichen oder obligatorischen Verträgen gerecht werden zu können 6 • Die Motive zum Entwurf (1888) betonen, daß der Grundsatz leitend sei, das ganze Rechtsgeschäft als nichtig zu betrachten, wenn nicht klar sei, daß es auch ohne die nichtige Bestimmung gewollt sein würde 7 . Die Äußerung Zitelmanns dazu bestätigt eindeutig, daß damit die gemeinrechtliche Regel umgekehrt und die Vermutung der Totalnichtigkeit aufgestellt werden solltes. Ohne weiteres verstand auch er die Bestimmung so, daß dieser Wille erschlossen werden müsse 9 • Stellt man der deutschen die der gemeinrechtlichen Tradition verhaftete schweizerische Lösung gegenüber, so ließe sich bei oberflächlicher Betrachtung vorschnell der Schluß ziehen, der Parteiwille trete hier in den Hintergrund. Dem stehen allerdings schon frühe Stellungnahmen entgegen. Oser beispielsweise läßt den Richter die gleiche entscheidende Frage stellen wie Zitelmann es getan hatte, nämlich ob die Parteien nach der Annahme des Richters den Vertrag über den noch verbleibenden Teil der Leistung abgeschlossen hätten, wenn sie gewußt hätten, daß der übrige Teil nicht erfüllt werden könne 10 • Der Verweis auf die Kommentierung zu Art. 2 OR (Ergänzung von Nebenpunkten) macht deutlich, daß der Zusammenhang mit der Problematik von Vertrags ergänzungen im Blickwinkel lag. Auch Becker betont das Erfordernis des Parteiwillens als Schranke des Grundsatzes der Teilnichtigkeit, den er im übrigen als Ausfluß des Prinzips der Vertragstreue erkärt ll . Diese im schweiz. Recht oft zu beobachtende zweigliedrige Struktur führt allerdings nicht ohne weiteres zur Dominanz der Teilnichtigkeit. Denn dagegen stehen andere, viel weitergehende Gemeinsamkeiten der deutschen wie der schweizerischen Konzeption, so vor allem der hohe Stellenwert, den die wissenschaftliche Tradition seit dem Umbruch des Idealismus dem Parteiwillen eingeräumt hatte. Gebhard in Schubert, Vorlagen, T. 2, 215. Ebd. 7 Motive I (1888) 222. 8 Zitelmann, T. 1,78. Gegen die Annahme von Pierer von Esch 68 f., daß sich in den Materialien keine Hinweise auf eine radikale Änderung der Rechtslage finden können, zu Recht Mayer-Maly, GS Gschnitzer, 276 unter Hinweis auf Kuhlenbeck, Von den Pandekten zum Bürgerl. Gesetzbuch, Berlin 1898, Bd. 1, 328. 9 Ebd. "Das kann nur dahin ergänzt werden: wenn der Erklärende im Augenblick der Erklärung vor die Wahl gestellt worden wäre, ob er das Rechtsgeschäft ohne den ungiltigen Theil oder lieber überhaupt kein Rechtsgeschäft wolle. " 10 Oser / Schönenberger, Zürcher Kommentar, N 66 zu Art. 20 OR (so schon Oser in der 1. Aufl. (1915) 93). 11 Becker, Bemer Kommentar, N 15 zu Art. 20 OR. Weitere Nachweise bei Hürlimann 60, Fn. 60. . 5

6

62

3. Teil: Rechtsvergleichende Synthese

Der Parteiwille, der die überraschende Parallelität in der Literatur erklärt, relativiert nämlich auch die gewichtige Beweislastverschiebung12 , die sich aufgrund der divergierenden Lösungen einstellen müßte. Denn da in aller Regel der tatsächliche Wille zur Zeit des Vertragsschlusses nicht feststellbar ist, weil die Parteien sich eben auf die getroffene und nicht auf eine andere Lösung fixiert haben 13 , ist die tatsächliche Lage dem Beweis überhaupt nicht zugänglich. Behauptung steht gegen Behauptung. Dabei ist da wie dort im Mittelpunkt der Parteiwille, doch entpuppt er sich als juristische Fiktion; was erschlossen werden kann, ist nämlich fast stets ein hypothetischer Wille 14 • Selbst wenn sich die Parteien auf eine salvatorische Klausel geeinigt haben, wie sie in Deutschland häufig sind 15 , kann das erzielte Ergebnis so überraschend ausfallen, daß die Regelung kaum mehr als vom Konsens gedeckt erscheint1 6 . Auch die vertragliche Einarbeitung der schweiz. Lösung führt also allenfalls zu einer Legitimationsbasis für das wertende Vorgehen des Richters; über seine Gestaltungsbefugnisse und deren Grenzen sowie über die anzuwendenden Standards sagt sie aber in dieser schlichten Form gerade nichts aus. Der entscheidende Punkt, der die Restgültigkeit favorisiert, ist daher nicht die Teilnichtigkeitsvermutung, sondern die Bereitschaft des Richters, sich auf die Ermittlung des hypothetischen Parteiwillens einzulassen und in dieser wertenden Arbeit die normative Komponente des Vertrages zu betonen. Das erklärt auch die - zunächst überraschende - Parallelität zwischen der Lösung in der BRD und der Schweiz 17 . Das RG orientierte sich zunächst in der Tat am wirklichen Parteiwillen zur Zeit des Vertragsschlusses. Es fragte nicht danach, was die Parteien vereinbart hätten, wenn ihnen die Nichtigkeit der 20jährigen Bindung bekannt gewesen wäre, sondern stellte lediglich darauf ab, daß die Berechtigten den Vertrag auf diese Zeit abschließen wollten und in den Vertragsverhandlungen eine kürzere Dauer abgelehnt hatten. Die Berechtigten hätten den Ver12 Dazu Andre, FS Enneccerus, 11 ff.; vgl. auch Staudinger / Dilcher, 12. A., Rz 31 zu § 139 BGB mit weiteren Nachweisen. Krüger-Nieland / Zöller, RGRK, 12. A., Rz 81 f. zu § 139 BGB legen das Gewicht auf die Fragen der Einheitlichkeit bei Vorliegen mehrerer Urkunden, welche natürlichen Vermutungen leichter zugänglich sind. 13 Vgl. etwa RGZ 76, 78, 80; BGH NJW 1951, 397 (Nr. 2). 14 Vgl. Larenz, AT, § 23 II c; Mayer-Maly, MünchKomm, 2. A., Rz 24 zu § 139 BGB; Flume, AT II, § 32,5, der deutlich macht, daß es bei der Frage nach dem hypothetischen Parteiwillen um eine Wertung geht. Auch der Lösungsversuch von Hürlimann 55ff. stützt sich fast ausschließlich darauf ab. 15 Dazu v. a. Westermann, FS Möhring, 135 - 150. Der Zweck der Teilwirksamkeitsklauseln in Dtld., nämlich die Schaffung der in der Schweiz von Gesetzes wegen geltenden Vermutung, wird bei Hürlimann 48ff. kaum deutlich; vgl. zu dieser Situation Hager 114 f. 16 Vgl. Mayer-Maly, FS Flume (1978), Bd. 1,622 f.; ds., MünchKomm, 2. A., Rz 8 zu § 139 BGB. 17 Intuitiverfaßt hat Hürlimann 11 diese Situation, sie hingegen theoretisch nicht aufgearbeitet.

I, 1. Willenstheorie: Gesamtnichtigkeit

63

trag nicht abgeschlossen, wenn der Verpflichtete "die Übernahme der nichtigen Verpflichtungen uneingeschränkt abgelehnt hätte"18. Diese Position wurde wenig später bestätigt und die Orientierung an einem hypothetischen Parteiwillen abgelehnt: "Denn so (d. h. mit der kürzeren - also um das sittenwidrige Übermaß reduzierten - Laufzeit) haben die Parteien eben nicht abgeschlossen; das vermeintlich Geringere ist vom Standpunkt der Parteien aus, der allein entscheidet, nicht etwas Geringeres, sondern etwas anderes. Der Berufungsrichter will an die Stelle des vereinbarten nichtigen Teiles des Vertrags etwas setzen, was die Parteien nicht vereinbart haben"19. Erklärungen über die Wichtigkeit einzelner Teile für sie müsse die verpflichtete Partei im Prozeß nicht abgeben; Ausgangspunkt sei und bleibe der geschlossene Vertrag20 - als Ausdruck der Privatautonomie und als solcher Ausgangspunkt schuldrechtlicher Systematik. Ebenso drängte die schweiz. Rechtsprechung durch die Betonung des tatsächlichen Willens die Teilnichtigkeitsvermutung an den Rand. Die Vereinbarung eines langdauernden Wettbewerbsverbotes im Zuge der Veräußerung einer Molkerei führte sie ohne weiters zur Annahme, daß ohne dieses Verbot die Käuferin den Vertrag "nicht, beziehungsweise nicht zu den getroffenen Bedingungen abgeschlossen hätte"21. Der Hinweis auf Art. 20 Abs. 2 OR zeigt, daß sich das BGr der Teilnichtigkeitsproblematik sehr wohl bewußt war. Die Bedeutung des tatsächlichen Willens als Entscheidungskriterium vor der Präsumption der Teilnichtigkeit geht auch aus der Deklaration der deutschen Regelung als analoges Recht und der Berufung auf die Praxis des RG hervor, wie das RG seinerseits in der Anwendung des ALR, welches doch ganz in der gemeinrechtlichen Tradition steht, die gleichen Rechtsfolgen hatte postulieren können 22 . Damals 23 wie später 24 hat sich das BGr davor gescheut, eine neue, beschränktere Dauer festzusetzen, wie die Parteien sie in Kenntnis der Nichtigkeit bestimmt hätten 25 . Es apostrophierte ein solches Vorgehen als nachträgliche und willkürliche Unterschiebung eines andern Vertragsinhaltes und steckte damit auch die Grenze zur Vertragsauslegung ab. Diese Haltung kommt noch im jüngsten Entscheid zum Vorschein, wo das BGr lange das Abrücken vom tatsächlichen Parteiwillen zur wertenden Erschließung eines hypothetischen zu begründen versucht2 6 . 18

19 20

21 22 23 24

25 26

RG JW 1910, 62. RGZ 76, 78, 80. RGZ 99, 52, 56. BGE 50 II 481 E. 2. RG JW 1910, 62. BGE 67 II 221 E. 3. BGE 96 II 129 E. 3 b; vgl. die dortige Argumentation mit Flume, AT II, § 32,1. Vgl. auch ZR 1948, Nr. 101 E. 4. BGE 107 II 216 E. 3 a; vgl. dazu die Anm. von Heini, SAG 1982, 85.

64

3. Teil: Rechtsvergleichende Synthese

Eine ähnliche Parallelität läßt sich auch bei der Behandlung sittenwidriger Konkurrenzverbote für Arbeitnehmer beobachten, die wir zur Illustrationherausgreifen wollen 27 . Mit der nämlichen Begründung, keinen andern Vertragsinhalt unterschieben zu wollen, hatte es das BGr wiederholt abgelehnt, ein Konkurrenzverbot zu reduzieren 28 • Es schloß sich damit der gleichlautenden Praxis des RG an, das damals noch die Maxime ,utile per inutile non vitiatur' anzuwenden hatte. Eine Änderung dieser Praxis mußte auf dem Wege der Gesetzgebung erfolgen mit der Einführung von Art. 357 OR (heute Art. 340 a OR)29. Einer analogen Anwendung dieser neuen Bestimmung, wie sie von der Lehre einmütig gefordert wird 3o , hat sich das BGr widersetzt; es beharrt auf der Willens doktrin und der damit zwangsläufig verbundenen Gesamtnichtigkeit31. Während das BGr zunächst die Frage offengelassen hatte, ob die Nichtigkeit nur die ganze Klausel oder aber den ganzen Vertrag beschlage32 , bekannte sich das RG schon früh zur Lösung der Teilnichtigkeit33 . Im parallelen Fall der Reduktion eines arbeitsvertraglichen Konkurrenzverbotes schien zwar ein Urteil den Weg zu einer analogen Anwendung von § 76a Abs. 1 HGB zu ebnen 34 (Reduktion für Handlungsgehilfen), doch war dieser Eindruck lediglich auf eine unklare Formulierung zurückzuführen, die nicht näher präzisierte, ob diese Bestimmung direkt oder analg herangezogen wurde. Das BAG hingegen ließ zunächst die Erwartung aufkommen, es lasse aufgrund einer an § 138 BGB orientierten Wertung eine Reduktion der zeitlichen Dauer ZU35 ; als akzeptabler Standard bot sich dabei das im zeitlichen Umfang reduzierte Klagebegehren an 36 • In der Folge sprach sich das BAG aber dezidiert gegen eine Reduktion auf das zulässige Maß aus und berief sich dabei unter anderem auch auf die Willensdoktrin 37 . Einige Jahre später warf es das Steuer radikal herum, anerkannte die Reduktionsmöglichkeit, blendete jedoch § 139 BGB aus und Vgl. die Darstellung bei Zimmermann 154ff. BGE 23 I 739, 744 ("Sodann trifft der Satz utile per inutile non vitiatur durchaus nicht zu"); BGE 25 II 450 E. 3; 39 II 541 E. 4 a. E. und die Bezugnahme auf diese Urteile in BGE 96 II 129 E. 3 b. 29 Vgl. Botschaft BR BBl 1905 II, 40; StenBull NR 1909; SR 682 und die Bezugnahme darauf in BGE 43 11 660. 30 Vgl. Scherrer lOH.; Spiro, ZBJV 1952, 462ff.; ds., Bd. 2, 1186ff., 1217ff.; Piotet, ZSR 1957 I, 107ff.; Stark, FS Bundesgericht (1975), 396ff.; Bucher, OR, 234ff.; v. Tuhr / Peter, Bd. 1, § 31 V. 3 (a.E.); Merz in Guhl / Merz / Kummer, OR, 7. A., 43; anders hingegen noch die u. Fn. 51 genannten Autoren. 31 Vgl. BGE 10711 216 E. 3a; 9611 129 E. 3b. 32 BGE 39 II 541 E. 4 a.E. 33 RGZ 146, 116, 118. 34 RGZ 101, 375, 379. 35 BAG AP Nr. 7 zu Art. 12 GG. 36 Vgl. dazu auch den in BAG AP Nr. 1 zu § 139 BGB eingeschlagenen Ausweg, die Prüfung der Sittenwidrigkeit auf den eingeklagten Teil zu beschränken. 27

28

I, 1. Willenstheorie: Gesamtnichtigkeit

65

stützte den Entscheid auf die Analogie zu §§ 74 HGB38, sichtlich um "der Erweiterung der individualistischen Mißbilligung des § 138 BGB zum wirtschaftlichen Standard" vorzubeugen 39 . Noch behinderte das Kriterium der Vorwerfbarkeit der Sittenwidrigkeit eine funktionale Betrachtung, doch zeigte das Gericht eingehend die durch den Wandel des wirtschaftlichen Umfeldes und der sozialen Wertvorstellungen entstandene Regelungslücke. Halten wir noch einmal die Entwicklung der Rsp. in der Schweiz und in Deutschland zu dieser Frage nebeneinander, so frappiert nicht nur die weite Ausdehnung des Eingriffs in Konkurrenzverbote in Deutschland, sondern auch das Gewicht, das dort vor der Praxisänderung dem Argument der Nichtteilbarkeit zugekommen war40 . Das Kriterium der Willenseinigung wurde hinter das scheinbar objektive, in tatsächlicher Hinsicht überprüfbare der Teilbarkeit geschoben, entschied aber in Tat und Wahrheit über dieses 41 . Daß hier nicht nur die Frage der praktischen Durchführbarkeit angesprochen war, zeigt die Rsp. zu §§74 HGB bzw. zu Art. 340a revOR, die in beiden Ländern zwar zur Reduktion ermächtigen, diese selber aber nur wenig unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten operationalisiert haben42 . Doch davon später. Werfen wir nach diesem Exkurs nun einen Blick auf die österreichische Entwicklung, so begegnen uns einige Züge wieder. Zwar wurde in der III. Teilnovelle die Unmöglichkeit von der Unerlaubtheit getrennt und die Vermutung der Teilnichtigkeit nur für erstere statuiert. Damit sollten aber im Unterschied zur deutschen Gesetzgebung nur die Fälle des teilweise unmöglichen Rechtsgeschäftes vom Willensmoment abhängig sein, die übrigen 37 BAG AP Nr. 1 zu § 133 g GewO' "Bei der Absprache .. handelt es sich aber um ein derartig umfassendes, einheitliches und lückenlos gewolltes Wettbewerbsverbot, daß abgrenzbare Teile nicht zu erkennen sind." 38 BAG AP Nr. 24 zu § 611 BGB (Konkurrenzklausel) mit Darstellung der Entwicklung der Rsp., ebd. Nr. 25 und 26. Zur Entwicklung ferner Gamillscheg, RdA 1975, 13 - 23; Hofmann, NJW 1969, 1985 - 1992. 39 BAG AP Nr. 24 zu § 611 BGB (Konkurrenzklausel), E. III. 4. b unter Hinweis auf Wieacker, JZ 1967, 716. Umgekehrt nun der Vorschlag von Canaris, AcP 1984, 240ff., § 74a Abs. 1 HGB zur Verschärfung der Kontrolle von § 138 BGB heranzuziehen, soweit personale Freiheitsrechte betroffen sind. 40 Vgl. nebeneinander Becker, Berner Kommentar, N 16 zu Art. 20 OR und Hefermehl, Anm. zu BAG AP Nr 1 zu § 133g GewO. 41 So wird in BGE 23 1739 E. 4 die Unanwendbarkeit der Maxime ,utile per inutile non vitiatur' festgestellt, da "dieser Satz seiner Natur nach nur bei teilbaren Obligationen Anwendung finden" könne. Auch den Parteien stehe es nicht zu, den Anspruch einzuschränken. "Ganz ebenso verhält es sich mit dem Moderationsrechte des Richters: bei Zulassung eines Ermäßigungsrechtes würde vom Richter f'twas ganz anderes geschaffen, als die Parteien bei Eingehung des Vertrages gewollt haben; damit würde der Richter aus den Grenzen der Auslegung des Vertragswillens, des Vertragsinhaltes hinaustreten und den Parteiwillen durch seine Willkür ersetzen." Ähnlich schon RGZ 31, 97, 99f. 42 Zu den Schwierigkeiten der Operationalisierung vgl. auch Merz, ZSR 1942, 462af. (= ds., Ausgew. Abh., 272f.).

5 Bürge

66

3. Teil: Rechtsvergleichende Synthese

jedoch "von der Tragweite des gesetzlichen Verbotes oder des Verstoßes gegen die guten Sitten in dem einen Punkt"43. Die Anlehnung an Pandektistik und BGB betraf damit in erster Linie einen logisch-formalen Aspekt. Das hätte die Konsequenz, daß zunächst von der die Sittenwidrigkeit oder Unerlaubtheit begründenden Norm aus die Frage der Teilwirksamkeit oder der gänzlichen Unwirksamkeit geprüft werden müßte, wobei eine Orientierung an der Teilnichtigkeitsvermutung von § 878 ABGB zulässig wäre44 . Die Kontinuität in der Rsp. beweist jedoch, daß die III. Teilnovelle für unsere Frage keine praktische Bedeutung entfaltete. Entscheidend war vorher und nachher der Stellenwert, den man der Willensdoktrin einzuräumen gewillt war. Wird sie in ihrer reinen Form verwendet, so zeigte sie auch früher in Österreich die gleichen Auswirkungen wie in den beiden Nachbarländern. So führte der OGH 1903 zur Frage der Reduktion eines Konkurrenzverbotes wörtlich aus: " ... steht es dem Gerichte nur zu, den Willen der Parteien zum Zwecke der Auslegung des Vertrages zu erforschen, es steht demselben jedoch nicht zu, den Vertragsinhalt zu ergänzen, Mängel des Vertragsinhaltes zu sanieren und dadurch den Vertragsinhalt selbst zu ändern45 ." Ebenso wurden später Verträge, die gegen ein Verbotsgesetz (Preisvorschriften) verstießen, mit Hinweis auf die Willensdoktrin im ganzen Umfang für nichtig erklärt46 . Daneben scheint die Praxis der Reduktion von Konkurrenzverboten gewogen gewesen zu sein47 , obschon auffällt, daß in dieser Zeit nur Urteile publiziert werden, welche die Klage des Berechtigten stets zur Gänze abweisen und damit dem konkreten Konkurrenzverbot überhaupt die Wirkung nehmen 48 . Später spricht sich aber der OGH in dieser Frage ganz klar für eine Reduktion aus 49 und rückt somit von der Willensdoktrin ab. Den gleichen Eindruck, daß es die am tatsächlichen Willen orientierte Auslegung ist, die fast unweigerlich zur Gesamtnichtigkeit führt, und nicht 43 Kaiserl. Verordnung vom 19. März 1916 über die III. Teilnovelle zum ABGB. Mit Materialien (1916), 259f. (= Herrenhausbericht). 44 Zum Ganzen vgl. Mayer-Maly, GS Gschnitzer, 270ff. 45 GIUNF 2357. Die sibyllinische Äußerung von Unger, System, Bd. 2, 153f., der trotz grundsätzlicher Bejahung der Teilnichtigkeitsvermutung die Maxime ,utile per inutile von vitiatur' als "in ihrer Allgemeinheit zu weit gehend" betrachtet, dürfte Ausdruck des Spannungsverhältnisses zwischen dieser und der Willensdoktrin sein. 46 Vgl. Z. B. OGH GH 1918, 352: "Ist aber der abgeschlossene Vertrag, so wie er von den Parteien vereinbart wurde, nicht dem Gesetze entsprechend, so läßt sich der für einen gültigen Vertrag hinsichtlich eines zulässigen Preises mangelnde Vertragswille durch das Gesetz nicht supplieren, da es ausschließlich Sache der Parteien ist, einen Vertrag abzuschließen oder nicht." 47 Vgl. die ablehnende Stellungnahme zu GIUNF 2357 von Gschnitzer in Klang, ABGB, 2. A., Bd. IV,l, 210 Fn. 351. Ehrenzweig, Bd. 11,1, 168f. scheint die Reduzierbarkeit vorauszusetzen. 48 Vgl. GlUNF 206; 1786; 2130; 3050; 4338. 49 Vgl. OGH SZ 24, Nr. 150; ArbSlg 9314.

I, 1. Willenstheorie: Gesamtnichtigkeit

67

das Bekenntnis des Gesetzgebers zur Teilnichtigkeitsvermutung, können wir aus der Lehre gewinnen. Jene schweiz. Autoren, die einer Reduktion im Rahmen von Art. 20 Abs. 2 OR zuneigen 50 , stützen sich alle auf andere, noch zu besprechende Lösungsmodelle. Ihre Gegner jedoch betonten das Element der Willensbildung 51 • Desgleichen beharrte Oftinger in der ähnlich gelagerten Frage des Verstoßes gegen Höchstpreisvorschriften auf der Willensdoktrin und mußte daher folgerichtig die Anwendung von Art. 20 Abs. 2 OR auf Essentialia des Vertrages ("vertikal geschichtete Teile des Vertragsinhalts") ablehnen 52 • Aus diesem Grund stand ihm, um zum beabsichtigten Ziel der Restgültigkeit zu gelangen, nur der Weg über Art. 1 ZGB offen. Nicht anders sehen die deutschen Autoren, die das tatsächliche Moment betonen53 , eine Problemlösung im Rahmen von § 139 BGB eher scheitern und müssen deshalb versuchen, den Ausweg über die Anwendung von § 140 BGB (Konversion) zu finden 54 • Dieser Gleichschritt von Theorie und Praxis läßt uns erkennen, daß Auffassungen, welche das ganze Gewicht auf die Willensbildung legen, die gesetzlich eingeräumte Möglichkeit einer Teilnichtigkeit als unpraktische, leere, bloß deklaratorische Bestimmung erscheinen lassen. Das Ergebnis ist nämlich - mit oder ohne gesetzliche Vermutung für die Teilnichtigkeit - in der Regel Gesamtnichtigkeit55 • Die gesetzliche Regelung wird entbehrlich, denn eine den Interessen aller Parteien entgegenkommende Lösungsvielfalt wird ohnehin nie erreicht. Dazu kontrastiert der in der behandelten Judikatur und Literatur erhobene Ruf nach einer Differenzierung auf der Rechtsfolgeseite, um einem dringenden wirtschaftlichen Bedürfnis Rechnung zu tragen 56 • Pointiert ausgedrückt führt das monistische Vertragssystem, das die Willensbildung an die Spitze seiner Pyramide setzt, zu einer Ausklammerung S. o. Fn. 30. Vgl. Meyer, Die Teilnichtigkeit der Rechtsgeschäfte, Diss. Basel 1949 (maschgesehr.) 142ff. bei Mazzola 109; Becker, Berner Kommentar, N 16 zu Art. 20 OR. Oser / Schönenberger, Zürcher Kommentar, N 66 zu Art. 20 OR betont zwar die Willensdoktrin, tritt jedoch für eine Reduktion bei Konkurrenzverboten (N 68) und Dauerlieferungsverträgen (N 69) ein. 520ftinger, ZSR 1938, 569aff. 53 So Siller, AcP 1934, 149ff. Enneccerus / Nipperdey, AT, Bd. 2, § 202 IV 2; vgl. auch Andre, FS Enneccerus, 29 ff. 54 Siller ebd.; Enneccerus / Nipperdey, AT, Bd. 2, § 202 V; Fischer, FS Wach, Bd. 1, 193ff., 260f.; ähnlich Eckstein, ArchBürgR 41 (1915) 227ff. v. Brasch 78ff. sieht in ,,§ 139 BGB lediglich eine Zwischenstufe der Konversion"; dazu die Darstellung der einschlägigen Rsp. bei Hager 115ff., 154ff. Gegen diese Auffassung stellt sich nun mit guten Gründen Krampe, 241ff.; ds., Anm. zu OLG Stuttgart JZ 1975, 572. 55 Vgl. Naendrup, 151ff. Das bezeichnet Westermann, FS Möhring, 140 als "Hypertrophie des subjektiven Willens". 56 Vgl. die Zusammenstellung solcher Stimmen bezügl. der Bierlieferungsverträge bei Krampe, 241, Fn. 289; viel allgemeiner geht Spiro, ZBJV 1952, 459ff. von diesem Ansatz aus. 50 51

5'

3. Teil: Rechtsvergleichende Synthese

68

der wirtschaftlichen Sachverhalte aus der privatrechtlichen Diskussion. Das läßt sich auch an einem der neuesten Lösungsversuche ablesen, der die Rolle der Willensbildung kaum berücksichtigt und erst am Symptom, dem Alles-oder-Nichts-Prinzip des BGB ansetzt und es um der Reinheit der Lehre willen konsequent durchsetzen will 57 • Auch er kommt nicht um Umund Auswege herum, die sich im Ergebnis in unmittelbarer Nähe der bekämpften Lösung ansiedeln und sich bei wirtschaftlicher Betrachtungsweise schließlich doch als bloße Reduktionen entpuppen58 • Einer Antwort auf die Frage nach der ökonomischen Dimension in der juristischen Dogmatik kommen wir dort wie auf dieser formalen Ebene nicht näher. 2. Teilnichtigkeit als Rechtsfolge

a) Allgemeine Bemerkungen Die Beobachtung ist nicht neu, daß mit dem Abrücken vom tatsächlich geäußerten Willen hin zu einer Würdigung des hypothetischen Willens Tatbestände der Teilnichtigkeit im Rahmen von § 139 BGB, bzw. Art. 20 Abs. 2 OR überhaupt erst praktisches Gewicht bekommen können 59 • Das Spannungsfeld, in welchem solche Lösungsversuche stehen, zeigt ganz deutlich von Tuhrs Ansatz, den er für Deutschland wie für die Schweiz entwickelt hat. So hat sich der Richter bei der Anwendung der Teilnichtigkeitsregel "in die Seele der Parteien zu versetzen" und zu prüfen, ob unter den geänderten Voraussetzungen die Parteien den Vertrag damals gewollt hätten 6o • Deutlich bezeichnet er dies als Rekonstruktion eines hypothetischen Parteiwillens, die aber das subjektive Element betone; als Korrektiv sieht er das objektive Element, die Ausrichtung auf eine vernünftigerweise gewollte Regelung der Parteien. Diesem Pol gibt er dann stärkeren Einfluß, wenn er dem aus moralischen Gründen zu mißbilligenden Verstoß gegen die guten Sitten jenen gegenüberstellt und objektiviert, der aus sozialen und ökonomischen Motiven nicht gebilligt wird. Hier leitet er von Spezialnormen, die ein richterliches Ermäßigungsrecht anerkennen, eine allgemeine Ermächtigung zur Reduktion ab 61 • Daß es da vor allem um das objektive Moment geht, zeigt die komprimiertere Darstellung des schweiz. OR, wo von Tuhr deutlich aus., spricht, daß an die Stelle des von den Parteien gewollten Vertrages ein korrigierter Vertrag zu setzen sei62 . Mit dieser Ausklammerung von typischen Zimmermann passim.; ds., AcP 1984, 505 - 511 in der Rez. der Arbeit von Hager. So auch die Rez. von Grunsky, ZZP 1981, 116 und H. Honsell, ZRG RA 1981, 548 - 551. 59 Vgl. Soergel / Hefermehl, 11. A., Rz 3 zu § 139 BGB; Mayer-Maly, MünchKomm, 2. A., Rz 25 zu § 139 BGB. 60 v. Tuhr, AT BGB, Bd. 11,1, 284. 61 v. Tuhr, AT BGB, Bd. 11,2, 38f. 57

58

I, 2. Willenstheorie: Teilnichtigkeit

69

Problemlagen des Wirtschaftslebens eliminiert er folgerichtig die Unterschiede zwischen deutschem und schweizerischem Recht vollends. Selbst eine an subjektiven Gesichtspunkten orientierte Auslegung, die den tatsächlichen Willen als klare Schranke für die Ermittlung des hypothetischen Willens ansieht 63 , kommt nicht darum herum, dessen Grundlage in einer durch den Richter vorgenommenen Wertung zu sehen64 . Lassen sich die Wertungsmaßstäbe ohne weiteres dem geschlossenen Vertrag entnehmen, so stellt sich das Problem der Erschließung des hypothetischen Parteiwillens kaum. Liegen sie aber im Dunkeln, kommen objektive, verkehrstypische Maßstäbe zum Tragen 65 . Wenn dabei auf die Formel des RG abgestellt wird, die in der vernünftigen Abwägung der Interessen der Parteien die Richtlinie sieht66 , oder wenn man sich auf den oft zitierten Satz von Enneccerus / Nipperdey stützt, wonach zu ermitteln ist, "welche Entscheidung die Parteien vernünftigerweise nach Treu und Glauben unter Berücksichtigung der Verkehrssitte (§ 157 BGB) getroffen hätten"67, so bedürfen diese Wertungsgesichtspunkte allemal der Konkretisierung. Der Vorwurf, unter dem Mantel des hypothetischen Parteiwillens würden objektive Elemente in die Interpretation von § 139 BGB hineingeschmuggelt 68 , zielt darauf ab, die objektiven Gestaltungskräfte freizulegen. Dieses Anliegen, der Wertung mehr als eine bloße Leerformel zu unterlegen, findet in der Schweiz früh einen Niederschlag in der Forderung, die Frage der Restgültigkeit in bestimmten Fallgruppen nicht mehr von subjektiven Voraussetzungen abhängig zu machen, sondern den Richter auf die Schaffung der entsprechenden Rechtsregel (Art. 12GB) zu verpflichten 69 . Nachdem wir für die Schweiz wie für Deutschland den Willen als wichtigstes systembildendes Element vorgefunden haben, überrascht der Gleich62 v. Tuhr I Peter, Bd. 1, § 2911; § 31 V 3 hier bes. Fn. 65: "Wenn das BGr sich in BGE 25 11 454ff. darauf beruft, daß es nicht angeht, an Stelle des von den Parteien gewollten Vertrags einen Vertrag mit anderem Inhalt zu setzen, so ist darauf hinzuweisen, daß solche richterlichen Korrekturen des Vertrags in Art. 163 111, 226k, 417 usw. für zulässig erklärt und bei der Anwendung des Art. 20 11 unvermeidlich sind ... " (so schon in der 1. Aufl.). Ebenso befürwortet Engel 62 in diesen Fällen eine direkte Anwendung von Art. 20 Abs. 2 OR. 63 Vgl. Merz, ZSR 1942, 462aff. (= ds., Ausgew. Abh., 272ff.); Tandogan, 71ff.; Piotet, ZSR 1957 I, 107ff.; Mayer-Maly, FS Flume (1978), Bd. 1, 621ff., 627. 64 Vgl. Flume, AT 11, § 32,5; Larenz, AT, § 23 IIc und die Übersicht bei Staudinger / Dilcher, 12. A., Rz 26 zu § 139 BGB; Soergell Hefermehl, 11. A., Rz 32 zu § 139 BGB; so auch Hürlimann, 61ff. 65 Larenz, AT, § 23 IIc. 66 RGZ 118, 218, 222, vgl. Flume, AT 11, § 32, 5; Mayer-Maly, MünchKomm, 2. A., Rz 26 zu § 139 BGB mit weiteren Nachweisen; Hürlimann, 63f.; allg. dazu auch Lüderitz, 395 ff. mit Lit. 67 Enneccerus I Nipperdey, AT, Bd. 2, § 202 IV. 68 So Sandrock, AcP 1960, 484 mit Bsp. 69 Ojtinger, ZSR 1938, 570aff.; ds., Bundesgerichtspraxis, 82. Diskutiert wurde diese Frage ausführlich am Beispiel des Verstoßes gegen Höchstpreisvorschriften, dazu Lautner, Bd. 3, 81ff. mit Lit.-Nachweisen.

70

3. Teil: Rechtsvergleichende Synthese

lauf der Doktrin auch hier kaum. Es ist nun reizvoll, in einem Vergleich der Judikatur den tatsächlichen Inhalt der erwähnten Formel festzustellen. Vor allem interessiert, wie sich die Gerichte im eben dargestellten Spannungsfeld von objektiver und subjektiver Auslegung verhalten und wie sie zur Konkretisierung der allgemeinen Grundsätze finden. Wir dürfen aber im rechtsvergleichenden Vorgehen eine wesentliche Tendenz der schweiz. Rsp. nicht außer Acht lassen, die nicht weniger vor der Frage der zulässigen Objektivierung, ihren Grenzen und ihren Maßstäben steht wie die Ermittlung des hypothetischen Parteiwillens. Es geht um die Ausweitung der Vertragsinterpretation, ihre Anreicherung mit objektiven Elementen, die das Rechtsgeschäft retten, bevor das Verdikt der Sittenwidrigkeit ausgesprochen wird. Die Nähe zwischen Vertragsauslegung, -ergänzung und der Bestimmung der Restgültigkeit, wie sie Merz betont70 , hat das BGr oft nicht den Weg über die Teilnichtigkeit nach Art. 20 Abs. 2 OR wählen lassen, wenn ein auf ,ewige' Zeiten abgeschlossener Vertrag zu beurteilen war. Obwohl es in einer Reihe von Fällen gerade den Aspekt der Dauer unter der Optik der Art. 19/20 OR geprüft hatte und prüft7l, hat es eine Rettung auf interpretativem Weg als Lösung vorgezogen. Die Prüfung wird damit um eine Stufe vorverlegt, die Problematik aber bleibt, auch wenn die Gesamtnichtigkeit als Sanktion nicht erwähnt wird. Diesem Vorgehen wollen wir uns zunächst zuwenden, um daraufhin Objektivierungstendenzen und schließlich die aufgrund des Parteiwillens getroffenen Wertungen als Lösungsansätze zu beleuchten.

b) Interpretative Einschränkung der vertraglichen Regelung Trotz der erklärten Mißbilligung ,ewiger' Verträge72 hat das BGr deren Rettung durch interpretative Reduktion oft unternommen. So schützte es ein Kaufsrecht, das eindeutig und klar auf unbeschränkte Zeit vertraglich bestellt war, und zwar mit der Verpflichtung, es alle zehn Jahre im Grundbuch erneuern zu lassen, schränkte es nur im konkreten Fall durch Vertragsauslegung inhaltlich ein und deutete die Möglichkeit einer gerichtlichen Festsetzung eines Endtermins an 73 • Im Fall einer unbeschränkten Kartellbindung hat es 74, möglicherweise unter dem Einfluß der deutschen und österr. Lehre 75 , durch Auslegung die 70 71

233. 72 73

74

Merz, ZSR 1942, 458aff., 466af. (= ds., Ausgew. Abh., 269ff., 276f.). Vgl. etwa BGE 107 II 216; 96 II 129; 67 II 221; 56 II 189; 51 II 162; 50 II 481; 40 II Vgl. etwa BGE 93 II 290 E. 7. BGE 71 II 158. BGE 62 II 32.

1,2. Willenstheorie: Teilnichtigkeit

71

Vereinbarung einer Kündigung mit einer den Umständen angemessenen Kündigungsfrist erschlossen. Daß hier das Pendel von einer am subjektiven Vertragswillen orientierten Auslegung zu einer objektiven hin ausschlug, spricht es auch mit dem Hinweis auf eine "objektive Betrachtung" deutlich aus. Diese Haltung hat es später wieder eingenommen und das Ende einer auf unbestimmte Zeit übernommenen Wasserlieferungspflicht offensichtlich nach objektiven, an Art. 788 Abs. 1 Ziff. 2 ZGB (Ablösung von Grundlasten) ausgerichteten Kriterien auf 30 Jahre begrenzt und die erfolgte Ausübung des Kündigungsrechts geschützt 76 • Näher an dem von den Parteien gestalteten Vertrag blieb das Zürcher OG, als es aus den konkreten Umständen bei einem Sukzessivlieferungsvertrag eine halbjährige Kündigungsfrist entnahm77 • Und auch das BGr hat in einem andern Fall versucht, sich nicht so einfach über den subjektiven, vertraglich geäußerten Willen hinwegzusetzen; aus den besonderen Umständen bei Vertragsschluß hat es eine beabsichtigte Höchstdauer von 60 Jahren erschlossen, die Klage auf Feststellung der Ungültigkeit offensichtlich als Kündigungserklärung interpretiert, die offenbar drei Jahre nach Ablauf des Vertrages wirksam wurde 7B • Daß die Umstände, die das BGr rekonstruiert hatte, eindeutig unzutreffend waren, mochte an der fehlenden Kenntnis kantonalbündnerischen Rechts liegen, wie der Bündner Rezensent jener Entscheidung sine ira et studio nachwies 79 , zeigt aber auch die Problematik des Richters, der sich in die Seele der Parteien versetzen soll. Am Grundsatz, den subjektiven Parteiwillen zu berücksichtigen, ändert dies jedoch nichts. Das Ergebnis mag überraschen. Das Spannungsfeld zwischen subjektiver und objektiver Auslegung ist geblieben; es hat sich lediglich von der Erschließung eines hypothetischen Parteiwillens für den Fall der Nichtigkeit der vereinbarten Dauer auf die Auslegung des Vertrages als solchen verlagert. Der Verdacht bleibt, daß sich der subjektive Vertragswille oft nicht als Schranke erwiesen hat, sondern allein objektive Momente den Ausschlag gaben. Damit nicht genug. Zeitlich verschränkt mit diesen Entscheidungen findet sich eine andere Gruppe, die wir sogleich unter dem Gesichtspunkt der Objektivierung der Teilnichtigkeitsvermutung behandeln werden. Dort hantiert das BGr vielleicht noch unbekümmerter mit subjektiven und objektiven Kriterien. Eines steht aber fest. Trotz der gängigen Formel, die eine Auslegung nach dem wirklichen Willen unter Beachtung von Treu und Glauben sowie der Verkehrssitte fordern, sind objektive Kriterien, 75 Unter Hinweis auf v. Tuhr (jetzt v.Tuhr / Escher, Bd. 2, § 74 Fn. 1); vgl. v. Gierke, JherJb 1914, 830ff.; Gschnitzer, JherJb 1925, 317 - 415. 76 BGE 93 11 290 E. 7. 77 ZR 1941, Nr. 114, S. 293, 298f. 78 BGE 97 11 390 E. 10 (sowohl Sachverhalt wie Prozeßgeschichte sind in diesem Punkt unpräzis). 79 Liver, ZBJV 1973, 89f. Fn. 1; zum hist. Befund ds., ZSR 1952 I, 311ff.

3. Teil: Rechtsvergleichende Synthese

72

soweit sie den Ausschlag hätten geben sollen, nicht ausformuliert worden. Der Hinweis auf das wertende Element SO darf aber nicht davon dispensieren, die Grundlagen der Wertung darzulegen. Mit dem Ersatz einer Leerformel durch eine andere ist für das Postulat einer rationalen Überprüfbarkeit der Entscheidung nichts gewonnen. Die einleitende Übersicht über die deutsche Rsp. ließe vermuten, daß hier allein der hypothetische Wille im Rahmen von § 139 BGB ermittelt worden wäre. Doch finden sich auch da andere Lösungswege. In einem aus dem Jahr 1912 datierenden Fall bot das Verhalten des Berechtigten, das unter dem Gesichtspunkt von Treu und Glauben (§ 242 BGB) gewürdigt wurde, den Ausweg, so daß die ,ewige' Bezugsverpflichtung gar nicht mehr ins Blickfeld des RG gerietS1 . Die schon vom RG angestellte Überlegung, daß die Möglichkeit, einengungsbedürftige Vertragsbestimmungen nach § 242 BGB auf einen zulässigen Inhalt zurückzuführen, der Annahme ihrer Nichtigkeit entgegenstehe s2 , wurde nicht nur zur Restriktion einzelner Vertragsbestimmungen 83 , sondern auch als Mittel zur Reduktion von Vertragsdauer hin und wieder ins Spiel gebrachtS4 • Neue Wertungsgesichtspunkte wurden dabei aber nicht entwickelt. Da es schon die freiwilige Einschränkung des Klagebegehrens, wie sie im Belieben des Klägers lag, als eine solche nach Treu und Glauben gebotene Reduzierung würdigte, mußte sich das Gericht im konkreten Fall zu den Wertungsfragen nicht äußern 85 • Ebenso konnte der BGH bei der Beurteilung eines auf unbegrenzte Zeit abgeschlossenen Maklervertrages im Anschluß an diese Rsp. den von der Vorinstanz eingeschlagenen Lösungsweg über eine Vertragsauslegung (§ 157 BGB) billigen und die Bemessung auf 5 Jahre gutheißen. Für die gewählte Zeitdauer waren, wies es heißt, wesentliche Umstände des Falles ausschlaggebend, ohne daß dabei klar würde, wie sich diese zur ermittelten Dauer verhalten86 • Grundsätzlich stellt sich die Frage nach den benutzten Maßstäben auch hier; beantwortet ist sie mit der Formel von Treu und Glauben nicht. Der Zusammenhang mit den wirtschaftlichen Problemlagen bleibt daher ungeklärt. So auch Hürlimann 62 ff. RGZ 78, 385, 388f. 82 So explizit BGH MDR 64, 747, ferner RGZ 152, 251, 254. 83 BGH WM 1977, 641; vgl. auch die ,interpretative Rettung' einer Globalzession in BGH NJW 1974,942,943, dazu Mayer-Maly, MünchKomm. 2. A., Rz 90 zu § 138 BGB. 84 So v.a. BGH JZ 1952, 366. 85 BGH MDR 64, 747. 86 BGH WM 1974, 257, 260. Für ,interpretative Rettung' schon Nipperdey, Anm. zu RG JW 1927,119; hingegen hat der BGH WM 1970, 99 sich bei der Beurteilung eines ,ewigen' Bierlieferungsvertrages eine solche Auslegung versagt, obwohl Hinweise auf einen anders lautenden Parteiwillen vorhanden waren (vgl. dazu die Anm. von Lehmpfuhl, GRUR 1970, 197). 80

81

1,2. Willenstheorie: Teilnichtigkeit

73

c) Objektivierung der Teilnichtigkeitsvermutung

in der Schweiz

In der schweiz. Rechtsprechung stoßen wir bei der Beurteilung ,ewiger' Bindungen auf eine weitere Variante der Kombination zwischen objektiven und subjektiven Elementen, wie sie die Würdigung des auf Restgültigkeit gerichteten Parteiwillens mit sich bringt. Die Teilnichtigkeitsvermutung von Art. 20 Abs. 2 OR wird nämlich für sich objektiviert und nicht mehr am Willen der Parteien gemessen. Damit bleibt der Vertrag als Regelung erhalten. Lediglich für die anstößige Klausel stellt sich dann das Problem ihrer Geltung. Das führt zu überraschenden Lösungen, da nämlich das BGr zwei Fallgruppen zu bilden begonnen hat. In der einen Fallgruppe wird die Klausel durch eine objektive Regelung ersetzt, nämlich dann, wenn auf subsidiäres Gesetzesrecht zurückgegriffen werden kann. So konnte das BGr bei der Beurteilung eines Mietvertrages, den es wegen der vereinbarten Kündbarkeit nur bei Liquidation der mietenden AG als sittenwidrig einstufte, von der Restgültigkeit des Vertrages ohne die bestehende Klausel ausgehen. Die inkriminierte Klausel hingegen betrachtete es als zur Gänze nichtig. Allerdings wird schwerlich klar, warum unter Befürwortung der Reduktion einer übermäßigen Verpflichtung die logische Folge der Teilnichtigkeitsvermutung Totalnichtigkeit jener Klausel sein so1187 • Doch damit gewinnt das BGr die Handhabe, die Klausel durch eine objektive Regelung zu ersetzen. Das Moment des Parteiwillens - selbst im Gewand einer richterlichen Wertung - wird ausdrücklich ausgeblendet; ein objektiver Maßstab, nämlich die gesetzliche Regelung, tritt an dessen Stelle88 , erspart aber auch eine nähere Begründung des Ergebnisses.

In scheinbar konsequenter Fortführung des eingeschlagenen Kurses anerkannte das BGr unlängst die Restgültigkeit eines Alleinvertriebsvertrages89 . Doch ohne auf die früheren, mit der interpretativen Restriktion der Gültigkeit der fraglichen Klausel arbeitenden Lösungsversuche zuruckzukommen 90 , stellte es wieder Gesamtnichtigkeit einer auf eine ,ewige' Vertrags87 BGE 9611 129 E. 3b: "Auch wenn man sich mit der herrschenden Lehre für die Teilbarkeit einer übermäßigen Verpflichtung ausspricht, so greift nach Art. 20 Abs. 2 OR Teilnichtigkeit Platz. Diese Rechtsfolge ist zwingend, kann somit nicht durch eine vom Richter auf der Grundlage des mutmaßlichen Parteiwillens geschaffene Bestimmung abgeändert werden. Falls die streitige Klausel nichtig ist, liegt ein Mietvertrag von unbestimmter Dauer vor ... "; vgl. dazu die Kritik von Merz, ZBJV 1972, 99 an der Vermischung der Frage nach der Restgültigkeit des ganzen Vertrages und nach jener der inkriminierten Klausel. 88 Vgl. auch die Ersetzung einer unzulässigen arbeitsvertragl. Kündigungsklausel durch die subsidiäre gesetzliche Regelung in ZR 1944, Nr. 2.A.i., S. 20f. 89 BGE 107 11 216 E. 3 a. 90 Einzig der Hinweis auf die nichtpublizierte E. 10 von BGE 62 11 32 (vgl. dazu auch ZR 1936, Nr. 71) deutet darauf hin, daß der Zusammenhang zwischen einer eipe

74

3. Teil: Rechtsvergleichende Synthese

bindung zielende Verlängerungsklausel91 fest. Den Ausweg über eine Vertragsgestaltung mit objektiven, aus dispositivem Gesetzesrecht bezogenen Elementen fand es hier allerdings wegen fehlender Normierung des Vertragstyps verbaut. Deshalb bildete es eine neue Fallgruppe, rekonstruierte eine Kündigungsklausel aufgrund des hypothetischen Parteiwillens und untersuchte, "welche Vertragsdauer die Parteien vereinbart hätten, wenn ihnen die Nichtigkeit der Vereinbarung ... bekannt gewesen wäre". Der hypothetische Parteiwille tritt also erst bei der Lückenfüllung in Erscheinung. Konkret schloß das BGr aus dem Vertrag auf ein gemeinsames Interesse an einer Dauerbeziehung. Es berücksichtigte, daß die Klägerin nach einer gewinnlosen Anlaufszeit von drei Jahren weitere fünf Jahre gebraucht hätte, um die gemachten Investitionen und das Anfangsdefizit wieder einzubringen, und berechnete aufgrund dieser subjektiven Kriterien die mutmaßliche Vertragsdauer auf acht Jahre. Es fällt aber auf, daß die angewendeten betriebswirtschaftlichen Kriterien, nämlich Investitionen und Aufbauphase, mit deren Hilfe die subjektiven Gesichtspunkte hätten instrumentalisiert werden sollen, kaum genügen können. Daß der Vertrag vielleicht auch auf Gewinnchancen der Klägerin zielte und allenfalls auf welche, wird kaum diskutiert. Das Ergebnis erscheint deshalb als über den Daumen gepeilt. Diese Argumentation des BGr macht aber ganz deutlich, daß ein Bezug zwischen objektiven Kriterien - hier betriebswirtschaftlicher Art - und einer aufgrund des hypothetischen Parteiwillens unternommenen Wertung vorhanden ist. Nur werden in diesem Urteil die Konsequenzen weder in der Darstellung noch bei der Anwendung klar faßbar. Daß hier ein möglicher Schlüssel zu einer rationalen Begründung des Ergebnisses läge, bleibt verborgen. Diese Abstinenz erklärt vielleicht auch, warum das Ergebnis nicht von der wirtschaftlichen Auswirkung her analysiert worden ist. Eine solche Kontrolle hätte zur Erkenntnis verholfen, daß nicht nur das Resultat dasselbe ist wie bei einer Lösung über eine Reduktion der strittigen Klausel, sondern auch die einzelnen Lösungsschritte für sich und das benötigte Lösungsinstrumentarium. Eklatant ist allerdings der Wertungswiderspruch zwischen den beiden Fallgruppen. Während im einen Fall, wenn der Zugriff zu subsidiären gesetzlichen Bestimmungen unmöglich zu sein scheint, der Parteiwille Beachtung findet und die Lösung auf dem gegebenen wirtschaftKündigungsklausel erschließenden Vertragsauslegung und der Reduktion einer übermäßigen Verpflichtung gesehen wurde. 91 Ihr Wortlaut: "La durata di validita di questo contratto e di due anni, e sara tacitamente prorogato, se non sara disdetto sei mesi prima della scadenza. 11 contratto non pub essere disdetto se la ditta L. (Alleinvertreter) potra dare la prova di intensi sforzi per la vendita ... n diritto di vendita esclusivo non potra essere tolto alla ditta L., se questa potra provare che sta lavorando intensamente per la clientela nei paesi gia menzionati ... ".

I, 2. Willenstheorie: Teilnichtigkeit

75

lichen Hintergrund entwickelt wird 92 , kriegen im andern Fall die Parteien ohne Rücksicht auf die besonderen Umstände die subsidiäre gesetzliche Regelung verpaßt. d) Wertungen aufgrund eines hypothetischen Parteiwillens

Wie eingangs bereits ausgeführt, kommt das Zusammenspiel zwischen objektiven und subjektiven Momenten bei der Ermittlung des hypothetischen Parteiwillens vielleicht am deutlichsten zum Ausdruck, wenngleich es auch bei andern Versuchen interpretativer Rettung sittenwidriger Verträge beobachtet werden kann. Da die deutsche Rechtsprechung die geltungserhaltende Reduktion auf der Wertungsgrundlage des hypothetischen Parteiwillens bei den Dauerverträgen wie beispielsweise den Bierlieferungsverträgen vornimmt, das schweiz. BGr hingegen mit der gleichen Methode gegen wucherische Darlehenszinsen vorgeht, ist es nun reizvoll zu vergleichen, wie denn das Instrumentarium gewonnen wird. Es sollen hier nicht die so gefundenen Resultate als absolute Werte verglichen werden, sondern eingesetzte Parameter aufgespürt, auf ihre Rationalität hin untersucht und nach der Stetigkeit ihrer Anwendung befragt werden. Denn mit der Erkenntnis, daß es sich bei diesem Lösungsansatz um Wertungsfragen handelt, entsteht das Bedürfnis, sie auch transparent zu machen, um sich vor willkürlicher Anwendung vorzusehen. Als der BGH erstmals bei einem Bierlieferungsvertrag anstelle der Gesamtnichtigkeit lediglich Reduktion der Laufzeit anordnete93 , stützte er sich für die Bestimmung der Restdauer auf seine frühere Rechtsprechung zur gerade noch zulässigen Dauer. Da nämlich dort der Vertrag jeweils nach der stereotypen Grundformel "unter Würdigung der schutzwürdigen Interessen beider Vertragspartner nach dem aus der Zusammenfassung von Inhalt, Motiv und Zweck zu entnehmenden Gesamtcharakter des Vertrages zu beurteilen" war94, hatte er Wertungen von außen heranzutragen und Parameter sichtbar zu machen, um die Laufzeit würdigen zu können. In einem Entscheid aus dem Jahr 1970 berücksichtigte er vor allem die Kriterien, daß der Verpflichtete nur die Hälfte seines Bierumsatzes mit Lieferungen des Berechtigten bestreiten mußte, daß dieser kostenloses Inventar im Werte von DM 3700,- zu künftigem Eigentum überlassen hatte, und daß dieser damit eine Gewinnreduktion von DM 10,- je geliefertem hl Bier in 92 In BGE 107 11 216 wären nach Ablauf der vereinbarten festen Vertragsdauer von zwei Jahren am ehesten die Kündigungsvorschriften des Agenturvertrages (Art. 418q Abs. 2 OR: Kündigungsfrist von zwei Monaten auf das Ende eines Kalendervierteljahres) oder der einfachen Gesellschaft (Art. 546 Abs. 1 OR: Kündigung auf sechs Monate) zur Wahl gestanden. 93 BGH NJW 1972, 1459. 94 So NJW 1972, 1459, vgl. etwa BGH DB 1960, 231.

3. Teil: Rechtsvergleichende Synthese

76

Kauf nahm. Die Relation der Abnahmeverpflichtung zum geleisteten Darlehen im Verhältnis von 1 hl pro 5 DM Darlehen nahm der BGH noch hin. Eine zwanzigjährige Bindung erschien ihm für diesen, ausdrücklich als Ausnahme deklarierten Fall als gerade noch zulässig95 • Diesen Grenzwert von 20 Jahren legte nun der BGH nach erfolgter Praxis änderung für die Ermittlung der Restdauer seiner Wertung zugrunde. Als er erstmals das sittenwidrige Übermaß reduzierte 96 , war aber die wirtschaftliche Konstellation des beurteilten Falles erheblich verschieden. Hier hatte die Brauerei das Darlehen von einer Sparkasse bezogen und es in voller Höhe an rangsicherer Stelle mit Grundschulden gesichert. Der gebundene Gastwirt mußte die Raten direkt an die Sparkasse bezahlen. Dazu kam ein verlorener Zinszuschuß von DM 2000,- und ein Rabatt von 5 DM pro hl, der aber offenbar allen Wirten gewährt worden war. Den Hinweis auf die guten Dienste der Brauerei und auf den Umstand, daß dem Wirt die grundpfandrechtliehe Sicherung weiterer Schulden nicht verbaut war, unterließ der BGH naturgemäß nicht. Ohne diese Daten jedoch mit jenen des vorhin dargestellten Entscheides in Verbindung zu setzen, entnahm der BGH diesem lediglich die höchstzulässige Laufzeit als absolute Größe und verwendete sie fortan in der Rechtsprechung. Unter Verzicht auf die Entwicklung eines Modells, in das die verwendeten Bezugsgrößen hätten eingebunden werden können 97 , würdigte der BGH in der Folge die meist beträchtliche Sicherung des von der Brauerei gewährten Darlehens als Beitrag zur Existenzbegründung, verzichtete auf einen Vergleich mit marktüblichen Zinssätzen und ließ die Zuordnung des Leihinventars im unklaren 98 • Jedenfalls wurde bei einer Relation von 1 hl pro ca. 6 DM Darlehen die Laufzeit auf 16 Jahre reduziert, was eine ungefähre Relation von 7 DM ausmachte 99 , während das Entgegenkommen ein - ererbtes - gesichertes Darlehen nicht gleich zu kündigen, als Beitrag zum finanziellen Gedeihen gewürdigt wurde, wie offenbar auch das Insistieren nach Abschluß einer weiteren Bezugsverpflichtung auf die Dauer von 20 Jahren 100 • In diesem Fall resultierte nach einer Reduktion auf 15 Jahre statt einer Relation von ca. 8 DM eine für den Belasteten vorteilhaftere von ca. 11 DM pro hl. Diese Dauer von 15 Jahren sollte offenbar als Leitlinie dienen 101 ; gelöst vom Richtwert von 20 Jahren hat sich der BGH allerdings nie ganz 102 • BGH NJW 1970, 2243. BGH NJW 1972, 1459. 97 Vgl. den Vorschlag von Seiten der Interessenverbände bei Klaas, BB 1974, 1100 (mit weiteren Nachweisen); zur Praxis des BGH jedoch Hiddemann, WM 1975, 943. 98 BGH WM 1975, 307. 99 BGH NJW 1974, 2089. 100 BGH WM 1975, 850. 101 BGHZ 74, 293, 298 = NJW 1979, 2150, 2151. 102 Vgl. BGH WM 1984, 88, 89. 95

96

I, 2. Willenstheorie: Teilnichtigkeit

77

Wie diese Übersicht nur summarisch zeigen kann, ist der Ausgangspunkt eine präfixierte wünschenswerte Höchstgrenze, zu der die übrigen Daten in Beziehung gesetzt werden. Damit wird bei der Berücksichtigung der subjektiven Verhältnisse ein objektives Moment herangetragen. Das Verhältnis von Leistung und Gegenleistung wird hingegen fallweise und oft nach verschiedenen Kriterien gewertet. Die so erschlossene höchstzulässige Dauer, die dem hypothetischen Parteiwillen unterlegt wird lo3 , läßt aber oft nur schwer die getroffenen Wertungen erkennen. Auf ihre Darstellung wird häufig verzichtet; der Vergleich mit der früheren Rechtsprechung stellt die Wertungskriterien nur ungenügend dar, da einzig die Dauer isoliert betrachtet wird. Das gilt gleichermaßen für die Erfassung der Sittenwidrigkeit wie für das Erschließen des hypothetischen Parteiwillens, denn das Vorgehen in der Wertung ist da wie dort dasselbe. Es ist bezeichnend für die Unschärfe der Technik der juristischen Erfassung, daß kaum je einsichtig wird, woher der objektive Standard von 20 Jahren bezogen und warum er verwendet wird. Es fällt immerhin auf, daß das RG einer zehnjährigen Bezugsverpflichtung die Anerkennung versagt hatte l04, während der BGH bei kaum unterschiedlichen Bedingungen als Resultat eine Reduktion von 15 Jahren präsentierte 105 , eine Grenze, die das schweiz. BGr obiter für diesen Vertragstypus als höchstzulässig ansieht 106 , während der BGH noch stets die Grenze von 20 Jahren als diskutabel erachtet. Der OGH nahm demgegenüber selbst bei einer fünfundzwanzigjährigen Bezugsverpflichtung die Möglichkeit eines Fortbestandes an l07 , deutet nun aber ein Einschwenken auf die deutschen Standards anlOS, von denen die in Frankreich gesetzlich festgelegte Höchstdauer von 10 Jahren signifikant abweicht. Zweifel darüber bleiben jedenfalls bestehen, ob unter dem Mantel dieser Formel die Ergebnisse nicht fast zwangsläufig beliebig oder willkürlich sind. Zöge man neben dem Bierlieferungsvertrag noch andere Vertragstypen heran wie Automatenaufstellverträge und Tankstellenverträge, so geriete das Bild - vollends in der rechtsvergleichenden Dimension - noch buntscheckigerl09 und müßte die Isolierung der Dauer als Beurteilungskriterium noch fragwürdiger machen. Nicht zuletzt deshalb, weil der BGH die Teil103 Vgl. BGH NJW 1972, 1459, 1460; BGH WM 1973, 357, 358; erst in späteren Urteilen erscheint sie als gerichtliche Festsetzung, BGH NJW 1974, 2089, 2090; BGH WM 1975, 850, 852. 104 RG JW 1935, 3217. Die Vielfalt der von der früheren Rsp. verwendeten Standards findet sich dargestellt bei Künstler 38ff. 105 BGH WM 1975, 850, 85lf. 106 BGE 93 11 290 E. 7 unter Hinweis auf Wüthrich 30ff. 107 OGH SZ 32 Nr. 133 = EvBl1960, Nr. 126. 108 OGH EvBl1983 Nr. 12. 109 Vgl. Bürge, ZSR 1983 I, 437 ff.

78

3. Teil: Rechtsvergleichende Synthese

barkeit zeitlicher Verpflichtungen als leichter machbar einstuft als die Reduktion von Darlehenszinsen llo , bleibt die Frage im Raum, ob die getroffenen Wertungen einer rationalen Überprüfung standhalten. Es ist nun reizvoll zu sehen, daß in jenem Bereich, in welchem sich das schweiz. BGr, ohne unter den Schleier anderer Konstruktionen zu flüchten, offen zur Reduktion bekennt, die Wertungen transparenter gemacht und damit dem Vorwurf der Willkür eher entzogen werden. Bei der Behandlung wucherischer Darlehenszinsen stand auch hier das Bemühen um eine objektive Erfassung der Sittenwidrigkeitsgrenze am Anfang der Entwicklung lll . Seine Auffassung des Zinsbegriffes legte das BGr so dann in einer Entscheidung dar, wo zu prüfen war, ob ein aufgrund der Ermächtigung von Art. 73 Abs. 2 OR durch kantonales Gesetz festgelegtes Zinsmaximum von 18% mit dem Bundesrecht in Einklang stehe l12 • Es definierte den Zins als Durchschnittspreis für ein Darlehen im Verhältnis von Kapitalschuld und Darlehenszeit und faßte die ganze Vergütung wie Zins, Verwaltungskosten und Barauslagen darunter; die Sonderbehandlung der Kreditvermittler (höchstens zusätzlich 5%, minimal 1 % Jahreszins l13 ) hat es mit den Schwierigkeiten gerechtfertigt, die Barauslagen in ein bestimmtes Verhältnis zu Darlehensschuld und -zeit zu setzen. Die Begründung wagte sich also, im Anschluß an die Überlegungen der betroffenen kant. Regierung, auf die Erfassung der Preisbildung hinaus. Diese Festlegungen wurden wichtig, als in BGE 80 II 327 ein Effektivzins von 38,15% zu beurteilen war. Davon machte die Zinsvereinbarung lediglich 5 %, den Rest aber eine auf Jahresprozente umgerechnete Abschlußkommission aus (E. 1). Diese Berechnungsweise begründete den Verstoß gegen die kantonale Höchstzinsvorschrift (18% Höchstzins). Das Vorgehen, vom wirklichen Parteiwillen abzugehen und den hypothetischen Willen zu berücksichtigen, wurde auch als Schutzmittel zugunsten des Schuldners angesehen. Daß ein Widerspruch zu der vom Gesetz in erster Linie geforderten Feststellung des wirklichen Willens vorlag, sah das BGr und untermauerte die Heranziehung des nur subsidiär zu berücksichtigenden hypothetischen Willens mit dem Argument, daß das Beharren des Darleihers auf der Berücksichtigung des wirklichen Willens rechtsmißbräuchlich sei (E. 4 b). Die Ermittlung des hypothetischen Willens ließ nun aber die Wertungsgrundlagen gerade nicht erkennen. Allein die getrennte Vereinbarung der 110 Vgl. BGH 68, 204, 207f. = JR 1977, 410 (mit zust. Anm. von Lindacher); Staudinger / Coing, 11. A., Rz 9 zu § 139 BGB; Flume, AT 11, § 18,9; § 32, 2d und v.a. Pierer von Esch 56ff. 111 BGE 43 11 803.

BGE 69 I 17l. Vgl. den in BGE 69 I 171 zit. § 213 a EG ZGB Zürich und die auf dieser Grundlage erlassene VO über die Darleiher, Darlehens- und Kreditvermittler vom 10.12.1942 (GS 954.2) § 14. 112

113

1,2. Willenstheorie: Teilnichtigkeit

79

Abschlußkommission liegt der Teilung in die zulässige Zinsvereinbarung von 5 % und den sittenwidrigen Rest zugrunde. Die Gesamtwertung von Zins, Verwaltungskosten und Barauslagen geriet damit aus dem Blickfeld. Die Wertungsgesichtspunkte wurden zugunsten eines rein mechanischen, die einzelnen Vertragsteile wieder formal isolierenden Vorgehens aufgegeben 114 . In BGE 93 II 189 unterließ das BGr sogar den Hinweis auf den hypothetischen Willen und operierte direkt mit den zur Beurteilung der Sittenwidrigkeit herangezogenen objektiven Wertungen. Diese wurden aus den kantonalen Regelungen der Zinsmaxima analog abgeleitet und setzten auch das Maß für die Teilnichtigkeit 115 • Der Vergleich, wie praktikable Parameter zur Vornahme der Wertung gewonnen werden, zeigt mit aller Deutlichkeit die Tendenz zur Verwendung absoluter Größen, deren Bezug zum wirtschaftlichen Hintergrund und zur einzelnen rechtsgeschäftlichen Regelung meist nicht klar wird. Starrheit statt der in Aussicht gestellten Flexibilität ist die Quintessenz dieser Praxis. e) Schlußfolgerungen

Ziehen wir das Fazit. Der Blick auf die Wertungsgrundlagen in der Ermittlung des hypothetischen Parteiwillens zeigt uns einmal, daß sich Vertragsauslegung und Beurteilung der Sittenwidrigkeit in diesem Punkt auf der praktischen Ebene decken. Das Pathos der Wertung am "Anstandsgefühl aller billig und gerecht Denkenden" verflüchtigt sich zum Verständnis des Rechtsgeschäftes als Regelung l16 . Mit den gleichen Lösungsschritten werden da wie dort die gleichen Ergebnisse erzielt. Der hypothetische Parteiwille gerät in den Verdacht einer Leerformel, die die angewendeten Beurteilungskriterien kaschiert. Die rechtsvergleichende Konfrontation zeigt zudem, daß die willkürliche Behandlung schon früher einsetzt, nämlich bei der Frage, ob eine vertragliche Regelung als Verstoß gegen die guten Sitten gewertet werden muß oder interpretativ gerettet werden kann. Die Reihe setzt sich fort, wenn die gleichen Wertungsgrundlagen zur Bestimmung des abtrennbaren Teils wie zur Erschließung des hypothetischen Parteiwillens verwendet werden können; 114 Vgl. die Kritik von Piotet, ZSR 1957 1,107, daß hier nicht auch die Teilnichtigkeit der Abschlußkommission geprüft worden war. In BGE 96 11 129 E. 3b wurde dieses Urteil als Bekenntnis zur Gesamtnichtigkeit verstanden. In BISchK 1949, 142 hat der solothumische Rechtsöffnungsrichter Zins, Verzugszins und Verwaltungskosten zwar zusammengesehen, jedoch keine Gesamtzinsberechnung vorgenommen und einzig den Verzugszins von jährlich 18% als sittenwidrig erklärt. 115 Das BGr prüfte den Fall nur unter dem beschränkten Blickwinkel der Willkür (dazu vgl. o. 2. Teil, 1,2 Fn. 4). Die Objektivierung der Wertung und das vollständige Abrücken vom Parteiwillen diagnostiziert auch MeTz, ZBJV 1969, 21 an diesem Urteil. 116 Vgl. LaTenz, AT, § 23 11 c.

80

3. Teil: Rechtsvergleichende Synthese

dies gilt für gewisse Fälle im übrigen auch für die in der Schweiz nach festgestellter Gesamtnichtigkeit einer Klausel erforderliche Vertragsergänzung. Ebenso zufällig erscheint bei dieser Zusammenstellung, daß das BGr auf der Nichtreduzierbarkeit von Abreden über die Vertragsdauer beharrt, während der BGH umgekehrt mit den gleichen rhetorischen Argumenten die Reduktion von Darlehenszinsen ablehnt. Was wir an der Rechtsprechung zur Moderation von Konkurrenzverboten beobachtet haben, wiederholt sich hier. Teilbar ist jede Leistung, die sich an einem Parameter messen läßt; die Schwierigkeit liegt offenbar an einem andern Ort. Es gilt nämlich die Parameter zu bestimmen, die zu einer wirtschaftlich sinnvollen Beurteilung überhaupt eingesetzt werden können. Wenn der Rekurs auf die Privatautonomie, der an sich fast regelmäßig zur Gesamtnichtigkeit führen müßte, einen Sinn haben soll, dann vielleicht den, daß die Aufmerksamkeit auf das Verfahren zur Bildung von Preis und Konditionen gelenkt wird. Das wäre fruchtbar, denn das Problem scheint in unseren Fällen oft gerade darin zu liegen, daß der Richter die Preisbildung verstehen muß, wenn er einen Teil des Vertrages herauslösen will. Doch genau dieser Punkt bleibt meist im Dunklen. Warum die Laufzeit von Verträgen, die von ihrer Typik her auf Dauer angelegt sind, gerade keinen Einfluß auf die vertragliche Äquivalenz haben soll1l7, ist nur schwer zu verstehen. Davon einmal abgesehen wurde das Problem ihrer kalkulatorischen Erfassung im Falle der mit einem überlangen Arbeitsvertrag gekoppelten Rückzahlung von Ausbildungskosten auch in der BRD gelöst l18 • Den Zusammenhang zur Preisbildung indiziert übrigens auch die Tatsache, daß die Dauer von Konkurrenzverboten auch am geleisteten Salär gemessen wird. Warum schließlich das gleiche Vorgehen in der Schweiz bei außerhalb des Arbeitsrechts stehenden Dauerverträgen oder ganz allgemein bei Konkurrenzverboten schwieriger sein soll als in Deutschland, und umgekehrt hier das Vorgehen bei wucherischen Darlehenszinsen, kann wohl kaum mit der Verschiedenheit der beiden Wirtschaftsordnungen erklärt werden. Interessant ist auch die in Deutschland wie in der Schweiz beobachtete Tendenz, zu objektiven, starren Größen Zuflucht zu nehmen. Ob sie aber halten, was sie versprechen, beispielsweise das mit Hilfe der Analogie gewonnene Zinsmaximum von 18% oder die in Deutschland bei Bierlieferungsverträgen stereotyp gewordene gerade noch zulässige Höchstdauer von 20 Jahren und die - praktisch kaum angewendete - Normaldauer von 15 Jahren, bleibt durchaus offen. Sie lassen nämlich die rationale Begründung 117 Vgl. Gierkes Typisierung (JherJB 1914, 355 - 411) und die Praxis beim Bierlieferungsvertrag, das Verhältnis von Leistung und Gegenleistung bezüglich der Bindung in Mengenrelationen zu erfassen, s.o. Fn. 97 .. 118 Vgl. z.B. BAG AP Nr. 29 zu Art. 12 GG (mit Anm. Bötticher).

11. Zerlegbarkeit oder objektive Teilbarkeit

81

vermissen, die man bei objektivierten Standards erwarten müßte, besonders wenn ihre wirtschaftliche Handhabung problemlos erscheint. Das Ergebnis wirkt daher oft nur als Resultat einer fast ausschließlichen Orientierung am Einzelfall- und dies gerade dann, wenn mit diesen Standards operiert wird. Die Erwartungen, die an solche Versuche gestellt werden, die Fesseln einer einzig auf den Parteiwillen hin angelegten Dogmatik zu sprengen, müssen daher klein und vor allem in methodischer Hinsicht uneingelöst bleiben. Das Festklammern an dogmatischen Figuren, die Argumentation mit zufällig vorgefundenen Standards und das Überspielen von Wertungen, das alles zeigt uns ein großes Defizit in der wirtschaftlichen Betrachtung des Falles; sie wird meist sorgfältig umgangen 119 • Der Zusammenhang zwischen Rechtsdogmatik und Wirtschaft bleibt bei Ablehnung wie bei Durchführung der Reduktion verborgen.

n. Zerlegbarkeit oder objektive Teilbarkeit Dogmatisch wird die Frage der Zerlegbarkeit oder Teilbarkeit meist jener nach der Restgültigkeit vorgeschaltetl. Lag der Schwerpunkt der Auseinandersetzung zunächst beim Problem, ob eine einzelne Klausel aus dem Vertrag gelöst werden könne, verschob sich später die Diskussion immer mehr auf die Möglichkeit der Teilung innerhalb einer Klausel, betreffe es nun essentialia oder accidentalia des Rechtsgeschäftes 2 • Das Kriterium der Teilbarkeit läßt sich als eine erste Schranke für den richterlichen Eingriff verstehen 3 . Doch bereits früh kann man die Einengung der Fragestellung auf formale Gesichtspunkte, auf den Vertrag als erreichte Regelung beobachten. Der Parteiwille als deren Grundlage tritt in den Hintergrund. Zunächst versuchte man, wucherische Darlehenszinsen mit begrifflichen Konstruktionen zu bewältigen. Die auch historisch verfehlte Beschreibung des Darlehensvertrages als eines unvollkommen zweiseitigen Vertrages mit der Hingabe der Darlehenssumme als Hauptelement 119 Das äußert sich nicht zuletzt darin, daß in den publizierten Urteilen die wirtschaftlich relevanten Daten in der Sachverhaltsdarstellung oft unvollständig, unklar oder überhaupt nicht präsentiert werden. Man legt auf die Herstellung von Vergleichbarkeit sichtlich keinen Wert. Die Abstraktionsebene der Dogmatik sollte offenbar genügen zur Bewältigung der wirtschaftlichen Problematik. lOser / Schönenberger, Zürcher Kommentar, N 63 zu Art. 20 OR; Becker, Berner Kommentar, N 16 zu Art. 20 OR; Mayer-Maly, MünchKomm, 2. A., Rz 19ff. zu § 139 BGB; Staudinger / Dilcher, 12. A., Rz 4ff. zu § 139 BGB; Soergel / Hefermehl, Rz 21ff. zu § 139 BGB; Naendrup 41ff.; Pierer von Esch 53ff.; Enneccerus / Nipperdey, AT, Bd. 2, § 202 IV.l; anders Pawlowski, Rechtsgeschäftl. Folgen, 175f.; so offenbar auch Huguenin 33ff.; unklar Hürlimann 67ff. 2 Darauf hat sich die Diskussion im Bereich des AGBG in der BRD zunehmend konzentriert, vgl. die Nachweise bei Kötz, MünchKomm., 2. A., Rz 8ff. zu § 6 AGBG; Hager 64 Fn. 2 u. 7; 70ff. 3 Diese Funktion hat Hürlimann übersehen.

6 Bürge

82

3. Teil: Rechtsvergleichende Synthese

und mit der Zinszahlung als (fakultativer) Gegenleistung4 diente dem BGr als Modell für die Zerlegung des Vertrages 5 , wie es zuvor Hellmann postuliert hatte. Dieser hatte aber noch zusätzlich als drittes Element die wucherische Zinsabrede unterschieden 6 • Nahm Hellmann zunächst an, daß das Problem auf diese Weise direkt über § 138 BGB gelöst werden könne, ging das BGr über Art. 20 Abs. 2 OR vor; ebenso griff Herzog in seinem Lösungsversuch für das deutsche Recht auf § 139 BGB zurück. Hingegen spaltete dieser - mit einer zunächst nur sehr schwer einsehbaren willenstheoretischen Begründung - den Vertrag in eine Grund- und eine Ergänzungsabrede auf 7 • Die Grundabrede lege den Charakter des Vertrages fest - beim Bierlieferungsvertrag wäre dies die Dauer -, die Ergänzungsabrede hingegen den Endtermin. Der Charakter als Dauervertrag soll nun von der Nichtigkeitsfolge nicht betroffen werden; fehle eine absolute, gesetzlich festgelegte Höchstdauer bei Verstößen gegen Gesetzesvorschriften, so sollen die Bestimmungen der §§ 315; 316 BGB analog angewendet werdenS. Obwohl sich diese Lösung große Beachtung verschaffen konnte, setzte sie sich nie durch 9 • Hingegen hat sich, wie erwähnt, das BGr die romanistisch geprägte Lösung zu eigen gemacht. Im Ausgangsfall war ein auf 27 Tage abgeschlossener Darlehensvertrag über eine Höhe von Fr. 400 000,- mit einem vereinbarten Zins von 5% und einer gesonderten Abschlußkommission von Fr. 10000,- zu beurteilen 10 • Die Begründung deckt auf, wie unstimmig die formale Lösung in sich selbst ist, die kurzerhand das Element der Abschlußkommission eliminierte, den Vertrag aber sonst bestehen ließ. Das betrifft einmal die Argumentation mit der Figur des contractus bilateralis inaequalis ll . Sicher knüpfte man einst in Rom an wirtschaftliche Vorstellungen an, als man die Zinsen als im Wirtschaftsverkehr entbehrliche, bloße Nebenleistungen erlaßte; und sicher zeigt die daran sich anschließende gemeinrechtliche Formalisierung und ihr hartnäckiges Weiterwuchern in der modemen Diskussion, wie ungebrochen, allen Kodifikationen zum Trotz, die Traditionen der Lehre sind 12 • Doch hat 4 Zum römischen Darlehen vgl. Kaser, RPR I, § 124, 1. Unrömisch ist nicht nur der Terminus ,contractus bilateralis inaequalis', sondern auch die Schematisierung nach Ein- oder Mehrseitigkeit. 5 BGE 80 11 327 E. 4a. 6 Hellmann 128. 7 Herzog 26ff.; ihm folgend für die Schweiz Schweingruber 189ff. B Herzog 88 ff. 9 Vgl. die Nachweise bei Zimmermann 65 Fn. 32. 10 BGE 8011 327. 11 So ausdrücklich BGE 93 11 189 E. b. 12 Als Befürworter der Auffassung vom Darlehen als gegenseitigem Konsensualvertrag geben den Stand der Diskussion wieder Soergel / Lippisch / Häuser, 11. A., Rz 2 4 vor § 607 BGB; H. P. Westermann, MünchKomm., Rz 5 - 7 vor § 607 BGB; zu den praktischen Auswirkungen der vom BGH vertretenen Auffassung vom Realvertrag vgl. K. Schmidt, JuS 1976, 709 - 715. In der Schweiz hat sich die Konzeption als Kon-

11. Zerlegbarkeit oder objektive Teilbarkeit

83

sich eben seither dennoch eine neue, von der Gestaltungsfreiheit und der freien Aushandelbarkeit ausgehende Vertragskonzeption durchgesetzt, die von allgemeinen Gesichtspunkten her geordnet wird und auch der ursprünglichen Regelung fremde Elemente wie die Dauer integrieren kann. Die Figur des contractus bilateralis inaequalis war aber ebensowenig notwendig, um die Verbindungslinie zum römischen und gemeinen Recht mit seiner Teilnichtigkeit wucherischer Darlehenszinsen ziehen zu können 13 • Im Gefolge der gemeinrechtlichen Tradition hingegen hätte das BGr prüfen müssen, ob der Zins auf die in jenem Kanton höchstzulässigen 18% zu reduzieren gewesen wäre. Davon hätte es nur absehen können, wenn eine vorgängige Untersuchung des Einheitlichkeitswillens ergeben hätte, daß die Aufspaltung, wie sie im Vertrag getroffen worden war, mehr als nur zufälligen Charakter hatte, und eine andere daher weder möglich noch denkbar gewesen wäre, das Geschäft im übrigen aber nicht als Einheit gewollt war und nicht als solche aufgefaßt werden mußte. So blieb denn sowohl das Problem der anwendbaren Parameter wie dasjenige der Bedeutung des Parteiwillens ungeklärt, verschüttet unter historischen Reminiszenzen. Andere Autoren sahen das Problem weniger als Anwendung von Art. 20 Abs.2 OR, bzw. § 139 BGB, sondern als eine Frage der Rechtsfortbildung, sei es mittels Regelbildung 14 , sei es mittels Ableitung eines allgemeinen, ein richterliches Moderationsrecht anerkennenden Rechtssatzes, der sich durch bereits getroffene gesetzgeberische Entscheidungen (z. B. § 74 HGB; Art. 340a OR) legitimiert1 5 . Ähnlich stützt sich der gründlichste schweiz. Vorschlag für ein Reduktionsrecht des Richters auf Tradition, auf andere gesetzliche Reduktionstatbestände, auf andere richterliche Rechtsfortbildungen wie die in der Schweiz nicht explizit geregelte Konversion, sowie auf die Rechtsprechung zur Anpassung der Geschäftsgrundlage infolge wesentlich veränderter Verhältnisse und schließlich auf die Autorität der Lehre 16 . Weiter ausholend hat jüngst Hager die Legitimationsbasis in der gesetzes- und sittenkonformen Auslegung in Anlehnung und Parallele zur verfassungskonformen Auslegung von Gesetzen gesehen 17. Schlagkräftigstes und in der Praxis allemal fruchtbares Argument ist sicher jenes der faktischen Anerkennung durch die Rechtsprechung18 , denn sensualvertrag schon früh durchgesetzt, vgl. Guhl / Merz / Kummer, OR, 7. A., 392f. und die ältere Arbeit von C. Meyer (1933). 13 In dieser absoluten Form, daß "im römischen und gemeinen Recht ... Vereinbarungen von Darlehenszinsen, welche das Höchstmaß überschritten, durchwegs der Teilnichtigkeit verfallen" waren (BGE 8011 327 E. 4a), ist das hist. Argument ohnehin nicht zu halten, vgl. zur geschichtl. Entwicklung Zimmermann 121ff., 143ff. 14 So Eckstein, ArchBürgR 41 (1915) 226f.; vgl. auch Oftinger, ZSR 1938, 569aff. 15 Vgl. v. Tuhr, AT BGB, Bd. 11,2, 36ff.; v. Tuhr / Peter, Bd. 1, § 31 V.3 bei Fn. 63. 16 Vgl. Spiro, ZBJV 1952, 466ff. 17 Hager 9 ff. 18 So v. Tuhr / Peter, Bd. 1, § 31 V, Fn. 65. 6'

3. Teil: Rechtsvergleichende Synthese

84

ohne Grund soll die Rechtsprechung nicht neue Ungleichheiten schaffen 19 • Obwohl sich das BGr in BGE 93 II 189 E. b nochmals auf die Figur des contractus bilateralis inaequalis berief, scheint es sich bei der Gutheißung der richterlichen Reduktion auf das als Ausdruck allgemeiner Übung gewonnene Zinsmaximum von 18% mehr auf solche modemen Überlegungen zur Legitimation eines richterlichen Moderationsrechtes gestützt zu haben. Offen bleibt, warum es hier so selbstverständlich die Eingriffsschwelle als Maß der Korrektur akzeptiert. Denn im Unterschied zu den Fällen des Verstoßes gegen krisen- und kriegsbedingte Höchstpreisvorschriften existiert da ein funktionierender Markt mit differenzierten Preisen. Abgesehen von Hagers Vorschlag wird bei all diesen Ansätzen die Frage der Legitimation zum Eingriff auf jene der Machbarkeit reduziert. Bei der Teilung selber werden jedoch weder brauchbare Parameter entwickelt noch Überlegungen zu den Aktionsparametern angestellt, die ein auf die Privatautonomie ausgerichtetes Privatrecht erfordert. Teilbar ist somit, was kommensurabel ist. Da der BGH die Reduktion von Darlehenszinsen stets schärfstens ablehnt 20 , könnte man eine differenzierte Beurteilung des Entgeltes des Darleihers für undurchführbar halten; doch die Praxis und die Diskussion in der BRD lehren es anders. Die Zusammensetzung der Zinsvergütung wird nämlich in der Literatur und Judikatur eingehend aufgrund wirtschaftlicher Gesichtspunkte dargestellt und diskutiert. So hat die Rsp. in die Zinsen als Kreditkosten die Zinsen im eigentlichen Sinn (laufzeitunabhängige Vergütung für den Kapitalgebrauch), die Antrags- und Bearbeitungsgebühren, die Vermittlerkosten, die Kosten der Restschuldversicherung (zur Hälfte) einbezogen 21 ; der BGH hat überdies eine finanzmathematisch exakte Methode zur Ermittlung des effektiven Zinssatzes als möglich erachtet und gefordert 22 ; und schließlich wurde auch das für den Marktvergleich zu wählende Vorgehen erläutert 23 • Trotz solchen detaillierten Aufgliederungen wurden diese Daten nicht für eine Zerlegung der Zinsen operationalisiert, sondern nur zur Ermittlung der Überschreitung der Grenze des gerade noch Zulässigen verwendet. Die Zerlegung scheitert eben nicht an der fehlenden Teilbarkeit, sondern am Gedanken der normativen Prävention 24 • Zur Aufspaltung anhand wirtschaftlicher Kriterien ist diese Anlayse hingegen weit differenzierter als die bei der Beurteilung des Vertrages als Regelung in der schweiz. Rsp. verwen19 20

21 22 23 24

Dazu eingehend Pawlowski, Methodenlehre, 177ff. Vgl. zuletzt BGH NJW 1983,1420, 1422f. BGHZ 80,153, 166ff. und 0.2. Teil, 1,1, Fn. 24f. BGHZ 80, 153, 169 und 0.2. Teil, 1,1, Fn. 26. S. o. 2. Teil, 1,1 bei Fn. 27ff. Dazu im folgenden Kap.

11. Zerlegbarkeit oder objektive Teilbarkeit

85

deten Gesichtspunkte zur Teilung und zur Ermittlung des Entgelts, die an den Fragen der Preisbildung unbeirrt vorbeizielen. Als entscheidendes Lösungsargument dient die Teilbarkeit hingegen in der BRD der Lehre und Rechtsprechung bei der quantitativen Teilung von Dauerbindungen, indem die Zerlegung in einzelne Zeitabschnitte für möglich gehalten wird 25 • Mit teilweise erheblichen Nuancenverschiebungen in der Argumentation schließt sich die schweiz. Lehre hier an; abgelehnt wird es hingegen vom BGr. Es basiert auf dem Gedanken der Zerlegbarkeit einer zeitlichen Dauer und auf der Analogie zur Rechtsprechung des RG im Falle eines ohne vormundschaftsgerichtliche Genehmigung abgeschlossenen Pachtvertrages 26 • Da nach § 1822 Ziff. 5 BGB ein Miet- oder Pachtvertrag, der das Mündel für weniger als ein Jahr nach Erreichen der Volljährigkeit bindet, der Genehmigung durch das Vormundschaftsgericht nicht bedarf, trennte das RG diesen nicht genehmigungsbedürftigen Teil ab und beschränkte die Nichtigkeitsfolge auf den überschießenden Teil27 • Diese Isolierung der Zeitdauer im Vertrag und deren Zerlegung in einzelne Abschnitte legte ihre Anwendbarkeit auch für die Fallgruppe der überlangen Bezugsbindungen nahe. Doch da im Falle des Verstoßes gegen § 1822 Ziff. 5 BGB die Grenze des Zulässigen klar bestimmt ist, eine Reduktion auf diese Dauer zudem dem Schutzzweck der Norm jedenfalls nicht notwendig entgegenstehen muß, stellte sich bei der Übertragung dieser Rechtsprechung auf die Bierlieferungsverträge zwangsläufig die Frage des Teilungspunktes. Eine klar gezogene Grenze existiert hier ja nicht. Der BGH ging nun einfach kurzerhand davon aus, daß die von ihm entwickelte höchstzulässige Dauer von 20 Jahren auch diese Abgrenzungsfunktion übernehmen könne 28 • Diese Rechtsprechung ist, nicht anders als in der Schweiz, ganz auf das Argument der Machbarkeit zugeschnitten. Daß der in § 1822 Ziff. 5 BGB herangezogene Parameter - Bindung nicht über die Volljährigkeit hinausgenau bestimmbar ist und sich operationalisieren läßt, hätte eigentlich die Entwicklung fallspezifischer brauchbarer Parameter nahegelegt. Das Gegenteil ist der Fall. Wie schwankend sich die Rechtsprechung an die nun verwendete Höchstgrenze herangetastet hat, haben wir schon skizziert. Die Betonung der Dauer von 15 Jahren als normale, angemessene 29 und jene von 25 S. o. 2. Teil, 1I,1 bei Fn. 74; ablehnend heute praktisch nur Zimmermann 44ff., 66ff. mit eingehender Darstellung der Entwicklung. 26 So schon Herzog 88f.; vgl. ferner Enneccerus / Nipperdey, AT, Bd. 2, § 202 IV. 1 b Fn. 41 mit dem Hinweis auf die Rsp. zur formungültigen gemischten Schenkung (RGZ 148, 236, 240). 27 RGZ 82,124,125; zu Entwicklung und Kritik dieser Rsp. vgl. Zimmermann 105ff. 28 Vgl. Flume, AT II, § 32.2 d; Larenz, AT, § 23 II b; ähnlich Soergel / Hefermehl, 11. A., Rz 29 § 139; Staudinger / Dilcher, 12. A. Rz 7 § 139 BGB; Pierer von Esch 57ff. 29 BGHZ 74, 293, 298 = NJW 1979, 2150, 2151.

86

3. Teil: Rechtsvergleichende Synthese

20 Jahren als ausnahmsweise, gerade noch zulässige Höchstdauer 30 läßt unbeantwortet, weshalb denn diese Praxis nicht stets die Normaldauer als Maß der Reduktion nimmt31 , wenn schon eine solche Isolierung der Dauer als möglich erscheint. Stellt man daneben noch andere Vertragstypen, wird die Frage der allgemeinen Verwendbarkeit eines solchen starren Maßstabes sofort laut. Wenn der BGH selbst 25jährige Tankstellenverträge als normal ansieht 32 , andererseits betont, wie einschneidend eine 10jährige Bindung eines Automatenaufstellvertrages sein kann 33 und sich bei letzteren Rechtsprechung und Kautelarjurisprudenz zunehmend an dieser Grenze zu orientieren begonnen haben34 , kann die absolute Grenze die Verschiedenheit nicht mehr erklären 35 . Sollte es sich nicht um Willkür handeln, müßten die dahinterstehenden Bezugspunkte aufgedeckt werden. Das wäre um so wichtiger, als das Interesse an langdauernden Bindungen in der Vertragspraxis wächst, um langfristige auf Kooperation angelegte Beziehungen wie beispielsweise Alleinvertriebsverträge optimal planen zu können. Daß verschiedene Interessenkonstellationen zu unterschiedlichen Bindungsdauern führen, lehrt das Sachenrecht, wo lange praktische Erfahrung und wissenschaftliche Tradition im Umgang mit solchen Bindungen eine reiche Palette von Varianten entwickelten, die funktionalen Kriterien gerecht zu werden versuchen 36 • Doch dazu muß im Vertragsrecht heute die Frage nach dem wirtschaftlichen Kontext und den ihm adäquaten Parametern erst einmal gestellt werden. Noch erstaunlicher auf dem Boden der traditionellen Lehre, die den Vertrag als privatautonome finale Regelung begreifen will, ist der Verzicht auf die Suche nach den darin wirksamen Aktionsparametern. Die Fundierung des Vertrages im Parteiwillen wird für diesen Lösungsschritt einmal über Bord geworfen, erst danach wird den Parteien die mit der ermittelten Restgültigkeit identische Wertung zugeschrieben37 • Ebd., ferner BGH WM 1975, 307, 308; BGH NJW 1972, 1459. Wie in BGH WM 1975, 850, 852. 32 BGHZ 52, 171, 175 = NJW 1969, 1662, 1663; BGHZ 83, 313 = NJW 1982, 1692. 33 BGHZ 71, 80, 84. 34 Dazu etwa v. Olshausen / Schmidt 89f. mit Zusammenstellung der älteren Jud.; BGH NJW 1983,159,161. Hingegen zeichnet sich in der Doktrin eine Hinwendung zu einem wesentlich kürzeren Standard von drei Jahren ab, vgl. Staudinger / Schlosser, 12. A., Rz 64 zu § 9 AGBG; in dieser Richtung nun auch BGH BB 1983, 662, 663. 35 Arbeitet man mit den vom BGH herangezogenen Parametern, so muß die Grenze zwangsläufig als arbiträr empfunden werden, worauf Zimmermann 53 f. zu Recht den Finger legt. 36 Vgl. die Zusammenstellung bei Spiro, Bd. 2, 1318ff. 37 Vgl. Flume, AT II, § 32.2d; Mayer-Maly, MünchKomm., 2. A., Rz 19f. zu § 139 BGB. Auf die Identität der verwendeten Resultate dürfte die Tendenz zurückzuführen sein, diese beiden Lösungsschritte nicht zu trennen, vgl. Steindorff, FS Hefermehl (1971), 183 Fn. 20. Ähnliche Gedankengänge mögen Huguenin 33ff. geleitet haben, das Teilnichtigkeitsprinzip in Art. 20 Abs. 1 OR verankert zu sehen, in Abs. 2 hingegen lediglich das Erfordernis eines konsensfähigen Restes. 30 31

II. Zerlegbarkeit oder objektive Teilbarkeit

87

Aus diesem vom Verhandlungsmodell geprägten Vertrag 38 mit seinem feinabgestimmten Ergebnis soll nämlich in "Fällen übermäßig langer Bindungen der Teil der Vertragsbestimmungen, der allein den Vertrag zum sittenwidrigen macht - die lange Vertragsdauer - genau bestimmt werden" können 39 . Dabei wird außer Acht gelassen, daß auch eine Wettbewerbsbeschränkung vermögensmäßig wenigstens als Goodwill gewichtet werden kann. Daß sie sich durchaus in einer Relation von Leistung und Gegenleistung befindet, geht schon aus der Praxis hervor, statt auf eine feste Zeitdauer auf Mengenrelationen wie geleisteter Darlehensbetrag pro hl abzustellen 4o ; es liest sich aber auch an den Bemühungen des BGH ab, die Vertragsdauer auf dem Hintergrund des gesamten Vertrages zu würdigen 41 • Sind es damit wieder wirtschaftliche Parameter, die angesprochen werden müßten, so rückt die Auffassung vom Knebelungsvertrag als Störung der rechtsgeschäftlichen Entscheidungsfreiheit42 die Frage nach Art und Erfaßbarkeit der bei der gebundenen Person gelähmten Aktionsparameter in den Vordergrund. Zu beidem hat sich die Rechtsprechung bis anhin eine Stellungnahme versagt. Die apodiktische Berufung auf die Teilbarkeit und auf Höchstgrenzen kann die Antwort nicht sein. Der Verdacht, daß das Argument von der Isolierung und Zerlegbarkeit der Zeitdauer nur auf die Kommensurabilität zielt, wird nicht nur durch die rhetorische Beschwörung genährt, die Fälle der quantitativen Teilnichtigkeit in engen Grenzen zu halten43 • Er wird auch dadurch bestärkt, daß die schweiz. Rechtsprechung Teilbarkeit bejaht, wo sie die deutsche verneint, nämlich bei den Zinsen, und umgekehrt bei den Dauerverträgen prinzipiell verneint, wo diese sie bejaht. Die Polemik gegen eine Aufrechterhaltung von Zinsen im gerade noch zulässigen Umfang, wie wir sie in der BRD finden können, würde in der Schweiz in einer Kritik der in der BRD praktizierten Aufrechterhaltung von Dauerbindungen in ihrem höchstzulässigen Umfang ihre Entsprechung finden 44 • In der Rechtsprechung zu den Dauerbindungen wird zudem da wie dort eine bemerkenswerte Unsicherheit im Umgang mit dem Faktor Zeit manifest 45 • Bei der Rechtsprechung zum wucherischen Darlehen fällt auf, wie in der BRD zwar feine, wirtschaftliche Zerlegungskriterien entwickelt, für Besonders anschaulich Tietz in Horn / Tietz, 22 - 30. So etwa BGH NJW 1979, 1605. 40 Vgl. Klaas, BB 1974, 1100. 41 Vgl. BGH WM 1975, 850; BGH NJW 1972, 1459. 42 Dazu bes. Wolf 13 ff. 43 So Mayer-Maly, MÜllchKomm., 2. A., Rz 137 zu § 138 BGB. 44 Vgl. Lindacher, Anm. zu BGH JR 1977, 410, der dem Gedanken der normativen Prävention auch bei den Dauerverträgen Raum geben möchte, soweit nicht das Interesse des Gebundenen dem entgegensteht. 45 Vgl. dazu etwa OGH JBl1964, 33 mit Anm. von Gschnitzer. 38 39

88

3. Teil: Rechtsvergleichende Synthese

eine Reduktion der Zinsen aber nicht fruchtbar gemacht werden, während in der Schweiz der Zins zwar reduziert, über das Maß der Reduktion jedoch kaum nachgedacht wird. Trotz Unstimmigkeiten und Widersprüchen in der juristischen Argumentation bleiben ökonomische Rationalitäten weitgehend unberücksichtigt oder unerwähnt. BI. Pönale und ethische Erwägungen Wir haben bereits festgestellt, daß die deutsche Rechtsprechung eine Ausdehnung der Reduktion des sittenwidrigen Übermaßes auf die Fälle wucherischer Darlehenszinsen aus ethischen, pönalen und generalpräventiven Erwägungen ablehnt!. Hingegen hat das schweiz. BGr in der gleichen Fallgruppe dem Gedanken der normativen Prävention eine Absage ertei1t2. Daß unterschiedliche Wertungen und Konzeptionen der Strafe in den beiden Rechtsordnungen diesen Gegensatz kaum erklären lassen, zeigt schon die Praxis des gleichen BGH zur Frage der Teilnichtigkeit von Dauerverträgen. Es ist doch kaum anzunehmen, daß die Verletzung der wirtschaftlichen Entscheidungsfreiheit als Eingriff in ein geringfügigeres Rechtsgut begriffen wird als die Schädigung am Vermögen. Wenn man die Heranziehung strafrechtlicher Gedanken kritisiert, dann nicht, um einen Graben zwischen Zivil- und Strafrecht auch dort aufzureißen, wo Koordination möglich und geboten ist 3 . Es zeigt sich nämlich, daß trotz bestehender Gemeinsamkeiten zwischen diesen beiden Rechtsgebieten und trotz der textlichen Angleichung des Wuchertatbestandes in § 138 BGB und § 302 a dtStGB4 grundsätzliche Unterschiede bestehen, die es verhindern, in dieser Frage wichtige Prinzipien des Strafrechts auf die Anwendung von § 139 BGB, bzw. Art. 20 Abs. 2 OR zu übertragen 5 . Setzt man bei einem der fundamentalen Sätze des modemen Strafrechts an, daß die Strafe ein Verschulden voraussetzt 6 , und die Schuld offenbar trotz aller Reformvorschläge weiterhin den Angelpunkt strafrechtlicher 1 BGHZ 68, 204, 206f. = JR 1977, 410, 412 (mit Anm. v. Lindacher); BGH NJW 1979, 805; OLG München NJW 1966, 836, 838; BGH NJW 1958, 1772; vgl. dazu Lindacher, AcP 1973, 124 - 136; KTÜger-Nieland / Zäller, RGRK, 12. A., Rz lf. zu § 138 BGB. 2 BGE 80 II 327 E. 4 b: "Auszugehen ist davon, daß die Ausdehnung der Nichtigkeit auf den ganzen Vertrag nicht von der öffentlichen Ordnung verlangt ist und nicht den Charakter einer Sanktion hat. Der öffentlichen Ordnung ist restlos genügt, wenn der Vertrag soweit gegen sie verstoßend vernichtet wird." 3 So aber der Vorwurf von Lindacher, AcP 1973,125. 4 Zur Gesetzgebungsarbeit vgl. Sturm, JZ 1977, 84 - 87; Rühle 49f. 5 Dazu auch Zimmermann 81 ff. Zum ähnlich gelagerten Problem bei der Anwendung von § 817 S. 2 BGB vgl. H. Honsell, Rückabwicklung, 58f.; ferner Hoff, AcP 1957, 493f.; Medicus, GS Dietz, 67. 6 Vgl. H. Schultz, Einführung in den allgemeinen Teil des Strafrechts, Bd. 1, Bern 1977 3. A., 165f.

II1. Pönale und ethische Erwägungen

89

Zurechnung bildet 7 , so wird der bestehende Graben zwischen dem Strafrecht und dem Zivilrecht mit seiner Regelungsfunktion im Verkehr zwischen Privaten deutlich. Je mehr man in der Anwendung der Generalklausel der guten Sitten die Elemente des Bewußtseins der Sittenwidrigkeit zugunsten der Effizienz der Regelung auszublenden begann8 , um so problematischer wurde es, die Sanktion als Strafe zu verstehen. Je mehr das Mißverhältnis von Leistung und Gegenleistung die Annahme einer sittenwidrigen Ausbeutung zwingend nahelegt 9 , desto stärker wird durch diese nur noch fingierte subjektive Voraussetzung10 nicht nur dem so schuldig Gestempelten die Stellungnahme zum Schuldpunkt abgeschnitten l l , sondern auch dem im Strafrecht mißbilligten Tatbestand des versari in re illicita im Zivilrecht zu neuen Ehren verholfen 12 • Grundlage der Sanktion bildet nicht mehr die Schuld des Täters. Doch selbst wenn man von solchen Ungereimtheiten einmal absieht, so steht das Strafmaß nicht im Verhältnis zum Verschulden - von andern Zumessungskriterien schon ganz zu schweigen. Einzig der eingesetzte Betrag bestimmt die Sanktion, nämlich den Zinsverlust1 3 : Je weniger sich der Darleiher als Wucherer verhält, um so härter trifft ihn im Verhältnis die Strafe. Ein anderes Maß ist nicht zu sehen. Zu diesen Entwicklungslinien vgl. Stratenwerth 28ff. Gegen die moralische Wertung der Fälle übermäßiger Bindungen wandte sich schon v. Tuhr, AT BGB, Bd. II,2, 38, der darin keine Frage der guten Sitten sah, sondern "vielmehr eine aus sozialen und ökonomischen Gründen nicht zu duldende Erscheinung des Wirtschaftslebens". Für eine Objektivierung des Tatbestandes von § 138 Abs. 1 BGB und insbes. für den Verzicht auf das Tatbestandsmerkmal des Bewußtseins der Sittenwidrigkeit bes. Mayer-Maly, Bewußtsein, 25ff. mit Nachweisen zur älteren Rsp. (eindrücklich RGZ 150, 1,6); Sack, WRP 1985, 1ff.; ferner Esser, ZHR 1971, 330ff. Damit wären Postulate, die K. Simitis seinerzeit in die Diskussion eingebracht hat, mit einer sich in traditionellem Rahmen bewegenden Rechtsfortbildung verwirklicht. Für teilweise Differenzierungen Larenz, JJb 7 (1966/67) 98, 120; ds., AT, § 22 II1.c; Lindacher, AcP 1973,126, 135f.; ds., JR 1977, 412f.; Flume, AT II, § 18.3. Grundsätzlich für Festhalten an den subjektiven Voraussetzungen Enneccerus / Nipperdey, AT, Bd. 2, § 191 11.2, § 192 Fn. 22. Zum Stand der Diskussion vgl. Mayer-Maly, MünchKomm., 2. A., Rz 111ff. zu § 138. Zur ähnlichen Entwicklung in Frankreich bei der Anwendung des Wirtschaftsstrafrechts Ottenhof 169ff. 9 So auch Enneccerus / Nipperdey, AT, Bd. 2, § 192 Fn. 22 unter Hinweis auf RGZ 165, 1, 14; dazu etwa BGHZ 80, 153, 161; BGH WM 1976, 322; BGH WM 1969, 1255, 1257; BGH DB 1966, 1884. 10 Dazu eindringlich Mayer-Maly, Bewußtsein, 12, 30ff., der die von der Rsp. herangezogenen Formeln treffend als "Pflichtübungen zum Nachweis der Erfüllung der "subjektiven Voraussetzungen" einer Anwendung von § 138 Abs. 1 BGB" charakterisiert; vgl. auch Sack, WRP 1985, 12f. 11 Im Stil des damaligen Ungeistes RGZ 150, 1, 5; später moderater im Ton BGH NJW 1980, 2074, 2076; 1979, 805. 12 Als Aufkeimen des versari in re illicita oder des Handelns auf eigene Gefahr pries L. Raiser, JZ 1951, 719 in einer Urteilsanm. die sich mit unserem Problem berührende Theorie der Rechtsschutzverweigerung bei der Anwendung von § 817 S. 2 BGB. Dagegen zu Recht H. Honsell, Rückabwicklung, 6I. 13 Zu solchen Ungereimtheiten bei der Anwendung der Straftheorie auf § 817 S. 2 BGB schon Heck, AcP 1925, 57f.; ebenso Honsell58f. 7

8

90

3. Teil: Rechtsvergleichende Synthese

Solche Ungereimtheiten ließen sowohl die Vertreter einer Straftheorie wie jene, die § 138 BGB als Ausdruck des Gebotes der Selbstachtung des Rechts sahen, nach einer zusätzlichen Begründung für die Gesamtnichtigkeit suchen. Denn - je nach Fall- kann der eine oder andere Zweck auch mit der bloßen Beseitigung des sittenwidrigen Übermaßes erreicht werden. Es waren hier nun meist generalpräventive Überlegungen, die ins Feld geführt wurden l4 . Doch auch da ist nicht einsichtig, warum damit nur wucherische Rechtsgeschäfte, nicht aber übermäßige Freiheitsbeschränkungen verhindert werden sollen. Desgleichen schließt auch normative Prävention verhältnismäßige und rational nachvollziehbare Strafen nicht aus. Die Tragfähigkeit büßt dieses Argument vollends dort ein, wo salvatorische Klauseln vom Richter beachtet werden müssen. Darüber hinaus geht vergessen, daß im modernen Strafrecht die Generalprävention zur Entfaltung einer gewissen Effizienz flankierend der Offizialmaxime bedarf l5 . Die Initiative bleibt aber in unseren Fällen ganz bei den oft geschäftsunerfahrenen Bewucherten. Eine Überweisung an den Strafrichter von Amtes wegen ist deshalb oft unnütz, weil das Strafrecht richtigerweise an die Erfüllung des subjektiven Tatbestandes und an die Strafbarkeitsvoraussetzung einen strengeren Maßstab anlegen muß l6 • Das zeigt die Diskrepanz zwischen Straf- und Zivilrecht deutlich genug. Die ganze Problematik der Strafbarkeit der juristischen Person gar, mit der wir es oft auf seiten des Wucherers zu tun haben, sei hier nur am Rande notiert. Wenn man schon generalpräventive Überlegungen ins Feld führt, so müßte man sich von den Verschiedenheiten der beiden Rechtsgebiete her fragen, ob die im Strafrecht mit der Generalprävention und der Offizialmaxime angestrebte Effizienz mit Hilfe der dem Privatrecht eignenden Mitteln anvisiert werden kann. Zu denken ist beispielsweise daran, daß eine zureichende Aufklärung des Publikums und eine wirksame Hilfestellung von Interessenverbänden im Prozeß unter anderem auch davon abhängen, wie klar die von den Gerichten herangezogenen Maßstäbe und Kriterien sind, und wie gut sich die Prozeßchancen ausrechnen lassen l7 . Als Folgerung bleibt, daß der pönale Gedanke dem Privatrecht fremd ist. Man soll das nicht bedauern. Der in Frankreich mit optimistischem Impetus unternommene Versuch, das Strafrecht vollständig für die Zwecke des 14 Vgl. Lindacher, AcP 1973, 125, 129ff.; ds., BB 1983, 156; mit dem Pathos nationalsoz. Schriftstellerei Lange 54 (mit der Einschränk~g, daß Reduktion in leichten Fällen, bei besonderen Umständen oder bei bloßem Uberschreiten des Maßes zu postulieren sei, 55 ff.). 15 Zum Problemkreis des Darlehenswuchers Rühle lOH. 16 Eindrücklich die Statistik der eingestellten Strafverfahren bei Rühle 22, der im ganzen vielleicht das Dilemma des Richters beim Strafen übersieht. 17 Eingehend zu solchen und anderen Ideen zur effizienteren Durchsetzung des Wucherverbotes Rühle 88 ff.

IV. Das historische Argument

91

Zivilrechts zu instrumentalisieren, vermag trotz der dort ungebrochenen Tradition der Wirtschaftslenkung durch Strafrecht die Konsequenzen unbedachter Übernahmen vorzuführen - als pessimistisch stimmende Zukunftsvision, wie Zivilrecht in der Hand oder der Zivilrichter im Gewand des Staatsanwaltes aussehen müßten l8 • Die zivilrechtliche Praxis ist hier im allgemeinen einsichtig. Dank der zunehmenden Objektivierung und der Ausblendung der Vorwerfbarkeit bei der Anwendung der Generalklausei hat sie sich kaum auf diese Kategorien eingelassen. Damit schafft sie jedoch einen Gegensatz zum verbal vertretenen Anspruch. Manifest wird er nicht nur in der rechtsvergleichenden Konfrontation, sondern auch in den Wertungswidersprüchen zwischen den einzelnen Fallgruppen. Mit ethischen und pönalen Gesichtspunkten kann das dogmatische Defizit bei der Bewältigung wirtschaftlicher Vorgänge höchstens übertüncht werden. Ihre inkonsequente Verwendung zeigt aber die Verlegenheit in der Argumentation sehr scharf. IV. Das historische Argument Als historisches Argument für bzw. gegen die Teilnichtigkeit taucht zwar die von den Vätern des BGB bewußt vollzogene Abkehr vom Satz ,utile per inutile non vitiatur' wie das Weiterleben der gemeinrechtlichen Maxime in der Schweiz hin und wieder auf. Doch praktische Bedeutung hat, wie wir zeigen konnten, die Gegensätzlichkeit dieser Konzeptionen kaum bekommen. Denn da die Regel in der einen wie in der andern Gestalt in den ganz auf die Willensdoktrin ausgerichteten Systementwürfen nur eine untergeordnete Rolle entfalten kann, führt sie in beiden Rechtsordnungen zu gleichen Ergebnissen. So ist es wenigstens begreiflich, daß der Unterschied zur Vermutung der Gesamtnichtigkeit im neuen schweiz. Schrifttum als solcher überhaupt nicht mehr erkannt wird l . Der Versuch, der in der Schweiz vor allem von Tandogan unternommen wurde 2, aus den Materialien eine flexiblere Gesetzesanwendung zu schöpfen, hat zwar ein interessantes Licht auf die Gesetzgebungsdebatte geworfen 3 • Instruktiv ist der Hinweis auf einen aus sozialdemokratischen Kreisen stammenden Vorschlag, der über die Expertenkommission in die bundesrät18 Wir denken dabei an die Monographie von Ottenhof, vgl. dazu Blaise im Vorwort (111): "Et, malgre son utilite pratique, le glissement du contentieux du contrat civil vers les juridictions penales ... n'a pas, lui non plus, un vertu pleinement apaisante. Le contractant de demain sera-t-il constamment un deliquant en puissance, pris au piege d'une legislation touffue dont il est cense ne pas ignorer le moindre detail? n y a Itl sans doute un danger. " 1 Vgl. Hürlimann 11; Huguenin 36 Fn. 19 (dazu u. Fn. 4). 2 Tandogan 62f., 121ff. 3 Vgl. die Darstellung der Gesetzgebungsarbeiten bei Hürlimann 14ff.

92

3. Teil: Rechtsvergleichende Synthese

liehe Botschaft gelangt war. Er hielt ausdrücklich fest, daß ein Vertrag nichtig ist, "soweit er einen unmöglichen oder widerrechtlichen Inhalt hat oder gegen die guten Sitten verstößt". Doch selbst wenn der Vorschlag realisiert worden wäre, wären die praktischen Auswirkungen wegen der in Abs. 2 berücksichtigten Ausrichtung auf die Willensdoktrin wohl notwendigerweise gering geblieben4 • Daß das Problem der quantitativen Teilung trotz Äußerungen von Eugen Huber, die in dieser Richtung verstanden werden könnten 5 , kaum im Visierbereich des Gesetzgebers lag, geht auch aus einer andern Beobachtung hervor. Die schweiz. Gesetzestechnik zeigt nämlich in den Krisen- und Wirtschaftsgesetzen des ersten Weltkrieges die gleichen Unsicherheiten wie die deutsche. Trotz Vermutung der Teilnichtigkeit wurden die zivilrechtlichen Folgen, Nichtigkeit oder Teilnichtigkeit im jeweiligen Erlaß selber oft ausdrücklich festgehalten 6 • Bei einem Verständnis von Art. 20 Abs. 2 OR als Bekenntnis zur quantitativen Teilung wäre dies für die Folge der Teilnichtigkeit überflüssig gewesen. Die Problemlage der quantitativen Reduktion hat die Eigenheit und Tücke, immer wieder übersehen zu werden. So mußte das BGr in BGE 43 II 660 zur Begründung der Ansicht, nach Einführung des (heutigen) Art. 340 a OR (Beschränkungen des Konkurrenzverbotes nach beendigtem Arbeitsverhältnis) - damals allerdings noch ohne den präzisierenden Abs. 2 - habe der Richter ein Eingriffsrecht, auf die ein knappes Jahrzehnt zurückliegenden Materialien greifen. Im Rahmen von Art. 20 OR hatte es die entsprechende Kompetenz zudem nicht für gegeben erachtet. In der BRD nützt in der gleichen Problematik, wie sie in der Anwendung von § 6 AGBG auftaucht, nämlich ob einzelne Klauseln reduziert werden können, der Griff nach den Materialien schon gar nichts. Gerade darüber schweigen sie sich nämlich aus 7 • Nach diesem Befund hätten wir das historische Argument in unserem Zusammenhang als unergiebig beiseite lassen können, wenn es nicht von Zimmermann zu neuen Ehren gebracht worden wäre 8 . Er führt uns recht 4 Bericht des BR (Nachtrag zur Botschaft vom 3. März 1905) vom 1. Juni 1909, BBI 1909 III, 725, 762, Art. 1035 blS): "Ein Vertrag ist nichtig, soweit er einen unmöglichen oder widerrechtlichen Inhalt hat oder gegen die guten Sitten verstößt. Er ist gänzlich nichtig, wenn anzunehmen ist, daß er ohne den nichtigen Teil überhaupt nicht geschlossen worden wäre." Wie der Bericht 732 unmißverständlich festhält, wurde der statuierten Restgültigkeit eine Gesamtilichtigkeitsvermutung nachgeschaltet. Das entspricht durchaus der damals herrschenden Willensdoktrin. 5 Bei Hürlimann 16. 6 Vgl. Emil Huber, SJZ 1918/19, 254f. 7 Vgl. dazu Stein 48 ff. a So bes. 141ff., 194ff.

V. Analogie und Induktion

93

plastisch vor, wo die Gefahren des historischen Argumentes liegen. Weil er das Alles-oder-Nichts-Prinzip als einziges Datum aus seinem entstehungsgeschichtlichen Kontext löst, verengt er die Problematik - und zwar um so mehr, je stärker er diesen einzigen Lösungsgesichtspunkt isoliert. Das erklärt, warum er die in der Rechtsentwicklung zur praktischen Bewältigung der Willensdoktrin notwendig gewordenen Relativierungen nicht einmal als Symptome eines tiefergreifenden Wandels sehen kann, der wissenschaftlich aufzuarbeiten ist 9 • Ohne Sinn für das Ganze läßt sich das Gesetz weder in seiner Entstehung, noch in seiner späteren Entwickung oder gar auf dem Horizont des heutigen rechtlichen und ökonomischen Kontextes sehen.

v.

Analogie und Induktion

Sind wir schon früher von einem Autor ausgegangen, dessen Werk und Lehrmeinungen in zwei Länder ausgestrahlt haben, - Andreas von Tuhr -, so bietet er uns hier für die Fragen der übermäßigen Bindung, die er von der Anwendung der GeneralklauseI der guten Sitten ausgeklammert hat, ein schönes Beispiel für die Lösung mittels Gesamtanalogie oder Rechtsanalogie 1 . Er sieht nämlich in der Vorschrift über die Herabsetzung einer übermäßigen Konventionalstrafe und in der Einschränkung eines zu weit gehenden Konkurrenzverbotes die Anwendung eines "allgemeinen und richtigen Grundsatzes". Das methodische Vorgehen ist das gleiche wie bei der Ermittlung der für alle Dauerschuldverhältnisse geltenden Schranke der Zulässigkeit der Kündigung aus wichtigem Grund 2 . Einzelne Spezialnormen lassen den Schluß auf eine allgemeine Norm zu. Formal ließe sich eine solche Gesamt- oder Rechtsanalogie 3 besser als Induktion darstellen4 . Daß sie nur als unvollständige Induktion möglich ist, teilt die Rechtswissenschaft wegen ihrer Offenheit gegenüber der Außenwelt mit allen empirischen Wissenschaften 5 • Als Schlußverfahren vom Besonderen zum Allgemeinen ist sie geeignet, in der Gesetzesauslegung all9 Vgl. die Beobachtung von Th. Honsell, Argumente, 201ff., wonach das historische Argument zunehmend von der Berufung auf die gewandelten Verhältnisse verdrängt wird. 1 v. Tuhr, AT BGB, Bd. II,2, 38f.; v. Tuhr / Peter, Bd. 1, § 31 V.3 (so schon in der 1. Aufl.). Für das schweiz. Recht hat v. Tuhr eine auf diese Analogie gestützte Reduktion im Rahmen von Art. 20 Abs. 2 OR im Auge. Lit. zur Analogie bei Kaufmann passim; Klug 109ff. 2 Vgl. die Darstellung bei Larenz, Methodenlehre, 368 und BGHZ 9,157, 161ff.; für Österreich vgl. OGH SZ 31, Nr. 116 und Gschnitzer in Klang, AGBG, 2. A., Bd. IV,1, 27, 446f.; für die Schweiz vgl. Spiro, Bd. 2, 1232 ff. 3 So Staudinger / Coing, 12. A., Rz 156 Einleitung BGB; Larenz, Methodenlehre 368ff. 4 So Canaris, Feststellung, 97ff.; Heller 17ff. 5 Vgl. Kaufmann 35 Fn. 91; das scheint Larenz 369f. zu übersehen.

94

3. Teil: Rechtsvergleichende Synthese

gemeine Grundsätze herauszuarbeiten, ohne den Weg über die Lückenfüllung antreten zu müssen 6. Das BGr hat es, um zum Ausgangsfall zurückzukehren, stets abgelehnt hinter der richterlichen Kompetenz zur Reduktion arbeitsvertraglicher Konkurrenzverbote einen solchen allgemeinen Grundsatz zu sehen 7 • Induktiv ist jedoch das BAG vorgegangen, als es von der Reduktionsmöglichkeit eines solchen Verbotes für Handlungsgehilfen (§ 74a Abs. 1 HGB) auf einen allgemeinen, auf der Ebene des Arbeitsvertrages geltenden Grundsatz SChlOß8 und damit mit der schweiz. Regelung gleichzog. Offengeblieben ist noch stets in der Schweiz wie in Deutschland von Tuhrs praktisches Postulat. Es wurde unlängst von Canaris wiederbelebt. Er möchte auf der Grundlage von § 74a Abs. 1 HGB bei anderen personalen Freiheitsrechten einen ebenso strengen Kontrollmaßstab wie bei der Berufsfreiheit anlegen und mit dieser griffigeren Norm § 138 BGB partiell ausschalten9 . Die Parallelen zu verfassungsrechtlichen Schutzgeboten, die er dabei sichtbar macht, lassen die Wertungsproblematik wieder ins Blickfeld treten, der seinerzeit auch das BAG in der Anwendung auf die speziellere Ebene des Arbeitsvertrages große Beachtung geschenkt hatte 10 • Es sind diese Wertungen, die auf beiden Seiten des Schlußverfahrens vorgenommen werden müssen, welche die Abgrenzung zwischen Induktion und Analogie so schwierig und manchmal fast unmöglich machen. l l . Sie transparent werden zu lassen, wäre deshalb für eine rationale Überprüfung des Ergebnisses mindestens so wichtig wie die formale Kategorisierung12 • Während Canaris wie einst von Tuhr den Vorteil seines Vorgehens auch darin sieht, eine Grundlage zur quantitativen Reduktion geben zu können, setzt eine Reihe von schweiz. Vorschlägen die Legitimation dazu offen oder unausgesprochen voraus und steuert - nun auf dem Weg der Analogie direkt auf andere Ausprägungen dieses gleichen Gedankens los, die Anhaltspunkte für das Maß der Reduktion liefern sollten. Das hätte den Vorteil, daß sich mit der Analogie im gleichen Lösungsschritt auch die Rechtsfolgen sachadäquat differenzieren ließen. In diesem Rahmen präsentierte Spiro seinen Vorschlag, nach Analogie der Ablösbarkeit der Grundlasten nach dreißigjähriger Dauer13 auch bei ob liga6 Die Differenzierung zwischen Analogie und Induktion dürfte die Schwierigkeiten bei der Frage der Zuordnung der Analogie zur Auslegung oder zur Lückenfüllung (dazu Meier-Hayoz 72ff.) klären helfen. 7 Vgl. BGE 96 II 129 E. 3b; in diesem Sinn auch Haefliger 28. 8 BAG AP Nr. 24 zu § 611 BGB (Konkurrenzverbot). 9 Canaris, AcP 1984, 470ff. 10 o. Fn. 8. 11 Vgl. Burckhardt 285f.; Bund, ZvglRWiss 1978, 119f. 12 Vgl. Burckhardt 265f., 283ff. 13 Spiro, Bd. 2, 1957ff., 1292; vgl. auch 1393ff.

V. Analogie und Induktion

95

torisehen Bindungen Ende und Ablösbarkeit festzustellen l 4, und zwar in den Fällen, wo eine ungerechtfertigte Bereicherung vermieden 15 oder ein drohender Schaden verhütet werden SOll16 oder ein veräußerungsähnliches Geschäft vorliegt17. Merz schlug für die Fälle unbegrenzter Kaufs-, Vorkaufs- und Rückkaufsrechte eine zu Art. 681 Abs. 3, 683 Abs. 2 ZGB analoge Beendigung nach zehn Jahren vor 18. Sachen- und obligationenrechtliche Ordnung wäre damit nach einer Forderung von Liver 19 in Übereinstimmung gebracht. Gleichzeitig wäre auf diesem Wege aber auch die Rechtsfolge geregelt: Unverbindlichkeit des überschießenden Teils des Gestaltungsrechtes bei Merz, bzw. Ablösbarkeit der Bindung bei Spiro. Doch auch hier gilt, daß die wertende Basis nicht vernachlässigt werden darf 20 , auch wenn das formale Schlußverfahren nur allzu leicht dazu verführt 21 . Genau in der Wertungs frage gilt es also anzusetzen, wenn sachenrechtliche Regelungen auf schuldrechtliche Verhältnisse übertragen werden sollen, denn schließlich gäbe es auch Höchstdauern im Obligationenrecht, beispielsweise die zehnjährige für Arbeitsverträge (Art. 336 d OR) und den Standard von 21/2 Jahren für die Bindung der Handlungsfreiheit von Konsumenten beim Abzahlungskauf (Art. 226d Abs. 1/2 OR)22. Warum sollen jene und nicht diese Werte genommen werden? Nach welchen Kriterien fällt der Entscheid gerade auf einen ganz bestimmten aus der bunten Palette der Standards, die das Sachenrecht bereithält? Die Beobachtung, daß eine längere Bindung dann eher zugelassen wird, wenn nur Vermögenswerte davon betroffen sind, hingegen eine kürzere Dauer den Vorzug findet, wenn die persönliche Bewegungsfreiheit tangiert ist 23 , lenkt den Blick auf die strukturellen Unterschiede zwischen der Eigentums- und der Vertragsordnung in einer liberal verfaßten Marktwirtschaft. Was auf der einen Seite die freie Zirkulation des Eigentums im wirtschaftlichen Kreislauf garantiert, muß auf der andern noch lange nicht für die 14 Dazu auch Liver, FS Weitnauer, 181ff., der für eine restriktivere Praxis bei der Zulassung von (persönlichen) Grunddienstbarkeiten plädiert, um die dingliche Radizierung übermäßiger Bindungen zu vermeiden. Er verkennt aber, daß als Korrelat dazu die Kontrolle der (sachenrechtlichen) Umgehungsformen ausgebaut werden müßte, wie es dem Stand der österr. Praxis entspricht (s.o. 2. Teil, 11, 3 Fn. 9). 15 Spiro, Bd. 2, 1209 Fn. 22. 16 Spiro, Bd. 2, 1211 ff. 17 Spiro, Bd. 2, 1213ff. 18 Merz, FS Simonius, 240ff. (= ds., Ausgew. Abh., 205ff.). 19 Liver, Zürcher Kommentar, N 136 - 140 Einl. vor Art. 730 ZGB; ds., FS Weitnauer, 191 ff. 20 Vgl. statt vieler Baratta, FS Erik Wolf, 159ff. 21 Dazu Heller passim. 22 Der BR hat die Kompetenz, diesen Standard auf eineinhalb Jahre zu verkürzen oder bis auf fünf Jahre zu verlängern. 23 Spiro, Bd. 2, 1235ff.

96

3. Teil: Rechtsvergleichende Synthese

Sicherung des freien Spiels der Kräfte im Zeichen der Privatautonomie zweckdienlich sein. In Grenzzonen finden sich zwar im Sachenrecht Hinweise auf Schranken personaler Bindungen; zu denken ist dabei vor allem an Grundlasten und irreguläre Personaldienstbarkeiten. Doch da persönliche Leistungen nur als Nebenpflichten dinglich radiziert werden können, ist der Schluß auf Reduktionsmaßstäbe in Fällen problematisch, wo die personale Bindung zum Hauptinhalt geworden ist. So leidet auch der Vorschlag, in Analogie zur Grundlast eine dreißigjährige Dauer als Richtlinie zur Begrenzung obligatorischer Bindung zu nehmen 24, an einem Gleichklang in der Wertungsgrundlage. Der Test, Bierlieferungs- oder gar Automatenaufstellverträge mit diesem Standard zu begrenzen, illustriert die Fragwürdigkeit eines solchen Vorgehens. Wird die aus dem Sachenrecht gewonnene Höchstdauer flexibel gesehen, um die Bindungsintensität berücksichtigen zu können 25 , so trägt dies sicher der Eigenart des Schuldrechts mit seiner Tendenz Rechnung, die Dynamik des Leistungsaustausches gegenüber dem mehr auf Statik und Sicherung im Außenverhältnis bedachten Sachenrecht zu betonen. Doch damit entschwinden auch gerade die festen Kriterien, die zu gewinnen man sich doch erhofft hatte. Zudem wird die in einem marktwirtschaftlichen System äußerst schwierige Äquivalenzprüfung kaum noch zu umgehen sein 26 • Direkt auf Geldleistungen schlägt sie gar dann durch, wenn sie mit der Möglichkeit der Ablösung verbunden wird. Abgesehen von der Frage, ob Bindungen, die wegen der Schranken der guten Sitten nicht zur Disposition stehen, als käufliches Gut überhaupt versilbert werden können 27 , wären auch hier rationale Kriterien zur Begründung der Höhe des geschuldeten Betrages erst noch zu entwickeln. Induktion oder Rechtsanalogie kann also wohl die Legitimationsbasis zur richterlichen Reduktion abgeben. Die aus dem Sachenrecht entlehnten Höchstgrenzen belegen zudem, daß sich ein allgemeines Übermaßverbot für zeitliche Bindungen aus dem Zivilrecht gewinnen läßt 28 • Als Standard zur Reduktion sind sie jedoch kaum zu gebrauchen, weil mit ihnen andere Wertungen verbunden sind. Damit teilen sie mit der Analogie zu § 74a Abs. 1 HGB die Unbestimmtheit, mit der die Schwierigkeiten erst beginnen. Das formale Schlußverfahren legt die betroffenen Aktionsparameter kaum frei; wirtschaftliche Kriterien werden in diesem Lösungsansatz eher verdrängt. Sie klar zu kennzeichnen, erfordert schon das Postulat der Methodenehr24 25 26 27

28

So auch im Anschluß an Spiro Liver, FS Weitnauer, 185f., 191ff. So Spiro und Liver. Hierzu mit aller Schärfe Zimmermann 47 ff. Zur Problematik vgl. Spiro, Bd. 2, 1211ff., 1257ff.; Liver, FS Weitnauer, 193f. Vgl. Canaris, AcP 1984, 242.

VI. Fallgruppen

97

lichkeit. Die Charakterisierung der Induktion als unvollständige deutet die Notwendigkeit des Schrittes zur Außenwelt des wirtschaftlichen Geschehens bereits an. VI. Fallgruppen

Wenn die Wertungen in der Analogie oder Induktion oft verschwimmen, so könnte dies auch darauf zurückzuführen sein, daß in Wirklichkeit in Fallgruppen gedacht wird: solvitur ambulando. Soll kasuistisches Denken jedoch kein Deckmantel für fehlende Begründungsehrlichkeit sein, so darf sich nur der Ansatz unterscheiden. Während wir in unserer juristischen Denktradition systematische Einordnung und dogmatische Bewältigung bevorzugen,. wird hier das rationale Argument in der Auseinandersetzung mit den rationes decidendi der alten Entscheidungen und in der Darlegung der neuen sichtbar l . Untersucht man in der Schweiz und in Deutschland die von uns behandelten Fallgruppen, so bleibt die Ausbeute hinsichtlich der Begründung der Anknüpfung mager. Sprechend dafür ist die Bemerkung des BGr, daß es "die Beschränkung einer sittenwidrigen oder widerrechtlichen Verpflichtung auf das erlaubte Maß teils vorgenommen ... , teils stillschweigend oder ausdrücklich abgelehnt" hat 2 • Wir finden diese Unbekümmertheit vor rationalistischen Skrupeln in der Fallgruppe der wucherischen Darlehenszinsen bestätigt. Als das BGr im jüngeren Fall eine Reduktion der Zinsen auf den Standard von 18% vornahm, knüpfte es ausdrücklich - kasuistisch - an das frühere Urteil an 3 • Dort war jedoch nur die Abschlußkommission, diese jedoch zur Gänze nichtig. Das Ergebnis wußte offenbar rein rechnerisch zu gefallen; rückblickend scheinen nun dem BGr selber die Resultate in systematischer und dogmatischer Betrachtung sich zu widersprechen4 • Die erwartete und für die Rechtsfortbildung wichtige Auseinandersetzung mit der wirtschaftlichen Dimension des Falles blieb jedenfalls damals aus. Ähnlich unbefriedigend unter diesem Gesichtspunkt ist die Bildung von zwei Fallgruppen in der Rechtsprechung des BGr zu den überlangen vertraglichen Bindungen. Die Differenzierung danach, ob subsidiäres, dispositives Gesetzesrecht zur Verfügung steht5 , oder ob - wie bei den Innominatkontrakten - ein solches fehlt 6 , führt in der ersten Gruppe zu faktischen 1 Vgl. Esser, Grundsatz, 218ff., 267ff.; zu den Berührungspunkten mit der Analogie bes.23lf. 2 BGE 107 II 216 E. 3 a. 3 BGE 93 II 189 E. b, anknüpfend an BGE 80 II 327 E. 4a. 4 BGE 107 II 216 E. 3 a wertet das jüngere als ein Bekenntnis zur Teil-, das ältere als eines zur Gesamtnichtigkeit. 5 BGE 96 II 129 E. 3b.

7 Bürge

98

3. Teil: Rechtsvergleichende Synthese

Reduktionen ohne Rücksichtnahme auf die im konkreten Einzelfall faßbaren Absichten der Parteien, denen hingegen in der zweiten, nämlich bei der Reduktion durch Vertragsergänzung, voll Rechnung getragen werden kann. Das formale Argument ordnet den Stoff nur lehrbuchmäßig, ohne das wirtschaftliche Handeln und Wollen der Parteien einzubeziehen. Hier läge jedoch gerade eine Stärke kasuistischen Denkens. So aber werden die Grenzen unscharf und die Konturen des Einzelfalls verwischt; die Besonderheit der betreffenden Gesetzesnorm wird am Fall gerade nicht herausgearbeitet. In Deutschland können wir ähnliches beobachten in der Rechtsprechung zu den Bierlieferungsverträgen. Die vom RG an den ohne vormundschaftsgerichtliche Genehmigung geschlossenen Pachtverträgen entwickelte Abspaltung einer nicht genehmigungs bedürftigen restgültigen Dauer7 übernahm der BGH auch für diese FallgruppeB• Wir erfahren im Urteil zwar, daß ein anderes Vorgehen dem Sinn des § 139 BGB widersprechen würde; was damit gemeint sein soll, bleibt aber im Dunkeln. Es wird dann ausgeführt, daß der im Hinblick auf § 1822 Nr. 5 BGB aufgestellte Grundsatz auch auf diese Verträge zu übertragen sei. Hinreichende Gründe dagegen seien nicht ersichtlich. Welche Gründe dies waren und weswegen sie nicht hinreichten, bleibt jedoch ungesagt. Die angeführten Schwierigkeiten bei der Rückabwicklung eines teilweise schon durchgeführten Bierlieferungsvertrages werden mit der wirtschaftlichen Konstellation bei der Bindung des Mündels nicht verglichen.

Falls jedoch das Kriterium der Sachgerechtigkeit den Ausschlag zur Bildung der Fallgruppe gegeben haben sollte9 , würde kasuistisches Denken eine Erklärung verlangen, weshalb der BGH noch stets bei ewigen Bindungen oder zusätzlichen Sittenwidrigkeitsmerkmalen die Parteien in die offenbar nicht sachgerechte Lösung schickt 1o . Aus der Entscheidung lassen sich keine Anhaltspunkte erschließen. Abgrenzungen zu Reduktionen in andem Vertragstypen werden nicht gezogen. Auch wenn in der Jurisprudenz die Verkürzung von Argumentation mit Hilfe bestimmter Lösungsmuster oder Topoi häufig und praktisch ist, so müssen diese wenigstens präsentiert werden oder im Erfahrungshorizont der angesprochenen Juristen liegen. Sonst bleibt die Antwort auf die nahe6 BGE 107 II 216 E. 3 a. Das zufällige distinguishing des BGr hat denn auch der Vorinstanz sichtlich Kopfzerbrechen bereitet. Die Versuchung zur Subsumption aufgrund des gewünschten Ergebnisses steigt zudem bei den zunehmend komplexer werdenden Vertragsverhältnissen, die gerade einer rationalen und nicht bloß formalen Begründung bedürften. 7 S. o. 3. Teil, II bei Fn. 26f. 8 BGH NJW 1972, 1459. 9 Vgl. BGH WM 1973, 357. 10 So BGH WM 1970, 99, 101; bestätigend BGH WM 1980, 877; Hiddemann, WM 1975,945; kritisch dazu Hager 105f. Fn. 133.

VII. Schutzzweck

99

liegende Frage nach einer Ausdehnung dieser Rechtsprechung auch aus rechtstheoretischer Sicht ebenso lapidar wie lakonisch, nämlich daß diese Fälle, um nicht an einem Übermaß an richterlicher Vertragskorrektur zu enden, präzise abzustecken und als Ausnahmeregelungen nicht auszudehnen seienl l . Das tönt aprioristisch, denn fehlt die Legitimation, ist die Praxis ohnehin aufzugeben. Ist sie aber vorhanden, so ist sie auch zu begründen. Treffen diese Gründe auch andernorts zu, müssen sie sich auch dort auswirken. Sonst bekäme diese Rechtsprechung den Charakter eines Zufallstreffers. Wenn schließlich das Argument der Sachgerechtigkeit einen Bezug zur wirtschaftlichen Realität herstellen soll, dann müßte es auch von dieser Seite her mehr Relief erhalten. Möglicherweise ist dieser unbefriedigende Befund weitgehend die Folge fehlender Erfahrung und Technik der Präjudizienverwertung, wie sie Dießelhorst anhand der Judikatur zur Geschäftsgrundlage diagnostiziert hat1 2 . Ein stärkeres Eingehen auf den Sachverhalt, verbunden mit der Bemühung um seine Verwertung, könnte schon Ansätze zur Aufarbeitung wirtschaftlicher Kriterien in der Dogmatik bringen. Das Fazit aber bleibt vorläufig, daß das praktizierte Vorgehen in Fallgruppen, auch losgelöst von der Überlagerung durch andere Lösungsargumente, die bereits aufgeworfenen Fragen nach der Bewältigung des wirtschaftlichen Kontextes unbeantwortet läßt. VII. Schutzzweck

Die schon früher besprochene Unklarheit der Rechtsfolge eines Verstoßes gegen § 879 ABGB durch die III. Teilnovelle wird im Herrenhausbericht damit gerechtfertigt, daß die Frage, ob "die ,Unerlaubtheit' einer einzelnen Vertragsbestimmung den ganzen Vertrag ungültig macht oder nicht, ... nicht wie bei der Unmöglichkeit vom Parteiwillen" abhängt, "sondern vor allem von der Tragweite des gesetzlichen Verbotes oder des Verstoßes gegen die guten Sitten in dem einen Punkt"!. Damit wird ein anderer Gesichtspunkt eingeführt, der, wie die Arbeit von Hager illustriert 2 , zur Lösung unseres Problems beitragen könnte: der Zweck der Norm 3 , ein Gedanke, der gerade von der österreichischen Lehre für die Zurechnungsproblematik in der vertraglichen und außervertraglichen Haftung fruchtbar gemacht wurde4 • So Mayer-Maly, MünchKomm, 2. A., Rz 137 zu § 138 BGB. Dießelhorst in: Rechtswissenschaft und Rechtsentwicklung, 153 - 169, bes. 168 f. 1 Herrenhausbericht 360, s.o. 3. Teil, I,1 bei Fn. 43. 2 Eine große Rolle spielt dieser Gesichtspunkt schon vom Ansatz Hagers her, dem Postulat der gesetzes- und sittenkonformen Auslegung, vgl. v.a. 79ff., 211ff. 3 Zum Ganzen Gschnitzer in Klang, ABGB, 2. A., Bd. IV, 1, 168ff.; Mayer-Maly, GS Gschnitzer,270ff. 11

12

7'

100

3. Teil: Rechtsvergleichende Synthese

Da wie dort sind jedoch die Ausfüllungs- und Wertungsfragen schwieriger, als es die ausdrückliche Berufung auf eine Gesetzesnorm erwarten ließ. Das möchten wir anhand der - heute glücklicherweise nicht mehr im Brennpunkt des Interesses stehenden - Rechtsprechung und Literatur zu den Fällen des Verstoßes gegen eine ausdrückliche Höchstpreisvorschrift illustrieren. Diese Problemlagen sind dadurch vereinfacht, daß die Grenze des Zulässigen durch eine Gesetzesnorm schon bestimmt ist, während sie sonst im Rahmen der Generalklausel der guten Sitten erst noch konkretisiert werden will. Von Anfang an hat sich das BGr in seiner Rechtsprechung zur Verletzung von Höchstpreisvorschriften auf den Standpunkt gestellt, die Frage nach der Gesamt- oder Teilnichtigkeit beantworte sich nach dem Sinn und Zweck der Verbotsnorm; und den Preis auf die gesetzliche Höhe reduziert 5. Für Sinn und Zweck scheint es auf die Evidenz und auf die unmittelbare Einsehbarkeit und Selbstverständlichkeit des Argumentes vertraut zu haben. Später ging das BGr bei der Beurteilung der Überschreitung eines kantonalen Zinsmaximums über diese Begründung hinaus, als es erklärte, es sei der öffentlichen Ordnung restlos genügt, wenn der Vertrag, insoweit er gegen sie verstoße, vernichtet werde 6• Ob sich das Maß der Reduktion allenfalls aus der öffentlichen Ordnung herleiten ließe, darüber schwieg es sich jedoch aus. Es stützte sich im beurteilten Fall auf die äußere Ausgestaltung des Darlehensvertrages und strich die exorbitante Abschlußkommission, während es die vereinbarten 5 % Zinsen gelten ließ und offenbar davon ausging, daß beide Vereinbarungen nicht auf den gleichen Zweck gerichtet waren 7 . Neben die Schwierigkeiten, aufgrund der - in den gesamten Kontext der Wirtschaft und Wirtschaftspolitik eingebundenen - Gesetzesnorm praktikable, wirtschaftlich tragfähige Maßstäbe zu entwickeln, tritt noch eine weitere. Sinn und Zweck der Verbotsnorm, die Bedeutung des zu bekämpfenden Erfolgs und die Wahrung der Zweck-Mittel-Relation8 würden sich oft nämlich nur aus dem den gesetzlichen Normen zugrunde liegenden Wirtschaftsmodell erschließen lassen. Auf diese Ebene will man sich meist nicht 4 Vgl. Ehrenzweig, Bd. II, 1, 47ff.; Wilburg, Elemente, 244ff.; Koziol, Haftpflichtrecht, Bd. 1, 149ff.; Rabel, Warenkauf, Bd. 1, 495ff. Zur Ausstrahlung nach Dtld., bzw. in die Schweiz vgl. Lange, Schadenersatz, 76ff.; resp. Lanz 94ff.; Deschenaux / Tercier 61 (alle mit weiterer Lit.). 5 BGE 47 II 462 E. 1. Die kant. Gerichte, die oft auch später auf Gesamtnichtigkeit erkannten, stützten sich ,systemgerecht' auf die Willensdoktrin und stellten damit die Funktion des Verbotsgesetzes hinter die Berücksichtigung des tatsächlichen Parteiwillens, vgl. OG Zürich, SJZ 1942143,281; AppG Basel-Stadt, SJZ 1947, 10; HG Bern, ZBJV 1947,127 .. 6 BGE 80 II 327 E. 2; 4 b; s. 0.2. Teil, I, 2 bei Fn. 10. 7 Ein moderner Zinsbegriff würde eher das Umgekehrte nahelegen; vgl. zu dessen rechtlicher Erfassung Canaris, NJW 1978, 1891 - 1898. 8 Vgl. BGE 102 II 401 E. 3b.

VII. Schutzzweck

101

begeben, auch - oder gerade weil - der Gesetzgeber vielfach sich über die Folgen ausschweigt. Obwohl man seit dem ersten Weltkrieg Erfahrung mit diesem Typus von Gesetzen hatte 9 , wurden gerade auch später die zivilrechtlichen Folgen selten genug im Eingriffsgesetz geregeltl 0 , sondern dem Zivilrichter überlassen. Teilweise wurde aber auch bewußt und unter Hinweis auf die Art. 19/20 OR auf eine ausdrückliche Nichtigkeitsregelung verzichtet l l . Die Nahtstelle zwischen Zivilrecht und öffentlichem Recht bleibt offen. Die Einarbeitung des Wirtschaftsrechts und des Wirtschaftsmodells ist also erst noch zu leisten 12. Drei Problemlagen können uns die Konturen der offenen Fragen bezüglich der Berücksichtigung von wirtschaftlichen Daten in der Dogmatik gewinnen lassen: Höchstzinsvorschriften für Darlehen, Abwehr mißbräuchlicher Mietzinse und schließlich die Höchstpreisvorschriften der typischen Kriegswirtschaft. Die letzteren sind trotz ihres Namens meist die festgesetzten und einzigen tatsächlich üblichen Preise, da der Handel angesichts des verknappten Angebots auf diesem allein noch möglichen Niveau den Preis optimiertl 3 • Der Gesetzgeber jedoch, der Höchstzinsvorschriften erläßt, hat sehr oft keinen gestörten Markt vor sich. Lediglich einzelne Kreditsuchende, die auf dem normalen Markt keine Chance haben - oder zu haben glauben -, werden vom Wucherer ausgebeutet. Das Wucherproblem war stets, wenn man so will, auch endemisch. Deshalb ist es sch~er verständlich, warum die deutsche Rechtsprechung hier seit je die Reduktion auf den höchstzulässigen Zins als einzige Lösung sieht; begreiflich aber, daß sie dann davor zurückschreckt. Da der Markt sonst funktioniert, läßt sich ein marktüblicher Zins theoretisch ermitteln, der wie der Höchstpreis in Krisenzeiten die Marktbedingungen aufnimmtl 4 . Das ist aber ein Marktzins, kein Höchstzins.

9 Vgl. Leumann, SJZ 1942/43, 237 - 242. Emil Huber, SJZ 1918/19,253 - 258, 272 277; Lautner, Bd. 3, 78ff.; Lehner, SJZ 1953, 217 - 224; 233 - 24l. 10 Ausdrücklich geregelt hingegen in Art. 23 Abs. 1/2 BMM; vgl. dazu die Botschaft BR, BBl1972 I, 1244: "Damit klare Verhältnisse geschaffen werden, hat der Richter ... über die in Abs. 2 erwähnten wesentlichen Punkte zu entscheiden, auch wenn diese im Antrag der klagenden Partei nicht enthalten sein sollten." 11 So die Botschaft BR zum BG über die Kontrolle der landwirtschaftl. Pachtzinse, BBl1960 H, 506; dazu BGE 93 H 97 E. 2a und Jeanpretre, Mel. Secretan, 139ff. 12 Pionierhaft Lautner, Bd. 3, 90ff., der zwar eine Reduktion befürwortet, dafür aber nicht Art. 19/20 OR anwenden will, sondern vorschlägt, ausgehend vom Sinn und Zweck des Preiskontrollrechts das öffentliche Wirtschaftsrecht über eine direkte Einstrahlung als "zwingend-ergänzendes Recht" in das Allgemeine Privatrecht zu integrieren. Allgemein zur Problemlage Bullinger 79ff. 13 Vgl. auch Hager 212. 14 Treffend Hager 214f. Zu den beiden möglichen Regelungstypen im Preisrecht, Höchstpreis und Stabilisierung auf dem Marktpreis, vgl. Mayer-Maly, FS Demelius, 148.

102

3. Teil: Rechtsvergleichende Synthese

Noch differenzierter sieht das Bild bei den Maßnahmen zur Bekämpfung von Mißbräuchen im Mietwesen in der Schweiz aus 15 • Hier ist in Gebieten mit Wohnungsnot oder Mangel an Geschäftshäusern die freie und faire Aushandlung eines Mietzinses unter Umständen noch nicht zum Erliegen gekommen. Normale Vergleichswerte - die zwar die Mangelsituation schon in geringerem oder höherem Maß eskomptieren können -, kostendeckende Bruttorenditen oder Vereinbarungen von Interessenvereinigungen nehmen noch immer das Marktgeschehen auf, das der Richter seiner wertenden Arbeit zugrunde zu legen hat (Art. 15 BMM). Vor uns haben wir also drei Eingriffsgesetze, drei Problemlagen mit ihren spezifischen Lösungsvarianten. Welche sich aber aus Sinn und Zweck des Gesetzes ergibt, bleibt oft unklar16 • Die wirtschaftliche Ebene gilt es erst noch zu erkunden. Schon bei ausformulierten Gesetzen, deren Anlaß, Regelungs- und Steuerungsfunktion - und damit auch die Haltung zur quantitativen Reduktion scheinbar zu ermitteln sein müßten, tauchen also etwelche Fragen auf. Noch häufiger werden sie, wenn die Rechtsfolgen die richterliche Konkretisierung der GeneralklauseI der guten Sitten zunächst voraussetzen. Illustrativ in der schweizerischen Rechtsprechung ist hier ein Entscheid über einen Solidaritätsbeitrag für Außenseiter, wie er in einem nicht allgemeinverbindlich erklärten Gesamtarbeitsvertrag festgesetzt worden war17 • Eine ausdrückliche Vorschrift über die Zulässigkeit solcher Beiträge fand sich nur in der damals geltenden Verordnung, die zwar die Allgemeinverbindlichkeitserklärung, aber nicht die Behandlung übersetzter Beitragspflichten regelte 18 • Nachdem das BGr die Werbung von Mitgliedern und die Bekämpfung der Gefahr einer Abwanderung bereits organisierter Arbeiter, wie sie mit der Annäherung der Außenseiter- und Mitgliederbeiträge als Ziel anvisiert war, als nicht zweckproportional verworfen hatte, mußte es seinerseits einen deutlichen Unterschied zwischen den beiden Beiträgen postulieren. Ohne die Legitimation zu prüfen, steuerte es geradewegs auf die Reduktion zu und entwickelte die Kriterien dafür. Maßgebend war der Gesichtspunkt des billigen Vorteilsausgleichs. Einzelne beitragsbildende Posten wurden hervorgehoben, wie Kosten für administrative Leistungen im Zusammenhang mit der Kontrolle über die Einhal15 Zur Situation in der BRD vgl. v. Olshausen, ZHR 1982, 276ff.; BGH NJW 1984, 722 berücksichtigt bei der Reduktion die bes. Verhältnisse innerhalb der Zulässigkeits-Marge, während OLG Stuttgart NJW 1981, 2365 und OLG Karlsruhe NJW 1982, 1161 unter dem Gesichtspunkt der normativen Prävention auf die ortsübliche Vergleichsmiete reduziert hatten. 16 Der Hinweis auf Sinn und Zweck der Wirtschaftsgesetzgebung in OG Luzern SJZ 1949, 326 ist jedenfalls allzu knapp ausgefallen. 17 BGE 75 II 305. 18 Art. 17 der - inzwischen längst außer Kraft gesetzten - VVO zum BB vom 10.12.1943 über die Allgemeinverbindlicherklärung von Gesamtarbeitsverträgen (AS 1943, 959).

VII. Schutzzweck

103

tung der Vertragsbedingungen, sowie die Vorteile, welche die dank der Solidarität ihrer Mitglieder zum mächtigen Verband gewachsene Gewerkschaft als starke wirtschaftliche Macht in den Lohn- und Arbeitsbedingungen herausholen konnte19 • Eine Quantifizierung der einzelnen Posten ist bei diesen Kriterien indes schwierig und wurde von BGr auch nicht ansatzweise versucht; andere Modelle zur Ermittlung des Beitrags sind denkbar. Trotz der eindrücklichen Offenlegung seiner Kriterien, welche die für eine Diskussion erforderliche Sachebene erschließt, haftet dem Ergebnis etwas Zufälliges an. Das erstaunt bei den schon geschilderten Schwierigkeiten bei der Ermittlung von Sinn und Zweck der Norm und der Zweck-Mittel-Relation kaum. Die Entwicklung in Österreich nach der Relativierung der zuvor von der Rechtsprechung betonten, die Gesamtnichtigkeit favorisierenden Willensdoktrin20 , zeigt, wie schwierig die Konkretisierung auch dann ist, wenn Sinn und Zweck der Verbotsnorm berücksichtigt werden, wie dies seit OGH SZ 3 Nr. 2 der Fall ist. Steht der Schutz des Käufers oder Mieters vor Ausbeutung im Vordergrund, so bevorzugt die Rechtsprechung Teilnichtigkeit21 • Wird hingegen der Zweck des Gesetzes im Schutz und in der Durchsetzung der behördlichen Maßnahmen und Einrichtungen gesehen, die zur ordnungsgemäßen Verteilung der Bedarfsgüter und Leistungen getroffen wurden, so wird wohl unter dem Einfluß generalpräventiver Überlegungen zugunsten der Gesamtnichtigkeit entschieden 22 • Das Schwanken der Judikatur zwischen diesen beiden Polen und die Schwierigkeit, sich auf eine Lösung festzulegen ist sehr schön dargestellt in jenem Entscheid, der die Praxis der Reduktion eines wucherischen Mietzinses wohl endgültig begründet hat 23 • Hier findet sich auch die wohl ausführlichste Darlegung von Sinn und Zweck der Mietzinsbindung. Der Gesichtspunkt der effizientesten Vorbeugung wird angeführt und verschiedene Rechts- und Interessenbereiche werden ausgegrenzt, so allgemeine Interessen wie Stabilisierung des Preisniveaus, Erhaltung des Geldwertes, dann auch in zweiter Linie das Gruppeninteresse der Mieter. Den Ausschlag gibt die Effizienzprüfung aufgrund eines simulierten Ablaufs. Bei dem in Österreich weitgehenden Kündigungsschutz könnte der Vermieter an der Nichtigerklärung des gesamten Vertrages interessiert sein, um den bisherigen Mieter, der nur noch den zulässigen BGE 7511 305 E. 7dd. Gesamtnichtigkeit nahm noch an OGH GH 1918, 352; offenbar auch OGH ZBl 1916 Nr. 53 und Nr. 88 (bei Mayer-Maly, FS Demelius, 151 Fn. 48, 49). 21 OGH SZ 3, Nr. 62; OGH SZ 9, Nr. 88; OGH JBl1931, 417; OGH JBl1936, 345; OGH EvBl1958, Nr. 93; OGH SZ 34, Nr. 14; OGH EvBl1962, Nr. 111 = MietSlg Bd. 13, Nr. 46. 22 OGH JBl1950, 268; OGH EvBl1951, Nr. 236; OGH JBl1953, 210; OGH JBl1955, 199; OGH EvBl1959, Nr. 243; OGH JBl1960, 17. 23 OGH EvBl 1962, Nr. 111 = MietSlg Bd. 13, Nr. 46; vgl. auch Mayer-Maly, FS Demelius, 150ff.; ds. FS Hellbling (1981), 34f. 19

20

104

3. Teil: Rechtsvergleichende Synthese

Mietzins bezahlen möchte, hinauszuwerfen, um alsdann mit einem neuen wiederum den Versuch zu machen, an der Preisspirale zu drehen mit den befürchteten Folgen für die Preis- und Inflationsentwicklung. Durch die Aufrechterhaltung der niedrigeren Miete zum zulässigen Preis wird aber der - nach Ansicht des OGH im Vordergrund stehende - Zweck der Erhaltung der Preisstabilität und des Geldwertes im Inland effizienter erreicht. Da die Frage der Anwendung auf andere Fallgruppen offengeblieben ist, sich aber doch die Tendenz zur Entscheidung für grundsätzliche Restgültigkeit unter dem Einfluß der Lehre 24 auch in der Judikatur immer stärker durchsetzte 25 , war eine normative Lösung angezeigt. Die Novellierung von § 917 a ABGB hat nun die Regel, daß bei Höchst- oder Mindestpreisen die Vereinbarung bestehen bleibt unter Anpassung des Entgelts an die gesetzliche Höhe, wenn die Bestimmung zum Schutze eines Vertragspartners erlassen worden ist, zum Gesetz erhoben26 • Doch bleibt die Frage nach der Steuerungsfunktion, der Effektivität und der Zielrichtung des Gesetzes noch stets zu beantworten, wenn der Schutzzweck nicht eindeutig ausgesprochen ist, oder wenn er mit einem komplexen Instrumentarium verfolgt wird 27 • Soll wirklich, um bei einem Beispiel aus dem Mietrecht zu bleiben, das Verbot der Ablöse im Allgemeininteresse erlassen worden sein28 , so müßte sich die Nichtigkeit gegen den fortsetzungswilligen Mieter kehren. Im Zweifelsfall wird aber sicher die Kompetenz des Richters zur quantitativen Reduktion anzunehmen sein. Ungeklärt bleibt jedoch nach wie vor, wie der Richter den angemessenen Preis bestimmt, wenn er einzig aufgrund der in § 879 ABGB liegenden Ermächtigung vorgehen muß, oder wenn sich das Gesetz darüber ausschweigt. Die Frage nach der wirtschaftlichen Dimension des Falles wird unausweichlich.

Zu einer weiteren Differenzierung, die den wirtschaftlichen Kontext rechtlicher Regelungen hervortreten läßt, ist die deutsche Rechtsprechung gelangt. Schon im ersten Weltkrieg hatte das RG aufgrund des Verbotszwecks eine unzulässige Preisvereinbarung auf die gesetzliche Höhe korri24 Zur Entwicklung vgl. Koziol/ Welser, Bd. 1,125f.; ferner Gschnitzer in Klang, ABGB, 2. A., Bd. IV,I, 169f.; Ehrenzweig, Bd. 11,1, 162; Mayer-Maly, GS Gschnitzer, 283. 25 Vgl. etwa OGH JBl1972, 322, 323. 26 Mit gleicher Tendenz die in diesem Rahmen (§ 35 KSchG) erfolgte Novellierung von § 7 WuchG für ein sich in Abwicklung befindliches oder abgewickeltes Darlehen. 27 Vgl. H. Honsell, Stil, 22: "Bei den uferlosen Details der heutigen Gesetzgebung ist das Grundprinzip, die leitende Erwägung, von der man einmal ausgegangen war und die der einzige Maßstab einer Gerechtigkeitskontrolle sein könnte, ohnehin oft schon verlorengegangen. Man steht vor einem technisierten Regelwerk ohne klare Leitlinien, begreift den Sinn von Ausnahmen und Unterausnahmen nicht mehr." 28 Wie noch OGH EvBl 1961 Nr. 430 = MietSlg Bd. 13, Nr. 31 angenommen hatte; dagegen aber zu Recht Apathy, FS Eichler, 1 - 25; ferner Krejci in Rummel, ABGB, Rz 189 zu § 879.

VII. Schutzzweck

105

giert 29 . Zwei Gesichtspunkte führten zu diesem Ergebnis; es sollte nämlich nicht nur negativ der Erfolg der Einhaltung der Preisvorschriften erreicht werden, sondern auch positiv die Zirkulation der Vorräte nicht über dem festgesetzten Höchstpreis. Wenig später hat es eine interessante Steuerungsfunktion einer solchen Vorschrift erhellt: Der auf tiefem Niveau festgesetzte Höchstpreis für Gerste sollte die Bauern dazu animieren, diese als Futtermittel zu verwenden, statt an die Brauereien zu liefern und deshalb den für die Ernährung der Bevölkerung wichtigen Roggen als Viehfutter heranziehen zu müssen 30 . Ähnlich wie in der neueren Praxis des OGH wurden auch wucherische Mietzinsen lediglich auf die angemessene Höhe reduziert, um im Gefüge der sozialen Marktwirtschaft den Mieter vor Preistreibereien zu schützen und den sog. Sozialwucher zu bekämpfen. So könnte das Anliegen am besten verwirklicht werden, Wohnraum, dessen der Eigentümer nicht bedarf, Dritten zugänglich zu machen31 . Schon das RG nahm aber eine Differenzierung vor und kam bei sog. Anlagegeschäften, die den Grundstückverkehr betrafen, zum Schluß, daß hier der Aspekt der Warenzirkulation unwesentlich sei32 , und dem Wohl der Allgemeinheit auch mit einer bloßen Überwachung Genüge getan werde 33 . Deutlich wird in den Entscheidungen des RG der Schutz des Eigentümers vor seiner eigenen Begehrlichkeit, der mit der Betonung des ideellen Wertes des Eigentums noch ideologisch überhöht wird 34 . Doch auch die spätere Rechtsprechung des BGH blieb bei dieser Differenzierung im Falle der Verpachtung eines Kinos zu übersetzten Pachtzinsen35 . Damit wurde nicht nur eine in wirtschaftlicher Hinsicht, vor allem für Industriegüter, problematische und im Einzelfall zu schwierigen Wertungsproblemen führende Unterscheidung in Anlage- und Umsatzgüter vorgenommen, sondern auch der vom OGH36 herausgestellte währungspolitische Aspekt vernachlässigt, wie die Kritik bemerkte37 . Drei Länder, drei Antworten auf den Zweck der Verbotsgesetze, wie sie in wirtschaftlich durchaus vergleichbaren Situationen gegeben wurden. Diese 29 RGZ 88, 250, 251. 30

RGZ 89, 196, 198.

33

RGZ 168, 307, 313.

31 LG Köln NJW 1965,157,159; weitere Nachweise bei Zimmermann 35f. 32 RGZ 166, 89, 96f.

34 Vor allem in RGZ 168, 307, 314 bei der Verpachtung einer Jagd: "Edle Kunst des

deutschen Waidwerks", "Vertiefung der Liebe des Deutschen zur heimatlichen Scholle" ... "Unlösliche Verbundenheit des Jagdrechts mit dem Recht an der Scholle". 35 BGH LM Nr. 8 zu § 134 BGB. 36 S. o. F. 23. 37 Vgl. Rinck, AcP 1952/53, 498ff.; Pawlowski, Rechtsgeschäftliche Folgen, 192 Fn. 104; zustimmend hingegen Flume, WuW 1956, 460f.; Pierer von Esch 98f.

106

3. Teil: Rechtsvergleichende Synthese

Differenzen, die durch die zuweilen herrschende Uneinheitlichkeit in der einzelstaatlichen Rechtsprechung noch unterstrichen wird 38 , lassen erkennen, daß die Besinnung auf den Zweckgedanken nicht der Königsweg sein kann. Er ist zwar geeignet, wie Hager vorgeführt hat, zur Klärung der Legitimationsgrundlage des richterlichen Reduktionsrechts wesentliches beizutragen. Er mag auch, wie wir am österreichischen Beispiel gelernt haben, dazu animieren, die wirtschaftspolitische Problemstellung auf die rechtliche Ebene zu transponieren. Doch ein Zwang, die Wertungsmaßstäbe offenzulegen, besteht nicht; deren Auswahl kann zufällig sein und die Wertung verborgen. Leicht kommt der Verdacht auf, es werde in den Verbotszweck hineingelegt, was man wie in der spanischen Herberge wieder herausholen möchte. Nur eines läßt sich mit einiger Sicherheit aus der rechtsvergleichenden Annäherung herauslesen: die Tendenz zur Aufrechterhaltung des Vertrages. Doch können hier auch andere, verdeckte Gründe wie vermeintliche oder tatsächliche leichtere Praktikabilität die entscheidende Rolle spielen. VIß. Verhalten nach Treu und Glauben Wir wollen unter dem Aspekt des Verhaltens nach Treu und Glauben nur die Problemlagen ins Auge fassen, bei denen einzelne Vertragsbestimmungen mit Hilfe dieser GeneralklauseI reduziert werden, während wir jene Fälle beiseite lassen, in denen dieses Instrument auf der Rechtsfolgeseite die an sich gebotene Nichtigkeit abwenden soll. Daher bleibt die Rechtsprechung zur Behandlung von Individualinteressen im Rahmen von § 138 BGB in den Fällen eines einseitigen Sittenverstoßes l oder der Berufung auf Sittenwidrigkeit vor der eigenen aber nach der Inanspruchnahme der fremden Leistung2 unberücksichtigt. Ebensowenig betrachten wir die Fallgruppen, bei denen entweder der nichtige Teil nicht relevant wird3 , oder die Nichtigkeit nur jenen Teil des Rechtsgeschäfts betrifft, der eine Regelung ausschließlich zugunsten des an der Restgültigkeit interessierten Partners enthält 4 • Desgleichen fällt auch die bei Dauerschuldverhältnissen nach Treu und Glauben stets gegebene Kündigungsmöglichkeit aus wichtigem Grund in unserer Darstellung außer Betracht5 • Vgl. für die BRD die Darstellung der Praxis bei Hager 79ff. Vgl. dazu v. Tuhr, AT BGB, Bd. II,2, 42ff. (speziell zur Wucherproblematik Fn. 136 mit Lit.); Soergel / Hefermehl, 11. A., Rz 50 zu § 138 BGB; Staudinger / Schmidt, 12. A., Rz 428 zu § 242 BGB. 2 Vgl. OLG Celle BB 1968, 642; Soergel / Hefermehl, 11. A., Rz 50 zu § 138 BGB; Staudinger / Schmidt, 12. A., Rz 429 zu § 242 BGB. 3 Vgl. RGZ 153, 59, 61; Flume, AT II, § 32.7; Soergel / Hefermehl, 11. A., Rz 42, 43 zu § 139 BGB; Pierer von Esch 89ff.; Staudinger / Schmidt, Rz 432 zu § 242 BGB. 4 Vgl. RG JW 1916,390; RGZ 86, 323, 326; 91,359,362; 121,80,84. BGH WM 1959, 566; BGH NJW 1967, 245; OLG München MDR 1959,925; Enneccerus / Nipperdey, AT, § 202.1V.2; Erman / Brox, 7. A., Rz 33, 35 zu § 139 BGB; Pierer von Esch 84ff. 38 1

VIII. Verhalten nach Treu und Glauben

107

In BGE 80 II 327 E. 4 b hat das BGr, nachdem es die Teilbarkeit des wucherischen Darlehensentgeltes in eine gültige Vereinbarung von 5% Zinsen einerseits und andererseits in eine wucherische Abschlußkommission bejaht hatte 6 , nicht nur den hypothetischen Willen untersucht, sondern aus der Offizialmaxime auch die Kompetenz abgeleitet, Nutzen und Schaden der beiden Parteien zur Zeit des Prozesses abzuwägen. Da der Bewucherte schon aus der Teilnichtigkeit einen Nutzen ziehe, wäre es mißbräuchlich, dem Gegner durch Beharren auf der Gesamtnichtigkeit einen Schaden zuzufügen, hieß die Begründung. Da sich in den typischen Fällen des Kreditwuchers und der überlangen Bindung eine Reduktion stets als relativer Nutzen für den sittenwidrig Gebundenen, doch gleichzeitig auch als relativer Vorteil für den andern Teil erweist, wäre dieser - im Grunde genommen aus dem Bereicherungsrecht entlehnte7 - Gedanke nur dann fruchtbar, wenn aus ihm konkrete Handlungsanweisungen für den Richter hervorgingen. Kriterien, wie sie eine bereicherungsrechtliche Analyse nahelegen würde, beispielsweise eine Beurteilung aufgrund der bei Vertragsschluß vorhandenen Marktlage 8 , wurden aber nicht herausgearbeitet. Es blieb dabei, eine mehr zufällig durch den konkreten Vertrag nahegelegte Abtrennung mit einem Gerechtigkeitsargument abzusegnen. Wie die in einem andern Urteil ventilierte Reduktion eines unbegrenzten Kaufrechts aufgrund von Art. 2 ZGB praktisch vorgenommen werden soll, wurde ebensowenig konkretisiert, da sich für ein zu nicht spekulativen Zwecken eingeräumtes Kaufsrecht mit unbegrenzter Dauer diese Frage dem BGr offenbar schon gar nicht aufgedrängt hatte 9 • Einen interessanten Weg unter dem Zeichen der GeneralklauseI beschritt der OGH. Er verzichtete auf das pönale Element im Sittenwidrigkeitsverdikt und suchte die Lösung mit Blick auf die Vertragspraxis oder das Verhalten der Parteien im Prozeß. Im ersten solchen Fall hatte die berechtigte Partei nicht die nach dem Wortlaut des Vertrags denkbare immerwährende Dauer der Bezugsbindung festgestellt wissen wollen, sondern ihr Klagebegehren offenbar auf die Dauer von vier Jahren eingeschränktl o. Wenn damit, so der OGH, das sittenwidrige Element beseitigt würde, wäre die Bindung 5 Vgl. Merz, Berner Kommentar, N 332 zu Art. 2 ZGB; Gierke, JherJb 1914, 391; RGZ 78, 385, 389; BGH NJW 1970, 2243. 6 S.o. 2. Teil, 1,2 bei Fn. 10; 3. Teil, 1,2 nach Fn. 113. 7 Pomp. D. 50.17.206 lure .~aturae aequum est neminem cum alterius detrimento et iniuria fieri locupletiorem. Ahnlich Pomp. D. 12.6.14. Zum Zusammenhang mit der Konzeption des Bereicherungsrechts im schweiz. OR vgl. Kau!mann-Bütschli 108ff., 182ff. 8 Wie sie die Verfechter einer Berücksichtigung der Zinsen beim Bereicherungsanspruch vorschlagen, vgl. Medicus, GS Dietz, 61ff.; Canaris, WM 1981, 985 mit weiteren Nachw. in Fn. 42. 9 BGE 71 II 158 E. 3. 10 OGH Rsp 1935, Nr. 188.

108

3. Teil: Rechtsvergleichende Synthese

zumutbar und kein Grund zu einer noch früheren Auflösung mehr auszumachen. In der Konsequenz heißt das, die Klarheit der Rechtsfolge - Gesamtnichtigkeit bei "ewigen" Verpflichtungen - zuungunsten der verpflichteten Partei zu verändern. Ein Ausweg aus dem Dilemma kann die Weiterentwicklung dieser Rechtsprechung zeigen, nämlich die Ausmarchung der zulässigen Dauer in den Vergleichsverhandlungen vorzunehmen und den Verpflichteten unter Berufung auf die Generalklausel von Treu und Glauben auf eine ihm günstige Vergleichsofferte oder richterlichen Vergleichsvorschlag festzulegen ll . Doch auch da muß sich die Frage nach den anzuwenden Maßstäben bei der Beurteilung der Vergleichsvorgschläge stellen, will man nicht neuen Beliebigkeiten den Weg bahnen.

In Deutschland hat der einhellig anerkannte Grundsatz der vorrangigen Prüfung unter dem Blickwinkel von § 242 BGB vor jenem von § 138 BGBl2 im Falle der Kollision einer Globalzession künftiger Forderungen mit dem verlängerten Eigentumsvorbehalt des Warenlieferanten zu direkten quantitativen Reduktionen geführt, deren Maß durch den vorrangigen Eigentumsvorbehalt bestimmt wird l3 . Das Problem der richtigen Berechnung wurde damit auf einer formalen Ebene gelöst. Ob das Resultat unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten allerdings haltbar ist, bleibt mehr als fragwürdig 14 • Das ist um so bedenklicher, als die rechtlich-formale Lösung keineswegs zwingend und unumstritten istl 5 . Für uns als Ergebnis vorläufig festzuhalten ist die Tatsache, daß auch in Deutschland eine Reduktion auf interpretativem Weg unter Anwendung der GeneralklauseI von Treu und Glauben möglich ist, um praktikablere Auswirkungen auf der Rechtsfolgeseite zu erzielen 16 • Die Übergänge zwischen § 138/139 BGB und § 242 BGB sind oft weniger scharf, als es die klaren theoretischen Abgrenzungen erwarten ließen l7 . OGH SZ 32, Nr. 133 = EvB11960, Nr. 126. Vgl. statt vieler Staudinger / Schmidt, 12. A., Rz 238 zu § 242 BGB. 13 Vgl. Kaduk, FS Larenz (1973) 700ff.; BGHZ 72, 308, 315f. = NJW 1979, 365 mit Zusammenfassung der Rsp. Von einer "interpretativen Rettung" spricht Mayer-Maly, MünchKomm, 2. A., Rz 90 zu § 138 BGB. 14 Dagegen spricht schon die von Adams durchgeführte ökonomische Analyse, welche die Sicherungsübereignung weit negativer bewerten läßt (123ff., 276ff.) als die Sicherungsabtretung (135 ff., 287 ff.). 15 Zur Kontroverse um die rechtlich-formale Bewältigung vgl. Drobnig, VerhDJT 51 (1976) Bd. 1, Gutachten F, 41ff. 16 Auf ähnlichem Weg scheint Eckstein, ArchBürgR 41 (1915) 190f. vorgegangen zu sein, wenn er statt der Anwendung der §§ 139/140 BGB eine Einrede geben will; in dieser Weise jedenfalls auch aufgefaßt von Herzog 54ff. Ähnlich kommt Spethmann 24 ff. zu drei Grundsätzen, welche sich wie eine Konkretisierung der Generalklausei von Treu und Glauben lesen, obwohl er die Heranziehung der exceptio doli generalis ablehnt und konstruktiv über die Interpretation der Nichtigkeit ~on § 139 BGB als Unwirksamkeit vorgeht. 17 Vgl. Hager 167f. 11

12

VIII. Verhalten nach Treu und Glauben

109

Die zu unserem Problemkreis der Bezugsbindungen gehörenden Fälle betrafen andere harte, für den Schuldner nachteilige Klauseln wie drükkende Konventionalstrafen, Sicherungsübereignung des Inventars, sofortige Fälligkeit der Verbindlichkeit des Verpflichteten gegenüber dem Gläuber bei einem Pflichtverstoß unter Aufrechterhaltung seiner Abnahmeverpflichtungl8 . Ein Eingriff in die Dauer eines Vertragsverhältnisses ist dort zu erblicken, wo die Bindung eines Kinobesitzers an einen Reklamevorführungsvertrag, der sich jeweils auch auf neuerworbene Kinos erstrecken soll, ebenfalls für diese auf die Dauer des Grundvertrages limitiert wird l9 . Doch auch bei dieser Lösung bleibt die Abgrenzung zufällig, was man nicht zuletzt daran ablesen kann, daß heute der BGH eine solche Klausel wortwörtlich nimmt und für nichtig erklärt 2o . An Veränderungen im sprachlichen Umfeld kann dies kaum liegen, doch werden die Wertungsgrundlagen und -maßstäbe trotz der zusätzlichen Berufung auf § 9 AGBG nicht transparent. Angeregt wurde in einem Urteil anfangs der Fünfziger Jahre das Vorgehen, eine ausbedungene Gesamtabnahmemenge, welche indirekt die Vertragsdauer auf 25 Jahre ausgedehnt hätte, mit Hilfe der Einrede der unzulässigen Rechtsausübung zu reduzieren 21 . Doch die Frage nach dem ökonomischen Instrumentarium zur Ermittlung der Grenze des Zulässigen würde sich nicht anders als bei den übrigen Lösungsvarianten stellen; sie wurde im Urteil aber nicht einmal gestreift. In einer Fallgruppe, jener der nicht genehmigten, genehmigungsbedürftigen Wertsicherungsklauseln, führt die Heranziehung des Grundsatzes von Treu und Glauben zu einem flexiblen Anpassungsprozedere, das zunächst die Gesichtspunkte ökonomischer Rationalität auf die Parteien verlagert. Diese sind nämlich, soweit ihre Genehmigung noch nicht rechtskräftig versagt worden ist und soweit eine Wertung aufgrund des hypothetischen Parteiwillens die grundsätzliche Einwilligung zu einer Wertsicherungsklausel ergibt, nach Treu und Glauben verpflichtet, zu einer in der Wirkung ähnlichen genehmigungsfähigen Gleit- oder Leistungsvorbehaltsklausel die Zustimmung zu geben 22 . Diese Klausel gilt dann als von Anfang an vereinbart 23 • Sie läßt sich auch auf dem Weg der ergänzenden Vertrags auslegung gewinnen 24, und gestützt darauf kann der Schuldner direkt auf Zahlung 18 RGZ 152, 251, 255, 258 ; dazu BGH JZ 1952, 366. Zur Fallgestaltung vgl. auch WM 1977, 641 und RG JW 1936, 569 . 19 BGH BB 1964, 282 = MDR 1964, 747 . 20 BGH NJW 1982, 1693; BGH NJW 1983, 159, 160. 21 BGH JZ 1952, 366. 22 Vgl. BGH WM 1980, 593, 595; BGH NJW 1973, 1498; BGH NJW 1967, 830; dazu und mit weiteren Nachweisen Dürkes, E 1 ff. 23 BGH WM 1980, 593, 595 24 BGH WM 1979,252, BGH WM 1976, 385, BGH NJW 1975, 44 ; entgegen Dürkes, E 31 jedoch nicht durch Konversion (dazu s. u. 3 Teil,IX.1.b).

110

3. Teil: Rechtsvergleichende Synthese

verklagt werden 25 . Die Anmeldung einer nicht genehmigungs fähigen Klausel zum Ziel, den ganzen Vertrag nichtig zu machen, ist verpönt 26 : Das vom öffentlichen Recht gebotene Verhalten tritt hinter der Kooperationspflicht der Parteien zurück. Der Mitwirkung bei der Änderung sollen sie sich nicht entziehen. Für uns entscheidend ist, daß sich die privatrechtliche Diskussion fast ausschließlich auf eine formale Ebene fixiert und darauf beschränkt, das Ziel der Rettung der Klausel in den Griff zu bekommen. Die Frage der gesamtwirtschaftlichen Einbettung und der sozialen wie ökonomischen Auswirkung, die gerade hier manifest wäre, wird von der Rechtsprechung kaum aufgenommen. Die gemäß § 3 S. 2 WährG durch die Deutsche Bundesbank erlassenen Genehmigungsrichtlinien werden nicht als Maßstab gebraucht, wozu sie als Steuerungsmittel eigentlich gedacht sind, sondern durch einen juristischen Kniff, nämlich eine restriktive Auslegung, praktisch unterlaufen und der vertragsrechtliche Valorismus wieder hergestellt27 • Wenn eine Anlehnung an eine ökonomische Theorie dahintersteht 28 , so wird dies jedenfalls verschwiegen, um den Glauben an den stabilitätspolitischen Nominalismus nicht zu gefährden. Zwei Modelle stehen einander gegenüber, die sich widersprechen, jenes ausformulierte der Deutschen Bundesbank und jenes nicht ausformulierte, von den Grenzen des Machbaren ausgehende des BGH. Damit entziehen sich aber die Zivilgerichte der Aufgabe, Leitlinien eines ökonomischen Modells nachzuziehen, sei es in Zustimmung, sei es in offenem Widerspruch. Von Methodenehrlichkeit kann keine Rede mehr sein. Ähnliche Probleme der Nachvollziehbarkeit des gefundenen Resultates auf methodischer Ebene stellt auch die schweiz. und österr. Praxis. Wenn in der Schweiz offenbar mit Hilfe von Art. 2 ZGB ein wirtschaftlich vernünftiges Ergebnis erzielt werden soll, so ist doch die Frage zu stellen, ob es dabei angeht, die wirtschaftskonforme Lösung auf eine zufällige Vertragsgestaltung abzustützen. Sollen bereicherungsrechtliche Überlegungen bei der Beurteilung eines teilnichtigen Darlehensvertrages weiterentwickelt werden 29 , so läßt sich die Frage nicht umgehen, ob denn die wirtschaftliche Vgl. Dürkes, E 5 und die vorstehenden Urteile. Dürkes, E 17 f. 27 So treffend BTÜggemeier, AlternativK., Rz 26 vor § 244; 245 BGB. Zur Gefahr der Selbstverstärkung von Inflationsprozessen durch solche, nach herrschender Rsp. zulässigen Indexklauseln bei Geschäften mit leidlich synchronem Leistungsaustausch eindringlich Stützel 64ff., 78. 28 Zum Dilemma, daß die Gerichte den offen marktwirtschaftsfremden stabilitätspolitischen Nominalismus gerade als tragenden Pfeiler einer marktwirtschaftlichen Ordnung begreifen, BTÜggemeier, AlternativK., Rz 23 vor § 244; 245 BGB mit Hinweis auf die, eine marktwirtschaftliche Lösung fordernde Lit. Rechtspolitisch zurückhaltend Horn in. Gutachten, Bd. 1,590; cis., Geldwertveränderungen, 24ff., 38ff. 29 BGE 80 II 327 E. 4 b: .. Es liegt im Wesen der nicht im öffentlichen, sondern im privaten Interesse und durch Treu und Glauben gebotenen Ordnung der Nichtausdeh25

26

IX, 1. Andere Auswege: Konversion

111

Funktion des Darlehens bei der Abwägung von Nutzen und Schaden nicht in den Vordergrund gerückt werden müßte. Solche Fragen sind auch an die flexible österr. Lösung einer Neuaushandlung zu richten. Wieweit kann sie den Richter davon entbinden, auf rationaler Ebene zu einem wirtschaftlich vertretbaren und verantwortbaren Ergebnis zu kommen? Soll der stärkeren Vertragspartei nochmals die Möglichkeit eingeräumt werden, eine für sie möglichst günstige, dem Richter ohne weitere Prüfung der wirtschaftlichen Lage und Daten plausibel und evident erscheinende Reduktion durchzusetzen? Verneint man dies auf dem Hintergrund der geltenden Privatrechtsordnung, so darf man auch bei der juristischen Behandlung des Einzelfalls die ökonomische Grundlage und die gesamtwirtschaftliche Einbettung nicht einfach ausblenden. Zusammenfassend läßt sich zur Rechtsprechung der drei untersuchten Länder sagen, daß zwar auf dem Weg der Auslegung nach Treu und Glauben versucht wird, zu einem wirtschaftlich vernünftigen Resultat zu kommen. Die wirtschaftliche Dimension und die Interessenkonstellationen in spezifischen Problemlagen werden aber nie durchleuchtet. Sie wirken daher oft als zufällig. Sie geben allenfalls Auskunft über die Legitimation zum moderierenden Eingriff - wie die in dieser Hinsicht wichtige und verdienstvolle Arbeit von Hager -, selten jedoch über das Maß der Reduktion. IX. Andere Auswege und Gestaltungen 1. Konversion

Nicht zuletzt vom Bemühen getragen, den sittenwidrigen Vertrag in seiner wirtschaftlichen Zwecksetzung zu retten, wurde in der deutschen Lehre versucht, die Konversion (§ 140 BGB) für die Aufrechterhaltung von Bezugsverpflichtungen fruchtbar zu machen!. Fischer sah § 139 BGB als Regel quantitativer Teilnichtigkeit, welche eine Reduktion nicht zuläßt, während § 140 BGB als Regel den Vertrag weitgehend vom Willen der Parteien ablöse 2 und es gestatte, ihn auch mit anderem Inhalt aufrechtzuerhalnung vom Teil auf das Ganze, daß entscheidend die Verhältnisse im Zeitpunkte des Prozesses und nicht der Vertragseingehung sein müssen. Denn die Partei, der geholfen werden soll, kann ... durch Erfüllung ihrer Verbindlichkeit eine Lage geschaffen haben, in der die Nichtigkeit des ganzen Vertrages statt der Besserstellung eine Schädigung zeitigen würde. Alsdann erscheint von Seite der Gegenpartei, die ... den Vertrag auch ohne den mangelhaften Teil geschlossen hätte und bereits aus der Teilnichtigkeit Nutzen zieht, die Geltendmachung der Ganznichtigkeit als mißbräuchlich." 1 Vgl. Fischer, FS Wach, Bd. 1, 179 - 274; Siller, AcP 138 (1938) 144 - 193; dagegen schon Oertmann, JW 1917, 256; gegen eine solche Lösung haben sich aus schweiz. Sicht ausgesprochen Weil 18ff.; Spiro, ZBJV 1952, 457; zur Situation in Österreich vgl. Binder, Konversion, 94 ff. 2 Fischer 20lf. Er bezeichnet dabei § 140 BGB als "Gesetzesbefehl, bei einem an sich nichtigen Rechtsgeschäft nicht gewollte, jedenfalls als gewollt nicht zum Aus-

112

3. Teil: Rechtsvergleichende Synthese

ten, "gleichviel ob die Art des Geschäfts sich ändert oder nicht"3. Ähnlich ging Siller vor, der von einer "rein inhaltlichen" Konversion spricht, die zulässig sei, soweit ein "gemeinsamer Willensbereich" bestehe4 • Auch Hager sieht trotz der reichlich widersprüchlichen Praxis hier einen Ansatzpunkt zur Begründung eines richterlichen Moderationsrechts 5 • Doch selbst wenn die Konversion diese Legitimationsbasis bieten könnte, so müßte doch die Beziehung zum wirtschaftlichen Hintergrund auf dem unsicheren und rechtstheoretisch kaum präzisierten Weg des Schlusses auf einen hypothetischen Parteiwillen gesucht werden 6 . Abgesehen davon verkennt diese Lehre Geschichte, Funktion und Anwendungsbereich der Konversion, sowie ihren Ort in der modemen Rechtsprechung, wie sie Krampe unlängst sehr eindrücklich nachgezeichnet hat7. Mit seiner Restriktion der Konversion auf die Aufgabe der Überwindung einer typengebundenen Auslegung - wofür die Konversion als besonderer Rechtsbehelf geschaffen wurde - gewinnt er eine Auslegungsregel für die Qualifikation des Rechtsgeschäfts zur Korrektur irrtümlicher Vorstellungen der Parteien bei der Qualifikations. Solche liegen bei den teilweise sittenwidrigen Bierbezugsverträgen jedoch nicht vor9 • Wie wenig tragfähig die von der älteren Lehre entwickelten Lösungsvorschläge sind, zeigt ein Urteil des OLG Stuttgart, das zu einem sittenwidrigen Vergleich ergangen war 10 • Darin hätte dem Beklagten als ehemaligem Geschäftsführer einer GmbH & Co. KG praktisch der volle Geschäftsverlust aufgebürdet werden sollen. Unter der Drohung mit einer strafrechtlichen Untersuchung hatte der Beklagte dieser Regelung zugestimmt. Was das Gericht nun bestehen ließ, war eine Ausgleichszahlung für den Geschäftsverlust in der Höhe von DM 40 000,-; gestrichen wurde die Sicherstellung der Klägerin vor noch weitergehenden Verlusten, hingegen zusätzlich bestimmt, daß die Ausgleichszahlung auf andere Ansprüche anzurechnen sei. Die in wirtschaftlicher Hinsicht herangezogenen Lösungskriterien wirdruck gelangte Rechtswirkungen auch ohne Willen und ohne Willenserklärung eintreten zu lassen, wenn sie dem praktischen Zweck des Geschäfts entsprechen und nicht dem Willen der Erklärenden widersprechen". 3 Fischer 193, 260f. 4 Siller 156, 169ff., 183f. 5 Hager 115ff., 154ff. 6 Vgl. Fischer 200f.; Siller 183ff. Das setzt auch das von Binder entwickelte Verständnis der Konversion voraus (107ff., 20lf.). 7 Krampe passim; vgl. ferner Zimmermann 84f. B Krampe 280ff. Dieses Ergebnis deckt sich rechtsvergleichend mit der Beobachtung, daß ABGB, C. civ. wie OR wegen der Selbstverständlichkeit der Regel auf ihre Kodifikation verzichten konnten. Dazu Mayer-Maly, FS Hellbling (1981) 33 f. unter Hinweis auf Unger, System, Bd. 2, 157f. Die Eigenständigkeit der Konversion als Rechtsbehelf betont demgegenüber Binder, Konversion, 65ff. 9 Vgl. Krampe 241ff. 10 JZ 1975, 572 (mit Anm. v. Krampe); dazu Krampe 243ff.

IX, 2. Andere Auswege: Bereicherungsrecht

113

ken zufällig. Bei der ursprünglichen Zuweisung des mutmaßlichen Geschäftsverlustes wäre es in diesem Urteil geblieben. Die Ökonomie des Vergleichs wurde jedoch nicht untersucht. Rechtslage und Prozeßrisiko, Schadensnachweis und Verschuldensprüfung blieben außer Acht; die Verkettung der Elemente wurde nicht berücksichtigt l l . Ein zufällig errechneter, im Vertrag festgehaltener Betrag diente als Kriterium zur Bestimmung der Rechtsfolge. Der BGH hob dieses Urteil schließlich auf. Das Sittenwidrigkeitsverdikt und die im Unterschied zu den Bierlieferungsverträgen angeblich fehlende Möglichkeit, den Teil, der allein den Vertrag zum sittenwidrigen mache, genau zu bestimmen, gaben den Ausschlag für die Gesamtnichtigkeit1 2 . Für uns jedoch wesentlich ist, daß auch in diesem praktischen Fall die Anwendung der Konversion auf den sittenwidrigen Vertrag keine Aspekte zutage gefördert hat, die der Entscheidung ein auch in wirtschaftlicher Hinsicht tragfähiges dogmatisches Fundament verschafft hätten. So würde die Konversion einzig als Legitimationsbasis zur Reduktion dienen, ohne daß damit dem Richter ein Mehr an Handlungsanweisungen in die Hand gegeben wäre. 2. Vertragsdenken im Bereicherungsrecht

Nichtig heißt nicht ungeschehen l3 . Die Gesamtnichtigkeit zeigt ihre Kehrseite im Problem der Rückabwicklung des Vertrages. In Deutschland entstanden mannigfache Schwierigkeiten aus der Dogmatisierung durch das BGB und die Gerichtspraxis. Die Nichtigkeitssanktion der §§ 138/139 BGB erhält ihr konsequentes Gegenstück im Ausschluß der Kondiktion sittenwidriger Leistungen (§ 817 S. 2 BGB)l4, der - um ihm überhaupt eine eigenständige Bedeutung zu verschaffen - über den engen, auf § 817 S. 1 BGB verweisenden Wortlaut hinaus auf alle Typen der Leistungskondiktion 15 Vgl. die Stellungnahme des BGH in BGHZ 68, 204, 207 f. BGHZ 68, 204 = JR 1977, 410 (mit Anm. v. Lindacher). 13 So schon Spiro, ZBJV 1952, 461 Fn. 1. Darüber war sich schon Windscheid im klaren, vgl. Windscheid / Kipp (9. A.), Bd. 1, § 82 Fn. 2 (S. 424): "Das nichtige Rechtsgeschäft existiert für das Recht nicht; tatsächlich ist es vorhanden. Es ist ein Körper ohne Seele; aber deswegen nicht weniger ein Körper." (vgl. auch schon ds., Zur Lehre des Code Napoleon von der Ungültigkeit der Rechtsgeschäfte, Düsseldorf 1847, z.B. 150ff.). Im Kampf gegen ein als Popanz aufgebautes, striktes Dogma der Nichtigkeit verwechselt Huguenin 11 ff. also ein formales Anliegen, das hinter solchen Konzeptionen stand, mit einem inhaltlichen und rennt daher mit viel Getöse offene Portale ein, ohne daß sie gegenüber jenen pandektistischen, systematischen Ansätzen neue dogmatische Strukturen sichtbar machen könnte. 14 Allerdings war im Gesetzgebungsverfahren nie an einen Rückforderungsausschluß des Wucherers gedacht worden, vgl. Bericht der Reichstags-Kommission, Berlin 1896, 44; dazu H. Honsell, Rückabwicklung, 20f. Fn. 19. 15 Zur Beschränkung des Rückforderungsausschlusses auf die Leistungskondiktion vgl. Heimann-Trosien, RGRK, 12. A., Rz 1 zu § 817 BGB; Staudinger / Lorenz, 12. A., Rz 7 zu § 817 BGB; BGH WM 1967,1217,1218. Das scheint Zimmermann 173f. übersehen zu haben. 11

12

8 Bürge

114

3. Teil: Rechtsvergleichende Synthese

übertragen wurde 16 • Die Kondiktion war damit auch ausgeschlossen, wenn lediglich der Leistende gegen die guten Sitten verstoßen hatte. Die Ausgangsbasis zu diesem Schluß ist nicht etwa eine schlichte Analogie zum Schutz des unredlichen Empfängers, welcher in Zusammenwirken mit dem Leistenden gegen die guten Sitten oder eine Verbotsnorm verstoßen hatte17 , sondern der Versuch, den Wertungswiderspruch zwischen der Regelung dieser Situation und der Stellung des redlichen Bewucherten in dieser zugunsten des letzteren aufzulösen 18 . Zunächst mußte diese Rechtsprechung beim wucherischen Darlehen zur Abweisung aller Ansprüche des Wucherers führen 19 . Doch bald nahm das RG einen früheren Lösungsversuch des OLG Dresden 20 auf, und analysierte den Leistungsbegriff beim Wucherdarlehen in wirtschaftlicher Hinsicht2 1 . Danach stehen Kapitalnutzung und Nutzungsvergütung (Zins) einander als Leistung gegenüber; die Rückgabe der Darlehensvaluta ist lediglich Abwicklungsleistung. Aus dem nichtigen Vertrag oder - wenn die Kündigung nicht ausdrücklich geregelt wurde - aus den gesetzlichen Kündigungsbestimmungen 22 wird die Zeitdauer hergeleitet, während welcher der Rückgabeanspruch blockiert ist23 • Bei dieser Anleihe im Vertragsrecht blieb es indessen nicht. Selbst eine den sittenwidrigen Vertrag modifizierende Stundungsabrede wurde in die Rückabwicklung eingebaut 24 und schließlich wurde auch der Ruf nach Gewährung von Zinsen für die Nutzungsdauer laut. Als Leistung des Wucherers sollen sie sich am marktgerechten Zins orientieren25 • Damit wird der Gedanke der Abschreckungsfunktion sowie die Gesamtnichtigkeitsver16 Vgl. RGZ 63, 346; 151, 70, 72; 161,52,55; BGHZ 35, 103, 107; 50, 90, 91; Esser / Weyers, Bd. 2, § 49.IV.2; Koppensteiner / Kramer 74; Larenz, Schuldrecht, Bd. 2, § 69.lIl.b. 17 So Dauner, JZ 1980, 502. 18 Vgl. RGZ 151, 70, 74f. 19 RGZ 151, 70, 73f. 20 SeuffA 59, 144 (Nr. 81). 21 RGZ 161, 52, 56f. 22 Vgl. Staudinger / Lorenz, 12. A., Rz 12 zu § 817 BGB. 23 Vgl. auch Zimmermann 165. 24 BGH WM 1971, 857, 858. 25 So Medicus, FS Dietz, 66ff., 72ff.; ihm folgend Larenz, Schuldrecht, Bd. 2, § 69.III.b (12. A., S. 562 Fn. 3f.); Koppensteiner / Kramer 77; Rühle 70; Lieb, MÜDChKomm, Rz 17 zu § 817 BGB; Reich, JZ 1980, 334; Staudinger / Lorenz, 12. A., Rz 12 zu § 817 BGB; Canaris, WM 1981, 985f.; Schlothauer / Borggreve, ZKredW 1982, 964f.; ds., DB 1983, 1346f.; Bunte, NJW 1983, 2676f.; ds., WM Beil. 111984, 24; Esser / Weyers, Bd. 2, § 49.IV.3 (in der 6. A.); differenzierend Erman / Westermann, 7. A., Rz 20 zu § 817 BGB. Als Eingriffskondiktion sieht einen solchen Vergütungsanspruch Flume, AT 11, § 18.10.f; Joerges, AltemativK, Rz 10 zu § 817 BGB; ebenso Zimmermann 173f.; dagegen jedoch Staudinger / Lorenz ebd. Die Rsp. lehnt nach wie vor einen Vergütungsanspruch ab, vgl. etwa BGH NJW 1962,1148; 1963,1197,1198; BGH WM 1982, 1021, 1023; ebenso aus der neuesten Lit. Reuter / Martinek 53lf.; Reifner, JZ 1984, 639; J. Keßler, DB 1984, 655.

IX, 2. Andere Auswege: Bereicherungsrecht

115

mutung des § 138 BGB schon weit zurückgelassen und ersetzt durch die Kreation eines quasi-vertraglichen Interessenausgleichs. Den Stimmen gegenüber, die noch stets mit dem Argument der Rechtsschutzverweigerung arbeiten26 , ist festzuhalten, daß auf diesem konstruktiven Umweg der Wucherer letztlich das erhält, was sonst üblicherweise unter Marktbedingungen ausgehandelt wird27 • Mit einigem Recht wurde diese Lösung daher als Instrument richterlicher Vertragskorrektur mit Mitteln des Bereicherungsrechts charakterisiert28 . Diese Diagnose wird erhärtet, wenn wir die neueste Entwicklung der Rechtsprechung betrachten. Trotz der teilweisen und inkonsequent erfolgten Einbeziehung der Restschuldversicherung wenigstens zur Hälfte 29 für den zur Feststellung der Sittenwidrigkeit notwendigen Marktvergleich lassen sich offenbar Restschuldversicherung und Darlehensvertrag trennen 30 • Trotz der Nichtigkeit des letzteren bleibt jene gültig bestehen; daraus erbrachte Leistungen sind deshalb auf die Bereicherungsschuld anzurechnen. Ungeklärt bleibt dabei, wem die Obliegenheit zur Prämienzahlung zukommen soll, insbesondere ob der Wucherer wenigstens die Hälfte der Prämien, soweit der Vorteil der Versicherung nach Ansicht des BGH ihm zukommt, selber aufbringen muß. Mindestens für die andere Hälfte, wenn nicht für die ganze Prämie, ist bei einer solchen Fallanalyse an sich ein Bereicherungsanspruch gegeben 31 • Solche Widersprüchlichkeiten zeigen, wie das eben nicht für die Fortführung vertraglicher Verhältnisse geschaffene Bereicherungsrecht untauglich ist, in diesen Fällen die ökonomischen Rationalitäten sichtbar zu machen. Den selben Schwierigkeiten, planendes Wirtschaften mit Normen zu bewältigen, die umgekehrt retrospektiv wirtschaftliche Beziehungen anläßlich ihrer Liquidation erfassen, setzt sich Zimmermann mit der Betonung des Alles-oder-Nichts-Prinzips aus, da er die infolge seiner restriktiven Handhabung von § 139 BGB ihrer vertraglichen Struktur beraubten wirtschaftlichen Problemlagen nun im Bereicherungsrecht bewältigen muß 32 • Bei den Fällen des Mietwuchers, an denen er seine Lösung vorführt, wird 26 So Larenz, Schuldrecht, Bd. 2, § 69.lIl.b; Esser / Weyers, Bd. 2, § 49.IV; Flume, AT 11, § 18.10.a; dagegen mit guten Gründen H. Honsell, Rückabwicklung, 60ff.; zu den Widersprüchen vgl. auch Dauner, JZ 1980, 503ff. 27 Auf das Fehlen der die Rechtsschutzverweigerung kennzeichnenden Risikoverlagerung auf den Leistenden weist Dauner, JZ 1980, 504 hin. 28 So Dauner, JZ 1980, 504ff. 29 BGHZ 80, 153, 167f.; BGH NJW 1982, 2433, 2434; Zur Diskussion vgl. Rittner, DB 1981, 1381 - 1383; ds., DB Beil. 16/1980, 1 - 15; ds., ZKredW 1983, 143f.; Derleder, NJW 1982, 2404; v. Olshausen, ZHR 1982, 279ff. 30 KG Berlin NJW 1983, 291 nimmt Gültigkeit der Restschuldversicherung an; vgl. Rittner, DB Beil. 16/1980, 8f.; ferner BGH NJW 1980, 2076, 2078. 31 Zum Problem der Rückabwicklung vgl. Canaris, WM 1981, 983f. 32 Zimmermann 170ff.

S*

116

3. Teil: Rechtsvergleichende Synthese

nicht nur die Laufzeit, sondern überhaupt die ganze Gestaltung des Rechtsverhältnisses dem Vertrag entnommen33 • Um trotz der Blockierung des Rückgabeanspruchs bei zeitlich unbegrenzten Verträgen dem Vermieter den Zugriff zur Wohnung zu ermöglichen, ohne den Kündigungsschutz illusorisch zu machen, kann der Vermieter nur ein "Kündigungs " recht in Analogie zu § 546 b Abs. 2 Ziff. 1 BGB ausüben, das bei Widerspruch des Mieters in einen neuen Vertrag münden soll, wie ähnlich auch der zeitlich befristete Quasi-Vertrag, der analog zu Art. 2 des 2. WKSchG potentiell unbefristet wäre. Allein schon die Bestimmung des Inhalts des Vertrages, die Beurteilung der Verhandlungspflichten und die Lösung im Falle eines Scheiterns von Vertragsverhandlungen werfen Probleme auf, die im geltenden Bereicherungsrecht schwer zu lösen sind. Doch auch die Bestimmung der Rechte und Pflichten im ungekündigten Bereicherungsverhältnis hat ihre Stacheln. Dagegen nimmt sich die Konstruktion eines bereicherungsrechtlichen Wertausgleichs für den gehemmten Herausgabeanspruch nach § 985 BGB geradezu einfach aus 34, auch wenn die Bestimmung eines Marktpreises bei gestörten Marktverhältnissen durchaus ihre Tücken haben kann 35 . Oft ist er als Datum nicht so ohne weiteres verfügbar36 • Letztlich wird das ganze Vertragsdenken ins Bereicherungsrecht transponiert 37 • Wie vernachlässigt wirtschaftliche Kriterien in diesem Lösungsmodell sind, zeigt uns Zimmermanns Vorschlag zur Rückabwicklung sittenwidriger Bierlieferungsverträge. Unter der Prämisse, daß die Abwicklung des Rechtsverhältnisses im Urteilszeitpunkt im Gleichgewicht ist und somit die Kondiktionen saldiert werden, erscheint dies tatsächlich als unproblematisch38 • 33 Wie Zimmermann 165 selber sieht, wird hier der Wille der Parteien, der hinter dem nichtigen Vertrag steht, wieder relevant. 34 Dazu und zur teilweise erfolgten "bereicherungsrechtlichen Vertragsmoderation" in einem Bordellpachtvertrag, BGHZ 63, 365 = JZ 1975, 248 (439 Anm. v. H. Honsell); vgl. Dauner, JZ 1980, 505 Fn. 139; Lieb, MünchKomm, Rz 18 zu § 817 BGB. 35 Das scheint Zimmermann nur bei der Beurteilung einer Reduktion im Rahmen eines Vertrages zu sehen, nicht jedoch bei der genau gleichen Operation im Bereicherungsrecht, vgl. seine Anm. zu OLG Stuttgart NJW 1981, 2365 in JR 1982, 96. Dort schließt nämlich das Gericht auf die Vergleichsmiete, was er im bereicherungsrechtlichen Rahmen zuvor (S. 174) als unproblematisch betrachtet hat. 36 Zur Schwierigkeit der Bestimmung von Marktpreisen auf einem gestörten Wohnungsmarkt vgl. v. Olshausen, ZHR 1982, 264ff. Auf die Vergleichsmiete stellen hingegen ab OLG Stuttgart NJW 1981, 2365; OLG Karlsruhe NJW 1982, 1161; zustimmend Kohte, NJW 1982, 2803 - 2807, der den funktionierenden Markt als Voraussetzung sieht. Zur Problematik der Preisbestimmung unter der Prämisse eines Als-obWettbewerbspreises vgl. Möschel in Immenga I Mestmäcker, Rz 152ff. zu § 22 GWB. 37 So der Vorwurf von Hager 126; Grunsky, ZZP 1981, 116; H. Honsell, ZRG RA 1981,55lf. 38 Geradezu grotesk ist sein Argument, nicht nur die knebelnde Brauerei, sondern auch der Gastwirt habe sittenwidrig gehandelt. Denn solche "Kollusionen" gehören doch geradezu zum Erscheinungsbild von Wucher und Knebelung, ohne daß der Bewucherte ein "betrogener Betrüger" sein muß. Vgl. dazu auch die Bemerkung von G. Hager, AcP 1981, 449.

IX, 2. Andere Auswege: Bereicherungsrecht

117

Würde sich die Frage aber stets so präsentieren, könnte man den Streit, ob die Nichtigkeit ex nunc oder ex tunc wirkt, getrost auf sich beruhen lassen. Gerade Zimmermann, der zu Recht auf die Schwierigkeiten einer Isolierung der Vertragsdauer hinweist 39 , müßte sich bewußt bleiben, daß sich das durch die übermäßige Beschränkung der wirtschaftlichen Entscheidungsfreiheit gestörte Vertragsgefüge nicht leicht auf den Ausgangspunkt zurückführen läßt. Die einzelnen Teile müssen finanziell gewichtet, Risiken gegeneinander abgewogen und Sachnutzungen geregelt und bewertet werden. Die Komplementarität von § 817 S. 2 BGB mit §§ 138/139 BGB führt bei konsequenter Durchsetzung der Gesamtnichtigkeit fast automatisch zu einem Ausufern des Anwendungsbereichs der bereicherungsrechtlichen Norm4o , dem Zimmermann erlegen ist41 • Fast wahllos baut er vertragsrechtliche Elemente als Versatzstücke in das Bereicherungsrecht ein. Das vermeidet der Vorschlag von Honsell, die Regel von § 817 S. 2 BGB restriktiv auf die Fälle der Deliktsanstiftung und Deliktsvermeidung anzuwenden42 • Das würde die Problematik fast von selbst wieder auf das Vertragsrecht verlagern, wo ein genuin vertraglicher Interessenausgleich nun einmal hingehört43 • Das Unvermögen, das als Ausweg herangezogene Bereicherungsrecht als Instrument der richterlichen Vertragsgestaltung zu sehen, kennzeichnet die mit ihm operierenden Lösungsansätze. Das geflügelte Wort von der Fehlerkompensation44 ist nicht zu hoch gegriffen. liinter der juristischen Konstruktion verschwindet das Postulat nach Methodenehrlichkeit 45 . Funktionale Analysen sind unter solchen Bedingungen nicht zu erwarten, die Berücksichtigung wirtschaftlicher Rahmenbedingungen, an die das Privatrecht anknüpft, wird unmöglich 46 . Die Verbindung zwischen Dogmatik und Wirtschaft wird nicht hergestellt. Schlimmer noch: Die Konsequenzen, die solche Lösungsansätze rechtssystematisch im Bereicherungsrecht entfalten Zimmermann 47ff. Vgl. Dauner, JZ 1980, 504ff. 41 Zimmermann 158, 168. Erstaunlich ist nur, daß nicht auch hier seine Maxime Platz greift. "Nicht Sozialgestaltung, sondern Gesetzesgehorsam ist hier ihre Aufgabe." (S. 202). 42 H. Honsell, Rückabwicklung, 136ff. Zu Unrecht wird dessen Lösung von Zimmermann 169 Fn. 82 auch wegen mangelndem Verständnis für das hist. Element im traditionellen Auslegungskanon kritisiert. Denn eine hist. Analyse kann sehr wohl vergessene Lösungsmodelle aufarbeiten und sie für moderne Lösungswege fruchtbar zu machen versuchen. Zum Lösungsansatz vgl. im übrigen Wilburg in Klang, ABGB, 2. A., Bd. V, 478ff. 43 Vgl. Lieb, MünchKomm, Rz 17 zu § 817 BGB; ebenso Dauner, JZ 1980, 505; H. Honsell, ZRG RA 1981, 55lf. 44 Heck, AcP 124 (1924) 11 Fn. 20. 45 Vor der beliebten Überdehnung einer Norm als Strategie zur Vermeidung einer offenen Regelbildung hat schon Meier-Hayoz 144ff. unter Hinweis auf instruktive Beispiele gewarnt. 46 Vgl. z.B. Zimmermann 150ff. 39

40

118

3. Teil: Rechtsvergleichende Synthese

müßten, werden kaum bedacht47 • - Die sind aber durchaus wirtschaftlicher Art. 3. Teilwirksamkeitsklauseln

Wie wir schon gesehen haben, wird die Schuld an der unbefriedigenden Folge der Gesamtnichtigkeit im BGB im allgemeinen auf die Umkehrung der gemeinrechtlichen Maxime ,utile per inutile non vitiatur' zurückgeführt 48 • So liegt es deshalb nahe, diese Vermutung auf vertraglichem Wege wieder umzukehren 49 • Ein Vergleich mit der schweizerischen Regelung, die der gemeinrechtlichen Tradition verpflichtet ist, hat aber gezeigt, daß für die unerwünschten Auswirkungen nicht diese gesetzgeberische Entscheidung verantwortlich ist, sondern die systematische Ausrichtung des Privatrechts auf die Willensdoktrin 5o • Die ältere Maxime könnte man hingegen, überspitzt formuliert, als Reflex einer Auffassung sehen, die den Vertrag als gesetzte Ordnung begriffen hatte51 • Weil der Zusammenhang und die Spannung zwischen diesen beiden Rechtsschichten - dem Vertrag als einmal getroffener normativer Regelung und dem Vertrag als Ausdruck der Willensherrschaft der Parteien - nicht bemerkt wurde und die rechtsvergleichende Analyse deshalb an der Oberfläche blieb, glaubte man die gesetzgeberische Fehlleistung durch die Umkehrung der Vermutung im Vertrag beheben zu können. Die Schwierigkeiten blieben nicht aus. Was sich als Problem des "überraschenden Ergebnisses" präsentiert52 , ist nur das Resultat einer nicht am Parteiwillen orientierten Lösung53 • Gemäß dem Konzept des BGB wäre auch nicht die Teilwirksamkeitsklausel "unter Umständen einschränkend auszulegen", um sie bei Nichtigkeit grundlegender Bestimmungen nicht anwenden zu müssen 54, sondern es ist schlichtweg der Parteiwille zu ermitteln55 • Dazu bes. Dauner, JZ 1980, 505f. Vgl. Mayer-Maly, GS Gschnitzer, 281ff. und die rechtsvergleichende Übersicht bei Ligeropoulos, Rev. hell. dr. int. 1971, 4ff. 49 Dazu vgl. H. Westermann, FS Möhring, 139f. 50 Die "Hypertrophie des subjektiven Willens" - so Westermann 140 - manifestiert sich bereits im Systemansatz, wie wir oben festgestellt haben. 51 Vgl. zur neueren Problematik etwa L. Raiser in FS DJT 1960, 114ff. (= ds., Aufgabe, 73 ff.). 52 Vgl. Mayer-Maly, MünchKomm, 2. A., Rz 8 zu § 139 BGB. 53 Vgl. OLG München, NJW 1974, 1659, 1660; LG Nürnberg-Fürth VersR 1974, 814 (mit Anm. v. Fischer); BGH DB 1976, 2106, 2107; OLG Hamm GRUR 1980, 183, 185. 54 So aber BGH DB 1976, 2106, 2107. 55 Das scheint auch OLG Hamm GRUR 1980, 183, 185 anzunehmen, wenn es heißt "sie (sc. solche salvatorische Klauseln) ersetzen vielmehr nur den Grundsatz des § 139 BGB durch den Ausnahmesatz"; es bleibt aber dennoch auf halbem Wege stehen, wenn es dann auf Gesamtnichtigkeit erkennen will, "wenn ein wesentlicher Bestandteil nichtig ist". 47 48

IX, 4. Andere Auswege: Anpassungsklauseln

119

Die unscharfe Formel ist nur die Kehrseite der willenstheoretischen Zuspitzung des Vertragsrechts, die bei der Bewältigung wirtschaftlicher Realität zunehmend Mühe macht. Die Gültigkeit hängt demnach mehr von der Objektivierung des Parteiwillens und der dabei herangezogenen Wertungen ab. Abgesehen davon stellt sich aber vorgängig, nicht anders als bei der Vertragsgestaltung ohne Teilwirksamkeitsklausel die Frage der Teilbarkeit56 . Auf die Wertungsgesichtspunkte, die dabei eine Rolle spielen, haben wir bereits hingewiesen. Das Ungenügen, damit wirtschaftliche Vorgänge adäquat erfassen zu können, ist offen zutage getreten. Der scheinbare Ausweg stellt sich als formalistische Lösung und als blindes Vertrauen auf eine bloße Variante der Konstruktion heraus, dem diesmal die Parteien erliegen. 4. AnpassungskIauseIn und VerlängerungskIauseln

Mehr auf die Willensbildung der Parteien gerichtet sind Anpassungsklauseln, die für den Fall der Nichtigkeit einer Vertragsklausel die Alternative schon konkretisieren. Je nach Ausmaß ihrer Bestimmtheit nähern sie sich bloßen Teilwirksamkeitsklauseln an oder aber auf der andern Seite des Spektrums den Verlängerungsklauseln, die von vornherein darauf ausgehen, das Verdikt der Sittenwidrigkeit zu vermeiden. Statt einer überlangen Vertragsdauer wird eine kürzere vereinbart; mit der Verlängerungsklausel sichert man sich jedoch den darüber hinausgehenden Fortbestand des Vertrages im Grundsätzlichen 57 • Zugeständnis der ohnehin gegebenen Kündigung aus wichtigem Grund, Abwehr einer unzumutbaren Freiheitsbeschränkung der Parteien58 und Anpassung der Geschäftsgrundlage bei deren Änderung oder Wegfall 59 lassen sich mit ihr in einer Weise fixieren, daß sie der Richter weder als übermäßige oder gar als ,ewige' Bindung interpretiert 6o • Ohne Zweifel kommen dabei Fragen der Beurteilung wirtschaftlicher 56 Wie BGH JR 1977, 410 (Anm. v. Lindacher) zeigt; auch dort war eine - freilich einseitig begünstigende - Teilwirksamkeitsklausel vereinbart. 57 Vgl. die Beispiele bei Bilda 99ff. und die Problematik der Energielieferungsverträge, bei denen in der BRD das Recht zur ordentlichen Kündigung ohne zeitliche Beschränkung rechtswirksam ausgeschlossen werden kann, vgl. BGHZ 64, 288 = NJW 1975, 1268; ferner OLG München, OLGZ 1982, 192, 196; dazu statt vieler Futter, BB 1976, 1295 - 1298. Ähnlich ist die Lage in der Schweiz, wie BGE 89 11 138 E. 4 trotz Art. 842 Abs. 1 OR entschieden hat. 58 So die vergleichbare Situation bei der Vermeidung der Sittenwidrigkeit von Globalzession und Sicherungsübereignung in der BRD mit der vertraglichen Abwehr der Freiheitsbeschränkung, die vom BGH an sich anerkannt (vgl. BGH NJW 1974, 942, 943 bzw. BGH WM 1969, 1072, 1074) und in der Kautelarpraxis regelmäßig zum Vertragsinhalt erhoben wird (vgl. etwa Arnold / Mecke (Hrsg.), Formular-Kommentar, Bd. 4, 364 mit Fn. 1 c und 5, bzw. 627 mit Fn. 2, 14, 15, 23, 25). 59 Vgl. auch Flume, AT n, § 34.6.f. 60 Wie es in BGE 107 11 216 offenbar der Fall war.

120

3. Teil: Rechtsvergleichende Synthese

Daten und Regelungen auf den Richter zu, derer er sich nicht mehr mit dem Hinweis auf die Gesamtnichtigkeit der Vereinbarung oder der Unzuständigkeit zur Anpassung der Geschäftsgrundlage entschlagen kann. Diese Größen, nämlich das wirtschaftliche Fundament, die beiderseitige Interessenlage und die vorgesehene Risikoverteilung lassen sich bei einem solchen Vertrag kaum mehr mit scheinbar objektiv festgelegten höchstzulässigen Vertragsdauern in den Griff bekommen. Das Bezugssystem ist erweitert, die sonst scheinbar so problemlos isolierbare Dauer weicht einem differenzierten und komplexen Kräftepolygon. Dies ist um so mehr der Fall, je gleichgewichtiger die Parteien einander gegenüberstehen, wie dies bei Verträgen, die mehr auf Kooperation zielen, durchaus auch zu beobachten ist. Die typische Interessenlage beim Bierlieferungsvertrag verfälscht hier die Optik61 • Auf der andern Seite tritt gerade bei der vertraglich vereinbarten Anpassung der Geschäftsgrundlage das Bestreben der Parteien in den Vordergrund, eine möglichst optimale, wirtschaftlich effiziente und ertragreiche Feinsteuerung der durch den Vertrag erfaßten ökonomischen Beziehungen zu erreichen62 . Sie deshalb der Regelungskompetenz der Parteien zu überlassen, scheint sinnvoll, wirft aber einige Fragen zur Bewältigung solcher Vereinbarungen auf der Ebene der Dogmatik auf63 , die sich schon bei den salvatorischen Klauseln gestellt haben. Auch sie beleuchten die in dieser Untersuchung angesprochenen Probleme der adäquaten Bewältigung der wirtschaftlichen Dimension in einem auf der Privatautonomie aufgebauten Schuldrecht. Insbesondere ist bei solchen flexiblen Anpassungsklauseln in langdauernden Vertragsverhältnissen das freiheitsbeschränkende Moment weniger deutlich, das ja auch von andern Faktoren abhängig ist. Nur eine Vertiefung der wirtschaftlichen Fragestellung erlaubt es, die Grenze der Beschränkung der wirtschaftlichen Entscheidungsfreiheit aufzufinden und Kriterien zur Reduktion zu liefern. Verzichtet man aber auf diese Arbeit, so droht die von den Parteien angestrebte Flexibilität in der Hand des Richters unversehens in Willkür umzuschlagen, wenn dieser die ökonomische Dimension seines Vorgehens nicht rational erfassen und beschreiben kann. 5. Zerlegung durch die Parteien

Die reale Zerlegung des Rechtsgeschäfts durch die Vertragsschließenden wäre eine weitere in die Hand der Parteien gelegte Möglichkeit, das Risiko 61 Das sieht BGE 107 II 216 E. 4, wenn es das Element der Kooperation herausstreicht. 62 Dazu Horn, AcP 1981, 257ff. 63 Besonders anschaulich sind hier die Problemlagen bei den Energielieferungsverträgen, vgl. BaUT passim; Harms, DB 1983, 322 - 329.

IX,6. Andere Auswege: andere Regelungszusammenhänge

121

des Scheiterns auf einen Teil zu begrenzen. Das Ergebnis entspräche etwa dem in BGE 93 II 189 erreichten Resultat der Nichtigkeit einer getrennt vereinbarten Abschlußkommission bei grundsätzlicher Gültigkeit des Darlehensvertrages 64 . Obwohl schon das RG ganz klar ausgesprochen hatte, daß es den Parteien unbenommen sei, wirtschaftlich Zusammengehöriges zu trennen 65 , wird im umgekehrten Fall genau dies nun ebenfalls durch die Willens doktrin verhindert 66 . Auch hier kann nämlich der Parteiwille wertend objektiviert werden, was die Rechtsprechung in mannigfachen Schattierungen getan hat, so daß die verschiedenen Rechtsgeschäfte wiederum als ein einheitliches erscheinen67 . Ebensowenig wie bei der Festellung der Teilnichtigkeit aufgrund des hypothetischen Parteiwillens werden bei Ablehnung wie Akzeptierung der Zerlegung die Wertungskriterien sichtbar. Vollends bleibt im dunklen, ob und welche wirtschaftlichen Gesichtspunkte hinter der dogmatischen Konstruktion stehen. Was in dieser Hinsicht zum Defizit der Lösungsansätze, die auf Teilbarkeit zielen, zu sagen war, das gilt auch hier. 6. Lösungen im Rahmen anderer Regelungszusammenhänge

Oft erschienen uns im Verlaufe dieser Untersuchung Gesichtspunkte, die zur Begründung einer faktischen Reduktion, Teil- oder Gesamtnichtigkeit herangezogen wurden, als eher zufällig. So hat der OGH in zwei Fällen einen unerwarteten Ausweg aus einem typischen, mit einem Darlehen gekoppelten Bierlieferungsvertrag gefunden. Die Bezugsverpflichtung wurde nämlich lediglich als Nebenbestimmung des Darlehensvertrags betrachtet, die nach der vorzeitigen Rückzahlung des Darlehens als Verbindlichkeit aufgelöst wird (§ 1412 ABGB)68. Dieser Ausweg bleibt aber dann verschlossen, wenn die Rückzahlungsmodalitäten streng mit dem Bierbezug verbunden werden 69 , oder wenn speziell eine über die Laufzeit des Vertrags hinausreichende Bindung festgelegt wird 7o . Eine bewegliche Kautelarpraxis kann also solche unerwartete Reduktionen ohne besonderen Aufwand verhindern. S. o. 2. Teil, 1,2. RGZ 103,295, 297f. 66 Vgl. etwa Flume, AT H, § 32.2.a; Mayer-Maly, MünchKomm, 2. A., Rz 12 zu § 139 BGB. 67 Vgl. etwa BGH NJW 1976, 1931, 1932; BGH LM Nr. 46 zu § 139 BGB; BGH DB 1970,1591; BGH LM Nr. 34 zu § 139 BGB. 68 OGH GlUNF 2260 = JBl 1903, Nr. 14; OGH JBl 1956, 617; dazu Gschnitzer in Klang, ABGB, 2. A., Bd. IV,I, 214. Ebenfalls auf einen Versuch, den Vertrag mit der Rückzahlung des Darlehens enden zu lassen, stoßen wir in BGE 26 H 117 E. 4. 69 OGH GlUNF 2258 = ZBl1904, 378. 70 Vgl. die hilfsweise angestellten Erwägungen in OGH JBl1956, 617. 64 65

122

3. Teil: Rechtsvergleichende Synthese

Unbefriedigender als seine nur begrenzte Wirkung bleibt bei diesem Ausweg, daß die wirtschaftliche Funktion solcher Bezugsbindungen als wettbewerbsbeschränkende Abreden nicht beleuchtet und überhaupt der ökonomische Kontext vernachlässigt wurde. Daß hier mehr zu holen gewesen wäre, läßt nicht nur die starke Sensibilisierung des OGH gegenüber der dinglichen Sicherung von Wettbewerbsverboten 71 , sondern auch der Hinweis auf den damals bestehenden, in Wien registrierten Kartellvertrag der österreichischen Brauereien erkennen. Dieser statuierte nämlich ein Verbot von Darlehensgeschäften mit den Abnehmern 72 • Die Kategorisierung in der Schublade der Darlehensgeschäfte hat die allgemeinere Ebene des Problems mehr verborgen und die Sicht auf die Wirtschaftsordnung, insbesondere den Wettbewerb eher verstellt. In der BRD läßt sich sehr schön beobachten, wie Reformgesetze, die die Einhaltung bestimmter Verhaltensweisen oder die Beobachtung von Formvorschriften unter dem Druck der Sanktion der Nichtigkeit durchzusetzen versuchen, dazu animieren, lästige Dauerverträge mit eben diesen Mitteln aufzulösen. Das ist allerdings ein Schluß, der sich nur aus der Phänomenologie der jeweils präsentierten Sachverhalte gewinnen läßt. So führte das in § 34 GWB festgehaltene Erfordernis der Schriftform zu dem vom Gebundenen angestrebten Erfolg der Nichtigkeit einer Benzinbezugsverpflichtung, ein Urteil übrigens, das mehr wegen der Dokumentation der bedenklichen Praxis der Tankstellenverträge interessiert73 • Doch blieb es im ganzen bei solchen einzelnen Entscheiden74, deren öftere Wiederholung eine aufmerksame Kautelarpraxis zu vermeiden vermag. Das gilt auch im Fall einer Anwendung von § 1 c Nr. 3 AbzG durch den BGH auf Bierlieferungsverträge 75 .

Die Nähe der Bezugsbindungen zum Wettbewerbsrecht, die schon durch die Formvorschrift von § 34 GWB indiziert wird, reizte immer wieder, unter dieser Perspektive solche Verträge anzugreifen. So riefen die von den Alliierten erlassenen Dekartellierungsvorschriften einen Wirt auf den Plan, der S. o. 2. Teil, 11,3 bei Fn. 9. OGH JB11956, 617. 73 BGH NJW 1981, 2246. 74 Nichtigkeit wurde festgestellt in OLG Frankfurt GRUR 1978, 114 und WuW/E OLG 2523 (weitere Nachweise Vieth, Anm. zu OLG Saarbrücken MDR 1979, 54, 55) ebenso bei einem Automatenaufstellvertrag, der einen gleichzeitig geschlossenen Darlehensvertrag nicht erwähnt hatte BGHZ 84, 322 = NJW 1982, 2872. Zu der im ganzen brauereifreundlichen und wettbewerbsfeindlichen Rechtsprechung Emmerich, Anm. zu BGH NJW 1978, 822. Nur hingewiesen sei auf die strenger werdende Praxis des BGH bei Verstößen gegen das Verbot der Vereinbarung von Inhaltsbeschränkungen in Verträgen gegenüber Dritten (§ 15 GWB), z.B. BGH WuW/E BGH 1842 und Emmerich in Immenga / Mestmäcker, Rz 19, 67 zu § 15 GWB. 75 BGHZ 78, 248 = NJW 1981, 230; in der vom BGH nachgewiesenen Lit. hatte einzig Reich, JZ 1975, 554 die Anwendbarkeit bejaht. Zu den Konsequenzen für die Kautelarpraxis Reinel, BB 1982, 956 - 958. 71

72

X. Zusammenfassung und Überleitung

123

auf diesem Weg einer schon seit 17 Jahren bestehenden Bezugsverpflichtung ledig werden wollte 76 • Er scheiterte, wie ebenso später die Versuche, unter Berufung auf Art. 85 Abs. 1 EWG-Vertrag zum gewünschten Ziel zu kommen, erfolglos blieben77 • Die Gründe lagen im Konzept und im Mechanismus des Wettbewerbsrechts. Die Spannung zwischen dem Konzept des Individualschutzes im Privatrecht und dem Schutzbereich des Kartellrechts ließen deshalb bis anhin auch § 18 GWB nicht zum Zuge kommen 7B • Bei der Beurteilung von Verträgen, die nur zum Teil gegen das GWB verstoßen wie Alleinvertriebsverträge und Bezugsverpflichtungen, haben die bekannten Vermeidungsstrategien bei der Anwendung von § 139 Abs. 1 BGB, nämlich Arglisteinrede 79 und TrennbarkeitBO Anwendung gefundenB1 • Doch wird das Wettbewerbsrecht noch von andern Wertungen als dem Privatrecht beherrscht. Die Durchsetzung der Wettbewerbsordnung und die instrumentale Handhabung des GWB zugunsten des Wettbewerbes könnten nicht nur der Arglisteinrede die Spitze brechenB2 , sondern überhaupt den tatsächlichen oder hypothetischen Parteiwillen zurücktreten lassenB3 • Diese - bislang erfolglosen - Versuche einer wettbewerbsrechtlichen Annäherung an die Fälle der Bezugsbindungen lassen schon präzisere Konturen für eine an wirtschaftlichen Fragen orientierte Problemstellung erwartenB4 • Die Beziehungen zwischen Privatrecht und Wettbewerbsordnung und die Kompatibilität der hinter diesen beiden Konzeptionen stehenden Markt- und Wirtschaftsmodelle geraten ins Blickfeld.

x.

Zusammenfassung und Überleitung

Zu Beginn unserer rechtsvergleichenden Durchsicht der verwendeten Lösungsansätze haben wir gesehen, daß nicht die Stellungnahme für oder gegen die gemeinrechtliche Maxime ,utile per inutile non vitiatur' verantwortlich ist für die Gesamt- oder die Teilnichtigkeit als Rechtsfolge im modernen Privatrecht, sondern vielmehr der Platz, den man der Willensdoktrin einzuräumen bereit ist. Die Lockerung der strengen Auffassung zugunBGH JZ 1952, 366 (mit Anm. v. Müller) = LM Nr. 2 zu Art. V MRVO (BrZ) 78. Vgl. BGHZ 54, 145 = NJW 1970, 2157; EuGH Slg 1967, 543 = EuR 1968, 132; vgl. auch EuGH EuR 1970, 248 (Anm. P. lflmer). 78 Vgl. Emmerich in Immenga / Mestmäcker, Rz 115 zu § 18 GWB; zuletzt OLG Hamburg WuW/E OLG 315l. 79 BGH GRUR 1971, 272, 273; kritisch und differenzierend SteindorfJ, FS Hefermehl (1971), 183ff.; fragwürdig OLG Frankfurt NJW 1974, 2239. 80 BGH NJW 1969, 978; BGH GRUR 1969, 702. 81 Vgl. dazu bes. Helm, GRUR 1976, 50l. 82 Vgl. Emmerich in Immenga / Mestmäcker, Rz 408 zu § 1 GWB. 83 Vgl. Emmerich ebd.; SteindorfJ 186 f.; zögernd P. lflmer, Anm. zu OLG Frankfurt NJW 1974, 2239, 2240. 84 Vgl. schon Kohler, ArchBürgR 31 (1908) 237 - 254. 76 77

124

3. Teil: Rechtsvergleichende Synthese

sten der wertenden Erschließung eines hypothetischen Parteiwillens ließ in der neueren Diskussion eine Regelung der Teilnichtigkeit gar als entbehrlich erscheinen!. Erwartet man vom Griff zur Wertung mehr als bloß ein Argument zur Schaffung der Legitimationsbasis für ein richterliches Moderationsrecht, so wird man enttäuscht, weil sich rechtsvergleichend keine Kriterien beibringen ließen, die die Durchführung der Reduktion rational erfassen würden. Zufälligkeit von Rechtsfolge und Ergebnis hat Methode. Ähnlich steht es mit dem Lösungsargument der Zerlegbarkeit. Die stupende Unsicherheit im Umgang mit dem Faktor ,Zeit' läßt Parameter und Maßstäbe der Reduktion kaum faßbar werden. Beliebigkeit beherrscht das Bild sowohl in der Frage, was zerlegbar ist, als auch in jener, wie allenfalls zerlegt werden soll. Eine Rückbesinnung auf historische Argumente oder auch die Herausarbeitung des Grundsatzes der normativen Prävention lassen nicht einmal die Rechtsfolge der Gesamtnichtigkeit schlüssig begründen, da dabei zumeist die Tragweite der Willensdoktrin nicht beachtet wird. Sind da ökonomische Kriterien schon gar nicht zu erwarten, stoßen wir umgekehrt beim induktiven Vorgehen und bei der Bildung von Fallgruppen lediglich auf den Aspekt der Legitimation des Richters zur Reduktion. Ähnlich verhält es sich mit den Versuchen einer normativen Eingrenzung der Nichtigkeit aufgrund des Schutzzwecks, dem Verhalten nach Treu und Glauben und andern Vermeidungsstrategien. Die Legitimation bleibt, da das Vorgehen bei der Reduktion nicht schlüssig erklärt werden kann, fragwürdig. Exemplarisch ist die Stellungnahme der deutschen Rechtsprechung gegen eine Reduktion beim wucherischen Darlehen und andererseits für den reduzierenden Eingriff in die Vertragsdauer, sofern sie das einzige sittenwidrige Element darstellt. Dem steht die genau entgegengesetzte Haltung des schweiz. Bundesgerichts gegenüber. Der Unterschied kann hier wie dort weder mit der Willensdoktrin noch mit der Teil- oder Gesamtnichtigkeitsvermutung schlüssig erklärt werden. Daß die Lösung dogmatisch im freien Raum schwebt, wird auch im praktischen Resultat sinnfällig. Angesichts dieser Situation ist es nun nicht erfolgversprechend, auf alten Geleisen weiterzufahren und an dogmatischen Lösungsmustern, die doch so widersprüchliche Resultate zeitigten, unbekümmert weiterzustricken, wie es in der Schweiz neuestens Hürlimann getan hat mit seiner Hypostasierung des hypothetischen Parteiwillens. Ebensowenig scheint der Weg gangbar, das Ungefähr der richterlichen Praxis in ein neues Gewand zu kleiden, um den Grundsatz der Reduktion zur allgemeinen Maxime zu erheben, was sich bei Hagers Lösungsansatz der gesetzes- und sittenkonformen Auslegung ungeachtet des gelungenen Nachweises der Legitimationsgrundlagen zum 1

So Seiler, FS Kaser (1976), 146f.

X. Zusammenfassung und Überleitung

125

moderierenden Eingriff - schließlich als Nivellierung bestehender Unterschiede und dogmatischer Differenzierungen herausstellt, die die Erwartung, herangezogene Parameter und Maßstäbe wenigstens auf der normativen Ebene sichtbar zu machen, nicht erfüllen kann. Der Ausweg schließlich, anstelle tradierter dogmatischer Gesichtspunkte Richterrecht als richtige Lösung zu verabsolutieren, wie Huguenin es als Methode vorexerziert, nimmt nicht nur der Wissenschaft die Chance, ihre kontrollierende Funktion wahrzunehmen; er zwingt auch zur Frage, ob denn alles möglich und nichts voraussehbar sei. Mag man im Verharren auf vorgegebenen rechtstheoretischen Schemata und im Triumph der Unschärfe als Leitprinzip die einzigen offenstehenden Alternativen sehen, so eröffnet die entschiedene Ablehnung solcher Ansätze erst den Schlüssel zu einem anderen Lösungsweg. Wieacker hatte in einer als Arbeitshypothese formulierten Äußerung die praktische Leistung der Dogmatik dahingehend erfaßt, "intellektuell überprüfbare und öffentlich einsichtige Kriterien für die Handhabung des Bewertungsspielraums anzugeben, den jede Anwendung einer Norm auf einen konkreten Fall erfordert"2. Als Verfahren zur rationalen Verifizierung der gewählten Entscheidung soll Dogmatik die Regelung im Wertungs- oder Interessenkonflikt rechtstheoretisch einbinden. Was sich nach Großfeld rückblickend als Logik der menschlichen Beziehungen in verdichteter Form darbietet 3 , kann damit in seiner zeitlichen Dimension erfaßt werden. In Integrations-4, Kontroll- 5 und Entlastungsfunktion6 lassen sich so die Aufgaben der Dogmatik in aller Kürze differenzieren 7 • Als rationales Verfahren darf Dogmatik die cartesianische tabula rasa nicht als Hindernis betrachten, sondern muß sie als Chance aufgreifen. Die Schaffung größerer Unbestimmtheit ist erst Voraussetzung einer Lösung, die den Einzelfall präziser erfassen kann. Es geht uns zunächst einmal darum, das gesetzliche Umfeld, in dem der Einzelfall zu situieren ist, als Ganzes in das Blickfeld zu bekommen, statt mit partiellem Flickwerk dem Einzelfall eine juristische Begründung zu unterlegen. Wenn wir als erstes Stellung zur Willens doktrin beziehen werden, wollen wir sie nicht voreilig als antiquiert aufgebenB, sondern versuchen, uns auf ihre Rolle und ihre Entfaltungsmöglichkeiten im heutigen Vertragsrecht zu besinnen. 2 Wieacker, Ausgew. Sehr., Bd. 2, 63 (ursp. ds., FS Gadamer, Bd. 2,316); dazu auch Bydlinski, Methodenlehre, 9f., 57. 3 Großfeld, Gestaltungsaufgabe, 78 unter Berufung auf Nobel. 4 Vgl. Esser, AcP 1972, 103f. 5 Vgl. Krawietz, ÖZöR 1972, 77; Esser ebd. 104; Alexy 322ff. 6 Vgl. Steindorffbei Esser, AcP 1972,130; Esser, FS L. Raiser, 522. 7 Vgl. die noch weitergehende Gliederung von Alexy 326ff. in stabilisierende Funktion, Fortschrittsfunktion, Entlastungsfunktion, technische Funktion, Kontrollfunktion und heuristische Funktion. 8 So aber Köndgen 118f., 132ff.

126

3. Teil: Rechtsvergleichende Synthese

Das alles kann nicht geschehen, ohne die Ausdehnung der Gesetzgebungsarbeiten über den klassischen Kernbereich des Privatrechts hinaus zu beachten, denn das Vorliegen von Spezialnormen wirft stets auch Fragen nach den Möglichkeiten und Grenzen induktiven Schließens auf, vollends wenn diese Normen dem Schutz privatautonomer Regelungen dienen. Die Erfassung von Organisationsbezügen läßt die Konturen des Rechtsgeschäfts in der zeitlichen Dimension hervortreten und ihre praktischen Auswirkungen als solche begreifen. Tendenzen zur Relativierung von Rechtsfolgen geben Hinweis auf mögliche Instrumentalisierungen in der Rechtsanwendung; der prozessuale Rahmen, in den das materielle Recht eingebettet ist, erschließt das Werkzeug, welches das Verfahrensrecht bereithält. Ähnlich ist auf der zweiten Lösungsebene zu verfahren, wo es darum gehen wird, den Einzelfall in seinem wirtschaftlichen Kontext zu begreifen. Hier erst lassen sich Antworten auf die Verfügbarkeit stringenter Parameter sowie Maßstäbe für allfällige Reduktionen finden. Ausgerichtet auf die ausgewählten Fallgruppen der überlangen Bezugsbindungen und der wucherischen Darlehensverträge sind es die Preisbildung und die Funktion der Zeitdauer, die uns auch im Hinblick auf ihre praktische Handhabung interessierenmüssen. Die oft beachtete Parallelität zwischen Privatrecht und Wirtschaftsordnung, die sich vielleicht am deutlichsten im Verhältnis zum Wettbewerb manifestiert, wird schließlich die angestrebte Fokussierung der Lösung im konkreten Einzelfall erlauben, wenn nämlich die beiden Lösungsebenen miteinander koordiniert werden. Ein solches Resultat wird auch die Nähe zum wirtschaftlichen Sachverhalt garantieren, in welcher dogmatische Lösungsansätze seit der Entdeckung der kaufrechtlichen Gewährleistung und Minderung durch die römischen Juristen sinnvollerweise zu stehen haben. Damit ist nicht nur die Transparenz der Lösung gewährleistet, sondern es werden auch die Voraussetzungen für die Diskussion wie für die Überprüfung des wirtschaftlichen Arguments auf der juristischen Ebene geschaffen. Folgenorientierung und Diskurs lassen den Zusammenhang mit einer offenen Struktur der Dogmatik im Sinne der Arbeitshypothese Wieackers also wieder erkennen. Wirtschaftliche Vorgänge werden damit dem dogmatischen Zugriff zugänglich.

Vierter Teil

Die Koordination des Einzelfalls mit dem gesetzlichen und ökonomischen Kontext I. Koordination im Kontext des Gesetzes 1. Stellung der Willensdoktrin

Wie wir rechtsvergleichend beobachtet haben, bleiben für das deutsche wie für das schweizerische Recht die Rechtsfolgen des nur teilweise sittenwidrigen Rechtsgeschäftes von der Konzeption her die gleichen l . Da sich die Parteien so und nicht anders verhalten haben, führt die Teilnichtigkeitsvermutung in einem auf den übereinstimmenden Parteiwillen ausgerichteten System des Schuldrechts wegen der notorisch fehlenden tatsächlichen Grundlage, was einen Beweis regelmäßig ausschließt, konsequent zur Gesamtnichtigkeit. Daran ändert auch eine durch das Vertrauensprinzip modifizierte Willenstheorie nichts. Die Bestätigung für diese Beobachtung liefern jene österreichischen Urteile, die dem Geist der Pandektistik gefolgt sind2 • Wenn wir weiter ausgreifend das Defizit des willenstheoretischen Ansatzes bestimmt haben, wie er von Savigny unter dem Eindruck der Philosophie Kants 3 , aber auch im Zuge einer auf der Autonomie des Individuums aufbauenden Wirtschaftspolitik erarbeitet worden ist4, so müssen wir nun im bestehenden Gesetzesmodell den Ort suchen, an welchem sich das Defizit kompensieren läßt. Die aus dem Material der römischen Rechtsquellen entwickelte Vertragstheorie hatte zwar weiten Raum für die Bewältigung fehlender oder fehlerhafter Willensbildung geboten, konnte jedoch die Formen einer neuen vertraglichen Wirtschaftsgestaltung, wie sie sich im Zuge der Industrialisierung und Neuorganisation des Wirtschaftslebens entwickelten, noch nicht S. o. 3. Teil, 1,1. S.o. 3. Teil, 1,1 bei Fn. 43ff. 3 Vgl. Savigny, System, Bd. 1, 53f., 33lf.; dazu etwa Wieacker, Privatrechtsgeschichte, 353; Kiefner in: Philosophie und Rechtswiss., 3 - 25; zum Einfluß Kants auf Eugen Huber vgl. Engel77f. (mit weiteren Nachw.). 4 Vgl. etwa Steindl, Zur Genese des Privatrechts als "allgememes Wirtschaftsrecht" in: lus Commune, Sonderheft 17, Aspekte europ. Rechtsgeschichte, Frankfurt/M 1982, 349 - 386. 1

2

128

4. Teil: Koordination im Kontext

erkennen5 • Die weit vorangetriebene Individualisierung im Privatrecht verstellte auch den Blick dafür, daß eine große Zahl nebeneinander bestehender gleichartiger Verträge qualitative Auswirkungen auf den Privatrechtsverkehr haben kann. Mangels moderner empirischer wirtschaftlicher Daten und deren Instrumentalisierung war eine Rückbesinnung von der praktischen Rechtsanwendung her, wie sie Savigny durchaus vorgeschwebt hatte 6 , auch noch kaum möglich. Die spätere - mit der einmal entwickelten Begrifflichkeit im Geiste Puchtas operierende 7 - Pandektistik fand den Weg dahin nicht mehr. Gierkes Monographie über dauernde Schuldverhältnisse steht wie ein erratischer Block neben älteren Arbeiten zum neuen BGB8. Die Anregung zur Schaffung eines eigentlichen Kartellrechts stieß auf den erbitterten und organisierten Widerstand der Anhänger einer "durchkartellisierten Marktwirtschaft"9, die sich schon längst von der Idee eines Allgemeinen Privatrechts als Wirtschaftsrecht emanzipiert hatten. Ansatzpunkte wie das Recht der juristischen Person, die eine Korrektur des willenstheoretischen Vertragsmodells nötig gemacht hätten, wurden schon von Savigny aus dem Herrschaftsbereich des Willens ausgeklammert und damit dem eben gebildeten System entzogen 10 • Bei dieser Sachlage stoßen wir nicht nur auf die Fragen ungenügend berücksichtigter Fälle fehler- oder mangelhafter Willensbildung, wie sie im Zuge der Diskussion um die Problematik der Allgemeinen Geschäftsbedingungen dargestellt wurden. Gravierender fällt ins Gewicht, daß die Zeit als eine den Vertrag strukturierende Größe nicht ins Blickfeld gerät l1 . Da Dauerverträge eben dieser zeitlichen Dimension ausgesetzt sind, wie sie vom Willen oft nicht mehr abgedeckt oder kalkulierend einbezogen werden kann 12 , bleibt ihre Veränderung durch die Vertragsdurchführung 13 und ihre Vgl. Teubner, AlternativK., Rz Hf. vor §§ 705 BGB. Vgl. Savigny, System, Bd. 1, XIXff.; Bd. 7, VIII; dazu bes. Mohnhaupt, Richter und Rechtsprechung im Werk Savignys, in: Studien zur europ. Rechtsgeschichte, Hrsg. von W. Wilhelm, Frankfurt/M 1972, 243 - 264. 7 Vgl. Wieacker, Wandlungen im Bilde der hist. Rechtsschule, Karlsruhe 1967, 16; ds., Privatrechtsgeschichte, 399ff.; Larenz, Methodenlehre, 20ff. 8 Gierke, JherJb 1914, 355 - 41l. 9 Vgl. die Darstellung bei Großfeld, in: Wissenschaft und Kodifikation, Bd. 4, 255 296; ds., ZHR 1977, 442 - 456. 10 Vgl. Savigny, System, Bd. 2, 275ff., 339ff.; instruktiv dazu Thilo, Rechtstheorie 1978, 107 - 114. Isoliert ist die Erwähnung der Aktiengesellschaft bei Savigny, Obligationenrecht, Bd. 2, 112ff. und Fn. f1 (dazu auch Flume, FS Wieacker, 357ff.), auf ihre innere Organisation geht er nicht ein. 11 Vgl. Savigny, System, Bd. 4, 297ff., wo er die Zeit als Bestandteil juristischer Tatsachen zwar darstellt, aber nur im Zusammenhang mit Ersitzung, Verjährungsund Verwirkungstatbeständen sieht. 12 Was sich in der Rsp. in einem Kriterium zur Bestimmung der Sittenwidrigkeit von überlangen Bezugsbindungen niederschlägt, wenn nämlich die Wirksamkeit auch aus dem Grund versagt wird, "weil die Verpflichteten vielfach nicht in der Lage sind, die Risiken und Gefahren der von ihnen eingegangenen Bindungen abzuschätzen", BGHZ 83, 313, 318 = NJW 1982, 1692, 1693 mit weiteren Nachw. 5 6

I, 1. Kontext des Gesetzes: Willensdoktrin

129

Gefährdung gerade wegen des Elementes der Dauer unbewältigt. Die Abhängigkeit des Borgers in seiner wirtschaftlichen Kalkulation und Organisation von einem längerfristigen Darlehen wird nicht berücksichtigt 14. Modellfall bleibt das romanistische Darlehen als kurzfristige Hilfe, das in kurzer Zeit wieder an den Darleiher zurückfließen SOll15. Einige jener Probleme, die im Rahmen der Rechtsprechung zu Treu und Glauben bewältigt und öfters in der Kritik der Handhabung dieser Generalklausei als "Krisensymptome" bezeichnet1 6 oder schlicht als Eselsbrücken apostrophiert werden17 , lassen sich zum Teil wenigstens auf die fehlende Berücksichtigung der Dauer im modernen Privatrechtssystem zurückführen. Bekanntestes Beispiel ist die systematische Weiterentwicklung der clausula-Lehre zum Tatbestand des Wegfalls oder der Änderung der Geschäftsgrundlage 18 . Dazu kommt aber auch die Entwicklung von Kooperations- 19 und damit verbundenen Aufklärungs- 20 und Treuepflichten 21 . Ebenfalls in den Fragen um die rechtliche Relevanz langdauernder Geschäftsbeziehungen 22 , der "Nachwirkung" von Vertragspflichten23 und 13 Was als ,spätere Praxis' erstmals in der Wiener Vertragsrechtskonvention vom 23.5.69 als Auslegungsgrundsatz kodifiziert wurde, art. 31 Abs. 3, lit. b: ,,11 sera compte en meme temps que du contexte: ... de toute pratique ulterieurement suivie dans l'application du traite par laquelle est etabli l'accord des parties a l'egard de l'interpretation du traite."; dazu nun W. Karl, Vertrag und spätere Praxis im Völkerrecht, Berlin u.a. 1983, dessen Aufarbeitung aus zivilist. Sicht überaus reizvoll wäre. 14 Symptomatisch dafür ist Jhering, Der Zweck im Recht, Bd. 1, Leipzig 1904 (4. Aufl.) 128ff., der ausdrücklich von der sozialökonomischen. Bedeutung des Kredits ausgeht, hier aber praktisch nur die Funktion der kurzfristigen Überbrückung eines Liquiditätsengpasses, der Erleichterung des Zahlungsmodus und schließlich die Kreditaufnahme zu Spekulationszwecken sieht (137ff.). 15 Vgl. die sechswöchige Kündigungsfrist von Art. 318 OR, demgegenüöer § 609 Abs. 2 BGB mit der moderneren, den Schuldnerinteressen besser gerecht werdenden dreimonatigen Kündigungsfrist bei Darlehen über DM 300,-. Zur ursprünglichen Einbettung des Darlehens in der röm. Wirtschaft vgl. Bürge, ZRG RA 1979, 114ff. 16 Vgl. die Lit. bei Kramer, "Krise", 9 Fn. 2 und Hanau, AcP 1965, 222 Fn. 5; ferner Batiffol, La "crise du contrat" et sa portee, in: ds., Choix d'articles, Paris 1976, 393 408 (urspr. in: Archives de philosophie du droit, 13 (1968) 13 - 30). 17 Zimmermann 96 unter Verabsolutierung eines scherzhaften Dictum von Wieacker, Präzisierung, 43f. (= ds., Schriften, Bd. 2, 22lf.). 18 Vgl. Soergel/ Siebert / Knopp, 10. A., Rz 365ff. zu § 242; Alff, RGRK, 12. A., Rz 52ff. zu § 242; Roth, MünchKomm, Rz 453ff. zu § 242; Staudinger / Schmidt, 12. A., Rz 833ff. zu § 242; Erman / Stirp, 7. A., Rz 166 zu § 242; Teubner, AlternativK, Rz 94ff. zu § 242 BGB; Merz, Berner Kommentar, N 221ff. zu Art. 2 ZGB. In der idealistischen Willensdoktrin befangen bleibt Haarmann 40ff. Anschaulich zur Entdeckung des Zeitelementes Steinwenter, JBI 1950, 225 - 228; 250 - 253. Im häufigen Hervortreten des Zeitelementes bei Fällen des Wegfalls oder der Änderung der Geschäftsgrundlage liegt der richtige Kern der zu pauschalen Bemerkung des BGr, daß Langfristigkeit hier notwendiges Kriterium und Voraussetzung zum Eingriff sein soll (etwa BGE 45 II 351, 355; 46 II 157 E. 6; 62 II 42 E. 2; dazu Merz, N 224). 19 Vgl. Teubner, AlternativK, Rz 81ff. zu § 242; Erman / Stirp, 7. A., Rz 67ff. zu § 242; Roth, MünchKomm, Rz 110ff. zu § 242; Soergel/ Siebert / Knopp, 10. A., Rz 100ff. zu § 242 BGB. 20 Statt vieler Soergel / Siebert / Knopp, 10. A., Rz 130ff. zu § 242 BGB. 21 Statt vieler Roth, MünchKomm, Rz 120ff. zu § 242 BGB.

9 Bürge

130

4. Teil: Koordination im Kontext

desgleichen in einigen Fallgruppen der unzulässigen Berufung auf die Nichtigkeit des Vertrags 24 macht sich ihr Fehlen störend bemerkbar. Überall werden die Problemlagen noch dadurch akzentuiert, daß der Vertrag sich nicht mehr in der unmittelbaren Bedürfnisbefriedigung der Parteien erschöpft, sondern komplex gestaltet die gegenseitigen Interessen über längere Zeit hin koordiniert und oft in eine eigentliche Kooperation einmünden läßt 25 • Die Zuspitzung auf das Element des Willens als einzige Basis des Vertragssystems durch die Wissenschaft des 19. Jhdts. 26 ließ andere im Laufe der Privatrechtsgeschichte hervorgetretene Erklärungsmodelle des Vertrags in den Hintergrund treten, weil sie systematisch in der Willensdoktrin aufzugehen schienen 27 • Ablesen läßt sich der Prozeß sehr schön in der Entwicklung von der Unklagbarkeit der pacta im römischen Recht zum Satz ,pacta sunt servanda' und dessen schlußendlicher Amalgamierung mit der Willensdoktrin28 • Mit der Deutung der Obligation als der dem Willen unterworfenen Herrschaft über eine einzelne Handlung des Vertragspartners 29 scheint die Maxime entbehrlich zu werden. Der vielzitierte Weg ,from status to contract'30 findet damit einen vorläufigen Höhepunkt. Was Grotius noch in Abkehr von einer Orientierung an der sozialtypischen Bedeutung über eine stoisch-christliche, vorwiegend religiös moti22 Vgl. MÜller-Graf!v. a. 180ff.; ds., JZ 1976, 153 - 156; dazu Teubner, AlternativK, Rz 37 zu § 242 BGB. 23 Vgl. Strätz, FS Bosch, 999 - 1013; von Bar, AcP 1979, 452 - 474; dazu auch Staudinger / Schmidt, 12. A., Rz 779ff. zu § 242 BGB. 24 Vgl. auch o. 3. Teil, VIII und Roth, MünchKomm, Rz 308ff. zu § 242; Soergel/ Sieben / Knopp, 10. A., Rz 364 zu § 242; Staudinger / Schmidt, 12. A., Rz 427ff. zu § 242 BGB. 25 Bezeichnend etwa BGE 107 II 216 E. 4. 26 Vgl. Savigny, System, Bd. 1, 338f.; vgl. auch Puchta, Vorlesungen, Bd. 1, 70: "Durch die Rechtsverhältnisse tritt die Persönlichkeit in Wirkung, sie enthalten die Wirksamkeit der Person als solcher. Person ist Subject des Willens als Macht, ihre Thätigkeit ist eine solche, wobei der Wille doch nicht aus seiner Potentialität herausgeht. Diese Thätigkeit ist die Unterwerfung eines Gegenstandes, deren Resultat eine Herrschaft, Macht über den Gegenstand ist. Die Wirksamkeit der Personen als solcher also ist, berechtigt zu werden (daher eben die Persönlichkeit Möglichkeit berechtigt zu werden, Rechtsfähigkeit), und diese Berechtigung ist zugleich der wesentliche Inhalt und Kern der Rechtsverhältnisse. Jedes Rechtsverhältnis besteht aus einseitigen oder gegenseitigen Berechtigungen. Die Aufgabe der richterlichen Beurtheilung ist, in einem Rechtsverhältnis die Berechtigung aufzufinden, zu bestimmen oder zu begränzen, und in ihrer Wirkung festzustellen." 27 Vgl. Mugdan, Bd. 1, 126; dazu auch Pawlowski, Rechtsgeschäfliche Folgen, 176ff.; Flume, AT 11, § 1.5ff., § 32.; Mayer-Maly in: Rechtsgeltung und Konsens, 104. 28 Zur Entwicklung und den Wurzeln im Naturrecht, im kanonischen Recht und im heimischen Recht vgl. Mayer-Maly ebd. 91 - 104; H. Dilcher, ZRG RA 1960, 281ff.; Dießelhorst, Pufendorf, 53ff.; Wesener in: Forschungsband Zeiller, 254ff. 29 Savigny, System, Bd. 1, 339; ds., Obligationenrecht, Bd. 1, 4f.; was dann Schwierigkeiten mit sich bringt, den an den Willen des Verpflichteten geknüpften Vertrag systematisch zu bewältigen (System, Bd. 3, 131 - ); ferner Puchta (0. Fn. 26). 30 Maine 178ff.

I, 1. Kontext des Gesetzes: Willensdoktrin

131

vierte Verpflichtung auf das gegebene Wort zu bewältigen versucht hatte 3l , wird damit säkularisiert. Betont das französische Recht im berühmten, den Geist von Port Royal atmenden art. 1134 al. 1 C.civ. (Les conventions legalement formees tiennent lieu de loi a ceux qui les ont faites.) die normative Bedeutung des einmal geschlossenen Vertrages, so zeichnet hundert Jahre später Saleilles mit seinem Versuch, den Vertrag im Sinne der deutschen Lehre vom Parteiwillen her zu deuten, wiederum die Linien einer auf der Autonomie des Individuums basierenden Ethik nach32 • In dem Maß aber, wie sich die Willens doktrin wegen ihrer Einseitigkeit als brüchig zu erweisen beginnt, tritt der Gedanke der Vertragstreue, auf den Savigny keinen Satz verschwenden mußte, wieder in den Vordergrund 33 • Augenfällig haben wir für unsere Frage der Teilnichtigkeit sittenwidriger Rechtsgeschäfte die Problematik einer lediglich auf dem Parteiwillen aufgebauten Dogmatik beobachten können, die wohl das Stadium der Vertragsverhandlungen und des Vertragschlusses nachzuvollziehen vermag, aber kaum erklärt, warum eine Partei von diesem Ergebnis nachträglich nicht mehr abrücken dürfen sollte34 • Der Gedanke der Vertragstreue wurde dadurch wieder aktiviert, daß anstelle des wirklichen Parteiwillens Wertungen - meist unter der Etikette des hypothetischen Parteiwillens - unterlegt werden, um so den Vertrag als Regelungsinstrumentarium noch zu retten. Er wird damit ergänzt durch empirische Sätze, seien sie lediglich auf der Tatsachenebene eruiert, seien sie schon auf die Ebene des Rechtssatzes transponiert worden. Leichter als mit der Generalklausei von Treu und Glauben lassen sich die Fälle der fehlenden Relevanz einer sittenwidrigen KlauseP5 oder die als eine Art Reuerecht ausgeübte Berufung des nicht benachteiligten Vertragspartners auf die Sittenwidrigkeit36 mit dem aufgrund einer besonderen philosophischen und historischen Konstellation in die Willensdoktrin eingebundenen, bei deren Versagen wieder selbständig neben sie tretenden Prinzip der Vertragstreue erklären. Statt den an sich nichtigen Vertrag durch einen Kunstgriff doch als Vertrag gelten zu lassen, kann dieser nun ohne Umwege 31 Grotius, De iure belli ac pacis, Buch 11, c. 11; 12; dazu Dießelhorst, Grotius, 34 ff. Neuerdings versucht Fried, Contract as Promise, Cambridge Mass. 1981 vom Versprechen her unter Besinnung auf ethische Kategorien die vertragliche Verpflichtung zu begründen. 32 Vgl. Saleilles, Etude sur les sources de l'obligation dans le projet de Code civil pour l'empire d'Allemagne, Bull. soc. leg. comp. 1889, 583 - 670. 33 Vgl. Bydlinski, Privatautonomie, 109ff.; Steinwenter, JBI 1950, 173 - 176; 197 200; 225 - 228; 250 - 253; ferner etwa Soergel/ Siebert / Knopp, 10. A., Rz 365 zu § 242 BGB. 34 Vgl. auch Sandrock, AcP 1960, 494ff., der dann auf die objektiven Gestaltungskräfte des Vertrags greifen will, wenn der gemeinsame Parteiwille durch Diktat einer Partei überhaupt nicht zum Tragen gekommen ist. Ähnlich Naendrup 148ff. 35 S.o. 3. Teil, VIII, Fn. 3. 36 S.o. 3. Teil, VIII, Fn. 4.

9'

132

4. Teil: Koordination im Kontext

und Umschweife als Verpflichtung auf die Vertragstreue interpretiert werden. Ökonomische Rationalitäten für diesen Rechtsgrundsatz ließen sich durchaus beibringen37 • Betont man noch selbständig das Element der Verkehrssicherheit, wie es in der Forderung nach Vertrauensschutz zutage tritt 38 , so löst sich auch unter diesem Aspekt der Vertrag als geschaffene Regelung vom individuellen Willen ab. Die einmal getroffene, vom Parteiwillen nachträglich nicht mehr getragene Regelung behält desungeachtet ihre normative Kraft. Das unterstreicht die für den Fall des Vertragsbruchs in Aussicht gestellte Sanktion 39 • Dieses Hervortreten anderer, neben den Parteiwillen tretender Gesichtspunkte bei der Bewältigung der Nichtigkeit läßt sich, wie es Piotet beobachtet hat 40 , auch für die Schweiz in der Praxis und Theorie des Vertragsrechts im 20. Jhdt. gut nachweisen41 • Aufgrund einer günstigen Ausgangslage hatte es die schweizerische Rechtsprechung am leichtesten, den Zusammenhang der Teilnichtigkeitsproblematik mit der Willensdoktrin zu vernachlässigen, die Teilnichtigkeitsvermutung von Art. 20 Abs. 2 OR zu objektivieren und damit die nichtigen Teile auszumerzen42 • Die gleiche Sicht der Dinge steht hinter dem üblichen Vorgehen der deutschen Kautelarpraxis, den Vertrag als Regelung mit einer Teilwirksamkeitsklausel zu retten. Die Bindung des Vertrags an den Parteiwillen wird in bestimmter Hinsicht gelockert. Nur formal wird das Vorgehen des Richters von den Parteien von vornherein gebilligt; materiell findet eine Einigung über den Restvertrag gar nicht statt, wie die Fallgruppen des ,überraschenden Ergebnisses' zeigen 43 • Dieser Lösungsweg, das vertragliche Regelungswerk als solches in den Vordergrund zu stellen, würde jedoch in den Fällen, in denen der gegenseitige Parteiwille erkennbar den Vertrag gestaltet hat und noch prägt, die Gefahr des gänzlichen Ausschaltens des Parteiwillens in sich bergen. Eine Lösung muß aber auch diesen Fällen Rechnung tragen können. Auch jene Theorien, die grundsätzlich vom Vertragswillen ausgehen, in erster Linie Flume mit der von ihm beschworenen Maxime ,stat pro ratione 37 Wie sie die Economic Analysis of Law leistet, vgl. dazu etwa Posner 65ff.; Trimarchi, ZHR 1972, 118 - 138; weitere Nachw. bei R. H. Weber, FS Meier-Hayoz (1982) 432. 38 Dazu Bydlinski, Privatautonomie, 62ff.; Schmidt-Rimpler, AcP 1941, 133ff.; Sandrock, AcP 1960, 499ff. 39 Zum Zusammenhang von Vertrauenstatbestand und Rollendenken vgl. Wüstmann 53 - 64; Köndgen 192ff. 40 Piotet, ZSR 1957 I, 100ff. 41 Vgl. auch die von Spiro, ZBJV 1952, 520 angetönte Spannung zwischen Schutz des Übervorteilten und der Rechtssicherheit und Vertragstreue; ferner Mazzola 99f., 106f. Am deutlichsten hat Piotet ebd. den favor negotii als selbständiges, neben dem Willensprinzip zu beachtendes Element betont. 42 S.o. 3. Teil, I,2,c. 43 S.o. 3. Teil, IX,3.

I, 1. Kontext des Gesetzes: Willensdoktrin

133

voluntas'44, dann etwa M. Wolf, der die rechtsgeschäftliche Entscheidungsfreiheit betont 45 und Pawlowski mit seinem neuen Verständnis der Willenserklärung als Verwirklichung der Privatautonomie46 setzen an die Stelle des Parteiwillens andere Prinzipien. Das können an den Vertragszweck anknüpfende, unter Beobachtung des Parteiwillens vorgenommene Wertungen sein 47 , die in bestimmten Problemlagen durch den Grundsatz von Treu und Glauben verstärkt werden48 . Es kann sich um ,Gegenrechte' handeln, die sich in dem mehr als Institution gesehenen Vertrag während des Prozesses manifestieren49 ; und schließlich soll der dem wirtschaftlich überlegenen Vertragspartner gewährte Vertrauensschutz nicht aufgehoben, sondern nur eingeschränkt werden 50 . Letztere Variante verlegt, wie es bereits Savigny tat, den Grundsatz des Vertrauens in die Willensbildung, grenzt ihn aber nach Maßgabe der ,wirtschaftlichen Geschäftsfähigkeit' ein. Am deutlichsten werden die neben dem Willensprinzip wirksamen, durch die Pandektistik dort eingebundenen Grundsätze bei Bydlinski isoliert. Neben dem - noch weiter differenzierten - Grundsatz der Privatautonomie als willentlicher Selbstbestimmung51 arbeitet er nacheinander das Vertrauensprinzip und den damit verbundenen Gedanken der Verkehrssicherheit 52 , die inhaltliche Äquivalenz der Vertragsleistungen und Rechtspositionen 53 und schließlich die ethisch fundierte Vertragstreue 54 heraus. Ob sie im Zusammenspiel der beweglichen Kräfte im Sinne Wilburgs 55 mehr bieten als eine bloße Analyse der den privatautonomen Vertrag prägenden Gesichtspunkte, und ob sie insbesondere in praktischen Fällen auch quantifizierbar sind, kann zunächst dahingestellt bleiben. Für uns ist zentral, daß anstelle des nicht mehr wirksamen Vertragswillens, was an sich Nichtigkeit nach sich ziehen müßte, andere Grundsätze zutage treten, die den Fortbestand des Vertrages verlangen.

Das bestätigt die Hypothese, daß die Frage der Gesamtnichtigkeit davon abhängig ist, ob und wieweit sich der Parteiwille überhaupt auf die getroffene Regelung erstrecken konnte 56 . Soweit die Konsequenzen nicht vorausFlume, AT II, § 1.5ff. M. Wolf 8 ff. 46 Pawlowski, Rechtsgeschäftliche Folgen, 277ff. 47 Flume, AT II, § 32.5; 6. 48 Flume, AT II, § 32.8. 49 Pawlowski 283ff. 50 M. Wolf 266ff. 51 Bydlinski, Privatautonomie, 126ff. 52 Bydlinski ebd. 131ff. 53 Bydlinski ebd. 151ff. 54 Bydlinski ebd. 109ff. 55 Bydlinski ebd. 124ff.; vgl. ds., Methodenlehre, 529ff.; Wilburg, Elemente passim; ds., AcP 163, 346 - 379. 56 Vgl. das vom BGH verwendete Argument o. Fn. 12. 44

45

134

4. Teil: Koordination im Kontext

sehbar und damit nicht beherrschbar waren, insbesondere bei den wesentlich durch den Faktor Zeit bestimmten Verträgen, konkurrenzieren die Grundsätze der Vertragstreue und der Verkehrssicherheit jenen der willenstheoretisch fundierten Gesamtnichtigkeit. Was damit gerettet wird, ist der Bindungswille 57 ; gebannt wird die Gefahr, daß die Bemühung, den Parteiwillen zu retten, schließlich zu seiner gänzlichen Ausschaltung führt. Auf der andern Seite können wir all jene im Wirtschaftsverkehr wichtigen wenn auch quantitativ vielleicht mehr in den Hintergrund tretenden - Verträge, die durch den Willen der Parteien vollständig abgedeckt werden oder abgedeckt werden könnten, so daß auf sie das gesetzlich festgeschriebene Vertragskonzept in optimaler Form zutrifft, wieder den gesetzlichen Rechtsfolgen aussetzen 58 . Die Konzeption des Vertrages in unseren Kodifikationen, die den beim Vertragsschluß vorhandenen Willen perpetuieren, paßt zu den vorhin angestellten Überlegungen, daß die Grundsätze der Vertragstreue und der Verkehrssicherheit dann wirksam werden, wenn der Parteiwille die ihm zugedachte Funktion nicht übernehmen konnte: Halt machen sie einzig vor dem Ausbeutungstatbestand. In der Schweiz hilft dagegen auch hier die in den Tatbestandsvoraussetzungen an § 138 Abs. 1 BGB orientierte Lösung von Art. 21 OR59 dem Prinzip der Vertragstreue zum Durchbruch, indem sie es dem Bewucherten anheimstellt, ob er am Vertrag festhalten will. Dies läßt auch erkennen, daß der Richter befugt sein muß, schon bei leichteren Äquivalenzstörungen, als sie Art. 20 OR erfaßt, tätig zu werden, wenn die subjektiven - in der Person des Bewucherten liegenden - Voraussetzungen 60 gegeben sind. Sonst wäre die Wertung, daß überhaupt daran gedacht werden kann, dem Schuldner ohne Korrektur der Äquivalenz ein Festhalten am Vertrag zuzumuten, schlechthin unerträglich. Doch auch auf seiten des Bewucherten kommt der Grundsatz der Vertragstreue wie der Verkehrssicherheit zum Tragen, da die Möglichkeit der Anfechtung unter den Wertungskriterien von Art. 21 OR nur innerhalb eines Jahres gegeben ist. Auch das zeigt übrigens, daß die unter diese Bestimmung fallenden Verträge noch nicht in einem unerträglichen Maße inäquivalent sein können, denn ange57 Im Bindungswillen liegt der richtige Kern für die gekünstelte Auf teilung des Bierlieferungsvertrages in eine Grund- und eine Ergänzungsabrede durch Herzog 26ff. (s.o. 3. Teil, 11 bei Fn. 7), denn die Grundabrede entpuppt sich bei ihm letztlich als Bindungswille. 58 Hier zeigt sich der Nachteil des Lösungsansatzes von Hager, der die Parteiautonomie nur im Spannungsfeld zur normativen Eingrenzung sieht, da er damit die Fälle der Relevanz des Willens tendenziell eher einschränkt, ohne daß die wirtschaftliche Problemlage sachadäquater bewältigt würde. 59 Gleiches gilt für die durch die 3. Teilnovelle eingefügte Regelung von § 879 Abs. 2 Ziff. 4 ABGB. 60 Zu diesen vgl. Stark, FS Bundesgericht (1975), 383ff.; Oftinger, FS Zepos, 542ff. (= ds., Ausgew. Schr., 161ff.).

I, 1. Kontext des Gesetzes: Willensdoktrin

135

sichts einer möglichen Durchführung dürfen sie wohl nicht schlechthin gegen das Rechtsempfinden verstoßen. Die Rechtsprechung folgt stärker als es die in der Theorie in den Vordergrund gestellte Willens doktrin vermuten ließe, der hier ausgearbeiteten Linie, die tragenden Grundsätze des Vertrages dort einzusetzen, wo die Willensbildung geschützt ist, aber inhaltlich nicht hinreichen kann. Das äußerliche Festklammern an der Willensdoktrin zwingt jedoch dazu, das Vorgehen stets als Ausnahme statt als Konsequenz eines plurikausalen Vertragsdenkens zu sehen. Ganz abgesehen von der Hintansetzung der Willensdoktrin in der Praxis zur Teilnichtigkeit in der Schweiz fordert dort die Lehre aufgrund der Legitimation durch den geschehenen ersten Schritt und gestützt auf das Argument der Praktikabilität ein allgemeines richterliches Moderationsrecht für unsere Fälle und damit eine Umkehrung des RegelAusnahme-Verhältnisses 61 • Doch auch in der BRD stoßen wir auf eine funktionsgerechte Anwendung dieser Prinzipien. So wurde die von Theorie und Praxis längst anerkannte Restgültigkeit von AGB nun auch gesetzlich fixiert 62 • Die Entwicklung weg von der reinen Willensdoktrin zum Vertrag als stabilisierte Regelung wurde von der Gesetzgebung aufgegriffen und für einen Teilbereich festgeschrieben. Ähnlich ist die Situation in Österreich aufgrund des Konsumentenschutzgesetzes 63 • Am schönsten läßt sich die These, daß die Vertragstreue und der Verkehrsschutz jene vertragsbestimmenden Elemente sind, welche von der Nichtigkeit der vom Parteiwillen getragenen Teile nicht berührt werden, jedoch an der Behandlung der Arbeits- 64 und Gesellschaftsverträge65 durch die deutsche Rechtsprechung zeigen. Da wie dort steht der Verkehrsschutz als Schutz des Vertrauens auf dem Spiel, das eine Mal im Innenverhältnis, beim Gesellschaftsvertrag dann im Außenverhältnis. Die Dimension der Zeit verhindert eine auf den unmittelbaren Leistungstausch bezogene Auslegung. Die normativen Züge des Vertrages, wie sie in der Diskussion um die ,faktischen Vertragsverhältnisse' einseitig akzentuiert wurden 66 , treten hervor. Noch versteckter sind jene Stimmen, die zwar die bereits praktizierte 61 Vgl. v. Tuhr / Peter, Bd. 1, § 31.V.3 a.E. unter Berufung auf Art. 340a OR und in Fn. 64 auf die neuere Rsp. des BGr (zu deren Unheitlichkeit s.o. 3. Teil, VII, Fn. 7); Spira, ZBJV 1952, 466ff., 549ff. 62 § 6 Abs. 1 AGBG. Zu seiner allgemeineren Bedeutung vgl. Stein 133 f. 63 § 6 KSchG. Zur Problematik vgl. Krejci, JBI 1981, 254f.; ds. in Krejci / Schilcher / Steininger 49f.; Doralt / Koziol116ff. 64 Vgl. die ältere Lit. und Rsp. bei Pierer von Esch 126ff.; dazu auch Sandrock, AcP 1960, 507ff., 516ff.; Gamillscheg, AcP 1976, 218; zusammenfassend Soergel / Hefermehl, 11. A., Rz 58 zu § 139 BGB; Staudinger / Dilcher, 12. A., Rz 36 zu § 139 BGB. 65 Vgl. BGH WM 1962, 462; dazu Soergel / Hefermehl, 11. A., Rz 56 zu § 139; Staudinger / Dilcher, 12. A., Rz 35 zu § 139 BGB. 66 Vgl. Haupt, FS Siber, 1- 37; Bärmann, bes. 86.; dazu Kramer, MünchKomm, 2. A., Rz 4, 27 vor § 145 BGB.

136

4. Teil: Koordination im Kontext

Reduktion bei Bezugsverpflichtungen wie Bierlieferungsverträgen strikte ablehnen, aber dennoch davon ausgehen, daß im vollzogenen Leistungsaustausch das Gleichgewicht gewahrt worden ist 67 . Dadurch wird die geübte Austauschbeziehung als Grundlage des Behaltens sanktioniert, nicht anders als ein Vertrag. Wenn die Grundsätze der Vertragstreue und des Verkehrsschutzes den Vertrag trotz Versagens des Parteiwillens wenigstens teilweise retten können, so bleibt doch ungeklärt, wo und wie inhaltlich die Grenzen der Restgültigkeit abzustecken sind. Die Diskussion war bis anhin zu sehr auf das Problem der Restgültigkeit von AGB fixiert geblieben. Dort schien die Bestimmung der Grenze als meist sehr einfach, da es um die Streichung einer oder einzelner Klauseln ging. Entsprechend konzentrierte sich die Diskussion auf die Begründung und Legitimation der Restgültigkeit. Auch ein ausdifferenziertes Modell wie jenes von Bydlinski verrät noch nichts über seine Umsetzung in die Praxis, sondern klärt vor allem die Legitimationsgrundlage 68 . Neu aufgebrochen sind diese Fragen aber gerade in jenem Zeitpunkt, als man die Legitimation zur Restgültigkeit mit der Regelung durch § 6 AGBG endlich auf sicherem Boden wähnte, da sich das Interesse nun auf den Inhalt der anstößigen Klausel verlagerte, und man Möglichkeiten einer inhaltlichen Korrektur abzutasten begann69 . Wenn wir bei der Anerkennung zusätzlicher, in einem offenen System die Willendoktrin ergänzender Pfeiler des Vertrages wie Vertragstreue und Verkehrsschutz nicht stehen bleiben, sondern weiter zur inhaltlichen Bestimmung der Grenzziehung vorstoßen wollen, so ist zunächst zu fragen, ob der Boden der Gesetzgebung dafür nicht doch tragfähiger ist, als es die oben skizzierten Lösungswege und vor allem die Heranziehung von Analogie und Induktion vermuten ließen. Doch ist schon von vornherein klar, daß wir von monistischen Eintönigkeiten, wie es beispielsweise die Berufung auf § 1822 Ziff. 5 BGB darstellt, absehen und vielmehr versuchen müssen, den ganzen gesetzlichen Kontext des Zivilrechts in unser Blickfeld zu bekommen. 2. Allgemeines Privatrecht und Spezialgesetz

a) Einleitung Suggestive Wirkung geht von Wieackers Sicht auf ein "Sozialmodell der klassischen Privatrechtsgesetzbücher" noch stets aus 1 . Darob vergißt man So Zimmermann 175. Wie sie sie bei fehlender ausdrücklicher Ermächtigungsnorm in der schweiz. Lehre noch stets bestreitet Giger, ZBJV 1969, 317 ff. 69 Einen Überblick über den Stand der Meinungen bieten Hager 64 Fn. 3 und 7; Lindacher, BB 1983, 155 Fn. 7 - 10 ferner Kötz, MünchK, 2. A., Rz 9 zu § 6 AGBG in Fn. 4; dazu s. u. 5. Teil bei Fn. 10. 67

68

1,2. Kontext des Gesetzes: Sonderprivatrecht

137

leicht, daß ein Modell zunächst nur dazu dient, Entstehung, Geltung, Wirkung und Weiterentwicklung des Privatrechts überhaupt erfassen und darstellen zu können. Als solches ist es jedoch sinnlos, wenn es nicht auch den rechtlichen Kontext, das heißt die gesetzlichen Regelungen, welche allenfalls im Bereich des Privatrechts wirksam werden können, einzufangen sucht. Allzu schnell übersehen. wir, daß es nicht so sehr die dogmatische Ausformung des Privatrechts ist, die dessen Verhältnis zur Wirtschaftsordnung kennzeichnet, sondern die Extension, die man dem privaten ökonomischen Feinsteuerungsprozeß einzuräumen gewillt ist 2 . Das ALR - um kurz auf die Rechtsgeschichte zu blicken - verdankt seinen Charakter als altertümliches Gesetzbuch nicht so sehr der umständlichen Behandlung der klassischen Privatrechtsmaterien, sondern der obrigkeitlichen, tradierte Privilegien bewahrenden Regelung der Wirtschaft 3 . Demgegenüber ist es bezeichnend für die Modernität des ABGB, daß es über den archimedischen Punkt des § 13 obrigkeitsstaatliche Einflußnahme auf die Wirtschaft mehr ausgeklammert als integriert hat. Damit gab es die ökonomische Konzeption der politischen Entwicklung anheim, solchermaßen den wirtschaftlichen Liberalismus antizipierend4 • Doch selbst das BGB als "spätgeborenes Kind des Liberalismus" hatte, worauf auch Wieacker hinweist, wichtige Gebiete ausgeklammert, "staatserhaltende" wie das "Fürstenprivatrecht" , aber auch polizei- und sozialstaatliche Regelungen 5 • Noch im Umfeld der Gesetzgebungsarbeiten zum BGB wurde das AbzG vom 16. Mai 1894 erlassen, vielleicht als nur vorübergehend gedachte Maßnahme zur Beseitigung von Störungen im Privatrechtsverkehr 6 • Doch längst hatte die Entwicklung des Handels- und Gesellschaftsrechts mit ihrer Rückwirkung auf das Privatrecht7 die Utopie eines ,allgemeinen Privatrechts als Wirtschaftsrecht' in die Leere laufen lassen. Doch so wenig sich ein Sozialmodell ohne die organisierte Rechtsperson als einigermaßen realistisch bezeichnen ließe 8 , so wenig entsprach es - nicht Wieacker, Industriegesellschaft, 9 ff. Vgl. dazu J. Schmidt, Rechtstheorie 1975, 33 - 63. 3 Vgl. Mohnhaupt in: lus commune, Bd. 5, 97ff.; Steindl in: lus commune, SH 15, 84ff. 4 Vgl. Mohnhaupt 109ff.; Grimm, bzw. Wagner in: Forschungsband Zeiller, 97ff. bzw. 237 ff.; Steindl82 ff. und die umfangreichen Materialien bei Pfaff / Hofmann, Bd. 1,2, 297 - 352; zur Antizipierung des Liberalismus durch das ABGB vgl. Kramer, "Krise", 23 Fn. 52. 5 Wieacker ebd. 15, 20ff. 6 Zur Entstehungsgeschichte und zum Zusammenhang mit andern sondergesetzlichen Regelungen eines Sozialschutzes vgl. Benöhr, ZHR 138 (1974) 492 - 503. Zur Kritik an solchen spezialgesetzlichen Auslagerungen vgl. Gierke, Aufgaben, 12 f. 7 Vgl. Goldschmidt, Universalgeschichte, 11 f.; ds., Schriften, Bd. 2, 29ff.; dazu eingehend Raisch, Voraussetzungen, 56ff. 8 Zur Ausgliederung des Handels-, See- und Wechselrechts aus dem BGB vgl. die Kritik von Gierke, Entwurf, 107ff.; daselbst auch zu den Mängeln bei der Erfassung 1

2

138

4. Teil: Koordination im Kontext

zuletzt wegen solcher Ausgliederungen - der Realität. Die vereinfachten Züge eines heute aus dem BGB oder auch ZGB destillierten Sozialmodells als gesetzespolitischem Leitbild wären selbst dann, wenn man einen seither eingetretenen Wandel im Gesetzesverständnis und die damit zusammenhängenden Funktionsverschiebungen in Rechnung stellen würde, ohne Einbezug des Sonderprivatrechts unvollständig und falsch. Das Sonderprivatrecht erst läßt das Privatrecht als Ganzes mit all seinen Konturen erkennen. Es kann so aber auch zur Erhellung des allgemeinen Privatrechts beitragen, wo dieses keine Antworten bereit hält, und wo der Kontakt mit dem gewandelten wirtschaftlichen Hintergrund gesucht werden muß. Die Diskussion um die Interdependenz von Privatrecht und Sonderprivatrecht macht die Gefahren, die von einer gegenseitigen Isolierung beider Bereiche drohen, sehr schön sichtbar und holt die akademische Frage nach der Gestaltung des Modells auf den Boden der Realität. Betrachten wir zunächst einmal die Auswirkungen einer solchen Isolation auf das Sonderprivatrecht. Unter dieses fallen nicht nur jene aus der allgemeinen Kodifikation ausgegliederte Normengruppen, sondern auch Ausnahmebestimmungen, die in die Kodifikation integriert sind, denn letztlich geht es um das Verhältnis von Ausnahme und Regel. Oft wird gerade in der rechtspolitischen Diskussion übersehen, daß selbst bei der Zusammenfassung von Normen in einem allgemeinen Gesetzbuch allein der Konsens über die Stellung eines Rechtssatzes als Regel oder Ausnahme auch seine Ausstrahlung auf das ganze Rechtssystem bestimmt. Hübsch illustrieren läßt sich das an der schweiz. Regelung des Konkurrenzverbotes. Trotz der Aufnahme des Grundsatzes seiner Beschränkbarkeit in den im OR inkorporierten Arbeitsvertrag (Art. 340 a OR), hält der Streit um die Anwendbarkeit auf andere vertragliche Konkurrenzverbote an9 . Die Aussonderung als Sonderprivatrecht kann schnell dazu führen, das Einzelphänomen vom wirtschaftlichen Hintergrund zu lösen. Zwei Gefahren kommen damit in Sicht, eine Versteinerung der Normen mit Einbuße ihrer Effizienz und alternativ eine unkontrollierte Eigendynamik. Eine Versteinerung droht vor allem dann, wenn die Antwort auf neue Probleme, vor die sich die Praxis gestellt sieht, nur im ängstlichen Rückgriff auf die Mateder Verbandsperson 144ff.; zur Rolle der personenrechtlichen Gemeinschaft im Privatrechtsgefüge überhaupt ds., Dt. Privatrecht, Bd. 1, 663. 9 Vgl. die befürwortende Stellungnahme von v. Tuhr / Peter, Bd. 1, § 31.V.3; Bucher, OR, 234ff. und die andern 0.3. Teil, I,1 Fn. 30 genannten Autoren. Dagegen hat sich ausgesprochen Haefliger 28. Treffend der Hinweis von Gamillscheg, AcP 1976, 205, daß das schweiz. Recht die Haftung des Arbeitnehmers mit der Generalklausei von Art. 43 OR wohl im allg. Schadensrecht untergebracht habe, sich damit aber nicht viel ändere, da nun die "Verselbständigung des Arbeitsrechts ... aus dem Gesetz heraus ins Richterrecht übertragen" werde. Auch die Interpretation im allgemeinen Privatrecht läßt sonderprivatrechtliche Entwicklungen zu.

1,2. Kontext des Gesetzes: Sonderprivatrecht

139

rialien gesucht wird. Da die Entscheidungssituation wegen der Dynamik des Wirtschaftsprozesses erst entstanden ist und bei der Gesetzgebungsarbeit überhaupt nicht kalkuliert oder auch nur vorausgesehen werden konnte, muß dann die Anwendung versagtlO oder in einer Weise vorgenommen werden, die sich mit den Entwicklungen im allgemeinen Privatrecht nicht mehr verträgtll. Darunter leidet das Postulat der Vermeidung von Wertungswidersprüchen 12 . Der Zusammenhang im Normengefüge, im System geht verloren, gleichgültig, ob man sich mehr zu einer subjektiven oder objektiven Auslegungsmethode bekennt 13 • Umgekehrt kann auch die Eigendynamik des Sonderprivatrechts, ob es nun in die Kodifikation integriert ist wie das Arbeitsrecht in der Schweiz, oder ob es außerhalb angesiedelt ist, Wertungen verschieben. Das ist im Arbeitsrecht der BRD sehr schön zu beobachten. Chancen, aber auch Gefahren einer solchen Entwicklung werden sichtbar 14 . Letztere liegen vor allem darin, daß die Ergebnisse nicht mehr auf die Kompatibilität mit dem Normengefüge außerhalb des Sonderprivatrechts geprüft werden 15 • Einzelne Rechtspositionen wie beispielsweise der Schutz des Verbrauchers werden anhand typischer Problemlagen dargestellt und gelöstI 6 • Die Weiterentwicklung orientiert sich nun an dieser Basis ohne je wieder die Rückwirkungen auf das gesamte Normengefüge zu kontrollieren 17 . Die Positionen werDamit erklärt sich oft die Ineffizienz von Normierungsversuchen. Von daher wird das Postulat von Tilmann, ZHR 1977, 32ff., 59ff.; 1978, 52ff., 56ff. verständlich, Verbraucherschutz nicht nur spezialgesetzlich zu regeln, sondern schon bei der Gesetzgebung die Veränderungen in das bestehende Rechtssystem einzupassen. Zu den fehlenden Bezugspunkten eines "Verbraucherrechts" im Ordnungsgefüge des Privat-, sowie des Wettbewerbs- und Kartellrechts mit seinen weitgehend offenen Aktionsparametern vgl. Joerges, AG 1983, 60f. 12 Dieser Gedanke findet sich schon bei Burckhardt 16, 26. Auf die "Einheit und Unteilbarkeit der Gerechtigkeit" verweist Wieacker, Industriegesellschaft, 41 (ursp. in: FS DJT 1960, Bd. 2, 6); dazu auch Raisch, JZ 1966, 503ff. 13 Vgl. den Überblick über den Stand der Meinungen bei Hassold, ZZP 1981,192 210. 14 Vgl. die Darstellung bei Gamillscheg, AcP 1976, 197 - 220, der auch die Chancen einer solchen Entwicklung sieht, während Zöllner, AcP 1976, 221 - 246 mehr die Gefahren betont; zur Harmonisierung des Wertungsgefüges zwischen dem Arbeitsrecht mit dem vom AGBG erlaBten Ungleichgewichtslagen sowie dem allgemeinen Privatrecht vgl. Lieb, AcP 1978, 213ff.; zur Möglichkeit der Redintegration des Sonderprivatrechts des AGBG vgl. Kramer, ZHR 1982, 105 - 117 und eingehend - bezüglich der Verwendbarkeit der Inhaltskontrolle im AGBG zur Konkretisierung von § 242 BGB - Stein 24ff., 96ff. (kritisch dazu die Rez. von Backhaus, ZHR 1984, 631 635). 15 So sogar die - allerdings nur auf das Wirtschaftsrecht bezogene - ausdrückliche Forderung nach Auslegung im Hinblick auf den wirtschaftspolitischen Zweck bei Steindorff, FS Larenz (1973) 223ff., 230; vgl. dazu Mertens, AG 1976, 66. 16 Für den Verbraucherschutz fordert Damm, JZ 1978, 177 ff. eine ausgesprochene Zwecknormierung, ohne den systematischen Zusammenhang zum allg. Privatrecht deutlich zu machen. Reizvoll ist die geschichtliche Darstellung der jeweiligen Problemansätze und ihrer Verselbständigung bei der rechtlichen Bewältigung des Verbraucherschutzes von Schuhmacher, Verbraucher und Recht in historischer Sicht, Wien 1981. 10 11

140

4. Teil: Koordination im Kontext

den verabsolutiert, und zwar selbst dann, wenn das Resultat schließlich dem Zweck des Sonderprivatrechts diametral entgegenläuft 18 . Stehen wir, wie beim Verbraucherschutz, vor einem eigentlichen Interventionsrecht, können wir sehen, wie Interventionen weitergesponnen werden, ohne daß das Schutzobjekt im gesamtwirtschaftlichen Zusammenhang in der Spiegelung des Privatrechts noch erkennbar würde. Ein solcher Verzicht auf die Entwicklung des Sonderprivatrechts im Rahmen einer allgemeinen Dogmatik kann mit der Intervention in der Intervention enden, bei einem Regelungswerk, das auch von dem nicht mehr durchblickt werden kann, für den es gedacht istl 9 • Vorhandene Zusammenhänge werden verdunkelt und damit uneinsehbar 20 . Doch die gleiche Gefahr droht bei einer solchen Entwicklung dem allgemeinen Privatrecht, womit wir bei einem weiteren Aspekt solcher Isolierungen sind. Wenn die spezialgesetzliche Regelung oft im Brennpunkt wirtschaftlicher Entwicklung steht, man denke nur an das Arbeits- oder Handelsrecht, so bedeutet eine völlige Distanzierung davon eine Abkoppelung des allgemeinen Privatrechts von eben diesem dynamischen Prozeß21. Eine wichtige Funktion der Dogmatik ginge dabei verloren, die Komprimierung geschichtlicher, in der Rechtspraxis gewonnener Erfahrungen, welche dem künftigen Rechtsanwender als Anregungs- oder Lösungspotential, aber auch zur sinnvollen Verkürzung seiner Argumentation zur Verfügung gestellt wird 22 . Was 17 Demgegenüber betonen Immenga / Mestmäcker, Rz 26 Einl. GWB die interpretatorische Einheit zwischen Privatrecht und Wettbewerbsrecht. 18 Diese Gefahr läuft das ganz auf die Rolle des Verbrauchers zugeschnittene Modell von Reich, ZRP 1974, 187ff.; ds., Markt, 179ff., 190ff., dessen interventionistischer Ansatz schon deshalb fragwürdig wird, weil ein und dieselbe Person im Wirtschaftsmodell veschiedene Rollen einnehmen kann, vgl. zur Kritik Joerges, AG 1983, 61ff. So wurde auch die polizeil. Reglementierung der Pariser Lebensmittelversorgung, welche auf ein staatliches Kleinhändler-Kartell hinauslief, stets mit dem Argument des Konsumentenschutzes verteidigt und geschützt, zuletzt noch Genreau, Approvisionnement de Paris. - Marche des Innocents, Rev. crit. 12 (1858) 54 - 80. Über diese Bedenken hat sich schließlich - gegen den Antrag des procureur general Dupin - Cass. (ch.r.) S. 1858. 1. 326 zugunsten der Wettbewerbsfreiheit und des Marktzutrittes von Großverteilern hinweggesetzt. 19 So ist es bezeichnend, daß die bekannten roten Handausgaben der franz. Gesetze von Dalloz die Konsumentenschutzbestimmungen (Loi n° 78-23 du 10 janv. 1978 Sur la protection et l'information des consommateurs de produits et de services und das dazugehörige Decret n° 78-464 du 24 mars 1978) in der Ausgabe des Code de commerce präsentieren. 20 Vgl. Zöllner, AcP 1976, 221ff. 21 Auf die gegenseitigen Abhängigkeiten verweist H. P. Westermann, AcP 1978, 179ff. 22 Zur Entlastungsfunktion der Dogmatik vgl. Steindorff in der Quintessenz der Überlegungen von Esser, AcP 1972, 130; zur Funktion der Dogmatik überhaupt s. o. 3. Teil, X. Die Möglichkeiten der Konkretisierung im allg. Privatrecht mittels des AGBG, bzw. sonderprivatrechtlicher Haftungsnormen führen eindrücklich vor Lieb, AcP 1978,

1,2. Kontext des Gesetzes. Sonderprivatrecht

141

bleibt, ist ein nicht nur im Anwendungsbereich eingeschränktes 23 , sondern auch im Lösungsinstrumentarium beschränktes Privatrecht, das nur dort taugt, wo die althergebrachten Probleme die Szene beherrschen, die mit den immer gleichen, nicht mehr weiter auf ihre Sinnhaftigkeit überprüften Methoden gelöst werden 24 . Für unsere Problemstellung können wir nur auf die Diskussion im Vorfeld der Gesetzgebungsarbeiten zum AGB-Gesetz hinweisen 25 . Infolge der nicht nur formalen - Ausklammerung aus dem allgemeinen Privatrecht bleibt unklar, wieweit auch unter anderen Aspekten wichtige Grundsätze im Privatrechtssystem differenziert werden müssen 26 • Nehmen wir wegen der Nähe zu der von uns behandelten Problematik nur die Teilnichtigkeitsvermutung von § 6 Abs. 1 AGBG. Könnte der Grundsatz sonst Hilfe sein bei der Konkretisierung und Absteckung der Teilnichtigkeitsproblematik überhaupt, wird er nun leicht als spezielle Regelung nicht mehr weiter beachtet. Umgekehrt können dann die Erkenntnisse, die im allgemeinen Privatrecht später gesammelt werden, nur mehr mit Schwierigkeiten wieder auf das Sonderprivatrecht übertragen werden. Die neu aufgeflammte Diskussion um die Teilwirksamkeit von einzelnen AGB-Klauseln beweist das drastisch genug 27 . Die Frage, ob sich hier ein allgemeines Problem in zwei Facetten zeigt - wie das ein Rechtsvergleich zwischen der BRD und der Schweiz nahelegen würde - wird schon gar nicht mehr gestellt. Zwischen der Skylla der Verkümmerung des allgemeinen Privatrechts und der Charybdis eines eigendynamischen, ausufernden und die Regelungszusammenhänge verbergenden Sonderprivatrechts 28 führt ein gangbarer Weg, wenn wir uns auf die Zwecke des Sonderprivatrechts und seine Entstehungsgrüllde besinnen. Durch die Ausklammerung von Sachfragen und ihre Gruppierung anhand äußerlicher Merkmale kann oft überhaupt eine sachgerechte Diskussion erst in Gang gesetzt werden. Die Problematik findet ihren Kristallisationspunkt. Hier werden die Wertungen und Grundlagen der gesetzlichen Regelung greifbar. 205ff., 213ff. (vgl. auch Pawlowski, Methodenlehre, 249ff.); Stein 24ff., 96ff.; bzw. Mertens, AcP 1978, 242ff., 251ff. 23 Vgl. Lieb 216ff., 220ff. 24 Das übersieht das Postulat von Damm (0. Fn. 16). 25 Vgl. die Ausführungen von Ulmer, Verh. DJT 50 (1974) Bd. 2, SB H 21ff. gegen die Ausklammerung des Kaufmanns im AGBG, dazu Lieb 196f. 26 Vgl. Lieb 197ff., 220ff. und die Bemerkungen von Krejci in Krejci / Schilcher / Steininger, 13ff. zum Sonderprivatrecht. 27 S. O. 4 Teil, 1,1 Fn. 69 und u. 5. Teil bei Fn. 10 28 Ähnlich H. P Westermann, AcP 1978, 195 zu den Wegmarken des Lösungsweges zur "Einbeziehung sonderprivatrechtlicher Dogmatiken u, die "generell einer Verknöcherung unseres bürgerlichen Rechts entgegenwirken könnte, ohne andererseits seine Knochenerweichung nach sich zu ziehen U.

142

4. Teil: Koordination im Kontext

Oft dient das Sonderprivatrecht zunächst und vorerst der Neugruppierung von Regelungen, um für besondere Problemlagen einen effizienteren Zugriff auf die normativen Grundlagen zu bieten und Widersprüche darzustellen, die gegebenenfalls beseitigt werden sollen. Da kann es sich um ganz praktische Bedürfnisse handeln. So verleugnet ein ,Kreditsicherungsrecht' den angestammten Ordnungsrahmen nicht, erleichtert aber dem Bankpraktiker die Orientierung für ganz spezifische Aufgaben. Andere Gebiete lassen tiefer greifend nach allgemeinen Bedingungen, nach Voraussetzung und Berechtigung einer bestimmten Betrachtungsweise fragen; zu denken wäre dabei etwa an das Unternehmensrecht 29 • Hier wird vor allen Dingen auch der Theorie die Möglichkeit geboten, ein Problem im richtigen Koordinationsrahmen zu behandeln, Lösungen zu finden und weiterzuentwickeln. In der Diskussion um Sonderprivatrechte wird das Problem oft zu sehr auf die Frage, Spezialgesetz oder Code unique verengPo. Wie wir mit dem Hinweis auf die Möglichkeit der Separierung von Einzel- und Ausnahmenormen im allgemeinen Privatrecht schon klar gemacht haben, wie das aber auch ein rechtsvergleichender Blick lehrt, ist Sonderprivatrecht ohne Spezialgesetz möglich; andererseits garantiert aber eine allgemeine Kodifikation noch nicht die Erfassung genereller Bezüge. Zweifellos hat der Versuch, verstreute Normen zusammenzufassen31 , stets den Vorteil, den Zugang für den Rechtssuchenden wenigstens potentiell zu erleichtern, evidente Widersprüche zu harmonisieren und den Wildwuchs von Normen zu stutzen32 • Doch die Wertungsprobleme lassen sich nie endgültig lösen, da sie meist erst mit der wirtschaftlichen Entwicklung zutage treten. So oder so bedarf es daher wieder grundsätzlicher Überlegungen. Für unsere Zwecke, die Ermittlung der bei Anwendung der GeneralklauseI der guten Sitten gebotenen Rechtsfolge, genügt es, uns auf die Wertungen und die Besonderheiten der sonderprivatrechtlichen Regelungsproblematik zu besinnen, die Verbindungen zu den offenen Fällen aufzusuchen und dabei stets den Kontakt zum wirtschaftlichen Hintergrund zu bewahren 33 • Damit entgehen wir der Gefahr, uns unter der Prämisse ,singularia 29 Vgl. zusammenfassend Th. Raiser, ZRP 1981, 30 - 35; zum Diskussionsstand in der Schweiz vgl. etwa Saladin, WuR 1980, 1 - 26; Nobel, WuR 1980, 27 - 46; Isler 5ff. 30 So Z.B. E. Wolf, ZRP 1982, 1ff., dessen Polemik von Joerges, AG 1983, 57 auf ihren Stellenwert redimensioniert wird. 31 Weiter gehen auch die Vorschläge zum Verbraucherschutz von v. Hippel trotz Gliederung in einen Allgemeinen und Besonderen Teil nicht. Das S. 16 erhobene Postulat nach einem "System des Verbraucherschutzes" rückt bei ihm überhaupt außer Sichtweite; vgl. dazu Joerges, Verbraucherschutz, 21 ff.; allg. gegen solche Konzepte Dauner-Lieb 150f. 32 Zu diesen Überlegungen vgl. A. Wolf, ZRP 1978, 249 - 254; ds., AcP 1982, 80 100; Schwark, JZ 1980, 741 - 748. 33 Das würde die Gefahren unkontrollierter Experimente einerseits und der zu eng begrenzten Einzelregelung andererseits vermeiden, vgl. Lieb, AcP 1978, 225f.; Stein 48ff.

I, 2. Kontext des Gesetzes: Sonderprivatrecht

143

non sunt extendenda' auf ein vereinfachtes Regel-Ausnahme-Schema festzulegen, das die den einzelnen Normen zugrunde liegenden Wertungen schlichtweg ausblendet 34 . Auf diese Weise gewinnen wir ein Stück redintegriertes Sonderprivatrecht 35 , gewonnen nicht so sehr aus abstrakter Theorie, sondern am konkreten Beispiel. Was wir als Vorteil des Sonderprivatrechts herausgestrichen haben, die Diskussion neuer Vorgehensweisen, können wir so für unseren Zweck fruchtbar machen. Durch die prüfende Heranziehung von Sonderprivatrecht haben wir nämlich Zugriff auf ein Potential von ausgetesteten Lösungen für funktionsspezifische Problemlagen36 ; ihre größere Nähe zur wirtschaftlichen Entwicklung, die allgemeine Tendenzen oft antizipiert, garantiert einen engeren Praxisbezug37 • Damit ist jedoch auch gewährleistet, daß der Regelungszusammenhang auch bei der Anwendung der Generalklausel gewahrt, ja in vielen Fällen überhaupt erst sichtbar wird. Wertungswidersprüche können vermieden werden. Zugleich bekommt der Richter ein Instrumentarium an die Hand, zu dem er, da es spezifisch juristisch ist, einen leichten und unkomplizierten Zugang hat. aa) Wettbewerbsrecht und Privatrecht Einen ersten Normenkomplex, der die Einordnung einer von uns untersuchten Fallgruppe - der Bezugsbindungen - in den weiteren gesetzlichen Kontext ermöglicht, sehen wir im Wettbewerbsrecht. Um Wiederholungen zu vermeiden, wollen wir einzelne Gesichtspunkte paradigmatisch an jener Rechtsordnung herausarbeiten, die sich dafür am pesten eignet, sei es, weil ihre Entwicklungsgeschichte die Problematik besonders transparent werden läßt, sei es, weil sie sich einer Redintegration am stärksten zu widersetzen scheint. Während sich das deutsche Recht für die Darstellung der Beziehung zwischen Individual- und Institutionenschutz geradezu anbietet, möchten wir anhand des schweiz. und österr. Rechts versuchen, die wettbewerbsbeschränkenden Abreden im Vertrag als gemeinsame Abrede zu isolieren. 34 Solche Ansätze sind schon bei Enneccerus / Nipperdey, AT, Bd. 1, § 48.1 vorhanden. Als Frage der Wertung wird nun die Parömie von Säcker, MünchKomm, 2. A., Rz 102ff. Einl. BGB behandelt. Was zur Analogie zu sagen war (s.o. 3. Teil, V), gilt auch hier, vgl. hiezu v.a. Heller 80, 88f. mit weiteren Hinweisen. 35 Wie es schon Wieacker, IndustriegeseUschaft, 36ff., 46ff. (ursp. in: FS DJT 1960, Bd. 2, 1ff., llff.) gefordert hat. 36 Das die Dichotomie von Recht und Gesetz aufzuheben geeignet ist, vgl. dazu Hirsch, AcP 1975, 497ff. und BVerfGE 34, 269, 286ff. 37 Zur Integration bspw. des Verbraucherschutzes in das Allg. Privatrecht vgl. Joerges, AG 1983, 59ff.. Zum Verhältnis von Wirtschaftsrecht und Privatrecht grundlegend Mestmäcker, ökonom. Gesetz, 374ff. (= ds., AcP 1968, 302ff. = DB 1968, 879ff.).

144

4. Teil: Koordination im Kontext

a) Bundesrepublik Deutschland Wie weit spezialgesetzliche Regeln zum Schutz des Wettbewerbes Kriterien liefern zur Bestimmung des Maßes der Reduktion im Einzelvertrag, läßt sich herausarbeiten am Spannungsverhältnis zwischen dem Schutz des einzelnen Gebundenen und dem Schutz des Wettbewerbs als Veranstaltung, wie es im Laufe der Entstehungs- und Entwicklungsgeschichte des § 18 GWB (Aufhebung von Ausschließlichkeitsbindungen) zutage tritt. Hatten die alliierten Dekartellierungsgesetze mit ihrem generellen Verbot aller vertikalen Bindungen 1 auch den Schutz der gebundenen Vertragspartei - des Unternehmens - im Visier, so verlagerte sich durch das Gesetz von 1957 und dessen Novellierung im Jahre 1965 das Gewicht auf den Schutz des Wettbewerbs als Veranstaltung2 • Anläßlich der erneuten Novellierung im Jahre 1973 rückte der Individualschutz wieder stärker in den Vordergrund, doch sollte er nicht in reiner Form verwirklicht werden. Als Gefahrensignal für den Wettbewerb und damit als Eingriffsschwelle für die Kartellbehörde sah der Gesetzgeber die unbillige Beschränkung der Wettbewerbsfreiheit in einer für den Markt erheblichen Gruppe von gleichartig gebundenen Unternehmen 3 . Mit dieser Überlagerung des Individualschutzes durch den Institutionenschutz und den Schutz der gebundenen Vertragsteile als Gruppe wurde aber keineswegs beabsichtigt, den einzelnen Wettbewerbsteilnehmer den marktmächtigeren Unternehmen auszuliefern. Vielmehr wollte man den betonten Individualschutz sich im Zivilrecht und dabei vor allem im Rahmen der GeneralklauseI der guten Sitten realisieren lassen 4 • Nimmt man die auf dem Hintergrund dieser Entwicklung einleuchtende Aussage ernst, daß das GWB keinen interpretatorischen Eigengesetzlichkeiten unterliegt, sondern ausgerichtet ist auf die Privatautonomie als Zentrum 5 , so muß es möglich sein, Gemeinsamkeiten herauszuarbeiten, ungeachtet der Eigengesetzlichkeiten, wie sie die Konzeption der Aufgabenteilung zwischen Verwaltungsbehörde und Zivilgericht mit sich bringt6 • Sonst bliebe die Betonung der gemeinsamen Wertungsgrundlage ein bloßes LipDazu vgl. Biedenkopj 70ff.; Rittner 95ff. Vgl. die Darstellung der Entstehungsgeschichte von § 18 durch Emmerich in Immenga / Mestmäcker, Rz 16ft. zu § 18 GWB. 3 § 18 (1) a GWB. 4 So schon die Begründung zum Regierungsentwurf der Novelle 1965, abgedruckt bei Müller-Henneberg / Schwanz, Nachtrag 1966 zum Gemeinschaftskommentar, Köln u.a. 1966, 137f., während der Regierungsentwurf der Fassung von 1957 (Nachweise bei Emmerich in Immenga / Mestmäcker, Rz 16 zu § 18 GWB) wie der Referentenentwurf von 1970 (abgedruckt bei Sontag, WRP 1970, 229 Fn. 1) dem Individualschutz zumindest alternativ einen eigenen Platz einräumten. Zur Behandlung der Bezugsbindungen vgl. auch Belke, ZHR 1974, 248 bei Fn. 69 (mit weiterer Lit.). 5 So Immenga / Mestmäcker, N 26 Einl. GWB. 6 Vgl. Sontag, WRP 1970, 229 - 236. 1

2

1,2. Kontext des Gesetzes: Sonderprivatrecht

145

penbekenntnis, das allenfalls theoretisch unterlegt werden kann. Doch droht die praktische Nutzanwendung daran zu scheitern, daß die Verschiedenheit des rechtlichen Instrumentariums und dessen Abstimmung auf die Eigenart des Gesetzes verwechselt wird mit einem Monismus, einer einseitigen Zuweisung des Institutionenschutzes an das Wettbewerbsrecht sowie des Individualschutzes an das Privatrecht, wie das die Rechtsprechung in anderem Zusammenhang fälschlicherweise annimmt? Wenn wir den Individualschutz als Ausfluß der Wettbewerbsfreiheit auffassen, statt ihn lediglich als eine Frage der Machtverteilung und Machtausübung inter partes contractus zu sehen S, kommen wir den Gemeinsamkeiten sicher näher. Dann erst werden nämlich die Wertungen des GWB zugänglich 9 . Während das Privatrecht das Individuum in den Mittelpunkt stellt und ihm mit dem Vertragsrecht die Mittel in die Hand gibt, sich im freien Wettbewerb zu betätigen, versucht das Wettbewerbsrecht Fehlentwicklungen, nämlich der Verhinderung von Wettbewerb durch Vertragsrecht, gegenzusteuern lO • Dort ist das Individuum im Zentrum, aber eingebettet in eine Wettbewerbswirtschaft, hier der Schutz der Wettbewerbswirtschaft, die durch das Individuum erst gestaltet werden will. Faktische Freiheit von Bindungen führt ohne weiteres zur Öffnung des Marktes, diese wiederum muß über den Schutz der wirtschaftlichen Bewegungsfreiheit aller Marktteilnehmer realisiert werden. Institutionen- und Individualschutz l l erscheinen damit als die beiden Seiten der einen und derselben Medaille l2 . Rechtsprechung und Lehre sind insofern auf dem richtigen Weg, wenn sie die Knebelungsverträge als Beschränkung der wirtschaftlichen Bewegungsfreiheit sehen l3 . Will man nun die geeigneten Reduktionskriterien finden, so 7 So wenn sie dem einzelnen Gebundenen als Teil einer Gruppe ein Antragsrecht im Rahmen des GWB verweigert, so BGH BB 1978, 418; ebenfalls Biedenkopf 210f., 216ff., Schwartz in GemK, 3. A., Rz 84 zu § 18 GWB; anders Emmerich in Immenga / Mestmäcker, Rz 248 zu § 18 GWB; ds., Kartellrecht, 128; Liebs 78ff., K. Schmidt, Kartellverfahrensrecht, 278ff., 578ff., 616ff.; ds., Aufgaben, 80ff.; van Venrooy 155ff.,179ff. 8 Wie bspsw Fikentscher, FS Hefermehl (1971), 41 - 57. 9 Vgl. v.a. die großangelegte Arbeit von Rebe passim, ferner Mestmäcker, ökonom. Gesetz, 369 - 396 (= ds., AcP 1968, 235 - 262 = DB 1968, 787 - 791, 835 - 840); K. Schmidt, Kartellverfahrensrecht, 220ff., 264ff., bes. 276ff. mit weiteren Nachweisen; Emmerich in Immenga / Mestmäcker, Rz 265 zu § 18 GWB; ähnlich für Berücksichtigung der Wertungen von § 18 GWB im Zivilrecht Biedenkopf 208f. 10 Vgl. die Darstellung des Entwicklungsganges bei Merz, Ausgew Abh., 515 - 534 (ursp. in: FS Nipperdey (1965), Bd. 2, 385 - 402). 11 Wie letzterer zu Recht für das Wettbewerbsrecht reklamiert wird, vgl. die reichen Hinweise bei Säcker, DB 1971, 855ff. Fn. 18 und 35. 12 So Emmerich in Immenga / Mestmäcker, Rz 29 zu § 18 GWB, ferner die Lit. o. Fn. 9; aus schweiz. Sicht Merz, Ausgew. Abh., 535 - 577 (ursp. in: FS Böhm (1965) 227 - 259). Als "verbale Konfliktharmonisierung" bezeichnet Säcker, DB 1971, 855 diese Ansicht, doch trägt sie der nun einmal vorliegenden gesetzlichen Ausgestaltung gebührend Rechnung.

10 Bürge

146

4. Teil: Koordination im Kontext

muß das Ziel die Herstellung der wirtschaftlichen Bewegungsfreiheit sein. Weiter braucht der Eingriff nicht zu gehen. Die Verknüpfung der wirtschaftlichen Bewegungsfreiheit mit der Wettbewerbsfreiheit läßt es nun naheliegend erscheinen, wettbewerbsrechtliche Kriterien heranzuziehen. Ihre Ausrichtung auf den Wettbewerb unter Anbietern macht sie von den Möglichkeiten Dritter - der Anbieter, nicht des gebundenen Individuums abhängig, Zutritt zum Markt zu erlangen. Die Marktzutrittsschranke also soll auf die Tauglichkeit als Reduktionsmaßstab hin geprüft werden. Daß die Bindungsdauer allein diese Rolle nicht übernehmen kann, zeigt auch die diffuse Rechtsprechung des BGHl4, welche aber unter dem Kriterium der Marktzutrittsschranke sogar mehr Konturen erhält. Die Kennzeichnung der Bierlieferungsverträge als legitimes Mittel der Absatzpolitik der Brauereien15 erhellt den Zusammenhang zWischen Wettbewerbsbeschränkung und Individualabrede 16 , wie er seit alters bekannt ist1 7 • Das Datum entzieht sich nicht dem Erkenntnisbereich eines Zivilgerichts, wie die bisherige Rechtsprechung zeigt, die es anwendet, allerdings um zu gegenteiligen Schlußfolgerungen zu gelangen. Es wird nämlich festgestellt, daß solche Bindungen üblich sind und bis anhin nie zu Mißbräuchen geführt hätten 18 • In diesem Fall müßte das Gericht jedoch auch in der Lage sein, die Mißbrauchsschwelle zu bezeichnen. Die verschiedenen Kartellabsprachen, aber auch die Kontrolle zur Prüfung vorgelegter vorformulierter Verträge zeigen deutlich, daß das Bestreben der Brauereien dahin geht, mit einem Minimum an Einzelleistungen ein Maximum an Wettbewerbsbeschränkung herauszuholen. Verbot von Darlehensgewährung 19 , Darlehensgewährung abgestimmt auf entsprechende Bankkredite20 , Übertragung der Bindung auf künftig vom Gastwirt zu über13 Vgl. M. Wolf 13f., 258ff.; Mayer-Maly, MünchKomm, 2. A., Rz 64 zu § 138 BGB; von der "Freiheit der wirtschaftlichen Entschließungen" spricht Coing, NJW 1947/48, 216. 14 Vgl. die Zusammenstellung bei Zimmermann 47ff. 15 Vgl. den Bericht des wirtschaftspolitischen Ausschusses zur Novelle 1973, BTDrucksache VII/765, 5; Westrick 1 Loewenheim, Rz 18 zu § 18 GWB. 16 Vgl. auf europ. Ebene die Begründung zur VO 1984/83 vom 22.6.83 betr. Alleinbezugsvereinbarungen, ABlEG L 173/6f.: ,,(15) Durch die wirtschaftlichen und finanziellen Vorteile, die der Lieferant dem Wiederverkäufer gewährt, werden die Errichtung, die Modernisierung, die Erhaltung und der Betrieb von Gaststätten und Tankstellen wesentlich erleichtert. ... (17) Die Vorteile, welche Bierlieferungs- und Tankstellenverträge mit sich bringen, lassen sich auf andere Weise nicht in demselben Ausmaß und mit derselben Sicherheit erzielen .... (18) Um die wirtschaftliche Freiheit des Wiederverkäufers aufrechtzuerhalten und den Zugang anderer Lieferanten zur Einzelhandelsstufe zu sichern, ist es erforderlich, neben dem Gegenstand auch die Dauer der ausschließenden Bezugspflicht zu begrenzen .... ". 17 Vgl. schon Kahler, ArchBürgR 31 (1908) 237 - 254. 18 So schon RGZ 63, 390; BGH JZ 1952, 366; für die Schweiz vgl. BGE 51 11 162 E. 3; für Österreich OGH SZ 32 Nr. 133 = EvBl1960, Nr. 126; OGH EvBl1983 Nr. 12. 19 Wie dies eine österr. Kartell-Vereinbarung vorsah, vgl. OGH JBL 1956, 617. 20 VKK 1974, 385 Fn. 18.

I, 2. Kontext des Gesetzes: Sonderprivatrecht

147

nehmende Objekte ohne Gegenleistung21 , das alles läßt erkennen, daß im Synallagma spezielle Vorteile für den Wirt so weit als möglich vermieden und einseitig die Sicherung der Wettbewerbsbeschränkung gesucht wird. Höhere Gegenforderungen von seiten der Wirte werden, falls sie solche aufgrund ihrer Verhandlungsmacht überhaupt stellen können, durchaus als Wettbewerbshandlung gesehen, allerdings eilfertig als Mißbrauch der Nachfragemacht etikettiert22 . Akzeptiert man die Marktzutrittsschranke als Reduktionskriterium, wird einleuchtend, weshalb eine unbegrenzte Dauer unzulässig ist, selbst bei bedeutenden Leistungen des Bindenden. Die Einschränkung der Wahlfreiheit würde zu einer völligen Blockierung des Wettbewerbs führen. Deshalb sind auch Mengenrelationen, wie sie von den Interessenverbänden zur Äquivalenzkontrolle vorgeschlagen werden 23 , nur als Anhaltspunkt zur Ermittlung der von den ,kartellistischen' Kreisen als wünschbar erachteten Marktzutrittsschwelle tauglich. Sie ließen nämlich, ohne fixe Parameter, auch faktisch unbeschränkte Bindungen zu. Doch haben wir mit diesem Kriterium der Marktzutrittsschranke erst jene Seite der Medaille kennengelernt, die im Zentrum des wettbewerbsrechtlichen Instrumentariums steht. Die Wettbewerbsfreiheit garantiert den Wettbewerb zwischen Mitbewerbern, der durch die der Gegenseite eingeräumte Wahlfreiheit ermöglicht wird. Das steckt den Anwendungsbereich des Kriteriums der Höhe der Marktzutrittsschranke ab. Es kann da eine Rolle spielen, wo der Wirt zwischen mehreren Anbietern wählen möchte. Hingegen ist damit das Individuum, der Gebundene, noch nicht erfaßt, der auf die Rechtsbehelfe des Zivilrechts verwiesen wird 24, um zu einer den individuellen Verhältnissen und dem Einzelvertrag adäquaten Lösung zu gelangen. Im Mittelpunkt stehen muß also der Einzelne als Wettbewerber, seine Rolle, die er im Modell einer funktionierenden Wettbewerbswirtschaft einzunehmen hat, das nicht nur dem Zivilrecht, sondern auch flankierenden Bestimmungen wie den §§ 4 - 6 WiStG zugrunde liegt 25 • Reflexe einer gesonderten Betrachtung des Individuums, freilich vermischt und inhaltlich ungeschieden von andern Kriterien, finden wir in der Rechtsprechung. Es betrifft die Überlegung, daß dem Wirt durch die Brauerei eine Starthilfe gegeben wird, und die Berücksichtigung eines gewissen Handlungsspielraumes zur Anpassung des Lokals. Eine Starthilfe ist tatsächlich eine wettbewerbsbelebende Maßnahme, die den Wettbewerb unter den Wirten beschlägt 26 • Sie läßt sich aber auch aus 21 22 23 24 25

10'

BKartA TB 1979/80, 82. So die beanspruchte Brauerei in BKartA TB 1978, 77. Vgl. Klaas, BB 1974, 1098 - 1100. S. o. Fn. 4. Ähnlich auch die Modellvorstellungen von M. Wolf ebd.

148

4. Teil: Koordination im Kontext

dem Synallagma ausgliedern. Die Berufung darauf läuft nämlich dann ins Leere, wenn das Ziel schon längstens erreicht worden ist 27 . Folgerichtig hat daher - zwar zum Teil unterlegt mit andern Erwägungen - ein älteres Urteil des österr. OGH die Bindung mit der Rückzahlung enden lassen 28 • Auch das Bundeskartellamt hat sich diese Sicht auf die individuelle Situation zu eigen gemacht, als es bei der Überprüfung von Bierlieferungsverträgen einer großen Brauerei auf eine Modifikation hinwirkte, wonach bei vorzeitiger Rückzahlung des Darlehens die Restlaufzeit der Bezugsverpflichtung halbiert wurde, statt daß sie, wie ursprünglich vorgesehen, in der ganzen Länge bestehen blieb 29 • Die Rolle des Gastwirts als Mitbewerber, seine Freiheit, den Konkurrenten gegenüber seine Chancen im Wettbewerb auszunützen, schimmert dann als Wertungsgesichtspunkt in der Rechtsprechung durch, wenn berücksichtigt wird, ob er die Gelegenheit hat, den Gästen auch noch anderes Bier vorsetzen zu dürfen 30 , oder wenn der BGH bei der Abwägung die Freiheit einbezieht, das Lokal gegebenenfalls in ein Speiselokal umzubauen 31 . Auch das Bundeskartellamt folgt solchen Überlegungen, wenn es durchblicken läßt, daß es gegen die vertragliche Verpflichtung zur Ausdehnung der Bindung auf vom Wirt künftig betriebene Zweit-Objekte eingestellt ist3 2 • Der letzte Gesichtspunkt ist vom BGH auch auf Automatenaufstellverträge angewendet worden 33 . Unklar bleibt jedoch, mit welchen Parametern die Wertungen gewonnen werden. Widersprüche zwischen einzelnen Fallgruppen sind offensichtlich. Handelt es sich beim Schutz der individuellen Wettbewerbsfreiheit stets um das gleiche Rechtsgut, so müßte deutlich gemacht werden, auf welchen andern Gründen denn die verschieden langen Laufzeiten bei Tankstellenverträgen34, Automatenaufstellverträgen35 und Bierlieferungsverträgen 36 beruhen, die eine unterschiedliche Behandlung des betroffenen Individuums rechtfertigen können. S. EG-Kommission o. Fn. 16. Vgl. BKartA TB 1979/80, 82. 28 OGHGlUNF 2260 = JBl1903, Nr. 14. 29 BKartA TB 1979/80, 82. 30 BGH WM 1975, 307, 309; BGH WM 1973, 924, 925; BGH NJW 1974, 2089, 2090; BGH NJW 1972, 1459. 31 Vgl. BGH WM 1975, 307, 309. 32 BKartA TB 1979/80, 82. 33 BGH WM 1982, 712, 713; NJW 1983, 159. 34 Als zulässig und wirtschaftlich gerechtfertigt wurde hier die Dauer von 25 Jahren betrachtet, vgl. BGH DB 1982, 1718; BGHZ 52,171,175 = NJW 1969,1662,1663. 35 Während hier lange Zeit die Dauer von 10 Jahren als Höchstgrenze angenommen wurde (vgl. BGH NJW 1983,159,161; BGHZ 71, 80, 84 = NJW 1978,1155; dazu auch v. Olshausen / Schmidt 89f.), konnte man aufgrund von BGH BB 1983, 662, 663 eine Tendenz zu einer kürzeren Dauer annehmen. Eine dreijährige Dauer als äußerste Grenze sehen in der Tat Schlosser / Coester-Waltjen / Graba, Rz 68 zu § 9 AGBG und Staudinger / Schlosser, 12. A., Rz 64 zu § 9 AGBG; ihnen teilweise folgend Ulmer / 26 27

1,2. Kontext des Gesetzes: Sonderprivatrecht

149

Auf die Ausfiltrierung der wettbewerbsbeschränkenden Abrede wollen wir bei der Behandlung der Lage in der Schweiz und in Österreich näher eingehen. Die Antwort auf die Frage nach der Stellung des Individuums im Wettbewerb und der Bemessung der Reduktion an dieser läßt sich jedenfalls nicht mehr mit einem am GWB entwickelten Instrumentarium finden. Da dieses das Individuum nur mittelbar berührt, muß vielmehr direkt nach wirtschaftlichen Kriterien des Wettbewerbes gefragt werden. Einzig die Legitimation zu dieser Fragestellung beruht auf dem auch im GWB ausgedrückten Bekenntnis zur Wettbewerbsordnung. Die einzelnen Reduktionsmaßstäbe sind jedoch auf der Sachverhaltsebene zu finden, indem wir nach Strukturmerkmalen des Wettbewerbs Ausschau halten und nicht nur auf die Möglichkeiten achten, die er dem Individuum einräumt, sondern auch darauf, wie sie durch die auf der Privatautonomie aufbauenden Privatrechtsordnung geschützt und garantiert werden.

ß)

Schweiz

Die spezifischen Besonderheiten des schweiz. Wettbewerbsrechts könnten Zweifel darüber aufkommen lassen, ob dieses mit dem Zivilrecht so weitgehend koordiniert ist, daß das eine wie das andere auf eine Marktordnung mit dem Wettbewerb als Zentrum ausgerichtet ist. Wäre dies nicht der Fall, so müßte die Übernahme wettbewerbsbezogener Wertungen ins Zivilrecht zur Ermittlung des Maßes der Reduktion als zumindest fragwürdig erscheinen. Solche Gedanken tauchen auf, wenn man den Anwendungsbereich des schweiz. Kartellgesetzes (KG) betrachtet. Im Unterschied zum deutschen GWB ist es nämlich nur auf den engen Symptomkomplex der Auswirkungen von Wettbewerbsbeschränkungen programmiert, auf die Abwehr von Schädigungen Dritter (Art. 4ff.), den Schutz der Kartellmitglieder im internen Verhältnis (Art. 11ff.) und die schädigenden Auswirkungen auf die Volkswirtschaft (Art. 22ff.). Der enge Bereich, der dem Einsatz des spezifisch kartellrechtlichen Instrumentariums zur Durchsetzung eines marktwirtschaftlichen Wirtschaftsmodells gegeben ist 37 , bedeutet aber nicht, daß außerhalb davon Kartelle zulässig wären 38 • Die Konzeption als MißbrauchsgesetzgeBrandner / Hensen, 4. A., Rz 142 Anh. §§ 9 - 11 AGBG. BGH NJW 1985, 53, 55 führt jedoch die alte Linie unbeirrt fort. 36 Vgl. BGHZ 74, 293, 298 = NJW 1979, 2150, 2151; ferner BGH WM 1975, 307, 308; BGH NJW 1972, 1459. Diese Werte als Standard zu nehmen, lehnt aber BGH WM 1984, 88, 89 ab und akzeptiert offenbar 20 Jahre als Normalfall. 37 Vgl. Merz, Ausgew. Abh., 548 (ursp. in: FS Böhm (1965) 237). 38 Wie das Hamburger, ZSR 1970 H, 59f. mit der Konstruktion eines Gegensatzes zwischen KG und Privatautonomie anzunehmen scheint, vgl. ds., WuR 1976, 337. Hingegen zeigt Kummer, FS Deschenaux, 550f. in seiner Kritik an BGE 98 H 365, daß die Duldung von Kartellen nicht notwendigerweise bedeute, "ihnen zuzugestehen, Dritte in ihrer Wettbewerbsfreiheit zu behindern".

150

4. Teil: Koordination im Kontext

bung darf nicht den Blick dafür verstellen, daß notwendiger Ausgangspunkt zur Erfassung des Mißbrauchs das ist, was Brauch ist und Brauch sein soll: der Wettbewerb 39 • Sonst verkennt man die Interdependenzen zwischen Privatrechtsordnung und Wirtschaftssystem und setzt an die Stelle der Privatautonomie und der mit ihr verbundenen Wettbewerbsfreiheit als vorrangi-. ges Koordinationselement der Wirtschaft die Gruppenvereinbarung40. Doch im Gegenteil, die wirtschaftliche Persönlichkeit kann gar als eigentliches Schutzobjekt des KG bezeichnet werden 41 • Bei diesem Bekenntnis des KG zum Schutz der wirtschaftlichen Persönlichkeit, das sich gleichzeitig paart mit einer auffallenden Beschränkung des gesetzlichen Instrumentariums, kommt den Regelungsfunktionen des Privatrechts, dem Individualschutz der Wettbewerbsfreiheit ein noch deutlicheres Gewicht als in der BRD zu. Nicht zufällig ist dieser in der Schweiz so klar herausgearbeitet worden42 . Die dogmatische Diskussion um die Drittwirkung der Grundrechte 43 hat nur zu leicht zum falschen Schluß verleitet, es werde durch Auslegung ein neues Element in das Privatrecht hineininterpretiert44 • Dabei ist die Vorstellung von einem mit dem Mittel des Privatrechts funktionierenden Wettbewerbs auch historisch gesehen überhaupt die Voraussetzung der staatlichen Gewährleistung der Wirtschaftsfreiheit 45 • Wenn das BGr darum die Wirtschaftsfreiheit auch in der Auslegung des Privatrechts heranzieht46 , macht es nur die andere Seite des Ordnungsmodells sichtbar. Es ist deshalb folgerichtig, wenn das BGr im jüngsten solchen Fall zwar auf die traditionelle Rechtsprechung hinweist, sich jedoch nicht ausdrücklich auf die Verfassung bezieht, sondern die Lösung von der wirtschaftlichen Bedeutung der Betätigung der Vertragsfreiheit aus entwickelt, den Wettbewerb in den Mittelpunkt stellt47 und damit die große Extension des Privatrechts als wirtschaftliches Gestaltungsmittel im schweiz. Recht anerkennt48 • 39 Das übersieht Wahlmann, FS Meier-Hayoz (1982), 461 f. in seiner Kritik an der funktionalen Auslegung im Kartellrecht, wohl weil er die wettbewerbsrechtliche Sprengkraft einer auf das Rechtsschutzobjekt der wirtschaftlichen Persönlichkeit ausgerichteten Auslegung unterschätzt. Ein rechtsvergleichender Blick auf die Diskussion im Zusammenhang mit den verschiedenen Novellierungen des dt. GWB hätte hier Klarheit verschaffen können, vgl. die Darstellung von Emmerich in Immenga / Mestmäcker, Rz 16 zu § 18 GWB. 40 Vgl. den umfassenden Überblick von Richli 124ff.; ebenso sieht Haller 158ff. die "Handels- und Gewerbefreiheit als verfassungsrechtliches Richtmaß". Vgl. ferner Schluep, ZBJV 1979, 84ff.; Bühlmann, WuR 1979, 178 - 188. 41 So Schürmann, KG, 36f.; Kummer, FS Deschenaux, 560. 42 Vgl. Kummer, Anwendungsbereich, 77 - 117; ds., FS Deschenaux, 560f.; Merz (0. Fn. 12). 43 Vgl. dazu etwa Saladin 307ff.; N. Müller 84ff.; Haller 90ff. 44 Symptomatisch für das Mißverständnis etwa Hamburger, ZSR 1970 Ir, 45f., 52 ff. 45 Vgl. Merz, Ausgew. Abh. 542 (ursp. in: FS Böhm (1965) 232ff.); ds., ebd. 515 - 534 (ursp. in: FS Nipperdey (1965), Bd. 2, 385 - 402). 46 Vgl. die Nachweise bei N. Müller 45ff.; bes. BGE 86 Ir 365 E. 4c; 102 Ir 211 E. 6/7. 47 Vgl. Gygi 115ff.; ds., FS Kummer, 334f., 338ff.

1,2. Kontext des Gesetzes: Sonderprivatrecht

151

Daß selbst das KG trotz der einseitigen Ausgestaltung seines Instrumentariums nicht einfach an den vertikalen Bindungen vorbeigeht 49 , ist spätestens seit der Erhebung der Kartellkommission über den Automobilbestandteilhandel klar geworden 50 . Auch dort ging es um die Auswirkung der Bündelung von Individualverträgen eines Lieferanten mit einer großen Zahl von Abnehmern. Da selbst von gegnerischer Seite die Ausdehnung der kartellrechtlichen Aufsicht auf vertikale Bindungen unter funktionalem Aspekt als gegeben betrachtet werden muß 5t, ist schon erkennbar, daß sich die Wirtschaftsverfassung jedenfalls bezüglich vertikaler Bindungen nicht neutral verhält. Nur müssen diese zumeist im Privatrecht bewältigt werden, und zwar mit der Transformation des Schutzes der wirtschaftlichen Persönlichkeit von Art. 27 ZGB über Art. 19/20 OR ins Vertragsrecht. Das Wettbewerbsrecht kann uns aber nicht nur bei der Darstellung der Erscheinungsformen der Wettbewerbsbeschränkungen helfen, sondern auch bei der Aufgabe, die wettbewerbsbeschränkende Vereinbarung aus dem vertraglichen Kontext zu isolieren; ein Vorgang, ohne den eine zweckgerechte Bewältigung solcher Abreden im Privatrecht nicht möglich wäre. Als Leitlinie kann uns der in Art. 2 Abs. 1 KG verwendete Begriff der "Abreden, welche mittels gemeinsamer Beschränkung des Wettbewerbes den Markt für bestimmte Waren oder Leistungen beeinflussen oder zu beeinflussen geeignet sind" dienen. Wenn diese Definition nur auf den Ausschluß des individuellen Interessenausgleichs zielt5 2 , beginnt die Wettbewerbsbeschränkung dort, wo der Vertrag nicht mehr vom individuellen Interessenausgleich getragen ist. Dabei müssen wir von einer bloß äußeren, formalen Betrachtung lediglich der Rechtsform abgehen, wie sich ja auch das KG von einem nur formalen Vertragsbegriff gelöst hat (Art. 2 Abs. 1 KG)53. Das Modell des Synallagma zielt nicht über die Verschiebung von Leistung und Gegenleistung hinaus. Bei den in der Praxis häufigen und wichtigen Verträgen, die über das hinausgehen, was beispielsweise der typische Kaufvertrag als Grundmuster eines Austauschverhältnisses bietet, lassen sich die prägenden zusätzlichen Elemente nicht einfach in die Austauschrelation einbeziehen. Zur Lösung der Problematik hat die deutsche Lehre die Unterscheidung fruchtbar gemacht, die im Gesellschaftsrecht die Differenzierung der indi48 Die Bedeutung der Extension des Privatrechts zur Kennzeichnung einer Wirtschaftsordnung hat eindrücklich herausgearbeitet J. Schmidt, Rechtstheorie 1975, 33 - 63. 49 Solche Abreden sollen dem KG nur unterstehen, wenn ein Vertragspartner ein Kartell oder eine ähnliche Organisation ist, vgl. statt vieler Schluep, ZBJV 1979, 90. 50 VKK 1978, 197; Schmidhauser, WuR 1979, 125f.; dagegen eh. J. Meier, WuR 1980, 321 Fn. 114. 51 So auch Schürmann, Wirtschaftsverwaltungsrecht, 332; dagegen Meier ebd. 312f. 52 Vgl. Schnegelsberg 37; Botschaft BR, BBl1961 II, 572. 53 Vgl. Schürmann, KG, 44f.; Merz, RabelsZ 1960, 12.

152

4. Teil: Koordination im Kontext

viduellen Interessen der Parteien und der Interessen der Gesellschaft ermöglicht. Unerheblich ist das Motiv, dessentwillen sich die Parteien an der Gesellschaft beteiligen (Endzweck), vielmehr kommt es darauf an, ob sie eine vertragliche Kooperation (Vorzweck) wollen 54 • Ebenso kann das Wettbewerbsrecht nicht auf das Motiv der Beteiligten abstellen, will es sich nicht deren Willkür aussetzen, sondern muß die Außenwirkung der vertraglichen Regelung auf den Wettbewerb betrachten55 • Die Zwecksteuerung durch die Parteien fällt damit aus der Beurteilung56 • Der an den individuellen Austausch anknüpfende Vertragsbegriff kommt aber so weit zum Tragen, als die Wettbewerbsbeschränkung der Sicherung des Vertragszweckes dient und für die Durchführung des Vertrages unerläßlich und ihm folglich immanent ist 57 •

Diese Kooperation mit der ihr eigenen Auswirkung auf den Markt ist nun gerade in der schweiz. Rechtsprechung zu den Bierlieferungsverträgen herausgearbeitet worde!J.. Die Parteien verfolgen zwar verschiedene Interessen, versprechen sich aber beidseitig von einem Wettbewerbsverbot gewisse Vorteile, die sie mit der Absprache internalisieren möchten, im Bewußtsein, die negativen Folgen externalisieren zu können 58 • Besonders schön tritt dies in jenem Fall hervor, wo für einmal die Gegenseite, ein nachfragemächtiger Inhaber einer Gaststätte, die Aufrechterhaltung des Wettbewerbsverbotes an beträchtliche Forderungen knüpfte 59 . Zum Bierbezug ist das Wettbewerbsverbot nicht notwendig, ebensowenig für den Darlehensvertrag, sondern es wird als Regelungsobjekt mit selbständiger Bedeutung vermarktet und zur Erzielung persönlicher Vorteile eingesetzt. Die andere Auffassung, die noch immer an die äußere Organisationsform anknüpft und einzig im genuin gesellschaftsrechtlichen Vertrag eine Wettbewerbsbeschränkung zu sehen vermag, stutzt mit einem - didaktisch sicher sinnvollen und nützlichen - Einteilungsschema vielfältige Erscheinungsformen der realen Verträge auf ein lebloses Gebilde zurück. Daß die rechtliche Organisation einzig in horizontale Kartelle auch noch als wirtschaftswissenschaftlicher Kartellbegriff okkupiert wird, erstaunt dann nicht mehr 60 • 54 Vgl. Ballerstedt, JuS 1963, 253 - 263; Fikentscher, FS Westermann, 105ff.; Hoffmann, BB 1975, 632. 55 Vgl. P. Ulmer, NJW 1979, 1585; K. Schmidt, BB 1979, 1173 - 1175; Steindorff, BB 1977, 570; Belke, ZHR 1979, 82. Daß andererseits die Analyse der unter § 138 BGB beurteilten Fallgruppen zur Erfassung des Wirkungsbereiches von § 1 GWB dienlich war, zeigt Mestmäcker in Hoppmann / Mestmäcker 28ff.; vgl. OLG Hamm GRUR 1973,421. Zu solchen Interdependenzen ferner van Venrooy 100ff.; Rebe 176ff. 56 Vgl. die Kritik an der zurückhaltenden Praxis des BGH durch Emmerich, ZHR 1975, 484ff.; dazu auch Ballerstedt und Fikentscher (0. Fn. 54). 57 Vgl. K. Schmidt, Kartellverbot, 80ff.; Steindorff, BB 1977, 570. 58 Illustrativ dazu in seiner Verteidigung des Bierlieferungsvertrages und der Darlegung seiner wirtschaftlichen Bedeutung Wüthrich 3ff. 59 VKK 1980, 177. Dazu auch o. Fn. 22. 60 Vgl. eh. J. Meier, WuR 1980, 311; Greminger 95.

1,2. Kontext des Gesetzes: Sonderprivatrecht

153

Wie sich solche Wettbewerbsbeschränkungen praktisch isolieren lassen, und welche Chancen sich daraus eröffnen, läßt sich an der Frage der dinglichen Radizierung von Dauerbindungen und ihrer Begrenzung vorführen. Wo Spiro für die analoge Anwendung sachenrechtlicher Höchstdauern auch auf unbegrenzte und ebenso auf lediglich obligatorische Bindungen eintritt 61 , dem sich Liver teilweise anschließt, möchte dieser wiederum vom Sachenrecht her mit einer Inhaltskontrolle der Dienstbarkeiten die Koordination zwischen Sachen- und Obligationenrecht herstellen 62 • Jedoch erst die Besinnung auf den Wettbewerb als zentrales Koordinationselement des Privatrechts läßt, wie zu zeigen sein wird, die Einseitigkeit dieser Ansätze korrigieren, sie zuordnen zur wirtschaftsgestaltenden Aufgabe des Privatrechts und dabei den Zusammenhang mit der geschichtlichen Entwicklung von Grundentlastung und Wettbewerbsdenken sichtbar werden. Genau der Gedanke des freien Wettbewerbes stand nämlich hinter den Reformen des Sachenrechts im 19. Jhdt. 63 . Besonders bei den Grundlasten lehrte die historische Erfahrung, wie durch dingliche Radizierung die vielfältigsten unablösbaren persönlichen Abhängigkeitsverhältnisse mit ihrer wettbewerbsbeschränkenden Wirkung organisiert werden können. Von daher erklärt sich auch der Widerstand der Westschweiz gegen die Aufnahme der Grundlast in das ZGB64. Die nicht zur Disposition der Parteien stehende Ablösbarkeit der Grundlast (Art. 788 Abs. 1 Ziff.2 ZGB) sollte befürchteten Mißständen vorbeugen. Doch darf man über diesem Versuch, die wirtschaftliche Bewegungsfreiheit mit einem rein sachenrechtlichen Instrumentarium zu garantieren, nicht vergessen, daß die feudalen Verhältnisse in hohem Maße an eine ausgeprägte Agrarwirtschaft gebunden waren 65 . Das Netz der sachenrechtlichen Bindungen war Resultat einer jahrhundertelangen Entwicklung; doch schließlich hatten sich aber wirtschaftliche Organisation wie Organisationsformen vom Sachenrecht gelöst. Aus diesem Grund wäre heute selbst bei einer strikten Ablehnung übermäßiger Beschränkungen der persönlichen Handlungsfreiheit als Inhalt von Dienstbarkeiten66 und einer restriktiven Zulassung der Grundlasten das Sachenrecht allein nicht in der Lage, die wirtschaftliche Bewegungsfreiheit zu schützen, selbst dort nicht, wo es direkt als Regelungsinstrument eingeSpiro, Bd. 2, 1190ff., 1213ff., 1276ff. Liver, FS Weitnauer, 185f., 191; zum Postulat der Koordination ferner ds., Zürcher Kommentar, N 136ff. Einl. vor Art. 730 - 792 ZGB. 63 Vgl. Habermann, bzw. Stolleis in: Wissenschaft und Kodifikation, Bd. 3, 3 - 43, bzw. 44 -117. 64 Vgl. die Stellungnahme von Rassel / Mentha, Bd. 3, 72ff. 65 Vgl. Klang in Klang, ABGB, 2. A., Bd. 2, 614f. 66 So die Forderung von Liver, N 127 zu Art. 730 ZGB; ds., FS Weitnauer, bes. 194. 61

62

154

4. Teil: Koordination im Kontext

setzt wird 67 • Hier manifestiert sich eben die Entwicklung von einer Agrargesellschaft zu einer vertraglich organisierten Industrie- und Dienstleistungsgesellschaft, wie sie hinter dem Funktionswandel des Sachenrechts steht68 . Die grundsätzliche Zulässigkeit von Dienstbarkeiten mit dem Inhalt, daß auf dem belasteten Grundstück keine Gastwirtschaft, kein Restaurant oder überhaupt kein Gewerbe betrieben werde, wie sie auch Liver bejaht69 , und die Möglichkeit, eine Konventionalstrafe durch Errichtung einer Grundpfandverschreibung zu sichern70 , genügen nämlich zur dinglichen Sicherung von Bezugspflichten völlig. Durch ergänzende anschließende vertragliche Gestattung des Ausschanks unter wettbewerbsbeschränkenden Bedingungen kann der erwünschte Effekt erreicht werden 71 ; nicht anders verhält es sich bei den Tankstellenservituten 72 • Ein Blick in die Judikatur offenbart schnell73 , daß nur eine ungeschickte Kautelarpraxis sich dem Verdikt der Unzulässigkeit aussetzt, wenn sie nämlich Prinzipien des Sachenrechts, nicht des Persönlichkeitsschutzes verletzt. Insbesondere soll die Übersichtlichkeit des Grundbuchs nicht leiden, was nicht zuletzt der Sicherung von Verkehrsinteressen dient. Klarheit schafft aber auch eine zu weit gehende Verpflichtung, wenn sie nur eindeutig ist. Auf der andern Seite sollen die gesetzlichen Begrenzungen dinglicher Dauerrechtsverhältnisse und vorgemerkter Vorkaufs-, Kaufs- und Rückkaufsrechte (Art. 683 Abs. 2 ZGB) die zeitlich unbegrenzte Blockierung von Sachwerten verhindern 74 . Doch selbst das Recht auf Ablösung der Grundlast nach 30jähriger Dauer, das persönlichkeitsschützende Züge trägt, und 67 Durch die mögliche Konversion einer ungültigen sachenrechtlichen Bindung in eine lediglich obligatorische bleibt die Wirkung inter partes ohnehin erhalten, vgl. Liver, N 132 Einl. von Art. 730 - 792 ZGB. 68 Das hat offenbar schon Eugen Huber mit Blick auf die Funktionsverschiebung des Grundpfandrechts festgestellt in: Handwörterbuch der Schweiz. Volkswirtschaft, Bd. 2, Bern 1905, 428. 69 Zur Praxis der Zulässigkeit von Dienstbarkeiten mit dem Inhalt von Gewerbebeschränkungen und Konkurrenzverboten vgl. Liver, N 129 zu Art. 730 ZGB; Rey, Berner Kommentar, N 85ff. zu Art. 730 ZGB, speziell zur Bierservitut N 98ff., zur Tankstellenservitut N 102ff.; zu letzterer ausführlich Riggenbach 144ff. Weit hinter dem Stand von Liver bleibt Zurbriggen 142ff. Zur Situation in der BRD vgl. Mulzer 156ff., 163ff. 70 Liver, N 160 zu Art. 730 ZGB; Rey, N 101 zu Art. 730 ZGB unter Hinweis auf ZBGR 1930, 214; 1937, 138f. 71 Aus diesem Wertungswiderspruch zwischen diesem Ausweg und dem Verbot von dinglich radizierten Fremdbezugsverboten schließt Mulzer 169ff. auf die generelle Zulässigkeit letzterer 72 Damit wird auch die Kontroverse um die Kombination einer affirmativen Dienstbarkeit mit einer negativen, wie sie hinsichtlich von Tankstellenservituten entbrannt ist, relativiert. Vgl. dazu die Darstellung bei Piotet in: SPR Bd. V,l, 552. 73 Vgl. die Zusammenstellung bei Rey, N 91 ff. zu Art. 730 ZGB; ferner Liver, N 129; 160 zu Art. 730 ZGB. 74 Vgl. Merz, FS Simonius, 24lf. (= ds., Ausgew Abh., 207).

I, 2. Kontext des Gesetzes: Sonderprivatrecht

155

dessen zeitliches Maß Spiro und ihm folgend Liver zur Begrenzung auch obligatorischer Verpflichtungen als Leitlinie fruchtbar zu machen versuchen 75 , übertrifft die vom BGr bei den Bierbezugsverträgen festgesetzte Limite von 15 Jahren bei weitem und ist bei anders ausgestalteten Vertragsverhältnissen - wie beispielsweise den Automatenaufstellverträgen 76 unanwendbar. Auch die Differenzierung in persönliche Verpflichtungen, für die die arbeitsrechtliche Grenze von zehn Jahren heranzuziehen wäre 77 , wirft Probleme auf. Selbst wenn man diese Höchstdauern nur als Anhaltspunkte benutzt, lassen sich solche unzweckmäßigen Lösungen und Wertungswidersprüche kaum vermeiden; das gilt auch dann, wenn die Dauer der Bindung auf die Intensität der persönlichkeitsrechtlichen Beschränkung abgestimmt werden sollte78 • Die geforderte flexible Handhabung ruft nach andern Begrenzungskriterien, die das Sachenrecht nicht bieten kann. Was der Statik des Sachenrechts angemessen ist, garantiert noch keine sachadäquaten Lösungen im Kontext einer dynamischen Wettbewerbswirtschaft und läßt im übrigen ökonomische Rationalitäten vermissen. Das wird überdeutlich, wenn man versucht, einige solche Höchstdauern nicht von der Eigenart des Sachenrechts mit der Betonung des Güterumlaufs her zu erklären, sondern vom Gedanken der wirtschaftlichen Bewegungsfreiheit aus. Die mögliche unbeschränkte Dauer von Dienstbarkeiten - solange sie den Gebrauch der Sache nicht vollständig ausschließen - wäre dann ein gewisser Widerspruch zur Ablösbarkeit von Grundlasten (Art. 788 Abs. 1 ZGB), der nur mit einer analogen Anwendung dieser Vorschrift auf jene Verhältnisse aufgelöst werden könnte 79 . Doch wie soll ein hundertjähriges Baurecht oder ein Wohnrecht auf eben diese Dauer in ein solches Konzept passen80? Vom Güterverkehr, also vom sachenrechtlichen Ordnungsgesichtspunkt her, entstehen jedoch keine Schwierigkeiten, diese langdauernden Bindungen zu rechtfertigen. Dienen Dienstbarkeiten gegenseitig einer sinnvollen Erschließung oder Nutzung der Grundstücke, so ist bei der Regelung und Ordnung des wechselseitigen Verhältnisses die Statik und damit die Dauer So v.a. Spiro, Bd. 2, 1250ff.; Liver, FS Weitnauer, 184ff. Dazu Bürge, ZSR 1983 I, 436ff. 77 Spiro, Bd. 2, 1239 ff. Unbefriedigend ist bei dieser Lösung zudem die Divergenz zur Begrenzung auf 5 Jahre durch § 624 BGB, resp. § 1158 Abs. 3 ABGB. Die unterschiedliche Behandlung läßt sich nämlich weder mit wirtschaftlichen Gründen erklären noch auf die historische Entwicklung zurückführen. 78 Wie Spiro, Bd. 2, 1235ff. vorschlägt. 79 So Spiro, Bd. 2, 1213ff., 1257ff. 80 Wenn man mit Mugglin 39 und ähnlich der dt. Lehre und Praxis (statt vieler BGHZ 46, 253, 257 = NJW 1966, 627; Joost, MünchKomm, Rz 12 zu § 1093 BGB) Art. 749 Abs. 2 ZGB anwendet und die Begründung eines dinglichen Wohnrechts auch für die juristische Person zuläßt. Schließt man sich der ablehnenden Meinung von Heinz 45f. und Piotet in: SPR Bd. V,I, 642 an, so bleibt immer noch die Einräumung eines Wohnrechts auf Lebenszeit des Berechtigten selbstverständlich zulässig. 75

76

4. Teil: Koordination im Kontext

156

zu ihrer Konstituierung gegeben; handelt es sich jedoch um veräußerungsähnliche Geschäfte wie bei der Einräumung eines Baurechtes, so kommt eine solche Bindung einer Entlassung der Sache aus dem Vermögen recht nahe. Die Rechtsordnung hat einzig Vorkehren dagegen zu treffen, daß der Verkehr nicht unnötig erschwert und der Umsatz nicht verunmöglicht wird. Darüber hinausgehend aber muß die Funktion der Sache für einen geregelten marktwirtschaftlichen Ablauf nicht berücksichtigt werden. Bei den vertraglichen Bindungen sehen die Strukturen hingegen anders aus. Hier ist evident, daß es nicht um den Umsatz einer Sache geht, sondern um die Teilnahme der Person am wirtschaftlichen Geschehen. Der Wettbewerb als solcher rückt ins Zentrum: Die Unveräußerlichkeit der wirtschaftlichen Entscheidungsfreiheit korrespondiert mit der Garantie der Wettbewerbsfreiheit. Vor allem Kummer hat die Doppelfunktion der Wirtschaftsfreiheit als Individualschutz und als Institutionenschutz herausgearbeitet81 • Die Verhältnisse in der Schweiz weichen also hierin von der Lage in der BRD nicht ab; selbst das unter diesem Aspekt spröde KG gibt genügend Orientierungshilfen. Will man zweckmäßige Begrenzungen finden, so gibt das Sachenrecht wegen der Verschiedenheit der Zielsetzung keine Anhaltspunkte; alle - auch die aus andern Normkomplexen bezogenen - maximalen Höchstdauern führen nur zu schematischen Lösungen82 • Wenn aus dem Sachenrecht ein Kriterium zu gewinnen ist, so ist es nicht eine Frist, sondern im Rückblick auf die geschichtliche Entwicklung der Bodenbefreiung ein anvisiertes Ziel, ein liberales Wirtschaftsmodell mit der Wettbewerbsfreiheit als Leitlinie. Nicht viel anders als in der BRD läßt sich aufgrund der Ausrichtung des Privatrechts auf den Wettbewerb und dessen rechtliche Bewältigung im Wettbewerbsrecht die Marktzutrittsschranke als geeignetes Begrenzungskriterium herausarbeiten für alle die Fälle, in denen nur die Freiheit der Wahl zwischen zwei Mitbewerbern in Frage steht. Die Ausrichtung des schweiz. wettbewerbsrechtlichen Instrumentariums auf den Institutionenschutz läßt hingegen für die Stellung des geschützten Individuums wenig Ertrag erwarten. Wenn die Funktion der vertikalen Bindungen zur Markterschließung als wettbewerbsfördernde Maßnahme von maßgeblichen Interessenverbänden ganz stark betont wird 83 , so wird klarerweise nach der Stellung des einzelnen Gebundenen auf seiner Marktstufe kaum gefragt. Einzig in der vorgelagerten Marktstufe soll unliebsame Konkurrenz unterbunden werden. Deshalb wird für diese Frage auf der ökonomischen Ebene die Rolle des Individuums als Teilnehmer im Entdeckungsverfahren des Wettbewerbs 81

82 83

s. o. Fn. 42.

Spiro, Bd. 2, 1239ff. Laut Vernehmlassung zur Revision des KG, VKK 1980, 252 f.

1,2. Kontext des Gesetzes: Sonderprivatrecht

157

speziell zu untersuchen sein. Soviel ist jedoch klar geworden, daß im Fokus des Wettbewerbes sich Sachenrecht und Obligationenrecht treffen, wenn es darum geht, die übermäßige Bindung zu eruieren, sie zu begrenzen und zu reduzieren. Was wir also auf der rechtlichen Ebene gewinnen, ist die Bedeutung des Wettbewerbes und die Anweisung an das Zivilrecht, dem einzelnen die Teilnahme daran überhaupt zu ermöglichen. Die Parameter, welche dafür zur Verfügung stehen, werden wir hingegen auf der ökonomischen Ebene ermitteln müssen. y) Österreich

Die Befreiung des Bodeneigentums von alten Propinationsrechten hatte auch in Österreich die Stoßrichtung der allgemeinen Gewerbefreiheit und zielte auf den Aufbau einer auf dem freien Wettbewerb gegründeten Wirtschaft84 . Doch dieselbe Problematik, daß mit der wettbewerbsfreundlichen sachenrechtlichen Ordnung in erster Linie eine gewachsene wettbewerbsfeindliche Struktur beseitigt worden war, der Wettbewerb jedoch als Prozeß durch die Vertragsfreiheit garantiert werden so1l85, zeigt sich auch in Österreich. Die konsequente Rechtsprechung gegen die Eintragung von reinen - mit dem Zweck des Grundstücks nicht zusammenhängenden - Wettbewerbsverboten als Dienstbarkeiten86 und von positiven Bezugsverpflichtungen als Reallasten 87 , sowie selbst gegen Kautionshypotheken, wenn sie die Sicherung über die Person des vertragschließenden Eigentümers hinaus ausdehnen sollen88 , mag sicher einer neuen Blockierung des Wettbewerbs durch sachenrechtliche Bindungen einen Riegel stoßen und folgenschwere Fehlallokationen vermeiden helfen 89 . Doch sie braucht, wie der Blick auf die schweiz. Diskussion lehrt, ihr Pendant im Schuldrecht. Allein mit dem Gedanken, was die Eigentumsordnung im wirtschaftlichen Kontext garantieren soll, dürfe die Vertragsordnung nicht hinfällig machen 90 , ist noch kein Kriterium zur Abgrenzung der im Vertragsrecht zulässigen Bindungen, wie sie jedem Vertrag notwendigerweise zugrunde liegen, von den unzulässigen gewonnen. Die Brücke bildet auch hier das 84 Vgl. die Hinweise auf das kais. Patent vom 7. Sept 1848 und die diesbezüglichen Regelungen in den einzelnen Ländern in GIU 15724; ferner OGH GIUNF 621; 681; 3510. 85 Zur verfassungsrechtlichen Grundlage der Privatautonomie in Österreich vgl. Pernthaler, ZÖR 1967, 49ff.; Mayer-Maly, FS Korinek, 152f. 86 Vgl. OGH SZ 5, Nr. 62; SZ 28, Nr. 27 = EvBl1955, Nr. 166; SZ 45, Nr. 26 = EvBI 1972, Nr. 245; OGH JB11972, 208; dazu auch Klang, FS OGH (1950), 109ff. 87 Vgl. die Urteile o. Fn. 84 und OGH SZ 12, Nr. 179; JB11933, 232. 88 OGH GlU 9552; GlUNF 3510; NZ 1930, 150. 89 Vgl. anschaulich OGH SZ 5, Nr. 62. 90 Vgl. schon Kohler, AcP 1897, 179 f.

158

4. Teil: Koordination im Kontext

Wettbewerbsrecht. Zwar herrschen im österreichischen Kartellrecht zuweilen Unklarheiten über die Tragweite des Begriffs des gemeinsamen Zwecks 9 1, der als Merkmal dient für die ein Kartell konstituierenden Verträge zwischen einzelnen Unternehmen oder Unternehmensverbänden92 • Doch zeigt das nur, wie wenig das Zusammenspiel von Wettbewerb und Vertrag im ganzen theoretisch durchdrungen worden ist. Das hat auch Konsequenzen für die Aussonderung der wettbewerbsbeschränkenden Abrede im Einzel-Vertrag. Eine Gleichsetzung von Vertrag und Interesse der Beteiligten am Vertragsschluß 93 mag zwar den funktional notwendigen Anwendungsbereich des KG sicherstellen, führt aber praktisch zur Tautologie des gemeinsamen Interesses und des Vertrages. Die Definition wird wegen ihrer Weite nichtssagend, läßt aber auch die Strukturverschiedenheiten der vom KG und vom Zivilrecht erfaßten Verträge verschwinden. Die traditionelle Auffassung hingegen, den Vorstellungen von Kartellverträgen als gesellschaftsähnlichen Verbindungen verhaftet 94, stellt die Anwendung des Gesetzes in das Belieben der Parteien. Der Schutz des Wettbewerbes als Institution würde dadurch in Frage gestellt 95 • Das wäre um so erstaunlicher, als gerade das österreichische Kartellrecht die wirtschaftliche Betrachtungsweise ganz singulär ausdrücklich favorisiert (§ 53 KG), von der Tatbestandsmäßigkeit der Wirkungskartelle ausgeht 96 , die vertikalen Preisbindungen ausdrücklich als Kartelle qualifiziert 97 und ihre abweichende Behandlung ordnet, sowie das inländische auf das internationale Recht - nämlich das Abkommen mit der EG - abstimmt 98 • Mit dem bei der Behandlung der schweizerischen Rechtslage skizzierten Vorgehen jedoch, den Vertrag als Regelungsinstrument von seiten des Wettbewerbes zu betrachten99 , können wir uns nicht nur von einer pandektisierenden Sicht auf das vertragliche Synallagma lösen. Es gestattet uns auch, die Erscheinungsformen des Schutzes der Vertrags freiheit sinnvoll den einzelnen Regelungsbereichen zuzuordnen. Damit stoßen wir zwangsläufig auf 91 Vgl. die instruktive Zusammenstellung der gegnerischen Positionen bei Aicher in Krejci, Bauwirtschaft, 19lf. Fn. 4 und Koppensteiner, Wettbewerbsrecht, 125ff. 92 § 1 Abs. 1 Ziff. 1 KG vom 22.11.1972. 93 Vgl. Aicher ebd.; ds., ÖBl1973, 73 - 80 (mit Anm. von SchönheTT). 94 Vgl. SchönheTT, JB11973, 225f.; OGH 11. 4. 79 SchönheTT I Dittnch, Nr. 205. 95 Vgl. aber OGH ÖBl1977, 93, 94f. 96 Vgl. Koppensteiner, Wettbewerbsrecht, 128; ds., RIW 1976, 61. 97 Vgl. Koppensteiner, Wettbewerbsrecht, 127ff.; ds., JB11978, 249; ds., RIW 1976, 66f. 98 Art. 23 ÖEWGAI Art. 85 EWGV; dazu Koppensteiner, JB11973, 408f.; ds., Wettbewerbsrecht, 128. 99 S.O. Fn. 55. Offenbar nur um die Vermeidung überflüssiger Anmeldungen von Bierbezugsverträgen und der damit verbundenen Kosten sowie Verwaltungsumtrieben geht es Wilhelm, JBl 1981, 299 - 304; doch sieht er richtig, daß nur eine buchstabengetreue Gesetzesanwendung zum befürchteten grotesken Ergebnis führen müßte.

1,2. Kontext des Gesetzes: Sonderprivatrecht

159

die gleichen Entscheidungskriterien für die Begrenzung der Beschränkung der wirtschaftlichen Bewegungsfreiheit wie in den eben besprochenen Rechtsordnungen. Die Funktion des KG, die Vertragsfreiheit über die Wettbewerbsfreiheit zu schützen lOO , macht vor jenen Wettbewerbsbeschränkungen halt, die nicht nur der Sicherung der Vertragszwecke dienen, sondern für deren Durchführung ~erläßlich und ihnen folglich immanent sind lOl . Die dem einzelnen Individuum eingeräumte Wettbewerbsfreiheit erscheint komplementär zur angestrebten, im Wettbewerb verankerten Wirtschaftsordnung lO2 • Liegt hier das Gewicht auf dem Wettbewerb als Institution, so verschiebt es sich bei der Anwendung wettbewerbsrechtlicher Grundsätze im Rahmen des allgemeinen Privatrechts auf die individuelle Wettbewerbsfreiheit. Der grundsätzliche Schutz der subjektiven Wettbewerbsfreiheit durch § 879 ABGB geht von der Vertragsfreiheit aus und rechtfertigt die Freiheitsbeschränkung anhand der Kriterien, wie sie im Kartellrecht für die Vertragsfunktionen entwickelt worden sind. Was in der Rechtsprechung zur Belastung der sachenrechtlichen Ordnung durch sinnwidrige Wettbewerbsbeschränkungen festgeschrieben wurde, findet so sein Pendant im Schuldrecht. Diesem funktionalen Bezug hat der OGH durchaus Rechnung getragen, als er die Wettbewerbsbeschränkung während der Laufzeit eines von der Brauerei gewährten Darlehens akzeptierte, sie aber im Zeitpunkt der möglichen Rückzahlung nach Aufbau des Betriebes endigen ließl03. Damit setzte er die mit der Rechtsprechung vom Immobiliargüterrecht begonnene Ausrichtung auf die Wettbewerbsfreiheit des Gebundenen im Schuldrecht fort, allerdings ohne nähere Begründung. Damit ergibt sich aber auch das Zusammenspiel von allgemeinem Privatrecht und Wettbewerbsrecht. Steht die Wettbewerbsfreiheit als Persönlichkeitsschutz - als Schutz des teilnehmenden Individuums - in Frage, und verschiebt sich daher das Interesse an der Garantie des Wettbewerbes als Institution in diese Richtung, so wird die wettbewerbsrechtliche Problematik im Rahmen des Privatrechts ausgeleuchtet und die Zulässigkeit und Begrenzung der Freiheitsbeschränkung am Wettbewerbsrecht gemessen. Geht es jedoch um die Wettbewerbsfreiheit als Institution, so tritt die Position der Mitbewerber in den Vordergrund. Es wird die objektive Rechtsstel100 Gegen den - nicht nur in Österreich vertretenen - Irrtum, das KG sei als ein die Vertragsfreiheit beschränkendes Gesetz eng und einschränkend auszulegen (vgl. die Nachweise bei SchönheIT / Dittrich, A. 2. zu § 1 KG; ferner OGH SchönheIT / Dittrich, Nr. 205) Koppensteiner, Wettbewerbsrecht, 66f. 101 S.o. bei Fn. 57. 102 Zur "subjektiven" und "objektiven" Komponente im Wettbewerbsrecht treffend Krenn, ÖJZ 1977, 230ff.; Schuhmacher, ÖJZ 1978, 317. 103 OGH GlUNF 2260 = JB11903, Nr. 14; OGH JB11956, 617.

160

4. Teil: Koordination im Kontext

lung und die Wettbewerbs ordnung betrachtet; zur Abgrenzung dient der Zweck, der dem unter den Parteien geschlossenen Vertrag immanent ist. Das erlaubt wie für die BRD und die Schweiz die Isolierung wettbewerbsbeschränkender Abreden. Für unsere Bedürfnisse bei der Reduktion solcher Abreden genügt es, die Rechtsfolgen so zu bestimmen, daß die Wettbewerbsfreiheit sowohl vom Standpunkt des Individuums wie auch von jenem des Wettbewerbes aus gewahrt ist. Ist bei letzterem wie in den andern Ländern die Marktzutrittsschranke maßgebend, da es um die Wahlfreiheit zwischen zwei Mitbewerbern geht, muß ersteres anhand des wirtschaftlichen Kontextes, nämlich der Rolle, die der einzelne als Teilnehmer im Wettbewerb spielt, abgeklärt werden. Erst dann stehen uns die Kriterien zur Beurteilung des Einzelfalls zur Verfügung. Das bedeutet, wie wir bereits ausgeführt haben, den Schritt auf die ökonomische Ebene zu wagen. bb) Gesetzgebung und Zinsbildung So alt wie das Darlehen sind auch die Versuche, dem Zinswucher einen Riegel zu schieben1 . So häufig sie waren, als so ineffizient erwiesen sie sich 2• Löste eine Wuchergesetzgebung die andere in dichter Folge ab, so meinte der Liberalismus endlich einen Ausweg gefunden zu haben: Die Aufhebung der Wuchergesetze sollte das freie Spiel der Marktkräfte ermöglichen, der Marktpreis an Stelle des staatlich verordneten Zinssatzes treten, und die am Markt orientierte Austarierung der Interessen Wucherzinsen verunmöglichen. Im gleichen Zeitraum, zeitlich je nach Land um einige Jahre verschoben, wurde dieses Postulat in Deutschland, in Österreich und in der Schweiz wie in andern europäischen Ländern von gewichtigen Stimmen vertreten 3 und schließlich nach und nach in der Gesetzgebung verankert 4 . Trotz eines an sich funktionierenden Marktes zeigte es sich, daß das Problem des Wuchers doch vielschichtiger ist, als man zunächst gemeint hatte. Verband die Schweiz im vereinheitlichten aOR von 1881 die Zinsfreigabe schon von Anbeginn mit der Kompetenz der Kantone zur Mißbrauchsbekämpfung 5 , so begegnete man in andern Ländern wiederum mit neuen VgI. dazu Luig, Ius commune, SH 17, 171 - 206 (mit bibI. Angaben). Sogar Giacomo Casanova hat sich an der Lösung des Wucherproblems versucht, vgI. Urfus, FS Lentze, 580 Fn. 14. 3 So von Munzinger, ZSR 15 (1867) 41 - 78; Goldschmidt, Verh. DJT 6 (1865) Bd. 1, 227 - 271. In Österreich bildete sich eine starke Gruppe von Befürwortern im Schoße der Regierung, nachdem schon unter Josef II - offensichtlich beeinflußt durch physiokratische Ideen - eine Periode der Zinsfreiheit bestanden hatte, dazu Urfus 578ff. 4 VgI. die Darstellung und die erschöpfenden bibI. Angaben bei Coing (Hrsg.), Handbuch der Quellen und Literatur der neueren europ. Privatrechtsgeschichte, Bd. III,2, München 1982, 1761 - 1765 für Dtld. (von Buchholz); 1822 - 1824 für Österreich und 2064f. für die Schweiz (beide von Kundert). 5 Art. 83 Abs. 2 aOR, der dem heutigen Art. 73 Abs. 2 OR entspricht. 1

2

I,2. Kontext des Gesetzes: Sonderprivatrecht

161

Gesetzen einzelnen Auswüchsen der eben erlangten Freiheit. Zum Teil bestehen sie heute noch oder haben ähnlichen Regelungen Platz gemacht 6 • Der Unterschied zur früheren Situation besteht nun darin, daß nicht mehr versucht wird, eine allgemeine staatliche Preispolitik zu betreiben. Es bleibt bei einer ausdrücklichen Mißbrauchsgesetzgebung. Am weitestgehenden ist die Lösung in jenen Schweizer Kantonen, die von ihrer in Art. 73 Abs. 2 OR verankerten Kompetenz dazu selbständig oder im Zusammenwirken mit andern Kantonen Gebrauch gemacht haben 7 • Denn da wird ein Zinsmaximum von 18 % vorgeschrieben, das in jedem Einzelfall beachtet werden muß 8 • Die parallele Verankerung eines Individualschutzes bei einem offenbaren Mißverhältnis von Leistung und Gegenleistung und unter Ausnützung einer Notlage, der Unerfahrenheit oder des Leichtsinns des Bewucherten in Art. 21 OR, gleicht den in andern Ländern im Strafrecht wie im Zivilrecht getroffenen Lösungen 9 • Unterschiedlich ist nur, daß es lediglich als Anfechtungsrecht ausgestaltet ist. Macht der Bewucherte davon innerhalb eines Jahres keinen Gebrauch, so bleibt der Vertrag gültig 10 . Aus dieser Konzeption von Art. 21 OR läßt sich wohl entnehmen, daß das Mißverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung bei Darlehenszinsen auch unter dem inzwischen als Gewohnheitsrecht sogar bundesrechtlich anerkannten Niveau von 18% liegen kann, wenn die Norm weiterhin auf die ihr traditionellerweise zugewiesenen Fallgruppen anwendbar bleiben soll. Ebenso liegt der Schluß nahe, daß das Mißverhältnis überhaupt kleiner sein 6 Für Österreich durch das Gesetz vom 28. 5.1881, RGB11881, Nr. 47, mit einem für Galizien und die Bukowina erlassenen Vorläufer. Ähnlich wie schon in § 3 des Gesetzes vom 14.12.1866 (RGBI 1866, Nr. 160) und unter Vorwegnahme der Konkretisierung von § 879 ABGB durch die II!. Teilnovelle knüpft es an den "Leichtsinn ... Nothlage, Verstandesschwäche, Unerfahrenheit oder Gemüthsaufregung des Creditnehmers" an. Dann kam die kaiserl. VO vom 12.10.1914 (RGBl1914, Nr. 275) hinzu, die nach der Wiederverlautbarung im Jahre 1949 (BGBI 1949, Nr. 271) und der jüngsten Revision durch § 35 KSchG noch heute in Geltung ist, daneben schließlich die ebenfalls noch gültige AusbeutungsVO vom 17.3.1933 (BGBl 1933, Nr. 66) i. d. F. BGBl 1936, Nr. 445. In Dtld. erging eine erste strafrechtl. Wuchergesetzgebung durch Gesetz vom 24.5.1880 (RGBl. 1880, S. 109) mit ähnlicher Anknüpfung wie das parallele österr. Gesetz mit einer Ergänzung durch das Gesetz vom 19.6.1893 (RGBl1893, 197). Nach heftigen Auseinandersetzungen im dt. Reichstag kamen dann die subjektiven Voraussetzungen auch ins Zivilrecht und wurden dort zuletzt anläßlich der Revision von § 302 a StGB durch das 1. Gesetz zur Bekämpfung der Wirtschaftskriminalität an die Fassung des StGB angepaßt. Zur allg. Entwicklung vgl. H. Schmidt, 138ff. 7 Interkant. Konkordat vom 8.10.1957 über Maßnahmen zur Bekämpfung von Mißbräuchen im Zinswesen (SR 221.121.1); §§ 202 - 214 b Zürch. EG ZGB. Dazu auch Christ in: SPR VII,2, 247f. 8 Die Spannung zwischen einer freien Preisbildung, die in bestimmten Fällen auch einen Zins von über 18% sinnvoll machen und rechtfertigen würde, und dem einer effizienten Handhabung des Gesetzes entgegenkommenden starren, nicht zu hoch angesetzten Zinsmaximum hat BGE 69 I 171 E. 4 gut erfaßt. 9 S.o. Fn. 6. 10 Vgl. die ausführliche Darstellung der Entstehungsgeschichte bei Ossipow 205ff.

11 Bürge

162

4. Teil: Koordination im Kontext

darf als bei der generellen Norm von Art. 19/20 OR; sonst müßte ja der Eindruck entstehen, das Gesetz erteile offensichtlich ausbeuterischen und wucherischen Rechtsgeschäften bei Untätigkeit des Bewucherten seinen Segen. Ein Festhalten am Vertrag soll nicht nur vertretbar sein, sondern aus der Optik des Bewucherten zuweilen sogar sinnvoll. Anders hätte dieses verlängerte Reuerecht für den Bewucherten wenig Sinn l l . Neben dieser Schutzbestimmung "für den kleinen Mann"12 ist die auf historischen Mustern beruhende Bestimmung von § 247 BGB bemerkenswert, welche bei Zinsen über 6% ein vorzeitiges Kündigungsrecht vorsieht1 3 . Sie bringt nämlich - auf eine heute freilich umstrittene Weise 14 - zum Ausdruck, daß es im wesentlichen darum geht, die Aushandelbarkeit des Zinses zu garantieren. Die freie Vereinbarung unter Orientierung der Parteien am funktionierenden Markt bleibt Leitlinie hinter dieser Lösung. Wie weit solche sondergesetzlichen Regelungen herangezogen werden können, wenn es um die Bestimmung der Eingriffshöhe bei der Anwendung der Generalklausei der guten Sitten geht, kann hier jedoch dahingestellt bleiben. Wir beschäftigen uns nur mit der Frage, ob sie Hinweise auf die Höhe der Reduktion bieten. Zunächst jedoch können sie zeigen, wie der Gedanke der normativen Prävention, der gegen eine Reduktion ins Feld geführt wird15 , auch einer Folgenkontrolle nicht standhält. Denn eine Analyse unter diesem Aspekt bringt für die Länder, welche eine Reduktion vorsehen, keine größeren Mißbräuche zum Vorschein, als sie auch in der BRD bekannt sind. Österreich kennt diese Reduktion auf einen Zinssatz in doppelter Höhe des Diskontsatzes der Nationalbank erst seit neuestem und nur im Teilbereich des Wuchergesetzes 16. In der Schweiz hat die Reduktion in der Praxis des BGr ihre lange Tradition 17 . Die im Entwurf zum Konsumkreditgesetz vorausgesetzte Beobachtung des Marktes 18 ließe auch hier genauere Kriterien zur Reduktion in Griffnähe rücken. Gerade hier sieht man aber, daß die Mißstände, welche den Gesetzgeber zum Handeln veranlaßt haben, in einer andern Problema11 Dagegen aber Oftinger, FS Zepos, 549f. (= ds., Ausgew. Sehr. 168), vgl. dazu o. 4. Teil, 1,1 bei Fn. 60. 12 Gegen diese auch von E. Huber vorgetragene Ansicht Ossipow 226 f.; zu den Entwicklungsmöglichkeiten von Art. 21 OR in einer arbeitsteiligen Wirtschaft vgl. Stark, FS Bundesgericht (1975),377 - 398. 13 Zur Geschichte vgl. Landau, GS Conrad, 385 - 408. 14 Vgl. etwa für Abschaffung Canaris, WM 1978, 686 - 701; ds., WM 1982, 254 - 268; v. Heymann, DB 1984, 1229 - 1336; für Modifizierung K. Schmidt, BB 1982, 2075 2079; für Beibehaltung Luig, AG 1979, 147 - 154; Stöcker, BB 1982, 2079 - 2083. 15 S. O. 3. Teil, III. 16 § 7 WuchG; § 31 KSchG (bei Kreditvermittlung). 17 S. O. 2. Teil, I, 1. 18 Art. 318b des Vorentwurfs in BBl1978 II, 630.

1,2. Kontext des Gesetzes: Sonderprivatrecht

163

tik liegen, nämlich der Gefahr der chronischen Überschuldung von Kreditnehmern 19 . Schon die wiederholte Berufung des OGH2o wie des BGH21 auf die gesetzlich (wieder-)eingeführte Zinsfreiheit belegen, daß nach wie vor trotz der Mißbrauchsgesetzgebung die freie Preisbildung auf dem Markt als Leitbild gesehen wird. Aber auch aus der Sondergesetzgebung entnimmt man, daß der Markt als Koordinationsinstrument noch lange nicht ausgedient hat, sondern vielmehr im Zentrum steht. Es handelt sich dabei allemal um Regelungen, welche auf eine Stärkung der ,rechtsgeschäftlichen Entscheidungsfreiheit' im Sinne von M. Wolf hinzielen. So fordert Art. 11 des interkant. Konkordates zur Bekämpfung von Mißbräuchen im Zinswesen vom 8.10.1957 22 die Bekanntgabe der Darlehens- und Kreditbedingungen, welche so abzufassen sind, "daß sie auch Personen, die in Kredit- und Darlehensgeschäften keine Erfahrung haben, leicht verständlich sind". Art. 12 Abs. 2 lit. alb Ziff. 2 schreibt die Angabe des "Zinssatzes und die Höhe der einzelnen vom Borger geforderten weiteren Leistungen" verbindlich vor. Eine ähnliche Regelung kennt die einschlägige Zürcher Verordnung 23 . Auch in der BRD finden sich solche Vorschriften, die lediglich das funktionieren des Marktes sicherstellen sollen. § 1 a Abs. 1 Nr. 4 AbzG fordert die Angabe des effektiven Jahreszinses für den Teilzahlungspreis24 . Ähnlich will § 4 PrangVO (PreisangabenVO) vom 14.3.1985 25 , wie schon die §§ 1 19 Vgl. Botschaft BR BBl1978 II, 517. Das Gesetz befindet sich noch stets in der parlamentarischen Beratung. 20 OGH SZ 41, Nr. 32; SZ 42, Nr. 2. 21 BGHZ 80, 153, 156ff. 22 S.o. Fn. 7. 23 S.o. Fn. 7. 24 Dazu z.B. Scholz, MDR 1974, 881 - 885. 25 BGBl1985 I, 580. § 4 Abs. 1 und 2 lautet: ,,(1) Bei Krediten ist als Preis die Gesamtbelastung pro Jahr in einem Vomhundertsatz des Kredits anzugeben und als "effektiver Jahreszins" oder, wenn eine Änderung des Zinssatzes oder anderer preisbestimmender Faktoren vorbehalten ist (§ 1 Abs. 4), als "anfänglicher effektiver Jahreszins" zu bezeichnen. Zusammen mit dem anfänglichen effektiven Jahreszins ist auch anzugeben, wann preisbestimmende Faktoren geändert werden können und auf welchen Zeitraum Belastungen nach Ansatz 2 Satz 2 Nr. 2 zum Zwecke der Preisangabe verrechnet worden sind. (2) Der Vomhundertsatz ist mit der im Kreditwesen üblichen Genauigkeit in der Weise zu berechnen, daß er alle bei regelmäßigem Kreditverlauf preisbestimmenden Faktoren erfaßt, die sich unmittelbar auf den Kredit und seine Vermittlung beziehen, und den Zinssatz beziffert, mit dem sich der Kredit, ausgehend von den tatsächlichen Zahlungen des Kreditgebers und des Kreditnehmers, auf der Grundlage taggenauer Verrechnung aller Leistungen und nachschüssiger Zinsbelastung gemäß § 608 BGB staffelmäßig abrechnen läßt. Bei der Berechnung des anfänglichen effektiven Jahreszinses sind zugrundezulegen 1. die zum Zeitpunkt des Angebots oder der Werbung geltenden preisbestimmenden Faktoren, 2. hinsichtlich der Verrechnung einer Belastung, die sich aus einer nicht vollständigen Auszahlung des Kreditbetrages oder aus einem Zuschlag zum Kreditbetrag ergibt, der Zeitraum, für den der Kreditnehmer bei regelmäßigem Kreditverlauf in 11'

164

4. Teil: Koordination im Kontext

Abs.l und 2 Abs. 1 ihrer Vorgängerin, die Transparenz im Stadium der Preisbildung sicherstellen26 . Wie es bereits § 1 a Abs. 1 AbzG und die Konkretisierung der Vorschriften der damaligen PrangVO durch den Richtlinienvorschlag des Bund-Länderausschusses ,Preisauszeichnung'27 vorsahen, sollen neben den eigentlichen Zinsen auch die anders deklarierten Kosten wie Bearbeitungs- und Kreditgebühren in einem einheitlichen, auf ein Jahr bezogenen Prozentsatz angegeben werden. Die jetzige, auf eine neue gesetzliche Grundlage gestellte Vorschrift wollte an diesem Zustand nichts ändern, sondern nur auf eine größere Präzision in der instrumentalen Erfassung besonders von Krediten mit variablen Konditionen hinarbeiten28 . Das entspricht, wie alle solchen Regelungen zur Sicherstellung einer effizienten Information, dem Konzept einer liberalen Marktwirtschaft, die für den Vertrag auf dem Verhandlungsmodell aufbaut. Wenn es nun darum geht, an die Stelle eines wucherischen Zinses einen andern zu setzen, so ist auf dieses Konzept abzustellen, nicht auf die an seinem Rand angesiedelte Mißbrauchsgesetzgebung oder -rechtsprechung. Zu fragen ist also bei der Durchführung einer Reduktion, wenn der geschuldete Preis gefunden werden muß, wie sich die Preisbildung bei funktionierender Entscheidungsfreiheit auf dem Markt nachvollziehen läßt. Der Markt als Indikator der Reduktion weist nun wiederum auf die Ebene des wirtschaftlichen Kontextes, mit der die rechtliche Ebene in einer engen Interdependenz steht. Das Recht zeigt im Ordnungsrahmen den Ort, wo die auf der ökonomischen Ebene gefundenen Daten eingebaut werden müssen. Die dort entwickelten Parameter können dann für die ökonomische Feinsteuerung durch das Privatrecht weiterverwendet werden. 3. Privatautonomie und Organisationswirkung privatrechtlicher Regelungen

Daß die Vertragsdauer als selbständiger Problemkomplex im Allgemeinen Teil des BGB, wie auch in dem vom Dresdener Entwurf inspirierten OR und dem naturrechtlichen - später in pandektistischem Geist behandelten ABGB nicht berücksichtigt wird, ist kein Zufall. Ebensowenig zufällig hat erst Gierke als erster in einer größeren Arbeit die Struktur der Dauerschuldverhältnisse herausgearbeitet!, prägt doch das Element der Dauer durchaus sein als Organisationsrecht verstandenes Sozialrecht2. Zu einfach wäre es den Genuß einer damit abgegoltenen Leistung, insbesondere der Kreditbearbeitung oder eines Zinsvorteils, kommen soll. " 26 Vgl. die Zusammenstellung bei Lammel, BB Beil. 8/1980, 4ff.; ferner v. Olshausen, ZHR 1982, 271. 27 Vom 3.12.1980, dazu Scholz, WM 1980, 322 - 327. 28 Vgl. Vogt / Vogt, NJW 1984, 2862f.; allgemein zur neuen PrangVO vgl. etwa Kunz, MDR 1985, 539 - 542. 1 JherJB 1914, 355 - 411.

I, 3. Kontext des Gesetzes: Vertrag und Organisationsbezug

165

jedoch, hier den Gegensatz von ,romanistisch' und ,germanistisch' als Erklärung auszugraben und da die Lebensnähe und soziale Fortschrittlichkeit, dort nur liberalistische Egozentrik und mechanistische Begriffsjurisprudenz zu sehen. Nicht aus solchen Gegensätzen erklärt sich die unterschiedliche Sicht. Sie ist vielmehr das Ergebnis einer letztlich auf Savigny und Eichhorn zurückgehenden praktischen Aufgabenteilung. Die Romanistik war durch ein Quellenmaterial- die justinianische Kompilation - geprägt, das im Schuldrecht an meist nur kurzfristige Umsatzgeschäfte anknüpfen mußte 3 • Diese Problemlagen waren nicht zuletzt durch die von den römischen Juristen meisterhaft gehandhabte Technik der Abbreviatur reduziert auf eine spezifisch juristische Fragestellung und ausgerichtet auf einen nur im Zwei-Personen-Verhältnis möglichen Prozeß. Der wirtschaftliche und gesellschaftliche Hintergrund - von den Römern durchaus mitgedacht -liegt oft im dunkeln; die im 19. Jhdt. stets wichtiger werdenden Fragen der Organisation im Privatrecht wurden in Rom zu einem schönen Teil außerhalb des prozessual durchsetzbaren Rechts mit den ungeschriebenen Regeln gesellschaftlichen Zusammenlebens bewältigt. Damit werden die Konzentration der romanistischen Forschung auf das Zwei-Personen-Verhältnis, die rein juristische Argumentation auf hoher Abstraktionsebene, aber auch die fast ausschließliche Beschäftigung mit den tradierten Vertragstypen verständlich, zumal diese Paradigmata auch für einen Laien noch im Erfahrungshorizont damaligen Wirtschaftens lagen. Die Germanistik, die sich zwar auch mit der geschichtlichen Tradition der vom römischen Recht mit Vorzug behandelten Gebieten des Privatrechts beschäftigte, griff schon mit Eichhorn weiter aus zum Handels-, Gesellschafts- und Wertpapierrecht4 und bekam damit Fragen der rechtlichen Organisation der Wirtschaft ins Visier des Privatrechts. Was von Gierke als germanistisch deklariert wird, ist oft nichts anderes als geltendes Verkehrsrecht, wie er es historisch und soziologisch erfassen konnte 5. Doch gerade 2 Zum Begriff des Sozialrechts vgl. G. Dilcher, Quaderni Fiorentini 3/4 (1974/75) 334ff., 339, 355ff., 362; Nobel 112ff.; Schmid 70ff. unter Anlehnung an Pfeif!er-Munz 22ff., 27, wo aber die Abgrenzung zum sozialen Recht, d.h. dem Recht des sozial Schwächeren zum Sozialrecht als Organisationsrecht unscharf wird. Interessant ist der Hinweis von Schmid 67 ff. auf die Arbeiten von Hermann Roesler, denen ein betont ökonomischer Ansatz zugrunde liegt. Zum Gedanken vgl. schon Jhering, Geist des römischen Rechts, Bd. 3,1, Leipzig 1888 (4. A.) 363f. 3 So schon Gierke ebd. 410f.; unlängst Bucher, ZSR 1983 II, 372. 4 VgL z.B. die breite Behandlung des Versicherungsvertrags, des Wechselrechts sowie des Rechts der Innungen und des Handels schon bei Eichhorn, Einleitung in das deutsche Privatrecht, Göttingen 1823 und eindrucksvoll Dahn in Bluntschli, Deutsches Privatrecht, München 1864 (3. erw. Aufl.) 359ff., der im Handelsrecht - unter dem "Recht der Forderungen und Schulden" systematisiert - auch das ADHGB literarisch bewältigt. Zum Ganzen auch Krause, JuS 1970, 313 - 32l. 5 Zur Konstituierung einer Handelsrechtswissenschaft v. a. durch Thöl vgl. Raisch, Abgrenzung, 17ff.; ds., Voraussetzungen, 51ff.

166

4. Teil: Koordination im Kontext

hier führte der Weg zur praktischen Bewältigung weniger über die dogmatische Durchdringung und Vertiefung, sondern über die praktische Aufarbeitung des vorhandenen Materials, nicht zuletzt zum Zweck der Kodifizierung. Insoweit auch Savigny mit Kodifikationsarbeiten beschäftigt ist, fallen sie folgerichtig in dieses Gebiet 6 • Die durchgängige Kodifikation, die zwar - besonders ausgeprägt in Deutschland - allgemeine Regeln formulierte, damit aber die Frage nach deren Tragweite und praktischen Auswirkung erst richtig aufwarf, ließ schnell, wie es Gierke diagnostizierte, das Defizit in jenen Schuldverhältnissen manifest werden, in denen die Dauer eine gewisse Rolle spielt. Nicht zufällig setzt mit dem Erlaß des BGB die Literatur über den Innominatkontrakt richtig ein, über Verträge also, bei denen der Dauer meist eine prägende Rolle zukommt 7• Organisations strukturen des Wirtschaftens treten hervor 8 , nicht weniger deutlich als im Gesellschafts- und Arbeitsrecht. Wenn man nun allmählich im Gesellschafts- 9 und Arbeitsrechtl 0 neue Grundsätze für die Wirkung der Nichtigkeit entwickelte und die bestechende Einfachheit des pandektistischen Modells - das allerdings auch von Savigny nie verabsolutiert worden war l l - durchbrach, wurde die Lösung als Ausnahme begründet. Meist diente die Schutzbedürftigkeit einer Vertragspartei als Argument 12 , das in Deutschland zunächst fast stets in die Außensphäre verschoben wurde 13 • Die Unterscheidung zwischen in Vollzug Vgl. Wieacker, Privatrechtsgeschichte, 383. Vgl. die Darstellung der geschichtlichen Entwicklung bei Charmatz 294ff. 8 Gierke, JherJB 1914, 406ff. 9 Für Dtld. vgl. den historischen Überblick bei Wiedemann, Gesellschaftsrecht, Bd. 1, 147ff. und die Darstellung der Entwicklung von Lehre und Praxis bei Frotz 189ff. und Fischer in: Großkomm., Rz 68ff. zu § 101 HGB. Für die Schweiz vgl. Meier-Hayoz / Forstmoser 37ff.; weitere Hinweise bei Forstmoser, Berner Kommentar, N 27 zu Art. 838 OR; ferner BGE 73 II 81 E. 10; gegen das leicht mißverständliche obiter dictum in BGE 96 II 273 E. 2 Patry 119. Für Österreich vgl. Kastner 15ff. 10 Für Dtld. vgl. die Darstellung der Problematik bei Käßer 53ff.; weitere Nachweise bei Sack, RdA 1975,171-182; Pierervon Esch 131; ältere Lit. bei Siebert 68ff. Für die Schweiz vgl. Rehbinder, Berner Kommentar, N 45 ff. zu Art. 320 OR. Die Anerkennung des faktischen Arbeitsverhältnisses durch die Revision vom 25.6.1971 in Art. 320 Abs. 3 OR schafft insoweit Schwierigkeiten, als gegen den Sozialschutz die Hürde des Gutglaubensschutzes gestellt wird; vgl. dazu Vischer, in: SPR VII, 1, 333 Fn. 30; illustrativ das restriktive Vorgehen bei Hegnauer 168. Für Österreich vgl. Spielbüchler / Floretta, Bd.l, 68f.; Mayer-Maly, Arbeitsrecht, 51ff. 11 Vgl. Savigny, System, Bd. 4, 536ff. 12 Vgl. v.a. Wiedemann, Arbeitsverhältnis, 78ff.; ferner Sack ebd.; ebenso beim Schutz außenstehender Dritter im Gesellschaftsrecht, vgl. Frotz ebd. 13 In Dtld. wurde zunächst die Nichtigkeit ex nunc nur bei Kapitalgesellschaften zugelassen, vgl. Wiedemann, Gesellschaftsrecht, Bd.l, 148f. In Österreich wird auch heute noch teilweise in der Lit. (vgl. Hämmerle, JBl1965, 392; Straube 85ff.) und Jud. (vgl. OGH JB11970, 373, 374) eine rückwirkende Nichtigkeit ex tunc angenommen, wenn sie noch praktikabel ist. Ansonsten wird die Linie der dt. Lehre und Praxis eingehalten. 6

7

I,3. Kontext des Gesetzes: Vertrag und Organisationsbezug

167

gesetztem und noch nicht begonnenem Vertragsverhältnis, wie sie auch im Arbeitsrecht bei gesamtnichtigen Verträgen beobachtet wird, läßt aber den Schutzgedanken nur als zusätzliches Element erscheinen 14 • Sonst wäre ja durchaus zu fragen, ob er nicht auch beim noch nicht angetretenen gesamtnichtigen Arbeits- oder Mietverhältnis dieselbe Rolle spielen müßte wie beim teilnichtigen. Dort wird ja die Aufrechterhaltung in Deutschland aus eben diesen Schutzüberlegungen favorisiert 15 • Ebenso müßte sich der Zeitpunkt der Auflösung des Arbeitsverhältnisses ohne weiteres mit Hilfe des Schutzzwecks bestimmen lassen, was aber selbst bei der schweiz. Regelung, die das faktische Arbeitsverhältnis normiert hat, kaum der Fall ist. Maßgebend ist der Zeitpunkt der Geltendmachung der Ungültigkeit (Art. 320 Abs. 30R). Für diese Ausrichtung des Endpunktes - der Ungültigkeit ex nunc - auf den Moment der Geltendmachung der Nichtigkeit dürfte das eilJ.fachere und unverstellte Argument genügen, wie es die Praxis bei der Begründung der Teilnichtigkeit von Bezugsverpflichtungen, aber auch beim nichtigen Gesellschaftsvertrag verwendet: Wo eine Schutzrichtung nicht auszumachen ist, steht die Praktikabilität gegen eine bereicherungsrechtliche Rückabwicklung16 . In der Tat trägt ja auch das Bereicherungsrecht den Stempel einer am kurzfristigen Umsatzgeschäft des römischen Rechts entwickelten Dogmatik, die die Problematik dauernder Schuldverhältnisse noch nicht vertieft hatte. Bei diesem Sachverhalt, der Entwicklung der allgemeinen Regel für das vom Element der Dauer geprägten Schuldverhältnis vom praktisch gewordenen, im Organisationsbezug stehenden Privatrechtsfall her, kann man die arbeits- und gesellschaftsrechtliche Lösung auch nicht länger als Ausnahmefall kaschieren 17 • Sie läßt sich begreifen als Antwort auf die hinsichtlich der Dauer defizitäre Regelung des allgemeinen Teils des Schuldrechts, und sie beginnt folgerichtig überall da zu spielen, wo das Element der Dauer eine tragende Komponente des Rechtsgeschäfts wird 18 . Wenn die Regel allgemein 14 Vgl. aber den differenzierten Lösungsvorschlag von Bydlinski, Arbeitsrechtskodifikation, 103ff. 15 S. die Autoren o. Fn. 9. 16 Vgl. O. 3. Teil, IX, 2. Auf Praktikabilitätsgesichtspunkte beruft sich Pierer von Esch 123ff.; ebenso BGH WM 1973, 357, 358. Eine Abwicklung des Gesellschaftsvertrages nach bereicherungsrechtlichen Gesichtspunkten sieht allerdings Rödig 54ff. Für den Arbeitsvertrag ebenso Lieb 86ff.; ds., MünchKomm, Rz 170 zu § 812 BGB; Rz 36 zu § 818 BGB; Beuthien, RdA 1969, 161 - 174; dazu vgl. Käßer 81ff., die aber ihrerseits statt des Bereicherungsrechts eine Vertrauenshaftung als Anspruchsgrundlage heranziehen will (104ff.; kritisch dazu die Rez. von Lieb, RdA 1982, 319f.). 17 Konsequent hat den Schritt zur Regel vollzogen Pawlowski, Alig. Teil, 203 f. 18 Vgl. dazu noch Gschnitzer, JherJb 76 (1925) 398ff. Hingegen leidet die Arbeit von Huguenin daran, daß sie das Problem der Nichtigkeitsfolgen auf einer rein begrifflichen Ebene zu lösen versucht, ohne auf das Phänomen der Vertragsdauer in einer gewandelten wirtschaftlichen Umwelt überhaupt nur einzutreten.

168

4. Teil: Koordination im Kontext

auf Auflösung des Vertragsverhältnisses auf den Zeitpunkt der Geltendmachung der Nichtigkeit lautet, so kann der Schutzzweck im einzelnen Vertragsverhältnis darüber Auskunft geben, ob dieser Zeitpunkt allenfalls noch weiter in die Zukunft verschoben werden muß. Als Ergebnis der Berücksichtigung der Organisationsstrukturen des Privatrechts kommen wir jedenfalls für unseren eingeschränkten Bereich zum Ergebnis, daß die Nichtigkeitsregel modifiziert werden muß, wenn die Dauer als Organisationselement eine Rolle spielt. Die Restgültigkeit erscheint nicht als Ausnahme 19 , sondern als notwendige Begleiterscheinung der Dauer. Als neue Funktion tritt sie in Deutschland selbst bei dem noch am Modell des römischen, kurzfristigen Umsatzgeschäfts orientierten Darlehensvertrag20 in den Vordergrund 21 • So hat schon das RG bei dem wegen Wuchers nichtigen Darlehensvertrag die "romanistische" Rechtsprechung aufgegeben und statt den Bereicherungsanspruch des Gläubigers sofort fällig werden zu lassen, die Rückzahlung an die vertraglich vereinbarten Ziele gebunden22 . Damit hat es der wirtschaftlichen Bedeutung des Darlehens als Konsumptiv- oder Investiv-Kredit Rechnung getragen, der nur mit einer kalkulierten Dauer wirtschaftlich sinnvoll genutzt und zur Organisation des Vermögens eingesetzt werden kann. Die Anerkennung dieses Sachverhaltes durch das Recht läßt aber deswegen, weil das Element der Dauer unangetastet bleibt, den bereicherungsrechtlichen Anspruch als Darlehensverhältnis erscheinen. Was sich in Deutschland nur mit Hilfe einer wirtschaftlichen Betrachtungsweise herausarbeiten läßt, fügt sich zwangslos zu den andern durch das Element der Dauer geprägten Vertrags- und Gesellschaftsverhältnissen, bei denen der Vertrag für eine bestimmte Dauer erhalten bleibt und jedenfalls nie ex tunc, sondern stets ex nunc dahinfällt. Damit kommt aufs neue die Organisationswirkung dieser Verträge zum Vorschein, die einer am Vertrag ohne Organisationswirkung entwickelten Dogmatik an die Seite tritt 23 • Das von der deutschen Lehre favorisierte Argument des Schutzes, die soziale Komponente, steht dabei gegenüber dem als Sozialrecht im Sinne Gierkes verstandenen Privatrecht deutlich im Hintergrund. Denn dieses 19 Wie das noch mit vielen Siebert 48ff. und Fischer in: Großkomm., Rz 75 zu § 105 HGB feststellen. 20 Wie das noch dem Darlehensbegriff eines Jhering, Der Zweck im Recht, Bd.l, Leipzig 1904 (4. A.) 128ff. entsprach. 21 So schon Gierke, JherJb 1914, 399f.; ebenso etwa Gauch 11; Soergel-Lippisch / Häuser, 11. A., Rz 5 vor § 607 BGB; H. P. Westermann, MünchKomm, Rz 8 vor § 607 BGB. 22 RGZ 161, 52; vgl. z.B. BGH NJW 1983, 1420, 1422f.; BGH WM 1971,857,858. 23 Als weiteres Beispiel ließe sich für Dtld. die Einschränkung der Irrtumsanfechtung - ähnlich der Regelung von Art. 25 Abs. 2 OR - anführen, die insbes. bei Dauerschuldverhältnissen eine Rolle spielt, vgl. Kramer, MünchKomm, 2. A., Rz 129 zu § 119 BGB; zur hist. Entwicklung dieser Rsp. in Dtld. vgl. Gmür, Zivilgesetzbuch, 157ff.

I, 4. Kontext des Gesetzes: komparative Sätze

169

bewältigt zunächst allein das Element der Dauer und berücksichtigt bei den Alternativen der Auflösung ex nunc, ex tune, außerordentlicher und ordentlicher Kündigung die schutzwürdigen Interessen dann im einzelnen Vertragsverhältnis. Es bleibt als Folgerung, daß eine Gegenüberstellung von Privatautonomie und Organisation nicht zu einem Gegensatz führt, der ein Drittes ausschließt. Vielmehr wird in diesem Spannungsfeld ein neues Element ins Privatrecht integriert. Die Nichtigkeit ex tunc erscheint als Ausnahme, weil im Normalfall das ehemals vernachlässigte Element privatrechtlicher Organisation Berücksichtigung findet. Das werden nicht nur die praktischen Lösungen zu beachten haben. Die Konturen der Vertragsdauer, die hier zutage treten, erleichtern auch den Brückenschlag zur Funktion der Vertragsdauer auf der ökonomischen Ebene. 4. Die Bedeutung komparativer Sätze

Die Analyse des heutigen gesetzlichen Kontextes hat bereits vollzogene Korrekturen in jenem System, wie es von der historischen Rechtsschule entwickelt und in die modernen Kodifikationen überführt wurde, an den Tag gebracht. Neben die Willens doktrin tritt der Gedanke der Vertragserhaltung; vom kurzfristigen Umsatzgeschäft läßt sich die Dauerbeziehung differenzieren und neben den Regeln des allgemeinen Privatrechts finden sich Ausformungen des Sonderprivatrechts, die den Anspruch allgemeiner Gültigkeit erheben. Wie zu erwarten ist, sind Verklammerungen zwischen diesen Gruppen zu beobachten. Spannungsverhältnisse werden sichtbar. So kompensiert das in dieser Arbeit untersuchte Sonderprivatrecht eine gestörte, vom gesetzlichen Ordnungsideal abweichende Willensbildung oder versucht, gelähmten Wettbewerb wieder herzustellen. Auf der Ebene des Rechts wird korrigiert, was auf der Ebene der Wirtschaft allen Intentionen zum Trotz fehlgeschlagen ist. Ebenso stehen das Systemelement der Willensdoktrin und die mit ihm verknüpften allgemeinen Lehren in einem Spannungsfeld mit dem meist unzureichend systematisierten Element der Vertragsgeltung und -erhaltung (pacta sunt servanda). Desgleichen tritt das Element der Dauer in einen gewissen Gegensatz zu den dieses traditionellerweise nur marginal berücksichtigenden allgemeinen Lehren, aber auch zur Willensdoktrin, welche beide von Rechtsgeschäften ausgehen, die in Verlauf und Folgen leicht kalkulierbar sind. Die kompensatorische Funktion dieser gegensätzlichen Elemente kommt darin zum Ausdruck, daß sie erst dann eine Wirkung entfalten, wenn sie in jenem Maß, in welchem die andern fehlen, vorhanden sind. Dieser Sachverhalt ermöglicht es uns, in einem erweiterten System, das nun nicht mehr eine lücken- und widerspruchslose Einordnung der Begriffe for-

170

4. Teil: Koordination im Kontext

dert, sondern Platz läßt für mehrere, in einem Kräftepolygon stehende Elemente, kalkulierbare Lösungen zu entwickeln und zu finden. Den Weg dazu hat schon früh Wilburg gewiesen l . In einem System, das ein gleichrangiges Nebeneinander und eine wechselseitige Austauschbarkeit von Elementen unter Verzicht auf eine abschließende Tatbestandsbildung aufweist 2 , kommt der Richter um die Abwägung der Elemente nicht herum. Trotz der Orientierung der kontinentalen Privatrechskodifikationen am Ideal eines geschlossenen Systems hat auch hier dieses Vorgehen Tradition. Wilburg konnte seine Gedanken zunächst am deutschen Bereicherungs- und Schadenersatzrecht entwickeln und es durchaus in der Schwebe lassen, ob seine Konzepte Vorschläge für eine künftige Gesetzgebung oder lediglich Analyse und treffendere Beschreibung des bestehenden Zustandes waren 3 • Geübt werden solche Abwägungen ja im deutschen Haftpflichtrecht seit langem, obwohl dieses auf dem strengen Alles-oder-Nichts-Prinzip beruht und auf eine Reduktionsklausel, wie sie Art. 43/44 OR kennt, bis anhin verzichtet hat4 . In der Rechtsprechung zu § 254 BGB (Mitverschulden) werden nämlich in erstaunlichem Ausmaße einzelne Elemente weiterentwickelt, die den deutschen Richter ähnlich wie den schweizerischen zur Anwendung eines beweglichen Systems zwingen 5 • Wie wir gezeigt haben, wird mit der notwendigen Kompensation von Systemdefiziten und mit der damit verbundenen Berücksichtigung neuer Elemente die lehrbuchhafte Konzeption eines Alles-oder-Nichts-Prinzips zwangsläufig durchbrochen. So kann die in den von uns behandelten Rechtsordnungen in je verschiedenen Fallgruppen resultierende Teilnichtigkeit auch anders als nur als willkürliche Inkonsequenz gesehen werden 6 • Die der Fortdauer des Vertrags günstigen Elemente werden hier nämlich faßbar. Nur wurden sie in vielfältiger Weise mit oft unstimmigen Argumenten eingeführt. Zu denken ist dabei etwa an das Argument der Praktikabilität bei der Aufrechterhaltung des Dauerschuldverhältnisses oder an die Verkennung der Tragweite der Teilnichtigkeitsvermutung im schweiz. Recht, die im Einklang steht mit dem Versuch der dt. Kautelarjurisprudenz, den Vertrag mit Hilfe einer bloßen Teilwirksamkeitsklausel zu retten. 1 Vgl. Wilburg, Elemente; ds., Entwicklung; ds., AcP 1963, 346 - 379; vgl. dazu weiterführend Bydlinski, Methodenlehre, 529 ff. 2 Vgl. dazu Canaris, Systemdenken, 74ff. 3 Vgl. Wilburg, AcP 1963, 379. 4 Die Einführung einer schadenersatzrechtlichen Reduktionsklausel, wie sie im Referentenentwurf von 1967 vorgeschlagen worden war, bleibt in der Diskussion, nachdem sie für die geplante Reform des dt. Schuldrechts wieder aufgegriffen wurde, vgl. Hohlach in: Gutachten, Bd.1, bes. 459ff.; dazu Schwamb 3ff. 5 Zur geschichtlichen Entwicklung vgl. Th. HanselI, Quotenteilung; ferner statt vieler Staudinger / Medicus, 12. A., Rz 91ff. zu § 254 BGB; Grunsky, MünchKomm, 59ff. (bes. 62) zu § 254 BGB; zum Rechtsvergleich Schwamb bes. 119ff. 6 Wie die Kritik von Zimmermann 192ff.lautet.

I, 4. Kontext des Gesetzes: komparative Sätze

171

Dieser Wildwuchs führt, da man auf eine vorgängige dogmatische Erfassung der neuen Elemente verzichtet, in gerader Linie zu den divergierenden Lösungen der Rechtsprechung in den verschiedenen Ländern. Den Zusammenhang zwischen komparativen Rechtssätzen und einem beweglichen System hat Otte anschaulich vorgeführt7. Allerdings gewinnt man bei ihm leicht den Eindruck, ein bewegliches System lasse beliebige Lösungen zu 8 . Damit verallgemeinert er aber das Problem der Schärfe im Grenzbereich bei der Handhabung der Elemente auf das System als solches. Nicht anders als in der Frage der Wahl der Auslegungsmethode im klassisch gewordenen Kanon Savignys stehen wir hier vor dem Zwang, in Abwägung auswählen zu müssen9 • Da wie dort kann die Auswahl nicht beliebig sein ohne willkürlich zu werden. Allerdings ist zuzugeben, daß die Wahrscheinlichkeit divergierender Lösungen um so größer ist, je unschärfer die einzelnen Elemente gefaßt sind und je höher ihre Zahl ist. Eine solche größere Unschärfe kann aber im Laufe der Entwicklung korrigiert werden durch eine vertiefte Konkretisierung der Elemente und durch eine präzisere Erfassung ihrer Struktur. In unserem Fall wird das Risiko der Unschärfe des Ergebnisses im Grenzbereich dadurch gemildert, daß sich die jeweils gegeneinander stehenden Elemente komplementär zueinander verhalten. Damit wird eine Quantifizierung möglich. Wenn zwischen dem Willenselement und dem Element der Vertragstreue zu entscheiden ist, so kann man zunächst davon ausgehen, daß ersterem dann stets der Vorzug zukommt, wenn der Vertrag das unverwechselbare Gepräge individueller Gestaltung einer konkreten besonderen Situation aufweist. Je stereotyper das vertragliche Gebilde ist, je weniger es auf individuelle Besonderheiten hin geformt ist, - was meist, jedoch nicht nur bei Allg. Geschäftsbedingungen zutreffen wird -, je häufiger das gleiche Schema Verwendung findet, um so eher tritt der individuelle Wille in den Hintergrund 1o . Er richtet sich zumeist nur noch auf den eigentlichen Vertragsgegenstand und dessen Preis. Die in der BRD aus allgemeinen Grundsätzen des Vertragsrechts entwickelte Durchbrechung der zwangsläufigen Gesamtnichtigkeit in der Rsp. zu solchen AGBll, was sich nun in § 6 Abs. 1 AGBG normiert findet1 2 , ist eine Ausprägung dieser Abwägung, ist komplementäre Vorschrift, nicht Ausnahme von der Rege11 3 • Es liegt auf der Hand, Otte, JbRSoz 1972, 317 ff. Vgl. zur Kritik auch Fikentscher, Bd. 3, 660f. 9 Vgl. Meier-Hayoz, Berner Kommentar, N 179ff. (bes. 181) zu Art. 1 ZGB; Otte, JbRSoz 1972, 318f. 10 Zu solchen Überlegungen vgl. Bydlinski, Privatautonomie, 122ff., 173ff., ds., BJM 1982, 28ff. 11 Grundlegend L. Raiser, Allg. Geschäftsbedingungen, 320ff. Der Verlauf der Diskussion und die Entwicklung der Rsp. findet sich dargestellt bei Naendrup 16ff. 12 Vgl. Kötz, MüuchKomm, 2. A., Rz 1 zu § 1 AGBG. 7

8

172

4. Teil: Koordination im Kontext

daß zur Beurteilung der Blick auf den konkreten Sachverhalt allein nicht genügt. Vielmehr muß dieser konfrontiert werden mit dem wirtschaftlichen Umfeld des Vertrages, der in den ökonomischen Kontext eingeordnet werden will. Erst dann lassen sich aus den Zuordnungen die Rechtsfolgen herleiten und die von uns erhoffte Schärfe des Resultates gewinnen. Das läßt sich - um auf einen Aspekt der Abwägung vorweg hinzuweisen an der Frage der Berücksichtigung der Vertragsdauer illustrieren. Ist die Dauer nur eine zufällige Größe, zeigt sie wenig oder keine Wirkung in bezug auf die Organisation der Parteien, und entfaltet sich das traditionelle Muster des Interessenaustausches ohne weiteres, so bleibt sie ohne Bedeutung für die Regelung der Nichtigkeit. Das alte Paradigma der Nichtigkeit ex tunc kann spielen. Je deutlicher die Organisationswirkung der Dauer und die Kooperation - mit dem sie begleitenden Schutzgedanken und der besonderen gegenseitigen Rücksichtsnahme - hervortreten, um so eher muß sie beim Entscheid über die Nichtigkeit beachtet werden. Verharrt man hier aber bei der bloßen Abwägung und klärt man die Beziehung zum ökonomischen Kontext nicht, so bleibt die Rechtsfolge zufällig, weil das Maß der Reduktion nach wie vor im dunkeln liegt. Es läßt sich, wie wir gesehen haben, aus der Eingriffsschwelle ohnehin nicht schlüssig ableiten. Erst die Strukturen, die auf der ökonomischen Ebene faßbar werden, liefern die nötigen Daten. Als entscheidenden Gewinn betrachten wir, daß das komparative Vorgehen darauf angewiesen ist, die Rückkoppelung zum ökonomischen Kontext und zum individuellen Sachverhalt schließlich herzustellen. Mit andern Worten muß vor der Betrachtung des Einzelfalls die Sachlage auf der ökonomischen Ebene untersucht werden. Nicht anders als in allen von uns behandelten Rechtsordnungen das stark betonte, im Mittelpunkt des Privatrechts stehende Willensmoment einer - zunächst nur theoretisch formulierten, utopisch postulierten und danach erst praktisch realisierten - bestimmten ökonomischen Konzeption entsprach, so stehen heute den kompensatorisch verwendeten neuen Elementen im Vertrag neue Erfahrungen der Praxis gegenüber. Die Forderung, zu prüfen, ob diese Elemente jeweils überhaupt vorhanden sind, scheint zunächst banal zu sein. Sieht man sie aber auf dem Hintergrund der Entwicklungsgeschichte der Willensdoktrin, so taucht hingegen der Verdacht auf, daß die Jurisprudenz auf die Nicht-Existenz der im Modell als notwendig vorausgesetzten Elemente nicht mit der Frage reagiert hat, was denn in der Praxis an deren Stelle im wirtschaftlichen Zusammenhang überhaupt getreten ist, sondern versucht hat, die vollzogenen Wertun13 Vgl. hier die Diskussion um den Charakter des AGBG als Sonderprivatrecht o. 4. Teil, I, 2, a, Fn.14.

I, 5. Kontext des Gesetzes: Prozeß

173

gen unter begrifflichen Weiterentwicklungen zu verbergen, um die Schäden für das theoretische Konzept gering zu halten, während sie neue Elemente, wie beispielsweise die Vertragsdauer, schlichtwegs überspielte. Die Isolierung der Elemente auf der rechtlichen Ebene und in der wirtschaftlichen Erfahrung erlauben es nun, diese zu gewichten. Der Vollzug der Komparation erscheint damit sowohl als Akt rechtlicher Wertung wie als Quintessenz wirtschaftlicher Erfahrung. Zur Gewinnung eines Elementes und zur Darstellung seiner Entsprechung auf der rechtlichen Ebene ist aber notwendigerweise vorauszusetzen, daß sich die Erfahrung verdichtet hat, daß die Zufälligkeiten des einzelnen der Gewißheit in der Vielzahl gewichen ist. üb und wie diese Daten ermittelt werden können, hängt also davon ab, ob das wirtschaftliche Umfeld und die Einbettung des einzelnen Subjekts sowie des Vertrages in den ökonomischen Kontext überhaupt erfaßt und die Erkenntnisse instrumentalisiert werden können. Dem wird dann die Aufmerksamkeit bei der Untersuchung der ökonomischen Ebene gelten. 5. Das sittenwidrige Rechtsgeschäft im Prozeß

Die fast stereotype Formel, daß die Sittenwidrigkeit von Amts wegen wahrzunehmen sei und von jedermann, selbst dem sittenwidrig Handelnden, geltend gemacht werden könne l , scheint dem strengen Alles-oderNichts-Prinzip zu entsprechen und Indiz zu sein für die Unabwendbarkeit der Nichtigkeit ex tunc, wenigstens soweit es die Rechtslage in der BRD und der Schweiz betrifft. So aufgefaßt würde die Nichtigkeit "als einzig in Betracht kommende Sanktion"2 keinerlei Gestaltungsmöglichkeiten im Prozeß offenlassen. Als Kontrast zum starren Begriff der Nichtigkeit im BGB entwickelte hingegen Gschnitzer für das ABGB ein Konzept der Ungültigkeit, das "die völlige Unwirksamkeit des Geschäftes, seine rückwirkende Vernichtung von Amts wegen, die absolute Wirkung gegen jedermann" zu vermeiden suchP. Lediglich als ultima ratio soll sie in Betracht kommen. Man könnte dies mit dem Hinweis auf eine andere, mehr der Flexibilität zuneigende Tradition 1 So etwa Larenz, AT, § 23 I; Flume, AT 11, § 30.9; Mayer-Maly, MünchKomm, 2. A., Rz 130 zu § 138; Soergel / Hefermehl, 11. A., Rz 51 zu § 138 BGB; Erman / Brox, 7. A., Rz 55 zu § 138 BGB (mit einem hübschen, die Problematik illustrierenden logischen circulus vitiosus); Becker, Berner Kommentar, N 11 zu Art. 20 OR; Os er / Schönenberger, Zürcher Kommentar, N 55 zu Art. 20 OR; v. Tuhr / Peter, Bd.l, § 29 11. Eine Differenzierung trifft Bucher, OR, 236ff., indem er in den Fällen des Verstoßes gegen Art. 27 ZGB keine Nichtigkeit per se annimmt, sondern ihre Geltendmachung ins Belieben der verletzten Partei stellt, die aber lediglich die Befreiung vom sittenwidrigen Übermaß verlangen kann. 2 So Mayer-Maly, MünchKomm, 2. A., Rz 132 zu § 138 BGB. 3 Gschnitzer in Klang, ABGB, 2. A., Bd. IV, 1, 167; hingegen stärker der dt. Lehre folgend Koziol / WeIser, Bd.l, 134f.

174

4. Teil: Koordination im Kontext

der österreichischen Lehre in diesem Punkt erklären4, wenn die These, auf die sich Gschnitzer beruft, daß nämlich die ganze Theorie über die Ungültigkeit nur eine Summe von Auslegungsregeln sei, nicht ursprünglich am schweiz. Recht illustriert worden 5 und dort von französischen Arbeiten inspiriert gewesen wäre 6 • Doch auch der deutschen Lehre sind solche Tendenzen nicht fremd 7 , so daß sich eine Überprüfung der von der Lehre und Rechtsprechung verwendeten Stereotypen rechtfertigt. Sie soll auf dem Hintergrund des Handelns der Parteien im Prozeß erfolgen8 • Die Beobachtung, daß es ohne Urteil nie eine endgültige Gewißheit über die Nichtigkeit eines Rechtsgeschäftes geben kann, hat im französischen Recht zur radikalen Lösung geführt, das Erfordernis der prozessualen Klärung in das materielle Recht einzubauen, um die Spannung zwischen diesem und dem Prozeß aufzuheben 9 • Dadurch wird das grundsätzliche Problem jedoch nur verlagertl°. Ist die Nichtigkeit strittig - und erst in diesem Fall wird die rechtliche Lage überhaupt relevant -, muß auch in der BRD und in der Schweiz nach der geltenden Dispositionsmaxime das Rechtsverhältnis in den Prozeß eingeführt werden. Dabei liegt die Behauptungs- und Beweislast bei den Parteien, nicht anders als bei Klagen, die lediglich anfechtbare Rechtsgeschäfte betreffen. Wer sich auf Sittenwidrigkeit beruft, hat die Voraussetzungen der einschlägigen Rechtssätze darzulegen ll , am gewöhnlichen Gang des Prozesses ändert sich nichts. Nach Schluß der Hauptverhandlung kann eine die Sittenwidrigkeit beschlagende Tatsache nur noch unter qualifizierten Voraussetzungen vorgebracht werden.

4 Vgl. etwa Ehrenzweig, Bd. I, 1, 285ff.; ferner den Überblick über den Stand der damaligen Diskussion bei v. Schey, Bd.1, 154ff. 5 Durch Des Gouttes, ZSR 1929, 348 - 413; vgl. seine Bemerkung 411 f. 6 So v.a. von Japiot 283ff., dessen Überblick über die Entwicklung im 19. Jhdt. übrigens implizit zeigt, wie die Systematisierung der Nichtigkeit im franz. Privatrecht eine Frucht der Rezeption dt. Pandektistik ist (119ff.); auf Japiot stützt sich dann Gaudemet 147ff.; dazu Ghestin, obligations, 629ff. Für die Unsystematik der "dogmatischen Verfassung" der Nichtigkeit in der 1. Hälfte des 19. Jhdts. ist aufschlußreich das zweibändige Werk von V. H. Solon, Theorie sur la nullite des conventions et des actes de tout genre, en matiere civile, Paris 1835. 7 So z.B. bei Manigk, in: Handwörterbuch der Rechtswissenschaft, Bd. 6, BerlinLeipzig 1929, 294 ff. (s. v. Unwirksamkeit. Ungültigkeit). 8 Vgl. die Bemerkung von Guggenheim 88, wonach die Lehre von der Nichtigkeit unter der Beschränkung .iillein auf das materielle Recht und der Trennung vom Prozeßrecht krankt. Unter Uberwindung dieser trennenden Sicht zieht Henckel 136ff. aus der fehlenden Regelung der Rechtsfolgen des nichtigen Vertrags den zutreffenden Schluß auf die Relativität des materiellen Rechtsbegriffs. 9 Vgl. Ripert / Boulanger, Bd. 2, 263f. (mit einer aufschlußreichen Kritik an der dt. Lösung); Bd.1, 277 f. Anschaulich sprechen Autoren wie Ghestin, obligations, 628 von der "mise en oeuvre de la nullite". 10 Vgl. Guggenheim 7ff. 11 Vgl. Kummer, Berner Kommentar, N 180, 291 zu Art. 8 ZGB; BGE 48 11 270 E. 2; 8411 628 E. 3. Schumann / Leipold in Stein / Jonas, Bd.1, 19. A., IV. 4. b. zu § 282 ZPO.

I,5. Kontext des Gesetzes: Prozeß

175

Das BGr hat deutlich ausgesprochen, daß es von dieser gesetzlichen Regelung 12 auch hier nicht abweichen will und nur Tatsachen berücksichtigt, die schon dem kantonalen Richter vorgelegen haben 13 . Ein besonderes Instrumentarium, das es dem Staat gestatten würde, nach Verletzung der guten Sitten zu fahnden, ist in Deutschland unter nationalsozialistischem Vorzeichen geschaffen worden, aber selbst damals wirkungslos geblieben 14 . Wo es, wie in der Schweiz in einigen Kantonen, in den Händen der Staatsanwaltschaft liegtl 5 oder wie in Frankreich in jenen des ministere public 16 , ist es weitgehend ohne effektive Konsequenzen 17 . Dem Richter in Fragen des Vertragsrechts die Befugnis zu geben, über die Vorbringen und Behauptungen der Parteien hinauszugehen und selber neuen Prozeßstoff zu sammeln, ist kaum wünschenswert18 , meist wäre es auch illusorisch 19 • Abgesehen davon stößt ein beliebiges Inquisitionsrecht allüberall an die Schranken des Gebots des rechtlichen Gehörs 2o , das im traditionellen, institutionalisierten Beweisverfahren am besten garantiert ist21 • Diese Sachlage wird durch die Rechtsprechung bestätigt. Wo die Gerichte sich bei der Würdigung von Tatsachen darauf berufen, die Sittenwidrigkeit von Amts wegen wahrzunehmen, machen sie nichts anderes als sonst: Sie wenden das Recht von Amts wegen an, wozu sie ganz allgemein und nicht nur in diesen Fällen verpflichtet sind 22 • Die Phrase ist oft nur Tautologie 23 • OG Art. 43; 55 Abs. 1lit. c; 63 Abs. 2. BGE 62 II 108 E. 1; dazu ausführlich Birchmeier 89ff. 14 Vgl. Thiere 218f. 15 Vgl. Briner 93 - 118 mit der Darstellung der gesetzlichen Lage in den einzelnen Kantonen. 16 Vgl. die Darstellung bei Cohn in: Int. Enc. Comp. L, Bd. XVI, 5 (1976) 32; Ghestin, obligations, 659ff. 17 Vgl. Briner ebd.; Farjat 110 Fn. 166f. 18 Vgl. Schlosser 24ff. 19 Daher ist die Einschränkung der Pflicht der richterlichen Sachverhaltsaufklärung in arbeitsrechtlichen Prozessen, die gemäß Art. 343 Abs. 4 OR von der Offizialmaxime beherrscht sind, durch BGE 107 II 233 E. 2 äußerst fragwürdig, da man ohnehin auch hier nur allzu bald an die Grenzen des praktisch Möglichen stößt (vgl. die zutreffende Kritik von Kummer, ZBJV 1983, 230f.). 20 Dazu auch D. BTÜggemann, Judex statutor, 338ff. 21 Auf einer andern Ebene liegt das Problem des Ausdehnungsbereichs der richterlichen Fragepflicht (§ 55 ZPO Zürich; § 139 dt. ZPO); zu ihren Möglichkeiten und Grenzen, insbesondere zur Veranlassung neuer Anträge oder einer Klageänderung D. BTÜggemann ebd.; Stürner 58ff.; Melissinos 105ff.; Riedel163 ff.; Sträuli / Messmer, 2. A., N 1 ff. zu § 55 ZPO; kritisch zur restriktiven Praxis des OGH Fasching, Zivilprozeßrecht,314f. 22 Das Problem der Überraschung einer Partei mit einer unerwarteten Rechtsregel beschlägt mehr die Art und Weise der richterlichen Prozeßleitung (vgl. statt vieler Leipold in Stein / Jonas, 20. A., Rz 10ff. (bes. 26) zu § 139 ZPO). Viele in der Theorie diskutierte Fragen um Fälle der Unzulässigkeit eines solchen Vorgehens erledigen sich schon dadurch, daß der Richter nur Tatsachen dem rechtlichen Schluß zugrunde legen darf, die in den Prozeß eingeführt wurden, und um deren Klarheit und Vollständigkeit er sich aufgrund seiner Fragepflicht bemüht hat (vgl. auch Jauernig 18). Mut12

13

176

4. Teil: Koordination im Kontext

Am häufigsten taucht sie dort auf, wo der Richter aus vorgebrachten, von der Gegenseite zugestandenen oder klarerweise unbestrittenen Tatsachen den rechtlichen Schluß auf die Nichtigkeit wegen Sittenwidrigkeit zieht24 • Ebenso wird sie gebraucht, um zu unterstreichen, daß es sich bei der Beurteilung als Sittenwidrigkeit um eine (revisible) Rechtsfrage handelt2 5 • Das sind in einem Prozeßrecht, daß sich von äußeren Formerfordernissen für das Vorbringen der Parteien weitgehend gelöst hat, Selbstverständlichkeiten. Zu deuten sind vielmehr jene Fälle, bei denen - wie bei der Einrede der Verjährung - die Partei eine diesbezügliche Erklärung abgeben muß. Im Zusammenhang mit dem Postulat nach Berücksichtigung von Amts wegen stoßen wir auch öfters auf die Bemerkung, daß ein Verstoß gegen die Sittenwidrigkeit von jedermann geltend gemacht werden könne 26 • Doch dazu bildet eine erste Schranke schon die Stellung dieses Jedermann im Prozeß. Als Außenstehender ohne eigenes Rechtsschutzinteresse 27 hat er nichts zu suchen; hat er ParteisteIlung, ist er an das korrekte prozessuale Vorgehen gebunden. A la lettre wird denn auch dieser Satz nie genommen. In Deutschland ist uns nur ein Fall bekannt, in dem sich ein am Vertrag nicht Beteiligter auf die Sittenwidrigkeit berief 28 • Doch war dieser Prozeßpartei und als (düpiertes) Unfallopfer potentieller Empfänger der strittigen Leistung, wie sie in einem als unechtem Vertrag zugunsten Dritter ausgestalteten Versicherungsvertrag vereinbart worden war. Hier wären zweifellos dogmatisch auch andere Lösungen denkbar gewesen. In Österreich hat sich der OGH ganz klar dafür ausgesprochen, daß nur ein in seinen rechtlichen Interessen Betroffener, nicht aber ein außerhalb des Vertrages stehender Dritter die Sittenwidrigkeit geltend machen kann 29 . maßungen und Bruchstücke sind nicht zweckdienlich. Vgl. zu diesem Fragenkreis auch Sprung / König, JBI 1976, 1 - 7. 23 In diesem Sinn zur parallelen Situation bei der Heranziehung des Grundsatzes von Treu und Glauben Merz, Bemer Kommentar, N 99 zu Art. 2 ZGB gegen BGE 71 II 99 E. 4. 24 So bes. eindrücklich RG Recht 1920, Nr. 1137; RG Gruchot 70 (1929) 546, 547; ebenso schon BGE 25 II 450 E. 3 (im Vertrag festgehaltene ,ewige' Bindung); 6211 108 E.1; 8011 45 E. 2b. 25 BGH LM Nr. 2 zu § 138 (Cd) BGB; BGH WM 1969,1255,1257; BGE 62 II 108 E.1; Birchmeier 110f. 26 Statt vieler Staudinger / Dilcher, 12. A., Rz 107 zu § 138 BGB; Koziol / Welser, Bd.1, 134 (beachte aber ebd. Fn. 30). 27 Richtig daher die Präzisierung von Keller / Schöbi 114: " ... gegenüber jedermann, der aus dem nichtigen Vertrag ein Recht herleiten will"; vgl. zu Frankreich Ghestin, obligations, 657ff. 28 RGZ 150, 181, 186. Es ging um eine Situation, der heute mit § 156 Abs.1 VVG begegnet wird (vgl. Paulus, FS Nipperdey (1965) Bd.1, 918): Kollusion und Forderungsverzicht des Versicherungsnehmers gegenüber dem Versicherer zum Nachteil des Opfers, das den ursprünglich zu seinen Gunsten zur Auszahlung stehenden Betrag verarrestieren ließ. 29 OGH JBI 1966, 254; so auch Gschnitzer in Klang, ABGB, Bd. IV, 1, 171; a. A. Koziol/ Welser, Bd.1134.

I, 5. Kontext des Gesetzes: Prozeß

177

Die andem Fälle in Deutschland wie in der Schweiz betreffen stets die Berufung einer Partei auf ihr eigenes sittenwidriges Handeln. Der Jedermann ist also Prozeßpartei und möchte zu seinen Gunsten die Sittenwidrigkeit darlegen 3o • Offenbar steht, wenn auch meist unausgesprochen, die Maxime ,nemo auditur suam turpitudinem allegans' dahinter 3 1, so daß die Partei, welche den Stoff korrekterweise in den Prozeß eingeführt hat, apotropäisch als Jedermann tabuisiert werden muß. Nun würde aber in all diesen angemerkten Fällen eine strikte Anwendung der Maxime den sittenwidrigen Erfolg überhaupt erst ermöglichen, die Zahlung von Schmiergeldem32 , die beabsichtigten Schädigungen33 und die verpönten Geschäftspraktiken34 rechtlich erzwingbar machen. Wie bei der Anwendung auf § 817 S. 2 BGB verstellt die Regel, von ihrem eigentlichen Anwendungsbereich im Rahmen von § 242 BGB/Art. 2 ZGB abgezogen, die Sicht auf die Problemlage. Fragt man jedoch richtigerweise danach, wie der sittenwidrige Zweck verhindert werden kann3S, so ordnet sich die scheinbare Ausnahme in die allgemeinen Regeln des Zivilprozesses ein. Als Ausnahme erklärungsbedürftig sind dann umgekehrt jene Fälle, in denen die allgemeine Regel nicht angewendet werden kann und die Berufung auf die eigene Sittenwidrigkeit abgeschnitten wird 36 • Das gilt beispielsweise in Österreich für die Wucherfälle, bei denen lediglich dem Bewucherten, nicht aber dem Wucherer ein Anfechtungsrecht zusteht3 7 • Will man nicht den Gedanken des venire contra factum proprium heranziehen 38 , so wird eine weitere Gruppe dadurch erklärt, daß das Kondiktionsverbot der per se sittenwidrigen Handlung nicht umgangen werden S011 39 • Damit bleibt dem Schmier- und Schweigegeldgeber beispielsweise auch für Schadenersatz ansprüche die Berufung auf § 138 BGB verwehrt40 • Eine letzte Gruppe, die mit der Auszahlung des Darlehens erst einseitig von der Brauerei erfüllten Bierlieferungsverträge, kann hier außer Betracht fallen, 30 So RGZ 78, 347, 354; RGZ 160, 52, 56; RG Warn 1920, Nr. 145; RG LZ 1927, Sp. 448 Nr. 3; BGHZ 27, 172, 180 = NJW 1958, 989; BGHZ 60, 102, 105 = NJW 1973, 465. 31 Dazu H. Honsell, Rückabwicklung, 93 ff. mit Hinweis auf den Ursprung der Maxime bei den Glossatoren gegen die Herleitung von den Kanonisten durch Wieacker, Präzisierung, 33 (jetzt in: ds., Ausgew. Sehr., Bd. 2, 214). 32 RG Warn 1920, Nr. 145. 33 RG LZ 1927, Sp. 448 Nr. 3; RGZ 78, 347, 354. 34 BGHZ 27, 172, 180 = NJW 1958, 989; BGHZ 60, 102, 105 = NJW 1973, 465. 35 Bes. deutlich BAG NJW 1976, 1958, 1959. 36 So z.B. OLG Celle BB 1968, 642 (unzulässige Berufung auf Nichtigkeit eines Bierlieferungsvertrages). 37 Vgl. Koziol/ Welser, Bd. 1, 134f.; Gschnitzer in Klang, ABGB, 2. A., Bd. IV, 1, 17lf. 38 Vgl. dazu H. Honsell, Rückabwicklung, l4lff. 39 So Staudinger / Schmidt, 12. A., Rz 430 zu § 242 BGB. 40 So der Fall BGH NJW 1968, 1647.

12 Bürge

178

4. Teil: Koordination im Kontext

da wir bei dieser ohne dogmatische Umwege zu einer Reduktion der Leistung gelangen41 . Eine Heranziehung von Grundsätzen, wie sie im Rahmen von Treu und Glauben entwickelt worden sind, entfällt damit. Eine weitere, im modernen Zivilprozeß angelegte Schranke für das Durchschlagen der vollständigen Nichtigkeit ex tunc von Amts wegen bildet das Prinzip der Bindung des Richters an die Parteianträge42 . Selbst im Scheidungsprozeß ist es dem Richter verwehrt, statt der beantragten Scheidung die darüber hinausgehende Nichtigkeit der Ehe auszusprechen43 . Das öffentliche Interesse ist durch die dafür bestimmte Behörde wahrzunehmen, nicht durch den Richter, der mit der Scheidungsklage befaßt ist. Als Popularklage ist die Klage auf Ehenichtigkeit gerade nicht ausgestaltet44 • Das Ehepaar hat ein Anrecht darauf, daß das vorgeschriebene Prozedere eingehalten und die zuständige Behörde im Rahmen ihres pflichtgemäßen Ermessens tätig wird 45 . Diese Dispositionsfreiheit über den materiellrechtlichen Anspruch im Prozeß46 hat aber durchaus ihre Konsequenzen. Was im Scheidungsprozeß rechtens ist, ist bei der Geltendmachung der Sittenwidrigkeit nur billig. Aus diesen Gründen kann der Richter auch dann nicht über die Parteianträge hinausgehen, wenn zwar alles dafür spricht, daß der Vertrag nichtig ist, der Gläubiger jedoch nicht die ganze Leistung einklagt, so daß nur der reduzierte Teil im Urteilsdispositiv berücksichtigt werden kann. Vielleicht dürfte mit dieser Bindung an die Parteianträge das auf das Ergebnis orientierte Vorgehen des BGr in BGE 97 II 390 E. 10 zu erklären sein. Es beschränkte sich nämlich darauf festzustellen, der Vertrag sei schon 41 Vom Schutzzweck und nicht von einer Anwendung des Grundsatzes von Treu und Glauben geht hier aus Staudinger / Schmidt, 12. A., Rz 429f. zu § 242 BGB. 42 Z.B. § 54 Abs. 2 ZPO Zürich; § 308 Abs. 1 dt. ZPO; vgl. dazu die Arbeit von Melissinos. Aus diesem Blickwinkel war der vom BAG AP Nr.1 zu § 139 BGB eingeschlagene Weg, bei der Beurteilung eines Konkurrenzverbotes die Prüfung der Sittenwidrigkeit auf den eingeklagten Teil zu beschränken, nur konsequent; vgl. o. 3. Teil, I, 1 bei Fn. 36. 43 Für die Schweiz geht dies auch daraus hervor, daß grundsätzlich die Scheidungsklage statt der Ungültigkeitsklage zulässig ist, vgl. Bühler, Berner Kommentar, Einl. N 37 vor Art. 137 ZGB; BGE 70 11 1 E. 2; 8511 293, 294; dagegen Götz, Berner Kommentar, N 15 zu Art. 132 ZGB unter Berufung auf BGE 84 11 497 E. 2, wo aber der Fall, daß die Gegenpartei im Scheidungsprozeß die Ungültigkeitsklage erhebt, beurteilt werden mußte. Für die BRD vgl. Schlosser in Stein / Jonas, 20. A., Rz 5 zu § 611 ZPO. 44 Vgl. BGE 77 11 193 E. 2 b; dagegen - und im Widerspruch zu den geltenden Prozeßgesetzen - Götz, Berner Kommentar, N 5 zu Art. 121 ZGB. 45 Vgl. Schlosser in Stein / Jonas, 20. A., Rz 4 zu § 632 ZPO; Müller-Gindullis, MÜDchKomm, Rz 2 zu § 24 EheG; dagegen Ramm, JZ 1963, 83f. 46 Wie auch darin zum Ausdruck kommt, daß die Rechtskraft nur den geltend gemachten Nichtigkeitsgrund erfaßt, vgl. statt vieler Schlosser in Stein / Jonas, 20. A., Rz 5 zu § 611 ZPO. Isoliert geblieben ist Jauernig 54ff. mit dem Postulat der Erstrekkung der Rechtskraft auf alle NichtigkeitsgrüDde, das jedoch auf eine Überschätzung der Inquisitionsmaxime zurückgeht.

I, 5. Kontext des Gesetzes: Prozeß

179

spätestens drei Jahre vor der Ungültigkeitsklage - abgelaufen, so daß jedenfalls die vom Gericht als Kündigung interpretierte Ungültigkeitsklage auf das beantragte Datum hin geschützt wurde. Mehr hätte es auch dann nicht zusprechen können, wenn es auf Gesamtnichtigkeit geschlossen hätte. Bemerkungen der Gerichte zur Gesamtnichtigkeit können daher bei einer solchen Lage der Dinge zwar als obiter dicta einfließen, bleiben aber hier wie andernorts bloße Dekoration. Die Freiheit der Parteien, mit ihrer Prozeßstrategie ein Ergebnis anzustreben, das materiell zu einer Festschreibung der Teilnichtigkeit des Vertrages führt, bringt Lösungen in Griffnähe, die das prozessual mögliche Vorgehen und das Verhalten der Parteien in das materielle Privatrecht integrieren. Wenn es nämlich in den Händen der Parteien liegt, zugunsten der Teilnichtigkeit auf eine Gesamtnichtigkeit ex tunc zu verzichten, so kann man sich fragen, ob sie unter bestimmten Umständen nicht sogar verpflichtet sind, ein solches Ergebnis auch anzusteuern. Dafür spricht einmal der Grundsatz der Vertragstreue 47 , doch auch Fälle und Regelungen, die das Vorliegen eines solchen allgemeinen Grundsatzes indizieren. Wenn die deutsche Rechtsprechung in Fällen eines schon längere Zeit einseitig zugunsten der anfechtenden Partei erfüllten Dauervertrages die Berufung dieser Partei auf die Nichtigkeit als treuwidrige, unzulässige Rechtsausübung verwirft und den Vertrag vollständig schützt 48 , stellt sich doch die Frage, ob die Interessenabwägung zwischen Sittenwidrigkeit und Treu und Glauben so eindeutig zugunsten letzterer ausschlagen muß. Dies um so mehr, als eine eigentliche Begründung dafür fehlt 49 • Will man den sittenwidrigen Vertrag in der Rechtsordnung tatsächlich nicht dulden, könnte aber e~n im anstößigen Punkt reduzierter Vertrag an sich Schutz finden, so ließe sich der Konflikt auch dadurch lösen, daß die Berufung auf die Nichtigkeit so weit als unzulässige Rechtsausübung betrachtet wird, als das Rechtsbegehren über einen vernünftigen und den Verhältnissen angemessenen Zeitraum hinausschießt. Um so mehr muß sich nach dieser Auffassung der sittenwidrig Bindende mit der moderierten Leistung zufrieden geben, da das sittenwidrige Maximum in keiner Weise Schutz finden kann. In Irrtumsfällen verbietet Art. 25 Abs. 1 OR dem Irrenden die Berufung auf den Irrtum, wenn sie Treu und Glauben widerspricht 50 ; insbesondere muß er sich am Vertrag festhalten lassen, wenn sich der Gegner in der Folge seiner Auffassung anschließt. (Art. 25 Abs. 2 OR). Dieser Grundsatz, welcher als Konkretisierung von Treu und Glauben auch in der deutschen S. o. 4. Teil, I, 1 bei Fn. 37 ff. So OLG Celle BB 1968, 642f. 49 Kritisch zu dieser Rsp. aber Staudinger / Schmidt, Rz 429f. zu § 242 BGB. 50 Vgl. v. Tuhr / Peter, Bd. 1, § 37 III; Piotet, ZSR 1957 I, 118f.; Merz, Berner Kommentar, N 312 zu Art. 2 ZGB. 47

48

12'

180

4. Teil: Koordination im Kontext

Lehre und Rechtsprechung Eingang gefunden hat 51 , ist allerdings im Zuschnitt auf die spezielle Irrtumsproblematik zu würdigen. Der Entscheid liegt einzig beim Vertragsgegner des Irrenden; die Modifikation ist durch den Irrtum vorgezeichnet 52 . Für eine weitergehende Disposition beider Seiten über den strittigen Anspruch ist in der Sache kein Raum. Dennoch lohnt es sich in diesem Zusammenhang darauf hinzuweisen, daß sich das BGr, als es lediglich einer zum Darlehenszins hinzukommenden Abschlußkommission die Anerkennung versagte, für diese faktische Reduktion der vertraglichen Leistung auch auf Art. 25 Abs. 2 OR berief53 . Hingegen hat in Österreich der Gedanke, daß der Vertragsinhalt für die Parteien im Prozeß disponibel bleibt, in einigen Fällen zu einer explizit ausgesprochenen Pflicht des Gebundenen geführt, auf einen vom sittenwidrigen Übermaß befreiten Vertrag einzugehen 54 . Die Teilnichtigkeit wird damit in erster Linie nicht durch den Richter beherrscht, sondern durch die Parteien; ein Gedanke, der zu weitergehenden Assoziationen drängt. Ähnlichkeiten in der prozessualen Lage bestehen nämlich zur Neuverhandlungspflicht beim Wegfall der Geschäftsgrundlage. Im Unterschied zu diesen Fällen haben sich aber in den unsrigen die Verhältnisse gegenüber der Zeit des Vertragsschlusses nicht geändert. Einzig ein Ordnungsgesichtspunkt wird von einer Partei geltend gemacht; daß er außerhalb des Entscheidungshorizontes mindestens der gebundenen Partei lag, ist um so wahrscheinlicher, je länger die Bindung ist und je stärker die Objektivierung der guten Sitten fortschreitet. Ebenso dürften oft bestimmte Konsequenzen einer Klausel nicht bedacht worden sein, wie es einige Fälle von Verlängerungsklauseln nahelegen, die unversehens zu ,ewigen' Klauseln geraten sind55 . Soll hier die Berufung auf Sittenwidrigkeit nicht plötzlich auch die Funktion eines unentgeltlichen Reuerechts erhalten, so ist in gleicher Weise der Weg zwischen Vertragstreue, Berücksichtigung der Ordnungsgesichtspunkte und der vertraglichen Dispositionsfreiheit zu suchen wie beim Wegfall der Geschäftsgrundlage. Unproblematisch ist der Fall der schon vor einem Prozeß getroffenen Einigung über eine reduzierte Leistung, die an die Stelle der sittenwidrigen Vereinbarung treten soll56. Im Stadium des Prozesses ist es dann nicht allein die Favorisierung des Vergleichs 57 , mit der der Richter operieren kann. Ein51

Dazu o. 4. Teil, I, 3 Fn. 23. Über eine Einschränkung der Auslegungsmethode will

Brox, bes. 176f. dem Problem beikommen.

Vgl. Piotet, ZSR 1957 I, 120ff. BGE 80 II 327 E. 4 b. 54 OGH SZ 32, Nr. 133 = EvBl1960, Nr 126; und schon OGH Rsp. 1935, Nr.188. 55 So etwa die Vertragsgestaltung in BGE 107 II 216. 56 Zum Problem des Verhältnisses zwischen außerprozessualem und prozessualem Vorgehen, vgl. Horn in: Gutachten, Bd.1, 633f. 57 Zum Instrument des Vergleichs, vgl. M. Wolf, ZZP 1976, 260 - 293 und ausführlicher unten 4. Teil, III, 3. 52 53

I, 5. Kontext des Gesetzes: Prozeß

181

mal liegt es an den Parteien, die entsprechenden Anträge zu stellen, zu begründen und materiell zu den Vorbringen der Gegenpartei Stellung zu nehmen. Zum andern muß der Richter kraft seiner Fragepflicht 58 diese Erklärungen provozieren. Das gibt ihm die Möglichkeit, sich das geeignete Material von den Parteien zu verschaffen, um im Falle des Scheiterns prüfen zu können, ob eine Anpassung überhaupt möglich wäre und - im bejahenden Fall- welches Ausmaß sie haben soll. Doch vor dieser rechtsgestaltenden Arbeit dient es ihm dazu, das Anpassungsziel mit den Parteien erörtern und erläutern zu können 59 • Denn in erster Linie liegt die Kompetenz zur vertraglichen Feinsteuerung bei den Parteien; ein Grundsatz, wie er in der deutschen Rechtsprechung zur Geschäftsgrundlage in komplexen Verhältnissen entwickelt wurde, der aber durchaus verallgemeinerungsfähig ist 6o • Bei einem Scheitern der Vergleichsverhandlungen kann er sich zunächst darauf beschränken, die Angebote der Gegenseite daraufhin zu prüfen, ob sie angemessen sind und ein Einlenken im Rahmen von Treu und Glauben zumutbar gewesen sei. Damit kann der Konflikt zwischen Vertragstreue und objektivierter Sittenwidrigkeit - übrigens durchaus im komparativen Verhältnis - befriedigender gelöst werden als mit dem Alles-oder-NichtsPrinzip, da auch andere vom Gesetz favorisierte Wertungsgesichtspunkte berücksichtigt werden können 61 • Ergibt sich eine Situation, wie wir sie später bei der Behandlung der konkreten Korrekturmöglichkeiten antreffen werden, deren komplexe Fallgestaltung eine durch Urteil erzwingbare Vertragsanpassung ohne Kooperation der Parteien nicht mehr zuläßt, ließe sich - soweit die entsprechenden Anträge gestellt sind - wenigstens der Schadenersatzanspruch mit diesem Material beurteilen. Prozessual kann sich auch hier das Vorgehen an jenem bei Wegfall der Geschäftsgrundlage 62 oder bei der Nichterfüllung eines Vorvertrages 63 orientieren. Über praktische Fragen werden wir bei der Erläuterung der Anwendung auf den Einzelfall noch näher eingehen, wo wir auf die rechtlichen Aspekte nochmals zu sprechen kommen werden. Eines steht aber fest: Die Privatautonomie kann nicht als Argument ins Feld geführt werden, wenn sie sich im Prozeß Geltung verschafft und dessen Ergebnis bestimmt. Hingegen wird sie bei der Alternative einer starren Lösung, die leicht die Interessen beider Parteien zugleich vernachlässigt, schlicht beiseite geschoben. Z.B. § 55 ZPO Zürich; § 139 dt. ZPO. § 139 dt. ZPO; dazu BGH WM 1969, 335, 337. 60 Vgl. Horn, AcP 1981, 276ff.; M. Wolf, ZZP 1976, 286ff.; BGHZ 10,44,51 = NJW 1953,1548; BGHZ 46, 392 = NJW 1967,1081,1082. 61 Nicht von ungefähr ist für die Lösung aus dem Dilemma des § 247 BGB von K. Schmidt, BB 1982, 2077 eine Neuverhandlungspflicht des Kreditnehmers vorgeschlagen worden. 62 Vgl. Horn, AcP 1981, 286f.; ds., Gutachten, Bd.1, 634. 63 Zur Problematik vgl. etwa BucheT, Berner Festgabe 1979, 187ff. 5B

59

182

4. Teil: Koordination im Kontext

11. Koordination im ökonomischen Kontext 1. Allgemeines

Die direkte Anwendung der im gesetzlichen Kontext möglichen Reduktionen sitten.widriger Rechtsgeschäfte im Einzelfall scheitert vor allem aus zwei Gründen. Schon die Beweglichkeit der verwendbaren Parameter läßt von vornherein die Illusion nicht mehr zu, in einem Subsumptionsmodell die Wertungsfragen bei der Heranziehung des Obersatzes kurzerhand ausschalten zu können, um zu einer eindeutigen Zuordnung zu gelangen l . Doch auch der sichtbare Bezug auf komplexe wirtschaftliche Vorgänge bedeutet, daß eine Ausrichtung allein auf den Einzelfall zur Vernachlässigung zusammenspielender, voneinander abhängiger wirtschaftlicher Elemente führen müßte. Defizite wären damit vorprogrammiert, da so die Schwierigkeiten der Rechtsprechung, sich auf geeignete ökonomische Ansätze auszurichten und sich die notwendige Datenbasis zu verschaffen, überhaupt aus dem Blickfeld geraten würde. Der Diskurs mit den betroffenen Kreisen und mit der Wissenschaft würde damit tendenziell blockiert oder auf ein tieferes, differenzierter Argumentation nur mehr schwer zugängliches Niveau gelenkt, da die Dogmatik die Stelle der Anknüpfungen an die wirtschaftliche Realität nicht mehr markieren könnte. Die Offenheit der Wertungen schließt aber auch aus, einen Typus zu konstituieren 2 , unter den der Fall wiederum zu subsumieren wäre, oder ihn einer Privatrecht und wirtschaftliche wie soziale Organisation amalgamierenden Institution3 zuzuordnen. Doch kann es hier nicht darum gehen, einen neuen Systementwurf zur Erfassung der Interdependenzen zwischen Recht und Wirtschaft zu liefern, oder mit einem neuen Konzept in der Diskussion um Wirtschaftsrecht nachzugreifen. Die Beobachtung mag genügen, daß die GeneralklauseI der guten Sitten heute einen breiten Anwendungsbereich dort hat, wo rechtliche und ökonomische Steuerung versagen, das gebräuchliche Wettbewerbsmodell offenbar an Grenzen stößt 4 . Ihr Gebrauch setzt eine Störung des wirtschaftlichen Ablaufs unter dem Blickpunkt einer rechtlichen Wertung im Einzel1

Zu den Wertungsfragen insbes. beim Obersatz des Justizsyllogismus eingehend

Kilian 55ff. Zur Bewältigung beweglicher Sätze in der jurist. Logik vgl. v.a. Otte,

JbRSoz 1972, 301 - 320. 2 Zur Typuslehre vgl. Koller, der letztlich um eine dezisionistische Festlegung eines bestimmten Typus nicht herumkommt; vgl. die Kritik von W.Ott, v.a. 80f., 93f., 102f., bes. 110ff. (weitere Lit. zur schweiz. Diskussion bei Forstmoser, Aktienrecht, Bd. 1/1, § 2 N 3 Fn. 6). Ähnlich H. P. Westermann, Vertragsfreiheit, 95ff., 123ff. und im Hinblick auf das Vertragsrecht Leenen, bes. 171 ff. 3 Zur institutionellen Rechtslehre eines Hauriou und eines Santi Romano vgl. den Überblick bei Fikentscher, Bd.1, 504ff. 4 Zur Koordination von Privatrecht und Wettbewerbsrecht in der Auslegung von § 138 BGB vgl. v.a. Rebe 102ff., 162ff.

H, 1. Ökonomischer Kontext: Allgemeines

183

fall gerade voraus. Soweit die Störung, sei es durch Totalnichtigkeit, sei es durch Teilnichtigkeit behoben wird, werden auf jeden Fall wirtschaftliche Daten gesetzt. Mag die Einzelfallkorrektur in einer ökonomischen Gesamtbetrachtung noch zu vernachlässigen sein, so ist es jener Entscheid nicht, der zufolge einer häufigen und typischen Interessenkonstellation bei den beteiligten Kreisen auf Resonanz stößt und daher geeignet ist, das Verhalten der Teilnehmer am Wirtschaftsverkehr zu beeinflussen5 • Da sich unsere Arbeit mit der Frage der Eingriffsschwelle der GeneralklauseI nur ganz am Rande beschäftigen kann, müssen auch die damit angesprochenen Problemfelder der Steuerung und der Effektivität einer bestimmten Rechtsprechung fürs erste beiseite gelassen werden 6 • Angesprochen sind lediglich Fragen der ökonomischen Feinsteuerung, nämlich ob und in welchem Ausmaß sie vom Recht aufgenommen werden kann. Um Mißverständnissen vorzubeugen, gilt es hier klar festzuhalten, daß mit der Analyse des wirtschaftlichen Sachbezugs nicht die ökonomische Analyse des Rechts gemeint ist? Dort geht es nämlich im wesentlichen darum, den ökonomischen Ansatz der neoklassischen Schule auf das Recht zu übertragen mit dem Ziel eines pareto-optimalen Einsatzes rechtlichinstitutioneller Mittel, um eine optimale Nutzenverteilung zu erreichen8 . Was von der Ökonomie sonst in den Datenkranz verwiesen und im Rahmen einer ceteris-paribus-Annahme nicht weiter untersucht wird, wird als Analyse der wirtschaftlichen Implikationen rechtlicher Regelung zum Untersuchungsgegenstand9 • Dabei wird in der Regel stillschweigend ein ökonomisches Modell und ein bestimmtes Steuerungsziel unterlegt, das bei der Anwendung des klassischen Modells vollkommenen Wettbewerbs 10 meist die rechtlichen, geschichtlichen, sozialen und wirtschaftlichen Rahmenbedingungen ausschaltet l l . 5 Vgl. zur Illustration etwa die Anm. von Scholz, WM 1981, 538ff. zu BGHZ 80, 153 und die Betrachtungen von Löwe, ZIP 1984, 1297. 6 Vgl. dazu etwa C. Ott, JbRSoz 1972, 345 - 408; zu der in vorliegender Arbeit berührten Wucherproblematik vgl. Rühle passim; zur Steuerung ferner L. M. Friedman in Rehbinder, Rechtssoziologie, 93 - 112 (urspr. in: Stanford L. Rev. 19 (1967) 810 - 828. 7 Vgl. dazu die Lit. bei Hutter, ZHR 1980, 642; Hotz, WuR 1982, 312ff. 8 Entwickelt wurde der Ansatz vornehmlich von Coase, J. L. & Econ. 3 (1960) 1 - 44 (dt. in Assmann / Kirchner / Schanze 146 - 202). 9 Vgl. Kirchner in Assmann / Kirchner / Schanze 75ff. 10 Über deren Prämissen vgl. Posner 3ff. (dt. bei Assmann / Kirchner / Schanze 94ff.) dazu Hotz, WuR 1982, 304f.; für eine gleichzeitige Anwendung auf andere ökonomische Modelle und die Ausnutzung der damit einhergehenden Komplexität zur erweiterten interdisziplinären sozialwissenschaftlichen Analyse des Rechts plädiert Kirchner ebd. 89; eine Vertiefung der ökonom. Analyse des Rechts durch Einbezug weiterer Dimensionen und durch die Besinnung auf die notwendigen Regelungsstrukturen des Rechts postuliert Behrens, Rechtstheorie 1981, 472 - 490; in diese Richtung auch Prisching in: Reformen des Rechts, 995 - 1020. Zusammenfassend der Überblick von Salje, Rechtstheorie 1984, 277 - 312.

184

4. Teil: Koordination im Kontext

Diese Mängel lassen sich hinnehmen, wenn sich die Analyse auf klar umrissene, begrenzte Gebiete beschränkt, oder wenn bereits durchgeführte Gerichtsverfahren untersucht werden, wie dies Coase getan hatte, als er auf "seinen" archimedischen Punkt stieß. Sie schlagen aber voll durch, wenn die Methode über diesen Ansatz prospektiv eingesetzt wird, denken wir nur beispielsweise an die Chancen zur Durchsetzbarkeit eines rechtlichen Anspruchs und die Schwierigkeiten ihrer rechtlichen wie finanziellen Kalkulation 12 . Damit werden aber die gesellschaftlichen Rahmenbedingungen der geltenden Rechtsordnung weitgehend vernachlässigt, die Zeitdauer der interessierenden Abläufe auf Null verkürzt1 3 und Voraussetzungen, Zielvorgaben für den Steuerungsprozeß sowie die dafür erforderlichen Daten unterstellt1 4 • Die Lösung ist im Rahmen der Modellannahmen stringent, bei Veränderung einer Voraussetzung aber oft nicht mehr operabeF5. Im Unterschied dazu geht es aber hier um die Frage der Ermittlung von Daten, wie sie im wirtschaftlichen Prozeß zutage treten. Insbesondere interessiert uns, wie die ökonomischen Daten gleichstrukturierter Vertragsverhältnisse aussehen, welche Differenzierungen wir feststellen und wie wir diese in ihrem Funktionszusammenhang begründen können. Bei den in dieser Arbeit behandelten Erscheinungen der Sittenwidrigkeit von Wucherzinsen und überlangen Bezugsbindungen betreffen die Daten im wirtschaftlichen Umfeld die Preisbildung, bzw. die Aushandlung der Wettbewerbsbeschränkung. Was die Ermittlung von Daten erschwert, ist die Tatsache, daß es sich in beiden Fällen um verschiedene Ausgangspunkte in der ökonomischen Betrachtungsweise einerseits und der juristischen Nutzanwendung andererseits handelt. Das möchten wir nacheinander am Beispiel der Preisbildung und an der Erfassung der Stellung des Individuums im Wettbewerb beleuchten. 11 Vgl. die Kritik von Horn, AcP 1976, 312f., 330ff. und Polinsky, Harv. L. Rev. 87 (1974) 1655 - 1681 (dt. in Assmann / Kirchner / Schanze 113 - 145). 12 Vgl. die Kritik von Macneil, Nw. U. L. Rev. 75 (1980/81) 1018 - 1063. Im Hinblick auf die Transformationskosten vertieft die Fragestellung Wegehenkel, Coase-Theorem; ds., Transaktionskosten; ds., Gleichgewicht. 13 Was sich bes. in der Analyse von vertraglichen Dauerbeziehungen auswirken kann, vgl. dazu R. H. Weber, FS Meier-Hayoz (1982), 442f. 14 Interessant ist - um nur ein Beispiel zu geben -, wie noch stets von der Annahme ausgegangen wird, daß einseitige vertragliche Gestaltung der Risikolage durch ein erkennbares Entgegenkommen in der Preiskalkulation abgeschwächt werde (Preisargument). Obwohl eine wirtschaftswissenschaftliche Analyse genau zum gegenteiligen Ergebnis führt (so Kliege 48ff.; zum Stand der Diskussion vgl. Kötz, MünchKomm, 2. A., Rz 7 zu § 9 AGBG) wird fern jeder Empirie am Gegenteil festgehalten (so Trimarchi, ZHR 1972, 118 - 138; auf trad. dogmatischer Grundlage Lörtscher 257, dagegen schon L. Raiser, Allg. Geschäftsbedingungen, 289ff.). An diesem Punkt hakt denn auch richtig die Kritik ein, so z.B. Horn, AcP 1976, 320ff.; R. H. Weber, FS MeierHayoz (1982), 438ff. (mit weiteren Nachweisen). 15 Vgl. die eher skeptische Aufnahme der Economic Analysis of Law im dt. Sprachraum, so die Diskussion in ZHR 1980, 545 - 609 durch Gotthold (545 ff.), Kirch-

II, 2. Ökonomischer Kontext: Preisbildung

185

2. Preisbildung

Die Problematik, die wir beim kurzen Blick auf die ,ökonomische Analyse des Rechts' gestreift haben, treffen wir auch hier an, nämlich daß sich ökonomische und juristische Fragestellung oft in der Spannung zwischen Statik und Dynamik begegnen. Was die eine in den Datenkranz verweist1 6 , wird von der andern als Prozeß angegangen; Wirtschafts- und Rechtswissenschaft treten hier auf wie siamesische Zwillinge mit unterschiedlichen Interessen 17 . Auf dieses Phänomen stoßen wir auch, wenn wir uns dem Problem des Preises nähern. Das gilt sowohl dann, wenn wir es über die Kostentheorie, wie wenn wir es über die Preistheorie ins Auge fassen. Während die Kostentheorie daraufhin angelegt ist, für den Rahmen des Betriebes in einem prospektiven Verfahren auf dem Wege einer rationalen Kostenberechnung die optimalen Bedingungen, für die die Kosten je Produktionseinheit am niedrigsten sind, zu eruieren 18 , so daß sie in der Praxis der Unternehmensführung auch dafür eingesetzt werden kann, unter Optimierung des Gewinnes - ohne Absatzpolitik und Mitbewerber in der Strategie außer Acht zu lassen - den Preis des Produktes zu ermitteln, setzt die Preistheorie an diesem Zeitpunkt gerade erst ein 19 • Im Versuch, die Preisbildung im Spannungsfeld zwischen Mitbewerbern auf der Angebotsseite und der Reaktion auf der Nachfrageseite in den Griff zu bekommen, hakt sie bei der Erklärung von Preisänderungen ein und stützt sich nur unter anderem auch auf richtig ermittelte Kosten. Was das Faszinosum für den Außenstehenden ausmacht, ist die Auseinandersetzung mit dem Zusammenspiel der vielen Unbekannten, die zu den verschiedenartigsten Modellbildungen Anlaß geben, aber ihrerseits gesicherte Daten als Ausgangsbasis benötigen 20 • Genau das, was im großen Zusammenhang des Wettbewerbes, wenn wir ihn mit der von Hayek geprägten Formel als Entdeckungsverfahren zu erfassen versuchen 2 1, evident wird, läßt sich auch hier beobachten, daß sich nämlich der Blick vom Endpunkt des ausgehandelten Ergebnisses auf die Bedingungen des wirtschaftlichen ner (563 ff.) und Köhler (589 ff.); weiterführend aber Behrens, Rechtstheorie 1981, 472 - 490. 16 Vgl. dazu Stützel in Raiser / Sauermann / Schneider 43. 17 Grundsätzlich zum Verhältnis von Rechtswissenschaft und Wirtschaftswissenschaft die von Raiser / Sauermann / Schneider hrsg. Sammlung von Vorträgen; Raisch / Schmidt sowie Krosselberg in Grimm (Hrsg.), Rechtswissenschaft, Bd.1, 143 - 167 bzw. 168 - 192; F. Rittner, FS Sölter, 27 - 39. 18 Zur Kostentheorie vgl. den Überblick bei Gutenberg, Bd.1, 338 ff. 19 Vgl. etwa L. M. Schmid llff., 57ff. und zur Preistheorie den Überblick bei Gutenberg, Bd. 2, 181ff. sowie die beiden Auflagen von Krelle, Preistheorie. 20 Zum Stellenwert der Ausgangssituation in der Entscheidungstheorie vgl. etwa Gäfgen 95 ff. 21 v. Hayek, Der Wettbewerb als Entdeckungsverfahren, Kiel 1968 (jetzt in ds., Ges. Aufs., 249ff.).

186

4. Teil: Koordination im Kontext

Prozesses, dessen Ablauf und die verschiedenen möglichen Alternativen verschiebt und fixiert 22 . Der Jurist steht in den von uns untersuchten Fällen bei deren Beurteilung gerade am andern Ende der Entwicklung. Das beim sittenwidrigen Rechtsgeschäft an sich fehlgeschlagene Ergebnis kann er, ausgehend von den für ihn feststehenden Daten als Konstanten hinsichtlich der variablen Größen mit den nun im Laufe des Wirtschaftsprozesses gewonnenen Daten konfrontieren. Das im Wirtschaftsablauf erzielte Resultat erlaubt ihm nun, was sonst allenfalls in einer Theorieannahme möglich wäre, nämlich die Parteien als vollkommene homines oeconomici zu behandeln, da die Informationsdefizite hüben und drüben beseitigt sind. Die Daten zur Ermittlung des unter damaligen Bedingungen marktgerechten Ergebnisses stehen wenigstens potentiell zur Verfügung. Die Ungewißheit und die mangelnde Transparenz hat der Wettbewerb durch das Entdeckungsverfahren. überwunden und die Marktdaten geschaffen 23 . Wenn wir das Problem einer ,marktgerechten Vertragsdauer' in den Hintergrund stellen und zunächst weiter bei der Preisbildung bleiben, so sind es zwei Daten, deren Kenntnis für die Ermittlung des reduzierten Preises erheblich sind: Das Produkt und dessen Substituierbarkeit, anhand derer der relevante Markt abgegrenzt werden kann. Allerdings zeigt unsere juristische Problemstellung, welche die individuelle Beziehung thematisiert und nicht - wie das Wettbewerbsrecht - die Marktstruktur als Beziehung unter Wettbewerbern testen muß, daß ohne weiteres auf ein traditionelles Konzept des Bedarfsmarktes abgestellt werden kann 24 . Dieses hat sich auch die Standardformel der Praxis zu eigen gemacht; ihr folgend werden darin einbezogen "alle Güter, die sich nach ihren Eigenschaften, ihrem Verwendungszweck und ihrer Preislage so nahestehen, daß der verständige Verbraucher sie als für die Deckung eines bestimmten Bedarfs geeignet ansieht, nachdem er sie in berechtigter Weise abwägend miteinander verglichen und als austauschbar bewertet hat"25. 22 Die Offenhaltung der Entscheidungssituation und der Verzicht auf vollständige Regelung durch die sozialen Normen können als konstituierend für die Nationalökonomie als Handelnsordnung betrachtet werden (vgl. KTÜSselberg o. Fn.1 7), während die Rechtsordnung zur Fixierung der Regelung tendiert. Die Verschiedenheit der Ansätze bei der Annäherung an den Vertrag kommt auch bei Horn I Tietz, Bd.1 zum Ausdruck; während der Jurist M. Wolf (13 ff.) die Äquivalenzfunktion des Vertrags ins Zentrum seines Beitrags stellt, steuert der Volkswirtschaftler Tietz (25ff.) auf die theoretische Erfassung der Vertragsverhandlung zu. Zur Unmöglichkeit der Simulation konkreter Marktergebnisse Hoppmann 20ff. 23 Vgl. Stützel (0. Fn. 16) 44. 24 Vgl. I. Schmidt 28ff. mit einer kurzen Zusammenstellung des Theorieangebotes; Sandrock, FS Kummer, bes. 463ff. 25 Markert in Cox I Jens I Markert 305, vgl. etwa BGHZ 73, 65, 72 mit reichen Hinweisen auf Materialien, Lit. und Jud. und die Zusammenstellung der Praxis bei Möschel in Immenga I Mestmäcker, Rz 24 zu § 22 GWB.

11, 2. Ökonomischer Kontext: Preisbildung

187

Gehen wir aber, wie wir es jedenfalls für das Problem der Wucherzinsen tun dürfen, von einem funktionierenden Markt aus, in welchem der Wettbewerb spielt 26 , so darf die betriebswirtschaftlich relevante Kostenrechnung nicht in die Optik einbezogen werden. Dafür sind zwei Gründe maßgebend. Die Ermittlung der Kosten spielt dann eine Rolle, wenn im Behinderungswettbewerb mit nicht kostendeckenden Preisen gearbeitet wird, um die Konkurrenten auszuschalten. Das sieht jene Stellungnahme richtig, die in der Frage eines Sondermarktes für Teilzahlungsbanken deren höheren Zinssätze auf einen - allerdings offenbar über Jahre dahinziehenden - Verdrängungswettbewerb von seiten der Großbanken zurückführen will 27 • Nur betrifft dieses Problem die Marktstruktur, die Beziehung unter Wettbewerbern also, während bei der Anwendung der Generalklausel der guten Sitten das Konzept des Individualschutzes im Vordergrund steht. Jenes Argument muß gegenüber andern für die Wettbewerbspolitik verantwortlichen Instanzen vorgebracht werden, nicht aber bei der Regelung der individuellen Feinsteuerung. Fast wichtiger jedoch ist die Überlegung, daß mit einer Berücksichtigung der Kosten gerade eine wesentliche Wettbewerbsfunktion praktisch ausgeschaltet würde, die optimale Faktorallokation, die Lenkung der Produktionsfaktoren in ihre produktivsten Einsatzmöglichkeiten 28 . Gerade die Kostenseite soll optimiert werden, unrentable Anbieter sollen eliminiert29 , jedoch keinesfalls unter Denkmalschutz gestellt werden. Anders ist es freilich, wenn die Preis bildung auf einem nicht mehr funktionierenden Markt simuliert werden muß 30 . Die retrospektive Betrachtung des wirtschaftlichen Umfelds führt damit bezüglich eines Produktes zu einem Marktpreis, wie er durchschnittlich auf dem relevanten Markt erzielt worden ist. Er kann gleichzeitig als Ausgangsbasis dienen zur Bestimmung der Eingriffsschwelle beim Mißverhältnis von 26 Vgl. etwa die Untersuchung von Röper, Wettbewerbsfunktion, 82ff., 177ff.; ds., (Hrsg.), Wettbewerbsprobleme, 26ff. 27 So Bunte, ZIP 1985, 3ff.; SchoLz, BB 1982,1893; Zwanzig, BB 1980,1284. 28 Vgl. Kantzenbach 16ff.; das ist auch gegen v. OLshausen, ZHR 1982, 273 zu sagen. 29 Es ist Sache des Nachfragers, wenn er auf seiner Seite auf eine optimale Faktorallokation verzichtet und seinen Bedarf zu überhöhten Preisen eindeckt, vgl. die Kritik von Merken, NJW 1963, 1984 an OLG Bremen NJW 1963,1455,1457. Anders hingegen verhält es sich, wenn gesetzliche Schutzvorschriften explizit auf einen am Markt orientierten Preis zielen und dann zusätzlich eine unzweckmäßige Kostenstruktur des Anbieters nur darauf zurückzuführen ist, daß er die systematische Ausbeutung von Informationsdefiziten oder beschränkter Entscheidungsfreiheit als einzeln vielleicht je noch akzeptable - Gewinnbeteiligungen auf verschiedene vorgeschaltete Stufen verteilen will, vgl. OLG Köln DB 1975, 2033; zum damaligen strafrechtlichen Mietwucher SoergeL / HefermehL, 11. A., Rz 67 zu § 138 BGB. 30 Vgl. v. OLshausen, ZHR 1982, 259ff.; zur reichen Praxis zu § 22 GWB etwa KöhLer, ZHR 1973, 237 - 259. Bei den Fällen des Mietwuchers kann aufgrund der komplexen ökonom. Ausgangssituation füglich bezweifelt werden, daß sich das zulässige Entgelt "zwanglos nach der ortsüblichen Vergleichsmiete" bestimmt, so aber Zimmermann 174; zu dieser Problematik auch Kohte, NJW 1982, 2803 - 2807.

188

4. Teil: Koordination im Kontext

Leistung und Gegenleistung. Da wie dort ist der Richter auf zuverlässiges Zahlenmaterial angewiesen, das der hier verwendbaren Marktabgrenzung gerecht wird. Die deutsche Rechtsprechung zum sittenwidrigen Ratenkredit hat dieses im Schwerpunktzins der Deutschen Bundesbank gefunden 31 . Es mag vielleicht enttäuschend sein, daß vom ganzen Instrumentarium, welches die Nationalökonomie zu bieten hat, nur statistisch beschreibendes Material in Anspruch genommen wird 32 , wie es bei der - auch für die prospektive Analyse erforderlichen - Ermittlung des zu einem vergangenen Zeitpunkt erzielten Preises anfällt. Das erklärt sich jedoch aus den verschiedenartigen Perspektiven und Aufgaben der beiden Gebiete, vorausschauendes Planen und Wirtschaften auf der einen Seite, retrospektive Analyse auf der Seite des Richters. Unbekannt ist diesem das Instrumentarium nicht, hat er es doch auch bei der Ermittlung des Verkehrswertes und des verkehrsüblichen Entgelts im Schadenersatz- und Bereicherungsrecht zu verwenden. Damit unterscheidet sich das Resultat - der Marktpreis als Datum im Kontext der Reduktionsproblematik - vom Höchstpreis in Höchstpreisvorschriften lediglich im Verfahren der Ermittlung: retrospektive Feststellung des auf dem freien Markt austarierten Preises dort, prospektive und autoritative Festlegung durch die Preisadministration hier. Doch stellt der festgelegte Höchstpreis oder Grenzpreis schon kurze Zeit nach seiner Einführung den einzigen auf dem Markt praktizierten Festpreis dar 33 . Ausschläge nach oben sind verboten, solche nach unten verstoßen wider die wirtschaftliche Vernunft. Damit haben wir die Begründung dafür, warum zwar beim Verstoß gegen Höchstpreisvorschriften eine Reduktion auf das gerade noch Zulässige ökonomisch sinvoll ist, dasselbe aber im Rahmen der GeneralklauseI der guten Sitten jeder ökonomischen Rationalität entbehrt. Was unter diesem Aspekt dem Höchstpreis entspricht ist eben der - retrospektiv festgestellte - Marktpreis, und nicht etwa die Eingriffsschwelle. Die Enttäuschung über dieses Resultat, nicht herausgekommen zu sein über das Postulat der Beschaffung von Informationen über wirtschaftliche Vorgänge, mag mit dem Hinweis gemildert werden, daß dadurch doch ein hoher Gewinn von Plausibilität, aber vor allem auch von Rationalität verbunden ist3 4 • Der Zwang, die der statistischen Eingrenzung zugrunde liegenden Kriterien offenzulegen, machen das Urteil auch in seinem wirtschaftlichen Aspekt überprüfbar. Die Kriterien werden damit in die Diskussion eingeführt35 . Hierin unterscheidet sich diese Ebene in nichts von der 31

s. o. 2. Teil, I, 1 bei Fn. 2lf. und u. III, 2, a.

Zu diesem Vorwurf vgl. Rebe 39ff., der aber seinerseits nicht zur wirtschaftswissenschaftlichen Fragestellung findet; vgl. E. Rehbinder, ZHR 1979, 349. 33 Vgl. Woll, HdWW, Bd. 6, 203f. 34 Zum Wert des Gewinns an Rationalität, vgl. Kilian 6. 32

11, 3. Ökonomischer Kontext: Vergleichbarkeit

189

herkömmlichen dogmatischen, wo es unter anderem darum geht, die Diskussion dadurch zu vereinfachen und zu entlasten, daß die Ansatzpunkte klar determiniert und ausformuliert werden 36 • Soweit darüber ein Konsens besteht, verkürzt sich die Diskussion auf die darauf aufbauende Problematik; soweit er fehlt, wird die Diskussion nicht vom Ursprung des Dissenses auf Scheinbegründungen abgelenkt. Dazu ist die Auseinandersetzung in Deutschland um die Abgrenzung des relevanten Marktes bei Ratenkrediten ein lebendiges und anschauliches BeispieP7. Als Ertrag darf durchaus eine schärfere Durchdringung der Zinsbildung und eine detailliertere statistische Erfassung des Marktes erhofft werden 38 • 3. Zahlen - vergleichbar und unvergleichlich

Die Suggestivkraft, die das Verfahren zur Ermittlung eines Marktpreises hat, kann leicht zur Annahme verführen, auch die Dauer einer Bezugsverpflichtung unterliege einem ähnlichen Tarierungsmechanismus wie der Preis. Das scheint auf jeden Fall hinter jenen Urteilen zu stehen, die von einer üblichen oder normalen Dauer einer Bindung ausgehen 39 • Die Äußerlichkeit der Analogie trügt jedoch. Liegt die Aussagekraft des Preises darin, daß er Koordinations- und Informationsfunktionen übernehmen kann, weil er als Focus der Austauschbeziehung unabdingbar ist, so trifft das für die Vertragsdauer nicht zu. Die Festlegung einer bestimmten Dauer ist auch für den Dauervertrag kein notwendiger Vertragsbestandteil. Auch ohne deren genaue Fixierung kommt der Vertrag zustande 4o . Die Dauer korreliert da mit der Kündigungsmöglichkeit. Die gesetzlich geregelten Dauerschuldverhältnisse belegen diesen Sachverhalt deutlich, setzen sie doch keine feste Dauer voraus 41 ; lediglich eine obere Grenze für eine bei Vertragsschluß vereinbarte Bindungsdauer sehen sie vor. Für die Bierlieferungsverträge, um bei diesem Bespiel zu bleiben, 35 Vgl. die Gedanken zur Offenlegung der entscheidungsrelevanten Faktoren im Rahmen der Auslegung von § 315 BGB von Kötz, BB 1982, 646. 36 Zur Integrations-, Entlastungs- und Kontrollfunktion der Dogmatik s.o. 3. Teil,

x.

Vgl. die Lit. o. 2. Teil, I, 1, Fn. 21. Vgl. dazu die Stellungnahme der dt. Bundesregierung zur Praxis des Konsumentenkredits in DB 1982, 2682 und die Lit. o. 2. Teil, I, 1, Fn.11; dazu zuletzt Bunte, ZIP 1985, 3f. 39 Vgl. BGE 93 11 290 E. 7; 40 11 233; für die BRD die Jud. o. 2. Teil, 11,1, Fn. 40 - 53. 40 Hierin liegt der richtige Ansatzpunkt für die Theorie von Herzog 25ff., die Abrede über eine bestimmte Dauer zu trennen in eine Grundabrede, welche nur auf Dauer in abstracto zielt, und in eine Ergänzungsabrede, die die konkrete Dauer festlegt. 41 Vgl. beispielsweise die Überführung eines auf bestimmte Dauer eingegangenen Arbeitsvertrages durch stillschweigende Fortsetzung nach dessen Ablauf in einen solchen auf unbestimmte Dauer in Art. 335 Abs. 2 OR; § 1158 Abs. 4 ABGB; § 625 BGB. 37 38

190

4. Teil: Koordination im Kontext

läßt das AGBGB für Bayern die Kündigung auf Ende des Braujahres (auf Ende Sept.) unter Beobachtung einer dreimonatigen Kündigungsfrist zu, sofern die Parteien nichts anderes geregelt haben42 • Damit trägt es den Bedürfnissen der Brauerei nach Erleichterung bei Planung, Kalkulation und Einkauf Rechnung, nicht aber längerfristigen Absatzstrategien. Selbst auf einem so stark durch längere Bezugsverpflichtungen geprägten Markt wie in der BRD können die ca. 20 - 30 Prozent ungebundener Wirte43 ihren Bierbedarf auch tatsächlich ohne vertraglich determinierte Bindung regelmäßig decken. Beim Automatenaufstellvertrag, wo oft die hohen Unkosten als bedeutender betriebswirtschaftlicher Faktor zur Herleitung einer längeren Kündigungsfrist genannt werden 4 4, sollen in der Schweiz immerhin die Hälfte der Verträge nur mündlich, d. h. meist ohne Verabredung einer bestimmten Dauer abgeschlossen werden45 • Bei dieser Sachlage ist es nicht weiter verwunderlich, daß ein auf Erfahrung beruhender Mittelwert nie zu erkennen war4 6 • Wenn eine Ähnlichkeit zum Entdeckungsverfahren des Wettbewerbes bei der Preisbildung bestehen könnte, dann höchstens in der Weise, daß allenfalls die Dauer als Kondition auf den Preis durchschlägt47 • Tendenziell dürfte allerdings die Dauerbindung eher preiserhöhend wirken, wie die Rechtsprechung zur Frage der Bezugnahme auf Preislisten in der BRD vermuten läßt48 • Im Gesamten läßt sich aber der Vorteil einer Dauerbindung nicht ohne weiteres einseitig einer Partei zuweisen. Die Analyse der zwischen Anbieter und Nachfragenden spielenden Interessen führt nicht zu so eindeutigen Resultaten, wie dies bei der Preisbildung der Fall ist. Die eine wie die andere Seite kann potentiell ihre Interessen optimieren49 • Die Durchschnittsdauer verliert damit als Parameter für die auf dem Markt ermittelte optimale Dauer jegliche Aussagekraft. Was hingegen feststellbar ist und wenigstens begrenzt den wirtschaftlichen Kontext erkennen läßt, sind Relationen der tatsächlich vereinbarten 42 Art. 5 BayAGBGB (BayGVBI 1982, 803); dazu schon Kahler, ArchBürgR 31 (1908) 246. 43 Vgl. Heuser in Ahlert (Hrsg.) 413. 44 Vgl. OLG Celle BB 1968, 524; LG Köln NJW 1972, 2127, 2128; ihnen folgend Schluep I Werder, SPR, Bd. VIII 1 , 2. Hbd., 876. Dazu aber Bürge, ZSR 1983 I, 448 und Schlosser I Co ester-Waltjen I Graba, Rz 64 zu § 9 AGBG mit dem Hinweis, "daß Automaten nicht speziell für einen Aufstellungsort hergestellt, sondern in einfacher Form oft nur mit einem Stecker angeschlossen werden". 45 Schluep I Werder ebd. 875 Fn. 27; für Deutschland - allerdings vor bald 20 Jahren - Raisch, BB 1968, 526. 46 Vgl. Wüthrich 31ff. 47 Zu beachten ist freilich auch hier die o. Fn.14 berührte Problematik. 48 Vgl. den Sachverhalt in den o. 2. Teil, 11, 1, Fn. 63 f. angegebenen Urteilen. 49 Vgl. den Fall VKK 1980, 177, "in welchem der Inhaber einer Gaststätte gegenüber der angestammten Brauerei beträchtliche Forderungen gestellt hatte (Bürgschaften, Darlehen, Hektoliter-Gebühr)" und nach deren Ablehnung einen Wechsel des Lieferanten angestrebt hatte.

II, 3. Ökonomischer Kontext: Vergleichbarkeit

191

Bindung zur Gegenleistung, wie sie in der deutschen Brauwirtschaft als Grundlage zur Berechnung der Abnahmeverpflichtung empfohlen werden 50 , mindestens soweit es um ein Optimierungsproblem geht, nämlich einen ruinösen Kampf um Marktanteile durch Gewährung größerer Gegenleistungen an die Gastwirte zu verhindern51, andererseits das richterliche Verdikt der Sittenwidrigkeit zu vermeiden. Begrenzt läßt diese Relation für den Vergleich unter den gebundenen Wirten als Kennzahl die Ermittlung eines auf das tatsächliche Leistungsverhältnis zugeschnittenen Durchschnittes zu, wenn statt der Dauer auf die abgenommene Menge abgestellt wird. Sie läßt sich aber auch in Beziehung setzen zu den empfohlenen Kennzahlen der betroffenen Interessenverbände. Bei andern Dauerbindungen, wie beispielsweise den Tankstellenverträgen, ließen sich ähnliche Relationen zur Erfassung der Leistung des Bindenden und des Gebundenen feststellen 52 . Da wie dort müssen jedoch diese Werte in Beziehung zum wirtschaftlichen Kontext gebracht werden, um auch jene Aussagen gewinnen zu können, die sich wie die Information durch den Preis auf den ganzen Markt erstrecken. Bei der Berechnung der Leistungsrelation im Bierlieferungsvertrag muß - je nach Sachlage - der Bierpreis, wie ihn ungebundene Wirte bezahlen, auf der einen oder andern Seite berücksichtigt werden, sei es bei Rabatten als Leistung der Brauerei, sei es bei Verpflichtung auf einen höheren Preis, als er ungebundenen Wirten gewährt wird, als Leistung des Wirtes. Das Beispiel der Tankstellenverträge zeigt, wie bei Ausnützung verschiedenster rechtlicher Gestaltungsformen der Vertragsbeziehung das Netz der relevanten Daten dichter zu knüpfen ist, will man zu aussagekräftigem Material kommen 53 , das eine Beurteilung mit Bezug auf den wirtschaftlichen Kontext zuläßt und gleichzeitig von einer vordergründigen Wertung nach dem Schema ,Schutz des Schwächeren' zu einer umfassenden Beurteilung der Bindung vorstößt. Die Gegenüberstellung von Bierlieferungs- und Tankstellenvertrag zeigt uns deutlicher, was die datenmäßige Erfassung und der Vergleich mit andern Bindungen leisten kann. Wird nämlich in der Schweiz ein 15jähriger, in der BRD ein 20jähriger Bierlieferungsvertrag noch toleriert, so dehnt sich die übliche (!) Bindungsdauer im Tankstellenvertrag auf 20 Jahre in der Schweiz 54 und auf 30 Jahre in der BRD55 aus. Wenn man bedenkt, daß die 50 Vgl. Klaas, BB 1974, 1100; Berücksichtigung einer Mengenrelation in BGH NJW 1970,2243. 51 Vgl. den Hinweis auf einen Kartellvertrag, wonach den Brauereien Darlehensgeschäfte mit ihren Abnehmern untersagt waren, in OGH JB11956, 617. 52 Als Grundlage lassen sich die Kalkulationen nehmen, wie sie bei Vertragsschluß angestellt wurden, vgl. als Bsp. AppGr Basel-Stadt SJZ 1974, 73, 74. 53 Vgl. die Ausweitung der Datenbasis auf Öffnungszeiten, auf durchschnittliche Arbeitsdauer des Tankstellenhalters, seiner mitarbeitenden Ehefrau sowie sonstiger Angehöriger, auf Altersversorgung und auf Feriendauer bei Rehbinder, Tankstellenvertrag, 35ff., basierend auf Erhebungen des betroffenen Interessenverbandes.

192

4. Teil' Koordination im Kontext

Abhängigkeit des Tankstellenhalters jene des Gastwirtes an Intensität meist übertrifft, und wenn man die sich als Obergrenze eingespielte Dauer von 10 Jahren für Automatenaufstellverträge mit ihrer wesentlich geringeren Bindungsintensität noch mit einbezieht56 , so läßt sich der Wertungsunterschied wohl kaum anders erklären, als daß die Beschränkung der wirtschaftlichen Bewegungsfreiheit lediglich als Beschränkung in der Wahl zwischen den andern Konkurrenten aufgefaßt wird. Das bestätigt im übrigen auch die Verordnung der EG-Kommission vom 22. Juni 1983 und ihre ausführliche Motivierung, die den Vorteil der Gruppenfreistellung bei Tankstellen- und bei Bierlieferungsverträgen an eine Höchstdauer von 10 Jahren, bei Bezugsbindungen über ein ganzes Getränkesortiment an eine solche von 5 Jahren knüpft 57 . Würde man sie anders sehen, so wären sie rein willkürliche Festlegungen, die sich nur auf die von den jeweils interessierten Wirtschaftskreisen empfohlenen Richtgrößen stützen könnten. Als Datum zur Ermittlung der höchstzulässigen Beschränkung der Wettbewerbsintensität haben sie ihre Relevanz. Die zulässige Dauer scheint diejenige zu sein, die aus der Sicht der Mitbewerber Wettbewerb noch zuläßt: Der Schutz des Individuums entspricht damit vollkommen demjenigen der Institution des Wettbewerbs. Diese Betrachtungsweise läuft geradewegs auf einen wettbewerbspolitischen Markttest hinaus, nämlich ob bei diesen allgemeinen Bindungsdauern Wettbewerb noch stattfindet oder wenigstens noch möglich ist 58 . Doch gerade das wurde auf der tatsächlichen Ebene nie untersucht. Der Charakter der Individualbeziehung schien solche ökonomischen Fragestellungen zu erübrigen. Diese Daten sind damit reine Vermutungen, deren Bestätigung noch aussteht. Doch läßt auch die Besinnung auf den Individualschutz Zweifel offen, ob dieser mit der Identität zum Institutionenschutz wirtschaftlich richtig oder vollständig ausgelotet worden ist. Es drängt sich nämlich die Frage auf, ob denn die persönliche wirtschaftliche Bewegungsfreiheit nicht doch noch etwas mehr ist als die Wahl zwiSo AppGr Basel-Stadt SJZ 1974, 73, 74 Vgl. Rehbinder, Tankstellenvertrag, 40 Eine Lösung zur Befreiung des Tankstellenhalters wenigstens von der persönlichen Dienstleistung nach 5 Jahren analog § 624 BGB ventiliert Schlegelberger / Schröder, 5. A., Rz 41 a zu § 89 HGB. 56 Vgl. die Übersicht bei v. Olshausen / Schmidt 90; dazu etwa BGH NJW 1983, 159, 161; BGHZ 7l, 80, 84 = NJW 1978, 1155. Ein Teil der Lit. tendiert nun allerdings auf eine geringere Höchstdauer. So sehen Schlosser / Coester-Waltjen / Graba, Rz 68 zu § 9 AGBG und Staudinger / Schlosser, 12. A., Rz 68 zu § 9 AGBG eine dreijährige Laufzeit als äußerste Grenze; ihnen teilweise folgend Ulmer / Brandner / Hensen, 4. A., Rz 142 Anh. zu §§ 9 - 11 AGBG; in diese Richtung nun auch BGH BB 1983,662, 663, dagegen aber wiederum BGH NJW 1985, 53, 55. 57 VO 1984/83 vom 26.3 83 betr Alleinbezugsvereinbarungen (ABlEG L 173/5 vom 30.6.83); dazu de Bronnet in Groeben / Boeckh / Thiesing / Ehlermann, 3. A., Rz 216 zu Art. 85 EWGV 58 Vgl. die Darstellung bei Tuchtfeldt, FS Kummer, 549 - 563 und Bartling 36ff. 54 55

11, 4. Ökonomischer Kontext: Das Individuum im Wettbewerb

193

sehen zwei oder mehreren Konkurrenten. Nicht die Beobachtung, daß der Institutionenschutz mindestens auch über den Individualschutz führt, soll bestritten, sondern lediglich nach qualitativen Unterschieden zwischen den beiden Schutzrichtungen gefragt werden. Anders gewendet handelt es sich darum, ob dem Individuum im Wettbewerbskonzept nicht noch andere Funktionen zukommen, die zwar ebenfalls mit wettbewerbsrelevanten Aktionsparametern ökonomisch erfaßt werden müssen, im herkömmlichen, für die Bedürfnisse des Wettbewerbsrechts eingerichteten Wettbewerbstest aber zwangsläufig nicht aufscheinen. So hat der vom Preisvergleich ausgehende Marktvergleich zur Frage der Wettbewerbsbeschränkung geführt; was als Untersuchung des von uns so genannten Außenverhältnisses begonnen hat, haben wir für das Innenverhältnis fortzuführen. Die Frage lautet, welche Aktionsparameter des gebundenen Individuum in der Wettbewerbsgesellschaft im Innenverhältnis durch die Bezugsbindung zwischen Lieferant und Abnehmer gelähmt werden. Nutzlos werden damit unsere Überlegungen zur Höchstdauer im Außenverhältnis und zur Relation mit der Gegenleistung nicht. Diese Daten zeigen uns nämlich einmal an, wann dem gebundenen Abnehmer im Hinblick auf den Schutz der Institution des Wettbewerbes auf jeden Fall Hilfe gewährt werden muß. Die üblicherweise angeführten Höchstgrenzen können so auf ihre Aufgabe hin, einen funktionierenden Wettbewerb zu gewährleisten, getestet werden und geben damit auch den Standard einer allfälligen Reduktion an. Sie lassen aber auch Beurteilungen der vertraglichen Äquivalenz zu, die nach wie vor bei der rechtlichen Bewertung des einzelnen Vertrags unter dem Blickwinkel der guten Sitten eine Rolle spielt. 4. Das Individuum im Wettbewerb

Hat eine erste Durchsicht des wirtschaftlichen Kontextes mit dem Vergleich vertraglicher Äquivalenzen und der Ermittlung des Marktpreises statische Funktionen im Wettbewerb beleuchtet, die mit Gleichgewichtsanalysen erfaßt werden können, so rücken bei der Frage nach der Stellung des Individuums im Wettbewerb solche dynamischer Art in den Vordergrund 59 • Denn es geht nun darum, wie sich der einzelne in diesem Entdeckungsverfahren verhält, welche Voraussetzungen er als Teilnehmer braucht und wie diese zweckdienlich eingesetzt werden müssen. In der Rechtsprechung stoßen wir öfters auf die Stellung des einzelnen im Wettbewerb, doch bleiben die Bemerkungen dazu meist bei einer statischen Beurteilung stehen. Das gilt einmal ganz sicher für die Schweiz mit der Nei59 Zur Einordnung als statische oder dynamische Funktion vgl. Kantzenbach 16ff.; zur Realitätsnähe der für die Rechtswissenschaft relevanten Wettbewerbsmodelle vgl. Zohlnhö!er, FS Sölter, 15 - 25.

13 Bürge

194

4. Teil: Koordination im Kontext

gung des BGr, bei der Beurteilung von Abläufen des Wettbewerbsprozesses die wirtschaftliche Größe und Organisation des gebundenen Wettbewerbteilnehmers als Beurteilungskriterium zu nehmen, statt davon unabhängig seine Rolle in der Dynamik des Wettbewerbs zu erfassen60 . Ähnlich bleibt die deutsche Rechtsprechung, die den kartellistischen Effekt der Bierlieferungsverträge begriffen hat, auf der Ebene einer bloß statischen Analyse stehen. So heißt es dann etwa, daß die mittelständische Brauereiwirtschaft auf diese Bindungssysteme zu ihrem Schutz und ihrer Strukturerhaltung angewiesen sei61 . Das Gleichgewichtsargument der Erhaltung und der Bewahrung des Erreichten trägt jedoch gerade bei der Erfassung des Wettbewerbes mit seiner Offenheit zu Veränderungen nicht sehr weit. Bei wettbewerbsbeschränkenden Abreden ist nämlich fast stets zumindest eine Komponente jene der Strukturerhaltung. Davon zeugt schon der Rechtfertigungsgrund des Strukturkrisenkartells62 und nicht zuletzt die Metapher ,Kinder der Not' für Kartelle 63 • Will man schon bei der kartellistischen Struktur stehenbleiben, so wäre wenigstens danach zu fragen, mit welchen Mitteln die angeführten Strukturschwächen angegangen werden können, um zu eruieren, ob es zur Erreichung dieses Zieles sinnvoll ist, gerade diese und keine andern Maßnahmen zu treffen. Eine kontrastive Erfassung schon bestehender kartellistischer Organisationsformen mag immerhin abklären helfen, ob nicht schon effektivere, der Kontrolle durch die Kartellbehörden leichter zugängliche Maßnahmen bereits zu diesem Ziel eingesetzt werden, ohne daß dafür im Schuldrecht noch ein spezieller Kartellschutz installiert werden muß 64 . Noch sind wir damit weder zur Dynamik des Wettbewerbes vorgestoßen noch von der eindimensionalen Betrachtung weggekommen, welche der wettbewerbspolitische Blickwinkel notwendigerweise mit sich bringt, da sich zweckmäßigerweise die Fragestellung auf das Verhältnis zwischen Anbietern und Nachfragern einschränkt, die sich auf einem Markt begegnen 65 . Was hier aber faßbar wird, sind die Aktionsparameter, die im Wettbe60 So BGE 97 11 390 E. 7: "Die Leistungen der Klägerin, die in einem ausgesprochenen Mißverhältnis zu den Gegenleistungen der Beklagten stehen; bilden in ihrer Betriebsrechnung einen untergeordneten P~~ten und verhindern nicht, daß ihr Elektrizitätswerk Jahr für Jahr ganz erhebliche Uberschüsse erzielt."; kritisch dazu Merz, ZBJV 1973, 99. 61 S. o. 2. Teil, 11, 1, Fn. 3 - 5, 58. Branchenüblichkeit schließt den Mißbrauch nicht aus. 62 § 4 GWB; Art. 5 Abs. c lit. c schw. KG. 63 F. Kleinwächter, Die Kartelle, Innsbruck 1883; S. 126 - 183 nun in: FS für M. Metzner, Köln u.a. 1963,41 - 69, 49. 64 Vgl. etwa die Verhältnisse auf dem schweiz. Biemiarkt und die einschlägige Untersuchung durch die Kartellkommission (VKK 1974,307 - 432). 6~ Die Einheitlichkeit und Unzerlegbarkeit des ganzen Marktes, die Abhängigkeit jedes Teils des Marktes von allen andern Teilen betont v. Mises, HdWS, Bd. 7, 134 (s. v. Markt).

II, 4. Ökonomischer Kontext: Das Individuum im Wettbewerb

195

werbskonzept überhaupt wirksam werden. Haben wir diese, so läßt sich dann auch überlegen, welche Bedeutung sie für den einzelnen Nachfrager haben 66 • Aus den ausformulierten Zielkatalogen ökonomischer Wettbewerbsfunktionen lassen sich für unseren Zweck neben den statischen Funktionen67 jene der Anpassung von Produkten und Produktionskapazitäten an außerwirtschaftliche Daten wie sich ändernde Nachfragestruktur und Produktionstechnik (Anpassungsflexibilitäten) und jene der Begünstigung von Innovationsprozessen anführen 68 . Die Bedeutung für den einzelnen, den gebundenen Nachfrager, erfassen wir in dem Moment, wenn wir uns überlegen, daß dieser seinerseits wieder Anbieter ist. Über den Nachfrager als Individuum gelangen wir damit in die zweite, nachgelagerte Marktstufe, die in der wettbewerbspolitischen Betrachtung im Rahmen des Wettbewerbsrechts fast stets nur gesondert, nicht aber in ihrer Verkettung studiert wird 69 . Die Einsatzmöglichkeiten70 und Bedürfnisse des Nachfragers lassen einen Vergleich mit der ersten Stufe und die Abklärung ihres Einflusses zu. Solange sich die Bindungen in der ersten Stufe nur in geringem Maße paralysierend auswirken, können sie vernachlässigt werden. Eine völlige Lähmung der Aktionsparameter des Abnehmers aber wirft die Frage auf, wieweit die Bindung in der ersten Stufe zurückgenommen werden muß, um dem Nachfrager ein effektives Agieren als Anbieter zu ermöglichen. Dies hat die praktische Konsequenz, daß wir die besonderen Anforderungen, denen die Marktgegenseite, der Nachfrager im Wettbewerb ausgesetzt ist, in den Griff bekommen und daran die bestehenden Bindungen als Beschränkungen prüfen müssen. Wenn wir beim Beispiel des gebundenen Wirtes bleiben, so geht es nicht nur um den von der Rechtsprechung bis zum Überdruß wiederholten statischen Faktor der Mittelausstattung zum Start der selbständigen wirtschaftlichen Existenz 71 , sondern einmal darum, wie der Wirt neben dem optimalen Einsatz seiner Mittel auf geändertes Nachfrageverhalten mit neuen Angeboten und einer darauf abgestimmten Lokalgestaltung reagieren und welche innovatorischen Kräfte er freisetzen kann. 66 Vgl. den Ansatzpunkt der Vertragsfreiheit zur Bewältigung der Wettbewerbspolitik bei Rittner, FS SöHer, 27 - 39; ähnlich Merz, FS Sieber, 31 - 42; trotz Bedenken ebenfalls in diese Richtung Möschel, FS Tübinger Juristenfak. (1977), 333 - 354. 67 S. o. Fn. 59; zu andern Gruppierungsmöglichkeiten vgl. die Zusammenstellung bei I. Schmidt 15ff. 68 Vgl. dazu Röpke 253ff. 69 Eine ähnliche Problematik besteht in der BRD bei der Anwendung von § 26 Abs.2 S.2 GWB auf Absatzmittlungsverträge, die erst mit der Einbeziehung der nachgelagerten Marktstufe sinnvoll erfaßt werden können; vgl. Ebenroth 98ff.; das übersieht beispielsweise Hefermehl, GRUR 1975, 279. 70 Zu ihrem Einsatz vgl. Kaufer, Industrieökonomik, 147ff. 71 Vgl. OGH JB11932, 428; ähnlich OGH EvBl1983, Nr.12; BGH NJW 1972, 1459; OLG Düsseldorf WuW/E OLG 791, RGZ 63, 390, 392f.

13'

196

4. Teil: Koordination im Kontext

Zeigen schon die 25 % Wirtewechsel jährlich in der BRD72 einen Bedarf an hoher Flexibilität und Mobilität an, so wird dies auch durch die Eigenheiten der Karriere erfolgreicher Gastwirte belegt, die ihre gewonnenen Erfahrungen oft nur durch einen Lokalwechsel fruchtbar machen und schöpferisch einsetzen können. Doch ist es nicht allein der einzelne Vertrag, der die Flexibilität verhindert, sondern ihre - ebenfalls gerichtsnotorische - dichte Streuung, die in der Rechtsprechung meist gerade noch zur Untermauerung der Unschädlichkeit und Zulässigkeit solcher Bindungen verwendet wird 73 • Der hohe Anteil an gebundenen Wirten, der in der BRD von seiten der Brauwirtschaft auf 50 %, von jener der Gaststättenbranche gar auf 80 % beziffert wird 74, verhindert zweckoptimale Mobilität beim Wechsel, da sich solche Bindungen in diesem Moment tendenziell gegenseitig blockieren. Auch hier wird augenfällig, wie sehr die Ausleuchtung des wirtschaftlichen Hintergrunds über statische Funktionen, verklammert meist mit der Preisäquivalenz, kaum hinausgekommen ist 75 . Die Dynamik des Wettbewerbes als Entdeckungsverfahren erfordert jedoch mehr. Neben der Betonung der statischen Funktion der Gewährung der Startmöglichkeiten werden von der Rechtsprechung am ehesten noch Überlegungen zur Flexibilität des Angebots angestellt. Doch auch sie bleiben auf der quantitativen Ebene der Gleichgewichtsanalyse stehen, da sie in die Saldowürdigung des Gesamtcharakters des Vertrags nach Inhalt, Motiv und Zweck einbezogen werden und lediglich den Anteil des gebundenen am gesamten Getränkeumsatz berücksichtigen. So sollen nacheinander eine Bindung ohne Mindestabnahmeverpflichtung, eine Verpflichtung zum Bezug nur eines Teils des Bieres, die Erlaubnis zum Ausschank wenigstens eines weiteren Spezialbieres oder die Gestattung eines den Bierumsatz schmälernden Restaurantumbaus eine eher längere Bindung zulassen. Damit blieben nämlich dem Wirt die Möglichkeiten offen, sich durch eine notwendige Änderung des Charakters des Restaurants beispielsweise in ein Speiselokal oder in eine Weinstube, oder durch ein reichhaltigeres Getränkeangebot den geänderten und differenzierteren Wünschen des Publikums anzupassen 76 . Dies kann, muß aber nicht dynaNach Heuser in Ahlen (Hrsg.) 42l. VgL OGH SZ 13, Nr. 113; OGH JEI 1932, 428, 429; OLG Hamm WuW/E OLG 793; BGH JZ 1952, 366; RGZ 63, 390; 392; OLG Celle OLGRsp. 4 (1902) 205. 74 VgL v. Braunmühl in Ahlert (Hrsg.) 409. 75 Als weiteres Bsp. für eine solche statische Betrachtungsweise kann die Behandlung des Tankstellenvertrages durch Wahle, FS Schmitz, Bd.1, 329 - 339 gelten. Zwar mag man das Ergebnis, die Unzuständigkeit der Arbeitsgerichte für solche Streitigkeiten noch teilen; die komplexe ökonomische Struktur dieser Verhältnisse wird aber mit der Gleichgewichtsanalyse nicht erfaßt, weil diese insbes. der Qualität der Bindung nicht gerecht werden kann. 72 73

H, 4. Ökonomischer Kontext: Das Individuum im Wettbewerb

197

mische Aktionsparameter freisetzen. Denn eine zweckwidrige, quantitativ geringe Bindung vermag die wettbewerbsrelevanten Aktionsparameter oft nachhaltiger zu lähmen als eine stärkere, den Bedürfnissen des Nachfragers eher angepaßte. Das hat die Rechtsprechung intuitiverfaßt, wenn sie bei den quantitativ im Betrieb der Gaststätte viel schwächer ins Gewicht fallenden Automatenaufstellverträgen zu kürzeren Bindungsdauern tendierte 77 • Die Konsequenzen einer solchen, im Einzelfall nach Branchen zu vervollständigenden Analyse bestehen in flexiblen Antworten auf die jeweiligen Problemlagen. Es kann nun nämlich je nach Bedeutung für das Außen- oder nur für das Innenverhältnis unterschieden werden. Solange im Musterfall des Brauereiwechsels bei Beibehaltung des Lokals vorwiegend das Außenverhältnis betroffen ist, kann eine statische Wertung, nämlich die Bemessung der Bindung an einer standardisierten Höchstdauer oder an einer Relation zwischen Leistung und Abnahmemenge zur Beurteilung genügen. Der Wirt erlangt nach diesen statischen Kriterien im Hinblick auf den Markt, wo er als Nachfrager auftritt, seine wirtschaftliche Bewegungsfreiheit wieder. In solchen Situationen kann auch die rein quantitative Veränderung der Abnahmemenge oder Intensität der Bindung schon genügen, die für den Wirt im Wettbewerb wesentlichen Parameter freizulegen. Andere Antworten stehen jedoch an, wenn nur ein Lokalwechsel zu diesem Ziel führt, der ohne Wechsel der Brauerei undurchführbar wäre, oder wenn sich eine Übergabe an einen Nachfolger aufdrängen würde, sich wegen der Bindung jedoch kein geeigneter - nämlich ungebundener Bewerber finden läßt, oder wenn schließlich eine notwendige Änderung des Charakters des Lokals eine Aufgabe des Bierausschanks ganz oder teilweise bedingen müßte. Hier werden nur dynamische Instrumente dem Wettbewerbsprozeß gerecht, denn auch durch bloße Reduktion der Dauer oder der Quantität wird die Paralysierung des Wirts im Wettbewerb nicht aufgehoben. Erst mit solchen Parametern steht uns ein Instrumentarium zur Verfügung, das nicht nur bei Gleichgewichtssituationen eingesetzt werden kann. Es berücksichtigt zwar auch bei diesen die dynamischen Komponenten des Wettbewerbs; wo aber nur letztere in Frage stehen, reagiert es bedeutend adäquater auf den wirtschaftlichen Sachverhalt als eine fixe, vorgegebene Größe. Diese notwendigerweise allgemein gehaltenen Aussagen können konkretisiert werden mit dem Hinweis auf eine in der BRD aktuelle Problematik, die sich ebenfalls im Rahmen der §§ 138 und 139 bewegt. Beim Problem des Zusammenstoßes zwischen Globalzession und verlängertem Eigentumsvor76 Vgl. BGH WM 1975, 307, 309; BGH WM 1973,924,925; BGH NJW 1974, 2089, 2090; BGH NJW 1972,1459; Dazu auch Hiddemann, WM 1975, 942f. 77 S. o. Fn. 56; zu den Verhältnissen in der Schweiz, wo meist Vertragsdauern von 5, manchmal auch 3 Jahren üblich sind Bürge, ZSR 1983, I, 427f.

198

4. Teil: Koordination im Kontext

behalt müssen schon bei der Beurteilung der Sittenwidrigkeit die wirtschaftlichen Funktionen beider Sicherungsmittel auf beide Seiten hin analysiert werden. Wie die reiche Literatur dazu bisher gezeigt hat, lassen sich durchaus Ansatzpunkte für eine wirtschaftliche Analyse in der Konfrontation verschieden konzipierter und auf andere Bedürfnisse ausgerichteter Instrumentarien finden 78 . Die intensiven Bemühungen mit interpretativem Voltigieren doch zu einer Rettung der Globalzession zu kommen 79 , setzen den gleichen Blick auf die wirtschaftlichen Gegebenheiten voraus. Ob das von der Rechtsprechung gezeichnete Bild zutrifft, insbesondere die Verhältnisse des Kreditmarktes funktional richtig erfaßt werden, kann hier dahingestellt bleiben80 . Wesentlich für unsere Untersuchung ist vielmehr, wie sich auch hier zeigt, daß der Diskurs auch dann möglich ist, wenn sich die Analyse nicht auf eine einzige, die juristische, Dimension beschränkt. Damit ist sichergestellt, daß die Fortsetzung der juristischen Diskussion in den ökonomischen Bereich nicht ins Leere stößt. 5. Rechtsvergleichende Vertiefung: Die Aufarbeitung eines ökonomischen Ansatzes durch die französische Rechtsprechung

Das methodisch klare Bekenntnis zum ökonomischen Ansatz, der der Entscheidung zugrunde gelegt werden soll und der - mit der Lage des Einzelfalls korrespondierend - eine rationale Umsetzung der auf der gesetzlichen Ebene getroffenen Wertungen anstrebt und zwar mit Hilfe des dort zur Verfügung gestellten Instrumentariums, läuft Gefahr nur deshalb auf Widerstand zu stoßen, weil dies dem Juristen unvertraut zu sein scheint. Dabei geht es doch in erster Linie um eine Lösung auf einer formalen Ebene, um einen möglichen Weg nämlich, genau das sichtbar und dem Diskurs zugänglich zu machen, was zuvor von einer sogenannt ,rein juristischen Argumentation' verdeckt war. Der oft zitierte Funktionswandel der Rechtsinstitute des Privatrechts ist gerade der geschichtliche Beweis für die Umsetzung wirtschaftlicher Wertungen in der Anwendung des Privatrechts 81 . Doch statt zur Illustration und theoretischen Vertiefung des Gedankenganges diachronisch vorzugehen, lohnt sich für unser Thema eine synchronische Betrachtung, nämlich ein rechtsvergleichender Blick auf die Bierlieferungs- und Tankstellenverträge in Frankreich. Ihr Lösungsmuster mit der 78 Vgl. die Lit. bei Staudinger / Dilcher, 12. A., Rz 47 zu § 138 BGB und die Untersuchung von Adams. Von einer ethisch fundierten ArgunIentation ging noch aus Flume, NJW 1950, 847; ds., NJW 1959, 918f., dazu aber bereits Max Weber 506f. 79 Vgl. BGHZ 55, 34, 35 = NJW 1971, 372; BGH NJW 1974, 942, 943 (kritisch dazu Schwerdtner, NJW 1974, 1785ff.). Mayer-Maly, MünchKomm, 2. A., Rz 90 zu § 138 BGB bezeichnet dies als "interpretative Rettung von Globalabtretungen ". 80 Vgl. dazu Adams, bes. 262ff. 81 Vgl. als Bsp. die rechtliche Bewältigung des Weinhandels durch die röm. Juristen, wie sie dargestellt hat Frier, ZRG RA 1983, 257 - 295.

H, 5. Ökonomischer Kontext: Frankreich - Modellansätze

199

Herausarbeitung des formalen Erfordernisses des ,pretium certurn', dem der bloße Verweis auf einseitig verfaßte Preislisten nicht Genüge tut, hatte auf der dogmatischen Ebene so wenig zu den Erfahrungen des deutschen Rechtskreises passen wollen, daß wir es zunächst beiseite geschoben hatten. Oberflächlich betrachtet scheint es sich bei diesem Lösungsmuster um einen klassischen Fall einer formalistisch überspitzten Subsumption unter eine Gesetzesnorm zu handeln: Die Abmachung eines festen Preises ist Gültigkeitserfordernis für den Kaufvertrag, fehlt sie, ist der Vertrag nichtig (art. 1591 C.ci~.). Der römische Ursprung dieser Norm könnte diesen Verdacht verstärken, wenn sie in klassischer Zeit nicht eine andere Funktion gehabt hätte, nämlich die Parteien auf einen festen Maßstab zu verpflichten, um die in einer noch stark ausgeprägten Naturalwirtschaft unumgänglichen Umrechnungen zu ermöglichen, sei es im Verkaufsvorgang selber, sei es bei der gerichtlichen Beurteilung oder der Vollstreckung. Wenn art. 1591 C.civ. lediglich als Konkretisierung des Inhalts einer Willenserklärung genommen wird, hätte die Annahme eines Funktionswandels der Norm seit Inkrafttreten des Code civil einiges für sich82 . Für die Bezugsbindungen mag dies stimmen; doch existierten sie über eine so lange Zeitdauer eben früher noch nicht. In andern Rechtsverhältnissen stoßen wir hingegen schon bald auf die Verwendung als Schutznorm zugunsten der schwächeren und unerfahreneren Partei. Die Verlockung zum Betrug, die die Einräumung der Befugnis zur einseitigen Kaufpreisbestimmung bietet, soll gar nicht erst aufkommen. Das gesteht sogar ein Autor wie Troplong ZU 83 , der doch ein eifriger und aktiver Verfechter eines auf der Privatautonomie aufgebauten Privatrechtsmodells ist . . Praktisch wurde diese Bestimmung etwa bei Manövern mit einem Kaufvertrag in ,Höhe der noch verbliebenen Forderung' und überhaupt bei Versuchen, das Verbot des Verfallpfandes - auch das ist im übrigen eine Norm des Sozialschutzes - zu umgehen 84 • Am anschaulichsten ist diese Tendenz wohl bei der Fallgruppe des Verkaufs gegen Einräumung einer Leibrente, die heute schlecht und recht dogmatisch mit der ,absence de cause' bewältigt wird 85 . Im 19. Jhdt. kam eine gut verankerte Gerichtspraxis dem Übervorteilten, meist einer älteren Person, oft zudem noch mediatisiert durch die düpierten Erben, mit art. 1591 C.civ. zu Hilfe 86. Das Erfordernis des pre82 Eine solche Transformation der Norm nimmt an Ghestin, obligations, 425 ff.; ds., D. 1973 chron. 293 - 298, bes. 294. 83 Troplong, Le droit civil explique. De la vente, t. 1, Paris 1834, 249. 84 Vgl. Agen 28 dec. 1842, S. 1843.2.118; Cass.civ. 30 dec. 1839, S. 1840.1.139; ferner Rep. civ. s. v. ,Antichrese'. ,La vilete du prix stipule' ist ein Indiz für eine unter einem Kaufvertrag getarnte Verfallpfandabrede. 85 Vgl. Ghestin, obligations, 560ff. 86 Zur ständigen Praxis vgl. schon Zachariä, Handbuch des Franz. Civilrechts, Bd. 2, Heidelberg 1837, 4. Aufl., 351 Fn. 23 (§ 349).

200

4. Teil: Koordination im Kontext

tium certurn wurde unterlegt mit jenem des ,prix serieux'. Gegen diese "Wiederkehr der Rechtsfigur" des pretium iustum im Gewande des ,prix serieux' wehrte sich jener Teil der Autoren 87 , der wohl das Bild vom Code civil als einem ,triomphe de l'individualisme liberal' entscheidend geprägt hat, - aber vergebens. Doch überlassen wir diese Problematik dem Rechtshistoriker. Für uns ist allein wesentlich, daß das Sozialmodell eines sich an Vorstellungen eines zweiseitig ausgehandelten, mit allgemeinen Gerechtigkeitsvorstellungen übereinstimmenden Preises in Frankreich Tradition hat und ein ungebrochenes Kontinuum darstellt. Seine Ausprägung freilich paßt sich den wirtschaftlichen Zeitumständen an. Die in der modernen Rechtsprechung zu den Bezugsbindungen hervortretende Tendenz zum Sozialschutz war wegen des bekannten lapidaren Begründungsstils der Cour de cassation88 weder in ihrem juristischen Gehalt noch in ihrer wirtschaftlichen Stoßrichtung einfach zu fassen 89 . Insbesondere machte es Mühe, die Grenzen der Zulässigkeit des Verweises auf die einseitig festgelegten, jeweils gültigen Preislisten zu sehen. Die gefestigte Praxis läßt nun erkennen, daß die Cour de cassation nichts anderes macht, als jenen Grundgedanken zum Tragen zu bringen, der rechtsvergleichend gesehen beispielsweise in der BRD hinter den ersten Urteilen zur Unwirksamkeit von Tagespreisklauseln steht: Das klassische marktwirtschaftliche Modell und zwar in seiner reinsten Ausprägung. Von der Konsumentenperspektive aus zeichnet die Metapher vom Modell der ,Konsumentensouveränität' ein treffendes Bild90 . Die Herstellung der gestörten Funktion des Privatrechts, hinter dem das Leitbild der vollkommenen Konkurrenz steht, ist das Ziel. Der Konsument - in diesem Fall der Gastwirt oder der Tankstellenhalter - soll wieder als autonomer Herr über die Preisentscheidung eingesetzt werden. Wenn Bore in einer Urteils anmerkung anstelle der von der Nichtigkeit betroffenen Verträge als Ausweg ein Vorgehen ,coup par coup' sieht91 , trifft er den Kern des Modells. Die Einsetzung des Abnehmers als Souverän über seine Entscheidung läßt diesen teilnehmen am ,plebiscite de tous les jours'92, das - auf die Troplong ebd. 237ff. Zur Motivierungspraxis der Cour de cass. vgl. Mimin 248 - 322; Zajtay, AcP 1965,105; zur Kritik an der lakonischen Kürze der Motive Touffait / Tune, Rev. trim. dr. civ. 1974, 487 - 508; ferner Lindon, J.C.P. 1975.1.2681; Almairac, J.C.P. 1975.1.2689, nOs 10/11. 89 Vgl. Ghestin, D. 1973 chron. 293; ds., note Cass. com. 12fevr. 1974, D. 1974, 414, 417f.; ds., note Rouen 11 janv. 1972, D. 1972, 585; 588; ds., note Cass. com. 27 avril 1971, D. 1972, 353; 358. 90 Zu diesem Begriff vgl. Meyer-Dohm 43ff.; Jeschke 181ff. (zur Rechtfertigung dieses Ansatzes), 35ff., 210ff. (gegen dessen Kritiker); zum juristischen Aspekt vgl. Kramer, ZSR 1979 I, 50ff.; ds., in Kramer / Mayrhofer llff. 91 Bore, obs. Cass. com. 13 mars 1972, J. C. P. 1972.11.17196, I.B. 87

88

H,5. Ökonomischer Kontext: Frankreich - Modellansätze

201

Ökonomie übertragen - den Prozeß der Marktwirtschaft in Gang hält 93 . Die Bezugsbindung wird erneut ,atomisiert' und der Zustand des Wettbewerbs als Austauschprozeß94 in seiner reinen Form wieder hergestellt. Es verschlägt nichts, wenn die wirtschaftstheoretisch präzise - statische Erfassung des vollkommenen Marktautomatismus als "Prokrustesbett der stationären Wirtschaft der vollkommenen Konkurrenz" bezeichnet werden kann, das mit einem "entscheidenden Verlust an Realitätsnähe erkauft" wurde 95 . Um den Gehalt dieses, von der Cour de cassation vertretenen Modells zu ermessen, genügt der Hinweis auf die Diagnose vom "Wirtschaftsrecht" als einem "System individueller Freiheitsrechte", die Sombart für seine Zeit gestellt hatte 96 . Angelpunkt ist die jederzeitige Aushandelbarkeit des Preises einerseits, die Gebundenheit an den von beiden Parteien gleichermaßen ausgehandelten Preis andererseits. Diese Beurteilung der Praxis der Cour de cassation wird nahegelegt durch die Bemerkung von Bore, der als Anwalt die Abnehmerseite in der ersten Prozeßserie vertreten hatte 97 . Er traf in der Prognose nicht nur die Entwicklung der Rechtsprechung am besten, indem er als Kritierien für die Gültigkeit eines Verweises auf Preislisten den Nachweis einer - im Sinne Eukkens 98 - vollständigen Konkurrenz, nämlich die Homogenität, die Mobilität und die Freiheit von dirigistischen Staatseingriffen herausarbeitete. Interessant ist nun, daß der Zweck der Freigabe der Margen beim Benzinpreis von der Kontrolle durch die Regierung, die erst die ganze Prozeßwelle auslösen konnte 99 , genau darin bestand, die freie Preisdiskussion und -vereinbarung zu gewährleisten 1oo . Die Übernahme dieser Vorstellungen, nämlich die Herstellung eines freien Marktes mit Blickrichtung auf die EG, durch die Cour de cassation wird dadurch unterstrichen, daß sie einen Verweis auf Ernest Renan, Qu'est-ce qu'une nation?, Paris 1882, 27. Kramer, ZSR 1979 I, 51; ds., in Kramer / Mayrhofer 12. 94 Vgl. Hoppmann in Herdzina (Hrsg.) 237. 95 So Kaufer in Herdzina (Hrsg.) 327 (ursp. ds., Ordo 1967, 95). Zur Geschichte des Modells vgl. Cox / Hübner in Cox / Jens / Markert llf.; Bartling 12ff. 96 Sombart 130f.; dazu Steindorff, FS Raiser (1974), 625ff. 97 Bore, obs. Cass. com. 27 avril 1971, J. C.P. 1972.11.16975 ds., obs. Cass. com. 12fevr. 1974, J.C.P. 1975.11.17915. Die Cour de cass. hatte von der Vorinstanz die Abklärung darüber verlangt, ob die Preise dem ,libre jeu de la concurrence' unterworfen seien. 98 Eucken, Grundsätze, 247ff.; ds., Grundlagen, 95ff.; ferner die Zusammenstellung bei Bartling 13. 99 Bore, obs. zu Cass. com. 12 fevr. 1974, J. C.P. 1975.11.17915 in fine. 100 Vgl. den Rapport Dallant Cass. com. 29 janv. 1968, D. 1968,341,342, der Erklärungen des Directeur general des prix, gerichtet an die Interessenvereinigungen der Tankstellenhalter, zitiert, die über den Zweck der Maßnahmen Auskunft geben: "I' arrete du 27 mai 1963 a ete publie dans le but de permettre une libre discussion des prix et des marges entre les pompistes (libres ou de marque) et leurs fournisseurs de carburants ... La libre discussion a lieu en dehors de toute intervention des pouvoirs publics ... "; dazu auch Bore (0. Fn. 99). 92

93

202

4. Teil: Koordination im Kontext

Marktpreise, die dem freien Spiel der Konkurrenz unterworfen sind, als zulässig erachtet. Juristische Analyse und realer Inhalt der ökonomischen Beziehung seien damit zur Deckung gebracht, meint Bore. Da er sich auf das gesetzliche Idealmodell des privatautonom ausgehandelten Kaufvertrages bezieht, unterlegt er dem ökonomischen Modell bereits die Wertungsgrundlage. Ob dieses Idealmodell überhaupt geeignet ist, die Beziehung zwischen gebundenem Abnehmer und Lieferanten herzustellen, und ob die ökonomischen Realitäten damit richtig erfaßt werden, hat uns hier noch nicht zu beschäftigen. Wesentlich für uns ist, daß die franz. Rechtsprechung ein Wirtschaftsmodell mit der juristischen Ebene zu koordinieren sucht. Sehr schön ist zu sehen, wie die Diskussion auch auf dieser Ebene des Modells einsetzte, also vorwiegend ökonomisch orientiert und in ihrer trivialen Form auf Gruppeninteressen gerichtet war und sich kaum auf eine juristisch-dogmatische Erörterung einließ. Einen zusätzlichen Anlaß dafür hatte die Cour de cassation vielleicht selber unfreiwillig gegeben. Die Zulässigkeit der Bezugnahme auf einen auf einem freien Markt ausgehandelten Marktpreis zu betonen, heißt nämlich die Frage nach diesem Markt und seinem Funktionieren stellen. Zwar wurden die alten, auch im deutschen Rechtskreis verwendeten Argumente hervorgeholt, das Mäzenatentum der Brauereien und Erdölgesellschaften, der Nutzen für den Abnehmer, die Leistungen, von denen dieser profitieren kann, zugunsten derer er sich auch unterordnetl° 1 . Dem damit verbundenen Versuch, einen eigenständigen Vertragstyp herauszuarbeiten in der Absicht, die Anforderungen des kaufrechtlichen Modells juristisch zu unterlaufen, war kein Erfolg beschieden, da die Cour de cassation mit der Anwendung der allgemeinen Norm von art. 1129 C.civ. die Diskussion wieder auf den ökonomischen Boden zwang 102 . Sie thematisierte damit weiterhin in erster Linie die Markt- und Wettbewerbs struktur. Schon 1966, also nach Freigabe der Margen zwischen Tankstellenhalter und Lieferant, hatten im Anschluß an Cour d'appel de Paris du 26 janv. 1966, den die heutige Praxis der Cour de cassation antizipierenden Entscheid, sowohl Didier wie Rodiere und Champaud auch die wettbewerbspolitische Komponente besprochen. Letztere wollten den Wettbewerb in solchen Distributionssystemen den Schultern der beherrschenden Unterneh101 Vgl. etwa Loussouam, obs Cass. com. 11 oct. 1978, J. C. P 1979.II.19034: "une forme de mecenat" (I); " .. utilite indeniable de ces contrats pour les detaillants euxmemes, les avantages a eux consentis par les brasseurs permettant leur installation et favorisant leur promotion sociale dans de nombreux cas,. "(lII). Aus der Lit. vgl. etwa die euphemistische Umbenennung dieser Verträge durch Mousseron / Seube, D. 1973 chron. 197 ff. in "contrats d'assistance et fourniture", ferner Guyenot, concessionnaires, 18f. 102 Cass. com. 11oct. 1978, J.C.P. 1979.11.19034; D 1979,135; Rev trim. dr. com. 1979,311

II, 5. Ökonomischer Kontext: Frankreich - Modellansätze

203

men überantworten. Das sei die Konsequenz aus dem Vertragsverhältnis, das die vertraglich frei vereinbarte Integration und Subordination nach sich ziehe 103 • In der Kritik der neuen, ständigen Praxis der Cour de cass. wird die heftige Konkurrenz der Gesellschaften auf dieser Marktstufe herausgestrichen, die ohne weiteres zu einem vorteilhaften Listenpreis führen müsse; ja, deren gegenseitige Angleichung sei fast selbstverständlich zu erwarten ... 104. Während Loussouarn die Gefahr dieser möglichen Benachteiligung der nicht gebundenen Gastwirte sieht, verweist Houin auf die loi Royer du 27 dec. 1973, die Maßnahmen gegen diskriminatorische Preise vorsiehtl 05 , welche von der Pflicht zur Mitteilung der praktizierten Preise an jeden Wiederverkäufer bis zu Eingriffen der zuständigen Ministerien in die Preisgestaltung gehen können106 . Aus der ökonomischen Diskussion über die erwünschten Effekte von Oligopolen entnehmen Mousseron und Seube, daß Oligopole die bessere Konkurrenz bezüglich der Preisbildung garantieren 107 . Die Liefergesellschaften hätten abweichende Interessen und der Katalogpreis, der bei allen Abnehmern gleich sei, schütze nicht nur die bereits schon gebundenen Vertragshändler, sondern sei auch Ausdruck der Auseinandersetzung zwischen den Vertragshändlern und den Lieferanten insgesamt 108 • Soweit wurde einmal der preistheoretischen Argumentation der Gerichte begegnet. 103 Rodiere / Champaud, J.C.P. 1966.1.1988, n° 7: "Le distributeur integre se retire du jeu de la concurrence, qui repose tout entiere sur les epaules de l'entreprise dominante. 11 ne peut donc plus prHendre lier sa remuneration au jeu de la concurrence. Elle depend de son integration."; Didier, D. 1966 chron. 58. 104 Loussouarn (0. Fn. 101) II.C: ,,11 en resulte qu'a l'egard des brasseurs, la seule reference aux conditions habituelles ou aux tarifs habituels suffit a ecarter tout risque d'arbitraire, car les tarifs en question ne dependent pas de leur volonte, mais sont imposes par le jeu de la concurrence .... la reference aux conditions habituelles est suffisante pour empecher les discriminations entre detaillants lies ou non lies par un engagement d'approvisionnement exc1usif." 105 V.a. art. 37. 106 Houin, note Cass. com. 11 oct. 1978, D. 1979, 135, 138: "Notamment, lorsqu'il s'agit de produits comme la biere et les boissons, pour lesquelles une concurrence tres vive existe entre les fabricants, il y a peu a craindre que les tarifs de ceux-ci soient tres eloignes les uns des autres ... (folgt der Hinweis auf die loi Royer und andere Preiserlasse) 11 n'y aurait donc pas grand danger pour les detaillants et revendeurs a maintenir a leur egard la validite des conventions d'approvisionnement exc1usif qui se referent a des tarifs generaux pratiques par un producteur pour l'ensemble de sa c1ientete dans un c1imat de concurrence." 107 Mousseron / Seube, D. 1973 chron. 203f.; möglicherweise unterlagen sie einer Fehldeutung der Galbraith'schen Thesen, vgl. etwa Galbraith, American Capitalism, 40; ds., Industrial State, 179f.; dagegen vgl. etwa U. Müller 36ff.; dazu auch Möschel, FS Tübinger Juristenfak. (1977) 337ff. 108 203f.: "L'avantage majeur de la c1ause "prix de catalogue" tient a ce que le prix ainsi fixe n'est pas le resultat de discussions par a-coups, le plus souvent fictives, entre un fournisseur et un fourni, necessairement inegaux mais de debats beaucoup plus frequents et efficaces interessant l'ensemble des fournisseurs et fournis intervenant sur un meme produit."

204

4. Teil: Koordination im Kontext

Das Lob des Oligopols entspricht jedoch nicht nur dem Wunsch nach tieferen Preisen. Meist ist es erst die Folge des Rufs nach Kartellisierung, für die eine ,necessite economique' in Anspruch genommen wird. Ghestin hatte die Gefährdung der bis dahin üblichen Distributionsverträge durch die neuere Rechtsprechung gesehen, allerdings auch auf das Ungleichgewicht in den gebräuchlichen Tankstellenverträgen hingewiesen, die soviel anders als in jenen Ländern, zu denen rechtstatsächliche Untersuchungen vorliegen, nicht istl 09 • Sein Vorschlag der Aufrechterhaltung des ,contrat cadre', der jedoch zu freier Preisdiskussion verpflichte, will dem Gedanken der ,association' Ausdruck verleihen, den er dem der üblichen ,subordination' vorzieht 11o . An das Stichwort der ,association' knüpfte Guyenot an ll1 ; in dem er es aber bald auf das Subordinationsverhältnis bezog, veränderte er seinen Gehalt 1l2 • Das Modell der Cour de cassation für die Distribution wird als Anachronismus l13 , die Integration der Distributionskanäle in das beherrschende Unternehmen als "fruit ... naturel du liberalisme" bezeichnet und die positive Wirkung der so gebildeten Kartelle auf den industriellen Fortschritt herausgestrichen 1l4 . Das entspricht durchaus möglichen ökonomischen Modellen, zu denken ist vorab an Schumpeter l15 • Indem es Guyenot aber als notwendig und unausweichlich herausstellt, wird es verabsolutiert. Mehr von der Notwendigkeit der Stabilität einer langdauernden vertraglichen Beziehung für die Aufrechterhaltung des herkömmlichen Distributionscircuits her betrachten Mousseron und Seube das Problem1l6 . Sie verVgl. Rehbinder, Tankstellenvertrag, passim. Vgl. Ghestin, note Cass. com. 27 avrill971, D. 1972,353,355,359. 111 Im Sinne von Ghestin noch Guyenot, concessionnaires, 26 f. 112 Guyenot, Rep. com. s. v. ,concession exclusive' n° 71. 113 Ebd. n° 9: "Des lors, par son objet et sa finalite, la concession exclusive aurait du apparaitre comme etant une des manifestations saillantes d'un besoin nouveau de cooperation interentreprises par jonction des secteurs de production et de distribution, sous l'effet d'une evolution de la structure des marches, bannissant l'isolement devenu anachroniques en Hant cause de faiblesse et facteur d'inadaptation aux besoins de la clientele." m Ebd. n° 10: " ... il (sc.le liberalisme economique) passe de la phase de la production et de la distribution anarchiques a celle plus elaboree et plus rationnelle de l'organisation des marches par une cooperation "intersecteurs" ... " n° 13: "Que l'economie devienne prospere, les ententes aident plus surement a son progres qu'elles ne le genent, en l'accelerant par l'organisation et la cooperation qu'elles realisent entre les entreprises qu'elles unissent"; vgl. auch n° 20 und - auf die Bierlieferungs- und Tankstellenverträge bezogen - n° 73: "Comme il s'est reserve la liberte d'approvisionner tout commerc;ant, chaque distributeur exclusif est pousse a vendre de la maniere la plus parfaite pour eliminer une concurrence potentielle. Ille peut gräce a l'aide que lui fournit le producteur, au droit qu'illui reconnait de placer les panonceaux de la marque sur son fonds de commerce ou de participer aux campagnes publicitaires dans la vue d'attirer et de retenir la clientele." 115 Vgl. etwa die Analyse monopolistischer Praktiken durch Schumpeter 143 - 175. 116 Mousseron / Seube, D. 1973, chron. 204ff.; 206 skizzieren sie die Gefahr, daß die Benzinfirmen die Verteiler in ihre Unternehmensorganisation einbeziehen könnten. 109

HO

11, 5. Ökonomischer Kontext: Frankreich - Modellansätze

205

zichten jedoch keineswegs auf wettbewerbspolitische Überlegungen. Unfreiwillig dürfte allerdings der Effekt von Seube gewesen sein, den er mit dem Hinweis bewirkt, solche Verträge seien schon im 14. und 15. Jhdt. üblich gewesen l17 ; das bestreitet allerdings niemand, und die Kontinuität des Zivilrechts hat in Frankreich ihren guten Platz 1l8 • Zusammengesehen mit dem Vorwurf, den Voirin seinerzeit in einer scharfen Kritik an den Bierlieferungsverträgen erhoben hatte, indem er sie unter anderem als Rückkehr in feudale Zustände apostrophierte 119 , legt dieses Argument in der historischen Dimension die kartellistische Struktur bloß. Während Houin allgemein die durch die Praxis der Cour de cassation bewirkte Instabilität der vertraglichen Beziehungen in den Distributionsverträgen kritisierte und die Gefahr der Zerstörung der ,circuits commerciaux' beschwor 120 , geht Loussouarn über modelltheoretische Erwägungen hinaus und baut die volkswirtschaftlichen Auswirkungen dieser Gerichtspraxis als Gegenargument auf. Deren Steuerungsfunktion wird klar erkannt 121 • In einer Zeit wirtschaftlicher Krise wären die Kosten eines Umbaus der Organisation der Distributionsnetze nur schwer zu tragen, heißt es da auf den Binnenmarkt bezogen. Für den internationalen und den europäischen Markt wird der Wettbewerbsnachteil der französischen Brauereien herausgestrichen 122 • Auch bei diesen Stimmen werden der Ruf nach Kartellisierung und die Abkehr vom Wettbewerbsmodell auf der Stufe zwischen Lieferant und Endverteiler deutlich. Am eindeutigsten hatte sich Didier unter dem Aspekt der Erhaltung der Stabilität der vertraglichen Beziehungen in seiner Stellungnahme zu Paris, 26 janv. 1966 gegen ein Wettbewerbsmodell ausgesprochen. Er will die Listenpreise bei einem Oligopol dann, wenn wie in der von der Cour d'appel de Paris beurteilten Situation ein Marktpreis fehlt 123 , als Ausdruck eines frei Seube, Gaz. Pal. 1979.2 doct. 656. Vgl. Valette, De la duree persistante de l'ensemble du droit civil franc;ais pendant et depuis la Revolution de 1789 (ursp. 1870), in ds., Melanges de droit, de jurisprudence et de legislation, t. 1, Paris 1880, 443 - 489. 119 Vgl. Voirin, note Req. 17 fevr. 1931, D.P.1931.1.41: "Les exigences des brasseurs revelent sous une forme nouvelle cette feodalite renaissante dans le plan economique et financier ... Le brasseur retient en effet, pour prix d'un service dont la realite n'est pas toujours evidente, un droit eminent sur l'activite commerciale des cafetiers. Par cette sorte d'infeodation qui la caracterise, la clause d'exclusivite d'approvisionnement se separe des autres clauses de non-concurrence;". 120 Houin (0. Fn. 106). 121 Loussouarn (0. Fn. 101) n° Ir. 122 Ausdrücklich fordert auch Brault als Rapporteur general de la Commission de la Concurrence in Gaz. Pal. 1979.2 doct. 665 die Cour de cass. auf, angesichts der offenbar eingeschlagenen Orientierung am droit publique economique die Entscheidung klar nach den Marktverhältnissen zu treffen, mit andem Worten die wettbewerbsbezogenen Maßstäbe und Gesichtspunkte offen zur Begründung heranzuziehen. 123 Paris 26 janv. 1966, D. 1966,294, 297: " ... il n'y a pas, en realite, dans le negoce des produits petroliers, un veritable marche, tel celui qui, dans les bourses de valeurs 117

118

206

4. Teil: Koordination im Kontext

ausgehandelten Preises nehmen. Jeder Händler sei nämlich frei gewesen, beim ersten Abschluß die Listenpreise zu akzeptieren oder abzulehnen. Um weitere Einwände abzublocken, die hätten zeigen können, daß dieses Argument an der Struktur des aufgebauten Distributionsnetzes vorbeigeht, weil die gebundenen Händler nicht zur gleichen Zeit kontrahiert hatten, erklärt er kurzerhand den Wettbewerb für tot. Preisdirigismus, ob durch Oligopol, Monopol oder den Staat wird für Massenprodukte und für die Versorgung mit Konsumgütern zum Ideal des 20. Jhdts. hinaufstilisiert. Als Vorbild dafür nimmt er die USA124. Auf jeden Fall würden Exklusivlieferverträge die Distribution verbessern und entsprächen dem Kapitalismus unserer Zeitl 25 . Die Festsetzung der Preise durch den Staat wird bei einem solchen ökonomischen Ansatz kaum mehr als Sündenfall betrachtet, sondern als Konsequenz einigermaßen akzeptiert. Rodiere und Champaud wollen die unter dem Druck staatlicher Preisvorschriften festgelegte Margenverteilung für die gebundenen Händler als frei ausgehandelten Vertragsinhalt weiterhin gelten lassen. Um die Steuerungsmaßnahme des Ministeriums nicht ganz zu unterlaufen, die doch explizit auf Herstellung eines freien Marktes gezielt hatte, lassen sie diese Freigabe zwar gelten, doch soll sie eben nur die freien Vertragshändler betreffen und sicher auch die künftig abgeschlossenen Verträge. Sie begründen ihre Ansicht mit dem Modell der Integration des Verteilers 126 . Die Benzingesellschaften führten allerdings noch ein anderes Argument ins Feld: Die gesetzlich vorgeschriebene Mitteilung der Preislisten durch das - amtlich anerkannte - Syndikat an die Direction generale des prix soll wegen dieses offiziellen Charakters und wegen der Durchsetzung auch gegenüber Mitgliedern wie ein von außenstehenden Dritten festgesetzter Preis betrachtet werden 127 . Houin unterstrich diesen halboffiziellen Charakter mit dem Hinweis auf die potentielle Preisregelungsbefugnis der Regierung 128 . Mousseron warf gelegentlich die Frage auf, ob die jetzigen, zwischen Benzinfirmen und individuellen Tankstellenhaltern geschlossenen ou de marchandises, permet de degager un cours ou d'etablir des mercuriales, resultant de la moyenne d'un grand nombre d'operations entre un grand nombre d'acheteurs ou de vendeurs agissant librement; qu'il existe en fait, dans ce negoce, un prix impose unilateralement par les petroliers aux pompistes lies a eux, et des prix libres, assez variables d'ailleurs, qu'obtiennent de leurs fournisseurs les "pompistes libres" qui peuvent faire jouer la concurrence." 124 Didier, D. 1966 chron. 59 Fn. 4. 125 Ebd. 57: " ... ces clauses d'exclusivite sont la forme la plus usuelle du commerce moderne. Elle se developpent dans tous les secteurs et dans tous les pays. Elles constituent, a n'en point douter, une tendance profonde du capitalisme contemporain." 126 Rodiere / Champaud, J.C.P. 1966.I.1988 nOs 7, l1f. 127 Vgl. Rapport Dallant Cass. com. 29 janv. 1968, D. 1968, 341, 344; Cass. com. 27 avril1971, D. 1972, 353, 355 und dazu note Ghestin 356. 128 Houin, note Cass. com. 11 oct. 1978, D. 1979, 135, 138.

II, 5. Ökonomischer Kontext: Frankreich - Modellansätze

207

Rahmenverträge nicht bald durch Kollektivverträge, ausgehandelt zwischen den jeweiligen Syndikaten, ersetzt würden l29 • In der Tat stützt sich Boy in der Urteils anmerkung zu Cass.com. 22 oct. 1979 auf solche Vorstellungen l30 . Sie sieht sich durchaus im Einklang mit dem vorhin skizzierten Wirtschaftsmode1P 31 • Der Fall ist darum interessant, weil sich verschiedene Vereinigungen von Vertragshändlern auf eine solche Vereinbarung beriefen. Sie waren nämlich bei den zuständigen Ministerien wegen einer generellen Margenerhöhung vorstellig geworden; die Erhöhung wurde tatsächlich bewilligt. In einem an den Spitzenverband der Gegenseite gerichteten Schreiben äußerte sich der Industrieminister dahingehend, daß die Erhöhung in vollem Umfang den Tankstellenhaltern zukommen soll.

Da die Benzingesellschaften nur bereit waren, diese Marge allein den gebundenen Eigentümern von Tankstellen voll zu gewähren, wurde von seiten der bloßen Geranten eine Reihe von Prozessen angestrengt. Ihre Ansprüche wurden von der Cour de cass. abgelehnt, da das Schreiben des Ministers eine bloße Empfehlung darstelle und keine bindende Kraft habe. Boy betrachtet nun im Gegensatz zu diesen Urteilen die im Ministerium ausgehandelte Vereinbarung, den ,accord interprofessionnel' als ,accord collectif de droit commun'. Mit ihrem Postulat, den ,contrat d'adhesion' zugunsten von Kollektivvereinbarungen aufzugeben, die die Volkswirtschaft der Zukunft charakterisieren sollen, begegnet sie sich mit dem auf der Gegenseite entworfenen Modell. Bemerkenswert daran ist, daß die Verteidiger der Interessen der Benzingesellschaften wie diese dezidiert marxistische Stellungnahme sich im Grunde genommen über die angestrebte Struktur einig zu sein scheinen. Ob allerdings in der Frage der inhaltlichen Ausgestaltung freilich die Interessen ähnlich konvergieren, ist hingegen weniger sicher. Fassen wir für unsere rechtsvergleichenden Zwecke die Antworten zusammen, die die französische Diskussion auf die Anwendung des Wirtschaftsmodells der Konsumentensouveränität gegeben hat, so fällt auf, daß sehr oft von der Distribution her, jedoch selten von der Optik des Wettbewerbes her gedacht wurde. Neue Organisationsmodelle werden herausgearbeitet, syndizierte Strukturen treten in den Vordergrund und der Einfluß des Staates auf die Preispolitik wird als Datum fest eingebaut. Die Stabilität der vertraglichen Beziehung als Anliegen des Privatrechts geht in der Organisation auf, während der Wettbewerb als Kategorie in diesen Fallgruppen verdrängt wird. Wir haben hier nicht danach zu fragen, ob diese meist von ,wirtschaftsnahen' Juristen gegebenen Antworten einem besonderen Ideal französischer 129 130 131

Mousseron / Seube, D. 1973 chron. 202; Mousseron / Burst 172f. J. C. P. 1981.11.19607. S.o. bei Fn. 114f.

208

4. Teil: Koordination im Kontext

Wirtschaft entspricht, das weniger von liberalistischen Vorstellungen geprägt und mehr merkantilistischen Strukturen verhaftet ist. Wesentlich für uns ist die Tatsache, daß die Rechtsprechung fast direkt den rechtlichen Kontext mit dem ökonomischen Kontext koordiniert hat, um die Entscheidung im Einzelfall zu treffen, und daß der ökonomische Kontext auch argumentativ erfaßt worden ist. Wenn man trotzdem den Eindruck nicht los wird, Gerichte und Literatur hätten aneinander vorbeidiskutiert, worauf auch die zunehmende Abkehr vom Sachargument im Schrifttum deutet 132 , so müssen wir, um unseren eigenen Lösungsansatz als durchführbar und praktikabel zu erweisen, den Gründen für dieses Unbehagen nachgehen. Als erstes erscheint die Wahl des ökonomischen Ansatzes durch die Cour de cass., der Rückfall in die gute alte Zeit der Preistheorie, in einem von hoher Komplexität der vertraglichen Beziehungen gekennzeichneten Markt als nicht geglückt. Die Anknüpfung lediglich an den Preis, und damit an Paradigmen einer linearen, zweipoligen vertraglichen Beziehung ist dafür symptomatisch; die Ausweitung des Modells ins allgemeine Vertragsrecht verdeutlicht das Defizit, da nun die Abgrenzung gegenüber jenen andern Vertrags arten schwierig wird, bei denen eine einseitige Preisbestimmung zulässig ist. Damit hängt ein zweiter Punkt zusammen. Wohl hat sich die Cour de cass. auf ein Wettbewerbsmodell eingelassen, doch hat sie den Test unterlassen, ob man mit diesem die zur Debatte stehenden Fallgruppen in ihrem wirtschaftlichen Kontext mit dem rechtlichen Kontext überhaupt koordinieren kann. So stehen diese beiden Ebenen, die ökonomische und die juristische, zusammenhanglos nebeneinander. Spätestens seit die Cour de cass. feststellen mußte, daß es auf den in Frage stehenden Märkten einen Marktpreis im Sinne der angewendeten Modelle überhaupt nicht gab, hätte sich nicht nur die Frage der Wahl des ökonomischen Ansatzes, sondern mit ihr auch jene nach der Preisbildung im Oligopol und Monopol stellen müssen 133 • Das Modell der Cour de cass. läßt nämlich in diesen Fällen fast nur die Option auf die Preisbestimmung durch unabhängige Dritte zu. In der Konsequenz gerät man damit jedoch angesichts der praktisch zur Verfügung stehenden Möglichkeiten in die Nähe einer syndizierten Struktur; die Autonomie des Individuums im Wirtschaftsgefüge wird durch den ihr gewährten, ökonomisch inadäquaten Schutz vollends unterminiert. 132 Vgl. nur etwa Guyenot, Rep. com (s. v. ,concession exc1usive') nOs 9, 10, 59; Loussouarn obs. zu Cass. com. 11 oct. 1978, J. C.P. 1979.II.19034: " ... la cour supreme semble pratiquer en la matiere la politique de l'escalade et les arrets rapportes marquent l'aboutissement tout a la fois excessif, malheureux et malefique d'une evolution ... " "La contagion ... " (I); Houin (note) D. 1979, 136: " ... un nouvel element de perturbation, sinon de destruction des circuits commerciaux de distribution ... " 133 Ghestin, note Cass. com. 12 fevr. 1974, 414, 418; Brault, Gaz. Pal. 1979.2 doct. 665.

11, 5. Ökonomischer Kontext: Frankreich - Modellansätze

209

Ein Grund - dies als nächster Punkt - für die Wahl eines zu einfachen Modells mag darin liegen, daß das Gericht kaum mehr über den Parameter der Dauer zu verfügen meinte. Die Loi du 14 oct. 1943 läßt nämlich die Zulässigkeit einer zehnjährigen Dauer als abschließende Regelung erscheinen. Diese starre Komponente wirft die Frage der Möglichkeiten und Grenzen gesetzlicher Eingriffe in das Privatrecht auf. Als viertes ist die völlige Vernachlässigung der Kategorie des Wettbewerbes in der Argumentation der Großverteiler zu nennen. Der Argumentationsstil mit dem Sachzwang, der ausschließlich kurzfristige Zielsetzungen der Praxis berücksichtigte, ließ diese einfach verschwinden, wie umgekehrt der schnelle Zugriff der Cour de cassation zum Wettbewerbsmodell der Konsumentensouveränität den Praxis bezug vermissen läßt. Schließlich ist hervorzuheben, daß die unklare Trennung zwischen juristischer und ökonomischer Ebene, die vom französischen Betrachter manchmal auch als Gemengelage zwischen öffentlichem Recht und Privatrecht empfunden wird 13 4, das Weiterspinnen sogenannt ,rein juristischer' Argumente begünstigt. So beharren neuerdings Benzinfirmen in einigen Fällen auf der Rücknahme des identischen Materials, das seinerzeit bei Abschluß des wegen Nichtigkeit dahingefallenen Vertrages dem Tankstellenhalter zur Verfügung gestellt worden war. Die im Vergleich zum Wert der eingegrabenen Lagertanks unverhältnismäßig hohen Kosten der Restituierung sollen die Lust zum Ausscheren dämpfen 135 • Damit wird die nächste Runde, die sich wiederum auf einer vermeintlich ,rein juristischen' Ebene abspielen wird, nämlich jener des abus de droit, schon eingeläutet. Im ganzen ist es also nur die Wahl ungeeigneter Modelle und Parameter, die in die Sackgasse führt. Das spricht nicht gegen unseren Lösungsvorschlag. Daß in einer Rechtsordnung mit einem ausgesprochen starken Gewicht auf der Kodifikation eine solche Koordination der ökonomischen Ebene mit der juristischen versucht wird, wehrt jedoch den Einwand ab, daß im Bereich des kodifizierten Rechts die ökonomische Ebene in der juristischen Argumentation keine Berücksichtigung finden dürfe, bzw. sorgfältig verdeckt und abgeschirmt werden müsse, oder allenfalls als Vorverständnis noch toleriert werden könne.

Brault ebd. Dazu Leloup / Ferrier, J. C. P. (C.!.) suppl. 6/1983 zu Paris 26 janv. 1982 - Cass. com. 20 juillet 1983, womit ein solches Vorgehen geschützt wurde. Zur neu aufgebrochenen Diskussion um das rechtl. Schicksal der Sicherungsrechte bei nichtigen Bezugsbindungen Mouly J. C. P. (C.!.) suppl. 2/1983, 6 ff. 134 135

14 Bürge

210

4. Teil: Koordination im Kontext 6. Das verfügbare Instrumentarium: Praktikabilität

Wenn wir hier, statt die Lösung im schnellen Zugriff vom Einzelfall über die juristische Wertung zu suchen, einen scheinbaren Umweg einschlagen und zunächst die relevanten ökonomischen Kriterien im wirtschaftlichen Kontext herausarbeiten und als Daten erfassen wollen, so nicht zuletzt, um eine Brücke von dem in der Praxis häufig verwendeten Argument des "vernüftigen und praktischen Ergebnisses" zur dogmatischen Durchdringung des Falls zu schlagen136 . Befreit von der ausschließlichen Perspektive auf den einzelnen Fall können ökonomische Parameter in ihrer Bedeutung analysiert werden. Soll das Ergebnis im Sinne einer trivial verkürzenden Nutzanwendung ,praktisch' sein, so muß es sich auch an solchen Parametern messen lassen. Ob diese von der Wirtschaftswissenschaft aus gesehen richtig sind, ob die Kriterien des Juristen, der mit einer retrospektiv angelegten Datenbasis arbeiten kann und muß, im ökonomischen Ansatz richtig sind, kann gleich dem traditionellen dogmatischen Argument dem Diskurs überantwortet werden 137 • Mit dem Blick auf die Preisbildung und auf die Stellung des Individuums im wirtschaftlichen Kontext des Wettbewerbs haben wir versucht, solche weiterreichenden Zusammenhänge zu erfassen und zu beschreiben. Der Gedanke, daß der Erfahrungsbereich des Falles vom Richter auch selbständig, also ohne entsprechende Initiative der Parteien, mit Hilfe von Gutachten untersucht werden kann - und soll, ist an sich in den Prozeßordnungen der untersuchten Länder vorhanden 138 . Die vom Richter erwartete Informationsbeschaffung über den Sachbereich findet allerdings rasch seine Grenzen. Handelt es sich um scheinbar einsichtige Wirtschaftsabläufe, so wird der Richter meist seine eigene Erfahrung als Alltagstheorie verallgemeinern zu können meinen; und wird dieser Schluß durch die communis opinio unterstützt, so wird er kaum nähere Abklärungen veranlassen. Der Fall scheint dann auch so ohne weiteres lösbar. Würde er diese Haltung aufgeben, käme rasch die Ernüchterung über den Aufwand eines Gutachtens, das über den Erfahrungshorizont des Alltags hinausgeht. Darf die Kostenfrage bei der Ablehnung eines von einer Partei beantragten Gutachtens mindestens in den Schranken des Schikaneverbotes keine 136 Zur Spannung zwischen Rechtstheorie und Rechtspraxis in diesem Punkt vgl. Rhinow 3f. Fn. 16. 137 Dazu u. 4. Teil, IV, 2. 138 Vgl. § 144 dt. ZPO; §§ 183 Abs. 1 Ziff. 4/362 Abs. 2 österr. ZPO (notfalls auch gegen den Willen der Parteien, vgl. dazu Fasching, Zivilprozeßrecht, 374, 471, ferner 410); für die Schweiz vgl. die Belege bei Guldener, Zivilprozeßrecht, 164f. und Fn. 14, z.B. Art. 37 ZPO (Bund). Am weitesten eingeschränkt scheint er im Kt. Zürich zu sein, da die kantonsrätliche Kommission dieses Vorgehen nur ,ausnahmsweise" zugestand, um keinen Einbruch in den Grundsatz der Verhandlungsmaxime zuzulassen, vgl. Walder-Bohner 193, 232; Sträuli / Messmer, 2. A., N 3/4 zu § 142 ZPO.

11, 6. Ökonomischer Kontext: Praktikabilität

211

Rolle spielen 139 , so sieht es wesentlich anders aus, wenn der Richter seinem legitimen Erkenntnisdrang nachgeben möchte. Je mehr ein Gutachten in die wirtschaftlichen Zusammenhänge hineinleuchtet, umso aufwendiger muß es werden. In der Praxis ist man auf den Kostenaspekt vor allem im Zusammenhang mit demoskopischen Gutachten gestoßen 140 ; er ist aber auch von der Rechtstatsachenforschung her bekannt1 41 . Damit wird der prozeßrechtlich vorgezeichnete Weg zur Erschließung des wirtschaftlichen Sachzusammenhanges praktisch versperrt, zumindest für kleinere und mittlere Streitwerte. Die ernüchternde Einschätzung der Bedeutung und die praktische Handhabung des Gutachtens von Amtes wegen142 lassen im übrigen den Kreis zur Relativierung des lehrbuchmäßigen Satzes, daß die Sittenwidrigkeit von Amtes wegen wahrzunehmen sei, schließen 143 • Damit ist aufgrund der Situation in der Praxis die Informationsbeschaffung dem direkten Zugriffsbereich des Richters weitgehend entzogen. Zwar mag es zutreffen, daß ein oberstes Gericht, wie z. B. das dt. BVG einen mindestens so effizienten Zugriff zur Information hat wie das Parlament1 44 ; da jedoch auch untergeordnete Gerichte das Recht gleich wirkungsvoll anzuwenden haben, muß die Entscheidungsgrundlage nicht nur jenem, sondern eben auch diesen zugänglich sein. Diese Beobachtung bedeutet nun keine Kapitulation vor den bestehenden Schwierigkeiten; vielmehr läßt sie eine Rückkoppelung sichtbar werden, einerseits zur Verwaltung, andererseits zur Wirtschaft, die beide den Zugang zur Information öffnen können. Soweit die Information statistische Erhebungen betrifft, werden die für die Statistik verantwortlichen staatlichen Einrichtungen angesprochen, die für regelmäßige Untersuchungen nur vom Parlament beauftragt werden können 145 . Soweit Auswirkungen von wettbewerbsbeschränkenden Abreden 139 Vgl. Haberthür, Bd. 2, 625 (zu § 149 ZPO); Schumann / Leipold in Stein / Jonas, Bd. 2, 19. A., IIl.d vor § 402 ZPO. 140 Vgl. die Angaben bei Noelle-Neumann / Schramm 96 und die Überlegungen von Vöge, NJW 1957, 1306f. 141 Vgl. Röhl, Dilemma, 303ff.; ebenso die Ausführungen von Rehbinder, Tankstellenvertrag, 7f.; ferner die großangelegte Untersuchung zum Konsumentenkredit von Holzscheck / Hörmann / Daviter. 142 Vgl. Hartmann in Baumbach / Lauterbach, 43. A., Rz 1 zu § 144 ZPO: "Die Vorschrift wird zu wenig beachtet ... Das Gericht ist zumindest im Rahmen des.§ 139 (sc. richterl. Fragepflicht) dazu berechtigt und verpflichtet, die Partei zu einer Außerung darüber zu veranlassen, warum sie einen solchen Antrag nicht gestellt hat." 143 S. O. 4. Teil, I, 5. 144 Vgl. Philippi 183, der dem BVerfG nicht nur methodische Prognoseverfahren attestiert, die jenen des Gesetzgebers überlegen seien, sondern auch eine hohe Treffsicherheit feststellt; Wälde 125; skeptisch zu den diesbezüglichen Möglichkeiten der Gerichte, Meier-Hayoz, JZ 1981, 421. 145 Für die Schweiz Art. 1 Abs. 1 BG betr. amtl. statist. Aufnahmen vom 23. 7.1880 (eine einmalige Erhebung liegt in der Kompetenz der Exekutive); ähnlich Österreich (mit stärkerer Betonung der Kompetenz des Parlamentes) §§ 2/5 Abs. 1 Bundesstatistikgesetz vom 1. 4.1965 und die BRD § 6 Bundesstatistikgesetz vom 14.3.1980.

14'

212

4. Teil: Koordination im Kontext

in Frage stehen, sind die zu ihrer Beobachtung zuständigen Organe angepeilt. Soweit es um nicht-amtliche Erhebungen geht, die mit dem Instrumentarium privater Demoskopieinstitute arbeiten müssen, wird zumeist ein Ministerium an der Schaltstelle stehen. Die Informationsbeschaffung ähnelt dann nicht zufällig jener, wie sie für die Vorbereitung von Gesetzen verwendet wird 146. Eine schon heiklere Art der Informationsbeschaffung basiert auf publiziertem Material von Interessenverbänden. Wenigstens ein gewisser, möglicherweise "begradigter" Ordnungsrahmen kann damit immerhin abgesteckt werden. Lassen sich Materialien von bei den Seiten der involvierten Interessen beibringen, wird die Idee von einem Gegenmachtsprinzip greifbar. In verdeckter Form werden Informationen von Interessengruppierungen seit alters her in die Rechtsprechung eingeführt. Statt der offenen Wirtschaftsinformation werden sie, vornehmlich in rechtswissenschaftlichen Dissertationen und Zeitschriftenaufsätzen, verpackt in dogmatische Gedankengänge vorgeführt. Es ist sicher kein Zufall, wenn die im Zusammenhang mit den Bierlieferungsverträgen viel zitierten Arbeiten von Künstler, Herzog und Wüthrich in enger Nähe zur Brauwirtschaft entstanden sind147 • Das soll ihre Verwendung durch den unparteiischen Richter nicht ausschließen. Es hat lediglich Konsequenzen für die Instrumentalisierung des Materials und der juristischen wie ökonomischen Argumente. In gewissem Ausmaß können und müssen also durchaus bestehende Quellen herangezogen und ausgewertet werden. Die Hinweise auf das Informationsdefizit, auf die vorhandenen Lücken, auf die Angabe von Parametern, welche in den allgemeinen Daten aufzugehen drohen und auf solche, die neu als relevant erkannt werden, dienen nicht nur dazu, die wirtschaftliche Komponente der Entscheidungsgrundlage genau abzugrenzen. Vor allen Dingen kann damit die Diskussion angeregt und Exekutive wie Interessenverbände animiert werden, in diese Lücken nachzustoßen, die verwendeten Daten zu prüfen, die Relevanz der herangezogenen Parameter zu diskutieren und damit ein wesentlich differenzierteres Bild der wirtschaftlichen Zusammenhänge zu geben.

146 Die Angaben, die in der - sorgfältig ausgearbeiteten - Botschaft BR über ein Konsumkreditgesetz vom 12.6.1978 (BEl 1978 II, 485 - 641) über wirtschaftliche Bedeutung, Entwicklung sowie die Zinspolitik in diesem Sektor ausgebreitet werden (501ff., 566ff.) sind alle ohne Schwierigkeit jedermann zugänglich. Die wesentlichste Quelle ist dabei der Geschäftsbericht des Zürcher Regierungsrates, dessen Aufsichtskompetenz auf § 214 Abs. 2 EG ZGB und der VO vom 10.12.1942 (GS 954.2) beruht. Als weitere Quellen kommen außerdem die - in publizierten Urteilen niedergeschlagenen - Erfahrungen der Gerichte hinzu. Auch der von Giger / Schluep hrsg. einschlägige Sammelband geht im wesentlichen nicht darüber hinaus. 147 Vgl. KünstlerIII, IXff.; Herzog 1, 5; Wüthrich 1f" 3ff.

11, 7. Ökonomischer Kontext. Frankreich - Zinsinformation

213

7. Rechtsvergleichende Vertiefung: Die Wirtschaftsinformation in der französischen Wuchergesetzgebung

Die französische Wuchergesetzgebung illustriert das Problem der Bewältigung der Informationsbeschaffung durch den Richter in einer im Bereich ökonomischer Feinsteuerung angesiedelten Gesetzgebung. Die Konzeption des Gesetzes spielt hier nur am Rande hinein. Mit der flexiblen Formulierung einer Höchstgrenze, der Möglichkeit ihrer Erhöhung durch Festsetzung maximaler Fixkosten bei bestimmten Kreditkategorien durch das Wirtschafts- und Finanzministerium nach Anhörung des Conseil National du Credit und mit der kleinrastrigen gesetzlichen Ausgestaltung überhaupt, die die Einzelfälle möglichst in ihrem Detail erfassen will, ist es ein Beispiel jenes traditionellen Privatrechtsverständnisses, das sich zwischen staatlichem Plan, freiem Wirtschaften und syndizierten Bindungen bewegt. Diese Konzeption, deren Lebenskraft die Kritik an der Praxis der Cour de cassation zu den Bezugsbindungen erahnen läßt, trägt der wirtschaftlich sensiblen Regelungsmaterie Rechnung. Das Bedürfnis nach Information, zunächst für die beteiligten Parteien, dann auch für den entscheidenden Richter, trat nämlich in diesem Bereich deutlich hervor. Hier können wir die Ausgestaltung und das Ausmaß eines in der Praxis offenbar tauglichen Instrumentariums beobachten. Das Gesetz, wie wir es skizziert haben 148 , ist in seinem Funktionsablauf an verschiedene Daten gebunden. Die absolute und die relative Höchstgrenze für Kreditkosten haben ihre Bedeutung für die Feststellung der Verbotswidrigkeit. Da die relative Höchstgrenze jedoch von dem im vergangenen Trimester in der betreffenden Kreditkategorie praktizierten mittleren Zinssatz ausgeht, dieser jedoch - folgt man dem von uns vorgeschlagenen Lösungsansatz - zugleich das Maß der Reduktion abgibt, erhalten wir für unsere Fallgruppen nicht nur einen Einblick in das Instrumentarium, sondern stoßen auch auf die Fragen nach den Vor- und Nachteilen, die sich auf dem Hintergrund des Privatrechtsverständnisses im deutschen Rechtskreis stellen lassen. Die Technik, wie die ökonomischen Daten auf die juristische Ebene transferiert werden, ist bestechend einfach. Zu Beginn des neuen Trimesters wird der mittlere Effektivzinssatz des vorangegangenen Semesters im Journal Officiel publiziertl 49 . Dieses Vorgehen war im seinerzeitigen Regierungsentwurf nicht vorgesehen; es kam erst im Laufe des Gesetzgebungsverfahrens hinein und zwar zur Befriedigung eines angesichts der starken pönalen Komponente des Gesetzes verständlichen und rechtspolitisch gebotenen 148 149

S. o. 2 Teil, I, 4. Loi du 28 dec. 1966, art. 1er al. 4, Decret n° 67-226 du 21 mars 1967, art. 1er.

214

4. Teil: Koordination im Kontext

Bedürfnisses nach Information 15o . Von hier finden diese Daten regelmäßig Eingang in die juristische Wochenpresse und die Fachzeitschriften i51 . Damit werden nicht nur die Daten, sondern auch die Modalitäten ihrer Erhebung der Diskussion zugänglich. Das Spezifische der französischen Situation liegt darin, daß damit die Initiative auf die Seite der Exekutive verlagert wird. Die Diskussion wird so zwangsläufig auf einer politischen Ebene angesiedelt. Die Gefahr, daß eine solche amtliche Publikation nicht nur ein tendenzielles Ansteigen der Zinssätze, sondern auch eine Nivellierung der Zinsen und eine faktische Lähmung des Wettbewerbes bewirkt, ist überdies nicht von der Hand zu weisen i52 . Die Stabilität des Zinsgefüges wurde als Ziel durchaus gesehen; die Publikation bekommt geradezu einen Anstrich einer amtlichen Empfehlungl53. Schließlich steht ja noch stets die direkte Intervention der Regierung in das Zinsgefüge offen. Dennoch ist festzuhalten, daß dieses Vorgehen an das Marktgeschehen anknüpft und es nicht zum voraus zu steuern versucht. Denn trotz der Rückkoppelung des Zinsanstieges an die publizierten Daten wurde die marktwirtschaftliche Souplesse bewußt gesuchtI 54 • Die Steuerungsfunktion zeigt sich vielleicht am deutlichsten in der Kompetenz des Finanz- und des Wirtschaftsministeriums, nach Anhörung des Conseil National de Credit ,perceptions forfaitaires' für bestimmte Kreditoperationen mit hohen Kreditkosten zu bewilligen, die den Effektivzinssatz, wenn sie wie gesetzlich vorgeschrieben in diesen eingebaut würden, über die gesetzliche Limite ansteigen lassen müßten. Hier wandelt sich die Funktion der Information in eine solche der Preisregulierung155 • Neben der Information der beteiligten Parteien und der Gerichte ist für unsere Fragestellung eine zweite Komponente von Interesse. Das Gesetz sieht nämlich vor, daß die Gerichts- und die Untersuchungsbehörden in jedem Stadium des Verfahrens eine von Justizministerium und Finanz- und Wirtschaftsministerium zusammen eingesetzte Konsultativkommission Vgl. Doll, Gaz. Pal. 1967.1 doct. 104 (nO 33f.). So z.B. Avis du 4janv. 1985, B.L.D. 1985,90. 152 Zur Debatte vgl. Doll 104 (n° 34). 153 Gavalda I Stoufflet J. C. P. 1968.1.2171 n° 43 unter Zitierung eines Wirtschaftsjournalisten zu dieser Gesetzestechnik (Le Monde 23 mars 1967): "Ce systeme devrait conduire a une sorte de stabilite dans la souplesse garantissant les etablissements preteurs contre des revisions trop frequentes de leurs baremes et les emprunteurs contre des taux trop disparates eu egard au loyer courant de l'argent." 154 Zu dieser Souplesse vgl. Doll 103f. (nO 28ff.); ferner Gavalda I Stoufflet ebd. n° 32. 155 Daran ändert auch der in der Gesetzgebungsdebatte geäußerte Wille der Regierung zur restriktiven Anwendung nichts; vgl. zu den ersten Listen, die vor allem die Kosten im Abzahlungsgeschäft betrafen Dolll05f. (n° 42f.); Blin, J.C.P. 1967.1.2084 (nO 43ff.); von der Ausdehnung auf Hypothekarkredite sprach schon Vasseur, La banque 1967, 462 und noch weitgehender 464. Zur Tragweite dieser Kompetenz vgl. auch Gavalda I Stoufflet ebd. n° 34. . 150 151

11,7. Ökonomischer Kontext: Frankreich - Zinsinformation

215

anrufen können, die sowohl über den effektiven durchschnittlich verlangten Zinssatz wie über den Höchstzins Auskunft geben kann 156 • Damit wird noch einmal der Wille zur marktwirtschaftlichen Souplesse in der Kreditpolitik bekundet, da mit der Möglichkeit einer von den publizierten Informationen abweichenden oder nicht erfaßten Zinsbildung gerechnet wird157 • Die strafrechtliche Problematik eines erst im Nachhinein festgelegten Tatbestandsmerkmales muß uns hier nicht beschäftigen 158 • Doch auch hier wird die Handhabung der ökonomischen Daten durch die Gerichte erleichtert, da infolge der gesetzlichen Grundlage deren Transponierung auf die rechtliche Ebene einfach wird, denn ihre Einführung in den Prozeß wird damit - nicht nur von der Kostenseite her - unproblematisch. Andererseits wird mit dieser Kommission wieder ein politisch abhängiges Instrumentarium geschaffen und mit ihm die Gefahr, daß technische Fragen politisch überspielt und über die Gutachtertätigkeit bewußte Steuerungsimpulse gegeben werden. Die Erwartung einer Vereinheitlichung der Rechtsprechung159 zeigt hier eine Kehrseite. Zwar sind die Gerichte an die Auskünfte nicht gebunden 160 ; die Erfahrung zeigt aber, daß sie sie in den von 1966 - 1981 begutachteten 158 Fällen meist übernommen haben 161 • Im übrigen muß man aber erwarten können, daß sie bei einem abweichenden Sachurteil ihre Haltung begründen 162 • Auch diese Kommission setzt also die Beherrschung des Umgangs mit den Daten durch die Gerichte voraus. Wir können nun die Lehren aus diesem Modell der Informationsbeschaffung, der Operationalisierung ökonomischer Daten und ihrer Übertragung auf die rechtliche Ebene ziehen. Zunächst ist festzuhalten, daß die juristische Bewältigung einer im Bereich ökonomischer Feinsteuerung angesiedelten Problematik allemal der adäquaten Datenbasis bedarf, die das Marktgeschehen widerspiegelt. Dies gilt durchaus auch für eine staatlich-interventionistische Lösung, um so mehr also für rein marktwirtschaftliche Abläufe. 156 art. 7 En tout etat de la procedure d'enquete preliminaire ou de la procedure d'instruction ou de jugement, les autorites judiciaires competentes pourront saisir, si elles l'estiment utile, une commission consultative dont la composition sera fixee par arrete conjoint du garde des sceaux, ministre de la justice, et du ministre de l'economie et des finances et qui donnera tous avis sur le taux effectif moyen vise 11 l'alinea 1er de l'artic1e 1er que sur le taux effectif global pratique dans l'espece considere. 157 Vgl. Doll, Gaz. Pal. 1967.1 doct. 105 (nO 40). 158 Der Vorwurf der Bösgläubigkeit dürfte allerdings in einem solchen Fall, der die Anrufung der Kommission erforderlich macht, nicht mehr erhoben werden können, vgl. Vasseur, La banque 1967, 469. Im übrigen illustriert dieser Punkt nochmals die o. 3. Teil, 111 behandelte Untauglichkeit des poenalen Gedankens für das Privatrecht. 159 Vgl. Gavalda / Stoufflet, J. C.P. 1968.1.2171 (n° 39). 160 Sadon / Guth in: Rep. com. (s. v. ,usure') n° 37; Blin, J. C. P. 1967.I.2084 (nO 51); Gavalda / Stoufflet ebd. n° 39 Fn. 83 betrachten sie als eine Art Sachverständigengutachten. 161 Vgl. Husset, note Dijon 7 dec. 1982, J. C.P. 1984.11.20296. 162 Zur Problematik anschaulich Fasching, Zivilprozeßrecht, 475.

216

4. Teil: Koordination im Kontext

Die Präsentation dieser Daten ist auf kleinstem Raum möglich. Wesentlich jedoch ist die Offenlegung der Grundlagen und Kriterien der statistischen Erfassung. Dies ist schon bei der Datenbeschaffung und zwar auch in einem ohne staatliche Hilfe arbeitenden System möglich, wie uns ein Seitenblick auf die deutsche Diskussion um die Wuchergrenze zeigen kann. Im Gegenteil, hier wird das Bewußtsein um die Notwendigkeit einer steten Überprüfung wegen der fehlenden autoritativen Festsetzung am ehesten wach sein und die Diskussion beleben. Die Offenhaltung des Diskurses, wie sie etwa in der Schweiz oder in der BRD durch das System notwendig ist, hat noch weitere Vorteile. Sie läßt nämlich die Transponierung ökonomischer Daten auf die juristische Problemstellung zu, ohne das privatrechtliche Modell zu verändern, und dies in mehrfacher Hinsicht. Die Institutionalisierung staatlicher Organe zur Problemlösung mit der Verwaltungs organismen eignenden Tendenz der Ausweitung ihrer Tätigkeit und ihrer Kompetenzen wird vermieden, wie umgekehrt die Gefahr der Abhängigkeit der Gerichte von staatlichen Verwaltungsbehörden. Denn der Geschäftsdruck an den Gerichten legt die kritiklose Benützung der bereitgestellten Daten nahe; der Überprüfungsvorbehalt läuft Gefahr, zur rhetorischen Floskel zu verkümmern. Die größere Flexibilität der Gerichte bei der Beurteilung der Daten über die Resultate des marktwirtschaftlichen Prozesses und ihre Unabhängigkeit von zentralisierten Fachbehörden lassen auch einen wettbewerbsbeschränkenden Effekt durch die mit dem Stempel der offiziellen autoritativen Stellungnahme versehene amtliche Publikation vermeiden. Die in Frankreich geäußerte Befürchtung, daß die Publikation und die Bindung an das im vorangehenden Trimester erreichte mittlere Zinsniveau in einem einheitlichen Tarif ende, erwies sich aber als gegenstandslos1 63 • Die ökonomische Feinsteuerung, wie sie in Frankreich partiell an staatliche Organe delegiert wird, bleibt außerhalb des Einflußbereiches der Gerichte. Hingegen ist in unserem Modell, das direkt an die Erfahrungen privatwirtschaftlicher Prozesse anknüpft, die Offenlegung und dogmatische Darstellung der Einarbeitung der ökonomischen Ebene in die juristische erforderlich und unabdingbar. Das kommt nicht nur in der Auseinandersetzung um die zur Verfügung stehenden Datenbasen, in der BRD beispielsweise mit dem Schwerpunktzins der Dt. Bundesbank, zum Ausdruck, sondern auch beim Auftrag an den Gutachter, wo die Fragen nichts anderes sind als die dogmatische Verdichtung der juristisch-ökonomischen Beziehung und zwar in der umgekehrten Richtung. Durch den Ausschluß der pönalen Komponente, wie dies eine rein zivilrechtliche Betrachtung mit sich bringt, sind Korrekturen im Rahmen der Entscheidungsflexibilität der Gerichte leichter 163

Zu den Befürchtungen vgl. Doll ebd. 104 (n° 34).

!Ir, 1. Koordination des Einzelfalls: Allgemeines

217

möglich, da die Stetigkeit und die Fixierung der Datenbasis, mit der die Grenze der Sittenwidrigkeit ertastet werden muß, auch den Reduktionsmaßstab ermitteln lassen. Ziehen wir in einem Satz das Fazit, so können wir festhalten, daß das französische Modell die Bewältigung der Informationsbeschaffung durch die Gerichte als möglich erscheinen läßt, im marktwirtschaftlichen Modell jedoch jene Tendenzen zur Preiskontrolle vermieden werden, die in Frankreich mit der jahrhundertealten Tradition darin kaum systemwidrig sind.

111. Koordination des Einzelfalls 1. Allgemeines

Mit den beiden Koordinationsebenen des gesetzlichen, beziehungsweise des wirtschaftlichen Kontextes haben wir uns das erforderliche Instrumentarium erarbeitet, um den Einzelfall lösen zu können. Der moderne gesetzliche Kontext, wie er sich als Resultat einer vom schweiz. BGr als Ideal oft angerufenen objektiv-zeitgemäßen, auf den systematischen Zusammenhang ausgerichteten Auslegung präsentiert!, bleibt aufgrund der komparativen Natur der heranzuziehenden Rechtssätze flexibel. Der Verzicht auf einen einheitlichen Bezugspunkt im Privatrecht, wie er im 19. Jhdt. noch selbstverständlich gefunden werden konnte, zugunsten mehrerer Koordinaten äußert sich als Gewinn an Beweglichkeit. Die durch die Autonomie der Parteien im Prozeß mitbedingte Relativität der Nichtigkeit verstärkt diesen Zug. Das Modell wird operabel und kann mit dem wirtschaftlichen Umfeld in Beziehung gesetzt werden. Da sich unser Modell als offenes System präsentiert, sind unsere Bemühungen auf dieser zweiten Ebene stärker auf die Gewinnung einer zuverlässigen Datenbasis ausgerichtet. Die Analyse des Marktes im Hinblick auf Wettbewerbsverhältnisse und -bedingungen und auf die Resultate des "Entdeckungsverfahrens des Wettbewerbes" geben für unsere beiden Fallgruppen der sittenwidrigen Darlehenszinsen und Bezugsbindungen die Bezugspunkte zur Koordinationsebene des gesetzlichen Kontextes. So erhalten wir als Resultat die Korrelationen zwischen diesen beiden Ebenen. Der zwischen Sachverhalt und Rechtssatz hin- und herwandernde Blick des Rechtsanwenders 2 kann sich an festeren Strukturen orientieren. Sie sind nun mit dem Einzelfall zu koordinieren. Bringen wir die beiden Aspekte der rechtlichen Erfassung des Vertrages, nämlich das mit der Maxime ,pacta sunt servanda' gekennzeichnete Ver1 2

Dazu zuletzt Merz, FS Larenz (1983), 435ff. Vgl. Engisch 15 Larenz, Methodenlehre, 268f.

218

4. Teil: Koordination im Kontext

trauen auf die Stabilität des Vertrags als normativer Regelung einerseits und die in der Pandektistik vollzogene Ausrichtung auf die Willensautonomie andererseits mit dem marktwirtschaftlichen Modell zusammen und versuchen wir gleichzeitig, den Einzelfall auf dem Markt zu situieren, so können wir überprüfen, wie weit sich das Willens element noch selbständig behauptet, oder ob sich die Feinsteuerungsfunktion des Vertrages in einer privatrechtlich verfaßten Wirtschaft von der Ressource Wille und Freiheit gelöst hat, auf die Optimierung des Freiheitsraumes des Individuums 3 verzichtet und auch ohne sie Bestand hat. Der Markt gibt dem Beobachter nämlich Auskunft darüber, wie der Vertrag die ökonomische Feinsteuerung besorgt und welche Stellung dem konkreten, zur Beurteilung anstehenden einzelnen Vertrag in ihm zukommt. Es geht hier also um eine wirtschaftliche Erfassung des Willensmomentes, die in eine andere Richtung führt als die in den Dreißiger Jahren begonnene Diskussion um die Allg. Geschäftsbedingungen als ,selbstgeschaffenem Recht der Wirtschaft'. Diese hatte die Ausschaltung des Willenselementes an Beobachtungen geknüpft, die die Interessen mehr formal erfassen, sei es von der Rolle her als dem psychologisch und intellektuell 4 oder wirtschaftlich Unterlegenen 5 , sei es von dem in der BRD ins Gesetz eingeflossenen Gesichtspunkt aus, der für eine Vielzahl von Verträgen vorgesehenen Vorformulierung von Vertragsbedingungen, welche der Verwender der Gegenpartei bei Abschluß eines Vertrages stellt (§ 1 Abs. 1 AGBG)6. Ebenso verlassen wir die meist das Anliegen eines Schutzes des Einzelnen verfolgende Diskussion um die im Spannungsverhältnis zwischen Erklärungs- und Willenstheorie angesiedelte Problematik der faktischen Vertragsverhältnisse oder der vom Verkehr normierten oder typisierten Willenserklärung 7 • Die Kriterien Markt, Kongruenz und Divergenz greifen allgemeinere Gesichtspunkte auf, die von diesen speziellen dogmatischen Ausprägungen, Ausformulierungen und Erklärungsmodellen absehen lassen. Der Vergleich zwischen dem konkreten Einzelvertrag und dem Markt läßt den Anteil des Willenselementes gegenüber anderen Bausteinen des Ver3 Vgl. zur Umsetzung von Kants Satz "Das Recht ist also der Inbegriff der Bedingungen, unter denen die Willkür des einen mit der Willkür des andern nach einem allgemeinen Gesetz der Freiheit zusammen vereinigt werden kann." (Metaphysik der Sitten, 1. Teil (Rechtslehre), Königsberg 1797, 33) durch Savigny, System, Bd. 1, 331f. (§ 52) vgl. Kiefner, FS Coing (1982), Bd. 1, bes. 167 mit weiterer Lit. in Fn. 51. 4 Vgl. dazu G. Raiser 157ff.; Kliege 21ff.; Brandner, AcP 1963, 258ff. Zur Situation in der Schweiz Bauer 15ff. mit weiteren Hinweisen. 5 Vgl. L. Raiser, Allg. Geschäftsbedingungen, 20ff., 277ff.; Naendrup 59ff.; BGHZ 22,90,97; 41, 151, 154. Zur Situation in der Schweiz vgl. Bauer 16; Oftinger, FS Bundesverf. (1948), 329f. (= ds., Ausgew. Sehr., 59f.); Merz, FS Schönenberger, 138 (= ds., Ausgew. Abh., 314f.); Gautschi, FS Oftinger, 46ff. 6 Vgl. BGHZ 41,151,154: " ... die zu einer Rechtsanwendung ähnlich der bei Gesetzen führen sollen" . 7 Zur Kritik vgl. Bydlinski, Privatautonomie, 70ff.

IH, 1. Koordination des Einzelfalls: Allgemeines

219

tragssystems, insbesondere dem· Schutz der getroffenen Regelung als solche, unter quantitativen Aspekten erfassen. Verschiedene Rückschlüsse sind nämlich möglich, wenn wir von der Kongruenz und der Divergenz zwischen dem Einzelvertrag und den sich auf dem Markt eingespielten Lösungen ausgehen 8 . Je stärker die Daten des Marktes mit dem Einzelvertrag konvergieren und je kleiner die Streuung zwischen ihnen ist, um so stärker kann das Willenselement in den Hintergrund treten. Das Pathos des freien Willens als wirtschaftsprägender Kraft, die Anerkennung der "Selbstherrlichkeit" des Einzelnen in der schöpferischen Gestaltung von Rechtsverhältnissen 9 hat bei diesem einheitlichen Marktgeschehen seine Funktion verloren. Die an die Willensbetätigung im Vertragsrecht geknüpfte Hoffnung auf eine Vielfalt des Marktes hat sich nicht erfüllt. Der Schluß auf die Nebensächlichkeit des individuellen Willens für die Gestaltung des Vertragsinhaltes auf diesem Markt erscheint legitim. Sieht man im frei ausgehandelten Vertrag aber mehr die Richtigkeitsgewähr 1o , oder beruft man sich auf eine am Vertrag als vorrechtlicher Sozialbeziehung orientierte Auffassung l l , so steckt die Konvergenz den unter den herrschenden Marktverhältnissen überhaupt möglichen Inhalt ab. Schließlich können jene, die eine amtliche Festlegung von Preisen und Konditionen perhorreszieren und richtigerweise davon ausgehen, daß es unmöglich ist, einen ,richtigen Preis' prospektiv festzusetzen 12 , aus der Konvergenz schließen, daß der Markt - vom Ergebnis her betrachtet - diese und nur diese Möglichkeit zuließ. Eine einzige Prognose war haltbar. Ihre Daten lassen retrospektiv eine Ergänzung fehlerhafter Verträge zu. Mit der Beobachtung solcher Verhältnisse auf der wirtschaftlichen Ebene korrespondiert auf der juristischen der Zug zum Sonderprivatrecht, dessen Wertungen als Leitlinie stärker in den Vordergrund treten, je mehr die individuelle Komponente im Vertrag verblaßt. Je stärker jedoch der Einzelfall von den Marktdaten divergiert, desto weniger können diese zur Korrektur des sittenwidrigen Vertrages herangezogen werden. Auf der rechtlichen Ebene entspricht die Betonung der RegeB Dabei müssen wir selbstverständlich jenes sittenwidrige Datum, das dem beanstandeten Vertrag zugrunde liegt, außer Acht lassen, da es aus dem Raster der von der Rechtsordnung zugelassenen Regelungen herausfällt. 9 So Flume, AT H, § 1.5. 10 Vgl. das oft zitierte Wort von Fouillee, La science contemporaine, Paris 1880, 410: " ... qui dit contractuel dit juste" . Differenzierend zur "Richtigkeitsgewähr" schon Schmidt-Rimpler, AcP 1941, 157f., 165 (dazu vgl. auch Bydlinski, Methodenlehre, 91 Fn. 218); ds., HDSW, Bd. 12, 691 (s. v. Wirtschaftsrecht); ds., FS Raiser (1974) 3 - 26 (rückblickend auf die Diskussion mit L. Raiser). 11 So Teubner, AlternativK, Rz 20 zu § 242 BGB unter Hinweis u. a. auf Esser / Schmidt, Bd. 1,5. A., 29 (unpräziser ds., Bd. 1, 6. A., 69, 75); L. Raiser, Aufgabe, 124 144 (ursp. ds. in: Summum ius, 145ff.). 12 Vgl. dazu etwa Bartholomeyczik, AcP 1966, 45 ff.; Bydlinski, Methodenlehre, 359ff.

220

4. Teil: Koordination im Kontext

lung als gewollter Lösung der individuellen Ausgestaltung auf der wirtschaftlichen Ebene. Doch bewahrt die komparative Komponente des gesetzlichen Modells in vielen Fällen vor einer Alles-oder-Nichts-Lösung. Daten lassen sich ergänzen, wenn zusätzliche rechtliche Wertungsgesichtspunkte Hinweise auf die zu verwendenden Parameter geben. Doch ist bei einer derartigen, wegen ungenügender wirtschaftlicher Datenbasis unvollständigen Kongruenz dem Willen der Parteien ein größerer Raum zuzuweisen. Das ist bei der Lösung solcher Fälle stets zu beachten. Schließlich bleiben noch jene Verträge übrig, bei denen jede Anpassung aufgrund von Kongruenzen und Konvergenzen scheitern muß, da sich die Regelung als einmalige Schöpfung nicht mehr ändern läßt. Auf diese drei Stufen beschränken wir uns der Einfachheit halber in der Darstellung, da von ihnen aus die feineren Rasterungen erschlossen werden können. Zunächst werden wir die Situation der Kongruenz zwischen gesetzlicher und ökonomischer Ebene, die Koordination bei ausreichenden rechtlichen und wirtschaftlichen Daten behandeln, anschließend wollen wir jene Lagen betrachten, in denen Divergenzen wegen nicht ausreichender wirtschaftlichen Daten auftreten, und schließlich noch jene Fälle untersuchen, die sich einer Koordination entziehen. 2. Koordination bei ausreichenden juristischen und wirtschaftlichen Daten

a) Das Entgelt beim wucherischen Darlehen Verhältnismäßig unproblematisch sind jene Fälle des wucherischen Darlehens zu lösen, die als typisches Massengeschäft ohne weiteres einer finanzmathematisch exakten Berechnung zur Ermittlung ihrer Sittenwidrigkeit offenstehen 13 ; ihr Resultat wird am marktüblichen Zins - in der BRD an dem von der Dt. Bundesbank ermittelten Schwerpunktzins - gemessen. Was Parameter für die Sittenwidrigkeitsprüfung war, kann nun zum Maß der Reduktion werden. Paradigmatisch zeigt in der BRD die PreisangabeV014 wie im Normalfall der ungestörten Entscheidungsfreiheit des Borgers das Entgelt gebildet wird 15 . Wie sich der homo oeconomicus zur Zeit des Vertragsschlusses auf dem Markt verhalten hat, steht als Datum der retrospektiven Sicht des Juristen offen. Beim normalen Konsumkredit wird also die Reduktion auf den entsprechenden Marktzins das übliche sein. Bei Darlehen im Handelsverkehr ist 13 So die Forderung des BGHZ 80, 153, 169 (dazu die Lit. o. 2. Teil, I, 3 Fn. 57); zum praktischen Vorgehen vgl. etwa Dibbern, Bank 1983, 69 - 73. 14 Zu ihr s.o. 4. Teil, I, 2, a, bb bei Fn. 25ff. 15 Zu den einschlägigen schweiz. Regelungen s.o. 4. Teil, I, 2, a, bb, Fn. 22f.

IH,2. Koordination des Einzelfalls: Ausreichende Daten

221

jedoch mit Differenzierungen zu rechnen, die auf Lücken im wirtschaftlichen Datenmaterial zurückzuführen sind. Eine uniforme Reduktion, wie sie in der Schweiz mit der Höchstgrenze von 18% oft praktiziert wird, kann an der Realität leicht vorbei zielen, und zwar nach oben wie nach unten 16 . Ähnliches ist zu sagen zu jenen Fällen, bei denen wir auf gestörte Märkte treffen, wie beispielsweise den Wohnungsmarkt in bestimmten Ländern und Gebieten 17 . Einerseits können da mietrechtliche ordnungspolitische Vorstellungen nach Maßgabe der Störung direkt durchschlagen, andererseits mag in funktionierenden Teilbereichen die Spannweite möglicher individueller Regelungen groß sein. Bei letzterer Variante wird man dann nach den für eine zweite Stufe entwickelten Grundsätzen verfahren müssen.

b) Das Organisationselement der Dauer Der nächste Schritt in der Koordination des gesetzlichen Kontextes mit den marktbezogenen Daten und dieser wiederum mit dem Einzelfall erlaßt die Vertragsdauer als Organisationselement. Wie die Entwicklung des Darlehensvertrages vom schlichten romanistischen Modell der Hingabe von Geld oder anderen vertretbaren Sachen auf deren Rückerstattung hin zum ausgeprägten Dauerschuldverhältnis zeigt, ist ein solcher Wandel nur durch die ökonomischen Randbedingungen, die Gegebenheiten des Marktes zu erklären, und zwar nicht nur auf Seiten des Borgers, sondern auch auf der des Darleihers. Das Kündigungsrecht bei hohem Zinssatz des § 247 Abs. 2 BGB ist als Kind der rechtspolitischen Diskussion im 19. Jhdt. nicht zuletzt deshalb unter Beschuß geraten, weil es nicht auf das Darlehen als wechselseitigen, mit Organisationswirkungen verbundenen Vertrag Rücksicht nimmt1 8 • Ist daher im Darlehensvertrag das Organisationselement der Dauer fast zwangsläufig zu vermuten, so entbindet diese Situation trotzdem nicht davon, Kongruenz oder Divergenzen des Einzelvertrages gegenüber der sich auf dem Markt eingespielten Lösung aufzuspüren. Im Normalfall des längerfristigen Darlehens ist freilich die Gültigkeit während der ganzen Laufzeit wohl gegeben. Genau diese Perspektive ist es ja, die den BGH im Bereicherungsrecht Vertragsrecht zur Geltung bringen läßt, um dadurch die Kondiktion des Darlehens nur nach Maßgabe der vertraglich vereinbarten Rückzahlung zu ermöglichen 19 • Vgl. Albisetti / BodmeT 624; Christ, SPR VIII2, 248f. Zur Problematik der Verzerrungen auf dem Wohnungsmarkt bei der Anwendung der §§ 5 und 6 WiStG in der BRD vgl. v. Olshausen, ZHR 1982, 266ff. 18 S. O. 4. Teil, 1,2, a, bb Fn. 13 f. 19 S.o. 3. Teil, IX, 2 bei Fn. 19ff. 16 17

222

4. Teil: Koordination im Kontext

In andern Vertragstypen, die vom Organisationselement der Dauer geprägt sind, läßt sich dieses ebensowenig eliminieren, und zwar selbst dann nicht, wenn es der einzige sittenwidrige Bestandteil des Vertrages sein sollte, wie es bei den von uns genauer analysierten Fällen von Dauerschuldverhältnissen oft zutrifft. Es ist da vielmehr bei einer Nichtigkeit ex nunc als frühestem möglichen Zeitpunkt anzusetzen, wie dies im Arbeits-, Ehe- und Gesellschaftsrecht meist geschieht. Auch bei Festhalten am Alles-oderNichts-Prinzip wäre im übrigen der rückwirkende Ausgleich für den sittenwidrig Gebundenen nicht von einer Wirkung ex tunc abhängig. Als bereicherungsrechtlicher Anspruch des Bewucherten ist er anerkannt, ob es sich nun um einen restgültigen Mietvertrag handelt2 0 oder um ein von Anbeginn an nichtiges wucherisches Darlehen 21 • Damit sind wir aber erst der im modemen Schuldrecht stetig zunehmenden vertragsprägenden Wirkung der Dauer gerecht geworden, wie wir sie herausgearbeitet und dabei erklärt haben, warum sie in den meisten wucherischen Darlehensverträgen Schutz verdient. Nun müssen wir uns jenen Fällen zuwenden, in denen die Dauer, wie so oft bei überlangen Bezugsbindungen, das einzige sittenwidrige Datum ist, so daß deren Korrektur die Sittenwidrigkeit beseitigt. Die wirtschaftliche Analyse der Problemlage dieser Verträge im Spannungsfeld des Wettbewerbes hat ergeben, daß es nicht möglich ist, von einer fixen, für alle Verträge standardisierten Dauer auszugehen. Soweit sich nun auf der ökonomischen Ebene der Wettbewerb als Lösungskategorie anbietet, gerät der Wettbewerbsbezug des Privatrechts in unser Blickfeld. Die Öffnung zur Freiheit bildet die Leitlinie 22 , der die Vertragstreue gegenübersteht. Zu differenzieren ist, das zeigt die Darstellung auf der ökonomischen Ebene, zwischen Innen- und Außenverhältnis. Im einen Fall interessiert die Situation des gebundenen Wettbewerbers auf seiner, jener des Bindenden nachgelagerten Marktstufe; im andern Fall wird die Bindung auf der Marktstufe des Bindenden im Verhältnis zu dessen Mitbewerbern geprüft. Wenden wir uns zunächst dem Innenverhältnis zwischen den Vertragsparteien zu. Hier geht es um die Offenhaltung jener wettbewerblichen Aktionsparameter, deren Inanspruchnahme dem sittenwidrig Gebundenen verwehrt wurde, so daß er im Wettbewerb auf seiner Marktstufe behindert ist. Diese Aktionsparameter müssen also an jenen gemessen werden, die auf seiner Marktstufe von den Konkurrenten als Mitbewerbern üblicherweise in Anspruch genommen werden.

20

21 22

Vgl. die Nachweise bei Kohte, NJW 1982, 2807. Vgl. BGH NJW 1983, 2692. Vgl. dazu Kramer, "Krise", 63ff.

IH,2. Koordination des Einzelfalls: Ausreichende Daten

223

Soll beispielsweise bei einem Bierlieferungsvertrag der Gastwirt aus Gründen wie Lokalwechsel, Übernahme von neuen Lokalen, Umbauten und dergleichen gerade die blockierten wettbewerblichen Aktionsparameter benötigen und der Wettbewerb auf seiner Marktstufe dieses Verhalten typischerweise für ein erfolgreiches Wirtschaften erfordern, während die Vermachtung des Marktes durch die Brauereien eine Mitnahme-, Übergabe oder Weiterführung der Bindung jedoch nicht zuläßt, so muß er den Wechsel auch ohne Rücksicht auf die Bindung durchführen können 23 • Andernfalls würde das Wettbewerbsmodell als Erklärungsmodell des Privatrechts versagen, die ökonomische Ebene von der rechtlichen nicht mehr reflektiert. Die Berücksichtigung der wettbewerbsrelevanten Aktionsparameter nicht nur auf der Stufe der bindenden Partei, sondern auch auf der nachgelagerten Marktstufe im Innenverhältnis zwischen Bindendem und Gebundenem läßt die individuellen Komponenten des konkreten Einzelfalls deutlich hervortreten. Der rechtliche Begriff der persönlichen Bewegungsfreiheit wird durch die Koordination mit dem ökonomischen Kontext sachlich bestimmt und praktisch anwendbar. Grenze des Eingriffs bleibt jedoch das Verhältnis von Leistung und Gegenleistung, soweit diese nicht lediglich die Beschränkung des Wettbewerbes beschlagen. Läßt die vertragliche Kooperation die Teilnahme am Wettbewerb überhaupt erst zu, ist die Gegenleistung an diesem Vertragszweck zu messen. Hier kommt der Grundsatz der Vertragstreue zum Tragen. Im Außenverhältnis aber, wenn keiner dieser wettbewerbsrelevanten Aktionsparameter auf der nachgelagerten Marktstufe berührt wird, tendiert unser Modell auf eine Optimierung des Wettbewerbes zwischen dem bindenden Lieferanten und seinen Mitbewerbern. Jene Dauer festzustellen, jenes Maß zu finden, das der Wettbewerbssituation auf dem betreffenden Markt gerecht wird, bleibt ein Entscheid, der mit dezisionistischen Zügen behaftet ist. Da hier eine standardisierte, nach den einzelnen Märkten differenzierte Dauer resultiert, kann das Dilemma bei deren Festlegung gemildert werden durch Rücksichtnahme auf Verbandsempfehlungen. Denn obwohl hier zwar eine Abstimmung aller Konkurrenten aufeinander stattfindet, liefern sie doch Anhaltspunkte aus dem Kreise der auf dem Markt Tätigen. Als Datum sind sie im übrigen ihrerseits der kritischen Durchleuchtung durch die Kartellbehörden, aber auch aller Interessierten ausgesetzt. Das ermöglicht die notwendigen Korrekturen. Problematik wie Lösung kann da die jüngst getroffene Regelung der Bezugsbindung im europäischen Wettbewerbsrecht dank der ausführlichen Motivierung schön illustrieren 24 • 23 24

Zur Rsp. vgl. Bürge, ZSR 1983 I, 454ff.; ferner 0.4. Teil, I, 2, a, aa, a, bei Fn. 30ff. VO 1982/83 vom 22. 6. 83 betr. Alleinbezugsvereinbarungen, ABlEG L 173/6f.

224

4. Teil: Koordination im Kontext 3. Koordination bei nicht ausreichender wirtschaftlicher Datenbasis

Wenn nur die Veränderung eines einzigen Parameters in Frage steht, ist die richterliche Korrektur also möglich und durchführbar, soweit auf der juristischen wie auf der ökonomischen Ebene die notwendigen Daten verfügbar sind. Ebensowenig bieten sich Schwierigkeiten, wenn mehrere Parameter so miteinander verbunden sind, daß die Veränderung des einen jene des andern in eindeutiger Weise bestimmt. Schwieriger wird die Situation bei komplexeren Vertragsverhältnissen. Auch wenn das übliche Grundmuster, nämlich das Zurücktreten der individuellen gegenüber der marktkonformen Gestaltung, die Dauer des Vertrages mit ihrer Entfaltung von Organisationswirkung und schließlich das Bedürfnis nach Schutz des Vertrages als normativer Regelung, als solches vorhanden ist, können hier oft mehrere, von einander wesentlich verschiedene mögliche Handlungsalternativen auftreten, die alle von der Wettbewerbssituation auf dem Markt her gesehen sinnvoll und praktikabel sind. Keine schließt die andere aus. Legt sich hier der Richter auf eine der Alternativen fest, so gestaltet er die vertraglichen Beziehungen frei und setzt sich an die Stelle der wirtschaftenden Individuen. Eine Verletzung der Dispositionsmaxime lauert im Hintergrund. Sicher sind diese Situationen seltener, wo es - wie bei den Darlehenszinsen - um die Bestimmung eines Preises geht, als dort, wo Konditionen und andere wettbewerbliehe Aktionsparameter in Frage stehen. Neben jenen Bierlieferungsverträgen, die komplexer gestaltet das gängige Schema der vordringlichen Sicherung der Absatzwege der Brauerei auf Kosten des Gastwirtes verlassen, bieten sich hier vor allem die Tankstellenverträge als Beispiel an, seien sie in Form der Stationärverträge (partnereigene Tankstellen), seien sie als Pachtverträge über gesellschaftseigene Tankstellen konzipiert 25 . Zur Verdeutlichung der Problemlage mag ein Entscheid dienen, in welchem der BGH die Anwendbarkeit von § 624 BGB (Kündigung bei Arbeitsverträgen über mehr als fünf Jahren) auf einen typischen, für die Dauer von 25 Jahren abgeschlossenen Stationärvertrag prüfte 26 • Er lehnte sie ab, unter anderem mit dem "Folgeargument"27, daß der hohe Kapitaleinsatz der Mineralölfirma eine lange Amortisationszeit bedinge; fünfeinhalb Jahre wären dafür zu kurz, würden doch solche Verträge bis zu einer Dauer von 25 Jahren abgeschlossen, andernfalls würde man die Mineralölgesellschaften vor diesem Kapitaleinsatz abschrecken. Nimmt man das Argument der Beachtlichkeit einer dermaßen langen Amortisationszeit ernst, und läßt man die Frage beiseite, ob es im Lichte der 25 Zu den Erscheinungsformen vgl. Rehbinder, Tankstellenvertrag, 13ff.; Schluep / Werder, SPR VII/l, 2. Hbd., 859 - 870; Soergel/ Kummer, 11. A., Rz 94f. vor § 535 BGB. 26 BGHZ 52, 171 = NJW 1969, 1662. 27 Dazu s. u. 4. Teil, IV, 1.

III,3. Koordination des Einzelfalls: Ungenügende Daten

225

neuesten Entwicklungen im europäischen Wettbewerbsrecht und nach den in Frankreich mit einer potentiell unstabilen Ordnung in solchen Distributionssysternen gemachten Erfahrungen überhaupt haltbar ist, so würde an sich kein Anlaß bestehen, es bei der Beurteilung eines sittenwidrigen, noch länger dauernden Vertrages nicht zu berücksichtigen28 • Das müßte einer Lösung, die allein die Zeitdauer reduzieren will, entgegenstehen, wenn auch meist bei diesem Datum eingesetzt werden muß, soll nicht die persönliche Freiheit zum beliebig käuflichen Gut werden. Die Lähmung der wettbewerblichen Aktionsparameter, um bei diesen Fällen zu bleiben, kann jedoch auch mit andern Maßnahmen zu mildern sein, womit sich die Chancen, auf ein Bündel von möglichen Alternativen zu stoßen, fast zwangsläufig erhöhen. Je komplexer also das Vertragsverhältnis ist, denken wir nur etwa an den Alleinvertriebsvertrag, um so weniger wird nur ein einziges Datum des Vertrags betroffen. Solange die zum Einsatz gelangenden Parameter unabhängig voneinander bestehen können, sind bei der Korrektur des einen nur mittelbar Auswirkungen auf die andern zu erwarten. Demgegenüber wird sich bei einer stärkeren Verknüpfung der einzelnen Größen jede Korrektur im ganzen System auswirken. Viele Varianten eines neuen Bauplans des Zusammenspiels werden damit denkbar. Auf solche Situationen treffen wir neben Vertragsverhältnissen, bei denen die Amortisierung eines Kapitaleinsatzes wesentlich ins Gewicht fällt, vor allem bei Verträgen mit einem gesellschaftsähnlichen Einschlag, die für die vereinbarte Kooperation verschiedenste Rahmenbindungen setzen 29 . Die Bedenken gegen eine durch den Richter aufgedrängte Vertragsgestaltung müßten in solchen Fällen ohne weiteres zur Nichtigkeit führen, wenn sich die Einsichten in die Modifikation der Willensdoktrin durch den Grundsatz der Vertragstreue, in die Relativierung der Nichtigkeit durch die prozessuale Durchsetzung des Anspruchs und in die Organisationswirkungen des Vertrages nicht instrumentalisieren ließen. Wir sind auf eben diese Elemente schon gestoßen bei der Durchsicht des Argumentes vom Verhalten nach Treu und Glauben zur Begründung der TeilnichtigkeiPo. Was dort kritisiert wurde, läßt erkennen, wofür sie nicht eingesetzt werden können, 28 Von 3D-jährigen Bindungen berichtet Rehbinder, Tankstellenvertrag, 26, 40; zu den wegen des mangelnden Informationspotentials der Zeitdauer bewirkten Wertungswidersprüchen zwischen den Höchstlaufzeiten verschiedener Vertragstypen wie Bierlieferungsvertrag oder Tankstellenvertrag s. o. 4. Teil, II, 3 bei Fn. 54 ff. 29 Vgl. OG Zürich ZR 1944, Nr. 223, S. 329: "Es wäre widersinnig, bei einem gesellschaftsähnlichen Dauerverhältnis, wie dem vorliegenden, die Regeln, die das Gesetz hinsichtlich der zweiseitigen Verträge aufgestellt hat, zur Anwendung bringen zu wollen. Es stehen sich als wesentlicher Vertragsinhalt nicht Leistungen und Gegenleistungen im Austauschverhältnis gegenüber, sondern der Vertrag umschreibt die Rechte und Pflichten jeder Partei, auf Grund deren das gemeinsame Ziel ... erreicht werden soll. " 30 S. o. 3. Teil, VIII.

15 Bürge

226

4. Teil: Koordination im Kontext

nämlich als Begründung für das Maß der Reduktion, ohne daß das Zusammenspiel mit andern Elementen, die die wirtschaftliche Funktion im privatautonom gestalteten Vertragsverhältnis zum Tragen bringen, geprüft wird. Die Überlegung jedoch, daß die Parteien nicht vorschnell aus ihren Vertragspflichten entlassen werden sollten, und daß die Gesamtnichtigkeit nicht auf Umwegen zu einem Reuerecht ausarten soll, wie dies in Frankreich bei den Bezugsbindungen wegen der strengen Voraussetzungen des pretium certurn der Fall ist, lohnt es, Möglichkeiten der Aufrechterhaltung des Vertrages auch unter diesen Bedingungen auszuloten. Die Relativierung der auf der Ebene des materiellen Rechts gegebenen Nichtigkeit durch das im Prozeß gebotene Verhalten hat in den von uns beobachteten Formen gute Chancen, flexible, den Einzelfall berücksichtigende Lösungen an den Tag zu fördern. Doch besteht dabei auch die Gefahr, daß einseitig nur der Gesichtspunkt einer Partei berücksichtigt wird, was besonders mißlich ist, wenn direkt umsetzbare wirtschaftliche Parameter fehlen. Hingegen führt dies dann weiter, wenn das nach Treu und Glauben im Prozeß gebotene Verhalten im gleichmäßigen Zusammenwirken beider Parteien gesehen wird, weil die Organisationswirkung des Vertrages auch im Zivilprozeß durchschlägt. Die Parteien hätten dann die ihnen im Zivilprozeß zur Verfügung stehende Dispositionsfreiheit zur Erhaltung des Vertrages einzusetzen. Was sie vor dem Prozeß frei vereinbaren können 31 , soll ihnen während des Prozesses nicht nur nicht verwehrt sein, vielmehr sollten sie auf dieses Ziel aktiv hinarbeiten. Diese Lösung, wie wir sie schon kurz skizzieren konnten 32 , ist nicht nur theoretisch abgesichert, sondern auch praktisch durchführbar. Das belegen die in der BRD durch die Rechtsprechung schon abgetasteten Neuverhandlungspflichten sehr schön 33 • Die für unsere Zwecke interessantesten Fallgruppen dürften dabei bei den Wertsicherungsklauseln, bei der Anpassung von Gesellschaftsverträgen, aber auch im Bereiche des Wegfalls der Geschäftsgrundlage zu finden sein. Bei den Wertsicherungsklauseln sind es zwei Fallgruppen, die die Bewältigung von Verhandlungspflichten im Prozeß gut illustrieren34 • Die genehmigungsbedürftigen, infolge mangelnder Genehmigungsfähigkeit schwebend unwirksamen Wertsicherungsklauseln35 verpflichten die Parteien in 31 Vgl. zur Bestätigungswirkung eines ursprungl. wucherischen Darlehensvertrages BGH BB 1982, 1260; ferner KTÜger-Nieland / Zäller, RGRK, 12. A., Rz 2 zu § 141 BGB. 32 S.o. 4. Teil, I, 5 bei Fn. 54ff. 33 Dazu v.a. Horn, AcP 1981, 255 - 288; Parallelen im franz. Recht behandelt Fabre, Rev. trim. dr. civ. 1983, 1 - 30, bes. 18ff. 34 Zum Problem der Wertsicherungsklauseln vgl. die Lit. bei Asam 371 Fn. 890; ferner die kurze Übersicht von Frielingsdorf, DB 1982, 789 - 793 und die im folgenden zit. Autoren.

III, 3. Koordination des Einzelfalls: Ungenügende Daten

227

aller Regel nach Treu und Glauben an der Vereinbarung eines geänderten Inhalts der genehmigungsbedürftigen Klausel oder - falls dies unzumutbar ist - eines genehmigungsfreien Leistungsvorbehaltes mitzuwirken 36 • Die neue Klausel ist dabei rückwirkend in Kraft zu setzen 37 • Bei der zweiten Fallgruppe, den undurchführbaren genehmigungsfreien Klauseln wie Spannungs- und Kostenklauseln 38 kann, wenn eine Vertrags auslegung nicht zur Anpassung führt 39 , oder wenn eine eigentliche, auf eine subsidiäre Neuverhandlungspflicht hinauslaufende Auffangklausel für diese Situation vereinbart worden war4 o, nur eine Neuverhandlung zum Ziel führen, deren Scheitern richterlichen Zwang auf den Plan ruft 41 • Während Horn diese Neuverhandlungspflichten dogmatisch entweder an die Figur der culpa in contrahendo anknüpft oder an eine implizit vereinbarte Teilnichtigkeitsvermutung mit Neuverhandlungspflicht oder allenfalls an die Verpflichtung zur Neuverhandlung im Rahmen des Wegfalls der Geschäftsgrundlage denkt42 , könnte eine Betonung der prozessualen Obliegenheiten das Verfahren als solches besser erfassen43 • Die Notwendigkeit eines Verhandlungsansatzes zur Rettung des Vertrags hat sich auch in bestimmten Fallgruppen im Gesellschaftsrecht ergeben, insbesondere bei den Fällen der Ausschließung von Gesellschaftern und dem - mit dieser unter Umständen zusammenhängenden - Zustimmungserfordernis zur Anpassung der Gesellschaft an veränderte Umstände 44 . In wirtschaftlich vitalen Bereichen läßt sich also eine Neuverhandlungspflicht praktisch realisieren; Einzelheiten können wir uns ersparen. Auf eine weitere Parallele zu unserer Problemlage müssen wir aber noch hinweisen. Die Neuverhandlungspflicht beim Wegfall der Geschäftsgrund35 Zur Einschränkung dieser Fallgruppe auf die noch nicht zur Genehmigung eingereichten Wertsicherungsklauseln durch die Rsp. vgl. BGH BB 1963, 793, 794; dazu Dürkes, E 10ff., bes. E 12 mit Fn. 23. Die rechtskräftige Versagung der Genehmigung führt nach Ansicht des BGH eine nachträgliche, nicht mehr behebbare Nichtigkeit herbei. 36 Vgl. etwa BGH NJW 1973, 1498; BGH NJW 1967, 830; BGH NJW 1960, 523; alle mit weiteren Nachw., dazu Dürkes, E 1 ff.; Horn, AcP 1981, 270f. 37 Vgl. BGH WM 1980, 593, 595; BGH NJW 1967, 830, 831; Dürkes, EI, Fn. 2. 38 Dazu Horn in: Gutachten, Bd. 1, 592f.; Harms, DB 1983, 322 - 329; Kunth, BB 1978, 179f. und 0.3. Teil, VIII bei Fn. 22ff. 39 Zur Anpassung vgl. Harms, DB 1983, 325ff.; zu den Problemlagen der ergänzenden Vertragsauslegung bei einer zwar wirksamen, später jedoch bedeutungslos oder unbrauchbar gewordenen Klausel Dürkes, E 49ff. 40 Vgl. das Bsp. bei Dürkes, E 105. 41 Bei J. Baur 119ff. reduziert sich die Neuverhandlungspflicht praktisch auf ein bloßes Lösungsrecht, das den institutionell eingebundenen Kooperationspflichten im Zivilprozeß nicht gerecht werden kann. 42 Horn, AcP 1981, 270f. 43 Dazu anschaulich Steindor[f, BB 1983, 1130. 44 Vgl. dazu Zöllner 32f., 53ff.; Schneider, AG 1979, 57 - 68; Stimpel FS Fischer, 771 - 783; Wiedemann, Gesellschaftsrecht, Bd. 1, § 9.III.2.b; Horn, AcP 1981, 272ff.; ds., in: Gutachten, Bd. 1, 614ff.

15'

228

4. Teil: Koordination im Kontext

lage setzt erst nach Scheitern einer mit Hilfe ergänzender Vertragsauslegung gesuchten Lösung ein; beim sittenwidrigen Rechtsgeschäft greift sie erst Platz nach der Prüfung, ob sich schon auf einer ersten Stufe die rechtliche und die wirtschaftliche Ebene mit dem Einzelfall koordinieren lassen 45 • Die Differenzierung geht darauf zurück, daß sich im einen Fall die Verhältnisse der Vertragsabwicklung geändert haben, während im andern Fall bestimmte Vorstöße gegen herrschende Ordnungsgesichtspunkte der Korrektur bedürfen. Beiden Fällen aber gemeinsam ist, daß die Neuverhandlungspflicht deshalb zum Zug kommt, weil komplexere Vertragsverhältnisse zu beurteilen sind, deren Verankerung im wirtschaftlichen Kontext und deren Verknüpfung mit rechtlich geschützten Interessen mit einer auf eine oder zwei Dimensionen beschränkten Betrachtungsweise nicht mehr erfaßbar sind46 • Aufgrund des dargelegten Zusammenhanges mit der in vielen Fällen gebotenen Neuverhandlungspflicht bei Wegfall der Geschäftsgrundlage wird es offensichtlich, daß der Weg auch prozessual gangbar ist 47 • In den Fällen, in denen eine richterliche Anpassung der Geschäftsgrundlage vertraglich vereinbart ist, muß der Richter sogar diesen Weg einschlagen. Wir können uns hier deshalb auf wenige Bemerkungen beschränken. Was außerprozessual möglich ist, darf hier auch im Prozeß geschehen, der Abschluß eines Vergleichs nämlich mit dem Ziel der Befreiung des Vertrags von den sittenwidrigen Elementen. Der Richter, der nach hergebrachter Auffassung die Sittenwidrigkeit von Amts wegen feststellen soll, ist ja zugleich auch gehalten, auf einen Vergleich hinzuwirken; das heißt auf unsere Fälle übertragen, er muß die Parteien zur Reduktion des sittenwidrigen Übermaßes animieren48 • Doch kommt man über dieses, auch außerprozessual mögliche Verhalten hinaus, wenn man die Einbettung in eine Strategie des Zivilprozesses sieht, die sich in komplexeren Verhältnissen mehr und mehr auf Situationen außerhalb klarer, einander ausschließender Alternativen einstellen muß, wie sie das Alles-oder-Nichts-Prinzip noch verkörpert 49 . Von den prozessualen Instrumenten, die dem Richter zur Verfügung stehen, ist vorrangig die richterliche Fragepflicht zu nennen 50 • Mit ihrer Hilfe Vgl. Haarmann 102ff. Vgl. Horn, AcP 1981, 277f. Die Verlagerung der Anpassung auf eine Partei bei J. Baur 60ff. durch Anwendung von §§ 315/316 BGB hat den Nachteil, daß die Privatautonomie nur einseitig gesehen und der vertraglichen Kooperation und den mit ihr verbundenen Informationspflichten keine Chance gelassen wird. 47 Dazu ausführlich Horn in: Gutachten, Bd. 1, 63lff.; ds., AcP 1981, 277f. 48 Vgl. z.B. § 62 ZPO Zürich; § 279 Abs. 1 dt. ZPO; allg. zur richterl. Vergleichstätigkeit M. Wolf, ZZP 1976, 260 - 293; in unserem Sinn auch SteindorfJ, BB 1983, 1129 mit Hinweis auf BGH NJW 1978, 695. 49 Vgl. de With, ZRP 1982, 188 - 191. Nicht zufällig zeigt neuerdings die Forschung vermehrtes Interesse am Vergleich, vgl. etwa die Arbeit von Röhl und der von Gottwald u. a. hrsg. Sammelband sowie Giese in Bierbrauer u. a. (Hrsg.) 117 - 140; ferner die Übersicht bei Zugehör, DRiZ 1984,465 - 474. 45 46

111,3. Koordination des Einzelfalls: Ungenügende Daten

229

kann er die Parteien veranlassen, sich auf ihre Dispositionsfreiheit zu besinnen und entsprechende Vergleichsvorstellungen zu entwickeln, zu begründen sowie sich materiell zu den Vorschlägen der Gegenpartei zu äußern 51 . Kann der Richter schon aus dem Vertrag den Rahmen des Anpassungszieles bezüglich der verschiedenen denkbaren Kombinationen entnehmen, so erleichtert das im Prozeß beigebrachte Material die Erörterung mit den Parteien 52 . Festgestellte Schwerpunkte lassen eine Strategie für die Verhandlung gewinnen. Informationspflichten und die Bereitschaft, Angebote zu unterbreiten, solche zu prüfen und deren Ablehnung zu begründen, sowie Rücksichtnahmen auf den Verhandlungsgegner im Rahmen von Treu und Glauben bilden den institutionellen Rahmen53 , der sich aus dem ursprünglich geschlossenen Vertrag ableitet. Ziel ist in diesem Stadium die Abgabe einer Willenserklärung durch die beteiligten Parteien. Einigen sich die Parteien nicht, so ist schon von den Prämissen her die Anpassung des sittenwidrigen Rechtsgeschäfts in dieser Stufe nicht mehr möglich. Sonst hätte sie der Richter bereits vorher besorgen können, es sei denn, der Fortgang des Prozesses hätte zur besseren Ausleuchtung des Falles beigetragen54 . Diese Situation darf man jedoch nicht verwechseln mit den sich im Prozeß überhaupt aufdrängenden Vergleichsstrategien, die auch in einem Fall geboten sind, dessen Datenbasis vollständig ist, und der sich daher auf der ersten Stufe bewegt. In der Unmöglichkeit, eine vergleichsweise gefundene Regelung durch richterlichen Spruch zu ersetzen, liegt einer der entscheidenden Unterschiede zum Vorgehen bei Wegfall der Geschäftsgrundlage. Eine ähnliche Situation haben wir hingegen beim Scheitern des Abschlusses eines in einem Vorvertrag anvisierten Hauptvertrages, wenn die Erzwingung einer Willenserklärung aus praktischen Gründen nicht möglich ist 55 . Offen bleibt dann nur ein allfälliger Anspruch auf Z.B. § 55 ZPO Zürich; § 139 dt. ZPO. Zu den Grenzen der richterl. Tätigkeit im Vergleichsverfahren vgl. Stürner 72 ff.; zur Tendenz, die Trennung zwischen Dispositions- und Offizialmaxime nicht dogmatisch zu übersteigern, sondern eine komplexeren Verhältnissen angemessenere Kooperationsmaxime herauszuarbeiten, die durchaus die Anforderungen an die Parteien auch steigern kann vgl. Hahn passim. 52 Vgl. BGH WM 1969, 335, 337. Die Gewinnung des Anpassungsziels führt das Zürcher OG anhand der Verpflichtungen der Parteien aus einem Vorvertrag sehr schön vor ZR 1977, Nr. 96. 53 Näheres bei Horn, AcP 1981, 282ff.; ds. in: Gutachten, Bd. 1, 631ff.; dazu auch SteindorfJ, BB 1983, 1130. Ähnliches kann zum vergleichbaren Problem der Klage auf Erfüllung eines Vorvertrages gesagt werden. Bucher, Berner Festgabe 1979, 187ff., der sich gegen die Erzwingung der Realerfüllung des Vorvertrages ausspricht, behält in seiner pragmatischen Haltung vielleicht doch zu wenig die prozessualen Möglichkeiten im Auge, die ausgelöst werden durch die Aussicht auf das als ultima ratio drohende Urteil auf Abgabe einer Willenserklärung (vgl. etwa BGE 97 11 48; dazu Guhl / Merz / Kummer, OR 7. A., 94f.); zu letzterem vgl. auch Messerli 113ff., bes. 117 Fn.27. 54 Zur Verwertbarkeit des "überschießenden" Beweisergebnisses vgl. Hahn 280ff. mit weiterer Lit. in Fn. 733 - 735. 50 51

230

4. Teil: Koordination im Kontext

Schadenersatz56 und Rückerstattung einer allenfalls vorhandenen Bereicherung. Während das Recht des Verhandlungswilligen, sich nach Scheitern der Verhandlungen vom Vertrag zu lösen, kaum praktische Schwierigkeiten bereiten dürfte und auf der anderen Seite die Verweigerung der Teilnahme an Neuverhandlungen in aller Regel als Verschulden im prozessualen Verhalten bei der Schadenersatzbemessung wenig problematisch ist, wird in andern Fällen eine differenziertere Betrachtung erforderlich sein. So ist bei der subjektiven und bei der nachträglich eingetretenen objektiven Unmöglichkeit, bei der treuwidrigen Verletzung der Verhandlungspflicht - beispielsweise durch Obstruktion und Verzögerungstaktik - und bei der Gefährdung des Vertragszwecks, etwa durch Schaffung eines fait accompli, das Maß der Haftung und der Umfang des Schadenersatzes oft schwieriger zu bestimmen57 , denn da ist nicht nur das Verhalten einer Partei zu würdigen, sondern das Zusammenwirken beider Seiten (Art. 44 Abs. 1 OR; § 274 BGB). Doch gibt die Konkretisierung der Pflichten bei Vertragsabschluß die Leitlinien her 58 . Bei der Berechnung des Umfangs des Schadenersatzanspruchs hat der Richter in zwei Schritten vorzugehen. Einmal wird er die verschiedenen Alternativen eines reduzierten Vertrages, die sich im Laufe des Prozesses ergeben haben, darstellen, gegeneinander abwägen - nicht zuletzt unter dem Aspekt der subjektiven Zumutbarkeit59 - und ihre geldwerte Entsprechung berechnen60 • Die Frage nach der hinreichenden Bestimmtheit des Anspruchs, wie sie die Doktrin zum parallelen Problem bei Schadenersatzansprüchen aus Vorverträgen beherrscht61, spielt wohl eine kleinere Rolle, da der einmal geschlossene Vertrag trotz des sittenwidrigen Übermaßes dem Vgl. die Bsp. bei Bucher ebd. 188. Vgl. Henrich 214ff.; Bucher ebd. 183ff. 57 Zu solchen Fragen vgl. auch Casanova 119ff. 58 Eine interessante Bestimmung bezüglich der Regelung der Kostenfolge enthält Art. 59 ZPO Bern (ähnlich Art. 57 ZPO Aargau): "Wenn eine Partei durch das Urteil nicht wesentlich mehr erhält, als ihr von der Gegenpartei für den Fall der gütlichen Beilegung des Streites angeboten wurde, so kann sie zu allen Kosten verurteilt werden." Zu den Grenzen dieser Vorschrift Leuch, N zu Art. 59 ZPO Bern; ablehnend gegenüber solchen Vorstellungen Casanova 123 f. 59 So scheint das AppGr. Basel-Stadt SJZ 1974, 73 bei der Reduktion einer Vertragsbindung im Gewande eines Schadenersatzanspruches vorgegangen zu sein, auch wenn es den Fall- unzutreffend - nur unter dem Aspekt des Wegfalls der Geschäftsgrundlage behandelt haben wollte. 60 Vgl. das Vorgehen in BGH BB 1983, 662. 61 Vgl. v. Tuhr I Peter, Bd. 1, § 33; Becker, Berner Kommentar, N 4 zu Art. 22 OR; Oser I Schönenberger, Zürcher Kommentar, N 8 zu Art. 22 OR; Soergell Lange I Hefermehl, 11. A., Rz 44 vor § 145 BGB; Kramer, MünchK, 2. A., Rz 37 vor § 145 BGB; Reischauer in Rummel, Rz 2 zu § 936 ABGB; ferner die berechtigte Warnung Buchers, Berner Festgabe 1979, 186 vor unzulässigem Schematismus als Ausfluß eines überholten "normativen" Vertragsverständnisses. ~5

56

III,4 Koordination des Einzelfalls: Unmöglichkeit

231

Anpassungsziel einen festen Rahmen gibt und lediglich verschiedene Handlungsalternativen offenläßt. Daraus muß nicht notwendigerweise eine unterschiedliche Höhe der Schadenersatzansprüche resultieren. Ohnehin trägt die pauschalisierende Tendenz des Schadenersatzes hier zu einer Nivellierung bei. In einem zweiten Schritt hat der Richter diesen Betrag als Ausgangspunkt für die Umsetzung der eben entwickelten Zurechnungskriterien für den Schadenersatz zu nehmen, da der Verstoß gegen die Neuverhandlungspflicht gleichzeitig einen Verstoß gegen die vertraglichen Pflichten bedeutet. Das unterscheidet die Situation grundsätzlich von jener, in welcher er den rechtlichen und den wirtschaftlichen Kontext auf direktem Weg mit dem Einzelfall zur Koordination bringt, und wo weitere Handlungsalternativen nicht aufscheinen. 4. Scheitern der Koordination

Fehlen die Voraussetzungen, die es dem Richter erlauben, mögliche Handlungsaltemativen herauszuarbeiten und damit die Vergleichsgespräche stützend zu begleiten und die allfällige Schadenersatzpflicht zu konkretisieren, so ist auch eine nur beschränkte Koordination des Einzelfalls mit dem rechtlichen und dem wirtschaftlichen Kontext unmöglich. Insbesondere eine Vertragsgestaltung, die klar vom individuellen Willen der Parteien geprägt ist und sich daher schwer mit vergleichbaren, auf dem Markt anzutreffenden Typen in Beziehung setzen läßt, oder die außerhalb jeglichen Zielbereichs eines redintegrierten Sonderprivatrechts steht und zudem keine weitgehenden Organisationswirkungen entfaltet, schließt selbst ein Vorgehen über die Schadenersatzpflicht aus dem reduzierten Vertrag, wie er den Parteien das Verhandlungsziel absteckt, als Lösung aus. Hier können einzig Schadenersatz- und Bereicherungsansprüche aus dem nichtigen Vertrag anfallen. Die aus der Willensdoktrin resultierende Regel von der Gesamtnichtigkeit kommt hier zum Tragen. Doch kann dies nur noch einen quantitativ kleinen, aber wichtigen Bereich von Verträgen betreffen, da die stereotypen Rechtsgeschäfte des Alltags sich meist schon auf der ersten, mindestens aber auf der zweiten Stufe lösen lassen. Überall wo in Fallkonstellationen der dritten Stufe Bereicherungs- und Schadenersatz ansprüche als verkappte Fortdauer des Vertrages auftauchen, wird eine falsche Vorgehensweise indiziert, nämlich fälschliche Ablehnung einer beschränkten oder vollständigen Koordination des Einzelfalles mit dem rechtlichen und dem wirtschaftlichen Kontext.

232

4. Teil: Koordination im Kontext

IV. Fluchtlinien der Dogmatik 1. Allgemeines

Ohne uns auf die breite wissenschaftliche Grundlagendiskussion einzulassen, möchten wir hier mehr ausblicksartig auf zwei methodische Wege hinweisen, die die Einbindung des von uns vorgeschlagenen Lösungsverfahrens in den rechtstheoretischen Kontext zeigen. Bildlich gesprochen stellen sie Fluchtlinien unseres Modells dar, die es vervollständigen. Der von uns unternommene Versuch, die ökonomische Ebene konsequent in die Entscheidungsfindung einzubauen, läßt einmal die Verbindung zur Folgenorientierung erkennbar werden. Die Abkehr von einem bloßen Subsumptionsmodell, die Integration der Entscheidungsabläufe auf dem Markt in die rechtliche Analyse und die dadurch erweiterte Basis an Information sowie die gesteigerten Ressourcen an Argumentation legen zum andern Bezüge zum Diskursmodell nahe. Diese zwei zusätzlichen methodischen Instrumente, die ergänzend zur Kontrolle eingesetzt werden, ermöglichen einen höheren Grad an Plausibilität und begründen ein Mehr an Richtigkeitschancen. 2. Folgenorientierung

Seit längerem steht die Forderung im Raum, als Mittel rationaler Entscheidungsfindung die Orientierung am Ergebnis vorzunehmen l ; in diesem Zusammenhang werden Operationalisierungen vorgeschlagen, so ein induktives Vorgehen über die Analyse richterlicher Folgeerwägungen2 und die Heranziehung normativer ökonomischer Entscheidungstheorie als juristisches InterpretationsmodelP, insbesondere die Aufarbeitung des sozialkybernetischen Modells der ,Policy Analysis' für diesen Zweck 4 • Neu ist dieser methodische Gesichtspunkt nicht. Das teleologische Argument versucht bekanntlich auch solchen Problemstellungen gerecht zu werden 5 • Neu ist hingegen die Herauslösung dieses Aspektes aus dem traditionellen Auslegungskanon und seine Verselbständigung, indem die ihm eigene Struktur herausgearbeitet wird. So etwa Podlech, AöR 1970,185 - 223; Kriele 172ff. So der Ansatz von Sambuc. 3 Vgl. Kilian 158 ff. 4 So der Ansatz von Wälde; zum Ganzen vgl. Koch / Rüssmann 227ff.; Pawlowski, Methodenlehre, 118ff.; Große-Wentrup 32ff., 117ff.; Hassemer, FS Coing (1982), Bd. 1,494ff. 5 Vgl. Wälde 28ff.; Rottleuthner, ARSP, Beih. NF 13, 97ff., bes. 107; so auch von einem dezidiert sozialtechnologischen Ansatz aus Albert 79f. Die Immanenz der Folgenberücksichtigung in der objektiv-teleologischen Auslegung versuchen darzustellen Koch / Rüssmann ebd. 1

2

IV, 2. Fluchtlinien der Dogmatik: Folgenorientierung

233

Da die Ausrichtung auf den ökonomischen Kontext, die wir unternommen haben, die Orientierung an der wirtschaftlichen Praxis voraussetzt, legt unser Lösungsmodell die Frage nahe, wie sich das Folgenargument darin einordne 6• Zweifellos wäre die Fragestellung komplexer, wenn es in unserer Arbeit um den Eingriff und die Eingriffsschwelle bei der Anwendung der Generalklausei der guten Sitten ginge. Zu denken wäre dabei nur etwa an das Problem des wucherischen Konsumkredites, wenn man dessen Auswirkungen im Zusammenhang mit der Situation der einzelnen Haushalte betrachtet 7, sich dabei die Konsequenzen gewisser Standards überlegt und mögliche Optimierungen versucht. In dem von uns untersuchten Bereich sind wir bei der Frage der Zulässigkeit der Teilnichtigkeit auf ein traditionelles Folgenargument gestoßen, das sich freilich mit einem moralischen Mäntelchen drapiert. Wenn nämlich gesagt wird, der Strafzweck und die Selbstachtung des Rechts geböten in den Fällen von § 138 BGB die Totalnichtigkeit8 , so wird nicht nur ein bestimmter Geltungsgrund der Norm behauptet, sondern auch die Auswirkung einer gegenteiligen Praxis beschworen9 • Daß dieses Folgenargument nicht zutreffen kann, legt der Vergleich mit andern Rechtsordnungen nahe. Weder in Österreich noch in der Schweiz läßt sich ein solcher Mangel an "Selbstachtung des Rechts" diagnostizieren, noch war in der BRD selber mit der Entscheidung des Gesetzgebers zur Teilnichtigkeitsvermutung bei der Beurteilung von AGB eine "Umwertung aller Werte" verbunden.

Auf ein anderes, mehr auf der von uns anvisierten ökonomischen Ebene angesiedeltes Folgenargument stößt man in der BRD öfters bei der Diskussion, ob die Reduktion von Wucherzinsen zuläss.ig sei. Die Teilnichtigkeit wird abgelehnt, weil das Risiko der Eingehung eines wucherischen Darlehensvertrages nicht gemildert werden SOlllO. Es steht dahinter die Angst, daß potentielle Kreditgeber zur Forderung von Wucherzinsen animiert würden, weil sie zunächst einmal ungefährdet an die Grenze dessen gehen könnten, was sich zu ihren Gunsten gerade noch vertretbarerweise anführen ließe l l . Der rechtsvergleichend arbeitende Jurist wird hier freilich von der alljährlich publizierten Zinsstatistik des Zürcher Regierungsrates darüber belehrt1 2 , daß sich dieses Folgenargument auf der ökonomischen Ebene 6 Vgl. die vom entgegengesetzten Ausgangspunkt her angelegte Fragestellung von Hopt, JZ 1975, 346f. 7 So für die Schweiz schon früh Dubs 16ff., 48, 201ff.; für die BRD vgl. Daviter in Holzscheck / Hörmann / Daviter 387 - 462. 8 Lindacher, AcP 1973, 124ff.; dazu o. 3. Teil, III bei Fn. 14ff. 9 Zu den Argumenten gegen eine geltungserhaltende Reduktion einzelner Klauseln im Rahmen von § 6 AGBG s. u. 5. Teil bei Fn. 10. 10 So BGHZ 68, 204, 207 = JR 1977, 410 (mit Anm. Lindacher). 11 Vgl. statt vieler Reifner, JZ 1984, 638f.; Klocker 187f. 12 Das will nicht heißen, daß sich die erhobenen Informationen nicht ergiebiger auswerten und transparenter darstellen sowie statistisch kontinuierlicher darstellen

234

4. Teil: Koordination im Kontext

offenbar nicht bestätigt. Das Kreditgewerbe läßt sich noch stets überwiegend von andern Gesichtspunkten leiten als von der Durchsetzung hart an der Wuchergrenze liegender Zinsen. Bei der wucherischen Ausbeutung andererseits dürften andere Faktoren eine wesentlich gewichtigere Rolle spielen. Nicht von ungefähr standen in der Schweiz bei der Diskussion des Konsumkreditgesetzes die vorgeschlagenen Maßnahmen gegen die Überschuldung der Kreditnehmer im Brennpunkt der Auseinandersetzung 13 • Die Chance, solchen monistischen Argumenten mit einer facettenreicheren Betrachtung zu begegnen und damit den Weg für eine realitätsnähere Analyse zu öffnen, haben wir schon bei der Darstellung des gesetzlichen Umfeldes zu nutzen versucht. Die Erarbeitung eines differenzierten Kräftefeldes, in das der einzelne Fall gestellt ist, hat uns dort etwas von dem leisten lassen, was moderne Folgenanalyse - durchaus unter Nutzanwendung juristischer Erfahrung und Tradition - fordert. Erwartet wird ein Gewinn an Rationalität. Die Strukturierung der Entscheidungssituation und die Feststellung der verfügbaren Alternativen 14 wird im Rahmen einer Dogmatik möglich, die sonderprivatrechtliche Modelle integriert; aber auch die Ausschöpfung des im Gesetz angelegten Lösungspotentials läßt sich vor diesem Horizont durchführen. Die Heranziehung erprobter fachinterner Erfahrung in der Form der Dogmatik 15 , die sinnvollerweise durch die rechtsvergleichende Wertung von Erfahrungen aus andern Rechtsordnungen ergänzt wird, stellt schon erste Informationen über die Konsequenzen einer bestimmten Entscheidung zur Verfügung. Die Zielstruktur 16 läßt sich auch aus diesem gesetzlichen Rahmen gewinnen, weil die Einsicht in die Bedeutung komparativer Sätze im beweglichen System und in die - aus der prozessualen Erfahrung gewonnene - Relativität der Nichtigkeit die gesetzlichen Vorgaben instrumentalisieren lassen 17 • Gesichtspunkte der Praktikabilität zeigen schließlich den ließen, vgl. etwa Geschäftsbericht des Regierungsrates, Zürich 1980, 233 gegenüber idem, Zürich 1981, 191. 13 Dazu Hausheer bzw. Holliger in Giger / Schluep (Hrsg.) 92 f. bzw. 252. 14 Dazu v.a. Wälde 27ff. 15 Vgl. Wieacker, FS v. Caemmerer, 56 (jetzt in ds., Ausgew. Schr., Bd. 2, 179); Ballerstedt, FS Flume (1978), 257f. 16 Dazu Wälde 68ff. 17 In seiner Forderung nach einem bloß justiz-syllogistischen Schließen und der Festlegung der Rsp. auf ein reines Konditionalprogramm verkennt Luhmann 31ff. nicht nur, daß sich in vielen Fällen bereits die gesetzliche Ausgangslage als äußerst komplex präsentiert. Der offenen Struktur des Privatrechts, das im gegebenen Ordnungsrahmen die Parteien im wirtschaftlichen Verkehr die Ordnung herstellen, vom ,Chaos zum Kosmos' gelangen läßt (vgl. art. 1134 al. 1 C. civ.: Les conventions legalement formees tiennent lieu de loi a ceux qui les ont faites.), wird es kaum gerecht. Ganze Regelungsbereiche würden so zu rechtsfreien Räumen - man denke nur etwa an die Sicherungsübereignung in der BRD -, obwohl die Parteien einen Anspruch darauf haben, daß die zwischen ihnen gestaltete Lage rechtlich beurteilt wird (deni de justice!), Konditionalprogramm hin oder her. Gegen Luhmanns Position vgl. etwa

IV, 2. Fluchtlinien der Dogmatik Folgenorientierung

235

Weg zur Transformation der gewonnenen Wertungen im Prozeß. Mit der Zuordnung der juristischen Problemstellung zum wirtschaftlichen Hintergrund wird in unserem Lösungsmodell der wirtschaftliche Zielbereich schon früh integriert, in dem schließlich auch die Folgen sich auswirken werden. Wenn bei Wälde und Sambuc die Frage nach der Legitimation einer Folgenorientierung im Prozeß der Rechtsfindung eine große Rolle spielt1 8 , so wird sie hier durch die eingehende Besinnung auf den gesetzlichen Kontext entschärft. Freilich darf und soll der Unterschied zu einer sich im traditionellen Auslegungskanon bewegenden Interpretation nicht außer acht gelassen werden. Im Rahmen eines Gewaltenteilungskonzeptes ist insbesondere auf das Zusammenspiel mit andern staatlichen Subsystemen hinzuweisen 19 . Die Besinnung auf Prozesse ökonomischer Feinsteuerung, die Rückbindung an die wirtschaftliche wie die rechtliche Ebene und die Ausrichtung auf den Einzelfall haben aber den Vorteil, daß sie unter diesen Gesichtspunkten jedenfalls den Richter nur taktische Rechtsfortbildung betreiben lassen2o . Einen letzten offenen Bereich erschließt uns jedoch die Folgenanalyse mit der Frage nach der Rolle der getroffenen Entscheidung im Meinungsbildungsprozeß der juristischen Lehre und Praxis 21 , nachdem sich das Problem der Beschaffung der notwendigen Information als lösbar erwiesen hat 22 . Wenn wir auf das diskursive Modell greifen können, dessen Stellenwert und rechts theoretische Einordnung, nicht aber dessen Existenz allenfalls diskutiert wird 23 , so setzt dies das Bemühen um eine konsistente Begründung voraus 24 . In der Begründung aber tritt der Bedarf an Information und deren tatsächliche Verfügbarkeit deutlich zutage. Die Anstrengungen, zu einer soliden Informationsbasis für den Richter zu kommen, haben im übrigen den positiven Effekt, daß die Nachfrage nach Information überhaupt erst Teubner, Rechtstheorie 1975, 179 - 204, Rhinow 255 ff. Das bedeutet jedoch nicht, daß justiz-syllogistisches Schließen für die juristische Praxis der Routineentscheidung nicht ihren Wert behielte, vgl. Wieacker, FS W. Weber, 422ff. (jetzt in ds., Ausgew Sehr., Bd. 2, 102ff.); Alexy 24f., Wälde 26 Fn. 54 18 Wälde 103f.; Sambuc 112ff. 19 Vgl. Wälde 124 ff., Sambuc 40 ff., anschaulich die funktionelle Erfassung des Problems bei Rhinow 181 ff., Meier-Hayoz, JZ 1981,417 ff. Mit den Abgrenzungskriterien von Normstruktur, Rechtsgebiet und Verfahrensgegenstand sowie Gerichtszweig durch Schneider, DöV 1975, 449ff. (vgl. ds., Richterrecht, 33f.) wird deutlich, daß die Tendenz zur offenen Regelung, gepaart mit der Privatautonomie der Parteien, im Zivilrecht das Gewicht deutlich auf den Richter verschiebt. 20 Zu dieser Metapher Meier-Hayoz, JZ 1981,421 21 Vgl. Wälde 129ff., Teubner, Rechtstheorie 1975, 195ff. 22 Zum Ganzen s.o. 4 Teil, 11, 6; Sambuc 127ff., Wälde 125; Philippi 183; Skepsis zu den Möglichkeiten der Gerichte äußern hingegen Meier-Hayoz ebd; Ipsen 146ff. 23 Vgl. Wälde 129ff. 24 Aus der Verfassung leitet dieses Erfordernis ab J. BTÜggemann, Begründungspflicht, vgl. auch das in BVerfGE 34, 269, 287 aufgestellte Postulat, wonach die Entscheidung des Richters .. auf rationaler Argumentation beruhen" muß.

236

4. Teil: Koordination im Kontext

laut wird und entsprechende Angebote aus den betroffenen Verkehrskreisen erfolgen können. Sie stehen dann einer Prüfung im Sinne eines Diskursmodelis offen. Das Feedback, wie es die getroffene Auswahl und die Verwertung des Informationsmaterials auslöst, kann das methodische Vorgehen korrigieren und die Datenbasis ergänzen helfen. Doch liefert uns das Diskursmodell nicht nur in diesem praktischen Aspekt wertvolle Gesichtspunkte, sondern auch für die Frage der "Richtigkeitsgewähr" eines Vorgehens nach unserem Lösungsmode1l25 • Wir haben ihm uns deshalb kurz zuzuwenden. 3. Diskurs

Der Traum von der absoluten Geltung eines Gesetzes, wie er in den diversen historischen Kommentierverboten zum Ausdruck kommt 26 , währte meist nur kurz. Die enttäuschte Erwartung des auf sein abgeschlossenes Werk stolzen Gesetzgebers erfaßt die im Mythenkranz um seine Person überlieferte Bemerkung Napoleons, die er beim Erscheinen des ersten Kommentars zum Code civil gemacht haben soll: "Mon Code est perdu! "27. Wenn in solchen Momenten der Absolutheitsanspruch des Gesetzgebers zusammenbricht, so wird gleichzeitig der Diskurs als Mittel, zu konsistenten Begründungen der geltenden Rechtsnormen zu finden, in seine Rechte eingesetzt. Das Gesetz braucht, um weiterwirken zu können, so wie jeder gedruckte Text seinen Leser, der aktiv wird. Wie wir im Blick auf die Diskussion über die Bildung des zur Ermittlung der Wuchergrenze heranzuziehenden Standards gesehen haben, kann die Konfrontation mit gegensätzlichen Positionen das Problem einer mindestens vorläufigen Klärung entgegenführen. Ähnliches wäre für den Begriff des Wettbewerbs aus der juristischen Perspektive des Vertrages zu erhoffen 28 • Damit ist durchaus eine Erhöhung der Rationalität der Lösung ver25 Zum Zusammenhang zwischen Folgenorientierung und diskursivem Vorgehen vgl. Teubner, Rechtstheorie 1975, 179ff. 26 Vgl. dazu die anregende Darstellung von Hübner, Kodifikation und Entscheidungsfreiheit des Richters in der Geschichte des Privatrechts, Königstein/Ts 1980. 27 So der Bericht bei Eugene Gaudemet, L'interpretation du Code civil en France depuis 1804, Basel- Paris 1935, 13. Das wird kaum authentisch sein, sondern auf ein unter den damaligen franz. Juristen verbreitetes Dictum ,Kommentare töten ein Gesetz' zurückgehen. Als solches wird es einleitend zitiert von J. G. Locre, Esprit du Code Napoleon, tire de la discussion ... , Paris 1805, t. 1, p. 1: "Cet ouvrage n'est pas un commentaire, si l'on entend par ce mot des explications prises de l'immagination et de l'opinion personelle de leur auteur. On a dit, avec raison, de ces commentaires qu'ils tuent la loi." Ähnlich A. T. Desquiron, Commentaire sur le decret imperial du 17 mars 1808 ... , Paris 1810 (2. A.), lf.: "On a dit, et j'ai moi-meme longtems partage cette opinion, que les commentaires tuaient la loi." 28 Vgl. hier z.B. den Versuch von Rittner, FS Sölter, 27 - 39 im Diskurs mit der Nationalökonomie die Wettbewerbspolitik wieder von der Vertragsfreiheit her anzugehen. Das der ökonomischen Fragestellung entgegengesetzte Vorgehen läßt Fortschritte in der Erfassung des beiden Disziplinen gemeinsamen Erkenntnisobjektes erhoffen.

IV, 3. Fluchtlinien der Dogmatik: Diskurs

237

bunden, und zwar - nur scheinbar paradoxerweise - um so mehr, je klarer die Konturen des eingenommenen eigenen Standpunktes sichtbar werden und der Jurist aus der Rolle als fungible Person heraustritt 29 . Das hängt damit zusammen, daß die Jurisprudenz wie kaum eine andere Disziplin auf die Situation des Diskurses hin überhaupt angelegt ist. Der sich selbst genügende Gesetzgeber ist allenfalls ein schöner Traum, das Räsonnement der Rechtsunterworfenen über die gesetzten Normen aber der juristische Alltag. Es würde zu weit führen, auf die Grundlagendiskussion näher einzugehen, die mit Namen wie Habermas 30 und Perelman31 verbunden ist, und auf denen aufbauend Alexy seine Theorie der juristischen Argumentation entwickeln konnte 32 • Es soll hier genügen, einige wenige praktische Aspekte zur Beleuchtung unseres Lösungsvorschlages herauszugreifen. Bleiben wir zunächst bei der typischen Alltagssituation des Juristen. Gröschner hat aus der Offenheit zum Dialog überhaupt erst eine Philosophie der Rechtspraxis ausgearbeitet 33 • Ein Beispiel einer solchen dialogischen Struktur findet er im Gutachtenstil, wie er im Rechtsstudium gelehrt und geübt wird34 . Doch handelt es sich dort allemal schon um Verkürzungen des juristischen Diskurses, an dessen Anfang die beteiligten Parteien stehen. Der Anwalt arbeitet wesentlich ,dialogischer' als der Gutachter, denn er muß den Parteienstandpunkt überhaupt erst aus der Konfrontation mit der gegnerischen Position (und manches Mal auch mit dem Klienten) gewinnen und als Reaktion darauf vorbringen - und das nicht nur bezüglich des Prozeßgegners, sondern auch mit Blick auf den entscheidenden Richter als Adressaten. Die Lage des letzteren wird meist auch nur verkürzend erfaßt. Der Richter entscheidet zwar - doch in den meisten gewichtigeren Fällen im Kollegium. Das bedeutet wiederum ein gewisses Maß an Auseinandersetzung und Argumentation. Mit dem gewonnenen Ergebnis muß er sich an die Parteien wenden und sie - besonders die unterlegene Seite - mit der Begründung zu überzeugen versuchen 35 • Damit nicht genug: Zunächst wird der Fall meist von einer unteren Instanz entschieden. Das Urteil schreibt er also 29 So ist das argumentierende, persönlich engagierte Vorgehen des anglo-amerikanischen Richters (dazu Kötz, Stil, 12ff.) der justizsyllogistischen, formalcartesianischen Urteilsbegrundung seines französischen Kollegen nicht nur an Verständlichkeit, sondern auch an Rationalität durchaus überlegen; vgl. die in Frankreich geäußerten Kritiken 0.4. Teil, 11, 5 Fn. 88. 30 Vgl. etwa Habermas, Legitimationsprobleme, 18ff., 144ff.; ds., Theorie, Bd. 2, 9, 144ff.; ds., Moralbewußtsein, 53ff., 127ff. 31 Vgl. Perelmann / Olbrechts-Tyteca als grundlegende Arbeit ferner Perelman 131ff. 32 Zu Alexy vgl. auch die Rez. von Gröschner, JZ 1985, 170 - 174; Aarnio / Alexy / Peczenik bzw. Broekman in Krawietz / Alexy (Hrsg.) 9 - 87 bzw. 89 - 115. 33 Gröschner 84 ff. 34 Gröschner 47 f. 35 Vgl. Perelman 214f.

238

4. Teil: Koordination im Kontext

auch mit Blick auf den Richter in der nächsten Instanz als Leser und handelnden Kritiker 36 . Damit wird eine vielfältige Diskurssituation eröffnet: Der Kreis der Teilnehmer wird sogar noch erweitert, indem durch die Öffentlichkeit des Verfahrens das Urteil publik werden kann. Damit löst es - zumindest in Fachkreisen - potentiell Zustimmung und Widerspruch aus. Der Diskurs nimmt in der Jurisprudenz seinen Fortgang. Da wird auch das Zusammenspiel mit andern staatlichen Subsystemen sichtbar; die Gewichte zwischen richterlicher Rechtsfortbildung und jene im Bereich der gesetzgebenden Gewalt werden hier austariert 37 . Die richterliche Gewalt bleibt dank ihrer Bemühung um Rationalität im Diskurs unter Kontrolle. Alexys Versuch, juristische Dogmatik in eine Theorie des rationalen Diskurses einzubinden, wirft für unser Modell Gewinn ab. Er zeigt nicht nur auf hohem theoretischen Niveau, wie Konsensbildung in der Jurisprudenz möglich wird 38 ; aufgrund der Forderung nach rationaler Kontrolle in jenem Bereich, der nicht ohne weiteres aus den vorhandenen Normen deduziert werden kann, hängt die ,Richtigkeit' des Konsenses von der Fähigkeit ab, die verwendeten Argumente rational zu begründen 39 . Indem in unserem Lösungsmodell der Bezug zum wirtschaftlichen Kontext transparent wird, bleibt er auch dort einsehbar, wo die Dogmatik in der Argumentation eine entlastende Funktion einnimmt. Wo Konsens erreicht ist, muß die Ableitung nicht jedes Mal neu vollzogen werden; sichtbar soll sie jedoch bleiben 4o • Die Kontrolle des Ergebnisses auf der andern Seite wird im Diskurs überhaupt erst möglich, da der Begründungszusammenhang der Überprüfung grundsätzlich offen steht. Die Konsistenz des Ergebnisses wird damit garantiert. Was die heuristische Funktion der Dogmatik betrifft, die zu neuen Fragen und Antworten führt, welche die Entwicklung des Rechts 36 Zum Einfluß der institutionellen Einbindung des Richters vgl. die Hinweise bei Olzen, JZ 1985, 157. 37 Illustrativ die sich an den Entscheid Nobel (BGE 102 II 313) anschließende Debatte, in die sich neben der juristischen auch die politische Öffentlichkeit einschaltete, und die schließlich das Parlament und die Exekutive beschäftigte (vgl. die Darstellung bei Keller, Me!. Grisel, 302ff.; H. A. Kaufmann 19ff.). 38 Faßbar wird solche Konsensbildung im historischen Prozeß der Herausbildung einer ,herrschenden Meinung', auch wenn die Wirklichkeit keineswegs die Rahmenbedingungen für eine ,ideale Diskussion' bereithält, vgl. Rita Zimmermann 43ff. 39 Vgl. dazu und zum Ganzen Alexy 326, 356ff.; ferner Horn, Rechtstheorie 1975, 145 - 160. 40 Die Entlastungsfunktion der ,herrschenden Meinung' und der Dogmatik schließt keinen Verzicht auf rationale Begründung in sich. Die Nachprüfung bleibt - unter Verschiebung der Argumentationslast - stets offen; vgl. dazu Alexy 320ff. und Koch / Rüssmann 184ff. Der Vorwurf mangelnder wissenschaftlicher Arbeitsweise, den Rita Zimmermann 104f. dagegen erhebt, verkennt, daß der rationale Diskurs - in dessen Kontext auch dieses Argument eingebettet ist - ein offenes Ende aufweist, also weitergeht.

IV, 3. Fluchtlinien der Dogmatik: Diskurs

239

gewährleisten41 und es vor Versteinerung bewahren, so hat unser Modell mit seiner Integration des wirtschaftlichen Kontextes den Vorteil, daß die ökonomische Dimension des Falles in den Fortgang des Diskurses eingebracht wird42 • Von hier aus wäre dann die Brücke zu schlagen zur Topik als Entscheidungshilfe, wie sie die bereits klassisch gewordene Schrift Viehwegs ins Spiel gebracht hat 43 . Auch sie kann der Differenzierung nicht entraten; wo sie bereits gewonnene Erfahrungen einbringt, kann die Reduktion auf einen kleineren Ausschnitt die Arbeit erleichtern. Der Zusammenhang des zum Topos gewordenen Satzes mit der wirtschaftlichen und der juristischen Ebene stellt hier jedoch ebenfalls, trotz der Verkürzung der Argumentation auf das Beispiel, höchstmögliche Rationalität sicher. Damit meinen wir die Frage, ob Dogmatik in unserem Lösungszusammenhang möglich ist, beantwortet zu haben. Freilich, es ist kein deduktives System, was wir gefunden haben, sondern erfordert induktives Vorgehen. Doch dessen Vorzüge hat schon Savigny in seiner Reaktion auf die deduzierende Naturrechtslehre des 18. Jhdts. herausgestellt. Darin ist er noch nicht überholt.

Vgl. Alexy 332. Vgl. zur Verzahnung verschiedener Modellebenen als Chance zur Rechtsfortbildung Teubner, ARSP 1982, 13 - 59. 43 Eine Verträglichkeit von Systemdenken und Ergebnissen der Topik-These hält aufgrund eines differenzierteren Systembegriffs auch Mayer-Maly, Rechtswissenschaft, 69ff. für möglich. Zum Zusammenspiel von deduktiv-systematischer und induktiv-pragmatischer Methode vgl. auch Wieacker, Ausgew. Sehr., Bd. 2, 58 - 80 (ursp. ds., FS Gadamer, Bd. 2, 311 - 336). Beziehungen zwischen Topik LS. Viehwegs und den Diskursansätzen umreißt als Arbeitsfeld zur Gewinnung einer konsensorientierten Rechtsgeltung Lüderssen, FS Coing (1982), Bd. 1, 549 - 564. 41

42

Fünfter Teil

Ausblick Die Warnung vor der inflationären Wirkung des zunehmenden Ausstoßes von Gesetzen droht zwar als bequemes Schlagwort im politischen Alltag zu verkommen, hat aber andererseits Anlaß gegeben zur Besinnung auf Aufgaben!, Technik, Möglichkeiten und Grenzen der Gesetzgebung 2 . Sucht man nun zur Abhilfe in der vermehrten Verwendung von GeneralklauseIn das HeiP, so gerät man leicht vom Regen in die rechtspolitische Traufe. Vor der ,Flucht des Gesetzgebers in die GeneralklauseI' hatte Hedemann einst gewarnt; der einprägsame Titel hat aber nicht nur die Wirkung als Schlagwort garantiert, sondern auch vergessen lassen, wie fugenlos sich der Autor mit dieser Schrift in den geistigen Horizont einpaßte, in welchem er in den Dreißiger Jahren wirkte4 . Abgelöst von der Regelungsproblematik und dem realen Hintergrund geraten Funktion und Aufgabe des juristischen Instrumentariums leicht aus dem Blickfeld. Mit stilistischen und sprachpflegerischen Entschlackungskuren lassen sich grundsätzliche Reformen, wie sie die feinen Verästelungen der Gesetzgebung oft indizieren, weder vermeiden noch ersetzen oder durchführen. Ebensowenig ist es sinnvoll mit verkürzenden Parolen für oder gegen die Anwendung von Generalklauseln Stellung zu beziehen, wenn nicht klar wird, für welche Aufgabenbereiche sie dienen oder dienen sollen. Der Gedanke, daß juristisch-technische Lösungen sinnlos sind und nur zu wildem Wuchern gesetzlicher und richterlicher Korrekturen und Regelungen führen, wenn sie von ihrem wirtschaftlichen Hintergrund abgelöst werden, hat uns in diesem Lösungsversuch geleitet. In einem kleinen Bereich wollten wir zeigen, was wissenschaftliche Durchdringung bestehenden Rechts leisten kann zur Entlastung und Vereinfachung. Unsere Fragestel1 Vgl. etwa H. Honsell, Vom heutigen Stil der Gesetzgebung, 1979; Mayer-Maly, FS Jurist. Ges. Berlin, 423 - 430; Schmitz, Die Gesetzesflut, Verh. ÖJT 7 (1979) Bd. 1, l.B. 2 Grundlegend Noll, Gesetzgebungslehre, 1973 (vgl. dazu Hug, GS Rödig, 3 - 18); ferner Börlin / Keller / Zumstein in Eichenberger (Hrsg.), 295': 314; Vogel, JZ 1979, 321 - 325; Heldrich, FS Zweigert, 811 - 825; Öhlinger (Hrsg.), Methodik der Gesetzgebung, 1982. 3 Kritisch zu solchen Vorschlägen etwa v. Maydell, FS Jurist. Ges. Berlin, 419. 4 Vgl. etwa Justus Wilh. Hedemann, Anregungen zur Rechtserneuerung. Aberkennung der Rechtsfähigkeit, in: Dt. Gemein- und Wirtschaftsrecht (Hrsg. von Roland Freisler) 1 (1935/36) 108 - 110; ds. in Freisler / Hedemann, Deutsches Gemeinrecht im Werden, Berlin 1940, 15, 34.

5. Teil: Ausblick

241

lung steht in zweifacher Hinsicht in der Nähe der Problematik von Normenflut und Generalklausel5 • Mit der Diskussion um den Einsatz der GeneralklauseI berührt sie sich, indem sie sich mit der Warnung vor der Eigendynamik eines bloßen Richterrechts auseinandersetzen muß 6• Mit der Forderung nach Eindämmung der Normenflut bestehen Gemeinsamkeiten, weil evident wird, wie hier richterliche Abstinenz zum Ruf nach dem Gesetzgeber verleitet, - wenn er nicht gar schon auf den Plan getreten ist. Bequeme Lösungen können wir nicht präsentieren. Hingegen meinen wir, in einem sensitiven Bereich ökonomischer Feinsteuerung rechtliche Gesichtspunkte beigebracht und entwickelt zu haben, die sich zum Teil verallgemeinern lassen. Wie wir schon angemerkt haben, treffen wir in der Rechtsentwicklung stets wieder auf die Schrittmacherfunktion des Handelsrechts für das allgemeine Privatrecht; Lösungen, die uns heute als selbstverständlich erscheinen, wurden in diesem Spezialbereich vorbereitet und ausgetestet. Redintegration von Sonderprivatrecht hat in der Verallgemeinerung handelsrechtlicher Regelung ihre gute Tradition. Institute wie kaufvertragliche Wandlung oder Minderung, die als solche für unser Rechtsempfinden zum gesicherten Inventar eines Privatrechts gehören, sind zunächst von der Kautelarjurisprudenz ausgearbeitet und im Handel erprobt worden, bevor sie vom Aedil aufgrund ihrer Bewährung im Wirtschaftsleben als Sonderrecht instrumentalisiert werden konnten, bis sie schließlich allgemeine Geltung erlangten. Die Bedürfnisse der Praxis haben maieutische Funktion gehabt; oder anders formuliert, das Privatrecht hat in seiner Entwicklung in einem autonomen Bereich die ökonomische Feinsteuerung sekundiert. Hält man sich solche Erfahrungen im Blick auf das Verhältnis zwischen Wirtschaft und ihrer rechtsdogmatischen Bewältigung vor Augen, so wird die Alternative Richter statt Gesetzgeber oder Gesetzgeber statt Richter fragwürdig. Der eine läßt sich nicht gegen den andern ausspielen. Weder kann das Heil in einer zentralen Steuerung liegen, noch in einer dezentralen richterlichen Rechtsschöpfung. Beides hat zu seiner Zeit und an seinem Ort seinen guten Sinn. So darf also die Besinnung auf die Selbststeuerungsfähigkeit des autonomen Teilbereichs Privatrecht, wie sie in der jahrhundertealten Tradition und Erfahrung mit dem dogmatischen Instrumentarium faßbar wird, nicht Isolierung der privatrechtlichen Steuerung bedeuten. Einmal ist diese nämlich nicht nur offen gegenüber dem Wirtschaftsgeschehen, sie deckt sich zudem mit dem Bereich ökonomischer Selbststeuerung in einer liberalen Wirtschaftsordnung, die als Leitbild nicht nur heuristischen Wert, sondern Vgl. dazu Zimmermann 181 f. So die von Zimmermann 177 ff. vorgebrachten Befürchtungen vor einem richterlichen Moderationsrecht. 5

6

16 Bürge

242

5. Teil: Ausblick

auch zunehmende Aktualität hat. Als Ausschnitt einer höheren Komplexität im Gesamtzusammenhang von Wirtschaft und Gesellschaft ist sie in mehrfacher Hinsicht der Kontrolle unterworfen. Rechtsdogmatik, Analyse der ökonomischen Problemlage und schließlich die Möglichkeiten der Folgenkontrolle wie des Diskurses bieten geeignete Werkzeuge. Diskurs und institutionelle Einbindung des Richters verlagern dabei von Fall zu Fall den Schwerpunkt mehr auf die Außenkontrolle oder auf die Kontrollinstrumente innerhalb des Systems - und des Systemdenkens. Das zu zeigen, war unser Anliegen. Man mag in einer solchen Stellungnahme zur Problembewältigung im Privatrecht die wertkonservative Komponente, nämlich die große Bedeutung des Autonomiedenkens im Modellansatz im Anschluß an neuere terminologische Schöpfungen post-modem nennen. In der Tat hat das, was sich als reflexive Steuerung in der modemen Diskussion präsentiert7, eine lange Tradition, die sich nicht von einer bestimmten Ideologie vereinnahmen läßt B• Es kann vom reichen Erfahrungsschatz zehren, der sich im Laufe der Privatrechtsentwicklung angesammelt hat. Daß das Privatrecht heute nicht nur wie stets die Impulse ökonomischer Feinsteuerung aufnimmt und die Korrekturen im Einzelfall mit Blick auf den Systemzusammenhang durchführt 9 , sondern den Vorgang der Rezeption ökonomischer Kategorien modellhaft deutlich machen muß, ist nicht nur Folge der erst jungen Ausformung der Nationalökonomie als Wissenschaft, sondern auch Konsequenz einer zunehmenden Komplexität wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Geschehens. Die Ausdehnung des Diskurses auf zusätzliche Komponenten ist mehr als eine bloße Erweiterung der Teilnahme am Entscheid. Die Öffnung des Lösungsverfahrens durch Einarbeitung einer ökonomischen Ebene bietet die Chance, Erfahrungen und Lösungen sich verdichten zu lassen, bis sie sich als Dogmatik präsentieren können. Diese gestattet ihrerseits Kontrolle, aber auch die Vereinfachung und Entlastung des Diskurses. In der reflektierenden Tätigkeit und im Bereitstellen des Instrumentariums kommt der Wissenschaft eine eigene Verantwortung zu. Eine solche Bewältigung wirtschaftlichen Geschehens durch Dogmatik und Rechtswissenschaft sehen wir als Beitrag zur Eindämmung der Normenflut. Eingriffsgesetze, die dem Steuerungsideal alter Prägung verpflichtet sind, werden so vermieden. Frankreich hat in unseren Fallgruppen am eindrücklichsten den Weg der Gesetzgebung beschritten und dabei auch Vgl. die Postulate von Teubner / Wilke, ZfRSoz 1984,4 - 35. Vgl. nur etwa die Beurteilung der theoretischen Ansätze im Werk von J.-B. Proudhon durch J. Garnier, Journal des economistes 6 (1843) 290 - 296, bes. 292. 9 Zum systematischen Bezug richterlicher Rechtsfortbildung vgl. Diedenchsen, FS Wieacker, 325 - 339. 7

8

5. Teil: Ausblick

243

vorgeführt, wie - beispielsweise bei der Wuchergesetzgebung - wettbewerbshemmende Nebeneffekte, die letzten Endes der Konsument zu berappen hat, in Kauf genommen werden müssen, oder wie - etwa bei der Beschränkung von Bezugsverpflichtungen - allgemeine Normen zu wenig griffig ausfallen können und nicht anders als allzu detaillierte Lösungen den Ruf nach dem Gesetzgeber, nach den Korrekturen der Korrektur nicht zum Verstummen zu bringen vermögen. Der Weg über die richterliche Entscheidung bedeutet, sich auf die vorhandenen Strukturen einzulassen. Wo sich der Gesetzgeber klar für das Grundmuster einer Wirtschaftsordnung ausgesprochen hat, kann die Folge nicht richterliche splendid isolation sein. Vielmehr ist die Aufforderung zu hören, das von der Rechtsordnung intendierte Wirtschaftsmodell in seiner rechtlichen Bedeutung ernst zu nehmen und ihm mit den spezifischen Mitteln der Jurisprudenz gerecht zu werden. Auf die Vorteile haben wir bereits hingewiesen. Fallnähe ist möglich, ohne daß die rechtstheoretische und -systematische Rückbindung aufgegeben werden muß. Flexibilität im Einzelfall wird erreicht ohne Aufgabe der strukturellen Textur. Dadurch ist die Transparenz der Lösung und des Erkenntnisprozesses gesichert. Es wäre nun reizvoll, die Praktikabilität unseres methodischen Ansatzes, den wir vorwiegend an den Fällen der wucherischen Darlehenszinsen und der überlangen Bezugsbindungen herausgearbeitet haben, auf andere Probleme zu übertragen. Naheliegend wäre die Diskussion um die Teilnichtigkeit einzelner AGB-Klauseln, die in der BRD bald nach Inkrafttreten des AGB-Gesetzes aufgeflammt ist. Wiederum geben die Materialien keine Auskunft, da die Problematik in dieser Form vorher nicht bestanden hatte und daher wegen der fehlenden Vorstrukturierung durch richterliche Entscheidungen dem Diskurs schwer zugänglich war. Wie bei den russischen Puppen, die stets noch eine weitere in sich bergen, ist das, was in diesem Bereich mit dem Strich des Gesetzgebers endgültig ausdiskutiert schien, unversehens und nur in der Dimension verkleinert, wieder ins Gespräch gekommen. Es erstaunt nicht, daß wieder die harten Töne des Festhaltens am Allesoder-Nichts-Prinzip erklingen 10, und daß die Gerichte wiederum liebe Mühe haben, ihre moderierende Tätigkeit unter den notorischen dogmatischen Mustern zu verbergen. So finden sich in einem Urteil über einen Automatenaufstellvertrag hintereinander das Verfahren der "interessengerechten Auslegung", welches zwei Klauseln "zum überwiegenden Teil wirksam" bleiben 10 Einen Überblick über den Stand der Meinungen bieten Hager 64 Fn. 3 und 7 sowie Kötz, MÜllChK, 2. A., Rz 9 zu § 6 AGBG in Fn. 4, die beide für Offenhaltung der Möglichkeit einer geltungserhaltenden Reduktion eintreten. Seit BGHZ 84, 109, 114ff. = NJW 1982, 2310 (vgl. etwa auch BGH WM 1983, 916; BGH NJW 1984, 2404, 2406) scheint die Rsp. auch der unteren Instanzen auf das Alles-oder-Nichts-Prinzip eingeschwenkt zu sein (vgl. die Übersicht bei Bunte, AGBE, Bd. 4 (1983) 127 - 183).

16"

244

5. Teil: Ausblick

läßt, das Vorgehen mit ergänzender Vertragsauslegung und schließlich die Abtrennung einzelner Teile einer Klausel, so daß sie mit dem ,,- auch inhaltlich nicht zu beanstandenden - restlichen Inhalt" aufrecht erhalten werden konnte. Daß der Vertrag "damit eine nicht ganz unwesentliche Änderung" erfuhr, ist zwar dem BGH nicht entgangen l l . Daß die Korrekturen aber fast ausschließlich die Stellung im Wettbewerb betrafen, nämlich die Überwälzung des Risikos für die Sicherung des Marktanteils vom Aufsteller auf den Gastwirt zu Lasten von dessen Wettbewerbsfähigkeit, das hingegen blieb verdeckt. Der Gedanke, sich am Marktmodell zu orientieren und den Vertrag statt an der nicht aussagekräftigen starren Zeitdauer zu messen, mit Hilfe der dem Wettbewerb adäquaten Parameter zu kontrollieren und notfalls zu korrigieren, hätte jedoch ökonomische Rationalitäten sichtbar machen können. Freilich wäre der Preis dafür ein Verzicht auf das Axiom der notwendigen Gesamtnichtigkeit einzelner Klauseln gewesen, dem aber wiederum ein Gewinn an Transparenz für die Lösung gegenübergestanden hätte. Ähnliches ist zur Rechtsprechung zu den sogenannten Tagespreisklauseln zu sagen 12 • Wenn der BGH zwar auf Nichtigkeit bestimmter solcher Klauseln schließt13, andererseits mit Hilfe ergänzender Vertragsauslegung über eine gemäß §§ 315/316 BGB vorgenommene Preisbestimmung doch wieder auf den vom Hersteller festgelegten Listenpreis kommt und dabei kostentheoretisch argumentiert und überdies für soziale Härtefälle ein Lösungsrecht vorsieht14, verblüfft er nicht nur den juristischen Laien; er entschlägt sich auch eines Marktmodells, das doch gerade das AGB-Gesetz mit seiner Wiederbelebung rechtsgeschäftlicher Entscheidungsfreiheit nahelegen würde. Das Verhandlungsmodell als Ansatz wird jedoch nicht einmal in Erwägung gezogen 15 , statt dessen feiern für den einen Aspekt das Modell der Sozialhilfe16 , für den andern jenes einer Zunftordnung mit seiner Gleichsetzung von Preis und Kosten Urständ. Da die Darlegungslast für überzogene Kalkulation und getätigte Fehlallokationen beim Käufer liegt und der Hersteller zudem die Nachkalkulation intern nicht nur zur betriebswirtschaftlichen Analyse verwenden, sondern angenehmerweise auch in die Preisgestaltung einfließen lassen kann - sofern er nur nicht das GleichbehandlungsgeBGH NJW 1985, 53. Vgl. dazu etwa Bunte, NJW 1984, 1145 - 1150; Bechtold, BB 1983, 1636 - 1639; Jung, BB 1983, 1058 - 1060; Ulmer, BB 1982, 1125 - 1132; Löwe, BB 1982, 152 - 158; Hager, JuS 1985, 264 - 270. 13 BGH NJW 1982, 331. 14 BGH NJW 1984, 1177 = BB 1984, 486 (mit Anm. v. Trinkner und Löwe); dazu noch BGH NJW 1985, 621. 15 Über die mit der Neuverhandlungspflicht zusammenhängenden Informationspflichten s.o. 4. Teil, III bei Fn. 52f. und bes. Steindorff, BB 1983, 1130. 16 Zutreffend hierin die Kritik von Löwe, BB 1984, 494f.; diese Gestaltung verteidigt hingegen Bartsch, DB 1983, 215ff. 11

12

5. Teil: Ausblick

245

bot verletzt - wird der Schritt zur Bürokratisierung marktwirtschaftlicher Effizienz mutig vollzogen, ohne daß deswegen die Bücher auch nur einen Spalt breit geöffnet werden müßten 17 . Warum soll eine gut eingespielte, servicebewußte Verkaufsorganisation nicht auch mit dem Instrument der Kaufoption den Markt gezielt und wirksam bearbeiten können? Die französische Rechtsprechung zu den Bezugsbindungen hätte jedoch zeigen können, welchen Stellenwert einer ausgehandelten Preisvereinbarung in einer Marktordnung zukommt. Daß der Markt selbst bei einer so extremen Einstellung der Gerichte, wie wir sie in Frankreich beobachtet haben, nicht zusammenbricht, könnte nicht nur zur Beruhigung dienen, sondern auch Informationen zur Folgenbeurteilung liefern. Aus offensichtlichen Schwachstellen des französischen Modells läßt sich lernen. Dem Grundsatz der Vertragstreue, wie er in der Teilnichtigkeitsvermutung des AGB-Gesetzes zum Ausdruck kommt, wird man, wie wir gezeigt haben, beispielsweise auch mit Neuverhandlungspflichten und allfälligen Schadenersatzansprüchen bei deren Verletzung gerecht. Im einen wie im andern dieser beiden Beispielsfälle wird jedoch die Gretchenfrage obsolet, ob man es mit der Teil- oder mit der Gesamtnichtigkeit halte. Beides ist je nach Konstellation möglich. Neue Wege stehen offen auch für andere Fallgruppen. Bei den Haftungsklauseln 18 ließen sich beispielsweise die Früchte der Bemühungen ernten, ökonomische Kriterien zur Schadensverteilung zu entwickeln. Die Beweglichkeit, die unser Lösungsmodell auszeichnet, wird belohnt mit einern Gewinn an wirtschaftlicher Nähe, ohne daß wir auf Klarheit in der dogmatischen Erfassung verzichten müssen. Im Gegenteil, indern wir die Verbindungslinien zu ökonomischen Rationalitäten deutlich ziehen, wird die Entscheidung erst transparent.

17 Vgl. BGH NJW 1984, 1177, 1180; BGH NJW 1985, 621, 622 und zuletzt NJW 1985,853,855 in bezug auf einen Dauervertrag. 18 Vgl. die Problematik in BGH NJW 1984, 1350; dazu Kötz, NJW 1984, 2447f. Nach dem auch in seiner Argumentation widerspruchsvollen Urteil BGH 24.9.1985 VI ZR 4/84 - JZ 1986, 342 (mit krit. Anm. von Prölss bezüglich der vom BGH gegen eine geltungserhaltende Reduktion vorgebrachten Argumente) darf man sich allerdings in dieser Richtung vorerst wenig erhoffen.

Konkordanz der verwendeten deutschen Rechtsprechung Die Konkordanz soll das Auffinden der verwendeten deutschen Judikatur in anderen als den jeweils zitierten Zeitschriften erleichtern. Im Text ist in der Regel der erstgenannte Publikationsort angeführt.

Entscheidungen des Bundesgerichtshofs BGH 16. 1.1985 - VIII ZR 153/83

NJW 1985, 853 = MDR 1985, 853 260 = ZIP 1985, 284

BGH 31.10.1984 - VIII ZR 220/83

NJW 1985, 621 1644

BGH 20.6.1984 - VIII ZR 337/82

NJW 1984, 2404 = MDR 1985, 50 = BB 1984, 1639 = DB 1984, 1980 = WM 1984, 1100 = ZIP 1984, 1236

BGH 29.2.1984 - VIII ZR 350/82

NJW 1985, 53 = MDR 1985, 223 = BB 1984, 1508 = DB 1984, 2403 = WM 1984, 663 = ZIP 1984,841

BGH 1.2.1984 - VIII ZR 54/83

BGHZ 90, 69 = NJW 1984, 1177 = BB 1984, 486 = DB 1984, 657 = WM 1984, 309 = ZIP 1984,330

BGH 23.11.1983 - VIII ZR 333/82

WM 1984, 88 = ZIP 1984, 335 = GRUR 1984, 298

BGH 30.6.1983 - III ZR 114/82

NJW 1983, 2692 = BB 1983, 1882 = DB 1983, 2185 = WM 1983, 951 = ZIP 1983, 1047

BGH 2.12.1982 - m-ZR 90/81

NJW 1983, 1420 = MDR 1983, 469 = BB 1983, 1881 = DB 1983, 1811 = WM 1983, 115 = ZIP 1982,282 = JuS 1983, 801

=

BB 1985, 481

= WM 1985, =

WM 1984,

BGH 6.10.1982 - VIII ZR 201/81

NJW 1983, 159 = BB 1982, 2071 1354 = ZIP 1982, 1449

= WM

BGH 10.3.1976 - VIII ZR 268/74

BGHZ 76, 186 = WM 1976, 508 = MDR 1976, 834 = DB 1976, 1010 = WuW 1976,791 (E BGH 1443) = LM Nr. 23 § 242 (Be) BGB

BGH 21.1.1976 - VIII ZR 113/74

WM 1976, 385 = NJW 1976, 891 = MDR 1976, 571 = BB 1976, 483 = DB 1976, 669 = ZMR 1976, 138

BGH 12.12.1975 - V ZR 28/75

WM 1976, 322

BGH 7.5.1975 - VIII ZR 210/73

BGHZ 64, 288 = NJW 1975,1268 = MDR 1975, 749 = BB 1975, 811 = DB 1975, 1215 = WM 1975,623

1982,

= DB 1976, 573

Konkordanz der Rechtsprechung

247

BGH 22.1.1975 - VIII ZR 243/73

WM 1975, 307 = MDR 1975, 399 = DB 1975, 638 = LM Nr. 37 § 138 (Bb) BGB = Rpfleger 1975,171

BGH 8.1.1975 - VIII ZR 126/73

BGHZ 63, 365 = JZ 1975, 248, 439 = NJW 1975, 638 = MDR 1975, 396 = WM 1975, 254 = JR 1975, 324 = LM Nr. 9 § 138 (Ce) BGB = JuS 1975,396

BGH 30.10.1974 - VIII ZR 69/73

NJW 1975, 44, 1108 = MDR 1975, 134 = BB 1974, 1506; 1975, 12 = DB 1974, 2468 = WM 1974, 1180 = JuS 1975, 118 = ZMR 1975, 144

BGH 16.117.9.1974 - VIII ZR 116/72 NJW 1974, 2089 = MDR 1975, 748 = DB 1974, 2048 = WM 1974, 1042 = Warn 1974 II, 572 = WuW 1975, 277 (E BGH 1343) = LM Nr. 36 § 138 (Bb) BGB BGH 7.3.1974 - VII ZR 148/73

NJW 1974, 942 = MDR 1974, 659 = BB 1974, 526 = DB 1974, 863 = JZ 1974, 451 = JR 1974, 465 = LM Nr. 25 § 398 BGB

BGH 17.10.1973 - VIII ZR 91/72

WM 1973, 1360 = MDR 1974, 396 = Warn 1973 II, 642 = WuW 1974, 422 (E BGH 1302) = LM Nr. 35 § 138 (Bb) BGB

BGH 8.7.1982 - III ZR 60/81

NJW 1982, 2433 = MDR 1982, 114 = BB 1982, 1824 = WM 1982, 921 = ZIP 1982, 1047 = LM Nr. 32 § 138 (Be) BGB

BGH 8.7.1982 - III ZR 1/81

NJW 1982, 27.67 = WM 1982, 1050 1181 = JuS 1983, 62

= ZIP 1982,

BGH 29.6.1982 - KZR 19/81

BGHZ 84, 322 = NJW 1982, 2872 = MDR 1982, 907 = BB 1982, 1503 = DB 1982, 2179 = WuW 1983, 387 (E BGH 1975) = WRP 1982, 578 = LM Nr. 20 § 34 GWB = GRUR 1982, 636

BGH 17.5.1982 - VII ZR 316/81

BGHZ 84,109 = NJW 1982, 2309 = MDR 1982, 921 = BB 1982, 1750 = DB 1982, 1821 = ZIP 1982,969

BGH 6.5.1982 - III ZR 11/81

NJW 1982, 1981 = MDR 1982, 992 = BB 1982, 1260 = DB 1982, 1558 = WM 1982, 740 = LM Nr. 7 § 138 (Ba) BGB

BGH 7.4.1982 - VIII ZR 323/80

WM 1982, 712 698

BGH 31.3.1982 - I ZR 56/80

BGHZ 83, 313 = NJW 1982,1692 = MDR 1982, 637 = BB 1982, 1016 = DB 1982, 1718 = WM 1982, 694 = ZIP 1982, 702

BGH 7.10.1981- VIII ZR 229/80

NJW 1982, 331 = MDR 1982, 486 146 = DB 1982, 462 = WM 1982, 9

BGH 15.6.1981 - VIII ZR 166/80

NJW 1981, 2246 = MDR 1981, 1009 = BB 1981, 1593 = WM 1981, 1032 = WuW 1982, 54 (E BGH 1846) = ZMR 1981, 311

= MDR

1982, 924

= ZIP

1982,

= BB 1982,

248

Konkordanz der Rechtsprechung

BGH 12.3.1981- III ZR 92/79

BGHZ 80, 153 = NJW 1981, 1206 = MDR 1981, 564 = BB 1981, 927 = DB 1981, 1080 = WM 1981, 353 = JZ 1981, 344 = JR 1981, 364 = ZIP 1981,369

BGH 15.10.1980 - VIII ZR 192/79

BGHZ 78, 248 = NJW 1981, 230 = MDR 1981, 222 = BB 1981, 332 = DB 1981, 332 = JR 1981, 248 = ZIP 1980, 1094

BGH 17.4.1980 - III ZR 96/78

NJW 1980, 2076 = MDR 1980, 827 = BB 1980, 1292 = WM 1980, 260 = LM Nr. 29 § 138 (Be) BGB

BGH 10.4.1980 - III ZR 59/79

NJW 1980, 2074 = MDR 1980, 827 = BB 1980, 1290 = WM 1980, 892 = ZIP 1980, 642 = LM Nr. 28 § 138 (Be) BGB

BGH 25.3.1980 - KZR 17/79

NJW 1981, 343 = MDR 1980, 734 = DB 1980, 1743 = WM 1980, 1293 = WuW 1980, 608 (E BGH 1700) = GRUR 1980, 809

BGH 22.2.1980 - V ZR 135/76

WM 1980, 877 = MDR 1980, 659 § 138 (Be) BGB

BGH 25.10.1979 - III ZR 182/77

NJW 1980, 445 = MDR 1980, 209 = DB 1980, 251 = WM 1980, 10 = Warn 1979 11, 844 = LM Nr. 24 § 138 (Be) BGB

BGH 13.7.1979 - V ZR 122/77

NJW 1979, 2149 = MDR 1980, 46 = BB 1980, 909 = DB 1979, 2177 = WM 1979, 1153 = Warn 1979 11, 653 = LM Nr.47 § 138 (Bb) BGB = Rpfleger 1979, 411

BGH 29.6.1979 - III ZR 156/77

NJW 1979, 2089 = MDR 1979, 1001 = BB 1979, 1469 = WM 1979, 966 = Warn 1979 I, 540 = LM Nr. 23 § 138 (Be) BGB

BGH 18.5.1979 - V ZR 70/78

BGHZ 74, 293 = NJW 1979, 2150 = MDR 1979, 922 = BB 1979, 1259 = DB 1979, 1694 = WM 1979,947 = Rpfleger 1979, 375

BGH 13.3.1979 - KZR 23/77

NJW 1979, 1605 = BB 1979, 1163 = WuW 1979, 752 (E BGH 1600) = GRUR 1979, 657

BGH 6.3.1979 - KZR 12/78

NJW 1979, 2247 = MDR 1979, 733 = DB 1979, 1274 = WM 1979, 675 = WuW 1979, 594 (E BGH 1592) = WRP 1979, 453 = GRUR 1979, 488

BGH 17.1.1979 - VIII ZR 262/77

NJW 1979, 865 = MDR 1979, 663 = DB 1979, 1981 = Warn 1979 I, 23 = LM Nr. 44 § 138 (Bb) BGB

BGH 11.1.1979 - III ZR 119/77

NJW 1979, 808 = MDR 1979, 476 = BB 1979, 444 = DB 1979, 980 = WM 1979, 270 = Warn 1979 I, 12 = LM Nr.19 § 138 (Be) BGB

BGH 6.12.1978 - VIII ZR 282/77

NJW 1979, 2250 = MDR 1979, 490 = WM 1979, 252 = DNotZ 1979,418 = ZMR 1979, 240

= LM Nr.

27

Konkordanz der Rechtsprechung BGH 9.11.1978 - III ZR 21177

BGH 15.3.1978 - VIII ZR 254/76

249

NJW 1979, 805 = MDR 1979, 476 = BB 1979, 343 = DB 1979, 979 = WM 1979, 225 = LM Nr.18 § 138 (Be) BGB = VersR 1979, 651

BGHZ 71, 80 = NJW 1978, 1155 = MDR 1978, 921 = BB 1978, 638 = DB 1978, 1074 = WM 1978, 618 = JR 1978, 290

BGH 1.12.1977 - KZR 6176

NJW 1978, 822 = MDR 1978, 556 = BB 1978, 167 = DB 1978, 739 = WM 1978, 216 = WuW 1978, 154 (E BGH 1498) = WRP 1978, 202 = GRUR 1978, 323

BGH 14.10.1977 - V ZR 253174

NJW 1978, 695 = WM 1978, 167

BGH 30.3.1977 - VIII ZR 300175

WM 1977, 641 = LM Nr.16 § 138 (Be) BGB

BGH 21.3.1977 -11 ZR 96175

BGHZ 68, 204 = NJW 1977, 1233 = JR 1977, 410 = MDR 1977, 730 = BB 1977, 769 = WM 1977, 582 = JZ 1977, 555 = LM Nr. 40 § 138 (Bb) BGB

BGH 8.4.1976 - II ZR 203174

DB 1976, 2106 = WM 1976, 1027

BGH 27.6.1973 - VIII ZR 98172

NJW 1973, 1498 = BB 1973, 998 905 = ZMR 1973, 298

BGH 23.5.1973 - VIII ZR 164/71

WM 1973, 924

BGH 31.1.1973 - VIII ZR 131/71 BGH 25.1.1973 - II ZR 139/71

BGH 14.6.1972 - VIII ZR 14171

BGH 19.3.1971 - V ZR 143/69

= WM

1973,

= DB 1973, 1843

WM 1973, 357 = BB 1973, 637 = Warn 1973 I, 69 = WuW 1973, 708 (E BGH 1282)

BGHZ 60, 102 = NJW 1973, 465 = MDR 1973, 385 = WM 1973, 241 = LM Nr. 7 § 656 HGB = VersR 1973, 241

NJW 1972, 1459 = MDR 1973, 43 = BB 1972, 937 = DB 1972, 1475 = WM 1972, 1224 = WuW 1973,707 (E BGH 1281) = JuS 1972, 600

LM Nr. 46 § 139 BGB = MDR 1971, 468 = BB 1971, 760 = WM 1971, 618 = Warn 1971 I, 236 = DNotZ 1971, 410

BGH 3.3.1971 - VIII ZR 55170

NJW 1971, 1034 = BB 1971, 413 = DB 1971, 74 = WM 1971, 503 = Warn 1971 I, 151 = LM Nr. 8 § 138 (Be) BGB

BGH 12.11.1970 - VII ZR 34/69

BGHZ 55, 34 = NJW 1971, 372, 1129 = MDR 1971, 291 = BB 1971, 102 = DB 1971, 140 = LM Nr. 23 § 398 BGB

BGH 29.10.1970 - KZR 9/69

GRUR 1971, 272 = WM 1971, 98 352 (E BGH 1168)

BGH 7.10.1970 - VIII ZR 202/68

NJW 1970, 2243 = MDR 1971, 125 = BB 1970, 1419 = DB 1970, 2167 = WM 1970, 1402 = Warn 1970 II, 500 = LM Nr. 31 § 138 (Bb) BGB

BGH 9.4.1970 - KZR 7/69

BGHZ 54, 145 = NJW 1970, 2157 = MDR 1970, 910 = BB 1970, 1190 = WM 1970, 1188 = JZ 1971, 179 = WuW 1970, 745 (E BGH 1113) =

= WuW 1971,

250

Konkordanz der Rechtsprechung WRP 1970, 384 103

= GRUR 1971, 42 = JuS

1971,

BGH 2.10.1969 - KZR 10/68

WM 1970, 99 = NJW 1970, 279 = BB 1970, 11 = DB 1970, 45 = Warn 1969 11, 717 = WuW 1970, 227 (E BGH 1041) = WRP 1970, 113 = LM Nr. 27 § 138 (Bb) BGB = GRUR 1970, 195 = DNotZ 1970, 240

BGH 12.6.1969 - VII ZR 13/67

WM 1969, 1072 2078

BGH 9.6.1969 - VII ZR 49/67

BGHZ 52, 171 = NJW 1969,1662 = MDR 1969, 836 = DB 1969, 1285 = WM 1969, 923 = JZ 1970, 368 = WuW 1969, 569 (E BGH 1013) = WRP 1969, 411 = LM Nr. 1 § 624 BGB

BGH 16.12.1968 - III ZR 151/66

WM 1969, 335

BGH 25.1.1967 - VIII ZR 206/64

NJW 1967, 228 = DB 1967, 374 = WM 1967, 257 = Warn 1967 I, 48 = ZMR 1967, 199, 238

BGH 23.1.1967 - 11 ZR 166/65

BGHZ 46,392 = NJW 1967,1081 = MDR 1967, 385 = BB 1967, 309 = DB 1967, 502 = WM 1967, 288 = LM Nr.17 § 142 HGB = FamRZ 1967,279

BGH 21.12.1966 - V ZB 24/66

BGHZ 46, 253 = NJW 1967,627 = MDR 1967, 291 = BB 1967, 332 = WM 1967, 95 = JZ 1967, 413 = LM Nr.4 § 1093 BGB = DNotZ 1967, 183 = ZMR 1967, 85, 305 = Rpfleger 1967,143

BGH 28.10.1966 - V ZR 208/63

DB 1966, 1884 = BB 1966, 1322 = WM 1966, 1221 = MDR 1967, 119 = Warn 1966 11, 444 = JR 1967, 19 = LM Nr.15 § 138 (Aa) BGB

BGH 20.5.1966 - V ZR 214/64

LM Nr. 34 § 139 BGB = MDR 1966, 749 = DB 1966, 1390 = Warn 1966 I, 238 = FamRZ 1966, 445 = VersR 1966, 899

BGH 22.1.1964 - VIII ZR 274/62

MDR 1964, 747 § 138 (Bc) BGB

BGH 15.5.1963 - VIII ZR 60/62

BB 1963, 793 = MDR 1963, 837 = DB 1963, 991 = WM 1963, 763 = ZMR 1963, 272

BGH 3.4.1963 - VIII ZR 217/61

NJW 1963, 1197 = MDR 1963, 674 = BB 1963, 535 = DB 1963, 653 = LM Nr.19 § 779 BGB

BGH 18.4.1962 - VIII ZR 245/61

NJW 1962, 1148 = MDR 1962, 646 = DB 1962, 701 = WM 1962, 606 = LM Nr.17 § 817 BGB = JuS 1962, 362

BGH 9.11.1961 - VII ZR 158/60

NJW 1962, 483 = MDR 1962, 295 = BB 1962, 108, 156 = WM 1962, 112 = JuS 1962, 236

BGH 22.12.1959 - VIII ZR 9/59

DB 1960, 231 = BB 1960, 226 = WuW 1960,536 (E BGH 390) = LM Nr. 7 a § 138 (Aa) BGB = DNotZ 1960, 417

= BB

1969, 1105

= DB

1969,

= BB 1969, 384 = DB 1969, 568 830 = MDR 1967, 485 = BB 1967,

= BB

1964, 282

=

LM Nr. 5

251

Konkordanz der Rechtsprechung BGH 17.12.1959 - VIII ZR 4/59

NJW 1960, 523 = MDR 1960, 304 = BB 1960, 118 = DB 1960, 117 = WM 1960, 104 = LM Nr. 9 § 3 WährG = ZMR 1960, 240 = DNotZ 1960, 144

BGH 30.1.1959 - V ZB 31/58

BGHZ 29, 244 = NJW 1959, 670 = MDR 1959, 382,475 = BB 1959, 281 = DB 1959, 567 = WM 1959,412 = DNotZ 1959, 191 = Rpfleger 1959, 213

BGH 30.5.1958 - V ZR 280/56

NJW 1958, 1772 = BB 1958, 821 = DB 1958, 953 = JZ 1958, 610 = MDR 1958, 758; 1959, 116 = LM Nr. 14 § 139 BGB

BGH 28.4.1958 - 11 ZR 197/57

BGHZ 27, 172 = NJW 1958, 989 = MDR 1958, 486, 905 = BB 1958, 502 = DB 1958, 626 = WM 1958, 640, 671 = JZ 1958, 611 = JR 1958, 299

BGH 13.5.1953 - 11 ZR 157/52

BGHZ 10, 44 = NJW 1953, 1548 = BB 1953, 690 = DB 1953, 781 = JR 1954, 24 = LM Nr. 3 § 105 HGB = LM Nr. 3 § 161 HGB

BGH 23.11.1951- I ZR 24/51

JZ 1952, 366 = NJW 1952, 344 = MDR 1952, 222 = BB 1952, 68 = LM Nr. 2 Art. V MRVO (BrZ) 78

BGH 2.2.1951 - I ZR 25/50

BGHZ 1, 128 = NJW 1951, 397 = BB 1951, 233 = JZ 1951, 300 = LM Nr. 1 § 1 KWVO

Entscheidungen des Bundesarbeitsgerichts BAG 1.4.1976 - 4 AZR 96/75

NJW 1976, 1958 = MDR 1976, 874 = BB 1976, 1079 = DB 1976, 2479 = JZ 1976, 688 = RdA 1976,274 = FamRZ 1976, 621

BAG 13.9.1969 - 3 AZR 138/68

BAG AP Nr. 24 § 611 BGB (Konkurrenzklausel) = BAG 22, 125 = NJW 1970, 626 = MDR 1970, 269 = BB 1970, 35, 178 = DB 1970, 63, 369 = RdA 1969, 383; 1970, 25 = SAE 1971, 106 = AuR 1970, 156 = JR 1971, 406 = AG 1970,88

BAG 20.10.1967 - 3 AZR 385/66

NJW 1968, 1647 1276

BAG 24.1.1963 - 5 AZR 100/62

BAG AP Nr. 29 Art. 12 GG = JZ 1964, 183

BAG 14.11.1961- 3 AZR 44/61

BAG AP Nr. 1 § 139 BGB = MDR 1962, 516 = BB 1962, 449 = DB 1962, 544 = RdA 1962, 206 = AuR 1962, 220

BAG 19.1.1961 - 5 AZR 215/60

BAG AP Nr.1 § 133g GewO = BAG 10, 316 = NJW 1961, 748 = MDR 1961, 447 = BB 1961, 332 = DB 1961, 379 = RdA 1961, 179 = AuR 1961,250 = GRUR 1961, 475

BAG 4.10.1958 - 2 AZR 200/55

=

BB 1968, 708

=

DB 1968,

BAG AP Nr. 7 Art. 7 GG = BAG 6, 291 = MDR 1959, 71 = BB 1958, 1246 = DB 1958, 1362 = JR 1959, 254

Konkordanz der Rechtsprechung

252

Entscheidungen von Instanzgerichten OLG Düsseldorf 27.12.1984

WM 1985, 282 = NJW 1985, 748

OLG Frankfurt 31.10.1984

WM 1985,19 = NJW 1985, 745 = JuS 1985, 313

OLG Hamburg 22.10.1984

WM 1984, 1444

OLG Düsseldorf 13.6.1984

NJW 1985, 153

OLG Hamm 25.3.1982

WM 1983, 853 552

OLG Karlsruhe 2.2.1982

NJW 1982, 1161 128

= BB 1984, 2021

= JuS 1985, 313 = MDR 1983, 667 = ZIP 1983, = BB

1982, 705

= WM

1982,

OLG Stuttgart 7.7.1981

NJW 1981, 2365 = MDR 1981, 936 225 = ZMR 1981, 318

= WM 1981,

OLG Frankfurt 9.7.1980

NJW 1980, 2201 = MDR 1980, 935 1353 = VersR 1980, 1050

= WM 1980,

OLG Hamm 18.9.1979

GRUR 1980, 183 2187)

OLG Stuttgart 24.4.1979

NJW 1979, 2409 687

OLG Düsseldorf 21. 3.1978

BB 1978, 1487

OLG Frankfurt 23.6.1977

GRUR 1978, 114 = OLGZ 1978, 99 = WM 1977, 1442 = WuW 1978, 77 (E OLG 1875) = WRP 1977, 720

OLG Frankfurt 17.2.1977

NJW 1977,1157 340

OLG Frankfurt 6.6.1974

NJW 1974, 2239 = OLGZ 1975, 28 = BB 1974, 1180 = DB 1974, 1473

LG Köln 12.10.1964

NJW 1965, 157 = WM 1965, 61

=

=

WuW 1980, 279 (E OLG

BB 1979, 1168

= JZ

1979,

= DB 1978, 934

= DB 1977, 1259 = WRP 1977,

Literaturverzeichnis In der Regel wird nur der Verfassername zitiert, dem zur Verdeutlichung ein kennzeichnendes Wort beigegeben werden kann. Bei Aufsätzen aus Zeitschriften und Festschriften wird stets die Herkunftsangabe beigefügt. Im Text vollständig zitierte Arbeiten sind im allgemeinen nicht aufgenommen; ebenso sind Rezensionen, Urteilsanmerkungen und die gebräuchlichen Kommentarwerke im Literaturverzeichnis nur ausnahmsweise aufgeführt. Zu den verwendeten Abkürzungen vergleiche die einleitenden Bemerkungen unter dem Titel ,Abkürzungen'.

Aarnio, Aulis / Alexy, Robert / Peczenik, Aleksander: Grundlagen der juristischen Argumentation, in Krawietz, Werner / Alexy, Robert (Hrsg.): Metatheorie juristischer Argumentation, Berlin 1983, 9 - 87. Adams, Michael: Ökonomische Analyse der Sicherungsrechte, Königstein/Ts. 1980. Ahlen, Dieter (Hrsg.): Vertragliche Vertriebssysteme zwischen Industrie und Handel, Wiesbaden 1981. Aicher, Josef: Das "gemeinsame Interesse" als Merkmal des Kartellbegriffs, ÖBl1973, 73 - 80. -

Wettbewerbsrechtliche Probleme der Bau-Arge, in Krejci, Heinz (Hrsg.): Das Recht der Arbeitsgemeinschaften in der Bauwirtschaft, Wien 1979, 191 - 231.

Alben, Hans: Traktat über rationale Praxis, Tübingen 1978. Albisetti, Emilio / Bodmer, Daniel (u.a.) (Hrsg.): Handbuch des Geld-, Bank- und Börsenwesens der Schweiz, Thun 1984 (Nachdruck der 3. Aufl. 1977). Alexy, Robert: Theorie der juristischen Argumentation, Frankfurt/M. 1983 (2. Aufl.). Almairac, Georges: A temps nouveaux, formes nouvelles, J. C. P. 1975. I. 2689. Andre, Fritz: Einfache, zusammengesetzte, verbundene Rechtsgeschäfte, in: Festgaben für Ludwig Enneccerus, Marburg 1913. Apathy, Peter: Zur Folge unzulässiger Ablösevereinbarungen, in: Rechtsgeschichte und Rechtsdogmatik, Festschr. Hermann Eichler, Wien - New York 1977, 1 - 25. Arnold, Egon / Mecke, Friedrich (Hrsg.): Formular-Kommentar, Bd. 4: Bürgerliches Recht I, Köln u.a. 1976 (21. Aufl.). Asam, Herbert: Instrumente des Inflationsausgleichs im italienischen und deutschen Privatrecht, München 1984. Assmann, Heinz-Dieter / Kirchner, Christian / Schanze, Erich (Hrsg.): Ökonomische Analyse des Rechts, Kronberg/Ts. 1978. Azema, Jacques: La duree des contrats successifs, Paris 1969. Bachmann, Rolf: Die Nichtigkeit von Teilzahlungskrediten nach der neueren Rechtsprechung und ihre Folgen, NJW 1979, 2082f.

254

Literaturverzeichnis

Bärmann, Johannes: Typisierte Zivilrechtsordnung der Daseinsvorsorge, Karlsruhe 1948. Ballerstedt, Kurt: Der gemeinsame Zweck als Grundbegriff des Rechts der Personengesellschaften, JuS 1963, 253 - 263. Über Zivilrechtsdogmatik, in: Festschr. für Werner Flume, Bd.l, Köln 1978, 257 282. von Bar, Christian: "Nachwirkende" Vertragspflichten, AcP 1979, 452 - 474.

-

Baratta, Alessandro: Juristische Analogie und Natur der Sache, in: Festschr. für Erik Wolf, Frankfurt/M. 1972, 137 - 16l. Bartholomeyczik, Horst: Äquivalenzprinzip, Waffengleichheit und Gegengewichtsprinzip in der modernen Rechtsentwicklung, AcP 1966, 31 - 75. Bartling, Hartwig: Leitbilder der Wettbewerbspolitik, München 1980. Bartsch, Michael: Zu Preissteigerungsklauseln in AGB, insbesondere zur Tagespreisklausel, DB 1983, 214 - 217. Baschet, Dominique: Les clauses d'exclusivite, These Paris 1977 (maschgeschr.). Batiffol, Henri: La "crise du contrat" et sa portee, Archives de philosophie du droit, 13 (1968) 13 - 30 (= ds., Choix d'articles, Paris 1976, 393 - 408). Bauer, Walo: Der Schutz vor unbilligen Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) im schweizerischen Recht, Zürich 1977. Baur, Jürgen F.: Vertragliche Anpassungsregelungen, Heidelberg 1983. Bechtold, Rainer: Ende der Tagespreisklausel-Diskussion?, BB 1983, 1636 - 1639. Behrens, Peter: Aspekte einer ökonomischen Theorie des Rechts, Rechtstheorie 1981, 472 - 490. Belke, Rolf: Die vertikalen Wettbewerbsbeschränkungsverbote nach der Kartellgesetznovelle 1973, ZHR 1974, 227 - 268; 291 - 320. -

Grundfragen des Kartellverbots, ZHR 1979, 74 - 94.

Bender, Rolf: Das Sandhaufentheorem, in: Gedächtnisschrift für Jürgen Rödig, Berlin u. a. 1978, 34 - 42. Benöhr, Hans-Peter: Konsumentenschutz vor 80 Jahren, ZHR 1974, 492 - 503. Beuthien, Volker: Das fehlerhafte Arbeitsverhältnis als bürgerlich-rechtliches Abwicklungsverhältnis, RdA 1969, 161 - 174. Biedenkopf, Kurt H.: Vertragliche Wettbewerbsbeschränkung und Wirtschaftsverfassung, Heidelberg 1958. -

Rechtsfragen der Konzentration, ZBJV 1972,1 - 25.

Bilda, Klaus: Anpassungsklauseln in Verträgen, Berlin 1973 (2. erw. Aufl.). Binder, Martin: Zur Konversion von Rechtsgeschäften, Wien 1982. Birchmeier, W.: Handbuch des Bundesgesetzes über die Organisation der Bundesrechtspflege vom 16. Dez. 1943, Zürich 1950. Blin, Henri: Le delit d'usure, J. C. P. 1967. I. 2084 und 2099. Börlin, Daniel/ Keller, Gottlieb Andreas / Zumstein, Christoph: Die Normenflut als Rechtsproblem, in Eichenberger, Kurt u. a. (Hrsg.): Grundfragen der Rechtssetzung, Basel 1978, 295 - 314.

Literaturverzeichnis

255

Bräunig, Günther: Der Konsumentenkredit im französischen Recht, Berlin 1982. Brandau, Bodo Walter: Die Sittenwidrigkeit des Konsumenten-Teilzahlungskredits wegen eines überhöhten Entgeltes, Diss. Münster 1982. Brandner, Hans Erich: Die Umstände des einzelnen Falles bei der Auslegung und Beurteilung von allgemeinen Geschäftsbedingungen, AcP 1963, 237 - 264. von Braunmühl, Clemens M.: Ausschließlichkeitsbindungen im Rahmen von Bierlieferungsverträgen, in Ahlert (Hrsg.), 405 - 412. Briner, Robert Georg: Das Rechtsmittel Dritter in den schweizerischen Zivilprozeßgesetzen, Zürich 1979. Broekman, Jan M.: Die Rationalität des juristischen Diskurses, in Krawietz, Werner / Alexy, Robert: Metatheorie juristischer Argumentation, Berlin 1983, 89 - 115. Brox, Hans: Die Einschränkungen der Irrtums anfechtung, Karlsruhe 1960. BTÜggemann, Dieter: Judex statutor und judex investigator, Bielefeld 1968. BTÜggemann, Jürgen: Die richterliche Begrundungspflicht, Berlin 1971. Bucher, Eugen: Schweizerisches Obligationenrecht, Zürich 1979. -

Die verschiedenen Bedeutungsstufen des Vorvertrages, in: Berner Festgabe zum Schweiz. Juristentag 1979, Bern - Stuttgart 1979, 169 - 195.

-

Hundert Jahre schweizerisches Obligationenrecht: Wo stehen wir heute im Vertragsrecht?, ZSR 1983 11, 249 - 383.

Bühlmann, Hubert: Wettbewerb als Grundnorm der schweizerischen Wirtschaftsverfassung, WuR 1979, 178 - 188. Bürge, Alfons: Wettbewerbsfreiheit und vertragliche Dauerbeziehungen, ZSR 1983 I, 427 - 462. Büschgen, Hans E.: Die Eignung des in der Zinsstatistik "Ratenkredite" der Dt. Bundesbank veröffentlichten Durchschnittzinses als repräsentativer Preis, BB Beil. 9/1984. Bullinger, Martin: Öffentliches Recht und Privatrecht, Stuttgart u.a. 1968. Bund, Elmar: Die Analogie als Begründungsmethode im deutschen Recht der Gegenwart, ZvglRwiss 1978, 115 - 128. Bunte, Hermann-Josef: Entscheidungssammlung zum AGB-Gesetz (AGBE), Bd. 1 ff., Heidelberg 1982 ff. - Rückabwicklung sittenwidriger Ratenkreditverträge, NJW 1983, 2674 - 2678. -

Ergänzende Vertragsauslegung bei Unwirksamkeit von AGB-Klauseln, NJW 1984, 1145 -1150.

-

Probleme der Ratenkreditverträge, WM Beil. 1/1984, 1 - 26.

-

Rechtsfindungsprobleme im Bereich des Konsumentenkredits, ZIP 1985, 1 - 11.

Burckhardt, Walther: Methode und System des Rechts, Zürich 1936. Bydlinski, Franz: Privatautonomie und objektive Grundlagen des verpflichtenden Rechtsgeschäftes, Wien - New York 1967. -

Arbeitsrechtskodifikation und allgemeines Zivilrecht, Wien - New York 1969.

-

Juristische Methodenlehre und Rechtsbegriff, Wien - New York 1982.

-

Die Grundlagen des Vertragsrechts im Meinungsstreit, BJM 1982, 1 - 30.

256

Literaturverzeichnis

Canaris, Claus-Wilhelm: Die Feststellung von Lücken im Gesetz, Berlin 1982 (2. Aufl.). -

Systemdenken und Systembegriff in der Jurisprudenz, Berlin 1983 (2. Aufl.).

-

Die Kreditkündigung gemäß § 247 BGB und der "Wandel der Normsituation", WM 1978, 686 - 70l.

-

Der Zinsbegriff und seine rechtliche Bedeutung, NJW 1978, 1891 - 1898.

-

Schranken der Privatautonomie zum Schutze des Kreditnehmers, ZIP 1980, 709 722.

-

Der Bereicherungsausgleich bei sittenwidrigen Teilzahlungskrediten, WM 1981, 978 - 990.

-

Die Pflicht des Gesetzgebers zur Reform von § 247 BGB, WM 1982, 254 - 268.

-

Grundrechte und Privatrecht, AcP 1984, 201 - 246.

Capitant, Henri: La repression de l'usure, D.H. 1935 (chron.) 61 - 64. Casanova, Hugo: Die Haftung der Parteien für prozessuales Verhalten, Freiburg i. Ue. 1982. Charmatz, Hans: Zur Geschichte und Konstruktion der Vertragstypen im Schuldrecht, Brünn u.a. 1937. Coase, R. H.: The Problem of Social Cost, J.L. & Econ. 3 (1960) 1 - 44 (dt. in Assmann / Kirchner / Schanze (Hrsg.) 146 - 202). Coing, Helmut: Allgemeine Rechtsgrundsätze in der Rechtsprechung des Reichsgerichts zum Begriff der "guten Sitten" (§ 138, § 826 BGB), NJW 1947/48,213 - 217. Coulombel, P.: Les obligations speciales de l'acheteur dans certaines ventes commerciales, in Hamel, Joseph (ed.): La vente commerciale de marchandises, Paris 1951, 289 - 338. Cox, Helmut / Hübner, Harald: Wettbewerb, in Cox / Jens / Markert: Handbuch des Wettbewerbs, München 1981, 1 - 48. Damm, Reinhard: Verbraucherrechtliche Sondergesetzgebung und Privatrechtssystem, JZ 1978, 173 - 180. Dauner, Barbara: Der Kondiktionsausschluß gemäß § 817 Satz 2 BGB, JZ 1980, 495 506. Dauner-Lieb, Barbara: Verbraucherschutz durch Ausbildung eines Sonderprivatrechts für Verbraucher, Berlin 1983. Derleder, Peter: Der Marktvergleich beim Konsumentenratenkredit als Mittel der Sittenwidrigkeitsprüfung, NJW 1982, 2401 - 2407. Deschenaux, Henri / Tercier, Pierre: La responsabilite civile, Bern 1982 (2. Aufl.). Des Gouttes, Rene: Systeme des Nullites en Droit suisse, ZSR 1929, 348 - 413. Dibbern, Klaus: Was heißt eigentlich: Effektivverzinsung (II), Die Bank 1983, 69 - 73. Didier, Paul: Apropos du contrat de concession: La station-service, D. 1966 chron. 55 - 60. Diederichsen, Uwe: Zur Begriffstechnik richterlicher Rechtsfortbildung im Zivilrecht, in: Festschrift für Franz Wieacker, Göttingen 1978, 325 - 339. Dießelhorst, Malte: Die Lehre des Hugo Grotius vom Versprechen, Köln - Graz 1959.

Literaturverzeichnis

257

-

Zum Vermögensrechtssystem Samuel Pufendorfs, Göttingen 1976.

-

Zum Irrtum bei Vertragsschluß, in: Sympotica Franz Wieacker, Göttingen 1970, 180 - 211. Die Geschäftsgrundlage in der neueren Rechtsentwicklung, in: Rechtswissenschaft und Rechtsentwicklung (hrsg. von U. Immenga), Göttingen 1980, 153 - 169.

-

Dilcher, Gerhard: Genossenschaftstheorie und Sozialrecht: Ein "Juristensozialismus" Otto von Gierkes?, Quaderni Fiorentini 3/4 (1974/75) 319 - 365. Dilcher, Hermann: Der Typenzwang im mittelalterlichen Vertragsrecht, ZRG RA 77 (1960) 270 - 344. Doll, Paul-Julien: L'usure, le demarchage et la publicite en matiere de prets d'argent, Gaz. Pal. 1967.1 doct. 99 - 113. Doraltl Koziol: Stellungnahme zum Ministerialentwurf des Konsumentenschutzgesetzes, Wien 1979. Dove: Welche Maßnahmen empfehlen sich für die rechtliche Behandlung der Ringe und Kartelle? Gutachten, VerhDJT 27 (1904) Bd. 2, 45 - 56. Drobnig, Ulrich: Empfehlen sich gesetzliche Maßnahmen zur Reform der Mobiliarsicherheiten?, VerhDJT 51 (1976), Bd.1, Gutachten F. Dubs, Rolf: Das Sozialkreditgeschäft der schweizerischen Kantonalbanken, Diss. St. Gallen 1965. Dürkes, Wemer: Wertsicherungsklauseln, Heidelberg 1982 (9. Aufi.). Ebenroth, Carsten-Thomas: Absatzmittlungsverträge im Spannungsverhältnis von Kartell- und Zivilrecht, Konstanz 1980. Eckstein, Ernst: Zur Lehre von der Nichtigkeit des Vertrages wegen Unsittlichkeit, ArchBürgR 38 (1913) 195 - 213. -

Studien zur Lehre von den unsittlichen Handlungen, Rechtshandlungen und Rechtsgeschäften, insbesondere Verträgen, ArchBürgR 41 (1915) 178 - 279.

Ehrenzweig, Armin: System des österreichischen allgemeinen Privatrechts, Bd. 1,1: Allgemeiner Teil; Bd. 1,2: Das Sachenrecht, Wien 1951 - 1957 (2. Aufi. bearb. v. Adolf Ehrenzweig); Bd. 11,1: Das Recht der Schuldverhältnisse, Wien 1928 (2. Aufl.). Emmerich, Volker: Kartellrecht, München 1982. -

Die höchstrichterliche Rechtsprechung zum GWB, ZHR 1975,476 - 499; 501 - 533.

-

Die Form wettbewerbsbeschränkender Verträge, NJW 1980, 1363 - 1368.

Engel, Pierre: Traite des obligations en droit suisse, NeuchäteI1973. Engisch, Karl: Logische Studien zur Gesetzesanwendung, Heidelberg 1960 (2. Aufl.). Enneccerus, Ludwig 1 Nipperdey, Hans Carl: Allgemeiner Teil des Bürgerlichen Rechts, 2 Bde., Tübingen 1959 - 1960 (15. Aufi.). von Esch, Heinrich Pierer: Teilnichtige Rechtsgeschäfte, Köln u.a. 1968. Esser, Josef: Grundsatz und Norm in der richterlichen Fortbildung des Privatrechts, Tübingen 1974 (3. unv. Aufi.). - § 138 BGB und die Bankpraxis der Globalzession, ZHR 1971, 320 - 339. -

Möglichkeiten und Grenzen des dogmatischen Denkens im modernen Zivilrecht, AcP 1972, 97 - 130.

17 Bürge

258 -

Literaturverzeichnis

Dogmatik zwischen Theorie und Praxis, in: Festschr. für L. Raiser, Tübingen 1974, 517 - 539.

Esser, Josef / Schmidt, Eike: Schuldrecht, Bd.1: Allgemeiner Teil, Heidelberg 1984 (6. Aufl.). Esser, Josef / Weyers, Hans-Leo: Schuldrecht, Bd.2: Besonderer Teil, Heidelberg 1984 (6. Aufl.). Eucken, Walter: Die Grundlagen der Nationalökonomie, Berlin u. a. 1965 (8. Aufl.). -

Grundsätze der Wirtschaftspolitik, Tübingen - Zürich 1968 (4. Aufl.).

Fabre, Regis: Les clauses d'adaption dans les contrats, Rev. trim. dr. civ. 1983, 1 - 30. Falcimaigne, Pierre: Les conventions de fourniture exclusive en brasserie dans la region du Nord de la France, these Paris 1944. Falleur, J.-P.: L'assimiliation a la vente, Gaz. Pal. 1979.2 doct. 649 - 653. Farjat, Gerard: L'ordre public economique, Paris 1963. Fasching, Hans W.: Lehrbuch des österreichischen Zivilprozeßrechts, Wien 1984. Fikentscher, Wolfgang: Methoden des Rechts in vergleichender Darstellung, Bd. 1 - 5, Tübingen 1975 - 1977. -

Vertrag und wirtschaftliche Macht, in: Festschr. für Wolfgang Hefermehl, Heidelberg 1971, 41 - 57.

-

Zu Begriff und Funktion des "gemeinsamen Zwecks" im Gesellschafts- und Kartellrecht, in: Festschr. für Harry Westermann, Karlsruhe 1974, 87 - 117.

Fischer, Dtto: Konversion unwirksamer Rechtsgeschäfte, in: Festschr. für Adolf Wach, Bd.l, Leipzig 1913 (R. Aalen 1970), 179 - 274. Fischer, Werner B.: Schwerpunktzins - üblicher Marktzins?, DB 1983,2180 - 2182. Flume, Wemer: Allgemeiner Teil des Bürgerlichen Rechts, Bd. 2, Das Rechtsgeschäft, Berlin u.a. 1979 (3. Aufl.). -

Der verlängerte und erweiterte Eigentumsvorbehalt, NJW 1950, 841 - 850.

-

Verbotene Preisabsprache und Einzelvertrag, WuW 1956, 457 - 469.

-

Zur Problematik des verlängerten Eigentumsvorbehalts, NJW 1959, 913 - 922.

-

Savigny und die Lehre von der juristischen Person, in: Festschr. für Franz Wieacker, Göttingen 1978, 340 - 360.

Forstmoser, Peter: Schweizerisches Aktienrecht, Bd.1, Lieferung 1, Zürich 1981. Fried, Charles: Contract as Promise, Cambridge Mass. 1981. Friedman, Lawrence M.: Zur Strategie richterlicher Rechtsschöpfung, in Manfred Rehbinder: Einführung in die Rechtssoziologie, Frankfurt/M. 1971,93 - 112 (ursp. in ds., Legal Rules and the Process of Social Change, Stanford L. Rev. 19 (1967) 810 - 828. Frielingsdorf, Elke: Zur Problematik der Wertsicherungsklauseln, DB 1982, 789793. Frotz, Gerhard: Verkehrsschutz im Vertretungsrecht, Frankfurt/M. 1972. Futter, Wemer: Rechtsprobleme bei langfristigen Energieversorgungsverträgen, BB 1976, 1295 - 1298.

Literaturverzeichnis

259

Gäfgen, Gerard: Theorie der wirtschaftlichen Entscheidung, Tübingen 1974 (3. Aufl.). Galbraith, John Kenneth: Arnerican Capitalism, Boston 1956 (10. Aufl.). -

The New Industrial State, Boston 1971.

Gamillscheg, Franz: Gedanken zur Neuregelung der Wettbewerbsvereinbarungen, RdA 1975, 13 - 23. -

Zivilrechtliche Denkformen und Entwicklung des Individualarbeitsrechts, AcP 1976, 197 - 220.

Gauch, Peter: System der Beendigung von Dauerverträgen, Freiburg i. Ue. 1968. Gaudemet, Eugene: Theorie generale des obligations, Paris 1937. Gautschi, Georg: Nichterfüllung, Haftungsgrund und Haftungsverzicht bei Arbeitsobligationen, in: Festgabe für Karl Oftinger, Zürich 1969, 7 - 61. Gavalda, Christian / Stoufflet, Jean: La limitation des taux d'interets conventionnels par la loi n° 66-1010 du 28 dec. 1966 sur l'usure, J. C. P. 1968.1.2171. Ghestin, Jacques / Goubeaux, Gilles: Introduction generale (Traite de droit civil I), Paris 1982 (2. Aufl.). Ghestin, Jacques: Les obligations, le contrat (Traite de droit civil 11), Paris 1980. -

L'indetermination du prix de vente et la condition potestative, D. 1973 chron. 293 - 298.

von Gierke, Otto: Der Entwurf eines bürgerlichen Gesetzbuchs und das deutsche Recht, Leipzig 1889. -

Die soziale Aufgabe des Privatrechts, Frankfurt/M. 1943 (Neuaufl. der 1. Aufl. 1889).

-

Deutsches Privatrecht, Bd. 1, Allgemeiner Teil und Personenrecht, Leipzig 1895.

-

Dauernde Schuldverhältnisse, JherJb 64 (1914) 355 - 411.

Giese, Bernhard: Ansätze zur Tatsachenforschung und Rechtssoziologie des Prozeßvergleichs, in Bierbrauer u.a. (Hrsg.): Zugang zum Recht, Bielefeld 1978, 117140. Giger, Hans: Grundsätzliches zum richterlichen Eingriff in den Vertrag, ZBJV 1969, 309 - 333. Gmür, Rudolf: Das schweizerische Zivilgesetzbuch verglichen mit dem deutschen Bürgerlichen Gesetzbuch, Bern 1965. Goldschmidt, Levin: Universalgeschichte des Handelsrechts, Leipzig 1891. -

Handelsrecht (Geschichtliche Entwicklung, 1892), in ds.: Vermischte Schriften, Bd. 2, Berlin 1901, 29 - 52.

-

Gutachten über die Aufhebung der Wuchergesetze, VerhDJT 6 (1865) Bd. 1, 227 271.

Gotthold, Jürgen: Zur ökonomischen "Theorie des Eigentums". Eine kritische Einführung, ZHR 1980, 545 - 562. Gottwald, W. / Hutmacher, W. / Röhl, K. F. / Strempel, D.: Der Prozeßvergleich Möglichkeiten, Grenzen, Forschungsperspektiven -, Köln 1983. Greminger, Werner: Das Oligopol im schweizerischen Kartellgesetz, Bern - Frankfurt/Mo 1971. 17·

260

Literaturverzeichnis

Grimm, Dieter: Das Verhältnis von politischer und privater Freiheit bei Zeiller, in: Forschungsband Franz von Zeiller, hrsg. von Walter Selb und Herbert Hofmeister, Wien u. a. 1980, 94 - 106. von der Groeben, H. / von Boeckh, H. / Thiesing, J. / Ehlermann, C.-D.: Kommentar zum EWG-Vertrag, 2 Bde., Baden-Baden 1983 (3. Aufl.). Gröschner, Rolf: Dialogik und Jurisprudenz, Tübingen 1982. -

Theorie und Praxis der juristischen Argumentation, JZ 1985, 170 - 174.

Große-Wentrup, Udo: Juristische Methodenlehre und richterliches Entscheidungshandeln, Diss. Münster 1980. Großfeld, Bernhard: Zivilrecht als Gestaltungsaufgabe, Karlsruhe 1977. -

Hauptpunkte der Kartellrechtsentwicklung vor dem ersten Weltkrieg, ZHR 1977, 442 - 456.

-

Zur Kartellrechtsdiskussion vor dem Ersten Weltkrieg, in: Wissenschaft und Kodifikation im 19. Jhdt., Hrsg. von Helmut Coing und Walter Wilhelm, Bd.4, Frankfurt/M. 1979, 255 - 296.

Gschnitzer, Franz: Die Kündigung nach deutschem und österreichischem Recht, JherJb 76 (1925) 317 - 415. Guggenheim, Daniel: L'invalidite des actes juridiques en droit suisse et compare, Paris 1970. Guhl, Theo / Merz, Hans / Kummer, Max: Das schweizerische Obligationenrecht, Zürich 1980 (7. Auf!.). Guldener, Max: Schweizerisches Zivilprozeßrecht, Zürich 1979 (3. Aufl.). Gutenberg, Erich: Grundlagen der Betriebswirtschaftslehre, Bd.1, Die Produktion (23. Auf!.), Bd. 2, Der Absatz (16. Aufl.), Berlin u. a. 1979. Gygi, Fritz: Wirtschaftsverfassungsrecht, Bern 1981. -

Verfassungsrechtliche Richtpunkte einer schweizerischen KarteIlgesetzgebung, in: Festgabe Max Kummer, Bern 1980, 325 - 343.

Guyenot, Jean: Concessionnaires et commercialisation des marques, Paris 1975. Haarmann, Wilhelm: Wegfall der Geschäftsgrundlage bei Dauerrechtsverhältnissen, Berlin 1979. Habermann, Norbert: Die preußische Gesetzgebung zur Herstellung eines frei verfügbaren Grundeigentums, in: Wissenschaft und Kodifikation im 19. Jhdt., Hrsg. von Helmut Coing und Walter Wilhelm, Bd. 3, Frankfurt/M. 1976, 3 - 43. Habermas, Jürgen: Legitimationsprobleme im Spätkapitalismus, Frankfurt/M. 1973. -

Theorie des kommunikativen Handelns, 2 Bde., Frankfurt/M. 1981.

-

Moralbewußtsein und kommunikatives Handeln, Frankfurt/M. 1983.

Haberthür, B.: Praxis zur Basler Zivilprozeßordnung. Mit Erläuterungen, 2 Bde., Basel 1964 (maschgeschr.). Hackl, Karl: Äquivalenzstörung und Sittenwidrigkeit, BB 1977, 1412 - 1415. -

Die guten Sitten als Kontrollinstrument für Kreditgeschäfte, DB 1985, 13271330.

Literaturverzeichnis

261

Hadding, Walther: Welche Maßnahmen empfehlen sich zum Schutz des Verbrauchers auf dem Gebiet des Konsumentenkredits? Gutachten zum 53. Dt. Juristentag, München 1980. Haefliger, Arthur: Das Konkurrenzverbot im neuen schweizerischen Arbeitsvertragsrecht, Bern 1974. Hämmerle, Hermann: Die faktische Gesellschaft, JB11965, 385 - 392. Hager, Johannes: Gesetzes- und sittenkonforme Auslegung und Aufrechterhaltung von Rechtsgeschäften, München 1983. -

Die gesetzeskonforme Aufrechterhaltung übermäßiger Vertragspflichten - BGHZ 89, 316 und 90, 69, JuS 1985, 264 - 270.

Hahn, Bernhard: Kooperationsmaxime im Zivilprozeß? Köln u.a. 1983. Haller, Roland: Handels- und Gewerbefreiheit - Gesetzgebungskompetenzen des Bundes, Bern 1983. Hanau, Peter: Objektive Elemente der Willenserklärung, AcP 1965, 220 - 284. Harenberg, Friedrich E.: Sittenwidrige Höhe von Darlehenszinsen, NJW 1981, 99f. Harms, Wolfgang: Zur Anwendung von Revisionsklauseln in langfristigen Energielieferungsverträgen, DB 1983, 322 - 329. Hassemer, Winfried: Über die Berücksichtigung von Folgen bei der Auslegung der Strafgesetze, in: Europ. Rechtsdenken, Festsehr. für Helmut Coing, München 1982, Bd. 1, 492 - 524. Hassold, Gerhard: Wille des Gesetzgebers oder objektiver Sinn des Gesetzes - subjektive oder objektive Theorie der Gesetzesauslegung, ZZP 1981, 192 - 210. Haupt, Günter: Über faktische Vertragsverhältnisse, Leipzig 1941 (= ds. in: Festsehr. der Leipziger Juristenfak. für Heinrich Siber, Leipzig 1943, Bd. 2, 1 - 37). Hausheer, Heinz: Der Entwurf zu einem neuen Konsumkreditgesetz aus gesetzespolitischer Sicht, in Hans Giger / Walter R. Schluep (Hrsg.): Entwicklungstendenzen im schweiz. Konsumentenkreditrecht, Zürich 1979, 81 - 97. von Hayek, Friedrich A.: Der Wettbewerb als Entdeckungsverfahren, Kiel 1968 (= ds.: Freiburger Studien, Gesammelte Aufsätze, Tübingen 1969, 249ff.). Heck, Philipp: Die Ausdehnung des § 817, S. 2, auf alle Bereicherungsansprüche, AcP 124 (1925) 1 - 68. Hedemann, Justus Wilhelm: Die Flucht in die Generalklauseln, Tübingen 1933. Hefermehl, Wolfgang: Zur Anwendung des § 26 Abs. 2 GWB auf selektive Vertriebssysterne, GRUR 1975, 275 - 288. Hegnauer, Cyril: Grundriß des Kindsrechts und des übrigen Vormundschaftsrechts, Bern 1983 (2. Aufl.). Heinz, Marx: Das dingliche Wohnrecht, Bern 1970. Heldrich, Andreas: Normüberflutung, in: Festschrift für Konrad Zweigert, Tübingen 1981,811 - 825. HeUer, Theodor: Logik und Axiologie der analogen Rechtsanwendung, Berlin 1961. HeUmann, Friedrich: Vorträge über das bürgerliche Gesetzbuch für das deutsche Reich. Allgemeiner Teil, Freiburg i. Br. u. a. 1897. Helm, Horst: Teilnichtigkeit nach Kartellrecht, GRUR 1976, 496 - 501.

262

Literaturverzeichnis

Henckel, Wolfram: Prozeßrecht und materielles Recht, Göttingen 1970. Henrich, Dieter: Vorvertrag, Optionsvertrag, Vorrechtsvertrag, Berlin - Tübingen 1965. Herr, Robert: Zur Berechnung von Effektivzinsen, DRiZ 1983, 15 - 20; 18lf. Herzog, Berthold: Quantitative Teilnichtigkeit, Diss. Göttingen 1926. Heuser, Rolf: Stellungnahme zu den Ausschließlichkeitsbindungen in Bierlieferungsverträgen aus der Sicht des Gaststättengewerbes, in: Ahlert (Hrsg.), 413 - 415. von Heymann, Ekkehardt: Die Aufhebung des Kündigungsrechts nach § 247 BGB, DB 1984, 1229 - 1236. Hiddemann, Hans-Joachim: Die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zum Bierlieferungsvertrag, WM 1975, 942 - 947. von Hippel, Eike: Verbraucherschutz, Tübingen 1979 (2. Aufl.). Hirsch, Ernst E.: Vom Kampf des Rechtes gegen die Gesetze, AcP 1975, 471 - 51!. Hörmann, Günter / Holzscheck, Knut: Die Problematik des Sondermarktes der Teilzahlungsbanken im Ratenkredit aus rechtstatsächlicher Sicht, BB 1982, 18861890. Hoff, Joseph: Wann ist das Kapital eines nichtigen Wucherdarlehens rückforderbar?, AcP 1957, 483 - 507. Hoffmann, Dietrich: Zur Gegenstands-, Zweck- und Folgetheorie in § 1 GWB, BB 1975, 628 - 634. Hofmann, Paul: Wettbewerbsabreden mit technischen Angestellten, NJW 1969, 1985 1992. HohendorJ, Andreas: Die Bestimmung des auffälligen Mißverhältnisses zwisChen Vermögensvorteilen und Leistungen beim Ratenkreditwucher, BB 1982, 1205 - 1209. Hohloch, Gerhard:.Aligemeines Schadensrecht. Empfiehlt sich eine Neufassung der gesetzlichen Regelung des Schadensrechts (§§ 249 - 255 BGB)? in: Gutachten und Vorschläge zur Überarbeitung des Schuldrechts, Bd.1, Köln 1981, 375 - 478. Holliger, Eugenie: Reform des Konsumkreditrechts aus der Sicht der Konsumenten, in Hans Giger / Walter R. Schluep (Hrsg.): Entwicklungstendenzen im schweiz. Konsumentenkreditrecht, Zürich 1979, 233 - 256. Holzscheck, Knut / Hörmann, Günter / Daviter, Jürgen: Praxis des Konsumentenkredits, Köln 1982. Homburger, Eric: Rechtsgrundlagen der Interessenabwägung bei Anwendung des Kartellgesetzes, ZSR 1970 11, 1 - 158. -

Zur Funktion des Kartellrechts in einer auf Privatautonomie beruhenden Wirtschaftsordnung, WuR 1976, 333 - 346.

Honsell, Heinrich: Die Rückabwicklung sittenwidriger oder verbotener Geschäfte, München 1974. -

Vom heutigen Stil der Gesetzgebung, Salzburg 1979.

Honsell, Thomas: Die Quotenteilung im Schadensersatzrecht, Ebelsbach 1977. -

Historische Argumente im Zivilrecht, Ebelsbach 1982.

Hoppmann, Erich: Marktmacht und Wettbewerb, Tübingen 1977.

Literaturverzeichnis -

263

Wettbewerb als Norm der Wettbewerbspolitik, in Klaus Herdzina (Hrsg.): Wettbewerbstheorie, Köln 1975, 230 - 243 (ursp. ds., Ordo 1967, 77 - 94).

Hoppmann, Erich / Mestmäcker, Hans-Joachim: Normenzwecke und Systemfunktionen im Recht der Wettbewerbsbeschränkungen, Tübingen 1974. Hopt, Klaus J.: Was ist von den Sozialwissenschaften für die Rechtsanwendung zu erwarten?, JZ 1975, 341 - 349. Horn, Norbert: Rationalität und Autorität in der juristischen Argumentation, Rechtstheorie 1975, 145 - 160. -

Geldwertveränderungen, Privatrecht und Wirtschaftsordnung, Karlsruhe 1975.

-

Zur ökonomischen Rationalität des Privatrechts, AcP 1976, 307 - 333.

-

Vertragsdauer. Die Vertragsdauer als schuldrechtliches Regelungsproblem. Empfiehlt sich eine zusammenfassende Regelung der Sonderprobleme von Dauerschuldverhältnissen und langfristigen Verträgen? in: Gutachten und Vorschläge zur Überarbeitung des Schuldrechts, Bd.l, Köln 1981, 551 - 645.

-

Neuverhandlungspflicht, AcP 1981, 255 - 288.

Hotz, Beat: Ökonomische Analyse des Rechts, WuR 1982, 293 - 314. Huber, Emil: Gegen die Höchstpreisvorschriften verstoßende Verträge, SJZ 15 (1918/ 19) 253 - 258, 272 - 277. Hürlimann, Roland: Teilnichtigkeit von Schuldverträgen nach Art. 20 Abs. 2 OR, Freiburg i. Ue. 1984. Hug, Walther: Gesetzesflut und Rechtssetzungslehre, in: Gedächtnisschrift für Jürgen Rödig, Berlin u.a. 1978,3 - 18. Huguenin, Claire: Nichtigkeit und Unverbindlichkeit als Folgen anfänglicher Vertragsmängel, Bern 1984. Husset, Yves: Calcul de taux d'usure dans les prets remboursables par mensualites, D. 1977 chron. 131 - 136. Hutter, Michael: Über eine Alternative zur ökonomischen Analyse des Rechts, ZHR 1980,642 - 651. Japiot: Des nullites en matiere d'actes juridiques. These Dijon 1909. Jauernig, Othmar: Verhandlungsmaxime, Inquisitionsmaxime und Streitgegenstand, Tübingen 1967. Jeanpretre, Raymond: Le contröle des fermages agricoles et le droit civil, in: Melanges Roger Secretan, Lausanne 1964, 139 - 149. Jeschke, Dietmar: Konsumentensouveränität in der Marktwirtschaft - Idee, Kritik, Realität, Berlin 1975. von Jhering, Rudolf: Der Zweck im Recht, Bd. 1, Leipzig 1904 (4. Aufl.). Joerges, Christian: Verbraucherschutz als Rechtsproblem, Heidelberg 1981. -

Der Schutz des Verbrauchers und die Einheit des Zivilrechts, AG 1983, 57 - 67.

Jung, Eckhard: Ende der Tagespreisklausel-Diskussion, BB 1983, 1058 - 1060. Ipsen, Jörn: Richterrecht und Verfassung, Berlin 1975. Isler, Peter Thomas: Mitbestimmung und Unternehmensrecht unter besonderer Berücksichtigung der niederländischen Regelungen, Zürich 1980.

264

Literaturverzeichnis

Kaduk, Hubert: Verlängerter Eigentumsvorbehalt und Globalzession als konkurrierende Gläubigerrechte, in: Festschr. für Karl Larenz, München 1973, 683 - 702. Käßer, Petra: Der fehlerhafte Arbeitsvertrag, Berlin 1979. Kantzenbach, Erhard: Die Funktionsfähigkeit des Wettbewerbs, Göttingen 1967 (2. Aufl.). Kaser, Max: Das römische Privatrecht, Bd.1, München 1971 (2. Aufl.). Kastner, Walther: Grundriß des österreichischen Gesellschaftsrechts, Wien 1983 (4. Aufl.). Kaufer, Erich: Industrieökonomik, München 1980. -

Nochmals: Von der Preistheorie zur Wettbewerbstheorie, in Klaus Herdzina (Hrsg.): Wettbewerbstheorie, Köln 1975, 327 - 343 (ursp. ds., Ordo 1967, 95 - 114).

Kaufmann, Arthur: Analogie und "Natur der Sache", Heidelberg - Hamburg 1982 (2. Aufl.). Kaufmann, Horst Albert: Die Vorschlagszuweisung an den überlebenden Ehegatten und die pflichtteilsrechtliche Herabsetzung, Bem 1981. Kaufmann-Bütschli, Lea R.: Grundlagenstudien zur ungerechtfertigten Bereicherung in ihrer Ausgestaltung durch das schweiz. Recht, Bem 1983. Keller, Martin: Einflüsse des Bundesgerichts auf die Bundesgesetzgebung, in: Melanges Andre Grisel, Neuchätel1983, 301 - 319. Keller, Max / Schöbi, Christian: Das Schweizerische Schuldrecht, Bd.1: Allgemeine Lehren des Vertragsrechts, Basel- Frankfurt/M. 1982. Keßler, J.: Nochmals: Rückabwicklung sittenwidriger Teilzahlungskredite, DB 1984, 655. Kiefner, Hans: Der Einfluß Kants auf Theorie und Praxis des Zivilrechts im 19. Jahrhundert, in: Philosophie und Rechtswissenschaft, Hrsg. von J. Blühdorn und J. Ritter, Frankfurt/M., 1969, 3 - 25. -

Das Rechtsverhältnis, in: Europ. Rechtsdenken, Festschr. für Helmut Coing, Bd.1, München 1982, 149 - 176.

Kilian, Wolfgang: Juristische Entscheidung und elektronische Datenverarbeitung, Darmstadt 1974. Kirchner, Christian: "Ökonomische Analyse des Rechts" und Recht der Wettbewerbsbeschränkungen, ZHR 1980, 563 - 588. Klaas, Christoph: Zur Dauer von Bierlieferungsverträgen unter besonderer Berücksichtigung der neueren Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes, BB 1974, 10981100. Klang, Heinrich: Der Oberste Gerichtshof und die Entwicklung des bürgerlichen Rechts, in: Festschrift zur Hundertjahrfeier des OGH, Wien 1950, 80 - 162. Kliege, Helmut: Rechtsprobleme der Allgemeinen Geschäftsbedingungen in wirtschaftswissenschaftlicher Analyse unter besonderer Berücksichtigung der Freizeichnungsklauseln, Göttingen 1966. Klocker, Peter: Zur Frage der Sittenwidrigkeit von Konsumentenkrediten, Diss. Münster 1982. Klug, Ulrich: Juristische Logik, Berlin u.a. 1982 (4. Aufl.).

Literaturverzeichnis

265

Knauth, Klaus-Wilhelm: Entscheidung des BGH zum "Bender-Urteil", Die Bank, 1981, 299 - 304. Koch, Hans-Joachim / Rüssmann, Helmut: Juristische Begründungslehre, München 1982.

Kochendörfer, Heinz: Sittenwidrige Höhe von Darlehenszinsen, NJW 1980, 215f. Köhler, Helmut: Möglichkeiten richterlicher Monopolpreiskontrolle, ZHR 1973, 237 259. - Vertragsrecht und "Property Rights", ZHR 1980, 589 - 609. Köndgen, Johannes: Selbstbindung ohne Vertrag, Tübingen 1981. Kötz, Hein: Über den Stil höchstrichterlicher Entscheidungen, Konstanz 1973. -

Zur Wirksamkeit von Freizeichnungsklauseln, NJW 1984, 2447f.

Kohler, J.: Beiträge zum Servitutenrecht, AcP 87 (1897) 157 - 312. Kohler, Josef: Zwölf Studien aus dem Bürgerlichen Gesetzbuch, X. Bezugsverträge und § 138 BGB, ArchBürgR 31 (1908) 237 - 254. Kohte, Wolfhard: Die Rechtsfolgen der Mietpreisüberhöhung, NJW 1982, 2803 - 2807. Koller, Arnold: Grundfragen einer Typuslehre im Gesellschaftsrecht, Freiburg i. Ue. 1967. Koppensteiner, Hans-Georg: Wettbewerbsrecht, Wien 1981. -

Österreichisches und europäisches Kartellrecht, JB11973, 398 - 416.

-

Alleinvertriebsverträge im österreichischen Kartellrecht, RIW 1976, 61 - 71.

-

Bemerkungen aus aktuellem Anlaß: Alleinvertrieb und Bezugsbindung im österreichischen Kartellrecht, JB11978, 243 - 25l.

Koppensteiner, Hans-Georg / Kramer, Ernst A.: Ungerechtfertigte Bereicherung, Berlin - New York 1975. Koziol, Helmut: Österreichisches Haftpflichtrecht, Bd.1: Allgemeiner Teil, Wien 1980 (2. Aufl.). Koziol, Helmut / Welser, Rudolf: Grundriß des bürgerlichen Rechts, 2 Bde., Wien 1985 (7. Aufl.). Kramer, Ernst A.: Die "Krise" des liberalen Vertragsrechts, München - Salzburg 1974. - Prinzipienfragen eines österreichischen Konsumentenschutzrechts, in Ernst A. Kramer / Heinrich Mayrhofer, Konsumentenschutz im Privat- und Wirtschaftsrecht, Wien 1977, 9 - 3l. -

Konsumentenschutz als neue Dimension des Privat- und Wettbewerbsrechts, ZSR 1979 I, 49 - 92.

-

Nichtausgehandelter Individualvertrag, notariell beurkundeter Vertrag und AGBG, ZHR 1982, 105 -117.

Krampe, Christoph: Die Konversion des Rechtsgeschäfts, Frankfurt/M. 1980. Krause, Hermann: Der deutschrechtliche Anteil an der heutigen Privatrechtsordnung, JuS 1970, 313 - 32l. Krawietz, Werner: Was leistet Rechtsdogmatik in der richterlichen Entscheidungspraxis?, ZöR 1972, 47 - 80.

266

Literaturverzeichnis

Krejci, Heinz: Über "gröblich benachteiligende" Nebenbestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen und Vertragsformblättern, JB11981, 245 - 255. Krejci, Heinz / Schilcher, Bernd / Steininger, Viktor: Konsumentenschutzgesetz, AGBG und Verfahrensrecht, Wien 1978. Krelle, Wilhelm: Preistheorie, 2 Bde., Tübingen 1976 (2. Aufl.). Krenn, Peter: Verbraucherschutz im Markenrecht, ÖJZ 1977, 225 - 232, 256 - 263. Kriele, Martin: Theorie der Rechtsgewinnung, Berlin 1967. KTÜSselberg, Hans-Günter: Wirtschaftswissenschaft und Rechtswissenschaft, in Dieter Grimm (Hrsg.): Rechtswissenschaft und Nachbarwissenschaften, Bd.1, München 1976 (2. unv. Auf!.) 168 - 192. Künstler, Leopold: Der Bierlieferungsvertrag unter besonderer Behandlung bedeutsamerGegenwartsfragen und des Bierverlagsvertrages, Nürnberg 1929 (2. Aufl.). Kummer, Max: Anwendungsbereich und Schutzgut der privatrechtlichen Rechtssätze gegen unlauteren und gegen freiheitsbeschränkenden W~ttbewerb, Bern 1960. -

Die "Erheblichkeit" der Wettbewerbsbehinderung (KG 4) nach der Praxis des Bundesgerichts, in: Festgabe für Henri Deschenaux, Freiburg i. Ue. 1977, 543 561.

Kunth, Bernd: Die Anpassung von Preisen in langfristigen Lieferverträgen, BB 1978, 178 - 181. Lammel, Siegbert: Probleme des Ratenkredits, BB Bei!. 8/1980, 1 - 18. Landau, Peter: Die Gesetzgebungsgeschichte der § 247 BGB, in: Gedächtnisschrift für Hermann Conrad, Paderborn u.a. 1979,385 - 408. Landesberger, Julius: Welche Maßnahmen empfehlen sich für die rechtliche Behandlung der Industrie-Kartelle? Gutachten, VerhDJT 26 (1902), Bd. 2, 294 - 388. Lange, Heinrich: Vom alten zum neuen Schuldrecht, Hamburg 1934. Lange, Hermann: Schadensersatz, Tübingen 1979. Lanz, Walter: Alternativen zur Lehre vom Adäquaten Kausalzusammenhang, Bern 1974. Larenz, Karl: Allgemeiner Teil des deutschen Bürgerlichen Rechts, München 1983 (6. Auf!.). - Lehrbuch des Schuldrechts, Bd.1: Allgemeiner Teil, München 1982 (13. Aufl.); Bd. 2: Besonderer Teil, München 1981 (12. Auf!.). -

Methodenlehre der Rechtswissenschaft, Berlin u.a. 1983 (5. Aufl.).

-

Grundsätzliches zu § 138 BGB, Juristen-Jahrbuch 7 (1966/67) 98 - 122.

Lautner, Julius Georg: Die kriegswirtschaftliche Preiskontrolle in der Schweiz. Zugleich System des Schweiz. Kriegswirtschaftsrechts, Bd. 3, Zürich 1950. Leenen, Detlef: Typus und Rechtsfindung, Berlin 1971. Lehner, Othmar: Die Nichtigkeit rechtswidriger Verträge in der neueren Rechtspraxis, SJZ 52 (1953) 217 - 224; 233 - 241. Leueh, Georg: Die Zivilprozeßordnung für den Kanton Bern, Bern 1956 (3. Auf!.). Leumann, P.: Die Teilnichtigkeit privatrechtlicher Verträge nach Art. 20 Abs. 2 OR bei Überschreitung kriegswirtschaftlicher Höchstpreisvorschriften, SJZ 39 (1942/ 43) 237 - 242.

Li teraturverzeichnis

267

Lieb, Manfred: Die Ehegattenmitarbeit im Spannungsfeld zwischen Rechtsgeschäft, Bereicherungsausgleich und gesetzlichem Güterstand, Tübingen 1970. -

Sonderprivatrecht für Ungleichgewichtslagen?, AcP 1978, 196 - 226.

Liebs, Rüdiger: Wettbewerbsbeschränkende Vertriebsverträge und unerlaubte Handlung, Stuttgart 1973. Ligeropoulos, Alexander: Teilnichtigkeit des Rechtsgeschäfts unter Ausschluß der Gesamtnichtigkeit, Rev. hell. dr. int. 1971, 1 - 26. Lindacher, Walter F.: Grundsätzliches zu § 138 BGB, AcP 1973, 124 - 136. -

Reduktion oder Kassation übermäßiger AGB-Klauseln, BB 1983, 154 - 160.

Lindon, Raymond: La motivation des arrets de la Cour de cassation, J.C.P. 1975.1.2681. Liver, Peter: Die Entwicklung des Wasserrechts in der Schweiz seit hundert Jahren, ZSR 1952 I, 305 - 350. -

Die Ablösung von Grundlasten und die Aufhebung entsprechender schuldrechtlicher Verpflichtungen nach schweizerischem Recht, in: Festgabe für Hermann Weitnauer, Berlin 1980, 181 - 194.

Lörtscher, Thomas: Vertragliche Haftungsbeschränkungen im schweizerischen Kaufrecht, Zürich 1977. Löwe, Walter: Folgerungen aus der Verwerfung der Tagespreisklausel in den Neuwagen-Verkaufsbedingungen durch den Bundesgerichtshof, BB 1982, 152 - 158. -

Verbraucherschutz um jeden Preis?, ZIP 1984, 1297.

Lüderitz, Alexander: Auslegung von Rechtsgeschäften, Karlsruhe 1966. Lüderssen, Klaus: Juristische Topik und konsensorientierte Rechtsgeltung, in: Europ. Rechtsdenken, Festschr. für Helmut Coing, München 1982, Bd. 1, 549 - 564. Luhmann, Niklas: Rechtssystem und Rechtsdogmatik, Stuttgart 1974. Luig, Klaus: Kündigungsrecht bei hohem Zinssatz, AG 1979, 147 - 154. -

Verkehrsfreiheit und Äquivalenzprinzip im gemeinen Recht und im BGB, in: Ius commune, Sonderheft 17, Aspekte europ. Rechtsgeschichte (Festgabe für Helmut Coing), Frankfurt/M. 1982, 171 - 206.

Macneil, Ian R.: Economic Analysis of Contractual Relations, Nw. U. L. Rev. 75 (1980/ 81) 1018 - 1063. Maine, Henry Sumner: Ancient Law, London 1930 (Neuaufl.). Marchand, Jean: Des rapports existant dans le Nord de la France entre brasseurs et debitants tenus de se fournir obligatoirement de marchandises chez eux, These Lilie 1930. Markert, Kurt: Die Mißbrauchsaufsicht über marktbeherrschende Unternehmen, in Cox / Jens / Markert: Handbuch des Wettbewerbs, München 1981, 297 - 329. Marschall v. Bieberstein, Wolfgang: Der finanzierte Abzahlungskauf, HeidelbergKarlsruhe 1980. v. Maydell, Bernd: Zum Stil sozialpolitischer Gesetzgebung, in: Festschr. zum 125jährigen Bestehen der Jurist. Gesellschaft zu Berlin, Hrsg. von Dieter Wilke, BerlinNew York 1984, 407 - 422.

268

Literaturverzeichnis

Mayer-Maly, Theo: Österreichisches Arbeitsrecht, Wien - New York 1970. -

Das Bewußtsein der Sittenwidrigkeit, Karlsruhe 1971.

-

Rechtswissenschaft, München 1981 (2. Aufl.).

-

Über die Teilnichtigkeit, in: Gedenkschrift Franz Gschnitzer, Aalen 1969, 265284.

-

Privatautonomie und Wirtschaftsverfassung, in: Festschrift Franz Korinek, Wien u.a. 1972, 151 - 157.

-

Der gerechte Preis, in: Festsehr. Heinrich Demelius, Wien 1973, 139 - 154.

-

Die Bedeutung des Konsenses in privatrechtsgeschichtlicher Sicht, in: Rechtsgeltung und Konsens, Berlin 1976.

-

Die Bedeutung des tatsächlichen Parteiwillens für den hypothetischen, in: Festschrift für Wemer Flume, Bd.1, Köln 1978, 621 - 628.

-

Juristisches Spezialistentum und enzyklopädische Jurisprudenz, in: Festsehr. für Ernst C. Hellbling, Berlin 1981, 31 - 44.

Renaissance der laesio enormis? in: Festsehr. für Karl Larenz, München 1983, 395 - 409. - Gesetzesflut und Gesetzesqualität heute, in: Festsehr. zum 125jährigen Bestehen der Jurist. Gesellschaft zu Berlin, Hrsg. von Dieter Wilke, Berlin - New York 1984, 423 - 430. Mazzola, Enrico: Verhältnis und Abgrenzung von Art. 20 und 21 OR, Diss. Basel 1970 (maschgeschr. ).

-

Medicus, Dieter: Vergütungspflicht des Bewucherten? in: Gedächtnisschrift für Rolf Dietz, München 1973, 61 - 77. Meier, Christian J.: Vertikale Wettbewerbsbeschränkung und schweizerisches Kartellrecht, in: WuR 1980, 299 - 323. Meier-Hayoz, Arthur: Der Richter als Gesetzgeber, Zürich 1951. -

Der Richter als Gesetzgeber - Zur rechtspolitischen Komponente richterlicher Tätigkeit, in: Festschrift für Max Guldener, Zürich 1973, 189 - 206.

Strategische und taktische Aspekte der Fortbildung des Rechts, JZ 1981, 417 423. Meier-Hayoz, Arthur / Forstmoser, Peter: Grundriß des schweizerischen Gesellschaftsrechts, Bem 1981 (4. Aufl.).

-

Melissinos, Gerassimos: Die Bindung des Gerichts an die Parteianträge nach § 308 I ZPO, Berlin 1982. Mertens, Hans-Joachim: Wirtschaftsrecht, AG 1976, 62 - 69. -

Deliktsrecht und Sonderprivatrecht, AcP 1978, 227 - 262.

Merz, Hans: Die Revision der Verträge durch den Richter, ZSR 1942, 393a - 508a (= ds.: Ausgew. Abh., Bem 1977, 213 - 312). -

Über die Schranken der Kartellbindung, Bem 1953 (= ds.: Ausgew. Abh., Bem 1977,449 - 513).

-

Zur zeitlichen Begrenzung der Kaufs-, Vorkaufs- und Rückkaufsrechte, in: Festgabe August Simonius, Basel 1955, 235 - 245 (= ds.: Ausgew. Abh., Bem 1977, 199 - 212).

Literaturverzeichnis

269

-

Der schweizerische Entwurf zu einem Bundesgesetz über Kartelle und ähnliche Organisationen, RabelsZ 1960, 1 - 23.

-

Kartellrecht - Instrument der Wirtschaftspolitik oder Schutz der persönlichen Freiheit? in: Festschr. Franz Böhm, Karlsruhe 1965, 227 - 259 (= ds.: Ausgew. Abh., Bern 1977, 535 - 577).

-

Der Wettbewerb in der Rechtsentwicklung, in: Festschr. für Hans Carl Nipperdey, Bd. 2, München - Berlin 1965 (= ds.: Ausgew. Abh., Bern 1977, 515 - 534).

-

Massenvertrag und allgemeine Geschäftsbedingungen, in: Festgabe Wilhelm Schönenberger, Freiburg i. Ue. 1968, 137 - 161 (= ds.: Ausgew. Abh., Bern 1977, 313 - 342).

-

Privatrechtliche und öffentlichrechtliche Ordnungen: Spiegelungen eines einzigen Leitbildes, in: Festgabe Hugo Sieber, Bern - Stuttgart 1976, 31 - 42.

-

Stellung und Funktion des Obligationenrechts im System des schweizerischen Privatrechts, in: Festschr. für Karl Larenz, München 1983, 425 - 44l.

Messerli, Peter: Die Vollstreckung des Urteils auf Abgabe einer Willenserklärung nach Art. 407/408 der Bernischen Zivilprozeßordnung, Bern 1983. Mestmäcker, Ernst-Joachim: Europäisches Wettbewerbsrecht, München 1974. -

Über das Verhältnis des Rechts der Wettbewerbsbeschränkungen zum Privatrecht, in: AcP 1968, 235 - 262 (= DB 1968, 787 - 791, 835 - 840; = ds.: Recht und ökonomisches Gesetz, Baden-Baden 1984 (2. Aufl.), 369 - 396).

Meyer, Conrad: Die Konsensualnatur des Darlehensvertrages in rechtsvergleichender Darstellung unter besonderer Berücksichtigung des schweiz. Obligationenrechts, Diss. Leipzig 1933. Meyer-Dohm, Peter: Sozialökonomische Aspekte der Konsumfreiheit, Freiburg i. Br. 1965. Mimin, Pierre: Le style des jugements, Paris 1978. Möschel, Wernhard: Wettbewerb im Schnittfeld von Rechtswissenschaft und Nationalökonomie, in: Tradition und Fortschritt im Recht. Festschr. zum 500jährigen Bestehen der Tübinger Juristenfakultät, Tübingen 1977, 333 - 354. Mohnhaupt, Heinz: Untersuchungen zum Verhältnis Privileg und Kodifikation im 18. und 19. Jahrhundert, in: lus commune, Bd. 5, Frankfurt/M. 1975, 71 - 12l. Motive zu dem Entwurf eines Bürgerlichen Gesetzbuches für das Deutsche Reich, Bd.l: Allgemeiner Theil, Berlin 1896 (2. unv. Aufl.). Mousseron, J. M. / Burst, J. J. (u.a.): Droit de la distribution, Paris 1975. Mousseron, J.-M. / Seube, A.: Apropos des contrats d'assistance et fourniture, D. 1973 chron. 197 - 206. Müller, Niklaus: Die Rechtsprechung des Bundesgerichts zum Grundsatz der verfassungskonformen Auslegung, Bern 1980. Müller, Udo: Wettbewerb, Unternehmenskonzentration und Innovation, Göttingen 1975. Müller-Graf!, Peter-Christian: Rechtliche Auswirkungen einer laufenden Geschäftsbeziehung im amerikanischen und deutschen Recht, Karlsruhe 1974. -

Die Geschäftsverbindung als Schutzpflichtverhältnis, JZ 1976, 13 - 156.

270

Literaturverzeichnis

Mugdan, B.: Die gesammten Materialien zum Bürgerlichen Gesetzbuch für das Deutsche Reich, Bd. 1 - 5, Berlin 1889. Mugglin, Carl: Das dingliche Wohnrecht im schweizerischen Zivilgesetzbuch, Art. 776/778, Bern 1940. Mulzer, Ingeborg: Die dingliche Sicherung ausschließlicher Bezugspflichten durch Verbotsdienstbarkeiten, Diss. München 1980. Munzinger, Walter: Die Wucherfrage, ZSR 15 (1867) 41 - 78. Murat, Daniel: L'intervention de l'Etat dans le secteur pHrolier en France, These Paris 1968 (maschgeschr.). Naendrup, Peter-Hubert: Die Teilnichtigkeit im Recht der Allgemeinen Geschäftsbedingungen, Bielefeld 1966. Nath, Herbert / Schilling, Paul Justin / Fingerhut, Michael: Formularbuch für Rechtsgeschäfte, Köln u.a. 1980 (6. Aufl.). Nobel, Peter: Anstalt und Unternehmen, Diessenhofen 1978. -

Das "Unternehmen" als juristische Person, WuR 1980, 27 - 46.

Noelle-Neumann, Elisabeth / Schramm, Carl: Umfrageforschung in der Rechtspraxis, Weinheim/Bergstr. 1961. Noll, Peter: Gesetzgebungslehre, Reinbek b. Hamburg 1973. Öhlinger, Theo (Hrsg.): Methodik der Gesetzgebung, Wien - New York 1982. Oertmann, Paul: Privatrechtliche Folgen der Überschreitung von Höchstpreisen, JW 1917,255 - 257. - Subjektive Teilnichtigkeit, ZHR 101 (1935) 119 - 136. Oftinger, Karl: Bundesgerichtspraxis zum Allgemeinen Teil des Schweizerischen Obligationenrechts, Zürich 1973 (2. Aufl.). -

Gesetzgeberische Eingriffe in das Zivilrecht, ZSR 1938, 481a - 695a.

-

Die Vertragsfreiheit, in: Die Freiheit des Bürgers im schweizerischen Recht. Festgabe zur Hundertjahrfeier der Bundesverfassung, Zürich 1948, 315 - 333 (= ds.: Ausgew. Schriften, Zürich 1978, 46 - 62).

Betrachtungen über die laesio im schweizerischen Recht, in: Festschr. für Pan. J. Zepos, Bd. 2,. Athen u.a. 1973, 535 - 553 (= ds.: Ausgew. Schriften, Zürich 1978, 155 - 171). von Olshausen, Eberhard: Zivil- und wirtschaftsrechtliche Instrumente gegen überhöhte Preise, ZHR 1982, 259 - 295.

-

-

Die Rechtsprechung des BGH zur Sittenwidrigkeit bei vermittelten Ratenkrediten mit Restschuldversicherung, NJW 1982, 909 - 912.

von Olshausen, Eberhard / Schmidt, Karsten: Automatenrecht, Berlin 1972. Olzen, Dirk: Die Rechtswirkungen geänderter Rechtsprechung in Zivilsachen, JZ 1985, 155 - 163. Ossipow, Paul: De la lesion, Lausanne - Paris 1940. Ott, Claus: Die soziale Effektivität des Rechts bei der politischen Kontrolle der Wirtschaft, JbRSoz 1972, 345 - 408. Ott, Sieghart: Zur Sittenwidrigkeit von Konsumentenkreditverträgen, BB 1981, 937 943.

Literaturverzeichnis

271

Ott, Walter: Die Problematik einer Typologie im Gesellschaftsrecht, Bern 1972. Otte, Gerhard: Komparative Sätze im Recht, JbRSoz 1972, 301 - 320. Ottenhof, Reynald: Le droit penal et la formation du contrat civil, Paris 1970. Otto, Harro: Neue Tendenzen in der Interpretation der Tatbestandsmerkmale des Wuchers beim Kreditwucher, NJW 1982, 2745 - 2750. Patry, Robert: Precis de droit suisse des societes, Bd.1, Bern 1976. Paulus, Gotthard: Schranken des Gläubigerschutzes aus relativer Unwirksamkeit, in: Festschr. für Hans Carl Nipperdey, Bd. I, München - Berlin 1965, 909 - 938. Pawlowski, Hans-Martin: Rechtsgeschäftliche Folgen nichtiger Willenserklärungen, Göttingen 1966. -

Methodenlehre für Juristen, Heidelberg - Karlsruhe 1981.

-

Allgemeiner Teil des BGB, Heidelberg 1983 (2. Auf!.).

-

Die Aufgabe des Richters bei der Bestimmung des Verhältnisses von Recht, Sittlichkeit und Moral, ARSP 50 (1964) 503 - 519.

Perelman, Chaim: Juristische Logik als Argumentationslehre, übers., bearb. u. erg. von Jan M. Broekman, Freiburg - München 1979. Perelman, Ch. / Olbrechts-Tyteca, L.: La nouvelle rhetorique, 2 Bde., Paris 1958. Pernthaler, Peter: Verfassungsrechtliche Probleme der autonomen Rechtsetzung im Arbeitsrecht, ZöR 1967,45 - 69. Pfaff, Leopold / Hofmann, Franz: Commentar zum österreichischen allgemeinen bürgerlichen Gesetzbuche, Bd. 1,1, Wien 1877. Pfeiffer-Munz, Susanne: Soziales Recht ist deutsche~ Recht, Zürich 1979. Philippi, Klaus Jürgen: Tatsachenfeststellungen des Bundesverfassungsgerichts, Köln u. a. 1971. Picard, Roger: Les contrats de fournitures entre brasseurs et debitants, J. C. P. 1937.1.24. Piotet, Paul: De l'invalidite partielle des actes juridiques specialement en cas de vice du consentement, ZSR 1957 I, 97 - 131. Podlech, Adalbert: Wertungen und Werte im Recht, AöR 1970, 185 - 223. Polinsky, A. Mitchell: Economic Analysis as a Potentially Defective Product, Harv. L. Rev. 87 (1974) 1655 - 1681 (dt. in Assmann / Kirchner / Schanze (Hrsg.) 113 - 145). Posner, Richard: Economic Analysis of Law, Boston - Toronto 1977 (2. Aufl.). Prisching, Manfred: Ökonomische Rechtslehre? in: Reformen des Rechts, Festschr. zur 200-Jahr-Feier der Rechtsw. Fak. der Univ. Graz, Graz 1979, 995 - 1020. Puchta, Georg Friedrich: Vorlesungen über das heutige römische Recht, Hrsg. von A. A. F. Rudorff, Bd.1, Berlin 1854 (4. Aufl.). Rabel, Ernst: Das Recht des Warenkaufs, Bd.1, Berlin - Leipzig 1936. Raisch, Peter: Die Abgrenzung des Handelsrechts vom Bürgerlichen Recht als Kodifikationsproblem im 19. Jahrhundert, Stuttgart 1962. -

Geschichtliche Voraussetzungen, dogmatische Grundlagen und Sinnwandlung des Handelsrechts, Karlsruhe 1965.

272

Literaturverzeichnis

-

Zu den grundsätzlichen Aufgaben der Rechtswissenschaft gegenüber dem neuen Aktiengesetz, JZ 1966, 501 - 506, 549 - 556.

-

Zur Rechtsnatur des Automatenaufstellvertrages, BB 1968, 526 - 532.

Raisch, Peter / Schmidt, Karsten: Rechtswissenschaft und Nachbarwissenschaften, in Dieter Grimm (Hrsg.): Rechtswisssenschaft und Nachbarwisenschaften, Bd.l, München 1976 (2. unv. Aufl.) 143 - 167. Raiser, Gottfried: Die gerichtliche Kontrolle von Formularbedingungen im amerikanischen und deutschen Recht, Karlsruhe 1966. Raiser, Ludwig: Das Recht der Allgemeinen Geschäftsbedingungen, Hamburg 1935. -

Vertragsfunktion und Vertragsfreiheit, in: Hundert Jahre dt. Rechtsleben, Festschr. zum 100jährigen Bestehen des DJT, Bd.l Karlsruhe 1960, 101 - 134 (= ds.: Die Aufgabe des Privatrechts, Kronberg/Ts. 1977, 62 - 97).

-

Rechtsschutz und Institutionenschutz im Privatrecht, in: Summum ius - summa iniuria, Tübingen 1963, 145 - 167 (= ds.: Die Aufgabe des Privatrechts, Kronberg/ Ts. 1977, 124 - 144).

Raiser, Ludwig / Sauermann, Heinz / Schneider, Erich (Hrsg.): Das Verhältnis der Wirtschaftswissenschaft zur Rechtswissenschaft, Soziologie und Statistik, Berlin 1964. Raiser, Thomas: Theorie und Aufgaben des Unternehmensrechts in der Marktwirtschaft, ZRP 1981, 30 - 35. Ramm, Thilo: Eheverbot und Ehenichtigkeit, JZ 1963, 81 - 85. Rebe, Bernd: Privatrecht und Wirtschaftsordnung, Bielefeld 1978. Rehbinder, Manfred: Der Tankstellenvertrag im Blickfeld der Rechtstatsachenforschung, Berlin 1971. - Einführung in die Rechtssoziologie, Frankfurt/M. 1971. Reich, Norbert: Markt und Recht, Neuwied 1977.

-

Zivilrechtstheorie, Sozialwissenschaften und Verbraucherschutz, ZRP 1974, 187 194. Abzahlungsrecht und Verbraucherschutz, JZ 1975, 550 - 555.

-

Reform des Rechts des Konsumentenkredites, JZ 1980, 329 - 336.

-

Reifner, Udo: Die Sittenwidrigkeit von Konsumratenkrediten nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung, DB 1982,2178 - 2184. -

Die Rückabwicklung sittenwidriger Ratenkreditverträge, JZ 1984, 637 - 645.

Reifner, Udo / Siederer, Wolfgang: Die Anwendung der höchstrichterlichen Rechtsprechung über sittenwidrige Konsumratenkredite auf Verträge aus den Jahren 1974 - 1979, NJW 1984, 2313 - 2316. Reinel, Peter: Anwendbarkeit des Abzahlungsgesetzes auf Bierlieferungsverträge, BB 1982, 956 - 958. Reuter, Dieter / Martinek, Michael: Ungerechtfertigte Bereicherung, Tübingen 1983. Rheinstein, Max: Einführung in die Rechtsvergleichung, München 1974. Rhinow, Rene A.: Rechtssetzung und Methodik, Basel- Stuttgart 1979. Richli, Paul: Zur Leitung der Wirtschaftspolitik durch Verfassungsgrundsätze, Bern 1983.

Literaturverzeichnis

273

Riedel, Joachim: Das Postulat der Unparteilichkeit des Richters - Befangenheit und Parteilichkeit - im deutschen Verfassungs- und Verfahrensrecht, Berlin 1980. Riggenbach, Andreas: Dingliche Rechte an Tankstellenanlagen, Diss. Basel 1967 (maschgeschr. ). Rinck, Gerd: Preisherabsetzung von Hoher Hand, AcP 152 (1952/53) 481 - 508. Ripert, Georges / Baulanger, Jean: Traite de droit civil d'apres le traite de Planiol, Bd.1, Paris 1956; Bd. 2, Paris 1957. Rittner, Fritz: Die Ausschließlichkeitsbindungen in dogmatischer und rechtspolitischer Betrachtung, Düsseldorf 1957. -

Der Beitrag der Restschuld-Lebensversicherung und der Darlehensvertrag, BB Beil. 16/1980, 1 - 15.

-

Zur Sittenwidrigkeit von Teilzahlungskreditverträgen, DB 1981, 1381 - 1383.

-

Vertragsfreiheit und Wettbewerbsordnung, in: Festschr. für A. Sölter, Köln u.a. 1982, 27 - 39.

-

Die Kreditlebensversicherung in der Rechtsprechung des BGH, ZKredW 1983, 142f.

Rives-Lange, Jean-Louis: Escompte et usure, D. 1975 chron. 31 - 36. Radiere, Rene / Champaud, Claude: Apropos des "pompistes de marque": Les contrats de distribution integree et la marge commerciale du distributeur, J. C. P. 1966.1.1988. Rödig, Jürgen: Bereicherung ohne Rechtfertigung durch Gesellschaftsvertrag, Berlin 1972. Röhl, Klaus F.: Das Dilemma der Rechtstatsachenforschung, Tübingen 1974. -

Der Vergleich im Zivilprozeß, Opladen 1983.

Röper, Burckhardt: Die Wettbewerbsfunktion der deutschen Sparkassen und das Subsidiaritätsprinzip, Berlin 1973. -

(Hrsg.): Wettbewerbsprobleme im Kreditgewerbe, Berlin 1976.

Röpke, Jochen: Die Strategie der Innovation, Tübingen 1977. Rassel, Virgile / Mentha, F.-H.: Manuel de droit civil suisse, Bd. 3, Lausanne - Geneve o.J. (1922, 2. Auß.). Rattleuthner, Hubert: Zur Methode einer folgenorientierten Rechtsanwendung, ARSP, Beiheft NF Nr.13: Wissenschaften und Philosophie als Basis der Jurisprudenz, 97 - 118. Rühle, Klaus: Das Wucherverbot - effektiver Schutz des Verbrauchers vor überhöhten Preisen?, Berlin 1978. Sack, Rolf: Der rechtswidrige Arbeitsvertrag, RdA 1975, 171 - 182. -

Die lückenfüllende Funktion der Sittenwidrigkeitsklauseln, WRP 1985, 1 - 15.

Säcker, Franz-Jürgen: Die rechtspolitischen Grundlagen des Kartellverbots in der Reformdiskussion, DB 1971, 853 - 859. Sajonz, Christoph: Der Konsumentenkredit im französischen Recht, RIW 1985, 448 455. Saladin, Peter: Grundrechte im Wandel, Bern 1975 (2. Auß.). 18 Bürge

274 -

Literaturverzeichnis

Unternehmungen in der schweiz. Verfassungsordnung, WuR 1980, 1 - 26.

Saleilles, Raymond: Essai d'une theorie generale de l'obligation d'apres le projet de Code civil allemand, Paris 1890. -

Etude sur les sources de l'obligation dans le projet de Code civil pour l'Empire de l'Allemagne, Bull. soc. legisl. comp. 18 (1889) 583 - 670.

Salje, Peter: Ökonomische Analyse des Rechts aus deutscher Sicht, Rechtstheorie 1984,277 - 312. Sambuc, Thomas: Folgenerwägungen im Richterrecht, Berlin 1977. Sandrock, Otto: Subjektive und objektive Gestaltungskräfte bei der Teilnichtigkeit von Rechtsgeschäften, AcP 1960, 481 - 546. -

Grundprobleme der sachlichen Marktabgrenzung, in: Festgabe Max Kummer, Bern 1980, 449 - 486.

von Savigny, Friedrich Carl: System des heutigen Römischen Rechts, 8 Bde., Berlin 1840 - 1849. -

Das Obligationenrecht als Theil des heutigen Römischen Rechts, 2 Bde., Berlin 1851 - 1853.

Scharlach: Welche Maßregeln empfehlen sich für die rechtliche Behandlung der Kartelle?, Gutachten, VerhDJT 27 (1904) Bd. 2, 28 - 44. Scherrer, Albert: Das "Richterliche Ermäßigungsrecht" bei Verträgen nach schweizerischem Obligationenrecht, Diss. Zürich, Wil1934. von Schey, Josef: Die Obligationsverhältnisse des österreichischen allgemeinen Privatrechts, Bd.l, Wien 1907. Schlosser, Peter: Einverständliches Parteihandeln im Zivilprozeß, Tübingen 1968. Schlothauer, Angelika / Borggreve, Carlo H.: Rechtsprobleme der Rückabwicklung sittenwidriger Teilzahlungskredite, ZKredW 1982, 962 - 968. -

Rechtsprobleme der Rückabwicklung sittenwidriger Teilzahlungskredite, DB 1983,1344 - 1347.

Schluep, Walter R.: Innominatverträge, Basel- Stuttgart 1979 (= Separatdruck aus SPR Bd. VII,I, 2. Hbd.). -

Grundzüge des Entwurfs der Expertenkommission zur Revision des BG über Kartelle und ähnliche Organisationen, ZBJV 1979, 65 - 105.

Schmid, Felix: Sozialrecht und Recht der sozialen Sicherheit, Berlin 1981. Schmid, Lothar M.: Grundlagen und Formen der Preisdifferenzierung im Lichte der Marktformenlehre und der Verhaltenstheorie, Berlin 1965. Schmidhauser, Bruno: Materialien 1978 zur Revision des schweizerischen Kartellgesetzes,WuR 1979, 77 - 164. Schmidt, Helmut: Die Lehre von der Sittenwidrigkeit der Rechtsgeschäfte in historischer Sicht, Berlin 1973. Schmidt, Jürgen: Privatrecht und Gesellschaftsordnung, Rechtstheorie 1975, 33 - 63. Schmidt, Ingo: Wettbewerbs theorie und -politik, Stuttgart 1981. Schmidt, Karsten: Kartellverfahrensrecht - Kartellverwaltungsrecht - Bürgerliches Recht, Köln u.a. 1977.

Literaturverzeichnis

275

-

Kartellverbot und "sonstige Wettbewerbsbeschränkungen", Köln u.a. 1978.

-

Aufgaben und Leistungsgrenzen der Gesetzgebung im Kartelldeliktsrecht, BadenBaden 1978.

-

Darlehensversprechen, Darlehensklage und Geschäftsgrundlage, JuS 1976, 709 715.

-

Wettbewerbsverbot und Kartellverbot, BB 1979, 1173 - 1175.

-

Die Rechtsfolgen der Kündigung nach § 247 Abs.l BGB, BB 1982,2075 - 2079.

Schmidt-Rimpler, Walter: Grundfragen einer Erneuerung des Vertragsrechts, AcP 147 (1941) 130 - 197. -

Zum Vertragsproblem, in: Festschr. für Ludwig Raiser, Tübingen 1974, 3 - 26.

Schmitz, Wolfgang: Die Gesetzesflut, ~erh. ÖJT 7 (1979) Bd. 1,l.B, Wien 1979. Schnegels berg, Jürg: Das schweizerische Kartellgesetz, Köln u. a. 1964. Schneider, Hans-Peter: Richterrecht, Gesetzesrecht und Verfassungsrecht, Frankfurt/Mo 1969. -

Die Gesetzmäßigkeit der Rechtsprechung, DöV 1975, 443 - 452.

Schneider, Uwe H.: Mehrheitsprinzip und Mitwirkungserfordernis bei Gesellschafterbeschlüssen, AG 1979, 57 - 68. Schönherr, Fritz: Das neue Kartellgesetz, JBl1973, 225 - 234. Schalz, Franz Josef: Die 2. Novelle zum Abzahlungsgesetz, MDR 1974, 881 - 885. -

Ein Schritt zum "richtigen" Effektivzins?, WM 1980, 322 - 327.

-

Erwiderung (zu Hörmann / Halzscheck ebd.), BB 1982, 1890 - 1893.

Schuben, Werner (Hrsg.): Die Vorlagen der Redaktoren für die erste Kommission des Entwurfs eines Bürgerlichen Gesetzbuches, Allgemeiner Teil, Teil 1 - 2 (Verfasser: A. Gebhard), Berlin - New York 1981. Schürmann, Leo: Bundesgesetz über Kartelle und ähnliche Organisationen vom 20. Dez. 1962, Zürich 1964. -

Wirtschaftsverwaltungsrecht, Bern 1983 (2. Aufl.).

Schuhmacher, Wolfgang: Verbraucher und Recht in historischer Sicht, Wien 1981. -

"Quo vadis", österreichisches Wettbewerbsrecht?, ÖJZ 1978, 314 - 318.

Schumpeter, Joseph A.: Kapitalismus, Sozialismus und Demokratie, München 1980 (5. Aufl.). Schwamb, Thomas: Die schadensersatzrechtliche Reduktionsklausel § 255a BGB Referentenentwurf 1967, Frankfurt/M. 1984. Schwark, Eberhard: Grundsätzliche Fragen einer Überarbeitung des Schuldrechts des BGB, JZ 1980, 741 - 748. Schwerdtner, Peter: Globalzession und verlängerter Eigentumsvorbehalt, NJW 1974, 1785 -1789. Seiler, Hans Hermann: Utile per inutile non vitiatur, in: Festschr. für Max Kaser, München 1976, 127 - 147. Seube, Alain: La precarite des clauses d'exclusivite, Gaz. Pa!. 1979.2 doct. 655 - 657. Sieben, Wolfgang: Faktische Vertragsverhältnisse, Karlsruhe 1958. IS*

276

Literaturverzeichnis

Siller, Robert: Die Konversion (§ 140 BGB), AcP 138 (1934) 144 - 193. Simitis, Konstantin: Gute Sitten und ordre public, Marburg 1960. Simler, Philippe: La nullite partielle des actes juridiques, Paris 1969. Sombart, Werner: Die deutsche Volkswirtschaft im neunzehnten Jahrhundert und im Anfang des 20. Jahrhunderts, Berlin 1927 (7. Aufl.). Sontag, Peter-Michael: Ausschließlichkeitsverträge - Individualschutz und Wettbewerbsschutz, WRP 1970, 229 - 236. Spethman, Hans: Zur Wirkung der Teilnichtigkeit, Diss. Kiel 1930. Spielbüchler, Karl / Floretta, Hans: Arbeitsrecht, Bd.1: Individualarbeitsrecht (Arbeitsvertragsrecht), Wien 1976. Spiro, Karl: Die Begrenzung privater Rechte durch Verjährungs-, Verwirkungs- und Fatalfristen, 2 Bde., Bern 1975. -

Können übermäßige Verpflichtungen oder Verfügungen in reduziertem Umfang aufrechterhalten werden?, ZBJV 1952, 449 - 470, 497 - 533.

Sprung, Rainer / König, Bernhard: ,,Iura novit curia" und rechtliches Gehör, JBI 1976, 1 - 7. Stark, Emil W.: Die Übervorteilung (Art. 21 OR) im Lichte der bundesgerichtlichen Rechtsprechung, in: Erhaltung und Entfaltung, Festgabe der schweiz. Rechtsfak. zur Hundertjahrfeier des Bundesgerichts, Basel 1975, 377 - 398. Stein, Günther: Die Inhaltskontrolle vorformulierter Verträge des allgemeinen Privatrechts, Berlin 1982. Steindl, Harald: Überlegungen zum Verhältnis von Privatrecht, Gewerbefreiheit und Industrialisierung, in: Vorträge zur Geschichte des Privatrechts in Europa, lus commune, Sonderheft 15, Frankfurt/M. 1981, 76 - 108. -

Zur Genese des Privatrechts als "allgemeines Wirtschaftsrecht" , in: Aspekte europ. Rechtsgeschichte (Festgabe für Helmut Coing) , lus commune, Sonderheft 17, Frankfurt/M. 1982, 349 - 386.

Steindorff, Ernst: Teilnichtigkeit kartellrechtswidriger Vereinbarungen in der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes, in: Festschr. für Wolfgang Hefermehl, Heidelberg 1971, 177 - 188. -

Politik des Gesetzes als Auslegungsmaßstab im Wirtschaftsrecht, Festschr. für Karl Larenz, München 1973, 217 - 244.

-

Wirtschaftsordnung und -Steuerung durch Privatrecht? in: Festschr. für Ludwig Raiser, Tübingen 1974, 621 - 643.

-

Gesetzeszweck und gemeinsamer Zweck des § 1 GWB, BB 1977, 569 - 571.

-

Vorvertrag zur Vertragsänderung, BB 1983, 1127 - 1131.

Steinwenter, A.: Die Vertragstreue im bürgerlichen Recht, in: JBI 1950, 173 - 176, 197 - 200, 225 - 228, 250 - 253. Stimpel, Walter: Anlegerschutz durch Gesellschaftsrecht in der Publikums-Kommanditgesellschaft, in: Festschr. für Robert Fischer, Berlin - New York 1979, 771 783. Stöcker, Hans A.: Das Kündigungsrecht nach § 247 BGB - ein unentbehrliches Instrument des Schuldnerschutzes, BB 1982, 2079 - 2083.

Literaturverzeichnis

277

Stall, Heinrich: Die Bedeutung der Entscheidung des Großen Senats für Zivilsachen über Wucher und Überteuerung (RG 150, 1), AcP 142 (1936) 333 - 340. Stolleis, Michael: Die bayerische Gesetzgebung zur Herstellung eines frei verfügbaren Grundeigentums, in: Wissenschaft und Kodifikation im 19. Jhdt., Hrsg. von Helmut Coing und Walter Wilhelm, Bd. 3, Frankfurt/M. 1976,44 - 117. Strätz, Hans-Wolfgang: Über sog. "Nachwirkungen" des Schuldverhältnisses und den Haftungsmaßstab bei Schutzpflichtverstößen, in: Festschr. für Friedrich Wilhelm Bosch, Bielefeld 1976, 999 - 1013. Sträuli, Hans / Messmer, Georg: Kommentar zur Zürcherischen Zivilprozeßordnung, Zürich 1982 (2. Auf!.). Stratenwerth, Günter: Die Zukunft des strafrechtlichen Schuldprinzips, Karlsruhe 1977. Straube, Manfred: Die bürgerlich-rechtliche Gesellschaft als Rechtsform zwischenbetrieblicher Kooperation, Wien 1977. Stürner, Rolf: Die richterliche Aufklärung im Zivilprozeß, Tübingen 1982. Stützel, Wolfgang: Das Mark-gleich-Mark-Prinzip und unsere Wirtschaftsordnung, Baden-Baden 1979. - Entscheidungstheoretische Elementarkategorien als Grundlage einer Begegnung von Wirtschaftswissenschaft und Rechtswissenschaft, in: Raiser / Sauermann / Schneider (Hrsg.) 27 - 50. Sturm, Richard: Die Neufassung des Wuchertatbestandes und die Grenzen des Strafrechts, JZ 1977, 84 - 87. Tandogan, Haluk: La nullite, l'annulation et la resiliation partielles des contrats, These Geneve 1952. Teubner, Gunther: Folgenkontrolle und responsive Dogmatik, Rechtstheorie 1975, 179 - 204. - Reflexives Recht. Entwicklungsmodelle des Rechts in vergleichender Perspektive, ARSP 1982, 13 - 59. Teubner, Gunther / Wilke, Helmut: Kontext und Autonomie: Gesellschaftliche Selbststeuerung durch reflexives Recht, in: ZfRSoz 5 (1984) 4 - 35. Thiere, Kar!: Die Wahrung überindividueller Interessen im Zivilprozeß, Bielefeld 1980. Thilo, Ralf Michael: Grundlage der Fiktionstheorie Savignys - Ein logischer Fehler?, Rechtstheorie 1978, 107 - 114. Tietz, Reinhard: Der Vertrag aus volkswirtschaftlicher Sicht, in Norbert Horn / Reinhard Tietz (Hrsg.): Sozialwissenschaften im Studium des Rechts, Bd.1: Zivil- und Wirtschaftsrecht, München 1977, 22 - 30. Tilmann, Winfried: Zur Rechtsstellung des Verbrauchers bei Wettbewerbsdelikten, ZHR 1977, 32 - 80. - Das AGB-Gesetz und die Einheit des Privatrechts, ZHR 1978, 52 - 70. Titze, Heinrich: Vom sogenannten Motivirrtum, in: Festschr. Ernst Heymann, Bd. 2, Weimar 1940, 72 - 111. Touffait, Adolphe / Tune, Andre: Pour une motivation plus explicite des decisions de justice notamment de celles de la Cour de cassation, Rev. trim dr. civ. 1974,487 508.

278

Literaturverzeichnis

Trimarchi, Pietro: Die Regelung der Vertragshaftung aus ökonomischer Sicht, ZHR 1972, 118 - 138. Tuchtfeldt, Egon: Konzepte der Wettbewerbspolitik, in: Festgabe Max Kummer, Bern 1980, 549 - 563 von Tuhr, Andreas: Der Allgemeine Teil des Deutschen Bürgerlichen Rechts, Bd. 111,2, Berlin 1910 - 1918 (R. 1957). -

Allgemeiner Teil des Schweizerischen Obligationenrechts, 3. Aufl., Bd.1, neubearb. von Hans Peter, Zürich 1974/79; Bd. 2, neubearb. von Arnold Escher, Zürich 1974; Supplement, Zürich 1984.

Ulmer, Peter: Welche gesetzgeberischen Maßnahmen empfehlen sich zum Schutze des Endverbrauchers gegenüber Allgemeinen Geschäftsbedingungen und Formularverträgen (... )?, VerhDJT 50 (1974), Bd. 2, SB H, 8 - 44. -

Wettbewerbsverbote in Unternehmensveräußerungsverträgen, NJW 1979, 15851587.

-

Der Kaufpreis für Neuwagen bei Unwirksamkeit der Tagespreisklausel, BB 1982, 1125 - 1132.

Unger, Joseph: System des österreichischen allgemeinen Privatrechts, Bd.1 u. 2, Leipzig 1892 (5. Aufl.). Urfus, Valentin: Die Wuchergesetzgebung in Österreich zwischen Josephinismus und Liberalismus, in: Festschr. Hans Lentze, Innsbruck - München 1969, 575 - 585. Vasseur, Michel: Usure et prets d'argent (Loi du 28dec. 1966), La banque 1967, 457474. van Venrooy, Gerd J.: Vertrag und Unwirksamkeit bei § 18 des GWB, Berlin 1980. Viehweg, Theodor: Topik und Jurisprudenz, München 1953. Vischer, Frank 1 Volken, Paul: Bundesgesetz über das Internationale Privatrecht (IPR-Gesetz). Gesetzesentwurf der Expertenkommission und Begleitbericht, Zürich 1978. Vogel, Hans-Jochen: Zur Diskussion um die Normenflut, JZ 1979, 321 - 325. Wälde, Thomas W.: Juristische Folgenorientierung, Königstein/Ts. 1979. Wagner, Wolfgang: Die Privatisierung des Lehnrechts, in: Forschungsband Franz von Zeiller, hrsg. von Walter Selb und Herbert Hofmeister, Wien u.a. 1980, 226 - 247. Wahle, Karl: Ist der Tankstelleninhaber eine arbeitnehmerähnliche Person? in: Festschr. für Hans Schmitz, Bd.1, Wien - München 1967, 329 - 339. Walder-Bohner, Hans Ulrich: Der neue Zürcher Zivilprozeß, Zürich 1979 (2. Aufl.). Weber, Karl-Heinz: Die Nichtigkeit von Teilzahlungsverträgen, NJW 1980, 20622065. Weber, Max: Wirtschaft und Gesellschaft, Hrsg. von Johannes Winckelmann, 2 Hbde., Tübingen 1956 (4. Aufl.). Weber, Rolf H.: Ökonomische Rationalität und Vertragsrecht, in: Festschr. Arthur Meier-Hayoz, Bern 1982, 419 - 444. Wegehenkel, Lothar: Co ase-Theorem und Marktsystem, Tübingen 1980. -

Transaktionskosten, Wirtschaftssystem und Unternehmertum, Tübingen 1980.

-

Gleichgewicht, Transaktionskosten und Evolution, Tübingen 1981.

Literaturverzeichnis

279

Weil, Elly: Konversion von Rechtsgeschäften, Diss. Zürich 1934. Wesener, Gunter: Zeillers Lehre "von Verträgen überhaupt", in: Forschungsband Franz von Zeiller, hrsg. von Walter Selb und Herbert Hofmeister, Wien u.a. 1980, 248 - 268. Westermann, Harm Peter: Vertragsfreiheit und Typengesetzlichkeit im Recht der Personengesellschaften, Berlin u. a. 1970. -

Sonderprivatrechtliche Sozialmodelle und das allgemeine Privatrecht, AcP 1978, 150 - 195.

Westermann, Harry: Zur Problematik der "salvatorischen" Klausel, in: Festschr. für Philipp Möhring, München 1975, 135 - 150. Wieacker, Franz: Zur rechtstheoretischen Präzisierung des § 242 BGB, Tübingen 1956 (= ds.: Ausgew. Schriften, Bd. 2, Frankfurt/M. 1983, 195 - 227). -

Privatrechtsgeschichte der Neuzeit, Göttingen 1967 (2. Auf!.).

-

Das Sozialmodell der klassischen Privatrechtsgesetzbücher und die Entwicklung der modernen Gesellschaft, Karlsruhe 1953 (= ds.: Industriegesellschaft und Privatrechtsordnung, Kronberg/Ts. 1974,9 - 35).

-

Das bürgerliche Recht im Wandel der Gesellschaftsordnungen, in: Hundert Jahre dt. Rechtsleben, Festschr. zum 100jährigen Bestehen des DJT, Bd.2, Karlsruhe 1960, 1 - 18 (= ds.: Industriegesellschaft und Privatrechtsordnung, Kronberg/Ts. 1974,36 - 54).

-

Zur praktischen Leistung der Rechtsdogmatik, in: Hermeneutik und Dialektik, Festschr. für H.-G. Gadamer, Bd.2, Tübingen 1970, 311 - 336 (= ds.: Ausgew. Schriften, Bd. 2, 58 - 80).

-

Über strenge und unstrenge Verfahren der Rechtsfindung, in: Festschr. für Werner Weber, Berlin 1974, 421 - 443 (= ds.: Ausgew. Schriften, Bd. 2, 101 - 120).

-

Rechtsgewinnung durch elektronische Datenverarbeitung, in: Festschr. für Ernst von Caemmerer, Tübingen 1978, 45 - 71 (= ds.: Ausgew. Schriften, BD. 2, 172 194).

Wiedemann, Herbert: Das Arbeitsverhältnis als Austausch- und Gemeinschaftsverhältnis, Karlsruhe 1966. - Gesellschaftsrecht, Bd. 1, München 1980. Wilburg, Walter: Die Elemente des Schadensrechts, Marburg 1941. -

Entwicklung eines beweglichen Systems im bürgerlichen Recht, Graz 1950.

-

Zusammenspiel der Kräfte im Aufbau des Schuldrechts, AcP 1963, 346 - 379.

Wilhelm, Georg: Bierbezugsvertrag und Kartellrecht, JB11981, 299 - 304. de With, Hans: Innovationsanstöße aus der Diskussion um "Alternativen in der Ziviljustiz" , ZRP 1982, 188 - 19l.

Wahlmann, Herbert: Zur funktionalen Auslegung im Kartellrecht, in: Festschr. Arthur Meier-Hayoz, Bern 1982, 461 - 473. Wolf, Alfred: Weiterentwicklung und Überarbeitung des Schuldrechts, ZRP 1978, 249 - 254. - Die Überarbeitung des Schuldrechts, AcP 1982, 80 - 100. Wolf, Manfred: Rechtsgeschäftliche Entscheidungsfreiheit und vertraglicher Interessenausgleich, Tübingen 1970.

280 -

Literaturverzeichnis

Vertragsrecht und Sozialwissenschaften, in Norbert Horn / Manfred Tietz, Sozialwissenschaften im Studium des Rechts, Bd. 1: Zivil- und Wirtschaftsrecht, München 1977, 4 - 21.

Wolf, Martin: Normative Aspekte richterlicher Vergleichstätigkeit, ZZP 1976, 260 293. Wüstmann, Ephard: Rolle und Rollenkonflikt im Recht, Berlin 1972. Wüthrich, Max: Der Bierlieferungsvertrag nach schweizerischem Recht, Diss. Zürich, Aarau 1929. Zajtay, Imre: Begriff, System und Präjudiz in den kontinentalen Rechten und im Common Law, AcP 1965, 97 - 114. Zimmermann, Reinhard: Richterliches Moderationsrecht oder Totalnichtigkeit?, Berlin 1979. Zimmermann, Rita: Die Relevanz einer herrschenden Meinung für Anwendung, Fortbildung und wissenschaftliche Erforschung des Rechts, Berlin 1983. Zitelmann, Ernst: Die Rechtsgeschäfte im Entwurf eines Bürgerlichen Gesetzbuches für das Deutsche Reich, Theill - 2, Berlin 1889/90. Zöllner, Wolfgang: Die Anpassung von Personengesellschaftsverträgen an veränderte Umstände, Karlsruhe 1979. -

Privatautonomie und Arbeitsverhältnis, AcP 1976, 221 - 246.

Zohlnhöfer, Werner: Wettbewerbs-Modell und Wirklichkelt, in: Festschr. für Arno Sölter, Köln u. a. 1982, 15 - 25. Zugehör, Horst Josef: Zweckmäßigkeit und Grundriß eines freiwilligen Güteverfahrens vor dem Zivilrichter, DRiZ 1984,465 - 474. Zurbriggen, Felix: Die irregulären Personaldienstbarkeiten (Art. 781 ZGB), Bern u. a. 1981. Zwanzig, Jürgen: Sondermarkt für Teilzahlungsbanken im Konsumentenratenkredit?, BB 1980, 1282 - 1288. Zweigert, Konrad / Kötz, Hein: Einführung in die Rechtsvergleichung auf dem Gebiete des Privatrechts, 2 Bde., Tübingen 1984 (2. Aufl.).