Raumfahrt : Heute - Morgen - Übermorgen

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Raumfahrt : Heute - Morgen - Übermorgen

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EUGEN SÄNGER

RAUMFAHRT heute - morgen - übermorgen

ECON-VERLAG GMBH • DÜSSELDORF • WIEN

1.-5. Tausend 1963 6.-8. Tausend 1964

Copy right © 1963 by Econ-Vetlag GmbH, Düsseldorf und Wien. Alle Rechte der Verbreitung, auch durch Film, Funk, Fernsehen, fotomechanische Wiedergabe, Tonträger jeder Art oder auszugsweisen Nachdruck sind vorbehalten. Gesetzt aus der 10 Punkt Garamond der Monotype GmbH Gesamtherstellung: Ensslin-Druck Reutlingen Printed in Germany

INHALTSÜBERSICHT

VORWORT

VORAUSSETZUNGEN DER RAUMFAHRT

Mythische Wurzeln der Raumfahrt Geschichtliche Wurzeln der Raumfahrt

Warum Raumfahrt? • Was kostet Raumfahrt?

Wie funktioniert Raumfahrt?

Raketentriebwerke, die Motoren der Raumfahrt

Navigation der Raumfahrzeuge

RAUMFAHRT HEUTE

Raumfahrt heute Die Raketentriebwerke - heute

Die Raumfahrzeuge - heute Militärische Raumfahrt

Zivile, erdnahe Raumfahrt

RAUMFAHRT MORGEN

Raumfahrt - morgen

Die Raketentriebwerke - morgen

RAUMFAHRT ÜBERMORGEN

Die Grundlagen der Raumfahrt von übermorgen

Raketentriebwerke übermorgen

Die Raumfahrzeuge - übermorgen Interstellare Raumfahrt

VORWORT

Die fühlbarsten Verbesserungen menschlicher Lebensbedingun­ gen auf unserem Planeten in den letzten fünfhundert Jahren sind weniger durch philosophische Systeme, politische Ereignisse oder schöne Künste zustandegekommen, als durch wissenschaftliche Er­ kenntnisse und die aus ihnen fließenden technischen Erfindungen. Erfindungen, wie jene des Buchdrucks, des Schießpulvers, der Dampfmaschine, der Dynamomaschine, der modernen Chemie und Medizin, der Funktechnik, von Dampfschiff, Eisenbahn, Automo­ bil und Flugzeug, haben die wirtschaftlichen Grundlagen dafür ge­ schaffen, daß die Zahl der Menschen in diesem halben Jahrtausend sich verzehnfachen konnte, ja, daß die Mehrzahl unserer Zeitgenos­ sen überhaupt geboren worden ist. In den letzten Jahrzehnten sind zwei neue Zweige der Technik entstanden, die Atomkerntechnik und die Raumfahrttechnik, deren Einfluß auf die Entwicklung der Menschheit noch wesentlich über jenen früherer technischer Schöpfungen hinauszugehen scheint. Das Bestehen der Raumfahrt in ihren militärischen Versionen, z.B.inForm der Interkontinentalraketen, zu beiden Seiten Europas, hat den Ausbruch eines neuen Weltkrieges in den letzten zehn Jah­ ren wirksam verhindert, in ihrer zivilen Version als unbemannte Nachrichtensatelliten stellt sie eine der wirtschaftlich ertragreich­ sten Schöpfungen moderner Technik in Aussicht. Der gegenwärtige Aufbau der zivilen und bemannten Raumfahrt zu beiden Seiten Europas verspricht den beteiligten Nationen eine so bedeutsame wirtschaftliche, kulturelle und strategische Domi­ nanz, daß diese Nationen in diesen Jahren jede kriegerische Ver­ wicklung vermeiden, die den Aufbau stören oder unterbrechen könnte, und durch die jedenfalls weniger zu gewinnen wäre als durch den Aufbau der Raumfahrt. Daher trägt der Aufbau der zivilen Raumfahrt gegenwärtig und in den nächsten Jahren zur Erhaltung des Friedens ganz wesentlich bei. Technisch besteht allerdings - wie bei allen früheren technischen Schöpfungen - die Möglichkeit, die gegenwärtig entstehende erd­ nahe Raumfahrt zu einem militärischen Raumwaffensystem auszu­ bauen, unter Benützung der auch ziviler Raumfahrt dienenden F.in7

richtungen, wie Raumflugzeuge, Erdsatelliten, Erdaußenstationen, reine Raumfahrzeuge und Mondstationen. Ein solches Waffensystem in den Händen einer Einzelnation könnte dieser die absolute Beherrschung der gesamten Erdober­ fläche verschaffen und alle klassischen Waffensysteme paralysieren. Die Versuchung zu einem derartigen Mißbrauch der Raumfahrt­ einrichtungen wird immer größer, je größer der Vorsprung einer der rivalisierenden Gruppen im Aufbau der Raumfahrteinrichtun­ gen ist. Einen solchen Vorsprung zu vermeiden, ist der unmittelbarste Sinn des gegenwärtigen Wettrennens der USA und USSR um die Eroberung des erdnahen Weltraumes und einer der Gründe für die notwendige Teilnahme auch des geistigen und materiellen Poten­ tials Europas am Aufbau der Raumfahrt. Mit der nur auf solche Weise möglichen Angleichung im tech­ nischen Stand der Raumfahrt auf allen beteiligten Seiten werden die Aussichten für eine Zusammenarbeit zwischen allen Wettbewer­ bern steigen, der Wettbewerb könnte sich endgültig von der mili­ tärischen Seite auf jene des Prestiges, der Wirtschaft und der Wis­ senschaft verlagern und zu einer endgültigen technischen Überwin­ dung des Krieges führen. Auch auf diesen zivilen Gebieten fallt den raumfahrttreibenden Ländern unweigerlich eine Dominanz zu, die zu verhindern wir weder ein moralisches Recht, noch eine praktische Möglichkeit haben. Sie folgt einmal schon aus ihrer mit ungewöhnlicher Schnellig­ keit wachsenden industriellen Blüte, die u. a. auch eine Folge der den gesamten industriellen Bereich überdeckenden, mit außeror­ dentlichen öffentlichen Mitteln geförderten Raumfahrtforschung ist, aus der tausende neuer industrieller Produkte entstehen, die mit Raumfahrt selbst gar nichts mehr zu tun haben, sondern in den All­ tag der Menschen fließen und die wirtschaftliche Konkurrenzfähig­ keit und Prosperität steigern. Die außerordentliche finanzielle Förderung, die den staatlichen Programmen der Raumfahrtforschung zuteil wird, findet ihren Nie­ derschlag in einer ungeahnten Befruchtung der gesamten industri­ ellen Entwicklung. Dies hat in den USA zur Folge, daß die Raumfahrtindustrie ge­ genwärtig die amerikanische Automobilindustrie an Umfang über­ flügelt, und daß amerikanische Soziologen einen industriellen Um­ bruch ihres Landes vom selben Umfang voraussehen, wie ihn vor 8

i jo Jahren das Aufkommen des Maschinenzeitalters mit allen sozio­ logischen Auswirkungen brachte. Eines der interessantesten Nebenprodukte der Raumfahrt wird mit hoher Wahrscheinlichkeit ein irdisches Luftverkehrssystem sein, das mit den physikalisch höchstmöglichen Reisegeschwindigkeiten bei hoher Wirtschaftlichkeit in 90 Minuten um die halbe Erde füh­ ren wird und schon heute die Bemühungen um einen ÜberschallLuftverkehr zu überholen geeignet ist. Auch auf diesen zivilen Gebieten des Wettkampfes um die Welt­ geltung wird Europa sich einen Verzicht auf Teilnahme nicht er­ lauben können, wenn es seine Position als größter Industriekom­ plex der Erde, als dichtest besiedelter Kontinent und noch immer geistiges und zivilisatorisches Zentrum bewahren will. Die am tiefsten greifende Dominanz der raumfahrttreibenden Länder entwickelt sich jedoch nicht auf den Gebieten der militäri­ schen Überlegenheit oder des materiellen, wirtschaftlichen Vorran­ ges ; wirkungsvoller und auf völlig friedliche Weise folgt sie aus der jeden Menschen nachhaltig beeindruckenden wissenschaftlichen, technischen und prestigemäßigen Überlegenheit, die jene Länder gewinnen, welche die naturgegebenen Menschheitsaufgaben tat­ sächlich erfüllen, wie sie die Ausdehnung des Wirkungsfeldes der Menschheit auf den Weltraum, auf Mond, Mars und Venus, auf das Sonnensystem und noch darüber hinaus in höchstem Maße dar­ stellen. Nicht von ungefähr kommen zwei so verschiedene Menschheitsex­ ponenten wie der amerikanische Kongreß in Washington und der Papst in Rom unabhängig voneinander zu dem Schluß, daß der tief­ ste Antrieb zur Raumfahrt in dem unersättlichen Wissensdurst des Menschen liegt. Dieser Mission wird auch Europa sich nicht entziehen können, und die Worte des französischen Präsidenten Jean Delorme der europäischen industriellen Raumfahrtorganisation »Eurospace« mögen hier besonders unterstrichen sein: »Wenn die europäischen Nationen - verglichen mit den beiden großen Raumfahrtnationen USA und USSR - nicht innerhalb der nächsten 50 Jahre zu den rückständigen und unterentwickelten Län­ dern gehören wollen, dürfen sie keinen Moment mehr zögern, son­ dern müssen sich unverzüglich auf dieses neue Gebiet, in diese Werkstatt der Zukunft begeben. Praktisch handelt es sich dabei um eine Frage des Überlebenwollens.« 9

Heute steht die Raumfahrt technisch noch in ihren allerersten Anfängen, und was aus dem Zusammenfließen der Kemenergietechnik und der Raumfahrttechnik über den primitiven Anfang in den interkontinentalen Kampfraketen hinaus in Zukunft zu erwarten ist, können wir jetzt noch kaum ahnen. Davon soll hier aber auch gesprochen werden. Eine gemeinverständliche Darstellung der soziologischen und wirtschaftlichen Hintergründe, des derzeitigen Standes und der vor­ aussichtlich weiteren Wege der Raumfahrt zu geben, hielt mein Freund Reinhart von Eichborn für notwendig, dem ich die Anre­ gung zu diesem Buch verdanke. Es herzustellen und verlegerisch zu betreuen, hat der ECON-Verlag mit der ihm eigenen Begeisterung, Initiative und Sorgfalt übernommen, wofür ich auch ihm sehr dan­ ken möchte.

Berlin, Technische Universität, im Sommer 1965 Eugen Sänger

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VORAUSSETZUNGEN DER RAUMFAHRT

I

MYTHISCHE WURZELN DER RAUMFAHRT

Göttermythen Das Licht der Sonne braucht bis zur Erde etwas über acht Minu­ ten, bis zur Bahn des Planeten Pluto an der äußersten Grenze unse­ res Planetensystems 5 % Stunden, bis zur nächsten Nachbarsonne, dem Fixstern Proxima Centauri, 4 % Jahre. In einer um die Sonne gelegten Kugel von 16 Lichtjahren Radius befinden sich rund 50 Fixsterne, von denen man annimmt, daß viel­ leicht sieben unter ihnen mit Planeten ähnlich unserer Sonne aus­ gestattet sind. Dieser winzige Raumbereich innerhalb unseres Milchstraßen­ systems stellt zur Zeit das Interessengebiet der Raumfahrt dar. Auch im weiteren Bereich der über 100 000 Lichtjahre ausgedehn­ ten Milchstraße sind die Milliarden Sterne dieses Systems im Durch­ schnitt etwa sieben Lichtjahre voneinander entfernt, und manche Annahmen gehen dahin, daß vielleicht 15% unter ihnen Planeten haben. Es gilt daher heute als wahrscheinlich, daß das Planetensystem unserer Sonne keine Einzelerscheinung ist, sondern daß unter den Milliarden Sternen unseres Milchstraßensystems und anderer Stern­ nebel sich unzählbar viele mit Planetensystemen befinden, darunter wahrscheinlich auch solche, auf denen sich organisches Leben in irgendeiner Form entwickeln konnte. Die durch das Flimmern der irdischen Atmosphäre beschränkte Vergrößerung unserer astronomischen Fernrohre hat bisher keine direkte Beobachtung anderer als Sonnenplaneten gestattet, wohl aber hat die Beobachtung von Sternen periodisch wechselnder Hel­ ligkeit schon Schlüsse wenigstens auf dunkle Sternbegleiter zuge­ lassen, die uns beim Umkreisen ihrer Sonne deren Anblick zeit­ weilig und regelmäßig verdecken. Mit der im Zuge der Raumfahrtarbeiten bevorstehenden Errich­ tung astronomischer Observatorien im freien Weltraum und später vielleicht auf dem Mond wird der direkte Nachweis von Planeten unserer Nachbarsonnen in greifbare Nähe gerückt. Es gilt ferner als nicht völlig ausgeschlossen, daß bei der unab­ sehbar großen Zahl von Planeten, die als von organischem Leben 333

h/kg h/kg h/kg h/kg h/kg

Flüssigwasserstoff (H2) Flüssigammoniak (NH3) Hydrazin (N2HJ Unsymmetrisches Dimethylhydrazin (CjHgNj) Kerosin (~ CnH^)

Selbständige Festtreibstoffe (sogenannte Komposit-Pulver) Kernspaltstoffe

0,167 0,030 °>33 °>33 0,013

h/kg h/kg h/kg h/kg h/kg

- i h/kg - 6000 h/kg

Bis auf die erwähnten selbständigen Festtreibstoffe werden meist zwei Treibstoffarten miteinander kombiniert, um den gewünschten schnellen Antriebsstrahl des Raketenmotors zu erzeugen. Bei che­ mischen Raketenmotoren kombiniert man einen Verbrennungs­ stoff (zum Beispiel Fluor, Sauerstoff, Ozon etc) mit einem Brennstoff (zum Beispiel Wasserstoff, Kerosin etc), bei Atomkern-Raketenmo­ toren kombiniert man einen Kerntreibstoff (zum Beispiel Uran) mit einer inerten Treibmasse (zum Beispiel Wasserstoff oder Wasser). Einige Bespiele für die praktisch erzielbaren Strahlgeschwindig­ keiten w des Motors und für den Preis der Gewichtseinheit der Treibstoffkombination sind folgende Treibstoffe bzw. Treibstoff­ kombinationen, die für Raumfahrtzwecke im Wettbewerb liegen: Komposit-Pulver w FlüssigsauerstoffKerosin w Flüssigfluor-Hydrazin w FlüssigsauerstoffFlüssigwasserstoff w Flüssigfluor-Flüssig­ wasserstoff w Uran-Flüssigwasser­ stoff w

= 2800 m/sec

- 1,00 h/kg

= 3400 m/sec = 4100 m/sec

0,02 h/kg 0,85 h/kg

= 4500 m/sec

0,06 h/kg

= 4700 m/sec

0,92 h/kg

~ 10000 m/sec

- 0,30 h/kg

Diese Angaben beziehen sich meist auf Mischungsverhältnisse der Kombination, die etwa die genannten höchsten Strahlgeschwin­ digkeiten ergeben. Für manche Zwecke kann ein davon leicht ab­ weichendes Mischungsverhältnis günstiger sein, womit sich Strahl­ geschwindigkeiten und Gemischpreise etwas verschieben. Mit diesen Unterlagen lassen sich nun die ungefähren Kostenan­ teile der Treibstoffe soweit überschlagen, daß man ein erstes Bild «5

über ihr Verhältnis zu den Entwicklungs- und Produktionskosten gewinnen kann. Für eine bestimmte Flugaufgabe läßt sich immer eine sogenannte charakteristische Fluggeschwindigkeit v angeben, die uns sagt, wel­ chen Gewichtsanteil der Treibstoff am Startgewicht eines Raum­ fahrzeuges haben muß, um diese Aufgabe erfüllen zu können. Dieser Zusammenhang zwischen dem Treibstoffgewichtsanteil t, der cha­ rakteristischen Fluggeschwindigkeit v und der Strahlgeschwindig­ keit w des Raketenmotors ist in den meisten Fällen durch die ein­ fache mathematische Beziehung (Raketengrundgleichung) -v/w t = i -e '

bestimmt. Wählt man als konkretes Beispiel einen Flug von der Erdober­ fläche in eine kreisförmige Erdsatellitenbahn um die Erde in viel­ leicht 500 km Höhe, so liegt die charakteristische Fluggeschwindig­ keit dieser Aufgabe bei etwa v = 9200 m/sec. Damit ergeben sich die Treibstoffanteile am Startgewicht für un­ sere sechs Beispiele von Treibstoffkombinationen zu folgenden Werten, wenn einstufige Raumfahrzeuge vorausgesetzt werden: Komposit-Pulver Flüssigsauerstoff-Kerosin Flüssigfluor-Hydrazin Flüssigsauerstoff-Flüssigwasserstoff Flüssigfluor-Flüssigwasserstoff Uran-Flüssigwasserstoff

96,2% 93,3% 89,4% 87,0% 85,8% 60,1%

Die Differenz von diesen Zahlen auf jeweils 100% des Startge­ wichtes steht nun für das Baugewicht, die Besatzung, die Ausrü­ stung usw. zur Verfügung, die man manchmal unter der Bezeich­ nung Klargewicht zusammenfaßt, und für die Nutzlast. Den Klargewichtsanteil am Startgewicht so niedrig wie möglich zu halten, ist die große Kunst des Ingenieurs. Bei einem Hühnerei könnte man das Gewicht der Eierschale im Verhältnis zum Ge­ samtgewicht des Eies als Klargewicht bezeichnen, der Gewichtsan­ teil der Schale liegt bei 11%. Bei ballistischen Raketen ist es gelun­ gen, diesen Anteil bis auf 7% herabzudrücken, bei Raumflugzeugen rechnet man mit etwa 9 bis 12%, je nach der Dichte der flüssigen Treibstoffe. 86

Damit blieben bei Raumflugzeugen für die Nutzlast etwa folgen­ de Anteile am Startgewicht übrig: Komposit-Pulver Flüssigsauerstoff-Kerosin Flüssigfluor-Hydrazin Flüssigsauerstoff-Flüssigwasserstoff Flüssigfluor-Flüssigwasserstoff Uran-Flüssigwasserstoff

keine keine i,8%

i,o% 3,4% 28 %

Mit den beiden ersten Treibstoffkombinationen ist die Aufgabe mit einer einstufigen Rakete daher überhaupt nicht lösbar, mit den drei nächsten chemischen Treibstoffkombinationen ist die Nutzlast recht klein, mit dem in Betracht gezogenen Atomraketenmotor würde sie ansehnlich. Bei einem wirtschaftlichen Raumtransport interessiert am stärk­ sten, wie hoch die Treibstoffkosten in Bezug auf ein Kilogramm transportierte Nutzlast sind. Wenn beispielsweise die Flüssigsauerstoff-FlüssigwasserstoffKombination für sich allein 0,06 h/kg kostet, so beträgt dieser Auf­ wand je Kilogramm Startgewicht 0,06 xo,8y = 0,052 h/kg und je Kilogramm Nutzlast 0,05 2/0,01 = 5,2 h/kg. Entsprechend ergeben sich für alle betrachteten Kombinationen: Flüssigfluor-Hydrazin Flüssigsauerstoff-Flüssigwasserstoff Flüssigfluor-Flüssigwasserstoff Uran-Flüssigwasserstoff

42,3 h/kg 5,2 h/kg 23,2 h/kg 0,65 h/kg

In jenen Fällen, wo die Treibstoffkosten den gesamten Trans­ portpreis überwiegend bestimmen, erweisen sich daher die Kom­ binationen des flüssigen Wasserstoffes mit Flüssigsauerstoff bzw. mit Uran für die hier vorliegende Aufgabe am wirtschaftlich­ sten. Man bekommt mit diesen Ziffern auch schon einen vorläufigen Eindruck von den gesamten Transportkosten eines größeren Vor­ habens. Beispielsweise würden unter Voraussetzungen chemischer Flüssigsauerstoff-Flüssigwasserstoff-Raketen die Treibstoffkosten für den Transport des Materials für eine 100000 Tonnen-Erdaußenstation in die Erdumlaufbahn etwa eine halbe Milliarde Arbeitsstun­ den oder 1,5 Milliarden Dollar betragen, das ist etwa 3% des Be87

träges, der für die Durchführung einer ersten Landung auf dem Mond genannt wird und entspräche iooooo Flügen einer Raumflug­ zeugtype von i Tonne Nutzlast in Orbit. Es ist in diesem Zusammenhang interessant, die bisher insgesamt erfaßten Kosten einer solchen Transportaufgabe für verschiedene Größen und Arten des Transporters zu studieren. Würde man die Aufgabe mit einem ballistischen Raumtranspor­ ter von zum Beispiel 500 Tonnen Nutzlastkapazität durchführen, so würde man 200 Exemplare davon benötigen, von je etwa 10000 Tonnen Startgewicht und 700 Tonnen Klargewicht. Die Entwicklungskosten betrügen nach unseren früheren Über­ legungen etwa 4000 h/kg Klargewicht, insgesamt daher 2,8 Milli­ arden Arbeitsstunden, die, auf das gesamte Nutzlastvolumen von 100 Millionen Kilogramm verteilt, einen Entwicklungskostenanteil ergeben von...................................................................... 28 h/kg Die Produktionskosten von 200 Exemplaren würden je Kilogramm Klargewicht etwa 20 h/kg, daher je Kilo­ gramm Nutzlast betragen.................................................. 28 h/kg Die Treibstoffkosten je Kilogramm Startgewicht mit einer O2/H2-Kombination von 0,06 h/kg betrügen 0,053 h/kg, daher pro Kilogramm Nutzlast etwa . . 1 h/kg sind also wegen des relativ hohen Nutzlastanteils derar­ tiger ballistischer Geräte sehr niedrig und verschwin­ den gegenüber den eigentlichen Gerätekosten. Die Summe der drei Kostenkomponenten ist daher 57 h/kg Rechnet man dazu noch 100% Boden- und Personal­ kosten ................................................................................... 57 h/kg so betragen die gesamten Transportkosten................. 114 h/kg also für die ganze Transportaufgabe 11,4 Milliarden Arbeitsstun­ den, oder damit fast 35 Milliarden Dollar, also eine praktisch un­ tragbare Summe für ein Einzelprojekt, wenn man sie mit den etwa 50 Milliarden Dollar vergleicht, die die USA bis 1970 insgesamt für Raumfahrt aufzuwenden beabsichtigen. Würde man dagegen die Aufgabe mit einem aeronautischen Raumflugzeug von zum Beispiel 1 Tonne Nutzlastkapazität durch­ führen, das eintausendmal wiederverwendbar ist, so würde man 100 Exemplare davon benötigen, von je etwa 100 Tonnen Startgewicht und 12 Tonnen Klargewicht. Die Entwicklungskosten betrügen etwa 10000 h/kg Klargewicht, insgesamt daher 0,12 Milliarden Arbeitsstunden, die, auf das ge88

samte Nutzlastvolumen von ioo Millionen Kilogramm verteilt, einen Entwicklungskostenanteil ergeben von .... 1,2 h/kg Die Produktionskosten von 100 Exemplaren würden je Kilogramm Klargewicht etwa 25 h/kg, daher je Kilo­ gramm Nutzlast 300 h/kg betragen und sich auf die 1000 Flüge aufteilen, die jedes Exemplar ausführt .... 0,3 h/kg Die Treibstoffkosten wurden für diesen Fall schon oben ermittelt zu.............................................................. 5,2 h/kg überwiegen hier also die eigentlichen Gerätekosten. Die Summe der drei Kostenkomponenten ist daher 6,7 h/kg Rechnet man dazu noch 200% Boden- und Personal­ kosten für die 100000 Flüge.............................................. 13,4 h/kg so betragen die gesamten Transportkosten 20,1 h/kg also für die ganze Transportaufgabe 2 Milliarden Arbeitsstunden. Trotz des wesentlich niedriger angenommenen Nutzlastanteils am Startgewicht von nur 1% des aeronautischen Raumflugzeuges gegenüber 5% des ballistischen Raumtransporters ergibt das ge­ ringere Klargewicht, die Wiederverwendbarkeit und die große Flug­ zahl des ersteren wesentlich niedrigere Gesamttransportkosten. Bei erheblich größeren Gesamttransportaufträgen, wo wegen der hohen Flugzahlen die Entwicklungskosten und schließlich sogar die Pro­ duktionskosten je Kilogramm Nutzlast klein werden gegenüber den festen Kosten der Treibstoffe und Bodendienste, kann allerdings der überlegene Nutzlastanteil ballistischer Geräte diese wirtschaftlicher machen. Man kann derartige Kalkulationen ausdehnen auf verschiedene Treibstoffgemische und findet, daß bei niedrigen Gesamtflugzahlen einer Entwicklungstype (d. h. der Zahl der überhaupt produzierten Exemplare einer Entwicklungstype, multipliziert mit der Zahl der Flüge, die ein Exemplar im Laufe seines Lebens ausführt) jene Treibstoffkombinationen den geringsten Transportpreis ergeben, die den höchsten Nutzlastanteil am Startgewicht erlauben, unab­ hängig vom Preis der Treibstoffe. Es sind dies naturgemäß die Kom­ binationen mit den höchsten Strahlgeschwindigkeiten, also beispiels­ weise die Kombination von Wasserstoff mit Fluor bzw. mit Uran. Dies folgt aus der Tatsache, daß die in diesem Fall überwiegenden Entwicklungs- und Produktionskosten sich auf möglichst große Nutzlasten verteilen, während der Treibstoffpreis daneben vernach­ lässigbar ist. Wenn jedoch die Gesamtflugzahl der Entwicklungstype sehr groß 89

wird, so daß die von dieser Zahl unabhängigen Treibstoffkosten überwiegen, dann ergeben bald die Treibstoffkombinationen ge­ ringsten Gemischpreises den billigsten Transportpreis für die Ge­ wichtseinheit Nutzlast, sofern ihre Strahlgeschwindigkeit über­ haupt zur Erfüllung der Flugaufgabe ausreicht; die chemischen Kombinationen Flüssigsauerstoff-Kerosin bzw. FlüssigsauerstoffFlüssigwasserstoffkönnen dann manchmal wirtschaftlichere Trans­ portpreise ergeben als die Atomkernkombination Uran-Flüssig­ wasserstoff. In den meisten Fällen wird allerdings auch hier die Uran-Flüssigwasserstoff-Kombination unter den bisher betrachte­ ten Treibstoffsystemen am wirtschaftlichsten sein. Mit Hilfe derartiger Betrachtungsweisen kann man auch ab­ schätzen, welchen Nutzen beispielsweise die Wiederverwendbar­ keit von Raumtransportern in Orbit für die Transportkosten tat­ sächlich haben dürfte. Wir wollen uns wieder darauf beschränken, die Gesamttransport­ kosten aus den folgenden vier wesentlichsten Komponenten zu­ sammenzusetzen : Entwicklungskosten des Transporters Serienproduktionskosten des Transporters Treibstoffkosten des Transporters Kosten der Bodendienste Die Entwicklungskosten je Kilogramm Klargewicht in Arbeits­ stundenwerten hängen, wie schon gesagt, erfahrungsgemäß von der absoluten Größe des Klargewichtes etwa in der Weise ab, daß bei jeder Verzehnfachung des Klargewichtes die Entwicklungskosten je Kilogramm Klargewicht auf die Hälfte fallen. Als eine für manche Fälle zutreffende Anfangszahl für das erste Kilogramm kann man beispielsweise für europäische Verhältnisse vielleicht 500000 Ar­ beitsstunden rechnen, d. h. ein Gerät von 10 Tonnen Klargewicht würde 31 250 h/kg kosten, ein Gerät von 100 Tonnen Klargew'.cht noch 15 625 h/kg - oder insgesamt wären die Entwicklungskosten, näherungsweise mit Einschluß der anteiligen Forschungskosten für das kleinere Gerät 312,5 Millionen Arbeitsstunden werte oder 950 Millionen Dollar bzw. 2 Milliarden DM, und für das größere Gerät 1,56 Milliarden Arbeitsstunden oder 4,7 Milliarden Dollar oder 10 Milliarden DM. Das zehnmal schwerere Gerät kostet nicht zehn­ mal, sondern nur fünfmal soviel an Entwicklungskosten. Die Produktionskosten je Kilogramm Klargewicht in Arbeits­ stundenwerten hängen, wie auch schon gesagt, erfahrungsgemäß 90

Abb. 4 Transportkosten eines Kilogramms Nutzlast in Orbit mittels Raum­ flugzeugen verschiedener Treibstoffe, in Abhängigkeit von der Zahl der Flü­ ge, die mit der gegebenen Entwicklungstype insgesamt ausgeführt werden. (Unabhängig vom Startgewicht)

von der Zahl der in Serie hergestellten gleichen Exemplare des Ge­ rätes ab, und zwar meist in der Weise, daß bei jeder Verdoppelung der Serienzahl die Produktionskosten je Kilogramm Klargewicht

auf 80% des vorhergehenden Wertes sinken. Als Anfangszahl wäh­ len wir hier ioo Arbeitsstundenwerte. Das heißt bei einer Kleinserie von io Exemplaren würden die Produktionskosten 48 h/kg betra­ gen, bei einer Großserie von einer Million Exemplaren, wie sie im Automobilbau vorkommen, nurmehr 1,14 h/kg. Die Treibstoff kosten mögen für die gängigste Kombination Flüssigsauerstoff/Flüssigwasserstoff zu 0,06 h/kg, bezogen auf ein Kilo­ gramm Gemisch, angenommen werden. Die Kosten der Bodendienste sind am schwierigsten zu über­ sehen, besonders solange keine eingespielten und laufend voll be­ schäftigten Bodenanlagen existieren. Setzt man diese voraus, so mö­ gen die Bodendienstkosten etwa 0,1 h/kg betragen, bezogen auf das Startgewicht, d. h. sie sind wie im Luftverkehr etwa das Doppelte der Treibstoff kosten. Nach diesen sowohl für aeronautische wie für ballistische Raum­ transporter in gleicher Weise geltenden Preisannahmen müssen nun weitere technische Annahmen über beide Arten von Transportge­ räten getroffen werden. Als solche mögen gelten, daß die charakteristische Fluggeschwin ­ digkeit für einen Flug in Orbit beim aeronautischen Transporter etwa 8600 m/sec beträgt, wenn eine Katapultendgeschwindigkeit von 500 m/sec am Anfang des Fluges steht, und beim ballistischen Raumtransporter etwa 9480 m/sec, wenn Senkrechtstart aus dem Stand angenommen wird. Bei einer mittleren wirksamen Strahlgeschwindigkeit von w =4500 m/sec folgen damit die erforderlichen Treibstoffanteile zu 85% beim aeronautischen und zu 88% beim ballistischen Raum­ transporter. Die Klargewichtsanteile werden für aeronautische Transporter zu etwa 12% geschätzt, während sie für ballistische Transporter nur etwa 6% betragen, wegen des Wegfalles der Flügel, Fahrwerke, Biegebeanspruchungen beim Start usw. Damit ergeben sich schließlich die Nutzlastanteile zu 3% für den aeronautischen und zu 6% für den ballistischen Transporter. Dieser Unterschied in den Nutzlastanteilen ist in weiten Bereichen für die wirtschaftliche Wettbewerbsfähigkeit der beiden Systeme von aus­ schlaggebender Bedeutung und kann teilweise den wirtschaftlichen Vorteil der Wiederverwendbarkeit des aeronautischen Transporters, also des Raumflugzeuges, kompensieren, wie die folgenden Be­ trachtungen noch zeigen. 92

Schreibt man eine Nutzlast von beispielsweise 6 Tonnen vor, so beträgt das Startgewicht des Raumflugzeuges 200 Tonnen, sein Klargewicht 24 Tonnen und seine Treibstoffladung 170 Tonnen. Dagegen beträgt das Startgewicht des ballistischen Trägers nur 100 Tonnen, sein Klargewicht 6 Tonnen und die Treibstoffladung 88 Tonnen, um dieselbe Nutzlast in einem Flug in Orbit zu bringen. Wenn nun eine bestimmte Transportaufgabe vorliegt, zum Bei­ spiel 1200 Tonnen oder 120000 oder 120 Millionen Tonnen Nutz­ last in Orbit zu bringen, dann sind mit jeder der beiden Transporter­ typen 200 bzw. 20000 bzw. 20 Millionen Flüge notwendig. Wir untersuchen zunächst die Transportkosten für das wieder­ verwendbare, geflügelte Raumflug^eugvon 200 Tonnen Startgewicht und 24 Tonnen Klargewicht. Die Entwicklungskosten sind nun 24 300 h/kg, bezogen auf das Klargewicht, und 97200 h/kg, bezogen auf die Nutzlast eines Flu­ ges. Werden mit der gewählten Raumflugzeugtype 200 oder 20000 oder 20 Millionen Flüge ausgeführt, so verteilen sich die Entwick­ lungskosten auf diese Flugzahlen, und auf ein Kilogramm in Orbit gebrachter Nutzlast entfallen 486 h\kg bzw. 4,86 h\kg\^7.yn. 0,00486 hlkg Entwicklungskosten. Wenn man annimmt, daß jedes Raumflugzeug im Laufe seines Lebens 200 Flüge ausführen kann, bevor es fluguntüchtig wird, dann müssen für die gesamte Transportaufgabe 200/200=1 bzw. 20000/200 = 100 bzw. 20000000/200 = 100000 Exemplare von je 24 Tonnen Klargewicht produziert werden. Die Serienproduktions­ kosten betragen in diesen drei Fällen 100 h/kg bzw. 22,8 h/kg bzw. 2,44 h/kg, bezogen auf das Klargewicht, und 400 h/kg bzw. 91,2 h/kg bzw. 9,76 h/kg, bezogen auf die Nutzlast. Wenn jedes produ­ zierte Exemplar 200 Flüge macht, dann verteilen sich die genannten Produktionskosten auf diese 200 Flüge und betragen je Kilogramm in Orbit gebrachter Nutzlast 2 h/kg bzw. 0,46 h[kg bzw. 0,0488 h/kg Serienproduktionskosten. Die Treibstoffkosten von 0,06 h/kg treten bei jedem Flug voll auf und betragen bei 85% Treibstoffanteil und 3% Nutzlastanteil am Startgewicht 0,06 . 0,85/0,03 =1,70 h\kg Treibstoffkosten, bezogen auf ein Kilogramm in Orbit gebrachter Nutzlast, unabhängig von der Größe der Gesamttransportaufgabe. Der Bodendienstaufwand von 0,1 h/kg beträgt, wenn man ihn auf den Nutzlastanteil von 3% bezieht, 3,3} h\kg Bodendienstkosten. Die Gesamtkosten des Transportes von 1 kg Nutzlast in Orbit 93

mittels chemischer Raumflugzeuge betragen somit je nach der Größe der Gesamttransportaufgabe 49}>°3 hlkg bzw. io,M hlkg bzw. },o8 hlkg Gesamttransportkosten. Im ersten Fall mit insgesamt 200 Flügen sind die hohen Kosten des Transportes überwiegend durch die Entwicklungskosten be­ stimmt. Im zweiten Fall mit insgesamt 20000 Flügen sind die günstigen Transportkosten zu etwa gleichen Teilen durch Entwicklungskosten und Treibstoff- und Bodendienstkosten bestimmt, während die Produktionskosten infolge der Wiederbenutzbarkeit hier zurück­ treten. Im dritten Fall mit insgesamt 20 Millionen Flügen sind die außer­ gewöhnlich niedrigen Transportkosten nurmehr durch Treibstoffund Bodendienstkosten bestimmt, während Entwicklungs- und auch Produktionskosten dagegen völlig belanglos werden. Demgegenüber ist nun das Kostenverhalten des chemischen bal­ listischen Transporters sehr interessant, der einerseits keine Wieder­ verwendung kennt,andererseits aber höhereNutzlastanteileaufweist. Die Entwicklungskosten des einstufigen ballistischen Transpor­ ters von 100 Tonnen Startgewicht, 6 Tonnen Klargewicht, 6 Ton­ nen Nutzlast und 88 Tonnen Treibstoffladung sind nun 37000 h/kg, bezogen auf das Klargewicht, also etwas höher als beim Raumflug­ zeug wegen des absolut kleineren Klargewichtes, und ebensogroß, bezogen auf die hier gleichgroße Nutzlast eines Fluges. Werden mit der entwickelten Transportertype wieder 200 bzw. 20000 bzw. 20 Millionen Flüge ausgeführt, so verteilen sich die Entwicklungsko­ sten auf diese Flugzahlen, und auf ein Kilogramm in Orbit ge­ brachter Nutzlast entfallen 18j hjkg bzw. 1,8/ hjkg bzw. 0,0018/ hlkg Entwicklungskosten. Die Entwicklungskosten je Kilogramm Nutzlast in Orbit sind also niedriger als beim Raumflugzeug wegen des bei gleicher Nutz­ last kleineren Klargewichtes. Wenn man annimmt, daß der ballistische Raumtransporter nicht wiederverwendbar ist, also für jeden Flug ein Transporter gebaut werden muß, dann sind insgesamt für die vorliegende Transport­ aufgabe 200 bzw. 20000 bzw. 20 Millionen Exemplare derselben Type zu produzieren. Die Serienproduktionskosten betragen für diese drei Transportvolumen jeweils 18 hjkg bzw. 4,10 h)kg bzw. 0,44j hjkg Produktionskosten, bezogen auf das Klargewicht, und ebensoviel auf die hier gleich­ 94

große, in Orbit gebrachte Nutzlast, da die Produktionskosten hier bei jedem Flug voll verbraucht werden. Der Produktionskostenanteil ist daher infolge der Nichtwieder­ verwendbarkeit beim ballistischen Transporter etwa zehnfach höher als beim Raumflugzeug und kann dieses in jenem Aufgabenbereich wirtschaftlich überlegen machen, wo die Produktionskosten den Ausschlag geben, d. h. bei mittleren Transportvolumen. Auch die Treibstoffkosten von 0,06 h/kg treten bei jedem Flug voll auf und betragen bei 88% Treibstoffanteil und 6% Nutzlastanteil am Startgewicht 0,06 • 0,88/0,06 = 0,88 hlkgTreibstoffkosten, bezogen auf ein Kilogramm in Orbit gebrachter Nutzlast, unabhängig von der Größe der Gesamttransportaufgabe. Der Treibstoffkostenanteil an den Gesamttransportkosten ist da­ her beim ballistischen Transporter wegen des höheren Nutzlast­ anteiles nur etwa halb so hoch wie beim Raumflugzeug und kann dort, wo die Treibstoff kosten ausschlaggebend sind, also bei sehr großen Transportvolumen, den ballistischen Transporter trotz der fehlenden Wiederverwendbarkeit wirtschaftlich überlegen machen. Der Bodendienstaufwand von 0,1 h/kg beträgt, wenn man ihn auf den Nutzlastanteil von 6% bezieht, 1,66 h/kg Bodendienstkosten, ist also aus denselben Gründen kleiner als beim Raumtransporter. Die Gesamtkosten des Transportes von 1 kg Nutzlast in Orbit mittels ballistischer Raumtransporter betragen somit je nach der Größe der Gesamttransportaufgabe 20h/kg bzw. 8,49 h/kg bzw. 2,99 hjkg Gesamttransportkosten. Die folgende Tabelle zeigt nochmals übersichtlich die einzelnen Kostenkomponenten unserer sechs Beispiele für chemische Raum­ transporter aeronautischer und ballistischer Natur: Gesamttransportauftrag

i200 Tonnen

Art des Transporters

aero­ nau­

balli­ stisch

tisch

Entwicklungskosten h/kg Serienproduktionskosten h/kg Treibstoffkosten h/kg Bodendienstkosten h/kg Summe dieser vier Transportkostenkomponenten für i kg Nutzlast in Orbit h/kg

120000 Tonnen

120 Mill. Tonnen

aero­ nau­ tisch

balli­ stisch

aero­ nau­ tisch

balli­

4.86 0,46

1,85 4,10

0,005

0,002

1.70

0*049 1.70

o,445 o,B8

3.33

1,66

stisch

486 2

i8j

I»7°

3.33

o,88 1,66

3.33

o,B8 1,66

493.03

105,54

10,35

8.49

5,08

2»99

59^

246

1240

1210

610000

359000

18

Gesamtkosten des Transport-

auftrages in Millionen Arbeitsstundenwerte (Mio.h)

9S

Die Höhe der Transportkosten je Nutzlasteinheit ist in allererster Linie durch die absolute Größe des Transportauftrages bestimmt. Die Unterschiede zwischen ballistischen und aeronautischen Trans­ portern sind dagegen nicht sehr bedeutend und liegen bei den hier behandelten chemischen Transportern sogar durchweg zu Gunsten der ballistischen Geräte, nur bei den allerdings wichtigsten Auf­ tragsgrößen um i Milliarde h fallen sie für beide Gerätearten fast gleich aus, und die chemischen Raumflugzeuge können zu ihren Gunsten mehr die höhere Verläßlichkeit und Einfachheit der Hand­ habung und weniger eine wirtschaftliche Überlegenheit anführen. Bei kleinen Gesamtaufträgen ist die wirtschaftliche Überlegenheit der ballistischen Geräte sogar recht bedeutend, so daß sie bisher mit Recht benützt wurden. Dabei spielen auch die Treibstoffkosten kaum eine Rolle, so daß die Auswahl auch sehr exotischer Treibstoffkombinationen wirt­ schaftlich durchaus tragbar war. Der Vorteil niedriger Serienpro­ duktionskosten infolge Wiederverwendbarkeit wirkt sich kaum aus, wohl aber ist die Beschränkung auf mäßige Größen der Transporter wirtschaftlich sehr wichtig, weil damit die hier dominierenden Ent­ wicklungskosten beschränkt werden können. Bei den in den nächsten Jahren wichtig werdenden mittleren Transportaufträgen sinken die Transportkosten der Nutzlasteinheit in Orbit auf etwa io h/kg oder 30 $/kg oder 65 DM/kg, die geringe­ ren Entwicklungskosten, Treibstoff- und Bodendienstkosten der ballistischen Geräte werden durch die bedeutend höheren Produk­ tionskosten infolge Nichtwiederverwendbarkeit aufgewogen. Die Treibstoffkosten treten schon stark in Erscheinung, so daß der sorgfältigen Auswahl der Treibstoffe nach wirtschaftlichen Ge­ sichtspunkten wachsende Bedeutung zukommt. Bei großen Transportvolumen sind die Transportkosten fast voll­ ständig durch die Treibstoff kosten und die Kosten der Bodendienste bestimmt, Entwicklungs- und sogar Serienproduktionskosten wer­ den demgegenüber klein, so daß Unterschiede in der Absolutgröße der Transporter und selbst ihre Wiederverwendbarkeit keine merk­ bare Rolle mehr spielen. Der überlegene Nutzlastanteil am Startgewicht (also Bodendienst­ kosten!) und gegenüber dem Treibstoffanteil (also Treibstoffkosten!) der ballistischen Transporter macht sich so stark geltend, daß der ballistischeTransporter auch dann noch wirtschaftlich stark überlegen bleibt, wenn das Gesamtgerät bei jeder Anwendung verlorengeht. 96

Abb. 5 Transportkosten eines Kilogramms Nutzlast in Orbit mittels chemi­ scher Raum-Transporter ballistischer bzw. aeronautischer Natur von je 6 Ton­ nen Nutzlast und ioo bzw. 200 Tonnen Anfangsfluggewicht, für verschiedene Größen des Gesamttransportauftrages. (Teibstoffe Oa/H2)

Da der Einfluß der Bodendienstkosten nun zu überwiegen be­ ginnt, könnte allerdings durch besondere Sorgfalt in der wirtschaft­ lichen Gestaltung der Bodendienste für Raumflugzeuge die Situation zu deren Gunsten noch merkbar geändert werden. 97

Die hier gezogenen, für die künftige Entwicklungspolitik der Raumtransporter sehr wichtigen Schlüsse gelten zunächst nur für chemische Raumtransporter, und wir wollen sie daher für die uns zeitlich unmittelbar bevorstehenden nuklearen Raumtransporter wenigstens so weit noch überprüfen, als diese konvektive Fissions­ raketen als Triebwerke benützen, d. h. Strahlgeschwindigkeiten von etwa w = ioooo m/sec zur Verfügung haben. Für die Entwicklungskosten E je Kilogramm Klargewicht Gk und die Serienproduktionskosten S je Kilogramm Klargewicht in Abhängigkeit von der Zahl n der in Serie hergestellten gleichen Exemplare des Raumtransporters benützen wir dieselben Werte, wie bei den chemischen Raumtransportern: E = j.io6 . G™ S = io2 . n-°’323 Die Treibstoffkosten für die hier verwendete Kombination Uran/ Flüssigwasserstoff nehmen wir zu 0,3 h/kg an. Die Bodendienstkosten mögen wieder 0,1 h/kg, bezogen auf das Startgewicht, sein. Hinsichtlich der technischen Annahmen mögen folgende Voraussetzungen gelten: Die charakteristischen Fluggeschwindigkeiten seien wieder, wie bei den chemischen Transportern, 8600 m/sec bzw. 9480 m/sec. Damit folgen die erforderlichen Treibstoffanteile bei w = ioooo m/sec zu 58% für den aeronautischen und zu 61% für den ballisti­ schen Transporter. Die Klargewichtsanteile werden mit Rücksicht auf die hohen Meilergewichte und die großen Wasserstofftanks auf 18% für aero­ nautische und auf 12% für ballistische Transporter geschätzt. Damit ergeben sich schließlich die Nutzlastanteile zu 24% für aeronautische und 27% für ballistische Raumtransporter, sie sind sich also wesentlich ähnlicher geworden als bei den chemischen Transportern, abgesehen von ihren erfreulich hohen Werten. Schreiben wir mit Rücksicht auf den letzteren Umstand und um im Bereich realistischer Startgewichte zu bleiben nun eine Nutzlast des einzelnen Transporters von 60 Tonnen vor, so beträgt das Start­ gewicht des Raumflugzeuges 250 Tonnen, sein Klargewicht 45 Ton­ nen und seine Treibstoffladung 145 Tonnen. Dagegen beträgt das Startgewicht des nuklearen ballistischen Trägers nun 222 Tonnen, sein Klargewicht 26,65 Tonnen und die Treibstoffladung 135,35 Tonnen, um dieselbe Nutzlast eines Fluges von 60 Tonnen in Orbit zu bringen. 98

Die Transportaufgabe beziehe sich wieder auf i 200 Tonnen bzw. 120000 Tonnen bzw. 120 Millionen Tonnen, wofür mit jeder der beiden Transportertypen nun 20 bzw. 2000 bzw. 2 Millionen Flüge notwendig sind. Wir untersuchen zunächst die Transportkosten für das wieder­ verwendbare, geflügelte, nukleare Raumflug^eug von 250 Tonnen Startgewicht und 45 Tonnen Klargewicht. Die Entwicklungskosten sind nun 20000 h/kg, bezogen auf das Klargewicht, und 20000. 45/60 = 15000 h/kg, bezogen auf die Nutzlast eines Fluges. Werden mit der entwickelten Flugzeugtype 20 bzw. 2000 bzw. 2 Millionen Flüge ausgeführt, so verteilen sich diese Entwicklungskosten auf die genannten Flugzahlen, und auf ein Kilogramm in Orbit gebrachter Nutzlast entfallen 7/0 h\kg bzw. 7,70 h]kg bzw. 0,0077 h\kg Entwicklungskosten. Wenn man wieder annimmt, daß jedes Raumflugzeug im Laufe seines Lebens 200 Flüge ausführen kann, dann müssen für die ge­ samte Transportaufgabe 1 bzw. 10 bzw. 10000 Exemplare von je 45 Tonnen Klargewicht produziert werden. Die Serienproduktions­ kosten S betragen in diesen drei Fällen 100 h/kg bzw. 47,5 h/kg bzw. 5,13 h/kg, bezogen auf das Klargewicht, und75 h/kg bzw. 35,6 h/kg bzw. 3,85 h/kg, bezogen auf die Nutzlast. Wenn diese Produktionskosten sich auf die von jedem einzelnen Exemplar ausgeführten Flugzahlen verteilen, so ergeben sich je Kilogramm in Orbit gebrachter Nutzlast 0,777 h/kg bzw. 0,178h/kgbzw. 0,01 y27 hlkgSerienproduktionskosten. Die Treibstoffkosten von 0,3 h/kg treten bei jedem Flug voll auf und betragen bei 58% Treibstoffanteil und 24% Nutzlastanteil am Startgewicht 0,3 . 0,58/0,24 = 0,727 h/kg Treibstoffkosten, bezogen auf ein Kilogramm in Orbit gebrachter Nutzlast. Der Bodendienstaufwand von 0,1 h/kg beträgt, wenn man ihn auf den Nutzlastanteil von 24% bezieht, 0,418 h)kg Bodendienstkosten. Die Gesamtkosten des Transportes von 1 kg Nutzlast in Orbit mittels nuklearer Raumflugzeuge betragen somit je nach der Größe der Gesamttransportaufgabe 771,72 h/kg bzw. 8,87 h/kg bzw. 1,18 hlkg Gesamttransportkosten. Sie sind bei kleinen Transportvolumen daher größer als mit che­ mischen Transportern, dafür lohnen sich Nukleartransporter nicht. Für mittlere Transportvolumen werden sie etwas kleiner als bei chemischen Transportern und bei sehr großen Transportaufträgen ein Vielfaches kleiner, entsprechend ihren größeren Nutzlastanteilen. 99

Schließlich interessieren uns noch die Kostenverhältnisse beim nuklearen ballistischen Transporter. Die Entwicklungskosten des einstufigen ballistischen Transpor­ ters von 222 Tonnen Startgewicht, 26,65 Tonnen Klargewicht und 135,35 Tonnen Treibstoffladung sind 21460 h/kg, bezogen auf das Klargewicht, und 21460. 26,65/60 =9540 h/kg, bezogen auf die Nutzlast. Diese Entwicklungskosten verteilen sich auf 20 bzw. 2000 bzw. 2 Millionen Flüge und betragen somit je Kilogramm in Orbit gebrachter Nutzlast 477 h\kg bzw. 4,77 h\kg bzw. 0,00477 Entwicklungskosten. Sie sind also höher als beim chemischen ballistischen Transporter, hauptsächlich wegen der geringeren Flugzahlen bei vorgegebenem Transportvolumen, aber niedriger als beim nuklearen Raumflug­ zeug, wegen des niedrigeren Klargewichtes. Die Zahlen der zur Erfüllung der vorliegenden drei Transport­ aufträge zu produzierenden Exemplare des ballistischen Nuklear­ transporters, der bei jeder Anwendung verloren gegeben wird, be­ tragen 20 bzw. 2000 bzw. 2 Millionen. Die Serienproduktionskosten S je Kilogramm Klargewicht be­ tragen daher 38 h/kg bzw. 8,63 h/kg bzw. 0,928 h/kg und, wenn man sie auf die Nutzlast bezieht 16,87 h/kg bzw. 3,830 hjkg bzw. 0,312 h/kg Serienproduktionskosten. Die Treibstoff kosten von 0,3 h/kg betragen bei 61% Treibstoff­ anteil und 27% Nutzlastanteil am Startgewicht 0,3 . 0,61/0,27 = 0,678 h/kg Treibstoffkosten, bezogen auf ein Kilogramm in Orbit ge­ brachter Nutzlast. Der Bodendienstaufwand von 0,1 h/kg beträgt, wenn man ihn auf die 27% Nutzlastanteil bezieht, 0,371 h\kg Bodendienstkosten. Die Gesamtkosten des Transportes von einem Kilogramm Nutz­ last in Orbit mittels nuklearer, ballistischer Raumtransporter wäre demnach je nach der Größe der Gesamttransportaufgabe 494,72 h\kg bzw. 9,6j h\kg bzw. 1,47 fffkg Gesamttransportkosten. Während also bei kleinen Transportvolumen der nukleare balli­ stische Transporter wieder überlegen ist, zeigt bei mittleren und großen Transportvolumen das nukleare Raumflugzeug eine leichte wirtschaftliche Überlegenheit gegenüber nuklearen ballistischen Transportern. Das relativ schlechte Abschneiden des nuklearen gegenüber dem chemischen Transporter bei kleinen und mittleren Transportauf­ trägen geht allerdings stark auf die notwendigerweise wesentlich 100

Abb. 6 Transportkosten eines Kilogramms Nutzlast in Orbit mittels nuklearer Transporter ballistischer bzw. aeronautischer Natur von je 60 Tonnen Nutz­ last und 222 bzw. 250 Tonnen Anfangsfluggewicht, für verschiedene Größen des Gesamttransportauftrages. (Treibstoffe U/Ha)

größeren Klargewichte des ersteren zurück, die die Entwicklungs­ kosten wesentlich erhöhen und ihre Verteilung auf die kleiner ge­ wordenen Gesamtflugzahlen ungünstig beeinflussen. 101

Die folgende Tabelle zeigt wieder übersichtlich die einzelnen Kostenkomponenten unserer sechs Beispiele für nukleare Raum­ transporter aeronautischer und ballistischer Natur:

Gesamttransportauftrag

i200 Tonnen

Art des Transporters

aero­ nau­

Treibstoff kosten h/kg Bodendicnstkosten h/kg Summe dieser vier Transportkostenkomponenten für i kg Nutzlast in Orbit h/kg Gesamtkosten des Transportauftrages in Millionen Arbeitsstundenwerten (Mio. h)

120 Mill. Tonnen

aero­ nau­ tisch

balli­ stisch

aero­ nau­ tisch

balli­ stisch

750 3.75 0.725 0,418

477 16,87 0,678

7,50 0,178

0,008 0,019

0,005 0,412

0.371

O,72J 0,418

0,678

0,371

0.725 0,418

4.77 3.83 0,678

754.9°

494.92

8,83

9.65

1,18

1.47

906

593

1060

1159

141600

176500

tisch Entwicklungskosten h/kg Serienproduktionskosten h/kg

120000 Tonnen

balli­ stisch

o,37i

Besonders die Ziffern der Gesamtkosten in den letzten Zeilen unserer beiden Tabellen zeigen eindringlich, welche ungeheure wirtschaftliche Verantwortung für die Wahl des richtigen Trans­ portsystems auf den Ingenieur zukommt, sobald die Raumfahrt ihr jetziges tastendes Pionierstadium mit relativ kleinen Transportauf­ trägen verlassen wird und sich zu einem ausgedehnten Transport­ system mit großen Transportaufträgen entwickelt, wie es der Auf­ bau und die Versorgung großer Erdaußenstationen und von Statio­ nen auf dem Mond und den Nachbarplaneten unweigerlich mit sich bringen muß. Nach gegenwärtiger Einsicht in die Kostenprobleme scheint da­ bei der nukleare aeronautische Transporter die besten wirtschaft­ lichen Bedingungen zu bieten. Es darf zur Illustration dieser Zahlen noch einmal daran erinnert werden, daß der Wert der mittleren Arbeitsstunde h am Anfang des siebenten Jahrzehntes etwa 3 $/h in USA 5 Rubel/h in USSR und 6,5 DM/h in Europa entspricht. Die Untersuchungen über die Quantität der für Raumfahrt aufzu­ wendenden Arbeitsstunden wurden hier an Hand des aktuellsten Beispiels des Transportes von Nutzlasten von der Erdoberfläche in Erdorbit geführt. Sie können in ähnlicher Weise für andere Raumfahrtaufgaben, wie Transporten von der Erdaußenstation zum Mond, zu den 102

Nachbarplaneten, für schnelle interplanetare Raumfahrt usw. ge­ führt werden. Immer wieder werden dieselben Grundlagen ihren Einfluß gel­ tend machen, daß die Entwicklungskosten der Geräte ein Mehr­ tausendfaches der Produktionskosten sein können, daß die Treib­ stoffkosten nur Hundertstel der Produktionskosten betragen kön­ nen, daß die Bodendienstkosten in der Größenordnung der Treib­ stoffkosten liegen usw. Immer wieder wird sich ergeben, daß die absolute Höhe der Transportkosten eines Kilogramms Nutzlast in allererster Linie von dem Gesamtumfang der Transportleistung abhängt und damit we­ niger ein technisches als ein politisches Problem ist. Genau wie im Eisenbahnwesen, in der Schiffahrt, im Straßenver­ kehr und in der Luftfahrt ergeben sich wirtschaftlich tragbare Ko­ sten, sobald das neue Transportmittel ein möglichst großes Trans­ portvolumen zu bewältigen hat. Demgegenüber sind die Einflußmöglichkeiten des Konstrukteurs auf den Transportpreis beschränkt, aber trotzdem wichtig. Wenn bei mittleren Transportvolumen die Entwicklungskosten und die Serienproduktionskosten noch stark in die Waagschale fal­ len, dann können technische Maßnahmen, wie Anwendung kleiner Transporter, hoher Nutzlastanteil am Startgewicht und Wieder­ verwendbarkeit der Transporter nach Art normaler Flugzeuge die Gesamttransportkosten entscheidend vermindern, wogegen die Ko­ sten des Treibstoffes und der Bodendienste weniger kritisch sind. Wenn jedoch bei großen Transportvolumen die Treibstoff- und Bodendienstkosten weitaus überwiegen und die Gesamthöhe der Transportkosten in die Größenordnung von Nationalbudgets gelangt, dann wird sich die Aufmerksamkeit des Konstrukteurs in erster Linie auf den Nutzlastanteil am Startgewicht, auf den Kilo­ preis des Treibstoffes und auf die Vereinfachung der Bodendienste zu richten haben. Die Entwicklungskosten werden dann trotz ihrer außerordentli­ chen absoluten Höhe eine so geringe Rolle spielen, wie etwa heute im Automobilbau, und selbst die Produktionskosten können durch hohe Wiederverwendungszahlen zum praktischen Verschwinden gebracht werden, wenn die Wiederverwendbarkeit nicht allzu un­ günstig auf den Nutzlastanteil am Startgewicht einwirkt. Unter solchen Gesichtspunkten verspricht Raumfahrt ein genau so eigenwirtschaftliches Unternehmen wie Seefahrt, Landverkehr 103

und Luftfahrt zu werden, nur daß infolge ihrer langen Entwick­ lungszeit und ihrer hohen Anlauf-Investitionen dieser Anlauf nicht mit privaten Mitteln möglich ist, sondern nur die Nationalbudgets der größten Industrieländer die erforderliche Größenordnung und Zielzeiten der Rentabilität aufweisen. Diese »Gründung« der Raumfahrt mit öffentlichen Mitteln ist daher in universalistischen Gesellschaften leichter erfolgt als in individualistischen Ländern, ihre Durchführung kann aber sehr wohl und bald, wenigstens in gewissen Bereichen, aus dem Bereich der Nationalwirtschaftlichkeit, die sie beispielsweise durch Verhin­ derung von Kriegen mittels Interkontinentalraketen schon im höch­ sten Maße erbracht hat, wieder zurückfinden in den Bereich der Eigenwirtschaftlichkeit, die sie beispielsweise durch die Nachrich­ tensatelliten nun zu gewinnen beginnt.

Der Zeitaufwand

Wir bemerkten eingangs zu der Frage »Was kostet Raumfahrt?«, daß der Aufwand für Raumfahrt im wesentlichen von dreierlei Art ist: geistiger, materieller und zeitlicher Natur. Diese drei Kostenarten lassen sich gegenseitig nicht ersetzen und auch nur bis zu einem gewissen Grade gegenseitig beeinflussen. Ein dramatisches Beispiel dafür ist der Wettkampf zwischen den USA und der USSR um die Eroberung des Weltraumes im siebenten Jahrzehnt unseres Jahrhunderts. Der Umstand, daß die USSR etwa 1945 mit den Entwicklungs ­ arbeiten der Raumfahrttechnik energisch begann, die USA aber erst etwa zehn Jahre später, hat der östlichen Seite einen derartigen zeitlichen Vorsprung gesichert, daß er auch durch den größten Auf­ wand geistiger und materieller Mittel in USA in dem nächsten Jahr­ zehnt nicht mehr ausgeglichen werden konnte. Warum dauert das Heranreifen bestimmter Phasen der Raumfahrt so lange und wie lange dauert es ? Wir erwähnten bereits, daß jedes neue technische Gerät in zeit­ licher Reihenfolge die fünf Perioden der Erforschung, Entwick­ lung, Erprobung, Produktion und Verwendung durchlaufen muß. Über die erste Periode der Forschung lassen sich zeitliche Angaben kaum machen. In ihr überwiegt die schöpferische Komponente des geistigen Aufwandes, und es hängt von der Förderung schöpferi104

scher Menschen in der menschlichen Gesellschaft und von der Gnade des Schicksals ab, wann die entscheidenden Ideen vom Himmel fallen. Wenn wir annehmen, daß die zielgerichtete, systematische Raum­ fahrtforschung ganz allgemein etwa mit dem Russen Ziolkowski in den letzten Jahrzehnten des vorigen Jahrhunderts begann und die ebenso zielgerichtete, systematische Entwicklung der ersten Raum­ fahrtgeräte mit den Deutschen Dornberger und von Braun im vier­ ten Jahrzehnt dieses Jahrhunderts, dann hat die Periode der Erfor­ schung der ersten engeren Grundlagen der Raumfahrt etwa ein hal­ bes Jahrhundert gedauert. Es ist dies jenes halbe Jahrhundert, in dem die wesentliche technische Entwicklung der Luftfahrt stattfand. Wann die nächsten entscheidenden Erkenntnisse der Raumfahrt­ forschung fallen werden, etwa die stationäre Kernfusion, die Ma­ teriezerstrahlung, die Planeten anderer Sonnen, die Struktur des Weltalls, das Gravitationsrätsel, die außerirdischen Intelligenzen, die Raketenmotoren mit lichtschnellen Antriebsstrahlen, das Wesen des Lebens usw., steht heute noch völlig offen. Wenn wir die Erkenntnis weiter zurückliegender Grundlagen der Raumfahrt mit einbeziehen, das heliozentrische Weltsystem, die Planetenbahnen, das Gravitationsgesetz, das dynamische Grund­ gesetz, Astronomie, dann reicht Raumfahrtforschung sogar Jahr­ hunderte bis Jahrtausende zurück. Die Fortschritte der Raumfahrtforschung setzen sich mosaikartig aus den Erkenntnissen aller Disziplinen menschlicher Wissenschaft zusammen, und mit der ungeheuren Intensivierung aller wissen­ schaftlichen Forschung in unserer Zeit darf man annehmen, daß auch die weiteren wesentlichen Ergebnisse der Raumfahrtforschung weiterhin rascher hintereinander anfallen werden. Es kommt aber nicht nur auf diese großen Schritte der Erkennt­ nis an, sondern ebensosehr auf die kleinen Problemchen, auf die mechanische Festigkeit der Baustoffe, auf die biologische Erträg­ lichkeit der Schwerelosigkeit, auf die Strahlung der Materie und auf tausend andere, die den weiteren Fortschritt bestimmen. Aus der Summe dieser Ergebnisse der Astronomen, Physiker, Chemiker, Techniker, Biologen, Ärzte, ja Philosophen, Juristen und Theologen zieht der schöpferische Ingenieur die Unterlagen seiner konstruktiven Gedanken und kristallisiert diese zum kon­ kreten, technischen Projekt. Selbst diese schöpferischen Projekte, deren Entstehen sich über Jahre erstreckt, werden wir noch voll zur 10$

Forschungsperiode rechnen müssen, da im Laufe dieser technischen Forschung die Erfindungs- und Schöpferkraft des Menschen die­ selbe Rolle wie in der natur- oder geisteswissenschaftlichen For­ schung spielt und bei der unzählige Fragestellungen an diese ande­ ren Forschungsdisziplinen erst entstehen und von diesen parallel gelöst werden müssen. Erst wenn alle Fragen des neuen Projekts geklärt scheinen, tritt es in die Periode der Entwicklung und wandert damit aus den Berei­ chen der Gelehrtenstuben, Laboratorien und Konstruktionsbüros in die Werkstätten und Montagehallen der Industrie. Damit beginnt die materielle Komponente des Aufwandes zu überwiegen und außerordentlich anzuschwellen. Der wirtschaft­ liche Einsatz dieser sehr kostspieligen industriellen Organisationen verlangt weiterhin einen raschen und präzisen Ablauf der Ereig­ nisse. Die Entwicklungsperioden selbst sehr bedeutender Projekte sind daher meist relativ kurz und liegen oft zwischen fünf und zehn Jahren. In dieser Periode werden ungeheure Summen an Arbeitskraft hervorragender Organisatoren, Wissenschaftler, Ingenieure, Fach­ leute und Hilfskräfte investiert, die sich schließlich zu den oft astro­ nomisch anmutenden Entwicklungskosten des fertigen Gerätes an­ sammeln und bei Raumfahrzeugen in die Milliarden Arbeitsstunden gehen können. Dies bedeutet, daß in einer derartigen zehnjährigen Entwicklungsperiode durchschnittlich hunderttausende von Men­ schen an dem Projekt mittelbar oder unmittelbar tätig sind. Es bedeutet aber auch weiterhin, daß durch beliebige Erhöhung dieses überwiegend materiellen Aufwandes sich die Entwicklungs­ zeit nicht beliebig herabsetzen läßt, sondern durchaus ihre Eigen­ gesetzlichkeit bewahrt. Eine praktische Schwierigkeit dieser langen und intensiven Ent­ wicklungsperioden besteht manchmal darin, daß sie über die Legis­ laturperioden der Regierungen, also der Auftraggeber, hinausgehen und damit schwankenden Interessenlagen und Finanzierungen aus­ gesetzt sind, die noch weiter verzögern können. Eine andere Schwie­ rigkeit liegt darin, daß in dieser, am raschen Fortschritt der ein­ schlägigen Technik gemessen, langen Entwicklungsperioden völlig neue Gesichtspunkte auftreten können, sowohl hinsichtlich der Ziel­ setzung als auch der technischen Auslegung, die solche Geräte mit­ unter schon vor der Fertigentwicklung veraltet erscheinen lassen, so daß es dann zu keiner Serienproduktion und Anwendung kommt. 106

Solche Vorgänge sind besonders in der Waffentechnik nicht sel­ ten, und man erkennt daran, welch ungeheure Verantwortung den auftraggebenden Organisatoren und ihren technischen Beratern zu­ fällt. Die dritte Periode der Erprobung läßt sich zeitlich von der Ent­ wicklungsperiode nicht sauber trennen, da die Erprobung von Ein­ zelteilen des Raumfahrzeuges während dessen Entwicklung dauernd vor sich geht, zum Beispiel der Triebwerke, der Instrumente, der Elektronik, der Hilfsenergiequellen usw. Aber auch die ersten fer­ tiggestellten Exemplare des ganzen Raumfahrzeuges werden schon den Prüfstands- und ersten Flugerprobungen unterworfen. Auf Grund der Resultate dieser Ersterprobungen ergeben sich in der Regel zahlreiche Änderungen und weitere Entwicklungsarbeiten, so daß die Perioden der Entwicklung und Erprobung zeitlich inein­ ander greifen und erst mit den Abnahmeversuchen, die die Erfül­ lung aller vorgesehenen Leistungen bestätigen, sowohl Entwick­ lung wie Erprobung etwa gleichzeitig beendet sind. Diese zeitliche Verzahnung der Entwicklungsperiode besteht übrigens auch nach rückwärts in die Forschungsperiode. Die Forschung greift nicht nur beratend und ergänzend in die Entwicklung eines Gerätes ein, sondern bearbeitet auch noch zahlreiche Einzelprobleme, die wäh­ rend der Entwicklung erst erkannt werden. Die vierte Periode, jene der Serienproduktion, kann sich an die Perioden der Entwicklung und Erprobung zwanglos anschließen, wenn die Anforderungen der Serienproduktion bei der Entwick­ lung schon voll berücksichtigt wurden. Da die in der Entwicklungs­ periode hergestellten ersten Versuchsmuster meist in Handarbeit ge­ baut werden, ist manchmal noch eine erhebliche Umkonstruktion notwendig, um der Fließbandarbeit und den anderweitigen Vor­ richtungen der Massenherstellung gerecht zu werden, was zu erheb­ lichen Zeitverlusten führen kann. Wenn die Entscheidung über eine Aufnahme der Serienproduk­ tion erst nach Abschluß der Erprobung getroffen werden kann, be­ deutet auch Bau und Einrichtung der Produktionsanlagen oft noch eine jahrelange Verzögerung bis zum Erscheinen der ersten Serien­ geräte. Sobald die Serienproduktion allerdings läuft, werden in rascher Folge große Zahlen des neuen Gerätes verfügbar und können der Anwendung zugeführt werden. Die fünfte und letzte Periode der Anwendung führt das Gerät sei107

nem Endverbraucher bzw. Auftraggeber zu, den Militärs, wenn es sich um ein militärisches Gerät handelt, der Luftverkehrsgesell­ schaft beim Verkehrsflugzeug, und einer zwischen beiden stehenden Organisation im gegenwärtigen Zustand der Raumfahrt. Auch die Zeit der Anwendung ist nicht unbegrenzt. Abgesehen von der begrenzten natürlichen Lebensdauer des Einzelexemplares hat auch die Type meist eine begrenzte Lebensdauer, die durch ihr technisches Veralten gegenüber den inzwischen neu entstandenen Konkurrenzerzeugnissen bestimmt wird. Bei militärischen Raumfahrtgeräten einmaliger Anwendung be­ trägt die Lebensdauer des Einzelexemplares oft nur wenige Minu­ ten und die mehr oder weniger unveränderte Verwendung dersel­ ben Type von fünf bis zehn Jahren ist schon ein außergewöhnlicher Fall. Über die Lebensdauer ziviler Raumfahrtgeräte-Typen liegen noch kaum Erfahrungen vor, es kann aber angenommen werden, daß sie im Hinblick auf die außerordentlich rasche Entwicklung dieser Technik zunächst auch nicht wesentlich höher als jene der langle­ bigsten militärischen Geräte sein wird.

108

V WIE FUNKTIONIERT RAUMFAHRT?

Genau wie Landverkehr, Seefahrt und Luftfahrt ist auch Raum­ fahrt mechanisch gesehen ein Bewegungsproblem. Für solche Pro­ bleme gilt der Trägheitssatz der Mechanik, demnach ein im kräfte­ freien Raum in Ruhe befindlicher Körper auch in Ruhe bleibt, und ein in Bewegung befindlicher Körper sich mit unveränderter Ge­ schwindigkeit gradlinig weiterbewegt bis in alle Unendlichkeit. An der Erdoberfläche haben wir es nicht mit einem kräftefreien Raum zu tun. Auf einen bewegten Körper wirkt die Anziehungs­ kraft der Erde und der Bewegungswiderstand sowohl der Unterlage als auch der Luft. Beim Landverkehr und der Seefahrt wird die nach unten, gegen den Erdmittelpunkt, wirkende Erdschwere durch eine Unterstüt­ zung kompensiert. Das Landverkehrsmittel stützt sich mittels Rä­ dern oder Kufen gegen die horizontale Unterlage, die Straße, die Schiene. Diese Abstützung hat unvermeidbar eine Reibungskraft entgegen der Bewegungsrichtung zur Folge, die auch auftreten würde, wenn keine Luft in der Umgebung des Fahrzeuges vorhanden wäre, wie dies etwa auf der Oberfläche des Mondes zu erwarten ist. Außerdem wirkt der Bewegung noch der Widerstand der Luft entgegen, im selben Sinn wie die Reibung der Unterlage. Daher kommt ein auf horizontaler Straße antriebslos ausrollendes Auto nach einiger Zeit zum Stehen, seine Bewegung wird durch die Reibung aufgezehrt. Je geringer die Reibung ist, zum Beispiel beim Schlittschuhläufer auf der Eisbahn, desto langsamer wird die einmal vorhandene Be­ wegung aufgezehrt. Wenn die Bewegungsgeschwindigkeit erhalten bleiben soll, muß auch die Reibung durch eine ihr entgegenwirkende Antriebskraft, zum Beispiel die Kraft des Motors, dauernd kom­ pensiert werden. Ganz ähnlich sind die Verhältnisse in der Seefahrt, wo das senk­ recht nach unten wirkende Gewicht des Wasserfahrzeuges beim Schwimmen durch den Auftrieb des Wassers getragen wird und eine einmal vorhandene Geschwindigkeit allmählich aufgezehrt wird durch horizontal wirkende Reibung an Wasser und Luft, wenn sie nicht durch eine Antriebskraft ausgeglichen wird. Dasselbe gilt auch für die Luftfahrt. Die Bodenreibung entfällt 109

Raketentriebwerke

d) 3 Q> X

Raumfahrzeuge

Strahlgeechwindigkeit Im Vakuum: 3 bis 12 km/s

Charakteristische Fluggeschwindigkeit bis 40 km/s

(Flüsslgsauersloff/ Kerosin,

(Erdoberfläche/ Erdoberfläche,

Flüssigsauerstoff / Flüsalgwasseraloff

Erdoberfläche / Erdorbit,

Flüssigfluor / Flüssigwasserstoff

Erdorbit / Mondorbit,

Uran / Flüssigwasserstofl) (Heißwasserraketen Cham. Feststoffraketen

Mondorbit/ Mondoberfläche

Langsame Interplanetarfahrt)

Chem. Flü9slgkeitsraketen

Konvektive Fissionsraketen Fissions-Hyperschall-Staustrahl)

In Serienproduktion bzw. In technischer EntWicklung

Morg

E 0»

übermorgi

c CD

Erdnahe Raumfahrt

Strahlgeschwindigkeit: 30 bis 3000 km/a

Charakteristische Fluggeschwindigkeit bis 19000 km/a

(Mlsch-Flssionaraketen, Elektrische Fieslonsraketen, photonische Fissionsraketen, reine Fissionaraketen, reine Fissionsraketen periodische reine Fuslonsrakelen)

Erde - Mara - Venus - Merkur - Jupiter - SaturnUranus - Neptun - Pluto

In technischer Entwicklung bzw. In Forschung

Schnelle Interplanetarfahrt

Strahlgeschwindigkeit: 30000 bis 300000 km/a

Charakteristische Fluggeschwindigkeit bis 300000 km/a

(Reine Fuaionsraketen Reine Photonenraketen Photonen-Staualrahlen)

Planeten anderer Sonnensysteme

In Grundlagenforschung

Interstellare Raumfahrt

Abb. 7 Raketentriebwerke und Raumfahrzeuge heute, morgen und übermorgen

dort, aber der Luftwiderstand wirkt genau wie bei den Bodenfahr­ zeugen. Das Gewicht wird bei Luftschiffen durch den Auftrieb der Luft kompensiert, im Prinzip genau wie bei Wasserschiffen durch i io

Zeitliche Entwicklung der menschlichen Fluggeschwindigkeiten im 20. Jahrhundert. Schätzung aus dem Jahre 1955 und inzwischen eingetretene Tatsachen bzw. inzwischen genauere Voraussagen 8

Abb.

den Auftrieb des Wassers. Bei Flugzeugen wird die Tragkraft durch den Auftrieb der Luft auf die Flügel gewonnen. Wieder muß, damit eine einmal vorhandene Geschwindigkeit dauernd erhalten bleibt, ui

der Widerstand durch eine motorische Antriebskraft dauernd auf­ gewogen werden. Solange sich Raumfahrzeuge in der Nähe der Erde oder and erer Himmelskörper aufhalten, ist alles ähnlich kompliziert. Die Schwerkraft muß beim aufsteigenden Raumfahrzeug zunächst durch die Antriebskraft des Motors und gegebenenfalls durch die Trag­ kraft von Flügeln ausgeglichen werden, der Luftwiderstand durch den Motor, wie in der Luftfahrt. Sobald der fühlbare Teil der Atmosphäre verlassen ist, zum Bei­ spiel schon in einigen hundert Kilometern Höhe über der Erde, spielt der Luftwiderstand keine Rolle mehr, und es bleibt noch die wesentlich langsamer abnehmende Erdschwere, die es verhindert, daß wir den Raum im Sinne des Trägheitssatzes der Mechanik als völlig kräftefrei annehmen dürfen. Immerhin wird in einigen hun­ derttausend Kilometern Höhe auch die Erdschwere schon sehr ge­ ring, und die Schwerefelder anderer Himmelskörper sind unter Um­ ständen noch nicht sehr fühlbar, so daß wir dann mit einer gewissen Annäherung zumindest für kurze Zeiten so rechnen können, als ob der Weltraum kräftefrei wäre und eine einmal vorhandene Ge­ schwindigkeit des Raumfahrzeuges bei unveränderter Richtung dauernd erhalten bleibt. Erst außerhalb des Sonnensystems, im in­ terstellaren Raum, können wir mit guter Annäherung und für lange Zeiten von einem kräftefreien Raum sprechen. Es wird oft vermutet, daß der Grund, warum Raumfahrt nun plötzlich möglich zu werden beginnt, in einer besonderen neuen Erfindung oder Entdeckung liegt, ähnlich etwa, wie die Entwick­ lung der Atomkerntechnik schlagartig nach der Entdeckung der Kernspaltung durch Otto Hahn möglich geworden war. Dies trifft für die Raumfahrt in diesem Sinne nicht zu. Sie geht vielmehr auf einige an sich altbekannte Grundprinzipien und allerdings auch auf eine größere Zahl von technischen Einzeler­ findungen der letzten Jahrzehnte zurück. Die Entwicklung hochfester Leichtmetalle und Stähle, hitzebe­ ständiger Baustoffe, die Gasverflüssigung, die Automatisierung, die Gesamtentwicklung der Luftfahrt, moderne Schweiß verfahren, das Gesamtgebiet der Elektronik, die Präzisionsinstrumente, die Erfor­ schung der irdischen Atmosphäre, alle diese zunächst außerhalb der Raumfahrt entstandenen Bausteine haben die Aufnahme der Raum­ fahrttechnik erlaubt. Vor allem aber war es die ungeheure gedankliche und experimenI 12

Abb. 9 Flughöhen- und Fluggeschwindigkeits-Bereiche bemannter Luft- und Raumfahrt

teile Vorarbeit, die in den letzten hundert Jahren von den großen Pionieren der Raumfahrt und von deren Schülern geleistet worden ist.

”3

Erdnahe Raumfahrt Wir pflegen bei der erdnahen Raumfahrt gegenwärtig zu unter­ scheiden zwischen der sogenannten ballistischen Methode der Raum­ fahrt, wie sie besonders von Oberth konzipiert wurde, und der so­ genannten aeronautischen Methode, die im wesentlichen eine ste­ tige Weiterentwicklung der Luftfahrt bis in den Höhen- und Ge­ schwindigkeitsbereich der Raumfahrt darstellt. Bisher ist die erstere Methode praktisch am weitesten entwickelt worden. Sie bedient sich großer, geschoßartiger Raumfahrzeuge, die auch wie Geschosse fliegen, d. h. ohne wesentliche aerodynamische Trag­ kräfte, nur mit noch erheblich größeren Geschwindigkeiten. Die mechanischen Grundlagen dieser ballistischen Flugvor­ gänge werden vor allem durch die Wurfgesetze bestimmt. Wenn wir, auf der Erdoberfläche stehend, einen kugelförmigen Stein schräg nach oben werfen, etwa mit einer Anfangsgeschwin­ digkeit von 25 m/sec, so hat er nach dem Trägheitsgesetz die Ten­ denz, in gerader Linie mit gleichbleibender Geschwindigkeit wei­ terzufliegen, also in der ersten Sekunde 25 m weit zu sein, in der zweiten 50 m, in der dritten 75 m usw., bis ins Unendliche. Der erdnahe Raum, in dem er fliegt, ist aber nicht kräftefrei. Zunächst unterliegt unser Stein der Erdanziehung, nach deren Fallgesetzen er in der ersten Sekunde 5 m herunterfallen wird, nach der zweiten Sekunde wird er 20 m gefallen sein, nach der dritten Sekunde 45 m, bis er schließlich nach etwa 3 y2 Sekunden in etwas über 60 m Entfernung wieder den Boden berühren wird. Insgesamt beschreibt er eine Wurfparabel, die die Erdoberfläche im absteigenden Ast wieder schneidet. Da außer der Erdschwere auch noch der Luftwiderstand auf ihn wirkt, wird die Wurfbahn sich noch zu einer ballistischen Kurve mit etwas geringerer Reichweite deformieren. Wenn wir statt des runden Steines eine flache Scheibe benützen, etwa einen Diskus, so können wir bei geschicktem Wurf noch aero­ dynamische Auftriebskräfte wecken, so daß die Scheibe gleichsam auf der Luft gleitet und dadurch bei gleicher Anfangsgeschwindig­ keit noch etwas größere Reichweite erzielt. Ersetzen wir beim Wurf unseres Körpers die menschliche An­ triebskraft des Armes etwa durch die Kraft der Pulvergase im Lauf einer Feuerwaffe, so kann die Anfangsgeschwindigkeit ganz bedeu­ tend größer werden und 1000 m/sec oder mehr erreichen. 114

1 11 11

Flughöhe In km

1

¡1 \ \ AW 1\\ i 1

v X x

1 1 1 1

M v

r 1 1 1

m/s-------

i 1 1 1 t 1 1 1 1 1 1 1 1 1 1

1

^000 m/s

^

10

20

30

40

50

60

70

60

8000 m/s

90

Staudruck der Luft In kg/m*

Abb. io Die Staudrücke der Luft verschwinden praktisch in Flughöhen über loo Kilometer; darüber fliegen Raumfahrzeuge auf freien Trägheitsbahnen

Dementsprechend wächst auch unsere Wurfbahn, wenn das Ge­ schoß schwer genug ist, bis auf Reichweiten von ioo km und mehr und bis auf Flughöhen über 50 km, geht also schon in Bereiche der Atmosphäre, wo die Luft sehr dünn wird und dem Geschoß nurmehr geringen Luftwiderstand entgegensetzt. Unter diesen Umständen darf die Krümmung der Erdoberfläche nicht mehr vernachlässigt werden, die Fallrichtungen unseres Kör­ pers sind keine parallelen Geraden mehr, sondern gegen den Erd­ mittelpunkt zusammenlaufende Lotrichtungen. Dementsprechend ist auch beim luftwiderstandsfreien Schuß die Flugbahn in Wahrheit keine Parabel, sondern eine Ellipse, eine Kepler’sche Ellipse, deren einer Brennpunkt nach dem berühmten ersten Kepler’schen Gesetz im Mittelpunkt der Erde liegt.

100

Immer wieder aber schneidet diese ballistische Flugbahn in ihrem Verlauf die Erdoberfläche, das Geschoß kehrt schließlich an die Erd­ oberfläche zurück. Bei diesen gekrümmten ballistischen Flugbahnen wird das früher für Erdverkehrsmittel beschriebene Gleichgewicht der Kräfte in lotrechter Richtung dadurch hergestellt, daß dem Gewicht eine nach oben gerichtete Zentrifugalkraft infolge der Bahnkrümmung entgegenwirkt, die im selben Sinne trägt, wie die Auflagerkraft der Räder oder der Auftrieb des Wassers oder der Flugzeugflügel. Der Krümmungsradius der Bahn stellt sich sogar genau so ein, daß die zur jeweiligen Flugrichtung senkrechte Gewichtskomponente ge­ rade gleich der entstehenden Zentrifugalkraft wird. Wenn man diesem Tragvermögen der Zentrifugalkraft noch durch aerodynamische Auftriebskräfte zu Hilfe kommt, etwa durch Schrägstellung des Geschosses oder flügelartige Vorrichtungen, kann der Krümmungsradius der Bahn sofort kleiner werden, sie streckt sich und erreicht größere Reichweiten. Es liegt dann nicht mehr eine rein ballistische Bahn vor, sondern ein Übergangsfall zum aeronautischen Flug. Einer wesentlich weiteren Steigerung der Anfangsgeschwindig­ keit mit Hilfe des Schusses aus einem Kanonenrohr sind nun eine Reihe praktischer Grenzen gesetzt, wie die hohen erforderlichen An­ fangsbeschleunigungen, der hohe Luftwiderstand in den unteren Schichten der Atmosphäre usw. Es war daher erst nach Entwicklung eines anderen Antriebsver­ fahrens, eben der Rakete, möglich, wesentlich höhere Anfangsge­ schwindigkeiten von vielen tausend Metern pro Sekunde zu reali­ sieren. Sobald nun diese höheren Anfangsgeschwindigkeiten Werte von etwa 8000 m/sec überschreiten, werden die Bahnkrümmungsradien vergleichbar mit dem Krümmungsradius der Erde; wenn die Bahn während der Antriebsperiode noch eine kleine Umlenkung im Sinne flacheren Aufstiegswinkels erfährt, schneidet ihr absteigender Ast die Erdoberfläche nicht mehr, der Körper fällt um die Erde herum. Die Bahnellipse nimmt solche Dimensionen an, daß sie die Erde nicht mehr berührt, das Geschoß kehrt nicht mehr an die Erdober­ fläche zurück, sondern beschreibt dauernd, und da es in entspre­ chender Höhe keinen Luftwiderstand mehr erfährt, ohne jeden wei­ teren Antrieb eine freie elliptische Trägheitsbahn um die Erde, im­ mer mit einem Brennpunkt der Ellipse im Erdmittelpunkt. 116

Abb. 11 Die Kepler’schen Trägheitsbahnen in Erdnähe, unter dem Einfluß der Erdgravitation

Das Geschoß ist ein Raumfahrzeug, ein Satellit, geworden, ein künstlicher Mond, der sich nach denselben Gesetzen endlos um unsere Erde bewegt, wie unser natürlicher Mond dies in allerdings 380000 km Entfernung von der Erde seit Jahrmillionen tut. Der Umstand, daß ein solcher Satellit im Gegensatz zu einem Flugzeug ohne jeden Antrieb dauernd seine Flugbahn durchläuft und insbesondere, daß er nicht mehr auf die Erdoberfläche herun­ terfällt, bereitet dem Vorstellungsvermögen trotzdem mitunter noch gewisse Schwierigkeiten. Man durchschaut die Verhältnisse jedoch besonders leicht in dem Sonderfall eines Satelliten, der genau eine Kreisbahn um den Erd­ mittelpunkt beschreibt, wobei also beide Brennpunkte der zum Kreis entarteten Ellipse im Erdmittelpunkt liegen und der Abstand von der Erdoberfläche, also die Flughöhe, konstant bleibt. Nebenbei bemerkt stellt die Bahn des Erdmondes um die Erde mit recht guter Annäherung eine solche Bahn dar. Eine derartige kreisförmige Satellitenbahn um die Erde wird hauptsächlich durch zwei Kräfte bestimmt: Einmal durch das Gewicht des Körpers, das ihn nach unten, in Richtung zum Erdmittelpunkt, zieht. Der Satellit befindet sich ja keineswegs etwa außerhalb des Gravitationsfeldes, des Anziehungs­

bereiches der Erde, das nach dem Newton’schen Gravitationsgesetz überhaupt keine Grenze hat, sondern nur mit wachsender Entfer­ nung von der Erdoberfläche immer schwächer wirkt. Nach eben diesem Gesetz ist in einer Höhe, von der Größe des Erdradius über der Erdoberfläche, also in 6380 km Höhe, die Erd­ schwere noch immer ein Viertel von jener an der Erdoberfläche und dementsprechend zieht das - wenn auch verminderte - Gewicht den Satelliten nach unten gegen den Erdmittelpunkt. Selbst in der Entfernung des Mondes von der Erde, also vom sechzigfachen Erdradius, beträgt die Anziehungskraft der Erde noch 0,28 Promille von jener an der Erdoberfläche; was auf dieser i Tonne wiegt, würde dort noch 280 Gramm wiegen, und mit dieser Kraft wird 1 Tonne der Mondmasse auch tatsächlich von der Erde angezogen. Andererseits beschreibt der Satellit eine Kreisbahn um die Erde mit einer Geschwindigkeit, die sich bei nicht zu großer Höhe dem Wert von acht Kilometern in der Sekunde, also 29000 km/h nähert und erfährt dabei eine nach oben, vom Erdmittelpunkt weggerich­ tete Zentrifugalkraft, genauso wie jeder Insasse eines Automobils eine nach außen gerichtete Zentrifugalkraft deutlich erlebt, wenn das Automobil eine enge Kurve mit hoher Geschwindigkeit durch­ fährt. Diese vom Bahnmittelpunkt, also vom Erdmittelpunkt weg, da­ her nach oben, gerichtete Zentrifugalkraft ist es nun, die den Satel­ liten trägt, seinem Gewicht genau das Gleichgewicht hält und damit verhindert, daß er herunterfällt. Diese Zentrifugalkraft wirkt auf den Satelliten in ganz gleicher Weise tragend wie die Tragkraft der Flügel eines Flugzeuges, nur daß sie mit keinem Widerstand in der Flugrichtung mehr verbun­ den ist und daher keine motorische Antriebskraft mehr erfordert. Man kann sich den ganzen Vorgang durch ein einfaches Experi­ ment verdeutlichen, indem man einen Stein an eine Schnur bindet und ihn mit der Hand im Kreis herumwirbelt. Die nach außen zie­ hende Zentrifugalkraft spannt nun die Schnur, und deren Spannung entspricht dem Gewicht des Satelliten in seiner Kreisbahn um die Erde. Wir haben in unserer Betrachtung die Anfangsgeschwindigkeit unseres bewegten Körpers bisher schrittweise von 25 m/sec auf 1000 m/sec und dann auf 8 000 m /sec gesteigert. Wenn wir nun noch einen Schritt weitergehen und die Anfangs118

Abb. iz Flugbahn Erde-Mond-Erde (nach H. A. Lieske)

geschwindigkeit über 11 200 m/sec weiter vergrößern, dann entar­ ten die Kepler’schen Ellipsen nach der anderen Richtung, nämlich zu Parabeln und weiterhin zu Hyperbeln, also zu nicht mehr ge­ schlossenen Kurven, deren Äste ins Unendliche weisen. Das Raumfahrzeug verläßt damit auf diesen Bahnästen den enge­ ren Bereich der Erdumgebung und zieht in die Tiefen des Weltrau­ mes in unserem Sonnensystem, dann überwiegend nurmehr dem Gravitationsbereich der Sonne unterworfen, bis es sich wieder einem anderen Weltkörper im Sonnensystem und damit dessen über­ wiegendem Gravitationsbereich nähert, etwa jenem des Mondes, des Mars oder der Venus.

Interplanetare Raumfahrt Unser Sonnensystem mit seinen bisher bekannten neun Planeten bildet eine flache Scheibe von etwa 6 Milliarden Kilometern Radius, in der alle Planeten auf elliptischen Bahnen im selben Sinne um die Sonne kreisen, von deren Gravitationsfeld zusammengehalten. 119

Der innerste Planet Merkur läuft in 88 Tagen um die Sonne, die Erde in einem Jahr, der äußerste bekannte Planet Pluto in 248 Jah­ ren. Unser innerer Nachbarplanet Venus läuft in 225 Tagen um die Sonne und nähert sich der Erde im günstigsten Falle bis auf etwa 38.6 Millionen Kilometer, also etwa die hundertfache Entfernung Erde - Mond. Unser äußerer Nachbarplanet Mars läuft in 687 Tagen um die Sonne und nähert sich der Erde dabei im günstigsten Falle auf etwa 53.7 Millionen Kilometer, also etwa die hundertvierzigfache Ent­ fernung Erde - Mond. Wenn ein Raumfahrzeug mit geringstmöglichem Energieaufwand auf freien Trägheitsbahnen von einer Planetenbahn auf eine andere Planetenbahn gelangen will, gelingt dies auf einer elliptischen Flug­ bahn, die in den Endpunkten ihrer großen Achse die fast kreisför­ migen Planetenbahnen tangential berührt - auf den sogenannten Hohmann’schen Ellipsenbahnen. Die Reisezeit zum Durchlaufen einer halben derartigen Hoh­ mann-Ellipse liegt etwa in der Mitte zwischen den halben Umlauf­ zeiten der berührten Planeten um die Sonne. Von der Erde zur Venus sind dies etwa 147 Tage, von der Erde zum Mars 263 Tage, also zu den Nachbarplaneten in der Größen­ ordnung eines halben Jahres, eben der halben Umlaufzeit der Erde um die Sonne. Die Reisezeiten nach den äußeren Planeten werden auf diese Weise entsprechend sehr lang, zum Pluto beispielsweise etwa 62 Jahre. Selbstverständlich kann die Reise auch nicht zu jedem beliebigen Zeitpunkt angetreten werden, sondern nur bei solchen Planeten­ konstellationen, bei denen der Zielplanet am Ende der Hinreise tat­ sächlich im Berührungspunkt seiner Bahn mit der Fahrzeugbahn steht. Ebenso muß für die Rückreise eine entsprechende Konstella­ tion abgewartet werden. Die Geschwindigkeiten der Planeten in ihrer Bahn um die Sonne sind umso kleiner, je weiter sie von der Sonne entfernt sind, bei Merkur sind es 47,9 km/sec, bei Venus 35,1 km/sec, bei Erde 29,8 km/sec, bei Mars 24,1 km/sec, bei Pluto nurmehr 4,7 km/sec. Diese Geschwindigkeitsunterschiede müssen beim Flug von einem zum anderen Planeten ausgeglichen werden. Da ferner die Hohmann-Ellipsen jeweils die innere Planetenbahn von außen tangieren und die äußere Planetenbahn von innen, ist der 120

Abb. 13 Hohmann’sche Ellipsen als wirtschaftliche interplanetare Flugbahnen

Krümmungsradius der Hohmann-Ellipse im Berührungspunkt mit der inneren Planetenbahn größer als jene der Planetenbahn, daher ist die Fahrzeuggeschwindigkeit am selben Ort ebenfalls größer als die Planetengeschwindigkeit. Umgekehrt ist der Krümmungsradius der Hohmann-Ellipse im Berührungspunkt mit der äußeren Planetenbahn kleiner als jener der 121

Planetenbahn, daher die Fahrzeuggeschwindigkeit am selben Ort ebenfalls kleiner als die Planetengeschwindigkeit, zum Beispiel bei der Ankunft des von der Erde gestarteten Raumfahrzeuges in Mars­ nähe um etwa 2,55 km/sec. Alle diese Geschwindigkeitsunterschiede müssen durch geeig­ nete Antriebsmanöver ausgeglichen werden, doch sind sie zumindestfür unsere Nachbarplaneten kleiner, als jene Geschwindigkeits­ beträge, die zum Beispiel für das Verlassen des Erdschwerefeldes nötig sind. Wenn die Antriebsmöglichkeiten weniger beschränkt sind, so daß man höhere Geschwindigkeitsänderungen als jene der Hoh­ mann-Bahnen zulassen darf, dann ist eine unendliche Mannigfaltig­ keit von elliptischen, parabolischen und hyperbolischen Trägheits­ bahnen möglich, die zum Teil wesentlich kürzere Reisezeiten zwi­ schen den Planeten ergeben, allerdings auf Kosten des Energieauf­ wandes für die Reise. Ein Extremfall schneller interplanetarer Raumfahrt liegt offenbar vor, wenn die kürzestmögliche Distanz zwischen zwei Planeten auf einer gradlinigen Bahn überbrückt wird, wobei das Fahrzeug dau­ ernd angetrieben ist und während der ersten Hälfte der Reise gleich­ förmig beschleunigt wird, in Höhe etwa der Erdbeschleunigung an der Erdoberfläche, und auf der zweiten Hälfte der Bahn ebenso ver­ zögert. Damit würde sich beispielsweise die Reisezeit Erde - Venus von dem Hohmann’schen Wert 147 Tage vermindern auf 35 Stunden. Für die Erde-Mars-Reise lägen die Grenzen, zwischen denen man praktische Reisezeiten, je nach den verfügbaren Triebwerken, er­ warten darf, zwischen dem schon genannten Hohmann-Wert von 263 Tagen und 41 Stunden. Die entsprechenden Werte für Reisen bis an die Grenzen des Son­ nensystems, zum Planeten Pluto, betrügen 62 Jahre bzw. 18 Tage. Reisen auf den wirtschaftlichen Hohmann’schen Bahnen werden also überhaupt nur im Bereich der Nachbarplaneten unserer Erde möglich sein, während man für weiterreichende Expeditionen inner­ halb des Sonnensystems mehr und mehr zu schnelleren und aufwen­ digeren Bahnen wird greifen müssen.

122

Interstellare Raumfahrt

Die zum Verlassen des gewaltigen Gravitationsfeldes der Sonne erforderliche Fluchtgeschwindigkeit beträgt an der Oberfläche der Sonne 618 km/sec. In der Entfernung der Erde von der Sonne beträgt sie noch die -fache Bahngeschwindigkeit der Erde, somit 42,1 km/sec, gegen­ über der schon erwähnten Fluchtgeschwindigkeit aus dem Gravi­ tationsfeld der Erde von 11,2 km/sec. Wenn also ein schon außerhalb des irdischen Gravitationsfeldes befindliches Raumfahrzeug in Richtung von der Sonne weg die Ge­ schwindigkeit von 42,1 km/sec erhält, so wird es den Schwerebe­ reich der Sonne völlig verlassen können. Da das Fahrzeug entgegen der Sonnenanziehung sozusagen nach oben fliegt, wird es dabei immer langsamer werden und nicht allzu­ weit außerhalb des Sonnensystems wird es praktisch nur mehr ganz langsam steigen, allerdings erst in unendlicher Entfernung relativ zur Sonne völlig zum Stillstand kommen. Die nächsten Nachbarsterne unserer Sonne sind drei Sterne im Sternbild des Zentauren in ungefähr gleicher Entfernung von 4% Lichtjahren oder 41000 Milliarden Kilometern von der Sonne. Wir erwähnten schon eingangs, daß in einer um die Sonne geleg­ ten Kugel von 16 Lichtjahren Radius sich etwa 50 Fixsterne befin­ den, die zunächst das räumliche Interessengebiet der interstellaren Raumfahrt bilden, in dem man auch mit gewisser Wahrscheinlich­ keit annehmen darf, daß dort Sonnen mit Planeten vorhanden sind. Die Entfernung von 16 Lichtjahren oder 151000 Milliarden Kilo­ metern entspricht dem 2 5 000-fachen Radius unseres Sonnensystems. Während das Licht der Sonne zur Erde etwas über acht Minuten braucht, und bis zum Planeten Pluto an der Grenze des Sonnen­ systems rund 5 % Stunden, benötigt es also zu unseren nächsten Nachbarsonnen 4% Jahre und bis an die Grenze der 5 o-FixsterneKugel 16 Jahre. Da ein materieller Körper relativ zu einem anderen nach dem ge­ genwärtigen Stand unserer physikalischen Kenntnis die Lichtge­ schwindigkeit von 300000 km/sec nicht völlig erreichen und jeden­ falls nicht überschreiten kann, füllt die Reisezeit des Lichtes bis an die Grenze unserer 16-Lichtjahre-Kugel und zurück die Dauer eines aktiven Menschenlebens ziemlich aus, und es ist für interstel­ lare Raumfahrt notwendig, den Raumfahrzeugen Fluggeschwindig113

A bb. 14 Fluchtgeschw indigkeiten aus dem Sonnensystem von kreisenden Planeten m it eigenem G ravitationsfeld

keiten zu erteilen, die sich der Lichtgeschwindigkeit sehr nähern. Dabei beginnen allerdings die Gesetze der klassischen Newton’schen Mechanik ungenau zu werden und müssen allmählich ersetzt werden durch die relativistische Einstein’sche Mechanik. 124

Nach dieser erscheint dem irdischen Beobachter die Zeit an Bord des bewegten Raumfahrzeuges gedehnt im Verhältnis 1/ ]/i-v2/c2, wenn v die Bewegungsgeschwindigkeit des Raumfahrzeuges relativ zur Erde ist, und c die Lichtgeschwindigkeit. Wenn das Fahrzeug relativ zur Erde beispielsweise mit 99% der Lichtgeschwindigkeit fliegt, so scheint dem irdischen Beobachter die an Bord gemessene Stunde rund sieben Stunden zu dauern, alle Vorgänge an Bord scheinen dem irdischen Beobachter siebenmal langsamer abzulaufen, als die gleichen Vorgänge für die Besatzung ablaufen, wenn diese sie an Bord beobachten würde, oder als sie dem irdischen Beobachter erscheinen würden, wenn sie sich auf der Erde abspielten. Die Uhren an Bord scheinen dem irdischen Beobachter lang­ samer zu gehen, die Bärte der Besatzung scheinen ihm langsamer zu wachsen, deren Herzen langsamer zu schlagen, ihr Leben langsamer abzulaufen, die Motoren an Bord scheinen ihm ihre Treibstoffe langsamer zu verbrauchen. Die dem irdischen Beobachter etwas über 16 Jahre dauernde Reise des Raumfahrzeuges dauert für die Besatzung nur ein Sieben­ tel dieser Zeit, sie erlebt bis zur Ankunft am Ziel ihrer Reise nur 2% Jahre. Wenn sie dort sofort umkehren und mit derselben Geschwindig­ keit zur Erde zurückkehren würde, so würde bei der Begegnung mit dem irdischen Beobachter dieser also 32 Jahre älter geworden sein, die Besatzung des Raumfahrzeuges aber nur 4a/3 Jahre. Die Besatzung hätte das berühmte Zwillingsparadoxon der spe­ ziellen Relativitätstheorie erlebt, aber sie hätte während des gesam­ ten Vorganges in keiner Weise das Empfinden gehabt, daß ihre Uhren, ihre Herzen, ihre Motoren in einem anderen Rhythmus ge­ laufen wären, als dies üblicherweise auf der Erde geschieht, und sie hätte mit diesen Beobachtungen an Bord auch völlig recht, sie würde sich der Diskrepanz des Zeitablaufes erst wieder bei der Begegnung mit der Erde bewußt werden, wenn sie nicht unterwegs Gelegen­ heit zum Nachrichtenaustausch gehabt hätte. Diese seltsamen Verhältnisse werden noch verständlicher, wenn man sich vorstellt, daß der Flug gleichzeitig noch von einem ande­ ren Stern aus beobachtet worden wäre, der sich relativ zur Erde so schnell bewegt, daß ihm gegenüber unser Raumfahrzeug nur mit 98% der Lichtgeschwindigkeit geflogen wäre. Diesem zweiten Be­ obachter würde die Zeitdehnung daher nicht siebenfach, sondern

Abb. 15 Die sonnennahen Fixsterne

nur etwa fünffach erscheinen und jedem anderen Beobachter wieder anders. Immerhin haben diese heute als gesicherte physikalische Tatsa­ chen geltenden Verhältnisse die praktischen, technischen Konse­ quenzen, daß interstellare Raumfahrten für die Besatzung nicht Jahrzehnte oder Jahrhunderte zu dauern brauchen, sondern nur Jahre oder Bruchteile von solchen, also ähnliche Zeiten, wie wir sie heute für interplanetare Raumfahrten vorsehen, sobald wir über die technischen Mittel zur Herstellung derart hoher Fluggeschwindig­ keiten verfügen. Für die auf der Erde zurückbleibenden Beobachter allerdings blei­ ben die langen Reisezeiten tatsächlich bestehen. 126

Auch eine beliebig weite Annäherung der Fluggeschwindigkei­ ten an die Lichtgeschwindigkeit würde daran nichts ändern können. Wenn ein Raumfahrzeug sich mit der Lichtgeschwindigkeit selbst bewegen könnte, also auf einem Lichtpartikel eine Besatzung Platz nehmen könnte, so würde dem irdischen und jedem anderen Zu­ schauer die Zeitdehnung unendlich groß werden, die Besatzung würde das Empfinden haben, daß zwischen ihrer Abreise von der Erde und ihrer Ankunft auf dem Zielstern bzw. ihrer Rückkehr zur Erde überhaupt keine Zeit vergangen ist, also ihre Reisegeschwin­ digkeit unendlich groß war. Dieser Grenzfall liegt allerdings außerhalb der physikalischen Möglichkeiten, eine beliebige Annäherung an ihn aber ist physika­ lisch möglich, wenn auch die technischen Mittel dazu vorerst noch fehlen.

VI RAKETENTRIEBWERKE, DIE MOTOREN DER RAUMFAHRT

Die Betrachtungen der letzten Abschnitte haben gezeigt, daß das technische Geheimnis der Raumfahrt hauptsächlich in der Errei­ chung bestimmter hoher Fluggeschwindigkeiten besteht. Wegen der zu hohen Beschleunigungen können diese nicht durch einen Schuß aus einem Rohr hergestellt werden, sondern müssen durch einen längerdauernden, milderen Antrieb erzeugt werden, wobei es zunächst unwesentlich ist, ob diese schnellen Fluggeräte ballistische, geschoßartige Körper sind oder aeronautische, geflü­ gelte, flugzeugartige Raumfahrzeuge. Wir haben eingesehen, daß der Jules Verne’sche Vorschlag, die notwendige Anfangsgeschwindigkeit von über 12000 m/sec für einen Flug zum Mond mittels des Schusses aus einer riesigen Ka­ none zu erreichen, unter anderem wegen der mit einem solchen Schuß verbundenen ungeheuren Anfangsbeschleunigung nicht zu verwirklichen ist. Vielleicht darf bei dieser Gelegenheit daran erinnert werden, daß es ja nicht die Geschwindigkeiten selbst sind, die zu unerträglichen Beanspruchungen von Mensch und Material führen. Wir empfinden die hohe Geschwindigkeit eines schnellfahrenden Autos oder Zuges oder eines schnellfliegenden Flugzeuges nicht unangenehm und empfinden die Tatsache, daß sich die ganze Erde mit einer Geschwindigkeit von fast 30 Kilometern in der Sekunde um die Sonne bewegt, überhaupt nicht. Bei den Problemen der Navigation werden wir noch auf die Tat­ sache stoßen, daß sich Geschwindigkeiten im freien Raum auch des­ halb sehr schwierig messen lassen, weil sie keinerlei Äußerung im bewegten Körper hervorrufen. Es sind stets die Geschwindigkeitsänderungen in der Zeit, die Be­ schleunigungen oder Verzögerungen, die bei jedem Verkehrsun­ fall zu den unheilvollen mechanischen Zerstörungen führen. Sie, diese positiven oder negativen Beschleunigungen, sind es, die uns beim plötzlichen Beschleunigen in die Sitze pressen oder beim jähen Bremsen von den Sitzen werfen, die wir oft in Bruchteilen oder Vielfachen der natürlichen Erdbeschleunigung von g = 9,81 m/sec3 messen, und die wir beim freien Fall eines Körpers aus einer gewis128

sen Höhe beobachten können, wenn die Fallgeschwindigkeit in je­ der Sekunde um 9,81 m/sec zunimmt, also der fallende Körper mit i g beschleunigt wird. Wenn ein harter Körper beispielsweise aus 5 m Höhe herunter­ fallend mit einer Geschwindigkeit von 10 m/sec am Boden ankommt und dort ein Loch von 1 cm Tiefe schlägt, bevor er zur Ruhe kommt, so hat er für diesen Abbremsvorgang etwa zwei Tausend­ stel Sekunden Zeit gehabt, in der seine Geschwindigkeit von 10 m/sec auf o geändert wurde, die negative Beschleunigung betrug also (10 m/sec)/(o,oo2 sec) = 5000 m/sec2 oder über 500 g; wenige Krüge werden die damit verbundenen mechanischen Beanspru­ chungen ohne Schaden überstehen. Diese Beschleunigungen verbieten auch die Verwendung des Schusses aus einem Rohr zur Beschleunigung der Raumfahrzeuge. Wenn zwei Automobile mit je 108 km/h Geschwindigkeit, also je 30 m/sec, frontal Zusammenstößen und sich dabei um etwa 1 m in­ einander verbohren, indem sie den vorderen Teil ihrer Konstruk­ tion deformieren, so dauert der Vorgang etwa (2 m)/(2 x 30 m/sec) = 1/30 sec und die auftretende negative Beschleunigung ist (2 x 30 m/sec)/(i/30 sec) =1800 m/sec2 oder über 180 g. Kein menschlicher Organismus kann den damit verbundenen Beanspruchungen wider­ stehen. Die in Feuerwaffen angewandten Geschoßbeschleunigungen ge­ hen noch weit über die beim Frontalzusammenstoß zweier Kraft­ fahrzeuge entstehenden Beschleunigungen hinaus und betragen das Vielzehntausendfache der Gravitationsbeschleunigung, unter der wir an der Erdoberfläche leben. Das heißt, ein Geschoß im Kano­ nenrohr hat während des Abschusses Kräfte zu ertragen, die das Zehntausendfache seines normalen Gewichtes übersteigen kön­ nen. So geht es also nicht.

Die Strahlgeschwindigkeit In dieser Schwierigkeit hat der Raketenantrieb einen Ausweg er­ öffnet, der auf Newtons berühmtem Gesetz der Mechanik von der Gleichheit der Aktion und Reaktion beruht. »Reaktion ist immer entgegengesetzt gerichtet und gleich groß wie Aktion«. 129

Springt ein Fischer aus seinem schwimmenden Boot an Land, so wird das leere Boot ins Wasser hinausgetrieben. Schießt ein Jäger seine Büchse ab, so erfährt diese einen Rück­ stoß, wobei das Produkt aus Geschoßmasse und Geschoßgeschwindigkeit gleich dem Produkt aus der Masse der Büchse und ihrer Rückstoßgeschwindigkeit ist. Diese Produkte, diese Antriebe oder Impulse nach beiden Rich­ tungen sind gleich, Aktion ist gleich Reaktion. Strömt aus einem Kessel in der Sekunde eine bestimmte Gasmasse mit einer bestimmten Geschwindigkeit aus, so übt dieser Gasstrahl auf den Kessel einen Antrieb in Höhe des Produktes von Gasmasse und Gasgeschwindigkeit aus, ganz gleichgültig, ob er sich unter Was­ ser. an der Erdoberfläche oder im luftleeren Weltraum befindet. Die meisten Raketen sind aber nichts anders, als derartige Kessel, aus denen Gasmassen mit hoher Geschwindigkeit ausströmen. Ihre Antriebskraft, d. h. ihr Antrieb je Zeiteinheit, hat nichts zu tun mit ihrer Umgebung, sie wirken in jeder Umgebung, unter Wasser, in der Luft und im Vakuum, unabhängig von ihrer Rela­ tivgeschwindigkeit zu irgendeinem System lediglich auf Grund ihrer inneren Mechanik, und zwar deshalb, weil sie ihren An­ triebsstrahl aus Massen bilden, die vorher an Bord des Fahrzeuges mitgeführt wurden. Ganz anders also, als die Luftstrahlantriebe der Flugzeuge, die ihren Antriebsstrahl hauptsächlich aus der Luft ihrer Umgebung bilden und daher mit abnehmender Dichte der Umgebungsluft, zum Beispiel in großen Flughöhen, immer unwirksamer werden und im leeren Weltraum überhaupt nicht mehr wirken können. Dafür sind diese Luftstrahlantriebe in den unteren Schichten der Atmosphäre wirtschaftlicher als die Raketenantriebe, weil sie ihre Strahlmassen nicht an Bord des Fahrzeuges mitzuschleppen brau­ chen, sondern laufend aus der Umgebung entnehmen. Wenn das Raketenfahrzeug alle Massen, aus denen es seinen An­ triebsstrahl bildet, zunächst an Bord mitführen muß, dann hat es allen Anlaß, mit diesem Vorrat mindestens ebenso sparsam umzu­ gehen wie der Kraftfahrer mit seinem Benzin. Und wenn wir eben sagten, daß eine bestimmte Antriebsgröße durch das Produkt aus der sekundlich ausgeblasenen oder abge­ strahlten Masse und der Höhe der Ausblasegeschwindigkeit, also der Strahlgeschwindigkeit, gegeben ist, dann kann man offenbar denselben verlangten Antrieb sowohl durch Ausblasen großer se130

kundlicher Massen mit kleiner Geschwindigkeit erzielen, als auch umgekehrt durch Ausblasen kleiner sekundlicher Massen mit gro­ ßer Geschwindigkeit. Die letztere Möglichkeit wird unserer Forderung nach Sparsam­ keit im Massenverbrauch besser entsprechen. Damit ergibt sich sofort die wesentlichste Forderung an den Kon­ strukteur der Raketenmotoren: möglichst hohe Geschwindigkeit des Antriebsstrahles, möglichst hohe Auspuffgeschwindigkeit. Wir können die fundamentale Bedeutung hoher Strahlgeschwin­ digkeiten von Raketenmotoren auch aus dem dritten Newton’schen Bewegungsgesetz, dem oben zitierten Satz von Aktion und Reak­ tion, in der von uns benützten Form direkt erkennen: Wenn beispielsweise die Gesamtmasse eines Raumfahrzeuges vor Beginn der Antriebsperiode zu zwei Dritteln aus den an Bord in Form von Treibstoffen mitgeführten Massen besteht, also der Treibstoffanteil t am Startgewicht 2/a beträgt, und diese Treibstoffe würden sämtlich und schlagartig mit einer bestimmten Strahlge­ schwindigkeit w ausgestoßen, dann müßte der übrigbleibende Mas­ senanteil (i - t) des leeren Raumfahrzeuges, der also noch ein Drit­ tel der Anfangsmasse ist, einen Zuwachs an Fluggeschwindigkeit v erlangt haben, der gerade gleich der doppelten Strahlgeschwindig­ keit ist, weil dann die beiden Produkte aus Masse und Geschwin­ digkeit, also Aktion und Reaktion, wieder gleich sind. Der mögliche Geschwindigkeitsgewinn v des Raumfahrzeuges wird also in gleichem Maße größer, wie die Strahlgeschwindigkeit w größer wird, oder noch allgemeiner ausgedrückt v/w-t/(i -t).

Der Fluggeschwindigkeitsgewinn des Raumfahrzeuges verhält sich zur Strahlgeschwindigkeit wie der Treibstoffanteil am Startge­ wicht zum Leergewichtsanteil. Auch durch hohe Treibstoffanteile am Startgewicht kann der Ge­ winn an Fluggeschwindigkeit erhöht werden. Dieser Vorgang des schlagartigen Ausstoßens der ganzen Treib­ stoffmasse in einem einzigen Augenblick würde allerdings wieder zu sehr hohen Beschleunigungen führen. Praktisch zieht man es vor, die Treibstoffmassen allmählich wäh­ rend einer längerdauernden Antriebsperiode auszublasen, wobei der Fluggeschwindigkeitsgewinn bei gleicher Strahlgeschwindigkeit kleiner wird, weil nun auch die jeweils noch nicht verbrauchten

Strahlmassen an Bord zunächst noch etwas beschleunigt werden müssen, ehe auch sie ausgeblasen werden. In diesem Falle ergibt sich der Fluggeschwindigkeitsgewinn aus der sogenannten klassischen Raketengrundgleichung, die anschei­ nend erstmals von Ziolkowski abgeleitet worden ist: v/w =ln 1/(1 - t)

Der Fluggeschwindigkeitsgewinn des Raumfahrzeuges verhält sich zur Strahlgeschwindigkeit wie der natürliche Logarithmus des Verhältnisses von Startgewicht zu Leergewicht des Fahrzeuges. Wieder ist der durch den Raketenantrieb mögliche Fluggeschwin ­ digkeitsgewinn proportional der Strahlgeschwindigkeit und wächst mit dem Treibstoffanteil am Startgewicht. In unserem früheren Zahlenbeispiel mit t = a/3 erhielten wir v/w = 2, die vorstehende Beziehung würde v/w = In 3 = 1,1 lie­ fern. Die mäßigen Antriebsbeschleunigungen sind also durch eine recht merkbare Verminderung des Geschwindigkeitsgewinnes er­ kauft worden, die umso größer wird, je größer der Treibstoffan­ teil ist. Wenn die Fluggeschwindigkeiten den genügend genauen Gültig­ keitsbereich der klassischen Mechanik verlassen, tritt an die Stelle der klassischen die relativistische Raketengrundgleichung, die an­ scheinend erstmals von Ackeret abgeleitet worden ist: V/W

i - (1 - t)2w/c w/c • [i + (i-t)2w/cJ

Danach kann also die Fluggeschwindigkeit relativ zum Startplatz niemals größer als die Lichtgeschwindigkeit werden, wie die Rela­ tivitätsmechanik dies vorschreibt. Das Verhältnis des Fluggeschwin ­ digkeitsgewinns zur Strahlgeschwindigkeit hängt nun außer vom Treibstoffanteil t auch noch vom Verhältnis w/c der Strahlge­ schwindigkeit zur Lichtgeschwindigkeit ab. Zusammenfassend ist festzustellen, daß in den meisten Anwen­ dungsbereichen der Raketenmotoren in der Raumfahrt der erreich­ bare Fluggeschwindigkeitsgewinnproportional der Strahlgeschwin­ digkeit ist. Darüber hinaus ist dieser Geschwindigkeitsgewinn unter vielen praktischen Verhältnissen sogar von ähnlicher Größe wie die Strahlgeschwindigkeit selbst. Neben dem Schub, der Antriebskraft des Motors, ist seine Strahlge­

schwindigkeit daher die wichtigste Kennzahl eines Raketenmotors. Für andere Motoren werden meist Leistung (zum Beispiel in Kilo­ watt oder Pferdestärken) und Wirkungsgrad (zum Beispiel in Pro­ zenten) als besonders kennzeichnend angegeben. Für Raketenmotoren benutzt man dagegen die Angaben von Schub (zum Beispiel in Pfund in den USA bzw. in Tonnen in Eu­ ropa) und Strahlgeschwindigkeit. Die letztere wird allerdings oft in eingekleideter Form angege­ ben, zum Beispiel als spezifischer Impuls, d. h. dem erzielten An­ trieb (Schub x Wirkungszeit) pro Gewichtseinheit verbrauchten Treibstoffes. Dieser spezifische Impuls hat daher die Dimension einer Zeit und wird in Sekunden angegeben, also einer Einheit, die den Vorteil hat, in allen Maßsystemen der Welt benutzt und ver­ standen zu werden. Im metrischen System erhält man den spezifi­ schen Impuls durch Division der Strahlgeschwindigkeit durch die Erdbeschleunigung g = 9,81 m/sec2, also zu rund einem Zehntel der Strahlgeschwindigkeit. Mitunter benützt man auch den Kehrwert des spezifischen Impulses, also den spezifischen Treibstoffverbrauch je Antriebseinheit, zum Beispiel in Kilogramm Treibstoffgewicht je Tonnensekunde Antrieb ( = 1 Tonne Schub x 1 Sekunde Wir­ kungszeit). Man erhält diese Zahl, indem man die tausendfache Erdbeschleu­ nigung 9,81 m/sec2 durch die Strahlgeschwindigkeit in m/sec divi­ diert. Wenn die erreichbare Fluggeschwindigkeitssteigerung einer Ra­ kete unter vielen praktischen Verhältnissen von ähnlicher Größe wie die Strahlgeschwindigkeit ist und wir für den Flug zum Mond eine Anfangsfluggeschwindigkeit von etwa 12000 m/sec verlangen müssen, dann wäre eine Strahlgeschwindigkeit des Raketenmotors in gleicher Höhe, also von 12 000 m/sec wünschenswert. Leider haben heutige Raketenmotoren nur etwa ein Viertel bis ein Drittel dieser Strahlgeschwindigkeit, und man muß daher drei bis vier einzelne Raketenstufen übereinander setzen, damit sich die Ge­ schwindigkeitszunahmen jeder einzelnen Stufe schließlich zu der ge­ wünschten Fluggeschwindigkeit addieren. Diese Verzweiflungsmaßnahme hat zu so komplizierten, unwirt­ schaftlichen, unverläßlichen, schweren und großen Raumfahrzeu­ gen geführt, daß ihre raschmöglichste Überwindung durch bessere Raketenmotore das Problem Nummer Eins der Raumfahrttechnik darstellt. DJ

Tatsächlich war die Entwicklung der Raketenmotoren in den letzten Jahrzehnten ein zähes Ringen um erhöhte Strahlgeschwin­ digkeiten durch immer energiereichere chemische Treibstoffkombinationen, durch immer wirksamere Kühlverfahren der Ofenwände und zum Teil durch immer höhere Feuergasdrücke im Ofen. Während die alten Feuerwerksraketen mit Schwarzpulver noch kaum i ooo m/sec Strahlgeschwindigkeit lieferten, ergaben die mili­ tärischen Feststoffraketen des zweiten Weltkrieges mit rauchlosem Pulver und die damaligen Flüssigkeitsraketen mit wasserverdünn­ tem Alkohol und Flüssigsauerstoff schon etwa 2000 m/sec Strahl­ geschwindigkeit. Durch Einführung der Kohlenwasserstoffe, wie Gasöl und Pe­ troleum, als Brennstoffe mit Flüssigsauerstoff als Verbrennungs­ stoff, ferner durch Heraufsetzen der Feuergasdrücke von 17 Atmos­ phären auf über 50 Atmosphären und durch Benutzung ausgeklü­ gelter Kühlsysteme der Ofenwände und Düsenwände in Form eines Röhrchensystems, durch das das Kühlmittel zwangsläufig geführt wird, durch alle diese Maßnahmen gelang es dann, Strahlgeschwin­ digkeiten von über 3 000 m/sec zu verwirklichen, und zwar schon während des Krieges bei Prüfstandsversuchen in Deutschland, die dann später zu den ersten großen Erfolgen der Raumfahrt führten. Inzwischen geht die Entwicklung weiter dahin, als Brennstoff reinen flüssigen Wasserstoff oder sogar Beryllium zu benützen und als Verbrennungsstoff flüssigen Sauerstoff oder sogar flüssiges Fluor oder flüssiges Ozon, womit die Strahlgeschwindigkeit in letzter Zeit auf über 4000 m/sec gestiegen ist und sich nun mit weiter erhöhten Ofendrücken allmählich dem Wert von 5 000 m/sec zu nähern beginnt. Damit ist die Technik der chemischen Raketenmotoren allerdings an einer Grenze angelangt, die durch den Energieinhalt der ener­ giereichsten existierenden chemischen Reaktionen naturgesetzlich gegeben ist, wenn man von den praktisch nicht lagerbaren Radikal­ treibstoffen, wie atomarem Wasserstoff, absieht. Der noch immer bedauerlich große Abstand dieser 5 000 m/sec von der Satellitengeschwindigkeit von über 8000 m/sec und der Fluchtgeschwindigkeit von der Erde um 12000 m/sec zwingt mit chemischen Raketenmotoren vorläufig zum Bau der sehr unwirt­ schaftlichen und komplizierten mehrstufigen Raketengeräte für die Raumfahrt und zu sehr kleinen Nutzlasten von nur ganz wenigen Prozenten des Startgewichtes. D4

In der interplanetaren Raumfahrt steigen die Geschwindigkeits­ bedürfnisse noch wesentlich, bis auf Hunderttausende und Millio­ nen von m/sec an, wenn die Reisen sich nicht über Jahre und Jahr­ zehnte hinziehen sollen. Raketenmotoren mit derartigen Strahlgeschwindigkeiten erschei­ nen unter Benützung der Atomkernenergie grundsätzlich möglich, und wenn wir auch heute über derartige Triebwerke noch nicht ver­ fügen können, so sind doch eine ganze Reihe von Atomkernrake­ tensystemen im Stadium der Forschung und einige von ihnen sogar schon in technischer Entwicklung. Eines der ersten Kernraketensysteme, dessen erste Versuchsaus­ führungen vielleicht in wenigen Jahren Flugreife erlangen dürften, sind die konvektiven Fissionsraketen, von denen man Strahlge­ schwindigkeiten zwischen 8000 und 12000 m/sec erwartet, Werte also, die für erdnahe Raumfahrt besonders geeignet erscheinen. Mit diesen Raketen wird daher der Flug einstufiger ballistischer oder auch aeronautischer Raumfahrzeuge von der Erdoberfläche in die Erdumlaufbahn, oder auch zum Mond, mit hohen Nutzlastan­ teilen am Startgewicht möglich werden, und wenn keine Schwierig­ keiten hinsichtlich einer radioaktiven Verseuchung der Atmosphäre durch ihre Abgase entstehen, werden sie ein erstes gutes Instrument zur Einrichtung eines wirtschaftlichen Transportsystems im Be­ reich zwischen Erde und Mond, insbesondere aber zu den künfti­ gen großen Erdaußenstationen darstellen. Natürlich interessiert uns im höchsten Maße, ob wir damit am Ende der technischen Möglichkeiten angelangt sind, oder ob noch eine weitere Entwicklung der Strahlgeschwindigkeiten zu erwarten ist, und auf welchem Wege.

Die Mässe-Energie-Äquivalenz^ Die wichtigste physikalische Grundlage der Technik von Rake­ tenmotoren bildet die Ende des vorigen Jahrhunderts entdeckte Äquivalenz zwischen der Masse eines jeden Körpers und der Ener­ gie, die Einstein in die endgültige quantitative Form brachte: E = m c2. Die im Grenzfall aus einer bestimmten Masse m gewinnbare Ener­ gie E ist gleich dem Produkt aus dieser Masse m und dem Quadrat der Lichtgeschwindigkeit c. DJ

Bei jeder exothermen chemischen Reaktion, beispielsweise bei jedem Verbrennungsvorgang, wird ein kleiner Bruchteil cm der beteiligten Masse m in Energie E verwandelt. Die Gesamtmasse der Reaktionsprodukte, zum Beispiel der Feu­ ergase, ist nach dem Vorgang um den Betrag cm kleiner, als die Masse der Reagenzien vor dem Vorgang. Dieser Bruchteil e ist bei chemischen Reaktionen allerdings meist jenseits jeder Wägbarkeit klein und liegt für die in Raketenmotoren angewandten chemischen Reaktionen bei etwa einem Zehnmilliard­ stel. Wenn man, um bei diesem Beispiel zu bleiben, in einem Raketen­ motor von der durchgesetzten Treibstoffmasse ein Zehnmilliardstel gemäß der Äquivalenzbedingung von Masse und Energie in Ener­ gie verwandelt, und diesen Energiebetrag der übrigbleibenden Masse als Bewegungsenergie in einer bestimmten, definierten Rich­ tung erteilt, also einen gerichteten Massenstrahl erzeugt, so ist des­ sen Strahlgeschwindigkeit w = c |/ ze-e2, etwa 4200 m/sec, also von jener Größenordnung, die wir im vorigen Abschnitt für die erdnahe Raumfahrt behandelt haben. Bei den exothermen Kernreaktionen, etwa der Urankernspaltung, ist der Umwandlungsgrad e der Masse in Energie ganz wesentlich höher. Bei der erwähnten Kernreaktion liegt er schon ungefähr bei einem Tausendstel der reagierenden Masse, d. h. bei der Spaltreak­ tion, der Fission von einem Kilogramm Uran wird nahezu ein Gramm in Energie verwandelt und es bleiben nur etwa 999 Gramm Masse in Form der Reaktionsschwaden nach der Reaktion übrig. Prägt man dieser Restmasse die gesamte freigesetzte Energie als ge­ richtete Bewegungsenergie auf, so wird die Strahlgeschwindigkeit nun in die Gegend von 13,5 Millionen m/sec oder 4,5% der Licht­ geschwindigkeit gelangen. Bei den Kernaufbaureaktionen ist die Energieausbeute teilweise noch merkbar höher, beispielsweise ist bei der Kernfusion von Was­ serstoff zu Helium der Umwandlungsgrad von Masse in Energie fast ein Hundertstel, und demgemäß die Strahlgeschwindigkeit bei 40 Millionen m/sec oder 14% der Lichtgeschwindigkeit. Die Gruppe der Kernreaktionen, die sich um diese beiden Bei­ spiele lagert, läßt daher jene Größenordnung der Strahlgeschwin­ digkeiten erwarten, die für die schnelle interplanetare Raumfahrt wünschenswert erscheinen. Sobald für die direkte Anwendung die­ ser Reaktionen in Raketenmotoren entsprechende technische Lö136

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scheint in allerdings fernerer Zukunft noch eine dritte grundsätz­ liche Möglichkeit, die Zerstrahlungsreaktionen, bei denen der Um­ wandlungsgrad von Masse in Energie gegen 100% geht, also die Masse fast oder völlig in Energie verwandelt wird. In diesem Falle nähert sich die Strahlgeschwindigkeit der Licht­ geschwindigkeit oder erreicht sie sogar, so daß damit das nach un­ serer heutigen physikalischen Kenntnis vollendetste Raketensystem entstünde, das den Bereich der Raumfahrt auch auf den interstellaren Raum auszudehnen gestatten würde. Reaktionen mit vollständiger Massenzerstrahlung sind im physi­ kalischen Experiment in Form diskreter Einzelreaktionen, etwa zwischen Elektron und Positron, Proton und Antiproton, Mesonen und Antimesonen usw. bekannt, jedoch noch nicht in Form wäg­ barer Materiemengen, etwa einer Reaktion zwischen normaler ma­ kroskopischer Materie und der noch völlig hypothetischen entspre­ chenden Antimaterie. Diese drei Hauptkategorien energieliefernder Reaktionen ent­ sprechen drei Hauptkategorien von Raketentriebwerken: Reine chemische Raketenmotoren, die sich in der erdnahen Raumfahrt weitgehend bereits in Anwendung befinden und von denen zahl­ reiche Typen noch weiterhin entwickelt werden. Reine Atomraketenmotoren, die überwiegend noch in der Phase der Erforschung, teilweise sogar der Grundlagenforschung stehen und deren Anwendung wir besonders im Bereich der interplanetaren Raumfahrt erwarten dürfen. Reine Photonenraketenmotoren, die noch in der ersten Phase der Grundlagenforschung stehen, die jedoch das Endziel der Entwick­ lung des Raketenantriebes überhaupt darstellen und die uns grund­ sätzlich das Gebiet der interstellaren Raumfahrt mit Fluggeschwin­ digkeiten erschließen können, die sich der Lichtgeschwindigkeit nähern. Zu jeder dieser drei Hauptkategorien gibt es außerdem abgelei­ tete Kategorien von Raketensystemen, die die Energiereaktion nicht in ihrer reinen Form verwenden, sondern die Energiekonzen­ tration gleichsam verdünnen, beispielsweise indem sie die Energie auf an sich inerte Strahlmassen übertragen und dadurch die Strahl­ geschwindigkeit zwar herabsetzen, dafür aber anderweitige Vor­ teile eintauschen. So sind aus den reinen chemischen Raketenmotoren abgeleitet die Heißwasserraketen, die die chemische Verbrennungsenergie auf 138

Wassermassen übertragen, und dadurch zu einem besonders be­ triebssicheren und wirtschaftlichen Raketenantriebssystem führen, das allerdings nur sehr mäßige Strahlgeschwindigkeiten von etwa 450 bis 650 m/sec aufweist und besonders als erdfester Bodenantrieb geeignet ist, wo sehr hohe und kurzzeitige Schubkräfte verlangt werden, beispielsweise für Startzwecke von Luft- und Raumfahr­ zeugen. In besonders zahlreichen vorgeschlagenen Systemen von Raketen­ motoren soll die hohe Energiekonzentration der Kernreaktionen durch Verdünnung und Übertragung derselben auf inerte Massen nutzbar gemacht werden, zum Beispiel durch Übertragung der Kernenergie auf Wasserstoff, Wasser, Cäsium, in den thermischen oder elektrischen Raketensystemen, die in ihrer Strahlgeschwindig­ keit dann irgendwo zwischen jenen der reinen chemischen Raketen und jenen der reinen Atomraketen zu liegen versprechen. Ein besonders merkwürdiges abgeleitetes Raketensystem stellen die Vorschläge zu den partiellen Photonenraketen dar, die man im gewissen Sinn als Ableitungen aus der reinen Photonenrakete be­ trachten kann, die aber auf etwas anderen mechanischen Grundlagen beruhen wie die bisher behandelten Raketensysteme. Bei vielen exothermen Reaktionen besteht die natürliche Ten­ denz, den entbundenen Energiebetrag in Form elektromagnetischer Wellen oder Photonen mit Lichtgeschwindigkeit abzustrahlen. In manchen Fällen ist dies eine primäre Eigenschaft der betreffenden Reaktion; bei sehr hohen Energiekonzentrationen verallgemeinert sich diese Tendenz insofern, als die entbundene Energie, auch wenn sie zunächst nicht als elektromagnetische Strahlung, sondern als ungerichtete kinetische Energie der korpuskularen Einzelpartikel der Reaktionsschwaden, also als Wärme in Erscheinung tritt, die infolge der hohen Temperaturen zu starker thermischer Strahlung des Feuergases führt. Diese natürliche Tendenz der Materie, entweder von vornherein oder jedenfalls bei sehr hohen Temperaturen ihre reine Energie­ komponente von ihrer materiellen Komponente zu trennen, kann mechanisch ebenfalls als Antriebskraft nutzbar gemacht werden. Beispielsweise in der Form, daß der in Energie verwandelte An­ teil £tn0 der Treibstoffmasse m0 in vorgewählter Richtung mit Lichtgeschwindigkeit c abgestrahlt wird und dabei den Antrieb emoc erzeugt, während der unverwandelte Treibstoffmassenanteil (1 - e)m0 ohne Relativgeschwindigkeit zum Fahrzeug von Bord gegeben 139

wird, also zum Antrieb nicht mehr beiträgt. Die Wirkung dieses Vorganges ist dann so, als ob die Gesamtmasse m0 mit einer gerin­ geren Geschwindigkeit w = ec als der Lichtgeschwindigkeit c aus­ gestoßen würde. Die Gegenüberstellung dieser, den spezifischen Treibstoffver­ brauch kennzeichnenden ideellen Strahlgeschwindigkeit w = rc der partiellen Photonenraketensysteme mit der früher erwähnten Strahl­ geschwindigkeit w=c|/2b-e2 der normalen Raketensysteme zeigt, daß die letzteren bei gleichem Energieumwandlungsgrad e immer überlegene wirksame Strahlgeschwindigkeiten bzw. Treibstoffver­ brauche haben. Die Unterschiede werden immer kleiner, je größer e ist, sie verschwinden für £ = i, also für die reine Photonenrakete, die offenbar sowohl dem einen, wie dem anderen System zugehö­ rig betrachtet werden kann. Trotz der grundsätzlichen Unterlegenheit dieses photonischen Raketenprozesses gegenüber dem normalen Raketenprozeß gibt es Fälle, in denen er mit Vorteil anzuwenden ist und ebensolche Wett­ bewerbsfähigkeit besitzt, wie alle anderen erwähnten, abgeleiteten Arbeitsverfahren der Raketenmotoren.

Die Systeme der Raketentriebwerke Entsprechend den jeweils erreichbaren Strahlgeschwindigkeiten und angewandten Treibstoffen hat sich eine größere Zahl von Ra­ ketensystemen herauskristallisiert, die teils schon in Anwendung, teils in technischer Entwicklung und teils erst im Stadium der For­ schung stehen. Wir beschränken uns hier auf die Aufzählung einiger der meistbearbeiteten Systeme und behalten uns ihre nähere Bespre­ chung in späteren Kapiteln vor. In der Reihenfolge steigender Strahlgeschwindigkeiten interes­ sieren gegenwärtig besonders folgende zehn Systeme auf den er­ wähnten überwiegenden Anwendungsgebieten: 1. Heißwasserraketen, w=45o bis 650 m/sec, wirtschaftliche Starttriebwerke 2. Chemische Feststoffraketen, w = 2400 bis 2 800 m/sec, militäri­ sche Triebwerke ständiger Betriebsbereitschaft 3. Chemische Flüssigkeitsraketen, w = 3ooo bis 5000 m/sec, Triebwerke ziviler und militärischer Raumfahrt im erdnahen Be­ reich 140

4. Konvektive Fissionsraketen, w = 8ooo bis 12000 m/sec, vor­ aussichtlich Triebwerke ziviler und militärischer Raumfahrt im erdnahen und anfänglich im interplanetaren Bereich 5. Misch-Fissionsraketen, w = 10000 bis 80000 m/sec, voraus­ sichtlich Triebwerke der zivilen schnellen interplanetaren Raum­ fahrt 6. Elektrische Atomraketen, w = 100000 bis 1000000 m/sec, jedoch nur sehr kleine Schübe, voraussichtlich Korrekturtrieb ­ werke der gesamten Raumfahrt 7. Partielle Photonenraketen, w =250000 bis 2250000 m/sec bei beliebig hohen Schüben, voraussichtlich schnelle, zivile Interplane­ tarfahrt 8. Reine Fissionsraketen, w = 100000 bis iooooooom/sec, vor­ aussichtlich schnelle zivile Interplanetarfahrt 9. Reine Fusionsraketen, w = 20000000 bis 30000000 m/sec, schnelle Interplanetarfahrt, langsame Interstellarfahrt, Treibstoff­ prozeß technisch noch nicht erschlossen 10. Reine Photonenraketen, w = 300000000 m/sec, schnelle Inter­ stellarfahrt, Treibstoffprozeß physikalisch noch nicht erschlossen. Neben diesen zehn Hauptsystemen von Raketentriebwerken gibt es noch eine größere Zahl von Systemen und Systemvorschlägen mehr sekundärer Bedeutung, wie Sonnenenergieantriebe, Antriebe mittels kosmischer Magnetfelder, Sekundärantriebe zur Bahnkor­ rektur, Staustrahlantriebe usw., deren künftige Anwendungsmög­ lichkeiten noch abzuwarten bleiben. Von den vorgenannten zehn Hauptsystemen sind die Systeme 2. und 3. derzeit in umfangreicher technischer Anwendung, die Systeme 1., 4. und 6. in technischer Entwicklung, die Systeme 5., 7. und 8. im Stadium der angewandten Forschung und die Systeme 9. und 10. in Grundlagenforschung.

141

VII NAVIGATION DER RAUMFAHRZEUGE

Zu den wesentlichen technischen Voraussetzungen gehören ne­ ben den Triebwerken besonders die Verfahren der Navigation im Weltraum. Ganz gleich, ob es sich um ballistische Raumfahrtgeräte oder in Erdnähe auch um aeronautische Raumfahrzeuge handelt, fliegen diese Geräte mit vielfachen Geschoßgeschwindigkeiten und errei­ chen damit eine so hohe Steifigkeit ihrer Bahn, daß der ganze Flug weitgehend nach einer vorausberechneten, geschoßartigen Bahn­ kurve abläuft und erhebliche Bahnänderungen während des Fluges nur in seinen langsamen Anfangsphasen oder in den schon wieder langsamen Endphasen möglich sind, während Bahnkorrekturen in Wegmitte bei den hohen Reisegeschwindigkeiten immer verhältnis­ mäßig klein bleiben müssen. Sowohl bei den erdnahen Raumfahrten - etwa eines Raketenfern­ flugzeuges oder einer militärischen Interkontinentalrakete zwischen zwei Punkten der Erdoberfläche oder eines Aufstieges von der Erd­ oberfläche in Erdorbit - als auch bei den Tiefraumfahrten - etwa nach Mond, Mars oder Venus - werden die einzuhaltenden Bahnen sehr sorgfältig vorausberechnet. Es werden Optimalbahnen festgelegt im Hinblick auf Treibstoff­ verbrauch, Reisezeit, Erwärmung, Beschleunigungen, Aufgaben der Reise, mechanische Beanspruchungen, Strahlungsfelder, Lande­ vorgänge, Nachrichtenverbindungen, vorhandenen Start- und Lan­ deanlagen usw. usw. Diese Optimalbahnen und alle auf ihnen vorzunehmenden Steuer­ vorgänge werden in einem Fahrtprogramm festgelegt, nach dem die Reise entweder völlig automatisch oder unter Eingriff eines an Bord oder am Boden befindlichen Menschen und unter dessen Überwa­ chung abläuft. Dabei spielt der Umstand eine wichtige Rolle, daß Lenkmanöver, wie Richtungs- oder Geschwindigkeitsänderungen des Fahrzeuges oder Lageänderungen desselben, nur innerhalb der Atmosphären der Erde oder der Zielplaneten mit Hilfe aerodynamischer Kräfte und Ruder möglich sind, während im freien Weltraum oder in der Nähe atmosphäreloser Weltkörper, wie des Mondes, Bahnänderun­ gen nur mit Hilfe des Raketenantriebes ausgeführt werden können. 142

Für Lageänderungen im freien Raum besteht neben dem Raketen­ antrieb allerdings auch noch die Möglichkeit der Anwendung rotie­ render Massen. Die Navigation der Raumfahrzeuge besteht nun darin, die Über­ einstimmung der wirklich geflogenen Bahn mit der vorausberech­ neten Bahn bzw. allfällige Abweichungen festzustellen und entspre­ chende Bahnkorrekturen anzubringen. Je nach dem Bahnbereich, in dem die Manöver ausgeführt wer­ den, spricht man von Anfangsnavigation, Mittennavigation und Endnavigation. Beim derzeitigen Stand der Antriebstechnik dauert die Antriebs­ periode meist nur wenige Minuten, während der Flug selbst Stun­ den, Tage, ja Monate und Jahre ohne jeden weiteren Antrieb dauern kann. Der Vorgang ähnelt dann sehr dem eines Schusses, wobei alle Ziel- und Lenkvorgänge sich auf die ersten Minuten konzentrieren und das Ziel dann eigentlich ohne weitere Eingriffe nach entspre­ chender Zeit von selbst erreicht werden sollte. Wegen der beschränkten Genauigkeit der Anfangsnavigation wird dies kaum jemals völlig gelingen, und Bahnkorrekturen müs­ sen unterwegs einsetzen, je früher desto besser. Schließlich wird man erst bei der Annäherung an das Ziel die kleinen Abweichungen von dem vorgesehenen genauen Landepunkt endgültig feststellen können und mit der Endnavigation einsetzen müssen. Auch mit der weiteren Entwicklung der Raketentriebwerke, wenn sich die Antriebsperioden im Weltraum über längere Strecken oder schließlich über die gesamte Reisestrecke ausdehnen werden, also ähnlich wie es heute für Flugzeuge in der Atmosphäre zutrifft, wird sich daran nur ändern, daß die Unterwegsnavigation wirkungs­ voller gestaltet werden kann. Heute stehen dem Astronauten hauptsächlich drei Verfahren zur Verfügung, um die Übereinstimmung bzw. Abweichung der tat­ sächlichen von der geplanten Bahn festzustellen: Trägheitsnavi­ gation, Radionavigation und optische Navigation. Jedes Navigationssystem hat die Aufgabe, die Lagekoordinaten des Raumfahrzeuges sowie Größe und Richtung der Bahngeschwin­ digkeit in einem vorgegebenen Koordinatensystem feststellen zu können. Danach können allfällige Abweichungen von den Sollwerten er­ M3

mittelt und entsprechende Korrekturmanöver berechnet und aus­ geführt werden. Die beiden letzteren Systeme, Radio- und optische Navigation, bedienen sich im wesentlichen elektromagnetischer Wellensignale zwischen dem Raumfahrzeug und irgendwelchen Bezugspunkten, insbesondere dem Startpunkt und dem Zielpunkt. Dabei unterscheiden sich beide Methoden hauptsächlich durch die angewandte Wellenlänge der Signale und damit in der instru­ mentellen Ausrüstung. Beschänkungen unterliegen diese beiden Verfahren erst bei außer­ ordentlich großen Entfernungen, wenn die Signalstärken zu gering bzw. die Laufzeiten der Signale zu groß werden. Das erstere System der Trägheitsnavigation dagegen ist völlig autark und unabhängig von außenliegenden Bezugspunkten, unter­ liegt aber gewissen Beschränkungen innerhalb von Gravitations­ feldern und bei sehr hohen relativistischen Fluggeschwindigkeiten.

Trägheitsnavigation

Das Verfahren der Trägheitsnavigation zeichnet sich dadurch aus, daß es frei von jeder Bezugnahme auf die Außenwelt des Fahr­ zeuges ist, es bezahlt diesen außerordentlichen Vorteil jedoch mit einer besonders bei langdauernden Flügen nur geringen Genauig­ keit und mit dem Umstand, daß freie Fallbewegungen nicht erfaßt werden. Das entsprechende Gerät besteht im wesentlichen aus einer Platt­ form, deren Lage durch Kreisel im Raum so stabilisiert ist, daß sie trotz beliebiger Drehbewegungen des Raumfahrzeuges mit ihren Achsen beispielsweise immer in die Achsrichtungen des Koordina­ tensystems weist, auf das die Idealbahn bezogen ist. Das heißt also, die im Fahrzeug befindliche Plattform dreht sich bei einer Drehbewegung des Fahrzeuges nicht mit, sondern behält die Lage im Raum, die ihr vor dem Start gegeben wurde, mit gro­ ßer Genauigkeit und ziemlich lange bei, etwa so, wie eine Magnet­ nadel der Drehung des Kompaßgehäuses nicht folgt, sondern im­ mer nach Norden zeigt. Auf dieser Plattform sind nun drei sehr empfindliche Beschleu­ nigungsmesser (zum Beispiel kleine Massen an Federn) in den Rich­ tungen der drei Bahnkoordinatenachsen montiert, die jede noch so 144

geringeTrägheitsbeschleunigung in jeder dieser dreiRichtungen mes­ sen. Also zum Beispiel Beschleunigungen, die vomAntrieb des Motors oder vom aerodynamischen Auftrieb und Widerstand herrühren. Die Beschleunigungsmesser sind jedoch unempfindlich gegen Gravitations- und Zentrifugalbeschleunigungen, so daß sie bei­ spielsweise die Richtungs- und Geschwindigkeitsänderungen eines frei fallenden oder antriebslos im freien Weltraum unter der Ein­ wirkung des Gravitationsfeldes der Sonne treibenden Raumfahr­ zeuges, das etwa Kepler’sche Ellipsen durchläuft, nicht anzeigen. Derartige Gravitationsbeschleunigungen müssen daher in ihrer Auswirkung auf die Bahn unabhängig berücksichtigt werden. Die durch Nichtgravitationsbeschleunigungen erzeugte Bahn hingegen ermittelt das Trägheitsnavigationsgerät, indem es zu­ nächst die drei Komponenten der Trägheitsbeschleunigungen über der Zeit integriert und dadurch die drei Geschwindigkeitskompo­ nenten in den Achsenrichtungen und damit die resultierende Ge­ schwindigkeit ermittelt. Weiterhin integriert das Gerät auch die er­ mittelten Geschwindigkeitskomponenten nochmals über der Zeit und erhält dadurch auch die drei Wegkomponenten in den Achsen­ richtungen und daraus den wirklichen zurückgelegten Weg, also die Bahn. Dieses Verfahren der Trägheitsnavigation ist grundsätzlich auch im relativistischen Fluggeschwindigkeitsbereich noch anwendbar, wenn man in den Elektronenrechner statt der Beziehungen der klassischen Mechanik jene der relativistischen Mechanik einspeist. Das Verfahren liefert also mit den erwähnten Einschränkungen in jedem Augenblick das, was vom Navigator verlangt wird: Schiffs­ ort, Größe und Richtung der Geschwindigkeit. Es wäre also insoweit ein ideales Verfahren, als es keinerlei Beob­ achtungen nach außen verlangt, wenn die kreiselstabilisierte Platt­ form ihre Raumlage tatsächlich dauernd völlig genau beibehalten würde. Infolge unvermeidlicher Lagerreibungen und sonstiger Unregel­ mäßigkeiten entsteht tatsächlich jedoch eine kleine, in ihrer Rich­ tung nicht vorhersehbare Trift, und wenn diese nur Bogensekunden pro Flugstunde beträgt, so ist die Navigationsgenauigkeit für eine interkontinentale Kampfrakete mit ihrer kurzen Laufzeit zwar ent­ sprechend hoch, bei wochenlangen Raumflügen summiert sich die Trift jedoch zu Abweichungen von Bogengraden und macht die Navigation entsprechend ungenau. 145

In solchen Fällen wird die Kombination des Trägheitssystems mit anderen Navigationssystemen, beispielsweise mit Radionavi­ gation oder optischer Navigation in Betracht gezogen, wodurch gleichzeitig auch die Navigationsfehler infolge Gravitationsbe­ schleunigungen ausgeglichen werden können. In dieser Form wird der Trägheitsnavigation in der Raumfahrt ein breites Anwendungsgebiet vorausgesagt, das sich besonders mit den zunehmenden Antriebsdauern der Raumfahrzeuge bei schneller Interplanetarfahrt und mit der Vervollkommnung des Gerätes selbst festigen wird. Radionavigation Radionavigation ist sowohl für Anfangsnavigation als auch Mittenund Endnavigation anwendbar. Die an Bord mitzuführenden Einrichtungen sind meist leichter und billiger als bei Trägheitsnavigation - hingegen sind nun oft mehrere Bodenstationen nötig, denen die Messung von Entfernun­ gen, Geschwindigkeiten und Winkeln obliegt und in denen nun allerdings auch die Korrekturgrößen berechnet werden können, ebenso wie sie diese Daten an das Fahrzeug übermitteln können. Der verwendete Wellenlängenbereich muß so gewählt werden, daß möglichst wenig Störungen durch die Ionosphäre, durch die Abgase der Triebwerke und durch die ionisierte Kopfwelle des Fahrzeuges innerhalb der Atmosphäre auftreten. Alle diese Störun­ gen haben ihre gemeinsame Ursache in der Wechselwirkung der elektromagnetischen Wellen mit den geladenen Teilchen (Elektro­ nen, Ionen) ionisierter Gase, und die Wellenlänge der absorbierten oder reflektierten Strahlung hängt direkt mit der Zahl der geladenen Teilchen im Kubikzentimeter des Gases zusammen. Praktisch werden für die Radionavigation aus diesen Gründen meist Meter- und Dezimeter- bis Zentimeterwellen benützt. Die Entfernungsmessungen der Radionavigation beruhen auf dem Radarprinzip, d. h. auf der Ermittlung der Laufzeit elektroma­ gnetischer Wellen zwischen der Bodenstation und dem Fahrzeug. Diese Laufzeiten liegen in der erdnahen Raumfahrt bei Bruchteilen von Sekunden, bei der interplanetaren Raumfahrt bei Minuten bis Stunden und gehen bei interstellarer Raumfahrt in die Größenord­ nung von Jahren. Im letzteren Falle besteht daher keine Anwen­ dungsmöglichkeit für Navigationszwecke mehr. 146

Die Geschwindigkeitsmessungen der Radionavigation beruhen auf dem Dopplerprinzip, d.h. auf den Ermittlungen der Wellen­ längenveränderungen eines bewegten Senders mit seiner Geschwin­ digkeit v relativ zum Empfänger. Die relative Änderung ä/20 der Wellenlänge hängt vom Verhältnis der Fluggeschwindigkeit zur Lichtgeschwindigkeit ab und weicht bei erdnaher Raumfahrt in der Größenordnung zehntel Promille von Eins ab, bei schneller Inter­ planetarfahrt um Prozente und kann sich bei interstellarer Raumfahrt dem Wert von Null nähern, d.h. die empfangenen Wellenlängen können in einem völlig anderen Bereich liegen als die ausgesandten und auch damit die Anwendbarkeit für Navigationszwecke verhin­ dern. Die Winkelmessungen endlich der Radionavigation werden meist mittels beweglicher Richtantennen vorgenommen. Die Einrichtungen der Radionavigation an Bord bestehen daher in der Hauptsache aus der Antenne, dem Empfänger und Sender, der Übertragung empfangener Befehle auf den Autopiloten, der die Lenkmechanik betätigt, und meist noch aus einer zusätzlichen Träg­ heitsnavigationseinrichtung. Am anderen Ende besteht die Bodeneinrichtung aus der schwenk­ baren Paraboloidantenne, aus Empfänger und Sender und aus der Rechenanlage. Reichweiten der Radionavigation über Entfernungen wie jener zwischen Erde und Venus, also über viele Millionen Kilometer, sind experimentell sichergestellt. Wesentlich erscheint, daß das Radionavigationsverfahren zugleich die Bahnverfolgung und Bahnbeobachtung von der Erde aus ge­ stattet.

Optische 'Navigation

Optische Navigation stellt eines der wichtigsten Navigationsver­ fahren, besonders für bemannte Raumfahrt, dar. Der verwendete Spektralbereich der elektromagnetischen Wellen ist Ultraviolett, sichtbares Licht und Ultrarot, also i ooo- bis ioooofach kürzere Wellen, als die Radionavigation verwendet. Dementsprechend ist auch die Genauigkeit der optischen Navi­ gation höher, und die Navigationsgeräte sind klein und leicht. Die Objekte, an denen optische Navigation sich orientiert, sind insbesondere die Fixsterne, ferner Mitglieder des Sonnensystems, 147

wie die Sonne selbst, der Mond und die Planeten, ferner der Hori­ zont sehr naher Himmelskörper, beispielsweise bei der Endnavi­ gation vor einer Landung. Die optische Navigation vermittelt in erster Linie Winkelmessun­ gen hoher Genauigkeit, zum Beispiel bei Sternmessungen bis auf wenige Bogensekunden, bei Sonnen- oder Horizontsuchern mit etwa ein Bogengrad Genauigkeit. Soweit die optische Navigation sich im sichtbaren Wellenlängen­ bereich abspielt, hat das menschliche Auge als Empfänger größte und allgemeinste Bedeutung, und die einfache Sichtnavigation wird zweifellos für bemannte Raumfahrzeuge nicht weniger als für irdi­ sche Luft-, Wasser- und Landfahrzeuge wichtig werden. Bei automatisierter optischer Navigation treten an die Stelle des menschlichen Auges meist thermische oder Photodetektoren. In der letzten Phase eines Raumfluges, der Annäherung an das Ziel, etwa beim Rendezvous, dem Zusammentreffen zweier Raum­ fahrzeuge im Weltraum, bei einer weichen Landung an einem be­ stimmten Punkt der Mondoberfläche, bei der Rückkehr eines Raum­ fahrzeuges zu seinem Erdhafen, spielt die Endnavigation eine wesentliche Rolle, bei der vom Ziel ausgehende elektromagnetische Wellen sowohl im sichtbaren, im ultraroten, wie auch im Radar­ frequenzbereich benützt werden. Neben der einfachen Sicht-Endnavigation, die sicher bei bemann­ ten Raumfahrten und optischer Sichtbarkeit des Zielpunktes am wichtigsten ist, kann bei Sonderverhältnissen die Annäherungs­ navigation mittels Radar und besonders mittels Ultrarotsuchern von großer Bedeutung werden.

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RAUMFAHRT HEUTE

I RAUMFAHRT HEUTE

Die Raumfahrt im siebenten Jahrzehnt dieses Jahrhunderts ist im wesentlichen erdnahe Raumfahrt. Unbemannte, militärische Interkontinentalraketen zwischen ver­ schiedenen Punkten der Erdoberfläche, bemannte und unbemannte Erdsatelliten ziviler und militärischer Natur, unbemannte Aufklä­ rungssonden nach dem Mond, nach Venus und Mars kennzeichnen den tatsächlichen Stand am Anfang des Jahrzehntes. Landung von Menschen auf dem Mond, Einrichtung eines wirt­ schaftlichen Verkehrssystems mittels Raumflugzeugen zwischen Erdoberfläche und Erdorbit, eventuell auch zwischen verschiede­ nen Punkten der Erdoberfläche, Aufbau eines erdumspannenden kombinierten Raumwaffensystems, Errichtung permanenter, be­ mannter Erdaußenstationen und Mondstationen mit einem entspre­ chenden wirtschaftlichen Verkehrssystem auch zum Mond sind die unmittelbaren Nahziele der weiteren Arbeiten. Technisch steht die Raumfahrt noch in einem ersten Primitiv­ stadium, gekennzeichnet durch die unzulänglichen Strahlgeschwin­ digkeiten der Raketenmotoren, durch die nur einmalige Verwend­ barkeit der meist vielstufigen, ballistischen Raketenträger und durch den außerordentlichen Bodenaufwand an den wenigen Startplätzen für Raumfahrzeuge. Organisatorisch steht die Raumfahrt nicht minder in einem Primi­ tivstadium, insofern, als besonders zwei Drittel weißer Menschheit die Raumfahrt in gegenseitiger Konkurrenz und ohne wesentlichen Erfahrungsaustausch betreiben, während das dritte, europäische Drittel mehr oder weniger uninteressiert beiseitesteht. Im Wett­ kampf um die Eroberung des Weltraumes in den beiden aktiven Großgruppen weißer Menschheit haben die etwas altertümlich an­ mutenden politischen und prestigemäßigen Gesichtspunkte starken Einfluß gewonnen und die technischen Entscheidungen teilweise fehlgelenkt. Die nur in beschränktem Umfang verfügbare geistige, materielle und zeitliche Kapazität ist anfangs teilweise sehr auf die Realisierung spektakulärer und politisch wirksamer Ersterfolge gelenkt worden, die mit der noch primitiven Technik auf Kosten der Wirtschaftlich­ keit erzwungen wurden, während der notwendigen Entwicklung des 151

technischen Hintergrundes selbst, insbesondere der Strahlgeschwin­ digkeit der Motoren und der beliebigen Wiederverwendbarkeit der Raumfahrzeuge, bisher nur wenig Beachtung geschenkt wurde. Dieser Vorgang, der mit dem Wettlauf um die erste Landung von Menschen auf dem Mond um den Preis jeden materiellen Einsatzes einem Höhepunkt zustrebt, hat zweifellos zur Popularisierung der Raumfahrt außerordentlich beigetragen und die mentalen Wider­ stände in den Kreisen der konservativen Wissenschaft und der brei­ ten öffentlichen Meinung aufgelockert, so daß weiterhin mit einer stärkeren Teilnahme der geistigen und materiellen Faktoren an der Raumfahrt auch in weiteren hochindustrialisierten geographischen Bereichen, wie Europa und Japan, wird gerechnet werden können. Es ist anzunehmen, daß diese außerhalb des politischen Wett­ bewerbs stehenden Gruppen sich der nach technisch-wirtschaft­ lichen Gesichtspunkten geordneten weiteren Entwicklung der Raumfahrt werden bevorzugt widmen können, insbesondere also den wirtschaftlichen Raumflugzeugen mit Kernenergieantrieb für die Flugaufgaben zwischen Erdoberfläche und Erdorbit, ferner den bemannten Erdaußenstationen und weiterhin ebenfalls den Expedi­ tionen zum Mond, während den gegenwärtig in der Raumfahrt füh­ renden Gruppen der mehr nach politisch-prestigemäßigen Gesichts­ punkten orientierte Weg zweifellos stärker vorbehalten bleiben wird. Es ist im gegenwärtigen Stand der Raumfahrt noch einmal not­ wendig, auf die tiefgreifenden und evolutionären soziologischen Wirkungen der Raumfahrttechnik auf die Entwicklung der Ge­ samtmenschheit hinzuweisen, Wirkungen, die noch weit über die seinerzeitigen soziologischen Auswirkungen des beginnenden Ma­ schinenzeitalters hinausgehen. Sehr verfehlt wäre es, anzunehmen, daß die Lawine der Raum­ fahrt sich irgendwo im Weltraum oder hinter dem Mond abspiele und viele von uns daher unberührt lassen könne. Tatsächlich spielt die heutige Raumfahrttechnik sich natürlich auf der Erde ab und beschafft den mit ihr befaßten Nationen eine rasch wachsende Dominanz. Diese Überlegenheit braucht keineswegs eine Folge eines grund­ sätzlich möglichen, mächtigen militärischen Raumfahrtapparates zur gewaltsamen Beherrschung der ganzen Erde zu sein, der etwa aus Interkontinentalraketen, Raketenbombern, militärischen Erd­ außenstationen und militärischen Mondstationen und Waffenstrahl­ werfern besteht. ip

Zu einem solchen Apparat wird es möglicherweise kommen. Wir wollen aber zutiefst hoffen, daß er in den Händen vereinter Na­ tionen der ganzen Erde liegen wird, und nicht in den Händen einer einzelnen Menschengruppe oder Nation, die damit der Welt ihren Willen zu diktieren in der Lage wäre. Es wird Sache einer klugen Weltpolitik der nächsten Jahre sein müssen, daß die gesamte Menschheit an der Einrichtung dieses übermächtigen Polizeiapparates beteiligt ist, der einem Weltge­ richtshof die Unterbindung jeder Friedensstörung auf der Erde er­ lauben wird und die Menschheit damit zweifellos glücklicher ma­ chen kann, als es das Chaos von dreißigjährigen und Weltkriegen zu tun vermochte. Nicht die Raumwaffen also sollten die Übermacht einzelner Na­ tionen schaffen. Die Dominanz der raumfahrttreibenden Nationen folgt vielmehr aus Gründen, die zu verhindern wir weder ein moralisches Recht, noch eine praktische Möglichkeit haben. Sie folgt einmal schon aus ihrer mit ungeheurer Schnelligkeit wachsenden industriellen Blüte, die eine Folge der den gesamten industriellen Bereich überdecken­ den, mit außerordentlichen öffentlichen Mitteln geförderten Raum­ fahrtforschung ist, aus der Tausende neuer industrieller Produkte entstehen, die mit Raumfahrt selbst gar nichts mehr zu tun haben, sondern in den Alltag der Menschen fließen und eine unabsehbare wirtschaftliche Konkurrenzfähigkeit und Blüte schaffen. Noch nie hat es, wie gesagt, eine gewaltigere Förderung der ge­ samten Industrie durch die Öffentlichkeit gegeben, als die staat­ lichen Programme der Raumfahrtforschung es sind, die der Industrie jede industrielle Forschung finanzieren. Diese Dominanz folgt aber noch wirkungsvoller und auf völlig friedliche Weise aus der jeden einzelnen Menschen zutiefst beein­ druckenden, wissenschaftlichen, technischen und ansehensmäßigen Überlegenheit, die jenen Nationen zufällt, die die Erfüllung der na­ turgegebenen großen Menschheitsaufgaben tatsächlich vollziehen, wie die Ausdehnung des Wirkungsbereiches der Menschheit auf den Weltraum, auf Mond, Mars und Venus, auf das Sonnensystem und darüber hinaus. In einem sehr gegenständlichen Sinne läßt sich sagen: Wer den Himmel erschließt, wird die Seelen der Menschen ge­ winnen. Es ist beim heutigen Stand der Raumfahrt unleugbar so, daß von 153

den vier größten industriellen Menschengruppen, USSR, USA, Eu­ ropa und Japan, die erstere, Rußland, in der Raumfahrt eine deut­ liche Führungsrolle zu erringen beginnt, deren Vorsprung sich in den letzten Jahren erweiterte, und daß die USA trotz verzweifeltster Anstrengungen den Wettlauf um die Erschließung des Weltraumes allein anscheinend nicht zu gewinnen vermögen, während Europa und Japan noch abseits stehen. Es ist weiter unleugbar so, daß der natürlichste Helfer der USA, die noch immer industriell mächtigste Menschengruppe der Erde, nämlich Europa, noch schlafbefangen den Anbruch des kosmischen Zeitalters der Menschheit erst allmählich und zögernd in seiner Be­ deutung für das Leben jedes einzelnen Europäers zu erkennen be­ ginnt. Und doch wäre nichts dringender, als daß Amerika und Europa gemeinsam in gleicher Anstrengung den Rückstand der westlichen Welt beim Eintritt der Menschheit in das kosmische Weltalter auf­ holen würden, und daß sie so verhindern, daß die Machtinstrumente der Raumfahrt in die Hände einer Einzelnation gelangen. Sie müssen die Zeit vorbereiten, in der die riesigen Aufgaben der künftigen Raumfahrt nicht mehr von einzelnen Nationen oder Menschengruppen, sondern wirklich von der Gesamtmenschheit gelöst werden, in einem friedlichen und fruchtbaren Wettbewerb, der auch die Gefahr kriegerischer Auseinandersetzungen zwischen den Trägern dieser Gipfelleistungen der Menschheit durch die ge­ meinsamen technischen Machtmittel zum Verschwinden bringt.

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II

DIE RAKETENTRIEBWERKE - HEUTE

Die drei technischen Hauptforderungen an jedes Verkehrsmittel und damit auch an Raumfahrzeuge sind Leistungsfähigkeit, Sicher­ heit und Wirtschaftlichkeit. An jeder dieser drei Forderungen sind die Herzstücke jedes Raumfahrzeuges, die Raketentriebwerke, maßgeblichst beteiligt. Die gegenwärtig fast ausschließlich benützten chemischen Fest­ stoff- und Flüssigkeitsraketen haben die Forderungen nach Lei­ stungsfähigkeit und Betriebssicherheit bis zu gewissem Grad sowohl für die militärische als auch für die zivile erdnahe Raumfahrt er­ füllt. Jedenfalls soweit, daß interkontinentale Kampfraketen und be­ mannte wie auch unbemannte Erdsatelliten bereits zum festen Be­ stand der Raumfahrttechnik zählen, und daß die Landung von Men­ schen auf dem Mond zu den offiziellen Großzielen der nächsten weiteren Raumfahrtunternehmen gehören. In diesem Pionierstadium der Raumfahrt und besonders infolge ihres Herkommens aus der Militärtechnik hat die dritte Forderung nach Wirtschaftlichkeit naturgemäß noch keine wesentliche Rolle spielen können. Dies ändert sich gegenwärtig mit der Verlagerung des Schwer­ punktes der Raumfahrtarbeiten auf den zivilen Sektor, aber auch mit der Ausweitung der militärischen Raumfahrtaufgaben erheb­ lich. Wirtschaftlichkeit der Raumfahrtgeräte beginnt mit dem Über­ gang vom Pionierstadium in das der normalen wirtschaftlichen Ver­ wendung naturgemäß immer wichtiger zu werden. Dementsprechend geht auch die technische Selektion bei der wei­ teren Entwicklung der Raketentriebwerke nicht mehr allein in Rich­ tung auf Leistungsfähigkeit und Betriebssicherheit, sondern in zu­ nehmendem Maße in Richtung auf Wirtschaftlichkeit. Die Forderungen der Wirtschaftlichkeit sind noch wesentlich vielfältiger und spezifischer auf ganz bestimmte Aufgabenstellun­ gen ausgerichtet, als jene der Leistungsfähigkeit und Betriebssicher­ heit. Daraus erklären sich die Entwicklungstendenzen der heutigen Raketentriebwerke über die Gruppen der chemischen Feststoff- und U5

Flüssigkeitsraketen hinaus in zwei scheinbar völlig divergente Richtungen: Einerseits die Entwicklung der konvektiven Fissionsraketen, die als Flugtriebwerke mit zwei- bis dreifach höheren Strahlgeschwin­ digkeiten gegenüber chemischen Raketen bei gleichzeitig mäßigem Preis der Gewichtseinheit der Treibstoffkombination Uran-Flüssigwasserstoff zu größeren Nutzlastanteilen am Startgewicht für gege­ bene Flugaufträge im erdnahen Raumfahrtbereich führen und da­ mit die Transportkosten der Nutzlast zu senken versprechen. Andererseits die Entwicklung der chemischen Heißwasserrake­ ten, die als Starttriebwerke mit fünf- bis zehnfach niedrigeren Strahlgeschwindigkeiten gegenüber chemischen Verbrennungsra­ keten zu außerordentlicher Wirtschaftlichkeit und Betriebssicher­ heit und beliebig hohen Schüben besonders bei der Anfangsbe­ schleunigung von Luft- und Raumfahrzeugen auf horizontalen Startstrecken führen. Heißwasserraketen

Heißwasserraketen und Wasserdampfraketen scheinen zu den ältesten Formen der Raketenantriebe überhaupt zu gehören. In vorchristliche Zeit reichen die Nachrichten von der fliegenden Taube des Archytas (360 v. Chr.), von der man vermutet, daß sie mittels eines ausgeblasenen Wasserdampfstrahles angetrieben wur­ de, und von der Aeolipile Herons von Alexandrien (3. Jahrhundert v. Chr.), einer Art Vorläufer des Segner’schen Wasserrades und der modernen Dampfturbinen. In die letzten Jahrhunderte vor unserer Zeit fallen die Vorschläge der Wasserdampfraketen bei Cyrano de Bergerac (1649), Grave­ sandes Wagen mit Antrieb durch Wasserdampfraketen (1721), Ja­ mes Perkins anschauliche Patentbeschreibung des Prinzips der Heiß­ wasserrakete (1824) und Charles Golightlys Vorschläge für den Flugzeugantrieb mittels Dampfraketen (1841). In neuere Zeit fallen Arbeiten über Heißwasserraketen von Mühl­ häuser, Schwärzler, Frenzl und besonders umfangreichere Experi­ mentalarbeiten mit Heißwasserraketen am Prüfstand mit Schüben bis zu 30 Tonnen von Sänger und Schäfer, sämtliche in Deutsch­ land. Die Arbeitsweise der Heißwasserraketen ist außerordentlich ein­ fach und besteht darin, daß zunächst ein Druckkessel mit heißem 136

Abb. 17 Schema der Heißwasserrakete mit Mechanismus des Strahldüsenvcrschlusses

Wasser von etwa 250 bis j4o°C Temperatur unter erhöhten Drücken von etwa 50 bis 150 atm gefüllt wird, wobei die Temperatur gerade der zum jeweiligen Druck gehörenden Siedetemperatur entspricht. Bei der Inbetriebnahme der Rakete wird eine entsprechende Öff­ nung des Druckkessels freigegeben, der absinkende Druck im Kes­ sel bewirkt nun lebhafte Verdampfung des Wassers und das ent­ stehende Wasser-Dampf-Gemisch strömt durch eine zunächst ver­ engte und dann wieder erweiterte Düse ins Freie. Dabei entstehen zeitlich mittlere Ausströmgeschwindigkeiten im Bereich der genannten Drücke und Temperaturen des Druckwassers zwischen etwa 450 und 6 5 o m/sec. Diesen Strahlgeschwindigkeiten w entsprechen spezifische Im­ pulse von etwa I = w/g=45 bis 65 kg sec Antrieb oder Impuls je Kilogramm verbrauchten Wassers, also von 45 bis 65 sec. Oder anders ausgedrückt, ist der impuls-spezifische Wasserver­ brauch der Kehrwert des spezifischen Impulses und beträgt etwa 22 bis 15 kg/ton sec, also 22 bis 15 Kilogramm Wasser je Tonne Schub während einer Sekunde, also für die Antriebseinheit Tonnense­ kunde. Die Strahlgeschwindigkeit würde mit noch höheren Drücken und damit höheren Siedetemperaturen des Wassers noch weiter wachsen, doch wächst mit dem Druck natürlich auch das Kesselge­ wicht bei vorgegebenem Kesselinhalt, und zwar schließlich etwas rascher als die Strahlgeschwindigkeit. Wenn man den spezifischen Wasserverbrauch und das auf die Antriebseinheit bezogene Kesselgewicht addiert, so ergibt sich das 157

spezifische Antriebsgewicht, das meist einen deutlichen Kleinst­ wert bei einem bestimmten Kesseldruck aufweist, der natürlich von den Festigkeitseigenschaften und damit dem Gewicht des Kessels abhängt. Besteht der Kessel beispielsweise aus einem hochfesten Stahl, der mit etwa ioo kg/mm2 mechanisch beansprucht werden darf, so er­ gibt sich das beste Antriebsgewicht zu etwa 21,8 kg/tonsec bei einem Kesseldruck von 120 atm und der zugehörigen Wassertem­ peratur von 323° C. Wenn der spezifische Wasserverbrauch bei die­ sem Kesseldruck ungefähr 16 kg/ ton sec beträgt, so wiegt der Kes­ sel (mit Ventilen, Armaturen, Ausströmdüse etc.) je erzielter An­ triebseinheit daher (21,8-16) = 5,8 kg/ton sec. Bei der praktischen Verwendung der Heißwasserrakete, zum Bei­ spiel als Startmotor für ein Luft- oder Raumfahrzeug auf einer hori­ zontalen Startbahn, ist nun das Minimum des spezifischen Antriebs­ gewichts unter Umständen noch kein Kriterium für die wirtschaft­ lichste Konstruktion. Vielmehr ergibt sich der wirtschaftlichste Kesseldruck in diesem Beispiel dann, wenn unter sonst gleichen Verhältnissen die Startend­ geschwindigkeit ein Maximum erreicht, wobei also das Verhältnis des zu startenden Gewichtes, zum Beispiel des Gewichtes des zu startenden Flugzeuges, zum Gewicht der Startrakete eine Rolle spielt. Wenn dieses Verhältnis sehr klein ist, können sehr niedrige Kes­ seldrücke am wirtschaftlichsten sein. Wenn das Verhältnis gegen Eins geht, also zu startendes Flugzeug und Startbooster etwa gleich schwer sind, ergibt sich ein wirtschaftlicher Kesseldruck von etwa 113 atm, d. h. schon recht nahe an dem Kesseldruck kleinsten spe­ zifischen Antriebsgewichts, der bei noch größeren Startlasten schließlich und tatsächlich am wirtschaftlichsten wird. Das Problem der Wirtschaftlichkeit spielt nun in der Tat bei dem künftigen Hauptanwendungsgebiet der Heißwasserrakete, beim Katapultieren großer Luft- oder Raumfahrzeuge, eine ausschlagge­ bende Rolle. Wollte man beispielsweise ein Staustrahl-Verkehrsflugzeug von 100 Tonnen Anfangsfluggewicht mittels einer mittleren Startbe­ schleunigung von 20 m/sec2 auf einer 1 Kilometer langen horizon­ talen Startbahn auf die Startgeschwindigkeit von 200 m/sec brin­ gen, so ist dazu ein Gesamtantrieb von 200 Tonnen mal 10 Sekun­ den, also 2000 Tonnensekunden, nötig. 138

Um ein Raumflugzeug von 1000 Tonnen Anfangsfluggewicht mit 4om/sec2 Startbeschleunigung auf einer 4% km langen horizon­ talen Startbahn auf die Startgeschwindigkeit von 600 m/sec zu brin­ gen, ist ein Gesamtantrieb von mehr als 4000 Tonnen mal 15 Sekun­ den, also 60000 Tonnensekunden, nötig. Da bei üblichen Feststoff- bzw. Flüssigkeitsraketen die Antriebs­ kosten etwa 10 bzw. 1 Arbeitsstunde je Tonnensekunde betragen, ergeben sich für die Startkosten astronomische Ziffern, die an die Kosten des ganzen Fluges heranreichen oder sie übertreffen, und diese Startverfahren wirtschaftlich untragbar erscheinen las­ sen. Hier setzt die entscheidende wirtschaftliche Überlegenheit der Heißwasserrakete ein. Bei einer Wassertemperatur von 323° C be­ trägt der Wärmeinhalt des Wassers 354 kcal/kg, so daß zur Herstel­ lung der 16 kg heißen Druckwassers für eine Tonnensekunde An­ trieb unter Berücksichtigung von fast 100% Wärmeverlusten etwa i kg Kerosin erforderlich ist. Bei einem Kerosinpreis von rund 0,01 Arbeitsstunden je Kilo­ gramm und einem vernachlässigbaren Preis des Wassers selbst folgt der Antriebspreis der Heißwasserrakete hinsichtlich der Treibstoffe zu 0,01 h/ton sec, also zu einem Tausendstel bzw. einem Hundert­ stel des entsprechenden Preises von chemischen Feststoff- bzw. Flüssigkeitsraketen. Dazu treten die sehr niedrigen Entwicklungskosten dieser Heiß­ wassertriebwerke für beliebig hohe Schübe und ihre sehr hohe Be­ triebssicherheit, zwei Umstände, die durch die nur sehr mäßigen angewandten Temperaturen bedingt sind und dieses System bei­ nahe mit den Mitteln normalen Dampfkesselbaues realisierbar er­ scheinen lassen. Diese hohen Vorteile hinsichtlich Wirtschaftlichkeit und Sicher­ heit sind um den Preis der Leistungsfähigkeit für allgemeine An­ triebszwecke erkauft. Das hohe Antriebsgewicht verbietet in den meisten Fällen die Anwendung als Flugtriebwerk und beschränkt das System der Heißwasserrakete auf Starthilfen, die am Boden bleiben und bei denen das Eigengewicht daher eine nur unterge­ ordnete Rolle spielt. Daß dieses hohe Eigengewicht und die mäßige Strahlgeschwindig­ keit aber auch beim Horizontalstart nicht zu vernachlässigen sind, wie es bei den obigen Betrachtungen näherungsweise getan wurde, und welche beschränkten Möglichkeiten die Heißwasserrakete für 159

600

Abb. 18 Heißwasserrakete; Strahlgeschwindigkeiten, Verhältnis von Kessel­ gewicht zu Wasserinhaltsgewicht und ohne Widerstände im Horizontalstart erreichbare Katapult-Endgeschwindigkeiten, in Abhängigkeit vom Anfangs­ kesseldruck bei ioo kg/mm2 zulässiger Kesselbeanspruchung

den Vertikalaufstieg besitzt, mag noch ein kleines Zahlenbeispiel erläutern: Benützen wir die in dem Abschnitt »Die Strahlgeschwindigkeit« erwähnte Beziehung v/w =ln 1/(1 - t) zwischen der im widerstands­ freien und schwerefreien Raum erreichbaren Fluggeschwindigkeits­ steigerung v eines Raketenfahrzeuges, der Strahlgeschwindigkeit w und dem Treibstoffanteil t am Startgewicht des Fahrzeuges, und benutzen wir weiterhin die in diesem Abschnitt erwähnten Zahlen­ werte w = 620 m/sec bei 120 atm Kesseldruck und t = 16/21,8 = 0,74 für die Heißwasserrakete ohne jede Nutzlast, so ergibt sich folgendesBild: DasVerhältnis v/w wird nach obiger Gleichung v/w = 1,35, also die erreichbare Geschwindigkeitssteigerung einer Raketenstu­ fe v = 840 m/sec. Wenn im Horizontalstart eine Geschwindigkeit von 600 m/sec erreicht werden soll, muß daher das Gewicht der Startrakete immer­ hin schon etwa viermal so groß sein, wie das Gewicht des zu star­ tenden Flugzeuges, was natürlich auch schon auf den Wirtschaft­ lichkeitsvergleich mit anderen Starttriebwerken einzuwirken be­ ginnt und das Verfahren des Heißwasserraketenstartes jedenfalls auf die hier benützten Geschwindigkeitsbereiche beschränkt, ein Umstand, der im übrigen aber auch durch die in Erdnähe sehr an­ wachsenden Luftwiderstände bedingt ist. Grundsätzlich kann diese Näherungsbetrachtung auch für Ver­ tikalstart angewendet werden. Sie zeigt, daß mit einem einstufigen Heißwasserbooster entsprechender Größe die Schallgeschwindig­ keit in vertikaler Richtung sicher überschritten werden kann. Die hohen Leertriebwerksgewichte der Heißwasserraketen lassen es ratsam erscheinen, die leeren Raketen nach dem Startvorgang vom fliegenden Gerät zu trennen, sei es durch Abwurf und Ber­ gung, etwa mittels Fallschirmen beim Vertikalstart, sei es dadurch, daß beim Horizontalstart die Triebwerke auf einem besonderen, bodenfesten Startwagen oder Startschlitten sitzen, der den Boden überhaupt nicht verläßt, sondern das Fluggerät trägt und nach Er­ reichen genügender Geschwindigkeit in die Luft entläßt. Die Wirkungsweise ist in diesem Falle die eines stark verlänger­ ten Katapultes. Im Zusammenhang mit dem Horizontalstart auf sehr hohe Ge­ schwindigkeiten ist noch wichtig zu beachten, daß bekanntlich bei Geschwindigkeiten über etwa 150 m/sec die Anwendung von Rä­ dern wegen der auftretenden hohen Zentrifugalkräfte praktisch un161

möglich wird, daß aber nach den 1940 durchgeführten Experimen­ taluntersuchungen des Verfassers mit Gewehrgeschossen von 800 m/sec Geschwindigkeit in gekrümmten und geschmierten Gleit­ bahnen entsprechende Schlitten benutzt werden können. Dabei gleiten passend geformte Gleitbacken auf Metallschienen, wobei ein dünner Schmierfilm die unmittelbare Berührung der metalli­ schen Oberflächen trotz nicht unerheblicher Lagerdrücke verhin­ dert. Deshalb kommt es dabei auch zu keiner unzuträglichen Erhit­ zung der Gleitbacken, und die Gleitreibung bleibt völlig vernach­ lässigbar gering. Dieses Prinzip hat sich später auf verschiedenen Raketenschlittenbahnen für Versuchszwecke in Großausführungen ausgezeichnet bewährt und ist für die Zwecke der Überschallkata­ pulte mit Heißwasserraketen hervorragend geeignet.

Chemische Feststoffraketen Nach den Heißwasserraketen ist das zweitälteste Raketensystem jenes der chemischen Feststoffraketen, die im Gegensatz zu dem er­ steren System auch schon seit fast sieben Jahrhunderten ausgedehn­ te - zivile und militärische - praktische Anwendung gefunden haben. Die erste Erwähnung von Pulverraketen scheint aus China und aus dem Jahre 1232 zu stammen, wo sie von chinesischer Seite als Verteidigungswaffen gegen die mongolischen Belagerer der Stadt Pien-king verwendet worden sein sollen. In China scheint auch ihre zivile Verwendung für Feuerwerks­ zwecke am verbreitetsten gewesen zu sein, ebenso wie der ersteVersuch ihrer Anwendung zum Antrieb von Fahrzeugen dem chine­ sischen Mandarin Wan-Hoo um 1500 zugeschrieben wird. Die militärische Verwendung der Schwarzpulverraketen breitete sich rasch über die damalige Kulturwelt aus und findet sich bald in Indien, in den arabischen Ländern, in Ägypten, und schließlich, wenn auch zögernd, in Europa. Raketentruppen in Indien im 18. Jahrhundert, in England im 19. Jahrhundert, die Raketenbeschießungen von Boulogne 1806, Ko­ penhagen 1807 und Danzig 1813, Raketenbatterien als Ergänzung der Artillerie in Dänemark, Ägypten, Frankreich, Italien, Holland, Polen, Preußen, Sardinien, Spanien, Schweden und den nordameri­ kanischen Staaten, selbständige Raketeneinheiten in Österreich, England, Griechenland und Rußland zeugen von der breiten mili162

Abb. 19 Chemische Feststoffrakete

tärischen Anwendung der Feststoffraketen in der ersten Hälfte des vorigen Jahrhunderts. Um die Mitte des 19. Jahrhunderts werden diese Raketen durch die wesentlich genauer schießenden Geschütze ersetzt und ver­ schwinden durch fast hundert Jahre weitgehend aus der Militär­ technik, bis sie im Zweiten Weltkrieg und den darauf folgenden Jah­ ren eine stürmische Renaissance erleben, die besonders von Ruß­ land, England und Deutschland ausgeht und schließlich in USA ihre stärkste Ausbildung findet. Durch die ersten sieben Jahrhunderte ihrer Anwendung begnügt sich die Technik der Feststoffraketen mit dem Schwarzpulver als Treibstoff, einem mechanischen Gemisch aus Kohle und Schwefel als Brennstoffe und Kali-Salpeter als Verbrennungsstoff. Brennkam­ mer und Ausströmdüse sind den physikalischen Erfordernissen kaum angepaßt, und die erzielten Strahlgeschwindigkeiten liegen nur um etwa 1000 m/sec. Die Treibstoffanteile am Startgewicht bleiben niedrig, und dementsprechend gelten Reichweiten von 3 km bereits als eine außerordentliche Leistung. Das Prinzip der Mehrstufigkeit ist zwar bekannt, wird aber kaum angewendet. Zur Zeit des Zweiten Weltkrieges wird das Schwarzpnlver ersetzt durch sogenannte rauchlose Pulver, meist Gemische von Nitrogly­ zerin und Nitrozellulose, und als Ausströmdüsen werden verengte und dann wieder erweiterte, sogenannte Lavaldüsen, aus dem Dampf­ turbinenbau übernommen. Durch beide Maßnahmen steigen die Strahlgeschwindigkeiten auf etwa 2000 m/sec und dementsprechend die Reichweiten auf ein Vielfaches der bis dahin erreichten Werte. 163

Diese rauchlosen Pulverraketen werden nun zunächst weitgehendst angewendet für kleine und mittlere Raketengeschosse, wäh­ rend für große Ferngeschosse zunächst wieder ein Irrweg beschrit­ ten wird. Zur Zeit des Zweiten Weltkrieges entstehen für Raumfahrtzwecke die ersten erfolgreichen chemischen Flüssigkeitsraketenmotoren und werden zunächst in der deutschen A 4-Rakete für militärische Ferngeschosse benützt, wobei die Reichweite auf 300 km steigt. Dieser Weg großer ballistischer Fernraketen mit Flüssigkeitstrieb ­ werken wird später in den USA und auch in der USSR fortgesetzt und mündet schließlich direkt in die Raumfahrt. Indessen wurde schon während des Zweiten Weltkrieges die Wei­ terentwicklung der für militärische Zwecke geeigneteren Feststoff­ raketen in USA aufgegriffen. Mit den Jatostartraketen, die als Festtreibstoffe ein mechanisches Gemisch von Kaliumperchlorat und Asphalt (ersteres Verbren­ nungsstoff, d. h. hier Sauerstoffträger, letzteres Brennstoff) benützen, begann eine neue Entwicklungsrichtung der chemischen Feststoff­ raketen, die zu den modernen großen militärischen Fernraketen führte, wie Polaris und Minuteman, deren Reichweiten über 5 000 km bzw. 10000 km gehen. Der Hauptvorzug der Feststoffantriebe dieser militärischen Ge­ räte liegt in ihrer jederzeitigen, augenblicklichen Betriebsbereit­ schaft, da sie kein zeitraubendes Auftanken benötigen, wie etwa die großen Flüssigkeitsraketen. Dieser Umstand ist für militärische Anwendungen entscheidend wichtig, besonders mit Rücksicht auf die sehr kurzen Warnzeiten bei Fernraketenangriffen. Für ihre Verwendung auf Schiffen oder Unterseebooten spielt weiter eine wesentliche Rolle, daß keine Flüssigtreibstoffe mit all ihren Lagerungs- und Handhabungsschwierigkeiten an Bord der Seefahrzeuge mitgeführt werden brauchen. Diese modernen chemischen Feststoffraketentriebwerke benützen als Verbrennungsstoffe meist Ammoniumperchlorat, mitunter auch Lithiumperchlorat oder Ammoniumnitrat, in nur mehr seltene­ ren Fällen Kaliumperchlorat oder Kalisalpeter. Diese Sauerstoffträger werden mechanisch gemischt mit den Fest­ brennstoffen. Als solche dienen in erster Linie feste Kohlenwasser­ stoffe, organische Kunststoffe, Vinylpolyester, Polyurethane, Kunst­ kautschuk, Polysulfide usw., oft mit Beimischung von Aluminium. Bei üblichen Brennkammerdrücken um 70 at liegen die Strahlge164

schwindigkeiten bei 2500 m/sec in Bodennähe und bei etwa 2800 m/sec im Vakuum, wobei Treibstoffanteile am Startgewicht bis zu 93% erreicht worden sind. Dem somit niedrigen spezifischen Treibstoffverbrauch von 4 bzw. 3,5 kg/ton sec und spezifischen Antriebsgewicht von 4,3 bis 3 >7 5 kg/ton sec steht ein sehr hoher Antriebspreis von gegenwärtig etwa 10 h/ton sec gegenüber, d. i. etwa tausendfach höher als bei Heißwasserraketen und zehnfach höher als bei den üblichen che­ mischen Flüssigkeitsraketen. Dieser Umstand spielt bei militärischer Verwendung, insbeson­ dere als Transportgerät für die sehr teuren Nutzlasten von der Art der Atombomben, keine ausschlaggebende Rolle, wohl aber bei zivilen und wirtschaftlichen Anwendungen. Trotzdem sind die Bemühungen der Vertreter der Feststoffrake­ ten sehr intensiv, ihnen auch die zivilen Bereiche der Raumfahrt zu erschließen. Seitens der Höhe der herstellbaren Schübe erscheint dies durch­ aus denkbar. Feststoffraketen von 10000 Tonnen Schub werden ge­ plant und sind wahrscheinlich sogar rascher realisierbar als Flüssig­ keitsmotoren gleichen Schubes. Seitens der erreichbaren Strahlgeschwindigkeiten ist die Konkur­ renzfähigkeit mit den Flüssigkeitsmotoren schon viel schwieriger. Um die Wettbewerbsfähigkeit der Feststoffraketen mit den Flüs­ sigkeitsraketen in der Auspuffgeschwindigkeit für Raumfahrzeuge zu verbessern, sind Festtreibstoffentwicklungen unter Verwendung der Elemente Bor, Wasserstoff, Stickstoff und Fluor im Gange, von denen man Auspuffgeschwindigkeiten bis gegen 4000 m/sec erwar­ tet, wobei aber der Antriebspreis eher noch steigen wird und gewis­ se unangenehme Sekundäreigenschaften, zum Beispiel hinsichtlich mechanischen Verhaltens, Giftigkeit, Lagerbarkeit, Wärmeempfind­ lichkeit, Explosionsgefahr usw. zu überwinden sein werden. Ausschlaggebend für den Umstand, daß sich chemische Feststoff­ raketen voraussichtlich in der zivilen Raumfahrt gegenüber den übrigen Raketensystemen nicht durchsetzen werden, sind indes die schon angedeuteten wirtschaftlichen Verhältnisse, auf die wir in an­ derem Zusammenhang noch zurückkommen. Feststoffraketen weisen gegenüber Flüssigkeitsraketen eine Reihe spezifischer Konstruktionsprobleme auf, die damit Zusammenhän­ gen, daß beispielsweise der gesamte Treibstoffvorrat von vornher­ ein in der Brennkammer gelagert wird, so daß diese unter Umstäni6j

den sehr große Brennkammer dem hohen Druck der Verbrennungs­ gase festigkeitsmäßig gewachsen sein muß, wofür durch Glasfaserge­ häuse bewundernswert leichte Ingenieurlösungen entstanden sind. Oder damit, daß keine Kühlflüssigkeit zur Kühlung der feuerbe­ rührten Wände, insbesondere des Düsenhalses, zur Verfügung steht und daher lange Betriebszeiten von beispielsweise einer Minute bei den bis 3 ooo° Kelvin gehenden Feuertemperaturen nur unter An­ wendung höchstwärmebeständiger Baustoffe, wie Wolfram, Gra­ phit, Molybdän ungekühlt möglich sind, oder unter Anwendung langsam abblätternder Baustoffe, wie Glasfaser und dergleichen, wie sie auch für die Köpfe ballistischer Wiedereintrittskörper in die At­ mosphäre benützt werden. Ein anderes Problem besteht darin, daß eine einmal gezündete Feststoffrakete zwangsläufig bis zur Erschöpfung des Treibstoffvor­ rates abbrennt und nur durch ganz besondere Vorkehrungen vor­ zeitig abgestellt werden kann bzw. daß ihr Schub nur sehr umständ­ lich in Richtung und Größe geregelt werden kann. Noch ein weiteres Sonderproblem besteht in den Transport­ schwierigkeiten sehr großer Feststoffraketen, die ja gebrauchsfertig, d. h. mit voller Treibstoffladung abgeliefert werden, während Flüs­ sigkeitsraketen erst am Startort mit den Treibstoffen gefüllt werden, die ihrerseits als Flüssigkeiten mit beliebiger Teilbarkeit der Ge­ samtmenge in dieser Hinsicht keine Schwierigkeiten bieten. Auch für dieses Problem hat man indes in der Teilung und Segmentierung der großen Feststoffkörper Lösungen gefunden. Insgesamt bietet die Entwicklung der Feststoffraketen in den letzten zwanzig Jahren ein blendendes Beispiel dafür, wie durch die Zusammenarbeit von Chemikern, Maschinenbauern und Physikern eine viele jahrhundertelang stagnierende Technologie plötzlich zu bis dahin ungeahnter Weiterentwicklung gebracht werden kann, einer Entwicklung, die gerade bei Feststoffraketen noch keineswegs als abgeschlossen betrachtet werden darf, auch wenn ihr Anwen­ dungsgebiet sich immer schärfer auf bestimmte militärische Do­ mänen konzentriert. Chemische Flüssigkeitsraketen Chemische Flüssigkeitsraketen beherrschen das Feld auf dem Ge­ biet der Raumfahrt im siebenten Jahrzehnt unseres Jahrhunderts überwiegend. 166

Abb. zo Chemische Flüssigkeitsrakete nach den deutschen Patenten DRP 689124, DRP 716175, DP 380/40

Diese dritte Kategorie von Raketentriebwerken ist auch ge­ schichtlich als dritte in Erscheinung getreten, und zwar anschei­ nend am Ende des vorigen Jahrhunderts durch den Russen Ziol­ kowski, der auch zugleich die heute führende Treibstoffkombina­ tion, nämlich Flüssigsauerstoff und Flüssigwasserstoff, vorschlug. Die technische Entwicklung der chemischen Flüssigkeitsraketen, die auch heute noch keineswegs abgeschlossen ist, sah sich in den letzten dreißig Jahren vor einer ganzen Reihe grundsätzlicher Pro­ bleme, wie Treibstoffwahl, Kühlung der feuerberührten Wände, Förderung der Treibstoffe aus den Behältern in den Brennraum, Zündung der Treibstoffe im Brennraum usw., und naturgemäß vor einer Unzahl technischer, physikalischer, chemischer und wirt­ schaftlicher Einzelfragen. Die Treibstoffwahl ging zunächst von dem naheliegenden Ge­ sichtspunkt aus, Kombinationen von Brennstoffen und Verbren­ nungsstoffen zu benützen, die aus der Masseneinheit des Treibstoff­ gemisches bei der Reaktion einen größtmöglichen Energiebetrag entwickeln, um hohe Strahlgeschwindigkeiten zu erzielen. Diese Primärforderung wurde aber schon bald durch die aus der thermodynamischen Strömungslehre folgende Erkenntnis einge­ schränkt, daß beim Ausströmen eines Gases aus einem Hochdruck­ kessel für die erreichbare Strahlgeschwindigkeit nicht die Energie­ 167

konzentration in der Gasmasse allein, sondern ihr Verhältnis zum Molekulargewicht des ausströmenden Gases entscheidend ist. Es war demnach zu erwarten, daß bei gleichem Energieinhalt je Kilo­ gramm das Feuergas mit geringerem Molekulargewicht zu höherer Strahlgeschwindigkeit führen würde. Mit der Aufnahme konstruktiver Arbeiten an fliegenden Rake­ tengeräten zeigte sich weiter, daß gemäß der schon mehrfach be­ nützten Raketengrundgleichung v/w = In 1/(1 - t)

zwischen erreichbarer Fluggeschwindigkeitssteigerung v, Strahlge­ schwindigkeit w und gewichtsmäßigem Treibstoffanteil t am Start­ gewicht praktisch auch eine Wechselbeziehung zwischen w und t bestand. Wenn verschiedene Treibstoffkombinationen zu gleicher Strahlgeschwindigkeit w führen, aber unter ihnen solche sind, die größere Treibstoffanteile t am Startgewicht erlauben, zum Beispiel weil ihre Dichte im flüssigen Zustand größer ist und sie daher klei­ nere und leichtere Tanks und Förderpumpen erlauben, oder weil sie keine besonderen Wärmeisoliervorkehrungen der Tankwände ver­ langen, dann ist diesen Treibstoffen im Interesse höherer erreich­ barer Fluggeschwindigkeiten der Vorzug zu geben. Damit war also weiterhin auch die erreichbare Strahlgeschwin­ digkeit allein in ihrer Bedeutung als Kriterium für die Auswahl der besten Treibstoffe stark eingeschränkt. Da die Dichte des im Tank unterzubringenden Treibstoffes ganz außerordentlich verschieden sein kann, zum Beispiel bei den hervorragenden Brennstoffen Beryl­ lium und Flüssigwasserstoff bei 1,85 kg/dm3 bzw. 0,071 kg/dm3 liegt, also der Flüssigwasserstofftank bei gleichem Gewichtsinhalt 26 mal mehr Volumen haben müßte als ein Behälter metallischen Berylliums, leuchtet die Notwendigkeit einer Berücksichtigung sol­ cher Verhältnisse durchaus ein. Neben solchen rein technischen Leistungskriterien spielten auch Wirtschaftlichkeitsfragen sofort eine wesentliche Rolle, als man an den Bau großer Geräte ging, wenn diese also Hunderte von Tonnen Treibstoff innerhalb weniger Minuten verbrauchten. Ob ein Kilo­ gramm des Treibstoffes den Gegenwert von 0,01 Arbeitsstunden, wie bei Flüssigsauerstoff oder Petroleum, kostet, oder viele Arbeits­ stunden, wie dies für manche seltenen Leichtmetalle, wie Lithium oder Beryllium, zutrifft, konnte natürlich für die praktische Aus­ wahl der wirklich zu benützenden Stoffe große Bedeutung haben. 168

Im Zuge der praktischen Arbeiten stellten sich dann noch eine ganze Reihe von Sekundärforderungen heraus, die wohl bedacht sein wollten, wie gute Lagerbarkeit, chemische Agressivität, Giftig­ keit, Explosions- und Brandgefahr, leichte Verfügbarkeit, große natürliche Rohstoffreserven usw. usw. Diese mannigfaltigen Anforderungen ließen bald erkennen, daß es für die vielfältigen Anwendungsgebiete der chemischen Flüssig­ keitsraketenmotoren überhaupt nicht eine einzige beste Treibstoff­ kombination gibt, sondern daß für jeden Anwendungszweck die beste Treibstoffkombination ganz individuell bestimmt werden muß. So hat sich auch für die Raumfahrtanwendungen eine kleine Gruppe von Treibstoffen herauskristallisiert, die heute bei einem neuen Projekt in erster Linie in die engere Wahl gezogen werden. Es sind dies im wesentlichen:

Flüssigsauerstoff/Kerosin Flüssigfluor/Hydrazin Flüssigsauerstoff/Flüssigwasserstoff und Flüssigfluor/Flüssigwasserstoff

Die Preise der einzelnen Komponenten dieser Treibstoffkombinationen werden unter der Voraussetzung sehr großer Mengen­ produktionen etwa erwartet zu:

Verbrennungsstoffe

Brennstoffe

Flüssigsauerstoff Flüssigfluor Kerosin Hydrazin Flüssigwasserstoff

~ 0,01 - 0,67 * 0,01 *o,33 0,20

h/kg h/kg h/kg h/kg h/kg

(Der Wert der mittleren Arbeitsstunde kann, wie schon gesagt, gegenwärtig in USA zu etwa 3 $/h, in Europa zu etwa 6,5 DM/h und in USSR zu 5 Rubel/h geschätzt werden.)

Die spezifischen Gewichte y und Siedepunkte ts dieser fünf Treibstoffe liegen bei : Flüssigsauerstoff (O2) 7 = M4 kg/dm3 ts= —i83° c Flüssigfluor (F2) 7 = i,5i kg/dm3 ts= —1880 C Kerosin (~ Cn H2n) y = 0,81 kg/dm3 ts = +180 bis + 2700 C y = 1,01 kg/dm3 ts = -|- 236° C Hydrazin (N2H4) Flüssigwasserstoff (H2) 7=0,071 kg/dm3 *s =—*5 3° C 169

Bis auf die beiden Brennstoffe Kerosin und Hydrazin handelt es sich also um verflüssigte Gase, sogenannte kryogene Flüssigkeiten, deren Temperatur im Tankzustand weit unter der Umgebungs­ temperatur liegt und die daher hohen Aufwand an Wärmeiso­ lierung verlangen, um sie vor dem raschen Verdampfen zu bewah­ ren. Preise und Dichten der tatsächlich verwendeten Kombinationen dieser Verbrennungs- und Brennstoffe hängen naturgemäß vom benützten Mischungsverhältnis ab. Stöchiometrische Mischungsverhältnisse, die also so zusammen­ gesetzt sind, daß jedes Molekül des Verbrennungsstoffes einen Reak­ tionspartner in Form eines Moleküls Brennstoff findet, so daß die höchste Energieausbeute aus der Gewichtseinheit des Gemisches entsteht, solche Mischungsverhältnisse werden praktisch kaum je­ mals benützt. Vielmehr verschiebt man das Mischungsverhältnis meist in Rich­ tung von Brennstoffüberschuß so lange, bis das Verhältnis der dabei abnehmenden Energieentbindung je Gewichtseinheit und des gleich­ zeitig abnehmenden Molekulargewichtes der Feuergase am größten wird und damit auch die Strahlgeschwindigkeit ihr Maximum erreicht. Unter Berücksichtigung der sehr erheblichen thermischen Feuer­ gasdissoziation, d.h. des Umstandes, daß infolge der hohen Tem­ peraturen im Feuergas ein großer Teil der Reaktionsprodukte che­ misch wieder zerfällt, so daß die chemische Reaktion insgesamt un­ vollständig bleibt, unter Berücksichtigung auch dieses berechenbaren Umstandes ergeben sich für die früher genannten fünf in der Raum­ fahrt besonders interessierenden Treibstoffkombinationen folgende gewichtsmäßigen Mischungsverhältnisse m Verbrennungsstoff/Brennstoff mit höchsten Strahlgeschwindigkeiten. Dabei wird ein heute sehr üblicher Brennkammerndruck von 70 ata und eine Entspannung des Feuergases in Bodennähe auf den Außendruck von 1 ata vorausgesetzt. Die zugehörigen Feuergastemperaturen tf im Brennraum, die er­ reichbaren Strahlgeschwindigkeiten w und der Gemischpreis p sind ebenfalls vermerkt:

Flüssigsauerstoff/Kerosin

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m = 2,56; y = 1,02 kg/dm3; tf = 3400° C; w = 3000 m/sec; p =0,01 h/kg

Flüssigfluor/Hydrazin

m = 2,3o; 7 = 1,31 kg/dm3; tf =4400° C; w = 3600 m/sec; P =o,57 h/kg Flüssigsauerstoff/Flüssigwasserstoff m=4,o2; 7 = 0,28 kg/dm3; tf = 3300° C; w = 3900 m/sec; P =0,05 h/kg Flüssigfluor/Flüssigwasserstoff m = 7,60; 7 = 0,46 kg/dm3; tf = 3600° C; w = 4100 m/sec; p =0,62 h/kg Schon das Studium dieser wenigen charakteristischen Zahlen zeigt, wie sehr die letzte Entscheidung von den Verhältnissen der jeweiligen Flugaufgabe abhängt. Die sehr verlockende höchste Strahlgeschwindigkeit der letzten Kombination ist mit relativ niedriger Gemischdichte verbunden, verlangt also große Tanks, und da beide Treibstoffe kryogen sind, umfangreiche Tankisolierungen. Der Gemischpreis ist bei dieser Kombination am höchsten. Wo die Wirtschaftlichkeit keine Rolle spielt, oder wo der Treibstoffpreis gegenüber den anderen Kosten­ komponenten verschwindet, zum Beispiel bei nur einmalig verwen­ deten Geräten, kann diese Kombination sich als beste erweisen. Wo Leistung und Wirtschaftlichkeit in gleicher Weise wiegen, und wo die Transportkosten stark durch den Treibstoffpreis be­ stimmt sind, zum Beispiel bei oft wiederverwendbaren Fahrzeugen, wird die zweitletzte Kombination wahrscheinlich am stärksten in Be­ tracht zu ziehen sein, wegen ihres niedrigen Treibstoffpreises bei hoher Strahlgeschwindigkeit. Wo es auf die Leistung des Triebwerkes weniger als auf höchste Wirtschaftlichkeit ankommt, wie im irdischen Hyperschallverkehr, wird wahrscheinlich die erste Kombination von Flüssigsauerstoff mit Kerosin am meisten Aussichten haben. Die zweite Kombination schließlich ergibt die kleinsten Tank­ räume, allerdings auf Kosten hoher Feuergastemperaturen, hohen Gemischpreises und mäßiger Strahlgeschwindigkeiten. Die Antriebsbahn der Raumfahrzeuge verläuft nun nicht nur in Bodennähe, die bei den Strahlgeschwindigkeitsangaben unserer vier Treibstoffkombinationen vorausgesetzt wurde, sondern überwie­ gend in sehr großen Flughöhen mit sehr dünner atmosphärischer Luft bzw. praktisch im Vakuum. Beim Betrieb des Raketenmotors im Vakuum mit dem früher ge­ nannten Ofendruck von 70 ata, jedoch einer wesentlich größeren 171

Feuerdüse mit einem Verhältnis der Düsenmündungsfläche zur Düsenhalsfläche von 40, so daß die Feuergase im Vakuum noch bis zu wesentlich niedrigeren Düsenmündungsdrücken als 1 ata inner­ halb der Düse entspannt werden können, ergeben sich die folgen­ den, etwa 16 bis 18% höheren Strahlgeschwindigkeiten w und damit die beigefügten Antriebskosten p’, soweit sie durch den Treibstoff bedingt sind: w = 3530 m/sec; p’ =0,0278 h/tonsec Flüssigfluor/Hydrazin w =4220 m/sec; p’ = 1,32 h/tonsec Flüssigsauerstoff/Flüssigwasserstoff w =4510 m/sec; p’ =0,218 h/tonsec Flüssigfluor/Flüssigwasserstoff w =4700 m/sec; p’ = 1,30 h/tonsec

Flüssigsauerstoff/Kerosin

Wieder tritt einerseits der frappant niedrige Antriebspreis der Sauerstoff/Kerosin-Raketen deutlich hervor, der sich je Tonnen­ sekunde Antrieb der Größenordnung der Heißwasserraketen zu nähern beginnt und andererseits der Umstand, daß sich bei den höchst­ wertigen Treibstoffen die Strahlgeschwindigkeit 5 000 m/sec nähert. Mit der neuerlichen Tendenz, die Feuerraumdrücke noch wesent­ lich, bis über 250 ata, hinaufzusetzen, kann in Zukunft mit einer wei­ teren Steigerung dieser Strahlgeschwindigkeiten um etwa 5 % ge­ rechnet werden. Auch die Einführung von Beryllium als Brenn­ stoff und von Ozon als Verbrennungsstoff kann die Strahlgeschwin­ digkeit noch etwas steigern. Damit ist die Technik der chemischen Flüssigkeitsraketenmoto­ ren allerdings an einer Grenze angelangt, die durch den Energie­ inhalt der energiereichsten existierenden chemischen Reaktionen naturgesetzlich gegeben ist. Die noch als chemische Vorgänge zu wertenden Radikalreaktio­ nen, etwa die Vereinigung von atomarem Wasserstoff zu moleku­ larem Wasserstoff, also der Vorgang H-]-H = H2, versprechen zwar noch höhere Wärmeentbindung aus der Masseneinheit und damit zum Teil noch wesentlich höhere Strahlgeschwindigkeiten, doch sind trotz erheblicher Anstrengungen bisher keine technisch brauch­ baren Verfahren zur Lagerung der sehr instabilen Radikale vor ihrer Reaktion gefunden worden. Mit der Einführung von Kernreaktio­ nen in die Technik der Raketentriebwerke flaut nun auch das Inter­ J72

esse an den Radikalreaktionen sehr ab, und wir dürfen kaum mehr mit wesentlichen Erfolgen in dieser Richtung rechnen. Die bisherigen Untersuchungen zur Treibstoffwahl bezogen sich auf Treibstoffgemische jeweils höchster Strahlgeschwindigkeit. Bei konsequenter Durchführung der Forderung nach wirtschaftlich­ stem Nutzlasttransport können andere als die angeführten Mi­ schungsverhältnisse günstiger sein. Wenn der Transportpreis der Nutzlasteinheit überwiegend durch den Treibstoffpreis bestimmt ist, wie dies beispielsweise bei nach Art normaler Flugzeuge sehr oft wiederverwendbaren, in großen Serien hergestellten Raumfahrzeugen zutrifft, ergibt das Minimum des Treibstoffjpreises je Nutzlasteinheit den Ausschlag. Bei einer Verschiebung des Mischungsverhältnisses der Treib­ stoffe verschieben sich eine ganze Reihe von Vergleichsgrundlagen, wie Treibstoffdichte, Strahlgeschwindigkeit, Treibstoffanteil, Leer­ gewichtsanteil und Nutzlastanteil am Startgewicht und der Treib­ stoffgemischpreis. Die hier besonders interessierende Flüssigsauerstoff/Flüssigwasserstoff-Kombination hat bekanntlich ein stöchiometrisches Mi­ schungsverhältnis von m = 8,0; das Mischungsverhältnis höchster Strahlgeschwindigkeit wurde für die früher erwähnten Verhältnisse bei 70 ata Feuergasdruck im Brennraum zu rund m = 4,0 gefunden. Für ein Raumflugzeug ergibt sich unter bestimmten Vorausset­ zungen ein wirtschaftlichstes Mischungsverhältnis zwischen etwa 5 und 6, also zwischen den beiden erwähnten Zahlen, wobei sich die Strahlgeschwindigkeit im Vakuum von w = 4510 m/sec auf etwa w =4430 m/sec vermindert, aber die Treibstoffdichte sich auf y = 0,32 bis 0,36 kg/dma erhöht und der Treibstoffgemischpreis entspre­ chend sinkt auf etwa 0,04 h/kg. Nächst diesen fundamental wichtigen Problemen der Treibstoff­ wahl für die chemischen Flüssigkeitsraketen war die bauliche Gestal­ tung ein weiteres wesentliches Problem im Zuge ihrer Entwicklung. Ein modernes chemisches Raketentriebwerk der Raumfahrt be­ steht im wesentlichen aus den beiden sehr großen Behältern für Brennstoff und Verbrennungsstoff, aus den beiden Pumpen, die die beiden Treibstoffe gegen den gleichbleibenden hohen Ofendruck in den Brennraum fördern, aus diesem Brennraum selbst, in dem die bis dahin streng getrennt gehaltenen beiden Treibstoffkomponenten erstmals Zusammentreffen und miteinander reagieren, und schließ­ lich aus der Ausströmdüse des Brennraumes. 173

Bei diesen Triebwerken beträgt die kinetische Strahlleistung etwa 30 Millionen Pferdestärken je 1000 Tonnen Schub und der Treib­ stoffverbrauch rund 2,2 Tonnen pro Sekunde für dieselbe Schub­ kraft. Um diese Flüssigkeitsmenge gegen den hohen Brennkammer­ druck zu fördern, ist eine Pumpleistung von vielleicht 100000 PS nötig, also etwa %% der Strahlleistung. Diese Pumpleistung wird meist durch Turbinen aufgebracht, die die beiden Treibstoffpumpen antreiben und die ihrerseits durch Ver­ brennungsgase aus einem besonderen Brennraum oder aus dem Hauptbrennraum der Rakete angetrieben werden. Nach dem noch aus der Zeit des zweiten Weltkrieges stammen­ den Deutschen Patent 380/40 kann auch die unvermeidlicherweise durch die Wände der Hauptbrennkammer der Rakete tretende Wärme zum Antrieb der Treibstoffpumpen benützt werden, indem diese beispielsweise das Kühlmittel der Wände der Hauptbrenn­ kammer verdampft und dieser Kühlmitteldampf eine Dampfturbine beschickt, die ihrerseits die Treibstoffpumpen treibt. Dieses Verfahren ist durch Wegfall einer besonderen Energie­ quelle für den Pumpenantrieb sehr ökonomisch und findet unter der Bezeichnung »topping cycle« neuerdings in amerikanischen Raketenmotoren ausgedehnte Anwendung. Ein weiteres Kernproblem der baulichen Gestaltung der Raum­ fahrt-Raketenmotoren bildet die Kühlung der feuerberührten Wände von Brennkammer und Feuerdüse des Motors. In unseren Betrachtungen zur Treibstoffwahl wurden die Feuer­ gastemperaturen im Bereich zwischen 3400 und 4400° C erwähnt. Die Schmelztemperatur der zum Bau feuerberührter Wände be­ nützten Metalle, wie Nickel oder austenitische Chromnickelstähle, liegen bei 14500 C, ihre beginnende Erweichung bei noch wesent­ lich niedrigeren Temperaturen. Sehr intensive Kühlung derartiger Feuerwände ist daher Voraus­ setzung für ihre Beständigkeit. Die technische Entwicklung des heute allgemein verwendeten Kühlsystems ging im Jahre 1934 an der Technischen Hochschule Wien von einem einfachen Versuch aus: Schließt man ein Stück Kupferrohr mittels eines Gummischlau­ ches an die Wasserleitung und läßt Wasser mit hoher Geschwindig­ keit durch das Kupferrohr laufen, so gelingt es auch mit den größ­ ten autogenen Schweißbrennern (Flammentemperatur ~ 30000 C) nicht, das Kupferrohr (Schmelzpunkt 1083° C) anzuschmelzen. 174

Sobald man jedoch das Wasser drosselt, schmilzt das Rohr so­ fort. Dieser Versuch führte zu dem österreichischen Patent 144809 vom Jahre 1936 »Raketenmotor mit im wesentlichen ununterbro­ chenem Verbrennungsvorgang, dadurch gekennzeichnet. .. .. . daß die Feuerwand samt den Kühlmittelkanälen durch pas­ sende Aneinanderreihung von Rohren beliebigen Querschnittes gebildet ist, wobei die Rohre in geeigneter Weise miteinander ver­ bunden sind... .. . daß die, die Feuerwand bildenden Rohre solchen Querschnitt haben, daß durch ihre Aneinanderreihung ohne weiteres eine zweck­ mäßig gekrümmte, glatte Wandoberfläche an der Feuerseite ent­ steht. « Nach diesen Anweisungen aus Mann an Mann liegenden Rohren aufgebaute Feuerwände des Ofens und der Feuerdüse ergeben eine so zwangsläufige Führung des Kühlmittels, daß ausnahmslos jede Wandstelle mit der vorgewählten Kühlmittelgeschwindigkeit beströmt wird, um ihre ausreichende Kühlung zu sichern; zugleich werden derartige Wände sehr leicht, da die Druckdifferenzen zwi­ schen Feuergasdruck und Kühlmitteldruck durch die sehr steife Rohrwand mühelos aufgenommen werden. Bei modernen Raketenmotoren werden meist Hunderte von Ein­ zelrohren verwendet, die in meridionaler Richtung von der Düsen­ mündung längs des Düsenmantels zum Düsenhals und von dort weiter längs der Ofenwand bis zum Einspritzboden des Ofens lau­ fen, dicht aneinander liegen und durch Hartlötung oder Schwei­ ßung miteinander zu einer dichten Wand verbunden werden. Als Kühlmittel dient dabei eine der beiden Treibstoffflüssigkeiten, meist der Brennstoff, zum Beispiel flüssiger Wasserstoff. Nach der Pumpe durchläuft der Wasserstoff das gesamte Kühl­ system, wird erwärmt und dann in die Brennkammer gedrückt. Falls man das Fördersystem nach DP 380/40 verwendet, wird der als Kühlmittel benützte Treibstoff beim Durchlaufen des Kühlsy­ stems sogar verdampft, gegebenenfalls bei überkritischem Druck, entspannt dann in der Antriebsturbine der Pumpen und wird an­ schließend in die Brennkammer gedrückt. Dort trifft er mit dem anderen Treibstoff zusammen und verbrennt mit diesem unter hohem, zeitlich konstantem Druck zu einem sehr heißen Feuergas, dessen Temperaturen weit über jene von autoge­ nen Schweißbrennern hinausgehen können. 175

Soweit die beiden Treibstoffkomponenten nicht beim Zusam­ mentreffen im Ofen sowieso spontan zünden, wie etwa Fluor und Wasserstoff, wird zur einleitenden Zündung des Brandes heute meist das im Jahre 1939 von der Deutschen Luftfahrtforschung in Trauen entwickelte Zündverfahren benützt. Man spritzt einige Kubikzentimeter einer pyrophoren Flüssig­ keit, zum Beispiel von Metallalkylen, wie Zinkdiäthyl, Aluminium­ triäthyl, in die Brennkammer, worauf der Motor von selbst wie ein Schweißbrenner weiterbrennt. Aus dem Hochdruckofen strömt das Feuergas schließlich durch eine zunächst verengte und dann mit großem öffnungswinkel erweiterte, kegelige oder glockenförmige Ausströmdüse ins Freie und bildet dabei den Antriebsstrahl sehr hoher Geschwindig­ keit. In dieser letzten Arbeitsphase entstanden besonders zwei Pro­ bleme der Gestaltung von Ofen und Düse, die ebenfalls schon durch die Experimentalarbeiten an der Technischen Hochschule in Wien im Jahre 1934 gelöst wurden: die Größe des notwendigen Ofen­ volumens und die Größe des Öffnungswinkels des erweiterten Tei­ les der Feuerdüse. Damals wurde erkannt, daß den Treibstoffen im Ofen eine ge­ wisse Mindestzeit ihres Aufenthaltes im Ofen zur Verfügung ge­ stellt werden muß, um die außerordentlich verwickelten Vorgänge der Gemischaufbereitung und des Ausbrandes ordnungsmäßig ab­ laufen zu lassen. Einspritzung, Zerfall der Einspritzstrahlen in ein­ zelne Tröpfchen, Verdampfung dieser Tröpfchen, Vermischung der beiden verdampften Treibstoffe, Zündung des Gemisches, ther­ mischer Zerfall der Treibstoffmoleküle in reaktionsfähige Radikale, Ablauf der Reaktion, Einstellung des chemischen Gleichgewichtes des dissoziierenden Feuergases, alle diese Vorgänge laufen in durch­ aus endlichen und bei verschiedenen Treibstoffen recht verschieden langen Zeiten ab, die sich zur notwendigen Aufenthaltsdauer im Ofen aufsummieren. Diese Aufenthaltsdauer ist konstruktiv in erster Linie durch die »charakteristische Länge« des Ofens bestimmt, d.h. durch das Ver­ hältnis des Ofenvolumens zur engsten Querschnittsfläche der Aus­ strömöffnung, also des Düsenhalses. Diese charakteristische Länge wurde in mühevollen Experimen­ ten empirisch ermittelt und führte zu dem österreichischen Patent 144809 vom 10.März 1936: 176

»Raketenmotor mit im wesentlichen ununterbrochenem Ver­ brennungsvorgang, dadurch gekennzeichnet, daß... ... die Größe des nutzbaren Verbrennungsraumes in einem sol­ chen Verhältnis zur Größe der engsten Querschnittsfläche der Aus­ strömöffnung der Feuergase steht, daß die Größe des nutzbaren Verbrennungsraumes je Quadratzentimeter engster Ausströmöff­ nung zwischen 50 cm3 und 5 000 cm3 liegt.« Auch diese Lehre von den zwischen 0,5 und 50 m, je nach den jeweiligen Bedingungen, liegenden charakteristischen Längen des Raketenofens wird heute bei den Raumfahrttriebwerken der gan­ zen Welt befolgt. Diese Regel hat, wie man leicht einsieht, zur Folge, daß Raketen­ motoren mit bestimmter charakteristischer Ofenlänge, aber sehr verschiedener Größe des Schubes eine relativ zum Ofen um so grö­ ßere Feuerdüse erhalten, je größer der Raketenmotor - absolut ge­ sehen - wird. Diese Erscheinung ist an den modernen Großmotoren mit Schüben gegen 1000 Tonnen schon sehr deutlich zu erkennen. In diesem Zusammenhang stellte sich auch die Frage nach den zweckmäßigsten Öffnungswinkeln des erweiterten Teiles der Feuer­ düse. Die Form dieser Expansionsdüsen wurde zunächst aus dem Dampfturbinenbau übernommen, wo die zuerst verengten und dann erweiterten, nach ihrem schwedischen Erfinder »Laval-Düsen« genannten Öffnungen für Überschallausströmung von Gasen einen erfahrungsgemäß günstigsten Öffnungswinkel von etwa 8 Grad be­ nützten. Ein Raketenmotor von 1000 Tonnen Schub hat nun bei den üb­ lichen Feuerdrücken von 70 ata einen Düsenhalsdurchmesser von etwa einem Meter und einen Düsenmündungsdurchmesser von rund 6 m. Mit 8 Grad Öffnungswinkel wäre eine solche Feuerdüse daher 36 m lang. Ein solches Ungetüm wäre in keinem Raumfahrzeug unterzu­ bringen, es wäre aber auch zu schwer, und seine riesige feuerberührte Oberfläche wäre mit der beschränkten Wärmeaufnahmefähigkeit der als Kühlmittel zur Verfügung stehenden Treibstoffe auch nicht ausreichend zu kühlen. In dieser Verlegenheit entstand die Erkenntnis, daß die bei Rake­ tenmotoren gegenüber Dampfturbinen erheblich verschiedenen mechanischen Verhältnisse auch bei Anwendung sehr großer Dü­ senöffnungswinkel nicht zu wesentlichen Schubverlusten führen 177

brauchen, ja daß man mit glockenförmigen Düsen mit großen Öffnungswinkeln dieselben Schübe wie mit Laval-Düsen erzielt. Diese Erkenntnis führte zur Lehre des österreichischen Patentes 146000 vom 25.Mai 1936: »Expansionsdüse mit gekühlter Wand für die Feuergase von Raketenantriebskraftmaschinen, dadurch gekennzeichnet, daß der durchschnittliche Öffnungswinkel der Düse größer als 25 Grad und kleiner als 270 Grad ist.« Auch diese Lehre ist heute technisches Allgemeingut und wird bei allen praktisch fliegenden Raumfahrttriebwerken benützt. Diese Lehren wurden auch bei den Experimentalarbeiten an der Technischen Hochschule in Wien in den Jahren 1934 bis 1935 be­ reits angewendet. Sie erlaubten wegen ihrer insgesamt günstigen Rückwirkung auf die Kühlung der feuerberührten Wände schon damals die Anwen­ dung der energiereichen Treibstoffkombination Flüssigsauerstoff/ Kohlenwasserstoff und von hohen Ofendrücken über 40 ata, also jener wesentlichsten Charakteristiken der Raketenmotoren, die die Strahlgeschwindigkeiten von den 2000 m/sec des ganz anders ge­ arteten deutschen A-4-TriebWerkes auf 3000 m/sec steigerten und die dann zu den ersten praktischen Erfolgen der Raumfahrt im sechsten und siebenten Jahrzehnt unseres Jahrhunderts führten, bei denen alle die genannten Baugrundsätze ihre Früchte trugen. Diese chemischen Flüssigkeitsraketentriebwerke ermöglichten auf der Kohlenwasserstoffbasis in zwei- bis dreistufigen Geräten das Erreichen der Kreisbahngeschwindigkeit um die Erde und der Fluchtgeschwindigkeit von der Erde, das letztere bisher nur mit unbemannten Fahrzeugen. Die erwähnten Baugrundsätze finden in noch erhöhtem Maße beim gegenwärtigen Übergang zu den höchstwertigen Treibstoffen Anwendung, ja sie allein ermöglichen diesen Übergang erst. Diese Triebwerke werden auf der Wasserstoffbasis in 1- bis in­ stufigen Geräten dieselben Flugleistungen ermöglichen, immer je­ doch mit sehr beschränkten Nutzlasten. Trotz all dieser Perfektionen und trotz der gewaltigen Größen mit Schüben von fast 1000 Tonnen, in denen diese Raketenmotoren heute in großer Zahl gebaut werden und Inhalt gewaltiger Indu­ strien sind, trotzdem ist, wie gesagt, ihre Strahlgeschwindigkeit von höchstens gegen 5000 m/sec selbst für die Fluggeschwindigkeits ­ bedürfnisse von 8 000 bis 12 000 m/sec der erdnahen Raumfahrt bis 178

in den Bereich des Mondes eigentlich noch zu klein, und Strahlge­ schwindigkeiten ebenfalls zwischen 8000 und 12000 m/sec wären hier dringendst erforderlich. Selbst mit der Einführung von Höchstdrucktriebwerken, von Beryllium und Ozon als Treibstoffen und der Staustrahlummante­ lungen können chemische Flüssigkeitsraketen dementsprechende spezifische Verbrauchszahlen nicht erreichen. Raketenmotoren mit derartigen Strahlgeschwindigkeiten erschei­ nen unter Benützung der Atomkernenergie grundsätzlich möglich, und wenn wir auch heute über derartige Triebwerke noch nicht ver­ fügen können, so sind doch eine ganze Reihe von Kernraketensy­ stemen im Stadium der Forschung und einige von ihnen sogar schon in technischer Entwicklung.

Konvektive Fissionsraketen

Eines der ersten Kernraketensysteme, dessen erste Versuchsaus­ führungen vielleicht in wenigen Jahren Flugreife erlangen dürften, sind die konvektiven Fissionsraketen, von denen man Strahlge­ schwindigkeiten zwischen 8000 und 12000 m/sec erwartet, also Werte, die für erdnahe Raumfahrt besonders geeignet erschienen. 179

Mit diesen Raketen wird daher der Flug einstufiger ballistischer oder auch aeronautischer Raumfahrzeuge von der Erdoberfläche in die Erdumlaufbahn oder auch zum Mond mit hohen Nutzlastantei­ len am Startgewicht möglich werden. Wenn keine Schwierigkeiten hinsichtlich einer radioaktiven Ver­ seuchung der Atmosphäre durch ihre Abgase entstehen, werden sie das ideale Instrument zur Einrichtung eines wirtschaftlichen Trans­ portsystems im Bereich zwischen Erde und Mond, insbesondere aber zu den künftigen großen Erdaußenstationen, darstellen. Ein derartiges konvektives Fissions-Raketentriebwerk ist im Auf­ bau und in der Wirkungsweise den chemischen Flüssigkeitsraketen ­ triebwerken recht ähnlich. Es besteht wieder aus hier nur einem Treibstofftank, der flüssigen Wasserstoff als Treibstoff enthält, ferner aus einer Pumpe, die den Treibstoff zunächst durch das den Flüssigkeitsraketen völlig ent­ sprechende Kühlsystem der Ofen- und Düsenwände drückt und ihn dann in den Ofen gegen hohen, konstanten Druck einspritzt. Im Ofen findet nun allerdings keine chemische Verbrennung statt, vielmehr ist dort ein fester Uranmeiler so angebracht, daß er vom Wasserstoff durchströmt und dabei von diesem gekühlt wird, während sich der Wasserstoff durch die im Meiler erzeugte Wärme selbst konvektiv, also durch Wärmeübergang von den festen Mei­ lerwänden an den gasförmigen Wasserstoff, erwärmt auf Tempera­ turen zwischen etwa 2600 und 37000 C. Obwohl die Gastemperatur im Ofen hier also eher niedriger als in chemischen Raketen ist, bewirkt das niedrige Molekulargewicht des Wasserstoffes doch eine zwei- bis dreimal höhere Strahlge­ schwindigkeit bei der Entspannung durch die wieder an den Ofen anschließende Ausströmdüse, für die übrigens dieselben Gesichts­ punkte wie bei chemischen Flüssigkeitsraketen gelten. Wenn das Triebwerk innerhalb der Atmosphäre arbeitet, ver­ mischt sich der austretende heiße Wasserstoffstrahl natürlich mit der Umgebungsluft und verbrennt mit deren Sauerstoff, ohne daß die­ ser Verbrennungsvorgang im Freien jedoch noch zur Wirkung des Triebwerkes beitragen kann, es sei denn, er fände in einer beson­ deren, staustrahlartigen Ummantelung des Raketenstrahles mit Luftzumischung statt. Während also bei chemischen Flüssigkeitstriebwerken die Feuer­ gase wesentlich heißer sind als die von ihnen berührten und ge­ kühlten festen Feuerwände, und die Feuergastemperatur im wesent­ 180

liehen durch die Wärmeproduktion der chemischen Reaktion nach oben begrenzt wird, liegen die Verhältnisse hier gerade umgekehrt. Die Kernreaktion der Uranspaltung würde an sich die Herstel­ lung jeder beliebig hohen Temperatur gestatten, diese Temperatur ist jedoch durch die Schmelzpunkte der festen Baustoffe des Mei­ lers begrenzt, und der Wasserstoff als Arbeitsmedium wird nur durch Berührung mit diesen festen Meilerwänden erwärmt, so daß seine Temperatur niedriger bleiben muß als jene der Meilerwände. Man hat hier also das größte Interesse, Baustoffe für die Meiler­ wände von möglichst hohen Schmelzpunkten anzuwenden, und tat­ sächlich werden dafür auch die höchstschmelzenden Materialien, die überhaupt bekannt sind, herangezogen, wie:

Graphit Wolfram Rhenium Tantalkarbid Niobkarbid Zirkonkarbid

Schmelzpunkt Schmelzpunkt Schmelzpunkt Schmelzpunkt Schmelzpunkt Schmelzpunkt

3650° C 337o°C 31700 C 39oo°C 3600° C 3600° C

Die tatsächlich anwendbaren Wandtemperaturen müssen natür­ lich merkbar niedriger als die Schmelztemperaturen bleiben, auch wenn die mechanischen Beanspruchungen der Meilerwand so nied­ rig wie möglich gehalten werden. Man rechnet etwa mit folgenden zulässigen Wandtemperaturen:

Graphit Wolfram Niobkarbid, Zirkonkarbid Tantalkarbid

27000 C 30000 C 3400° C 37000 C

Man nimmt weiter an, daß man sich in den konvektiven Fissions­ raketen mit der Gastemperatur diesen hochstzulässigen Wandtem­ peraturen bis auf etwa 200 Grad nähern kann, so daß die Wasser­ stofftemperaturen je nach den Meilerbaustoffen betragen würden: Graphit Wolfram Niobkarbid, Zirkonkarbid Tantalkarbid

25000 C 2800° C 3 2000 C 3joo°C

Setzt man nun einen Feuergasdruck im Ofen von 100 ata und ein flächenmäßiges Düsenöffnungsverhältnis von 40 : 1 voraus, so eri8i

geben sich im Vakuum folgende Strahlgeschwindigkeiten der kon­ vektiven Fissionsraketen :

Graphit Wolfram Niobkarbid, Zirkonkarbid Tantalkarbid

w w w w

= 9000m/sec = 9 800 m/sec = 11 200 m/sec = 12300m/sec

Dies entspricht einem spezifischen Treibstoffverbrauch von:

Graphit Wolfram Niobkarbid, Zirkonkarbid Tantalkarbid

1,09 kg/tonsec 1,00 kg/tonsec 0,88 kg/tonsec 0,80 kg/tonsec

Die spezifischen Antriebsgewichte sind durch diese Zahlen und durch das Konstruktionsgewicht des Triebwerkes bestimmt, das man ganz ähnlich wie bei Flüssigkeitsraketen voraussetzen darf, bis auf das zusätzliche Meilergewicht. Mit w = 12000 m/sec Strahlgeschwindigkeit ist die Strahllei­ stung einer 1000 Tonnen-Fissionsrakete etwa 80 Millionen Pferde­ stärken, entsprechend etwa der gesamten Elektrizitätserzeugung der Vereinigten Staaten. Das Gewicht der Meiler in einer konvektiven Fissionsrakete wird gegenwärtig zu einem Kilogramm pro Mega­ watt geschätzt, was für die 1000 Tonnen-Rakete ein Meilergewicht von 57 Tonnen oder 5,7% des Schubes ergibt, also gegenüber dem sonstigen Gewicht des Triebwerkes von etwa 1% des Schubes und der Tanks schon erheblich wiegt. Herabsetzung des Meilergewichtes bei gleichzeitiger Steigerung der Meilertemperatur sind daher die zentralen Entwicklungspro­ bleme der konvektiven Fissionsraketen. Manche Bestrebungen ge­ hen dahin, flüssige Kernmeiler zu benützen, die vielleicht Wasser­ stofftemperaturen bis gegen 8000 Grad erlauben und damit noch wesentlich höhere Strahlgeschwindigkeiten versprechen. Dagegen scheinen die spezifischen Antriebs kosten einen recht wirtschaftlichen Flugbetrieb in Aussicht zu stellen. Bei einem Wasserstoffpreis von 0,20 h/kg und einem Preis des Kernspaltmaterials von etwa 10000 h/kg werden je Tonnensekunde Antrieb 1 kg Wasserstoff und 7,5 • io"7 kg Uran verbraucht, deren Kosten also 0,20 h bzw. 0,0075 h, daher insgesamt etwa 0,21 h/tonsec betragen, was also ziemlich gut den spezifischen Antriebskosten einer chemischen Flüssigsauerstoff/Flüssigwasserstoff-Rakete ent­ 182

spricht und wegen der hier erheblich größeren Nutzlasten zu be­ deutend kleineren Transportkosten der Nutzlast führt. In diesem Zusammenhang ist auch das Problem der radioaktiven Verseuchung der Atmosphäre und des Strahlungsschutzes der Be­ satzung bemannter Raumfahrzeuge zu sehen. Die mehrfach zitierte 1000 Tonnen-Rakete verbraucht während einer zehnminutigen Antriebsperiode etwa 0,45 kg Uran. Selbst wenn alle Reaktionsprodukte dieser Antriebsperiode in die freie Umgebung entlassen würden, könnte man einige hundert der­ artiger Aufstiege durchführen, ehe dieselbe Menge radioaktiver Spaltprodukte abgegeben würde wie bei einer einzigen Explosion einer kleinen Atombombe. Tatsächlich verläuft aber nur ein Bruchteil der 600 Sekunden dauernden Antriebsperiode innerhalb der fühlbaren Atmosphäre, und tatsächlich wird der überwiegende Teil der Reaktionsprodukte im Meiler zurückgehalten und diffundiert nicht in den Treibstoff oder in die Umgebung, lediglich die nur kurzlebigen Neutronen (Lebensdauer 20 Minuten!) diffundieren teilweise aus dem Meiler heraus und gelangen in den Abgasstrahl und in die Umgebung. Hinsichtlich des Strahlungsschutzes der Besatzung wird ange­ nommen, daß der gegen die natürliche kosmische Strahlung ohne­ hin erforderliche Schutz meist auch genügenden Schutz gegen die Strahlung des Meilers im Motor bieten dürfte. Insgesamt scheinen daher die konvektiven Fissionsraketen für den weiteren Fortschritt der erdnahen Raumfahrt von allergrößter Bedeutung, und eine möglichste Beschleunigung ihrer technischen Entwicklung ist dringendst erwünscht.

Fissions-Hyperschall-Staustrahlen Beim Aufstieg eines ballistischen ebenso wie eines aeronauti­ schen Raumfahrzeuges in die Erdumlaufbahn mittels Raketenan­ trieb werden über 60% des an Bord mitgeführten Treibstoffes in Flughöhen unter 30 km verbraucht. Das sind Flughöhen, in denen auch Luftstrahltriebwerke, wie Turbinenstrahltriebwerke und Stau­ strahltriebwerke, noch durchaus wirksam sind. Derartige Triebwerke führen im Gegensatz zu den Raketentrieb­ werken ihre Strahlmassen nicht an Bord mit, sondern entnehmen sie gänzlich oder überwiegend der Umgebungsluft, so daß der Ver183

brauch an Bord mitgeführter Massen je Antriebseinheit bei chemi­ schen Luftstrahltriebwerken meist viel geringer als bei chemischen Raketentriebwerken ist. Er beschränkt sich in der Regel auf den Brennstoffverbrauch, während der Verbrennungsstoff, hier Sauer­ stoff, zusammen mit den erheblichen weiteren inerten Strahlmassen des Stickstoffes der Umgebung entnommen wird. Ein Wettbewerb zwischen chemischen Raketen und chemischen Hyperschall-Staustrahlen dürfte indessen kaum mehr eintreten, da die sehr langen Entwicklungszeiten der letzteren jedenfalls die der konvektiven Fissionsraketen übertreffen. Bei Kernenergie-Luftstrahltriebwerken wird der Bordmassenver­ brauch jedoch verschwindend gering, da hier die für den Antriebs­ strahl nötigen Energien den an Bord mitgeführten Kernenergie­ quellen entnommen werden, während die für den Antriebsstrahl nötigen Massen völlig und kontinuierlich aus der Umgebungsluft aufgenommen werden. Praktisch ist die Lage dann etwa so, daß die hier hauptsächlich in Frage kommenden Staustrahltriebwerke bei chemischem Betrieb größenordnungsmäßig ähnlichen Verbrauch von i kg/secton an Bord mitgeführter Treibstoffe haben wie die konvektiven Fissi­ onsraketen, während sie bei Kernenergiebetrieb verschwindend kleinen Bordtreibstoffverbrauch aufweisen, ein Zustand, der den Raketentriebwerken grundsätzlich verschlossen ist. Trotz des ähnlichen spezifischen Treibstoffverbrauches zwischen chemischen Hyperschall-Staustrahlen und konvektiven Fissionsra184

keten dürfte es für Raumfahrtzwecke, wie gesagt, zu keiner ernsthaf­ ten Konkurrenz zwischen den beiden Triebwerkssystemen kommen. Die Aufstiegsbahn eines Raumfahrzeuges durchläuft den Flug­ machzahlbereich von o bis etwa 25, und Raketentriebwerke sind in diesem ganzen Bereich völlig gleichmäßig wirksam. Staustrahltriebwerke jedoch beginnen voll wirksam zu werden etwa bei Flugmachzahlen zwischen 1 und 2, ihre Verwendbarkeit endet aber spätestens bei Flugmachzahlen zwischen 1 o und 14 wieder. Wenn also in dem unter 30 km Höhe und 3500 m/sec Geschwin­ digkeit liegenden Teil der Aufstiegsbahn, in dem bei Raketenan­ trieb über 60% des Bordtreibstoffes verbraucht werden, der Rake­ tenantrieb durch Staustrahlantrieb ersetzt werden sollte, so müßte außerdem für den unter 300 bis 600 m/sec Geschwindigkeit liegen­ den Bahnteil jedenfalls noch eine weitere Triebwerksart, entweder Raketenantrieb oder Turbinenstrahlantrieb, eingeschaltet werden. Diese außerordentliche Komplikation eines mindestens dreistu­ figen Antriebssystems für das in Orbit gehende Raumfahrzeug er­ scheint bei der nicht eindeutigen Überlegenheit im spezifischen Bordmassenverbrauch gegenüber den konvektiven Fissionsraketen nicht gerechtfertigt. Eine solche Aussage läßt sich allerdings nicht mehr mit gleicher Sicherheit machen, sobald die Kernenergie auch im Staustrahltriebwerk verwendet wird. Zwar ändert sich dadurch nichts an der Tatsache, daß auch dann drei verschiedene Antriebssysteme hintereinander benützt werden müssen, wenn im mittleren Geschwindigkeitsbereich eine Stau­ strahlphase eingeschaltet wird, aber die gegenüber reinem Raketen­ antrieb mögliche Ersparnis von vielleicht 50% des gesamten Treib­ stoffbedarfes für den Aufstieg in Orbit kann für die wirtschaftliche Wettbewerbsfähigkeit von ausschlaggebender Bedeutung sein, be­ sonders dort, wo bei großen Serienproduktionszahlen des Fahrzeu­ ges und hohen Wiederverwendungszahlen die Treibstoff kosten überwiegend die Gesamttransportkosten bestimmen. Aus solchen Gründen muß der Kernenergie-Hyperschallstau­ strahl im Bereich der erdnahen Raumfahrt heute als ein durchaus konkurrenzfähiges Raumfahrttriebwerk volle Beachtung finden, auch wenn seine bauliche Gestaltung sehr schwierig und sein Bau­ gewicht beträchtlich sein werden, und derartige Triebwerke daher vielleicht erst in Jahrzehnten flugfähig zur Verfügung stehen dürften. Das Prinzip des Staustrahlantriebes wurde erstmals 1913 von dem Franzosen René Lorin vorgeschlagen. i8j

Der Weg zu seiner praktischen Verwendbarkeit wurde aber erst durch die Erkenntnis frei, daß im Brennraum des Staustrahltrieb­ werkes auch sehr hohe Temperaturen zulässig und notwendig sind. Diese im Deutschen Patent 165/44 vom Jahre 1941 niedergelegte Lehre fand in einer großen Serie von ersten Flugversuchen mit Staustrahltriebwerken in den Jahren 1942/1944 in Deutschland volle Bestätigung und führte in den folgenden Jahren zum Bau einer gan­ zen Reihe unbemannter und bemannter Fluggeräte mit reinem Staustrahlantrieb, zunächst im Unterschallflugbereich und weiter­ hin im Überschallflugbereich bis zu Machzahlen gegen 5. Die Aus­ weitung dieses Flugbereiches bis zu Machzahlen von 10 bis 14 ist gegenwärtig noch im Gange. Die Wirkungsweise des Staustrahlantriebes besteht darin, daß ein Druckkessel mit einer vorderen, in die Flugrichtung weisenden Einlauföffhung für die Luft sich rasch durch die freie Atmosphäre bewegt. Dabei wird die in den Kessel einströmende Luft relativ zum Kessel verzögert und auf höheren Druck aufgestaut. Diese Druckerhöhung infolge des Staudruckes wirkt auf die inneren vor­ deren Wände des Kessels und summiert sich auf ihnen zu einer nach vorne gerichteten Kraft, einem Schub, der alle Eigenschaften einer aerodynamischen Luftkraft hat, also mit dem Quadrat der Geschwin­ digkeit größer und mit abnehmender Luftdichte kleiner wird. Damit nun diese nach vorne, in Flugrichtung auf die vorderen, inneren Kesselwände wirkende Schubkraftnichtdurch entsprechende Drücke auf die rückwärtigen inneren Kesselwände, die sich zu einer entgegengesetzt, also nach rückwärts wirkenden Kraft addieren, wie­ der aufgehoben wird, muß die Luft im Kessel so erwärmt werden, daß infolge ihres größeren Volumens die rückwärtige Ausström­ öffnung größer wird als die vordere Einströmöffnung. Dadurch werden die rückwärts verbleibenden inneren Kesselwände, auf die die Gegendrücke wirken, kleiner als die entsprechenden vorderen Kes­ selwände oder verschwinden sogar ganz, so daß insgesamt ein Schub nach vorne übrigbleibt. Wesentlich ist also nur, daß die gestaute Luft im Kessel durch Er­ wärmung zu einem größeren Volumen ausgedehnt wird. Ob dies durch Einspritzung eines Brennstoffes und dessen Verbrennung mit dem Sauerstoff der Luft geschieht, ähnlich wie in einem chemischen Raketenmotor, oder aber durch die Wärmeentbindung eines Kern­ meilers, ähnlich wie in einer konvektiven Fissionsrakete, oder durch einen Raketenstrahl selbst, ist dabei ganz gleichgültig. Die letztere 186

Möglichkeit, Luftzumischung zum Abgasstrahl von Raketentrieb­ werken in einer staustrahlartigen Überdruckmischkammer, wurde 19 5 o in die Diskussion geworfen und scheint grundsätzlich geeignet, im Flugmachzahlbereich zwischen etwa i und 12 innerhalb der Atmo­ sphäre den Schub von Rakentriebwerken ohne Erhöhung des Treibstoffverbrauches im Mittel zu verdoppeln, also den spezifi­ schen Impuls chemischer Raketen bis zu den Werten konvektiver Fissionsraketen aufzuwerten, ohne radioaktive Verseuchung der Atmosphäre fürchten zu müssen. Die Hauptprobleme bei der Entwicklung des Hyperschall-Stau ­ strahles liegen darin, daß die gestaute Luft im Ofen zwar nur unter Anwendung raffiniertester Strömungskanäle im Einlauf zum Kessel auf die erwünschten und für die Schuberzeugung notwendigen hohen Drücke gebracht werden kann, daß sie aber jedenfalls bei diesem Aufstau, auch wenn dieser recht unvollständig bleibt, sehr hohe Temperaturen allein infolge des Staues annimmt, die mit der früher erwähnten Wärmezufuhr gar nichts zu tun haben. Diese Stautemperaturerhöhungen am Ende des Einlaufdiffusors und vor der Zufuhr der für den Antrieb allein nützlichen Wärme­ beträge liegen für die Flugmachzahl 5, also an der Grenze zwischen Überschall- und Hyperschallflugbereich, schon bei 1 ioo° C; bei der Flugmachzahl 10 bei etwa 30000 C und bei der Flugmachzahl 15 bei 45000 C, d. h. schon vor der Wärmezufuhr erreichen die Stautem­ peraturen der Frischluft die Werte der höchsten Feuergastempera­ turen in chemischen Flüssigkeitsraketen und die Schmelztempera­ turen der höchstschmelzenden Baustoffe. Diese Verhältnisse begrenzen voraussichtlich die Anwendbarkeit des Staustrahlantriebes bei Machzahlen zwischen 10 und 14, wenn nicht besonders wirksame Kühlverfahren noch gefunden werden. Solche Verfahren durch Einspritzung etwa von Wasserkühlschleiern längs der Wände sind grundsätzlich vorstellbar, bewirken aber eine merkbare Erhöhung des Bordmassenverbrauches, wenn auch viel­ leicht nicht so sehr der Antriebskosten. Bei chemischen Hyperschallstaustrahlen, die bei Verwendung von Wasserstoff als Kühlmittel und als Brennstoff voraussichtlich als Raumfahrttriebwerke gegenüber konvektiven Fissionsraketen in Frage kommen, treten noch die sehr schwierigen Verbrennungspro­ bleme hinzu. Überschallverbrennung, detonative Verbrennung bil­ den hier einschlägige Fragen, deren forschungsseitige Klärung noch in den Anfängen steht. 187

III DIE RAUMFAHRZEUGE - HEUTE

Die Raumfahrzeuge jeder Entwicklungsperiode sind in erster Linie durch die verfügbaren Triebwerke bestimmt. Die Raumfahrzeuge der sechziger Jahre unseres Jahrhunderts sind dementsprechend durch die im vorigen Abschnitt beschriebe­ nen Triebwerksarten definiert und gemäß den beschränkten Strahl­ geschwindigkeiten derselben auf den erdnahen Weltraum be­ schränkt, auch wenn in einzelnen Pionierflügen, die auf wirtschaft­ liche Forderungen verzichten dürfen, schon eigentliche Tiefraum­ fahrten unternommen werden. Zu diesem Bereich der Raumfahrzeuge müssen wir die bestehen­ den militärischen interkontinentalen Kampfraketen und die üblich gewordenen ballistischen Raketenträger, Erdsatelliten und bemann­ ten Raumkapseln ebenso rechnen wie die erst in Vorbereitung be­ findlichen Raumflugzeuge, Erdaußenstationen und Mondfahrzeuge.

Kampfraketen Kampfraketen sind militärische Raketengeschosse, die entweder vom festen Erdboden oder von Wasser- oder Luftfahrzeugen ge­ startet werden und wieder gegen Bodenziele gerichtet sind. Man unterscheidet: Taktische Kampfraketen mit Reichweiten zwischen etwa 15 km und 3 000 km. Sie verwenden sowohl chemische Feststoff- als auch Flüssigkeitstriebwerke, sind meist mit Trägheitssteuerung ausge­ stattet und benützen sowohl chemische als auch nukleare Spreng­ stoffe. Strategische Kampfraketen mit Reichweiten zwischen etwa 3 000 km und 15 000 km verwenden in älteren Typen (Atlas, Titan, T-3, T-3A) meist chemische Flüssigkeitsraketen, in neueren Typen (Polaris, Minuteman)meist Feststoffraketen. Die Flughöhen gehen bei den größten Reichweiten bis gegen 2000 km, meist mit Trägheits­ steuerung und nuklearen Sprengstoffen. Startgewichte liegen zwischen etwa 15 und 150 Tonnen, Stufen­ zahlen zwischen iy2 und 3, Höchstgeschwindigkeiten zwischen et­ wa 14000 und 26000 km/h. 188

Infolge ihrer großen Reichweiten, die fast die ganze Erdober­ fläche überdecken, ihrer kurzen Flugzeiten von weniger als einer Stunde, die eine Vorwarnung sehr erschweren, ihrer Bewaffnung durch Atombomben bis zu den größten Kalibern und ihrer hohen Fluggeschwindigkeiten, die eine Abwehr bisher technisch nicht möglich gemacht haben, infolge dieser Eigenschaften stellen stra­ tegische Kampfraketen gegenwärtig die mächtigsten Kampfmittel dar, die Menschen je ersonnen haben, und bilden eine wechselseitige Bedrohung der Gesamtmenschheit. Ihre bloße Existenz hat das strategische Bild der Erde weitge­ hend umgestaltet und beginnt auf die politische Situation der Menschheit wachsenden Einfluß zu gewinnen, in dem Sinne, daß politische Meinungsverschiedenheiten nicht mehr durch Krieg aus­ getragen werden können, da jeder durch einen Krieg mögliche Ge­ winn unbedeutend erscheint gegenüber der möglichen Zerstörung ganzer Länder oder der Vernichtung großer Teile der Menschheit. Neben dieser, den Weltfrieden stabilisierenden Wirkung der Kampfraketen haben sie eine zweite, nützliche Funktion insofern erfüllt, als aus ihnen durch geringe Steigerung ihrer Fluggeschwin­ digkeiten von 26000 km/h auf 28000 km/h die Träger der ersten Raumfahrzeuge der Menschheit hervorgegangen sind. Sowohl die ersten unbemannten Satelliten und Raumsonden als auch die ersten bemannten Raumfahrzeuge sind mit Hilfe militä­ rischer Kampfraketen auf ihre Bahnen gebracht worden.

Ballistische Raumtransporter

Die mehrstufigen, ballistischen Träger von Raumfahrzeugen zum Transport von Nutzlasten in die Erdumlaufbahn, zum Mond oder zu den Nachbarplaneten erzielen in der Antriebsphase je Einzel­ stufe eine Fluggeschwindigkeitssteigerung, die mit Berücksichti­ gung der jeweiligen Nutzlasten und der Verluste infolge Luftwider­ stand und Erdschwere etwa zwischen der einfachen und der 1,8fachen Strahlgeschwindigkeit des Raketentriebwerkes liegt. Die notwendigen Fluggeschwindigkeiten für verlustfreien Auf­ stieg in die Erdumlaufbahn liegen in der Gegend von 7900 m/sec, für Verluste infolge des Luftwiderstandes rechnet man bei den üb­ lichen, anfangs sehr mäßigen Beschleunigungen eines Senkrecht­ aufstieges etwa weitere 160 m/sec und für Verluste infolge der Erd189

schwere, gegen die das Triebwerk besonders in den Anfangsphasen des Senkrechtaufstieges zu kämpfen hat, weil das ganze Fahrzeug in dieser Phase nur vom Strahl getragen wird, für Gravitationsver­ luste also rechnet man unter günstigen Verhältnissen weitere 1420 m/sec. Damit ergibt sich insgesamt eine »charakteristische« Flugge­ schwindigkeit des Aufstieges in niedrige Erdumlaufbahnen von et­ wa v = 9480 m/sec. Mit Hilfe dieser charakteristischen Flugge­ schwindigkeit und der mehrfach benutzten Beziehung t = 1 - e“v/w läßt sich nun der erforderliche Treibstoffanteil t am Startgewicht aus der jeweiligen Strahlgeschwindigkeit w und der charakteristi­ schen Fluggeschwindigkeit vermitteln. Wählt man ein dreistufiges Gerät, so kann man näherungsweise die charakteristische Flugge­ schwindigkeit einer einzelnen Stufe zu einem Drittel des Gesamt­ wertes der betreffenden Flugaufgabe wählen, in unserem Falle also zu v = 9480/5 = 3160 m/sec, und erhält mit den noch üblichen Strahl­ geschwindigkeiten von w = 2800 m/sec einen Treibstoffanteil jeder Stufe von etwa t = 67,7%. Schätzt man den Baugewichtsanteil jeder Stufe zu etwa b = 7%, so bleiben für die Nutzlast jeder Stufe - die in den unteren Stufen also jeweils das Gewicht aller darüberliegenden Stufen ist - n = 25,3%. Die Nutzlast der letzten, in unserem Beispiel also dritten Stufe, ist somit N =n3 = 1,62%. Dieser Wert stellt die eigentliche, in die Erdumlaufbahn zu transportierende Nutzlast dar. Einige Beispiele der wirklichen Nutzlastanteile am Startgewicht amerikanischer Satellitenträger beim Aufstieg auf eine 550 kmKreisbahn sind: Nutzlast­ Start­ Nutzlast gewicht (kg) anteil (%) (kg) 0,42 Blue Scout 16 200 68 Delta 51000 230 o,45 Thor Able Star 410 5 5 000 0,75 1,30 Thor Agena 56000 730 Atlas Agena B 125 000 1,82 2 27O Saturn C 1 5 50000 9 IOO 1,67 Titan III 365 000 9IOO 2,5 Saturn C 5 3140000 9I OOO 2,9 Nova — 7600 000 -4,6 350000 Die Nutzlastanteile liegen also in der angedeuteten Größenord­ nung, sie wachsen aber mit der absoluten Größe der Geräte merk190

bar an, was einerseits in den relativ etwas gün­ stiger werdenden Baugewichten und ande­ rerseits in der zunehmenden Verwendung von Motoren höherer Strahlgeschwindig­ 1. Slul« keiten begründet ist. MOm Du" Für das Verlassen des Erdschwerefeldes haben wir die verlustfreie Fluchtgeschwin­ digkeit zu 11200 m/sec schon früher kennen­ É K gelernt. Addiert man dazu dieselben Ge­ schwindigkeitsverluste von zusammen 1420 m/sec für Luftwiderstand und Erdschwere, wie im vorigen Beispiel, so folgt die charak­ teristische Fluchtgeschwindigkeit zu 12 620 m/sec. Für eine Stufe eines dreistufigen Ge­ rätes bleiben daher v = 4207 m/sec. Mit der Abb. 23 Ballistischer früher benutzten Strahlgeschwindigkeit w = Raumtransporter (Sa­ 2800 m/sec folgt der Treibstoffanteil t am turn C 5; 3 400 Tonnen Startgewicht zu t = 77,7 %, so daß mit dem Startschub, 100 Tonnen Baugewichtsanteil von hier b = 6% der Nutzlast inj 00 kmOrbit. Nutzlastanteil jeder Stufe zu n = i6,3%folgt, 45 Tonnen Nutzlast auf Fluchtgeschwindigkeit; und damit der Nutzlastanteil N der dritten 30 Tonnen Nutzlast zu Stufe am Startgewicht des ganzen dreistufi­ Nachbarplaneten) gen Raumraketenträgers zu N = n3 = 0,42 %. Nur dieser geringe Nutzlastanteil verläßt also das Erdschwerefeld. Einige Beispiele der wirklichen Nutzlastanteile am Startgewicht amerikanischer Raumraketenträger beim Verlassen des Erdschwere­ feldes sind:

Start­ gewicht (kg) Blue Scout Delta Thor Able Star Thor Agena Atlas Agena B Saturn C 1 Titan III Saturn C 5 Nova

16200 51000 5 5 000 56000 125 000 550000 365 000 3140000 — 7600000

Nutzlast (kg)

Nutzlast­ anteil (%)





27 — —

°>°5 3 — — 0,27 — —

340 — — 38 500 75 000

b*3 ~i

191

Die gegenwärtigen ballistischen Raumfahrzeuge benutzen fast ausschließlich die erprobten chemischen Raketentriebwerke mit etwa 2 800 m/sec Vakuum-Strahlgeschwindigkeit und einer Flug­ geschwindigkeitssteigerung sehr ähnlicher Größe in jeder Stufe. Sie sind dementsprechend für den Flug in Orbit 9480/2800 ~ 3 stufig bzw. für das Verlassen des Erdschwerefeldes 12620/2800 ~ 4Stufig. Die Kosten des Transportes von 1 kg Nutzlast sind vor allem bedingt durch die meist nur geringe Zahl der wirklich produzierten Exemplare einer Entwicklungstype, wodurch sich die sehr hohen Entwicklungskosten nur auf diese wenigen Exemplare verteilen. Sie sind ferner bedingt durch den hohen Produktionsaufwand für jedes Exemplar der nur einmalig verwendeten derzeitigen Raum­ fahrzeuge, die nach jeder Verwendung verloren gehen, so daß sich die Produktionskosten jedes Gerätes nur auf einen einzigen Flug verteilen bzw. nicht verteilen. Und sie sind schließlich bedingt durch den außerordentlich hohen Bodenaufwand für jeden Start. Die wirklichen Kosten je Kilogramm in Orbit gebrachter Nutz­ last liegen daher oft in der Größenordnung von 100000 h/kg, und wenn man unter Außerachtlassung der Entwicklungskosten manch­ mal Kostenangaben von 1000 bis 2000 h/kg nennt, so sind solche Zahlen derzeit noch unrealistisch. Es kennzeichnet den noch primitiven Stand der derzeitigen Raum­ fahrttechnik, der kaum jenem der Luftfahrttechnik zur Zeit der Gebrüder Wright entspricht, daß noch keine kostensenkenden, großen Produktionsserien der Raumfahrtgeräte möglich sind, und daß die sehr kostspieligen unteren Stufen eines jeden Raumfahrzeu­ ges bei jedem Flug in den Ozean geworfen werden, ähnlich als ob man am Ende eines Verkehrsfluges jedes Strahlverkehrsflugzeug ins Meer werfen und die Insassen mit Fallschirmen bergen würde. Mit der nun im Gange befindlichen, allmählichen Einführung der chemischen Wasserstofftriebwerke von etwa w=4joo m/sec Va­ kuum-Strahlgeschwindigkeit verbessern sich die Verhältnisse schon wesentlich. Für den Aufstieg in eine 5 5 o km-Kreisbahn ist die charakteristi­ sche Fluggeschwindigkeit einer Stufe eines nur zweistufigen Gerä­ tes dann v = 9480/2 =4740 m/sec und damit der Treibstoffanteil jeder Stufe t = 65 %. Der Baugewichtsanteil wird wegen des sehr großen Wasserstoff­ tanks nun etwas ungünstiger zu b— 9% anzusetzen sein, so daß für den Nutzlastanteil jeder Stufe n = 26% bleiben. Der Nutzlastanteil 192

der zweiten Stufe, die den eigentlichen Nutzlastanteil des Gesamt­ gerätes darstellt, ist damit N=na = 6,8%, also mehr als vierfach größer als bei den Triebwerken geringerer Strahlgeschwindigkeit, obwohl auch die Stufenzahl nun geringer ist. Mit diesen chemischen Hochleistungstriebwerken vermindert sich die Stufenzahl beim Flug in Orbit auf etwa 9480/4 500 — 2 und beim Verlassen des Erdschwerefeldes auf 12620/4500 — 3. Dies bedeutet an und für sich schon eine erhebliche Vereinfa­ chung, Erhöhung der Verläßlichkeit und Verbilligung des Trans­ portvorganges, und im Zusammenhang mit den Bestrebungen, nicht nur die letzte Stufe durch Fallschirme zu bergen, sondern auch die nun geringe Zahl der unteren Stufen auf solche Weise wieder­ verwendbar zu machen, läßt sich eine merkbare Senkung der Trans­ portkosten in die Erdumlaufbahn in die Größenordnung von 300 h/kg Nutzlast in den nächsten Jahren voraussehen, wenn man wie­ der die Entwicklungskosten unbeachtet läßt. In der Tat sind in dieser Richtung Entwicklungen im Gange, die mit Startgewichten von über 500 Tonnen (Saturn) bzw. 3000 bis 7000 Tonnen (Saturn und Nova) wahrscheinlich ein Endstadium der ballistischen Raumfahrzeuge zumindest für erdnahe Raumfahrt darstellen. Ein Endstadium, das wegen des außerordentlichen Aufwandes nurmehr durch den politischen Wettbewerb zwischen USA und USSR vertretbar erscheint und technisch-wirtschaftlich offenbar ein Irrweg ist. Dies besonders auch deswegen, weil mit dem starken Anwachsen der absoluten Nutzlastgrößen die Aussichten noch geringer werden, daß diese Geräte einmal in großen Serienzahlen produziert würden, so daß ihre Entwicklungskosten von größenordnungsmäßig zehn­ tausend Arbeitsstundenwerten je Kilogramm Nutzlast immer weni­ ger Aussicht haben, sich auf eine größere Zahl mit der betreffenden Type wirklich ausgeführter Flüge zu verteilen.

Satelliten und Raumsonden

Die mittels ballistischer Raumtransporter in Erdumlaufbahnen bzw. in den tiefen Weltraum gebrachten Nutzlasten liegen derzeit je Flug zwischen etwa 30 kg und 5 Tonnen und sollen im Laufe der Sechzigerjahre auf über 100 Tonnen anwachsen. 193

Diese Nutzlasten bestehen im wesentlichen aus unbemannten Sa­ telliten der verschiedensten Zweckbestimmung, aus bemannten Satelliten, ferner aus unbemannten Tiefraumsonden und in Zukunft aus bemannten Raumsonden. Unbemannte Satelliten werden in großer Zahl verwendet für: Geophysikalische Forschung, wie Strahlungsmessungen (Arents), Großzahlforschung (Pogo, 500 kg). Nachrichtenübermittlung, wie passive Reflexionsmessungen elek­ tromagnetischer Wellen (Echo, Rebound) und aktive Nachrichten­ übermittlung (HACS, 250 kg; MACS, 75 kg; Relay; Syncom, 25 kg; Advanced Syncom, 250 kg; Telstar, 80 kg). Meteorologische Zwecke, wie Wolkenphotos (Aeros; Nimbus, 300 kg; Tiros, 150 kg) und Wärmestrahlungsmessung. Geodätische Zwecke,wie als Triangelierungspunkt (Anna, 170 kg). Technologische Zwecke, wie Untersuchung des Einflusses der Weltraumbedingungen auf Baustoffe, Maschinenteile, Instrumente, Kleinlebewesen (Discoverer, 800 kg) oder Erprobung elektrischer Triebwerke (Sert). Astronomische Zwecke, wie Sternspektren (OAO, 1700 kg), Sonnenfackeln (OSO, 200 kg). Navigationszwecke, wie Referenzpunkte für Schiffs- und Flug­ zeugnavigation unter allen Wetterbedingungen (Transit, 80 kg). Militärische Zwecke, wie Frühwarnung von Raketenstarts mittels Infrarotdetektoren (Midas, 1600 kg), Satellitenüberwachung (Saint), Photoaufklärung (Samos, 2000 kg), Aufspürung von Atomexplo­ sionen im Weltraum (Vela-Hotel, 200 kg) usw. Bemannte Satelliten, sogenannte Raumkapseln, werden hauptsäch­ lich zur Untersuchung des Verhaltens des Menschen im Weltraum benützt (Wostok, 5000 kg; Mercury, 2000 kg; Gemini, 3000 kg). Unbemannte Raumsonden dienen der Aufklärung der Verhältnisse im freien, erdfernen Weltraum und auf den der Erde benachbarten Weltkörpern, zunächst insbesondere auf Mond, Venus und Mars (Lunik; Mechta; Ranger (150 kg); Mariner (220 kg); Surveyor (3 50 kg); Voyager (1 200 kg)). Bemannte Raumsonden bereiten bemannte Tiefraumfahrten, Um­ kreisung des Mondes durch Menschen und Landung derselben auf dem Mond vor, späterhin Umkreisung und Landung auf Venus und Mars (Apollo, 40000 kg).

194

Abb. 24 Aeronautischer Raumtransporter mit reiner Glühhautkühlung und ebener Unterseite

Aeronautische Raumtransporter Das Heranreifen von chemischen Wasserstofftriebwerken mit fast 5 000 m/sec Strahlgeschwindigkeit im Vakuum, der ersten konvek­ tiven Fissionsraketen mit etwa 8000 m/sec Strahlgeschwindigkeit und schließlich vielleicht von Fissions-Hyperschall-Staustrahlen mit verschwindendem Treibstoffverbrauch läßt im Zusammenhang mit unseren früheren Überlegungen erkennen, daß wir in absehbarer Zeit mit einstufigen Transportgeräten in Orbit und sogar in den freien Weltraum rechnen dürfen. Diese Raumtransporter werden zunächst vielleicht mit einer katapultartigen Vorstufe und später völlig aus eigener Kraft in der Lage sein, von der Erdoberfläche in die Erdumlaufbahn oder in den freien Weltraum zu fliegen, dort gewisse Aufgaben und Manöver auszuführen und mit Hilfe von Flügeln im Gleitflug wieder an die Erdoberfläche zurückzukehren. Dieser, im Gegensatz zu dem bisherigen ballistischen Weg der Raumfahrt, aeronautische Weg ging ursprünglich ebenfalls von der Technischen Hochschule in Wien und von der Deutschen Luft­ fahrtforschung in Trauen aus und manifestiert sich mit der im Ab­ schnitt »Ballistische Raumtransporter« geschilderten Zwangslage des bisherigen ballistischen Pionierstadiums der Raumfahrt in einer rasch anwachsenden Zahl von Projekten aeronautischer Raumtrans­ porter in der ganzen Welt, beispielsweise der Vorhaben T-4 A in

Abb. 25 Aeronautischer Raumtransporter mit ebener Unterseite und Treib­ stoffkühlung der thermisch kritischen Teilflächen der Außenhaut (schraffiert)

Rußland, X-15, X-20, Dyna Soar II, Douglas-Astro, AerospacePlane in USA, Bristol-Siddeley-Booster, Orbital-Fighter in Eng­ land, Eurospace-Raumgleiter in Frankreich, Raumtransporter in Deutschland usw. Diese Arbeiten haben zum Ziel, Raumflugzeuge zu schaffen, die von mehr oder weniger üblichen Flugplätzen starten und nach Er­ füllung ihrer Raumflugaufgaben wieder auf diesen landen und die­ sen Vorgang genau wie heutige Verkehrsflugzeuge immer wieder ausführen können, so daß jedes Flugzeug Hunderte von derartigen Flügen durchzuführen vermag und sich entsprechend amortisiert. Technisch handelt es sich im wesentlichen um die Schließung der Lücke, die heute etwa zwischen dem aus eigener Kraft bis auf 2 000 m/sec Fluggeschwindigkeit gebrachten X-i 5-Experimentalflugzeug und dem aus der Erdumlaufbahn im antriebslosen Gleitflug zurück­ kehrenden X-20-Raumflugzeug klafft. Die wesentlichen Gründe für diesen sich rasch anbahnenden Übergang von der ballistischen zur aeronautischen Raumfahrttech­ nik sind insbesondere: i. Erhebliche Verminderung der Kosten eines Fluges von derzeit etwa 1000 Arbeitsstundenwerten je Kilogramm Startgewicht auf die bei Flugzeugen üblichen Kosten in Höhe eines geringen Vielfachen der Treibstoffkosten von unter 0,1 h/kg Startgewicht. Diese außer­ ordentliche Kostensenkung der Raumflugzeuge folgt aus den Um­ ständen, daß zur Versorgung von Erdaußenstationen, Mondaußen196

Stationen, Planetenaußenstationen, Mondbasen, Planetenbasen und für den irdischen Hyperschall-Luftverkehr sehr viele Flüge und da­ mit sehr viele Raumflugzeuge erforderlich sind und damit von einer Entwicklungstype Hunderte von Flugzeugexemplaren gebaut wer­ den müssen, so daß sich die hohen Entwicklungskosten einer Type auf die große Zahl der von dieser Type produzierten Einzelexem­ plare verteilen. Sie folgt weiter aus dem Umstand, daß jedes produ­ zierte Einzelexemplar im Laufe seiner Lebensdauer Hunderte von Flügen ausführt, so daß sich weiterhin sowohl die Entwicklungs­ kosten als auch die Produktionskosten des Einzelexemplares auf eine große Zahl ausgeführter Flüge verteilen. Diese Kostensenkung folgt schließlich aus dem Umstand, daß mit der Einführung fort­ schrittlicherer Triebwerke der Nutzlastanteil am Startgewicht auf die bei Transozean-Verkehrsflugzeugen üblichen Werte von 15 bis 20% steigen können, also insgesamt etwa die Verhältnisse normalen Luftverkehrs auch im Raumverkehr Platz greifen und insbeson­ dere eben die kostbaren Fluggeräte nicht bei jeder Anwendung ver­ lorengehen, sondern wie Flugzeuge immer wieder verwendet wer­ den. 2. Ein zweiter Grund für den Übergang von ballistischer zu aero­ nautischer Raumfahrt liegt in der Möglichkeit der Flugerprobung jedes aus der Fabrik kommenden neuen Raumfahrzeuges vor der endgültigen Verwendung. Dadurch kann die heute im Durchschnitt nur 50% betragende Verläßlichkeit auf die bei Verkehrsflugzeugen übliche Verläßlichkeit von fast 100% erhöht werden, eine gerade für den bemannten Raumflug unabdingbare Forderung. 3. Mit dem Übergang von ballistischen zu aeronautischen Raum­ fahrzeugen werden Start- und Landevorgänge dieser Fahrzeuge auch in dichtbesiedelten Ländern, etwa Europas, auf mehr oder we­ niger üblichen Flugplätzen möglich, während derzeit die Startmög­ lichkeiten noch auf wenige Erdpunkte (wie Cape Canaveral, Woomera usw.) mit außerordentlich teuren Bodeneinrichtungen be­ schränkt und in Europa überhaupt nicht möglich sind. 4. Ermöglichung der Transporte der Raumfahrzeuge von der Fabrikationsstätte nach dem Startplatz. Diese Transporte werden gegenwärtig mit der Vergrößerung der Raumfahrzeuge in Richtung der Gewichte und Abmessungen von Hochseeschiffen immer schwie­ riger und werden sich schließlich nur noch dadurch ermöglichen lassen, daß die Raumfahrzeuge des erdnahen Raumverkehrs selbst als Flugzeuge ausgebildet sind. 197

5. Der katastrophale Rückgang der Luftfahrtindustrie auch in den großen Industrieländern infolge des meteorhaften Aufstieges der ballistischen Missiles und ballistischen Raumfahrzeuge kann durch technische Rückführung der Raumfahrzeuge auf den aero­ nautischen Weg wieder aufgefangen werden. In den zahlreichen Ländern, zu denen auch die europäischen Länder gehören, mit ge­ ringer Erfahrung mit ballistischen Geräten, aber Potential im Bau von Luftfahrzeugen, kann die Aufnahme von Arbeiten an aeronau­ tischen Raumfahrtgeräten wesentlich leichter vor sich gehen. Diese Entwicklung wirtschaftlicher Raumflugzeuge wird in USA unter dem Sammelbegriff »Aerospace Vehicle«oder »Space-Plane« noch zögernd beschritten. Es scheint, daß sie in der USSR mit Hilfe großer Schienenstartbahnen schon intensiver bearbeitet wird. Beide Raumfahrtgroßmächte sind gegenwärtig gezwungen, durch kurzfristige Gewaltprogramme mit Hilfe verlorener ballistischer Geräte und möglicherweise unter Einsatz von Feststoffraketen mit Schüben bis iooooTonnen ohne Rücksicht auf wirtschaftlichen Auf­ wand ihre Wettbewerbsfähigkeit im Raum unter Beweis zu stellen. Dagegen steht Europa derzeit außerhalb dieses Wettrennens und kann den ruhigeren Weg langfristiger Planung wirtschaftlicher Ge­ räte der angedeuteten Art bevorzugen, von denen man erwartet, daß sie die Transportkosten eines Kilogramms Nutzlast in die Erd­ umlaufbahn unter die Produktionskosten der meisten Nutzlasten und vielleicht bis auf io h/kg absenken werden. Diese Raumflugzeuge lassen ein ungewöhnlich breites Spektrum ziviler, wirtschaftlicher Anwendung und gegebenenfalls auch militäri­ scher Anwendung erwarten. In Form der Hyperschallflugzeuge sind sie geeignet, schon heute die Arbeiten an Überschallflugzeugen des Machzahlbereiches 3 bis 4, wie sie als militärische und zivile Transportflugzeuge, insbeson­ dere als Überschall-Verkehrsflugzeuge gepflegt werden, grundsätz­ lich zu überholen und selbst die letzte, nicht mehr überholbare End­ stufe des schnellen irdischen Luftverkehrs vorzubereiten, wobei die Reisezeiten auf Interkontinentalstrecken in der Gegend von einer Stunde liegen, während der Flug um den halben Erdumfang gegen i % Stunden dauert, also der Zeit der Erdumkreisung durch einen Satelliten entspricht. Schon mit chemischen Raketentriebwerken lassen sich beispiels­ weise folgende Flugleistungen im irdischen Hyperschall-Luftver­ kehr erwarten: 198

Bei 65% Treibstoffanteil (Oj/Hj) am Anfangsfluggewicht des Raumflugzeuges beträgt die Flugbahnlänge 6 800 km, ausreichend für interkontinentale Flüge, die Gesamtflugdauer ist 62 Minuten, also die mittlere Fluggeschwindigkeit 6500 km/h und die größte stationäre Flughöhe etwa 32 km. Bei 76% Treibstoffanteil (O2/Hü) am Anfangsfluggewicht beträgt die Flugbahnlänge 20 000 km, entsprechend einem Nonstopflug über die größtmöglichen irdischen Entfernungen, die Gesamtflugdauer 92 Minuten, die mittlere Fluggeschwindigkeit 13000 km/h und die größte stationäre Flughöhe 43 km. Bei 87% Treibstoffanteil geht das Raumflugzeug in eine niedrige Erdsatellitenbahn, die Fluglänge wird unendlich, die Fluggeschwin­ digkeit 28000 km/h, die Flughöhe einige 100 km. Diese Überlegungen zeigen sehr plastisch, wie eng Luftfahrt und Raumfahrt miteinander Zusammenhängen und wie das rasche Her­ anreifen der Raumflugzeuge sowohl die weitere Entwicklung der Luftfahrt als auch jene der Raumfahrt zu beeinflussen beginnt. In Form der Raumtransporter sind diese Geräte geeignet, den wirtschaftlichen und sicheren Verkehr zwischen der Erdoberfläche und den Erdumlaufbahnen der Satelliten und bemannten Erd­ außenstationen zu begründen und überhaupt erst die Errichtung großer Erdaußenstationen von tausenden von Tonnen Gewicht wirtschaftlich zu ermöglichen. In dieser Eigenschaft werden sie die heutigen ballistischen Raumfahrzeuge, die ein primitives, unwirt­ schaftliches und unverläßliches Erststadium der technischen Ent­ wicklung darstellen, ablösen und die erdnahe Raumfahrt auf eine ähnlich wirtschaftliche und verläßliche Basis stellen, wie sie die Luftfahrt bereits erlangt hat. Im zivilen Bereich werden Raumflugzeuge besonders für trans­ kontinentale und transozeanische Verkehrsflüge und für orbitale Flüge zur Außenstationsversorgung, als wiedergewinnbares Sa­ tellitenlabor, zum Astronautentraining und für AußenstationsReparatur-, -Rettungs- und -Verpflegungsflüge in Betracht gezogen. Auf der militärischen Seite ergeben sich zunächst dieselben An­ wendungsgebiete wie im zivilen Sektor, nämlich Hyperschalltrans­ portflugzeuge zwischen verschiedenen Punkten der Erdoberfläche und Raumtransporter zwischen Erdoberfläche und Erdumlauf­ bahn. Darüber hinaus werden seitens der Militärs Raumflugzeuge als Aufklärungsflugzeuge, als Raumjäger gegen Erdsatelliten und Erd199

Reichweite in km

10*

Trelbeloflentell t am Startgewicht ln%

Abb. 26 Reichweiten zwischen Punkten der Erdoberfläche von einstufigen Raumflugzeugen in Abhängigkeit vom Treibstoffanteil t am Anfangsflugge­ wicht bei verschiedenen Strahlgeschwindigkeiten w des Raketenmotors

außenstationen, als Raketenbombenflugzeuge, zur Satelliteninspek­ tion usw. in Betracht gezogen. Hinsichtlich der möglichen Flugleistungen der Raumflugzeuge kann die für ballistische Raumtransporter angewandte Betrachtungs­ weise auch hier aufschlußreich sein. Die charakteristische Flugge­ schwindigkeit v der Erdumlaufbahn scheint für Raumflugzeuge 200

Abb. 27 Erreichbare Endfluggeschwindigkeit v von einstufigen Raumflugzeugen in Abhängigkeit vom Treibstoffanteil t am Anfangsfluggewicht bei verschiedenen Strahlgeschwindigkeiten w des Raketenmotors

guter Hyperschallgleitzahlen etwas günstiger als für ballistische Raumtransporter, nämlich bei v = 9100 m/sec zu liegen, gegenüber 9480 m/sec bei ballistischen Transportern. 201

Mit einer über der Aufstiegsbahn gemittelten Strahlgeschwindig­ keit w = 45oo m/sec ergibt sich der Treibstoffanteil t = i -e~T/> nun zu 86,8% für ein einstufiges Gerät. Der Baugewichtsanteil von Raumflugzeugen ist wegen der Flü­ gel, Landefahrwerke etc. meist merkbar höher als bei ballistischen Raumtransportern und darf für Oa/H2-Treibstoffe zu etwa b = 12% geschätzt werden. Damit bleiben nur 1,2% für die Nutzlast. Würde man das Raumflugzeug unter sonst gleichen Verhältnis­ sen zunächst mit bodenfesten Mitteln auf eine Anfangsgeschwindig­ keit von 500 m/sec katapultieren, so bleibt für die mit Bordmitteln aufzubringende charakteristische Geschwindigkeit noch v = 8 600 m/sec, und der Treibstoffanteil am Anfangsfluggewicht sinkt auf t = 85,2%, während der Nutzlastanteil nun auf 2,8% steigt, sich also mehr als verdoppelt. Ein Überschallkatapult erscheint daher für Raumflugzeuge mit chemischen Triebwerken sehr nützlich. In Weiterführung dieses Gedankenganges kann man auch an ein zweistufiges Raumflugzeug denken, wie es etwa das amerikanische Douglas-Astro-Projekt vorsieht. Die charakteristische Flugge­ schwindigkeit v = 9100 m/sec halbiert sich nun für jede Stufe, wird also v = 4 5 50 m/sec, und damit der Treibstoffanteil jeder Stufe t = 63,6% und der Nutzlastanteil jeder Stufe n = 100 — (63,6+12) = 24,4%, also der Nutzlastanteil der zweiten Stufe N = n* = 5,9%. Durch diese Zweistufigkeit würde man also in der Tat eine merk­ bare weitere Verbesserung des Nutzlastanteils erreichen, allerdings das Gesamtgerät und den Flugvorgang wieder so verkomplizieren und die Verläßlichkeit wegen der größeren Zahl lebenswichtiger und störanfälliger Teile so weit vermindern, daß wir hier von der Verfolgung dieses Weges zunächst absehen wollen. Ehe wir aber andere Wege zur Vergrößerung des Nutzlastantei­ les ins Auge fassen, wollen wir noch kurz den Einfluß der aerody­ namischen Gleitzahl des Raumflugzeuges auf die Nutzlast abschät­ zen. Beim Aufstieg von Raumtransportern in Orbit oder zum Mond­ flug liegen die idealen, verlustfreien charakteristischen Flugge­ schwindigkeit zwischen 7900 m/sec und dem 2-fachen dieses Be­ trages, also 11200 m/sec. Beim Aufstieg ballistischer Raumtransporter sind die Geschwin­ digkeitsverluste infolge Luftwiderstand und Gravitation zusammen etwa 1580 m/sec. Sie sind bei der Bestimmung des Treibstoflantei202

les am Startgewicht noch zur verlustfreien charakteristischen Flug­ geschwindigkeit zu addieren. Diese Geschwindigkeitsverluste verteilen sich zu etwa 1420 m/sec auf Gravitationsverluste und zu 160 m/sec auf Luftwider­ stand. Beim Aufstieg aeronautischer Raumtransporter der Hyperschall­ gleitzahl- d. h. des Verhältnisses Widerstand zu Auftrieb der Luft­ kräfte-gleich 1:6,4 wird die Summe der Geschwindigkeitsverluste infolge Luftwiderstand und Gravitation etwas geringer und beträgt etwa 1200 m/sec. Sie verteilen sich aber in ganz anderer Weise auf Luftwiderstand und Gravitation. Infolge des sehr schrägen Aufstieges und des überwiegend von Flügeln getragenen Gewichtes sind die Gravitationsverluste nur et­ wa 200 m/sec, wogegen der Luftwiderstandsanteil wegen der lange in dichter Atmosphäre verlaufenden Bahn nun etwa 1000 m/sec aus­ macht. Dieser hohe Verlustanteil des Luftwiderstandes ist etwa propor­ tional der aerodynamischen Gleitzahl. D. h. beispielsweise schon bei einer Verschlechterung der Gleit­ zahl von dem früher genannten sehr günstigen Wert 1 /6,4 auf den Wert 1/4,6 steigt der Geschwindigkeitsverlust infolge Luftwider­ stand auf etwa 1 380 m/sec und damit die gesamten Verluste an cha­ rakteristischer Fluggeschwindigkeit auf 1580 m/sec, also auf den Wert der ballistischen Raumtransporter. Dies bedeutet eine Verschlechterung des Nutzlastanteiles am Startgewicht um etwa L3%> kann daher die Nutzlast zum Ver­ schwinden bringen. Außer auf die Aufstiegsbahn wirkt eine Änderung der Gleitzahl auch auf die Abstiegsbahn bzw. auf Gesamtflugbahnen innerhalb der Atmosphäre ein. Der bahnverkürzende Einfluß einer schlechteren Gleitzahl auf die Rückkehrbahn aus Erdorbit wirkt sich in Erhöhung des aerodyna­ mischen Wärmeüberganges aus, ist aber sonst weniger nachteilig. Für den Raumgleiter X-20 ist daher eine extrem gute Gleitzahl nicht wichtig. Wird das Raumflugzeug dagegen für irdischen Fernluftverkehr zwischen Punkten der Erdoberfläche benützt, dann vermindern sich die Reichweiten unter sonst gleichen Verhältnissen fast pro­ portional der Gleitzahl. 203

Möglichst günstige Hyperschallgleitzahl ist daher für das Raum­ flugzeug anzustreben. Die beste Hyperschallgleitzahl hat die ebene, unendlich dünne Platte. Hyperschallflugzeuge guter Gleitzahl sollen ebene Unterseite haben und die darüber befindlichen Aufbauten möglichst im Wind­ schatten dieser angestellten, ebenen Unterseitenplatte verbergen (Deutsches Patent 411/42 aus 1939). Der Einfluß der aerodynamischen Gleitzahl auf die Reichweite eines in konstanter Höhe fliegenden Raumflugzeuges nimmt übri­ gens mit wachsender Fluggeschwindigkeit ab, weil das Flugzeug mehr und mehr nicht von den Flügeln bzw. dem aerodynamischen Auftrieb, sondern von der Fliehkraft des der Erdkrümmung fol­ genden Flugzeuges getragen wird. Schon bei halber Kreisbahnge­ schwindigkeit, also etwa 4000 m/sec, wird ein Viertel des Flug­ zeuggewichtes von der Fliehkraft getragen, bei 5500 m/sec Flugge­ schwindigkeit sind es schon 50% und bei 7 500 m/sec 91% des Ge­ wichtes, d. h. bei dieser Geschwindigkeit brauchen nur mehr 9% des Gewichtes durch aerodynamische Luftkräfte getragen werden, und die nach der Gleitzahl zugehörigen Luftwiderstandskräfte sind schon sehr klein geworden. Andererseits verschlechtern sich die aerodynamischen Gleitzah­ len beim Übergang in den Bereich freier Molekularströmung, also in so großen Flughöhen, daß die freien Weglängen der Luftmole­ küle vergleichbar werden mit den Abmessungen des Flugzeuges. Dies ist allerdings meist erst in Flughöhen über 100 km der Fall, wo die absolute Größe der Luftkräfte schon verschwindend klein wird. Noch wichtiger als diese aerodynamischen Gleitzahlverhältnisse ist für die Leistungsfähigkeit und Wirtschaftlichkeit des Raumflug­ zeuges allerdings die Treibstoffwahl. Für sie ist das Minimum der Transportkosten von einem Kilo­ gramm Nutzlast in Orbit oder in den freien Weltraum das maßge­ bende Kriterium. Für die Flugtriebwerke der Raumflugzeuge kommen Feststoff­ raketen aus mehreren Gründen nicht in Frage. Wirtschaftliche und betriebssichere Raumflugzeuge setzen, wie gesagt, jedenfalls Wiederverwendbarkeit in der Art normaler Flug­ zeuge voraus. Während bei chemischen Flüssigkeitsraketen die Treibstoffkosten niedrig (0,01 bis 0,1 h/kg) und die Baukosten we204

spez. Gewicht der Treibstoflkomblnation In kg/dm1

Abb. 28 Zusammenhang von spez. Gewicht und Strahlgeschwindigkeit w einiger Treibstoffkombinationen für chemische Flüssigkeitsraketen bei ver­ schiedenengewichtsmäßigen MischungsverhältnissenVcrbrennungsstoff/Brennstoff und verschiedenen Entspannungsverhältnissen. (Ofendruck po; Düsen­ mündungsdruck pro; Düsenhalsfläche f'; Düsenmündungsfläche fm)

gen der komplizierten Mechanik hoch sind, liegen bei Feststoffra­ keten die Treibstoff kosten hoch (o,8 bis 1,3 h/kg), während die Baukosten niedrig bleiben. Dadurch entsteht beim augenblicklichen Stand der Raumfahrt­ technik mit nur einmalig verwendbaren Fluggeräten ein gewisser Kostenausgleich, der die Wettbewerbsfähigkeit beider Systeme er­ möglicht. Diese Wettbewerbsfähigkeit verschwindet jedoch mit der Wiederverwendbarkeit der Geräte sofort zu Gunsten der Flüssig­ keitsrakete. Da Wiederverwendbarkeit nur die Baukosten auf viele Flüge verteilt, die Treibstoffkosten aber jedenfalls bei jedem Flug voll entstehen, sind in diesem Zusammenhang Feststofftriebwerke ohne Interesse. Bei ihnen würde oftmalige Verwendung desselben Gerätes den Gesamtaufwand wegen des hohen Treibstoffpreises nicht merkbar senken, sondern im angegebenen Verhältnis hoch halten. Sobald jedoch chemische Flüssigkeitstriebwerke mit Strahlge­ schwindigkeiten gegen 5 000 m/sec oder konvektive Fissionsrake­ ten mit doppelt so hohen Strahlgeschwindigkeiten zur Verfügung stehen, ist deren Überlegenheit gegenüber der Strahlgeschwindig­ keit von 2 500 bis 2 800 m/sec der Feststoffraketen der ausschlagge­ bende Grund für ihre Nichtanwendung bei Raumflugzeugen. Unter den also zunächst in Frage kommenden chemischen Flüs­ sigtreibstoffen stehen die schon in den Abschnitten »Die Quantität der aufgewendeten Arbeitsstunden« und »Chemische Flüssigkeits­ raketen« erwähnten Kombinationen Flüssigsauerstoff/Kerosin, Flüssigsauerstoff/Flüssigwasserstoff und Flüssigfluor/Flüssigwasserstoff im Vordergrund des Interesses. Wirtschaftlichkeitsuntersu ­ chungen nach Art des Abschnittes »Die Quantität der aufgewen­ deten Arbeitsstunden« führen beim Raumflugzeug zu folgenden wesentlichsten Ergebnissen: Wenn die Zahl der von einer Flugzeugtype produzierten Exem­ plare und die Zahl der mit jedem Exemplar ausgeführten Flüge, also die Gesamtflugzahl einer Type, klein bleibt, etwa unter 1000 - wie dies bei den heutigen, nicht wiederverwendbaren ballistischen Raumtransportern meist zutrifft -, dann verteilen sich die sehr ho­ hen Entwicklungskosten und auch die nicht unbeträchtlichen Pro­ duktionskosten nur auf diese wenigen Flüge. Die Transportkosten der Nutzlast bleiben so hoch, daß sie im irdischen Fernverkehr nur unter außergewöhnlichen Bedingungen mit den bestehenden Schnelltransportflugzeugen konkurrieren können, in der Raum206

fahrt nur in Ermangelung eines anderen konkurrierenden Systems. Die Transportkosten sind umgekehrt proportional der Gesamtflug­ zahl einer Type, und gegenüber den hohen anteiligen Produktions­ und Entwicklungskosten spielen die Treibstoffkosten des einzelnen Fluges keine Rolle. Es ist jedenfalls jener Treibstoff, der den höch­ sten Nutzlastanteil ermöglicht, der wirtschaftlichste, in unserem Beispiel also die Kombination Flüssigfluor mit Flüssigwasserstoff, oder sogar exotische Treibstoffe, wie Beryllium oder Flüssigozon. Wenn die Flugzahlen einer Type dagegen sehr groß werden, et­ wa über i oooo bis iooooo - wie dies möglicherweise für einen irdi­ schen Schnellstluftverkehr und jedenfalls für den Aufbau und die Versorgung von großen Außenstationen und Mond- bzw. Planeten-Basen sehr bald zu erwarten ist -, dann verteilen sich die Entwicklungs- und Produktionskosten auf diese sehr großen Flugzah­ len und beginnen klein zu werden gegenüber den von der Flugzahl unabhängigen Treibstoffkosten. Die Transportkosten je Kilo­ gramm Nutzlast werden damit selbst fast unabhängig von der Flug­ zahl und sind durch die Treibstoffkosten bestimmt, d. h. daß die billigsten Treibstoffe nun auch die niedrigsten Transportkosten der Nutzlast ergeben, also für den irdischen Schnellstverkehr die Kom­ bination Flüssigsauerstoff/Kerosin und für den Orbit-Verkehr die Flüssigsauerstoff/Flüssigwasserstoffkombination. Auf diesen Grundlagen beruht die Empfehlung der Oa/Ha- Kom­ bination für Raumtransporter, und auf ähnlichen Überlegungen be­ ruht wohl auch die amerikanische Entwicklungspolitik von großen Oa/Ha-Motoren der Entwicklungsreihe A 3 (7,5 Tonnen Schub), J 2 (100 Tonnen Schub) und M 1 (600-750 Tonnen Schub). Wenn auf Grund derartiger Überlegungen eine Entscheidung über die chemische Natur der zu verwendenden Treibstoffkombi­ nation getroffen ist, so muß nach ähnlichen Verfahren auch noch das wirtschaftlichste Mischungsverhältnis zwischen Verbrennungs­ und Brennstoff ermittelt werden. Bekanntlich ergibt das stöchiometrische Mischungsverhältnis wohl die höchste Energieausbeute, aber keineswegs die höchste Strahlgeschwindigkeit. Diese läßt sich vielmehr durch solche Gemischzusammensetzun­ gen, daß das Molekulargewicht des Feuergases niedriger als beim stöchiometrischen Feuergas wird, sehr merkbar erhöhen. Die in Tabellenwerken angegebenen spezifischen Impulse bzw. Strahlgeschwindigkeiten folgen aus hinsichtlich dieser Geschwin207

digkeiten optimalen Gemischen, wobei meist mit wachsendem Brennstoffuberschuß sowohl die Energieentbindung je Massenein­ heit als auch das Molekulargewicht des Feuergases sinken, bis die erwähnte höchste Strahlgeschwindigkeit entsteht. Wenn hingegen ein Optimum hinsichtlich der Treibstoffkosten für den Transport der Nutzlasteinheit beispielsweise in Orbit ge­ sucht werden soll, ist zu beachten, daß mit Verschiebung des Mi­ schungsverhältnisses sich Treibstoffdichte, Strahlgeschwindigkeit, Treibstoffanteil am Startgewicht, Baugewichtsanteil und Nutzlast­ teil und der Treibstoff-Gemisch-Preis verschieben. Während beispielsweise bei der Oa/Ha-Kombination das stöchio­ metrische Gemisch bei 8 liegt, das Gemisch höchster Strahlge­ schwindigkeit bei 4, findet man unter bestimmten Voraussetzungen für Raumflugzeuge das Gemisch billigsten Nutzlasttransportes bei etwa 5,2, wobei die Treibstoffkosten je Kilogramm in Orbit ge­ brachter Nutzlast ein Minimum von etwa 6 h/kg erreichen. Diese absolute Höhe des Transportpreises bei sehr großen Flug­ zahlen ist bemerkenswert, insofern als bei irdischen Flugaufgaben der aus Entwicklungskosten, Produktionskosten und Treibstoff­ kosten zusammengesetzte Kostenanteil beim 7000 km-Flug auf et­ wa 0,015 h je Nutzlastkilometertonne, und beim 20000 km (Antipoden)-Flug auf etwa 0,025 Arbeitsstundenwerte pro Nutzlastkilo­ metertonne sinkt, also mit dem anderer, langsamerer Transport­ flugzeuge wirtschaftlich wettbewerbsfähig wird. Beim Orbitflug mit den heutigen, nicht wiederverwendbaren Transportern liegen diese Transportkosten eines Kilogramms Nutz­ last in Orbit um 10000 h/kg, während diese Transportkosten bei sehr hohen Gesamtflugzahlen einer Type durch Einführung wieder­ verwendbarer Raumtransporter auf die obengenannte Größenord­ nung 10 h/kg für den hier behandelten Kostenanteil sinken. Bezieht man noch die verschiedenen weiteren Kostenkomponenten für Bo­ denanlagen und Bodendienste, Personalkosten usw. ein, so sind die Gesamtkosten zu einem geringen Vielfachen dieser Zahl zu erwar­ ten, wie dies auch im Luftverkehr zutrifft. Diese günstigen wirtschaftlichen Aussichten der Raumflugzeuge ergeben sich schon unter den hier zu Grunde gelegten, sehr konser­ vativen Annahmen, daß die Nutzlast nur etwa 1% des Startgewich­ tes beträgt und daß noch keine Atomraketenmotoren oder schub­ aufgewertete chemische Raketenmotoren anwendbar sind, die den Treibstoffpreis noch wesentlich senken können. 208

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Abb. 29 Raumflugzeug; Transportkosten der Kilometertonne Nutzlast zwi­ schen Punkten der Erdoberfläche (Non-Stop-Flug über 7000 km bzw. 20000 km) für verschiedene Treibstoffkombination in Abhängigkeit von der Ge­ samtzahl der Flüge einer Entwicklungstype.

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Damit gelangen auch die Pläne der Errichtung sehr großer Erd­ außenstationen von zum Beispiel iooooo Tonnen Gewicht in einen wirtschaftlich denkbaren Bereich, da die Transportkosten dafür et­ wa bei einem Zehntel der Kosten liegen würden, die gegenwärtig für eine erste Mondlandung genannt werden. Interessant sind auch jene Gesamtflugzahlen einer Entwicklungs­ type des Raumflugzeuges, bei denen die wirtschaftliche Überle­ genheit der einzelnen Treibstoffkombination wechselt. Beim 7000 km-Flug verliert Fa/Ha seine Überlegenheit an Oa/Ha schon bei mehr als etwa 2500 Flügen und dieses an Oa/Kerosin bei mehr als 15 000 Flügen. Beim Antipodenflug verliert Fa/Ha seine Überlegenheit an Oa/Ha ebenfalls schon bei etwa 2500 Flügen und dieses an Oa/Kerosin bei 110000 Flügen. Beim Orbitflug verliert Fa/Ha seine wirtschaftliche Überlegenheit an Oa/Ha bei etwa 20000 Flügen. Das Ergebnis, daß die Oa/Ha-Kombination die geringsten Nutz­ lasttransportkosten ergibt für den 7000 km-Flug zwischen Gesamtflugzahlen von 2500 bis 15000, für den Antipodenflug zwischen 2500 und 110000 und für den Orbitflug bei Gesamtflugzahlen über 20000, läßt unter den hier getroffenen Annahmen und für die nach Ab­ schluß der Entwicklung des Raumtransporters zu erwartenden Flugzahlen die Treibstoffkombination Flüssigsauerstoff/Flüssigwasserstoff derzeit als die wirtschaftlichste für den irdischen Schnellstverkehr und für den Erde-Orbit-Verkehr erscheinen. Zusammenfassend können derzeit folgende Argumente zu Gun­ sten der Treibstoffwahl Oa/Ha in die Waagschale geworfen werden: 1. Billigste Transportkosten bei hohen Gesamtflugzahlen. 2. Wasserstoff wird auch noch verwendet, wenn die chemischen Triebwerke durch konvektive Fissionsraketen abgelöst werden, so daß die Zellenkonstruktion sich nicht grundsätzlich ändert. 3. Keine Vergiftung des Startbereiches oder der Atmosphäre durch Fluorverbindungen. 4. Alle modernen US-Raumfahrzeuge sind auf Oa/Ha abgestellt, so daß gegebenenfalls amerikanische Motoren unmittelbar zur Ver­ fügung stehen oder amerikanische Erfahrungen für Neuentwick­ lungen mit benutzt werden können. 211

j. Unerschöpfliche Rohstoffreserven für diese Treibstoffkombi­ nation. 6. Große Nutzlasträume als Folge der voluminösen Wasserstoff­ tanks. 7. Dieselbe Treibstoffkombination ist auch für Bordenergie­ aggregate in Form von Wasserstoffmotoren oder Treibstoffzellen benützbar. 8. Wasserstoff bildet gegebenenfalls auch ein ausgezeichnetes Kühlmittel für die thermisch kritisch beanspruchten Teile der Flug­ zeugaußenhaut und für die feuerberührten Wände der Triebwerke. In unseren bisherigen Überlegungen zur Auswahl der wirtschaft­ lichsten chemischen Treibstoffe ist die absolute Größe des Anfangs­ fluggewichtes der Raumflugzeuge nicht erschienen. Diese Absolutgröße hat, solange sie nicht auf die Gesamtflugzahl rückwirkt, tatsächlich nur recht sekundäre Einflüsse auf die Wirt­ schaftlichkeit, zum Beispiel in der Weise, daß der Baugewichtsan­ teil am Anfangsfluggewicht mitunter etwas abnehmen kann, wenn das Anfangsfluggewicht größer wird, oder daß in diesem Falle auch gewisse Nebenkosten für Bodendienste und Personal relativ abneh­ men können. Wenn andererseits die Gesamttransportaufgabe begrenzt ist, zum Beispiel einmalige Errichtung einer Erdaußenstation, dann sinkt natürlich mit zunehmender Größe des Transportflugzeuges die Ge­ samtflugzahl und zugleich steigen die Entwicklungskosten des grö­ ßeren Flugzeuges, so daß der Transportpreis der Nutzlasteinheit in solchen Fällen offenbar mit vielen kleinen Flugzeugen niedriger ge­ halten werden kann als mit wenigen großen Flugzeugen. Auch eine Reihe von anderen Gründen, wie leichtere Wiedergewinnbar­ keit, bessere Risikoverteilung usw., sprechen dafür, daß die aeronau­ tischen Raumtransporter zunächst nicht in der von ballistischen Raumtransportern gewählten Größenordnung von 1000 bis 10000 Tonnen Startgewicht, sondern eher im Bereich zwischen 100 und 1000 Tonnen gebaut werden dürften. Auch der Umstand, daß chemische Raumflugzeuge jedenfalls ein Provisorium im Hinblick auf die bevorstehenden nuklearen Raum­ flugzeuge darstellen, spricht dafür, die Entwicklungskosten der chemischen Raumflugzeuge durch Beschränkung ihrer Größe zu­ nächst in gewissen Grenzen zu halten. Erst mit der Einführung der Kernenergieantriebe werden sich die Nutzlastanteile am Anfangsfluggewicht von der bisher erörter212

ten Größenordnung von i% bei chemischen Raumflugzeugen auf jene heutiger Transozean-Verkehrsflugzeuge von 15 bis 20% ver­ bessern lassen. Zwei grundsätzliche Möglichkeiten scheinen sich in naher Zu­ kunft zu eröffnen: konvektive Fissionsraketen und Fissions-Hyper­ schall-Staustrahlen in Raumflugzeugen. 1. Hinsichtlich der Verwendung von konvektiven Fissionsrake­ ten liegen Angaben des amerikanischen »Rover «-Projektes vor, wo­ nach in Prüfstandsversuchen Strahlgeschwindigkeiten von 8000 m/sec bis 1965 erreichbar sein dürften und Strahlgeschwindigkei ­ ten von 10000 m/sec vielleicht bis 1975. Erste Flugschleppversuche mit derartigen Triebwerken sind für 1966/67 geplant. Angaben über Schübe sind noch nicht erhältlich, flugfähige Triebwerke der 8000 m/sec-100 Tonnen-Klasse dürften in diesem Jahrzehnt nicht mehr verfügbar werden. Ihr Gewicht wird auf 4 bis 7 Tonnen ge­ schätzt, wird also voraussichtlich merkbar höher liegen als das etwa 1% des Schubes betragende Gewicht chemischer Raketentrieb­ werke. Aus unserer dauernd benutzten Beziehung t = 1 — e'T/w für den Treibstoffanteil folgt mit v = 9100 m/sec und w = 8000 m/sec ein Treibstoffanteil am Startgewicht von t = 68% für das einstufige und ohne Katapult mit eigener Kraft startende Raumflugzeug. Bei 100 Tonnen Startgewicht ist die flüssige Wasserstoffladung also 68 Ton­ nen und das erforderliche Tankvolumen rund 1000 m3. Die Tank­ raumansprüche sind fast vierfach höher als bei entsprechenden che­ mischen O2/H2-Flugzeugen. Größerer Tankraum und schwerere Triebwerke werden den Baugewichtsanteil der nuklearen Raumflugzeuge gegenüber dem b = 12%-igen Anteil chemischer Raumflugzeuge auf vielleicht b = 20% erhöhen. Damit bleibt aber noch immer ein Nutzlastanteil von n = ioo—(684-20) =12%. Diese gegenüber chemischen Raumflugzeugen zehnfach höhere Nutzlast bei etwa dreifach geringerem Transportpreis der Nutzlast­ einheit in Orbit stellt also einen deutlichen technischen und wirt­ schaftlichen Fortschritt dar. Für einen derartigen Aufstieg werden etwa 50 Gramm Uran ge­ spalten, d. h. mit den bei einer einzigen Atombombenexplosion entstehenden Spaltprodukten können mehrere tausend derartiger Aufstiege von 100 Tonnen-Raumflugzeugen unternommen werden, so daß keine merkbare Verseuchung der Atmosphäre mit radioak­ 213

tiven Produkten zu furchten ist, zumal die Antriebsperiode des Auf­ stieges sich nur zum geringen Teil innerhalb der Atmosphäre ab­ spielt und die Spaltprodukte der konvektiven Fissionsraketen größ­ tenteils im Meiler verbleiben. Beim Übergang von einem chemisch mit O2/Ha-Triebwerken an­ getriebenen Raumflugzeug zu einem mittels konvektiven Fissions­ raketenmotoren nuklear angetriebenen Raumflugzeug können alle Bauerfahrungen, insbesondere mit großen Flüssigwasserstofftanks, voll weiter benützt werden. 2. Eine weitere Entwicklungsstufe der Raumflugzeuge zeichnet sich mit einer kombinierten Anwendung von konvektiven Fissions­ raketen mit Fissions-Hyperschall-Staustrahlen ab. Da beim Aufstieg sowohl der ballistischen, wie auch der aeronau­ tischen Raumtransporter in Orbit etwa 60% des an Bord mitgeführten Treibstoffes der Raketentriebwerke schon in Flughöhen unter 50 km verbraucht werden, in denen auch Staustrahltriebwerke gut wirksam sind, wurde vielfach der Gedanke erwogen, bis in diese Höhen und für Geschwindigkeiten bis etwa zur halben Kreisbahngeschwindigkeit Hyperschall-Staustrahltriebwerke ein­ zusetzen. Da jedoch der spezifische Treibstoffverbrauch derartiger che­ misch beheizter Triebwerke in ähnlicher Größe von 0,8 bis 1,2 kg/ secton liegt, wie jener der konvektiven Fissionsraketen, lohnt die Komplikation dieses kombinierten Stufentriebwerkes (Starttrieb­ werk + Überschall- und Hyperschall-Staustrahl 4- Raumraketen­ triebwerke) mit seiner sicher sehr langen Entwicklungszeit in die­ sem Falle nicht. Werden dagegen kernenergiebeheizte Hyperschall-Staustrahlen (zum Beispiel US-Projekt »Pluto«) erwogen, deren spezifischer Treibstoffverbrauch praktisch Null ist, dann ergibt sich die Mög­ lichkeit der Einsparung von etwa der Hälfte der sonst für den Auf­ stieg in Orbit erforderlichen Treibstoffe und damit eine erhebliche weitere Kostensenkung des Aufstieges, allerdings um den Preis des schweren und komplizierten Kombinationstriebwerkes. Immerhin scheint sich auf solche Weise der Nutzlastanteil auf vielleicht 30% des Anfangsfluggewichtes steigern zu lassen. Fissions-Hyperschall-Staustrahlen werden voraussichtlich auch frühestens im nächsten Jahrzehnt verfügbar werden, wahrschein­ lich später als die konvektiven Fissionsraketen. Diese Situation in Bezug auf Treibstoff- und Triebwerkswahl für 214

Raumflugzeuge läßt erwarten, daß die Entwicklung solcher Raum­ flugzeuge etwa folgendermaßen ablaufen wird: Zellenseitig kann man mit der raschen Aufnahme industrieller Entwicklungsarbeiten kleinerer chemischer Oa/Ha-Raumflugzeuge von etwa ioo Tonnen Anfangsfluggewicht rechnen, mit gleichzei­ tiger Vorbereitung des späteren Baues großer, nuklearer U/HaRaumflugzeuge, von etwa i ooo Tonnen Anfangsfluggewicht, unter Ausnützung aller mit der kleinen Zelle gewonnenen Erfahrungen. Triebwerksseitig ist die industrielle Entwicklung von chemischen Oa/Ha-Raketenmotoren der ioo Tonnen-Klasse - eventuell mit Schubaufwertung - und von nuklearen U/Ha-Raketenmotoren der i ooo Tonnen-Klasse unmittelbar zu erwarten, während die FissionsHyperschall-Staustrahlen vorerst stärker forschungsseitig bearbei­ tet werden und gleichzeitig die weitere Entwicklung der Raketen­ motoren nach noch höheren Strahlgeschwindigkeiten beobachtet wird, ehe es zu sehr großen industriellen Investitionen in Staustrahl­ motoren kommt. Der Start der Raumflugzeuge kann genau wie bei den bisherigen ballistischen Raumfahrtgeräten in vertikaler Richtung erfolgen. Es ergibt sich nun aber auch besonders für zivile Anwendung die Mög­ lichkeit eines flugzeugartigen Horizontalstartes, gegebenenfalls von einer katapultähnlichen Startschlittenbahn, wobei die zunächst noch erforderliche Vorstufe des eigentlichen Raumflugzeuges auf dieser Schlittenbahn und damit am Boden bleibt und somit von vornherein wiedergewinnbar und wiederverwendbar ist und von den erwähnten, besonders betriebssicheren, wirtschaftlichen und leistungsstarken Heißwasserraketen angetrieben wird. Welche von den vier grundsätzlichen Möglichkeiten - vertikaler und horizontaler Start, jeder mit oder ohne besonderen Startboo­ ster - im konkreten Fall am günstigsten ist, hängt nicht nur von dem rein mechanischen Optimum der Reichweiten oder Nutzlastanteile bzw. Nutzlasttransportkosten ab, sondern auch von einer großen Zahl von Nebenumständen. Beispielsweise erfordert der Vertikalstart ohne Booster eine Komplikation des Flugzeuges selbst durch Schwenktriebwerke, Strahlruder oder stärkere Richttriebwerke, um die Stabilität in der Anfangsphase des Aufstiegsfluges sicherzustellen, während beim Vertikalstart mit Booster das unbeschädigte Zurückbringen des Boosters, also der Erststufe des im gewissen Sinne nun zweistufigen Raumflugzeuges, an die Erdoberfläche, nachdem er seine Arbeit 215

verrichtet hat, ein ziemlich schwieriges Problem darstellt und meist zu einem zweiten Flugzeug als Träger des eigentlichen Raumflug­ zeuges führt. Diese beiden Schwierigkeiten entfallen beim Horizontalstart ohne weiteres. Der an sich wünschenswerte Horizontalstart ohne besonderen Booster, also nach Art normaler Flugzeuge, ergibt bei Raumflug­ zeugen mit chemischen Triebwerken merkbar reduzierte Reichwei­ ten bzw. unzureichende Nutzlastanteile beim Flug in die Erdum­ laufbahn, so daß er ernstlich erst bei nuklearen Raumflugzeugen an­ wendbar sein wird. Ein weiterer Nachteil ist die Notwendigkeit eines Startfahrgestelles für das hohe Startgewicht, während für die Landung ein leich­ teres Fahrgestell für das geringere Landegewicht genügen würde. Bei sehr großen Raumflugzeugen kann auch die sehr hohe Startflä­ chenbelastung ein Argument gegen den Start ohne Katapult bilden. Vergrößert man ein gegebenes Raumflugzeug bei festgehaltener geometrischer Form so, daß sein Volumen und damit sein Anfangs­ fluggewicht beispielsweise verzehnfacht wird, so wachsen alle Ober­ flächen auf das Quadratwurzel-Zehnfache und alle Linearabmessun­ gen aufdas Drittewurzel-Zehnfache, d. h. aufdas 3,16- bzw. 2,15 fache. Das Gewicht je Oberflächeneinheit und damit die Flächenbela­ stung wächst also mit der dritten Wurzel aus der Vergrößerung des Anfangsfluggewichtes, zum Beispiel auf das 2,15-fache, und Lande­ geschwindigkeit und Abhebegeschwindigkeit des Raumflugzeuges wachsen ihrerseits mit der Quadratwurzel der Flächenbelastung und daher mit der sechsten Wurzel des Anfangsfluggewichtes, d. h. bei dessen Verzehnfachung auf das 1,60-fache. Da die Startflächenbelastungen der Raumflugzeuge aus konstruk­ tiven Gründen schon sehr hoch gewählt werden, kann die Abhebe­ geschwindigkeit sehr großer Raumflugzeuge über die für Rollen am Boden kritischen Grenzen hinausgehen, so daß sie ohne Kata­ pult nicht in die Luft gebracht werden können. An und für sich ist natürlich eine möglichst hohe Katapultendge­ schwindigkeit erwünscht, da sie von der durch die Bordtriebwerke herzustellenden charakteristischen Geschwindigkeitssteigerung ab­ gezogen werden kann und daher den erforderlichen Bordtreibstoff­ anteil am Anfangsfluggewicht verringert. Allerdings sind den Überschallfluggeschwindigkeiten in Boden­ nähe bald Grenzen gezogen durch den hohen Luftwiderstand, der 216

bei vielleicht 1000 m/sec die Größe des Fluggewichtes und des Schubes der Haupttriebwerke erreichen kann, so daß dann auch bei vollem Triebwerksschub keine Geschwindigkeitszunahmen mehr möglich sind. Deshalb werden meist Katapultendgeschwindigkeiten von etwa 500 m/sec oder in größeren Seehöhen bis 700 m/sec vorgeschlagen. Verlangt man den ersteren Wert v = joom/sec und schränkt man die Länge der Startbahn auf jene großer Flugplatzrollbahnen von etwa 1 = 4000 m Länge ein, so folgt zwangsläufig eine mittlere Be­ schleunigung von b = va/21 =31,3 m/sec2, also etwas über drei­ facher Erdbeschleunigung. Die Startzeit folgt damit zu t = v/b = 16 Sekunden, das Gewicht eines Heißwasserraketenboosters, der diese Katapultleistungen auf­ bringt, beträgt etwa das dreifache vom Gewicht des zu katapultie­ renden Raumflugzeuges, also für ein 100 Tonnen-Raumflugzeug etwa 300 Tonnen. Der Wasseranteil an diesem Boostergewicht ist rund 240 Tonnen, sein Impulsinhalt bei w = 570 m/sec Strahlge­ schwindigkeit etwa 14000 Sekundentonnen und beim Preis einer Sekundentonne von 0,01 h/secton kostet der Start daher etwa 140 Arbeitsstundenwerte, während der mittlere Startschub bei 870 Ton­ nen liegt. Ein anderes, besonderes schwieriges Problem der Raumflugzeuge bildet die aerodynamische Erwärmung der Flugzeugaußenhaut wäh­ rend des Aufstieges und besonders während des langdauernden Wie­ derabstieges durch die Atmosphäre. Worin diese Schwierigkeiten des Wiedereintrittes der Raumfahr­ zeuge in die Atmosphäre hauptsächlich bestehen, können wir am deutlichsten an den am nächtlichen Himmel verglühenden Meteoren beobachten, die ebenfalls mit - allerdings meist noch höheren - kos­ mischen Geschwindigkeiten aus dem Weltraum kommend, in die Erdatmosphäre eintauchen und dort durch den Widerstand und be­ sonders die Reibung der Luft bis zum Schmelzen und Verdampfen erhitzt werden. Tatsächlich bedient sich die ballistische Raumfahrt gegenwärtig grundsätzlich dieses selben Verfahrens wie die Meteoriten, indem sie die Raumfahrzeuge in steiler Abstiegsbahn innerhalb weniger Minuten am Widerstand der Atmosphäre von ihren kosmischen Geschwindigkeiten bis auf mäßige Landegeschwindigkeiten ab­ bremsen läßt und die eigentliche Landung dann mittels Fallschirm bewirkt. 217

Dabei treten Bremsverzögerungen auf, die bis an die Grenze der Erträglichkeit für die Besatzungen gehen, und in den eigens dafür vorgesehenen Wärmeschilden an der Vorderseite der Raumfahr­ zeuge treten Temperaturen auf, die die Oberflächen dieser Schilde anschmelzen und abblättern. Beim Wiedereintritt der aeronautischen Raumfahrtgeräte in die Atmosphäre soll das Abbremsen der hohen Anfangsgeschwindig­ keiten dagegen auf einen langen Gleitflugweg verteilt werden, so daß die Bahnverzögerungen mäßig bleiben und dementsprechend auch die Oberflächentemperaturen des Flugzeuges durch Abstrah­ lung der Wärme und durch Kühlung in solchen Grenzen gehalten werden, daß keine Beschädigungen am Flugzeug entstehen und die­ ses nach der Gleitfluglandung ohne weiteres wieder verwendbar ist. Über die energetischen Verhältnisse dieses Vorganges kann man sich etwa folgendes Bild machen: Die Anfangsmasse eines startenden Raumflugzeuges mag zu rund 90% aus Treibstoffen und zu 10% aus Baugewicht, Besatzung, Aus­ rüstung etc, kurz aus dem sogenannten Klargewicht, bestehen. Der Energieinhalt eines Oa/H2-Treibstoffgemisches des gewichts­ mäßigen Mischungsverhältnisses 5,25 beträgt etwa 3000 kcal/kg. Während des Aufstieges gehen davon etwa zwei Drittel an die Um­ gebung verloren in Form von thermischer Dissoziation, Wärme und kinetischer Energie der Motorabgase relativ zum Startplatz. Der Rest von 1000 kcal je kg Treibstoff wird auf den Klarge­ wichtsanteil des Flugzeuges in Form von kinetischer und potenti­ eller Energie gegenüber dem Startplatz übertragen und beträgt dann etwa 9000 kcal/kg. Dieser Energieinhalt des leeren Flugzeuges ist nun beim Abstieg am Widerstand der Atmosphäre totzulaufen. Würde diese Energie sich völlig in Erwärmung der Masse des leeren Flugzeuges umsetzen, so würde das Flugzeug bei einer mitt­ leren spezifischen Wärme von 0,15 kcal/kg0 eine Temperatur von 60000 Grad annehmen, also völlig verdampfen. Tatsächlich geht beim Abbremsen des Flugzeuges am Luftwider­ stand jedoch nur ein Bruchteil des jeweiligen Verlustes an kineti­ scher und potentieller Energie in Form von Wärme an die Flug­ zeugoberfläche über, während der Rest wieder an die Umgebungs­ luft in Form von Wirbeln, Turbulenz und Wärme abgegeben wird. Dieser Bruchteil an das Flugzeug übergehender Wärme beträgt in Flughöhen über 100 km, wo die Gesetze der freien Molekular­ 218

Strömung gelten, immerhin etwa 5 0% der jeweils aufgezehrten Flug­ zeugenergie, doch sind in diesen Höhen die Luftkräfte wegen der geringen Dichte der Atmosphäre noch sehr klein und daher ist auch die Abbremsung gering. In Höhen zwischen 100 und 50 km gelten meist die Gesetze la­ minarer Grenzschichtströmung und der Wärmeübergang fällt dort von den 50% in 100 km Höhe auf etwa 2% der aufgezehrten Flug­ zeugenergie in 50 km Höhe. In Höhen unter 50 km schlägt die laminare Grenzschichtströ­ mung in turbulente Strömung um und der Wärmeübergang steigt noch einmal auf etwa 4% an, um bis in Bodennähe wieder auf viel­ leicht 1,5% zu sinken. Im Durchschnitt beträgt der Wärmeübergang während des gan­ zen Abstieges etwa 6,6% der Anfangsenergie des Flugzeuges von 9000 kcal/kg, also rund 600 kcal/kg. Auch dieser Bruchteil würde die Masse des leeren Flugzeuges noch auf 4000 Grad erhitzen, also zu schmelzen vermögen. Es muß also während des Abstieges in irgend einer Form gekühlt werden, d. h. die in die Wand gedrungene Energie muß wieder an die Umgebung abgegeben werden bzw. muß der Wärmeübergang selbst herabgesetzt werden. Dazu werden nun eine ganze Reihe von Verfahren in Betracht gezogen, zum Beispiel: 1. Erwärmen, Schmelzen und Verdampfen eines Teiles der Flug­ zeugmasse, wobei die zur Kühlung benützten Teilmassen mög­ lichst große Wärmeaufnahmefahigkeit haben sollen (Wasser-* 600 kcal/kg; Wasserstoff" -*2000 kcal/kg; Kohlenstoff — 4000 kcal/kg; Teflon ~ 200 kcal/kg). 2. Einbringen von Flüssigkeiten, Dämpfen oder Gasen in die Strömungsgrenzschichten des Flugzeuges, um den Wärmeüber­ gang herabzusetzen. Vielfach werden die nach Verfahren 1. entste­ henden Gase in Verfahren 2 verwendet (zum Beispiel Ablations­ kühlung). 3. Abstrahlung der Wärme durch glühende Außenoberflächen des Flugzeuges. Wenn beispielsweise die Oberfläche je Kilogramm Klargewicht 0,01 ma/kg beträgt, die Abstiegsdauer eine Stunde und die Wärmestrahlung der Oberfläche 75% von jener des schwarzen Körpers, dann können 600 kcal/kg bei einer Wandtemperatur von 86o° C völlig abgestrahlt werden, also bei Kirschrotglut. Dabei ist wichtig, daß die Glühhaut tatsächlich nur einseitig nach 219

außen abstrahlt und nach dem Inneren des Flugzeuges möglichst keine Wärme geleitet oder gestrahlt wird. Glühhäute mit stark ver­ schiedenem optischen Emissionsvermögen an beiden Oberflächen, ferner Verspiegelung der Innenseite des Glühbleches und wärme­ dämmende Isolierschichten unter dem Glühblech können erreichen, daß diese Forderung zu einem sehr hohen Grad erfüllt wird und nur wenige Hundertstel des in die Glühhaut gelangenden Wärme­ betrages ins Flugzeuginnere abfließen. 4. Ein grundsätzlich anderer Weg zum Bau der Außenhaut von Raumflugzeugen, der das Problem des aerodynamischen Wärme­ überganges an seiner Wurzel angreift, besteht in den Bemühungen um die Entwicklung von molekularspiegelnden Oberflächen. Der früher erörterte aerodynamische Wärmeübergang ist im Wesen eine Folge der diffusen Reflexion der auf die Oberfläche des Flugzeuges auftreffenden individuellen Luftmoleküle, die zur Ausbildung der Strömungsgrenzschicht und zum »Haften« derselben an der festen Oberfläche führt. Unter bestimmten Umständen, zum Beispiel an sehr glatten Kristalloberflächen oder geeignet strukturierten organischen Oberflächen scheint indes auch spiegelnde Reflexion der individuell auftreffenden Luftmoleküle möglich zu sein. Dies würde bedeuten, daß die Strömungsgrenzschicht nicht mehr an der festen Oberfläche haftet und daher teilweise oder ganz verschwinden muß, womit auch eine entsprechende Verminderung des Wärmeüberganges ver­ bunden ist. Dieses Verfahren ist jedoch bisher noch nicht zu technischer An­ wendungsreife gelangt, so daß es hier noch außer Betracht bleiben kann. Während die besprochene Energiebilanz nur summarische Aus­ sagen über die Größe des Wärmeüberganges gestattet, können mit Hilfe der Grenzschichttheorie und fallweiser Experimente auch lo­ kale Wärmeübergänge längs der ganzen Flugbahn des Raumflug­ zeuges in Abhängigkeit von der jeweiligen Fluggeschwindigkeit und Flughöhe ermittelt werden, ebenso wie lokale Wärmeüber­ gänge an verschiedenen Stellen der Flugzeugoberfläche selbst. Derartige Untersuchungen sind deshalb wichtig, weil die dünne Flugzeughaut praktisch keine Wärmekapazität besitzt, so daß sie unter dem Einfluß des jeweiligen Wärmeüberganges trägheitslos und augenblicklich die zugehörigen Temperaturen annimmt, und weil innerhalb der Oberfläche wegen der geringen Dicke der Flug­ zeughaut auch kein Temperaturausgleich stattfindet, so daß nahe 220

beieinander liegende Punkte der Flugzeugoberfläche sehr verschie­ dene Temperaturen annehmen können. Beispielsweise zeigt sich, daß die Rumpfnase, wenn sie allein durch Abstrahlung gekühlt wird, die höchste Hauttemperatur an­ nimmt, und zwar etwa bei einer Fluggeschwindigkeit von 6500 m/sec. Beim Aufstieg ist die Flächenbelastung durchweg etwas hö­ her als beim Abstieg, also die Flughöhe niedriger und die Luft­ dichte größer. Mit beispielsweise 50 kg/ma Flächenbelastung wird die erwähnte Fluggeschwindigkeit in rund 65 km Höhe erreicht. Die dort entstehende Temperatur hängt noch vom Durchmesser der zum Beispiel halbkugeligen Rumpfnase ab und beträgt bei 60 cm Kugeldurchmesser, also einer ziemlich stumpfen Nase, in der Ge­ gend des Staupunktes rund 1 8oo° C bei 75% optischen Emissions­ vermögens der Oberfläche. Eine spitze Nase von nur 1 cm Durch­ messer der Nasenhalbkugel würde dagegen unter sonst gleichen Bedingungen eine Gleichgewichtstemperatur von etwa 3 ooo° C an­ nehmen und sich daher der Stautemperatur der Luft selbst von 5 5000 C in diesem Flugzustand schon stark nähern. Andere kritische Stellen am Raumflugzeug sind die Vorderkan­ ten der Flügel und Leitwerke. Auch sie werden bei etwa 6 500 m/sec Fluggeschwindigkeit am heißesten. In 65 km Flughöhe beträgt die Staulinientemperatur einer nicht gepfeilten Flügelnase von 1 cm Durchmesser des Nasenzylinders etwa 3 ooo° C, bei 10 cm Durch­ messer etwa 2 ioo° C. Durch Pfeilstellung der Flügelnasen lassen sich die Glühtempe­ raturen merkbar senken, zum Beispiel durch 80 Grad Pfeilung in den beiden genannten Beispielen auf etwa 1700° C bzw. 1200° C. An den betrachteten gekrümmten Flugzeugflächen treten die er­ wähnten Temperaturen im Staupunkt bzw. in der Staulinie auf und sinken mit abfallendem Neigungswinkel der Oberfläche gegen die ungestörte Anströmrichtung rasch ab in Richtung der an einer ebe­ nen Platte auftretenden Wandtemperaturen. An der Eintrittskante einer dünnen Platte, die sich in 65 km Höhe mit 6 500 m/sec Fluggeschwindigkeit bewegt, beträgt die Glühtem­ peratur etwa 1050° C. Längs der Tiefe der Platte sinkt die Temperatur, je nach Anstel­ lung der Platte und je nach dem Charakter der laminaren oder tur­ bulenten Grenzschichtströmung. An der Unterseite einer mit 7 Grad angestellten dünnen ebenen Platte sinkt die Glühtemperatur bei laminarer Grenzschicht auf etwa 221

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8o Jahre erschienen sind, sondern nur als 3,21 Schiffs­ jahre. Die Ereignisse am Zielstern erscheinen der Besatzung daher im Verhältnis 143,54/3,21 = 44,7 zeitlich gerafft. Was auf dem Ziel­ stern für den dortigen Beobachter in einer Minute abläuft, erlebt die zuschauende Schiffsbesatzung in etwa 1,3 Sekunden. Diese außerordentliche Zeitraffung hat eine doppelte Ursache: Einmal die mit fast Lichtgeschwindigkeit erfolgende Annäherung des Schiffes an den Zielstern, wodurch auch nach den Gesetzen der klassischen Mechanik die vom Zielstern kommenden Signale rasch kürzer werdende Wege bis zum Erreichen des Schiffes zurückzu­ legen haben, also immer kürzer werdende Zeitintervalle zwischen dem Ankommen getrennter Signale auf dem Schiff liegen. Diese An­ näherung mit fast Lichtgeschwindigkeit bewirkt nahezu eine Ver­ dopplung der vom Schiff aus beobachteten Geschwindigkeiten des Ablaufes der Vorgänge auf dem Zielstern. Dazu kommt noch die relativistische Zeitdilatation, die die Zeiteinheit des Zielsterns auf dem Schiff 22,37fach kürzer erscheinen läßt. Die Zeitraffung ist da­ mit so erheblich, daß sie die Schnelligkeit des Erfassens von Einzel­ heiten eines Menschen überschreitet und die Besatzung daher den Rhythmus der Ereignisse auf dem Zielstern nicht mehr zu folgen vermag, soweit diese Ereignisse von ähnlich organisierten Intelli­ genzwesen, wie die Menschen es sind, gesteuert werden. 1 Bemerkenswert ist auch noch, daß während dieser Flugperiode mit konstanter Fluggeschwindigkeit auch der verzögerte bzw. be­ schleunigte Rhythmus der vom Startstern bzw. Zielstern signali­ sierten Ereignisse zeitlich konstant bleibt, während er in der Be­ schleunigungsperiode stark veränderlich war. Iw Während also der Film der an Bord beobachteten Erdereignisse fast zum Stillstand gekommen ist, läuft der Film der an Bord be­ obachteten Ereignisse auf dem Zielstern mit grotesker Geschwin­ digkeit ab, so daß man ihm nicht mehr zu folgen vermag. Wenn sich das Schiff dem Zielstern nicht mit 99,9% der Lichtge­ schwindigkeit, sondern mit 100% nähern würde, so würden die Zeiträume auf dem Zielstern und die Distanzen zu diesem der Be405

Satzung auf Null zusammenschrumpfen, der Film würde unendlich schnell laufen. Im Bewußtsein der Besatzung würde diese im Augen­ blick des Startes schon auf dem Zielstern angekommen sein und die Ereignisse auf dem Zielstern, die nach irdischer Zeitrechnung beim Start ioo Jahre in der Vergangenheit begannen und ioo Jahre nach dem Start enden, diese 200 Jahre Geschichte des Zielsternes würde die Besatzung in einem einzigen Augenblick erleben, aber natür­ lich nicht erfassen können.

Nach 9,79 Bordjahren oder 101,94 Erdjahren . . . Am Ende der antriebslosen Flugperiode steht das Schiff mit einem restlichen Treibstoffvorrat von 3060 Tonnen und einer Flugge­ schwindigkeit von 99,9% der Lichtgeschwindigkeit relativ zum Zielstern noch 14,13 astronomische Lichtjahre vor dem Zielstern. Diese Verhältnisse sind so gewählt, daß das Schiff auf seiner rest­ lichen Flugstrecke bei einer konstanten Eigenverzögerung von 10 m/sec2 mit der Geschwindigkeit Null relativ zum Zielstern dort ankommt und auf dem Zielstern landen kann. Zu Beginn der Verzögerungsperiode steht das Schiff 85,87 Licht­ jahre von der Erde entfernt. Eine Entfernungsmessung von der Erde aus mittels Radar oder ähnlicher Laufzeitgeräte würde 171,74 Jahre dauern und ist praktisch undurchführbar. Jede Art Nachricht von der Erde aus würde mindestens 85,87 Jahre bis zum Schiffsort unterwegs sein und ist damit praktisch un­ möglich. Die Nachrichtenverbindung in Richtung Erde - Schiff ist also längst abgerissen, zumal sich das Schiff fast mit Signalgeschwin­ digkeit von der Erde wegbewegt. Zu Beginn der Verzögerungsperiode ist das Schiff 86,87 Erden­ jahre unterwegs, die erste Generation irdischer Beobachter ist da­ her inzwischen gestorben und ihre Nachfolger setzen die Beobach­ tungen fort. Die Nachrichten, die vom Schiff zum Zeitpunkt des Beginns der Verzögerungsperiode, also 86,87 Erdjahre nach dem Start gesendet werden, treffen auf der Erde 85,87 Jahre später ein, also 172,74 Erdjahre nach dem Start des Schiffes, und werden also schon von den Enkeln und Urenkeln der ersten Erdbeobachter empfangen. Die Geschwindigkeitsmessung von der Erde aus, etwa mit Hilfe der Dopplerverschiebung der Wellenlänge der vom Schiff kommen­ 406

den Nachrichten, ist mit dem erwähnten Zeitverzug grundsätzlich möglich und würde die Relativgeschwindigkeit zur Erde von 99,9% der Lichtgeschwindigkeit ergeben. Eine Messung der Geschwindigkeitsänderung, also der Verzö­ gerung unmittelbar nach Einsetzen der Abbremsung mit 10 m/sec2 Eigenverzögerung, würde ganz geringfügige Werte der Verzöge­ rung von der Erde aus erkennen lassen. Ähnlich sehen die Verhältnisse für einen Beobachter auf dem Zielstern aus. Da das Schilf am Beginn der Bremsperiode 86,87 Erdjahre unter­ wegs ist, und die Nachricht vom Start erst 100 Jahre nach dem Start am Zielstern eintrifft, können die Beobachter auf dem Ziel­ stern noch nichts von dem tatsächlich erfolgten Start wissen. Auch ihre Radarstationen können ihnen die Annäherung des Schiffes noch nicht melden, da die Laufzeiten der Signale noch zu lang sind. Auch direkte Signale vom Schiff an den Zielstern können dort noch nicht angekommen sein, da sie ja jedenfalls hinter der Startmeldung hereilen würden. Trotzdem können natürlich sowohl Entfernungsmessungen als auch Geschwindigkeitsmessungen und Beschleunigungsmes­ sungen vom Zielstern aus vorgenommen werden, auch wenn deren Ergebnisse vielleicht erst kurz vor der Landung des Schiffes auf dem Zielstern auf diesem eintreffen. Diese Messungen ergeben für den Beginn der Bremsperiode eine Distanz von 14,13 Lichtjahren vom Zielstern, ferner dieselbe Flug­ geschwindigkeit von 99,9% der Lichtgeschwindigkeit wie die ent­ sprechende Messung von der Erde aus, und ebenfalls dieselbe außer­ ordentlich kleine Bremsverzögerung, wie sie für diesen Zeitpunkt viele Jahre später auf der Erde festgestellt werden wird. Ganz anders sehen sich die Verhältnisse beim Beginn der Brems­ periode vom Schiff aus an. Auf diesem sind seit dem Start nicht 86,87 Erdenjahre, sondern nur 6,50 Bordjahre vergangen, die Besatzung ist in dieser Zeit also nur unwesentlich gealtert. Wenn Entfernungsmessungen von Bord aus nach Start- und Zielstem möglich wären, so würden diese nicht 85,87 Lichtjahre bzw. 14,13 Lichtjahre ergeben, sondern |/i—v2/c2 = o,o447mal weniger, also 3,84 Lichtjahre bzw. 0,632 Lichtjahre. Die gesamte, für die irdischen Astronomen 100 Lichtjahre lange Reisestrecke würde der Besatzung nur 4,47 Lichtjahre lang erscheinen. 407

Wenn Geschwindigkeits- und Beschleunigungsmessungen an Bord mit Hilfe von Laufzeiten und Dopplerverschiebungen elek­ tromagnetischer Wellen durchführbar wären, so würden diese aller­ dings genau dieselben Resultate liefern, wie die entsprechenden Messungen von der Erde aus bzw. vom Zielstern aus in Richtung zum Schiff. Eine Beschleunigungsmessung an Bord mit Hilfe des Trägheitsnavigators würde dagegen io m/sec2 ergeben. Mit dieser Eigenbeschleunigung von io m/sec2 wird nun der Rest der Reise bis zum Zielstern zurückgelegt. Der dazu erforderliche Motorschub beträgt zunächst 3160 Ton­ nen, entsprechend dem ebenso hohen irdischen Gewicht des Fahr­ zeuges zu Beginn der Bremsperiode, der Treibstoffverbrauch ist 0,1033 kg/sec, bezogen auf die Bordsekunde, und 0,00461 kg/sec, also 22,37 mal weniger, wenn man ihn auf die Sekunde der Erde oder des Zielsternes bezieht. Der anfänglich noch vorhandene Treibstoffvorrat von 3060 Ton­ nen wird bis zum Ende der Bremsperiode und bis zur Landung völlig aufgezehrt, so daß schließlich das Klargewicht des Schiffes von 100 Tonnen übrigbleibt. Ebenso hoch, nämlich 100 Tonnen, ist der Motorschub am Ende der Bremsperiode, entsprechend einem sekundlichen Treibstoff­ verbrauch von 0,00327 kg/sec. Zu diesem Zeitpunkt ist die Ge­ schwindigkeit relativ zum Zielstern und damit auch relativ zur Erde verschwunden, damit ist auch die Zeitdilatation verschwunden und Bordsekunde und Zielsternsekunde stimmen nun überein, der Treibstoffverbrauch ist in beiden Beobachtungssystemen schließ­ lich derselbe. Während der gleichförmig eigenverzögerten Annäherung an den Zielstern nimmt die Relativgeschwindigkeit zum Zielstern ent­ sprechend ab und damit auch die relativistische Schrumpfung der vom Schiff aus beobachteten Länge der noch zurückzulegenden Wegstrecke. Zugleich nimmt aber auch die astronomische, also vom ruhenden Beobachter auf dem Zielstern oder der Erde festgestellte Länge dieser Strecke ab. Insgesamt würde daher auch der Beobach­ ter an Bord eine allmähliche Abnahme der Entfernung vom Ziel­ stern feststellen, doch erscheint diese Annäherung erheblich ver­ langsamt, da ja nun auch die Zeitdilatation allmählich immer ge­ ringer wird. Insgesamt braucht das Schiff zum Zurücklegen der letzten 14,13 astronomischen Lichtjahre genau wie in der anfäng­ lichen Beschleunigungsperiode 3,29 Bordjahre oder 15,07 Erdjahre, 408

das heißt, das Schiff kommt nach einer Gesamtreisezeit von 9,79 Bordjahren oder 101,94 Erdjahren auf dem 100 astronomische Lichtjahre entfernten Zielstern an. Die durchschnittliche Reisegeschwindigkeit erscheint dem Be­ obachter auf der Erde oder auf dem Zielstern als 98,1% der Licht­ geschwindigkeit, der Besatzung dagegen, die geneigt sein wird, ihre an Bord erlebte Zeit von 9,79 Jahren mit der ihr von den irdischen Astronomen mitgegebenen Länge ihrer Gesamtreisestrecke von 100 Lichtjahren zu vergleichen, der Besatzung erscheint ihre Durch­ schnittsreisegeschwindigkeit wie 100/9,79 = io,22fache Lichtge­ schwindigkeit. Wenn auch diese Ziffer keine physikalische Realität darstellt, da ja Zeiten und Wege aus verschiedenen Koordinaten­ systemen miteinander verglichen wurden, so bildet sie doch für die Besatzung die sinnvollste Interpretation ihres Erlebens. Zu einem dritten und wieder völlig anderem Ergebnis über die Durchschnittsgeschwindigkeit der Reise wird allerdings der Träg­ heitsnavigator kommen, der Bordbeschleunigungen und Bordzei­ ten integriert. Er wird die Dauer der Bremsperiode als Eigenzeit des Schiffes zu 3,29 Bordjahren oder 103,5 Millionen Sekunden registrieren und durch Integration der konstanten Eigenbeschleunigung von 10 m/sec2 eine Geschwindigkeitsänderung von 103 500000 sec X10 m/sec2 = 1035 oookm/secoder 3,45 facher Lichtgeschwindigkeit fest­ stellen. Weiter wird er die jeweilige Geschwindigkeit nochmals über der Eigenzeit integrieren und damit einen Bremsweg von 10/2 x 103 5000002 = 53 500 Billionen Metern oder 5,66 Lichtjahren fest­ stellen. Diese anscheinend völlig sinnlosen Zahlen werden der Besatzung trotzdem höchst willkommen sein, da sich aus ihnen die astronomi­ schen, also im erdfesten Koordinatensystem gemessenen Werte für Wege, Geschwindigkeiten und Beschleunigungen ohne weiteres ableiten lassen, während die wirkliche Messung dieser astronomi­ schen Daten wegen der langen Laufzeiten der Signale während der Reise meistens gar nicht möglich ist. Während der Bremsperiode des Schiffes wird auch der Anblick des gestirnten Himmels für die Besatzung erstaunlicheWandlungen erfahren. Der anfangs noch um den Zielstern liegende blinde Fleck un­ sichtbarer Sterne von insgesamt 30 Grad Öffnungswinkel des Be­ obachtungskegels wird zunächst wieder größer werden, bis er bei 409

einer Abbremsung der Schiffsgeschwindigkeit auf etwa 74% der Lichtgeschwindigkeit einen größten Durchmesser entsprechend et­ wa 43 Grad Öffnungswinkel erreicht. Weiterhin nimmt sein Durch­ messer dann monoton ab, immer mehr Sterne in der Umgebung des Zielsterns werden allmählich mit freiem Auge sichtbar, bis schließ­ lich bei einer Schiffsgeschwindigkeit von etwa 25% der Lichtge­ schwindigkeit der Zielstern selbst nach jahrelanger Unsichtbarkeit erstmals wieder als violettes Fünkchen am Sternenhimmel für das freie Auge sichtbar wird. Weiterhin wandelt sich seine Farbe, ebenso wie die seiner Nach­ barsterne, über Blau allmählich wieder zu seiner normalen weiß­ blauen Farbe. Der am Anfang der Bremsperiode nur etwa 7 Grad breite, re­ genbogenartig gefärbte Sternenbogen um den Zielstern wird mit abnehmender Fluggeschwindigkeit immer breiter und überdeckt nach einiger Zeit das ganze Firmament in der Weise, daß der Ziel­ stern eben aus dem Ultraviolett auftaucht, während die übrigen Sterne in zur Flugrichtung konzentrischen Kreisen vom Zielstern bis nach rückwärts zum Startstern alle Farben des Regenbogens, Violett, Blau, Grün, Gelb, Orange, Rot bis Ultrarot, durchlau­ fen. Bei etwa 3 5 % der Lichtgeschwindigkeit wird auch der Heimat­ stern erstmals wieder als zunächst tiefrotes Fünkchen dem Auge sichtbar und durchläuft mit weiterer Abbremsung des Schiffes die Regenbogenfarben von Rot nach Gelb, Grün, bis zu seinem nor­ malen Weißblau. Während dieses Vorganges, der mit der Abbremsung der Schiffs­ geschwindigkeit bis zur Landung zusammenfällt, verschwinden die Farbphänomene auch vom gesamten übrigen Firmament und alle Sterne glänzen schließlich wieder in den uns geläufigen weißblauen bis gelben Farben. Während der Bremsperiode ändern die von den Sternen ins Schiff gelangenden Signale nicht nur ihre Wellenlängen in der eben beschriebenen Weise, wobei die Änderungen sich nicht nur auf op­ tische Wellenlängen, sondern selbstverständlich auch auf alle an­ deren, insbesondere auch auf Radiowellenlängen erstrecken. Es ändert sich vielmehr auch der Nachrichteninhalt dieser Signale in bemerkenswerter Weise, insbesondere der Nachrichten von der Erde und dem Zielstern. Am Anfang der Bremsperiode stand der Nachrichtenfilm von der 410

Erde fast still und diese Nachrichten kamen auf extrem langen und energiearmen Wellen ins Schiff. Mit abnehmender Fluggeschwindigkeit werden nun die Nach­ richtenwellen wieder kurzwelliger und nähern sich ihren norma­ len, ausgesendeten Wellenlängen, darüber hinaus verschwindet der Zeitlupeneffekt allmählich mehr und mehr, der im Schiff beobach­ tete Rhythmus der irdischen Ereignisse nimmt zu und nähert sich schließlich dem natürlichen Rhythmus, wie ihn die Beobachter auf der Erde selbst erleben. Nach der Landung des Schiffes auf dem Zielstern sieht die Besatzung das irdische Geschehen wieder mit derselben Geschwindigkeit ablaufen, wie der irdische Beobachter, allerdings mit hundert Jahren Verspätung, da die Signale von der Erde zum Zielstern ja hundert Jahre unterwegs sind. Das Schiff selbst war 101,94 Erdenjahre unterwegs, was es also im Augenblick der Landung an Nachrichten von der Erde emp­ fangt, bezieht sich auf irdische Ereignisse, die nur 1,94 Erdenjahre nach dem Start des Schiffes von der Erde stattgefunden haben. Für die Erdbewohner ist es also schon hundert Jahre zurückliegende Geschichte, für die Schiffsbesatzung allerdings nur 9,79 Bordjahre zurückliegende Geschichte. Für die vom Zielstern während der Bremsperiode im Schiff emp­ fangenen Nachrichten sehen die Dinge erheblich anders aus. Am Anfang der Bremsperiode bewegte sich der Film der vom Zielstem gemeldeten Ereignisse in hohem Zeitraffertempo, die Vor­ gänge auf dem Zielstern schienen sich der Schiffsbesatzung zu über­ stürzen. Mit nun abnehmender Schiffsgeschwindigkeit und zugleich ab­ nehmender Entfernung des Schiffes wirken diese beiden Vorgänge einander hinsichtlich der Zeitraffung des Beobachterfilms entgegen, mit dem Ergebnis, daß die Zeitraffung allmählich nachläßt und der Rhythmus der im Schiff beobachteten Vorgänge am Zielstern sich mehr und mehr normalisiert und dem von den Beobach­ tern am Zielstern selbst festgestellten Tempo der Ereignisse an­ gleicht. Nach der Landung am Zielstern ist diese Angleichung vollstän­ dig geworden, die Besatzung beobachtet nun nicht nur die Vor­ gänge auf der Erde, sondern auch jene auf dem Zielstern in ihrer natürlichen Ablaufgeschwindigkeit. Während der gesamten Reise, die für die Besatzung 9,79 Jahre dauerte, hat sie daher 1,94 Jahre Erdgeschichte und 201,94 Jahre 411

Zielsterngeschichte mittels ihrer Beobachtungsgeräte an Bord er­ leben können.

"Nach 10,79 Bordjahren oder 102,94 Erdjahren... Nach der Landung auf dem Zielstern möge sich unsere Besat­ zung ein Jahr auf diesem Stern aufhalten, um die erhaltenen Auf­ träge auszuführen und insbesondere um die für die Rückreise er­ forderlichen 99900 Tonnen Treibstoff an Bord zu nehmen, so daß das Schiff schließlich wieder mit seinem vollen irdischen Gewicht von 100000 Tonnen am Zielstern startbereit ist. Vielleicht wird die Besatzung bei dieser Gelegenheit auch fest­ stellen, daß der Vorgang der Hinreise mit einer 20,76 Erdjahre lan­ gen Beschleunigungsperiode von 10 m/sec2 Eigenbeschleunigung, einer 71,80 Erdjahre langen, völlig beschleunigungslosen Flugpe­ riode und einer anschließenden, wieder 20,76 Erdjahre langen Ver­ zögerungsperiode von 10 m/sec2 Eigenverzögerung, daß dieser Vor­ gang doch einige Nachteile hatte. Während die Besatzung dabei 3,29 Jahre unter den ihr vom Auf­ enthalt auf der Erde her gewohnten Gewichtsverhältnissen lebte, mußte sie dann eine für sie 3,21 Jahre lange Periode völliger Ge­ wichtslosigkeitdurchstehen, und nachdem sie sich an diesen engel­ haften Zustand vielleicht gewöhnt hatte, trat dann wieder eine an Bord 3,29 Jahre lange Periode voller irdischer Schwere ein. Nach der Landung auf der Außen Station eines Planeten des Zielsternes lebte sie wahrscheinlich wieder unter völliger Schwerelosigkeit, auf dem Planeten selbst vielleicht unter ähnlichen Schwereverhält­ nissen wie auf der Erde. Dieser dauernde Schwerewechsel war vermutlich ziemlich unan­ genehm. Dazu tritt noch ein anderer nachteiliger Umstand. Am Beginn der Reise war der notwendige Motorschub 100000 Tonnen und sank dann im Laufe der ersten 3,29 Bordjahre auf 3160 Tonnen ab. Die anschließenden 3,21 Bordjahre war überhaupt kein Schub erforderlich, und in der letzten, wieder 3,29 Bordjahre dauernden Bremsperiode setzte der Schub in Höhe von 3160 Ton­ nen ein und sank schließlich auf 100 Tonnen am Ende der Brems­ periode ab. Insgesamt mußten die Triebwerke in einem Schubbe­ reich von i zu 1000 verwendet werden, liefen also die meiste Zeit 412

stark gedrosselt und ohne daß ihr eigenes Baugewicht genügend ausgenützt war. Möglicherweise wird die Besatzung sich daher entschließen, auf Grund dieser Erfahrung die Rückreise so einzuteilen, daß bis zur Wegmitte, also bis in 50 Lichtjahren Entfernung vom Zielstem mit einer konstanten, aber kleineren Eigenbeschleunigung und daher auch mit kleinerem Schub gefahren würde, und auf der zweiten Weghälfte mit ebenso großer Eigenverzögerung, so daß eine an­ triebslose Fahrtperiode überhaupt nicht auftritt. Dieser Vorgang hat weniger und geringere Sprünge in den Schwereverhältnissen für die Besatzung zur Folge und erlaubt die Anwendung schwächerer und damit jedenfalls leichterer Motoren im Schiff. Daß die Technik des Zielsterns einen solchen Motor­ wechsel gestattet, wollen wir dabei stillschweigend unterstellen.

Nach 22,49 Bordjahren oder 1 j6,¡4 Erdjahren... Ende der Beschleunigung auf der Rückreise

10,79 Bordjahre oder 102, 94 Erdenjahre nach Antritt ihrer Reise startet die Besatzung von dem Zielstern mit wieder vollgetanktem Schiff von 100000 Tonnen irdischem Gewicht in Richtung Heimat­ stern. Dabei benützt sie aber aus Gründen größerer Bequemlichkeit nurmehr eine dauernd konstante Eigenbeschleunigung von 2,81 m/sec*, statt der auf der Hinreise benützten Eigenbeschleuni­ gung von 10 m/sec*, d. h. ein beispielsweise auf der Erde 70 kg schweres Besatzungsmitglied wird während der ganzen Heimreise nur 19,67 kg wiegen und sich dementsprechend mit großer Leich­ tigkeit im Schiff bewegen können. Der Anfangsschub der Motoren ist nun nicht 100000 Tonnen, wie zu Beginn der Hinreise, sondern nur 28100 Tonnen, und der sekundliche Treibstoffverbrauch dementsprechend nur 0,92 kg/sec. Der für die Beschleunigungsperiode zur Verfügung stehende Treibstofivorrat beträgt wie auf der Hinreise 96840 Tonnen, also der verfügbare Treibstoffanteil wieder tj = 0,9684. Bei der gewählten Eigenbeschleunigung von be = 2,81 m/sec* wird die astronomische Länge der Beschleunigungsstrecke

s = c*/be • £cosh ^lny—— ij = 4,76.1c17 m

413

oder gerade fünfzig Lichtjahre, also gerade die Hälfte der astrono­ mischen Entfernung zwischen Zielstern und Erde. Es wird in die­ sem Falle daher tatsächlich nicht notwendig sein, eine antriebslose Flugperiode einzuschalten, vielmehr kann sich an die Beschleuni­ gungsperiode später die Verzögerungsperiode mit gleich hoher Eigenverzögerung unmittelbar anschließen. Die am Ende der Beschleunigungsperiode relativ zur Erde und zum Zielstern erreichte Fluggeschwindigkeit v wird genau wie beim Hinflug wieder 99,9% der Lichtgeschwindigkeit betragen, da die Massenverhältnisse des Schiffes und die Strahlgeschwindigkeiten der Motoren dieselben geblieben sind. Diese Fluggeschwindigkeit ergibt sich aus der schon früher er­ wähnten relativistischen Raketengrundgleichung für reine Photo­ nenraketen einfach zu

v c

1—(1—tj2 i+(i—tj)2

Soweit geht also mit der neuen Flugtechnik der Rückreise alles wunschgemäß, doch zeigt sich die erste große Enttäuschung bei der Beobachtung der an Bord gemessenen erforderlichen Zeit te für die Beschleunigungsperiode. Diese Eigenzeit te ergibt sich aus der an­ gewendeten Eigenbeschleunigung bc = 2,81 m/sec2, der astronomi­ schen Länge der Beschleunigungsstrecke s = 4,76.io17 m und der Lichtgeschwindigkeit c = 3.108 m/sec zu te = g arcosh

4-

= 3,69.10* sec

oder 11,7 Bordjahre. Die Hälfte des Rückweges dauert also länger, als die gesamte Hinreise von 9,79 Bordjahren I Diese außerordentliche Verlängerung der an Bord erlebten Reise­ zeit ist eine Folge der angewendeten geringeren Eigenbeschleuni­ gung be, wie die vorstehende mathematische Beziehung für die Be­ schleunigungsdauer te an Bord sofort erkennen läßt. Die mit der verringerten Schwere an Bord erkaufte größere Be­ quemlichkeit ist also mit einer Verlängerung der Reisezeit auf mehr als das Doppelte sehr teuer erkauft, und es drängt sich der Gedanke auf, ob nicht mit der entgegengesetzten Maßnahme, mit einer Er­ höhung der Eigenbeschleunigung des Schiffes auf vielleicht 15 oder 20 m/sec2 und der damit verbundenen Verkürzung der gesamten Reisezeit der Bequemlichkeit der Besatzung mehr gedient gewesen 414

wäre. Allerdings würde damit der Anteil der antriebslosen mittle­ ren Wegstrecke wieder vergrößert werden und außerdem würde damit die Anwendung noch wesentlich stärkerer und damit schwe­ rer Antriebsmotoren verbunden sein. Wenn wir nun bei der einmal gewählten geringen Eigenbeschleu­ nigung bleiben, so wird diese von dem Trägheitsnavigator an Bord dauernd zu be = 2,81 m/sec2 angezeigt, ebenso wie dieser die Bord­ zeit te laufend anzeigt und außerdem diese Eigenbeschleunigung noch über der Bordzeit integriert und damit am Ende der Beschleu­ nigungsperiode eine Eigengeschwindigkeit von ve = 2,81 m/sec2 x 3,69. io8sec = 1,035. 10* m/sec oder 3,45facher Lichtgeschwindig­ keit anzeigt, also genau denselben Wert wie am Ende der Beschleu­ nigungsperiode auf der Hinreise. Mit Hilfe dieser Eigengeschwindigkeit ve ergibt sich die vom Beobachter auf der Erde oder dem Zielstem gemessene Zeitdauer t der Beschleunigungsperiode zu t _ sin h (ve/c) _ te ve/c 4’57’

d. h. die astronomische Dauer der Beschleunigungsperiode ist 4,57 Xi 1,7 = 53,5 Erdjahre. Da die gesamte Rückreise somit 107 Erdjahre dauern wird, ist sie nicht wesentlich länger als die Hin­ reise mit rund 102 Erdjahren. Die auf der Rückreise angewendete geringe Eigenbeschleunigung wirkt sich daher hauptsächlich auf die an Bord erlebte Reisedauer aus, dagegen nur sehr wenig auf die astronomische, vom Beobachter auf der Erde festgestellte Reise­ dauer. Die oben erwähnte durchschnittliche relativistische Zeitdehnung über der gesamten Beschleunigungsperiode von t/te =4,57 ist na­ turgemäß wesentlich geringer, als dies am Ende der Beschleuni­ gungsperiode festzustellende Verhältnis der Erdsekunde zur Bord­ sekunde von At _ i _

= yTZZvz/Z2 = 22,3 also als die augenblickliche Zeitdehnung bei der Höchstgeschwin­ digkeit. Während der Beschleunigungsperiode der Rückseite entwickeln sich natürlich auch alle bei der entsprechenden Periode der Hinreise 4U

geschilderten kinematischen, optischen und nachrichtentechnischen Phänomene mit nun entsprechend geringerer Geschwindigkeit. Wieder erscheint der Besatzung in Wegmitte die gesamte Reise­ strecke von ioo astronomischen Lichtjahren erheblich verkürzt, wieder erlebt sie die Verfärbung aller Sterne des Firmamentes bis zur Ausbildung des farbigen Sternenringes, diesmal um den Hei­ matstern, mit der entsprechenden Verdunkelung des ganzen übri­ gen, für das Auge sternenlos gewordenen Himmelsgewölbes, und wieder beginnen ihr die Ereignisse auf dem Zielstern fast stillzu­ stehen, während die Ereignisse auf der Erde ein rasendes Tempo annehmen, das die auf der Hinreise versäumte irdische Geschichte wieder aufzuheben trachtet, bis alle diese Phänomene in Wegmitte, also 50 astronomische Lichtjahre von der Erde und von dem ver­ lassenen Zielstern, und 22,49 Bordjahre bzw. 156, 54 Erdjahre nach dem Start von der Erde ihre stärkste Ausbildung erreichen und zu­ gleich die Beschleunigungsperiode der Rückreise ihr Ende erreicht.

Nach 34,19 Bordjahren oder 210,04 Erdjahren . . . Ende der Rückreise Nach dem Ende der Beschleunigungsperiode wendet das Schiff und beginnt sofort die Bremsperiode mit 2,81 m/sec3 Bremsver­ zögerung und von insgesamt wieder 11,7 Bordjahren oder 53,5 Erdjahren Dauer. Während dieser Bremsperiode dehnt sich der farbige Sternen­ kreis wieder über das gesamte Himmelsgewölbe aus, wieder wer­ den Heimatstern und Zielstem für das Auge sichtbar, vermindern sich der Zeitlupeneffekt des verlassenen Zielsternes und der Zeit­ raffereffekt des Heimatsternes, nimmt der Sternenhimmel wieder seine gewohnte Konfiguration und Farbe an und landet schließlich das Stemenschiff nach 34,19 Bordjahren oder 210,04 Erdjahren wie­ der auf der Erde, aber nicht mehr in ihrer Heimat. Was immer die seit der Abreise um 34,19 Jahre älter gewordene Besatzung unterwegs und zuletzt in rasendem Tempo von der in­ zwischen abgelaufenen 210,04jährigen Geschichte der Erde erfah­ ren haben mag, wird ihr den Eindruck nicht verwischen können, daß inzischen neue Generationen auf der Erde geboren, aufge­ wachsen und wieder gestorben sind, daß Kultur und Lebensge­ wohnheiten der Menschen sich geändert haben und daß sie Fremd416

linge einer vergangenen Zeit unter ihren neuen Zeitgenossen ge­ worden sind. Es mag sein, daß solche Reisen schon vor Jahrhunderttausen ­ den von anderen Sternen aus stattgefunden haben und daß Besat­ zungen dieser Sternenschiffe auch dem Menschen in seiner Urge­ schichte begegnet sind und ihm den Mythos der Götter und sein Himmelsstreben eingepflanzt haben. Noch sicherer ist jedoch, daß der Mensch selbst solche Reisen einmal ausfuhren wird und daß sie das Ziel des unerhörten geistigen Umbruchs dieser unserer Zeit sind, in der die Periode des Wettbe­ werbes zwischen großen Menschengruppen durch Niederkriegen der anderen übergeht in die neue Wettbewerbsperiode des Empor­ erfindens der eigenen Menschengruppe. Dem Sieger in diesem Wettkampf wollen wir neidlos die Palme reichen, aber wir wollen alle an ihm teilnehmen.

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PERSONEN- UND SACHREGISTER Abbremsen 269 Abfallprodukte, radioaktive

373 Ablationskühlung 332 Abreisetermin 206 Absorptionsvermögen 259 F. Abstrahlung 222 f., 225, 523 Abstrahlungsfläche 299 Abstrahlungskühlung 224 Abstrahlungsleistung 300 Abstrahlungsvermögen 227 Abwehr 263 Abwehrgeräte 241 Ackeret 132 Aeolipile Herons von Alexandrien 21, 23, 156 Alpha Centauri 388 Anfangsfluggewicht 215, 300 Anfangsgeschwindigkeit 202 Angriff 263 Anstellwinkel 222, 227 Antimaterie 305, 374, 377 -, Lagerung 377 Antiproton 376 Antiwasserstoff-Atom 376 Antriebe 141 Antriebsgewicht 158, 293, 307 -, spezifisches 165, 182, 303,

325 Antriebskosten 159,165,172, 187, 282 -, spezifische 182 Antriebskraft 130 Antriebsleistung 307 Antriebsmechanik 304 Antriebsperiode 232 Antriebspreis, spezifischer 290, 307 Antriebsstrahl 320 Anwendungsperiode 107 Apollo 237 Äquivalenz von Masse und Gewicht 135, 136 Arbeitsstunde 168 f. Arbeitsstundenwerte 233,237 Archytas, Taube des 23, 156 Ardenne 298 Aristarch von Samos 20 Aristyllos aus Samos 20 Astronomie 16, 20 -, Geschichte der 20 ff. Atmosphäre 234, 235, 238, 260, 264, 269, 284, 331 Atombombe 251 ff.,285,288, 3*5» 33°» 33* Atomenergie 277

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Atomexplosion 286, 328 Atomkern 332 Atomkernenergie 135 Atomraketensystem 286, 289 Aufbaureaktion 136 Aufbereitung 318 Auftreffgeschwindigkeit 3 31 Ausbildungs- und Trainings­ stelle 234 Auspuffgeschwindigkeit 131 Außenhaut 224, 256 Außenstation 234 Ausstrahlungsdichte 319 Ausströmdüse, thermodyna­ mische 372

Bahn, ballistische 263 elliptische 119 -, halbballistische 263 Hohmann’scheEllipsen-120 -, Planeten- 120 Bahngeschwindigkeit 267 f. Bahnkorrektur 142, 143, 293 Batterien 229 -, chemische 226 Baugewicht 86 Baugewichtsanteil 190 ff., 202, 208 Baukosten 204, 206 Baugruppen 306 Baustoffe 230, 234 -, höchstschmelzende 279 Baustofforschung 40 Baustoffwahl 224 Beanspruchung, mechanische 330 -, thermische 330 Begrenzungswände, materie­ lose 372 -, reflektierende 371 Beobachtungsstation 241 Beschleunigung 275, 290, 292, 294 f., 302 Beschleunigungsdauer 414 Beschleunigungsperiode 415 Beschleunigungsstrecke 413 f. Beseel 21, 22 Blinder Fleck 396 Blockierung des Krieges, technische 32 Bodendienstkosten 88 ff., 9jff. Booster 215 Bordbeschleunigung 409 Bordenergieaggregat 212 Bordenergieversorgung 224, 229

Bordjahre 393, 400, 407, 414 Bordmassenverbrauch 184, 185, 187 Bordzeit 395, 409 f., 415 Bostick 301 Braun, Wemher von 25, 105, 237 Bremsstrahlung 368 Bremsung, aerodynamische 209 Brennkammerdruck 170 Brennpunkt 264 Brennstoff 134,163,164,169, 170 Brennstoffzellen 226, 229 Brennweite 322 Bulganin, Nikolai Aleksan­ drowitsch 33

Churchill, Sir Winston 3 3 Cleaver, A.V. 23 Congreve, William 21 Coulomb-Potential des elek­ trischen Kemfeldes 362 Cyrano de Bergerac 21, 23, *4» 156 Dädalus 2i 338 Dichte, kritische 284 Diffusionsverluste 283 Dissoziation der GaBmoleküle 361 Dopplereffekt 402 -, quadratischer 350 Doppleraavigator 391 f. Dopplerprinzip 147 Dopplerverschiebung 396 ff., 406,408 Dornberger, Walter 25,105 Druckspitze 329 Drucksteigerung 292 Drucksteigerung, statische 289 Druckwirkung, dynamische 289 Dumas, Alexandre 25 Douplasmatron 298 DüsenmündungBdruck 172 Düsenmündungsquerschnitt 308 Düsenöffnungsverhältnis 181 Düsenhals 292 Düsenhalsquerschnitt 291 Dyna-Soar 224

Eigenbeschleunigung 354, 394 ff-, 399» 408,412 f-, 4’4 fEigendistanz 395 Eigengeschwindigkeit 41 j Eigenverzögerung 406,413 Eigenzeit 357,414 Einheiten, astronomische 266 Einstein, Albert 21, 22, 135, 348 F.triatein’ache Mechanik 124 Elektrogeneratoren, magne­ tohydrodynamische 41 Elektromagnetische Flasche 372 Elektron 283, 308, 332, 376 Elektronengas 261, 378 Elektronenstoßquelle 299 Elias, feuriger Wagen des 15 Energie, kinetische 264, 268, 294,320,333,384 Energieausbeute 303, 306 Energiebedarf 226 Energieentbindung 286,292 Energiequelle 307, 344 Energiequellengewicht 324 Energiestoß 329 Energiestrahl 363 Energiestrahlungsquelle 313 Energietransport 319 Energieumwandlung 323 Entfernung der großen Plane­ ten von der Erde 337 Entspannungsdüse 286, 320 Entwicklungs- und Erpro­ bungsstelle 234 Entwicklungskosten 81, 88, 93» 94» 9^ ff-,’92 f-,’97» 206 ff. Entwicklungsperiode 106 Entwicklungszeit 380 Eratosthenes 22 Erdaußenstationen 102, 233, 235 ff., 240 f„ 243 £, 247, 262, 265, 269, 285, 301, 389 Erdaußenstationsbahn 264 Erdsatellitenbahn 264 Erdschwerefeld 268 Erdvermessung 235 Erosion, Richtungsunabhängigkeit der 335 Erosionswirkung der 335

217, 223, 225, 228, 232, 259 Eanault-Pelterie 21,25, 31,34 Expan&ionsdüse 284 Expansionsgeschwindigkeit 287, 291,326,328 Expansionsschwaden 291

Explosion 292,326,329 Explosionsschwaden 287,334

Felder, magnetische 283 Fermi, Enrico 23 Fernrohre 235 Festigkeit, Kalt- und Warm231 Festkernmeiler 307, 324 Feststoff-Motor 229 Feststofftriebwerk 246 Feststoff-Turbine 229 Festtreibstoffmotor 226 Festtreibstoffturbine 226 Feuerdüse 172,177 f., 320 -, Öffnungswinkel 177,178 FeuergasdisBOziation, thermi­ sche 170 Feuergasdruck 134,173,184 Feuergasenthalpie 320 Feuergaspartikel 3x7 Feuergastemperatur 170,180, 187 Feuerraumbelastung 365 f. Feuerraumdruck 172 Fission 136,363 Fissionsbombe 328,334,336 Fissions-Hyperschall-Staustrahl 183 ff., 195,213 f. Fissionsmeiler 226, 229, 295, 298 f. -, fester 279 flüssiger 279 gasförmiger 280, 282, 307, 320,324 Fissionsraketenmotor, kon­ vektiver 265 Flächenbelastung 216, 222 f., 227 Flammenfront 318 Fluchtgeschwindigkeit in, 123,124,134,265,268 -, charakteristische 191 -, verlustfreie 191 Flugbahn 116,263,275 Flugbahn Erde-Mond-Erde 119 Flugerprobung 197 Fluggeschwindigkeit 113, 137,188,189,196, 201,204, 223 ff., 227, 267, 335, 378, 382 ff., 392,402,414 -, charakteristische 86,92,98, 190, 192, 200, 203, 263 ff., 269,275,277,337 -, Verluste der 189,191 Fluggeschwindigkeitsgewinn 131,132 Fluggeschwindigkeitssteige­ rung 161,189,192

Flughöhe 1x3, 222 ff., 227, 263 Flugleistung 198,200 Flugmechanik, relativistische

if Flugperiode, beschleuni­ gungslose 412 Flugzahl 233 Flugzeit 189 Flüssigwasserstofftanks 229 Forschungsperiode 104 Freiheitsgrad 317 f., 320 Frenzl 156 Fusion 136 Fusionsbombe 334 Fuaionsmeiler 307 Fusionsplasma 334,372 Fusionsreaktion 384 -, kontinuierliche 374

Gagarin, Juri 381 Galilei, Galileo 22 Gamow, G. 23 Ganswindt, Hermann 21, 24 Gas, interstellares 372, 384fr., 394, 401 -, Dichte 382 -, Staudruck 382 Gaslaser 319, 324 Gasstrahl 284 Gastemperatur 319 Gauß, Carl Friedrich 24 Gemischaufbereitung 176, 370 Gemischpreis 170,171 Generatoren, magnetohydro­ dynamische 295 Geodätische Station 235 89. 94, 95» 99* 100,102 Gesamtimpuls 292 Gesamtkosten 97,101 Geschwindigkeitsverlust 202 f. Gewichtslosigkeit 412 Gleichgewichtsstrahlung 367 Gleichgewichtstemperatur 221,317 f. Gleitbahn 264 Gleitflug 196 Gleitzahl, aerodynamische 202 ff. Glühtemperatur 223 Goddard, Robert Hutchings 21. 24» 3b 34 Golightly, Charles 23,256 Göttermythen 14 Gravesande, Wagen des 23, 156 Gravitation 264

419

Gravitationsfeld 117,119 Gravitationsgesetz 22 Gravitationsverlust 269 Grenzschicht 228 -, laminare 221 turbulente 221, 227 Grundgleichung, dynamische 294

Hahn, Otto 21,377 Hauttemperatur 221 Heißwasser-Raketen 156 Heizwert 306,356 Herschel, Friedrich Wilhelm 21 Hevcl, Johannes 22 Hilfsantriebe 293 Hilfstriebwerk 296 Himmelsstreben 15 ff., 19, 27 f. Hochdruckofen 286 Höchstvakuum 236 Höhenverlust 264 Hohmann 21 Hohmann-Ellipse 120 f., 266 ff., 275 Horizontalstart 215 Huygens, Constantijn 22 Hyperschallgleitzahl 203 f. Hyperschall-Staustrahltrieb­ werke 214 Hyperschall-Verkehrsflug 47 Ikarus 2X Impuls 297,305, 313 -, spezifischer 133,157, 207 Impulsbeschleuniger 301 Impulssatz 356 Instrumente 234 Intelligenzen, kosmische 14 Interferenzschichten 322 Interplanetarfahrzeuge 238 Interstellargasdynamik 387 Interstellarfahrzeuge 386 f. Ionen 308, 330 f. Ionenbeschleuniger 299 Ioncnmotor 299 Ionenquelle 298 Ionenraketensystem, elektri­ sches 300 Ionenstrahl 299 Ionisation 281,368 Ionisierungsschwelle 309 Isolierstoffe 238 Isothermen 227

Jordan, Pascual 35 Käfig, magnetischer 283 Kältetechnik 41

420

Kanalstrahlen 331 Kathodenzerstäubung 330 f.,

535»594 Kantrowitz 233 Katapult 216 Kepler, Johannes 21 Kepler’sche Ellipse 115,1x9, 26} Kepler’sches Gesetz, drittes 266 Kembrandplasma 369 ff. Kernenergieantrieb 23 Kernfusion 333 -, stationäre 105,373,377 -, stetige 344, 356 Kemfusionsreaktion 306 Kernreaktion 362^,367 Kernspaltung 305,325 Kemspin 313 Kemstoß 36 t Kemtreibstoff 284, 307, 326 Kemverbrennung 359,369 -, kontinuierliche 370 -, stationäre 359,369 fr. -, stationäre thermische 366 Kemzerfall 229 Kemzerfallsbatterien 226 Kemzündtemperatur 366 Kesseltemperatur 325,333 Kibaltschitsch 24 Klargewicht 86, 88 f., 92 ff., 99.389 Klargewichtsanteil 92, 98» 210 Knallwelle 288 Knallwellenüberdruck 292 Kollektorgewicht 323 Kolumbus, Christoph 389 Konverter, thermionischer 295 Kopernikus, Nikolaus 21 Kreisbahngeschwindigkeit 264 Kriegshandlungen 239 Kristallgitterweite 332 Kühlmittel 174,175, 212 Kühlschleier 291 Kühlung 174, 175, 178, 219 -, direkte 224 Kühlverfahren 281,284 Laboratorien 235 ff. Ladung, elektrische 298 Lagenkorrektur 293 Längendehnung 352 Längendilatation 353,382,399 Laser 259, 313, 316,378 Laser-Forschung 378 Lasttransport 293 Laval-Düsen 177

Leistung 294 -, elektrische 300 Leistungsfähigkeit 155, 159 Leitfähigkeit 301 Lichtbogen 298, 302 -, elektrischer 296 Lichtbogenaufheizung 293 Lichtgeschwindigkeit 303, 305 f., 382 ff. Lichtkanonen 248 Lilienthal, Otto 21 Luftstau 224 Luftwiderstand 112,216,264, 269 Lukian 24 Luminiazenzstrahlung 314 Machtmittel, militärische 239 Magnetfeld 298, 302,307 Magnetische Flasche 374 Mars 238, 267 f. Masse, kritische 286 -, träge 305 Masse-Energie-Äquivalenz

504 Massendefekt 363 Massendilatation 382 Massenverbrauch 305 Massenzerstrahlung 138,306, 368 Materiezerstrahlung 105,356, 376 Maxwellverteilung 360, 362, 364 f., 368 Metallegierungen 230 Metallspiegel 259 Michelson-Versuch 347 Milchstraße 13,388,394 Mischplasma 291 Mischungsverhältnis 170, 173,205,207 f., 210 Mischungsverhältnis, stöchio­ metrisches 170,207 Molekulargewicht 298 Molekularreflexion, spiegeln­ de 228 Molekutarströmung, freie 204,331,401 Mond 234, 236, 238, 264 f. Mondbasen 238 Mondexpedition 265 Mondfahrzeuge 237E, 243,26 Mondflugzeug 265 Mondstation 247,262,381 Mühlhäuser 156 Mythologie 14 Nachbarsonnen, Planeten ¿fr Nachrichtensatelliten 46, 255

Nachrichtenstation 241 Navigation 142,143 -, optische 147 -, Radio- 146 -, Trägheit»- 144,14J Navigationsstation 235 Navigationssysteme 246 Nebenprodukte, technische 37 ff. Neutralisierung 299 Neutronenreflektor 284 Newton, Isaac 21,22,294 Nova 237 Nutzlast 86 ff., 93 f., 99, 190 ff., 198, 202 f., 206 ff., 213,284,301,334,389 Nutzlastanteil 89, 92, 93 f. 98 f., X90 ff., 197, 202 f., 207,210,214 Nutzlastkosten 192 Nutzung, wirtschaftliche 263 Oberfläche, metallische 330 molekularspiegelnde 220 Oberflächenaufheizung 293 Oberflächenausstrahlung, spezifische 315 Oberflächenglätte 228 Oberflächenioniaierung 298 Oberflächentemperatur 222 Oberth, Hermann 21, 23 ff.,

5b 34 Observatorien 236 Ofen 284, 292,297 -, charakteristische Länge 176,177, 291 Ofendruck 134,164,178 Ofengewicht 290 Ofentemperatur 297 Ofenvolumen 292 Oflhungswinkel 261 Oa/Ha-Motoren 229,278 Oa/Ha-Turbinen 229 Oa/HrVerbrennungsmotoren 226 Ot/HrVerbrennungsturbinen 226 Orion 325 Orthohelium-Parheliumumwandlung 259,313 f. Orthowasserstoff-Parawasser­ stoff-Umwandlung 259, jljf. OZMA-Projekt 14 Parabolspiegel 261 Partikelbeschleunigung 299 Perkings, James 23,156 Personalkosten 88 Photodetektor 148 Photoelektrische Zellen 41

Photonen 305,310,313,361, ¡6), 366 ff., 377,404 -, Spiegelreflexion 372 Photonen-Antriebsstrahl 375 Photonendiflusion 369

Femrakcten, ballistische 164 Feststoff-Raketen 22, 165, 166,206 -, chemische 140,155,162 ff. Fissionsraketen 141 -, elektrische 277, 293, 323,

Photonenfahrzeuge 381 Photonengas 327,361 -, freie Weglänge 367 Photonen-Staustrahl 382f. Photonenstaustrahlantrieb, reiner 385 Photonenstrahlen 378 Photonentriebwerk 389 Photonenzellen 295 Planet 236 Planetenbahn 266 Planetenbesiedlung 49 Planetensystem 13,388 Plasma 260, 282, 283 ff., 286, 292, 295,302 f., 308 f., 364, 366, 368 f. -, schweres 311, 378 -, stationäres 367 -, vollionisiertes 364 Plasmadichte 365 Plasmadruck 368 Plasmastrom 42 Plasmatemperatur 298 Plutarch 24 Pluto 214, 391 Poe, Edgar Allen 24 Polizeiaktion 241 Polizeiapparat 249 Polizeifunktion 239 Positron 376 f. Prallplatte 325,330 Produktionskosten 83 ff., 88 ff., 94 f., 97,99,101,192, 197,206 ff. Produktionskostenanteil 95 Proton 376 Prüfstände 285 Ptolemäus 21 Pumpleistung 174

5*5 -, elektromagnetische 293 -, elektrothermische 293 -, konvektive 98, 135, 141, 156,179 ff., 195,211, 213 f., »37.266,277 f. -, photonische 304,306,313, 320, 32} ff., }}2 -, reine 313, 326, 329, 332 ff. Flugabwehrraketen 36 Flüssigkeitsraketen 22, 23, 164 f., 284 -, chemische 21, 140, 155, 166 ff., 204 f. Fuaionsraketen 141, 277,306, )26, 334, 359, 370, }73, 386 Heißwasserraketen 21, 22, 138,140,156 ff., 215 Interkontinentalraketen 36 Ionenraketen, elektrische 308 -, elektrostatische 293, 296 Kampfraketen 188 f., 238 -, ballistische 245 Mischflssionsraketen 141, 277, 281 f., 284 ff., 290, 292, 306,367 Photonenraketen 21, 141, 262, 374 ff., 386, 414 -, partielle 139,140,141, 277, 303, 305 ff. Plasmafissionsraketen, elek­ tromagnetische 301 Pulverraketen, chinesische 21 Raumabwehrraketen 36 Schwarzpulverraketen 22 Wasserdampfraketen 156 Raketenantriebsperiode 268 f Raketenfembomber 246 Raketenflugzeuge 36,264 Raketengrundgleichung 338 -, klassische 132,355 -, relativistische 132,355,414 Raketenmotor 224,294 Raketenofen 282,285,288 Raketensystem 295, 304, 325 Raketentechnik, Geschichte 22 ff. Raketentriebwerke 138, 140,

Querfeldbeschleuniger 303 Radar 407 Radarmessung 403 Radarnavigation 392 Radikalreaktion 172 Radiosterne 403 Raketen -, ballistische 35,86,262 -, chemische 306, 308 -, elektrische 21,306 -, thermoelektrische 295 Atomraketen 21 -, elektrische 141, 293

’55 -, elektrische 372 Raum, interstellarer 112 Raumabwehrwaffen 250 Raumaerodynamik 401 Raumbedingungen 234

421

Raumfahrt Geschichte 21 -, heutige 245 interstellare 3 88 ff. -, langsame 267 -, militärische 239 f. -» morgige 343 mythische Wurzeln der 19 Nebenprodukte der 9 schnelle interplanetarische 285, 292 f., 503, 325, 333, 336»344 übermorgen 343 zivile 240 Raumfahrtforschung, Geschichte 24 ff. Raumfahrtgegner 35 Raumfahrtgeräte, militärische 239 f., 262 Raumfahrtkosten 5 3 ff. Raumfahrtmedizin 39 Raumfahrttriebwerke 234 Raumfahrzeuge, schnelle, Mehrstuflgkeit 336 -, Transport 197 Raumflughäfen 47 Raumflugzeuge 87, 93 ff., 98, 196 ff., 200 ff., 206, 208, 226,229, 233, 234,237, 239 ff., 245,251,262, 303 aeronautische 88 f., 238 -, nukleare 89,100 Raumjäger 251, 254 f. Raumladung 299 Raumsonde 194, 238, 270 -, bemannte 194 unbemannte 194 Raumtransportaufgaben 242 Raumtransporter 9off.,199,212 -, aeronautische 92, 97 f., 195 ff., 203 -, aeronautische nukleare IOI, 102 ballistische 88 f., 92, 94 ff., 189 ff., 193, 195, 200 ff., 206,237 ballistische nukleare 100, IOI, 102

Bodendienstkosten 90 ff. Entwicklungskosten 90 ff. Serienproduktionskosten 90 ff. Treibstoffkosten 90 ff. Wiederverwendbarkeit 90 ff. Raumverkehrssystem 243 Raumwaffen 239,254 Raumwaffensystem 248 Raumwaffentechnik 245 Reaktionsausbeute 305

422

Reaktionsplasma 364,366 Reaktionsprodukte 327 Reaktionsschwaden 325 Reflektor 320 ff., 324, 327 ff., 33*» 354 Reflektorbaugewicht 332 Reflektorfläche 368 Reflektorgewicht 323,330 Reflektorwirkungsgrad 332 Reflexion elektrisch geladener Ruhemassenpartikel 372 Reflexion lichtschneller Par­ tikel 372 Reflexion neutraler Ruhemas­ senpartikel 371 Reflexionsvermögen 260,316 Reichweite 163, 164, 188 ff., 203 f., 263 f. Reisezeit 238,266,275,301 Rekombination 310 f., 368 Rekombinationsprozeß 313 Rekombinationsstrahlung 366 f. Relativgeschwindigkeit 391 Relativierung der Zeit 379 Relativitätsmechanik, spezi­ elle 346,376 Relativitätstheorie 379 Rendezvous 148,258 Restmasse 305 Richtprozeß J2of. Richtspiegel 316 Römer, Olaf 22 Rotationsfreiheitsgrad 318 Rotationsparaboloid 332 Rotverschiebung 396 Rover 213 Ruark, A.E. 23 Rückreise 270 Ruhemasse 304 Rutherford, Emest 317 Sanatorium 234 Sänger, Eugen 156 Satellit 117 f., 194,238,240fr., 244,251,254,257,262 -, bemannter 194 Lebensdauer 264 -, unbemannter 194 Satellitengeschwindigkeit 134 Saturn 45,237 Schäfer 156 Scheinwerfer 320 Schiffsbeschleunigung 391 Schienenbeschleuniger 301 Schleierkühlung 281 Schmelzerscheinung 331 Schmelzpunkt der festen Baustoffe 181 Schmelztemperatur 187

Schopenhauer, Arthur 74 Schöpferkraft 28 Schub 213,283,290,294,296, 298 f., 501, 505 f., 307, 323 ff., 329 f., 334, 373, 394,408 Schub des Raumstaustrahltriebwerkes 357 Schubdichte 308 Schubkompensation 285 Schwärzler 156 Schwarzstrahlung 310, 313, 367 Schwarzstrahlungstemperatur 260,308 Schwefel 229 Schwere 234 SchwerefreierZustand 389 Segelflugzeuge 344 Serber, R. 23 Serienproduktionskosten 8 3, 93 f., 96, 98, 99, 100,102 Serienproduktionsperiode 107 Shepherd, L.R. 23 Sicherheit 15 5 f. nationale 30 Sirius 388 Sonne 236,266 Sonnenspiegel 226,229 Sonnenzellen 41, 226, 229 Spallation 363 Spaltreaktion 136 Spannungsgefälle 298 Spektralbereich 389 Spektrum, kontinuierliches 3H Spiegel 322 Spiegelgüte 323 Spiegeltemperatur 323 Start 215 Startbahn 217 Startgewicht 86, 88, 93, 188, 192,197 Starthilfe 159 Startmöglichkeit 197 Startschlitten 161 Startwagen 161 Staudruck 335,384 Staustrahlantrieb 185 f., 357 Stautemperaturen 187, 221, 225 Stemenbogen, siebenfarbiger 398»4°3 Stoßbelastung 329 StoßioniBierung 309 Strahldichte 298, 303 Strahler, graue 308, 368 -, monochromatische 308, 313,315 f-, 3’9, 3«, 3M schwarze 260,308,324

ttahlgeachwindigkeit 86,89, 90, 98, 131 f., 134 ff., 157, 160, 161, 16 3, 165, 167 f., I78 ff., I90 ff., 195, 200 ff., ZOJ ff., 210, z6j, 275, »77 ff-. 281 ff., 286, 290 ff., 296 ff., 301, 303 ff., 306 f., 313, 323 ff., 328, 333 f., 356, 37} f-. 384 f., 389,414 Strahlleistung 174,182 -, kinetische 174 Strahlung 310 elektromagnetische 305, 329 -, korpuskulare 330 -, kosmische 234 nichtthermische 3x4 Strahlungsabsorption 322 Strahlungsdichte 235 ff., 291, 308,3iof., 322ff. Strahlungsdruck 308, 313, 578 Strahlungsintensität 260, 368 Strahlungskollektor 261 Strahlungsleistung 315 Strahlungsmaximum 389 Strahlungsquant 314 Strahlungsquelle 259 f., 308, 322,324 Strahlungsreflexion 323 Strahlungsschutz 183 Strahlungsspektrum 310 Streudurchmesser, gaskinetischer 367 Streuquerschnitt 365 gaskinetischer 364 Stufenprinzip 36 Stuhlinger, E. 300 Suezkrise 33 Swedenborg, Emanuel v. 24

Technik, Aufgabe der 17 Temperatur 283,309 Temperatumullpunkt, abso­ luter 383 Temperaturskala 383 Thermodynamik, relativi»tische 377,379 Thermoelemente 295 Tiefraumschiffe 234 »topping cycle« 174 Touristenzentrum 234 Trägheitsbahn 122 -, elliptische 116,117 Trägheitsnavigationsgerät 354 Trägheitsnavigator 391 f., 395>4°»> 4O>f->4’J Trägheitssatz der Mechanik 109, X12

Transformator 323 Translationsenergie, kine­ tische 363 Translationsfreiheitsgrad 318 Transport 233,263 Transportkosten 80, 88, 89, 96, 101, 108, 206 ff., 213, 237 f. Treibgas 283 Treibmasse 321 Treibstoff 168,169, 172, 282, 294,318 -, inerter 284 f.,290 -, kryogener 229 Treibstoffanteil 92, 95, 98 f., 190 f., 199 ff., 208, 213, 265 f„ 386,389,394,413 Treibstoffbehälter 284, 306, 326 Treibstoffdichte 173 Treibstoffgemischdichte 210 Treibstoffgemische 89 Treibstoffgemischpreis 210 Treibstoffgewichtsanteil 86 Treibstoffkombination 97,90, 167,169,170,171,178,205, 207,209 f. Treibstoffkosten 84 ff., 171 f., 204, 206 ff., 3 29 Treibstofflager 234 Treibstoffmasse 304 Treibstoffverbrauch 174,184, 229,394 f., 408,413 spezifischer 133, 165, 182, 214,303, 307,374, 391 Treibstoffvorrat 365,4x3 Treibstoffwahl 204 Treibstoffzellen 41 Triebwerke 283,285 -, elektromagnetische 303 Triebwerksgewicht 301 Triebwerksschub 389 Triebwerkssystem 278,335 Trinitrotoluol (TNT) 287 Tunneleffekt, quantenmecha­ nischer 361 Turbogeneratorsystem, ther­ modynamisches 295 Tycho Brahe 21

Überdruck 288 Überwindung des Krieges, technische 30,239 Uhrenparadoxon 376 Ulam, S. 23 Ultrarottechnik 41 Umlaufzeit 266 Umwandlungsgrad 136 Uran 213 Uranatome, Zerstrahlung 377

Uranbombe 292 Uranpreis 289 Van Allen’sche Strahlungs­ gürtel 45 Verbindungaflugzeuge 262 Verhrennung 318

Verbrennungsreaktion 316 f., 370

Verbrennungsstoff 134, 163, 164,169,170 Verdampfung 232 Verdampfungswärme 314 Verkehrssystem 237,241 Veme, Jules 21 Verpuffungsstrahltriebwerk 278 Verseuchung, radioaktive 183 Versorgungslager 234 Versuche, nukleare 234 Versuchsraumgleiter 224 Vertikalstart 215 Vollionisation 361 Vollioniaierungsenergie 330 Voltaire 24

Waffenstrahlen 248,251,255, 258 f., 262, 304, 308, 320, 322 Waffenstrahlwerfer 258,261 Waffensystem 239 Wanddurchdringung 332 Wände des Brennraumes 359 Wanderwärmung 332 Wanderwellenbeschleuniger 303 Wandler 294 Wandler, Gewicht 293 Wandtemperatur 181, 224, 227 Wärmebeanspruchbarkeit 256 Wärmeisolierung 230 Wärmeleitzahlen 232 Wärmeleistungsgewicht 308 Wärmestrahlung 219 Wärmetönung 314, 316, 36^£. Wärmeübergang 219 f., 224, 282

mus 332 Wärmeübertragung 282, 321 Wartezeit 266 Wasserstoffbombe 246,291 f., 332 f„ 362 Wasserstoffplasma 311 Wasserstofftanks 231 Weglänge, freie 281,284 Wellen, elektromagnetische 310

423

Welletilängenverschiebung

Weltbevölkerung 48 Weltnachrichtenstation 235 Weltraum 284 Weltraumbedingungen 236 Werft 234 Wettbewerbsfähigkeit, indu­ strielle 37 Wettersatelliten 46 Wetterwarte 23$ Wiedereintritt in die Atmo­ sphäre 218 Wiedereintrittskopf 332 Wiederverwendbarkeit 89, 94* 96**37 Wirkungsdurchmesser der Kerne, optischer 367 Winkelgeschwindigkeit 264

424

125, 127, 349,

Zerstrahlung der Ruhemasse 303 Zerstrahlungsrcaktion 138, 377, 3M Zerstrahlungsreaktion der Materie 374 Zielentfemungen 275 Zielstemsekunde 408 Ziolkowski, Konstantin Edu­ ardowitsch 21,23 f, 31,34, 105,132,167 Zunahme der Masse mit wach­ sender Geschwindigkeit

4O4»4M Zeitdilatation 15, 374, 393, 395*397,400,405,408 Zeitnormalstation 236 Zerstörungsstrahlungsdichte 260

355 Zündung 176 Zwanglaufkühlung 224 Zwillingsparadoxon der spe­ ziellen Relativitätstheorie 12J

Wirkungsgrad 320, 323, 332 Wirkungsquerschnitt 36$ Wirtschaftlichkeit 1 j 5, 156, ij8

Wissensdurst 28 Wright, Gbr. 21,381 Wurfbahn 113 Wurfparabel 113 X-20 224 Zeitdehnung

INHALTSVERZEICHNIS

Vorwort.......................................................................................

7

VORAUSSETZUNGEN DER RAUMFAHRT

I Mythische Wurzeln der Raumfahrt.............................

ij

Göttermythen • Himmelsstreben ■ Geniale Menschen

II Geschichtliche Wurzeln der Raumfahrt.........................

20

Geschichte der Astronomie • Geschichte der Raketentechnik • Geschichte der Raumfahrtforschung

m Warum Raumfahrt ?..........................................................

27

Himmelssehnsucht • Wissensdurst und Schöpferkraft • Nationale Sicherheit und technische Überwindung des Krieges • Technische Nebenprodukte und industrielle Wettbewerbsfähigkeit • Un­ mittelbare Anwendung der Raumfahrt • Ausweitung des mensch­ lichen Lebensraumes • Sicherung des Fortbestandes der mensch­ lichen Zivilisation

IV Was kostet Raumfahrt?..................................................

53

Die Qualität der aufgewendeten Arbeitsstunden • Die schöp­ ferische Arbeitsstunde • Die Quantität der aufgewendeten Ar­ beitsstunden ■ Der Zeitaufwand

V Wie funktioniert Raumfahrt?.........................................

109

Erdnahe Raumfahrt ■ Interplanetare Raumfahrt ■ Interstellare Raumfahrt

VI Raketentriebwerke, die Motoren der Raumfahrt ...

128

Die Strahlgeschwindigkeit • Die Masse-Energie-Äquivalenz • Die Systeme der Raketentriebwerke

VH Navigation der Raumfahrzeuge.....................................

142

Trägheitsnavigation ■ Radionavigation ■ Optische Navigation RAUMFAHRT HEUTE

I Raumfahrt - heute..........................................................

151

II Die Raketentriebwerke - heute.....................................

155

Heißwasserraketen • Chemische Feststoffraketen • Chemische Flüssigkeitsraketen • Konvektive Fissionsraketen • FissionsHyperschall-Staustrahlen

in Die Raumfahrzeuge - heute..........................................

i88

Kampfraketen • Ballistische Transporter • Satelliten und Raum­ sonden ■ Aeronautische Raumtransporter ■ Erdaußenstationen • Mondfahrzeuge • Langsame Interplanetarfahrzeuge

IV Militärische Raumfahrt

239

Militärische Raumfahrtgeräte ■ Militärische Raumfahrttransport­ geräte • Militärische Raumfahrtbeobachtungsgeräte • Militärische Raumfahrtangriffsgeräte ■ Militärische Raumfahrt-Abwehrgeräte ■ Zusammenfassung

V Zivile, erdnahe Raumfahrt..............................................

263

Langsame interplanetare Raumfahrt

RAUMFAHRT MORGEN

I Raumfahrt - morgen......................................................

275

II Die Raketentriebwerke - morgen.................................

277

Kontinuierliche Misch-Fissionsraketen • Periodische Misch-Fis­ sionsraketen • Elektrische Fissionsraketen • Photonische Fis­ sionsraketen • Reine Fissionsraketen • Periodische reine Fusions­ raketen ■ Die Raumfahrzeuge - morgen ■ Schnelle interplanetare Raumfahrt RAUMFAHRT ÜBERMORGEN

I Die Grundlagen der Raumfahrt von übermorgen . .

343

Die spezielle Relativitätsmechanik

II Raketentriebwerke - übermorgen.................................

356

Reine Fusionsraketen ■ Reine Photonenraketen ■ Der PhotonenStaustrahl

III Die Raumfahrzeuge - übermorgen.............................

386

IV Interstellare Raumfahrt..................................................

388

Die Ziele der interstellaren Raumfahrt ■ Eine interstellare Reise ■ Nach zwei Wochen . . . • Nach sechs Wochen . . . • Nach 3,29 Bordjahren oder 15,07 Erdjahren ■ Nach 6,50 Bordjahren oder 86,87 Erdjahren . . . ■ Nach 9,79 Bordjahren oder 101,94 Erdjah­ ren . . . • Nach 10,79 Bordjahren oder 102,94 Erdjahren . . . ■ Nach 22,49 Bordjahren oder 156,54 Erdjahren . . . ■ Ende der Beschleunigung auf der Rückreise ■ Nach 34,19 Bordjahren oder 210,04 Erdjahren . . . Ende der Rückreise

Personen- und Sachregister

418

Hermann Oberth

MENSCHEN IM WELTRAUM Neue Projekte für Raketen- und Raumfahrt

2J4 S., %ahlr. Abb., Leinen DM 14,80

»Das Buch bringt eine Fülle neuer, genialer Ideen, und es bietet sie in einer überzeugenden, oft mit Humor gewürzten Form. Es dürfte keinen an der Raumflugtechnik interessierten Menschen ge­ ben, der dieses Buch missen möchte.« Weltraumfahrt

Hermann Oberth

DAS MONDAUTO 100 S., %ahlr. Zeichn., kartoniert DM 4,80

»Der Titel verblüfft und läßt eine kühne Utopie vermuten. Diese Broschüre bietet aber mehr. Sie ist eine äußerst nüchterne Baube­ schreibung für ein Motorfahrzeug, das den ganz andersartigen Verhältnissen auf dem Mond angepaßt ist, und zwar von einem

unserer verdientesten Vertreter der Raumfahrt.« Literaturan^eiger

ECON-VERLAG • DÜSSELDORF • WIEN

Rolf Strehl

DER HIMMEL HAT KEINE GRENZEN Das große Abenteuer der Luftfahrt

486 S., t'ahlr. Abb., Zeichn., Ln. DM 14,80 Einmalige preisgünstige Sonderausgabe in der Reihe dms - das moderne Sachbuch

Aus dem Inhalt:

Auf den Flügeln der Phantasie / Vom Gedanken zur Tat der frühen Erfinder / Pioniere erobern die dritte Dimension / Die Ahnenreihe des Hubschraubers / Die große Idee des Grafen Zeppelin / Die Gipfelstürmer machen Fluggeschichte / Die lautlosen Wolken­ segler / Sprung über Kontinente und Meere /An den Grenzen des irdischen Raumes u. v. a. m.

der Fülle der Urteile:

»In fesselnder Darstellung werden zuerst die Träume und dann das Werden der Luftfahrt in all seinen Variationen gebracht. Alles ist aufgeführt: der Heißluftballon, das Luftschiff, Segelflugzeug, die Starrflügelflugzeuge, Drehflügler und zuletzt die Raketen. Auch die großen Pioniere der Luftfahrt und ihre Pioniertaten, der Luftver­ kehr und die Militärluftfahrt sind nicht vergessen. Das Buch liest sich wie ein Roman und gibt dabei einen vorzüglichen Überblick über die Geschichte der Luftfahrt - einen Überblick, in dem kein Kapitel fehlt.« Kosmos

ECON-VERLAG

• DÜSSELDORF • WIEN