Raum, Zeit, Architektur: Die Entstehung einer neuen Tradition [2nd expanded edition] 9783035605778, 9783035604535

A Classic Work of Architectural Theory A classic work on the architectural theory of modernity Includes a new afterwor

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Raum, Zeit, Architektur: Die Entstehung einer neuen Tradition [2nd expanded edition]
 9783035605778, 9783035604535

Table of contents :
INHALT
Abbildungsverzeichnis, Quellen- und Photographennachweis
EINLEITUNG. ARCHITEKTUR UM 1960: HOFFNUNGEN UND GEFAHREN
Verwirrung und Langeweile
Anzeichen einer sich bildenden Tradition
Strukturwandel der Stadt
Universale Architektur
Universale Architektur und regionale Entwicklung
Konstruktion und ihre räumliche Auswirkung
Das Verhältnis zur Vergangenheit
Der gegenwärtige Stand der Architektur
Volumen im Raum
Plastische Tendenzen
Architektur und Plastik
Das Wölbungsproblem
Die Wiederbelebung der Wand
TEIL I. GESCHICHTE ALS TEIL DES LEBENS
Der ffistoriker und seine Zeit
Das Verlangen nach Kontinuität
Zeitgeschichte
Methodengleiche
Transitorische und konstituierende Elemente
Architektur als Organismus
Das Verfahren
TEIL II. DAS ARCHITEKTONISCHE ERBE
Die neue Raumkonzeption: Perspektive
Das Findelhaus von Brunelleschi
Die Pazzikapelle in Florenz
Perspektive und Städtebau
Wachstumsbedingungen der Stadt
Die Sternstadt
Filarete (1400-1469)
Vigevano: Piazza Ducale (1493-1495)
Universalismus des Renaissancemenschen
Perspektive und die konstituierenden Elemente der Stadt
Die Wand, der Platz und die Straße
Brarnante und die Freitreppe
Michelangelo und die Modeliierung des Außenraumes
Was bedeutet die Area Capitolina?
Leonardo da Vinci und der Beginn der Regionalplanung
Sixtus V. (1585-1590) und die Planung des barocken Rom
Die Stadt im Mittelalter und in der Renaissance
Sixtus V. und sein Pontifikat
Der Hauptplan
Die sozialen Aspekte
Der Spätbarock
Die gewellte Wand und der flexible Grundriß
Francesco Borromini, 1599-1676
Guarino Guarini, 1624--1683
Süddeutschland: Vierzehnheiligen
Die Organisation des Außenramnes
Residenz und Natur
Versailles
Platzanlagen
Platzfolgen
Die Platzfolge von Nancy
Bath: neue Entwicklung eines gesell- schaftliehen Erholungszentrums
Hochentwickelte Stadtplanung im 18. Jahrhundert: die Piazza del Popolo, Rom
Konstituierende Elemente des Lansdowne Crescent, Bath (1794)
TEIL III. DIE ENTFALTUNG NEUER MÖGLICHKEITEN
Industrialisierung als fundamentales Ereignis
Eisen
Frühe Eisenkonstruktionen in England
Die Sunderland-Brücke
Frühe Eisenkonstruktionen auf dem Kontinent
Von der Gußeisensäule zmn Stahlskelett
Die gußeiserne Säule
Dem Stahlskelett entgegen
James Bogardus
Die St. Louis River Front
Frühe Skelettkonstruktionen
Aufzüge
Die Aufgabentrennung von Architekt und Ingenieur
Ecole Polytechnique: die Beziehung zu Wissenschaft und Leben
Das Verlangen nach einerneuen Architektur
Die Beziehung zwischen Architektur und Konstruktion
Henri Labrouste, Architekt-Konstrukteur, 1801-1875
Bibliothek Sainte- Genevieve in Paris
Die Bibliotheque Nationale in Paris, Labroustes Meisterwerk
Neue Aufgaben - Neue Lösungen
Markthallen
Warenhäuser als Folge der Industrialisie- rung
Die großen Ausstellungen
Die Londoner Weltausstellung von 1851
Die Pariser Weltausstellung von 1855
Die Pariser Ausstellung von 1867
Die Pariser Ausstellung von 1878
Die Pariser Ausstellung von 1889
Die Chicagoer Ausstellung von 1893
Niedergang der Weltausstellungen
Gustave Eiffel und sein Turm
TEIL IV. DIE FORDERUNG NACH MORAL IN DER ARCHITEKTUR
Dieneunziger Jahre: Vorläufer der modernen Architektur
Henry van de Velde, 1863-1957
Brüssel, Zentrum zeitgenössischer Kunst zwischen 1880 und 1890
Zeitschrift L'Art Moderne (1881)
Victor Hortas Beitrag
Berlages Amsterdamer Warenbörse und das Verlangen nach Moral
Otto Wagner und die Wiener Schule
Der Einfluß des Eisenbetons
Auguste Perret
Tony Garnier
TEIL V. DIE AMERIKANISCHE ENTWICKLUNG
Europa beobachtet die amerikanische Produktion
Die Struktur der amerikanischen Industrie
Der Ballonrahmen und die Industrialisierung
Der balloon frame und der Aufbau des Westens
Die Erfindung des balloon frame
George Washington Snow, 1797-1870
Der balloonframe und der Windsar-Stuhl
Ebene Flächen in der amerikanischen Architektur
Der flexible und freie Grundriß
Die Schule von Chicago
Die Architektur Chicagos um 1880
Das Apartmenthaus
Der reinen Form entgegen
Das Leiter Building, 1889
Das Reliance Building, 1894
Sullivan: das Carson-Pirie-Scott- Warenhaus, 1899-1906
Der Einfluß der Weltausstellung von Chicago, 1893
Frank Lloyd Wright
Wright und die amerikanische Entwicklung
Der kreuzförrnige und der langgestreckte Grundriß
Ebene Flächen und Struktur
Organische Architektur
Bürobauten
Der Einfluß Frank Lloyd Wrights
TEIL VI. RAUM-ZEIT-KONZEPTION IN KUNST, KONSTRUKTION UND ARCHITEKTUR
Die neue Raumkonzeption: Raum-Zeit
Brauchen wir Künstler?
Die Erforschung des Raumes: Kubismus
Die künstlerischen Ausdrucksmittel
Die Gestaltung der Bewegung: Futurismus
Malerei heute
Konstruktion und Ästhetik: Platte und Fläche
Die Brücken von Robert Maillart
Nachwort
Walter Gropius und die deutsche Entwicklung
Deutschland im 19.Jahrhundert
Walter Gropius
Deutschland nach dern Ersten Weltkrieg und das Bauhaus
Die Bauhaus-Gebäude in Dessau, 1926
Architektonische Einstellung
Walter Gropius in Amerika
Die Bedeutung der europäischen Emigration nach 1930
Walter Gropius und Amerika
Architektonische Tätigkeit
Gropius als Lehrer
Walter Gropius: 1953-1964
Amerikanische Botschaft in Athen, 1961
Le Corbusier und die architektonischen Ausdrucksmittel
Die Villa Savoie, 1928-1930
Der Wettbewerb für den Völkerbundspalast, 1927
Der Centrosoyus, Moskau
Große Bauten und architektonische Ziele
Le Corbusiers Entwicklung zwischen 1938 und 1952
St. Die
Unite d'Habitation von Marseille
Chandigarh
Le Corbusiers Entfaltung zwischen 1953 und 1964
Das Carpenter Center for Visual Arts der Harvard- Universität
Die Entstehung des Zentrutns
Die Planung
Warum gibt es keine Vorbilder?
Le Corbusier und die Auftraggeber dieser Epoche
Mies van der Rohe und die Integrität der Form
Die Elemente von Mies van der Rohes Architektur
Landhäuser, 1923
Mies van der Rohe und die Weißenhofsiedlung, Stattgart 1927
Mies van der Rohe baut
Das 1llinois Institute of Technology
Hochhausapartments seit 1949
Ober die Integrität der Form
Mies van der Rohe 1953-1964
Das Verwaltungsgebäude Bacardi bei Mexico City, 1961
Galerie des 20.Jahrhunderts in Berlin, 1963
Alvar Aalto: Irrationalität und Standard
Das Differenzierte und das Primitive bilden Komplemente
Finnland
Die finnische Architektur vor 1930
Aaltos erste Bauten
Sanatoriurn Pairnio, 1929- 1933
Die wellenförrnige Wand
Sunila: Fabrikbauten und Landschaft, 1937-1939
Das Haus Mairea, 1938-1939
Organische Stadtplanung
Das Möbel als Standardtyp
Aaltos Werk zwischen 1953 und 1964
Städtebauliche Tätigkeit 1953-1964
Saynätsalo
Kulturzentren
Seinäjoki, 1960
Das Kulturzentrurn von Helsinki, 1958
Aalto als Architekt
Die rnenschliche Seite
Jorn Utzon und die Dritte Generation
Die Beziehung zur Vergangenheil
Jorn Utzon
Die horizontale Fläche als konstituierendes Elernent
Das Recht auf Ausdruck: Die Gewölbe der Oper von Sydney
Einfühlung in die Situation: Das Schauspielhaus Zürich, 1964
Einfühlung in den anonyrnen Auftraggeber
Imagination und Realisierung
Die Internationalen Kongresse für Neues Bauen und die Formung der heutigen Architektur
TEIL VII. DER STÄDTEBAU IM NEUNZEHNTENJAHRHUNDERT
Dasfrühe 19.Jahrhundert
Die Rue de Rivoli Napoleon I
Stadt und Grünfläche: Die Plätze von London
Die Gartenplätze von Bloomsbury
Wohnbau-Entwicklung in großem Maßstab: Regent's Park
Die Straße wird dominierend: Die Transformation von Paris, 1853-1868
Paris in der ersten Hälfte des 19.Jahrhunderts
Die drei Reseaux von Eugene Haussrnann
Plätze, Boulevards, Gärten und Pflanzen
Die Stadt als technisches Problern
Haussrnanns Anwendung moderner Finanzierungsmethoden
Das Miethaus zur Zeit Haussrnanns
Der Maßstab der Straße
Haussrnanns Voraussicht: Sein Einfluß
TEIL VIII. STADTPLANUNG ALS MENSCHLICHES PROBLEM
Das späte 19.Jahrhundert
Otto Wagners Stellung zur Großstadt
Ebenezer Howard und die Gartenstadt
Patrick Geddes und Arthur Soria y Mata
Tony Garniers Cite Industrielle, 1901-1904
Amsterdam und die Wiedergeburt der Stadtplanung zwischen 1900 und 1930
Der Erweiterungsplan von Amsterdam, 1934
Beziehungen zwischen Wohnbau und Wünschen des privaten Lebens
TEIL IX. RAUM-ZEIT IN DER STADTPLANUNG
Der heutige Begriff der Stadtplanung
Zerstörung oder Transformation?
Der neue Maßstab in der Stadtplanung
Der Parkway
Hochhäuser im offenen Raum
Das RockefeUer Center
Wandlung des Stadtbegriffs
Zum Abschluß
Anmerkungen
Register

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Raum, Zeit, Architektur

Sigfried Giedion

Raum Zeit Architektur Die Entstehung einer neuen Tradition

Mit einem Nachwort von Reto Geiser

Birkhäuser Basel

Zur Beachtung: Das symbolische Auge mit hinzugefügter Zahl verweist innerhalb des Textes auf die ­jeweils herangezogene Abbildung; soweit diese nicht der Nachbarschaft der ­Zitierung, sondern in weiter entfernten Abschnitten des Buches zu finden ist, ist außerdem noch die ­Seitenzahl hinzugesetzt worden. Die Anmerkungen, auf die durch hochgestellt kleine Ziffern in fortlaufender Nummerierung ­innerhalb jedes Teiles des Werkes verwiesen wird, sind in entsprechender ­Reihenfolge auf den Seiten 513 und 529 zu finden.

Library of Congress Cataloging-in-Publication data A CIP catalog record for this book has been applied for at the Library of Congress. Bibliografische Information der Deutschen National­bibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese P ­ ublikation in der Deutschen National­bibliografie; ­detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.dnb.de ­abrufbar. Dieses Werk ist urheberrechtlich geschützt. Die dadurch begründeten Rechte, i­ nsbesondere die der Übersetzung, des Nachdrucks, des Vortrags, der Entnahme von Abbildungen und ­Tabellen, der Funksendung, der Mikroverfilmung oder der Verviel­ fältigung auf anderen Wegen und der Speicherung in Datenverarbeitungsanlagen, ­bleiben, auch bei nur auszugsweiser ­Verwertung, vorbehalten. Eine Vervielfältigung dieses Werkes oder von Teilen dieses Werkes ist auch im Einzelfall nur in den Grenzen der gesetzlichen Bestimmungen des Urheberrechtsgesetzes in der jeweils geltenden Fassung zulässig. Sie ist grundsätzlich vergütungspflichtig. Zuwiderhandlungen ­unterliegen den Strafbestimmungen des Urheberrechts. Dieses Buch ist auch als E-Book (ISBN PDF 978-3-0356-0577-8; ISBN EPUB 978-3-0356-0579-2) ­erschienen. Neuausgabe 2015 Umschlaggestaltung: Muriel Comby Copyright 1941, 1949, 1954, 1962, 1967, 1969 by the President and the Fellows of the Harvard College, Cambridge, Mass. USA; Copyright 1977 by William J. Callaghan; Copyright 1982 by Andreas Giedion und Verena Clay-Giedion Copyright 2015 by Erben Andreas Giedion und Verena Clay-Giedion Copyright Nachwort: 2015 by Reto Geiser © 2015 Birkhäuser Verlag GmbH, Basel Postfach 44, 4009 Basel, Schweiz Ein Unternehmen der Walter de Gruyter GmbH, Berlin / Boston Gedruckt auf säurefreiem Papier, hergestellt aus chlorfrei gebleichtem Zellstoff. TCF ∞ Printed in Germany ISBN 978-3-0356-0453-5 9 8 7 6 5 4 3 2 1 www.birkhauser.com

VORWORT ZUR DEUTSCHSPRACHIGEN AUSGABE

Eines Morgens, 1938, erhielt ich in Zürich von der Harvard-Universität ein Kabel mit der Aufforderung, den Charles Eliot Norton Lehrstuhl zu übernehmen. Aus den Vorlesungen entstand SPACE, TIME AND ARcHITECTURE. Damals dachten weder der Verleger, die Harvard University Press, noch der Verfasser an einen weiteren Erfolg. Zu beider Erstaunen flautedas Interesse nicht ab. SPACE, TIME AND ARCHITECTURE wurde langsam zu einem Lehrbuch der neueren Architektur in der Englisch sprechenden Welt. Eine Folge waren Übersetzungen in verschiedene Sprachen: Italienisch, Spanisch, Holländisch, Japanisch. In Vorbereitung sind französische, polnische, portugiesische Ausgaben. In Deutschland, der Schweiz und Osterreich ist RAUM, ZEIT, ARCHITEKTUR bis jetzt weitgehend unbekannt geblieben. Nur indirekt zeigte sich sein Einfluß in verschiedenen Publikationen, sowie in der Benützung zahlreicher Abbildungen, die ohne das Wissen des Autors übernommen wurden. Nun ist es soweit, daß eine deutsche Ausgabe erscheint. Sie hat mirwährend meiner Lehrtätigkeit an der Eidgenössischen Technischen Hochschule in Zürich sehr gefehlt. Im Vorwort zur ersten Auflage (1941) wurde der Zweck des Buches angegeben: »SPACE, TIME AND ARcHrTECTURE« ist für jene bestimmt, die der gegenwärtige Zustand unserer Kultur beunruhigt, und die nach einem

Ausweg aus dem scheinbaren Chaos mit seinen widersprechenden Tendenzen suchen. Ich zeigte durch Begründungen und durch objektive Tatsachen, daß, trotz der offenkundigen Verwirrung, in unserer Zeit eine geheime und unbewußte Synthese bestehe. Mein Hauptziel galt der Darlegung, weshalb diese Synthese nicht zur bewußten und handelnden Realität wurde. Mein Interesse konzentrierte sich hauptsächlich auf die entstehende neue Tradition in der Architektur, sowie die Sichtbarmachung ihrer Beziehungen zu anderen Tätigkeiten. Die Ähnlichkeit der Methoden zeigt sich inArchitektu~, Konstruktion, Malerei, Städtebau und den Wissenschaften. Um das Wachstum einer neuen Tradition klarzulegen, zog ich es vor, aus dem ungeheuren Arsenal des historischen Materials verhältnismäßig wenige Tatsachen auszuwählen. Geschichte ist keine Kompilation von Tatsachen, vielmehr ein Einblick in einen immer in Bewegung befindlichen Lebensprozeß. Durch die fragmentarische Auswahl entstehen Lücken, die erst nach und nach und sicher nie vollständig ausgefüllt werden können. In der 8. Auflage ( 1949) kam ein Kapitel über »Alvar Aalto«, sowie über »Gustave Eiffel und sein Turm« hinzu. In der 10. Auflage (1954) erfolgte eine Ergänzung durch den Städtebau in den vorangegangenen Stadien: »Perspektive und Stadtplanung« sowie »Sixtus V. und die Planung des barocken Rom«. Dazu in der heutigen Zeit ein neues Kapitel »Mies van

der Rohe und die Integrität der Form«, außerdem einige Zusätze wie »Gropius in Amerika« und »Le Corbusiers Entwicklung 1938-1952«. Als 1962 die 13. Auflage fällig wurde, kam der Vorschlag, dem Buch einen zweiten Band beizufügen, der sich mit der letzten Entwicklung befassen sollte. Material gab es übergenug, doch lehnte ich ab, denn, mit all seinen Unzulänglichkeiten, bildet das Buch eine Einheit, die nicht aus dem Gleichgewicht gebracht werden soll. Anstatt dessen stehteine kurze Zusammenfassung über den »Stand der Architektur um r96o: Hoffnungen und Gefahren«. Die Entwicklung in den letzten Jahren war so stürmisch, daß - anläßlich der deutschen Ausgabe - einige Ergänzungen angebracht sind. Nicht die Entwicklung der Architektur war stürmisch, wohl aber das Tempo der sozialen Veränderungen. Probleme, die bereits nach Kriegsende deutlich wurden, treten immer mächtiger in den Vordergrund. Ein Verlangen nach Lösungen wird immer brennender, wie etwa: Die bauliche Entwicklung in den zu selbständigen Staatswesen gewordenen früheren Kolonien. Das eruptive Anwachsen der Vielmillionenstädte, das - durch die Furcht vor plötzlichem Wechsel - in dem

Stadtplaner eine tiefe Unsicherheit für Planung auf lange Sicht hervorruft. Der immer rascher ansteigende Bevölkerungszuwachs, der über uns hinwegbraust, erfordert in den letzten Jahrzehnten dieses Jahrhunderts ein nie dagewesenes Bauvolumen. Unentschieden bleibt die Frage: Ob die Entwicklung darauf hinziele, die Erde in eine einzige, globale Stadt zu verwandeln, oder ob vorab Städte von menschlich übersehbaren Dimensionen wieder zu einer inneren Notwendigkeit werden. Ein Abschnitt WANDLUNG DES STADTBEGRIFFS beschreibt diese Entwicklung; außerdem wird über die INTERNATIONALEN KoNGRESSE FÜR NEuEs BAUEN CIAM dokumentarisch Auskunft gegeben. Das neue Kapitel JeRN UTZON UND DIE DRITTE GENERATION, sowie Erweiterungen, die das Werk von Gropius, Le Corbusier, Mies und Aalto von 1953 bis 1964 verfolgen, und die auch für die 15. amerikanische Auflage bestimmt sind, erscheinen hier zum erstenmaL

ZüRICH, DoLDERTAL, HERBST 1964. S.G.

INHALT

Abbildungsverzeichnis, Quellen- und Photographennachweis

13

EINLEITUNG ARCHITEKTUR UM 1960: HOFFNUNGEN UND GEFAHREN

21

Verwirrung und Langeweile Anzeichen einer sich bildenden Tradition Strukturwandel der Stadt Universale Architektur Universale Architektur und regionale Entwicklung Konstruktion und ihre räumliche Auswirkung Das Verhältnis zur Vergangenheit Der gegenwärtige Stand der Architektur Volumen im Raum Plastische Tendenzen Architektur und Plastik Das Wölbungsproblem Die Wiederbelebung der Wand

22 22 23 24 24 25 28 29 29 29 30 30 31

TEIL I GESCHICHTE ALS TEIL DES LEBENS

35

Der ffistoriker und seine Zeit Das Verlangen nach Kontinuität

37 38

Zeitgeschichte Methodengleiche Transitorische und konstituierende Elemente Architektur als Organismus Das Verfahren

38 40

43 43 45

TEIL II DAS ARCHITEKTONISCHE ERBE 49 Die neue Raumkonzeption: Perspektive Das Findelhaus von Brunelleschi Die Pazzikapelle in Florenz Perspektive und Städtebau Wachstumsbedingungen der Stadt Die Sternstadt Filarete (1400-1469) Vigevano: Piazza Ducale (1493-1495) Universalismus des Renaissancemenschen Perspektive und die konstituierenden Elemente der Stadt Die Wand, der Platz und die Straße Brarnante und die Freitreppe Michelangelo und die Modeliierung des Außenraumes Was bedeutet die Area Capitolina? Leonardo da Vinci und der Beginn der Regionalplanung

50 54 55 56 56 56 57 58 60 63 63 64

67 69 72 9

Sixtus V. (1585-1590) und die Planung des barocken Rom Die Stadt im Mittelalter und in der Renaissance Sixtus V. und sein Pontifikat Der Hauptplan Die sozialen Aspekte Der Spätbarock Die gewellte Wand und der flexible Grundriß Francesco Borromini, 1599-1676 Guarino Guarini, 1624--1683 Süddeutschland: Vierzehnheiligen Die Organisation des Außenramnes Residenz und Natur Versailles Platzanlagen Platzfolgen Die Platzfolge von Nancy Bath: neue Entwicklung eines gesellschaftliehen Erholungszentrums Hochentwickelte Stadtplanung im 18. Jahrhundert: die Piazza del Popolo, Rom Konstituierende Elemente des Lansdowne Crescent, Bath (1794)

TEIL 111 DIE ENTFALTUNG NEUER MÖGLICHKEITEN Industrialisierung als fundamentales Ereignis Eisen Frühe Eisenkonstruktionen in England Die Sunderland-Brücke Frühe Eisenkonstruktionen auf dem Kontinent Von der Gußeisensäule zmn Stahlskelett Die gußeiserne Säule Dem Stahlskelett entgegen James Bogardus Die St. Louis River Front Frühe Skelettkonstruktionen Aufzüge Die Aufgabentrennung von Architekt und Ingenieur Ecole Polytechnique: die Beziehung zu Wissenschaft und Leben Das Verlangen nach einerneuen Architektur Die Beziehung zwischen Architektur und Konstruktion Henri Labrouste, Architekt-Konstrukteur, 1801-1875 Bibliothek Sainte- Genevieve in Paris Die Bibliotheque Nationale in Paris, Labroustes Meisterwerk IO

73 74 77 80 87 91 92 92 99 102 106 106 108 111 114 114 115

117 121

127 128 130 131 132 134 138 140 144 149 151 151 155 157 157 158 158 159 161 161

Neue Aufgaben - Neue Lösungen Markthallen Warenhäuser als Folge der Industrialisierung Die großen Ausstellungen Die Londoner Weltausstellung von 1851 Die Pariser Weltausstellung von 1855 Die Pariser Ausstellung von 1867 Die Pariser Ausstellung von 1878 Die Pariser Ausstellung von 1889 Die Chicagoer Ausstellung von 1893 Niedergang der Weltausstellungen Gustave Eiffel und sein Turm

166 166 169 175 179 183 187 188 191 193 194 195

TEIL IV DIE FORDERUNG NACH MORAL 205 IN DER ARCHITEKTUR Dieneunziger Jahre: Vorläufer der modernen Architektur Henry van de Velde, 1863-1957 Brüssel, Zentrum zeitgenössischer Kunst zwischen 1880 und 1890 Zeitschrift L'Art Moderne (1881) Victor Hortas Beitrag Berlages Amsterdamer Warenbörse und das Verlangen nach Moral Otto Wagner und die Wiener Schule Der Einfluß des Eisenbetons Auguste Perret Tony Garnier

TEIL V DIE AMERIKANISCHE ENTWICKLUNG Europa beobachtet die amerikanische Produktion Die Struktur der amerikanischen Industrie Der Ballonrahmen und die Industrialisierung Der balloon frame und der Aufbau des Westens Die Erfindung des balloon frame George Washington Snow, 1797-1870 Der balloonframe und der Windsar-Stuhl Ebene Flächen in der amerikanischen Architektur Der flexible und freie Grundriß Die Schule von Chicago Die Architektur Chicagos um 1880 Das Apartmenthaus Der reinen Form entgegen Das Leiter Building, 1889 Das Reliance Building, 1894 Sullivan: das Carson-Pirie-ScottWarenhaus, 1899-1906

206 206 207 208 209 213 217 220 224 226

227 228 231 233 234 235 235 236 237 241 244 247 250 251 253 254 255

Der Einfluß der Weltausstellung von Chicago, 1893 Frank Lloyd Wright Wright und die amerikanische Ent· wicklung Der kreuzförrnige und der lang· gestreckte Grundriß Ebene Flächen und Struktur Organische Architektur Bürobauten Der Einfluß Frank Lloyd Wrights

TEIL VI RAUM-ZEIT-KONZEPTION IN KUNST, KONSTRUKTION UND ARCHITEKTUR

257 259 259 261 263 267 270 274

277

Die neue Raumkonzeption: Raum-Zeit 278 Brauchen wir Künstler? 278 Die Erforschung des Raumes: Kubismus 279 Die künstlerischen Ausdrucksmittel 281 Die Gestaltung der Bewegung: Futurismus 284 Malerei heute 287 Konstruktion und Ästhetik: Platte und Fläche 288 Die Brücken von Robert Maillart 288 Nachwort 303 W alter Gropius und die deutsche Entwicklung 304 Deutschland im 19.]ahrhundert 304 Walter Gropius 306 Deutschland nach dern Ersten Weltkrieg und das Bauhaus 307 Die Bauhaus-Gebäude in Dessau, 1926 310 Archite ktonische Einstellung 313 W alter Gropius in Amerika 316 Die Bedeutung der europäischen Emigration nach 1930 316 Walter Gropius und Amerika 318 319 Architektonische Tätigkeit 322 Gropius als Lehrer Walter Gropius: 1953-1964 322 Amerikanische Botschaft in Athen, 1961 326 Le Corbusier und die architektonischen Ausdrucksmittel 327 Die Villa Savoie, 1928-1930 330 Der Wettbewerb für den Völkerbundspalast, 1927 334 Der Centrosoyus, Moskau 338 Große Bauten und architektonische Ziele 338 Le Corbusiers Entwicklung zwischen 1938 und 1952 340 St. Die 340 Unite d'Habitation von Marseille 341 Chandigarh 344 Le Corbusiers Entfaltung zwischen 1953 und 1964 346

Das Carpenter Center for Visual Arts der HarvardUniversität Die Entstehung des Zentrutns Die Planung Warum gibt es keine Vorbilder? Le Corbusier und die Auftraggeber dieser Epoche Mies van der Rohe und die Integrität der Form Die Elemente von Mies van der Rohes Architektur Landhäuser, 1923 Mies van der Rohe und die Weißenhofsiedlung, Stattgart 1927 Mies van der Rohe baut Das 1llinois Institute of Technology Hochhausapartments seit 1949 Ober die Integrität der Form Mies van der Rohe 1953-1964 Das Verwaltungsgebäude Bacardi bei Mexico City, 1961 Galerie des 20.]ahrhunderts in Berlin, 1963 Alvar Aalto: Irrationalität und Standard Das Differenzierte und das Primitive bilden Kompleme nte Finnland Die finnische Architektur vor 1930 Aaltos erste Bauten Sanatoriurn Pairnio, 1929-1933 Die wellenförrnige Wand Sunila: Fabrikbauten und Landschaft, 1937-1939 Das Haus Mairea, 1938-1939 Organische Stadtplanung Das Möbel als Standardtyp Aaltos Werk zwischen 1953 und 1964 Städtebauliche Tätigkeit 1953-1964 Saynätsalo Kulturzentren Seinäjoki, 1960 Das Kulturzentrurn von Helsinki, 1958 Aalto als Architekt Die rnenschliche Seite J 0rn Utzon und die Dritte Generation Die Beziehung zur V ergangenheil ]IJrn Utzon Die horizontale Fläche als konstituierendes Elernent Das Recht auf Ausdruck: Die Gewölbe d er Oper von Sydney Einfühlung in die Situation: Das Schauspielhaus Zürich, 1964 Einfühlung in den anonyrnen Auftraggeber Imagination und Realisierung

348 348

349 349 352 356 356 357 362 364 364 365 368 370 371 375 376 377 377 379 379 382 384 390 392 395 398 399 399 399 400 400 400 400

405 406 406 407 407 408 415 417 419 II

Die Internationalen Kongresse für Neues Bauen und die Formung der heutigen Architektur

420

TEIL VII DER STÄDTEBAU IM NEUNZEHNTENJAHRHUNDERT~5

Dasfrühe 19.]ahrhundert Die Rue de Rivoli Napoleon I. Stadt und Grünfläche: l>ie Plätze von London Die Gartenplätze von Bloomsbury Wohnbau-Entwicklung in großem Maßstab: Regent's Park Die Straße wird dominierend: Die Transformation von Paris, 1853-1868 Paris in der ersten Hälfte des19.Jahrhunderts Die drei Reseaux von Eugene Haussrnann Plätze, Boulevards, Gärten und Pflanzen · Die Stadt als technisches Problern Haussrnanns Anwendung moderner Finanzierungsmethoden Das Miethaus zur Zeit Haussrnanns Der Maßstab der Straße Haussrnanns Voraussicht: Sein Einfluß

12

426 427 430 435 441 444 444 446 453 455 457 458 460 461

TEIL VIII STADTPLANUNG ALS MENSCHLICHES PROBLEM 463 Das späte 19.Jahrhundert 464 Otto Wagners Stellung zur Großstadt 465 Ebenezer Howard und die Gartenstadt 466 Patrick Geddes und Arthur Soria y Mata 468 Tony Garniers Cite Industrielle, 1901-1904 469 Amsterdam und die Wiedergeburt der Stadtplanung zwischen 1900 und 1930 Der Erweiterungsplan von Amsterdam, 1934 Beziehungen zwischen Wohnbau und Wünschen des privaten Lebens

TEIL IX RAUM-ZEIT IN DER STADTPLANUNG Der heutige Begriff der Stadtplanung Zerstörung oder Transformation? Der neue Maßstab in der Stadtplanung Der Parkway Hochhäuser im offenen Raum Das RockefeUer Center Wandlung des Stadtbegriffs Zum Abschluß Anmerkungen Register

472 477 480

483 484

485 489 489 493 498 505 510 513 530

ABBILDUNGSVERZEICHNIS, QUELLEN- UND PHOTOGRAPHEN-NACHWEIS

I. J0RN UTZON. Opernhaus von Sydney. Ansicht von Westen.

li. KUNIO MAEKAWA. Festival Hall, Tokio, 1961. Photo Schinkenchiku, Tokio. III. LUCIO COSTA. Platz der Drei Gewalten, Brasilia, •957· Aus Modulo, Brasilien, Februar 1958. IV. LUCIO COSTA. Platz der Drei Gewalten, Brasilia, 1957 bis 1960. Photo Gautherot, vom Ministerio des Rela~öes Exteriores. V. LE CORBUSIER. Kapelle Ste-Marie du Haut, Ronmamp, '955· Mit freundlirner Genehmigung von Dr. H. Girsberger. VI. LE CORBUSIER. Das Sekretariat, Chandigarh, 1952 bis 1956. Mit. freundlicher Genehmigung von Dr. H. Girsberger. 1. MASACCIO. Fresko der Trinität, Santa Maria Novella, Florenz, um 1425. Photo Alinari. 2. LEON BATTISTA ALBERT!. S. Andrea, Mantua, 1472 bis 1 5'4· Photo Alinari. 3. BRAMANTE. Illusionistismer Chor in der Kirche Santa Maria presso San Satiro, Mailand, I479-1514. 4· CARLO MADERNO. Zentralsmiff von St. Peter, Rom, r6o7-r6r7. Radierung, 1831. Victoria and Albert Museum, London. Photo Crown. 5· BRUNELLESCHI. Pazzikapelle, Florenz, 1430 begonnen. Photo Giedion. 6. FRANCESCO DI GIORGIO. Keilförmige Bastionen aus seinem nTrattato di Architetturac(, Aus dem Codex Magliabecchianus, Florenz. 7· VITTORE CARPACCIO. St. Georg und der Dramen, zwischen 1502 und 1507. Photo Alinari. 8. Bagnocavallo, eine mittelalterliche Stadt römischen Ursprungs. Luftaufnahme. Militär-Institut, Rom. 9· FILARETE. Die Lage der sternförmigen Stadt "Sforzindac{ um 146D-I464. Codex Magliabecchianus~ F1orenz. 10. FILARETE. Plan für die Stadt ))Sforzinda5 bis Rue Franklin. Grundriß. 223 zoo. AUGUSTE PERRET. 15 bis Rue Franklin. Das Atelier Perrets. Photo Giedion. 224 201. TONY GARNIER. Hauptbahnhof, 19or-r9o4. Entwurf. 225 zoz. Amerikanische Uhren, um 185o. 203. Standardmöbel amerikanischer Schulen, 1849. 204. Rundkopfhammer; schwere Schmiedehämmer; Chicagoer

Katalog, 1877. British Crown Copyright. Photo Victoria and Albert Museum, London.

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205. Yale-Sdlloß, Chicagoer Katalog, 1877. 206. Klappbett. Ausstellung in Philadelphia, 1876. 207. Getreidespeicher, Chicago, x87J. Aus The Land Owner, Chicago, 1873. zo8. Rahmenfadlwerk-Konstruktion. Aus G. E. Woodward Woodward's Country Homes (New York, 1869). 209. St. Mary's Church, Chicago, I8JJ· Erstes Gebäude in balloon frame-Konstruktion. l!O. Rahmenfadlwerk. Aus \V. E. Bell, Carpentry Made Easy (•859). l! r. Windsor-Stuhl. Photo Giedion. 212. R. J. NEUTRA. Haus in Texas, 1937· ll3· Old Larkin Building, Buffalo, 1837. Mit freundlidler Genehmigung von Larkin Company, Inc., Buffalo. 214. Langfellow Hause, Cambridge, Mass. 1859· Stülpschalung. Photo Giedion. 2 15. SteiD.wand eines Lagerhauses, Boston, 1846. Photo Giedion. 216. ShakerCommunityHouse,Concord, Vermont, 1832. Photo Giedion. 217. Commercial Block, 140 Commercial Street, Boston, Mass. 18 56. 218. Commercial Block, 140 Commercial Street, Boston, Mass. Aus dem Bostoner Almanach 1856. 2!9· H. H. RICHARDSON. Marshall Field Wholesale Store, Chicago, r885. 220. Wohnhaus, 34 Chestnut Street, Salem, Mass., 1824. Photo Giedioo. 221. E. C. GARDNER. Küdle, r882. Aus Gardner, The House That 1ill Built (New York, r881). 222. E. C. GARDNER. Landhaus, r882. Aus Gardner, The House That 1ill Built (New York, 1882). 223 . E. C. GARDNER. Einzimmer-Haus für eine »alte Jungfen. Aus Gardner, Illustrated Homes (Boston, 1875). 224. Der Architekt und seine Auftraggeberin, die alte Jungfer. Aus Gardner, Illustrated Homes (Boston, 1875). 225. WILLIAM LE BARON JENNEY. Erstes Leiter Building, Chicago, 1879. Mit freundlidler Genehmigung des Art Institute, Chicago. 226. WILLIAM LE BARON JENNEY. Manhattan Building, Chicago, 189r. Photo Giedion. 227. WILLIAM LE BARON JENNEY. The Fair Building, Chicago, r89r. Photo Giedion. 228. WILLIAM LE BARON JENNEY. The Fair Building, Chicago, 1891. Skelett. 229. HOLABIRD und RüCHE. Marquette Building, Chicago, 1894. Photo Giedion. 230. HOLABIRD und RüCHE. Marquette Building, Chicago, 1894. Grundriß eines Stockwerks mit nicht unterteilten Büroräumen. 231. Chicago, Anfang der neunziger Jahre: Randolph Street um 1891. 232. Great Northern Hotel, Chicago, 1891. 233. WILLIAM LE BARON JENNEY. Leiter Building, Van Buren Street, Chicago, r889. Photo R. B. Tague. 234. LE CORBUSIER. Maisan Glarte, Genf, 193D-1931. Photo Tinsler. 235. BURNHAM und COMPANY. Reliance Building, Chicago, 1894. Photo Giedion. 236. MIES VAN DER ROHE. EntwurfeinesWolkenkratzers aus Glas, 1921. 237. LOUIS SULLIVAN. Carson-Pirie-Scott and CompanyWarenbaus, Chicago, 18gg-zgo4. Detail. 238. LOUIS SULLIVAN. Carson-Pirie-Scott and CompanyWarenhaus, Chicago, z899-1904. Photo Fuermann. 239. WALTER GROPIUS. Entwurf für den Architektenwettbewerb um den Tribune Tower, Chicago, 1923. Mit freundlidler Genehmigung von Walter Gropius. 140. FRANK LLOYD WRIGHT. Charnley House, Astor Street, Chicago, 189z. 241. G. E. WOODWARD. Grundriß eines kreuzförmig angelegten Landhauses, 1873. Aus Woodward Suburban and Country Houses (New York, um 1873).

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242. G. E. WOODWARD. Kreuzfönnig angelegtes Landhaus, 1873· Aus Woodward Suburban and Country Hauses (New York, um I873). 260 243. FRANK LLOYD WRIGHT. Isabel-Roberts-Haus, River 261 Forest, Illinois, 1907. Grundriß. 244. FRANK LLOYD WRIGHT. Isabel-Roberts-Haus, River 261 Forest, Illinois, 1907. Photo Fuermann. 245. FRANK LLOYD WRIGHT. Isabel-Roberts-Haus, River Forest, Illinois, 1907. Zweistockhaber Wohnraum. Photo Fuermann. 262 246. FRANK LLOYD WRIGHT. Suntop Hauses, Ardmore, Pennsylvania, 1939. Grundriß. Mit freundlicher Genehmigung von Architectural Forum, August 1939, wiedergegeben. 264 '47· FRANK LLOYD WRIGHT. Suntop Hauses, Ardmore, Pennsylvania, 1939. Mit freundlicher Genehmigung des Museum of Modern Art, New York, wiedergegeben. 264 248. Central Park Casino, New York City, x871. Mit freundlicher Genehmigung des Museum of the City of New York. Photo Work Projects Administration. 265 249. R. E. SCHMIDT, GARDEN & MARTIN. Lagerhaus aus Stahlbeton für Montgomery, Ward & Co., Chicago, 1908. Photo Giedion. 266 250. FRANK LLOYD WRIGHT. Robie-Haus, Woodlawn 267 Avenue, Chicago, 1908 . Photo Fuennann. 25 I. FRANK LLOYD WRIGHT. Larkin-Verwaltungsgebäude, Buffalo, 1904. Details der Pfeilerkapitelle. Photo Giedion. 268 252. FRANK LLOYD WRIGHT. Tennis Club, River Forest, Illinois, I906. Bank aus Betonplatten. Photo R. B. Tague. 268 '53· FRANK LLOYD WRIGHT. Wohnsitz des Architekten, Taliesin. Photo Giedion. 269 253 a. FRANK LLOYD WRIGHT. Larkin Building, um I9oo. Die ersten vierkantigen StahlrohrbüromöbeL Photo Gie271 dion. 254. FRANK LLOYD WRIGHT. Larkin-Verwaltungsgebäude, Buffalo, 1904. Innerer Lichthof mit umgebenden Galerien. Photo Giedion. 27 2 '55· FRANK LLOYD WRIGHT. Johnson Wax Company, Verwaltungsgebäude, Racine, Wisconsin, 1938-1939. Inneres. Mit freundlicher Genehmigung von S. C. Johnson and Son, Inc. 273 256. FRANK LLOYD WRIGHT. Johnson Wax Company, Verwaltungsgebäude, I938-I939· Schnitt durch die Glasröhren der Außenwand. Mit freundlicher Genehmigung von S. C. Johnson and Son, Inc. 274 '57· PABLO PICASSO. »Stilleben«, um I9I4. Aus der Sammlung von Herrn und Frau Walter C. Arensberg. Photo Sam Little. 280 258. GEORGES BRAQUE. Collage, I9I3· Aus Cahiers d' Art, Band VIII. z82 '59· PIET MONDRIAN. Komposition. 282 26o. KASIMIR MALEWITSCH. Architektonen, um I92o. 283 261. THEO VAN DOESBURG und C. VAN EESTEREN. Entwurf für eine Villa, 1923. 283 262. WALTER GROPIUS. Das Bauhaus, Dessau, I926. 283 263. UMBERTO BOCCIONI. »Entwidclung einer Flasche im Raum~< , 1911-1912. 284 264. BALLA. »Wege der Bewegung und Dynamische Folge «, 1913. Wiedergegeben mit Genehmigung von W. W . Norton and Company, New York, aus Moholy-Nagy, The New Vision. 285 265. H. E. EDGERTON. Stroboskopstudie eines Tennisspielers, 1939. 286 266. PABLO PICASSO. »Guernica «, I937· Ausschnitt. Photo Dora Maar. 287 267. ROBERT MAILLART. Lagerhaus in Zürich, I9I O. Erste Pilzded>nicht zentripetal, sondern offen und fluktuierend«. Der erste Vorschlag für eine dynamisch, im Sinn kontinuierlicher Bewegung geplante Stadt geht bekanntlich auf den Spanier Soria y Mata, 1882, zurück Es ist die sogenannte Bandstadt, die ville verte Le Corbusiers, ebenso einzelne Verwirklichungen in Sowjetrußland. In Tanges Planung wird das Prinzip der Bandstadt, der Stadt mit Längsentwicklung, aufs höchste instrumentiert, ohne dabei in einen technischen Taumel zu verfallen. Die Differenzierung der Verkehrsmittel und die Abtrennung von den quadratkilometergroßen Teilgliedern wird mit genialer Großzügigkeit durchgeführt. Dazu kommt, daß sich in den Teilgliedern der Gruppenentwurf (Group design), wie er in griechischen Städten bestand und heute wieder vehement in den Vordergrund rückt, entfalten kann. Die Stadt steht auf Pilotis. Gewaltige turmartige Pfeiler für den Vertikalverkehr dienen gleichzeitig zur Aufhängung der Bauten. Das, worum es hier geht, ist eine neue räumliche Ordnung ( a new spatial order), die durch systematische Trennung und Koordinierung der verschiedenen Funktionen entsteht und jedem das ihm zustehende Recht gibt, dem Menschen wie der Maschine. Die Planung basiert auf der Annahme, daß der Zustrom zur Megalopolis kontinuierlich anhält. Aber auch ohne dieses ist die Gewinnung von Baugrund aus dem Meer möglich, denn jedes dieser Riesenglieder von 3 km Länge bildet ein in sich geschlossenes Ganzes. Es ist erstaunlich, daß erst jetzt wieder versucht wird, ins Wasser zu bauen wie in Venedig und das Prinzip, das auf die Pfahlbauten der Primitiven zurückgeht, auch auf moderne Konstruktionsmethoden zu übertragen. In unserer Zeit besteht eine merkwürdige Divergenz in der Art, wie man Milliarden verwendet. Sie werden bedenkenlos ausgegeben, um ein Jules-Verne-Abenteuer auf den Mond zu ermöglichen, aber wir schrecken vor jedem Experiment zurück, das Wagemut für die Kreatur Mensch erfordert. So ist wohl anzunehmen, daß auch dieser Vorschlag nicht ausgeführt wird. Doch gehört er in die Geschichte der Architektur und wird ein Anstoß für spätere Entwicklung sein. Am Schluß des Buches wird nochmals auf Tanges Planung zurückgekommen.

UNIVERSALE ARCHITEKTUR Im letzten Vierteljahrhundert ist es nicht nur Europa, das frische Luft in die Entwicklung der heutigen Architektur bringt. Es bereitet sich eine universale Zivilisation vor, die keineswegs international gleichmacherisch sich entwickelt. Gemeinsam ist die Raumkonzeption, die der Gefühlsstruktur dieser Periode ebenso entspricht wie ihrer gei-

stigen Einstellung. Nicht die einzelne ablösbare Form ist das Allumfassende der heutigen Architektur, sondern das Sehen der Dinge im Raum: die Raumkonzeption. Dies gilt für alle kreativen Epochen und auch für unsere Zeit. Die raumzeitliche Konzeption, die Art, wie Volumen in den Raum gestellt werden und zueinander in Beziehung treten, die Art, wie der Innenraum sich vom Außenraum isoliert, oder wie er perforiert wird, um eine gegenseitige Durchdringung zu ermöglichen, all dies sind Gemeinsamkeiten, die der heutigen Architektur zugrunde liegen. Hierzu kommt ein anderer Faktor, der von nicht geringerer Bedeutung ist. Es ist eine Einstellung, die von den besten heutigen Architekten befolgt wird. Ihr liegt zugrunde, daß das Bestreben darauf hinausgeht, den ewigen kosmischen und irdischen Bedingungen eines Landes gerecht zu werden, sie nicht als Hindernisse aufzufassen, vielmehr als Sprungbrett für die künstlerische Imagination. Es ist oft beobachtet worden, daß die Malerei dieses Jahrhunderts immer wieder und wieder Bohrlöcher in die Vergangenheit treibt, um mit den brüderlichen Zügen vergangeneu Menschseins Kontakt zu erneuern und sich durch diesen Kontakt zu stärken. Dies geschieht ebensowenig wie in der Architektur durch eine Nachahmung von Formen, vielmehr durch eine Verbundenheit im Geist. Das Eingehen auf die kosmischen und irdischen Gegebenheiten haben wir andernorts mit dem Namen eines neuen Regionalismus bezeichnet. Mit den Mitteln heutiger Raumkonzeption, mit den Mitteln des heutigen Ausdruckswillens wird der Dialog mit den unveränderlichen Konstanten eröffnet. Die Handhabung des neuen Regionalismus von seiten der schöpferisch eingestellten Architekten hängt ganz von den Aufgaben und den Bedingungen ab, die vorgefunden werden. Sie sind im Orient anders, im Nahen wie im Fernen, sie sind anders in Finnland, und sie sind anders in Brasilien. Unter der gemeinsamen Schutzhülle der Raumkonzeption entwickelt sich eine polyphone Architektur. Die individuelle Verschiedenheit der Architektur zusammen mit einer gemeinsamen Grundhaltung ist eines der hoffnungsvollen Indizien für die ganze Entwicklung.

UNIVERSALE ARCHITEKTUR UND REGIONALE ENTWICKLUNG Bauten, von schöpferischer Kraft durchdrungen, erschienen plötzlich in Finnland, wie schon hervorgehoben, dann in Brasilien. Jedes dieser beiden Länder schuf auf seine Weise seinen Beitrag. Das bis in den Kern demokratische Finnland bewies, wie moderne Architektur

zugleich gelöst, regional und universal sein kann. Das ständig von Umwälzungen bedrohte Brasilien brachte Anlagen von größter Eindrücklichkeit, Fassaden voll Glanz in Linie und Form hervor. Die letzte Überraschung war der Eintritt J apans in den großen Strom der Architektur. Zum ersten Male wird die Stimme des Fernen Ostens hörbar. China und Japan hatten im 18. Jahrhundert, während des Rokoko, dem Westen neue Anregungen gegeben. Noch tiefgreifender war der Einfluß japanischer Holzschnitte im 19. Jahrhundert, die die Imagination der Impressionisten befreien halfen. Heute aber liegen die Dinge ganz anders. Der japanische Beitrag beschränkt sich nicht mehr auf Leistungen, die auf eine Tradition von Jahrhunderten zurückblicken. Als ich 1953 ein Vorwort zur japanischen Ausgabe von Space, Time and Architecture schrieb, fühlte ich die Verpflichtung, zu betonen, daß wir nicht mehr an die Produktion um ihrer selbst willen glauben, und daß die jetzt entstehende Kultur zu einer gegenseitigen Befruchtung von Ost und West führen dürfte. Uns im Westen wird von neuemetwas bewußt, was die japanische Kultur niemals vergessen hat: die Kontinuität menschlicher Erfahrung. Die Verjüngung der japanischen Architektur wird durch Elemente genährt, die in ihrer eigenen Tradition stets lebendig blieben. Dies kam nicht von selbst. Der schöpferische Impuls kam von jungen japanischen Architekten, die ihre Inspiration in der Rue de Sevres 35 bei der Arbeit im Atelier von Le Corbusier fanden. Der Eintritt J apans in die zeitgenössische Architektur kam spät. Es mag scheinen, als ob Frank Lloyd Wrights »Imperial Hotel« in Tokio (r9I7-1922) eine neue Bewegung hätte auslösen können. Doch das war nicht so. Das Imperial Hotel war nicht im zeitgenössischen japanischen Geiste konzipiert. Es stand dem chinesischen Einfluß in Japan näher. Obwohl das Hotel auf wunderbare Weise das Erdbeben von I923 überstand, konnte es mit seiner üppigen Ornamentik keinen Impetus für eine neue Bewegung geben. Ostlicher und westlicher Geist mußten sich auf anderem Wege treffen. Die entscheidende Wendung kam durch junge japanische Architekten, Maekawa, Sakkakurah und andere, die den Weg zu Le Corbusier fanden. Hier entdeckten sie, was sie brauchten. Mehr als andere ist Le Corbusier jener ewigen Gegenwart verbunden, die in den schöpferischen Werken aller Perioden lebt. Im Gegensatz zum westlichen Menschen haben die Japaner - außer für eine kurze Zwischenzeit - nie die Verbindung mit der Vergangenheit verloren. Sie hatten es nicht nötig, frühere >>Stile« zu imitieren, denn die Vergangenheit blieb lebendig. Die japanischen Häuser bewahren bei allem Raffinement eine ursprüngliche Einfachheit. Ihr Gebrauch von Trägern und Stützen aus Stahlbeton erscheint gleichzeitig jahrhundertealt und neu geboren.

Von den zahlreichen jüngeren japanischen Architekten hat Kenzo Tange, der früher im Atelier von Mackawa arbeitete, am stärksten die Aufmerksamkeit auf sich gezogen. Das Geheimnis seiner Architektur liegt in einem engen Kontakt mit der lebendig gebliebenen Vergangenheit und einem ungestümen Verlangen, in die Zukunft vorzustoßen. In keinem seiner Bauten ist diesem Verlangen so großartig Ausdruck verliehen worden wie in dem Nationalen Gymnasium und seinem Annex für die Olympischen Spiele in Tokio, I964 (vgl. »The Japan Architect« ro2, Tokio I964).

KONSTRUKTION UND IHRE RÄUMLICHE AUSWIRKUNG Im I 9· Jahrhundert enthielten die Konstruktionen des Ingenieurs Konzeptionen, die noch unbewußt in der Architektur der Zeit schlummerten. In diesem J ahrhundert ist das Verhältnis umgekehrt. Die Architektur ist voraus und verlangt oft mehr vom Ingenieur, als er erfüllen kann. Die Baukonstruktion entstand aus der Entwicklung der neuen Beredmungsmethoden und neuer Methoden in der Metallindustrie. Um die Berechnung zu ermöglichen, wurden alle strukturellen Teile als lineare Elemente aufgefaßt. Die Kräfte wurden gelenkt und gezwungen, in einer vorgeschriebenen Richtung zu wirken, so daß ihr Verhalten im voraus kontrolliert und gemessen w erden konnte. Sie werden durch Träger, Balken und Bogen wie durch eine Rohrleitung geführt. Zu diesem System gehörte natürlich Vorfabrikation und Standardisierung. Der Eiffelturm ist das berühmteste Beispiel ihrer frühen Anwendung. Diese Entwicklung erreichte gegen I 89o mit ihren in die Luft gesponnenen, brillanten Brücken, dem Eiffelturm und der Halle des Machines von r889 ihren Höhepunkt. Zur gleichen Zeit wird in Chicago der moderne Wolkenkratzer geboren. Sein Konstruktionsprinzip, auf der Grundlage vorfabrizierter linearer Elemente, wurde bis heute immer weiter vervollkommnet. In gewissem Grade folgen die höchst komplizierten Berechnungen zur Herstellung vorgespannter Betonbalken den linearen Methoden des r 9· Jahrhunderts. Die Konstruktion des 20. Jahrhunderts verfolgt im Grunde andere Methoden. Immer stärker wird die Tendenz, jeden Teil des strukturalen Systems zu aktivieren und den Fluß der Kräfte nicht in einzelnen Linien oder Kanälen zu konzentrieren. Solche Systeme können sich frei nach allen Richtungen ausbreiten. Das bringt gewisse Schwierigkeiten mit sich. Die Kräfte lassen sich nicht leid1t unter Kontrolle halten. Oft entziehen sie

I. J0RN UTZON. Opernhaus von Sydney:

Ansicht von Westen. Über den gestuften Plattformen erhebt sich die Reihe der Gewölbe, von denen jedes in einem Stahlschuh zusammenläuft.

sich präziser Berechnung. Dann können nur Versuche an Modellen helfen. Die Konstruktion geht in das Gebiet des Irrationalen und der Plastik über. Diese Entwicklung verlangte flexibleres Material als geradlinige Stahlträger. Um 1900 war der Stahlbeton genügend weit entwickelt, um Schalenkonstruktionen zu ermöglichen. In diesemBuch zeigen wir dieBrücken von Robert Maillart, da sie für Augen, die an heutige Kunst gewohnt sind, eine selbstverständliche Schönheit haben. MaiHart gehört zu den ersten, die den Gedanken der Flächenspannung erfaßten. Er entwickelte sie in den ebenen oder gekrümmten Betonplatten seiner Brücken und Pilzdecken, indem er alle linearen Elemente ausschaltete. Freyssinet und Maillart bauten ihre Schalengewölbe um 1930. Maillart sagte einmal, er habe seine Inspiration vom Dampfkessel empfangen. Die Tendenz zu einer räumlichen Verteilung aller Kräfte durch die ganze Struktur hindurch hat sich seither auf viele andere Gebiete verbreitet. E. Gallanty, einer meiner ehemaligen Zürcher Studenten, der jetzt in Harvard arbeitet, hat von diesen Tendenzen eine ungefähre Liste aufgestellt: In den Entwürfen für Autos, Eisenbahnwagen tritt an Stelle des tragenden Chassis und des getragenen Wagenkörpers der selbsttragende stressed-skin Körper. Am auffallendsten ist die Entwicklung in der Flugzeugkonstruktion von den offenen, drahtverspannten Flugzeugkörpern zu den selbsttragenden Schalenkonstruktionen. Im Schiffsbau wird die Schalenkonstruktion immer mehr angewandt. Bei Dämmen von großen Dimensionen geht man

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langsam dazu über, nicht mehr den schweren Bogenund Pfeilertyp zu verwenden, vielmehr dünne Schalendämme, wie sie in letzter Zeit in Frankreich entwickelt wurden. Sogar die Entwürfe für Möbel folgen dieser Schalentendenz. Die einbeinigen Stühle des so früh verstorbenen Eero Saarinen sind reine Schalenformen. Seit Maillarts Tod haben sich Schalen- und räumliche Tragwerke aufs reichste und vielfähigste entwickelt. Sie bieten immer neue Möglichkeiten, die Imagination des Architekten anzufeuern. Formen, die in früheren Zeiten nur in allerleichtestem Material möglich waren, können jetzt in Stahlbetonschalen gestaltet werden. Die frühesten Wohnformen, wie das Nomadenzelt, erscheinen wieder, ebenso das Hängedach prähistorischer russischer Siedlungen, der Baldachin und andere. Sogar das Prinzip der Hängematte ist im Netzwerk konkaver Dächer angewandt, und das Prinzip der Trommel erscheint im vorgespannten Beton. Dazu kommt eine geradezu verwirrende Vielfalt von Möglichkeiten. Körper aus Rotationsschalen, einfach und doppelt gekrümmt, komplizierte Raumformen, wie Hyperbolparaboloide, entstehen aus geraden Verspannungen. Das Drahtseil - dieses flexibelste Bauelement eingebettet in Beton erhält eine symptomatische Wichtigkeit. Zu der Leichtheit und großen Flexibilität der Form, die die Schalenkonstruktion bietet, kommt hinzu, daß zum erstenmal in der Geschichte der Wölbung die Konstruktion in sich selbst ruht und keinen Seitenschub aus-

JJ. KUNIO MAEKAWA. Festival Hall, Tokio, 1961.

übt. Immer mehr scheint die Schalenkonstruktion zum Ausgangspunkt für eine unserer Zeit gemäße Lösung zu werden. Das heißt nicht, daß lineare Strukturelemente nun abgeschafft sind. Sie sind weiterhin in großen und kleinen Konstruktionen vorhanden. Große Ingenieure haben sie weiterentwickelt, so Pier Luigi Nervi, der vorfabrizierte lineare Elemente auf höchst geniale Weise in seinen weitgespannten Kuppeln verwendet. In der Turiner

Ausstellungshalle von r 96 r, einem seiner kühnsten Experimente, versucht er eine komplizierte räumliche Organisation durch eine Serie von riesigen, freistehenden, verschieden hohen Trägern zu erreichen, die oben wie Finger fächerförmig ausstrahlen. Dieser Bau zeigt einen gewissen Zwiespalt zwischen den isolierten strukturellen Gliedern und der kubischen Umschließung mit ihrer flachen Decke. Vielleicht sind hier zugleich Höhepunkt und Ende einer langen Entwicklung erreicht.

Der Weg vorwärts liegt in der flexibleren Schalenkonstruktion, wie sie von Torroja in Spanien, Candela in Mexiko, von Catalano, Architekt und Ingenieur, der jetzt am Massachusetts Institute of Technology arbeitet, und anderen entwickelt wurde. Eduard Torroja, der vorzeitig im Juni 1961 starb, war ein tiefgründiger Theoretiker und großer Künstler, der manchmal, wie in der Tribüne der Rennbahn von Madrid (I 9 34), Bauten schuf, die in ihrer Konstruktion an die organische Kraft der Natur heranreichen. Eines seiner spätesten Werke, das hyperboloid-parabolische Gewölbe desTachira-Klubs in Caracas, Venezuela, 1957, ist leicht wie ein dahinziehendes Segel und von hinreißender Grazie. J arn Utzon hat das Gewölbeproblem auf andere Weise gelöst in den hintereinander gestaffelten zehn Gewölben des Opernhauses von Sydney ( en Grad wurde sie in England, aber weit häufiger in Amerika, smon in den vierziger Jahren verwendet, um Fassaden zu bilden, und um Konstruktionen aus vorfabrizierten Teilen zu errimten. Verwendung im königlichen Pavillon in Brighton

Als neues Material, dem immer der Reiz des Märmenhaften eigen ist, . fand Gußeisen sogar Verwendung im königlimen Pavillon in Brighton. Es wurde in diesem ungewöhnlimen Bau überall verwendet und manmmal sogar in auffallend simtbarer Weise. J ohn N ash, der Armitekt des Königs, zögerte nie, anderen die Arbeit für den Entwurf zu überlassen, aber, wie Summersan sagt, er entwarf persönlim ndie komplizierte Zimmermannsarbeit und das Eisenwerk, das die Decke stützt11 « (>Was soll ich über die Ecole sagen? Ihr Lehrplan ist langweilig und schlecht organisiert; ihren Schülern fehlt es an Begeisterung. Und sogar der Meister eines ateliers würde sich in zwecklosen Anstrengungen für Programme wie dieses erschöpfen ... Architektur kann nicht mehr mit einer Lehrmethode erfaßtwerden, wie sietatsächlich an der:Ecole desBeauxArts noch ausgeübt wird. Reformen sind unumgänglich - welcher Meister wird den Mut haben, die so dringliche Aufgabe unserer Kunst als seine eigene zu betrachten41?{
>Ich arbeite unermüdlich und- was schwerer ist- ich bringe neue Schüler zur Arbeit. Ich habe etliche Studienpläne entworfen, um den An160

121. HENRI LABROUSTE. Bibliothek Ste-Genevieve, Paris, 184J-I85o. Grundriß.

fängern etwas Nützliches beizubringen: ich möchte, daß sie lernen, mit ganz einfachen Mitteln zu komponieren. Sie müssen von Anfang an die Richtung ihrer Arbeit sehen, damit sie alle Teile entsprechend ihrer Bedeutung anordnen können. Dann erkläre ich ihnen, daß Festigkeit mehr von der Art abhängt, wie Materialien zusammengefügt sind, als von ihrer Masse, und - sobald sie die ersten Grundsätze der Konstruktion erfaßt haben sage ich ihnen, daß sie mit der Konstruktion selbst eine Schönheit erreichen müssen, die zugleich vernünftig und ausdrucksvoll ist. Ich wiederhole ihnen immer wieder, daß die Künste Kraft genug haben, alles schön zu machen; aber ich verlange von ihnen das Verständnis dafür, daß in der Architektur die Form stets der Funktion entsprechen muß, für die sie bestimmt ist. Schließlich bin ich glücklich, mich im Kreis dieser jungen Kameraden zu befinden, die aufmerksam, willig und entschlossen sind, den Weg zu gehen, den wir gemeinsam verfolgen42.« Die Akademie führte einen erbitterten Kampf gegen die sogenannte >>rationalistische Schule« von Labrouste. Diese offizielle Opposition hatte ihre Folgen. Wenn

I22. HENRI LABROUSTE. Bibliotheque Nationale, Paris, I8s8-I868. Lesesaal. Sechzehn schlanke Gußeisensäulen und sphärische Gewölbe mit je einer kreisrunden Öffnung in der Mitte, so daß alle Lesetische gleich gutes Licht erhalten. Es war typisch für das 19. 'Jahrhundert, daß architektonische Formen der verschiedensten früheren Stile benutzt wurden.

IzJ. HENRI LABROUSTE. BibliothequeNationale,Paris, I858-I868. Grundriß.

Labrouste einen Bauplatz betrat, dann nur, um Bauten anderer Architekten zu besichtigen. Der Gewinner des grand prix de Rome mußte mehr als zwölf Jahre warten, bevor er sein Talent mit einem größeren, eigenen Bau beweisen konnte. Labrouste war über vierzig Jahre alt, als man ihn mit dem Bau der Bibliothek SainteGenevieve in Paris (1843-185o) beauftragte.

Bibliothek Sainte-Genevieve in Paris Bei der Bibliothek Ste-Genevieve versuchte er als erster, für einen öffentlichen Bau ein schmiede- und gußeisernes Skelett vom Boden bis zum Dach zu verwenden. Ste-Genevieve ist gleichzeitig der erste reine Bibliotheksbau in Frankreich. Wie es bei den englischen Spinnereien und Lagerhäusern der Fall war, so versteckte auch Labrauste dieses Eisengerippe noch in dem Bau, wie das Werk in einer Uhr. Er hielt noch fest am massiven Mauerwerk als Umschließung des Baues, aber in diese Mauerschale ist vom Erdgeschoß bis zum First ein eisernes System hineingestellt: Säulen, Decken, Gewölbe, Träger, Dachkonstruktion ( Niemand, der auf die besonderen Wesenszüge unseres Zeitalters einigermaßen achtet, wird bezweifeln, daß wir in einer höchst merkwürdigen Übergangsperiode leben, die mit Macht auf jene großen, von der Geschichte überall angedeuteten Ziele hinarbeitet: die Vereinigung des Menschengeschlechts. Meine Herren! Die Ausstellung im Jahre I 85 I soli uns ein getreues Zeugnis und ein lebendiges Bild der Entwicklungsstufe geben, auf die das ganze Menschengeschlecht bei der Lösung dieser großen Aufgabe gelangt ist. Sie soll dafür einen neuen Impuls geben61 .« Der Kristallpalast bestand aus vorfabrizierten Teilen

Hinter dem Kristallpalast stand die hochentwickelte englische Industrie. Er stellt~ die Anwendung des einfachsten, rationellsten Produktionssystems dar: Serienproduktion. Sein Erbauer, Joseph Paxton, verwendete die Faltdachkonstruktion, wie er sie beim Bau der Gewächshäuser zum Schutz tropischer Pflanzen in Chatsworth I837 verwendet hatte. Der Entwurf des ganzen Baues !80

beruhte auf der damals größten standardisierten Glasscheibe. Sie war nur I,25 m lang. Größere Glasplatten konnten zu jener Zeit noch nicht hergestellt werden. Die im Kristallpalast verwendeten Glasplatten wurden in der Glasfabrik der Chance Brothers in Birmingham hergestellt. (Den Schmelzofen von damals sah ich noch in Betrieb.) Geringe Spannweiten

Es ist erstaunlich, wie Paxton es schon so früh fertigbrachte, den ganzen Bau in ein einfaches System von kleinen, vorfabrizierten Einheiten aufzuteilen. Diese bestanden aus den hölzernen Rahmen für die Glasscheiben, den eisernen Gitterträgern, auf denen die Platten lagen, und den gußeisernen Stützpfeilern, alles stockwerkweise zusammengeschraubt. Die konstruktiven Holz- und Eisenelemente wurden in verschiedenen Werkstätten Birminghams hergestellt und auf dem Bauplatz in London zusammengefügt. Auf diese Weise entstand ein Bau mit einer Grundfläche von mehr als 74000 qm- ungefähr das Vierfache jener von St. Peter, wie die Zeitgenossen stolz bemerkten - innerhalb von sechs Monaten. Die Gesamtlänge betrug 1851 Fuß (ca. 563 m), ~herein-

'49· J. M. W. TURNER. Simplonpaß. Aquarell, um r84o. Fogg Museum, Cambridge, Mass. Derselbe gegenstandslose und schwebende Eindruck, den der Kristallpalast hervorrief, wird hier durch eine dunstige Atmosphäre erzielt, die die Landschaft entmaterialisiert und im Unendlichen auflöst.

stimmend mit der Jahreszahl seiner Errichtung. Bei aller architektonischen Schönheit bot der Kristallpalast mit seiner Eisenkonstruktion keinen Beitrag zur Lösung des Wölbungsproblems. Das Tonnengewölbe in seinem Querschiff hatte eine Holzkonstruktion, und ihre Spannweite von 22 m war geringer als die mancher mittelalterlicher Bauten ( >Wir aber, die wir mit dem guten Willen, etwas zu lernen, hinübergegangen sind, haben die glatten Holzstühle und die aus Draht geschlungenen elektrischen Kronen, die blanken Messinggriffe und die verständig geschwungenen, gänzlich ornamentlosen Geräte als Wahrzeichen mit zurückgebracht. Hier haben wir

205. Yale-Schloß, Chicagoer Katalog, 1877. Frühes Beispiel dafür, wie die Maschine den Hand•verker - hier den Schlosser - verdrängte.

Geräte, gesdtaffen in demselben Geist wie unsere Eisenbauten, unsere Schiffe und Wagen, Geräte, die in ihren Formen voraussetzungslos aus Material und Tedmik entstanden und so klar entwickelt sind, daß sie nidtt mehr zum redmenden Verstande, sondern direkt zur Ansdtauung spredten und dem Auge die reine, gesättigte Freude gewähren, die wir als Sdtönheit empfinden10." Als der letzte der europäisdten Beobadtter soll nodt Walter Gropius angeführt werden. Kurz nadt der Vollendung des Faguswerkes, I9IJ, verfaßte er eine Abhandlung über die Entwicklung moderner Industriebauten für eine der Publikationen des Deutsdten Werkbundes, der so viel für die Verbreitung zeigenössisdter Ideen in Deutsdtland tat. Erstmals zeigte er hier Abbildungen und spradt von der unbeabsidttigten Sdtönheit der amerikanisdten Industriebauten: »>m Vergleidt mit den übrigen Ländern Europas sdteint Deutsdtland auf dem Gebiet des künstlerisdten Fabrikbaus einen Vorsprung gewonnen zu haben. Aber im Mutterlande der Industrie, in Amerika, sind industrielle Großbauten entstanden, deren ungekannte Majestät auch unsere besten deutschen Bauten dieser Art überragt. Die Getreidesilos in Kanada und Südamerika, die Kohlensilos der großen Eisenbahnlinien und die modernsten Werkhallen der nordamerikanischen Industrietrusts halten in ihrer monumentalen Gewalt des Eindrucks fast einen Vergleich mit den Bauten des alten Ägyptens aus. Sie tragen ein architektonisdtes Gesicht von solcher Bestimmtheit, daß dem Beschauer mit überzeugender Wucht der Sinn des Gehäuses eindeutig begreiflich wird. Die Selbstverständlichkeit dieser Bauten beruht nun nidtt auf der materiellen Überlegenheit ihrer Größenausdehnung - hierin ist der Grund monumentaler Wirkung gewiß nidtt zu sudten - , vielmehr scheint sich bei ihren Erbauern der natürlidte Sinn für große, knapp gebundene Form selbständig, gesund und rein erhalten zu haben. Darin liegt aber ein wertvoller Hinweis für uns, den historischen Sehnsüchten und den anderen Bedenken intellektueller Art, die unser modernes europäisches Kunstschaffen trüben und künstlerischer Naivität im Wege sind, für immer die Achtung zu versagen11« (Ballon< hat seit langem das Gespött überlebt, das ihn so taufte.« Der balloon frame ist der Wendepunkt, an dem die Industrialisierung den Hausbau zu durchdringen begann. So wie die Handwerke der Uhrmacher, Fleischer, Bäcker

208. Rahmenfachwerk-Konstruktion (balloon frame construction). Aus G. E. Woodward )) Woodward's Country

Hornes« (New York, 1869).

und Schneider in Industrien verwandelt wurden, führte der balloon framezur Ersetzung des gelernten Zimmermannes durch den ungelernten Arbeiter. nEin Knabe und ein Mann können jetzt (r865) die gleichen Resultate mit Leichtigkeit erzielen, die zwanzig Arbeiter mit der alten Zimmermannskonstruktion zuwege brachten . . . Das Prinzip des balloon frame ist gleich wirksam in bezug auf Festigkeit und Sparsamkeit. Wenn man mechanische Hilfsmittel verwendet, so kann der balloon frame um vierzig Prozent billiger errichtet werden, als das Fachwerk mittels Zapfenloch und Zapfen17.« Ohne maschinell hergestellte Nägel hätte der balloon frame keine Ersparnisse gebracht. Erst als Maschinen Nägel naus Stahl, Eisen oder Draht von hervorragender Qualität und viel billiger als die altmodischen geschmiedeten Nägel herstellten, begann die verhältnismäßig teure Methode der Fachwerkkonstruktion mit Zapfenloch und Verzapfung von einem sparsameren System, das ganz von der Leistungsfähigkeit des Nagels abhängig war, wirklich verdrängt zu werden18 «. Tatsächlich fällt die Erfindung des balloon frame mit der Verbesserung der Sägereimaschinen sowie der Massenherstellung von Nägeln zusammen ( illlustrated Hornes" (Boston, r875 ).

223.

fer({.

243

225. WILLIAM LE BARON JENNEY. Erstes Leiter Building,Chicago, 1879. Ziegelpfeiler an den Außenwänden; Gußeisensäulen im lnnern. Die breitm Glasfenster erinnern an die späteren ;;Chicagofensterlieber Meister«, wie er ihn nannte, und Dankmar Adler, the grand old chief, die damals auf dem Höhepunkt ihres Schaffens standen und an den Plänen für den Auditoriumsbau arbeiteten. Wich-

tigsten Einfluß in seiner Jugend übte der stürmische Aufbau von Chicago aus. Und doch, als er unabhängig zu arbeiten begann, setzte er nicht direkt die Schule von Chicago weiter fort. Er sah von der Benutzung der neuen Möglichkeiten - des Stahlskelettes und der großen Glasflächen der Wolkenkratzer - ab, seine Sphäre war die intime Behausung: das menschliche Obdach. Er war eher konservativ und folgte in mancher Hinsicht mehr Richardson als Sullivan. Erst spät in den dreißiger Jahren, als europäische Architekten die neuen Möglichkeiten des Stahlbetons längst ausnützten, verwendete W right, wie er selbst sagte, Stahlbeton erstmals in größerem Umfang für eines seiner Häuser82• Das war jedoch nicht auf einen Mangel an technischer Fähigkeit zurückzuführen, sondern auf seine künstlerischen Absichten. In Europa wurde Wright rasch verstanden und von der für die moderne Bewegung verantwortlichen Generation akzeptiert. I 908 besuchte ihn Kuno Francke, der damals als deutscher Austauschprofessor für Ästhetik an der Harvard-Universität wirkte. Das Ergebnis dieses Besuches war die Herausgabe (19Io) eines monumentalen Werkes über Wrights Architektur83• Dieses wurde I9II ergänzt durch ein kleineres Buch, das sehr weite Verbreitung fand84• Diese beiden Bücher standen am Anfang von Wrights internationalem Einfluß; das 1910 veröffentlichte Werk blieb bis heute in seiner Großzügigkeit unübertroffen. Wie ist die Tatsache zu erklären, daß Wright der einzige Architekt war, der seiner Generation so weit vorausging und der bis an sein Lebensende Werke von großem Einfluß schuf? Die Antwort ist einfach: er hatte weniger Schutt wegzuräumen als die europäischen 259

241. G.E. WOODWARD. Grundriß eines kreuzförrnig angelegten Landhauses, 1873· Aus Woodward "suburban and Country Hauses" (New York,umi873). Um einen vierfachen, vierseitigen Kamin herum erbaut. Dank diagonaler Schiebetüren läßt sich das Haus bis zu einem gewissen Grade in einen einzigen Raum verwandeln.

242. G. E. WOODWARD. Kreuzförmig angelegtes Landhaus, 1873. Wie immer in damaliger Zeit, verrät das Außere nichts von der Präzision des Grundrisses. Eine der großen Taten Wrights war es, dem Grundriß in der äußeren Behandlung der Bauten ein Aquivalent an die Seite zu stellen.

Architekten. Er wurde im Mittelwesten geboren, sozusagen im Schatten der Stadt mit der größten architektonischen Vitalität der Zeit: Chicago.

den nicht durch Überbetonung des Handwerklichen davon abgelenkt.

Das Wohnproblem im Zentrum

Es wäre nicht uninteressant, eine vergleichende Studie von Frank Lloyd Wright und seinem im gleichen Jahr geborenen schottischen Zeitgenossen Charles Rennie Mackintosh85 zu machen, um Verschiedenheiten und Gemeinsamkeiten aufzudecken und zu vergleichen, wie sie die Wandflächen behandelten, wie sie Pfosten und Balken verwendeten und offen betonten, und wie sie ihre Möbel entwarfen. Beide begannen ihr Werk im Sinne ihrer Generation: Mackintosh in Glasgow, Wright auf der anderen Seite des Atlantiks. Einige von Wrights frühen Eigenheiten, vornehmlich seine Möbel, blieben bis zuletzt Teil seines Werkes.

Wright und die englische Entwicklung

Von Anfang an widmete sich Wright dem Problem, das ihn lebenslang nicht mehr losließ: das Haus als Obdach. Er konnte dafür fußen auf der anonymen amerikanischen Tradition, auf dem Beispiel von Sullivan und dem bewußten Können, das Richardson im Wohnhausbau besaß. Das Geheimnis von Wrights Werk liegt darin, daß er in der Tradition des amerikanischen Hauses jene Elemente erkannte, die als Grundlage für die Zukunft dienen konnten. Er bediente sich dieser Grundelemente, fügte neue hinzu und erweiterte mit der ganzen Kraft seines Genies die ihm überlieferte Struktur des Hauses. Man mag einwenden, daß die Engländer seit 1 86o am Problem des Wohnhauses gearbeitet haben. Aber die Engländer besaßen zu jener Zeit keine Architekten vom Format eines Sullivan oder Richardson. Philip Webbund Norman Shaw können nicht mit den beiden Amerikanern verglichen werden. Der wesentliche Unterschied zwischen den englischen und amerikanischen Architekten lag in ihrer Ausgangsstellung: die Engländer begannen mit einer Reform des Handwerks, der Herstellung von Teppichen, Möbeln, Tapeten und anderer Einrichtungsgegenstände, die durch industrielle Produktion ihren Charakter verloren hatten. Die Amerikaner andererseits begannen mit dem Haus als Ganzem und wur260

Das Chamley-Haus

Das Charnley-Haus an der Astor Street in Chicago (zehnfingrigen Umklammerung der Wirklichkeit« oder mit einer Entwicklung, in der Denken und Gefühl sich vereinen. Wrights organische Behandlung

An einem tiefblauen Tag im Juli 1939 standen wir auf dem Hügel, auf dem Wright sein eigenes Haus, Taliesin, erbaut hatte(>Dieses Gesetz«, um die Harvard City Planning Sturlies zu zitieren, nwar vielleimt die umfassendste Gesetzesvorlage, die auf diesem Gebiet je angenommen. wurde. Seine elf Kapitel enthielten die wesentlimen Argumente für einen Totalangriff auf das nationale Wohnproblem. Seit dem Inkrafttreten des Gesetzes sind einige Zusätze gemamt worden, aber die grundlegende Struktur des Gesetzes blieb erhalten und ist maßgebend für den größten Teil behördlimer Einflußnahme auf den Wohnbau in Holland17.« Das Gesetz verlangte von jeder Stadt mit 1oooo oder mehr Einwohnern, daß sie einen Plan für ihre zukünftige Ausdehnung aufstelle. Einzel- sowie Gesamtplanungen wurden verlangt, und der Gesamtplan mußte alle zehn Jahre revidiert werden. DerProzeß der Bodenenteignung wurde vom Gesetz ebenfalls geregelt, wodurm es den Städten erleimtert war, den Plan durmzuführen. Dieses Gesetz wurde gerade erlassen, als die nördlimen Provinzen in ein neues Stadium der Behandlung des Wohnbauproblems traten. Bis dahin wurde die ideale Behausung für Arbeiterfamilien oft auf Ausstellungen gezeigt, aber sie hatte niemals eine tatsämlime Rolle in der Baupraxis gespielt. Das Wohnbaugesetz von 1901 ging bewußt darauf aus, gerade solme Bauten für die minderbemittelten Bevölkerungsteile zu fördern.

Neben den Gesetzen von 1901 waren individuelle smöpferisme Kräfte am Werk, die in Amsterdam eine Art der Stadtplanung verwirklimten, die ganz vom Herkömmlimen abwim. Solme Bemühungen blieben nimt auf diese holländisme Stadt besmränkt; man konnte sie aum anderswo finden. So führte Otto Wagner in Wien zum Beispiel einen langen, bitteren und erfolglosen Kampf mit der Stadtverwaltung. Amsterdam hingegen gewährte einem freien Armitekten von wirklim genialer Begabung beamtenswerte Freiheit, indem die Stadt die Planung des neuen Stadtteils, Amsterdam-Süd, Hendrik Petrus Berlage übertrug (