"Dignity in Simplicity": Studien zur Prosaliteratur des englischen Methodismus im 18. Jahrhundert 9783110940688, 9783484421271

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"Dignity in Simplicity": Studien zur Prosaliteratur des englischen Methodismus im 18. Jahrhundert
 9783110940688, 9783484421271

Table of contents :
Inhaltsverzeichnis
Verzeichnis der Abkürzungen
Vorwort
EINLEITUNG. “The Handmaid of Piety”
KAPITEL I. “To reform the nation, more particularly the Church”
KAPITEL II. Familiarizing God's Word to the Vulgar
KAPITEL III. “Promoting Truth and Holiness”
KAPITEL IV. “Go and write likewise”
KAPITEL V. “... a naked relation of many facts and conversations”
SCHLUSS “... diffusing that general desire for reading”
Literaturverzeichnis
Register

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B U C H R E I H E DER A N G L I A Z E I T S C H R I F T FÜR E N G L I S C H E P H I L O L O G I E Herausgegeben von Helmut Gneuss, Hans Käsmann, Erwin Wolff und Theodor Wolpers 27. Band

HEIMO ERTL

"Dignity in Simplicity" Studien zur Prosaliteratur des englischen Methodismus im 18. Jahrhundert

MAX NIEMEYER VERLAG TÜBINGEN 1988

Als Habilitationsschrift auf Empfehlung der Philosophischen Fakultät II, Fachbereich Sprach- und Literaturwissenschaften, der Universität Erlangen-Nürnberg gedruckt mit Unterstützung der Deutschen Forschungsgemeinschaft.

Für Monika, Matthias und Mariella, denen Geschichten über die Tiefseekuh lieber gewesen wären

CIP-Titelaufnahme der Deutschen Bibliothek

Erti, Heimo: "Dignity in simplicity" : Studien zur Prosaliteratur d. engl. Methodismus im 18. Jh. / Heimo Erti. - Tübingen : Niemeyer, 1988 (Buchreihe der Anglia, Zeitschrift für englische Philologie ; Bd. 27) Zugl.: Erlangen, Nürnberg, Univ., Habilschr., 1984 NE: Anglia / Buchreihe ISBN 3-484-42127-4

ISSN 0340-5435

© Max Niemeyer Verlag Tübingen 1988 Alle Rechte vorbehalten. Ohne Genehmigung des Verlags ist es nicht gestattet, dieses Buch oder Teile daraus photomechanisch zu vervielfältigen. Printed in Germany Satz: Williams Graphics, Abergele, North Wales, UK Druck: Guide-Druck GmbH, Tübingen Einband: Heinr. Koch, Tübingen

Inhaltsverzeichnis Verzeichnis der Abkürzungen Vorwort

x XI

EINLEITUNG

"The Handmaid of Piety" METHODISTISCHE PROSA IM 18. JAHRHUNDERT I.

II.

Forschungsgebiet

3

Zweckbestimmte Funktion der methodistischen Literatur

4

Überwiegend negative Rezeption bis zum 20. Jahrhundert

6

Forschungsstand

6

III. Arbeitsziel, Methodisches, Gliederung

io

KAPITEL I

"To reform the nation, more particularly the Church" ENTSTEHUNG UND ZIELE DES METHODISMUS I.

Die Situation der Kirche im England des 18. Jahrhunderts

15

II. Methodismus als stärkste religiöse Reformkraft

23

A. Die ersten Anfänge

23

1. John Wesley

23

2. Der Holy Club

24

3. Missionsreise nach Amerika

26

4. George Whitefields Vorbild: Predigen im Freien

29

B. Arminianismus gegen Kalvinismus

31

1. Wesleys Methodismus

33

Straffe Organisation Laienhelfer Mitgliederzuwachs

34 37 39

2. Whitefield und Lady Huntingdon's

Connexion

41

3. Evangelical Revival

46 V

KAPITEL II "Familiarizing God's Word to the Vulgar" DIE M E T H O D I S T I S C H E N P R E D I G T E N I.

Unkonventionelle Verkündigungsart 1. Predigen im Freien 2. Predigen in fremden Pfarreien

55 55 57

II.

Die gedruckten Predigten

60

III. Predigtstil, -aufbau und -Vortragsweise 63 1. ,Einfache Predigten für einfache Leute' 63 2. Die Prediger als .Boanerges' und .Barnabas' 66 3. Exakte Begriffsbestimmungen und Vorliebe für klare Gliederung . 75 4. Predigtlänge 78 5. Vortragsweise 80 IV. Zeitgenössische Reaktionen 1. Große Zuhörerscharen bei methodistischen Predigten 2. Befremdliche Begleiterscheinungen bei Bekehrungen 3. Vorwurf des .Enthusiasmus' 4. Handgreiflichkeiten gegen methodistische Prediger

87 87 90 92 94

V.

95

Laienprediger

KAPITEL III "Promoting Truth and Holiness" M E T H O D I S T I S C H E ZEITSCHRIFTEN I.

II.

VI

101

The Weekly History 1. Der Streit zwischen Kalvinismus und Arminianismus als Thema der Weekly History 2. Selbstdarstellung und Berichte über die Verbreitung des Methodismus 3. Korrespondenten- und Leserbeiträge 4. Rückschlüsse auf den Lesergeschmack

104 107 111 115

The Gospel Magazine 1. Inhaltliche Gliederung und redaktionelle Schwerpunkte 2. Briefe und Leserzuschriften 3. Poetry 4. Essays und emblematisch-allegorische Darstellungen 5. Aktuelle Nachrichten - moralisierende Kommentare

120 122 124 126 130 135

III. The Arminian Magazine

140

1. Verteidigung der arminianischen Einstellung

141

2. Ältere Biographien und Briefe

143

3. Poetry

149

4. Belehrendes und Unterhaltendes

154

KAPITEL IV

"Go and write likewise" AUTOBIOGRAPHISCHE LITERATUR I.

Vorliebe für autobiographische Literatur

165

1. Methodistische Autobiographien mit Bekenntnis- und Verkündigungscharakter 166

II.

2. Verschiedene Veröffentlichungsformen

170

3. Religiöse Vorbildfunktion

173

George Whitefields Journals und Accounts

175

1. Whitefields Journals

176

Berichtszeitraum, Providenzgläubigkeit, Stil Didaktische Absicht bei der Auswahl der Ereignisse Auslandsimpressionen und Attacken gegen die katholische Kirche Starke Ich-Bezogenheit als Schwäche der Tagebücher 2. Whitefields autobiographische Rechenschaftsberichte

176 178 180 182 185

A Short Account und A Further Account 185 Exemplarische Lebensstationen im Short Account: Kindheit und Jugend, Versuchungen und Zweifel, Bekehrung 187

III. Die Lives anderer methodistischer Prediger und Anhänger ... 191 1. Vom einfachen Bericht bis zum spannenden Erzählwerk: Matthias Joyce und Silas Told 192 2. Die Bekehrung im Spiegel der Lives

197

a. Visionäre und ekstatische Erfahrungen 201 b. Ein krasser Wandel: Die Lebensweise vor und nach der Bekehrung .. 204 Die Zeit vor der Bekehrung 204 Das Leben nach der Bekehrung 207 3. Gefahren des Predigerlebens

209

VII

KAPITEL V

"... a naked relation of many facts and conversations" JOHN WESLEYS I.

JOURNAL

Funktion des Tagebuchs und Anlaß seiner Veröffentlichung . 215 1. Die ersten vier Auszüge

216

2. Die verschiedenen Redaktionsstufen des Journal und der Darstellungszweck von Wesleys Leben

II.

Tagebuch als Zeugnis providentiell gedeuteter Erfahrungen und Erlebnisse

III. Methodismus im Spiegel des Tagebuchs

224 229

1. Predigtalltag

229

2. A u f b a u und Organisation des Methodismus aus der Sicht Wesleys

236

IV. Im Mittelpunkt der Mensch

V.

221

240

1. Soziales Elend und praktische karitative Hilfsmaßnahmen

241

2. Praktischer Ratgeber in Krankheitsfällen

246

Kultur- und Kunstkritik

250

1. Kritische Beobachtungen unterwegs

250

2. Die Welt der Bücher

254 SCHLUSS

" . . . diffusing that general desire for reading" LITERATUR IM DIENSTE DES METHODISMUS I.

II.

Methodismus und Literatur - Ergebnisse der Kapitel I - V .. 263 1. Die Ausbreitung des Methodismus im 18. Jahrhundert

263

2. Die methodistischen Predigten

265

3. Die großen eigenen Zeitschriften The Weekly History The Gospel Magazine The Arminian Magazine 4. Die verschiedenen Formen autobiographischer Literatur

269 270 270 271 274

5. Wesleys Tagebuch

277

Einfallsreicher und intensiver Einsatz der Druckerpresse

279

1. L e k t ü r e - E m p f e h l u n g e n

281

2. Druck, Vertrieb, Erlös

282

3. Zunehmende Lektüre und wachsendes Selbstbewußtsein

287

III. " . . . expressing themselves in a plain and familiar manner" .. 291 VIII

Literaturverzeichnis I. Primärliteratur II. Sekundärliteratur Zeitgenössische Periodicals

297 297 301 309

Register

311

IX

Verzeichnis der Abkürzungen AM DNB

The Arminian Magazine Dictionary of National Biography, (Hg.) Leslie Stephen und Sidney Lee (1885-1900) GM The Gospel Magazine HLQ Huntingdon Library Quarterly JWJ The Journal of the Rev. John Wesley, A.M., (Hg.) Nehemiah Curnock, 8 Bde. (1909) JWL The Letters of the Rev. John Wesley, A.M., (Hg.) John Telford, 8 Bde. (1931) JWW The Works of the Rev. John Wesley, A.M., (Hg.) John Beecham (1856) LQHR London Quarterly and Holborn Review PBSA Papers of the Bibliographical Society of America SP Studies in Philology WH The Weekly History WHS Proc. Proceedings of the Wesleyan Historical Society

χ

Vorwort

Das vorliegende Buch ist die leicht veränderte Fassung meiner Habilitationsschrift, die 1984 von der Philosophischen Fakultät II, Fachbereich Sprach- und Literaturwissenschaften, der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg angenommen wurde. Meinem langjährigen Lehrer K.J. Höltgen möchte ich herzlich dafür danken, daß er die Arbeit mit Interesse, Wohlwollen und anregender Kritik begleitet hat. Gern erkenne ich auch die Verbesserungsvorschläge der weiteren Gutachter Erwin Wolff und Titus Heydenreich an, die in der gedruckten Fassung der Arbeit berücksichtigt worden sind. Die schwierige Quellenlage der methodistischen Literatur machte einen neunmonatigen Forschungsaufenthalt an verschiedenen Bibliotheken Großbritanniens nötig, insbesondere in St. Andrews, Edinburgh, Leeds und London. Stellvertretend für die vielen hilfsbereiten und kenntnisreichen Bibliothekare im In- und Ausland möchte ich Mr. Brian Smith M.A., Universitätsbibliothek St. Andrews, und Frau Dr. Ingrid Rückert, Bayerische Staatsbibliothek München, erwähnen. Für die Finanzierung des Habilitationsstipendiums und die Übernahme der Druckkosten bin ich der Deutschen Forschungsgemeinschaft zu Dank verpflichtet, für die Aufnahme der Publikation in die Buchreihe der Anglia deren Herausgebern und dem Max Niemeyer Verlag. Frau Elisabeth Esser danke ich für das gründliche Korrekturlesen. Gern erinnere ich mich auch an die schöne Gastfreundschaft, die ich bei meinen Forschungsaufenthalten im Ausland erfahren habe, besonders im Hause von Mrs. Nora Anderson, St. Andrews, und bei meinen Freunden Desmond und Valéry Watson in London. Zuletzt ein herzlicher Dank meiner Frau Ursula, die das Typoskript erstellt und durch ihre frohe Anteilnahme die Arbeit wesentlich vorangebracht hat, sowie unseren Kindern für ihre Geduld beim Verzichten auf manche schöne Erzählrunde. Ihnen sei das Buch gewidmet. Heimo Erti

XI

EINLEITUNG

"The Handmaid of Piety" METHODISTISCHE PROSA IM 18. JAHRHUNDERT

It is true most of the Methodists are poor; but what then? Nine in ten of them would be no poorer if they were to lay out an whole penny in buying a book every other week in the year. By this means the work of God is both widened and deepened in every place. (JWL, Bd. V, S. 161)

I. Forschungsgebiet Das hochgesteckte Ziel der Initiatoren des Methodismus, " t o reform the nation, more particularly the Church", 1 erforderte von Anfang an außer starkem persönlichen Engagement den Einsatz wirkungsvoller, religiöser Literatur, die theologisch zuverlässig, sprachlich verständlich, auflagenstark und erschwinglich war. Jahrzehntelang brachten daher die Methodisten Tausende von preiswerten Exemplaren an Predigten, Kirchenliedern, autobiographischen Lebensbeschreibungen, Tagebüchern, Bekehrungsberichten und eigenen Zeitschriften im ganzen Land unters Volk. Intensive mündliche Verkündigung und die Vertiefung des gesprochenen Wortes durch eine breite Palette geeigneter Veröffentlichungen gehörten bei den Methodisten untrennbar zusammen, weil ihrer Meinung nach regelmäßige Lektüre eine Grundvoraussetzung für das Wachsen im Glauben darstellte: " I t cannot be that the people should grow in grace unless they give themselves to reading. A reading people will always be a knowing people", wie John Wesley, einer der Gründungsväter des Methodismus, formulierte. 2 Nach Auffassung der führenden Methodisten konnte das Bibelstudium allein den .unbeschreiblichen Nutzen' 3 geeigneter Literatur in seiner ganzen Tiefe nicht aktivieren: "If we read nothing but the bible, we should hear nothing but the bible", schrieb Wesley 1774, als er vor geistiger Verarmung infolge falsch verstandener Frömmigkeit warnte und als Gegenmittel eifriges Lesen zur Förderung der Ausdrucksfähigkeit und Argumentationsstärke empfahl: Many people have clear conceptions of a few things, concerning which they judge and reason. But they have no clear ideas of other things. So, if they reason about them, they stumble at every step. None can have general good sense unless they have clear and determinate ideas of all things. 4

' Bei den Anmerkungen werden häufig Kurztitel verwendet. Die vollständigen Titel und bibliographischen Angaben finden sich im Literaturverzeichnis. Bei den Zitaten wird die Schreibweise des Originals beibehalten. 1 Minutes of Conference 1744, S. 9. 2 JWL, Bd. Vili, S. 247. 3 Ebd., Bd. IV, S.262. "Ebd., Bd. VI, S. 129. 3

Seinen Laienpredigern schrieb Wesley ,den ganzen Vormittag' zur weiterbildenden Lektüre vor, " o r at least five hours in the four and twenty", und denjenigen, denen so anstrengende geistige Betätigung Schwierigkeiten bereitete und die Wesley entgegneten: "But I have no taste for reading", antwortete er lakonisch-knapp in den Protokollbänden der jährlichen .Konferenzen': "Then contract a taste for it, or return to your trade!" 5 Deutlich zeigt er in einem Brief an seinen Prediger John Trembath den Zusammenhang zwischen mangelnder Belesenheit und oberflächlichem Christsein auf: What has exceedingly hurt you in time past, nay and I fear to this day, is want of reading. I scarce ever knew a preacher read so little. A n d perhaps by neglecting it you have lost the taste of it. Hence your talent in preaching does not increase. It is just the same as it was seven years ago. It is lively but not deep; there is little variety; there is no compass of thought. Reading only can supply this, with meditation and daily prayer. You wrong yourself greatly by omitting this. You can never be a deep preacher without it any more than a thorough Christian. ... Whether you like it or not, read and pray daily. It is for your life; there is no other way: else you will be a trifler all your days, and a pretty, superficial preacher. D o justice to your own soul; give it time and means to grow. 6

Zweckbestimmte Funktion der methodistischen Literatur Für die Methodisten war die Literatur, um die es in dieser Arbeit geht, in erster Linie Zweck- oder Gebrauchsliteratur, deren starke didaktische Zielrichtung religiöser und weltlicher Natur war. Die religiöse Funktion dieser Literatur bestand vor allem darin, Zeugnis zu geben und ein klares Bekenntnis abzulegen, Sünder zur Umkehr zu bewegen und die Bekehrten im Glauben zu festigen. Die damit oft untrennbar verbundene weltliche Aufgabe war, unterprivilegierte Schichten zum Lesen und weiterführender Bildung anzuleiten und unter den oft weit von einander entfernt wohnenden Anhängern das Gefühl der Zugehörigkeit zur Gemeinschaft Gleichgesinnter zu stärken. Die religiöse Literatur im Dienste eines so umfassenden Missionswerks, wie die Methodisten es im eigenen Land und in den überseeischen Kolonien in Angriff nahmen, erfüllte nur dann ihren Zweck, wenn sie die methodistischen Anliegen voranbrachte. Daher findet man von ihnen sehr häufig 5

Minutes of Conference 1766, S. 68.

6

Zitiert bei G. Jackson, "John Wesley as a Bookman", LQHR,

4

Juli 1935, S.295.

diesen Aspekt der .Nützlichkeit' vor allen anderen Gesichtspunkten betont. "That is the best cat which catches the most mice", 7 war John Newtons Formulierung für den Vorrang der Nützlichkeit und der erbaulich-didaktischen Funktion der Literatur vor künstlerisch-ästhetischen Überlegungen. John Wesley setzte auf einem anderen Gebiet den gleichen Akzent, als er die Funktion der Dichtung im Kirchenlied in der anschaulichen Wendung "Poetry - the handmaid of Piety" 8 ausdrückte. Dennoch, die Festsetzung dieser Rangfolge und ähnliche Stellungnahmen zeigen ebenso wie die Publikationen der Methodisten, daß das schriftliche Verkündigungswerk von vielen Autoren im Zusammenhang mit strengen stilkritischen Erwägungen betrachtet wurde. Das hatte handfeste praktische Gründe. Die Methodisten versuchten, ihre religiöse Botschaft so klar und verständlich weiterzugeben, daß einfache Menschen mit geringer Bildung, unter denen sie anfangs die Masse ihrer Anhänger gewannen, sie verstanden. Deshalb hatten zum Beispiel in der Regel entlegene philosophische oder literarische Anspielungen in methodistischer Literatur keinen Platz, da die Mehrzahl der Hörer oder Leser nichts damit anzufangen gewußt hätte. "Simple" und " p i a i n " sind daher Schlüsselwörter, die häufig bereits in den Titeln methodistischer Publikationen ihre Wirkungsabsicht zusammenfassen: " t o be intelligible to persons of weak capacities, and in the lower ranks of life." 9 Gelegentlich fanden stilistische Phänomene, bestimmte Gattungen oder Einzelwerke der methodistischen Literatur wegen dieser Eigenschaften schon früh die lobende Anerkennung der Kritik. Dr. Johnson war der erste Kritiker von Rang, der im 18. Jahrhundert den .einfachen und leicht verständlichen Stil' der methodistischen Predigten positiv bewertete und als Geheimnis ihres Erfolgs lobte. 10 S.T. Coleridge stellte die autobiographischen Bekehrungsberichte, experiences genannt, wie sie das Gospel Magazine immer wieder veröffentlichte, wegen ihrer Offenheit und Aufrichtigkeit als beispielhaft hin und glaubte, sie selbst dem .langweiligsten Autor' als Erfolgsrezept für ein .spannendes Buch' empfehlen zu können." Edward Fitzgerald, Autor des Rubaiyat of Omar Khayyam, war schließlich im 19. Jahrhundert der erste bedeutende Dichter, der die Sprache von 1 J.C. Ryle, Five Christian Leaders (1960), S. 32. " J. Wesley, A Collection of Hymns for the Use of the People Called Methodists (London, 1876), "Preface", S.IV. 9 J. Newton, Sermons (Philadelphia, 1795), "Preface" vom 15.4.1786, O.S. 10 F. Cumbers, The Book Room (London, 1956), S. 6. " Leslie Griggs (Hg.), Collected Letters of S. T.C., Bd. I, S. 302, Brief Nr. 174.

[1780]

5

Wesleys Tagebüchern als .reines, ungekünsteltes und unvergängliches Englisch' charakterisierte.12 Überwiegend negative Rezeption bis zum 20. Jahrhundert Diese Urteile haben zweifellos Gewicht, doch stehen sie lange Zeit allein da. So intensiv nämlich Soziologen und Historiker wie Barker, Trevelyan, Halévy and E. R. Thompson - von Theologen ganz abgesehen - den Methodismus als eine der stärksten geistigen Kräfte im England des 18. Jahrhunderts erforscht und gewürdigt haben,13 so sehr blieb lange Zeit die Bedeutung und Ausstrahlung dieser religiösen Bewegung von den Literaturwissenschaftlern vernachlässigt. Dabei haben sicher weitaus mehr Zeitgenossen die hier behandelte Literatur gelesen und gekannt, als das bei der schöngeistigen Literatur des gleichen Zeitraums der Fall war, die gemeinhin im Mittelpunkt literarhistorischer Aufmerksamkeit steht. Die Begabungen und Bildungsvoraussetzungen der methodistischen Autoren waren freilich sehr unterschiedlich. So verwundert nicht, daß die methodistische Literatur qualitativ äußerst ungleichmäßig ist. Für vieles aus den Federn methodistischer Autoren wird auch am Ende dieser Arbeit sinngemäß John Wesleys Urteil fortgelten müssen, das er über die hauptsächlich von seinem Bruder Charles geschriebene dreizehnbändige Kirchenliedersammlung gefällt hat: "Some is bad, some is mean, some most excellently good". 14

II. Forschungsstand In Literaturgeschichten erfahren die Leistungen der Methodisten bis in unser Jahrhundert hinein entweder gar keine Würdigung oder eine von Vorurteilen beeinträchtigte Darstellung. Stopford Brooke war der erste maßgebliche Kritiker, der auf diese Unausgewogenheit in der literarkritischen Analyse des 18. Jahrhunderts in seinem Buch Theology in the English Poets aufmerksam gemacht hat. Fast gleichzeitig brachte Luke 12

H. Bett, The Early Methodist Preachers (London, 1935), S. 190. Siehe die entsprechenden bibliographischen Angaben im Anhang, ebenfalls die Forschungsberichte von F. A. Norwood, "Methodist Historical Studies 1930-1959", Church History (1959), XXVIII, S. 391 -417; ders., "Wesleyan and Methodist Historical Studies, 1960-70. A Bibliographical Article", Church History (1971), XL, S. 182-99; E. Wolff, "Englische Literatur im 18. Jahrhundert. Ein Forschungsbericht, DVJS, Jg. 35 (1961), Heft 2, S. 280-297. 14 JWJ, 15.12.1788.

13

6

Tyerman inhaltsreiche und noch heute die Lektüre lohnende Biographien über Wesley, Whitefield und die Oxforder Methodisten heraus (The Life and Times of John Wesley, 3 Bände, 1872; The Life of the Reverend George Whitefield, 2 Bände, 1877; The Oxford Methodists, 1873). Ab der Jahrhundertwende findet man besonders in den Zeitschriften London Quarterly and Holborn Review (LQHR) und in den Proceedings of the Wesley Historical Society Aufsätze und Miszellen zum Methodismus, die aber hauptsächlich theologische, soziale oder kultursoziologische Fragen behandeln und gelegentliche literarkritische Untersuchungen auf rezeptions- und editionsgeschichtliche Aspekte der Hymns beschränken. Entscheidende Impulse für die Würdigung methodistischer Literatur erfolgten kurz nach Beginn unseres Jahrhunderts. 1912 erschien T.B. Shepherds Methodism and the Literature of the Eighteenth Century, 1920 Henry Betts The Hymns of Methodism in their Literary Relations. 1937 kam F.C. Gills The Romantic Movement and Methodism heraus, 1940 folgte Bernard Lord Mannings The Hymns of Wesley and Watts. 1943 sprach George Sampson im Rahmen seiner vielbeachteten Warton Lecture on English Poetry, "A Century of Divine Songs", ebenfalls über die Hymns, die er treffend als "the poor man's poetry and the ordinary man's theology" apostrophierte. 15 Bett, Lord Manning and Sampson befassen sich mit dem in dieser Arbeit nur am Rande berücksichtigten Kirchenlied, das seitdem die meiste Aufmerksamkeit der Literaturkritik erfahren hat. Das Hauptziel der Bücher von Bett und Lord Manning ist, die zahllosen Anspielungen auf Bibelstellen oder klassische und englische Literatur als Quellen zu identifizieren und die Herkunft der Zitate nachzuweisen. Die Beschränkung auf die Brüder Wesley und auf den Independenten Watts läßt die zum Teil bedeutenden Leistungen anderer methodistischer Autoren außer acht, welche bereits Louis F. Benson in seinem Standardwerk The English Hymn (1912, Neuauflage 1962) freilich unter dem Gesichtspunkt der Entwicklungsgeschichte des englischen Kirchenliedes aufgeführt hatte. Shepherd stellt in seiner Untersuchung eher die religiöse Überzeugung und die Absichten der Methodisten vor, kaum ihre literarische Bedeutung oder ihre Rezeption durch zeitgenössische Literaten. Deutlich beeinflußt von Betts Arbeitsweise erscheint Frederick C. Gill. Er interpretiert die Leistungen des Methodismus im literarhistorischen Kontext von Klassizismus und Romantik und versucht, die Rezeption vorwiegend methodistischer Kirchenlieder bei nachfolgenden Autoren aufzuzeigen. Der Wert 15

Proceedings of the British Academy,

Bd. XXXIX (London, 1943), S. 83.

7

dieser Arbeit ist dennoch mehrfach beeinträchtigt. Zum einen hat man ,aus Kostengründen' alle Quellenangaben und Fußnoten weggelassen, was die gesamte Abhandlung mehr oder weniger zum Lesebuch degradiert. Noch bedenklicher erscheint der wissenschaftliche Ansatz des Autors, der im wesentlichen Zitate vermeintlich methodistischer Provenienz im Werk romantischer Dichter als rezeptionsgeschichtliche Beweise dafür anführt, daß die Methodisten prägend auf die Romantik eingewirkt hätten. Nicht nur bei Passagen oder Bildern, die sich als Entlehnungen aus der Bibel entpuppen, ist jedoch fragwürdig, ob die romantischen Dichter diese quasi aus zweiter Hand von den Methodisten übernommen haben. Trotz ihrer Schwächen kommt Gill wie Shepherd das Verdienst zu, verhältnismäßig früh den Methodismus als wichtige literarische Kraft im 18. Jahrhundert mit weitreichenden Auswirkungen in die Diskussion gebracht zu haben. Herbert Schöfflers Protestantismus und Literatur (Leipzig, 1922) ist für unser Gebiet nur von marginalem Interesse. Er untersucht den Einfluß der englischen Geistlichkeit auf die Literatur des 18. und 19. Jahrhunderts anhand der Entstehungsbedingungen und Verbreitung literarischer Werke jener namhaften englischen Schriftsteller, die Pfarrer der Church of England waren. Den Methodismus berücksichtigt er nur am Rande, wohl weil diese „Bewegung" seinem kirchengeschichtlichen Verständnis nach nicht zur Church of England gehört. Mancher führende Methodist des 18. Jahrhunderts hätte da seiner Auffassung freilich lebhaft widersprochen, wie das Kapitel über die „Entstehung und Ziele des Methodismus" in der vorliegenden Arbeit zeigt. Seit Ende der dreißiger Jahre hat Frank Baker, den man als den führenden Forscher auf dem Gebiet der methodistischen Literatur bezeichnen kann, eine Fülle fundierter Aufsätze zu verschiedenen Aspekten des Methodismus veröffentlicht. Er ist auch der Herausgeber der Gesamtausgabe von John Wesleys Werken, deren Publikation mit Band XI 1976 begonnen hat. Der Verlag Oxford University Press bezeichnet die auf vierunddreißig großformatige Bände angelegte Ausgabe wohl mit Recht als sein .ehrgeizigstes verlegerisches Vorhaben der zweiten Hälfte unseres Jahrhunderts'. Bakers Beiträge und eine Publikation der Oxford University Press in dieser Größenordnung werfen ein bezeichnendes Licht auf das wachsende Interesse, das dem Methodismus neuerdings entgegengebracht wird und das sich auch in den bei dieser Arbeit benützten literar-, kultur- und sozialgeschichtlichen Untersuchungen zu dieser „Bewegung" ausdrückt. 1952 befaßte sich Donald Davie in Purity of Diction hauptsächlich mit der Sprache Charles Wesleys, während G. Lawton in John Wesley's 8

English (1962) Stilfragen untersuchte. So anregend diese Arbeiten sind, so sehr verlieren sie über ihren selektiven Detailanalysen den Gesamtzusammenhang der methodistischen Literatur aus den Augen. Den herzustellen gelingt auch Donald Davie in seinem Buch A Gathered Church. The Literature of the English Dissenting Interest, 1700-1930 (1978) nicht. Diese Darstellung hat zeitlich einen so weit gesteckten Rahmen, daß Davie ihn mit seinen Gedanken über die zweihundertdreißigjährige literarische und kulturelle Leistung des gesamten Dissent als durchgehende und fruchtbare .Subkultur' auf 108 Seiten auch nicht annähernd befriedigend zu füllen vermag. Sowohl der Dissent als auch die "Wesleyans" kommen in seiner Darstellung der für unser Thema relevanten Literatur in dem schmalen Kapitel "Dissent and the Wesleyans, 1740-1800" zu kurz weg. Angesichts dieser Kürze bemängelte der Rezensent Davies, John Carey, mit Recht, daß Davie zu spekulativ sei, zu wenig am Text dokumentiere, und daß der Leser daher die Richtigkeit seiner Ergebnisse zu oft guten Glaubens hinnehmen müsse. Carey ermunterte deshalb zu weiterer Beschäftigung mit den von Davie meist richtig und anregend aufgezeigten Problemen, die mehr Fragen aufwerfen als beantworten: "with luck a later and larger book will sustain the challenge". 16 Das neue Interesse an der literarischen Leistung des Methodismus und die verbesserte Forschungslage wird nicht zuletzt im Laufe der Zeit dazu führen, daß verbreiteten Klischees der Boden entzogen wird und sachliche Darstellungen an ihre Stelle treten. Eine schier unübersehbare Fülle an Primärliteratur wird dabei in wenigen Jahren weiteres Licht auf den Anfang und die Entwicklung des Methodismus werfen, denn die Londoner Zentrale der Methodisten hat 1978 ihr gesamtes Archiv mit über 130.000 Titeln der Universitätsbibliothek Manchester vermacht. Dort wird seitdem die Schenkung katalogisiert, zum Teil im Rahmen von Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen, so daß dieses Quellenmaterial wahrscheinlich gegen Ende dieses Jahrzehnts den Methodismusforschern der verschiedenen Fachrichtungen zur Verfügung steht. Die verbesserte Quellensituation und die vorurteilsfreie Beschäftigung damit werden sicher manchen neuen Aspekt des Methodismus aufzeigen. Dies könnte zumindest für die Zukunft einen Stoßseufzer Wesleys gegenstandslos machen, den er in einem Leserbrief an die Adresse eines in offensichtlicher Unkenntnis über die methodistische Literatur urteilenden Kritikers gerichtet hatte:

16

Sunday Times,

6.2.1978, S.40. 9

I wish, Sir, before you write concerning the Methodists again, you would candidly read some of their writings. (Westminster Journal, 5.1.1761)

III. Arbeitsziel, Methodisches, Gliederung Die literarhistorische Bedeutung der von den Methodisten verbreiteten Literatur einerseits und ihre bisherige Vernachlässigung in der Literaturgeschichtsschreibung des 18. Jahrhunderts andererseits lassen eine umfassende Beschäftigung mit diesem Gebiet gerechtfertigt und notwendig erscheinen. Hohe Auflagen und weite Verbreitung erzielten schließlich eine starke Wirkung, die nicht auf sittliche Erneuerung und religiöse Erbauung der Leser oder Hörer beschränkt blieb, sondern auch literarische Bildung und sprachliches Ausdrucksvermögen förderte. Die Werke der methodistischen Autoren bilden trotz individueller Mannigfaltigkeit eine Gesamtleistung von großer innerer Geschlossenheit. Die literarisch interessierten und gebildeten Führungspersönlichkeiten des Methodismus nahmen in vielfacher Weise beispielgebend und korrigierend auf die hier behandelte Literatur Einfluß. Dies soll nicht zuletzt immer wieder an Sprache und Stil der methodistischen Autoren gezeigt werden, die Prägnanz und Würde durch klare Einfachheit ("dignity in simplicity") erstrebten. Damit und durch ihren Appell an nichtkognitive Fähigkeiten des Menschen erreichten sie gerade bei den einfacheren Volksschichten größere Aufgeschlossenheit gegenüber der Lektüre methodistischer Literatur und spornten ihre Mitglieder zu eigenen Versuchen auf dem weiten Feld der autobiographischen Literatur an. Die für diese Arbeit untersuchte Literatur umfaßt hauptsächlich repräsentative Predigten, die wichtigsten methodistischen Periodika und die verschiedenen Formen autobiographischer und biographischer Literatur, von der bekenntnishaften Leserzuschrift an Zeitschriften über Bekehrungsberichte, Lives oder Accounts, bis zum einundzwanzigbändigen Tagebuch John Wesleys. Es werden also Literatur formen gewählt, von denen aufgrund ihrer weiten Verbreitung oder ihres jahrzehntelangen Gebrauchs im 18. Jahrhundert die stärksten und dauerhaftesten Wirkungen auf die Methodisten und ihre Zeitgenossen ausgingen. Im Gegensatz zu den Kirchenliedern hat diese Literatur bisher wenig Beachtung gefunden. Die in der Regel posthum, oft erst spät im 19. oder gar im 20. Jahrhundert publizierten Briefsammlungen und Tagebücher bedeutender Methodisten werden nur zu Referenzzwecken herangezogen. Der Brief als literarische Gattung erlebte zwar wie die autobiographische Literatur 10

auch bei den Methodisten eine Hochblüte, was sich unter anderem an dem breiten Raum erkennen läßt, welchen die Herausgeber methodistischer Zeitschriften für Leserbriefe und Briefauszüge reservierten. Doch von diesen Beispielen abgesehen, hatte die umfangreiche Korrespondenz zu Lebzeiten der Empfänger privaten Charakter und übte kaum Einfluß über deren engere Umgebung hinaus aus. Weitgehend ausgeschlossen bleiben auch kontroverstheologische Pamphlete und Streitschriften. Als Quellenmaterial werden Texte von Vertretern aller im Laufe der Zeit entstehenden theologischen Richtungen des Methodismus ausgewählt. Die Darstellung und Wertung der methodistischen Literatur erfolgt im kulturhistorischen und literarästhetischen Kontext ihrer Zeit. Die Textsituation läßt als methodisches Vorgehen einen Wechsel zwischen detaillierten Interpretationen repräsentativer Textauszüge und raffenden, größeren Überblicken geraten erscheinen. Die Werke der methodistischen Autoren füllen in den Spezialsammlungen der großen britischen Bibliotheken mit Hunderten von Bänden ganze Regalwände. Allein John und Charles Wesleys Bibliographie weist über 370 Titel auf, von denen 233 eigene Werke sind, der Rest Johns Namen als Herausgeber trägt. 17 Vieles davon ist selbst dem Kenner der Literatur des 18. Jahrhunderts unbekannt und ausgesprochen schwer zugänglich. Die für diese Arbeit ausgewerteten Jahrgänge der methodistischen Zeitschriften etwa existieren nur noch in wenigen Exemplaren. Viele Exemplare der starken Auflagen wurden durch die rege Zirkulation zur Zeit ihrer Veröffentlichungen buchstäblich „zerlesen". Als ungefähre zeitliche Begrenzung des Forschungsgebiets wurden die Jahre 1735 und 1792 gewählt, also die Anfänge von Wesleys Wirken in Oxford und sein Todesjahr. Berücksichtigt werden somit die noch zu Lebzeiten John Wesleys erschienenen Veröffentlichungen auf den genannten Gebieten, und zwar vom ursprünglich gemeinsamen Zusammenwirken der Väter des Methodismus angefangen bis zu der am Ende des Jahrhunderts erfolgten Konsolidierung der aus der Aufspaltung in eine arminianische, kalvinistische und evangelikale Richtung hervorgegangenen methodistischen „Bewegungen". Die Arbeit beginnt mit einem historischen Überblick über die Entwicklung des Methodismus. Dabei werden hauptsächlich die gesellschaftlichen, 17

Siehe R. Green, The Works of John and Charles Wesley: A Bibliography (London, 18%) und F. Baker, A Union Catalogue of the Publications of John and Charles Wesley (Durham, N.C., 1966).

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kirchlichen und organisatorischen Gegebenheiten und Voraussetzungen aufgezeigt, welche die Entstehung des Methodismus ermöglichten und förderten, die Aufspaltung in unterschiedliche Lager erklären und die Notwendigkeit und günstigen Vertriebsbedingungen methodistischer Literatur verständlich machen. Das 2. Kapitel beschäftigt sich mit der Predigt, durch die die Methodisten in der Regel den ersten Zugang zu ihren Mitmenschen fanden. Die Untersuchung der Ausstrahlungs- und Überzeugungskraft methodistischer Predigten beschränkt sich nicht allein auf ausgewählte gedruckte Predigten, sondern bezieht auch die persönliche Betroffenheit zeitgenössischer Hörer ein, wie sie sich in autobiographischen Dokumenten der Zeit spiegelt. Das 3. Kapitel über die drei wichtigsten Periodika der Methodisten (The Weekly History, The Gospel Magazine und The Arminian Magazine) ist die erste größere Darstellung dieser einflußreichen Medien, die Francis Mineka bereits 1944 als literar- und zeitungsgeschichtliches Desideratum bezeichnet hatte.18 Die Auflagenzahl der Magazine entwickelte sich so stetig nach oben, daß zum Beispiel das Gospel Magazine und das zu Methodist Magazine umgetaufte Arminian Magazine schon bald nach der Jahrhundertwende (1807) mit 18.000 beziehungsweise 20.000 verkauften Exemplaren zu den größten Zeitschriften Englands gehörten. Zum Vergleich: Das Gentleman's Magazine fand 1797 etwa 4.500 Käufer. Die methodistischen Zeitschriften weckten und förderten zum großen Teil auch die Vorliebe für autobiographische Literatur, mit der sich das 4. und 5. Kapitel befassen. Hier wird die Vorbildfunktion von Tagebüchern und Bekehrungsberichten Whitefields und Wesleys deutlich, die sich in den autobiographischen Lives ihrer Anhänger auswirkt. Das Schlußkapitel faßt die Ergebnisse unserer Untersuchung zusammen. Besonderes Augenmerk wird dabei auf die Maßnahmen gelegt, mit denen die Methodisten die wachsende Leselust ihrer Anhänger nutzten und durch Lektüre-Empfehlungen und eigene Publikationen in die rechten Bahnen lenkten. Durch redaktionelle Eingriffe hatten die Methodistenführer dabei zum Teil starken Einfluß auf Sprache und Stil der Veröffentlichungen.

18

F. Mineka, The Dissidence of Dissent (Chapel Hill, 1944), S. 28.

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KAPITEL I

"To reform the nation, more particularly the Church" ENTSTEHUNG U N D ZIELE DES METHODISMUS

... an open and professed disregard for religion is become, through a variety of unhappy causes, the distinguished character of the present age. (Archbishop Seeker, Eight Charges (1769), Ausgabe von 1790, S.4) We see, on every side, either men of no religion at all, or men of a lifeless, formal religion, We are grieved at the sight, and should greatly rejoice, if by any means we might convince some that there is a better religion to be attained. (JWW, Bd. VIII, S. 3)

Im England des 18. Jahrhunderts war der Methodismus die stärkste religiöse Reformkraft. Seine Initiatoren, John und Charles Wesley sowie George Whitefield, Geistliche der Church of England, vermochten mit zunächst nur einer Handvoll Gleichgesinnter in rund sechs Jahrzehnten so viele Anhänger zu gewinnen, daß die methodistische Erneuerung Auswirkungen weit über den nur kirchlich-religiösen Bereich hinaus hatte. Die hervorragenden Fähigkeiten und die begeisternde Ausstrahlung der führenden Vertreter des Methodismus trugen dabei ebenso zum stetigen Anwachsen der Mitgliederzahlen bei wie der Umstand, daß ihre Botschaft im religiösen und sozialen Umfeld zur rechten Zeit kam. Als Beginn des Methodismus wird gewöhnlich die Zeit des .religiösen Erwachens' oder der .Bekehrung' Whitefields (1735) und der Wesleys angegeben (1738/39).

I. Die Situation der Kirche im England des 18. Jahrhunderts Bereits davor hatte Speners und Frankes Pietismus in der englischsprachigen Welt erste Wurzeln gefaßt und Amerika sein "Great Awakening" unter dem Prediger Jonathan Edwards 1734-35 erlebt. In Wales, Schottland und Nordengland begannen kurz vor oder nach Whitefield und den Wesleys Geistliche und Laien wie Griffith Jones, Howell Harris, Daniel Rowlands, William M'Culloch, William Grimshaw, John Nelson, Benjamin Ingham und viele andere zum Teil zunächst unabhängig voneinander, dann meist mit vereinten Kräften, ihren Mitchristen einen persönlich erfahrbaren Glauben zu predigen. 1 Zeitgenossen des 18. Jahrhunderts und Historiker der Folgezeit zeichnen meist ein düsteres Bild von der Situation der anglikanischen Kirche im Zeitalter des Hauses Hannover. Demnach scheinen materialistisches Karrierestreben und die Jagd nach einträglichen Pfründen viel wertvolle Kraft und Zeit der Geistlichen in Anspruch genommen zu haben. Politiker und Bischöfe berücksichtigten bei der Verteilung geistlicher 1

Frank Baker, "William Grimshaw [...]", LQHR,

CLXXXVIII (1963), S. 127.

15

Ämter und Würden häufig weniger die theologische und seelsorgerliche Qualifikation der Bewerber als deren politische Zuverlässigkeit oder früher erbrachte Beweise des Wohl ver hai tens. Das Überangebot an Kandidaten für den geistlichen Stand war so groß, und zwischen den einzelnen Pfründen herrschte ein so beträchtlicher Unterschied, daß man bei der Ämtervergabe wählerisch sein konnte, bei der Suche nach einer Stelle vorsichtig sein mußte. Nicht erst zur Verwirklichung von Walpoles Vorstellung von der Kirche als verlängertem Arm der Whig-Administration war eine klug berechnende Besetzungs- und Beförderungspolitik im kirchlichen Bereich Voraussetzung. Einen Latitudinarier wie etwa Bischof Benjamin Hoadly für den Kurs der Whigs zu gewinnen, bedeutete schließlich, nicht zu unterschätzenden Einfluß auf den Klerus seiner Diözese zu erlangen. Wie viele seiner Amtskollegen erhielt der stark körperbehinderte Hoadly, der während seiner sechsjährigen Amtszeit als Bischof von Bangor nicht ein einziges Mal seine Diözese aufsuchte, sein Episkopat offensichtlich als Belohnung für seinen im Oberhaus und vor dem Episkopat geltend gemachten Einfluß als "the great apostle and converter of the clergy to the principles of the Revolution and the sentiments of liberty". 2 Für viele Geistliche, die es mit Hilfe einflußreicher Gönner zu Bischofswürden gebracht hatten, boten die unterschiedlichen Einkünfte der einzelnen Diözesen genügend Anreiz zu Bemühungen um Versetzung und zu weiteren Anstrengungen im Sinne ihrer politischen Freunde. Schließlich waren Diözesen wie Rochester, Oxford oder Bristol nur zwischen £600 und £450 pro Jahr wert, während Canterbury £7.000, Durham £6.000 und Winchester £5.000 einbrachten. Daß Erzbischof Hutton in seinem zwölfjährigen Episkopat rund £50.000 Privatvermögen ansammeln konnte, darf sicher nicht verallgemeinert werden, ist aber auch keineswegs ein Ausnahmefall. Wer sich nicht mit den richtigen Leuten zu arrangieren verstand oder zuviel Rückgrat zeigte, kam finanziell nicht vorwärts, wie etwa die Laufbahn Bischof Richard Watsons zeigte, der Zeit seines Lebens in seiner Diözese Llandaff mit £550 Jahreseinkommen belassen wurde. Ausgesprochene Tory-Anhänger wie Swift oder Sacheverell kamen als Bischöfe überhaupt nicht in Frage. Mancher Bischof verdankte sein Amt adeligen Verwandten, andere hatten als Kapläne oder Privatlehrer im Dienst eines Aristokraten 2

Siehe G. R. Cragg, The Church and the Age of Reason, 1648-1789 (London, I960), S. 119. Siehe auch S. 117-156 als historischen Abrißder hier behandelten Epoche sowie H. Davies, Worship and Theology in England, Bd. III, From Watts and Wesley to Maurice, 1690-1850 (Princeton, New Jersey, 1961), bes. Kap. VII-IX, S. 143 -240.

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gestanden, wieder andere erlangten als Philosophen, Gelehrte und Literaten großes Ansehen wie Joseph Butler, Berkeley oder Warburton. Allen gemeinsam ist wohl, daß sie nicht wegen ihrer Verdienste um die Kirche zum Bischof bestellt wurden. 3 Was über die Vergabepraxis von Bischofsämtern gesagt wurde, gilt in entsprechender Form für den übrigen Klerus. Die an die einzelnen Pfründen gebundenen Einkommen wiesen beträchtliche Unterschiede in der Höhe und der Art ihrer Zusammensetzung auf, die Abhängigkeit von den Pfründeinhabern war groß. Obwohl der durchschnittliche Wert der Pfründen seit der Regierung Queen Annes mit ständig wachsenden landwirtschaftlichen Erträgen um das Dreifache angestiegen war, hatte sich die Kluft zwischen gut dotierten Pfarrstellen und solchen, die kaum zur Deckung des Lebensunterhalts ausreichten, nicht verringert. So verstärkte sich die bereits im 17. Jahrhundert beklagte Entwicklung, daß einzelne Geistliche durch Ämterhäufung mit £500 oder mehr pro Jahr ein so gutes Auskommen hatten, daß mancher Landadelige solche Pfründen dem jüngsten Sohn oder Schwiegersohn als durchaus standesgemäße Versorgung sicherte. Andererseits standen solch einträglich sprudelnden Einkommensquellen eine Vielzahl recht dürftiger Stellen mit £30-50 im Jahr gegenüber. Kurate, welche die Arbeit für nicht am Ort wohnende und mehrere Pfarrstellen innehabende Geistliche verrichteten, mußten sich oft mit noch viel geringeren Einkünften begnügen. Cragg zitiert Erzbischof Tenison, der auf Kuratien verweist, die nur £5 - 6 im Jahr einbrachten und deren Inhaber ein ärmliches Leben fristeten: Having no fixed place of abode, and but a poor and precarious maintenance, [they] are powerfully tempted to a kind of vagrant and dishonourable life, wandering for better subsistence from parish to parish. (Cragg, The Church and the Age of Reason, S. 126)

Smollets Kurat Shuffle ist ein deftiges literarisches Paradebeispiel für die ungleiche Verteilung von Arbeit und Entlohnung im geistlichen Stand. Wie sehr sie Bitterkeit und soziale Spannungen verursachte, läßt Shuffles Kommentar erkennen, als er seinen Vikar von einer Gastwirtschaft wegreiten sieht: There the old rascal goes, and the devil go with him. - You see how the world wags, gentlemen. By gad, this rogue of a vicar does not deserve to live; and yet has two livings worth £400 per annum, while poor I am fain to do all his drudgery and ride twenty miles every Sunday to preach, for what? why, truly, 3

G. M. Trevelyan, English Social History (London, 1977), S. 368-378.

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for £20 a year. I scorn to boast of my own qualifications; but - comparisons are odious. I should be glad to know how this swag-bellied doctor deserves to be more at ease than me. He can loll in his elbow chair at home, indulge himself in the best of victuals and wine, and enjoy the conversation of Betty, his housekeeper. 4

Das Mitleid des Lesers mit Shuffle wird sich angesichts dessen zweifelhaften Charakters in Grenzen halten, die Anerkennung des von Smollett satirisch aufgezeigten Mißstands kann er nach der Lektüre kirchenund sozialgeschichtlicher Quellen dagegen kaum verweigern: " O what a curse in this poor land are pluralities and non-residence" ( J W J , III, S. 173). Erschwerend zum Problem der Abwesenheit vieler Geistlicher von ihren Gemeinden ("non-residence") infolge von Pfründenhäufung kam hinzu, daß das althergebrachte parochiale System der Staatskirche zu unbeweglich war, um Schritt halten zu können mit den Bedürfnissen der rasch wachsenden Bevölkerung in neu entstehenden Stadtrandgebieten und Industrieansiedlungen. Die Einwohnerzahl Englands wuchs von Queen Annes Thronbesteigung bis zum Jahr 1801 von etwa 5 Vi Millionen auf 9 Millionen an. Im Verhältnis dazu stieg die Zahl der Pfarrstellen und Sitzplätze in den Kirchen in diesem Zeitraum nur geringfügig, so daß die Staatskirche viele Gläubige nicht mehr erreichte. 5 Die Mängel in der seelsorgerlich-geistlichen Betreuung hatten unmittelbare Auswirkungen auf das religiöse Leben in allen gesellschaftlichen Schichten. Obwohl in der Oberschicht durchaus Vertreter hervorragender Positionen aufrichtige Religiosität praktizierten, stellte Erzbischof Secker dort bei der überwiegenden Mehrheit als "the distinguishing mark of the present age an open and professed disregard of religion" fest. 6 Auch die im 17. Jahrhundert streng puritanischen Schichten des Bürgertums hatten auf dem Weg zu wirtschaftlichem Wohlstand und Aufstieg im 18. Jahrhundert viel von ihrer ursprünglichen geistigen und religiösen Reformkraft verloren und waren großenteils nicht mehr in der Lage, die durch die rationalistischen Tendenzen des Zeitalters begünstigte spirituelle Auszehrung der Religion aufzuhalten. Der Dissenter Isaac Watts konstatierte 1731 einen .Niedergang der lebendigen Religion in den Herzen und dem Leben der Menschen' und beklagte

4

Tobias Smollett, Roderick Random, Everyman-Edition, Bd. 1790 (London, 1967), S. 47. Trevelyan, a.a.O., S.356. 6 Cragg, a.a.O., S. 129. 5

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the little success which the ministrations of the Gospel have had of late for the conversions of sinners to holiness, and the recovery of them from the state of corrupt nature, and the course of this world, to the life of God by Jesus Christ. 7

Watts' Beobachtung hatte nicht nur für die Situation der Dissenters Gültigkeit, wie er ausdrücklich betonte 8 und wie andere Quellen bestätigen. Nicht unwesentlichen Anteil an dieser Entwicklung hatte die Neigung führender Denker der Zeit, die Religion aller spekulativen und irrationalen Elemente zu entkleiden. Lockes The Reasonableness of Christianity (1695) war zu seiner Zeit schon eine wirkungsvolle und prägnante Darstellung der .natürlichen Religion', deren Grundzüge früher bereits Joseph Glanvil (1636-80) oder William Sherlock (71641-1707) aufgezeigt hatten. 9 Noch einflußreicher und stilistisch attraktiver als Lockes Darstellung des Gegensatzes zwischen .natürlicher Religion' und .geoffenbarter Religion' war John Tolands Abhandlung und Weiterentwicklung von Lockes Vorstellungsmodell, daß der Zugang zur Botschaft der Evangelien über den Verstand erfolge. Dieses Werk, Christianity not Mysterious, kam ein Jahr später auf den Markt. Die geistigen Auswirkungen dieser Werke waren noch lange im 18. Jahrhundert zu spüren: All that is restrictively Christian, or that is peculiar to Christ, everything concerning Him that has not its apparent foundation in natural light, or that goes beyond its principles, - is waved, banished, and despised. 10

Bischof Joseph Butler (1692-1752) klagte in seiner berühmten Verteidigungsschrift der christlichen Religion gegen den Deismus, seiner Analogy of Religion (1736), it is come, I know not how, to be taken for granted by many persons, that Christianity is not so much as a subject of inquiry, but that it is now at length discovered to be fictitious. ("Advertisement of the Analogy of Religion", 1738)

John Wesley erlebte schon als junger Geistlicher der Church of England die verschiedenen Formen religiöser Apathie. In seinem dreiteiligen Appeal 7

Isaac Watts, An Humble Attempt toward the Revival of Practical Religion (1731), "Preface", O.S. Ebd.: "Nor is the complaint of the declension of virtue and piety made only by the Protestant Dissenters. It is a general matter of mournfull observation amongst all that lay the cause of God to Heart; and therefore, it cannot be thought amiss for every one to use all just and proper efforts for the recovery of dying religion in the world". 9 John Wladimir Price, "Religion and Ideas", in Pat Rogers (Hg.), The Eighteenth Century. The Context of English Literature (London, 1978), S. 121-126. 10 John Guyse, Twelve Sermons (1729), S.26. 8

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to Men of Reason and Religion (1744-45) untersuchte er unter anderem die religiöse Situation seines Landes und meinte feststellen zu müssen, daß seine Landsleute Gottes Gebote noch dreister und häufiger überträten als die Juden des Alten Testaments zur Zeit der Propheten: Is there a nation under the sun which is so deeply fallen from the very first principles of religion? Where is the country in which is found so utter a disregard to even heathen morality; such a thorough contempt of justice and truth, and all that should be dear and honourable to rational creatures?"

Solche Bestandsaufnahmen des religiösen Lebens aus dem Munde sachkundiger Zeitgenossen sind freilich keine objektiven, unanfechtbaren Untersuchungsergebnisse. Was viele Geistliche dieser Zeit mit echter Sorge als deprimierenden Gesamteindruck wiedergeben, reflektiert die grundsätzliche Situation zutreffend, entstellt aber durch einseitigen, didaktisch wirkungsvollen Zweckpessimismus den wahren Zustand der Kirche. Der rhetorische Charakter mancher hyperbolischen Aussagen in Predigten, kontroverstheologischen Schriften und vielen satirischen Kommentaren scheint auch bei der historischen Würdigung zuweilen nicht ausreichend berücksichtigt worden zu sein. Größere Epochendarstellungen, besonders aus dem 19. Jahrhundert, wie Leckys History of Britain (1892) oder Η. O. Wakemans History of the Church of England (1896), scheinen sich hauptsächlich auf Quellen wie die hier zitierten zu stützen, wenn sie ein insgesamt zu negatives Bild der Kirche zeichnen. Dabei reicht die Anklage von dem Vorwurf, die Kirche habe ,generationenlang geschlafen' bis zu der Behauptung, ,das religiöse Leben sei völlig tot gewesen'.12 In der jüngeren Zeit veröffentlichte Tagebücher von englischen Landpfarrern, etwa Parson Woodefordes, erschüttern ebenfalls das Klischee des .typischen' Geistlichen dieser Zeit, zeigen fromme, aktive Pfarrer inmitten lebendiger Gemeinden. Solche Seelsorger, sicher eine kleine Minderheit, sind bisher bei der Würdigung der gesamten Epoche als untypisch meist unbeachtet geblieben. Wer aber Smollets Kurat Shuffle oder Fieldings Thwackum als literarische " John Wesley, A Farther Appeal to Men of Reason and Religion (1745), III; I, 1, zitiert nach der Ausgabe von Gerald R. Cragg (Hg.), OUP (1976). Im folgenden "Farther Appeal ". 12 Siehe Lytton Strachey, "Cardinal Manning" in Eminent Victorians (1918), wo es heißt: "for many generations the Church of England had slept the sleep of the [...] comfortable", und Η.O. Wakeman, Introduction to the History of the Church of England [1896], 8. Auflage (1914), S. 196: "As the bells rang out in 1714 to welcome the accession of George I, they sounded the death-knell of [the Church of England's] high ideals and vigorous life for more than a century."

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Prototypen des Geistlichen des 18. Jahrhunderts anführt, darf den beispielhaften Parson Adams oder Dr. Primrose, den Landpfarrer von Wakefield, nicht geringer werten. Karrieresüchtigen Bischöfen wie Hoadly schließlich lassen sich viele Amtsbrüder gegenüberstellen, die wie Potter, Wake, Gibson oder Butler ihre Aufgabe darin sahen, eine gute pastorale Versorgung ihrer Diözesen zu organisieren und ihren Geistlichen und Gläubigen ein Vorbild für das persönliche religiöse Leben zu sein. Das Wirken zahlreicher freiwilliger Organisationen innerhalb der Kirche, die sich eine Verbesserung des religiösen und moralischen Klimas zum Ziel gesetzt hatten, darf ebenfalls nicht unterschätzt werden. Jüngere Untersuchungen der Akten und Veröffentlichungen der 1696 gegründeten Society for the Promotion of Christian Knowledge (SPCK) geben ein detailliertes und günstigeres Bild, das hauptsächlich für ländliche Pfarreien repräsentativ ist.13 In den großen Städten wie London, Bristol, Canterbury, Nottingham gab es zum Teil seit 1688 existierende Societies for the Reformation of Manners. Die große Zahl der von dieser Gesellschaft angezeigten und von den Gerichten bestraften Vergehen der Gotteslästerung, Trunkenheit, des Fluchens, der Sonntagsschändung sowie die Schließung von über 500 Bordellen zeugen von der Aktivität dieser Gesellschaft, deren Spitzelsystem freilich ein fragwürdiges und heftig kritisiertes Mittel zur Überführung der verschiedenartigen Missetäter darstellte.14 Seit 1701 gab es auch die von der SPCK gebildete Society for the Propagation of the Gospel in Foreign Parts, eine anglikanische Missionsgesellschaft. Es bildeten sich darüber hinaus im ganzen Land Vereinigungen, die in häufigen Zusammenkünften ein intensives religiöses Leben pflegten und ohne staatliche Unterstützung wertvolle praktische Wohltätigkeitsaufgaben ausführten. Zu den wichtigsten privaten karitativen Organisationen gehörten etwa The Society for Relieving Distressed Housekeepers, The Charitable Society in London, The Scots Corporation, The Herefordshire Society oder The English Society for Promoting Protestant Schools in Ireland.15 13

Dazu siehe W.K. Lowther Clarke, 18th Century Piety (London, 1944), der das Material der SPCK untersucht und im Hinblick auf das gewöhnlich vernichtende Urteil des Zustands der Kirche feststellt: "I can say with certainty that there is evidence leading to different conclusions and that the one thing we shall not find is any spirit of complacency" (S. 1). 14 Siehe Elie Halévy, The Birth of Methodism in England, übersetzt und herausgegeben von Bernard Semmel (Chicago, London, 1971), S. 41 ff. 15 Zu den wohltätigen Organisationen siehe Garnet V. Portus, Caritas Anglicana (London, Oxford, 1912), Kap. IV, und E. M. North, Early Methodist Philanthropy (London, 1914), S. 117ff. 21

[...] while luxury and profaneness have been increasing on the one hand, on the other, benevolence and compassion towards all the forms of human woe have increased in a manner not known before, from the earliest ages of the world. In proof of this we see more hospitals, infirmaries, and other places of public charity have been erected, at least in and near London, within this century, than in five hundred years before. And suppose this has been owing in part to vanity, desire of praise; yet have we cause to bless God, that so much good has sprung even from this imperfect motive. 1 6

Die religiösen und philanthropischen Gesellschaften entstanden zum Teil als Reaktion auf verbreitete Mängel und Bedürfnisse in Kirche und Gesellschaft. Daß eine Reform nötig war, beweisen schließlich die vielen Klagen über Unzulänglichkeiten und Mißstände. 17 Die Existenz dieser Gesellschaften ist aber auch ein Hinweis dafür, daß die Zeit reif war für eine Reformbewegung wie den Methodismus. Unter den gegebenen Umständen schien Wesleys Ziel, " t o reform the nation, more particularly the Church; to spread scriptural holiness throughout the land'" 8 hochgesteckt, aber angesichts ermutigender Beispiele ähnlich Gesinnter nicht unerreichbar. So konnte Wesley später mit Dankbarkeit über den Beginn seiner Bewegung schreiben: "many began to show such a concern for religion as they had never done before.'" 9 Selbst kritischen Zeitgenossen fiel diese Veränderung auf, wie eine Stelle im Tagebuch Benjamin Franklins zeigt, die über Whitefields Erfolg in Georgia berichtet: It was wonderful to see the change soon made in the manners of our inhabitants. From being thoughtless or indifferent about religion, it seemed as if all the world were growing religious, so that one could not walk thro' the town in an evening without hearing psalms sung in different families of every street. 20

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John Wesley, Sermons on Several Occasions, with A Life [...] by [...] John Beecham (London, o.J.), Bd. II, Nr.CII, S.572, "On Former Times". 17 Vgl. Edward Allan Whitney, "Humanitarianism and Romanticism", HLQ, II (1939), S. 166: "Both the evangelical movement in the church and the humanitarian movement among the laity should be regarded as a revolt against the existing situation." Die schematische Trennung in Kirche (Geistliche) und Laien ist irreführend und übersieht, daß sich beide .Bewegungen' vielfach überschnitten und beispielsweise die karitativpraktische Arbeit immer ein unverzichtbarer Bestandteil des christlichen Lebens für alle Methodisten gewesen ist. 18 Minutes of Conference 1744, S. 9. 19 Farther Appeal III; I, 4. 20 North, Early Methodist Philanthropy, S. 161.

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II. Methodismus als stärkste religiöse Reformkraft A. Die ersten Anfänge 1. John Wesley In England war zunächst John Wesley der Motor einer kleinen Gruppe ernsthafter Christen, die in Oxford als Holy Club belächelt wurde und eine Keimzelle des Methodismus werden sollte. In John Wesleys Erziehung und Ausbildung spielte die Religion von Anfang an eine überragende Rolle; dennoch deutete in seinem frühen Leben kaum etwas auf seine spätere Führungsposition in der größten kirchlichen Reformbewegung des 18. Jahrhunderts hin. Als fünfzehntes Kind des anglikanischen Geistlichen Samuel Wesley (1662-1735) kam John im Pfarrhaus von Epworth, Lincolnshire, auf die Welt. Seine Mutter Susanna erzog ihn streng zu Gottesfurcht und Selbstzucht.21 Der Geist nonkonformistischer Vorfahren in beiden Elternlinien verband sich fruchtbar mit ihrer hochkirchlich-anglikanischen Gesinnung und ihrer politischen Sympathie für die Tones. Zu diesem unübersehbaren elterlichen Erbe - John nannte sich selbst " a High Churchman, the son of a High Churchman" 22 - kam bei John eine große Vorliebe für und gründliche Belesenheit in den Werken der maßgeblichen Puritaner des 17. Jahrhunderts, die er später zum Teil in seiner 50-bändigen Christian Library neu herausbrachte. Schule und Studium absolvierte John mit großem Eifer und Erfolg in der Charterhouse School und in Christ Church in Oxford. 1724 erhielt er dort den akademischen Grad eines B.A. und gab 1725, wie er später in seinem Journal schrieb, dem .Druck' des Vaters nach und entschied sich für den Beruf eines Geistlichen der Church of England: "When I was about twenty-two, my father pressed me to enter into holy orders" ( JWJ, I, S. 13). Am 19. September 1725 weihte ihn der Bischof von Oxford, John Potter, zum Diakon, am 17. März des folgenden Jahres wurde er zum Fellow des Lincoln College ernannt. Dieses Amt versah er bis 1729 aber nur, wenn es die Pflichten seiner 1727 übernommenen Stelle als Kurat seines Vaters in Wroot zuließen. 21

Siehe zum Verhältnis Wesleys zu seiner Mutter die entsprechenden Briefe in JWL sowie die Biographie von G.E. Harrison, Son to Susanna (London, 1937). 22 Brief an Lord North and Lord Dartmouth, 14.6.1775, in John Telford (Hg.), The Letters o/[...] John Wesley (London, 1931), Standardausgabe. Im folgenden JWL.

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In dieser Zeit der praktischen Seelsorge beeindruckten Wesley tief William Laws soeben erschienenes Werk Christian Perfection (1726) und dessen drei Jahre später veröffentlichtes Buch Serious Call to a Devout and Holy Life (1729). Bischof Warburton bewertete Laws Einfluß auf Wesley später allerdings übertrieben stark, als er Law gar als .Vater des Methodismus' bezeichnete: "William Law was the father, and Count Zinzendorf rocked the cradle". Laws Argumentation schien Wesley in der Tat zunächst überzeugend und inspirierend, seine persönliche Bekanntschaft mit ihm 1732 regte ihn ebenfalls stark an, so daß diese Begegnung und seine Priesterweihe 1728 durch Bischof Potter Wesleys religiöse Einstellung in diesem Lebensabschnitt am stärksten befruchteten und förderten.

2. Der Holy

Club

1729 wurde Wesley zur Wahrnehmung seiner Aufgaben als Fellow von Lincoln College nach Oxford zurückgerufen, in dessen religiösem Klima er sich stets wohlgefühlt hatte, dessen lasches religiöses und akademisches Leben er jedoch scharf verurteilte.23 Er Schloß sich dort einer von seinem jüngeren Bruder Charles (1707-1788) mit Robert Kirkham und William Morgan gebildeten Gruppe an, die beschlossen hatte, "to observe the method of study prescribed by the statutes of the university. This gained [them] the harmless nickname of methodists". 24 In Wesleys Dictionary erschien später eine allgemeinere Erklärung des Begriffs "Methodist": 23

Siehe Farther Appeal, Introduction S. 6: "The dominant tradition in the University of Oxford still bore the stamp of Laud; it was Catholic, it appealed to the Fathers, it maintained the emphases of the Caroline divines. It had little sympathy with Latitudinarianism or with Hannoverian Erastianism. Wesley found it congenial." Siehe auch D. Coomer, "The influence of Puritanism and dissent on Methodism", LQHR, CLXXV, 1950, S. 346-50. Scharfe Angriffe gegen die Fellows der Oxforder Colleges richtet Wesley in seiner Predigt "Scriptural Christianity", die er vor der Universität Oxford hielt, und in einer anderen, für den gleichen Zweck geschriebenen, auf Anraten von Freunden aber nicht gehaltenen Predigt, die später unter dem Titel "True Christianity Defended" veröffentlicht wurde. Siehe John Wesley, Sermons on SeveraI Occasions, with a Life [...] by [...] John Beecham (London, o.J.), I, S.40-57 und II, S. 895-907. 24 Charles Wesley in einem Brief an Thomas Bradbury Chandler, (28.4.1785). Die vermutlich erste Verteidigung der Methodisten als Antwort auf den Angriff in Fogg's Weekly Journal erfolgte 1733: The Oxford Methodists: Being an Account of some young Gentlemen in that City, in derision so-called; setting forth their Rise and Designs. Richard Green, Anti-Methodist-Publications (London, 1902), nennt eine 2. Auflage vom 28.11.1737.

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"one that lives according to the method laid down in the Bible". Neben dem Studium der alten Sprachen und klassischen Literatur stand die Lektüre des Neuen Testaments im Vordergrund dieser Vereinigung sowie regelmäßige Teilnahme am Gottesdienst, wöchentlicher Kommunionempfang und strenge Einhaltung der kirchlichen Vorschriften und Fasttage. In den folgenden Jahren gewannen die Wesleys einige gleichgesinnte Freunde zu ihrer als "Holy Club" verspotteten Gruppe hinzu, die sich jeden Abend drei Stunden traf und deren Führung John Wesley aufgrund seiner persönlichen Autorität und Integrität sehr bald quasi automatisch zugewachsen war. 1733 gehörten außer John und Charles Wesley Benjamin Ingham vom Queen's College, Thomas Broughton (1712-77), später viele Jahre der Sekretär der SPCK, von Exeter, John Clayton (1709-73) von Brasenose, James Hervey (1715-58), ein Schüler Wesleys, vom Lincoln College, sowie John Gambold und George Whitefield zu dieser Gruppe. Mit ihrem ausgesprochen engagierten Eintreten für Arme und sozial Schwache, ihren regelmäßigen Besuchen von Gefangenen und Kranken und ihrem frommen, wie manche meinten, asketischen Leben, war die 'little company', wie Wesley selbst den "Holy Club" nannte, eine neue, wenn auch kleine Gemeinschaft unter den vielen "Religious Societies", die es in England gab. In Oxford belegte man die Männer um Wesley bald mit einer Reihe von Spottnamen. "Enthusiasts", "Methodists", "Sacramentarians", "Bible Moths", "Supererogation Men", "The Godly Club" und "The Reforming Club" wurden am häufigsten verwendet und zum Teil auch außerhalb der Universitätsstadt geläufige Schimpfnamen. 25 Bereits der erste Zeitungsbericht über die .Methodisten von Oxford* (Fogg's Weekly Journal, 9.12.1732) gab ihre religiösen Ansichten fehlerhaft wieder und entstellte durch übertriebene oder vage Angaben die Ziele der kleinen Gemeinschaft. Obwohl die Bezeichnung "Methodists" ursprünglich lediglich ein spöttischer Seitenhieb auf die straffe, klar geregelte Studienmethode Charles Wesleys und seiner Freunde war, wurden viele Ressentiments, die sich schon im 17. Jahrhundert mit dem Begriff "Methodist" verbanden, wiederbelebt. Fast alle Vorwürfe, die man damals gegen die Puritaner vorgebracht hatte, tauchten fast ein Jahrhundert später wieder 25

Siehe JWJ, S. 98, Anm. von Curnock. Es wirft ein bezeichnendes Licht auf den Zustand der Universitätsstadt Oxford, in der immerhin ein großer Teil des zukünftigen Klerus studierte, daß die Mitglieder des "Holy Club" wegen ihres ernsthaften religiösen Lebens und ihrer karitativen Hilfswerke fast nur Spott ernteten.

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auf. 26 Bezeichnenderweise lautet die Erklärung für "Methodist" in Dr. Johnsons Dictionary : "One of the new kind of Puritans lately arisen, so called from their profession to live by rules and in constant method. ' ' Der Autor in Fogg's Weekly Journal, der die Methodisten mit den Pietisten in Sachsen und den Essenern unter den Juden verglich, charakterisierte die Mitglieder des "Holy Club" ebenfalls mit altbekannten Klischees sich selbst kasteiender puritanischer Fanatiker: They avoid every object that may affect them with any pleasant and grateful sensation [...] neglect and voluntarily afflict their bodies [...] keep Wednesdays and Fridays, and let blood once a fortnight [...] in short practise everything contrary to the judgement of other persons.27

Der Holy Club blieb eine kleine Gruppe auch nach der Aufnahme einiger Studenten. Die älteren Mitglieder, inzwischen von Bischof Potter zum Priester geweiht, spielten später eine so bedeutende Rolle im Methodismus, daß der "Holy Club" dennoch mit Recht als Keimzelle dieser religiösen Bewegung bezeichnet werden kann. Mit dem Abschied der Wesleys und Inghams 1735 von Oxford blieb der Holy Club zunächst unter der Leitung George Whitefields.

3. Missionsreise nach Amerika Die Wesleys und Ingham hatten ein neues Aufgabengebiet entdeckt, in dem sie ihre Kräfte noch nutzbringender einsetzen zu können glaubten: die amerikanischen Kolonien. Am 10. Dezember 1735 segelten sie im Dienste der Society for the Promotion of the Gospel nach Georgia, wo sie als Geistliche unter den Siedlern wirken und die Indianer bekehren wollten. Auf der Überfahrt lernten sie David Nitschmann, den neuen Bischof der mitreisenden sechsundzwanzig Mährischen Brüder aus Deutschland kennen. Wesley machte sich sogleich an das Studium der 26

Frederick C. Gill, Romantic Movement and Methodism (London, 1937), führt eine Anzahl von Belegen für das Wort "Methodist" aus dem 17. Jahrhundert auf (S. 17—18) und zitiert unter anderem aus einer Predigt von 1639, w o im gleichen Atemzug nach Anabaptisten und "our plain packstaff Methodists" gefragt wird, "which esteem all flowers of rhetoric in sermons no better than stinking weeds, and all elegance of speech no better than profane spells." Zur satirischen und polemischen Darstellung der Puritaner im 17. Jahrhundert siehe Heimo Erti, Die scheinheiligen Heiligen (Frankfurt, Bern, 1977). Alle wichtigen literarischen Angriffe gegen die Methodisten im 18. Jahrhundert enthält Green, Anti-Methodist Publications.

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Fogg's

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Weekly Journal,

a.a.O., zitiert nach Green, S. 1.

deutschen Sprache und verbrachte einen großen Teil der Reise mit den Deutschen, deren intensive Religiosität ihn ebenso beeindruckte wie ihre Kirchenlieder und die Erfahrung der Gruppe als inniger Glaubensgemeinschaft. Nach seiner Ankunft in Savannah am 6. Februar 1735/36 begegnete Wesley Gottlieb Spangenberg (1704-92), bei dem er mit seinen Begleitern einen Monat wohnte. Die aufrichtige Schlichtheit der Gottesdienste der Mährischen Brüder gefiel Wesley sehr, der trotz seiner hochkirchlichen Einstellung eine starke Vorliebe für die Einfachheit des urkirchlichen Christentums hatte. Bei der Weihe Anton Seiffarts zum Bischof der Mährischen Brüder von Georgia notierte Wesley voll Bewunderung in seinem Tagebuch über die Zeremonie: The great simplicity, as well as solemnity, of the whole, almost made me forget the seventeen hundred years between, and imagine myself in one of those assemblies where form and state were not, but Paul the tent-maker or Peter the fisherman presided, yet with the demonstration of the Spirit and of power. (JWJ, 28.2.1735/36)

In tiefen Gesprächen mit den Deutschen wurde Wesley freilich deutlich bewußt, wie sehr seinem Glauben die lebendige, gleichsam mit allen Fasern des Körpers erfahrene Gewißheit der Zugehörigkeit zu Gott fehlte, eine Erfahrung, die das gesamte religiöse Leben der Mährischen Brüder durchstrahlte. I asked Mr. Spangenberg's advice with regard to myself to my own conduct. He told me he could say nothing till he had asked me two or three questions. 'Do you know yourself? Have you the witness within yourself? Does the Spirit of God bear witness with yourself? Does the Child of God?' I was surprised, and knew not what to answer. He observed it, and asked 'Do you know Jesus Christ?' I paused, and said, Ί know He is the Saviour of the World.' 'True', replied he; 'but do you know He has saved you? I answered Ί hope He has died to save me.' He only added 'Do you know yourself?' I said, Ί do'. But I fear they were vain words. (JWJ, 8.2.1735/36)

So fruchtbar und nachhaltig das Zusammentreffen Wesleys und der Mährischen Brüder auf ihn und die spätere Entwicklung des Methodismus wirkte, so erfolglos war die Mission der Wesleys und Inghams in Georgia. Der streng hochkirchlich gesinnte, von ernster Pflichterfüllung geprägte Wesley mußte als Hauptaufgabe die Arbeit des Gemeindegeistlichen in Savannah verrichten, statt die Missionierung der Indianer vorantreiben zu können. Mit seiner rigorosen Dienstauffassung stieß Wesley bei den bunt zusammengewürfelten Kolonisten auf eisige Ablehnung. 27

" W e are protestants" hielten ihm die Siedler verärgert vor, als ihnen seine Betonung urchristlicher Bräuche, etwa das Untertauchen des Täuflings oder die Einführung nicht genehmigter Kirchenlieder, das Abhalten eines Morgengottesdienstes um 5 Uhr früh zusätzlich zu einer Abendmahlfeier mit Predigt um 11.00 Uhr nicht länger behagten. Eine für den Geist der neuen Umgebung typische Aussprache mit einem seiner Gemeindemitglieder notierte Wesley wenige Tage später: Observing much coldness in Mr. Horton's behaviour, I asked him the reason of it. He answered, Ί like nothing you do. All your sermons are satires upon particular persons, therefore I will never hear you more; and all the people are of my mind, for we won't hear ourselves abused. Besides, they say they are Protestants. But as for you, they cannot tell what religion you are of. They never heard of such religion before. They do not know what to make of it! And then your private behaviour - all the quarrels that have been here since you came have been 'long of you. Indeed, - there is neither man nor woman in the town who minds a word you say. And so you may preach long enough; but nobody will come to hear you.' He was too warm for hearing an answer. So I had nothing to do but to thank him for his openess, and walk away. (7^7,22.6.1736)

Ingham kehrte nach dreizehn Monaten nach England zurück, um zusätzliche Kräfte für die Indianermissionierung anzuwerben und selbst in der Heimat zu wirken, wo er sich zunächst den Moravians anschloß, ohne sich von der anglikanischen Kirche zu trennen. Charles Wesley, der den Posten des Sekretärs von James Edward Oglethorp, des Gouverneurs von Georgia, angenommen hatte, fand mit seiner Strenge bei den Siedlern ebenfalls wenig Gegenliebe und verstand sich außerdem schlecht mit Oglethorp. Er verließ das Land am 26. Juli 1736 und kam nach mehreren Verzögerungen am 3. Dezember 1736 in Deal an. Sein Bruder John landete dort am 1. Februar 1737/38, nachdem in Georgia ein Verfahren gegen ihn wegen ,übler Nachrede' eingeleitet worden war. Wesley schloß sich Peter Böhler (1712-75) an, der eben aus Deutschland gekommen war und eine religiöse Gesellschaft in der Fetter Lane Chapel gegründet hatte (1.5.1738). Am 24. Mai 1738, drei Tage nach seinem Bruder Charles, erfuhr Wesley sein .Bekehrungserlebnis' in der Aldersgate Street Society: In the evening I went very unwillingly to a society in Aldersgate Street, where one was reading Luther's preface to the Epistle to the Romans. About a quarter before nine, while he was describing the change which God works in the heart through faith in Christ, I felt my heart strangely warmed. I felt I did trust in Christ, Christ alone for salvation; and an assurance was given to me that He had taken away my sins, even mine, and saved me from the law of sin and death. (JWJ, 14.5.1738)

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Diese frohmachende Erfahrung verlangte Verbreitung über den Kreis der Fetter Lane Society hinaus, wofür Whitefield das Beispiel einer eindrucksvollen Verkündigungsart lieferte, das Wesley und die übrigen Geistlichen in seiner Nachfolge nach kurzer Zeit aufgriffen.

4. George Whitefields Vorbild: Predigten im Freien Whitefield hatte seine Bekehrung schon vor dem Eintritt in den "Holy Club" nach der Lektüre von Henry Scougals The Life of God in the Soul of Man (1677) erfahren. 28 1736 wurde er zum Diakon geweiht und war seit diesem Zeitpunkt wegen seiner außerordentlichen Begabung als Redner ein äußerst begehrter Prediger. Bereits 1737 waren Zeitungsmeldungen über überfüllte Kirchen bei Whitefields Predigten nichts Ungewöhnliches: [The Rev. Mr. Whitefield] so m u c h f o l l o w e d and w h o s e preaching is s o deservedly approved o f , preached at Six in the M o r n i n g at Cornhill, at Eleven in the Tower, at Three in the A f t e r n o o n in Old Fish St., and at Five in the Evening at St. Clement Danes, when every Church was so crowded that numbers were obliged to withdraw f r o m want o f r o o m . 2 9

Einen Tag nach Wesleys Rückkehr aus Georgia segelte er nach Amerika, ohne Wesley vorher getroffen zu haben. In Georgia wurde Whitefield von den Siedlern freundlich aufgenommen. Er hatte schließlich nicht nur Spendengelder aus England für den Bau von Schulen mitgebracht und machte sich darüber hinaus sogleich an die Planung eines Waisenhauses, sondern zeigte auch mehr Verständnis als Wesley für die Situation der Kolonisten und war weniger rigoros in kirchenrechtlichen und zeremoniellen Dingen. Er war trotzdem voll des Lobes über "the good which Mr. John Wesley has done". 30 Nach acht Monaten kehrte er nach England zurück, um sich zum Priester weihen zu lassen und mehr Geld für sein Waisenhaus "Bethesda" zu sammeln, dessen Grundstein er am 25. März 1740 in Savannah legte. Insgesamt reiste Whitefield sieben Mal 28

Über den biographischen Hintergrund Whitefields siehe Kap. IV, S. 175ff. Old Whig, 6.10.1737. Weitere Beispiele siehe Woodfield, "Whitefield and the Newspapers", S. 11 Iff. 30 Siehe William V. Davis (Hg.), Whitefield's Journals (Gainesville, Florida, 1969), S. 151 (2.6.1738): " T h e good, Mr. John Wesley has done in America, under God, is inexpressible. His name is very precious among the people; and he has laid such a foundation, that I hope neither men nor devils will ever be able to shake. Oh, that I may follow him, as he has Christ!" 29

29

nach Amerika, wo er mehrere Jahre verbrachte und die Errichtung von Schulen und ähnlichen Einrichtungen in Angriff nahm. 31 In London besuchte er mit Wesley die Zusammenkünfte der Fetter Lane Society and unterhielt freundschaftliche Beziehungen zu führenden Dissenters. Mit Dr. Doddridge, dem er am 21. Mai 1739 in der Dissenting Academy in Northampton seinen ersten Besuch abstattete, fühlte er sich Zeit seines Lebens besonders eng verbunden. Bei seiner Ordination (14. Januar 1739) und der Ernennung zum Pfarrer von Savannah durch den Bischof von London, Edmund Gibson, war auch seine spätere Gönnerin Lady Huntingdon zugegen, die Whitefield in der Folgezeit als Prediger in die Gesellschaft des Adels einführte. Ein paar Jahre später schien er, so sah es jedenfalls Walpole mit mißmutiger Verwunderung, an Beliebtheit bereits den berühmten Schauspieler Garrick in den Schatten zu stellen: This nonsensical new light is extremely in fashion, and I shall not be surprised, if we see a revival of all the folly and cant of the last age. Whitefield preaches continually at my Lady Huntingdon's, at Chelsea; my Lord Chesterfield, my Lord Bath, my Lady Townshend, my Lady Thanet, and others, have been to hear him. What will you lay that, next winter he is not run after, instead of Garrick?32

Walpole sollte Recht behalten, wie die folgenden Jahre bewiesen. Whitefield zog mit seinen Predigten die Hörer zu Abertausenden an und war in kurzer Zeit im ganzen Land bekannt. Letztlich verdankte er diese Entwicklung mittelbar den Folgen eines zunächst unangenehmen Skandals, zu dem der Rev. William Webster unter seinem Pseudonym „Richard H o o k e r " in der Weekly Miscellany einen Vorfall in St. Margaret's, Westminster, aufgebauscht hatte. 33 Dort waren durch ein organisatorisches Versehen der Kirchenleitung für die Sonntagnachmittagspredigt des 4. Februar 1739 John James Majendie und George Whitefield zugleich verpflichtet und Majendie von der Kirchenverwaltung kurzerhand wieder ausgeladen worden. Whitefield traf an diesem peinlichen Zwischenfall keine Schuld, doch Webster sah eine gute Gelegenheit, den von ihm mißtrauisch beobachteten Methodisten eins auszuwischen. Seine über einige Monate ausgedehnte Berichterstattung 31

32 33

Über Whitefields Amerikaaufenthalte liegen folgende Daten vor: 7.5.1738 - Sept. 1738; 30.10.1739 - Jan. 1741; Aug. 1744 - Juni 1748; Okt. 1751 - Mai 1752; 27.5.1754 März 1755; Aug. 1763 - Juni 1765; Nov. 1769 - Sept. 1770, wo er in Portsmouth, New Hampshire, am 30.9. starb. P. Toynbee (Hg.), Walpole's Letters, 19 Bde., (1903-1925), Bd. II, S.336. Über die Einstellung der Weekly Miscellany zu den Methodisten siehe im Kapitel "Promoting Truth and Holiness", S. 101 ff.

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über diesen Zwischenfall hatte immerhin zur Folge, daß Whitefield zunächst in Bath und Bristol, später in Oxford und fast allen übrigen Kirchen und sogar in den Gefängnissen das Predigen untersagt wurde ein Verbot, das bald auch Wesley traf. Whitefield hielt daraufhin seine Predigten unter freiem Himmel ab und führte damit eine Verkündigungsart ein, die ungewöhnlich für die Zeit war und charakteristisch für die Methodisten wurde. In seiner Predigt "Spiritual Baptism" bekräftigte Whitefield seinen Standpunkt: I am, I confess, a member of the Church of England, and if they would not let me preach in the church, I will preach anywhere; all the world is my parish, and I will preach wherever God gives me opportunity. 34

Dem Beispiel Whitefields folgten bald andere Geistliche, Wesley bereits am 2. April 1739, Cennick wenige Wochen später. In der Amtskirche erregte diese unkonventionelle Verkündigungsart ebenso großes Mißfallen wie bei jenen Geistlichen, in deren Pfarreien die Methodisten ohne Einladungen predigten und zumeist große Hörerscharen anzogen. Besonders große Anhängerscharen gewannen die unerschrockenen Methodisten in neu entstehenden Industriegebieten und in den Zentren des Bergbaus, in denen das Seelsorgeangebot der Amtskirche nicht Schritt halten konnte mit der Bevölkerungszunahme. Hier stieß die Verkündigung der Frohbotschaft, in der das Befreiende, Frohmachende des Glaubens betont wurde, auf dankbare Aufnahme.

B. Arminianismus gegen Kalvinismus War die Rechtfertigung durch den Glauben an Christus als Erlöser die gemeinsame theologische Basis der Verkündigung des Evangeliums durch Whitefield und Wesley und ihre geistlichen Mitbrüder und Laienhelfer, so zeichneten sich bei den Methodisten bald zwei „Schulen" ab. Die Anhänger der einen Richtung sahen wie Whitefield die Erlösung nach Kalvins Auffassung auf eine prädestinierte Gruppe von Erwählten beschränkt, während Wesley sich die Lehre des Arminius zu eigen machte, daß Gott alle Menschen erlösen wolle. Die Vertreter beider Richtungen beriefen sich auf die Bibel und andere wichtige theologische Quellen und gingen von seelsorgerlich-praktischen Erwägungen aus, als sie mit 34

Zitiert nach Anthony Armstrong, Church of England, the Methodists and Society (London, 1973), S. 124. 31

Nachdruck ihre Auffassungen vertraten. Whitefield schätzte an der Prädestinationslehre, daß die Bedeutung der Sünde warnend hervorgehoben und die natürliche Selbstgefälligkeit des Menschen heilsam erschüttert werde. Wesley befürchtete von der Prädestinationslehre einen für das moralische Leben antinominianisch-lähmenden Einfluß und sah in dem universalen Heilsangebot Gottes eine anspornende, begeisternde Kraft für die Christen, in deren freiem Willen es lag, dieses Angebot anzunehmen.35 Die unterschiedlichen theologischen Auffassungen machten sich zunächst nur vereinzelt und unauffällig bemerkbar. Eine von Wesley am 29. April 1739 gehaltene, später unter dem Titel "Free Grace" veröffentlichte Predigt über Kapitel XIII, Vers 32 des Römerbriefes löste die Kontroverse aus. Whitefield, der nach eigenen Angaben keine Zeile von Kalvin gelesen und die Prädestinationslehre aus der Bibel .erschlossen' hatte, befand sich zu dieser Zeit in Amerika und war tief gekränkt durch Wesleys öffentliche .Opposition' gegen die von ihm vertretene Auffassung. Wesleys Überzeugung, "that God willeth all men to be saved", wurde durch die Veröffentlichung des langen Kirchenliedes "Universal Redemption" seines Bruders Charles im Anschluß an den Predigttext verstärkt. Whitefield beklagte die Zielrichtung der Predigt und des Kirchenliedes, dessen Tenor seit Wesleys Hymns and Sacred Poems (1740) in vielen Kirchenliedern der Wesleyschen Methodisten zu finden war, bitterlich: My dear, dear Brethren, - Why did you throw out the bone of contention: Why did you print that sermon against predestination? Why did you, in particular, my dear Brother Charles, affix your hymn, and join in putting out your late hymn-book? 3 6

35

Wesley konnte die Konsequenzen der Prädestinationslehre aus vielen Gründen nicht mit seinem Gottesbild in Einklang bringen. Seine Auseinandersetzung mit diesem Problem findet selbst in seinen Briefen Niederschlag: "What, then shall I say of Predestination? A n everlasting purpose of God to deliver some from damnation does, I suppose, exclude all from that deliverance who are not chosen. And if it was inevitably decreed from eternity that such a determinate part of mankind should be saved, and none beside them, a vast majority of the world were only born to eternal death, without so much as a possibility of avoiding it. How is this consistent with either the Divine Justice or Mercy? Is it merciful to ordain a creature to everlasting misery? Is it just to punish man for crimes which he could not but commit? How is man, if necessarily determined to one way of acting, a free agent? T o lie under either a physical or a moral necessity is entirely repugnant to human liberty. But that God should be the author of sin and injustice (which must, I think, be the consequence of maintaining this opinion) is a contradiction to the clearest ideas we have of the divine nature and perfection." (JWL , I, S. 2 2 - 2 3 ) .

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Brief Whitefields and die Wesleys am 1.2.1741. Zitiert nach LukeTyerman, Life of George Whitefield, 2 Bände (London, 1876-77), Band I, S.465.

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Die Auseinandersetzung um zentrale theologische Begriffe wurde nicht nur dadurch mit Mißverständnissen belastet, daß die führenden Methodisten durch ihren häufig wechselnden Einsatz in verschiedenen Landesteilen buchstäblich aneinander vorbeiredeten. Erschwerend kam in dieser Situation hinzu, daß sie oft die gleichen Begriffe mit unterschiedlichen, ja, entgegengesetzten Bedeutungen verwendeten. So interpretierte Whitefield beispielsweise den auch von Wesley benützten Begriff der ,freien Gnade' ganz anders als jener: "Free Grace, indeed, - free not because free to all, but free because God may withhold or give it to whom and when He pleases." 37 Die Gegensätze, die sich in Whitefields and Wesleys Ansichten zu zeigen begannen, waren nichts Neues in der englischen Kirchengeschichte. Seit der Reformation hatten sich in der englischen Kirche immer wieder verschiedene theologische Positionen artikuliert, die in einem breiten Spektrum vom strengen kalvinistischen Puritanismus bis zum äußersten Arminianismus ihre Akzente setzten. Selbst in Wesleys Werk läßt sich manches kalvinistische Erbe feststellen. Seine Betonung der Universalität des Heils und seine Interpretation seiner Perfektionismus- und Heiligungslehre führte jedoch schließlich zum Bruch mit Whitefield, zur Bildung von Lady Huntingdon's Connexion, zum Ausbau einer eigenen methodistischen Bewegung in Wales durch Howell Harris und zwang viele maßgebliche Anhänger, sich für die eine oder andere Seite zu entscheiden: "So there were now two sorts of Methodists, so called: those for particular, and those for general redemption" ( JWJ, 6.3.1740).

1. Wesleys Methodismus Wesley und Whitefield blieben auch nach ihrer Trennung Freunde. Eine persönliche Versöhnung erfolgte noch im Jahre 1743. Dabei half diesen beiden Männern sicherlich ihre uneigennützige, großherzige Geisteshaltung: "Disputings are now no more; we love one another, and join hand in hand to promote the cause of our common Master" {JWJ, 5.11.1755). Manchem Anhänger Whitefields oder Wesleys gelang es nicht, in christlicher Toleranz das trotz allem gemeinsame Ziel zu sehen und davor die theologischen Streitpunkte hintanzustellen. Besonders in der Phase der größten Ausbreitung des Methodismus (1740-1769) und nach Whitefields Tod brach der Streit immer wieder in neuer Schärfe aus, geführt 37

Zitiert nach W. J. Courthope, A History of English Poetry (London, 1905), Bd. V, S. 341. 33

von Whitefields Anhängern Rowland Hill, Augustus M. Toplady und vielen anderen. Dennoch vermochten diese Querelen nicht, das Anwachsen der Anhängerschaft Wesleys aufzuhalten. Whitefield, der viel Kraft in die Missionierung der amerikanischen Kolonie steckte, erkannte Wesleys Erfolg in Europa neidlos an: My brother Wesley acted wisely. The souls that were awakened under his ministry he joined in class and thus preserved in fruits of his labours. This I neglected and my people are a rope of sand.38 Straffe Organisation Durch die Einbindung von Wesleys Anhängern in eine straff gegliederte Organisation lassen sich seine Mitglieder deutlicher eingrenzen als die übrigen Methodisten. Der Aufbau der Organisation ist wiederholt in Wesleys Tagebuch beschrieben und verbindlich in den Konferenzprotokollen der Jahrestreffen aufgegliedert. Die daraus ersichtlich werdende enge Verbindung der Mitglieder untereinander erklärt die günstigen Vertriebsbedingungen von Druckerzeugnissen und die verbreitete Übernahme literarischer Vorbilder, wie sie etwa beim Bekehrungsbericht, dem Tagebuch, den Kirchenliedern und der Predigtliteratur festzustellen ist. Das Kernstück von Wesleys Organisation bildeten " B a n d s " und "Classes", die zu "Societies" zusammengefaßt und in Predigtkreise, "Circuits", gegliedert waren, sowie die Satzung für die Mitglieder, die "Rules". Die Zusammenfassung der Anhänger zu Kleingemeinden ging auf Wesleys positive Erfahrung in religiösen Gruppen und Gesellschaften zurück, die er im Holy Club, in Georgia, in der Fetter Lane Society und bei seinem Besuch im Hauptquartier der Mährischen Brüder in Herrnhut (1739) gesammelt hatte. Das in der Praxis bewährte religiöse Gruppenerlebnis erinnerte Wesley außerdem an "the Manner of Building up souls in Christ [as] taught by St. P a u l " , dessen Vorbild Wesley für seine Distanzierung von den "Mystick Divines" in Anspruch nahm: 38

In einem Brief an Charles Wesley, zitiert bei Luke Tyerman, The Life and Times of John Wesley, 4. Ausgabe, 3 Bde. (London, 1878), Bd. II, S. 147. Norman W. Mumford gibt in seiner Untersuchung "The Organization of the Methodist Church in the Time of J. Wesley" für 1791, Wesleys Todesjahr, über 120.000 eingeschriebene Methodisten an, von denen ca. 71.000 in Großbritannien und etwa 48.000 in Amerika lebten. Siehe Mumford, LQHR, CLXXI (1946), S.35. Zu den periodisch aufflammenden Meinungsverschiedenheiten und den Angriffen anderer Methodisten auf Wesley siehe Henry Bett, The Spirit of Methodism (London, 1937), S. 149, Bernard Semmel, The Methodist Revolution (London, 1974), S.43ff., und Stanley Ayling, John Wesley (London, 1979), S.207. 34

Directly opposite to the [Religion taught by the Mysticks] is the Gospel of Christ. Solitary Religion is not to be found there [...] The Gospel of Christ knows of no Religion, but social, no Holiness but social Holiness. 39

Wesleys kleinste religiöse Zellen umfaßten zwischen fünf und zehn Personen und hießen "Band Societies" oder "Bands". Diese Basisgruppen trafen sich wöchentlich zur Rechenschaft über ihr persönliches Glaubensleben. Aus ihrer gegenseitigen Vertrautheit und moralischen Unterstützung und aus ihrer Selbsterkenntnis in der Erfahrung als Gruppe gewannen sie Kraft und Sicherheit für engen Zusammenhalt. Bereits 1738 stellte Wesley die Rules für die Mitglieder dieser Gruppen auf. Als Hauptziel dieser Zusammenkünfte formulierte er: "Confess your faults to one another and pray for one another, that ye may be healed." Bei jedem Treffen stellten sich die Anwesenden fünfzehn in den Rules festgelegte Fragen, von denen elf ihre Sünden, Unzulänglichkeiten und Versuchungen aufdecken sollten: "Do you desire to be told all your faults and that plain and home? Do you desire that [...] we should cut to the quick and search your heart to the bottom?" 40 Die Einteilung seiner Societies in zwölf Personen umfassende .Klassen' "according to their respective places of abode" war der nächste Schritt in der Organisierung der Anhänger und erwuchs eigentlich aus der Sorge um die drückenden Schulden in Verbindung mit der Errichtung eigener Predigthäuser. In Bristol schlug am 15. Februar 1742 ein Captain Foy die Erhebung eines Mitgliederbeitrags von einem Penny pro Woche vor, den jeweils der Leiter der Gruppe ("Leader") von den übrigen elf Mitgliedern einsammeln und weiterleiten sollte.41 Als sich herausstellte, daß diese Art von Hausbesuchen zusätzlich auch ein sehr gutes Mittel zur Aufsicht über den Lebenswandel der Methodisten war, führte Wesley die Einteilung in "Classes" und die Einsetzung von "Leaders" auch in London und anderen Orten ein und stellte erfreut fest: 39

John Wesley, Hymns&Sacred Poems (1739), 3. Auflage, "Preface", S. VII und Vili, Absatz 4 und 5. 40 "Rules" 1738, zitiert nach Mumford, "Organization", S. 37-38. Siehe auch zum psychologischen Aspekt des Gruppenerlebnisses S. G. Dimond, The Psychology of the Methodist Revival (London, 1926), S.219ff. 41 Abschnitt 3 der am 23.2.1742/43 veröffentlichten Rules of the Society schreibt dem "leader" vor, "to see each person in his class once a week, at the least, in order to receive what they are willing to give toward the relief of the poor, to inquire how their souls prosper, and to advise, reprove, comfort, or exhort as occasion may require." Siehe Leslie F. Church, "The Pastor in the 18th Century", LQHR CLXXXI (1956), S.22. Über die Entstehung der "classes" in Bristol siehe JtVJ, II, S.528. 35

This is the thing, the very thing we have wanted so long. I called together all the leaders of the Classes and desired that each would make a particular inquiry into the behaviour of those whom he saw weekly. [...] many disorderly walkers were detected. Some turned from the evil of their ways. Some were put from us. Many saw it with fear and rejoiced unto God with reverence. 42

Auch als aus praktischen Gründen "class-meetings" eingeführt wurden, bei denen die Mitglieder für ein paar Stunden in der Woche zusammenkamen, blieb die Aufsicht des Leiters über die Gruppe ein vordringliches Anliegen. 1743 erweiterte Wesley die Rules zu einem umfassenden Verhaltenskodex.43 In den Rules of the United Societies wurden die Mitglieder zur Absage an das Böse, zu guten Werken und zu einfachem, rechtschaffendem Leben verpflichtet, wie Wesley dies schon in seinen Druckschriften The Character of a Methodist [1742] und The Principles of a Methodist festgelegt hatte. Manches erinnerte an Vorschriften der Puritaner aus dem 17. Jahrhundert, etwa das Verbot von modischen Accessoires wie Rüschen und Spitzen oder Ohrringen und Halsketten. Die .Regeln' umfaßten nämlich einen weiten Bereich des Lebens, nicht nur der religiösen Betätigung. Sie untersagten etwa den Genuß von Alkohol ebenso wie sie Stilvorschriften formulierten, die ein Methodist bei mündlichen und schriftlichen Äußerungen beherzigen sollte. Wesley wollte, daß seine Methodisten ein .besonderes Volk' ("a peculiar people") seien, die sich durch Kleidung, Benehmen, Sprache und Ernsthaftigkeit von den übrigen Christen unterscheiden und die nach Möglichkeit vermeiden sollten, einen Ehepartner zu wählen, der nicht den Methodisten angehörte.

42

Zitiert nach W. J. Townsend u.a., A New History of Methodism (London, 1909), I, S. 287. Am 25. März 1742 führte Wesley das neue Modell der .Klasseneinteilung' bereits in der Londoner "Foundery" ein: "After much discourse, they all agreed there could be no better way to come to a sure, thorough knowledge of each person, than to divide them into classes, like those in Bristol, under the inspection of those in whom I could most confide. This was the origin of our classes in London, for which I can never sufficiently praise God; the unspeakable usefulness of the institution having ever since been more and more manifest" (JWJ, I, S.364). 43 Wesleys Definition der "Society": "A society is no other than a company of men, having the form and seeking the power of godliness; united in order to pray together, to receive the Word of exhortation, and to watch over one another in love that they may help each other to work out their Salvation." Siehe Mumford, "Organization", S. 133. 36

Laienhelfer Die ordinierten Geistlichen, die Wesleys Arbeit von Anfang an unterstützten, reichten für die große Aufgabe nicht aus, so daß Wesley bald auf die Hilfe von Laien zurückgriff. John Cennick war der erste in Kingswood, Maxfield in der ehemaligen Geschützgießerei oder "Foundery" in London. Ab 1740 unterstützten Wesley Laien als Wanderprediger, die er "Helpers" nannte. Sie sorgten für eine starke Ausbreitung des Methodismus, so daß Wesley örtlich benachbarte Societies zu Predigtkreisen, "Circuits", zusammenfaßte und jeweils einen Prediger, den "Assistant", verantwortlich machte für die übrigen Prediger und Societies der einzelnen Predigtkreise. Zu den 1740 festgelegten Pflichten der Assistants gehörte eine vierteljährliche Visitation der "Classes" und " B a n d s " und ab 1748 das Abhalten von "Quarterly meetings and therein diligently to inquire both into the spiritual and temporal state of each society". 44 Da die Prediger nicht bei jeder Zusammenkunft, die in ihrem Predigtkreis stattfand, anwesend sein konnten, delegierten sie Aufgaben der Verkündigung und Seelsorge mit einem jährlich zu erneuernden Empfehlungsschreiben an die "Leaders" von Societies, die zu Wesleys Zeit "Exhorters" genannt und später als "Local Preachers" bekannt wurden. Die Prediger blieben in der Regel nur wenige Tage bis eine Woche an einem Ort, um einen 'abstumpfenden Gewöhnungseffekt' auf die Gemeinde oder sich selbst zu vermeiden. 1767 legte Wesley fest, daß ein Prediger normalerweise nicht über ein Jahr, auf keinen Fall länger als zwei Jahre im selben Predigtkreis tätig sein solle. Später wurde dieser Zeitraum auf drei Jahre ausgedehnt. Ab 1744 fanden Vorläufer der späteren Jahreskonferenzen ("Conferences") der Prediger statt, und die Circuits wurden zu "Districts" zusammengefaßt. In den Societies erleichterten die regelmäßigen Treffen eine genaue Kontrolle der Kleingemeinden, und Wesleys Publikationen förderten die Einigkeit in Glaubensfragen: " I cannot understand how any minister can hope ever to give up his account with joy, unless (as Ignatius advises) he knows all his flock by name; not overlooking the men servants and maid servants" ( JWJ, 3.4.1765). Außenstehenden erschien die straffe Führung der Gruppen oft befremdlich, die rigorose Seelenforschung in den Treffen verglichen sie mit der 'Inquisition', und Sou they sah die Leiter der einzelnen Gruppen gar als " a spiritual police" nach Schwachstellen im 44

Minutes 1749, S.40.

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Leben der Methodisten spähen. 45 Die autobiographischen Zeugnisse der Methodisten widerlegen diese Unterstellungen und zeigen, daß die Mitglieder die moralische Unterstützung, die sie aus der Gemeinschaft gewannen, schätzten und sich nicht unter Druck gesetzt fühlten. Sichtbares Zeichen der Zugehörigkeit war die Mitgliedskarte ("Ticket"), die vierteljährlich erneuert wurde, vorausgesetzt, das Mitglied hatte sich keine schwerwiegenden Verstöße gegen die .Regeln' zu Schulden kommen lassen. Somit boten die Tickets ein gutes Mittel, "disorderly walkers" ohne großes Aufhebens von der Gemeinschaft auszuschließen - eine Maßnahme, vor der jeweils die betreffende Band Society gehört wurde. 46 Die Geschichte des Methodismus zeigt, daß sich Wesley konsequent dieses Disziplinierungsmittels bediente und eher einen drastischen Einschnitt in die Mitgliederzahl vornahm, als lasche, sich über die .Regeln' hinwegsetzende Anhänger in seinen Reihen zu dulden. Wesley, der Zeit seines Lebens keine neue Kirche gründen, sondern in der Church of England alle seine Mitchristen im Glauben neu beleben wollte, sorgte auch durch die Festlegung der Predigt- und Andachtszeiten dafür, daß seine Anhänger durch zusätzlichen Zeitaufwand spürbare persönliche Opfer brachten. Alle Mitglieder mußten nach Möglichkeit die gewöhnlich am Nachmittag stattfindenden Gottesdienste der anglikanischen Kirche besuchen. Die Zusammenkünfte der Methodisten erfolgten deshalb immer erst am Abend oder um 5.00 Uhr früh. Das Abendmahl wurde außer in einigen großen Societies, wo es von geweihten Priestern ausgeteilt wurde, von den Methodisten nur in den Pfarrkirchen eingenommen, zu denen sie von ihrem Wohnsitz her gehörten. 47 Einige Andachtsformen wie " l o v e - f e a s t s " , ein von den Mährischen Brüdern übernommenes Agape-Mahl nach dem Vorbild der Urkirche, oder "watch-night-services" bot Wesleys Organisation als sehr beliebte religiöse Übungen an, die zusätzlich Zeit von den Teilnehmern forderten.

45 46

47

R. Southey, Life of Wesley and the Rise of Methodism (1890), S. 382 und 545. Die Rules setzten folgendes Vorgehen fest: " I f there be any among us who observe them not, who habitually break any one of them, let it be known unto him who watches over that soul, as one that must give account. I will admonish him of the error of his ways. I will bear with him for a season. But if then he repent not, he hath no more place among u s . " Siehe Rules of the Society, A b s . 7. Siehe Minutes 1788, S. 208: "Divine service may never be performed in the Church hours on the Sundays when the sacrament is administered in the Parish Church where the preaching house is situated, and the people are strenuously exhorted to attend the sacrament in the Parish Church on those S u n d a y s . "

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Mitgliederzuwachs Angesichts dieser strengen Anforderungen war der Aufschwung, den Wesleys Bewegung nahm, um so erstaunlicher. Wesleys Zeitgenosse George Crabbe bezeichnete den Methodismus deswegen gar als "this spiritual influenza" und rückte ihn damit in die Nähe einer gefährlichen, ansteckenden Krankheit, der die Menschen wie bei einer Massenepidemie in Scharen erlagen.48 Später griff Southey dieses Bild wieder auf, als er den Methodismus mit der hypnotisierenden Wirkung des Mesmerismus verglich und feststellte, "[Wesley] has produced a new disease, and he accounted for it by a theological theory instead of a physical one" {op. cit., S.382ff.). Bei dem statistischen Material über das Anwachsen des Methodismus muß man berücksichtigen, daß Wesley seine Predigtkreise nicht immer aus dem Nichts aufbaute, sondern viele bestehende Gruppen und "religious societies" übernehmen konnte. Bei der Trennung von Whitefield etwa ging der größte Teil der von ihm erweckten Anhänger zu Wesley über, in West Riding schlossen sich die von John Nelson gebildeten Verbindungen Wesley an, und in den Pennines reihten sich die von William Darney aufgebauten und lose zusammenhaltenden Gruppen in Wesleys straffe Organisation ein.49 Einige Zahlen verdeutlichen diese Entwicklung. 1746 mußten sieben Predigtkreise ganz England und Wales abdecken. 1765 gab es allein in England fünfundzwanzig Circuits und zwei in Wales, vier in Schottland und acht in Irland, für die 92 Prediger zuständig waren.50 Bei Wesleys Tod waren die Predigtkreise in England auf siebzig angewachsen, in Schottland, Irland und Wales hatten sie sich mit vierundvierzig mehr als verdoppelt, und die Anzahl der Prediger war mit 274 (zusätzlich 14 außerplanmäßigen) fast auf das Dreifache gestiegen. Im Mai 1749 wurde die erste eigene Kapelle in Bristol eröffnet. London, Kingswood, Newcastle Vorwort zu seinem Gedicht "The Borough". Siehe Shepherd, "George Crabbe and Methodism", LQHR (April 1941), S. 166. 49 Dazu siehe Armstrong, Church of England, the Methodists and Society, S. 68ff. und Halévy, The Birth of Methodism, S. 51. 50 1765 existierten in England folgende fünfundzwanzig Predigtkreise: London, Sussex, Canterbury, Colchester, Norwich, Bedford, Oxfordshire, Wilts, Bristol, Devon, Cornwall (East), Cornwall (West), Staffordshire, Salop, Lancashire, Derbyshire, Sheffield, Epworth, Grimsby, Leeds, Birstal, Haworth, York, Yarm, The Dales und Newcastle. In Schottland gab es vier Predigtkreise: Edinburgh, Dundee, Glasgow, Aberdeen. In Wales waren es Glanmorganshire und Pembroke, in Irland Dublin, Cork, Limerick, Waterford, Athlone, Castlebar, Newry, Londonderry. Siehe Tyerman, The Life [...] of Wesley, II, S. 538. 48

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folgten, und bis 1771 weitere vierundsechzig. Dreizehn Jahre später waren es bereits 359 bei rasch wachsender Tendenz. 1792 etwa bat das Stadtoberhaupt von Liverpool in einem Schreiben an das Innenministerium die Regierung, in den Merseyside-Dörfern mehr Kirchen zu bauen, weil es .ringsum fast nichts als methodistische Gotteshäuser' gäbe und somit bereits die Jugend unter den Einfluß der Methodisten komme. 51 Bei Wesleys Tod gab es immerhin 72.476 Mitglieder, wie die .Konferenz' von 1791 feststellte. Dabei handelte es sich ausschließlich um solche, die durch Mitgliedskarten in den verschiedenen Organisationen registriert waren. Die Anzahl derer, die methodistische Gottesdienste besuchte und auf andere Weise Aufgeschlossenheit gegenüber dieser Bewegung zeigte, ist um ein Vielfaches höher anzusetzen. Mit dem Anwachsen der Societies erhielten diese den Charakter von freien Gemeinden, deren Mitglieder oft keinerlei Bindung mehr an die anglikanische Kirche hatten. Aus Gleichgültigkeit und Religionslosigkeit durch die Methodisten herausgeholt, entwickelten sie ein immer eigenständigeres religiöses Leben, das von der Amtskirche mißtrauisch beobachtet wurde. 52 Einen offenen Bruch mit der Mutterkirche riskierte Wesley 1784, als er Geistliche für die amerikanische Kolonie ordinierte. Auch die Mißachtung der Pfarrsprengelgrenzen durch Wesleys Geistliche war letztlich unannehmbar für die Mutterkirche. Als er ebenfalls 1784 eine Jahreskonferenz von 100 Mitgliedern institutionalisierte, etablierte er damit doch eine eigenständige Glaubensrichtung, die sich nach seinem Tod offiziell von der englischen Kirche trennte. 53 Wesley wies stets den Vorwurf weit von sich, eine Trennung von der anglikanischen Kirche herbeiführen zu wollen, berief sich bei allen diesbezüglichen Maßnahmen auf schwerwiegende seelsorgerliche Gründe und handelte nach gewissenhaftem Studium der gesamten Problematik. ,Den ursprünglichen Plan' der Methodisten, dessen verdienstvolles Anliegen es war, den Menschen die Kirche in einer Zeit nahezubringen, in der viele 51

John H. Whiteley, Wesley's England (London, 1938), S. 351-352. Siehe Cragg, The Church and the Age of Reason, S. 150. 53 Erik Routley, English Religious Dissent (Cambridge, 1960), S. 149-150. Für eine detaillierte zusammenfassende Darstellung von Wesleys Einstellung gegenüber der Church of England siehe Wearmouth, Methodism and the Common People, S. 116-127. Siehe auch als besonders wertvolle und ergiebige Primärquellen die Protokolle der .Konferenzen', die Minutes, und zwar besonders der Jahre 1744, 1749, 1766, 1786, in denen wichtige Aspekte des Verhältnisses zur Mutterkirche aufgezeigt werden. Wesley erlaubte nicht einmal die Verwendung von Termini, die als Hinweis auf institutionelle Eigenständigkeit hätten mißdeutet werden können und wandte sich zum Beispiel ' 'against calling our Society a Church or the Church: against calling our Preachers ministers: our houses meeting-houses (call them plain preaching-houses)". Siehe Minutes 1749, S. 41. 52

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Christen nicht mehr den Weg zur Kirche fanden, formulierte Wesley noch einmal an Ostern 1789: I met the society and explained to them at large the original design of the Methodists, viz. not to be a distinct party, but to stir up all parties, Christians or heathens, to worship God in spirit and in truth; but the Church of England in particular, to which they belonged from the beginning. ( JWJ, 12.4.1789)

Es erscheint als Ironie der Geschichte, daß Wesley trotz seiner oft beteuerten gegenteiligen Absicht Gründer einer neuen und zunehmend bedeutenderen Kirche wurde, die einerseits zahlenmäßig die Church of England schwächte, indem sie manches Mitglied von dort abzog, die andererseits der Mutterkirche aber auch wichtige Impulse zur Regeneration gab. Diese erneuernde Kraft wirkte in der Arbeit evangelikaler Geistlicher wie Newton, Cowper, Toplady und anderer, die teilweise Wesleys Methoden übernahmen, theologisch aber Whitefield und seinen kalvinistischen Anhängern folgten.54 Wie Walpole äußerten sich freilich viele Zeitgenossen abfällig über diesen methodistischen Einfluß in der englischen Kirche: Some of the elders, too, of our own Church, seeing what harvest were brought into the tabernacles of Whitefield and Wesley by familiarizing God's word to the vulgar [...] had the discretion to apply the same call to their own lost sheep, and tinkled back their old women by sounding the brass of the Methodists. 55

2. Whitefield und Lady Huntingdon's

Connexion

Für Außenstehende wie Walpole waren die Unterschiede in der Methode und der Zielsetzung des missionarischen Wirkens von Wesley und Whitefield und deren jeweiligen Anliegen oft zu gering und die theologischen Differenzen zu subtil, als daß sie verschiedene Richtungen hätten erkennen können. Das Auftreten ,der Methodisten' im Freien, die Erfolge ihrer Prediger bei riesigen Zuhörermengen, die Begeisterung ihrer Anhänger und die seltsamen Begleiterscheinungen im Anschluß an Bekehrungen schienen so ähnlich, daß außer Wesleys und Whitefields Methodisten auch die von Daniel Rowlands und Howel Harris in Wales gegründeten Societies sowie die von Benjamin Ingham und anderen im Norden Englands aufgebauten Erweckungsgemeinden meistens als .methodistisch' bezeichnet wurden. Selbst die Bezeichnung der in England seßhaft gewordenen 54

55

Siehe Mary Horning, Evidences of Romantic Treatment of Religious Element [...] (Washington, 1932), S.27. Horace Walpole, Memoirs of the Reign of King George II ( London, 1847), III, S. 9 7 - 9 8 .

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.Mährischen Brüder' als Methodisten war eine zeitlang gängige Praxis im 18. Jahrhundert, stieß jedoch auf Widerspruch besonders bei Wesley. Er distanzierte sich deutlich von dieser Ausweitung des ohnehin oft mißbräuchlich ausgelegten Namens, bestand aber sonst nicht darauf, den Begriff .Methodisten' exklusiv auf seine Anhänger zu beziehen.56 Zeitgenossen wie Venn, Romaine, Madan und Berridge with a few other gentlemen, who although they had no connexion with each other, yet preaching salvation by faith, and endeavouring to live accordingly, to be Bible Christians, were soon included in the general name of Methodists. And so indeed were all others who preached salvation by faith and appeared more serious than their neighbours. ( J W J , 6.3.1740)

In seiner Schrift Advice to the People Called Methodists (1745), die sich an seine Anhänger wendet, spezifiziert Wesley den .schillernden Begriff Methodist' durch Eigenschaften, die .Methodismus' nicht auf den von ihm geführten arminianischen Teil beschränken, sondern als Bezeichnung für die gesamte religiöse Erweckungsbewegung mit ihren verschiedenen theologischen Strömungen zulassen: By Methodists I mean a people who profess to pursue (in whatever measure they have attained) holiness of heart and life, inward and outward conformity to the revealed will of God, who place religion in an uniform resemblance of the great object of it, in all His inimitable perfections; more particularly in justice, mercy, and truth or universal love filling the heart, and governing the life. 57

Ähnlich tolerant äußerte sich wiederholt George Whitefield, wenn es darum ging, über den kleinlichen Parteienstreit engstirniger Abgrenzung hinweg sein Hauptanliegen zu verwirklichen, nämlich alle Christen für das Wort Gottes zu begeistern: "do not tell me you are a Baptist, an Independent, a Presbyterian, a Dissenter, tell me you are a Christian, that is all I want." 58 Trotz vieler Gemeinsamkeiten unterschied sich Whitefields Methodismus jedoch von dem Wesley s ebenso wie von der späteren evangelikalen Gruppe in der Church of England. Allerdings sind seine Anhänger nicht so klar abzugrenzen wie die Gefolgsleute Wesleys, die zum großen Teil eingeschriebene Mitglieder waren. %

Vergleiche Wesleys Klage über die mehrdeutige Bezeichnung: "Men lump together under the general name, many who have no manner of connexion with each other; and then whatever any one of these speaks or does is of course imputed to all. " Zitiert nach Gill, The Romantic Movement and Methodism, S. 21. " Zitiert nach Gill, The Romantic Movement and Methodism, S. 21 - 2 2 . 58 George Whitefield, Sermons, ' 'Spiritual Baptism ' ', zitiert nach Armstrong, The Church of England [...], S. 124.

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Im Gegensatz zu Wesley versuchte Whitefield zunächst unter allen Umständen die Bildung von eigenen Gruppen oder Gesellschaften zu vermeiden, wenngleich sie oft spontan an Orten seines Wirkens entstanden und sich nicht selten Wesley anschlossen. Whitefield wollte die regenerierende Kraft seiner Anhänger stärker innerhalb der Pfarrgemeinden wirksam werden lassen, obwohl er selbst kein gutes Beispiel für einen seßhaften Seelsorger abgab. Wie einleitend geschildert, achtete er Pfarrsprengelgrenzen und andere einengende Vorschriften gering, wenn sie ihn bei seinem Werk behinderten. Seine Anhänger bestanden jedoch in der Regel auf der Einhaltung der Gemeindegrenzen, so daß der Unterschied zwischen Wesleys Methodisten einerseits und Whitefields Methodisten und den Evangelikaien andererseits in dem häufig gebrauchten Wortspiel treffend zusammengefaßt wird: "The Methodist looked on the world as his parish, the Evangelical on the parish as his world." 59 Der Begriff "Evangelical" faßt in diesem Zusammenhang die Anhänger Whitefields, die später als Lady Huntingdon 's Connexion auftraten und die eigentlichen, innerhalb der Church of England verbleibenden Evangelikaien zusammen. Dies ist wieder ein Hinweis darauf, wie fließend die Übergänge zwischen den einzelnen Richtungen waren, die in unserer historischen Retrospektive und wegen der notwendigen terminologischen Eindeutigkeit in „Gruppen" getrennt werden müssen. Der geschichtliche Rückblick zeigt, daß eine Aufteilung in Whitefields beziehungsweise Lady Huntingdons Anhänger einerseits und Evangelikaie andererseits erst nötig und möglich wurde, als Lady Huntingdon ihre Kapellen als "dissenting meeting places" registrieren ließ und viele ihrer Gefolgsleute den Schritt in den Nonkonformismus nicht mitvollzogen. Doch dazu später. Zunächst ermöglichte die organisatorische und ideelle Unterstützung Whitefields durch Seiina Hastings, Countess of Huntingdon (1707-1791), daß Whitefields Einfluß und Ausstrahlung weit in die Church of England hinein wirksam wurde und gleichzeitig führende Vertreter des Dissent ergriff. Lady Huntingdon "turned methodist", wie ihre Freunde schockiert einen zeitgenössischen Ausdruck verwendeten, nachdem sie durch ihre Schwägerin Lady Margaret Hastings .bekehrt' worden war. Lady Margaret war mit Benjamin Ingham verheiratet, einem der ersten methodistischen Prediger, der schon Mitglied von Wesleys Holy Club gewesen war. Lady Huntingdon bekannte sich Zeit ihres Lebens als 'Methodist', 59

Frank Baker, William Grimshaw (London, 1963), S. 127. 43

besuchte viele Predigten Whitefields, war eng befreundet mit den beiden Wesleys, die sie häufig in ihrem Landsitz Donington Park besuchten. Seiina gehörte der Fetter Lane Society an und nahm dort an den Zusammenkünften mit den Wesleys teil. 1749 unternahm sie den vergeblichen Versuch, die Wesleys mit Whitefield auszusöhnen. Seiina hatte Whitefield bereits nach seiner ersten Amerikareise kennengelernt. Kurz vor der Rückkehr von einem anderen Aufenthalt in der neuen Welt (10. August 1744 - 2. Juni 1748) konnte sie ihn durch die Fürsprache ihres gemeinsamen Freundes Howel Harris zu einem ihrer Kapläne ernennen. In ihrem Londoner Haus in Park Lane predigte Whitefield daraufhin zweimal wöchentlich vor vorwiegend adeligen Zuhörern, wodurch Seiina den Methodismus in die Oberschicht einführte - in einen Teil der Gesellschaft also, den zu erreichen und für sich zu gewinnen Wesley von Anfang an überhaupt nicht anstrebte. Mit der Ernennung Whitefields zum Kaplan machte Seiina von einem alten Vorrecht des Adels Gebrauch, das schon früher non-konformistischen Geistlichen Schutz und Anstellung gesichert hatte. Lady Huntingdon verhalf durch diese Unterstützung manchem Geistlichen, der als Methodist keine Aussicht auf eine Pfarrstelle hatte, zu einem sicheren Wirkungskreis. Der einflußreichste ihrer Kapläne vor Whitefield war sicherlich William Romaine, doch Henry Venn oder Rowland Hill gewannen ebenfalls viele Anhänger. Den bekannten Geistlichen Moses Browne und Martin Madan verhalf sie zur Ordination. John William Fletcher aus Madeley, Augustus M. Toplady, John Berridge und William Grimshaw gehörten ebenso zu ihrem engen Freundeskreis wie Dr. Doddridge oder Dr. Watts. 1768 eröffnete Whitefield das Seminar Trevecca House in Talgarth, Nordwales, in dem Seiina ihre zukünftigen Geistlichen ausbilden ließ. Fletcher übernahm das Amt des Präsidenten zusätzlich zu seiner Pfarrei. Auf Vorschlag Wesleys wurde Joseph Benson als Direktor aus Kingswood geholt. Seiina verstand diese Ausbildungsstätte als Ort der Vorbereitung auf die Gemeindeaufgaben, mit denen die Studenten dadurch engen Kontakt behielten, daß sie öfter zur Entlastung von Gemeindegeistlichen eingesetzt wurden. Obwohl Seiina die Kandidaten in erster Linie für die Church of England ausbilden ließ, stellte sie ihnen frei, "if they desired [to] enter the ministry either of the Church of England or any other protestant denomination". Durch diese Freiheit der Wahl wurde es manchem Absolventen von Trevecca House ermöglicht, den Geist dieses Seminars nach seiner Ausbildung auch in Gemeinden des Dissents zu tragen. Der von Seiina angestrebte turnusmäßige Wechsel von Geistlichen in größeren Gemeinden der Church of England kam nur teilweise und 44

hauptsächlich durch die jungen Männer von Trevecca zustande und war wohl ein Kompromiß zwischen Wesleys Wanderpredigern und den auf Lebenszeit in ihrer Pfarrei wirkenden Geistlichen der Mutterkirche. Doch auch so hatten ihre Kapläne einen weitaus größeren Einfluß als man von ihrer Zahl her erwartet hätte. Whitefields insgeheime Hoffnung, Lady Huntingdon würde ihm die Organisation seiner Anhänger abnehmen und ihn von praktischen Führungsaufgaben freihalten für seinen Einsatz als Missionar in Amerika und als .Evangelist' im eigenen Land, erfüllte sich somit zur vollsten Zufriedenheit. 60 Selbst die Errichtung eines neuen und größeren .Tabernakels' 1753 in Moorfields, zu dessen Einweihung er ein bis 1796 sechsunddreißigmal neu aufgelegtes Kirchenliederbuch herausbrachte, verdankte er der Hilfe und Initiative seiner adeligen Gönnerin. Eine Reihe von Bekannten und Freunden der Lady Huntingdon folgten ihrem Beispiel und besetzten Pfarrstellen und Kuratien mit Methodisten. Die Hills, einflußreichste Familie in Shropshire, holten Fletcher nach Madeley, Henry Venn kam durch den Earl of Dartmouth nach Huddersfield. Der Earl of Dartmouth, selbst bekehrt durch Seiina, sorgte auch für Robinson, Stillingsfleet, Powley und Newton vor, die durch ihn Gemeinden in Leicester, Hotham, Dewsbury und Olney erhielten. Freilich mußten viele methodistische Geistliche erleben, daß mancher Adelige oder Landedelmann nur oberflächlich ergriffen war von ihrer Verkündigung und fernab von London seiner Antipathie gegen die .Enthusiasten' freien Lauf ließ.61 Einen stärkeren Eindruck auf die Öffentlichkeit machten die Predigtgottesdienste der Anhänger Lady Huntingdons, seit sie außer in den Privathäusern adeliger Gönner beziehungsweise im Freien in eigenen Kapellen gehalten wurden. Die erste Kapelle errichtete Seiina 1761 in Brighton und finanzierte sie durch den Verkauf ihres Schmucks. Weitere Kapellen folgten in Sussex und anderen Orten, die gern von der gesellschaftlichen Oberschicht frequentiert wurden. In Bath, Tunbridge und London hatte sie den größten Zulauf. 60

Siehe A. C. H. Seymour (Hg.), The Life and Times of the Countess of Huntingdon by a Member of the House of Shirley and Hastings (IMO), I, S. 116—117. 61 Siehe Armstrong, The Church of England [...], S. 127-129. Dort gibt Armstrong unter anderem einen Bericht Berridges an Martin Madan wieder. Berridge, der auf Einladung von Lady Huntingdon in London .morgens und abends die Schrift auslegte und auch in den Häusern von Lady Gertrude Hotham und Lady Fanny Shirley' predigte, erfuhr die wankelmütige Einstellung eines örtlichen Country Squire in Cambridgeshire: "My squire swears he will do my business; and last Lord's Day evening when I came from church, he stopped me and called me by the usual names of enthusiasts etc., etc. Today I hear that the Squire has sent for such tenants as are disposed to hear the word of God, and has given them warning to leave their farms directly".

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1770 wurde ihre Bewegung von innen und außen geschwächt. Zunächst starb Whitefield, trotz seiner zahlreichen Amerikaaufenthalte der geistige Motor in Lady Huntingdon's Connexion, wie diese Bewegung später genannt werden sollte. Außerdem erschien das Protokoll von Wesleys Jahreskonferenz und enthielt eine so scharfe Abrechnung mit dem Kalvinismus, daß sich Seiina nicht auf starke verbale Proteste beschränkte, sondern auch den früher von Wesley empfohlenen Benson als Direktor des Trevecca House ablöste. Fletcher stellte sein Amt als Präsident selbst zur Verfügung. Eine weitere Auszehrung erlitt ihre Vereinigung 1779, als sie eine Kapelle in Spa Fields errichtete und der dortige Geistliche Sellon gerichtlich feststellen ließ, daß ihre Ernennungen von Kaplänen ungeachtet generationenlanger Praxis rechtlich nicht uneingeschränkt gedeckt waren. Seiina ließ darauf hin ihre Kapellen als "dissenting meeting places" registrieren und forderte ihre Geistlichen auf, im Rahmen der Toleration Act den erforderlichen "Oath of Allegiance" abzulegen. Damit war Lady Huntingdon 's Connexion eine Körperschaft der Nonkonformisten geworden und, wie später Wesleys Methodismus, von der anglikanischen Kirche getrennt. Trotz weiterhin anhaltender Teilnahme an ihrem Werk vollzogen viele ihrer Kapläne diese Abkehr von der Mutterkirche nicht, sondern trennten sich von Seiina.

3. Evangelical

Revival

Geistliche wie Romaine, Venn, Berridge oder andere, welche sich von Lady Huntingdon 1779 zurückzogen, verbreiteten fortan verstärkt den neuen religiösen Geist in der Church of England. Gewöhnlich werden sie als Evangelikaie bezeichnet, doch darf weder diese Benennung noch der Ansatz des Beginns des Evangelical Revival in den achtziger Jahren des 18. Jahrhunderts darüber hinwegtäuschen, daß es sich hier um die Weiterführung des methodistischen Reformgeistes, nicht um einen Neubeginn handelte. Genaugenommen suggeriert der Begriff "Evangelical Revival" ebenso wie „Methodismus" unzutreffenderweise eine parteiähnliche, fest umrissene und geschlossen auftretende Bewegung, die sie in Wirklichkeit nicht war. Vielmehr suchten mit der Zeit im ganzen Land parallel zu Wesleys und Whitefields Anstrengungen auch einzelne Geistliche und Gemeinden der Church of England ein intensiveres religiöses Leben zu verwirklichen, wobei sie viele Anregungen von den führenden Methodisten aufnahmen und den örtlichen Gegebenheiten und ihrer theologischen Auffassung entsprechend anpaßten. Die spätere Entwicklung des 46

Methodismus und Evangelikaiismus lenkt häufig den Blick davon ab, daß all diese Reformversuche von anglikanischen Geistlichen in der etablierten Kirche begonnen und fortgeführt wurden und auch viele Amtsbrüder beeinflußten, welche die Verkündigungsmethoden der Urheber ablehnten und erst recht eine Trennung von der Mutterkirche. Mancher spätere Hauptvertreter der Evangelikaien verdankte bereits seine Bekehrung der Begegnung oder Freundschaft mit den frühen Methodisten. Henry Venn etwa wurde bei einer Predigtreise mit George Whitefield bekehrt, während den Kurat von Olney und späteren Rektor (1780-1807) von St. Mary Woolnoth, John Newton, seine Freundschaft zu Wesley, Whitefield, Grimshaw und Berridge bereicherte und prägte. Der wichtige Einfluß des persönlichen Kontaktes zeigte sich gerade immer wieder an den auslösenden Umständen der Bekehrung. Bei den meisten war es die Bekanntschaft mit glühenden Vertretern des neuen Geistes, der dann die Lektüre puritanischer Erbauungsbücher aus dem 17. Jahrhundert oder zeitgenössischer Werke wie Laws Serious Call folgte. So wurde Samuel Walker aus Truro, Urheber einer Erweckungsbewegung in WestCornwall, von einem Conon, Lehrer in Truro, bekehrt, John Bennett aus Tamerton von George Thompson, dem Vikar von St. Genny's in Cornwall.62 Frühe und wichtige Zentren evangelikaler Frömmigkeit wurden die Pfarreien ihrer führenden Anhänger wie Everton, Winteringham, Truro, Aldwincle, Olney, Madeley, Huddersfield und Haworth und einzelne Pfarreien in London. Erst als der Zusammenhalt zwischen den einzelnen Gemeinden wuchs, nicht zuletzt gefördert durch ein eigenes, regelmäßig erscheinendes Gospel Magazine, konnte man die gemeinsamen Ziele und Anliegen wirkungsvoll herausstellen und nachhaltig betonen. So erscheint als Antwort auf die theoretische Theologie der Zeit und auf die Verweltlichung der Kirche unter den Hannoveranern die ausgesprochen karitative und praktische Gemeindearbeit und das wachsende Bewußtsein christlicher Verantwortung für die Notleidenden charakteristisch für Methodisten und Evangelikaie zugleich. Wie Wesley engagierten sie sich besonders in der AntiSklaverei Bewegung, in der außer den Mitgliedern der einflußreichen Clapham Sect auch John Newton, vor seiner Bekehrung selbst Sklavenhändler, ein eindringlicher und eindrucksvoller Mitstreiter war. Innerhalb der Gemeinden lebten die Evangelikaien ernsthaft ihre Überzeugung, daß die Bekehrung über das private Glaubensleben hinaus segensreiche 62

Zum Evangelical Revival siehe G. R. Balleine, The History of the Evangelical Party in the Church of England (1951) und Armstrong, The Church of England [...], S. 122-126.

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Auswirkungen auf die Gesellschaft haben müsse, wie sie das im Zusammenleben der urkirchlichen Christen feststellen zu können glaubten. Die Orientierung an diesen frühkirchlichen Gemeinden, den "primitive Christians", ist ein auffälliger Zug evangelikaler Christen, ebenso ein zum Teil unkritischer Bibelliteralismus und die Betonung mancher puritanischer Einstellungen, soweit sie ihrer kalvinistischen Auffassung entgegenkamen, etwa die Ablehnung weltlicher Vergnügungen und Ablenkungen wie des Theaters, des Kartenspielens und Tanzens.63 Der Bibelliteralismus und ihre große Vertrautheit mit der Bibel wirkte sich bis in ein kennzeichnendes Idiom aus, das typisch wurde für die Evangelikaien und sich in privaten Tagebüchern ebenso findet wie in Kirchenliedern, Predigten und in den Beiträgen des Gospel Magazine. Theologisch gab es außer der von allen geteilten Überzeugung der Rechtfertigung durch den Glauben kein die einzelnen Gemeinden übergreifendes gemeinsames Programm, in vielen Fällen nur Übereinstimmung in wichtigen Grundsatzfragen. Auch die bereits von ihren Zeitgenossen versuchten Klassifizierungsversuche der einzelnen Methodisten als ,Arminianer' oder .Kalvinisten' erwiesen sich als nur bedingt taugliche, plakative Vereinfachungen, die manchen Widerspruch bei den Betroffenen hervorriefen. John Newton machte seinem Unbehagen ironisch Luft, als er schrieb I hope I am upon the whole a scriptural preacher: for I find I am considered as an Arminian among the high Calvinists and as a Calvinist among the strenuous Arminians.64 Die meisten evangelikalen Geistlichen vertraten Whitefields kalvinistische Auffassung, doch gab es ebenso Anhänger von Wesleys Arminianismus wie etwa Adam von Winteringham. Von Augustus M . Toplady und einigen seiner Freunde abgesehen, waren die meisten Evangelikaien freilich gemäßigte Kalvinisten, wie das übrigens auch für einen großen Teil der Geistlichen der anglikanischen Kirche zutraf. Wieder ist es ein John Newton zugeschriebener Ausspruch, der diese Einstellung beispielhaft 63

Vgl. dazu eine Briefstelle vom Oktober 1766, in der Cowper den Tagesablauf einer evangelikalen Familie der Mittelklasse beschreibt und seine Ablehnung weltlicher Vergnügungen so formuliert: " A s to amusements, I mean what the world calls such, we have none; the place indeed swarms with them, and cards and dancing are the professed business of almost all the gentle inhabitants to this way of murdering our time, and by so doing have acquired the name of Methodists. " Zitiert nach Norman Nicholson, William Cowper (London, 1951), S.38.

64

William Cairns, "John N e w t o n " , in The Religion (London, OUP, 1946), S.49.

48

of Dr. Johnson and Other Essays

veranschaulicht: "If I thought a person feared sin, loved the word of God, and was seeking after Jesus, I would not walk the length of my study to proselyte him to the Calvinist doctrines." 65 Die enge Verbindung zur Church of England wird auch dadurch dokumentiert, daß sich evangelikale Geistliche gern auf das offizielle Prayer Book, die Thirty-Nine Articles und das Book of Homilies beriefen, jene für den elisabethanischen Klerus hergestellte Sammlung von Musterpredigten. Die beiden letzten Veröffentlichungen werden in den Magazinen der kalvinistischen Methodisten und der Evangelikaien immer wieder zur Lektüre empfohlen und zum Kauf angeboten.66 Viele Evangelikaie glaubten wie Wesley an eine charismatische, unmittelbare Einwirkung des Heiligen Geistes, die durch die Bekehrung den Christen zu einem heiligmäßigen Leben führen könne. Grundsätzlich gingen die meisten wie Whitefield von der Verworfenheit des Menschen aus, der nicht aus eigenem Vermögen zu Gott zurückkehren kann, sondern der durch den Opfertod Christi erlöst wird durch die Gnade Gottes. Whitefields Einfluß unter den Evangelikaien war zweifellos groß, was angesichts seiner landesweiten Berühmtheit als Prediger nicht verwunderlich ist. Dennoch übernahmen die evangelikalen Geistlichen nicht alle Innovationen, die dieser große methodistische Reformer eingeführt hatte. Wanderpredigertum oder die Spendung des Abendmahls durch Laien etwa lehnte die Mehrzahl der Evangelikaien ab und fand in diesem Punkt in Samuel Walker einen einflußreichen Fürsprecher. John Berridge (1716-1793), Cambridge Don und ab 1755 Inhaber der Pfründe von Everton in Bedfordshire, ist dagegen ein Beispiel für jene Evangelikaien, denen die Beschränkung auf eine Gemeinde wie das Vergraben der Talente vorkam. Er war so beflügelt von dem Bestreben, die Frohbotschaft zu verkündigen und Seelen zu retten, daß er außer seiner eigenen Gemeinde fast vierzig andere als Prediger und Seelsorger betreute, wenn Not am Mann war. Was nach rund zweihundert Jahren als von Anfang an koordinierte Bewegung des Evangelikaiismus erscheinen mag, entpuppt sich bei 65 66

Zitiert bei Nicholson, Cowper, S.38. Armstrong, S. 123. Auch Wesley bezog sich immer wieder auf diese grundsätzlichen Dokumente der englischen Reformation. Er beschäftigte sich nach seiner Bekehrung besonders intensiv mit der Aussage dieser Werke zu kontrovers-theologischen Fragen (siehe JWJ, 12.11.1738). Eine Zusammenfassung der wichtigsten Stellen aus den Homilies zur umstrittenen Lehre der Rechtfertigung durch den Glauben veröffentlichte er noch 1738 unter dem Titel The Doctrine of Salvation, Faith, and Good Works, Extracted from the Homilies of the Church of England.

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genauer Untersuchung als eine Entwicklung, die aus vielen Quellen gespeist wurde durch den mehr oder weniger gleichzeitigen engagierten Einsatz anregender, gleichgesinnter Geistlicher und ihrer Anhänger. Die Geschichte der Entwicklung des evangelikalen Geistes in der Church of England erscheint noch stärker als die des Methodismus Wesleys und Whitefields als Geschichte von Individualisten, deren religiöse Einzelinitiativen dadurch an Resonanz gewannen, daß sie, zum Teil auf unterschiedlichen Wegen, das gleiche Ziel ansteuerten. William Grimshaw aus Haworth, Yorkshire, ist ein typischer Vertreter dieser profilierten Individualisten, an denen sich zeigen läßt, welch weite Ausbreitung evangelikaler Frömmigkeit ein einzelner Geistlicher bewirken konnte. 67 Wesley sah in ihm stets das Vorbild eines rastlosen, das Volk verändernden Predigers: " A few such as him would make a nation tremble; he carries fire wherever he goes" ( J W J , IV, S.493). Zeit seines Lebens ein treuer Freund der Wesleys, Whitefields, Lady Huntingdons und Venns, wurde er von allen Seiten als ,ihr Vertreter' beansprucht und galt sowohl als .frühes Wahrzeichen in der Geschichte der evangelikalen Erweckung' wie auch als einer der wichtigsten Repräsentanten des Methodismus und potentieller Nachfolger Wesleys. Durch seinen frühen Tod am 7.4.1763 nach einundzwanzigjährigem Wirken in Haworth wurde dieser Treffpunkt der Hauptkräfte der religiösen Erweckung vorzeitig verwaist, doch der anhaltende Erfolg seines Nachwirkens in seinen Gemeindemitgliedern veranschaulicht seine Multiplikatorenfunktion. Als wortgewaltigem Prediger, der in der Woche in seinem Predigtkreis, der "Haworth Round", bis zu dreißig Gottesdienste abhielt, liefen ihm die Gläubigen in Scharen zu. Viele Amtsbrüder beschwerten sich in verärgerten Eingaben bei den zuständigen Erzbischöfen Hutton und John Gilbert über Grimshaws Arbeitseifer. 68 Mehrere Vernehmungen durch die Oberhirten gingen jedoch glimpflich aus. Erzbischof Hutton konnte bei der Visitation von Wakefield 1747 seine Anerkennung darüber nicht verhehlen, daß unter Grimshaw die Zahl der Gläubigen beim vierteljährlichen Sakramentenempfang von zwölf ,auf vier- bis fünfhundert im Winter und manchmal im Sommer auf fast 1.200' angestiegen war. Huttons Nachfolger John Gilbert war von Grimshaws tiefer Religiosität und seiner Begabung als Prediger so beeindruckt, daß er verschiedene Beschwerden gegen Grimshaw nach sorgfältiger Prüfung

67 68

Siehe Baker, Grimshaw, S. 127ff. John Newton, Memoirs of the Life of the Iate Rev. William Grimshaw (1799), S. 51.

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mit der Bemerkung zurückwies: " I would to God that all the clergy in my diocese were like this good man!" 6 9 Grimshaws Arbeitseinsatz trug nicht nur durch seine Verbindungen zu allen führenden Männern und Frauen der methodistischen Reform vielfache Früchte, sondern lohnte sich auch dadurch, daß er die Herausforderungen der industriellen Revolution als Seelsorger mit Fantasie und Tatkraft annahm. Immerhin wohnte in diesem Industriegebiet Englands ein Viertel der Gesamtbevölkerung des Landes, so daß Haworth schon von seiner Lage eine zentrale seelsorgerliche Bedeutung zukam für den industriell genutzten Teil von Lancashire und von West Riding, Yorkshire. Etwa die Hälfte der Methodisten lebte in dieser Gegend, und etwa fünfzig Prozent der methodistischen Predigthäuser, der Predigtkreise und der Wanderprediger befanden sich in diesem Teil Nordenglands. 70 Den Zeitgenossen war lange nicht klar, daß diese individuellen und räumlich meist von einander unabhängigen Bemühungen von Leuten wie Grimshaw, Walker oder Newton im Laufe der Zeit zu einer bedeutenden Strömung in der Mutterkirche führen sollten, die sich gegen Ende des Jahrhunderts zur aktivsten und kämpferischsten religiösen Gruppe in der etablierten Kirche entwickelte. Dann freilich nahmen die Evangelikaien einen starken Aufschwung, in London angeführt von John Newton, Basil Wood, William Romaine, Thomas Scott und Richard Cecil, unterstützt und gefördert durch Bischof Beilby Porteus. Viele Geistliche der Hauptstadt schlossen sich ihnen an, während in Cambridge später Charles Simeon der hervorragende Vertreter einer starken evangelikalen Richtung wurde. Mit Wilberforce im Parlament erlangten die Evangelikaien schließlich auch politischen Einfluß, der viele Grundzüge des viktorianischen Zeitalters richtungsweisend bestimmte. 71

69

A. Strachan (Hg.), Recollections o / [...] George Lowe (1848), S. 35-36. Grimshaw selbst war offensichtlich überrascht über diesen günstigen Ausgang des Verfahrens, wie er gegenüber Freunden am gleichen Abend bekannte: " I did expect to be turned out of my parish on this occasion; but if I had, I would have joined my friend Wesley, taken my saddle-bags, and gone to one of his poorest circuits." Zitiert bei Baker, Grimshaw, S.131. 70 Baker, ebd. 71 Siehe ODCC, "Evangelicalism", und Cragg, The Church and the Age of Reason, S. 151-153.

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KAPITEL II

"Familiarizing God's Word to the Vulgar" DIE METHODISTISCHEN PREDIGTEN

If an angel should visit earth, and vend such kind of gospel as it is often hawked from the press and pulpit, though he preached morality with most seraphic fervency, and till his wings dropped off, he would never turn one soul to God, nor produce a single grain of true morality, arising from the love of God, and aiming only at his glory. (John Berridge, The Christian World Unmasked, 1773, S.219) Field-preaching is my plan; in this I am carried as on eagles' wings. (George Whitefield) I believe many felt the power of the word, or rather, of God speaking therein. (JWJ, 4.8.1788)

I. Unkonventionelle Verkündigungsart In der Predigt sahen die Methodisten eine ihrer wichtigsten praktischen Seelsorgeaufgaben. Entsprechend umfangreich ist ihr Beitrag zur Predigtliteratur des 18. Jahrhunderts. Ihr sich rasch einstellender eindrucksvoller Erfolg als Prediger hatte verschiedene Ursachen. Zum einen kam ihre befreiende Frohbotschaft von der .Wiedergeburt im Glauben' zur richtigen Zeit, zum anderen war es eine große Zahl hervorragender, überzeugender Prediger, die im gleichen Zeitraum an vielen Orten Englands den Boden für den Methodismus bereiteten, Anhänger gewannen und ihre Predigten in verschiedenen Druck- und Vertriebsformen auflagenstark unters Volk brachten. Daneben bereicherte die Ernennung von Laien zu Predigern auf fruchtbare Weise das Predigtangebot, erhöhte die Mobilität der methodistischen Mitarbeiter und schuf dadurch weitere Möglichkeiten zu intensiveren Kontakten mit den Gläubigen im Lande. Schließlich zog das von Whitefield wieder eingeführte, seit Generationen nicht mehr erlebte Predigen im Freien die Hörer wie ein Magnet an und wurde von vielen Methodisten, wenn auch zum Teil zunächst widerstrebend, als wirkungsvolle Verkündigungsart übernommen.

1. Predigen im Freien Der heftige Widerstand der Amtskirche gegen die Methodisten richtete sich am Anfang hauptsächlich gegen eben diese Form der Verkündigung, seltener gegen den Inhalt oder die theologischen Auffassungen in deren Predigten. Die Methodisten waren sich durchaus bewußt, daß ihre unkonventionelle Verkündigungsmethode gegen Sitte und Decorum zeitgenössischer kirchlicher Praxis verstieß. In Briefen und Tagebucheinträgen halten sie manche Skrupel fest wie etwa Wesley, der am 11. Juni 1739 schreibt: "[...] during this whole time I had many thoughts concerning the unusual manner of my ministering among the people" ( JWJ). Doch als ihnen eine Kirche nach der anderen verschlossen blieb, hielt selbst der konservative 55

Wesley neue Wege bei der Verbreitung des Wortes Gottes für gerechtfertigt. Das Vorbild der Bergpredigt Jesu erschien ihm außerdem als "one pretty remarkable precedent of field preaching, though I suppose there were churches at that time also" ( JWJ, 1.4.1739). Einige Wochen nach Whitefields erster Predigt im Freien überwand auch er seine Bedenken: At four o'clock in the afternoon I submitted to be more vile, and proclaimed in the highways the glad tidings of salvation, speaking from a little eminence [...] to about three thousand people. (JWJ, 2.4.1739)

Wie bei so mancher Entscheidung hatten praktische Gründe Wesleys endgültige Meinungsänderung bewirkt. Darauf wies er hin, als er auf Bischof Lavingtons Vorwürfe, gegen althergebrachte und bewährte Formen der kirchlichen Verkündigung zu verstoßen, ohne dabei etwas Gutes zu erreichen, mit der rhetorischen Frage antwortete: whether the good which has in fact been done by preaching there, and which could not possibly have been done any other way, does not abundantly 'justify the irregularity of it'. 1

Im Gegensatz zu Whitefield sah sich Wesley Zeit seines Lebens eher in die Rolle des Feldpredigers gedrängt, als daß er aus freien Stücken die Kanzel mit der Straße oder dem Dorfanger vertauscht hätte. Er fügte sich jedoch den Umständen, "because I thought preaching, even thus, better than not preaching at all." 2 Whitefield reagierte impulsiver, emotionaler, besonders wenn er nach einer Predigt in der freien Natur den Anblick tausender, von seiner Botschaft ergriffener Hörer reflektierte: The open firmament above me, the prospect of the adjacent fields, with the sight of thousands and thousands, some in coaches, some on horseback, and some in the trees, and at times all affected and trenched in tears together, to which sometimes was added the solemnity of the approaching evening, was almost too much for, and quite overcame me. 3

Angesichts des großen Zulaufs und des offenkundigen Erfolgs der Predigten konnte selbst Wesley nicht umhin, den Entzug der Predigterlaubnis in fast allen Kirchen des Landes als Akt .weiser göttlicher Vorsehung' zu verstehen:

' A Farther Appeal..., S. 362. "A Farther Appeal ..." (1743), JWW, (Hg.) J. Beecham (1856), VIII, S. 113. 3 J. Gillies, Memoirs of... George Whitefield, S. 190. 2

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I do prefer the preaching in a church when I am suffered. And yet, when I am not, the wise providence of God overrules this very circumstance for good; many coming to hear because of the uncommonness of the thing, who would otherwise not have heard at all.4

Die Strapazen des Predigens im Freien waren so groß, daß die Methodisten nicht leichtfertig diesen Weg der Verkündigung wählten. Er bot allerdings die Chance, Abseitsstehende, die kein Kanzelredner erreichte, anzusprechen. Somit erschien es den Methodisten als,Gottes Wille', diesen Weg zu gehen und die vielen Widrigkeiten des Wanderpredigerlebens hintanzustellen, die Wesley seinen Lesern aufzeigte: Can you bear the summer rain to beat upon your naked head? Can you suffer the wintry rain or wind, from whatever quarter it blows? Are you able to stand in the open air without any covering or defence when God casteth abroad his snow like wool, or scattereth his hoar-frost like ashes? And yet these are some of the smallest inconveniences which accompany fieldpreaching. Far beyond all these, are the contradiction of sinners, of scoffs both of the great vulgar and the small; contempt and reproach of every kind; often more than verbal affronts, stupid, brutal violence, sometimes to the hazard of health, or limbs, or life. Brethren, do you envy us this honour? What, I pray, would buy you to be a field-preacher? Or what, think you, could induce any man of common sense to continue therein one year, unless he had a full conviction in himself that it was the will of God concerning him?5

2. Predigen in f r e m d e n P f a r r e i e n Die ausgedehnten Predigtreisen der Methodistenführer und die oft recht großen Predigtkreise ihrer Amtsbrüder und Laienprediger brachten es mit sich, daß die Methodisten meistens in fremden Pfarreien predigten und selten vom örtlichen Pfarrer dazu eingeladen waren. Diese Praxis der Methodisten lief dem Berufsethos des geistlichen Standes zuwider und verstieß möglicherweise auch gegen kirchenrechtliche Bestimmungen. In der anglikanischen Kirche stand nämlich das Recht zur Predigt und anderen Amtshandlungen grundsätzlich nur dem für die jeweilige Gemeinde zuständigen Priester zu. Die meisten methodistischen Geistlichen setzten sich über solch enge kirchenrechtlich-parochiale Grenzen hinweg. Sie erkannten das große Bedürfnis nach besserer religiöser 4

Cragg, Appeal, S. 363. ^ JWW, Vili, S.231. 57

Betreuung und Unterweisung bei vielen ihrer Landsleute und die gravierenden Mängel seelsorgerlicher Versorgung durch die Amtskirche, die in den alteingesessenen Pfarreien ebenso zutage traten wie in den neuen Industriegebieten Englands. Den häufigen Vorwurf "of invading other men's office" wiesen die Methodisten deshalb zurück. "[We] 'intrude into the labours' of those who do not labour at all, but suffer thousands of those for whom Christ died to 'perish for lack of knowledge'", 6 erklärte Wesley. Er selbst fühlte sich als Fellow von Lincoln College kraft seines Amtes ohnehin nicht an eine bestimmte Pfarrei gebunden. Er verstand sich als Geistlicher der Gesamtkirche, wie er mit der von George Whitefield übernommenen Formulierung "the world is my parish" feststellte: I look upon all the world as my parish; thus far, I mean, that in whatever part of it I am, I judge it meet, right, and my bounden duty to declare unto all that are willing, to hear the glad tidings of salvation. 7

Daß viele willens waren zu hören, konnte ihm keiner ernsthaft widerlegen. Denn während selbst in Pfarreien mit regelmäßigen Predigten die Gottesdienste vielerorts nur schwach besucht waren, strömten zu den religiösen Zusammenkünften der Methodisten außerhalb der etablierten Kirche die Besucher bald in Scharen. Hier erhielten die Hörer in den Predigten Hilfestellung für die Bewältigung der Probleme des persönlichen religiösen Lebens, während viele Geistliche in den Kirchen zu abstrakte theologische Vorträge von den Kanzeln herunter hielten. Mit so trockener theoretischer Materie, so meinte der Zeitgenosse Berridge, hätte jedoch auch ein Engel als Prediger nichts im Hörer bewegen können, selbst wenn er .predigte, bis seine Flügel abfielen'. Der Reverend Augustus M. Toplady beklagte wie viele seiner geistlichen Mitbrüder diese Predigtmisere seiner Zeit und wies in diesem Zusammenhang in seiner Abhandlung The Church of England Vindicated (1771) auf die Auszehrung der Kirche einerseits und den Zuwachs an Gläubigen bei den Methodisten andererseits hin. The plain but melancholy truth is, that in various parts of the kingdom multitudes of persons, who are churchmen, are forced to go to meetings in order to hear the doctrines of their own Church preached. 8 t 7

8

J W J , 31.7.1739. JWJ, 11.6.1739. Vgl. Wesleys Rechtfertigung gegenüber Bishop Butler: "Being an ordained fellow of a college, I was not limited to any particular cure, but have an indeterminate commission to preach the Word of God in any part of England. I do not therefore conceive that in preaching here by this commission, 1 break any human law". Cragg, Appeal, S. 32. S . 142.

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Als besonders fruchtbar für die Methodisten erwiesen sich auch die von der Kirche vernachlässigten neuen Industriezentren zwischen den baldigen Hochburgen des Methodismus, London, Newcastle und Bristol, sowie die Kohle- und Bleibergbaugebiete von Wales und die Kupfer- und Zinnminen von Cornwall. Im vorwiegend ländlichen Südengland, wo die Pfarreien relativ homogene Gemeinden unter der straffen Leitung des Ortsgeistlichen und dem spürbaren Einfluß des Country Squire waren, blieb der Respons dagegen relativ gering. 9 Wie schwach die Amtskirche im Verhältnis zur Bevölkerungszahl in den Zentren des Methodismus wie Lancashire oder West Riding vertreten war, verdeutlichen einige Zahlen. So gab es für die gennanten Gebiete bis 1836 keinen anglikanischen Bischof, in Manchester erst ab 1847. Dort hatte die Bevölkerung 1817 bereits die 100.000-Grenze überschritten, die Kirchen aber boten nicht einmal Platz für 15.000. Leeds blieb bis zur Mitte des 19. Jahrhunderts eine einzige Pfarrei mit 150.000 Seelen. Marylebone hatte 1811 für die etwa 60.000 Einwohner nur 900 Kirchenstühle. Für das 18. Jahrhundert gibt es kaum vergleichbares präzises Zahlenmaterial, doch weisen viele Zeitgenossen auf ähnliche Mißverhältnisse hin. 10 Für die Methodisten gab es daher ein lohnendes Betätigungsfeld. Die Prediger erlebten oft auf ihren Reisen, daß viele auf ihre Botschaft warteten und die zur Tradition werdenden Predigten vor Arbeitsbeginn um fünf Uhr früh oder nach dem örtlichen Sonntagsgottesdienst gern annahmen. Bei vielen Hörern war die Erwartung durch die Lektüre bereits veröffentlichter Predigten gesteigert, so daß die Prediger manchen Ort förmlich „ r e i f " für die Evangelisation vorfanden. Last week 1 spent three days in and about Chester, and the Word was gladly received. I am assured, that the Time is come that the Gospel must be preached in that City. The Inhabitants received me gladly, and said, "We have heard of Wesley and read his books: Why could you not have come hither sooner?"11

' Siehe W.W. Pocock, History of Wesleyan Methodism in some of the Southern Counties (1895), Kapitel 1. 10 Zur Situation der anglikanischen Kirche und der Methodisten in den Industriegebieten siehe Edwards, After Wesley, S.85ff.; Halévy, The Birth of Methodism, S.68ff.; Armstrong, Church of England, Methodism and Society, S. 90ff. und W. J. Warner, The Wesleyan Movement in the Industrial Revolution, Kap. VIII. Zum Bevölkerungswachstum siehe auch JWJ, VI, S. 104, S. 180 und Vili, S.479. " John Bennet, Brief vom 7.3.1746/47, Arminian Magazine I, Oktober 1778.

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II. Die gedruckten Predigten Zu den .Büchern Wesleys', welche die Einwohner Chesters vor Bennets Ankunft gelesen hatten, gehörten sicher auch manche seiner Predigten. Die Methodisten setzten nämlich von Anfang an die Druckerpresse als wichtiges Hilfsmittel dabei ein, ihren Hörern und den auf Grund weiter Entfernungen nur selten persönlich erreichten Anhängern durch das gedruckte Wort Predigttexte zur vertiefenden Lektüre oder quasi als Predigten in absentia schwarz auf weiß an die Hand zu geben. Dr. Johnsons Feststellung gegenüber seinem Bekannten Wilkes, "Sir, you are to consider, that sermons make a considerable branch of English literature",12 gilt qualitativ und quantitativ auch für den methodistischen Beitrag zur Predigtliteratur des 18. Jahrhunderts. Die Frage, ob die methodistischen Predigten in ihrer überlieferten Form auch tatsächlich so gehalten worden sind, ist oft aufgegriffen und erstaunlich kontrovers beantwortet worden.13 Erstaunlich sind die Meinungsverschiedenheiten deshalb, weil ein sorgfältiges Studium verhältnismäßig leicht zugänglicher Primärquellen zuverlässige Hinweise für die Beantwortung dieser Frage gibt. Zunächst einmal geht aus Tagebüchern, Briefen und Pressemeldungen hervor, daß die Methodisten nach guter gedanklicher Vorbereitung, manchmal nach Erstellung eines schriftlichen Konzepts, ihre Predigten frei, "extempore", hielten, während zu der Zeit noch die meisten Geistlichen ihre Predigten vorlasen, die nicht immer von ihnen selbst stammten. Manchmal benutzten die Methodisten auch Notizen mit den Stichpunkten der Predigt. Aber daraus entwickelten sie vor den Hörern ihre Ansprache frei.14 Viele Prediger sahen nämlich einen Zusammenhang zwischen dem Brauch, die Predigten vorzulesen, und der Gewohnheit, nur noch überlieferte Gebete zu verwenden, und vermuteten darin einen wichtigen Grund für die .lauwarme Gleichgültigkeit' vieler Christen: 12

Boswell, Life of Johnson, (Hg.) G. B. Hill, 6 Bde. (Oxford, 1934-50), IV, S. 105. Man beachte die hohe Wertschätzung der Predigt durch Johnson auch beim folgenden Zitat aus dem Idler, Nr. 91 : " [ . . . ] our own language has from the Reformation to the present time, been chiefly dignified and adorned by the works of our divines, who, considered as commentators, controvertists, or preachers have undoubtedly left all other nations far behind t h e m . " Johnson's Works (Hg.) R. Lynam, 6 Bde. (London, 1825), I I , S. 649. 13 Siehe z.B. D . T . Young, Popular Preaching (1929), S. 139, W . L . Doughty, John Wesley, Preacher (1955), S.84, J. Lawson, Notes on Wesley's 44 Sermons (1929), S.2, Fitchett, Wesley's Century (1906), S.476, u.a. 14 Siehe z.B. Whitefield, Journals, S.73, 89, 91, 92.

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[...] it is a symptom of the decay of religion, when reading sermons became fashionable where extempore preaching did once almost universally prevail. When the spirit of prayer began to be lost, then forms of prayer were invented, and, I believe, the same observation will hold good as to preaching.15 Bei den Methodisten erfolgte die schriftliche Fassung der Predigt für den Drucker meistens erst später, oft mit beträchtlicher Verzögerung. Wesleys am 25.10.1789 gehaltene Predigt ' O n the Wedding Garment ' ' schrieb er erst nach fünf Monaten auf (JWJ, 26.3.1790). Seine Predigt " O n the Trinity" (7.5.1775) schrieb er zwar schon am folgenden Nachmittag nieder, doch fügte er der ein Jahr später erscheinenden Druckfassung die Entschuldigung bei: "I must beg the Reader to make allowances for the disadvantages I am under; as I have not here any books to consult, nor indeed any time to consult them.'" 6 Bei Whitefield stenografierten manche Hörer mit, um möglichst schnell seine Predigten drucken und verkaufen zu können. Von Henry Venn gibt es dagegen gar keine Aufzeichnungen seiner Extempore-Predigten, so daß dessen Ansehen als Prediger nur vage erschlossen werden kann aus Berichten seiner Hörer und aus seinen anderen Werken, besonders seinem sehr populären Buch The Complete Duty of Man, dem methodistischen Gegenstück zu The Whole Duty of Man (1658). Zur baldigen Niederschrift fehlte den Predigern meist die Zeit. "I must assure you I have as little leisure for writing as anything I d o " entschuldigte sich Grimshaw 1747 bei John Wesley.17 Wie Newton gewann mancher dem Verzicht auf die schriftliche Formulierung aber eine positive Seite ab: "It saves much time, which might be usefully employed in visiting.'" 8 Daß die gedruckten Predigten also nicht wörtlich wiedergeben, was die Prediger ihren Zuhörern sagten, ist bei dieser Art des Zustandekommens der Texte nicht schwer einzusehen. Viele bei mündlichem Vortrag mögliche oder nötig erscheinende Wiederholungen, vertiefende Exkurse und illustrierende Gleichnisse, Anekdoten und dergleichen blieben bei der schriftlichen Formulierung ebenso auf der Strecke wie die zahllosen thematisch ähnlichen Predigten, "in order either to retrench what is redundant, to supply what is wanting or to make any farther alterations which shall appear needful.'" 9 Man denke etwa 15

Zitat ebd., S.485. Sermon LV, John Wesley's Sermons, (Hg.) J. Beecham (o.J.), Bd. II, S. 12. 17 Baker, "Mad Grimshaw", S. 211. 18 The Works of John Newton, (Hg.) R. Cecil, 6 Bde. (London, 1824), Bd.V, S.83, "A Plan of Academical Preparation". "Wesley, Sermons, (Beecham), Bd.II, "Preface", S.XV. 16

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daran, daß Whitefield rund 18.000 Predigten gehalten hat, von denen 78, gerade ein halbes Prozent, veröffentlicht wurden. Die gedruckten Predigten enthalten oft sogar einen Hinweis darauf, daß sie nicht den Originalvortrag wörtlich wiedergeben. Cennicks neununddreißig Predigten seiner Village Discourses (1771) aus den vierziger Jahren tragen alle unter dem jeweiligen Titel den Zusatz "Being the Substance of a Discourse delivered in ...". Wesley leitet seine Predigtsammlung ebenfalls mit dem Hinweis ein: "The following sermons contain the substance of what I have been preaching for between 8 and 9 years last past [1747]".20 Newton weist im Vorwort zu seinen Sermons darauf hin, daß die etwa sechs- bis achtseitigen Predigten .beträchtlich gekürzt' erschienen. Den mit der Kürzung einhergehenden Verlust an .Genauigkeit' und ,Logik' habe er bei der Veröffentlichung als kleineres Übel billigend in Kauf genommen. ,Lange Abhandlungen', so schreibt er in der Einleitung zu seinen Sermons Preached at Olney, seien in .mehrfacher Hinsicht unbequem'. Deshalb entschloß er sich auch bei dieser Sammlung zu drastischen Streichungen: "I have chosen to publish no more than a brief summary of what you heard more at large from the pulpit." 21 Die gedruckten Predigten sind einerseits inhaltlich also gewissermaßen das Mark des langjährigen Verkündigungswerkes der jeweiligen Prediger und enthalten ihre theologischen Kernaussagen. Andererseits spiegeln die meisten Predigten auch sprachlich und stilistisch viele Charakteristika des mündlichen Vortrags wider, wie aus repräsentativen Aussagen mancher Prediger über ihre gedruckten Predigten deutlich wird: I have frequently spoken in public, on every subject in the ensuing collection; and I am not conscious that there is any one point of doctrine, on which I am accustomed to speak in public, which is not here, incidentally, if not professedly, laid before every Christian reader. Nothing here appears in an elaborate, elegant, or oratorical dress. If it had been my desire or design to write thus, my leisure would not permit. But in truth, I, at present, designed nothing less; for I now write, as I generally speak, adpopulum, - to the bulk of mankind, to those w h o neither relish nor understand the art of speaking [...]. I mention this, that curious readers may spare themselves the labour of seeking for what they will not find. 2 2

20

Ebd., Bd. I, "Preface", S.3. Newton, Works, (Cecil), Bd. IV, S. 2 und Bd. II, S. 358. 22 Wesley, Sermons, (Beecham), Bd.I, "Preface", S. 3, § I und 2.

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III. Predigtstil, -aufbau und -Vortragsweise 1. .Einfache Predigten für einfache Leute' In den Vorworten zu Predigtsammlungen tauchen oft an Wesleys Formulierungen erinnernde Vorstellungen auf. Bei vielen Methodisten sind "simple" und "piain" Schlüsselwörter, mit denen Predigtstil, Leserkreis und Wirkungsabsicht beschrieben werden. Nicht theologische Spitzfindigkeiten, sondern .allgemeinverständliche Ausführungen' will Newton den Lesern seiner streng gegliederten Predigten vorsetzen. Den Topos, .einfach' zu schreiben, formuliert er auch in seiner Absichtserklärung im 'Preface' vom 15. April 1786, das seiner Predigtsammlung vorangestellt ist: "to be intelligible to persons of weak capacities, and in the lower ranks of life." In seinen Sermons Preached at Olney drückt er sich sinngemäß ebenso aus: ... as I aim to speak plain truths to a plain people, I have purposely avoided any studied ornaments in point of expression, being desirous to accomodate myself to the apprehensions of the most ignorant. (Bd. II, S. 358)

Cennick, ebenfalls ein Meister der Kunst, für einfache Leute das treffende, einfache Wort zu finden, soll das letzte Beispiel liefern, dem man im Tenor ähnliche Zitate aus den Predigtsammlungen aller Methodisten in beliebiger Zahl zur Seite stellen könnte: "[My Sermons] are simple and plain, and suited for sincere People, who don't want somewhat curious or diverting, but SALVATION."23 Die Methodisten zielten nicht auf eine Leserschicht ab, die im Genuß geistreich-gewitzter Formulierungen als Hauptvergnügen der Predigtlektüre unterhaltsame Ablenkung suchte: I am sensible the Stile, as well as the Matter, will not divert the Curious with good Language; it is not my Gift, nor have I attempted to dress the plain Doctrines of our Saviour. (Cennick, Sermons, "Preface", 9.8.1754)

Die hier ausgedrückte Rücksicht auf die Aufnahmefähigkeit der Hörer und Ehrfurcht vor dem Wort Gottes waren keine Floskeln, sondern ernstgenommene Verpflichtung. Dies wiederum hinderte freilich den einzelnen Prediger nicht, je nach eigenem Bildungsgrad und dem des Publikums auf griechische, lateinische oder hebräische Zitate zurückzugreifen, die der Argumentation zusätzlich Autorität verliehen und gerade durch ihre sprachliche Fremdartigkeit Aufmerksamkeit erregende Akzente setzten. 23

Baker, "Cennick's Handlist", S . 5 1 , Predigtsammlung vom 12.12.1753, "Preface".

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Besonders bei den akademisch ausgebildeten Predigern findet sich diese Vorliebe für die gelehrte Anspielung und das anspruchsvolle, treffende Zitat. Das ungebildete Publikum war nicht überfordert, wenn in den überwiegend kurzen, einfachen Sätzen gelegentlich .schwere' Wörter und mehrere Zeilen in fremder Sprache erschienen, denn die Prediger gaben unmittelbar danach die englische Bedeutung wieder. Die Zitate aus der Bibel oder den Werken klassischer Schriftsteller in der Originalsprache hatten neben ihrer wichtigen inhaltlichen Bedeutung und ihrer demonstrativen Plazierung im Predigttext auch die Funktion, die Belesenheit und Bildung des Predigers durchscheinen zu lassen und seinen Ausführungen auch dadurch Gewicht zu verleihen. Diese Feststellung gilt ebenfalls für die zahlreichen Zitate englischer Schriftsteller, von denen am häufigsten Prior, Pope, Addison, Edward Young, James Hervey, aber auch Shakespeare, Sir John Davies, Milton und Cowley angeführt werden. 24 Von keinem der methodistischen Prediger kann man jedoch sagen, daß er Zitate als bloßes rhetorisches Beiwerk anführt, um damit Bildung zu demonstrieren. Vielmehr praktizierten sie in auffälliger Einmütigkeit, was viele Prediger vor ihnen oftmals gefordert hatten: schlichte, verständliche Formulierungen und Verzicht auf einen Predigtstil, den Swift in einem satirisch überspitzten Seitenhieb auf die rhetorischen Auswüchse der .typischen' Prediger der Amtskirche seiner Zeit als "florid style" bezeichnet hatte, "rounded into Periods and Cadencies, commonly without either Propriety or Meaning". 25 Der "curious reader" war durch die neue Sachlichkeit sicher oft enttäuscht. So überliefert Curnock eine Anekdote, derzufolge eine ,Dame' aus der Oberschicht aus einer Predigt Wesleys herausgeht und verwundert feststellt: "Is this the great Mr. Wesley, of whom we hear so much at the present day? Why, the poorest person in the chapel might have understood him!" 2 6 Mag man über die Zeitgenossin Wesleys noch schmunzeln, so erscheinen im Tenor ähnliche, nicht selten mit dem Anschein größter Autorität vorgetragene Einwände moderner Kritiker höchst seltsam. Kritiker, die etwa in Wesleys Predigten "illuminating or pleasing parables and word pictures" 27 vermissen, haben wohl nur eine Stichprobe in seinem 24

Siehe Mitchell, English Pulpit Oratory, S. 106 sowie S. 119-120, und Downey, 18th Century Pulpit, S. 217-218. 25 "A letter toa young gentleman lately enter'd into Holy Orders" (9.1.1719/20), Baker, "Swift and the Wesleys", S.293. 26 Gill, The Romantic Movement and Methodism, S. 62. 27 F.E. Maser, "Problem in Preaching", LQHR, CLXXXII, S. 110-117.

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Predigtwerk gemacht. Dabei haben sie vielleicht zufällig eine Seite aufgeschlagen, wo diese Beobachtung zutreffen mag, die dann zu der einprägsamen Formulierung aber unzutreffenden Behauptung führt: "[His Sermons] are swept bare of illustrations or stories as a monk's cell is cleared of ornament and luxury" (ebd. S. 110). Jegliches historische Verständnis vermißt man schließlich bei dem anschließenden Vorwurf, die Predigten besäßen "absolutely no entertainment value". Diese Feststellung verkennt, daß die Prediger gar nicht die Absicht hatten, als Unterhalter aufzutreten. Vielmehr kam der Predigt nach methodistischem Verständnis außer der rhetorischen Funktion der Erbauung die der Überredung ("edification and persuasion") zu. Hugh Blair (1718-1800), schottischer Geistlicher und Rhetorikprofessor in Edinburgh, selbst berühmt wegen seiner Predigten (5 Bände, 1777-1801), empfahl erst später in seinem einflußreichen Werk Lectures on Rhetoric als Grundlage für eine gute Predigt ebenfalls die Kultivierung der Überredungskunst. Als wirkungsvolle Qualitäten der Vortragsweise legte er den Predigern,Wärme und Würde' nahe: "the great end [of a preacher is] to infuse good dispositions into his hearers, to persuade them to serve God, and to become better men" (Lecture XXIX).28 Die Methodisten nahmen für diese Aufgabe die Predigt als Mittel zum Zweck ernst. Homiletisch und rhetorisch setzten sie alles daran, ihrem Publikum ,die Augen zu öffnen', "to turn them from darkness to light, and from the power of Satan unto God". 29 Um die sündige Verderbtheit der Menschen und die Art und Weise der Errettung vor der Hölle eindringlich vor Augen zu stellen, waren ihrer Meinung nach die Predigten im Stile aufgeklärter moralischer Abhandlungen, wie sie von vielen Kanzeln verlesen wurden, völlig ungeeignet. ... it is not the business of the ministers of the gospel merely to entertain people with harangues of dry morality, and leave out Jesus Christ. It is not our business to entertain our people, as Cicero, Seneca, and other heathen moralists did; but we are to preach Christ, not ourselves; we are to preach the hidden mysteries of the kingdom of God. 30

Dabei hing es nicht nur vom persönlichen Temperament und von der Bildung des Predigers ab, wie stark er durch zwingend folgernde Argumentation oder durch drastisch anschauliche, stark gefühlsbetonte Beschreibungen seine Adressaten zu Einsicht und Umkehr zu bewegen 28

Siehe Oxford History of English Literature. Mid 18th Century (1979), S. 370-72. Jackson (ed.), Lives, "Introduction", S.XXII. 30 Whitefield, zit. bei Downey, S. 162, Fußnote 4. 29

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versuchte. Die Meinungen waren schließlich geteilt, ob einfaches, überzeugendes Argumentieren, wie Swift in seinem "Letter to a young gentleman" behauptet hatte, .wirkungsvoller und erbaulicher' sei als ,die Kunst, die Taschentücher einer ganzen Gemeinde durch Tränen zu nässen'. Es kam vielmehr auch sehr auf die Zuhörer und die aktuellen Umstände einer Predigt an, wie und was der Prediger vortrug. Wesley, der einmal vor einer äußerst angesehenen Gemeinde den Predigttext gewählt hatte: " Y e serpents, ye generations of vipers, how can you escape the damnation of Hell?", machte anschließend die Wechselbeziehung zwischen Predigt und Predigtanlaß anschaulich deutlich. Den Protest, daß seine Predigt eher zu den Insassen des Gefängnisses Billingsgate gepaßt hätte, wies er nämlich mit der Bemerkung zurück: " I f I had been in Billingsgate [...] my text would have been 'Behold the Lamb of God which taketh away the sin of the world'." 31

2. Die Prediger als »Boanerges' und .Barnabas' Die von Wesley mit dieser Antwort aufgezeigte Haltung war allen Methodisten mehr oder weniger gemeinsam. Whitefield erwartete von einem Prediger, daß er je nach Notwendigkeit ,ein Boanerges, ein Sohn des Donners, wie auch ein Barnabas, ein Sohn des Trostes'32 sein müsse. Das setzte voraus, sich in die jeweilige Situation der Hörer einzufühlen, ihnen zu zeigen, daß der Prediger als Mensch zum Menschen sprach. Dies war den Methodisten ein so großes Anliegen, daß sie sich nicht scheuten, wie in ihren Tagebüchern auch in ihren Predigten die eigenen Phasen des Zweifeins und der Rückfälle offen anzusprechen: " A s ministers, we preach to those who have like passions and infirmities with ourselves."33 Die immer wieder geforderte Besinnung auf die eigene menschliche Schwachheit sollte nicht zuletzt im Prediger Mitgefühl und Verständnis, .Sympathie' für den Mitmenschen, wachhalten: that they m a y sympathize with their f l o c k , and k n o w in their hearts the deceitfulness o f sin, the infirmities o f the flesh, and the w a y in which the L o r d supports and bears with all that trust in him. 3 4

31 32 33 34

Church, " M o r e about", S.9. Whitefield, Works, V, S. 13. Newton, Works (Cecil), I, S.665, Letter 3, 13.6.1772. Ebd., II, S. 71, Letter 6, 29.7.1761.

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Selbst hinter der rücksichtslos erscheinenden Direktheit mancher Details aufrüttelnder ,Höllenpredigten' steht als Antriebsfeder stets .größere Liebe'. Darin unterscheiden sich auch so unterschiedliche Prediger wie Wesley und Whitefield nicht, die gelegentlich expressis verbis auf den Zusammenhang zwischen homiletischer Schocktherapie und liebender Sorge um das Heil des Mitmenschen hinweisen: "give me leave to tell thee with great plainness, but greater love ...": Come, ye dead, Christless, unconverted sinners, come and see the place where they laid the body of the deceased Lazarus; behold him laid out, bound hand and foot with grave-cloaths, locked up and stinking in a dark cave, with a great stone placed on the top of it! View him again and again; go nearer to him, be not afraid; smell him, ah: how he stinketh. Stop there now, pause a while; and whilst thou art gazing upon the corpse of Lazarus, give me leave to tell thee with great plainness, but greater love, that this dead, bound, entombed, stinking carcase, is but a faint representation of thy poor soul in its natural state: for, whether thou believest it or not, thy spirit which thou bearest about with thee, sepulchred in flesh and blood, is as literally dead to GOD, and as truly dead in trespasses and sins, as the body of Lazarus was in the cave. 35

Whitefield, Newton and Toplady verstanden es besonders, ihren Hörern heilsame Furcht vor der ewigen Verdammnis einzujagen. In den Predigten ließen sie oft das Feuer der Hölle anschaulich auflodern in ihren Beschreibungen der Qualen ,im Flammenmeer aus brennendem Bimsstein'. "Better to have some soultrouble here", rechtfertigte Whitefield die Erzeugung innerer Unruhe, "than to be sent to hell by Jesus Christ hereafter." 36 Bei den Wesleys und ihren Anhängern stehen die rhetorischen Höllengemälde eher im Hintergrund. Das erscheint bei ihrer arminianischen Ausrichtung auch einleuchtend. Der Kern ihrer Theologie war ja, daß jeder Mensch den Fluch der Erbsünde mittels Christus durch die Gnade Gottes ablegen und christliche Vollkommenheit erlangen könne. Diese frohe Botschaft einer Chance für jeden Sünder betonte daher die trostreichen und mutmachenden Teile der Bibel. Wesley wandte sich deswegen öfter gegen das .Extrem' der Höllenpredigten, wie die Protokolle der Jahreskonferenzen belegen.37 Er glaubte, daß die übermäßige Betonung 35

Whitefield, Works, VI, S. 123. D. Macfarlane, Revivals of the Eighteenth Century (o.D.), S. 32. ("Three Sermons by Whitefield, preached in the 'High-Church-Yard' ". Diese Predigten sind nicht in den Works oder Eighteen Sermons enthalten). 37 Siehe z.B. Minutes of Conference 1744: "Q. Do not some of our assistants preach too much of the wrath and too little of the love of God? A. We fear that they have leaned to that extreme."

36

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des Zornes Gottes eher das Gegenteil als den beabsichtigten Zweck erreichte: "generally [it] hardens them that believe not, and discourages them that do." 3 8 Dennoch wandte er sich heftig gegen .Freigeister' wie Swedenborg oder aufklärerische Tendenzen, welche der Hölle konkret-physisches ,Feuer' absprachen und dadurch .nichts Fürchterliches an der Hölle beließen', daß sie ,das unauslöschliche Feuer löschten' ( J W J , 22.4.1779). But it has been questioned by some, whether there be any fire in hell; that is, any material fire. Nay, if there be any fire, it is unquestionably material. For what is immaterial fire? The same as immaterial water or earth! Both the one and the other is absolute nonsense, a contradiction in terms. Either therefore, we must affirm it to be material, or we deny its existence. But if we granted them, there is no fire at all there, what would they gain thereby? seeing this is allowed, on all hands, that it is either fire or something worse. And consider this: does not our Lord speak as if it were real fire? No one can deny or doubt of this. Is it possible then to suppose that the God of truth would speak in this manner, if it were not so? Does he design to fright his poor creatures? What, with scarecrows? with vain shadows of things that have no being? O let not any one think so! Impute not such folly to the Most High! 39 In John Wesleys Sermons on Several Occasions befindet sich nur diese eine Predigt über die Hölle, "Of Hell". In seinem Journal steht dagegen öfter einmal ein Hinweis wie der folgende: "I spoke strongly of death and judgement, heaven and hell. This they seemed to comprehend, and there was no more laughing among them" (23.4.1772). 40 Typischer sind jedoch eindeutig Predigten, in denen Wesley zu vertrauensvoller Zuversicht ermuntert, nachdem er den Hörern wie etwa in seiner Predigt über das jüngste Gericht eindringlich ins Gewissen geredet hat: See! See! He cometh! He maketh the clouds his chariots. He rideth upon the wings of the wind! A devouring fire goeth before him, and after him a flame burneth! See! He sitteth upon his throne, clothed with light as with a garment, arrayed with majesty and honour! Behold, his eyes are as a flame of fire, his voice as the sound of many waters! How will ye escape? Will ye call to the mountains to fall on you, the rocks to cover you? Alas, the mountains themselves, the rocks, the earth, the heavens, are just ready to flee away! Can ye prevent the sentence? Wherewith? With all the substance of thy house, with thousands of gold and silver? Blind wretch! 38

Ebd., (1743). Sermons, II, "Of Hell", S. 221-35, hier S. 228. 40 Siehe Journal, 11.4.1748, 23.3.1777 und öfter. 38

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Thou earnest naked from thy mother's womb, and more naked into eternity. Hear the Lord, the Judge! "Come ye blessed of my Father, inherit the kingdom prepared for you from the foundation of the world." Joyful sound! How widely different from that voice which echoes through the expanse of heaven, "Depart, ye cursed, into everlasting fire, prepared for the devil and his angels! " And who is he that can prevent or retard the full execution of either sentence? Vain hope! Lo, hell is moved from beneath to receive those who are ripe for destruction. And the everlasting doors lift up their heads, that the heirs of glory may come in! "What manner of persons then ought we to be, in all holy conversation and godliness?" We know it cannot be long before the Lord will descend with the voice of the archangel, and the trumpet of God; when every one of us shall appear before him, and give account of his own works. "Therefore, beloved, seeing ye look for these things", seeing ye know he will come and will not tarry, " b e diligent, that ye may be found of him in peace, without spot and blameless." Why should ye not? Why should one of you be found on the left hand at his appearing? He willeth not that any should perish, but that all should come to repentance; by repentance, to faith in a bleeding Lord; by faith, to spotless love, to the full image of God renewed in the heart, and producing all holiness of conversation. Can you doubt of this, when you remember, the Judge of all is likewise the Saviour of all! Hath he not bought you with his own blood, that ye might not perish, but have everlasting life? I make proof of his mercy, rather than his justice; of his love, rather than the thunder of his power! He is not far from every one of us; and he is now come, not to condemn, but to save the world. He standeth in the midst! Sinner, doth he not now, even now, knock at the door of thy heart? O that thou mayest know, at least in this thy day, the things that belong unto thy peace! O that ye may now give yourselves to Him who gave himself for you, in humble faith, in holy, active, patient love! So shall ye rejoice with exceeding joy in his day, when he cometh in the clouds of heaven. 41 Die fast pausenlos aneinandergereihten Frage- und Ausrufesätze waren eine wirkungsvolle Besonderheit methodistischer Predigten. Der darin zu beobachtende rasche Wechsel zwischen (häufig nur rhetorischer) Frage und emphatischem Ausruf riß den Hörer förmlich mit und ließ ihm keine Zeit, die in solchen Passagen meist enthaltenen, durch den syntaktischen Wechsel stilistisch unterstützten, logisch erscheinenden Folgerungen zu hinterfragen. Kurze Sätze mit vorwiegend einsilbigen, selten mehr als zweisilbigen Wörtern sorgten für zusätzliche Beschleunigung des Tempos, während eine Häufung parallel konstruierter Abschnitte, Sätze oder Satzteile die Botschaft des Predigers tief ins Gedächtnis des Hörers einprägte 41

Sermons, I, "The Great Assize", S. 189-205, hier S. 204-5.

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oder .einhämmerte', wie Newton den didaktischen Sinn des gern verwendeten Wiederholungseffekts in einem für ihn typischen Vergleich aus dem Alltagsbereich charakterisierte.42 In vielen Predigten fällt daneben auf, daß der Gedankengang einer Art Beweisführung entspricht, in der syntaktisch Kausal-, Konditional- und Konsekutivsätze vorherrschen, gelegentlich unterbrochen durch einen Konzessivsatz. Folglich findet man als einleitende Konjunktionen besonders häufig Wörter wie "because", " i f " , "therefore", "so that", "indeed ... but". Die Prediger verglichen den Eindruck ihrer Worte gern mit Blitzschlag, Waffen oder wohlgezielten Schüssen und fanden damit ein anschauliches Bild für die Wirkung auf den im wahrsten Sinne des Wortes .getroffenen' Hörer: The Word, through the mighty Power of God, was sharper than a two-edged sword. [It] made its way like lightning into the hearers' consciences. The arrows of conviction stuck fast ... 4 3

Verstand und Gewissen eines .verhärteten Sünders' wurden gleichsam bombardiert durch massiert eingesetzte adhortative Ausrufe, die durch "see!", "hark!" oder "consider!" eingeleitet wurden. Consider, when you leave your families, that it may be the closing interview! Consider, when you rise from your provisions, that it may be the last of which you may ever partake! Consider, when you leave your dwelling, that you may be borne back on the shoulders of your neighbours! Consider, when you are hearing a sermon, that it may be your dying warning! Consider, when you retire to sleep, that before morning you may awake in eternity! You may find yourselves charmed with the sound of pious beings praising God, and be encircled with the cloudless beams of the sun of glory; or be stunned by the thundering roar of hell fire; and the terrifying shrieks of the lost, and shrouded in the blackness of darkness that will continue for ever! 44

Die Unmittelbarkeit und Direktheit der Ansprache, die unter anderem durch solche Anreden an den einzelnen Hörer erzielt wurde, zeigte Wirkung, wie mancher Tagebucheintrag beweist. "When he [John Wesley] did speak, I thought his whole discourse was aimed at me", heißt es in John Nelsons Memoirs, der, wie auch andere Zeitgenossen für sich festhalten, glaubte, daß der Prediger ihn allein während der ganzen Predigt 42

Newton, Sermons, V, "Preface", 15.4.1786, S. 2: 'When the strokes of a hammer are often repeated, not one of them can be deemed superfluous; the last, which drives the nail to the head, being no less necessary than any of those which preceded it." 43 Davis (ed.), Whitefield, Journal, S.74. 44 Nelson, Sermons, No. I, "On the Improvement of Time", S.73.

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im Auge behalten habe: "[he] turned his face towards me where I stood, and I thought fixed his eyes upon me." 4 5 Im Unterschied zur herkömmlichen Praxis sprachen die methodistischen Prediger nicht in der 1. Person Plural. Sie verwendeten vorzugsweise " I " and "you/thou", was die persönliche Betroffenheit von Sprecher und Hörer auch sprachlich sinnfällig machen sollte. Die Predigt richtete sich nicht an ein Publikum als Menge sondern als Individuen. Jeder einzelne davon sollte durch drängende Fragen zu einer Entscheidung gebracht, durch bestätigende Ausrufe in seinem Gedanken unterstützt und gestärkt werden. Die Prediger versuchten dem einzelnen Hörer klarzumachen, daß er sich in einer inneren Krisensituation befand, die jetzt, nicht irgendwann, eine eindeutige Entscheidung für Gott erforderte. Der Prediger half dem Hörer bei der Entscheidungsfindung. Er zeigte ihm auf, wie sehr sein Leben von einem christlichen Leben im Geiste des Evangeliums abwich, und stellte ihm Gottes Barmherzigkeit als Lohn für die Anstrengung der Umkehr in Aussicht - eine Barmherzigkeit, die im Neuen Testament Zöllner und Huren erfahren hatten. Here is comfort, high as Heaven, stronger than death! What! Mercy for all? For Zaccheus, a public robber? For Mary Magdalene, a common harlot? Methinks I hear one say, Then I, even I, may hope for mercy! And so thou mayest, thou afflicted one, whom none hath comforted! God will not cast out thy prayer. Nay, perhaps He may say the next hour, 'Be of good cheer, thy sins are forgiven thee'; so forgiven, that they shall reign over thee no more; yea, and that 'the Holy Spirit shall bear witness with thy spirit that thou art a child of God. ' O glad tidings! Tidings of great joy, which are sent unto all people! 'Ho, every one that thirsteth, come ye to the waters: Come ye and buy without money and without price.' Whatsoever your sins be, 'though red like crimson', though more than the hairs of your head, 'return ye unto the Lord, and He will have mercy upon you; and to our God, for He will abundantly pardon.' 46

Dramatik, Spannung und Gewicht erhielten Predigtabschnitte, wenn Wiederholungen retardierend den Abschluß eines Satzes hinausschoben, der sich dadurch, wie im folgenden Beispiel, als Klimax der eingeschobenen fünf Temporalsätze entpuppt und geradezu nach den anschließenden Ausrufen verlangt, welche die Fassungslosigkeit des nach Worten und Argumenten zu ringen scheinenden Predigers widerspiegeln. Why make so much ado? Well, because amidst all this exertion; while promises are tendered, and threatenings are thundered, - while time is fleeting away, 45 46

Memoirs, zit. nach Lady Huntingdon's Wesley, Sermons, II, S. 127.

Life, I, S.251.

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while death is suddenly carrying off your neighbours and relatives - while angels are feelingly interested in your welfare, - and if they are capable of such sensations, are waiting with anxiety the issue of your lives, - while you are in the most imminent danger, even upon the very brink of hell, - you are unconcerned.

Amidst all this you fold your arms and compose yourselves to

rest. O! that I could rouse you. O! that I could instruct and alarm you. O ! that I could tear the fatal bandage from your eyes, and become the instrument of inducing you to "Seek the Lord while he may be found, and to call upon him while he is near. ' ' Unthinking men, I have a message from God unto you. It may be unpleasant, but I must deliver it. Let me inform you: Your danger is extreme. You are suspended by a thread slender as an hair. Suspended over what? Over your eternal destiny, over the mouth of hell, the lake that burneth with fire and brimstone. The winds of divine vengeance already shake you over the gulph. You may tremble another moment, but O! if the storm arise - and unless you seek for pardon - arise it must - then the thread breaks, and you drop into the fathomless depths of the bottomless pit.47

Daß sich wenige der .Macht des Wortes', wie Wesley formulierte, entziehen konnten, wirkt verständlich, berücksichtigt man neben dem Predigtinhalt das Zusammenwirken von innerer Verfassung mancher Hörer und dem psychologischen Eindruck von Predigtort und Hörermassen sowie nicht zuletzt die Ausstrahlung vieler Prediger:

"His

countenance struck such an awful dread upon me, before I heard him speak, that it made my heart beat like the pendulum of a clock" (Nelson). Mancher fühlte einen Ausruf wie " G o d calleth thee now by my mouth" (John Wesley) auf sich gemünzt. Manchem Hörer erschien der Prediger als "the messenger of Heaven", wie der Rev. Thomas Leicester bei seinen Predigtreisen bezeichnet wurde, wenn er seine Vorträge mit der Wendung "Thus saith the L o r d " einleitete und gliederte.48 Die Prediger faßten sich in der Tat als .Instrument', als Sprachrohr Gottes auf, wenn sie besonders auf jene Hörer abzielten, die, wie Wesley sagte, sich .nicht betroffen glaubten': " Ί have a message from God unto thee'. In His name I warn thee to 'flee from the wrath to c o m e ! ' " Der in methodistischen Predigten auffällig häufige Rückgriff auf Formulierungen, Bilder und Gleichnisse aus der Heiligen Schrift machte die Nähe und Autorität Gottes beinahe greifbar: " I believe many felt the power of the word, or rather, of God speaking therein" ( JWJ,

4.8.1788).

Die führenden Methodisten betonten immer wieder den Vorbildcharakter

41 48

Nelson, " O n the Improvement of T i m e " , S. 31. Thomas Webster, Sermon on... the Death of the Rev. Thos. Robinson, S.7, zitiert nach Sangster, Pity, S. 120.

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und unerschöpflichen Reichtum der Schrift an nicht zu übertreffenden, anschaulichen und schlagkräftigen Zitaten, von denen sie ausgiebig Gebrauch machten. Newton, der die verschiedenen Bücher seiner Bibliothek nach ihrem Gehalt mit Zahlungsmitteln oder Edelmetallen verglich und die wertvollsten Stücke als "silver books; and a very few golden books" bezeichnete, sparte für die Bibel das höchste Lob auf: "I have one book worth more than all, called the Bible; and that is a book of bank-notes."49 In einem Brief an "A Student of Divinity" empfiehlt er das Bibelstudium wärmstens: "The original Scriptures well deserve your pains and will richly repay them". 50 Die gesamten schriftlichen Äußerungen der Methodisten bis hin in ihre persönlichen Briefe und Tagebuchaufzeichnungen sind durchzogen und gefärbt von Bibelrhetorik und -idiom. Wie bei Wesley, der sich als "homo unius libri"51 bezeichnete, waren viele Prediger so vertraut mit dem Wort Gottes, daß das passende Zitat immer zur rechten Zeit präsent war. In den Predigten flöß es wie selbstverständlich in den Text ein, entweder als längerer Abschnitt oder in vielen Teilsätzen. Art thou a "partaker of the divine nature?" Knowest thou not, that "Christ is in thee, except thou be reprobate?" Knowest thou, that G o d "dwelleth in thee, and thou in God, by his Spirit, which he hath given thee?" Knowest thou not that "thy body is a temple of the H o l y Ghost, which thou hast of G o d ? " Hast thou the witness in thyself? The earnest of thine inheritance? Art thou "sealed by that Spirit of Promise, unto the day of redemption?" Hast thou "received the H o l y G h o s t ? " Or, dost thou start at the question, not knowing "whether there be any H o l y Ghost?" 5 2

Die häufigen Verweise und Anspielungen auf Schriftstellen sowie die Zitate und Formulierungen aus der Bibel machten den Predigtvortrag rhetorisch lebendig und farbig. Vor allem gab der inhaltliche Bezug auf die Bibel der Argumentation des Predigers ungleich größere Bedeutung als der Rückgriff auf andere Quellen. Was zentrale theologische Fragen anbelangte, insbesondere zur Soteriologie, war deshalb für Methodisten die Bibel die maßgebliche Quelle für stichhaltige Antworten, nicht später entstandene theologische Sekundärliteratur. Mit diesem Standpunkt setzen die Prediger ein deutliches Gegengewicht zu zeitgenössischen spekulativtheoretischen Predigten, wie sie von vielen Geistlichen der anglikanischen Kirche zu hören waren. 49

Newton, Works (Cecil), "Table Talk", I, S. 108. Parkin, "Newton", S.39. " Sermons, I, "Preface", S. 4. 52 Wesley, Sermons (Ausgabe von 1825), Bd. I, "Awake thou that sleepest", S.24, §8. 50

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I have [...] set down in the following sermons, what I find in the Bible concerning the way to Heaven; with a view to distinguish this way of God from all those which are the inventions of men. I have endeavoured to describe the true, the scriptural, experimental religion, so as to omit nothing which is a real part thereof and to add nothing thereto which is not. (John Wesley, Sermons I, Preface, S . 4 - 5 , §6) Die Prediger betrachteten also die Heilige Schrift als "standard of language as well as sentiment". 53 Inhaltlich bezog sich ein großer Teil der Predigten direkt auf biblische Gleichnisse oder illustrierte wichtige theologische Lehr- und Glaubenssätze, die von einer als Exposition zitierten Bibelstelle her entwickelt wurden. Man kann den Charakter solcher Predigten mit Newtons Formulierung treffend als "Expository Discourses on Scriptural Passages" beschreiben. Die Prediger erläuterten nämlich häufig Satz für Satz des gewählten Gleichnisses oder Zitats, nachdem sie einleitend die relevanten historischen Verhältnisse zur Abfassungszeit der jeweiligen Passage skizziert hatten. Anspielungen auf zeitgenössische Begebenheiten und Seitenhiebe auf fragwürdige Gepflogenheiten der Gegenwart waren häufig. In dem folgenden Predigtausschnitt etwa stellten die kritischen Hinweise auf den Pomp der Leichenaufbahrung einen zeitkritischen und unvermittelten, aktuellen Bezug zum Alltag der Hörer dar.

[...] 4. But see the scene change again! "The rich man also died." - What! must rich men also die? Must they fall "like one of the people"? Is there no help? A rich man in London, some years ago, when the Physician told him, 'He must die,' gnashed his teeth, and clenched his fist, and cried out vehemently, 'God, God, I won't die!' But he died with the very words in his mouth - "And was buried"; doubtless, with pomp enough, suitable to his quality: although we do not find there was then, in all the world, that exquisite instance of human folly, that senseless, cruel mockery of a poor putrefying carcase, what we term lying in state! 5. ' 'And, in hell he lifted up his eyes. " — O, what a change ! How is the mighty fallen! But the word which is here rendered hell, does not always mean, the place of the damned. It is, literally, The invisible world; and is of very wide extent, including the receptacle of separate spirits, whether good or bad. But here it evidently means, that region of Hades where the souls of wicked men resided, as appears from the following words: "Being in torment:" - in order, 53

John Wesley im Brief an John Newton, JWL, V, S.8. Siehe auch Lawton, English, S. 190ff.

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Wesley's

say some, 'to atone for the sins committed while in the body, as well as to purify the soul from all its inherent sin. ' 54

3. Exakte Begriffsbestimmungen und Vorliebe für klare Gliederung Wie der vorstehende Abschnitt zeigt, legten die Prediger Wert auf exakte Begriffsbestimmungen und eindeutige Klärung ambivalenter Termini, hier des Wortes „hell". Insgesamt kann man in den methodistischen Predigten die Tendenz feststellen, außer theologischen Zentralbegriffen auch Vorstellungsinhalte fremdländischer Kulturen und Religion, Rechtsnormen und ungebräuchliche Maß- und Wertangaben der Bibel in Begriffe zu übertragen, welche den Hörern vertraut waren. In Predigten, die fundamentale theologische oder philosophische Auffassungen darlegten, war es außerdem ganz besonders wichtig, Übereinstimmung in der Bedeutung zentraler Termini zwischen Prediger und Hörern herzustellen. Deshalb lassen sich in vielen Predigten zum Teil umfangreiche Definitionsversuche nachweisen. Die einleuchtende Notwendigkeit der Vorbereitung einer eindeutigen Verständigungsgrundlage hält Wesley sogar in seiner Predigt einmal grundsätzlich fest: [...] it is absolutely necessary to define the term; to fix the precise meaning of the word in question. Unless this is done, men may dispute to the end of the world, without coming to any good conclusion. This is one great cause of the numberless altercations which have been on the subject. Very few of the disputants thought of this; of defining the word they were disputing about. The natural consequence was, they were just as far from an agreement at the end, as at the beginning.55

Wie ihre anglikanischen Amtsbrüder verwandten die meisten methodistischen Prediger auch große Sorgfalt auf eine systematische Unterteilung ihrer Ausführungen, die sie als Gliederungsstruktur vortrugen, bevor sie sich an die Untersuchung der verschiedenen Gesichtspunkte machten. Die homiletische Technik weist bei den einzelnen Predigern nur geringfügige Unterschiede auf. Eingangs zitieren sie die Bibelstelle, von der sie ausgehen und deren Zusammenhang mit dem Text, aus dem sie entnommen ist, kurz erklärt wird. Manchmal folgt eine Paraphrase dieser Stelle, 54 55

John Wesley, Sermons (Beecham), "Dives and Lazarus", Bd. II, S. 663-64. Sermon LXXV, "The Case of Reason Impartially Considered", Bd. II, S. 189-190.

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dann der in durchschnittlich drei bis fünf Punkte unterteilte Hauptteil der Predigt. Bei einer Predigt über eine bestimmte Bibelstelle oder über biblische Aussagen zu einer bestimmten Frage beschäftigen sich die einzelnen Abschnitte mit einer genauen Exegese, welche Übersetzungsvarianten ebenso berücksichtigt wie feine Bedeutungsunterschiede zwischen dem ursprünglichen Hebräisch oder Griechisch. In der Mehrzahl behandeln die methodistischen Predigten praktische moraltheologische und ethische Fragen und versuchen, konkrete Handlungsanweisungen und Hilfe zur Bewältigung des christlichen Alltags zu geben. Wesleys fünfzehn Predigten über die Bergpredigt sind ein gutes Beispiel für dieses Anliegen, etwa die Predigten "The Use of Money", "On Charity", "On the Education of Children" oder die verschiedenen Predigten über die Gefahren des Reichtums, um nur einige Themen dieses einen Predigers zu nennen. In solchen Predigten bilden anschauliche Analogien Parallelen zwischen Bibeltext und aktueller Situation der Hörer. Eine Zusammenfassung der wichtigsten Punkte leitete den Schluß ein, den viele Prediger zutreffend "plain practical conclusion" nannten und damit den Tenor schon angaben. Rhetorisch als applicatio bekannt, zog dieser Teil die wichtigsten, auf das Leben und die Zeitumstände des Hörers anwendbaren Lehren aus den besprochenen Bibelstellen und Predigterläuterungen. Diese Predigtstruktur, deren nüchterne Gliederung auch durch die durchnumerierten Predigtabschnitte als Ordnungssystem erkennbar ist, entsprach guter alter englischer Predigttradition und findet sich schon beispielhaft bei Tillotson oder Butler sowie in Predigten des 17. Jahrhunderts. In dieser Hinsicht folgten die Methodisten in der Regel also bewährten Vorbildern, freilich unterschiedlich stark. Der gelehrte Wesley bediente sich der seinem ordnenden Geist entgegenkommenden klaren Struktur ebenso gern wie der Autodidakt Newton, der sich im Selbststudium Fertigkeiten aneignete, welche andere Geistliche im Universitätsstudium erworben hatten. Whitefield und Grimshaw dagegen brachen gern aus der Bahn vorgezeichneter Predigtgliederungen aus und vertieften in Exkursen jene Ausführungen, die vor dem jeweiligen Publikum und unter den besonderen Umständen die größte Wirkung versprachen. Da sich wenige Prediger an die von ihnen selbst empfohlene Kürze hielten, hatte eine klare, in der Predigt immer wieder aufgegriffene Gliederung zweifellos den Vorteil, dem Hörer den Gedankengang nachvollziehbar in Erinnerung zu rufen und die Entwicklung der Gedankenschritte augenfällig zu machen. Bei Newtons "Sermon II (preached at Olney)" stehen die Angabe der Bibelstelle und das wörtliche Zitat an der Spitze seiner Ausführungen: 76

'Math. XI, 25. At that time Jesus answered and said I thank thee, O Father, Lord of heaven and earth, because thou hast hid these things from the wise and prudent, and hast revealed them unto babes.' 56

Eine Einleitung von etwa einer Seite schließt sich an, in der der Autor aufzeigt, daß Jesus Umgang mit allen Menschen pflegte, auch mit denen, die von ihrer Umwelt verachtet wurden. Nach dieser historischen Ausweitung und Erläuterung des zeitgenössischen Kontexts weist der Prediger auf die Aktualität des Abschnittes für den gegenwärtigen Hörer hin und stellt fünf Schwerpunkte in seiner Predigt heraus: There is something observable in this passage which will be of continual use and application, so long as the Gospel shall be preached. For as it was then, so it is still: the things that are hid from the wise and the prudent are revealed unto babes. Five particulars offer from the words for our consideration. I. II. III. IV.

What may be intended by these things? Where and in what sense they are hid? From whom? The wise and the prudent. How the knowledge of them is to be obtained? By revelation: thou hast revealed. V. Who are thus favoured? Babes, (ebd., S. 3 7 0 - 7 1 )

Die Hauptabschnitte werden in der Predigt weiter aufgegliedert, so daß zum Beispiel Abschnitt II in zwei große Unterabschnitte zerlegt wird ("1. Where are they hid?", "2. In what sense they are hid?"). Der Autor gliedert dann beide Unterabschnitte erneut auf, und zwar Abschnitt 1 in zwei je zweifach unterteilte Blöcke und Abschnitt 2 in drei Absätze (S.373ff.). Newton hatte bekanntlich ständig ein überfülltes Gotteshaus, wenn er predigte. Wie bei anderen erfolgreichen Methodisten schätzten seine Hörer offensichtlich die durch seine übersichtlichen Gliederungen geförderte logische Entwicklung seiner Gedanken und den leicht nachvollziehbaren Aufbau seiner Predigten. Nicht zufällig empfahl Newton den künftigen Theologiestudenten das Studium der Logik, "[which] will much assist you in composing and speaking properly and acceptably". Aus eigener Erfahrung hielt er auch das Zuhören bei möglichst vielen erfolgreichen Predigern für gewinnbringend: You will find advantage by attending as much as you can on those preachers whom God has blessed with much power, life, and success in their ministry. The goal of such attendance is to observe their excellencies and faults. 57 56

Newton, Works (Cecil), II, S.369ff. "Parkin, "Newton", S.39.

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4. Predigtlänge Daß eine vernünftige Gliederung einen Prediger davor bewahren konnte, von seinen eigenen Ausführungen fortgerissen zu werden und darüber die Zeit und Aufnahmefähigkeit der Hörer zu vergessen, war ein zusätzlicher Vorteil einer gut durchdachten Predigt. Über die richtige und zumutbare Länge der Predigt gingen jedoch die Meinungen der Methodisten bei aller Einigkeit darüber, daß Gutes durch mehr nicht besser wird, weit auseinander. Den zeitgenössischen Zeugnissen nach liefen die Predigten eher Gefahr, zu lang zu geraten als zu kurz auszufallen. Zwei Stunden Predigtzeit wurde jedoch von den meisten Predigern als absolute Obergrenze angesehen, wenn auch nicht immer eingehalten. Wesley und Newton wandten sich am entschiedensten gegen solch weitschweifige Vorträge. Sie empfahlen etwa eine Stunde als voll ausreichend und zählten viele gute Gründe dagegen auf, von diesem Vorschlag abzuweichen. Newton tut dies mit für ihn typischen, anschaulich einprägsamen Bildern, z.B. in einem Brief, in dem er Langeweile als Feind der Erbauung ebenso ins Feld führt wie Haushaltspflichten oder private religiöse Übungen. If an angel was to preach for two hours, unless his hearers were angels likewise, I believe the greater part of them would wish he had done. It is a shame it should be so, but so it is; partly through the weakness, and partly through the wickedness of the flesh, we can seldom stretch our attention to spiritual things for two hours together without cracking it, and hurting its spring; and when weariness begins, edification ends. Perhaps it is better to feed our people like chickens, a little and often, than to cram them likewise turkeys, till they cannot hold one gobbet more. Besides, over-long sermons break in upon family concerns, and often call off the thoughts from the sermon to the pudding at home, which is in danger of being over-boiled. They leave likewise but little time for secret or family religion, which are both very good in their place, and are entitled to a share in the Lord's Day. 58

Wesley richtete sich u.a. ebenfalls brieflich gegen den verbreiteten .großen Irrtum' zu glauben, ,je länger eine Predigt sei, um so mehr Gutes bewirke' sie. Einer Beschwerdeführerin aus Irland gab er den Rat, Prediger, die das Amen nicht .innerhalb höchstens einer Stunde' fänden, .ständig daran zu erinnern, was methodistische Regel sei'. Er fügte hinzu: "The help done on earth God doth it Himself; and he doth not need that we should use many words." Zweien seiner Wanderprediger drohte er schriftlich 58

Cairns, "Newton", S.49. Brief vom 10.9.1771 an Mr. C[ecil], Works, S.343.

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Konsequenzen für den Fall an, daß sie nicht aufhörten, ,lang zu predigen': " I shall think it my duty to prevent your preaching at all among the Methodists." 59 Mancher Prediger führte freilich bedenkenswerte Argumente dafür ins Feld, die Länge der Predigt von den jeweiligen Umständen abhängig zu machen: Einerseits bedarf eine begriffsstutzige, verstockte Gemeinde längerer Einwirkung durch den Prediger, andererseits muß der Prediger die Gelegenheit einer einmal versammelten Zuhörerschaft nach besten Kräften nutzen. Grimshaw wußte, wovon er sprach, als er in diesem Sinne seine mehr als zweistündigen Predigten rechtfertigte. Er wirkte in einer Landgemeinde, in der nicht nur das niedrige geistige Niveau der Hörer einen einfallsreichen und geduldigen Prediger erforderte. Geduld und Hartnäckigkeit war auch bei dem Versuch nötig, die Gemeinde auf den rechten Lebenspfad zu bringen. Gastprediger, die mit seinen Gemeindemitgliedern aus Unkenntnis zu sanft umgingen, unterbrach Grimshaw selbst in der Predigt. So platzte er einmal in Whitefields Ausführungen, als dieser die Hörer aus Haworth — nach Meinung ihres Pfarrers Grimshaw unverdient - lobte, und rief " O h , Sir, for God's sake do not flatter them; I fear the greater part of them are going to hell with the eyes open." 6 0 Auf den Unterschied zwischen Stadt- und Landpfarrei anspielend, schrieb Grimshaw an Newton zum Thema Predigtlänge: If I were in some places, I might not think it needful to speak so much. But many of my hearers, w h o are wicked and careless, are likewise very ignorant and slow of apprehension. If they d o not understand me, I cannot hope to do them good; and when I think of the uncertainty of life, that, perhaps, it may be the last opportunity and that it is not impossible I may never see them again till the great day, I know not how to be explicit enough. I try to set the subject in a variety of lights. I express the same thoughts in different words, and can scarcely tell how to leave o f f , lest I should have omitted something, for want of which my preaching and their hearing should be vain. 6 1

Beschwerden von Hörern über strapaziöse Predigten sind in Tagebüchern und Briefsammlungen aus der Zeit übrigens äußerst selten. Die von Wesley aufgegriffene Klage aus Irland stellt beinahe einen Einzelfall dar, läßt man die zahlreichen, in diesem Zusammenhang aber nicht relevanten satirischen Anspielungen auf schier endlose methodistische Predigten 59

JWL, VI, S.255 und VII, S. 70. Sangster, Pity, S. 121 61 Ryle, 5 Christian Leaders, S.57. 60

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außer acht. Die lebendige, auf die jeweiligen Zuhörer abgestimmte anschauliche Vortragsweise der einzelnen Redner trug wohl entscheidend dazu bei, daß dem Publikum selten die Zeit lang wurde.

5. Vortragsweise Zeitgenössische Zeugnisse enthüllen aufschlußreiche Einzelheiten über die Qualitäten der jeweiligen Prediger. Sie geben Hinweise darauf, weshalb ein bestimmter Redner bei den Hörern „ a n k a m " . Oft ist es die markante, kantige Persönlichkeit des Predigers, der einprägsame Worte findet und durch seinen gewaltigen Eindruck beim Publikum Einsicht weckt. Oft ist es die Leichtigkeit, mit der er verständliche, klare Formulierungen findet für diffizile Sachverhalte. Fast immer ist es jedoch der leidenschaftliche Einsatz der Predigt als Mittel zum Zweck, vor dem selbst rhetorisches Decorum zweitrangig erscheint: "That is the best cat which catches the most mice." Die literarische Würdigung der methodistischen Predigt darf diesen Aspekt nie vergessen. Der seelsorgerliche Erfolg war es, der fast jeden Predigtstil und jede Vortragsweise rechtfertigte und den Predigern oft wichtiger als die Regeln der Kanzelrhetorik erschien. Eine Betrachtung der Predigten, losgelöst von ihrem Zweck, Sünder zur Umkehr zu bewegen, ergibt bestenfalls eine einseitige und dem Gegenstand letztlich unangemessene Stilstudie. Sie läßt die Funktion einer „angewandten Literaturgattung" unberücksichtigt. Diese zweck-gerichtete Funktion der Predigt steht im Urteil manches Zeitgenossen deutlich im Vordergrund und relativiert nicht zu leugnende Schwächen des einzelnen Redners. So beurteilte Wesley beispielsweise die rhetorische Leistung von Berridge aus Everton und seines Predigtkollegen Hicks getrennt von ihrer Wirkung: "neither of these gentlemen have much eloquence, but seem rather weak in speech", räumt aber bei Berridge ein "his word was with power". 6 2 Ähnlich John Newton, der in seiner Charakterisierung von Grimshaws Predigtstil ein überzeugendes Beispiel für diese verbreitete Differenzierung des Urteils liefert. He chose to deliver his sentiments in what he used to term "market-language". A n d though the warmth of his heart and the rapidity of his imagination might sometimes lead him to clothe his thoughts in words which even a candid critic could not justify, yet the general effect of his plain manner was striking and 62

Armstrong, Church of England, Methodism and Society, S. 126

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impressive, suited to make the dullest understand, and to fix for a time the attention of the most careless. Frequently a sentence which a delicate hearer might judge quaint or vulgar, conveyed an important truth to the ear, and fixed it on the memory for years after the rest of the sermon and the general subject were forgotten. Judicious hearers could easily excuse some escapes of this kind, and allow that, though he had a singular felicity in bringing down the great truth of the gospel to a level with the meanest capacity, he did not degrade them. The solemnity of his manner, the energy with which he spoke, the spirit of love which beamed in his eyes and breathed through his addresses, were convincing proofs that did not trifle with his people. I may give my judgement on this point, something in his own way, by quoting a plain and homely proverb which says, 'That is the best cat which catches the most mice.' His improprieties, if he was justly chargeable with any, are easily avoided; but few ministers have had equal success. But if his language was more especially suited to the taste of his unpolished rustic hearers, his subject matter was calculated to affect the hearts of all, whether high or low, rich or poor, learned or ignorant; and they who refused to believe were often compelled to tremble. 63 Henry Venn beurteilte Grimshaws Predigtwirkung genauso wie Newton. Sein deutlicher Seitenhieb auf die zeitgenössische Predigtpraxis in der etablierten Kirche unterstreicht ebenfalls, daß die Predigt seinem Verständnis nach nicht in erster Linie eine literarische ,Übung' ist. And, as in ancient times, before preaching was reduced to such a refinement, and alas! to such a cold and languid exercise [...] his people felt excited in their hearts deep sorrow for sin; and the whole congregation have been often seen in tears. 64 Rowland Hill oder Berridge waren ebenso berühmt-berüchtigt für ihre lebhaften Predigten in deutlicher, direkter Sprache, die Grimshaw unverblümt "market language" nannte und die Dr. Johnson als "familiarity and noise" verurteilte. Besonders eindrucksvoll, wenn auch widersprüchlich, ist das Bild von Whitefields "powerful eloquence" 6 5 in den Zeugnissen seiner Mitmenschen. Viele, besonders hochkirchlich gesinnte Zeitgenossen lehnten ihn wegen seines gefühlsbetonten, theatralischen Predigtstils ab, das einfache Volk aber feierte ihn stürmisch. Johnson führte seine Beliebtheit hauptsächlich auf seine .eigenartige', höchst individuelle Vortragsweise zurück, "a mixture of politicks and ostentation", 66 an der seine .ungebildeten Hörer' Gefallen fänden. "He would be followed 63

Ryle, 5 Christian Leaders, S. 32. Henry Venn, Life of Grimshaw, S. 33. 65 Boswell's Life of Johnson, Bd. I, S. 75. 66 Ebd., V, S.79. 64

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by crowds were he to wear a nightcap in the pulpit or were he to preach from a tree" (s. Seite 106ff.).67 Wesley, der nie den Gelehrten in sich verleugnen konnte, sah nicht ein, weshalb man die Absicht der Predigt nicht auch durch "knowledge, art, and elegance"68 erreichen können sollte. Er wandte sich daher gegen viele seinem Geschmack widerstrebende Praktiken, leugnete aber nicht die grundsätzliche Berechtigung der Auffassung, daß auch bei der Predigt der Zweck die Mittel heilige. In den von Fall zu Fall unterschiedlichen Predigtstilen sah er eine providentiell gedeutete, berechtigte Vielfalt, die jedem Hörer etwas geben konnte. How wise is God in giving different talents to different preachers. Even Mr. Whitefield's little improprieties, both of language and manner, were a means of profiting many who would not have been touched by a mere correct discourse, or a calm and regular manner of speaking. 69

Wesley ließ also durchaus von seinen Vorstellungen abweichende Prediger gelten, hielt selbst aber mehr auf äußere Formen, die er auch seinen Anhängern nahelegte. In seiner Abhandlung Directions Concerning Pronunciation and Gesture faßte er für seine Laienprediger wichtige Vorschriften zusammen, die eine würdige Vortragsweise garantieren sollten. Er warnte seine Leute davor, zu laut, zu leise, zu hastig oder zu langsam zu sprechen oder sich eine unnatürliche Intonation anzugewöhnen. Letzteres hielt er für besonders verwerflich. Er riet, als öffentlicher Prediger .genauso zu sprechen, wie in einer privaten Unterhaltung', also ohne affektierten Volksrednerton. [...] the greatest and most common fault of all is, the speaking with a tone: Some have a womanish, squeaking tone; some a singing or canting one; some an high, swelling, theatrical tone, laying so much emphasis on every sentence; some have an awful, solemn tone; others an odd whimsical, whining one, not to be expressed in words. 70

Gestik und Mimik zur Unterstreichung der Worte berücksichtigte Wesley ebenfalls in seiner kleinen Abhandlung und empfahl wohlgesetzte, sparsame Gesten: "Your hands are not to be in perpetual motion: This the ancients called the babbling of the hands" (§8). 6

' Ebd. II, S. 79. Immerhin erkannte Johnson Whitefields Wirken unter den .einfacheren Leuten' an: "He had devoted himself to the lower classes of mankind, and among them he was of use" (III, S.409). 68 Boswell, Life of Johnson, III, S.409. 69 JWJ, 28.1.1750. 70 JWW, XIII, S. 520.

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The hands should seldom be lifted higher than the eyes, not let down lower than the breast. Your eyes should always have your hands in view, so that they you speak to may see your eyes, your mouth, and your hands, all moving in concert with each other and expressing the same thing. (Ebd. § 5 und 6) Man kann davon ausgehen, daß sich Wesley selbst an diese Ratschläge hielt, wie er auch stilistisch ein Vorbild setzte, das nachzuahmen er seinen Anhängern nahelegte. Was er bei Whitefield noch als .kleine Ungehörigkeiten in Bezug auf Sprache und Vortrag' bezeichnete, hielt er bei seinen eigenen Leuten für völlig indiskutabel. Auch ein so großartiger Erfolg, wie ihn der Prediger John King in Philadelphia und Baltimore Mitte der siebziger Jahre verzeichnen konnte, bewegte Wesley nicht dazu, Abweichungen von seinen Vortragsrichtlinien zu tolerieren. In einem Brief an King bezeichnete er sich als das nachzuahmende Vorbild und forderte energisch, diesem Vorbild und dem Wort Gottes gemäß beim Predigen mehr Zurückhaltung zu üben. Scream no more, at the peril of your soul. God now warns you by me, whom He has set over you. Speak as earnestly as you can, but do not scream. Speak with all your heart, but with a moderate voice. It was said of our Lord, 'He shall not cry'; the word properly means, He shall not scream. Herein be a follower of me, as I am of Christ. I often speak loud, often vehemently; but I never scream, I never strain myself. I dare not; I know it would be a sin against God and my own soul.71 Was Wesley und Johnson an einem Prediger wie Whitefield mißfiel, war, daß er große Teile seiner Predigten durch Gesten, Tonfall und dramatischen Monolog so engagiert vortrug, daß er meist als der geborene Schauspieler apostrophiert wurde, der erheblich vom Bild des orthodoxen Predigers abwich. Bei Whitefields Temperament wäre es undenkbar gewesen, etwa seine Hände auf einen Aktionsradius zwischen Kopf und Brust einzuschränken. Bei ihm konnte es mitten in der Predigt vorkommen, daß er mit dem Fuß auf den Boden stampfte, die Arme gegen Himmel stieß und den Erzengel Gabriel zum Innehalten im Flug aufforderte: "Stop, Gabriel, stop, ere you enter the sacred portals, and yet carry with you the news of one sinner converted to God." 7 2 Der Philosoph David Hume, Verfasser von A Treatise of Human Nature and Dialogues Concerning Natural Religion, Augenzeuge auch dieser Predigt und bestimmt kein Anhänger der Methodisten, konnte seine Bewunderung von Whitefields dramatischer Vortragsweise dennoch nicht unterdrücken: 71 72

JWL, VI, S. 167. Sketches, S. 264.

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" I t was accompanied with such animated yet natural action, that it surpassed any thing I ever saw or heard in any other p r e a c h e r " (ebd.). Whitefield vermochte zum Beispiel in einer Predigt die Beschreibung eines Menschen, der blindlings auf einen A b g r u n d zugeht, so zu dramatisieren, daß seine H ö r e r aufgeregt v o n ihren Sitzen sprangen, um den vermeintlich Absturzgefährdeten durch warnende Z u r u f e aus der lebensbedrohlichen Situation zu retten. In N e w York soll Whitefield eine Gruppe von Seeleuten in höchste A u f r e g u n g versetzt haben, als er in einer Predigt einen Schiffsuntergang vor dem inneren A u g e der H ö r e r entstehen ließ oder, zutreffender gesagt, vorspielte. In der Haltung und mit dem T o n f a l l eines v o n der Katastrophe unmittelbar Betroffenen beschwor er mit drei unheilschwangeren Fragen und sieben Ausrufen die Atmosphäre v o n Panik und Katastrophe so lebensecht herauf, daß die Seeleute auf seine rhetorische Frage " W h a t n e x t ? " das K o m m a n d o zum Klarmachen des Rettungsbotes ausstießen: " T h e long b o a t ! take to the long b o a t ! " Die Steigerung v o n der eingangs knapp skizzierten friedlichen Stimmung bis hin zum entsetzlichen Höhepunkt vollzog W h i t e f i e l d in wenigen kurzen Sätzen, die durch gekonnt gesetzte theatralische E f f e k t e eine nicht zu überbietende Eindringlichkeit gewannen. Die Verwendung des Präsens als Erzählzeit bei solch hochdramatischen Szenen war ein weiterer wirkungsvoller Kunstgriff Whitefields. Well, my boys, we have a clear sky, and are making fine head-way over a smooth sea, before a light breeze, and we shall soon lose sight of land. But what means this sudden lowering of the heavens, and that dark cloud arising from beneath the western horizon? Hark! Don't you hear distant thunder? Don't you see those flashes of lightning? There is a storm gathering! Every man to his duty! H o w the waves rise, and dash against the ship! The air is dark! The tempest rages! Our masts are gone! The ship is on her beam-ends! What next?73

Whitefields starkes Schielen, das ihm bei seinen Gegnern den Spitznamen „ D r . S q u i n t u m " einbrachte, konnte seinen E r f o l g als Publikumsmagnet nicht gefährden. Seine persönliche Ausstrahlung überdeckte dieses Gebrechen spielerisch, und seine Popularität als Prediger stellte bereits zu seinen Lebzeiten die Leistungen der übrigen Methodisten in den Schatten. " H e is the chief topic o f private c o n v e r s a t i o n " , schrieb John Byrom begeistert an seine Frau über Whitefield, nachdem er ihn in L o n d o n gehört hatte: " H e had lords, dukes, &c. to hear him at Blackheath, w h o gave guineas and half guineas f o r his orphan house." 7 4 W a l p o l e , 73 74

Ebd., S.266. 14.6.1739, Byrom, Chetham ed., II, S.245-6.

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Chesterfield, Benjamin Franklin und die Frau Jonathan Edwards' äußerten sich nicht weniger bewundernd über ihn. Der berühmte Schauspieler Garrick war angeblich bereit, £50 dafür zu geben, wenn er Whitefields modulationsfähige Stimme besessen und den Ausruf " O h " so ausdrucksstark hätte aussprechen können wie Whitefield, von dem er behauptete, er habe seine Zuhörer allein durch die unterschiedliche Intonation des Wortes " M e s o p o t a m i a " zu Tränen rühren und zu Lachstürmen hinreißen können. 75 Stimme, Vortragsweise und Argumentationsführung ließen Whitefield manchem Hörer unwiderstehlich erscheinen. " H e speaks from a heart all a g l o w " , schrieb die Frau Jonathan Edwards', die Whitefield o f t in Amerika predigen hörte, " a n d pours out a torrent of eloquence which is almost irresistible." 76 W i e sie waren viele fasziniert von seiner geradezu charismatischen Ausstrahlung, mit der er Tausende in seinen Bann zog: Y o u have heard o f his deep-toned, yet clear and melodious voice. It is perfect music. It is wonderful to see what a spell he casts over an audience by proclaiming the simplest truths of the Bible. I have seen upwards o f a thousand people hang upon his words with breathless silence, broken only by an occasional half-suppressed sob. H e impresses the ignorant, and not less the educated and refined. 7 7

Whitefields Gabe als Redner machte ihn von A n f a n g an zu einem begehrten Prediger. W o er sprach, schnellten die Kollektenergebnisse in die Höhe. In St. Swithin's stieg das Sammelergebnis von den üblichen ,zehn Shilling' auf £8, " £ 3 of which were in half pence", wie die dortige Zeitung Mitte September 1737 vermeldete. 78 Dies war die erste Pressenotiz, die Whitefield als Prediger lobend kommentierte. Whitefield war zwar ärgerlich, daß die Kollektensumme vom Redakteur zum Gradmesser seiner rapide wachsenden Beliebtheit gemacht wurde, doch blieb er nicht unbeeindruckt von der Wirkung, die er auf andere Menschen ausübte. Noch am A n f a n g seiner Karriere, trug er nach einer Predigt in Bristol in sein Tagebuch seine Genugtuung über die zahlreichen Zuhörer ein: It was wonderful to see how the people hung upon the rails o f the organ l o f t , climbed upon the leads o f the church, and made the church itself so hot with their breath, that the steam would fall f r o m the pillars like drops o f rain. Sometimes, almost as many would g o away, f o r want o f r o o m , as came in;

King, "Whitefield", S. 166. Townsend, A New History, I, S.274. 77 Ebd. 78 Whitefield, Journal, S. 80. 75

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and it was with great difficulty that I got into the desk, to read prayers or preach. Persons of all denominations flocked to hear. Persons of all ranks, not only publicly attended my ministry, but gave me private invitations to their houses. (Journal, S. 77) Das vielleicht eindrucksvollste Zeugnis über Whitefields Predigtkunst stammt von Benjamin Franklin, der zwar als Drucker von Whitefields Predigten und Tagebüchern geschäftlich mit ihm verbunden war, religiös seinem gelegentlichen Auftraggeber Zeit seines Lebens aber skeptischdistanziert gegenüberstand. In seinem Tagebuch sagt Franklin zu Whitefield: ... methinks my testimony in his favour ought to have the more weight as we had no religious connexion. He used, indeed, sometimes to pray for my conversion, but never had the satisfaction of believing that his prayers were heard. 79 Die Predigt, auf die er sich in seinem Tagebuch bezieht, sollte Whitefields Plan finanzieren helfen, ein Waisenhaus in Bethesda/Georgia zu errichten. Franklin sah zwar die Notwendigkeit dieser Einrichtung ein, weil viele Einwanderer bald nach ihrer Ankunft in der neuen Heimat starben und hilflose Kinder zurückließen. Er hielt aber Philadelphia aus vielen praktischen Gründen für den geeigneteren Standort. This I advised; but he [Whitefield] was resolute in his first project, rejected my counsel and I therefore refused to contribute. I happened soon after to attend one of his sermons, in the course of which I perceived he intended to finish with a collection, and I silently resolved he should get nothing from me. I had in my pocket a handful of copper-money, three or four silver dollars, and five pistoles in gold. As he proceeded I began to soften, and concluded to give the coppers. Another stroke of his oratory made me ashamed of that, and determined me to give the silver; and he finished so admirably that I emptied my pocket wholly into the collector's dish, gold and all! At this sermon there was also one of our club, who being of my sentiments respecting the building in Georgia and suspecting a collection might be intended, had, by precaution, emptied his pockets before he came from home. Towards the conclusion of the discourse, however, he felt a strong desire to give, and applied to a neighbour who stood near to him to lend him some money for the purpose. The application was unfortunately made to perhaps the only man in the company who had the firmness not to be affected by the preacher. His answer was, "At any other time, Friend Hopkinson, I would lend to thee freely, but not now, for thee seems to me to be out of thy right senses." (Ebd.) 79

North, Philanthrophy,

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S. 162.

IV. Zeitgenössische Reaktionen 1. Große Zuhörerscharen bei methodistischen Predigten Der heutige Leser von methodistischen Predigten muß auf den unmittelbaren Eindruck der Ausstrahlungskraft dieser Männer verzichten und findet es oft schwer, die Attraktivität ihres Vortrags richtig einzuschätzen. Besonders erstaunlich muten die Hörerzahlen an, die sich in vielen zeitgenössischen Quellen finden. Die Angaben der Prediger oder ihrer Anhänger sind sicher nicht immer glaubwürdig, sondern dürften oft zu hoch gegriffen sein. John Wesleys Predigten am 31.12.1738 in St. George's, Spitalfields, "to many thousands and to a yet more crowded congregation at Whitechapel in the afternoon" ( JWJ) haben sicher vor kleineren Hörerscharen stattgefunden, berücksichtigt man die örtlichen Gegebenheiten. Whitefield, der die größten Menschenmengen anzog, dürfte mit seiner Schätzung näher an die Wirklichkeit herankommen, er habe in Kingswood innerhalb weniger Tage einen Anstieg der Hörerzahl von 200 Bergleuten auf über 2.000 erlebt (17.2.-21.2.1739). Doch " n o less than thirty thousand" als Zuhörerzahl bei seiner ersten Predigt auf Kennington Common, einer berüchtigten Hinrichtungsstätte, klingt übertrieben. Byrom gibt die Menschenmengen bei Whitefields Predigten in der Umgebung Londons gar mit ,fünf- bis fünfzigtausend' an, während verschiedene Wochen- und Monatsmagazine von .zwölf- bis dreißigtausend' ausgehen.80 Teilnehmer an den Predigten kamen oft zu ganz unterschiedlichen Zahlen, was angesichts der Schwierigkeiten einer annähernd genauen Schätzung nicht verwundert. Das Gentleman 's Magazine, das wiederholt über Whitefields Predigten schreibt, berichtet über ,20.000 Teilnehmer' an seinem Gottesdienst am 15.2.1739 bei The Three Mounts, Bristol. Ein anderer Beobachter, der in Moorfields anhand von Geländepunkten die von Hörern eingenommene Fläche mathematisch berechnete und auf 25.443 Personen kam, mußte sich vom Herausgeber korrigieren lassen. Dessen Meinung nach konnten durchschnittlich höchstens vier Menschen pro Quadratmeter gerechnet werden, nicht neun, was aber immerhin noch eine Gesamtbesucherzahl von 11.338 ergeben hätte. Selbst die Hälfte davon wäre noch ein eindrucksvolles Auditorium gewesen.81 Daniel 80

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Byrom, S. 12, S.271. Gentleman's Magazine IX (1739), S. 162; XVIII (1748), S. 329; XIX (1749), S.416-417; South Carolina Gazette, 22.10.1740. Vgl. Beiden, Whitefield, S. 70. Siehe auch Benjamin Franklins Bericht über seinen

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Rowlands, der in Wales die meisten Hörer hatte und in seiner Bedeutung für diesen Landesteil durchaus mit Whitefield in England zu vergleichen ist, hatte an Sonntagen zwischen 1.500 und 2.500 Teilnehmer an seinen Gottesdiensten, Grimshaw bis 1.200.82 Von den meisten Predigern liegen keine genauen Zuhörerzahlen sondern nur vage Angaben wie ,ein paar Tausend' vor. Oft wird von brechend vollen Plätzen oder Kirchen berichtet, etwa bei John Newton, der den Strapazen des Wanderpredigerlebens körperlich nicht gewachsen war. I have not either strength of body or mind sufficient for an itinerant Preacher. [...] T o ride an hour in the rain, or more than thirty miles in a day usually discomposes and unfits me for everything. [...] So that though I love the people called Methodists, and vindicate them from unjust aspersions upon all occasions, and suffer the reproach of the world for being one myself, yet it seems not practicable for me to join them farther than I do. (Arminian Magzine, 1780, S. 4 4 1 - 4 4 4 ) .

Newton sah seine Hauptaufgabe in der Verkündigung und hielt in der ersten Zeit seines Wirkens als Pfarrer von St. Mary Woolnoth bis zu sechs Predigten pro Woche. Seine Gemeindemitglieder murrten, daß wahre Heerscharen von Fremden ihnen die Sitzplätze und selbst die Sicht auf .ihren' Prediger nahmen, und schlugen vor, gelegentlich und unangekündigt andere Geistliche predigen zu lassen, so daß man nie sicher sein konnte, ob man Newton hören würde: "people would not throng the church so much". 8 3 Mancher Beschreibung einer geglückten, die Zuhörer packenden Predigt aus der Feder des Predigers merkt man die Ergriffenheit und die Genugtuung des Redners über den Erfolg an. Dankbar vermerken viele Versuch herauszufinden, von wievielen Leuten Whitefield zu hören sei bei einer Predigt im Freien: " [...] retiring backward down the street towards the river, [...] I found his voice distinct till I came near Front Street, when some noise in that street obscured it. Imagining then a semicircle, of which my distance should be the radius, and that it was filled with auditors, to each of whom I allowed two square feet, I computed that he might well be heard by more than thirty thousand. This reconciled me to the newspaper accounts of his having preached to 25.000 people in the fields, and to the history of generals haranguing whole armies, of which I had sometimes doubted." Parton, Life, I, S. 250. 82 Rowlands wirkte in Llangeitho, Cardiganshire. Seine Gemeindemitglieder gehörten fast ausschließlich der middle und lower class an. 1763 wurde ihm vom Bischof die Predigtlizenz entzogen, weil sich andere Geistliche laufend darüber beschwerten, daß er zuviel, zu oft und in fremden Pfarreien predigte. Siehe Ryle, Five Christian Leaders, S. 86-96, und Baker, "Grimshaw", S. 131. 83 Cairns, "Newton", S. 49-50.

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die Gnade physischen Durchhaltevermögens: "God gave me the voice of a trumpet, and sent the word home to many hearts." 84 Die wie eine .Posaune' ertönende Stimme erreichte offensichtlich jeden Hörer: "By their looks I perceived they all heard, while I lifted up my voice like a trumpet" (JWJ, I, 332). In the afternoon the church was full as it could crowd. Thousands stood in the Churchyard. It was the most beautiful sight I ever beheld. The people filled the gradually rising area, which was shut up on three sides by a vast perpendicular hill. On the top and bottom of this hill was a circular row of trees. In this amphitheatre they stood, deeply attentive while I called upon them in Christ's words 'Come unto Me all that are weary.' The tears of many testified that they were ready to enter into that rest. God enabled me to lift up my voice like a trumpet, so that all distinctly heard me. I concluded with singing an invitation to sinners. 85

Der Dichter William Blake bezeichnete später den leidenschaftlichen, aufopferungsvollen Einsatz der Methodisten bei der Verbreitung des Evangeliums als .Wunder'. 86 Die Prediger selbst waren bescheidener und führten einen Teil ihres Erfolgs darauf zurück, daß sie mit ihren Predigten außerhalb der Gotteshäuser auf jene Gläubigen zugingen, die den Weg zur Kirche von selbst nicht mehr fanden. So verkehrte sich die Absicht der Amtskirche, den Methodisten durch Aussperrung aus den Kirchen die Zuhörer zu entziehen, ins Gegenteil. Als Wesley 1742 die Kirche seines verstorbenen Vaters in Epworth verschlossen blieb, hielt er seine Predigten im Friedhof vom Grabstein seines Vaters aus: I am well assured that I did far more good to my Lincolnshire parishioners by preaching three days on my father's tomb, than I did by preaching three years in his pulpit. 87

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Vgl. Isaiah, 58.1; JWJ, 21.7.1751. Siehe Dale, "Echoes of Charles Wesley", S. 3 4 0 - 4 1 . LCW, Runwick, August 1739, zitiert nach Baker, "Charles ... as revealed", S . 3 6 . Blake, "Milton", Everyman-Ausgabe, S. 134: " H e sent his two Servants, Whitefield & Westley: were they Prophets, / Or were they Idiots or Madmen? 'shew us Miracles! ' / Can you have greater Miracles than these? Men who devote / Their life's whole comfort to intire scorn & injury & death? / Awake, thou sleeper on the Rock of Eternity ! Albion awake!" Tyerman, Wesley's Life, I, S.387.

89

2. Befremdliche Begleiterscheinungen bei Bekehrungen War der große Zulauf der Methodisten schon erstaunlich genug, so übertrafen manche schier unerklärliche Vorfälle im Zusammenhang mit ihren Predigten alles bisher Dagewesene. Viele Zeitgenossen erlebten erstaunt und entsetzt Zusammenbrüche und Schreikrämpfe einzelner Hörer oder in Scharen ohnmächtig dahinsinkende Teilnehmer. Besonders in den Jahren 1739-43 häuften sich die Phänomene, die von Journalisten und Pamphletisten begierig aufgegriffen und verkaufsfördernd ausgeschlachtet wurden. Unter der Wirkung der Predigteindrücke brachen manche ,wie tot' zusammen, bis sie, erfüllt vom Bekehrungserlebnis, wieder zu sich kamen und ,ihre Köpfe voll Freude' erhoben (JWJ, 12.6.1742). Mindestens zwei Hörern Whitefields, der angeblich schon als 21-jähriger .fünfzehn Menschen predigend um den Verstand' gebracht haben soll, blieb diese irdische Erfahrung der Bekehrung versagt. Sie fielen während seiner Ausführungen bei einem Besuch Grimshaws um und waren tot.88 "People are more and more alarmed at the wonder of it, but none offer to stop it", 89 faßte Byrom die Stimmung nach solchen Vorfällen zusammen, die an vielen Stellen in der Weekly History (s. weiter unten) und anderen Periodika sowie in den Tagebüchern und Lives beschrieben sind. While I was speaking one before me dropped down as dead, and presently a second and a third. Five others sunk down in half an hour, most of whom were in violent agonies. 'The pains' as 'of hell came about them, the snares of death overtook them'. In their trouble we called upon the Lord, and He gave us an answer of peace. One indeed continued an hour in strong pain, and one or two more for three days; but the rest were greatly comforted in that hour, and went away rejoicing and praising God. (JWJ, 22.6.1739)

Dimond hat 234 dieser Vorfälle untersucht, die Wesley in seinen Tagebüchern aus eigenem Erleben beschreibt. In Bristol schienen die Hörer am anfälligsten gewesen zu sein für solche anfallsartigen, an Massenhysterie und Ekstase grenzenden Gefühlsausbrüche während der Verkündigung von Gottes Wort. 56 Mal berichtet Wesley über spasmische Krämpfe seiner dortigen Hörer, über heftiges Zittern, Stöhnen, Tränen und Schreien. 88

Tyerman, Life of George Whitefield, I, S. 50, und R. S. Hardy, Life ofGrimshaw, S. 102. Grimshaws Reaktion auf den ersten Toten ist überliefert: "Brother Whitefield, you stand among the dead and the dying; an immortal soul has been called into eternity; the destroying angel is passing over the congregation; cry aloud and spare not" (ebd.). 89 Byrom, 14.6.1739, Brief an seine Frau. Chetham ed., S.245.

90

In London zählt er neunzehn Vorfälle auf, in Newcastle sieben, in Cornwall drei. Zwei Fälle psychogener Blindheit meldet er aus Newcastle, vierzehn Mal gibt er als schwerwiegende Folge der Predigten .vorübergehenden Wahnsinn' an, neun Personen erlitten nach seinen Worten sogar irreparable geistige Verwirrung. 90 Kein Wunder, daß die volkstümliche Erklärung solcher bizarren Vorgänge durch die Gegner der Methodisten lautete, der Methodismus ,mache die Leute verrückt'. Seine Anführer wurden als gerissene und gefährliche Scharlatane hingestellt, "restless deceivers of the people, who make it their daily business to fill the heads of the ignorant and unwary with wild perplexing notions". 9 1 Solche Polemik wirkte sich natürlich nachteilig aus und schuf nicht selten eine feindselig-gespannte Atmosphäre gegenüber den Methodisten bei ihren Auftritten, zumal die eigenartigen Vorfälle einen erneuten Höhepunkt 1742 während Whitefields zweitem Besuch in Schottland bei der .Erweckung von Cambuslang', Lanarkshire, erreichten. 92 Auch Berridges Predigten in Everton verursachten viele Zusammenbrüche, über die Wesley wiederholt Augenzeugenberichte wie den folgenden in seinen Tagebuchauszügen abdruckte. And while the poor sinners felt the sentence of death on their souls, what sounds of distress did I hear! The greatest number of those who cried or fell were men; but some women, and several children, felt the power of the same Almighty Spirit, and seemed just sinking into hell. This occasioned a mixture of various sounds, some shrieking, some moaning aloud. The most general was a loud breathing like that of people half-strangled and gasping for life. And indeed almost all the cries were like those of human creatures dying in bitter anguish. Great numbers wept without any voice; others fell down as dead, some sinking in silence, some with extreme noise and violent agitation. I stood on the pewseat, as did a young man in the opposite pew, an able-bodied, fresh, healthy countryman. But in a moment while he seemed to think of nothing less, down he dropped, with a violence inconceivable. The adjoining pews seemed shook with his fall. 93

90

Dimond, S. 126-127. Ralph Skerrett, The Nature and Proper Evidence of Regeneration; or the New and Second Birth [...] (London, 1739), O.S. 92 Zeitgenössische Zeugnisse s. S. 108ff. Autoren wie Dimond (S. 126) oder Dobree (Three 18th Century Figures, S. 111) erliegen einem verbreiteten Irrtum, wenn sie behaupten, daß diese psychischen Ausfälle ,nur bei John Wesleys Predigten' vorkamen. Vielmehr sind sie bei vielen bedeutenden methodistischen Predigern in unterschiedlich häufiger und intensiver Form aufgetreten und in vielen zeitgenössischen Magazinen beschrieben. 95 Siehe JWJ, IV, S.291, 300, 317-22, 334-43. (Zit. Nicholson, Cowper, S.33/4). 91

91

3. Vorwurf des .Enthusiasmus' Fanden Gegner der Methodisten wie die Bischöfe Warburton, Lavington und Gibson schon in den Tagebuchveröffentlichungen Whitefields und Wesleys die Munition für ihre Angriffe gegen den .Enthusiasmus' der .neuen religiösen Eiferer' gewissermaßen frei Haus geliefert, so sahen sie in den umstrittenen Vorfällen bei methodistischen Predigten erst recht alle Symptome des von ihnen verabscheuten "enthusiasm". Gibson zog gegen dieses Phänomen gar in einem Hirtenbrief vom 1. August 1737 zu Felde und griff hauptsächlich Whitefield an, der als Prediger mehr Vorwürfe einstecken mußte als der auf äußere Formen peinlich bedachte Wesley. Deutlich beeinflußt von dieser Einstellung und den Berichten über Zwischenfälle bei den Massenveranstaltungen erscheint auch ein großer Teil der Geistlichen wie etwa der Rektor von St. Mary Arches in Exeter, der eine bereits ausgesprochene Predigteinladung an Wesley überraschend zurückzog: N o t that y o u p r e a c h a n y f a l s e d o c t r i n e , I a l l o w all t h a t y o u h a v e said is true; a n d it is t h e d o c t r i n e o f t h e C h u r c h o f E n g l a n d . B u t it is n o t g u a r d e d . It is d a n g e r o u s . It m i g h t lead p e o p l e i n t o e n t h u s i a s m o r despair. ( JWJ,

24.11.1739)

Die Methodisten, die an einen in der Gegenwart wirksamen und erfahrbaren Geist Gottes glaubten und dies verkündeten, an charismatischer Erfahrung aber keineswegs mehr für sich beanspruchten, als jeder andere ernsthaft bibelgläubige Mensch für sich hätte in Anspruch nehmen dürfen, fühlten sich zu Unrecht mit dem Vorwurf des ,Enthusiasmus' konfrontiert. Sie begriffen nur den als .Enthusiasten', der sich irrtümlich für von Gott inspiriert hielt: "false imaginary inspiration is enthusiasm". 94 Die Bischöfe ließen solch feine Unterschiede nicht gelten. Gibson warf den Methodisten ihren Glauben an "an extraordinary presence of God" vor, "extraordinary communications from God", "extraordinary emanations and assistances of the Holy Spirit" sowie "special directions from God". Bischof Butler verurteilte Wesleys und Whitefields "pretending to extraordinary revelations and gifts of the Holy Ghost" mit dem berühmt gewordenen Ausspruch: " a horrid thing, a very horrid thing". 95 94

JWJ, 17.1.1739. Vgl. Wesleys ausführlichste Auseinandersetzung mit dem Begriff "enthusiasm" in seiner Predigt "The Nature of Enthusiasm" sowie A Farther Appeal, I, 1, 27, w o er schreibt: "I believe thinking men mean by enthusiasm a sort of religious madness: a false imagination of being inspired by God. And by an enthusiast, one that fancies himself under the influence of the Holy Ghost, when, in fact, he is not. Let him prove me guilty of this who c a n . " 95 Siehe Gibson, Observations, S. 1 3 - 1 5 , und DNB, "Wesley, John".

92

Wie in den Kapiteln über Wesleys Journal, die methodistischen lives und Zeitschriften gezeigt wird, sahen die Methodisten in vielen alltäglichen providentiell gedeuteten Ereignissen Gottes Macht am Werk, und sie interpretierten diese Vorfälle ebenso wie die Begleitumstände vieler Bekehrungen bei ihren Predigten als sichtbare Demonstration der Größe Gottes, die nichts mit Schwärmerei und Fanatismus zu tun hatte. These extraordinary circumstances seem to have been designed by God for the further manifestation of His Work, to cause His power to be known, and to awaken the attention of a drowsy world. ( JWJ, "Preface", III, Vol. II, 68) Die .dösende Welt' brauchte freilich noch eine geraume Zeit, bis sie die Aufrichtigkeit und Ernsthaftigkeit der Methodisten erkannte, und neigte zunächst dazu, die ihr unverständlichen Ereignisse im Zusammenhang mit methodistischen Predigten propagandistisch-polemisch zum Schaden von Whitefield, Wesley und ihren Anhängern zu beschreiben: [...] even from these [manifestations of His work] some have drawn their grand objection against the whole work. '"We never saw it", say then, "on this fashion"; therefore the work is not of God. ' To prove which further they have not only greatly misrepresented many circumstances that really were, but have added many, that were not, often without any regard either to truth or probability. (Ebd.) Manche Zeitschriften beteiligten sich mit Gusto an der publizistischen Kampagne gegen die Methodisten. Der von der Kirchenleitung und anderen Zeitgenossen häufig verwendete Vorwurf des ,Enthusiasmus' gegen die Methodisten lud viele Journalisten zu warnenden Rückblicken auf die Schreckensherrschaft der .Puritaner' im 17. Jahrhundert ein. Der Verweis auf vermeintliche historische Parallelen sollte den Lesern die Augen öffnen: "You will be struck by their resemblance to the upheaval of delirium and enthusiasm which we are witnessing today." 9 6 Der Verfasser dieses Artikels, Rev. William Webster, Leiter der Weekly Miscellany und heftiger Gegner der Methodisten, wurde noch deutlicher: ... if we are not wise enough to take the necessary precautions in time, there is no doubt but that there will be fatal consequences. I daresay that today's Enthusiasts have made much more rapid progress, since their first sudden appearance, than their predecessors made in the same space of time. (Ebd.)

96

The Weekly Miscellany,

12.5.1739.

93

4. Handgreiflichkeiten gegen methodistische Prediger Solche Stimmungsmache gegen die Methodisten durch Kanzel und Presse führte vielerorts beim Auftreten methodistischer Prediger zu Ausschreitungen und Verfolgungen. In den autobiographischen Aufzeichnungen der Wanderprediger sind dramatische Begegnungen mit dem wütenden Mob festgehalten. Bei ihrer sozialgeschichtlichen Würdigung muß der Leser berücksichtigen, daß die nackte Gewalt gegenüber den Methodisten zum großen Teil in der allgemeinen sozialen Unruhe der Zeit begründet war, die sich in einer Serie von Gewalttätigkeiten und Zusammenrottungen gegen die Obrigkeit äußerte. [...] the nation, today, is more readily disposed to submit to the first evil impulse, to allow itself to be seduced by new ideas, to mistrust authority, and to instigate all kinds of disturbances, than it was when the era o f c o n f u s i o n began in the last century. 9 7

Die methodistische Kritik eines laschen religiösen Lebens, die Aufforderung zur Umkehr und zu einem Neubeginn, die Unbequemlichkeit des ,neuen Lebens' für die nicht bekehrten Mitglieder einer Familie oder eines Betriebes, dessen Oberhaupt sich den Methodisten angeschlossen hatte, waren meist nur ein zweitrangiger Grund für die anläßlich einer Methodistenpredigt sich oft explosionsartig entladende, latent seit langem vorhandene soziale Unzufriedenheit und politische Frustration. Nicht zufällig ereigneten sich die heftigsten Ausfälle gegen die Methodisten in den Jahren starker wirtschaftlicher Rezession, großer Nahrungsmittelknappheit und in jenen Gegenden, wo Arbeitslosigkeit, niedriges Lohnniveau und überdurchschnittliche Preissteigerungen besonders drastische Auswirkungen hatten. Das Gerücht, die Methodisten wiegelten durch ihre Predigten die Arbeiter auf und nährten sozialen Unfrieden, hielt sich in dieser angespannten Situation hartnäckig und wurde zusätzlich durch geschickte Propaganda geschürt: If a solitary individual, like Rev. Mr. Whitefield, has the power, by his preaching, of turning five or six thousand working men away from their daily work, what further losses will the public soon suffer? 9 8

97

Über die zeitgenössischen, weitverbreiteten Unruhen in England siehe R. F. Wearmouth, Methodism and the Common People of the Eighteenth Century (London, 1945) and Halévy, The Birth of Methodism in England. 98 Old Common Sense, 19.4.1739.

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V. Laienprediger Das Wochenblatt Read's Weekly Journal sah in der Rekrutierung von Laienpredigern aus der arbeitenden Bevölkerung gar den Grund für den .ruinösen Arbeitskräftemangel' in der Wollindustrie und nährte damit Vorurteile von Arbeitgebern gegen vermeintliche negative Auswirkungen des Methodismus auf die Beschäftigungssituation.99 Die Zahl der Laienprediger war im Vergleich zu den offenen Stellen freilich so verschwindend gering, daß die demagogische Absicht solcher Pressemeldungen nur allzu offensichtlich ist. Daß dennoch der Einsatz von Laien vielen Zeitgenossen als großer Stein des Anstoßes erschien, kann nicht geleugnet werden. Selbst unter den Methodisten waren die Laienprediger nicht immer unumstritten. Rowland Hill etwa äußerte sich häufig verächtlich über Wesleys "ragged legion of preaching barbers, cobblers, tinkers, scavengers, draymen, and chimneysweepers".100 Andere Geistliche dagegen, die in den Laienpredigern eine enorme Entlastung sahen, verwiesen auf Christus und die Apostel, die .nicht geweiht', aber .eindeutig Prediger' waren, und versuchten, den Kritikern mit einem Himweis auf die zeitgenössische Seelsorgesituation den Wind aus den Segeln zu nehmen: "Is not a lay preacher preferable to a drunken preacher, to a cursing, swearing preacher?" 101 Wesley selbst war anfangs äußerst skeptisch, als er von den ersten Laienpredigten Cennicks und Maxwells erfuhr. Sein Urteil änderte sich, nachdem er Ohrenzeuge ihrer Predigten geworden war. Andere Laien beeindruckten ihn ebenfalls so stark, daß er mit seinem Lob nicht zurückhielt: "What have I been doing? What has my brother Charles been doing?", fragte er sich, nachdem er den zwischen Newcastle und Leeds berühmten Jacob Rowell erlebt hatte: "This man will save more souls than both of us.'" 02 Whitefield hielt die Predigten Cennicks für den besten .Beweis' seines Sendungsauftrags "not indeed as yet sent out by Imposition of Hands from Man, but I am persuaded, taught and sent out by 99

Siehe 8.12.1739 und Craftsman vom gleichen Tag: "From Halifax in Yorkshire we hear that by the preaching of the Methodists in those Parts the Spirit of Enthusiasm has so prevail'd that almost every Man who can hammer out a Chapter in the Bible is now turn'd an Expounder of Scripture to the great Decay of Industry, and almost the Ruin of the Woollen Manufacture which in those parts seems to be threaten'd with Destruction for want of Hands to carry it o n . " ("Whitefield and the Newspapers", S. 120). 100 Siehe Sangster, Pity, S. 122. 101 Cragg (ed.), Wesley, Appeal, S.29, und Brief Wesleys an James Clark, 18.9.1756, §7. Siehe auch Brief an den Earl of Dartmouth, 10.4.1761. 102 Siehe Pilkington, "Annotation", S.264.

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God.'" 0 3 Grimshaw hatte mit dem Schotten William Darney und Paul Greenwood so gute Erfahrungen als Prediger gemacht, daß Wesley später beide von ihm übernahm. Eine ganze Reihe von Laien bewährte sich hervorragend als Prediger, und die meisten von ihnen arbeiteten nach ihrer Berufung ernsthaft und erfolgreich an ihrer Weiterbildung. Trotzdem fiel es manchem Hörer schwer, diese Prediger anzunehmen, und zwar wegen ihrer sozialen Herkunft. Insbesondere die gesellschaftliche Oberschicht lehnte es in der Regel ab, sich von Personen niederen Standes religiös belehren zu lassen, wofür der Brief der Duchess of Buckingham, einer unehelichen Tochter James' II, an Seiina, Countess of Huntingdon, ein beredtes Zeugnis ablegt: I thank your ladyship for the information concerning the Methodist preachers. Their doctrines are most repulsive and strongly tinctured with impertinence and disrespect towards their superiors, in perpetually endeavouring to level all ranks and to do away with all distinctions. It is monstrous to be told that you have a heart as sinful as the c o m m o n wretches that crawl on the earth and I cannot but wonder that your ladyship should relish any sentiments so much at variance with high rank and good breeding. 1 0 4

Der oft falsch verstandene Anspruch der Methodisten, vor Gott seien alle Menschen gleich und irdische Standesunterschiede gegenstandslos, klingt in diesem Schreiben in der Empörung über die .Gleichmacherei' der Methodisten an und war verhältnismäßig weit verbreitet. Wenn sich gelegentlich Country Squires und die von ihnen abhängigen Ortsgeistlichen als Anführer des aufgebrachten Mob bei Methodistenverfolgungen betätigten und Landrichter weder Rädelsführer noch Mitläufer der Ausschreitungen bestraften, dann steckte dahinter vielfach die Furcht, der mißverstandene Gleichheitsanspruch der Methodisten beziehe sich auf die soziale und politische Ebene und ziele bei der brisanten wirtschaftlichen Lage auf eine gewaltsame Veränderung des etablierten Sozialgefüges ab. Die Handgreiflichkeiten gegenüber den Methodisten hatten in dieser Situation eine nicht unangenehme Ventilfunktion. Die an den Methodisten als .Sündenböcken' ausgelassenen aufgestauten Aggressionen wurden ohne Gefahr für das politische System entschärft. Nicht von ungefähr äußern sich viele zeitgenössische Autoren von Zeitungsartikeln und Pamphleten besorgt über "tumultuous assemblies to the disturbance of the public 103 104

Cennick, Village Discourse, 5. Auflage, 1774, " T o the Reader". Siehe A. C. H. Seymour (ed.), The Life and Times of Selina, Countess of (1840), I, S.27.

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Huntingdon,

peace" 105 im Gefolge methodistischer Predigten oder sind der Auffassung, die Predigten im Freien seien ein Verstoß gegen "the Act of toleration, eminently calculated to promote sedition, and to be a serious danger to the state". 106 Häufig dienten ähnlich formulierte Vorwürfe zur Begründung eines Predigtverbots in bestimmten Gemeinden. Solche Anschuldigungen zeigen indirekt ebenso wie Amtsenthebungen von methodistischen Geistlichen durch die Bischöfe, welche Bedeutung die Methodisten auch in den Augen ihrer Gegner besaßen. Qualitativ sind solche Predigtverbote schließlich anders zu werten als etwa die Übereinkunft zwischen dem Vikar von Islington und dem Kirchenvorstand, wegen der großen Schäden an den Gräbern durch Zuhörer der letzten Methodistenpredigt keinen Vertreter dieser Bewegung mehr in der Gemeinde predigen zu lassen.107 Der breit angelegte propagandistische und disziplinarische Aufwand, Methodisten zum Schweigen zu bringen, und der Versuch, ihre Verkündigungsarbeit zu kriminalisieren, sollten jenen Kritikern zu denken geben, die den Predigern unter Hinweis auf die gedruckten Predigten ihre eindrucksvolle Wirkung auf das Volk absprechen wollen.

105

Gentleman's Magazine, vol. IX (1739), S.415. Anon., The Case of the Methodists Briefly stated, more particularly in the point of FieldPreaching ( 1744). Wesley widerlegt diese Vorwürfe in A Farther Appeal to Men of Reason. 107 Read's Weekly Journal, May 5, 1739: "The Vicar of Islington and the Vestry of that Parish [...] unanimously resolv'd that neither of [the Methodists] should be suffer'd to preach there again [...]. The Followers of the Parson Whitefield have done a vast deal of damage to the Tombs and Gravestones in Islington Church Yard." 106

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KAPITEL III

"Promoting Truth and Holiness" METHODISTISCHE ZEITSCHRIFTEN

Shall the men of the world have things to read agreeable to their taste: and shall the Christian alone be excluded from reading things suitable to his taste? (Weekly History, Nr. 13, 1741) Here the Reader's mind is in no danger of being corrupted by proud, Pharisaical tenets of the Arminian·, nor poisoned with the licentious tenets of the Antinomian. (Gospel Magazine, Nr. VI, 1771, "To the Readers" [A2]) In The Arminian Magazine a very different opinion will be defended, in a very different manner. We maintaine, That God willeth all men to be saved, by speaking the truth in love: by arguments and illustrations drawn, partly from Scripture, partly from Reason. (Arminian Magazine, I, 1778, S. III—IV)

Die methodistischen Wochenblätter und späteren Monatsmagazine spielten auch für die Veröffentlichung und Verbreitung der methodistischen Predigten eine bedeutende Rolle. Darüber hinaus waren die drei wichtigsten Publikationsorgane, die zunächst als The Weekly History, The Gospel Magazine und TheArminian Magazine auf den Markt kamen und später zum Teil ihre Titel abänderten, aber in erster Linie wertvolle gruppenspezifische Medien für die wachsende Zahl der Methodisten. Whitefield erkannte als erster, daß ein regelmäßig und häufig erscheinendes Blatt mit Nachrichten über die Organisation des Methodismus, mit Erläuterungen theologischer Streitpunkte, mit geistlichen Worten und Predigten sowie einem abwechslungsreichen Querschnitt an Lesermeinungen und Bekehrungsberichten in mancher Hinsicht ein wendigeres Instrument zum Aufbau eines eigenen Leserkreises war als Wesleys Tagebuchauszüge, die thematisch und inhaltlich ähnliche Schwerpunkte setzten, aber eben in mehrjährigen Abständen erschienen.

I. The Weekly History So ist es Whitefields Initiative zu verdanken, daß die Weekly History und die von seinem Drucker John Lewis eine Zeitlang weitergeführten Wochenblätter fast sieben Jahre lang die weit im Land verstreut lebenden Methodisten jeden Samstag mit neuen .Nachrichten über die Verbreitung des Evangeliums' versorgten - eine Leserschar, die in der Regel keine andere zeitgenössische Zeitung oder Zeitschrift erreichte. Die Erscheinungsweise am Samstag, der Umfang von vier Seiten und die Wahl der Briefform für viele Beiträge erinnern an das führende staatskirchliche Organ der dreißiger Jahre des 18. Jahrhunderts, The Weekly Miscellany, Giving an Account of the Religion, Morality and Learning of the Present Times. Diese Zeitung, von Reverend William Webster redigiert, brachte es von 1732 bis 1741 auf 444 Nummern. In ihrer kirchenpolitischen Standortbestimmung gab sie sich mit zunehmender Ausbreitung des Methodismus immer kämpferischer und erklärte zu den Leitlinien ihrer journalistischen Aufgabe 101

to promote the real Interest of Religion [...], to guard the Faith and Morals of the Body of the Nation from the Infection of Infidelity and Immorality, so industriously spread and propagated; to defend our Established Church, as the best support of the Christian Religion, in its Purity and Perfection.1 Bei dieser Einstellung und der heftigen Abneigung vieler Anglikaner gegen Methodisten überrascht nicht, daß die schärfsten Angriffe auf Whitefield und Wesley im zeitgenössischen Blätterwald in den Seiten der Weekly Miscellany zu finden sind, und zwar in den mit Websters Pseudonym "Richard Hooker" gezeichneten Beiträgen.2 Whitefield schuf seine Zeitung jedoch nicht als Forum für Gegenangriffe. Bedingt durch aufkommende tiefgreifende theologische Meinungsverschiedenheiten zwischen ihm und Wesley mußte er sein Augenmerk darauf richten, sich selbst und seine wichtigsten Mitarbeiter beim Aufbau eines kalvinistisch orientierten Methodismus darzustellen und durch die Publikation vieler Leserzuschriften seine Anhänger zu einigen, zu stärken und zu fördern. In Standardwerken über George Whitefield oder John Wesley wird stets die Weekly History als .allererste methodistische Zeitung' 3 bezeichnet, doch gab es einen kaum bekannten Vorläufer, The Christian's Amusement, wahrscheinlich ab September 1740 bis Ende März 1741. Auf die Weekly History (vom 11.4.1741 - 13.11.1742) folgte An Account of the Progress of the Gospel (1743), welche von The Christian History (1744-48) abgelöst wurde, in der Lewis hauptsächlich durch die Veröffentlichung von Briefen das Leben und Werk Whitefields sowie seiner Mitarbeiter und Anhänger bekannt machte. 4 Selbst bei Howel Harris, dem führenden Methodisten in Wales, stießen die,süßen und erbaulichen' Publikationen aus der Druckerei des John Lewis auf wohlwollende Aufnahme, wenngleich im abgelegenen Wales der Verkauf seiner Zeitungen aus zwei Gründen beeinträchtigt war: "those that have a little concern for our dear Lord with us are so poor and know so little English that I can do but little for you here." 5 ' Mineka, The Dissidence of Dissent, S. 35. Green, Anti-Methodist Publications, S. 15. 5 So Curnock, JWJ, Bd. II, S. 421. Vgl. ähnlichen Eintrag in Tyermans The Life of Wesley, S. 346. Das DNB spricht von "Christian History (1740-47)" (im Artikel über George Whitefield). 4 Zur Entstehungs- und Veröffentlichungsgeschichte dieser vier Publikationen siehe die Ausführungen von M. H. Jones im Journal of the Calvinistic Methodist Historical Society (1916-19), Bd. II, S.47-54; S.78-82; Bd. III, S. 26-30; Bd. IV, S. 59-65, S. 126-131. 5 Briefvon Howell HarrisanJohn Lewis, 19.3.1740/1, Trev.MSS, 17x,zitiert nachJones, "John Lewis, The Printer of the 'Weekly History' ", Journal of the Calvinistic Methodist Historical Society (1919), Bd. IV, S. 88.

2

102

Wegen Whitefields Mitarbeit an der Weekly History und weil dieses Blatt in einer Zeit kritischer Auseinandersetzung mit Wesley erschien, ist diese Publikation in unserem Zusammenhang das interessanteste Organ der Methodisten aus den vierziger Jahren. Historisch betrachtet erscheint die Gründung der Weekly History als Whitefields dringend notwendige Antwort auf die in unserer Einleitung beschriebenen, ab 1739 auseinanderdriftenden grundsätzlich verschiedenen Auffassungen über die Heilsgewißheit. Howell Harris, Joseph Humphreys und John Cennick, die sich die kalvinistische Auffassung zu eigen machten, schlossen sich bis auf weiteres Whitefield an und arbeiteten an dem Wochenblättchen mit. Der Moravian James Hutton dagegen, der Vorgänger des Druckers John Lewis, quittierte seinen Dienst wegen der ihm unerträglich erscheinenden drohenden Zunahme kalvinistischen Gedankenguts in dem von ihm gedruckten Blatt The Christian's Amusement. So übernahm John Lewis 1740 den Druckauftrag, mußte jedoch tatsächlich erleben, daß die neue theologische Ausrichtung den alten Leserstamm verprellte und rapide sinkende Verkaufszahlen der spürbare Ausdruck dafür waren. In einem Brief an Howell Harris klagt John Lewis über sein Dilemma: My Paper goes on, but [...] I never did sell enough to pay for the paper and print, and now since the Lord leads me to publish Free Grace, I lose my customers more and more. My business, however, is in His hands. 6

Da auch die Zeitungsverkäufer ("hawkers") und Drucker sich weigerten, Lewis' Zeitungen zu verkaufen ("for want of faith") oder dafür zu inserieren ("even though I pay them an extraordinary price for the same"), glaubte Lewis, ,Hölle und Erde' hätten sich gegen sein Blatt verschworen.7 Wirtschaftlich aufwärts ging es erst, als Whitefield am 11.3.1741 von Amerika zurückkehrte und das kränkelnde Blatt innerhalb eines Monats unter dem neuen Namen Weekly History voll in den Dienst der kalvinistisch orientierten Methodisten stellte. Das in der Sekundärliteratur oft fälschlich als Christian History oder Weekly Newspaper bezeichnete vierseitige Blatt8 im kleinen Folioformat brachte es auf 84 Nummern, die zum Preis von einem Penny verkauft wurden. Der vollständige Titel lautete The WEEKLY HISTORY: / OR, /An A ccount of the most Remarkable Particulars relating to the present 6

Trev. MSS, 126a. Jones, "John Lewis", S.92. 8 So z.B. Cumbers, Book Room, S.61, oder Mineka, The Dissidence, S. 36, DNB, "Whitefield", u.a. 7

103

Progress of the Gospel. Die Nr. 66 (10.7.1742) erschien wegen der .vielen frohen Nachrichten aus Schottland' [über die Massenbekehrung, s. S. 109] als Doppelausgabe mit achtseitigem Umfang und kostete 2 Pennies. Erst ab der 15. Woche erscheint das Datum (18.7.1741), woraus sich der 11. April als Ausgabetag der ersten Nummer errechnen läßt. Der Hinweis auf Whitefields Unterstützung fehlt ab Nr. 14. Offensichtlich war diese absatzfördernde Angabe zu diesem Zeitpunkt wegen der guten Nachtfrage bereits überflüssig. Infolge späterer Nachbestellungen hatte die Weekly History mindestens drei Auflagen. 9

1. Der Streit zwischen Kalvinismus und Arminianismus als Thema der Weekly History Den Löwenanteil der ersten sieben Nummern der Weekly History nimmt eine von Isaac Chanler am 30.7.1740 in Charlestown/South Carolina gehaltene Predigt ein, weil das von Whitefield versprochene .wöchentliche Paket mit frischem Material' schier endlos auf sich warten ließ. Bis dahin tröstete Lewis seine Leser, daß die in Aussicht gestellten .verschiedenen Berichte zweifellos nützlich und erbaulich' sein würden. Trotz Whitefields zugesagter Unterstützung10 mußte der Drucker auch später öfters improvisieren. Die bei seiner Vorschau auf folgende Ausgaben häufig zu findende Parenthese "(God willing)" ist nicht selten ein Hinweis auf Dispositionsschwierigkeiten wegen ausstehender Textbeiträge. Das wird besonders dann deutlich, wenn für die folgende Ausgabe angekündigte Veröffentlichungen erst später erscheinen, ohne daß die Verschiebung auf den Abdruck aktueller Berichte zurückzuführen wäre." Die weiteren Nummern werden dadurch abwechslungsreicher und lebendiger, daß der Brief die religiöse Unterweisung durch die schwerfälligere Form der Predigt fast völlig ablöst und Kurznachrichten, 9

Die von mir benutzte komplette Sammlung der Universitätsbibliothek St. Andrews enthält die Nr. 1 - 1 5 aus der neu gesetzten 2. Auflage, während die Nr. 4 der Serie in der Dr. Williams's Library, London, den Aufdruck "The Third Impression" trägt. Sie ist vom Satz her mit der 2. Auflage identisch. Siehe dazu auch R. Austin, "The Weekly History", Proc. of the WHS, Vol. XI (1917), S. 3 9 - 4 3 . 10 Siehe WH, Nr. 4: "The Rev. Mr. Whitefield intends to supply me with fresh Matter every week; and another Reverend Gentleman, well-known and as well respected, does me the favour to correct it. I purpose not to put in things of my own head, but to submit (as a professor ought) to my spiritual directors." (John Lewis, S.4). " Vgl. etwa die Vorankündigung eines Briefes Cennicks an Howell Harris über die Ausschreitungen in Wiltshire (Nr. 21, S. 4) für die nächste Ausgabe, während Cennicks Brief tatsächlich erst in Nr. 23 zum Abdruck kam.

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Anzeigen, Gedichte und zahlreiche Leserzuschriften abgedruckt werden. Je kürzer die Beiträge sind, um so vielseitiger ist das Bild, das der Leser aus der Sicht der Prediger, Zuhörer oder des Druckers vom religiösen Leben in den verschiedensten Orten gewinnt, um so enger seine Anteilnahme am .Fortschreiten des Evangeliums'. Liegen in den ersten paar Nummern Monate, wenn nicht Jahre, zwischen Abfassung der Briefe und ihrer Veröffentlichung, so ist dieser Zwischenraum schon bald sehr kurz, besonders wenn der Brief am Druckort London geschrieben ist. So vergehen nur drei Tage, bevor Cennicks Brief vom 21.10.1741 an Humphreys am 24. in Lewis* Blatt von allen nachgelesen werden kann, während Whitefields Brief aus Brechin in Schottland (17.10.1741) am 31. des Montas in der Weekly History steht. Die umstrittenen Fragen der Prädestination und der christlichen Vollkommenheit spielen in vielen Briefen natürlich eine zentrale Rolle. Für die damaligen Leser müssen diese Briefe zunächst eine hilfreiche Klärung der widersprüchlichen Positionen gewesen sein, der heutige Leser gewinnt eine wertvolle Erhellung dieser frühen Krisenzeit des Methodismus aus weitgehend unbekannten Zeugnissen ihrer Führer. Viele Briefe stammen aus dem Jahr 1740, wo die Kontroverse einen Höhepunkt erreichte, und finden sich 1741 hauptsächlich in den Ausgaben der ersten dreieinhalb Monate. Whitefield beschränkt sich meistens auf die knappe Wiedergabe von Beobachtungen, die zeigen sollen, wie sehr Wesleys .Irrtümer' Anhänger finden: Today I talk'd with Brother N...: [...] it is plain he depends upon acquir'd Grace within, and not upon the Righteousness of Christ without. I take particular Notice of what He said, because Brother W... told me, He was really a new Creature. [...] Another said Jesus Christ could not sin, and therefore she could not; for every one that is perfect (said she) must be as his Master. Thus my dear brother, they go on to pervert Scripture. I find them very Ignorant, but, poor Souls! Well-meaning. However such Errors are very dangerous, yet Brother W-— propagates them with all his Might. 12

Humphreys macht den Lesern ebenfalls frühere Briefe zugänglich und veröffentlicht auch sein Schreiben, in dem er sich von Wesley lossagt: Rev. Sir, I would have been join'd with you to all Eternity, if I could. My having continued with you so long as I have, has, I believe led me into a grievous Temptation, which yet will work together for my Good. Nevertheless, that I 12

WH, Nr.4, S.2, " M r . Whitefield to a Friend ..., Bristol, Apr. 25, 1740".

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may simply follow the Light which God has given me, I now think it my Duty no longer to join with you, but Openly to Renounce your particular Doctrines. I have begun to do it at London, and as the Lord shall enable me, will proceed here: I feel no Bitterness in my Spirit; but love you, pray for you, and respect you. I am Sir, your humble servant and unworthy Brother J.H. (ebd., Brief vom 27.4.1741)

Auch Howell Harris muß gelegentlich Auszüge aus seiner Privatpost veröffentlichen und begründet das in Nr. 13 mit den in Umlauf befindlichen Gerüchten: There having been many false and groundlesse Reports concerning Mr. Howel Harris's being fallen into the Errors of the Mr. Wesleys, relating to Perfection and Universal Redemption, it was thought proper to publish the following Letter. (Ebd., "To Mr. Wesley, Trevecka, July 16, 1740")

Vergleicht man die späteren gehässigen Ausfälligkeiten gegen Wesley in dem Gospel Magazine mit diesen Briefen, so fällt ihr geradezu brüderlichliebevoller Ton besonders angenehm auf. In der Sache vertreten die Autoren ihren Standpunkt deutlich und fest: " I plainly see that we preach two Gospels. One sets all on God, the other on Man, the one on God's will, the other on Man's Will."11 In der Formulierung fehlen jedoch persönliche Angriffe. Man merkt, daß die Briefe Privatbriefe sind, nicht unter dem Gesichtspunkt der Veröffentlichung verfaßte, polemisch gefärbte Stellungnahmen. So kann Howel Harris' klare Abgrenzung des eigenen kalvinistischen Standpunkts gegen Wesleys arminianische Einstellung mit einem verbindlichen Abschluß enden, der für die Zukunft die Möglichkeit der Annäherung oder Aussöhnung nicht verbaut: Have you read this now as I wrote it? The more I write, the more I love you. Indeed, Sir, I am sure you are one of God's Elect, and that you act honestly according to the Light you have. I love you, dear Brother, indeed in Christ, with all the Love I have, Yours, Howel Harris. (Ebd., S.3, " T o Mr. Wesley")

13

WH, Nr. 13, S . 4 , Howell Harris "To Mr. Cennick" (27.10.1740), über die eigene theologische Auffassung und die der Wesleys.

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2. Selbstdarstellung und Berichte über die Verbreitung des Methodismus Der theologische Streit zwischen den beiden Parteien spielt in den Beiträgen der Weekly History nur bis zur Nr. 14 eine größere Rolle, dann konzentriert man sich stärker darauf, Whitefields .segensreiches' Wirken in Amerika und seine Erfolge in England und Schottland sowie die Aufbauarbeit seiner Helfer hervorzuheben. Wesley selbst gibt keinen Anlaß durch Gegendarstellungen, die Diskussion über ihre unterschiedlichen Auffassungen auf dieser Ebene am Leben zu halten. Vielen in den Jahren 1741/42 neu zu Whitefield stoßenden Gläubigen ist nur dessen kalvinistische Einstellung bekannt, so daß von ihrer Seite kein Interesse an für Laien schwer verständlichen theologischen Disputen besteht: Our Friends here are Strangers to the Controversy you mention, and I shall endeavour to keep them so, because I think such fruitless Disputes are artfully introduced by the Devil, tempting us thereby to mis-spend our precious Time and Talents to cause Divisions, alienate Affections, to obstruct vital Religion, and a close walking with God. 14

Whitefield bevorzugt zu seiner Selbstdarstellung neben eigenen Briefen die Zeugnisse anderer. Er nennt in seinen Briefen vorzugsweise Fakten, etwa das Itinerar einer Predigtreise oder das Ergebnis einer Kollekte, überläßt es aber Augenzeugen oder seinem Nachfolger im Predigtkreis, über seinen Erfolg und seine Wirkung zu schreiben. Das Lob, das Whitefield zurecht für seine fruchtbare Arbeit verdient, wirkt objektiver aus dem Munde eines Dritten, etwa in dem Brief des Geistlichen "Dr. C . . . " aus Boston, der .seinem Freund in England' Whitefields Auftreten in der neuen Welt beschreibt: He is a holy fervent Youth, but I think has too much Action with his Fervour. He strikes pleasing Light in opening the Scripture, but has the greatest command over the Affections of the Audience in the Application, I ever knew. We were at times all in Tears. Our Governor honour'd him so openly and with so much Affection that he had been wrote to "to come to dead New-England;" But he never found more lively and earnest Hearers. And has indeed greatly quickened us both Ministers and People. 15

14

WH, Nr. 48, S.2, (anon.) "The Copy of a Letter to a Friend concerning Disputes in Religion" (6.3.1741/42). " WH, Nr. 12 (o.D.), S.3, "FromA Gentleman in the Country to his Friend in London, concerning the Rev. Mr. Whitefield" (28.2.1741/42).

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Auch in Versform wird Whitefields Arbeit in Amerika kommentiert und in der Weekly History nachgedruckt. Bei solchen Würdigungen findet man oft wirkungsvolle Gegenüberstellungen. So kontrastiert ein Zuhörer von Whitefields Predigten im "New Building in Philadelphia" die Rhetorik und Theologie zeitgenössischer Geistlicher mit der Whitefields in einem Gazette: Gedicht für die Pennsylvania Long have the learned Pastors of the Age Their Hearers pleas'd by copying from the Stage; The Gospel dropp'd, and introduc'd a Scheme By which we Saviours to ourselves became: Taught Moral Precepts in a pleasing Strain, So complaisant they never gave us Pain: DO THIS AND LIVE, was all we had in View; The Preacher pleas'd, and pleas'd the Hearers too. But lo! a WHITEFIELD comes with Zeal divine, In whose strict Life the Christian Graces shine, In Doctrine sound, in Faith and Virtue strong, With soft Persuasion dwelling on his Tongue. He comes by Heaven's command, to chase away Those Mists and clouds that long have hid the day: To pull a long prevailing Error down, Which takes from off EMANUEL'S Head the Crown: To rouse with an awakening Trumpet, those, Who sit supinely in a false Repose: To harden'd Sinners Terror to impart, And probe with Skill divine the wounded Heart: To preach a Truth which Nicodemus heard Spoke by the Mouth of Him who never err'd; A great and certain Truth, but too severe For a degenerate sensual Age to bear... 16 Durch solche Beiträge wird Whitefield als zentrale Figur der Bewegung in der Weekly History herausgehoben. Seine Führungsrolle erscheint dadurch deutlicher als in den von ihm selbst geschriebenen einundzwanzig Briefen, die diese Zeitung abdruckt. In der anstrengenden Aufbauphase des Methodismus ständig landauf, landab, im Einsatz, kann Whitefield ohnehin nur kurze, stilistisch an seine knappen Tagebucheinträge erinnernde Briefe schreiben. Für den Inhalt dieser Briefe ist charakteristisch, daß er in den vierziger Jahren seinen Erfolg noch an den spektakulären Begleiterscheinungen der Massenbekehrungen mißt. 16

WH, Nr. 8 (o.D.), Whitefield [...]." 108

S. 4, (anon.) "From the Pensylvania Gazette. — On hearing Mr.

George

At mid-day I came to Cambuslang, the Place which God hath so much honoured; I preached at Two to a vast Body of People, again at Six, and again at Nine at Night — Such Commotions surely were never heard of, especially at Eleven at Night it far outdid all I ever saw in America: For an Hour and an half there was such a Weeping, and so many falling into such deep Distress, express'd various Ways as is inexpressible! The People seem to be slain in Scores, and are carried off, and come into the House like Soldiers wounded in, and carried off a Field of Battle. Their Cries and Agonies were exceeding affecting. 17

Wie sehr dieser Stil, die vom Wort Gottes „getroffenen" Christen mit Verwundeten einer Schlacht zu vergleichen, auf die Leser abfärbte, sieht man an ihren Zuschriften. Ein Augenzeuge der Massenbekehrung im schottischen Cambuslang beschreibt Whitefields Rückkehr vom Predigtort ebenfalls wie das Verlassen eines Schlachtfelds: About half an Hour ago Mr. Whitefield returned from the Field. The Captain of our Salvation was there with his Servant, and shot his Arrows thick among the People. There appeared the greatest wounding we have yet seen. At this Time there is a Number of Souls brought into the House so deeply wounded, that they wou'd seem to die if they do not get Balm of the great Physician. Such Weeping and Mourning my Eyes and Ears never till this Day witnessed.18

Den schottischen Geistlichen, die Whitefield aufgeschlossen aufnahmen und seine Arbeit für .fruchtbar' hielten, gingen die hysterischen Begleiterscheinungen wie in Cambuslang zu weit. Es störte sie auch, daß man ,in den Feldern die ganze Nacht' Lobgebete erschallen ließ und .einige junge Damen' gar .bis zum Morgengrauen unter einer Hecke saßen und Gott priesen', wie es in Whitefields Brief vom 19.6. heißt. Der Pfarrer von Kilsyth bei Glasgow traf daher diskrete Vorsorge, als in seiner Gemeinde ,über 130 erwachten': "The wounded who could not forbear crying, were removed into my Barn, where Ministers dealt with them, and resolved to have Sermon only once a week.'" 9 Die schriftlichen Berichte verbannte man dagegen nicht von der Öffentlichkeit. Vielmehr geben gerade sie der Weekly History und den inhaltlich geringfügig geänderten und erweiterten nachfolgenden Blättern unter Lewis' Leitung ihr unverkennbar Whitefieldsches Gepräge, und zwar durch Thematik und Stil. Wesley warnte seine Prediger vor diesem Stil, den er "luscious" nannte, ,blumig' oder .überladen'. Dieser Stil war auch durch die Vorliebe für 17

WH, Nr. 66, 10.7.1742, S . 6 , Whitefield an Cennick (Edinburgh, 19.6.1742). Ebd., S. 7 (anon.), (18.6.1742). " WH, Nr. 64, 26.6.1742, S. 3 - 4 , "A Letter from a Minister in Scotland to G—ge D—nd, Esq. Kilsyth, May 21. 1742". 18

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ein bestimmtes Repertoire von biblischen Metaphern und Bildern gekennzeichnet, durch die gehäufte Verwendung von Adjektiven und rhetorischen Ausrufen. Avoid all those strong rhetorical exclamations, O h horrid! Oh dreadful!' and the like, unless when you are strongly exhorting sinners to renounce the devil and all his works. ( J W L , IV, S. 158)

Der,Brief eines jungen Mädchens ... an Whitefield', wie er in der Weekly History steht, und dem beliebig viele ähnlich lautende Schreiben aus diesem Wochenblatt angefügt werden könnten, hätte mit seinen vielen Ausrufen allein stilistisch keine Chance gehabt, von Wesley veröffentlicht zu werden: Worthy, Reverend, and dear Sir, I cannot forbear writing to you at this Time, so that I must tell you what the Lord has done for my Soul: But O! how to begin I know not; for when I begin to take a View of what God has done for my Soul in and through Jesus Christ, then am I swallowed up in Wonders! and made to cry out, Why me Lord, why me? And when I look to the Rock from whence I am hewn, and to the Pit from whence I was digged, and see what an ugly Sight I am by Nature, all full of wounds and bruises and putrifying sores, no Eye to pity me, no Hand to help, but behold the good Samaritan passed by, and spread his Skirt over me, and applied the Balm of Gilead to my wounded Soul. O Free-Grace and rich Mercy! O the wonderful, matchless, unparallel'd Love of God to my Soul ! Surely God had been just had he made me dwell in everlasting Burnings! but, to my sweet Experience I feel it, that instead of making me to dwell there, I hope to sit with him in Glory, and sing Praises to him that has loved me and washed me from my Sins in his own Blood. 20

Besonders erstaunlich ist, daß schon in den Briefen und Tagebuchauszügen zehn- und zwölfjähriger Kinder ein ganz altersungemäß erscheinendes Sünden- oder Bekehrungsbewußtsein in auffällig ähnlichen Formulierungen zu finden ist. Durch die buchstabengetreue Wiedergabe der Briefe21 erhalten diese Dokumente den Charakter rührender kindlicher Frömmigkeit, während die vielen "O!"-Ausrufe wie bei den Erwachsenen unterschiedslos anstelle von Seufzern der Zerknirschtheit oder Erleichterung stehen. Die Briefe an Whitefield etwa von Kindern aus dem von ihm 1740 gegründeten Waisenhaus in Bethesda, Georgia, enthalten bis in den Aufbau und die Wortwahl hinein viele Übereinstimmungen. Ein Zehnjähriger 20

21

WH, Nr. 63,19.6.1742, S. 3, "From A— Κ— (another young Girl in Merchant's Hospital, Edinburgh) lo the Rev. Mr. Whitefield" (o.D.). Lewis: "The children's letters are herespelPd precisely as they wrote them" (WH, Nr. 11, S.2).

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beginnt seinen Brief mit der Wendung "I heartily bless God, that he has been pleased to let me see a little of my wicked heart ...". Bei einem Elfjährigen heißt es an gleicher Stelle seines Briefes: "The Lord hath been pleas'd to let me see my condition." Ein zwölf Jahre alter Junge formuliert den Augenblick seiner Selbsterkenntnis so: "The Lord hath been pleas'd to shew me what a damned State I am in", und ein gleichaltriges Mädchen führt aus: " / have great Reason to bless God for bringing me out the Snares and Temptations of a deluding World ... I am fild with Wonder and Admiration when / think that / am out of Hell." 22

3. Korrespondenten- und Leserbeiträge Einer der eifrigsten Korrespondenten der Weekly History, an den sich auch die Mehrzahl der Briefe Whitefields richtet, war John Cennick. Seine Berichte über die heftigen Verfolgungen, denen er in Upton St Leonard's bei Gloucester (1740) und in Wiltshire im September 1741 ausgesetzt war, gehören zu den spannendsten Dokumenten der Geschichte des Methodismus. Wie Wesley gestaltet er die Darstellung der dramatischen Erlebnisse durch geschickten Wechsel der Perspektive, belebt er die Beschreibung durch häufige direkte Rede und strukturiert er lange Passagen durch aneinandergereihte, in sich geschlossene Episoden. Dabei kalkuliert er die aufregende Wirkung seiner Beschreibung auf den Leser durchaus als wünschenswert ein: "P.S. In my next, [...] look for another Relation of the same Nature with this, which God suffer'd since at Hampton Road in Gloucestershire. Till then adieu" ( W.H., 11.4.1741). .Welcher Art' die Fortsetzung sein würde, mag ein kurzer Auszug aus einer Passage veranschaulichen, die ihn und Harris in der Nähe von Wooton Basset, Wiltshire, in größter Bedrängnis zeigt. [...] in the midst of the confused Multitude I saw a Man labouring above measure, earnest to fill the Buckets with Water to cast on us; I felt sweet Freedom to go to him, and when I got to him, I said, My dear Man, what Harm do we do? Why are you so furious against us? We only came to tell you CHRIST loved you, and diedfor you; he stepped back a little for room (because I stood close to him) and threw a Bucket of Water in my Face; at first it was ready to stop my Breath, but when I recover'd myself, I said, O my dear Man, if God shou'd so pour out his Wrathuponyou, what would become of you? yet I tell you, Christ Jesus loves you! He then cast away the Bucket, dropp'd down 22

Ebd., S. 2 - 3 .

Ill

his trembling hands, and look'd as pale as if he had been at the point of Death; he shook hands with me, and parted from me, I believe, under strong Convictions. 23

Cennick, den Eindruck gewinnt der Leser, war gewissermaßen zuständig für handlungsreiche und packende Unterhaltung versprechende Berichte über die Schwierigkeiten der Methodisten vor Ort, die zum Teil so weit voneinander entfernt lebten, daß die Zustellung der Weekly History vier bis sechs Wochen dauerte. Humphreys' Briefe nehmen sich stärker seelsorgerlich und psychologisch der Probleme im Inneren der im Glauben noch nicht gefestigten Anhänger an. Die Lehre von der Erwählung und das Erlebnis der Bekehrung entstehen in seinen Briefen als Prozeß des Zweifeins, Hoffens, Verzagens und der Zuversicht. Die Ängste vieler Leserzuschriften spiegeln sich in seinen Selbsterfahrungen. Er macht Mut dadurch, daß er ihre Probleme selbst durchgemacht und überstanden, durch Suchen zum richtigen Weg gefunden hat. Sein Sendungsbewußtsein, durch Briefe wie der Apostel Paulus religiöse Unterweisung und Trost zu geben sowie den Zusammenhalt untereinander zu fördern, drückt sich schon im geradezu apostolischen Stil seiner Einleitungen aus: "Grace and Peace be multiplied, unto all the holy Brethren and Sisters, who call upon the Name of our Lord Jesus Christ in Truth and Sincerity." 24 Howel Harris löst sich in seinen Briefen von den Einzelfällen, die persönliche Beratung erfordern, schreibt theoretischer, theologischer, liefert geistliche Worte als Predigtersatz für die häufig ohne Geistliche zusammenkommenden Gruppen. Sein Satzbau ist kurz, Ausrufe und Bibelmetaphorik gehören zu seinen bevorzugten Stilmitteln: My very dear Fellow Travellers, Happy you that have found the Pearl of great Price! Oh what have you found in Christ! In Him God is your Father, and all He has is yours — All his Attributes are for you — His very Justice pleads for you — He has made a Way for his Love to flow without Interruption like a River to your Souls — His Power and Faithfulness are all for you — The more Wounds you have yet unheal'd, and the more Ignorance is yet not dispell'd by his glorious Light, the more Pity He has for you. 25

23

WH, Nr. 14 [11.7.1741], S.4, "A Letter from Mr. Cennick [...] June 26, 1741". Siehe auch andere Berichte Cennicks über Angriffe des Mobs bei seinen Predigten: WH, Nr. 2 3 - 2 5 , 12.-26.9.1741. 24 WH, Nr.31, 7.11.1741, S.2, Humphrey, "To the Society at the Tabernacle, London" (20.10.1741). 25 WH, Nr. 47,27.2.1741/42, S. 1, Harris, "To the Society at the TABERNACLE, London" (12.2.1741/2).

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Im Anschluß an solche Briefe läßt sich bei Bedarf ein an Einzelpersonen gerichteter Nachsatz anbringen, der den Lesern zeigt, daß sich der Prediger über ein Echo von seinen Anhängern freut, auch wenn er keine Zeit zu ein paar persönlichen Zeilen hat: "I desire my tenderest Respects to Sister E. W., and Sister C., and Sister Β. I long to hear they all grow in the Lord: I wou'd write to them each, but have no Time." 26 Etwa ab Nr. 40 der Weekly History machen die Leserzuschriften gut die Hälfte der Beiträge aus. Die Aufregung um die Spaltung in zwei Lager hat sichtlich nachgelassen, die Leser beschäftigen sich weniger mit Ereignissen ihrer äußeren Umgebung als mit ihrem persönlichen Bekehrungserlebnis und Glaubensleben. Das Vertrauen auf die eigene schriftliche Ausdrucksfähigkeit scheint stark gewachsen, und so spiegeln die Seiten der Weekly History abwechslungsreich die Verinnerlichung und die Religiosität vieler einfacher Leute wider. Beziehen sich die Einsender auf den Zeitpunkt und die Umstände ihrer Bekehrung, so geben sie meistens den Predigtinhalt und seine Wirkung auf den Hörer knapp und klar an: Rev. Sir, The Occasion of my writing to you now, is to return your Thanks for what I heard on Easter-day, for you speaking concerning Apprentices, how they saved up their Money to go and spend in the Holidays in Mirth, as they call it, Drinking, Swearing, Gaming, and the like; and how if God wou'd throw them into Hell before they were over: It made such an Impression upon me, that as I was an Apprentice myself, I had promised to go with those who were as willing as I. It happened that when I refused to go on the Monday and Tuesday, and that I was resolved to go and hear you instead of what I designed, they all seem'd as willing as I was — there being four of us in all — And as to my Part, I may safely say, I never had seen such a happy Easter to me in my Life: And I hope it will be happy for us all.27

Die Erfahrungen nach der Bekehrung, die man .besser fühlen als beschreiben' kann, sind schwieriger auszudrücken. Stereotype Wendungen tauchen deshalb bei den Versuchen, das fast Unsagbare zu sagen, häufiger auf. Im folgenden Brief finden wir eine Reihe solch typischer Versatzstücke, die inhaltlich wohl beliebig fortgesetzt werden könnten und deren Abfolge daher von der Schreiberin mit einem Hinweis auf die knappe Zeit abrupt beendet werden muß: 26 27

Harris, WH, Nr. 38, 26.12.1741, S.2. WH, Nr. 63,19.6.1742, S. 4, "A Letter from a young Man to the Rev. Mr. Whitefield" (O.D.).

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And now to return to this pleasant, sweet, and never-wearying Subject of commending King JESUS: But, alas, who can do it! [...] O what shall I say when I take a View of this lovely King JESUS! He is lovely in his Person, lovely in his Perfections, lovely in his Names — his Name is an Ointment poured forth — O the Sweetness I feel in Jesus. He is better felt than told. Sure I am that I wou'd not change my State for ten thousand Kingdoms [...] O the Sweetness there is in Christ! I never in all my Life served such a Master: But, 0 that I had known him sooner! I shall now break off with these Words, — He is altogether lovely, — being in Haste.28 Mit den Briefen von Predigern und Anhängern befriedigte die Weekly History zweifellos ein weit verbreitetes, zahlreich dokumentiertes Verlangen nach religiöser Unterweisung und persönlich-bekenntnishafter Lektüre. Gleichzeitig vermochte das Blatt offensichtlich, falsche Auffassungen über die Methodisten richtigzustellen, wie Leser gelegentlich dankbar bekunden: It is a Matter of inexpressible Pleasure and satisfaction to hear of such plentiful Effusions of the Holy Spirit upon Ministers and People, and to hear of the Gospel being preached in its Purity; viz. The Doctrines of free and efficacious Grace, full Redemption by the Blood of Christ, Justification by the Imputation of Christ's Righteousness through Faith alone, Union with Christ in the Spirit. Sanctification through the Shedding forth of the Holy Ghost, etc. [...] Some Years ago I had a mean Opinion of the People called Methodists·, having been inform'd, that the Generality of them laid their Foundation here, viz. Do and Live, that their Religion chiefly lay in a strict Conformity to certain Rules and Methods of Living, such as are laid down by Mr. Law in his Serious Call [...] but it is very refreshing to me to find myself so agreeably mistaken by the comfortable Accounts I have received.29 Schon früh erkannten die Verantwortlichen, daß eine eigene Zeitung mit starker Lesermitarbeit wesentlich zum Aufbau eines Gruppengeistes- und Zusammengehörigkeitsgefühls beitragen konnte. Ein namentlich nicht gezeichneter Leitartikel der Weekly History beruft sich auf diese Wirkungsabsicht, die um so nachhaltiger deutlich werde, je rascher und zahlreicher die Einsendungen und die Mitarbeit aller Leser gewonnen werden könnten: 1 cannot recollect anything at present that will be more extensively useful for your well disposed Readers, or attended with less Inconveniences. The distressed, tempted soul will hereby see, that many of his brethren and sisters in the kingdom and patience of Jesus, have walk'd in the same road before him.30 28

Ebd., "To the Rev. Mr. Whitefield", ("A... K....y'\ o.D.), S . 3 - 4 . WH, Nr.70, 7.8.1742, S.2, "J.J.", "To the Editor". 30 WH, Nr. 1 (o.D.), S. 1.

29

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4. Rückschlüsse auf den Lesergeschmack Im gleichen Artikel macht der Autor in einer rhetorischen Frage den Anspruch der Weekly History deutlich, als soziologisch und religiös gruppenspezifisches Organ auf die Bedürfnisse und den Geschmack der methodistischen Leser zugeschnitten zu sein, wie das bei den übrigen im Lande verbreiteten Medien nicht der Fall sei: Shall the polite world have their Spectators, Tatler's, Guardian's, and Comedies; Shall the curious Reader have his daily and weekly News, his Advertiser, Gazetteer, Miscellany, etc. And shall not the Children of God also have their proper entertainment, their weekly amusement, their Divine miscellany, and the historical account of the Progress of their Lord's kingdom? Shall the men of the world have things to read agreeable to their taste: and shall the Christian alone be excluded from reading things suitable to his taste? (Ebd.) Urteilt man nach dem Inhalt der verschiedenen Wochenblätter aus der Druckerei von J o h n Lewis, so war der,Geschmack' der methodistischen Christen ausschließlich auf religiöse Belehrung und belehrende Unterhaltung ausgerichtet. Auch die zum Teil recht langen Gedichte und selbst die Lektüreangebote in den gelegentlichen Inseraten gehen über die Grenzen solch erbaulicher Literatur nicht hinaus. In Nr. 13 der Weekly History werden beispielsweise Whitefields Bücherempfehlungen aus der amerikanischen Charleston Gazette vom 6.9. - 13.9.1740 wiederholt. Zur Unterhaltung bietet er da dem Leser das von Wesley herausgegebene, von ihm mit einem Vorwort versehene Life of Halyburton (1674-1712) an, eines schottischen Theologen, dessen posthum veröffentlichte, von tiefer Religiosität durchdrungene Autobiographie bei den Methodisten sehr beliebt war. Zur religiösen Erbauung empfiehlt Whitefield in der gleichen Anzeige Kirchenliedersammlungen von Wesley, Mason und Watts. Neu erschienene Predigten werden ebenfalls oft angeboten und scheinen sich guter Nachfrage zu erfreuen. Stammen sie aus der Feder von Wesleys Leuten, erhalten sie gewissermaßen das Imprimatur durch den Zusatz "recommended by the Rev. Mr. Whitefield". 31 Andere attraktive Sonderangebote waren offensichtlich innerhalb kürzester Zeit ausverkauft. So konnte Lewis bereits bald nach der Veröffentlichung der einbändigen Ausgabe der Homilies and Articles of the Church of England nur noch 31

WH, z.B. Nr. 57, 8.5.1742, S.4, wo Charles Wesleys Predigt vom 4.4.1742 vor der Universität Oxford angeboten wird.

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ein paar Remittenden anbieten: "Out of Five hundred of these volumes that I printed, there are no more than six Copies now left." 32 Luthers Kommentar zum Galaterbrief und einige Werke zur Rechtfertigungslehre tauchen öfter in den Anzeigen auf. A Discourse on Justification von Roger Balls und das ältere Werk Justification by Faith only von Robert Barnes werden als Neuerscheinungen des 31.10.1741 in der Nr. 30 gar gleichzeitig angepriesen. Bei den Gedichten handelt es sich ausschließlich um Gelegenheitsgedichte, die aus der Feder von Mitarbeitern und Lesern stammen. Häufig stellen sie eine Persönlichkeit aus dem Kreise der Methodistenführer mit all ihren Verdiensten vor. Auch hier bemerkt man bei der Lektüre mancher Zuschriften, daß sich die Leser offensichtlich früher in der Weekly History veröffentlichte Gedichte als anregende Vorbilder wählten. So inspirierten offensichtlich die Verse "On hearing Mr. George Whitefield", die aus der Pennsylvania Gazette in die 8. Nummer der Weekly History übernommen worden waren (s. S. 108), den Leser " J . J . " zu einem Lobpreis auf Whitefield. Dieser wird darin aufgefordert, sich durch die Anfeindungen seiner Zeitgenossen weder aus der Ruhe noch von seinem segensreichen Wirken abbringen zu lassen. Die Wahl eines Akrostichons für dieses Gedicht - die Anfangsbuchstaben der Zeilen ergeben den Namen Whitefields - beweist immerhin eine gewisse literarische Gewandtheit des Verfassers. Auch in anderen Gedichten fällt die Vertrautheit mit rhetorischen Figuren auf, etwa in "T.G.'s" "Poem compos'd on recovery from the Small Pox". 33 Besonders viel Raum nehmen unter den Gedichten gereimte Nachrufe ein, und oft füllen die Zeilen auf einen teuren Verblichenen über eine Seite, bei der Weekly History also mehr als ein Viertel des Umfangs. Der Tod eines vorbildlichen, einfachen Gemeindemitglieds wie Kezia Wilmots wird dabei ebenso ausführlich gewürdigt wie das Ableben eines allseits beliebten Geistlichen, etwa des "Rev. Mr. Cole", dessen Tod am 5. August 1742 die führenden Leute um Whitefield als "one of the greatest Afflictions the Church in these Countries can suffer" bekanntgeben. Wie bei den Prosa-Sterbebettszenen stellen die Autoren in den Mittelpunkt, daß ein Methodist nicht nur gottesfürchtig zu leben, sondern auch recht zu sterben weiß. In einem anderen anonymen Gedicht, ' O n the Death of Mrs. Kezia Wilmot [...]", schickt der Autor diesem Kernstück eine visionär entrückte Schau der Aufnahme Kezias in das,Hochzeitsmahl des Erlösers' voraus, 32 33

WH, Nr.31, 7.11.1741, S.4. Beide Gedichte in Nr. 15.

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bevor er sich quasi von den Hinterbliebenen an seine Pflicht erinnern läßt, das beispielhafte Leben und Sterben dieser Methodistin aus Reading in Berkshire zu beschreiben: And here, methinks thy Fellows left with Men, Bid me, Forbear as yet to stop thy Pen. Tell how she liv'd, and how she dy'd declare! Speak what she knew of Christ while travelling here. To speak what Sweetness Heav'n born Spirits know, Is more than I, or Angel's Tongues can do! This I can say — Her Actions shew'd her Love Was set on World's to come, on Things above! No broider'd Hair, nor Gold, the Saint array'd, A Meek, and quiet Spirit drest the Maid. All Day, the Love of Jesus fill'd her Tongue! The Merit of his Blood was still her Song! That Subject which inspires the high Angelick Throng! So when pale Death upon her Lips appear'd, Softly, (when few her Supplication heard) Wash me! She cry'd Thou bleeding Lamb of God! O wash me! wash me, in thy Precious Blood. Scarce this she said; but own'd, I know, I feel, That thou hast wash'd me, yet I need thee still. Continual need, makes me continual cry, For thy continual washing, 'till I die. Thy Bride, (the Saints) I know; and I am one And soon shall to the happy Host be gone. Here fail'd her Speech, wash me! she softly cry'd, Then bow'd her Head, gave up the Ghost, and dy'd! (WH, Nr.30, 31.10.1741, S.4) Die tiefe christliche Überzeugung, daß Sterben Gewinn sei, läßt in den Gedichten keine Klage zu: "Shall Zion weep for this? — she may not weep! / Israel's g o o d Shepherd careth for the Sheep." Vielmehr sind sie erfüllt v o m Jubel und der Mitfreude über die Erlösung der Verstorbenen und von der Aussicht auf die eigene ewige Seligkeit. In dem bereits erwähnten Gedicht " A P o e m on the Late Rev. Mr. Cole of Gloucester" prägen die Schlüsselwörter "happy", "glory", "triumphant" und "jubilee" durch mehrfache Wiederholung im gesamten Gedicht den Ton froher Zuversicht. Die wichtigsten Stellen hebt der Autor John Cennick zusätzlich dadurch hervor, daß die Paarreime durch Blöcke von drei Reimzeilen unterbrochen werden:

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O happy Man! the aged, and the good! Spotlessly white in the Redeemer's Blood, No more shall Mortals now thy Way despise, ) No! Thou art ever number'd with the Wise, > Our Saviour's Hand shall wipe thy weeping Eyes. ) Thy Labours have an end, thy Warfare's o'er, And thou shalt feed the People here no more. Now shall thy Master, girded, serve to thee, ) And lead thee into endless Liberty, > Seal'd in the Lamb, and free, for ever free! ; Farewel dear Man! for ever happy COLE! Thou much lamented highly favour'd Soul. The Trumpet soon will sound, when we shall see Thy Glory, and be glorify'd with Thee. Content we bear our Loss, thy endless Gain, Nor dare we wish thee back, nor dare complain. No, we'll pursue thy Tract, thy narrow Road, And quickly shall arrive with thee in GOD [...] 34

Die wenigen noch vorhandenen Exemplare der Wochenblätter in der Nachfolge der Weekly History zeigen, daß Lewis zwar Titel und Format änderte, inhaltlich jedoch die von Whitefield eingeschlagene Richtung beibehielt. Wegen der .größeren Handlichkeit' wählte er nach dem Folioformat der Weekly History die Taschenbuchgröße Duodecimo für An Account of the most Remarkable Particulars relating to the Present Progress of the Gospel (1743) und band die wöchentlichen Teile zu drei 84 Seiten starken Nummern mit Inhaltsverzeichnis am Ende eines jeden Bändchens. Die Christian History (1744-47) erschien wieder als vierseitiges Faltblatt, das Lewis im Oktavformat herausbrachte. Weiterhin sind es vorwiegend die Briefe von Predigern und SocietyMitgliedern, welche die Seiten füllen. Im Verhältnis zur Anzahl der Einsendungen von Predigern nehmen die Zuschriften der „einfachen" Methodisten zu. Daneben spiegelt sich die Sympathie für den Methodismus in Wales in der wachsenden Veröffentlichung von Briefen walisischer .Helfer', "exhorters" genannt.35 Mehr als früher scheinen die Leserbriefschreiber davon auszugehen, daß ihre Beiträge bei den besonderen Zusammenkünften im Tabernacle vorgelesen werden, wo die "Letter Days of Praise to God for the Progress of the Gospel" eine beliebte monatliche 34

35

WH, Nr. 71, 14.8.1742, S. 3 - 4 , Zitate aus John Cennick, "A Poem of the Late Rev. Mr. Cole of Gloucester". Die wichtigsten davon sind James Beaumont, Thomas Lewis, Howell Griffith, W. Evans, Henry Davies und Herbert Jenkins.

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Einrichtung geworden waren, für die Cennick sogar ein eigenes Kirchenlied schrieb.36 Das Vorlesen der neuesten Ausgaben des jeweiligen Wochenblatts sowie anderer Briefe von .Bekehrten' zog stets viele Gläubige an, deren religiöses Leben tiefe Anregungen durch die vorgetragenen Erfahrungen anderer erhielt: "What will heaven be, but searching into, and comparing of one another's experiences, joyn'd with praising God for the same!" 37 Daß durch diese monatlichen Zusammenkünfte die methodistischen Zeitungen über den Kreis der Käufer hinaus bekannt gemacht, Hörer und Leser zum Briefeschreiben angeregt und Interessenten für künftige und frühere Ausgaben gewonnen wurden, kann man durch zahlreiche Zuschriften und inhaltliche, thematische und stilistische Kriterien nachweisen. Neuauflagen machten frühere Nummern auch für Leute zugänglich, die erst später zu den Methodisten stießen. Außerdem hatte Lewis schon zu Zeiten der Weekly History immer wieder die Leser eingeladen, die zurückliegenden Nummern, geschlossen oder ratenweise, nachzukaufen, "as they can conveniently afford". Denen, die sich seine Zeitungen,weder kaufen noch leihen' konnten, machte er ein besonderes Angebot: "[they] shall be welcome to repair to the Printer's House, to read 'em gratis; and hopes their Labour will not be in vain." 38 In bescheidenerem Rahmen war also Lewis' Druckerei für seine Leser das, was die zeitgenössischen Kaffeehäuser für die Interessenten etwa des Gentleman's Magazine waren. In der Tat mißt sich die Bedeutung der methodistischen wie der sonstigen Zeitschriften des 18. Jahrhunderts nicht allein an ihrer Auflagenhöhe. Wichtig war, daß es neben dem käuflichen Erwerb die gern in Anspruch genommene Möglichkeit des kostenlosen Lesens oder Zuhörens beim Vorlesen gab und daß eine Zeitschrift vielfach zur Gründung anderer Periodika führte. 39

36

Siehe M. H. Jones, "An Account of the Progress of the Gospel", S. 126 und 128. ' WH, Nr. 13 (O.D.), S. 1. 38 WH, Nr. 47,27.2.1741/42, S. 4. Der gleiche Aufruf befindet sich in den Nummern 48 -50. 39 Auf Whitefields Wochenblatt gehen, wie thematische und inhaltliche Parallelen nahelegen, wahrscheinlich mindestens die drei folgenden Blätter zurück: The Christian History (Boston, Mass., 1742-45); The Christian Monthly History (Edinburgh, 1743-45), und The Glasgow Weekly History (1743). Sie alle bringen Auszüge aus Briefen, Tagebüchern u.ä. persönlichen Aufzeichnungen über die große religiöse Erneuerungsbewegung in England, Schottland und Amerika. Siehe dazu Mineka, The Dissidence of Dissent, S.36ff. und Altick, The English Common Reader, S.47ff.

3

119

II. The Gospel Magazine Nachdem die letzte Nummer der Christian History erschienen war, dauerte es achtzehn Jahre, bis sich Whitefields Anhänger erneut unter die Hersteller religiöser Zeitschriften begaben. Unter der Schriftleitung eines Mr. Gurney,40 brachten sie ein rund 50-seitiges Monatsmagazin heraus mit dem Titel "The Gospel Magazine, or Spiritual Library". Der Untertitel dieses von 1766-1772 erscheinenden Magazins wurde in der Folgezeit öfter geändert.41 In der Schriftleitung der nach einer Unterbrechung wieder aufgenommenen Veröffentlichung wechselten sich ab 1774 nacheinander William Mason, der Rev. Augustus M. Toplady und Erasmus Middleton ab. Zu den wichtigsten Mitarbeitern, die nicht selten unter einem Pseudonym auftraten, gehörten außer Toplady ("Minimus"), John Newton ("Omnicron"), William Cowper ("Omega"), John Stafford, John Berridge, Joe A. Knight, John Ryland und William Tucker sowie andere, die ihre Beiträge mit so sprechenden Namen wie "Cleon", "Asthenes", "Amator Evangelii", "Humanitas" und "Peccator Redemptus" unterzeichneten. Das Magazin fand bei den Lesern schon bald guten Anklang. Die Herausgeber führen in dankbaren Rückblicken den Verkaufserfolg ihrer Publikation mehrmals darauf zurück, daß der ,allergnädigste Gott unsere schwachen Anstrengungen in seiner siegreichen Sache unterstützt'. Außerdem heben sie mit Recht die engagierte und qualifizierte Mitarbeit ihrer .Korrespondenten' hervor, "a respectable sett of correspondents, who have from time to time enriched our work by their ingenious and evangelical contributions". 42 Mit Genugtuung können die Herausgeber fast zu jedem Jahresanfang neben Absatzsteigerungen auch wachsende Zahlen von Leserzuschriften vermerken.43 1807 schließlich gehörte das Gospel Magazine wie das Wesleysche Methodist Magazine sogar zu den absoluten Spitzenrennern 40

Siehe Thomas Wright, Life of Augustus M. Toplady, S. 98. 1766-72: "The Gospel Magazine, or Spiritual Library, Designed to promote Scriptural Religion"; 1774-80: "The Gospel Magazine, or Treasury of Divine Knowledge. Containing Original and Select Pieces, Designed to promote Experimental Religion and Calculated for All Denominations"; 1796: "The Gospel Magazine and Theological Review". 42 Gospel Magazine (im folgenden GM), 1780, IV, [Preface by the Editors]. 43 Siehe z.B. GM, 1775,1, "Preface": "The very extensive sale of this Magazine for the past year demands the most cordial acknowledgments which the editors can possibly make to their readers. The merit of its success they do not vainly ascribe to their own compilation, but the cheerful and valuable aid of their correspondents."

41

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unter den religiösen Magazinen Englands, die beide zwischen 18.000 und 20.000 Exemplare pro Nummer verkauften. Vergleichbare Zahlen des Gentleman's Magazine, das 1797 4.500 Käufer pro Ausgabe fand, und des Edinburgh Review, der 1807 durchschnittlich 7.000 Stück von jeder Nummer absetzen konnte, illustrieren anschaulich den Vorsprung, den sich die methodistischen Blätter gegenüber der weltlichen Konkurrenz in der Käufergunst gesichert hatten. 44 Es schienen in der Tat viele gute Gründe für das Gospel Magazine zu sprechen, und die Redakteure druckten sie gelegentlich als Werbung in eigener Sache ab: If other methods of instruction, besides those of the pulpit, be valuable; if the diffusion of spiritual knowledge through the whole kingdom be important; - if providing smaller pieces on religious subjects, for those whose circumstances would otherwise grasp none at all, be beneficial; - and if supplying a sort of Christian recreation to the mind, superseding the necessity of lighter amusements, be doing service to the Christian church; it is hoped that ministers, and men of leisure and ability, will gladly unite to afford all necessary encouragement for the success and improvement of so valuable an undertaking. {GM, 1774, I, S. IV) Die Beliebtheit des Gospel Magazine hing freilich auch mit seiner klaren religiösen Ausrichtung zusammen und mit seiner inhaltlichen Konzeption als reichhaltiger Lektürequelle für möglichst viele Leser nicht nur von einfacher sozialer Herkunft und Bildung. Diese Grundeinstellung betrachteten die Herausgeber gewissermaßen als verpflichtendes Erbe, das sie ebenso von den vielen anderen Zeitschriften unterscheiden sollte wie ihr ernster, sittlich-religiöser Auftrag als christliche Publizisten: [...] a Gospel Magazine is not for the amusement of an hour, and after the moment, is but a little more than waste paper, as is the case with some Periodical Works; [...] you will ever recollect, its design is to exalt the riches of God's grace - to inform the judgement - influence the heart - and regulate the conduct of the Reader, to the Glory of the Eternal Trinity. And thus it will be profitable. (GM, 1797, " T o the Editors of the Gospel Magazine", S. IV)

44

Zu den Verkaufszahlen der zeitgenössischen Magazine s. Altick, The English

Common

Reader, S.319 und 392. 121

1. Inhaltliche Gliederung und redaktionelle Schwerpunkte Eine größere Zahl regelmäßig aufgegriffener Sachgebiete machte das Gospel Magazine abwechslungsreich und vielseitig und war die Voraussetzung für die von Redaktion und Lesern gleichermaßen gewünschte "great variety of subjects treated in this most useful work". 45 Die Gliederung der Zeitschrift hatte als geistigen Vater wohl den unrühmlich endenden Rev. Dr. William Dodd, Chaplain to the King sowie Hauptautor und Herausgeber des Christian's Magazine; A Treasury of Divine Knowledge, (1760-1767). Dessen Einteilung seines konservativ-anglikanischen Magazins in acht .Abteilungen' ("Departments") wurde seit den sechziger Jahren des 18. Jahrhunderts von den wie Pilze aus dem Boden schießenden religiösen Zeitschriften weitgehend übernommen und läßt sich auch im Gospel Magazine unschwer wiedererkennen.46 Bemerkenswert ist, daß die Herausgeber des Gospel Magazine ihre Entscheidung für eine in mehrere Interessens- und Wissensgebiete gegliederte Einteilung marktorientiert mit Blick auf die Leserbedürfnisse und Lektüregewohnheiten der Käufer begründeten: The number of miscellaneous publications which are continually appearing under the title of Magazines, is a proof that such a mode of conveying instruction, is at least agreeable, if not successful. Many persons whose occupations preclude them from extensive reading, and the perusal of long and laborious treatises, but yet are not without a thirst for knowledge, may obtain a pleasing access to useful information, by short essays, and judicious extracts from writers, on subjects of general concern. Others o f closer study and deeper investigation, feel the taedium of mental labour a little relaxed, by looking over a pamphlet o f miscellaneous contents, in which a variety of objects present themselves to the mind in quick succession. (GM, 1776, "Preface", S . I )

Auszüge aus theologischen Werken nehmen naturgemäß einen hervorragenden und umfangreichen Platz ein. Leserzuschriften beweisen, daß das schon in der Weekly History dokumentierte .Dürsten nach dem Worte Gottes' offensichtlich weiter anhielt.47 Gewöhnlich leitete ein Aufsatz zu 45 47

47

GM, 1771, IV, "To the Readers", [A2], Dodd wurde wegen Urkundenfälschung 1777 gehängt. Seine beispielhafte Magazineinteilung sah folgende acht Sparten vor: " 1 ) Systematical Divinity, 2) Historical Divinity, 3) Physico-Theology, 4) Antiquities of the Jewish and the Christian Church, 5) Occasional or Miscellaneous Divinity, 6) Poetical Divinity, 7) Literary Divinity, 8) A Brief Diary", Mineka, The Dissidence, S. 36-37. Vgl. Weekly History, Nr. 51 (27.3.1742), "From the Rev. Mr. M—", S.2: "Thereseems to be more than an ordinary Concern about salvation among them, and a Thirsting after the Word of God."

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Fragen der systematischen Theologie das Gospel Magazine ein, zum Beispiel " T h e Office and Work of the Holy G h o s t " [...] in the course of which our readers will become acquainted with the perfections, work, and offices of each person in the co-equal and co-eternal Trinity." 4 8 Ein anderer Teil war der Kirchengeschichte im weitesten Sinne vorbehalten und zeigte anhand ausgewählter Episoden, " h o w T R U T H hath finally prevailed over falsehood and error in every place and a g e " (ebd.). In die .Abteilung' Kirchengeschichte kamen auch die Kurzbiographien von Kirchenvätern und autobiographische Zeugnisse anderer vorbildlicher Christen bis zur Gegenwart, was einigen Lesern 1777 besonders erläutert werden mußte: In order to diversify the Subjects [...], and to recommend an inflexible regard to both mental and practical Virtue; [...] select Historic Passages have, sometimes, made their appearance [...]. We should not have struck into that particular path, except from a conviction that morality is by no means foreign from the nature of a gospe/-publication. (GM, 1777, "Preface", Absatz 4) Die Auszüge aus der Primärliteratur und kurze, .empfehlende, erläuternde und vertiefende' Aufsätze dazu verstanden die Redakteure als eine Art Gottesdienst: " W e wish to glorify Him, by promoting Truth and Holiness" (ebd.). Dazu waren auch vorzüglich die Ausführungen über "Physico-Theology" im dritten Abschnitt des Magazins geeignet, nämlich " t h e study of nature with a view to the glory of its author and the improvement of society". 4 9 Aufsätze wie "Natural History and Ecclesiastical History", 1771 ab Nummer II, gehörten mit zu den beliebtesten Beiträgen im Gospel Magazine, bei deren Ausbleiben die Leser heftig protestierten. 50 Solche theologischen Abhandlungen über naturwissenschaftliche Phänomene wurden auch als "Meditations[...] on the Wisdom, Power, and Goodness of God, consider'd as shining in the visible Works of his H a n d s " umschrieben. Weniger häufig tauchen Beiträge auf, die sich in die .Abteilung' "Antiquities of the Jewish and the Christian Church" einordnen lassen, wie " A Collection of Names und Titles given to Jesus in Scripture" (GM, 1771,1) oder " A Collection of the Appellations given to the Church of God in the Scriptures" (GM, 1771, II).

48

GM, 1774, I, S. VI. GM, 1776, S.III, 3. 50 GM, 1777, "Preface", [o.S.] Punkt 6.

49

123

2. Briefe und Leserzuschriften Briefe, "Epistolary Correspondence", waren auch im Gospel Magazine eine bevorzugte Gattung, zumal .einige der besten kasuistischen Auseinandersetzungen', wie die Redakteure meinten, in Briefwechseln erfolgt seien.51 Für eine Art Leitartikel, ein geistliches Wort als "Letter to a Friend", wählte die Redaktion ebenfalls die Briefform. In dieser Spalte analysierte sie Glaubenszweifel, räumte sie Bedenken aus und erteilte sie Lebenshilfe in grundsätzlichen Fragen der menschlichen Existenz. In Ton und Absicht sind diese Briefe Seelsorge, oft Predigtersatz, und der Adressat, der ,liebe Freund', ist der Leser des Magazins, ein christlicher Jedermann. Die pastoral-theologische Ausrichtung dieser Beiträge macht deutlich, daß Geistliche die Verfasser dieser Briefe waren. Besonders lange Episteln stammen von John Newton ("Omnicron"), dessen Vorliebe für die Briefform schon bei seiner Autobiographie erwähnt wurde. Rat und Trost, Ermahnung und Ermunterung erscheinen im Rahmen dieser angeblichen Privatbriefe leichter annehmbar, und der vertrauliche Ton und die freundschaftliche Anrede wirken ebenfalls angemessen und natürlich. Stammte der größte Teil der Artikel des Gospel Magazine aus der Feder von Geistlichen und anderen gebildeten Mitarbeitern, eben "ministers, [and] men of leisure and ability",52 so hatten daneben auch die einfachen Leser die Möglichkeit, im Magazin selbst zu Wort zu kommen. Die Redaktion förderte die Mitarbeit dieser Leserschicht durch manchen Hinweis, der die Schwellenangst beseitigen sollte. Sie wies zum Beispiel in anspielungsreicher Sprache darauf hin, daß die schlichten Berichte persönlicher religiöser Erfahrung neben sprachlich gewandteren und geistig höherstehenden Beiträgen durchaus ihren Platz hätten: We hope to see the humble mite of heart-felt knowledge cast into this Spiritual Treasury where want of ability may not admit of the silver of human eloquence, or the gold of human learning. (GM,

1774, I, S. V)

Hier fühlten sich wahrscheinlich besonders die Leser angesprochen, welche ihre Bekehrungserlebnisse, "experiences" genannt, mitteilen wollten. Hier konnten sie Fragen zu allen Bereichen des täglichen Lebens an die Redaktion richten oder kritisch Mißstände kommentieren, die sie freilich vorwiegend im religiös-kirchlichen Bereich entdeckten. Gelegentlich schien der Redaktion jedoch nur der Inhalt eines Briefes, nicht seine 51 52

GM, 1776, "Preface", S.III, 4. GM, 1774, S.IV.

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Formulierung annehmbar: "We join with our Anonymous Correspondent in recommending modesty in apparel to women professing godliness; but apprehend his letter not altogether fit for publication" (GM, 1771, VII, S. 326). Manche Anfragen von Lesern waren so schwer zu beantworten, daß die Redaktion sie einfach veröffentlichte und in einer Anmerkung die Hoffnung ausdrückte, "that any of our ingenious Correspondents may favour us with a solution of it." 53 Solche Problemfälle schienen wiederum eine reizvolle Einladung zur Mitarbeit an gebildetere Leser gewesen zu sein, die schnell und gern ihre Meinungen zu den gestellten Fragen äußerten. Bemerkenswert erscheint das verbreitete Streben vieler Leser, ihre eigenen Zuschriften im Gospel Magazine veröffentlicht zu finden. Immer wieder bedankt sich die Redaktion für die vielen Leserbeiträge, die sie ,bald' abzudrucken verspricht. Für eine Art natürliche Auslese sorgte freilich die offensichtlich ziemlich große Unordnung in der Druckerei. Mancher Leser mußte auf den Abdruck seiner Zuschrift lange warten oder ganz darauf verzichten, weil sein Brief in der Druckerei, verlegt' worden war.54 Einige Leser schmückten sich dreist mit fremden Federn und schickten Gedichte oder andere Beiträge als .eigene Werke' ein, deren wahre Urheber aufmerksame Bezieher der Zeitschrift jedoch rasch herausfanden. 55 So erschien zum Beispiel im September 1777 eine von "R.H.T." eingesandte "Authentic Anecdote of the late Rev. Dr. Watts", derzufolge Watts die Beschwerden einiger Geistlicher über Whitefields neuartige Kirchenlieder ("hymns") mit dem Ausspruch zurückgewiesen haben soll: "that gentleman did more good by his wild notes, than they did with their sett music". Bereits in der folgenden Nummer wies der Leser "S.R.A." darauf hin, daß er die gleiche Geschichte schon in Giles Firmins Real Christian gelesen habe ("published before Watts was born"). Daß darin nicht von 53

GM, 1771, S. 162. Die eingeschickte Frage lautete: "Can a person be a hypocrite and not know it? or to be more explicit, Whether a person may not be convinced that he is a hypocrite, and the consequence of continuing such, and yet remain so?" 54 Vgl. GM, 1771, [III], O.S.: "We beg our correspondent at High-wycomb, will excuse our not publishing his pieces of poetry before. We are sorry to inform him, that the publisher mislaid them, soon after he received them: but if he will be so kind as to favour us with another copy, we will pay postage and insert one or both of them next month." S. auch GM, 1771, S. 325, wo die Redaktion bedauert, daß die angekündigten "Reviews" .verlegt' worden seien, u.ö. 55 So z.B. GM, 1771, S.326: "We apprehend there are few of our readers but have seen the poems sent us by our correspondent at Durston as it is copied from Dr. Watts's lyric poems. We beg, when our correspondents send us pieces that are not originals, that they will mention the author."

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Whitefield sondern von "John Rogers of Dedam" ( = "Dedham") die Rede ist, nimmt der Einsender zum Anlaß, die Redaktion, welche Leserzuschriften insgesamt recht unkritisch abdruckte, zu mehr Sorgfalt aufzufordern: "The above shews we need be cautious of advancing as authentic that we have no good authority f o r " (GM, 1777, X, S.482). Auf solcherlei Tadel reagierte die Redaktion gewöhnlich kleinlich und empfindlich. In diesem Fall kann sie sich nicht einen völlig unnötigen Seitenhieb auf die unvollständige Quellenangabe des "S.R.A." verkneifen, bevor sie eine Eselsbrücke für " R . H . T . " baut und schließlich diesem die Aufklärung des Vorwurfs überläßt, die übrigens ausbleibt.56 Die Leserzuschriften im Gospel Magazine gehörten von der Form und vom Inhalt zu jenen Beiträgen, welche die Redaktion 1774 als "Miscellaneous Writings, Anecdotes, Questions and Answers in Divinity, and, in short, every thing which seems likely to be useful and well received" zusammenfaßte. Den Vorzug gab sie "to such as are most animating and enlivening, as most conducive to the Increase of PRACTICAL AND EXPERIMENTAL RELIGION" (ebd.) und wiederholte mit diesen Schlüsselwörtern wichtige Bestandteile der wechselnden Untertitel des Magazins.

3. Poetry Die durchschnittlich vier bis fünf Seiten Poetry waren ebenfalls vorwiegend religiösen Gedichten vorbehalten, zur gelegentlichen Auflockerung unterbrochen durch die eine oder anderer Grabinschrift. Drei Kategorien von Gedichten kehren besonders häufig wieder. So versuchen sich viele Leser an gereimten Paraphrasen einzelner Bibelstellen, von denen im Januar 1777 gleich vier dazu einluden, Gedichtlektüre und Studium des Bibelkontextes gewinnbringend miteinander zu verbinden.57 Manche dieser Gedichte dienten als Texte neu eingeführter Kirchenlieder, der zweiten Kategorie von Gedichten in den Poetry-Seiten, etwa 56

GM, 1777, S. 482-83. Antwort der Redaktion: "We have only to reply to S-R.A. That if he had kindly referred us to the page, in Mr. Giles Firmin, it might have saved us much trouble; however, Dr. Watts might have read the passage, and applied it to Mr. Whitefield, to whom, probably, it was more strictly applicable, than to any preacher in the present century: but we leave our informant R.T.H. to vindicate himself." 57 Die Überschriften lauten: "Jehovah-Jireh, i.e. The Lord will provide, Gen. XXII, 14"; "Speaking the Truth in Love, Eph. IV, 15"; "Jacob's Ladder"; "Behold, I come quickly, Rev. Ill, 11".

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"Hinder me not - Gen. XXIV, 56" von "Elachistoteros", einem Pseudonym für John Ryland aus Northampton. Ryland (1763-1825), dessen hier angegebenes Gedicht vertrauter ist unter der Liedüberschrift "When Abraham's servant to procure", war einer der Mitbegründer der Baptist Missionary Society. Sein literales Bibelverständnis, seine schlichte Bildlichkeit und einfache, leidenschaftslose Sprache machten ihn den Herausgebern des Gospel Magazine besonders sympathisch, und sie druckten viele seiner Kirchenlieder als Gedichte ab. Der wichtigste Autor und ab 1775 Herausgeber, der hier zwischen 1771 und 1776 sechsundzwanzig Gedichte veröffentlichte, die er später als Kirchenlieder herausbrachte, war zweifellos der Rev. Augustus Montague Toplady. Im Oktober 1775 stellte er in seinem Artikel "Life a Journey" die 1. Strophe seines "Rock of Ages" vor, konzipiert als Gebet für den Neuanfang des Sünders nach dem Fall: Yet, if you fall, be humbled, but do not despair. Pray afresh to God, who is able to raise you up, and set you on your feet again. Look to the blood of the Covenant; and say to the Lord, from the depths of your heart Rock of Ages, cleft for me, Let me hide myself in Thee! Foul I to the fountain fly: Wash me, saviour, or I die.58

Unterschrieb er hier noch mit seinem Decknamen "Minimus", so stehen unter der ersten Veröffentlichung aller vier Strophen dieses berühmten Lieds in der Märznummer 1776 (S. 131-132) seine Initialen " A . T . " . Bemerkenswert ist, daß in der Abteilung "Poetry" kein Hinweis darauf zu finden ist, daß oder welche Gedichte als Kirchenlieder gesungen wurden. Erst ab 1777 werden hin und wieder Noten und Text gemeinsam abgedruckt, und zwar höchstens ein komplettes Lied pro Nummer. Von diesen deutlich als Liedern erkennbaren Beiträgen abgesehen, erscheinen die übrigen Kirchenliedertexte wie die nur zu frommer Lektüre, nicht aber zum Gesang geschriebenen übrigen Gedichte einfach unter der Überschrift "Poetry". Manchmal weist ein vom Autor im Titel verwendeter Gattungsbegriff auf die Möglichkeit hin, die folgenden Zeilen zu lesen oder zu singen, etwa bei John Stockers "Awake my soul! arise and sing" die Überschrift "ODE to the Victorys of JESUS" (Mai 1774, S.227). Um möglichst viele Gedichte bringen zu können, verwendete der 58

Zur Entstehungsgeschichte dieses berühmten Kirchenliedes s. auch John Telford, The Methodist Hymn Book Illustrated, S. 254-258.

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Drucker extrem kleine Typen, so daß diese Seiten sehr anstrengend zu lesen sind und wenig einladend wirken. Topladys Forderung schon im April 1771 nach größerer Schrift ("that old and enfeebled eyes may be able to read it") wurde nicht einmal unter seiner Redaktionsleitung befolgt, sondern erst ab 1780. Diese unvorteilhafte Art der Publikation repräsentativer Beispiele religiöser Gedichte überrascht im Hinblick auf die große Bedeutung, welche das Gospel Magazine der .Dichtung im Dienste des Allerheiligsten' beimaß: Poetry is never more in its true character, than when employed in the service of the sanctuary. In this service [...] we hope our Magazine will frequently exhibit it. We regret to see the hardened front with which vice stalks abroad, when cloathed in the engaging dress of poetic numbers. We wish to show that true religion can add the charm of truth to that of verse, without enfeebling its vigour, or impairing its beauty. (GM, "Preface" 1776, S.III, 5)

Viel Platz nahmen besonders Gedichte der dritten Kategorie ein, die "occasional pieces" der Leser. Von kurzen Versen schienen nämlich die Amateurdichter nichts zu halten, deren Werke im Gospel Magazine 1780 eine durchschnittliche Länge von 15-20 Strophen von je 6 - 1 0 Zeilen pro Gedicht aufweisen. Im November 1780 schließlich mahnte die Redaktion energisch zu mehr Prägnanz und Kürze, nachdem sie in den Monaten zuvor mehrmals sorgfältigere Formulierungen und regelmäßigere Reime von den Einsendern verlangt hatte. Aus den vagen Wendungen der redaktionellen Schelte wird freilich kein stilkritisches Konzept ersichtlich. Die Redaktion spricht die Mängel der beanstandeten Leserzuschriften zu allgemein an, wenn sie die Einsender auffordert, "carefully [to] revise their poems before sent, as several of them have been deficient both in expression and rhyme, a proper attention to which, in future, will insure their admission" (Juni 1780). Thematisch und inhaltlich sind die Gelegenheitsgedichte der Leser fast ausschließlich religiöser Art. Es fällt auf, daß viele versuchen, religiöses Erleben und Naturerfahrung miteinander auszudrücken. Die Dichter geben vor, von einem bestimmten Anblick ländlicher Idylle zu ihren Versen angeregt worden zu sein. In der Regel stellen sie sich dabei ,sinnierend' und .meditierend' dar und erinnern damit an traditionelle Klischees von Thomson, Prior, Pope oder James Hervey, wie sie in deren Landschafts- oder Jahreszeitengedichten vorkommen. In den Kreis solcher "most eminent poets" rückt sich der Autor "W.G.***s" mit einer typischen apologetischen Vorbemerkung zu seinem Gedicht "The Wanderer reprov'd" (26.7.1770): 128

Gentlemen. The following lines were the fruit of a meditation, when musing on the pleasing confines of Hornsey-Wood. I hope you will excuse the follies of imagination, which perhaps may have carried me beyond the bounds of literary propriety. An indulgence which poets the most eminent have claimed. (GM, 1771, II, S.143) Der Dichter " W . G . * * * s " litt sicher nicht an einem Übermaß von Selbstkritik, wie sein beiläufiger Hinweis auf Verstöße .selbst der hervorragendsten Dichter' gegen die Regeln des Decorums zeigt. So kommen seine .zitternden Füße', mit denen er sich auf ,den heiligen Weg' macht, in der ersten Strophe etwas unerwartet. " O where shall I my saviour meet" ist die vorantreibende Frage, die ihn durch die elf Strophen seines Gedichts bringt, in denen er vergeblich von den .trillernden Sängern der Haine', von der .gefiederten Königin Philomel' oder dem .Hirten' Auskunft erheischt: O tell me, Shepherd, didst thou see Him, whom I seek in vain, With jetty locks, elate with glee, Trip o'er the verdant plain? Nach sieben Strophen ergebnisloser Anfragen erhält er eine ernüchternde Antwort von den .widerhallenden Wäldern': 8. O grievous tale! - methinks I hear The echoing woods resound, 'Thy fruitless search, fond youth, 'forbear, 'And cease thy breast to wound. 9. 'Thy faithless heart forsook the ways 'He trod, to chase thy fears, 'Then pass the remnant of thy days 'In penitence and tears.' 10. O wretched fate! where shall I turn, Or where for comfort go, Since I am doom'd to weep and mourn, A pray [!] to anxious woe? 11. Ungrateful heart! O treach'rous foe; Was this thy base employ? By false alluring smiles to draw My soul from ev'ry joy.

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Die Rückgriffe auf Versatzstücke der klassizistischen Dichtungssprache ("poetic diction"), wie sie in unserem Beispiel und vielen anderen Gelegenheitsgedichten im Übermaß zu finden sind, muß zu diesem Zeitpunkt bereits antiquiert gewirkt haben und steht besonders im Gegensatz zur schlichten Sprache und Metaphorik der Kirchenliedertexte und Bibelparaphrasen in unmittelbarer Nachbarschaft solcher Leserwerke. 59

4. Essays u n d emblematisch-allegorische Darstellungen Ebenfalls „altmodisch" erscheinen zwei Gattungen, die bei den Herausgebern des Gospel Magazine aber offensichtlich sehr beliebt waren und in ihren Blättern ab 1744 eine anhaltende Wiederbelebung erfuhren, nämlich Essays im character-Stil und allegorisch-emblematische Darstellungen, vorzugsweise als Frontispizien. Die Essays, auch "Sketches" genannt, kommen dem Interesse der methodistischen Leser an Biographie und Autobiographie entgegen und verfolgen mit ihrer Generalisierung und Typisierung eine bestimmte praktische Zielsetzung. Die vorgestellten .Charaktere' (z.B. "Mercator or the Tradesman", "Famula; or the Maid Servant" oder "Religiosus: 59

Vgl. zum Beispiel Sprache und Bildlichkeit dieses Gedichts mit J o h n Stockers " T h e Believer's T r i u m p h " , das im Mai 1771, S.227, veröffentlicht wurde: The Believer's

Triumph

1. JESUS my SAVIOUR I avow, A n d in his cross I glory now: in nothing will I trust beside, But in his only name confide. 2.

Thy blood, O Lord, was shed for me; My ev'ry sin was charg'd on thee: A n d all my guilt's enormous score Was cancel'd in thy dying hour. 3. My God will guide me with his hand, And guard me t h r o ' this barren land, 'Till I u n t o mount Sion come, Where I shall go no more f r o m home. 4. Thrice happy day, that knows no night! God and the LAMB will be my light: There we shall see our Saviour's face, And sing to golden harps his praise.

130

Or The Man of Wealth. A living Character") sind Typen mit exemplarischen Eigenschaften und charakteristischem Aussehen, deren Verhalten moralisch beurteilt, häufiger verurteilt wird, so daß die Lektüre Handlungs- und Verhaltensnormen aufzeigt. Beißender Witz und Pointiertheit, aber auch die Neigung zu Reflexion bringen in diese Skizzen Anklänge an die Technik der wichtigsten Character- und EssayAutoren des 17. und frühen 18. Jahrhunderts, erinnern an Bacon, John Hall, John Earle, Thomas Overbury oder Thomas Fuller, Addison und Steele. Die lehrhafte Absicht dieser Vorbilder übernehmen die Autoren des Gospel Magazine ohne Abstriche. Dabei stellen sie die menschlichen Fehler und Schwächen nicht verständnisvoll und mit nachsichtigem Humor bloß, sondern geißeln das Fehlverhalten des exemplarischen Zeitgenossen oder verbreitete Mißstände mit epigrammatischsatirischer Schärfe, beschreiben wie Overbury voll Bitterkeit und kalter Verurteilung, was ihnen an der Gegenwart mißfällt. Die SchwarzweißMalerei dieser Gattung duldet keine moderaten Zwischentöne. In seinem Essay "A Sketch of Modern Female Education" läßt daher Toplady kein gutes Haar an den erzieherischen Maßnahmen, die 'a lady of fashion' ihrer Tochter angedeihen läßt. Buchstäblich von der Wiege bis zur Bahre zeigt "Minimus" auf, wie falsch verstandene Elternliebe zu Verweichlichung, Standesdünkel, Unbeherrschtheit und Prunksucht führt - Eigenschaften, die der Autor ironisch als Voraussetzungen gesellschaftsfähiger Damenhaftigkeit brandmarkt. That Miss may be thoroughly accomplished, from head to foot; the aid of a foreign dancing-master is called in. - A French governess teaches her the language of that country, e'er she is well mistress of her own; and, perhaps, poysons her mind with popery, into the bargain. - An Italian instructs her on the guittar. - And a singing-master at least teaches her to squeak, if she cannot sing. - She has, also, to attend her, a monster unhear'd of 'till now, called a card-tutor : that she may know how to cheat with a genteel grace, when she goes into polite company. By this time, I take for granted, she is perfect adept in several smaller, but not unnecessary, embellishments; which the late Lord Chesterfield would have called, FEMALE GRACES. - Such as, to lisp, to mince some words, and to be utterly unable to pronounce some letters, to be extremely near-sighted·, to toss the fan, with elegance; to manage the snuff-box, according to art; to kiss a lap-dog, with delicacy; to languish, with propriety; and be just ready, on some occasions, to faint away judiciously. (GM, 1776, III, S. 106)

Über die allgemeine Zielsetzung des Gospel Magazine hinaus - "peculiarly calculated to enforce genuine and primitive Christianity, on evangelical 131

and reformation principles" 60 - geht es in solchen Essays auch um Standes- und Gesellschaftskritik. Als Nährboden und Brutstätte der angeprangerten Mißstände und Charakterfehler wird dabei in der „besseren Gesellschaft" laues Christentum und gedankenloses, bestenfalls sentimentales Festhalten an sinnentleerten, religiösen Äußerlichkeiten und Formalismen festgestellt. Diese .Moral' mag jeden Leser zu heilsamer Selbsterkenntnis veranlassen - in Topladys "Modern Female Education" auch jene geistlichen Mitbrüder im Dienst der Staatskirche, welche allzu willfährig Amtshandlungen in den Häusern der Oberschicht durchführen: I should have observed, in it's due place, that Miss would have been carry'd within the walls of the church, a few weeks after she was born, if the clergyman had not been sent for, to christen her at home. She would also have gone to church on her wedding-day, but for one or other of the following circumstances. Supposing she takes a trip to Scotland, going to church on the occasion is out of the question. And, if she marry with her parents' consent, 'tis ten to one, that the ceremony is perform'd in her mama's drawing-room, by special licence. - I must add, that she would certainly see the inside of a church, once a year (to-wit, after every lying-in), if it were not the fashion among people of quality to be chamber'd, instead of church'd, by having the thanksgivingservice read in their own respective apartments. And thus, perhaps, Miss never enters the house of God, till, at her interment, she is carry'd in, feet foremost. (GM, 1776, III, S. 107)

Von der Papierqualität und vom typographischen Gesamteindruck her war das Gospel Magazine bis 1774 eher unattraktiv und einfallslos. Das war möglicherweise mit eine Folge scharfen Kalkulierens, denn man wollte den Preis niedrig und auch ,für die Ärmsten' erschwinglich halten. 61 Ab 1774 belebten fein gestochene Porträts führender Methodisten das Magazin. George Whitefield, John Berridge, Martin Madan, Samuel Brewer, Rowland Hill, Lady Huntingdon und viele andere Geistliche und Gönner im Umkreis und in der Nachfolge Whitefields blickten allmonatlich ernst, aber gütig aus den ganzseitigen Illustrationen auf den Leser. Manche der Abgebildeten waren Methodisten der ersten Stunde und nun schon tot. Der Abdruck ihres Bildes glich einem ehrenden Gedenken durch die Redaktion, häufig vertieft durch Auszüge aus ihren Briefen oder anderen Werken in der gleichen Nummer. m 61

" T o the Reader", 1771, VI, [A2], S. "Preface" 1774, S. VI: "It may be some argument in favour of this work, that the price will not exceed the circumstances of the poorest among those who wish to be made wise for eternity."

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Zusätzlich zu den Porträts nahm die Redaktion ganzseitige emblematisch-allegorische Frontispizien in das Magazin auf und erweiterte den Umfang der Monatshefte ab 1780 um durchschnittlich acht Seiten aus Bunyans Holy War. Die Veröffentlichung des Holy War als eine Art selbständiger Anhang zum Gospel Magazine, komplett mit kunstvollen Kupferstichen sowie Titelseite und Vorwort als letztem Teil des fortsetzungsweisen Abdrucks, legt nahe, daß die Leser die anspruchsvollere Gestaltung der äußeren Aufmachung des Magazins schätzten und die Herausgeber damit einen zusätzlichen Anreiz zum Kauf schafften. Schließlich kamen auf diese Weise die regelmäßigen Käufer oder Abonnenten nicht nur in den Besitz des Gospel Magazine, das mit einem Index zusammen zu gewichtigen Jahresbänden gebunden werden konnte, sondern gleichzeitig zu einer gediegenen Ausgabe des Holy War, quasi als Treuegeschenk von der Redaktion: "Our utmost Efforts shall not be wanting to render this Edition of the Holy War the most useful and elegant of any hitherto published" ("Advertisement", 1780, XII, O.S.). Die künstlerische Qualität von Entwurf und Ausführung der Kupferstichillustrationen des Holy War ist hoch. Das Magazin gibt keinen Stecher an, doch legt der Stil der Abbildungen nahe, daß sie alle von einer Hand stammen. Das ist bei den Frontispizien nicht der Fall. Hier werden die Arbeiten verschiedener Stecher veröffentlicht. Die Formate der Illustrationen sind sehr unterschiedlich, manchmal hat nicht einmal das Motto oder Epigramm auf der gleichen Seite Platz und muß an anderer Stelle im Text veröffentlicht werden. Möglicherweise waren die Titelkupfer keine Auftragsarbeiten für das Gospel Magazine, sondern die Herausgeber verwendeten Platten, welche die Druckerei von früheren Werken auf Lager oder aufgekauft hatte. Die traditionelle Dreiteiligkeit des Emblems ist bei den Frontispizien selten erhalten. Meistens fehlt das Motto, manchmal übernimmt das Motto die Funktion des Epigramms und legt das Bild aus. Gelegentlich folgt anstelle eines Epigramms eine längere Deutung des Bildes in Prosa, die man zutreffender 'subscriptio' nennen würde. Die Icon, die bildliche Darstellung, steht eindeutig im Vordergrund. Der Grad ihrer Verrätselung durch symbolische und allegorische Bestandteile ist sehr unterschiedlich, und entsprechend knapp oder detailliert fällt die jeweilige Erläuterung aus. Manche Frontispizien sind so konkret-anschaulich, daß eine kurze Subscriptio zur Auslegung genügt. Das ist etwa bei dem Titelkupfer von 1780 der Fall. Dort schwebt vor dramatisch aufgetürmten Wolkenbergen, durch welche feine Sonnenstrahlen dringen, eine kraftvolle, eindrucksvolle Engelsgestalt über einem zerklüfteten Abgrund, aus dem Flammen 133

schlagen. Mit dem Fuß stößt der Engel einen schwarzen geflügelten Teufel in das Feuermeer und richtet mit der rechten Hand drohend ein Flammenschwert auf den Bösen. Die Bildunterschrift allegorisiert diese Darstellung und bezieht sie verallgemeinernd auf den Christen, der gegen .Unglauben' und den .Widersacher der Menschheit' kämpft. 6 2 Andere Frontispizien enthalten mehr Details, als im Epigramm aufgegriffen werden können. Für diese Art von Abbildung liefert Band III von 1776 ein gutes Beispiel. Dort führt eine strahlende weibliche Gestalt, die eine Sonne auf der Brust und ein aufgeschlagenes Buch in der linken Hand trägt, einen jungen Mann auf eine Haustür zu, über dem ein Kreuz mit Anker angebracht ist. Am Haus rankt sich ein üppig tragender Weinstock empor, neben der Türschwelle blüht eine Rose. Der Blick des Jünglings liegt auf dem Text des geöffneten Buchs, einer Bibel: " I am the Way, the Truth, and the Life." Hinter diesen Gestalten ragt ein hoher Baum bis zum oberen Bildrand auf, rechts davon steht ein Kreuz, um das sich eine Schlange windet. Links vom Baum blickt ein Schäfer, der zwei Lämmer auf dem Arm trägt, über seine Herde zurück aufs Meer, auf dem sich eine Arche dem Ufer nähert. Hier erläutert das Epigramm nur die zentrale allegorische Botschaft und begnügt sich mit bloßer Benennung der übrigen Fatti und Symbole in den restlichen zwei Zeilen: By Truth conducted,

and by Scripture

taught.

T o Christ the Door; the humble Youth is brought. Sees, and admires him, as the Rose; the Vine; The Trees, the Shepherd; and the Ark

divine.

Bei sehr komplexen allegorischen Frontispizien ist dagegen die Subscriptio oft so umfassend, daß die Verdeutlichung des gedanklichen Gehalts der Icon eine Bildbeschreibung einschließt. Die Lektüre der Subscriptio allein würde in einem solchen Fall vielfach sogar eine ausreichende Vorstellung von der bildlichen Darstellung vermitteln, etwa bei der folgenden "Explanation of the Frontispiece": The Frontispiece exhibits a figure of our blessed L O R D , attended by Mercy and Justice. Justice in her left hand, poises a pair of scales: One of which contains the two tables of the M O R A L LAW; the other, a BUBBLE, emblematical of, what some people call, sincere obedience. This latter, being weigh'd in the balance, is f o u n d wanting. Justice receives, from Christ, a Cross: intended to represent his o w n all-perfect Obedience unto Death. This she accepts', and with 62

"An Emblematical Representation of the Christian Soldier clothed with the Gospel Armour, and by the Sword of the Spirit and the Shield of Faith, Vanquishing Infidelity and the Adversary of Man-kind."

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this she appears completely satisfyed: as is intimated by the inverted sword. Mercy, on the right hand of our Saviour, receives from him an Olive-branch·, the well known emblem of peace. The Rainbow, in the back ground, may remind us, of the stability of the Everlasting Covenant: of which it is the divinely instituted token. (GM, 1777, 1, S. 48)

Den Lesern des Gospel Magazine verschaffte die Betrachtung und Enträtselung der Frontispizien religiöse Erbauung und ästhetisches Vergnügen zugleich. Die weite Verbreitung emblematischer Darstellungen durch diese Zeitschrift trug sicher einen nicht unbeträchtlichen Teil zur Wiederbelebung und wachsenden Beliebtheit dieser Gattung im 19. Jahrhundert bei, die sich im viktorianischen Zeitalter in der Veröffentlichung zahlreicher Emblembücher und in der emblematisch-typologischen Tendenz vieler Gedichte niederschlug.63 Bei einem 1809 in Bristol neu aufgelegten Emblembuch Quarles* läßt sich sogar eine konkrete Verbindung zu Toplady belegen. Diese und spätere Ausgaben von Quarles unter dem Titel Emblemes, Divine and Moral druckten einen Empfehlungsbrief Topladys, der seine Wertschätzung emblematischer Darstellung begründet. Der Brief ist datiert vom 3. Januar 1777, also aus der Zeit, zu der bereits die emblematisch-allegorischen Frontispizien in das Gospel Magazine aufgenommen worden waren. Damals schrieb Toplady über Quarles' Emblembuch: "[it] was of much spiritual use to me at an early period of life, and I still consider it as a very ingenious and valuable treasury of Christian experience." Den didaktischen Nutzen der Embleme, den er in diesem Brief zusammenfaßte, schätzten seine viktorianischen Nachfahren gewiß ebenso hoch ein: "The eye very frequently informs the understanding and affects the heart, when the most laboured efforts of vocal rhetoric fail." 64

5. Aktuelle Nachrichten - moralisierende Kommentare Mit der Aufnahme landespolitischer und internationaler Meldungen in einer vier- bis sechsseitigen "Monthly Chronology" kam ab Januar 1774 eine weltliche Note in das Gospel Magazine: Nachrichten von .Korrespondenten' aus dem In- und Ausland wurden in eigenen Spalten 63

M

Vgl. K.J. Höltgen, "Antiquarians, Collectors, Revivalists: Victorian Attitudes to Emblems", Anglistentag 1979, Vorträge und Protokolle, (Hg.) Kuno Schuhmann (Berlin, 1980), TUB-Dokumentation, Heft 7, S. 31-64. Vgl. A. C. Howell, "Toplady and Quarles", SP, 57 (1960), S. 178-85. Siehe auch K. J. Höltgen, Francis Quarles ¡592-1644 (Tübingen, 1978), speziell S.200, Anm. 12.

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aneinandergereiht, und unter den Überschriften "Promotions", "Births", "Marriages", und "Deaths" erfuhren die Leser privat-persönliche Veränderungen aus ihrem gesellschaftlichen Umfeld. Zwei weitere Spalten in der "Monthly Chronology" deuten auf den wachsenden Lesehunger der Käufer sowie auf beginnende Verweltlichung und zunehmende wirtschaftliche Interessen der Leser hin. Zum einen gaben die Herausgeber mit einer kurzen "List of Books in Divinity" einen aktuellen Überblick über Neuerscheinungen auf dem Büchermarkt, "in general short, but we hope always fair". 65 Zum anderen erschien unter der Überschrift "B-KR-TS" eine ziemlich lange Reihe von Namen, bei denen Hinweise auf Geschäfte oder Handwerksberufe auch den letzten Zweifel darüber ausräumen, daß es sich bei den genannten Leuten um Bankrotteure handelt. Offensichtlich betrachteten die Leser des Magazins die Preisgabe der Namen insolventer Geschäftspartner als besonders nützliche Information. Die zeitweilige Zurückhaltung dieser Nachrichten durch die Redaktion führte nämlich zu Leserprotesten und zur Wiederaufnahme der diskriminierenden Enthüllungen. Dies war, wie die Redaktion einräumt, ein Zugeständnis an viele betroffene Leser: "[...] omitting the list of Bankrupts, would disoblige many of our customers, on account of their connections with tradesmen in town and country" (1780, II, S.82). Das Interesse aller Handeltreibenden, mit soliden Geschäftspartnern zusammenzuarbeiten, ist verständlich. Dennoch überrascht, daß in diesem religiösen Magazin ohne jede moralisierende Verbrämung einem ebenso unerfreulichen wie profanen Phänomen aus dem Wirtschaftsleben Platz eingeräumt wird. Diese Direktheit der Information findet ihre Entsprechung nur noch in den .Nachrichten' über Morde, Verbrechen, Unglücks- und Todesfälle. Auch diese druckt das Gospel Magazine, allerdings lediglich im Jahre 1774, unkommentiert ab. 1775 besinnen sich die Herausgeber auf ihre Aufgabe und fügen den einzelnen Meldungen der "Monthly Chronology" kursiv gesetzte Kommentare an. Diese analysieren die Nachrichten nach ihrem Nutzen für ihre Leserschaft und ziehen eine Lehre daraus, die über den irdischen Bereich hinaus verweist. So berichtet eine Kurzmeldung über einen Bräutigam in Southwark, der nicht zur festgesetzten Hochzeitsstunde kam, um sein Verlöbnis durch die Eheschließung zu beenden. Die charakterlose Handlungsweise des Ehemuffels, die tragische Folgen für die Braut hatte, bot eine gute Möglichkeit für eine eindringliche .Moral':

65

1776, " P r e f a c e " , III, 6.

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[...] the day of festivity was changed into a day of sorrow, which had such an effect on the young woman, that she was found yesterday morning hanging in her bed chamber. - Blessed be God, Jesus Christ will never disappoint the soul who seeks to be united to him [...]. (GM, 1775, III, „7. Jan.")

Nachdem das Gospel Magazine die didaktische Wirksamkeit der Zusammenstellung von Nachricht und Kommentar entdeckt hatte, veränderte sich die inhaltliche Tendenz der Kurzmeldungen. Die Leser fanden in diesen Spalten nun vorwiegend Verbrechen aufgeführt, weil diese besonders gute Ansatzpunkte für moralisierende Kommentare boten. Außerdem häuften sich Berichte über Zeitgenossen, die großzügig für einen guten Zweck gespendet hatten. Hier setzte man offenbar auf die Anregung zur Nachahmung, zumal die Personalien der Spender abgedruckt wurden. Von 1776 bis 1780 blieb von der "Monthly Chronology" nur noch das unverfängliche Fragment der Buchbesprechungen übrig. Das Zeitgeschehen hielt lediglich in kirchenjahrbezogenen Beiträgen Einzug in die Seiten dieser Zeitschrift. Zur Osterzeit im April erinnerte man an die Passion des Herrn, an Weihnachten brachte man ' 'An Ode for Christmas Day", und der Jahresanfang wurde mit " A Sacred Pindaric Ode on New Year's D a y " angemessen begrüßt. Die in der früheren Publikation der Bankrotte ansatzweise zu erkennende Öffnung für soziale und wirtschaftliche Probleme machte in diesen Jahren einer evangeliumgemäßeren Einschätzung Platz. Armut und Not wird unter Hinweis auf das ewige Leben als .großes Glück' bezeichnet. Neid auf die Reichen, so liest man, sei völlig unbegründet. Zum einen fehle den Reichen auch immer noch etwas, zum anderen quäle sie die Sorge um ihren Besitz - ein Problem, mit dem die Besitzlosen verständlicherweise nicht zu kämpfen brauchten, was bereits neue Freude über die eigene Armut rechtfertige. Deutliche Kritik an konkreten sozialen Mißständen, wie sie Wesley etwa in verschiedenen Leserbriefen in mehreren Zeitschriften in den siebziger Jahren äußert, kommt hier nicht zum Ausdruck. Bestenfalls rügt ein Beitrag gelegentlich und sehr verklausuliert jene unchristliche Einstellung, die irdischen Besitz zum Maßstab sozialer Standeszugehörigkeit macht: Many of the Lord's people are tempted to think themselves neglected by their fellow Christians, because they are poor. A discouragement, for which there is, often, too much occasion given. But, poor believer, be not greatly distressed, upon this account. If your brethren upon earth are too prone to flight you, your heavenly friends are not so proud and foolish. The angels will attend and assist you, though you live in a poor mud-walled cottage; as willingly, as if you were lodged in the palace of a king.

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They are not affected, one way or the other, with those trivial distinctions, which are so apt to bias the judgement and regard of mortals. (GM, 1777, III, S. 122)

Die Experimente der einzelnen Herausgeber mit der inhaltlich-strukturellen Gestaltung des Gospel Magazine zielen abwechselnd darauf ab, ihre Zeitschrift aktueller zu machen oder zu einer noch strenger religiösen und doktrinären Publikation weiterzuentwickeln. Unabhängig von der personellen Fluktuation in der Redaktion betrachtete sich diese Zeitschrift jedoch gern als Organ ,aller christlichen Konfessionen' und versprach, ,sein Äußerstes zu tun, um [...] den Christen schlechthin akzeptabel' zu erscheinen: "hereby signifying to our readers that we wish to lay aside those little differences which only tend to promote prejudices, and to distroy the benign influences of true piety and Christian affection among us." 6 6 Nach Mäßigung und vernünftigem Mittelweg klingt auch das Anliegen der Herausgeber, gegen "indifference on the one hand, or [...] superstition and enthusiasm on the other" (ebd., S.5) vorgehen zu wollen. In kontrovers-theologischen Fragen waren die Mitarbeiter des GospelMagazine jedoch weit weniger tolerant, als die verschiedenen redaktionellen Leitworte erwarten ließen, und vertraten zum Teil recht aggressiv die kalvinistische Prädestinationslehre. Here the Reader's mind is in no danger of being corrupted by proud Pharisaical tenets, of the Arminian; nor poisoned with licentious tenets of the Antinomians [...]. By the publication of Gospel truths, we detect and explode the most pernicious tenets. (GM, 1771, IV, "To the Readers", [A2])

Wesley wurde von dieser Zeitschrift ganz besonders hart und selten fair attackiert. Vor persönlicher Diffamierung schreckte dabei keiner der Herausgeber zurück, wenngleich Toplady die unrühmlichsten Schmähartikel auf seinen verhaßten Gegenspieler verfaßte. Topladys Unbeherrschtheit ging ursächlich auf einen Vorfall im Jahre 1769 zurück, in dem er seine Übersetzung von Jerom Zanchius' The Doctrine of Absolute Predestination veröffentlicht hatte. Wesley schrieb eine gekürzte Zusammenfassung dieser Abhandlung für die Mitglieder seiner Societies, deren Inhalt er ironisch zu folgender Formel der Prädestinationslehre komprimierte: "•GM, 1774,1, S. V I - V I I . Der Untertitel 1780 lautete bezeichnenderweise "designed to promote Experimental Religion and calculated for All Denominations".

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The sum of all this: one in twenty (suppose) of mankind are elected: nineteen in twenty are reprobated. The elect shall be saved, do what they will: the reprobate shall be damned, do what they can. Reader, believe this or be damned. Witness my hand, A - Τ - .67

In wütenden Pamphleten zog Toplady über Wesley her, dessen Traktat er " a known, wilful, palpable lie to the public" nannte, und dessen Verfasser er gleichermaßen "satanic guilt" und "satanic shamelessness" vorwarf. Wesley war diese Ebene der Auseinandersetzung offensichtlich ,zu schmutzig'. Er weigerte sich " t o fight with chimney-sweepers" und überließ seinem Anhänger Walter Sellon die Fortführung des Pamphletkrieges, 68 während Toplady Unterstützung vom Gospel Magazine erhielt. Von nun an mußte selbst die Spalte der Buchbesprechungen in dieser Zeitschrift als Waffe gegen Wesley herhalten, und es überrascht nicht, daß bei dieser Ausgangslage die Rezensionen weder ,kurz' noch ,fair' ausfielen, wie das die Redaktion an sich grundsätzlich für erstrebenswert hielt. 69 Eine vom Gospel Magazine rezensierte Besprechung Wesleys von Elisha Coles' A Defence of God's Sovereignty fiel fast ebenso lang aus wie Wesleys kritische Bemerkungen. Sie enthielt jedoch keine sachlichen Argumente, sondern bestand größtenteils aus Invektiven, die bei einem nüchternen Leser bestenfalls durch ihre anspielungsreichen Formulierungen einen gewissen Unterhaltungswert beanspruchen können: A Mite of reprobate silver, cast into the Foundery, and comes out thence, bearing the impress of that pride, self-righteousness, and self-sufficiency, natural to men in their fallen unrenewed state. The author is cried up as the greatest divine of the day, and this performance is extolled to the very skies, by the Arminians. It is calculated for their meridian, and well establishes the haughty system of their own works and faithfulness, in opposition to the grace of the gospel, and the faithfulness of a covenant God in the finished salvation of sinners by Jesus Christ [...] Knowing what manner of spirit this man is of, we are not surprised at his furious attacking that excellent treatise of Elisha Coles. (GM, 1771, III, S. 134) 67

Zitiert nachC. S. Carter, "Augustus Montague Toplady", Evangelical Quarterly, XXI (1949), S. 292. 68 Siehe dazu DNB, "Toplady". m Siehe "Preface", 1776, III, 6. Als typische Beispiele für Rezensionen von Wesleys Publikationen s. GM 1777, S. 182-87: "A sermon preached [...] April 21, 1777, on laying the Foundation of the New Chapel" oder ebd., S . 2 3 3 - 4 0 und 280-82: "An Extract of the Journal from Sept. 2, 1770 to Sept. 12, 1774".

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Richtete sich Leserkritik gegen diese einseitige und voreingenommene Einstellung gegenüber Wesley, so fuhr die Redaktion schweres Geschütz gegen die Leserbriefschreiber auf. .Niedere Beweggründe' und ,Parteigängertum' sah sie hinter der Androhung eines „Justus", er und seine Freunde würden das Gospel Magazine abbestellen, wenn das angekündigte Spottgedicht „Cleons" über "Wesley's apostasy" zum Abdruck käme. Gegen diese Art von Druck aus dem Käuferkreis verwahrte sich die Redaktion entschieden: "We dare not be thus influenced by any party or any such low motives. We have declared our Magazine open to all parties for general good; but influenced by none, for little, low, private party views" (1771, Vili, S.368). Das Gospel Magazine selbst räumte Wesley keinen Platz für Gegendarstellungen ein, weil er angeblich in seinen Gedanken .engstirnig' war und nicht davon abließ, .persönliche Anschuldigungen' gegen seine Widersacher in der Redaktion vorzubringen. Angesichts der eigenen Attacken auf Wesley mutet diese Erklärung des Gospel Magazine freilich als scheinheiliger Vorwand an. Wesley mußte für seine Entgegnungen zunächst andere Blätter in Anspruch nehmen. Dort beschwerte er sich dann auch, das Gospel Magazine veröffentliche "only the charge, but not the defence; and that the accused has not the liberty to answer for himself in it." 70

III. The Arminian

Magazine

Angriffe auf Wesley erfolgten nicht nur in den Seiten des Gospel Magazine. Die .Zwillingsschwester' dieser Zeitschrift, " a miscreated phantom", wie Wesley das gleichzeitig erscheinende Spiritual Magazine nannte, hatte sich ebenfalls eine kompromißlose Verbreitung der kalvinistischen Lehre zum Ziel gesetzt und ließ keine Gelegenheit aus, Wesley und seine arminianische Einstellung lächerlich zu machen. Daneben versuchte The Monthly Review ebenfalls regelmäßig, das Ansehen der .Arminianer' zu untergraben, so daß Wesley einen schon länger bedachten Plan verwirklichte, als er, fast 75-jährig, seine eigene Monatszeitschrift gründete.71 Mit seinem etwa 60 Seiten starken Magazin im Oktavformat 70

71

Brief Wesleys an Lloyd's Evening Post, 1.3.1771; Stellungnahme des Gospel Magazine dazu im Juni 1771, S. 271 : "We assure him our Magazine is open to him; he has liberty to speak for himself in it! But we expect he will avoid all such personal accusations and illiberal reflections, which his letter in Lloyd's Evening Post abounds with." Die Möglichkeit der Gegenwehr erwähnt Wesley auch in einem Brief ( JWL, VII, 48): "I have frequently been attacked by the Monthly Reviewers, but I did not answer because

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wollte er ein Instrument schaffen, mit dem er sich wirkungsvoll gegen die Attacken seiner Gegner zur Wehr setzen konnte, deren Argumentation und Sprache er mit ätzender Ironie als höchstens dem Niveau der Irrenanstalt Bedlam und des Gefängnisses Billingsgate entsprechend bezeichnete: They have paid no more regard to Good-nature, Decency, or Good-Manners, than to Reason or Truth. All these they set utterly at defiance [defending] their dear Decrees with Arguments worthy of Bedlam, and with Language worthy of Billingsgate. {AM, 1778, S.IV)

1. Verteidigung der arminianischen Einstellung Gleichwohl beabsichtigte Wesley nicht, mit gleicher Münze zurückzuzahlen: "Yet we hope, nothing will move us to return evil for evil; or however provoked to render railing for railing" (ebd.). Er setzte stärker auf die Überzeugungskraft sachlich vorgetragener Gesichtspunkte und hielt sein Magazin weitgehend frei von persönlichen Auseinandersetzungen. Der Verzicht auf aufgeregte und ausfällige Stellungnahmen gereichte der Zeitschrift zweifellos zum Vorteil und läßt Wesleys theologische Position ausgeglichen und souverän erscheinen. Welch eindeutige Stellung er bezieht, macht schon der programmatische Titel deutlich: TheArminian Magazine consisting of Extracts and Treatises on Universal Redemption. Er sah seine Aufgabe zunächst darin, überzeugend und ausdauernd den grundlegenden theologischen Unterschied zwischen der kalvinistischen Position und seiner arminianischen Auffassung bewußt zu machen, wie er ihn im Vorwort des ersten Bandes formulierte: [The Gospel Magazine and Spiritual Magazine] are intended to show, that God is not loving to every man, and that his mercy is not over all his works: and consequently that Christ did not die for all, but for one in ten, for the Elect only. In The Arminian Magazine a very different opinion will be defended, in a very different manner. We maintain, That God willeth all men to be saved, by speaking the truth in love: by arguments and illustrations drawn, partly from Scripture, partly from Reason. (S. III—IV)

we were not on even ground; but that difficulty is now over: whatever they object in their Monthly Review I can answer in my monthly Magazine; and I shall think it my duty so to do when the objection is of any importance."

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Der erste Teil des Arminian Magazine war deshalb theologischen Artikeln vorbehalten, deren Inhalt Wesley als " A defence of that grand Christian doctrine, 'God willeth all men to be saved, and to come to the knowledge of truth" (S. VI) definierte. Hier gelangten umfangreiche, auf mehrere Fortsetzungen verteilte Traktate oder Auszüge aus Werken des 17. und 18. Jahrhunderts zum Abdruck, deren Autoren oder Titel bereits Aufschluß über die arminianische Einstellung geben.72 Thomas Goads Discourse Concerning the Necessity and Contingency of Events, in the World, in respect of God's Eternal Decrees (ca. 1620), John Plaiseres Doctrine of Predestination Concorded with Free Grace (ca. 1630), anonyme Abhandlungen wie "The True Doctrine of Divine Predestination" oder "God's Love to Mankind, Manifested by disproving his Absolute Decree for their Damnation" sind nur einige Beispiele, deren anspruchsvoller Inhalt und spröder Stil sicher große Anforderungen an den Durchschnittsleser stellten. Der Abdruck in mehreren Folgen erleichterte etwas den Genuß und die geistige Verarbeitung dieser Veröffentlichungen. Auch lange Abhandlungen konnten dadurch ungekürzt abgedruckt, der theologische Teil der Zeitschrift abwechslungsreicher gestaltet werden, ergänzt durch Beitragsfolgen zur Kirchengeschichte oder kürzere Biographien. Diese Fortsetzungsberichte waren unmittelbar nach der Gründung des Magazins der umfangreichste Teil und bestanden zum Beispiel im Februar 1778 unter anderem aus einem Auszug aus Brandts History of the Reformation in the Low Countries, nämlich dem "Account of the Synod of Dort", einem "Life of Luther" von John Daniel HerrnSchmid und einer allegorischen Beschreibung einer .Gerichtsverhandlung', "The Examination of Tilenus before the Triers of Eutopia", deren Vorsitzender (Dr. Absolute) und Geschworene (Mr. Know-Little, Impertinent Fatality, Narrow-Grace, Meanwell und andere) verschiedene Argumente im Streit um die Prädestination verkörperten. Als Herausgeber mußte Wesley aus praktischen Erwägungen wohl oder übel solch größere Beiträge über fünf, ja acht Monate hinweg in Fortsetzungen von zumutbarer Länge aufteilen - eine Veröffentlichungsart, die er bei anderen Zeitschriften als üblen Trick zur Umsatzsteigerung mißbilligt hatte.73 In seinem eigenen Magazin dagegen wollte Wesley 72

73

"Preface", 1 7 7 8 , S . I V , 4 : "Our design is to publish some of the most remarkable Tracts of the Universal Love of God, and his willingness to save all man from all sin, which have been wrote in this and the last century. Some of these are now grown very scarce; some have not appeared in English before. T o these will be added Original Pieces, wrote either directly upon this subject, or on those which are equally opposed by the patrons of Particular Redemption." Cumbers, Book Room, S. 54.

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seine Leser einerseits an grundlegende, gleichwohl schwer zugängliche Primärliteratur heranführen, andererseits war sich Wesley bewußt, daß zu ausführliche Auszüge aus einigen Werken das Arminian Magazine unattraktiv und eintönig machen und auf Kosten des Absatzes gehen würden. Wesley löste das Problem, indem er seinen Kritikern die möglichen Beschwerden aus dem Mund nahm und vorweg widerlegte: "Here is all the variety I promised: I promised the bulk of the Magazine (as the very title implies) should treat of Universal Redemption." 74 Gleichzeitig kürzte er den theologisch-theoretischen Teil in den folgenden Ausgaben auf etwa zehn Seiten und änderte den Untertitel durch das Wort .hauptsächlich': "The Arminian Magazine, consisting chiefly of Extracts and Treatises on Universal Redemption". Den freiwerdenden Platz füllte er durch einen größeren Anteil an christlichen Biographien und Briefen.

2. Ältere Biographien und Briefe Hier kamen zunächst die Lebensbeschreibungen längst Verstorbener zum Abdruck, "the lives of some holy men, whether Lutheran, Church of England-man, Calvinist or Arminian" ("Preface", 1778, S.VI), zum Beispiel Arminius, Luther, Erzbischof Ussher, John Donne, Bernard Gilpin oder Bischof Bedell, häufig ohne Quellenangaben. Die Auswahl der Lebensbeschreibungen kirchengeschichtlich bedeutsamer Männer der Vergangenheit sollte offensichtlich wichtige theologische und religiöse Grundsätze Wesleys mit einem historisch beweiskräftigen Unterbau versehen: was er lehrte und von sich und seinen Gefolgsleuten verlangte, war nichts Neues oder gar Revolutionäres, sondern findet sich schon in der Theologie und dem Leben früherer hervorragender Kirchenmänner, die es mit dem Christsein ernst meinten. Als der Beständige, bestätigt durch Geschichte und Tradition, tritt uns Wesley auch in den Briefen entgegen, die in den ersten zehn Monaten abgedruckt wurden. Die meisten Verfasser waren bereits tot, ihre Korrespondenz zum Teil über vierzig Jahre alt. Im Arminian Magazine des Jahres 1778 stammen 14 der 59 veröffentlichten Briefe von Wesleys Vater Samuel, einige von seiner Mutter, andere von bekannten früheren Mitstreitern Wesleys aus der Anfangszeit des Methodismus. Unter den wichtigsten Autoren findet man James Hervey, Whitefield, Cennick, B. Ingham, P. 74

" A n Answer to several Objections against this work", 1778, S. 1, 2.

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Doddridge, C. Perronet, Grimshaw, John Nelson und viele andere. Manche hatten sich längst losgesagt von Wesley, hatten zum Teil eigene Organisationen aufgebaut. Doch aus ihren Briefen spricht die ursprüngliche Begeisterung für Wesley, die Verehrung ihres großen Vorbilds und der reformerische Schwung der gemeinsamen frühen Jahre des Aufbaus. Diese Briefe waren nicht nur historisch interessant als Dokumente der Geschichte des Methodismus, etwa die Briefe Bennets oder Grimshaws in der Oktobernummer 1778, sondern eigneten sich auch gut zur Selbstdarstellung Wesleys und ihrer Verfasser. Wesley erscheint als der Methodist mit charismatischer Ausstrahlung, der einen als richtig erkannten Weg konsequent fortgesetzt hat, während seine früheren Freunde das Lager gewechselt haben, als Abgefallene dastehen. Durch kurze Kommentare unterstreicht Wesley die Unbeständigkeit der Korrespondenten. So weist er bei einem Brief Whitefields vom 8. November 1739 darauf hin: "It seems Mr. Whitefield was first now warping towards Calvinism, which all the Oxford Methodists utterly abhorred" (1778, S. 179). Auf der gleichen Seite bringt er einen Brief Cennicks, "(although some parts of it are exceeding strange) to shew what spirit he was of, before he was converted to Calvinism". Drei Briefe von James Hervey von 1736-1747 druckt er ab in der Hoffnung, ' ' [that] the candid Reader will learn hence, in what light he viewed me, before he was thoroughly tinctured with Calvinism" (1778, S. 130ff.). Die Haltung der nach Wesleys Sicht zum Kalvinismus .übergewechselten' alten Freunde erscheint umso treuloser, als aus ihren Briefen die Überzeugung spricht, daß Wesley einen großen charakterformenden Einfluß auf sie ausübte und daß sie ihn als begnadetes Werkzeug der Vorsehung verehrten, mit dem Gott offensichtlich Großes vorhatte. Hervey zum Beispiel erblickte in Wesleys religiösem Einsatz und in seinen Plänen der Indianermissionierung einen Aufbruch zu neuen Ufern, vergleichbar mit ,Noah in der Arche' (2.9.1739). Als er Wesley am 30. Dezember 1747 die beträchtliche Summe von fünf Guineas schenkte, schrieb er dazu: I was desirous to give a proof of my love to your person and my Reverence for your conduct [...] which I beg you to accept as a token o f that affectionate and grateful esteem which I bear to my ever valued friend. (AM,

1778, S. 130)

Solche Worte müssen jene Leser betroffen gemacht haben, welche die unschönen Begleiterscheinungen der Trennung Herveys von Wesley miterlebt hatten oder aus Veröffentlichungen kannten.75 Wesley verstärkte 75

Zum Verhältnis zwischen James Hervey and John Wesley siehe J. S. Simon, John Wesley,

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den Eindruck, daß die Abtrünnigen ungerecht und unloyal gehandelt hätten, durch den Abdruck eines manchen .letzten Briefes', den er an den einen oder anderen Freund vor dem endgültigen Bruch gerichtet hatte. Darin erscheint er verbindlich und beschwörend, die Hand zur Versöhnung ausgestreckt, wenn er zur Beilegung aller Streitigkeiten im Dienste der gemeinsamen Sache auffordert: "put off your armour, my Brother! you and I have no moments to spare. Let us employ them all in promoting peace and good will among men. And may the peace of God keep your heart and mind in Christ Jesus." 76 Die Lektüre der alten Appelle an die Loyalität hatten über die historische Erhellung hinaus eine durchaus aktuelle Funktion. Die Publikationen Wesleys und seine Tagebucheinträge der Jahre 1777 und 1778 beweisen, daß er .Einigkeit' und .Loyalität' im nationalen Bereich wie in seiner Bewegung gefährdet sah. John Hilton und John Fletcher aus Madeley hatten bei der Jahreskonferenz in Bristol im August 1777 bedrückt auf einige Zerfallserscheinungen in ihrer Organisation aufmerksam gemacht, was Wesley zu einer sorgfältigen Untersuchung des Zustands der einzelnen Societies veranlaßte. Darüber hinaus war Wesley besorgt über die politische Entwicklung in Amerika, wo im gleichen Jahr die englischen Kolonien den Unabhängigkeitskrieg begonnen hatten. Er schrieb Aufrufe an die Kolonisten und die Einwohner Englands (6.2.1777) und die Bewohner Irlands (5.5.1778), und er setzte sich in seinem Journal vom 27. April 1778 lang und sorgfältig mit Abbé Raynals Angriff auf die Monarchie als Institution auseinander.77 In dieser unruhigen Zeit sollte sein Magazin durch die Stärkung der Leser in grundlegenden Kernsätzen der Theologie und Religion und durch eindringliche Rückbesinnung auf den Beginn der methodistischen Bewegung das Zusammengehörigkeitsgefühl festigen. In dieser Phase sollten wenigstens die Seiten seiner Zeitschrift Überlegenheit und Ruhe ausstrahlen. Deswegen der Griff in sein Archiv alter Briefe, in denen nicht kontroverse Fragen seine Autorität in Zweifel zogen, sondern die seine Position bekräftigten. Von diesen Briefen hatte er vor 1778 bereits so viele vorsorglich herausgesucht, daß er auf die Frage, weshalb er nicht stärker jüngere the Master Builder (London, 1927). Kapitel XII enthält eine faire und ausgewogene Darstellung über Herveys Bruch mit Wesley. Siehe auch: Laurence E. Porter, "James Hervey (1714-58): A Bicentenary Appreciation", Evangelical Quarterly, XXXI (1959), S. 4-20; Alan D. McKillop, "Nature and science in the works of James Hervey", University of Texas Studies in English, XXVIII (Austin, Texas, 1949), S. 124-38. 76 AM, 1778, S. 136-37, (letzter Brief Wesleys an James Hervey). 77 Siehe A.W. Harrison, "The Arminian Magazine", WHS Proc. (1920), Vol. XII, S. 150-51.

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Zeitgenossen zu Wort kommen lasse, antwortete: " I believe very many of those [letters] that now lie by me, will not easily be excelled, either in point of sentiment or expression, by any other I can receive" (1778, S. 1). Auf .Abwechslungsreichtum' durch kritische Einwände wollte er zu dieser Zeit deshalb verzichten, wie er dem ,anonymen Korrespondenten' im selben Heft auf seine Anfrage mitteilte: " 'But would not many of your Correspondents propose objections, and thereby occasion more variety?' W. 'They would, but that is a kind of variety which I particularly dislike"' (ebd.). In dieser Zeit veröffentlichte Wesley noch eine Anzahl alter Briefe, von denen er mit Recht sagen konnte, daß die darin beschriebenen religiösen Erfahrungen fast von zeitloser und allgemein-menschlicher Natur waren: "See a pattern of true christian simplicity." 78 Dazu gehörte etwa die Frage, ob das Bekehrungserlebnis immer von unmittelbarer Erleichterung und Freude gefolgt sein müsse. Wesley zitierte dazu manche Briefe, aus denen innere Zerrissenheit und Heilsgewißheit sprachen, aus denen er aber stets zur Aufmunterung und Bestärkung all derer, die von Zweifeln und Ungewißheit geplagt wurden, den Schluß ziehen konnte: "Doubts and Fear then are not inconsistent with true Faith." 7 9 Solche Briefe erhellten auf anschauliche Weise schwierige Fragen der Theologie und waren echte seelsorgerliche Hilfe für viele Leser. Dieser Pastoralen Seite gab Wesley sehr rasch den Vorzug vor der Darstellung kontroverser Ansichten. Bei der Auswahl von Briefen und Biographien setzte er deshalb nach etwa neun Monaten den Schwerpunkt auf "Accounts and Letters, containing the experience of pious persons, the greatest parts of whom are still alive" (1778, S. VI, 7). Diese aktuellen Zuschriften zeitgenössischer Leser sollten das Magazin stärker zum Spiegel der gegenwärtigen religiösen Situation machen und ein Gegengewicht zu den historischen Reminiszenzen bilden. Im November 1778 erschien die erste Kurzautobiographie eines noch lebenden Methodisten, Peter Jacos, versehen mit einem Stahlstich, der das Porträt des Predigers zeigte (S. 540-544). Von da an enthielt jede Ausgabe mindestens eine Lebensbeschreibung eines noch aktiven Predigers oder Helfers. Diese "Accounts" verfaßten die Autoren eigens für die Zeitschrift auf Wesleys persönliche Bitte hin, der sie ohne Verzögerung veröffentlichte. John Atlay zum Beispiel schickte seine Lebensbeschreibung 78 79

AM, 1778, S. 275. Wesley zu einem Brief von Th. Willis vom 13.11.1744. Vgl. etwa die zu diesem Problem veröffentlichten Briefe Whitefields vom 8.11.1739 oder von Miss M. Kinchin vom 10.5.1738 im AM, 1778, S. 177-79.

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am 30. Oktober 1778 an Wesley, und bereits in der DezemberNummer des gleichen Jahres konnte man seinen "Short Account" lesen (S. 576-81). Über die Lives im Arminian Magazine wird in Kapitel IV dieser Arbeit ausführlich berichtet. Die Leserbriefe lassen keinen Zweifel darüber aufkommen, daß diese wahren Lebensgeschichten zur Lieblingslektüre der Bezieher der Zeitschrift gehörten: "In reading your Magazines I am often refreshed in my soul; more particularly in reading the accounts of some of the people of G o d " (1789, S.357). Offensichtlich empfanden viele die Berichte aus der Gegenwart ganz besonders gewinnbringend, wie das Leserecho nahelegt, für das diese Zuschrift in der Juli-Ausgabe 1789 repräsentativ ist: "It must be matter of joy to all that love our Lord to hear that he is still bringing in lost sinners" (ebd.). Ähnlicher Beliebtheit wie die Lives erfreuten sich ab dem 2. Jahrgang des Magazins regelmäßig veröffentlichte Augenzeugenberichte vom Sterben methodistischer Christen. Darin werden oft Schrecken und Verzweiflung der Todesstunde nicht ausgespart, wohl aber wird durch die vom Sterbenden und von den Anwesenden als Trost empfundene Gnade eines starken Glaubens gezeigt, daß die Methodisten nach einem guten Leben mit Zuversicht aus dieser Welt gingen, oft mit einem triumphierenden Kirchenlied auf den Lippen: "Away with our sorrow and fear [...] The day of eternity come!" Man lese hierzu "A short account of the Death of Mrs. S. Bumstead", die in jedem Stadium des sich rapide verschlechternden Gesundheitszustands auf ihrem Sterbebett den passenden Vers eines Kirchenliedes zitiert (1786, S. 114). Während die Lives und Briefe von Wesleys Zeitgenossen etwa zehn Jahre lang in der Regel ohne Zusätze des Herausgebers abgedruckt werden, lenkt spät in den achtziger Jahren Wesleys Kommentar am Ende mancher Zuschrift das Augenmerk des Lesers auffällig auf die .Rechtschaffenheit und Aufrichtigkeit' der Methodisten und ihrer Prediger: "Is it not too much to be wished that such a spirit was found in all the Ministers of the Church of Christ?" 80 Solche vorher im Arminian Magazine unüblichen Vergleiche mit Amtsträgern der übrigen .Kirche Christi', womit Wesley natürlich in erster Linie die Church of England meint, und seine mahnenden Fragen sind als ein letzter Versuch Wesleys aufzufassen, nach einer teilweise erfolgten inneren Loslösung mancher 80

AM, 1789, S. 121. Brief A.B.s vom 22.7.1779, zu dem Wesley u.a. sagt: "We see here a notable instance of the integrity and candour which influence the most common Preachers among the Methodists."

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Societies von der Mutterkirche einen völligen Abfall von ihr mit allen kirchenrechtlichen Folgen zu vermeiden - eine Sorge, die Wesley auch in eigenen Briefen ausdrückt: Such a separation I have always declared against, and certainly it will not take place (if ever it does) while I live. But a kind of separation has already taken place and will inevitably spread, though by slow degrees. Those Ministers, so called, who neither live nor preach the Gospel, I dare not say, are sent of God. Where one of these is settled, many of the Methodists dare not attend his ministry. So if there be no other Church in that neighbourhood, they go to Church no more. This is the case in a few places already, and it will be the case in more, and no one can justly blame me for this, neither is it contrary to any of my professions. J.W. (1789, XII, S. 45-46, Wesleys "Thoughts on Separation from the Church" vom 20.9.1788) Der sachliche, verbindliche Stil dieser Stellungnahme zur ebenso grundlegenden wie umstrittenen Frage des Verhältnisses zur Staatskirche verdeutlicht den besonnenen Kurs, den Wesley in seiner Zeitschrift steuert, und der ihn auch davor bewahrt, gegen Vertreter anderer Meinungen ausfällig zu werden. Außer in den ersten Monaten nach der Gründung des A rminian Magazine und gegen Ende seines Lebens vermeidet Wesley in seiner Zeitschrift die Diskussion von Kontroversen. "This Magazine not only contains no railing, but (properly speaking) no controversy" (JWL, VI, S. 295), schreibt Wesley und meint damit, daß er kontroverse Fragen nicht im Stile einer persönlichen Auseinandersetzung im Arminian Magazine diskutieren läßt, wie das im Gospel Magazine oder vielen zeitgenössischen Pamphleten zu seinem Bedauern üblich war. Er schließt auch viele Themen von der Veröffentlichung aus, die kritischen Widerspruch in die Zeitung hereinbringen könnten. Es sollten deshalb " n o news, no politics, no personal invective, nothing offensive either to religion, decency, good nature, or good m a n n e r s " abgedruckt werden. Bei einer argumentativ vorgetragenen Verteidigung der eigenen Position würde die andere Seite mindestens indirekt dadurch repräsentiert, daß man ihre Auffassungen widerlegen müßte. Wesleys Absicht ist jedoch nicht, die Anhänger des anderen Lagers für sich zu gewinnen. " I published [the Arminian Magazine]", sagt Wesley in einem Brief an Thomas Taylor, einen Kritiker aus eigenen Reihen, " n o t to convince, but to preserve", 81 und seiner Auffassung nach kann er die Kalvinisten am leichtesten aus 81

Siehe Wesleys detaillierte Begründung der .Notwendigkeit, Nützlichkeit und Angemessenheit' der Zeitschrift im Brief an Thomas Taylor in Tyerman, The Life of the Rev. John Wesley, M.A., Bd.III, S.284, und JWL, VI, S.295.

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dem Bewußtsein seiner Leser verdrängen, indem er nicht auf ihre Argumente eingeht, sondern seine theologische Grundüberzeugung in der Zeitschrift durch geschickte Auswahl von Beiträgen so darstellt, als gäbe es keine andere, von vernünftigen Menschen ernstzunehmende Alternative: "The Magazine goes straight forward, taking notice of no opponents, but invariably pursuing the one point. And this is the only way to preserve the Methodists and to make the Calvinists quiet" (ebd.). Für den Leser hatte diese redaktionspolitische Maxime Wesleys immerhin den Vorteil, daß er durch die Lektüre eine konsequente und erbauliche Stärkung seines Glaubens erfuhr und nicht durch andere Quellen verunsichert wurde.

3. Poetry Die letzten zehn bis fünfzehn Seiten des Magazins - "to fill up what's wanting in the pages" - behielt Wesley dem vierten Hauptteil, der Dichtung, vor: "Verses explaining or confirming the capital doctrines we have in view" (1778, S. VI, 7). Dazu hatten ihm einige Freunde, auf deren Urteil er ,großen Wert' legte, vor der Veröffentlichung geraten: They urge, that it may be profitable as well as agreeable, that it may not only afford some entertainment, but may be a real use to many serious readers, who have a taste for verse as well as prose. We acknowledge it may [...] But we faithfully promise not to insert any Doggerel: nothing which shall shock either the understanding or the taste of the serious reader. (Ebd., 6.)

Wesley erweckt in diesem Vorwort den Eindruck, als folgte er beim Abdruck von Gedichten weitgehend dem drängenden Rat von Freunden. Dahinter steckt seine Ablehnung von Gedichten, die nur Unterhaltung, zum Teil gar frivoler Natur, enthielten. Der .Geschmack' der Methodisten war jedoch auf andere dichterische Lektüre gerichtet, wie er in einem Brief an Walter Churchey feststellte: "The Methodists in general have very little taste for any poems but those of a religious or moral kind; and my brother has amply provided them with these" ( J W L , VIII, S. 107). Die in den ersten Monaten veröffentlichten Gedichte waren in der Tat sogenannte Kirchenlieder, "hymns", von denen er viele schon früher publiziert hatte. So entstammte etwa "Eupolis's Hymn to the Creator" (1778, I) seinen Hymns and Sacred Poems von 1738, und "O'tis enough, my God, my God" (ebd.) war seiner Hymn Collection von 1741 entnommen. Wie im Gospel Magazine stehen auch im Arminian Magazine die "hymns" als religiöse Gebrauchslyrik gleichberechtigt neben anderen Gedichten, jedoch unterbleibt hier der Abdruck von Noten völlig. 149

Auswahlkriterium der .Kirchenlieder' für den Abdruck im Magazin scheint ihre mitreißende arminianische Zuversicht auf die Erlösung aller gewesen zu sein, wie bei den "Hymns on God's Everlasting Love", wo es heißt: Free as air thy Mercy streams, Thy universal Grace Shines with undistinguish'd beams On all the Fallen Race: All from Thee a Power receive To reject or hear thy Call, All may chuse to die or live; Thy Grace is Free for All. (1778, S. 140)

Die Überschriften weisen vielfach schon auf die in den Gedichten implizierte Kritik an der Prädestinationslehre hin, wie einige Beispiele aus dem ersten Band verdeutlichen mögen: "Salvation depends not on Absolute Decrees" (S.45), "Universal Redemption" (S.235) oder "Address to the Calviniste" (S. 383). Viele dieser Gedichte waren, auch wenn Wesley sie aus Hymn Books entnommen hatte, von Anfang an nur zur Lektüre gedacht, sei es, weil sie sich inhaltlich nicht zum Gemeindegesang eigneten oder weil es keine Melodie dazu gab. Als religiöse Dichtung waren sie in den Poeiry-Seiten des Magazins durchaus am Platze. Die Anzahl der .Kirchenlieder', besonders der betont arminianischen, ging in dieser Zeitschrift nach dem ersten Jahr allerdings stark zurück. Dadurch trat auch in diesem Teil der Zeitschrift der ursprüngliche kämpferischdemonstrative Einsatz für die arminianische Überzeugung zurück, und die eigene Überzeugung wurde zurückhaltender und gelassener vertreten. Dennoch verschwand die Gattung der .Kirchenlieder' nie völlig aus ihren Seiten. Als Wesley 1789 nach und nach die bekannteren Hymns abgedruckt hatte, begann er mit der Veröffentlichung bis dahin weitgehend unbekannter Bibelparaphrasen aus dem Nachlaß seines Bruders, "particularly on the four Gospels and the Acts of the Apostles. Many of these are in no ways inferior to those that have been already published" (1789, S.279). Bis dahin hatte Wesley im Arminian Magazine bereits außer Gedichten seiner Familienangehörigen Auszüge aus den Werken von Herbert, Dryden, Pope, Watts, Cowper, John Newton und Mrs. Barbauld gebracht, war Grays "Elegy wrote in a Country Church Yard" (1786, S. 570ff.) ebenso veröffentlicht worden wie James Beatties "The Hermit" (ebd., S. 574) oder Goldsmiths idealisierendes Bild eines verständnisvollen 150

Seelsorgers, "The Country Clergyman" (1778, S. 590-92). Psalmenparaphrasen standen neben Gelegenheitsgedichten, "The 104th Psalm paraphrased" neben Gambolds "On taking up a Bird, which was shot through the Wing." Randolph meditierte "On his own Picture", ein anderer, nicht genannter Dichter nahm "Bishop Atterbury's Birth-Day" zum Gegenstand seiner Verse. Viele Lauras, Stellas oder Celias, auch im Arminian Magazine traditionell mit " a bosom fairer than descending snow" ausgestattet, sinnen in kühlen Hainen über Vanitas- und Carpe-diemMotiven, und manche,Nymphe' wird durch historische Exkurse von der Vergänglichkeit alles Irdischen überzeugt: But thou, fair Nymph, thy Self survey In this sweet Offspring of a Day; Swift as the Flow'r your Charms will fly: At Morn they bloom, at Ev'ning die. Now Helen lives alone in Fame, And Cleopatra's but a Name: Time will indent that heav'nly Brow, And thou must be, what Helen's now! This Moral to the Fair disclose, Queen of Fragrance, lovely Rose! 82

Die bis 1790 veröffentlichten 660 Gedichte zeigen, daß Wesley den Begriff .religiöse Dichtung' nicht kleinlich oder eng auslegte. Vergänglichkeitsthematik allein qualifizierte oft genug ein Werk zum Abdruck, solange es sprachlich und inhaltlich keinen Grund zur Beanstandung bot. Vielen Gedichten in klassizistischer poetic diction, in der sich Wesley in seiner Oxforder Zeit selbst geübt hatte, standen Verse der Vorromantiker und zeitgenössischer Kirchenliederautoren gegenüber. "Clear, pure, proper, strong" sollte die Dichtungssprache nach Wesleys Vorstellung sein,83 und diese Anforderung sah er in Gedichten ganz unterschiedlicher Stilarten und Epochen vorbildlich verwirklicht. Seine Leser kamen dadurch in den Genuß einer relativ breiten Auswahl von Gedichten der letzten 150 Jahre. Mit seiner Vorliebe für die 'sentimentale' Literatur im Stil der Grabesund Friedhofsdichtung Grays und seines einstigen Freundes James Hervey oder seiner Begeisterung über die "Elegy to the Memory of an Unfortunate Lady" des von ihm als vorbildlich geschätzten Pope erweist sich Wesley ganz als Kind seiner Zeit. Als Geistlicher kannte er außerdem die effektvolle und lehrreiche Wirkung gerührter Ergriffenheit, wie sie seiner 82 83

(Anon.), "The Rose-Bud. To A Young Lady" (1778, S. 96). Vgl. seinen Brief an Samuel Furly vom 15.7.1764, JWL, IV, S. 256-58. 151

Meinung nach von vielen ähnlichen zeitgenössischen Werken ausging. Matthew Priors "Henry and Emma", klassizistische Nachdichtung der alten Ballade "The Nut-Browne Mayde", erschien Wesley offensichtlich als besonders eindrucksvolles Beispiel religiös-sentimentaler Dichtung, das er im September 1779 seinen Lesern vorstellte. Diese waren über die .skandalöse' 14-seitige gereimte Liebesgeschichte allerdings geschockt und protestierten heftig in zahlreichen Briefen, so daß er im Januar 1780 in der für ihn typischen Weise mit durchnumerierten Argumenten seinen Standpunkt darlegen mußte: It is granted it is not strictly religious. But it must be granted on the other side, (1.) that there is nothing in it contrary to religion, nothing that can offend the chastest ears. (2.) That many truly religious men and women have both read and profited thereby; and (3.) That it is one of the finest poems in the English tongue, both for sentiment and language; and whoever can read it without tears, must have a stupid and unfeeling heart. ( S . I V - V )

Wesley Schloß seine Rechtfertigung, oder besser, Zurückweisung der Kritiker mit einer verbindlich formulierten Zusicherung, die er auch einhielt: "I do not know that any thing of the same kind will appear in any of the following Magazines" (ebd.). Was er aber zur Verteidigung von Priors Gedicht zusammenfaßte, kann man als die Forderungen bezeichnen, die er bei der Auswahl von Gedichten stellte: nichts AntiReligiöses im Inhalt, edle Gesinnung, vorbildliche Sprache und rührende Wirkung. Diese Kriterien erklären auch, warum man im Arminian Magazine so häufig Epitaphien und Ars moriendi-Gedichte findet. "An Epitaph on herself", "A Fare-well to the World" oder "A Mother's Address to her dying Infant' ' sind im Band I einige typische Beispiele aus der Feder von "Mrs. Wright", seiner Schwester Mehetabel, "my Mother's Tenth or Eleventh Child" - "she had Nineteen", wie Wesley erklärt. Von den 43 Grabinschriften verdient es das ungewöhnlichste Beispiel dieser Gattung vom Grabstein einer Katharine Gray, "who in her lifetime had been a dealer in earthenware", hier zitiert zu werden. Unter der zunächst befremdlichen Überschrift " A Whimsical Epitaph" veröffentlichte Wesley sie in Band IX. Der Inhalt bestand aus einer spielerischwitzigen Deutung der christlichen Auferstehungshoffnung: Einmal im Grabe wieder zu "lifeless clay" geworden, könnte die verstorbene Keramikwarenhändlerin sich eines Tages in Form von Tongefäßen auf den Regalen ihres früheren Ladens wiederfinden. Vor den Genuß dieses schwarzen Humors hatte der Steinmetz freilich die Entzifferung dieser Inschrift gesetzt, die aufgrund ihres ungewöhnlichen Schriftbildes eine 152

knifflige Denksportaufgabe für den Leser darstellte. Bei diesem in Form und Inhalt aus dem Rahmen des Üblichen fallenden Spruch mußte Wesley erst auf die grundsätzliche Unziemlichkeit derb-komischer Grabinschriften hinweisen, bevor er den eigentlichen Text abdruckte: To be jocular in death is preposterous; nor is it less so to inscribe low jests on the Monuments of the dead. We insert the following as a remarkable instance of this sort of buffoonery, found in a country Church-yard [...] Bene AT.HT. HIS: ST. Oneli ESKA THARI NEG Raye Hang'd F. R. O! mab. U. Sy li Fet olif. Ele s. S. e L Ayb. Ye. AR Than Del — Ays Hego Therp. Eifa. Ν. D No. Ws. He Stur N'DT. oea Rt. Hh? ersel. Fy, Ew E—E. Pin Gfr. I. EN DS L. etm. EA. D

VI? Seab AT eyo URG RIE. Fan D.D Ryy O! U—Rey Esf, OR WH ATA Vai—Ls aflo O! Doft Ears. W. Hok No WSB Ut Ina Runo Fy Ears In So—Metall Pit—C Hero R broa D Ρ Ans He I ΝΗ Ers Hopma YΒ E AG—AIN. (1786, S.462-3)

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4. Belehrendes und Unterhaltendes Die Entschlüsselung der Inschrift, die den Lesern mitgeliefert wurde,84 war zwar schwierig, aber doch wohl als Scherz und zur Kurzweil gedacht. Im allgemeinen sah sich Wesley jedoch verpflichtet, seinen Lesern anspruchsvolle geistige Kost vorzusetzen, von der ihre Bildung und ihr Allgemeinwissen profitierten. Dabei setzte Wesley die Anforderungen oft eher zu hoch als zu niedrig an. Ab Oktober 1778 veröffentlichte er zum Beispiel ziemlich regelmäßig lateinische Epigramme oder Epitaphien, etwa "On Dr. Aldrich, Dean of Christ Church, Oxon" (1778, S.600), die zu übersetzen er seine Leser bat. Die besten Versionen druckte er ab, wobei er manchmal einer Prosafassung den Vorzug vor einer gereimten Übersetzung gab, "[because] it was judged nearer the original" (S. 540). Die lateinkundigen Leser waren sicher eine kleine Minderheit, und mancher andere gelehrte Artikel dürfte ebenfalls nur einen Teil der Leser angesprochen haben, etwa die Abhandlung "Of the Hebrew Points" (II, 1789), welche die Punktierung der hebräischen Konsonanten beschrieb und erklärte, wie die Stellung der Punkte zu den Konsonanten bestimmte Vokale ausdrückt. Manche Artikel, die auszugsweise und wegen ihres Schwierigkeitsgrades in mehreren Fortsetzungen veröffentlicht werden mußten wie 1782-3 Bryants Analysis ofAncient Mythology oder Lock es Essay on the Human Understanding, waren für viele auch dann noch schwer zu verstehen, wenn Wesley in einem eigenen Anmerkungsteil Erläuterungen oder Verbesserungen' anfügte. Leserkritik wegen des teilweise hochgestochenen Inhalts seiner Zeitschrift hatte Wesley schon im Vorwort des zweiten Bandes besänftigen 84

" T o unterstand this ridiculous piece, you are to follow the letters, till they make up a word: not regarding whether they be great or small; not how they are divided, or pointed. The E X P L A N A T I O N . B E N E A T H this stone lies Katharine Gray, Chang'd from a busy life, to lifeless clay: By earth and clay she got her pelf; And now she's turn'd to earth herself, Ye weeping friends, let me advise, Abate your grief, and dry your eyes, For what avails a flood of tears; W h o knows but in a run of years, In some tall pitcher, or broad pan, She in her shop may be again. If she loved, and served God in her day and generation, she is eternally happy before the Throne; if not, she will be a companion for Devils and damned Spirits for ever and ever!"

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müssen: "I allow that [some of the tracts are hard to be understood], but those that follow will be plainer and plainer, so that I trust they will be easily understood by anyone of a tolerable capacity." In der Folgezeit hielt sich Wesley freilich nicht immer an dieses Versprechen. Der erbaulichen religiösen Weiterbildung dienten dabei die meist in zwei Teilen veröffentlichten Predigten aus seiner oder aus der Feder anderer Geistlicher. Viele Predigten wurden zum ersten Mal im Arminian Magazine veröffentlicht und bedeuteten eine attraktive Bereicherung der Lektüre in einer Zeit, in der gedruckte Predigten einen außerordentlich guten Absatz fanden und nicht selten mehrere Auflagen erlebten. Manche kurze Essays griffen vieldiskutierte ästhetische und philosophische Probleme auf, etwa "Upon Taste" oder "On Genius", und reflektierten Wesleys Beschäftigung mit Gerards "Essay on Taste" und mit Addisons "ingenious thoughts" in seiner Abhandlung über "The Pleasures of the Imagination", einst veröffentlicht im Spectator. Verlangte diese Thematik allein schon gründliches Durchdenken der theoretischen Ausführungen, so wirkten die Auszüge aus diesen Essays in ihrer verkürzten, komprimierten Form oft noch anspruchsvoller. 1783 beschwerten sich erneut Leser bei Wesley, einige Artikel seien nach wie vor "not intelligible to common readers". Wie üblich, beantwortete Wesley solch grundlegende Kritik im Vorwort zu einem neuen Jahrgang: [...] did I ever say this was intended for common Readers only? By no means. I publish it for the sake of the learned as well as the unlearned Readers. But as the latter are the greater number, nine parts in ten of the work are generally suited to their capacity. What they do not understand, let them leave to others, and endeavour to profit by what they do understand. ("Preface", 1784)

In der Tat wirkt die Kritik eng und unzutreffend angesichts zahlreicher gut verständlicher Artikel, von denen hier nur einige wenige genannt werden können, etwa über historische Ereignisse und Personen, über ferne Länder, Sitten und Gebräuche, über naturwissenschaftliche Zusammenhänge und manchen .sonderbaren Vorfall' im eigenen Land. Denn wie in seinen Tagebuchauszügen und in den von ihm herausgegebenen anderen Publikationen erweist sich Wesley auch hier als Eklektiker, der in seiner Zeitschrift die Lesefrüchte einbringt, die er für nützlich oder wissenswert hält. Da fühlt er sich aufgerufen, geschichtliche Zerrbilder geradezurücken, etwa bei einer Untersuchung des Charakters Epikurs, oder Maria Stuarts historische Bedeutung zu würdigen, deren vorbildliches Sterben aus einem Augenzeugenbericht an Sir William Cecil hervorgeht. Diese Quelle ist 155

Wesley zwei Fortsetzungen zur Rehabilitierung der schottischen Königin wert und bietet Gelegenheit zu einem bitteren Seitenhieb auf Elizabeth im Anschluß an Marys letzten Brief an ihre Halbschwester: "Elizabeth was much moved with this, as you could expect a deliberate murderer to be, and one lost to all sentiments of Justice, Mercy, Truth" (X, 1786). Da gibt es monatelange Fortsetzungen über Henry Maundrells fast 100 Jahre zurückliegende Reise von Aleppo nach Jerusalem (1697) und zwei Jahre lang spannende Auszüge über exotische Länder aus Captain Henry Wilsons Account of the Pelew Islands (ab Februar 1786 bzw. Januar 1791). Da erfahren die Leser aufregende Abenteuer, aufgeschrieben im Gefängnis von Bicètre, Frankreich, in "A Series of Letters by Oliver Mac Allester" (ab Juni 1786). Mit den Aufzeichnungen zweier dänischer Missionare über ihre Reise nach 'Ostindien' aus dem Jahre 1705 erleben die Methodisten quasi mit den Augen und Nasen der dänischen Gottesmänner deren erste Begegnung mit den Hottentotten: "they are of suitable proportion of Body; but stink terribly by greasing themselves daily with f a t " (ab Juli 1789). Augenzeugenberichte geben ein beklemmendes Bild von den Risiken der Seefahrt in dramatischen Schilderungen von Schiffsuntergängen, etwa der Earl of Sandwich 1765 oder der Halsewell 1785 (VI, 1786). Angesichts solcher Naturgewalten erscheinen die zuvor veröffentlichten Ratschläge, wie man sich als Schiffbrüchiger vor dem Verdursten retten könne, in ihrer Tauglichkeit ebenso fraglich wie die Nutzanwendung der Erkenntnisse über den Charakter von Elefanten, die der Leser aus dem Artikel "On the Docility of Elephants" gewinnt (II, 1789). Das Unrecht des Sklavenhandels und die Ausbeutung der Bodenschätze auf Kosten unmenschlicher Arbeitsbedingungen sind soziale Mißstände, die Wesley ernst und mahnend kommentiert. Der Leser erfährt, daß die Kumpel in den Salzminen von Wiliska in Polen (VII, 1786) das gleiche Los tragen wie Wesleys Landsleute in der Kupfermine von Ecton Hill, Staffordshire (I, 1786), und nicht nur dort, wie eine für Wesley typische „Hochrechnung" weiter ausführt: It is supposed there are no less than 40.000 working miners daily under ground in the tinmines in Cornwall; and perhaps as many, if not more, in other works of copper, lead and coal, in Great Britain. They reckon about 300.000 miners in Sweden, Germany, Hungary, Switzerland, Carinthia, Camola, and other parts of Europe. And if we add the many thousands employed in the various mines in South America, Indians, Negroes, and white Criminals, who are doomed to eternal darkness below, over and above those employed above ground, we may modestly admit some millions of souls, whose bread depends

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on this laborious employment, and where many thousands live and die without ever seeing the light of the sun. (1786, I, S.36) Der im Band 1788 begonnene und bis Dezember 1789 fortgesetzte Abdruck des "Extract from a treatise called The Refined Courtier" rückt hauptsächlich die Fragwürdigkeit vieler Zeremonien und überbewerteter Eitelkeiten ("vanities and ceremonies") in die Schußlinie der Kritik, und nur einige wenige Passagen aus den Abschnitten "Of Neatness and Elegancy of Manners" dürften einen .verfeinernden' Einfluß auf die Lebensart der Leser ausgeübt haben.85 Physikalische Phänomene, naturwissenschaftliche und medizinische Vorgänge finden besonders starke Würdigung im Arminian Magazine, Obskures mischt sich hier mit Hochaktuellem. Zur Erklärung der Elektrizität etwa greift Wesley auf Benjamin Franklins Experiments and Observations on Electricity zurück, auf die er sich schon in seinem Tagebuch bezogen hatte (s. weiter unten). Zusätzlich führt er mit der Beschreibung 'of an extraordinary Fish of the Eel-tribe" aus Bancrofts .Geschichte von Guinea' einen von Franklin nicht berücksichtigten Energiespender ein: Einen Fisch, den der Autor "Torporific Eel" nennt, der elektrische Schläge austeilt, angeblich Blitze bis zu 20 cm Länge aussenden und im Wasser selbst zwei bis drei Meter entfernte Personen elektrisieren kann. Dies alles wird damit erklärt, daß der Fisch 'torporific or electric particles' ausschicke (1786, S.32-33). Ob es sich um Wesleys Erklärungen der Kondenswasserbildung an Kutschenfenstern ("Why Dew Forms on Coach Glasses") handelt, ob ein "Gentleman of New England" darlegt, wie er aus dem Saft des Kakaobaumes einen durchaus konkurrenzfähigen Arrak destilliert86 oder ob das menschliche Haar untersucht wird, alle wissenschaftlichen Berichte zeichnen sich durch detaillierte und exakte Beschreibungen von Experimenten und Beobachtungen aus: "The Hairs are all hollow. The root of each hair is fixt in a mucuous globule, of an oval figure, which often adheres to it, when it is pulled up by the root" (1786, S.47ff.). 85

86

Vgl. etwa den Abschnitt über Tischsitten (1789, S. 644ff.), wo es z.B. heißt: "When you are at the table you must refrain from spitting as much as you can or do it after a decent manner. Beware likewise of eating so greedily that you are constrained to belch, or make any other rude noise, and of rubbing your teeth with your napkin and picking them with your fingers." Vgl. "An Account of preparing a spirituous Liquor, of the nature of Arrack [...]", 1786, S. 391, wo es zusammenfassend heißt: "I have made a fine spirit of it, which every body here says is very good Arrack. I am more used to Arrack than they are; and I must confess that I do not think it exactly the same with the Arrack of Goa and Batavia; but it is exactly the same with that of many other parts of the East Indies, and I think full as pleasant as any."

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Bewährte Hausmittel gegen allerlei Beschwerden und medizinische Fallbeschreibungen wurden gern abgedruckt. Wesley selbst ergriff gelegentlich das Wort, etwa im Anschluß an "Thoughts on nervous Disorders, particularly that which is usually termed Lowness of Spirits" (1786, I und II). Wesley eruiert hier als häufigste Anamnese "Indolence, Intemperance, irregular Passions" und warnt vor dem Genuß von Tee und besonders Alkohol ("that liquid fire lays foundation of numberless diseases, and of this in particular"). Die Leser teilten ihre Erfahrungen in Zuschriften mit, wobei Wesley stets die zu Wort kommen ließ, die eine bestimmte Therapie gewissermaßen im Selbstversuch getestet hatten. So konnte man im Juli 1786 einen Leserbrief vom 31. Oktober 1785 im Anschluß an eine Abhandlung über Schlafwandeln lesen, der den Rat enthielt, man solle eine Wanne mit Wasser so aufstellen, ,daß der Schlafwandelnde beim zweiten Schritt hineinfalle'. Den Erfolg dieser Therapie faßte der Einsender lakonisch kurz zusammen: "He never attempted to rise in his sleep after". Durch die Berichterstattung über medizinische Sonderfälle erfuhr der Leser manche Begebenheit, die zu Recht mit den Attributen "extraordinary", "wonderful" oder "miraculous" versehen war. Ann Green, 1650 wegen Abtreibung gehenkt, kam auf dem Sektionstisch wieder zu sich und wurde begnadigt (1786, S. 20-21). Ein Dr. Cheyne berichtet über einen Colonel Townshead, der willkürlich Puls, Herzschlag und Atem bis zu einer halben Stunde .anhalten' konnte, ohne irgendwelche Schädigungen davonzutragen (ebd., S. 37-38). Im März 1789 konnte man über einen Mann lesen, der ohne Hände und Arme zur Welt gekommen war und alle Arbeiten wie .Melken, Heuen, Pferdsatteln, Schafscheren, Nähen, Schreiben und Rasieren' mit seinen Zähnen oder Zehen verrichtete. Hier vermochte Wesley seinen Kommentar nicht zurückzuhalten, der unausgesprochen hinter vielen ähnlichen Berichten steht: "We can only say, what is too hard for God!" (S. 112). Manches Krankheitsbild, das im Arminian Magazine beschrieben wurde, war so unbekannt und in den Details so makaber, daß es eher auf die krankhafte Phantasie des Erzählers hinzuweisen schien als auf einen authentischen Fall aus den Unterlagen zeitgenössischer Ärzte. Wie glaubwürdig konnte "An account of an Extraordinary Child" (1786,1, S. 37) für den Leser sein, der darin von einem Kind erfuhr, das mit fünf Jahren bereits "4 feet 7 inches" groß und "14 stones" schwer war, mit sieben wie ein Siebzigjähriger aussah und starb? Heute weiß man, daß es sich dabei um Progeria, kindliche Vergreisung, eine überaus seltene Entwicklungstörung handelt, gegen die es praktisch keine Therapie gibt, 158

und deren Vorkommen noch in unserer Zeit selbst großen Tageszeitungen eine Schlagzeile wert ist.87 Von so ungewöhnlichen Fällen in der Medizin war der Weg zur Veröffentlichung noch unerhörterer Vorkommnisse aus dem Bereich übernatürlicher Heilungen, Erscheinungen von Geistern, Spuk, Besessenheit und Hexerei nicht weit. Wie zahlreiche Tagebucheinträge zeigen, vertrat Wesley Zeit seines Lebens die Ansicht, daß solche Phänomene sichtbare Beweise für Gottes allmächtiges Eingreifen in den Lauf der Welt darstellten. Southey verurteilte die im Arminian Magazine erscheinenden "strange accounts" und warf in seiner Biographie Wesleys dem Methodistenführer vor, "[that he] indulged his indiscriminate credulity, and inserted, without scruple, and without reflection, any marvellous tale that came to his hands." 88 In der Tat ist die Palette .sonderbarer Vorfälle' bunt und reichhaltig. Da erhält mancher medizinisch-naturwissenschaftliche Vorgang eine spektakuläre, mit empirisch-wissenschaftlichen Methoden nicht erklärbare unerwartete Wendung. In dem Artikel über das menschliche Haar etwa (1786, S. 47ff.) wird als Beweis für das Wachsen der Haare nach dem Tode das Beispiel einer weiblichen Leiche angeführt, bei der die posthum entwickelte Lockenpracht den festgeschraubten Sargdeckel nach einigen Jahren glatt sprengte. "From the very crown of the head, even to the very sole of the foot, it was covered over with a very thick set hair, long and much curled." Leider zerfiel die Leiche mitsamt der Haarpracht, als Augenzeugen beides betasten wollten, und es blieb, man beachte die exakte Bestandsaufnahme, "only a small part of the great toe of the right foot", der dem Verfasser des Artikels vorgelegen zu haben scheint. Diese haarige Angelegenheit nützte Wesley ausnahmsweise nicht zu einem providentiell wertenden Kommentar, doch fügt er sonst jeweils gern ein paar Zeilen hinzu wie bei der Beschreibung eines zweiten Gesichts (1786, S. 199 -200), wo er beteuert: "I believe every tittle of [this] relation is true, which follows almost verbatim. ' ' Allerdings verhehlt er nicht, daß meistens eine lange Tradition mündlicher Überlieferung vor dem Zeitpunkt der Niederschrift lag, im eben angeführten Beispiel hatte der Korrespondent Mr. Wills den Vorfall vom örtlichen Pfarrer, der wiederum war von Augenzeugen informiert worden. Beispiele für Hexerei und Besessenheit gehen zum Teil sogar bis ins 17. Jahrhundert zurück und versuchen, den 87

Siehe Nürnberger Nachrichten vom 7./8.11.1981, S. 3: „Kindergreis gestorben", wo über Russell Ed. Defour aus Gulport, Mississippi berichtet wird, „der mit seinen zehn Jahren schon die körperlichen Merkmale eines Vierzigjährigen aufwies". 88 Southey, The Life of John Wesley, II, S.232.

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Wahrheitsbeweis durch historisch nachprüfbare Fakten zu erbringen. So fragt Wesley im Anschluß an "Some Account of M. Jackson's Witchc r a f t " aus dem Jahr 1642: Query: Seeing this relation is attested by Mr. Hughes, then Rector of Great St. Helen's [and various other gentlemen], and seeing it was publicly tried at the Old Bailey, and the account published while the parties concerned were still living; is it not far more absurd to doubt the truth of it than to believe it? (1786, S.263ff.)

Sofern es sich bei nächtlichen Erscheinungen nicht um verstorbene Opfer von Verbrechen oder Verführung handelte wie im Bericht des Mr. Will, wo die von einem "Lord - " verführte Frau diesem .seinen Tod innerhalb von drei Tagen' ankündigte, war es gewöhnlich die Vision eines schönen jungen Mannes, der etwa die Heilung von langer Krankheit voraussagte. " A beautiful youth, with curled yellow hair, in white raiment" beispielsweise soll einer seit 14 Jahren gelähmten Einwohnerin Amsterdams in einer nächtlichen Erscheinung Heilung verheißen haben, die daraufhin angeblich prompt eintrat - "and the relation is attested by many famous witnesses" (1786, S.43-44). Die Beispiele ließen sich beliebig fortführen. Trotz moralischer und religiöser Betrachtung boten sie spannende Lektüre, bei der auch die Lust des Lesers auf Furchterregendes und Gruseliges voll befriedigt wurde. Die Beschreibungen etwa des Spukhauses des Gilbert Campbell in Glenluce ("An Account of the Disturbances of Glenluce", I and II, 1786) oder "The Apparition of Edward Avon, to his Son-in-law, Thomas G o d d a r d " (VII, 1786), enthielten viele Motive und Stilelemente, welche die weltliche Schauerliteratur nicht wirkungsvoller hätte verwenden können. Diese Feststellung gilt für die meisten Artikel des Genres "Strange Accounts". Wesleys Leser fanden nicht zuletzt in diesen Berichten reichliche Entschädigung dafür, daß ihnen mit dem Verbot weltlicher Romane und Romanzen zunächst wichtige Gebiete der zeitgenössischen Unterhaltung vorenthalten blieben. Die Beschreibungen eigenartiger und übernatürlicher Vorkommnisse bildeten einen kleinen, aber so charakteristischen Bestandteil des Magazins, daß sie als das Körnchen Wahrheit betrachtet werden müssen, das in Charlotte Brontës pauschaler Verurteilung versteckt ist, die sie über die im Pfarrhaus des Rev. Grimshaw of Haworth herumliegenden Magazine aussprach: "mad Methodist Magazines full of miracles and apparitions and preternatural warnings, ominous dreams, and frenzied fanaticisms." 89 89

Zitiert nach Harrison, Methodist Good Companions,

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S. 113.

Mit der Mischung aus nützlichen und unterhaltsamen Artikeln traf Wesley im Arminian Magazine offensichtlich den Geschmack seiner Leser, deren Anzahl nach vorsichtigen Schätzungen wohl vier- bis fünfmal so groß war wie die der Käufer. Gegen Lebensende wurden durchschnittlich 7.000 Exemplare seiner Zeitschrift verkauft. Das Weiterleihen des Magazins an Methodisten, die den Preis von einem Shilling nicht aufbringen konnten, war vielgeübte Praxis. Daß der Absatz bis 1820 auf etwa 25.000 Exemplare kletterte, die Leser auf etwa 100.000 geschätzt werden, hing damit zusammen, daß die Zahl der Methodisten stark zunahm und Lesen allgemein beim einfachen Volk üblicher und beliebter wurde.90 Wesleys Handschrift jedoch prägte das Magazin noch Jahre nach seinem Tode. George Story übernahm die Schriftleitung der Zeitschrift 1791. In einem Redaktionsvorwort informierte er die Leser darüber, that many of the materials now printing, and which will be inserted in our Magazine for some years to come, were collected by Mr. Wesley, or transmitted to him from his numerous correspondents. (1792, IV)

90

Siehe Mineka, The Dissidence, S. 72, und Herbert, Wesley as Editor, S. 40-44. 161

KAPITEL IV

"Go and write likewise" AUTOBIOGRAPHISCHE LITERATUR

" 'Should all our Assistants keep journals?' 'By all means, as well for our satisfaction as for the profit of their own souls.' " (aus dem Protokoll von Wesleys Conference 1744) "But some one will say, I cannot write in a style fit to be read by others. If I pretend to write my experiences I shall only utter confusion and nonsense. I answer: Tho' you can only stammer out the praises of the Lord, 'tis better so than to be utterly silent. Let your hearts speak, and that will be sufficient. Remember what Hezekiah said: Like a Crane or a Swallow, so did I chatter." (Weekly History, [1741], Nr. 13, S. 1)

I. Vorliebe für autobiographische Literatur Ungeachtet der theologischen Differenzen entwickelten alle Methodisten neben ihrer gemeinsamen Vorliebe für Kirchenlieder und Predigten eine besondere Wertschätzung für biographische und autobiographische Literatur mit religiös-bekenntnishaftem Charakter. Von den Verfassern "lives", "accounts", "experiences" oder "journals" genannt, wurden diese meist autobiographischen, seltener biographischen, Erinnerungen zu einer umfangreichen und literargeschichtlich bemerkenswerten Kleingattung. Die Oxford History of English Literature bezeichnet sie als ' 'the best established pattern of autobiography in the eighteenth century" und charakterisiert sie als "religious confession, the narrative of God's dealing with a particular soul". 1 Im 18. Jahrhundert kamen die methodistischen Lebenserinnerungen zu einer Zeit an die Öffentlichkeit, in der die Biographie und verwandte literarische Kleinformen einen bis dahin nicht gekannten Aufschwung erlebten. Das rapide wachsende Interesse an der neuen Gattung der Biographie kommentierte Dr. Johnson am 24. November 1759 im Idler (Nr. 84) mit der Bemerkung, daß sie .unter den verschiedenen Formen erzählender Literatur' jene sei, die ,am eifrigsten gelesen werde'. 2 Johnson gehört wie Goldsmith oder Boswell zu jenen herausragenden Autoren, welche der Beliebtheit der Lebensbeschreibungen dadurch Rechnung trugen, daß sie sich selbst auf diesem Feld betätigten und bedeutende biographische Werke schufen. Viele Autoren und Werke wären zu nennen, die so sehr zum Anwachsen der biographischen Literatur beitrugen, daß bis 1770 bereits ein großer Teil etwa der Zeitschrift Monthly Review durch Besprechungen jüngst veröffentlichter Lives beansprucht wurde.3 Außer den zahllosen, heute nur noch wenig bekannten Grub-Street-Biographen, die, so Addison 1716, wie ,viele Bestattungsunternehmer auf den Tod eines großen Mannes warteten', müßte man William Oldys mit seiner sechsbändigen Biographia 1

John Butt (Hg.), The Oxford History of English Literature, Bd. VIII, The Mid-Eighteenth Century, S. 4 - 5 sowie S.279ff. 2 Mark Longaker, English Biography (Philadelphia, 1931), S. 62-64. 3 Ebd.

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Britannica (1747-66), einer Art Dictionary of National Biography des 18. Jahrhunders, erwähnen sowie Thomas Birch, Conyers Middleton, William Mason, Edmond Malone, Horace Walpole und viele andere. Die Motive für das Verfassen oder Veröffentlichen der sehr unterschiedlichen Lebensbeschreibungen waren so verschieden wie ihre Autoren. Alexander Smiths History of the Lives of the Most Notorious Highwaymen (1714) diente nach Steeles Auffassung nur zur Befriedigung von Sensationslust, "[the] satisfaction of curiosity in knowing the adventures of the meanest of mankind". 4 Wissenschaftlich fundierte Werke im Stile Oldys' spiegeln die Faszination wider, mit der im Zeitalter der Vernunft Historiker und Literaten den Lebensweg großer Menschen erforschten und die Umstände und Ursachen ihrer Entwicklung darzustellen versuchten. Bei manchem Verfasser wirkte auch ein bis zur Eitelkeit reichendes Vergnügen an der vorteilhaften Selbstdarstellung als Antriebskraft. Der selbstgefällige Boswell etwa, Zeitgenosse der Gründer des Methodismus und Verfasser von Johnsons Life, sah in der schriftlichen Fixierung des Lebensablaufs die verlockende Möglichkeit, sich in der Literatur gleichsam .einbalsamiert', zumindest aber .konserviert' der Nachwelt zu erhalten: My wife, w h o does not like journalizing, said it was leaving myself embowelled to posterity - a g o o d strong figure. But I think it is rather leaving myself embalmed. It is certainly preserving myself. 5

1. Methodistische Autobiographien mit Bekenntnis- und Verkündigungscharakter Den methodistischen Autoren von religiös-bekenntnishaften Lebenserinnerungen lag solch eitle Selbstbespiegelung in der Regel fern. Bei ihnen ist die Veröffentlichung des eigenen Lebens oder autobiographischer oder biographischer Zeugnisse anderer vorwiegend begründet in ihrem Sendungsbewußtsein, dem Vorbild anderer Bekenner und in didaktischpragmatischen Erwägungen. So sehen viele methodistische Autoren autobiographischer Aufzeichnungen ihre besondere Aufgabe darin, die in vielen providentiell gedeuteten ,,Zu-fällen" erfahrene unendliche Güte und Weisheit Gottes zu bekennen und sein sinnvolles Walten hinter allen 4 5

Vorwort der verbesserten Ausgabe der History, 1719, zit. nach Longaker, S.62. Robert A. Fothergill, Private Chronicles (London, 1974), S. 80.

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Geschicken des täglichen Lebens als groß angelegten Heilsplan zu verkündigen. Viele erklären, dem Drängen von Freunden nachgegeben zu haben, als sie sich an die Niederschrift ihrer Erlebnisse machten. Die geradezu topischen Skrupel der Autoren wegen ihrer vermeintlichen Unfähigkeit, sich schriftlich auszudrücken, sind meistens mit dem inneren Drang gepaart, Gottes Güte über die Grenzen des persönlichen Freundeskreises hinaus bekanntzumachen. It was not my intention ever to write any account of these things, had not some of my friends greatly pressed me thereto. Nevertheless, I put off from time to time, being conscious I had no talent for writing, until my peace was well nigh lost. At last I was prevailed upon to begin. I had not written many lines, before I found my soul in perfect peace. I found myself likewise greatly assisted to recollect the manifold dealings of God with me: so that I have the greatest reason to believe it is his will I should make known, even by these instances of his goodness, that he is "long-suffering, not willing that any should perish, but that all should come to repentance". May he bless the feeble attempt to the good of many! 6

Bei kürzeren Lebenserinnerungen, wie sie etwa in den methodistischen Wochen- und Monatszeitschriften veröffentlicht wurden, steht das Bekehrungserlebnis im Mittelpunkt. In den größeren, bis zu vielen hundert Seiten umfassenden Aufzeichnungen holen die Autoren weiter aus und beschreiben sowohl die Zeit seit der frühesten, meist schon recht sündigen Kindheit bis zu ihrem gegenwärtigen Wirken unter den Methodisten. Auch bei diesen Lebensbeschreibungen bildet die Darstellung der Bekehrung den Höhepunkt, der durch die ausführliche Schilderung der Lebensumstände davor dramatisch vorbereitet wird und durch den Rechenschaftsbericht danach die unmittelbaren, segensreichen Auswirkungen dieses Wendepunktes noch lange weiter verfolgt. Als Begründung für die Publikation der eigenen Lebenserinnerungen findet man oft sinngemäß einen Hinweis auf das Vorbild des Psalmisten, auf den sich Whitefield im Vorwort seines Further Account (1747) beruft. The Royal Psalmist, filled no doubt with a deep sense of the Divine goodness in general, and of the many mercies conferred upon himself in particular, breaks out into this moving language. "Come all ye who fear God, and I will tell you what He hath done for my soul." And great reasons he had for so doing. Experience daily convinces devout souls, that nothing has a more immediate tendency to affect themselves, and recommend their glorious and 6

"The Life of John Haime", in Thomas Jackson (Hg.), Lives of Early Methodist Preachers (London, 1846), I, S. 131.

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bountiful B e n e f a c t o r t o the choice a n d a d o r a t i o n o f others, than an artless, h u m b l e n a r r a t i o n o f the m a n y f a v o u r s , spiritual or t e m p o r a l , w h i c h t h e y h a v e r e c e i v e d f r o m H i m in W h o m t h e y live, a n d m o v e , a n d h a v e their b e i n g . 7

Whitefield sieht den Nutzen solcher Lebenserinnerungen also im inneren Gewinn, den der Autor aus dem Prozeß der Niederschrift zieht, und im Vorbildcharakter der Lektüre für den Leser. Wesley schätzte diese beiden Aspekte der autobiographischen Literatur ebenfalls. Auf seiner Jahreskonferenz 1744 beantworteten deshalb die Teilnehmer die Frage, ob seine Helfer weiterhin verpflichtet sein sollten, autobiographische Aufzeichnungen zu führen, erwartungsgemäß und ein für allemal mit eindeutigem ,,Ja": "By all means, as well as for our satisfaction as for the profit of their own souls." 8 Die Publikation der methodistischen Lebenserinnerungen noch zu Lebzeiten der Verfasser ließ den Bekenntnis- und Verkündigungscharakter der Rechenschaftsberichte über das bisherige Leben besonders deutlich hervortreten. Die methodistischen Tagebücher und Autobiographien gingen nämlich in der Regel weit über die in puritanischen Seelentagebüchern des 17. Jahrhunderts gepflegte Selbsterforschung und Selbstaussprache hinaus und wuchsen dadurch vielfach in die Rolle der Evangelisationsschrift und Informationsquelle für die Welt. Leben und Werk der Autoren wurde in den Lives auf einzigartige Weise der zeitgenössischen Öffentlichkeit nahegebracht. 9 Viele Leser hatten z.T. als unmittelbar Beteiligte oder kritisch abseitsstehende Beobachter die geschilderten Ereignisse selbst miterlebt. Die rasche Veröffentlichung machte es zumindest den unvoreingenommenen Kritikern leicht, die Übereinstimmung der Beschreibungen mit den wirklichen Vorfällen festzustellen. Nicht zuletzt dieser größeren Glaubwürdigkeit wegen verzichteten viele Methodisten darauf, ihre Lebenserinnerungen erst posthum durch Nachfolger publizieren zu lassen: "I thought it might be more beneficial, and be better credited if written with my own hand, and published whilst I was yet alive.'" 0 ' George Whitefield, " A Short Account", in William Davis (Hg.), George Whitefield's Journals (Gainesville, Florida, 1969), S . 6 5 . Im folgenden Short Account. 8 Minutes of the Methodist Conferences from the First, Held in London by the Late John Wesley, A.M., in the Year 1744 (London, 1862), O.S. 9 Vgl. Helmut Schmidt, Die Formen des religiösen Selbstverständnisses [...] in Fox's Journal (Frankfurt, 1972). Manche Aufzeichnungen, besonders wenn sie einen größeren Zeitraum umfaßten als das Bekehrungserlebnis, erinnern an das Tagebuch des Quakergründers George Fox, bei dem ebenfalls mit der Abnahme des engen, introvertierten Interesses am eigenen Ich eine Zunahme des Interesses an den historischen Dimensionen seines Lebens innerhalb seiner Religionsgemeinschaft und der christlichen Kirchen zu beobachten ist. '"George Whitefield, Short Account,

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"Introduction", S. 25.

Da die methodistischen Autoren von Anfang an mit Blickrichtung auf ein Lesepublikum schrieben und Wesley an die Berichte seiner Leute vor der Veröffentlichung korrigierend und redigierend Hand anlegte, findet man enges, introvertiertes Interesse am eigenen Ich höchst selten. Selbst ganz persönliche Erlebnisse und Empfindungen werden eingeordnet in die historischen Dimensionen des Einzellebens innerhalb der Religionsgemeinschaft und der christlichen Kirchen. Bei Wesley ist diese Haltung ganz besonders ausgeprägt, der in seinem Journal die Geschichte des Methodismus anhand seines Lebens nachzeichnet." Wesley betrachtete aufrichtig geführte autobiographische Aufzeichnungen stets als Quellenmaterial von höchstem Aussagewert für die Nachwelt. Seine ständige Ermunterung zur literarischen Selbsterfahrung richtete sich deshalb auch gegen eine, wie er meinte, konfessionsbedingte Neigung zur Verschlossenheit, deretwegen er protestantische Biographen gegenüber katholischen Autoren im Nachteil glaubte. In writing the lives and characters o f eminent men the Roman Catholics have a great advantage over us. The pious members of the Church of Rome make a conscience of concealing any thing from their directors, but disclose to them all the circumstances of their lives, and all the secrets of their hearts: whereas very few of the Protestants disclose to others, even their most intimate friends, what passes between God and their own souls; at least not of set purpose. Herein they forget, or at least disregard that wise remark of the ancient writers: (exactly agreeable to various passages that occur in the canonical Scriptures:) "It is g o o d to conceal the secrets o f a king, but to declare the loving-kindness o f the Lord." 1 2

Wer den meist unattraktiven Titeln zum Trotz nach der Lektüre methodistischer Lives greift, wird vom abwechslungsreichen Inhalt ebenso angenehm überrascht wie von der literarischen Qualität. Die packenden Berichte der kämpferisch gesinnten Methodisten sind spannend zu lesen, die gewissenhaften Selbstdarstellungen religiöser Grenzerfahrungen psychologisch glaubwürdig und bewegend. Die äußere Welt der Methodisten entsteht vor dem Auge des Lesers in den realistischen und detaillierten Schilderungen ihres Predigerlebens, der Zustände in Gefängnissen und in der Armee, der Hinrichtungsszenen, der Verfolgungen durch den Mob und der Kriegserlebnisse. Der oft nicht weniger dramatische Schauplatz der inneren Welt enthüllt sich in der Darstellung des Bekehrungsprozesses. Die breite Palette individuell unterschiedlicher Konversionen von der " Siehe das Kapitel über John Wesleys Journal. n J W W ( 1856), Bd. VI, "Life of Fletcher", S. 468.

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schlagartigen Erleuchtung bis zum langjährigen, an Rückschlägen reichen religiösen Erwachen und der abschließenden endgültigen Bekehrung spiegelt urmenschliche Erfahrung wider und bietet Identifizierungsmöglichkeiten für jeden Leser. Gerade weil, von geringen Ausnahmen abgesehen, theologisch-doktrinäre Propaganda fehlt und den Lebensbeschreibungen oft der Charakter einer nüchternen Selbstaussprache, eines wahren, nachprüfbaren Berichts ("account"!) zu eigen ist, strahlen die Lives eine eindringliche Überzeugungskraft aus und vermitteln ein plastisches Bild der Autoren und ihrer Zeit. Das Studium der Predigttexte, Kirchenlieder, kontroverser Traktate und Pamphlete zeigt nur eine Seite des Methodismus. Die autobiographischen Selbstdarstellungen beleuchten die andere Seite, ermöglichen, wie John Newton das in einem einprägsamen Vergleich illustrierte, den für eine Gesamtbeurteilung nötigen Blick auf den ganzen Menschen. I measure ministers by square measure. I have no idea of a size of a table, if you tell me how long it is; but, if you also say how wide, I can tell its dimensions. So, when you tell me what a man is in the pulpit, you must also tell me what he is out of it, or I shall not know his size. 13

2. Verschiedene Veröffentlichungsformen Für die Veröffentlichung der sehr unterschiedlichen Lebenserinnerungen wählten die Autoren ganz verschiedene Formen. Sehr beliebt waren Auszüge aus Tagebüchern, die manche Verfasser durch die Einbeziehung von Briefen und anderen autobiographischen Zeugnissen sowie durch eine umfassendere Analyse und Einordnung der ausgewählten Einträge zu Autobiographien ausweiteten. Die Tagebuchstruktur verlieh dem ganzen zusätzliche Spontaneität und Unvermitteltheit. William Cowpers Freund John Newton, eine Zeitlang skrupelloser und erfolgreicher Sklavenhändler, nach seiner Bekehrung Kurat in Olney und schließlich wortgewaltiger Prediger in der Londoner evangelikalen Hochburg St. Mary Woolnoth, wählte für seine autobiographischen Aufzeichnungen die Briefform. Im Freundeskreis ließ er die Briefmanuskripte lange zirkulieren, bevor er sie 1764 nach seiner Ordination als Authentic Narrative of some... Particulars in the Life of John Newton veröffentlichte. Newtons größte Leistung ist seine 1781 publizierte Sammlung 13

Harry Parkin, "Newton and the Ministry", LQHR, CLXXXVI (1961), S.40, zit. nach Newtons "Remarks made in familiar conversation", Works (1824), Bd. I, S. 106.

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religiöser Briefe, Cardiphonia. Darüber hinaus erlaubte er seinen Zeitgenossen Einblick in entscheidende Jahre seines Lebens durch den Druck seiner Letters to a Wife. Dabei handelt es sich um Briefe, die er während dreier Afrikareisen (1750-54) an seine jungvermählte Frau schrieb und die er 1793 in zwei Bänden drucken ließ. Diese Briefe beeindrucken durch ihre frische, lebendige Schilderung seiner von großer Liebe und Sehnsucht erfüllten Beziehung zu seiner Frau, in die als erste Vierzehnjährige er sich auf den ersten Blick verliebt und die er als Zweiundzwanzigjährige geheiratet hatte. Die Lektüre seiner Lebenserzählung wirkte auf seine Gemeindemitglieder ebenso gewaltig wie das Erlebnis der Selbsterfahrung auf Newton: I have reason to hope that the publication o f my letters will give s o m e additional weight to m y ministry here. T h e people stare at m e since reading them, and well they may. I a m indeed a wonder to many, a wonder to myself, especially I wonder that I wonder n o more. 1 4

John Cennick, der erste Lehrer an Wesleys Kingswood School, Bristol, and Methodist der ersten Stunde, vertrieb seine Autobiographie, The Life of Mr. J. Cennick... Written by Himselffor their Sakes who follow the Lamb, nicht nur als eigenständige Publikation, für die er in Whitefields Wochenblättchen Weekly History wiederholt Reklame15 machte, sondern ließ sie mit seinen Sacred Hymns for The Children of God zu einem Buch zusammenbinden. Für diese findige Erweiterung des Leserkreises seiner Vita hatte er im Vorwort auch eine einleuchtende Erklärung parat: "Perhaps it may not be unuseful for some of those, who may read the following Verses, to know the manner wherein God has dealt with the Soul of him who wrote them." Cennicks Hoffnung auf die .Nützlichkeit' der Lektüre seines Lebenslaufs schließt mit dem Wunsch: "Oh that many might even hence learn, that GOD is very nigh unto all that call upon Him, and that He hath never failed them that seek Him.'" 6 Der Drucker John Lewis war von diesem autobiographischen Vorwort so begeistert, daß er dem Leser seiner Zeitung versicherte: "In my humble Opinion, the Preface alone is worth above double the Price of the whole Book" (Nr. 9, S.4). 14

Zitiert nach William T. Cairns, The Religion of Dr. Johnson and other Essays (London, OUP, 1946), S. 38. 15 Siehe zum Beispiel Nr.62, 12.6.1742, S.4 u.ö. 16 John Cennick, Sacred Hymns (1742), "Preface". Vergleiche auch William Hammond, dessen Sammlung geistlicher Lieder den aufschlußreichen Titel hat Psalms, Hymns, and spiritual Songs. To which is prefix'd A Preface, giving some Account of a Weak Faith, and a Full Assurance of Faith; and briefly stating the Doctrine of Sanctification; and shewing a Christian's Compleatness, Perfection, and Happiness in Christ (London, 1745). 171

Auszüge aus Lebensbeschreibungen und autobiographischen Memoiren in Briefform sowie Bekehrungserlebnisse und Berichte über menschliche Grund- und Grenzerfahrungen wurden von den Methodistenführern mit Vorliebe auch in ihren Zeitschriften veröffentlicht.17 Whitefields Weekly History bat immer wieder einmal die .geschätzten Leser', "Or whosoever the Lord is pleas'd to direct this paper", ihre Berichte ("Accounts of the Progress of the Gospel and the powerful Organisation of the Holy Spirit'" 8 ) zum Abdruck zur Verfügung zu stellen. Lewis, so im selben Aufruf, wußte ,aus Erfahrung', wie ,trostreich und ermutigend solche Berichte für die Leser sind und waren', und es dauerte in diesem Fall nur einige Wochen, bis Whitefield gleich eine ganze Reihe von Einsendungen an Lewis abgeben konnte von Personen, "that were convicted, converted, or comforted during the late Holidays". 19 Im Begleitschreiben an Lewis bekräftigte Whitefield seine Auffassung, die Publikation der Bekenntnisse seiner Anhänger trage bei ,zur Verherrlichung Gottes auf Erden' und zum ,noch glühenderen Einsatz' "in behalf of their Souls Well-wisher and Servant in Christ George Whitefield" (Nr. 58). Wesley, der erst 1778 dem Beispiel Whitefields folgte und seine eigene Zeitschrift, The Arminian Magazine, herausbrachte, druckte bis dahin die Zuschriften vieler Leser fortlaufend und in großer Anzahl in seinen Tagebuchauszügen ab. 32 umfangreichere Biographien, autobiographische Tagebücher und Briefsammlungen veröffentlichte er außerdem in preiswerten Einzelausgaben.20 In seiner 50-bändigen Christian Library, einem als eine Art christlicher Standardbibliothek konzipierten Sammelwerk, sind es wiederum Lives, die großen Raum einnehmen und erkennen lassen, daß diese beispielhaften Selbstdarstellungen für ihn als Sammlungen religiöser Erfahrungen ("Experimental religion"!) eine enorme theologische Beweiskraft hatten. Wesleys Abneigung gegen kontrovers-theologische Abhandlungen und seine Vorliebe für das Feld der Pastoraltheologie ist 17

Siehe das Kapitel über die methodistischen Zeitschriften.

18

21.2.1741/2, S . 4 .

" Siehe Weekly History, Nr. 58, 15.5.1742, wo auf über zweieinhalb Seiten kurzgefaßte Leserzuschriften abgedruckt sind. 20 Bei den von Wesley herausgegebenen und veröffentlichten Lives handelt es sich um Halyburton, De Renty, John Nelson, Samuel Hitchens, Thomas Hitchens, Thomas Hogg, Matthew Lee, John Janeway, Rich. More, Nathanael Othen, Thom. Walsh, David Brainerd, Mary Langson, Ann Rogers, Eliza Jackson, John Dillen, Ann Johnson, Nicholas Mooney, Alice Gilbert, Madame Guion, Gregory Lopez, Elizabeth Hindmarsch, Thomas Mitchell, John Haime, Silas Told, Jane Newland. Die Tagebücher stammen von Mary Gilbert, Elizabeth Harper, John Nelson, drei Briefsammlungen von Jane Cooper, Joseph Alleine, Mrs. Lefevre.

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bekannt und pointiert in seinem Tagebuch formuliert, wo er schreibt: "God made practical divinity necessary, the devil controversial" (19.11. 1751). Die autobiographischen Lebensbeschreibungen besaßen für ihn den unschätzbaren Wert, daß sie, wie kaum ein anderes Medium, die .Praktikabilität' des Christentums nachhaltig und nachprüfbar vor Augen zu führen vermochten - "Christianity reduced to practice", wie er es treffend formulierte.21

3. Religiöse Vorbildfunktion Über die trennenden theologischen Streitfragen hinweg betrachteten alle maßgeblichen Methodisten die Lektüre von Lebensbeschreibungen als eindrucksvolle Inspirationsquelle. Sie öffnete dem unvoreingenommenen Leser die Augen dafür, daß und wie Gott ,in die Seele des einzelnen eingriff'. Die Viten konnten, wie die Methodisten glaubten, überzeugend nachweisen, daß jedes gute Leben eine Offenbarung göttlicher Gnade darstelle. Als das Wesley ganz und gar nicht wohlgesonnene Gospel Magazine, zeitweilig Kampforgan des Rev. Μ. Α. Toplady, 1776 (,als Verbesserung gegenüber dem Vorjahr') "the pleasingly important article of Biography" in seine Spalten wieder aufnahm, begründeten die Redakteure diese Neuerung mit einem an Wesleys griffige Formel "Christianity reduced to practice" erinnernden Argument: The usefulness of exhibiting lives of men eminent for spirituality, is nearly equal to that of their discourses, or works; because the latter only teach what is to be done, and the former the practicableness of doing it.22 Daß geeignete Lektüre am .Einbringen der verlorenen Sünder' durch Gott ursächlichen Anteil haben konnte, hatten die maßgeblichen Methodistenführer als erste am eigenen Leib erfahren, ein Erlebnis, das sie ihren Anhängern und allen Christen nicht zuletzt durch die Verbreitung geeigneter Lebensbeschreibungen selbst ermöglichen wollten. Besonders häufig verweisen die methodistischen Autobiographen auf den inneren Gewinn, den sie aus der Lektüre von Alleines Alarm to the Unconverted zogen, aus Bunyans Pilgrim's Progress und Grace Abounding, aus Thomas à Kempis' Imitation of Christ und aus Jeremy Taylors Rulesfor Holy Living und Holy Dying. Bekanntlich regte Taylors Vorbild Wesley bereits 1725, 21 22

Christian Library, Ausgabe von 1819-27, Bd. II, S. 3. GM, 1775, Nr. II, "Preface".

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also kurz vor seiner Ordination, dazu an, sich in Diaries regelmäßig Rechenschaft über sein Tagewerk abzulegen, eine Übung, die er bis sechs Tage vor seinem Tod beibehielt: "I began to take a more exact Account than I had done before, of the manner wherein I spent my Time, writing down how I had employed every Hour" ( J W J , I, S.83). Cennick erlebte durch die Lektüre von Whitefields Bekehrungsbericht, dem Short Account of God's Dealing with the Rev. Mr. George Whitefield ... from His Infancy, to the Time of his entering into Holy Orders (1714-1736), welch grundlegende innere Richtungsänderung das Studium eines solch schonungslos offenen autobiographischen Bekenntnisses zu bewirken vermochte. Hin- und hergerissen von .schweren Prüfungen und Versuchungen' ("Trials and Temptations"), fand er in Whitefields Werk so viel seiner eigenen Erfahrungen wieder, daß er sich in starkem Maße davon angezogen fühlte, sich mit Whitefields Erlebnissen identifizieren konnte und alles daran setzte, Whitefield kennenzulernen und ihm nachzufolgen. Cennicks Erinnerung an diesen Vorgang ist zugleich ein eindrucksvolles Beispiel dafür, daß autobiographische Literatur auch von Lesern akzeptiert wurde, die sonst nur die Bibel und devotionale Literatur lasen. About the latter end of the year o f 1738, one lent m e a part of Mr. Whitefield's Journal, to w h o m I was then a stranger, and much against my will I read it; for I feared to read any books save the bible, and H u g o ' s Emblems. But when I read the place where he mentions the w o m a n w h o had been in the pangs of the new birth, my heart cleaved to him; believing him not unacquainted with that bitter cup, the dregs of which I had long been drinking. I laid d o w n the book, and went straight away into an upper chamber to pray, if by any means G o d would permit me to c o m e to the knowledge of this man. 2 3

Whitefield selbst schließlich, der als erster unter den Methodisten seine Tagebücher publizierte, rechtfertigte diese Pionierleistung mit the benefit I have received from reading the Lives of others, the examples we have in Scripture of the sacred authors composing their own histories, and more especially the assistance I have had from the Holy Spirit, in bringing many things to my remembrance, which otherwise I would have forgotten. 2 4

Ähnliche Wendungen finden sich in den meisten Beispielen dieses Genres, das als Tenor der methodistischen Bekenntnisse die in Bunyans Vorwort seines Pilgrim's Progress treffend zusammengefaßte Wirkungsabsicht 23 24

John Cennick, Village Discourses (1840), "Life of the Author", S. 17. Short Account, S. 25.

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"My end - thy good" wieder aufgreift und davon ausgeht, daß wahre und fromme Literatur für den Leser von größtem Nutzen sei.

II. George Whitefields Journals und Accounts Whitefields sieben Tagebücher ( Journals) erstrecken sich über die Jahre 1738-1741 und erschienen noch während des Berichtszeitraums. Der erste Teil wurde als Raubdruck von T. Cooper 1738 herausgebracht. Whitefield war damals gerade vierundzwanzig Jahre alt und bereits einer der am meisten gefragten Prediger seines Landes. Schon seine erste gedruckte Predigt (1737) wurde innerhalb eines Jahres drei Mal aufgelegt. Die Zeitungen berichteten ständig über seine Erfolge als Prediger von "Charity Sermons". 25 Der Raubdruck Coopers konnte daher bei Whitefields Popularität nur einen Teil der Nachfrage nach seinem Tagebuch befriedigen, und der rechtmäßig beauftragte Verleger James Hutton setzte im gleichen Jahr noch vier weitere Auflagen von Whitefields Aufzeichnungen ab. 1740 veröffentlichte Whitefield seine Kurzautobiographie, A Short Account of God's Dealing with the Reverend Mr. George Whitefield. Diesen Lebensüberblick "from His Infancy, to the Time of His entering into Holy Orders" schrieb er 1738 auf der ersten Überfahrt nach Amerika und ließ ihn in England zur Unterstützung seines Waisenhausprojekts in Georgia verkaufen. 1747 schloß er mit der Fortsetzung seiner Vita, A Further Account, die Lücke zwischen jenem Short Account und dem ersten Tagebuch. A Further Account beschreibt die Zeit von der Ordination bis zur Einschiffung nach Georgia.26 Die weite Verbreitung von Whitefields Tagebüchern und Autobiographien regte viele Leser dazu an, ebenfalls persönliche Aufzeichnungen zu führen oder zu veröffentlichen. Auch John Wesley erhielt durch Whitefield den Anstoß, ab 1740 seine eigenen Tagebücher herauszubringen. Bei Whitefields Anhängern lassen sich ganz deutliche Parallelen 25

26

Siehe P. L. Woodfield "Whitefield and the Newspapers", wo aus Zeitungsartikeln und Anzeigen aus den Jahren 1737-41 hervorgeht, daß Whitefield den größten Gesprächsstoff lieferte und die Wesleys zu der Zeit noch relativ unbekannt waren. „Methodisten" waren gemeinhin die Anhänger Whitefields. LQHR, XXVII, S. 3 5 - 4 2 . Sämtliche Zitate aus Whitefields Journals und Accounts nach William V. Davis' Facsimile-Ausgabe von William Wale (Hg.), George Whitefield's Journals To Which is Prefixed His "Short Account" (1740) and "Further Account" (1747), (1905), Scholars' Facsimiles and Reprints (Gainesville, Florida, 1969). Wales Text gibt die von Whitefield autorisierte Fassung von 1756 wieder.

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im Hinblick auf die inhaltliche Auswahl, die strukturelle Gliederung oder die Diktion feststellen. Ebenso wird bei den Leuten um Wesley dessen Vorbild in deren Aufzeichnungen sichtbar. Den Gegnern des Methodismus dienten Whitefields rückhaltlos-offene Aufzeichnungen lange als Fundgrube rufschädigender Angriffe. 1756 brachte Whitefield daher eine stark gekürzte, von ihm selbst revidierte Ausgabe heraus. Da Whitefields Journals und Accounts danach im Gegensatz zu denen Wesleys bis zu Beginn unseres Jahrhunderts nicht mehr gedruckt wurden, ist ihre Verbreitung und Wirkung nach Whitefields Tod gering. Angesichts der zahlreichen satirischen Attacken seiner Zeitgenossen, die aus dem Zusammenhang gerissene und entsprechend sinnentstellte Zitate aus Whitefields Veröffentlichungen gegen ihn verwenden, erscheint eine unvoreingenommene kritische Würdigung seiner Leistung als Autor von Tagebüchern und Autobiographien um so notwendiger.

1. Whitefields

Journals

Berichtszeitraum, Providenzgläubigkeit, Stil Whitefields Tagebücher beinhalten Einträge über den Zeitraum ab seiner ersten Reise nach Amerika bis zur Rückkehr von seiner zweiten Reise dorthin. In der von mir benützten Ausgabe haben sie einen Umfang von über 400 Seiten.27 Die Einträge beginnen mit dem 28.12.1737 und enden mit dem 11.3.1741. Sie erfolgen zunächst täglich und geben auf durchschnittlich einer halben Seite einen Überblick über die wichtigsten Ereignisse des Tages. Später erfolgen die Einträge zeitweise sprunghafter in Abständen von mehreren Tagen, und ihre Formulierungen fallen knapper und nüchterner aus. Ganz offensichtlich wird die Auswahl der schriftlich festgehaltenen Ereignisse gesteuert von Whitefields Motiv, seinen .lieben Freunden', auf deren .Wunsch' er sein Tagebuch veröffentlicht, zu zeigen, "what 27

Die einzelnen Tagebücher haben folgende Titel: 1. Voyage from London to Savannah in Georgia. II. From His Arrival at Savannah to His Return to London. III. From His Arrival at London to His Departure [...] to Georgia. IV. During the Time He was Detained in England by the Embargo. V. From His Embarking after the Embargo to His Arrival at Savannah in Georgia. VI. After His arrival at Georgia, to a Few Days after His Second Return Thither from Philadelphia. VII. From a Few Days after His Return to Georgia to His Arrival at Falmouth.

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God has done for my soul since I left England". Seine Reise nach Übersee, so seine .volle Überzeugung' (S. 88), faßt er als nichts anderes als den Vollzug des .göttlichen Willens' auf. Wendungen wie "it happened providentially" tauchen bei dieser religiösen Grundauffassung in seinen Tagebüchern naturgemäß überall und häufig auf. Es erscheint somit als eine wichtige Funktion ihrer Publikation, dem Leser bewußt zu machen, daß bisher vielleicht als rätselhafte Zufälle verstandene Ereignisse providentiell zu deutende Fügungen sind. Viele Absätze oder Einträge schließen mit einem dankbaren Stoßgebet oder innigen Wunsch für jene Mitchristen, die Gott noch fern sind: " O h that the sensual, careless, half-Christian could but know the comforts of religion!" (S.92). An größere, inhaltlich zusammenhängende Abschnitte oder Aufzeichnungen von besonderem Gewicht hängt Whitefield mehrere oder gar alle Strophen eines Kirchenliedes an. Dabei wählt er jeweils Lieder aus, deren Verse den in dem vorhergehenden Eintrag angeschlagenen Ton der Dankbarkeit oder zuversichtlichen Hoffnung aufnehmen und vertiefen, so wie die verstärkende Wirkung des gesprochenen Wortes durch ein Lied von den Methodisten auch beim Predigtabschluß gern eingesetzt wurde. Seine Ausdrucksweise erscheint zuweilen frömmelnd und salbungsvoll. Dahinter steht jedoch Aufrichtigkeit und Ernst, was seine persönliche Überzeugung anbelangt. Sprachlich-stilistisch können Whitefield und seine Anhänger eine zum Teil epigonenhafte Aufnahme puritanischer Erbauungsliteratur und der Bibelrhetorik nicht verleugnen. Oh- und Ah-Ausrufe, reihenweise Ausrufesätze, Metaphern aus den Wortfeldern labender Erfrischung und friedvoller Umgebung sowie alle Wortverbindungen, die Glück, Süße, Sonne und Seligkeit evozieren, prägen seinen Stil. Oh, what sweet communion had I daily vouchsafed with God in prayer after my coming again to Gloucester! How often have I been carried out beyond myself when sweetly meditating in the fields! How assuredly have I felt that Christ dwelt in me, and I in Him! and how did I daily walk in the comforts of the Holy Ghost, and was edified and refreshed in the multitude of peace! Not that I was always upon the mount; sometimes a cloud would overshadow me; but the Sun of Righteousness quickly arose and dispelled it, and I knew it was Jesus Christ that revealed Himself to my soul. ( Journals, S.52)

Nüchtern argumentierende Passagen, numerierte, gegliederte Kataloge wie etwa bei seiner Begründung des Englischunterrichts für die französischsprechenden Kinder einiger Einwanderer, findet man sehr selten bei Whitefield. Diese emotionslose Sachlichkeit ist viel eher typisch für den von Wesley gepflegten und geforderten Redestil. 177

Saturday. June 10. Placed one who came with me, at Highgate, to teach the children English that belong to that village and Hampstead. There are about twenty in all, of French extraction, but some few of them are able to speak a little in our vulgar tongue. I thought, placing a master there would be of great consequence. First, because I cannot think children will ever be naturalized to the colony, till they can talk our language. Secondly, because the present generation will soon wear off, and these children being well instructed in ours, will make them forget their own tongue, and should they marry and have children, they would naturally teach their children the same; so that at length we shall all be of one speech. Thirdly, as they are but few in number, and no likelihood of any French minister coming amongst them, I or my successor will be unable to catechise or bring them to hear the Word of God at our church, unless they are acquainted with the English tongue. ( Journals, S. 152) Unter Whitefields Anhängern fand dagegen der adjektivreiche, o f t mit Ausrufen und Metaphern durchsetzte Stil besonders viele Nachahmer. Die für einen tüchtigen Geistlichen wie seinen Amtsbruder Delamotte gewählte Formulierung f ü r dessen unermüdlichen Einsatz mag als letztes Beispiel genügen f ü r zahllose ähnliche Wendungen: " H e has been indefatigable in feeding Christ's lambs with the sincere milk of the W o r d " (S. 151). Solche charakteristischen Formeln des uneigentlichen Sprechens begegnen einem häufig, und ein Vergleich von Whitefields Stil mit satirischen Imitationen in der Literatur seiner Zeit macht diese typischen Züge von Whitefields Rhetorik deutlich bewußt, ebenfalls das sichere Erfassen dieser Eigenart durch seine scharfzüngigen Gegner. 2 8 Didaktische Absicht bei der Auswahl der Ereignisse In der Regel beschränkt sich Whitefield bei seinen Berichten auf seine Tätigkeit als Geistlicher und Missionar. Sein bedingungsloser Einsatz als Seelsorger kennt keine persönliche Schonung und beeindruckt auch den heutigen Leser. Die weitgehende Konzentration des Tagebuchs auf Whitefields pastorale A u f g a b e n führt freilich besonders in den ersten 28

Vgl. zum Beispiel die Sprache der Mrs. Cole in Samuel Footes Stück The Minor, Akt I. ( Works of Samuel Foote, 1830, Bd. II). Mrs. Cole ist die Besitzerin eines Bordells, die für Zeitgenossen unschwer an ihrem Idiom als neu-bekehrte Anhängerin Whitefields ("Squintum") zu erkennen ist: "Oh, it was wonderful work. There had I been tossing in the sea of sin, without rudder or compass. And had not the good gentleman [Squintum] piloted me into the harbour of grace, 1 must have struck against the rocks of reprobation, and have been quite swallowed up in the whirlpool of despair. He was the precious instrument of my spiritual sprinkling. - But, however, Sir George, if your mind be set upon a young country thing, tomorrow night I believe I can furnish you."

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Tagebüchern zu stellenweise gleichförmigen bis eintönigen Einträgen. Whitefield berichtet über die von ihm gehaltenen Predigten, gemeinsame Gebete, vorwiegend religiöse Unterhaltungen und fügt stereotyp wirkende fromme Wendungen als Abschluß an. Einen ohne besondere Vorfälle verlaufenden Tag faßt Whitefield knapp und stichwortartig zusammen. Manchmal hält er mit einer kurzen Bemerkung auch die Reaktion seiner Hörer oder Gesprächspartner fest. Monday, Feb. 6. Had no prayers in the morning between decks; but read prayers in the cabin. Did the same in the evening, and expounded the 6th chapter of St. Matt., the Second Lesson, which, containing an account of John's reproving Herod, gave me an opportunity of telling them, that great men should not be angry if ministers should reprove them out of love. They seemed to assent to it. Read prayers and preached to the soldiers as usual; interceded warmly for absent friends and all mankind, and went to bed full of peace and joy. Thanks be to God for His unspeakable Gift! Was pleased to see Mr. Habersham so active in teaching the children. He has now many scholars. May God prosper the works of his hands! (S. 114-115)

Ungewöhnliche Vorkommnisse kommentiert Whitefield ausführlicher und legt sie stets als Gleichnis oder Sinnbild aus. Als versiertem Extempore-Prediger liefern ihm manche Vorfälle außerdem wirkungsvolle Anknüpfungspunkte für eine aktuelle Predigt oder werden von ihm zu einer einprägsamen Sentenz komprimiert. So wie heute mancher Tourist fremde Länder nur mit dem Auge des Fotomotiv-Suchers sieht, so scheint Whitefield alle Eindrücke nach der Devise aufgenommen zu haben, daß ein Christ aus allen Beobachtungen und Erlebnissen eine religiöse Lehre ziehen könne: " A Christian may learn a lesson of instruction from everything he meets with" (S. 141). Typisch für Whitefield ist, daß er für seine Vergleiche offensichtliche, beweiskräftige Analogien bevorzugt. Die Schiffsreise, traditionell ein Sinnbild für die Unwägbarkeiten des Lebens, bot Whitefield immer wieder ganz unerwartet Stoff zur Belehrung und Meditation. Schon bevor das Schiff in See stach, sah Whitefield an Bord einen Soldaten, den der Kapitän wegen meutereiverdächtiger Äußerungen hatte krummschließen lassen. Whitefield versuchte vergeblich, dem Delinquenten seine Schuld einsichtig zu machen, was ihn sofort aus der schmerzhaften Fesselung befreit hätte. So aber ordnete der Kapitän Strafverschärfung für den aufsässigen Soldaten an, und Whitefield took occasion, in my morning sermon, to exhort the soldiers to obey them that had the rule over them and to avoid those sins, that would provoke God to command them to be tied hand and foot, and to be cast into outer darkness, where would be weeping and gnashing of teeth. ( Journals, S. 101)

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Das Auslaufen des Schiffes schließlich, nachdem es über fünf Wochen vor der Küste von Kent gelegen und auf günstigen Wind gewartet hatte, kam nach dieser langen Zeit so unerwartet, daß sich Whitefield durch die Hektik der sich einschiffenden Passagiere zu einem mahnenden Hinweis auf das Jüngste Gericht veranlaßt sah: Alas! what confusion, thought I, will the inhabitants of the world be in, when in a moment, in the twinkling of an eye, they shall hear the voice of the Archangel and trump of God, crying aloud, "Arise, ye dead, and come to judgment!" (Journals, S. 112)

Beobachtungen, von denen Whitfield annehmen mußte, daß sie der Mehrzahl seiner Leser unbekannt waren, schildert er ausführlich und mit großer Eindringlichkeit. Dazu gehören die Details des peinvollen Sterbens eines jungen Soldaten, "who killed himself by drinking" (S. 141), ebenso wie die Eindrücke entfesselter Naturgewalten bei einem Orkan, die Whitefield mit dem Epitheta " n o b l e " und " a w f u l " charakterisiert und als Epiphanien der göttlichen Größe empfindet (S. 116). Einen von Pilotfischen begleiteten Hai erklärt Whitefield als Sinnbild der Freundschaft (S.134), während er vom raschen Verfall der schönen Farbe eines Delphins, den Kapitän Whiting an Bord gezogen hat, ein warnendes "memento m o r i " ableitet (S. 141). Auslandsimpressionen und Attacken gegen die Katholische Kirche Vieles von dem, was Whitefield im Ausland als fremdländisch erfährt, läßt ihn seine Leser daheim an die Relativität der jeweils angewandten Maßstäbe erinnern. Seeing persons of all nations and languages gave me great pleasure; and the difference of the value of their money and ours, gave me occasion to reflect on the stupidity of those who place their happiness in that which has no intrinsic worth in itself, but only so much as we arbitrarily put upon it. (Journals, S. 120)

Vergleichsmaßstab für Whitefield ist immer sein Vaterland, obwohl er bei der Beurteilung andersartiger Verhältnisse den jeweiligen Zuständen durch die Berücksichtigung der kulturellen, sozialen oder religiösen Bedingungen gerecht zu werden versucht. Soziales Elend ergreift ihn besonders stark. Krasse Fälle erlebt er in Irland, wo er auf dem Weg von Kilrush nach Fourthfargus größte Armut kennenlernt, aber auch mit Bewunderung feststellt und seinen unzufriedenen Kolonisten als Beispiel vorhält, daß .Zufriedenheit in den Hütten der Ärmsten wohnt'. 180

As I stopped to have my horses shoed I went into one of the poor people's cabins, as they call them; but it may as well be called a sty, a barn, or a poultrycoop. It was about twenty feet long, and twelve broad, the walls built with turf and mud. In it was a man threshing corn, two swine feeding, two dogs, several geese; a man, his wife, three children, and a great fire. Georgia huts are a palace to it. Indeed, the people live very poorly in this part, some walk barefoot with their shoes in their hands to save them from wearing out, others out of necessity. I observed many of their feet to be much swollen, and ready to gush out with blood through extremity of cold. (Journals, S. 175-176) In der Tat erscheint gegen dieses Elend das Leben der Kolonisten in Ebenezer, wie Whitefield es am 25. Juni 1740 beschreibt, paradiesisch. Der Abschnitt zeigt auch Whitefields Hilfsbereitschaft bei konkreten, praktischen Bedürfnissen, die ihn in Amerika sehr beliebt machte. Went on Monday to, and returned this evening from Ebenezer, which I have seen with no small satisfaction. Surely there is a difference, even in this life, between those that serve the Lord, and those that serve Him not. All other places of the colony seem to be like Egypt, wherein was darkness, but Ebenezer, like the land of Goshen, wherein was great light. For near four miles did I walk in almost one continued field, with a most plentiful crop of corn, peas, potatoes, etc., growing upon it, - all the product of a few months' labour. But God blesses the labourers; they are unanimous; the strong help the weak, and all seem hearty for the common good. In a few years, the Saltzburghers, I believe, will be a flourishing people. Their land is good, and lies very near the river. They already provide food, and before long, will be capable of providing raiment for themselves. I shall send them up cotton, spinning wheels, and a loom to begin a manufactory for themselves; and next year they hope their own land will produce enough flax, cotton, etc. to carry it on. I had communications with their ministers. Our sister Orphan House there is blessed by their means. Yesterday was set apart as a day of thanksgiving for assistance sent the orphans from Germany and Savannah. The people seemed very grateful. They willingly received me into their clean, but little huts, and seemed proud when I accepted any thing from their hands. As I said formerly, so I say again, they who help the Saltzburghers will do a good work. They want assistance. Lord, raise them up benefactors. (Journals, S.436) Die Anspielung auf das alttestamentliche, von sieben Plagen heimgesuchte Ägypten und das fruchtbare Land Goschen im Zusammenhang mit glücklosen Kolonisten und blühenden Landstrichen in Amerika unterstreicht Whitefields Überzeugung, daß Strebsamkeit und der richtige Glaube schon auf dieser Erde Früchte tragen. Den drastischen Gegenbeweis für die Richtigkeit seiner Auffassung glaubt er im katholischen Gibraltar und Irland gefunden zu haben. Wie Wesley steht Whitefield bei aller Toleranz 181

gegen andere christliche Kirchen den Katholiken mit unversöhnlicher Feindschaft gegenüber. Sie beeinträchtigt sein Urteilsvermögen so sehr, daß er alle sozialen Unzulänglichkeiten ursächlich mit dem katholischen Glauben begründet. [...] the whole commonalty almost, are of the Romish Profession, and seem to be so very ignorant, that they may well be termed the wild Irish. No wonder, when the key of knowledge is taken from them. Woe unto their blind guides. I can think of no likelier means to convert them from their erroneous principles, than to get the Bible translated into their own native language, to have it put in their houses, and charity schools erected for their children, as Mr. Jones has done in Wales, which would insensibly weaken the Romish interest; for when once they could be convinced they were imposed upon, they would no longer suffer themselves to be misled. Oh that some man, in whom is the Spirit of the Holy God, would undertake this! (Journals, S. 176)

Der Reliquienkult in Gibraltar läßt ihn ähnlich deutliche Ablehnung der katholischen Kirche äußern. Bei einem Zwischenaufenthalt bei seiner ersten Amerikareise fühlt er sich abgestoßen von der barocken Pracht der Reliquiare und Marienbildnisse, "dressed up, not like a poor Galilean, but in her silks and damasks" (S. 120). Oh, thought I, who hath bewitched this people, that they should thus depart from the simplicity of Christ, and go a whoring after their own inventions? Surely, were the great St. Paul to rise from the dead, and come and view the Romish Church, his spirit would be stirred up within him, as it was at Athens, to see them thus wholly given to idolatry. (Journals, S. 120-121)

Starke Ich-Bezogenheit als Schwäche der Tagebücher Die wertenden Stellungnahmen Whitefields scheinen in seinem Tagebuch allgegenwärtig und sind auf die Dauer für den Leser ermüdend. Er widersteht selten seiner Neigung, fast alles bis in die kleinsten Einzelheiten religiös zu deuten oder als Fälle der göttlichen Vorsehung zu erläutern. Dadurch begibt er sich der wertvollen Möglichkeit, daß der Leser diese Erkenntnis selbst ableitet oder erarbeitet. Whitefield bringt den Leser gewissermaßen um den " A h a - E f f e k t " . Wesley bezieht diesen Mechanismus klüger in seine Aufzeichnungen ein. Er riskiert wohl, daß der Leser den einen oder anderen Fall nicht providentiell deutet, wie es die Schilderung an sich nahelegt. Er vertraut aber darauf, daß zwei oder drei aus eigener Anstrengung gezogene Schlußfolgerungen didaktisch wirkungsvoller sind als zehn vom Autor beschriebene. 182

Whitefields Tagebücher sind vom Ansatz her persönliche Erinnerungen, die er seinen Lesern und in erster Linie seinen Anhängern zugänglich macht. Das mag auch eine Erklärung für ihren relativ engen Blickwinkel sein. Whitefield sieht und beschreibt immer von sich ausgehend seine Arbeit als Methodist und steht als Autobiograph im Mittelpunkt seiner Aufzeichnungen: ein Diener Gottes, der mit größtem Einsatz eine gute Sache in Amerika und England voranbringt. Gern und selbstverständlich erwähnt er immer wieder die begeisterte Aufnahme durch seine Anhänger und die Ehrungen, die ihm weltliche und geistliche Würdenträger des In- und Auslandes als gefeiertem Prediger und Missionar zuteil werden lassen. Seit er in London eine Kutsche benutzen mußte, um unerkannt und unbehindert von seinen Verehrern von einem Predigtort zum anderen zu gelangen (S. 82), reißt die Serie illustrer Namen und Häuser seiner Gastgeber in seinen Aufzeichnungen nicht ab. Diese Publicity genoß er nicht aus bloßer Eitelkeit. Wenn er nicht müde wird, seinen Lesern mitzuteilen, bei wem er wann zum Essen oder Gottesdienst eingeladen war, dann steckt dahinter auch der Versuch, in einer Zeit großer Animosität gegenüber den Methodisten die Gegner zu beeindrucken und zum Nachdenken über ihre eigene Einstellung zu bewegen. Gelegentlich unterbricht Whitefield seine eigenen Aufzeichnungen und schiebt Briefe ein, die ihm Hörer seiner Predigten geschickt haben. Dadurch tritt Whitefield nur scheinbar in den Hintergrund, denn die meisten Briefe spiegeln seine Rolle als Seelenretter im Bekehrungsprozeß und wirken besonders überzeugend und objektiv, da sie aus der Feder anderer stammen. Diese Art der indirekten Selbstdarstellung ist so wirkungsvoll, daß Wesley sie in seinem Tagebuch sehr häufig einsetzte. Die historische Dimension von Whitefields Werk wird in seinen Aufzeichnungen nicht so deutlich. Auch jene Abschnitte, die sich mit seinem Aufenthalt in England zwischen den beiden Amerikareisen befassen (September 1738 - Oktober 1739), geben weit weniger Aufschluß über die Situation der Methodisten und die zeitgenössischen Umstände, als das später bei Wesley der Fall ist. Whitefield betrachtet alles, was ihm zustößt und was er in Gang setzt, als "God's dealing with me", wie er im Untertitel seiner Tagebücher sinngemäß und in seinen Aufzeichnungen immer wieder wörtlich schreibt. Seine Missionsreisen nach Amerika wirken zwar lange in der Geschichte des Methodismus nach, aber Whitefield begreift sie doch in erster Linie als Zeiten der Selbstfindung und -erkenntnis, als , Reise in die Seele':

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In short, this voyage has been a profitable voyage to my soul, because of my having had many opportunities for reading, meditation, and prayer. I cannot but adore the Providence of God in favouring me with such blessed retirements I have frequently enjoyed on the great waters. I dared not expect to meet with such success as He has been pleased to give me abroad; and I doubt not, I shall yet see greater things there, as well as at home. I never had such a variety of trials and changes of life lying before me as at this time; but I throw myself into the hands of the blessed Jesus, and shall conclude this further account of God's dealing with me, with a hymn composed by my dear and honoured friend, Mr. Wesley. I. Ah, my dear Master! Can it be That I should lose by serving Thee? In seeking souls should lose my own, and others save, myself undone? II. Yet, I am lost (shouldst Thou depart) Betrayed by this deceitful heart, Destroy'd, if Thou my labour bless, And ruined by my own success. III. Hide me! if Thou refuse to hide, I fall a sacrifice to pride; I cannot shun the fowler's snare, The fiery test I cannot bear. IV. Helpless, to Thee for aid I cry, Unable to resist, or fly; I must not, Lord, the task decline, for all I have, and am is Thine. [...] {Journals, S.510-511)

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2. Whitefields autobiographische Rechenschaftsberichte A Short Account und A Further Account Bei seinen im Abstand von sieben Jahren veröffentlichten autobiographischen Rechenschaftsberichten wendet Whitefield im Grunde das gleiche Selektionsverfahren an wie bei der Niederschrift seiner Tagebücher. Schon dort wählte er die erinnerten Vorfälle unter dem Gesichtspunkt aus, ob sie für seine Entwicklung und Stellung als methodistischer Geistlicher von Bedeutung und für seine Leser von Nutzen waren. Allerdings hinderte ihn die kurze Zeit zwischen Erlebnis, auswählender Niederschrift und Veröffentlichung daran, jenen inneren Abstand zu den Ereignissen zu erlangen, der einem Autobiographen im Gegensatz zum Diaristen eine Sicht und Darstellung seines Lebens als Gesamtheit ermöglicht. Der relativ geringe Umfang seines Short Account (etwa vierzig Seiten) und seines nur halb so langen Further Account zwang Whitefield zu konzentrierter, zielstrebiger Zusammenfassung seiner wichtigsten Lebensabschnitte. Dies ging nicht ohne starke Beschränkung auf exemplarische Lebenssituationen, aus denen er seine Identität herzuleiten versuchte. Gleichzeitig beeinflußte aber seine Identität die Sicht seines Werdegangs und sein Selektionsverfahren.29 Bei nachfolgenden Bekehrungsberichten und Lives kann man deutlich anhand inhaltlicher und zum Teil sogar wörtlicher Übereinstimmungen feststellen, daß sich deren Autoren Whitefields Vorbild zu eigen machten und ihr eigenes autobiographisches Material strukturell und sprachlich weitgehend seinen Publikationen anglichen. Whitefields Accounts stehen ganz deutlich in der Tradition der apologia pro vita sua, deren Vorbilder sich bis in die Zeit frühchristlicher Biographien zurück verfolgen lassen. Darauf griff bereits Augustinus (354-430) mit seinen Confessiones (397-398) zurück, die dem Bekehrungserlebnis (Buch VIII) eine zentrale Bedeutung einräumen. Im Gegensatz zu den frühchristlichen Märtyrerviten, die vor allem das Leben und Sterben dieser Bekenner zum Gegenstand haben, nehmen bei Augustinus die Erforschung und Darstellung seiner seelischen Vorgänge großen Raum ein. Die Weitergabe dieses Vorbilds bis ins 18. Jahrhundert braucht hier nicht im einzelnen verfolgt zu werden, doch läßt sich die Kenntnis der Confessiones bei vielen Methodisten nachweisen. Ebenso 29

Ralph-Rainer Wuthenow, Das erinnerte Ich. Europäische Autobiographie darstellung im 18. Jahrhundert (München, 1974), S. 19.

und Selbst-

185

bedeutend für die methodistischen Leser war John Bunyans religiöse Autobiographie Grace Abounding to the Chief of Sinners (1666), die dem Bekehrungserlebnis weit über die Hälfte des Buches widmet. Bunyan begründet die Veröffentlichung damit, daß seine Erfahrungen dem Leser eine Lehre sein könnten, und unterstreicht diese didaktische Absicht durch zahlreiche kommentierende Einschübe in den beschriebenen Lebenslauf. Von den methodistischen Predigern nehmen beispielsweise Robert Roberts und John Haime wiederholt Bezug auf dieses Buch in ihren Lives. Whitefield gibt als Erklärung für die Veröffentlichung seines Short Account an, es sei seine Absicht, "to justify my conduct in the sight of God and good men" (S.25). Darüber hinaus will er seinen Anhängern zeigen, welchen Weg sein Leben bis zur Priesterweihe genommen hat: "as God has been pleased of late to call me to a public work, I thought His children would be glad to know, how I was trained up for it" (ebd.). Sein Further Account unterscheidet sich inhaltlich, formal und stilistisch fast nicht von seinen Tagebüchern, so daß er hier nicht weiter berücksichtigt werden soll. Whitefields Short Account ist dagegen ein frühes Beispiel schriftlichen Zeugnisgebens, wie es bei methodistischen Zusammenkünften mündlich geübt wurde, wenn die Mitglieder über ihre Entwicklung und den Stand ihres Glaubens Auskunft gaben. Wesley verlangte später, wie erwähnt, von jedem seiner Prediger eine schriftliche Darstellung seines Werdegangs und Bekehrungserlebnisses. Durch die Veröffentlichung trat der jeweilige Autor dann als bekennender Methodist über die örtlich begrenzte Gruppe hinaus vor alle Leser hin. Diese erlebten bei der Lektüre oft die wichtige Bestätigung eigener Erfahrungen durch das offene Zeugnis des Autors und konnten ihren inneren Fortschritt an dessen beispielhafter Entwicklung messen. Dieser erzieherische und mutmachende Aspekt war von größter Wichtigkeit für all jene, die nach ihrem religiösen Erwachen oder ihrer Bekehrung Rückfälle erfuhren. Fast alle methodistischen Kurzautobiographien wirken in der Tat als eine besondere Form des Gotteslobs und des Danks für die von Gott gegebene Gnade des Glaubens. Zwar müssen der Bekehrung, das zeigen die individuellen Aufzeichnungen, eigene Anstrengungen vorausgehen, doch erfolgt sie letztendlich nur durch das direkte Eingreifen Gottes.30

30

Albert C. Outler, "Theologische Akzente" in C. Ernst Sommer (Hg.), Der Methodismus (Stuttgart, 1968), S.87.

186

Exemplarische Lebensstationen im Short Account: Kindheit und Jugend, Versuchungen und Zweifel, Bekehrung Whitefields Short Account gliedert sich in vier größere Abschnitte. Der erste beschreibt die Zeit von der frühen Kindheit bis in die ersten Studienjahre in Oxford. Der zweite ist eine kurze Zusammenfassung über die Versuchungen und Glaubenszweifel, denen er als Student ausgesetzt war und schließt mit dem Bekehrungserlebnis. Abschnitt drei faßt seine Tätigkeit nach dem Examen bis zur Ordination zusammen. Der letzte Teil gibt Einblick in seine Vorbereitungen auf die Priesterweihe. Die Abschnitte von der Kindheit bis zur Bekehrung sind typische Bestandteile fast aller autobiographischer Bekenntnisse der Methodisten. Whitefield weist schon in der Einleitung des Short Account darauf hin, daß sich sein Rechenschaftsbericht von denen früherer Autoren in einem wesentlichen Punkt unterscheide. Er zeigt nicht nur die hellen, sondern auch die dunklen Seiten seines Charakters auf und folgt darin dem Vorbild vieler Heiliger: "[They] give an account of their failings as well as their virtues" (S.25). I have therefore endeavoured to follow their good example. I have simply told what I was by nature, as well as what I am by grace. I am not over cautious as to any supposed consequences, since none can be hurt by these but such as hold the truth in unrighteousness. To the pure all things will be pure. (S. 26)

Die frühen Jahre seines Lebens, so bekennt Whitefield, über die er am liebsten aus Scham schweigend hinweggegangen wäre, beschreibt er denn doch: "as they will, in some degree, illustrate God's dealings with me in my riper years" (S.26). Die Abstammung von Wirtsleuten und die Bell Inn als sein Geburtshaus in Gloucester erwähnt er nicht ohne gewissen Stolz. Zum einen hat diese Herkunft ihn nicht daran gehindert, bereits mit 25 Jahren eine landesweite Berühmtheit zu sein. Zum anderen gab ihm der frühe Tod seines Vaters, als Whitefield zwei Jahre alt war, schon bald die Möglichkeit, seiner Mutter bei der Führung der Gastwirtschaft zu helfen, "more [...] than any other of her children [...], and so to follow the example of my dear Saviour, who was born in a manger belonging to an inn" (S. 27). Seine grundsätzlich gutmütige und hilfsbereite Einstellung und sein auch später bemerkenswerter Pragmatismus ließen Whitefield im Alter von fünfzehn Jahren nach einigen durchaus erfolgversprechenden Jahren an der Schule St. Mary de Crypt die Schulausbildung vorzeitig aufgeben. Er sah, daß die häuslichen Verhältnisse ihm wohl nie ein Studium ermöglichen würden, hielt deshalb weitere Schulausbildung für überflüssig und überredete seine Mutter, ihr in der Wirtschaft helfen zu dürfen. 187

[...] at length I put on my blue apron and my snuffers, washed mops, cleaned rooms, and, in one word, became professed and common drawer for nigh a year and a half. (S.30)

Whitefields Talente wurden offensichtlich schon in der Schule erkannt. Er schreibt, daß er wegen seiner Redegewandtheit und seines guten Gedächtnisses viel Lob geerntet habe. Er gesteht aber auch, daß er mit solcher Begeisterung Dramen gelesen habe, daß er häufig sogar dem Unterricht ferngeblieben sei, um heimlich einzelne Rollen einzustudieren. Einmal trat er auch in einem von seinem Lehrer geschriebenen Schulspiel öffentlich auf. Daß er dabei eine weibliche Rolle ,in Mädchenkleidern' mimte, glaubt er als beschämenden Makel ,bis ans Lebensende' tragen zu müssen (S.29). "Cards, and reading romances, were my heart's delight", gesteht Whitefield seinen Lesern, die bei dieser Veranlagung nicht überrascht gewesen sein dürften über die vielen Schwächen und Sünden, deren sich Whitefield als Kind und Jugendlicher freimütig bezichtigt. Nach seinen Aufzeichnungen war er in diesem Lebensabschnitt faul und lernunwillig, führte schmutzige Reden und trieb Unkeuschheit, fluchte, log und bestahl sogar seine Mutter. Sonntagsschändung und unehrfürchtiges Benehmen im Gotteshaus sind weitere Topoi seiner Selbststilisierung zum verkommenen Bösewicht, welche die Gnade der Bekehrung um so stärker hervorheben. It would be endless to recount the sins and offences of my younger days. They are more in number than the hairs of my head. My heart would fail me at the remembrance of them, was I not assured that my Redeemer liveth, ever to make intercession for me. However the young man in the Gospel might boast how he had kept the commandments from his youth, with shame and confusion of face I confess that I have broken them all from my youth. Whatever foreseen fitness for salvation others may talk of and glory in, I disclaim any such thing. If I trace myself from my cradle to my manhood, I can see nothing in me but a fitness to be damned. I speak the truth in Christ, I lie not. If the Almighty had not prevented me by His grace, and wrought most powerfully upon my soul, quickening me by His free Spirit when dead in trespasses and sins, I had now either been sitting in darkness, and in the shadow of death, or condemned as the due reward of my crimes, to be for ever lifting up my eyes in torments. (S.28)

In den Viten der Methodisten geht ihre jugendliche Verworfenheit nicht selten bereits früh einher mit dem Wunsch, Geistlicher zu werden. Whitefield erinnert sich an diesen Drang ebenso wie daran, daß manche seiner Diebstähle immerhin einem guten Zweck dienten. 188

I was always fond of being a clergyman, used frequently to imitate the ministers reading prayers, etc. Part of the money I used to steal from my parent I gave to the poor, and some books I privately took from others, for which I have since restored fourfold, I remember were books of devotion. (S. 28-29)

Schon mit siebzehn Jahren träumte er wiederholt davon, daß er ,Gott auf dem Berge Sinai sehen sollte, sich davor aber fürchtete'. "This made a great impression upon me; and a gentlewoman to whom I told it, said, 'George, this is a call from G o d ' " (S.34). Träume spielen auch später eine große Rolle. Sie hinterlassen einen tiefen Eindruck, besonders wenn sie Wirklichkeit werden wie der Traum einer Begegnung mit Dr. Benson, dem Bischof von Gloucester. Long ere I had the least prospect of being called before the bishop, I dreamed, one night, I was talking with him in his palace, and that he gave me some gold, which seemed to sound again in my hand. Afterwards this dream would often come into my mind; and whenever I saw the bishop at church, a strong persuasion would arise in my mind that I should very shortly go to him. (S. 57)

Das sich bald tatsächlich ereignende Zusammentreffen mit dem Oberhirten beschreibt Whitefield wenig später: At his coming again into the room, the bishop told me he had heard of my character, liked my behaviour at church, and enquired my age. "Notwithstanding", said he, "I have declared I would not ordain anyone under threeand-twenty, yet I shall think it my duty to ordain you whenever you come for Holy Orders." He then made me a present of five guineas to buy me a book, which, sounding again in my hand, put me in mind of my dream, whereupon my heart was filled with a sense of God's love. (S.58)

Zwischen diesen Traumerlebnissen liegen die entscheidenden Jahre des Studiums in Oxford, wo er die Wesleys kennenlernte und dem Holy Club beitrat, und die Bekehrung. An die Universität war er auf Fürsprache von Freunden der Familie gekommen, denen seine Begabung zu schade schien für eine Straßenschänke. Das Pembroke College nahm ihn als "Servitor" auf, das heißt als Stipendiaten, der zu bestimmten Dienstleistungen verpflichtet war. Hierbei kam ihm seine Erfahrung als Wirtssohn zugute, der mit allen anfallenden Arbeiten vertraut war und keine körperliche Anstrengung scheute: "by my diligent and ready attendance, I ingratiated myself into the gentlemen's favour so far, that many, who had it in their power, chose me to be their servitor" (S.35). Froh bemerkt er, daß er durch seine Arbeit die von seinen Verwandten aufgebrachten Kosten für die ersten drei Studienjahre auf nur £24 herunterdrücken konnte. 189

Fleiß und Sparsamkeit sind auch fortan Tugenden, die Whitefield als wichtige Antriebskräfte während seiner Studienzeit hervorhebt. Mit der Lektüre von Laws Serious Call to a Devout Life und Christian Perfection beginnt der Wandel seiner inneren Einstellung. Er kündigte sich unter anderem damit an, daß er keine Dramen mehr anrührte. I now began to pray and sing psalms thrice every day, besides morning and evening, and to fast every Friday, and to receive the Sacrament at a parish church near our college, and at the castle, where the despised Methodists used to receive once a month. (S. 36) The course of my studies I soon entirely changed. Whereas, before I was busied in studying the dry sciences, and books that went no farther than the surface, I now resolved to read only such as entered into the heart of religion, and which led me directly into an experimental knowledge of Jesus Christ, and Him crucified. (S.38)

Die Wesleys versorgten ihn mit weiterer religiöser Lektüre. Titel wie Against the Fear of Man, The Country Parson's A dvice to His Parishioners und The Life of God in the Soul of Men erwähnt er empfehlend für seine Leser und preist die durch die Lektüre gewonnene Erkenntnis: " a ray of Divine light was instantaneously darted in upon my soul, and from that moment, but not till then, did I know that I must be a new creature" (S.37). Wie hilfreich religiöse Lektüre sein kann, betont Whitefield immer wieder, etwa wenn er Versuchungen beschreibt oder einzelne Epiphanien des noch nicht endgültigen Seelenfriedens. Thomas à Kempis, since translated and published by Mr. John Wesley; Castaniza's Combat·, and the Greek Testament, every reading of which I endeavoured to turn into a prayer, were of great help and furtherance to me. (S.46)

Lesefrüchte aus diesen oder anderen Büchern zitiert Whitefield jedoch nicht, wie Wesley das häufig macht. Auf die bevorstehende Bekehrung stimmt Whitefield die Leser ein durch die Beschreibung nächtlicher Gebetsstunden in sturmdurchbrauster Natur, die bei ihm Gedanken an den Jüngsten Tag wachruft (S.45). Später sind es schwere nächtliche Gewitter, in denen er Gottes Nähe am greifbarsten spürt (S.76). Der Abschied vom alten Menschen äußert sich bei Whitefield in körperlichen Symptomen, hervorgerufen durch strenge Kasteiung. [...] eating no flesh during the six weeks, except on Saturdays also, and ate nothing on the other days, except on Sunday, but sage-tea without sugar, and coarse bread. I constantly walked out in the cold mornings till part of one of

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my hands was quite black. This, with my continued abstinence, and inward conflicts, at length so emaciated my body, that, at Passion-week, finding I could scarce creep upstairs, I was obliged to inform my kind tutor of my condition, who immediately sent for a physician to me. (S.47)

Den körperlichen Verfall stellt Whitefield als »Reinigung seiner Seele' dar, die psychosomatischen Auswirkungen vor der Bekehrung als Ausdruck des Dürstens seiner Seele nach Gnade. Der Bekehrungsaugenblick schließlich evoziert durch Whitefields wörtliche Wiederholung der Ausrufe Christi am Kreuz schlaglichtartig den Sieg über die Sünde und erklärt die überschäumende Freude: "Thus were the days of my mourning ended". One day, perceiving an uncommon drought and a disagreeable clamminess in my mouth and using things to allay my thirst, but in vain, it was suggested to me, that when Jesus Christ cried out, "I thirst", His sufferings were near at an end. Upon which I cast myself down on the bed, crying out, "I thirst! I thirst!" Soon after this, I found and felt in myself that I was delivered from the burden that had so heavily oppressed me. The spirit of mourning was taken from me, and I knew what it was truly to rejoice in God my Saviour: and, for some time, could not avoid singing psalms wherever I was; but my joy gradually became more settled, and, blessed be God, has abode and increased in my soul, saving a few casual intermissions, ever since. (S.48)

III. Die Lives anderer methodistischer Prediger und Anhänger Eifrige Lektüre und reger Erfahrungsaustausch in Gruppengesprächen förderten unter den Methodisten die rasche Verbreitung von Whitefields und kurz darauf von Wesleys persönlichen Aufzeichnungen. Whitefields Weekly History publizierte autobiographisches Material der Leser, wie im Kapitel über die methodistischen Zeitschriften ausgeführt wird. Spätere Zeitschriften folgten diesem Beispiel. Eine exemplarische Analyse populärer Lives soll den Hang zur sprachlich-stilistischen und inhaltlichen Normierung aufzeigen und die dennoch genützten Möglichkeiten individueller Ausgestaltung herausarbeiten. Als Wesley ab 1778 sein Monatsmagazin TheArminian Magazine herausbrachte, konnte er auf eine Fülle von Lebensbeschreibungen zurückgreifen, die in den vier vorausgegangenen Jahrzehnten entstanden waren und von ihm druckreif gemacht wurden. Wesley ließ gern den sozialen Querschnitt seiner Bewegung in einer Vielzahl literarischer Selbstdarstellungen zum Ausdruck und möglichst viele Autoren in seinen Publikationen 191

zu Wort kommen: "It is the glory of the Methodists to have new authors. And a young man can hardly be too slow in this matter." 31 An manche Prediger oder Helfer schrieb er nach der Gründung der Zeitschrift direkt und bat sie um Einsendung eines auf den neuesten Stand gebrachten Lebensbildes, wie etwa aus Peter Jacos Beitrag im November 1778 oder John Atlays Bericht im Dezember des gleichen Jahres hervorgeht. Die von Wesley zum Teil gekürzten Lives aus dem Ar minian Magazine sammelte Thomas Jackson in den zwanziger und dreißiger Jahren des 19. Jahrhunderts und veröffentlichte sie als Herausgeber 1837 in sechs Bänden unter dem Titel The Lives of Early Methodist Preachers. In diesen Lives sind thematische und strukturelle Parallelen zu Whitefields und Wesleys Journal sowie eine ähnliche Motivauswahl unübersehbar. Wies Whitefield darauf hin, daß sein Erinnerungsvermögen beim Tagebuchschreiben ,durch den Heiligen Geist gestärkt' worden sei und stellte sich Wesley als Instrument Gottes bei der Verbreitung des Methodismus dar, so fällt in den Lives die Selbststilisierung zum Auserwählten noch deutlicher auf, weil oft auf relativ knappem Raum besonders viele Fälle göttlicher Vorsehung dargelegt werden. Durch Aussparen von Nebensächlichem und Konzentration auf Motive, welche den individuellen Bekehrungsprozeß in die Geschichte des Methodismus einbetten und psychologisch aufschlußreiche Selbstenthüllungen mit packenden Szenen des zeitgenössischen Lebens verbinden, erreichen die Selbstdarstellungen oft dramatische Kompaktheit und bilden auch für den heutigen Leser attraktive Lektüre. Ihr Umfang reicht von einigen wenigen Seiten wie Joyces "Short Account" bis zu über einhundert Seiten bei Silas Told.

1. Vom einfachen Bericht bis zum spannenden Erzählwerk: Matthias Joyce and Silas Told In dem "Short Account of Mr. Matthias Joyce" 32 erinnert sich der 1754 in Dublin geborene Autor auf etwas mehr als einer einleitenden Seite an sechs lebensgefährliche Situationen, die er bis zum Alter von dreizehn Jahren ("through the interposition of Providence", S. 133) mit mehr Erschrecken als Blessuren überstanden hat. Mit zwei hing sein Leben an einer Sprosse des Fensterrahmens, die ihn nach einem Sturz aus einem Erkerfenster davor bewahrte, in einem reißenden Nebenfluß des Liffey 31 32

JWL, Bd. VI, S. 324. Arminian Magazine, 1783, S. 132ff.

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zu versinken. Ein Fall von einer hohen Mauer im achten Lebensjahr blieb ebenso ohne Folgen wie die sich nun häufenden Verkehrsunfälle. Ein Pferd wirft ihn mit acht durch einen Huftritt zu Boden, mit elf stürzt er ,im vollen Galopp' aus dem Sattel, mit dreizehn gerät er im Phoenix-Park unter das Pferd eines anderen, der ebenfalls im .vollen Galopp' durch die Zuschauer einer gerade zu Ende gegangenen Vorführung reitet. Lebend, wenn auch mit ,sehr schweren Verletzungen', kommt er schließlich davon, als er im gleichen Jahr von einem Zweispänner überfahren wird. Joyces Selbstdarstellung ist ein Beispiel für die Gruppe kurzer und simpler Lebensbeschreibungen, die zielstrebig über eine Häufung früher Providenzfälle zur Angabe von Ort, Zeit, Art und Weise der Bekehrung gelangen. Joyces Rechenschaftsbericht genügte in seiner Kürze und Schlichtheit den Anforderungen, die Wesley an die Lebensbeschreibungen seiner zukünftigen,Helfer' stellte. Für viele Verfasser war diese Zusammenstellung ihres bisherigen Lebenslaufs schon eine beachtliche Leistung, hatte die Mehrzahl von ihnen doch bestenfalls charity schools besucht. Die umfangreichste und spannendste Geschichte eines Methodistenpredigers, An Account of the Life and Dealings of God with Silas Told, wurde nur auszugsweise im Arminian Magazine abgedruckt, erschien als selbständige Veröffentlichung durch Wesley aber bereits 1789. Told war nach seiner Bekehrung und Wesleys Predigt über das Thema "I was sick and in prison, and ye visited me" (1744) zusammen mit Sarah Peters der eifrigste Besucher im Gefängnis von Newgate, dessen katastrophale Zustände Wesley wiederholt angriff. Tolds Bericht gibt einen erschütternden Einblick in die menschlichen Nöte der zum Tode Verurteilten, die alle sechs Wochen zur Hinrichtungsstätte nach Tyburn gekarrt wurden. Oft hängte man zwölf, fünfzehn und mehr Personen gleichzeitig. Manche bekehrten sich im letzten Augenblick, andere wurden angesichts des Galgens ohnmächtig, und der Henker mußte warten, bis sie wieder zu sich kamen. Die aufregende Episode, wo "body snatchers" 33 von einer Gruppe zufällig des Weges kommender Seeleute durch die Stadt verfolgt werden, ist ein spannender erzählerischer Höhepunkt. Er findet damit sein rührendes Ende, daß schließlich der entwendete Leichnam auf der Türschwelle des Elternhauses entdeckt wird. Tolds Lebensbeschreibung zeigt die Kehrseite einer Epoche, in der Theologen und aufgeklärte Moralphilosophen die Ideale der Güte und Menschlichkeit als herausragende Werte der humanitären Anschauungen 33

So bezeichnete man Personen, die gegen Bezahlung die Leichen von Hingerichteten vom Galgen stahlen und Chirurgen als Übungs- und Anschauungsmaterial lieferten.

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des 18. Jahrhunderts vertraten. Die überfüllten Gefängnisse zeugten dagegen von der sozialen Entwurzelung und den Mißständen, die durch Armut, Arbeitslosigkeit, Alkoholismus, ertc/aswre-Maßnahmen und damit zusammenhängender Landflucht ausgelöst worden waren. Die von Told im Gefängnis und auf ihrem letzten Gang betreuten Unglücklichen waren die Opfer des im 18. Jahrhundert drakonisch verschärften Strafrechts, das durch abschreckende exemplarische Strafen die fehlende polizeiliche Exekutive ersetzen wollte und selbst geringfügige Vergehen wie das unerlaubte Fällen von Bäumen oder Taschendiebstahl von mehr als einem Schilling Wert mit dem Tod bestrafte. 34 Defoes fiktionale Verbrecherbiographie der Moll Flanders findet bei Told die Bestätigung als ein die traurige Wirklichkeit realistisch abschilderndes Zeitbild. Der Lord Mayor Londons selbst war es, der Told 1773 zum Nachfolger des Gefängnisgeistlichen von Newgate vorschlug, weil, wie der Public Advertiser in seiner Ausgabe vom 20. Oktober 1773 schrieb, ,Told seit über 20 Jahren aus eigenem Antrieb die zum Tode Verurteilten im Henkerskarren auf dem Weg nach Tyburn singend und betend begleitet' habe. Angeblich handelt es sich bei Hogarths Stich "The March to Tyburn" um eine Darstellung Tolds, wie ihn die Londoner von vielen Hinrichtungen kannten.35 Told beschreibt seinen Lebenslauf detailliert und differenziert wie ein Daniel Defoe mit genauen Zahlen- und Größenangaben, Daten und Namen. Manche Vorfälle grenzen ans Fantastische, und Wesley selbst bezeichnet sie im Vorwort als "remarkable instances of divine Providence, some of which are of an extraordinary kind". Angesichts von Tolds verbürgter Glaubwürdigkeit und Wahrheitsliebe hält Wesley Skepsis jedoch für unangebracht: [...] he relates what he saw with his o w n eyes, and heard with his o w n ears. I believe those very passages will be o f use to serious and candid readers. 36

Zu Beginn greift Told freilich auf die mündliche Überlieferung eines wunderlichen Vorfalls in der Geschichte seiner Ahnen zurück. Diese 34

Zur Entwicklung des englischen Strafrechts im 18. Jahrhundert s. A. G. L. Shaw, Convicts and the Colonies (London, 1971), S. 22-30. 35 Methodistische Publikationen stellen diese traditionelle Deutung gern als gesicherte Erkenntnis dar. So verwendet die von W. J. Townsend und anderen 1909 herausgegebene New History of Methodism Hogarths Stich unter der Überschrift "Silas Told Preaching to a Felon on the Way to Tyburn", (siehe Bd. I, S. 312). 36 Im folgenden wird zitiert nach The Life of Mr. Silas Told. Written by Himself. With a Note to the Serious and Candid Reader by John Wesley, A.M. [1789], Ausgabe von 1954; "Preface", 8.11.1789.

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Erinnerung fügt Told an der Stelle ein, an der er darüber schreibt, wie er sich einmal als Kind im Wald verlaufen hat. Der Exkurs enthüllt, daß bereits ein Vorfahre, ,Cpt. Suckabitch, später Sucksbury', als Säugling vom Kindermädchen im Wald beim Nüssepflücken verloren wurde. Eine beim Baby zurückgelassene Hündin säugte den Kleinen, bis der .König von West Angles' bei der Jagd Hund und Säugling fand, das Findelkind aufzog und mit einem großen Landgut und dem Namen Suckabitch beschenkte (S. 12ff.). Diese ,,Romulus und Remus"-Episode im finsteren englischen Wald wiederholt sich in abgewandelter Form in Tolds Kindheit, als er sich mit seiner Schwester im Wald verirrt: "but quickly the kind providence of God permitted a large dog to come behind us; although no house was within a mile, yet the dog drove us clear out of the wood to a place we knew, and never barked at u s " (S. 16). Kaum ist der Hund ,wie vom Erdboden verschwunden', verlaufen sich die Kinder erneut: ... when on a sudden, looking around, we beheld the same dog making towards us, and he came directly upon us; and we, being much terrified, ran from him, until we got a second time into our knowledge; nor did he leave us till we were driven by him where we could not run into any more labyrinths. I then turned about to look for the dog, but saw no more of him, although we were on an open common. Surely this was the Lord's doing, and it is marvellous in our eyes. (S. 16)

Wie Wesley, in dessen Tagebuch sich die abschließende Wendung der vorstehenden Begebenheit einige Jahrzehnte früher fast wörtlich findet, 37 strukturiert Told seinen Lebensbericht in abgeschlossenen anekdotenhaften Episoden, die bis zu einem Kapitel lang sind. Tolds Jahre als Seemann an Bord eines Sklavenschiffes bilden im ersten Teil der Erzählung den exotischen Hintergrund einer brutalen Leidenszeit. Er ist ein nüchtern erzählender Augenzeuge grausamer Sklavenmißhandlungen wie sie auch John Newton in seinem Brieftagebuch beschreibt. 38 Er erleidet mehrmals Schiffbruch, überlebt Kaperungen durch spanische Piratenschiffe und kommt gerade noch mit dem Leben davon, als er vom Kapitän fast zu Tode gepeitscht wird, ("not only the clothes on my back were cut to pieces, but every sailor on board declared they could see my bones"). Unerschütterlich ist Tolds tiefe Gläubigkeit, die auch schwerste Heimsuchungen in einen sinnvollen göttlichen Heilsplan einordnet. Als Schiffbrüchiger auf einer unbewohnten Insel erkennt er somit rasch die peinigenden Moskitoschwärme als ,Segen Gottes': 37 38

JWJ, " P r e f a c e " , Bd. II, S.67. Siehe John Newton, Journal of a Slave Trader, ¡750-1754, "Thoughts upon the African Slave Trade", etwa über den Transport der Sklaven, S. 110- 111.

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The mosquitos, like swarms of bees, pierced our flesh severely with their poisonous stings, in as much that we were necessitated to bury ourselves in the sand, even our hands and faces, (clearing only our mouths and nostrils at certain times, for the admittance of air), or we should certainly have been stung to death. [...] upon leaving the island, we left our troublesome companions, the insects. Here it may be well to observe the goodness of God in sending these insects to drive us out to sea. (S.39)

Eigene lebensgefährliche Erkrankungen nach Schiffbrüchen oder seuchenartig sich ausbreitende tödliche Infektionen an Bord geben Told Gelegenheit, sich selbst als Helfer und Heiler darzustellen, wobei er einmal auch die Erfahrung eines eingeborenen Medizinmanns nicht verschmäht. Symptome, Diagnose und Therapie verzeichnet er gewissenhaft, wie auch ärztliche Eingriffe und Behandlungsmethoden große Faszination auf ihn auszuüben scheinen. Das Ende seines vergifteten Kapitäns Roach etwa zeichnet er mit Akribie und makabren Details auf: Große Mengen Blut im Stuhl des Giftopfers (.Blutklumpen von Taubeneigröße bis zu 3 2 - 3 3 Pfund'), auch für einen medizinischen Laien sichere Indizien für eingeschränkte Lebenserwartung, veranlassen den Kapitän vor seinem Ableben, dem Schiffsarzt den Auftrag zur Obduktion und Told somit die einmalige Gelegenheit zur Teilnahme an einer Leichenöffnung zu geben. Geradezu gespenstisch mutet die Szene an, wo der Arzt inmitten der sich um die Leiche drängenden Matrosen den Bauchraum eröffnet und die gaffenden Seeleute entsetzt die Wirkung des Gifts auf die Blutgefäße erkennen, das die Venen über dem Magen ,in 500 Stücke zerfetzt' hat. Beschauliche, manchmal ans Sentimentale grenzende Episoden lösen immer wieder die höchst abenteuerlichen Erlebnisse Silas Tolds entspannend ab. Didaktisch ist dieser Wechsel von Gefahrensituationen und glücklichen Zufällen sicher wirkungsvoll, zumal Tolds Schilderungen durch scharfe Beobachtungsgabe und Detailrealismus selten Zweifel an ihrer Authentizität aufkommen lassen. Frömmelei, wie man sie vielleicht in einem religiös motivierten autobiographischen Lebens- und Bekehrungsbericht erwarten würde, fehlt. Charakteristische und anschauliche Einzelheiten, geschickt in die Erzählung integriert, verleihen dagegen selbst abgegriffenen Motiven den Charakter individueller Einmaligkeit und realistischer, nüchterner Darstellung. Als Told einmal nach einem erneuten Schiffbruch die gütige Aufnahme durch einen warmherzigen Kapitän schildert, erinnert seine Beschreibung zwar in ihrer rührenden Grundstimmung an die Rückkehr des verlorenen Sohns, an Lebensnähe und Echtheit gewinnt diese Passage jedoch durch die Erwähnung des vernünftigen, wenn auch für den Gang der Erzählung irrelevanten Verhaltens 196

des Kapitäns: Er läßt Told als erstes ein alkoholhaltiges Eiergetränk zubereiten. " C o m e , poor child, into the cabin, and you shall want nothing the ship affords; go, and my son shall prepare for you, in the first place, a basin of good eggflip and anything else that may be conducive to your relief". (S.21)

Ein eindrucksvolles Beispiel von Tolds Erzählkunst ist auch die exakte Beschreibung eines Zwischenfalls im Atlantik, als auf dem Weg nach Irland einer der Matrosen die grüne Insel am Horizont ausmacht und mit seinem Ruf ,Land in Sicht' unter der gesamten Schiffsbesatzung dankbare Begeisterung auslöst. I do not remember ever to have seen any place apparently more fertile, or better cultivated; the fields seeming to be covered with verdure, and very beautiful: and as the surf of the sea almost convinced us that it was playing on the shore, we were beyond all doubt for the space of ten hours. Our Captain, therefore, gave the man who first discovered it, ten gallons of rum and twenty pounds of sugar; but about six o'clock in the evening, as we were washing the decks, and the sun was shining clear f r o m the westward, in less than a minute, we lost all sight of the land; nothing but the horizon, interspersed with a few pale clouds, was perceptible f r o m the deck. This filled the ship's company with the utmost astonishment; nor did we make the coast of Ireland for several days after. Our Captain and ship's company concluded that it was Old Brazille, which navigators affirm to have been destroyed by an earthquake between five and six hundred years ago. (S.23)

2. Die Bekehrung im Spiegel der Lives Wie bei Joyce and Told ist in vielen anderen Lives die Schilderung der aufrüttelnden Wirkung einer das ganze weitere Leben verändernden Predigt zu finden. Die Schilderung gibt einen viel besseren Eindruck von der Wirkung methodistischer Predigt als die manchmal enttäuschende Lektüre ihrer Predigttexte. Viele Autoren stellen in ihren Lebenserinnerungen die starke persönliche Ausstrahlungskraft des Predigers und die direkte, unmittelbare Betroffenheit des Hörers heraus. Samson Staniforth nahm ein Freund mit zu einer Predigt des Methodisten John Haime. Für die Wucht der seine Bekehrung einleitenden Worte wählt Staniforth einen drastisch-anschaulichen Vergleich: "I was as it were knocked down like an ox." 39 In Nummer neun und zehn der Weekly 19

Thomas Jackson (Hg.), The Lives of Early Methodist Preachers, 2 Bände, 2. Auflage (London, 1846), Bd.I, S.428. Im folgenden "Lives 1846".

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History beschreibt ,Mr. Η... Β..., ein wohlhabender Pflanzer in SüdCarolina' in einem Brief vom 13. November 1740, wie Whitefields Predigt über die Wiedergeburt im Glauben ("the new Birth") mitten ,in sein Herz schlug'.40 Thomas Mitchell, nach seiner Dienstzeit als Soldat bei den Yorkshire Blues Augen- und Ohrenzeuge der gewaltigen Predigten Grimshaws aus Haworth in Yorkshire, erlebte später John Nelson und wurde bald darauf selbst ein mitreißender Prediger, dessen Life sich durch eindringliche Aufrichtigkeit und Schlichtheit auszeichnet. Nelson schließlich, Steinmetz aus Birstall und Sohn gottesfürchtiger Eltern, zum Soldatendienst gepreßt und auf Intervention von Lady Huntingdon hin durch den Earl of Stair 1744 vom Militär entlassen, verdankte es John Wesley, den er im Alter von dreißig Jahren zum ersten Mal hörte, daß er .religiös erwachte', das heißt den Anstoß zu seiner Bekehrung erhielt: I was like a wandering bird, cast out of the nest, till Mr. John Wesley came to preach his first sermon in Moorfields. O, that was a blessed morning to my soul! A s soon as he got u p o n the stand, he stroked back his hair, and turned his face towards where I stood, and I thought fixed his eyes upon me. His countenance struck such an awful dread upon me, before I heard him speak that it made my heart beat like the pendulum of a clock; and, when he did speak, I thought his whole discourse was aimed at me. When he had done, I said, "This man can tell the secrets of my heart: he hath not left me there; for he hath showed me the remedy, even the blood of Jesus." 4 1

Die Beschreibung des religiösen Erwachens ist ein fester Bestandteil der verschiedenen Bekehrungsberichte, die sich in den Lives finden. Das deutlich erkennbare Kompositionsprinzip, nach dem sie gegliedert sind, geht in der Regel von vier typischen Bestandteilen aus. Das Vorbild dieser einheitlichen Aufgliederung war für viele Methodisten sicherlich Whitefields Short Account oder Wesleys Journal, das im Mai 1738 seelentagebuchähnlich in einem Block von achtzehn Abschnitten die vier Stufen von Wesleys Bekehrung nachträgt. Ältere, bei den Methodisten ebenfalls beliebte oder zumindest bekannte literarische Vorbilder wie Bunyans Grace Abounding oder George Fox's Journal haben ebenfalls die Bekehrungsberichte strukturell beeinflußt. Schon dort beschreiben die Autoren das Phänomen der Bekehrung nämlich in vier Entwicklungsschritten, bei 40

S.4: "I knew not that I was yet in my sins, and unconverted till about June last past [...]. Then my wife being very desirous to hear Mr. Whitefield, 1 carried her and my niece, Mrs. Bull, up to his house in Georgea [!]. We arrived there [...] and that Evening he expounded on the new Birth [...]. This struck my Heart." 41 Thomas Jackson (Hg.), The Lives of Early Methodist Preachers, 6 Bände, 3. Auflage (London, 1865), Bd. I, S. 17. Im folgenden "Lives 1865".

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denen auf die sündige Kindheit und frühe Jugend ("unregenerate state") das religiöse Erwachen durch äußere Anstöße ("outward reformation") erfolgt, häufig im Alter von achtzehn oder neunzehn Jahren, doch oft auch viel später, wie das Beispiel des dreißigjährigen Nelson zeigt. Der äußere Anstoß, zum Beispiel das häufig den Bekehrungsprozeß in Gang setzende Predigterlebnis, ein Unglücksfall, fromme Lektüre, führt schließlich zur inneren Bekehrung ("inward reformation"), einer rückhaltlosen Annahme des Rufs Gottes und einer rigorosen Lebensänderung und letztlich zu einer Gotteserfahrung von Epiphanie-ähnlichem Charakter ("revelation"). Gemeinsam ist allen Bekehrungsberichten die persönliche Bezeugung der Gnade und Radikalität des göttlichen Eingreifens in das eigene Leben. Die Grundhaltung der Autoren wird dabei häufig bestimmt durch Staunen und Reflektieren über die seelischen Veränderungen. Die Niederschrift der zum Teil äußerst subtilen psychologischen Vorgänge scheint förmlich aus einem inneren Drang zum Bekenntnis persönlichster Erfahrungen heraus zu erfolgen. I am sensible there are many particulars in the ensuing Journal which some serious persons will not believe, and which others will turn to ridicule. But this I cannot help, unless by concealing those things which I believe it my bounden duty to declare. I cannot do otherwise while I am persuaded that this was a real work of God: and that He hath so wrought this, and all 'His marvellous works, that they ought to be had in remembrance'.42 Anders als der Quäker George Fox, der sich in seinem Tagebuch bereits als Kind moralisch untadelig und sittlich rein darstellt, so daß die Notwendigkeit einer .Bekehrung' nicht mit letzter Überzeugungskraft deutlich wird, bieten die Gründer des Methodismus durch die relativ uneingeschränkte Offenlegung des eigenen Lebens ihren Anhängern eher ein menschliches Bild mit ihren Vorzügen aber auch Schattenseiten. Dieser selbstkritischen Haltung ist die Beschreibung subtiler Anzeichen im Inneren zu verdanken, die darauf hinweisen, ob der ,Geist Gottes Zeugnis in einem selbst' von der Bekehrung gab. Vor allem wollte man durch intensive Selbstbeobachtung Gewißheit über die eigene Bekehrung erfahren. Dieser Prozeß, in den Lebensbeschreibungen exakt dargestellt, war oft von schweren psychologischen Belastungen begleitet, bei manchem von ,einer Wolke des Schreckens' überschattet, wie Cowper, Mitverfasser der Olney-Hymns und Freund Newtons, die Zeit der Ungewißheit charakterisierte. Depressive Phasen und körperliche Beschwerden scheinen vor der Bekehrung einen unverhältnismäßig großen Raum einzunehmen und a

JWJ, 31.1.1767. 199

erforderten einfühlsam-differenzierende Schilderung, so daß der Kontrast zur Zeit danach um so auffälliger ist. Cennick nennt seine Lebensbeschreibung im Untertitel bezeichnenderweise "An Account of the Trials and Temptations Which he endured till it pleased our Saviour to show him his Love, and send him into his Vineyard."43 Im autobiographischen Vorwort zu seinen .Kirchenliedern für Kinder Gottes' erhielten die Leser schon 1742 eine Vorstellung der freudlosen Zeit von Cennicks Suche nach Heilsgewißheit: Throughout all my Calamity I could not be thankful for any temporal Blessing. Nothing delighted me, or made me once wish to stay behind on the Earth a Day. The Shining of the Sun, the Beauty of the Spring, the Voice of Singing, the Melody of Birds, the Shade of Trees, or the Murmur of Waters afforded me now no Pleasure. N o ! all was strange and dark, and gloomy and desolate! All was Vanity and Vexation of Spirit! All the Earth was full of Darkness, and cruel Habitations: Nor could Meat, Drink, or Raiment give me any Comfort; I wanted only to know if I had any Part in the L O R D JESUS. 4 4

Cennick, George Story und andere gehen argumentativ in die Details ihres langen, an Enttäuschung und Rückschlägen reichen Bekehrungsprozesses. Sie entwickeln vor dem Auge des Lesers noch einmal die Beweggründe, die sie - nüchtern und gedanklich sauber gegliedert - erwägen, verwerfen und voller Zweifel schließlich wieder aufgreifen. 45 Darstellungen wie diese oder wie in Humphreys Brief an Whitefield (Weekly History, Nr. 4), in dem Zweifel, Verzagen und Hoffen im persönlichen Erleben dargestellt 43

The Life of Mr. J. Cennick [...], 2. Auflage (Bristol, 1745). Hervorhebungen durch mich. John Cennick, Sacred Hymnsfor the Children of God (1742), "Preface", Nr. 18, [B2]. 45 Vgl. aus dem vorstehend genannten "Preface" die Abschnitte Nr. 19 und 20: "19. And now a Thought sometimes came, What if I should be sav'd? It may be the LORD is chastening me for my Good. Nay, sometimes I heard a Voice as it were saying, 'Behold thou shalt bear my Name before much People; and it shall come to pass that in thy Days many shall be added to the Lord. " To this I myself answered, LORD, How can I bear thy Name to Others, who look every Hour to be lost myself? Neither have I Learning, nor the Understanding of the Scriptures. Then would it be strongly impress'd upon me, 'Fear not I am with thee, and thou shalt testify of me in every Place whither 1 shall send thee. Lo! "I will be a Mouth to thee, and thou shalt bear my Gospel, even in the Midst of the Streets." ' But this being then an unheard-of Thing I regarded it not, and was soon as heavy as before. 20. After I had been thus afflicted, and grieved near two Years, the Temptation to think I should never die, or live to a great Age; so prevail'd upon me, that instead of asking for Mercy, I asked hourly for Death; yea, and desired to break into Eternity, tho ' at the Hazard of falling into Hell. My continual Prayer was out of Herrn. Hugo. O LORD, my GOD, some kind Relief afford, / Grant some kind Poison, or some friendly Sword; / The Mercy, Death, is All 1 thee implore; / O Grant it soon, lest I blaspheme Thy Power." 44

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und rationalistisch zu bewältigen versucht werden, müssen eine große Hilfe für all jene gewesen sein, die das Bekehrungserlebnis nicht mit einem Schlag durch Gefühl und Intuition, sondern in vielen kleinen Schritten erfuhren und die vom Intellekt her die Gnade der Bekehrung suchten. Die drängende Ruhelosigkeit, das krampfhafte Suchen nach dem erstrebten umfassenden religiösen Erlebnis und die Einsicht des eigenen Unvermögens finden sprachlich oft ihren Ausdruck in einem bewegten, in viele kurze Sätze und Satzteile zergliederten Stil als literarischem Spiegelbild der Unsicherheit des eigenen Innenlebens: I then went into my chamber, shut the door, and fell down on my knees, crying, "Lord, save, or I perish." When I had prayed till I could pray n o more, I got up and walked to and fro, being resolved I would neither eat nor drink till I had found the kingdom of God. I fell down to prayer again, but found no relief; got up and walked again: then tears began to flow from my eyes, like great drops of rain, and I fell on my knees a third time; but now I was as dumb as a beast, and could not put up one petition, if it would have saved my soul. I kneeled before the Lord some time, and saw myself a criminal before the Judge: then I said, "Lord, thy will be done; damn or s a v e ! " That moment Jesus Christ was as evidently set before the eye of my mind, as crucified for my sins, as if I had seen H i m with my bodily eyes; and in that instant my heart was set at liberty from guilt and tormenting fear, and filled with a calm and serene peace. 4 6

a. Visionäre und ekstatische Erfahrungen Nelsons Beschreibung zeigt eine für die Bekehrungsberichte von Wesleys Anhängern typische Eigenheit auf, nämlich die Intensität des Bekehrungserlebnisses durch die quasi körperliche Erfahrung visueller oder akustischer Teilhabe an Visionen darzustellen. Bei diesen Berichten wird einem die volle Bedeutung des Begriffes "experimental religion" bewußt, dessen Sinn, die persönliche Erfahrung, in den Zeilen eines Wesleyschen Kirchenliedes auf die treffende Formel gebracht ist: " W h a t we have felt and seen / With confidence we tell." Samson Staniforth läßt auf diese Weise den Leser eine geradezu paulinische Bekehrung nacherleben. Er beschreibt die Eindrücke, die er unmittelbar nach der Predigt John Haimes hat, als er nachts bei Fontenoy auf Posten steht:

46

"John Nelson's Journal",

Lives 1865, I, S. 18.

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I saw the clouds open exceeding bright, and I saw Jesus hanging on the cross. At the same moment these words were applied to my heart, "Thy sins are forgiven thee." My chains fell off; my heart was free. All guilt was gone, and my soul was filled with unutterable peace. I loved God and all mankind, and the fear of death and hell was vanished away. I was filled with wonder and astonishment. [...] As soon as the time for relieving the guard came, I hastened to the room where I lay. As I was going my companion was looking for me; and before I could speak, said, " I know God has set your soul at liberty; I see it in your countenance." 47 Anschaulicher kann Staniforths Glück nicht ausgedrückt werden als dadurch, daß sein Kamerad es ihm ,vom Gesicht ablesen' kann, bevor Samson noch ein Wort herausbringt. Diese äußerlich sichtbare Veränderung beschreiben viele Prediger und betonen damit die unerschütterliche Zuversicht, welche viele Methodisten als grundlegenden Bestandteil der inneren Gewißheit über die erfolgte Bekehrung immer wieder unterstreichen: [...] we believe it cannot be, in the nature of things, that a man should be filled with this peace, and joy, and love, by the Inspiration of the Holy Spirit, without perceiving it as clearly as he does the light of the sun. 48 Eine aussagekräftige Bildlichkeit verwendet mit Vorliebe für den Zustand vor und nach der Bekehrung den Kontrast d u n k e l - h e l l oder als bevorzugten Ort ekstatischer Erfahrungen die freie, manchmal nachtdunkle Natur, für einen Psychologen sicher äußerst aufschlußreiche sprachliche Einkleidungen seelischer Zustände. [...] my joy frequently prevented my sleep, while my soul was taken up with Him who is altogether lovely; and in ecstasies of joy, in the stillness of the night, I often sang my great Deliverer's praise, schreibt Benjamin Rhodes, 4 9 der im .dicksten Wald', w o es am Abend .völlig dunkel' wurde, erlebte, wie es .seine Seele im Gebet aus dem Körper zog': I was deeply sensible of the presence of God; my heart overflowed with penitential tenderness, and, under a deep sense of my own unworthiness, and of His goodness, mercy, and love, I sang and prayed with much fervour. 50 47

Lives 1846, I, S.431. Wesley in einem Brief an John Smith (30.12.1745 - 3.1.1746), zitiert in JfVJ, Bd. III, S. 231, Anmerkung 1. 49 Lives 1846, II, S. 426. 50 Ebd., S.424. 48

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"The light flowed in so mightily upon my soul, that everything appeared in a new view",51 ist Wesleys Formulierung für seine innere Veränderung im Mai 1738. Sie klingt auch bei seinen Helfern an, denen nach ihrer Bekehrung alles neu erscheint: "God, Christ, angels, men, heaven, earth, and the whole creation appeared to me in a new light, and stood related to me in a manner I never knew before." 52 So faßt Christopher Hopper sein neues Lebensgefühl zusammen, während George Shadford, der sich selbst auf den dunklen Straßen seines täglichen Heimwegs ,im Paradies' glaubt, ebenfalls Vertrautes und Alltägliches mit neuen Augen sieht: "When I read my Bible it seemed to be an entirely new book. Everything appeared new and stood in a new relation to me." 53 Ein allgegenwärtiges Glücksgefühl läßt die Verfasser der Lives ihren endlich erkannten Gott überall erblicken. Die Natur erhält bei vielen wieder den Verweischarakter eines liber naturae. "I saw God in everything", schreibt Thomas Olivers, "the heavens, the earth and all therein; yea, even from a drop of water, a blade of grass, or a grain of sand, I often received instruction."54 In William Blacks Schilderung sind Seele und Natur im Lobpreis des Schöpfers bereits eins: Everything conspired to make me happy. If I looked upon the heavens above, or the earth beneath, both sparkled with their Creator's glory; and all the creation seemed to smile on my soul, and speak its Maker's praise. My heart glowed within me, while the fields broke forth into singing, and the trees clapped their hands. 5 5

Bei dieser Hochgestimmtheit verblassen Schmerz und Hunger, Verfolgung und Gefangenschaft als Formen des Leidens bis zur Bedeutungslosigkeit, erreichen dagegen als Möglichkeit überwältigender Gotteserfahrung eine neue Dimension: "I could see, or feel, or taste God in everything. The eating a little bread, or the drinking a little water from a brook, hath many times filled my soul with wonder at His goodness." 56 John Nelson, eingekerkert wegen .Verbreitung des Methodismus', ruht auf seiner rauhen Pritsche ,wie auf einem Daunenbett', und John Haime ist in blutiger Schlacht gegen die Franzosen in Flandern völlig entrückt von der Stätte 51

JWJ, 11.5.1738. Lives 1846, I, S. 8. 53 Ebd., II, S.269. 54 Ebd., I, S. 146. 55 Ebd., II, S. 225. 56 William Black, ebd., II, S.228. 52

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des Grauens, wo .Tausende auf beiden Seiten ins G r a b ' sinken. Als sein Nebenmann tödlich getroffen zusammenbricht, r u f t er zu Gott: " I n thee have I trusted, let me never be c o n f o u n d e d " und wird gleich erhört: " M y heart was filled with love, peace, and joy, more than tongue can express. I was in a new world." 5 7 b. Ein krasser Wandel: Die Lebensweise vor und nach der Bekehrung Die Zeit vor der Bekehrung Die Episoden des Lebens in Sünde und Gottferne unterscheiden sich von den Berichten des gottgefälligen Lebenswandels naturgemäß ebenso gewaltig wie der psychologische Zustand der Autoren vor und nach der Bekehrung. Innerhalb der Darstellungen des Zeitraums vor dem religiösen Erwachen kehren mehrere große Kompositionsmuster immer wieder. Einige Autoren berichten von einer reinen Kindheit mit geradezu mystischen Gotteserlebnissen, auf die bis zur Bekehrung ein Leben in Sünde folgt: When I was in petticoats, my sister Dulcybella and I wandered often into the woods and fields, fixing ourselves under the hedges, conversing about God and happiness; so that at times I have been transported in such a measure with heavenly bliss, that whether in the body or out of the body, I could not tell: this happiness attended me for a few years.58 Ein Teil der Autoren stellt sich in Kindheit und früher Jugend als ständig um Erkenntnis oder Zugang zu Gott ringend, aber immer wieder in Sünde strauchelnd dar. Ein kritisches Alter f ü r erste schwere Versuchungen und Verfehlungen scheint dabei um das siebte Lebensjahr zu liegen. Staniforth, der erzähltechnisch geschickt die Geschichte der Bekehrung des Mark Bond in seinen Bekehrungsbericht integriert, also des Mannes, der f ü r Staniforths eigene Bekehrung Anlaß und A n s t o ß gab, berichtet über den ,bereits mit drei Jahren gottesfürchtigen' Mark, daß er ,bis zum Alter von sieben Jahren von verschiedenen Versuchungen geplagt wurde, von einer aber ganz besonders': " h e was violently and continually importuned to curse God, till one day, when he was about seven years of age, he went into the fields, under a hedge, and actually did it." 5 9 Die kindliche Mentalität des Sünders wird von dem nacherzählenden Staniforth gut 57

Lives 1846, I, S. 110. The Life of Mr. Silas Told, S. 16. 59 Lives 1846, I, S.426. 58

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getroffen, wenn er erwähnt, daß sich Mark dem Auge Gottes durch den Schutz einer Hecke entziehen will. Ebenfalls eine glaubwürdige Skizze der Zwangslage, in der er sich als Siebenjähriger befand, gelingt Matthias Joyce, Sohn eines katholischen Vaters und einer anglikanischen Mutter. When I was about seven years old my mother struck me gently on my hand for some fault I had committed; on which I called upon God to d-n her. I was soon seized with conviction for this; nor did it entirely wear away for several years. While it lasted I was frequently so terrified that I could not see how I could be saved; and, sometimes I concluded I was born on purpose to be damned. But as I had heard among the Papists that a child must be seven years old before sin can be charged upon him, I often calculated how old I was when I cursed my mother; and if I could bring my age under seven, then I felt some ease. 60

Andere Autoren wie Told, Nelson oder Staniforth, um nur drei zu nennen, sind bis weit ins Erwachsenenalter hinein taub für die Stimme des Gewissens und wissen vielfach ,bei einem Blick zurück nicht, worüber (sie) mehr staunen sollen, über Gottes Güte oder (ihre) eigene Verderbtheit'. 61 Die allen geflügelten Worten zum Trotz offensichtlich gar nicht so christliche Seefahrt und das Soldatenleben waren für etwa ein Viertel von Wesleys Helfer der verhängnisvolle Nährboden, auf dem der Hang zur Sünde und Gottlosigkeit nur zu üppig gedieh. "Through my own sin and folly", rekapituliert Staniforth die strenge Rekrutenzeit im Schloß von Edinburgh, [...] my little pay was soon gone; and generally two days in a week, Tuesday and Friday, being the days before the pay-days, I had little or nothing to eat. But even this, together with hard duty, made no manner of impression upon my heart. Nay, I became more hardened, and added profane swearing to my other sins. From thence we marched to Glasgow, where I several times heard that servant of God, Mr. Whitefield. But I had no conception of what he said, nor any desire to profit by it. 62

Mit fünfundzwanzig, so gesteht er später, .hatte (er) noch nicht ein einziges Mal mit wirklichem Verlangen gesagt, ,,Herr, hab Erbarmen mit m i r " '. Diesen Schritt zu tun, aktiv zu werden im Bemühen um die nach arminianischer Auffassung von Gott für alle Menschen gewollte Erlösung, war aber unerläßliche Voraussetzung für die Bekehrung. 60

Ebd., II, S.25. Ebd., I, S.426. 62 Ebd., S.423. 62

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Trunksucht, Glücksspiel, Liebschaften und Plünderungen sind die immer wiederkehrenden Laster, denen die Soldaten in der Heimat wie auf dem Kontinent mit Vorliebe frönten, und die sie in ihren Lives beschreiben. Historische Schlachten und Feldzüge, Probleme der Nachschubsicherung und Logistik, aus der Sicht gemeiner Soldaten und Söldner geschildert, erhalten durch sparsame, aber wirkungsvoll gesetzte Details die ganze Eindringlichkeit apokalyptischen Grauens. Ein ,mit Leichen übersätes Schlachtfeld', ein ,reiterlos dahinjagendes Pferd, dem eine Kanonenkugel die untere Hälfte des Kopfes weggerissen' hat, ein .Geschütz, das mit Schrotgeschossen, Nägeln und rostigen Eisenfetzen' für den nächsten Schuß gestopft wird, sind bei Staniforths Bericht über die Schlacht von Fontenoy Momentaufnahmen, die sich im Gedächtnis festsetzen und jeweils auf eigene Weise den Schrecken des Krieges schlaglichtartig aufzeigen.63 In dieser Zeit höchster Bedrängnis befindet sich Staniforth mehrmals in Lebensgefahr. In Perth etwa, wo er mit einem Mädchen anbändelte, deren naive Liebe er gewissenlos mißbraucht hat, rettet er sich in letzter Sekunde vor wutschnaubenden schottischen Soldaten eines Hochlandregiments, die ihre, wie sich herausstellt, entehrte Verwandte blutig rächen wollen. Der Versuch der Schotten, erst gütlich die Situation dadurch zu bereinigen, daß sie Samson mit sanfter Gewalt die sofortige Heirat ihrer Angehörigen nahelegen, ihr wachsender Zorn über den ihre deutlichen Anspielungen stur ignorierenden englischen Casanova, der drohende Ton ihrer erregten Unterhaltung in ihrem für Samson unverständlichen Dialekt und schließlich die heimliche Warnung Staniforths durch das betrogene Mädchen und seine überstürzte Flucht sind spannend zu lesen.64 In kurzen knappen Sätzen, das Unwesentliche zusammenraffend, bei Wichtigem ins Detail gehend, berichtet er auch über einen Zwischenfall bei Worms, wo er nach seinem unerlaubten Entfernen von der Truppe gerade noch den nach ihm ausgesandten Soldaten und damit dem sicheren Tod entging.65 Um Haaresbreite wäre er kurz darauf in der Nähe von Speyer standgerichtlich gehenkt worden: 63 64 65

Siehe Staniforth, a.a.O., S. 4 3 3 - 4 3 4 . Ebd., S.424. Ebd., S. 425: "I was busy in drinking, when the Captain with a guard on horse was coming to take us up, being appointed to seize upon all who were found out of the lines, and to hang up the first man without delay. I looked back, and saw the Captain and his guard, who had shut all the gates. But I ran to the great gate, wherein was a wicket-door, which was only upon the latch. I slipped through, and before the gate could be opened for horsemen to follow me, I ran some distance from town, and hid myself among the vines. There I lay till they were passed, and then got into the camp, just as the roll was calling. "

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After several marches, we came, toward the close of the year, to the camp near Spires. Before this, many grievous complaints had been made, of our soldiers plundering the country. To prevent this, it was again proclaimed at the head of every regiment, that the Captain with his guard would be out every night, and had express orders immediately to hang up the first man that he took. I was close to the officer who read this; and to show how little we regarded it, as soon as he was gone to his tent, I and ten more of our regiment set out to plunder. We went to a village about two miles from the camp, to search for money, but could find none: however, we saw four bullocks, which we drove away before us. One of our officers met me, and asked whose they where. I told him they were some that we had bought: he said: "Very well", and went away. We sold three of them, and killed the other. The next day the poor people came to the camp, and found the three which we had sold. They made their complaint to the Commanding Officer, who immediately gave orders to apprehend us. But that very morning I had been sent to some distance from the camp on an out-party: so the good providence of God, though I knew him not, once more preserved me from a shameful death. 66

Das Leben nach der Bekehrung In den Beschreibungen des Lebens nach der Bekehrung fallen zunächst einmal stark gefühlsbetonte Passagen auf, in denen sich zum einen das eigene Glück in einem intensiven Gefühl grenzenloser Liebe zu allen Menschen und Geschöpfen äußert, zum anderen eigene innere Ausgewogenheit und Seelenfriede in beruhigend nachtstiller Natur erfahren wird. " M y heart was filled with love to God and every soul of m a n " , schreibt Nelson, der fortfährt: "next to my wife and children, my mother, brethren, and sisters, my greatest enemies had an interest in my prayers, and I cried, Ό Lord, give me to see my desire on them: let them experience Thy redeeming love'." 6 7 William Black, der ,beim Anblick von Mensch oder Tier die Weisheit, Macht und Güte Gottes deutlich hervorleuchten' sah und mit .größter Zärtlichkeit und Liebe für jede von Gott erschaffene Kreatur' erfüllt wurde, drückt sein Mitgefühl für andere ähnlich wie Nelson aus: "I felt a peculiar love to souls, and seldom met a man, woman, or child, without lifting up my heart to God on their account; or passed a house without praying for all in it." 68 Die eigenen früheren Unzulänglichkeiten und Fehler werden gelegentlich zusammenfassend mit den neuen guten Charakterzügen kontrastiert: "When I looked for those inward 66

Ebd., S.425-426. "John Nelson's Journal", Lives 1865, I, S. 18. 68 Lives 1846, II, S.229. 67

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risings of anger, pride, and self-will, which, like dry cinder, were formerly ready to catch fire at any provocation, I found them not; but on the contrary, I found meekness, humility, and resignation." 69 Diese innere Wandlung hat wohltuende Auswirkungen auf das Zusammenleben in der Familie, besonders wenn dort vorher .nichts als Streit, Eifersucht und Mißgunst' herrschten und .Friede schon einige Zeit [die] Wohnung verlassen hatte': "But when it [the conversion] spread its benigne influences over us, our jars ceased, peace returned, and harmony and love reigned in our whole family." 70 Ausgeglichenheit und Festigkeit im Glauben bei gleichzeitiger aufrichtiger Demut, dem ständigen Gefühl dankbarer Gottesverehrung und jenem in der Erfahrung des Numinosen und Erhabenen als .köstlich' empfundenen .Schauer' ("delightful awe") sind die Phänomene, welche in den Natur- und Nachtbeschreibungen der Methodisten an Herveys Meditations among the Tombs oder Youngs Night Thoughts erinnern. Beide Autoren waren beliebt bei den Methodisten und werden oft als Lektüre angeführt. Ein Beispiel dafür ist Peter Jaco, der auf seinem nächtlichen Ritt nach Blandford einige Zeilen aus Young als .Empfehlung' zur .ernsten sorgfältigen Lektüre' des Lesers seiner Lebensbeschreibung zitiert. Für den Aufbau der nächtlichen Szenerie verwendet Jaco traditionelle, wenngleich wirkungsvolle Motive, die sich auch bei anderen Autoren finden, wie Vollmond, wolkenfreien Himmel, regungslose Natur und .unschuldig blökende Schafe'. 71 We arrived at Salisbury at seven o'clock [...]; and then set out for Blandford, in Dorset, twenty-three miles from Salisbury, across the plain and open country, without any enclosures. The night was remarkably fine. The m o o n was full, and there was not a cloud in the sky to obstruct her light. N o t a breath of wind was stirring, nor any living creature near, except large flocks of sheep penned on each side of the road, whose innocent bleating, reverberating from the adjacent hills, rendered the scene awfully delightful. All the fine sentiments dispersed through the 'Night thoughts' crowded upon my imagination; more especially those on the 'Ninth Night', where the author has given us a picture at large, which I would recommend to your serious perusal. I was much affected with that instructive passage: 'Night is fair Virtue's immemorial friend; The conscious m o o n , through every distant age, Has held a lamp to wisdom. ' 69

James Rogers, Lives 1846, II, S.91. William Black, Lives 1846, II, S.229. 71 Vgl. zum Beispiel Thomas Rutherfords Diary in Frederick Pilkington, " A n Annotation to Wesley's Journal", LQHR (Okt. 1953), S.267ff. 70

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But, alas, like all transitory scenes, this pleasant night gave way to a gloomy rainy morning, when the bleak winds, coming down from the stupendous mountains, attended by impetuous floods, formed a contrast the most disagreeable. 72

3. Gefahren des Predigerlebens Die Beschreibung der Welt innerer Hochgestimmtheit nimmt in den Lives freilich weniger Raum ein als die Schilderung des aktiven Einsatzes als bekehrter Methodist. Der Leser erfährt an vielen Beispielen, welch großen Mutes es besonders in den ersten Jahrzehnten bedurfte, angesichts der öffentlichen Anfeindungen ein aktives Bekenntnis zum Methodismus abzulegen oder gar die Berufung zum Prediger anzunehmen. Wesley ließ die Kandidaten für das Amt eines Wanderpredigers über die rauhe Wirklichkeit dieses Dienstes am Wort Gottes nicht im Unklaren: To be a Methodist Preacher is not the way to ease, honour, pleasure, or profit. It is a life of much labour and reproach. They often fare hard, often are in want. They are liable to be stoned, beaten, and abused in various manners. Consider this before you engage in so uncomfortable a way of life. 73

Thomas Hanson überliefert einen anschaulichen Bericht über die zwiespältigen Gefühle, mit denen er seine Berufung zum Prediger durch einen Brief Thomas Olivers' aufnimmt. Typisch für Hanson ist die Prägnanz seiner schlichten, knappen Prosa, die zusätzliche Verdichtung durch die häufige Verwendung direkter Rede gewinnt: (...) a letter came from Mr. Thomas Olivers [...] to let me know that I was appointed by the Conference to travel in the then York Circuit. This was done wholly without my knowledge. No one had spoken to me about it, nor I to any one. I already preached four or five times a week about home, and loved the people too well to desire to leave them. In my answer to Mr. Olivers, I said, " I have no doubt of my call to preach; but have no desire to be a Travelling Preacher. I am not fit for it. I cannot come." He replied, "If your father was dead, and your mother lay a dying, you must come and preach the Gospel." I wept a fortnight about it. I said to my brother, " G o you: you are more fit than I am". He said, " G o d knows who is fit. He has called you; and there fore go". 74 72

Peter Jaco, Lives 1846, I, S. 100-101. Die zitierte Passage ist Teil eines Briefes Jacos an eine Mrs. Hall in London (11.9.1776). 73 Alexander Mather, Lives 1846, I, S. 263. Mather zitiert einen Brief Wesleys an ihn vor Übernahme des Amtes eines Wanderpredigers. 74 Lives 1846, II, S.330.

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Bescheiden bezeichnet sich Hanson als .armer Leute Prediger' ohne rhetorische Ambitionen, enthüllt aber auch in dieser apologetischen Selbstcharakterisierung seine meisterhafte Begabung zu griffigen, treffenden Wortneuschöpfungen: I have from my beginning thought myself the poor man's Preacher; having nothing of politeness in my language, address, or anything else. I am but a brown-bread Preacher, that seeks to help all to heaven, in the best manner I can.75

Sprachlich eindrucksvoll ist auch die Lebensgeschichte Thomas Mitchells, der in kurzen Sätzen und vorwiegend einsilbigen Wörtern einen sehr bewegenden Rechenschaftsbericht über seine Leidenszeit als Prediger gibt. Zunächst dient seine Erinnerung an das Schicksal seiner Vorgänger Darney und Maskew der Einstimmung des Lesers und der Spannungserzeugung. Er nennt William Darney, der vom Mob unter der Führung des Kuraten von Guisley zusammengetreten wurde, und er führt Jonathan Maskew an, dem der gleiche Mob bei seinem Auftreten die Kleider vom Leibe gerissen und nackt über Stock und Stein geschleift hatte. In diesen Predigtkreis kam Mitchell als Nachfolger und wurde bei einem Versuch zu predigen mehrere Kilometer die Straße entlang gesteinigt, wovon er sich erst nach mehreren Wochen erholte. 76 In Wrangle, wo ebenfalls der Ortsgeistliche hinter seinen Peinigern steckt, werfen ihn seine Verfolger in einen Teich: It took me up to the neck. Several times I strove to get out, but they pitched me in again. They told me I must go through it seven times. I did so, and then they let me come out. When I had got upon dry ground, a man stood ready with a pot full of white paint. He painted me all over from head to foot; and then they carried me into a public house again. Here I was kept, till they had put five more of our friends into the water. Then they came and took me out again, and carried me to a great pond, which was railed in on every side, being ten or twelve feet deep. Here four men took me by my legs and arms, and swung me backward and forward. For a moment I felt the flesh shrink; but it was quickly gone. I gave myself up to the Lord, and was content his will should be done [...] They swung me two or three times, and then threw me as far as they could into the water. The fall and the water soon took away my senses, so that I felt nothing more. 77

75

Ebd., S. 332. Ebd., I, S.49. "Ebd., S.52. 76

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Mitchell wird rechtzeitig genug an Land gezogen und wiederbelebt, so daß der Leser mit der vorstehenden Begebenheit noch nicht am Ende seiner Lebensbeschreibung angelangt ist, sondern noch viele ähnliche Situationen mit ihm durchleiden kann. Zuweilen folgen auf solche ausführlichen Szenen raffende, einen größeren Überblick anstrebende Zusammenfassungen, welche die äußeren Widrigkeiten, aber ohne Beschönigung auch die inneren Schwierigkeiten aufzählen. Wiederum liefert Hanson ein vorzügliches Beispiel für diese Art von Erzähltempobeschleunigung. I have been in dangers by snow drifts, by land floods, by falls from my horse, and by persecution; I have been in sickness, cold, pain, weakness, and weariness often; in joyful comforts often; I have had abundance of trials, with my heart, with my understanding and judgement, with various reasonings among friends and foes, with men and devils, and most with myself. But in all these, God in mercy has hitherto so kept me that I believe none can with justice lay any single immoral act to my charge, since the day when God through Christ forgave my sins.78

Solche komprimierten Überblicke über längere Zeiträume erlauben dem Autor, einzelne Episoden ausführlicher zu behandeln und miteinander zu verbinden, ohne daß der Eindruck sprunghaften Erzählens oder störender chronologischer Lücken entstünde. Viele Methodisten beweisen mit ihren Lives, daß sie ein gutes Gespür dafür besitzen, welche Vorfälle dramatisch-anschaulich einen erhellenden Einblick in kritische Phasen der inneren oder äußeren Entwicklung geben und zugleich das Lesepublikum fesseln. Manche Episoden nehmen eine ganz unerwartete Wendung, andere bereiten Vergnügen durch die innere Spannung zwischen trockennüchterner Darstellung und amüsanter Situationskomik. Zwei Beispiele für diese Eigenschaft methodistischer Lives mögen genügen. Daß manche methodistischen Prediger die Gabe besaßen, auf eine vielköpfige Zuhörermenge so zu wirken, als sprächen sie zu jedem einzelnen persönlich, wird in dieser Arbeit durch mehrere zeitgenössische Zitate belegt. Der Tenor dieser Zitate ist, daß sich die buchstäblich Be-troffenen vom Prediger „durchschaut" fühlen. In der Regel ist diese Erfahrung eine Art Schlüsselerlebnis für die jeweiligen Hörer, das ihre Bekehrung einleitet. Thomas Mitchell bezeugt eine zunächst ganz andere Folge seiner rhetorischen Wirkung: From Birstal I went to Heptonstal. Here I met with a lively people, who received me very kindly. I gave several exhortations among them, and the word went 78

Ebd., II, S. 331. 211

with power to many hearts. Among others, a very tall man, who was a butcher, was cut to the heart. But it had a very bad effect upon him for the present. For he went home and beat his wife in a most terrible manner, because he thought she had told me of all his sinful ways. 79 Mitchell fügt dieser kompakten Szene kein zusätzliches Wort eines moralisierenden oder didaktischen Kommentars hinzu, wie Whitefield dies stets tut. Lapidar fährt Mitchell fort, daß der Metzger immerhin später .gläubig und bekehrt' wurde. In einer anderen Episode befindet sich Mitchell selbst in höchster Gefahr, vom M o b verprügelt zu werden. Diesmal ist es der Leibesumfang seiner hochschwangeren Gastgeberin und ihr drohend geschwungener Schürhaken, der seinen Feinden kein Durchkommen zu ihm ermöglicht: As I was preaching in a certain village in the Fen, the mob came into the house, and broke through the congregation, in order to pull me down; but the good woman of the house took me into the parlour, and stood in the door with a great kitchen poker in her hand, and told the mob, the first man that came near the door, she would knock him down. As she was very big with child, and near the time of her travail, this, with the sight of the great poker, kept them off, so that they could not get at me. However, they stayed some time, and then left the house without doing much harm. 80

79 80

Lives 1846, I, S.51. Ebd., S. 53. 212

KAPITEL V

naked relation of many facts and conversations" JOHN WESLEYS

JOURNAL

It is a hard and nice Subject for a man to write of himself, it grates his own heart to say any thing of disparagement, and the Readers Eares to hear any thing of praise from him. (Abraham Cowley, 1618-67, Essays in Verse and Prose, "Of My Self") What I design [...] is, openly to declare to all mankind what it is that the Methodists (so called) have done, and are doing now - or rather, what it is that God hath done and is still doing, in our land. For it is not the work of man which hath lately appeared. All who calmly observe it must say, 'This is the Lord's doing, and it is marvellous in our eyes.' (JM, "Preface", II, S.67)

Das Beispiel Whitefields, der im Alter von 24 Jahren sein autobiographisches Tagebuch veröffentlichte, war sicher ein anregendes Vorbild für Wesley, der ab 1739 Auszüge aus seinen ursprünglich nicht für die Publikation gedachten privaten Aufzeichnungen herausbrachte. Den Schritt an die Öffentlichkeit diktierten aber aktuelle äußere Umstände, auf die Wesley in den Vorworten der ersten vier Teilveröffentlichungen eingeht. Demnach haben seine Tagebuchauszüge eine ausgesprochen apologetische und didaktische Funktion.

I. Funktion des Tagebuchs und Anlaß seiner Veröffentlichung Die in einundzwanzig etwa hundertseitigen Duodecimö-Bändchen veröffentlichten Extracts of the Rev. Mr. John Wesley's Journal erstrecken sich über einen Berichtszeitraum von fünfundfünfzig Jahren und enthalten Einträge vom 14. Oktober 1735 bis 24. Oktober 1790.1 Die einzelnen Teile umfassen meistens einen Zeitraum zwischen zwei und vier Jahren, die jeweils zwei bis längstens sieben Jahre nach dem letzten Eintrag publiziert wurden, die Mehrzahl innerhalb von vier Jahren. Zum einen dienten diese Veröffentlichungen der Verteidigung gegenüber ungerechtfertigten persönlichen Anschuldigungen, der Klarstellung seines Verhältnisses zu anderen christlichen Glaubensgruppen und der Aufklärung der Öffentlichkeit über Wesen und Ziele der .sogenannten Methodisten', "Methodists so called". Im Hinblick auf viele zeitgenössische Angriffe gegen die Methodisten im allgemeinen und Wesley als ihren Führer im besonderen steht unausgesprochen über vielen späteren Einträgen seine eingangs erhobene Aufforderung an die Leser, sein Tagebuch unvoreingenommen als Rechenschaftsbericht eines Menschen zu prüfen, der sich seiner Unvollkommenheit bewußt ist: 1

Soweit nicht anders angegeben, erfolgen sämtliche Zitate aus John Wesleys Journal (JWJ) nach der Standardausgabe von Nehemiah Curnock (Hg.), The Journal of the Rev. John Wesley, A.M. (London, 1909).

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You have heard one side already; hear the other, weigh both, allow for human weakness, and then judge as you desire to be judged. ( JWJ, II, S.67) Z u m anderen erkannte Wesley in der Veröffentlichung des Tagebuchs eine willkommene Gelegenheit, die Darstellung seines Lebens mit der Geschichte des Methodismus zu verknüpfen. Sein ausgeprägtes Sendungsbewußtsein ließ ihn sein Leben und die Entwicklung seiner Bewegung als eine Einheit sehen und sich selbst als Instrument Gottes bei der Verbreitung des Methodismus auffassen. Seine besondere Auserwähltheit dokumentiert er durch zahlreiche Fälle sichtbaren Eingreifens göttlicher Vorsehung. Nüchtern und, wie er meint, anhand nachprüfbarer Fakten versucht er dem Leser zu vermitteln, daß zwar Menschen am Werk sind bei den Reformvorhaben der Methodisten, aber Gottes H a n d dahinter sichtbar sei: " T h i s is the L o r d ' s doing, and it is marvellous in our eyes."

1. Die ersten vier Auszüge Den ersten Auszug aus seinem Tagebuch veröffentlichte Wesley nach seiner Rückkehr in deprimiertem Zustand aus Amerika. Dort war er nicht nur bei den Kolonisten mit seiner ernsten Strenge auf Unverständnis und Ablehnung gestoßen, sondern hatte durch die kirchenrechtlich k a u m zu beanstandende Weigerung, das Gemeindemitglied Miss Sophy Hopkey zum Abendmahl zuzulassen, einen folgenschweren Eklat herbeigeführt und sich eine Klage wegen ,übler Nachrede' eingehandelt. Sophy, Nichte der Frau des Chief Magistrate von Savannah, T h o m a s Causton, war eine Zeitlang Privatschülerin Wesleys in Französisch und voll schöner und nicht ganz unbegründeter H o f f n u n g e n auf einen Heiratsantrag ihres Lehrers. Sie wurde des Französischunterrichts jedoch schnell müde, als der unentschlossene und unerfahrene Wesley nach Rücksprache mit seinen Freunden unter den .mährischen Brüdern' (Moravians) einen Heiratsantrag dadurch in weite Ferne rückte, daß er ihn vom Abschluß seiner ihm wichtigsten Dienstaufgabe, der Indianermissionierung, abhängig machte. Sophy war gekränkt, daß Wesley die Indianermission ihrer Eroberung vorzog, zweifelte an seiner Ehewilligkeit und suchte anderweitig raschen Trost. Sie verlobte sich und heiratete ohne Aufgebot einen Mr. Williamson aus dem Hause ihres Onkels. Die Hochzeit f a n d a m 12. März 1737 in der Nachbargemeinde Purrysburg statt - ausgerechnet am ersten Jahrestag ihrer Bekanntschaft mit Wesley, wie dieser

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knapp in seinem Tagebuch vermerkte: "This being the day which compleated the year f r o m my first speaking to h e r . " 2 Vor diesem Hintergrund sah Wesleys Zurückweisung Sophys vom Sakramentenempfang nicht wie eine Disziplinarmaßnahme wegen der Unterlassung des Aufgebots aus, sondern eher wie die Rache des verschmähten, unentschlossenen Liebhabers. Dieser Gesichtspunkt ließ die beiden frisch Vermählten rund fünf Monate später prompt Klage erheben wegen ,übler Nachrede' - Streitwert £1.000! Wesley hielt das weltliche Gericht in den Punkten der kirchenrechtlichen Anklage für nicht zuständig und kehrte während der Vertagung des Verfahrens nach England zurück. Dieser Rückzug schien Flucht und Schuldeingeständnis anzudeuten und war der Nährboden für weitere Gerüchte und Anschuldigungen. Dazu trug insbesondere die dubiose eidesstattliche Erklärung eines ebenso fragwürdigen Captain Williams aus Georgia über die Vorfälle in Amerika bei, die er am 14. März 1739 vor dem Bürgermeister in Bristol zu Protokoll gab. Wesleys Tagebuchauszug bedeutet in dieser Situation eine Flucht nach vorn in der Abwehr vieler haltloser Anschuldigungen, denen er durch die Publikationen den Boden entziehen wollte. [...] Captain William's Affidavit, publish'd as soon as he had left England, laid an Obligation upon me to do what in me lies, in Obedience to that Command of God, Let not the Good which is in you be evil spoken of. With this View 1 do at length give an answer to every Man that asketh me a Reason of the Hope which is in me, that in all these things I have a Conscience void of Offence, towards GOD and towards Man. ( JWJ, "Preface", 1739) Die ursprüngliche Funktion von Wesleys Tagebuch als apologia pro vita sua erklärt die Struktur und thematischen Schwerpunkte der ersten vier Teilveröffentlichungen. Wesley mußte zunächst in geraffter Form alle wesentlichen Details seines Amerikaunternehmens zusammenstellen und die falschen Anschuldigungen entkräften. Erst dann konnte er durch gelegentliche Rückblenden entscheidende Begebenheiten vor dieser Zeitspanne mit in seine Aufzeichnungen hereinnehmen. Sein Bekehrungserlebnis trägt er zum Beispiel erst nach, als er die aktuellen Vorwürfe beantwortet und richtiggestellt hat. Später greift er auf frühere Vorfälle dann zurück, wenn sie durch die jeweilige Entwicklung des Augenblicks 2

Die Darstellung Wesleys als Liebhaber blieb seinen zeitgenössischen Lesern vorenthalten, da Wesley nur die Abschnitte seines Tagebuchs veröffentlichte, von deren Lektüre er sich Gewinn für den Leser versprach. Curnocks Ausgabe enthält auch die ursprünglich nicht publizierten Passagen. Siehe außerdem Maldwyn Edwards, "The Reluctant Lover: John Wesley as Suitor", Methodist History 12, Nr. 2 (Januar 1974), S. 46-62.

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neues Gewicht erhalten haben oder in anderem Licht als früher erscheinen. Dabei bedient er sich mit Vorliebe auch schriftlicher Aufzeichnungen dritter, die er in umfangreichen Exzerpten in sein Tagebuch einfügt. Die Aufarbeitung der Vergangenheit erfolgt in dem chronologisch fortschreitenden Tagebuch also lückenhaft und gerade so oft, wie es die jeweilige Situation erfordert. Da Wesley bei der Abfassung des ersten Teils noch glaubte, dies würde möglicherweise die einzige öffentliche Rechtfertigung in dieser Vertriebsform bleiben, stellte er diesem Tagebuchauszug noch einen umfangreichen Brief aus dem Jahre 1732 voran, mit dem er Angriffen gegen ihn als Führer des alten Oxforder Holy Club entgegentritt. Der Brief richtete sich an Richard Morgan, dessen Sohn angeblich aufgrund des vom Holy Club gepflegten .rigorosen Fastens'3 gestorben war. Wesley skizziert darin die Geschichte des oft als Keimzelle des Methodismus bezeichneten Holy Club und legt gleichzeitig die Ziele und Anliegen dieser religiösen Gemeinschaft dar. Seine Argumentation läßt erkennen, daß er Angriffe gegen sich als potentielle Beeinträchtigung seines Reform Vorhabens betrachtet, denen er hauptsächlich deswegen entgegentritt. N o w though considering it in itself, 'it is a very small thing with me to be judged by man's judgement', yet as the being thought guilty of so mischievous an imprudence might make me the less able to do the work I came into the world for, I am obliged to clear myself of it. ( JWJ, I, S . 8 8 )

Vieles, was an Gerüchten und Vorwürfen über die Methodistenführer in Umlauf gesetzt wurde, war geeignet, nicht nur die betreffenden Personen, sondern alle Methodisten schlechthin zu diskreditieren. Wesley antwortete daher im Interesse seiner wachsenden Anhängerschar auf Anschuldigungen, die er als Privatmann möglicherweise auf sich hätte beruhen lassen. That men revile me, and say all manner of evil against me; that I am become as it were a monster unto many; that the zealous of almost every denomination cry out, 'Away with such a fellow from the earth' - this gives me, with regard to myself, no degree of uneasiness. For I know the Scripture must be fulfilled, 'If they have called the Master of the house Beelzebub, how much more them of His household?' But it does give me a concern with regard to those w h o , by this artifice of the devil, are prevented from hearing that word which is able to save their souls. 3

Die Mitglieder des Holy Club hielten jeden Freitag ihren wöchentlichen Fast- und Abstinenztag. Der Vorwurf eines ursächlichen Zusammenhangs zwischen Morgans Tod und dieser asketischen Praxis ist also absurd.

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For the sake of these, and indeed of all who desire to hear the truth of those things which have been so variously related, I have been induced to publish this further account; and I doubt not but it will even hence appear to all candid and impartial judges that I have hitherto lived in all good conscience toward God. ( J W J , "Preface", II, 29.9.1740)

Der zweite, mit einem Vorwort vom 29. September 1740 versehene Auszug aus Wesleys Tagebuch wie auch die vierte Teilveröffentlichung wurden nötig, weil Wesley wegen seiner zeitweilig engen Verbindung zu den Moravians von vielen Seiten unter Beschüß geraten war. Beschreibt Wesley im zweiten Auszug im wesentlichen seine eigene Informationsreise zu den Herrnhutern in der Oberlausitz, wo die von Graf Zinzendorf 1722 angesiedelten Reste der .Böhmischen' oder .Mährischen Brüder' ein arbeitsames, frommes Leben in gegenseitiger Seelsorge führten, so betrifft die Auswahl der vierten Teilveröffentlichung die endgültige Trennung von den .Moravians in England' in einem Zeitraum, in dem auch die allmähliche Entwicklung des Methodismus in eine arminianische und eine kalvinistische Gruppe erfolgt. Die enge Lebensgemeinschaft mit den deutschen Auswanderern auf der Simmonds während der Überfahrt nach Georgia hatte Wesley und seinen gleichgesinnten Begleitern die Teilnahme am religiösen Leben der sechsundzwanzig Anhänger David Nitschmanns, der eben das Bischofsamt übertragen bekommen hatte (13. März 1734/5), ermöglicht. Das praktizierte Christentum der Moravians beeindruckte Wesley ebenso tief wie ihr Gottvertrauen und unerschütterlicher Glaube, wofür schon die frühen Belege in seinem Tagebuch gute Beweise liefern. 4 Wesley trennte sich jedoch nach seiner Rückkehr nach England bald von den Moravians aufgrund unüberbrückbarer theologischer Differenzen, mit denen er sich zum Teil im zweiten .Auszug' auseinandersetzt. Wie für Wesley typisch, ist er im Ton verbindlich, vermeidet verletzende Formulierungen, vertritt aber seinen Standpunkt nüchtern und unnachgiebig. Was er an der Lehre der Moravians für gut hält — wie er verstanden sie sich als Reformer in der Kirche, nicht als Reformatoren - , nimmt er gegen Verleumdung in Schutz. Die hinter ihm liegende Phase aufnahmefreudiger Begeisterung für die Lebensform der Moravians versteht er im nachhinein als besonderen Akt göttlicher Vorsehung: I think [...] it is my bounden duty to clear the Moravians from this aspersion; and the more, because I am perhaps the only person now in England that both 4

Vgl. z.B. JWJ, 25.1.1736, wo Wesley die Moravians charakterisiert und ihr Verhalten bei einem Unwetter während ihrer gemeinsamen Überfahrt nach Amerika beschreibt.

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can and will do it. And I believe it is the peculiar providence of God that I can [...] (JWJ, I, "Preface", II, S.430)

Eindeutig wendet er sich aber gegen alle, die Gott nur bei den Moravians finden zu können glauben: I know there is a God in England, and we need not go to seek him in strange lands [...], and therefore I think those unwise (to say no more) who run to inquire after Him in Holland or Germany, (ebd., S.429)

Wesleys innere Größe zeigt sich darin, daß er auch nach der Trennung von den Moravians die Vorzüge dieser für ihn einst vorbildlichen Christen ungeschmälert wiedergibt als Hilfe zur Bildung einer den Tatsachen entsprechenden öffentlichen Meinung. I have first given a naked relation (among other things) of many facts and conversations that passed between us in the same order of time as they occurred, and then summed up what I cannot approve of yet, that it may be tried by the Word of God. (JWJ, "Preface", II)

.Tatsachen' hält Wesley für die besten Argumente bei der Verteidigung seiner Bewegung gegen Angriffe aller Art: " A bare recital of those facts, which 'were not done in a corner' is the best answer to this sort of objections" (JWJ, II, S.67). Im Vorwort zum dritten Auszug nennt Wesley sich und seine Anhänger zum ersten Mal "the People called Methodists". Ihnen sollen seine Veröffentlichungen den Rücken stärken, denn einseitige Stimmungsmache gegen die Methodisten hatte zu dieser Zeit bereits dazu geführt, daß viele sich kaum mehr getrauten, für Wesley offen Partei zu ergreifen. Wesleys Gegner waren schnell dabei, jeden, der etwas Positives an seinen Reformen fand, als Sympathisanten der ungeliebten Zeitgenossen abzustempeln mit dem Argument " Ί suppose you are a Methodist, too', and all he has said is to pass for nothing" (ebd.). Vom fünften Auszug ab erscheinen die weiteren Teile von Wesleys Tagebuch ohne Vorwort. Die Entwicklung zu einer eigenständigen Richtung innerhalb der englischen Kirche, die unlöslich mit Wesleys Namen verbunden war und deren Ziele und Anliegen niemand besser als Wesley verkörperte, machten es fortan überflüssig, weitere Bände in ihrer Gesamtheit als Apologie zu konzipieren. Diesen Zweck konnten in Zukunft im Bedarfsfall einzelne Abschnitte übernehmen. Die Hauptaufgabe des Journal bestand nun darin, die Geschichte des Methodismus im Zusammenhang mit dem Lebenslauf des Autors zu sehen.

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2. Die verschiedenen Redaktionsstufen des Journal und der Darstellungszweck von Wesleys Leben Die Bezeichnung "Extracts" im Titel der Tagebuchveröffentlichungen weist darauf hin, daß es sich bei den Publikationen um .Auszüge' aus einem komplexeren Materialfundus handelte, die Wesley für die Öffentlichkeit erstellte, als sich die Notwendigkeit dazu ergab. Aus dem Vorwort der ersten Ausgabe des .ersten Auszugs aus Wesleys Journal' ("From his Embarking for Georgia To his Return to London") geht hervor, daß es mehrere redaktionelle Vorstufen gab, nämlich Diaries und Accounts of the Voyage. In den Diaries, den privaten und persönlichen Aufzeichnungen vorwiegend über sein religiöses Leben, hielt Wesley mit kurzen Stichworten und einem ausgeklügelten System von Abkürzungen und Verschlüsselungskodes buchstäblich minutiös den ganzen Tagesablauf fest, "an exact account of the manner in which time is spent." 5 Die Diaries blieben bis an sein Lebensende sein geheimes Seelentagebuch, dessen neue Abschnitte er jeweils mit guten Vorsätzen und selbstkritischer Analyse seines geistigen und religiösen Lebens, seiner Arbeit und seiner Tageseinteilung eröffnete. Für die späteren Extracts bildeten sie ein zuverlässiges Erinnerungsgerüst, das dem Autor beim rückblickenden Ordnen seines Materials große Dienste leistete. Die Extracts, die hauptsächlich Ereignisse, Reiseeindrücke, Ansichten und Meinungen im res-gestae-Stil enthalten, gehen auf zusätzliche Aufzeichnungen zurück. Wesley fertigte sie neben den Diaries an, als der erlebnisreichere Alltag bei seiner Überfahrt nach Nordamerika 1735 und die neuen Eindrücke als Missionar bei den Indianern und als Gemeindegeistlicher in Savannah ihn zu ausführlicherer Niederschrift anregten. Auf diese Weise entstand eine Vorform seiner ersten Teilveröffentlichungen, das Georgia-Journal, von dem es möglicherweise, wie auch vom folgenden zweiten Auszug, mehrere Exemplare in verschiedenen Versionen gegeben hat. Diaries und Briefstellen machen nämlich an vielen Stellen deutlich, daß Wesley mit »Transkriptionen' seiner Aufzeichnungen beschäftigt war, die er "Accounts of the Voyage" nennt. Diese Accounts waren eine Art detaillierter Reiseberichte in Tagebuchform, die sich an 5

Wesleys abendliche Rechenschaft geht auf seine Lektüre von Jeremy Taylors Holy Living zurück, aus dem dieses Zitat stammt und dessen Rat er gern befolgte: "... before we sleep each night, we examine the actions of the past day with a particular scrutiny." Zitiert nach Curnock, JWJ, I, S.85.

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verschiedene Empfänger richteten und entsprechende inhaltliche Veränderungen aufwiesen. So wählte er für seine Angehörigen oder Mitglieder des Holy Club andere Ereignisse als etwa für den Aufsichtsrat der Society for the Propagation of the Gospel, den Initiator seiner Missionsreise. Die publizierten Extracts haben also die Diaries und die Accounts, nach dem Amerikaaufenthalt den Accounts ähnliche Notizen, als gemeinsame Quellen. Wesleys Vorwort von 1739 zum Georgia-Journal deutet die wichtigsten Stationen auf dem Weg von der Notiz zum Diary bis zum veröffentlichten Extract an. Aus der Fülle seiner nur für ihn selbst angelegten und aufbewahrten Notizen als Erinnerungshilfe wählt er von Zeit zu Zeit die Einträge aus, die, ergänzt durch Erläuterungen und zusätzliche Gedanken, auch nach längerer Zeit noch so wichtig erscheinen, daß die Lektüre Außenstehenden von Nutzen ist. The Variety of Scenes which I then past thro', induced me to transcribe from time to time, the more material Parts of my Diary, adding here and there such little Reflections as occurred to my Mind. (JWJ, I, "Preface", 1739)

Da einige der ursprünglichen Versionen ganz oder bruchstückhaft und ein großer Teil der Diaries erhalten sind und dem Herausgeber der Standardausgabe von Wesleys Journal, Nehemiah Curnock, die Entschlüsselung von Wesleys kodierter Geheim- und Kurzschrift gelang, kann der Leser der kritischen Ausgabe die Entstehung von Wesleys Journal als bewußten und gewollten schöpferischen Prozeß nachvollziehen und das Tagebuch Wesleys als literarische Komposition des auswählenden und redigierenden Autors erfassen. Er erkennt als Endprodukt dieser literarischen Durchformung der erinnerten Vergangenheit eine Autobiographie in Tagebuchform, welche die gattungsspezifischen Konventionen beider Genres geschickt vereint. Die Zeitstruktur des Tagebuchs schafft den äußeren Zusammenhalt der erzählten Ereignisse und suggeriert unmittelbares Miterleben der vielfältigen Vorkommnisse. Der privat-persönliche Ton der Tagebuchaufzeichnungen erweckt den Eindruck spontaner, unverstellter Selbstdarstellung, intimer Vertrautheit mit dem Autor. Umfang, Inhalt und gestaltende Formung des Tagebuchs führen dagegen weit über die tagebuchtypische Analyse des Augenblicks hinaus und scheinen auf möglichst vollständige Erfassung von Wesleys Leben und Werk abzuzielen. Dazu tragen auch die Erweiterungen der Einträge durch Briefe, Berichte dritter, Auszüge aus Dokumenten, Protokollen und vielen autobiographischen und biographischen Veröffentlichungen anderer bei, die Wesley an zahllosen Stellen einfügt. 222

Der relativ kurze Abstand zwischen den dargestellten Lebensabschnitten und der Veröffentlichung der .Auszüge' läßt einen hohen Wahrheitsgehalt der Darstellung erwarten, da der Autor voraussetzen mußte, daß sich seine Leser, und zwar Freund und Feind, an die geschilderten Vorfälle erinnern können würden. In häufig wiederkehrenden Beteuerungen unterstreicht Wesley denn auch, daß es ihm um,nackte Tatsachen' gehe: "It being my only concern herein, nakedly to declare the thing as it is ("Preface", 1739). Dennoch ist die zeitliche Distanz zwischen Erlebnis und literarischer Aufarbeitung groß genug, daß Wesley eine Auswahl aus seinen Aufzeichnungen treffen und Schwerpunkte setzen konnte. Dadurch erhält das Gesamtwerk eine große innere Geschlossenheit. Wesley hat im Unterschied zu vielen Diaristen einen gut entwickelten Sinn für das Leben als Ganzheit und geht von einem genau bestimmten Darstellungszweck aus, der die Auswahl steuert. Wesleys übergreifende Darstellungstechnik wird selbst in den Einzeleintragungen deutlich. So, wie für ihn sein Leben, erhält dessen schriftliche Fixierung in den Extracts eine einheitliche Linie durch sein früh entwickeltes Bewußtsein, daß er von Gott auserwählt sei und daß sein Lebenslauf eine unwiderlegbare Beweiskette dafür darstelle. Als Kind wurde er am 9. Februar 1708/9 im letzten Augenblick aus dem lichterloh brennenden Pfarrhaus seines Vaters in Epworth gerettet, ein Erlebnis, das sich tief in sein Gedächtnis grub als Zeichen göttlicher Vorsehung. Wesley betrachtete sich fortan als " a brand plucked out of the burning" (Zechariah 3,2) und bezog dieses Bibelwort auf sich, wie mancher Träger eines persönlichen Emblems im 17. Jahrhundert ein Leitmotiv gewählt hatte, das seine Lebensform bestimmen sollte. Für Wesley und seine Anhänger war der Vorfall in Epworth ein Hinweis darauf, daß Gott Großes mit ihm vorhabe, und nur der erste in einer Reihe von Ereignissen, die sein Sendungsbewußtsein begründeten und stärkten. Als prägende Kraft übte diese Einstellung eine hohe selbststilisierende Wirkung auf sein Leben und die Auswahlkriterien seines Tagebuchs aus. Trotz seines Sendungsbewußtseins kommt Wesley in der Darstellung seines Lebens ohne salbungsvolles auktoriales Moralisieren aus. Schon zu Wesleys Zeit war man .angenehm enttäuscht', daß sich Wesleys umfangreiches Tagebuch nicht als eine Sammlung vermeintlich typisch methodistischer devotionaler Allgemeinplätze erwies. Der abwechslungsreiche Inhalt der Aufzeichnungen und der weite geistige Horizont des Verfassers nötigten bereits dem Rezensenten in Lloyd's Evening Post am 20. Januar 1772 Respekt ab, als er die jüngste Teilveröffentlichung der ab 1771 erscheinenden Neuauflage kommentierte. Die Lektüre, so meinte 223

er, sei bestens geeignet, die noch vorhandenen Vorurteile gegenüber dem Methodismus und seinen Vertretern abzubauen. Daß die Öffentlichkeit zu dieser Zeit Wesleys Wirken ,im großen und ganzen mit Objektivität und Nachsicht' verfolgte, war sicher in nicht geringem Umfang eine Folge der Rezeption von Wesleys Tagebüchern. Those who expect to find in this journal only the peculiar tenets of Methodism will be agreeably disappointed, as they are intermixed with such occasional reflections on men and manners, on polite literature, and even on polite places, as prove that the writer is endued with a taste well cultivated both by reading and observation, and above all with such a benevolence and sweetness of temper, such an enlarged, liberal, and truly protestant way of thinking towards those who differ from him, as clearly show that his heart, at least, is right, and justly entitle him to that candour and forbearance, which for the honour of our common religion, we are glad to find he now generally receives.

(Lloyd's Evening Post, 20.1.1772)

II. Tagebuch als Zeugnis providentiell gedeuteter Erfahrungen und Erlebnisse Äußerlich-formal verleiht die Struktur des Tagebuchs den unzähligen Eintragungen und Episoden aus Wesleys Predigtalltag Zusammenhalt und Geschlossenheit. Inhaltlich-thematisch ist Wesleys Überzeugung dominierend, daß sein Leben und die Geschichte des Methodismus allen Zweifeln zeitgenössischer Gegner zum Trotz der beste Beweis für Gottes sichtbares, helfendes Eingreifen seien. Dafür will sein Tagebuch Zeugnis ablegen und Rechenschaft geben durch die Auswahl persönlicher Erfahrungen und Beobachtungen. Es soll, wie die Lives seiner Prediger oder die Zuschriften und Bekehrungsberichte im Arminian Magazine, davon zeugen, daß seine Aufzeichnungen die Autorität von Erlebnissen ausstrahlen, die aus erster Hand berichtet werden. Der Charakter des Rechenschaftsberichts wirkt sich dabei bis in die einzelnen Einträge aus. Wesley referiert knapp, nüchtern und faktenorientiert. Selbst die ans Wunderbare grenzenden Eingriffe göttlicher Vorsehung ("providences") schildert er ohne Emotionen. Erzählerisch scheint er sich sogar von den erstaunlichen Vorfällen, über die er immer wieder einmal berichtet, zu distanzieren, indem er die Ereignisse gern als " a strange case", " a remarkable accident", "an odd story" bezeichnet. Die genauen Angaben von Namen, Daten, Zeugen und anderen objektiven, nachprüfbaren Kriterien lassen erkennen, daß er gründlich 224

recherchierte oder zuverlässige Informationsquellen zu Rate zog, bevor er Einzelheiten veröffentlichte, die dem Leser ein .Wunder' suggerieren könnten. Wesley, der selbst kein religiöser Schwärmer war, hielt kritische Vorsicht gerade bei Berichten über vermeintlich übernatürliche Vorgänge für selbstverständlich. In einer Zeit, in der weite Kreise ein Eingreifen Gottes in den zeitgenössischen Alltag für unmöglich hielten und von der Religion nur das akzeptierten, was man logisch begründen konnte, bezog er aber eine deutliche Gegenposition zur deistischen Vernunftreligion. Er bekannte sich offen dazu, daß die Verstandeskräfte nicht für alles eine rationale Erklärung zu bieten vermochten. I have only to desire that those who think differently from me will bear with me, as I do with them; and that those who think, with me, that this was the most glorious work of God which has ever been wrought in our memory, may be encouraged to expect to be themselves partakers of all the great and precious promises; and that without delay, seeing 'Now is the accepted time! Now is the day of salvation!' (JWJ, 31.1.1767)

Wesley betont stets die Wichtigkeit der Vernunft für die Religion. In seiner Predigt "The Case of Reason Impartially Considered" tadelt er jene, "who declaim in that wild, loose ranting manner, against the precious gift of God", sogar stärker als Vertreter des anderen Extrems, "who look upon [reason] as the all-sufficient director of all the children of men; able, by its native light, to guide them into all truth, and lead them into all virtue." 6 Vernunft und Religion bedingten sich nach Wesleys Auffassung gegenseitig. It is a fundamental principle with us that to renounce reason is to renounce religion, that religion and reason go hand in hand, and that all irrational religion is false religion. (JWJ, V, S.364)

Seiner Meinung nach pervertierten die zeitgenössischen Skeptiker ihre Verstandesgaben, wenn sie versuchten, .Fakten wegzuerklären', statt den Geist als Instrument einzusetzen bei der Untersuchung von .Zeichen und Wundern': Although they saw 'signs and wonders' (for so I must term them), yet many would not believe. They could not indeed deny the facts, but they could explain them away. (JWJ, 20.5.1739) 7 6

Sermons on Several Occasions II, "The Case of Reason Impartially Considered" (o.D.), S. 188/89. Diese Predigt ist eines der wichtigsten Dokumente über Wesleys Wertschätzung der Rolle des Verstandes im Hinblick auf Glauben und Religion. 7 Nach Wesleys Auffassung führte der Verstand zur Erkenntnis des Willens Gottes und

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Wesley unterbricht deshalb gelegentlich seine Schilderungen von Fällen göttlicher Providenz und appelliert an den rechten Gebrauch des Verstandes. Er beteuert wiederholt, .nackte Tatsachen' zu berichten, etwa als sein Pferd stark lahmte und Wesley durch den ungleichmäßigen Trott des Tieres heftige Kopfschmerzen bekam. By riding thus seven miles I was thoroughly tired, and my head ached more than it had done for some months. (What I here aver is the naked fact, let every man account for it as he sees good). I then thought, cannot God heal either man or beast, by any means, or without any? Immediately my weariness and headache ceased, and my horse's lameness in the same instant. Nor did he halt any more either that day or the next. A very odd accident this also! ( JWJ, 17.3.1746)

Bischof Warburton unterschob Wesley bei dieser Darstellung die unlautere Absicht, so zu tun, als wirkte Gott auf Wesleys Wort hin bereitwillig ein Wunder nach dem anderen.8 Wie an dieser Stelle erklärt Wesley jedoch nie was ihm widerfährt expressis verbis als .Wunder'. Er notiert vielmehr in einer Prosa von chronikartiger Nüchternheit die empirisch nicht erklärbaren Vorfälle. Er überläßt es dem Leser, etwa bei der Schilderung eines von Unwettern verfolgten Rittes, bei dem Wesley und seine Begleiter auf geradezu erstaunliche Weise von den Unbilden der Witterung verschont bleiben, selbst den Schluß ziehen, daß es bei den beschriebenen Phänomenen nicht mit natürlichen Dingen zugegangen sein kann. A black hail cloud was driven full upon us by a strong north-east wind, till, being just over us, it parted asunder, and fell on the right and left, leaving us untouched. We observed it the more, because three several storms, one after another, went by in the same manner. {JWJ, 14.4.1753) zu tiefem Glauben: "Is it not reason (assisted by the Holy Ghost), which enables us to understand what the holy Scriptures declare concerning the being and attributes of God? - concerning his eternity and immensity; his power, wisdom, and holiness? It is by reason that God enables us in some measure to comprehend his method of dealing with the children of men; the nature of his various dispensations, of the old and new covenant, of the law and the Gospel. It is by this we understand (his Spirit opening and enlightening the eyes of our understanding) what that dépendance is, not to be repented of; what is that faith, whereby we are saved; what is the nature and the condition of justification; what are the immediate and what the subsequent fruits of it. By reason we learn what is that new birth without which we cannot enter into the kingdom of heaven; and what that holiness is without which no man shall see the Lord. By the due use of reason we come to know what are the tempers implied in inward holiness; and what it is to be outwardly holy, - holy in all manner of conversation: in other words, what is the mind that was in Christ; and what it is to walk as Christ walked." ("The Case of Reason Impartially Considered", S. 192). 8 Siehe DNB, "John Wesley"; Warburton, Works, Vili, S.332.

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Manchmal kommentiert Wesley das Ungewöhnliche, als wollte er andeuten, daß er sich möglicher Skepsis des Lesers wohl bewußt ist. Den Bericht einer alten Frau vom 19. Mai 1752, die nach altersbedingter Erblindung ihr Augenlicht wiederfindet, als sie auf die Bibel blickt, leitet Wesley mit dem Satz ein: "I was a little surprised at the account she gave of God's dealing with her". Er läßt sich Einzelheiten über seinen Prediger Jonathan Catlow mitteilen (2.6.1753), der angeblich im .tiefen Schlaf Predigten' hielt und Gottesdiensthandlungen vornahm, "he being fast asleep all the time." Wesley kommentiert die Darstellung mit der Frage: "By what principles of philosophy can we account for this?" Viele wollten nicht die Vorsehung dahinter vermuten, daß Wesley auf dem Ritt nach London in einer völlig verregneten Woche - "so rainy a week I have seldom seen" - bis auf Montagvormittag nicht naß wird: "Poor reasoners! Who think any instance of providence too small to be observed or acknowledged!" (20.10. 1770). Wesleys Sinne, das wird überdeutlich, sind geschärft für die Manifestationen göttlichen Wirkens, und dankbar verzeichnet er auch kleinere Wohltaten, manchmal nicht ohne einen Schuß trockenen Humors. Als er in Paulton einen früheren Methodisten, Stephen Plummer, aufsucht, der zu den Quäkern konvertierte und, wohl unabhängig davon aber etwa gleichzeitig damit, den Verstand verlor, schließt Wesley die Schilderung des Wiedersehens mit dem ,armen jungen Mann' mit den Worten: What a wise providence was it that this poor young man turned Quaker some years before he ran mad! So the honour of turning his brain now rests upon them, which otherwise must have fallen upon the Methodists. ( JWJ, 10.9.1753)

Manche Ereignisse lassen gar keinen anderen Schluß zu, als daß Gott am Werk ist. Wie will man sonst die Beruhigung von Sturm und aufgewühlter See am 23. Juli 1750 erklären, als Wesley und sein Begleiter Hopper, den Tod vor Augen, zu Gott um Hilfe rufen, "and in a very few moments the wind was small, the sea fell, and the clouds dispersed"? Hing das von zeitgenössischen Skeptikern postulierte Schwinden der Fähigkeit, Wunderbares zu wirken, damit zusammen, "that dry, formal, orthodox men began even then to ridicule whatever gifts they had not themselves, and to decry them all as either madness of imposture" (JWJ, 15.8.1750)? Verschlossen die Skeptiker nicht einfach die Augen vor Tatsachen? "The question between us", schreibt Wesley an seinen Bruder Samuel, turns chiefly, if not wholly, on a matter of fact. You deny that God does now work these effects; at least that he works them in this manner. I affirm both; because I have heard these things with my ears, and seen them with my eyes. (JWL, 20.5.1739)

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Sträuben sich, so fragt Wesley, viele Zeitgenossen, die Deismus, Atheismus und Materialismus anhängen, nicht einfach deswegen gegen Berichte über übernatürliche Eingriffe und Erscheinungen, weil die Luftschlösser ihrer weltanschaulichen Grundhaltung wie eine Seifenblase zerplatzen würden und somit nicht sein kann, was nicht sein darf? [...] if but one account of the intercourse of men with separate spirits be admitted, their whole castle in the air (Deism, Atheism, Materialism) falls to the ground. I know no reason therefore, why we should suffer even this weapon to be wrested out of our hands [...]. One of the capital objections to all these accounts, which I have known urged over and over, is this, 'Did you ever see an apparition yourself?' No; nor did I ever see a murder; yet I believe there is such a thing; yea, and that in one place or another murder is committed every day. Therefore I cannot, as a reasonable man, deny the fact, although I never saw it, and perhaps never may. The testimony of unexceptional witnesses fully convinces me both of the one and the other. (JWJ, 25.5.1768) Die pseudo-logische Argumentation mag den heutigen Leser vielleicht weniger beeindrucken als Wesleys Fähigkeit, durch einfache Bildlichkeit und Vergleiche aus Bereichen allen zugänglicher Erfahrung ein abstraktes Problem - hier Glauben auf das Wort eines anderen hin - verständlich darzustellen. Gottes Zutun wird von Wesley immer dankbar anerkannt, auch wenn er sein eigenes Durchhaltevermögen bei der Bewältigung seines riesigen Arbeitspensums hervorhebt. Bei aller Bescheidenheit macht er aber auch deutlich, wie er diese Gnade durch persönlichen Einsatz nützt. Dem Leser vermittelt er dabei die Erkenntnis, daß Gotteshilfe und Selbsthilfe einander ergänzen oder gar bedürfen. Besessen vom Drang, aus der ihm zur Verfügung stehenden Zeit das Bestmögliche herauszuholen, beginnt er sein Tagewerk um vier Uhr früh, predigt um f ü n f , ist rastlos tätig bis 22 Uhr und hält mit wenigen Ausnahmen bis ins hohe Alter am 18-Stunden-Tag fest. Auf der Überfahrt nach Georgia ist er froh, keine Minute seiner kostbaren Arbeitszeit wegen Seekrankheit oder widriger Witterungsverhältnisse zu verlieren. Mit 72 fragt er sich, wieso er sich so kräftig wie ein 42-jähriger fühle, weshalb er die Beschwerden des Alters noch nicht und die Schwächen der Jugend nicht mehr spüre. Seine Antwort darauf unterscheidet nüchtern zwischen seinem Zutun und dem, was außerhalb seines Vermögens steht. The grand cause is the good pleasure of God, who does whatsoever pleaseth Him. The chief means are ( 1 ) my constantly rising at four for about fifty years; (2) my generally preaching at five in the morning - one of the most healthy 228

exercises in the world; (3) my never travelling less, by sea or land, than four thousand five hundred miles in a year. (JWJ,

28.6.1774)

Zwölf Jahre später, im 83. Lebensjahr, ist er immer noch überzeugt davon, daß Gottes Güte und ein arbeits- und abwechslungsreiches Leben nachweislich einen förderlichen Einfluß auf die Schaffenskraft haben. I entered into the eighty-third year of my age. I am a wonder to myself ... I am never tired (such is the goodness of God!), either with writing, preaching, or travelling. One natural cause undoubtedly is my continual exercise and change of air. H o w the latter contributes to health I know not, but certainly it does. {JWJ, 28.6.1786)

Wesleys dankbare Rückblicke zu Beginn eines neuen Lebensjahres geben in ihrer gedrängten Form oft eine etwas verklärte Verallgemeinerung seines Befindens. "[...] I had no strength and no voice l e f t " (25.7.1757) ist eine der Formulierungen, die seine Erschöpfung am Ende manch eines anstrengenden Predigttages ausdrücken. Solchen Einträgen folgen jedoch regelmäßig Hinweise auf seine Wiederherstellung innerhalb kurzer Zeit: "[...] I felt no faintness in the morning, but rose lively and well, and had my voice more clear and strong in preaching than it had been for several days" (27.7.1757).

III. Methodismus im Spiegel des Tagebuchs 1. Predigtalltag Das Motiv der Predigtreise und des Wanderpredigers durchzieht wie ein roter Faden Wesleys Lebensbeschreibung. In vielen Kurzeinträgen von zwei, drei Zeilen nennt er oft nur Zeit und Ort seiner Predigten und Gemeindebesuche, häufig auch das Thema, die Anzahl und die Reaktion der Zuhörer. Viele Einträge beschränken sich auf diese knappen Angaben, wobei das Datum zu Beginn der jeweils festgehaltenen Station langatmige Überleitungsfloskeln zur Beschreibung des nächsten Aufenthalts überflüssig macht. Diese kurzen Notizen spiegeln gleichsam Alltag und Routine der Predigtreisen wider, in deren Verlauf Wesley über 220.000 Meilen zurücklegte und etwa 40.000 Predigten hielt. 9 9

Zu Wesleys Tagespensum als Wanderprediger siehe die detaillierte Untersuchung von Samuel J. Rogai, "John Wesley's Daily Routine", Methodist History 13, Nr. 1 (Oktober 1974), S.41-50.

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Bei seinen Predigtreisen durchstandene Strapazen zählt er ohne falsches Pathos auf. 10 Die Widrigkeiten, denen ein Wanderprediger im 18. Jahrhundert ausgesetzt war, schildert er mit der gleichen Gelassenheit, wie er sie mit geradezu stoischem Gleichmut ertrug - eine Einstellung, die er auch von seinen Gefolgsleuten erwartete. I am content, with whatever entertainment I meet with, and my companions are always in good humour, 'because they are with me. ' This must be the spirit of all who take journeys with me. If a dinner ill drest, a hard bed, a poor room, a shower of rain, or a dusty road will put them out of humour it lays a burden upon me greater than all the rest put together, by the grace of God I never fret. I repine at nothing. And to hear persons at my ear fretting and murmuring at every thing is like tearing the flesh off my bones ... This I want, to see God acting in everything, and disposing all for His own glory and His creatures good. 11

Wesleys Tagebuch ist jedoch keineswegs eine ,Selbstverherrlichung', keine auf Erfolg getrimmte Leistungsbilanz. Abfuhren erlitt Wesley nicht nur bei den Schotten, die sich .standhaft weigerten', bei seinen Predigten ,wie tot umzufallen', obwohl Wesley gerade im hohen Norden ganz besonders auf höchste Einfachheit und Verständlichkeit seiner Predigten achtete. 12 In Perth, wo man Wesley gar zum Ehrenbürger ernannte, und in einigen anderen Predigtkreisen Schottlands wurde Wesley begeistert aufgenommen, seine Arbeit ,trug Frucht'. Doch im großen und ganzen galt für die durch die strenge Zucht der Kirk gegangenen Schotten Wesleys Feststellung, "they know too much, therefore they can learn nothing." Wesley ist selbstkritisch und anspruchsvoll, wenn er seinen Erfolg als Prediger analysiert. Im Tagebuch hält er die Reaktion des Predigtpublikums auch dann fest, wenn sie anzeigt, daß er als Redner nicht 10

Vgl. z.B. JWJ, 23.2.1745: "Many a rough journey have I had before, but one like this I never had; between wind and hail, and rain, and ice, and snow and driving sleet, and piercing cold. But it is past: those days will return no more, and are, therefore, as though they had never been. Pain, disappointment, sickness, strife, Whate'er molests or troubles life, However grievous in its stay It shakes the tenement of clay, When past, as nothing we esteem; And pain, like pleasure, is a d r e a m . "

" JWL, 31.8.1755, Brief an Blackwell. 12 Vgl. JWJ, (Edinburgh, 15.6.1766): " I t is scarce possible to speak too plain in England; but it is scarce possible to speak plain enough in Scotland. If you do not, you lose all your labour, you plough upon the s a n d . "

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.angekommen' ist. Für seine Prediger und Helfer dürfte es wichtig und tröstlich gewesen sein zu erfahren, daß ihrem großen Vorbild genausowenig Enttäuschung und Rückschläge erspart blieben wie ihnen. Stummes Zuhören, so zeigt Wesley, braucht noch kein Zeichen von Ergriffenheit zu sein, möglicherweise ist es nur ein bedauerliches, aber nicht weniger bedenkenswertes Indiz für die ,Dummheit' der Gemeinde wie in Durham (29.5.1752) oder in Clifton bei Penrith, wo die .anständigen Leute' geradewegs ,so schauten als spräche er Griechisch'. In Newcastle fiel Wesley auf, daß die Gemeinde ,so gut gekleidet war wie nie zuvor'. Er erinnert sich, daß er .trotzdem (!) sehr einfach' sprach, und faßt die Wirkung auf die Gemeinde ironisch und mehrdeutig zusammen: "yet all were patient, and looked as if they understood what was said" (3.5.1752). Ein anderes Problem stellte besonders in den ersten zehn Jahren die gelegentliche feindliche Reaktion der Hörer auf den Prediger dar. Zwischenfälle mit Störern und Unruhestiftern tauchen in diesem Zeitraum in den Beschreibungen daher häufiger auf und nehmen zum Teil breiten Raum ein. Sie gehören zu den erzählerischen Höhepunkten des Tagebuchs und sind so packend und fesselnd geschrieben, daß erst eine gründliche Analyse als Ursache dieser Wirkung Wesleys meisterhaftes erzähltechnisches Kompositionsmuster erkennt, nach dem die Schilderungen des aufgehetzten Mob aufgebaut sind. Einzelne Zwischenrufe, so zeigt Wesley, bedeuteten bei den Predigten oft eine ebenso lästige Störung andächtiger Aufmerksamkeit, wie nach einer zünftigen Methodistenhatz dürstende Mobansammlungen dem Prediger und seinen Zuhörern gefährlich werden konnten. Nicht ohne Genugtuung dürften viele Leser an den eingestreuten exempla terribilia erfahren haben, daß und wie die Strafe Gottes viele Gottlose schon auf Erden ereilte: I was informed of an awful providence. A poor wretch who was here last week, cursing and blaspheming, and labouring with all his might to hinder the work of God, had afterwards boasted to many that he would come again on Sunday, and no man should stop his mouth then. But on Friday God laid his hand upon him, and on Sunday he was buried. ( JWJ, 23.10.1740) 13

Als typisch für die vielen Auseinandersetzungen mit dem Mob mag die Beschreibung der aufregenden Vorfälle in Wednesbury vom 20. Oktober 1743 gelten. Erzähltechnisch macht sie den Aufbau einer solchen Szene aus bestimmten einzelnen Elementen deutlich, die, abgewandelt, wie es 13

Auch z.B. 28.8.1757 u.ö.

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die jeweiligen Umstände erfordern, in fast allen Schilderungen ähnlicher Situationen wiederkehren. Darüber hinaus veranschaulicht sie Wesleys Verhalten im Umgang mit dem Mob, den er stets als zwar gefährliche, aber dumme und lenkbare Masse darstellt. Diesem Mob kann man, und damit will Wesley seine Anhänger zuversichtlich machen, mit Mut, Festigkeit, überlegtem Vorgehen und vor allem Gottes Hilfe beikommen. Letzteres wird deutlich an den Stellen, wo Wesley Gott bittet, die Unruhestifter zu zerstreuen: " W e prayed that God would disperse them, and it was so. One went this way, and another that; so that in half an hour no man was left" (20.10.1743). Ist eigenes Handeln erforderlich, empfiehlt Wesley den gesunden Menschenverstand und taktisch kluges Verhalten nach dem bewährten Grundsatz "divide et impera": Isolieren der Anführer durch gezielte Ansprache ist der erste Schritt, sie für sich zu gewinnen, der zweite, woraus sich der dritte, den seiner Führer entkleideten Mob buchstäblich kopflos zu machen, von selbst ergibt. Eine Ansprache an die wütende Masse in diesem Stadium führt in der Regel zum Stimmungsumschwung: Before five the mob surrounded the house again in greater numbers than ever. The cry of one and all was, 'Bring out the minister; we will have the minister.' I desired one to take their captain by the hand and bring him into the house. After a few sentences interchanged between us the lion was become a lamb. I desired him to go and bring one or two more of the most angry of his companions. He brought in two, who were ready to swallow the ground with rage; but in two minutes they were as calm as he. I then bade them make way, that I might go out among the people. As soon as I was in the midst of them I called for a chair, and, standing up, asked, 'What do any of you want with me?' Some said, 'We want you to go with us to the Justice.' I replied, 'That I will, with all my heart. ' I then spoke a few words, which God applied; so that they cried out with might and main, 'The gentleman is an honest gentleman, and we will spill our blood in his defence.' (JWJ, 20.10.1743)

Geradezu lebenswichtig in diesen Situationen ist es, stets die Initiative in der Hand zu behalten, seine Umgebung ohne Unterbrechung in Gespräch und Argumentation zu verwickeln und auf diese Weise die Aggressivität der Gegner zu neutralisieren. Ein erhöhter Standpunkt - ein Stuhl, eine Mauer, kurz "the advantage of ground" - entpuppen sich oft als entscheidende Hilfsmittel, nach denen Wesley Ausschau hält, wenn ihn die Menschenmassen bedrängen und Gefahr besteht, daß ihn nicht alle sehen, nicht jeder seine Stimme hört. Geschickt integriert Wesley Gesprächsfetzen in direkter Rede, beschleunigt dadurch das Tempo der Beschreibung auf dramatische Weise und 232

suggeriert dem Leser noch stärker, Augenzeuge des aufregenden Geschehens zu sein. In Falmouth, wo ihn nur noch ein wackliger Raumteiler von den ins Haus eingebrochenen wütenden Verfolgern trennt, nimmt Wesley umsichtig einen großen Spiegel von der Wand, deren Festigkeit er zu Recht nicht hoch ansetzt. Die Gefahr spitzt sich zu, als zu seinen Verfolgern eine Gruppe Seeleute stößt, die eben ihren Landurlaub angetreten hat und die offensichtlich bevorstehende Verprügelung eines Methodisten als unerwartete Bereicherung der Freizeitmöglichkeiten des Ortes a u f f a ß t : Some of these, being angry at the slowness of the rest, thrust them away, and, coming up all together, set their shoulders to the inner door, and cried out, 'Avast, lads, avast!' Away went all the hinges at once, and the door fell back into the room. I stepped forward at once into the midst of them, and said, 'Here I am. Which of you has anything to say to me? To which of you have I done any wrong? To you? Or you? Or you?' I continued speaking till I came, bare-headed as I was (for I purposely left my hat, that they might all see my face), into the middle of the street, and then, raising my voice, said, 'Neighbours, countrymen! Do you desire to hear me speak?' They cried vehemently, 'Yes, yes. He shall speak. He shall. Nobody shall hinder him.' But having nothing to stand on, and no advantage of ground, I could be heard by few only. However, I spoke without intermission, and, as far as the sound reached, the people were still; till one or two of their captains turned about and swore not a man should touch him. (JWJ, 4.7.1745) Wesleys Gespür für abwechslungsreiche Komposition erkennt man daran, daß er durch häufigen Wechsel der Erzählperspektive auch den Massenszenen Profil verleiht. Immer wieder greift er einzelne Personen wie mit einem Teleobjektiv aus der Menge heraus durch einen Hinweis auf ihr Handeln, ihr Aussehen oder durch ein, zwei Sätze in direkter Rede aus ihrem Mund, bevor er zurückblendet in die wogende, ihm feindlich gesinnte Menschenmenge. Häufig sind es diese Personen, auf die er ein zweites Mal zurückkommt, wenn sich in ihrer Reaktion der bevorstehende Meinungsumschwung zu Gunsten Wesleys vorankündigt. In Wednesbury ist es beispielsweise ein K a u f m a n n , der Wesley die Zuflucht in sein Haus verwehrt aus Furcht, der Mob würde es niederreißen. Als sich die Stimmung wendet, taucht er als erster in der Erzählung zu Wesleys Hilfe auf: " T h e gentleman in the shop cried out, 'For shame, for shame! Let him go.' " Wesley weiß, daß Spannung an Intensität verliert, wenn man über Seiten hinweg versuchte, sie auf dem selben hohen Niveau zu halten. Deshalb unterbricht er häufig Szenen voller Leben und Bewegung durch nüchterne Reflexionen im Stil der beliebten " e n u m e r a d o " . In zum Teil langen Katalogen geht er detailliert die eben geschilderten Vorfälle durch, 233

ergänzt sie durch weitere Beispiele, die das Wunderbare der Errettung aus schier aussichtsloser Situation bekräftigen und seine Schmerzunempfindlichkeit demonstrieren: [...] though one man struck me on the breast with all his might, and the other on the mouth with such a force that the blood gushed out immediately, I felt no more pain from either of the blows than if they had touched me with a straw. (JWJ, 20.10.1743)

Nach solchen Reflexionen, welche durch zusammenfassende Wiederholungen und Schlußfolgerung ("I never saw before [...] the hand of God so plainly shown as here") eine wichtige didaktische Funktion haben, schwenkt Wesley in der Regel zurück in die Mobszene und rundet sie mit einer weiteren Episode ab. Feine Ironie oder versteckter Humor sind es, die oft den abschließenden Absatz durchziehen und befreiend auf den Leser wirken: I took boat at about half an hour past five. Many of the mob waited at the end of the town, who, seeing me escaped out of their hands, could only revenge themselves with their tongues; but a few of the fiercest ran along the shore, to receive me at my landing. I walked up the steep, narrow passage from the sea, at the top of which the foremost man stood. I looked him in the face, and said, Ί wish you a good night.' He spake not, nor moved hand or foot till I was on horseback. Then he said, Ί wish you was in hell,' and turned back to his companions. (JWJ, 4.7.1745)

In den Augenblicken höchster Gefahr sind Gottes Hilfe und Handeln bei kühlem Kopf die Voraussetzungen für einen guten Ausgang, das macht Wesleys Tagebuch beispielhaft wieder und wieder deutlich. Offensichtliche Gefahr in Kauf zu nehmen, statt nach alternativen Möglichkeiten zu suchen, hieße freilich, vermessen zu sein. So lehnt Wesley auf der Suche nach einem Predigtort einen ihm angebotenen Hof nach kurzer Besichtigung ab: "[...] one circumstance of this [yard] I did not like. It was plentifully furnished with stones - artillery ready at hand for the devil's drunken companions" (25.4.1752). Ist ihm die Möglichkeit zum Handeln genommen, denkt Wesley eher an nebensächlich erscheinende Äußerlichkeiten als an lebensbedrohende Gefahr: "[...] it came into my mind that, if they should throw me into the river, it would spoil the papers that were in my pocket" (20.3.1743). Ängstlichen Begleitern aussichtslos erscheinende Situationen meistert Wesley im Vertrauen auf Gott mit Mut und Witz. Er geht buchstäblich mit gutem Beispiel voran, etwa am 13. Februar 1748 in Shepton Mallet, wo sich ein wahrer Steinhagel durch die eingeschlagenen Fenster von Wesleys Bleibe ergießt. Die Pointe und die in sich 234

geschlossene Episodenstruktur an dieser und anderen Stellen erinnern an die im 18. Jahrhundert beliebte Form der Anekdote, wie sie uns aus J. Nichols exemplarischer Sammlung Literary Anecdotes of the 18th Century bekannt ist. I went up two pair of stairs, and stood close on one side, where we were a little sheltered - a large stone struck him on the forehead, and the blood spouted out like a stream. He cried out, Ό sir, are we to die to-night? What must I do! What must I do?' I said, 'Pray to God. He is able to deliver you from all danger.' He took my advice, and began praying in such a manner as he had scarce done ever since he was born. Mr. Swindells and I then went to prayer; after which I told him, 'We must not stay here; we must go down immediately.' He said, 'Sir, we cannot stir; you see how the stones fly about.' I walked straight through the room, and down the stairs; and not a stone came in, till we were at the bottom. The mob had just broke open the door when we came into the lower room; and, exactly while they burst in at one door, we walked out at the other. Nor did one man take any notice of us, though we were within five yards of each other. They filled the house at once, and proposed setting it on fire; but one of them, happening to remember that his own house was next, with much ado persuaded them not to do it. Hearing one of them cry out, 'They are gone over the grounds', I thought the advice was good; so we went over the grounds to the farther end of the town, where Abraham Jenkins waited, and undertook to guide us to Oakhill. (JWJ, 13.2.1748) Wesleys wachsendes Ansehen im Land läßt sich auch anhand der Tagebucheinträge rekonstruieren. Von den späten fünfziger Jahren an wandelte sich nämlich die Einstellung gegenüber den Methodisten allmählich, und erleichtert vermerkt Wesley nach seinem Aufenthalt in Dudley, daß sich die Hörer ,so ruhig wie in London' verhielten: "The scene is changed since the dirt and stones of this town were flying about me on every side" (16.3.1761). In manchen Gegenden dauerte es länger, bis die Ressentiments gegen die Methodisten abgebaut waren und Wesley sich zufrieden über seine Aufnahme äußern konnte: In the evening I preached at Norwich; but the house would in no wise contain the congregation. How wonderfully is the tide turned! I am become an honourable man at Norwich. God has at length made our enemies to be at peace with us, and scarce any but Antinomians open their mouths against us. (JWJ, 13.10.1790) Im letzten Drittel seines Lebens kann Wesley gar nicht alle Predigteinladungen annehmen. Pfarrer aller Couleur bieten ihm ihre Kirchen an, 235

dem sie als jungem Mann nacheinander verschlossen wurden. Oft wird entlang Wesleys Reiseroute ohne sein Wissen eine Predigt angekündigt, und große Menschenmengen drängen ihn zu einer Stegreifpredigt. Häufig nimmt er den Psalmvers, der gerade gesungen wird, oder das Bibelwort, auf das sein Auge beim Betreten der Kirche fällt, als Thema. Besondere Genugtuung bereitet es ihm, wenn er gerade die Leute innerlich ansprechen kann, die allein Schaulust und Neugier in die Kirche getrieben haben und die Wesley lediglich als geradezu legendäre Figur einmal persönlich erleben wollen: The church at Maryborough [...] was thoroughly filled in the evening, although many of the hearers looked as if they had not been in a church before. But in half an hour they were serious as death. ( J W J , 24.4.1789)

2. A u f b a u u n d O r g a n i s a t i o n des M e t h o d i s m u s aus der Sicht Wesleys So sehr die Erfolge zählen und welch großen Stellenwert sie auch für die Entwicklung der methodistischen Bewegung haben, so deutlich macht Wesley doch immer wieder, daß für ihn Qualität vor Quantität geht. Zwei, drei Hörer "deeply affected" oder "serious and attentive" hält er für wertvoller als eine große Ansammlung Neugieriger, über die er schreiben muß: "But great part of them were as bullocks unaccustomed to the yoke, neither taught of God nor m a n " (Aughrim, 8.6.1760). Zahlen über (wie er gelegentlich herausfindet) übertrieben hoch angegebene Mitgliederzuwächse sind daher eine doppelt herbe Enttäuschung für Wesley, die er zum Anlaß eines grundsätzlichen Tadels nimmt. Let us make a conscience of magnifying or exaggerating anything. Let us rather speak under than above the truth. We, of all men, should be punctual in all we say, that none of our words may fall to the ground. (JWJ, 16.3.1748)

Der Anspruch auf jederzeit vorbildliche Haltung der Methodisten "we, of all men . . . " - duldet keine lauen oder abspenstigen Mitglieder. Fruchtet eine ernste Verwarnung Wesleys bei solchen Sorgenkindern nicht, macht er kurzen Prozeß: "So many of the society [at Nottingham] were either triflers or disorderly walkers that the blessing of God could not rest upon them; so I made short work, cutting off all such at a stroke, and leaving only that little handful who (as far as could be judged) were 236

really in earnest to save their souls" (21.3.1746). Seine Anhänger in Cornwall und Kent, die traditionsgemäß ihr karges Einkommen durch Plündern gestrandeter Schiffe, durch Schmuggeln und andere Formen der Steuerhinterziehung aufbesserten, stellt er kompromißlos vor die Entscheidung, ihre gesetzeswidrige, eines Methodisten unwürdige Nebenbeschäftigung aufzugeben oder die Gemeinschaft der Methodisten zu verlassen: "They severally promised so to do. So I trust this plague is stayed" (St. Ives, 25.7.1753). In Sunderland schreibt er als Ergebnis seiner dortigen Standpauke: " A few would not promise to refrain, so these I was forced to cut off. About two hundred and fifty were of a better mind" (16.6.1757). Wie hart Wesley mit manchen Gemeinden ins Gericht ging, läßt sich besonders gut demonstrieren an seinem Eintrag vom 9. September 1759, wo er mit einer geradezu barocken Häufung von Adjektiven der Gemeinde in Norwich unverblümt seine Meinung sagte: [I] told them in plain terms, that they were the most ignorant, self conceited, self willed, fickle, untractable, disorderly, disjointed society, that I knew in the three kingdoms. And God applied it to their hearts; so that many were profited; but I do not find that one was offended.

Konsequent greift er auch durch, wenn sich ein Prediger seinen Anweisungen widersetzt. Als sich der in Bath ansässige Prediger McNab weigerte, einen von Wesley zur sonntäglichen Abendpredigt eingeteilten Mr. Smyth sprechen zu lassen, entzieht ihm Wesley wegen Verstoßes gegen die .fundamentale Regel Nr. 12' ("Above all, you are to preach when and where I appoint") die Ernennung zum Prediger, "till he was of another mind" (24.11.1779). Den Austritt verschiedener, mit Wesleys dirigistischer Maßnahme nicht einverstandener Sympathisanten McNabs aus der Methodistengemeinschaft notiert Wesley ungerührt: " A few at Bath separated from us on this account, but the rest were thoroughly satisfied." In Fragen der Disziplin und Leitung der Methodisten war Wesley, das zeigt sein Tagebuch ebenfalls, konsequent und kompromißlos. Dies nahmen ihm nicht nur seine Gegner als .autoritär' und .diktatorisch' übel. Seine Härte in diesem Punkt sicherte Wesley bis ans Lebensende praktisch uneingeschränkte Kontrolle der Bewegung. Führende Positionen innerhalb der methodistischen Organisationen wurden nicht durch eine demokratische Wahl mit all ihren Unwägbarkeiten besetzt, sondern von Wesley durch persönliche Ernennung. Noch mit 87 Jahren bekräftigt er seinen Standpunkt: 237

As long as I live, the people shall have no share in choosing either stewards or leaders among the Methodists. We have not, and never had, any such custom. We are no republicans, and never intend to be. 14

Die Mißstände, die Wesley bei seinen visitationsähnlichen .Überprüfungen' ("examinations") der Gemeinden feststellt, hebt er im Tagebuch warnend hervor und unterstreicht dabei, daß Fehlentwicklungen häufig darauf zurückzuführen sind, daß einzelne Gemeinden von gemeinsamen Regeln und auf langer Erfahrung beruhenden Grundsätzen abweichen. So entdeckt er als Grund für laues und langweiliges Gemeindeleben immer wieder die Vernachlässigung regelmäßiger Hausbesuche durch den örtlichen Prediger oder Geistlichen. I found the society had decreased since L[awrence] C[oughlan] went away; and yet they had had full as good preachers. But that is not sufficient. By repeated experiments we learn that, though a man preach like an angel, he will neither collect, nor preserve a society which is collected, without visiting them from house to house. 15

Wesley maß seelsorgerlichen Besuchen zu recht größte Bedeutung bei und betrachtete sie als ausgezeichnete Gelegenheit, die Gemeindemitglieder einzeln im Glauben zu unterrichten.16 Der Konferenz von 1766 legte er daher erneut dieses Anliegen ans Herz und bekräftigte seine Überzeugung durch Zitate aus Baxters Reformed Pastor und durch seine Erfahrung als Seelsorger: "I have found by experience that one of these [people visited] has learned more from an hour's close discourse, than from ten years public preaching." Sein Vorschlag für einen bestimmten, gleichbleibenden Ablauf der seelsorgerlichen Hausbesuche macht deutlich, daß Wesley den Sinn dieser Begegnung zwischen Gemeinde und ihrem Hirten nicht in Geselligkeitspflege oder Neuigkeitenaustausch sah.17 Wichtige Vereinbarungen, Statuten und für die Entwicklung des Methodismus richtungsweisende Konferenzbeschlüsse nimmt Wesley im Wortlaut in das Tagebuch auf, so daß die Leser über Organisation, Struktur und Ziel des Methodismus aus erster Hand verbindliche Informationen 14

Vgl. Wesleys Meinung in einem Brief an Fletcher aus Madley, den er 1773 zu seinem Nachfolger bestimmte: "It is not good that the supreme power should be lodged in many hands, let there be one chief governor." Zitiert bei Armstrong, Church of England..., S.70. " JWJ (Colchester, 29.12.1758). Siehe auch den Eintrag vom 5.6.1772. 16 Siehe Leslie F. Church, "The Pastor in the 18th Century", LQHR, CLXXX1 (1956), S. 19-23. 17 Ebd., S.21.

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erhalten. Vor dem Auge des Lesers entsteht so die Gemeinschaft der Methodisten aus den Anfängen der "little society" in Oxford bis hin zu einer das ganze Land überspannenden Organisation mit über 100.000 eingeschriebenen Mitgliedern und noch mehr Anhängern. Die innere Struktur der methodistischen Gemeinden, "bands", "classes", "societies" und "circuits", wird genau beschrieben, die Aufgaben auf sozialem und karitativem Gebiet, im Erziehungs- und Bildungsbereich werden als unverzichtbarer Bestandteil christlicher Sorge um den Menschen in seiner Ganzheit als Leib und Seele deutlich. Die "Stewards", die das Geld der wöchentlichen Kollekten für Wesleys " P o o r House" und seine "Medical Mission", eine kostenlose Ausgabe von Arzneimitteln, verwalten, können Wesleys Anweisungen an sie ebenso im Tagebuch nachlesen wie jene, die sich für die Möglichkeit eines Darlehens aus Wesleys "lending stock" interessieren.18 Grundlegende organisatorische Details, etwa die Funktion der "Assistants" und "Leaders", beschreibt Wesley ausführlich (3.4.1771) und erreicht nachhaltige Wirkung durch die Wiederholung der wesentlichen Bestimmungen in einem anschließenden Frage- und Antwortteil. Naturgemäß nehmen Einträge über das Ziel des Methodismus oder sein Verhältnis zur anglikanischen Kirche in den späteren .Auszügen' zu, da die Zahl der Befürworter einer Trennung von der Mutterkirche anwuchs und Wesley diese Entwicklung mit Härte und Deutlichkeit bis an sein Lebensende bekämpfte. Die tolerante, die Grenzen der Konfessionen übersteigende, im ursprünglichen Sinne des Wortes „katholische" Offenheit des Methodismus für alle Christen hält Wesley hoch als sein ständiges Anliegen, wie er das ja auch in manchen Kirchenliedersammlungen zum Ausdruck bringt. There is no other religious society under heaven which requires nothing of men in order to their admission into it but a desire to save their souls. Look all round you: you cannot be admitted into the Church, or society of the Presbyterians, Anabaptists, Quakers, or any others, unless you hold the same opinions with them, and adhere to the same mode of worship. The methodists alone do not insist on your holding this or that opinion; but they think and let think. Neither do they impose any particular mode of worship; but you may continue to worship in your former manner, be it what it may. No, I do not know any other religious society, either ancient or modern, wherein such liberty of conscience is now allowed, or has been allowed, since the age of the apostles. Here is our glorying; and a glorying peculiar to us. What society shares it with us? ( J W J , 18.5.1778) 18

Zu Wesleys "lending stock" und seinem einfachen, aber wirkungsvollen Kreditvergabesystem siehe JWJ, 17.1.1748.

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Sechs Jahre später bestellte Wesley durch Handauflegung Geistliche, " a step which I had long weighed in my m i n d . " Am 1. September 1784 ernannte er " M r . Whatcoat and Mr. Vasey to go and serve the desolate sheep in America", am Tag darauf noch drei, "which, I verily believe, will be much to the glory of G o d " (2.9.1784). Diesen faktischen Bruch mit der anglikanischen Kirche wollte Wesley allerdings nicht wahrhaben, und einer theologischen Auseinandersetzung darüber weicht er aus, indem er die Bestellung der Geistlichen im Tagebuch herabspielt und sein Vorgehen als pastoral nötige Handlungsweise rechtfertigt - " o u t of necessity, not choice". Der Eintrag vom 2. September 1784 fehlt bezeichnenderweise in der Neuauflage von 1789 völlig, was sicher nicht Zufall oder Versehen als Ursache hat. Am 4. August 1788 vermißt man nämlich auch bereits einen Hinweis auf Wesleys Handauflegung in seinem Eintrag, der das Fazit der .Konferenz' über das Verhältnis zur anglikanischen Kirche enthält. Wie nicht mehr zu verheimlichen war, herrschte unter seinen Anhängern seit langem Mißmut über die ihrer Meinung nach unbefriedigende Situation der Methodisten, doch so blieb Wesleys Nachfolgern nach seinem Tode vorbehalten, die Trennung von der anglikanischen Kirche zu vollziehen. The sum of a long conversation was (1 ) That in a course of fifty years, we had neither premeditately nor willingly varied from [the Church] in one article either of doctrine or discipline; (2) That we were not yet conscious of varying from it in any point of doctrine; (3) That we have in a course of years, out of necessity, not choice, slowly and warily varied in some points of discipline, by preaching in the fields, by extemporary prayer, by employing lay preachers, by forming and regulating societies, and by holding yearly conferences. But we did none of these things till we were convinced we could no longer omit them but at the peril of our souls. ( JWJ, 4.8.1788)

IV. Im Mittelpunkt der Mensch Einen wichtigen zeitgenössischen Effekt hat Wesleys ungeschminkte Beschreibung von Armut, Not und sozialem Elend. Die Auswirkung seiner schonungslosen Darstellung dieser sozialen Probleme auf die öffentliche Einstellung gegenüber Randgruppen der Gesellschaft, auf die allmählich zu beobachtende breitere Aufgeschlossenheit für tätige Nächstenliebe, kann auf den folgenden Seiten nur an einzelnen Beispielen schlaglichtartig aufgezeigt werden und wäre eine eigene Untersuchung wert. Wesleys ständige Sorge um das leibliche, geistige und seelische Wohlergehen seiner 240

Mitmenschen war schon in seinen jungen Jahren prägender Wesenszug seines religiösen Lebens. Seinen Freunden im Oxforder Holy Club (und den Kritikern dieser Vereinigung) legte er einen Fragenkatalog vor, der, programmatisch für sein Leben und die Einstellung der späteren Methodisten, die Werke der Barmherzigkeit zeitbezogen in den Vordergrund stellte: die Hungrigen, Nackten und Kranken mit dem Lebensnotwendigen zu versorgen, Lesekundigen erbauliche Lektüre und die Möglichkeit zur Weiterbildung zu geben sowie alle von der Notwendigkeit des Gebets, des Kirchenbesuchs und häufigen Sakramentenempfangs zu überzeugen.19 Die Reihenfolge der unterschiedlichen Hilfsmaßnahmen steigt dabei nicht zufällig vom leiblichen Wohl über geistige Bedürfnisse zum Seelischen, und Wesleys frühes philanthropisches Engagement und seine daraus resultierende Betroffenheit über die soziale Not und die verbreitete Gleichgültigkeit gegenüber diesem Elend sorgten dafür, daß er sich im persönlichen Gespräch, in Predigten vor mehreren Tausenden, im Tagebuch und in zahlreichen Leserbriefen an Zeitungen und Magazine als Fürsprecher der Hilfsbedürftigen einsetzte.

1. Soziales Elend und praktische karitative Hilfsmaßnahmen Wesleys ausgedehnte Reisetätigkeit und seine scharfe Beobachtungsgabe verleihen seinen Schilderungen der sozialen Verhältnisse Authentizität, seine nüchterne Eindringlichkeit macht betroffen: "Many of them I found in such poverty as few can conceive without seeing it", heißt es über die Bewohner von Bethnal Green (15.1.1777). Sinngemäße Eintragungen 19

Siehe JWJ, I, S. 97, w o Wesley im Brief an Richard Morgan "the Rise and Design of Oxford Methodism" erläutert und jene Fragen aufführt, die er sich und seinen Freunden vorlegte, als sie sich von der Notwendigkeit tätiger Nächstenliebe überzeugten: "Whether, upon the considerations above-mentioned, we may not try to do good to those that are hungry, naked, or sick? In particular, whether, if we know any necessitous family, we may not give them a little food, clothes, or physic, as they want? Whether we may not give them, if they can read, a Bible, Common-Prayer Book, or Whole Duty of Man? Whether we may not, now and then, inquire how they have used them; explain what they d o not understand, and enforce what they do? Whether we may not enforce upon them, more especially, the necessity of private prayer, and of frequenting the church and Sacrament? Whether we may not contribute what little we are able toward having their children clothed and taught to read? Whether we may not take care that they be taught their catechism and short prayers for morning and evening?"

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findet man an vielen anderen Stellen, an denen er über Besuche bei den Armen schreibt. Such another scene I saw the next day, in visiting another part of the society. I have not found any such distress, no, not in the prison of Newgate. One poor man was just creeping out of his sick-bed to his ragged wife and three little children, who were more than half naked, and the very picture of famine; when, one bringing in a loaf of bread, they all ran, seized upon it, and tore it into pieces in an instant. W h o would not rejoice that there is another world?

(JWJ, 15.1.1777) Wesley beließ es nicht bei Mitgefühl und tröstenden Hinweisen auf ,eine andere Welt' nach dem Tode. Was William Wilberforce 1797 in der Einleitung zu seinem Practical View of the Prevailing Religious System forderte als .Pflicht eines jeden Menschen', "to promote the happiness of his fellow-creatures to the utmost of his powers", versuchte Wesley mit seinen Anhängern bereits über ein halbes Jahrhundert früher in die Tat umzusetzen, indem er zu größten Anstrengungen aufrief zur Linderung des Elends und selbst mit gutem Beispiel voranging. Die wöchentlichen Kollekten für die Armen wurden eingeführt und zusätzliche Opfer, etwa Verzicht auf das Modegetränk Tee, gefordert. 20 Mit dem Aufruf "Join hands with God, to make a poor man live"21 kurbelte er Sammlungen an. Mit der .unbeträchtlichen Summe' von £50, aufgeteilt in Darlehen, konnte er ,über 250 Personen innerhalb eines Jahres' helfen (17.7.1746). In seinem .Armenhaus' in der ehemaligen Geschützgießerei in London (Foundery) sorgte er zeitweilig für ,9 Witwen, eine blinde Frau, zwei arme Kinder, zwei Diener, eine Hausangestellte und einen Mann'. ,Vier oder fünf Prediger' gehörten von Zeit zu Zeit ebenfalls dazu, wie er hinzufügt, "for I myself, as well as the other preachers who are in town, diet with the poor, on the same food and at the same table." 22 20

Siehe JWJ, 6.7.1746, wo Wesley geradezu klinisch seine Entzugserscheinungen nach dem Absetzen des Tees beschreibt. Man beachte die Wirkung des Gebets nach der Darstellung der körperlichen Symptome erster Ausfallserscheinungen: "We resolved ourselves to begin and set the example. I expected some difficulty in breaking off a custom of six-and-twenty years standing. And, accordingly, the three first days my head ached, more or less all day long, and I was half asleep from morning to night. The third day, on Wednesday, in the afternoon, my memory failed almost entirely. In the evening I sought my remedy in prayer. On Thursday morning my headache was gone; my memory was as strong as ever; and I have found no inconvenience, but a sensible benefit in several respects from that very day to this." 21 JWW, Vili, S.267. 22 Ebd., S.265.

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Nachdrücklich weist Wesley auf die soziale Verantwortung der Christen und darauf hin, daß alles, was nicht zur Sicherung des eigenen Lebensunterhalts gebraucht wird, den Armen gegeben werden soll: Those w h o fail to do so are not only robbing God, continually embezzling and wasting their Lord's goods, and by that very means corrupting their own souls, but also robbing the poor, the hungry, and the naked, wronging the widows and the fatherless, and making themselves accountable for all the want, affliction and distress which they may, but do not remove. (JWJ, V, S. 375)

Fünf Tage lang erbettelte er Anfang Januar 1785 £200 in order to clothe them that needed it most. But it was hard work, as most of the streets were filled with melting snow, which o f t e n lay ankle deep; so that my feet were stepped in snow-water nearly from morning till evening. (JWJ,

4.1.1785)

Wesley selbst lebte seinen Anhängern christliche Anspruchslosigkeit vor, indem er für seinen Lebensunterhalt nicht mehr als durchschnittlich £30 pro Jahr verbrauchte und die diesen Betrag übersteigenden Einnahmen für weitgestreute Hilfsmaßnahmen verwendete. Wesleys letzter Eintrag in seinem Rechnungsbuch spiegelt seine Einstellung zum Geld einprägsam wider: "I save all I can, and I give all I can, that is, all I have". 23 Bei seinem Tode besaß er "no foot of land [...], no cottage in the wilderness", doch seine Armut gereichte ihm zur Ehre. Sie fand Ausdruck in einem durch das Blatt Leeds Intelligencer vom Monthly Review übernommenen Nachruf: "Mr. Wesley's real worth is demonstrated by nothing more convincingly than by his dying [...] worth nothing. [...] The poverty of such a man enriches his fame.2* Das Tagebuch bildet mit diesen Einträgen ein wichtiges Forum für Wesleys Zeitkritik und propagiert seine Hilfsmaßnahmen wirkungsvoll. Gleichzeitig verbreitet es eine Reihe von Leserbriefen, die Wesley in verschiedenen Zeitungen veröffentlicht hatte und die nicht allen Lesern des Tagebuchs bekannt waren. Wesleys Zuschriften, das vermerkt er nicht ohne Stolz, steigerten den Absatz der jeweiligen Zeitungen,25 weil er zu 23

Siehe G. J. Stevenson, City Road Chapel, S. 107, und Wearmouth, Methodism and the Common People, S. 211. 24 Zitiert bei Wearmouth, S. 211. 25 Siehe JWL, 5.8.1787, wo Wesley an Arthur Keanes schreibt: "1 do not wonder that your Dublin newsvendors were afraid of stirring up a nest of hornets. Ours in England are not so fearful; they are glad to have anything from me. They know how it increases the sale of their paper."

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brennenden Zeitfragen Stellung nahm, etwa zu dem Thema "Why are thousands of people starving, perishing for want, in every part of England?" Diese Frage stellte er in Lloyd's Evening Post (21.12.1772), in der London Chronicle (17. -19.12.1772) und in Leeds Mercury (29.12. 1772). Außer der Bestandsaufnahme der sozialen Mißstände macht er in seinen Zuschriften konkrete Vorschläge für wirtschafts-, sozial- und ordnungspolitische Maßnahmen, die seiner Meinung nach das beschriebene Elend beseitigen und die Lebensmittelpreise senken würden.26 Die immer wieder im Tagebuch beklagten katastrophalen Zustände in den Gefängnissen drängten Wesley zur Einrichtung von Gefangenenbesuchsdiensten, zu weiteren praktischen Hilfsmaßnahmen und, außer Appellen an seine Tagebuchleser, zum Schritt an die Öffentlichkeit durch Zeitungsbeiträge, in denen er schonungslos die Situation in diesen .Brutstätten aller erdenklichen Laster' (Marshalsea, 3.2.1753) enthüllt. Wesleys Mitleid für die Gefangenen mündete zwar nicht in organisierten Protest mit dem Ziel einer Reform des Strafwesens, aber das erwartet man als moderner Leser im Zeitalter des "humanen Strafvollzugs" wohl zu Unrecht von Wesley. Für seine Zeit leistete er dennoch Pionierarbeit. Zweifelsohne trugen seine Initiativen zu einer Schärfung des öffentlichen Bewußtseins bei und halfen den Boden vorbereiten für die Anstrengungen anderer, etwa die auf eigene Kosten unternommene viermalige Untersuchung aller englischen und walisischen Gefängnisse durch den Country Squire John Howard (17267-90), der seine Ergebnisse 1777 in dem berühmten Buch The State of the Prisons in England and Wales veröffentlichte.27 Zustand und Ordnung eines Gefängnisses, das machen Wesleys Einträge deutlich, hingen damals vom Wärter ab, der seinen Lebensunterhalt durch Gebühren, Bestechungsgelder und unmoralische oder illegale Einnahmen bestreiten mußte. Am einträglichsten dabei waren der Verkauf von Alkohol, die Duldung der Prostitution und eine wöchentlich kassierte Gebühr für eine als "release from chains" bekannte Form der Hafterleichterung.28 Außer der Unberechenbarkeit und Willkür des Wärters 26

27

28

Unter anderem schlägt Wesley ein Verbot der Ginherstellung vor, eine drastische Verringerung der Pferdeanzahl und erheblich intensivierte Rinderzucht sowie eine Begrenzung des landwirtschaftlich genutzten Landes und die Förderung von mehr Wirtschaftlichkeit und Wettbewerb. Zu Wesleys Leserbriefen siehe E . M . North, Early Methodist Philanthropy (London, 1914), besonders S. 6 0 - 6 1 , 71, 1 5 1 - 1 5 2 u.ö. Siehe Peter J. Collingwood, "Prison Visitation in the Methodist Revival", LQHR, C L X X X (1955), S. 2 8 5 - 9 2 . Ebd., S. 285.

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hatten die Häftlinge Hunger, überfüllte Zellen und unbeschreibliche sanitäre Mißstände zu ertragen, so daß Howard behauptet, in den Jahren 1773 und 1774 seien in England mehr Menschen am typhusähnlichen "goal fever" gestorben als durch öffentliche Hinrichtungen. Für manchen Gefangenen bedeutete unter diesen Umständen eine längere Einkerkerung praktisch das Todesurteil. Was Wesley zum Beispiel über die französischen Kriegsgefangenen aus dem siebenjährigen Krieg bei seinem Besuch des Gefängnisses von Knowle bei Bristol sah, war nichts Ungewöhnliches, sondern eher repräsentativ für viele Gefängnisse seiner Zeit. Above eleven hundred of them, we were informed, were confined in that little place without anything to lie on but a little dirty straw, or anything to cover them but a few foul, thin rags, either by day or night, so that they died like rotten sheep. (JWJ, 15.10.1759)

Ein charakterlich einwandfreier Gefängniswärter und ein disziplinierter Strafvollzug sind so ungewöhnlich, daß Wesley ausführlich die Vorzüge solch einer Anstalt im Tagebuch würdigt und in einem Brief an die London Chronicle am 2. Januar 1761 wiederholt. In Newgate, Bristol, herrscht peinliche Sauberkeit wie in "a gentleman's house", Streit und Betrügereien unter den Insassen sind so gut wie unbekannt, Frauen und Männer streng getrennt, Alkohol und Huren verboten. Arbeitswillige erhalten Werkzeug und Material, Gottesdienstbesuch am Sonntag ist Pflicht. And a large Bible is chained on one side of the chapel, which any of the prisoners may read. By the blessing of God on these regulations the whole prison has a new face. Nothing offends either the eye or ear, and the whole has appearance of a quiet, serious family. (JWJ, 14. und 15.10.1760)

Was Wesley hier verschweigt, war den meisten Zeitgenossen bekannt: Der Gefängniswärter in Newgate, ein "Mr. Dagg", war Methodist, einer der ersten, die durch Whitefield bekehrt wurden, und der wegen seiner Menschlichkeit in Johnsons Lives of the Poets in der Biographie Richard Savages höchstes Lob erfährt. Johnson bezeichnet Dagg als "pattern of benevolence", lobt seine .große Menschlichkeit', seine .höchste Güte und Höflichkeit' und betont, "the humanity of a jailer deserves this public attestation". 29

29

Siehe F.C. Gill, The Romantic Movement And Methodism (London, 1937), S. 100. 245

2. Praktischer Ratgeber in Krankheitsfällen Viele Einträge in Wesleys Tagebuch betreffen Maßnahmen zur Wiederherstellung von Gesundheit und körperlichem Wohlbefinden. Sie unterstreichen zum einen seine oft geäußerte Sorge für Leib und Seele seiner Anhänger, zum anderen die wichtige Funktion des Tagebuchs, seinen Lesern in konkreten Notfällen praktische Hilfe anzubieten. Krankheitssymptome, Diagnosen, Heilbehandlungen und Verordnungen von Rezepturen faszinierten Wesley von jeher,30 was 1747 zur Publikation seines Taschenbuches Primitive Physick or An Easy and Natural Way of Curing Most Diseases führte. Für 288 Beschwerden und Symptome, von Beulen, Kopfschmerzen, Kahlköpfigkeit über Mondsüchtigkeit, Rheuma, Gicht, Herzflimmern bis zu Krebs, Cholera und Schwindsucht, empfiehlt er, z.T. mit abgestuften Anwendungsvorschriften, Heilmittel und Behandlungsmöglichkeiten. Täglich ein kaltes Bad, und das einen Monat lang, als Mittel gegen anhaltende Nervosität mag dem heutigen Leser, je nach Jahreszeit, unangenehm erscheinen, war aber sicher weniger gefährlich als die alternative Verordnung (für schwerere Fälle): "take an Ounce of Quicksilver, daily for a Month" (Primitive Physick, "Nervous Cholick"). Schwitzen ist ein anderes der .leichten und natürlichen' Mittel, das Wesley oft empfiehlt, ebenfalls mit Anwendungsvorschlag, etwa bei Kopfschmerzen: ein scharfer Ritt auf einem hartgehenden Gaul läßt spätestens nach drei Meilen die Schmerzen vergessen {JWJ, 14.5.1777). Man muß zur Ehre Wesleys feststellen, daß zu seiner Zeit viele Geistliche zugleich als eine Art Heilpraktiker in ihren Gemeinden tätig waren. Wesley kannte auch wichtige Standardwerke und Neuerscheinungen auf dem Gebiet der Medizin, wie Tagebuch und Diaries beweisen, und er besetzte von ihm eingerichtete Ausgabestellen für die kostenlose Verteilung von Medikamenten für seine Mitglieder und Bedürftige mit gelernten Apothekern.31 Viele seiner Rezepte, die der moderne Leser belächeln mag, dürften einem Medizinhistoriker anbetracht der ärztlichen Kunst zur Zeit Wesleys dagegen sogar Respekt abnötigen, besonders wenn sie berücksichtigen, daß Wesley den Wirkungsgrad seiner Heilmittel individuell vom jeweiligen 30

31

In seinem Piain Account of the People Called Methodists schreibt Wesley: "For six or seven and twenty years, I had made anatomy and physick the diversion of my leisure hours." Uber Wesleys medizinischen Ratgeber s. Stuart Andrews, "John Wesley and the Age of Reason", History Today, XIX (1969), S. 25-32. Siehe R. C. Schofield, "John Wesley and Science in 18th Century England", Isis, XLIV (1953), S. 331 - 4 0 .

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Patienten und der jeweiligen Erkrankung abhängig machte und daß er geradezu fortschrittlich in seiner Erkenntnis und Würdigung psychosomatischer Zusammenhänge seiner Zeit weit voraus ist. Reflecting to-day on the cause of a poor woman who had continual pain in her stomach, I could not but remark the inexcusable negligence of most physicians in cases of this nature. They prescribe drug upon drug, without knowing a jot of the matter concerning the root of the disorder. And without knowing this they cannot cure, though they can murder, the patient. Whence came this woman's pain (which she would never have told had she never been questioned about it)? From fretting for the death of her son. And what availed medicines while that fretting continued? Why, then, do not all physicians consider how far bodily disorders are caused or influenced by the mind, and in those cases which are utterly out of their sphere call in the assistance of a minister; as ministers, when they find the mind disordered by the body, call in the assistance of a physician? But why are these cases out of their sphere? Because they know not God. It follows, no man can be a thorough physician without being an experienced Christian. ( J W J , 12.5.1759) Primitive Physick erlebte zu Wesleys Lebzeiten mit 23 Auflagen einen reißenden Absatz, Grund genug, das offensichtlich vorhandene Bedürfnis nach Hilfe zur Selbsthilfe auch im Tagebuch zu befriedigen, zumal damit dem Leser verdeutlicht werden konnte, daß Wesley die Rezepte, die er anderen empfahl, selbst mit Erfolg anwendete. Es sind chronische oder lebensgefährliche Erkrankungen, deren Heilungsbeschreibung beim Leser sicherlich besonderen Eindruck hinterließ, etwa die schmerzhafte Bronchitis William Kirkhams, eines seiner ersten Patienten, oder Wesleys Selbstheilung am 28. November 1753. A m Anfang erscheint Wesley dabei dem Leser fast unsicher in seiner Rolle als „ A r z t " . Wesley verhehlt nicht, daß ein der Anamnese nach ziemlich aussichtsloser „ F a l l " wie Kirkham zu Beginn seiner Behandlungspraxis ihn zuerst an die negative Auswirkung denken ließ, welche die Nachricht seiner etwaigen Erfolglosigkeit auf potentielle Heilsuchende haben würde. I asked him, 'What complaint have you?' Ό Sir,' said he, 'a cough, a very sore cough. I can get no rest day nor night.' I asked, 'how long have you had it? ' He replied, 'About threescore years: it began when I was eleven years old. ' I was nothing glad that this man should come first: fearing our not curing him might discourage others. However, I looked up to God and said, 'Take this three or four times a day. If it does you no good it will do you no harm.' He took it two or three days. His cough was cured and has not returned to this day. Wie so oft in seinem Tagebuch legt Wesleys Beschreibung den Schluß göttlichen Eingreifens nahe. Bevor er seine Verordnung an Kirkham gibt, 247

blickt er ,auf zu Gott'. Den bibelfesten Lesern fiel sicher die Parallele zum Neuen Testament auf, wo Christus, etwa bei der Speisung der Fünftausend (Mt. 14,19) oder der Erweckung des Lazarus (Joh. 11,41) die,Augen zum Vater hebt', bevor er ein Wunder wirkt. Besonders spektakulär erscheint Wesleys Selbstmedikation im Zustand einer lebensgefährlichen Krankheit. Sein Versuch der Selbstheilung fiel am 28. November 1753 just in die Mittagsstunde, wo er seine Anhänger in London im Gebet versammelt wußte. Zwei Tage zuvor hatte er, zermürbt durch langes Krankenlager, die Inschrift für seinen Grabstein niedergeschrieben : Here lieth the Body of John Wesley. A Brand Plucked Out Of The Burning: Who died of a Consumption in the Fifth First Year of His Age, Not Leaving, After His Debts Are Paid, Ten Pounds, Behind Him: Praying, God Be Merciful To Me, An Unprofitable Servant. (JWJ, 28.11.1753)

So vorbereitet, ordnete er am 28. ein .Experiment' an: I found no change for the better, the medicines which had helped me before now taking no effect. About noon (the time that some of our brethren in London had set apart for joining in prayer) a thought came into my mind to make an experiment. So I ordered some brimstone to be powdered, mixed with the white of an egg, and spread on brown paper, which I applied to my side. The pain ceased in five minutes, the fever in half an hour, and from this hour I began to recover strength. The next day 1 was able to ride, which I continued to do every day till January. (Ebd.)

Die Ingredienzien des Mittels waren einfach, der Erfolg überzeugend, und die Kur wirkte auch bei anderen Leuten, etwa am 5. April 1756, wo das Bimssteinpflaster im Falle einer akuten Rippenfellentzündung ,in ein paar Minuten sowohl die Schmerzen wie auch das Fieber' vertrieb, oder am 16. February 1757, wo es allerdings ,ein paar Stunden' dauerte, bis der ,alle Symptome einer Rippenfellentzündung' zeigende Patient .völlig gesund' war. Wesleys Unbehagen an der Fantasielosigkeit der zeitgenössischen Schulmedizin wird auch an dieser Stelle unverblümt geäußert. .Tablettenschlucken' und . Aderlaß' machen .höchstens den Arzt und Apotheker gesund, nicht den Patienten'. Stilistisch typisch für Wesley 248

kleidet er seine verärgerte Kritik in eine rhetorische Frage-Antwort-Form mit abschließender emphatischer Zurückweisung unvernünftiger' Auskünfte. Wesley richtet sich mit seiner Ärzteschelte besonders gegen jene Mediziner, welche theoretisch-systematische Abhandlungen auf Kosten experimenteller und empirischer Behandlungsmethoden bevorzugten. Zweckfreie wissenschaftliche Betätigung lehnte er grundsätzlich ab. Den Hauptsinn medizinischer und naturwissenschaftlicher Experimente sah er nur im unmittelbaren praktischen Nutzen für die Menschen und in ihrer Beweiskraft für die Existenz und Güte Gottes. Benjamin Franklins aktuelle Experiments and Observations of Electricity (JWJ, 17.2.1753), die zuerst im Gentleman 's Magazine veröffentlicht wurden, waren daher ganz nach dem Geschmack Wesleys. Sie regten ihn zu experimentellen Heilstrom-Behandlungen an, die er mit Elektrisiermaschinen durchführte, die er nach eigenen Angaben bauen ließ. Am 9. November 1756 mußte er den „Versuchskaninchen", Trägern .verschiedener Krankheiten', die Behandlung noch .befehlen'. Two or three years after, our patients were so numerous that we were obliged, to divide them; so part were electrified in Southwark, part at the Foundery, others near St. Paul's, and the rest near the Seven Dials. (Ebd.)

Auch auf diesem Gebiet ergänzte Wesley Praxis und Theorie, und zwar durch fortlaufende Einträge im Tagebuch und durch sein Desideratum or Electricity Made Plain and Useful (1759). Schon der Titel dieses Werks verrät Wesleys für all seine Publikationen typische Absicht, nämlich ein vorhandenes Bedürfnis nach Information (Desideratum) über etwas Neues (Electricity) verständlich und zum Nutzen der Leser (plain and useful) zu befriedigen. Das Vorwort zu diesem Büchlein macht wie das Tagebuch Wesleys Belesenheit und Eklektizismus deutlich und faßt seine Absicht zusammen: only to collect together the substance of the most celebrated Writings on the Subject; and to place them in one connected View, for the Use of those who have little Time or Money to spare. 32

Wesleys Interessen, darüber lassen auch seine große geistige Aufgeschlossenheit und Neugier, die Züge des virtuoso und antiquarian des 17. Jahrhunderts vereinigen, keinen Zweifel, zielten auf unmittelbare Nutzanwendung und hatten klaren Praxisbezug. Dennoch enthält sein Tagebuch eine Reihe von Eintragungen, die einen praktischen Nutzen 32

Über Wesleys elektrische E x p e r i m e n t e s. A n d r e w s , S . 2 8 f f .

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seiner Beobachtungen nicht erkennen lassen. Die ständige Kontrolle seines Körpergewichts etwa dürfte manchen Leser selbst dadurch nicht beeindruckt haben, daß Wesley glaubt, ,in Großbritannien' einen einmaligen Rekord damit aufgestellt zu haben, daß er ,in 14 Jahren nicht ein Pfund ab- oder zugenommen' habe (17.11.1783). Seine Untersuchungen, ob die Löwen im Tower ebenso .musikalisch' seien wie ihre Artgenossen im Edinburgher Zoo könnte man heute augenzwinkernd als eine Frühform der Verhaltensforschung ansehen. Wesley selbst war selbst wohl unschlüssig über den Wert dieses Experiments, das er „an odd experiment, worthwhile to make" nennt. Möglicherweise hoffte er auf Zuschriften aus dem Leserkreis, nachdem er den Experimentverlauf mit Fragen nach befriedigenden Erklärungen seiner Beobachtungen abschloß und dieses Untersuchungsgebiet nie wieder in Angriff nahm.33

V. Kultur- und Kunstkritik 1. Kritische Beobachtungen unterwegs Typisch als ,,Utilitarist" zeigt sich Wesley in der Beschreibung seines Besuchs des Britischen Museums. Seine Ablehnung gegenüber der umfangreichen Sammlung sowie der Sammlertätigkeit als Selbstzweck äußert sich sprachlich schon dadurch, daß er vor dem Auge des Lesers die .riesigen Abteilungen' des Museums, vollgestopft bis unters Dach mit .kuriosem' Sammelsurium, skizziert, die Exponate verallgemeinernd und abwertend als .Sachen', .seltsame Bücher und Manuskripte' und .alle möglichen Fossilien' abtut und, wie üblich, das stärkste Argument in Frageform als Schluß anfügt: "But what account will a man give to the Judge of quick and dead for a life spent in collecting all these?" ( JWJ, 22.12.1780). Wesleys nicht zu übersehende Orientierung an Vernunft und Nützlichkeit wurde von seinen Nachfolgern nach seinem Tode überbetont und führte zu einer geistig-ästhetischen Verarmung im Methodismus, wie sie sich zwar auch in vielen anderen Bereichen des geistigen Lebens Englands im 19. Jahrhundert zeigte, aber keineswegs in Wesleys Absicht lag. Wesley vertrat eine zweckbetonte Ästhetik, die in vielem an die Haltung des gemäßigten Puritaners Baxter erinnert und ein Junktim zwischen 33

Siehe JWJ,

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31.1.1765.

ästhetischem Genuß und innerem Gewinn aus der Botschaft eines Kunstwerks als selbstverständlich voraussetzt. Vor seiner von "common sense" und "reason" geprägten Kritik findet nichts Gnade, was offensichtlich den Gesetzen von Vernunft und Logik Hohn spricht. Das wird bei seiner Einstellung zur Musik immer wieder deutlich. Eine bewundernswerte Aussage', gekleidet in .nicht verachtenswerte Dichtung', vertont mit .exquisiter Musik' konnte sicher selbst .reiche und ehrbare Sünder' beeindrucken, wie Wesley am 13. Februar 1765 nach dem Besuch des Oratoriums Ruth einräumte. Eine prächtige Orgel wie in der Kathedrale von Exeter (29.8.1762) oder in Macclesfield (2.4.1786) und frischer Gemeindegesang rissen auch Wesley, der seinen Gemeinden die Anschaffung von Orgeln untersagte, mit ihrer ,süßen Harmonie' zu begeisterten Superlativen hin. Wenn jedoch Musik Verständnis oder Bedeutung des Wortes verdunkelte wie bei Thomas Arnes Oratorium Judith in der von Martin Madan geleiteten Charity-School Lock Hospital, dann war Wesley trotz .außerordentlich schöner' Passagen des Werkes unzufrieden. Some parts of [Judith] were exceeding fine; but there are two things in all modern pieces of music which I could never reconcile to common sense. One is singing the same words ten times over; the other singing different words by different persons, at one and the same time. And this in the most solemn addresses to God, whether by way of prayer or of thanksgiving. This can never be defended by all the musicians in Europe, till reason is quite out of date. (JWJ, 29.3.1764)

Ähnlich kritisch fallen Wesleys Äußerungen über berühmte Kunstwerke, historische Denkmäler oder Beispiele großer Architektur- und Landschaftsgestaltung aus. Wie in der Literatur bevorzugt er würdevolle, natürlich wirkende Einfachheit, "natural easiness". Als er den Landschaftspark des Dichters und Essayisten William Shenstone (1714-1763) besichtigt, ist er trotz seiner knappen Zeit begeistert von der .Schönheit und Eleganz' dieses Ortes: There is nothing grand, nothing costly, no temples so called; [...] but such walks, such shades, such hills and dales, such lawns, such artless cascades, such waving woods, with water intermixed, as exceed all imagination. (JWJ, 13.7.1782)

Handwerklich unsaubere Ausführung und stümperhafte Gestaltung beeinträchtigten ästhetischen Genuß sehr, etwa bei der Besichtigung der berühmten Gärten von Stowe am 13. Oktober 1779, wo er an Gemälden und Plastiken gleichermaßen Anstoß nahm und sarkastisch die Befürchtung äußerte, die im Park aufgestellten neun Musen ,könnte eine nicht anders belehrte Person für neun Küchenmägde halten.' Selbst die 251

ungünstige Beleuchtung eines Gemäldes aufgrund neuer Fensterdekorationen in Knole Park, dem Hause des Duke of Dorset, störte ihn, weil sie wichtige Details des Bildes nicht mehr erkennen ließ (17.10.1790). Gewöhnlich liefert Wesley von den Sehenswürdigkeiten seiner Reisen eine kurze Beschreibung des Gesamteindrucks und der besonderen Vorzüge und schließt, häufig in Katalogform und durchnumeriert, seine Kritik an. I called on a friend at Hampton Court, who went with me through the house. It struck me more than anything of the kind I have seen in England; more than Blenheim House itself. One great difference is, everything there appears designedly grand and splendid; here everything is quite, as it were, natural, and one thinks it cannot be otherwise. If the expression may be allowed, there is a kind of stiffness runs through the one, and an easiness through the other. Of pictures I do not pretend to be a judge; but there is one, by Paul Rubens, which particularly struck me, both with the design and the execution of it. It is Zacharias and Elizabeth, with John the Baptist two or three years old, coming to visit Mary, and our Lord sitting upon her knee. The passions are surprisingly expressed, even in the children; but I could not see either the decency or common sense of painting them stark naked. Nothing can defend or excuse this; it is shockingly absurd, even an Indian being the judge. I allow, a man who paints thus may have a good hand, but certainly cerebrum non habet.

(,JWJ, 7.2.1772) Bei großen imposanten Gebäuden, Zeugnissen von Macht und Pomp aus der Vergangenheit, fügt er stets einen Hinweis auf die Vergänglichkeit der Welt und die Relation zur Ewigkeit an. Bei der Beschreibung der Mächtigen seiner Zeit vergißt er selten ein "memento mori", nicht einmal bei König George II, den er beim Anlegen der Staatsroben im House of Lords beobachtete: "Alas, what a bauble is human greatness" (23.1.1756). Auch mit zeitkritischen Bemerkungen hält Wesley nicht hinter dem Berg. Edinburgh, ,eine der schmutzigsten Städte', die er gesehen hat, stellt selbst "Cologne in Germany" in den Schatten, dessen Dom, bis weit ins 19. Jahrhundert schließlich Großbaustelle, er 1738 sicher nicht zu Unrecht abkanzelt als " a mere heaps upon heaps; a huge, mis-shapen thing, which has no more of symmetry than of neatness belonging to it." Die .impertinente, unmenschliche Behandlung' durch die .Langen Kerls des Preußenkönigs' bei seinem Besuch in Weimar wird als .Bruch aller selbstverständlichen, selbst heidnischen Gesetze der Gastfreundschaft' gebrandmarkt (28.7.1738). Die Einteilung des Studienjahres an schottischen Universitäten in fünf Vorlesungs- und sieben Ferienmonate hält er im Vergleich 252

zu englischen Zuständen für Kapazitätsverschwendung. Darüber hinaus ärgert ihn, daß am St. Salvator's College in St. Andrews alle Fenster zerbrochen sind "like those of a brothel". Wesley hat keinerlei Verständnis dafür, daß diese Sachbeschädigung das traditionelle Ergebnis des ,Abschiednehmens' der Studenten von ihrer Alma Mater darstellt. "Where are their blessed Governors in the meantime? Are they all fast asleep?" fragt er entsetzt und gesteht im Hinblick auf die Studenten: " I should have thought myself little better than a highwayman, if I had not lectured them every day in the year but Sundays" (27.5.1776). Bei einem anderen Aufenthalt in Edinburgh interessiert sich Wesley für den Sitzungsverlauf der General Assembly, an dem ihn manches stört, besonders aber, wie er als dritten Punkt notiert, that a single question took up the whole time, which, when I went away, seemed to be as far from a conclusion as ever, namely, 'shall Mr. Lindsay be removed to Kilmarnock parish or not? ' The argument for it was, 'He has a large family, and this living is twice as good as his own.' The argument against it was 'The people are resolved, not to hear him, and will leave the kirk if he comes. ' If then, the real point in view had been, as their law directs, majus bonum Ecclesiae, instead of taking up five hours, the debate might have been determined in five minutes. ( J W J , 26.5.1764)

Euphemismen, verblümte Redeweisen und Sprachklischees zerpflückt Wesley besonders dann mit Genuß und Witz, wenn er dadurch auf den Gegensatz zwischen sozialer Wirklichkeit und sprachlicher Darstellung hinweisen kann. So spielt er zum Beispiel nach seinem Aufenthalt in Prior Park am 15. Oktober 1755 ironisch auf den in der Literatur des 18. Jahrhunderts als .Rückzug in die Natur' verbrämten Aufenthalt auf einem Landgut an: "I dined with some serious persons in a large, stately house, standing on the brow of a delightful hill. In this paradise they live in ease, in honour, and in elegant abundance. And this they call retiring from the world!" Bei seinen Ritten durch landwirtschaftlich genutzte Gegenden Englands wurde ihm besonders deutlich, wie weit die literarische Welt eines "Beatus ille"-Klischees und die triste Wirklichkeit auseinanderklafften: I rode by Shoreham to Sevenoaks. In the little journeys which I have lately taken, I have thought much on the huge encomiums which have been for many ages bestowed on a country life. How have all the learned world cried out O fortunati nimium, sua si bona norint Agricolae! But after all, what a flat contradiction is this to universal experience! See that little house, under the wood, by the river-side! There is rural life in perfection. How happy, then, is the farmer that lives there! Let us take a detail of his

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happiness. He rises with, or before, the sun, calls his servants, looks to his swine and cows, then to his stables and barns. He sees to the ploughing and sowing his ground, in winter or in spring. In summer and autumn he hurries and sweats among his mowers and reapers. And where is his happiness in the meantime? Which of these employments do we envy? Or do we envy the delicate repast that succeeds, which the poet so languishes for? O quando faba, Pythagorae cognata, simulque Uncta satis pingui ponentur oluscula lardo! O h the happiness of eating beans well greased with fat bacon\ Nay, and cabbage too! ' - Was Horace in his senses when he talked thus, or the servile herd of his imitators? Our eyes and ears may convince us there is not a less happy body of men in all England than the country farmers. In general their life is supremely dull; and it is usually unhappy too. For, of all people in the kingdom, they are most discontended; seldom satisfied either with God or man.

(JWJ, 5.11.1766) Wesley zeigt sich als genauer Beobachter der sozialen Verhältnisse seiner Zeit, dem sein großer Erfahrungsschatz bei seiner Urteilsbildung zugute k o m m t . Als gründlicher Menschenkenner bewahrt er bis zu seinem Lebensende auch kritische Distanz gegenüber allzu verklärten Menschenbildern in Philosophie und Literatur. Von der Idee des ,edlen Wilden' gar zeigt er sich völlig unbeeindruckt und verweist diejenigen, die " n a t u r e in perfection" sehen wollen, auf das Massaker von Fort William-Henry 1757, wo Indianer .kaltblütig so viele Hundert hilf- und widerstandslose Menschen' niedergemetzelt haben (13.10.1790).

2. D i e W e l t d e r B ü c h e r Wesleys Leser finden in seinen Tagebuchauszügen zu fast allen Fragen ihrer Umwelt seine Meinung, die er in konzisen Formulierungen und o f t mit lakonischer Ironie ausdrückt. Seinen Anhängern in der sozialen Abgeschiedenheit ihrer Gemeinden brachten seine Tagebucheinträge nicht nur einen H a u c h der großen, weiten Welt in ihre Stuben, sondern auch einen Einblick in die Welt des Geistes, die kennenzulernen Wesley seine Leser wieder und wieder anregt, wenn er zu Büchern und philosophischen Denkmodellen Stellung nimmt. Wesleys Anspruch, "reading Christians will be knowing Christians", drückt seine Überzeugung aus, daß das religiöse Erwachen eines Methodisten unzertrennlich mit einem geistigen Erwachen verbunden sei, das durch geeignete Lektüre zu d a u e r h a f t e m Leben genährt werden müsse: 254

"The work of grace would die out in one generation, if the Methodists were not a reading people".34 Folgerichtig nehmen Einträge über Bücher und Schriftsteller in seinem Tagebuch großen Raum ein. Gewöhnlich gibt er darin eine kurzgefaßte Inhaltsangabe und kritische Würdigung, welche das Werk als Lektüre empfiehlt oder ablehnt. Da Wesley über die mit der Anzahl seiner Tagebuchauszüge wachsende Lektüreliste hinaus auf vielfältige Weise dafür sorgte, daß seine Anhänger preiswerte, gelegentlich gar kostenlose, in jedem Fall aber von .gefährlichen' Inhalten gereinigte Buchausgaben aus seinem Selbstverlag erhielten, kann man ihn zu recht bezeichnen als "the best gatherer and scatterer of useful knowledge that Georgian England knew". 35 Für seine Aufgabe als "censor librorum" war der äußerst belesene Wesley denkbar gut geeignet. Schon als Student in Oxford entwickelte er einen kaum zu stillenden Lesehunger, der weder vor Ben Jonsons The Alchemist noch vor Defoes Robinson Crusoe halt machte, auch wenn er diese Lektüre schlechten Gewissens über die nur mit spannender Unterhaltung vertane Zeit in seinem Diary mit den Worten "Idleness slays" als Fehltritt einordnete. In seinem Tagebuch erscheint Wesley oft als Leser, der jede freie Minute ("scraps" oder "fragments of time") zur Lektüre nützt. Ist er allein oder in Begleitung zu Fuß unterwegs, liest er: "I set out for Oxford. In walking I read the truly surprising narrative of the conversions lately wrought in and about the town of Northampton, in New England". Der Straßenverkehr erforderte schließlich noch nicht die volle Aufmerksamkeit der Fußgänger, und körperlich erwiesen sich Laufen und Lesen als .einfach': "[...] it is easy to read as we walk ten or twelve miles; and [...] it neither makes us faint nor gives us any other symptom of weariness, more than the mere walking without reading at all". 36 Die größeren Reisen auf dem Pferderücken wurden über weite Strecken hinweg mit Lektürestunden ausgefüllt, zumal Wesleys Pferde (,bis auf zwei') ihren Weg auch fanden, wenn ihr Reiter in ein Buch vertieft war: Near thirty years ago I was thinking, 'How is it that no horse ever stumbles while I am reading?' (History, poetry, and philosophy I commonly read on horseback, having other employment at other times.) No account can possibly be given but this: because then I throw the reins on his neck. I then set myself to observe; and I aver that, in riding above a hundred thousand miles, I scarce U

JWL, I, S. 15. Curnock, "Introduction" zu JWJ, I, S.20. *JWL, I, S. 84-85. 35

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ever remember any horse (except two, that would fall head over heels any way) to fall, or make a considerable stumble, while I rode with a slack rein. ( JWJ, 21.3.1770)

Nach einem schweren Sturz vom Pferd erhielt Wesley von einer Miss Lewen eine Kutsche mit zwei Pferden geschenkt, in der er ab 1766 die meisten seiner Reisen zurücklegte. Der Einbau eines Bücherregals trug Wesleys Vorliebe für Reiselektüre Rechnung. Schiffsreisen boten selbst bei rauher See Gelegenheit zum Schmökern, doch zog Wesley lieber bei Flauten seine Lektüre aus der Tasche oder blieb gleich während der Reise auf dem Schiff in seiner Kutsche sitzen (JWJ, 13.8.1789) und schloß sich zum Lesen von den übrigen Reisenden ab. 37 Von den weit über 2000 Werken aus der Feder von mehr als 1000 Autoren, die Wesley kennt, erwähnt er in seinem Tagebuch rund die Hälfte. Einen großen Teil davon macht bis zu seiner Bekehrung naturgemäß devotionale Literatur aus, vorwiegend puritanischer Autoren. Von den vierziger Jahren an wird seine Lektüre aber zunehmend durch ein breites Spektrum an Büchern aus dem Gebiet der klassischen Literatur, der Medizin und Naturwissenschaften, Botanik, Astronomie und der Geschichte ergänzt. Ganz besonders gern liest er Biographien und Autobiographien. Baxters Life and Times schätzt er außerordentlich: "It seems to me the most impartial account of those times, which has yet ever appeared. And none that I have seen so accurately points out the real springs of those public calamities" (JWJ, 30.7.1757). Religiöse Lebensbeschreibungen interessieren ihn dabei ebenso brennend wie manche aktuelle Gaunerbiographie, etwa die des .berühmten Mr. George F i t z gerald)', von dem selbst der belesene Wesley gestehen muß: "I never heard before of so cool, deliberate relentless a murderer!" (JWJ, 13.8.1789). Fitzgeralds Art des Abgangs aus dieser Welt rechtfertigt freilich Wesleys Interesse und erklärt, weshalb er diese und ähnliche Titel in sein Tagebuch aufnimmt: Gottes Gnade macht selbst vor einem Schwerverbrecher nicht halt: He was found guilty on June 6, and executed the twelfth [1786]. After drinking a bottle of port, he went out of prison with the air of one going to a ball. H e gave a spring o f f the ladder, which snapped the rope in two. H e fell down, but instantly leaped up. All his courage was gone, and none could die more penitent. (JWJ, 19.5.1789)

" F r a n k Baker, " A Study of John Wesley's Reading", LQHR, April und Juli 1943, S. 140-45 und 234-41.

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Daß Wesley nur einen Teil der Bücher im Tagebuch erwähnt, die er selbst gelesen hat, ist eine seiner Vorsichtsmaßnahmen, mit der er verhindern will, daß seine Anhänger Bücher in die Hand bekommen, deren Inhalt ein M a ß an Bildung und Differenzierungsvermögen voraussetzt, wie es viele nicht aufweisen können. In seinem Tagebuch (z.B. 1.1.1746) berichtet Wesley gelegentlich über den zerstörerischen Einfluß, den gefährliche Lektüre bei einem ahnungslosen Christen anrichten kann, und in einem Brief bekennt Wesley die innere Verwirrung, in die ihn Watts' Glory of Christ as God-Man Display'd stürzte: I read about fifty pages [...]. It so confounded my intellects, and plunged me into such unprofitable reasonings, yea, dangerous even, that I would not have read through for five hundred pounds.38 Angesichts solcher Macht des gedruckten Worts, die er ja, in die rechten Bahnen gelenkt, in seinen Dienst stellen wollte, ist verständlich, daß Wesley mit Rücksicht auf seine Leser einen strengen Maßstab an Inhalt und Form der Literatur legte. Oft reichte es nicht, seine Ablehnung dadurch auszudrücken, daß er bestimmte Veröffentlichungen einfach ignorierte, manche erforderten vielmehr eine regelrechte Indizierung in seinem Tagebuch. Ausgehend von seiner Prämisse, nützlich für den Leser und hilfreich bei der Meinungsbildung zu sein, verwundert Wesleys Schärfe und ätzende Ironie nicht, wenn er ein Werk ablehnte: I read a little more of that strange book, Baron Swedenborg's Theologia Coelestis. It surely contains many excellent things. Yet I cannot but think the fever he had twenty years ago, when he supposes he was 'introduced into the society of angels', really introduced him into the society of lunatics; but still there is something noble, even in his ravings: His mind has not yet lost All its original brightness, but appears Majestic, though in ruin. ( JWJ, 8.12.1771) Bezeichnenderweise dient das aus Paradise Lost entlehnte, etwas abgeänderte abschließende Zitat bei Milton der Charakterisierung Satans, was Wesleys Zugeständnis an einen Rest von .etwas Edlem' bei Swedenborg doch arg relativiert. Gelegentlich mußte Wesley gegen ein Werk zu Felde ziehen, das (seiner Meinung) zu unrecht in der Öffentlichkeit Lob erhielt, etwa Lord Chesterfields Letters to a Son, "which I had heard very strongly commended". ™JWL, Vili, S. 89-90. 257

Wesley lieh sich eine Ausgabe davon in Watlington, charakterisierte den Autor nach der Lektüre fein abgestuft als 'a man of much wit, middling sense, and some learning, but as absolutely void of virtue" und kam nach weiteren zwölf Zeilen vernichtender Kritik dieses unmoralischen Lebemannes und seiner Briefe zum Gesamturteil: "And this is the favourite of the age! Whereas, if justice and truth take place, if he is rewarded according to his desert, his name will stink to all generations" ( JWJ, 10.12.1775). Sternes Sentimental Journey, in den siebziger Jahren bereits ein bekanntes Buch, fand vor Wesleys Augen ebenfalls aus mehreren Gründen keine Gnade: I casually took a volume of what is called A Sentimental

Journey

through

France and Italy. Sentimental! what is that? Is is not English; he might as well say Continental.

It is not sense. It conveys no determinate idea; yet one fool

makes many. A n d this nonsensical word (who would believe it?) is become a fashionable one! However, the book agrees full well with the title, for one is as queer as the other. For oddity, uncouthness, and unlikeness to all the world beside, I suppose, the writer is without a rival. (JWJ,

11.2.1772)

Bei Wesleys Einstellung zu Sterne wirkte sich seine grundsätzliche Abneigung gegen Romane ("fiction") aus, wie sie sich etwa in seinem Brief an Mary Bishop äußerte oder daran erkennen ließ, daß unter den vielen hundert englischen Autoren, die er aufführt, die Namen seiner Zeitgenossen Fielding und Richardson fehlen.39 Auf abwechslungsreiche und packende Lektüre brauchten Wesleys Anhänger deswegen jedoch nicht zu verzichten. Reisebeschreibungen wie Johnsons Journey to the Western Island of Scotland (JWJ, 9.6.1781 ) oder Boswells An Account of Corsica (JWJ, 14.-18.11.1768) und "well-chosen histories",40 etwa Doddridges Some Remarkable Passages in the Life of Col. James Gardiner (JWJ, 20.11.1747), empfahl er als Lektüre zur Entspannung, und meinte dazu, daß das Wahre .besser' und zugleich .befremdlicher als Erdichtetes' sei. Von Shakespeare41 empfiehlt er in Briefen gelegentlich .ausgewählte Ausschnitte' und nimmt seine Werke in den Lehrplan der Kingswood School auf, 42 doch der Leser des Tagebuchs hat den berechtigten Eindruck starker Zurückhaltung Wesleys gegenüber Theater und Drama. Daß .genau zu der Stunde', wo in Drury Lane der .Theaterdonner' in Macbeth zu grollen begann, ein heftiges Unwetter über London niederging, das zur Unterbrechung der Aufführung zwang, war sicher kein zufällig zur w Baker, "Wesley's Reading", S. 238. f J W L , VII, S. 288.

258

41 42

JWJ, 26.10.1745: "our heathenish poet". Baker, "Wesley's Reading", S.238.

Veröffentlichung gewähltes Ereignis des 17. Dezember 1755. Die Reaktion der gottlosen Mimen auf den echten Donnerschlag machte vielmehr ohne weitere Erklärungen den Zusammenhang zwischen Schauspielerei und mangelnder Gottesfurcht deutlich: "For a while it put them to a stand; but they soon took courage, and went on. Otherwise it might have been suspected that the fear of God had crept into the very theatre!" Was die englischen Dichter anbelangt, erscheint Wesley sehr belesen und erwähnt und empfiehlt viele Namen und Werke, zitiert häufig und veröffentlicht auf verschiedene Weise geeignete Beispiele .guter' Dichtung. Als große Vorbilder zeigt er Spenser, Milton, Pope and Prior. Herbert, Byrom, Cowper, Hervey, Young and James Thomson gehörten zu seinen Lieblingsschriftstellern, die aus seinem Munde lobende Worte erfahren, ebenso wie Mary Whateley oder Elizabeth Rowe, deren Devout Exercises of the Heart er für das beste aus ihrer Feder hielt: Her experience is plain, sound, and scriptural, no way whimsical or mystical; and her language is clear, strong and simple, without any of that affected floridness which offends all who have a tolerable ear, or any judgement in good writing. (JWJ, 2.7.1769)

War ein literarisches Kunstwerk inhaltlich und formal makellos, das zeigt die Kritik von Rowes Werk, hielt Wesley mit seinem Lob nicht zurück. Solche Perlen der Literatur holte er sogar öfter hervor und erlaubt dem heutigen Leser aufschlußreiche Einblicke in die zeitgenössische Rezeption vieler Kunstwerke. Die aufregende Frage nach der Echtheit von Fingal etwa, (die den sich als „Übersetzer" ausgebenden Macpherson dazu brachte, Dr. Johnson Prügel für den Fall anzudrohen, daß er weiterhin öffentlich seine ,ossianische Entdeckung' als Fälschung bezeichnen sollte), wird in Wesleys Tagebuch aus aktueller Sicht neu aufgeworfen. Wesleys Unsicherheit über die Echtheit und gleichzeitige Begeisterung über das großartige Werk vernimmt man zuerst am 17. Juli 1767: In my scraps of time this week I read over that wonderful poem Fingal : If it is genuine, if it is really extant (as many assure me, it is) in the Erse language; it is an amazing proof of a genius in those barbarous times; little inferior to Homer or Virgil.

14 Jahre später war Wesley überzeugt, daß Fingal ein echtes Meisterwerk sei: On the road I read Ewen Cameron's Translation of Fingal. I think he has proved the authenticity of it beyond all reasonable contradiction. But what

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a poet is Ossian! Little inferior to either Homer or Virgil; in some respects superior to both. ( J W J , 14.5.1784)

Am 23. Juni 1786 greift er dieses Werk noch einmal auf, thoroughly convinced it is one of the finest epic poems in the English language. M a n y of the lines are worthy of Mr. P o p e ; many of the incidents are deeply pathetic; and the character of Fingal exceeds any in Homer, yea, and Virgil too.

Mit gekürzten und zum Teil erläuterten Ausgaben von Bunyan, Herbert, Milton oder Young bewies Wesley, daß er seine Leser an Dichter heranzuführen entschlossen war, die entweder nicht mehr oder noch nicht „ m o d e r n " waren. Den Inhalt der von ihm empfohlenen Werke sah Wesley durch die Brille des Seelenretters und "spiritus rector", Sprache und Stil prüfte er als strenger Kritiker und stellte "Perspicuity and purity, propriety, strength, and easiness, joined together" als unverzichtbare Komponenten ,eines guten Stils' fest. 43

43

JWL, IV, S. 256-58, Brief an Samuel Furly, 15.7.1764.

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SCHLUSS

"... diffusing that general desire for reading " LITERATUR IM DIENSTE DES METHODISMUS

[...] strong and manly sense, yet expressed in such plain and easy language as even children may understand. (Charles Wesley, Hymns for Children, 1764, "Preface") The most obvious, easy, common words, wherein our meaning can be conveyed, we prefer before others, both on ordinary occasions and when we speak of the things of God. (John Wesley, The Character of a Methodist, §2)

Das abschließende Kapitel faßt im ersten Teil die Ergebnisse unserer Untersuchung zusammen. Der zweite Teil hebt die Bedeutung der Druckerpresse und der verschiedenen Vertriebsarten methodistischer Literatur hervor. Der dritte Teil zeigt insbesondere an Wesleys stilkritischen Vorstellungen und redaktionellen Eingriffen, daß die Methodisten in ihrem Stil "Dignity in Simplicity" anstrebten.

I. Methodismus und Literatur - Ergebnisse der Kapitel I - V 1. Die Ausbreitung des Methodismus im 18. Jahrhundert Im 18. Jahrhundert gab es in England zweifellos schwerwiegende Mängel in der seelsorgerlich-geistlichen Betreuung der Gläubigen sowie eine in allen christlichen Kirchen des Landes zu beobachtende spirituelle Auszehrung durch starke rationalistische und deistische Tendenzen. Dies veranlaßte bereits die Zeitgenossen aber auch spätere Historiker zu einer insgesamt deprimierenden Bestandsaufnahme der kirchlichen Situation und des religiösen Lebens. Jüngeren Quellenforschungen zufolge ist jedoch bei diesem düsteren Gesamturteil vielfach zu wenig berücksichtigt worden, daß zeitgenössischer Zweckpessimismus und der hyperbolische Charakter bestimmter kontroverstheologischer und pastoraler Äußerungen oder satirischer Angriffe die Lage schlimmer darstellten, als sie in Wirklichkeit war. Immerhin gab es oder entstanden gerade zu jener Zeit eine Reihe karitativer Organisationen, privater religiöser Vereinigungen. An verschiedenen Orten traten mit dem Zustand der Kirche unzufriedene Geistliche auf, deren Wirken darauf hinauslief, die zahlreichen Mißstände in ihrem Einflußbereich durch persönlichen Einsatz abzustellen. Der Holy Club in Oxford, der sich aus historischer Retrospektive als Keimzelle der größten religiösen Erneuerungsbewegung des 18. Jahrhunderts darstellt, war in den dreißiger Jahren zunächst nur eine von vielen zeitgenössischen Gruppen, die ihr eigenes Glaubensleben neu ordnen und vertiefen wollten. 263

Die Existenz des Holy Club und ähnlicher Zusammenschlüsse deutet auf ein weitaus stärkeres Bedürfnis nach einer Neubelebung des kirchlichen und religiösen Lebens, als es der Gesamteindruck der Kirche vermuten ließ. Der starke Zulauf zu den Methodisten praktisch seit Beginn ihres öffentlichen Wirkens ist ein weiteres Anzeichen für vorhandene Nachfrage nach zusätzlichem religiösen Angebot. John Wesley und George Whitefield zogen sich durch ihren selbstlosen Einsatz und durch unkonventionelle Verkündigungsmethoden zwar Spott und Ablehnung weiter Kreise zu, begeisterten aber mit ihrer frohen Botschaft, ihrem Charisma und ihrem Einfallsreichtum abseitsstehende und aktive Christen gleichermaßen. Ihre Rekrutierung fähiger Laienprediger, die Unterstützung von deren missionarischer Tätigkeit durch aufgeschlossene Geistliche und adelige Gönner im Umkreis von Lady Huntingdon sowie die zahlreichen, oft freundschaftlichen Kontakte der methodistischen Führer untereinander auch nach der Trennung Wesleys und Whitefields erklären zum Teil die große Flächenwirkung der methodistischen Erneuerung. Die rasch wachsende Zahl der Anhänger und die reaktionsschnelle Mobilität der Prediger sorgten in weiten Teilen Englands und in den Zentren der industriellen Revolution ebenso wie in den überseeischen Kolonien für neuartige religiöse Zusammenkünfte und ein erweitertes kirchliches Angebot, wo es gebraucht wurde. Gegenüber der Staatskirche erwiesen sich die Methodisten durch ihre Nähe zur Basis und ihre Organisationsstrukturen in vielfacher Hinsicht überlegen. Während eine etwa aus pastoralen Gründen notwendige Neugründung einer anglikanischen Pfarrei vom Parlament gebilligt werden mußte, konnten die Methodisten vor Ort aus ihrer Kenntnis der Lage heraus Probleme durch Eigeninitiativen wirksam bekämpfen. Dabei war etwa die Einsetzung von Laienpredigern oder die Bildung weiterer Predigtkreise Wesleys Antwort auf neuen personellen Bedarf und zusätzliche religiöse Betreuung, während Newton als Kurat von Olney Gebetsstunden am frühen Morgen einführte, kindgerechten Bibelunterricht für die Jüngsten veranstaltete oder Gesprächskreise in Privathäusern abhielt und Henry Venn regelmäßig zu gut besuchten "kitchen meetings" in sein Pfarrhaus von Yelling einlud, wo er 1771 hingezogen war. Solch flexible Methoden bei der Gemeindekatechese, die sich an alle wandte, religiöses Wissen systematisch auch an Außenstehende vermittelte und durch ein breites Angebot der Kontaktaufnahme die Abseitsstehenden in die Gemeinschaft hereinholte, waren nur dadurch möglich, daß die Last der Evangelisation auf viele Schultern verteilt war. Ohne solches Mittragen hätten die führenden Vertreter wie Wesley und Whitefield nicht den sich 264

bald abzeichnenden Erfolg erzielen können. Angesichts der zeitgenössischen Klagen über Mißbrauch bei der Vergabe kirchlicher Ämter, über die Abwesenheit der Geistlichen von ihren Gemeinden infolge von Ämterhäufung ("non-residence") und über die Teilnahmslosigkeit und Lauheit der Kirchenmitglieder mutet der Erfolg der Methodisten besonders eindrucksvoll an. Die zahlreichen methodistischen Publikationen erwiesen sich als unentbehrliche Hilfe zur geistigen und geistlichen Konsolidierung und Koordinierung der verschiedenen Aktivitäten. Theologisch entwickelten sich im Laufe der Zeit zwar verschiedene Richtungen des Methodismus, doch die Wertschätzung eines gezielten und wirkungsvollen Einsatzes der Druckerpresse war den einzelnen Gruppen ebenso gemeinsam wie ihre Vorliebe für die neuen mitreißenden Hymns, für bekenntnishafte autobiographische Literatur oder für ihre gruppenspezifischen Zeitschriften.

2. Die methodistischen Predigten Auch die aufrüttelnden Predigten, mit denen die Methodisten vorwiegend jene Gläubigen ansprachen, welche die Staatskirche nicht mehr erreichte, fanden weiteste Verbreitung in gedruckter Form und sicherten so einen nachhaltigeren Eindruck als der bloße mündliche Vortrag. Als gesammelte Werke stellen die Predigtausgaben der großen Prediger zugleich den gesamten Korpus ihrer Theologie dar, wie man sie sonst bei den Methodisten in ähnlich konzentrierter Form nur in den Hymn-Books findet. Das Studium der umfangreichen methodistischen Predigtliteratur macht zunächst die eindrucksvolle Mannigfaltigkeit und Verschiedenartigkeit deutlich. Aus vielen Gründen gab es keinen einheitlichen „Typ" des methodistischen Pedigers oder der methodistischen Predigt. Stellt man bei den Laienpredigern noch fest, daß sie zum Teil stilistische, rhetorische und gattungstechnische Anregungen von ihren akademisch gebildeten Führern und Vorbildern übernehmen, so ist insgesamt und insbesondere bei den aus der etablierten Kirche kommenden Geistlichen eine Fülle individuell-charakteristischer Predigtstile zu beobachten. Die Methodisten schätzten den daraus erwachsenden Reichtum an zugkräftigen Predigten, die durch Herkunft, Bildung, Naturell und den theologischen Standpunkt des Predigers geprägt waren, als ,providentiell' gewollt. Auch als Predigerpersönlichkeiten unterschieden sich die führenden Methodisten sehr stark von einander. Die Prediger entwickelten mitunter besonders stark hervorstechende individuelle Züge, so daß in kurzer Zeit 265

der Hörer oder Leser eine bestimmte Erwartungshaltung im Hinblick auf Thematik, Sprache, Temperament und Publikumswirksamkeit mit dem betreffenden Namen verband. Doch in der Regel lagen die Fähigkeiten der Prediger auf mehreren und recht unterschiedlichen Gebieten, wie beispielsweise Wesleys Urteil über John Berridge veranschaulicht. Mr. Berridge seems to be o n e o f the m o s t simple, as well as m o s t sensible, m e n o f all w h o m it p l e a s e d G o d t o e m p l o y in r e v i v i n g p r i m i t i v e C h r i s t i a n i t y . T h e y c o m e n o w 12 o r 14 m i l e s t o h e a r h i m . H i s w o r d is w i t h p o w e r : h e s p e a k s as p l a i n a n d h o m e a s J o h n N e l s o n , b u t w i t h all t h e p r o p r i e t y o f M r . R o m a i n e , a n d the t e n d e r n e s s o f M r . H e r v e y . 1

Wesleys treffende Charakterisierung der Predigerqualität des John Berridge hebt die elementaren Anforderungen an eine repräsentative Predigt hervor, denen die Methodisten bei aller Individualität gerecht zu werden versuchten. "Plainness", "propriety" und "tenderness" geben den Ausführungen eines Predigers Gewicht und Wirkungskraft: "he speaks with power". Zunächst ist es eine einfach-klare und treffende Ausdrucksweise ("piain and home"), durch die der Prediger überhaupt sein Hauptanliegen verwirklichen konnte, nämlich seinen Zeitgenossen in verständlicher Sprache von der Liebe Gottes zu erzählen, damit eine Bewußtseins- und Verhaltensänderung im Hörer zu bewirken und so die Welt durch das Leben in der Nachfolge Christi „menschlicher" zu machen. Ein Vergleich etwa Tillotsons 2 mit methodistischen Predigern macht jedoch die Weiterentwicklung und den neuartigen Ansatz der Methodisten deutlich. Inhaltlich-thematisch sind die Predigten der Methodisten keine wissenschaftsphilosophischen Abhandlungen über abstrakt-zeitlose Glaubenswahrheiten aus den Bereichen der systematischen Theologie oder Moraltheologie. Sie berücksichtigten vielmehr von Anfang an ganz bestimmte Menschen und ihre spezifischen Umstände, indem biblischer Text, Hörersituation und die Person des Predigers reflektiert und in eine Wechselwirkung zueinander gebracht wurden. Das bedeutet sprachlich, daß sich die Prediger bei einem Publikum, das sich vorwiegend aus niederen sozialen Schichten mit geringer Bildung zusammensetzte, eher einer relativ schmucklosen, volkstümlichen Homilie in der Volkssprache 1

2

Wesley in einem Brief an Lady Huntingdon, 1.3.1759, zitiert bei Tyerman, Wesley's Life, II, S. 324. Tillotson forderte und praktizierte bereits im 17. Jahrhundert .Einfachheit' und .Verständlichkeit' und galt als so bedeutender und einflußreicher Prediger, daß Dryden, Addison und Locke ihn als Vorbild für jeden Prosaschriftsteller empfahlen. Schöffler, Protestantismus und Literatur, S. 136.

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bedienten. „Dem Volk aufs Maul zu schauen" mußte ein akademisch gebildeter Prediger freilich erst lernen, wie Wesley in einem Brief an den Geistlichen Samuel Furly aus eigener Erfahrung zugibt: When I had been a member of the University about ten years, I wrote and talked much as you do now. But when I talked to plain people in the Castle or the town, I observed they gaped and stared. This quickly obliged me to alter my style and adopt the language of those I spoke to. And yet there is a dignity in this simplicity, which is not disagreeable to those of the highest rank. 3

Manche gedruckte Predigt läßt mit ihren lateinischen und griechischen Zitaten und den unmittelbar folgenden Übersetzungen noch die Schwierigkeit einzelner Prediger ahnen, auf in gebildeten Kreisen selbstverständliche Rückgriffe auf allgemein nicht zugängliches Bildungsgut zu verzichten und sich auf das Niveau der angesprochenen Hörer und Leser einzustellen. In dieser Übergangsphase ist besonders bemerkenswert, daß Wesley die von ihm geforderte .einfache' Sprache, der er hier "dignity in this simplicity", im Brief an Lady Huntingdon "propriety" zuerkennt, ausdrücklich nicht als Kommunikationsmittel versteht, das sich ausschließlich an Leute einfacher Herkunft wendet. Der literarästhetische Fortschritt besteht also in der Propagierung und Anwendung volks- und gehoben umgangssprachlicher Ausdrucksweise als Stilideal auch für höchste soziale Schichten ("the highest class"). Selbstverständlich begünstigte das ex tempore-Predigen der Methodisten die Abkehr von der immer noch geschraubten Redeweise frühklassizistischer Prediger und die Hinwendung zur natürlichen Sprechweise, was sich auch auf den Schreibstil niederschlug. So werden rhetorische Figuren in der methodistischen Predigt in der Regel sparsam aber wirkungsvoll eingesetzt. Meistens sind es einfachere Formen wie Antithesen, Wechsel von rhetorischer Frage und emphatischem Ausruf, Wiederholungen und parallel konstruierte Satzteile oder Abschnitte, die Akzente im Gedankengang der Ausführungen setzen. Die spektakuläre, heute nur noch aus beweiskräftigen zeitgenössischen Quellen zu erschließende persönliche Wirkung der einzelnen Prediger und verschiedene massenpsychologische Einflüsse müssen aber gesondert berücksichtigt werden, wenn man nicht Gefahr laufen will, anhand der gedruckten Predigten zu einer unzutreffenden Einschätzung ihrer Rezeption im 18. Jahrhundert zu gelangen. Die Methodisten betrachteten ihre Predigt nicht in erster Linie als literarische Übung, sondern als Mittel zum Zweck. Die Trostfunktion und l

JWL,

15.7.1764.

267

der durch die Predigt in Gang gebrachte Lernprozeß und die konkrete Veränderung des christlichen Zusammenlebens waren das angestrebte Ziel, das notfalls auch Zugeständnisse an die sprachliche Qualität erforderte. Die pastoral-seelsorgerliche Funktion hatte bei den Methodisten auf jeden Fall Vorrang vor der ästhetischen. Dies wird auch bei jenen Predigern deutlich, deren sprachliche Qualität kritische Zeitgenossen rügten, deren seelsorgerlichen Erfolg und deren Bekehrungskraft sie aber uneingeschränkt lobten. Lassen sich an den gedruckten Predigten strukturell unschwer bewährte Vorbilder der englischen Predigtrhetorik des 17. Jahrhunderts erkennen, so fallen als neu der auffällige Rückgriff auf Formulierungen, Bilder und Gleichnisse der Heiligen Schrift und eine starke Vorliebe für expositorische Predigten auf. Vorzugsweise sprachen die Prediger in der ersten Person und wählten die zweite für die Anrede. Dies allein erklärt nicht die Betroffenheit und das Gefühl vieler Hörer, der Prediger ziele mit seinen Ausführungen ausschließlich auf ihre aktuelle persönliche Situation. Die Prediger versuchten, meist erfolgreich, den ganzen Menschen anzusprechen und entwickelten ein gutes Gespür gerade für die Ansprache nichtkognitiver Bereiche des Menschen, eine Fähigkeit, die Wesley an "the tenderness of Mr. Hervey" erinnerte. Frühere Prediger wandten sich vorwiegend an den Verstand und glaubten mit diesem Kurs eine sichere via media zwischen .Dogmatismus' auf der einen und .Enthusiasmus' auf der anderen Seite gefunden zu haben. 4 Autobiographische Quellen aus dem 18. Jahrhundert belegen dagegen, daß die Botschaft der Methodisten nicht nur verstandesmäßig akzeptiert, sondern in ihrer Wirkung auch sehr stark gefühlsmäßig erfaßt wurde. Die gerade anfangs häufig zu beobachtenden Zusammenbrüche von Hörern und die in Tagebüchern beschriebenen Zustände tiefster Depression oder überschäumenden Glücksgefühls als Reaktion auf eine Predigt waren extreme, aber nicht seltene Folgeerscheinungen, die ein Schlaglicht auf die potentielle Intensität methodistischer Predigten werfen. Häufig wurde diese Wirkung emotional noch verstärkt durch die vor oder nach den Predigten gesungenen mitreißenden Hymns. The word is everywhere like a hammer, breaking the rock in pieces. People fall down, cry out most bitterly, and struggle s o vehemently, that five or six men can scarce hold them. It is wonderful to see how the fear of the Lord falls even upon unawakened sinners. When we enter a new village, the people stare and laugh, and rail abundantly; but when we have preached night and morning, 4

Downey, 18th Century Pulpit, S. 15.

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and they have heared the outcries of wounded sinners, they seemed as much alarmed as if the French were at their doors. [...] At first, they only sing; afterwards they join reading and prayers to singing; and the presence of the Lord is greatly with them. [...] At Orwell, ten people were broken down in one night, only by hearing a few people sing hymns. At Grandchester, a mile from Cambridge, seventeen people were seized with strong convictions last week, only by hearing hymns sung. 5

3. Die großen eigenen Zeitschriften Angesichts der zunächst kleinen Gemeinschaft und der verstreut lebenden Mitglieder waren die methodistischen Zeitschriften ein wirkungsvolles und gern benütztes Medium, den Glauben zu stärken, die Bildung zu fördern und das Zusammengehörigkeitsgefühl zu steigern. Die sich herausbildenden drei methodistischen Richtungen gründeten ihre eigenen Zeitschriften als Sprachrohr für ihre grundsätzlichen theologischen und religiösen Aussagen und als Informationsquelle über den Fortschritt ihres Reformwerks sowie über das Leben und Sterben einzelner Mitglieder. Daneben befriedigten sie vorwiegend die offensichtliche Nachfrage nach religiöser Belehrung und belehrender Unterhaltung für ein Publikum, das praktisch von keiner anderen Zeitschrift als potentielle Leserschaft anvisiert wurde. Niveau und Inhalt waren zugeschnitten auf die soziologisch- und religiös-gruppenspezifischen Bedürfnisse der Leser, die nicht zuletzt durch ihren starken Gemeinschaftsgeist zu einer relativ homogenen Erwartungshaltung geführt wurden. Die inhaltlichen Schwerpunkte der Zeitschriften sind quer durch die verschiedenen Publikationen annähernd gleich: kontroverstheologische Artikel, Predigten, Bekehrungsberichte, Lives, Briefe und Gedichte. Deutlich geprägt wurden die Zeitschriften von den Zielen und Standpunkten der jeweiligen Herausgeber und von dem gemeinsamen Bemühen, eine Art enzyklopädisches Wissen aus den verschiedensten Bereichen populärwissenschaftlich der Aufnahmefähigkeit der Leser anzupassen. Diese Absicht - "to learn und propagate the best that has been said and thought in the world", 6 wie Wesley es formulierte, war nicht immer erfolgreich, wie die Beschwerden über den hohen Schwierigkeitsgrad mancher Beiträge belegen. 5

Berridge an Wesley, 16.7.1759, zitiert bei Tyerman, Wesley's Life, II, S.332. AM 1778, I, S.V1.

6

269

The Weekly History Die Wochenschrift The Weekly History zeigt inhaltlich noch am deutlichsten, daß sie als Reaktion Whitefields auf die Trennung von Wesley hervorgegangen ist. Das durch die Spaltung angeschlagene Selbstbewußtsein der Anhänger erforderte in besonderem Maße Hilfestellung durch das geschriebene Wort, welches die aktuelle Entwicklung wöchentlich ohne große, drucktechnisch bedingte Verzögerung kommentieren konnte. Umfang und Inhalt lassen erkennen, daß Whitefield die Vorteile eines „Massenmediums" wie der Zeitung experimentierend anwandte und als vordringlichstes Anliegen die Formierung neuer Geschlossenheit und Einigkeit unter seinen Anhängern verfolgte. Diesem Ziel diente die starke Lesermitarbeit in Form von bekenntnishaften Zuschriften und die Berichterstattung aus verschiedenen Quellen über das Voranschreiten des Reformwerks. Die Beiträge über Verfolgungen exponierter Methodisten rückten ihre Glaubensverbreitung in die Nähe frühchristlicher Drangsale, machten Mut zu eigenem unerschrockenen Bekennertum und übten zweifellos einen starken Solidarisierungseffekt auf die Leser aus. Wichtig für die Entwicklung des Geschmacks der Bezieher der Weekly History waren die Publikationsankündigungen und Buchempfehlungen, die dem immer wieder geäußerten Wunsch nach religiöser Unterweisung und erbaulich-unterhaltender Lektüre Rechnung trugen. The Gospel Magazine Fällt bei der Weekly History der versöhnliche, respektvoll-freundschaftliche Ton bei der Behandlung kontroverser Fragen auf, so macht beim Gospel Magazine die zuweilen aggresiv verfochtene kalvinistische Einstellung betroffen. Die Mitarbeiter und mehrfach wechselnden Herausgeber waren fast durchwegs führende Männer der späteren Evangelikaien, die sich zum Ziel gesetzt hatten, die kalvinistische Position mit beweiskräftigen Auszügen aus theologischen Werken und scharfen Ausfällen gegen Wesley kompromißlos zu vertreten. Die Konzeption als religiöse Zeitschrift und reichhaltige Lektürequelle für möglichst viele Leserinteressen sicherte erstaunliche Absatzsteigerungen und eine ständig wachsende Zahl an Leserbeiträgen. Deutlich zeigt ein Vergleich der strukturellen Gliederung und redaktionellen Schwerpunkte mit anderen zeitgenössischen Zeitschriften, daß die Herausgeber an solchen Vorbildern gelernt haben, eine klare Einteilung ihres Blattes mit regelmäßig aufgegriffenen Interessens- und Wissensgebieten vorzunehmen. Der Leser wußte bald, was er an welcher Stelle des Magazins erwarten konnte. 270

Die Tendenz, den Leserstamm nicht nur als religiöse Gemeinschaft zu begreifen, äußerte sich in den Versuchen, gesellschaftlich und wirtschaftlich relevante Nachrichten in die Informationen zu integrieren und auf Veränderungen des geistesgeschichtlichen und naturwissenschaftlichen Selbstverständnisses zu reagieren. Die vorübergehende Aufnahme landespolitischer und internationaler Nachrichten sowie von Berichten über Ereignisse und Vorfälle in unmittelbarem Umkreis der Bezieher der Zeitschrift war eine Form der Anpassung an sich verändernde Erwartungen, die physiko-theologischen Abhandlungen ab etwa 1770 eine andere. Läßt sich bei letzteren der Versuch ausmachen, naturwissenschaftlichen Fortschritt in einen theologischen Rahmen einzubinden und an den wissenschaftlich aufgezeigten Zusammenhängen Gottes Handschrift nachzuweisen, so stellt bei den Nachrichten aus Politik, Wirtschaft und Gesellschaftsleben meist ein didaktischer Kommentar - oft gewaltsam einen religiösen Bezug her. The Arminian

Magazine

Das Arminian Magazine war ursprünglich als Sprachrohr für Wesleys arminianischen Methodismus konzipiert und als Waffe gegen den Kalvinismus anderer Methodisten gedacht, gegen "the deadly poison spread through England, chiefly by means of those pestilent declamations, The Gospel and The Spiritual Magazine" J Daß Wesley einem solchen Forum große Bedeutung beimaß, geht nicht zuletzt daraus hervor, daß er noch im Alter von 75 Jahren diese neue Aufgabe anging und zwar, wie die Geschichte zeigte, mit beachtlichem Erfolg. Seine Zeitschrift hat seit der Gründung 1778 zwar mehrmals den Titel gewechselt, aber bis heute sein Erscheinen nicht unterbrochen. Sie ist seit 1927 unter dem Titel Methodist Magazine wohl als eine der ältesten Zeitschriften auf dem Markt. Das Arminian Magazine vermied weitgehend den kontrovers-theologischen Schlagabtausch und griff so gut wie nie Positionen der Gegenseite auf. Insgesamt macht das Arminian Magazine daher einen ausgeglicheneren, souveräneren Gesamteindruck. Es erscheint erhaben über kleinliches Parteiengezänk und vermochte wohl gerade durch diese Haltung am ehesten von der Richtigkeit seiner Position zu überzeugen. Untertitel, redaktionelle Vorworte und Kommentare sowie lange Auszüge aus Artikeln des 17. und 18. Jahrhunderts machen deutlich, daß die Zeitschrift hauptsächlich theologische Informationen über "universal redemption" 7

Brief an Thomas Taylor, 15.1.1778, zitiert bei Tyerman, Wesley's Life, III, S.284.

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bieten wollte. Die arminianische Auffassung wurde daher so dargestellt, als gäbe es keine vernünftige Alternative dazu, die eine ernsthafte Auseinandersetzung damit verdiente. Wie das Gospel Magazine so enthielt das Arminian Magazine eine Fülle von Auszügen aus ganz unterschiedlichen Quellen, "for those who have little time and money to spare", wie Wesley einmal sein eklektizistisches Lektüreangebot begründete, als er die Christian Library herausbrachte.8 Der zum Teil sehr anspruchsvolle Inhalt läßt nicht nur immer wieder Wesleys breite akademische Bildung durchscheinen. Er ist auch ein Indiz für die sozialen Veränderungen in der Zusammensetzung der Anhängerschaft und läßt Wesleys Auffassung erkennen, daß Bildung im weitesten Sinne damit beginnt, daß die Lernziele stets etwas über der vermeintlichen Kapazität der Lernenden anzusetzen seien.9 Soziale Mißstände greift das Arminian Magazine gelegentlich auf, während naturwissenschaftliche und medizinische Phänomene großen Raum einnehmen. Sie enthüllen häufig erstaunliche Fälle göttlicher Providenz, die Glauben und Phantasie der Leser gleichermaßen beschäftigt haben dürften. Sprachlich und stilistisch wirken die Zeitschriften schon dadurch uneinheitlich, daß ihr Inhalt aus Quellen gespeist wird, die sich über etwa zweihundert Jahre erstrecken. Die theologische Abhandlung aus dem 17. Jahrhundert steht neben dem zeitgenössischen Bekehrungsbericht, die Predigten aus verschiedenen Jahrzehnten findet man neben aktuellen Leserbriefen, Gedichte aus dem 17. und 18. Jahrhundert sind reich vertreten. Gemeinsam ist den verschiedenen Herausgebern die Vorliebe für den Brief, der für kasuistische Auseinandersetzungen ebenso verwendet wird wie für das geistliche Wort zu Glaubens- oder Gewissensfragen und der eine rege Beteiligung der Leser zuläßt. Die persönlichen Bekenntnisse der Leser sind Belege für die von ihnen als "practical and experimental" erfahrene Religion. Die in Briefen veröffentlichten "accounts and Ά Christian Library (1750), 30 Bde. (1819-27), Bd.I, "Preface". Vergleiche die Einstellung seines Bruders Charles gegenüber der Aufnahmefähigkeit von Kindern. Charles Wesley vergleicht seine Art, in Kirchenliedern zu Kindern zu sprechen, mit der des Independenten Watts: ' 'There are two ways of writing or speaking to children: the one is, to let ourselves down to them: the other, to lift them up to us. Dr Watts has written in the former way, and has succeeded admirably well, speaking to children as children, and leaving them as he found them. The following hymns are written on the other plan: they contain strong and manly sense, yet expressed in such plain and easy language as even children may understand. But when they do understand them, they will be children no longer, only in years and in stature." Charles Wesley, Hymns for Children (1764), "Preface".

9

272

experiences" bilden rasch ein Gegengewicht zu den historischen Reminiszenzen der Kirchengeschichte oder der weiter zurückliegenden Entwicklungen des Methodismus und spiegeln die zeitgenössische religiöse Situation besonders treffend. Die Dichtungsspalte enthüllt die Stärken und Schwächen methodistischer Lyrik, die in gereimten Bibelparaphrasen, den neuen Hymns und Gelegenheitsgedichten von beträchtlicher Länge und fast ausnahmslos religiösem Inhalt liegen. Die Neigung, Gotteserfahrung und lyrisches Naturerleben miteinander zu verbinden, wird in der Dichtung ebenso deutlich wie in den Lives. Am weitesten legt Wesley den Begriff religiöser Dichtung aus. Seine Zeitschrift bringt Beispiele von den Metaphysicals bis Blake, während das Gospel Magazine eher die Grenze bei Gedichten in klassizistischer Manier und den Hymns zieht. Wesley richtet sich nicht nur nach dem herrschenden Literaturgeschmack, wie etwa seine Vorliebe für George Herbert zeigt.10 Seiner Auffassung nach wählt jede Epoche die ihr eigene Ausdrucksform, die von Nachfahren nicht deswegen abgelehnt werden dürfe, weil sie selbst sich anders, eben ihrer Zeit gemäß, ausdrückt. Dieser liberalen Einstellung Wesleys stehen seine strengen Stilanweisungen an seine Anhänger gegenüber. Mit dem Rückgriff auf Essays im Character-StW und auf allegorischemblematische Darstellungen nahm das Gospel Magazine althergebrachte Gattungen wieder auf. Die didaktischen Möglichkeiten dieser Genres eröffneten weiten Spielraum dafür, belehrend durch Generalisieren und Typisieren Handlungs- und Verhaltensnormen aufzuzeigen. Darüber hinaus besaßen sie großen Unterhaltungswert und verbanden damit auf vorzügliche Weise die Forderung "docere et delectare". Die dem Character-Essay, den Allegorien und Emblemen eigene moralische Befrachtung färbte auch auf andere Ressorts des Gospel Magazine ab, wie die moralisierenden Kommentare zur verbreiteten Armut und anderen sozialen Mißständen zeigen. Hier machte sich freilich besonders stark die Fluktuation der Herausgeber bemerkbar, die sich abwechselnd in stärker säkularisierenden oder moralisch-religiösen Tendenzen auswirkte.

10

Siehe Th.W. Herbert, John Wesley as Editor and Author (Princeton, 1940) über Wesleys Leistung als Herausgeber. Über Wesleys Herbert-Rezeption siehe S. Köppl, Die Rezeption George Herberts im 17. und 18. Jahrhundert (Heidelberg, 1978), S. 176ff.

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4. Die verschiedenen Formen autobiographischer Literatur Die methodistischen Zeitschriften spielten nicht zuletzt eine wichtige Rolle in der Verbreitung der verschiedenen Formen autobiographischer Literatur, welche von den Methodisten besonders gern gelesen wurde und dazu anregte, eigene Aufzeichnungen anzulegen und zu veröffentlichen. Von der inneren Bereicherung des Lesers einmal ganz abgesehen, hatte diese Literatur zunächst eine psychologische, längerfristig auch eine literarästhetische Wirkung, die man wohl nicht hoch genug einschätzen kann. Die weit im Land verstreut lebenden Anhänger, die ihre Geistlichen und Prediger besonders in den Anfangsjahren des Methodismus oft nur in langen Zeitabständen sahen, konnten durch die detaillierten Berichte im Geiste intensiv an der Entwicklung des methodistischen Reform- und Missionswerks teilnehmen. Die in den autobiographischen Aufzeichnungen beschriebenen Erfolge und offen eingestandenen Niederlagen beim Aufbau der methodistischen Organisationsstrukturen waren Ansporn und Trost zugleich für einen von vielen Seiten angefeindeten Methodisten fernab von Gleichgesinnten. Nicht nur in seiner anfänglichen Isolierung vermittelte ihm die Lektüre jene Aufmunterung, die vom Zugehörigkeitsgefühl zu einer starken Gemeinschaft ausgeht. Die Väter des Methodismus erkannten diese Funktion der autobiographischen Veröffentlichungen und nützten die ihnen zur Verfügung stehenden oder eigens von ihnen ins Leben gerufenen Publikationsmittel, um ihren Anhängern Hilfe und Zusammenhalt durch das geschriebene Wort anbieten zu können." Diese rasche Umsetzung aktueller Erlebnisse und zeitgenössischer Lebensläufe in gedruckte Form in einer bis dahin nicht erreichten Verbreitung erhöhte die wirkungs- und geschmacksgeschichtliche Bedeutung dieser literarischen Kleinform. Die Sonderstellung der methodistischen Autobiographie wird zunächst schon bei einem Vergleich mit anderer Memoirenliteratur deutlich. Bekanntlich ermunterten bereits im 17. Jahrhundert religiöse Gruppen wie die Puritaner oder die Quaker ihre Anhänger dazu, Tagebuch zu führen oder Bekehrungsberichte zu schreiben. Vom mündlichen Vortrag im kleinen Kreis Gleichgesinnter oder von seltenen, meist apologetisch 11

Siehe Weekly History, Nr. 33, 21.11.1741, S. 3, " A n Account of Mr. Cennick's Persecution . . . " , wo Cennick die Veröffentlichung seiner Verfolgung damit begründet, "that when the Brethren who are scattered abroad shall hear of it, they also may be thereby encourag'd to bear with Patience the Cross in such seasons, and know that though the Lord seems to bear long with the Evil his Children suffer, yet will avenge them speedily. ' '

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motivierten repräsentativen Beispielen abgesehen, lag eine Veröffentlichung bei Lebzeiten nicht im Interesse des Verfassers. Nicht-religiöse, private Aufzeichnungen im Stile der Memoiren einer Letitia Pilkington wurden aus vordergründig-eigennützigen Motiven veröffentlicht, wie die Autorin verklausuliert einräumt. Bei den meisten Autobiographen des 17. und 18. Jahrhunderts ist jedoch der deutliche Wunsch offenkundig, ihre Aufzeichnungen bei Lebzeiten geheim zu halten. Der bekannteste Beweis für diese Einstellung ist wohl Pepsys' Tagebuch. Pepsys führte seine Eintragungen in Kurzschrift nach Sheltons Tachygraphy aus und verschlüsselte die besonders delikaten Stellen zusätzlich durch französische, lateinische, griechische und spanische Ausdrücke. Rezeptionsgeschichtlich ist bei diesem vielbeachteten Tagebuch interessant, daß es zwar den Berichtszeitraum von 1659-1669 umfaßt, aber erst 1825, und auch dann nur auszugsweise, veröffentlicht wurde. Das war einige Jahre nach dem großen Erfolg der Tagebücher seines Zeitgenossen John Evelyn, die selbst erst 1818 auf den Markt gekommen waren. Die methodistischen Selbstdarstellungen des eigenen Sellenlebens und des engagierten Einsatzes im Rahmen der Gemeinschaft erzielten dagegen eine raschere Wirkung. Sie übten nämlich unmittelbar und fortlaufend großen Einfluß auf die Anhänger aus. Berücksichtigt man dabei, daß die breite Masse der Methodisten bis auf wenige Ausnahmen ohne höhere Bildung war, wird verständlich, daß viele Leser die veröffentlichten Lebensbeschreibungen gleichsam als Muster für eigene literarische Übungen ansahen und Struktur, Inhalt und sogar charakteristische Formulierungen daran ausrichteten. Gerade im religiösen Bereich, wo es vielen Menschen schwerfällt, ihre Stimmungen und Gefühle in Worte zu kleiden, war man weitgehend versucht, literarische Vorbilder zu übernehmen, zumal die veröffentlichten Beschreibungen der inneren Entwicklung und äußeren Drangsale zahlreiche Identifizierungsmöglichkeiten für einen Leser und literarischen Autodidakten boten. Inhaltlich stehen die methodistischen Autobiographien auch in auffälligem Gegensatz zu der sich im 18. Jahrhundert ebenfalls herausbildenden fruchtbaren und artenreichen Gattung des .Tagebuchs eines Landpfarrers'. William Jones, George Ridpath, William Cole oder „Parson Woodeforde", alle Akademiker und Absolventen der Universitäten Oxford oder Cambridge, sind vielleicht die bekanntesten Repräsentanten dieser Kleingattung, deren Tagebücher zum Teil in jüngster Zeit publiziert worden sind.12 Auch ihre Aufzeichnungen waren ursprünglich nicht für 12

Siehe Fothergill, Private Chronicles,

S.24ff.

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die Öffentlichkeit bestimmt. Inhaltlich sind sie mehr von der Routine des Kirchenjahres u n d der sozialen Stellung ihrer Autoren als von der Gemeinsamkeit geistlicher Anliegen u n d Ansichten geprägt. Die literarische Stärke u n d Neuartigkeit der methodistischen Lives u n d Tagebücher wird im Vergleich mit diesen A u f z e i c h n u n g e n anglikanischer L a n d p f a r r e r noch deutlicher bewußt. In den autobiographischen Bekenntnissen der Methodisten steht nämlich das I n d i v i d u u m u n d seine ureigene religiöse E r f a h r u n g im M i t t e l p u n k t der Beschreibung. Psychische Zustände, E m p f i n d u n g e n u n d G e f ü h l e werden mit solcher Aufrichtigkeit u n d ungeschminkter I n t r o s p e k t i o n offengelegt, wie das f ü r diese Zeit einmalig ist. Die A u t o r e n versuchen, innere Vorgänge u n d daraus resultierende Einsichten u n d Verhaltensänderungen empirisch einleuchtend darzustellen. Dazu dienen die exakte Wiedergabe von Gesprächen u n d Situationen, die detaillierte A n g a b e von n a c h p r ü f b a r e n F a k t e n , von Augenzeugenberichten oder der ö f t e r s abgewandelte Hinweis des jeweiligen zeitgenössischen Herausgebers, " t h a t he [the a u t h o r ] relates w h a t he saw with his o w n eyes a n d heard with his o w n e a r s . " 1 3 Die selbst d u r c h g e m a c h t e , nach methodistischer A u f f a s s u n g weitgehend mitteilbare religiöse E r f a h r u n g ( " e x p e r i m e n t a l religion") sollte dem Leser glaubwürdig vermittelt werden. Dies war nicht n u r ein neues, sondern auch ein schwieriges U n t e r f a n g e n in einer Zeit, in der die Philosophie den Begriff " e x p e r i m e n t a l " vorwiegend nur f ü r j e n e Bereiche des gesicherten Wissens akzeptierte, die einer naturwissenschaftlich-experimentellen Ü b e r p r ü f u n g standhielten. Ein Hinweis von Cowpers F r e u n d J o h n N e w t o n beleuchtet diese verbreitete Einstellung: At a time when hypothesis and conjecture in philosophy are so justly exploded, and little is considered as deserving the name of knowledge, which will not stand the test of experiment, the very use of the term experimental in religious concernments is by too many unhappily rejected with disgust. But we well know, that they who affect to despise the inward feelings which religious persons speak of, and to treat them as enthusiasm and folly, have inward feelings of their own, which though they would, they cannot suppress.14 Viele methodistische A u t o r e n erzielen d u r c h ihr überzeugendes M a ß a n Ehrlichkeit u n d Offenheit bei der Niederschrift ihres Lebenslaufs und ihrer Selbsterfahrung u n d durch plastische, im Detail reiche Sprache den Eindruck lebendiger Selbstdarstellung u n d unmittelbarer menschlicher Nähe. 13 14

Wesley im Vorwort zu Silas Tolds Account. John Newton (Hg.), William Cowper. Poemi (London, 1825), "Preface", 18.2.1782, S.VI-VII.

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Coleridge war von dieser Wirkung so beeindruckt, daß er in einem Brief an Thomas Poole das Vorbild methodistischer Lebenserinnerung selbst dem .langweiligsten Schriftsteller' als garantiertes Erfolgsrezept für ein .spannendes Buch' zur Nachahmung empfahl. 15

5. Wesleys Tagebuch Wesleys Tagebuch vermittelt durch seine Werturteile und Stellungnahmen, seine Beschreibungen, Verallgemeinerungen und Typisierungen des persönlich Interessierenden nicht nur sein Leben sondern auch die Geschichte des Methodismus und das Kulturmilieu seiner Zeit auf einzigartige Weise. Seine Erlebnisfreudigkeit und Offenheit für Eindrücke aller Art, seine konsequente Auswahl aus der Materialfülle und seine Aufgeschlossenheit und scharfe Beobachtungsgabe seiner Umwelt gegenüber machen sein Tagebuch zu einer Fundgrube von hohem sozial-, kultur-, literar- und selbstverständlich religionsgeschichtlichem Aussagewert. Wesley steht den Literaten seiner Zeit nicht nach, wenn es gilt, ein lebendig-kraftvolles, realistisches Bild seiner Umwelt zu zeichnen. Seine Bildung, seine Menschenkenntnis, seine weiten Reisen und seine Vertrautheit mit allen Schichten der Bevölkerung sprechen aus seinen Tagebucheinträgen, die ein farbiges, inhaltsreiches Bild des 18. Jahrhunderts zeichnen. Im Vergleich mit anderen Werken dieser Gattung, etwa Pepsys' Diary, Boswells Life of Johnson oder Walpoles Letters wird die Stärke von Wesleys Tagebuch deutlich. Seine Aufzeichnungen haben nicht das modische Gesellschaftsleben, Klatsch, Karriere, Affären und Politik zum Gegenstand.16 Bei Wesley steht der Mensch im Mittelpunkt in seiner 15

In dem Brief vom 6.2.1797, dem ersten vom fünf auf Bitten Pooles geschriebenen autobiographischen Briefen Coleridges, heißt es: " M y dear Poole I could inform the dullest author how he might write an interesting book - let him relate the events of his own Life with honesty, not disguising the feelings that accompanied them. - I never yet read even a Methodist's 'Experience' in the Gospel Magazine without receiving instruction and amusement: & I should almost despair of that Man, who could peruse the Life of John Woolman without an amelioration of Heart. - " (Bei J. Woolman, 1720-1772, handelt es sich um einen Quaker, dessen Tagebuch 1774 in Philadelphia und 1775 in London veröffentlicht wurde). Siehe Leslie Griggs (Hg.), Collected Letters of Samuel Taylor Coleridge, 6 Bde. (Oxford, 1956), Bd. I, S.302, Brief Nr. 174. 16 "Boswell and Walpole will introduce you to the literary and fashionable world of that century; but if you want to know that great pushing English middle class, coarse often almost to brutality yet serious and inclined to be religious, the men who really did the work and paid the debts and fought the battles of England, - if you want to know these men, read Wesley's Journal." Winchester, The Life of John Wesley, S. 114.

in

Leiblichkeit und Geistigkeit als Geschöpf Gottes. Wesleys Sorge um den Mitmenschen, seine Achtung vor der Würde des Menschen, unabhängig vom sozialen Stand, vom Einkommen oder seiner Bildung wird überall spürbar. Sein Wirken unter den .einfachen Leuten' ermöglicht darüber hinaus einen Einblick in soziale Schichten, wie man ihn bei seinen Zeitgenossen in dieser Ausführlichkeit und Genauigkeit vergeblich sucht. Wesleys feiner Humor und seine knappe, präzise Art des Formulierens äußern sich unaufdringlich und vorteilhaft in seiner einfach scheinenden Sprache, die ein Stilideal praktiziert, das Wordsworth in seinem berühmten "Preface to the Lyrical Ballads" als Abkehr von der poetic diction fordert: " a selection of language really used by men." Edward Fitzgerald, Autor des Rubaiyat of Omar Khayyam, war im 19. Jahrhundert der erste Dichter von Rang, der die Sprache von Wesleys Journal als .reines, ungekünsteltes und unvergängliches Englisch' charakterisierte und lobte.17 Im 18. Jahrhundert enthalten die grundsätzlichen stilkritischen Bemerkungen von Geistlichen zwar häufig einen Lobpreis stilistischer Einfachheit, doch finden wir bei wenigen eine so nahtlose Übereinstimmung von Theorie und Praxis.18 In seinem Brief vom 15.7.1764 an den Geistlichen Samuel Furly und an vielen Stellen seines Tagebuchs drückt Wesley seine Vorstellungen über .guten Stil' aus, der durch Klarheit, Angemessenheit und Würde gekennzeichnet sei. Clearness in particular is necessary for you and me, because we are to instruct people of the lowest understanding. Therefore we, above all, if we think with the wise, yet must speak with the vulgar. We should constantly use the most common, little, easy words (so they are pure and proper) which our language affords. (JWL, Bd. IV, S. 256-258)

Die aus Wesleys Tagebuch zitierten Passagen bieten überzeugende Beispiele für seine schlichte, gepflegte Diktion, die volksnah ist, ohne volkstümlich zu sein. Haushaltsmetaphorik oder vertrauliche Leseransprachen im Stile einfacher Leute wie bei Bunyan sucht man in Wesleys Tagebuch (und zum Teil selbst in Wesleys Bunyan-Ausgaben) freilich 17

In einem Brief an Cowell: "Another book I have had is John Wesley's Journal. If you don't know it, do know it: it is curious to think of this Diary of his running almost coevally with Walpole's Letter Diary, the two men born and dying too within a few years of one another, and with such different lives to record. And it is remarkable to read pure, unaffected, and undying English, while Addison and Johnson are tainted with a style which all the world imitated." Zitiert bei Bett, S. 190. " Schöffler, Protestantismus und Literatur, S. 143.

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vergeblich. Dennoch findet man bei ihm viele sprachliche und stilistische Elemente, die dem umgangssprachlichen Gebrauch des 18. Jahrhunderts entsprechen, etwa die Verwendung von Adjektiven statt Adverbien, das Weglassen von Relativpronomen oder der Konjunktion " t h a t " und einprägsame idiomatische Wendungen." Sparsam eingesetzte, treffende Epitheta bei Beschreibungen und Charakterisierungen erhöhen die Anschaulichkeit seiner Schilderungen ebenso, wie der häufige Einsatz von direkter Rede, Dialogen und seine Vorliebe für Ausrufe und rhetorische Fragen den Eintragungen einen spontanen, abwechslungsreichen Charakter verleihen. Wesleys Eigenart, Feststellungen und Aussagen in Frageund Antwort-Form auszudrücken, hat Auswirkungen bis in die Verwaltungssprache seiner Organisation, welche für die Protokolle der Jahreskonferenzen dieses Vorbild übernahm. Ein anderes auffälliges Stilmerkmal ist die Wiedergabe von Beobachtungen oder Eindrücken in durchnumerierten Katalogen, die nicht nur regelmäßig bei seinen Jahresrückblicken anläßlich seiner Geburtstage selbst im hohen Alter noch seinen „methodistisch' arbeitenden Geist erkennen lassen. Sie finden sich auch in vielen Einträgen und haben die Funktion, auf knappstem Raum unter Verzicht auf verbindende Überleitungen Ordnung und Übersicht zu erzielen.20

II. Einfallsreicher und intensiver Einsatz der Druckerpresse Wie wir gesehen haben, wurden die Ausbreitung des Methodismus und der Vertrieb methodischer Literatur durch viele Umstände begünstigt, nicht zuletzt durch das steigende Interesse am Lesen und die verschiedenen, darauf abgestimmten Publikationsformen. Die Aufspaltung des Methodismus in verschiedene Richtungen ließ die Literaturproduktion ebenfalls anwachsen. " Siehe Vallins, The Wesleys and the English Language, S. 6 0 - 6 8 . Vgl. etwa Wesleys Eintrag vom 18.8.1782 nach seinem Besuch beim Bischof von Exeter, John Ross: "The bishop inviting me to dinner, I could not but observe (1) the lovely situation of the palace, covered with trees, and as rural and retired as if it was quite in the country; (2) the plainness of the furniture, not costly or showy, but just fit for a Christian bishop; (3) the dinner, sufficient, but not redundant; plain and good, but not delicate; (4) the propriety of the company - five clergymen and four of the aldermen; and (5) the genuine, unaffected courtesy of the bishop, who, I hope, will be a blessing to his whole diocese."

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Durch Literaturhinweise in ihren eigenen Zeitschriften, in Predigten oder Tagebuchveröffentlichungen versuchten die Methodistenführer, die Leselust ihrer Anhänger in die rechten Bahnen zu lenken. Hier hatte Wesley gegenüber Whitefield den Vorteil eines gediegenen und seine religiösen und literarischen Aktivitäten seit frühester Jugend anregenden Elternhauses. Er besaß zugleich eine gründliche akademische Ausbildung und die Gabe, seinen reichen Wissensschatz in seine Arbeit umzusetzen und ihn für seine Anliegen fruchtbar und verständlich machen zu können. Schon in seinen jungen Jahren zeichnete ihn eine großzügige Haltung aus, wenn es darum ging, zum Lesen zu ermuntern. 1730 riet er beispielsweise Anne Granville, einer guten Bekannten, zu abwechslungsreicherer Lektüre, als er bei ihr die Gefahr intellektueller Engstirnigkeit durch übertriebene Frömmigkeit drohen sah: [...] as nobly useful as divinity is, 'tis perhaps not advisable to c o n f i n e yourself wholly to it: not only for fear it should tire o n e w h o has been used to variety of subjects, but chiefly for fear it should m a k e y o u less useful to those w h o have the happiness o f your acquaintance; [...] 'Tis incredible what a progress you might make [...] in a year or two's time, could y o u have a fixed hour for each part o f your work. 2 1

Wesleys eigene Belesenheit und die von ihm genutzten technischen Möglichkeiten waren gute Voraussetzungen für sein Vorhaben, auch seine Anhänger mit Lektüre zu versorgen. Während alle Methodistenführer gemeinsam der Überzeugung waren, daß das vorhandene Interesse am Lesen mit geeigneten Angeboten befriedigt werden müsse, war Wesley wohl den meisten auch auf diesem Gebiet überlegen: " I t is certain", wie er formulierte, "that the author of our nature designed that we should not destroy but regulate our desire for knowledge." 22 Dies erforderte im wesentlichen zwei Maßnahmen, nämlich Informationen über förderlichen Lesestoff sowie dessen Herstellung und Vertrieb zu erschwinglichen Preisen.

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JWL, Bd. I,S. 43. JWL, Bd. VII, S. 81.

22

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1. L e k t ü r e - E m p f e h l u n g e n Man kann davon ausgehen, daß empfehlende Hinweise auf Predigtsammlungen, Briefe, Streitschriften, Geschichtswerke, ja, selbst .verbesserte Ausgaben' von Bunyan, Milton oder Young in methodistischen Predigten nichts Ungewöhnliches waren. Da die Propaganda für bestimmte Publikationen während der Predigt aber nur mündlich erfolgte, sind Belege für diese Art von Reklame eher Zufallsfunde. Einen dieser zeitgenössischen seltenen Beweise findet man in einem Kommentar in der Zeitung York Courant vom 6.6.1780. Dort wird Wesley vorgeworfen, seine Predigt in Halifax und Bingley zur Werbung für seine Schrift gegen den Amerikanischen Unabhängigkeitskrieg, A Calm Address, .mißbraucht' zu haben.23 Der Gerechtigkeit wegen sei hinzugefügt, daß die Methodisten mit dieser Mundpropaganda nur aufgriffen, was bei den anglikanischen Geistlichen gängige Praxis war, nämlich durch Literaturhinweise pastoral zu wirken.24 Besonders leicht erreichten die Buch-Empfehlungen potentielle Käufer bei der Lektüre von Zeitungen oder anderen Veröffentlichungen. Die Wirksamkeit solcher Werbung, oft auch in Anzeigenform, wurde gewissermaßen durch die Autorität der Redaktion gesteigert, die hinter dem jeweiligen „Werbeträger" stand. Tausende erhielten so Hinweise auf Titel, von denen sie sonst keine Kenntnisse gehabt hätten. Den Zugang zur Lektüre erschwerte zu der Zeit nämlich nicht nur der Umstand, daß Bücher immer noch verhältnismäßig rar waren, sondern daß der gewöhnliche Leser auch nur schwer erfuhr, was die Lektüre lohnte.25 James Lackington, der als Flickschuster in Bristol Methodist wurde und 1774 mit seinem Fünf-Pfund-Darlehen aus Wesleys "lending-stock" ein Antiquariat mit dem hochtrabenden Namen "The Temple of the Muses" aufmachte, brachte zwar fünf Jahre später bereits seinen ersten Katalog mit über 12.000 Büchern aus zweiter Hand heraus und verkaufte um die Jahrhundertwende bereits 100.000 Bücher pro Jahr, 26 erinnerte sich aber noch am Ende seines Lebens als vielleicht erfolgreichster methodistischer Buchhändler an seine einstige, für viele Zeitgenossen typische Uninformiertheit in Sachen Literatur: 23

Siehe Armstrong, The Church of England ..., S. 71. H. Schöffler, Protestantismus und Literatur (Leipzig, 1922), S.210. 25 A.S. Collins, "The Growth of the Reading Public" (1780-1800)", 19th Century, 1927, S. 749-58. 26 Zu Lackington siehe Ε. M. North, Early Methodist Philanthropy (London, 1914), S. 70ff. und James Lackington, Memoirs und Confessions. 24

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[...] so ignorant were we on the subject, that neither of us knew what books were fit for our perusal, nor what to enquire for, as we had scarce ever heard or seen even any title pages, except a few of the religious sort, which at that time we had no relish for. [Hence] we were ashamed to go into the booksellers' shops; and [...] there are thousands now in England in the very same situation: many, very many have c o m e to my shop, w h o have discovered an enquiring mind, but were totally at a loss what to ask for, and who had no friend to direct them. 2 7

Waren die verschiedenen Informationsformen der Methodisten über ihre Literatur die eine wichtige Maßnahme zur Versorgung der Anhänger mit Lektüre, so hatte die Herstellung und der effektive Vertrieb von Publikationen keinen geringeren Stellenwert in den Überlegungen der führenden Methodisten. Whitefield und die wechselnden Redakteure des Gospel Magazine benutzten ihre Zeitschriften vorwiegend zur Eigenreklame, und die jeweiligen Drucker ihrer Blätter waren die Hersteller und Vertriebsquellen der von ihnen angepriesenen Bücher und Broschüren. Wesley sorgte für ein differenzierteres Druck- und Vertriebssystem, indem er eine ganze Reihe eigener Drucker unter seinen Anhängern mit Aufträgen ausstattete, eigene Lesestände und Verkaufsmöglichkeiten in den einzelnen Andachtsräumen einrichtete und es als eine der Aufgaben seiner Wanderprediger vorschrieb, daß sie ihre Hörer mit dem Wort Gottes und zugleich mit geeigneter Lektüre versorgten.

2. Druck, Vertrieb, Erlös Drucker in den eigenen Reihen zu haben, erwies sich als besonders vorteilhaft, denn meistens waren sie nicht nur Drucker, sondern Verleger und Buchhändler in einer Person und bestimmten mit der jeweiligen Richtung ihres oft dünnen Angebots die Lektüre ihrer Kunden. Unter Wesleys Anhängern gehörten beispielsweise John und George Paramore in London der Druckerzunft an. Letzterer war dreißig Jahre lang als "local preacher" vor Ort tätig. Felix Farley und William Pine waren in Bristol die Haupterzeuger methodistischer Literatur, während Bennet Dugdale, William Kidd und William Whitestone in Dublin für die Literaturherstellung verantwortlich waren. Einer der Lehrlinge Dugdales, Matthias Joyce, verfaßte später sein Life, auf das wir im Kapitel über die autobiographische Literatur verwiesen haben. Er wurde von Wesley als "Book 21

J. Lackington, Memoirs, S. 92.

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Steward" für Irland eingesetzt und hatte damit die Oberaufsicht über die dort hergestellte und vertriebene Literatur.28 Als eines der Hauptzentren für den Verkauf methodistischer Literatur wurde ab etwa 1739/40 der sogenannte "New Room" in Bristol von Wesley und seinen Leuten angepriesen. In vielen Publikationen findet man einen Hinweis auf dieses erste methodistische Buchdepot, das in eingeschränktem Umfang noch heute diese Funktion erfüllt. Die Bezeichnungen dafür wechselten zwar, doch ob als Name "the Schoolroom in the HorseFair", angegeben ist, "the New School in the Horse-Fair", "The New School", "the School Room" oder ob "in the Horse Fair" genannt wird, gemeint ist damit stets der "New Room, Bristol", was sich als Bezeichnung schließlich durchsetzte.29 In London wurde die zum Haupttreffpunkt der Methodisten umgebaute einstige Geschützgießerei, "The Foundery", zum Zentrum des Buchvertriebs, zuerst in Form einiger weniger Bücherregale, von denen die Gottesdienstbesucher zu Niedrigpreisen Lektüre kaufen konnten. Dieses Konzept, Bücher dort anzubieten, wo die potentiellen Interessenten zum Gebet zusammenkamen, bewährte sich so gut, daß die meisten neuen Chapels der Methodisten einen Bücherverkaufsstand einrichteten und erfolgreich betrieben.30 Eine Vorstellung von dem eindrucksvollen Umsatz an Literatur in Wesleys Organisation bekommt man auch durch die Höhe des Reinerlöses zu Lebzeiten Wesleys. Er ließ seine Literatur zwar fast zum Selbstkostenpreis verkaufen und nur selten verschenken, weil er der Auffassung war, daß mehr geachtet werde, was Geld koste, sei der Betrag noch so gering. Dennoch erzielte Wesley seinen eigenen Angaben nach durch den Bücherund Schriftenverkauf einen Gewinn von £30.000, den er nur zum Teil für weitere Publikationen investierte, den größten Teil für in Not geratene Prediger und ähnliche soziale und karitative Hilfsmaßnahmen verwendete. An den Auflagenzahlen der Predigten kann man erkennen, daß auch auf diesem Gebiet ein schöner Umsatz getätigt wurde. Obwohl die methodistischen Predigten zum Teil eine deutliche Abkehr vom vorherrschenden 28

Außer durch eigene Druckereien und ihre Anhänger druckten und verkauften renomierte Verleger die methodistischen Werke. Bei Wesley waren z.B. der Drucker William Bowyer, das Druckhaus Rivingtons oder James Hutton die berühmtesten Vertriebsquellen. Zu Wesleys Druckern und Vertriebsquellen s. F. Baker, "Wesley's printers and booksellers", WHSProc., XXI1, 1939, S.61-65 undXXII, 1940, S.97-101, 131-40, 164-68. 29 Ebd., S. 133. Siehe auch zur Geschichte der methodistischen Buchherstellung und -Verbreitung J. P. Pilkington, The Methodist Publishing House (New York, 1968) und F. Cumbers, The Book Room (London, 1956). 30 H.F. Mathews, Methodism and the education of the people 1791 -1851 (London, 1949), S. 190ff.

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Stil und Geschmack der Zeit aufweisen, galten viele selbst in Konkurrenz mit weltlicher Literatur als Bestseller. "I would as soon print one of Whitefield's [sermons] as any farce whatever", gesteht der Buchhändler freimütig gegenüber Parson Adams in Fieldings Joseph Andrews. Der Kontext dieser Passage macht freilich deutlich, daß dies nicht für alle Predigten gilt: T h e trade is s o vastly stocked with [sermons], that really, unless they c o m e out with the n a m e of Whitefield or Wesley, or s o m e other such great m a n , as a bishop, or those sort o f people, I d o n ' t care to touch [...] for a dry piece o f sermons, I had rather be excused; especially as m y hands are s o full at present. 3 1

Es ist aufschlußreich, daß hier Whitefield und Wesley als die herausragenden umsatzsteigernden Namen in einer Zeit genannt werden Joseph Andrews wurde 1742 veröffentlicht - in der eine wahre Predigtschwemme den Büchermarkt überflutete. Die bekanntesten methodistischen Prediger erfuhren allerdings immer wieder, daß solche Popularität auch ihre negativen Seiten hatte: Geschäftstüchtige Raubdrucker mißbrauchten ihren zugkräftigen Namen für Predigtdrucke, die aus den Werken anderer zusammengestückelt waren. Whitefield, der durch diese Praxis besonders geschädigt wurde, protestierte oft und vergeblich gegen diese Unsitte und betrachtete sie schließlich resignierend als ein Werk des Teufels: "Satan must try all ways to bring the work of God into contempt." 32 Trotz der Raubdrucke wurden von Whitefields 78 veröffentlichten Predigten bis 1772 dreiundzwanzig Sammelausgaben in England und fünf in Amerika veröffentlicht. Selbst die lange nach seinem Tod herausgegebene Gesamtausgabe seiner Predigten (1812) erreichte in 52 Jahren noch neun Auflagen. Ähnlichen Ruhm konnten die Predigten anderer Methodisten verbuchen, selbst über den Tod ihrer Verfasser hinaus. Außer den zu Cennicks Lebzeiten veröffentlichten Predigten, die als durchschnittlich zwanzig- bis vierundzwanzigseitige Traktate verkauft wurden, erschienen nach seinem Tod in den ersten vier Jahrzehnten bis auf dreizehn Jahre jährlich eine oder mehrere neue Auflagen. In den folgenden sechzig Jahren 31 32

Joseph Andrews, Everyman-Ausgabe (1965), I, Kapitel XVII, S.53. Journal, ed. Davis (1969), S.486, 31.10.1740. Hinweise auf die Echtheit angebotener Predigten waren in den zeitgenössischen Inseraten daher häufig. Siehe z.B. Universal Weekly Journal, 8.9.1739, wo 18 Predigten Whitefields zum Preis von sieben Shilling pro Hundert angeboten und mit dem Zusatz gepriesen werden: "real genuine [...] not spurious or patch'd up from the works of other People such as Some Persons have published for [Whitefield's]."

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waren es weitere sieben Gesamtausgaben seiner Predigten. Dabei sind die Auswahlbände und Predigttraktate der Religious Tract Society nicht einmal eingerechnet.33 Wesleys ,44 Standardpredigten', um ein letztes Beispiel zu nennen, gelten noch heute an den theologischen Colleges der methodistischen Kirche als Musterbeispiele der Predigtkunst und gehören zum Pflichtteil des Lektürekanons. Downeys Feststellung ist sicher nicht übertrieben: "No other sermons, not even those of Donne, Tillotson or Butler, have enjoyed such widespread attention and influence" (S. 225). Der beachtliche Absatz methodistischer Publikationen ließ sich nicht allein dadurch erzielen, daß Bücher und Druckschriften an den Schriftenständen der methodistischen Gotteshäuser feilgeboten wurden. Es waren vielmehr Wesleys "Class Leaders" und Wanderprediger, die mit der Verbreitung der methodistischen Literatur dem Wunsch all jener entgegenkamen, die nach der Bekehrung religiöse Literatur geradezu verschlangen. Wesley machte wiederholt auf diesen Wissensdurst aufmerksam und riet beispielsweise Francis Asbury in Amerika: "Newly awakened people should, if it were possible, be plentifully supplied with books. Hereby the awakening is both continued and increased." 34 Lackingtons diesbezügliche Erinnerung an die Zeit seiner eigenen Bekehrung dürfte repräsentativ für den größten Teil der Methodisten sein: [...] the desire I had to be talking about religious mysteries etc. answered one valuable purpose; as it caused me to embrace every opportunity to read; [...] and every leisure minute was so employed. 35

Wesleys strenger Gehorsamsanspruch an seine Anhänger wurde schon im Kapitel über sein Tagebuch an einigen Beispielen aufgezeigt. Beim Literaturvertrieb ließ er ebenfalls nicht mit sich spaßen. Wie seinen Prediger Richard Rodda ermunterte er sinngemäß viele seiner Helfer zu andauernden Anstrengungen: "You should take particular care that your circuit be never without an assortment of all the valuable books." 36 Für alle Predigtkreise galt, was er seiner Society in Bristol riet: "I advise you to read [...], constantly and carefully." 37 John Mason empfahl er: "Supply the poor people with all our small books, with money or without." 38 Alexander Suter, der vorwiegend bei sehr armen Leuten predigte, erlaubte 33

Baker, "Cennick's Handlist", S.51. Mathews, Methodism and the education of the people, S. 32, Fußnote 61. 35 Lackington, Memoirs, S. 112. 36 JWL, Bd. VII, S. 138. 37 Ebd., Bd. IV, S.272. 38 Zitiert bei Mathews, Methodism and the education of the people, S. 31-32. 34

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er, das Lektürematerial auch zu verschenken.39 William Darney wurde durch die Konferenz von Bristol 1758 von den Methodisten ausgeschlossen, weil er sich nicht ernsthaft genug an Wesleys Vorschriften hielt, Publikationen zu verbreiten. Auf der gleichen Konferenz beschloß man zur Steigerung des Umsatzes, allen, die es wünschten, zehn Prozent Rabatt auf die von ihnen verkauften Bücher zu gewähren. Was die Wirkung und Rezeption methodistischer Publikationen anbelangte, glaubte Wesley gar eine Ähnlichkeit seiner Bemühungen zu denen des von ihm hoch geschätzten Addison zu erkennen. Die in Addisons Spectator formulierte Intention, "[to bring] philosophy out of closets and libraries, schools and colleges, to dwell in clubs and assemblies, at tea-tables and in coffee-houses" 40 entsprach im Prinzip dem Vorsatz der Methodisten, religiöses Wissen, Hilfe zur Lebensbewältigung und Vermittlung von volkstümlich-praktischen bis populärwissenschaftlichen Kenntnissen unter ihren Anhängern aus dem einfachen Volk zu verbreiten. God raised up Mr. Addison and his associates to lash the prevailing vices and ridiculous and vain customs of the country, and to show the excellence of Christianity and Christian institutions. The Spectators, written with all the simplicity, elegance, and force of the English language, were everywhere read, and were the first instruments in the hands of God to check the mighty and growing profanity, and call men back to religion and decency and common sense. Methodism, in the order of God, succeeded, and revived and spread Scriptural and experimental Christianity over the nation. And now what hath God wrought! 41

Als Autoren und Herausgebern kommt Whitefield und Wesley im wesentlichen die gleiche Urheber- und Vorbildfunktion zu. Man muß jedoch feststellen, daß Wesley mit größerem Erfolg aufgriff und ausbaute, was Whitefield auf den verschiedenen Sektoren der in dieser Arbeit untersuchten Literatur initiierte. Selbst die erklärten Gegner der Methodisten kamen nicht umhin, diese Führungsrolle Wesleys anzuerkennen. So erweist sich etwa auch ein Seitenhieb Warburtons auf Wesley bei genauer Lektüre noch als ungewolltes Eingeständnis von dessen außergewöhnlichen Fähigkeiten. 39

"It will be of great and general use, when you have a quantity of little books, partly to sell and partly to give among the poor - chiefly indeed to give." (Mathews, S.32). 40 Spectator, Nr. 10. 41 Wesley in einem Brief an Dr. Adam Clarke kurz vor seinem Tod, zitiert nach H. Bett, The Hymns of Methodism, S. 145.

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In parts and learning he is far superior to the rest, and formed of the best stuff that nature ever put into a fanatic, to make a successful head and leader of a sect. 4 2

3. Zunehmende Lektüre und wachsendes Selbstbewußtsein Wesleys Strenge, der materielle Anreiz oder die uneigennützige Überzeugung seiner Anhänger von der Notwendigkeit eines ausreichenden und stets verfügbaren Lektüreangebots sorgten so dafür, daß das Lesematerial unters Volk kam. Manche von Wesleys Anhängern hätten mit gutem Recht wie Lackington von sich sagen können: I could almost be vain enough to assert, that I have thereby been highly instrumental in diffusing that general desire for R E A D I N G now so prevalent among the inferior orders of society [...] The comparison is particularly striking among the poorer sort [...]. A s the Methodists do not waste their time in idleness and diversions, they have more time to read than others [...]. They also associate, converse with, and improve one another, so that the difference in degree of knowledge between the poor Methodists and the poor in general is very remarkable. 4 3

Lackington hatte in seinem Leben selbst erfahren, wie seine Zugehörigkeit zu den Methodisten ihn innerlich bereichert, seine Bildung gefördert und ihn wirtschaftlich vorangebracht hatte. 44 Sicher ist sein Aufstieg ein glücklicher Einzelfall, doch grundsätzlich läßt sich nicht übersehen, daß viele Methodisten rasch eine Erfahrung und Selbstsicherheit gewannen, die sie von den Nicht-Methodisten ihres Standes deutlich unterschieden. Innerhalb der methodistischen Organisation kam nicht nur der eigenen Weiterbildung und stetigen Lektüre große Bedeutung zu, sondern den Mitgliedern stellten sich auch eine Fülle von Aufgaben der Selbstverwaltung, 42

Letters from the Rev. Dr. Warburton [...] to the Hon. Charles Yorke from 1752 to 1770 (London, 1812), S.51. 43 Lackington, Confessions, S. 184. 44 In seinen Confessions schreibt Lackington darüber: "I perhaps ought to observe, that if I had never heard the Methodists preach, in all probability 1 should have been at this time, a poor, ragged, dirty coble (sic), peeping out from under a bulk, with a snuffy nose and a long beard. It was by their means also that I was excited to improve my little intellectual faculties.... Through them I got my shop in which I first set up as a bookseller. It is very likely, that had I never heard these people, I should have now been an old drunken, debauched fellow, like the generality of journeyman shoemakers" (S. 180-81). 287

die sie zum Teil eigenverantwortlich bewältigen mußten und durften. Es wurde vom einzelnen ein aktives Mitwirken gefordert, wie es in diesem Umfang in der Mutterkirche unbekannt war. Das war angesichts der sozialen Schichten, aus denen die meisten Methodisten kamen, ein kühnes Experiment, mit weitreichenden Auswirkungen. Arbeiter und einfache Leute, die kein Wahlrecht und keinerlei Mitbestimmung im Beruf oder bei Lohnforderungen hatten, wurden bei den Methodisten zur Führung von Gruppen und zur Leitung von Predigtkreisen herangezogen und wuchsen in Aufgaben hinein, die anderen von gleicher Herkunft und Bildung verschlossen blieben. Aus vielen methodistischen autobiographischen Lebenserinnerungen und Briefen spricht daher ein gesteigertes Selbstwertgefühl, das unmitelbar zurückgeht auf eine nach dem Bekehrungserlebnis einsetzende optimistische Grundeinstellung gegenüber anstehenden Aufgaben. Solche Zeugnisse stehen im krassen Gegensatz zu den Darstellungen des angeblich düsteren und freudlosen methodistischen Lebens, die mißgünstige Außenstehende oder uninformierte Nachfahren immer wieder kolportiert haben. Ein Studium der Primärquellen des 18. Jahrhunderts läßt leicht erkennen, daß die häufig anzutreffende sinngemäße Charakterisierung des Methodismus als " a religious sect, which [was] doubtless narrow and unattractive in itself" 45 unvereinbar ist mit repräsentativen Äußerungen von Methodisten über ihr Leben: I need not tell you, that such a life as this is consistent with the utmost cheerfulness; accordingly we are all happy and dwell together in unity as brethren.46

Ähnlich drücken sich die Verfasser vieler Briefe, Tagebücher und Lives aus, wenn sie die veränderte Lebensqualität seit ihrer Bekehrung und Zugehörigkeit zum Methodismus beschreiben. Das Zeugnis Thomas Rutherfords etwa, der ,sehr auf der Hut war', nicht von den Methodisten über ihre Lebensweise getäuscht zu werden, hat in diesem Zusammenhang besonderes Gewicht, weil er ein skeptischer zeitgenössischer Außenstehender war, der lange in einer Wohngemeinschaft mit 'einer methodistischen Familie gelebt hatte. They appeared to me to pass through and manage all their secular affairs in the very same spirit in which they went to church, heard preaching, read the Scriptures, sang hymns, and poured out their souls in prayer to God. This was all new to me. I had never seen anything like it. And though it did not 45 46

Cambridge History of English Literature (1914), Bd. X, S. 157. W. Cowper in einem Brief Oktober 1766, zitiert bei Nicholson, Cowper, S. 38.

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immediately remove my deep-rooted prejudice, yet it certainly lessened it, and in various respects had a considerable effect upon me. I saw, whatever might be wrong in their principles, that their practice was right; and that they lived as I ought to do, and very differently from those w h o were saying all manner of evil of them. 4 7

Wäre die Formulierung "the gloom of life which had the austerities of a Trappist and in which even a smile was forbidden" 48 die zutreffende Zusammenfassung des methodistischen Lebens gewesen, hätte man es schwer einzusehen, warum sich in relativ kurzer Zeit viele Tausende von Menschen trotz persönlicher Nachteile und Diskriminierungen zum Methodismus hätten bekennen sollen. Vor allem bliebe auch zu erklären, wieso aus den autobiographischen Aufzeichnungen der Methodisten Zuversicht und Freude über das angeblich deprimierende Leben in der religiösen Erneuerungsbewegung spricht. 49 Beispielhaft für das neue Selbstbewußtsein der Methodisten ist etwa der Ton in einem Brief an Thomas Butt. Sachlich aber kompromißlos wird darin der in den 40iger Jahren des 18. Jahrhunderts häufig geäußerte Vorwurf zurückgewiesen, die Methodisten vergäßen ob ihrer religiösen Begeisterung die pflichtgetreue Verrichtung der täglichen Arbeit: This charge [they neglect their business] seems to proceed merely from surmise, on account of their going to hear the preaching so often: Whereas, it is evidently known, many Families that used to be sotting and quarrelling at Alehouses in the evenings, so as often to make themselves unfit for work in the mornings, whereby they lived miserable: N o w after work, instead of spending part of their day's earnings at the Ale-house, do hear the preaching and hereby their Hearts

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Pilkington, "Annotation", S.265. Richard Carlile, The Republican, 19.9.1823, zitiert bei Edwards, After Wesley, S. 146. 49 Vgl. auch Wesleys Brief vom 29.5.1737 an Mrs. Chapman, in dem er für eine frohmachende Religion plädiert: "You seem to apprehend that I believe religion to be inconsistent with cheerfulness, and with a social friendly temper. So far from it, that I am convinced, as true religion cannot be without cheerfulness, so steady cheerfulness cannot be without true religion. I am equally convinced that religion has nothing sour, austere, unsociable, unfriendly in it; but on the contrary, implies the most winning sweetness, the most amiable softness and gentleness. Are you for having as much cheerfulness as you can? So am I. Do you endeavour to keep alive your taste for all the truly innocent pleasure of life? So do I. Do you refuse no pleasure but what is a hindrance to some greater good, or has a tendency to some evil? It is my very rule. In particular, I pursue this rule in eating, which I seldom do without much pleasure. I know it is the will of God, that I should enjoy every pleasure that leads to my taking pleasure in Him, and in such a measure as most leads to it. We are to do nothing but what, directly or indirectly, leads to our holiness; and to do every such thing with this design, and in such a measure as may most promote it. ( JWL, Bd. XII, S. 44). 48

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are made so glad, that they can rise at five to hear the word, and go cheerfully to work at six, and are better husbands on all accounts ... And then they have all Joy and Heaven in their hearts. 50 Es ist kein Zufall, daß die führenden Kräfte der Arbeiter- und Gewerkschaftsbewegung des 19. Jahrhunderts häufig aus Methodistenkreisen kamen. M. Sadler, R. Oastier, J. Raynor, J . R . Stephens, J. Fielden, W. Bull und E. Bretherton, die sich leidenschaftlich und verdienstvoll für das Armenrecht und die "Factory R e f o r m " einsetzten, waren Methodisten. 51 Die Selbstverwaltung von Teilbereichen der methodistischen Mitgliedskörperschaften mündete geradezu in eine ausgeprägte soziale Verantwortung; eine Entwicklung, die selbstverständlich manchen kritischen Kommentar hervorrief: Perhaps the manner in which Methodism has familiarized the lower classes to the work of combining in associations, making rules for their own governance, raising funds, and communicating from one part of the kingdom to another, may be reckoned among the incidental evils which have resulted from it.52 Das Gentleman's Magazine, nicht selten Plattform scharfer Angriffe gegen Wesley und Whitefield, sah jedoch die positive Seite dieser Entwicklung und verschwieg wenigstens bei seinem Nachruf auf Wesley dessen Verdienste um die .unteren Schichten des Volkes' nicht: His personal influence was perhaps greater than any private gentleman in the country [...]. Whatever may be the opinions held of his inspiration it is impossible to deny him the merits of having done infinite good to the lower classes of the people [...]. He was one of the few characters who outlived enmity and prejudice, and received in his later years every mark of esteem from every denomination. 53

50

51

52 53

"A letter from a Private Person [W. Strahan] to his Pastor, T.B." (Moorfields, 1743), zitiert bei L. Church, Early Methodist People (London, 1948), S. 3. L. O. Hynson, "The Social Concern of Wesley: Theological Foundations", Christian Scholar's Review 4, 1974, S. 36-42; A . D . Beiden, George Whitefield, S . 2 4 7 - 5 0 und R.F. Wearmouth, Methodism and the Common People, S. 220-21. R. Southey, Life of Wesley (1890), S. 571. Nachruf Gentleman's Magazine, zitiert bei St. Ayling, John Wesley, S.322.

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III. "... expressing themselves in a plain and familiar manner" Der Nachruf im Gentleman's Magazine läßt nicht erkennen, in welchem Maße der Autor Wesleys bildungs- und spracherzieherische Bemühungen zu seinen .Verdiensten' unter den .einfachen Leuten' zählt, doch dürfte die Zeitschrift bei ihrem Rückblick auf Wesleys Leistung kaum an seine Rolle als Erzeuger und Vertreiber von Literatur für die unteren Gesellschaftsschichten oder an deren eigene literarische Versuche gedacht haben. Bis auf Dr. Johnson gibt es nämlich keinen repräsentativen Vertreter jenes Zeitalters, der diese Bemühungen der Methodisten gelobt hätte. Das liegt nicht an der pragmatisch-sachlichen Ausrichtung der methodistischen Literatur, dafür war die Trennung zwischen Sachliteratur und schöner Literatur noch zu vage und eher durch fließende Übergänge denn durch scharfe Grenzen bestimmt.54 Vielmehr beeinträchtigten die in kirchlichen Kreisen und bei Gebildeten weit verbreiteten und lang anhaltenden persönlichen Resentiments gegen den befremdlichen religiösen Reformeifer der Methodisten auch die zeitgenössische Einstellung zu ihrer Literatur. Solche „artfremden" Einflüsse als wirkungsgeschichtliche Regulative sind durchaus nicht ungewöhnlich und schon gar nicht auf die Rezeption der methodistischen Literatur beschränkt. Bekanntlich lehnte Dr. Johnson Miltons Werke nicht aus werkimmanenten oder ästhetischen Gründen ab, sondern weil er Milton als Puritaner und Anhänger der ,Königsmörderpartei' betrachtete. Bei der Einstellung des 18. Jahrhunderts zu den Methodisten braucht also nicht zu überraschen, daß sich die Diskriminierung der Methodisten als "Enthusiasts" ebenso nahtlos mit der Ablehnung der thematisch-inhaltlichen und sprachlich-stilistischen Eigentümlichkeiten ihrer Veröffentlichung verband. Thematisch und inhaltlich stieß die rückhaltlos offene Darstellung seelischer Vorgänge, innerster Gefühle und individueller Gotteserfahrung im Zeitalter des Klassizismus und Rationalismus auf größtes Unverständnis und Spott. Was Sprache und Stil anbelangte, so verkannten die Gegner der Methodisten die an sich begrüßenswerte Absicht, durch einfache Sprache Kommunikation mit Leuten einfacher Herkunft zu ermöglichen, mißgünstig als Bildungs- und Literaturfeindlichkeit. Es ist bezeichnend, daß sich mancher angeblich an die Puritaner des 17. Jahrhunderts erinnert fühlte, die bereits in einer Predigt 1639 [!] als "plain packstaff Methodists" 54

Walter Pache (Hg.), 18. Jahrhundert II, Die Englische Literatur in Text und Reclam (Stuttgart, 1983), Einleitung.

Darstellung,

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bezeichnet worden waren, "which esteem all flowers of rhetoric in sermons no better than stinking weeds, and all elegance to speech no better than profane spells." 55 Die Methodisten störte solche Polemik nicht sonderlich, wie man unter anderem daran erkennen kann, daß sie keine Notwendigkeit sahen, ihre Sprache und ihren Stil gegenüber Außenstehenden zu verteidigen. Es ging ihnen auch nicht darum, Einfluß auf die Literatur der Gebildeten zu nehmen. Sie wollten dazu beitragen, daß auf religiösem und auf theologischem Gebiet weniger über die Köpfe der Mitmenschen hinweggeredet wurde und daß ihre Literatur zu einer lebendigen und fruchtbaren Auseinandersetzung mit dem Glauben, mit sich selbst und mit ihrer unmittelbaren Umgebung anzuleiten vermochte. Bei diesem Anliegen wird auch ihre zum Teil zu beobachtende Offenheit für das Erbe des 17. Jahrhunderts verständlich, wie sie sich in Ausgaben oder Auszügen von George Herbert, John Bunyan, Jeremy Taylor oder Isaac Watts manifestierte. Die Verbreitung der methodistischen Literatur verlief parallel zu der im 18. Jahrhundert sich vollziehenden allmählichen Abkehr von einer weitgehend intellektuell bestimmten Dichtung bei gleichzeitiger Tendenz zu poetischer Verarbeitung individueller Erfahrungen. Die methodistische Betonung der Innerlichkeit, des Staunens, des Erhabenen und ekstatischer Seinserfahrung nahm in vielem die literarische Entwicklung der weltlichen Literatur um Jahrzehnte vorweg. Ganz deutlich ist dies beim Kirchenlied nachgewiesen worden. 56 Aber auch die Psychologisierung und Verinnerlichung öffentlich-gesellschaftlicher Vorgänge in Briefen und Tagebüchern und die damit oft erzielte Verallgemeinerung des Privaten sind bemerkenswerte Vorzüge der methodistischen Literatur. Der vielversprechende Anfang und die Blüte methodistischer Prosaliteratur erfuhren im Laufe der Zeit und besonders nach dem Tod der Gründer des Methodismus allerdings eine qualitative Einbuße und eine Ausdünnung der ursprünglichen Themenvielfalt durch die theologischen und literarischen Nachlaßverwalter im 19. Jahrhundert, die ganz und gar nicht Wesleys Billigung gefunden hätte. Die von Wesley geforderte Erziehung seiner Anhänger zum Schreiben und Lesen hatte zwar in erster Linie handfeste praktische Gründe, betonte aber als ein besonderes Anliegen immer wieder die Forderung bestimmter sprachlicher und stilistischer Normen. Seine zahlreichen Kommentare zu diesen Aufforderungen finden sich verstreut in seinen Tagebüchern, 55 56

Siehe DNB, " J o h n Wesley". Siehe G. Sampson, The Century of Divine Songs (London, 1943).

292

Briefen und dem A rminian Magazine. Die ihm zur Verfügung stehenden Kontroll- und Einflußmöglichkeiten innerhalb seiner Organisation, seine klar artikulierten Ansichten und seine kontinuierliche Mitarbeit an verschiedenen Publikationen bis ins hohe Alter hinein begünstigten die Entwicklung und Einhaltung seiner Stilvorschriften. Am leichtesten waren redaktionelle Eingriffe in Beiträge möglich, die zum Abdruck in den methodistischen Zeitschriften zur Verfügung standen. Whitefield hatte wegen seiner häufigen Amerika-Aufenthalte und seiner viel lockerer zusammenhaltenden Nachfolger allerdings geringere Möglichkeiten, auf seine Anhänger einzuwirken. Die Herausgeber des Gospel Magazine beschränkten ihre Stilkritik auf gelegentliche, relativ allgemein gehaltene Aufrufe an den Leser, aus denen kein stilkritisches Konzept ersichtlich wird (s. S. 128). Da Whitefield die Endredaktion der Weekly History weitgehend seinem Drucker überließ und als Herausgeber von biographischer Literatur nicht in Erscheinung trat, fehlte ihm eine praktikable Möglichkeit, spracherzieherisch beziehungsweise als Zensor tätig zu werden. Wesley hatte dazu nicht nur die Machtfülle eines Redakteurs, Herausgebers und vielfach noch des Verlegers in einer Person vereint, sondern auch das wirkungsvolle Instrument der Jahreskonferenzen. Dort wurde für alle seine Anhänger verbindlich festgelegt, daß vor jeder Publikation das Manuskript Wesley ,zur Durchsicht' und zur Druckerlaubnis vorzulegen sei.57 Der Versuch, dieses Gebot zu unterlaufen, hätte nicht nur disziplinarische Maßnahmen nach sich gezogen. Er hätte sich auch wirtschaftlich als unrentabel erwiesen. Das macht recht schön der Rat deutlich, den der uns schon als Life-Autor bekannte Christopher Hopper seinem Kollegen Joseph Benson erteilte, als dieser seine Meinung zur Erfolgsaussicht eigenmächtig veröffentlichter Predigten hören wollte: If you should make haste to publish [your sermons, they] may not meet with that approbation a m o n g Methodists which you expect. You know how we are circumstanced. If Mr. Wesley only speaks a word against them or gives them a frown, that is enough. Thousands will neither buy, see nor read them. 5 8 57

Siehe die Minutes der Konferenz von 1765, Punkt 50: "Q. Ought we to insist upon our rule that no Preacher print anything without your approbation? A. Undoubtedly: and whoever does it for the time to come, cannot take it ill, if he is excluded from our connexion. Let every one take this warning, and afterwards blame none but himself." 58 Zitiert nach Edwards, After Wesley, S. 18.

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Widerstand gegen seine in diesem Punkt unnachgiebig strenge Haltung brauchte Wesley kaum zu fürchten. Obwohl durch sein Laienführersystem, zu dem später noch "Stewards" und "Trustees" kamen, den Mitgliedern für damalige Verhältnisse ungewöhnliche Mitbestimmungsmöglichkeiten gegeben waren, hatte Wesley in jeder Hinsicht die Zügel fest in der Hand. Vermutlich verdankte seine Bewegung ihren Aufschwung gerade dieser Mischung aus egalitären und hierarchisch-autoritären Elementen, die Wesleys Organisation kennzeichnete. Schon in der Konferenz von 1766 hatte Wesley jeglicher Kritik an seinem Führungsstil vorgebeugt. Er ließ keine örtliche Autonomie zu, wie das traditionell bei Dissenters der Fall war. Wesley bestimmte die Gründung von Classes, die Ernennung und den Einsatz von Predigern, die Predigtkreise, Stil und Auftreten der Prediger, die Finanzen, die Gestaltung des täglichen Lebens und eben Art und Umfang von Publikationen. Er betonte immer wieder, daß er seine Helfer schließlich (nur) zur beratenden Unterstützung seiner souveränen Entscheidungen ernannt habe: "I myself sent for these [helpers], of my own free choice, and I sent for them to advice not to govern me. " In allen Gremien war Wesleys Wort Gesetz. Mehrheitsentscheidungen gegen irgendwelche seiner Maßnahmen waren undenkbar, denn mit dem Hinweis auf die Urheberschaft der verschiedenen Organisationsformen beanspruchte Wesley auch das alleinige Verfügungsrecht: "Let it be remarked, it was I myself, not the people, who chose these Stewards, and appointed to each the distinct work, wherein he was to help me, as I long as I desired." 59 Was Wesleys Stilempfinden an eingereichten Manuskripten widersprach, wurde von ihm korrigiert oder umgeschrieben, bevor er es zur Veröffentlichung freigab. Seine redaktionellen Eingriffe sind freilich nur in wenigen Fällen zu rekonstruieren. Seinen eigenen Worten nach zielten sie alle darauf ab, Sprachniveau und Ausdrucksfähigkeit zu verbessern, seine Anhänger zu lehren, ihre Erfahrungen und Ansichten ,klar und verständlich' auszudrücken. Schon früh legte Wesley in seinem Büchlein The Character of a Methodist (1742), einem kleinen Verhaltenskodex für Methodisten, unmißverständlich seine auch später ähnlich formulierten Vorstellungen über die angestrebte Ausdrucksweise dar: The most obvious, easy, common words, wherein our meaning can be conveyed, we prefer before others, both on ordinary occasions and when we speak of the things of God. We never, therefore, willingly or designedly, deviate from the most usual way of speaking unless when we express Scripture truths in Scripture words, which, we presume, no Christian will condemn. 60 59 60

Dieses und das vorhergehende Zitat aus Minutes, The Character of a Methodist, §2.

294

1766, S. 59 bzw. 60.

Wesley war ein strenger Kritiker, wenn er Sprache und Stil prüfte. Nicht viele konnten die von ihm als .unverzichtbar' angesehenen Komponenten .eines guten Stils' vorweisen: "perspicuity and purity, propriety, strength, and easiness, joined together". Immerhin kam ein Viertel seiner frühen Prediger als abgedankte Soldaten zu ihm, und der weitaus größere Teil seiner Autoren von methodistischen Lives war nur von niedriger Herkunft und geringer Bildung.61 Die Mehrzahl hatte bestenfalls regelmäßig charity-schools besucht. Männer mit besserer Bildung wie etwa Thomas Olivers, heute hauptsächlich durch sein Kirchenlied "The God of Abraham Praise" bekannt, findet man selten. In dreiundsechzig untersuchten Biographien früherer Methodistenprediger sind außer drei Lehrern, fünf Soldaten, zwei Bergleuten und vier Bauern hauptsächlich Besitzer kleiner Kaufläden und Handwerker vertreten, sechs Personen weisen eine relativ gute Bildung auf. Mit dem Eintritt in die Gefolgschaft Wesleys oder Whitefields ist jedoch bei vielen eine sich rasch bemerkbar machende Weiterbildung zu beobachten, zu der wiederum Wesley seine Anhänger besonders systematisch und unnachgiebig motivierte und antrieb.62 Insofern war es eine glückliche Fügung besonderer Art, die Wesley an seinem 80. Geburtstag in seinem Tagebuch als "the power of God fitting me for what he calls me to d o " bezeichnete, daß er über fünfzig Jahre lang aktiv den Kurs seiner Methodisten bestimmte. Wie man etwa an den ganz unterschiedlichen autobiographischen Texten der Lives sehen kann, blieb trotz seiner strengen Aufsicht genügend Spielraum für die Ausbildung individueller Eigenheiten des jeweiligen Autors. Über seinen eigenen Stil machte sich Wesley seinen Beteuerungen zufolge .überhaupt nie' Gedanken. Nur wenn er seine Manuskripte zum Druck vorbereitete, .hielt [er] es für seine Pflicht, darauf zu achten, daß jeder Satz klar, rein und angemessen' sei - dabei war ihm .Prägnanz natürlich'. 63 So verwundert es nicht, daß er auch bei anderen guten Stil vollends für verwirklicht hielt, wenn er .natürlich' wirkte und man ihm die Kunst seines Autors nicht ansah - „Artis est celare artem". Popes "Elegy to Memory" war dafür ein Paradebeispiel, das Wesley zum Schwärmen brachte:

61

Siehe Townsend, A New History of Methodism, S. 315. Siehe W. J. Warner, The Wesleyan Movement in the Industriai Revolution, S. 81 - 8 3 . Ab 1768 verbot Wesley die Ausübung eines weltlichen Berufes als Nebenerwerbsquelle für seine Prediger. Siehe auch Mathews, Methodism and Education, S. 174ff. 63 JWL, Bd. IV, S.258, Brief an Samuel Furly, 15.7.1764.

62

295

Here is style! How clear, how pure, proper, strong! and yet how amazingly easy! This crowns all; no stiffness, no hard words; no apparent art, no a f f e c tation; all is natural, and therefore consummately beautiful. G o thou and write likewise, (ebd.)

Wesleys Beispiel, seine Ermahnungen an seine Anhänger und notfalls rigorose redaktionelle Eingriffe in Veröffentlichungen seiner Prediger oder Helfer sorgten dafür, daß seine Aufforderung „Gehet hin und schreibt genau s o " Gewicht erhielt und Wirkung zeigte. Auf den Erfolg der Methodisten angesprochen, äußerte sich Dr. Johnson mit Einsicht und Anerkennung: " S i r , it is owing to their expressing themselves in a plain and familiar manner, which is the only way to do good to the common people." 64

64

Cumbers, Bookroom,

296

S. 6.

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Register Addison 286 Advice to the People Called Methodists 42 Aldersgate Street Society 28 allegorisch-emblematische Darstellungen 130 Amtskirche 59 Appeal to Men of Reason and Religion 20 Arminian Magazine 141, 161, 172, 191, 224, 271, 272, 293 Arminianismus 31, 48, 104 Ästhetik 250 Atlay 192 Autobiographie 130, 146, 165, 175, 274, 276 Baxter 250, 256 Bekehrungserlebnis 28, 90, 113, 124, 186, 198, 201, 285 Benson 44, 293 Berridge 42, 44, 46, 47, 49, 58, 80, 91, 120, 132, 266 Bevölkerungszahl 59 Bibelrhetorik 48, 73, 112, 177 Bildung 295 biographische Literatur 130, 146, 165 Black 203, 207 Blair 65 Blake 89, 273 Böhler 28 Boswell 258, 277 Brewer 132 Briefe 114, 118, 124, 143, 144, 146, 183, 272 Broughton 25 Browne 44 Bruch mit der anglikanischen Kirche 240 Buchbesprechungen 137, 139 Buchempfehlungen 270 Bunyan 260, 278, 281, 292

Butler 19, 92 Byrom 84, 90, 259 Cecil 51 Cennick 31, 37, 62, 63, 95, 103, 111, 117, 119, 143, 171, 174, 200 Character of a Methodist 294 character-Stil 130 Chesterfield 85, 257 Christian Library 23, 172, 272 Christians Perfection 24 Clayton 25 Coleridge 5, 277 Cowper 41, 120, 170, 199, 259, 276 Crabbe 39 Darney 39, 96, 210, 286 Defoe 255 Deismus 228, 263 Dichter, englische 259 Dichtung, religiöse 116, 126, 149, 150, 151, 273 Dichtungssprache (poetic diction) 130, 151 Directions Concerning Pronunciation and Gesture 82 Disziplin 237 Doddridge 30, 44, 144, 258 Edwards 85 emblematisch-allegorische Frontispizien 133 "Enthusiasmus" 92, 268, 291 Epitaphien 152 Essays 130, 155, 273 Euphemismen 253 Evangelical Revival 43, 46 extempore - Predigten 179, 267 experiences 124, 165 experimental religion 201, 276 extracts 221, 222

311

Fetter Lane Society 28, 29, 30, 34, 44 Fielding 258, 284 Fitzgerald 5, 278 Fletcher 44, 45, 46, 145 Fogg's Weekly Journal 26 Foundery 242, 283 Franklin 22, 85, 86, 249 Further Account 167, 175, 185 Gambold 25 Gefängnis 244 Gelegenheitsgedichte 128 Gentleman's Magazine 87, 121, 249, 290, 291 Gospel Magazine 47, 48, 106, 120, 141, 148, 173, 270, 272, 282, 293 Grabinschriften 152 Grimshaw 15, 44, 47, 50, 76, 79, 96, 144, 160 Haime 186, 201, 203 Hanson 209, 210, 211 Harris 15, 33, 41, 44, 103, 106, 111, 112 Hausbesuche 238 Heilsgewißheit 200 Herbert 259, 260, 273, 292 Hervey 259, 268, 259, 268 Hill 34, 44, 81, 95, 132 Hilton 145 Höllenpredigten 67 Holy Club 23, 189, 218, 263, 264, 241 Holy War 133 Homiletische Technik 75 Hooker 30 Hopper 203, 293 Howard 244 Hume 83 Humphrey 103, 105, 112 Huntingdon 30, 43, 50, 96, 132, 198, 264, 267 Hymns 265, 268, 273 Ingham 15, 25, 26, 27, 28, 41, 143 Jaco 146, 192, 208 Jahreskonferenz 40, 67, 238 Johnson 5, 60, 81, 165, 245, 255, 258, 259, 277, 291, 295 Johnson's Dictionary 26 Jones 15 Joyce 192, 205, 282

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Kalvinismus 48, 103, 104, 138, 148 Karitative Organisationen 21, 263 Katholiken 182 Kingswood School 258 Kirchenlieder 149 kirchliche Situation 263 Kirkham 24 Lackington 281, 285, 287 Lady Huntingdon's Connexion 33, 41, 43, 46 Laienhelfer 37 Laienprediger 4, 82, 95, 264, 265 Law 24, 47, 190 Lebensbeschreibungen 143, 256 Lektüre 115, 254, 255, 270, 281, 287 Leserbriefe 113, 126, 154, 158 Lewis 102, 109, 115, 171 lives 147, 165, 169, 197, 276, 295 Locke 19 M'Culloch 15 Macpherson 259 Madan 41, 44, 132, 251 Mährische Brüder 26, 27, 34, 38, 42, 219 Maskew 210 Mason 115, 120 Maxfield 37 Maxwell 95 Meditations among the Tombs 208 Methodismus 42, Organisation 236, 239, Ziel 239, Methodist 24, 42, 59, 114 Methodist Magazine 120 Milton 257, 259, 260, 281, 291 Mitchell 198, 210, 211, 212 Monthly Review 140, 165 Morgan 24 Nelson 15, 39, 70, 144, 198, 199, 203, 205, 207 Newton 41, 45, 47, 51, 61, 62, 63, 67, 70, 76, 77, 88, 120, 124, 170, 264, 276 Night Thoughts 208 non-residence 18, 265 Oliver 203, 209, 295 Pepsy 275, 277 Perronet 144 perspicuity 295

plainness 5, 63, 266 Pope 259, 295 Prädestinationslehre 32, 138 Predigt 65, 84, 115, 155, 197, 227, 265, 283, all tag 229, im Freien 31, 55, kreis 39, 57, 294, länge 78, literatur 60, reise 229, rhetorik 268, stil 63, struktur 76, Vortragsweise 80, zuhörerzahlen 87 Primitive Physick 246, 247 Prior 151, 259 propriety 266, 267, 295 Providenz 226 Puritaner 93 purity 295 Quarles 135 Redaktionsstufen 221 religiöses Erwachen 198 Religious Societies 25 Rhodes 202 Richardson 258 Robert 186 Romaine 42, 44, 46, 51 Rowe 259 Rowell 95 Rowland 41, 88, 15 Rules 35 Ryland 120 Scott 51 Sebstmedikation 248 Seiffarts 27 Selbstdarstellungen 107, 183, 275 Sentimentale Literatur 151 Serious Call to a Devout and Holy Life 24 Shakespeare 258 Short Account 175, 185 Society for the Propagation of the Gospel in Foreign Parts 21

Society for the Reformation of Manners 21

Society for the Promotion of Christian Knowledge (SPCKJ 21 Society for the Promotion of the Gospel 26 Southey 37, 39 soziale Mißstände 273, Verantwortung 243, Verhältnisse 254 Soziales Elend 180 Spangenberg 27 Spectator 286 Spenser 259 Spottnamen für Methodisten 25 Stafford 120 Staniforth 197, 201, 204, 205, 206 Stern 258 Stil 109, 128, 177, 178, 260, 267, 278, 279, 295 Story 170, 175, 200, 217 Taylor 292 Thomson 259 Tillotson 266 Toland 19 Told 193, 205 Toplady 34, 41, 44, 48, 58, 67, 120, 127, 128, 131, 135, 139, 173 Trevecca House 44 Venn 42, 44, 45, 46, 47, 50, 61, 81, 264 Walker 47, 49 Walpole 30, 84, 277 Wanderprediger 51, 229, 285 Watts 18, 44, 115, 292 Webster 30, 93, 101 Weekly History 90, 101 ff, 107, 122, 172, 270, 293 Weekly Miscellany 30, 93, 101 Whately 259 Wilberforce 242 Wood 51 Woodeforde 20 Wordsworth 278 Young 208, 259, 260, 281 Zeitschriften 274

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