Jahrbuch des Staatlichen Instituts für Musikforschung Preußischer Kulturbesitz: 1968 [1968]

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Jahrbuch des Staatlichen Instituts für Musikforschung Preußischer Kulturbesitz: 1968 [1968]

Table of contents :
Jahrbuch des Staatlichen Instituts für Musikforschung, Preußischer Kulturbesitz, 1968
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Vortitelblatt
TitlePage
Imprint
Preface
Inhaltsverzeichnis
Motte-Haber, Helge De La - Zum Problem der Klassifikation von Akkorden
Daenicke, Wilfried - Bewertung von Intervallbeobachtungen an Hand der Frequenzdistanz
Jost, Ekkehard - Der Einfluß des Vertrautheitsgrades auf die Beurteilung von Musik
Droysen, Dagmar - Zum Problem der Klassifizierung von Harfendarstellungen in der Buchmalerei des frühen und hohen Mittelalters
Krickeberg, Dieter - Studien zu Stimmung und Klang der Querflöte zwischen 1500 und 1850
Ernst, Friedrich - Der Instrumentenbauer Johann Andreas Stumpff - Ein Freund Beethovens
Namen- und Sachregister
Lebensläufe
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JAHRBUCH DES STAATLICHEN INSTITUTS FÜR MUSIKFORSCHUNG

Jahrbuch des

Staatlichen lnftituts fürMufiKforfchung Preussifcher KulturbeOtr 1968

herausgegeben von

DAGMAR DROYSEN mit 13 Abbildungen,

6 Tafeln und 11 Tabellen

WalterdeGruyter &.Co· BERLIN 1969

© Copyright 1969 by Walter de Gruyter & Co., vorm. G. J. Göschen'sche Verlagshandlung J. Guttentag, Verlagsbuchhandlung - Georg Reimer - Karl J. Trübncr - Veit & Comp., Berlin 30 - Alle Rechte, einschließlich der Rechte der Herstellung von Photokopien und Mikrofilmen, von der Verlagshandlung vorbehalten - Archiv-Nr.: 13 92 691 Satz und Druck: Thormann & Goetsch, Berlin - Printcd in Gcrmany Ausstattung: Barbara Proksch

VORWORT Die Musikwissenschaft umfaßt, verglichen an anderen geisteswissenschaftlichen Fächern, kein in sich fest umrissenes Gebiet. Ihre Forschungsrichtungen reichen vom Historischen und Philosophischen bis hin zu den Naturwissenschaften und Teilgebieten der Medizin. Es ist daher verständlich, daß die Idee einer zentralen Forschungsstätte für die verschiedenen Richtungen innerhalb des Faches Musikwissenschaft verwirklicht werden wollte. Hier sollten die vielseitigen Aufgaben, die an das Fach gestellt wurden, unter diversen Aspekten zu einer möglichst optimalen Lösung führen. Als erster Schritt in dieser Richtung kann die bereits im Jahre 1917 durch großzügige Unterstützung des Fürsten Adolf zu Schaumburg-Lippe in Bückeburg erfolgte Gründung des „Fürstlichen Instituts für musikwissenschaftliche Forschung" gelten. Die Arbeit dieses Instituts konzentrierte sich zunächst auf die deutsche Musikgeschichte sowie auf intensives Quellenstudium und Dokumentation. Mit dem neu gegründeten „Archiv für Musikwissenschaft", der Veröffentlichungsreihe des Instituts, sollte ein Überblick über die wichtigsten Ergebnisse der derzeitigen Forschung gegeben werden. Finanzielle Schwierigkeiten in den Jahren nach der Inflation zwangen die Initiatoren, die so hoffnungsvoll begonnenen Projekte wieder aufzugeben. Im Jahre 1935 unternahm man in Berlin erneut einen derartigen Versuch: Drei Institutionen wurden zum „Staatlichen Institut für deutsche Musikforschung" zusammengefaßt, von denen die erste, die historische Abteilung, aus dem Bückeburger Institut hervorging; hinzu kam die Abteilung Volksmusik, gleichfalls als Übernahme des seit 1917 in Berlin bestehenden „Musikarchivs der deutschen Volkslieder". Die dritte Abteilung bildete die bereits im Jahre 1888 durch den Staat Preußen gegründete und der Königlichen Akademischen Hochschule für Musik in Berlin angegliederte „Sammlung alter Musikinstrumente". Der Aufgabenbereich dieses neuen Instituts wurde dadurch wesentlich erweitert. Neben Quellenstudium und Dokumentation, die in Form der seit 1936 erscheinenden „Bibliographie des Musikschrifttums" herausgegeben wurde, richtete man nun das Hauptaugenmerk auf die Publikation nationaler Denkmäler, u. a. „Das Erbe deutscher Musik". 1945 bereitete das Kriegsende zunächst allen Bemühungen ein Ende. Zum großen Teil waren die Bestände des Instituts verloren oder lagerten irgendwo verstreut. Unter äußerst schwierigen Bedingungen begann 1947 der Wiederaufbau des Instituts mit den noch erhaltenen Beständen der Musikinstrumentensammlung. Neben den vielseitigen musealen Aufgaben und Studien zur Musikinstrumentenkunde, Aufgaben also, die mit einer solchen Sammlung verbunden sind, galt das besondere Interesse des damaligen „Instituts für Musikforschung", alte Publikationsreihen fortzuführen.

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VORWORT

Nach zwischenzeitlicher Verwaltung durch den Berliner Senat wurde das Institut 1962 als „Staatliches Institut für Musikforschung" in den Verband der Stiftung Preußischer Kulturbesitz eingegliedert und in seinen Aufgaben auf eine breitere Grundlage gestellt. Vielleicht darf man heute sagen, daß die alte Idee einer zentralen Forschungsstätte im Begriff ist, einer Realisierung nahezukommen. Zur Zeit umfaßt das Institut zunächst die alten Abteilungen, das Musikinstrumenten-Museum und die Abteilung für musikalische Volkskunde, deren Arbeitsgebiet sich über den ganzen europäischen Raum erstreckt. Von ihr wird das „Jahrbuch für musikalische Volks- und Völkerkunde" mit betreut. Die historische Abteilung soll neben musikhistorischen Dokumentationen eine umfassende Geschichte der Musiktheorie neu erarbeiten. Wie schon früher werden in der „Bibliographie des Musikschrifttums" bibliographische Angaben zumeist aus dem deutschsprachigen Gebiet jahrgangsweise veröffentlicht; darüber hinaus erfaßt und redigiert die westdeutsche Redaktion des Repertoire International de Litterature Musicale (RILM) die in der Bundesrepublik und in West-Berlin erscheinenden musikwissenschaftlichen Publikationen. In der 1965 neu gegründeten Abteilung für musikalische Akustik wird eine moderne musikalische Klangforschung betrieben, die unter Einbeziehung elektronischer Meß- und Analysierverfahren sowohl die akustischen als auch die psychologischen Bedingungen berücksichtigt. In den 1967 begonnenen „Veröffentlichungen des Staatlichen Instituts für Musikforschung Preußischer Kulturbesitz" erscheinen selbständige, vom Institut betreute oder geförderte musikwissenschaftliche Studien. Mit dem ersten Band dieses Jahrbuchs wird darüber hinaus ein eigenes Fachorgan des Instituts eröffnet, das für kürzere Beiträge bestimmt ist. Damit ist der Anschluß an das Konzept einer zentralen musikwissenschaftlichen Forschungsstelle auch im Hinblick auf seine Publikationsmittel wieder hergestellt. Berlin, im März 1969

DAGMAR DROYSEN

INHALT 5

Vorwort MOTTE-HABER, HELGA DE LA

Zum Problem der Klassifikation von Akkorden

9

DAENICKE, WILFRIED

Bewertung von Intervallbeobachtungen an Hand der Frequenzdi stanz - Ein Versuch zur Rangordnung musikalischer Intervalle -

29

JosT, EKKEHARD

Der Einfluß des Vertrautheitsgrades auf die Beurteilung von Musik

65

DROYSEN, DAGMAR

Zum Problem der Klassifizierung von Harfendarstellungen in der Buchmalerei des frühen und hohen Mittelalters . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

87

KRICKEBERG, DIETER

Studien zu Stimmung und Klang der Querflöte zwischen 1500 und 1850

99

ERNST, FRIEDRICH

Der Instrumentenbauer Johann Andreas Stumpff Ein Freund Beethovens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 119 Namen- und Sachregister . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 129 Lebensläufe

. . . ... . ....... . .... .. ... . .......... ... . .. .. . .... ... . .. ...... . .... .. ...

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ZUM PROBLEM DER KLASSIFIKATION VON AKKORDEN HELGA DE LA MOTTE-HABER

AN STELLE EINER EINLEITUNG Eine umfassende Übersicht über die verschiedenen Klassifikationen von Akkorden läßt sich auf engem Raum nicht erstellen. Daher werden in loser Aufeinanderfolge hier nur einige Gedanken abgehandelt, deren Klärung für diese Arbeit notwendig erscheint. 1. Akkorde lassen sich beschreiben hinsichtlich ihres Umfangs, ihrer Lage, Binnengliederung, Farbe und anderer Eigenschaften mehr. Angesichts der Einteilung „konsonant dissonant" werden diese Merkmale zu akzessorischen, die nur Nuancen kennzeichnen, aber keine wesentlichen Unterschiede betreffen. Konsonanz - Dissonanz ist ein Klassifikationsprinzip, das jedoch vorwiegend für Intervalle tauglich ist; schon Dreiklänge werden damit in geringerem Maße charakterisiert. Für eine Musik allerdings, deren Hauptelement der Dreiklang bildet, ist weniger eine differenzierte, graduelle Abstufung von Bedeutung als vielmehr nur der spezifische Unterschied zwischen konsonanten und dissonanten Akkorden; ja, eine Dichotomisierung scheint zur Notwendigkeit zu werden, zumindest insofern, als sie die Formulierung der Grundsätze einer dem Prinzip der Konsonanz unterworfenen musikalischen Syntax erleichtert.

Restriktion der Kategorien schafft, so widersprüchlich es scheint, im allgemeinen zugleich wiederum Differenzierung, die als eine Art von Durchformung dieser Kategorien zu verstehen ist. Die Durchformung der beiden Kategorien „konsonant - dissonant" erwächst aus dem Gebrauch der durch sie bestimmten Akkorde im musikalischen Zusammenhang1 • Konsonanz und Dissonanz werden mit weiteren Attributen assoziiert oder von diesen so überlagert, daß die Verarmung, die die Reduzierung auf einen spezifischen Unterschied mit sich bringt, wieder aufgehoben wird. Schwerlich läßt sich vom Sextakkord sagen, er sei minder konsonant als der Grundakkord. Daß ihm im Konsonanzgrad doch eine geringere Vollkommenheit eingeräumt wird 2 und er somit vom Grundakkord abgehoben erscheint, bedingt die Assoziation von Konsonanz mit Stabilität oder der Möglichkeit zur Schlußbildung u. a. Deutlicher noch als bei diesem Beispiel zeigt sich in der Bezeichnung „charakteristische 1

Zur Überformung des Konsonanz-Dissonanzprinzips insbesondere durch die Funktionstheorie vgl. DAHLHAUS (1958) Sp. 1511. 2 Vgl. etwa SCHÖNBERG (1911), S. 70.

10

HELGA DE LA MOTTE-HABER

Dissonanz" der Wille, Unterschiede innerhalb einer Kategorie zu ermöglichen. Die Unterschiede in der Sonanzwirkung von Dreiklängen sind jedoch nicht äquivalent jenen, die die Abstufung der Zweiklänge meint, da etwa eine „Verschiedenheit der Dissonanzwirkung" bei Dreiklängen nicht wie bei Zweiklängen in dieser begründet ist, sondern sich aus der jeweils verschiedenen Art der „melodischen Fortschreitung" (HAUPTMANN 1853, S.128) ergibt. 2. Als graduelle Abstufung wie auch als Alternative sind 11 Konsonanz" und „Dissonanz" Kategorien, die gerade noch Dreiklänge zu differenzieren vermögen, bei Vierklängen aber versagen. Konsonante Vierklänge ohne Oktavverdoppelung gibt es nicht. Daher muß auch eine Musik, deren Bausteine nicht Zweiklänge und auch nicht mehr Dreiklänge sind, zwangsläufig der Beschreibung ihrer Mehrklänge durch Konsonanz und Dissonanz entraten. Der hohe Grad an Evidenz der Aussage 11 konsonante Vierklänge gibt es nicht" verwischt leicht die darin implizierte Voraussetzung, Konsonanz sei ein von vornherein festgelegter, nicht durch Erfahrung und Konvention zu erschütternder Sachverhalt. Was aber durch die Natur einer Sache gegeben ist und was Lernen und Erfahrung schaffen, läßt sich nicht leicht entscheiden3• Aussagen hierüber sind nur als Hypothesen einer Theorie denkbar, deren Verifizierung wie auch Falsifizierung unmöglich scheint. Normen bieten nicht nur eine Erklärung für den „artistic reality level" (ARNHEIM 1954) zu einem jeweiligen Zeitpunkt wie auch für seinen Wandel, sondern sie legen auch den Gedanken nahe, in der Sphäre des Materials Variabilität der Klassifizierung anzunehmen. Der Wechsel der Sonanzgrade, den Terzen, Sexten und Tritonus im Laufe der Jahrhunderte erfuhren, zeigt, daß die die Reizkonfigurationen kennzeichnenden Merkmale unterschiedlicher Bewertung je nach Norm und Tradition unterliegen können. Entfallen die 11 anchor-Effekte" von Oktave, Quinte und Dreiklängen, so ist in einem Bezugssystem von „dissonanten" Vierklängen eine Abstufung der Sonanzgrade denkbar, die differenziert und daher vielleicht auch brauchbar ist. Die Behauptung eines „quasi-naturgegebenen Sonanzsystems" (RoHWER 1958, S.165) wird durch die Überlegung fragwürdig, es seien Systeme mit wechselndem Bezugsrahmen denkbar. 3. Betrachtet man den Sonanzgrad nicht als absolute Eigenschaft, sondern als eine, deren Charakter durch die Relation zu anderen entsteht, so ergibt sich dann allerdings auch Kritik an Versuchen, die Akkorden wie d-g-c, d-g-a und d-e-a einen ähnlichen Konsonanzgrad zubilligen 11 wie den hochkonsonanten Ein- und Zweiklängen" (KouNSKI 1936, S. 15) 4, denn im Verhältnis etwa zu c-c 1 ist d-g-c dissonant. Es scheint allerdings nicht sinnvoll, ein solches Verhältnis herzustellen. KouNSKIS Versuch, „Konsonanz und Dissonanz als Grundlage einer neuen Akkordlehre" zu verwenden, weist auch heute noch auf ein prinzipielles Problem hin. Einerseits scheint es nicht ausgeschlossen, zwischen komplexen Akkorden Abstufungen der Sonanzen zu erstellen, andererseits kann einem solchen Unterfangen der Vorwurf nicht erspart bleiben, 3

Eine eingehendere Behandlung der hier angeschnittenen Problematik findet sich bei DAHLHAUS (1962).

4

Kolinskis Hinweis auf die Bemerkung C. Ph. E. BACHS, „der Secundquintenaccord klingt allezeit leer" (10. Cap. § 5), ist in diesem Zusammenhang falsch, da bei Bach mit „leer" wohl nicht eine Milderung der Dissonanz gemeint ist, sondern das Fehlen eines Terzintervalls.

ZUM PROBLEM DER KLASSIFIKATION VON AKKORDEN

11

inadäquat zu sein. Nicht nur ist zu bedenken, daß Konsonanz und Dissonanz eigentlich Begriffe sind, die am besten Zweiklänge beschreiben, sondern, daß sie mit bestimmten Vorstellungen belastet sind. Man assoziiert zu Konsonanzen und Dissonanzen Regeln ihrer Verwendung, und nicht genug damit, man assoziiert sie mit Attributen wie richtig und falsch, schön und häßlich . Solche Assoziationen mögen bei den Vpn Kruegers insofern noch selbstverständlich sein, als sie Normen widerspiegeln. Ähnliche Aussagen zu einem späteren Zeitpunkt - wie grotesk sie auch immer erscheinen -, aus denen hervorgeht, daß lediglich „die hochkonsonanten Intervalle nicht verunstaltet werden, Einzeltöne und Konsonanzen die einzig regelmäßigen zusammengesetzten Klänge, die in unsere Seele dringen, seien, alle anderen im Ohr mit häßlichen Reibungen versehen würden" (HusMANN 1953, S. 57), zeigen ein Verhaftetsein von Konsonanz und Dissonanz mit Eigenschaften, die, sofern man die beiden Begriffe in einem anderen Bezugssystem verwendet, störend wirken müssen. Ersetzt man aber, um einen funktionell gebundenen wie auch wertenden Dissonanzbegriff zu vermeiden, diesen durch den der Spannung, wie es vielfach geschieht (Hauer, Eimert, Jelinek, Hindemith), so scheint damit nicht viel gewonnen. Der Begriff Spannung, der unterschiedlich graduierbare Dissonanzen meint, ist zwar nicht synonym, aber äquivok mit dem Begriff der Spannung, den die dur-moll-tonale Musiktheorie kennt. Sowohl konsonante als auch dissonante Akkorde lassen sich mit letzterem bezeichnen. Gespannt kann nicht nur ein dissonanter Akkord sein, sondern auch ein konsonanter Dreiklang, sofern er dominantische Funktion besitzt. Gegenüber dem Dissonanzbegriff hat der Begriff Spannung aber den Vorteil, daß er nicht in demselben Maße seinen gegenteiligen Pol fordert. Wenn STUMPF (1883, S. 14) meint, „nicht einmal in der Dissonanz liegt, wenn sie als reiner Empfindungsinhalt betrachtet wird, ein Hinweis auf die Konsonanz", so läßt sich dieser Satz nur im Hinblick auf eine von der Wahrnehmung losgelöste Empfindung verstehen. Empfindung ist damit aber keine reale Größe, sondern ein „hypothetical construct"; Bedeutung kommt diesem heute in keiner Wahrnehmungstheorie mehr zu. An sich weist Dissonanz auf einen spezifischen Unterschied zur Konsonanz hin und umgekehrt. Lediglich einen graduellen Unterschied und keinen wesentlichen zwischen Konsonanz und Dissonanz sehen (SCHÖNBERG 1911, S. 18; BusONI 1916, S. 35), bedeutet, sich über eine jahrhundertelang eingeschliffene Verwendung hinwegsetzen. Obwohl das Ordnen von Intervallen zu einer Rangreihe den Gedanken eines Kontinuums nahelegt (an einen wirklich kontinuierlichen Übergang ohne Bruch war dabei aber wohl nirgends gedacht), empfiehlt sich vielleicht daher bei der Betrachtung der Sonanzgrade - insbesondere, wenn nur eine Gewichtung von Dissonanzen intendiert ist - eine Bezeichnung wie „mehr oder weniger gespannt", es sei denn, man vermerkt - benutzt man Konsonanz und Dissonanz als Pole einer Skala -, daß hierbei nicht an einen spezifischen Unter· schied gedacht ist. Letzteres würde - ohne eine Revision der Kritik an der Stumpfschen Auffassung notwendig zu machen - Rechtfertigung zumindest dadurch erfahren, daß die Bezeichnung dissonant bzw. dissonanter in einem anderen Bezugssystem verwendet wird, in dem es „konstruktive Dissonanzen" (KuRTH 1931, S. 178), auf einen prinzipiellen Unterschied zur Konsonanz hinweisende, gar nicht geben kann. Solches gilt für die vorliegende Untersuchung.

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HELGA DE LA MOTTE-HABER

4. Ansätze zur Beschreibung von Mehrklängen entsprechend ihren Sonanzgraden oder ihrer Spannung lassen sich auch in jüngerer Zeit vielfach finden. Nur zwei seien hier ausführlicher erwähnt. Eine sehr differenzierte Betrachtung von Zwei- und Mehrklängen nimmt JELINEK (1958) vor. Er unterscheidet zwei Kategorien, von denen die eine nur Zusammenklänge mit gleichnamigen Tönen (Prime, Oktave) umfaßt, die zweite alle übrigen, die weiterhin unterteilt werden in Extrem-, Mittel- und Nullklänge. Die Spannung eines Klanges wird überlagert von einem anderen Effekt, nämlich dem der Verfremdung. d-gis ist zu den Nullklängen zu rechnen, aber da die beiden Töne einen geringen Verwandtschaftsgrad aufweisen - nur so scheint die Abstandsempfindung, die nicht identisch mit der Distanz ist, interpretierbar -, sind sie durch ein zusätzliches Moment der Erregung charakterisiert, das ihrer Entspannungsempfindung entgegenzuwirken vermag. Wie sich jedoch Verfremdung und Spannung genau zueinander verhalten - sind sie additiv?-, ist von Jelinek nicht ausgeführt. Hindemith klassifiziert Akkorde entsprechend dem Vorhandensein oder Fehlen von Sekunden, Septimen und Tritonus. Er vermag damit eine tabellarische Übersicht herzustellen. Für die vorliegende Untersuchung ist insbesondere ein Punkt von Interesse, nämlich die Frage der Umkehrung von Akkorden. Hindemith kennt nur die Art von Umkehrung, bei der der Grundton höher im Akkord liegt. Abgesehen von der Fragwürdigkeit des Konzepts „Grundtönigkeit" scheint hierbei von ihm eine zu starke Generalisierung zuungunsten des Intervallaufbaues vorgenommen worden zu sein. Er befindet sich damit übrigens auch im Widerspruch zur Anschauung von JELINEK (1958, S. 214-215), der letzteren als durchaus den Grad der Spannung beeinflussend ansieht. Jedoch muß man bedenken, daß Gesetzmäßigkeiten, die den Sonanzgrad von Vier-, Fünf-, Sechs- und Mehrklängen bestimmen, noch nicht eingehend studiert wurden, was leicht dazu führt, daß man ein Prinzip überbetont und zur Systembildung benutzt. Die Vernachlässigung der Intervallschichtung im einzelnen ist bei Hindemith vielleicht eine notwendige Konsequenz dieses Sachverhalts. Sie sollte zugleich zum Gegenstand einer Fragestellung gemacht werden. 5. Eine isolierte Beschreibung musikalischer Phänomene, dazu würde etwa auch eine auf experimentellem Weg erstellte gehören, gerät leicht in die Gefahr, ihre Gültigkeit einzubüßen, wenn man sie an einem Tonsystem mißt. Aus den Interdependenzen der den akustischen Reizen zugehörigen Merkmalen mit den Kategorien des jeweils herrschenden Tonsystems erwächst diesen Merkmalen - betrachtet man nicht nur ein Tonsystem scheinbare Relativität. Gleiche Reize können bei wechselndem Bezugssystem hinsichtlich Art und Grad unterschiedliche Differenzierung erfahren, wie andererseits auch Unterschiede negiert werden können. Unterschiedliche graduelle Differenzierung zeigt sich in der im laufe der Jahrhunderte wechselnden Einteilung der Intervalle in konsonante und dissonante wie auch darin, daß tonsystemliche Bindungen ein Schwingungsverhältnis verschieden charakterisiert erscheinen lassen: Die Proportion 4: 5 kann im temperierten System konsonant (c-es) wie auch dissonant (c-dis) aufgefaßt werden. Differenzierungen des Tonmaterials, die nicht mit dem jeweils herrschenden Bezugssystem in Einklang stehen, kann kein Erfolg beschert sein, weil sie zwangsläufig mit ungeeigneten Kriterien vorgenommen

ZUM PROBLEM DER KLASSIFIKATION VON AKKORDEN

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werden. Als Beispiel hierführ läßt sich die auf Grund akustischer Beobachtungen verfeinerte Akkordlehre von HELMHOLTZ (1863) anführen. Die Kategorien eines Tonsystems sind - da dem Gegenstand adäquat - für die Betrachtung der Musik, auf die sie bezogen, verbindlich. Akustischen und psychologischen Kriterien5 kommt solches nicht zu. Zwar ist es aufgrund der erwähnten Wechselwirkung nicht denkbar, daß die Modifikationen, die durch Tonsysteme an der Klassifizierung des Tonmaterials hervorgerufen werden, die physikalischen Eigenschaften desselben völlig negieren können - perfekte Konsonanzen können nicht zu Dissonanzen werden -, es ist jedoch denkbar, daß bestimmte Eigenschaften der akustischen Realität keine Relevanz für die Klassenbildung eines Tonsystems besitzen. Ob bei der Auswahl bestimmter akustischer und psychologischer Kriterien zur Beschreibung des Tonmaterials bestimmte Gesetzmäßigkeiten herrschen, läßt sich vorerst nicht sagen. Es ist nur nachzuweisen, daß solche, die unabhängig vom Bezugssystem zu sinnvollen Aussagen berechtigen würden, nicht existieren. So ist auch eine Betrachtung ihrer Sonanz nicht für alle Zusammenklänge sinnvoll. Diese Grenzen der Beschreibung von Zusammenklängen durch das Konsonanz-Dissonanz-Prinzip erkennt SCHÖNBERG (1957, S. 190), wenn er schreibt: „Es ist unwahrscheinlich, daß die Qualität von Schärfe oder Milde der Dissonanz die geeignete Grundlage einer Theorie (gemeint ist eine zukünftige Theorie) sein kann". Einer Untersuchung wie der vorliegenden, die zu einer Skalierung von Sechsklängen althergebrachte Kategorien verwendet, läßt sich daher trotz der erörterten Möglichkeit einer Abstufung der Sonanzgrade von „Dissonanzen" der Vorwurf machen, daß sie mit falschen Mitteln operiert. Dieser bestände allerdings nur dann zu Recht, wenn die Ergebnisse den Anspruch von Validität für musikalische Phänomene erheben würden, für die sie nicht gedacht sind.

FRAGESTELLUNG Die Zielsetzung von STUMPF (1883, S. VI), in seiner Tonpsychologie „die Urteile zu behandeln, welche sich an gleichzeitige Töne knüpfen", impliziert zweierlei: Einmal suchte er nach einem Kriterium, um Konsonanz und Dissonanz gegeneinander abzusetzen, zum zweiten beschrieb er gleichzeitige Töne entsprechend ihren Sonanzgraden. In modifizierter Form ließe sich beides als Motto unserer Arbeit voranstellen, obwohl sich diese mit einem Gegenstand, nämlich der Untersuchung von Sechsklängen, beschäftigt, der zu Stumpfs Zeiten völlig inaktuell war. Klassifizierungen von „an sich dissonanten" Mehrklängen entsprechend ihrem Sonanzcharakter wurden, wie oben ausgeführt, - in Art und Weise je nach Absicht der Autoren variierend - schon mehrfach vorgenommen. Es wäre kaum sinnvoll, diesen einen weiteren Beschreibungsversuch anzureihen, auch wenn er sich methodisch, da experimentell gewonnen, von den anderen abheben würde. Das Studium einzelner Probleme scheint jedoch r. Im allgemeinen empfiehlt sich eine solche „und -

Verbindung" von akustischen und psychologischen Kriterien nicht, da erstere nicht jenem Wandel unterworfen sind wie letztere, die immer nur einen bestimmten kulturellen Hintergrund widerspiegeln können.

HELGA DE LA MOTTE-HABER

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sinnvoll. So ist in dieser Untersuchung die Frage gestellt nach dem Sonanzeindruck von Sechsklängen, die alle die gleichen Töne besitzen, jedoch durch Permutationen derselben unterschiedliche lntervallverhältnisse aufweisen. Beabsichtigt ist, einige von jenen Gesetzmäßigkeiten zu finden, die SCHÖNBERG {1911, S. 505) vermutet, wenn er auf den Bedeutungswandel hinweist, den ein Mehrklang erleidet, wenn ein „Ton versetzt" wird. Hängt der Eindruck eines Mehrklangs mit der Art der Intervallschichtung zusammen oder aber ist das Vorhandensein gleicher Töne für die Beurteilung entscheidend? VERSUCHS PLAN

1. Methode Um den Sonanzeindruck eines Intervalls oder Akkordes festzustellen, genügte es, diese von mehreren Beobachtern auf einer bipolaren Skala „konsonant - dissonant" einstufen zu lassen. Konsonanz und Dissonanz werden im allgemeinen aber Merkmale wie Glätte oder Rauhigkeit (HELMHOLTZ 1863), Vorhandensein oder Fehlen von etwas Wohlklanghaftem (BuGG 1939) usw. zugeschrieben. Es schien daher sinnvoll, nicht nur eine Skala, sondern mehrere zu verwenden, in denen diese und ähnliche Eigenschaften zur Beurteilung der Mehrklänge herangezogen wurden. Insgesamt wurden aus einer früheren Untersuchung (de la MOTTE-HABER 1968) acht Skalen ausgewählt; maßgeblich für die Auswahl war einmal die Relevanz dieser Skalen zur Beurteilung von Mehrklängen, zum zweiten ihre Ladung auf verschiedenen Faktoren. Zwei weitere Adjektivgegensatzpaare wurden hinzugefügt. Um eine möglichst gute Differenzierung zu ermöglichen, wurden diese Skalen in neun Stufen eingeteilt. Im einzelnen sind die Skalen in Abb. 1 zusammengestellt. 1

2

3

4

5

6

7

8

9

gelöst blaß eben friedlich hart häßlich glänzend glatt dissonant unharmonisch

angespannt farbig uneben aggressiv weich schön trübe rauh konsonant harmonisch Abb. 1.

Die zur Beurteilung der Akkorde verwendeten Skalen 2. Reizmaterial

Aus den Tönen c d es g as h 6 wurden 5 Mehrklänge derart gebildet (s. Notenbeispiel), daß die Akkordbreite dabei annähernd die gleiche blieb. In einem Fall ergab sich ein um einen Halbton größerer Ambitus, einer der Sechsklänge beginnt einen Halbton tiefer als die 6

Dies ist selbstverständlich gleichbedeutend mit c d dis g gis h, da Klavierakkorde verwendet wurden und Tonartencharakteristika wie auch Funktionsbeziehungen in unserem Zusammenhang keine Rolle spielen.

ZUM PROBLEM DER KLASSIFIKATION VON AKKORDEN

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übrigen. Da unser Interesse dem Einfluß der Intervallstruktur galt, wurden aus den Mehrklängen sich überlappende Dreiklänge herausgelöst (s. Notenbeispiel). Auch diese sollten beurteilt werden. Materialklänge

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Mehrklänge

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Beurteilte Drei- und Mehrklänge

Die Sechsklänge wie auch die Dreiklänge wurden als Klavierakkorde auf ein Tonband aufgenommen. 3. Beurteiler

Beurteiler waren 20 sowohl männliche wie weibliche Studierende einer Musikhochschule. Eine Differenzierung nach Geschlecht, Alter u. ä. schien bei einem Versuch wie dem vorliegenden nicht notwendig, da es kaum sinnvoll wäre, hierdurch begründete Unterschiede in der Beurteilung von Akkorden anzunehmen. Lediglich kulturspezifische Unterschiede sind zu vermuten, jedoch standen solche nicht zur Diskussion. Dies rechtfertigte die Wahl einer homogenen Gruppe, von der außerdem anzunehmen war, daß sie eine genügende musikalische Vorbildung besaß. Letztere schien uns notwendig, da es sich bei den Reizen um ein dem Laien nicht vertrautes Material handelt.

4. Durchführung der Versu c/i e

Wie schon ausgeführt, ist es kaum sinnvoll, Drei- und Sechsklänge miteinander zu vergleichen. Daher wurde die Beurteilung dieser beiden Arten von Akkorden, wenn auch von

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HELGA DE LA MOTTE-HABER

denselben Vpn, so doch in so großem zeitlichem Abstand durchgeführt, daß keine präzise Erinnerung die beiden Experimente verband. Nachdem die Vpn mit dem Reizmaterial vertraut gemacht waren, wurde ihnen der jeweilige Akkord mit kurzen zeitlichen Unterbrechungen so lange vorgespielt, bis sie ihn auf den 10 Skalen eingestuft hatten. Für die Sechsklänge genügte jeweils eine Sitzung, die Dreiklänge mußten in mehreren Sitzungen beurteilt werden. Da die Akkorde im Einzelversuch oder von kleinen Gruppen beurteilt wurden, konnte die Reihenfolge jeweils zufällig variiert werden. 5. Statistische Auswertung

Nachdem das arithmetische Mittel der Beurteilungen eines Akkords berechnet worden war, wurden die zehn Skalen interkorreliert (Produkt-Moment-Korrelationen). Anschließend wurde eine Faktoren-Analyse (R-Analyse) nach dem Hauptachsenverfahren gerechnet. Die Zusammenhänge zwischen den einzelnen Attributen, mit denen Akkorde zu charakterisieren sind, sollten damit deutlich gemacht werden, da hiervon eine Präzisierung möglicher Unterschiede zwischen den Akkorden erwartet werden konnte. Für jede Skala wurde eine zweifaktorielle Varianzanalyse ohne Replikationen gerechnet7, in die als „fixed factor" die fünf Sechsklänge und als „random factor" die 20 Vpn eingingen. Da es sich bei dieser Art der Varianzanalyse um ein „mixed model" handelt, dienten als Prüfvarianz für den Effekt der Akkorde die Interaktionen mit den Vpn. Einzelunterschiede wurden nach Scheffe berechnet. Die Ähnlichkeit zwischen einem Sechsklang und dem jeweils aus ihm herausgelösten Dreiklang wurde durch Korrelationen ermittelt. Wegen der geringen Zahl der Merkmale wurden hierzu Rangkorrelationen verwendet.

ERGEBNISSE UND DISKUSSION DER ERGEBNISSE

1. Die Dimensionen des Eindrucks von Akkorden Zweck dieser Untersuchung war eine Beschreibung von Mehrklängen unter dem speziellen Gesichtspunkt ihrer Abhängigkeit von der Intervallstruktur. Dienlich scheint hierzu das Wissen über die Zusammenhänge der dabei verwendeten Eigenschaften. Im nachfolgenden sollen zunächst diese Zusammenhänge betrachtet werden. Die aus den Interkorrelationen der 10 Skalen errechnete Faktorenanalyse erbrachte zwei Faktoren. Als Abbruchkriterium für die Extraktion der Faktoren diente die Zahl der über 1 liegenden Eigenwerte (GuTTMAN 1954). Wie sich an den sehr hohen Kommunalitäten ablesen läßt, genügen offensichtlich zwei Faktoren zur Darstellung der Attribute von Akkor7

Mit WINER (1962) könnte man auch von einer einfaktoriellen Varianzanalyse mit Meßwiederholungen sprechen. Das Rechenverfahren bleibt in beiden Fällen dasselbe.

ZUM PROBLEM DER KLASSIFIKATION VON AKKORDEN

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den. Ob das sehr niedrige h 2 der Skala „farbig - blaß" einen hohen Prozentsatz an spezifischer oder zufälliger Varianz anzeigt, läßt sich hier nicht entscheiden. Eine Varimax-Rotation erwies sich als ausreichend zur Interpretation der Faktoren (s . Tab.1). Faktor I vereinigt auf sich hohe Ladungen der Skalen „angespannt - gelöst", „uneben eben", „aggressiv - friedlich", „schön - häßlich", „rauh - glatt", „konsonant - dissonant" und „harmonisch - unharmonisch". Alle diese Attribute meinen also dasselbe. Die Aufstellung von 10 Skalen ist somit höchst redundant, da sechs von ihnen nicht mehr besagen als etwa die Einstufungen hinsichtlich Konsonanz und Dissonanz. Es wirkt allerdings sehr sinnvoll, wenn ein Akkord um so gelöster, ebener, glatter, vielleicht auch harmonischer erscheint, je konsonanter er ist. Merkwürdig berührt aber, daß Akkorde um so schöner beurteilt werden, je konsonanter sie sind. Erinnert sei in diesem Zusammenhang daran, daß Konsonanz und Dissonanz mit Werturteilen wie richtig und falsch assoziiert sind (vgl. S.11). Dies wird verständlich, wenn man bedenkt, daß Konsonanzen in der dur-moll-tonalen Musik statistische, an der Häufigkeit zu messende, wie ideale, an der Vollkommenheit zu bestimmende Normen repräsentieren. Ein Gefühl von Richtigsein heftet sich immer an Normen, zugleich liegt es nahe, Normen im ästhetischen Bereich aber auch mit der Eigenschaft „schön" zu versehen. Eine solche globale Aussage allerdings müßte Differenzierung erfahren im Hinblick auf eine ästhetische Grundanschauung (- nur für eine Ästhetik, die das Schöne als Gegenstand hat, dürfte sie gelten-), zugleich müßte Phänomenen Rechnung getragen werden, die darauf hinweisen, daß gerade das Unübliche besonderen ästhetischen Reiz besitzt. Klischeeassoziationen wie die, daß Konsonanzen schön seien, sind nicht überall wirksam, wohl aber in einer Beurteilung von Akkorden ohne Bezugsrahmen. Gewichtszahlen der Faktoren I

Objekt angespannt-gelöst farbig-blaß uneben-eben aggressiv-friedlich weich-hart schön-häßlich trübe-glänzend rauh-hart konsonant-dissonant harmonisch-unharmonisch

II

.885 .115 .969 .764 -.581 -.959 .215 .927 -.966 -.971

.383 .544 .085 .605 -.712 -.061 -.904 -.099 -.127 -.166

Varianz

73,6

O/o

26,4 O/o

Varianz vor der Rotation

79,0 O/o

21,0 D/o

h2 .930 .309 .945 .951 .844 .922 .930 .869 .963 .971

Tabelle 1. Die Faktorenanalyse der Skalen (nach Varimax rotiert) (Die Null vor dem Komma wurde weggelassen. An Stelle des Kommas steht jeweils ein Punkt.) 2 J ahrbudl