Psychopharmaka bei psychiatrischen Erkrankungen: Neuropleptika, Tranquilizer, Antidepressiva. Anwendungsgrundsätze, Nebenwirkungen, Kontraindikationen, spezielle Hinweise und tabellarische Übersicht [2. Aufl.] 978-3-528-07933-8;978-3-663-05272-2

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German Pages 196 [192] Year 1987

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Psychopharmaka bei psychiatrischen Erkrankungen: Neuropleptika, Tranquilizer, Antidepressiva. Anwendungsgrundsätze, Nebenwirkungen, Kontraindikationen, spezielle Hinweise und tabellarische Übersicht [2. Aufl.]
 978-3-528-07933-8;978-3-663-05272-2

Table of contents :
Front Matter ....Pages 1-11
Einführung (W. E. Platz)....Pages 13-14
Definition und Einteilungsmöglichkeiten von Psychopharmaka (W. E. Platz)....Pages 15-19
Psychopharmaka bei psychiatrischen Erkrankungen (W. E. Platz)....Pages 20-83
Psychiatrischer Notfall (W. E. Platz)....Pages 85-89
Psychopharmaka im Kreuzfeuer der Kritik (W. E. Platz)....Pages 91-97
Literatur (W. E. Platz)....Pages 98-104
Anlagen (W. E. Platz)....Pages 105-126
Präparatehinweise (W. E. Platz)....Pages 127-190
Back Matter ....Pages 191-196

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Psychopharmaka bei psychiatrischen Erkrankungen

Anschrift des Autors: Chefarzt Or. med. W. E. Platz Karl-Bonhoeffer-Nervenklinik - Akademisches Lehrkrankenhaus der Freien Universität Berlin Oranienburger Str. 285 0-1000 Berlin 26

W. E. Platz

PsychopharDlaka bei psychiatrischen Erkrankungen mit einem Vorwort von O. K. Linde Neuroleptika, Tranquilizer, Antidepressiva Anwendungsgrundsätze, Nebenwirkungen, Kontraindikationen, spezielle Hinweise und tabellarische Übersicht 2., überarbeitete Auflage

Friedr. Vieweg & Sohn . Braunschweig/Wiesbaden

CIP-Kurztitelaufnahme der Deutschen Bibliothek Platz, Werner E.: Psychopharmaka bei psychiatrischen Erkrankungen: Neuroleptika, Tranquilizer, Antidepressiva - Anwendungsgrundsätze ... / Werner E. Platz; mit e. Vorwort v. O. K. Linde. Braunschweig, Wiesbaden: Vieweg, 1986. ISBN 978-3-663-05273-9

ISBN 978-3-663-05272-2 (eBook)

DOI 10.1007/978-3-663-05272-2

Herausgeber: Dr. med. W. E. Platz, Berlin

© Friedr. Vieweg & Sohn Verlagsgesellschaft mbH, Braunschweig 1987 Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlags unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Konzeption und Realisation: Jürgen Weser, Gütersloh Herstellung: Gütersloher Druckservice GmbH, Gütersloh ISBN 978-3-663-05273-9

Inhaltsverzeichnis

Vorwort von 0. K. Linde 1. Einführung . . . . . . . . . . . . . .. 2. Definition und Einteilungsmöglichkeiten 3. 3.1 3.1.1 3.1.2 3.1.3 3.1.4 3.1.5 3.2 3.2.1 3.2.2 3.2.3 3.2.4 3.2.5 3.3 3.3.1 3.3.2 3.3.3

von Psychopharmaka. . . . . . . . . Psychopharmaka bei psychiatrischen Erkrankungen. . . . . . Neuroleptika . . . . . .

Definition, Eigenschaften Anwendungsgrundsätze . Nebenwirkungen. Kontraindikationen Spezielle Hinweise. Tranquilizer. . . .

Definition, Eigenschaften Anwendungsgrundsätze . Nebenwirkungen. Kontraindikationen Spezielle Hinweise. Antidepressiva . .

Definition, Eigenschaften Anwendungsgrundsätze . Nebenwirkungen....

13

15 20 20 20 27 30 37 38 49 49 51 56 58 59 67 67 68 74

3.3.4 3.3.5 3.4 4. 5. 5.1 5.2 5.3 6. 7. 7.1 7.2 7.3 7.4 7.5 7.6 8. 8.1 8.2 8.3 8.3.1 8.4 8.5 9. 6

Kontraindikationen Spezielle Hinweise. Die Therapie mit Lithium-Salzen. Psychiatrischer Notfall Psychopharmaka im Kreuzfeuer der Kritik. Grundsätzliches . Klinische Prüfung von Psychopharmaka Zwangsmedikation Literatur. Anlagen. Anlage I: AIMS . Anlage 11: Patienteninformation bei Gabe von trizyklischen Neuroleptika Anlage III: Revidierte Deklaration von Helsinki . Anlage IV: Gesetz zur Neuordnung des Arzneimittelrechts . Anlage V: Heroin-Entzugssymptome, Behandlung in der Praxis, Opiat-Notfall Anlage VI: Mitteilung an die Autoren Präparatehinweise . Neuroleptika Tranquilizer . Antidepressiva. Lithium-Salze . Gegenüberstellung: Freinamen - Präparatenamen . Gegenüberstellung: Präparatenamen - Freinamen. Stichwortverzeichnis

75 76 78 85 91 91 93 96 98 105 105 110 112 118 122 126 127 127 149 167 185 187 189 191

Vorwort

Die Entdeckung psychotroper Substanzen bedeutet in der Menschheitsgeschichte, wissenschaftsphilosophisch betrachtet, einen einmaligen Vorgang. Ein Organ - das Großhirn des Menschen - findet Moleküle, mit deren Hilfe es sich selbst korrigieren, aktivieren, irritieren, sedieren - kurz: steuern kann. Mit der Einführung der Psychopharmaka ist die Psychiatrie somit um eine Dimension reicher geworden: Für die Beurteilung der Wirksamkeit psychotroper Stoffe allein oder im Verbund mit anderen Maßnahmen wurde naturwissenschaftliches Denken und Vorgehen conditio sine qua non. Zwangsläufig mußten dann auch die Gesetze der Naturwissenschaft, besonders die der Pharmakologie, bei der Therapie Beachtung finden. Die Suche nach Maß und Zahl prägt seither die Forschung und auch die Praxis auf dem Gebiet der Psychopharmakologie. Das Problem der bisher als Erfahrungs- und Geisteswissenschaft gehandhabten Psychiatrie bestand und besteht darin, der Naturwissenschaft im Rahmen ihres mehrdimensionalen Behandlungskonzeptes einen angemessenen Stellenwert zuzuweisen und diesen als solchen zu respektieren, dies um so mehr, wenn es um die Behandlung von Psychosen geht, 7

die entgegen gelegentlich artikulierter ideologischer Strömungen keine sozialen Artefakte sind, sondern hirnstoffwechselbedingte Störungen, und deren Pharmakotherapie seit den 1950er Jahren einen medizin historischen Umbruch ersten Ranges bedeutet. Dem methodischen Innovationsprozeß in der Psychiatrie dient jede Art von Initiativen, die, auf Forschung oder Praxis fußend, dazu beitragen, den Umgang mit Psychopharmaka sicherer und effektiver zu gestalten. Der Patient hat ein Recht auf die Anwendung des Wissens seiner Zeit. Unbeschadet der heute verfügbaren Vielfalt der Medien hat »das Buch « im pharmakotherapeutischen Bereich nach wie vor seine dominante Stellung behauptet, wenn es darum geht, den Wissenstransfer im Interesse wissenschaftlicher Transparenz zu gewährleisten. Jede diesbezügliche Aktivität ist im Sinne unseres Auftrages zu begrüßen, mehr noch: sie ist erforderlich. Wie anders, als durch einen möglichst breit und tief angelegten Erfahrungsaustausch sowie durch Dokumentation des therapiebezogenen Wissens kann die Behandlung optimiert werden, wenn weiterhin Objektivität und Rationalität als grundsätzliche und selbstverständliche Verfahrensweisen gelten. Mit der Aufnahme der Deklaration von Helsinki, eines Auszuges aus dem »Gesetz zur Neuordnung des Arzneimittelrechts von 1976«, der paradigmatischen Beschreibung einer Ethik-Kommission, mit den eingebundenen Mitteilungen zur Meldung von eigenen Erfahrungen und von Nebenwirkungen an den Autor sowie mit dem Abdruck eines Erhebungsbogens zur Erfassung früher und später extrapyramidaler Störungen, hat der Autor neue Akzente gesetzt, die die ethischen und legalen Gesichtspunkte

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betonen und so zur Arzneimittelsicherheit beitragen sollen. In diesem Sinn gebührt dem Autor dieses Buches Dank für seine Arbeit, mit der er eine reichhaltige klinische Erfahrung praxisnah, übersichtlich und didaktisch geschickt dargestellt hat. Klingenmünster im August 1985

Otfried K. Linde

Vorwort zur zweiten Auflage

Die erfreulich gute Akzeptanz der ersten Auflage dieses Buches in Klinik und Praxis bei Arzt und Apotheker läßt vermuten, daß der Inhalt nicht nur als Lektüre allgemein, sondern auch im Sinne einer Orientierungshilfe im Einzelfall genutzt wird. Erst dann hat ein Buch seinen Stellenwert neben anderen und vielen weiteren Medien bewiesen. Die zweite Auflage ist um wichtige Hinweise auf die aktuelle Arzneimittelgesetzgebung und um einige Präzisierungen im Zusammenhang mit den Neuroleptika und ihren pharmakodynamischen Wirkungen ergänzt worden. Es bleibt die begründete Erwartung, daß die Mühe aller an der Konzeption des Buches Beteiligten durch seine breite und weitere Inanspruchnahme zum Nutzen unserer Patienten belohnt wird. Klingenmünster im April 1987

Otfried K. Linde 9

Es hat sich bewährt, daß sich der Arzt vor der Verordnung eines (Psycho-)Pharmakons folgende Fragen vorlegt (modifiziert nach A. Herxheimer, 1976 [22] und K. H KimbeJ, 1980 [31]):

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1. Welche Zusammensetzung (internationaler Freiname) hat das verordnete Medikament? 2. Welcher Hauptgruppe gehört das Medikament an (z. B. Psychopharmaka - Tranquilizer)? 3. Was soll mit dem Medikament erreicht werden (z. B. Anxiolyse) und wann ist eine Wirkung zu erwarten? 4. Welche anderen Möglichkeiten (z. B. autogenes Training) kommen in Betracht? Welche anderen Medikamente gibt es? Wie wirksam, wie verträglich sind sie, was kosten sie? 5. Welche Kontraindikationen gibt es? 6. Welche Anwendungsweise und Dosierung ist zu wählen (Applikationsart, Dosis, Applikationsintervalle)? 7. Durch welche Parameter läßt sich prüfen, ob das Ziel der Behandlung mit dem Medikament erreicht werden kann? 8. Welche Wechselwirkungen mit anderen Präparaten sind möglich? 9. Welche Nebenwirkungen sind möglich? Wie lassen sich diese, wenn sie auftreten, behandeln? 10. Wurde der Patient über Wirkung und Nebenwirkung ausreichend informiert? 11. Was erwartet der Patient von dem Medikament? 12. Durch welche Maßnahmen kann die »compliance« sichergestellt oder zumindest verbessert werden (Einsicht des Patienten, Kontrolle durch das Pflegepersonai oder eine Bezugsperson, Wahl kontrollierbarer Applikationsformen wie z. B. Tropfen statt Tabletten oder parenteral statt oral, Auswahl weniger frequenter Applikationsformen wie z. B. Retard- oder Depotpräparate)? 13. Wie sieht der Behandlungsplan aus (Dosisverlauf, Behandlungsdauer, Zeitplan für begleitende Psycho-, Familien- und Soziotherapie)?

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1. Einführung

Die Kenntnis der Wirkung der Psychopharmaka, möglicher Interaktionen und vor allem der Nebenwirkungen gehören zum unverzichtbaren Rüstzeug des praktisch tätigen Arztes in Klinik und Praxis. Das vorliegende Taschenbuch soll kein Lehrbuch ersetzen, es soll jedoch die Grundlagen einer Therapie mit den Hauptgruppen der Psychopharmaka bei psychiatrischen Erkrankungen vermitteln und gleichzeitig dem Arzt Beurteilungskriterien an die Hand geben, nach denen die Auswahl eines Psychopharmakons erfolgen kann. Der pharmakologischen Regel folgend, mit möglichst wenigen Substanzen auszukommen, haben wir Psychopharmaka nach ihren Haupteigenschaften bewertet und relevante Nebenwirkungen hervorgehoben. Die Grundlage hierzu sind vor allem klinisch-praktische Erfahrungen, die mit zur Erstellung einer Liste für Psychopharmaka durch die Arzneimittelkommission unserer Klinik führten, die regelmäßig aktualisiert wird. Den Abschluß bildet ein Kapitel, das sich mit der dringenden ethischen Frage beschäftigt, inwieweit die Anwendung von Psychopharmaka überhaupt gerechtfertigt ist, in dem auch auf Fragen der Zwangsmedikation anhand des neuen 13

Berliner Unterbringungsgesetzes (Gesetz für psychisch Kranke, PsychKG[13]) eingegangen wird. Vor allem geht es bei der Verordnung von Psychopharmaka immer wieder darum, die Frage einer induzierten Abhängigkeit (= Sucht) zu beurteilen, zum Beispiel von Tranquilizern; es geht weiter darum, die Zusammenhänge zwischen einer neuroleptisehen Langzeittherapie und dem Auftreten von Spätdyskinesien abzuschätzen und daran zu denken, daß mit der Verordnung von Antidepressiva möglicherweise psychogene Faktoren verwischt werden und dadurch dem Patienten eine aktive Auseinandersetzung mit seinen Problemen erschwert wird. Schon während des Medizinstudiums sollte die Arzneiverordnung stärker unter dem Gesichtspunkt der oben gestellten Fragen gelehrt und später während der praktischen Ausbildung dieses Denken vermittelt werden. Für die Klinik wäre es besonders hilfreich, wenn an klinischen Visiten in regelmäßigen Abständen ein Apotheker teilnehmen würde, der den Ärzten beratend mit seinem Fachwissen zur Verfügung steht, auch während der ambulanten Folgebehandlung.

14

2.

Definition und Einteilungsmöglichkeiten von Psychopharmaka

Unter Psychopharmaka werden Substanzen verstanden, welche die Psyche beeinflussen (»psychotroper Effekt«). Obwohl viele Substanzen eine Wirkung auf die Psyche haben, werden davon nicht alle zu den Psychopharmaka gerechnet. Welche Substanzen zur Gruppe der Psychopharmaka zählen, ist eine Frage der Einteilung dieser Medikamentengruppe. Die Einteilung nach der chemischen Struktur ist für den praktisch tätigen Arzt wenig sinnvoll, sie wird im Vorliegenden neben der tabellarischen Übersicht nur insoweit herangezogen, als eine Zugehörigkeit zu einer bestimmten Gruppe die Wirkung mit zu erklären vermag oder sich Nebenwirkungen daraus ableiten lassen oder erwartet werden können. An die in den USA übliche Einteilung der Psychopharmaka in »major« und »minor tranquilizer« lehnt sich die von Pöldinger (1976[58]) vorgeschlagene Einteilung in Psychopharmaka im »weiteren« und »im engeren Sinne« an. Der Begriff »Tranquilizer« führt im deutschen Sprachraum nicht selten zu Mißverständnissen, da diese Bezeichnung in den USA für Neuroleptika und Tranquilizer gebraucht wird, während wir nur eine spezielle Gruppe von Psychopharmaka darunter verstehen. Kompliziert wird die Zuordnung noch dadurch, daß auch Neuroleptika in geringer Dosis tranquilisierend wirken können. 15

Die Einteilung nach DeJayist eine heute noch übliche Einteilung der Psychopharmaka in drei Gruppen: Psycholeptika, Psychoanaleptika und Psychodysleptika. Nach Benkerf und Hippius (1980[6]) lassen sich in dieses System praktisch alle im Handel befindlichen Psychopharmaka einordnen, mit Ausnahme der Lithium-Salze, da diese seinerzeit noch nicht zur Prophylaxe endomorpher Depressionen angewandt wurden. In den folgenden Kapiteln werden die nachstehend aufgeführten Hauptgruppen der Psychopharmaka (Kalinowksy, Hippius, Klein, 1982[28]) im einzelnen besprochen: - Neuroleptika - Tranquilizer - Antidepressiva. Neuroleptika sind psychotrope Substanzen, die psycho-

motorisch hemmend wirken, einen Einfluß auf das neurovegetative System haben, geeignet sind, extrapyramidale Effekte hervorzurufen und psychotische Symptome zu reduzieren. Tranquilizer bewirken im Unterschied zu den Neurolep-

tika keine Reduktion psychotischer Symptome; sie können vegetativ dämpfend, angstlösend, muskelrelaxierend und antikonvulsiv wirken. Antidepressiva wirken stimmungsaufhellend, antriebshemmend und/ oder antriebssteigernd.

Daß eine Sozialpsychiatrie auf eine Therapie mit Psychopharmaka nicht verzichten kann, konnten z. B. Pieschl et a1. (1975 [47]) bei der Rehabilitation schizophrener Psychosen zeigen. Es kam unter der Therapie mit einem 16

Depot-Neuroleptikum zu einer größeren Regelmäßigkeit der Ambulanzbesuche im Vergleich zur vorangegangenen oralen Medikation. Dadurch konnte der Zustand der Patienten aufgrund begleitender sozio- und psychotherapeutischer Maßnahmen stabilisiert werden und die Quote der stationären Wiederaufnahmen war niedriger, wobei auf die Notwendigkeit einer Verlaufsuntersuchung über einen längeren Zeitraum hingewiesen wurde (siehe Abb. 1). Die einzelnen Präparate der jeweiligen Hauptgruppe sind in der tabellarischen Übersicht dargestellt, eine ausführliche Beschreibung findet sich in der» Psychothek« (Linde, 1982[36]), die wir als Präparate-Nachschlagewerk für Psychopharmaka neben der »Roten Liste« [63] für geeignet halten.

17

Abb.1: Regelmäßigkeit der Ambulanzbesuche und Häufigkeit der stationären Wiederaufnahme vor und während der Behandlung mit einem Depot-Neuroleptikum (PieschJ et al., 1975[47])

18

Regelmäß Iger Ambulanzbesuch

e In e 0 de r mehrere stationäre Aufnahmen

80 %

I 66 %

28 % 22 % \ - orale

·-l

Therapie

1 N ~21

I

Fluphenazindecanoat

orale Therapie

Fluphenazindecanoat

1

Behandlungszeit: 30 Wochen

Behandlungszeit: 30 Wochen

19

3.

Psychopharmaka bei psychiatrischen Erkrankungen

3.1

Neuroleptika·

3.1.1 Definition, Eigenschaften Die erste Substanz, die später als Neuroleptikum bezeichnet wurde, war das 1952 von Delayund Deniker [9] für die symptomatische antipsychotische Behandlung vorgestellte Chlorpromazin. Von Haase (1954[16]) wurde die neuroleptische Potenz (Gradmesser für die Wirkungsstärke eines Neuroleptikums) von Chlorpromazin = 1 gesetzt und andere, später auf den Markt gekommene Neuroleptika damit verglichen. Das Konzept der Gliederung der Neuroleptika nach der neurologischen Potenz gründete sich auf die Ermittlung der neurologischen Schwellendosen mit Hilfe der Diagnostik der feinmotorischen extrapyramidalen Symptomatik im Handschriftentest. Die neuroleptische Potenz ist innerhalb der Reihe neuroleptisch wirksamer Substanzen sehr unterschiedlich (siehe Aquivalenz-Tabelle mit neuroleptischen Potenzen in Tabelle 1 und Abbildung 2). Daraus ist allerdings nicht abzuleiten, daß die Neuroleptika mit zunehmender neuroleptischer Potenz auch zunehmend antipsychotische Potenz gewinnen. Zum Überschreiten der neuroleptischen Schwelle genügt bei hochpotenten Neuroleptika eine niedere Dosierung. Lediglich bei schwachpotenten Neurolep* Unser herzlicher Dank gilt Herrn Prof. Dr. Dr. H.-J. Haasefür seine wertvollen Hinweise zum Kapitel »Neuroleptika«.

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tika wird die neuroleptische Schwelle häufig nicht ausreichend überschritten. Außerhalb einer neuroleptischen Intensivtherapie (s. d.) wird man in der Regel mit bis zu doppelten Schwellendosen auskommen. Im übrigen gibt es bei jedem Neuroleptikum ca. mindestens 15fache interindividuelle Unterschiede. Neuroleptika werden als Dopaminrezeptor-blockierende Substanzen aufgefaßt, die auf Rezeptoren unterschiedlicher Neuronensysteme des Zentralnervensystems einwirken. Die neuroleptische Wirkung ist dynamisch, dopaminerge Rezeptoren stellen während einer Behandlung immer neue funktionelle Gleichgewichte her. Dieser Wirkmechanismus wird zur Erklärung erwünschter und unerwünschter Effekte der Neuroleptika mit herangezogen (Nedopil et al. 1982[45]). Eine Einteilung der Neuroleptika nach klinischen Gesichtspunkten hat sich in den letzten Jahren bewährt, weshalb wir für die Anwendung der Neuroleptika eine Beschreibung ihrer Wirkqualität als hilfreich ansehen. Obwohl standardisierte vergleichende Untersuchungen nur in geringem Umfange vorliegen, konnten wir nach unseren Erfahrungen eine Zuordnung nach dem »Therapieprinzip der Wirkqualität« vornehmen, wonach wir in der Auswahl einer neuroleptisch wirkenden Substanz verfahren. Danach ist zu unterscheiden zwischen - »antipsychotischer«*,

* Unter »antipsychotischer« Wirkung verstehen wir hier die Reduktion psychotischer Symptome, ohne eine Psychose kausal zu beeinflussen. Der Effekt wird klinisch z. B. danach beurteilt, inwieweit ein psychomotorisch erregter Patient zur »Norm« zurückfindet oder ein (z. B. kataton) gehemmter Patient sich in seinem Antrieb wieder »normalisiert«.

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- psychomotorisch antriebshemmender (dämpfender) und - psychomotorisch antriebssteigemder Wirkung. Andere Wirkqualitäten der Neuroleptika, wie z. B. die schmerzdistanzierende, analgetikapotenzierende, die antiemetische, die antiautistische, die »antidepressive« und »vegetativ-dämpfende« Wirkung müssen hier außer acht gelassen werden. Entsprechend dem Applikationsintervall können Neuroleptika auch in Akut- und Depot-Neuroleptika eingeteilt werden. Akut-Neuroleptika sind solche Substanzen, die zur sofortigen Behandlung (auch im Sinne eines Notfalles) angewandt werden können, während Depot-Neuroleptika für eine langfristige Therapie geeignet sind (Angst und Burner, 1975[2]). Die Anwendung von Akut-Neuroleptika zu längerfristiger Therapie ist allerdings ebenfalls möglich. Durch eine Depot-Injektion ist im Hinblick auf eine mögliche unsichere Einnahme durch den Patienten eine größere therapeutische Sicherheit gegeben. Der Patient hat oft ein geringeres Krankheitsgefühl, wenn er nur in mehrwöchigen Abständen eine Injektion erhält. Auch werden durch ein Depot-Präparat selbständige Dosisänderungen vermieden. Als Indikationen für ein Depot-Neuroleptikum seien genannt: - Häufige, schubweise Erkrankungen an einer Psychose des schizophrenen Formenkreises, die unter neuroleptischer Medikation remittierte, und wobei es nach Absetzen des Medikamentes zu einem Rückfall kam (Rezidivprophylaxe ) [41, 45]. 22

- Chronisch progredienter Verlauf einer Schizophrenie mit häufigen Klinikaufenthalten (Gefahr sozialer Depravation) und Besserung unter einer NeuroleptikaTherapie. Die Auswahl eines Depot-Neuroleptikums orientiert sich an der phänomenologischen Diagnostik, am Wirkprofil der Substanz und am unterschiedlichen Applikationsintervall von 1-4 Wochen. Nach dem Absetzen eines Depot-Neuroleptikums erlebt der Patient meist eine Art »Befreiung«, die ihm das Gefühl vermittelt, ohne Medikamente auskommen zu können, da er sich Wochen bis Monate danach einfach besser fühlt. Dieses »Absetzphänomen« ist zum Teil dadurch zu erklären, daß extrapyramidale Nebenwirkungen, besonders das Parkinsonoid*, welches eine »Gebundenheit« hervorruft, wegfallen. Es kann sehr schwer sein, dem Patienten dieses Phänomen zu erklären und ihn weiter zu motivieren, das jeweilige Medikament zu akzeptieren, um einen Rückfall zu vermeiden. Besser ist es daher, mit dem Patienten eine Übereinkunft zu treffen, das Medikament schrittweise zu reduzieren und ihn während dieser Phase häufig zu kontaktieren, um rechtzeitig ein erneutes Auftreten psychotischer Symptome zu bemerken. Von einem Reduktions- oder Absetzversuch ohne diese enge Verbindung zum Patienten ist abzuraten.

• Das Parkinsonoid oder der pharmakogene Parkinsonismus bezeichnet ein dem Morbus Parkinson ähnliches Syndrom, das durch Neuroleptika hervorgerufen werden kann.

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Wie lange eine Behandlung mit Depot-Neuroleptika durchgeführt werden soll, ist noch offen. Von vielen Autoren wird eine mehrjährige Behandlung empfohlen, bevor ein Absetzversuch im Rahmen einer Reduktionsphase für therapeutisch sinnvoll erachtet wird (Krypsin et. al. 1977, 1984[33, 34]). Dem liegt die Erfahrung zugrunde, daß nach Absetzen der Neuroleptika zu einem hohen Prozentsatz bereits im ersten Jahr ein Rezidiv erfolgt; Hogartyet al. (1974 [24], 1977 [25]) weisen darauf hin, daß bis zu 80 % der mit Placebo und der mit Soziotherapie behandelten Patienten in den ersten zwei Jahren rückfällig wurden. Die Autoren erklärten dies zum Teil damit, daß aggressive Versuche zur sozialen Wiedereingliederung, wenn sie ohne eine medikamentöse Unterstützung vorgenommen werden, einen Rückfall herbeiführen oder eine Normalisierung verhindern können.

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Tab. 1: Neuroleptische Potenzen (nach Kinzier, 1971[32])

> >

Neuroleptische Potenz

internationaler Freiname (generic name)

0,5 0,7 0,7 0,7 0,8 0,8 0,8 1 2 2 2 5 8 15 15 15 15 30 30 50 60 100 100

Promazin Pipamperon Thioridazin Perazin Prothipendyl Laevomepromazin Chlorprothixen Chlorpromazin Clopenthixol Dixyracin Triflupromazin Propericiazin Perphenazin Methylperidol Butyrylperazin Trifluoperazin Thiothixen Fluphenazin Thioproperazin Flupentixol Haloperidol Trifluoperidol Benperidol

Die erheblichen Unterschiede innerhalb der neuroleptischen Potenzen lassen zwischen niedrig-, mittel- und hochpotenten Neuroleptika unterscheiden, wobei dem Chlorpromazin, dem ersten Neuroleptikum überhaupt, von Haase [18] als Vergleichssubstanz die neuroleptische Potenz 1 zugeteilt wurde.

25

~

2

3

4

5

6

7

8

9 10 11 12 13 14 15 16 1 7 18 19 20 21 22 23

r

(Auf eine logarithmische Darstellung wurde bewußt verzichtet, um auf die erheblichen Abstufungen der neuroleptischen Potenzen hinzuweisen).

o

1

10

20

30

40

50

60

70

80

90

100

(N uroleptlsche r'otenz)

Abb.2: Neuroleptische Potenzen (nach Kinzier, 1971[32])

(Neuroleptika)

23 Eenperidol 221 ifluoperidol 21 f- aloperidol 20 F upentixol 191 hioproperazin 18 Fluphenazin 17 Thiothixen 16 T ifluoperazin 15 E utyrylperazin 14 h ehylperidol 13 Ferphenazin 12 F ropericiazin 11 T iflupromazill 10 [ xyracin 9C openthixol 8 Chlorpromazin (~ 1) 7 Chlorprothixen 6 L evomepromazin 5 F rothipendyl 4 Ferazin 3 Thioridazin 2 F pamperon 1 Fromazin

3.1.2 Anwendungsgrundsätze für Neuroleptika zur symptomatischen Behandlung von Psychosen 1. Auswahl eines Neuroleptikums entsprechend den symptomorientierten Indikationen: - erwünschte Wirkung gegen produktive (»Plus«-)Symptomatik* wie z. B. Wahn, Halluzinationen abwägen; - erwünschte psychomotorische Antriebssteigerung; - erwünschte psychomotorische Antriebsminderung (Dämpfung). 2. Einstellung der wirksamen Neuroleptika-Dosis nach klinischer Symptomatik durch allmähliche Steigerung. Bei akuten, erregten und katatonen Psychosen rasche Dosissteigerung bis zum Wirkungseintritt.

3. Kein abruptes Absetzen der Neuroleptika, sondern ausschleichende Dosisreduktion. Während der Reduktionsphase enger Kontakt des Arztes zum Patienten, um gegebenenfalls ein erneutes Auftreten von Symptomen rechtzeitig zu erkennen. 4. Für eine Langzeitbehandlung sollten hochpotente Neuroleptika bevorzugt werden.** 5. Regelmäßige Untersuchung wichtiger Blutparameter (Blutbild, einschließlich Differential-Blutbild, Transaminasen), EEG, EKG: vor, während und nach der Behandlung mit Neuroleptika. 6. Dokumentation aller Nebenwirkungen, insbesondere der extrapyramidalen motorischen Störungen (z. B. nach AIMS, s. Anlage I). * Plussymptome werden nach Birkmayer(1962) als Symptome psychischer Störungen verstanden, die als Hinzufügen von etwas Neuem erscheinen. Im Gegensatz dazu gehen Minussymptome mit einem Absinken des energetischen Potentials einher. •• Depot-Neuroleptika in Niedrig-Dosierung (1110 bis 115 der durchschnittlichen Neuroleptika-Dosierung) sollen nach neuesten Untersuchungen bei voll remittierten schizophrenen Patienten eine rezidivprophylaktische Wirkung haben.

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Erläuterungen Die Auswahl eines Neuroleptikums nach der Zielsymptomatik bedeutet zum Beispiel, daß eine Substanz, die vorwiegend antriebssteigernd wirkt, etwa Trifluoperidol zur Besserung katatoner Zustände ausgewählt wird oder aber, daß Neuroleptika vom Typ des Levomepromazins eher zur Dämpfung bei Erregungszuständen gegeben werden. Hochpotente Neuroleptika, wie Haloperidol, Fluphenazin oder Perphenazin sind zur symptomatischen Behandlung florider Wahn symptome geeignet. Die Einstellung einer wirksamen Neuroleptika -Dosis kann auch nach dem von Haase empfohlenen» HandschriftenTest« erfolgen [17, 19]. Ein ausreichender Beweis für die Praktikabilität dieser Möglichkeit unter klinischen Bedingungen steht allerdings noch aus. Bei (perniziöser) katatoner Schizophrenie oder hochgradigem Erregungszustand ist im Sinne eines psychiatrischen Notfalls eine Akut-Medikation notwendig, wobei dann nach Abklingen der akuten Symptomatik die Dosis besonders langsam reduziert werden sollte. Entscheidend für die Bestimmung der Dosishöhe im Hinblick auf das Auftreten möglicher Frühdyskinesien oder langanhaltender Dyskinesien nach Absetzen der Medikamente erscheint uns die allmähliche Steigerung der Neuroleptika-Dosis und das langsame »Ausschleichen«, obwohl sehr häufig unter einer intravenösen Akut-Medikation keine frühen extrapyramidalen Störungen beobachtet werden (»Überspringen der neuroleptischen Schwelle«). Gerade die Reduktionsphase erfordert einen engen Kontakt zum Patienten. Auch wenn keine Neuroleptika mehr gegeben werden, ist dieser Kontakt für Wochen bis Monate

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aufrechtzuerhalten, um ein Rezidiv rechtzeitig erkennen oder einem solchen vorbeugen zu können. Dies bedeutet selbstverständlich nicht, daß der Patient während dieser Zeit in der Klinik bleiben muß. Einer ambulanten Behandlung ist in der Regel der Vorzug zu geben. Sehr vernachlässigt wurde bisher nach unserem Eindruck, vor allem außerhalb der Klinik, eine regelmäßige Kontrolle bestimmter blutchemischer Parameter und elektrophysiologische Untersuchungen wie EEG und EKG. Aufgrund der möglichen Nebenwirkugen, auch auf das blutbildende System, auf Herz und Kreislauf sind solche Untersuchungen unerläßlich und sollten bei allen Patienten, die Neuroleptika langfristig bekommen, regelmäßig auch in der Praxis durchgeführt werden. Das gleiche gilt für eine Dokumentation von Nebenwirkungen, die gezielt erfragt, beobachtet und registriert werden sollten, um die Patienten vor vermeidbaren Schäden zu schützen.

29

3.1.3 Nebenwirkungen Die wohl häufigsten Nebenwirkungen der Neuroleptika, die eng mit ihrer eigentlichen Wirkung zusammenhängen, sind extrapyramidal-motorische Syndrome. Man unterscheidet sog. frühe extrapyramidale Symptome und Spätdyskinesien: Frühe extrapyramidale Symptome: - akute Dystonie oder paroxysmale Dyskinesien (Zungen-Schlund-Syndrom, okulogyrische Krise oder Blickkrämpfe, Trismus, Opisthotonus); - Parkinsonoid (Rigor bis Akinese, Tremor, Speichelfluß) - Akathisie (Bewegungsdrang in den Extremitäten, »restless legs«) und Tasikinesie (allgemeiner Bewegungsdrang) ; Spätdyskinesien oder späte extrapyramidale Hyperkinesen. Akute Dystonien (paroxysmale Dyskinesien), wie Zungen-Schlund-Syndrom und Blickkrämpfe lassen sich durch parenterale (vorzugsweise intravenöse) Gabe eines Anticholinergikums schnell beseitigen (siehe hierzu auch »Psychiatrischer Notfall«). Zu den frühen extrapyramidalen Symptomen, die sich sehr gut mit Anticholinergika behandeln lassen, gehören Rigor, Akinese, Speichelfluß. Akathisie (»restless legs«) aber auch Tasikinisie (Unruhe, die nicht nur auf die Beine beschränkt ist) sprechen schlechter auf Anticholinergika an. Sie bessern sich aber nach einer Dosisreduktion des Neuroleptikums. Ein langsames Steigern der Dosis und frühzeitige Gabe von Anticholinergika, die wir im Gegensatz zu noch bestehender anderer und früherer eigener Auffassung relativ großzügig handhaben, können frühe 30

extrapyramidale Symptome entweder ganz verhindern oder in ihrer Auswirkung soweit mindern, daß der Patient durch sie nicht wesentlich behindert wird. In vielen Fällen klingen frühe extrapyramidale Störungen auch ohne die zusätzliche Gabe von Anticholinergika nach der ersten bis zweiten Woche wieder ab. Problematisch ist die Behandlung von Spätdyskinesien. Die WHO hat bisher keine allgemein gültige Definition vorgelegt. Von den meisten Autoren werden darunter extrapyramidal-motorische Bewegungsstörungen, besonders im oralen und perioralen Bereich sowie an den Extremitäten und am Rumpf verstanden, die meist nach mehrjähriger neuroleptischer Therapie mit einer Häufigkeit von ca. 20 % auftreten. Wie bereits angedeutet, ist eine Korrelation zur Dauer und der Gesamtmenge der Neuroleptika wahrscheinlich. Obwohl Anticholinergikagaben bei einer neuroleptischen Therapie Spätdyskinesien provozieren und bestehende verstärken können (Grei1 et al. , 1984[15]), besteht offensichtlich kein ursächlicher Zusammenhang zwischen einer zusätzlichen Antiparkinsonmedikation und dem Auftreten von Spätdyskinesien (SchooJer et al., 1982[64]). Medikamentöse Behandlungsmöglichkeiten sind in Tabelle 2 dargestellt, Abbildung 5 gibt einen schematischen Überblick zu den Ansatzpunkten einzelner Medikamente, die sich im wesentlichen an Modellvorstellungen orientieren. Hyperkinetisch-hypotone Syndrome lassen sich als Enthemmungssymptome durch Teilläsionen eines sogenannten Rampengenerators (Basal-Stammganglien) erklären. Hierdurch kommt es zur dopaminergen Überaktivierung im striären System und dadurch zu einem Überwiegen des zentralen dopaminergen gegenüber dem zentralen cholinergen System. 31

Da noch weitere Überträgersubstanzen und Modulatoren existieren, die bisher nur unzureichend erforscht sind, bleibt in vielen Fällen die symptomatische Behandlung leider unzureichend. Das Auftreten von Spätdyskinesien nach Neuroleptikagabe hat neuerlich derart an Bedeutung zugenommen, daß die Arzneimittelkommission der Deutschen Ärzteschaft sich 1985 [3] veranlaßt sah, einen Warnhinweis herauszugeben. Von Bartels et al. (1985 [4]) wird darauf hingewiesen, daß in jedem Einzelfall erwogen werden soll, ob eine längerfristige neuroleptische Therapie tatsächlich erforderlich ist. Weiter wird verlangt, daß routinemäßig alle Patienten, die mit Neuroleptika behandelt werden, auf mögliche Spätdyskinesien untersucht werden, nicht nur um eine Dokumentation zu haben, sondern, wie wir daraus ableiten, um so früh wie möglich einen Therapieversuch zu unternehmen. Wesentlich erscheint uns in diesem Zusammenhang der Hinweis von Hippius(1985 [23]), wonach generell bei der Verschreibung von Medikamenten die notwendige Nutzen-Risiko-Abschätzung im Hinblick auf die Häufigkeiten der verschiedenen Nebenwirkungen vorgenommen werden müßte. Neuroleptika haben einen Einfluß auf das hämatopoetisehe System, weshalb Blutbildkontrollen unerläßlich sind. Neben einer Verminderung der Leukozytenzahl oder einer Leukozytose mit Linksverschiebung oder einer Lymphozytose kann es auch zum Auftreten einer Agranulozytose kommen. Bei einigen Neuroleptika (z. B. Clozapin) sind Blutbildkontrollen in wöchentlichen Abständen während der ersten Monate notwendig. Auch beobachten wir bei 32

Patienten manchmal eine hohe Blutsenkungsgeschwindigkeit unter längerdauernder Neuroleptika-Therapie. Vegetative Nebenwirkungen können nach Gabe von Neuroleptika ebenfalls auftreten, genannt seien besonders: Hypotonie, Tachykardie, Temperaturveränderungen, Mundtrockenheit.

Als endokrine Nebenwirkungen sind zu nennen: Galaktorrhoe, Amenorrhoe, Gynäkomastie, Gewichtszunahme, Verringerung der Libido, Impotenz, Anorgasmie, Ejakulations- und Orgasmusverzögerungen.

In den ersten Wochen nach einer Therapie mit Neuroleptika kann es zum Ansteigen der Serum-Transaminasen, aber auch zum Anstieg der alkalischen Serumphosphatase kommen. Beim Auftreten eines (»Chlorpromazin«-) Ikterus müssen die Medikamente abgesetzt werden. Alle Neuroleptika senken die Krampfschwelle. Deshalb kann es in sehr seltenen Fällen zum Auftreten generalisierter Krampfanfälle kommen, besonders bei prädisponierten oder hirnorganisch vorgeschädigten Patienten, so daß auf ein EEG vor Beginn der Therapie nicht verzichtet werden sollte (Abb. 3). Das Auftreten von Thrombosen unter der Therapie mit Neuroleptika ist wahrscheinlich zu einem großen Teil auf einen Bewegungsmangel, der indirekt mit der NeuroleptikaWirkung zusammenhängt, zurückzuführen. Entsprechende Vorsichts- und Behandlungsmaßnahmen sind bei Anzeichen einer sich entwickelnden Thrombose zu ergreifen. 33

Eine gesteigerte Prolaktin-Produktion aufgrund einer Neuroleptika-Medikation wird als Ursache einer Galaktorrhoe diskutiert. Delirante Syndrome nach hochdosierten, stark potenten und höher dosierten niedrigpotenten Neuroleptika können in Einzelfällen in der Anfangsphase der Therapie auftreten und erfordern, wenn eine Dosisreduktion nicht ausreicht, das Absetzen der Medikation.

Von Phenothiazinen ist bekannt, daß es gelegentlich zu einer dosisabhängigen Ablagerung von Pigmentkörpern auch in der Linse kommen kann, weshalb bei einer längerdauernden Therapie in jährlichen Abständen eine Untersuchung des Augenhintergrundes zu empfehlen ist. Die ätiologisch noch nicht gesicherte »pharmakogene« Depression (besser: postpsychotische Depression), die mit einer hohen Suizidgefahr einhergehen kann, erfordert im Sinne der» Zweizügel-Therapie« die Zugabe eines Antidepressivums.

34

Auch Überempfindlichkeitsreaktionen sind gelegentlich möglich. Sie erfordern neben dem sofortigen Absetzen des Medikamentes meist eine antiallergische Therapie. Für die Praxis ist der Warnhinweis, daß Patienten, die Neuroleptika bekommen, sich nicht einer intensiven Sonnenbestrahlung aussetzen, sehr wichtig, da sich diese Patienten sonst einen erheblichen Sonnenbrand aufgrund emer erhöhten Fotosensibilität zuziehen können.

35

Abb. 3: Epileptogene Potenz einiger Neuroleptika ItiI, Soldatos, 1980 [27]. Chlorpromazin:

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'---________~13

Promazin:

Thioxanthene: Thiothixen

'--_ _ _ _-----.J12

Butyrophenone: Haloperidol

'---____--'1

Perphenazin:

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Fluphenazin:

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36

2

-----.J12

L - -_ _ _ _

Thioridazin:

Leicht~1

3

mäßig~2

___.J11

ausgeprägt~3

3.1.4 Kontraindikationen Bei einem pathologischen Blutbild ist von einer Behandlung mit Neuroleptika abzusehen. Auch ist es kontraindiziert, gleichzeitig andere Medikamente, die einen Einfluß auf die Blutkörperchenbildung haben können (z. B. Antibiotika wie Chloramphenicol oder Trimethoprim), zu geben. Als relative Kontraindikationen sind zu nennen: Schwere organische Hirnschäden, schwere Herz- und Kreislaufkrankheiten, Glaukom, Prostatahypertrophie und Harnverhaltung. Abzuraten ist von einer Kombinationstherapie mehrerer Neuroleptika. Auch muß daran erinnert werden, daß Interaktionen mit anderen zentral-sedierend wirkenden Substanzen (Morphin und Derivate, Analgetika, Alkohol) im Sinne eines potenzierend verstärkenden Effektes der Sedation zu erwarten sind. Beispielsweise sind Trunkenheitssymptome bei neuroleptikabehandelten Patienten schon nach einem Glas Bier oder eines anderen alkoholischen Getränkes nichts Ungewöhnliches. Als absolute Kontraindikation sind bekannte allergische Reaktionen auf Neuroleptika und andere zentral wirkende Substanzen hervorzuheben.

37

3.1.5 Spezielle Hinweise Niedrigdosierung oder Hochdosierung?

Obwohl noch keine abschließenden Ergebnisse zur Frage der Spätdyskinesien (tardive Dyskinesien, d. h. hyperkinetische, persistierende Syndrome) vorliegen, scheint es jedoch so zu sein, daß mit zunehmender Gesamtdosis und mit zunehmender Behandlungsdauer das Auftreten und die Schwere der Symptome korrelieren. Dies würde bedeuten, daß hochpotente Neuroleptika, in geringer Dosis gegeben, die Gefahr einer extrapyramidal-motorischen Spätwirkung vermindern. * Die Probleme einer niedrig dosierten NeuroleptikaTherapie liegen in der Gefahr der Unterdosierung, wodurch mehr Rezidive, eine schlechtere familiäre Interaktion und erhöhte soziale Behinderung bei insgesamt schlechterer Prognose zu erwarten sind. Eine »standardisierte neuroleptische Therapie« birgt die Gefahr in sich, daß die Patienten entweder unzureichend therapiert (unterdosiert) oder unnötigerweise überdosiert werden. Daher ist eine optimale neuroleptische Therapie (ONT) anzustreben, die ein Minimum an Nebenwirkungen mit einem Maximum an erwünschter Wirkung verbinden soll. Psychiater aus der Bundesrepublik Deutschland, aus Österreich und der Schweiz haben seit 1981 unter der Leitung von FünfgeJdversucht, ein Konzept für eine optimale * In einer Reihe von Kliniken in der Bundesrepublik, der Schweiz und Österreich werden seit mehreren Jahren Untersuchungen durchgeführt, deren Ziel es ist, die Häufigkeit sogenannter EPMS (extrapyramidal-motorischer Symptome) bei neuroleptika-behandelten Patienten zu ermitteln und möglicherweise daraus Prädiktoren für die künftige Anwendung abzuleiten.

38

neuroleptische Therapie zu erarbeiten, das verschiedene Therapiephasen unterscheidet (Abb. 4). Dieses fünfstufige Therapiekonzept setzt voraus, daß die Patienten operationalisiert nach der ICD (9. Revision [26]) und DSM-III [11] diagnostiziert werden; die AMD P-Anamnese [1] zur Erfassung des Sozialstatus sowie ein einfacher, der Orientierung dienender Intelligenztest (MWT-B-Test [37]) gehören dabei ebenfalls zu den Eingangsvoraussetzungen; zur fortlaufenden Kontrolle des Verlaufes dienen zwei Fremdbeurteilungsskalen, eine, die vom Pflegepersonal, und eine, die von den Therapeuten auszufüllen ist (NOSIE und BPRS). * In der Therapiephase 1I ist es selbstverständlich möglich, z. B. mit einem Phenothiazin- oder Butyrophenon-Derivat zu beginnen, um in der Therapiephase III entsprechend fortfahren zu können. Eine Standarddosis meint hier eine durchaus individuelle Dosis, die sich jedoch an vorausgegangenen Behandlungen, an der psychopathologischen Symptomatik und in etwa auch an dem Körpergewicht orientiert. Die Null-Medikation in der Phase I berücksichtigt, daß bei einem Teil der schizophrenen Patienten eine Kompensation der »Plus«-Symptomatik allein durch den »Milieu-Effekt« eines Krankenhauses auch ohne Neuroleptika eintritt. Haase (1982 [18]) hat den Anteil mit 5 % angegeben, in der vorliegenden Arbeitshypothese wird von 1 % ausgegangen; nach Abschluß der Untersuchung wird

• NOSIE: Nurses' Observation Scale for In patient Evaluation, BPRS: Brief Psychiatrie Rating Scale

39

sich wahrscheinlich ein Prozentsatz ergeben, der sich zwischen den beiden genannten Größen bewegt. Eine sogenannte neuroleptische Hochdosierung oder Intensivbehandlung, wie sie unter anderem von Steiner (1984 [68]), eingebettet in psycho- und soziotherapeutische Maßnahmen, vorgestellt wurde, sollte therapieresistenten Patienten vorbehalten werden, mit dem Stellenwert einer ultima ratio (Müller, 1984 [42]; Simpson 1981 [67]; Platzet al. , 1984 [51]).

40

Tab. 2: Hinweise zur medikamentösen Therapie hyper-

kinetisch-hypotoner Syndrome (Lieske et al. , 1979 [35]). Allgemeine Regeln zur symptomatischen Therapie (s. auch Abb. 5) extrapyramidaler Hypo- und Hyperkinesen: 1. Die Therapie ist in der Regel ein individuelles Experimentieren, was die Wahl des Mittels und das Erreichen eines Dosierungsoptimums anbelangt, wobei die Dosierung in der Anfangsphase flexibel gehalten werden sollte. 2. Je nach diagnostiziertem Syndrom kann eine spezifische und/ oder symptomatische Therapie erfolgen. 3. Therapieversuche sollten in der Regel nicht mit mehr als ein bis zwei Präparaten je eines Wirkprinzips durchgeführt werden. 4. Präparate der ersten Wahl sind Neuroleptika (z. B. Haloperidol, Perphenazin, Thioridazin, Tiaprid). 5. Präparate der zweiten Wahl sind Cholinergika (Deanol) und Benzodiazepine (z. B. Diazepam, Nitrazepam, Clonazepam). 6. Eine weitere Therapiemöglichkeit stellen GABAergika dar (Natriumvalproat, Bac1ofen). 7. Die Wirkung eines Präparates ist häufig erst nach drei bis vier Wochen beurteilbar. 8. Die Kombination von Präparaten verschiedener Wirkprinzipien kann dann bei weiteren Therapieversuchen im Einzelfall durchaus zu einem besseren Therapieerfolg führen.

41

Abb. 4: Konzept für eine optimale neuroleptische Therapie (ONT, modifiziert nach Platz et a1.1984 [51]).

Entlassung möglich 1%*

Entlassung

O-Medikation (oder Auswaschperiode) Versuch einer GesprächsTherapie

Cl :::,-

'rn" Cl)

Dauer: Stunden - Tage Standarddosierung Phenothiazine oder Butyrophenone

möglich 80%'

Dauer: 28 Tage

Entlassung

Standarddosierung Butyrophenone oder Phenothiazine Einsatz von Depot-NL erst bei Erfolg

Cl :::,-

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II

OJ ~. CL

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~.

CD

:J

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möglich 10%'

Dauer: 28 Tage

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III

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2;'

O-Medikation Cl :::,-

Entlassung

'" rn

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möglich 5%'

~

CD

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c

0-

Dauer: 28 Tage

IV

(1)

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::; Entlassung

Neuroleptische IntensivBehandlung

Cl

:::,-

Cl

:::,-

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möglich 4%'

Dauer: mindestens 17 Wo.

, Prozentzahlen als Arbeitshypothese

42

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Q;

{;., :c '-' UJ ~

-f- f-

_

-

-

-

-

o

1

Ende der Medikation

I

1~

Tage EnlZugssymptomatik •••••••• Wiederaufl relen der Krankheilssymplomalik

57

3.2.4 Kontraindikationen Myasthenia gravis und Ataxien sind absolute Kontraindikationen; im ersten Trimenon der Schwangerschaft sollten Tranquilizer nicht verschrieben werden.

58

3.2.5 Spezielle Hinweise Unter den Psychopharmaka sind Tranquilizer die in der Bundesrepublik Deutschland am häufigsten verordneten Medikamente. Diese Tatsache und immer wieder in der Literatur auftauchende Berichte über die Entwicklung einer primären Abhängigkeit nach Tranquilizer-Einnahme haben schon seit langem Besorgnis erregt und führten erst unlängst zu einem weiteren Warnhinweis der Deutschen Arzneimittelkommission (1984). Aus diesem Grunde sind wir in unserem eigenen Klinikbereich der Frage, wie häufig eine Tranquilizer-Abhängigkeit bei klinisch aufgenommenen abhängigkeitskranken Patienten diagnostiziert wird, nachgegangen und haben erste Daten eines »Basisdokumentationssystems« veröffentlicht (Platz, 1985e [57]). Danach wurden während eines Untersuchungszeitraumes von 6 Monaten insgesamt 543 Patienten mit einer Abhängigkeitsproblematik stationär aufgenommen, davon waren 79 % Männer und 21 % Frauen. Als Kriterien für den Schweregrad einer Abhängigkeit wurden neben der Tatsache der stationären Behandlung überhaupt die Anzahl der stationären Aufnahmen (Abb. 8), das Auftreten von vegetativen Entzugssymptomen, Delirien oder cerebralen Krampfanfällen herangezogen. Alkoholabhängige stellten in diesem Untersuchungskollektiv mit 78,9 % bei Männern und 59,4 % bei Frauen den wesentlichen Anteil der Mittelabhängigen. Bei Drogenabhängigen wurden deutlich mehr Frauen als Männer aufgenommen, wobei weibliche Drogenabhängige ein höheres Durchschnittsalter aufwiesen (Abb. 9a/b).

59

Abb. 8: Anzahl stationärer Behandlungen abhängigkeitskranker Patienten (Daten aus der Karl-Bonhoeffer-Nervenklinik, Berlin, Untersuchungszeitraum 1. 4. 84 bis 30. 9. 84; Platz, 1985e [57]).

140 130 120 110

KlO 90

~ 80 5i

~

70

20 10 O LLLL~=t~~~~~LL~~~~~~~

9

11

13

IS

17

19

21

23

Anzahl stalianärer Behandlungen in der KBaN

60

2S

27

Abb. 9 a/b: Altersverteilung aller Abhängigkeitskranken

im Vergleich zu den Alkohol- und Drogenabhängigen (Daten aus der Karl-BonhoefferNervenklinik, Berlin, Untersuchungszeitraum: 1. 4. 84 bis 30. 9. 84 (Platz, 1985e [57]).

80

o~~~~~~~~~~~~~=-~ 19 .2/. -29 -31. -39 -u. -49 -51. -59 ~ -69 -74 · 79 -83 Alter 65 ~ -55 -so -45 -1;0 -35 -30 -25 -20 - 15 -"0 -05 -01 Johrgcng

20

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\- Drogenabhängige \ '\ '- ___ .. ..

-19 -24 -29 -31. -39 -u. -49 -51. -59 -64 -69 -74 -79 Alter -65 -60 -55 -SO -1;5 -40 -35 .;)() -25 -20 -15 -10 ~5 Johrgong

61

Der Mißbrauch von Tranquilizern, vorzugsweise vom Benzodiazepin-Typ, kann nur als Teilaspekt der Gesamtproblematik betrachtet werden [38,51,53]. Innerhalb der Hauptgruppen mißbrauchter Medikamente wurden von männlichen Abhängigkeitskranken in unserer Untersuchung Tranquilizer zu 26 % gleichzeitig eingenommen, bei Frauen betrug der Anteil 22 %. Bei den Männern fand sich jedoch kein Patient, der Tranquilizer allein mißbrauchte, bei den Frauen waren es 1,7 %, die nur von Tranquilizern abhängig waren. Die am häufigsten mißbrauchten Tranquilizer waren (beide Geschlechter): 1. Diazepam, 2. Bromazepam und 3. die fixe Kombination zwischen Amitriptylin und Chlordiazepoxid. Im Laufe der letzten Jahre hat sich hier eine »Marktverschiebung« eingestellt, wobei die zuletzt genannte Kombination möglicherweise vor allem in Berlin-West aufgrund lokaler Verordnungsgewohnheiten eine Rolle spielt. Die Analyse der Bezugsquellen unserer Patienten, die Tranquilizer mißbräuchlich einnahmen, hat ergeben, daß der überwiegende Teil diese Medikamente durch Verschreibungen von Ärzten erhalten hat. Dies sollte Anlaß sein, die Verordnungsgewohnheiten im Hinblick auf die breitgestellte Indikation von Tranquilizern zu überdenken. Allerdings läßt die Relation zwischen verordneten Tranquilizern und dem Auftreten einer Abhängigkeit von Tranquilizern, vor allem bei Alkoholkranken, die das Hauptkontingent der Abhängigkeitskranken in unserer Klinik stellen, vermuten, daß der größte Teil der verordneten Tranquilizer nicht von klinisch behandlungsbedürftigen Abhängigen konsumiert wird, sondern von »Durchschnittsbürgern« . In diesem Zusammenhang soll insbesondere darauf hin62

gewiesen werden, daß eine Abhängigkeit von Tranquilizern nicht nur mit einer gelegentlich sehr raschen Dosissteigerung einhergeht, sondern daß ein großer Teil Abhängiger die Dosis nicht steigert, das jeweilige Präparat jedoch kontinuierlich einnimmt und sich bei abruptem Absetzen ein Entzugssyndrom einstellt (»low dose dependence«). Zur Vermeidung einer Abhängigkeitsentwicklung sollen deshalb Tranquilizer, als Anxiolytika verabreicht, nur kurzzeitig und im Rahmen eines Stufenplans verordnet werden:

/::, 1. Ein am Problem des Patienten orientiertes ärztliches Gespräch. /::, 2. Selbstentspannende Therapieverfahren * (autogenes Training, katathymes Bilderleben). /::, 3. Anxiolytika vom Nicht-Benzodiazepin-Typ oder niedrig dosierte Neuroleptika, insbesondere bei suchtgefährdeten Patienten. /::, 4. Wenn neben einer angstbesetzten Symptomatik zusätzlich Schlafstärungen bestehen Anxiolytika vom Benzodiazepin-Typ (oder Hypno-Tranquilizer). Bei Schlafstärungen ohne Angstsymptomatik kann entsprechend verfahren werden, für die muskelrelaxierende und antikonvulsive Wirkung werden indikationsbezogene Gesichtspunkte in der Regel überwiegen.

* W. E. Platz und K. Engelberg: Hinweise und autogene Trainingsübungen zum Thema Angst, Tonkassette (1981 )

63

Verkehrsgefährdung durch Tranquilizer: Nach MüllerSpahn und Bondy(1985 [44]) ist die Verkehrstüchtigkeit unter Tranquilizer-Medikation im wesentlichen abhängig von der Wechselwirkung zwischen der Primärpersönlichkeit, der psychischen Ausgangslage, der Dosis, der Ausscheidungsgeschwindigkeit und der Zeitdauer der Einnahme. Ein Überhangeffekt tritt bei Medikamenten mit langer Halbwertzeit und aktiven Metaboliten auch noch am folgenden Tag auf. In besonderem Maß ist bei Tranquilizer-Kombinationen (z. B. Amitriptylin und Chlordiazepoxid) auf die Wechselwirkung unterschiedlicher Psychopharmakagruppen im Hinblick auf die Verkehrstauglichkeit zu achten.

64

Hinweise aus verkehrsmedizinischer Sicht bei der Verordnung von Psychopharmaka (modifiziert nach Müller-Spahn, Bondy, 1985 [44]):

6. 1. Eingehende Aufklärung des Patienten über die Wirkungsweise des verordneten Medikamentes, gleichzeitige Dokumentation in der Behandlungskarte/ Krankengeschichte.

6. 2. Ambulanter Beginn möglichst zum Wochenende, um individuelle Erfahrungen des Patienten bezüglich Dosierung und Dosisintervall berücksichtigen zu können. Auch läßt der anfangs stärker ausgeprägte sedierende Effekt nach einigen Tagen oft nach.

6. 3. Strikter Hinweis an den Patienten, keinen Alkohol zu trinken und keine anderen sedierenden Substanzen einzunehmen.

6. 4. Während der ersten Wochen einer neu begonnenen Therapie ist besondere Vorsicht im Hinblick auf die Verkehrstauglichkeit angebracht.

6. 5. Entscheidend für das Fahrverhalten ist die Wechselwirkung: Primärpersönlichkeit - Erkrankung - Psychopharmakon.

65

Tranquilizer vom Nicht-Benzodiazepin-Typ

Zopiclone und Buspiron wurden als Substanzen ohne Suchtpotential mit Tranquilizer-Eigenschaften eingeführt. Zopiclone ist ein Hypnotikum, dessen Metabolisierung durch Alter, Leber- und Niereninsuffizienz praktisch nicht beeinflußt wird [39,46]. Interaktionen mit Alkohol werden nicht beschrieben, die Fahrtüchtigkeit bleibt unbeeinflußt, ähnlich wie beim Buspiron, einem Anxiolytikum ohne Sedation. Auf die Anwendung niedrig dosierter Neuroleptika, die ebenfalls kein Suchtpotential besitzen, wurde im Kapitel Neuroleptika unter »spezielle Hinweise« bereits eingegangen.

66

3.3

Antidepressiva

3.3.1 Definition, Eigenschaften Antidepressiva wirken depressionslösend, stimmungsaufhellend, psychomotorisch aktivierend und/ oder psychomotorisch sedierend. Die antidepressive Wirkung des Imipramins wurde 1957 von Kuhn entdeckt. In der Folge wurde eine Reihe weiterer antidepressiv wirksamer Substanzen entwickelt. Die Antidepressiva können ähnlich wie die anderen bisher besprochenen Psychopharmaka nach verschiedenen Gesichtspunkten eingeteilt werden, zwei Einteilungsmöglichkeiten sollen hier erwähnt werden: Antidepressiva können nach ihrer chemischen Struktur in trizyklische, tetrazyklische und übrige Antidepressiva eingeteilt werden. Eine zweite Einteilungsmöglichkeit ist die nach den eingangs genannten Wirkqualitäten der Antidepressiva bzw. nach den Zielsymptomen der Depression. Diese Einteilung wird durch das Drei-Komponentenschema nach KieJholz (1978 [30]) verdeutlicht (Abb. 8). Hiernach haben Monoaminooxidasehemmer (MAOHemmer) die stärkste psychomotorisch aktivierende Wirkung und niedrig potente Neuroleptika wie das Thioridazin die stärkste sedierende Wirkung. Amitriptylin ist ein trizyklisches Antidepressivum mit starker sedierender Komponente und wird allgemein im Klinik- und Praxis bereich am häufigsten angewandt. Die Präparate vom Imipramintyp wirken am stärksten depressionslösend, die vom Desimipramintyp haben die stärkste psychomotorisch stimulierende Wirkung unter den trizyklischen Antidepressiva. Der Wirkungsmechanismus der Antidepressiva geht von der Hypothese aus, daß bei einer endomorphen (endoge-

67

nen) Depression der Anteil an biogenen Aminen am Rezeptor vermindert ist. Auf unterschiedliche Weise, zum Beispiel durch Hemmung des Abbaues der biogenen Amine in der Zelle (MAO-Hemmer) oder durch Verhinderung der Wiederaufnahme (Hemmung des »re-uptake«), soll die Konzentration am Rezeptor erhöht werden. Inwieweit unterschiedliche Angriffspunkte im Hinblick auf serotoninerge und noradrenerge oder prä- bzw. postsynaptische Einflußnahme bestehen, ist noch nicht hinreichend geklärt. Allerdings sprechen endomorphe (endogene) Depressionen wohl am besten auf Antidepressiva an, während vorwiegend psychogene (reaktive) Depressionen weniger gut durch Antidepressiva zu beeinflussen sind. Hier steht die Aufarheitung der depressionsauslösenden Faktoren im Rahmen einer Gesprächspsychotherapie im Vordergrund.

68

3.3.2 Anwendungsgrundsätze für Antidepressiva 1. Auswahl des geeigneten Antidepressivums nach dem Zielsymptom: - agitiert-depressiv - gehemmt-depressiv - vital-traurig -Iarviert-depressiv Der Stellenwert einer antidepressiven Medikation richtet sich nach der Ursache. Bei der endomorphen Depression stehen Antidepressiva an 1. Stelle, bei endo-reaktiven Depressionen an 2. und bei vorwiegend reaktiven Depressionen erst an 3. Stelle nach Psycho- und Soziotherapie. 2. Keine psychomotorisch-aktivierenden Antidepressiva bei suizidgefährdeten Patienten in der Praxis (akute Suizidgefahr erfordert Klinikeinweisung [52]). 3. Beachtung der Latenzzeit bis zur vollen Wirkung des verordneten Antidepressivums (gegebenenfalls 3 Wochen). 4. Durch begleitende Gespräche (über Krankheit, Behandlung und Nebenwirkungen der verordneten Medikamente) und Betreuung des Patienten Erhalt der »compliance« des Patienten. 5. Ausreichend lange Behandlung, auch nach Abklingen der akuten Symptomatik. 6. Überwachung von Herz und Kreislauf (EKG), Leber- und Nierenfunktionen, Blutbildkontrollen.

69

-..J

o

MAO-Hemmer

vital-depressive Verstimmtheit

psychomotorische Gehemmtheit

AmitriptylinIyp Amitriptylin Doxepin Trimipramin ängstliCh -pSychOmotorische Erregtheit

Depressionslösend. stimmungsaufhellend

Imipramin typ Imipramin. Lofepramin, Chlomipramin, Dibenzepin, Maprotilin, Mianserin

D

DesimipraminIyp Desimipram in, Nortriptylin Protriptylin

Psychomotorisch aktivierend

NeurOleptika mit antidepressiver Wirkung

Psychomotorisch dämpfend

Abb.10: Wichtigste Zielsymptome der Antidepressiva, Drei-Komponenten-Schema nach KieJholz (Benkert und Hippius, 1980 [6]).

Erläuterungen

Wie Abb. 8 veranschaulicht, stehen eine Reihe von Präparaten mit unterschiedlichen klinisch-pharmakologischen Wirkungsspektren zur Verfügung. Weiter unterscheiden sich die Präparate durch unterschiedliche Nebenwirkungsprofile. Am häufigsten werden die trizyklischen Antidepressiva eingesetzt, deren stimmungsaufhellende Wirkung bis heute von den neueren Präparaten, den tetrazyklischen und anderen Substanzen, nicht erreicht wird. Aufgrund der anticholinergen und kardiovaskulären Nebenwirkungen der klassischen trizyklischen Präparate wurden neuere Präparate mit dem Ziel der besseren Verträglichkeit und der besseren Wirksamkeit entwikkelt. Trizyklische Substanzen, die sich durch geringe anticholinerge und kardiovaskuläre Nebenwirkungen auszeichnen, sind z. B. das Amitriptylin-N-Oxid und Lofepramin. Die antidepressive Wirksamkeit dieser Präparate ist mit der der klassischen Trizyklika vergleichbar. Bei den tetrazyklischen und anderen neueren Substanzen zeigen sich zunehmend ernste Nebenwirkungen dieser Präparate, die in Einzelfällen bereits zur Rücknahme der Substanzen aus dem Handel geführt haben. Bei der Auswahl der geeigneten Medikamente ist neben der Zielsymptomatik auch die Beobachtung des praktisch immer bestehenden Suizidrisikos wichtig. Die Latenzzeit der meisten Antidepressiva von einer bis drei Wochen bis zum Eintreten einer Stimmungsaufhellung erfordert besondere Vorsicht bei der Anwendung von psychomotorisch aktivierenden Substanzen. Es kann zu einer 71

raschen Rückkehr der psychomotorischen Aktivität kommen, und der Patient kann auf diese Weise die Kraft finden, einen Suizid auszuführen, da aufgrund eines dissoziierten Wirkungseintritts die Stimmungsaufhellung erst später einsetzt. Die Anwendung von psychomotorisch aktivierenden Antidepressiva bedarf einer sorgfältigen Beobachtung, sie sollte bei suizidgefährdeten Patienten nur in der Klinik durchgeführt werden. Es ist oft sehr schwierig, dem Patienten während der akuten depressiven Phase klarzumachen, daß er Geduld haben müsse, bis die Wirkung der Medikamente einsetzt. Hier behelfen wir uns, besonders bei Ersterkrankungen, oft dadurch, daß wir eine Schlafentzugstherapie durchführen, die in vielen Fällen eine überraschende Besserung der Symptome bringt und bei dem Patienten die Zuversicht stärkt, daß seine Krankheit behandelbar ist und ihm geholfen werden kann. Hierzu muß der Patient in der zweiten Nachthälfte wach bleiben und darf sich auch am darauffolgenden Tag nicht zum Schlafen hinlegen. Die Besserung nach einem Schlafentzug hält allerdings nur kurze Zeit an, so daß ein zwei- bis dreimaliger Schlafentzug pro Woche erforderlich ist. In der ambulanten Behandlung wird der Patient durch Gespräche über die medikamentöse Therapie, ihr Ziel und ihre möglichen Risiken und Nebenwirkungen aufzuklären sein, damit er bei Auftreten von subjektiv belastenden, wie z. B. anticholinergen Nebenwirkungen - evtl. schon vor Eintreten der Stimmungs aufhellung -, nicht die Therapie abbricht. Die körperliche Verfassung des Patienten und sein Alter müssen im Hinblick auf die Nebenwirkungen berücksichtigt werden. Auch hinsichtlich der Dosierung der Antidepressiva 72

empfiehlt sich eine individuelle Anpassung, welche die Schwere der Depression, die körperliche Verfassung, eventuelle Vorschädigungen und das Alter des Patienten berücksichtigt. Auch nach Abklingen der akuten Symptome ist zur Vermeidung eines Rezidivs eine ausreichend lange Behandlung (ca. 3 Monate) notwendig.

73

3.3.3 Nebenwirkungen Zu den wichtigsten Nebenwirkungen der trizyklischen Antidepressiva gehören: Eine kardiodepressive Wirkung mit Repolarisations- und Rhythmusstörungen; Blutbildveränderungen bis hin zur Agranulozytose können auftreten; endokrine Nebenwirkungen mit sexuellen Funktionsstörungen, Galaktorrhoe und Gynäkomastie werden beobachtet. Am häufigsten kommt es zum Auftreten von anticholinergen Nebenwirkungen, die ebenso für den Patienten sehr belastend sind: Mundtrockenheit, BradyTachykardie, Extrasystolen, stenokardische Beschwerden, erniedrigte Temperatur, Schwitzen oder Frieren, Schwindelgefühle, Kopfschmerzen, Magen- und Darmbeschwerden, Obstipation (paralytischer Ileus möglich), Blähungen, akut auftretende Harnverhaltung, Rückenschmerzen, neuralgiforme Schmerzen. Auch Tremor und Rigor können unter der Therapie auftreten. Abruptes Absetzen der Antidepressiva kann zu einem vegetativen Irritationssyndrom führen. Generalisierte cerebrale Krampfanfälle können, vor allem bei hirnorganischer Vorschädigung, durch die Gabe von Antidepressiva ausgelöst werden. Hierbei sind die unterschiedlichen Nebenwirkungsprofile der Präparate zu beachten und sollten im Einzelfall die Wahl des Präparates bestimmen. Generell kann festgestellt werden, daß die Patienten die Nebenwirkungen der trizyklischen Präparate tolerieren, besonders wenn sie zuvor über die Nebenwirkungen aufgeklärt wurden und die Therapie erfolgreich ist [43].

74

3.3.4 Kontraindikationen Als Kontraindikationen sind zu nennen: Glaukom, Prostatahypertrophie, Harnverhalten und Pylorusstenose. Bei bekannter Überempfindlichkeit gegen antidepressiv wirkende Substanzen ist von einer Verordnung abzusehen. Unter der Therapie auftretende Allergien zwingen zum Absetzen des Medikamentes. Eine Verordnung während der ersten 3 Monate in der Schwangerschaft ist zu vermeiden.

75

3.3.5 Spezielle Hinweise Um den Patienten zur kontinuierlichen und längerfristigen Einnahme der Antidepressia zu veranlassen, ist es wichtig, die Nebenwirkungen mit ihm zu besprechen, das Abwägen der unerwünschten Begleitwirkungen zum Nutzen der als notwendig erachteten medikamentösen Therapie zu erörtern und, wenn erforderlich, die Nebenwirkungen selbst zu behandeln (siehe »Erläuterungen«, S. 71). Eine akut auftretende Harnsperre kann durch parenterale Gabe von Carbachol beseitigt werden. Orthostatische Kreislaufregulationsstörungen, vor allem eine Hypotonie, lassen sich durch Zugabe eines Antihypotonikums bessern, zum Beispiel durch Midodrin, das über den Tag verteilt und auch abends gegeben werden kann, ohne daß Schlafstörungen eintreten. Die häufig sehr störende Mundtrockenheit läßt sich fast immer durch Kaugummi oder Bonbons mildem, in besonders gelagerten Fällen ist unter Umständen die Gabe eines speichelanregenden Medikamentes hilfreich, zum Beispiel Anetholtrithion. Ängstlich agitierte Depressionen können während der ersten Wochen günstig durch Gabe eines Anxiolytikums oder eines sedierend wirkenden Tranquilizers beeinflußt werden. Es ist dann darauf zu achten, nach vollem Wirkungseintritt des Antidepressivums den Tranquilizer ausschleichend wieder abzusetzen. Bei älteren Patienten und kardialer Vorschädigung empfiehlt es sich, Substanzen anzuwenden, die mit einer geringen Kardiotoxizität belastet sind.

76

Monoaminooxidasehemmer sollten nicht zusammen mit anderen stark antriebssteigemden Antidepressiva kombiniert werden. Auch sollte bei Umsetzen auf ein trizyklisches Antidepressivum ein freies Intervall von 14 Tagen eingehalten werden (Beckmann, 1984 [5]).

77

3.4 Die Therapie mit Lithium-Salzen

Lithium-Salze dienen vor allem zur Phasenprophylaxe Schou endomorpher (endogener) Depressionen. (1974 [65]) konnte zeigen, daß sich die Zahl der depressiven und manischen Phasen (bei Zyklothymie) unter einer Lithium-Prophylaxe vermindern läßt bzw. daß ihr Ausprägungsgrad stark verringert wird. Zu den Indikationen für eine Lithium-Behandlung zählen: - Manische Phase einer endomorphen (endogenen) Depression (monopolar oder bipolar auftretend), - depressive Phase einer endomorphen (endogenen) Depression (monopolar oder bipolar auftretend), - schizo-affektive Psychosen. Die Lithium-Therapie erfordert aufgrund der sehr geringen therapeutischen Breite der Substanz eine sorgfältige Voruntersuchung, eine Einstellung (unseres Erachtens möglichst in der Klinik) auf einen bestimmten Blutserumwert und eine kontinuierliche Bestimmung des Serumspiegels sowie begleitende klinische Kontrolluntersuchungen. Zu den Voruntersuchungen einer Lithium-Einstellung gehören:

78

1. körperliche Untersuchung (besonders vermerken: Gewicht,

Halsumfang); 2. EKG; 3. EEG; 4. Isotopen-Nephrogramm (ING); 5. Harnstoff, Kreatinin im Serum; 6. Schilddrüsenuntersuchung (T3-T4-Test); 7. Elektrolyte im Serum.

Wir konnten nach einem von Seifertet al. (1975 [66]) entwickelten Belastungstest die Praktikabilität zur Einstellung mit Lithium-Karbonat in der Klinik bestätigen (Platz, 1980 [48]). Danach gehen wir wie folgt vor: 1. Voruntersuchungen (wie angegeben);

2. Durchführung des Belastungstestes; 3. Bestimmung der Lithium-Serum-Konzentration 8 Tage nach Erreichen der Erhaltungsdosis und eventuell Korrektur; 4. Liegen 2 aufeinanderfolgende Lithium-Serum-Werte im Abstand von 8 Tagen im gewünschten Bereich, erfolgen Kontrolluntersuchungen, zunächst monatlich, dann alle 3 Monate oder bei besonderen Anlässen.

Nach Entlassung aus der Klinik (in der Praxis sofort) Ausstellen eines »Lithium-Passes«, in welchem alle durchgeführten Untersuchungen, vor allem die Lithium-Serumwerte vermerkt werden. 79

Die praktische Durchführuug des Belastungstestes: 1. Der nüchterne Patient erhält morgens (Zeit notieren) 2 Tabletten

mit insgesamt 900 mg Lithium-Carbonat (24,4 mmol). 2. Genau 24 Stunden später wird dem nüchternen Patienten (5 ml) venöses Blut abgenommen. 3. Es erfolgt eine Bestimmung der 24-Stunden-LithiumKonzentration im Serum und das Ablesen der notwendigen Erhaltungsdosis (siehe hierzu Tabelle 3).

Zu den Untersuchungen, die wir während einer Therapie mit Lithium durchführen, gehören: 1. Bestimmung der Lithium-Konzentration im Serum,

2. EKG, 3. Halsumfang, 4. Gewicht, 5. Harnstoff/ Creatinin.

Entscheidend ist neben diesen Bestimmungen die klinische Beobachtung. Vor allem müssen Symptome einer drohenden Lithium-Intoxikation rechtzeitig erkannt werden: - grobschlägiger Händetremor, - Erbrechen, Diarrhoe, - Vertigo, Schläfrigkeit (Somnolenz), - Dysarthrie.

80

Liegt bereits eine Lithium-Intoxikation vor, treten folgende Symptome auf: -

grober Händetremor; starkes Erbrechen, heftige Diarrhoe; seitenbetonte, schwere Muskelzuckungen; Bewußtseinstrübung (bis zum Koma); epileptiforme Anfälle, Streckkrämpfe.

Die Therapie von Lithium-Intoxikationen wird in folgender Reihenfolge durchgeführt: 1. Atemwege frei halten, Physiotherapie der Lungen, Kontrolle des Wasser- und Elektrolythaushaltes, Blutgasanalyse. 2. Absetzen des Lithium-Präparates. 3. Lithium im Serum alle 4-6 h bestimmen. 4. Bei Konzentrationen von> 4.5 mmol/l: aktive Erhöhung der Lithium-Ausscheidung, bei normaler Nierenfunktion: osmotische Diurese (Harnstoff, Mannitol), Alkalisierung des Urins (Bicarbonat, Natriumlactat ), keine Diuretika (außer Theophyllin-Äthylendiamin). Wirksamste Vermehrung der Lithiumausscheidung: Hämodialyse.

81

Tab. 3: Korrelation des 24-h-Lithiumwertes mit der not-

wendigen Erhaltungsdosis 1980 [48]).

pro

die

24-h-Lithiumwert im Serum (mmolll) nach Belastung mit 24.4 mval Lithium

Erhaltungsdosis (Tab!. Lithiumkarbonat zu je 12.2 mval Lithium)

0.10 0.19 0.28 0.38 0.47 0.57

3.4 3.0 2.5 2.0 1.5 1.0 -

-

0.18 0.27 0.37 0.46 0.56 0.60

(Platz,

4.0 3.5 3.0 2.5 2.0 1.5

Erhaltungsdosis ist auf 0.9 mmol/l Lithium im Serum eingestellt.

82

Die Nebenwirkungen einer Lithium-Therapie sind (modifiziert nach TegeJer, 1979 [69]) nachstehend aufgeführt: Tab. 4: Nebenwirkungen der Lithium-Therapie Symptome

Anfangsphase

gastrointestinale Beschwerden feinschlägiger Händetremor Muskelschwäche Durst, Polyurie

*** ** ** *

Ödeme

0

Gewichtszunahme

0

Struma

0

nach längerer Behandlung 0

* 0

* * *** **

* Häufigkeit des Auftretens der Beschwerden keine Beschwerden

o

Die Nebenwirkungen bleiben dann um so geringer, wenn einschleichend dosiert wird. Magenbeschwerden können oft dadurch ganz vermieden werden, daß die Gesamtdosis abends verabreicht wird. Die toxische Grenze wird bei 1.8 bis 2.0 mmol/l gesehen. Entgegen der früheren Auffassung wird heute bereits bei einer Konzentration von 0.4 mmol/l eine Wirksamkeit nach mehrmonatiger Behandlung angenommen, eine Konzentration von 0.6 bis 0.9 mmol/l gilt als erstrebenswert.

83

4.

Psychiatrischer Notfall

Zu den» Alarm-Syndromen« psychischer Störungen gehören Bewußtseinsänderung, Erregtheit und Stupor, Verwirrtheit, Suizidalität, Krisensituationen, die mit Angstoder Panikreaktionen verbunden sind, sowie Notfälle durch Psychopharmakaintoxikationen [55]. Vorschläge zur Pharmakotherapie psychiatrischer Notfälle sind in Tabelle 5 zusammengestellt. Notfälle durch Psychopharmaka selbst (Tabelle 6) sind immer häufiger Aufnahmeanlaß, nicht nur in psychiatrischen Kliniken, sondern tangieren auch die Erste-HilfeStelle bzw. Ambulanz von Allgemeinkrankenhäusern und führen gelegentlich zu komplizierten diagnostischen Überlegungen. Beim Auftreten einer paroxysmalen Dyskinesie in Form eines Zungen-Schlund-Syndroms oder auch der okulogyrischen Krise wird nicht immer sofort an die Möglichkeit gedacht, daß es sich hierbei um eine neuroleptische Nebenwirkung handeln kann. Anticholinergika vom Typ des Biperidens helfen nach intravenöser Injektion innerhalb weniger Minuten, einen solchen, für den Patienten sehr quälenden Zustand, zu beseitigen. Vor allem im Hinblick darauf, daß eine Reihe von Präparaten verordnet wird, die nicht ausgesprochen als Neuroleptika gekennzeichnet sind (z. B. dystones-Syndrom durch Metoclopramid, das u.a. bei Funktionsstörungen der MagenDarm-Motorik verschrieben wird), sollte bei einer extrapyramidalen Symptomatik immer nach eingenommenen Medikamenten gefragt werden.

85

Tab. 5: Vorschläge zur Pharmakotherapie des psychiatrischen Notfalles (Platz, 1985b [54]) 1. Erregungszustände

Dosis

Applikationsform

Freiname

Präparat (Beispiele)

Haloperidol

HALDOL®

5-10 mg

i.m.,i.v.

Fluphenazin

DAPOTUM'" ACUTUM

5-10 mg

Lm.,i.v.

Perazin

TAXILAN®

Perphenazin

DECENTAN®

Initial:

50-100 mg

i.m.,i.v.

5-10 mg

i.m.,i.v.

Bei geronto-psychiatrischen Notfällen auch: Chlomethiazol* DISTRANEURIN® 0,5-1,0 g 10-20 ml Mixtur

Pipamperon

DIPIPERON®Saft

oral

20-60 mg

oral

25-50 mg

oral, evtl.i.m.

Zur stärkeren Dämpfung

Levomepromazin

NEUROCIL®

Erregungszustände bei wesensveränderten Anfallskranken:

Clonazepam

RIVOTRIL®

1 mg

Lv., i.m.

Phenobarbital

LUMINAL®

0,2 g

Lv., i.m.

2. Verwirrtheitszustände (bei cerebro-vaskulärer Insuffizienz, Hirnarteriosklerose: )

Clomethiazol*

DISTRANEURIN®

Pipamperon

DIPIPERON® (Saft)

86

0,25-0,5 g oral (Kps./Tabl.; Mixtur verdünnt, entspr. 5-10 ml) 20-60 mg oral

Tab. 5, Fortsetzung Freiname

Präparat (Beispiele)

Dosis

Applikationsform

3. Delirante Syndrome (außer Clomethiazol-Abhäugigkeit): 0,5-1 g oral Clomethiazol DISTRANEURIN" (Kps./Tabl., entspr. 5 - 10 ml DISTRANEURIN" [0,5 ml = 1 Kps. bzw. Mixtur 1 Tabl.J) Bei Clomethiazol-Abhängigkeit:

Haloperidol

HALDOL®

5-10 mg

i.m.,i.v.

Fluphenazin

DAPOTUM® ACUTUM DECENTAN®

5-10 mg

i.m.,i.v.

5-10 mg

i.m.,i.v.

Perphenazin

3. Depressive Zustände: Doxepin Amitriptylin

APONAL" LAROXYL®; SAROTEN®; TRYPTIZOL®

25-50 mg

i.m.

25-50 mg

i.m.

* Clomethiazol ist mit einem hohen Suchtpotential belastet. es gilt bei Alkohol-

kranken als »Trockenalkohol«. Nach wie vor ist es jedoch Mittel der ersten Wahl zur Behandlung prädeliranter und deliranter Zustände [12J (sofern nicht bereits eine Clomethiazol-Abhängigkeit vorliegt). Die gute Steuerbarkeit (kurze Halbwertszeit) und der rasche Wirkungseintritt rechtfertigen unseres Erachtens seine Anwendung als» Notfall-Medikament« bei alten Patienten, da bei einer einmaligen Gabe aufgrund eines Notfalles das Abhängigkeitspotential zu vernachlässigen ist. Interessanterweise zeigen nach unseren Beobachtungen alte Patienten, die ambulant wegen nächtlich auftretender Verwirrtheitszustände regelmäßig eine Kapsel (bzw. Tablette) Clomethiazol zur Nacht einnehmen. keine Dosissteigerung, wie wir sie bei jüngeren Patienten mit einer Abhängigkeitsproblematik häufig antreffen. Bei bekannter Clomethiazol-Abhängigkeit sind Neuroleptika ohnehin zur Behandlung deliranter Syndrome vorzuziehen, wie unter Punkt 3 aufgeführt [49, 53J.

87

Zur Notfalltherapie empfehlen wir für die Bereitschaftstasche folgende Medikamente:

6. 1. Als Neuroleptikum: Haloperidol (z. B. Haldol®) als lO-mg-Ampulle zur i.v.- und i.m.-Injektion

6. 2. Als Antiepileptikum und zur Therapie von Erregungszuständen bei wesensveränderten Anfallskranken: Clonazepam (Rivotril®), I-mg-Ampullen zur i.v.- und i.m.-Injektion

6. 3. Als Antidepressivum zur Behandlung akuter Suizidalität und agitiert-depressiver Zustände: Amitriptylin (Laroxyl®, Saroten®, Tryptizol®). 25-mgAmpullen zur i.m.-Injektion.

6. 4. Als Anticholinergikum: Biperiden (Akineton®) als 5-mg-Ampullen zur i. v. -Injektion

6. 5. Zur Therapie schwerer Mittel-Entzugssymptome (falls eine medikamentöse Therapie als unumgänglich angesehen wird): Doxepin (Aponal®) 25-mgAmpullen zur i.m. -Injektion. Zur Dämpfung ängstlich-agitierter Zustände, bedingt durch Halluzinogene (z. B. LSD), falls ein »talk down« nicht ausreicht, Diazepam (z. B. Valium®) als lO-mg-Ampulle, zur i.v.-Injektion, wobei meist 5 mg als Einmalgabe ausreichen.

88

Spezieller Hinweis Entzugssyndrome, vor allem bei Heroinabhängigen, können Anlaß für einen Notruf sein. Es soll hier nicht auf die Problematik und die gezielten Wünsche Heroinabhängiger eingegangen werden, »Ersatzdrogen« zu bekommen, sondern es soll darauf verwiesen werden, daß der größte Teil eines solchen Heroinentzugssyndroms psychischer Natur ist und eine medikamentöse Therapie üblicherweise nicht notwendig ist (Platzund Bartsch, 1983 [50]). In der Klinik versuchen wir durch »talk down«, die Symptome, die einem grippalen Infekt ähneln, zu dämpfen, was oft besser und nachhaltiger gelingt als durch Gabe eines Medikamentes. Erscheint jedoch in einer Notfallsituation außerhalb der Klinik dieser Weg nicht gangbar, kommen Medikamente in Frage, die selbst keine Abhängigkeit erzeugen, z. B. Neuroleptika in niedriger Dosierung, Antidepressiva vom Typ des Doxepins, die jedoch nur einen Teil der Entzugssymptome zu dämpfen vermögen. Auf andere medikamentöse Alternativen wie z. B. eine Therapie mit Clonidin oder Baclofen, sei hingewiesen, aber auch diese Substanzen kupieren nur einen Teil der Symptomatik. Eine größere Rolle spielt die ausschleichende Therapie bei gleichzeitiger Barbiturat-Einnahme von Heroinabhängigen, die zur Vermeidung cerebraler Entzugskrampfanfälle durchgeführt werden muß. Hier empfehlen sich Barbiturate vom Typ des Phenobarbitals, die aufgrund ihrer langen Halbwertszeit keinen »Sofort-Effekt« befürchten lassen wie Kurzzeitbarbiturate im Sinne einer weiteren Konditionierung. Eine solche Therapie geht jedoch über den eigentlichen Notfall hinaus, da sie sich über Tage, bei sehr langsamer Reduzierung auch über Wochen erstrecken kann. 89

5.

Psychopharmaka im Kreuzfeuer der Kritik

5.1

Grundsätzliches

Die Tatsache, daß in psychiatrischen Kliniken unseres Erachtens zu häufig als erste ärztliche Maßnahme akut psychotisch erkrankte Patienten mit Psychopharmaka behandelt werden, deutet einen reflexartigen Ablauf an und sollte die Verantwortlichen dazu bewegen, nach einem TherapiePlan zu verfahren, wie er beispielsweise im neuen Berliner Gesetz für Psychischkranke (PsychKG [13]) gefordert wird. Auch Dörnerund Plog(1980 [10]) fordern, daß die Gabe von Pharmaka an einen Therapie-Gesamt-Plan gebunden sein sollte und daß Pharmaka nur dann angezeigt sind, wenn anders eine Problembearbeitung nicht erfolgen kann. Eine psychotische (»Plus-«)Symptomatik ist Teil des erkrankten Menschen, es ist die für den Patienten aktuell mögliche Existenzform, deren Bedeutung man für den Betreffenden immer versuchen sollte, einzuschätzen, bevor symptom-suppressive Neuroleptika verabreicht werden, die nicht selten zu einer postpsychotischen Depression überleiten und zum Suizid des Patienten führen können. In diesem Zusammenhang sei darauf hingewiesen, daß wir in einer katamnestischen Untersuchung über gelungene Suizide in unserer Klinik feststellen konnten, daß die als schizophren diagnostizierten Patienten zahlenmäßig die größte Gruppe darstellen (Platz et al. , 1985d [56]). 91

Beim Anblick von Patienten, die sich in psychiatrischen Kliniken mit deutlichem Rigor mühsam durch das Gelände schleppen, drängen sich immer wieder die gleichen Fragen auf: Warum bekommt dieser oder jener Patient dieses oder jenes Neuroleptikum, welche Zielvorstellungen hatte der betreffende Arzt bei der Verordnung, warum muß der Patient unter solchen schweren Nebenwirkungen leiden, warum werden die Nebenwirkungen nicht behandelt, wenn Neuroleptika verabreicht werden müssen. Die unzureichende Kenntnis über Psychopharmaka, die mit zu den wirksamsten Medikamenten zählen, die noch dazu bzw. gerade deshalb mit Nebenwirkungen belastet sind, sollte alle in Klinik und Praxis tätigen Ärzte veranlassen, alles zu tun, um das Wissen auf diesem Sektor zu erweitern, zu vertiefen und weiterzugeben. Dieses Ziel läßt sich nur durch eine kontinuierliche Fortbildung erreichen. Erschwert wird die Beurteilung der Wirkung eines Medikamentes allgemein dadurch, daß es die» Droge Arzt« (BaHnt) gibt, daß ein Placebo-Effekt existiert, der oft nur schwer oder manchmal gar nicht von der Verum-Wirkung zu unterscheiden ist. Es wird häufig darauf hingewiesen, daß durch die Therapie mit Psychopharmaka ein Wandel in der Psychiatrie eingesetzt habe, daß Zwangsjacken, Kastenbetten oder Isolierzellen nicht mehr notwendig seien, daß Patienten viel früher und auch leichter sozio- und psychotherapeutischen Interventionen zugänglich seien. Dies mag für eine große Anzahl von Patienten zutreffen, längst jedoch nicht für alle. Es ist nicht auszuschließen, daß in psychiatrischen Kliniken heute weiter eine Anzahl chronischer Verläufe (sogenannte Residualsyndrome ) produziert werden, die nach Ciompi (1982 [7]) auch als Artefakt aufgefaßt werden können. 92

5.2

Klinische Prüfuug von Psychopharmaka

Für wohl kaum eine Medikamentengruppe lassen sich tierexperimentelle Befunde schwerer auf den Menschen übertragen als für Psychopharmaka. Aus diesem Grunde sind pharmakologische Daten nur mit äußerster Vorsicht zu interpretieren. Wenn es darum geht, neue Psychopharmaka am Menschen zu erproben, so ist nicht nur die Deklaration vou Helsinki (siehe Anlage III) eine selbstverständliche Grundlage, sondern es muß zuallererst geprüft werden, inwieweit eine Berechtigung für die Untersuchung überhaupt besteht und was tatsächlich als »neu« von der betreffenden Substanz XY zu erwarten ist. Reine Marketiug-Studien, die lediglich die Umsätze der pharmazeutischen Industrie festigen oder fördern sollen, sind von vornherein abzulehnen. Klinische Prüfungen der Phasen 1-III werden bisher Universitätskliniken überlassen, obwohl chronisch kranke Patienten sich vorwiegend in Landeskrankenhäusern befinden. Therapiebegleitende Untersuchungen der Phase IV (d. h. von Substanzen, die bereits beim Bundesgesundheitsamt in Berlin registriert bzw. schon im Handel sind) können unter Umständen hilfreich sein, wenn es darum geht, die Substanz bei bestimmten Indikationen anzuwenden oder Dosisbereiche zu erforschen oder aber, und das ist unseres Erachtens die wesentliche Aufgabe von Phase-IV-Prüfungen, unerwünschte Begleiterscheinungen und Nebenwirkungen zu dokumentieren. Eine placebo-kontrollierte Vergleichsuntersuchung wird aus ethischen Gründen bei psychisch kranken Patienten aufgrund einer nahezu einhelligen Meinungsbildung als nicht mehr zulässig angesehen. 93

Mit dem 2. Gesetz zur Änderung des Arzneimittelgesetzes vom 16. August 1986 sind vom 1. Februar 1987 an eine Reihe von Bestimmungen in Kraft getreten, die wesentliche Teile des Gesetzes neu regeln. Vom genannten Datum an gilt ohne Übergangsfrist eine gesetzliche Musterbeschränkung, d. h., pharmazeutische Unternehmer dürfen FertigArzneimittel (sogenannte Spezialitäten) nur noch auf schriftliche Anforderung in der kleinsten Packungsgröße und davon pro Jahr nicht mehr als zwei Muster abgeben (§ 47 AMG). Vom Bundesgesundheitsamt wird eine unabhängige Sachverständigenkommission errichtet (» Transparenzkommission «), zu deren Aufgaben es gehört, Transparenzlisten mit einem Vergleich der Therapiekonzepte, einschließlich preislicher Transparenz, zu erstellen und fortlaufend zu aktualisieren (§§ 39a, 39b AMG). Für jede klinische Prüfung wird ein Prüfplan Voraussetzung, die Phase IV wird dahingehend neu geregelt, daß auch für diese Phase ein Prüfplan zu erstellen ist. Dieser Prüfplan muß »dem jeweiligen Stand der wissenschaftlichen Erkenntnisse« entsprechen (§ 40 AMG); zudem besteht künftig eine Anzeigepflicht für klinische Prüfungen gegenüber den Landesüberwachungsbehörden und für das Sammeln von Erkenntnissen mit zugelassenen Arzneimitteln, auch gegenüber der zuständigen Bundesbehörde, sowie den kassenärztlichen Bundesvereinigungen. In jeder Klinik sollte eine Ethik-Kommission gebildet werden, die unter Einschluß des Apothekers oder seines Vertreters über jede klinische Prüfung beschließt, wobei es wünschenswert ist, wenn ein externer »Patientenanwalt« einer solchen Kommission angehört. Nur eine solche Ethik-Kommission mit interdisziplinärer Znsammenset94

zung kann den Nutzen und das Risiko für die einzelnen Patienten und für die Gesellschaft bei Arzneimittelprüfungen am Menschen abschätzen (Graf, 1984 [14]).

95

5.3

Zwangsmedikation

Das Kapitel der Zwangsmedikation ist gedanklich eng verknüpft mit anderen Zwangsmaßnahmen, wie Fesseln, Isolieren, Behandeln mit Elektroschock oder stereotaktischen Operationen, aber auch Zwangssterilisation. Eine Zwangsmaßnahme darf nur im äußersten Notfall erfolgen, wenn eine akute Lebensgefahr für den betreffenden Patienten auf andere Weise nicht abgewendet werden kann. Es verbietet sich von selbst, in solchen Fällen Depot-Neuroleptika zu verabreichen, lediglich eine Akutmedikation wird ethisch und auch rechtlich zu vertreten sein. Im neuen Berliner PsychKG [13], das am 20. Juni 1985 in Kraft getreten ist, wird u.a. festgestellt, daß eine fehlende Bereitschaft, sich behandeln zu lassen, für sich allein keine Unterbringung rechtfertigt (§ 8.1). Es wird weiter festgestellt, daß der Untergebrachte einen Anspruch auf notwendige Behandlung hat, die »beschäftigungs- und arbeitstherapeutische, heilpädagogische und psychotherapeutische Maßnahmen« mit einschließt. Es wird ausdrücklich ein Behandlungsplan gefordert (§ 30.1), der mit dem Untergebrachten, auf seinen Wunsch auch mit seinem gesetzlichen Vertreter, zu erörtern ist. Wird eine (medikamentöse) Zwangsmaßnahme durchgeführt, so ist der bereits zuvor bestellte Rechtsanwalt des Untergebrachten »unverzüglich zu informieren« (§ 30.2). Entscheidend ist auch die Bestimmung, daß eine Behandlung, die die Persönlichkeit des Untergebrachten in ihrem Kernbereich ändern würde, unzulässig ist (§ 30.4). Diese ausdrücklichen Einschränkungen sind nur zu begrüßen, da sie die Therapeuten zwingen, sich mehr mit dem Menschen selbst zu befassen, da sie sie weiter dazu zwingen,zusammen

96

mit den ihnen anvertrauten Patienten einen Behandlungsplan aufzustellen, zu besprechen und zu erläutern, um auf diese Weise den Patienten eine Hilfe angedeihen zu lassen, auf die sie einen Anspruch haben.

97

6. Literatur

Literatur I Auf nachstehende Aufsätze und Bücher wird 1m Text Bezug genommen: I. Das AMDP-System. Manual zur Dokumentation psychiatrischer Befunde. Hrsg.: Arbeitsgemeinschaft für Methodik und Dokumentation in der Psychiatrie (AMDP), 3. Auflage, Springer-Verlag, Berlin , Heidelberg, New York ( 1979) 2. ANGST, J.; BURNFR, M. (Hrsg.): Schweizerische Studie über die Behandlung mit Depot-Neuroleptika. Rundtischgespräch vom 12. September 1975 in Bero 3. Arzneimittelkommission der Deutschen Ärzteschaft. Spätdyskinesien nach Neuroleptika-Gabe. Deutsches Ärzteblatt 82, 1787 (1985) 4. BARTELS, M.; GRFIL, W.; HAAG, H.; HII'l'llJS, H.; RUTIlER, E.; PFLU(;,B.: Neuroleptika als Ursache für Spätdyskinesien: Klinische Relevanz und Prävention. Deutsches Ärzteblatt 82, 1788-1789 (1985) 5. BI'C'KMANN, H.: Stellung der Monoaminooxydase-Hemmer in der antidepressiven Therapie. In: Depressionsbehandlung in der ärztlichen Praxis. Hrsg.: HELMCHEN, H. ct a1., MMV. 43-45 (1984) h. B, NKlRI. 0.: HII'l'llIS, H.: Psychiatrische Pharmakotherapie. 4. Auflage, Springer-Verlag, Berlin, Hciddberg, New York, Tokyo (1986) 7. C,OMPI, L.: 1st die chronische Schizophrenie ein Artefakt? Deutsches Ärzteblatt 79, 44-46 (1982) 8. COSIA, E.: The Benzodiazepines: From Molecular Biology to Clinical Practice. Raven Press, New York (1983) 9. DFI.AY, J.; DFNIKlcR, P.: 38 cas de psychoses traites par la eure prolongee et continue de 4568 P. R. Ann. Med.-Psycho1. 110364 (1952) 10. DORNER, K.; Pw", Wunsdorf (1980)

u.:

Irren ist menschlich. 4. Auflage, Psychiatrie-Verlag,

11. DSM-I1I, Diagnostic Criteria from Diagnostic and Statistical Manualof Mental Disorders, Third Edition, Washington, D.C., APA (1980) 12. F,NZF.N, A.: Medikamentenbehandlung bei psychischen Störungen, 5. Auflage, Psychiatrie-Verlag, Rehburg-Loccum (1984)

98

13. Gesetz für psychisch Kranke (PsychKG). Hrsg.: Der Senator für Gesundheit, Soziales und Familie - Referat Presse- und Öffentlichkeitsarbeit. Verwaltungsdruckerei Berlin (1985) 14. GRAF, H.-P.: Ethik und klinische Prüfung - Selbstkritische Befragung. Deutsches Ärzteblatt 81,902-904 (1984) 15. GRElL, W.; HAAG, H.; ROSSNAGL, G.; RÜTHER, E.: Effect of Anticholinergicson Tardive Dyskinesia. Br. J. Psychiatry 145, 304-310 (1984)

16. HAASE, H.-J.: Über Vorkommen und Deutung des psychomotorischen Parkinson-Syndroms bei Megaphen- bzw. Largactil-Dauerbehandlung. Nervenarzt 25,486-492 (1954) 17. HAASE, H.-J.: Therapie mit Psychopharmaka. 5. Auflage, EK. SchattauerVerlag, Stuttgart-New York (1982) 18. HAASE, H.-J. (Hrsg.): Psychopharmakotherapie. perimed Fachbuch-Verlagsgesellschaft, Erlangen (1982) 19. HAASE, H.-J.: Therapie mit Psychopharmaka undanderen psychotropen Medikamenten, Schattauer-Verlag, Stuttgart-Ncw York (1982) 20. HAEFELY, W.E.: Synaptic Pharmacology of Barbiturates and Benzodiazepines. Agents Actions 7,353-359 (1977) 21. HEINRICH, K.: Interdisziplinärer Workshop Deidesheim 1985. Medizin Aktuell-Reihe Psychopharmakotherapie, Institut für Medizinische Kommunikation, Gräfelfing (1985) 22. HERXHEIMER, A.: Towards Parity for Therapeutics in Clinical Teaching. Lancet 2, 1186-1187 (1976) 23. HIPPlUS, H.: Risiken der Psychopharmaka. Diagnostik 18, 10 (1985) 24. HOGARTY, G.E.; GOLDBERG, S.c.; SCHOOLER, N.R.: Drug and Sociotherapy in the Aftercare of Schizophrenic Patients. H. Two-Year Relapse Rates. Arch. Gen. Psychiatry 31,609-618 (1974) 25. HOGARTY, G .E.; U LRICH, R.E: Temporal Effects of Drugs and Placebo in Delay of Relapse in Schizophrenie Outpatients. Arch. Gen. Psychiatry 34, 297 (1977) 26. ICD 9. Revision, Kapitel V; Diagnoseschlüssel und Glossar psychiatrischer Krankheiten. Deutsche Ausgabe der internationalen Klassifikation der Krankheiten derWHO. Hrsg.: DEGWITz, R.; HELMCHEN, H.; KocKon; G.; MOMBouR, W; 5. Auflage, Springer-Verlag, Berlin, Heidelberg, New York (1980) 27. hlL, T.M.; SOLIJAIUS, c.: Epileptogenic Side Effects of Psychotropic Drugs. J. Amer. Med. Ass. 244, 1460-1463 (1980) 28. KALINOWSKY, L.B.; HIPI'IUS, H.; KLEIN, H.E.: Biological Treatments inPsychiatry. Grune & Stratton, New York (1982) 29. KANE, J.M.; RIFKIN, A.; WOERNER, M.: Die Reduktion von Nebenwirkungen durch die Verwendung von extrem niedrigen Dosen von Fluphenazindecanoat zur Rezidivprophylaxe bei schizophrenen Patienten V. Alpenländisches Psychiatrie-Symposium, Seefeld (1984)

99

30. KIELHOLZ, P.: Psychiatrische Pharmakotherapie in Klinik und Praxis, HuberVerlag, Bern-Stuttgart (1965) 31. KIMBI'I., K. H.: Patientengerechte Arzneimittelinformation. Deutsches Ärzteblatt 77,331-336 (1980)

32. KINZLER, E.: Erfahrungen mit dem Depotneuroleptikum DAPm'uM D. Therapiewoche 21, 2672-2677 (1971) 33. KRYSPIN, K.; HAAsE, H.-J.; HINTERHUBER (Hrsg.): Klinik und Pharmakologie der Langzeitneuroleptika. EK. Schattauer Verlag, Stuttgart-New York (1977)

34. KRYSPIN-ExNER, K; HINTERHUBER, H.; SCHUBEIn; H.; (Hrsg.): Langzeittherapie psychiatrischer Erkrankungen. EK. Schattauer Verlag, Stuttgart-New York (1984)

35. LIESKE, V.; GIRKE, W.; PLATZ, W.: Grundzüge der Neuropharmakotherapie extrapyramidaler hyperkinetisch-hypotoner Syndrome. DBÄ, 731-736 (1979) 36. LINDE, O.K: Psychothek. Druckerei Schmitt GmbH, Landau (1982 und Nachträge)

37. Manual zum MWT-B.-Test. Hrsg.: LEHRL, S.; Erlangen. Verlag Dr. med. D. Straube, Erlangen (1976) 38. MARKS, J.: The Benzodiazepines. MTP Press, Lancaster, England (1978) 39. MARX, D.G. (Hrsg.): Zopic1one: Ein Nicht-Benzodiazepin-Hypnotikum. perimed-Fachbuch-Verlags gesellschaft, Erlangen (1984) 40. MOLINSKI, H.: Interdisziplinärer Workshop Deidesheim 1985. Medizin Aktuell-Reihe Psychopharmakotherapie, Institut für Medizinische Kommunikation, Gräfelfing (1985) 41. MÜLLER, P. (Hrsg.): Zur Rezidivprophylaxe schizophrener Psychosen. Ferdinand Enke Verlag, Stuttgart (1982)

42. MÜLLER, P.: Neuroleptische Dosierung bei therapieresistenten Schizophrenien. 6. Düsseldorfer Symposium, Düsseldorf (1984) 43. MÜLLER-OERLINGHAUSEN, B., in: Arzneiverordnung in der Praxis 4, 37-43 (1985) 44. MÜLLER-SPAHN, E; BONDY, B.: Psychopharmaka und Verkehrssicherheit. Diagnostik 18, 11-16 (1985)

45. NEDOPIL, N.; RÜTHER, E.; HIPPlUS, H.: Neue Aspekte der NeuroleptikaTherapie. Schwerpunktmed. 5, 25 (1982) 46. NICHOLSON, A.N.; SCHLOSBERG, A.; DREYFUS, J.E: Zopic1one: A third Generation of Hypnotics. S. Karger, Basel (1983) 47. PIESCHL, D.; TÄscHNER, K-L.; BRUNING, J.; RICHTBERG, W.: Erfahrungen mit Fluphenazin-Decanoat in der Rehabilitation schizophrener Psychosen. Aus: SOLMS-RöDELHEIM, W.; GROSS., H. (Hrsg.): Probleme der Langzeittherapiemit Depot-Neuroleptika. Facultas, Wien, 37-51 (1975)

100

48. PLATZ, W.E.: Vereinfachte Lithium-Einstellung. MMW 122, 353-354 (1980) 49. PLATZ, W.E.: Therapie medikamentös bedingter deliranter Syndrome, insbesondere bei Clomethiazol-Abhängigkeit. In: Behandlung der Sucht und des Mißbrauchs chemischer Stoffe, Hrsg.: KEuP, W.; GeorgThieme-Verlag, Stuttgart-New York 65-73 (1981)

50. PLATZ, W.E.; BARTSCH, H.: Heroin-Abhängigkeit: Entgiftung und Entwöhnung. Tempo Medical, 19-23 (1983) 51. PLATZ, W.E.; FÜNFGELD, E.W.; KULHANEK, E: Konzept einer individuellen, aber standardisierten neuroleptischen Therapie der schizophrenen Erkrankungen. 5. Alpenländisches Psychiatrie-Symposium, Seefeld (1984)

52. PLATZ, W.E.: Kriterium für die stationäre Behandlung depressiver Patienten: Das Problem der Suizidalität. In: RUDOLF, G.A.E.; HEINRICH, K. (Hrsg.): Depressionen erkennen und behandeln. Friedr. Vieweg u. Sohn, Braunschweig/Wiesbaden, 140-150 (1983)

53. PLATZ, W.E.: Schlafmittelintoxikationen aus psychiatrisch-intensivmedizinischer Sicht. In: Schlafstörungen, Hrsg.: FAUST, V., Hippokrates Verlag, Stuttgart, 210-217 (1985)

54. PLATZ, W.E.: Medikamentöse Therapie bei gerontopsychiatrischen Notfällen. Med. Klin. 80, 511-513 (1985 b) 55. PLATZ, W.E.: Differentialdiagnose gerontopsychiatrischer Notfälle. Med. Klin. 80,466-469 (1985 c) 56. PLATZ, W. E.: AVLlDlS, P.; BECKER, B.- M.: Suizide im psychiatrischen Krankenhaus. spectrum 118-128 (1985 d) 57. PLATZ, W. E.: Mißbrauchshäufigkeit von Tranquilizern bei stationär behandel-

ten Abhängigkeitskranken. In: Benzodiazepine, Hrsg.: HIPPlUS, H., ENGEL, R. R., LAAKMANN, G.; Springer-Verlag, Berlin, Heidelberg, New York, Tokio (1985 e).

58. PÖLDINGER, W.: Psychopharmaka. Neue Entwicklungen. Mod. ArzneimittelTher., Band 1, Nr. 1, 35-53 (1976) 59. PÖLDIN(;ER, W.; SCHMIOLlN, P.; WIDER, F.: Index Psychopharmacorum. 6. Auflage, Verlag Huber, Bem, Stuttgart, Wien (1983) 60. QUADBECK, H.: Interdisziplinärer Workshop Deidesheim 1985. Medizin Aktuell-Reihe Psychopharmakotherapie, Institut für Medizinische Kommunikation, Gräfelfing (1985)

61. RECHENBERGER, H.-G.: Interdisziplinärer Workshop Deidesheim 1985. Medizin Aktuell-Reihe Psychopharmakotherapie, Institut für Medizinische Kommunikation, Gräfelfing (1985)

101

62. RICKI'LS K.: In: The Benzodiazepines. Ed.: COSTA, E.; Raven Press, New York (1983) 63. Rote Liste. Hrsg.: Bundesverband der Pharmazeutischen Industrie e.Y., Frankfurt am Main (1985) 64. SCHOOLER, N.; SEVERE J.; LEvINE, J.; ESCOBAR, J.; GCLENBERG, A.; MANDEL, M.; SOVNER, R.; STEINBOOK, R.: Der Abbruch derneuroleptischen Behandlung bei schizophrenen Patienten und dessen Einfluß auf Rückfälle und auf Symptome der Spätdyskinesie. Aus: KRYSPIN-ExNLR, K.; HINTERHUBER, H.; SCHUBEKL H. (Hrsg.): Ergebnisse der Therapieforschung. Schattauer-Verlag, Stuttgart, New York 1982, 217-234 (1982)

65. SCHOU, M.: Heutiger Stand der Lithium-Rezidivprophylaxe bei endogenen affektiven Erkrankungen. Nervenarzt 45, 397-419 (1974) 66. SEIFERT, R.; BREMKAMP, H.; JUNGE, c.: Vereinfachte Lithium-Einstellung durch Belastungstest. Psychopharmacologia (Ber!.) 43,285 (1975) 67. SIMPSON, G.M.; PI, E.H.: »The Treatment ofRefractory Schizophrenia (Blood Levels of AntipsychoticAgents) aus: ANCiRIS'I; B.; BURROWS, G.D.; LADER, M.; LINGJAERDE, 0.; SEDVALL, G.; WIIEATLEyD.: Advances in Biosciences. Pergamon Press, Vol. 31, pp. 393-398, New York (1981)

68. STEINER, S.: Modell VIII. Konzept und Verwirklichung einer neuroleptischen Intensivbehandlung bei schizophrenen Patienten. Facultas Wien (1984) 69. TEGELER, J.: Manisch-depressive Kranke: Therapie und Prophylaxe mit Lithium-Salzen. In: Monatskurse f. d. ärztliche Fortbildg. 29,736-742 (1979)

102

Literatur 11

Nachstehende Fachbücher sind Nachschlagwerke aufgeführt:

als

weiterführende

ALLGULANDER, c.: Dependence on Sedative and Hypnotic Drugs. Munksgaard, Copenhagen (1978) HEINRICH, K.: Psychopharmaka in Klinik und Praxis. 2. Auflage, Thieme Verlag, Stuttgart-New York (1983) HELMCHEN, H.; LINDEN, M.: Depressive Erkrankungen. Themen der Medizin 3. Urban & Schwarzenberg ( 1981) HIPPlUS, H.; KLEIN, H.E. (Hrsg.): Therapie mit Neuroleptika. perimed FachbuchVerlagsgesellschaft, Erlangen (1983) HOFFMANN, c.; FAmn; V: Psychische Störungen durch Arzneimittel. ThiemeVerlag, Stuttgart-New York (1983) KRVSPIN-ExNER, H.; HINTERHUBER, H.; SCHUBERl, H.: Therapie akuter psychiatrischer Syndrome. EK. Schattauer Verlag, Stuttgart-New York (1980) KRYSPIN-ExNER, K.; HIN'IERHUBER. H.; SCHUBERI; H. (Hrsg.): Ergebnisse der psychiatrischen Therapieforschung. E K. Schattauer Verlager, Stuttgart-New York (1982) LANGER, G.; BFRNER, P. (Hrsg,): Psychopharmakologisches Seminar, Verlag Wilhelm Mandrich, Wien-München-Bem (1981) LECHNER, H.; SI'RINZ!. O. (Hrsg.): Neurologisch-psychiatrische Symptome als Nebenwirkungen bei Pharmaka, Werk-Verlag. Dr. Edmund Banaschewski, München-Gräfelfing (1977) MULLER-OERLINGHAUSEN, B. (Hrsg.): Klinische Relevanz der Kardiotoxizität von Psychopharmaka. pmi-pharm & medical inforrn. Verlags-GmbH, Frankfurt/Main (1983) NEUMANN, H.: Die Zackenbehandlung mit Psychopharmaka als Möglichkeit einer neuroleptischen Intensivbehandlung. J. G. Bläschke Verlag, SI. Michael (1984) PÖLDINCiER, W.; GANDER, G.: Psychopharmaka in der Praxis. Editions Roche, Grenzach-Wyhlen (1979)

103

PÖLDINGER, W.: Kompendium der Psychopharmakatherapie. 4. Auflage, Edition Roche, Basel (1982) SELBACH, H. (Hrsg.): Pharmako-Psychiatrie. Wissenschaftliche Buchgesellschaft, Darmstadt (1977) SZASZ. T. S.: Schizophrenie - das heilige Symbol der Psychiatrie. Europaverlag, Wien - München - Zürich (1976) THIELE, W: Kursus der Psychopharmakatherapie. 2. Auflage. Werk-Verlag, München-Gräfelfing (1976)

104

o

,....

Vl

(7-9)

(1-6) WHO-Nr.

Geschlecht

(10-12)

Formblatt

(16-17)

Untersucher Datum

(79-80)

Krankenhaus

Medikamentöse Therapie z. Z. pro die

Name des Untersuchers

(13-15)

Zeitraum

Ifd.Nr.

Insp;esamt verabreichtes neuroleptisches WirkunJ1:Squantum:*' Anmerkun\len: Lesen Sie die Prüfungsmethode (Rückseite) vor der Untersuchung (siehe S. 107-109). Zur BeurteIiun~ der Bewegungen: Geben Sie den größten Schweregrad an, der beobachtet wurde. Beurteilen Sie die Bewegungen, die unter einer Aktivierun~ zustande kommen, eine Stufe geringer als die spontan beobachteten. Schlüssel: 0 = keine, 1 = minimal, möghcherweise sogar normal, 2 = leicht, 3 = mäßig, 4 = schwer. (Bitte den Grad Karte 01 umkreisen) (18-19) 1. Mimische Muskulatur, z. B. Bewegungen der Stirn, o 1 234 (20) Faziale der Augenbrauen, der periorbitalen Region, der Wangen, und orale einschließlich Stirnrunzeln, Blinzeln, Lächeln, Grimassieren Bewegungen 2. Lippen und periorale Gegend, z. B. Lippenspitzen, Schmollen, o 1 234 (21) Schmatzen 3. Kiefer, z. B. Beißen, Zähneaufeinanderbeißen, Kauen, Mundo 1 234 (22) öffnen, Querbewegungen 4. Zunge: Beurteilen Sie lediglich eine vermehrte Bewe01234 (23) gung sowohl in als auch außerhalb des Mundes, nicht das Aufrechterhalten dieser Bewegung

Medikamentenanamnese

Diagnose

Name des Patienten

Patient

Untersuch unp;

AIMS = Abnormal Involuntary Movement Scale (Skala für abnormale unwillkürliche Bewegungen = SKAUB*)

7.1 Anlage I

=

~

-= =

>

:-l

0'1

o

>-'

12. Trägt der Patient gewöhnlich eine Prothese

11. Ständige Probleme mit Zähnen oder Prothesen

10. Das Bewußtsein des Patienten über die abnormalen Bewegungen. Bewerten Sie nur die Angaben des Patienten! Schlüssel: 0 = nicht bewußt; 1 = bewußt, nicht quälend; 2 = bewußt, etwas quälend; 3 = bewußt, mäßig quälend; 4 = bewußt, änßerst quälend

(27) (28) (29)

234

oI

o 1 234 o 1 234

ja

(30)

(30)

(26)

o 1 234

ja

(25)

o 1 234

o nein o nein

Karte 01 (18-19) (24)

(Bitte den Grad nmkreisen) o 1 234

Psychopharmacology Research Branch, NIMH, ADAMHA, DHEW, Rockville, Maryland, U.S.A. Übersetzung aus dem Englischen: F. KULHANEK, München, gegenüber dem Original ergänzt. ** = Gesamtdosis in mg Chlorpromazin.

* Quelle:

ZahnStatus

8. Schweregrad der abnormalen Bewegungen

GesamtBeurteilung

9. Behinderung aufgrund der abnormalen Bewegungen

7. Nacken, Schulter, Hüfte, z. B. Schaukeln oder Wiegen, Verrenken, Krümmen, Hüftendrehen

6. Untere Extremität (Beine, Knie, Sprunggelenke, Zehen), z. B. Außenrotation, Fußtippen, Fersenklopfen, Fußwinden, Pronation und Supination

5. Obere Extremität (Arme, Handgelenk, Hände, Finger), einschließlich choreatischer Bewegungen (wie z. B. schnefle, objektiv unbeabsichtigte, unregelmäßige, spontane), athetotische Bewegungen (wie z. B. langsame, unregelmäßige, komplexe, schneckenförmige). Nicht zu beurteilen ist der Tremor (sich wiederholende, regelmäßige, rhythmische Bewegungen)

RumpfBewegungen

ExtremitätenBewegungen

Anlage I (Fortsetzung)

Untersuchungsmethode

Beobachten Sie den Patienten in Ruhe entweder vor oder nach der Untersuchung unauffällig, z. B. im Wartezimmer! Benutzen Sie für die Untersuchung einen harten und feststehenden Stuhl ohne Armlehnen.

1. Fragen Sie den/ die Patientin, ob er / sie irgend etwas im Mund hat (Kaugummi, Bonbons etc.), und wenn ja, bitten Sie ihn/sie, es zu entfernen. 2. Fragen Sie den/die Patienten/Patientin nach dem jetzigen Zustand seiner/ihrer Zähne! Fragen Sie den/ die Patienten/Patientin, ob er/sie Prothesen trägt: Machen die Prothesen dem/der Patienten/Patientin jetzt Beschwerden? 3. Fragen sie den/die Patienten/Patientin, ob er/sie irgendwelche Bewegungen im Mund, im Gesicht, an den Händen oder Füßen bemerkt! Wenn ja, bitten Sie darum, sie zu beschreiben und anzugeben, in welchem Ausmaße der/die Patient/Patientin belästigt wird oder in welchem Umfang seine/ihre Tätigkeit beeinträchtigt werden.

107

4. Lassen Sie den/ die Patienten/Patientin auf dem Stuhl sitzen mit den Händen auf den Knien, die Beine etwas auseinandergestellt, die Füße flach auf dem Boden. Während der/die Patient/Patientin diese Haltung einnimmt, suchen Sie am ganzen Körper nach Bewegungen. 5. Bitten Sie den/die Patienten/Patientin, im Sitzen die Hände frei hängen zu lassen: Bei Patienten zwischen den Beinen, bei Patientinnen, die ein Kleid tragen, über die Knie (achten Sie auf die Hände und andere Körperregionen ). 6. Bitten Sie den/die Patienten/Patientin, den Mund zu öffnen (achten Sie auf die nicht bewegte Zunge innerhalb des Mundes). Wiederholen Sie diesen Vorgang! 7. Bitten Sie den/ die Patienten/Patientin, die Zunge herauszustrecken (achten Sie auf Abnormitäten der Zungenbewegung). Wiederholen Sie diesen Vorgang. *8. Bitten Sie den/die Patienten/Patientin, mit jedem Finger auf den Daumen zu tippen, und zwar so schnell wie möglich für 10-15 Sekunden; zuerst allein mit der rechten Hand, dann allein mit der linken Hand (achten Sie auf Gesichts- und Beinbewegungen). 9. Beugen und strecken Sie getrennt den rechten und linken Arm des/der Patienten/Patientin (Registrieren Sie jegliche Rigidität und dokumentieren Sie sie auf DOTES**). 10. Bitten Sie den/die Patienten/Patientin aufzustehen (beobachten Sie ihn/sie im Profil. Achten Sie wiederum auf alle Körperregionen einschließlich der Hüften). • = aktivierte Bewegungen •• = Dosage Record and Treatment Emcrgent Symptom Scale

108

11. Bitten Sie den/die Patienten/Patientin, beide Arme nach vorne mit den Handflächen nach unten auszustrecken (beobachten Sie den Rumpf, die Beine und den Mund). 12. Lassen Sie den/ die Patienten/Patientin einige Schritte gehen, dann wenden und zum Stuhl zurückkommen (achten Sie auf Hände und Gangart). Wiederholen Sie diesen Vorgang.

109

7.2 Anlage 11 Information der Patienten und regelmäßige Blutbildkontrollen bei Gabe trizyklischer Neuroleptika, insbesondere bei Clozapin (Leponex®)* 1. Mit trizyklischen Neuroleptika behandelte Patienten sollen darüber informiert werden, daß sie beim Auftreten entzündlicher Erscheinungen im Mund- und Rachenraum, Fieber und grippeartigen Symptomen sofort den Arzt aufsuchen. 2. Vom Arzt ist sofort eine Blutbildkontrolle vorzunehmen. 3. Für Clozapin (Leponex®) gelten im Einvernehmen mit dem BGA in Berlin folgende Voraussetzungen: 3.1 Clozapin (Leponex®) wird nur zur Weiterbehandlung von Patienten mit schweren psychotischen Erkrankungen geliefert, die auf andere Neuroleptika nicht oder nur völlig unzureichend angesprochen haben. 3.2 Die Weiterbeh~dlung mit Leponex® bedarf der Aufklärung und Einwilligung des Patienten bzw. seines gesetzlichen Vertreters oder Gebrechlichkeitspflegers. Die Einwilligung kann in Gegenwart eines Zeugen - mündlich gegeben werden und muß in den Krankenpapieren vermerkt sein. 3.3 Die kontrollierte Anwendung bedingt die Beachtung der in der Packungsbeilage vorgeschriebenen Vorsichts- und Kontrollrnaßnahmen, insbesondere derjenigen zur Vermeidung der bisher mit einer hohen Mortalität belasteten Agranulozytosen. Die während der ersten 18 Behandlungswochen wöchentlich durchzuführenden Kontrollen des weißen Blutbildes - (mindestens Leukozytenzählung) - sind danach in mindestens 4wöchigen Abständen weiterzuführen, da die hämatologische Komplikation in ca. 20 % der Fälle auch nach der 18. Behandlungswoche aufgetreten ist.

110

Anlage 11 (Fortsetzung) 3.4 Die Ergebnisse der Blutbildkontrollen, ggf. ergriffene Maßnahmen etc., müssen in der Krankengeschichte geführt und auf Abruf - unter Wahrung der Vertraulichkeit - zur Verfügung gestellt werden. 3.5 Bestellungen öffentlicher Apotheken können nur ausgeführt werden, wenn Name und Anschrift des verordnenden Arztes mit angegeben sind und der Revers unterschrieben vorliegt.

3.6 Ich habe von den vorstehenden Ausführungen Kenntnis genommen und werde Leponex" bei meinen Patienten kontrolliert anwenden.

=-_______________ , den ___________________

Ort

Unterschrift/Stempel

Name, Praxisanschrift:

* Warnhinweis der Arzneimittelkommission der Deutschen Ärzteschaft (1975) und Schreiben der Firma Wander GmbH, Nürnbcrg (1978).

111

7.3 Anlage III Revidierte Deklaration von Helsinki Beschlossen von der 29. Generalversammlung des Weltärztebundes am 10. Oktober 1975 in Tokio. Empfehlung für Ärzte, die in der biomedizinischen Forschung am Menschen tätig sind. Vorwort Aufgabe des Arztes ist die Erhaltung der Gesundheit des Menschen. Der Erfüllung dieser Aufgabe dient er mit seinem Wissen und Gewissen. Die Genfer Deklaration des Weltärztebundes verpflichtet den Arzt mit den Worten: »Die Gesundheit meines Patienten soll mein vornehmstes Anliegen sein«, und der internationale Codex für ärztliche Ethik legt fest: »Jegliche Handlung oder Beratung, die geeignet erscheinen, die physische und psychische Widerstandskraft eines Menschen zu schwächen, dürfen nur in seinem Interesse zur Anwendung gelangen«. Ziel der biomedizinischen Forschung am Menschen muß es sein, diagnostische, therapeutische und prophylaktische Verfahren sowie das Verständnis für die Ätiologie und Pathogenese der Krankheit zu verbessern. In der medizinischen Praxis sind diagnostische, therapeutische oder prophylaktische Verfahren mit Risiken verbunden; dies gilt um so mehr für die biomedizinische Forschung am Menschen. Medizinischer Fortschritt beruht auf Forschung, die sich letztlich auch auf Versuche am Menschen stützen muß. Bei der biomedizinischen Forschung am Menschen n",3 grundsätzlich unterschieden werden zwischen Versuchen, die im wesentlichen im Interesse des Patienten liegen, und solchen, die mit rein wissenschaftlichem Ziel ohne unmittelbaren diagnostischen oder therapeutischen Wert für die Versuchsperson sind.

112

Anlage III (Fortsetzung) Besondere Vorsicht muß bei der Durchführung von Versuchen walten, die die Umwelt in Mitleidenschaft ziehen könnte. Auf das Wohl der Versuchstiere muß Rücksicht genommen werden. Da es notwendig ist, die Ergebnisse von Laborversuchen auch auf den Menschen anzuwenden, um die wissenschaftliche Kenntnis zu fördern und der leidenden Menschheit zu helfen, hat der WeItärztebund die folgenden Empfehlungen als eine Leitlinie für jeden Arzt erarbeitet, der in der biomedizinischen Forschung am Menschen tätig ist. Sie sollte in der Zukunft überprüft werden. Es muß betont werden, daß diese Empfehlung nur als Leitlinie für die Ärzte auf der ganzen Welt gedacht ist; kein Arzt ist von der straf-, zivil- und berufsrechtlichen Verantwortlichkeit nach den Gesetzen seines Landes befreit.

I. Allgemeine Grundsätze

1. Biomedizinische Forschung am Menschen muß den allgemein anerkannten wissenschaftlichen Grundsätzen entsprechen; sie sollte auf ausreichenden Laboratoriums- und Tierversuchen sowie einer umfassenden Kenntnis der wissenschaftlichen Literatur aufbauen. 2. Die Planung und Durchführung eines jeden Versuches am Menschen sollte eindeutig in einem Versuchsmodell niedergelegt werden; dieses sollte einem besonders berufenen unabhängigen Ausschuß zur Beratung, Stellungnahme und Orientierung zugeleitet werden. 3. Biomedizinische Forschung am Menschen sollte nur von wissenschaftlich qualifizierten Personen unter Aufsicht eines klinisch erfahrenen Arztes durchgeführt werden. Die Verantwortung für die Versuchsperson trägt stets ein Arzt und nie die Versuchsperson selbst, auch dann nicht, wenn sie ihr Einverständnis gegeben hat.

113

Anlage III (Fortsetzung) 4. Biomedizinische Forschung am Menschen ist nur zulässig, wenn die Bedeutung des Versuchsziels in einem angemesssenen Verhältnis zum Risiko für die Versuchsperson steht. 5. Jedem biomedizinischen Forschungsvorhaben am Menschen sollte eine sorgfältige Abschätzung der voraussehbaren Risiken im Vergleich zu dem voraussichtlichen Nutzen für die Versuchsperson oder anderen vorausgehen. Die Sorge um die Belange der Versuchsperson muß stets ausschlaggebend sein im Vergleich zu den Interessen der Wissenschaft und der Gesellschaft. 6. Das Recht der Versuchsperson auf Wahrung ihrer Unversehrtheit muß stets geachtet werden. Es sollte alles getan werden, um die Privatsphäre der Versuchsperson zu wahren; die Wirkung auf die körperliche und geistige Unversehrtheit sowie die Persönlichkeit der Versuchsperson sollte so gering wie möglich gehalten werden. 7. Der Arzt sollte es unterlassen, bei Versuchen am Menschen tätig zu werden, wenn er nicht überzeugt ist, daß das mit dem Versuch verbundene Wagnis für vorhersagbar gehalten wird. Der Arzt sollte jeden Versuch abbrechen, sobald sich herausstellt, daß das Wagnis den möglichen Nutzen übersteigt. 8. Der Arzt ist bei der Veröffentlichung der Versuchsergebnisse verpflichtet, die Befunde genau wiederzugeben. Berichte über Versuche, die nicht in Übereinstimmung mit den in dieser Deklaration niedergelegten Grundsätzen durchgeführt wurden, sollten nicht zur Veröffentlichung angenommen werden. 9. Bei jedem Versuch am Menschen muß jede Versuchsperson ausreichend über Absicht, Durchführung, erwarteten Nutzen und Risiken des Versuches sowie über möglicherweise damit verbundene Störungen des Wohlbefindens unterrichtet werden. Die Versuchsperson sollte daraufhingewiesen werden, daß es ihr freisteht, die Teilnahme am Versuch zu verweigern, und daß sie jederzeit eine einmal gegebene Zustimmung

114

Anlage III (Fortsetzung) - - - - - - - - - - - - - , widerrufen kann. Nach dieser Aufklärung sollte der Arzt die freiwillige Zustimmung der Versuchsperson einholen; die Erklärung sollte vorzugsweise schriftlich abgegeben werden. 10. Ist die Versuchsperson vom Arzt abhängig oder erfolgte die Zustimmung zu einem Versuch möglicherweise unter Druck, so soll der Arzt beim Einholen der Einwilligung nach Aufklärung besondere Vorsicht walten lassen. In einem solchen Fall sollte die Einwilligung durch einen Arzt eingeholt werden, der mit dem Versuch nicht befaßt ist und der außerhalb eines etwaigen Abhängigkeitsverhältnisses steht. 11. Ist die Versuchsperson nicht voll geschäftsfähig, sollte die Einwilligung nach Aufklärung vom gesetzlichen Vertreter entsprechend nationalem Recht eingeholt werden. Die Einwilligung des mit der Verantwortung betrauten Verwandten* ersetzt die der Versuchsperson, wenn diese infolge körperlicher oder geistiger Behinderung nicht wirksam zustimmen kann oder minderjährig ist. 12. Das Versuchsprotokoll sollte stets aus ethischen Überlegungen im Zusammenhang mit der Durchführung des Versuchs darlegen und aufzeigen, daß die Grundsätze dieser Deklaration eingehalten sind.

* BR Deutschland: Gebrechlichkeitspfleger, Vormund 11. Medizinische Forschnng in Verbindnng mit ärztlicher Versorgung (Klinische Versuche) 1. Bei der Behandlung eines Kranken muß der Arzt die Freiheit haben, neue diagnostische und therapeutische Maßnahmen anzuwenden, wenn sie nach seinem Urteil die Hoffnung bieten, das Leben des Patienten zu retten, seine Gesundheit wiederherzustellen oder sein Leiden zu lindern.

115

Anlage III (Fortsetzung) 2. Die mit der Anwendung eines neuen Verfahrens verbundenen möglichen Vorteile, Risiken oder Störungen des Befindens sollten gegen die Vorzüge der bisher bestehenden diagnostischen und therapeutischen Methoden abgewogen werden. 3. Bei jedem medizinischen Versuch sollten alle Patienten - einschließlich derer einer eventuell vorhandenen Kontrollgruppe - die beste erprobte diagnostische und therapeutische Behandlung erhalten. 4. Die Weigerung eines Patienten, an einem Versuch teilzunehmen, darf niemals die Beziehung zwischen Arzt und Patienten beeinträchtigen. 5. Wenn der Arzt es für unentbehrlich hält, auf die Einwilligung nach Aufklärung zu verzichten, sollten die besonderen Gründe für dieses Vorgehen in dem für den unabhängigen Ausschuß bestimmten Versuchsprotokoll niedergelegt werden. 6. Der Arzt kann medizinische Forschung mit dem Ziel der Gewinnung neuer wissenschaftlicher Erkenntnisse mit der ärztlichen Betreuung nur so weit verbinden, als diese medizinische Forschung durch ihren möglichen diagnostischen oder therapeutischen Wert für den Patienten gerechtfertigt ist.

III. Nicht-Therapeutische biomedizinische Forschuug am Menschen 1. In der rein wissenschaftlichen Anwendung der medizinischen

Forschung am Menschen ist es die Pflicht des Arztes, das Leben und die Gesundheit der Person zu schützen, an welcher biomedizinische Forschung durchgeführt wird. 2. Die Versuchspersonen sollten Freiwillige sein, entweder gesunde Personen oder Patienten, für die die Versuchsabsicht nicht mit ihrer Krankheit im Zusammenhang steht.

116

Anlage III (Fortsetzung) 3. Der ärztliche Forscher oder das Forschungsteam sollten den Versuch abbrechen, wenn dies nach seinem oder ihrem Urteil im Falle der Fortführung dem Menschen schaden könnte. 4. Bei Versuchen am Menschen sollte das Interesse der Wissenschaft und der Gesellschaft niemals Vorrang vor den Erwägungen haben, die das Wohlbefinden der Versuchsperson betreffen.

117

7.4 Anlage IV

Auszug aus dem »Gesetz zur Neuordnung des Arzneimittelrechts« vom 24. August 1976 Schutz des Menschen bei der klinischen Prüfung § 40 Allgemeine V oraussetzuugen

(1) Die klinische Prüfung eines Arzneimittels darf bei Menschen nur durchgeführt werden, wenn und solange 1. die Risiken, die mit ihr für die Person verbunden sind, bei der sie durchgeführt werden soll, gemessen an der voraussichtlichen Bedeutung des Arzneimittels für die Heilkunde ärztlich vertretbar sind, 2. die Person, bei der sie durchgeführt werden soll, ihre Einwilligung hierzu erteilt hat, nachdem sie durch einen Arzt über Wesen, Bedeutung und Tragweite der klinischen Prüfung aufgeklärt worden ist, 3. die Person, bei der sie durchgeführt werden soll, nicht auf gerichtliche oder behördliche Anordnung in einer Anstalt verwahrt ist, 4. sie von einem Arzt geleitet wird, der mindestens eine zweijährige Erfahrung in der klinischen Prüfung von Arzneimitteln nachweisen kann, 5. eine dem jeweiligen Stand der wissenschaftlichen Erkenntnisse entsprechende pharmakologisch-toxikologische Prüfung durchgeführt worden ist,

118

Anlage IV (Fortsetzung) 6. die Unterlagen über die pharmakologisch-toxikologische Prüfung bei der zuständigen Bundesoberbehörde hinterlegt sind, 7. der Leiter der klinischen Prüfung durch einen für die pharmakologisch-toxikologische Prüfung verantwortlichen Wissenschaftler über die Ergebnisse der pharmakologisch-toxikologischen Prüfung und die voraussichtlich mit der klinischen Prüfung verbundenen Risiken informiert worden ist und 8. für den Fall, daß bei der Durchführung der klinischen Prüfung ein Mensch getötet oder der Körper oder die Gesundheit eines Menschen verletzt wird, eine Versicherung nach Maßgabe des Absatzes 3 besteht, die auch Leistungen gewährt, wenn kein anderer für den Schaden haftet. (2) Eine Einwilligung nach Absatz 1 Nr. 2 ist nur wirksam, wenn die Person, die sie abgibt 1. geschäftsfähig ist und in der Lage ist, Wesen, Bedeutung und Tragweite der klinischen Prüfung einzusehen und ihren Willen hinsichtlich zu bestimmen und 2. die Einwilligung selbst und schriftlich erteilt hat. Eine Einwilligung kann jederzeit widerrufen werden.

(3) Die Versicherung nach Absatz 1 Nr. 8 muß zugunsten der von der klinischen Prüfung betroffenen Person bei einem im Geltungsbereich dieses Gesetzes zum Geschäftsbetrieb zugelassenen Versicherer genommen werden. Ihr Umfang muß in einem angemessenen Verhältnis zu den mit der klinischen Prüfung verbundenen Risiken stehen und für den Fall des Todes oder der dauernden Erwerbsunfähigkeit mindestens fünfhunderttausend Deutsche Mark betragen. Soweit aus der Versicherung geleistet wird, erlischt ein Anspruch auf Schadenersatz.

119

Anlage IV (Fortsetzung) (4) Auf eine klinische Prüfung bei Minderjährigen finden die Absätze 1 bis 3 mit folgender Maßgabe Anwendung: 1. Das Arzneimittel muß zum Erkennen oder zum Verhüten von Krankheiten bei Minderjährigen bestimmt sein. 2. Die Anwendung des Arzneimittels muß nach den Erkenntnissen der medizinischen Wissenschaft angezeigt sein, um bei dem Minderjährigen Krankheiten zu erkennen oder ihn vor Krankheiten zu schützen. 3. Die klinische Prüfung an Erwachsenen darf nach den Erkenntnissen der medizinischen Wissenschaft keine ausreichenden Prüfergebnisse erwarten lassen. 4. Die Einwilligung wird durch den gesetzlichen Vertreter oder Pfleger abgegeben. Sie ist nur wirksam, wenn dieser durch einen Arzt über Wesen, Bedeutung und Tragweite der klinischen Prüfung aufgeklärt worden ist. Ist der Minderjährige in der Lage, Wesen, Bedeutung und Tragweite der klinischen Prüfung einzusehen und seinen Willen hiernach zu bestimmen, so ist auch seine schriftliche Einwilligung erforderlich. § 41 Besondere Voraussetzungen

Auf eine klinische Prüfung bei einer Person, die an einer Krankheit leidet, zu deren Behebung das zu prüfende Arzneimittel angewendet werden soll, findet § 40 Abs. 1 bis 3 mit folgender Maßgabe Anwendung: 1. Die klinische Prüfung darf nur durchgeführt werden, wenn die Anwendung des zu prüfenden Arzneimittels nach den Erkenntnissen der medizinischen Wissenschaft angezeigt ist, um das Leben des Kranken zu retten, seine Gesundheit wiederherzustellen oder sein Leiden zu erleichtern.

120

Anlage IV (Fortsetzung) 2. Die klinische Prüfung darf auch bei einer Person, die geschäftsunfähig oder in der Geschäftsfähigkeit beschränkt ist, durchgeführt werden. 3. Ist eine geschäftsunfähige oder in der Geschäftsfähigkeit beschränkte Person in der Lage, Wesen, Bedeutung und Tragweite der klinischen Prüfung einzusehen und ihren Willen hiernach zu bestimmen, so bedarf die klinische Prüfung neben einer erforderlichen Einwilligung dieser Person der Einwilligung ihres gesetzlichen Vertreters oder Pflegers. 4. Ist der Kranke nicht fähig, Wesen, Bedeutung und Tragweite der klinischen Prüfung einzusehen und seinen Willen hiernach zu bestimmen, so genügt die Einwilligung seines gesetzlichen Vertreters oder Pflegers. 5. Die Einwilligung des gesetzlichen Vertreters oder Pflegers ist nur wirksam, wenn dieser durch einen Arzt über Wesen, Bedeutung und Tragweite der klinischen Prüfung aufgeklärt worden ist. Auf den Widerruf findet § 40 Abs. 2 Satz 2 Anwendung. Der Einwilligung des gesetzlichen Vertreters oder Pflegers bedarf es solange nicht, als eine Behandlung ohne Aufschub erforderlich ist, um das Leben des Kranken zu retten, seine Gesundheit wieder herzustellen oder sein Leiden zu erleichtern, und eine Erklärung über die Einwilligung nicht herbeigeführt werden kann. 6. Die Einwilligung des Kranken, des gesetzlichen Vertreters oder Pflegers ist auch wirksam, wenn sie mündlich gegenüber dem behandelnden Arzt in Gegenwart eines Zeugen abgegeben wird. 7. Die Aufklärung und die Einwilligung des Kranken können in besonders schweren Fällen entfallen, wenn durch die Aufklärung der Behandlungserfolg nach der Nummer 1 gefährdet würde und ein entgegenstehender Wille des Kranken nicht erkennbar ist.

121

7.5 Anlage V Heroin-( Opiat- )Entzugssymptome und Behandlung Heroinabhängiger in der Praxis (einschließlich des Opiat-Notfalles) Heroin-(Opiat-)Entzugssymptome [50] * Objektive Entzugssymptome 1. Blutdruckerhöhung (mm Hg) 2. Temperaturerhöhung, rektal (T) 3. Atemfrequenzsteigerung (n/Min.) 4. Pulssteigerung (n/Min.) 5. Pupillenerweiterung (meßbar durch Pupillographie) Subjektive Entzugssymptome 1. Häufige Symptome: 2. 1.1 Mydriasis 2.1 1.2 Opiathunger (verbunden 2.2 mit Dysphorie) 2.3 1.3 Gähnen 1.4 Tränenbildung 2.4 1.5 Rhinorrhoe 1.6 Ruhelosigkeit 2.5 1. 7 Gänsehaut 2.6 1.8 Schlafstörungen 2.7 1.9 Anorexie 1.10 Magenbeschwerden 1.11 Hitzegefühle 1.12 Hyperhidrosis 1.13 Glieder- und Rumpfschmerzen 1.14 Gekrümmte Haltung 1.15 Dysphorische Verstimmung

Seltene Symptome: Erbrechen Diarrhoe Depression mit Suizidalität Starke Gliederund Rumpfschmerzen Schüttelfrost Starker Tremor Zerebrale Krampfanfälle

* Auswahl der wesentlichen Entzugssymptome, andere, hier nicht aufgeführte Symptome, müssen zu Dokumentationszwecken gesondert notiert werden.

Zur Dokumentation ist eine abgestufte Bewertung des Schweregrades der einzelnen Symptome in bestimmten Zeitabständen ('I, bis 1 h) hilfreich: o = nicht vorhanden 3 = mittel 1 = sehr leicht 4 = schwer 2 = leicht 5 = sehr schwer

122

Anlage V (Fortsetzung)

Behandlung Heroinabhängiger in der Praxis [50]

Im Zusammenhang mit dem Heroin-Entzugssyndrom wird immer wieder die Frage nach einer medikamentösen Hilfe gestellt. Deshalb soll hierauf, auch im Hinblick auf die Möglichkeiten des Arztes, der zu einem Heroin-Entzugspatienten gerufen wird, konkret eingegangen werden. 1. Ein komplikationslos verlaufender Heroin-Entzug (d. h. ohne

zerebrale Krampfanfälle, ohne schwere Depression mit Suizidalität) wird ohne medikamentöse Hilfe behandelt. Gespräche stehen im Vordergrund. 2. Heroinabhängige, die gleichzeitig oder zur Überbrückung Barbiturate eingenommen (oder injiziert) haben, müssen zur Vermeidung barbituratbedingter zerebraler (Entzugs-)Anfälle mit Barbituraten ausschleichend behandelt werden. 3. Schwangere Heroinabhängige, die entziehen, müssen zur Vermeidung von Fehlgeburten ausschleichend im letzten Schwangerschaftsdrittel mit Opiaten substituiert werden, ebenso Neugeborene opiatabhängiger Mütter. 4. Bei Auftreten von zerebralen, allein durch Heroinentzug bedingten Krampfanfällen, oder schwerst reduziertem Allgemeinzustand ist die Gabe von Medikamenten einschließlich Opiaten indiziert. 5. In besonderen Ausnahmefällen, wo die Situation es erforderlich macht, können Entzugssymptome medikamentös gedämpft werden, allerdings keinesfalls mit Opiaten! (Siehe Notfalltherapie, Seite 88.)

123

Anlage V (Fortsetzung) Der Opiat- Notfall* Wirkstoff

Symptome

Opiate und zentral dämpfend: Abkömmlinge Analgesie, Sedierung, Depression des Husten- und Atemzentrums zentral erregend: Stimulation des Brechzentrums und der Oculomotoriuskerne Leitsymptome der Vergiftung Koma Miosis Atemdepression ~ Apnoe

Komplikationen

Atemdepression ~ Atemstillstand Kreislaufdepression Herz- und Kreislaufstillstand

~

Praefinal statt Miosis Mydriasis

periphere Wirkungen: Steigerung des Tonus Beim Legen von der glatten Muskulatur Harnblasenkathetern von Magen, Darm, Verletzungsgefahr Gallenblase, ableitenden Harnwegen und Harnblase Tonusminderung der glatten Gefäßmuskulatur Besonderheiten der Heroinintoxikation : Lungenödem möglich * nach: Der Drogennotfall, Nicolaische Verlagsbuchhandlung (1980).

124

Anlage V (Fortsetzung) Therapie

1. Künstliche Beatmung: a) Mund zu Mund b) Maskenbeatmung c) Intubation-Beutelbeatmung 2. Antidotgabe: a) Nalorphin (1 ml=lO mg) Dosis: 5-10 mg (,/,-1 Amp.) i.v., s.c., i.m. b) Levallorphan (1 ml=1 mg) Dosis: 0,5-1-2 mg ('/,- 2 Amp.) iv., sc., im.

Cave! Nach Antidotgabe ist Auftreten von Entzugssymptomen möglich: Tachypnoe, Gähnen, Schweißausbrüche, Schmerzen im Bauchraum und Muskulatur, motorische Unruhe, Reizbarkeit

Wirken bei Überdosierung wie Morphin - atemdepressiv -

c) Naloxon (1 ml=0,4 mg) Dosis: 0,01 mg/kg/KG iv. oder initial 0,4 mg iv. 3. Kreislaufüberwachung ggf. Wiederbelebung 4. Flüssigkeitsbilanzierung

Ändert sich das klinische Bild der OpiatIntoxikation unter Antidotgabe nicht, muß an das Vorliegen einer Misch-Intoxikation z. B. Hypnotika (SV!) gedacht werden.

125

7.6 Anlage VI Formblatt

Anschrift: Dr. W. E. PLATZ Karl-Bonhoeffer-Nervenklinik - Akademisches Lehrkrankenhaus der FU Berlin Oranienburger Straße 285 0-1000 Berlin 26 Absender:

Mitteilung über eigene Erfahrungen mit:

Beobachtete Nebenwirkungen mit:

Ist eine Mitteilung an die Arzneimitte1kommission der Deutschen Ärzteschaft erfolgt? ja

D

nein

D

Bitte diese Seite fotokopieren und dem Autor einsenden.

126

8. Präparatehinweise (nach Pöldinger, Index Psychopharmacorum [59]; siehe auch [36], [63]) Hinweis: So nicht anders angegeben, gilt als Dosierung die Gesamt-Tagesdosis 8.1 Neuroleptika

127

..... N

00

©r:JQJ I /CH 3 CH,-CH- N "ICH, CH 3

Troponwerke, Köln

Promethazin (Phenothiazine)

Atosil Dragees Tropfen Sirup Suppositonen Ampullen

~Hl-CH1-NJ-OH

CH,

Bayer AG, Leverkusen

Periciazin (Phenothiazine)

Aolept Tropfen

©r:l9lCN

Hersteller

Handelsname/ Wirkstoff Darreichungsform (Stoffklasse)

15-150 mg

30-60 mg

Dosierung

~

.....

Clopenthixol (Thioxanthene)

Clopenthixoldecanoat (Thioxanthene)

Ciatyl Dragees Tabletten Ampullen

Ciatyl-Depot Ampullen

Handelsnamel Wirkstoff Darreichungsform (Stoffklasse)

11

'---I

'

siehe Clopenthixol

Troponwerke, Köln

r--\ CH,-CH,-N N-CH,-CH -OH

CH

©C)QlCI

Troponwerke, Köln

Hersteller

1-2 Amp. 1. m. (alle 2-3 Wochen

10-150 mg

Dosierung

...... w o ©r::©lCF,

siehe Fluphenazin

siehe Fluphenazin

Dapotum aeutum Ampullen

Dapotum D FluphenazinDapotum D 50 decanoat Dapotum D 100 .

'----!

Fluanxol-Depot FlupentixolAmpullen decanoat (Thioxanthene)

siehe Flupentixol

Troponwerke, Köln

©OQlCF 11 ) CH 1\ CH,-CH,-N N-CH,-CH,-OH

Troponwerke, Köln

Fluanxol Dragees

Flupentixol (Thioxanthene)

Hersteller

Handelsnamel Wirkstoff Darreichungsform (Stoffklasse)

20-100 mg i. m. alle 2 Wochen

5-30 mg

Dosierung

W VI

f-'

Benperidol (Butyrophenone)

Glianimon Tropfen Tabletten Ampullen

H

~

Troponwerke, Köln

-@ 0

Winthrop GmbH, Neu-Isenburg

Hersteller

@

O=C-CH,-CH,-CH,-NJ N/'..NH

~

F

CH,

r\ CH,-CH,-N"---IN

o /;

H H,C0rQr..1>HJCO

Oxypertin (Indole)

Forit Tabletten

Handelsname/ Wirkstoff Darreichungsform (Stoffklasse)

1,5-12 mg

80-320 mg

Dosierung

W 0\

....

Haloperidol (Butyrophenone)

Haloperidoldecanoat (Butyrophenone)

Haldol Tabletten Tropfen Kapseln Ampullen forte-Tropfen

HaldolDecanoat Ampullen

Handelsname/ Wirkstoff Darreichungsform (Stoffklasse)

OH

Cl

siehe Haloperidol

0

11

Janssen GmbH, Neuss

~CH'-CH'_CH'-N~

F

Janssen GmbH, Neuss

Hersteller

4 Wochen

50-300 mg/i. m

1-100 mg

Dosierung

-.....l

W

,....

*

Fluspirilen (Diphenylbutylpiperidine)

Dragees

Inofal

Sulforidazin (Phenothiazine)

• als "Mini-Tranquilizer": 0,5-0,75 mg i. m. pro Woche

Ampullen

Imap

Handelsnamel Wirkstoff Darreichungsform (Stoffklasse)

©r:)§lso,-CH 3

F

/

H,C

~H,-o

CH,

~;:~'

Janssen

©(

2-8 mg im.

Dosierung

Sandoz AG, Nürnberg

0

1-6

CH-CH ,-CH2_CH,_N~NI () ~NH 11

@

F

@

Hersteller

00

...... lJ,)

Br

Janssen GmbH, Neuss

Hersteller

1-0-1

5-50 mg

Dosierung

-------

Röhm Pharma GmbH, Weiterstadt

OH

I 1\ CH 2 -CH '-N L JN-CH J

CH,

I

©e:)QlCF)

0

11

~CH'_CH'_CH'_N~

F

* Kombinations-Neuroleptikum (+ Barbiturat)

Trifluoperazin:

a) Trifluoperazin (Phenothiazine) b) Amobarbital (Barbiturate)

*

Kapseln

Jalonac

Bromperidol (Butyrophenone)

Impromen Tabletten Tropfen Ampullen

Handelsnamel Wirkstoff Darreichungsform (Stoffklasse)

>-'

\0

W

Lyogen

Lyogen-Depot

forte-Tabletten forte-Tropfen Dragees retard Ampullen

ehern. Fabr. Promonta GmbH, Hamburg

--

siehe Fluphenazin-dihydrochlorid

'------I

N~CH,~CH,~OH

1\

CH,~CH,~N

I

CH,

I

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Fluphenazin-Decanoat

Fluphenazindihydrochlorid (Phenothiazine)

1\

CH , ~CH ''------I ~N N~CH )

I

CH,

I

© r : ) Q l C F1

-

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7,5-75 mg i. m. alle 2-4 Wochen

0,50-6 mg 1-2 retard-Drg. 3-40 mgi. v.

2,5,10: 2-20 mg retard: 1-2 Kapseln

Röhm Pharma GmbH, Weiterstadt

Trifluoperazin (Phenothiazine) Dragees Retard-Kapseln

Jatroneural

Dosierung

Hersteller

Handelsname/ Wirkstoff/ Darreichungsform Stoffklasse

........

.j:::..

o

Chlorpromazin (Phenothiazine)

'CH]

"CH]

H]C

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~H'D

CH,

©r:)§lSCH,

CH,-CH,-N

I

CH,

©r:)§lCI

• auch als Neuro-Thymoleptikum einzuordnen

Thioridazin Melleril * Dragees (Phenothiazine) retard-Tabletten

Megaphen Tropfen Ampullen

Handelsnamel Wirkstoff Darreichungsform (Stoffklasse)

Sandoz AG, Nürnberg

Bayer AG., Leverkusen

Hersteller

1-8 Drg. ' /4 -2 ret.-Thl.

75-1000 mg

Dosierung

........ ~ ........

*

Sulpirid (Benzamide)

Neuroeil Tabletten Tropfen Ampullen

Levomepromazin (Phenothiazine)

I

C,H,

I ..-CH, CH,-CH-CH,-N, I CH) CH)

@OCH 3

©CS)QlOCH N 3

H,N-SO,

N UCH,-HN-OC

* auch als Neuro-Thymoleptikum einzuordnen

forte Tabletten Inj.-Lösung

Meresa

Handelsname/ Wirkstoff Darreichungsform (Stoffklasse)

Troponwerke, Köln

Dolorgiet Arzneimittel, St. Augustin b. Bonn

Hersteller

15-600 mg, cave i. v.!

forte: 3-8 Tabletten Injekt.: 3-6 Amp.

Dosierung

N

...... .j::o.

Tabletten

Orbinamon

Tabletten

-forte

Tabletten

Orap

Thiothixen (Thioxanthene)

Pimozid (Diphenylbutylpiperidine)

Handelsname/ Wirkstoff Darreichungsform (Stoffklasse)

11 CH

"-

CH, r\

Pfizer GmbH, Karlsruhe

N-CH,

"---l

CH,-CH,-N

I

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F

H

8

.~II

20-60 mg

2-6 mg

Janssen GmbH, Neuss o

Lf

@H-CH,_CH,_CH,- N

~

F ~

Dosierung

Hersteller

~

w

Promazin-HCI (Phenothiazine)

Trifluopromazin (Phenothiazine)

Protactyl Dragees Ampullen Suspension

Psyquil Dragees Ampullen Supp.

Handelsnamel Wirkstoff Darreichungsform (Stoffklasse)

©r:)§lCF] I CH, I .,CH] CH,-CH,-N . . CH]

©r:JQJ CH, ICH, CH,-CH,-N: . CH] Squibb/ v. Heyden, München

Wyeth-Pharma GmbH, Münster

Hersteller

150-400 mg (Drg., Amp., Supp.)

50-1200 mg

Dosierung

~

~

-

Fluanison (Butyrophenone)

Reserpin (Rauwolfia -Alkaloide)

Sedalande Tropfen

Serpasil Tabletten Ampullen

Handelsname/ Wirkstoff Darreichungsform (Stoffklasse) Delalande Arzneimittel GmbH, Koln

11

H,CO

o

OOC OCH ,

OCH, '

OCH

-Q 0 O~H

CIBA-GEIGY GmbH, Wehr

H,CO

A ?CH, CH,CH,{}-@

F

Hersteller

Tabletten: 1-1-1-1 Ampullen: 1-2i.m.

5-5-5 b. 10-10-10

Dosierung

VI

...... .j::..

I

'---.J

N-CH,

1\ CH,-CH,-N

I

CH,

©r:1QJ

CH,

- -

75-1000 mg i.m.: 150-500 mg

oral: 5-800 mg i. m./i. v.: 15-180 mg

Dosierung

---

ehern. Fabr. Promonta GmbH, Hamburg

Perazin (Phenothiazine)

I

CH,-CH,-N ....

.... CH,

Taxilan Dragees Tabletten Ampullen

11

CH

Hoffmann-La RocheAG, GrenzachWyhlen

Chlorprothixen (Thioxanthene)

Taractan Dragees Tropfen Ampullen ©O§lCI

Hersteller

Wirkstoff Handelsnamel Darreichungsform (Stoffklasse)

...... .j::>.

0\

OH

Alimemazin (Phenothiazine)

....

CH,

CH,-CH-CH,-N ....

I

N

©rs:rg

0

11

CH,

CH,

Rhöne-Poulenc, Tropfen: Norderstedt b. 5-10 mg 1-2 Tabletten Hamburg 2-4 Teelöffel

~CH'_CH'_CH'-N~

Br

Theralene Tropfen Tabletten Sirup

F

10-50 mg Organon 50-200 Tropfen GmbH, Oberschleißheim

Bromperidol (Butyrophenone)

Tesoprel Tabletten Tropfen

Dosierung

Hersteller

Handelsnamel Wirkstoff Darreichungsform (Stoffklasse)

.......

~ -...)

Chlorprothixen (Thioxanthene)

N

Truxal Dragees Saft Tropfen Ampullen

11

11

I ...-CH] CH,-CH,-N, CH]

CH

©O§lCI

o

Troponwerke, Köln

OH

CF,

~CH'-CH'-CH'- r:P

Janssen GmbH, Neuss

Trifluperidol (Butyrophenone)

Triperidol Tropfen Ampullen F

Hersteller

Handelsname/ Wirkstoff Darreichungsform (Stoffklasse)

10-150 mg (Dragees, Saft, Tropfen, i.m., cave i.v.!)

Tropfen: 5-5-5 b. 20-20-20 Ampullen: 1-3 i.m./i.v.

Dosierung

~

00

Truxaletten Dragees Saft

Chlorprothixen (Thioxanthene)

Handelsnamel Wirkstoff Darreichungsform (Stoffklasse)

11

I ...-CH, CH,-CH,-N, CH,

CH

©X)QlCI

Troponwerke, Köln

Hersteller Dragees: 2-8 Saft: 2-4 Teelöffel

Dosierung

8.2 Tranquilizer

149

o

V1

.......

Cl

-N

0

0

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CH,

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o

\

H,C

Boehringer, Ingelheim

40-60 mg

Camazepam (Benzodiazepine)

Albego/-20 Dragees

CI~}OH

H 0 N //

Tabletten: Dr. Karl Thomae GmbH, max. 4 Supp.: Biberach 1-0-1

Oxazepam (Benzodiazepine)

Adumbran Tabletten forte-Tabletten Supp.

Dosierung

Hersteller

Handelsname/ Wirkstoff Darreichungsform (Stoffklasse)

>-' VI >-'

BelladonnaGes. -Alkaloide, Ergotamintartrat, Phenobarbital

Bellergal • Dragees retardTabletten

• Kombinations-Tranquilizer

Hydroxyzin (Diphenylmethane)

Atarax Dragees

Handelsnamel Wirkstoff Darreichungsform (Stoffklasse)

©>

CI

30-100 mg

UCB Chemie GmbH, Kerpen

'--.I

Sandoz AG, Nürnberg

retard: 1-0-1

1-1-1 b.

2-2-2

N-CH,-CHz-O-CH,-CHz-OH

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CH-N

@

Dosierung

Hersteller

--

N

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Contamex Kapseln

H,C

0

H,C

\

0 ~) o 0;;:;0

---~

Ketazolam (Bcnzodiazepinc)

0

Bristol Arzneimittel, Neu-Isenburg

Hersteller

BeechamWülfing, Neuss

cxj-cH'CH~H{)-C)·H.

Buspiron (Azaspirodecandione)

• Tranquilizer vom Nicht-Benzodiazepin-Typ

Bespar * Tabletten

Handelsname/ Wirkstoff Darreichungsform (Stoffklasse)

1 (15-30 mg)

3x1 (15-30 mg)

Dosierung

Ul W

-

Meprobamat (Carbaminsäuren)

Flurazepam (Benzodiazepine)

Cyrpon Dragees -forte Dragees

Dalmadorm Tabletten

Handelsnamel Wirkstoff Darreichungsform (Stoffklasse)

CI~F

CH,-CH,-N \ 0 'C,H,

/ C,H,

CH,-OOC-NH,

I

H1C-C-CH,-CH,-CH 1

I

CH, - OOC - NH,

Hüffmann-La Rüche AG, GrenzachWhylen

Troponwerke, Köln

Hersteller

'/,_2

2xl

forte:

2-8

Dosierung

......

~

Vl

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Cl1Qr:~

I

H1C

Cl~ Hoechst AG, Frankfurt/M.

Clobazam (Benzodiazepine)

Frisium Tabletten

0

N)

\

Gödecke AG, Berlin

Prazepam (Benzodiazepine)

Demetrin Tabletten

[>-CH,

Hersteller

Handelsname/ Wirkstoff Darreichungsform (Stoffklasse)

10-30 mg

1/,_1/,-1

Dosierung

,....

VI VI

Triazolam (Benzodiazepine)

Bromazepam (Benzodiazepine)

Halcion Tabletten

Lexotanil Tabletten

Wirkstoff Handelsnamel Darreichungsform (Stoffklasse)

0

Cl

ON

B,~lH'

H

Cl~ o

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H,CyN,

1/4

-1

'/,-2

Upjohn GmbH, Heppenheim

Hoffmann-La Roche AG, GrenzachWhylen

Dosierung

Hersteller

0"1

..... Vl

Librium Dragees Kapseln Tabletten

Librax Dragees

Chlordiazepoxid (Benzodiazepine)

Chlordiazepoxid:

a) Chlordiazepoxid (Benzodiazepine) b) Clinidinumbromid (Anticholinergika)

Handelsnamel Wirkstoff Darreichungsform (Stoffklasse)

CI~N, o

CI~J, o

0

NH-CH,

0

NH-CH, N)

Hoffmann-La Roche AG, GrenzachWhylen

Hoffmann-La Roche AG, GrenzachWhylen

Hersteller

5-25 mg

2-2-2

1-0-1 bis

Dosierung

......

Vl -...J

Thioridazin (Phenothiazine)

Hydroxyzinpamoat (Diphenylmethane)