Provinzen und Zentralgewalt Persiens im 16. und 17. Jahrhundert

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Provinzen und Zentralgewalt Persiens im 16. und 17. Jahrhundert

Table of contents :
VORWORT
Die Quellen
I. Die Statthalter der Reichsprovinzen
a) Historisch-geographische Bemerkungen
b) Rang, Amt und Titel
c) Die Bestallung
d) Ämterhäufungen
e) Die soziale Herkunft der Statthalter
f) Die Befugnisse der Statthalter
1. Militärische Befugnisse
2. Fiskalische Befugnisse
3. Jurisdiktionelle Befugnisse
4. Der Statthalter und die religiösen Einrichtungen
g) Zur Frage der Walis
1. Vasallenstaaten des Safawidenreiches
2. Historisch-geographische Bemerkungen
3. Titel, Bestallung, Ämterhäufungen
4. Die Verwaltung der Wali-Provinzen und die Zentralverwaltung
5. Das religiöse Bekenntnis der Walis
h) Der Statthalterwesir als verlängerter Arm des Chans
i) Zentral bestallte Statthalterwesire
1. Historisch-geographische Bemerkungen
2. Die Befugnisse
II. Die Generalwesire
a) Historisch-geographische Bemerkungen
b) Die Befugnisse der Generalwesire
1. Fiskalische Befugnisse
2. Jurisdiktionelle Befugnisse
c) Staatsland und Krongut
III. Die Wesire der Domänenprovinzen
a)Historisch-geographische Bemerkungen
b) Die Verwaltung der Domänenprovinzen
1. Die Finanzverwaltung
2. Die Jurisdiktion
3. Die militärischen Verhältnisse
c) Hassä und halisä
d) Die Domänen und die Machtverhältnisse im Reiche
ABKÜBZUNGSVERZEICHNIS
QXJELLIEN UND SCHRIFTTUM
REGISTER
Anhang: Stammtafel der Safawidenkönige und Karte

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STUDIEN ZUR SPRACHE, GESCHICHTE UND KULTUR DES ISLAMISCHEN ORIENTS Beihefte zur Zeitschrift „Der Islam"

Herausgegeben von BERTOLD SPULER

Neue Folge BAND 2

1966

WALTER DE GRUYTER & CO. / B E R L I N

KLAUS-MICHAEL RÖHRBORN

Provinzen und Zentralgewalt Persiens im 16. und 17. Jahrhundert

1966

WALTER DE GRUYTER & CO. / BERLIN

Gedruckt mit Unterstützung der Deutschen Forschungsgemeinschaft

© Archiv-Nr. 4119 ββ/2 Copyright by Walter de Gruyter & Co., vormals G. J. Göschen'sche Verlagshandlung — J. Guttentag, Verlagsbuchhandlung — Georg Belmer—Karl J. Trübner—Veit & Comp. Berlin—Printed In Germany. Allo Hechte des Nachdrucks, der photomechanischen Wiedergabe, der Herstellung von Photokopien und Mikrofilmen, auch auszugsweise, vorbehalten. Herstellung: J. J. Augustin, Glückstadt

Meinen Eltern in Dankbarkeit

Vorwort Als der Verfasser im Jahre 1959 für ein Jahr zum Studium nach Istanbul reisen konnte, wurde ihm von Herrn Prof. Dr. B. Spuler, Ordinarius für Islamkunde an der Universität Hamburg, geraten, die Quellen der Safawidenzeit auf Bemerkungen zur Verwaltung hin durchzusehen. Von so berufener Seite also auf die Geschichte der Safawiden hingelenkt, machte sich der Verfasser zunächst daran, die in Istanbul aufbewahrten einschlägigen Handschriften zu befragen. Es stellte sich bald heraus, daß die auf die Gesamtverwaltung bezüglichen Bemerkungen der Quellen teilweise bereits zum Gegenstand moderner Darstellungen geworden waren. Die Provinzverwaltung einer näheren Betrachtung zu würdigen, bot sich daher von selbst an. Wir werden uns im ersten Teil unserer Darlegungen zunächst einen allgemeinen Eindruck von den Provinzen und der Stellung eines Statthalters verschaffen. Nur gelegentlich wird dabei auf den Kampf zwischen dem Stammesadel der Qïzïlbââ und dem Königtum Bezug genommen. Das Streben der Großkönige nach absoluter Herrschaft und die Bemühungen des Hofes, die Stellung der Provinzstatthalter zu schwächen, sollen aber den eigentlichen Angelpunkt der Abhandlung bilden und der Gegenstand des zweiten und dritten Teiles der Arbeit sein. Herr Professor Spuler verfolgte in liebenswürdigster Weise die Arbeit in allen Phasen ihrer Entstehung und bereicherte sie durch mannigfaltige Anregungen. Für wertvolle Ratschläge ist der Verfasser auch Herrn Dr. Busse (Hamburg), Herrn Prof. Hinz (Göttingen) und Herrn Prof. Ritter (Istanbul) und für die Überlassung von Fotokopien Herrn Prof. Roemer (Freiburg i. Br.) und Herrn Prof. Savory (Toronto) zu großem Dank verpflichtet. Ferner ist es ihm ein Bedürfnis, Herrn Kluge, Leiter der Ausleihstelle der Staatsbibliothek Hamburg, Herrn Eisenegger von der Orientalischen Abteilung der Bibliothek des Britischen Museums, sowie Herrn Dr. Prescot, Bibliothekar am Eton College für ihre freundliche Hilfe zu danken, die sie ihm bei der Benutzung von Büchern und Handschriften angedeihen ließen. Die UMSCHRIFT folgt im allgemeinen den Regeln der „Deutschen Morgenländischen Gesellschaft". Auch für Vokale wurde eine Transliteration gewählt. Es schien wichtig, die Schreibweise der arabischen

Vili

Vorwort

Schrift auch bei nichtpersischen Ortsnamen, Titeln und Eigennamen zum Ausdruck zu bringen. Es bedarf kaum des Hinweises, daß die Längezeichen, die dabei gebraucht worden sind, nicht immer in der Aussprache Längen bedeuten. In der Regel sind nur drei Vokale (a, i, u) verwandt worden. Eine Ausnahme machen einige weithin bekannte Ortsnamen und einige Wörter türkischen oder georgischen Ursprungs. Allgemein verständliche Titel, wie Chan, Wali, Wesir usw., sind in ihren eingedeutschten Formen wiedergegeben. Bei der Übersetzung der Amtsbezeichnungen wurden gewöhnlich die von Hinz im Anhang zu seiner Ausgabe von Kaempfers Persienbericht (Quellenverzeichnis, Nr. 58) vorgeschlagenen übernommen. Bei der Umschreibung von Ortsnamen, Titeln usw. wurde nicht normalisiert, sondern die u.U. voneinander abweichende Schreibung der Quellen beibehalten. Glessen, den 15. 4. 1965

Klaus-Michael Röhrborn

Inhalt VOBWORT

Die Quellen I . Die Statthalter der Reichsprovinzen a) Historisch-geographische Bemerkungen b) R a n g , A m t u n d Titel c) Die Bestallung d) Ämterhäufungen e) Die soziale H e r k u n f t der Statthalter f) Die Befugnisse der Statthalter 1. Militärische Befugnisse 2. Fiskalische Befugnisse 3. Jurisdiktionelle Befugnisse 4. Der Statthalter u n d die religiösen Einrichtungen g) Zur Frage der Walis 1. Vasallenstaaten des Safawidenreiches 2. Historisch-geographische Bemerkungen 3. Titel, Bestallung, Ämterhäufungen 4. Die Verwaltung der Wali-Provinzen u n d die Zentralverwaltung 5. Das religiöse Bekenntnis der Walis h) Der Statthalterwesir als verlängerter Arm des Chans i) Zentral bestallte Statthalterwesire 1. Historisch-geographische Bemerkungen 2. Die Befugnisse I I . Die Generalwesire a) Historisch-geographische Bemerkungen b) Die Befugnisse der Generalwesire 1. Fiskalische Befugnisse 2. Jurisdiktionelle Befugnisse c) Staatsland u n d Krongut I I I . Die Wesire der Domänenprovinzen a) Historisch-geographische Bemerkungen b) Die Verwaltung der Domänenprovinzen 1. Die Finanzverwaltung 2. Die Jurisdiktion 3. Die militärischen Verhältnisse c) Häsaä und hälisä d) Die Domänen u n d die Machtverhältnisse im Reiche

VII

1 3 3 18 24 28 29 44 44 54 61 70 73 73 75 84 90 93 94 96 96 97 99 99 105 105 111 113 115 115 122 122 125 129 131 135

X

Inhalt

ABKÜBZUNGSVBBZBICHNIS

139

QUEIILEN UND SOHBUPTTTJM

140

REGISTER

14Β

ANHANG: STAMMTAFEL DER SAFAWIDENKÖNIGE UND KARTE

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Die Quellen Am ergiebigsten sind für unseren Gegenstand neben Urkunden und Urkundenkopien diejenigen zeitgenössischen Chroniken, deren Verfasser selbst Beamte des Diwans oder der Hofverwaltung waren1). Dieser Personenkreis verstand natürlich die Zusammenhänge der Verwaltung am besten. Darüber hinaus bieten diese Werke die Gewähr, daß die verwandten Titel, Amtsbezeichnungen usw. tatsächlich den damals gebräuchlichen entsprechen. Richteten sich diese Darstellungen doch unmittelbar an die Öffentlichkeit des Hofes und damit an die Träger der Titel selbst. Sie waren nicht nur oft dem Herrscher gewidmet oder sogar in dessen Auftrag geschrieben, sondern der Herrscher nahm u. U. durch Korrekturen auch persönlich Anteil an ihrer Abfassung2) oder versah das Werk nachträglich mit Randglossen3). Daher also die Tabuierung der Herrschernamen und die Verwendung von Titeln. In Dastür-i sahriyärän werden fast alle Würdenträger nicht nur mit ihren Amtsbezeichnungen, sondern auch mit ihren Titeln angeführt. Weniger konnte aus den Chroniken geschöpft werden, deren Verfasser nicht aus den Reihen der Hofbeamten stammten4) oder die in der Provinz entstanden5). Ausnahmen bilden Darstellungen, die die Geschicke einer Provinz behandeln6). Am besten ist die Quellenlage für unsere Zwecke von der Mitte der Regierungszeit Tahmäsps I. (930/1524—984/1576) bis zum Ende der Regierungszeit 'Abbäs' II. (gest. 1077/1666) und für das Ende der Safawidenzeit (1135/1722). Für die Zeit Sah Sulaimäns (1077/1667— 1105/1694) ist keine am Hofe verfaßte zeitgenössische persische Quelle bekannt. Schon der Verfasser desTârîh-i Tahmäsiyyä, der sein Werk am Ende des 18. Jh. im Mogulreiche schrieb, kannte das 'Abbäs-nämä nur vom Hörensagen und das Huld-i barin bis zum Rinderjahr 1071—2/ 1661—2. In diesem Jahr bricht er ab mit der Entschuldigung, weiter ) Hierzu gehören die Chroniken: Quellenverzeichnis 31, 44, 45, 47. 2 ) Für IM vgl. IM 3 ; für HuSi vgl. Hu Si 182 a. 3 ) So das AN, vgl. die Einleitung von AN. 4 ) Hierzu gehören die Chroniken: Quellenverzeichnis 5 ) Vgl. die Chroniken: Quellenverzeichnis Nr. 17, 26, e ) Vgl. die Chroniken: Quellenverzeichnis Nr. 25, 32, 1

1 Böhlborn

Nr. 19, 20, 22, 24, 29,

Nr. 23, 35, 41, 42. 38. 33, 36, 46.

2

Die Quellen

habe er nichts in Erfahrung bringen können. In den Büchereien der Großen seines Landes sei ihm nichts Ausführliches über die späteren Safawiden und speziell über Sah Sulaimän in die Hände gekommen7). Für die Zeit Sah Sultan Husains (1105/1694—1135/1722) spricht er von einer „Chronik der Zeit jenes Herrschers" 8 ), womit wohl das Dastür-i äahriyärän gemeint sein dürfte. Diese sei jedoch schon in Iran selten und in Hindustan natürlich überhaupt nicht vorhanden 9 ). Er habe sich daher auf kurzgefaßte Darstellungen verlassen müssen : Tärih-i Nâdirï des Mirzä Mahd! Hän, der bei Abfassung seines Werkes Rücksicht auf Nadir Sah nehmen mußte, Tazkiratu'l-ahwäl des Saih Muhammad Hazïn Lâhigî, der sich im letzten Teil seines Werkes auf Aussagen zweiter Hand stützen mußte, und die „lügnerische Chronik" des Mirzä Halli ( = Magma'u't-tawärlh) 10 ). Alle drei Darstellungen sind auch in Europa bekannt und ausgewertet. Trotz allem besteht natürlich die Möglichkeit, daß noch Quellen auftauchen werden, die auch damals schon verschollen waren11). Wir haben versucht, die Lückenhaftigkeit des persischen Quellenmaterials durch die Heranziehung der bekannten Berichte der europäischen Reisenden einigermaßen wettzumachen. Münzen waren bei der Abfassung der Arbeit nicht behilflich. Von Wert wären für uns lediglich Münzen, die die Herrscher der safawidischen Vasallenstaaten auf ihren eigenen Namen prägten, wenn sie sich gelegentlich Souveränitätsrechte anmaßten. Leider wissen wir nur von ganz wenigen Stücken dieser Art. Was der Verfasser den Studien zur Safawidengeschichte von Minorsky, Busse, Savory u. a. schuldet, soll hier nicht im Einzelnen dargelegt werden, sondern wird aus den Anmerkungen zur Genüge hervorgehen. 7

) Er schreibt freilich, in den Büchereien der Gelehrten Irans gäbe es viele ausführliche Darstellungen über Sah Sulaimän. Sie seien aber noch nicht (nach beinahe 100 Jahren(!)) nach Hindustan gelangt. 8 ) tärih-i zamän-i än-ha?rat. e ) Eine Randglosse eines späteren Benutzers unterstreicht die Seltenheit noch. 10 ) Alles nach TT 128b—132a. u ) Eine hätimä von H B (vgl. Storey, S. 131) und ein anderer Band von DS (Erwähnung z. B. in D S 59b) sollen die Zeit Sah Sulaimäns behandeln.

I. Die Statthalter der Reichsprovinzen a) H i s t o r i s c h - g e o g r a p h i s c h e B e m e r k u n g e n Es gibt keine geographischen Werke aus der Safavvidenzeit (907/1502—1135/1722), die uns ein Bild von den Provinzstatthalterschaften des Reiches geben könnten 1 ). Wir sind im wesentlichen auf das Material von Tazkiratu'l-mulük und auf hier und da in den Chroniken verstreute Bemerkungen angewiesen. Die Chroniken verschaffen uns einmal die Möglichkeit, das Bild, das wir aus Tazkiratu'l-mulük für das Ende der Safawidenzeit gewinnen, in mancher Hinsicht zu vervollkommnen. Sie erlauben uns darüber hinaus, gewisse Veränderungen im Umfang der Statthalterschaften in der frühen und mittleren Safawidenzeit festzustellen. Man wird also aus den folgenden Darlegungen auch die Gestalt des Reiches unter den einzelnen Herrschern erkennen können : Unter dem Reichsgründer Ismâ'ïl I. (907/1502—930/1524) nahm das Reich um die Mitte der Regierungszeit dieses Herrschers eine Ausdehnung an, die es später nie wieder erreichte. Tahmäsp I. (930/ 1524—984/1576) und Ismä'il II. (984/1576—985/1577) hielten es etwa in den Grenzen, die es beim Tode seines Gründers hatte. Infolge innerer Wirren und darauf folgender Invasionen der Osmanen und Özbeken blieb gegen Ende der Zeit Sah Muhammads (985/1578—995/1587) und zu Beginn der Regierungszeit 'Abbas' I. (995/1587—1038/1629) nur der Rumpf des einstigen Imperiums erhalten. 'Abbäs I. hatte sich nach Iskandar MunSi vorgenommen, das Herrschaftsgebiet seiner Väter in den Grenzen wiederherzustellen, die es um die Mitte der Zeit Tahmäsps I. hatte 2 ). Er ging aber über diesen Plan hinaus und brachte auch den Arabischen 'Iraq unter seine Botmäßigkeit. Sein Nachfolger Sah Safi (1038/1629—1052/1642) mußte freilich diese Provinz wieder aufgeben. Der übrige Besitzstand aber konnte bis zum Jahre 1709 gehalten werden. In diesem Jahre kündigte der Abfall von Qandahär das nahe Ende des Reiches im Jahre 1135/1722 an. Die Provinzen seien zunächst in der Reihenfolge genannt, in der wir sie im folgenden abhandeln wollen. In Klammern jeweils die Provinzhauptstadt und Residenz des Großemirs, falls sie nicht mit der Provinz namensgleich ist: (1) Sîrwân (Samähi), (2) Qaräbäg (Gangä), Vgl. die Bemerkung Minorskys zu zwei geographischen Werken der 2 Safawidenzeit (TM 162, bes. Anm. 1). ) IM 672. 1»

4

Die Statthalter der Reichsprovinzen

(3) Cuhûr-i sa'd (Ëriwân), (4) Äzerbäigän (Tabriz), (5) Diyârbakr (Qarä Ämid), (6) Arzingän, (7) Qalam-rauy-i 'Ali Sakar (Hamadän) und (8) der übrige Persische 'Iraq, (9) Kirmänsähän und Kalhur, (10) Arabischer 'Iraq (Bagdad), (11) Färs (Siräz) und (12) Küh-Gilüyä (Bihbahän), (13) Kirmän, (14) Qandahär, (15) Balh und (16) Marw, (17) Maáhad und (18) Herät, (19) Astaräbäd. In einem besonderen Abschnitt sollen Georgien, 'Arabistän, Kurdistan, Luristän und einige andere Gebiete besprochen werden3). (1) Sirwän (Samähi). Die einheimischen Herrscher von Sirwän wurden nach einer Zeit der Abhängigkeit vom Reiche im Jahre 945/ 1538—39 endgültig beseitigt. Bäkü wurde jedoch erst einige Jahre später, und Sakki4) erst im Jahre 958/1551 von den Qïzïlbââ erobert. Seit dieser Zeit etwa erstreckte sich die Provinz vom Kur5) bis nach Darband und umfaßte im Westen Aras und Sakki. Zur Zeit Sah Muhammads (985/1578—995/1587) wurde auch Sirwän von den Osmanen besetzt. Sah 'Abbäs I. gliederte es Anfang 1016/Mitte 1607 wieder dem Reiche an. (2) Qaräbäg (Gangä). Die uns zur Verfügung stehenden Quellen lassen sichere Schlüsse erst für die Zeit nach 961—62(Tigerjahr)/1554 zu. Unter diesem Jahre berichtet Huläsatu't-tawärlh, daß der Schah bei der Rückkehr vom Georgien-Feldzug in Gangä, in der Residenz (manzil) von Sâh-wërdî Sultan Ziyäd-ogll Qägär zu Gast war®). Wir wissen, daß Säh-werdi Sultan als erster Angehöriger seiner Familie die Statthalterschaft Qaräbäg bekam, die dann in seiner Familie blieb. Georgischen Quellen zufolge richtete der Schah nach diesem Feldzug7) die Großbegschaft Qaräbäg ein. Dem Statthalter von Gangä wurden demnach die Statthalter von Mowakan8), Kazach, Schamschadilo9) und Tiflis unterstellt10). 3

) Im Abschnitt I, g. ) Für die Lage von Sakkï vgl. A. Sanders: Kaukasien, München 1944, S. 83, Anm. 4; ferner IM 82. 5 ) Bei Feldzügen nach Sirwän heißt es gewöhnlich, daß man den Kur überquerte und Sirwän betrat (z. B. IM 80). «) HT 176b. HuSi 177a—182a bringt eine kurze Geschichte der Familie Ziyäd-ogli. 7 ) Vgl. Wahusti 30; Annalen 348 ; die georgischen Quellen geben ein anderes Jahr. Wir richten uns hier nach den etwa zeitgenössischen persischen Quellen (AT 379ff.; HT 176a). 8 ) Ehemals am Zusammenfluß von Kur und Alasan (vgl. A. Sanders, a. a. O., S. 139 Karte). 9 ) Das ist die gewöhnliche Form in den georgischen Quellen ; wohl verderbt aus Samsaddinlü, wie es eine georgische Urkunde von 1723 schreibt (Extrakt der Urk. bei Brosset, Histoire de la Géorgie, Teil II, Bd. 2, S. 513). 10 ) Nach Wahusti 30; Annalen 348. 4

Historisch-geographische Bemerkungen

5

Zu Beginn der Zeit 'Abbäs' I., im Jahre 996/1588, wurde Qaräbäg von den Osmanen erobert, und der Schah mußte sich im Pferdejahr 1014—15/1606 die Provinz wieder erkämpfen11). Wieder erscheinen in den georgischen Quellen12) südlich von Kur und Algeti die Statthalterschaften Kazach, Schamschadilo und nun auch Lori, das vorher zu Georgien gehörte13). Außer Lori und Tiflis sind die genannten Statthalterschaften aus persischen Quellen nicht bekannt. Einen gewissen Hinweis gibt jedoch Iskandar Munâï. Er spricht von „Emiren der (Stämme) Samsaddinlü und Qazäqlar und anderer, die in Tiflis, Zagam, Ahstäbäd und Lori waren"14). Umfaßte die Provinz Qaräbäg also bereits unter Tahmäsp I. mehr als das alte Arrän zwischen Aras und Kur und erstreckte sich zeitweise bis Tiflis, so umfaßte sie seit der Zeit 'Abbäs' I. im Westen sogar Lori und Pambak. Nördlich des Kur erwähnen die georgischen Quellen für die Zeit Tahmäsps I. Mowakan, persische Quellen15) für das Jahr 958/1551 Qarä-ägäc1®) als zu Qaräbäg gehörig. Seit 'Abbäs I. gehörten dann weiter im Norden Zagam und mit Unterbrechungen bis gegen Ende der Safawidenzeit auch die georgische Provinz Kähet (Kachetien) zu Qaräbäg. In der zweiten Hälfte des 17. Jh. waren die Großbege von Gangä in Personalunion Statthalter von Kähet, das sie von Qarä-ägäc aus regierten17). (3) Cuhür-i sa'd (Eriwän). Urkunden, die sich auf diese Provinz beziehen, sind schon für die Zeit Säh Ismä'ils I. (907/1502—930/1524) bekannt18). Iskandar Munâï nennt auch bereits für diese frühe Zeit einen Statthalter von Cuhür-i sa'd19). Erst in späteren Perioden fließen dann die Quellen für unsere Provinz reichlicher. Mit Vorbehalt wollen ") Für 996/1588: IM 405; für 1014—15/1606: IM 713—15; RS 425aff. «) Wahusti 66. 13 ) Nach Wahuäti 43, zu Kharthlien: Der König von Kharthlien mußte Lori und Bardug als Geschenk an 'Abbäs I. abtreten. HT 182 a erwähnt unter 963/1556 den König von Kärtil in Verbindung mit Lori (AT 392 hat freilich Gôrï). Nach IM 716 nahm 'Abbäs I. Löri einem osmanischen Statthalter ab. Unter Ismä'il I. gehörte Lòri zu Meßchetien (AT 168; HT 61a). Jedenfalls war es nicht safawidisch: TaHa 578a: 953/1546 „durchquerte der Hof Sürä-gil und zog in Georgien ein" (so auch NuGa 223 a). 14 ) IM 785. Für Zagam siehe TM 166f. Für Ahstäbäd liest Minorsky zu Unrecht Ahtäbäd und vermutet es in Ahpat am Bortschalu-Fluß. Ahstäbäd ist vielmehr Akstafa (vgl. Pa, I 209f., Kommentar zu Urk. 13). ") GA 323a; NuGa 227 a. Oder gab es zwei Orte Qarä-ägäö ? le ) Für die Lage dieses Ortes vgl. TM 167. ") Vgl. auch unten den Abschnitt I, g, 2. 18 ) Pa, I, Urk. 8, 9; Ferman Ismä'ils I. vom Zü'l-qa'dä 912 in: Urkundenle sammlung, Schrifttumsverzeichnis, Nr. 11. ) IM 138,

6

Die Statthalter der Reichsprovinzen

wir eine Notiz Ewliyä Celebls aufnehmen, wonach Ismä'Il I. die Feste Ëriwân durch einen seiner Chane wiederherstellen ließ und die Feste dann nach diesem Chan benannt wurde20). Mehrfach hatte die Provinz im Laufe der Safawidenzeit unter Einfällen der Osmanen zu leiden. Im Jahre 991/158321) stationierten sie zunächst in Ëriwân und später auch in den anderen Teilen der Provinz Garnisonen. Anfang 1013/Mitte 1604 konnte 'Abbäs I. Ëriwân wieder erobern. Im Nordwesten wird Sürä-gil22) oft im Zusammenhang mit Cuhür-i sa'd erwähnt. Der Arpa çay bildete etwa die Grenze gegen das osmanische Qärs. Magäzberd auf der heute türkischen Seite dieses Flusses wechselte mehrmals zwischen den Safawiden und den Osmanen und sollte nach dem Vertrage von 1049/1639 wüst bleiben. Im Süden und Südosten umfaßte die Provinz den Bezirk Nahciwän, Mäkü und zeitweise Bäyazid23). (4) Äzerbäigän (Tabriz). Äzerbäigän war die Keimzelle des Reiches. Hier, in Tabriz, wurde Ismä'U I. im Jahre 907/1502 gekrönt. Tabriz blieb zunächst Hauptstadt des Reiches. In Äzerbäigän ist die verwaltungsmäßige Einteilung für die frühe Safawidenzeit etwas dunkel. Wir hören einerseits von 909/1503 bis zum Jahre 939/1532—3 von Statthaltern von Tabriz, denen offenbar ganz Äzerbäigän unterstand, wie aus der Formulierung der Quellen bisweilen hervorgeht24). Schon für das Drachenjahr 938—9/1532—3 läßt sich jedoch andererseits vermuten, daß Tabriz Krongut war: Ülämä Takalü (ab Tigerjahr 936—7/1530—1 für ca. 2 Jahre Amlru'l-umarä von Äzerbäigän25)) scheint in Wän residiert zu haben. Er kommt, aufsässig geworden, von dort, um den Stadthauptmann (därügä) von Tabriz festzunehmen26). Für das Pferdejahr 940—1/1534—5 wissen wir dann sicher und für die übrige Zeit bis 985/1578 mit großer Wahrscheinlichkeit, daß Tabriz Krongut war27). In dieser Zeit unterstanden möglicherweise die Unterstatthalter von Äzerbäigän dem Statthalter 20

) Zitiert bei Hammer II 495. ) HT 331b gibt Schafsjahr 991—2, das am 21. März 1583 begann; nach IM 289 traf die Nachricht bei Hofe ein während der Belagerung von Herat, die etwa Mitte 991/Mitte 1583 abgebrochen wurde; Hammer II 496 gibt 1582. 22 ) Nach TaHa 578a: Sürä-yi gil. 23 ) Alles nach TM 111 äff. ; für Magäzberd s. u. S. 74 Anm. 457; Bäyazid, außer in TM kaum erwähnt, war Anfang 1723 türkisch (vgl. Minasian, C. O. : The Chronicle of Petros di Sarkis Gilanentz, Lisabon 1959, S. 50). 24 ) HT 96b: iydlat-i Äzerbäigän wa hukümat-i Tabriz. 25 2 ) Mem 587 «) TIN 44a. ") Vgl. u. S. 118. 21

Historisch-geographische Bemerkungen

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von Cuhür-i sacd28). Nach Haft iqlïm29) gehörte ja Qaräbäg bis zum Kur zu Azerbaijan. Für die Regierungszeit Sah Muhammads (985/ 1578—995/1587) hören wir dann tatsächlich von einem „Großbeg der gesamten Provinzen Äzerbälgäns" wohl mit Residenz in Tabriz, der das Gebiet „bis in die Gegend von Sirwän, Mugän, Arrän, Eriwän und Kurdistan unter seine Obhut nahm"30). Am Ende der Safawidenzeit31) unterstand dem Großbeg von Tabriz jedoch nur ein Gebiet, das etwa dem heutigen ÄzerbäTgän entspricht, zusätzlich32) aber die Bezirke Zangän, Sultäniyyä, Mugän, Täliä und jenseits des Araxes den Bezirk Qapän umfaßte. Von 913/1507—8 bis 939/1532—3 gehörten Bitlis33) und bis 955/1548 auch Wän34) zum Safawidenreiche. Argis, Hunüs und PäsTn (heute Hasankaie) waren seinerzeit die osmanischen Grenzorte nach Erzurum zu35). Weil nach dem Fall von Wän Tabriz zu nahe der türkischen Grenze lag, so meint Iskandar Munâï, habe Tahmäsp I. im Jahre 962/1555 Qazwin zur Hauptstadt erwählt38). Die Osmanen plünderten Tabriz mehrfach und konnten die Stadt von 993/1585 bis 1012/1603 durch eine Garnison ihrem Reiche fester verbinden. Nach den türkisch-persischen Abmachungen vom Hasenjahr 999—1000/ 1591—92 sollte das Dorf AriStanäb, 12 Parasangen südöstlich von Tabriz, die Grenze sein37). Nachdem die Osmanen später noch Qaräbäg besetzt hatten, unterwarf sich auch der Statthalter von Qarägä-däg dem Pascha von Tabriz, und die QïzïlbâS mußten auch das Gebiet nördlich von Tabriz und um Ordübäd aufgeben38). Der den Persern verbliebene Rest der Provinz wurde von Ardabll aus regiert39).

28 ) Säh-quli Sultan Ustäglü, von 966 bis gegen 980 Statthalter von Eriwän, wird in GA 333a für das Jahr 975 Statthalter von Azerbaijan genannt (Fehler?). Sein Sohn fungiert eine Zeitlang als Stadthauptmann von Tabriz. ") HIQ III 207. 30 ) HT 339b: bêglarbêgî-yi tamärn-i wilayät-i Azerbaïdjan; ... ta nawäht-yi Slrwan wa Mugan wa Arran wa Ëriwan wa Kurdistan ba-'uhdä-yi hwud girift. 31 ) TM 107b—110b. 3S ) Denn der Qïzïl-ôzân wurde auch damals als Grenze zwischen dem Pera. •Iräq und Äzerbäigän angesehen (HB 170). 35 ) HT 93b; TaHa 577b. NuGa 215b hat: Bitlis und 'Amädiyä. 34 ) AT 330; TIN 67a. 36 )Mem 625, 639, 643; TIN 67a, TaHa 578b. Im Jahre 1547 war die Aleçkirt ovaaï (südl. von Alagöz) die Grenze (vgl. Joh. Leunclavius, zitiert bei Täschner: Das Itinerar..., in: ZDMG 112 (1962), S. 77). 3 ·) IM 96; Jahr nach HT 179b. 37 ) HT 431 b ; vgl. auch RS 406 b ; IM 443 ; Ariätanäb heute im Kreis Mihränrüd, Distrikt Bustänäbäd (Farhang-i ¿ugräfiyä'i-yi Iran IV 15). 35 3 ) IM 406. ·) RS 406b,

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Die Statthalter der Reichsprovinzen

(5) Diyärbakr (Qarä Ämid od. Diyärbakr), (6) Arzingän. Diyärbakr und wahrscheinlich auch Arzingän kamen im Jahre 913/1507—8 zum Safawidenreiche. Bereits 921/1515 gingen beide Provinzen den Qïzïlbâs wieder verloren. Eine zeitgenössische italienische Quelle berichtet, daß außer der Hauptstadt Qarä Ämid (Qarä Hamid, Diyärbakr) sechs bedeutende Städte unter der Oberhoheit Ismä'ils I. waren: Urfa, Harput, Märdin, öazxrä (heute Cizre), Hisn kaifä und Sert (heute Siirt). öazlrä und Hisn kaifä wurden von einheimischen Kurdenfürsten regiert40). (7) Qalam-rauy-i cAli Sakar (Hamadän) und (8) der übrige Persische c Iräq. Mit dem Sieg über Muräd Sultán im Jahre 908/1503 kamen Hamadän und wenig später Färs und Kirmän an die Qïzïlbâs. Hamadän tritt uns bereits in der frühen Safawidenzeit als eine der großen Grenzmarken entgegen. Für den Beginn der Regierungszeit cAbbäs' I. (995/1587—1038/1629) wissen wir, daß die Provinz im Süden Tüy-waSarkän, Nihäwand und Burügird umfaßte41). Tazkiratu'l-mulük nennt im Süden noch Harsin und im Norden Garrüs unter Hamadän42). Obwohl die Provinz verschiedentlich unter osmanischen Feldzügen litt, war nur der Südteil, namentlich Nihäwand, für längere Zeit, von 996/1588 bis 1011/1603, unter osmanischer Herrschaft. Der übrige Persische 'Iraq nahm in mancher Hinsicht eine Sonderstellung gegenüber den anderen Provinzen ein. Hier war die Residenz des Großkönigs : seit 962/1555 in Qazwin und seit 1007/1599 in Isfahan. Diese Städte und die Bezirke Simnän undHwär, Rayy, Säwä, Qumm, Käsän, Abarqüh und Yazd, um nur die bedeutendsten zu nennen, wurden zwar auch als Statthalterschaften vergeben, meist aber als Apanagen an Hofwürdenträger, die keinem Großbeg unterstanden43). Einige der genannten Bezirke waren vor allem in der späteren Safawidenzeit Krongut (hässä), worüber in einem besonderen Abschnitt gesprochen werden soll44). (9) Kirmänsähän und Kalhur. Das zwischen den Provinzen Kurdistän, Luristän und Hamadän gelegenen Gebiet von Kirmänsähän wird in den Quellen nur selten erwähnt. Seit Beginn der Zeit Tahmäspsl. (930/1524—984/1576) nennen die Chroniken gelegentlich einen Statthalter der Kalhur-Kurden, der oft nicht-kurdischer Herkunft war. Die 40) The Travels of a Merchant in Persia, in : A Narrative of Italien Travels in Persia in the Fifteenth and Sixteenth Centuries ( = Hakluyt Society Bd. 49 41) I M 471; H T 411a. Teil I I ) , London 1873, S. 145—56. 42 ) TM 120a; Minorsky konnte jedenfalls nur diese beiden Orte identifi43) Vgl. dazu unten Abschn. I d. zieren. 44 ) Vgl. dazu unten Abschn. I l l a .

Historisch-geographische Bemerkungen

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Kalhur saßen zwischen Kirmänsähän und der persischen Grenze. Der persische Einfluß mag anfangs gering gewesen sein. Für das Jahr 950/1543—44 berichten die Quellen von einer Strafexpedition gegen die Kalhur, „die immer aufsässig waren" 45 ). Ein Statthalter für Kirmänsähän ist uns erstmals für die Zeit Säh Ismä'Ils II. (984/ 1576—985/1577) aufgestoßen 46 ). Kirmänsähän verbirgt sich in diesem Falle wie auch später meist hinter den Orten Sunqur 47 ) und Dïnawar. Die Kalhur waren seit der Zeit Sah Safis (1038/1629—1052/1642) spätestens dem Statthalter von Sunqur und Kirmänsähän unterstellt 48 ), der seit damals bis ins 17. J h . hinein immer ein Angehöriger des Zanganä-Clans war. Seit Saih 'Ali H ä n — eine Chronik nennt ihn „Großbeg des Bagdäder Grenzgebietes" 4 8 a )— spielten dann vom Schlangen]'. 1075—6/1665—6 bis 1110/1698 die Zanganä-Führer ihre Rolle (als sardär, dann Großwesire) am Hofe, und in der Statth alterschaft saß ihr Vertreter 49 ). Dieser Statthalter war nach Tazkiratu'l-mulük von keinem Großbeg abhängig, war aber auch selbst kein Großbeg50). (10) Arabischer 'Iraq (Bagdäd). Bereits in der frühen Safawidenzeit war der Arabische 'Iraq von 914/1508 bis Ende Gumädä I. 941/ Anfang Dez. 153451) unter persischer Oberhoheit. Als von Bagdäd abhängige Statthalterschaften werden für diese Zeit genannt: Hillä, Rumähiyyä (bis 936/1529—30 zusammen unter einem einheimischen Sayyid), Wäsit mit Gawäzir, Daqüq mit Kirkük, Kalhur mit Mandali52). Nur von der letztgenannten Statthalterschaft steht fest, daß sie zumindest seit 936 unter einem Qïzïlbâs-Emir war. Unter 'Abbäs I. wurde Bagdäd Anfang 1033/Ende 1623 erneut erobert. Außer Hillä, 45 ) So in HT 137a; nach TaHa 578a gehorchten sie nicht, „weil sie immer da fest ansässig waren"(?) (ba-wäsitä-yi istihkäm-i tawattun). 4e ) S. u. S. 79. ") Sunqur Kulyä'i heute einer der Distrikte (bahs) des Bezirkes Kirmänsäh. 4S ) Unter Säh Safï, 'Abbäs II. und Sulaimän hatten Säh-ruh Sultán Zanganä und seine Nachkommen die iyälat-i wiläyat-i Dïnawar wa Kalhur wa Sunqur (HB 246, 273, 292; AN 182, 227 ( = H B 197b, 221a); Kaempfor 68; Sanson 113). 4Sa ) Qisasu'l-häqäni, Ms. Paris, B . N . , Suppl. Pers. 227, fol. 269a: bëglarbëgï-yi sarlmdd-i Bagdäd. Film durch freundl. Hilfe von Herrn P. Luft. 49 ) DS 108 a : nä'ib-i häkim-i Kalhur wa Sunqur wa Kirmänsähän (vgl. ibid. 50 112a, 113aff., 143b). ) TM 120b. 61 ) AT 252 hat 940/1533—4, bringt also hier, wie auch sonst oft, die Ereignisse des Tierkreisjahres einfach unter dem Jahr der Flucht, in dem das Tierkreisjahr beginnt. 52 ) HT 42 b, 82 b; GA 302 b; Wäsit östl. des heutigen Wäsit al-hayy, öawäzir begegnet auch als Sangaq der osm. Statthalterschaft Bagdäd (Hammer VIII, 598; Hinweis von Frau S. Wagner).

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Die Statthalter der Reichsprovinzen

Nagaf, Karbalä und den ebenfalls von Bagdad abhängigen Gebieten um Mandali und Zuhäb53) kam im Verlauf des Feldzuges für kurze Zeit auch Mausil unter safawidische Herrschaft. Der Großbeg von Bagdad war unter 'Abbäs I. und Sah Safi gleichzeitig auch Großbeg von Hamadän54). Im Jahre 1048/1638 fiel Bagdad endgültig an die Osmanen. Im Jahre darauftrat Persien in einem Friedensvertrag auch formell den Arabischen 'Iraq einschließlich der Gebiete um Badrä, Mandali und Zuhäb an das osmanische Reich ab55). (11) Färs (Siräz) und (12) Küh-Gllüyä (Bihbahän). Slräz wurde im Jahre 909/1503 von den Qïzïlbââ besetzt und blieb bis zum Ende der Safawidenzeit Bestandteil des Reiches. Färs bezeichnete damals gewöhnlich nur den Bezirk von Siräz im weiteren Sinne. In Lär saß eine einheimische Herrscherfamilie56), und die Küstengebiete des Persischen Golfes, über die wir für die frühe Zeit keine Nachrichten haben, wurden spätestens seit Beginn der Zeit Tahmäsps I. (930/1524—984/1576)57) als Statthalterschaft Küh-Gilüyä gesondert vergeben. Küh-Gilüyä war bereits damals in der Hand der Affären. Deren Herrschaftsgebiet dehnte sich später nach Norden und Westen aus. Für das Jahr 946/ 1539—40 sind auch für Süätar und seit 948/1541—42 für Dizfül AfSärenstatthalter belegt58). Gegen Ende der Zeit Tahmäsps I. (gest. 984/1576) war auch Dauraq (heute Fallähiyä) im Besitz der AfSären von Küh-Gilüyä, bis sich der Wali von Huwaizä dieses Ortes bemächtigte59). 'Abbäs I. (995/1587—1038/1629) gab die Statthalterschaften Färs und Küh-Gilüyä an Allâh-wërdî Hän. Er und später sein Sohn Imäm-quli Hän eroberten Lär, Dauraq, Hurmüz und Bahrain für das Reich. Imäm-quli Hän herrschte schließlich „von Qümiää bei Isfahän bis an die Gestade 'Umäns"60). Er war „Statthalter aller Provinzen von Färs und von Lär, Küh-Gllüyä, Samil und Mina61), Bahrain, von einigen Provinzen 'Arabistäns, wie Huwaizä und Dauraq, und von einem Teil des (Persischen) 'Iräq, wie öurbädaqän (heute Gulpäyagän), Tüy-wa-Sarkän und Mahallät"62). Nach dem Tode Imäm-quli Häns im 63 ) IM 1000; auch unter den Qïzïlbâs war Zuhäb von Bagdad abhängig (vgl. IM 1087: für Zuhäb steht hier: Qal'ä-yi Lak). S4 ) IM 1004; vgl. die Aufzählung seiner Ämter in einem Erlaß Säh Safia in: 55 5e InSä-Werk, Lit.-Verz. Nr. 7, 97a. ) S. u. S. 80. ) S. u. S. 83. *') Erstmalig erwähnt HT 86b fiir das Tigerjahr 936—7/1530—31 einen 5S S9 eo häkim-i Küh-Gllüyä. ) S. u. S. 78. ) IM 951. ) ZIM 117. ") Für Samil und Mina s. u. S. 12. ea ) AF, Bd. I 82 a: häkim-i ¡culi-i wiläyät-i Färs wa Lär wa Küh-Gllüyä wa Samil wa Mina wa Bahrain wa ba'zï az wiläyät-i 'Arabistän iün Huwaizä wa Dauraq wa barht az mulk-i 'Iräq misl-i öurbüdaqän wa Tüy-wa-Sarkän wa Mahallät; ähnlich auch H B 285; vgl. ferner ZIM 81, 115; HuSi 12b.

Historisch -geographische Bemerkungen

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Jahre 1042/163263) wurden die einzelnen Bezirke wieder getrennt vergeben. Sïrâz und später auch Lär wurden Wesirate, die übrigen Provinzen Statthalterschaften. Außer den im Persischen c Iräq gelegenen Bezirken wurden die Statthalterschaften dem Großbeg von KühGilüyä unterstellt. Aus Riyäzu'l-firdaus geht für die Zeit Sah Sulaimäns (1077/1667—1105/1694) hervor, daß der Amtsbereich dieses Großbegs im Osten neben Samil, Mina, öirün und Qism die Festen Bahtä(?), Sarb(?), Bärüt(?), öä§ak-i Bipäyän (lies: Biyäbän ?) und Küák-i mähi®4) einschloß und sich im Westen bis Dauraq, Ahwäz, Süätar und Dizfül85) erstreckte. Der Satt al-'Arab war nach dieser Quelle damals die Reichsgrenze68). Vom Rinderjahr 1108—09/1697 an hatten die Großbege von Küh-Gilüyä für einige Zeit in Personalunion auch die Statthalterschaft von Basrä, das der Wali von 'Arabistän im vorhergehenden Jahre für das Reich erobert hatte 67 ). Als gegen Ende der Safawidenzeit die Araber von Masqat die Küsten des Persischen Golfes unsicher machten, wurde Lutf-'AlI Hän Dägistäni vom Hofe mit ihrer Abwehr betraut. Er wurde ähnlich wie seinerzeit Allâh-wërdî Hän zum „Großbeg der Provinzen von Färs und Küh-Gilüyä und zum Chan von Lär und den Häfen" 68 ) ernannt. (13) Kirmän. Für die Zeit Ismails I. (907/1502—930/1524) besitzen wir nur spärliche Nachrichten über Kirmän. Die Chroniken 'berichten unter Rabí' I. 909/ Sept. 1503 lediglich, daß die Provinz an Ismä'Tl I. kam 69 ). Nur eine späte Quelle der Qägärenzeit kennt den ersten Statthalter: Muhammad Hän Ustäglü. Nachdem er später Statthalter von Diyärbakr geworden war, verwaltete er Kirmän bis zu seinem Tode durch Vertreter 70 ). Zeitgenössische Quellen nennen für 932/1525—6 erstmals einen Statthalter 71 ). Unter Kirmän verstand man zunächst nicht viel mehr als das Gebiet um die Stadt selbst. Yazd ea ) ZIM 116f, HuSi 76b und HB 57a/b geben den 1. Gum. II. 1042 (Affenj.)/ 25. Dez. 1632 als Todestag Imäm-quli Hans (HuSi hat versehentlich 1041/1631). •4) RF 363, 381; vgl. für Bandar 'Abbäs auch TM 122 b. Sarb, Bärüt, Küäk-i mâhï nicht zu identifizieren. Bei Bahtä darf vielleicht an das alte Bähtä (Bäht, Wäht) zwischen Sirgan und öiruft gedacht werden (vgl. P. Schwarz : Trän im Mittelalter, Leipzig 1929, Bd. III, S. 235). e5 ) Vgl. RF 359, 362f. ; für 'Arabistän auch TM 123a. ··) Vgl. RF 380. ·') DS 123bff., 156b, 216b; Taz 48aff. Nach Lockhart, The Fall 54, dauerte die pera. Herrschaft bis 1701. Nach DS 232a aber übergab der pers. Statthalter Basrä im Tigerj. 1109—10, das am 20.(!)März 1698 begann, an die Osmanen. ββ ) MT 34b ff. : bèglarbëgï-yi bilüd-i Fara via Küh-Gilüyä wa hän-i Lär wa banädir. "») TaHa 574b; LT 8 usw. 70 ) Târîh-i Kirmän des Ahmad 'Ali Hän-i Wazïrï Kirmäni, Teheran 1961, S. 265. ") NuGa 213a.

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Die Statthalter der Reichsprovinzen

war beinahe immer72) eine selbständige Statthalterschaft, bzw. ein Wesirat, Hurmüz war in der Hand der Portugiesen. „Das tropische Gebiet von Öirün"73), namentlich die Festen Mina, Tazarg(!)74) und Samll, war bis 977/1569—70, als es vom Statthalter von Kirmän erobert wurde, unter der Botmäßigkeit einheimischer Statthalter. Seit 'Abbäs I. (995/1587—1038/1629) gehörten diese Gebiete, wie bereits erwähnt, zu Färs, bzw. Küh-Gilüyä. Ebenfalls gegen Ende der Zeit Tahmâsps I. (gest. 984/1576) kamen auch die weiter im Osten gelegenen Landschaften Kig und Makrän an die Qïzïlbââ. Sie konnten sich da aber zur Zeit Sah Muhammads (985/1578—995/1587) nicht halten. Mitte des Jahres 1017/1608 befahl 'Abbäs I. die Rückeroberung. Man begnügte sich zunächst mit der Stationierung von Steuereinhebern bei den verschiedenen Stämmen75). Vom Beginn des Jahres 1022/1613 bis zum Hühnerjähre 1030—1/ 1621 war in der Feste Bun-Fahl (auch Fahl, heute Bampür) eine persische Garnison76). Die Safawiden konnten nicht einmal in den unmittelbar östlich an Kirmän anschließenden Gebieten festen Boden fassen: In einer Nachricht aus dem Hasenjahr 1110—1/1699—1700 hören wir, daß die Bewohner von Sarhadd, Rîg77), Slstän und Hüdiyän78) den weiter östlich ansässigen Belutschen und Afganenstämmen bei ihren Plünderungszügen Durchgang gewährten79). Auch nach einer anderen Quelle vom Ende der Safawidenzeit waren Habis (heute Sähdäd), Narmâsïr und Rüdbär die östlichen Grenzbezirke von Kirmän 80 ). (14) Qandahär. Nach den beiden ersten Eroberungen, die aus den Jahren 943/1536—37 und 952/154581) berichtet werden, konnten sich 72 ) Lediglich unter Sah Muhammad (985/1578—995/1587) hatte Baktää Hän Afsär, der aufsässige Statthalter von Kirmän, Yazd widerrechtlich seiner Provinz einverleibt (HT 391a). 73 ) HT 228a: olkä'-i garmsirät-iöirün; vgl. AT 443, dessen Text hier verdorben zu sein scheint, öirün ist der alte Name von Hurmüz. 74 ) Tazarg ist wohl das heutige Tazarg im Kreis Tärum, Bezirk Bandar •Abbäs, die weitaus größte und Samil am nächsten liegende Ortschaft dieses Namens. Minä zeigt die alte Karte bei Hanway (Bd. II, gegenüber S. 82) an der 75 Stelle des heutigen Minäb. ) Alles nach TA 295a—300a; vgl. I H 202a/b. '«) IM 861; ZIM 131f ( = HB 62a/b). ") Östlich Narmâsïr gelegene Landschaften. 78 ) Wohl heute Hüdlgän, Landschaft nordöstl. von Rüdbär; vgl. auch I H 79 80 210a. ) DS 242b. ) MT 57b; DS 243b. 81 ) Für die Jahresangaben vgl. AT 277f.; HT 120af.; MH 92aff.; TaHa 577b/Ray, Humäyün in Persia 53, 56. Wir belegen die Jahresangaben hier deshalb so ausführlich, weil sie von den in der E. I. (1. Aufl. II 761) und bei Minorsky (TM 169) gegebenen Daten teilweise um zwei Jahre abweichen.

Historisch-geographische Bemerkungen

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die Qïzïlbâs nur sehr kurze Zeit in Qandahär behaupten. Von 965/1558 war die Provinz dann bis zum Jahre 170982), als sich die Afgänen Qandahärs bemächtigten, im Besitze der Safawiden. Die persische Herrschaft wurde durch zwei Perioden unterbrochen, in denen die Provinz zum Mogulreiche gehörte: von 1000/1591—92 bis 1031/1622 und von Ende 1047/Anfang 1638 bis Anfang 1059/Anfang 164983). Nach Magma Vt-tawärih 84 ) umfaßte die Provinz unter dem letzten safawidischen Statthalter im Nordosten Qalät-i Gilzai zwischen Qandahär und öaznln (öaznä), fünf bis sechs Tagereisen (manzil) von Qandahär und zwei bis drei Tagereisen von der Grenze zwischen Qandahär und dem Mogulreiche entfernt 85 ). Zunächst regen sich Zweifel, wenn unsere Quelle im Osten und Südosten Qausung (im Gebiet der Käkari), Säl88), Mustang und Qalät-i bancärä-yi Balüc87) unter Qandahär nennt. Nach Iskandar Munsi aber kam der einheimische Afgänen-Statthalter von Pising bereits gegen Ende der Zeit 'Abbas' I. (gest. 1038/1629) zum Fußkuß an den Hof. Zur Zeit Sah Safis (1038/1629—1052/1642) hielt er sich jedoch ziemlich unabhängig88). Für Säl und Mustang hören wir schon gegen Ende der Zeit Tahmäsps I. (gest. 984/1576) von einem Safawiden-Statthalter, der 500 Gefolgsleute (muläzim) hatte 89 ). Unter •Abbäs II. (1052/1642—1077/1666), so erfahren wir aus dem 'Abbäsnämä, war sogar der Distrikt (olkä) Düki und Cütyäli ein Teil der „wohlbeschirmten Reichslande"90). Der dortige einheimische AfgänenFürst kümmerte sich aber recht wenig um die Belange des Großkönigs, wie aus der Quelle ebenfalls hervorgeht. Gegen Ende der Safawiden82

) Für 965/1558: AT 404; AF 225a; HT 190aff.; für 1709: Lockhart, The Fall 87; Hanway II 113. 83 ) Für 1000/1591—92: IM 486; RS 360aff.; für 1031/1622: IM 973f.; RS 482b; für 1047/1638: H B 213; HuSi 140b; für 1059/1649: AN 114, 128f.; ZT 74a. Die nicht-safawidischen Quellen haben anscheinend andere Jahresangaben, vgl. E.I., Neue Ausg., Leiden u. London 1960ff. sub voce : Afghanistan. 84 ) MT 4a—6a. 85 ) Der Grenzort war nach MT: Öahär-bäg, auch Qaräbäg genannt. 8I ) Säl war der Bezirk um das heutige Kwetta (vgl. C. Ritter, Die Erdkunde von Asien, Berlin 1838, Bd. VI, Abt. 1, 3. Buch (West-Asien), S. 168). Persische Quellen erwähnen den Ort meist in Verbindung mit Mustang als: Säl-waMustäng. Nach HT 138 a war Säl-wa-Mustän(g) von Qandahär abhängig und 20(!) Farsah, von der Stadt entfernt. DS 105b erwähnt für 1108/1696 Säl als letzten Ort im Reiche bei einer Reise nach dem Mogulreich. 87 ) Qalät in Verbindung mit Balüc dürfte auf das heutige Kelat hinweisen, das auf Grund seiner geographischen Lage persisch sein mußte, wenn Mustang persisch war. Der Ausdruck banöärä ist unklar. 88 89 ) Vgl. IM 1074, 1087; ZIM 120; H B 211. ) Nach HT 223b. »») A N 252 ( = H B 230b); vgl. auch A N 163 ( = H B 189b).

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zeit scheint die ganze Osthälfte der Provinz unter einheimischen Statthaltern gewesen zu sein, die nur lose vom Reiche abhängig waren91). Im Südwesten und Westen grenzte Qandahär an Sistän, Faräh und Sabzawär (Isfaräz). Die Provinz umfaßte also die als Garmsîr-i Qandahär bekannten Gebiete am Unterlauf des Hirmand (Helmand) und den Distrikt Zamïn-dâwar mit einer gleichnamigen Befestigung. Iskandar Munsi rechnet Zamlndäwar auch zu Garmsir-i Qandahär92). Haft iqlim bringt nach der Erwähnung von Gür und vor der Erwähnung von Isfaräz eine Provinz Bädgis, die zur Zeit Sultán Husain Mirzäs (gest. 984/1576) eindeutig zu Qandahär gehörte. Minorsky bezweifelt eine entsprechende Angabe von Tazkiratu'l-mulük also wohl zu Unrecht93). Für die Zeit Tahmäsps I. (930/1524—984/1576) beziehen die Quellen öfter das Stammesgebiet der Hazärä in die Provinz Qandahär ein94). Nach Iskandar Munsi liegt Qalät „inmitten der HazäräDistrikte"95). Das legt nahe, daß auch die Gebiete nordöstlich von Qandahär mit diesem Namen bezeichnet wurden. (15) Balh und (16) Marw. Nach dem Sieg Ismä'Ils I. über Saibak Hän im Jahre 916/1510 fiel den Qïzïlbâs ganz Horäsän zu. Kurz nach der Schlacht berichten die Quellen von der Einsetzung eines safawidischen Statthalters in Marw. Für das folgende Jahr hören wir von der Entsendung eines Qüzülbäs-Emirs als Statthalter von Balh. Er herrschte über Andhüd, Sibargän, öigaktü 96 ), Maimanä, Färyäb, Murgäb und nach Huläsatu't-tawärlh auch Gargistän97). Mit den Özbeken-Fürsten von Buhärä und Samarqand wurde in diesem Jahre der Oxus als gemeinsame Grenze vereinbart. Balh ging dem Reiche bereits im Jahre 922/1516 für immer verloren98), und beim Tode Ismä'ils I. (gest. 930/1524) gaben die Qïzïlbâs auch Marw auf. Marw blieb einige Jahre verlassen, bevor die Özbeken 91 ) Für Qalät-i Gilzai und Qausung wird das in Magma'u't-tawârih (a. a. O.) bestätigt. Alle diese Statthalterschaften werden wohl in TM 117 b durch die dort genannten Stammesnamen repräsentiert. 92 ) IM 478, 672. Die Karten sind sich nicht einig, wo der Bezirk Zamîndäwar liegt. Die Quellen weisen auf das Gebiet am Zusammenfluß von Hirmand 93 und Argandäb hin. ) HIQ II 128—9; TM 117b. ") Vgl. HT 209b; IM 480 ff. 95 ) IM 480, 484; auch Qalät-i Gilzai wird in den Quellen bisweilen nur als Qalät bezeichnet (vgl. MT öb). 9e ) Ort an der Route Maimanä — Bälä-Murgäb (vgl. IM 620), 60 Meilen südöstl. von Maimanä (vgl. J. Deny : Une Soyurgal du Timouride Sähruh, in : J.A. 1957, S. 259ff.). 97 ) HT 49aff. Sarwar 65 allerdings vermerkt ausdrücklich, daß Gargistän 98 nicht erobert wurde. ) Sarwar 90.

Historisch-geographische Bemerkungen

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es 932 od. 33/1525—27 in Besitz nahmen. Erst cAbbäs I. konnte Marw dann endgültig für das Reich gewinnen. Nach der Eroberung im Jahre 1007/1598—99 vertraute er Marw, Nasä, Abiward und Durün einem Vasallenfürsten an. Er mußte ihn aber im Jahre 1008/1599—1600 wegen seiner Aufsässigkeit durch einen Qïzïlbâs-Emir ersetzen"). (17) Mashad und (18) Herat. Seit 916/1510 waren diese beiden Provinzen unter der Oberhoheit der Qïzïlbâs. Sie erlebten im Laufe der Safawidenzeit des öfteren Plünderungen und Invasionen seitens der Özbeken Transoxaniens. Sie hielten von 996/1588 bis 1007/1598 zunächst einen Teil, später ganz Horäsän besetzt. Am Ende der Safawidenzeit, Ende des Jahres 1127/Ende 1715 oder zu Beginn des folgenden Jahres100), war Herät nach Qandahär die zweite große Provinz, die sich der Botmäßigkeit des Schahs entzog. Maéhad hatte vom Jahre 962/1555 an für einige Zeit einen Prinzen als Statthalter101). Er kontrollierte nach Huläsatu 't-tawärlh die Statthalter „der ganzen Provinz Horäsän von der Grenze Simnäns bis Herät und Sistän"102). Diese Bedeutung kam dem Statthalter von Mashad normalerweise nicht zu. Unter Ismä'il II. (984/1576—985/1577) tritt uns der Statthalter von Mashad als „Großemir der Hälfte Horäsäns"103) entgegen. Im Westen grenzte Mashad immer an Simnän, Dämgän und Bistäm. Weiter im Osten war zur Zeit Tahmäsps I. (930/1524—984/ 1576) die Grenze nur wenig nördlich von Isfaräyin: Habüsän (Qüöän) war in der frühen Safawidenzeit im Besitze der Qïzïlbâs, wechselte unter dem frühen Tahmäsp I. mehrmals zwischen den Safawiden und den Özbeken und wurde erst 972/1564—5 endgültig wieder safawidisch104). Östlich davon waren Tabädgän (bei MaShad), Sarahs und Züräbäd die persischen Grenzbezirke105). Nasä, Abiward und Durün und Bägbäd nördlich des oberen Gurgänloe) waren zusammen mit Marw beim Tode Ismâ'Tls I. (930/1524) von den Qïzïlbâs aufgegeben worden. Tahmäsp I. gab die Oasenstädte, nachdem er sie im Sa'bän 943/Jan. 1537(?) den Özbekenprinzen von Hwärizm entrissen hatte, 9

») IM 576, 601 ff.; RS 393aff. Unter Tahmäsp I. war Marw nicht safawidisch (vgl. IM 604; auch Dickson 88f., 249, 297 und Anhang S. XIV). Eine Inbesitznahme im Jahre 943/1536—37 blieb Episode. 10 101 °) Jahresangabe nach MT 20b. ) S. u. S. 43. 102 ) HT 181a: kull-i wüäyat-i Horäsän az sarhadd-i Simnän tü däru'asalfanä-yi Herät wa Sigietän; vgl. auch HT 265 a. Die große Machtfülle, die der Statthalter von Mashad damals hatte, hing vielleicht damit zusammen, daß Qazäq Hän Takalü, der Statthalter von Herät, seinerzeit rebellisch war. 105 1M ) IM 140. ) Für 972: HT 209 a; GA 330b; AT 428. ios) HT 227a/b; Sarahs ab 916/1510 für 25 Jahre wüst (HIQ, II 36). 106 ) Für die Lage von Bägbäd: IM 581.

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Die Statthalter der Reichsprovinzen

nur f ü r einige Wochen od. Monate an einen Qïzïlbâs-Emir. Als die vertriebenen Prinzen zum Fußkuss kamen, wurden ihnen die Städte wieder abgetreten. Im Jahre 950/1543—4 kündigten die Özbeken dieses lose Vasallenverhältnis wieder auf 107 ). Erst gegen Ende des Jahres 1008/Anfang 1600 kamen diese Bezirke wieder an Qïzïlbâs-Emire. Nach Tazkiratu Ί-mulük 108 ) unterstanden sie am Ende der Safawidenzeit dem Großbeg von Mashad. Bägbäd mag eher zu Astaräbäd gekommen sein. Im Osten grenzte Mashad an Turbat-i Saih ö ä m (Turbat-i Zäwä), Hwäf und Tün (heute Firdaus), die zu Herät gehörten 109 ). Von Herat abhängig waren nach Tazkiratu'l-mulük außer den soeben genannten Statthalterschaften im Süden Faräh und 6ür, im Norden Bâdgïs, Pang-dih, Märücäq und Bälä-Murgäb. Dazu läßt sich aus anderen Quellen nicht viel ergänzen. Offensichtlich fehlt in Tazkiratu'l-mulük die Statthalterschaft Herät-rüd östlich von Herät. Sie wird schon für die Zeit Ismä'Ils I. genannt. Unter Tahmäsp I. gaben dort nomadisierende Stämme Tribut an den Statthalter von Herat 110 ). Seit der Zeit 'Abbäs' II. wird das Gebiet als Statthalterschaft von Sähfilän und Aubä bezeichnet. Die Statthalter waren damals özbekischer Herkunft 111 ). Märücäq und Bälä-Murgäb, von denen wir bis zur Zeit 'Abbas' I. nichts hören, waren offenbar wüst, und erst cAbbäs I. ließ diese Gebiete im Schweinejahre 1008—9/1600 wieder kultivieren 112 ). Gargistän wurde in der frühen Safawidenzeit zwar mehrmals erobert, scheint aber niemals für längere Zeit Bestandteil des Reiches gewesen zu sein113). Übereinstimmend berichten die Quellen, daß der Schah im Jahre 921/1515 „die Herrschaft über Horäsän von der Grenze Simnäns bis zum Ufer des Oxus" 114 ) an den Prinzen Tahmäsp Mlrzä gab. Für das Jahr 928/1522 verlautet, daß der Statthalter von Herät u. a. in Isfaräyin, Mashad und sogar Astaräbäd Statthalter einsetzte 115 ). Der erste safawidische Hohepriester (sadr) von Horäsän, der ebenfalls 921/1515 bestallt wurde, hatte seinen Sitz in Herät. Seine Jurisdiktion erstreckte sich über ,,die Provinzen Horäsäns von der Grenze des 107 ) Dickson 56, 344ff., Anhang, S. XIIIff. Dickson hat eine Gesch. der 108 Özbeken von Hwärizm (Sagarä-yi Turk) ausgewertet. ) TM 115bff. 109 ) Zeit Tahmâsps I.: HT 278b; Ende der Safawidenzeit: TM 114bff. Tün oft mit Tabas zusammen als Statthalterschaft, gehörte dann wohl eher zu 110 Mashad. ) Zeit Ismä'Ils I.: RS 139b; Zeit Tahmâsps I.: HT 157b. U1 m ) AN 229, 300 ( = H B 224b, 245a); MT 21a, 23b. ) IM 576. ll3 ) Eroberungen werden für 925/1519, 939/1532—33, 957/1550 berichtet. Von einem safawidischen Statthalter von Gargistän wird nur unter 925/1519 gelu 115 sprochen (vgl. Sarwar 90). ) Zitiert nach AT 154. ) Vgl. Sarwar 93.

Historisch-geographische Bemerkungen

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(Persischen) 'Iraq und Äzerbäigäns bis an das Ende Tohäristäns"11®). Ähnlichen Umfang hatte auch die Jurisdiktion des Wesirs von Horäsän, der ja anfangs auch in Herät residierte 117 ). Etwa um die Mitte des 16. Jh. büßte Herat in fiskalischer Hinsicht allerdings seine zentrale Stellung ein 118 ). Der Großbeg von Herät blieb aber weiterhin, was die militärische Befehlsgewalt angeht, der „Vorgesetzte" des Statthalters von Mashad. Unter Säh Muhammad (985/1578—995/1587) verlangte der aufsässige 'All-quii Hän, Großbeg von Herät und Mentor des Prinzen c Abbäs Mîrzâ, der Schah solle einen neuen Statthalter (häkim) f ü r Mashad ernennen, der sich mit dem Prinzen verträgt und „bei Vorkommnissen und Ereignissen nicht dem zuwiderhandelt, was der Mentor und Großbeg f ü r gut befindet" 119 ). Aber auch später, als kein Prinz mehr in Herät war, genoß der Großbeg dieser Provinz vor allen anderen Statthaltern Horäsäns eine gewisse Vorzugsstellung. Er wird oft „Großbeg von Horäsän" genannt 120 ), während der Statthalter von Mashad zur Zeit 'Abbas' I. (995/1587—1038/1629) einfach als „Statthalter" (häkim), später aber als „Großbeg" (bëglarbêgï) von Mashad bezeichnet wird. Dastür-i sahriyärän, eine Quelle vom Ende der Safawidenzeit, tituliert den Statthalter von Herät sogar: ,,General großbeg von Horäsän" 121 ). Die Rangordnung unter den einzelnen Großbegen läßt sich f ü r andere Teile des Reiches nicht so deutlich erkennen. Wir verweisen hierfür auf den Abschnitt über Titel usw. 122 ). (19) Astaräbäd. I m Jahre 916/1510—11, als Säh Ismâ'ïl I. gegen Horäsän zog, floh auch der özbekische Statthalter von Astaräbäd, und die Vornehmen der Stadt kamen zur Huldigung an den Hof. Astaräbäd blieb ungeachtet einiger özbekischer Einfälle bis zum Ende der Safawidenzeit persisch. Lediglich im Jahre 991/1583 oder in den beiden folgenden Jahren mußten die Qïzïlbâs auf Grund von Unruhen die Küstenprovinz räumen. Erst im Jahre 1006/1598, als 'Abbäs I. an die Wiedereroberung Horäsäns ging, konnte der safawidische Statthalter zurückkehren 123 ). Unter der Provinz Astaräbäd verstand man damals im wesentlichen die weitere Umgebung der gleichnamigen Stadt. Die Provinz grenzte im Westen an die zu Mäzandarän gehörigen Bezirke Asraf und Hazärganb 124 ), umfaßte im Osten die Stammesgebiete der Häggllar und Giräyli. Darüber hinaus rechnete man ferner die Steppe jenseits lle

) "») m ) 122 ) 124 ) 2 Böhrborn

117 lle Zitiert nach HS 379. ) S. u. S. 100 u. 101. ) S. u. S. 102. 12 IM 277. °) Vgl. z. B. IM 1084; H B 287. DS 69b, 103b, 173b usw.: bêglarbêgï-yi kull-i Horäsän. 123 S. u. S. 20. ) Vgl. IM 565. Vgl. Lit.-Verz. Nr. 21, fol. 113b.

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des Gurgän zu Astaräbäd, bis zum Atrak, den Iskandar Munsi als „Trennung zwischen Hwärizm und öurgän" 125 ) bezeichnet. Bereits unter Tahmäsp I. (930/1524—984/1576) kamen verschiedene Sippen der Yaqä-Turkmenen (auch Säyin-häni genannt), namentlich die Uhlü, Goklän, Ilür und Sälür, die am Atrak ihre Zeltplätze hatten, bis zum Gurgän, trieben dort Ackerbau (zirä'at) und wurden safawidische Untertanen. Später, noch zur Zeit Tahmäsps I., wurden sie freilich aufsässig124). Unter 'Abbäs I. (995/1587—1038/1629) kamen auf Einladung des Herrschers immer mehr Turkmenen in die Gegend von Astaräbäd, um sich da niederzulassen. Schließlich war ein Gebiet „vom äußersten Ende des Bezirkes der Giräyll und Hâggïlar bis zur Grenze von Astaräbäd und vom Gurgän bis zur Mitte der ofFenen(?) Wüste, etwa zehn Tagereisen (manzil), in der Länge und in der Breite von ihren Zelten bedeckt. Viele Sultane und Vögte (därügä), die die Steuern einhoben, wurden für diese Stämme und Sippen eingesetzt"127). Auch Gebiete jenseits des Elburz, wie Dämgän und Bistäm, gehörten oft zum Lehen (tiyül) des Statthalters von Astaräbäd128). b) R a n g , Amt und Titel Die wichtigste Eigenschaft eines Statthalters war es, die Befehlshaberschaft über einen Stamm oder eine Sippe, d.h. den Eang (martabä, rutbä, laqab) eines Emirs, zu haben129). Die später verschiedenen Rangstufen der Emire : Chan, Sultan und Beg 130 ) hatten in der frühen Safawidenzeit keinen für uns erkennbaren unterschiedlichen Wert. Zu Beginn der Zeit Sah Ismä'ils I. (907/1502—930/1524) hatten beispielsweise auch Statthalter von Großprovinzen, wie von Färs, Diyärbakr, ) IM 580. ) Alles nach IM 580. F ü r dio gonannton S t ä m m e und die Herkunft der Namen vgl. Wolfgang K ö n i g : Die Achal-Teke, Berlin 1962, S. 11 f. 127 ) D S 2 0 9 b : ... αζ aqsä-yi hudüd-i mlâyat-i Oiräyll wa Häggllar tä sarhadd-i Astaräbäd wa az kanär-i Äb-i Gurgän tä ba-miyän-i daát-i fuehat-äbäd qarlb ba-dä manzil räh pulan wa 'arzan dar zïr-i haimä wa hargäh-i tsän büdä wa landin svltän wa därügagän-i bäg-aitän dar miyän-i tawä'if-u qabä'il-i än-hä mu'ayyan gaitä... 128 ) Vgl. IM 835; unter S a h Muhammad (985/1578—995/1587) hatte der Statthalter von A s t a r ä b ä d gleichzeitig die Bezirke Dämgän, B i s t ä m , Biyärgumand, 'Arab-i 'ämri ( = Nomaden in der Gegend von Bistäin und Hazärgarib) 1 2 e ) Über d a s Emirat s. u. S. 44. (vgl. IM 290). l 3 0 ) Die Rangbezeichnungen wurden dem Personennamen nachgestellt. Vorangestellt (und selten auch nachgestellt) war Chan auch manchmal Bestandteil des Personennamens : Hän Ahmad Hän (vgl. H B 288), Särü Hän Sultán (Pa, I I Urk. 13), Husain H ä n B ë g ( H B 270)" 125 12e

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Bagdad oder Herat, lediglich den Rang eines Beg, obwohl die Bezeichnungen Chan und Sultan bekannt waren. Bereits gegen Ende der Zeit Ismâ'ïls I. waren hingegen die Statthalter aller namhaften Provinzen in der Regel Chane oder Sultane. Diese beiden Ränge wiederum waren noch mindestens bis zur Zeit des Todes Tahmäsps I. (gest. 984/1576) etwa gleichwertig. Beim Tode dieses Herrschers war beispielsweise Sâh-qulï Sultán von den Ustäglü Statthalter (häkim) von Herät und Großemir (amïru'1-umarâ) von Horäsän, während Wal! Hän, vom gleichen Stamme, einer seiner Unteremire und Statthalter von Hwäf und Bäharz war131). Seit der Zeit 'Abbas' I. (995/1587—1038/ 1629) spiegelte sich die Hierarchie der Statthalter auch in den Rangbezeichnungen wider. Die einflußreichsten Emire, d. h. die Statthalter der Großprovinzen und die mächtigsten Unterstatthalter, waren Chane, niedere Statthalter Sultane. Beg wurde für Emirsanwärter gebraucht. In ähnlicher Weise differenzierten sich die Bezeichnungen der Ämter (mansab)132). In der frühen Safawidenzeit wurden gewöhnlich Statthalter aller Grade als häkim bezeichnet. Später führten die Statthalter der Großprovinzen die Amtsbezeichnung bëglarbëgï, von uns mit ,,Großbeg" wiedergegeben. Sporadisch wurde für bëglarbëgï auch amiru'l-umarä und ganz vereinzelt Mnlarhânï gebraucht. Der Ausdruck „Großbeg" ist uns erstmals in der Kopie eines Erlasses aus dem Jahre 950/1543—44 mit Bezug auf den Statthalter von Herät begegnet133). Er ist in der zweiten Hälfte des 16 Jh. gelegentlich für Statthalter der Großprovinzen belegt, aber auch einmal für die Qüzülbäs-Statthalter von Gilän-i Blyä-pls (Lähigän) und von Ardabll134). Iskandar Munsi135) kennt beim Tode 'Abbäs' I. (gest. 1038/1629) für folgende Provinzen Großbege: (1) Slrwän, (2) Qaräbäg, (3) Cuhür-i sa*d, (4) Äzerbäigän, (5) Qalam-rauy-i 'Ali Sakar, in Personalunion verbunden mit (6) c Iräq-i "Arab, (7) Kurdistan, (8) Luristän, (9) Färs, in Personalunion verbunden mit (10) Küh-Gilüyä, (11) Qandahär, (12) Herät, (13) Astaräbäd. Erst unter Sâh Safi (1038/1629—1052/1642) treten auch die Statthalter von Mashad und Marw als Großbege in Erscheinung. Einige Quellen vom Ende der Safawidenzeit billigen das Prädikat lal

) IM 139. ) Die Amtsbezeichnungen wurden dem Personennamen und der Rangbezeichnung nachgestellt. 1M ) AF, II 117bff.; veröffentlicht in: Ray, Humäyün in Persia 69ff. 131 ) Für Lähigän unter Tahmäsp I. : s.u. 8. 111 ; unter 'Abbäs I. : IM 451 ; für Ardabil: s. u. S. 41 Anm. 238. 138 ) Vgl. IM 1084ff. ; für Hamadän s. o. S. 10. 13i

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Großbeg schließlich auch dem Statthalter von Kirmän zu13e). Tazkiratu'l-mulük als einzige Autorität spricht sogar von einem Großbeg von Qazwln137). Die Unterstatthalter trugen auch in späterer Zeit die Amtsbezeichnung käkim, selten auch Chan oder Sultan138), je nach ihremRang. Um das Verhältnis des Unterstatthalters zum Statthalter der Großprovinz auszudrücken, nennen die Quellen einen Unterstatthalter auch: amlr-i täbin (untergeordneter Emir) und besonders in späterer Zeit auch: qôl-bëgî (Befehlshaber eines Heeresflügels)139). Für die Rangfolge der Großbege untereinander und für die Stellung der Statthalter zu den Hofemiren sind die in der safawidischen Kanzlei geläufigen Titel (lafz, auch 'unwän, laqab)140) aufschlußreich. Diese Titel gab es in gewissem Umfange natürlich auch in der frühen Safawidenzeit. Das Material ist aber zu dürftig, als daß man sich dazu äußern könnte. Wir geben im folgenden Teile eines Abschnitts aus einem ms«-Werk wieder, das zur persönlichen Unterrichtung Sah Safis angefertigt wurde141). Es handelt sich um die Aufzählung der Promulgationsformeln von Erlassen und besonders der dabei verwendeten142) Titel für jeden Beamten. An der Spitze aller Würdenträger bringt unser Traktat die Walis, deren Behandlung wir uns aber für einen besonderen Abschnitt aufsparen143). Dann kommen „die Emire, (die) zwei Rangstufen haben : Ersten Grades (sind) die Hofemire, die mächtigen Chane, die Großbege der behüteten Provinzen und die Emire, (die) Inhaber hoher Ämter (sind); der Befehlshaber der Reitergarde (qöröi-bäsl) beispielsweise (hat folgende Titel : (Anfangsgruppe)) : 'iyälat wa ëaukat13β ) Vgl. TM 8a und die georgischen Quellen (s. u. S. 89 Anm. 583). Andere Quellen (DS 63a, 175b; MT 57b. 60b) kennen auch am Ende der Safawidenzeit nur einen häkim-i Kirmän. 137) TM 7 b; Sanson 45f sagt, dor Stadthauptmann (därügä) von Qazwin sei der einzige, der in Persien die Vorrechte eines Chans habe; vgl. dazu u. S. 127 138 ) Meist nur, wenn der Name des Statthalters nicht genannt ist, gebraucht ; besonders in europäischen Quellen, aber auch in persischen (s. o. S. 11). 139) Vgl für qôl-bêgï: TM 44, Anm. 1; erstmals ist uns qôl-bëgî für das Pferdejahr 1039—40/1630—31 aufgestoßen (vgl. HuSi 33a), in MT und DS begegnet der Ausdruck des öfteren. 140 ) Diese Titel werden im Unterschied zu den Rang- und Amtsbezeichnungen dem Personennamen vorangesetzt. 141 ) InSä-Werk: Schrifttumsverzeichnis, Nr. 28; der hier zitierte Abschnitt ist ein Anhang zum eigentlichen Buche. 142) Wi r beschränken uns hier auf die Wiedergabe der Titel und ersetzen die eigentliche Promulgationsformel, die in einigen Fällen gegeben ist, durch drei Punkte. Die Titel werden übrigens oft auch in anderen Teilen der Urkunde 143 dem Namen eines Würdenträgers vorangesetzt. ) S. u. S. 84.

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panäh hiSmat wa fialälat-dastgäh (Hauptgruppe:) 1ällgähl (Schlußgruppe:) nizäman lil-iyälä wa'l-iqbäl fulän Hän qörci-bäSl'... Der Siegelbewahrer (muhrdär), Generalinspekteur (towäci-bäs!)144), Oberhofkämmerer (ëâik-âqâsl-bââï) und Oberreichsprofoß (dlwân-bëgî-bââï ) (werden) in derselben Weise (behandelt); gleichermaßen der Reichsfeldmarschall (sipahsälär), der Befehlshaber der Königsknappen (qullar-äqäsl) und der Befehlshaber der Büchsenschützen (tofangö!äqäsi), sofern sie den Rang eines Chans besitzen; anderenfalls (haben diese drei die folgenden Titel): 'rif'at wa iqbäl-panäh Hzzat wa igläldastgäh muqarrab al-hazrat al-'alzyä al-'äliyä al-häqäniyä fuläri... Die Großbege der Provinzen: (Die Titel) der Großbege von Horäsän, Färs, Bagdad, Qandahär und Slrwän werden auf eine (besondere) Art geschrieben, (d. h.) das Prädikat: amiru'l-umarä'i wird zu ihren Titeln hinzugefügt, z . B . (Anfangsgruppe) : 'iyälat wa Saukat-panäh hiSmat wa ubbahat-dastgäh (Hauptgruppe:) 'âlïgâh amïru'l-umarâ'ï (Schlußgruppe:) nizäman lil-iyälä wa'l-iqbäl fulän Hän bëglarbêgï-yi fulän mahalV. Die Großbege von Tabriz, Cuhür-i sa'd, Qaräbäg, Astaräbäd, MaShad, Marw, Küh-Gilüyä, Sahrä-zür, Qalam-rauy-i 'Ali Sakar und Luristän (werden) alle in folgender Weise (tituliert) : 'iyälat wa Saukatpanäh nasafat wa ubbahat-dastgäh 'äligäh nizäman lil-iyälä wa'l-iqbäl fulän Hän'. Die Emire zweiten Grades, (d. h. Chane und) große und kleine Sultane: Haben sie den Rang eines Chans, dann (bekommen sie) ein Prädikat weniger als die Großbege, z. B. 'iyälat wa hukümatpanüh kamälan lil-iyälä wa'l-iqbäl fulän Hän'... Große Sultane : 'imärat wa hukümat-panäh kamälan lil-imärä fulän Sultan'... Kleine Sultane : Hmärat-panäh kamälan lil-imärä (fulän Sultan)'... Emirsanwärter: 'imärat-Si'är fulän Bêg' oder: 'imärat-ma'äb fulän Bêg'"14S). 144

) Im Jahre 934 ordnen die towâëïyân das Heer vor der Schlacht (TIN 39b), bis in die Zeit Sâh Safïs hinein holen sie es auch aus den Provinzen zusammen (LT 27; AT 210; RS 413b, 467b; HB 213). Von der Mitte des 17. Jhd. ab besorgten letzteres die muhassilan (AN 215; DS 89b). 145 ) A. a. O., fol. 355b: umarä dü darafjä därand: daraijä-yi awwal·. umarä'-i dargäh-i mu'allä wa hänän-i 'ällqadr wa bëglarbëgiyân-i mamälik-i mahrüsä wa umarä'-i sähib-i mansab-i 'allyä; masalan: qôrèï-bâSï: iyälat wa Saukat-panäh hiSmat wa fjalälat-dastgäh 'âlïçjâhï nizäman lil-iyälä wa'l-iqbäl fulän Hän qôriïbäM ..., muhrdär wa towäil-bäSl wa ëSik-âqâsl-bâSl wa dlwân-bëgl-bâSl ba-hamln dastür ; sipahsälär wa qullar-äqäsl wa tofangil-äqäsl agar rutbä-yi hänl däStä bäiad ba-hamin dastür wa illä : rif'at iva iqbäl-panäh Hzzat wa igläl-dastgäh muqarrab al-hazrat al-'aliyä al-'ällyä (fol. 356a) al-häqänlyä fulän·, bëglarbëgïyân-i mamälik : bëglarbêgï-yi Horäsän wa Färs wa Bagdad wa Qandahär wa Slrwän ba-yak tarz niwiStä ml-Sawad wa lafz-i amlru'l-umarä'l izäfä-yi alqäb-i iSän ml-ëawad masalan : iyälat wa Saukat-panäh hiSmat wa ubbahat-dastgäh 'äligäh amlru'l-umarä'l nizäman lil-iyälä wa'l-iqbäl fulän Hän bëglarbëgl-yi fulän mahall; wa bëglarbëgl-yi

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Die Statthalter der Reichsprovinzen

Es folgen die Promulgationsformeln für den Hohenpriester (sadr), für Geistliche, Ärzte usw., für den Großwesir und die Provinzwesire. Den Abschluß bildet der Reichsfinanzrat (mustaufi al-mamälik), dem die übrigen niederen Kanzlei- und Hofbeamten folgen. Nur der Großwesir und der Reichsfinanzrat haben außer den soeben angeführten Emiren den Titel 'äligäh. Vergleicht man die Ausführungen dieses Traktats mit Urkunden und Urkundenkopien, so stellt man fest, daß diese schwülstigen Titel bereits zur Zeit Tahmäsps I. (930/1524—984/1576) bekannt waren und daß gewisse Abweichungen von den im Traktat gegebenen Mustern immer vorkamen. Bei der Anfangs- und Schlußgruppe konnten ein oder mehrere Glieder hinzugefügt oder weggelassen werden. Die Titel der Hauptgruppe aber standen nicht völlig dem Belieben der Schreiber anheim. Den Titel amïru'l-umarâ'î will unser Traktat nur fünf Großbegen zubilligen. In einer Urkunde von 1055/1645146) wird jedoch der Großbeg von Cuhür-i sa'd und in zwei Urkunden von 1057/1647147) und von 1133/1721148) werden die Großbege von Tabriz ebenfalls mit diesem Titel bedacht. Offenbar spiegelten (vielleicht erst in späterer Zeit) persönliche Verdienste der Betreifenden eine Rolle : Bei der Ernennung von Kalb-'All Hän Ziyâd-oglî Qägär zum Großbeg von Qaräbäg und Statthalter von Kähet (Kachetien) im Jahre 1106/1694 wurde ihm neben anderen Ehrungen „der erhabene Beiname: amlrvJlumarâ'ï"1*9) verliehen. Dem Großbeg von Küh-Gilüyä, Muhammad Zamän Hän, wurden anläßlich des Neujahrsfestes (1063/1653) großkönigliche Ehrengewänder gesandt. Beigefügt war ein „höchster Erlaß, Tabriz iva Öuhür-i sa'd wa Qaräbäg wa Astaräbäd wa MaShad-i muqaddas wa Marw-i Sähi-gän wa Küh-Gilüyä wa Sahrä-zür wa Qalam-rau-yi 'Ali Sakar wa Luristän hamagi ba-dastür M : iyälat wa ëaukat-panâh nasafat wa ubbahat-dastgäh 'äligäh nizäman lil-iyälä wa Ί-iqbäl fulän Hän·, daragä-yi säni-yi umaräsultänän-i hurd-u kalän: wa harkudäm rutbä-yi häni däitä bäiad yak fiqrä az bëglarbêgîyân kamtar masalan: iyälat wa hukümat-panäh kamälan lil-iyälä wa'l-iqbäl fulän Hän. . . . ; (fol. 356b) mltänän-i buzurg: imärat wa hukümat-panäh kamälan lil-imärä fulän Sultän. . . ; sultänän-i kü6ik: imärat-panäh kamälan lil-imärä . . . ; wa ba'zi ki muntaziru'l-imärä bäiand : imärat-Si'är fulän Bêg yä : imärat-ma'äb 14β fulän Bêg.... ) Pa, II Urk. 28. 147 ) Urk. im Besitz von Häggi Husain Nahöiwäni in Tabriz, nach einer Fotokopie von Prof. H. Roemer. 14e ) Ferman Sah Sultán Husains an Wachtang VI. in : Sovetskoe Vostokovedenie, 1957 (4), S. 127ff. 149 ) DS, fol. 53b: laqab-i wäläy-i amiru'l-umarä'i. In einem höchsten Erlaß aus dem folgenden Jahre (Chubua, Urk. 19) hat Kalb-'Ali Hän in der Hauptgruppe die Titel: 'äligäh amiru 'l-umarä' al-'izäm.

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verziert mit dem Prädikat : amtru'l-umarä" 150). Es gibt keinen Grund anzunehmen, daß der Titel amïru'l-umarâ nur in Krisenzeiten verliehen wurde161). Weit wichtiger aber war der Titel c äligäh . Von etwa 20 Urkunden, die uns bekannt sind und in denen Großbege mit Titeln erwähnt werden, sind nur zwei Urkunden ohne den Titel 'älitfäh 152). Für die Bedeutung dieses Titels spricht auch die Tatsache, daß Tazkiratu'l-mulük die Hof- und Staatsbeamten geradezu nach ihren Titeln einteilt. Die genannte Quelle unterscheidet „die mächtigen Emire, die den Titel äll$äh genießen" von den Würdenträgern mit dem Titel mtiqarrab 153).

l

Zu den Emiren, und nur mit diesen wollen wir uns hier befassen, gehören die Emire der Grenzmarken, d. h. die Walis, die Großbege und alle Unterstatthalter und 14 Hofemire154). Am Rande wollen wir zunächst vermerken, daß die Zahl der Hofemire gegenüber der Zeit Sah Safis (1038/1629—1052/1642) gewachsen ist. Unter den Hofemiren sind nun auch der Großwesir, der Reichsfinanzrat (mustaufi al-mamälik) und der Staatsgeheimschreiber (maglis-niwis) zu finden. Das ist bemerkenswert, weil die Inhaber dieser Ämter meist persischer Nationalität waren155). Mehr Bedeutung hat für uns aber die Tatsache, daß alle Emire, d. h. alle Statthalter und nicht nur die Großbege, am Ende der Safawidenzeit den Titel 'ältifäh führen. Die Aussage von Tazkiratu'lmulük wird in diesem Punkte durch einige Urkunden gestützt156). Wahrscheinlich ist das schon der Beginn der Abwertung, die der Titel lso) rf 362: raqam-i mubärak maShün ba-qaid-i amîru Ί-umardï; vgl. seine 1 M ) So vermutet Savory, Prov. Ad. 121, 128. Titel R F 371. 168 ) TM 6b, 30a. ) Busse, Urk. 7, 11. ) In der Praxis kam es indessen vor, daß einige dieser 14 Hofwürdenträger nicht den Emirsrang hatten. Hinsichtlich des qullar-äqäsi und des tofangilaqOM sagt d e s p i e r t e Traktat ja selbst, daß sie nicht Chan, d. h. wohl nicht Emir zu sein brauchten. Unter Sah Sultan Husain ζ. B. wissen wir, daß der dïwan-bëgï (DS 49a, 151a) und der n&zir-i buyütüt (DS 239a) zuzeiten nur den Rang eines Beg hatten. Ehrenhalber konnten andererseits auch Hofbeamte, die nicht zu den genannten 14 gehörten, den Titel 'äVüjdh bekommen, wie am Ende der Safawidenzeit gewöhnlich der sadr (DS 46a; TM 4af.) oder in DS 238b einmal der êéikOqäat-yi haram. l t l ) Persern stand normalerweise die Emirswürde nicht zu. Der Großwesir war allerdings am Ende der Safawidenzeit meist eine Persönlichkeit, die sich auf eine nichtpersische Stammesgruppe stützen konnte (Unter Sah Sulaimän: Saih 'Ali Hän Zanganä; unter Sah Sultan Husain: Fath-'Ali Hän Dägistäni und Muhammad-quli Hän Sämlü). 1M) 'Âlïfiâh findet sich für einen Statthalter von Nahèiwân (Urkundensammlung, Lit.-Verz., Nr. 11, Urk. vom Ragab 1124), der Bahtiyârï (ibid., Urk. vom Ragab 1110), von Söätar (DS 128b), von Mugänät (Chubua, Urk. 24). 1H

1M

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Die Statthalter der Reichsprovinzen

'üllfiäh später in der Qägärenzeit erlebt157). Nur einmal findet sich in der Hauptgruppe neben 'ältgäh und amïru'1-wmarâ ein dritter Titel, gebraucht für einen Heerführer (sardär) und Großbeg von Äzerbäigän : süfi-zädä-yi qadïm-i händän-i wiläyat-niMn15s). Welche Ämter und Titel zur Teilnahme an der Hofversammlung berechtigten, läßt sich aus persischen Quellen nicht entnehmen. c) Die B e s t a l l u n g Die Ernennung von Statthaltern aller Grade war ein ausschließliches Recht des Herrschers und erfolgte durch großköniglichen Erlaß. Damit ist nicht gesagt, daß der Schah dieses Recht in allen Fällen selbst wahrnahm. Er konnte es einem Hofbeamten überlassen. Bekannt ist beispielsweise, daß Ismâ'il I. im Jahre 920/1514 den seinerzeitigen näzir des Großdiwans159) mit dieser Aufgabe betraute. Sah Ismâ'il I. (907/1502—930/1524) ließ den Statthaltern der Großprovinzen anscheinend allgemein das Recht, ihre Unterstatthalter selbst zu ernennen. Für das Jahr 928/1522 erfahren wir aus Habïbu'ssiyar, daß der Statthalter von Herat in Horäsän offenbar nach eigenem Befinden Unterstatthalter einsetzte. Der bei dieser Gelegenheit in Mashad abgesetzte Emir zog, über seine Abberufung erbost, zum Hofe. Als das dem Schah zu Ohren kam, wurde der Emir nach Horäsän zurückgeschickt, bevor er noch bei Hofe eingetroffen war. Er sollte dem Befehl des Statthalters von Herät unterstehen. Der erwies ihm auch bald seine Gunst, so heißt es in Habibu's-siyar abschließend, und gab ihm eine der Provinzen Horäsäns160). Nach der Thronbesteigung Tahmäsps I. (930/1524) heißt es in dem Bestätigungsdiplom für Dürmiä Hän, Statthalter von Horäsän, die Statthalter (hukkäm), Vögte (därügagän) usw. „sollen wissen, daß er befugt ist, sie zu berufen und abzusetzen"161). Später scheinen die Befugnisse der Großbege beschränkt worden zu sein. Interessant ist, was spätere Quellen, die ja alle aus Habïbu's-siyar schöpfen, über die Verhältnisse in Horäsän zur Zeit Sah Ismä'Ils I. wissen. In Ahsanu't-tawärlh verlautet, daß der 157 ) Vgl. TM 114; Minorsky deutet die entsprechende Stelle in TM wohl nicht richtig, wenn er meint, nur 14 Würdenträger hätten in der Safawidenzeit den Titel 'âlï^âh geführt. 158 ) In dem o. S. 22 Anm. 148 genannten Ferman an Wachtang VI. 15B ) Vgl. LT 29. Näzir-i dlwän-i a'lä war die Amtsbezeichnung des damaligen leo wakïl (vgl. Savory, Principal Offices, I 97). ) HS 384. l lel ) Auszugsweise zitiert in MH 119a: . . . . ba-nasb-i ü mansüb wa ba- azl-i

ü ma'zül dänand.

Die Bestallung

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Statthalter von Herat die Unterstatthalter auf Anweisung (ba-isärat) des Schah einsetzte 182 ). Huläsatu't-tawärih, gegen Ende des 16. Jh. verfaßt, sagt vom Statthalter von Mashad, daß er durch Erlaß (bahukm) Sah Ismâ'ïls I. und mit Billigung (ba-istiswäb) des Statthalters von Herat amtierte 183 ). Auf dasselbe laufen dann die Angaben vom Ende der Safawidenzeit hinaus, wonach die Unterstatthalter auf Antrag (ba- ( arz) der Großbege (vom Schah) bestallt und abgesetzt wurden 164 ). Hatte in späterer Zeit ein Großbeg das Recht, seine Unterstatthalter selbst einzusetzen, so fassen die Quellen das als Ämterhäufung auf. Der Großbeg hatte dann alle diese Statthalterschaften in Personalunion. Die Unterstatthalter waren lediglich seine Vögte (därügä). Wir erwähnten bereits 165 ), daß Imâm-qulî H ä n eine ganze Reihe von Statthalterschaften auf sich vereinigte. Iskandar Munsi sagt, daß er „die ihm untergebenen Emire, die (für ihn) regierten, nicht namentlich kenne, weil deren Bestallung und Absetzung dem Gutdünken dieses Großbegs anheimgegeben sei" 166 ). War der Herrscher minderjährig oder zeigte er wenig Teilnahme an Regierungsdingen, so wurde er bei der Vergabe der Statthalterschaften von den jeweils mächtigsten Qïzïlbâs-Emiren überspielt. Das war zu Beginn der Zeit Tahmäsps I. (930/1524—984/1576) und von der Thronbesteigung Sah Muhammads (985/1578) bis in die ersten Jahre der Regierungszeit Sah 'Abbäs'I. (995/1587—1038/1629) hinein der Fall 167 ). Bisweilen spielten hier natürlich auch die Frauen des Großkönigs die entscheidende Rolle 188 ). In der späteren Safawidenzeit machte sich dann auch bei der Ernennung der Statthalter in immer stärkerem Maße der Einfluß der Eunuchen geltend 169 ). Solange die Statthalter sich ausschließlich aus den Reihen der Qïzïlbââ-Emire rekrutierten, konnte die grundlose Abberufung eines Statthalters zu Unruhen unter den Qïzïlbâs führen. Mit der Entmachtung der Qïzïlbâs waren die Voraussetzungen f ü r eine Günstlingswirtschaft gegeben : Früher, so berichtet eine armenische Quelle vom Ende der Safawidenzeit, wurden Statthalter, Wesire usw. nicht so le3 lez) AT 176. ) HT 73b. 184) Ygi TM 7 a. Unter Sah Sulaimän erbittet ('arz wa istid'ä kardari) ein Großbeg Statthalterschaften für diesen oder jenen Chan oder Beg, woraufhin ein höchster Erlaß ergeht (vgl. R F 362f). le6 1ββ ) S. o. S. 10. ) IM 1088. 187) Ygj Tiff 36 a j 43 b, wo das für Tahmäsp I. gut zum Ausdruck kommt, les und IM 381 für 'Abbäs I. ) Unter Ismâ'il I. : GA 286 b. 1ββ ) Über die Rolle der Eunuchen bei der Ernennung von Statthaltern unter Sah Sultan Husain vgl. Hanway II 103f.

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Die Statthalter der Reichaprovinzen

leicht ausgetauscht, sondern lediglich auf Grund von Klagen. Zur Zeit Sah Sultan Husains (1105/1694—1135/1722) hingegen sah ein und dieselbe Stadt oder Provinz innerhalb eines Jahres mehrere Statthalter. Da sie die Regierung durch Geschenke erhalten hatten, suchten sie nun ihrerseits, sich an ihren Untertanen schadlos zu halten170). Neben den europäischen Reisenden klagt auch Magma'u't-tawärih über diese Verfallserscheinungen : Die Hofbeamten waren derart gierig, daß sie von allen Provinzbeamten, die mit einem Auftrag (hidmat) oder einer Statthalterschaft (hukümat) beehrt wurden „Bestechungsgelder unter dem Vorwand der Ämterpachtgebühr annahmen"171). Zahlte einer ein höheres Bestechungsgeld, so vertraute man diesem den Posten an, auch wenn ein anderer bereits Bestallungsurkunde und Ehrengewand empfangen hatte und losgezogen war und man ihn von unterwegs zurückholen lassen mußte. ,,Das war wie ein Circulus vitiosus. Fortwährend blühte der Ämtermarkt"172). War der Anwärter auf eine Statthalterschaft noch kein Emir, so bekam er zunächst das Emirat, d. h. die Befehlshaberschaft über einen Stamm oder eine Sippe. Trommel und Standarte (tabl-u 'alam) wurden gewöhnlich als Insignien übergeben. Bisweilen sprechen die Chroniken in solchen Zusammenhängen auch von Standarte und Kesselpauke ('alam-u naqqärä). Soll man hierin eine höhere Form der Auszeichnung sehen? Wohl kaum. So erfahren wir, daß Tahmäsp I. (930/ 1524—984/1576) dem Statthalter der nicht allzu bedeutenden Statthalterschaft Sarahs und Züräbäd anläßlich der Bestallung „Standarte und Kesselpauke, arabische Pferde, Gürtel, juwelenbesetztes Schwert, Federbusch und die übrigen Paraphernalien des Emirats" übersandte173). Eine Chronik verwendet überdies den arabischen Ausdruck : tabl-ulalam als Synonym von tüq wa naqqärä11*). Daß es unterschiedliche Insignien gab, bezeugt Sanson, der berichtet, daß die Walis und die Chane je nach der Bedeutung ihrer Statthalterschaft bis zu zwölf lange Posaunen (karranä) besaßen, die sie nebst Oboen, Trommeln und Kesselpauken bei bestimmten Gelegenheiten aufspielen ließen. Die untergeordneten Statthalter mußten sich mit Trommeln, Kesselpauken 17°)

m)

Brosset, Collection I I 204.

MT 52b: mablag-hä ba-tarïq-i nazränä wa ruiwä az än-iahs ba-'unw&n-i taqabbul mlgiriftand. 172) ibid. : ba-qä'idä-yi daur-u tasalsul paiwastä bäzär-i tagyir-u tabdïl-i 'ummäl däyir-u rüyiij büd. 173) HT 227 b: 'alam wa naqqärä wa aspän-ί Täzi wa Jcamar wa Samiïr-i murassa' wa giqä wa sä'ir-i asbäb-i imärat. "*) TIN 22 a, 29 a.

Die Bestallung

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und Oboen zufrieden geben175). Ein Paukenhaus (naqqärä-hänä) konnte der Schah je nach Laune übrigens auch Privatleuten schenken. So einem Rechtsgelehrten von Süstar, der dann „morgens und abends nach Art der mächtigen Chane die Trommeln der Herrschaft schlug" 178 ). War der künftige Statthalter bereits Emir, so bekam er nur das Bestallungsdiplom und ein Ehrengewand, eine hil'at. Dieses Wort, auch im Plural, meist in der Form hilä'-i fühirä (kostbare Ehrengewänder), gebraucht, bezog sich nicht nur auf Kleidungsstücke, sondern oft auf eine ganze Reihe von Gegenständen, wie Pferde, Waffen usw.177) Alle Safawidenherrscher huldigten dem Brauche, ihren Emiren ehrende Beinamen (laqab) als Zeichen besonderer Gunst zu verleihen. Oft wurden solche Namen auch bei der Bestallung eines Statthalters vergeben. Hier seien nur einige Fälle angeführt, die besonderes Interesse verdienen : Sah Muhammad gab im Jahre 985/1578 Kâèân an Muhammad Sultan Turkoman, erhob ihn in den Rang eines Chans und beehrte ihn mit dem Beinamen „Gesellschafter" (musähib) 178 ). Dasselbe Prädikat bekam unter 'Abbäs II. (1052/1642—1077/1666) der seinerzeitige Oberhofjäger (amlr-Sikâr-bâëï) zusammen mit der Statthalterschaft Astaräbäd 179 ). Besonders oft durften sich Angehörige der QägärenSippe Ziyäd-ogli, aus der beinahe alle Statthalter von Qaräbäg hervorgingen, dieser Auszeichnung erfreuen 180 ). Musähib wurde im Namen geführt, war aber nicht erblich. Ein solcher Name konnte aber erblich werden, wie ζ. B. der Name Ziyäd-ogli. Sâh Ismä'Il I. hatte den Ummat Beg so benannt, dessen Vater sich samt seiner Sippe aus Anatolien unter Ismä'ils Fahnen eingefunden hatte 181 ). Im Jahre 985/1578 wurde der AfSären-Statthalter von KühGilüyä durch Sah Muhammad im Amte bestätigt. Er bekam die Anrede „Papa" (bäbä), mit der allein ihn der Schah hinfort ansprach 182 ). 'Abbäs I. (995/1587—1038/1629) verlieh diese vertrauliche Anrede, als er Gang-'Ali Hän Zïk zum Statthalter von Kirmän ernannte. Dessen Sohn und Nachfolger titulierte er „Zweiter Papa" (bäbäy-i sani)183). Im 1,s

) Sanson 44. ) Taz 40 b: dar subh wa Mm ba-dastür-i hawänin-i Hzäm naubat-i daulat 17S mi-küft. "') S. u. S. 85. ) HT 278a. «·) AN 140. 18 °) Zur Zeit Tahmäsps I.: AF, II 257 a; zur Zeit 'Abbäs' I.: IM 458, 533; zur Zeit Sah Safis: HB 177 ; Kalb-'Ali Hän Ziyäd-ogli bekam im Jahre 1106/1694 anläßlich seiner Bestallung im Amt seiner Väter neben anderen Ehrungen auch diesen Beinamen (DS 53 b). Seine Siegelinschrift unter einer Urkunde bei Chubua (Urk. 18) lautet: Az karam-i ëàh-i Husainï-nasab Kalb·'All yaft musähib laqab. lei) Vgl ¿¡e k u r z e Geschichte der Familie Ziyäd-ogli in HuSi 177a—182a. 183 «s) HT 278 b. ) RS 382 a; IM 1041. 1,β

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Die Statthalter der Reichsprovinzen

Namen wurde diese Anrede nicht geführt. Sie hatte nichts mit einer Adoption zu tun. Bei einer Adoption erhielt der Betreffende den Beinamen oder die Anrede (hitäb) „Prinz" (farzand). Derartiges ist uns mit Bezug auf Qïzïlbâ§-Emire nur zweimal gegen Ende des 16. Jh. aufgestoßen, als die Großkönige Spielbälle in den Händen der Reichsgroßen waren184). Wir werden auf die Adoption im Zusammenhang mit den Walis noch zurückkommen185). Eine der Verleihung von Beinamen verwandte Erscheinung war die direkte Namensverleihung. Sie ist besonders oft für das Ende der Safawidenzeit belegt: Ein Würdenträger oder Statthalter erhielt bei der Bestallung186) einen neuen Namen, unter dem er fortan in den Quellen auftritt. So bekam beispielsweise im Jahre 915/1509—10 Muhammad Sufraö! Ustäglü die Statthalterschaft Tabriz und den Namen (laqab) Cäyän Sultan187), Dûrmîâ Hän im Rinderjahr 1108—09/ 1697 die Statthalterschaft Qandahär und den Namen (ism) Mansür Hän 188 ). Mahmüd, der Sohn des rebellischen Afgänen-Fürsten Mir Wais in Qandahär, wurde sowohl mit einem Namen als auch einem Beinamen geehrt: Nach Magma'u't-tawärih sandte er eine Ergebenheitsadresse an den Schah. Vom Hofe aus verlieh man ihm „die Anrede Husain-qull Hän und den Beinamen 'Sufi mit lauterem Herzen' (Sûfï-yi sâfî-zamîr), schickte ihm Ehrengewand, Roß, Schwert und das Bestallungsschreiben für die Statthalterschaft Qandahär" 189 ). Wenig später war es Mahmüd, durch den die Safawidenherrschaft ihr Ende finden sollte. d) Ä m t e r h ä u f u n g e n Eine Statthalterschaft konnte sich mit anderen Ämtern verbinden. Das waren mitunter Ämter, die der Statthalter persönlich ausüben konnte, wie der Posten eines Heerführers oder Schreinhüters. Diesen Fällen wollen wir uns aber im Zusammenhang mit den Befugnissen des Statthalters widmen190). In diesem Abschnitt wollen wir über Statthalterschaften als Apanagen zu Hofämtern sprechen. 184

) Vgl. IM 290, 462 ( = HT, Ed. Müller, S. 70). Tahmäsp I. erwähnt in seinen Memoiren (Mem 604), er habe einen Qïzïlbâs-Emir Sohn (pasar) genannt. 185 Ist das eine Adoption? ) S. u. S. 86. 18e ) Selten kommt die Namensverleihung unabhängig von einer Bestallung, nur in Verbindung mit einem Ehrengewand, vor: AN 166 ( = H B 191b). 187) HT 45a. Nach LT 20 gaben ihm seine Gefolgsleute (naukarän) diesen 188 Namen. )DS151a. 18») jjjx 55 a: ... ü-rä muhätab ba-hitüb-ί Husain-qulï Hän wa mulaqqab balaqab-i Sûfï-yi sûjï-zamïr numüdä hil'at wa asp wa iamSïr wa raqam-i hukümat-i 190 Qandahär baräy-i ü irsäl numüdand. ) S. u. S. 45 u. 72.

Die soziale Herkunft der Statthalter

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Eine Reihe von Bezirken des Persischen 'Iraq wurden vorzugsweise an Hofemire gegeben. Iskandar Munsi berichtet, daß bei der Verteilung der Provinzen nach dem Regierungsantritt Sah Muhammads (985/1578) „die meisten Bezirke des (Persischen) 'Iraq an die Hofemire verteilt wurden" 191 ). Nach allem, was wir wissen, waren in der frühen Safawidenzeit nicht bestimmte Statthalterschaften bestimmten Ämtern vorbehalten. Später war dies, was einige Ämter anging, gewiß der Fall. Seit Beginn des 17. J h . spätestens war die Statthalterschaft Rayy mit dem Amt des Oberhofkämmerers (ësik-âqâsï-bâsï) verbunden. Am Ende der Safawidenzeit hatte gewöhnlich der Befehlshaber der Reitergarde (qôrcï-bâsï) Käzarün (bei Siräz), der Befehlshaber der Königsknappen (qullar-äqäsi) Gulpäyagän, der Befehlshaber der Büchsenschützen (tofangcî-bâsî) Abarqüh und der Reichsgeschützmeister (töpci-bäsl) Saft (in Gïlân)192). Die übrigen Bezirke des Persischen 'Iräq unterstanden ja seit Beginn des 17. Jh. der Domänenverwaltung. Von den Großprovinzen wird Äzerbälgän schon im 16. Jh. in Verbindung mit einem Staatsamt angetroffen: Der Statthalter von Äzerbälgän war schon unter Ismä'Il I. zumindest zeitweise, später aber beinahe regelmäßig Reichsfeldmarschall (amlru'l-umarä, sipahsälär) 193 ). Im 17. J h . verbanden sich eine Reihe von Großprovinzen mit Hofämtern, vgl. dazu die Statthalterliste im nächsten Abschnitt. Chardin berichtet, daß niemand wagte, sich in einem Hofamt vertreten zu lassen 194 ). Huläsatu't-tawärih erwähnt beispielsweise unter 985/1577, daß der seinerzeitige Siegelbewahrer (muhrdär) in diesem Jahre erstmals seine Statthalterschaft Qumm aufsuchte, die er seit 20 Jahren innehatte 195 ). Aber auch die Großprovinzen scheinen in den oben genannten Fällen nur eine Apanage zum Hofamt gewesen zu sein. So heißt es von einem Oberhofjäger (amir-sikär-bäsi) und Statthalter von Küh-Gilüyä, daß er die 11 Jahre seiner Amtszeit als Statthalter Vertreter (nä'ib wa gänisin) in seine Provinz (olkä) schickte. Es war ihm wegen der übergroßen Gunst, in der er beim König stand, nicht möglich, selbst zu kommen 196 ).

e) D i e s o z i a l e H e r k u n f t d e r S t a t t h a l t e r Wenn Kaempfer uns berichtet, daß der Schah, außer was die Walis anging, hinsichtlich der Auswahl seiner Statthalter „völlig ungebunden" war 197 ), so trifft das f ü r die frühe Safawidenzeit nur beln

m ) IM 227. ) TM 86 b. ) Savory (Prov. Ad. 122) bezweifelt diese Tatsache zu Unrecht. 1M 1β5 18β 1β7 ) Chardin V359. ) H T 268b. ) R F 360. ) Kaempfer 129. 193

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Die Statthalter der Reichsprovinzen

dingt zu. Die Statthalter rekrutierten sich bis zur Zeit 'Abbas' I. beinahe ausschließlich aus der Aristokratie der Qïzïlbâà-Stâmme und einiger anderer Stammesgruppen198). Ausnahmen wurden schon mehrfach erwähnt 199 ). Unterstatthalterschaften wurden manchmal Führern einheimischer Nomadenstämme überlassen, ähnlich wie man in Georgien ζ. B. das einheimische Königshaus mit der Herrschaft betraute. Das muß also im Zusammenhang mit der Frage der Walis gesehen werden. Interessanter sind Fälle, in denen der Schah solche Posten an (meist) einheimische Sayyids (in der Regel Großgrundbesitzer) gab, die bei solcher Gelegenheit Emire wurden. Sie führten aber nur die Rangbezeichnung „Sultan", und manche werden überhaupt nie mit Rangbezeichnung erwähnt. Wir wollen hier die Statthalterschaften, von denen wir sicher wissen, daß sie im 16. Jh. zeitweise unter Sayyids iranischer Herkunft waren, lediglich nennen : Hillä mit Rumähiyyä 200 ) ; Yazd mit(?) Kasan und öurbädagän und Siräz201) ; Herät-rüd 202 ) ; Sarahs mit Züräbäd 203 ); Qal'ä-yi Dar-äb (in Sïrwân)204); Säl-waMustän (in Qandahär)205) ; Sabzawär206) ; Süstar 207 ); Simnän208). Derartiges mag auch im 17. und 18. Jh. vorgekommen sein, war jedoch später nicht verwunderlich, da der alleinige Anspruch der Qïzïlbâs auf die „Ämter des Schwertes" sowieso nicht mehr bestand. Im 16. Jh. waren die Qïzïlbâàstâmme die militärischen Träger des Safawidenstaates 209 ). Zeiten, in denen der Schah die Zügel der Regierung nicht fest in der Hand hielt, waren Perioden überwiegenden Einflusses der jeweils mächtigsten Qïzïlbâs-Fûhrer auf die Reichspolitik, Perioden, die immer auch von Rivalitätskämpfen zwischen den einzelnen Stämmen erfüllt waren210). Statthalter, die nicht unmittelbar in die Machtkämpfe eingriffen, erklärten sich für selbständig, wenn sie mit der Hegemonie dieses oder jenes Stammes unzufrieden waren. Erleichtert wurde all das durch die Tatsache, daß einige Provinzen oft lange Zeit hindurch unter Statthaltern eines bestimmten Stammes waren und gleichsam als Domäne ebendieses Stammes angesehen wurden. Färs war seit der Eroberung durch Sâh Ismâ'ïl I. im Jahre 909/1503 bis zum Pferdejahre 1002—03/1594—95 in den Händen des Stammes Zülqadr. Küh-Gilüyä war spätestens seit Beginn der Zeit 1M

wird.

) Vgl. TM 14, wo Iskandar Munsis Liste der Emire Tahmâsps I. erläutert 20 "») S. o. S. 14 . °) H T 42b; GA 287b. 201 ) Alle Quellen. Dickson (11 Anm. 2) äußert gewisse Zweifel. 202 2 3 2 4 2 5 ) S. u. S. 54. ° ) HT 226bff. ° ) HT 233a/b. ° ) ibid. 20e 2 7 2 8 ) HIQ, II 288. ° ) HT 280b. ° ) H T 297a. 2 °») Vgl. TM 188. 21 °) Für diese Kämpfe unter Tahmäsp I. : Savory, Principal Offices I I 65,71.

Die soziale Herkunft der Statthalter

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Tahmäsps I. (930/1524) bis zum Affenjahre 1004—05/1596—97 und Kirmän seit ebendieser Zeit bis zum Jahre 1000/1592 unter AfsärenStatthaltern. Auch cAbbäs I. hatte zu Beginn seiner Regierungszeit den Qïzïlbâs gegenüber keine freie Hand. Bezeichnend dafür ist, was Iskandar Munäl die Emire sagen läßt, als sie kurz nach der Thronbesteigung (995/1587) beim Schah protestierten, weil Mursid-qull Hän Ustäglü, der Stellvertreter (wakil) des Schah, die Staatsgeschäfte alle nach eigenem Befinden erledigte. Man solle, so verlangten sie u. a., „an zwei Tagen der Woche Staatsrat (dlwän) halten, wo die mächtigen Emire zusammenkommen und Fragen, (die mit) der Provinz und dem Heeres(kontingent) jedes Stammes (zusammenhängen), mit Gutdünken und Billigung der Weißbärte (rïs-safïd) des Stammes entschieden werden (sollten)"211). Und noch ein Beispiel sei angeführt. Im Jahre 996/1588 entledigte sich der Schah seines Stellvertreters Mursid-qull Hän. Bei dieser Gelegenheit ersetzte er auch dessen Bruder Ibrahim Hän, der Statthalter von Mashad war, durch Bödäq Hän Ciganl. Da entflammte bei den Ustäglü „der Fanatismus des Stammesgeistes"212). Mashad gehöre den Ustäglü, räsonierten sie. Wenn auch Mursid-qull Hän und Ibrähim Hän untauglich gewesen seien, sei denn nun keiner aus ihrem Stamme mehr da, daß man Mashad an den Angehörigen eines anderen Stammes gebe? Auf ihr Drängen hin machte der Schah seinen Entschluß rückgängig und ernannte wieder einen Ustäglü für Mashad. Obwohl Anzeichen vorhanden sind, daß bereits Tahmäsp I. (930/ 1524—984/1576) sich bemühte, den Einfluß der Stammesaristokratie durch Bevorzugung fremdvölkischer Elemente zurückzudrängen213), so wurde doch der entscheidende Schritt in dieser Richtung erst durch 'Abbäs I. unternommen. Selbst durch einen revoltierenden Statthalter auf den Thron gehoben, hatte er es sich zum Ziel gesetzt, hinfort den Unabhängigkeitsgelüsten der Stammesaristokratie durch die Schaffung einer Truppe von Königsknappen (qullar) zu wehren. Die Rolle der Königsknappen ist bereits in wissenschaftlichen Veröffentlichungen untersucht worden.214). Wir wollen hier nur weniges ergänzen. Der persische Renegat Don Juan deutet in seinem Bericht an, daß 'Abbäs I. die Truppe der Königsknappen schon kurz nach seiner 211

212 ) IM 383. ) HT 411 b : ta'a$sub-i öimOqiyyat. ) Vgl. Savory, The Principal Offices I I 85; ferner: derselbe, Thesis 246. a ") TM 16—19; Lang, Georgia and the Fall 523—39. 213

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Die Statthalter der Reichsprovinzen

Thronbesteigung (995/1587) schuf 215 ). Das können wir durch eine persische Quelle stützen 216 ). Rauzatu's-Safawiyä bringt unter den Ereignissen des Jahres 998/1590 einen Bericht über die Schaffung der Truppe der Königsknappen, deren Angehörige später in immer stärkerem Maße auch als Statthalter Verwendung finden sollten. Weil die Streitigkeiten der Qïzïlbâs-Emire das Reich an den Rand des Verderbens gebracht hätten, so erzählt unsere Chronik, ordnete c Abbäs I. an, „man solle die mächtigen Emire aus den Angehörigen verschiedener Völkerschaften rekrutieren und ihnen keine Beziehung zu ihrer Sippe lassen. Nach dem Muster der qörcl — man nennt einen Hofgefolgsmann des persischen Großkönigs (muläzim-i hässä-yi pädisäh-i Qïzïlbâs) qörcl und ihren Führer qörci-bäSi — sammelte er zahllose Andersgläubige und Schutzbefohlene, Tscherkessen, Georgier und Armenier, und überließ ihnen den größten Teil der Regierungsgeschäfte und wichtigen Angelegenheiten der bedeutenden Städte und Provinzen" 217 ). Gleichzeitig, so erfahren wir fernerhin aus der Chronik, schuf der Schah das Amt des Befehlshabers der Königsknappen (qullaräqäsl), das zuerst „einem gewissen" Yöl-qull Bëg, nach dessen Tode aber dem Allâh-wërdï Bëg anvertraut wurde. Letzterer wurde bei seiner Ernennung mit Trommel und Banner (tabl-u c alam) und dem Chansrang (laqab-i hänl) geehrt. Dann gab er ihnen einträgliche Militärlehen und Gehälter (iqtä'ät wa idrärät-i c umdä) und beauftragte einen eigenen Wesir und Finanzrat (wazîr wa mustaufï-yi häss) mit der Regelung ihrer Angelegenheiten. „Die Königsknappen (gulämän) sind jetzt", so schließt unsere um das Jahr 1025/1616 abgefaßte Chronik, „der wesentliche Teil des kampfesfreudigen Heeres des persischen Großkönigs" 218 ). 215 ) Don Juan of Persia, ed. G. Le Strange, London 1926 (Broadway Travellers), S. 209. Wie Lang (Georgia and the Fall 525) allerdings die Jahresangabe 1588 für die Reform 'Abbâs' I. aus dieser Stelle entnimmt, ist unverständlich. 216 ) Minorsky (TM 31) meinte, persische Quollen enthielten, soweit bekannt, keinen Bericht über die Reform und ihren Zeitpunkt. 217 ) RS 371b; hier zitiert nach der Londoner Handschrift (B.M., Ms. or 3388) fol. 292 b: . . . qarär farmüdand ki umaräy-i Hzäm az tawa'ij-i muhtalifä-yi mutanawwi'ä muläzim ihtiyâr farmàyand wa madär bar ölmäq-i hwls na-guzärand wa bar misal-i qörcl hi muläzim-i hässä-yi pädisäh-i Qïzïlbâs-râ ba-än-n&m mlnämand wa ra's(-u)ra'ïs-i îsân-râ qôrcî-bâsï az zimmï wa zïnhârï-yi Caräkisä wa Gurgiyyä wa Araminä 'abïd-u hadarn bilä nihäyä gam,' äwurdä aksar-i hukümat wa muhimmät-i bilád-u wiläyät-i 'umdä bar näm-i iqtidär-i Isän bäz guzäst. 218 ) ibid. madär-'alaih-i sipäh-i razm-hwäh-i pädiiäh-i Iran al-häl gulämän and. Das Jahr 1026 wird fol. 403b als Zeitpunkt der Abfassung gegeben.

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Die soziale Herkunft der Statthalter

Nach Iskandar Munsi waren unter den 92 „mächtigen Emiren", die zur Zeit des Todes 'Abbäs' I. (gest. 1038/1629) am Leben waren, 21 Königsknappen. Betrachten wir die Verteilung der Großstatthalterschaften (ohne Kurdistan und Luristän, mit Kirmän), also der militärischen Schlüsselstellungen, so waren beim Tode 'Abbäs' I. von 14 Großprovinzen 8 und beim Tode Sah Safïs von 11 Großprovinzen 3 in den Händen von Königsknappen. Für die Zeit 'Abbäs' II. haben wir keinen solchen Stichtag. Wir können nur sagen, daß von den 37 unter seiner Herrschaft neu ernannten Großbegen, von denen wir Kunde haben, 23 sicherlich und 2 mit großer Wahrscheinlichkeit Königsknappen waren. Als erste Provinz kam im Schafsjahre 1003—4/1595—6 Färs an einen Angehörigen dieser Truppe. Für Herät ist uns kein Königsknappe als Statthalter vorgekommen (geprüft bis Ende 1075/Anf. 1665). Dagegen hatte aber Astaräbäd seit dem Drachenjahr 1012—3/1604—5 immer (geprüft bis zum Jahre 1075/1664—65) einen guläm. Für alles Weitere die beigefügte Liste. Das Thema Königsknappen ist damit natürlich noch nicht ausgeschöpft. Neben der Vervollständigung unserer Liste wäre es eine besondere Aufgabe, die innere Zusammensetzung dieses Korps zu untersuchen 219 ).

Die Großbege unter 'Abbäs I., Sah SafI und Sah 'Abbas II. (Die Namen der Königsknappen sind kursiv gedruckt) SIRWÄN

i_i 2 ¿ J_ ^ g g w

QARÄBÄßr

ÖUHÜR-I SA'D

Erobert Anfang 1013, Erobert Pferdej. an: 1014—5, an: Amïr Günä Hän Qägär Erobert Anfang 1016, Muhammad Hän b. an: Halli Hän Ziyäd-ogli. Zülfiqär Hän QarämänMursid-qull Hän, lü. dessen Sohn. ab Hundej. 1019 an: Yüsuf Hän, mîr-àikâr- Muhammad-quli Hän, bäsl (IM 1040) dessen Bruder. ab Hasenj. 1036—7 an: Qazüq Hän Carkas Däwud Hän b. AllahTahmäsp-quli Hän

2i») Irgendwo ist uns ein Angehöriger des Zanganä-Clans als Königsknappe aufgestoßen. 3 Böhrbom

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Die Statthalter der Reichsprovinzen

(IM 1088) wïrdï Hän (IM 1088) Qägär, dessen Sohn IM ì- co Schweinej. 1044—5 a n : 'S =1 QQ· Im Hühnerj. 993—4 t> Hän, qullar-äqäel, amir-äikär-bäSi Durün (HB 240) •S ή° Λ (AN 322) a Pir Büdäq Hän Purnäk Turkoman Tigerj. 1072—3 an: Gargäsb(l) Bëg (alias Man§ür Hän), Ende 1074 an: dessen Bruder (HB 240) Muhammad Zamän Hän b. Qazäq Hän (RF 361) MASHAD

ASTARÄBÄD

Im Schafsj. 901—2 wird Ab 996 an: Mursid-quli Hän Ustäglü bestätigt. Badr Hän Afsär, mit Bistäm. Ibrahim Hän Cäwuälü Ustäglü. 'Ilyär Hän Imür(í) (Turkmene). Büdäq Hän Öigani (nur Tage!). Muhammad-yär Hän, dessen Sohn. Ummat Hän Ustäglü Qalig Hän, Bruder Muhammad-yär Häns . 00 Farhäd Hän Qarämänlü m m 997 özbekisch, wiedererobert 1006, ·» ι2 an: ice Husain Hän Ziyäd-ogli Qägär. Büdäq Hän öigani. •5 frühestens Drachenj. 1012—3

σ> Qandahär ab Schafsj. 1003—4: Allah-wërdï Hän, qullar-äqäsi, Tahmäsp-quli Hän Tarhän Turkoman später mit Küh-Gilüyä. Amir Hân b. Rustam Sultän Söglän Imäm-quU Hän, dessen Sohn

m m· ab 1042 Krongut «o 50 u Η «o

Ρ
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Die Statthalter der Reichsprovinzen

Sirwän, Äzerbäigän usw.342). Leider können wir in den wenigsten Fällen sagen, ob der Statthalter die gleiche fiskalische Selbständigkeit genoß wie in den geschilderten Beispielen. Der Statthalter ließ in jedem Falle seine Finanzangelegenheiten durch einen Wesir erledigen. Durch die Einführung zentral bestallter Statthalterwesire verschwand vermutlich der Ausdruck Lehen (tiyül, iqtä1) für Provinzstatthalterschaften. In der späteren Safawidenzeit findet er sich in der Regel nur für kleinere Gebiete oder auch nur für einen Steuerbetrag zur persönlichen Entlohnung eines Emirs343). Keiner der europäischen Reisenden aus der zweiten Hälfte des 17. Jh. spricht, soweit uns bekannt, davon, daß die Provinzen Lehen der Statthalter waren. Chardin kannte die zentral bestallten Statthalterwesire, zog aber daraus keine Schlußfolgerungen für die Stellung des Statthalters. Er berichtet vielmehr, daß die Statthalter große fiskalische Selbständigkeit genossen : Die großen Provinzen, der größte Teil des Reiches, waren „Staatsländereien" (terres de l'état), die im Gegensatz zu den Domänenländereien im „Besitz" (possession) der Statthalter waren. Diese behielten einen Teil davon für ihren persönlichen Bedarf, den anderen ließen sie für die Löhnung ihrer Truppen und Bediensteten. Der Schah hatte in den Statthalterprovinzen keine eigenen Ländereien. Er bezog von da nur gewisse Abgaben, genannt rusüm: einmal eine festgesetzte Quantität der besten Produkte der betreffenden Provinz und je nach dem Vermögen der Provinz Geldbeträge (bärhänä-yi sah), zum andern Geschenke (piskas) von derselben Beschaffenheit und besonders raren Artikeln und letztlich Neujahrspräsente344). Auf Grund dieser Darstellung Chardins meint Lambton mit Recht, die Provinz342

) Eine Reihe von Beispielen für den Gebrauch von tiyül oder iqta' mit Bezug auf Großstatthalterschaften seien angeführt, die beinahe alle aus der zweiten Hälfte des 16. Jh. stammen: Sirwän: RS 438b; Äzerbäigän: HT 339b; A N 174 (Zeit 'Abbäs' II.); Hamadän: HT 69a, 430a; AN 180 (Zeit 'Abbas' II.); Küh-Gilüyä: HT 301a; Färs: RS 379b; Kirmän: RS 382a; Qandahär: HT 190b, 266b; mSä-Werk, Ms. Bibliothèque Nationale, Suppl. Persan 1660, fol. l l b f f . ( = Blochet Nr. 2339) und: wáá-Werk, Ms. India Office, Ethé Nr. 2122, fol. 27a: Bestallungsurkunde aus der Zeit 'Abbäs' II. ; Herät : HT 266b ; Mashad : HT 227 b, 266b, 305a; Astaräbäd : H T 9 6 a ; RS379b;Insäy-iTayammuni 14a: Bestallungsurkunde aus der Zeit Tahmäsps I. 313) y g l . z g Übersetzung einer Bestallungsurkunde bei Lambton, Landlord, S. 109 f. 344 ) Chardin V 380, 394 f. ; ähnlich in einigen Punkten auch R. du Mans 11,151. Ähnliche Sendungen bezogen die Großbege von ihren Unterstatthaltern: R F 362 erwähnt mit Bezug auf den Großbeg von Küh-Gilüyä solche Sendungen als:

b&rhänä und yOdbüd; vgl. auch Chardin V 408.

Die Befugnisse der Statthalter

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Statthalterschaften der Safawidenzeit ähnelten den seldschukischen Lehen (iqtä')345). Im Gegensatz zu Chardin steht aber die Schilderung Sansons, der nur wenig später als Chardin in Persien war348). Demnach war'das ganze Reich Domäne des Königs, und die Statthalter hatten keinerlei fiskalische Funktionen. „In jeder Stadt", so heißt es bei Sanson, „gibt es einen Wesir oder Finanzverwalter, der alle diese Steuern einhebt, von denen der Statthalter zehn Prozent für seinen Unterhalt bekommt" 3461 ). Es mag auch vorgekommen sein, daß ein Statthalter wohl die Steuern einzog, nicht aber über deren Verwendung befand: Nur so ist ein Ferman vom Ragab 1115/Nov.—Dez. 1703 zu verstehen, in dem der Hof einem Gefolgsmann (muläzim) des Statthalters von Kähet auf Antrag von „den Steuern, die vom Statthalter von Mugänät eingehoben werden" (wugühät-i zabtî-yi 'âlîgâh.. .häkim-i Mugänät) ein Dauergehalt (wagh-i hamä-sälä) zuerkennt347). Sicher war man bei der Zentralverwaltung zur Zeit Ismä'Ils I. über das Steueraufkommen der Provinzen kaum unterrichtet. Erstmalig wurde offenbar unter Tahmäsp I., kurz vor dem Jahre 935/1529348) „ein Buch zur Veranschaulichung (der Steuern) entworfen, wo man die Einnahmen und Ausgaben des Reiches verzeichnet hatte" 349 ). Nach Iskandar Munsi hätte Hätim Bëg Ordübädi, der spätere Großwesir, im Jahre 999/1590—1, als er für 6 Monate Reichsfinanzrat (mustaufï almamälik) war, neuerdings einen Entwurf für einen „Plan mit der Darstellung der Einnahmen und Ausgaben der wohlbehüteten Provinzen" (nushä-yi tashis-i gam 1 wa harg-i mamälik-i mahrüsä) angefertigt. Unter dem Reichsfinanzrat Äqä Mlrzä 'All, der ab 1006/1597—98 fünf Jahre lang dieses Amt innehatte, sei dies Werk zu Ende geführt worden350). Lange Zeit diente dieser Plan „als Anleitung und Richtschnur für die großkönigliche Rechnungskammer" (qudwä wa qänün-i daftar-hänä-yi humäyün) 351 ). Im Tigerjahr 1072—73/1662—63 mußte der Haushaltsplan (daftar-i taShis) aus der Zeit 'Abbäs' I., was Färs 345

) Lambton, Landlord 107. «) Chardin war 1664—70 sowie 1671—77 und Sanson 1683—91 in Persien ; auch Sanson ist als Missionar viel in der Provinz herumgekommen. 34,a 347 ) Sanson 100 f. ) Chubua, Urk. 24. 34S ) Büdäq geht in seiner Selbstbiographie bei Zeitangaben seinem Gefühl nach. Verlassen kann man sich aber auf die Angabe, daß er mit Muhammad Hän nach Bagdad ging, d. h. 935. 349 ) GA 315a: daftar-i ma'rüzäH tarh êud ki mal wa harg-i mamälik-i mahrüsä-rä niwiitä büdand. Wohl eher so zu übersetzen, gegen Savory: A Secretarial Career. . . , in: Islamic Studies (Karatschi), Bd. II, Nr. 3 (Sept. 1963), S. 343ff. 350 351 ) IM 1092. ) ibid. 34

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Die Statthalter der Reichsprovinzen

angeht, geändert werden, weil sich die Einnahmen seither verringert hatten362). Es gab auch Bestimmungen, in welcher Form und Höhe die Steuern einzuziehen waren. Afzalu't-tawärih erwähnt unter 963/1555—56 anläßlich des Amtsantritts des Reichshohenpriesters (sadr) Mir Zainu 'd-dln Sayyid 'All, daß er eine Dienstanweisung (dastür al-'amai) verfaßt habe „über die Tugenden des Regierens, die Förderung der Untertanen, die Ordnung des Heeres, den Glanz des Königstums, das Verhalten gegenüber Untertanen und Heer und über das Einheben der Steuern und Abgaben der verschiedenen örtlichkeiten und Völkerschaften, ja sogar über die Verbrechen und die (entsprechenden) Geldstrafen der Straffälligen"353). Diese Verwaltungsvorschrift und Steuerordnung (dastür al-'amai wa qänün), so fährt die Quelle fort, wird bis heute, bis zum Jahre 1026/1617 — das war also der Zeitpunkt der Niederschrift der betreffenden Stelle — beachtet. Diese Dienstanweisung fußte offensichtlich auf älteren Gesetzbüchern dieser Art. Nach Huläsatu't-tawärih wurden unter Tahmäsp I. „die Steuern und Diwanabgaben gemäß dem religiösen Recht und dem Vorgehen und der Steuerordnung Uzun Hasans (qänün-i Hasan Pädiääh) eingezogen, der der gerechteste Herrscher der Welt war, und das Gesetzbuch (qänün-nämcä) dieses Herrschers nahm man zum Vorbild"354). Bekannt ist, daß unter Tahmäsp I. tatsächlich eine Reihe religionsgesetzlich unerlaubter Steuern, so Markt-, Vieh- und Weidesteuern, im größten Teil des Reiches355) abgeschafft wurden. Im Jahre 972/1565 verbot der Schah, die Handelssteuer (tamgä) forthin einzuheben358). Huläsatu't-tawärih erwähnt, daß dies Verbot noch im Jahre 1013/1604—05 bestand357). Nach derselben Quelle war zur Zeit Tahmäsps I. (930/1524—984/1576)" (ungerechten) Steuerausschreibungen und Forderungen gegenüber den Untertanen derartig gewehrt, daß 352

) AN 318f. ; letzteres bestätigt übrigens auch Chardin V 253f. ) AF, II 212b: . . .dastür al-'amalî bar ädäb-i mamlakat-däri wa ra'iyyatparwarï wa quSün-äräl wa tumturäq-i padiéâhï wa sulük bä ra'iyyat wa sipähl wa ahz-i mäl-wa-gihät wa wugüh.at-i har mahall wa ulüs Iwttü ahdäs wa garimä-yi muifrimän... 364) HT 242af. : mal wa huqüq-i dïwânï-râ muwäfiq-i SarVat-i nabawï wa mutäbiq-i 'amai wa qänün-i Hasan PädiSäh M 'ädütarin salätin-i rüy-i zamïn büd mï-giriftand wa qänün-nämöä-yi ün-pädiSäh-rd qudwä ml-dänastand. 35δ ) Nach IM 123 besonders in Orten mit schiitischer Bevölkerung (vgl. auch HT 242 b). 35e ) Außer in Qandahär, wo die tamgä „den wesentlichen Teil des Steueraufkommens bildete" (TIN 78b). TIN gibt fälschlich das Jahr 960. 3 ») HT 210b. 353

Die Befugnisse der Statthalter

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die Beamten ('ummäl) der Provinzen nicht in der Lage waren, (auch nur) einen Denar eigenmächtig auszuschreiben. Im ganzen Reiche war höchster Erlaß ergangen, daß ein Beamter ('ummäl), wenn er einen Denar befehlswidrig auf einen Untertanen anweisen (sollte), mit einer Geldstrafe von 50 Toman belegt wird" 358 ). Die unter Tahmäsp I. festgelegten Steuersätze behielten auch nach seinem Tode Gültigkeit. Huläsatu't-tawärih zufolge führte Murâid-qulï Han, der Stellvertreter (wakïl) von Sâh c Abbäs I. (995/ 1587—1038/1629), bald nach der Thronbesteigung dieses Herrschers eine generelle Neuerung ein : „Was die Einhebung der Steuern betrifft, so war unter Tahmäsp I. und darnach bis zu diesem Zeitpunkt angeordnet, daß ein Denar (ohne zusätzliche Gebühr als) ein Denar (eingehoben werden sollte). Weil die Sinnesart der Sippe Cäwuälü, (der Mursid-qull Hän angehörte), zur Tyrannei neigte, (nahm er eine zusätzliche Gebühr von 25 Prozent) und machte aus vier Denaren fünf" 359 ). Muräid-quli Hän erfand auch neue Steuern : ,,Die Hälfte eines (Jahres)steuer(aufkommens) erlegte er (zusätzlich) dem ganzen Reiche auf als ,Unkostenbeitrag für Heer und Büchsenschützen' und verfügte die Einhebung. Auf Inhaber von soyürgäl-Lehen... wies er die Hälfte des Ertrages, vielleicht sogar den gesamten Ertrag des Lehens an. Das nannte er ,Kaufpreis für Pferde f ü r die Reitergarde (qôrèiyân)'" 360 ). Diese Neuerungen (bid'at), so hören wir weiter, machten bald Schule, und die Statthalter erließen Steueranweisungen auf die Untertanen „unter dem Vorwand eines Unkostenbeitrages für das Heer" (babahänä-yi madad-i harg-i lasgar), was zum Ruin der Bevölkerung führte. Die Armut der Bevölkerung mag es denn auch gewesen sein, die 'Abbäs I. später bewog, wieder stärker auf die Einhaltung der Steuer359) jjT 242b: .. .tauijlhät wa mutalibat az ra'äyä ba-nau'l maedüd büdand ki 'ummäl-i wiläyät-rä qudrat wa yäräy-i an na-büd ki yak dinar ba-hwudsar taugîh tawanand kard wa dar aträf-u aknaf-i mamlakat hukm-i aSrafsOdir gaitä büd ki 'ummal agar yak dinar bar ahadï az ra'äyä ba-hiläf-i hukrn hawälä numäyand pangäh tüman az ü garïmà talab iawad. 369) jjT 405b: . ..6ün tabï'at-i ta'ifä-yi GäwuSlü ba-sulm ma'ü büd dar bab-i ahz-i mäl-wa-fjihät ki dar zamän-i Sah-i gannat-rruikän Hliyyín-aáyan wa ba'd az än ta în-zaman dinari dinari muqarrar büd ü éahar dinar pang dinar kard. Leider hat Müller in seiner Ausgabe des HT (S. 23) diese m. E. einzig sinnvolle Variante vergessen. 3, °) ibid. : .. .wa nisf-i yak-mäl bar tamämi-yi mamälik-i mahrüsä ba-Hllat-i zar-i madad-i harg-ί laágar wa tofangil muqarrar kard wa ba-tahsll dad wa bar arbäb-i soyürgalat.. .nisf-i gam'-i soyürgäl bal-ki barâhar-i soyürgäl hawälä wa itlaq farmüd wa an-ra qaimat-i asb ba-gihat-i qöriiyan nam nihad.

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Die Statthalter der Reichsprovinzen

Vorschriften zu achten. Iskandar Munâï berichtet, daß der Schah der Bevölkerung eine Reihe von Steuern erließ361). Die wichtigste dieser Maßnahmen war, daß er im Jahre 1007/1598—99 die generelle Steuererhöhung MurSid-quli Häns rückgängig machte. Er befahl „eine Senkung der von den Statthaltern eingetriebenen (Steuern) um einen Denar (je) fünf Denar"362). 'Abbäs I. wollte mit dieser Maßnahme eine Neuerung, die sich im Laufe der Zeit im Persischen cIräq eingebürgert hatte, rückgängig machen und die Verhältnisse wieder nach der „alten Steuerordnung" (qänün-i qadim) und den Verwaltungsvorschriften (dastür al-'amai) der Zeit Tahmäsps I. einrichten363). Auch unter 'Abbäs I. wurde darauf geachtet, daß die Besteuerung im Reiche nach einheitlichen Gesichtspunkten erfolgte. Im Jahre 1000/1592 beispielsweise erließ der Schah unmittelbar nach der Eroberung von Gilän einen Ferman zur Versöhnung (istimälat) der einheimischen Bevölkerung. Er verbot den Statthaltern (häkim), Lehensinhabern (tiyüldär) usw. eine Reihe von Steuern, die die früheren, einheimischen Herrscher als Neuerungen (mubtada 'ä) eingeführt hatten364), weiterhin einzuheben. Im Jahre darauf schickte der Schah den Großwesir mit Finanzräten (mustaufï), Schreibern und dem Finanzamtmann der großköniglichen Rechnungskammer (därügä-yi daftar-hänä-yi humäyün) nach Gilän. Sie hatten den Auftrag, die Steuern und Diwanabgaben (mal wa huqüq-i diwäni) der Provinz gemäß der „gerechten Steuerordnung" (qänün-i 'adälat) festzulegen. Sollte zur Zeit der früheren, einheimischen Herrscher eine „ungerechtfertigte Steuer" (wagh-i bi-hisäb!) erhoben worden sein, so sollte sie für ungültig erklärt werden365). Chardin zufolge, der für die spätere Safawidenzeit spricht, bekamen die Statthalter bei ihrem Amtsantritt die Verwaltungsvorschriften (dastür al-'amai) ausgehändigt. Sie enthielten u. a. ausführliche Angaben über den Umfang des Statthalterbezirkes und die Steuern, die man da bislang eingehoben hatte366). Die Provinzverwaltung war nach Chardin ein Spiegelbild der Reichsverwaltung. Es gab Rechnungskammern und alle Beamten, die M1

) IM 587, 895f. 3β2) im 587 ; tahfif-i dmärt-yi pang dinar4 'amal-kard-i hukkäm. 3e3 ) Minorskys Übersetzung dieser Stelle ist etwas gesucht (TM 176), zumal 'amal-kard in der von uns gegebenen Bedeutung gesichert ist (vgl. AN 318 f. ; auch GA 332 a : 'amal-i Han Ahmad „die Gesamtsteuereinnahmen Hän Ahmads"). 394 ) Kopie des Fermane in : Maktübät-i Hän Ahmad Hän, Literaturverzeichnis Nr. 4, 100a—101a. Die Beschreibung der einzelnen Steuern mag für das Steuerwesen Giläns aufschlußreich sein, soll uns aber hier nicht beschäftigen. 3 3ββ «) IM 459; vgl. dazu GA 332 a. ) Chardin V 265 f.

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es am Königshofe gab. Unterschiede bestanden nur hinsichtlich der Zahl und des Gehaltes der Beamten367). Der einzige Beamte, über den sich nach Lage der Quellen etwas Genaueres sagen läßt, ist der Provinzwesir, dem wir einen eigenen Abschnitt widmen wollen. Chardins Angaben werden aber insofern bestätigt, als gelegentlich in Urkunden der Begriff „Provinzfinanzverwaltung" (sarkär-i cäl!) und in solchen Zusammenhängen auch ein Finanzrat (mustauf!) oder Finanzaufseher (näzir) erwähnt werden. Die Provinzfinanzverwaltung konnte wie die Gesamtverwaltung aus zwei Abteilungen bestehen, wie aus folgendem Beispiel ersichtlich ist. Der Großbeg von Cuhür-i sa'd Tahmäsp-quli Hän Qägär hatte im Jahre 1045/1635 die Feste Ëriwân verräterischerweise an die belagernden Osmanen übergeben368). Nach der Vertreibung der Osmanen wurde vom Großdiwan ein Beamter entsandt, um die Privatgüter (milk) Tahmäsp-quli Häns, die nicht im Diwan registriert waren369), zu konfiszieren. Man mußte sich dabei auf die Gedächtnisangaben seines Privatfinanzrates (mustaufl-yi hässä) stützen, da die Unterlagen verloren gegangen waren370). Für die Zeit Tahmäsps I. wird auch einmal von einem wazlr-i hässä eines Statthalters gesprochen371). 3. Die j u r i s d i k t i o n e i l e n B e f u g n i s s e des S t a t t h a l t e r s Als höchstes Organ der staatlichen Autorität in der Provinz hatte der Statthalter eine allgemeine Aufsichtsfunktion über die untergeordneten Verwaltungs- und Justizorgane. In einem Bestallungsschreiben aus dem Jahre 964/1556—57, durch das der Prinz Sultan Ibrahim Mirzä zum Statthalter (häkim) von Mashad und Finanzaufseher (näzir) des dortigen Heiligtums ernannt wird, wird er ermahnt, „das Verhalten der Emire, Unterstatthalter (häkim), Lehensinhaber (tiyüldär), Stadthauptleute (därügä), Beamten ('ämil), Ortsvorsteher (kaläntar) und Dorfältesten (kadhudä) zu überprüfen, sie von unrechten Dingen abzuhalten und sich in dieser Hinsicht keine Nachlässigkeit zu erlauben" 372 ). Der Statthalter nahm den in Rede stehenden 3


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