Protestantische Theologie und moderne Welt: Studien zur Geschichte der liberalen Theologie nach 1918 [Reprint 2010 ed.] 3110166399, 9783110166392

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Protestantische Theologie und moderne Welt: Studien zur Geschichte der liberalen Theologie nach 1918 [Reprint 2010 ed.]
 3110166399, 9783110166392

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Matthias Wolfes Protestantische Theologie und moderne Welt

1749

1999

Theologische Bibliothek Töpelmann

Herausgegeben von O. Bayer - W. Härle · H.-R Müller

Band 102

W DE G Walter de Gruyter · Berlin · New York

1999

Matthias Wolfes

Protestantische Theologie und moderne Welt Studien zur Geschichte der liberalen Theologie nach 1918

w DE

G Walter de Gruyter · Berlin · New York

1999

© Gedruckt auf säurefreiem Papier, das die US-ANSI-Norm über Haltbarkeit erfüllt.

Die Deutsche Bibliothek — CIP-Einheitsaufnahme

Wolfes, Matthias: Protestantische Theologie und moderne Welt : Studien zur Geschichte der liberalen Theologie nach 1918 / Matthias Wolfes. — Berlin ; New York : de Gruyter, 1999 (Theologische Bibliothek Töpelmann ; Bd. 102) Zugl.: Heidelberg, Univ., Diss., 1998 ISBN 3-11-016639-9

© Copyright 1999 by Walter de Gruyter GmbH & Co. KG, D-10785 Berlin Dieses Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechdich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlages unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen Printed in Germany Textkonvertierung: Ready Made, Berlin Druck: Werner Hildebrand, Berlin Buchbinderische Verarbeitung: Lüderitz & Bauer-GmbH, Berlin

Karl-Otto Apel gewidmet

Vorwort Nach längerer Vorarbeit kann ich endlich meine Untersuchung zur liberalen Theologie nach 1918 vorlegen. Von vielen bin ich in den zurückliegenden Jahren unterstützt worden; ihnen gilt mein Dank. Ich nenne zunächst meinen Doktorvater, Herrn Bischof Professor Dr. Wolfgang Huber. Er hat das Projekt von Anfang an mit großem Interesse aufgenommen und mir stets alle Förderung zuteil werden lassen, die ich benötigt habe. Herr Professor Dr. h.c. Dietrich Ritschi, Ph.D. D.D., hat gleichfalls mit beständigem Interesse den Fortgang der Untersuchung verfolgt und mich in meinen Fragestellungen und Forschungsabsichten bekräftigt. Herr Professor Dr. Dr. h.c. mult. Trutz Rendtorff hat mir als seinem Münchener Studenten die Beschäftigung mit dem Werk Ernst Troeltschs nahegelegt und mich auf diese Weise mit der Programmatik der liberalen Theologie vertraut gemacht. Überdies hat er mich zur Mitarbeit in der Ernst-Troeltsch-Gesellschaft eingeladen und mir damit eine ganze Reihe persönlicher Kontakte und Arbeitsverbindungen erschlossen. Ohne seine Unterstützung hätte ich diese Arbeit nicht schreiben können. Herr Professor Dr. Dr. Kurt Nowak hat maßgeblichen Anteil daran gehabt, daß sich die Friedrich-Naumann-Stiftung zur finanziellen Absicherung des Unternehmens entschließen konnte. Herr Professor Dr. Dr. Günter Meckenstock hat mich zu Fertigstellung und Abschluß ermutigt. Ihnen allen, dazu Herrn Professor Dr. Dr. Michael Welker, der ein eingehendes Gutachten zu dieser Arbeit geschrieben hat, sowie den Herausgebern der „Theologischen Bibliothek Töpelmann", besonders Herrn Professor Dr. Wilfried Härle, gilt mein herzlicher Dank. Für beständige Förderung und Forderung will ich Herrn Professor Dr. Friedrich Wilhelm Graf danken. Eine wichtige Bestärkung war mir endlich das Interesse, das Herr Dr. Hasko von Bassi meinem Projekt immer von neuem entgegengebracht hat. Für vielfachen Rat im einzelnen danke ich den Mitgliedern des Heidelberger Doktoranden- und Habilitandenkolloquiums von Wolfgang Huber, die sich mehrfach mit Vorstufen einzelner Abschnitte auseinandergesetzt haben. Meine Kieler Kollegen Dr. Martin Rössler, Frank Surall und Michael Pietsch waren mir bei der abschließenden Bearbeitung des Textes behilflich. -

VIII

Vorwort

Meine Hoffnung ist, durch diese Studien zu einer erneuerten Wertschätzung der liberalen Theologie beitragen zu können. Ich weiß, daß ich, in den Grenzen, die jeder historischen Erkenntnis gesetzt sind, für die theologiegeschichtliche Beurteilung der hier dargestellten Theologen die Verantwortung übernommen habe. Dennoch gilt mein Anliegen im Grunde weniger ihnen selbst, als vielmehr dem durch sie repräsentierten Typ theologischen Denkens. Diese liberaltheologische Denkweise kommt nach meiner Auffassung vor allem in einer besonderen geistigen Weltoffenheit, einer an Plausibilität und Verstehbarkeit orientierten Auslegung des christlichen Glaubens und gleichzeitig in einer tiefen religiösen Bindung des Theologen selbst zum Ausdruck. Von keinem anderen ist diese Haltung überzeugender verkörpert worden als von Martin Rade. Er stand mir beim Schreiben oft vor Augen. Aus Gründen, die vielleicht aus der Arbeit selbst ersichtlich werden, die aber zum Teil auch persönlicher Natur sind, widme ich diese Studien meinem verehrten Lehrer, Herrn Professor Dr. Karl-Otto Apel. Berlin, im September 1999

Matthias Wolfes

Inhalt Einleitung

l I. Teil Die liberale Theologie als Forschungsgegenstand

Vorbemerkung

11

1.

Untersuchungsinteresse und Forschungslage

13

2.

Kontinuität oder Diskontinuität? Zum historischen Ort der evangelischen Theologie nach dem ersten Weltkrieg

17

2.1. 2.2. 2.3.

Der Weltkrieg als theologiegeschichtliche Zäsur 17 Krisenerfahrung, Weltkriegserlebnis und Theologiekritik 20 Kontinuität und Diskontinuität im Liberalprotestantismus 24

3.

Liberale Theologie - Begriff und Geschichte

3.1.

Ambivalenz der Moderne: Zum weltanschaulichen Hintergrund der liberalen Theologie Zur Herkunft des Begriffes „Liberale Theologie" Institutionalisierung der liberalen Theologie in Gelehrtenkreisen und Vereinsbildungen Die theologische Programmatik des Deutschen Protestantenvereins Religionsgeschichtliche Schule und theologischer Historismus „Die Christliche Welt" Theologie als moderne Christentumstheorie: Leitlinien der liberaltheologischen Theologiekonzeption Kultur und Persönlichkeit Religion Theologie als Glaubenslehre Theologie als Wissenschaft Die theologische Darstellung

3.2. 3.3. 3.3.1. 3.3.2. 3.3.3. 3.4. 3.4.1. 3.4.2. 3.4.3. 3.4.4. 3.4.5.

29 31 35 39 39 47 51 56 56 60 65 68 69

X

Inhalt

Methodische Zwischenbemerkung 1.

Zur Anlage der Untersuchung

73

2.

Theologiegeschichtsforschung als theologische Zeitgeschichtsforschung? Zur Begrenzung der Thematik . . . Materialbeschreibung und Autorenauswahl Vorläufige Kennzeichnung der ausgewählten Entwürfe . Zur Begründung der Autorenauswahl Exkurs: Hermann Mulert Zur Materialbegrenzung

75 78 78 80 86 90

3. 3.1. 3.2. 3.3.

II. Teil Biographisch-werkgeschichtliche Einführung 1. 1.1. 1.1.1. 1.1.2. 1.2. 1.2.1. 1.2.2. 1.2.3. 1.3. 1.3.1. 1.3.2. 1.3.3. 1.4. 1.4.1. 1.4.2. 1.5. 1.6. 1.6.1. 1.6.2. 1.7. 1.7.1.

Horst Stephan (1873-1954). Kritische Universalisierung der liberalen Theologie Der Lebensweg bis zur Marburger Professur Studium und Promotion Schuldienst und frühe wissenschaftliche Arbeiten Marburg: „Glaubenslehre" und Kirchenpolitik Frühe Marburger Publikationen Exkurs: „Studien zur Geschichte des neueren Protestantismus" Die „Glaubenslehre" Exkurs: „Die Sammlung Töpelmann" Kirchenverfassung und Kirchenreform Halle: Professur für Systematische Theologie und Herausgebertätigkeit Zur gegenwärtigen Lage der evangelischen Theologie . . Stephan als Herausgeber der „Zeitschrift für Theologie und Kirche" Konflikte um die Neuausgabe der „Religion in Geschichte und Gegenwart" Leipzig: Amtstätigkeit und theologische Kulturkritik . . . Stephan in Leipzig Theologische Kulturkritik Zur theologischen Kritik des Nationalsozialismus Drittes Reich und Kirchenkampf Stephans Haltung in Hochschule und Landeskirche . . . Wachsende Kritik an der staatlichen Kirchen- und Religionspolitik Die letzten Lebensjahre Erneute Zurückweisung des Nationalsozialismus

95 96 97 104 110 110 115 118 122 124 129 129 132 134 141 142 145 148 153 154 171 175 176

Inhalt

1.7.2. 1.7.3. 1.7.4. 2. 2.1. 2.2. 2.2.1. 2.2.2. 2.3. 2.3.1. 2.3.2. 2.3.3. 2.4. 2.4.1. 2.4.2. 2.4.3. 2.5. 2.5.1. 2.5.2. 2.5.3. 2.5.4. 2.6. 2.6.1. 2.6.2. 2.6.3. 2.6.4. 2.7. 3. 3.1. 3.1.1. 3.1.2. 3.1.3. 3.2. 3.2.1.

XI

Die „Geschichte der evangelischen Theologie seit dem Deutschen Idealismus" 177 Ein unvollendetes Spätwerk: „Natürliche Religion" . . . . 180 Abschluß des Lebenswerkes und letzte Leipziger Jahre . 184 Georg Wehrung (1880-1959). Liberale Theologie als theologische Geschichtstheorie Kindheit, Jugend und Studium Erste Amtstätigkeit in Straßburg und frühe Studien . . . Studienleiter, Pfarrer, Professor Frühe Schleiermacher-Studien Münster: Professur für Systematische Theologie Wehrung in Münster Mitherausgeber und Autor der „Zeitschrift für systematische Theologie" „Frömmigkeit und Autorität im Protestantismus" Halle: Grundlegung des theologischen Entwurfs Wehrung als Mitglied der Hallenser Fakultät Schleiermacher-Studien Grundlegung der Religions- und Theologietheorie Tübingen: Entfaltung der Theologiekonzeption Wehrung in Tübingen Theologische Staatslehre „Theologie und deutscher Idealismus" Das Hauptwerk: „Geschichte und Glaube" Jahre des Kirchenkampfes Wehrungs Haltung 1933/34 Die Auseinandersetzung um den Erlaß vom 28. Februar 1935 „Christentum und Deutschtum" „Welt und Reich" und „Kirche nach evangelischem Verständnis" Ende der Lehrtätigkeit und Streit um die Emeritierung . Georg Wobbermin (1869-1943). Liberale Theologie zwischen Methodentheorie und Politik

189 189 196 196 197 201 201 208 211 214 215 217 220 223 223 225 229 230 235 236 241 244 245 247 251

Der Lebensweg bis zur Habilitation 253 Herkunft und Schulzeit 253 Studium in Halle und Berlin- Schüler von Harnack und Kaftan 256 Promotion und Habilitation 261 Theologieprofessor in Marburg und Breslau 267 Berliner Privatdozent - die erste Professur 267

XII

3.2.2. 3.2.3. 3.2.4. 3.2.5. 3.2.6. 3.2.7. 3.3. 3.3.1. 3.3.2. 3.4. 3.4.1. 3.4.2. 3.4.3. 3.4.4. 3.4.5. 3.5. 3.5.1.

3.5.2. 3.5.3. 3.5.4. 3.5.5. 3.5.6. 3.5.7. 3.6. 3.6.1. 3.6.2. 3.6.3. 3.6.4. 3.6.5.

Inhalt

Wobbermin als Mitglied des Kreises um die „Christliche Welt" Professur für Systematische Theologie in Breslau Grundlegung des theologischen Systems William James Politische Stellungnahmen vor und nach dem Kriegsausbruch Kriegsereignisse und Berufung nach Heidelberg Professur für Systematische Theologie in Heidelberg . . . Wobbermin in Heidelberg Politische Aktivitäten - Der „Bund der Aufrechten" . . . Die Göttinger Jahre - 1922 bis 1935 Wobbermin in Göttingen Mitwirkung in der Ökumenischen Bewegung Die beiden Folgebände der „Systematischen Theologie" Die „Richtlinien evangelischer Theologie" Die Kontroverse mit Karl Barth Wobbermin als Theologe des Dritten Reiches Die antisemitische Ausschlußgesetzgebung in der Evangelischen Kirche - Wobbermins Kontroverse mit Rudolf Bultmann Wobbermin und die Deutschen Christen Kirchenpolitische Aktivitäten 1933/34 „Deutscher Staat und evangelische Kirche" „Karl Barths Anspruch, als Papst aller evangelischen Kirchen zu gelten" Der Bund für Deutsches Christentum Das „Institut zur Erforschung und Beseitigung des jüdischen Einflusses auf das deutsche kirchliche Leben" Ende der Göttinger Lehrtätigkeit - Die späten Jahre in Berlin „Mann gegen Mann". Wobbermin und Hirsch 1934 . . Der „Fall Wobbermin" Berufung an die Berliner Theologische Fakultät Auseinandersetzungen um die Würdigung von Arthur Titius Weitere Konflikte mit der Fakultätsleitung - Letzte wissenschaftliche Arbeiten

270 272 274 283 285 288 291 291 294 297 298 302 309 318 322 327

328 336 341 347 351 366 367 381 381 388 391 393 397

Inhalt

XIII

III. Teil Grundbegriffe liberaltheologischer Theologietheorie Vorbemerkung

407

1.

Glaube, Offenbarung und Religion. Der Glaubensbegriff in der liberalen Theologie 408

1.1. 1.1.1. 1.1.2. 1.1.3.

Religion, Offenbarung und Glaube bei Wobbermin . . . Die „logische Struktur des religiösen Bewußtseins" . . . . Religion und Offenbarung Der Glaubensbegriff als Zentrum von Wobbermins Christentumstheorie Religion, Offenbarung und Glaube bei Wehrung Der subjektive Ursprung von Religion Offenbarung als definitive Selbstbekundung Gottes . . . . Reformatorischer Glaube, das Irrationale in der Religion und die Kritik der idealistischen Philosophie Offenbarung, Glaube und Religion bei Stephan Offenbarung und Glaube in der „Glaubenslehre" Geschichte oder Offenbarung? Die Kontroverse mit Emil Brunner „Offenbarung Gottes - heute?" Zusammenfassung

1.2. 1.2.1. 1.2.2. 1.2.3. 1.3. 1.3.1. 1.3.2. 1.3.3. 1.4.

409 410 414 422 429 429 434 437 442 443 451 454 459

2.

Zwischen Glaube und Wissenschaft: Wesen und Aufgabe der Theologie nach liberaltheologischem Verständnis . . 461

2.1. 2.2.

Einleitung 461 Theologie als kritische Weltanschauungswissenschaft. Der Theologiebegriff bei Stephan 463 Theologie als Glaubenslehre 464 Der objektive Gehalt der Theologie und ihr „kirchlicher Charakter" 471 Der wissenschaftstheoretische Ort der Theologie 478 Das Darstellungsprinzip der Glaubenslehre 494 Stephans Beitrag zur liberaltheologischen Theologietheorie - ein Fazit 502 Theologie als antihistoristische Religionstheorie. Der Theologiebegriff bei Wobbermin 505 Theologie als Wissenschaft 506 Die Stellung der Theologie im System der Wissenschaften 511 Theologie als Wissenschaft von der christlichen Religion 519 Theologie als Begriffsform des religiösen Bewußtseins. Der Theologiebegriff bei Wehrung 524 Geschichtliches Erkennen und selbständige Theologie . . 525

2.2.1. 2.2.2. 2.2.3. 2.2.4. 2.2.5. 2.3. 2.3.1. 2.3.2. 2.3.3. 2.4. 2.4.1.

XIV

Inhalt

2.4.2. 2.5.

Die dogmatisch-theologische Methode Zusammenfassung

529 536

3. 3.1.

Glaube und Geschichte Wehrung: Die Bewährung des Glaubens als theologisches Zentralproblem Glaube und geschichtliche Wirklichkeit Der „christliche Geschichtsbegriff" und die Bewährung des Glaubens Dialektisches Denken in der Theologie Wobbermin: Die Wahrheitsfrage als Wesensfrage . . . . . . Der Christusglaube der Christenheit Die Stellung des christlichen Glaubens in der Geschichte Stephan: Einheit des Glaubens und Einheit der Geschichte Jesusbild und neutestamentliche Forschung „Natürliche Religion" und die Wahrheit des Christentums Zusammenfassung

539

3.1.1. 3.1.2. 3.1.3. 3.2. 3.2.1. 3.2.2. 3.3. 3.3.1. 3.3.2. 3.4.

540 540 543 546 550 551 553 555 556 559 564

IV. Teil Liberale Theologie als Theologietheorie. Resümee und Ausblick 1. 2. 3.

Vorbemerkung Grundzüge der liberaltheologischen Theologietheorie

569 .. 571

Das Problem der liberalen Theologie: Theologie als Theologietheorie Liberale Theologie als Theologie der Moderne

579 585

Bibliographischer Anhang (Gliederung siehe: 589-590)

587

Personenregister

815

Einleitung Die vorliegende Untersuchung widmet sich der liberalen Theologie nach 1918. Dieses Thema ist bisher nahezu unbeachtet geblieben. Selbst noch die neuesten Darstellungen zur protestantischen Theologiegeschichte beenden ihre Ausführungen zur liberalen Theologie spätestens mit dem ersten Weltkrieg. Auf diese Weise konnte weitgehend unbemerkt bleiben, daß auch in den zwanziger und dreißiger Jahren innerhalb des Liberalprotestantismus eine lebendige theologische Diskussion geführt wurde, deren Teilnehmer sich ihrer Kontinuität zur liberalen Vorkriegstheologie sehr bewußt waren. Betrachtet man nur die großen Publikationsprojekte, die während der zwanziger und dreißiger Jahre von liberalen Theologen durchgeführt oder doch unter ihrer maßgeblichen Mitwirkung veranstaltet wurden, wie etwa die Reihe theologischer Lehrbücher in der Sammlung Töpelmann, die „Neue Folge" der Zeitschrift für Theologie und Kirche, die zweite Auflage des Handwörterbuches „Die Religion in Geschichte und Gegenwart" oder die, allerdings im Planungsstadium bereits gescheiterte, neue Gesamtausgabe der Werke Friedrich Schleiermachers, so wird deutlich, daß es sich hier um eine vielfältige, leistungsstarke und von der theologiegeschichtlichen Forschung durchaus zu Unrecht ausgeblendete Richtung in der protestantischen Theologie der Zwischenkriegszeit handelt. Die Erforschung der liberalen Theologie nach 1918 ist ein dringendes Erfordernis der Theologiegeschichtsschreibung. Diese Studie will einen ersten Beitrag dazu liefern. Sie will aber auch, am Beispiel ihres unmittelbaren Gegenstandes, das theologische Anliegen und den spezifischen Charakter liberaltheologischen Denkens deutlich werden lassen und über eine detaillierte historische Rekonstruktion den noch immer recht unkonturiert gebrauchten Begriff „Liberale Theologie" mit konkreten Namen und Sachverhalten verknüpfen. Dabei unterliegt sie allerdings ganz bestimmten Eingrenzungen. Denn es läßt sich die bewegte liberaltheologische Szenerie der zwei Jahrzehnte nach 1918 analytisch nur erfassen, wenn eine Beschränkung auf einzelne Repräsentanten oder Fragestellungen vorgenommen wird. Zu breit ist das Gesamtspektrum, zu unspezifisch auch zum Teil die Leistung der einzelnen Theologen, zu undifferenziert ist im übrigen noch der derzeitige theologiegeschichtliche Kenntnisstand. Zweifellos wäre es möglich gewesen, eine Annäherung zunächst über die erwähnten wissenschaftlichen Großprojekte zu suchen. Auf diese Weise

2

Einleitung

hätte vielleicht auch die Einbettung der theologischen Fachthematik in den Kontext der kultur-, der hochschul- und wissenschaftspolitischen Zusammenhänge deutlicher hervortreten können. Der entscheidende Nachteil einer solchen Vorgehensweise liegt allerdings darin, daß man so dem Selbstverständnis der beteiligten Theologen nicht sehr nahe kommt. Sie haben sich, in ihrer Forschungstätigkeit genauso wie in ihren kirchenpolitischen Aktivitäten, zuerst und vor allem als Theologen gesehen, als beauftragte Ausleger der christlichen Glaubensinhalte, und erst in zweiter Linie als Wissenschafts- oder Kirchenpolitiker. Für nahezu alle liberalen Theologen dieser Zeit trifft ein Wort Hermann Mulerts zu, wonach das bestimmende Motiv der theologischen Tätigkeit in der „religiösen Seite des theologischen Berufs" besteht.1 In Anknüpfung an diese zentrale Aussage Mulerts setzt die Untersuchung ihren Schwerpunkt ausdrücklich in einer Rekonstruktion und kritischen Würdigung gerade der theologischen Konzeption des liberalen Protestantismus nach 1918. Es ist unmittelbar klar, daß eine solche Entscheidung für die thematische Ausrichtung der Analyse von elementarer Bedeutung ist. Nur bedingt läßt sich hingegen mit diesem Erkenntnisinteresse ein Trend vereinbaren, dem derzeit ein nicht geringer Teil der Forschungen zur jüngeren protestantischen Theologiegeschichte folgt. Dieser Trend läuft, und zwar im Interesse einer kulturwissenschaftlichen Qualifikation des theologiehistorischen Beitrages, darauf hinaus, daß die Theologiegeschichtsschreibung sich generell an der allgemeinen Zeitgeschichtsforschung orientiert. Mit Erfolg ist auf diese Weise einer Provinzialisierung von Theologie im wissenschaftlichen Diskurs entgegengewirkt worden. In der Durchführung aber werden hier, und das ist der Preis für diesen Erfolg, die theologischen Entwürfe durchweg aus einer Perspektive wahrgenommen, die sich auf den jeweiligen „zeitdiagnostischen" Erschließungswert richtet und die damit ganz zwangsläufig zu einer Politisierung des theologischen Denkens führt. Diese Untersuchung, die sich, wie gesagt, auf die theologische Ebene der liberalprotestantischen Programmatik konzentriert, geht demgegenüber in folgender Weise vor: Das theologische Profil des liberalen Protestantismus nach 1918 wird anhand von drei ausgewählten Autoren nachgezeichnet, deren hauptsächliche Wirkungszeit in die zwei Zwischenkriegsjahrzehnte fällt. Aus Gründen, die ausführlich erläutert werden, handelt es sich um Horst Stephan, Georg Wehrung und Georg Wobbermin. In inhaltlicher Hinsicht stehen wiederum drei Themenkreise im Vordergrund. Dabei bezieht sich jeder Kreis auf eine zentrale Einheit der liberal1

Hermann Mulert: Religion, Kirche, Theologie. Einführung in die Theologie (Sammlung Töpelmann. Die Theologie im Abriß. Band 8), Gießen 1931, VII. Vgl. auch Hermann Mulert: Die religiösen Wurzeln kritischer Theologie, in: Die Christliche Welt 50 (1936), 1011-1015.

Einleitung

3

theologischen Konzeption: Ausgehend vom Religionsbegriff richtet sich die Untersuchung zunächst auf das Verhältnis von Glaube und Offenbarung, anschließend auf das Verhältnis von Glaube und Theologie und in einem dritten Durchgang auf das Verhältnis von Glaube und Geschichte. Mit jedem dieser drei Teilthemen wird von einer besonderen Zugangsweise aus die charakteristische Eigenart des liberaltheologischen Denkens der Zeit erfaßt. Erst die Zusammenschau allerdings, die den Abschluß der systematischen Rekonstruktion bildet, kann ein geschlossenes Bild ergeben, das auch die immanenten Verbindungslinien, Schwerpunktsetzungen und Brüche offenlegt. Am Ende soll schließlich, so das Ziel des Unternehmens, mehr stehen als eine monographische Schilderung von theologischen Einzelschicksalen. Es soll das Modell der liberaltheologischen Theologietheorie selbst nach seinen verschiedenen Grundbausteinen hin erkennbar werden. Der vielleicht zunächst undeutliche Begriff der „Theologietheorie" bezeichnet dabei die methodologischen und prinzipientheoretischen Grundlagenfragen von Theologie. Theologietheorie in diesem Sinne ist dasjenige VorStadium theologischer Glaubensauslegung, das als Selbstaufklärung des theologischen Denkens der materialen Darstellung vorausgeht, sie aber als eine auf den konkreten theologischen Inhalt gerichtete Selbstkontrolle zugleich auch bedingt und steuert. Die Theologietheorie ist daher kein von der Ausführung der Glaubenslehre ablösbarer Sonderbestandteil der theologischen Wissenschaft; vielmehr gehört sie untrennbar zu dem Modell einer in ihrer Ausführung sich selbst kritisch gegenüberstehenden und insofern reflexionsfähigen Theologie hinzu. Die Untersuchung zeigt, daß auch nach 1918 die Kohärenz der theologischen Systementwürfe nicht größer war als in den Blütejahren liberaler Theologie vor 1914. Zwar sind mit Stephan, Wehrung und Wobbermin aus einer beträchtlichen Zahl von Autoren gerade solche Theologen ausgewählt worden, die im Vergleich ihrer Positionen die Breite des Spektrums widerspiegeln, das durch die in den zwanziger Jahren ausgearbeiteten Umsetzungsversuche der liberaltheologischen Programmatik aufgespannt wurde. Dennoch legt die hier unternommene Analyse den Schwerpunkt auf eine Ermittlung gerade derjenigen Strukturelemente und Grundmuster, durch die die unterschiedlichen Einzelkonzeptionen sich als Ausdruck jener, ihnen gemeinsam zugrundeliegenden liberaltheologischen Auffassung von Wesen und Aufgabe der Theologie verstehen lassen. So unscharf manche Grenze zu alternativen, ihrerseits vielfältigen und inhomogenen theologischen Strömungen im einzelnen auch sein mag: es bleibt doch ein erkennbares Gesicht, ein spezifisches Profil der liberalen Theologie, für das Stephan, Wehrung und Wobbermin mit ihren theologischen Entwürfen stehen. Die Analyse muß sich an dieser Stelle notwendigerweise auf einen Zirkel einlassen: Die Zuordnung der einzelnen theologischen Konzeption

4

Einleitung

zur Richtung der liberalen Theologie und die historische Rekonstruktion der Bestandteile des Programms dieser Richtung aus dem Material der Konzeptionen bedingen einander. Die Legitimität der Zuordnung ergibt sich so letztlich erst im Nachhinein aus dem Gesamtzusammenhang der theologischen Theorie. Den methodischen Kurzschluß aber, es könne eine solche Zuordnung über einen bereits im Vorfeld festgestellten Begriff von liberaler Theologie erfolgen, sucht die Studie nach bestem Vermögen zu vermeiden. Dies ist, ungeachtet aller sonstigen Schwierigkeiten, allein schon deshalb erforderlich, weil sich von einer solchen, in ihrer Methode unreflektierten Vorgehensweise aus gar kein Maßstab zur Kritik ableiten ließe. Denn über die Rechtmäßigkeit der Zuordnung würde dann allein der vorausgesetzte Begriff entscheiden, der selbst sich jeder Infragestellung entzieht. Sofern also die Darstellung in ihrer Zielsetzung zwar auf die Beschreibung eines spezifischen Typs theologischen Denkens hin angelegt ist, kann dies doch in methodisch zulänglicher Weise nur geschehen, wenn sie stets auf die einzelnen theologischen Konzeptionen als ihre sachliche Grundlage zurückbezogen bleibt. Auch für die kritische Würdigung bleibt diese Grenze bestehen; auch die Kritik erfolgt innerhalb und als Teil der historischen Analyse, die ihren Gegenstand aus dem geschichtlichen Zusammenhang heraus wahrnehmen will. Daher wird zunächst immer nach einem internen Richtwert, einem „immanenten Gesetz" gefragt, mit Hilfe dessen es gelingen kann, das Werk „durchaus aus sich selbst heraus zu erleuchten".2 Von diesem Grundsatz aus versteht sich auch die Aufgabe der Kritik, die ihrerseits, wenngleich unter anderen Voraussetzungen, an der Fortführung des liberaltheologischen Projektes interessiert ist. Die Arbeit untergliedert sich inhaltlich in folgende Einzelschritte: Zunächst wird eine ausführliche Begründung für die Entscheidung zur Auswahl der Autoren und zur thematischen Anlage der Analyse gegeben (Methodische Zwischenbemerkung). Ihr voran tritt im ersten Teil eine knappe Skizze zur Geschichte der liberalen Theologie seit der Mitte des neunzehnten Jahrhunderts. Diese Skizze ist innerhalb des Gesamtkonzeptes insofern erforderlich, als es hier um eine Beschreibung der historischen Perspektive geht, aus der die liberale Theologie nach 1918 dargestellt

2

Walter Benjamin: Lebensläufe, in: Gesammelte Schriften. Band VI: Fragmente. Autobiographische Schriften. Herausgegeben von Rolf Tiedemann und Hermann Schweppenhäuser, Frankfurt am Main 1985, 215-228, hier: 218. Nach Benjamin verstanden die Frühromantiker die Aufgabe der Kunstkritik dahin, „die geheimen Anlagen des Werkes selbst auf|zu]decken", „seine verhohlenen Absichten" auszuführen und es insofern „absolut" zu machen. In diesem Sinne habe das kritische Verfahren in der „Absolutierung des geschaffenen Werkes" bestanden (Walter Benjamin: Der Begriff der Kunstkritik in der deutschen Romantik, Frankfurt am Main 1973 [zuerst: Bern 1920], 63. 113). Die Hegeische Tradition bezeichnet diesen Sachverhalt als „immanente Kritik".

Einleitung

5

wird. Nur in einer theologiegeschichtlich längerfristig angelegten Begriffsklärung läßt sich dem Einwand begegnen, daß mit dem Terminus „Liberale Theologie" ein zu unscharf umgrenzter historischer Sachverhalt gemeint sei. Der historische Rückgriff will also nicht einige ausgewählte Aspekte einer noch erst zu schreibenden Darstellung der neueren Theologiegeschichte vorwegnehmen, sondern lediglich über die Herkunftsgeschichte des Begriffes „Liberale Theologie" Auskunft geben. Es soll so seine historiographische Gebrauchsweise präzisiert werden, um ihn für die Untersuchung selbst anwenden zu können. Den Übergang vom einführenden Teil zur systematisch-theologischen Untersuchung der einzelnen theologischen Konzeptionen im dritten Teil bilden drei biographische Darstellungen. Diese biographischen Schilderungen sollen dem Umstand abhelfen, daß die theologiegeschichtliche Forschung bisher keinem der drei Autoren unter dem Gesichtspunkt der Biographie größere Aufmerksamkeit geschenkt hat. Aus dem Untersuchungsziel heraus sind den biographischen Darstellungen jedoch, ungeachtet des umfangreichen vorliegenden Quellenmaterials, enge Grenzen gezogen. Ihr Zweck besteht ausschließlich darin, eine Orientierung über die biographische Entwicklung der drei Autoren, über die zentralen fachlichen Themen, denen sie sich in ihrer Lebensarbeit gewidmet haben, und über die grundlegenden Fragestellungen ihrer Forschungen zu geben. Auch ihr kirchenund hochschulpolitisches Engagement wird nur punktuell verfolgt. Eine Ausnahme bildet allerdings das Verhalten während der Krisenphasen der jüngsten deutschen Geschichte um 1918/19 und 1933/34; ihm ist jeweils eine ausführlichere Darstellung gewidmet. Im Einzelfall werden darüber hinaus lediglich solche lebens- oder werkgeschichtlichen Aspekte stärker hervorgehoben, die für die Situation der liberalprotestantischen Theologie in den zwei Jahrzehnten nach 1918 von besonderer Bedeutung sind. Diese Beschränkung gilt auch für Georg Wobbermin, dessen kirchen- und hochschulpolitisches Engagement im Dritten Reich zweifellos außerordentlich problematisch ist. Auch in diesem Fall tritt die Beschreibung der zeitgeschichtlichen Bezüge hinter die analytische Rekonstruktion des theologischen Entwurfes zurück. Eine weitere Einschränkung besteht darin, daß die vorhandenen archivalischen Quellen nur zu einem kleineren Teil tatsächlich ausgewertet werden können. Es wird aber in jedem Fall auf die Existenz ermittelter Bestände hingewiesen. Sofern bisher unbekannte Nachlaßmaterialien aufgefunden werden konnten, werden sie im „Bibliographischen Anhang" in einem detaillierten Fundbericht vorgestellt. Gerade im Bereich der Nachlaßüberlieferung ist die Situation allerdings recht unbefriedigend. Ein nahezu vollständig erhaltener Nachlaß, der unter anderem eine ausgebreitete Korrespondenz umfaßt, liegt nur zu Georg Wehrung vor. Der ursprünglich recht umfangreiche Nachlaß Horst Stephans ist durch eine Reihe von ungünstigen Umständen auf einen heute nur noch sehr begrenz-

6

Einleitung

ten Bestand reduziert worden. Für Georg Wobbermin läßt sich derzeit ein persönlicher Nachlaß nicht nachweisen. Man muß sogar davon ausgehen, daß die wichtigsten Materialien im Jahre 1945 vernichtet worden sind. Immerhin war es möglich, auf einen kleinen Einzelbestand an Materialien zurückzugreifen, den die Ehefrau Wobbermins 1944 an die Berliner Universitätsbibliothek gegeben hat. Im Mittelpunkt der Untersuchung steht, als dritter Teil, eine detaillierte Rekonstruktion der theologischen Entwürfe. Die Darstellung folgt dabei der genannten dreifachen Fragestellung nach dem Religionsverständnis, dem Theologiebegriff sowie der Verhältnisbestimmung von Glaube und Geschichte. Die systematische Integration der theologietheoretischen Einzelkonzeptionen zu einer zusammenhängenden Theorie von Charakter und Aufgabenstellung der Theologie wird, so unvollkommen das Ergebnis im einzelnen auch noch sein mag, in einem vierten Teil geleistet. Den Abschluß der Arbeit bildet ein umfangreicher bibliographischer Anhang. Hier wird der Versuch unternommen, für Stephan, Wehrung und Wobbermin vollständige Werkverzeichnisse sowie eine Übersicht zur wichtigsten zeitgenössischen Sekundärliteratur zu geben. Obwohl für alle drei Autoren bereits ältere Bibliographien vorliegen, erscheint dieser zusätzliche Aufwand doch sinnvoll. Denn jene Verzeichnisse sind auf Vollständigkeit nicht angelegt. Sie weisen insbesondere im Bereich der kirchenpolitisch relevanten Texte, dazu bei den editorischen Beiträgen, den Rezensionen und den kleineren, zum Teil sehr entlegen veröffentlichten Publikationen derart große Lücken auf, daß ihr Wert insgesamt gering ist. Das außerordentlich ausgebreitete Werk der drei Theologen erfassen sie nicht einmal annähernd. Ein zweiter Gesichtspunkt kommt noch hinzu. Die liberale Theologie ist in der theologischen Diskussion nach 1945 nur sehr selektiv wahrgenommen worden. Diesem Umstand, der die Wirkungsgeschichte liberaler Theologie bis heute beeinträchtigt, soll - unabhängig von dem eigenen Interpretationsversuch - in der Weise entgegengearbeitet werden, daß mit Hilfe zulänglicher, d.h. möglichst vollständiger Werkverzeichnisse eine Grundlage für weitere Forschungen in diesem Bereich gelegt wird. Solche Arbeit ist auch für andere Autoren des liberalen Protestantismus dringend erforderlich. Zu keinem einzigen liberalen Theologen oder Kirchenvertreter der Zwischenkriegszeit liegen umfassendere bibliographische Arbeiten vor, weder zu Hermann Mulert noch zu Otto Ritschi, Wilhelm Schubring, Arthur Titius oder Heinrich Weinel. Sogar für Martin Rade gibt es derzeit keine Werkübersicht, die Vollständigkeit überhaupt nur anstrebt. Die Ansichten, die weithin über das theologische und kirchenpolitische Engagement dieser Theologen bestehen, beziehen sich in der Regel auf eine völlig unzureichende Auswahl von Texten. Aus dieser Beschränkung aber ergeben sich sachliche Verkürzungen und Fehleinschätzungen, die eine unvoreingenommene Wahrnehmung nicht mehr zulassen. -

Einleitung

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Abschließend soll noch auf den Titel der Untersuchung eingegangen werden. Er weist auf das zentrale Charakteristikum liberaler Theologie hin. In der liberaltheologischen Theoriebildung vollzieht sich die Begegnung von protestantischer Theologie und moderner Welt. Sie stellt den Versuch dar, die geistige und weltanschauliche, die soziale und politische Dimension der modernen Lebenswirklichkeit mit den Mitteln einer religiös bestimmten Weltdeutung theologisch adäquat zu erfassen. Dabei war diese moderne Realität, die sich seit den achtziger und neunziger Jahren des neunzehnten Jahrhunderts, zumal in den Großstädten, immer ungehemmter entfaltete, für die durchweg aus dem bürgerlich-konservativen Sozialmilieu des protestantischen, mittelstädtischen Bürgertums stammenden liberalen Theologen gewiß beunruhigend und irritierend, bedrohlich und auch angsterregend genug. Es ist daher gerade die große Leistung der älteren liberalen Theologen gewesen, daß sie trotz eigener lebensgeschichtlich bedingter Vorbehalte zunächst den Weg zu einer solchen theologischen Wahrnehmung gebahnt haben. Erst so konnten sie die Theologie insgesamt aus der Gefahr einer intellektuellen Selbstisolierung gegenüber einem auf Emanzipation und Weltbeherrschung gerichteten, nichttheologischen, das Wissenschaftsverständnis der Zeit stark prägenden Denken befreien. Eine vergleichbare Konstellation hat sich auch nach 1918 eingestellt. Wieder sahen liberale Theologen ihre vordringliche Aufgabe darin, die veränderte weltanschaulich-religiöse und politisch-soziale Situation so wahrzunehmen, daß sie als komplexe zeitgeschichtliche Herausforderung an Kirche und Theologie erkennbar wurde. Erst in einem zweiten Schritt haben sie dann den Versuch einer Formulierung adäquater Antworten auf die drängenden Fragen unternommen. Die liberaltheologische Theologietheorie fixiert diese zweistufige Struktur in der theologischen Denkbewegung selbst, um sie als eine notwendige Leistung im Vollzug der Auslegung christlicher Glaubensvorstellungen zu erweisen. Vor diesem Hintergrund will die Untersuchung klären, auf welche Weise die liberalen Theologen nach 1918 die liberaltheologische Theologiekonzeption umgesetzt haben und inwiefern es ihnen gelungen ist, ihr theologisches Programm plausibel darzustellen. Aber auch auf die Frage, ob sich das Programm selbst nicht doch letztlich als ungenügend oder defizitär erweist, will sie eine Antwort geben. Nur so kann auf der anderen Seite auch der bleibende theologische Anspruch dieser Tradition an die heutige theologische Arbeit sichtbar werden.

I. Teil Die liberale Theologie als Forschungsgegenstand

Die liberale Theologie als Forschungsgegenstand Der Begriff „Liberale Theologie" gehört noch immer zu den umstrittenen Kategorien der Theologiegeschichtsschreibung. Mangelnde Präzision und verbreitete Unsicherheit kennzeichnen seinen Gebrauch. So ist vor allem nach wie vor ungeklärt, ob er als Bezeichnung für eine definierbare Richtung im positionellen Gefüge der neueren Theologiegeschichte verwendet werden soll und insofern auf einen historisch deskriptiven Verwendungszweck beschränkt bleibt, oder ob sein Gebrauch darüber hinaus mit dem konstruktiven Interesse verbunden ist, einen spezifischen Typ theologischen Denkens zu identifizieren. Während vergleichbare Bezeichnungen, wie etwa „Vermittlungstheologie" oder „modern-positive Theologie", nur noch von historischer Reichweite sind, führt der Begriff „Liberale Theologie" einen Bedeutungsgehalt mit sich, der seinen Gebrauch mit einem programmatischen Hintersinn auszustatten scheint. Die zweite der genannten Begriffsprägungen, jene konstruktive Verwendungsweise, geht dabei von der Voraussetzung aus, daß es präzise zu erfassende ideen-, methoden- und theoriegeschichtliche Kontinuitäten im Prozeß der neuprotestantischen Theologiegeschichte gibt, die sich mit der Kategorie „Liberale Theologie" benennen ließen. Der weitergehende Anspruch, daß mit ihrer Hilfe auch aktuelle theologische Problemkonstellationen in ihrem sachlichen Gehalt erschlossen werden könnten, ist mit dieser analytischen Auffassung nicht notwendigerweise verbunden; er dürfte aber gleichwohl ein wirksames Motiv für die seit mehreren Jahren zu beobachtende Renaissance der liberalen Theologietradition sein. Die vorliegende Untersuchung entscheidet diesen terminologischen Streit gewiß nicht. Dennoch setzt sie die bisherige intensive Debatte um Begriff und Sache der liberalen Theologie voraus.1 Sie muß davon ausgeDie wichtigsten neueren Darstellungen sind: Hans-Joachim Birkner: „Liberale Theologie", in: Martin Schmidt / Georg Schwaiger (Hg.): Kirchen und Liberalismus im 19. Jahrhundert (Studien zur Theologie- und Geistesgeschichte im 19. Jahrhundert. Band 19), Göttingen 1976, 33-42 [zuerst 1974 erschienen]; Manfred Jacobs: Liberale Theologie, in: Theologische Realenzyklopädie. Band 21, Berlin/New York 1991, 47-68; Friedrich Wilhelm Graf: Liberale Theologie, in: Evangelisches Kirchenlexikon. Dritte Auflage. Band 3, Göttingen 1991, 86-98; Friedrich Wilhelm Graf (Hg.): Liberale Theologie. Eine Ortsbestimmung (Troeltsch-Studien. Band 7), Gütersloh 1993; darin vor allem: Hartmut Ruddies: Liberale Theologie. Zur Dialektik eines komplexen Begriffs, 176-203.- Vgl.

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hen, daß ein Konsens über die historiographische Qualität des Begriffes und vor allem ein Einverständnis über die systematisch-theologischen Implikationen, die mit seiner Verwendung verbunden sind, noch nicht erzielt wurden. Zumal im Blick auf die vielschichtige theologische Diskussionslage der zwanziger und dreißiger Jahre zieht dieser Umstand eine Reihe von Konsequenzen für die Anlage der historischen Analyse nach sich. Ihnen und einer einführenden Kennzeichnung des Untersuchungsgegenstandes widmen sich die Ausführungen dieses ersten Teiles. Insbesondere ist es erforderlich, daß der geschichtliche Standort der evangelischen Theologie bezeichnet wird, von dem die Debatten und Auseinandersetzungen der Zwischenkriegszeit ihren Ausgang genommen haben. In diesem Zusammenhang soll auch die Frage nach der spezifischen Funktion aufgeworfen werden, die nach 1918 mit dem Hinweis auf die epochale historische Bedeutung des ersten Weltkrieges verknüpft wurde. In einem weiteren Schritt wird der Rahmen skizziert, innerhalb dessen hier von liberaler Theologie überhaupt die Rede ist. Zu diesem Zweck und um das Untersuchungsprojekt historisch zu verankern, werden in einem kurzen Überblick einige Leitmotive aus der komplexen liberalprotestantischen Theologietradition zusammengestellt. Zur Terminologie sei noch folgendes bemerkt: In der neueren theologiegeschichtlichen Literatur werden die Begriffe „Liberale Theologie" und „Liberalprotestantische Theologie" weitgehend synonym verwendet. Auch in der vorliegenden Arbeit soll so verfahren werden. Dennoch steht dieser Praxis entgegen, daß die jüdische und auch die katholische Theologie des neunzehnten und zwanzigsten Jahrhunderts ebenfalls stark modernisierungsorientierte liberale Theologien ausgebildet haben.2 auch Hans Grass: Liberalismus III: Theologischer und kirchlicher Liberalismus, in: Die Religion in Geschichte und Gegenwart. Dritte Auflage. Band 4, Tübingen 1960, 351355; Theodor Siegfried: Liberale Theologie, in: Evangelisches Kirchenlexikon. Zweite Auflage. Band 2, Göttingen 1962, 1084-1091; Rolf Schäfer: Liberale Theologie, in: Evangelischer Glaube im Wandel der Zeit, Stuttgart 1967,125-152. Zur älteren Begriffsprägung siehe insbesondere Martin Rade: Liberalismus III. Kirchlicher Liberalismus, in: Die Religion in Geschichte und Gegenwart. Zweite Auflage. Band 3, Tübingen 1929, 1626-1629, sowie: Ders.: Religiöser Liberalismus. Glosse zu W. Niggs „Geschichte des religiösen Liberalismus", in: Zeitschrift für Theologie und Kirche. Neue Folge 19 (1938), 243-261. - Die umfassende theologiegeschichtliche Gesamtdarstellung von Jan Rohls umgeht das Problem, indem sie auf die Verwendung des Begriffes „Liberale Theologie" durchgehend verzichtet (vgl. Jan Rohls: Protestantische Theologie der Neuzeit. Band II: Das 20. Jahrhundert, Tübingen 1997). Vgl. Joseph Leon Blau: Modern Varieties of Judaism, New York 1966; Trutz Rendtorff: Das Verhältnis von liberaler Theologie und Judentum um die Jahrhundertwende, in: Ders.: Theologie in der Moderne. Über Religion im Prozeß der Aufklärung (TroeltschStudien. Band 5), Gütersloh 1991, 59-72; Victor Conzemius: Liberaler Katholizismus, in: Theologische Realenzyklopädie. Band 21, Berlin/New York 1991, 68-73; Wilhelm Weber: Liberalismus, in: Anton Rauscher (Hg.): Der soziale und politische Katholizismus. Entwicklungslinien in Deutschland 1803-1963. Band l, München/Wien 1981, 265-293.

Untersuchungsinteresse und Forschungslage

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Wenngleich das theologische Gewicht dieser Strömungen nicht unterschätzt werden darf, so bleibt doch zweifelhaft, ob die nichtprotestantischen Richtungen des theologischen Liberalismus konfessionsintern auch nur annähernd eine vergleichbare Bedeutung erlangen konnten, wie die liberale Theologie innerhalb des Protestantismus. Außerdem kann darauf hingewiesen werden, daß die protestantische liberale Theologie jene anderen Ausprägungen liberaltheologischen Denkens historisch und systematisch modellhaft beeinflußt hat. In umgekehrter Richtung sind Einflüsse hingegen nur in sehr begrenztem Umfang wirksam geworden. Schließlich hat der Begriff „Liberale Theologie" seinen ursprünglichen Ort im Kontext einer spezifisch protestantischen Diskussionslage, aus der er um die Mitte des neunzehnten Jahrhunderts im Sinne einer positionellen Selbstbezeichnung hervorgegangen ist. An diesen Diskussionskontext bleibt er insofern gebunden, als er aus ihm lediglich um den Preis eines erheblichen Präzisionsverlustes herausgelöst werden kann. Die konventionelle Begriffsverwendung, die geneigt ist, die liberale Theologie einseitig mit ihrer protestantischen Version gleichzusetzen, kann daher - auch wenn sie letztlich in ihrem historischen Recht einzuschränken ist - wenigstens ein gewisses Maß an theologiegeschichtlicher Berechtigung für sich in Anspruch nehmen. 1. Untersuchungsinteresse und Forschungslage Ein in der Theologiegeschichtsschreibung nach wie vor verbreitetes Urteil stellt fest, daß die Geschichte der liberalen Theologie nicht über jenes Stadium liberaltheologischer Theoriebildung hinausreiche, das durch die Kontroverse zwischen Wilhelm Herrmann und Ernst Troeltsch markiert werde. Insbesondere die von Troeltsch selbstkritisch angezeigten Grenzen der liberaltheologischen Programmatik seien auf einem systemimmanenten Wege nicht mehr zu überwinden gewesen. In gesellschaftlicher Hinsicht entspreche „das Ende der liberalen Theologie" überdies dem Endpunkt eines langwierigen Verfallsprozesses des deutschen Bürgertums; es sei insofern Ausdruck einer geistigen und sozialen Krisensituation, deren historische Bedeutung über den Bereich von Kirche und Theologie weit hinausgehe.3 3

Vgl. Manfred Jacobs: Liberale Theologie, 63-64. Auch das etwas zurückhaltender formulierte Urteil von Jacobs, demzufolge das Ende der liberalen Theologie nicht identisch sei mit dem Ende der wilhelminisch-bürgerlichen Gesellschaft, „sondern eher [als] Ergebnis der richtungsimmanenten, analytischen Kritik" verstanden werden müsse, ist noch einer solchen Zusammenbruchslegende verpflichtet. Der ergänzende Hinweis auf „Vorlesungsverzeichnisse deutscher evangelischer Fakultäten in den zwanziger Jahren", durch die ein „Weiterleben" liberalprotestantischer Fragestellungen dokumentiert werde, bleibt unausgeführt.

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Die liberale Theologie als Forschungsgegenstand

Die vorliegende Untersuchung begegnet dieser Auffassung, indem sie den Nachweis dafür erbringt, daß nach dem ersten Weltkrieg die zentralen methodischen und sachlichen Fragestellungen der liberalprotestantischen Theologietradition von solchen Theologen aufgenommen wurden, deren theologisches Selbstverständnis vom Bewußtsein eines Kontinuitätsverhältnisses gegenüber dieser Tradition bestimmt war. Erst eine derartige ausdrückliche Selbstzuordnung zeitgenössischer Theologen erlaubt es, in einem programmatischen Sinne vom Fortbestand liberaler Theologie nach 1918 zu sprechen. Die Untersuchung wird zeigen, daß die liberale Theologie als Repräsentantin wissenschaftlich-kritischer Standards theologischer Reflexion im protestantischen Meinungsstreit der zwanziger und dreißiger Jahre ständig präsent blieb. Sie will zudem deutlich machen, daß ein differenziertes Verständnis der theologischen Diskussionszusammenhänge nach 1918 überhaupt nicht möglich ist, wenn nicht die argumentative Leistung dieser liberalen Nachkriegstheologie innerhalb einer theologiegeschichtlichen Gesamtsicht angemessen gewürdigt wird. Ernst Troeltsch hat gegenüber einer solchen liberalismusgeschichtlichen Langzeitperspektive darauf hingewiesen, daß infolge der Entfremdung einer ursprünglich im christlichen Verständnis von Geschichte begründeten Gegenwartsauffassung von ihren religiösen Voraussetzungen der neuprotestantische Grunddissens zwischen liberaler und sog. „positiver" Theologie bereits seit den 1890er Jahren im wesentlichen überwunden sei. Nur noch eine „wissenschaftliche Theologie" habe seither Anspruch auf Geltung innerhalb des intellektuellen Diskurses.4 Gleichwohl steht Troeltschs Einwand dem Untersuchungsprojekt nicht entgegen. Denn eine derartige Eingrenzung des Traditionskomplexes liberaler Theologie, wie Troeltsch sie hier vornimmt, ist von dem Interesse bestimmt, die eigene theologische Position, die als Inbegriff der geforderten „wissenschaftlichen Theologie" auftritt, von dieser Tradition möglichst weit abzurücken; ihre konzeptionelle Abhängigkeit von der liberaltheologischen Überlieferung wird daher verschleiert.5 Der liberale Protestantismus ist seit einiger Zeit ein bevorzugter Gegenstand der theologiegeschichtlichen Forschung. Es ist daher erstaunlich, daß Vgl. Ernst Troeltsch: Ruckblick auf ein halbes Jahrhundert der theologischen Wissenschaften, in: Zeitschrift für wissenschaftliche Theologie 51 (Neue Folge 16) 1909, 97135; in überarbeiteter Fassung in: Ders.: Zur religiösen Lage, Religionsphilosophie und Ethik (Gesammelte Schriften. Band 2), Tübingen 1913, 193-226. Ein weiteres Beispiel für einen derartigen Anspruch auf Überwindung des Gegensatzes von liberaler und positiver Theologie bietet Wilhelm Herrmanns Beitrag zu dem von Paul Hinneberg herausgegebenen kulturwissenschaftlichen Sammelwerk „Die Kultur der Gegenwart": Wilhelm Herrmann: Christlich-protestantische Dogmatik, in: Die Kultur der Gegenwart. Ihre Entwicklung und ihre Ziele. Herausgegeben von Paul Hinneberg. Teil I. Abteilung IV: Die christliche Religion mit Einschluss der israelitisch-jüdischen Religion, Berlin und Leipzig 1906, 583-632, hier: 627-630. Troeltsch nimmt in seinem „Rückblick" indirekt auf diesen Text von Herrmann Bezug.

Untersuchungsinteresse und Forschungslage

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eine Untersuchung zur theologischen Konzeptionsbildung des Liberalprotestantismus für den Zeitraum nach 1918 bisher nicht vorliegt. Überhaupt ist die spezifische, in gewissem Sinne durchaus auch krisenhafte Situation der liberalen Theologie der Zwischenkriegszeit bisher nur ansatzweise erörtert worden.6 Sogar noch jüngste Überblicksdarstellungen zur neueren Theologiegeschichte nehmen von der liberalen Theologie dieses Zeitraumes keine Notiz.7 Aber auch im Kontext von Studien zur Entwicklungsgeschichte klassischer liberalprotestantischer Themen oder zur Wirkungsgeschichte Schleiermachers, Ritschis oder Troeltschs wird weitgehend ignoriert, daß nach 1918 liberale Theologen eine umfassende und z.T. äußerst differenzierte theologische Argumentation entfaltet haben.8 Doch nicht allein solche forschungsgeschichtlichen Defizite haben die hier vorliegende Untersuchung zur liberalen Theologiekonzeption der Vgl. Georg Pfleiderer: Theologie als Wirklichkeitswissenschaft. Studien zum Religionsbegriff bei Georg Wobbermin, Rudolf Otto, Heinrich Scholz und Max Scheler (Beiträge zur historischen Theologie. Band 82), Tübingen 1992; Hartmut Ruddies: Liberales Kulturluthertum. Martin Rade 1857-1940, in: Friedrich Wilhelm Graf (Hg.): Profile des neuzeitlichen Protestantismus. Band 2: Kaiserreich, Gütersloh 1993, 399-422; Friedrich Wilhelm Graf: Kulturprotestantismus. Zur Begriffsgeschichte einer theologiepolitischen Chiffre, in: Archiv für Begriffsgeschichte 28 (1984), 214-268; erweitert in: Hans Martin Müller (Hg.): Kulturprotestantismus. Beiträge zu einer Gestalt des modernen Christentums, Gütersloh 1992, 21-77. So etwa Friedrich Mildenberger: Geschichte der deutschen evangelischen Theologie im 19. und 20. Jahrhundert (Theologische Wissenschaft. Sammelwerk für Studium und Beruf. Band 10), Stuttgart 1981; Hermann Fischer: Systematische Theologie. Konzeptionen und Probleme im 20. Jahrhundert (Grundkurs Theologie. Band 8), Stuttgart 1992; Hans-Walter Krumwiede: Evangelische Kirche und Theologie in der Weimarer Zeit (Grundtexte zur Kirchen- und Theologiegeschichte. Band 2), Neukirchen-Vluyn 1990 (hier finden sich vereinzelte Hinweise auf Arthur Titius und Martin Rade). Vgl. auch Martin Greschat (Hg.): Theologen des Protestantismus im 19. und 20. Jahrhundert. Band 2, Stuttgart 1978. - Beispielhaft für die gängige Verkürzung ist die Darstellung, die Gottfried Hornig unter dem Titel „Kulturprotestantismus und liberale Theologie" in: Carl Andresen (Hg.): Handbuch der Dogmen- und Theologiegeschichte. Band 3: Die Lehrentwicklung im Rahmen der Ökumenizität, Göttingen 1984, 202-220, gibt. Nach einer Zusammenfassung der Reich-Gottes-Theorie Ritschis werden einzelne Grundgedanken von Herrmann und Harnack skizziert, worauf das Kapitel mit Ausführungen zu „Troeltsch und das Verständnis des Neuprotestantismus" schließt. Innerhalb desjenigen Abschnittes, der das Thema „Kontinuität und Krisen im 20. Jahrhundert" (Ebd., 221287) erörtert, findet kein liberaler Theologe Erwähnung. - Besonders problematisch ist auch die völlig verzerrte und weithin unzutreffende Darstellung liberaltheologischer Positionen bei Klaus Scholder: Die Kirchen und das Dritte Reich. Band 1: Vorgeschichte und Zeit der Illusion 1918-1934, Frankfurt am Main/Berlin 1977. Eine Ausnahme bildet der Aufsatz von Hans-Georg Geyer: Die dialektische Theologie und die Krise des Liberalismus, in: Rudolf von Thadden (Hg.): Die Krise des Liberalismus zwischen den Weltkriegen, Göttingen 1978, 155-170. Geyer hebt vor allem den unbedingten Erneuerungswillen der theologischen Aufbruchsbewegungen nach 1918 hervor, der durch den „Kulturschock des ersten Weltkrieges" provoziert worden sei. Das „Bewußtsein vom Ende oder Untergang einer Epoche" habe ein antiliberales Weltbild bestimmt, das dennoch in seinem theologischen Charakter von der Erbschaft „der gesamten wissenschaftlichen Theologie des 19. Jahrhunderts" gezehrt habe (159).

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Die liberale Theologie als Forschungsgegenstand

Zwischenkriegszeit veranlaßt. Ein zweiter Grund kommt hinzu: Zu keinem anderen Zeitpunkt ihrer Geschichte sah sich die liberale Theologie derartigen Angriffen und Herausforderungen ausgesetzt, wie während der zwanziger und dreißiger Jahre. Sowohl die kontroverse theologische Debatte wie auch die weit über Theologie und Kirche hinaus verbreitete antihistoristische Liberalismuskritik der Nachkriegszeit, die mit einer grundsätzlichen, in Teilen auch demokratiefeindlich auftretenden Infragestellung zentraler bürgerlich-liberaler Wertentscheidungen in Politik, Wissenschaft und Kultur einherging, setzten die liberalen Theologen einem erheblichen Druck aus. In Verbindung mit den kirchenpolitischen Auseinandersetzungen der Zeit führte dies innerhalb der liberaltheologischen Diskussion selbst zu einer Anspannung, die sich auch auf die Formulierung und Entfaltung der theologischen Programmatik unmittelbar auswirkte. In prinzipientheoretischer, in ethischer und dogmatischer, ekklesiologischer, christologischer und anthropologischer Hinsicht galt es, einem Illegitimitätsvorwurf zu begegnen, demzufolge liberale Theologie nicht nur den Wahrheitsanspruch des christlichen Glaubens faktisch aufgebe, sondern auch die Voraussetzungen seiner geschichtlichen Verifizierung durch ihren vermeintlichen theologischen Reduktionismus untergrabe. 9 Das Erfordernis, einen behauptungsfähigen Standpunkt innerhalb der „Wahrheitsdebatte um die liberale Theologie"10 auszubilden, prägte daher die liberaltheologischen Entwürfe nach 1918 in weit stärkerem Maße als vor dem Krieg. Die systematisch-theologische Arbeit der liberalen Theologen hatte den Anforderungen einer zweifach problematischen Situation zu genügen: Einerseits galt es, auch unter den erschwerten Bedingungen der zeitgenössischen Liberalismuskritik das Kontinuitätsverhältnis zu grundlegenden Problemstellungen der neuprotestantischen Theologietradition sichtbar werden zu lassen. Zugleich war ein traditionsimmanenter Transformationsprozeß fortzuführen, der die theologischen Traditionsbestände des Neuprotestantismus kritisch auf ihre Leistungsfähigkeit für eine modernitätsoffene Glaubensauslegung hin befragte. Durch die Kombination beider Aspekte wird der Ort bezeichnet, den die liberale Theologie nach 1918 einnahm.

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Zu den Verbindungslinien, die zwischen theologischem und politischem Antiliberalismus der Zwischenkriegszeit bestanden, vgl. insbesondere Kurt Nowak: Die „antihistoristische Revolution". Symptome und Folgen der Krise historischer Weltorientierung nach dem Ersten Weltkrieg in Deutschland, in: Horst Renz / Friedrich Wilhelm Graf (Hg.): Umstrittene Moderne. Die Zukunft der Neuzeit im Urteil der Epoche Ernst Troeltschs (TroeltschStudien. Band 4), Gütersloh 1987, 133-171; siehe auch Kurt Nowak: Entartete Gegenwart. Antimodernismus als Interpretament für die Begegnung von Protestantismus und Nationalsozialismus in der Weimarer Zeit, in: Theologische Zeitschrift 35 (1979), 102-119. Hartmut Ruddies: Liberale Theologie, 180.

Kontinuität oder Diskontinuität?

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2. Kontinuität oder Diskontinuität? Zum historischen Ort der evangelischen Theologie nach dem ersten Weltkrieg Der erste Weltkrieg wurde nach 1918 als Epochen wende von einzigartiger Dimension aufgefaßt. Kein anderes historisches Ereignis der jüngeren deutschen Geschichte schien seine einschneidende, schlechthin katastrophale Bedeutung zu übertreffen. Nach Ernst Bloch etwa ließ sich der Weltkrieg nur mit „einer Wasserscheide und einem furchtbaren Gebirgsstock" vergleichen, der dazu geschaffen sei, „die Neuzeit mit ihrer Geldwirtschaft und bloßen idealen Zweckhaftigkeit abzuschließen". Jedoch nicht allein jene zweifelhafte Form moderner Rationalität sei nunmehr bloßgestellt; vielmehr gelte dies auch für die „wässerige [...] Feuerseele des sogenannten liberalen Protestantismus", der nicht anders bezeichnet werden könne denn als „ein einfacher Rechenschaftsbericht moderner Lauheit, Glaubenslosigkeit, Dummheit und Gottleere".11 2.1. Der Weltkrieg als theologiegeschichtliche Zäsur Trotz dieser scharfen Kritik stimmten zahlreiche liberale Theologen gerade in der Beurteilung des Krieges mit Bloch überein. Auch für sie markierte der Weltkrieg ein zentrales geschichtliches Ereignis, dem sie ebenso wie Bloch eine theologiekritische Bedeutung zusprachen. Überhaupt ist aus liberalprotestantischer Sicht kein anderes historisches Datum so sehr zur Zäsur von Kontinuitätslinien der neueren Theologiegeschichte erklärt worden, wie dieser Krieg.12 Ein hellsichtiges Urteil Martin Rades, das wegen seines Widerspruches zu einer 1914 noch weithin vorherrschenden Kriegsbegeisterung bekannt geworden ist, lautete, daß mit dem militärischen Konflikt die Christenheit einen „nicht zu verheimlichenden Bankerott" erlitten habe.13 Eine dramatisierte Version dieser Auffassung konnte sogar die gesamte neuere Christentumsgeschichte in den Kriegsschatten stellen. So hat Ferdinand Kattenbusch die Ansicht vertreten, daß der erste Weltkrieg als ein Ereignis zu betrachten sei, dessen Bedeutung für Religion, Kirche und 11

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Ernst Bloch: Geist der Utopie, Leipzig 1918, 402; siehe auch: 268. Zu Blochs sozialmessianischer Position vgl. Arno Münster: Utopie, Messianismus und Apokalypse im Frühwerk von Ernst Bloch, Frankfurt am Main 1982. Siehe z.B. Friedrich Niebergall: Unsere Aufgabe gegenüber der Revolution, in: Evangelische Freiheit 19 (1919), 173-179; Friedrich Naumann: Rede vor der Nationalversammlung am 17. Juli 1919, in: Die Hilfe 25 (1919), 390-394. Martin Rade: Der Bankerott der Christenheit, in: Die Christliche Welt 28 (1914), 849850. Vgl. hierzu Anne Christine Nagel: Martin Rade - Theologe und Politiker des sozialen Liberalismus. Eine politische Biographie (Religiöse Kulturen der Moderne. Band 4), Gütersloh 1996; siehe auch: Dies.: „Ich glaube an den Krieg" - „Ich freue mich auf den Frieden". Der Marburger Theologe, Publizist und Politiker Martin Rade in der Auseinandersetzung mit dem Pazifismus, in: Hessisches Jahrbuch für Landesgeschichte 40 (1990), 193-217.

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Theologie kaum überschätzt werden könne. Wesentlich durch ihn sei es bedingt gewesen, daß im ersten Drittel des zwanzigsten Jahrhunderts der christliche Glaube in Deutschland seinen früheren Orientierungswert weitgehend eingebüßt habe. Dieser Bedeutungsschwund schlage sich in einer tiefgreifenden Erschütterung der geistigen Grundwerte nieder. Der durch den Krieg ausgelöste soziale und politische Wandlungsprozeß gehe mit einer „Geistesrevolution" einher, die unabsehbare Folgen für den politischen und gesellschaftlichen Neuaufbau nach sich ziehe.14 Doch nicht nur die kritische Gegenwartswahrnehmung liberaler Theologen, sondern auch die antihistoristische Reaktion der zwanziger Jahre ist eingebunden in das komplexe weltanschauliche Spannungsfeld, das durch das Erlebnis des verlorenen Krieges erzeugt wurde. Nahezu einhellig sah man im Weltkrieg ein gerichtsartiges Geschehen, das zu einer nachhaltigen Infragestellung der bisher selbstverständlich geltenden weltanschaulichen Leitorientierungen geführt habe.15 Trotz dieser tief empfundenen Erschütterung, die in der Literatur der Zeit vielfach zum Ausdruck gebracht wurde, läßt sich gerade bei den Aufbruchstheologen auch eine Tendenz beobachten, die, im Interesse einer Verarbeitung der politischen und gesellschaftlichen Umbruchserfahrungen, auf eine gezielte Instrumentalisierung des Zusammenbruchsereignisses hinausläuft. Aus dieser Perspektive konnte die Geschichte der liberalen Theologie nur als Niedergangsgeschichte beschrieben werden: Der Zerfall der bürgerlich-protestantischen Nationalkultur, für den der Krieg Höhepunkt und Besiegelung zugleich gewesen sei, habe zwangsläufig auch das Ende der liberal-bürgerlichen Theologie nach sich gezogen.16 Seinen äußeren Ausdruck finde dieser Sachverhalt 14 15

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Vgl. Ferdinand Kattenbusch: Die deutsche evangelische Theologie seit Schleiermacher. Band II: Zeitenwende auch in der Theologie, Gießen 1934, 10-18. Vgl. etwa neben den zahlreichen entsprechenden Äußerungen Karl Barths das rückblikkende autobiographische Zeugnis von Eduard Thurneysen: Für ihn sei der Krieg „eine große Erschütterung geworden", die ihm Anlaß gegeben habe, „sich immer mehr davon zu überzeugen, daß die Hilfen, die sich die verschiedenen Gruppen der Menschen auf die vorhandenen Nöte geben wollen, im entscheidenden Momente versagen". Die aus der Not der Zeit erwachsene Beschäftigung mit der Bibel habe ihn zu Einsichten geführt, die bisher übersehen worden seien und die sogar das Engagement in der sozialen Bewegung „aus dem Mittelpunkt etwas verdrängt" hätten (Vortrag bei einer Tagung des Sozialen Kurses der Schweizerischen Predigergesellschaft im Juni 1927); vgl. das Referat von Samuel Dieterle: Sozialer Kurs der Schweizerischen Predigergesellschaft. Zur Auseinandersetzung zwischen Leonhard Ragaz und Eduard Thurneysen, in: Theologische Blätter 6 (1927), 251-254, hier: 252-253. Vgl. Barths bekannte Formulierung: „Eine Wendung brachte erst der Ausbruch des Weltkriegs. Er bedeutete für mich ein doppeltes Irrewerden: einmal an der Lehre meiner sämtlichen theologischen Meister in Deutschland, die mir durch das, was ich als ihr Versagen gegenüber der Kriegsideologie empfand, rettungslos kompromittiert erschien sodann am Sozialismus [...]", in: Karl Barth: [Autobiographische Skizze aus dem Fakultätsalbum der Evangelisch-Theologischen Fakultät Münster (1927)], in: Karl Barth Rudolf Bultmann: Briefwechsel 1922-1966 (Karl Barth-Gesamtausgabe. V. Abteilung. Band 1). Herausgegeben von Bernd Jaspert, Zürich 1971, 301-310, hier: 306.

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etwa in dem „Aufruf der 93 Intellektuellen" vom 3. Oktober 1914. Jenes mit maßgeblicher Beteiligung führender liberaler Theologen zustandegekommene Dokument könne als Abdankungsurkunde des ancien regime gelesen werden und stehe, die historische Entwicklung gleichsam vorwegnehmend, für den definitiven politischen und geistigen Zusammenbruch des wilhelminischen Ordnungsgefüges. 17 Erst eine solche planmäßige Steuerung des Geschichtsverständnisses konnte dazu führen, daß es in der neueren Theologiegeschichtsschreibung zu einer üblichen Gepflogenheit wurde, die theologischen Diskussionen des neunzehnten von denen des zwanzigsten Jahrhunderts über die „Epochenwende" von 1914/18 abzugrenzen. Dabei wird jedoch zu wenig beachtet, daß die Auszeichnung des Weltkrieges als eines bürgertumsgeschichtlichen Finalereignisses sich nur scheinbar einer rein analytischen Geschichtsbetrachtung verdankt. Vielmehr korrespondiert ihr ein massives theologiepolitisches Interesse der zunächst sowohl konzeptionell als auch institutionell noch instabilen Nachkriegsbewegungen im deutschsprachigen Protestantismus. Allein schon die vielfältigen, im Detail noch gar nicht erforschten Beziehungen und Abhängigkeiten, die den theologischen Aufbruch in die neuprotestantische Theologietradition einbinden, lassen das oft gebrauchte Bild eines historischen „Bruches" für die Beschreibung der tatsächlichen theologischen Situation nach 1918 als nur sehr bedingt geeignet erscheinen.18 Vor allem im Blick auf die theologietheoretischen Methodendiskurse der Zeit ist die Behauptung einer tiefgreifenden Zäsur eher als Folge, denn als Voraussetzung des spezifischen Selbstbewußtseins der modernitätskritischen Nachkriegsgruppierungen aufzufassen. Es wäre unzutreffend, 17

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Vgl. Wilfried Härle: Der Aufruf der 93 Intellektuellen und Karl Barths Bruch mit der liberalen Theologie, in: Zeitschrift für Theologie und Kirche 72 (1975), 207-224. In einen größeren wissenschaftspolitischen Kontext stellt den Aufruf Bernhard vom Brocke: „Wissenschaft und Militarismus". Der Aufruf der 93 ,An die Kulturwelt!' und der Zusammenbruch der internationalen Gelehrtenrepublik im Ersten Weltkrieg, in: William M. Calder III / Helmut Flashar/Theodor Lindken (Hg.): Wilamowitz nach 50 Jahren, Darmstadt 1985, 649-719. Vgl. jetzt auch die umfassende Studie zur Vorgeschichte des Aufrufs von Jürgen von Ungern-Sternberg / Wolfgang von Ungern-Sternberg: Der Aufruf „An die Kulturwelt!". Das Manifest der 93 und die Anfänge der Kriegspropaganda im Ersten Weltkrieg. Mit einer Dokumentation (Historische Mitteilungen. Im Auftrage der RankeGesellschaft, Vereinigung für Geschichte im öffentlichen Leben. Beiheft 18), Stuttgart 1996. Vgl. z.B. Hermann Fischer: Systematische Theologie, 11; dort wird allerdings zugleich auch die Problematik einer schematischen Epochenstrukturierung erörtert (9-14). Zum Verhältnis von Dialektischer und liberaler Theologie siehe Hartmut Ruddies: Karl Barth und Wilhelm Herrmann. Aspekte aus den Anfängen der dialektischen Theologie, in: Zeitschrift für Dialektische Theologie l (1985), 52-89, sowie: Ders.: Karl Barth und Ernst Troeltsch. Aspekte eines unterbliebenen Dialogs, in: Horst Rcnz/Friedrich Wilhelm Graf (Hg.): Umstrittene Moderne. Die Zukunft der Neuzeit im Urteil der Epoche Ernst Troeltschs (Troeltsch-Studien. Band 4), Gütersloh 1987, 230-258.

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Die liberale Theologie als Forschungsgegenstand

die Debatte um Kontinuitätsbruch, historischen Neubeginn und Überlieferungskritik in der Theologie auf die Kontroversen der Nachkriegszeit zu beschränken. Vielmehr reicht sie weit über die Schwelle von 1914/18 zurück. Gerade die spektakulären theologischen Auseinandersetzungen um 1920 stellen eine Radikalisierung bereits vorhandener theologischer Konflikte innerhalb des Vorkriegsprotestantismus dar und weisen bis in die Einzelheiten auf sie zurück. Spätestens seit der Jahrhundertwendezeit wird die theologische Diskussion durch eine ständig „wachsende Selbstkritik der modernen Bildung und Kultur" geprägt. Dem „verlockenden Zauber" einer „allmählichen Zerstörung" des noch wenige Jahrzehnte zuvor kaum in Frage gestellten Vertrauens in die menschliche Handlungskompetenz entzog sich auch die Theologie nicht.19 Die durch liberalismuskritische Theologen nach 1918 aufgegriffene und noch einmal erheblich verstärkte These von einer durch den Weltkrieg verursachten Grunderschütterung des bürgerlich-wilhelminischen Wertekosmos gehorcht daher immer auch dem im Gefolge des Kriegserlebnisses intensiv empfundenen Bedürfnis nach einer historischen Verankerung der eigenen weltanschaulich-theologischen Leitvorstellungen. Insofern ist in solchen theologischen Umbruchsbeschreibungen ein Projektionsvorgang wirksam, in dem sich über eine Deutung theologiegeschichtlicher Zusammenhänge theologische Überzeugungen Ausdruck verschaffen. 2.2. Krisenerfahrung, Weltkriegserlebnis und Theologiekritik Schon Ende der zwanziger Jahre stellte Horst Stephan in einer theologischen Lagebeschreibung fest, daß der Zusammenbruch des Kaiserreiches und die mit diesem Zusammenbruch einhergehende Notwendigkeit einer politischen und kirchenpolitischen Neuorientierung in der Theologie die Wahrnehmung der Krisenhaftigkeit der Moderne zwar intensiviert und in Teilen auch „akut verstärkt" habe; - eine qualitative Auswechslung theologisch-methodischer Standards sei hingegen nicht erfolgt.20 Diese Beobachtung Stephans gilt auch im Blick auf die theologischen Aufbruchs19

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Vgl. hierzu Horst Stephan: Die systematische Theologie, in: Ders.: Die evangelische Theologie. Ihr jetziger Stand und ihre Aufgaben. Vierter Teil, Halle an der Saale 1928, 32. Horst Stephan: Die systematische Theologie, 2. Bereits 1922 vertrat Stephan in einem Vortrag vor der Arbeitsgemeinschaft niederhessischer Pfarrer die Ansicht, daß eine solche Intensivierung besonders im aktuellen „Streit um die Kulturaufgaben, die Güter und Zwecke, um die Stellung der Religion zum Nationalen bzw. Internationalen und zum Sozialen" zu beobachten sei. Durch ihn finde „mit besonderer Wucht (...) die Problematisierung unserer gesamten Kultur (...) durch die Kriegs- und Nachkricgskatastrophen", die „immer zahlreicheren Menschen zum erschütternden Bewußtsein kommt", ihren Ausdruck (Horst Stephan: Die Wandlungen der theologischen Wissenschaft in den letzten 25 Jahren. Referat eines Vortrages vom 5. Januar 1922, in: Theologische Blätter 32

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Bewegungen des Neuluthertums und der „Wort-Gottes-Theologie". Zwar haben gerade sie einer theologischen Aufwertung des Revolutionsjahres 1918/19 zum epochalen Einschnitt in die Geschichte des liberalen Bürgertums und seiner bildungsreligiösen Weltdeutung erheblichen Vorschub geleistet, indem sie die Krisenmetapher ins Unbegrenzte steigerten und Gott selbst zum Ursprung der Krise erklärten. Karl Barth etwa vertrat 1922 die Ansicht, daß „der wahre Gott [..] der aller Gegenständlichkeit entbehrende Ursprung der Krisis aller Gegenständlichkeit, der Richter, das Nicht-Sein der Welt" sei. „Gottes Standpunkt wird gewahrt gegenüber unser aller Standpunkten. Er hat recht und wir alle Unrecht."21 Doch sind es gerade die Protagonisten dieser Aufbruchsbewegungen gewesen, die bereits vor 1914, zumindest in Ansätzen, einige zentrale Aspekte ihrer späteren theologischen Positionen formulierten. Nur einer unhistorischen Betrachtungsweise konnte die Entfaltung dieser Positionen zu ausgearbeiteten theologischen Entwürfen als allein durch das kriegerische Zusammenbruchserlebnis bedingt erscheinen.22 Besonders zu Karl Barth lassen neuere Untersuchungen immer deutlicher erkennen, wie stark sein dogmatisch-theologisches Grundanliegen schon vor Ausbruch des Krieges, etwa in den Predigten der Jahre 1913 und 1914, vorgezeichnet ist. Trotz der deutlichen Anklänge an kulturidealistische Vorstellungen, die sich hier auch finden, kennzeichnet ein konsequenter theologischer Antihistorismus bereits diese frühen homiletischen Texte. Sowohl im Theologiebegriff als auch im Offenbarungsverständnis finden sich schon hier wichtige Grundgedanken der späteren theologischen Prinzipienlehre. Auch jene beiden für die von Herrmann beeinflußte Vorkriegstheologie grundlegenden Begriffe „Erfahrung" und „Erlebnis" werden schon vor 1914 von Barth in einer Weise gebraucht, die den Widerspruch zur zeitgenössischen liberaltheologischen Prägung dieser Terminologie kaum verhehlt.23

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(1922), 37-40; Zitat: 39). - Dieser Vortrag, der leider nur in einer zusammenfassenden Nachschrift vorliegt, veranschaulicht einen zentralen Aspekt der Sclbsteinschätzung liberalprotestantischer Theologie am Beginn der zwanziger Jahre. Er ist aber darüber hinaus auch deshalb bedeutsam, weil er die Erfahrung des intellektuellen Umbruchs in eine Perspektive längerfristiger Wandlungsprozesse einordnet und den innovativen Anspruch der theologischen Aufbruchsbewegungen auf seinen historischen Entstehungszusammenhang zurückbezieht. Karl Barth: Der Römerbrief. Zweite Auflage (1922), Zürich 1967, 57. 318. Vgl. hierzu Falk Wagner: Geht die Umformungskrise des deutschsprachigen modernen Protestantismus weiter?, in: Zeitschrift für neuere Theologiegeschichte / Journal for the History of Modern Theology 2 (1995), 225-254, hier: 246-247. Vgl. hierzu Cornells van der Kooi: Anfängliche Theologie. Der Denkweg des jungen Karl Barth (1909-1927) (Beiträge zur evangelischen Theologie. Theologische Abhandlungen. Band 103), München 1987, insbesondere: 21-36 und 92-121. Zu Barths Abwendung von der vor allem im Umfeld Wilhelm Herrmanns gebräuchlichen Prägung erlebnisorientierter Kategorien siehe Jörg Zengel: Erfahrung und Erlebnis. Studien zur Genese der Theologie Karl Barths (Europäische Hochschulschriften. Reihe XXIII. Band 163), Frankfurt am Main/Bern 1981, vor allem: 31-61.

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An Zeugnissen für eine solche Neuorientierung, lange vor dem von Barth später mit Blick auf den Kriegsausbruch im August 1914 suggerierten Zeitpunkt, fehlt es nicht. So enthält ein im Mai 1913 vor der Pfarrkonferenz des Kantons Aargau gehaltener Vortrag unter dem Titel „Der Glaube an den persönlichen Gott" zahlreiche Vorausweisungen auf Überlegungen des dialektischen Nachkriegstheologen.24 1917 konnte Barth bereits auf eine bewegte Geschichte seines theologisches Denkweges zurückblicken. 25 Auch im persönlichen Verkehr hat Barth die scharfe Kritik am Programm der liberalen Theologie, ungeachtet seiner zu dieser Zeit noch engen Beziehungen zur Marburger Gruppe liberalprotestantischer Theologen, früh und konsequent ausgesprochen. So betonte er beispielsweise in einem Brief an Martin Rade vom Dezember 1910 seine „ausgesprochen feindselige Stellung" gegenüber den Beiträgen Ernst Troeltschs für das Handwörterbuch „Die Religion in Geschichte und Gegenwart". Unmißverständlich heißt es hier: Troeltsch „führt uns bestimmt mit allen seinen vielversprechenden Programmen nur tiefer in den Sumpf hinein". An dieser schlechthin negativen Beurteilung Troeltschs hat Barth zeitlebens festgehalten.26 Solche kritischen Einwände gegenüber der theologischen Programmatik des Liberalprotestantismus wurden bereits während des Krieges, besonders aber nach 1918 von weiteren Theologen aufgegriffen und zu einer grundsätzlichen Liberalismuskritik verschärft. Ihre aggressive Haltung steht für eine spezifisch bürgertumskritische Form der Gegenwartswahr24

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Karl Barth: Der Glaube an den persönlichen Gott, in: Zeitschrift für Theologie und Kirche 24 (1914), 21-32. 65-95. - Zu weiteren Belegen und deren werkgeschichtlicher Interpretation vgl. Michael Beintker: Die Dialektik in der „dialektischen Theologie" Karl Barths. Studien zur Entwicklung der Barthschen Theologie und zur Vorgeschichte der „Kirchlichen Dogmatik" (Beiträge zur evangelischen Theologie. Band 101), München 1987, 105-109, sowie besonders: Bruce L. McCormack: Karl Barth's Critically Realistic Dialectical Theology, Oxford 1995, 104-106. So geschehen in dem Vortrag „Religion und Leben", der 1917 vor einer Konferenz jüngerer Lehrerinnen gehalten wurde. Eine Veröffentlichung des Textes unterblieb bezeichnenderweise; die in den Ausführungen spürbare Unruhe und Bewegtheit ließ sich nach 1918 nicht mehr mit der von Barth selbst vertretenen Sicht seiner theologischen Entwicklung vereinbaren. Erst 1952, aus Anlaß des 70. Geburtstages von Günther Dehn, entschloß Barth sich dann doch noch zur Publikation (vgl. Karl Barth: Religion und Leben, in: Evangelische Theologie 11 (1951/52), 437-451). Brief an Martin Rade vom 29./31. Dezember 1910, in: Karl Barth- Martin Rade. Briefwechsel. Herausgegeben von Christoph Schwöbel, Gütersloh 1981, 78. — Siehe auch die Formulierung von 1927: „Der damals [ca. 1909] im Mittelpunkt unserer Diskussionen stehende Name Troeltsch bezeichnete die Grenze, diesseits derer ich der damals herrschenden Theologie die Gefolgschaft verweigern zu müssen meinte" (Karl Barth: [Autobiographische Skizze (1927)], in: Karl Barth- Rudolf Bultmann: Briefwechsel 1922-1966, 305). Zum Verhältnis Barth-Troeltsch vgl. Hartmut Ruddies: Karl Barth und Ernst Troeltsch. Ein Literaturbericht, in: Verkündigung und Forschung 34 (1989), 2-20, sowie: Ders.: Karl Barth und die liberale Theologie. Fallstudien zu einem theologischen Epochenwechsel, Diss. theol. Göttingen 1994.

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nehmung, in der diese Theologen verbunden waren. Insofern ist es von großer Bedeutung für die historische, kulturelle und soziale Prägung der theologischen Reformbewegungen, daß ihre Protagonisten alle in den mittleren oder späten 1880er Jahren geboren wurden. Bei Ausbruch des Krieges standen sie in der zweiten Hälfte ihres dritten Lebensjahrzehntes: Rudolf Bultmann wurde 1884 geboren, Werner Eiert 1885, Paul Tillich und Karl Barth 1886, Friedrich Gogarten 1887, Paul Althaus, Emanuel Hirsch und Eduard Thurneysen 1888, Emil Brunner 1889. Wenn auch die Bedeutung der Altersgruppenzugehörigkeit an dieser Stelle nicht überbetont werden soll, so dürfte es doch kein Zufall sein, daß die jüngeren Vertreter der liberalen Nachkriegstheologie demgegenüber in der Mehrzahl um mindestens ein Jahrzehnt älter waren. Die Wahrnehmungsdifferenzen, die die Altersgruppen trennen, liegen auf der Hand: Bei den 1914 knapp Dreißigjährigen rief das Erlebnis des Scheiterns der wilhelminischen Politik und seiner Folge, des Kriegsausbruches, eine Erschütterung, eine grundsätzliche Kritikbereitschaft und Skepsis hervor, die in ähnlich tiefgreifender Intensität von den deutlich älteren, durchweg bereits in festen akademischen Stellungen stehenden Liberaltheologen nicht mehr erreicht wurde. Nur aufgrund dieser Erlebniskraft aber konnte sich das Geschichtsbild so nachhaltig umformen und das Weltkriegsereignis ein derartiges historisches Gewicht erhalten, daß es als Zusammenbruchsereignis zu einem elementaren geschichtlichen Befreiungsgeschehen aufgewertet wurde. Die zentralen Differenzpunkte im theologischen Richtungsstreit der frühen Nachkriegszeit sind nur vor dem Hintergrund dieser völlig unterschiedlichen Wahrnehmung des Krieges zu verstehen. So widersprachen die Vertreter des theologischen Aufbruchs mit Berufung auf die kulturzerstörende Wirkung des Krieges etwa der im Liberalprotestantismus weithin üblichen Identifizierung des Geistes christlicher Frömmigkeit mit dem „Prinzip" einer stetigen, in der Kultur sich manifestierenden Höherentwicklung der Menschheit. Nach Adolf Jülicher stand seit 1918 „für Gogarten und Barth nichts fester, als daß es in der Geschichte nicht mehr weitergeht, daß es mit Entwicklung ein für alle Mal vorbei ist [undl uns kein kulturinteressierter Optimismus mehr bewegt".27 Scharfe Kritik wurde auch an dem Versuch geübt, die Kulturentwicklung als Entfaltungsprozeß des religiösen und ethischen Potentials des Christentums auszulegen. Statt dessen treten bei diesen Theologen christlicher Glaube und säkulare Kultur radikal antithetisch auseinander. In einem Verhältnis 27

Adolf Jülicher: Ein moderner Paulusausleger [Rezension zu: Karl Barth: Der Römerbrief, Bern 1919 (= München 1920)], in: Die Christliche Welt 34 (1920), 453-457. 466-469; hier zitiert nach Jürgen Moltmann (Hg.): Anfänge der dialektischen Theologie. Teil l (Theologische Bücherei. Systematische Theologie. Band 17/1), München 1962, 87-98, hier: 95.

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wechselseitiger Negation werden „Glaube" und „Geschichte" als völlig differente, schlechthin unvereinbare Kategorien aufgefaßt. 28 Die Behauptung, eine kriegsbedingte Krisenerfahrung sei die Entstehungsursache des theologischen Aufbruches nach 1918 gewesen, wurde von den antihistoristischen Protesttheologen im Rückblick auf das eigene Lebenswerk immer wieder vorgetragen.29 Angesichts der tatsächlichen theologiegeschichtlichen Umstände ist diese Darstellung jedoch nicht primär als Aussage über einen nachweisbaren historischen Sachverhalt zu verstehen. Dies gilt ebenso für das korrespondierende Negativ-Urteil, daß die Verfassung, in der die bürgerlich-liberale Theologie sich in der Nachkriegszeit befunden habe, durchweg von einem weitgehenden theologischkonzeptionellen Substanzverlust geprägt gewesen sei. Vielmehr sind beide Sätze Bestandteil eines spezifischen theologischen Selbstverständnisses. Sie übernehmen die Funktion einer Deutung der eigenen theologischen Herkunftsgeschichte und weisen als solche bereits selbst Züge eines geschichtstheologischen Erklärungsmodelles auf. 2.3. Kontinuität und Diskontinuität im Liberalprotestantismus Nicht nur der problematische Charakter einer derartigen Selbsteinschätzung der kritischen Reformtheologen und ihres Anspruches, mit der theologischen Arbeit „ganz von vorn" beginnen zu müssen, stellt sich einer

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Vgl. Rudolf Bultmann: Die liberale Theologie und die jüngste theologische Bewegung, in: Theologische Blätter 3 (1924), 73-86; Nachdruck in: Ders.: Glauben und Verstehen. Gesammelte Aufsätze. Band l, Tübingen 1954,1-25. Siehe auch bereits Franz Overbeck: Christentum und Kultur. Gedanken und Anmerkungen zur modernen Theologie. Aus dem Nachlaß herausgegeben von Carl Albrecht Bernoulli, Darmstadt 1963, 9: „Geschichte und Christentum werden nach dem eigenen Willen des Christentums nie zusammen kommen." In diesem Zusammenhang fällt bereits Karl Barths frühe Neigung zu einer sehr drastischen Kampf- und Kriegsmetaphorik auf. Besonders in der zweiten Auflage des Römerbriefkommentars greift Barth in großer Zahl zu derartigen Begriffen. Der Krieg wird hier als Ursprungsort der Dialektischen Theologie sprachlich geradezu abgebildet. Vgl. z.B.: „Angriff" (331), „Aufruhr" (228), „bewaffnet bis auf die Zähne" (403), „Chaos" (29.356), „durchhalten" (371), „Dynamit" (238. 364), „Einschlagstrichter" (5.12.420), „Explosion" (356), „Feuer" (210. 218. 302. 362 u.ö.), „unter Feuer nehmen" (321), „Feuerzeichen" (13), „Front" (136), „Gefangener" (191), „Granate" (420), „Kampf" (30.425. 457. 471), „Kampfplatz" (347), „Katastrophe" (165. 235. 320. 334. 354. 386. 400), „Keulenschläge" (348), „Kombattanten" (431), „liquidieren" (515), „marschierende Kolonne" (420), „scharf geladen" (240. 372), „scharf geschossen" (322. 431), „Schwert des Todes" (303), „gewonnene Stellung" (VI), „Stellungswechsel" (VIII), „taktisches Manöver" (364), „Todeslinie" (86.127. 230. 234), „Todeskeim" (278), „Todesschatten" (237. 238), „Vernichtung" (454. 467), „Zerstörung" (132) (zitiert nach Karl Barth: Der Römerbrief. 13. unveränderter Abdruck der neuen Bearbeitung von 1922, Zürich 1984).

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Stilisierung des Jahres 1918 zum Eröffnungsdatum des neuen Jahrhunderts entgegen. Auch der Zusammenhang des theologischen Diskussionsprozesses selbst widerspricht ihr. Denn bereits seit den 1890er Jahren wurde mit ähnlich großer Intensität wie in den zwanziger Jahre um eine theologische Einschätzung der leitenden Kultur- und Bildungswerte gestritten und eine äußerst komplexe Debatte um die zentralen methodologischen Begründungsprobleme theologischer Wissenschaft geführt. 30 Die kritischen Neuansätze nach 1918 wurzeln nicht zuletzt in der Aufnahme gerade der internen Spannungen, die im Kontext dieser Debatte innerhalb der protestantischen Vorkriegstheologie sichtbar geworden waren. Auch aus dieser Perspektive ist daher die Auffassung, die Geschichte des modernen Protestantismus sei als Verfallsprozeß zu deuten, nicht die Bilanz über eine mit dem Krieg zu Ende gegangene theologische Epoche, als die sie sich ausgibt. Und insofern ist es auch nur konsequent, wenn die krisentheologische Interpretation des Weltkrieges schon in den zwanziger Jahren wiederholt problematisiert wurde.31 Bereits lange vor 1914 wurde innerhalb der liberalprotestantischen Theologie immer wieder die Leistungskraft der theologietheoretischen Grundsätze kritischer Theologie in Frage gestellt.32 Gerade die ausführliche methodologische Diskussion, die insbesondere durch Ernst Troeltschs Beiträge geprägt wurde, an der aber mit Georg Wobbermin und Horst Stephan bereits auch jüngere Autoren beteiligt waren, bringt die Hauptzüge der liberaltheologischen Verständigung über Charakter und Problematik einer Theologie in der Moderne zum Ausdruck. Im Vordergrund stand dabei die Forderung nach einer Öffnung des theologischen Diskurses für die aktuellen rationalitätskritischen Anfragen an die von liberalen Wertvorstellungen geprägte bürgerliche Denkweise und ihr historistisches Wissenschaftsverständnis. Die Suche nach einem Ausweg aus dem steinernen Kulturgehäuse eines zukunftsoptimistischen Industriezeitalters verschaffte sich auf diese Weise Eingang auch in die liberalprotestantische Theologie, die selbst über die von ihr entwickelten großen Synthesen von Christentum, Nationalstaat und Persönlichkeitsideal einen maßgeblichen Anteil an der Konstruktion jenes Baues gehabt hatte. Aus dieser Problemkonstellation resultiert die spezifische Aufgabenstellung der liberalen Nachkriegstheologie. In Anknüpfung an die metho-

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Einen markanten Ort für diese Auseinandersetzungen bildete die von dem Herrnhuter Theologen Theophil Steinmann herausgegebene Zeitschrift: Religion und Geisteskultur. Zeitschrift für religiöse Vertiefung modernen Geisteslebens, 1. Jahrgang 1907 bis 8. Jahrgang 1914. Vgl. etwa Karl Budde: Die „Theologie der Krisis" und der Weltkrieg, in: Die Christliche Welt 41 (1927), 1104-1105, sowie: Otto Ritschi: Theologische Briefe an Martin Rade. 24. Brief, in: Die Christliche Welt 41 (1927), 845. Vgl. hierzu die Ausführungen von Horst Stephan: Systematische Theologie, 2-3.

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dologischen Diskussionen der Religionsgeschichtlichen Schule33 und die Kontroversen, die sich vor allem an Harnacks „Wesen des Christentums" angeschlossen hatten, galt es, die Idee einer kritischen, wissenschaftstheoretisch reflektierten Theologie auf eine Weise weiterzuentwickeln, die imstande war, den normativen Gehalt dieses Theologieverständnisses in die konfrontative Situation der Zeit nach 1918 einzubringen. Die Theologie sollte zu einer pluralitätsfähigen, modernitätsoffenen Christentumsauslegung gelangen. Zu diesem Zweck genügte es nicht, die kulturelle Relevanz des christlichen Glaubens im Sinne eines historischen Beitrages zur abendländischen Kulturgeschichte zu beschwören, um darauf- wie dies für Troeltsch noch der Ausweg aus einem universalen historistischen Relativismus gewesen war - eine religiös fundierte Synthese der Kulturkräfte zu begründen. Vielmehr sollte die Theologie in ihrer eigenen kreativen Darstellungspraxis die kulturelle und weltanschauliche Gestaltungskraft des Christentums selbst zum Ausdruck bringen.34 Dieser Anspruch an die Theologie hat die Programmatik der liberalen Nachkriegstheologie bestimmt. Sie knüpft damit an ein zentrales Element der liberalen Theologietradition an und stellt sich selbst in die Linie dieser Tradition. Die Untersuchung geht daher von einer problemgeschichtlichen Kontinuität innerhalb der liberaltheologischen Richtung aus, die das Ereignis des Krieges und seine Folgen für die Gegenwartsdeutung überdauert hat.35 Mit der Voraussetzung eines solchen Kontinuitätsverhältnisses bietet sich ihr zugleich die Handhabe dafür, anstelle eindimensionaler historiographischer Kategorien, wie etwa der eines „Bruches", eine präzisere Vorstellung davon zu entwickeln, wie im Falle des deutschsprachigen Liberalprotestantismus grundlegende theologische Fragestellungen über

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Vgl. Gerd Lüdemann: Das Wissenschaftsverständnis der Religionsgeschichtlichen Schule im Rahmen des Kulturprotestantismus, in: Hans Martin Müller (Hg.): Kulturprotestantismus. Beiträge zu einer Gestalt des modernen Christentums, Gütersloh 1992, 78-107. In diesem Sinne hat bereits Schleiermacher es als Aufgabe der theologischen Darstellung bezeichnet, zu zeigen, „daß das Christenthum zugleich Grundlage der Kultur und entwikkelter Intelligenz" sei. Aus dieser Auffassung leitet er seine These von der Funktion des Christentums als eines „sprachbildenden Prinzips" ab. Vgl. etwa Friedrich Daniel Ernst Schleiermacher: Der christliche Glaube nach den Grundsätzen der evangelischen Kirche im Zusammenhange dargestellt (1821-1822). Teilband 3: Marginalien und Anhang (Kritische Gesamtausgabe. Band 1/7.3. Unter Verwendung vorbereitender Arbeiten von Hayo Gerdes und Hermann Peiter herausgegeben von Ulrich Barth), Berlin / New York 1984, 46 (Nachschrift Ludwig August Heegewaldt [Dogmatikvorlesung Wintersemester 1823/ 24]), sowie: Ders.: Sendschreiben über seine Glaubenslehre an Lücke [1829], Neu herausgegeben und mit einer Einleitung und Anmerkungen versehen von Hermann Mulert (Studien zur Geschichte des neueren Protestantismus. Zweites Quellenheft), Gießen 1908, 60. Vgl. zum Begriff der „Kontinuität" Andreas Lindt: Kontinuität und Diskontinuität in der Sicht evangelischer Kirchengeschichte, in: Hans Trümpy (Hg.): Kontinuität- Diskontinuität in den Geisteswissenschaften, Darmstadt 1973, 133-149.

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die Katastrophe von 1918 hinweg ihre Bedeutung behielten und zu neuen Antworten drängten. „Kontinuität" und „Diskontinuität" bildeten zunächst die Leitmotive der theologischen Standortbeschreibungen in der frühen protestantischen Nachkriegstheologie.36 Während die Dialektischen Theologen sich in ein schroffes Abgrenzungsverhältnis zur theologischen und politischen Vorkriegstradition brachten, war die Haltung der liberalen Theologen differenzierter. Ihrer Auseinandersetzung mit den sozialen, politischen und geistigen Desintegrationserscheinungen stand ein durchweg hohes Maß an positiver Traditionsverbundenheit entgegen. Die Intensität der aktuellen Krisenerfahrung wurde dadurch bei zahlreichen liberalen Theologen erheblich eingeschränkt. Zugleich hat diese doppelseitige Einstellung jedoch vielfach eine Sensibilität für gesellschaftliche und kirchlich-religiöse Wandlungsprozesse erzeugt, für die unter der Voraussetzung einer radikalen Zusammenbruchsperspektive kein Raum war. Der politischen und sozialen Kritik liberalprotestantischer Theologen kommt daher nicht selten eine große Wahrnehmungsschärfe für subtile, eher langfristig wirksame und voraussetzungsreiche Entwicklungen zu.37 Auch die Bereitschaft schließlich, die zahlreiche liberale Theologen nach 1918 zu einer Mitwirkung am Aufbau der Demokratie bekundeten, ist in starkem Maße von dieser Doppelseitigkeit her veranlaßt und bisweilen auch entsprechend reflektiert worden. So hat etwa Ernst Troeltsch seine politische Position als die eines „Vernunft-Demokraten" bezeichnet. Die historische Unausweichlichkeit der Demokratie hatte Troeltsch klar erkannt; ihren politischen Durchsetzungschancen stand er gleichwohl skeptisch gegenüber.38 Die Einschränkung, die Troeltsch selbst vornimmt, 36

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Auch unter den von Barth beeinflußten Theologiehistorikern ist dieser Umstand stark betont worden. Vgl. z.B. Max Geiger: Geschichtsmächte oder Evangelium? Zum Problem theologischer Geschichtsschreibung und ihrer Methode. Eine Untersuchung zu Emanuel Hirschs „Geschichte der neuern evangelischen Theologie" (Theologische Studien, Heft 37), Zollikon-Zürich 1953, 4: „Noch weit mehr und innerlich notwendiger als jede andere Form von Erkenntnis und Verstehen braucht gerade sie [seil.: die theologische Besinnung] das Bewußtsein einer Kontinuität zu ihrer Vergangenheit, auch wenn es sich nur um ein Minimum solcher Kontinuität, ja sogar um den Aufweis weitgehender Diskontinuität handeln sollte." Geiger meint, „ein allbekanntes Eingeständnis [zu| machen, wenn wir feststellen, daß ein solches Selbstverständnis protestantischer Theologie im Blick auf ihre nähere und fernere Vergangenheit nicht leicht zu gewinnen" sei. An späterer Stelle weist Geiger gegen Hirschs Darstellung auf die Bedeutung von „Kontinuität und Stetigkeit" als Grundkategorien der Geschichtsschreibung hin, durch die eine Erfassung innovativer historischer Prozesse überhaupt erst möglich werde (63-64). Vgl. hierzu besonders Kurt Meier: Krisenbewältigung im freien Protestantismus. Kontinuitäts- und Umbruchsbewußtsein im kirchlichen Liberalismus nach 1918, in: Horst Renz / Friedrich Wilhelm Graf (Hg.): Umstrittene Moderne, 285-304, hier: 299. Vgl. Troeltschs Brief an den württembergischen Theologen Rudolf Paulus vom 23. September 1919; teilabgedruckt in: Hans-Georg Drescher: Ernst Troeltsch. Leben und Werk, Göttingen 1991, 466.

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um seine Einstellung zur demokratischen Staatsform zu kennzeichnen, erklärt sich erst aus der Voraussetzung jenes für die zeitgenössischen liberalen Theologen charakteristischen Kontinuitätsbewußtseins. Die „Spektatorbriefe" zeigen, wie sehr Troeltsch bemüht war, die Idee der neuzeitlich-westeuropäischen Demokratie in die weltanschaulichen Orientierungslinien einzuordnen, die aus dem liberalen Vorkriegsprotestantismus überkommen waren, und so aus ihnen einen Maßstab für die große politische Aufgabe der Gegenwart zu gewinnen.39 Auch Adolf Harnack, der ebenso wie Troeltsch als Regierungsvertreter am politischen Demokratisierungsprozeß mitwirkte, beschrieb rückblikkend die Prinzipien seines Engagements für die neue Staatsgestalt ganz im Rahmen einer konservativen Weltsicht: „Ich stellte mich nun auf den Boden der [demokratischen] Verfassung, weil ich wirken und versuchen mußte, im Vereine mit Anderen soviel Güter der Vergangenheit auf den neuen Boden zu verpflanzen als irgend möglich. In diesem Sinne habe ich in Weimar mit Naumann und Anderen an den Paragraphen über Kirche, Schule und Wissenschaft gearbeitet." 40 - Vor allem auf theologischer, daneben, wie gezeigt, aber auch auf kirchenpolitischer und politischer Ebene sind die Traditionslinien der liberalen Theologie über das Weltkriegsereignis hinweg fortgeführt worden. Aufgrund dieser von den Autoren selbst beanspruchten theologiegeschichtlichen Kontinuität ist es erforderlich, daß im Vorfeld einer Analyse der Programmatik der liberalen Theologie nach 1918 der historische Gehalt des Begriffes „Liberale Theologie" geklärt wird. Diese Klärung aber kann nur im Rückgriff auf die liberalprotestantische Überlieferungsgeschichte erfolgen. Erst unter Voraussetzung einer solchen begrifflichen Präzisierung läßt sich die spezifische Argumentationsleistung der liberaltheologischen Nachkriegsentwürfe angemessen erfassen.

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Vgl. Ernst Troeltsch: Spektator-Briefe. Aufsätze über die deutsche Revolution und die Weltpolitik 1918/22. Mit einem Geleitwort von Friedrich Meinecke. Zusammengestellt und herausgegeben von Hans Baron, Tübingen 1924 (Nachdruck: Aalen 1966). Ursprünglich erschienen die Briefe und weitere Texte zur Gegenwartslage in der von Ferdinand Avenarius (1856-1923) herausgegebenen Zeitschrift Kunstwart und Kulturwart. Halbmonatschau für Ausdruckskultur auf allen Lebensgebieten. Zitiert nach Agnes von Zahn-Harnack: Adolf von Harnack, Berlin-Tempelhof 1936, 483-484. - Harnacks Haltung nach 1918 wurde von konservativen Nationalprotestanten scharf kritisiert. Vgl. z.B. die Äußerungen von Karl Holl in einem Brief an Adolf Schlatter vom 29. Mai 1921: „Mein Verhältnis zu ihm [seil.: Harnack] ist kühl geworden. Ich habe es ihm doch sehr übel genommen, daß er kein Wort für den Kaiser gesprochen hat. Wer sich so sehr und so gerne in der kaiserlichen Gunst gesonnt hat, der müßte nach seinem Sturz Treue beweisen" (zitiert nach: Briefe Karl Holls an Adolf Schlatter (1897-1925) herausgegeben von Robert Stupperich, in: Zeitschrift für Theologie und Kirche 64 (1967), 169-240, hier: 232).

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3. Liberale Theologie- Begriff und Geschichte41 „Der bloße Begriff,liberale Theologie' ist farblos." - Das Unbehagen, dem Friedrich Naumann mit diesen Worten Ausdruck gab,42 hat zahlreiche Theologen des deutschsprachigen liberalen Protestantismus dazu bewogen, den Begriff als Selbstbezeichnung entweder ganz zu vermeiden oder seine Verwendung zumindest mit starken Einschränkungen und Sicherungsvorkehrungen zu versehen. Hermann Mulert sah die Theologie geradezu auf einem „Holzweg", wenn sie versuche, „Parteischlagworte auf wissenschaftliche Arbeit" zu übertragen. „Von theologischem Liberalismus oder liberaler Theologie zu reden, wird besser vermieden, weil kirchenpolitische Parteibezeichnungen der verwickelten wissenschaftlich-theologischen Arbeit und den unzähligen Unterschieden der wissenschaftlichen Auffassungen nicht gerecht werden."43 Selbst noch in den internen Diskussionen unter liberalen Theologen konnte der Begriff im Sinne einer polemischen Kritik Verwendung finden. So wurde Martin Rade von einigen älteren Ritschi-Schülern wiederholt vorgeworfen, er habe durch seine offene Haltung gegenüber der Religionsgeschichtlichen Schule die von ihm herausgegebene Zeitschrift Die

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Es kann sich bei den nachfolgenden Ausführungen lediglich um eine Skizze der komplexen historischen und systematischen Zusammenhänge handeln. Insbesondere beschränkt sich die Darstellung allein auf den Bereich des deutschsprachigen Protestantismus. Die z.T. umfassende und vielschichtige Verwendungsgeschichte des Begriffes im nichtdeutschsprachigen, vor allem im angelsächsischen Raum, wo - anders als in Deutschland - fest etablierte liberale Diskurskulturen die soziale Basis für liberale Theologien bildeten, bleibt im Kontext dieser Untersuchung unberücksichtigt. Vgl. Kenneth Cauthen: The Impact of American Religious Liberalism, New York 1962; Lloyd J. Averill: American Theology in a Liberal Tradition, Philadelphia 1967; William R. Hutcheson (Ed.): American Protestant Thought in the Liberal Era, New York 1968 (Zweite Auflage: Lanham u.a. 1985), sowie: Ders.: The Modernist Impulse in American Protestantism, Oxford 1976. Brief Friedrich Naumanns an Adolf Harnack vom Mai 1911; zitiert nach Agnes von Zahn-Harnack: Adolf von Harnack, 441. Hermann Mulert: Liberalismus II. Liberalismus und Kirche, in: Die Religion in Geschichte und Gegenwart. Band 3, Tübingen 1912, 2107-2109, hier: 2109. Die Verwendung des Begriffes „religiöser Liberalismus" findet Mulert hingegen „berechtigt", sofern „die Geschichte des Liberalismus als Weltanschauung mit Fortschritten religiöser Erkenntnis und religiösen Lebens mannigfach zusammenhängt". Abgewehrt werden müsse „nur das weit verbreitete Mißverständnis, man sei religiös liberal, wenn man nur eine nebelhafte Stimmungsfrömmigkeit hat und es mit den kirchlichen Pflichten nicht so gar ernst nimmt, und ein liberaler Pfarrer sei einer, der z.B. am gesellschaftlichen Vergnügungsleben gern Anteil nimmt" (2109). Vgl. auch: Ders.: Religion, Kirche, Theologie. Einführung in die Theologie, Gießen 1931, 122-132, wo Mulert die Kombinationsbegriffe „kritische Theologie", „moderne Theologie" und „liberale Theologie" vor dem Hintergrund seiner Einschätzung der Situation in Theologie und Kirche kritisiert. Zur Zurückweisung des Begriffes durch Martin Rade vgl. Hartmut Ruddies: Liberales Kulturluthertum. Martin Rade (1857-1940), 398-422.

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Christliche Welt „zu einem Organ des theologischen Liberalismus" umgeformt und damit das ursprüngliche Gründungsprogramm verleugnet.44 Wie umstritten derartige Wertungen waren, zeigt das Urteil von Erich Foerster, einem der engsten Mitarbeiter Rades in den Redaktionsgeschäften der Zeitschrift: Seiner Ansicht nach war es der Christlichen Welt gelungen, einen Weg aus dem hoffnungslosen Widerstreit zwischen Orthodoxie und liberaler Theologie zu finden, „einen Weg, auf dem sie hoffte, die Gebildeten für die Kirche zurückzugewinnen und dieser die fast völlig verlorene Fühlung mit der lebendigen Masse des Volkes wiederzugeben".45 Rade selbst verhielt sich dem Begriff gegenüber weniger verkrampft. Doch auch bei ihm finden sich Belege für einen ausdrücklichen Selbstbezug nur äußerst selten und spät. So enthält etwa ein Brief an Horst Stephan vom 22. Februar 1937, in dem Rade eine Fortsetzung seines Aufsatzes über „Unkonfessionalistiscb.es Luthertum" ankündigt, folgende Wendung: „Dabei fällt auf die Entstehung der ,Christlichen Welt' und ihre spätere Entwicklung ein scharfes Licht. Aber zunächst wird es für uns als liberale Theologen von heute nicht angenehm."46 Der erwähnte Vorwurf gegen Rade, mit dem er sich wiederholt auseinandersetzen mußte, ist charakteristisch für die Unscharfe in der zeitgenössische Verwendung des Begriffes. Denn sämtliche programmatischen Äußerungen der Christlichen Welt in den schweren kirchenpolitischen Auseinandersetzungen der Jahrzehnte vor 1914 zeichnen sich gerade durch eine große Sorgfalt aus, die Beschreibung des eigenen theologischen Selbstverständnisses von einer explizit liberaltheologischen Begrifflichkeit freizuhalten. Auch hat die Zeitschrift ihre Zurückhaltung gegenüber dem konkurrierenden Protestantenverein noch bis weit in die zwanziger Jahre hinein eben mit dessen dezidiert liberaler Haltung in kirchenpolitischen und theologischen Streitfragen begründet. In den zwanziger Jahren beurteilte Rade die Situation der liberalen Richtung in Theologie und Kirche sehr kritisch: „Unser theologischer und kirchlicher Liberalismus in Deutschland 44

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Vgl. Johannes Rathje: Die Welt des freien Protestantismus. Ein Beitrag zur deutschevangelischen Geistesgeschichte. Dargestellt an Leben und Werk von Martin Rade, Stuttgart 1952, 102. Erich Foerster: [Beitrag], in: Vierzig Jahre „Christliche Welt". Festgabe für Martin Rade zum 70. Geburtstag 4. April 1927. Im Auftrag der Freunde zusammengestellt von Hermann Mulert, Gotha 1927, 100-102, hier: 102. Zitiert nach Johannes Rathje: Die Welt des freien Protestantismus, 502. - Rade stand dem gesamten Wortfeld „Liberal, Liberalismus" ausgesprochen zurückhaltend gegenüber. Sogar noch in der Kennzeichnung seiner eigenen politischen Position versuchte er, eine sprachliche Distanz aufrechtzuerhalten: „Muß ich mich irgendwie nennen, so will ich mich lieber einen Demokraten nennen als einen Liberalen. Denn zwischen Liberalismus und Demokratismus ist, wissenschaftlich ernst geredet, ein großer Unterschied. Der Liberale im engeren Sinne ist Individualist, und das bin ich nicht" (Unsere Pflicht zur Politik, Marburg 1913; hier zitiert nach Martin Rade: Ausgewählte Schriften. Band 2: Religion, Moral und Politik. Herausgegeben von Christoph Schwöbel, Gütersloh 1986, 144-180, hier: 175).

Liberale Theologie - Begriff und Geschichte

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befindet sich in einer [...] akuten Krise." Er sei „zur Zeit" nicht darstellungsoder repräsentationsfähig. Rades persönliches, nach Jahrzehnten intensiver theologischer und kirchenpolitischer Wirksamkeit durchaus resigniertes Urteil, das er auch später nicht mehr revidiert hat, lautete: Der Liberalismus in Kirche und Theologie lebt; „er hat wie seine Vergangenheit, so seine Zukunft. Aber die sich zu ihm bekennen, dürfen eigentlich nur dazu zusammenkommen, daß sie sich über seine Krisis verständigen."47 3.1. Ambivalenz der Moderne: Zum weltanschaulichen Hintergrund der liberalen Theologie Die dominante politisch-soziale Einstellung der liberalen Theologen um 1900, die durch spezifische Traditionen des wilhelminischen Gelehrtentyps bestimmt wurde, war konservativ-nationalstaatlich ausgerichtet. Ihre Orientierungspunkte bildeten die geistige Verankerung im bildungsbürgerlich-protestantischen Wertekanon, ein historistisches Wissenschaftsverständnis, eine positive Haltung gegenüber moderaten kirchlichen und gesellschaftlichen Demokratisierungsvorhaben sowie in der Regel eine klare Ablehnung der politischen Partizipationsansprüche, die aus den neuen sozialen Bewegungen erhoben wurden. 48 Liberale Theologie ist insofern als eine stark milieubedingte Form von theologischer Theoriebildung im protestantischen Raum anzusehen. Die erhebliche Verunsicherung, die während der Jahrhundertwendezeit das etablierte bürgerlichprotestantische Selbstverständnis erfaßte, schlug sich daher, wie auch später in den zwanziger und dreißiger Jahren, in den zeitgenössischen liberaltheologischen Entwürfen mit aller Deutlichkeit nieder. Gleichzeitig war die liberale Theologie nach 1890 infolge des dramatischen gesellschaftlichen Wandlungsprozesses einer konzeptionellen Neuformierung ausgesetzt, die sämtliche tragenden Strukturelemente ihres theologischen Programmes erfaßte. Das theologiegeschichtlich spektakulärste Einzelereignis in diesem Zusammenhang war die Destruktion der Reich-GottesTheorie Albrecht Ritschis durch Johannes Weiß.49 Nach Kaftan wurde

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Martin Rade: Vom Kölner Weltkongreß [Brief an Professor D. Roessingh, Leiden, vom 1. Januar 1925], in: [Martin Rade (Hg.):] An die Freunde. Vertrauliche, d.i. nicht für die Oeffentlichkeit bestimmte Mitteilungen (1903-1934). Nachdruck mit einer Einleitung von Christoph Schwöbel, Berlin/New York 1993. Nr. 79 vom 20. Januar 1925, 868869, hier: 868. Vgl. Fritz K. Ringer: Die Gelehrten. Der Niedergang der deutschen Mandarine 18901933, Stuttgart 1983. Johannes Weiß: Die Predigt Jesu vom Reiche Gottes, Göttingen 1892. - Daß die Gefahr einer kirchenpolitischen Funktionalisierung der Forschungsergebnisse von Weiß tatsächlich bestand, zeigt vor allem die Kritik Wilhelm Herrmanns: Der Verkehr des Christen mit Gott im Anschluß an Luther dargestellt. Dritte Auflage, Stuttgart 1896, IV-VII.

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damit der Begriff des Reiches Gottes, sofern es sich tatsächlich, wie Weiß gerade gezeigt zu haben meinte, um eine eschatologische Größe handelte, für die Dogmatik unbrauchbar. 50 Frühestens seit 1920 läßt sich, zumindest für eine kleinere Anzahl von Theologen, nachweisen, daß der Begriff „Liberale Theologie" trotz aller Skepsis gegenüber seiner Erklärungskraft schließlich doch als Signatur eines theologischen Modernisierungsprojektes anerkannt worden ist. Dabei ist allerdings zu beachten, daß der Begriff in der Regel nicht zu den programmatisch besetzten Richtungskennzeichnungen innerhalb der kontroverstheologischen Diskussionen der Zeit gehörte. Gegenüber Selbstbezeichnungen wie „moderne Theologie" oder „wissenschaftliche Theologie" trat er deutlich zurück. Schon in den großen theologiegeschichtlichen Darstellungen des neunzehnten Jahrhunderts, wie sie aus liberalprotestantischer Perspektive z.B. Karl Hase oder Otto Pfleiderer vorgelegt haben, wird der Begriff nirgends als Richtungsbezeichnung hervorgehoben. 51 Keine der drei Auflagen der „Realencyklopädie für protestantische Theologie und Kirche", des wichtigsten theologischen Nachschlagewerkes des späten neunzehnten und frühen zwanzigsten Jahrhunderts, führt ein entsprechendes Stichwort als Artikel oder Registerbegriff. Im Laufe der zwanziger Jahre nahm der Terminus den Charakter einer polemischen Fremdbezeichnung an, wobei - z.T. unbewußt, teilweise aber auch in ausdrücklicher Bezugnahme - auf antiliberale Urteilsmuster zurückgegriffen wurde. In einer kritischen Reaktion auf diese pejorative Verwendung ging er dann allmählich in einen vorsichtigen und begrenzten Gebrauch durch liberalprotestantische Autoren über. 1930 erklärte Rade: „Es steht heute sehr ernst um die ,liberale Theologie'. Man gräbt ihr die religiösen Wurzeln ab, und damit sind auch ihre Errungenschaften gefährdet, deren man sich heute noch auf der ganzen Linie der akademischen Zunft erfreut und bedient. [...] Weil nun die ,liberale Theologie' heute in solcher Bedrängnis ist, wir aber die in ihr gegebenen Wahrheitsmomente für unsere Seele und für die Kirche nicht entbehren können, muß heute eine Schar da sein, die sich ihrer annimmt, ihr Erbe wahrt und ihr Werk fortführt." Es gelte im Interesse der wissenschaftlichen Theologie, „das Erbe der ,liberalen Theologie' zu schützen" und in das eigene theologische Programm aufzunehmen. Solche „Wahrheitsmomente" sind nach Rade insbesondere „intellektuelle Redlichkeit", „simple Gewissenhaftigkeit" und „Wahrhaftigkeit der Forschung".52 50

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Eine entsprechende Bemerkung Kaftans aus seiner Dogmatik-Vorlesung wird von Rudolf Bultmann im „Geleitwort" zur Neuausgabe der zweiten, neubearbeiteten Auflage des Weißschen Buches von 1900 (Herausgegeben von Ferdinand Hahn, Göttingen 1964) mitgeteilt (V). Vgl. hierzu Hans-Joachim Birkner: „Liberale Theologie", 35. Martin Rade: Unsere Zukunft. 3: Die liberale Theologie, in: An die Freunde. Nr. 97 vom 20. August 1930, 1023-1027, hier: 1025-1026.

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Im Zuge einer solchen zurückhaltenden Aneignung ist der Begriff von Anfang an mit dem Aspekt einer theologischen Aktivierung des reformatorischen Ursprungsimpulses der libertas christiana verknüpft gewesen.53 Die Freiheit christlicher Gesinnung und die Freiheit einer im Glauben verankerten Persönlichkeitsbildung standen über alle richtungsimmanenten Differenzen hinweg im Mittelpunkt der liberaltheologischen Theoriebildung. In einer Vielzahl theologischer Entwürfe wurde der Versuch unternommen, den neuzeitlichen Autonomiegedanken mit der protestantischen Auffassung vom Menschen zu vermitteln. Dabei wurde die Notwendigkeit zu einer solchen Integrationsleistung gerade aus dem religiösen Prinzip der „Freiheit eines Christenmenschen" hergeleitet. Liberale Theologie hat sich daher nicht nur als spezifische Form neuzeitlicher Theologie verstanden, sondern überhaupt den Anspruch erhoben, selbst die gegenwartsadäquate Realgestalt neuzeitlicher Theologie zu sein.54 Sie war ihrem Selbstverständnis nach programmatisch und konzeptionell in der Lage, die Anforderungen, die aus einer rational-technisierten Lebenswelt an die Darstellung der christlichen Wirklichkeitsauffassung herangetragen wurden, so aufzugreifen, daß die Orientierungskraft des Glaubens auch in einer Situation fortgeschrittener Säkularisierung noch sichtbar werden konnte. Zugleich wurde liberale Theologie, und zwar besonders in den Jahren nach 1900, von ihren Protagonisten in zunehmendem Maße auch als Reflexionsinstanz für die Folgen des gesellschaftlichen Modernisierungsprozesses verstanden, durch die die traditionellen Richtwerte der

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Den zentralen Stellenwert dieses reformatorischen Grundbegriffes für die zeitgenössische liberale Theologie betont z.B. Wilhelm Herrmann: Der Verkehr des Christen mit Gott. Im Anschluß an Luther dargestellt. Siebente, unveränderte Auflage, Tübingen 1921,212214. Vgl. auch Martin Rades umfangreiche Erläuterung der Freiheitsschrift Luthers: Die erste evangelische Glaubenslehre. Luthers Traktat De übertäte christiana, in: Die Christliche Welt 39 (1925), 2-3. 69-71. 132-133. 201-202. 256-257. 290-292. 349-350. 438440. 503-504. 588-589. Die Verwendung des Begriffes „Neuzeit" folgt hier insofern dem üblichen Sprachgebrauch, als sie sich auf diejenige Epoche bezieht, die durch Renaissance und Reformation eingeleitet wurde. Vgl. zum wissenschaftsgeschichtlichen Kontext Reinhart Koselleck: „Neuzeit". Zur Semantik moderner Bewegungsbegriffe, in: Ders.: Vergangene Zukunft. Zur Semantik geschichtlicher Zeiten, Frankfurt am Main 1979, 300-348.- Mit „modern", „Moderne" wird demgegenüber die Qualität jener Selbstreflexion neuzeitlicher Denk- und Bewußtseinsformen bezeichnet, durch die die Neuzeit sich selbst zum Problem wird. In diesem Sinne kann von „Moderne" nicht eher die Rede sein, als bis die ambivalenten Konsequenzen einer generellen Historisierung der Lebenswelt erkannt worden sind und den Ausgangspunkt einer kritischen Überprüfung der Standards neuzeitlicher Rationalität bilden. Dem entspricht auch der begriffsgeschichtliche Umstand, daß die epochenspezifische Verwendung des Begriffes „Moderne" erst wenige Jahre vor der Wende zum zwanzigsten Jahrhundert allgemein gebräuchlich wurde. Vgl. HansUlrich Gumbrecht: Modern, Modernität, Moderne, in: Geschichtliche Grundbegriffe. Historisches Lexikon zur politisch-sozialen Sprache in Deutschland. Band 4. Herausgegeben von Otto Brunner, Werner Conze und Reinhart Koselleck, Stuttgart 1978, 93-131.

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bürgerlichen Gesellschaft zunehmend in Frage gestellt wurden. Insofern die liberale Theologie daher auf die Ambivalenz der Moderne reagierte, ohne sie doch traditionalistisch kompensieren zu wollen, legte sie sich selbst als „Theologie der Moderne" aus.55 Auch in sozialgeschichtlicher Hinsicht kann die liberale Theologie als Krisenbewältigungstheorie beschrieben werden. Ihre theologische Programmatik wurde nicht nur durch die Krisenhaftigkeit der bürgerlichen Lebenswelt provoziert, sondern auch in der inhaltlichen Ausführung von ihr geprägt. In Intention und Argumentationsleistung sind die liberalen Theologen daran interessiert, daß mit den Mitteln einer theologisch reflektierten Christentumsauslegung „einem ungezügelten Modernismus, dem entzaubernden Rationalismus, dem atomisierenden Individualismus und einem steuerungslosen Pluralismus, aber auch dem depersonifizierenden Kapitalismus Bremsen eingebaut und Fesseln angelegt werden, die dem Individuum in der Gemeinschaft oder Gesellschaft wieder und dauerhaft Halt geben".56 Aber selbst noch in diesem modernitätskritischen Engagement wird deutlich, daß die liberale Theologie in ihrer theologischen Zielsetzung nur dann präzise beschrieben werden kann, wenn sie selbst als Bestandteil des gesellschaftlichen und weltanschaulichen Modernisierungsprozesses aufgefaßt wird. Ihre Problematisierung der opferreichen Dynamik dieses Prozesses wird selbst aus einer grundsätzlichen und kaum je hinterfragten Zustimmung zu den individualistischen Voraussetzungen einer vom Ideal der selbstverantwortlichen Persönlichkeit bestimmten Handlungspragmatik motiviert. Der Anspruch auf geistige, politische und ökonomische Emanzipation, von dem seit 1789 die bürgerlichen Wertvorstellungen ihre Durchsetzungskraft empfingen, wirkte gleichsam als weltanschaulicher Auslegungshorizont in die liberaltheologische Christentumsdarstellung ein. Insbesondere die Vorstellung von einer sich ihrer selbst bewußten Subjektivität, die Bereitschaft zur Übernahme selbstverantworteter Handlungsvollmacht, die Befreiung des Einzelnen aus der Gebundenheit autoritärer Formationen in Kultur und Gesellschaft, die Ausbildung einer personalen Existenz in Form kontinuierlicher biographischer Entwicklung- also die Konstitutionsfaktoren einer selbstgesteuerten unabhängigen Persönlichkeit galten der liberaltheologischen Individualitätstheorie als Grundwerte, die auch in ihre Darstellung der christlichen Glaubensinhalte einflossen. In 55

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Besonders im Protestantismus des späten neunzehnten und frühen zwanzigsten Jahrhunderts fand eine intensive Erörterung solcher Ambivalenzerfahrungen statt. Siehe dazu Wolfgang Huber: Der Protestantismus und die Ambivalenz der Moderne, in: Jürgen Moltmann (Hg.): Religion der Freiheit. Protestantismus in der Moderne, München 1990,29-65. Hartmut Ruddies: Liberale Theologie, 192. Siehe hierzu auch Ernst Troeltsch: Das Wesen des modernen Geistes, in: Preußische Jahrbücher 128, Heft l, April 1907, 21-40; nachgedruckt in: Ders.: Aufsätze zur Geistesgeschichte und Religionssoziologie. Herausgegeben von Hans Baron (Gesammelte Schriften. Band IV), Tübingen 1925, 297-338.

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diesem Sinne sind Troeltschs „ethischer Personalismus" oder Herrmanns Sittlichkeitsbegriff nicht nur für die Programmatik der liberalen Theologie der Jahrhundertwendezeit signifikant. Vielmehr stehen sie für ein Christentumsverständnis, das die Geschichte der liberalen Theologie seit ihren Anfängen tiefgreifend und dauerhaft geprägt hat. Die praktische argumentative Ausführung der liberalprotestantischen Persönlichkeitsidee ist demgegenüber seit dem letzten Jahrzehnt des neunzehnten Jahrhunderts erheblichen Wandlungen ausgesetzt gewesen. Im Zuge dieser Wandlungen entwickelten sich innerhalb der liberalen Theologie verschiedene Teilströmungen, Schulgruppen und zahlreiche Einzelentwürfe, die zum Teil wechselseitig kaum vermittlungsfähig waren. 3.2. Zur Herkunft des Begriffes „Liberale Theologie" Die theologische Auseinandersetzung mit den Folgeerscheinungen des politischen, sozialen und weltanschaulichen Modernisierungsprozesses prägte das liberaltheologische Denken bereits seit seinen ersten Ansätzen im späten achtzehnten Jahrhundert. Hier wurde der Terminus „Liberale Theologie" vor allem zur Kennzeichnung einer von der Aufklärungstheologie her motivierten theologischen Grundhaltung verwendet, die im Interesse eines vernünftig-pragmatischen „Privatchristentums" für eine dogmatisch ungebundene historische Bibelforschung eintrat. In diesem Sinne prägte den Begriff erstmals Johann Salomo Semler in seiner Schrift „Institutio ad doctrinam Christianam liberaliter discendam" von 1774, die 1777 unter dem Titel „Versuch einer freieren theologischen Lehrart" auch in deutsch erschien. Zur Bezeichnung einzelner theologischer Lehrauffassungen wurde der Begriff demgegenüber im späten achtzehnten und auch noch im frühen neunzehnten Jahrhundert kaum verwendet.57 Von besonderer begriffsgeschichtlicher Bedeutung ist der Umstand, daß sich der Terminus „Liberale Theologie" im Sinne einer positionellen Selbstbezeichnung erst um die Mitte des neunzehnten Jahrhunderts nachweisen läßt. Auch eine gelegentliche Verwendung des Begriffes vor 1840 durch spätrationalistische Theologen wie Heinrich Gottlieb Tzschirner, Wilhelm Traugott Krug oder Karl Gottlieb Bretschneider war noch zu wenig von einem spezifisch theologischen Interesse bestimmt, als daß mit ihm bereits eine klar umrissene theologietheoretische Position verbunden worden 57

Zum systematischen Kontext der liberalis theologia Semlers vgl. Emanuel Hirsch: Geschichte der neuern evangelischen Theologie. Band 4, Gütersloh 1952, 48-89, sowie: Trutz Rendtorff: Kirche und Protestantismus bei Semler, in: Ders.: Kirche und Theologie. Die systematische Funktion des Kirchenbegriffs in der neueren Theologie, Gütersloh 1970, 27-61. Zur Vorgeschichte der liberalen Theologie in der Aufklärungszeit siehe auch Gottfried Hornig: Die Anfänge der historisch-kritischen Theologie. Johann Salomo Semlers Schriftverständnis und seine Stellung zu Luther, Göttingen 1961.

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wäre. Diesem Sachverhalt entspricht auch das historische Selbstverständnis der frühen liberalen Theologen, die ihre eigenen theologischen und religionstheoretischen Stellungnahmen in ausdrücklicher Abgrenzung von Idealismus und Rationalismus formulierten. Aufgrund dieses Befundes ist der Begriff „Liberale Theologie" als positioneile Richtungsbezeichnung im strengen Sinne allein auf solche theologischen Konzeptionen anwendbar, die frühestens um die Mitte des neunzehnten Jahrhunderts entwickelt worden sind. Die auch gegenwärtig immer noch anzutreffende Gleichsetzung mit den Bezeichnungen „Neuprotestantismus"58 und „Kulturprotestantismus" geht demgegenüber von einer resultatorientierten Sicht aus, die das Programm der liberalen Theologie von ihren historischen Einzelgestalten ablöst und als Ausdruck einer Traditionslinie in der neuzeitlichen protestantischen Theologie auffaßt. Zur Kennzeichnung des spezifischen Charakters der liberalen Theologie innerhalb des Zusammenhanges der neueren protestantischen Theologiegeschichte wird der Begriff aber auf diese Weise untauglich.59 Das Kontinuitätsverhältnis, das die liberale Theologie mit den Vorläuferbewegungen aus Neologie, idealistischer Christentumsdeutung und Spätrationalismus der Vormärzzeit verbindet, läßt sich insbesondere im Bereich der Geschichtstheorie nachweisen, ferner in der anthropologischen Grundannahme, daß der Mensch ursprünglich religiös bestimmt sei, sowie in dem darin verankerten Erfahrungsbegriff, der an einem individualistischen Verständnis von Frömmigkeit orientiert ist, der zugleich aber auch die religiöse Gemeinschaft als Herkunfts- und Vermittlungsort religiöser Erfahrung voraussetzt. Die historisch motivierte Dogmenkritik der Aufklärungstheologie wird in der frühliberalen Theologie als Bibelkritik, als Leben-Jesu-Forschung, als antithetische Zuordnung der Religionsund der Kirchentheorie sowie in der konfessionsübergreifenden Frage nach dem „Wesen" von Religion und Christentum fortgeführt.60 Erstmals

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Zum Terminus „Neuprotestantismus" vgl. die begriffsgeschichtliche Darstellung von Volker Drehsen: Neuprotestantismus, in: Theologische Realenzyklopädie. Band 24, Berl i n / N e w York 1994,363-383. Eine derartige Perspektive beherrscht die Darstellungen von Karl Barth und Emanuel Hirsch. In beiden Fällen dient sie zugleich der historischen Fundierung eines - allerdings unterschiedlich akzentuierten - modernitätskritischen Ansatzes in der Bewertung der liberaltheologischen Programmatik. Vgl. Karl Barth: Die protestantische Theologie im 19. Jahrhundert. Ihre Vorgeschichte und ihre Geschichte, Zürich 1947, und: Emanuel Hirsch: Geschichte der neuern evangelischen Theologie im Zusammenhang mit den allgemeinen Bewegungen des europäischen Denkens. Fünf Bände, Gütersloh 1949-1954. Vgl. hierzu Hans Wagenhammer: Das Wesen des Christentums. Eine begriffsgeschichtliche Untersuchung, Mainz 1973; Franz Courth: Das Wesen des Christentums in der liberalen Theologie. Dargestellt am Werk Friedrich Schleiermachers, Ferdinand Christian Baurs und Albrecht Ritschis, Frankfurt am Main 1977. - Zum historischen Kontext vgl. Rolf Schäfer: Christentum, Wesen des, in: Historisches Wörterbuch der Philosophie. Band l, Darmstadt 1971, 1008-1016.

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in der neueren evangelischen Theologiegeschichte tritt hier auch das Problem des Verhältnisses der christlichen zu den nichtchristlichen Religionsformen in den Blick. Von zentraler Bedeutung ist schließlich die bereits von der Aufklärungstheologie vorgebildete starke Betonung der ethischen Dimension des Christentums, die als Ausdruck seines „ideologischen" oder Zweckcharakters zu einer engen theologischen Verbindung von Moral und Religion führt. Bei zahlreichen Vertretern der liberalen Theologie erwächst daraus eine Abwertung des dogmatisch-theologischen Interesses, die in einzelnen Fällen bis zu einem dezidierten Antidogmatismus reichen kann. 61 Der historische Kontext, in dem die frühen liberaltheologischen Entwürfe ausgebildet wurden, war in erster Linie durch die Erfahrung einer anscheinend unaufhaltsamen Entchristlichung der Gesellschaft geprägt. Der Gründungsakt der Inneren Mission im Jahre 1848, mit dem ein Programm „kirchlicher Gegenrevolution" gegen den Verfall kirchlicher Gestaltungskraft in einer sich immer schneller differenzierenden Gesellschaft verbunden war, ist mit seiner Aufforderung zur Rechristianisierung ein signifikanter Ausdruck von Hilflosigkeit gegenüber den sozialen und politischen Umschichtungsprozessen der Zeit.62 Anders als die kirchenorientierten Reformprogramme eines sozial sensibilisierten Luthertums oder als die herrschaftskonformen Stabilisierungsstrategien einer von den politischen Interessen des Konservatismus angeleiteten „restaurativen Theologie",63 suchten die Vertreter des theologischen Liberalismus auf die sozialen und politischen Entwicklungen mit einer Kultur- und Christentumstheorie zu reagieren, die die aufbrechende Kluft zwischen säkularer, wissenschaftsbestimmter Lebens- und Weltanschauung auf der einen Seite und christlicher Frömmigkeit auf der anderen Seite durch einen historisch reflektierten „Realismus" der Glaubensdarstellung überbrücken wollte. Nicht eine statisch fixierte, dogmenartig vorgegebene Glaubenswahrheit sollte Auslegungsgegenstand dieser theologischen Theorie sein, sondern ausschließlich die im Glaubensvollzug tatsächlich angeeignete Glaubensüberzeugung. Insofern ist Theologie - ebenso wie die Religion selbst Teil eines geschichtlichen Prozesses und nur in Form einer Pluralität von Darstellungsgestalten überhaupt denkbar. Die grundsätzliche Anerkennung der Gleichrangigkeit verschiedener theologischer Reflexionsgestalten ist daher für die liberaltheologische Theologietheorie eine unmittelbare Konsequenz aus der Erkenntnis des historischen Charakters von Theolo-

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Vgl. hierzu Manfred Jacobs: Liberale Theologie, 47-48. Vgl. Hans-Ulrich Wehler: Deutsche Gesellschaftsgeschichte. Zweiter Band: Von der Reformära bis zur industriellen und politischen „Deutschen Doppelrevolution" 18151845/48, München 1989, 459-477, hier: 469. Vgl. Horst Stephan: Geschichte der evangelischen Theologie seit dem Deutschen Idealismus, Berlin 1938, 150-154.

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gie. In diesem Sinne wohnt ihr „ein prinzipieller Pluralismus" inne, der nicht nur zum Grundbestand ihres theologischen Programmes gehört, sondern der ihr letztlich, wie mit Recht hervorgehoben wurde, auch zum Schicksal geworden ist.64 Eine Identität von Theologie und kirchlichem Selbstbewußtsein bleibt in jedem Fall ausgeschlossen. Statt dessen hat die Kirche, wie später besonders Troeltsch betonte, eine ganze Anzahl individueller Sonderdogmatiken zu ertragen, die in ihrer unübersichtlichen Vielfalt zumindest in Erinnerung rufen können, daß die theologische Glaubensdarstellung immer auch auf den praktischen Zweck der Lebensorientierung hin ausgerichtet zu sein hat. Bereits die früheste bisher nachweisbare Verwendung des Terminus „Liberale Theologie" im Sinne einer positionellen Selbstbezeichnung war von einem solchen theologischen Selbstverständnis bestimmt.65 Ein personaler, meist an Luther angeschlossener Glaubensbegriff, der jede Form religiöser Fremdbestimmung ausschließt, daneben eine die theologische Argumentation stützende historische Reflexion sind bereits um die Jahrhundertmitte die beiden zentralen Elemente dieses Theologieverständnisses. Durch sie wurde die liberale Theologie schon früh zu einer kritischen Grundeinstellung gegenüber der kirchlichen Glaubensverkündigung geführt. Einer „Privatisierung der Theologie", die mit der „Privatisierung der Religion" ebenso einhergeht wie mit der externen Infragestellung des kirchlich-dogmatischen Normensystems, kann nach liberaltheologischer Auffassung nur durch eine strenge begriffsanalytische und methodische Klärung theologischen Denkens begegnet werden.66 Aus diesem Grunde hat die Theologie noch im Vorfeld der materialen Entfaltung der Glaubensinhalte Rechenschaft über ihre Darstellungsprinzipien und die sie trageni4 65

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Vgl. Dietrich Rössler: Positionelle und kritische Theologie, in: Zeitschrift für Theologie und Kirche 67 (1970), 215-231, hier: 225-226. Alois Emanuel Biedermann: Das apostolische Glaubensbekenntnis und die schweizerische Predigerversammlung in Zürich. 23. Juli 1845, in: Ders. und D. Fries (Hg.): Die Kirche der Gegenwart. Eine Monatsschrift für die reformirte Schweiz (Zürich) l (1845), 333-347, hier: 345-346. - Anders verhält es sich mit Karl Gottlieb Bretschneiders Position in seinem 1820 erstmals veröffentlichten Aufsatz „Die Ultra's und die Liberalen in der Theologie; eine Parallele" (in: W. Schröter / F.A. Klein (Hg.): Für Christenthum und Gottesgelahrtheit. Eine Oppositionsschrift zu Anfange des 4. Jahrhunderts der evangelisch-protestantischen Kirche in Quartalsheften. Heft 3, Jena 1820,195-227), auf den Birkner als auf eine „ Episode" in der Begriffsgeschichte hinweist (vgl. Hans-Joachim Birkner: „Liberale Theologie", 35-36). Bretschneider schlägt hier vor, den Begriff „liberal" aus der politischen Terminologie in den theologischen Sprachgebrauch zu übernehmen, um ihn an die Stelle der üblichen Bezeichnungen für den zeitgenössischen theologischen Rationalismus zu setzen. Damit folgt er einer Verwendungspraxis, die sich auch bei den erwähnten spätrationalistischen Theologen nachweisen läßt. Sofern die Überwindung des Gegensatzes von Rationalismus und Supranaturalismus jedoch selbst eine theologiegeschichtliche Voraussetzung der liberalen Theologie darstellt, markiert Bretschneiders Forderung lediglich eine weitere Station innerhalb der Vorgeschichte liberaler Theologie. Vgl. Dietrich Rössler: Positionelle und kritische Theologie, 219.

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den Leitbegriffe abzulegen. Von hier aus läßt sich auch verstehen, weshalb die unter dem Titel der dogmatischen „Prolegomena" verhandelten methodologischen und theologietheoretischen Grundprobleme innerhalb der liberalen Theologie zu einem zentralen Komplex der theologischen Erörterung aufstiegen. In programmatischer Form hat diesem Sachverhalt Ernst Troeltsch bereits als Doktorand Ausdruck gegeben, indem er im Rahmen seiner Promotionsthesen von 1891 erklärte: „Das wissenschaftliche Moment der Dogmatik liegt in der Prinzipienlehre." Im Blick auf die „Darlegung des Glaubensinhaltes selbst" könne demgegenüber „von Wissenschaft im strengen Sinne nicht mehr die Rede sein".67 3.3. Institutionalisierung der liberalen Theologie in Gelehrtenkreisen und Vereinsbildungen68 Die beiden wichtigsten Trägerinstitutionen liberaler Theologie waren der Deutsche Protestantenverein und die Zeitschrift Die Christliche Welt. Als vergleichsweise kohärente Gruppe traten zudem seit den 1890er Jahren die Vertreter der Religionsgeschichtlichen Schule auf. Zahlreiche weitere Vereinigungen, lokale Gruppierungen und publizistische Unternehmungen, die vielfach in den Jahren um die Jahrhundertwende gegründet oder neubelebt wurden, blieben trotz aller Eigenständigkeit doch fast immer an eines dieser drei Zentren liberaler Theologie gebunden. 3.3.1. Die theologische Programmatik des Deutschen Protestantenvereins Die Vermittlung von christlicher Tradition und neuzeitlicher Lebenswelt war die leitende Intention des 1863, infolge schwerer kirchenpolitischer Auseinandersetzungen in Baden gegründeten Deutschen Protestantenver6

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Ernst Troeltsch: Thesen zur Erlangung der theologischen Lizentiatenwürde an der Georg Augusts-Universität in Göttingen (verteidigt am 14. Februar 1891). Herausgegeben von Horst Renz, in: Horst Renz / Friedrich Wilhelm Graf (Hg.): Troeltsch-Studien. Untersuchungen zur Biographie und Werkgeschichte, Gütersloh 1982, 299-300 (These 12). Zum theologiegeschichtlichen Hintergrund vgl. Trutz Rendtorff: Religiöser Pluralismus und die Absolutheit des Christentums, in: Ders.: Theologie in der Moderne. Über Religion im Prozeß der Aufklärung (Troeltsch-Studien. Band 5), Gütersloh 1991, 72-90, hier: 73. Die Fähigkeit zur „Institutionalisierung" stellt ein in seiner Bedeutung meines Erachtens bisher unterschätztes Indiz für die konzeptionelle Stabilität einer theologischen Richtung dar. Ich habe den Versuch einer näheren Ausführung dieser These am Beispiel der „Vereinigung der Freunde der Christlichen Welt" unternommen; vgl. Matthias Wolfes: „Das Haus der Christlichen Welt". Ein Beitrag zur Institutionalisierungsgeschichte des liberalen Protestantismus, in: Mitteilungen der Ernst-Troeltsch-Gesellschaft 8 (1994), 76-106.

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eins.69 Der Protestantenverein hat nicht nur, und zwar noch über den ersten Weltkrieg hinaus, einen erheblichen Einfluß auf die liberalprotestantische Kirchenpolitik ausgeübt, sondern von ihm gingen bis in die 1930er Jahre wesentliche Impulse auch auf die zeitgenössische theologische Debatte aus. Sein Programm einer Auslegung von Geschichte und Gegenwart im Lichte eines in sich harmonisch geschlossenen, religiös bestimmten Deutungshorizontes wirkte noch bis in den bildungsreligiösen Selbstverständigungsprozeß des nachwilhelminischen protestantischen Bürgertums nach. Im Vorwort zu dem Vereinsstatut von 1865 wird „eine Erneuerung der protestantischen Kirche im Geiste evangelischer Freiheit und im Einklang mit der gesamten Kulturentwicklung unserer Zeit" zum Zweck der Organisation erklärt.70 Begriffsgeschichtlich markiert die Verwendung des Terminus „Liberale Theologie" durch den Protestantenverein, dessen publizistische Profilierung vor allem über die Protestantische Kirchenzeitung bzw. das Protestantenblatt erfolgte,71 seine Umprägung zu einem kirchenpolitisch besetzten Kampfbegriff. Die zentrale Voraussetzung dieses Programmes einer Institutionalisierung theologischer und kirchenpolitischer Zielvorstellungen bildete die Auffassung, daß zwischen dem kirchlichen und dem politischen Liberalismus der sechziger, siebziger und achtziger Jahre in nahezu allen wichtigen Bereichen der Sozial- und Kulturpolitik eine weitgehende Übereinstimmung bestehe. Die kirchlich-praktische Grundlage für eine solche Allianz von Religion, Theologie und Staat sollte durch die Verbindung einer massiven Kirchen- und Dogmenkritik mit der breitenwirksamen Propagierung eines volkskirchlich-nationalreligiösen Reformprogrammes geschaffen werden. Einen in der Öffentlichkeit viel beachteten Ausdruck für diese Vereinszielsetzung formulierte der Heidelberger Theologe Richard Rothe.72 An69

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Zur Geschichte des in seinen Anfängen bis in den unmittelbaren Schülerkreis Schleiermachers zurückreichenden Protestantenvereins vgl. Claudia Lepp: Protestantisch-liberaler Aufbruch in die Moderne. Der deutsche Protestantenverein in der Zeit der Reichsgründung und des Kulturkampfes (Religiöse Kulturen der Moderne. Band 3), Gütersloh 1996. Siehe auch Paul Mehlhorn: Protestantenverein, in: Realencyklopädie für protestantische Theologie und Kirche. Dritte Auflage. Band 16, Leipzig 1905, 127-135. Vereinsstatut des Deutschen Protestantenvereins, beschlossen auf dem l. Protestantentag in Eisenach am 7. und 8. Juni 1865, §1, in: Der allgemeine deutsche Protestantenverein in seinen Statuten, den Aussprachen seines engern, weitern und geschäftsführenden Ausschusses und den Thesen seiner Hauptversammlungen 1865-1888, Berlin 1889, 1. Protestantische Kirchenzeitung für das evangelische Deutschland (PKZ), Berlin l (1854) bis 43 (1896); Protestantenblatt. Wochenschrift für den deutschen Protestantismus (Prßl), Berlin 35 (1902) bis 74 [=21] (1941). Die Protestantische Kirchenzeitung war ihrerseits aus der von einem Kreis von Schleiermacher-Schülern (Ludwig Jonas, Konrad Wilhelm Heinrich Eltester, Friedrich August Pischon und Adolf Sydow) gegründeten Monatsschrift für die unirte evangelische Kirche (Jahrgang l (1846)- Jahrgang 8 (1853)) hervorgegangen. Zur systematischen Konzeption Richard Rothes vgl. Falk Wagner: Theologische Universalintegration - Richard Rothe (1799-1867), in: Friedrich Wilhelm Graf (Hg.): Profile

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läßlich des ersten Protestantentages von 1865 erklärte er, daß die evangelische Kirche einen verhängnisvollen Irrweg eingeschlagen habe, als sie sich zu „modernem Bewußtsein und moderner Cultur" in ein Verhältnis „grundsätzlicher Opposition" begeben und von ihr aus das moderne Kulturleben als schlechthin unchristlich oder gar als widerchristlich betrachtet habe. Auf diese Weise sei eine „Entfremdung von Massen und ganzen Klassen unserer deutsch-evangelischen Bevölkerung von der Kirche" durch die Kirche selbst noch gefördert worden. Ein „Mittel", durch „welches die der Kirche entfremdeten Glieder ihr wiedergewonnen werden" können, sah Rothe deshalb darin, daß „mit klarem Bewußtsein mit dem modernen Culturleben Friede und Freundschaft geschlossen werden" müsse. Die nähere Ausführung des sich hieraus ergebenden kirchlichen Handlungsprogrammes charakterisierte die Arbeit des Protestantenvereins bis in die 1890er Jahre. Rothes Anspruch an die Kirche, die „redlich mit bauen helfen [solle] an diesem Culturbau, [und zwar so,] daß sie dabei durchgängig auf seine Reinigung und Heiligung bedacht ist", wurde von der Hoffnung auf eine im Protestantismus fundierte religiöse Einheit der Kultur getragen. Von solchen Homogenitätserwartungen wurde auch das politische Engagement des Protestantenvereins geprägt, und zwar stärker noch als durch die Forderungen nach innerkirchlicher Toleranz und praktischer Anerkennung jener dem Protestantismus wesensmäßig eigenen theologischen und kirchenpolitischen Pluralität. Dem hohen Anspruch an die kulturelle Prägekraft des zeitgenössischen Protestantismus entsprach auch der von Rothe wiederholt stark betonte „ausdrückliche Vorbehalt" seiner theologischen Kulturtheorie, demzufolge „das moderne Culturleben sich der erzieherischen Einwirkung des Geistes Christi" zu unterwerfen habe. Das „moderne Bewußtsein und die moderne Cultur", die erst während der zweiten Hälfte des achtzehnten Jahrhunderts wirklich zur Entfaltung gekommen seien, dürfen sich demnach in ihren „eigenthümlichen Anschauungen und Sentenzen" nicht des neuzeitlichen Protestantismus. Band 1: Aufklärung, Idealismus, Vormärz, Gütersloh 1990, 265-286; Volker Drehsen: Kirche und Christentum in emanzipierter Gesellschaft. Die negative Ekklesiologie Richard Rothes als Paradigma praktisch-theologischer Sozialtheorie, in: Ders.: Neuzeitliche Konstitutionsbedingungen der Praktischen Theologie. Aspekte der theologischen Wende zur sozialkulturellen Lebenswelt christlicher Religion, Gütersloh 1988, 288-348, sowie: Friedrich Wilhelm Graf: Rothe, Richard, in: Biographisch-Bibliographisches Kirchenlexikon. Band 8, Herzberg 1994, 759-823. Die von Graf (Ebd., 807-811) zusammengestellte, bisher umfassendste Bibliographie der Werke Rothes ist um folgenden Text zu ergänzen: Richard Rothe: [Rezension zu:] Die drei ächten und die vier unächten Briefe des Ignatius von Antiochien. Hergestellter und vergleichender Text mit Anmerkungen. Von Christian Carl Josias Bunsen, Hamburg 1847 / Ignatius von Antiochien und seine Zeit. Sieben Sendschreiben an Dr. August Neander von Christian Carl Josias Bunsen, Hamburg 1847, in: Zeitschrift für wissenschaftliche Theologie 34 (1891). Viertes Heft, 500-512.

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selbst an die Stelle der früheren dogmatisch orientierten kirchlichen Weltanschauung setzen wollen.73 Vielmehr werde die „weltliche, d.h. sittliche Cultur" erst dann als derjenige Ort anerkannt, an dem „in der Gegenwart [...] die wirkliche fortschreitende Wirksamkeit des Christentums, das eigentliche Werk des Heilands vor sich geht", wenn das moderne Kulturleben seinerseits auf die Kirche und ihre Christusverkündigung hin angelegt sei. Ihr müsse „Recht und Pflicht" eingeräumt werden, selbst als zentrale Auslegungsinstanz über die Legitimität oder Illegitimität des Prozesses geschichtlich-kultureller „Fortbewegung" normativ zu urteilen. Insofern Rothe hier trotz aller Kritik am kirchlichen Dogmatismus „das Christentum" gerade in seiner kirchlichen Gestalt zum integralen Kernbestand auch „des modernen Kulturlebens" erklärt, kommt der Kirche in seiner Kulturtheorie eine kulturprägende Stellung zu.74 Eine zweite Einschränkung, die besonders für die ethischen Konzeptionen der liberalen Nachkriegstheologie von Bedeutung werden sollte, betrifft die Reichweite des modernen Autonomiegedankens. Zwar zielte Rothes Kulturethik auf eine Stärkung der individuellen Handlungskompetenz, denn in ihr sah er die entscheidende Voraussetzung für die Errichtung eines Kulturstaates. Doch betonte er bei aller Anerkennung der sittlichen Autonomie des Einzelnen zugleich immer auch die Notwendigkeit einer „socialpflichtmäßigen" Einbindung des individuellen Handelns in ein solches Gemeinschaftshandeln, das selbst auf eine stufenweise Realisierung des Reiches Gottes gerichtet ist. „Die Aufgabe für das socialpflichtmäßige Handeln ist [...] die stätige Wirksamkeit für die Förderung der Entwicklung der menschlichen Gemeinschaft zum Reich Gottes in Christo. Auf diesen Zweck muß alles socialpflichtmäßige Handeln gerichtet sein, und kein Handeln überhaupt ist ein socialpflichtmäßiges, das nicht wesentlich Wirksamkeit für die Vervollkommnung der christlichen Gemeinschaft ist."75 Erst aus der wechselseitigen Verschränkung von individueller und sozialer Handlungsdimension ergibt sich die Grundlage für Rothes kulturethische Theorie, deren Ziel, ähnlich wie eine Generation später bei dem Berliner liberalen Theologen Otto Pfleiderer, in einer umfassenden christlich-kirchlichen Durchdringung der politischen und gesellschaftlichen Sphäre des Staates besteht. Am Ende dieses langwierigen

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Dr. Rothe's Thesen über die Frage: Durch welche Mittel können die der Kirche entfremdeten Glieder ihr wiedergewonnen werden?, in: Der erste Deutsche Protestantentag, gehalten zu Eisenach am 7. und 8. Juni 1865, Elberfeld 1865, 22-24, hier: 22-23. Richard Rothe: Durch welche Mittel können die der Kirche entfremdeten Glieder ihr wiedergewonnen werden? Vortrag, gehalten zu Eisenach am 7. Juni auf dem ersten deutschen Protestantentag, in: Ders.: Gesammelte Vorträge und Abhandlungen aus seinen letzten Lebensjahren. Eingeleitet von Friedrich Nippold, Elberfeld 1886, 129-147, hier: 141-142. Richard Rothe: Theologische Ethik. Band HI/2, Wittenberg 1848, 420.

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und keineswegs spannungsfreien Prozesses soll eine Synthese von Kirche und Kulturstaat im Geiste des Christentums stehen. Im Blick auf den derzeitigen Zustand von Kirche und Theologie war Rothe überzeugt, daß eine kritische Bestandsaufnahme dringend erforderlich sei: „Nein, gestehen wir es uns nur ehrlich ein, die Entwickelung des Christenthums hat einen Umschwung der Dinge herbeigeführt; heute zu Tage dürfen wir die christlichen Heiligen nicht mehr in der Kirche suchen. Selbst wo sie uns etwa im Klerus begegnen (wie z.B. ein Oberlin), sind es Männer^ deren außerordentliche religiöse Wirksamkeit sich vorzugsweise durch außerkirchliche Mittel und eine Thätigkeit auf außerkirchlichen Gebieten vermittelt und die überhaupt den Laienmantel über den Kirchenrock tragen." Nur in unzulänglicher Weise sei bisher auf kirchlicher Seite wahrgenommen worden, daß sich seit Ende des achtzehnten Jahrhunderts eine kirchenkritische Neuformierung des religiösen Bewußtseins weithin durchzusetzen im Begriffe sei. Sie gehe aber in ihren ersten Ansätzen sogar bis auf die Reformation selbst zurück: „Der entscheidende Wendepunkt, mit welchem das Christentum seine kirchengeschichtliche Periode durchbricht und in seine politisch-geschichtliche hinüber schreitet, ist die Reformation.. In ihr hat das Christenthum selbst im Princip die Kirche aufgehoben; [...]."76 Seither ist der Ort der Bewährung und Betätigung des christlichen Glaubens nicht mehr länger die kirchliche Sphäre, sondern vielmehr die Gesamtheit der den einzelnen Christen in Kultur und Gesellschaft umgebenden Welt. Daher sind „im gegenwärtigen Stadium [...] die Geschicke des Christenthums nicht mehr an die Geschicke der Kirchen und der Konfessionen gebunden."77 Die Theologie hat nach Rothe unweigerlich anzuerkennen, daß das kirchliche Stadium der geschichtlichen Entwicklung des Christentums vorüber und der christliche Geist bereits in sein sittliches, d.h. politisches Lebensalter eingetreten sei. „Das moralische Gemeinwesen, der moderne Staat hat viel mehr dazu gethan, die Menschen in einen Christo adäquaten Zustand zu bringen, als alle Kirchen von Jerusalem oder Rom, von Wittenberg oder Genf."78 Die Anerkennung dieses Sachverhaltes ist nach Rothe nichts anderes als die negative Vorbedingung dafür, daß die Theologie ihren Beitrag zur Errichtung des Kulturstaates als der gegenwärtigen Realgestalt des Reiches Gottes leisten könne. Dieser Beitrag bestehe darin, daß über die theologische Reflexion das Bewußtsein für das ethische Potential der christlichen Frömmigkeit akti-

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Richard Rothe: Theologische Ethik. Zweite Auflage. Fünfter Band. Herausgegeben von Heinrich Julius Holtzmann, Wittenberg 1871, 398. Richard Rothe: Stille Stunden. Aphorismen aus des Verfassers handschriftlichem Nachlaß, Bremen 1872, 352. Zitiert nach Joachim Hoppe: Die verweltlichte Kirche und der verchristlichte Staat. Das politische Christentum im Denken Richard Rothes, in: Ernst Wolf (Hg.): Zwischenstationen. Festschrift für Karl Kupisch, München 1963, 146-160, hier: 146.

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viert und in die konstruktive Gesamttätigkeit des Kulturstaates eingebracht werde. Rothe hat in der „Theologischen Ethik" seine Forderung nach einer solchen theologischen Überbrückungsleistung mehr anvisiert als selbst schon tatsächlich ausgeführt. Nichtsdestoweniger kennzeichnet diese Forderung ein zentrales Grundanliegen der frühen liberalen Theologie. Zugleich aber bezeichnet sie auch die wichtigste Spannung, der sie ausgesetzt war. Denn einerseits gilt die kulturelle Entwicklung, die als Selbstentfaltung des Geistes aufgefaßt wird, als Ausdruck der von Gott gesetzten geschichtlichen Wirklichkeit.79 Andererseits wird behauptet, daß das Christentum im Kontext der neuzeitlichen Bewußtseinsprägung seine Identität nur dann zu bewahren imstande sei, wenn es selbst den Prozeß der Kulturgeschichte als eine kulturell wirksame Gestaltungsmacht mitbestimmt. Beide Seiten dieser kulturpraktischen Einstellung werden im Gedanken des Reiches Gottes zusammengeführt, dessen ethische Potenz selbst zum Inbegriffeiner theologischen Deutung der Kultur- und Geistesgeschichte wird.80 Rothes Idee einer im säkularen Kulturstaat sich verwirklichenden Synthese von Glaube und Kultur ist durch die Tradition der spekulativen Theologie vorgeprägt. Vor dem Hintergrund einer trinitätstheologischen Auffassung der Selbstentfaltung des Absoluten in der Geschichte wurde dort bereits der geschichtliche Entwicklungsverlauf in Kirchen- und Kulturgeschichte als Annäherung an das Reich Gottes gedeutet und insofern als reales Versöhnungsgeschehen aufgefaßt. Die Theorie von der allmählichen Auflösung der Kirche in den modernen, religiös fundierten Kulturstaat wird hier schon als Vision eines ethischen Zeitalters der Moderne beschrieben, „in dem das Christentum als umfassende religiös-sittliche Humanitätspraxis nicht nur die Grenzen seiner kirchlichen Verfaßtheit sprengte, sondern sich schließlich in der Form eines liberal-undogmatischen Selbstverständnisses und einer institutionell auf ein Minimum beschränkten Selbstdarstellung als die gesellschaftsintegrierende Kraft schlechthin erweisen sollte".81 79

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Einen klassischen Ausdruck findet diese Ansicht bereits in Schleiermachers zweitem „Sendschreiben" an Friedrich Lücke von 1829; vgl. Friedrich Schleiermacher: Sendschreiben über seine Glaubenslehre an Lücke (Ed. Mulert), Gießen 1908, 30-68. Dieser Text Schleiermachers kann sowohl in seiner theologietheoretischen Programmatik als auch in seiner Beschreibung der Aufgabenstellung von Theologie als Gründungsurkunde liberaler Theologie bezeichnet werden. Er leuchtet in seiner wunderbaren Klarheit und Schönheit einer jeden modernen Theologie voran. Vgl. auch Hermann Mulert: Einleitung, in: Ebd., 3-6, sowie: Horst Stephan: Geschichte der evangelischen Theologie seit dem Deutschen Idealismus, 88-91. Vgl. hierzu Emanuel Hirsch: Die Reich-Gottes-Begriffe des neueren europäischen Denkens. Ein Versuch zur Geschichte der Staats- und Gesellschaftsphilosophie, Göttingen 1921. Volker Drehsen: Vision eines kirchenfreien, ethischen Zeitalters des modernen Christentums: Richard Rothe (1799-1867), in: Berliner Theologische Zeitschrift 11 (1994), 201218, hier: 201.

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Mit Rothe geht die ältere liberalprotestantische Theologie von der Vorstellung aus, „daß die göttliche Providenz die Geschichte in der Bahn der Christus-Offenbarung fortleitet".82 Erst die Krisenerfahrungen der Jahrhundertwende- und der Kriegszeit haben jeden Rest einer ungebrochenen Verknüpfung von Offenbarung und Geschichte beseitigt und die Theologie vor die Notwendigkeit gestellt, gerade die Erfahrung der Differenz von göttlichem Heilshandeln und geschichtlicher Realität deuten zu müssen. Vor allem die aus der spekulativen Theologie übernommene harmonistische Geist-Auffassung wird daher stark umgewandelt. Im Zuge einer intensiven und spannungsreichen Diskussion des Offenbarungsbegriffes tritt schließlich nach 1914 auch der Gedanke einer evolutionistisch aufgefaßten göttlichen Selbstmitteilung nahezu ganz hinter den Versuch zurück, Offenbarung als eine im Geistvermögen des Menschen verankerte Wahrnehmung von Wirklichkeit auszulegen, die trotz des widrigen Anscheines Gott selbst als Urheber und höchste Sinninstanz dieser Wirklichkeit erfaßt.83 Im Rahmen einer solchen theologischen Neuorientierung wurde auch ein substanzhaft-ontologisches Gottesverständnis, das bereits die altliberale Theologie mit ihrem von Hegel inspirierten Entwicklungsgedanken in Frage gestellt hatte, endgültig überwunden. In Abgrenzung von einer objektivistischen Entfaltung des Gottesbegriffes wurde nun Gott als schlechthin bestimmender Wahrnehmungsinhalt des frommen Bewußtseins aufgefaßt. In der liberaltheologischen Religionstheorie fand dieser Standpunkt seine Entsprechung insofern, als in Anknüpfung an Schleiermacher davon ausgegangen wurde, daß sich die Realgestalt des Glaubens theologisch nur noch als Ausdruck von Subjektivität auffassen lasse. In unterschiedlicher Form haben die verschiedenen Richtungen der liberalen Theologie der 1880er und neunziger Jahre, die sich vor allem um die großen Konzeptionen Biedermanns, Lipsius' und 82

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Manfred Jacobs: Liberale Theologie, 50. Die Differenzierung in einen älteren und einen neueren theologischen Liberalismus geht auf Unterscheidungen zurück, die zur Jahrhundertwendezeit ausgebildet wurden. In Abgrenzung vom Protestantenverein der sechziger und siebziger Jahre spricht etwa Rade 1907 von einem „theologischen Altliberalismus", dem er die Position der Christlichen Welt entgegensetzt; vgl. Martin Rade: Christliche Welt und Liberalismus, in: Bremer Beiträge zum Ausbau und Umbau der Kirche. Herausgegeben von Julius Burggraf l (1906/07), 169-177, hier: 173. Charakteristisch für solche Vorstellungen sind beispielsweise Wilhelm Honigs Ausführungen zur Grundstruktur des „religiösen Bedürfnisses": „Religiöses Bedürfniß ist die Sehnsucht des schwachen, unvollkommenen Menschen, in einen Zusammenhang mit demjenigen Leben zu gelangen, welches, unendlich höher als er selbst, die Quelle alles Lebens ist, aufgenommen zu werden in die große Einheit des Lebens, von welcher Alles ausgeht und zu welcher Alles zurückkehrt" (Wilhelm Honig: Die liberale Richtung und das religiöse Bedürfniß, in: Die Predigt der Gegenwart 20 (1883), 276-283. 361-368. 460-464. 573-576; 21 (1884), 90-97, hier: 90). -Wilhelm Honig (1840-1910) war neben seiner Tätigkeit als Stadtpfarrer an der Heiliggeistkirche in Heidelberg Schriftführer des Protestantenvereins und Biograph Richard Rothes (vgl. meinen Artikel zu Honig in: Biographisch-Bibliographisches Kirchenlexikon. Band 16, Herzberg 1999).

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Pfleiderers gruppieren lassen, diese Auffassung von Religiosität als einem selbstevidenten, persönlichkeitskonstituierenden Grundgeschehen menschlichen Seins in den Mittelpunkt ihrer theologischen Systematik gestellt.84 Doch nicht nur in der hochentwickelten theologischen Fachdebatte, sondern auch in einer außerordentlich breiten, vielschichtigen und anspruchsvollen liberalprotestantischen Predigtliteratur wurde der Glaube als ein anthropologisches Strukturelement beschrieben, das sich letztlich einer dogmatischen Fixierung entzieht.85 Die Stellung der Theologie Albrecht Ritschis zu den noch an die Programmatik des Protestantenvereins zurückgebundenen altliberalen Theologieentwürfen ist zunächst durch eine unübersehbare Differenz gekennzeichnet. Dezidiert lehnte Ritschi die spekulativ-idealistische Geschichtsauffassung ab, die in der Nachwirkung Hegels und Carl Daubs noch bei Rothe von erkenntnisleitendem Einfluß gewesen war. An die Stelle der idealistischen Entwicklungstheorie trat bei ihm eine intensive historische Erforschung des Überlieferungsbestandes der neuzeitlichen Christentumsgeschichte, die bereits erste Ansätze zur Integration politik-, sozial- und institutionengeschichtlicher Fragestellungen aufwies. Der von Ritschis historistischem Positivismus ausgehende, innerhalb der protestantischen Theologie überaus wirkungsvolle Antrieb zu einer kritisch-historischen Forschungsarbeit, der überdies zu einer erheblichen Schärfung des methodologischen Problembewußtseins in der Theologie beitrug, bringt nun aber doch, ungeachtet der wiederholt von dem Göttinger Theologen ausgesprochenen Selbstabgrenzung, seine Auffassung von Theologie in eine gewisse Nähe zur zeitgenössischen liberaltheologischen Diskussion. Auch hier fand, wie erwähnt, bereits seit den sechziger Jahren eine Abkehr von dem evolutionistischen Geschichtsverständnis der HegelSchule statt. Auch Ritschis Anknüpfung an die lutherische Auffassung vom Glauben, die die fides qua creditur zur Grundkategorie der Beschreibung des Glaubens als eines existentiellen Erfahrungszusammenhanges aufwertet, und schließlich die konzeptionelle Zentralstellung der Idee des Reiches Gottes als des Ortes realer Gottesherrschaft weisen in die Rich-

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Vgl. Alois Emanuel Biedermann: Christliche Dogmatik, Berlin 1869; Zweite, erweiterte Auflage. Zwei Bände, Berlin 1884/1885.- Richard Adelbert Lipsius: Lehrbuch der evangelisch-protestantischen Dogmatik, Braunschweig 1876; Zweite Auflage, Braunschweig 1878; Dritte, bedeutend umgearbeitete und von Otto Baumgarten herausgegebene Auflage, Braunschweig 1893 (vgl. auch: Ders.: Dogmatische Beiträge. Zur Vertheidigung und Erläuterung meines Lehrbuches, Leipzig 1878).- Otto Pfleiderer: Religionsphilosophie auf geschichtlicher Grundlage, Berlin 1878; Zweite Auflage, Berlin 1883/1884; Dritte Auflage, Berlin 1896. Zu dem „neuzeitlichen Predigtideal", das die liberalprotestantische Predigtliteratur prägte, vgl. die „autobiographischen Notizen zum ,Freien Protestantismus'" von Wolfgang Trillhaas, in: Friedrich Wilhelm Graf (Hg.): Liberale Theologie. Eine Ortsbestimmung, 168-175.

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tung der liberaltheologischen Systementwürfe der siebziger und achtziger Jahre. Insgesamt aber lassen sich die tiefgehenden Unterschiede nicht leugnen. Besonders in der Theorie der Werturteile wird eine von Ritschi selbst nicht mehr bewältigte Befangenheit gegenüber den radikalen Herausforderungen erkennbar, die durch die historistische Infragestellung der normativen Grundlagen des Glaubens in immer stärkerem Maße an Theologie und Kirche herangetragen wurden.86 In einer offensiven Thematisierung gerade dieses Problemzusammenhanges aber lag ja die besondere Qualität auch schon der älteren liberalen Theologieentwürfe. 3.3.2. Religionsgeschichtliche Schule und theologischer Historismus Der Stand des methodologischen und theologietheoretischen Problembewußtseins liberaler Theologie der 1870er und achtziger Jahre wurde erst durch die Forschungsarbeit der Religionsgeschichtlichen Schule überwunden.87 Gemeinsam mit dem zum Teil personenidentischen Kreis um die protestantische Kulturzeitschrift Die Christliche Welt waren die Mitglieder dieser Theologengruppe für den Diskussionsstand innerhalb der liberalen Theologie der Jahrhundertwendezeit von maßgeblicher Bedeutung. In beiden Kreisen fand der Begriff „Liberale Theologie" keine explizite Selbstanwendung. Statt dessen wurde er etwa seit 1890 auch hier gebraucht, um die Abgrenzung von einer kulturoptimistischen, politisierten theologischen Bildungsideologie zu markieren, wie sie insbesondere den älteren Vertretern des Protestantenvereins vorgeworfen wurde.88 86

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Vgl. Albrecht Ritschi: Theologie und Metaphysik. Zur Verständigung und Abwehr, Bonn 1881, insbesondere: 13-21 und 30-38, sowie: Ders.: Die christliche Lehre von der Rechtfertigung und Versöhnung. Dritter Band. Dritte / Vierte Auflage, Bonn 1895, 193215. Siehe dazu auch Georg Wobbermin: Schleiermacher und Ritschi in ihrer Bedeutung für die heutige theologische Lage und Aufgabe, Tübingen 1927; Otto Ritschi: Ueber Werturteile, Freiburg / Leipzig 1895, sowie: Max Reischle: Werturteil und Glaubensurteil. Eine Untersuchung, Halle 1900. - Aus zeitgenössischer Sicht konnte das Verhältnis von Ritschi zur liberalen Theologie geradezu als „Zustand von Feindschaft" beschrieben werden; vgl. z.B. Martin Rade: Unsere Zukunft. 3: Die liberale Theologie, 1025. Auch die direkte Wirkungsgeschichte Ritschis ist von diesem Gegensatz bestimmt worden. So wurde 1893 die Berufung des Ritschi-Schülers Hans-Hinrich Wendt zum Nachfolger von Richard Adelbert Lipsius in Jena von dortigen Anhängern Lipsius' als schwerer Angriff auf die lokale Tradition liberaler Theologie gewertet (vgl. Hans-Joachim Birkner: „Liberale Theologie", 37). Im theologiegeschichtlichen Rückblick konnte allerdings später auch Rade „Ritschltum und Liberalismus" eng nebeneinanderstellen (vgl. Johannes Rathje: Die Welt des freien Protestantismus, 502). Vgl. Gerd Lüdemann / Martin Schröder: Die Religionsgeschichtliche Schule in Göttingen. Eine Dokumentation. Mit 80 Abbildungen, Göttingen 1987. Eine auf dieser Publikation beruhende, um zahlreiche wichtige Einzelaspekte erweiterte Darstellung wird derzeit vom Göttinger Archiv „Religionsgeschichtliche Schule" als Internet-Version erarbeitet. Zu den Auseinandersetzungen zwischen der Gruppe um die Christliche Welt und den Anhängern des Protestantenvereins vgl. Johannes Rathje: Die Welt des freien Protestantis-

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Vor allem Ernst Troeltsch, der als einziges Mitglied der Religionsgeschichtlichen Schule eine ausgeführte Theologietheorie entwickelte, ging der Frage nach, ob unter den Bedingungen eines historistischen Wissenschaftsverständnisses normative Grundlagen für eine theologische Frömmigkeitsdarstellung überhaupt formuliert werden können. Diese Problemstellung ergab sich jedoch nicht allein aus der zeitgenössischen Historismus-Debatte; sie folgte vielmehr selbst aus dem Versuch, die Theologie in den Kontext der neu entstandenen Sozial- und Kulturwissenschaften zu integrieren. Das Projekt einer „Überwindung des Historismus" konnte nicht mehr mit den Mitteln einer spätidealistischen Geschichtstheorie unternommen werden. Statt dessen wurde, und hier wirkten sich Ritschis frühe Anregungen unmittelbar aus, die empirisch beschreibbare Gestalt des religiösen Lebens als Bestandteil des sozialen Kontextes menschlicher Lebenswirklichkeit aufgefaßt. Die Theologie unterlag nunmehr der Notwendigkeit, sich das geeignete Instrumentarium für eine Analyse der weltanschaulichen, sozialen und politischen Bestimmungsfaktoren jener Lebenswirklichkeit aneignen und die in der kritischen Geschichtswissenschaft mittlerweile ausgebildeten Untersuchungsmethoden in der religionsgeschichtlichen Forschung anwenden zu müssen. Im Zuge solcher Forschungsarbeiten ergaben sich völlig neue Einsichten in den Lebensweltbezug biblischer Frömmigkeitsformen und theologischer Deutungssysteme. Kulturgeschichte und Ethnologie, Sozialverhaltenstheorie und selbst Klimakunde wurden zu wissenschaftlichen Nachbardisziplinen einer religionsgeschichtlichen Forschungsrichtung, die der theologischen Wissenschaft insgesamt eine Fülle neuer Fragestellungen und Aufgabengebiete erschloß. Weit über den Rahmen der Religionsgeschichtlichen Schule hinaus, durch sie allerdings in radikalster Weise ausgeführt, war die liberale Theornus, passim. Erst seit der Jahrhundertwende kam es infolge der kirchenpolitischen Repressionen der preußischen Kirchenleitung zu Bündnissen beider Gruppen, die allerdings ein instabiles Stadium nie überwanden. Den Höhepunkt dieser Kooperation, durch den zugleich die glanzvolle Ausstrahlung der deutschsprachigen liberalen Vorkriegstheologie dokumentiert wird, bildete der „Weltkongreß für freies Christentum und religiösen Fortschritt", der vom 5. bis 10. August 1910 auf Einladung des Protestantenvereins und der Christlichen Welt mit mehr als 2.000 Teilnehmern in der Berliner Universität tagte. Zum Organisationskomitee gehörten neben Otto Baumgarten, Martin Rade und Friedrich Naumann unter anderem auch Friedrich Michael Schiele, Wilhelm Schneemelcher und Gottfried Traub. An der theologischen Hauptsektion, die unter dem Titel „Deutsche Theologie und deutsche Kirche" stand, beteiligten sich als Vortragsredner unter anderem Otto Baumgarten, Wilhelm Bousset, August Dorner, Erich Foerster, Hermann Gunkel, Adolf Harnack, Friedrich Niebergall, Hermann von Soden, Arthur Titius, Ernst Troeltsch, Heinrich Weinel und Georg Wobbermin. Vgl. Max Fischer und Friedrich Michael Schiele (Hg.): Fünfter Weltkongreß für freies Christentum und religiösen Fortschritt, Berlin 5.-10. August 1910, Protokoll der Verhandlungen. Zwei Bände, Berlin 1911, sowie: Gangolf Hübinger: Der „Weltkongreß für freies Christentum und religiösen Fortschritt", in: Ders.: Kulturprotestantismus und Politik. Zum Verhältnis von Liberalismus und Protestantismus im wilhelminischen Deutschland, Tübingen 1994, 251-262.

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logic der Jahrhundertwendezeit auf eine prinzipielle Historisierung aller lebensweltbestimmenden Werte, Normen und Handlungsmuster ausgerichtet. Die auch in anderen historischen Wissenschaften der Zeit in ähnlicher Weise auftretenden Folgen einer solchen historistischen Grundhaltung - die positivistische Überschätzung der Quellenanalyse, die Abwertung der Dogmatik oder die weitgehende Beschränkung der theologischen Diskussion auf Fragen der Überlieferungskritik - verstärkten innerhalb der Theologie den Problemdruck noch zusätzlich, der sich ohnehin schon aus den kirchen- und religionskritischen Konsequenzen der dramatischen Sozialentwicklung jener Jahrzehnte ergab. Die zum Teil sehr aggressiv vorgetragene Weltanschauungskritik, die um 1900 in die Theologie Einzug hielt, läßt sich bereits als Reaktion auf eine normative Desorientierung auffassen, die mit dem theologischen Historismus einherging.89 Trotz der offenkundigen Schwierigkeiten, die mit dem Programm einer konsequenten Historisierung aller religiösen und weltanschaulichen Wertvorstellungen verbunden waren, stand der Theologie nach Troeltsch doch kein anderer Weg offen. Allein auf diese Weise könne noch gewährleistet werden, daß die Theologie an dem wissenschaftlichen Diskurs um die kulturellen Grundlagen der Moderne, um ihre Fortschrittspotentiale und ihre Krisenanfälligkeit teilzunehmen imstande sei. Der Kirche kommt hiernach die Aufgabe zu, mit den ihr eigenen Mitteln zugunsten einer Sicherung der Rahmenbedingungen freier Persönlichkeitsbildung einzutreten. Andererseits soll sie gerade vor dem Hintergrund einer fortschreitenden massengesellschaftlichen Desintegration selbst diejenige Form von sozialer Vergemeinschaftung repräsentieren, die als unverzichtbare Voraussetzung von Individualisierung und Differenzierung gilt. Zu den primären Aufgaben der Theologie gehört es daher, die im Glauben selbst verankerten Prinzipien einer solchen kirchlichen Sozialisierungspraxis offenzulegen. Die praktische Forschungsarbeit, die auf der Grundlage dieser komplexen programmatischen Vorgaben geleistet wurde, führte um 1910 vor allem durch eine Reihe publizistischer Großprojekte zu starken Einwirkungen der liberalen Theologie auf die zeitgenössischen Bildungsinhalte. Zu 89

Vgl. Gangolf Hübinger: Kapitalismus und Kulturgeschichte, in: Rüdiger vom Bruch / Friedrich Wilhelm Graf/Gangolf Hübinger (Hg.): Kultur und Kulturwissenschaften um 1900. Krise der Moderne und Glaube an die Wissenschaft, Stuttgart 1989, 25-43, hier: 29-30, - Grundlegend zur Geschichte und Gestalt des Historismus ist die Untersuchung von Otto Gerhard Oexle: „Historismus". Überlegungen zur Geschichte des Phänomens und des Begriffs (Braunschweigische Wissenschaftliche Gesellschaft. Jahrbuch 1986), Göttingen 1986; sowie: Jörn Rüsen: Konfigurationen des Historismus. Studien zur deutschen Wissenschaftskultur, Frankfurt am Main 1993. Nach wie vor von großer Bedeutung, zumal für die Wirkungsgeschichte Troeltschs, ist die Studie von Karl Mannheim: Historismus, in: Archiv für Sozialwissenschaft und Sozialpolitik 52 (1924), 1-60. Siehe daneben auch Friedrich Jaeger/Jörn Rüsen: Geschichte des Historismus. Eine Einführung, München 1992, und: Annette Wittkau: Historismus. Zur Geschichte des Begriffs und des Problems, Göttingen 1992.

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nennen sind in erster Linie die „Religionsgeschichtlichen Volksbücher" und das theologische Handwörterbuch „Die Religion in Geschichte und Gegenwart" aus dem Verlag J.C.B. Mohr (Paul Siebeck) in Tübingen sowie die im Göttinger Verlag Vandenhoeck und Ruprecht erschienenen kritischen Kommentar-Ausgaben des Alten und des Neuen Testamentes. Diese drei Unternehmungen, die auch verlegerisch außerordentlich erfolgreich waren, sind die renommiertesten wissenschaftlichen Gemeinschaftsleistungen der liberalen Theologie vor 1914. Zum internationalen Ansehen der deutschen protestantischen Theologie haben sie in hohem Maße beigetragen.90 Alle drei Projekte zeigen in ihrer konzeptionellen Anlage den Einfluß der historistischen Wissenschaftstheorie. Gleichzeitig stellen sie wichtige Schritte auf dem Weg der Umbildung einer positivistischen, tatsachen90

Religionsgeschichtliche Volksbücher für die deutsche christliche Gegenwart. Herausgegeben von Friedrich Michael Schiele [Nach Schieies Tod am 12. August 1913: Begründet von Friedrich Michael Schiele. Herausgegeben von Karl Aner], Tübingen 1906-1919. Erschienen sind bis einschließlich 1914 in sechs, nach thematischen Gesichtspunkten unterschiedenen Reihen zusammen 87 Titel mit einer Gesamtauflage, die bereits 1913 eine Zahl von 436.327 Heften erreicht hatte. Pro Einzelheft wurden zwischen 1906 und 1914 durchschnittlich 3.359 Exemplare verkauft, wobei die Reihen „Religion des Neuen Testaments" und „Religion des Alten Testaments" weitaus die meisten Abnehmer fanden. Vgl. Friedrich Michael Schiele: Volksbücher, religionsgeschichtliche, in: Die Religion in Geschichte und Gegenwart. Band 5, Tübingen 1913, 1721-1725, hier: 1724. Zum verlagspolitischen Hintergrund siehe die detaillierte Untersuchung von Gangolf Hübinger: Liberale Theologie als historische Kulturwissenschaft. Die Verlagspolitik von Paul und Oskar Siebeck, in: Ders.: Kulturprotestantismus und Politik, 190-219. Nach Hübinger können die „Volksbücher" als Umsetzung der Forschungserträge der ersten Auflage der RGG gelten, „mit denen der Kulturprotestantismus seinen Beitrag zur Volksbildungsbewegung des frühen 20. Jahrhunderts leistete" (204). Die Religion in Geschichte und Gegenwart. Handwörterbuch in gemeinverständlicher Darstellung, unter Mitwirkung von Hermann Gunkel und Otto Scheel herausgegeben von Friedrich Michael Schiele (und Leopold Zscharnack). Fünf Bände, Tübingen 1908 [Erste Lieferung]-1913. - Zur Erstauflage des Handwörterbuches vgl. Alf Özen: „Die Religion in Geschichte und Gegenwart" als Beispiel für Hoch-Zeit und Niedergang der „Religionsgeschichtlichen Schule". I. Teil: RGG , in: Gerd Lüdemann (Hg.): Die „Religionsgeschichtliche Schule". Facetten eines theologischen Umbruches, Frankfurt am Main u.a. 1996,149-206. Ein Register zur Erstauflage der RGG wird derzeit vorbereitet; es soll 1999 als Band 6 der „Studien und Texte zur Religionsgeschichtlichen Schule" erscheinen. Die Schriften des Neuen Testaments, neu übersetzt und für die Gegenwart erklärt von Otto Baumgarten, Wilhelm Bousset, Hermann Gunkel, Wilhelm Heitmüller, Georg Hollmann, Adolf Jülicher, Rudolf Knopf, Franz Koehler, Wilhelm Lücken und Johannes Weiß, herausgegeben von Johannes Weiß, Göttingen 1906/07; Zweite Auflage, Göttingen 1907/08; Dritte Auflage, Göttingen 1917/18. - Die Schriften des Alten Testaments, in Auswahl neu übersetzt und für die Gegenwart erklärt von Hugo Greßmann, Hermann Gunkel, Max Haller, Hans Schmidt, Wilhelm Staerk und Paul Volz, Göttingen 19101915; Zweite Auflage, Göttingen 1920-1925.Neben den „Religionsgeschichtlichen Volksbüchern", der RGG und dem Göttinger Bibelwerk steht als viertes publizistisches Gemeinschaftsprojekt liberaler Theologen die Schriftenreihe „Lebensfragen", die seit 1904 von Heinrich Weinel herausgegeben wurde. Konzeptionell ähnelte diese ebenfalls im Verlag J.C.B. Mohr (Paul Siebeck) erschienene Reihe den „Religionsgeschichtlichen Volksbüchern". Zu ihren Autoren zählten neben

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beschreibenden Geschichtsauffassung zu einer sozialgeschichtlich orientierten Form historischer Strukturanalyse dar. An die Stelle historischer Deskription tritt eine auf den Ideengehalt der geschichtlichen Phänomene gerichtete Analyse ihres „Wesens". Religiöse Sozialgestalten, Kirchenethiken, Frömmigkeitstypen und philosophische Transformationen religiöser Vorstellungsinhalte stehen im Vordergrund des Interesses. Die „protestantisch-kirchliche Dogmatik" hingegen scheint im Kontext dieser Forschungsperspektive ihr historisches Schicksal definitiv hinter sich gebracht zu haben.91 3.3.3. Die Christliche Welt Einen starken Rückhalt gab dem von großen Teilen der protestantischen Theologenschaft zunächst ablehnend aufgenommenen religionsgeschichtlichen Forschungsprogramm die von Martin Rade herausgegebene Zeitschrift Die Christliche Welt. Man wird sogar feststellen können, daß diese von Rade gegen heftigen Widerstand vor allem aus den Reihen der älteren Mitarbeiter der Zeitschrift durchgesetzte Förderung wesentlich zum Erfolg jener wissenschaftlichen Reformbewegung während der beiden Jahrzehnte vor 1914 beigetragen hat. Auch für die Zeitschrift selbst war der Konflikt bedeutsam. Denn durch Rades entschlossene Stellungnahme, der eine deutliche Abgrenzung vom „Vulgärliberalismus" des Protestantenvereins korrespondierte,92 profilierte sich die Christliche Welt trotz jener

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Weinel Paul Drews, Hermann Gunkel, Wilhelm Bousset, Otto Baumgarten, Friedrich Naumann, Rudolf Otto, Paul Jaeger, Emil Fuchs, Paul Fiebig sowie William Wrede. Zum Programm der „Lebensfragen" vgl. Heinrich Weinel: Religionswissenschaft und Religionsunterricht, in: Festschrift zum 25jährigen Bestehen der Ferienkurse in Jena, Jena 1913, 56-69. Vgl. Ernst Troeltsch: Die Soziallehren der christlichen Kirchen und Gruppen (Gesammelte Schriften. Band 1), Tübingen 1912,981-982. Wichtige Beispiele für die sozialgeschichtlich angelegte Untersuchungsrichtung sind Hermann Gunkels Studien zur Gattungsgeschichte der Psalmen; vgl. vor allem Hermann Gunkel: Ausgewählte Psalmen, übersetzt und erklärt, Göttingen 1903; Vierte Auflage, Göttingen 1917. Siehe auch Nittert Janssen: Popularisierung der theologischen Forschung. Breitenwirkung durch Vorträge und „gemeinverständliche" Veröffentlichungen, in: Gerd Lüdemann / Martin Schröder: Die Religionsgeschichtliche Schule in Göttingen, 93-136. Bereits im zweiten Jahrgang der Christlichen Welt wurde dem Protestantenverein vorgeworfen, das Christentum zu einer bürgerlichen Bildungsreligion zu veräußerlichen. Vgl. Otto Baumgarten: Der Protestantentag zu Bremen, ein Jubiläum, in: Die christliche Welt 2 (1888), 440-444, sowie: Ders.: Meine Lebensgeschichte, Tübingen 1929, 96. Baumgarten warf dem Protestantenverein vor, daß er „in der beabsichtigten Versöhnung von Bildung und Religion den falschen Weg wählt, [indem er] die Brücke von der Bildung statt vom Evangelium aus schlägt und somit vielfach einen faulen Frieden macht, wobei die elementarsten christlichen Bedürfnisse, Gnadensehnsucht, Gnadengewißheit und das Ärgernis des Kreuzes dem Idealismus und Intellektualismus geopfert werden" (Die christliche Welt 2 (1888), 444). Zu Baumgarten siehe Hasko von Bassi: Otto Baumgarten. Ein „moderner Theologe" im Kaiserreich und in der Weimarer Republik (Europäische Hochschulschriften. Reihe XXIII. Band 345), Frankfurt am Main / Bern / New York / Paris 1988.

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internen Spannungen und ungeachtet ihrer relativ begrenzten Verbreitung endgültig als wichtigster publizistischer Sammlungsort des zeitgenössischen Liberalprotestantismus.93 Zu den theologischen Wortführern des Kreises um die Christliche Welt gehörten in den 1890er Jahren neben Rade, Baumgarten, Wilhelm Bousset und Troeltsch auch Paul Drews, Erich Foerster, Paul Jaeger, Julius Kaftan und Heinrich Weinel. Sie alle brachten ein für ihre Generation symptomatisches Bewußtsein um die Brüchigkeit und Widersprüchlichkeit der kulturellen Verfassung in die Theologie ein, das dem älteren kirchlichen Liberalismus noch fremd gewesen war. „An die Stelle eines primär harmonistischen Gesellschaftsbildes treten Konfliktorientierung, Wahrnehmung der tendenziell anarchischen Folgen kapitalistischer Modernisierung sowie eine zunehmend stärkere Sensibilität für die sozialen und politischen Antagonismen der deutschen Gesellschaft im Kaiserreich."94 Immer stärker trat auch eine resignativ gestimmte Krisenmetaphorik an die Stelle des früheren liberalen Fortschrittspathos. Ein wichtiges Moment dieses neuen Krisenbewußtseins war die Einsicht in die Partikularität der europäischabendländischen Kulturwerte, von der auch die kulturelle Prägekraft des Christentums nicht ausgenommen blieb. In der liberaltheologischen Programmatik schlug sich diese Einsicht unmittelbar nieder. So wurde etwa der bereits von Schleiermacher kritisch thematisierte christlich-theologische

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Die christliche Welt [seit Jahrgang 14 (1900): Die Christliche Welt]. Evangelisch-Lutherisches [seit Jahrgang 11 (l 897): Evangelisches] Gemeindeblatt für die gebildeten Glieder der evangelischen Kirchen, 1. Jahrgang 1887.- Begründet wurde die Zeitschrift von Martin Rade in Verbindung mit Wilhelm Bornemannn, Paul Drews und Friedrich Loofs. Ein erstes Probeheft erschien am 21. November 1886. Zur Geschichte der Christlichen Welt vgl. vor allem Johannes Rathje: Die Welt des freien Protestantismus. Ein Beitrag zur deutsch-evangelischen Geistesgeschichte. Dargestellt an Leben und Werk von Martin Rade, Stuttgart 1952. Siehe daneben auch Wilhelm Schneemelcher: „Christliche Welt". Das Problem des .Freien Protestantismus', in: Evangelische Theologie 10 (1955), 255281; Heinrich Hermelink: Die Welt des freien Protestantismus [= Rezension zu dem Buch von Johannes Rathje], in: Theologische Literaturzeitung 78 (1953), 385-392; Martin Rade. Theologe- Publizist- Demokrat 1857-1940. Herausgegeben von Ana Maria Mariscotti de Görlitz, Uwe Bredehorn und Hans-Gerd Happel, Marburg 1990 [Ausstellungsdokumentation]. - Eine überaus informative Quelle zur Geschichte des Kreises um die Christliche Welt ist das Vereinsorgan der von 1903 bis 1934 bestehenden „Vereinigung der Freunde der Christlichen Welt": [Martin Rade (Hg.):] An die Freunde. Vertrauliche d.i. nicht für die Oeffentlichkeit bestimmte Mitteilungen (1903-1934). Nachdruck mit einer Einleitung von Christoph Schwöbel, Berlin / New York 1993. - Zur wechselnden Gestaltung des Untertitels der Christlichen Welt, die selbst zentrale Stationen der liberalprotestantischen Theologiegeschichte markiert, vgl. Johannes Rathje: Die Welt des freien Protestantismus, 39. 97. 275. 289 und 417. Friedrich Wilhelm Graf: Kulturprotestantismus. Zur Begriffsgeschichte einer theologiepolitischen Chiffre, 234. - Zur Sensibilität für sozialpolitische Fragen innerhalb des Rade-Kreises vgl. Errki I. Kouri: Der deutsche Protestantismus und die soziale Frage 1870-1919. Zur Sozialpolitik im Bildungsbürgertum (Arbeiten zur Kirchengeschichte. Band 55), Berlin/New York 1984, 147-154.

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Absolutheitsanspruch in die Vorstellung einer zeitlich und räumlich relativen „Höchstgeltung" transformiert, dem zudem noch die Idee einer „Weiterentwicklung der christlichen Religion" beigeordnet wurde.95 Nur durch eine derartige Entwicklungsfähigkeit sei - wie besonders Troeltsch wiederholt betonte - garantiert, daß das Christentum den Persönlichkeitsgedanken als Grundlage der westlichen Kultur auch gegenüber den entindividualisierenden Kräften, von denen die moderne Gesellschaft immer stärker bestimmt werde, noch zur Geltung bringen könne. Innerhalb der Christlichen Welt wurde, hervorgerufen durch die Wahrnehmung der als krisenhaft empfundenen modernen Kultur, eine engagierte und in ihrer Vielschichtigkeit kaum durch einzelne Leitthemen angemessen zu beschreibende Diskussion um Notwendigkeit, Recht und Grenzen einer Modernisierung der Theologie geführt. Bereits die heftige Kontroverse um Julius Kaftans Forderung nach einem „neuen Dogma", durch die 1889 die Zeitschrift nach Rades Auffassung im deutschsprachigen Protestantismus erst „berühmt" wurde, stellt einen exemplarischen Fall dieser modernisierungstheoretischen Grundlagendiskussion dar. Zugleich markiert sie aber auch bereits Linien einer Fraktionierung innerhalb des Mitarbeiterkreises, die wenige Jahre später im Zusammenhang mit den heftigen kirchenpolitischen Kontroversen von 1892 in die erste schwere Krise der Christlichen Welt einmündete. 96 Trotz dieser Auseinandersetzungen, in denen sich nicht zuletzt wiederum generationenspezifische Differenzen auswirkten, gelang es Rade, die Christliche Welt als wichtigste publizistische Integrationsinstanz des liberaltheologischen Protestantismus zu etablieren. Für diesen Erfolg war nicht zuletzt ein theologiepolitischer Umstand von erheblicher Bedeutung: Die Zeitschrift bot nämlich nicht ein verbindliches Modell „moderner Theologie" an, sondern sie stellte die unterschiedlichen Formulierungsversuche einer gegenwartsadäquaten Glaubensauslegung, wie z.B. Wilhelm Herrmanns handlungsorientierte Theorie individualisierter Frömmigkeit oder Troeltschs geschichtsphilosophische Rekonstruktion „objektiver" Kulturideale, gleichrangig nebeneinander. Nicht theologische Normierung war das Ziel der Zeitschrift, sondern die Förderung einer pluralitätsfähigen und pluralitätsoffenen Form des theologischen Diskurses.

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Ernst Troeltsch: Die Absolutheit des Christentums und die Religionsgeschichte, Tübingen 1902, sowie: Ders.: Weiterentwicklung der christlichen Religion, in: Die Religion in Geschichte und Gegenwart. Band 5, Tübingen 1913, 1881-1886. Johannes Rathje: Die Welt des freien Protestantismus, 84 und 68. Vgl. Julius Kaftan: Brauchen wir ein neues Dogma? Neue Betrachtungen über Glaube und Dogma, Bielefeld 1890; Dritte Auflage, Bielefeld 1893. Kaftans Text erschien erstmals in: Die christliche Welt 3 (1889), 779-780. 803-809. 819-826. 835-841. 859-864. 899-905. 926-931. 947950. Vgl. auch: Ders.: Glaube und Dogmatik, in: Zeitschrift für Theologie und Kirche l (1891), 479-549.

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Auch nach 1918 hat die Christliche Welt in Fortführung dieses Programmes einen erheblichen Einfluß auf die liberale Theologie ausüben können, indem sie insbesondere zu einer Erörterung derjenigen Streitfragen beitrug, die durch den kritischen Impuls der theologischen Nachkriegsbewegungen aufgeworfen worden waren.97 Durch eine Reihe von zum Teil bereits in den 1890er Jahren entstandenen informellen und publizistischen Organen, zu denen 1903 noch die „Vereinigung der Freunde der Christlichen Welt" und 1918 das „Haus der Christlichen Welt" in Friedrichroda hinzukamen, konnte die Zeitschrift ein institutionelles Netzwerk bieten, das den wissenschafts- und kirchenpolitischen Charakter der liberalen Theologie auch noch nach 1918 in starkem Maße bestimmt hat. Schließlich aber traten, und hierin spiegelt sich die Krise des Liberalprotestantismus selbst wider, gerade diese institutionellen Angebote immer mehr an die Stelle der früher von dem engsten Mitarbeiterkreis der Zeitschrift ausgegangenen innovativen theologischen und kirchenpolitischen Anregungen. In den zwanziger und dreißiger Jahre reduzierte sich die Rolle der Christlichen Welt zunehmend darauf, ein Forum für die verschiedenartigsten theologischen Einzelbeiträge zu bieten, ohne selbst noch die Gestalt der Diskussion inhaltlich maßgeblich mitbestimmen zu können. Der prekäre Zustand, in dem sich die liberalprotestantische Theologie der späten zwanziger Jahre befand, kommt in der Art zum Ausdruck, wie in dem Kreis um die Christliche Welt der Begriff „Liberale Theologie" verwendet wurde. Schon 1925 hatte Rade in einem Vortrag über „Krisis und Mission der liberalen Theologie" die Erfolgsgeschichte liberaler Theologie im neueren Protestantismus als ihr größtes Problem bezeichnet. Der Siegeszug historisch-philologischer Kritik, der Religionswissenschaft und der Religionspsychologie habe zu einer Vernachlässigung der systematisch-theologischen Aufgabenstellung geführt. Dem könne nur begegnet werden, indem stärker als bisher die theologiehistorischen und die religionstheoretischen Verhandlungen durch eine erneute Konzentration auf 97

Vor allem die 1923 in der Christlichen Welt ausgetragene Kontroverse zwischen Adolf von Harnack und Karl Barth hat die liberalprotestantische Diskussion sehr beschäftigt und die Haltung gegenüber der Dialektischen Theologie in hohem Maße beeinflußt; vgl.: Die Christliche Welt 37 (1923), 6-8. 89-91.142-144.244-252 und 306-307. Auch später haben sich liberale Theologen in der Christlichen Welt wiederholt zu Barth und seinem theologischen Programm geäußert; vgl. etwa Georg Wobbermin: Der Kampf um die dialektische Theologie. Vortrag beim Bund für Gegenwartchristentum am 4. Oktober 1927 in Meißen, in: Die Christliche Welt 42 (1928), 98-105, sowie: Theodor Siegfried: Barths Dogmatik [= Rezension zu: Karl Barth: Christliche Dogmatik. Band 1: Prolegomena zur christlichen Dogmatik, München 1927], in: Die Christliche Welt 43 (1929), 153-160. 214-220. Zur Kritik liberaler Theologen an Barth und seinem Kreis siehe auch Johannes Rathje: Die Welt des freien Protestantismus, 276-279. 298-303. 372-378 und 460-466, sowie: An die Freunde. Nr. 92 vom 15. März 1929 und Nr. 94 vom 5. November 1929.

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die konstruktive systematische Umsetzung des liberaltheologischen Programmes ergänzt werden.98 Auch andere Autoren wie Hermann Mulert, Erich Foerster oder Hans von Soden reagierten auf die Kritik der antiliberalen theologischen Aufbruchsbewegungen, indem sie nun selbst den Begriff „Liberale Theologie" ausdrücklich für ihre eigene theologische Position in Anspruch nahmen. Ein Motiv für diese Vorgehensweise bestand darin, daß angesichts der seit den Reichstagswahlen von 1930 unübersehbaren Gefährdung, der die bürgerlich-liberalen Grundwerte in Staat und Gesellschaft ausgesetzt waren, eine Wahlverwandtschaft zwischen demokratischem Politikprogramm und liberalem Protestantismus demonstriert werden sollte. Dennoch wurde der Zusammenbruch der Weimarer Republik von den Vertretern der liberalen Theologie in unterschiedlicher Weise verarbeitet. Dabei ist die Spannbreite der Positionen im einzelnen denkbar weit. Zwar sind bisher zu diesem Sachverhalt erst wenige präzise Daten ermittelt worden, doch wird man generell davon ausgehen müssen, daß es nicht möglich ist, eine über den jeweiligen Einzelfall hinaus gültige Zuordnung von politischem Verhalten und theologischem Standpunkt vorzunehmen. Allein innerhalb des Kreises um die Christliche Welt, einer in theologischer und auch kirchenpolitischer Hinsicht noch vergleichsweise homogenen Gruppe, reichten die Optionen von einer eindeutig kritischen Einstellung gegenüber dem Nationalsozialismus bis hin zu einer begeisterten Zustimmung zum politischen Umbruch von 1933/34." Beide Extrempositionen wurden gleichermaßen von der Erwartung getragen, daß es durch ein entsprechendes politisches Engagement möglich sein würde, protestantisch-nationalreligiöse Leitvorstellungen in die politische Auseinandersetzung einzubringen. Mit dieser Erwartung wurden jedoch vielfach nur die unrealistischen Beurteilungskriterien offengelegt, denen die Theologen in ihren Stellungnahmen folgten. Bis auf wenige Ausnahmen zog sich denn auch seit Mitte der dreißiger Jahre, als die NS-Diktatur in ein stabiles 98

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Martin Rade: Krisis und Mission der liberalen Theologie. Vortrag vom 23. April 1925 während der Zweiten Neuprotestantischen Woche für Ostpreußen, veranstaltet vom Bund für Gegenwartchristentum und dem Deutschen Protestantenverein (Königsberg), in: An die Freunde. Nr. 80 vom 15. Juni 1925, 882-884. Vgl. auch Rades Brief an den Tübinger Verleger Siebeck vom 23. Februar 1925: „Wenn man von einer Krise der liberalen Theologie redet, so liegt das doch nicht daran, daß ihre Leistung versagt, sondern daß sie gesiegt hat. Ihre Methoden und Erkenntnisse haben sich durchgesetzt auf dem Gebiete, auf dem ihre Stärke beruht, auf dem historischen. Nun hapert es auf dem systematischen Gebiete" (zitiert nach Johannes Rathje: Die Welt des freien Protestantismus, 349). Es ist immerhin bemerkenswert, daß die etwa von Georg Wobbermin, Cajus Fabricius oder Karl Bornhausen zum Ausdruck gebrachte, durch persönliches Engagement in der NS-Partei noch bekräftigte Zustimmung zum Nationalsozialismus selbst in den Jahren 1933 und 1934 unter liberalen Theologen auf eine Minderheitenposition beschränkt blieb.

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Stadium übergegangen war und sich die Hoffnung auf eine Wiederherstellung rechtsstaatlicher Verhältnisse auch längerfristig als aussichtslos erwiesen hatte, die große Mehrzahl der liberalen Theologen aus den politischen Konflikten zurück. Die repressive staatliche Vorgehensweise gegen liberale Organisationen wirkte sich auch auf die Christliche Welt unmittelbar aus. Denn schon im März 1934 sah sich die „Vereinigung der Freunde der Christlichen Welt" zur Selbstliquidierung gezwungen. Damit wurde eine Stimme zum Schweigen gebracht, die in den zurückliegenden Krisenjahren immer wieder auf die Bedeutung der liberalen politischen Prinzipien von Toleranz, Rechtsgleichheit, Minderheitenschutz und Ablehnung des Antisemitismus hingewiesen hatte.100 3.4. Theologie als moderne Christentumstheorie: Leitlinien der liberaltheologischen Theologiekonzeption Protestantenverein, Religionsgeschichtliche Schule und Christliche Welt haben die liberale Theologie der Jahrhundertwendezeit jeweils auf eigene Weise programmatisch entworfen und inhaltlich ausgeführt, sie dabei zugleich in ihrer konzeptionellen Verschiedenartigkeit als pluralitätsfähige Form von Theologie dargestellt und insofern den Differenzierungsprozeß, dem der Liberalprotestantismus besonders seit den 1890er Jahren ausgesetzt war, noch intensiviert. Obwohl die liberaltheologische Konzeption im Laufe dieses Prozesses zunehmend an Eindeutigkeit verlor, lassen sich doch einige Aspekte nennen, die über die internen Konfliktlinien hinweg eine Art Grundkonsens markieren. Ihm blieben auch nach 1918 die theologischen Repräsentanten des liberalen Protestantismus im wesentlichen verpflichtet. 3.4.1. Kultur und Persönlichkeit Nicht nur die umstrittenen Forschungsergebnisse und Untersuchungsmethoden der Religionsgeschichtlichen Schule, sondern überhaupt die Einwirkungen des positivistischen Wissenschaftsbegriffes auf die Religionsund Christentumstheorie, auf das theologische Verständnis von Offenbarung und auf die selbst noch ganz unzulänglich ausgebildete theologische Methodologie führten zu einem theologischen Historismus, der den spezi-

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Zur „Vereinigung der Freunde" vgl. Christoph Schwöbel: Einleitung, in: An die Freunde, V-XXXIV. Siehe hierzu auch die Rezension von Friedrich Wilhelm Graf in: Zeitschrift für neuere Theologiegeschichte/Journal for the History of Modern Theology l (1994), 323-328.

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fischen Charakter liberaler Theologie maßgeblich geprägt hat. Die Verhältnisbestimmung von dogmatischer Normativität und vorfindlicher Religiosität wurde zu einer zentralen Aufgabe der liberalen Theologie. In allen Phasen seiner geschichtlichen Entfaltung bestimmte sich das theologische Selbstverständnis des Liberalprotestantismus primär anhand der Frage, wie unter der Voraussetzung weltanschaulicher Pluralität einerseits und ohne Widerspruch zur Einsicht in die historische Relativität aller Normen und Werte andererseits der Geltungsanspruch, den die christliche Religion erhebt, theologisch vertreten werden könne. Liberale Theologie vollzog sich gerade als theologische Thematisierung des tiefgreifenden Umformungsprozesses, dem das abendländisch-protestantische Christentum seit dem Ende des siebzehnten Jahrhunderts ausgesetzt war. Sofern daher die zentrale Problematik des liberaltheologischen Theologieentwurfes in einer Klärung der Beziehung zwischen dem Vorstellungsgehalt des Glaubens und der geschichtlichen Gestalt, in der der Glaube allein konkrete Form annimmt, bestand, bildete die Verhältnisbestimmung von „Glaube und Geschichte" den Mittelpunkt der theologischen Programmatik. Diese Konzentration schlug sich auch terminologisch nieder, indem die Rede von dem „schwierigen Problem: Glaube und Geschichte" bereits vor der Jahrhundertwende zu einem Leitmotiv der liberaltheologischen Selbstverständigung aufstieg.101 Nach Troeltsch etwa

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Zum Gebrauch dieser Formel in der liberalen Vorkriegstheologie vgl. Ernst Troeltsch: Glaubenslehre. Nach Heidelberger Vorlesungen aus den Jahren 1911 und 1912 [tatsächlich: 1912/1913]. Mit einem Vorwort von Marta Troeltsch, München und Leipzig 1925, 81. Siehe auch Ernst Troeltsch: Glaube: IV. Glaube und Geschichte, in: Die Religion in Geschichte und Gegenwart. Band 2, Tübingen 1910, 1447-1456 (zuvor erschienen in: Religion und Geisteskultur 2 (1908), 29-39), und: Otto Kirn: Glaube und Geschichte. Eine dogmatische Untersuchung (Fakultätsprogramm der theologischen Fakultät in Leipzig), Leipzig 1900.- Vgl. schon Wilhelm Herrmann: Warum bedarf unser Glaube geschichtlicher Tatsachen? Rede zur Feier des 22. März 1884 in Marburg gehalten, Halle 1884, sowie: Ders.: Der geschichtliche Christus der Grund unseres Glaubens, in: Zeitschrift für Theologie und Kirche 2 (1892), 232-273. Nicht wenige dogmatisch-theologische Publikationen, die während der zwanziger Jahre erschienen, tragen Formulierungen mit den Schlagworten „Glaube" und „Geschichte" im Titel oder Untertitel. Vgl. Rudolf Paulus: Gott in der Geschichte? Ein Vortrag. Mit einem Nachwort über „Glaube und Geschichte", Tübingen 1920; Friedrich Traub: Glaube und Geschichte. Eine Untersuchung über das Verhältnis von christlichem Glauben und historischer Leben-Jesu-Forschung, Gotha 1926; Friedrich Gogarten: Ich glaube an den dreieinigen Gott. Eine Untersuchung über Glauben und Geschichte, Jena 1926; Ferdinand Kattenbusch: Glaube und Geschichte. Im Anschluß an Friedrich Gogarten, in: Theologische Blätter 6 (1927), 185-196; Karl Bornhausen: Der Erlöser. Seine Bedeutung in Geschichte und Glauben, Leipzig 1927. Den Diskussionsstand der zwanziger Jahre geben zusammenfassend wieder: Rudolf Paulus: Zum Problem „Glaube und Geschichte" (Traub - Troeltsch - Wobbermin - Windisch - Roessingh), in: Zeitschrift für Theologie und Kirche. Neue Folge 7 (1926), 378-399, und: Friedrich Wilhelm Schmidt, Glaube: VI. Glaube und Geschichte, in: Die Religion in Geschichte und Gegenwart.

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ist unter dem mit dieser Formel bezeichneten Sachverhalt „nicht die Sicherstellung des Christentums gegen einzelne historische Ergebnisse und Betrachtungsweisen, sondern die Wirkung der modernen historischen Methode auf die Auffassung des Christentums überhaupt zu verstehen".102 Zugleich setzte sich in den liberaltheologischen Debatten um die Gestalt einer modernitätsfähigen Konzeption christlicher Theologie die Tendenz zu einer Abwertung dogmatisch-theologischer Fragestellungen zugunsten historischer und bibelwissenschaftlicher Themen immer stärker durch. Insbesondere die noch durch den persönlichen Eindruck Albrecht Ritschis geprägte Gruppe liberaler Theologen, also neben Wilhelm Herrmann und Martin Rade etwa noch Johannes Gottschick, Julius Kaftan, Ferdinand Kattenbusch, Max Reischle und Otto Ritschi sowie, in allerdings sehr eigenwilliger Schülerschaft, auch Ernst Troeltsch, steht für ein dezidiert historisch-kritisches Forschungsinteresse. Der heftige Widerstand jedoch, der gerade von einigen dieser Theologen einer Öffnung der Glaubenslehre für die Ergebnisse der religionsgeschichtlichen Forschung entgegengesetzt wurde, weist darauf hin, daß schon um 1900 die Bereitschaft zu einer nachhaltigen Umgestaltung der theologischen Systematik - etwa in der Weise, wie sie bereits von Schleiermacher im zweiten „Sendschreiben" an Friedrich Lücke anvisiert worden war103 - nur in sehr begrenztem Maße tatsächlich vorhanden gewesen ist. Es wäre jedoch irreführend, wenn dieser Umstand als Ausdruck eines generellen Schwundes an systematisch-theologischer Gestaltungskraft aufgefaßt würde. Er zeigt vielmehr die Schwierigkeiten an, die sich aus dem unaufhaltsamen, alle geistigen Gehalte ergreifenden Historisierungsprozeß für ein die Theologie selbst als historische Fachdisziplin begreifendes Theologieverständnis ergaben. Gerade die Art, in der beispielsweise Harnacks Vorlesungen über „Das Wesen des Christentums" von 1900 gegen zahlreiche theologische und kirchliche Kritiker verteidigt wurden, gibt einen anschaulichen Ein-

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Zweite Auflage. Band 2, Tübingen 1928, 1223-1235. Siehe auch Wilhelm Brachmann: Glaube und Geschichte. Eine religionswissenschaftliche Untersuchung über den deutschen Protestantismus, Frankfurt am Main 1942. - Nach 1945 konnte die Formel über den Liberalprotestantismus hinaus ihre signalhafte Bedeutung erhalten. Vgl. etwa Heinrich Runke (Hg.): Glaube und Geschichte. Festschrift für Friedrich Gogarten zum 13. Januar 1947, Gießen 1948; Reinhold Niebuhr: Glaube und Geschichte. Eine Auseinandersetzung zwischen christlichen und modernen Geschichtsanschauungen, München 1951. Ernst Troeltsch: Ueber historische und dogmatische Methode in der Theologie, in: Theologische Arbeiten aus dem rheinischen wissenschaftlichen Predigerverein. Neue Folge. 4. Heft, Tübingen / Leipzig 1900, 87-108; in überarbeiteter Fassung unter dem Titel „Historische und dogmatische Methode in der Theologie" in: Ders.: Zur religiösen Lage, Religionsphilosophie und Ethik (Gesammelte Schriften. Band 2), Tübingen 1913, 729-753, hier: 730. Friedrich Schleiermacher: Sendschreiben über seine Glaubenslehre an Lücke (Ed. Mulert), 30-68.

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druck von den Irritationen und Desorientierungen, die innerhalb der liberalen Theologie zu diesem Zeitpunkt bestanden.104 Besonders in zwei Bereichen wurde der Versuch unternommen, die als unausweichlich angesehene Umgestaltung der theologischen Theorie konsequent durchzuführen. Im Rahmen der theologischen Anthropologie wurde ein personalistisches Menschenbild entworfen, das vor allem den ethischen Doppelanspruch an die individuelle Lebensführung und die soziale Handlungskompetenz betonte. Zum anderen trat die bereits in der Goethezeit vorformulierte Auffassung von der einzigartigen Bedeutung des Christentums für die abendländische Kulturgeschichte immer stärker in den Vordergrund der liberalprotestantischen Christentumsauslegung. Beide Aspekte, die sich in der Behauptung zusammenführen ließen, daß das Christentum in der Hervorbringung des sich seiner selbst bewußten indem vor Gott sich verantwortlich wissenden - Individuums als schlechthin dominante kulturschöpferische Kraft wirksam gewesen sei, sind selbst Ausdruck einer historistischen Wirklichkeitsdeutung. Denn sofern das Persönlichkeitsideal mit dem Gedanken der „Bildung" verknüpft wird, trägt es ein lineares Entwicklungsprinzip in den Konstitutionsprozeß von Individualität ein. Die Betonung der kulturellen Prägekraft des christlichen Glaubens übernimmt daneben auch eine hermeneutische Funktion, sofern von ihr aus der Ansatz zu einer sozial- und kulturgeschichtlichen Rekonstruktion der Christentumsgeschichte gewonnen werden konnte. 105 Die kulturoptimistische Einstellung liberaler Theologen, mit der eine solche Sicht des Verhältnisses von Christentum und neuzeitlicher Kultur unmittelbar einherging, führte schließlich auch zu einem entschiedenen Gegensatz gegenüber den beiden einflußreichsten nichtchristlichen Bewegungen der Jahrhundertwendezeit: dem marxistischen Materialismus und der monistischen Wirklichkeitsdeutung. Trotz einer intensiv betriebenen Auseinandersetzung mit den modernen Natur- und Technikwissenschaften

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Zu den Kontroversen um Harnacks Vorlesung (Adolf Harnack: Das Wesen des Christentums. 16 Vorlesungen, vor Studenten aller Fakultäten im Wintersemester 1899/1900 an der Universität Berlin gehalten, Leipzig 1900) vgl. Johannes Rathje: Die Welt des freien Protestantismus, 114-117; Martin Rade: Die Christliche Welt und Harnacks Wesen des Christentums, in: Die Christliche Welt 21 (1907), 290-292. - Ein Überblick zur unmittelbaren Wirkungsgeschichte der Vorlesungen in den Jahren 1900 bis 1906 findet sich bei Thomas Hübner: Die Methodenassoziation Adolf von Harnacks in seinen Vorlesungen über das Wesen des Christentums als sachgemäßer Zugang zu ihrer Christologie und Wirkungsgeschichte (Europäische Hochschulschriften. Reihe XXIII / Band 493), Frankfurt am Main u.a. 1994, 98-156. Als Beispiel einer solchen Geschichtsdarstellung siehe Ernst Troeltsch: Protestantisches Christentum und Kirche in der Neuzeit, in: Die Kultur der Gegenwart. Ihre Entwicklung und ihre Ziele. Herausgegeben von Paul Hinneberg. Teil I. Abteilung IV. I. Hälfte: Geschichte der christlichen Religion, Berlin und Leipzig 1906, 253-458; Zweite stark vermehrte und verbesserte Auflage, Berlin und Leipzig 1909, 431-755.

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wurde vor allem der weltanschauliche Evolutionismus, wie er seit 1900 besonders durch Ernst Haeckel große Verbreitung im Bildungsbürgertum fand, von den weitaus meisten Vertretern der liberalen Theologie kompromißlos zurückgewiesen.106 Eine Annäherung des liberalen Protestantismus an die sozialen Emanzipationsbewegungen des ausgehenden neunzehnten Jahrhunderts fand vor 1914 nur in marginaler, im wesentlichen auf Einzelinitiativen und die Tätigkeit des Evangelisch-Sozialen Kongresses beschränkter Form statt. 3.4.2. Religion Die Stichworte „Kultur" und „Persönlichkeit" markieren eine zentrale Linie innerhalb der Bemühungen liberaler Theologen, eine historistisch orientierte Form von Wirklichkeitswahrnehmung mit dem Geltungsanspruch des Glaubens zu verbinden. Kulturtheorie und Persönlichkeitsideal sind jedoch selbst bereits Ausdruck einer theologischen Konzeption, die ihren Mittelpunkt in einem auf das Glaubensphänomen konzentrierten 106

Siehe insbesondere Ernst Haeckel: Die Welträtsel, Bonn 1899; Ders.: Die Lebenswunder, Stuttgart 1904; Ders.: Der Kampf um den Entwicklungsgedanken, Berlin 1905.- Zur Auseinandersetzung liberaler Theologen mit Haeckel vgl. aus der großen Zahl einschlägiger Publikationen vor allem Georg Wobbermin: Monismus und Monotheismus. Vorträge und Abhandlungen zum Kampf um die monistische Weltanschauung, Tübingen 1911; Arthur Titius: Entwicklungslehre (Entwicklungstheorie), in: Die Religion in Geschichte und Gegenwart. Band 2, Tübingen 1910, 377-410; Ernst Troeltsch: Ernst Haeckel als Philosoph, in: Die Christliche Welt 14 (1900), 152-159. Vgl. auch Johannes Wendland: Haeckel, Ernst, in: Die Religion in Geschichte und Gegenwart. Band 2, Tübingen 1910, 1773-1776. - Eine Aufnahme von Motiven aus der monistischen Ganzheitslehre fand vor 1914 ansatzweise im Bereich der Religionspsychologie statt, jedoch blieb auch hier die kritisch-ablehnende Haltung vorherrschend. Zum Einfluß des Monismus auf die liberale Theologie vgl. Manfred Jacobs: Liberale Theologie, 61-64. Jacobs faßt unter dem Titel „Monistisch-mystische Theologie" eine im Gesamtspektrum des Protestantismus der Jahrhundertwendezeit randständige, radikal dogmen- und kirchenkritische Gruppe von protestantischen Theologen zusammen, die in der Tat einige Positionen aufgriffen, die sich im liberaltheologischen Kontext finden (etwa: Spiritualisierung der Christologie, Individualisierung der Religion, Offenheit für die moderne Kultur). Die umstandslose Zuordnung dieser Theologengruppe zur zeitgenössischen liberalen Theologie, wie Jacobs sie vornimmt, ist jedoch problematisch. Sie dürfte auch kaum dem Selbstverständnis der von Jacobs genannten Autoren entsprechen, denn die Ausbildung der monistisch-neureligiösen Weltanschauung ist gerade in scharfer Entgegensetzung zur liberaltheologischen Christentumsauslegung erfolgt. Kein Zweifel kann hingegen daran bestehen, daß dieser neomystische Evolutionismus als Ausdruck einer außerkirchlichen Form von Bildungsreligiosität für die Situation des deutschsprachigen Protestantismus der Jahrhundertwendezeit von großer Bedeutung gewesen ist. Als Beispiel für die kritische Auseinandersetzung liberaler Theologen mit dem Monismus, insbesondere mit der Position Albert Kalthoffs, vgl. die Stellungnahme von Arthur Titius: Bremer Radikalismus. Vortrag in der Versammlung der Freunde der Christlichen Welt zu Marburg am 10. Oktober 1907, Tübingen 1908.

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Religionsverständnis hat. In Aufnahme von Anregungen des Marburger Neukantianismus, die vor allem Wilhelm Herrmann vermittelt hatte, wurde Religion als ein persönlichkeitskonstituierender, inhaltlich nur sehr begrenzt beschreibbarer Geschehenszusammenhang verstanden, in dem sich für das fromme Bewußtsein die Gegenwart Gottes repräsentiert. Aus den konkreten Bestimmungsmomenten solcher Religiosität setzen sich die historisch identifizierbaren Glaubensgestalten und Frömmigkeitsformen zusammen. Auf sie als auf ihre empirische Grundlage bezieht sich die Theologie. Insofern ist es nach liberaltheologischem Verständnis eine unabdingbare Voraussetzung für jede theologische Reflexion, daß die Haltung des Theologen gegenüber dem religiösen Phänomen selbst von religiösen Empfindungen bestimmt ist: „In unserer Erkenntnis der Religion kann sich immer nur ausdrücken, wie wir selbst an ihr beteiligt sind." Nach Herrmann gibt die theologische Reflexion auf diese Weise der Überzeugung Ausdruck, „daß die Religion das wahrhaft Lebendige in der Geschichte ist. [...] Wer die Religion in der Geschichte soll würdigen können, muß bereits eine Anschauung von der Religion haben."107 Der aktuelle Bestand an religiösen Vorstellungen selbst entzieht sich einer generalisierenden theologischen Fixierung: Religion kann immer nur als ein Gegebenes aufgefaßt werden, dessen spezifischer Evidenzgehalt für den Gläubigen „völlig verwoben [ist] mit dem Individuellen seiner Existenz oder mit seinem geschichtlichen Dasein". Mit einer solchen religionstheoretischen Auffassung verbindet sich bei Herrmann eine positivistische Konzeption religionsgeschichtlicher Forschung, deren theologische Reichweite zugleich erheblich eingeschränkt wird. Denn ein adäquates Verständnis von Wesen und Gehalt der Religion als einer existentiellen Grundhaltung des Menschen kann durch die Kenntnis der Religionsgeschichte nicht begründet werden.108 Vielmehr setzt die religionsgeschichtliche Forschungspraxis ein solches Verständnis bereits voraus. Individuelle Frömmigkeit mag zwar aus einem vorgegebenen Überlieferungsbestand erwachsen. Doch bleibt dessen Aneignung immer nur ein nachgängiger Prozeß der Identitätssicherung. Religiöse Identität selbst kann er nicht hervorbringen.

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Wilhelm Herrmann: Religion, in: Realencyklopädie für protestantische Theologie und Kirche. Dritte Auflage. Band 16, Leipzig 1905, 589-597, hier: 589-590. Zum religionsund theologiegeschichtlichen Hintergrund dieser Position vgl. Uwe Stenglein-Hektor: Religion im Bürgerleben. Eine frömmigkeitsgeschichtliche Studie zur Rationalitätskrise liberaler Theologie um 1900 am Beispiel Wilhelm Herrmanns (Studien zur systematischen Theologie und Ethik. Band 8), Münster 1997. Wilhelm Herrmann: Religion, 589-590. - Mit anderer Akzentuierung argumentiert auch Troeltsch in diese Richtung; vgl. Ernst Troeltsch: Religionsphilosophie, in: Die Philosophie im Beginn des zwanzigsten Jahrhunderts. Festschrift für Kuno Fischer unter Mitwirkung von Bruno Bauch u.a. herausgegeben von Wilhelm Windelband. Band I, Heidelberg 1904, 104-162, hier: 134.

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Nach Herrmann ist die Religion auf den Bereich des „eigenen inneren Lebens" bezogen. Dieser Bereich kann, im Gegensatz zur Sphäre der von außen gesetzten „objektiven" Erfahrungsgegenstände, auch als Raum personaler „Innerlichkeit" bezeichnet werden. In ihm findet die durch den Glauben vermittelte Aneignung der vorfindlichen Lebenswelt aus einem Akt der „Selbstbehauptung" heraus statt. Diese Selbstbehauptung, deren Weltbezug sich nicht aus dem Modus des Begehrens, sondern aus dem der Anerkennung herleitet, ist ein spezifischer Ausdruck christlicher Frömmigkeit. In enger Anlehnung an Schleiermachers Religionstheorie faßt Herrmann daher die Religion als eine selbständige Größe im menschlichen Geistesleben auf: Als Faktor sui generis könne sie weder auf Moral reduziert, noch aus der Metaphysik entwickelt werden. Vielmehr ist die Religion als wesentliches anthropologisches Strukturelement jeder anderen Grundform kultureller Lebensbewältigung gleichursprünglich und steht als solche neben Philosophie und Wissenschaft einerseits, Moral und Sittlichkeit andererseits.109 In der Voraussetzung einer religiös bedingten Wahrnehmung von Wirklichkeit ist eine dem frommen Bewußtsein eigentümliche Anschauung der Weltverhältnisse immer schon mitgesetzt. In diesem Bezugsverhältnis von Religion und Welt verankert die liberalprotestantische Theologietradition die Beziehung zwischen Glaube und Sittlichkeit. Frömmigkeit findet hiernach erst als Bewußtsein von Freiheit einen adäquaten Ausdruck, indem sie sowohl die Geschichte als auch die menschliche Gemeinschaft als Ort ihrer Selbstverwirklichung erfaßt.110 Diese Auffassung ist auch der Grund dafür, daß in Herrmanns theologischer Systematik die Ethik an die Stelle der traditionellen Erlösungs- und Versöhnungslehre tritt: Gott läßt sich nicht anders begegnen, als „in der vollen Besinnung auf das Wirkliche". Nur hier eröffne sich dem Gläubigen das Erlebnis der geschichtlichen Kraft Jesu; nur hier werde „der Verkehr mit Gott" durch die göttliche Selbstoffenbarung begründet.111 Der an dieser Stelle von Herrmann anvisierte Gedanke der Vorbildlichkeit Jesu wird zu einem christologisch formulierten Ausdruck für das religiöse Persönlichkeitsideal umgeprägt.112 Die religiöse und sittliche 109 110

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Vgl. hierzu auch Ernst Troeltsch: Die Selbständigkeit der Religion, in: Zeitschrift für Theologie und Kirche 5 (1895), 361-436; 6 (1896), 71-110. 167-218. Wilhelm Herrmann: Ethik. Fünfte Auflage (Grundriss der Theologischen Wissenschaften. Fünfter Theil. Zweiter Band), Tübingen 1913, 36-44 (§ 10: Die Wirklichkeit des sittlichen Denkens in der Geschichte), sowie: 170-224 (§§ 25-28: Der Dienst Gottes in den natürlich begründeten menschlichen Gemeinschaften). Wilhelm Herrmann: Religion, 596. Siehe auch: Ders.: Der Verkehr des Christen mit Gott. Im Anschluß an Luther dargestellt. Siebente, unveränderte Auflage, Tübingen 1921, 45160 (Kapitel II: Die Begründung unseres Verkehrs mit Gott durch die Offenbarung Gottes). Vgl. Wilhelm Herrmann: Demut, demütig, in: Realencyklopädie für protestantische Theologie und Kirche. Dritte Auflage. Band 4, Leipzig 1898, 571-576.

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Annäherung an das vollendete humane Ideal, das bei Jesus in der Einheit von Gottesnähe und Nächstenliebe sichtbar wird, gilt daher als Inbegriff gelungenen Christseins. Wiederum formuliert Herrmann hier die Beziehung zwischen Mensch und Gott von der Bestimmtheit des frommen Bewußtseins aus: „Der Keim der Religion ist die Erweckung eines Menschen zur Selbstbesinnung. Ihre erste Lebensregung ist die Ehrfurcht vor dem Wirklichen. [...] Verwirklicht aber wird die Religion in der Offenbarung Gottes, die wir selbst erleben [...] und die [die] Sonne unseres ganzen Lebens wird."113 Auf ähnliche Weise, wenngleich in anderer terminologischer Gestalt, hat auch Troeltsch die inhaltliche Ausrichtung der religiösen Haltung beschreiben können: „Die Überzeugung von einer irgendwie erfolgenden Offenbarung der an sich verborgenen und unfaßbaren Gottheit, der ganze Sinn für das Mysteriöse und Irrationale in der Religion, die Gegenwart unmittelbarer Gotteswirkungen, die von dem gewöhnlichen Lauf des Seelenlebens sich unterscheiden, die Objektivität einer gemeinsamen Gebundenheit von grundlegenden Offenbarungen: das ist die Seele aller wirklichen geschichtlichen Religion."114 Mit dieser bewußtseinszentrierten Religionstheorie verbindet sich in der liberaltheologischen Programmatik eine kritische Einstellung gegenüber jeder normativen Vorordnung biblischer oder kirchlich-dogmatischer Überlieferungsgehalte. Nicht eine vorgegebene Auswahl von Bestandteilen der abendländischen Frömmigkeitsgeschichte, sondern nur die aus dieser Geschichte als lebendige Impulse zu gegenwärtiger Frömmigkeit wirksamen Motive gehören in den Kreis der theologischen Christentumsauslegung hinein. Diese traditionskritische Haltung bestimmte auch nach 1918 das Verhältnis der liberaltheologischen Systementwürfe zur religiösen Überlieferung und bildete bisweilen, etwa bei Georg Wobbermin, sogar ein Grundmotiv in der Definition des Theologiebegriffes. Nicht übersehen werden darf allerdings in diesem Zusammenhang, daß in den 1880er und neunziger Jahren gerade diese Traditionskritik den Anstoß zu einer erheblichen Intensivierung der religions- und theologiegeschichtlichen Forschungsarbeit gegeben hat. Die dogmen- und frömmigkeitsgeschichtliche Rekonstruktion von Glaubensvorstellungen trat in bisher ungekannter Weise in den Mittelpunkt des wissenschaftlichen Interesses. So hat etwa Adolf Harnack mit seinem „Lehrbuch der Dogmengeschichte" gezeigt, daß eine systematische Durchführung der theologischen Darstel-

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Wilhelm Herrmann: Religion, 597. Vgl. auch: Ders.: Der Verkehr des Christen mit Gott, 241-249. Zu Herrmanns Religionstheorie siehe Dieter Lindheimer: Wilhelm Herrmanns Religionsbegriff. Eine neuzeitliche Begründung der Dogmatik vor Karl Barth, Diss. theol. Göttingen 1980, sowie: Mark D. Chapman: „Theology within the walls". Wilhelm Herrmann's religious reality, in: Neue Zeitschrift für systematische Theologie 34 (1992), 69-84. Ernst Troeltsch: Religionsphilosophie, 133.

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lung ohne eine differenzierte Auseinandersetzung mit den historischen Voraussetzungen einer solchen Darstellung nicht geleistet werden kann.115 Die provozierenden Thesen der Vertreter der Religionsgeschichtlichen Schule wären ohne diese Vorarbeit nicht denkbar gewesen.116 Harnack, der mit seinem historistischen Geschichtsverständnis an die idealistische Vorstellung einer geistgewirkten sittlichen Aufwärtsbewegung der Menschheitsgeschichte anknüpft, bindet Religion unlösbar an das fromme Bewußtsein des religiösen Subjektes.117 Ein zweites grundlegendes Motiv im Religionsverständnis Harnacks findet sich in der Beschreibung des Verhältnisses von Religion und Kultur.118 Nach Harnack realisiert sich Religion, und zwar in ihren individuellen und in ihren gemeinschaftlichen Ausdrucksformen, innerhalb der modernen Kultur nicht anders, als indem religiöse und säkulare Wirklichkeitsdeutungen aufeinandertreffen. Aus diesem Grunde ist es eine zentrale Aufgabe protestantischer Theologie, die vielschichtige und bis in die Gegenwart hinein andauernde Prägung der abendländischen Kultur durch das Christentum herauszustellen.119 Doch nicht nur aufgrund ihrer geschichtlichen Stellung kommt der Religion nach Harnack unter den übrigen kulturschöpferischen Kräften eine Sonderstellung zu. Ihr besonderer Rang resultiert vielmehr 115

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Adolf Harnack: Lehrbuch der Dogmengeschichte. Band 1: Die Entstehung des kirchlichen Dogmas, Freiburg 1886; Band 2: Die Entwicklung des kirchlichen Dogmas I, Freiburg 1887; Band 3: Die Entwicklung des kirchlichen Dogmas II und III, Freiburg 1890. Vgl. dazu Wilhelm Schneemelcher: Das Problem der Dogmengeschichte. Zum 100. Geburtstag Adolf von Harnacks, in: Zeitschrift für Theologie und Kirche 48 (1951), 63-89. Zur Beziehung zwischen Harnack und den jüngeren Theologen um Troeltsch gibt es bisher noch keine gesonderte Untersuchung. Vgl. Gerd Lüdemann: Das Wissenschaftsverständnis der Religionsgeschichtlichen Schule im Rahmen des Kulturprotestantismus, in: Hans Martin Müller (Hg.): Kulturprotestantismus. Beiträge zu einer Gestalt des modernen Christentums, Gütersloh 1992, 78-107, sowie: Hans-Georg Drescher: Ernst Troeltsch. Leben und Werk, Göttingen 1991, besonders: 83-84. Vgl. hierzu exemplarisch die pointierte Aussage anläßlich einer Neuauflage von Rudolf Ottos Buch „Das Heilige": „Selten ist ein theologisches Werk der Stimmung der Zeit so entgegengekommen und selten so restlos eingesogen worden wie das vorliegende. Daß dies nicht nur ein günstiges Zeichen ist, weiß niemand besser als der Verf. Indessen mag die Aufdeckung des Primitiven in der Religion, das gewiß auch ein Bleibend-Wurzelhaftes in ihr ist, zugleich mit der ehrfürchtigen Freude an seinem Besitz für manche einen Übergang bilden zu dem wahrhaft Heiligen, das nur im Zusammenhang mit dem Sittlichen gegeben ist und nur an Personen aufstrahlt" (Adolf von Harnack: [Rezension zu:] Rudolf Otto: Das Heilige. Über das Irrationale in der Idee des Göttlichen und sein Verhältnis zum Rationalen. Achte Auflage, Breslau 1922, in: Deutsche Literaturzeitung 45 (1924), 993). Vgl. hierzu Rolf Schäfer: Adolf von Harnack- eine Symbolfigur des Kulturprotestantismus?, in: Hans Martin Müller (Hg.): Kulturprotestantismus. Beiträge zu einer Gestalt des modernen Christentums, Gütersloh 1992, 139-149. Vgl. zu dieser Forderung an die Theologie auch Martin Rumscheidt: Harnack's Liberalism in Theology: a Struggle for the Freedom of Theology, in: Ders. (Hg.): Adolf von Harnack. Liberal Theology at its Height, London 1989, 9-41, hier insbesondere: 37-41.

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auch daraus, daß der Glaube sich seinem Selbstverständnis nach nicht aus der Kultur herleitet und oft genug eine kritische Stellung der Kultur gegenüber einnimmt. Kulturelle Fehlhaltungen, wie etwa Materialismus und Atheismus, werden, so Harnack, gerade aus ihrem Gegenüber zum Glauben identifizierbar.120 Die konstruktive Intention dieser theologischen Kulturkritik zielt auf eine Aktivierung des ethischen Potentials christlichen Glaubens. Harnack schließt sich damit, ebenso wie Herrmann, an die neuprotestantische Traditionslinie einer „Versittlichung des Gottesbegriffes" an. Beide Theologen werden dabei von der Vorstellung geleitet, daß auf diese Weise der Beitrag des Christentums zu einer humanen Gestaltung der Lebenswirklichkeit auch unter den Bedingungen einer zunehmenden religiösen und weltanschaulichen Uneindeutigkeit zur Geltung gebracht werden könne.121 3.4.3. Theologie als Glaubenslehre Harnacks Überlegungen zur kulturpraktischen Relevanz von Theologie repräsentieren das theologische Selbstverständnis des Liberalprotestantismus der Jahrhundertwendezeit. Auch in der Beschreibung des Gegenstandes theologischer Reflexion markieren sie einen Konsens in der zeitgenössischen liberalen Theologie. In ausdrücklicher Abgrenzung vom Modell einer positiven Gegenstandswissenschaft und im direkten Gegensatz zu einem Verständnis von Dogmatik als einer autoritativ-normierenden Kirchenlehre wird die Theologie auf die Durchführung einer reflexiven Rekonstruktion „von Gedanken, die Geltung beanspruchen", konzentriert. Sie ist selbst Bestandteil des religiösen Lebens, sofern sie „als ein besonnener und überlegter Ausdruck der in ihm entwickelten Überzeu120

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Vgl. z.B. Harnacks Schreiben an Dietrich Bonhoeffer vom 22. Dezember 1929: „Materialismus, Wirtschaft und Sport bedrohen unsere geistige und geistliche Existenz, die theologische wird dazu noch von Verachtung der wissenschaftlichen Theologie und von unwissenschaftlichen Theologen bedroht. Um so zuversichtlicher müssen daher die die Fahne echter Wissenschaft hochhalten, die zu ihr stehen, und sie müssen als Könige bauen, aber zugleich vor keiner Kärrner-Arbeit sich scheuen" (zitiert nach Dietrich Bonhoeffer: Gesammelte Schriften. Herausgegeben von Eberhard Bethge. Dritter Band, München 1960, 20). Vgl. Adolf von Harnack: Die Entstehung der christlichen Theologie und des kirchlichen Dogmas (Bücherei der Christlichen Welt), Gotha 1927. Zu Harnacks Kulturtheorie siehe Kurt Nowak: Bürgerliche Bildungsreligion? Zur Stellung Adolf von Harnacks in der protestantischen Frömmigkeitsgeschichte der Moderne, in: Zeitschrift für Kirchengeschichte 99 (1988), 326-353. Vgl. auch Kurt Nowak: Adolf von Harnack. Wissenschaft und Weltgestaltung auf dem Boden des modernen Protestantismus. Historische Einführung, [zu:] Adolf von Harnack als Zeitgenosse. Reden und Schriften aus den Jahren des Kaiserreichs und der Weimarer Republik. Herausgegeben und eingeleitet von Kurt Nowak. Mit einem bibliographischen Anhang von Hanns-Christoph Picker, Berlin / New York 1996, 1-99.

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gung" auftritt. Nach Wilhelm Herrmann ist Theologie „nicht Wissenschaft, die sich überall Geltung erzwingt, wo die Kräfte der intellektuellen Kultur sich entwickelten", sondern eine Form der Glaubensreflexion, „die mit den Mitteln eines wissenschaftlich geschulten Denkens die in einem bestimmten Lebenskreise wirksame Gesinnung in ihrem geistig faßbaren Gehalt zu beschreiben und dadurch zu klären hat".122 Die materiale Basis einer solchen Form von Theologie kann „nicht mehr die Schrift, das Bekenntnis oder das Dogma der Kirche, sondern allein das religiöse Bewußtsein" sein.123 Das liberalprotestantische Theologieverständnis hat sich in Entgegensetzung zu einer Auffassung entwickelt, die die Theologie als „Lehre von Gott und den göttlichen Dingen" beschreibt. Sowohl die katholische Scholastik als auch die altprotestantische Orthodoxie haben diese Theorie ausgebildet und über die klassischen katholischen und protestantischen Kirchentheologien des siebzehnten und frühen achtzehnten Jahrhunderts in den theologietheoretischen Diskurs der Aufklärungszeit eingebracht. Eine erste Erschütterung ging von den subjektorientierten pietistischen und aufklärerischen Frömmigkeitsbewegungen des nachreformatorischen Christentums aus. Vor allem aber Immanuel Kants vernunftphilosophische Konzeption führte gegen Ende des achtzehnten Jahrhunderts zu einer tiefgreifenden Krise des objektivistischen Wissenschaftsbegriffes. Schließlich war auch ein verändertes Ausbildungsbedürfnis im Bereich der Pfarrervorbildung mitverantwortlich für eine Neudefinition von Theologie. Vor diesem Hintergrund ist es bereits um 1800 zu einer grundlegenden Reformulierung der Gegenstands- und Aufgabenbeschreibung von Theologie gekommen.124 Im Zuge einer solchen Entwicklung, deren Höhepunkt Schleiermachers Theologieentwurf bildete, wurde anstelle Gottes der Glaube an Gott zum Erkenntnisobjekt der Theologie. Die Theologie erhielt dadurch den Charakter einer begrifflichen Reflexionsleistung, die sich auf die Gesamtheit christlicher Glaubenssätze bezieht. Sofern solche Sätze, die als Ausdruck „christlich frommer Gemütszustände" aufgefaßt werden, im reflektierten Status „dogmatische Sätze" sind, ist die aus ihnen als „abgeschlossenes 122

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Wilhelm Herrmann: Religion, 591. Vgl. auch Julius Kaftan: Das Wesen der christlichen Religion. Zweite Auflage, Basel 1888, 23. Nach Harnack bringt diese Form von Theologie „den gedankenmäßigen Inhalt der Religion vom Standpunkt des Gläubigen zu einem geordneten einheitlichen Ausdruck und rechnet für seine Wahrheit auf die innere Überzeugungskraft oder zieht sich auf die Einsicht zurück, daß eine Straßenkarte von London nur für solche von Wert ist, die in London leben" (Adolf Harnack: Die Entstehung der christlichen Theologie, 54). Manfred Jacobs: Liberale Theologie, 56. Vgl. Eugen Stolz: Pfarrervorbildung und -bildung, in: Die Religion in Geschichte und Gegenwart. Zweite Auflage. Band 4, Tübingen 1930, 1134-1143, hier besonders: 11371138.

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und genau verbundenes Ganzes" gebildete „dogmatische Theologie" nicht anders denkbar denn als „Glaubenslehre". 125 Die Theologie kann demzufolge den Wahrheitsgehalt dogmatischer Überlieferung nur noch über eine Beschreibung der Vorstellungsinhalte des frommen Bewußtseins aktualisieren. Nicht ein geschichtsloser, kirchlich verwalteter Wahrheitsschatz, sondern die in christlicher Frömmigkeit lebendige Selbst-, Welt- und Gotteswahrnehmung bildet den Gegenstand der theologischen Reflexion. Als Glaubenslehre richtet sich die Theologie nach Schleiermacher immer auf die „in einer christlichen Kirchengesellschaft" gegenwärtig gegebene Realgestalt des Glaubens. Sie weist daher einen für sie selbst konstitutiven Bezug zur Kirche, insbesondere zur kirchlichen Verkündigung, auf. Schleiermacher - und mit ihm die gesamte liberaltheologische Tradition - geht dabei von dem Grundsatz aus, daß „alles Menschliche nur in so fern in seinem tiefsten Zusammenhang aufgefaßt werden [kann], als es als etwas Gesellschaftliches aufgefaßt wird. [...] Religion war immer etwas Gesellschaftliches, stets fanden wir das Hervortreten selbst und das Gesellschaftlichwerden als identisch." Frömmigkeit wird daher prinzipiell als „Sache der Gemeinschaft" bezeichnet.126 Als Auslegung religiöser Bewußtseinsinhalte steht die Glaubenslehre jedem Versuch einer lehramtlichen Normierung der Glaubenspraxis, wie sie etwa über eine autoritäre Handhabung der liturgischen Funktion des Apostolikums gerade in den 1890er Jahren wiederholt unternommen wurde, ablehnend gegenüber. Ein Kanon von Glaubenssätzen, der zum Zwecke einer Sicherung der Identität des christlichen Glaubens als verbindlich angesehen werden soll, läßt sich nur aus den in einer Kirchengemeinschaft geltenden religiösen Vorstellungen selbst ableiten. Auch der Maßstab für eine Abweisung illegitimer Glaubensvorstellungen kann, wie gleichfalls schon Schleiermacher festgestellt hat, allein aus einem solchen Kontext von Glaubenssätzen gewonnen werden.127

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Friedrich Schleiermacher: Der christliche Glaube nach den Grundsätzen der evangelischen Kirche im Zusammenhange dargestellt. Zweite Auflage (1830/31), zitiert nach: Siebente Auflage. Herausgegeben von Martin Redeker. Zwei Bände. Band l, Berlin 1960, 105. 125; vgl. auch §§ 15-19: „Vom Verhältnis der Dogmatik zur christlichen Frömmigkeit" (Ebd., 105-125).- Bereits 1759/60 hat der Hallenser Theologe Siegmund Jacob Baumgarten eine „Evangelische Glaubenslehre" vorgelegt, die jedoch in ihrer Polarität von Offenbarung und Vernunft noch ganz dem aufklärungstheologischen Kategoriensystem bzw. der rationalen Metaphysik Christian Wolffs verpflichtet war. Friedrich Schleiermacher: Dogmatikvorlesung Wintersemester 1823/24. Nachschrift Ludwig August Heegewaldt, zitiert nach: Friedrich Daniel Ernst Schleiermacher: Der christliche Glaube nach den Grundsätzen der evangelischen Kirche im Zusammenhange dargestellt (1821-1822). Teilband 3 (Kritische Gesamtausgabe. Band 1/7.3), Berlin / New York 1984, 8. 23. Dort auch: „Wir müssen aber sagen, überall wo eine lebendige Gesellschaft ist, da ist in der Regel ein großes Übergewicht des Gemeinsamen über das Einzelne" (8). Vgl. Friedrich Schleiermacher: Der christliche Glaube. Zweite Auflage (1830/31) (Ed. Redeker). Band l, 137-142.

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Diese Auffassung von Theologie als einer der äußeren Form nach systematischen, der inhaltlichen Ausrichtung nach gemeinschaftsbezogenen und doch zugleich kirchenkritischen Selbstbesinnung des Glaubens ist über alle internen Differenzen hinweg ein Grundelement der liberalprotestantischen Theologietheorie geblieben. In viel stärkerem Maße als kirchenpolitische, sozialprogrammatische oder ekklesiologische Leitannahmen ist daher die Selbstbeschreibung von Theologie als Glaubenslehre geeignet, zu einer präzisen Definition des Begriffes „Liberale Theologie" zu führen. 3.4.4. Theologie als Wissenschaft Anders als große Teile der klassischen Dogmatiktradition stellt das liberalprotestantische Modell von Glaubenslehre die Frage nach der wissenschaftlichen Qualifikation von Theologie in den Mittelpunkt der Erörterungen zum Theologie begriff. Probleme der Methodologie und der Prinzipientheorie nehmen daher einen zentralen Rang innerhalb der liberaltheologischen Entwürfe ein. Dieser Umstand ist auch als Reaktion darauf zu verstehen, daß die Theologie aufgrund zahlreicher offener Begründungsprobleme im letzten Drittel des neunzehnten Jahrhunderts in der zeitgenössischen wissenschaftstheoretischen Diskussion erheblich unter Druck geriet. Gerade in dieser Situation erwies sich Schleiermachers Konzeption von Theologie als besonders geeignet, zu einer theologischen Methodenlehre zu führen, die den Anforderungen des historistischen Wissenschaftsverständnisses genügte. In formaler Hinsicht galt den liberalen Theologietheoretikern die Wissenschaftlichkeit der Theologie ausschließlich unter Voraussetzung folgender methodischer Grundentscheidung als gegeben: Die Theologie müsse, um einen Anspruch auf gleichberechtigte Teilnahme am wissenschaftlichen Diskurs begründet erheben zu können, sich vorbehaltlos jener historischkritischen Instrumentarien bedienen, deren Anwendung überhaupt jede historische Forschungsleistung als Wissenschaft erst qualifiziere. Die Berufung auf eine durch den besonderen Gegenstand bedingte theologische Sondermethodik wird demgegenüber prinzipiell abgewiesen. Troeltsch geht in seinem Aufsatz über „Historische und dogmatische Methode in der Theologie", der als wichtigstes Dokument für die methodologische Position der liberalen Theologie zur Jahrhundertwendezeit gelten kann, von dem Grundsatz aus, daß allein der ausnahmslose Gebrauch historischkritischer Untersuchungstechniken auf allen Gebieten der theologischen Forschung eine wissenschaftliche oder, wie Troeltsch auch formuliert, „religionsgeschichtliche Theologie" begründe. Denn „die historische Methode, einmal auf die biblische Wissenschaft und auf die Kirchengeschichte angewandt, ist ein Sauerteig, der alles verwandelt und der schließlich die

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ganze bisherige Form theologischer [d.h. kirchlich-dogmatischer] Methode zersprengt".128 Ein besonderes Gewicht legt Troeltsch in diesem Zusammenhang darauf, die absolute Unvereinbarkeit der historischen Kritik mit einer dogmatisch gebundenen Darstellung und Interpretation religiöser Sätze zu betonen. Allein die historische Kritik und der durch sie gesetzte wissenschaftlich-theologische Standard seien einem neuzeitlichen Wissenschaftsbegriff kompatibel. Jene Richtungen innerhalb der Theologie hingegen, die an ein dogmatisch fixiertes Christentumsverständnis anknüpften, grenzten sich zwangsläufig aus dem wissenschaftlich-theologischen Diskurszusammenhang aus. Die theologietheoretischen Ausführungen Troeltschs lassen sich durch ähnliche Stellungnahmen zahlreicher weiterer liberalprotestantischer Autoren der Vorkriegszeit ergänzen. In kaum einem anderen Bereich der liberaltheologischen Programmatik ist die Homogenität der Argumentation so groß wie in dem der methodologischen Begründungsfragen. 129 Diese Aussage trifft auf den Sachverhalt nach 1918 nicht mehr in gleicher Weise zu: Nunmehr wurde auch durch liberale Theologen Troeltschs Konstruktion eines reinen Gegensatzes zwischen den unterschiedenen Methodentypen stark bezweifelt. Ein wichtiges Aufgabengebiet der liberalen Nachkriegstheologie bestand, wie zu zeigen sein wird, gerade darin, die Eindimensionalität der Unterscheidung Troeltschs zu überwinden. 3.4.5. Die theologische Darstellung Die materiale Ausführung des liberaltheologischen Modells von Glaubenslehre orientiert sich an folgenden Kriterien: Die theologietheoretischen Vorfragen, die sogenannten „Prolegomena", die der Glaubenslehre selbst nicht angehören, übernehmen die Aufgabe, die Ausführung einer theologischen Rechenschaft des Glaubens nach Notwendigkeit und Möglich128

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Ernst Troeltsch: Historische und dogmatische Methode in der Theologie, in: Ders.: Gesammelte Schriften. Band 2, Tübingen 1913, 729-753, hier: 738. 730.- Für den problemgeschichtlichen Hintergrund der Position Troeltschs, die insbesondere an Ferdinand Christian Baurs methodologische Studien zur Grundlegung der Patristik anknüpft, vgl. bereits Albrecht Ritschi: Lieber geschichtliche Methode in der Erforschung des Urchristenthums, in: Jahrbücher für Deutsche Theologie. Sechster Band. Drittes Heft, Gotha 1861, 429-459. Auch Adolf Harnack hat sich bereits früh als Methodologe der liberalen Theologie betätigt, indem er 1874 im Rahmen der Verteidigung seiner Habilitationsschrift über den Gnostiker Apelles die These rechtfertigte: „Es gibt für die Exegese der heiligen Schrift keine andere Methode als die grammatisch-historische" (zitiert nach Agnes von Zahn-Harnack: Adolf von Harnack, 69). Vgl. hierzu auch Hans-Georg Geyer: Die dialektische Theologie und die Krise des Liberalismus, in: Rudolf von Thadden (Hg.): Die Krise des Liberalismus zwischen den Weltkriegen, Göttingen 1978, 155-170, besonders: 163-165.

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keit zu begründen. Sie beschreiben die Erkenntnisquellen der Glaubenslehre und den normativen Status der in ihrem Zusammenhang formulierten theologischen Sätze. Darüber hinaus werden die Prinzipien der theologischen Darstellung erläutert und ihre begrifflichen Grundlagen entwikkelt. Seit Schleiermacher umfaßt der Einleitungskomplex in der Regel auch eine zusammenhängende Erörterung religionstheoretischer Fragen. So stellt beispielsweise Biedermann seiner Darstellung des „Princips der christlichen Dogmatik" eine detaillierte Untersuchung zum „Wesen der Religion" voran, in deren Zentrum die Verhältnisbestimmung von Offenbarung und Glaube steht.130 In Aufbau und Anordnung der einzelnen Lehrstücke folgen die liberalprotestantischen Autoren weitgehend der traditionellen, bereits von Melanchthon in den „Loci communes rerum theologicarum" von 1521 angewendeten soteriologischen Methode. Dies schließt nicht aus, daß im Zuge einer kritischen Sichtung der Überlieferungsbestände neue Zuordnungen vorgenommen werden.131 Die inhaltliche Darstellung untergliedert die theologische Gesamtthematik in Anknüpfung an Schleiermachers Vorgehensweise nicht selten nach den religiösen Erkenntnisgegenständen „Gott", „Mensch" und „Welt". Diese Anordnung dient vorrangig der systematischen Darstellungspraxis und ist, wie auch Schleiermacher selbst wiederholt betont hat, für die theologische Argumentation nicht entscheidend. Dagegen ist die von der theologischen Reflexion geforderte kritische Analyse der nichtchristlichen religiösen und der nichtreligiösen Formen von Weltdeutung für die Lokalisierung der Theologie innerhalb der Gesamtheit der Wissenschaften von zentraler Bedeutung. Eine solche kritische Thematisierung des „Weltverständnisses" wurde, wie erwähnt, bereits vor 1914 von liberalen Theologen zu einem integralen Bestandteil der Glaubenslehre erklärt. Nach 1918 knüpfte etwa Horst Stephan hieran an, indem er die Theologie als kritische Weltanschauungswissenschaft entwarf. Auch in dieser Aufgabenstellung verbinden sich wieder eine interne und eine externe Funktion von Theologie. Zum einen sollen die die Ausdrucksgestalt des Glaubens selbst betreffenden Folgen einer immer aggressiveren Konfrontation christlicher Frömmigkeit mit nichtchristlichen weltanschaulichen und religiösen Deutungsangeboten verarbeitet werden. Zum anderen soll das christliche Weltverständnis auch in dieser

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Alois Emanuel Biedermann: Christliche Dogmatik. Zweite, erweiterte Auflage. Band l, Berlin 1885,174-327 („Das Wesen der Religion"). Vgl. zu Biedermanns Religionstheorie Rolf Germann-Gehret: Alois Emanuel Biedermann (1819-1885). Eine Theodicee des gottseligen Optimismus, Bern 1986. Vgl. hierzu den sehr instruktiven theologiegeschichtlichen Überblick bei Horst Stephan: Glaubenslehre. Der evangelische Glaube und sein Weltverständnis. Dritte Auflage, Berlin 1941, 13-16.

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kritischen Auseinandersetzung zum Ausdruck gebracht werden. Im Gegensatz zu dem verbreiteten Vorwurf, die liberale Theologie verfolge über die von ihr vorgenommene Konzentration des dogmatischen Überlieferungsbestandes eine Strategie der Anpassung und Einebnung des Glaubens, richtet sich ihr tatsächliches Interesse vielmehr darauf, in einer argumentativ plausiblen Form den universalen Geltungsanspruch des Glaubens im Kontext eines nicht mehr länger zu ignorierenden Orientierungspluralismus zu behaupten. Eine solche Aufgabe scheint den Vertretern der liberalen Theologie jedoch nicht anders lösbar zu sein, als indem die vorgegebenen Verstehens- und Sprachbedingungen in die Darstellungsformen von Kirche und Theologie eingehen.132 Dies gilt um so mehr, je differenzierter die Glaubensinhalte und je kontroverser die religiösen und weltanschaulichen Auseinandersetzungen sind. Gerade weil es eine lehramtlich beurkundete Eindeutigkeit in der Glaubensauslegung nicht geben kann, hat die protestantische Theologie auch nach liberaltheologischem Verständnis einen normativen Begriff christlichen Glaubens zu entwerfen.133 In welcher Weise sich die liberale Theologie der Zwischenkriegszeit dieser Aufgabenstellung angenommen hat, welche Erfolge sie dabei erzielen konnte und wo sie ihren eigenen Anspruch nicht einzulösen vermochte, ist Gegenstand dieser Untersuchung.

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Vgl. Horst Stephan: Theologie: II. Evangelische Theologie, in: Die Religion in Geschichte und Gegenwart. Zweite Auflage. Band 5, Tübingen 1931, 1116-1124, hier: 1117. Ein Beispiel für das im Liberalprotestantismus gepflegte, lebenspraktisch fundierte theologische Ethos bietet Harnacks Ritschi-Biographie: Albrecht Ritschi 1846-1864. Privatdozent und Professor der evangelischen Theologie an der Universität Bonn. Rede, am 30. April 1922 zum hundersten Geburtstag gehalten (Gedenkfeiern der Universität Bonn für einstige Mitglieder. Herausgegeben vom Institut für geschichtliche Landeskunde der Rheinlande an der Universität Bonn), Bonn 1922.

Methodische Zwischenbemerkung Die folgenden Ausführungen beschreiben zunächst das Forschungsinteresse der Untersuchung. Sie gehen dann auf die sich daraus ergebende thematische Anlage und die inhaltliche Gliederung ein und begründen die Begrenzung des Untersuchungsgegenstandes auf Fragen der Theologietheorie. Schließlich werden die Kriterien erläutert, die zur Auswahl der drei bereits genannten theologischen Entwürfe geführt haben. 1. Zur Anlage der Untersuchung Die Untersuchung will anhand der ausgewählten Entwürfe die grundlegenden Prinzipien ermitteln, die die Ausbildung theologischer Konzeptionen im liberalen Protestantismus der Zwischenkriegszeit bestimmt haben. In erster Linie geht es dabei um die Beschreibung von Wesen und Aufgabe der Theologie selbst. Sofern aber nach liberaltheologischem Verständnis Theologie durch eine doppelte Aufgabenstellung definiert wird - zum einen als interne Instanz zur Auslegung und Deutung von Glaubensvorstellungen, zum anderen als eine nach außen gerichtete weltanschauungskritische Repräsentation der religiösen Vorstellungswelt -, zielt auch die systematisch-theologische Darstellung in zwei Richtungen: Zunächst wird die theologische Deutung des Glaubensphänomens als Beschreibung des Verhältnisses von Religion, Offenbarung und Glaube entwickelt. In einem zweiten Themenkreis steht die weltanschauungskritische Funktion von Theologie im Mittelpunkt. Besonders in diesem Zusammenhang stellt sich liberale Theologie als Reflexion der Begründungs- und Entfaltungsbedingungen des modernen religiösen Bewußtseins dar. Beide Aspekte treffen drittens in der Frage nach der theologischen Relevanz des Historismus zusammen. Diese Problematik hat im Anschluß an die einschlägigen Auseinandersetzungen der Vorkriegszeit die theologische Diskussion der zwanziger und dreißiger Jahre wie kein anderes Thema geprägt. Genau auf sie weist die vielgebrauchte Chiffre „Glaube und Geschichte" hin. Die drei Themenkreise strukturieren auch die Anlage der Untersuchung. Zunächst wird in einem ersten Schritt die theologische Fassung des Glaubensbegriffes dargestellt, der die Basis einer Beschreibung der Inhalte des religiösen Bewußtseins bildet. Dies geschieht, indem das komplexe, nicht spannungsfreie und doch als unlösbar aufgefaßte Wechselverhältnis von

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Offenbarung und Religion nachgezeichnet wird. Beide Seiten des Verhältnisses werden auf ihre begriffliche Eigenart und systematische Struktur hin untersucht. Es ist in diesem Zusammenhang von großer Bedeutung, daß die liberalprotestantische Theologie mit der religionstheoretischen Ausführung der Offenbarungsthematik nahezu alle klassischen Begründungsprobleme der philosophischen Theologie verknüpft hat. Aus diesem Grunde setzt die Analyse mit der Erörterung des Glaubensbegriffes ein. Der detaillierten Rekonstruktion der Theologietheorie als einer Theorie theologischer Glaubensreflexion ist der zweite Abschnitt der Untersuchung gewidmet. Drei Aspekte stehen hier im Vordergrund: Zum einen wird als Basisprinzip liberalprotestantischer Theologietheorie die Auffassung entfaltet, daß die Theologie im Glauben selbst begründet ist und ihm als eine nach innen wie nach außen hin notwendige, von ihm selbst erbrachte Reflexionsleistung dient. Zweitens wird nach den Grundsätzen einer Methodologie theologischer Wissenschaft gefragt, von denen aus sich methodisch zulängliche Ausführungskriterien für die theologische Reflexion formulieren lassen. Drittens wird der Frage nachgegangen, welche konzeptionellen Konsequenzen sich für die theologische Darstellung aus dem wissenschaftstheoretischen Status der Theologie im Kontext der Kulturwissenschaften ergeben. Dabei geht es zum einen um den spezifischen Charakter von Theologie als Wissenschaft, zum anderen um eine systematische Klärung ihres Verhältnisses zu den nichttheologischen Wissenschaften. Sowohl die theologische Offenbarungslehre als auch die Aussagen zu Wesen und Aufgabe der Theologie führen schließlich auf das Problem der Normativität. Die Geltung christlicher Glaubenssätze muß gegenüber konkurrierenden weltanschaulichen und religiösen Geltungsansprüchen behauptet und vor einer prinzipiellen historistischen Infragestellung gerechtfertigt werden. Im Rahmen der Prinzipientheorie liberaler Theologie konzentriert sich dieser Sachverhalt in der Verhältnisbestimmung von Glaube und Geschichte. Erst von diesem Problemkomplex aus kann der Horizont überhaupt sichtbar werden, auf den jene offenbarungs-, religionsund theologietheoretischen Fragestellungen ausgerichtet sind. Eine fundierte Einschätzung der systematischen Leistungskraft liberaler Theologie angesichts der zeitgenössischen Desorientierungsprozesse in Kultur und Gesellschaft ist nur möglich, wenn sie auf der Grundlage einer Analyse dieses historismuskritischen Argumentationszusammenhanges erfolgt. Ihm ist daher der dritte Untersuchungsabschnitt gewidmet. Schließlich wird, im Schlußteil der Untersuchung, der Versuch unternommen, die erörterten Einzelpositionen zu einem kohärenten theologietheoretischen Modell zusammenzuführen. Es soll auf diese Weise der spezifische Argumentationstyp liberaler Theologie erfaßt werden. Erst im Anschluß an ein solches, zu einem Gesamtbild integriertes Modell liberaltheologischer Theologietheorie erfolgt eine kritische Auswertung. Sie will eine Antwort geben auf die Frage, in welchem Maße die liberale Theologie

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der zwanziger und dreißiger Jahre in der Lage war, den christlichen Glauben als ein existentielles Orientierungsmodell plausibel darzustellen und in dieser Zielsetzung ihren eigenen programmatischen Vorgaben zu entsprechen. 2. Theologiegeschichtsforschung als theologische Zeitgeschichtsforschung? Zur Begrenzung der Thematik Im Vorfeld der Studien zur Theologietheorie wird die Untersuchung durch drei lebens- und werkgeschichtliche Darstellungen zu den ausgewählten Autoren eröffnet. Diese biographischen Schilderungen veranschaulichen zugleich diejenigen sozialen, politischen und kulturellen Konstitutionsund Entfaltungsbedingungen, denen die liberale Theologie in der Gestalt, in der sie von den um 1870 geborenen Theologen konzipiert worden ist, ausgesetzt war. Es geht hier vor allem um die Formen der theologischen Sozialisation, um die Integration in ein bestehendes akademisches Kommunikationsnetz, den Aufbau fachlicher Zielsetzungen und die mit diesen Schritten verbundene allmähliche Übernahme wissenschaftspolitischer und gesellschaftlicher Aufgaben und Funktionen. Im Rahmen der biographischen Skizzen wird ferner nach den Verbindungslinien gefragt, die zwischen der Entfaltung der theologischen Konzeption einerseits und der Ausbildung politisch-kirchenpolitischer Standpunkte andererseits bestanden. Im Vordergrund stehen dabei die Reaktionen der Autoren auf die historischen Wendepunkte von 1918/19 und 1933/34. Der Zusammenbruch des wilhelminischen Ordnungssystems erzeugte, ebenso wie das Scheitern der Weimarer Republik und die Etablierung der nationalsozialistischen Diktatur, einen politischen Problemdruck, den die liberalprotestantischen Theologen in unterschiedlichster Weise verarbeitet haben. Gemeinsam war ihnen jenseits der konkreten politischen und kirchenpolitischen Stellungnahme in der Regel die Berufung auf ihr Amt als Hochschullehrer und der ausdrückliche Hinweis auf die Bindung der Theologie an die Kirche. Insofern kommt der politischen Positionsbestimmung auch für die theologiegeschichtliche Analyse eine erhebliche Bedeutung zu. Dies gilt um so mehr, als die hier herangezogenen Theologen die Ergebnisse ihrer systematisch-theologischen Arbeit immer auch im Blick auf den gesellschaftlichen Kontext formuliert haben, in den Theologie und Kirche gestellt waren. Sofern sie die Aufgabe der Theologie in der Ausführung einer auf die Gegenwart bezogenen Glaubensauslegung sahen, ging ihre Wahrnehmung der sozialen, politischen und kulturellen Lage unmittelbar in die theologische Reflexion mit ein. Ohne daß die Autoren direkt in politische Entscheidungszusammenhänge einbezogen gewesen wären, erhält dadurch ihre Auseinandersetzung mit den gesellschaftlichen und

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politischen Entwicklungen der Zeit doch einen besonderen Stellenwert für die vorgetragene theologische Argumentation. Trotz der erheblichen Unterschiede in der jeweiligen politischen Urteilsbildung lassen sich einige Leitmotive nennen, die die Gesellschaftsund Staatstheorie des Liberalprotestantismus der Zwischenkriegszeit geprägt haben. So zählt etwa die Voraussetzung einer „Selbständigkeit des Christentums" gegenüber der Kultur, die als Bedingung für eine praktische kulturelle Wirksamkeit des Christentums unter neuzeitlichen Bedingungen angesehen wird, zu den Grundelementen des liberaltheologischen Kulturverständnisses. Diese Auffassung wurde durch zahlreiche liberale Theologen in den Verfassungsdiskussionen bereits des Kaiserreiches und dann vor allem in den frühen Jahren der Weimarer Republik politisch so konkretisiert, daß der theologische Erweis dieser selbständigen Stellung einerseits und die Forderung nach einer verfassungsrechtlich garantierten Selbständigkeit der christlichen Kirchen durch den Staat andererseits als zwei unlösbar miteinander verbundene Teilmomente eines Problemzusammenhanges betrachtet wurden. Insofern hängt „für die liberale Theologie gerade die Proprietät des christlichen Lebens an einem Verbund von Staat und Kirche, der dem christlichen Leben seine Selbstaussprache garantiert, indem er ihm nicht als fremde Voraussetzung vorgeordnet ist, sondern dem Wesen des christlichen Glaubens in seiner historisch-politischen Form entspricht".1 Trotz dieser charakteristischen Verknüpfung von Kulturtheorie, politischer Theorie und Theologie bleiben die von den Autoren entwickelten Positionen in hohem Maße disparat. Es wäre daher nicht angemessen, eine Theorie liberaler Theologie zu entwerfen, die sich zugleich als Instrument zur Rekonstruktion von Mustern politischer und kulturkritischer Urteilsbildung anbietet. Vielmehr zeigt die historische Analyse gerade, daß die in liberaltheologischen Kreisen geführten Debatten schon während der frühen zwanziger Jahre erheblich stärker durch Konflikte über Fragen der Kulturkritik und der Politikeinschätzung als über Differenzen in der Beurteilung theologischer Probleme geprägt waren. Jene Uneindeutigkeit, die sich direkt auf die Ambivalenzerfahrung der Moderne bezieht und die im übrigen keineswegs nur im Liberalprotestantismus der Zwischenkriegszeit anzutreffen ist,2 erlaubt es nicht, aus theologischen Argumentationsfiguren Hartmut Ruddies: Liberale Theologie. Zur Dialektik eines komplexen Begriffs, in: Friedrich Wilhelm Graf (Hg.): Liberale Theologie. Eine Ortsbestimmung, Gütersloh 1993,176203, hier: 181. Als Beispiel für diese Position vgl. etwa Friedrich Naumann: Liberalismus und Protestantismus, in: Ders.: Geist und Glaube, Berlin-Schöneberg 1911, 11-39. Vgl. Wolfgang Huber: Der Protestantismus und die Ambivalenz der Moderne, in: Jürgen Moltmann (Hg.): Religion der Freiheit. Protestantismus in der Moderne, München 1990, 29-65, siehe besonders: 47-50. Im Zusammenhang dieser Ambivalenzerfahrungen spielt nach Huber auch die im neueren Protestantismus weit verbreitete Beziehung zwischen theologischem Antiliberalismus und religiösem Fundamentalismus eine wichtige Rolle.

Theologiegeschichtsforschung als theologische Zeitgeschichtsforschung?

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auf weltanschauliche oder politische Urteilsmuster zu schließen. Es gibt keine Normalposition, die einem liberalprotestantischen Standard politischer Urteilsbildung entspräche und aus der Rückschlüsse auf die „Legitimität" oder „Illegitimität" von Stellungnahmen einzelner Theologen gezogen werden könnten. Weder vor noch nach 1918 und auch nicht in den Jahren 1933/34 war mit dem Begriff „Liberale Theologie" ein eindeutig fixierbares gesellschafts-, religions- oder kirchenpolitisches Reformprogramm verbunden. 3 Nur dann, wenn die historische Rekonstruktion diesem Umstand Rechnung trägt, können die Verbindungslinien, durch die die Autoren selbst ihre theologischen und politischen Positionen zu einem Gesamtzusammenhang religiös vermittelter Gegenwartsdeutung integriert haben, angemessen erfaßt werden. Nur dann läßt sich überhaupt methodisch sinnvoll fragen, ob zwischen den jeweiligen Stellungnahmen der Autoren Entsprechungen und Konvergenzen bestehen, die eine Zuordnung zu kollektiven Urteilsformen zulassen und es insofern wenigstens ansatzweise erlauben, über den bloßen positioneilen Vergleich hinaus zur Feststellung von Deutungsmustern zu gelangen, die aufgrund gemeinsamer Grundeinstellungen, Milieus und Traditionen zumindest für Teile der liberalen Theologenschaft charakteristisch sind. Auch ein zweiter Grund sei noch angeführt: Durch die Begrenzung der Thematik soll eine Verlagerung des Untersuchungsinteresses auf den Bereich der politischen Gehalte der einzelnen theologischen Entwürfe vermieden werden. Denn die Untersuchung geht davon aus, daß die von den Autoren vorgenommene theologische Auslegung christlicher Glaubensvorstellungen zunächst auch als spezifisch theologische Argumentation wahrgenommen und interpretiert werden muß. Erst in einem zweiten Schritt kann diese Argumentation auf ihre Funktion im Kontext religiös vermittelter Welt- und Gegenwartserklärung hin befragt werden. Die Identifizierung von „zeitdiagnostischen" Potentialen theologischer Positionen ist ohne Zweifel für die Theologiegeschichtsschreibung von großem Interesse.4 Auch in hermeneutischer Hinsicht eröffnet eine solche, Vgl. zur kirchenpolitischen Programmatik im Liberalprotestantismus Hermann Mulert: Liberalismus und Kirche, in: Die Religion in Geschichte und Gegenwart. Band 3, Tübingen 1912, 2107-2109, sowie: Wilhelm Schubring: Kirchenpolitisches ABC. Eine Einführung in das kirchenpolitische Leben der Gegenwart, Berlin 1921. - Zum historischen Kontext siehe Gottfried Mehnert: Evangelische Kirche und Politik 1917-1919. Die politischen Strömungen im deutschen Protestantismus von der Julikrise 1917 bis zum Herbst 1919 (Beiträge zur Geschichte des Parlamentarismus und der politischen Parteien. Band 16), Düsseldorf 1959, insbesondere: 151-164, sowie: Kurt Nowak: Evangelische Kirche und Weimarer Republik. Zum politischen Weg des deutschen Protestantismus zwischen 1918 und 1932 (Arbeiten zur Kirchengeschichte. Band 7), Weimar 1981 (Zweite Auflage: Weimar 1988). Als exemplarische Studie dieser Art siehe Karl-Heinz Fix: Universitätstheologie und Politik. Die Heidelberger Theologische Fakultät in der Weimarer Republik (Heidelberger

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Methodische Zwischenbemerkung

nicht von einem spezifisch theologischen Frageinteresse her motivierte Vorgehensweise einen neuen Weg: Denn in ihrem Kontext erscheint die Geschichte des neueren Protestantismus als Bestandteil einer Geschichte der intellektuellen Welt- und Daseinsbewältigung. Religion und Theologie sind in dieser Perspektive Sondergestalten der auf Deutung und Verstehen hin angelegten Auseinandersetzung des Menschen mit seiner Umwelt. Die vorliegende Untersuchung will die Intention dieser Fragestellung aufnehmen. Dennoch stellt sie diejenigen Aspekte der theologischen Entwürfe, die, in einem expliziten Sinne, für die Deutung der zeitgeschichtlichen Situation aufschlußreich sind, nicht in den Vordergrund. Glaubensauslegung und Gegenwartsdeutung können als zwei Seiten einer kohärenten theologischen Argumentationsleistung nicht sichtbar werden, wenn vorrangig nach dem sozialintegrativen Potential von Theologie oder deren Kompetenz zur kritischen Gegenwartsanalyse gefragt wird. Vielmehr steht im Vordergrund die Aufgabe, den innerhalb der einzelnen theologischen Konzeption jeweils formulierten Maßstab für eine gegenwartsadäquate Christentumsdarstellung freizulegen. Seiner Rekonstruktion ist die Untersuchung gewidmet, und nur von ihm her werden auch die kulturkritischen, die politischen und kirchenpolitischen Stellungnahmen der Theologen berücksichtigt. 3. Materialbeschreibung und Autorenauswahl Die folgende Begründung der Autorenauswahl geht zunächst von einer knappen vorläufigen Charakterisierung der ausgewählten theologischen Entwürfe aus. Sie gibt dann, vor dem Hintergrund einer Beschreibung der Personallage der zeitgenössischen liberalprotestantischen Theologie, die inhaltlichen Kriterien für die Auswahl an und erläutert, weshalb neben den Konzeptionen Stephans, Wehrungs und Wobbermins nicht auch der theologische Entwurf Hermann Mulerts in die Analyse einbezogen worden ist. Angesichts der überaus umfangreichen literarischen Gesamtproduktion der drei Autoren muß die Analyse sich auf einzelne Texte beschränken. Die Gründe für die Textauswahl werden in einem dritten Abschnitt angeführt. 3.1. Vorläufige Kennzeichnung der ausgewählten Entwürfe Die Entscheidung, welche theologischen Entwürfe die liberale Theologie der Zwischenkriegszeit repräsentieren sollen, hat für die Durchführung Abhandlungen zur Mittleren und Neueren Geschichte. Band 7), Heidelberg 1994 (vgl. dazu auch meine Rezension: Politik und Universitätstheologie, in: Mitteilungen der Ernst-Troeltsch-Gesellschaft 9 (1995/96), 217-226).

Materialbeschreibung und Autorenauswahl

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der Analyse naturgemäß eine fundamentale Bedeutung. Die folgende Begründung für die Autorenauswahl legt pragmatische Kriterien wie Biographie, fachliche Spezialisierung und thematische Ausrichtung zugrunde. Aufgrund der disparaten Verfassung des Liberalprotestantismus der Zwischenkriegszeit ist es überdies erforderlich, den Standort der einzelnen Theologen innerhalb der methodologischen, der theologischen und der kirchenpolitischen Diskussion so zu berücksichtigen, daß die Auswahl auch die interne Variationsbreite der liberalen Theologie jener Zeit wenigstens partiell widerspiegelt. Unter Berücksichtigung dieser Vorgaben werden im Rahmen der vorliegenden Untersuchung die Theologieentwürfe Horst Stephans, Georg Wehrungs und Georg Wobbermins herangezogen. Keiner der drei Autoren hat für sich die Bezeichnung eines „liberalen Theologen" in Anspruch genommen. Vielmehr haben sie gerade im Gegenteil die Deutungskraft des Begriffes bezweifelt. So hat etwa Horst Stephan ausdrücklich erklärt: „Ich selbst bin nie .liberal' gewesen und in sehr wichtigen Punkten von jeher ebenso eingestellt wie die Barthianer (nicht Dialektisch', aber reformatorisch)."5 Dennoch stimmen die Autoren darin überein, daß sie ihre theologische Position aus der liberaltheologischen Überlieferung herleiten und sich von ihr die zentralen Problemfelder einer Theologie der Moderne vorgeben lassen. Die Differenzen zwischen den Entwürfen liegen gegenüber dieser grundlegenden Übereinstimmung vor allem in der jeweiligen thematischen Schwerpunktsetzung, aus der sich die sachliche Ausführung des theologischen Programmes ergibt. In sehr verkürzter Form lassen sich die Grundpositionen der drei Theologen folgendermaßen beschreiben: Wehrung geht zunächst von einer kritischen Prüfung des liberalprotestantischen Überlieferungsbestandes aus. Aus einer solchen Kritik heraus entwirft er eine stark christozentrisch angelegte Theorie des Verhältnisses von „Geschichte und Glaube". Theologie bleibt nach Wehrung stets auf die religiöse Bindung des einzelnen Theologen angewiesen. Einer Transformation theologischer Glaubensauslegung in eine kulturwissenschaftliche Frömmigkeitsanalyse steht er skeptisch gegenüber. Vor diesem Hintergrund dient ihm die Anknüpfung an die Tradition vor allem dazu, ein Modell von Theologie zu entwickeln, das der historistischen Kritik an religiösen Geltungsansprüchen von einem Standpunkt subjektbegründeter Wertentscheidungen aus entgegentritt. Ganz anders verhält sich Wobbermins Entwurf, der als Versuch, die theologische Systematik tiefgreifend umzugestalten, auftritt, zur liberalprotestantischen Tradition. In entschlossener Einseitigkeit greift Wobbermin

Brief Horst Stephans an den Verleger Oskar Siebeck vom 4. März 1925 (Verlagsarchiv J.C.B. Mohr (Paul Siebeck), Tübingen. Bestand: Autorenkorrespondenz); vgl. die vollständige Wiedergabe des Schreibens in Teil II.1.3.3.

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Methodische Zwischenbemerkung

auf solche Überlieferungen zurück, die die Religion konsequent bewußtseinstheoretisch auslegen. Sowohl die Anknüpfung an Schleiermacher als auch die Bezugnahme auf die zeitgenössische, vor allem angelsächsische Religionspsychologie dienen ihm zur Absicherung einer breit ausgeführten theologischen Methodenlehre. In ihrem Mittelpunkt steht die Frage, wie sich eine nach „religionspsychologischen" Kriterien angelegte Analyse des religiösen Bewußtseins durchführen lasse und wie ihre Ergebnisse auf die Christentumsgeschichte zurückbezogen werden können. In dieser Funktion ist Theologie nach Wobbermin, der sich hierfür vor allem auf Schleiermacher beruft, primär als subjektzentrierte, am individuellen Frömmigkeitsakt interessierte Religionstheorie zu formulieren. Stephans Konzeption einer liberalprotestantischen Theologietheorie konzentriert sich demgegenüber vor allem auf die Normativitätsproblematik. Theologie hat hiernach nicht nur eine auf die religiöse Gemeinschaft bezogene Funktion. Eine ebenso wichtige Aufgabe ergibt sich im Blick auf die Außenrepräsentation des Glaubens. Aus diesem Grunde hat die Theologie sich intensiv mit den nichtchristlichen Modellen der Existenz- und Weltdeutung auseinanderzusetzen. Der theologischen Methodologie obliegt es, das Verhältnis beider theologischer Aufgabenstellungen zueinander und ihre Ableitung aus der Struktur des Glaubens selbst zu klären. Theologie wird, so betrachtet, zu einer kritischen Weltanschauungswissenschaft, die zum einen die normativen Ansprüche des Christentums im Kontext einer Mehrzahl von Wirklichkeitsdeutungen vertritt, die darüber hinaus aber auch eine kritische Interpretation der gegebenen religiös-kulturellen Gegenwartsverfassung in die Darstellung des Glaubens selbst mit einbringt. Die Untersuchung stellt die Entwürfe jeweils in den drei genannten Themenkreisen nebeneinander. Konvergenzen und Differenzen werden im Blick auf die einzelnen Problemfelder dargestellt. Entsprechend der Schwerpunktsetzung innerhalb der Entwürfe wird im Themenbereich der Religionstheorie zunächst Wobbermins Position erörtert, in dem der theologietheoretischen Grundlagenfragen die Konzeption Stephans und im Bereich derjenigen Fragestellungen, die aus der Beschreibung des Verhältnisses von „Glaube und Geschichte" erwachsen, die Auffassung Wehrungs. 3.2. Zur Begründung der Autorenauswahl Der für die theologische Analyse in Frage kommende Kreis liberaltheologischer Autoren der Zwischenkriegszeit läßt sich in seinem weitesten Umfang aus den Mitarbeiterlisten solcher Publikationsorgane zusammenstellen, deren redaktionelles Programm selbst den Intentionen liberaler Theologie nahestand. Dabei handelt es sich in erster Linie um die Christliche Welt, das Protestantenblatt, die Zeitschrift für Theologie und Kirche

Materialbeschreibung und Autorenauswahl

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(Neue Folge) und die Theologischen Studien und Kritiken.6 Eine erste Einschränkung grenzt diesen Kreis auf eine überschaubare Zahl von Autoren ein: Denn trotz einer großen publizistischen Offenheit der liberalen Theologie ist vor 1945, d.h. vor Gründung der Evangelischen Akademien und der außeruniversitären evangelischen Studien- und Forschungseinrichtungen, die theologische Diskussion noch weitgehend im universitären Raum geführt worden. Daher ist auch die Ausarbeitung umfassender theologischer Darstellungen oder der Entwurf von Theologieprogrammen nahezu ausschließlich von Universitätstheologen geleistet worden. Zu diesen Theologen, die sich, in unterschiedlicher Weise, der theologietheoretischen Problematik angenommen haben, lassen sich zunächst folgende Personen zählen: Ferdinand Kattenbusch (1851-1935), Martin Rade (1857-1940), Samuel Eck (1856-1919), Otto Ritschi (1860-1944), Georg Wobbermin (1869-1943), Horst Stephan (1873-1954), Hermann Mulert (1879-1950), Rudolf Paulus (1881-1960), Cajus Fabricius (1884-1950), Kurt Leese (1887-1965), Georg Wünsch (1887-1964) und Theodor Siegfried (1894-1971). Hierbei handelt es sich um einen schon von der jeweiligen Altersgruppenzugehörigkeit her sehr inhomogenen Kreis, liegen doch die Geburtsdaten in einem Gesamtzeitraum von mehr als vierzig Jahren. Neben diesen Personen - und von ihnen lediglich durch die eingeschränktere thematische Anlage ihrer Arbeiten unterschieden - ist auch hinzuweisen auf Karl Thieme (1862-1932), Arthur Titius (1864-1936), Erich Foerster (1865-1945), Paul Kaiweit (1867-1944), Theophil Steinmann (1869-1950), Johannes Wendland (1871-1946), Heinrich Weinel (18741936), Georg Wehrung (1880-1959) und Karl Bornhausen (1882-1940). Dieser Kreis, der noch um einige, zum Teil recht schillernde, Seitengestalten ergänzt werden könnte,7 liegt der Auswahl im folgenden zugrunde. Zur Christlichen Welt vgl. auch die Mitarbeiterliste der Rade-Festschrift von 1927: Vierzig Jahre .Christliche Welt'. Festgabe für Martin Rade zum 70. Geburtstag. 4. April 1927. Im Auftrag der Freunde zusammengestellt von Hermann Mulert, Gotha 1927, IXXI. Von besonderem Interesse sind in diesem Zusammenhang auch die Aufstellungen über die Mitglieder der „Vereinigung der Freunde der Christlichen Welt", die periodisch im Mitteilungsblatt An die Freunde veröffentlicht wurden. Darüber hinaus sind die eher regional verbreiteten liberalprotestantischen Zeitschriften heranzuziehen, deren bekannteste die bis 1920 von Otto Baumgarten herausgegebene Evangelische Freiheit war (1. Jg. 1901 bis 6. Jg. 1906 unter dem Titel „Monatsschrift für die kirchliche Praxis"). Vgl. Gottfried Mehnert: Evangelische Presse. Geschichte und Erscheinungsbild von der Reformation bis zur Gegenwart. Herausgegeben von Gerhard E. Stoll (Evangelische Presseforschung. Band 4), Bielefeld 1983. Zu denken ist etwa an den Kieler Systematischen Theologen Hermann Mandel (18821946), einen Schüler Otto Baumgartens. Nachdem Mandel jedoch zu einem „deutschgläubigen" Neumystizismus gefunden hatte, der ihn noch über das Programm der Arbeitsgemeinschaft der Deutschen Glaubensbewegung hinausführte, stießen seine Veröffentlichungen unter liberalprotestantischen Theologen weithin auf Ablehnung. Vgl. z.B. Hermann Mandel: Neueinstellung des freien Protestantismus, in: Protestantenblatt 66

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Methodische Zwischenbemerkung

Ein weiteres Eingrenzungskriterium ist die Generationen- bzw. Altersgruppenzugehörigkeit. Die altersspezifische Bedingtheit im persönlichen Erleben der geschichtlichen Vorgänge ist gerade in der neueren Liberalismus-Forschung wiederholt betont worden.8 Vor allem die biographische Hintergrunderfahrung, in die das Erlebnis des Weltkrieges sich einfügte, und die damit verbundenen Folgen für die individuelle Wertorientierung sind in hohem Maße abhängig von der Zugehörigkeit zu einzelnen Altersgruppen. Auch auf die Theologiegeschichte läßt sich daher die Frage beziehen, „wann jene in der Weimarer Republik verantwortlichen Persönlichkeiten ihre prägenden politischen und gesellschaftlichen Erfahrungen gemacht haben und unter welchen Bedingungen sie selber dazu übergingen, Politik und Gesellschaft mitzuprägen".9 In der Regel werden fünf Altersgruppen als „Generationen" unterschieden, die in Jahrgangsintervallen von 1860-70 („Wilhelminische Generation"), 1870-80 („Gründerzeitgeneration"), 1880-90 bzw. 1890-1900 (ältere und jüngere „Frontgeneration") sowie 1900-1910 („Überflüssige Generation") reichen. Die um 1860 Geborenen - in der Politik etwa Clara Zetkin (1857-1933) oder Kaiser Wilhelm II. (1859-1941), dazu Werner Sombart (1863-1941), in der Theologie Martin Rade, Otto Ritschi oder Friedrich Traub (1860-1939) - waren bei Ausbruch des Weltkrieges bereits älter als fünfzig Jahre. Insofern kann davon ausgegangen werden, daß sie in ihrer persönlichen Entwicklung ein Stadium erreicht hatten, das die Ereignisse von 1914 bis 1918 in einen feststehenden historischen Erfahrungskontext integrierte. Völlig anders wirkte der gesellschaftliche Umbruch auf die Generation derjenigen, die in den achtziger und neunziger Jahren geboren wurden. Siegfried Kracauer (1889-1966) dokumentiert mit seinem Roman „Ginster" exemplarisch eine Weise der Kriegserfahrung, die den Zusammenbruch der gesellschaftlichen Ordnungsverhältnisse als tiefgreifenden Einschnitt auch der eigenen Lebensgeschichte wahr(1933), 19-23. Diverse ablehnende Stimmen gegen Mandel finden sich in: Protestantenblatt 65 (1932), 75; 67 (1934), 278-279; 68 (1935), 253 und: Die Christliche Welt 49 (1935), 1061. In der von Horst Stephan herausgegebenen „Neuen Folge" der Zeitschrift für Theologie und Kirche wurden Mandels Publikationen bereits seit den frühen dreißiger Jahren nicht mehr besprochen; vgl. statt dessen die kritische Bemerkung zu Mandel in: Horst Stephan: „Krisis und Wende des christlichen Geistes"?, in: Zeitschrift für Theologie und Kirche. Neue Folge 13 (1932), 324-340, hier: 330-331. (Vgl. auch meinen Artikel: Mandel, Hermann, in: Biographisch-Bibliographisches Kirchenlexikon. Band 15, Herzberg 1999, 930-939.) Vgl. hierzu Dieter Langewiesche: Liberalismus in Deutschland (Neue Historische Bibliothek), Frankfurt am Main 1988, 227-240. Detlev J. K. Peukert: Die Weimarer Republik. Krisenjahre der klassischen Moderne (Neue Historische Bibliothek), Frankfurt am Main 1987,26. Der Versuch, zeitgeschichtliche Periodisierungen anhand von Generationsfolgen vorzunehmen, findet seit längerem auch in der Literaturgeschichtsschreibung Anwendung; vgl. z.B. Werner Krauss: Periodisierung und Generationstheorie, in: Ders.: Grundprobleme der Literaturwissenschaft. Zur Interpretation literarischer Werke, Reinbek bei Hamburg 1968, 119-130.

Materialbeschreibung und Autorenauswahl

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nimmt.10 Der Zwang zur Kriegsbeteiligung, der Verlust an Ausbildungsund Berufschancen, oftmals erhebliche materielle Einbußen und eine Verzögerung der persönlichen Lebensplanung führten in vielen Fällen zu einer politischen und moralischen Desorientierung. Vor diesem Hintergrund verstand politisches Engagement sich nicht selten ausdrücklich als radikaloppositionell. Hierfür stehen Ernst Thälmann (1886-1944) einerseits und Adolf Hitler (1889-1945) andererseits. Ihrer Generation gehören nicht zufällig zahlreiche Vertreter der Avantgarde-Kultur der zwanziger und frühen dreißiger Jahre an. Carl von Ossietzky (1889-1938) war nur wenige Monate jünger als Hitler; zu denken ist auch an Walter Gropius (1883-1969) oder George Grosz (1893-1959). Bewußter Traditionsbruch und eine fundamental bürgertumskritische Haltung kennzeichnete das Aufbruchspathos vieler Intellektueller aus dieser Altersgruppe. Dabei ist etwa im Falle der von Max Horkheimer (1895-1973) in seinen frühen Programmschriften vorgetragenen Kritik an einer Gesellschaft, die alle menschlichen Beziehungen verfälscht, indem sie sie materialisiert, die Beziehung auf Denk- und Ausdrucksformen des Expressionismus offenkundig. Es ist bemerkenswert, daß gerade diesem zeitgeschichtlichen Profil auch die protestantischen Reformtheologen der zwanziger Jahre nahestanden. Eine Anknüpfung an geistige oder politische Überlieferungsbestände des Liberalismus, gar ein ausdrückliches liberaldemokratisches Kontinuitätsbewußtsein, findet sich im wesentlichen nur unter den Angehörigen der sogenannten Gründerzeitgeneration. Ebenso wie in der protestantischen Theologie stammen auch im politischen, kulturellen oder wissenschaftlichen Bereich die wichtigsten Trägergruppen der Weimarer Republik aus den Jahrgängen der 1914 etwa Vierzigjährigen. Politische Prägung und Beginn der beruflichen Karriere fallen für sie in die Zeit nach dem Regierungsantritt Wilhelms II. Mit Friedrich Ebert (1871-1925), Otto Braun (1872-1955) oder Gustav Stresemann (1878-1929) gehören führende republikanische Politiker ebenso in diese Generationsgruppe wie Heinrich Mann (1870-1950), Gertrud Bäumer (1873-1954), Ernst Cassirer (1874-1945), Thomas Mann (1875-1955), Gustav Radbruch (1878-1949) oder Albert Einstein (1879-1950). Die innerhalb der jüngeren Altersgruppen oft dramatisch erlebten Zukunftsängste der Vorkriegszeit schlugen sich hier in deutlich geringerem Maße nieder. Die Sozialisation im Kaiserreich, verbunden mit einer um 1914 längst abgeschlossenen Integration in ein bürgerlich-liberales Umfeld, führte zu einer Einstellung, die trotz der auch hier nachhaltig erlebten Erschütterungen dazu befähigte, die Tradi-

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Siegfried Kracauer: Ginster. Von ihm selbst geschrieben, Frankfurt am Main 1928; nachgedruckt in: Siegfried Kracauer: Schriften. Herausgegeben von Rarsten Witte. Band 7, Frankfurt am Main 1973, 7-242.

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Methodische Zwischenbemerkung

tion des politischen, kulturellen oder theologischen Liberalismus bewußt aufzunehmen und im eigenen Wirken über den Krieg hinaus fortzuführen. Der oft beklagte Mangel an qualifiziertem Nachwuchs in den liberaldemokratischen Parteien, den liberalen Kulturinstitutionen oder den kirchlichen und theologischen Organen des liberalen Protestantismus läßt sich auf diese generationenspezifische Konstellation zurückführen. Sie erklärt zudem, weshalb nicht selten die Auseinandersetzung mit der nationalsozialistischen Bewegung vor 1933 von liberalen Intellektuellen als Generationenkonflikt wahrgenommen wurde. Auch innerhalb der liberalen Nachkriegstheologie haben wiederholt Konflikte stattgefunden, deren Parteien genau durch die Trennlinie zwischen der gründerzeitlichen und der älteren Frontgeneration geschieden waren. Im Kreis um die Christliche Welt haben solche Konflikte gegen Ende der zwanziger und Beginn der dreißiger Jahre zu tiefgreifenden Störungen und im Einzelfall sogar bis zur Ausgrenzung geführt. 11 Als Träger der liberalprotestantischen Tradition treten hier stets die Angehörigen der älteren Altersgruppe auf. Aus diesem Umstand folgt, daß sich eine Untersuchung zur liberalen Theologie der Zwischenkriegszeit in erster Linie auf solche Autoren zu beziehen hat, die durch Alter und biographischen Werdegang jener gründerzeitlichen Generation angehören. Aus dem genannten Kreis von Theologen trifft dies auf Theophil Steinmann, Georg Wobbermin, Johannes Wendland, Horst Stephan, Hermann Mulert und Georg Wehrung, dazu auf Heinrich Weinel sowie, als allerdings kurz nach 1880 Geborene, auf Rudolf Paulus und Karl Bornhausen zu. Eine weitere Näherbestimmung ergibt sich aus der spezifischen Fragestellung, die mit dem Erkenntnisinteresse dieser Studien verbunden ist. Denn die Untersuchungsrichtung, wie sie in ihren Grundzügen bereits beschrieben wurde, setzt eine systematische Ausführung vor allem der Begründungs- und Prinzipienfragen von Theologie voraus. Die zuletzt genannten Theologen Weinel, Paulus und Bornhausen haben eine solche Entfaltung nicht geleistet.12 Auch der Herrnhuter Theologe Theophil Steinmann, der sich vor allem der „Frage nach Gott", dem Unsterblichkeits-

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Vgl. hierzu etwa die Auseinandersetzungen, die durch Rades Vorhaben ausgelöst wurden, den Münsteraner Theologen Otto Piper (1891-1982) zu seinem Nachfolger als Herausgeber der Zeitschrift zu berufen (Johannes Rathje: Die Welt des freien Protestantismus, Stuttgart 1952, 409-415). Vgl. zu Weinel: Friedrich Wilhelm Graf: Der Nachlaß Heinrich Weinels, in: Zeitschrift für Kirchengeschichte 107 (1996), 201-231; zu Paulus: Matthias Wolfes: Paulus, Rudolf, in: Biographisch-Bibliographisches Kirchenlexikon. Band 15, Herzberg 1999,1131-1154, sowie: Ders.: Historismus und Christologie. Der württembergische Theologe Rudolf Paulus als Schüler Ernst Troeltschs, in: Horst Renz (Hg.): Troeltsch-Studien. Band 2, Gütersloh 2000; zu Bornhausen: Markus Dreßler: Der Teilnachlaß von Karl Bornhausen, in: Zeitschrift für Neuere Theologiegeschichte/Journal for the History of Modern Theology 5 (1998), 248-273.

Materialbeschreibung und Autorenauswahl

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glauben, christologischen Problemen und Einzelaspekten der Gotteslehre gewidmet hat, konnte einen umfassenden theologietheoretischen Entwurf nicht vorlegen. Ansätze zu einer theologischen Methodik, die Steinmann seit den frühen zwanziger Jahren entwickelt hat, sind nicht zu einer geschlossenen Gesamtsicht der theologischen Begründungsproblematik zusammengeführt worden.13 Aber auch Johannes Wendland hat sich nicht vorrangig der theologischen Prinzipienlehre gewidmet, sondern seine wissenschaftliche Arbeit zunächst als Auseinandersetzung mit der monistischen Bewegung der Vorkriegszeit, sodann als Theorie der Religion im Kontext des modernen „Geisteslebens" und schließlich als Beitrag zur Etablierung der „Sozialethik" als einer innovativen theologischen Fachrichtung angelegt.14 Wendlands Sensibilität für die geschichtliche Besonderheit des christlichen Glaubens verband sich mit einem ausgeprägten religionsgeschichtlichen Interesse. Er konnte daher zwar als ein „ausgesprochener Brückenbauer" bezeichnet werden;15 eine substantielle Fortführung der theologietheoretischen Debatte ist jedoch von ihm nicht ausgegangen. Sowohl Steinmann als auch Wendland haben ihre theologischen Konzeptionen in Anknüpfung an die liberalprotestantische Tradition entfaltet. Wenn dabei die Auseinandersetzung mit Schleiermacher und Ritschi im Vordergrund stand, so gilt dies in gleicher Weise auch für Mulert, Stephan, Wehrung und Wobbermin. Eine intensive Schleiermacher-Forschung haben vor allem Mulert, Wehrung und Wobbermin, eine differenzierte Diskussion der Theologie Ritschis haben Stephan und Wehrung betrieben. Alle Autoren waren in liberalen kirchenpolitischen Verbänden oder theologischen Vereinigungen organisiert und haben - wenngleich in sehr unterschiedlicher Weise - als Theologen an den kirchenpolitischen und politischen Kontroversen nach 1918 teilgenommen.16 Überdies sind Mulert und Stephan als Herausgeber liberalprotestantischer Großwerke hervor-

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Vgl. Matthias Wolfes: Steinmann, Theophil August, in: Biographisch-Bibliographisches Kirchenlexikon. Band 10, Herzberg 1995, 1317-1329. Die wichtigsten Veröffentlichungen Wendlands sind: Monismus in alter und neuer Zeit, Basel 1908; Die neue Diesseitsreligion (Religionsgeschichtliche Volksbücher für die deutschechristliche Gegenwart. Reihe V. Heft 13), Tübingen 1914; Die religiöse Entwicklung Schleiermachers, Tübingen 1915; Handbuch der Sozialethik. Die Kulturprobleme des Christentums, Tübingen 1916; Reformation und deutscher Idealismus, in: Studien zur systematischen Theologie. Theodor von Haering zum 70. Geburtstag von Fachgenossen dargebracht. Herausgegeben von Friedrich Traub, Tübingen 1918,226-237; Die Stellung der Religion im Geistesleben. Skizze einer Religionsphilosophie (Beiträge zur Förderung christlicher Theologie. Band 25/2), Gütersloh 1920. Vgl. Karl Barths Nachruf auf Wendland in: Theologische Zeitschrift 3 (1947), 52-57, hier: 55. Siehe auch Ernst Staehelin: Karl Barths Vorgänger auf dem Basler Lehrstuhl für systematische Theologie, in: Theologische Zeitschrift 12 (1956), 162-187. Vgl. etwa die Mitgliederliste der „Vereinigung der Freunde der Christlichen Welt" von 1926, in: An die Freunde. Nr. 84 vom 25. September 1926, 957-972.

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Methodische Zwischenbemerkung

getreten, haben Stephan und Wehrung erheblichen Einfluß auf die beiden wichtigsten systematisch-theologischen Fachzeitschriften genommen und sind Mulert, Stephan und Wehrung auch als Organisatoren oder Unterstützer öffentlicher Initiativen tätig gewesen, die Zielsetzungen einer liberalprotestantischen Kirchenpolitik verfolgten. Schließlich waren Stephan, Wehrung und Wobbermin um 1925/26 gemeinsam in einen komplizierten Streit verwickelt, der der Besetzung systematisch-theologischer Richtungsprofessuren in Halle und Leipzig galt. Alle vier Autoren haben mit zahlreichen Veröffentlichungen an der theologietheoretischen Debatte der zwanziger und dreißiger Jahre teilgenommen. Dabei haben sie durchaus unterschiedliche Standpunkte vertreten, die geeignet sind, wesentliche Grundüberzeugungen der zeitgenössischen liberalen Theologie auch in ihrer richtungsinternen Variationsbreite zu dokumentieren. Im einzelnen unterscheiden sich die Positionen von Wehrung und Wobbermin in vielen Teilaspekten sehr erheblich voneinander. Für Stephan und Mulert gilt das gerade Gegenteil. Beide haben ihre Entwürfe in enger Kooperation entfaltet und sowohl in theologischer als auch in kirchen- und vereinspolitischer Hinsicht jahrzehntelang intensiv zusammengearbeitet. Sie repräsentieren in ihrer theologischen Zielsetzung und Argumentationsweise am ehesten die liberale Theologie der Zwischenkriegszeit. Alle vier Autoren gehören zu den produktivsten und aussagekräftigsten theologischen Vertretern des Liberalprotestantismus nach 1918. Dennoch beschränkt sich die Untersuchung auf eine Auswertung der theologischen Konzeptionen von Wehrung, Wobbermin und Stephan. Dies ist nicht nur in der großen Übereinstimmung Stephans und Mulerts in Fragen der theologischen Prinzipienlehre begründet, sondern vor allem in der unterschiedlichen Struktur ihres publizierten Werkes. Exkurs: Hermann Mulert Hermann Mulert, der 1879 im sächsischen Niederbobritzsch geboren wurde und dort 1950 auch starb,17 war nicht nur aufgrund seiner vielfältigen Aktivitäten als 17

Zur Biographie vgl. Klaus Michael Führer: Hermann Mulert- Kirchlicher Liberalismus als politischer Protestantismus in der Weimarer Republik und im „Dritten Reich". Studien zur Biographie, Diss. theol. Leipzig 1988, sowie: Matthias Wolfes: Mulert, Hermann, in: Biographisch-Bibliographisches Kirchenlexikon. Band 15, Herzberg 1999, 1043-1110. Siehe auch die biographische Skizze des Neffen Martin Mulert: Hermann Mulert. Sein Leben, Wesen und Wirken, Berlin 1954.- Umfangreiche Nachlaßbestände befinden sich im Universitätsarchiv der Universität Leipzig (wissenschaftlicher Nachlaß) sowie im Archiv der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin (Schleiermacheriana). An der Schleiermacher-Forschungsstelle der Universität Kiel ist 1998 eine .Sammlung Hermann Mulert' eingerichtet worden. Ein Ziel dieses Unternehmens ist es, das überaus ausgebreitete Gesamtwerk Mulerts bibliographisch zu erfassen.

Materialbeschreibung und Autorenauswahl

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Politiker, Kirchenpolitiker und Publizist, sondern auch als Systematischer Theologe einer der einflußreichsten Repräsentanten des Liberalprotestantismus nach 1918. Mulert war von 1907 bis 1917 Privatdozent in Kiel, Halle und Berlin. 1917 wurde er zunächst außerordentlicher und 1920 ordentlicher Professor in Kiel. Am 2. September 1935 beantragte er aus politischen Gründen seine Entpflichtung vom Hochschuldienst, die am 31. Oktober durch eine von Hitler und Coring unterzeichnete Urkunde ausgesprochen wurde. Nach dem Krieg nahm er - gemeinsam mit Horst Stephan - eine erneute Lehrtätigkeit als „reaktivierter Hochschullehrer" an den Restfakultäten von Jena und Leipzig auf. Bereits seit seiner Dissertation über „Schleiermachers geschichtsphilosophische Ansichten in ihrer Bedeutung für seine Theologie" von 1907 widmete Mulert sich intensiv der Schleiermacher-Forschung. Der Plan zu einer ersten kritischen Ausgabe der Werke Schleiermachers ging Mitte der zwanziger Jahre von ihm aus. Als langjähriger enger Vertrauter Martin Rades hat er von 1932 bis 1941 die Christliche Welt herausgegeben und damit in verantwortlicher Position dazu beigetragen, daß dem Liberalprotestantismus auch nach 1933 ein Ort öffentlichkeitswirksamer Selbstdarstellung erhalten blieb. In politischer und kirchenpolitischer Hinsicht engagierte Mulert sich wie kein anderer liberalprotestantischer Theologe seiner Generation. So war er bis zum Jahre 1903 Mitglied des 1896 von Friedrich Naumann und Paul Göhre gegründeten Nationalsozialen Vereins. Nach dessen Auflösung gehörte er der Freisinnigen Vereinigung (1903-1910), der Fortschrittlichen Volkspartei (1910-1918) und schließlich der Deutschen Demokratischen Partei (DDP) (seit November 1918) an. Zeitweise war Mulert Mitglied von Leitungsgremien der DDP auf Landesebene.18 Auch an dem organisatorischen Erneuerungsversuch der DDP von 1930, der zur Gründung der Deutschen Staatspartei führte, nahm Mulert - trotz erheblicher Bedenken gegen die mit diesem Schritt verbundenen programmatischen Konsequenzen - noch teil. Obwohl er zeitweise an einen Wechsel zur SPD dachte, blieb er der Staatspartei bis zu deren Selbstauflösung am 28. Juni 1933 verbunden. Nach Kriegsende beteiligte Mulert sich am Aufbau des Ortsvereins der Liberaldemokratischen Partei in seinem sächsischen Heimatort.19 Von Skepsis und Zurückhaltung war Mulerts Haltung gegenüber der Bekennenden Kirche bestimmt. Die Sorge vor einem autoritären bekenntniskirchlichen Kirchenregime hinderte ihn, wie „viele treue evangelische Christen, die gegen Unchristentum tapfer zu streiten bereit sind, [...] in die Reihen der Kämpfenden ein[zu]treten". Er fürchtete, „daß der .Kampf gegen die Irrlehre' schließlich zu einer neuen starren Herrschaft der Bekenntnisschriften in der Deutschen Evangelischen Kirche führen werde". Am Ende dieses Weges sah er den „Verlust der 18

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Vgl. dazu: Organisationshandbuch der Deutschen Demokratischen Partei. Herausgegeben von der Reichsgeschäftsstelle der Deutschen Demokratischen Partei. Mit einem Bildnis. Abgeschlossen 30. Januar 1926, Berlin 1926, 199. Hiernach war Mulert 1924 und 1925 in der Funktion eines Schriftführers Mitglied des Landesvorstandes der DDP im Landesverband für Schleswig-Holstein und das Fürstentum Lübeck. Genauere Untersuchungen zu den vielfältigen kirchen- und vereinspolitischen Aktivitäten Mulerts stehen noch aus. Zu seiner Haltung gegenüber dem Nationalsozialismus vgl. Kurt Nowak: Reflexionen eines Liberalen über Nationalsozialismus und Christentum. Anmerkungen zu einem unveröffentlichten Manuskript Hermann Mulerts, in: Junge Kirche 39 (1978). Beiheft 4, 19-25.

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Methodische Zwischenbemerkung

Freiheit protestantischer Überzeugung".20 Demgegenüber suchte Mulert darauf hin zu wirken, daß das oppositionelle Verhalten im innerkirchlichen Bereich nicht nach dogmatischen Vorgaben beurteilt werde. Für den Zustand von Religion, Kirche und Gesellschaft sei die „Erschütterung der sittlichen Grundsätze schlimmer als alle .Irrlehre' in dogmatischen Dingen. Wo sie vorliegt, da steht der Feind."21 Unter dem Eindruck massiver staatlicher Repression entschloß Mulert sich bereits Mitte 1933, seine Professur an der Kieler Universität aufzugeben. Er kam mit diesem Entschluß nicht nur seiner Entlassung zuvor, sondern er setzte zugleich ein öffentliches Zeichen des Protestes. In Briefen an den Marburger Theologen Hans von Soden begründete er seine Entscheidung: Die Lage der Kirche sei weithin von Unrecht geprägt; die Zwangsgewalt des Staates verhindere eine freie Verkündigung. Die theologische Lehre werde unter derartigen Bedingungen zur Unwahrhaftigkeit und Selbstverleugnung gegenüber den Studenten und den Pfarrern genötigt.22 Um der primären Fragestellung der Untersuchung willen muß trotz dieser herausragenden Bedeutung Mulerts für den Liberalprotestantismus nach 1918 auf eine nähere Auswertung seines Werkes verzichtet werden. Dies ist vor allem in der Eigenart des theologischen Engagements Mulerts und dem Gehalt seiner wissenschaftlichen Arbeiten begründet. Neben ekklesiologischen und konfessionskundlichen Problemen standen insbesondere Fragen der Offenbarungs- und Geschichtstheorie, aber auch methodologische Probleme im Vordergrund seines theologischen Interesses. Einen zentralen Ort innerhalb der theologischen Überlegungen nimmt der Gedanke ein, daß die göttliche Selbstbekundung allein im Bereich der menschlichen Lebenswirklichkeit zu einer realen Gotteserfahrung werden könne: „Arbeit für Gottes Sache und Kulturarbeit sind dasselbe. [...] Gottes Offenbarung [wird] von uns nur in bestimmten Formen der Kultur aufgenommen".23 Aus dieser Überzeugung ergibt sich die für Mulert charakteristische Vorordnung der ethischen vor dogmatisch-theologischen Fragestellungen.

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Hermann Mulert: Ethische „Irrlehren", in: Die Christliche Welt 48 (1934), 108-111, hier: 111. Zu den Vorbehalten, die Mulert wegen dessen staatsloyaler Haltung gegenüber dem Pfarrernotbund hatte, vgl. Friedrich Wilhelm Kantzenbach: Kirchlich-theologischer Liberalismus und Kirchenkampf. Erwägungen zu einer Forschungsaufgabe, in: Zeitschrift für Kirchengeschichte 87 (1976), 298-320, hier: 312. Hermann Mulert: Ethische „Irrlehren", 111. Vgl. auch Mulerts Aufsatz: Kirchliche Lehren des Jahres 1933, in: Die Christliche Welt 48 (1934), 12-18: „Möge nie vergessen werden, daß das Bekenntnis der Tat wichtiger ist als alle Lehrbekenntnisse, daß die Bekenntnisschriften nicht das Evangelium sind" (18). Eine Entspannung im Verhältnis Mulerts zur Bekennenden Kirche wird deutlich in der Schrift: Läßt sich die Volkskirche noch erhalten?, Görlitz 1936, besonders: 27-55. Briefe Mulerts an Hans von Soden vom 3. und 10. Juli 1933, abgedruckt in: Theologie und Kirche im Wirken Hans von Sodens. Briefe und Dokumente aus der Zeit des Kirchenkampfes 1933-1945. Herausgegeben von Erich Dinkier und Erika Dinkler-von Schubert. Bearbeitet von Michael Wolter, Göttingen 1984, 45-52: Briefwechsel über freiwillige Amtsniederlegung von Theologieprofessoren, hier: 44-47 und 51-52 (Zitate: 46 und 51). Hermann Mulert: [Rezension zu:] Wilhelm Schubring: Vom wahren Wesen und religiösen Wert des Kulturprotestantismus, Berlin 1927, in: Die Christliche Welt 41 (1927), 679.

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Mulerts Hauptinteresse ist auf die Formulierung eines Theologiebegriffes gerichtet, der die religiöse und konfessionelle Vielfalt der christlichen Tradition integrieren soll und der daher der Engführung einer dogmatischen Auslegung nach Gesichtspunkten einer religiösen Teiltradition widerspricht. Von der Grundbeziehung zwischen Frömmigkeit und theologischer Reflexion ausgehend, konstruiert Mulert seinen theologischen Entwurf über das dreiseitige Wechselverhältnis von Theologie und Religion, Religion und Kirche sowie Kirche und Theologie.24 Die in dieses Schema eingelassene Auffassung von Theologie setzt die theologische Darstellung der Glaubensvorstellungen in eine unlösliche Beziehung zur Gesamtheit wissenschaftlicher Erkenntnis einerseits, zur Sphäre der alltäglichen Erfahrungswirklichkeit andererseits. Obwohl Mulert sich wiederholt zu prinzipientheoretischen Fragen geäußert hat, ist ihm eine zusammenhängende Ausführung seines Programmes nicht gelungen. Die Überlegungen zur Theologietheorie, die er besonders im Zusammenhang verschiedener Schleiermacher-Studien mitgeteilt hat, gehen insgesamt über methodenkritische Ansätze nicht hinaus.25 Ähnlich verhält es sich auch mit Mulerts ekklesiologischer Konzeption, die im Mittelpunkt seiner materialen Überlegungen zur Theologie steht.26 So bleibt schließlich das von Mulert für eine theologietheoretische Untersuchung gelieferte Material insgesamt zu schmal. Neben der Einführung „Religion, Kirche, Theologie",, die als sein theologisches Hauptwerk gelten kann, stehen als monographische Arbeiten zu theologischen Begründungsfragen allein noch die knappe Schrift „Gebetserhörung - Freiheitsglaube - Gottesglaube" sowie die unter dem Eindruck der ersten Kriegsphase verfaßte Studie „Gott im Schicksal?", die in Auszügen 1940 in der Christlichen Welt veröffentlicht wurde.27 Es fehlt hingegen nicht nur ein schon in der „Konfessionskunde" in Aussicht gestelltes Werk, das „eine Darlegung einiger Grundzüge protestantischen Wesens" geben sollte, um zu einer „Selbstbesinnung darauf beizutragen, worin Wert und Gefahren der [uns überlieferten] Art des Christentums liegen",28 sondern vor allem eine zusammenhängende Darstellung der Glaubenslehre selbst oder eine wenigstens in Grundzügen ausgeführte theologische Methodenkritik. 24 25

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Hermann Mulert: Religion, Kirche, Theologie. Einführung in die Theologie (Sammlung Töpelmann. Die Theologie im Abriß. Band 8), Gießen 1931. Vgl. z.B. Hermann Mulert: Das Individuelle und der notwendige Widerspruch im religiösen Denken in seiner Bedeutung für die Glaubenslehre, in: Zeitschrift für Theologie und Kirche 27 (1917), 190-212. Vgl. hierzu Eckhard Lessing: Zwischen Bekenntnis und Volkskirche. Der theologische Weg der Evangelischen Kirche der altpreußischen Union (1922-1953), Bielefeld 1992, 172-177. Hermann Mulert: Gebetserhörung - Freiheitsglaube - Gottesglaube, Leipzig 1921; Ders.: Gott im Schicksal?, München 1947 (Teile dieses Werkes erschienen 1940 unter gesonderten Titeln in der Christlichen Welt: Hermann Mulert: Allwirksamkeit Gottes und Wirken Gottes. Gott im Schicksal l, in: Die Christliche Welt 54 (1940), 436-442; Das Dennoch, das Warum und das Wozu des Glaubens. Gott im Schicksal 2, in: Die Christliche Welt 54 (1940), 484-488; Ehrfurcht, Vertrauen, Geheimnis. Gott im Schicksal (3), in: Die Christliche Welt 54 (1940), 562-568). Vgl. auch Hermann Mulert: Systematische Theologie, in: Ders. (Hg.): Wissenschaftliche Forschungsberichte. Band VI: Theologie, Gotha 1921, 73-91. Hermann Mulert: Konfessionskunde (Sammlung Töpelmann. Die Theologie im Abriß: Band 5), Gießen 1927, IX.

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Methodische Zwischenbemerkung

Mulerts theologisches Werk ist gerade im Blick auf diese zentralen Themenbereiche von einer gewissen Zersplitterung nicht frei. Offenkundig ermangelte es ihm an dem Antrieb zu einer geschlossenen Ausführung seiner Konzeption. Dies verhält sich bei dem Mulert theologisch eng verwandten Horst Stephan völlig anders.29 Bei Stephan wird eine breit ausgeführte Darstellung der Glaubenslehre zusätzlich durch eine Vielzahl methodologischer und begründungstheoretischer Ausführungen präzisiert. Auch hat Stephan seinen Standpunkt durch verschiedene kritische Darstellungen zur zeitgenössischen theologischen Diskussionslage noch ergänzt. Überdies hat er eine Reihe zentraler Anliegen Mulerts in seine eigene theologische Konzeption aufgenommen und so auf seine Weise die von Mulert nicht selbst geleistete Ausarbeitung unternommen.

3.3. Zur Materialbegrenzung Stephan, Wehrung und Wobbermin haben sich durch eine außerordentlich umfangreiche theologische Produktion ausgezeichnet. Die Analyse muß sich folglich auf Teile des Gesamtwerkes beschränken. Sie geht in erster Linie von den zentralen monographischen Darstellungen zu Themen der Theologietheorie aus, d.h. im Falle Stephans von der „Glaubenslehre" (1921/1928/1941) und im Falle Wehrungs von dem Werk „Geschichte und Glaube" (1933). Die Rekonstruktion der Überlegungen Wobbermins greift auf den zweiten und den dritten Band der „Systematischen Theologie" (1922/1925) zurück, in denen die Religionstheorie und die Problematik von Glaube und Geschichte entfaltet werden, daneben auch auf die „Richtlinien evangelischer Theologie zur Überwindung der gegenwärtigen Krisis" (1929). Darüber hinaus nimmt sie weitere Publikationen der Autoren zu einzelnen Fragestellungen dann auf, wenn dadurch die Rekonstruktion präzisiert werden kann. Generell beschränkt sich die Analyse auf Veröffentlichungen, die innerhalb des Zeitraumes von 1918 bis 1939/40 erschienen sind. Lediglich bei der dritten Auflage von Horst Stephans „Glaubenslehre" wird dieser Grundsatz nicht angewendet. Es kann dies durch den Umstand gerechtfertigt werden, daß der Text bereits im Herbst 1939 in druckfertiger Form vorlag und nach diesem Zeitpunkt nur noch kleinere Korrekturen zumeist bibliographischer Art erfolgt sind.30 Da allerdings die Daten der herangezogenen Publikationen Wehrungs und Wobbermins zumeist früher liegen, soll aus den drei vorhandenen Aufla-

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Mulert hat gelegentlich sein Verhältnis zu Stephan dahin charakterisiert, daß er ihm gerade in den „heute" umstrittenen Punkten der evangelischen Glaubenslehre „zu nahe [stehe], um Kritik üben zu können" (Hermann Mulert: [Rezension zu:[ Horst Stephan: Die systematische Theologie, Halle 1928, in: Theologische Literaturzeitung 55 (1930), 401-402, hier: 401). Vgl. Horst Stephan: Glaubenslehre. Der evangelische Glaube und sein Weltverständnis. Dritte, neubearbeitete Auflage, Berlin 1941, VII.

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gen der „Glaubenslehre" insbesondere die zweite, 1928 erschienene Ausgabe herangezogen werden. Für alle drei Autoren läßt sich so ein einheitlicher Zeitraum umgrenzen, der die späten zwanziger und frühen dreißiger Jahre umfaßt. Diese engere zeitliche Begrenzung ist vor allem pragmatisch begründet. Dem Untersuchungszweck wäre nur wenig mit ausführlichen Schilderungen der jeweiligen theologisch-konzeptionellen Vorgeschichte vor 1918 gedient. Aber auch die Texte, die während des zweiten Weltkrieges entstanden und zum Teil veröffentlicht wurden, sind zumeist von Fragestellungen bestimmt, die in erster Linie auf die aktuelle politische und kirchenpolitische Situation reagieren. Probleme der Begründungstheorie werden hier in der Regel nur am Rande verhandelt. Zudem haben Zensur und Selbstzensur nach 1939 in Deutschland ein Klima erzeugt, das - zumal im Bereich der liberalen Theologie - die theologische Arbeit erheblich beeinträchtigt hat. Neben den publizierten Texten wird in der Untersuchung gelegentlich auf Nachlaß- und Archivmaterialien zurückgegriffen. Für die Analyse der theologischen Positionen bleibt ihr Aussagewert allerdings begrenzt. Materialien zu Vorlesungen aus dem Bereich der theologischen Prinzipienlehre sind für keinen der drei Autoren herangezogen worden."

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Detaillierte Angaben zu den verwendeten unveröffentlichten Materialien werden in dem dieser Arbeit beigefügten Bibliographischen Anhang gegeben.

II. Teil Biographisch-werkgeschichtliche Einführung

1. Horst Stephan (1873-1954). Kritische Universalisierung der liberalen Theologie Charakter und Anliegen der liberalen Theologie nach 1918 sollen zunächst anhand des Lebensweges und des wissenschaftlichen Werkes von Horst Stephan vorgestellt werden. Bereits ein kurzer Überblick macht deutlich, in welchem Sinne gerade Stephan für diese theologische Richtung steht. Schon während seiner Studienzeit trat Stephan in Verbindung zum kirchlichen, theologischen und politischen Liberalismus der neunziger Jahre. Als Assistent und Mitarbeiter, später als Kollege und Freund Martin Rades war er dem Kreis um die Christliche Welt eng verbunden. Als Angehöriger der Marburger Theologischen Fakultät, an der er sich habilitierte und eineinhalb Jahrzehnte lang lehrte, war Stephan Mitglied jener theologischen Ausbildungsstätte, die wie keine andere im wilhelminischen Deutschland das wissenschaftliche Profil der protestantischen Theologie als einer historischen Kulturwissenschaft geprägt hat. In der theologischen Arbeit widmete er sich zunächst historischen Themen, wobei die Zeit der Aufklärung und die Ära Schleiermachers im Vordergrund standen. Seit der Marburger Privatdozentur traten zunehmend dogmatisch-theologische Fragen in den Mittelpunkt seines Interesses. Stephans Engagement in der Umbruchzeit von 1918/19 zeigt ihn als Anhänger der demokratischen Erneuerung von Kirche und Staat. Während der Weimarer Jahre hielt er sich von einer parteigebundenen politischen Betätigung fern, doch nahm er in zahlreichen Publikationen und Vorträgen zum Zeitgeschehen Stellung. In seiner akademischen Tätigkeit konzentrierte Stephan sich auf die Erarbeitung einer mehrfach aufgelegten „Glaubenslehre" und einer auch heute noch vielfach verwendeten Darstellung zur „Geschichte der evangelischen Theologie seit dem Deutschen Idealismus". Beide Werke sind einem Ideal von Theologie verpflichtet, demzufolge die Aufgabe theologischer Forschung darin besteht, die gegenwartsbezogene Darstellung des christlichen Glaubens mit einer historisch-kritischen Reflexion seiner in der Christentumsgeschichte gegebenen geistigen und sozialen Gestalt zu verbinden. Konzipiert als theologische Lehrbücher fanden diese Werke im universitären Studienbetrieb eine vergleichsweise große Verbreitung; zudem sicherten sie Stephan einen erheblichen Einfluß auf die zeitgenössische dogmatisch-theologische Debatte. Diesem Umstand entsprach auch ein ausgeprägtes wissenschaftspolitisches Engagement: Von 1920 bis 1938

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gab Stephan die „Neue Folge" der Zeitschrift für Theologie und Kirche heraus. Seit 1924 war er als Fachherausgeber für Systematische Theologie, Philosophie und Soziologie für die zweite Auflage des Handwörterbuches „Die Religion in Geschichte und Gegenwart" mitverantwortlich. Stephans Haltung nach 1933 war von einer unzweideutigen Ablehnung der NSWeltanschauung und ihrer deutsch-christlichen Version im kirchlichen Bereich bestimmt. Der Bekennenden Kirche allerdings konnte er sich trotz der bedrängenden kirchenpolitischen Situation aufgrund theologischer Vorbehalte nicht anschließen. Protestantische Theologie ist im Sinne Horst Stephans, ihrer zentralen Zweckbestimmung nach, als Theorie der christlichen Welt- und Wirklichkeitsanschauung zu entfalten. Den Maßstab ihrer Kritik bezieht sie aus der christlichen Glaubensüberlieferung. Die folgende biographische Schilderung steht unter dem Titel einer „kritischen Universalisierung liberaler Theologie", weil Stephan mit seinem „extensiven" Verständnis von Theologie einer Verengung der theologischen Aufgabenstellung auf eine rein gemeinde- und kirchenimmanente Glaubensauslegung entgegenwirken wollte. Nicht als kirchliche Dogmatik trat sein theologischer Entwurf auf, sondern - trotz aller Bezugnahme auf den kirchlichen religiösen Verständigungsprozeß - als eine solche Darstellung des evangelischen Glaubens, in der das christliche Verständnis von der Seinsverfassung menschlicher Existenz auf eine Weise erörtert wird, die auch jenseits des Kirchenraumes plausibel bleibt. 1.1. Der Lebensweg bis zur Marburger Professur1 Horst Emil Stephan wurde am 27. September 1873 im sächsischen Sayda, einer Kleinstadt im Erzgebirge, geboren. Stephans Vater war zum Zeitpunkt der Geburt des Sohnes als „Gerichtsaktuar", d.h. als Justizbeamter im Verwaltungsdienst, tätig. Spätere Dokumente geben als väterlichen Beruf auch „Amtsgerichtssekretär" an. Die finanzielle Ausstattung des Elternhauses scheint während der Kindheit und der Jugend Stephans, der noch drei ältere Brüder hatte, eher knapp bemessen gewesen zu sein. Die gesamte schulische und universitäre Ausbildungszeit hindurch war er auf die Gewährung von Stipendien und Vergünstigungen angewiesen. Den Schulbesuch absolvierte Stephan seit 1880 zunächst an der Meißener 1

Die Grundlage für die folgende biographische Skizze bilden vor allem Unterlagen aus den betreffenden Universitätsarchiven. Ein persönlicher Nachlaß Stephans hat sich nur in geringem Umfang erhalten (vgl. dazu den Fundbericht im Bibliographischen Anhang unter A.1.3.1.), so daß lediglich vereinzelt auf Nachlaßmaterialien zurückgegriffen werden kann. Die einschlägigen Akten der Theologischen Fakultät Leipzig, der Universität Leipzig sowie des Landeskirchenamtes der Evangelisch-Lutherischen Landeskirche Sachsen sind im zweiten Weltkrieg vernichtet worden.

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Bürgerschule, dann an dem dortigen Progymnasium. Von 1887 bis zur Ablegung der Abiturprüfung im Frühjahr 1893 besuchte er die Fürstenschule St. Afra in Meißen. 1.1.1. Studium und Promotion Nach Beendigung der Schulzeit leistete Stephan vom 1. April 1893 bis zum 31. März 1894 einen einjährigen Militärdienst beim 2. Grenadier-Regiment Nr. 101 in Dresden. Auch während der Winterzeit 1895/96 wurde er zu militärischen Übungen verpflichtet. Im Juni 1895 erhielt Stephan den Rang eines Vizefeldwebels der Reserve. Am 15. Mai 1901 ließ er sich aus der Liste der Offiziersaspiranten streichen, jedoch blieb er auch weiterhin zu Übungen im Landwehrdienst verpflichtet. Bei Kriegsausbruch im August 1914 meldete Stephan sich freiwillig zum Frontdienst, doch blieb er aus gesundheitlichen Gründen unberücksichtigt.2 In den Jahren 1894 bis 1898 studierte Stephan an der Universität Leipzig Theologie und Philosophie. Die vorliegenden Dokumente aus der Studienzeit geben detailliert Auskunft über den Besuch von Vorlesungen und Seminarveranstaltungen. Bereits vom ersten Semester an legte Stephan ein besonderes Gewicht auf die historischen Disziplinen. Unverkennbar ist sein Interesse, die Geschichte des Christentums im Zusammenhang der allgemeinen politischen und sozialen Entwicklung aufzufassen. Zu diesem Zweck besuchte er parallel zu den kirchen- und dogmengeschichtlichen Vorträgen der Fakultätshistoriker Vorlesungen nichttheologischer Historiker, darunter auch solche des wegen seines wissenschaftstheoretischen Standpunktes umstrittenen Karl Lamprecht (1856-1915). Durch Lamprecht wurde Stephan auch zum Besuch von Vorlesungen Wilhelm Wundts (1832-1920) angeregt.3 Darüber hinaus widmete Stephan sich im philosophischen Studienfach intensiv der Pädagogik und der Philosophiegeschichte. Die vergleichsweise große Zahl von pädagogischen Lehrveranstaltungen gibt einen ersten Hinweis darauf, daß sich die beruflichen Pläne zu diesem Zeitpunkt mehr auf das Schul- als auf das Pfarramt richteten. In der Theologie nahm Stephan während der frühen Semester an Lehrveranstaltungen bei Hermann Guthe (1849-1936) und Georg Heinrici Die Angaben zum Militärverhältnis folgen Stephans Auskünften anläßlich der Befragung des Reichs- und Preußischen Ministeriums für Wissenschaft, Erziehung und Volksbildung von 1934; vgl.: Bundesarchiv Berlin. Bestand: R 21 Anhang/10019. Stephan hörte die folgenden Vorlesungen von Wundt: Wintersemester 1894/95: Logik und wissenschaftliche Methodenlehre; Wintersemester 1895/96: Grundzüge der Ethik; Sommersemester 1896: Rechtsphilosophie; Wintersemester 1897/98: Völkerpsychologie. Die Angaben beruhen auf Stephans Studentenakte.· Universitätsarchiv Leipzig. Signatur: Rep. I/XVI/VII C 58, Band 2. Dort befindet sich auch das Exmatrikulationszeugnis vom 5. März 1898 (Universitäts-Quästur, Studentenkartei).

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(1844-1915) teil. Unter anderem führte ihn Heinrici, der Biograph des Schleiermacher-Schülers August Detlev Christian Twesten, während des Sommersemesters 1895 in die „Historisch-kritische Einleitung in das N.T." ein. Kirchengeschichte studierte er bei Theodor Brieger (1842-1915) und Albert Hauck (1845-1918). Mehr und mehr traten jedoch im Laufe der weiteren Studienzeit die systematisch-theologischen Fächer in den Vordergrund. Die Dogmatik unterrichtete an der Leipziger Theologischen Fakultät seit 1890 Karl Thieme (1862-1932). Stephan besuchte seine Vorlesungen und gehörte seit dem Sommersemester 1897 der von ihm geleiteten „Dogmatischen Gesellschaft" an. Insgesamt blieb der Einfluß Thiemes auf Stephan gering; gleichwohl stand er dem jungen Theologen auch bei späteren Gelegenheiten, so etwa bei dem Leipziger Habilitationsverfahren, hilfreich zur Seite.4 Ein für die weitere theologische Entwicklung Stephans geradezu bestimmender Eindruck ging hingegen von dem Systematischen Theologen Otto Kirn (1857-1911) aus.5 Kirn war 1896 im Zuge einer Neustrukturierung der Fakultät als Nachfolger Christoph Ernst Luthardts (18231902) berufen worden. Die frühere, stark kirchlich-apologetische Grundhaltung der Leipziger Fakultät, die geradezu als ein „vorgeschobener Posten der ,Erlanger Schule'" bezeichnet werden konnte, 6 erfuhr durch die Neuzugänge in den neunziger Jahren eine tiefgreifende Veränderung. So richtete sich auch Kirns theologische Konzeption vorrangig darauf, die theologische Theoriebildung für die Kategorien und Wahrheitskriterien nichtreligiöser Rationalität zu öffnen. In dem 1900 erschienenen dogmatisch-theologischen Hauptwerk „Glaube und Geschichte" skizzierte Kirn ein Offenbarungsverständnis, in dem sich eine religionsphänomenologische Sichtweise mit der Anerkennung eines normativen christlichen Offenbarungsbegriffes verbinden sollte.7 Mit diesem Versuch wies Kirn seinem Schüler die Richtung der weiteren theologischen Entwicklung. Auch sein Interesse für die Geschichte der neuprotestantischen Theologie und insbesondere für Schleiermacher führte Stephan selbst später auf

Stephan hat sich später wiederholt sehr anerkennend über Thieme geäußert; vgl.: Die Christliche Welt 25 (1911), 116-117, und: Zeitschrift für Theologie und Kirche. Neue Folge 13 (1932), 285-286. Nach Auskunft der Studentenakte hat Stephan bei Kirn die folgenden Vorlesungen besucht: Sommersemester 1896: Theologische Ethik; Wintersemester 1896/97: Johannesevangelium / Dogmatik I; Sommersemester 1897: Kolosser und Epheser / Geschichte der Ethik. Darüber hinaus hat Stephan an privaten Unterrichtsveranstaltungen teilgenommen, die sich in erster Linie mit der Theologie Schleiermachers befaßten. Vgl. Theodor Heuß: Friedrich Naumann. Der Mann, das Werk, die Zeit, Stuttgart/ Berlin 1937, 32. Otto Kirn: Glaube und Geschichte. Eine dogmatische Untersuchung (Dekanatsprogramm der theologischen Fakultät in Leipzig), Leipzig 1900; Nachdruck in: Otto Kirn: Vorträge und Aufsätze. Herausgegeben von Karl Ziegler, Leipzig 1912, 47-130.

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Anregungen Kirns zurück. 8 - Im Februar 1898 beendete Stephan sein Studium mit der ersten theologischen Prüfung, deren Gesamtergebnis auf „sehr wohl" lautete. Schon während seiner Studienzeit knüpfte Stephan eine intensive, allerdings nur über zwei Jahre hin aufrecht erhaltene Verbindung zum Nationalsozialen Verein an. Friedrich Naumann hatte diese sozialpolitisch engagierte Vereinigung 1896, veranlaßt durch die schwere Krise des Evangelisch-Sozialen Kongresses, gegründet. Die Zugehörigkeit zu Naumanns Reformvereinigung hinterließ bei Stephan eine dauerhafte Prägung der politischen Meinungsbildung. Insbesondere blieb er bis in die Zeit des politischen und gesellschaftlichen Umbruchs nach 1918 dem Gedanken verbunden, daß die sozialen Antagonismen der wilhelminischen Klassengesellschaft über ein integrativ wirksames Nationalbewußtsein überwunden werden müßten.9 Aus diesem Grunde schloß er sich in der Endphase des Krieges auch der Nationalliberalen Partei an, zu der sich - wegen ihrer offensiven Kriegszielpolitik - zahlreiche einflußreiche Liberalprotestanten, so etwa Martin Rade, entschieden distanziert verhielten. 10 8

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Stephan hat seiner Verbundenheit mit Kirn wiederholt gedacht. Vgl. die Ausführungen anläßlich einer Rezension der „Vorträge und Aufsätze": „Im Streite der Parteien hat man Kirns Namen selten gehört. Er war auch kein Entdecker und Organisator neuer Gebiete der Wissenschaft, er gab uns keine neuen Probleme. [...] Seine Gabe war die Klarheit, die er über die vorhandenen verwickelten Probleme auszugießen, die religiöse Tiefe, mit der er sie aus ihren Wurzeln heraus zu entwickeln, die weite Umsicht, mit der er sie in große Zusammenhänge zu stellen, das feine fromme Verständnis, das er auch für die ihm falsch erscheinenden Lösungen aufzubringen vermochte. [...] Daher verehren ihn unendlich Viele, denen doch sein dogmatischer Aufriß inhaltlich zu konservativ, oder denen umgekehrt sein religiös-theologischer und philosophischer Gesichtskreis zu weit war" ([Rezension zu:] Otto Kirn: Vorträge und Aufsätze. Herausgegeben von Kurt Ziegler, Leipzig 1912, in: Die Christliche Welt 26 (1912), 1233). - Das persönliche Verhältnis beleuchtet eine Bemerkung in Stephans Vorwort zur Neubearbeitung des „Lehrbuches der evangelischen Dogmatik" von Friedrich August Berthold Nitzsch, Tübingen 1912, X. Zu dem starken Einfluß, den der Nationalsoziale Verein auf den politischen Sozialisierungsprozeß zahlreicher um 1900 jüngerer Theologen ausgeübt hat, vgl. Gangolf Hübinger: Kulturprotestantismus und Politik, 64-74. Die Nationalliberale Partei war im Februar 1867 als Teil-Nachfolgerin der im Streit um die Indemnitätsvorlage zerbrochenen Deutschen Fortschrittspartei gegründet worden. Obwohl ursprünglich als Partei des liberalen preußischen Bürgertums angetreten, entwikkelte sie während der achtziger und neunziger Jahre starke ordnungspolitische Züge. Vor 1914 gefährdeten heftige interne Auseinandersetzungen zwischen einem linksliberalen und einem altnationalliberalen Flügel die Einheit der Partei. Bei zahlreichen Wahlen ging die Partei Wahlbündnisse mit anderen liberalen Parteien ein. So kandidierte etwa Martin Rade im Mai 1913 für die Wahlen zum Preußischen Abgeordnetenhaus als gemeinsamer Kandidat der Nationalliberalen und der Fortschrittlichen Volkspartei. Während des Krieges trat die Parteiführung zugunsten der alldeutschen Annexionspläne ein. In den Jahren der Mitgliedschaft Stephans (1916-1918) erlebte die Partei ihren Niedergang. Im Mai 1916 kritisierte die Reichstagsfraktion Bemühungen der Regierung, zu einem Verständigungsfrieden zu gelangen. Im März 1917 schloß die Fraktion sich zwar auf Initiative Stresemanns dem von SPD und Fortschrittlicher Volkspartei angeführten Aufruf zur preußischen Wahlrechtsreform an, wurde dafür aber von großen Teilen der Partei

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Eine erste Beziehung zur Christlichen Welt knüpfte Stephan durch die Teilnahme an einem 1897 veranstalteten theologischen Wettbewerb. Von der Schriftleitung war dazu aufgefordert worden, „eine Charakteristik des modernen Menschen, auslaufend in wegweisende Worte über sein Verhältnis zum Christentum und das Verhältnis des Christentums zu ihm" zu entwerfen. Im Mittelpunkt sollte die „Wesensbestimmung des ,modernen Menschen'" stehen; seine Beziehung zum Christentum sei „nur am Schluß zu streifen, sodaß man sieht, die ganze Erörterung stellt sich in den Dienst dieser praktischen Frage".11 Der besten unter den eingehenden Arbeiten wurde die Veröffentlichung in der Zeitschrift in Aussicht gestellt. Rades Aufforderung scheint eine nicht geringe Zahl von Aufsätzen hervorgerufen zu haben; unter anderem beteiligten sich Arthur Bonus, Adolf Perino und Martin Schian. Insofern war es ein großer Erfolg für den vierundzwanzigjährigen Stephan, daß seinem Beitrag, den er unter den Titel „Christlich oder modern?" gestellt hatte, der Preis zuerkannt wurde. Auch viel später noch würdigte Rade diesen Artikel als glänzende Lösung der Aufgabe. 12 Das Schlagwort „Modern" schien Stephan eine Idealvorstellung von Zeitgemäßheit und Wissenschaftlichkeit zu transportieren, der eine überlieferte Gestalt von christlicher Religiosität kaum noch zugeordnet werden konnte. An ihre Stelle drohte, wenn nicht überhaupt Religionslosigkeit, eine „allgemeine Humanitäts-,Religion'" zu treten. Eine solche „Humanitäts-,Religion'" habe schon Schleiermacher als bedrohlichster Widerpart des Christentums gegolten, weil sie die Entfremdung abendländischer Geistigkeit von ihren christlichen Wurzeln als weltanschaulichen Emanzipationsvorgang zu legitimieren suche und damit in kirchenfremden bürgerlichen Kreisen großen Anklang finde: „Der Mensch des endenden

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heftig angegriffen. Zuletzt konnte die organisatorische Einheit kaum noch anders als über die außenpolitisch-militärischen Zielvorstellungen aufrecht erhalten werden. Mit politischem Einfluß ohnehin nicht mehr ausgestattet, zerbrach die Partei in den Wochen des Oktober und November 1918. Teile des rechten Parteiflügels gingen zur DNVP; eine Gruppe um Robert Friedberg schloß sich der DDP an, und wiederum andere, ihrerseits sehr heterogene Gruppen, darunter der Kreis um Stresemann, beteiligten sich an der Gründung der Deutschen Volkspartei. - Zur Parteigeschichte vgl. James J. Sheehan: Der deutsche Liberalismus. Von den Anfängen im 18. Jahrhundert bis zum Ersten Weltkrieg, München 1983, 224-240. 259-318. [Martin Rade:] Aufforderung, in: Die christliche Welt 11 (1897), 693 und 860-861. Christlich oder modern?, in: Die christliche Welt 12 (1898), 7-13. Eine weitere Anerkennung von Stephans Beitrag bestand darin, daß Rade gerade diejenige Ausgabe, in der der Artikel erschien (Nr. l des zwölften Jahrganges vom 6. Januar 1898) zur Probenummer bestimmte, die „in jeder gewünschten Anzahl von Exemplaren durch die Verlagshandlung unentgeltlich und portofrei versandt" werden sollte (Ebd., 21). (Bei der Verlagshandlung handelte es sich um Paul Siebecks Firma J.C.B. Mohr (Leipzig), die zum Beginn des Jahres 1898 die verlegerische Betreuung der Christlichen Welt übernommen hatte.)- Eine kritische Besprechung weiterer Beiträge zu diesem Wettbewerb durch den Karlsruher Pfarrer Franz Rohde (1863-1937) erschien 1898 in den von Rohde selbst herausgegebenen Protestantischen Flugblättern.

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neunzehnten Jahrhunderts ist an sich, vermöge seiner ganzen Eigenart, kein Christ [...]" mehr.13 In seiner weiteren Argumentation blieb Stephan jedoch nicht bei einer eindimensionalen Gegenüberstellung von Christentum und Moderne stehen. Vielmehr fragte er nach denjenigen Elementen einer heute gültigen Auffassung von Christentum, durch die es den Menschen gerade innerhalb eines modernen Weltumganges „verständlich" werden könne. In Anlehnung an Rudolf Eucken betonte Stephan in erster Linie die Bedeutung des christlichen Menschenbildes. Gegen eine immer weiter voranschreitende Depersonifizierung des Einzelnen im gesellschaftlichen Zusammenhang, gegen eine Entwicklung, in der der Mensch „auf das Niveau der ihn umgebenden Natur herabgedrückt" werde und im Flusse der geschichtlichen Entwicklung „seine Selbständigkeit" immer mehr verliere, halte die christliche Sicht vom Menschen am Ideal der sich ihrer selbst bewußten Persönlichkeit, an der Idee von Individualität fest. Aus dieser Überzeugung, vor allem aber aus der ihr zugrundeliegenden, „von innen kommenden religiösen Bewegung" sei auch die „moderne Theologie" erwachsen. Im Unterschied allerdings etwa zu Nietzsches Kult des starken Einzelnen bleibe die christliche Vorstellung von der Erhöhung des Menschen auf ein religiöses Zentrum bezogen, von dem her Gemütsstärke und Willenskraft überhaupt erst begründet werden. Der geistige Grundgehalt von Subjektivität müsse auch unter denjenigen Bedingungen, unter denen moderne Individualität sich entfalte, „von der Religion ausgehen". Eine solche Vermittlungsleistung aber könne allein das Christentum erbringen. Nur das Christentum sei imstande, „die innersten Kräfte der Seele aus ihrem dumpfen Schlafe [zu] wecken" und sie aus ihrer Zersplitterung zu sammeln. So werde dem Menschen geholfen, „seinen eigentlichen Kern herauszuarbeiten, nach ihm aber auch Leben und Welt zu gestalten". Erst auf diese Weise entstehe überhaupt, wie Stephan mit Bezug auf Troeltsch formuliert, diejenige Gestalt personaler Identität, die nach christlichem Verständnis mit dem Begriff „Persönlichkeit" bezeichnet werden könne und die im übrigen scharf von einer „bloßen sich selbst genießenden Individualität und der schrankenlos begehrlichen und beweglichen Subjektivität" abgegrenzt werden müsse.14 Christentum und Moderne seien daher keineswegs Gegensätze. Vielmehr habe gerade der Protestantismus, sofern er die „Umwandlung", in der er sich, bedingt durch den hohen Anforderungsdruck einer von Geschichts- und Naturwissenschaft bestimmten Welt, befinde, unbeirrt fortsetze, die berechtigte Hoffnung, daß in Zukunft wieder die Religion zur „Trägerin der menschlichen Entwicklung" werde. Dann werde die Religion wieder „in die Tiefen der 13 14

Christlich oder modern?, 8. Ebd., 12. Stephan bezieht sich auf Ernst Troeltsch: Die Selbständigkeit der Religion [Teil IV], in: Zeitschrift für Theologie und Kirche 6 (1896), 167-218, hier: 202.

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Gesellschaft" „eindringen". Nach langer Resignation, so Stephan, könne zumindest in seiner protestantischen Gestalt das Christentum wieder voller Zuversicht in die Zukunft blicken. Sofern es sich der Moderne öffne, „den Pulsschlag der modernen Zeit" erlausche und selbst moderner werde, gelte für das Verhältnis von christlicher Religion und moderner Welt der Grundsatz: „Nicht »christlich oder modern', sondern christlich und modern, ja christlich und gerade deshalb auch freudig modern!"15Nachdem sich aus dem theologischen Wettbewerb ein erster Kontakt zu Martin Rade hergestellt hatte, entwickelte sich bald eine engere Verbindung zwischen beiden. Von großer Bedeutung für Stephan war, daß Rade ihm Ostern 1898 für ein Jahr die Position des Redakteurs im Büro der Christlichen Welt übertrug und so die materielle Voraussetzung für die Ausarbeitung einer theologischen Lizentiatenarbeit schuf. Auch später blieb Stephan dem Kreis um Rade eng verbunden. So übernahm er in der 1903 gegründeten „Vereinigung der Freunde der Christlichen Welt" das Amt eines Vertrauensmannes für den Leipziger Bezirk und wirkte auf diese Weise an den sehr wechselhaften Geschicken der Vereinigung verantwortlich mit. Das persönliche Verhältnis zu Rade gestaltete sich im Laufe der Jahre zunehmend intensiver. Zumal seit der gemeinsamen Zeit in Marburg ab 1907 schloß Stephan sich ihm - seiner eigenen Beschreibung zufolge- als seinem väterlichen Freund an.16 Das Thema der theologischen Dissertation war aus den Studien bei Otto Kirn erwachsen.17 Auf kaum achtzig Seiten hat Stephan hier „die Lehre Schleiermachers von der Erlösung" analysiert. Dabei konzentrierte er sich zunächst darauf, den Standpunkt Schleiermachers „nach seiner individuellen und seiner gemeinschaftlichen Seite" hin zu untersuchen. Den anschließenden Hauptteil der Arbeit bildet eine „Beurteilung", die zum einen die praktisch-religiöse Grundlage der Theorie, zum anderen den „Einfluß der Zeitbildung" auf Schleiermachers Darstellung erörtert.

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Christlich oder modern?, 13. Ich folge hier einer Mitteilung von Herrn Pfr. i.R. Alfred Pahner, Dresden, der als Leipziger Theologiestudent von Herbst 1948 bis Herbst 1953 in der Wohnung des Ehepaares Stephan zur Untermiete lebte. - Das persönliche Verhältnis zwischen Stephan und Rade wurde auch dadurch noch vertrauter, daß Dora Rade die Patenschaft für eines der beiden Kinder des Ehepaares Stephan übernahm. - Vgl. auch Horst Stephans persönlich gefärbten Beitrag zur Festschrift für Martin Rade: Die .Christliche Welt' und die systematische Theologie, in: Vierzig Jahre ,Christliche Welt'. Festgabe für Martin Rade zum 70. Geburtstag 4. April 1927. Im Auftrag der Freunde zusammengestellt von Hermann Mulert, Gotha 1927, 112-119. - Hinweise auf Stephans Tätigkeit als „Vertrauensmann" finden sich in: [Martin Rade (Hg.):] An die Freunde. Vertrauliche, d.i. nicht für die Oeffentlichkeit bestimmte Mitteilungen. Nr. 7 vom 1. Oktober 1904, 55; Nr. 8a vom 12. Dezember 1904, 71; Nr. 10 vom 20. April 1905, 83; Nr. 32 vom 25. Juli 1910, 357-358. Die Lehre Schleiermachers von der Erlösung. Dargestellt und beurteilt, Tübingen und Leipzig 1901.

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In diesem letzten Teil hebt Stephan eine Dreiheit prägender Einflußfaktoren hervor. Schleiermacher weise in seiner Erlösungslehre einen starken „ästhetischen Einschlag", daneben gleichfalls stark wirksame „spekulativmonistische" Elemente auf. So intensiv aber die Anknüpfung in beiden Fällen auch gewesen sei, so wenig erliege Schleiermacher doch der durch sie eröffneten Gefahr. Ein „tief erfaßtes persönliches Christentum" habe ihn sowohl vor einer Intellektualisierung als auch vor einer Ästhetisierung der Erlösungstheorie bewahrt. In einem dritten Einflußfaktor schließlich sah Stephan das entscheidende theoretische Moment. Denn „gegenüber der monistischen und ästhetischen Zeitstimmung" habe Schleiermacher erst dann einen Halt gefunden, als „er die Kantische Philosophie in seine Dienste zog". Wie keine andere theologiegeschichtliche Vorlage habe gerade Kants „Religion innerhalb der Grenzen der bloßen Vernunft" von 1793 „vielfach und stark" die Ausarbeitung der Schleiermacherschen Erlösungstheorie geprägt.18 Die Theorie selbst durchziehe „eine scharfe Zwiespältigkeit". Einerseits sei ihr das einzelne Subjekt „Schauplatz und Ziel der Erlösung". Das religiöse Leben bilde das Zentrum der gesamten Person des einzelnen Frommen. „Der andere Pol aber liegt in dem Streben, das dem Quell des Zeitbewußtseins entsteigt, alles Einzelne zurückzuführen auf Allgemeines, alles Individuelle auf Identisches, alles Selbständige auf die immanente Wirksamkeit Gottes." Durch diese Tendenz werde die Individualität des religiösen Subjektes wieder gefährdet. An die Stelle einer realistischen Beschreibung des Verhältnisses von frommem Einzelnem und religiöser Gemeinschaft trete jetzt bei Schleiermacher „eine neue Herrschaft intellektualistischer Kategorien". Hieran knüpft Stephan eine weitgehende Kritik: Es gebe in Schleiermachers Erlösungslehre eine Tendenz, derzufolge Christus und alle Erlösten zu bloßen Werkzeugen Gottes ohne Eigenwert und Freiheit würden. Das religiöse Leben gerate in eine „gefährliche Analogie zu natürlichen Prozessen". Die Erlösung verkümmere zu einem kleinen Bruchteil des Geschehens von Schöpfung und Erhaltung. „Eine Wolke der Theorie begann, [...] den religiösen Charakter von Schleiermachers Erlösungslehre zu verdunkeln; am Himmel des Zeitbewußtseins aber wuchs sie riesengroß heran." Dieser Verdunkelung habe die Anknüpfung an Kants Erkenntnistheorie entgegengewirkt; als Retterin und philosophische Hülle bewahre sie „das eigentlich religiöse Element". Die Aufgabe der kritischen Analyse liege daher darin, eine Rekonstruktion gerade dieses religiösen Grundelementes zu leisten. Nur so lasse sich die, tendenziell bereits vollzogene, spekulative Verfremdung der Theorie wieder rückgängig machen. 19 llf

19

Ebd., 158. 160. Ebd., 176-177. Zur These einer intellektualistischen Verformung der Theorie vgl. besonders: 154-157.

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Stephan reichte die Arbeit im Herbst 1899 ein und wurde am 25. März 1900 zum Lie. theol. promoviert. Im Vorwort der Studie gab er seiner Verehrung für Schleiermacher trotz aller sachlichen Kritik einen beinahe überschwenglichen Ausdruck: Die Arbeit solle als eine Dankesschrift vor allem Schleiermacher selbst gewidmet sein. „Von ihm habe ich mehr empfangen denn von irgend einem Theologen unserer Tage, und ich hoffe, daß ich noch weitere Schätze aus seiner Fülle schöpfen kann. Dankbare Liebe zu ihm hat mir die Feder geführt, so daß ich wohl den Vorwurf einer falschen apologetischen Behandlung auch seiner Mängel fürchten muß. Möchte wenigstens das christlich-theologische Streben, das in der Abhandlung einen Ausdruck gesucht hat, seines Geistes nicht ganz unwürdig befunden werden!"20 1.1.2. Schuldienst und frühe wissenschaftliche Arbeiten Wenige Wochen nachdem Stephan seine Dissertation abgeschlossen hatte, beendete er auch die Tätigkeit im Frankfurter Büro der Christlichen Welt und suchte zunächst nach einer Betätigungsmöglichkeit im Schuldienst.21 Seit dem 1. April 1899 unterrichtete er am Gymnasium in Zittau Religion und alte Sprachen. Am 1. November 1900 legte er die zweite theologische Prüfung, die sogenannte „Wahlfähigkeitsprüfung" (examen pro ministeno), vor der landeskirchlichen Prüfungskommission in Dresden ab. Schon nach dreijähriger Unterrichtstätigkeit wechselte er an das soeben erst eröffnete Königin Carola-Gymnasium in Leipzig, wo er bis zum 31. März 1907 als „wissenschaftlicher Lehrer" mit dem Titel eines Oberlehrers in den gleichen Fächern unterrichtete. Das Pfarramt hat Stephan, der sich nach derzeitigem Kenntnisstand auch als Theologieprofessor nicht ordinieren ließ, niemals ausgeübt. Die Erfahrungen des Schulalltages und insbesondere die Beobachtungen zur Situation des Religionsunterrichtes schlugen sich in mehreren Veröffentlichungen nieder. So erörterte Stephan 1910 in einem für die Christliche Welt verfaßten Beitrag einzelne Aspekte der prekären Stellung des Religionslehrers an staatlichen Schulen. Für Stephan spiegelte sich hier ein Grundproblem der Kirche in der modernen Welt wider: Die meisten heutigen Religionslehrer seien „so unterrichtet worden, daß sie das Weltbild der modernen Naturwissenschaft und die historische Kritik für selbstverständlich halten". Zugleich aber sehen sie die Kirche fast unlöslich mit dem antiken Weltbild und dem Widerstand gegen eine historische Kritik an Bibel oder Dogma verkettet. Aus dieser Situation ergebe sich ein unter der Lehrer20 21

Ebd., V. Rade war zu diesem Zeitpunkt noch Pfarrer an der Paulskirche in Frankfurt am Main. Seine Habilitation für das Fach Systematische Theologie an der Universität Marburg erfolgte erst am 13. Dezember 1899.

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schaft weit verbreitetes Gefühl der Überlegenheit gegenüber der kirchlichen Lehre. Die Einsicht in die Grenzen der wissenschaftlichen Erkenntnis oder gar in den historischen Wert der kritisierten kirchlichen Lehrinhalte fehle hingegen durchaus. Diese kirchenkritische, ja ablehnende Haltung teile der heutige Religionslehrer mit der Mehrzahl der Gebildeten.22 Ein weiteres Problem liege in dem „außerordentlich empfindlichen Amtsund Standesbewußtsein" der Religionslehrerschaft. Aufgrund der zwischenzeitlich fast allgemein als anachronistisch empfundenen kirchlichen Ortsund Kreisschulaufsicht wende sich dieses Amtsbewußtsein der Lehrer in eine bisweilen heftige Reaktion gegen die Kirche. Besonders an höheren Schulen sei die Stellung der Kirche daher mittlerweile sehr nachhaltig untergraben. Ein weiterer Grund für diese gespannte Situation liegt nach Stephan in den übermäßig hohen Ansprüchen, die an die Leistungskraft des Religionsunterrichtes gestellt würden. Er solle die jungen Menschen nach verbreiteter kirchlicher Ansicht „zu Christen machen". In Kirchenzeitungen und auf Synoden werde regelmäßig die Meinung vertreten, daß die Tugendlosigkeit der Jugend, der Schwund früherer Bibel- und Katechismusfestigkeit, der Rückzug junger Gemeindemitglieder von Kirchgang und Abendmahl, schließlich auch die stetige Abnahme der Theologiestudentenzahlen auf einen mangelhaften Religionsunterricht zurückzuführen seien. Stephan kritisiert an dieser Auffassung, daß sie „die Unkirchlichkeit" des Volkes auf einer viel zu oberflächlichen Ebene erörtere. Vielmehr sei dieses Phänomen „mit innerer Notwendigkeit aus der Entwicklung der Kultur und Kirche im neunzehnten Jahrhundert herausgewachsen". Es sei, ganz im Gegenteil, kein schlechtes Zeugnis für die Religionslehrer, daß aus den höheren Schulen noch immer so viele Theologiestudenten an die Universitäten geschickt werden könnten und daß auch die Gebildeten noch immer ein gut Teil der christlich-sittlichen Weltanschauung festhielten. „Wenn die Männer der Kirche noch mehr vom Religionsunterricht erwarten, dann ahnen sie eben nicht, wie schlecht heute die Lage der Kirche ist."23 Eine Änderung der gespannten Lage könne nur dann eintreten, wenn die Kirche den Religionsunterricht „wirklich als eine kirchliche Funktion" betrachte und die ihn erteilenden Lehrer faktisch mit den Geistlichen gleichstelle, denen sie ohnehin in der Regel ausbildungsmäßig kaum nachstünden. Solange aber die Religionslehrer als Objekt kirchlicher Herrschaft und Aufsicht betrachtet würden und von der Mitarbeit am kirchlichen Organismus weitgehend ausgeschlossen seien, könne das Bewußtsein des kirchlichen Dienstes bei ihnen nicht aufkommen. Schließlich erörtert Stephan auch die während dieser Vorkriegszeit intensiv diskutierte Frage, ob es angesichts der aufgeworfenen Probleme nicht empfehlenswert sei, die Erteilung des Religionsunterrichtes ganz aus 22 23

Kirche und Religionsunterricht, in: Die Christliche Welt 24 (1910), 3-10, hier: 3-4. Ebd., 4-5.

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der kirchlichen Hand zu geben. Auf der einen Seite stünde dann die Schule, in der ein historisch und ethisch-religiös ausgerichteter religionskundlicher Unterricht erteilt würde, auf der anderen die Kirche mit ihrem religiös-dogmatischen Kindergottesdienst und Konfirmandenunterricht. Stephan nennt mehrere Erklärungen und Protestschreiben aus Kreisen der Volksschullehrer, die für eine solche Trennung eintreten. Auch in Kirche und Staat finde dies immer mehr Unterstützung. Stephan selbst vertritt die Ansicht, daß sich die Forderung solange nicht als unbegründet abweisen lasse, solange die Kirche den „dogmatischen Zwang" nicht überwinde, der alle kirchliche Verkündigung binde. Dennoch stünden ihr schwerwiegende Argumente entgegen. Auch nach einer vollständigen Trennung von Kirche und Staat sei der Kampf des Dogmas gegen Kritik und religiöse Freiheit nicht entschieden. Solange die kirchliche Entwicklung nicht selbst „eine andere Stufe" erreicht habe, werde dieser Kampf nur vom Gewissen der Lehrer auf das der Kinder übertragen. Eine Lösung sieht Stephan wiederum nur in einer entschiedenen Aufwertung der Stellung der Religionslehrer innerhalb der Kirche. Deshalb lautet seine Hauptforderung, daß der Religionsunterricht als eine dem Predigtamt gleichgeordnete kirchliche Funktion anzuerkennen sei und seinen Trägern ähnliche kirchliche Rechte wie den Geistlichen verliehen werden müßten.24 Damit verbindet Stephan weitreichende Überlegungen zur Umgestaltung der kirchlichen Synodalverfassung. Die Synoden müßten viel stärker als bisher nach einem Repräsentanzmodell zusammengesetzt sein. Nicht das gegenwärtige Filtriersystem, sondern ein wirklich demokratisches Wahlverfahren habe über die Zusammensetzung der nichtdelegierten Kirchenvertreterschaften zu entscheiden. An diese engagiert vorgetragenen Überlegungen zur Gestaltung der kirchlichen Verfassung hat Stephan in der Zeit der kirchenrechtlichen Reformen nach 1918 erneut angeknüpft. 25 Auch während seiner Tätigkeit als Religionslehrer betrieb Stephan die wissenschaftlich-theologische Arbeit weiter. Mehr und mehr trat jetzt, nach einer Phase des intensiven Schleiermacher-Studiums, die Auseinandersetzung mit Albrecht Ritschi und Wilhelm Herrmann in den Mittelpunkt seines Interesses. Insbesondere Herrmann erschien ihm - nach einer späteren Aussage - zu dieser Zeit als der „getreue Eckart" der neuprotestantischen Theologie, hinter den sie nicht zurückfallen dürfe. 26 24 25

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Ebd., 8-9. - Vgl. hierzu auch den Aufsatz: Neue Organe der Kirche, in: Die Christliche Welt 21 (1907), 808-813. Kirche und Religionsunterricht, 8-10. Die hier skizzierten Überlegungen hat Stephan in der separat veröffentlichten Schrift „Die kirchliche Stellung des Religionslehrers" (Berlin 1910) weiter entwickelt.- Vgl. zur Kritik der Position Stephans Hermann Schuster: Religionsunterricht, in: Theologische Rundschau 15 (1912), 431-447, hier: 433-434. Brief an Karl Hennig vom 28. November 1942 (Nachlaß Horst Stephan. Bestand: Varia 2). Vgl. unten 1.7.4.

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Gleichzeitig legte Stephan zwischen 1902 und 1905 eine Reihe von Publikationen zu Herder und Hamann vor. Aus diesen Arbeiten ist insbesondere eine umfangreiche kirchen- und theologiegeschichtliche Herder-Studie beachtenswert, die 1905 unter dem Titel „Herder in Bückeburg und seine Bedeutung für die Kirchengeschichte" veröffentlicht wurde.27 Herder erscheint in dieser Untersuchung als zweite große Gestalt neben Schleiermacher, von der die neuere protestantische Theologie ihren Ausgang genommen habe. Herders differenzierte Stellung gegenüber Aufklärung und Neologie, seine Überlegungen zur Selbständigkeit und zum Wesen der Religion, vor allem aber sein geschichtsphilosophischer Standpunkt, von dem aus erstmals eine kritische Würdigung der „historischen Normen des Christentums" möglich geworden sei, haben nach Stephan in der weiteren theologischen Entwicklung, zumal in der Diskussionslage um 1800, eine zentrale Rolle gespielt. Er hebt besonders hervor, daß Herder, ungeachtet aller Schwierigkeiten seines theologischen Entwurfes im einzelnen, als erster eine geschichtlich fundierte Interpretation des Christentums habe geben wollen. Zumindest ansatzweise sei ihm von dieser Voraussetzung aus auch die Notwendigkeit einer „Umprägung christlicher Glaubensgedanken", und zwar in erster Linie aus dem dogmatischen Bereich der Gotteslehre sowie der Christologie, bewußt geworden. Auf diese Weise sei er der Urheber einer historischen Betrachtungsweise in der Theologie geworden, die sich im frühen neunzehnten Jahrhundert weithin durchgesetzt habe und die auch für alle späteren neuprotestantischen Christentumstheorien nicht mehr hintergehbar gewesen sei.28 Auf eine Anregung von Martin Rade hin entschloß Stephan sich schließlich zur Habilitation an der Universität Leipzig im Fach Neuere Kirchengeschichte. Die Abfassung einer Habilitationsschrift wurde Stephan aufgrund des Herder-Buches erlassen. Er hatte am 21. Juni 1906 eine mündliche Prüfung vor den Mitgliedern der Fakultät abzulegen, deren Gesamtnote mit magna cum lande ausfiel. Nachdem er drei Wochen später auch eine Probevorlesung über „Schleiermachers .Reden' und Herders ,Religion, Lehrmeinungen und Gebräuche'" gehalten hatte, wurde das Verfahren am 14. Juli 1906 mit der Habilitation erfolgreich abgeschlossen.29

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Herder in Bückeburg und seine Bedeutung für die Kirchengeschichte, Tübingen 1905. Die bibliographischen Angaben zu weiteren Herder- und Hamann-Publikationen aus den Jahren 1902 bis 1904 finden sich im Bibliographischen Anhang unter A.2.1.4. Vgl.: Herder in Bückeburg und seine Bedeutung für die Kirchengeschichte, 157-202 („Religion und Geschichte"), sowie: 202-237 („Umprägung der christlichen Glaubensgedanken"). Die Druckfassung der Probevorlesung erschien unter dem Titel: Schleiermachers ,Reden über die Religion' und Herders .Religion, Lehrmeinungen und Gebräuche', in: Zeitschrift für Theologie und Kirche 16 (1906), 484-505.

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Trotz der Fürsprache des Dekans Kirn, zu dem Stephan weiterhin engen Kontakt gehalten hatte, konnte ihm die Fakultät die baldige Übernahme in ein festes Besoldungsverhältnis nicht in Aussicht stellen. Zudem engte die Fakultät ihn zu seiner nicht geringen Enttäuschung in seiner Lehrtätigkeit allein auf kirchengeschichtliche Themen ein. Ganz im Gegensatz dazu hatte Stephan schon im März 1906, also zu einem Zeitpunkt, als das Leipziger Habilitationsverfahren noch nicht abgeschlossen war, sich gegenüber Rade zuversichtlich gezeigt, nach Aufnahme der Lehrtätigkeit auch im systematisch-theologischen Fach lesen zu können. Da sich entsprechende Unterlagen aus der Leipziger Fakultäts- oder Universitätsverwaltung nicht erhalten haben, kann nur vermutet werden, daß die Fakultät Stephan die Genehmigung hierzu jedoch nicht erteilt hat. Auf Anraten Rades, dem er sich brieflich anvertraute, entschied Stephan sich daher dazu, eine Umhabilitation vornehmen zu lassen und eine akademische Tätigkeit an der Marburger Theologischen Fakultät aufzunehmen.30 Insgesamt bleibt bemerkenswert, wie entschieden Stephan auf eine mit der Neuaufnahme der Habilitation in Marburg verbundene Ausweitung des Lehrumfangs auf das Gebiet der Systematischen Theologie gedrungen hat. Auf seinen an den Dekan Wilhelm Herrmann gerichteten Antrag vom 24. September 1906 hin, sich „in Marburg für Systematische Theologie und (neuere) Kirchengeschichte" habilitieren zu dürfen, konnte das Verfahren noch rechtzeitig zum Beginn des Sommersemesters am 1. April 1907 abgeschlossen werden.31 Bereits am 24. April hielt Stephan vor der Fakul-

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Brief an Martin Rade vom 5. März 1906 (Universitätsbibliothek Marburg: Nachlaß Rade. MS 839). Die Unterlagen zum Marburger Habilitationsverfahren befinden sich im Hessischen Staatsarchiv Marburg. Signatur: 307a/24 Acc. 1950/1. Den Akten liegt ein handschriftlicher Lebenslauf vom Juli 1906 bei, der unter anderem einige Hinweise auf die private Lebenssituation enthält: „Ich, Horst Stephan, wurde geboren am 27. September 1873 in Sayda im sächsischen Erzgebirge als 4. Sohn des Gerichtsaktuars Oswald August Stephan und seiner Frau Kunigunde, geborene Niezel. [...] [Im Anschluß an den Schulbesuch] erfüllte ich bis 31. März 1894 in Dresden meine Militärpflicht, später habe ich noch zwei achtwöchentliche Übungen geleistet und das Befähigungszeugniß zum Reserveoffizier erworben; zur Wahl aber habe ich mich nicht gestellt, um nicht durch weitere Übungen in Beruf und Studien unterbrochen zu werden. [...] Die weitere Berufstätigkeit suchte ich [nach Studium und Promotion] vorläufig nicht im Pfarramt, sondern als Religionslehrer, weil ich mich für dieses Amt durch meine besonderen Studien besser vorbereitet glaubte und weil ich seine kirchlich-religiöse Bedeutung besonders hoch schätzte. [...] Ostern 1902 wurde ich vom Königlichen Ministerium als ständiger Oberlehrer an das eben begründete Königin Carola-Gymnasium in Leipzig berufen. Im Sommer 1902 habe ich mich mit Hedi Mayer, Tochter des Professors der Rechte Otto Mayer, damals in Straßburg, verheiratet, 1903 wurde uns ein Sohn und 1905 eine Tochter geschenkt." In der Beschreibung seiner bisherigen wissenschaftlichen Arbeiten verweist Stephan auf die Studien zu Herder, Hamann und Schleiermacher. Als Grund für die Konzentration auf Schleiermacher gibt Stephan an, daß er seine „Gesichtspunkte für die Betrachtung unserer religiösen, theologischen und kirchlichen Lage [habe] vertiefen" wollen. - Hedwig

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tat seine Antrittsvorlesung, in der er unter dem Titel „Die Bedeutung des achtzehnten Jahrhunderts für die systematische Theologie" die von ihm geforderte Integration kirchen- und theologiegeschichtlicher sowie systematisch-theologischer Fragestellungen beispielhaft vorführte, in der er aber auch wichtige Teile seines eigenen Forschungsprogrammes der kommenden Jahre skizzierte.32 Gleichzeitig mit der Aufnahme in die Marburger Fakultät trat Stephan in den von Herrmann und Martin Rade als den verantwortlichen Herausgebern geleiteten Kreis fester Mitarbeiter der Zeitschrift für Theologie und Kirche ein. Die finanzielle Sicherung Stephans erfolgte während des ersten Marburger Jahres erneut dadurch, daß Rade ihm die Position des Redakteurs der Christlichen Welt übertrug. Anders als 1898/99 fiel Stephan in dieser Zeit wiederholt auch die Aufgabe zu, eine Reihe von Ausgaben der Zeitschrift in eigener Verantwortung herauszugeben. So übernahm Stephan die Leitung der Redaktionsgeschäfte im September und Oktober 1907, während Rade für einige Wochen in die USA reiste, um an einem von der Internationalen Unitarier-Vereinigung veranstalteten Kongreß, dem Fourth International Congress of Religious Liberals, in Boston teilzunehmen.33 Stephans offizielle Stellung an der berühmten und weltweit als eine der führenden protestantisch-theologischen Ausbildungsstätten anerkannten Fakultät festigte sich schon bald. Bereits am 24. Mai 1911 wurde er zum nichtbeamteten außerordentlichen Professor ernannt und am 19. Februar 1914 als etatmäßiger außerordentlicher Professor der Systematischen Theologie in das Beamtenverhältnis übernommen. Im Juli desselben Jahres wurde Stephan durch die Leipziger Theologische Fakultät zum D. theol. promoviert. Fünf Jahre später, am 10. April 1919, erhielt er eine ordentliche Professur im Range eines „Persönlichen Ordinarius" im Fachbereich der seit Wilhelm Herrmanns Emeritierung zum Ende des Sommer-

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Mayer (1878-1954) war eine Tochter des Straßburgerjuristen Otto Mayer (1846-1924), der als Begründer der deutschen Verwaltungsrechtswissenschaft gilt. Zu Mayer vgl. Erk Volkmar Heyen: Otto Mayers Kirchenrecht und die Verfassungsreform der evangelischlutherischen Kirche in Elsaß-Lothringen und Polen, in: Zeitschrift der Savigny-Stiftung für Rechtsgeschichte (Kanonistische Abteilung. LXV) 69 (1979), 239-264, sowie: Katja Jönsson / Matthias Wolfes: Mayer, Otto, in: Biographisch-Bibliographisches Kirchenlexikon. Band 15, Herzberg 1999, 991-1011. Die Bedeutung des achtzehnten Jahrhunderts für die systematische Theologie, in: Zeitschrift für Theologie und Kirche 17 (1907), 270-291. Stephan übte das Amt des Redakteurs der Christlichen Welt von Sommer 1907 bis Sommer 1908 aus, d.h. unmittelbar vor Karl Barrh und dem darauf folgenden Peter Barth. Vgl. auch die Liste der Redakteure von 1888 bis 1926 in: An die Freunde. Nr. 82 vom 15. März 1926, 940. Als von Stephan in der Funktion des „Verantwortlichen Herausgebers" betreute Ausgaben werden bezeichnet die Nummern 36 bis 41 des Jahrganges 1907 und die Ausgaben Nr. 23 bis Nr. 26 des Jahrganges 1908. - Zur AmerikaReise Martin Rades vgl. Johannes Rathje: Die Welt des freien Protestantismus, 160-163.

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semesters 1917 durch keinen Lehrstuhlinhaber vertretenen Systematischen Theologie.34 1.2. Marburg: „Glaubenslehre" und Kirchenpolitik Den Jahren in Marburg kommt für die Ausrichtung des gesamten späteren Lebenswerkes von Stephan eine grundlegende Bedeutung zu. Hier entwikkelte er das Modell seiner theologischen Konzeption, hier setzte er sich erstmals in größerem kirchenpolitischen Rahmen für ein liberales Kirchenreformprogramm ein, hier auch erwarb er sich diejenige Souveränität im Umgang mit der neuprotestantischen theologischen Tradition, die die unerläßliche Voraussetzung dafür bildete, daß er seit den späten zwanziger Jahren selbst zu einem der führenden liberalen Theologen der Zeit werden konnte. 1.2.1. Frühe Marburger Publikationen Am Beginn seiner akademischen Tätigkeit stand jedoch zunächst eine heftige Auseinandersetzung mit Karl Holl. Holl hatte 1906 und 1907 in zwei Vorträgen die lutherische Rechtfertigungslehre als Zentralinhalt der evangelischen Theologie dargestellt.35 Stephan, der zu diesem Zeitpunkt selbst an einer größeren Studie zu Luther arbeitete, veröffentlichte in der von Rade herausgegebenen Zeitschrift für Theologie und Kirche eine kritische Rezension.36 Er monierte insbesondere, daß Holl die lutherische Auffassung in das Schema einer konservativen dogmatischen Theorie 34

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Alle Daten nach: Catalogue Professorum Academiae Marburgensis 1527-1910. Bearbeitet von Franz Gundlach (Veröffentlichungen der Historischen Kommission für Hessen und Waldeck. Band XV), Marburg 1927, 72. Die hier veröffentlichten Daten beruhen weitgehend auf Angaben der Rektoratsakten; vgl.: Marburger Staatsarchiv. Bestand: Rektoratsakten. Sect. II Lit. a. Nr. 4. In Einzelfällen weichen die Datierungen, die Stephan selbst gibt, ab; so datiert er seine Ernennung zum Beamten erst auf den 1. April 1914.- Zur Verleihung des Professorentitels im Mai 1911 vgl. auch: Protestantenblatt 44 (1911), 857 (Ausgabe vom 26. 7. 1911, Beiblatt Nr. 30).- Im Frühjahr 1918 scheiterte ein vor allem von Otto Baumgarten unterstützter Versuch, Stephan auf die Kieler systematisch-theologische Professur Erich Schaeders, der im November 1917 nach Breslau gewechselt war, zu berufen. Statt seiner erhielt Hermann Mandel (1882-1946) die Professur (vgl. Hasko von Bassi: Otto Baumgarten. Ein „moderner Theologe" im Kaiserreich und in der Weimarer Republik (Europäische Hochschulschriften. Reihe XXIII. Band 345), Frankfurt am Main u.a. 1988, 125; siehe auch Jendris Alwast: Geschichte der Theologischen Fakultät. Vom Beginn der preußischen Zeit bis zur Gegenwart (Geschichte der Christian-Albrechts-Universität Kiel 1665-1965. Band 2, Teil 2), Kiel / Neumünster 1988, 160). Karl Holl: Die Rechtfertigungslehre im Licht der Geschichte des Protestantismus, Tübingen 1906; Ders.: Was hat die Rechtfertigungslehre dem modernen Menschen zu sagen?, Tübingen 1907. Zur Rechtfertigungslehre, in: Zeitschrift für Theologie und Kirche 17 (1907), 454-457.

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eingezeichnet und damit verzerrt habe. Statt dessen sei es gerade die Aufgabe der Theologie, in neuen begrifflichen Formen jene rechtfertigungstheologischen „Motive" erneut zur Geltung zu bringen. Holl fühlte sich von diesem Bedenken zutiefst getroffen. Zwar ließ er sich zunächst auf eine Entgegnung ein, die wiederum von Stephan beantwortet wurde, doch hielt er den Dissens für unüberbrückbar. 37 Als Rade Holl brieflich mitteilte, daß Stephan seine Veröffentlichungen zur Rechtfertigungslehre auch in der Christlichen Welt besprechen werde, hier allerdings unter Verzicht auf jene kritischen Bemerkungen, antwortete Holl: „Ich persönlich lege gar keinen Wert auf seine Rezension. Lieber - so ungern ich auf dieses Publikum verzichte, aber doch- lieber gar nicht in der Christlichen Welt erscheinen, als durch Stephan gelobt werden."38 Stephan fühlte sich durch Holls spätere Publikationen in seiner Kritik bestätigt. Er verzichtete jedoch auf eine Neuaufnahme des Streites und gab zu Holls Lebzeiten kein öffentliches Urteil in dieser Sache mehr ab.39 Stephan legte während der Jahre seiner Marburger Lehrtätigkeit eine große Zahl von Veröffentlichungen vor. So erschienen, abgesehen von einigen Aufsätzen in der Zeitschrift für Theologie und Kirche, eine Studie zur Wirkungsgeschichte Luthers im kirchlichen Protestantismus (1907), eine Darstellung zur historischen Bedeutung des Pietismus (1908) sowie eine sehr subtile Untersuchung zur Geschichte des Begriffes „Neuprotestantismus" (191l).40 Besonders in der dem Neuprotestantismus-Begriff gewidmeten Studie verband Stephan eine präzise historische Analyse mit 37

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Karl Holl: Noch einmal: Zur Rechtfertigungslehre, in: Zeitschrift für Theologie und Kirche 18 (1908), 67-70; Horst Stephan: Antwort, in: Zeitschrift für Theologie und Kirche 18 (1908), 70-74.- Dem Text von Holl ging ein ausführlicher Briefwechsel mit Rade voran. Eine ursprünglich von Holl verfaßte Replik war im Ton wesentlich schärfer gehalten als der gedruckte Text. Holl hat sich zwar, nachdem auch Stephan selbst sich brieflich an ihn gewandt hatte, bereit erklärt, auf die frühere Fassung zu verzichten, doch hielt er den Vorwurf, Stephan habe ihn „mißverstanden", aufrecht (Briefe Karl Holls an Martin Rade vom 12. und 26. Dezember 1907. Nachlaß Martin Rade, Universitätsbibliothek Marburg. Signatur: MS 839). Brief an Martin Rade vom 26. Dezember 1907. Die Rezension erschien dennoch; vgl.: Die Christliche Welt 21 (1907), 1282-1283. In einer Fußnote erklärte Rade, daß „diese Anzeige [...] schon geschrieben und gesetzt [war], ehe die Bemerkungen in der Zeitschrift für Theologie und Kirche 1907 S. 454 vom Berichterstatter niedergeschrieben wurden" (Ebd., 1283). Erst 1929, drei Jahre nach Holls Tod, erschien wieder eine Holl-Besprechung von Stephan: [Rezension zu:] Karl Holl: Der Westen. Gesammelte Aufsätze zur Kirchengeschichte. Dritter Band, Tübingen 1928, in: Zeitschrift für Theologie und Kirche. Neue Folge 10 (1929), 240. Luther in den Wandlungen seiner Kirche (Studien zur Geschichte des neueren Protestantismus. Erstes Heft), Gießen 1907. - Der Pietismus als Träger des Fortschritts in Kirche, Theologie und allgemeiner Geistesbildung (Sammlung gemeinverständlicher Vorträge und Schriften aus dem Gebiet der Theologie und Religionsgeschichte. Nr. 51), Tübingen 1908.- Die heutigen Auffassungen vom Neuprotestantismus (Vorträge der theologischen Konferenz zu Gießen. 32. Folge), Gießen 1911.

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einer engagierten Kritik der gegenwärtigen religiösen und theologischen Situation. Dabei nahm er zentrale Elemente der zur gleichen Zeit von Ernst Troeltsch entfalteten protestantismusgeschichtlichen Konzeption auf. So wird beispielsweise das auch nach Stephan defizitäre Religionsverständnis der Aufklärungszeit und die Unfähigkeit des deutschen Idealismus zu einer umfassenden Reform des Protestantismus in ein direktes Verhältnis zu der im Bildungsbürgertum weit verbreiteten Bildungsreligiosität gesetzt. Der von Troeltsch wiederholt betonte Grundsatz, daß eine philosophisch gestimmte Bildungsreligiosität nur vor dem Hintergrund starker Volkskirchen lebensfähig sei, wird nach Stephans Ansicht durch die momentane religiöse Lage immer mehr bestätigt. Erforderlich sei daher eine Rückbesinnung auf die christlichen Motive des religiösen Aufbruchs im achtzehnten Jahrhundert. Sonst gerate die ohnehin heftig umkämpfte Selbständigkeit der Religion gegenüber Kultur und Wissenschaft erneut in Gefahr.41 In seinem 1909 vorgelegten Lehrbuch zur Kirchengeschichte der Neuzeit, das in überarbeiteter und erheblich erweiterter Fassung 1931 erneut erschien, versuchte Stephan diesen Standpunkt durch eine ausgeführte historische Darstellung zu fundieren.42 In breiter und zum Teil sehr detaillierter Schilderung entwirft Stephan hier ein Bild der neueren Kirchengeschichte, das - ganz in den Bahnen Troeltschs - den fundamentalen Umbruchprozeß an der Wende vom siebzehnten zum achtzehnten Jahrhundert zum Ausgangspunkt aller späteren Entwicklungen erklärt. Dieser Prozeß 41 42

Die heutigen Auffassungen vom Neuprotestantismus, 35-37. Die Neuzeit. Handbuch der Kirchengeschichte für Studierende. In Verbindung mit Gerhard Picker in Kiel, Heinrich Hermelink in Leipzig, Erwin Preuschen in Hirschhorn, Horst Stephan in Marburg herausgegeben von Gustav Krüger in Gießen. Vierter Teil, Tübingen 1909.- In der Zeit der Niederschrift dieses Buches stand Stephan mit Karl Barth in engerer persönlicher Verbindung. Barth, damals Anfang zwanzig und, wie erwähnt, zeitweise Redakteur der Christlichen Welt, scheint sich sogar in besonders intensiver Weise gerade an der Ausarbeitung dieses kirchengeschichtlichen Lehrbuches beteiligt zu haben. Der Kontakt nahm daneben aber auch privatere Züge an. So wurden wiederholt gemeinsame Spaziergänge veranstaltet. Bei dieser Gelegenheit hat es, nach Auskunft bisher unveröffentlichter Briefe Barths, einen Austausch von theologischen Thesen gegeben, über die intensiv, zum Teil auch unter Beteiligung Wilhelm Loews, diskutiert wurde. Stephan selbst hebt im Vorwort des Lehrbuches hervor, daß sich ihm neben Heinrich Hoffmann und Heinrich Hermelink auch „Herr cand. Karl Barth" „durch liebenswürdige Unterstützung bei der Korrektur und wertvolle Notizen" zu Dank verpflichtet habe (Ebd., III). Dem entspricht, daß Barth in Briefen der Jahre 1908 und 1909 wiederholt seine enge Einbindung in diverse Marburger Publikationsprojekte erwähnt. Er nennt dabei namentlich Rade, Stephan und Wernle als Autoren und bemerkt auch, daß Hermann Mulert ihn zur Mitarbeit an der RGG aufgefordert und ihn sogar um die Nennung weiterer geeigneter Namen gebeten habe. (Für Hinweise auf diese brieflichen Aussagen Barths danke ich Herrn Dr. Hans-Anton Drewes vom Karl-BarthArchiv der Universität Basel; vgl. auch Eberhard Busch: Karl Barths Lebenslauf. Nach seinen Briefen und autobiographischen Texten. Mit einem Nachwort von Walter Feurich, München 1975, 49-54).

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sei, in der Folge der Konfessionskriege, vornehmlich durch den „rasch aufwachsenden, vielspaltigen Reichtum des wirtschaftlichen, politischen und geistigen Lebens" gekennzeichnet, der zu einer stetigen Zurückdrängung der früheren „konfessionell-kirchlichen Leitung der gesamten Kultur" geführt habe. Auch der immer weiter ausgreifende „Weltverkehr" habe eine bessere Kenntnis anderer Religionen und damit „notwendig einen bisher ungekannten Relativismus" erzeugt.43 Da zudem diese Entwicklung noch mit einer starken Nachwirkung von Renaissance-Motiven in der religiösen Praxis zusammengetroffen sei, sei die Situation, in der Kirche und Theologie sich seit 1700 befunden hätten, von zwei „Großmächten des neuzeitlichen Geisteslebens" bestimmt worden: der Weltkultur, die zwar „noch stark mit religiösen Stimmungen und Gedanken gesättigt, aber kirchlich indifferent ist", und dem religiösen Individualismus, der „die Kraft und Innigkeit des Glaubens stärker betont als die objektiven dogmatisch-kirchlichen Formen".44 Beide Aspekte, die sich von aller kirchlich-religiösen Prägung immer weiter entfernende, zunehmend säkularisierte Kultur und der Trend zu einer im religiösen System selbst wirksamen Auflösung von Gemeinschaftsstrukturen, kehren auch in Stephans Gegenwartsdeutung als wichtigste Erklärungsmomente für die gegenwärtige religiöse und kirchliche Situation wieder. Insbesondere mit dem Prozeß der Individualisierung von Religion, der auch eine Modifikation von Weltbild und Lebensanschauung nach sich zog, konfrontierte Stephan seine eigene theologische Theoriebildung in der Folge immer wieder. Wenn ihm auch in diesen frühen Veröffentlichungen noch keine zureichende begriffliche Fassung der Problemlage gelang, so stand ihm doch zumindest im Blick auf die Theologie von Anfang an die Notwendigkeit klar vor Augen, daß es, wie schon im älteren Luthertum, gelte, „vom Boden einer auf Christus gegründeten Heilsgewißheit aus eine positive Würdigung der , weltlichen' Pflichten und Güter zu gewinnen". Christentum, Wissenschaft und moderne Kultur seien „positiv" aufeinander zu beziehen. Alle auf Selbstisolierung und Rückzug weisenden Tendenzen in Kirche und Theologie müßten überwunden werden. Allein eine offensive theologische Argumentation, begleitet von einer fortgesetzten Vertiefung in das Wesen des Christentums, lasse die Hoffnung zu, daß die Theologie trotz der „ungeheuren Schwierigkeiten, die sich aus der modernen kirchlichen und Weltentwicklung ergeben", ihren Beitrag dazu leisten könne, dem christlichen Glauben seinen Ort in der modernen Welt zu sichern.45 Die große kirchengeschichtliche Überblicksdarstellung war Stephans bisher umfassendstes Werk. Daneben widmete er sich weiterhin in histo41 44

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Die Neuzeit. Handbuch der Kirchengeschichte für Studierende, Tübingen 1909, 1-2. Ebd., 2. Ebd., 291-292.

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rischen Detailstudien einzelnen herausgehobenen Vertretern der protestantischen Kirchen- und Theologiegeschichte. Hierfür steht eine ganze Reihe von zum Teil sehr ausführlichen biographisch-werkgeschichtlichen Artikeln für die erste Auflage des Handwörterbuches „Die Religion in Geschichte und Gegenwart".46 In besonderem Maße galt sein historisches Interesse jedoch in diesen Jahren Martin Luther und der Wirkung, die Luther innerhalb des Protestantismus als normative Leitgestalt entfaltet hatte. Von dieser Fragestellung aus entwarf Stephan einen problemgeschichtlichen Aufriß zum Thema „Luther in den Wandlungen seiner Kirche", wobei er in gesonderten Abschnitten die Würdigung Luthers während der Reformationszeit, in der Orthodoxie, im Pietismus, in der Aufklärung und in der Neuzeit darstellte. Ursprünglich als Rede anläßlich einer Schuljahresschlußfeier am Leipziger Königin Carola-Gymnasium vorgetragen, gab Stephan seine Arbeit in erheblich erweiterter Form 1907 als Monographie heraus.47 Ein glücklicher Umstand kam Stephan in diesem Zusammenhang entgegen. Denn noch während er an seiner Studie arbeitete, gründeten die beiden Theologiehistoriker Heinrich Hoffmann und Leopold Zscharnack die kirchen- und theologiegeschichtliche Schriftenreihe „Studien zur Geschichte des neueren Protestantismus".48 Es handelt sich bei dieser Reihe 46

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Stephan hat in der von 1908 bis 1913 erschienenen RGG zu folgenden Theologen und Kirchenvertretern Artikel veröffentlicht: Karl Freiherr von Stein zum Altenstein (Band l, 398-399), Johann Peter Friedrich Ancillon (Band l, 467), Ernst Moritz Arndt (Band l, 715-717), Johann Friedrich Wilhelm Arndt (Band l, 717-718), Ludwig Ernst von Borowski (Band l, 1308), Karl Büchsel (Band l, 1417), Christian Karl Josias von Bimsen (Band l, 1451-1453), Matthias Claudius (Band l, 1827-1828), Johann Albrecht Friedrich Eichhorn (Band 2, 234-235), Ruhlemann Friedrich Eylert (Band 2, 798), Friedrich Wilhelm III. (Band 2, 1078-1080), Friedrich Wilhelm IV. (Band 2, 1080-1082), Leopold von Gerlach (Band 2, 1327), Ludwig von Gerlach (Band 2, 1327-1328), Otto von Gerlach (Band 2, 1328), Johann Georg Hamann (Band 2, 1819-1821), Johann Gottfried Herder (Band 2, 2122-2126), Heinrich Leonhard Heubner (Band 3, 4-5), Wilhelm von Humboldt (Band 3, 196-198), Rudolf Kögel (Band 3, 1550-1551), Albrecht Benjamin Ritschi (Band 4,2326-2333), Richard Rothe (Band 5,41-44), Friedrich Samuel Gottfried Sack (Band 5, 164-165), Johann Joachim Spalding (Band 5, 774-775) und Johann Christoph Wöllner (und das Wöllnersche Religionsedikt) (Band 5, 2110-2111).- Neben diesen Artikeln, die zum Teil in überarbeiteter Form in der zweiten Auflage der RGG wieder abgedruckt wurden, erschien 1908 eine längere lexikalische Darstellung zu Christian Wolff: Wolff, Christian, und die Wölfische Theologie, in: Die Realencyklopädie für protestantische Theologie und Kirche. Dritte Auflage. Band 21, Leipzig 1908, 452-464. Luther in den Wandlungen seiner Kirche (Studien zur Geschichte des neueren Protestantismus. Heft 1), Gießen 1907. Heinrich Hoffmann (1874-1951) war zu diesem Zeitpunkt Privatdozent an der Universität Leipzig, Leopold Zscharnack (1877-1955) Privatdozent an der Universität Berlin. Die „Studien zur Geschichte des neueren Protestantismus" erschienen im Gießener Verlag von Alfred Töpelmann. - Eine parallele Schriftenreihe zu Themen der Praktischen Theologie erschien seit Frühjahr 1907 im selben Verlag unter dem Reihentitel: Studien zur praktischen Theologie. Herausgeber waren Carl Clemen, Karl Eger und Martin Schian.

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um eine jener editorischen Unternehmungen, die im Umfeld der zeitgenössischen liberalen Theologie entstanden sind und die die theologiegeschichtliche Forschung bisher noch kaum beachtet hat. Aus diesem Grunde soll hier, ausgehend von Stephans Beteiligung, auf diese Reihe näher eingegangen werden. Exkurs: Studien zur Geschichte des neueren Protestantismus Stephans Luther-Buch erschien als erster Band der „Studien". Dies verwundert nicht, denn das Programm, das die beiden Herausgeber mit ihrem Projekt verbanden, kam durch das Lutherbuch geradezu idealtypisch zur Geltung. So sollten, wie es in einer Erklärung der Herausgeber hieß, die in die Reihe aufgenommenen Untersuchungen die „Entwicklung der protestantischen Theologie und Kirche innerhalb der modernen Welt" beschreiben und analysieren. Ein Schwergewicht galt dabei der „so vielfach unterschätzten Aufklärung", die den neueren Protestantismus vom älteren scheide. Doch war andererseits keine Beschränkung auf aufklärungsgeschichtliche Themen geplant: Vielmehr sollten die „Studien" „alle Erscheinungen ins Auge fassen, durch welche die moderne Lage im Protestantismus bedingt ist, also neben der Aufklärung im weitesten Sinne vor allem den Pietismus, die Romantik, den deutschen Idealismus, die Erweckung und die Reaktion des 19. Jahrhunderts". 49 Da überdies die neuere theologische Entwicklung durch „Wandlungen der Gesamtkultur und besonders der Philosophie" stark beeinflußt werde, sei sicherzustellen, daß auch außerkirchliche Bewegungen im allgemeinen Geistesleben innerhalb der Reihe Berücksichtigung finden. Unter Voraussetzung dieser Vorgaben standen die „Studien" „problemgeschichtlichen Untersuchungen, Biographien führender Theologen, Darstellungen der Entwicklung der wissenschaftlichen Theologie, der Frömmigkeit und der kirchlichen Institutionen" offen. iü Das anspruchsvolle Programm wurde noch 1907/08 in einer Reihe von Titeln umgesetzt. Neben Stephans Luther-Buch erschienen Karl Bornhausens Darstellung zur „Ethik Pascals" (Band 2), Mulerts Untersuchung zu „Schleiermachers geschichtsphilosophischen Ansichten in ihrer Bedeutung für seine Theologie" (Band 3) und Johannes Bauers voluminöses Buch „Schleiermacher als patriotischer Prediger" (Band 4).51 Erste Rezensenten, darunter Troeltsch und Heinrich Scholz, hoben die große Bedeutung der „Studien" für die historische Fundierung einer modernen Christentumstheorie hervor.52 Neben den genannten waren eine ganze Reihe weiterer Titel geplant: Zscharnack selbst wollte eine Untersuchung über 49

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[Heinrich Hoffmann und Leopold Zscharnack:] Die Studien zur Geschichte des neueren Protestantismus [Prospekt zu den Bänden der „Studien" sowie zu den „Quellenheften"), o.O. o.J. [1907]; abgedruckt in allen Bänden der beiden Reihen.

Ebd. Karl Bornhausen: Die Ethik Pascals (Studien zur Geschichte des neueren Protestantismus. Heft 2), Gießen 1907; Hermann Mulert: Schleiermacher-Studien. Teil I: Schleiermachers geschichtsphilosophische Ansichten in ihrer Bedeutung für seine Theologie (Studien zur Geschichte des neueren Protestantismus. Heft 3), Gießen 1907; Johannes Bauer: Schleiermacher als patriotischer Prediger. Ein Beitrag zur Geschichte der nationalen Erhebung vor 100 Jahren (Studien zur Geschichte des neueren Protestantismus. Heft 4), Gießen 1908. Vgl. die Rezensionen von Heinrich Scholz, in: Die Christliche Welt 22 (1908), 1146-1147, und von Ernst Troeltsch, in: Theologische Literaturzeitung 34 (1909), 245-246.

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„Humanismus und Aufklärung in ihrer Bedeutung für die Entwicklung der kritisch-historischen Theologie im deutschen Protestantismus" sowie eine Studie über „Kirchenlied und Gesangbuch in der Zeit der deutschen Aufklärung (Rationalistische Liedertexte)" verfassen. Stephan hatte die Ausarbeitung einer theologiegeschichtlichen Untersuchung zu dem Thema „Spalding, Herder, Schleiermacher ein theologischer Querschnitt für die Wende des 18. Jahrhunderts" übernommen. Johannes Witte wollte über den „Einfluß des Pietismus auf die Kirchlichkeit" und Martin Schian über „Die deutsche evangelische Predigt im Zeitalter des Rationalismus" schreiben. Endlich hatte Paul Kaiweit zugesagt, als Ergänzung einer früheren Untersuchung über Kants Verhältnis zur evangelischen Kirche eine Studie über den „Einfluß Kants auf die Theologie" auszuarbeiten.53 Als Autoren weiterer Studien nannte der Verlag Paul Drews, Erich Foerster, Walther Köhler, Ernst Müsebeck und Ernst Troeltsch. - Tatsächlich wurde kaum eines der genannten Projekte realisiert. In der angekündigten Form erschien kein Titel; im Einzelfall gingen Projekte in andere literarische Vorhaben ein. Statt dessen wurden die „Studien" mit einer ganzen Anzahl von Bänden fortgeführt, die die ursprüngliche Planung nicht vorgesehen hatte. 1909 legte Walter Wendland eine Untersuchung zur kirchenpolitischen Programmatik Friedrich Wilhelms III. vor. 1912 erschienen als Heft 6 bzw. 7 von Karl Aner ein Band über Friedrich Nicolai und von Martin Schian eine predigtgeschichtliche Arbeit.54 Es erschienen u.a. Untersuchungen zur Religionsphilosophie Spinozas von Georg Bohrmann (1914), zur Theologie Wilhelm Abraham Tellers von Paul Gabriel (1914), zur Vorgeschichte des Quäkertums von Theodor Sippell (1920) und -nach zehnjähriger Unterbrechung- sogar 1930 noch ein zweibändiges Werk von Wilhelm Maurer über „Aufklärung, Idealismus und Restauration". 55 Eine wichtige Ergänzung erhielten die „Studien" in Form von „Quellenheften", die seit 1908 ebenfalls im Verlag Alfred Töpelmann erschienen und ausdrücklich für den kirchenhistorischen Studienbetrieb konzipiert waren. Stephan gab im ersten Heft Spaldings Texte „Bestimmung des Menschen" von 1748 und „Wert der Andacht" von 1755, versehen mit einer längeren Einleitung, neu heraus. 56 " Alle Angaben nach: [Heinrich Hoffmann und Leopold Zscharnack:] Die Studien zur Geschichte des neueren Protestantismus, Ebd. - Zum letztgenannten Titel siehe Paul Kaiweit: Kants Stellung zur Kirche (Schriften der Synodalkommission für ostpreußische Kirchengeschichte. Heft 4), Königsberg 1904. 54 Walter Wendland: Die Religiosität und die kirchenpolitischen Grundsätze Friedrich Wilhelms des Dritten in ihrer Bedeutung für die Geschichte der kirchlichen Restauration (Studien zur Geschichte des neueren Protestantismus. Band 5), Gießen 1909; Karl Aner: Der Aufklärer Friedrich Nicolai (Studien zur Geschichte des neueren Protestantismus. Band 6), Gießen 1912; siehe dazu Stephans Rezension in: Theologische Literaturzeitung 38 (1913), 111-112; Martin Schian: Orthodoxie und Pietismus im Kampf um die Predigt. Ein Beitrag zur Geschichte des endenden 17. und des beginnenden 18. Jahrhunderts (Studien zur Geschichte des neueren Protestantismus. Band 7), Gießen 1912. 55 Wilhelm Maurer: Aufklärung, Idealismus und Restauration. Studien zur Kirchen- und Geistesgeschichte in besonderer Beziehung auf Kurhessen 1780-1850. Band I: Der Ausgang der Aufklärung (Studien zur Geschichte des neueren Protestantismus. Band 13), Gießen 1930 / Band II: Idealismus und Restauration (Studien zur Geschichte des neueren Protestantismus. Band 14), Gießen 1930. 56 [Johann Joachim] Spaldings Bestimmung des Menschen (1748) und Wert der Andacht (1755). Mit Einleitung neu herausgegeben von Horst Stephan (Studien zur Geschichte des neueren Protestantismus. 1. Quellenheft), Gießen 1908.

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Noch im gleichen Jahr legte Hermann Mulert eine kritisch bearbeitete Neuausgabe der beiden Sendschreiben Schleiermachers an Friedrich Lücke vor, womit er zwei der wichtigsten Texte Schleiermachers wieder zugänglich machte.57 Bis zur Neuedition der Sendschreiben in Band 1/10 der Kritischen Gesamtausgabe durch HansFriedrich Traulsen (1990) blieb Mulerts Version die einzige kritische Ausgabe. Schließlich erschien in den „Quellenschriften" eine durch Wilhelm Lunde angefertigte Übersetzung von John Tolands „Christianity not mysterious", die als drittes Heft von Zscharnack herausgegeben wurde. Dann geriet auch dieses Unternehmen ins Stocken. Eine bereits für 1909 angekündigte Übersetzung von John Lockes „Reasonableness of Christianity" durch Karl Winckler erschien erst 1914. Andere Vorhaben kamen gar nicht mehr zustande. So scheinen die gleichen Schwierigkeiten, die schon den Fortgang der „Studien" erschwert hatten, auch die „Quellenhefte" gehemmt zu haben. Nach 1914 versandete das ganze Projekt. Immerhin bleibt, nicht zuletzt im Blick auf die engagierte Beteiligung Horst Stephans, festzuhalten, daß beide Reihen dadurch, daß sie zur historischen Selbstvergewisserung einer Theorie des Christentums in der Moderne beitrugen, eine wichtige theologische Funktion erfüllten. Sie taten dies in erster Linie gar nicht durch ertragreiche wissenschaftliche Beiträge und textkritische Editionen wichtiger Quellen, sondern vor allem, indem sie die Aufgabe selbst, den kritischen historischen Rückbezug auf die neuprotestantische Theologietradition, in einer auch nach 1918 nicht mehr zu unterbietenden Weise fixierten und als integralen Bestandteil einer modernen Christentumstheorie auswiesen. Neben den Arbeiten zur neuprotestantischen Theologiegeschichte bildete ein weiteres von Stephan eingehend bearbeitetes Themengebiet seit Beginn der Marburger Lehrtätigkeit die theologische Prinzipien- und Methodenlehre. Zunächst äußerte Stephan sich hierzu in einer ganzen Reihe von zum Teil sehr umfangreichen Besprechungen und kritischen Erörterungen. So widmete er - unter anderem als Berichterstatter für die Theologische Rundschau - Erich Schaeder, Adolf Schlaffer und zahlreichen weiteren Vertretern der sogenannten „konservativen Dogmatik" intensive Untersuchungen.58 Im Jahre 1911 legte Stephan eine völlige Neubearbeitung des

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[Friedrich] Schleiermachers Sendschreiben über seine Glaubenslehre an Lücke. Neu herausgegeben und mit einer Einleitung und Anmerkungen versehen von Hermann Mulert (Studien zur Geschichte des neueren Protestantismus. 2. Quellenheft), Gießen 1908. Vgl.: Systematische Theologie. Dogmatik: I. Allgemeine Ueberblicke. II. Einzelprobleme, in: Theologische Rundschau 14 (1911), 430-444. 474-489; Theozentrische Theologie, in: Zeitschrift für Theologie und Kirche 21 (1911), 171-209; Die neuen Ansätze der konservativen Dogmatik und ihre Bedeutung für uns. Vortrag vor den Freunden der Christlichen Welt in Goslar am 2. Oktober |1911|, in: Die Christliche Welt 25 (1911), 1034-1038. 1063-1067. 1082-1086. 1117-1120. 1139-1144; Schlatters Dogmatik, in: Theologische Rundschau 15 (1912), 225-238; Systematische Theologie. Dogmatik, in: Theologische Rundschau 15 (1912), 396-414. - Auf die Auseinandersetzung Stephans mit Erich Schaeders Modell einer „theozentrischen Theologie" geht auch Panncnberg ein; vgl. Wolfhart Pannenberg: Problemgeschichte der neueren evangelischen Theologie in Deutschland. Von Schleiermacher bis zu Barth und Tillich, Göttingen 1997, 173-175.

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„Lehrbuchs der evangelischen Dogmatik" von Friedrich August Bertholt Nitzsch (1832-1898) vor. Dabei beschränkte er sich nicht auf eine Ergänzung des vorhandenen Textes, sondern er griff vielmehr selbst in die Darstellung ein. Er tat dies vor allem dadurch, daß er dem dogmatischen Entwurf eine starke historische Fundierung durch eingehende dogmenund theologiegeschichtliche Ausführungen gab.59 Mit einer eigenständigen Ausarbeitung zur dogmatischen Theorie trat Stephan zuerst 1913 durch eine Untersuchung zum „Verhältnis der Dogmatik zur Religionsphilosophie" hervor. Schon ein Jahr später erschienen zwei Vorträge zur Gestalt der Religion im modernen Geistesleben.60 Diese frühen Texte lassen bereits Stephans spezifisches Interesse an den methodologischen Grundlegungsfragen erkennen. Auch später, in der ausgeführten theologischen Konzeption, tritt die Entfaltung der dogmatischen Einzelthemen hinter die Erörterung der theologischen Begründungsprobleme zurück. Gerade in dieser Hinsicht deckt sich das fachliche Interesse Stephans mit einer ganz ähnlichen Konzentration auf begründungstheoretische Fragen bei Georg Wehrung und Georg Wobbermin. 1.2.2. Die „Glaubenslehre" Den ersten Entwurf einer entfalteten theologischen Konzeption legte Stephan 1921 in seiner „Glaubenslehre" vor. Das Buch fand unter der studentischen Leserschaft rasch weite Verbreitung und konnte daher in den folgenden Jahren noch zweimal in jeweils überarbeiteter und erheblich erweiterter Fassung von Stephan herausgegeben werden.61 Bereits einer der ersten Rezensenten hob hervor, daß es Stephan mit diesem Werk gelungen sei, „die dogmatische Arbeit mit dem religiösen Erleben und den Fragestellungen der Gegenwart" zu verbinden.62 Den unmittelbaren Anlaß zur Ausarbeitung bildete eine Anfrage des Gießener Töpelmann-Verlages, 59

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Vgl. Friedrich August Berthold Nitzsch: Lehrbuch der evangelischen Dogmatik. Dritte Auflage. Bearbeitet von Horst Stephan (Sammlung theologischer Lehrbücher), Tübingen 1912. Das Verhältnis der Dogmatik zur Religionsphilosophie. Ein erweiterter Vortrag, in: Zeitschrift für Theologie und Kirche 23 (1913), 135-170; Religion und Gott im modernen Geistesleben. Zwei Vorträge, Tübingen 1914. Glaubenslehre. Der evangelische Glaube und seine Weltanschauung (Sammlung Töpelmann. Erste Gruppe: Die Theologie im Abriß. Band 3), Gießen 1921 [im folgenden zitiert als: Glaubenslehre. Erste Auflage]. Die Erstauflage ist „der hochwürdigen Theologischen Fakultät der Universität Leipzig in ehrerbietiger Dankbarkeit gewidmet". - Glaubenslehre. Der evangelische Glaube und sein Weltverständnis. Zweite Auflage völlig neu bearbeitet (Sammlung Töpelmann. Die Theologie im Abriß: Band 3), Gießen 1928; Glaubenslehre. Der evangelische Glaube und sein Weltverständnis. Dritte, neubearbeitete Auflage (Sammlung Töpelmann. Erste Reihe: Die Theologie im Abriß. Band 3), Berlin 1941. Zitat aus: Volkskirche 1921, Nr. 14.

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der eine systematisch-theologische Darstellung für eine neu begründete Reihe theologischer Lehrbücher, die Sammlung Töpelmann, benötigte. Stephan ging unverzüglich auf das Angebot ein, obwohl er zu diesem Zeitpunkt mit der Vorbereitung einer Monographie über Aufgabe und Methode der Systematischen Theologie beschäftigt war. Dieses Projekt selbst setzte er nicht weiter fort, er brachte aber die bereits vorliegenden theologietheoretischen Vorarbeiten in den Einleitungsteil der „Glaubenslehre" ein. Der spezifische Charakter seines Entwurfes wird von Stephan im „Vorwort" in folgender Weise skizziert: „Es fehlt ein Buch, das die geschichtliche Art unsers Glaubens und der dogmatischen Arbeit noch kräftiger als ältere mit dem religiösen Erleben [...] verwebt". Zugleich sei es erforderlich, die Ausrichtung der Glaubensdarstellung auf die heute gegebene Lebenswirklichkeit deutlich herauszustellen: Nicht nur die „Eigenart" des Glaubens, sondern auch seine „Weltweite und Fruchtbarkeit" ließen sich auf diese Weise zum Ausdruck bringen. „Ein solches Buch muß einerseits alle äußere Bindung durch die innere, die in dem stets erneuten Rückgang auf den lebendigen, obschon geschichtserfüllten Glauben liegt, andererseits die bloße theoretische Beschäftigung mit modernen Gedanken durch die innere Auseinandersetzung mit den Stoffen und Bedürfnissen der Gegenwart ersetzen." Erst so könne eine wirkliche Glaubenslehre entstehen, „die der dogmatischen (und kirchlichen) Entwicklung über ihren toten Punkt hinweghilft". Um dieses Ziel ringe „das vorliegende Buch, indem es ohne Rücksicht auf das übliche Schema einfach Wesen, Erkenntnis- und Weltanschauungsgehalt des evangelischen Glaubens herauszuarbeiten sucht".63 Zur näheren Kennzeichnung des eigenen Standpunktes verweist Stephan auf „die Linie Schleiermacher - Ritschi - Herrmann". Sie habe ihn darin bestimmt, in der dogmatischen Darstellung an jeder Stelle „auf den lebendigen Glauben" zurückzugehen. Dieser ständigen Rückbindung korrespondiert nach Stephan die Ausweitung der dogmatischen Darstellung auf die „Weltanschauung" oder, wie es später heißen wird, das „Weltverständnis" des christlichen Glaubens. Auch in den nicht primär durch religiöse Kategorien bestimmten Lebensbereichen wie der Natur und der Geschichte ließen sich auf diese Weise Spuren göttlicher Präsenz auffinden. „Je tiefer und kräftiger die Glaubenslehre wirklich den Glauben erfaßt, desto leichter wird sie auf allen Seiten das erlauschen, was des Glaubens Art besitzt." Über die begrenzte Reichweite seines ersten dogmatischen Versuches war Stephan selbst sich durchaus im klaren. Dennoch verdient dieses Werk besondere Beachtung insofern, als Stephan auch in den späteren 63

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Bearbeitungen am konzeptionellen Grundriß der Erstausgabe festgehalten hat. Die Ausführungen sind dort in materialer Hinsicht zwar sehr viel umfassender. Gerade auch in den zentralen Passagen zum Verhältnis von Religion und Weltanschauung, von Frömmigkeit und Geist sowie zur Problematik der natürlichen Religion hat Stephan in den Neuauflagen wichtige Veränderungen vorgenommen. Doch die Grundidee der Darstellung ist über alle Ergänzungen und Korrekturen hinweg die gleiche geblieben: Die Darstellung des Glaubens nimmt „unser eigenes persönliches Selbst" in Anspruch, so daß alles Berichtete nur in seiner Verbundenheit mit unserem eigenen Glauben und unserer eigenen Existenz deutlich werden kann. „Glaubenslehre" sei daher eine primär praktische Aufgabe, die dem Selbstverständnis der Gläubigen dienen wolle. Dieser vorrangige Zweck mache eine geschichtliche Anlage der Darstellung erforderlich. Nur im geschichtlichen Zusammenhang lasse sich die spezifische Eigenart der christlichen Frömmigkeit erkennen. Im Blick auf den umstrittenen Begriff „Glaubenslehre" wehrt Stephan sich gegen das Mißverständnis, hier handele es sich um eine Form von „Bewußtseinstheologie". Vielmehr richte sich die Glaubenslehre darauf, zum Verständnis zu bringen, was Gott den Menschen im Glauben verheißen und geschenkt habe, und zwar „als Offenbarung [...], Erlösung und neue Schöpfung, oder kurz gesagt als etwas, das Gott an uns tut". Und doch könne die Glaubenslehre vom Offenbarungsgeschehen, dem Grunddatum aller christlichen religiösen und theologischen Rede, nicht anders sprechen, „als im Zusammenhang des Bewußtseins", nicht anders, als „aus dem empirisch sich vollziehenden Glauben heraus". Über diese Schwierigkeit helfe auch die Berufung auf die Bibel nicht hinweg, wolle man sie nicht außerhalb aller menschlich-geschichtlichen Bedingtheit stellen. „So muß die Glaubenslehre die Spannung auf sich nehmen, die im Glauben selbst waltet."64 Die Einbeziehung der sogenannten „Weltanschauungsfragen" steht in einem direkten Zusammenhang mit dem von Stephan hier zugrundegelegten Begriff der Glaubenslehre. Die Ausweitung des Themenkreises der dogmatischen Theologie auf den Bereich der Weltanschauungsproblematik kann als unterscheidendes Charakteristikum des Entwurfes von Stephan innerhalb der zeitgenössischen liberalprotestantischen Diskussion aufgefaßt werden. Vor allem in diesen Überlegungen zum Verhältnis von christlicher Frömmigkeit und nichtreligiösen Weltanschauungsformen besteht sein eigenständiger Beitrag zur Theologie des Liberalprotestantismus der Zwischenkriegszeit. Das Bedürfnis nach einer zusammenhängenden Behandlung dessen, „was unser Glaube über die Welt zu sagen weiß", 64

Selbstanzeige, [zu:] Glaubenslehre. Der evangelische Glaube und seine Weltanschauung. Zweite völlig neu bearbeitete Auflage, Gießen 1928, in: Zeitschrift für Theologie und Kirche. Neue Folge 9 (1928), 232-234, hier: 232.

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erwächst nach Stephan aus dem Glauben selbst. Eine spezifische Weltsicht des Glaubens folgt bereits aus der einfachen Erkenntnis, daß Gott der Herr über alles Wirkliche ist. Zugleich aber werde dieses Bedürfnis durch die theologische Darstellung des Glaubensinhaltes noch erheblich verstärkt. So bildet die Erörterung der Weltanschauungsthematik - obwohl es sich hier streng genommen lediglich um „Anwendungen" jenes zuvor entfalteten Glaubensverständnisses handelt- doch einen integralen und nach Stephan schlechthin unverzichtbaren Bestandteil einer vollständigen Glaubensdarstellung. Denn zum „Dienst der Glaubenslehre" gehöre es, „im Denken wie im Wollen des Glaubens dem Wirklichen klar ins Auge zu sehen; dem Wirklichen, nicht nur wie es in unser zufälliges Einzelschicksal hineintritt, sondern, da wir uns als Träger der Gemeinde fühlen, auch in all der grundsätzlichen Weite, in der es für die Christenheit als Ganzes wichtig wird". Konkret trete diese Erfahrung von Wirklichkeit dem Glauben in den nichtchristlichen Religionen, in der universalen Präsenz des Geistes und in der Natur entgegen. „Zu diesen drei Mächten" müsse der Glaube „Stellung nehmen; ja, in der Stellungnahme zu ihnen verwirklicht sich sein eigenes Leben".65 Die Erstausgabe der Glaubenslehre fand lediglich geringe Resonanz. Es erschien nur eine kleine Anzahl von Besprechungen, darunter allerdings eine sehr ausführliche von Ferdinand Kattenbusch in der Christlichen Welt.66 In der spärlichen Reaktion schien sich bereits der elementare Umschwung anzudeuten, den die protestantische Theologie während der frühen zwanziger Jahre erlebte. Zudem traf Stephan auf Mißverständnisse, die ihm anzeigten, daß seine Intentionen nur bedingt wahrgenommen worden waren. Der konservative Ritschi-Schüler Theodor Haering etwa ging in seiner Rezension auf die programmatischen Ausführungen zum Verhältnis von Theologie und Weltanschauungskritik überhaupt nicht ein. Statt dessen bemängelte er, daß bei der Herausarbeitung des Glaubensinhaltes die erforderliche „Bestimmtheit der Glaubenssätze" noch nicht erreicht worden sei. Im Blick auf Stephans theologische Ahnenreihe notierte Haering mit ironischem Unterton, daß „der Herr Verfasser" Anerkennung dafür fordern dürfe, ernstlich bemüht gewesen zu sein, „von allen zu lernen". 67 - Bemerkungen dieser Art haben Stephan wenige Jahre später veranlaßt, seine „Glaubenslehre" einer eingreifenden Neubearbeitung zu unterziehen. Die zentralen theologischen Entscheidungen werden dabei klarer erläutert, und vor allem in den Ausführungen zum

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Selbstanzeige, 233. Ferdinand Kattenbusch: [Rezension zu:] Horst Stephan: Glaubenslehre, Gießen 1921, in: Die Christliche Welt 35 (1921), 161-168; vgl. auch die wohlwollende Anzeige von Friedrich Traub in: Deutsche Literaturzeitung 42 (1921), 597-599. Theodor Haering: [Rezension zu:] Horst Stephan: Glaubenslehre, Gießen 1921, in: Theologische Literaturzeitung 46 (1921), 63-64.

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weltanschauungstheoretischen Problemkomplex finden sich umfangreiche Ergänzungen und Präzisierungen.68 Die „Glaubenslehre" erschien, wie bereits erwähnt, in der Sammlung Töpelmann, einer Reihe theologischer Lehrbücher, die der Gießener Verlag von Alfred Töpelmann seit 1919 herausgab.69 Diese Reihe hatte für die liberalprotestantische Wissenschaftspublizistik eine erhebliche Bedeutung. Insofern soll auch ihr, wie schon den „Studien zur Geschichte des neueren Protestantismus", im Rahmen dieser biographischen Skizze ein Exkurs gewidmet werden, zumal Stephan wiederum zu den wichtigsten Autoren zählte. Exkurs: Die Sammlung Töpelmann Ursprünglich war die Lehrbuchreihe, deren Gesamtleitung in den Händen des Systematischen Theologen Heinrich Frick lag,70 aus der Notwendigkeit erwachsen, den aus dem Krieg heimkehrenden Theologiestudenten durch kurzgefaßte Überblicke das „Zurückfinden zu ihrer Arbeit" zu erleichtern und sie „im baldigen 68

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Die theologische Konzeption, die Stephan in seiner „Glaubenslehre" entfaltet, wird in Teil III dieser Arbeit ausführlich erörtert werden. - Eine interessante Einschätzung des theologischen Standpunktes von Stephan formulierte anläßlich der Neuauflage der „Glaubenslehre" der Greifswalder Theologe Wilhelm Koepp: „Spät, 1707, als eigentlich die Zeit der lutherischen Orthodoxie schon ganz zu Ende war, schuf noch der letzte große orthodoxe Dogmatiker David Hollaz seine Dogmatik. Sie war so ausgezeichnet, daß aus ihr mitten in der schon vorschreitenden Aufklärung ein halbes Jahrhundert später noch immer Dogmatik studiert wurde. Nicht allzu groß, klar und durchsichtig, von nicht geringer und geschickter Lehrkraft, kam sie ganz aus dem Geist der Orthodoxie und war doch, ohne je ,unkorrekt' zu werden, auch schon dem neuen, pietistisch-aufgeklärten Geist der kommenden Zeit leise geöffnet. [...] Sie war abgeklärt nach verschlungenen Kämpfen, irenisch ablehnend gegenüber der Zukunft, und vor allem auch von starkem und warmherzigem Empfinden für den Gegenstand, über den sie die Ergebnisse einer großen [...] wissenschaftlichen theologischen Epoche, der der lutherischen Schriftgelehrsamkeit, abschließend zusammennahm. - Die Glaubenslehre des Leipziger systematischen Theologen, die jetzt in 2. Aufl. vorliegt, nimmt in fast frappierender Art eine gleiche Stellung ein gegenüber der Schule, die das letzte Viertel des vorigen Jahr.[hundert]s bis über die Jahrhundertwende hinaus die protestantische Systematik weitgehend beherrscht hat, der Schule Ritschis. Stephan ist der Hollaz der Ritschlschen Orthodoxie" (Wilhelm Koepp: [Rezension zu:] Horst Stephan: Glaubenslehre. Zweite Auflage, Gießen 1927/28, in: Deutsche Literaturzeitung 49 (1928), 2443-2445, hier: 2443). Der Verlag für Theologie und Religionswissenschaft Alfred Töpelmann war aus dem 1832 gegründeten wissenschaftlichen Verlag J. Ricker in Gießen hervorgegangen. 1905 benannte der Verleger Alfred Töpelmann (1867-1954) die Verlagsfirma um. Die Eingliederung in das Unternehmen Walter de Gruyter & Co. erfolgte - unter Beibehaltung des Verlagsnamens- Ende 1935. Die Tätigkeit des Verlages Alfred Töpelmann lag vornehmlich auf dem Gebiet der wissenschaftlichen protestantischen Theologie und der orientalischen Sprachwissenschaft. Unter anderem verlegte er die Zeitschrift für die alttestamentliche Wissenschaft (seit 1881) und die Zeitschrift für die neutestamentliche Wissenschaft (seit 1900). Heinrich Frick (1893-1952) war von 1919 bis 1921 Privatdozent für Allgemeine Religionswissenschaft und Missionskunde in Darmstadt. Er wechselte 1921 als Privatdozent

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Abschluß ihres Studiums" zu unterstützen. Ein weitergehender Anspruch war allerdings schon von Anfang an insofern angelegt, als die Bände, einem Verlagsprospekt zufolge, „ein Bild von dem augenblicklichen Stande der Forschung" geben sollen, „wie es seit geraumer Zeit nicht mehr geboten worden ist". Zugleich sollten sie „überall auf die Probleme hinweisen, zu eigner Mitarbeit anregend und einladend". Weiter heißt es im gleichen Prospekt: „Die Sammlung Töpelmann [...] wird sich aber auch ebenso brauchbar für schon geprüfte oder bereits angestellte Herren erweisen, die, durch den Krieg aus ihrem Beruf gerissen, ihre Kenntnisse gern wieder befestigen möchten. Das Bedürfnis danach, schon vor dem Kriege bei manchem Pfarrer und Religionslehrer rege, wird sicher von jedem Kriegsteilnehmer, nicht minder aber von vielen Daheimgebliebenen heute nur noch um so stärker empfunden werden."71 Schon nach wenigen Jahren hatte sich aus der anfänglich noch recht bescheiden auftretenden Sammlung eine der führenden Lehrbuchreihen entwickelt, die sich durch ihre große Verbreitung im akademischen Studienbetrieb auch auf das theologische Ausbildungs- und Diskussionsniveau der zwanziger Jahre auswirkte. Prominente liberale Theologen übernahmen die Ausarbeitung der einzelnen Bände. Neben Horst Stephan, der seiner „Glaubenslehre" 1938 noch eine „Geschichte der evangelischen Theologie seit dem Deutschen Idealismus" beifügte, gehörten Rudolf Knopf, Hans Lietzmann, Heinrich Weinel, Emil Walter Mayer, Alfred Dedo Müller, Hermann Mulert und Martin Schian zu den Autoren. Zahlreiche Werke mußten bereits nach wenigen Jahren wieder aufgelegt werden. Mulerts „Konfessionskunde" von 1927 etwa wurde 1937 in erweiterter Auflage neu herausgegeben und erlebte in der Bearbeitung von Erdmann Schott noch 1956 eine Neuausgabe.72 Der Grund für diesen großen Erfolg lag nicht zuletzt darin, daß sich zwischen 1921 und 1938 das Selbstverständnis und die Aufgabenstellung der Buchreihe stark gewandelt hatte. Der ursprüngliche, vor allem ausbildungspraktische Zweck war zunehmend dem Anspruch gewichen, durch grundlegende Ausarbeitungen zu den einzelnen theologischen Fachdisziplinen direkt in die wissenschaftliche Debatte einzugreifen. Dabei sollte eine historisch-kritische Durchdringung der theologiegeschichtlichen Überlieferungsbestände mit einer eigenständigen thematischen Konzeption verbunden werden. Gleichzeitig sollte aber auch die Verbindung zu den Anforderungen gewahrt bleiben, denen die Pfarrer in ihrer Gemeindearbeit ausge-

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nach Gießen und übernahm dort 1924 eine außerordentliche Professur für Praktische Theologie. Noch im gleichen Jahr wurde er zum ordentlichen Professor ernannt. 1926 übertrug die Gießener Fakultät ihm eine Professur für Systematische Theologie und Allgemeine Religionsgeschichte. 1929 wechselte er auf eine Professur für Systematische Theologie an der Marburger Theologischen Fakultät. [Heinrich Frick / Verlag Alfred Töpelmann, Gießen:] Prospekt zu den ersten Bänden der Reihe, o.O. o.J. [1919]; Abdruck unter anderem in: Johannes Meinhold: Einführung in das Alte Testament. Geschichte, Literatur und Religion Israels, Gießen 1919, [317|. Hermann Mulert: Konfessionskunde (Sammlung Töpelmann. Die Theologie im Abriß: Band 5), Berlin 1927; Ders.: Konfessionskunde. Die christlichen Kirchen und Sekten. Zweite, neubearbeitete Auflage (Sammlung Töpelmann. Die Theologie im Abriß: Band 5), Berlin 1937; Ders.: Konfessio.nskunde. Die christlichen Kirchen und Sekten. Dritte, neubearbeitete Auflage unter Mitarbeit von Konrad Onasch herausgegeben von Erdmann Schott (Sammlung Töpelmann. Erste Reihe: Die Theologie im Abriß, Band 5), Berlin 1956.

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setzt waren. Gerade in dieser zweifachen Ausrichtung bot die Sammlung einen Beitrag zur „Besinnung auf die verpflichtenden Zusammenhänge zwischen Theologie und Kirche, zwischen wissenschaftlicher Arbeit und praktischem Dienst als Pfarrer oder Religionslehrer, zwischen Glauben, Denken und Leben".73 1935 wurde die Sammlung um eine zweite Abteilung erweitert. „Theologische Hilfsbücher" sollten sie um spezialisiertere Fachtitel ergänzen. Im Rahmen dieser „Hilfsbücher" erschien etwa Martin Noths Werk „Die Welt des Alten Testaments" (Berlin 1940). Die Ausführung des Gesamtplanes der Sammlung blieb dennoch hinter dem gesetzten Ziel zurück. Einige Bände konnten nicht in der ursprünglich vorgesehenen Gestalt oder gar nicht erscheinen. So blieb Hans von Sodens Zusage für eine „Neutestamentliche Theologie" uneingelöst. Auch hat der frühe Tod Erwin Preuschens im Jahre 1920 dazu geführt, daß eine kirchen- und dogmengeschichtliche Darstellung fehlte. Die Lücke ließ sich, trotz mancherlei Planungen Fricks, beispielsweise für eine „Dogmengeschichte des Protestantismus", bis zuletzt nicht schließen.

1.2.3. Kirchenverfassung und Kirchenreform Die Ausarbeitung der ersten Auflage der „Glaubenslehre" fiel in eine kirchenpolitisch äußerst bewegte Phase. Stephan selbst nahm an den Debatten um die Neugestaltung der Kirchenverfassung seit November 1918 intensiv Anteil. Das Ereignis des Krieges kommentierte er im Rückblick als „ein Werk der Zerstörung": „Stolze Siegeshoffnung, Staatsordnung, Wirtschaft, Herrschaftsstellung der europäischen Völker, Vertrauen, Moral, die Kultur-Ideologie der vergangenen Jahrhunderte - alles sank dahin." 74 Gerade in dieser Situation des allgemeinen Zusammenbruchs sah Stephan in der Forderung nach einer demokratischen Neugestaltung von Staat und Kirche, wie sie vor allem in den letzten Kriegsmonaten erhoben worden war, eine Zukunftsperspektive, die über die desolate politische Situation hinauswies. Zwar wollte Stephan selbst - anders als zahlreiche liberalprotestantische Theologen und Pfarrer, wie etwa Martin Rade, Rudolf Otto und Ernst Troeltsch - keinem demokratischen Verband beitreten. Auch der von Gustav Stresemann geführten Deutschen Volkspartei, einer Nachfolgepartei der Nationalliberalen Partei, schloß er sich nicht an. Um so engagierter aber trat er für die von Rade propagierte Initiative zur Bildung sogenannter Volkskirchenräte ein.75 In zahlreichen 73

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[Heinrich Frick / Verlag Alfred Töpelmann, Gießen:] Prospekt zur Sammlung Töpelmann, o.O. o.J. [1934]; abgedruckt unter anderem in: Martin Schian: Grundriß der Praktischen Theologie. Dritte Auflage neu bearbeitet, Gießen 1934, [430]. Geschichte der evangelischen Theologie seit dem Deutschen Idealismus, Berlin 1938, 285. Vgl. den von Stephan mitunterzeichneten Aufruf Rades: „An unsre protestantischen Volksgenossen!" vom 14. November 1918, in: Die Christliche Welt 32 (1918), 466 (Nr. 48/49). Ein Entwurf des Textes mit Erläuterungen Rades findet sich in: An die Freunde. Nr. 93 vom 15. November 1918, 675-676.

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Versammlungen der zu diesem Zweck gegründeten Marburger „Volkskirchlichen Vereinigung" und auf weiteren kirchenpolitischen Zusammenkünften warb Stephan für die Idee einer demokratischen Neugestaltung des evangelischen Kirchenwesens. Der ganze Umfang seines Einsatzes während dieser Wochen des allgemeinen politischen Umschwunges läßt sich heute nur noch anhand vereinzelter Spuren in der lokalen Berichterstattung nachvollziehen.76 Vor allem übernahm Stephan innerhalb des Rade-Kreises die Aufgabe einer ekklesiologischen Begründung des Reformprojektes. Zu diesem Zweck veröffentlichte er bereits im Dezember 1918 einen längeren Text zum „kirchlichen Neubau". Die Schwierigkeit des Unternehmens lag nicht zuletzt darin, daß trotz aller theologischen Verbindlichkeit die kirchenpolitischen Zielvorstellungen Rades weithin verschwommen blieben. Stephan suchte daher, den Reformplänen einen institutionalisierbaren Unterbau zu geben. Er ging dabei von dem Grundsatz aus, daß das landesherrliche Kirchenverfassungsmodell mit dem Untergang des wilhelminischen Systems gleichfalls zusammengebrochen sei. In dieser Situation seien allein noch die Gemeinden zu kirchenrechtlich normativem Handeln berechtigt. Der institutionelle Aufbau der Kirche müsse daher im Zuge einer auf die Gemeinden gestützten Neubegründung kirchlicher Verfassungsstrukturen „von unten her", über lokale und regionale Synoden erfolgen. Die Synoden hätten nach langen Jahren der Apathie nunmehr „endlich im großen Stil schöpferisch zu werden". Aufgrund der Diskreditierung der Kirchenbehörden könne ein solcher Prozeß auf institutioneller Ebene nur durch das evangelische Vereinswesen gestützt werden. Mit dieser Entgegensetzung wollte Stephan zugleich dem primär vereinsorganisierten Liberalprotestantismus eine wirksame Einflußnahme sichern. Darüber hinaus sollte über die Gemeinden, die Synoden, die freien volkskirchlichen Gruppen und die organisierten kirchlichen Vereine der evangelischen Kirche eine möglichst breite Verankerung in der Gesellschaft garantiert werden. Stephan war der Ansicht, daß sich nur auf diese Weise den Folgen begegnen lasse, die sich aus einer rechtlichen Trennung von Staat und Kirche unter Voraussetzung staatlicher Religionsneutralität ergeben würden.77

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Vgl. die Notizen in: Oberhessische Zeitung, Marburg. Ausgaben Nr. 287 vom 7. Dezember 1918 (Titel: „Trennung von Staat und Kirche"), Nr. 27 vom 1. Februar 1919, Nr. 28 vom 3. Februar 1919, Nr. 33 vom 8. Februar 1919 und Nr. 39 vom 15. Februar 1919. Alle seit dem 1. Februar 1919 erschienenen Texte stehen unter dem Titel: „Volkskirchliche Vereinigung". Im privaten Nachlaß Stephans haben sich zu seiner Mitwirkung an der Marburger „Volkskirchlichen Vereinigung" keine Zeugnisse erhalten. - Für den Hinweis auf die Oberbessische Zeitung danke ich Herrn Professor Dr. Friedrich Wilhelm Graf, Augsburg. Der kirchliche Neubau, in: Die Christliche Welt 32 (1918), 480-484, hier: 480-481.

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Der volkskirchliche Charakter einer protestantischen Kirchengestaltung verlangt nach Stephan die prinzipielle theologische Anerkennung eines innerkirchlichen Pluralismus. Andernfalls werde der Antagonismus einander entgegenstehender kirchenpolitischer Kräfte zu einer Zerstörung der kirchlichen Einheit führen und, in letzter Konsequenz, der Protestantismus schließlich seinen Ort nur noch in zersplitterten Winkelkirchen finden. 78 Das Interesse der ekklesiologischen Argumentation Stephans richtet sich hier primär auf die Absicherung einer gesellschaftlich relevanten Stellung der Kirche. Seine Kritik zielt dabei auch nach innen: Nur eine konsequente Abwehr solcher kirchenpolitischer Tendenzen, die im Namen eines bekenntniskirchlichen Ideals die Kirche gesellschaftlich isolierten, biete die Gewähr dafür, daß der zur Zeit noch vorhandene „Einfluß auf die Entwicklung der deutschen Kultur" erhalten bleibe. „Der amerikanische Weg" hingegen bedeute nichts als Gefahr: „Gehen wir ihn heute in der Stunde der allgemeinen Zerrüttung, so ist die Volkskirche gesprengt, ist sogar der volkskirchliche Charakter des deutschen Protestantismus dahin." Vor diesem Hintergrund erhob Stephan eine zweite Forderung: Nur eine pragmatische Erweiterung des Status legitimer Kirchenmitgliedschaft, die der veränderten Einstellung des Bildungsbürgertums zur Kirche stärker Rechnung trage, sei geeignet, dem Anspruch zu genügen, den die Kirche in der volkskirchlichen Selbstbeschreibung an ihre eigene Tätigkeit erhebe. Der um 1918 im deutschen Protestantismus außerordentlich umstrittene Begriff der Volkskirche dient Stephan hier dazu, ein Modell von Kirche zu beschreiben, das sowohl den Pluralisierungstendenzen der modernen Gesellschaftsentwicklung als auch dem kirchlichen Anspruch auf eine einflußreiche Rolle in Kultur und Gesellschaft entspricht.79 Stephan geht dabei von einer realistischen Einschätzung der religiösen Situation aus: Die Frömmigkeit der meisten heutigen Christen sei gar nicht entschieden genug ausgeprägt, um in dieser oder jener kirchlichen Sonderbildung eine Heimat finden zu können. Das gelte vor allem von denen, die „religiös überwiegend gleichgültig" sind, aber die Dienste der Kirche - sei es aus ethischen, pädagogischen oder geschichtlichen Gründen - dennoch in Anspruch nehmen. „Soll unser evangelisches Christentum sie ohne weiteres aufgeben?" Aber auch jener überaus große Kreis von „religiös abwartenden" Menschen sei auf die Volkskirche angewiesen. „Sie fühlen, ohne im vollen Sinne Christen zu sein, die Werte des religiösen Erbes und wollen den Zusammenhang damit von ihrer Seite aus nicht lösen. [...] Nur eine Volkskirche oder doch eine Organisation mit volkskirchlichem Charakter, 78 79

Ebd.; vgl. auch: Der Protestantismus auf dem Wege zur Einheit, Berlin 1924. Zur zeitgenössischen Debatte um das Modell der Volkskirche vgl. Kurt Meier: Volkskirche 1918-1945. Ekklesiologie und Zeitgeschichte (Theologische Existenz heute. Nr. 213), München 1982.

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die auch großen religiösen Verschiedenheiten Raum läßt, kommt für sie als religiöse Heimat in Betracht."80 Die Erwartungen, die Stephan mit seinem ekklesiologischen Konzept verband, wurden bereits in der Frühphase der Kirchenverfassungsdiskussion weitgehend enttäuscht. Anstelle einer modernisierungsbereiten Integration von kirchlicher Einheit und religiöser Freiheit erfolgte eine umfassende Restauration des konservativ-autoritären Kirchenwesens. Die unter den Liberalen weit verbreitete Sorge, daß sich keine genügend große Anzahl aktiver liberaler Kirchenmitglieder finden werde, um einer konservativen Vormacht in den Synoden entgegenzuwirken, erwies sich schon bald als nur allzu begründet.81 Im Juni 1919, d.h. nur wenige Wochen vor dem Zusammentritt des ersten Kirchentages, trat Stephan erneut engagiert für eine Reform des Verfahrens zur Wahl der Synoden ein. Zwar gilt seine Aufmerksamkeit auch hier der kirchenrechtlichen Stellung der Gemeinden. Sie müßten auf dem Gebiet des Gottesdienstes, des Bekenntnisses und der Selbstverwaltung ein höheres Maß an Eigenständigkeit und Einflußmöglichkeiten erhalten. Auf der anderen Seite kommt aber auch Enttäuschung zum Ausdruck, so etwa, wenn Stephan von der „geradezu furchtbaren Teilnahmlosigkeit der Gemeinden" spricht.82 Insofern steht er den radikalreformerischen Forderungen nach einem reinen Urwahlsystem skeptisch gegenüber. Auch an den Mobilisierungsversuchen etwa des „Volksbundes für evangelisch-kirchliches Leben", den der Göttinger Systematische Theologe Arthur Titius im November 1918 gegründet hatte, beteiligte Stephan sich nicht. Sein kirchenverfassungsrechtliches Modell sieht für die Provinzial- oder Landessynoden, die, wie er meint, voraussichtlich zu Hauptträgern des kirchlichen Lebens aufsteigen werden, einen Kompromiß vor: „Die direkten Urwahlen sind für [...] eine kleine Überzahl der Synodalen notwendig. [...] Das Kirchenvolk selbst muß seine Bedürfnisse und Anforderungen äußern, die Verwaltung der Kirche in starkem Maße bestimmen und 80 S1

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Der kirchliche Neubau, 483. Vgl. z.B. Troeltschs internes Memorandum vom 15. August 1919, in dem erwogen wird, welche Aussichten dafür bestehen, daß die Leitungsorgane der evangelischen Kirche über eine demokratische Kirchenverfassung eine liberale Majorität erhalten. Troeltsch äußert sich hierzu sehr skeptisch. Denn faktisch sei die Zahl liberal eingestellter Mitglieder zu gering, um einen solchen Einfluß über Wahlen herbeizuführen. Würden Direktwahlen durchgesetzt, so sei es wahrscheinlich, daß die Konservativen sie gewinnen, da die Liberalen zu „gleichgültig" und zu „schwach" seien. Vgl. hierzu Jonathan R. C. Wright: „Über den Parteien". Die politische Haltung der evangelischen Kirchenführer 1918-1933 (Arbeiten zur kirchlichen Zeitgeschichte. Reihe B: Darstellungen. Band 2), Göttingen 1977, 33; der bisher nicht veröffentlichte Text des Memorandums befindet sich im Geheimen Staatsarchiv Berlin (Signatur: Rep. 77, Tit. 123, 157/1). Die Zusammensetzung der Synoden, in: Die Christliche Welt 33 (1919), 410-415, hier: 411-412.

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unmittelbare Fühlung mit der kirchlichen Gesamtentwicklung gewinnen können. Dies ist schlechterdings nicht anders möglich als durch direkte Urwahlen." Ergänzend sollen aber auch „Vertreter der verschiedenen kirchlich wichtigen Lebensbetätigungen in die Synoden" aufgenommen werden, „und zwar so zahlreich, daß sie ein wirkliches Gegengewicht bedeuten". Von diesen Delegierten werde zwangsläufig ein dominanter Einfluß auf die Gesamtsynoden ausgehen, denn „geistige Führerschaft wird niemals auf dem Wege der gleichen direkten Wahlen feststellbar sein". - Das vorgeschlagene Modell war für die mittlere Synodalebene vorgesehen. Die Kreissynoden bedürften eines solchen Delegationssystems nicht, während die Generalsynode und der deutsche Kirchentag erst nach und nach im direkten Wahlverfahren zusammengesetzt werden sollten.83 Auch in seiner Stellungnahme auf dem ersten Deutschen Evangelischen Kirchentag im September 1919 in Dresden, an dessen Vorbereitung Stephan als Mitglied des Vorbereitungsausschusses selbst mitgewirkt hatte, hielt er an der Notwendigkeit von Urwahlen fest: Das protestantische Grundprinzip des allgemeinen Priestertums aller Gläubigen fordere die Institutionalisierung einer allgemeinen Mitwirkungsmöglichkeit der Kirchenmitglieder an der Tätigkeit kirchlicher Verfassungsorgane. Auch hier allerdings beschränkt Stephan die Urwahl auf die Ebene der Gemeindeund der Provinzialsynoden. Überhaupt sei das Gemeindeprinzip nur eine kirchenverfassungsrechtliche „Teilwahrheit". Die Kirche habe selbständige, gemeindeunabhängige Aufgaben in Theologie, Religionsunterricht, Innerer und Äußerer Mission, dem „Weltanschauungskampf", der Kunst und auf anderen Gebieten zu erfüllen. „Ja sie hat gegebenenfalls die Rechte ihrer Einzelglieder gegenüber dem Gruppen- (auch Gemeinde-) Egoismus zu wahren." Aus diesem Umstand ergebe sich die Notwendigkeit, das Wahlverfahren nach den unterschiedlichen Zuständigkeits- und Kompetenzbereichen der Synoden zu differenzieren, und zwar nicht zuletzt auch in der Weise, daß gegebenenfalls die Synodalzugehörigkeit „führender Persönlichkeiten" gewährleistet sei.84 Im Ergebnis konnte Stephan zunächst mit dem Erreichten zufrieden sein: Die preußische Kirchenverfassung vom 29. September 1922 erkannte die Ortsgemeinden als Basis der Kirche an und sicherte dem presbyterial83

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Ebd., 413. 415. [Diskussionsbeitrag zu der Verhandlungen des ersten Deutschen Evangelischen Kirchentages], in: Verhandlungen des Deutschen Evangelischen Kirchentages 1919. Dresden 1. 5. IX. 1919. Herausgegeben vom Deutschen Evangelischen Kirchenausschuß, BerlinSteglitz o.J. 11920], 216-218.- An der kirchenpolitischen Diskussion dieser Zeit hat Stephan sich noch mehrfach beteiligt; vgl. z.B.: Ein deutsch-evangelischer Kirchenbund, in: Die Christliche Welt 32 (1918), 507-508. - Zu Stephans Mitgliedschaft im Arbeitsausschuß zur Vorbereitung eines allgemeinen deutschen evangelischen Kirchentages liegt im Nachlaß ein größerer Bestand vor: Nachlaß Horst Stephan. Bestand 7: Kirchentag 1918/1919.

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synodalen Verfassungsprinzip bis zur Ebene der Provinzialsynoden ein erhebliches Gewicht. Um allerdings der Gefahr des „synodalen Despotismus" entgegenzuwirken, wurden zugleich starke konsistoriale Elemente in den Verfassungsaufbau integriert, weshalb die Kirchenverfassung insgesamt als ein „kunstvoll verflochtenes System von Demokratie und Autorität" bezeichnet worden ist.85 Freuen aber konnten die Liberalprotestanten sich ihres Teilerfolges kaum. Denn schon die ersten Kirchenwahlen zeigten, daß, wie befürchtet, durchweg die konservativen Gruppierungen die Mehrheit in den Synoden stellten. Es ist daher nur folgerichtig, wenn sich das Verhältnis von Zustimmung und Ablehnung zum kirchlichen Urwahlsystem unter den liberalen und den konservativen Kirchenpolitikern schon nach kurzer Zeit geradezu umkehrte. 1.3. Halle: Professur für Systematische Theologie und Herausgebertätigkeit Zum Sommersemester 1922 übernahm Stephan eine Professur für Systematische Theologie an der Universität Halle. Als Nachfolger des Ritschlianers Ferdinand Kattenbusch (1851-1935), der insbesondere durch eine weit verbreitete Theologiegeschichte hervorgetreten war,86 widmete er sich hier vornehmlich einer kritischen Bestandsaufnahme des derzeitigen systematisch-theologischen Diskussionsstandes. Aus dieser Arbeit erwuchs eine monographische Darstellung, die trotz aller Kürze im Detail einen instruktiven Überblick über die unterschiedlichen theologischen Strömungen nach 1918 gibt. 1.3.1. Zur gegenwärtigen Lage der evangelischen Theologie Das Werk ist in vier Abschnitte untergliedert, die sich der Religionsphilosophie, der Glaubenslehre, den Weltanschauungsfragen und der Ethik s5

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Karl Kupisch: Die deutschen Landeskirchen im 19. und 20. Jahrhundert, Göttingen 1966, 112. Zur Verfassungsdiskussion siehe Kurt Nowak: Evangelische Kirche und Weimarer Republik. Zum politischen Weg des deutschen Protestantismus zwischen 1918 und 1932. Zweite Auflage, Weimar 1988, 63-68. Ferdinand Kattenbusch: Von Schleiermacher zu Ritschi. Zur Orientierung über die Dogmatik des neunzehnten Jahrhunderts, Gießen 1892. Das Werk wurde mehrfach neu herausgegeben. Die abschließende Fassung erschien 1934 in zwei Teilen: Die deutsche evangelische Theologie. Erster Teil: Das Jahrhundert von Schleiermacher bis nach dem Weltkrieg. Sechste Auflage, Gießen 1934 /Zweiter Teil: Zeitenwende auch in der Theologie, Gießen 1934.- Zu Kattenbusch vgl. Hans-Martin Barth: Ferdinand Kattenbusch (1851-1935), in: Hans Georg Gundel / Peter Moraw/Volker Press (Hg.): Gießener Gelehrte in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts. Erster Teil (Veröffentlichungen der Historischen Kommission für Hessen. Band 35), Marburg 1982, 493-502.

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als den zentralen Bereichen der Systematischen Theologie widmen. Nahezu die Hälfte des Gesamtumfanges nehmen die Ausführungen zur Glaubenslehre ein. Den Mittelpunkt dieses Abschnittes bildet ein Kapitel unter dem Titel „Das Verständnis des Glaubens". Stephans eigene theologische Position wird im Kontext dieser Studie vor allem im Rahmen einer kritischen Auseinandersetzung mit der Dialektischen Theologie herausgearbeitet.87 Die „Krisis" der protestantischen Theologie nach 1918 erscheint Stephan „nicht einfach als Revolution, sondern als eine zwar krampfhaft verborgene, aber notwendige Auswirkung der theologischen Gesamtentwicklung". Die historische Bedeutung des Weltkrieges wird von Stephan weniger stark betont als von den Aufbruchstheologen. Zwar haben der Krieg und seine Auswirkungen als „akute Verstärkung" gewirkt, doch gingen die Anfänge der krisenhaften Entwicklung selbst bereits bis in das letzte Jahrzehnt des neunzehnten Jahrhunderts zurück. Diese Entwicklung stehe in „unterirdischer Verbindung mit den Wandlungen, die sich in der ganzen Breite des Lebens vollziehen; überall hat, freilich im schwersten Ringen mit der wachsenden Veräußerlichung, ja Entseelung des Lebens, ein neues Fragen nach Wesenstiefen angehoben; die ,Werte' greifen mächtiger in das Denken der Menschen hinein, stellen Forderungen und Aufgaben, führen über den ,rein wissenschaftlichen', den Fachbetrieb hinaus, geben der Philosophie einen neuen Schwung". In Philosophie und Wissenschaft werde über die lange herrschenden historisch-psychologischen Einstellungen, über bloße erkenntnistheoretische und sonstige Methodenfragen hinausgegriffen in das bisher ängstlich gemiedene Reich der Metaphysik. Die Theologie finde sich daher plötzlich in den Mittelpunkt eines breiten öffentlichen Interesses gestellt und sehe sich nun in der peinlichen Lage, befriedigende Auskünfte kaum geben zu können.88 Gerade die Bekämpfung des theologischen Liberalismus veranschaulicht nach Stephan die problematische Verfassung der gegenwärtigen Theologie. Die Liberalismus-Kritik offenbare das gebrochene Verhältnis der Theologie zu ihrer eigenen Geschichte. Ihr aber könne sich auch die konservativste Dogmatik nicht entziehen, wenn sie sich nicht aus dem theologischen Kommunikationszusammenhang ausschließen wolle. So lasse sich etwa gegen die Methode der historischen Kritik, die „trotz aller Gradunterschiede grundsätzlich Gemeingut der Theologie" geworden sei, nur noch ein Scheinkampf führen. Vollends die theologischen Kontroversen der 1870er und achtziger Jahre, die auf die dramatischen Moderni-

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Die systematische Theologie (Die evangelische Theologie. Ihr jetziger Stand und ihre Aufgabe, Teil IV), Halle an der Saale 1928. Der Grundgehalt der Schrift geht auf Vorträge zurück, die im Oktober 1925 auf einem Ferienkurs der Halleschen Theologischen Fakultät gehalten worden sind und die Stephan in überarbeiteter Form im April 1927 auf der Dresdner Akademischen Woche wiederholt hat.

Ebd., 1-3.

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sierungserfahrungen des mittleren und späten neunzehnten Jahrhunderts zurückgingen, seien heute nicht mehr geeignet, zur Formulierung der theologischen Aufgabenstellung beizutragen. So sieht Stephan seine Zeit als eine Phase des Übergangs. Revolutionsund Krisenstimmung verbinde sich mit einem restaurativen Trend, der vor den aktuellen Herausforderungen zurückweiche. In dieser Situation gehe eine starke Verlockung von radikalen Positionen aus, die zu einem grundsätzlichen „Verzicht auf die organische Kontinuität der theologischen Arbeit" verleiteten. Solche von Dialektischen und religiös-sozialistischen Theologen gleichermaßen vertretenen Auffassungen aber müßten letztlich zu einer Verarmung des theologischen Denkens führen. Jene überlieferungskritischen Theologen fixieren sich nach Stephan in einer „nichtsals-Kampfstellung": Sie sind gezwungen, ununterbrochen im Tonfall einer absoluten Glaubensgewißheit zu sprechen. Besonders im Blick auf Karl Barth kritisiert Stephan einen hermetisch abgeschlossenen Sprachgebrauch. Weit mehr noch als einzelne Motive einer theologischen Traditionskritik gab nach Stephan der bereits weit fortgeschrittene Verlust an historischem Bewußtsein in der Theologie Anlaß zur Besorgnis. „Die Probleme behandelt man teilweise so naiv von vorn, als ob nicht bereits Jahrhunderte evangelischer Theologie um sie gerungen hätten." Die heutige Theologie stehe stärker als jede frühere in der Gefahr eines zugespitzten Subjektivismus. Ihre inhaltlichen Positionen seien nicht selten „sehr zufällig" und gehorchten dabei in der Regel leicht erkennbaren vordergründigen Einstellungen. Dies sei „vielleicht dort am verhängnisvollsten, wo man am meisten vom Objektiven oder von Gott spricht und alles , Gott her' sehen möchte". Stephan vertrat in seiner kritischen Auseinandersetzung die Ansicht, daß sich das Bedürfnis nach einem radikalen theologischen Neuaufbruch vor allem aufgrund von generationenspezifischen Erfahrungen verstehen lasse. Niedergang und Zusammenbruch der bürgerlich-wilhelminischen Welt hätten unter den in den achtziger und neunziger Jahren Geborenen den Eindruck eines Kontinuitätsbruches erzeugt, der sich in der theologischen Kontroverse nun als unversöhnliche Absage an die gesamte Überlieferung moderner protestantischer Theologie niederschlage. Seine eigene, gleichfalls aus einer bestimmten Altersgruppenzugehörigkeit abgeleitete Einstellung bringt Stephan demgegenüber in folgender Weise zum Ausdruck: „Gerade wir älteren Theologen, die wir uns weder als absolut noch als Träger einer Zeitwende fühlen, sondern ganz schlicht dem Evangelium und der Wissenschaft dienen wollen, wissen sehr genau, daß alle Theologie Menschenwerk und relativ, daß im besonderen unsere eigene Theologie an jedem Punkt kritikbedürftig ist. Und so möchten wir am liebsten uns dieses wie jedes neuen Frühlings vorbehaltlos freuen. Darum schließe ich mit dem Wunsche: möchte dieser Frühling nicht nur ver mysticum oder ver dialecticum oder ver enthusiasticum sein, sondern in alledem

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auch als ver sacrum angenommen werden! Nur dann wird er dem Glauben und der Kirche wahrhaft dienen."89 1.3.2. Stephan als Herausgeber der Zeitschrift für Theologie und Kirche Neben der universitären Lehrtätigkeit und der publizistischen Arbeit war die Hallenser Zeit für Stephan durch zwei wissenschaftsorganisatorisch wichtige Daten geprägt. Zum einen übernahm er die Herausgabe der „Neuen Folge" der Zeitschrift für Theologie und Kirche. Der Zeitschrift selbst war Stephan seit langem eng verbunden. Bis 1917 hatte er als Mitglied des ständigen Mitarbeiterkreises eine größere Zahl von Beiträgen verfaßt. Infolge der kriegsbedingten Situation, dazu auch wegen des Rückzugs Wilhelm Herrmanns aus der akademischen Wirksamkeit, hatte der Verlag J.C.B. Mohr (Paul Siebeck) die Zeitschrift mit dem siebenundzwanzigsten Jahrgang einstellen müssen.90 Bereits im Frühjahr 1919 setzten allerdings die Planungen für einen Neubeginn ein. Mitte November wurde zwischen dem Verlag einerseits und Horst Stephan als dem „geschäftsführenden Herausgeber" sowie den Mitherausgebern Karl Bornhausen, Karl Heim und Theophil Steinmann vereinbart, die Zeitschrift ab 1920 unter dem Titel Zeitschrift für Theologie und Kirche. Neue Folge. Organ für die systematischen fragen der Religionswissenschaft und Geisteskultur neu zu begründen. Die neuen Herausgeber sahen sich in der Tradition der alten „ZThK", die sich seit ihrer Begründung im Jahre 1891 als Forum der Ritschl-Schule verstanden hatte. In einer kurzen Vorbemerkung zum ersten Jahrgang der „Neuen Folge" wird hervorgehoben, daß auch weiterhin „die Konzentration auf den wesentlichen Gehalt, die Besinnung auf das selbständige Wesen von Religion und Christentum [...] Ziel und Ausgangspunkt" der Zeitschrift bleibe. Dennoch müsse zur Kenntnis genommen werden, daß neue Forschungsgebiete, etwa die religionswissenschaftliche, die religionssoziologische oder die weltanschauungskritische Arbeit, daß neue Formen religiöser Erlebnisse, neue theologische Fragen und Gesichtspunkte nach Klärung verlangten, dazu auch die Theologie selbst sich weiter differenziert habe, und deshalb verstärkte Anstrengungen zu unternehmen seien, 89

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Ebd., 88-89. - Zur Dialektischen Theologie hat Stephan sich bei zahlreichen Gelegenheiten z.T. sehr ausführlich geäußert. Vgl. etwa die Besprechung zu Emil Brunner: Die Mystik und das Wort. Der Gegensatz zwischen moderner Religionsauffassung und christlichem Glauben, dargestellt an der Theologie Schleiermachers. Zweite, stark veränderte Auflage, Tübingen 1928, in: Zeitschrift für Theologie und Kirche. Neue Folge 10 (1929), 238-240. Der 27. Jahrgang 1917 erschien als Festgabe für Wilhelm Herrmann: Martin Rade/ Horst Stephan (Hg.): Festgabe für Wilhelm Herrmann zu seinem 70. Geburtstage dargebracht von Schülern und Kollegen. Mit einem Bilde, Tübingen 1917.

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um den Anschluß an die geistige Gesamtentwicklung zu halten. „Wir wollen helfen, im Geiste der evangelischen Frömmigkeit alles zu durchdenken, was die religiöse Entwicklung, die historische Theologie, die Kulturwissenschaft und Philosophie an fruchtbaren Stoffen bieten. So wollen wir sammeln und sichten, Vergangenheit und Gegenwart verstehen, die Zukunft vorbereiten helfen."91 Um dieser Aufgabenstellung willen sollte die Zeitschrift für theologische Kontroversen geöffnet werden. Stephan selbst lieferte im sechsten Jahrgang der „Neuen Folge" in einer viel beachteten Auseinandersetzung mit Emil Brunner das Modell dafür. 92 Eine weitere zentrale Aufgabe sah Stephan in der kritischen Reflexion der Aufbruchs- und Erneuerungsvorgänge, die die aktuelle theologische Situation bestimmten. Hiermit sollte zugleich ein Beitrag zur Standortbestimmung der kritischen Theologie in einer weitgehend veränderten theologischen Gegenwartslage geleistet werden. Schließlich stand die Zeitschrift in den Augen ihres Herausgebers verantwortlich für den Anspruch ein, der von der historisch-kritischen Grundhaltung moderner Wissenschaft an die theologische Forschungsarbeit ausgehe. In der Realgestalt der Zeitschrift selbst sollte das rationale Reflexionsniveau theologischer Wissenschaft sichtbar werden. Die praktische Editionsarbeit leistete während der folgenden neunzehn Jahre Stephan im wesentlichen allein. Ihm oblag vor allem die Korrespondenz mit Verlag und Autoren sowie die letzte Entscheidung über die Zusammenstellung der einzelnen Ausgaben. Von der starken Beanspruchung, der Stephan durch die Herausgebertätigkeit ausgesetzt war, zeugt ein sehr umfangreicher Korrespondenzbestand im Archiv des Tübinger Verlages.93 Insgesamt zeigen die Unterlagen, daß Stephan sich in hohem Maße für die Zeitschrift verantwortlich fühlte. Zugleich nutzte er aber auch die Möglichkeiten, die das Amt des Herausgebers ihm gab. Gezielt förderte er einzelne Autoren und rief sie zur Mitwirkung auf. So hat Stephan etwa über mehrere Jahrgänge hinweg den württembergischen Theologen Rudolf Paulus mit der Erstellung ausführlicher Überblicke zur neueren Idealismus-Forschung beauftragt. Auch die Anregung, anstelle

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[Erklärung des Herausgebergremiums zum ersten Jahrgang der „Neuen Folge" der Zeitschrift für Theologie und Kirche], in: Zeitschrift für Theologie und Kirche 28 (Neue Folge 1) (1920), 1-2. Auf die Auseinandersetzung zwischen Stephan und Brunner wird im Zusammenhang der Erörterung des Offenbarungsbegriffes bei Stephan näher eingegangen werden. Vgl. unten IH.1.3.2. Die Materialien bestehen zumeist aus Briefen Stephans an den Verlag. Sie liegen im Verlagsarchiv J.C.B. Mohr (Paul Siebeck), Tübingen. Bestand: Autorenkorrespondenz, vor und sind dort nach Jahrgängen geordnet. Auf Einzelheiten der Editionstätigkcit Stephans kann hier nicht eingegangen werden. - Für hilfreiche Unterstützung bei der Auswertung der umfangreichen Verlagsarchivalien zu Horst Stephan danke ich Herrn Verleger Georg Siebeck, Tübingen.

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der nicht immer zufriedenstellenden Literaturberichte eine eigene Rubrik für Rezensionen einzurichten, ging von ihm aus. Gleichzeitig beteiligte er sich selbst sehr intensiv an dieser Arbeit.94 1.3.3. Konflikte um die Neuausgabe der „Religion in Geschichte und Gegenwart" Aus der engen Verbindung, die Stephan über die Herausgabe der Zeitschrift zum Siebeck-Verlag knüpfte, ergab sich auch die Mitwirkung an einem zweiten theologischen Großprojekt dieser Jahre. Bereits kurz nach Kriegsende war mit den Planungen zu einer völlig neu bearbeiteten Ausgabe des „Handwörterbuches für Theologie und Religionswissenschaft" Die Religion in Geschichte und Gegenwart begonnen worden.95 Stephan ist spätestens im Winter 1921/22 zum engeren Planungsstab hinzugezogen worden. In einem Schreiben vom 18. Januar 1922 erklärte er sich zur Betreuung „der systematischen Fächer" bereit. Er betonte allerdings schon bei dieser Gelegenheit, daß das sachliche Schwergewicht der Bearbeitung, das bei der Erstauflage ganz auf seiten der Religionsphilosophie gelegen habe, zugunsten der Glaubenslehre verschoben werden müsse. Beide sollten in ein Verhältnis „korrespondierender Ergänzung" treten. „Meine Aufgabe wäre es zu zeigen, eventuell in einem Artikel über .systematische Theologie', wie diese beiden Bearbeitungsweisen sich zu einander verhalten und doch eine Einheit bilden."96 Als Folge der sich immer stärker polarisierenden Situation in der evangelischen Theologie kam es schon während der Planungsphase zu Schwierigkeiten, deren Überwindung von den beteiligten Herausgebern und Verlagsmitarbeitern ein hohes Maß an Kooperationsbereitschaft forderte. Stephan selbst, der für die Gestaltung des systematisch-theologi-

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Vgl.: [Notiz], in: Zeitschrift für Theologie und Kirche. Neue Folge 6 (1925). 73.- Im Bibliographischen Anhang sind unter A.2.1.5. sämtliche Notizen und Bemerkungen verzeichnet, die Stephan in seiner Eigenschaft als Herausgeber publiziert hat. Wegen dieser Planungen kam es auch nicht mehr zu der Veröffentlichung eines 1913 bereits angekündigten Registerbandes zur ersten Auflage des Handwörterbuches. Vgl. den Hinweis in: Die Religion in Geschichte und Gegenwart. Band 5, Tübingen 1913, VII (Vorwort von Leopold Zscharnack). - Die Entstehungsgeschichte der zweiten Auflage des Handwörterbuches ist jetzt von Alf Özen ausführlich und unter Heranziehung eines umfangreichen archivalischen Quellenmaterials dargestellt worden; vgl. Alf Özen: „Die Religion in Geschichte und Gegenwart" als Beispiel für Hoch-Zeit und Niedergang der „Religionsgeschichtlichen Schule". II. Teil: RGG , in: Gerd Lüdemann (Hg.): Die „Religionsgeschichtliche Schule". Facetten eines theologischen Umbruches, Frankfurt am Main u.a. 1996, 243-298. Auf den Anteil, den Horst Stephan an dem Projekt hatte, geht Özen nicht näher ein. Brief vom 18. Januar 1922 an den Verlag J.C.B. Mohr (Paul Siebeck) [Abschrift] (Verlagsarchiv. Bestand: Die Religion in Geschichte und Gegenwart. Zweite Auflage).

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sehen Gebietes verantwortlich zeichnete und insofern von den Problemen der theologischen Konfrontation besonders betroffen war, hielt zeitweise sogar die Realisierung der Neubearbeitung gänzlich für gefährdet. In einem Brief vom 15. März 1924 faßte er seine Bedenken zusammen: „Für mein Gebiet ist es mir überhaupt fraglich, ob die Zeit jetzt günstig ist. Wir sind seit 2 Jahren so sehr in die Wirrnis hineingeraten, daß niemand sich auskennt. [Die] Durchführung eines systematischen Gebietes scheint mir zur Zeit unmöglich. [Eine] Verewigung des chaotischen Eindrucks der Gegenwart durch ein solches Lexikon aber ist schmerzlich. So stecke ich tief in schweren Bedenken."97 Stephans Skepsis im Blick auf die erreichbare Geschlossenheit der lexikalischen Darstellung blieb auch im folgenden bestehen. Ein Ausweg schien in der Abtrennung einzelner systematisch-theologischer Teildisziplinen zu liegen, für die Stephan eigene Berater heranzuziehen vorschlug. Über das Gebiet der Philosophie wollte er sich allerdings „namens der systematischen Theologie eine gewisse Oberaufsicht" vorbehalten, obschon er im gleichen Zusammenhang die Beteiligung des Königsberger Philosophen Heinz Heimsoeth für wünschenswert hielt.98 Den Vorschlag Leopold Zscharnacks, allen wichtigeren Theologen die Möglichkeit zu geben, sich in einer Selbstdarstellung vorzustellen, lehnte Stephan ab: „Wo soll man die Grenze ziehen? Nur bei besonders charakteristischen Bewegungen halte ich es für nötig; und zwar nicht unter ihrem Namen (z.B. Barth oder Gogarten oder Otto), sondern so, daß man ihnen sachliche Stichworte zuweist, unter denen sie ihre Hauptgedanken aussprechen können (so bei Gogarten-Barth etwa Dialektische Methode' oder ,Reich Gottes'; bei Otto etwa das ,Heilige')."99 Trotz der schwierigen Lage verständigten die Herausgeber sich im Oktober 1924 auf einen gemeinsamen Editionsplan, dessen Grundsätze sie in einem Rundschreiben den Mitarbeitern mitteilten. Die religionsgeschichtliche Ausrichtung der Erstauflage sollte zwar „insonderheit" für die christliche Religion beibehalten werden. Auch blieben die Mitarbeiter 97 98

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Brief vom 15. März 1924 an den Verlag [Abschrift] (Verlagsarchiv). Brief vom 4. Juli 1924 an den Verlag [Abschrift] (Verlagsarchiv). Zur Berufung Heimsoeths führte Stephan aus: „Ehe ich [...] mit einem Philosophen verhandle, müßte ich genau die Bedingungen kennen, unter denen ich ihn zu seiner nicht leichten Arbeit auffordern kann; er müßte einen Vorschlag für die Nomenklatur seines Gebiets mit mir zusammen machen und mindestens die einlaufenden Manuskripte durchkorrigieren (kürzen!), womöglich auch den Briefwechsel mit den Einzelverfassern führen." Die Absicht wurde nicht ausgeführt. Die Mitwirkung Heimsoeths beschränkte sich schließlich auf die Abfassung einiger weniger philosophiegeschichtlicher Artikel. Das Fachgebiet Philosophie selbst blieb bei Stephan. Lediglich für größere Teilgebiete traten ihm Fachberater zur Seite, die allerdings selbst alle Theologen waren, so für das Gebiet der Naturphilosophie Arthur Titius, für die Kulturphilosophie Karl Bornhausen und für die Religionsphilosophie Paul Kaiweit. Brief vom 4. Juli 1924 (Verlagsarchiv).

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aufgefordert, die Erweiterung der theologischen Wissenschaft durch die Methoden der vergleichenden Religionswissenschaft, der kritischen Geschichtsforschung und der modernen Philologie „nach allen Seiten hin" zu beachten. Doch trat die programmatische Differenz unübersehbar hervor: Anders als in der Erstausgabe sollte „der Hauptnachdruck durchgängig auf die Gegenwart und die Beziehungen zu ihr" gelegt werden; die Vergangenheit sollte hinter der umfassenderen Schilderung der Religion der Gegenwart zurücktreten.100 Für das systematisch-theologische Fachgebiet legte das Rundschreiben die Position Stephans als verbindlich fest: „Das systematische Gebiet bedarf, wenn es die heutige Arbeit der Theologie erfassen will, gegenüber der 1. Auflage einer starken Umstellung. Beide Wege müssen dabei zur Geltung kommen: neben dem bisher allein herrschenden ,religionsphilosophischen', der von der äußeren Fülle der religionsgeschichtlichen und religionspsychologischen Erscheinungen aus in die innere Welt des Glaubens dringt, der eben so berechtigte Weg der Glaubenslehre, der vom Glauben aus die Weite des Wirklichen und damit die Fülle der wissenschaftlichen Fragen zu ergreifen sucht. Da beide in der Sache begründet, also zur gegenseitigen Ergänzung berufen sind, braucht daraus keine Verwirrung zu entstehen. Im Gegenteil, die Doppelorientierung wird eindrücklich zeigen, daß nicht die Mitteilung von festen Ergebnissen' unser Ziel ist, sondern die Erziehung zu allseitiger methodischer Durchdenkung der religiösen Fragen und das Verständnis der wirklichen Schwierigkeiten, unter Ueberwindung des Dogmatismus. An den wichtigsten Punkten wird der Doppelheit durch Parallelartikel Rechnung getragen werden (z.B. beim Begriff des Glaubens selbst)."101

Trotz der Verständigung auf diese Grundsätze kam es bereits im Frühjahr 1925 zu einem schweren Rückschlag. Entgegen der im Rundschreiben formulierten Absicht, die ganze Breite des Spektrums theologischer Strömungen einbeziehen zu wollen, trat der Verleger Oskar Siebeck mehr und mehr dafür ein, theologische oder kirchliche Randgruppen - wie etwa die Religiösen Sozialisten oder die reformorientierten Teile der Missionsbewegung - nur in geringerem Maße zur Mitwirkung aufzufordern. Seine Sorge richtete sich darauf, daß eine Neuauflage des Wörterbuches, die entsprechend den Richtlinien vom Oktober 1924 angelegt wäre, zwischen den theologischen und kirchenpolitischen Differenzen zerrieben werde. Er wollte im übrigen, hierin gewiß auch von unternehmerischen Motiven beeinflußt, um eines klar erkennbaren Profils willen den Anteil der wissen100

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Die Religion in Geschichte und Gegenwart. Zweite, völlig neubearbeitete Auflage. Erstes Rundschreiben an die Mitarbeiter vom Oktober 1924 [6 Seiten]. Unterzeichnet von Leopold Zscharnack, Hermann Gunkel, Horst Stephan und Hermann Faber. - Ein Exemplar des Manuskriptdruckes befindet sich im Verlagsarchiv. Bestand: Die Religion in Geschichte und Gegenwart. Zweite Auflage. Zitat: 1. Ebd., 2.

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schaftlichen Sachdarstellung am Gesamtwerk erhöhen und dafür den dogmatisch-theologischen Bereich von der schwierigen Aufgabe einer getreuen Wiedergabe der verwickelten und unübersichtlichen Gegenwartslage entlasten. In diesem Sinne plädierte er schließlich doch wieder für eine stärkere Orientierung an den Planungskriterien der Erstauflage. 102 Zeitweise scheint wegen dieser Unstimmigkeiten das Projekt insgesamt ernsthaft gefährdet gewesen zu sein. Dennoch lehnte Stephan den Standpunkt des Verlegers ab. Er sah in dessen Vorschlag nicht nur eine Korrektur, sondern eine grundlegende Infragestellung des vereinbarten Konzeptes. Die konsequente Durchführung seines doppelseitigen Modelies für die Bearbeitung der zentralen systematisch-theologischen Themen galt ihm nunmehr als Bedingung für die eigene Mitwirkung. In einem ausführlichen Schreiben griff er daher Siebeck scharf an. Zugleich nutzte er die Gelegenheit, seine eigene Auffassung noch einmal in aller Deutlichkeit zusammenzufassen: „Halle, den 4. 3. 25 Sehr verehrter Herr Dr.! Zu dem Konflikt über RGG möchte ich doch auch persönlich ein Wort sagen. [...] Gestatten Sie, daß ich mit dem Persönlichen beginne. Ich habe den Eindruck, daß im Hintergrunde Ihres Zurückdämmens etwas steht, das nicht ausgesprochen wird, aber zwischen den Zeilen durchzublicken scheint: Sie möchten bei der heutigen wissenschaftlichen und geistigen Lage überhaupt Ihre Firma nicht mit dem Risiko von RGG2 belasten. Wenn das der Fall ist, dann bitte ich es uns ganz offen zu sagen; wir müssen dann sehen, wie wir die angesponnenen Fäden ohne Bruch und Riß wieder von einander lösen. Aber wir sehen wenigstens klar und wenden unsre Zeit und Herzenskraft nicht noch mehr, als es schon seit September [1924] geschah, an eine Fata Morgana. Sie spüren es vielleicht nicht, werden es aber berücksichtigen müssen, was es heißt, die Umorganisation eines einzigen Gebiets in einer unermeßlich verwickelten Lage zunächst im eigenen Kopfe durchzuführen. Man denkt Tag und Nacht daran, drängt alles andere zurück und ist innerlich in einer Weise belastet, wie es bei eigner literarischer Produktion nicht der Fall ist. [...] Nachdem Sie schon 1921f und dann wieder 1924 die Lage gründlich durchgedacht hatten, mußten wir natürlich annehmen, daß es Ihnen diesmal voller Ernst sei und es sich nicht nur um eine Art Experiment mit uns handle. In diesem Sinne haben wir gehandelt. Das alles sage ich nur, um zu zeigen, daß endlich Klärung für uns unbedingt nötig ist. Was im übrigen die Streitpunkte betrifft, so sehe ich im wesentlichen Mißverständnisse. Es kann gar nicht die Rede davon sein, daß wir unsre Tübinger Einstellung103 irgendwie verlassen hätten. Mir war das, was in Tübingen be102

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Dr. Oskar Siebeck hatte 1920 die Leitung des Verlages von seinem Vater Paul Siebeck übernommen. Von 1935 bis 1972 führte in dritter Generation Dr. Hans-Georg Siebeck das Tübinger Verlagshaus. Gemeint sind die im Oktober 1924 durch das „Erste Rundschreiben" den Mitarbeitern zur Kenntnis gegebenen Richtlinien.

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schlössen wurde, schon 1921 Selbstverständlichkeit; als Herr Kollege Krüger104 mich für die Mitarbeit zu gewinnen suchte, habe ich die Umorientierung von der alten .religionsphilosophischen' Haltung auf eine volle Berücksichtigung der heutigen Lage ausdrücklich zur Bedingung gemacht! [...] Ich sehe gar nicht, was durch die von Ihnen gewünschte .sachliche Diskussion' [...] geleistet werden soll. [...] Denn schon den Begriff der .liberalen Theologie', den Sie von der jüngsten Gruppe übernehmen aber anders wenden, können wir nicht akzeptieren.105 Im Sinne Barths ist Otto .liberal', ebenso Holl; und Sie halten offenbar beide für spezifisch aktuell und .modern'! Otto und Holl sind scharfe Gegner Barths, und wir rechnen sie durchaus zu uns, wenn auch mit verschiedenem Sinn, [nachträglich eingefügt: Ich selbst bin nie .liberal' gewesen und in sehr wichtigen Punkten von jeher ebenso eingestellt wie die Barthianer (nicht .dialektisch', aber .reformatorisch').] Aber wie dem auch sei: unser Beschluß war ja, alle ernsten heutigen Strömungen positiv heranzuziehen! Dem galten auch alle ernsten Erörterungen über die .Berater'. Wenn Herr Gunkel statt Greßmann Hempel106 vorschlug, so war einer seiner Gründe die Heranziehung der .positiven' religionsgeschichtlichen Bewegung - aber Sie waren dagegen! Wenn ich Wünsch für Ethik vorschlug (und mit ihm thatsächlich inzwischen anknüpfte), so ist wiederum einer der Gründe die Heranziehung der Religiös-Sozialen; wenn wir in der Mission gegen die überwiegende Beauftragung der Mission alten Stils stritten, so doch eben mit deshalb, weil ihre Gesichtspunkte entweder veraltet sind oder von Übernahme der neuen besseren Methodik des A.E.P.M. -Vereins leben!107 Das erwähne ich nur, um zu zeigen, wie lebendig die Gegenwarts-Einstellung uns beherrscht. Und alles, was ich bisher an der Umorientierung des systematischen Gebiets gearbeitet habe, entspricht dem. In größter Hochschätzung Ihr sehr ergebener Stephan. "108

Die einlenkende Reaktion des Verlegers führte zunächst zu einer Beruhigung des Konfliktes. Dennoch war die Besorgnis Stephans, sein lexikalisches Konzept nur bedingt durchsetzen zu können, nicht ausgeräumt. In einem wiederum sehr ausführlichen Schreiben vom 15. März 1925 warf Stephan die Frage der Kompetenzverteilung auf. „Auf Ihre Versiche104

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Gustav Krüger (1862-1940), von 1889 bis 1927 Professor für Kirchengeschichte in Gießen. Krüger nahm im Anfangsstadium an den Planungen zur Neuauflage intensiv teil. Stephan spielt hier an auf Rudolf Bultmanns Aufsatz: Die liberale Theologie und die jüngste theologische Bewegung, in: Theologische Blätter 3 (1924), 73-86. Johannes Hempel (1891-1964) war seit 1920 Privatdozent in Halle, von 1925 bis 1928 Professor für Altes Testament in Greifswald, danach bis 1937 in Göttingen und anschließend bis zu seiner Entlassung 1945 in Berlin. Gemeint ist der Allgemeine Evangelisch-Protestantische Missionsverein, der 1884, im Jahr der Berliner Konferenz, gegründet worden war. Sein Arbeitsgebiet war vor allem Ostasien. In Tokyo unterhielt er eine theologische Ausbildungsstätte. Die Mitarbeiter der ersten Auflage der RGG aus dem Bereich „Mission" zählten nahezu ausschließlich zum AEPM. Verlagsarchiv. Bestand: Die Religion in Geschichte und Gegenwart. Zweite Auflage.Vgl. Alf Özen: „Die Religion in Geschichte und Gegenwart". II. Teil: RGG2, 295-296.

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rung hin verzichte ich völlig auf den Hintergedanken, daß Sie aus irgendwelchen Gründen am liebsten die neue Auflage aufgeben würden. Aber dieser Verzicht bringt mir noch keine positive Klarheit. Handelt es sich Ihnen mehr um die grundsätzliche Frage, ob der Verlag inhaltlich die letzte Entscheidung [...] in den Einzelfragen haben soll, oder mehr praktisch und konkret um die volle Berücksichtigung der heutigen Lage? Die beiden Fragen scheinen mir durchaus nicht identisch zu sein. Denn - offen gesagt - die bessere Kenntnis der Lage trauen wir uns zu, da wir sie ja beständig am eignen Forschen und Denken erleben; und da wir die volle Absicht haben, das in RGG zur Geltung zu bringen, so können Sie im Grunde nichts Besseres tun als uns zwar von Ihrem Material und Ihren Blickpunkten her beständig zu beraten (dafür werden wir - ich wiederhole es - sehr dankbar sein), aber dann unserm Gewissen die Entscheidung anheimzugeben." 109 Obwohl Siebeck wiederum anführte, daß die theologische Lage es nicht mehr erlaube, die RGG zu einem „Parteiunternehmen" zu machen und seine Aufgabe vielmehr die eines unabhängigen Beobachters sei, scheint Stephan ihn, wenigstens im Blick auf das systematisch-theologische Fachgebiet, schließlich doch davon überzeugt zu haben, daß eine andere als die von ihm entworfene Konzeption in der gegenwärtigen Situation nicht praktikabel sei. Jedenfalls endete die Kontroverse damit, daß die in Tübingen beschlossenen Grundlinien für die durchzuführenden Einzelbearbeitungen nicht mehr in Frage gestellt wurden. Der Standpunkt, den Stephan in dieser Auseinandersetzung vertrat, ist für die prekäre Situation der liberalprotestantischen Theologie während der zwanziger Jahre in hohem Maße kennzeichnend. Indem er zum einen eine prinzipielle Orientierung an den Grundpositionen der älteren religionsgeschichtlichen Schule ablehnt, zugleich aber - über Artikelbezeichnung, Stoffverteilung und Autorenauswahl - faktisch auf einer liberaltheologischen Ausrichtung zumindest der wichtigsten zusammenfassenden Leitartikel seines Fachgebietes besteht, folgt Stephan einem Grundsatz, der ihn auch in der Herausgabe der Zeitschrift für Theologie und Kirche geleitet hat. Im Falle des Lexikons sollte allerdings stärker noch als dort zugleich gewährleistet werden, daß sich im Endergebnis tatsächlich die ganze Breite der aktuellen theologischen Lage widerspiegele. Auch die methodische Disparatheit der zeitgenössischen systematischen, exegetischen und historischen Theologie sollte nicht verschleiert werden. 109

Brief an Oskar Siebeck vom 15. März 1925 (Verlagsarchiv). In der Fortsetzung heißt es: „Handelt es sich Ihnen aber mehr um eine Art verlegerische Ehrenfrage, so steht es natürlich ganz anders. Ich kann durchaus mitempfinden, daß Sie in einer Sache, die ein so starkes Risiko einschließt und mit dem Gesamtruf des Verlags so eng verbunden ist, nicht einfach nur zuschauen und vertrauensvoll zuwarten wollen, was heraus kommt. Andrerseits hat da der Wissenschaftler ebenfalls seine Empfindlichkeit. Es kommt darauf an, den rechten Ausweg zu finden, der beiden Standpunkten ihr Recht gibt."

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Die großen Anforderungen an Editor und Autoren werden deutlich, wenn man sich in Erinnerung ruft, daß die von Stephan angesprochene „Uneinheitlichkeit" sich bis auf die elementare Frage erstreckte, wie überhaupt der Charakter von Theologie zu bestimmen sei. Stephans Haltung brachte in die Planungen des Handwörterbuches ein Moment ein, das sich selbst aus dem geschichtskritischen Denken der Zeit herleiten läßt. Sein Interesse an einer angemessenen Repräsentanz der Konfliktparteien im Lexikon trägt dem in Theologie und Philosophie der Zeit weithin verbreiteten Antihistorismus zumindest insoweit Rechnung, als sie eine konsequent religionsgeschichtliche Orientierung, wie sie die alte RGG ausgezeichnet hatte, ausschließt. In diesem Sinne kann hier durchaus von einem Substanzverlust der liberalen Theologie, einem Mangel an Prägekraft in der theologischen Auseinandersetzung gesprochen werden. Es hieße aber diesen Umstand in seiner Bedeutung erheblich zu überschätzen, wenn man in dem von Stephan geforderten und letztlich durchgesetzten Entgegenkommen den Grundzug schlechthin im theologischen Charakter der Neubearbeitung der RGG sehen wollte.110 Denn in der praktischen Ausführung des Unternehmens, nicht zuletzt auch durch die von ihm selbst verfaßten Beiträge, hat Stephan doch in sehr starkem Maße das Gewicht der liberalen Theologie zu sichern gewußt.111 Der von den Herausgebern gemeinsam ausgearbeitete Verteilungsplan sah vor, daß Stephan neben dem Gebiet der Systematischen Theologie auch die Abteilungen für Philosophie und Sozialwissenschaften übernehmen sollte. In der Ausführung dieser Aufgabe hat Stephan der Erörterung sozioökonomischer Fragestellungen ein besonderes Gewicht gegeben und damit eine Entwicklung in der evangelischen Theologie gefördert, die sich um die Mitte der zwanziger Jahre noch keineswegs durchgesetzt hatte. Sowohl dieses Engagement als auch Stephans vehementer Einsatz für die neue Gestaltung des systematisch-theologischen Themenfeldes scheinen darauf hin zu deuten, daß seine anfängliche Skepsis schließlich doch noch einer Zuversicht in die Durchführbarkeit des Unternehmens gewichen ist. Die von Stephan stammende Ankündigung der Neuauflage in der Zeitschrift für Theologie und Kirche läßt von den zurückliegenden Konflikten jedenfalls nichts mehr ahnen. Vielmehr stellt Stephan hier als redaktionelle 110

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Vgl. etwa das in diese Richtung gehende Urteil von Gangolf Hübinger in: Kulturprotestantismus und Politik, 193. Stephan selbst hat für die zweite Auflage der RGG u.a. folgende Artikel verfaßt: Apologetik (Band l, 421-425), Bekenntnis (Band l, 871-873), Dogma (Band l, 1961-1964), Dogmatik (Band l, 1964-1968), Glaubenslehre (Band 2,1236-1237), Idealismus (Band 2, 53-59), Theologie (Evangelische Theologie) (Band 5, 1116-1124), Weltbild und Weltanschauung (Band 5, 1845-1850). Die bibliographischen Angaben zu seinen sämtlichen Beiträgen sind im Anhang unter A.2.1.6. zusammengestellt.- Weitere grundlegende Artikel wurden von Friedrich Wilhelm Schmidt, Arthur Titius, Paul Kaiweit, Theophil Steinmann und Georg Wehrung verfaßt.

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Grundlinie dar, was doch immerhin aus seiner Sicht erst gegen einigen Widerstand hatte durchgesetzt werden müssen: „Die 1. Auflage war wesentlich von religionsphilosophischen Grundgedanken beherrscht; vor allem die gewaltige Leistung Troeltschs gab diesen eine beherrschende Stellung." Heute aber sei keine theologische Gruppe mehr in der Lage, das Gesamtgebiet der Theologie von einem einheitlichen Standpunkt aus darzustellen. Vielmehr bedürfe die Theologie „nach ihrer religions-, ja geisteswissenschaftlichen Ausweitung" einer Klärung, die eben von der Religionsphilosophie selbst nicht gegeben werden könne. „Will [die] RGG der Gegenwart dienen, dann dürfen wir das Neben-, ja Widereinander der Einstellungen nicht scheuen. [...] Die systematische Theologie will nicht den Schein- oder Kirchhoffrieden eines einheitlichen, intellektuell oder ästhetisch beruhigenden Systems, sondern lebendig ringendes Denken." Auch für verstärkte Anstrengungen auf den Gebieten der Weltanschauungstheorie und der Ethik trat Stephan hier noch einmal ein; sie seien dringend erforderlich, wenn es der Theologie mit der „Universalität des christlichen Denkens" tatsächlich ernst sei.112 Die Kritik nahm die programmatische Ausrichtung der Neuauflage weithin mit Zustimmung auf. Es wurde jedoch auch gefragt, inwiefern die praktische Umsetzung tatsächlich gelungen sei. So bemängelte etwa Kurt Kranzler in der Christlichen Welt, daß wichtige Repräsentanten einzelner theologischer Strömungen wie Rudolf Otto, Karl Barth, Emil Brunner oder Emanuel Hirsch gar nicht oder in nur sehr geringem Maße zu Wort kamen. Demgegenüber konnte Stephan geltend machen, daß, wenn sich auch etwa die geplante Übertragung eines umfassenden Artikels über die Dialektische Theologie an Karl Barth aufgrund von dessen Weigerung nicht hatte realisieren lassen, so doch innerhalb des zentralen „dogmatisch-apologetischen Gebiets" das spezifische Anliegen der theologischen Aufbruchsbewegungen in breitem Umfang aufgenommen worden war. 113 1.4. Leipzig: Amtstätigkeit und theologische Kulturkritik Zum Sommersemester 1926 übernahm Stephan die Professur für Systematische Theologie II an der Theologischen Fakultät der Universität Leipzig. Unmittelbarer Vorgänger auf seinem Lehrstuhl war der Religionspsycho112

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[Ankündigung der zweiten Auflage von „Die Religion in Geschichte und Gegenwart"), in: Zeitschrift für Theologie und Kirche. Neue Folge 7 (1926), 476-477, hier: 477. Brief an Oskar Siebeck vom 15. März 1925 (Verlagsarchiv). So zeichneten sich nach Stephans Ansicht beispielsweise die sehr zahlreichen Beiträge des Danziger Generalsuperintendenten Paul Kaiweit dadurch aus, daß sie „einen starken Barth-Einschlag aufgenommen" hätten. - Zur Kritik vgl, Kurt Kranzler: Die neue Gestalt der RGG, in: Die Christliche Welt 45 (1931), 25-29, hier: 26, sowie: Erich Foerster: Die zweite Auflage von RGG, in: Theologische Rundschau. Neue Folge l (1929), 361-375.

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löge Karl Girgensohn (1875-1925). Neben Stephan vertrat gleichfalls seit 1926 Ernst Sommerlath (1889-1983) die Systematische Theologie. Sommerlath, der als Nachfolger Paul Althaus d. Ä. (1861-1925) berufen worden war, stand für eine „modern-positive" Richtung und hatte der Fakultät zuvor bereits drei Jahre lang als außerordentlicher Professor angehört.114 Stephans Berufung nach Leipzig war in konservativen Kreisen der sächsischen Landeskirche nicht unumstritten gewesen. Bereits die ersten Nachrichten von der Absicht der Landesregierung, den Hallenser Theologen nach Leipzig zu berufen, lösten in der Gruppierung der „Bekenntnisund bibeltreuen Vereinigungen" lebhafte Proteste aus. Dem trat die liberale landeskirchliche „Freie Volkskirchliche Vereinigung", die sich ihrerseits 1912 nur schwer mit der Berufung des positiven Althaus hatte abfinden können, entgegen, indem sie Stephan in mehreren Schreiben zur Annahme des mittlerweile ergangenen Rufes ermutigte. Tatsächlich hat Stephan sich über die gegen seine theologische Position erhobenen Einwürfe hinweggesetzt und die Annahme des Rufes trotz einiger von ihm brieflich geäußerter Bedenken nicht mehr zurückgenommen.115 1.4.1. Stephan in Leipzig Die Leipziger Jahre bilden in der Biographie Horst Stephans den Höhepunkt seiner akademischen Wirksamkeit. Schon während der ersten Semester gelang es ihm, eine große Hörerschaft in seinen Vorlesungen zu versammeln. Etliche junge Theologen schlössen sich ihm an, indem sie an Seminarveranstaltungen und Kolloquien teilnahmen, die Stephan durch Zulassungsprüfungen, die er selbst abnahm, einem qualifizierten Studentenkreis vorbehielt. Unter den Studenten der Leipziger Fakultät galt Stephan denn auch, und zwar noch bis in die letzten Jahre seiner Unterrichtstätigkeit, als anspruchsvoller Lehrer, der - wenn auch gegenüber Schwächen im kirchen- und theologiegeschichtlichen Wissen bisweilen unduldsam - in lehrreicher, zu selbständiger theologischer Arbeit anregender und begabte Studenten fördernder Weise unterrichtete. Die Auseinan114

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Sommerlath, später Vizepräsident der Lutherischen Konferenz, war vor seiner akademischen Tätigkeit Leiter des Leipziger Missionsseminars gewesen. Im Sommersemester 1933 übte er das Amt des Dekans der Theologischen Fakultät aus (vgl.: Allgemeine Evangelisch-Lutherische Kirchenzeitung 66 (1933), 116). Siehe auch Albrecht Oepke: Zum 60. Geburtstag Ernst Sommerlaths am 23. Januar 1949, in: Theologische Literaturzeitung 74 (1949), 49. Im Nachlaß (Bestand 1: Urkunden) finden sich mehrere Schreiben an Stephan, so etwa ein Brief des Vorsitzenden der „Freien Volkskirchlichen Vereinigung für Sachsen" vom 7. April 1926, mit denen versucht wurde, Stephans Bedenken gegen eine Übersiedlung nach Leipzig zu zerstreuen.

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dersetzung mit kritischen Anfragen einer Hörergeneration, die zum theologischen und politischen Liberalismus oftmals in gespanntem Verhältnis stand, scheute er nicht. Doch bestand er darauf, daß die Gegenposition sich durch eine fundierte theologische Argumentation auswies. Unwissenheit und Geschwätz im theologischen Gespräch lehnte er ab, indem er sie als solche offenlegte."6 Parallel zu seiner Lehrtätigkeit entfaltete Stephan auch in Leipzig eine breite publizistische Wirksamkeit. So gab er schon 1928 eine vollständige Neubearbeitung seiner „Glaubenslehre" und 1931, gemeinsam mit dem Privatdozenten Hans Leube, eine erweiterte Ausgabe des kirchengeschichtlichen Lehrbuches heraus. Er veröffentlichte zahlreiche monographische Beiträge zu dogmatisch-theologischen Einzelfragen; daneben diskutierte er in einer Vielzahl von z.T. sehr umfangreichen Besprechungen die theologischen und kirchenpolitischen Neuerscheinungen. Überdies war er, besonders in den späten zwanziger Jahren, durch die editorische Doppelbelastung für die Zeitschrift für Theologie und Kirche und die RGG in hohem Maße beansprucht. Dies hinderte ihn jedoch nicht daran, auch an den Arbeiten verschiedener theologischer, philosophischer und kirchenpolitischer Vereinigungen teilzunehmen. Eine aktive Mitwirkung läßt sich nachweisen für die Freie Volkskirchliche Vereinigung für Sachsen, den Evangelischen Bund, den Bund für Gegenwartchristentum, die Kant-Gesellschaft, den Gustav AdolfVerein und die Deutsche Philosophische Gesellschaft. Vor allem an den Tagungen und publizistischen Aktivitäten des von Martin Rade geleiteten „Bundes für Gegenwartchristentum", einer instabilen und kurzlebigen Verbindung der „Freunde der Christlichen Welt" mit dem Protestantenverein, nahm Stephan sehr engagiert teil. Die Protokolle der Jahresversammlungen, die in dem Mitteilungsblatt An die freunde veröffentlicht wurden, sowie einige dort erschienene Vorträge Stephans zeigen ihn als einen der führenden theologischen Akteure dieses Kreises.117 Trotz seiner persönlichen Nähe zu einigen Mitgliedern stand Stephan demgegenüber, zumindest soweit derzeit bekannt, weder mit dem „Wei-

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Dies nach dem Bericht von Pfr. i.R. Alfred Pahner, Dresden.- Zu Stephans wenig nachsichtiger Prüfungspraxis vgl. die autobiographische Darstellung von Walter Birnbaum: Zeuge meiner Zeit. Aussagen zu 1912 bis 1972, Frankfurt / Zürich 1973, 213215. Birnbaum, der nach 1933 als Angehöriger der Deutschen Christen Karriere machte und auf diese Weise Mitglied der Reichskirchenregierung und Professor für Praktische Theologie in Göttingen wurde, war 1926 bei einer von Stephan geleiteten Rigorosumsprüfung durchgefallen. Vgl.: An die Freunde. Nr. 48 vom 15. Juli 1914, 548-550; Nr. 51 vom 26. März 1915, 590-591; Nr. 54 vom 1. Dezember 1915, 622-623; Nr. 78 vom 5. November 1924, 857860 (Horst Stephan: Kant und der evangelische Protestantismus der Gegenwart); Nr. 87 vom 8. August 1927,1000-1002; Nr. 88 vom 1. Dezember 1927, 1013-1015 und 10161019.

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marer Kreis" noch mit anderen Gruppierungen demokratisch eingestellter Hochschullehrer in Verbindung.118 Sehr intensiv beteiligte er sich hingegen an der traditionsreichen Leipziger Theologischen Mittwochs-Gesellschaft. Diese Vereinigung war bereits im Wintersemester 1877/78 gegründet worden. Zu den ersten Mitgliedern hatten u.a. Martin Rade, Paul Bonsack, Wilhelm Bornemann und Friedrich Loofs gehört. Diese jungen Theologen waren verbunden gewesen in dem Ideal einer vorurteilsfreien und unkonfessionellen, historisch ausgerichteten Theologie, die sie vor allem in der wissenschaftlichen Arbeit ihres Lehrers Adolf Harnack, der gleichfalls erst am Beginn seiner akademischen Laufbahn stand, vorgebildet sahen. Harnack lehrte in Leipzig seit dem Wintersemester 1874/75 im Fach Kirchengeschichte und versammelte schon bald einen größeren Schülerkreis um sich.119 Die Mittwochs-Gesellschaft verstand sich ursprünglich als Fortsetzung der Diskussionen innerhalb dieses Kreises. Als Harnack aber schon nach Ablauf des Sommersemesters 1878 Leipzig verließ, um einen Ruf nach Gießen anzunehmen, verselbständigte sie sich zu einer unabhängigen Gesprächsrunde jüngerer, der kulturprotestantischen Tradition nahestehender Theologen. Für diese Phase stehen etwa Paul Drews und Wilhelm Wrede. Rasch entwickelte sich die Gesellschaft zu einem intellektuellen Zentrum der jüngeren liberalen Theologenschaft. Die spätere Gründung der Christlichen Welt wäre nicht denkbar gewesen, ohne den jahrelangen intensiven Kontakt innerhalb dieses hochqualifizierten Diskussionskreises. Horst Stephan schloß sich der Gesellschaft im Sommersemester 1894 120 an. Bereits im Mai 1895 wurde er zu ihrem Sprecher gewählt und übte dieses Amt nahezu zwei Jahre lang aus. Bis 1907 beteiligte er sich regelmäßig an den Veranstaltungen der Gesellschaft, und auch in den Jahren der Marburger und der Hallenser Tätigkeit blieb die Mitgliedschaft bestehen. Mit Ausbruch des Krieges und mehr noch im Zuge der tiefgreifenden

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Zum „Weimarer Kreis" vgl. Herbert Doering: Der Weimarer Kreis. Studien zum politischen Bewußtsein verfassungstreuer Hochschullehrer in der Weimarer Republik (Mannheimer sozialwissenschaftliche Studien. Band 10), Meisenheim a. Glan 1975. Vgl. die Schilderung der Leipziger Jahre bei Agnes von Zahn-Harnack: Adolf Harnack, Berlin-Tempelhof 1936, 70-80. Harnack selbst beschrieb seinen Eindruck von dem Leipziger Schülerkreis in folgender Weise: „Und dann kamen alle diese ausgezeichneten jungen Leute. Auf einmal war es mir also beschert, so daß ich die deutliche Empfindung hatte: Du hast wirklich die besten Studenten, die da sind" (zitiert nach: Ebd., 73). Siehe auch den autobiographischen Bericht von Wilhelm Bornemann, in: Die Gemeinde (Frankfurt am Main) 1911, Nr. 23-43. Vgl. das Mitgliederverzeichnis vom September 1922, in dem die Mitglieder vom Zeitpunkt der Gründung der Gesellschaft in der Reihenfolge ihres Beitritts aufgeführt werden. Stephan war das 90. Mitglied. Als Gründungsmitglieder werden Paul Bonsack (1) und Wilhelm Bornemann (2) genannt. Loofs und Rade waren die Mitglieder 6 bzw. 8. Ein Exemplar des Verzeichnisses befindet sich in Stephans Nachlaß: Bestand 10: Varia 2/Umschlag MG [Mittwochs-Gesellschaft].

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Veränderungen in den theologischen Auseinandersetzungen der Nachkriegszeit begann der Niedergang der Gesellschaft. Bereits seit 1913 erschien kein Jahresbericht mehr; die Mitgliederzahl nahm ständig ab. Im Sommersemester 1922 zählte die Mittwochs-Gesellschaft nur noch acht Mitglieder. Zur Überwindung dieser Krise trug nicht wenig bei, daß Stephan selbst seit dem Sommersemester 1926, dem Zeitpunkt seines Amtsantrittes in Leipzig, die Leitung übernahm. Seinem Einfluß war es zu danken, daß nun auch andere prominente Vertreter des Liberalprotestantismus, wie etwa Martin Rade, Alfred Dedo Müller oder Karl Ae, sich erneut für die Gesellschaft engagierten. Eine letzte größere Tagung fand Mitte Mai 1933 statt. Sie versammelte aus Anlaß der gespannten und unübersichtlichen kirchlichen Lage zahlreiche Pfarrer und kirchliche Mitarbeiter zu einem theologischen Gespräch. Sogar einen Jahresbericht konnte die Gesellschaft in diesem Jahr noch herausgeben. Wie auch die „Vereinigung der Freunde der Christlichen Welt" wurde sie dann allerdings ihrer bisherigen vereinsrechtlichen Freiheiten beraubt und mußte ihre Arbeit offiziell einstellen.121 1.4.2. Theologische Kulturkritik Stephan nutzte in den späten zwanziger und frühen dreißiger Jahren diverse kirchenpolitische und theologische Vereinigungen als Forum für seine theologische Kulturkritik. Der Standpunkt, den Stephan in diesem Zusammenhang einnahm, war von einer scharfen Kritik der aktuellen kulturellen Situation geprägt. Eine weitreichende geistige Orientierungslosigkeit habe in einen Zustand des nahezu unbegrenzten Individualismus und Subjektivismus geführt. Eine Art Krankheitszustand liege über der Zeit, dessen Überwindung nur unter schweren Schmerzen erfolgen könne. Die allgemeine Krisis verleihe der Gegenwart bisweilen einen geradezu dämonischen Charakter. Die kapitalistische Wirtschaftsordnung habe sich als ebenso unfähig erwiesen, die Lage zu meistern, wie die demokratische Staatsform. Es sei daher nur folgerichtig, wenn sich in weiten Kreisen der Bevölkerung ein Gefühl der Hilflosigkeit gegenüber den Anforderungen des Lebens ausgebreitet habe. Dabei seien die überlieferten Formen des Lebens weitgehend entwertet oder zerbrochen; „der Mensch ist auf sich selbst gestellt oder von Strömungen umwogt, denen er sich nicht anvertrauen kann". Der gesamte Aufbau der Kultur sei in Gefahr. Allenthalben, von der ästhetischen bis zur politischen und wirtschaftlichen Seite des gesellschaftlichen Lebens, sah Stephan „ein brandendes Meer von aufge121

Zu den im Nachlaß Stephan vorhandenen Archivalien der Theologischen MittwochsGesellschaft vgl. die Auflistung im Bibliographischen Anhang unter A.1.3.1. (Nachlaß Horst Stephan. Bestand 10).

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wühlten Zweifeln und Fragen".122 Feste Kulturformen, die auf einem stabilen sittlichen Fundament aufruhen, gebe es faktisch nicht mehr. Das moderne Großstadtleben und seine Erscheinungen, wie die wachsende Berufstätigkeit der Frau, Kino, Mode, „Literatentum", dazu „Sexualüberhitzung" und eine „furchtbare Zerrüttung des Geschlechtslebens", hätten in der Nachkriegszeit zu einer Erschütterung aller Überlieferungen geführt. Schließlich verschärften „Frucht- und hilflose Ideologien" noch die Lage, weil sie auch letzte Reste einer bürgerlichen Orientierung in Zweifel zögen. Überhaupt sah Stephan den Grundzug seiner Zeit in einem „Übergangsgepräge", ohne daß er hätte sagen können, was an die Stelle der von ihm im Gegenzug immer mehr verklärten liberal-bürgerlichen Gesellschafts- und Geistesverfassung treten werde.123 In seiner Analyse fand Stephan je länger desto mehr ein zentrales Erklärungsmotiv in der prekären, von sozialer Abstiegsangst gezeichneten Situation des Bürgertums selbst. Gerade diese entscheidende soziale und geistige Trägerschicht des liberalen Zeitalters erlebe einen Umbruch, der alle bisher gültigen Überzeugungen und Sicherheiten erfaßt habe. Im Gegensatz zum Ethos der globalen Weltbeherrschung, von dem die vergangenen zwei Jahrhunderte bestimmt worden seien, sei heute die einstige „suggestive Sicherheit" gänzlich in eine Untergangsstimmung übergegangen, durch die das Bürgertum „nun vollends äußerlich und innerlich zermürbt" werde. „Es gab seine eigenen Werte preis, ließ sich durch ein Schriftstellerund Künstlertum, das nicht mehr aus den überlieferten sittlichen, geschweige christlichen Kräften heraus wirkte, bald hierhin, bald dorthin ziehen, spielte [...] mit künstlerischen und weltanschaulichen Extravaganzen verschiedenster Art, erzeugte Salonsozialismen, die der inneren Wahrheit entbehrten."124 Die Sehnsucht nach einem neuen Anfang, die nicht mehr auf das Proletariat begrenzt sei, habe zu einer neuen Attraktivität des Marxismus geführt. Insofern sei es konsequent, wenn gerade bürgerliche Theoretiker die wissenschaftliche Rezeption des Marxismus begründet hätten. - Um eine zulängliche Fundierung solcher Einsichten hat Stephan sich jedoch nicht bemüht. So hat er sich etwa, seiner durchaus um Verständnis bemühten Einschätzung zum Trotz, zu keinem Zeitpunkt veranlaßt gesehen, sich mit den Theorieentwürfen der zeitgenössischen bürgerlichmarxistischen Sozialforschung näher auseinanderzusetzen. Der Versuch 122 123 124

Die systematische Theologie, Halle an der Saale 1928, 73-74. Ebd., 82-85. 77. Geschichte der evangelischen Theologie seit dem Deutschen Idealismus, Berlin 1938, 285-286.- Auch neben dem bereits herangezogenen Text von 1928 hat Stephan in diversen weiteren Stellungnahmen aus den späten zwanziger Jahren, in Vorträgen und Rezensionen, eine ganz ähnlich lautende Beschreibung vorgenommen (vgl. etwa: Das Evangelium in der Gegenwart, in: Die Wartburg. Deutsch-Evangelische Monatsschrift 28 (1929), 369-383). Bis in einzelne Formulierungen hinein hielt Stephan auch später an seiner um 1930 entwickelten kritischen Sichtweise fest.

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des Horkheimer-Kreises, eine Theorie der Gesamtgesellschaft zu entwerfen, die die Produktion von Lebensformen als historischen Entfremdungsprozeß beschreibt, blieb Stephan völlig fremd.125 Statt dessen wird die weltanschauliche Desorientierung des Bürgertums mit kulturpessimistischen Stereotypen beschrieben: „Die Allgemeinheit verfiel wachsender sittlicher Auflösung. Der Individualismus durchbrach alle Schranken, das Verhältnis der Geschlechter und der Generationen verlor den organischen Halt, mit der inneren Bindung schwand das Verantwortungsbewußtsein dahin; im Rausch der Triebe, des Sports und der Technik suchte der Mensch Ersatz für das, was ihm an Seele und Geist erstarb; die gewachsene Gesellschaft zerfiel in Atome, die nur noch Masse, nicht Gemeinschaft zu bilden vermochten".126 Die früher so überwältigend kreative kulturelle Kraft des Bürgertums sei nahezu völlig verlorengegangen. Insgesamt herrsche eine individualistische Perspektive vor, die eine Wechselseitigkeit im kulturellen Austausch nicht mehr zulasse. Aggressivität und Zynismus hätten zu einer Zersetzung der Grundlagen kultureller Aktivität geführt. Keinen Widerspruch hierzu bildet nach Stephan die Zukunftsvision eines „wirtschaftlich-technisch-demokratischen Zeitalters".127 In die Kritik eines solchen seelenlosen Rationalisierungsfortschrittes bezieht Stephan schon während der späten zwanziger Jahre ausdrücklich auch Zweifel an der demokratischen Verfassungsstruktur mit ein.128 In ihr spiegele sich der Verlust einer verbindlichen Basis sittlicher Erfahrungswerte. In diesem Zusammenhang greift Stephan auch Schlagworte der Zeit auf. So spricht er etwa von einer Auslieferung an „blutiges Chaos" und von

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Eine direkte Auseinandersetzung mit der Kritischen Theorie hat Stephan daher nicht vorgenommen. Immerhin liegt eine ausführliche Rezension zu Theodor W. Adornos Kierkegaard-Buch vor, jenem ursprünglich auf eine bei Paul Tillich verfaßte Frankfurter Habilitationsschrift zurückgehenden und von Horkheimer ausdrücklich als solchen akzeptierten ersten Versuch, den theologisch inspirierten Materialismus Horkheimers auch in der Philosophie zur Geltung zu bringen; vgl. Horst Stephan: [Rezension zu:] Theodor Wiesengrund Adorno: Konstruktion des Ästhetischen, Tübingen 1933, in: Zeitschrift für Theologie und Kirche. Neue Folge 14 (1933), 186-188. Geschichte der evangelischen Theologie, 286. Vgl. hierzu und zum folgenden: Das Evangelium in der Gegenwart. Vortrag, gehalten bei der Vierzig-Jahr-Feier des Sächsischen Evangelischen Bundes in Zwickau, 20. Oktober 1929, in: Die Wartburg. Deutsch-Evangelische Monatsschrift 28 (1929), 369-383, hier: 370. Anders als etwa Martin Rade, Hermann Mulert, Otto Baumgarten oder Martin Dibelius hat Stephan sich, soweit bisher bekannt, auch nicht an den Initiativen zur Unterstützung des demokratischen Kandidaten Werner Marx bei den Präsidentschaftswahlen im März und April 1925 beteiligt. Vgl. hierzu Karl Holl: Konfessionalität, Konfessionalismus und demokratische Republik -Zu einigen Aspekten der Reichspräsidentenwahl von 1925, in: Vierteljahreshefte für Zeitgeschichte 17 (1969), 254-275, und: Kurt Nowak: Evangelische Kirche und Weimarer Republik. Zum politischen Weg des deutschen Protestantismus zwischen 1918 und 1932. Zweite Auflage, Weimar 1988, 160-169.

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„seelisch-geistiger Verwahrlosung". Das Ergebnis der Analyse lautet: Einer so weitreichenden gesellschaftlichen Desintegration kann nur durch eine grundlegende Neubesinnung auf die normativen Fundamente humaner Lebenspraxis begegnet werden. Sie aber ist ohne die Beteiligung der Theologie nicht zu leisten. Trotz dieser kritischen Einstellung setzte Stephan sich von den verbreiteten Urteilsmustern der zeitgenössischen theologischen und kirchlichen Kulturkritik weitgehend ab. Er vertrat die Auffassung, daß es nicht darum gehen könne, das Christentum der modernen Kulturwirklichkeit einfach entgegenzusetzen. Es sei vielmehr so unlösbar in diese Kultur eingebunden, daß es selbst eine Mitschuld dafür treffe, wenn heute die moderne Kultur sich ihrer christlichen Substanz kaum noch bewußt sei. Kirche und Theologie müßten dazu beitragen, daß es zu jener, von Stephan geforderten, selbstkritischen Neubesinnung kommen könne. Für die kirchliche Verkündigung sei es daher mehr denn je erforderlich, daß sie sich sehr viel stärker als bisher der Gegenwart zuwende. Nur auf diese Weise könne es noch gelingen, innerhalb der disparaten und von Sinnverlust weithin gezeichneten gesellschaftlichen Wirklichkeit die kulturintegrative Kraft des Glaubens erneut sichtbar werden zu lassen. Dabei weisen nach Stephan gerade die im bürgerlich-protestantischen Milieu massiv vorhandenen antimodernistischen Ressentiments in die Irre. An deren Stelle will Stephan, trotz aller Vorbehalte, die Ermutigung setzen, daß es der Kirche gelingen werde, auch im gegenwärtigen kulturellen Leben „Hinweise auf die Wirklichkeit Gottes" aufzufinden. 129 1.5. Zur theologischen Kritik des Nationalsozialismus In einzelnen Zügen weist die theologische Kulturkritik bereits auf die zentrale weltanschauliche Herausforderung voraus, der Stephan sich als Theologe und auch als Kirchenpolitiker nach 1933 zu stellen hatte. Dabei hat ihn die kritische Auseinandersetzung mit dem Nationalsozialismus und seiner diffusen ideologischen Selbstdarstellung schon seit Beginn der dreißiger Jahre beschäftigt. Bis in die dritte Auflage der „Glaubenslehre" von 1941 hinein war es eines der zentralen Themen seiner theologischen Arbeit, die Unvereinbarkeit von Christentum und NS-Weltanschauung nachzuweisen. In einem Beitrag für die 1932 erschienene Sammlung „Die Kirche und das dritte Reich", herausgegeben von dem Gothaer Verleger Leopold Klotz, nahm Stephan erstmals ausführlich zur Problematik des Nationalsozialismus Stellung. Dabei ging es ihm weniger um die wechselnden

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Das Evangelium in der Gegenwart, 381.

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programmatischen Erklärungen der diversen Vertreter der NS-Partei. Auch blieben die Fragen nach der Zukunft des sozialen Rechtsstaates oder dem Charakter des italienischen Faschismus ganz außerhalb seines Blickwinkels. Das Interesse Stephans war allein von einer theologischen Deutung der zeitgeschichtlichen Situation her bestimmt. Auch die kirchenpolitischen Zusammenhänge nahm er vorläufig nur aus dieser Perspektive wahr. Es ging ihm darum, die besondere Form von „natürlicher Religion" zu analysieren, die seiner Ansicht nach in der „völkischen Bewegung" zum Ausdruck komme.130 Es sei daher für eine „ernsthafte Erörterung" der Position, die die Kirche gegenüber dem politischen Anspruch des Nationalsozialismus einzunehmen habe, weniger die Stellung der Kirche zur Partei als die „zur nationalsozialistischen (oder besser völkischen) Bewegung" in Betracht zu ziehen. Stephans kulturskeptische Grundhaltung und seine Bindung an die bürgerlich-liberale Politiktradition ließen ihn in den politischen Zielvorstellungen der rasch expandierenden nationalsozialistischen Bewegung eine fundamentale Infragestellung der sozialen und politischen Gegenwartsverfassung erkennen. Schon aus diesem Grunde sei es dringend erforderlich, daß die Theologie sich intensiv mit dem Nationalsozialismus auseinandersetze. Mit der nationalsozialistischen Bewegung und ihrem Anspruch auf eine totale Deutungskompetenz erwächst nach Stephan der christlichen Wirklichkeitsdeutung eine unmittelbare Konkurrentin. Bevor er in eine Auseinandersetzung mit diesem Anspruch eintritt, fragt er nach den Ursachen für den erstaunlichen Erfolg des Nationalsozialismus im deutschen Bürgertum. Den wichtigsten Grund sieht Stephan darin, daß im Nationalsozialismus vereinzelte Elemente eines idealistisch-romantischen Vorstellungshintergrundes aktiviert werden. Das grob naturalistische Erscheinungsbild der NS-Weltanschauung sei so erfolgreich verschleiert und verfälscht worden. „Nimmermehr hätte ohne diesen Untergrund die völkische Bewegung so rasche Verbreitung in der deutschen Bildungswelt, zumal in dem sie tragenden ,Mittelstand' gewonnen." Verstärkt werde dieser Eindruck noch durch den geschickt inszenierten Appell an das kollektive Trauma des verlorenen Weltkrieges und der ihm folgenden, so Stephan, völkerrechtlichen Erniedrigung Deutschlands in der Weltpolitik. Ein spezifisch bildungsbürgerlicher Kulturpessimismus werde so in eine moderne Form neomystischer Irrationalismen überführt. Gerade innerhalb solcher okkult-romantizistischen Bestrebungen habe die „völkische

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[Beitrag], in: Leopold Klotz (Hg.): Die Kirche und das dritte Reich. Fragen und Forderungen deutscher Theologen. Band 2, Gotha 1932, 116-124, hier: 118. Weitere Autoren dieser zweibändigen Sammlung waren u.a. Hermann Dörries, Karl Eger, Emil Fuchs, Friedrich Heiler, Ferdinand Kattenbusch, Hermann Mulert, Friedrich Niebergall, Otto Piper, Martin Rade, Wilhelm Schubring, Hermann Strathmann, Paul Tillich, Arthur Titius und Heinrich Weinel.

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Bewegung" sich entfaltet und von hier aus auch „die Art von Frömmigkeit erhalten, die sie weltanschaulich und seelisch trägt".131 Es entspricht einer typischen Haltung liberaler Theologen, wenn Stephan die kritische Auseinandersetzung mit dieser besonderen Form von „Frömmigkeit" durch die Frage einleitet, ob nicht auch hier ein kritischer Anspruch an die Kirche zum Ausdruck komme: „Eine Kirche, die evangelisch sein will, wird angesichts dieser wie jeder geschichtlichen Bewegung zuallererst lauschen müssen, ob sie einen Ruf Gottes darin zu vernehmen vermag." Einen solchen Anspruch sieht Stephan tatsächlich in dem Umstand, daß „die völkische Bewegung mit unentrinnbarer Wucht" die Bedingtheit menschlichen Seins durch eine unhintergehbare Schöpfungswirklichkeit betone. Aber auch die Hervorhebung der Verantwortung des Menschen vor überindividuellen Lebensbezügen sowie die Forderung einer vorbewußten, als naturgemäß empfundenen Eingliederung des Einzelnen in ein Gesellschaftsganzes sei hier zu nennen. Schließlich sei beachtenswert, welch starke Motivationskraft offenkundig vom Nationalsozialismus ausgehe; ihr stehe die „Schwachheit, Trägheit und Bewegungslosigkeit der empirischen Kirche" hilflos gegenüber.132 - Stephans Interesse gilt im Zusammenhang dieser Beobachtungen vor allem der Frage, welches Verhältnis die Kirche zum Nationalsozialismus einnehmen solle. Von daher versteht sich auch seine Feststellung, daß „die evangelische Kirche ernster als bisher darüber [werde] nachdenken müssen", welche Folgerungen insbesondere jene Einsicht in die Bedingtheit des Menschen durch die Schöpfungswirklichkeit „für die ganze empirisch-menschliche Formung des Christentums [...] einschließt".133 Der Kirche wirft Stephan vor, eine Verengung in ihrer Verkündigung zugelassen zu haben, die sich nun verhängnisvoll auswirke. Indem kirchlicherseits eine spezifisch neuzeitkritische Tendenz innerhalb der Theologie gefördert worden sei, habe man willentlich oder unwillentlich dazu beigetragen, daß alle Ansätze zu einer positiven Würdigung solcher Elemente praktischer Frömmigkeit konsequent delegitimiert worden seien, durch die die Verbindung zwischen der empirischen Wirklichkeit des „natürlichen Menschen" und der christlichen Heilsbotschaft prononciert hätte dargestellt werden können. Solange aber ein prinzipielles Verdikt gegen jede Form sogenannter „natürlicher Theologie" bestanden habe, sei dies kaum möglich gewesen. Wäre man - statt solcher Ächtung - der Erkenntnis gefolgt, daß es eine wegbereitende Funktion der „natürlichen Theologie" auch innerhalb einer christologisch bestimmten Glaubens131 132 133

Ebd., 118. Ebd. Ebd., 119-120. In theologischer Hinsicht hat Stephan derartige „Folgerungen" näher erörtert in seinem Beitrag: Die aktuelle Bedeutung der Anthropologie, in: Zeitschrift für Theologie und Kirche. Neue Folge 14 (1933), 97-103.

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Perspektive geben könne, so hätte von ihr aus umgekehrt auch eine entschieden stärkere Rückwirkung zentraler christlicher Glaubensinhalte auf ein vorchristlich-„natürliches" religiöses Bewußtsein stattfinden können. Durch ihre zwanghafte Bekämpfung jeder „natürlichen Theologie" hat die Kirche nach Stephan faktisch zu einer „Aufklärung wider alle Religion" beigetragen. Damit habe sie an einer geistesgeschichtlichen Fehlentwicklung mitgewirkt, die „seit der Mitte des 19. Jahrhunderts [...] den ursprünglichen religiösen Sinn der Aufklärung, eben die natürliche Religion, weithin verdrängt" habe. Auf diese Weise aber sei die ursprüngliche geistige Kraft der Aufklärung, die sie im achtzehnten Jahrhundert ausgezeichnet habe, verloren gegangen und zugleich ihr emanzipatorischer Elan von „Kulturbegeisterung, Ästhetizismus [und] proletarischem Utopismus aufgesogen worden". Im Ergebnis habe die Zerstörung der Aufklärungstradition dazu geführt, daß die Kultur, und zwar vor allem die deutsche Kultur, „in unversöhnliche weltanschauliche Gegensätze" auseinandergebrochen sei.134 Die gegenwärtige Situation ergebe sich aus dieser Vorgeschichte: Immer mehr intellektuell verunsicherte und geistig bindungslose Menschen finden seelische Stärke „in den modernen Abwandlungen der Mystik, in den neuidealistischen, auch neuromantischen Bestrebungen aller Art, in der Jugendbewegung, in den mannigfachen Okkultismen" der Zeit. Genau hier aber liegen nach Stephan auch die Anknüpfungspunkte, von denen aus die völkische Bewegung ihren Ursprung genommen habe. 135 Die „neuen Vorstöße natürlicher Religion" bildeten diejenige Atmosphäre geistiger Lebendigkeit, an der „von Anfang an die völkische Bewegung" partizipiert habe. Auch ihr überwältigender äußerer Erfolg, die Welle der Begeisterung, die sie nach Jahren der politischen Agonie ausgelöst habe, könne nur vor diesem Hintergrund verstanden werden. Insofern ist es kein Widerspruch, wenn Stephan, trotz seiner Einsicht in die fragwürdige Herkunftsgeschichte dieser „natürlichen" Religiosität, nach einem Zusammenhang fragt, der die besondere Wirklichkeitssicht, wie sie die „völkische Bewegung" kennzeichne, und den spezifischen Realismus des christlichen Glaubens verbinde. Es bestehe nämlich ein Korrelationsverhältnis zwischen einer ursprünglichen Religiosität, die dem Menschen kraft seines Menschseins zukomme, und dem Offenbarungsglauben an Jesus Christus, wie er den Menschen aus der biblischen Offenbarung ergreift: Wie die völkische Bewegung ihrerseits nach einer wichtigen Seite hin das Wirkliche konkreter sehen lehre als die traditionelle kirchliche Religiosität, „so vermag umgekehrt der christliche Glaube, der

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[Beitrag], 118. Ebd.

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Gott im Wirklichen zu begegnen gelernt hat, auch ihr das Auge für bedeutsame Züge des Wirklichen zu öffnen, die sie von sich aus nicht sieht".136 Man mag in Rechnung stellen, daß diese Überlegungen im Jahre 1932 plausibler erschienen, als es unter dem Eindruck der politischen Ereignisse nach Hitlers Machtübernahme noch der Fall sein konnte. In der Hauptsache aber gilt auch hier, daß die zweifellos gewagte Konstruktion vor allem Stephans Enttäuschung über das Versagen von Kirche und Theologie angesichts des komplexen Modernisierungsprozesses der letzten Jahrzehnte zum Ausdruck bringt. Besonders bitter empfindet er, daß die Feststellung dieses Versagens gerade gegenüber dem Nationalsozialismus erfolgen muß. Denn so sehr er zu einer ernsthaften und selbstkritischen Auseinandersetzung mit der von ihm unterstellten religiösen Hintergrunddimension der NS-Bewegung bereit ist, so entschieden weist er doch die spezifisch weltanschaulichen Elemente der nationalsozialistischen Ideologie zurück. Von seiner ideologischen Grundhaltung her müsse der Nationalsozialismus zwangsläufig in eine heilsgeschichtlich überhöhte Verehrung des Volkstums auslaufen. Die Orientierung des politischen Handelns allein am Volkstum sei aber Blindheit gegenüber der Tatsache, daß jedes Volk in umfassenden Beziehungen stehe, die eine Isolierung seiner Politik, seiner Wirtschaft, seines Geisteslebens unmöglich machten. Wie bei jeder geschöpflichen Größe bestehe auch hier die Notwendigkeit „der Läuterung und Erneuerung aus tieferen Kräften". „Gerade Kraft und Sieg der völkischen Bewegung selbst hängen davon ab, daß sie sich vom evangelischen Glauben zur inneren Erneuerung des Volkstums und zum Verständnis des Wirklichen in all seiner Vielseitigkeit führen [...] läßt."137 Mit diesem Gedanken bringt Stephan eine Einschätzung zum Ausdruck, die bei zahlreichen liberalprotestantischen Theologen noch bis weit in das Jahr 1933 hinein bestand. Man meinte davon ausgehen zu können, daß die politischen Zielsetzungen der nationalsozialistischen Bewegung veränderbar seien und daß es der Kirche gelingen werde, einen humanisierenden Einfluß auf sie auszuüben. Erst die politische Entwicklung nach dem 30. Januar 1933 und nicht zuletzt auch die rigorose Kirchenpolitik der neuen Reichsregierung deckten diese Erwartung als trügerisch auf. Zum Abschluß seiner Überlegungen formuliert Stephan in dem Beitrag von 1932 eine tiefgreifende Kritik an den politischen Grundpositionen des Nationalsozialismus. Vor allem fünf Aspekte stellen ihn nach Stephan in einen prinzipiellen Gegensatz zum christlichen Verständnis von Mensch und Welt: Der auf Gewalt zielende Naturalismus seiner Wirklichkeits136

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Ebd., 122. - Zum Problem der „natürlichen Theologie" vgl. auch Erich Foerster: Die Aufklärung in der Theologie des 19. Jahrhunderts, in: Theologische Rundschau 10 (1938), 329-357, besonders: 346-357. [Beitrag], 122.

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deutung, der ungeschichtliche Negativismus, die Vergöttlichung des Völkischen, die propagandistische Form, auf die sich alle scheinbar konkreten politischen Zielvorstellungen reduzieren ließen, und insbesondere sein rassistischer Grundzug. Der Nationalsozialismus sei daher mit dem ethischen Gehalt des Schöpfungsglaubens und dem ihm entspringenden Gemeinschaftsbewußtsein der Völker schlechterdings unvereinbar. Auch die „wesenhafte Verbundenheit des Volkstums mit Gott", die von einigen Wortführern der NS-Bewegung behauptet werde, entspreche nicht der christlichen Schöpfungseinsicht. Denn dieser Einsicht nach eigne allem Irdischen eine Geschöpflichkeit, die der Herrlichkeit des Schöpfers gegenüberstehe. „Daraus entspringt die Grenze für alles Selbstgefühl auch des edelsten Volkstums und das Angewiesensein auf das Ja oder Nein, das der lebendige Gott aus seiner freien Allmacht spricht. Vor diesem Ja oder Nein sind alle Völker gleich [,..]."138 Eine Ideologie der reinen Rasse stehe im Gegensatz zur christlichen Schöpfungsauffassung. Besonders hier habe daher der christliche Glaube seinen „Einspruch" zu erheben. Denn ein solcher Rassismus führe zu einer „unfruchtbaren eigensüchtigen Beschränkung auf sich selbst", die zur Wahrnehmung der Rechte und Bedürfnisse anderer sozialer und ethnischer Einheiten - Stephan erwähnt „das Judentum" - nicht mehr fähig sei.139 Der Nationalsozialismus „muß aufhören, das irdische Ziel, dem er seine Kräfte weiht, durch dogmatische Absolutierung zu vergötzen". Stephan bringt hier nun allerdings doch deutlich zum Ausdruck, daß seine Skepsis im Blick auf die Wahrscheinlichkeit einer Revision der NSIdeologie erheblich ist. Sofern es daher überhaupt ein Verhältnis der Kirche zur „völkischen" Bewegung geben könne, so sei es eines der kirchlichen Selbstkritik. Auch im Verständnis dieser Bewegung gehe es letztlich darum, der Kirche „in ihrer Lage ganz konkret den Willen Gottes zu verkünden". Diesem Willen werde die Kirche zu folgen haben, und zwar, wie Stephan in einer hellsichtigen Formulierung sagt, auch dann, „wenn sie dabei von tiefsten Erschütterungen bedroht wird".140 1.6. Drittes Reich und Kirchenkampf Nach dem 30. Januar 1933 sind die Grunddaten der deutschen Politik in einem Maße verändert worden, wie zu keinem Zeitpunkt in der jüngeren deutschen Geschichte zuvor. Auch Wissenschaft und Universitätswesen waren in diesen dramatischen politischen Umbruch einbezogen. Entscheidungen über die Besetzung vakanter Lehrpositionen oder über die Fort138 139

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Ebd., 123. Ebd., 124. Ebd., 123-124.

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beschäftigung von Lehrstuhlinhabern wurden nach der nationalsozialistischen Machtübernahme nicht primär nach wissenschaftlichen Kriterien gefällt, sondern waren Teil eines politisch bestimmten Beurteilungszusammenhanges. Die Freiheit der Wissenschaft war binnen kürzester Frist aufs Äußerste bedroht. Die zahlreichen Entlassungen aufgrund des „Gesetzes zur Wiederherstellung des Berufsbeamtentums" vom 7. April 1933, dazu Selbstzensur und Amtsniederlegungen zerstörten weite Teile der Hochschul- und Wissenschaftskultur in Deutschland. Auch die theologischen Fakultäten standen im Blickfeld der nationalsozialistischen Hochschulpolitiker. Dabei verfuhren die einzelnen Länder als Träger der staatlichen Universitäten in der Durchführung der neuen Hochschulpolitik durchaus unterschiedlich. 141 Innerhalb der sächsischen Landesregierung nahm das zuständige Hochschulressort zunächst eine eher moderate Haltung gegenüber der Leipziger Fakultät ein. Dennoch blieben auch hier repressive Eingriffe und heftige Auseinandersetzungen mit ihren belastenden Folgen für die theologische Arbeit nicht aus.142 1.6.1. Stephans Haltung in Hochschule und Landeskirche Die Funktion der Wissenschaft war in der Ideologie des Nationalsozialismus klar bestimmt: Sie habe sich „rückhaltlos" in den Dienst der nationalen Bewegung zu stellen; Wissenschaft und Volk müßten eine Einheit bilden; der propagandistische Grundsatz lautete: „Wissensdienst für die Volksgemeinschaft". Diese Einheit dürfe nicht durch die Kritiklastigkeit einer akademischen Sonderexistenz geschwächt werden. Dabei griff man massiv auf antiintellektuelle Ressentiments zurück und versuchte, jeden Anspruch, der seitens der Wissenschaft auf eine ideologisch nicht vorbestimmte universitäre Forschung erhoben wurde, als Ausdruck einer politisch motivierten Ablehnung des nationalsozialistischen Staates und seiner totalintegrativen Weltanschauung zu diskreditieren.143 Einen solchen hochschulpolitischen Standpunkt lehnte Stephan ab. Soweit es sich seiner Ansicht nach mit den Amtspflichten eines Hochschul141 142

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Zur Rolle der theologischen Fakultäten im Dritten Reich vgl. die Darstellung von Kurt Meier: Die Theologischen Fakultäten im Dritten Reich, Berlin/New York 1996. Vgl. Kurt Meier: Zur Resistenzbedeutung einer Institution. Die Theologische Fakultät Leipzig im Dritten Reich, in: Hans-Dieter Schmid (Hg.): Zwei Städte unter dem Hakenkreuz. Widerstand und Verweigerung in Hannover und Leipzig 1933-1945, Leipzig 1994, 204-222. Horst Möller: „Wissensdienst für die Volksgemeinschaft". Bemerkungen zur nationalsozialistischen Wissenschaftspolitik, in: Wolfgang Treue / Karlfried Gründer (Hg.): Wissenschaftspolitik in Berlin. Minister, Beamte, Ratgeber (Veröffentlichungen der Historischen Kommission zu Berlin. Band 60), Berlin 1987, 307-324. Vgl. auch den Überblick bei Karl Dietrich Bracher: Die deutsche Diktatur. Entstehung - Struktur - Folgen des Nationalsozialismus, Frankfurt am Main - Berlin - Wien 1983, 284-298.

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lehrers vereinbaren ließ, hat er seine Kritik in universitären Beratungsgremien oder in hochschulpolitisch aktiven informellen Gruppen, zu denen er Zugang hatte, durchaus auch geäußert. Im privaten Briefwechsel, etwa mit dem Verleger Hans-Georg Siebeck, gab er seinen Vorbehalten offen Ausdruck.144 Eine öffentliche Stellungnahme jedoch zu den bedrängenden Vorgängen schien ihm jene gesetzte Grenze zu überschreiten. Anders hat Stephan sich im Bereich der Kirchenpolitik verhalten. Auf diesem Gebiet sah er für sich als theologischen Lehrer, der der Kirche durch Amt und Tätigkeit eng verbunden ist, eine unmittelbare Verpflichtung zur Beteiligung an den Auseinandersetzungen. Die Situation, die nach dem Januar 1933 in der sächsischen Landeskirche entstanden war, gab ihm bereits nach kurzer Zeit Gelegenheit dazu. Auf politischer Ebene war im Freistaat Sachsen der Umsturz sofort nach dem 30. Januar vollzogen worden. Für die Theologische Fakultät blieb die Situation jedoch im wesentlichen zunächst noch unverändert. Die kritische Einstellung der Fakultätsmehrheit gegen eine Einschränkung der wissenschaftlichen Freiheit hat bis in das Jahr 1935 keine Maßnahme von staatlicher Seite ausgelöst. Auch in Berufungsfragen, so etwa bei der Wiedereinrichtung der 1932 gestrichenen zweiten kirchengeschichtlichen Professur, fanden die Interessen der Fakultät Berücksichtigung. Erst im Sommer 1935 begann jene Kette ständiger Auseinandersetzungen mit dem NSDAP-Gauleiter und Reichsstatthalter Martin Mutschmann, die bis 1943 nicht mehr abreißen sollte. Mutschmann verfolgte mit allen sich bietenden Mitteln das Ziel, die Fakultät um ihre Funktionsfähigkeit zu bringen. Hierfür scheute er auch nicht davor zurück, Fakultätsmitglieder in ihrem privaten Bereich anzugreifen. Die vom Reichswissenschaftsministerium schon ausgesprochene Schließung der Fakultät zum Wintersemester 1939/ 40 - Stephan war zu diesem Zeitpunkt bereits emeritiert - konnte nur aufgrund der Fürsprache des Preußischen Finanzministers wieder rückgängig gemacht werden. Noch einmal stand die Fakultät Ende 1942 vor dem Ende. Lediglich das unmittelbare Eingreifen von Minister Rust war imstande, Mutschmann zur Rücknahme seiner Schließungsverfügung vom 23. November 1942 zu bewegen. Trotz der schweren Bedingungen, unter denen in der Kriegszeit der Universitätsbetrieb nur noch aufrecht erhalten werden konnte, blieb seit diesem zweiten Angriff die Existenz der Theologischen Fakultät unangetastet. Mutschmann vermochte immerhin noch, durch Einberufungen zur Wehrmacht (nach den Fakultätsmitgliedern Beyer und Begrich auch Bornkamm und Doerne, in deren beider Fällen die zuständige Wehrmachtsstelle die Einberufung allerdings wieder aufhob) 144

Aus der Vielzahl der Schreiben vgl. etwa einen Brief vom 18. April 1938, in dem Stephan sich, veranlaßt durch „das Schicksal der ZThK", ausführlich über „den Zwang der Lage" ausspricht (Verlagsarchiv J.C.B. Mohr (Paul Siebeck), Tübingen. Bestand: Autorcnkorrespondenz).

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erhebliche Störungen zu verursachen. Schließlich mußte die Fakultät hinnehmen, daß der systematisch-theologische Lehrstuhl von Stephan nach mehr als vierjähriger Vakanz gestrichen wurde; jedoch blieb dies die einzige schwerere Einbuße.145 Im kirchlichen Bereich kam es im Frühjahr 1933 zu einer weitgehenden Neuorientierung. So erklärte der Landesbischof Ludwig Ihmels in einer Kanzelbotschaft am Sonntag Lätare die Machtübernahme Hitlers zu einem Geschenk Gottes an das deutsche Volk.146 Nachdem Ihmels am 7. Juni 1933 gestorben war, kam es innerhalb der kirchlichen Führungsgremien zu heftigen Auseinandersetzungen um die Wahl eines Nachfolgers. Die Sächsische Vereinigung nationalsozialistischer Pfarrer, unterstützt von Mutschmann und einer noch im Aufbau befindlichen DC-Organisation, forderte die Wahl ihres Kandidaten Friedrich Coch. Unter starkem politischen Druck wurde die alte Landessynode noch im Juni aufgelöst. Wenige Tage später, am 30. Juni, übertrug der Sächsische Innenminister durch eine „Verordnung zur Behebung des Notstandes im kirchlichen Leben der evangelisch-lutherischen Landeskirche Sachsens" alle Rechte und Befugnisse des Landesbischofs, des Landeskonsistoriums, des Landeskirchenausschusses und des ständigen Synodalausschusses an Coch.147 In den nun folgenden Wochen fand ein nahezu vollständiger Austausch sämtlicher kirchenleitender Funktionäre statt. Die innerkirchliche Opposition wurde weitgehend ausgeschaltet. Selbst die Allgemeine EvangelischLutherische Kirchenzeitung, deren Verlagsort Leipzig war, wurde wegen eines kritischen Artikels zu den „Kirchenunruhen in Sachsen" Mitte Juli

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Da sich eine engere Beteiligung Stephans an den Auseinandersetzungen mit dem NSGauleiter bisher nicht hat nachweisen lassen, wird im Rahmen dieser biographischen Darstellung auf die Fakultätsgeschichte nach 1933 im einzelnen nicht näher eingegangen. Für die obige Skizze wurde auf eine bisher nicht veröffentlichte Denkschrift zurückgegriffen, die Heinrich Bornkamm im September 1946 verfaßt hat: Heinrich Bornkamm: Denkschrift der Theologischen Fakultät der Universität Leipzig über ihren Kampf gegen die nationalsozialistische Regierung in Sachsen. Typoskript [Abschrift], 9 Seiten mit 8 Seiten Anlagen; Nachlaß Heinrich Bornkamm (Privatbesitz). (Für die freundliche Mitteilung dieses Textes danke ich Herrn Professor Dr. Kurt Meier, Leipzig; für ihr Einverständnis zur Verwendung danke ich Frau Professor Dr. Karin Bornkamm, Bielefeld.) Sächsische Kirchenzeitung 4 (1933), 370; hier nach Kurt Meier: Der evangelische Kirchenkampf. Band 1: Der Kampf um die „Reichskirche", Halle an der Saale 1976, 479-480. Friedrich Coch amtierte nominell bis zum Ende des Dritten Reiches. Als führende Persönlichkeit der Deutschen Christen profilierte er sich vor allem durch eine Denkschrift, die er am 5. Oktober 1934 an Hitler richtete. In ihr forderte er die NSDAP zur Rückkehr zu jener Synthesekonzeption von Nationalsozialismus und Christentum auf, die von ihr noch im Sommer 1933 vertreten worden war. Eine Antwort der Reichskanzlei oder anderer Regierungsstellen erfolgte nicht. (Der Text der mit einem Begleitschreiben versehenen Denkschrift befindet sich im Bundesarchiv Koblenz. Bestand: R 43 II 163.) Zur Biographie des am 9. September 1945 im amerikanischen Internierungslager Hersbruck bei Nürnberg gestorbenen Coch vgl. Kurt Meier: Der evangelische Kirchenkampf. Band 3: Im Zeichen des zweiten Weltkrieges, Halle an der Saale, 1984, 523-525. 532.

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kurzfristig verboten und mußte auf die Auslieferung ihrer Ausgabe vom 21. Juli verzichten.148 Auch nach dem 14. Juli, dem Tag, an dem mit der Zustimmung der Reichsregierung zum „Gesetz über die Verfassung der Deutschen Evangelischen Kirche" die bisherigen Notverordnungen ihre Gültigkeit verloren hatten, ließ Coch sich aus dem Bischofsamt nicht mehr verdrängen. Nach Verhandlungen mit der alten Kirchenleitung gelang es den Deutschen Christen sogar, ihre Stellung noch weiter zu festigen. Unter den Theologieprofessoren der Leipziger Fakultät löste diese Entwicklung erhebliche Besorgnis aus, ohne daß jedoch eine Möglichkeit zur direkten Einflußnahme bestanden hätte. Nachdem als Ergebnis der Kirchenwahlen vom 23. Juli, die den Deutschen Christen reichsweit einen triumphalen Wahlsieg gebracht hatten, die neue Landessynode zu 75% ihrer Mitglieder aus DCAngehörigen bestand, schien die Selbstgleichschaltung der sächsischen Kirche endgültig vollzogen zu sein. Einen symbolischen Ausdruck fand dies darin, daß das Hakenkreuz durch die neue Kirchenleitung zum Bestandteil des offiziellen landeskirchlichen Amtszeichens erklärt wurde. 149 Zur konstituierenden Versammlung der Synode am 11. August 1933 erschienen die meisten Synodalen in den Uniformen von Gliederungen der NS-Partei. Innerhalb kürzester Zeit bürgerte sich daher, und zwar sogar im offiziellen Sprachgebrauch, die Bezeichnung „Braune Synode" ein. Stephan war als Vertreter der Leipziger Theologischen Fakultät, als der er sich keiner Wahl hatte stellen müssen, eines der wenigen nicht-nationalsozialistischen Mitglieder der Synode. Die Situation war für Stephan insofern schwierig, als seine Ablehnung der Glaubensbewegung ihn innerhalb der Synode weitgehend isolierte. Er verbarg seine Ansicht nicht, daß die Deutschen Christen den Versuch unternähmen, die christlich-kirchliche Tradition zugunsten der nationalsozialistischen Ideologie zu instrumentalisieren. Zu diesem Zweck sei ihre kirchenpolitische Strategie darauf gerichtet, die Kirche den politischen Vorgaben des NS-Staates gemäß auszurichten. Vor allem in der von den Deutschen Christen geforderten Übernahme des Arierparagraphen aus dem staatlichen Beamtenrecht in kirchliche Rechtsbestimmungen sah er sich in dieser Ansicht bestätigt.

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Der Text der erwähnten Verfügung des Sächsischen Innenministers vom 30. Juni 1933 ist abgedruckt in: Dokumente zur Kirchenpolitik des Dritten Reiches. Band I: Das Jahr 1933. Bearbeitet von Garsten Nicolaisen. Herausgegeben im Auftrag der Evangelischen Arbeitsgemeinschaft für kirchliche Zeitgeschichte, München 1971, 98-99, Zum Vorgang vgl. die Darstellung von Hugo Hahn: Kämpfer wider Willen. Erinnerungen des Landesbischofs von Sachsen aus dem Kirchenkampf 1935-45. Bearbeitet und herausgegeben von Georg Prater, Metzingen 1969. Eine auf den 13. Juli 1933 datierte ausführliche Denkschrift Hahns zur kirchlichen Lage in Sachsen befindet sich im Bundesarchiv Koblenz. Bestand: R 53/203. Zu Hahn vgl. auch Kurt Meier: Der evangelische Kirchenkampf. Band l, 621. Vgl. die Notiz in: Die Christliche Welt 47 (1933), 1157.

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Radikaler noch als die anderen deutsch-christlichen Kirchenleitungen setzte die neue sächsische Kirchenleitung unter Coch die Einführung dieser Bestimmung in das landeskirchliche Recht durch. So wurde am 22. September im Kirchlichen Gesetz- und Verordnungsblatt der Landeskirche eine „Verordnung zur Herbeiführung eines kirchlichen und nationalsozialistischen Berufsbeamtentums" veröffentlicht. In § 2 hieß es: „Geistliche und Beamte, die nach ihrer bisherigen Betätigung nicht die Gewähr dafür bieten, daß sie jederzeit rückhaltlos für den nationalsozialistischen Staat und die Deutsche Evangelische Kirche eintreten, können in den Ruhestand versetzt werden." Demgegenüber war in der entsprechenden Formulierung des staatlichen Gesetzes und auch im „Kirchengesetz der Evangelischen Kirche der altpreußischen Union betreffend die Rechtsverhältnisse der Geistlichen und Kirchenbeamten" vom 6. September 1933 lediglich verlangt worden, daß die vom Gesetz betroffenen Personen für den nationalen Staat eintreten. Ausdrücklich nannte die sächsische Verordnung denn auch die „Herbeiführung [...] einer nationalsozialistischen Pfarrerschaft" als Ziel der Bestimmungen, die im übrigen vorsahen, daß „zur Vereinfachung der Verwaltung oder im Interesse des Dienstes" ohne weiteres jeder kirchliche Amtsträger jederzeit in den Ruhestand versetzt werden konnte.150 Zu einem scharfen Konflikt zwischen Stephan und der Kirchenleitung kam es während der außerordentlichen Synodaltagung am 10. Dezember 1933 in Dresden. Zwei Wochen zuvor hatte die Theologische Fakultät sich in einer öffentlichen Erklärung gegen die Personalpolitik und die kirchenadministrative Praxis der deutsch-christlichen Kirchenleitung ausgesprochen und damit faktisch die Position des Pfarrernotbundes unterstützt. Ungeachtet solcher Proteste diente die Synodaltagung der Kirchenleitung zunächst zur Einsetzung Cochs in sein Amt als Landesbischof. Da der Reichsbischof aufgrund der Auseinandersetzungen zwischen den sächsischen Deutschen Christen und denen der Berliner „Reichsbewegung" an der Tagung nicht teilnahm, führte der neue Bischof sich selbst in sein Amt ein. In einem Grußwort erläuterte er anschließend den besonderen „sächsischen Kurs" der Deutschen Christen. Der zentrale kirchenpolitische Programmpunkt der Synodaltagung bezog sich auf die Annahme der „28 Thesen der sächsischen Volkskirche zum inneren Aufbau der Deutschen Evangelischen Kirche".151 Verfaßt 150

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Kirchliches Gesetz- und Verordnungsblatt der Evangelisch-Lutherischen Landeskirche des Freistaats Sachsen 1933. Nr. 27 (Ausgegeben zu Dresden, am 22. September 1933): Verordnung zur Herbeiführung eines kirchlichen und nationalsozialistischen Berufsbeamtentums vom 16. September 1933, §§ 2; l (1) und (5). Die 28 Thesen der sächsischen Volkskirche zum inneren Aufbau der Deutschen Evangelischen Kirche; Erstdruck in: Kirche und Volkstum in Niedersachsen l (1933), 134-137; Nachdruck u.a. in: Die Bekenntnisse und grundsätzlichen Äußerungen zur Kirchenfrage des Jahres 1933. Gesammelt und eingeleitet von Kurt Dietrich Schmidt, Göttingen 1934, 98-102.

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hatte diese Thesen im wesentlichen Walter Grundmann (1906-1976). Grundmann, Mitglied der NSDAP seit dem 1. Dezember 1930, hatte Hitlers Machtübernahme mit einer Schrift unter dem Titel „Totale Kirche im totalen Staat" begrüßt, in der er ausführte: „Die Christusbotschaft macht uns nicht undeutsch, sondern vollendet unser Deutschtum."152 Anfang November 1933 war Grundmann, der zuvor Assistent bei dem Tübinger Neutestamentler Gerhard Kittel und anschließend Pfarrer in Oberlichtenau bei Kamenz gewesen war, auf Wunsch von Landesbischof Coch zum Oberkirchenrat im sächsischen Landeskirchenamt berufen worden. Gleichzeitig war er Leiter des NS-Pfarrerbundes in Sachsen, Mitherausgeber der monatlich erscheinenden Zeitschrift Christenkreuz und Hakenkreuz und auch reichsweit einer der theologischen Wortführer der Deutschen Christen. Das zentrale Ziel der 28 Thesen bestand darin, den Deutschen Christen eine einheitliche Grundsatzerklärung über ihre kirchenpolitischen Ziele zu geben. Sie setzten bereits den desolaten programmatischen und organisatorischen Zustand voraus, in den die Deutschen Christen seit dem Sportpalastskandal geraten waren. Die dramatischen Ereignisse während jener, von mehreren Tausend Teilnehmern besuchten DC-Gautagung des Gaues Großberlin am 13. November 1933 im Berliner Sportpalast, insbesondere das hier von dem DC-Gauobmann Reinhold Krause vorgetragene radikale deutschkirchliche Programm, hatten die DC-Bewegung in eine schwere Krise gestürzt.153 Zudem verschärften unterschiedliche Strömungen innerhalb der Deutschen Christen unmittelbar im Anschluß an diese Veranstaltung ihre Auseinandersetzungen weiter und verursachten so einen rapiden Zerfall der Organisation. In dieser Lage versuchte die sächsische Regionalgruppe, die sich ohnehin durch einen massiven reichsweiten Einsatz auszeichnete, mit den 28 Thesen den Deutschen Christen ein neues programmatisches Fundament zu geben und dabei ihren eigenen Einfluß auf die Gesamtbewegung zu stärken. Die Anregung zur Formulierung der Thesen und die Beauftragung Grundmanns waren vermutlich von Max Schreiter, dem Präsidenten der sächsischen Landessynode, ausgegangen. Als Grundlage dienten verschie152

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Walter Grundmann: Totale Kirche im totalen Staat, Dresden 1934,29. -Zu Grundmann vgl. Klaus-Peter Adam: Der theologische Werdegang Walter Grundmanns bis zum Erscheinen der 28 Thesen der sächsischen Volkskirche zum inneren Aufbau der Deutschen Evangelischen Kirche Ende 1933, in: Leonore Siegele-Wenschkewitz (Hgin.): Christlicher AntiJudaismus und Antisemitismus. Theologische und kirchliche Programme Deutscher Christen (Arnoldshainer Texte. Band 85), Frankfurt am Main 1994, sowie: Leonore Siegele-Wenschkewitz: Mitverantwortung und Schuld der Christen am Holocaust, in: Evangelische Theologie 42 (1982), 171-190. Zum Sportpalastskandal vgl. Kurt Meier: Der Sportpalast-Skandal und seine Folgen, in: Ders.: Der evangelische Kirchenkampf. Band l, 122-145, und: Klaus Scholder: Die Kirchen und das Dritte Reich. Band 1: Vorgeschichte und Zeit der Illusionen 1918-1934, Frankfurt am Main / Berlin 1986, 701-715.

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dene frühere Texte aus dem Umfeld der Deutschen Christen. Die Ausarbeitung selbst dürfte Anfang Dezember abgeschlossen gewesen sein. Schon am 10. Dezember präsentierte die sächsische Kirchenleitung den Text den Landessynodalen als Tischvorlage. Die Thesen waren zu diesem Anlaß mit dem Titel „Richtlinien der sächsischen Kirchenregierung für ihre Arbeit in der Vergangenheit und in der Zukunft" versehen worden. Noch am selben Tag nahm die Synode, wie sogleich näher dargestellt werden soll, die Vorlage an. Tatsächlich gelang es den sächsischen Deutschen Christen mit Hilfe der 28 Thesen, ihr Ziel zumindest teilweise zu erreichen. In kurzer Zeit wurde der von ihnen vorgelegte Text, zum Teil in geringfügig abweichenden Versionen, von weiteren DC-Landesorganisationen übernommen und den landeskirchlichen Gremien vorgelegt. Übernahmen der Thesen durch landeskirchliche Leitungsorgane fanden in Schleswig-Holstein (15. Dezember 1933), in Braunschweig (18. Dezember), durch die inzwischen umgebildete Reichsleitung der Deutschen Christen (21. Dezember) und später noch in den Landeskirchen Oldenburg und Mecklenburg statt. Gleichzeitig entzündete sich allerdings an den 28 Thesen ein heftiger Streit, in den sich zwei theologische Fakultäten sowie die Rheinische Pfarrerbruderschaft einschalteten und der die instabile Situation der Deutschen Christen letztlich noch weiter schwächte. Der theologische Leitgedanke des später so umstrittenen Textes bestand darin, daß es einem unabweisbaren Bedürfnis der neuen Zeit entspreche, Christentum und Nationalsozialismus zu einer, den Staat des Dritten Reiches geistig tragenden weltanschaulichen Einheit zu verbinden. Die Kirche dürfe nicht „unberührt von dem rauschenden Geschehen in Volk und Staat" bleiben; vielmehr müsse sie „Einfluß auf die Gestaltung des Volkslebens" nehmen. Dies aber könne nur geschehen, wenn der Gedanke des „Volkes" selbst in die Mitte der theologischen Überlegungen trete. Kirchliches Handeln sei daher - wie „alles Leben und Geschehen" auf den „Dienst am Volk" auszurichten.154 An der Spitze der Thesen stand zunächst eine Reihe von Aussagen über das Verhältnis von Kirche und Staat. Die Kirche habe „nur als Kirche im Staat" eine Existenzberechtigung. Daraus folge, daß innerhalb der Kirche nur Amtsträger sein könne, wer auch nach dem Recht des Staates Beamter werden dürfe. Im Blick auf die NS-Rassenideologie hieß es in These 5: „Weil die deutsche Volkskirche die Rasse als Schöpfung Gottes achtet, li4

So Grundmann in seinem im Januar 1934 separat veröffentlichten Kommentar zu den Thesen: Die 28 Thesen der sächsischen Volkskirche, Dresden 1934; hier zitiert nach Johannes Fischer: Die sächsische Landeskirche im Kirchenkampf 1933-1937 (Arbeiten zur Geschichte des Kirchenkampfes. Band 8), Göttingen 1972, 25. - Vgl. auch Walter Grundmann: Christusgemeinde der Deutschen. Ein Wort zur Frage der Nationalkirche, in: Christenkreuz und Hakenkreuz 1936, Nr. 4.

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erkennt sie die Forderung, die Rasse rein und gesund zu erhalten, als Gottes Gebot. Sie empfindet die Ehe zwischen Angehörigen verschiedener Rassen als Verstoß gegen Gottes Willen." Erst im Anschluß an diese Erklärung werden die „Verkündigung der Kirche" und „die Grundlagen der Kirche" erörtert. Als Kirche Jesu Christi habe sie vornehmlich die Aufgabe, dem deutschen Menschen, der von Gott als Deutscher geschaffen worden sei, das Evangelium von Jesus Christus zu verkündigen (These 7). Indem die Ordnungen von Familie, Volk und Staat als göttliche Lebensordnungen angesehen werden, „erkennt die Volkskirche im Totalitätsanspruch des nationalsozialistischen Staates den Ruf Gottes" (These 8). Bibel und Bekenntnis „bleiben" die Grundlagen der Kirche. Die Grundurkunde der Offenbarung Gottes sei das Neue Testament. Demgegenüber sei das Alte Testament nur noch insofern von Bedeutung, als es die Geschichte und den Verfall eines Volkes dokumentiere, das trotz Gottes Offenbarung sich immer wieder von ihm losgesagt habe. „Von da her lastet der Fluch Gottes auf diesem Volke bis zum heutigen Tage" (Thesen 12 und 13). Die Thesen über den Weg der Kirche setzen mit einer Verwerfung „des Liberalismus" ein. Er habe den Glauben an Jesus Christus aufgelöst, „weil er in ihm nur einen Menschen" sehe. Aber auch die „neue Orthodoxie" versperre durch ihre Dogmenstarrheit den Weg zu Christus. Schließlich wendet die Erklärung sich auch gegen Versuche, „den Christus-Glauben durch eine Religion zu ersetzen, die aus dem Rasseerlebnis gestaltet" sei (Thesen 16-18). Der Streit, ob Jesus Jude oder Arier war, erreiche das Wesen Jesu nicht. Jesus sei nicht Träger menschlicher Art, sondern enthülle uns in seiner Person „Gottes Art".155 Die angestrebte Zielsetzung wird im Schlußabschnitt deutlich ausgesprochen: „Die deutsche Volkskirche kann [...] nur eine christliche sein. Das Christentum hat verschiedene Ausprägungen nach Rasse und Volkstum. Deshalb ringen wir um die Verwirklichung eines deutschen Christentums" (These 19). In einigen katechismusartigen Wendungen werden schließlich einzelne kirchliche Lehrsätze zur Anthropologie und zur Christologie aufgegriffen. Die Autoren verfolgten damit die Absicht, denjenigen Kreisen aus dem sächsischen Luthertum die Annahme der Erklärung zu erleichtern, die zwar den kirchlichen Neuaufbruch mitvollziehen wollten, die aber gegenüber der Forderung nach einer Synthese von Christentum und Nationalsozialismus religiös bedingte Vorbehalte hatten. -

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Der wechselnde, theologisch nicht ausgeglichene Gebrauch christologischer Bezeichnungen findet sich so im Text. - Zur theologischen Kritik an den Thesen vgl. neben den Gutachten der Leipziger und der Berliner Theologischen Fakultät insbesondere Heinrich Weinel: Die 28 Artikel der sächsischen Kirche, in: Die Freie Volkskirche 22 (1934), 2325, und: Hans Asmussen: Bekenntnis und Synode. Eine grundsätzliche Betrachtung mit besonderer Berücksichtigung der 28 sächsischen Thesen (Die Gemeindekirche. Nr. 2), Altona 1934.

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Wie erwähnt, wurde der Text der 28 Thesen den Mitgliedern der sächsischen Landessynode von der Kirchenleitung am 10. Dezember ohne jede Vorbereitung zur Annahme vorgelegt.156 Bevor die Synodalen Gelegenheit finden konnten, den Text zur Kenntnis zu nehmen, erstattete Landesbischof Coch einen längeren Bericht zur Lage der Kirche. Sofort anschließend wurde der Antrag gestellt, die Thesen ohne Begründung und Aussprache en bloc anzunehmen. Diesen Verzicht auf eine Aussprache wollte Stephan nicht akzeptieren. Auf seine Forderung hin erklärte Grundmann sich bereit, den Text zu erläutern; dies geschah in Form einer knappen Darstellung und Kommentierung. Die weitergehende Forderung Stephans nach einer Aussprache wurde jedoch durch den Synodalpräsidenten unterbunden. Der Abstimmungsprozeß sollte nach Planung der Tagungsleitung so vollzogen werden, daß Enthaltungen nicht möglich seien. Immerhin mußte nach einigen Auseinandersetzungen zugelassen werden, daß Stephan in einer persönlichen Erklärung mitteilen.konnte, er sei angesichts der Situation, in der die Synode sich momentan befinde, nicht imstande, an der Abstimmung teilzunehmen. Außer ihm beantworteten sämtliche Synodalmitglieder die Abstimmungsfrage über die Annahme der Thesen mit „Ja". Auch ein weiterer Antrag, die Kirche möge allen Bestrebungen, die die Einheit der Kirche bedrohten, nach Kräften entgegentreten, wurde angenommen. Die Sitzung endete mit einem dreifachen „Kampf Heil!" und dem Gesang des „Horst-Wessel-Liedes".157 Die Kirchenleitung maß den 28 Thesen eine große Bedeutung für die gesamte Deutsche Evangelische Kirche zu. Am 12. Dezember wurden sie im Kirchlichen Gesetz- und Verordnungsblatt veröffentlicht und erhielten dadurch rechtsverbindlichen Charakter. Anschließend mußte der Text auch in sämtlichen landeskirchlichen Gemeindeblättern abgedruckt werden. Pfarrer, die in ihrer Gemeinde Bedenken gegen die Thesen äußerten, setzten sich der Gefahr einer sofortigen Amtsenthebung aus.158 Diese rigorose Haltung der Kirchenleitung konnte dennoch nicht verhindern, daß schon bald ein heftiger Streit um den theologischen Charakter der Thesen entbrannte. Am 28. Dezember wandten sich fünfzehn sächsische Superintendenten „an die hochwürdige theologische Fakultät der Universität Leipzig". Unter Berufung auf „ernste Gewissensbedenken" von Pfarrern und Gemeindemitgliedern forderten sie die Fakultät auf zu prüfen, „ob die 28 Thesen sich in Übereinstimmung befinden mit dem Evangelium 156 157 158

Zur Tagung der Landessynode vom 10. Dezember 1933 vgl. Johannes Fischer: Die sächsische Landeskirche im Kirchenkampf 1933-1937, 24-25. Vgl. Johannes Fischer: Die sächsische Landeskirche im Kirchenkampf 1933-1937, 24. Kirchliches Gesetz- und Verordnungsblatt der Evangelisch-Lutherischen Landeskirche des Freistaats Sachsen 1933. Nr. 38 vom 12. Dezember 1933. Die Verordnung zur landeskirchenweiten Veröffentlichung in allen Gemeindeblättern findet sich: Ebd. Nr. 39 vom 19. Dezember 1933. Vgl.: Die Christliche Welt 48 (1934), 621 (Nr. 13 vom 1. Juli 1934).

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von Christo [...] [und] ob die Landessynode vom 10. Dezember 1933 berechtigt war, lehrgesetzliche Vorschriften für die Wortverkündigung zu erlassen".159 Die Leipziger Theologische Fakultät reagierte auf diese Aufforderung bereits wenige Tage später mit einem ausführlichen Gutachten. In zentralen Passagen ist dieser Text von Stephan entworfen worden. Zwar erkannte man an, daß die Thesen „manchen wertvollen Ansatz" enthielten, doch wurden zugleich schwere sachliche Bedenken gegen sie sowie „gegen die Art ihres Zustandekommens" formuliert. Die Thesen widersprachen nach Ansicht der Leipziger Theologieprofessoren „in wichtigen Punkten nicht nur dem Wortlaut, sondern auch dem Geist der Bekenntnisschriften". „Auch sonst" - etwa in den Aussagen zur kirchlichen Überlieferung seien Formulierungen gebraucht worden, die „den Vollgehalt des Evangeliums" nicht zureichend wiedergeben. Als unakzeptabel galten vor allem die Beurteilung des Alten Testamentes und die christologischen Partien der Thesenreihe. Hierzu führten die Gutachter aus: „Der christliche Glaube erkennt gerade in dem Menschen Jesus, seinem Tod und seiner Auferstehung [...] die Offenbarung des lebendigen Gottes, kann also seiner Menschheit nicht gleichgültig gegenüberstehen. Wer sie beiseite schiebt, der flieht vor dem Anstoß, der hier für das Rassenbewußtsein entstehen kann [...]; er verwandelt Jesus Christus in eine blutleere Schattengestalt, wie sie bereits die alte Kirche als doketisch verworfen hat; er nimmt der christlichen Offenbarung die Konkretheit, ohne die auch alle gegenwärtige Verkündigung farblos und blutleer werden muß."160 Der Haupteinwand gegen die Thesenreihe richtet sich jedoch nicht gegen einzelne theologische Aussagen, sondern gegen die Anlage des Textes insgesamt. Indem nämlich alle Ausführungen zum christlichen Bekenntnis erst im Anschluß an die Erklärung zum Verhältnis von Kirche und Staat vorgetragen werden, erhalten sie nach Ansicht der Gutachter eine ihnen völlig fremde Ausrichtung: „Durch die Voranstellung der politisch bedingten Thesengruppe [werden sie] von vornherein ihrer führen159

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Zitiert nach: Allgemeine Evangelisch-Lutherische Kirchenzeitung 67 (1934), 34-35 (Nr. 2 vom 12. Januar 1934); dem Text folgen fünfzehn Unterschriften. Die Mehrzahl der an dieser Anfrage beteiligten Personen gehörten dem sächsischen Pfarrernotbund an (vgl.: Die Christliche Welt 47 (1933), 145). Dieser Notbund hatte bereits seit Anfang November wiederholt deutliche Kritik an der Kirchenleitung unter Coch geübt. Zwölf Mitglieder, darunter einige der beteiligten Superintendenten, wurden am 31. Januar 1934 aufgrund weiterer oppositioneller Aktivitäten von der Gestapo festgenommen und kurzfristig inhaftiert. Bis zum 11. April 1934 wurden insgesamt 51 sächsische Superintendenten und Pfarrer abgesetzt, beurlaubt oder ihres Amtes als Superintendenten enthoben (vgl. Johannes Fischer: Ebd., 27-28). Gutachten der Theologischen Fakultät Leipzig zu den „28 Thesen der sächsischen Volkskirche zum inneren Aufbau der Deutschen Evangelischen Kirche", in: Allgemeine Evangelisch-Lutherische Kirchenzeitung 67 (1934), 35-38 (Nr. 2 vom 12. Januar 1934), hier: 36.

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den Bedeutung, ja ihrer Kraft und Klarheit beraubt." Auch in der anschließenden Einzelkritik wird darauf hingewiesen, daß die Thesen christliche Glaubensaussagen von politisch-weltanschaulichen Prämissen her deuten und sie so in ihrem Gehalt verzerren. So werde etwa durch die Formulierung: „Die Volkskirche bekennt sich zu Blut und Rasse [...]." in These 3 verkannt, daß „Staat, Blut und Rasse" selbst „Merkmale des Todes und der Sünde" an sich tragen und deshalb nicht als Mittel zur Erlösung tauglich seien, sondern vielmehr ihrerseits der Erlösung bedürfen. In diesem Zusammenhang werde auch der Begriff der „Volkskirche" in einer Weise umgeprägt, für die es in der deutschen Kirchen- und Theologiegeschichte kein Beispiel gebe. Eine theologische Klärung sei hier dringend erforderlich, denn es drohe „eine wechselseitige Verwirrung des Staatlichen und Kirchlichen", die die grundsätzliche Verschiedenheit beider Seiten mißachte. Unter Bezugnahme auf CA 28 (De potestate ecclesiastica) warnen die Leipziger Gutachter davor, daß „eine christlich verkappte Diesseitsgläubigkeit" an die Stelle des Christentums trete. Damit werde zum einen den irdischen Gegebenheiten ihre Würde geraubt. Zum anderen dürfe „niemals [...] übersehen werden, daß [ein] Totalitätsanspruch im tiefsten und letzten Sinne nur von Gott selbst erhoben werden kann".161 In der Zurückweisung des „Arierparagraphen" beruft das Gutachten sich auf die von der Reichskirchenregierung ausgesprochene Aussetzung seiner kirchlichen Anwendung. Auch habe der Reichsinnenminister davor gewarnt, die Bestimmungen „mechanisch" auf ursprünglich vom Gesetzgeber nicht gemeinte Gebiete des öffentlichen Lebens zu übertragen. Bei einem so schwerwiegenden Problem liege, so die Leipziger Theologen, ein vereinzeltes landeskirchliches Vorgehen weder im Interesse des Staates noch in dem der Kirche.162 Auch die uneingeschränkt negative Beurteilung des Alten Testaments wird von den Gutachtern abgelehnt. Im Alten Testament lasse sich „die positive geschichtliche Offenbarung Gottes" erken-

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Ebd. - Zur Bezugnahme auf die Confessio Augustana vgl.: Die Bekenntnisschriften der evangelisch-lutherischen Kirche. Herausgegeben im Gedenkjahr der Augsburgischen Konfession 1930. Neunte Auflage, Göttingen 1982, 120-133. In Reaktion auf die Ereignisse vom 13. November 1933 wurden durch die Reichskirchenregierung mehrere Beschlüsse gefaßt, die den völligen Zusammenbruch der deutschchristlichen Glaubensbewegung abwenden sollten. Unter anderem erging am 16. November ein Gesetz, das „die Durchführung der in den Deutschen Evangelischen Landeskirchen [...] ergangenen Gesetze", soweit sie die kirchenbeamtenrechtliche Übernahme des Arierparagraphen betrafen, aussetzte (Gesetz betreffend die Rechtsverhältnisse der Geistlichen und Beamten der Landeskirchen vom 16. November 1933, in: Gesetzblatt der Deutschen Evangelischen Kirche 1933, 33). Im unmittelbaren Anschluß an die Bekanntgabe dieser Maßnahme ließ Ludwig Müller durch den lutherischen Kirchenminister Simon Schöffel den Leitern des Pfarrernotbundes mitteilen, daß er bereit sei, die Glaubensbewegung Deutsche Christen aufzulösen, wenn der Pfarrernotbund ebenfalls seine Tätigkeit durch Selbstauflösung einstelle. Müllers Plan scheiterte an der Weigerung der Oppositionellen (vgl. Klaus Schulden Die Kirchen und das Dritte Reich. Band l, 710-712).

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nen; sie führe hin auf die für das Christentum entscheidende Offenbarung in Jesus Christus. „Wesentliche Stücke der christlichen Erkenntnis Gottes als des Herrn der Welt, der Natur und der Geschichte [...] sind im Alten Testament grundlegend ausgesprochen [worden] und wehren auch heute der immer drohenden Individualisierung und Privatisierung der Religion." Im Blick auf das in den Thesen 12 und 13 angegriffene Judentum schließlich wird hervorgehoben, daß es gerade die jüdische Volksgeschichte sei, in der sich diejenige Offenbarung Gottes ereignet habe, „die Jesus Christus als die Offenbarung seines Vaters anerkannt hat und die deshalb auch für die christliche Kirche verbindlich ist".163 In Anbetracht der eklatanten theologischen Mängel erklärte es die Fakultät für einen glücklichen Umstand, daß „die in der ,braunen' Synode vom 10. Dezember 1933 ausgesprochene Billigung den 28 Thesen keineswegs Bekenntnischarakter zu geben" vermöge, da nach der sächsischen Kirchenverfassung der Inhalt des Bekenntnisses nicht Gegenstand kirchlicher Gesetzgebung sein könne.164 Aber auch gegen die Art des Zustandekommens der Thesen erheben sich schwere Bedenken: „Es heißt an der Fehlsamkeit und Zufälligkeit menschlicher Gewissenserfahrung und Erkenntnis vorübergehen, wenn grundlegende Richtlinien für die Arbeit der Kirche durch das angewandte Verfahren geschaffen werden sollen. Die in leidensvollen Jahrhunderten gewonnene kirchliche Praxis fordert, daß bei jeder wichtigen Festsetzung alle überhaupt möglichen Sicherungen für eine ebenso tiefe wie umfassende theologische und kirchliche Besinnung gesucht werden. Theologie ohne Lebenszusammenhang mit der Kirche bleibt leer, kirchliche Praxis ohne Lebenszusammenhang mit der Theologie bleibt blind."165 Das Gutachten hatte unmittelbar zur Folge, daß die ohnehin umstrittenen Thesen in der öffentlichen Diskussion nunmehr weitgehend negativ beurteilt wurden. Im „Sturm um die 28 Thesen der Sachsen" überwog die Ablehnung bei weitem; in einzelnen Fällen wurde geradezu der Vorwurf der „Irrlehre" erhoben.166 Stephan selbst, der wegen seiner Haltung wäh163

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Gutachten der Theologischen Fakultät Leipzig, 37. Eine ähnliche Würdigung der alttestamentlichen Darstellung göttlicher Offenbarung nimmt Stephan auch in der 1941 erschienenen dritten Auflage der „Glaubenslehre" vor: „Das AT zeigt die Offenbarung [...] in charismatischer Lebendigkeit und Fülle." „Offenbarung ist charismatisches Tun des lebendigen Gottes [...]. Schon hier steht die Offenbarung im Zusammenhang der Geschichte und schafft Geschichte" (Glaubenslehre. Dritte Auflage, Berlin 1941, 57). Vgl.: Verfassung der Evangelisch-lutherischen Landeskirche Sachsens vom 29. Mai 1922, § 2, Absatz 2. Gutachten der Theologischen Fakultät Leipzig, 38. Den Vorwurf der Irrlehre erhob die Rheinische Pfarrerbruderschaft unter Vorsitz des Düsseldorfer Pfarrers Lie. Dr. Joachim Beckmann; vgl. dazu: Sturm um die 28 Thesen der Sachsen, in: Allgemeine Evangelisch-Lutherische Kirchenzeitung 67 (1934), 38-41 (Nr. 2 vom 12. Januar 1934). Zur Rheinischen Pfarrerbruderschaft siehe Jürgen Schmidt: Studien zur Vorgeschichte des Pfarrernotbundes, in: Zeitschrift für Kirchengeschichte 79

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rend der Synodaltagung weithin mit den Aussagen des Gutachtens identifiziert wurde, sah sich nun im Mittelpunkt der kirchenbehördlichen Kritik. In dieser Situation konnte er sich auf eine bereits vor der Veröffentlichung des Gutachtens publizierte persönliche Erklärung berufen, in der er seinen zentralen Einwand gegen die Thesenreihe erläutert hatte. Die Vorgeschichte dieser Erklärung illustriert zugleich seine Lage innerhalb der Landeskirche: Stephans Verhalten während der Abstimmung war von der Kirchenleitung erwartungsgemäß scharf mißbilligt worden. Zwar hielt man sich mit öffentlicher Kritik an dem renommierten Theologieprofessor zurück; eine Diffamierung Stephans, beispielsweise bei Gelegenheit von Pfarrkonventen oder in der landeskirchlichen Presse, erfolgte nicht. Im Kirchlichen Gesetz- und Verordnungsblatt wurde allerdings in unmißverständlicher Weise auf den Vorfall hingewiesen.167 Daraufhin sah Stephan sich genötigt, seine Haltung zu erläutern. Daher ließ er am 24. Dezember 1933, also vier Tage bevor die fünfzehn Superintendenten ihre Anfrage an die Leipziger Fakultät richteten, im Neuen Sächsischen Kirchenblatt den folgenden Text abdrucken: „Erklärung. Da die im Kirchlichen Gesetz- und Verordnungsblatt [...] gegebene Notiz über meine Nicht-Abstimmung Mißdeutungen hervorrufen kann, erkläre ich folgendes. 1. Von den ,Thesen der sächsischen Volkskirche zum inneren Aufbau der Deutschen Evangelischen Kirche' enthalten die Sätze 6-28 (Verkündigung der Kirche, Grundlagen der Kirche, Weg der Kirche) so viel Ausgezeichnetes, daß ich mich nur freuen kann, wenn sie als Ganzes die Arbeit der Landeskirche, im besonderen die volksmissionarische, bestimmen. Darum würde ich ihnen, trotz starker Bedenken gegen manche Formulierungen, bedingungslos zugestimmt haben. 2. Auch der vorangeschickte Abschnitt über .Kirche und Staat' enthält manches, dem ich als ein den heutigen Staat voll bejahender Christ unbedingt zustimme. Aber gerade dies Wertvolle kehrt teils in den folgenden Abschnitten wieder (Satz 6, 9, 15), teils könnte es leicht im 4. Abschnitt Aufnahme finden. Wenn es, ehe ein Wort über Grundlagen oder Verkündigung der Kirche gesagt ist, am Anfang des Ganzen erscheint, und zwar in schärfster sachlicher Zuspitzung, dann erschwert es m.E. das christliche Verständnis des Inhalts und rückt das Ganze von vornherein unter politische Gesichtspunkte. - Zumal These 3

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(1968), 43-67. - Die Berliner Theologische Fakultät veröffentlichte am 8. Februar 1934 ein hauptsächlich von Reinhold Seeberg ausgearbeitetes Gutachten (vgl. den Abdruck in: Junge Kirche 2 (1934), 498-503), das sich zwar positiv zu den „28 Thesen" äußerte, selbst aber innerhalb der Berliner Fakultät heftig umstritten war. Siehe hierzu Johannes Witte: Die Theologie eines Gutachters, in: Evangelium im Dritten Reich 3 (1934), 425426; Günther Koch: Die Theologie eines Gutachters, in: Junge Kirche 2 (1934), 503-507, sowie die bei Johannes Fischer: Die sächsische Landeskirche im Kirchenkampf 19331937, 109-110, genannte Literatur. Kirchliches Gesetz- und Verordnungsblatt der Evangelisch-Lutherischen Landeskirche des Freistaats Sachsen 1933. Nr. 39 vom 19. Dezember 1933.

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legt Mißverständnisse allzu nahe. Ist der Satz ,Die Volkskirche bekennt sich zu Blut und Rasse, weil das Volk eine Bluts- und Wesensgemeinschaft ist' - auch abgesehen von seinem angreifbaren Wortlaut - möglich, bevor das Bekenntnis zu der Offenbarung Gottes in Christus ausgesprochen ist? Muß er nicht das Ganze in ein falsches Licht stellen? Außerdem steht die Heranziehung des ,Arierparagraphen' in Widerspruch zu der christlichen Überzeugung wertvoller, den heutigen Staat von Herzen bejahender Kreise unserer Landeskirche; es erschien mir daher für eine Landessynode, die das ganze sächsische Kirchenvolk vertreten soll, nicht richtig, ihn in ,Thesen der sächsischen Volkskirche' aufzunehmen, zumal bevor die Reichskirche sachlich über diese Frage entschieden hatte. 3. So konnte ich die Thesen nicht als Einheit anerkennen. Ich hätte den ersten Abschnitt in seiner jetzigen Stellung und Fassung ebenso sicher ablehnen müssen, wie ich mich gedrängt fühlte, die folgenden anzunehmen. Darum blieb als einzige Möglichkeit der Stimmverzicht. 4. Eine genauere Begründung dieses Verzichts war in der Synode unmöglich, da nur [über] das Ganze des Entwurfs, nicht über seine Abschnitte oder Einzelsätze gesprochen werden durfte. Professor D. Stephan."168 Stephans Bemerkung über einen möglichen „volksmissionarischen" Verwendungszweck der Thesen nimmt einen Begriff auf, der in der kirchenpolitischen Programmatik der Deutschen Christen eine hervorgehobene Rolle spielte. Zugleich aber widersprach er deutlich den Intentionen, die dort hinter dem Aufruf zu einer „volksmissionarischen" Bewegung standen. Ganz ähnlich wie später übrigens auch Dietrich Bonhoeffer betonte Stephan, daß „Volksmission" als kirchliches Handlungsziel die Verkündigung des Evangeliums nicht verdrängen oder gar ersetzen dürfe. Demzufolge könnten auch die 28 Thesen lediglich als Konkretisierung einer bestimmten kirchlichen Aufgabenstellung angesehen werden. Als verbindliche Aussagen über „Grundlagen oder Verkündigung der Kirche" ließen sie sich nicht auffassen. 169

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Neues Sächsisches Kirchenblatt 40 (1933), 829 (Nr. 52 vom 24. Dezember 1933). Die „Erklärung" Stephans erschien innerhalb des Heftes unter den vermischten Nachrichten; eine redaktionelle Bemerkung zu dem Text findet sich nicht. Ebd., 829.- Bonhoeffer hat im Zweiten Kurs (November 1935 bis März 1936) seiner Finkenwalder Vorlesungen - den vorliegenden Quellen zufolge - ausgeführt: „Volksmission [ist] heute in Deutschland ein sehr fragwürdiges Unternehmen. Es bleibt die Frage, ob das Volk die Predigt nicht schon gehört und verworfen hat, die Sünde der Väter an den Kindern heimgesucht wird, der Zorn Gottes selbst schon solche Verstockung wirkt. Trotz[dem] Volksmission treiben dürfen wir allein mit dem Hinweis auf die Frage; wir können nicht mehr predigen, als predigten wir zu Heiden. Denn anders zu reden, wäre eine Verachtung der Güte Gottes, der bis zur Stunde noch jedem Dorf und jeder Stadt die Predigt des Evangeliums erhalten hat" (Dietrich Bonhoeffer: Illegale Theologenausbildung: Finkenwalde 1935-1937. Herausgegeben von Otto Dudzus und Jürgen Henkys in Zusammenarbeit mit Sabine Bobert-Stützel, Dirk Schulz und Ilse Tödt (Dietrich Bonhoeffer: Werke. Vierzehnter Band), Gütersloh 1996, 514).

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In den Schlußausführungen des Leipziger Fakultätsgutachtens wird diese Wendung Stephans aufgegriffen und in ihrem kritischen Sinn noch einmal gegen den Anspruch der sächsischen Kirchenregierung gerichtet: Bekenntnischarakter komme den 28 Thesen nicht zu. „Sie können lediglich als Richtlinien für die volksmissionarische Arbeit Bedeutung beanspruchen, aber unterliegen freilich auch als solche den in den Bekenntnisschriften enthaltenen kritischen Maßstäben."170 Auch den in dem Gutachten stark betonten Gegensatz zwischen christlichem und politischem Aussagegehalt hatte Stephan bereits als problematisch bezeichnet. Die Erklärung vom 24. Dezember 1933 enthält eine Versicherung der persönlichen Zustimmung Stephans zum nationalsozialistischen Staat. Es mag in Rechnung gestellt werden, daß in dem Hinweis auf die religiöse Bindung eine Einschränkung der üblicherweise geforderten „bedingungslosen" Loyalität mitgesetzt ist. Auch wird man die angespannte Situation berücksichtigen müssen, in der Stephan sich nach dem 10. Dezember befunden hat. Dennoch dürfte kaum zu leugnen sein, daß die Formulierung in ihrer Grundaussage tatsächlich die Einstellung zum Ausdruck bringt, die Stephan zu diesem Zeitpunkt in politischer Hinsicht eingenommen hat. Wie zahlreiche andere theologische Hochschullehrer nach 1933 befand auch Stephan sich zunächst in einem Loyalitätskonflikt zwischen staatlicher und kirchlicher Verantwortung. In nicht wenigen Fällen wurde die kirchenpolitische Haltung solcher Theologen im Kirchenkampf bis zur Entschlußunfähigkeit gelähmt. Erst die massive Kirchenzerstörungsstrategie der NS-Behörden wirkte in dieser Hinsicht seit Mitte der dreißiger Jahre vielfach desillusionierend.171 Auch bei Stephan führte die weitere politische und kirchenpolitische Entwicklung schon im Laufe des Jahres 1934 zu einer erheblichen Ernüchterung. Seine Haltung wurde zunehmend distanzierter; insbesondere im Bereich der kirchenpolitischen Auseinandersetzung lehnte er schließlich jede Kooperation mit den deutsch-christlich orientierten Gruppen in den Kirchenleitungen und hochschulpolitischen Gremien ab. Für eine Beurteilung von Stephans Einstellung zum Nationalsozialismus ist insbesondere seine Kritik an der „Blut-und-Rasse"-Ideologie bedeutsam. Diesem zentralen Element des NS-Denkens hat Stephan sich auch später immer wieder zugewandt. Im Rahmen der Erklärung vom 170 171

Gutachten der Theologischen Fakultät Leipzig, 38. Diesen Aspekt im Verhalten von Theologieprofessoren während der Frühphase des Kirchenkampfes hat jetzt Kurt Meier umfassend untersucht: Die Theologischen Fakultäten im Dritten Reich, 27-61. - Nicht vergessen werden darf in diesem Zusammenhang, daß es vor allem für 1934 an politischen Loyalitätsbekundungen gegenüber der Regierung unter Hitler auch aus Kreisen der bekenntniskirchlichen Opposition nicht fehlt. Ob und inwieweit solche Erklärungen allein strategischen Zwecken folgten, ist noch nicht geklärt. Auch sonst konnte eine grundsätzliche Bejahung des nationalsozialistischen Staates mit einer kritischen kirchenpolitischen Haltung verbunden werden; vgl. z.B. Otto Piper: Kirche und Politik (Kirchliche Gegenwartsfragen. Band 1), Calw 1933.

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Dezember 1933 geht es ihm zwar scheinbar nur um die Vor- und Zuordnungsverhältnisse der einzelnen Aussagen der 28 Thesen. Obwohl Stephan seine Stellungnahme auf die Ebene der Formkritik beschränkt, lehnt er doch der Sache nach einen Grundpfeiler der rassisch-völkischen Weltanschauung überhaupt ab. Denn nicht als einen theologischen Satz neben anderen hatten die deutsch-christlichen Autoren ihre Formulierung vom „Blut und Rasse"-Bekenntnis verstanden, sondern sie gaben hier dem elementaren weltanschaulichen Prinzip des Nationalsozialismus schlechthin Ausdruck. Nur als dogmatischer Leitsatz vor allen anderen Näherbestimmungen des kirchlichen Bekenntnisses hatte gerade diese Aussage für sie überhaupt einen Sinn. Stephans Zurückweisung der formalen Stellung des Satzes ist daher nichts anderes als eine inhaltliche Zurückweisung seiner absoluten Geltung. Nur die Offenbarung Gottes in Christus, nicht aber das Volk als „Bluts- und Wesensgemeinschaft" kann Gegenstand des christlichen Bekenntnisses sein. Trotz aller Unterschiede im historischen Bezug hat Stephan damit faktisch einen Standpunkt eingenommen, der auch die Verfasser der berühmt gewordenen Denkschrift der Zweiten Vorläufigen Leitung der DEK zu ihrer Initiative bewegen hat. Ebenso wie bei Stephan wird bereits in den ersten Vorarbeiten und Entwürfen zur Denkschrift vom 28. Mai 1936 gerade jene deutsch-christliche Strategie angegriffen, durch das Bekenntnis zu „Blut und Rasse" auch innerkirchlich eine Verschiebung des christlichen Offenbarungsverständnisses im Sinne der nationalsozialistischen Weltanschauung herbeizuführen. So warnte etwa das Kanzelwort der Preußischen Bekenntnissynode vom 5. März 1935 zum Neuheidentum vor der „neuen Religion", in der „die rassisch-völkische Weltanschauung zum Mythus" und „Blut und Rasse, Volkstum, Ehre und Freiheit zum Abgott" erhoben würden. Die Kirche dürfe sich nicht „aus der Öffentlichkeit der Welt in einen Winkel privater Frömmigkeit abdrängen lassen; sie habe „auch der Gewalt gegenüber" das ihr aufgetragene Wort zu verkündigen.172 Die Denkschrift selbst enthielt folgende Formulierung: „Wenn Blut, Volkstum, Rasse und Ehre den Rang von Ewigkeitswerten erhalten, so wird der evangelische Christ durch das erste Gebot gezwungen, diese Bewertung abzulehnen."173 Genau dies hatte Stephan in seiner Erklärung vom 24. Dezember 1933 getan. 172

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Kanzelabkündigung der Bekenntnissynode der Evangelischen Kirche der altpreußischen Union in Berlin-Dahlem vom 5. März 1935; zitiert nach: Evangelische Kirche zwischen Kreuz und Hakenkreuz. Bilder und Texte einer Ausstellung. Zusammengestellt und kommentiert von Eberhard Rohm und Jörg Thierfelder. Mit einer Einführung von Klaus Scholder. Vierte Auflage, Stuttgart 1990, 74-75. Denkschrift der Bekennenden Kirche „An den Führer und Reichskanzler" vom 28. Mai 1936. [Abschnitt] V: Nationalsozialistische Weltanschauung. Satz 3; hier zitiert nach Martin Greschat (Hg.): Zwischen Widerspruch und Widerstand. Texte zur Denkschrift der Bekennenden Kirche an Hitler (1936) (Studienbücher zur kirchlichen Zeitgeschichte. Band 6), München 1987, 104-143, hier: 113.

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Stephans Erklärung erregte in kirchlichen und theologischen Kreisen einiges Aufsehen. Sie wurde in weiteren kirchlichen Zeitschriften auszugsweise oder im Referat wiedergegeben. Hinweise auf den Vorfall während der Synodaltagung finden sich in nahezu allen größeren Zeitschriften der kirchlichen Presse. Einen fast ungekürzten Nachdruck enthielt die erste Januar-Ausgabe des von Wilhelm Schubring herausgegebenen Protestantenblattes.174 Auffälligerweise hielt sich die Christliche Welt mit einem Kommentar zurück. Eine Erklärung dafür mag darin liegen, daß gerade die enge Verbindung zwischen Stephan und Hermann Mulert, der seit Januar 1932 die redaktionellen Geschäfte leitete, dem vorsichtigen Herausgeber diese Haltung zu empfehlen schien. Lediglich in einer kleinen Notiz findet sich die folgende knappe Bemerkung: „Prof. Stephan erklärt, daß er bei der Abstimmung sich der Stimme enthalten habe, weil das Bekenntnis zu Blut und Rasse dem zur Gottesoffenbarung in Christus vorangestellt sei."175Die 28 Thesen blieben bis zum Umschwung der kirchenpolitischen Verhältnisse im Herbst 1935 offiziell in Geltung. Erst der am 21. November 1935 durch die „3. Verordnung zur Durchführung des Gesetzes zur Sicherung der Deutschen Evangelischen Kirche" eingesetzte Landeskirchenausschuß erklärte, daß den Thesen keinerlei kirchliche Geltung mehr zukomme. In der entsprechenden Mitteilung hieß es: „Die evangelischlutherische Landeskirche steht getreu dem Glauben der Väter auf dem Evangelium von Christus, wie es in der Heiligen Schrift enthalten und in der ersten ungeänderten Augsburgischen Konfession [...] bezeugt ist." Um diese unantastbare Grundlage der Landeskirche nach außen und nach innen klar und unzweideutig zu gewährleisten, stellte der Landeskirchenausschuß fest: „Die als Richtlinien der sächsischen Kirchenregierung für ihre Arbeit in der Vergangenheit und in der Zukunft bezeichneten ,28 Thesen der sächsischen Volkskirche zum inneren Aufbau der Deutschen Evangelischen Kirche', die nach den eigenen Worten ihrer Verfasser keine bekenntnismäßige Bedeutung besitzen, haben nicht mehr die ihnen in der Bekanntmachung vom 12. Dezember 1933 [...] beigelegte Geltung."176

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Protestantenblatt 67 (1934), 11-12 (Nr. l vom 2. Januar 1934). Der einzige markante Texteingriff besteht in einer Streichung des zweiten Satzes aus Abschnitt 1. Schubring enthält sich - von seiner sonst üblichen Vorgehensweise abweichend - jeder Stellungnahme. Allerdings fügte er der Rubrik, in der Stephans Text mitgeteilt wird, ein Zitat von Zwingli an: „Herr, nun selbst den Wagen halt! Bald abseit geht sonst die Fahrt" (Ebd., 12). Die Christliche Welt 48 (1934), 97 (Nr. 2 vom 20. Januar 1934). Immerhin bescheinigt Mulert nur drei Spalten weiter der Leipziger Fakultät, mit ihrem Gutachten eine „umsichtig begründete Kritik" an den 28 Bekenntnissätzen geübt zu haben (100). Mitteilung des Landeskirchenausschusses vom 21. Januar 1936, in: Kirchliches Gesetzund Verordnungsblatt der Evangelisch-Lutherischen Landeskirche des Freistaats Sachsen. Ausgabe vom 22. Januar 1936; hier zitiert nach: Junge Kirche 4 (1936), 126.

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Damit vollzog die sächsische Landeskirche einen Schritt, den andere evangelische Landeskirchen zu diesem Zeitpunkt bereits getan hatten. In einem redaktionellen Kommentar zur Meldung über die Rücknahme der Thesen zeigte sich der Herausgeber der Jungen Kirche, Hanns Lilje, erfreut darüber, daß auf diese Weise „wieder ein Stück Irrlehre aus der Kirche beseitigt" worden sei.177 1.6.2. Wachsende Kritik an der staatlichen Kirchen- und Religionspolitik Während des Jahres 1934 erreichten die Auseinandersetzungen um die Politik der Reichskirchenregierung ihren Höhepunkt. Bereits Ende November 1933 hatte die Leipziger Fakultät ihre bisherige kirchenpolitische Zurückhaltung aufgegeben und durch eine Kundgebung gegen die zahlreichen Entlassungen protestiert, die seit dem Sommer in mehreren deutschchristlich dominierten Landeskirchenämtern gegen kirchenleitend tätige Personen erfolgt waren. Es müsse, so die Fakultät, „völlig deutlich sein, daß kirchenregimentliche Vollmachten nicht in den Dienst kirchenpolitischer Gruppen gestellt werden" dürfen. 178 In die heftigen Konflikte um die Eingliederungspolitik der Reichskirchenregierung bzw. ihres zu diesem Zweck bestellten „Rechtswalters" August Jäger schaltete die Fakultät sich im Mai 1934 mit einem beschwörenden Appell an die Berliner Leitung der Reichskirche ein. Durch die rücksichtslose Vorgehensweise werde das Werk der kirchlichen Einigung diskreditiert. Die Fakultät bezog sich darauf, daß kirchendisziplinarische und auch polizeiliche Zwangsmaßnahmen gegen oppositionelle Geistliche in zahlreichen Fällen ausgeübt worden waren, um den starken Widerstand einzelner Landeskirchen zu brechen.179 Sie wies darauf hin, daß nach lutherischer Auffassung die äußere Ordnung der Kirche den Geist der Bibel und der Bekenntnisschriften nicht verleugnen dürfe. „In letzter Stunde beschwören wir die Regierungen der deutschen Kirchen, vor allem der Reichskirche, [...] von der diktatorischen Handhabung des Führerprinzips [...] abzulassen [...]."18° 177 178

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Hanns Lilje |Red.]: Die 28 Thesen, in: Junge Kirche 4 (1936), 126. Kundgebung aus der theologischen Fakultät Leipzig zur kirchlichen Lage vom 27. November 1933, in: Allgemeine Evangelisch-Lutherische Kirchenzeitung 66 (1933), 11711172. - Eine Übersicht zu den von Stephan mitverfaßten bzw. unterzeichneten kirchenpolitischen Erklärungen der Leipziger Theologischen Fakultät findet sich im Bibliographischen Anhang unter A.2.1.8. Vgl. zu den Vorgängen im einzelnen Kurt Meier: Der evangelische Kirchenkampf. Band l, 204-221. Wir beschwören die Kirchenregierungen! Erklärung der theologischen Fakultät Leipzig vom 19. Mai 1934, in: Allgemeine Evangelisch-Lutherische Kirchenzeitung 67 (1934), 488 (Nr. 21 vom 25. Mai 1934).

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Als gegen Ende des Jahres 1934, nach erbitterten Kämpfen, die Eingliederungsstrategie definitiv gescheitert war, Müller und sein Kirchenregime sich aber noch im Amt befanden, richtete die Leipziger Fakultät ein Telegramm an den Reichsbischof mit der Aufforderung, im Interesse der zerrütteten und nach Frieden verlangenden Kirche zurückzutreten.181 Stephan und seine acht Kollegen schlössen sich hingegen nicht der Protestaktion an, die einen Tag zuvor 119 theologische Hochschullehrer gleichfalls in der Forderung nach dem unverzüglichen Rücktritt Müllers vereinigt hatte. Müllers uneinsichtiges „Wort an die Gemeinden und Pfarrer" vom 8. November veranlaßte die Fakultät noch einmal am 22. November zu einer Wiederholung der Rücktrittsforderung.182 Wieder schloß sie sich der gemeinsamen Aktion von 122 theologischen Hochschullehrern aus insgesamt sechzehn Fakultäten nicht an. Am Tage der Versendung des Telegramms trat die Vorläufige Leitung der Bekennenden Kirche unter Bischof Marahrens erstmals zusammen; zwei Tage zuvor war bereits die Eingliederungsgesetzgebung aufgehoben worden. Die weitere, anhaltend spannungsvolle kirchenpolitische Entwicklung, die Auseinandersetzungen um die sogenannte „Befriedungspolitik", daneben auch die konfliktreiche hochschulpolitische Situation haben dazu geführt, daß in Stephans Beurteilung der kirchenpolitischen Lage ein resignativer Zug zunehmend hervortrat. Die Folge war schließlich eine weitgehende Selbstbeschränkung auf wissenschaftliche Arbeiten. Allerdings beteiligte er sich - zumal in seinem Amt als Herausgeber der Zeitschrift für Theologie und Kirche - weiterhin an der theologischen Kritik der deutsch-christlichen und der deutschgläubigen Gruppierungen. In mehreren Sonderausgaben der Zeitschrift wurden in den Jahren 1934, 1935 und 1936 zentrale Themen dieser Problematik aufgegriffen; dabei wurde jedoch die Auseinandersetzung ausdrücklich auf das Gebiet der theologischen Diskussion begrenzt.183 Der Bekennenden Kirche schloß Stephan sich nicht an. Ebenso wie Hermann Mulert, dem Stephan sich während dieser Jahre auch persönlich noch enger verband, sah er in der theologischen Fundierung des bekenntnisoppositionellen Engagements eine unzulässige Fixierung auf theologische Lehrauffassungen, die innerhalb der DC-kritischen Theologie nicht 181

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Allgemeine Evangelisch-Lutherische Kirchenzeitung 67 (1934), 1076-1077 (Nr. 45 vom 9. November 1934). Vgl. den Text des Leipziger Telegramms in: Allgemeine Evangelisch-Lutherische Kirchenzeitung 67 (1934), 1144 (Nr. 48 vom 30. November 1934). Vgl.: Zeitschrift für Theologie und Kirche. Neue Folge 15 (1934), Heft 2 (Thema: „Auseinandersetzung mit der Deutschen Glaubensbewegung"); Zeitschrift für Theologie und Kirche. Neue Folge 16 (1935), Heft 4 (Thema: „Deutsche Glaubensbewegung"); Zeitschrift für Theologie und Kirche. Neue Folge 17 (1936), Heft 2 (Thema: „Verhältnis der Religion bzw. des christlichen Glaubens zur Natur"). Stephan hat alle diese Hefte mit editorischen Bemerkungen und z.T. auch inhaltlichen Einführungen versehen.

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konsensfähig waren. Mehrfach beklagte er eine bekenntniskirchliche Tendenz zur Dogmatisierung, die sich im Endeffekt auch kirchenpolitisch nachteilig auswirken müsse.184 Diese Einstellung kommt z. B. in einer Erklärung zum Ausdruck, die Stephan in Verbindung mit mehreren anderen Theologieprofessoren sowie einigen Mitgliedern des von Johannes Herz geführten „Deutschen Verbandes des entschiedenen Protestantismus" im Frühsommer 1933 herausgab. Hier hieß es: „Wir weisen es mit Entschiedenheit zurück, daß einzelne Kreise [...] ihre Theologie als die einzig reformatorische oder kirchlich berechtigte hinzustellen und andere theologische Überzeugungen durch die Bezeichnung ,Iiberalistisch' zu verdächtigen und von der Mitarbeit an der kirchlichen Neuordnung auszuschließen" bestrebt sind. Im Blick auf die Forderung nach einem „neuen Bekenntnis", die ebenfalls kirchenpolitisch instrumentalisiert werde, wiesen die Theologen darauf hin, daß „gerade von der wissenschaftlichen Theologie der letzten Jahrhunderte" erhebliche Anstrengungen unternommen worden seien, eine jeweils ihrer Zeit entsprechende Formulierung des christlichen Glaubens auszuarbeiten.185 Stephan selbst konnte sich mit seiner BK-kritischen Einstellung auf den Rückhalt des Kreises der „Freunde der Christlichen Welt" stützen, deren Vereinigung zwar im März 1934 auf staatlichen Druck hin hatte aufgelöst 184

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Die Einstellung zahlreicher liberalprotestantischer Theologen zur theologischen Linie der Bekennenden Kirche, zugleich aber auch die persönliche Neigung zur Zurückhaltung von einer aktiven Mitwirkung an der Oppositionstätigkeit, wird beispielhaft deutlich in Hermann Mulerts Besprechung von Karl Barths Schrift: Lutherfeier 1933 (Theologische Existenz heute. Heft 4), München 1933: „Am charakteristischsten tritt in der Einleitung dieses Hefts und in den Schlußsätzen ein harter Wille hervor, sich bei der Opposition gegen die heutige Kirchenleitung nur mit ganz Gleichgesinnten zu verbinden und im Zusammenhang mit dem Kampf gegen die Deutschen Christen den ganzen Neuprotestantismus aus der evangelischen Kirche auszuschließen, die Entwicklung hinter Aufklärung und Idealismus, hinter 1700 zurückzuschrauben. Diese Denkweise ist ebenso charaktervoll wie ungeschichtlich; griffe sie um sich, so würde sie das evangelische Christentum mit dem Schicksal des byzantinischen und des russischen bedrohen; vor allem ist sie unvereinbar mit Gedanken, die auch biblisch sind, mit der Überzeugung, daß der Geist die Christen in alle Wahrheit leiten wird und mit der Gewissensselbständigkeit des protestantischen Christen" (Die Christliche Welt 48 (1934), 94). Das von Mulert hier zum Ausdruck gebrachte Urteil deckt sich, gerade in seiner historischen Begründung, völlig mit der Ansicht Horst Stephans (vgl. z.B.: Geschichte der evangelischen Theologie seit dem Deutschen Idealismus, 296-297). [Erklärung von Professoren der Theologie und Freunden des Bundes für entschiedenen Protestantismus]. Undatiert, ca. zweite Hälfte des Juni 1933; l Seite. Ein hektographiertes Exemplar befindet sich in Stephans Nachlaß (Bestand 10: Varia 2. Mappe Horst Stephan). - Die Erklärung nimmt indirekt Bezug auf Äußerungen aus der Jungreformatorischen Bewegung' und auf die Auseinandersetzungen um die Verfassung für eine evangelische Reichskirche. Sowohl unter den Vertretern des „Bundes für entschiedenen Protestantismus" als auch unter den beteiligten Professoren (Joachim Begrich, Andreas Duhm, Hans Haas, Heinrich Hermelink, Gustav Krüger, Johannes Leipoldt, Peter Meinhold, Otto Ritschi, Hans von Soden, Horst Stephan, Heinrich Weinel, Leopold Zscharnack) befanden sich Personen, die zumindest in der Frühphase des Dritten Reiches den Deutschen Christen nahegestanden hatten.

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werden müssen, die ihren engen informellen Zusammenschluß aber bis in die späten dreißiger Jahre hinein aufrecht erhalten konnten. Einige Dokumente im Nachlaß von Johannes Rathje belegen zudem, daß auch Stephans persönliche Beziehung zu Martin Rade sich während der späten dreißiger Jahre gerade in Fragen des Kirchenkampfes noch einmal sehr * * * 1 itfi intensivierte. Trotz aller Zurückhaltung blieb es auch in den späteren dreißiger Jahren nicht aus, daß Stephan verschiedentlich in universitäts- und wissenschaftspolitische Konflikte verwickelt wurde, so etwa im Rahmen des Habilitationsverfahrens seines Schülers, des späteren Heidelberger Kirchenhistorikers, Martin Schmidt.187 Auch finden sich in Stephans Publikationen dieser Jahre weiterhin Äußerungen, deren politische Absicht unverkennbar ist. Auffällig ist hier vor allem eine Anzahl von Rezensionen zu Veröffentlichungen aus dem Bereich der jüdischen Religionsphilosophie und Theologie. So erschien - und zwar etwa zeitgleich zur Verabschiedung der antisemitischen „Rassegesetze" während des Reichsparteitages in Nürnberg - in der Zeitschrift für Theologie und Kirche eine Würdigung von Hans Joachim Schoeps' „Geschichte der jüdischen Religionsphilosophie". Unter anderem führte Stephan hier aus: „Im I. Bd. [...] bespricht Schoeps ,die Begründung der jüdischen Religionsphilosophie im System Moses Mendelssohns' und ,die Religionsphilosophie in der ersten Nachmendelssohnschen Zeit', macht uns aber vor allem mit der spekulativen Epoche der jüdischen Religionsphilosophie' bekannt. Gerade hier [...] tritt 1S6

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Teilnachlaß Johannes Rathje. Universitätsbibliothek Marburg (MS 858/79-84). Siehe auch die Zitate aus Briefen Rades an Horst Stephan bei Johannes Rathje: Die Welt des freien Protestantismus, 502. 504. 519; vgl. Johannes Rathje: Persönliches von Martin Rade, in: Freies Christentum 5 (1953), 19-21, hier: 20. Martin Schmidt (1909-1982) war Stephan „als Famulus, Assistent und Habilitant, darüber hinaus als Pfarrer und Hochschullehrer durch ein Vierteljahrhundert ohne Unterbrechung dankbar verbunden" (Martin Schmidt: Vorwort, zu: Horst Stephan: Geschichte der deutschen evangelischen Theologie seit dem Deutschen Idealismus. Zweite neubearbeitete Auflage von Martin Schmidt, Berlin 1960, VII). Bereits Schmidts Promotion hatte 1936 nicht an einer deutschen Universität vorgenommen werden können; sie fand deshalb bei dem Züricher Kirchenhistoriker Fritz Blanke (1900-1967) statt. Das Habilitationsverfahren wurde 1942 ohne Anerkennung der erbrachten wissenschaftlichen Leistungen abgebrochen. Im Hintergrund standen dabei Schmidts bekenntniskirchliche Aktivitäten als Pfarrvikar bzw. Pfarrer in verschiedenen sächsischen Gemeinden. - Die Habilitationsschrift, die Schmidt im März 1942 bei der Theologischen Fakultät der Universität Leipzig einreichte, trug den Titel „Grundlinien von Schleiermachers Geschichtsanschauung. Das Ringen anthropozentrischer und theozentrischer Motive und Tendenzen". Berichterstatter waren Horst Stephan, Heinrich Bornkamm und Ernst Sommerlath. Das vermutlich einzige erhalten gebliebene Exemplar dieser in der Schleiermacher-Forschung m. W. bisher nicht beachteten Studie befindet sich im Archiv der Heidelberger Theologischen Fakultät (Signatur: CJ 78 Magazin). - Der Nachlaß Martin Schmidts enthält keine relevanten Materialien zu Horst Stephan (Briefliche Mitteilung von Frau Eva Schmidt, Osnabrück, vom 11. Oktober 1989). Für den Hinweis auf das Heidelberger Exemplar der Habilitationsschrift danke ich Herrn Dr. Klaus Breuer, Heidelberg.

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auch die Parallele zur protestantisch-christlichen Religionsphilosophie besonders deutlich hervor." Man müsse wünschen, so Stephan, „daß der Verf. [asser] sein Werk bald fortzusetzen vermag. Wir freuen uns nicht nur seines Beitrags zur Geistesgeschichte des 19. Jahrh.[undert]s, sondern auch der für die wachsende völkische Gruppierung der Menschheit notwendigen Sammlung des Judentums um sein religiöses Erbe."188 Gerade die Schlußformulierung der Besprechung zeigt, daß sich für Stephan mit der durch die fortgesetzte antisemitische Politik des NS-Staates erzwungenen rechtlichen und gesellschaftlichen Isolierung der deutschen Juden keine Abwertung des geistigen Gehaltes der jüdischen religiösen und philosophischen Tradition verband. Vielmehr läßt sich die Wendung geradezu als ein an die Adresse der jüdischen Bürger gerichteter Aufruf verstehen, sich auf die gefahrvolle Situation realistisch einzustellen und nicht länger der irrigen Meinung anzuhängen, die Lage werde sich über kurz oder lang wieder entspannen. 1.7. Die letzten Lebensjahre Mit seinem 65. Geburtstag am 27. September 1938 erreichte Stephan die vorgesehene Altersgrenze für Universitätsprofessoren. Daher wurde er zum Ende des Sommersemesters emeritiert. Zugleich wurde Stephan mit der vertretungsweisen Verwaltung des Lehrstuhles während des Wintersemesters 1938/39 beauftragt.189 Nahezu zum selben Zeitpunkt mußte mit dem letzten Heft des neunzehnten Jahrganges die Zeitschrift für Theologie und Kirche eingestellt werden.190 188

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[Rezension zu:] Hans Joachim Schoeps: Geschichte der jüdischen Religionsphilosophie in der Neuzeit. Band l, Berlin 1935, in: Zeitschrift für Theologie und Kirche. Neue Folge 16 (1935), 288. Vgl. auch: Zeitschrift für Theologie und Kirche. Neue Folge 16 (1935), 192; Neue Folge 17 (1936), 281-283. Vgl. die Mitteilung des Sächsischen Ministers für Volksbildung an Stephan über die Entbindung von den dienstlichen Verpflichtungen mit Ablauf des Monats September 1938 vom 11. Oktober 1938 (Nachlaß Horst Stephan. Bestand 9: Varia 1). Vgl. die Notiz in: Die Christliche Welt 52 (1938), 880 (Nr. 21 vom 5. November 1938). Zur Einstellung der Zeitschrift für Theologie und Kirche existiert im Archiv des Verlages J.C.B. Mohr (Paul Siebeck), Tübingen, ein umfangreicher Korrespondenzbestand. Den Schreiben von Verlagsseite ist zu entnehmen, daß die Einstellung, die erstmals bereits drei Jahre zuvor erwogen worden war, sich aufgrund einer immer geringer werdenden Zahl fester Abonnenten nicht mehr verhindern ließ. Zunächst galt die Entscheidung des Verlages als vorläufig. Insbesondere der Marburger Theologe Georg Wünsch engagierte sich während der Jahre 1939 und 1940 stark für eine Wiederaufnahme (vgl.: Verlagsarchiv. Bestand: Autorenkorrespondenz 1939/40 [Georg Wünsch]). Die Zeitumstände, vor allem die Umstellung der Wirtschaft nach kriegswirtschaftlichen Vorgaben, ließen einen solchen Schritt jedoch nicht mehr zu. An der Neubegründung der Zeitschrift für Theologie und Kirche im Jahre 1954 hatte Stephan keinen Anteil mehr (Briefliche Mitteilung von Herrn Professor Dr. Gerhard Ebeling, Zürich, vom 5. Februar 1990; vgl. auch Gerhard Ebeling: In memoriam Horst Stephan, in: Zeitschrift für Theologie und Kirche 51 (1954), 1-2).

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1.7.1. Erneute Zurückweisung des Nationalsozialismus Seither konzentrierte Stephan sich ganz auf seine theologische Arbeit. Dabei versuchte er, eine zwar subtile, in der Sache aber doch oft recht weitreichende theologische Zurückweisung der ideologisch motivierten Umprägung christlicher Glaubensinhalte vorzunehmen. Sein besonderes Engagement galt der theologischen Sicherung des Offenbarungsgedankens. Der neureligiöse Kult der Immanenz und die Aufwertung der „Wirklichkeit" zu einer Stätte manifesten Heilswillens fanden seinen scharfen Widerspruch. Allerdings war Stephan trotz aller Kritik selbst noch in dieser komplizierten Situation bestrebt, die Intentionen der liberalprotestantischen Begriffstradition weiterhin gegen eine exklusiv christozentrische Theologie aufrechtzuerhalten. Das Dilemma, in das er durch diese Konstellation hineingeführt wurde, markiert eine theologische und biographische Problematik, die im Kontext dogmatischer Theoriebildung nicht mehr aufgehoben werden konnte. Noch in seiner 1938 erschienenen „Geschichte der evangelischen Theologie seit dem Deutschen Idealismus" vertrat Stephan die Ansicht, daß „allein die Verbindung des nationalen mit dem sozialen Gedanken" die Krisis der Nachkriegsperiode habe überwinden können.191 Praktisch sei dieser Schritt aber erst „durch das fortreißende Auftreten eines zur Führung sich berufen wissenden Mannes", d.h. Hitlers, möglich geworden. Ein „tat- und einsatzbereiter Aufbauwille" sei die Folge dieser Verbindung gewesen. Zugleich sei versucht worden, „eine neue Kultur zu gestalten, die aus der Katastrophe der aufklärungsbedingten Vergangenheit das Beste rettet, den Zusammenhang mit dem noch organisch verwurzelten voraufklärerischen Erbe der Geschichte wiederherstellt und aus den natürlichen Urbedingungen aller Kultur neue Triebkraft erwartet". Damit sei auch ein mächtiger Damm gegenüber der „internationalen Flutwelle des Marxismus" errichtet worden. Der Wille zur Bindung und Eingliederung habe sich erneuert. Mut und Möglichkeit „zu straffer Ordnung des Gemeinschaftslebens einschließlich der Wirtschaft" sei geschaffen und auf diese Weise schließlich ein fester Boden für alles Ringen um sittliche Volkserziehung gegründet worden. Die frühere Untergangsstimmung sei „durch neue Schaffensfreude" ersetzt worden.192 Auch diese Einschätzung wird jedoch gebrochen durch eine unmißverständliche Kritik am politischen und geistigen Totalanspruch des Nationalsozialismus. Mit der derzeitigen „Revolution" der Lebensverhältnisse sei eine erhebliche Gefährdung der kulturellen, ethischen, sozialen und

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Geschichte der evangelischen Theologie seit dem Deutschen Idealismus (Sammlung Töpelmann. Die Theologie im Abriß: Band 9), Berlin 1938, 286. Ebd.

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religiösen Identität der Menschen verbunden. Im Gefolge des Nationalsozialismus habe eine „romantische Renaissance nordisch-germanischen Glaubens" stattgefunden, die auch in einer „schein-wissenschaftlichen, pantheistisch verbrämten" Gestalt keine tragfähige Weltanschauung hervorbringe. „Negation und [...] Haß" präge insbesondere die Einstellung der Jugend zum Christentum. Anders als in der Analyse von 1932 betont Stephan jetzt vor allem die christentumsfeindliche Ausrichtung des Nationalsozialismus. Hatte er früher den neureligiösen Charakter der „völkischen Bewegung" noch als Anspruch an die kirchliche Frömmigkeit gewertet, so erscheint ihm jetzt die „Religiosierung des völkischen Glaubens" als eine lebensbedrohende Gefährdung des Christentums. Von einer „Verchristlichung der natürlichen Religion" ist keine Rede mehr.193 1.7.2. Die „Geschichte der evangelischen Theologie seit dem Deutschen Idealismus" Die „Geschichte der evangelischen Theologie seit dem Deutschen Idealismus" ist die wichtigste wissenschaftliche Leistung Stephans in den dreißiger Jahren. Wie schon die „Glaubenslehre" erschien das Werk innerhalb der Sammlung Töpelmann. Stephan selbst betrachtete es als seinen dauerhaftesten Beitrag zur theologischen Wissenschaft und hat mit dieser Ansicht, ungeachtet einer Reihe von gewiß problematischen Urteilen zur politischen Situation der Zeit, zweifellos Recht behalten. Der hohe Anspruch des Buches wird schon durch das dem zweiten Korintherbrief entnommene Motto deutlich: „Wir vermögen nichts wider die Wahrheit, sondern nur für die Wahrheit" (2. Kor 13, 8). Planung und Ausführung der Darstellung haben Stephan mehr als vier Jahre beschäftigt. Brieflich hat er gegenüber dem Verleger seine Grundidee in folgender Weise beschrieben: „Das Verhältnis zu Kattenbuschs Buch wäre so: Kattenbusch gibt einen sehr persönlichen Rückblick, immer lehrreich, aber oft unnötig breit und anderes Wichtige dafür verschweigend, die nicht-systematischen Gebiete nur eben strei1

Ebd., 287-288. - Stephan trat damit einer quasireligiösen Aufwertung des Nationalsozialismus entgegen, wie sie vor allem während der späteren dreißiger Jahre in der zeitgenössischen Publizistik immer wieder vorgetragen wurde. Vgl. etwa die Ansicht des Hallenser Historikers Paul Schnabel, wonach „in gewissem Sinne" der Nationalsozialismus eine Religion sei: „Jede Lehre, die irgendwoanders herkommt, sei es aus einer anderen Weltanschauung als aus der des Nationalsozialismus, so der jüdische Liberalismus, oder aus einer Religion, sei es der katholischen oder evangelischen, hat in der Gesinnung des Nationalsozialisten, der seinem Führer die Treue geschworen hat, gegenüber diesem Glauben des Nationalsozialismus zurückzutreten und muß ihm rücksichtslos geopfert werden. Der Nationalsozialismus ist eben Glaubenssache" (Mitteldeutsche Nationalzeitung Halle vom 4. Juli 1936; zitiert nach: Die Christliche Welt 50 (1936), 85).

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Kritische Universalisierung der liberalen Theologie fend. 194 Was wir nach dieser vorläufigen Leistung brauchen, ist eine die ganze Theologie umfassende, gleichmäßig durchgeführte Darstellung von strengerer, objektiverer und doch zugleich mehr auf die Gesamtlage auch der Gegenwart eingehender Haltung. Gleich die erste Aufgabe, für die ich viel Raum brauche, fällt bei Kattenbusch und überall sonst völlig aus: die genauere Herausarbeitung der positiven und negativen Zusammenhänge mit dem Deutschen Idealismus'. Aber auch darüberhinaus möchte ich auf die Verwurzelung der theologischen Arbeit einerseits im religiös-kirchlichen Leben, andrerseits im Fortgang der allgemeinen Wissenschaften starken Ton legen. Die Isolierung des Theologischen, wie sie vor allem durch die Dialektische Theologie' eingetreten ist, kann wohl am besten dadurch überwunden werden, daß man - bis in die dialektische Theologie selbst hinein - seine allseitige Bedingtheit als geschichtlich notwendig aufweist. Ich bin überzeugt, daß meine Generation die letzte ist, die noch genug von der Vorkriegstheologie erlebt hat, um die Entwicklung des 19. Jahrhunderts und von da aus die historische Stellung der Nachkriegstheologie einigermaßen richtig sehen zu können."195

Die Abfassung des schwierigen und auf Verlangen des Herausgebers der Sammlung Töpelmann, des Marburger Theologen Heinrich Frick, mehrfach veränderten Manuskriptes war im wesentlichen Ende 1937 abgeschlossen. Einige Probleme bereitete die Wahl des Titels. Nachdem Stephan selbst das Werk lange als „Geschichte der neueren protestantischen Theologie" bezeichnet hatte, entschied er sich aus zahlreichen Varianten schließlich für den endgültigen Titel.196 Naturgemäß erzeugte vor allem die Darstellung der jüngsten theologischen Entwicklung die größten Schwierigkeiten. Wie auch bei der Erörterung der vorhergehenden theologiegeschichtlichen Perioden gab Stephan zunächst eine Beschreibung des geschichtlichen Hintergrundes. Im Mittelpunkt des Kapitels standen dann Ausführungen zum „theologischen Um194

195

196

Vgl. Ferdinand Kattenbusch: Die deutsche evangelische Theologie. Erster und zweiter Teil, Gießen 1934. - Kattenbuschs Werk war ebenfalls im Verlag von Alfred Töpelmann erschienen. Brief vom 24. April 1936 (ohne persönliche Anrede). Die Verlagsbuchhandlung Alfred Töpelmann war 1935 in den Verlag Walter de Gruyter & Co., Berlin, aufgegangen; die Sammlung Töpelmann wurde dort weitergeführt. Die Eingliederung des Bandes in die Lehrbuchreihe ging auf Stephans eigene Anregung zurück. Anders als bei der „Glaubenslehre" handelt es sich also hier nicht um ein Auftragswerk. - Der Brief befindet sich im Archiv des Verlages Walter de Gruyter & Co., Berlin. Bestand: Akte Horst Stephan / Martin Schmidt. Für die Genehmigung, die Unterlagen einsehen und in dieser Darstellung verwenden zu dürfen, danke ich Herrn Verlagsdirektor Dr. Hasko von Bassi, Berlin. Einzelne Formulierungsvorschläge Stephans, die sich in den Unterlagen finden, lauten: „Geschichte der evangelischen Theologie seit Herder und Schleiermacher", „Die protestantische Theologie der Neuzeit", „Geschichte der neuprotestantischen Theologie seit dem deutschen Idealismus". Bedeutsam ist insbesondere die Version: „Geschichte der protestantischen Theologie in der Moderne". Zeitweise wollte Stephan einen Obertitel voranstellen, für den er z.B. vorschlug: „Um Sein und Sinn des christlichen Glaubens" oder: „Kämpfende Theologie". Ein weiterer Titelblattentwurf trägt die Formulierung: „Theologie in Kampf und Dienst". - Vgl. auch unten Teil .2.2.5.

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brach" und zur „systematischen Selbstbesinnung". Ein Ausblick auf die aktuelle Situation in den drei zentralen systematisch-theologischen Gebieten schloß das Buch ab. Gerade mit diesen Ausführungen hoffte Stephan, „in manchen Punkten" dazu beigetragen zu haben, daß „die kirchliche Lage [...] nach der theologischen Seite hin" klarer werde.197 Denn schließlich wolle das Buch „nicht nur Vergangenes erzählen, sondern in den schweren Entscheidungen der Gegenwart mithelfen, indem es die Leistungen der Theologie ins rechte Licht stellt und so z.B. gegen die neuorthodoxe Versteifung der kirchlich-theologischen Entwicklung kämpft". 198 In der historischen Schilderung legte Stephan besonderen Wert auf die Rekonstruktion langfristiger wirkungsgeschichtlicher Zusammenhänge. Als Kristallisationspunkte der neuprotestantischen Theologiegeschichte gelten dabei in erster Linie die Theologie Schleiermachers und die spekulative Theologie.199 Stephan ließ auf die Theologiegeschichte nur noch einige wenige größere Publikationen folgen. Neben einer religionstheoretischen Untersuchung aus dem Jahre 1938200 erschien trotz erheblicher verlegerischer Schwierigkeiten 1941 die nach Auskunft des Vorwortes bereits zwei Jahre zuvor fertiggestellte dritte Auflage der „Glaubenslehre". Hermann Mulert begrüßte Stephans Buch im letzten erschienenen Heft der Christlichen Welt. Der Umstand, daß die neue Auflage zu einem Zeitpunkt erscheinen könne, an dem die meisten Theologiestudenten „durch Waffendienst vom Studium ferngehalten" würden, beweise die Bedeutung des Werkes.201 Stephan nahm die Neuausgabe zum Anlaß, seine theologische Konzeption in einer letzten großen Darstellung abschließend zu entfalten. Doch auch hier führte er die Auseinandersetzung mit dem Nationalsozialismus weiter. Insbesondere der gerade unter deutsch-christlichen Theologen verbreiteten Instrumentalisierung der liberalprotestantischen Theologietradition versuchte er mit den Mitteln theologischer Argumentation entgegenzutreten.202 197

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Brief vom 29. Juli 1937 an den Verlagsdirektor Dr. Cram. Kurze Zeit später heißt es: „Irgendwelche politischen Schwierigkeiten sind ja wohl bei meinem Thema ausgeschlossen. Ich werde auch im letzten Teile die Kirchenpolitik ganz außer Spiel lassen und es dem Leser völlig anheimgeben, welche Schlüsse er für diese aus der Darstellung ziehen will" (Brief vom 20. August 1937 an den Verlagsmitarbeiter Dr. Brill). - Das Buch erschien im Juni 1938. Brief vom 24. November 1937 an Dr. Brill. Vgl.: Geschichte der evangelischen Theologie seit dem Deutschen Idealismus, 1-8. Was heißt heute: „Ich glaube an Gott"?, in: Die Christliche Welt 52 (1938), 57-61. 101107. Glaubenslehre. Der evangelische Glaube und sein Weltverständnis. Dritte, neubearbeitete Auflage, Berlin 1941. Mulerts Anzeige findet sich in: Die Christliche Welt 55 (1941), 235. Gegen eine solche Instrumentalisierung hatte sich schon 1935 Heinrich Weinel gewandt; vgl. Heinrich Weinel: Was alles „liberal-theologisch" sein soll, in: Die Christliche Welt 49 (1935), 712.

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In diesen Zusammenhang gehört auch die von Stephan vorgenommene Veränderung des Untertitels seines Werkes. Er lautete nunmehr: „Der evangelische Glaube und sein Weltverständnis". An die Stelle des von der NS-Ideologie stark beanspruchten Terminus „Weltanschauung" trat der unbelastete Begriff „Weltverständnis", der bisher in Stephans Sprachgebrauch keine herausgehobene Rolle gespielt hatte. Inhaltlich unterschied die neue Ausgabe sich von den vorhergegangenen Auflagen unter anderem durch eine gesonderte Darstellung zum christlichen Verständnis der Geschichte (§ 34). Im Widerspruch gegen die Begründung deutsch-christlicher Theologiekonzepte auf die „Natur" oder die „Geschichte" stellte Stephan stärker noch als bisher schon die Offenbarung in Christus als alleiniges Fundament des christlichen Glaubens heraus. Für die „Klärung der Offenbarungsbezogenheit des christlichen Glaubens" erhielten drei Aspekte zentrale Bedeutung: „Im Kern geht es [...] 1. um die endgiltige Befreiung von den Einflüssen des antik-biblischen Weltbildes; 2. um die Einheit von Geschichtlichkeit und Gegenwärtigkeit; 3. um das Verhältnis zur natürlichen Religion", die in Christus zugleich ihr Gericht und ihre Erfüllung findet. An diesen drei Punkten müsse es sich entscheiden, ob „wir den notwendigen Kampf um die Bewahrung des Vätererbes als Kampf um die Wahrheit zu führen vermögen". Denn „nur der aus den letzten Tiefen der christlichen Botschaft entspringende, in der evangelischen Rechtfertigungslehre gemeinte Gottes- und Heilsglaube führt zu dem Weltverständnis, das die Nöte der Gegenwart zu überwinden vermag".203 1.7.3. Ein unvollendetes Spätwerk: „Natürliche Religion" Bereits unmittelbar nach Abschluß seiner Überarbeitung der „Glaubenslehre" wandte Stephan sich einem Projekt zu, auf das bereits seit den frühen dreißiger Jahren seine theologischen Überlegungen hinzielten und das durch die Auseinandersetzung mit dem Nationalsozialismus und der deutsch-christlichen Theologie noch dringlicher geworden war. Unter dem vorläufigen Arbeitstitel „Natürliche Religion. Studien zum Verständnis und zur Beurteilung der natürlichen Religion"204 plante Stephan eine große theologische Untersuchung, die sowohl einer religionstheoretischen Analyse der religiösen Phänomene außerhalb der konfessionell fixierten Gestalten von Religiosität, als auch einer theologischen Klärung des Verhältnisses von christlichem Glauben und „natürlicher Religion" gewidmet

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Glaubenslehre. Dritte Auflage, VII-VIII. Eine frühere, später zugunsten der genannten Formulierung verworfene Titelfassung lautete: „Natürliche Religion als Frage an den christlichen Glauben".

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sein sollte. Bereits in der „Glaubenslehre" war diese Thematik immer stärker in den Vordergrund getreten, doch blieb sie dort in den theologischen Gesamtkontext eingebunden. In dem geplanten Werk wollte Stephan sich ihr in einer Form widmen, die der theologischen und historischen Vielschichtigkeit des Problems angemessen war. Daß trotz aller kontroversen Diskussion der beiden vergangenen Jahrzehnte eine solche Analyse aus liberaltheologischer Sicht bisher unterblieben war, empfand er als schweren Mangel.205 Von der jahrelangen intensiven Arbeit an diesem Vorhaben zeugt ein im Nachlaß vorliegender umfangreicher Materialbestand. Dabei handelt es sich um zum Teil bereits korrigierte Typoskripte, um handschriftliche Entwürfe, unausgearbeitete Notizen und Skizzen.206 Stephan wählte folgende Anlage für das Buch: Auf eine kurze Einleitung und einen ersten längeren Abschnitt zur terminologischen Klärung des Begriffsfeldes „natürliche Religion" sollte eine ausführliche historische Analyse der Problematik folgen. Hierbei hat Stephan eine Zweiteilung vornehmen wollen. Er beabsichtigte, die Thematik zum einen für den religionsgeschichtlichen Bereich „außerhalb des Christentums" und zum anderen für den Bereich „im empirischen Christentum der Vergangenheit" darzustellen. Einleitung, Begriffsklärung und eine nahezu einhundertseitige Ausarbeitung zur „natürlichen Religion" innerhalb des Christentums liegen weitgehend druckfertig vor. Ausführungen zur außerchristlichen Religiosität fehlen. Auch der anschließende systematisch-theologische Hauptteil, der eine „grundsätzliche Stellungnahme der christlichen Glaubenslehre" bieten sollte, liegt nur in Form von Notizen, Entwürfen und stenografischen Aufzeichnungen vor. Schon diese Titelbezeichnung läßt jedoch deutlich werden, daß Stephan die Thematik aus einer kritischen, die Darstellung der „Glaubenslehre" aufnehmenden und sie fortführenden Perspektive erörtern wollte. Die programmatische „Einleitung" beschreibt Stephans Standpunkt in folgender Weise: „Die Frage nach dem gegenseitigen Verhältnis von natürlicher Religion und Christentum ist bewusst oder unbewusst der Kern zahlreicher Kämpfe und Untersuchungen, die heute aus der wissenschaftlichen wie aus der religiösweltanschaulichen Lage entspringen - oft auch da, wo der Begriff nicht aus-

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In der dritten Auflage der „Glaubenslehre" erörterte Stephan das Problem der „natürlichen Religion" vor allem im Rahmen einer „Theologie der Religion". Als „Höhen der natürlichen Religion" werden die „philosophische Bildungsreligion", die Mystik und „die Offenbarung in der natürlichen Hochreligion" behandelt (vgl.: Glaubenslehre. Dritte Auflage, 267-281). Zu den vorhandenen Materialien vgl. die detaillierte Übersicht im Bibliographischen Anhang unter A.1.3.l (Bestand 5: Buchprojekt „Natürliche Religion").

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drücklich genannt wird. Die Geistesgeschichte führt, zumal auf ihren religionswissenschaftlichen und philosophischen Gebieten, zwingend auf sie hin; die Gegner des Christentums werfen sie immer siegesbewusster auf; in der theologischen Selbstbesinnung des Christentums steigt sie von allen Seiten her und in den verschiedensten Blickrichtungen empor. Mag man dabei von Klarheit, gar von einheitlicher Antwort noch so weit entfernt sein, gesucht werden muss die Antwort. Zumal in Zeiten der Krisis, wie sie heute erschütternder denn je dem Abendland beschieden sind, kann sich ihr kein ernsthafter Mensch völlig entziehen. Allein dieser Vorgang ist doch nur halb bewusst. Tatsächlich ist die Frage noch nirgends in ihrer Tiefe, ihrer Vielseitigkeit und ihrem vollen Umfang durchdacht worden. Man hat Teilfragen herausgegriffen, etwa die nach dem Verhältnis des Christentums zur Kultur, zur Wissenschaft, zum Sittlichen, zum Ästhetischen, zum Deutschen Idealismus, zur Fremdreligion oder die nach seinem Verhältnis zur Religion überhaupt. Man hat unter dem, wie wir sehen werden, sehr ungeeigneten, ja irreführenden Gesichtspunkt der natürlichen Theologie' leidenschaftlich darüber gestritten. Aber man hat die umfassende und entscheidende Bedeutung der Grundfrage nirgends erkannt. Daher blieb das Nachdenken planlos und zufällig, verworren und unfruchtbar. Die Tatsache, dass die anspruchs- und eindrucksvollste theologische Bewegung der letzten Jahrzehnte, die ,Dialektische', an diesem Fragenkreise, vor allem an seinen weltanschaulichen und ethischen Ausläufern auseinander gebrochen, und dass der von ihren Begründern erbittert geführte Kampf darüber ergebnislos zum Schweigen gekommen ist, bezeichnet deutlich die Wirrnis der Lage. Wenn wirkliche Klärung erreicht und fruchtbare religiös-kirchliche, ja weltanschauliche [ursprünglich: kulturpolitische] Arbeit wieder ermöglicht werden soll, dann wird es hohe Zeit, zusammenhängend über die verschiedenen Gebiete und Blickrichtungen des Themas nachzudenken. Die vorliegende Schrift möchte dazu helfen, indem sie die bereits in meiner ,Geschichte der evangelischen Theologie seit dem Deutschen Idealismus' (1938) und in der 3. Aufl. meiner ,Glaubenslehre' angewandten Grundgedanken genauer herausarbeitet. Soll dabei die Erörterung über die Ebene zeitbedingter Kampflagen, Gelegenheitserörterungen und Temperamentsausbrüche emporgehoben werden, so muss sie erstens mit grundsätzlicher Besinnung über die ausschlaggebenden Begriffe und Tatsachen beginnen. Es gilt, die noch sehr unbestimmte Grosse .natürliche Religion' in ihrer ganzen Ausdehnung und Buntheit schärfer als üblich ins Auge zu fassen, ihr mit offenem Blick entgegenzutreten, historisch und psychologisch einfühlend nach ihren Motiven und Kräften zu fragen. Das ist die Vorbedingung für echtes Verständnis, wirkliche Begegnung und begründetes Urteil. Methodisch dürfte es am richtigsten sein, dabei die natürliche Religion vor allem dort aufzusuchen, wo sie sich selbständig entwickelt hat, noch nicht mit dem Christentum vermischt ist oder sich doch bewusst von ihm unterscheidet. An diese erste Aufgabe schliesst unwillkürlich die zweite sich an: da die natürliche Religion von früh an mannigfach wie auf die Offenbarungsreligionen überhaupt, so auch auf das empirische Christentum übergreift, müssen wir untersuchen, in welchen Zusammenhängen, auf welchen Wegen, in welchen Formen, mit welchem Ergebnis dieser Vorgang sich vollzieht, und welches seine Folgen an vielen Punkten waren oder sind. Hier haben Theologie, Kulturgeschichte und Volkskunde an vielen Punkten wertvolle Vorarbeit geleistet; es

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bedarf nur der Zusammenstellung und der Beleuchtung von dem besonderen Gesichtspunkte unsers Themas her. Handelt es sich bis dahin wesentlich um den Aufweis und Zusammenhang von Tatsachen, so zeigt doch schon das damit verbundene Streben nach ihrem Verständnis die dritte Aufgabe: die systematische Besinnung über das Recht, die Grenzen, die Lehren der im zweiten Teil gezeigten Entwicklung. Zum Ziel führt solche Besinnung allerdings nur dann, wenn sie sich auf eigene Begegnung mit den Tatsachen gründet, [wenn sie] also auf die Scheinobjektivität eines Neutralitäts-beflissenen und zuletzt doch unwahrhaftigen Zuschauertums verzichtet. Denn schon das Streben nach solcher Neutralität vergleichgiltigt den Inhalt der Auseinandersetzung oder lahmt ihn durch Herstellung eines überwiegend ästhetischen Verhältnisses zu ihm. Beides aber hemmt das schlichte, wesenhafte Verstehen. Wir werden vielmehr die Erkenntniskraft des christlichen Glaubens vollbewusst für unsere Aufgabe fruchtbar zu machen haben. So lassen wir uns einerseits grundsätzlich durch den christlichen Glauben das Auge für den Reichtum, die Weiten und Tiefen auch solchen religiösen Lebens öffnen, das seinen Ursprung nicht [gestrichen: zum mindesten nicht unmittelbar] in der ChristusBezogenheit hat; andererseits aber stellen wir uns in ihrer Beurteilung bewusst unter die Wirklichkeit, die sich dem Glauben in dieser Christus-Bezogenheit erschliesst. Dabei wissen wir uns nicht durch ein empirisches .Christentum' gebunden, sondern durch die Vollmacht der Offenbarung Gottes [gestrichen: in Jesus Christus] selbst. Je ernster diese Bindung ist, desto verpflichtender muss das Ergebnis der Besinnung für das theologische Denken wie für das christliche [statt dessen ursprünglich: kirchliche] Handeln werden."207

Es ist Stephan nicht möglich gewesen, dieses Programm auszuführen. Zu dem zentralen dritten Teil liegen Ausarbeitungen, die über ein Entwurfsstadium hinausgehen, nicht vor. Fraglich ist auch, wie lange Stephan an dem Projekt, dessen theologische Brisanz sich in erster Linie aus der zeitgeschichtlichen Situation der frühen vierziger Jahre ergab, gearbeitet hat. Es gibt jedenfalls keine Hinweise darauf, daß Stephan die Arbeit über das Jahr 1945 hinausgeführt hätte. Man wird davon ausgehen dürfen, daß die nach dem Sturz des Dritten Reiches eingetretene Veränderung der politischen und gesellschaftlichen Gesamtsituation und die dadurch bedingte tiefgreifende Neugestaltung auch der theologischen Diskussionslage ihn zum Abbruch des Projektes veranlaßt hat. Die Zurückweisung des quasireligiösen Anspruches des Nationalsozialismus brauchte nun nicht mehr im Vordergrund der theologischen Erörterung zu stehen.

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Nachlaß Horst Stephan. Bestand 5: Typoskript der „Einleitung" (3 Blatt, mit handschriftlichen Korrekturen und Ergänzungen). Der Text liegt in zwei Exemplaren vor; die handschriftlichen Eintragungen weichen zum Teil voneinander ab. Vermutlich handelt es sich bei den Korrekturen um das Ergebnis zweier Bearbeitungsvorgänge, wobei anzunehmen ist, daß der zweite den ersten voraussetzt. Der obige Abdruck legt die Typoskriptversion zugrunde. Die Korrekturen werden berücksichtigt.

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1.7.4. Abschluß des Lebenswerkes und letzte Leipziger Jahre Vielleicht trugen die Schwierigkeiten in der Ausarbeitung des Buches über die „natürliche Religion" dazu bei, daß Stephan die eigene theologische Lebensleistung bereits in den frühen vierziger Jahren sehr selbstkritisch beurteilte. Im Nachlaß liegt ein Brief an den Schwiegersohn Karl Hennig, selbst Theologe und engster Vertrauter dieser späten Jahre, vom November 1942 vor, der deutlich werden läßt, daß Stephan sich der Defizite seines theologischen Entwurfes wohl bewußt war. Auf der anderen Seite sah er sich aber doch auch durch die zurückliegenden theologischen Auseinandersetzungen darin bestätigt, „Kirchentum, Biblizismus, Dogmatismus" als „Gefahren" für eine freie Theologie ausgemacht und nach Kräften abgewiesen zu haben. Die zentrale Passage dieses sehr persönlich gehaltenen Schreibens lautet: „[...] Du hast sehr recht mit dem, was Du über mein Ernstnehmen der Geschichte gegenüber Herrmann sagst. Früher als Herrm.[ann] [und] Ritschi habe ich Schleiermacher genau studiert und, um seinen theologischen Nerv aus seiner mir damals schwer verständlichen wirklichen Theologie herauszufinden, Hamann [und] Herder so intensiv gelesen, daß es damals sehr auffiel [...]. Meine Umhabilitierung nach Marb.[urg] war nicht Bekenntnis zu Herrmann, sondern Anlaß, mich endlich genauer mit ihm zu befassen; ich habe ihn dabei sehr verehren gelernt, bin überzeugt, daß unsere Theologie nicht hinter ihn und Ritschi zurückfallen darf, und daß er getreuer Eckart bleiben muß sowohl gegenüber den Gefahren des Historismus, Psychologismus, Neuidealismus, die ich selbst in mir spüre, wie gegenüber denen des Kirchentums, Biblizismus, Dogmatismus, die heute teils als Nebenströmungen des im Nat.[ional]soz.[ialismus] siegreichen Geistes, teils als Waffenrüstung im Kampfe für das Christentum den Heiligenschein der .Gegenwartsforderung' bekommen. Aber ursprünglich ist in dem, was ich - mit größter Bescheidenheit - meine Theologie nennen darf, die Spannung zwischen Bibel und Christus auf der einen, dem deutschen Idealismus auf der anderen Seite; beide Mächte haben mich in meinen Primaner jähren gleich tief ergriffen und zusammen den Entschluß erzeugt, Theologe zu werden. Um das Verständnis der Versöhnung ringe ich immer von neuem und bin gern bereit, denen zu lauschen, die tiefer eingedrungen zu sein meinen; aber mit Satisfaktions- und Bluttheologie - sie stehen meist bei diesen im Hintergrund kann ich auch heute noch wenig anfangen. Der Orthodoxie und dem Katholizismus möchte ich historisch so gerecht wie möglich werden und begrüße freudig jede Hilfe dazu. Speziell der Kath.[olizismus] scheint mir - z.B. in seiner universalen Weite und seiner psychologischen Praxis - eine Höhe zu haben, von der wir dankbar lernen können; aber ebenso wichtig scheint mir gerade heute der Kampf gegen seine Grundprinzipien - desto wichtiger, weil so wenige seinen Ernst erkennen, ja den Kath.[olizismus] als - äußerlich stärkeren Bundesgenossen bedenkenlos anstaunen."20" 208

Brief an Karl Hennig vom 28. November 1942 (Nachlaß Horst Stephan. Bestand: Varia 2). - Stephans Schwiegersohn Dr. phil. Lie. theol. Karl Hennig wurde 1903 in Zwickau

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Trotz der Einschränkungen, denen der theologische Studienbetrieb seit Kriegsausbruch unterworfen war, beteiligte Stephan sich auch als Emeritus weiterhin an der Arbeit der Fakultät. Mehrere Semester lang wurde er noch, zuletzt sogar ohne weitere zeitliche Befristung, mit der Vertretung seines Lehrstuhles beauftragt. Erst als zusätzlich zu den Belastungen durch Krieg und Zerstörung sich immer öfter auch schwerwiegende gesundheitliche Probleme einstellten, war er gezwungen, aus der akademischen Wirksamkeit zurückzutreten. Nach 1945 nahm er jedoch - ähnlich wie Hermann Mulert - in Lehre und Organisation an dem Neuaufbau der Fakultät teil.209 Trotz einer erneuten Entpflichtung zum Ende des Sommersemesters 1947 hat Stephan noch bis zum Ende des Wintersemesters 1948/49 Lehrveranstaltungen durchgeführt. In seinen persönlichen Lebensverhältnissen sah er sich nach der Besetzung Leipzigs durch die Rote Armee zunächst einer sehr aggressiven Vorgehensweise der Besatzungsbehörden ausgesetzt. Im Herbst 1945 wurde sein gesamtes privates Vermögen einschließlich aller Konten beschlagnahmt. Erst nach der Intervention durch Universitätsstellen und einer ausführlichen Erklärung Stephans vom 14. Dezember 1945 gelang es ihm, eine Aufhebung der Beschlagnahme zu erreichen.210 Seine verbliebene literarische Arbeitskraft widmete Stephan während dieser Jahre einer völligen Neubearbeitung seines erstmals 1907 erschienenen Werkes über „Luther in den Wandlungen seiner Kirche". Das Buch erschien 1951 und löste noch einmal ein breiteres wissenschaftliches Echo aus.211 In der Form eines historischen Überblicks, der von den Anfängen der

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geboren und starb 1992 in Stolberg. Im Anschluß an Studium (in Leipzig, Köln und Hartford/USA), Assistentenzeit (bei Stephan) und Promotionen amtierte er in Leipzig als Pfarrer und als Religionslehrer. 1934 wurde er Pfarrer der Deutschen Evangelischen Gemeinde und Seemannspastor in Antwerpen. Von 1940 bis 1945 war er als Standortpfarrer in der Truppenbetreuung tätig. Nach seiner Ausweisung aus Belgien wählte die Evangelische Gemeinde Stolberg im Rheinland ihn zu ihrem Gemeindepfarrer. Dieses Amt übte Hennig bis 1968 aus. In theologischer Hinsicht stand er insbesondere Paul Tillich nahe, zu dessen 75. Geburtstag er die Festschrift herausgab (Der Spannungsbogen. Festgabe für Paul Tillich zum 75. Geburtstag. Herausgegeben von Karl Hennig, Stuttgart 1961). Vgl. auch Karl Hennig: Es wird kein System angeboten. Zum 100. Geburtstage von Horst Stephan, in: Deutsches Pfarrerblatt 73 (1973), 714-715. Vgl. die Darstellung in einem im März 1947 verfaßten Lebenslauf: „Seit 45 lese ich, da kein Kirchenhistoriker mehr im Amte ist, über kirchengeschichtliche Gegenstände, die meinen Studien nahe liegen" (Nachlaß Stephan. Bestand 1: Lebenslauf vom 13. März 1947). Genauere Angaben enthält die im Jahre 1945 neu angelegte, bis 1952 reichende Personalakte (Universitätsarchiv Leipzig: Personalakte Horst Stephan, 43 Blatt). Erklärung Stephans vom 14. Dezember 1945 gegenüber den Besatzungsbehörden anläßlich des Befehles Nr. 124 zur Auskunftspflicht über die persönlichen Vermögensverhältnisse: „[...] Ich gehörte weder der Partei noch einer ihrer Gliederungen an, stand vielmehr schon beruflich als Professor der Theologie im Kampfe mit ihr. Als Vertreter meiner Fakultät hatte ich schon während der Kämpfe 1933-35 beständig schwere Auseinandersetzungen mit ihr" (Nachlaß Horst Stephan. Bestand 9). Luther in den Wandlungen seiner Kirche. Zweite Auflage, neu bearbeitet und bis zur Gegenwart fortgeführt, Berlin 1951. Vgl. etwa die Würdigung von Ernst Wolf in: Theologische Literaturzeitung 79 (1954), 619-620.

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Wirkungsgeschichte lutherischer Theologie in der Reformationszeit über die altprotestantische Orthodoxie, den Pietismus, die Aufklärung, den Deutschen Idealismus, das neunzehnte Jahrhundert bis hin zum „Jahrhundert der Krisis" reicht, wird das nach 1945 zentrale geschichtstheoretische Problem erörtert, in welcher Weise zwischen einer einzelnen gegenwartsprägenden Persönlichkeit und der überindividuellen Bestimmtheit geschichtlicher Realität eine Wechselwirkung stattfinden könne. Nach Stephan führt diese Fragestellung „über sich selbst hinaus in die allgemeinere Problematik des Verhältnisses von Glaube und Geschichte". Indem am Leitbild Luthers die Stellung der großen Persönlichkeit in der Geschichte untersucht wird, soll ein kritischer Maßstab zur Beurteilung historischer Prozesse überhaupt gewonnen werden. Von ihm aus - so Stephans Erwartung - würde dann auch eine kritische Reflexion der jüngsten deutschen Geschichte und ihres gegenwärtigen „tausendfachen Chaos" erfolgen können.212 Die aufgeworfene Frage selbst hat Stephan nicht mehr thematisiert. Als eine Art theologisches Vermächtnis lassen sich drei umfangreichere Texte lesen, die Stephan für zwei 1949 und 1952 erschienene Bände eines von Martin Doerne herausgegebenen Sammelwerkes zur Einführung in das Theologiestudium verfaßt hat. Über den Zeitpunkt der Niederschrift haben sich keine näheren Angaben ermitteln lassen, doch dürfte sie frühestens 1947 erfolgt sein. Im einzelnen handelt es sich um eine Darstellung zur „Aufgabe der Theologie im Lichte ihrer Geschichte",213 um einen Text unter dem Titel „Grundfragen der systematischen Theologie"214 und um Ausführungen zu dem Thema „Christliches Weltverständnis".215 Die erste

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Luther in den Wandlungen seiner Kirche. Zweite Auflage, 1-2. Die Aufgabe der Theologie im Lichte ihrer Geschichte, in: [Martin] Doerne / [Johannes] Leipoldt / [Albrecht] Oepke / [Horst] Stephan: Grundriß des Theologiestudiums. Allgemeines - Neues Testament. Erster Teil (Grundrisse zur evangelischen Theologie. Herausgegeben von Paul Althaus, Friedrich Baumgärtel, Carl Heinz Ratschow und Martin Doerne: Grundriß des Theologiestudiums I), Gütersloh 1949,47-65. - Einen Auszug aus diesem Text bietet Richard H. Grützmacher (Hg.): Textbuch zur deutschen systematischen Theologie und ihrer Geschichte vom 16. bis 20. Jahrhundert. Band I: 1530-1934. Vierte Auflage, neu bearbeitet, bis in die Gegenwart fortgeführt und herausgegeben von Gerhard G. Muras, Gütersloh 1955, 245-246 (mit unzutreffender Quellenangabe). Grundfragen der systematischen Theologie, in: Grundriß des Theologiestudiums. In Verbindung mit Walter Baetke, Heinrich Bornkamm, Kurt Goldammer, Carl Ihmels, Johannes Leipoldt, Alfred Dedo Müller, Albrecht Oepke, Gottfried Quell, Horst Stephan, Ernst Sommerlath herausgegeben von Martin Doerne. Dritter Teil: Systematische Theologie - Praktische Theologie - Hilfswissenschaften (Grundrisse zur evangelischen Theologie. Herausgegeben von Paul Althaus, Friedrich Baumgärtel, Carl Heinz Ratschow: Grundriß des Theologiestudiums III), Gütersloh 1952, 1-15. Christliches Weltverständnis, in: Ebd., 66-77. - Der zweite Band des Einführungswerkes, ein von Heinrich Bornkamm verfaßter „Grundriß zum Studium der Kirchengeschichte" (Gütersloh 1949; mit einem Beitrag von Kurt Goldammer: Das Studium der christlichen Archäologie und mit Zeittafeln zur Kirchengeschichte), war „Horst Stephan zum 75. Geburtstag am 27. September 1948" gewidmet.

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Abhandlung stellt den Theologiebegriff im historischen Kontext der Christentumsgeschichte noch einmal zusammenfassend dar. Auch hier steht Schleiermacher im Mittelpunkt, da erst er, angeregt durch Herder, eine sachgemäße Beschreibung des Verhältnisses von Glaube und Theologie gegeben habe. In seinen Überlegungen zu den „Grundfragen" der systematischen Theologie knüpft Stephan im wesentlichen an seine „Glaubenslehre" an. Veränderte Akzentsetzungen finden sich allenfalls in der Würdigung der theologischen Nachbardisziplinen Religionsphilosophie und Religionswissenschaft, denen, nach Stephan, „die Zukunft gehören" dürfte.216 Auch fällt eine prononciertere Traditionskritik auf, und zwar besonders im Blick auf den Inspirationsgedanken. Stärker als in der „Glaubenslehre" wird schließlich die Notwendigkeit betont, „das Verhältnis der geschichtlichen Offenbarung Gottes in Jesus Christus zu der natürlichen', d.h. der im natürlichen Leben der Welt und des Menschen sich vollziehenden Offenbarung" theologisch zu reflektieren.217 Eine „natürliche Theologie" könne es hingegen „für die evangelische Theologie keinesfalls geben", wenn sie „wirklich Selbstbesinnung des christlichen Glaubens und dieser stets noch offenbarungsbezogen" sei. „Die alles erfassende Bezogenheit auf Gottes Offenbarung schenkt dem Glauben die Kraft, Welt und Leben, Denken und Handeln nach allen Seiten hin zu durchdringen und die Weite immer aufs neue in Jesus Christus als der alles tragenden Mitte zu verankern."218 Während seiner letzten Lebensjahre unterhielt Stephan, nach den vorliegenden Zeugnissen, keine engeren Kontakte zur Theologischen Fakultät mehr. Dabei hinderte ihn weniger die Art der Beziehung selbst, als vielmehr sein schwacher körperlicher Zustand in dieser Zeit. Anläßlich des achtzigsten Geburtstages am 27. September 1953 wurde ihm in einer Feierstunde noch einmal eine Glückwunschadresse und eine von der Fakultät gestiftete Medaille überreicht.219 Unter großer Anteilnahme der Universität, der Kirchenleitung und eines weiten Kollegen-, Schüler- und Freundeskreises wurde dieser letzte Geburtstag begangen. Aus brieflichen Äußerungen Stephans ergibt sich, daß ihm insbesondere die Anerkennung durch hochrangige Kirchenvertreter ein Anlaß zur Freude war. Landesbischof Hugo Hahn und Oberlandeskirchenrat Erich Kotte, die beide während des Dritten Reiches zu den führenden Mitgliedern der Bekennenden Kirche in Sachsen gehört hatten und als solche Amtsenthebung und Dienststrafverfahren ausgesetzt gewesen waren, versicherten Stephan im Namen

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Grundfragen der systematischen Theologie, 6. Zu ihren „Bahnbrechern" zählt Stephan „einerseits E. Troeltsch, andererseits M. Weber, R. Otto, G. van der Leeuw" (Ebd.). Ebd., 14. Ebd., 15. Vgl. den Bericht: Zum 80. Geburtstag von Horst Stephan am 27. September 1953, in: Theologische Literaturzeitung 78 (1953), 541-542.

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der Kirchenleitung ihren Dank für seine theologische und kirchenpolitische Tätigkeit in den zurückliegenden fünfundzwanzig Jahren. Ausdrücklich wurde bei dieser Gelegenheit die „Glaubenslehre" als „kirchlich wertvoll" bezeichnet. Stephan nahm die Anerkennung mit Freude und milder Ironie auf. 220 - Zurückgezogen und in familiärer Geborgenheit verlebte Stephan die letzten Monate in seinem Wohnhaus in der Leipziger Karl-SchurzStraße 14. Wiederkehrende schwere gesundheitliche Belastungen führten schließlich zu weiterer körperlicher Schwächung. Am 9. Januar 1954 starb Horst Stephan im Alter von achtzig Jahren in Leipzig.

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Danksagungskarte von Stephan an Alfred Pahner vom 11. Oktober 1953. Für Auskünfte zu Stephans letzten Lebensjahren habe ich wiederum Herrn Pfr. i.R. Alfred Pahner, Dresden, herzlich zu danken. - Hugo Hahn (1886-1957), der wichtigste Gegenspieler Friedrich Cochs in den Jahren seit 1933, amtierte von 1947 bis 1953 als Landesbischof der Evangelisch-lutherischen Landeskirche Sachsens. Erich Kotte (1886-1961) stand der Bekennenden Kirche seit 1934 als juristischer Berater zur Seite. Im Mai 1945 übernahm er die vorläufige Leitung der sächsischen Landeskirche. In den Jahren von 1946 bis 1957 war er Präsident des Landeskirchenamtes in Dresden.

2. Georg Wehrung (1880-1959). Liberale Theologie als theologische Geschichtstheorie Anders als im Fall von Horst Stephan verlief der Lebensweg Georg Wehrungs weitgehend außerhalb der traditionellen Verbindungen und Kreise des organisierten Liberalprotestantismus. Wehrung gehörte zwar diversen Gruppen an, die auf landeskirchlicher Ebene für eine Liberalisierung der Kirchenverfassung eintraten, doch blieb sein kirchenpolitisches Engagement insgesamt sehr begrenzt. Die Zuordnung Wehrungs zur liberaltheologischen Richtung erfolgt, wie bereits bei der Begründung der Autorenauswahl ausgeführt, aufgrund der theologischen Theoriebildung selbst. Wehrung hat vor allem in seinen geschichtstheologischen Publikationen der dreißiger Jahre eine Konzeption entfaltet, die als eigenwillige Antwort auf jene durch den theologischen Historismus aufgeworfenen Problemstellungen gelesen werden kann. Seinem Selbstverständnis nach zählte Wehrung zu den Einzelgängern in der evangelischen Theologie der zwanziger und dreißiger Jahre. Dennoch kann er mit Recht zu den produktivsten und souveränsten Autoren des theologischen Liberalprotestantismus der Zeit gezählt werden.1 2.1. Kindheit, Jugend und Studium Gottfried Georg Wehrung wurde am 6. Oktober 1880 in dem elsässischen Dorf Dorlisheim, etwa zwanzig Kilometer südöstlich von Straßburg, geboren. Die berufliche Tätigkeit des Vaters, der als Lehrer an einer Volksschule zugleich zur musikalischen Mitwirkung an Gottesdienst und Kasualhandlungen verpflichtet war, brachte den Sohn früh in Kontakt mit der kirchlichen Lebenswelt. Gefördert durch solche Anregungen entwickelte Wehrung ein ausgeprägtes Interesse für Religion und Musik. In einer autobiographischen Schilderung, die er im Sommer 1949 niederschrieb, ging Wehrung auch auf diese frühen kirchlichen Erfahrungen ein: „Mein 1

Vgl. Friedrich Wilhelm Graf: „Die Aufgabe des freien Protestantismus". Ein unbekanntes Memorandum Theodor Siegfrieds aus dem Jahre 1946, in: „... und über Barmen hinaus." Studien zur Kirchlichen Zeitgeschichte. Festschrift für Garsten Nicolaisen zum 4. April 1994. Für die Evangelische Arbeitsgemeinschaft für Kirchliche Zeitgeschichte herausgegeben von Joachim Mehlhausen (Arbeiten zur Kirchlichen Zeitgeschichte. Reihe B: Darstellungen. Band 23), Göttingen 1995,499-529, hier: 500. Graf weist neben Wehrung auf Wobbermin, Stephan, Weinel, Hermelink, Mulert und von Soden als Vertreter der liberalen Theologie nach 1918 hin.

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Vater hing mit Eifer und theologischem Interesse dem konfessionellen Luthertum an, das seit Mitte des 19. Jahrhunderts in der kleinen elsässischen Landeskirche eine beachtliche Gruppe bildete. Starke Eindrücke von der Kraft dieses Luthertums empfing ich auf den sommerlichen lutherischen Missionsfesten, zu denen wir pilgerten, wo wir die angesehensten Missionsmänner von Hermannsburg und Leipzig zu hören bekamen. Vorbildlich wurde mir auch die seelsorgerliche Treue jener Pfarrer, die zugleich mit einer gewissen Weltoffenheit auch einen schönen Sinn für die klassische Literatur verbanden." 2 Im Anschluß an die Jahre des väterlichen Unterrichtes war Wehrung von Herbst 1890 bis zum Frühjahr 1892 Schüler des Gymnasiums in Weissenburg, dem heutigen, an der deutsch-französischen Grenze gelegenen Wissembourg. Von Sommer 1892 bis zur Abiturprüfung im Sommer 1899 besuchte er das Gymnasium in Buchsweiler (Bouxviller), einer von Goethe in „Dichtung und Wahrheit" beschriebenen Kleinstadt, etwa zehn Kilometer nördlich der Militär- und Verwaltungszentrale Zabern (Saverne). Während dieser Jahre suchte Wehrung wiederum einen engen Kontakt zur lokalen Kirchengemeinde. Sein Wunsch, Theologie zu studieren, wurde von der Schulleitung vehement unterstützt. 3 Zum Wintersemester 1899/1900 nahm er das Studium an der als liberal geltenden Theologischen Fakultät der Universität Straßburg auf. Da Wehrung stipendienbedingt an die elsässische Evangelische Kirche Augsburger Konfession gebunden war, beschränkte er sich auf den Besuch dieser heimatlichen Universität. Im Herbst 1904 legte er die erste theologische Prüfung mit Erfolg ab. Die Theologische Fakultät der Universität Straßburg war erst im Frühjahr 1872 infolge der Annexion Elsaß-Lothringens und im Zuge einer an den Grundlinien der reichsdeutschen Hochschulpolitik orientierten Umgestaltung der Universität zur Kaiser-Wilhelms-Universität neu begründet worden.4 Ihr gehörten in den Jahren um 1900 Karl Budde, Wilhelm Nowack, Heinrich Julius Holtzmann, Friedrich Spitta, Paul Ernst Lucius, Johannes Ficker, Emil Walter Mayer, Paul Lobstein und Julius Smend an. Als wichtigster Anreger des theologischen Interesses von Wehrung kann Vita, 1.- Wehrung hat im Sommer 1949 und anhangsweise im Sommer 1954 eine fünfzehnseitige Lebensbeschreibung unter dem Titel „Vita" verfaßt. Der Text bildet neben den einschlägigen Archivalien die wichtigste Quelle der folgenden biographischen Skizze. Er befindet sich im Nachlaß: Universitätsbibliothek Tübingen. Nachlaß Georg Wehrung (Signatur: Mn 18). Karton 11: Typoskripte. Vita, 1: „Vor der Schlussfeier am 1. August 1899 holte mich unser Direktor in sein Zimmer und drang lebhaft auf mich ein, dass ich ja bei meinem Entschluss Theologie zu studieren bleiben und nicht, wofür ich Neigung gezeigt, zur Germanistik übergehen möge, was ich etwas verdutzt versprach." Vgl. Otto Mayer: Die Kaiser-Wilhelms-Universität Straßburg. Ihre Entstehung und Entwicklung (Elsaß-Lothringische Hausbücherei. Herausgegeben vom Wissenschaftlichen Institut der Elsaß-Lothringer im Reich. Band 3), Berlin / Leipzig 1922.

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Heinrich Julius Holtzmann (1832-1910), einer der bedeutendsten Wissenschaftler dieses 46jährigen Abschnittes Straßburger Universitätsgeschichte, bezeichnet werden. Holtzmann lehrte von 1874 bis 1904 in Straßburg. Seine eigentümliche theologische Denkweise wird insbesondere durch den Umstand gekennzeichnet, daß sich eine exegetisch-kritische, an der Schule Ferdinand Christian Baurs orientierte wissenschaftliche Grundeinstellung mit einer tiefen, ausstrahlungsstarken Frömmigkeit verband, deren zentrales Element in der „Verehrung für die Person Jesu" bestand.5 Von großer Bedeutung für Wehrungs wissenschaftliche Ausbildung war neben Holtzmann der Vertreter der systematisch-theologischen Fachrichtung Emil Walter Mayer (1854-1927).6 Ihn vor allem schätzte Wehrung zeitlebens als Mentor im engeren Sinne, dem er nicht nur den Anstoß zur Entscheidung für eine akademisch-theologische Laufbahn verdankte, sondern der sein theologisches Denken während der gesamten Ausbildungsphase maßgeblich beeinflußt hatte. Mayer, der herkunftsbedingt mit der französischen Lebens- und Kulturwelt eng verbunden war, lehrte seit 1893 in Straßburg. Er mußte nach der deutschen Kapitulation die Universität verlassen, konnte aber anschließend die akademische Lehrtätigkeit bis zu seiner Emeritierung im Jahre 1925 an der Universität Gießen als Nachfolger Samuel Ecks fortsetzen. Innerhalb der zeitgenössischen theologischen Diskussion stand die Position Mayers für ein Zwischenstadium im Übergang von der Theologie Ritschis zur frühen Religionsgeschichtlichen Schule. Ihre Zielrichtung tritt besonders in Publikationen zum Verhältnis von Glaube, Sittlichkeit und Recht sowie den 1899 bzw. 1902 herausgegebenen Schriften „Das christliche Gottvertrauen und der Glaube an Christus" und „Über die Aufgaben der Dogmatik" hervor. Eine weitere zentrale Fragestellung der theologischen Debatten der Jahrhundertwendezeit erörterte Mayer in dem 1905 erschienenen Werk „Christentum und Kultur". 7 Vor allem aber die MitVgl. A. Meyer: Holtzmann, Heinrich Julius, in: Die Religion in Geschichte und Gegenwart. Zweite Auflage. Band 2, Tübingen 1928, 1999-2000, Zitat: 1999. Zur Biographie siehe insbesondere auch Walter Bauer: Heinrich Julius Holtzmann (geb. 17. Mai 1832). Ein Lebensbild (Aus der Welt der Religion. Forschungen und Berichte. Biblische Reihe. Heft 9), Gießen 1932. - Holtzmann ist insbesondere als Autor einer „Neutestamentlichen Theologie" sowie verschiedener neutestamentlicher Kommentare hervorgetreten. Als Schüler Richard Rothes hat er aus dessen Nachlaß die abschließenden Bände der „Theologischen Ethik" herausgegeben. Zu Emil Walter Mayer vgl. die autobiographische Skizze in: Erich Stange (Hg.): Religionswissenschaft der Gegenwart in Selbstdarstellungen. Band 5, Leipzig 1929, 123-158, sowie: Heinrich Adolph: Emil Walter Mayer, in: Die Christliche Welt 38 (1924), 754-757. Emil Walter Mayer: Das christliche Gottvertrauen und der Glaube an Christus. Eine dogmatische Untersuchung auf biblisch-theologischer Grundlage und unter Berücksichtigung der symbolischen Literatur, Göttingen, 1899; Ders.: Ueber die Aufgaben der Dogmatik, in: Theologische Abhandlungen. Eine Festgabe zum 17. Mai 1902 für Heinrich Julius Holtzmann dargebracht, Tübingen und Leipzig 1902, 183-210; Ders.: Christentum und Kultur, Frankfurt an der Oder 1905.

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Wirkung an der von Ernst Troeltsch als Fachherausgeber verantworteten systematisch-theologischen Abteilung des Handwörterbuches „Die Religion in Geschichte und Gegenwart" gab Mayer die Gelegenheit zu einer breiten Darstellung seines Standpunktes im Bereich der Erkenntnistheorie, der Kulturgeschichte und Kulturtheorie sowie der Religionstheorie.8 Mayers Einfluß auf Wehrung läßt sich vor allem im Religionsverständnis und in den Grundprinzipien der Ethik-Konzeption nachweisen. „Religion" bezeichnet nach Mayer eine existentielle Grundhaltung, die durch eine ursprüngliche emotionale Erfahrung bestimmt ist. Zugleich wird Religion als zentrale Kraft einer ethisch bewußten Lebensführung aufgefaßt. Auf dieser zweiseitigen Grundlage versucht Mayer mit großem theoretischen Aufwand, eine Typologie der bekannten Gemeinschaftsformen des religiösen Lebens zu entwerfen. Inhaltlich wird die Struktur dieser Typologie durch einen religionsgeschichtlich offenen Begriff von Offenbarung geprägt. Gerade damit wies Mayer seinen Schülern einen Weg, wichtige Fragestellungen, die während der 1880er und neunziger Jahre vernachlässigt worden waren, erneut aufzugreifen und so die wissenschafts- und geschichtstheoretischen Diskussionen um den Historismus auch innerhalb der Theologie fortzuführen. Einem auf positive Vermittlung ausgerichteten Verständnis von Religion dient auch die 1922 erschienene „Ethik".9 Mayers universale Konzeption christlicher Ethik umfaßt den gesamten Raum, in dem kulturelle Tätigkeit sich realisieren kann. Ethik wird daher als Kulturtheorie entworfen, deren Erkenntnisinteresse auf die Gestaltungsfaktoren einer modernen Christentumspraxis zielt und die zu diesem Zweck ein theologisches Modell für die Verhältnisbestimmung von Glaube und Welt, von „christlich-sittlicher Gesinnung zur profanen Kultur" liefern will. Staat und Politik etwa erscheinen als elementare Handlungsfelder einer von Religion unabhängigen ethischen Praxis, die „die Erhaltung und das Gedeihen der Gemeinschaft, des ,Ganzen', und damit weiterhin [...] die Erhaltung und das Gedeihen individuellen Lebens" sicherstellen will. Mindestens „mittelMayer hat für die „Religion in Geschichte und Gegenwart" unter anderem die folgenden Artikel verfaßt: Empirismus (Band 2, 318-319), Erkenntnistheorie (Erkenntniskritik) (Band 2, 441-459), Idealismus I. Begrifflich (Band 3, 277-279), Kritizismus (Band 3, 1781-1782) Phänomenalismus (Band 4, 1485-1487), Positivismus (Band 4, 1691-1694), Pragmatismus (Band 4, 1720), Rationalismus I. Erkenntnistheoretisch (Band 4, 20382040), Werturteile (Band 5, 1947-1949), Wesen der Religion (Band 5, 1949-1967). Zur Religionstheorie vgl. besonders auch Emil Walter Mayer: Das psychologische Wesen der Religion und die Religionen. Rede zum Geburtstag des Kaisers am 27. Januar in der Kaiser-Wilhelms-Universität, Straßburg 1906. Für die zweite Auflage der RGG verfaßte Mayer ebenfalls eine Reihe von Beiträgen, darunter: Anschauung (Band l, 355), Autonomie (Band l, 682-683), Dogmatismus (Band l, 1969) und Erkenntnistheorie (Band 2, 241-248). Emil Walter Mayer: Ethik. Christliche Sittenlehre (Sammlung Töpelmann: Die Theologie im Abriß. I. Gruppe. Band 4), Gießen 1922.

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bar und indirekt" aber sei solche Praxis auch an der „Entfaltung und Entwicklung religiös-sittlichen Lebens" beteiligt. In diesem Sinne fällt nach Mayer letztlich jede Form ethisch geleiteter, gemeinschaftsstiftender kultureller Aktivität unter die Kategorie der „Reichgottesarbeit". Auch ohne eine spezifisch religiös-christliche Begründung komme ihr „im christlichen Sinne sittlicher Wert" zu.10 Die Kritik Mayers richtet sich auf solche Konzeptionen christlicher Ethik, die einen Gegensatz zwischen Glaube und Kultur konstruieren. Diese Auffassung scheitere schon daran, daß doch „jede weltliche Arbeit, jede naturhaft gewordene Kulturtätigkeit und jede naturhaft gewordene Kulturgemeinschaft ebenso von Gott gewollt und eingesetzt [sei], wie die kirchliche Tätigkeit und kirchliche Gemeinschaft". Sie habe daher im Vergleich zur kirchlichen Arbeit durchaus als „gleichwertig" zu gelten.11 Von diesem Grundsatz aus, dessen Verwurzelung im lutherisch-reformatorischen Berufsethos Mayer sehr betont, entwickelt er eine EthikTheorie, die als Moral-, Tugend- und Pflichtenlehre christlich begründetes Handeln in einer säkular gewordenen, modern-technisierten Umwelt beschreibt. - Gerade diese Auffassung hat Wehrungs ethische Theorie stark beeinflußt. Insbesondere die staatsethischen Überlegungen, die Wehrung zu Beginn der dreißiger Jahre in Reaktion auf den Nationalsozialismus formulierte, knüpften an Mayers weltoffenes Modell christlicher Ethik an. Zunächst jedoch führten die Eindrücke des Studiums, und zwar vor allem im Bereich der Exegese, zu erheblichen Belastungen für den sensiblen, in den Bahnen des landeskirchlichen Luthertums aufgewachsenen jungen Studenten. Die Anforderungen einer wissenschaftlich-distanzierten Auseinandersetzung mit den biblischen Texten, dazu die Nachwirkung erster religionsphilosophischer Studien bedrängten Wehrung derart stark, daß es zunächst zu einer schweren religiösen Krise und in deren Folge auch zu einem gesundheitlichen Zusammenbruch kam. Mehr als ein Jahr lang mußte Wehrung den Fortgang seiner akademischen Studien unterbrechen. An der einmal getroffenen Entscheidung für die Theologie jedoch hielt er auch nach diesen traumatischen Erlebnissen fest. In seiner „Vita" gibt Wehrung einen kurzen Bericht: „Die strenge historische kritische Forschung in ihren Ergebnissen und in ihrer Tragweite brachten meine angestammte »Gläubigkeit' in Not. Weitere beängstigende Eindrücke (Dostojewsky, Ibsen, Björnson etc.) enthüllten mir die geistige Lage, die Entfremdung der Bildung vom Christentum, das in eine bedenkliche Verteidigung gedrängt erschien. So erlitt ich nach drei inhaltsreichen Semestern einen Nervenzusammenbruch, dessen Folgen mich für drei weitere Semester vom Studium fernhielten." Ausgelöst durch die nervliche Anspannung 10 11

Ebd., 181-182. Ebd., 156.

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brach ein bereits früh diagnostiziertes Herzleiden aus, das auch später Wehrungs Gesundheit zeitweise erheblich beeinträchtigte. Erst allmählich, nach längerer Pflege und einem Sommeraufenthalt im Schwarzwald, kehrten die Kräfte zurück; auch neue religiöse Eindrücke spielten dabei eine wichtige Rolle: „Wohltuend war auch die Berührung mit dem Leben der Brüdergemeine, die damals dort [seil.: im Schwarzwald] bedeutende Prediger hatte." In dieser Zeit des Wartens nahm Wehrung sich vor, „im Studium nichts erzwingen zu wollen" und sich auch den Forderungen der kritischen Bibelauslegung offen zu stellen. „Seitdem habe ich alles krampfhafte theologische Gebaren hinter mir gelassen."12 Nach Beendigung des während der Wintermonate 1904/05 absolvierten kurzen Vikariates begab Wehrung sich - ausgestattet mit den Mitteln eines Reisestipendiums - zu ergänzenden Studien nacheinander an die beiden liberaltheologischen Fakultäten in Jena und Berlin, wo ihn vornehmlich Fragen des Verhältnisses von Theologie und Philosophie beschäftigten. Nach eigenem Bekunden standen während dieser Zeit besonders die religionsphilosophischen Schriften Troeltschs und Schleiermachers im Vordergrund seines Interesses.13 Aus einer Anregung Troeltschs ging auch Wehrungs philosophische Dissertation hervor, in der er sich unter dem Titel „Der geschichtsphilosophische Standpunkt Schleiermachers zur Zeit seiner Freundschaft mit den Romantikern" einem Thema widmete, dem in der zeitgenössischen Schleiermacher-Forschung große Aufmerksamkeit entgegengebracht wurde.14 In einer dem Universitätsdruck seiner Dissertation beigefügten kurzen Lebensbeschreibung betonte Wehrung im Rückblick auf seine Studienzeit vor allem seine philosophischen Studien. Als 12

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Vita, 2. Nähere Angaben zu dieser schweren Krise, auf die Wehrung an keiner anderen Stelle eingeht und deren Nachwirkungen im religiösen Erleben und theologischen Denken sich insofern nur schwer bestimmen lassen, konnten nicht ermittelt werden. Eine auffällige Verschlossenheit als prägender Charakterzug mag immerhin auf dieses Erlebnis der jungen Jahre zurückgeführt werden können. Ebd., 4. Der geschichtsphilosophische Standpunkt Schleiermachers zur Zeit seiner Freundschaft mit den Romantikern. Zugleich ein Beitrag zur Entwicklungsgeschichte Schleiermachers in den Jahren 1787-1800, Stuttgart 1907 (zuvor als: Der geschichtsphilosophische Standpunkt Schleiermachers zur Zeit seiner Freundschaft mit den Romantikern. InauguralDissertation zur Erlangung der Doktorwürde einer Hohen Philosophischen Fakultät der Kaiser-Wilhelms-Universität Strassburg, Strassburg i. E. 1907). - Im gleichen Jahr legte auch Hermann Mulert eine Dissertation vor, die eine ähnliche Fragestellung vorwiegend am Werk des älteren Schleiermacher durchzuführen suchte; vgl. Hermann Mulert: Schleiermachers geschichtsphilosophische Ansichten in ihrer Bedeutung für seine Theologie (Studien zur Geschichte des neueren Protestantismus, Heft 3: SchleiermacherStudien I), Gießen 1907. Zu beiden Veröffentlichungen siehe die Rezension von Samuel Eck in: Die Christliche Welt 23 (1909), 114-116. Wehrung schloß sich in dem Verständnis von Schleiermachers früher theologischer Entwicklung weithin einer Studie von Emil Fuchs an, die drei Jahre zuvor unter dem Titel „Schleiermachers Auseinandersetzung mit Kant, Fichte und Schelling - Seine grundlegenden Interessen und Gedanken" (Tübingen 1904) erschienen war.

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Lehrer nannte er u.a. Wilhelm Windelband, Georg Simmel, den er in Berlin gehört hatte, Rudolf Eucken und Theobald Ziegler.15 Für Wehrungs spätere Untersuchungen zum Religionsbegriff, aber auch für seine weiteren Arbeiten zu Schleiermacher bietet die Studie eine Art Grundlegung. In ihr wird die These entwickelt, daß die Darstellung des Christentums, die Schleiermacher in der abschließenden fünften Rede seiner Reden „Über die Religion" gibt, in allen Zügen demjenigen Begriff von Religion entspricht, den er selbst als Kennzeichen für die höchste Stufe der Religion überhaupt formuliert hat. Schon in diesem frühen Stadium seines Denkweges jedoch habe Schleiermacher seine Auffassung von Religion nicht von mystischen und „naturalistischen" Elementen freigehalten. Eine Religionstheorie, die an den Standpunkt der „Reden" anknüpfe, müsse daher den eigentlichen Kern des Schleiermacherschen Religionsverständnisses kritisch gegen jeden Versuch einer Mystifizierung oder Rationalisierung sicherstellen.16 Die Beschäftigung mit Schleiermacher, in dem Wehrung zeitlebens den überragenden Begründer und Systematiker der neuzeitlich-protestantischen Theologie sah, blieb eine wichtige Voraussetzung für die eigene theologische Arbeit. Drei weitere Schleiermacher-Bücher Wehrungs, in denen er 15

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Der Text dieser „Vita" lautet: „Georg Wehrung wurde am 6. Oktober 1880zuDorlisheim im Unter-Elsass geboren, besuchte nach empfangenem Elementarunterricht die Gymnasien von Weissenburg (l 1/2 Jahre) und Buchsweiler und unterzog sich hier im Sommer 1899 der Reifeprüfung. Danach widmete er sich in Strassburg dem Studium der Theologie, musste dieses allerdings infolge einer schwierigen Krankheit unterbrechen und konnte es erst im Herbst 1904 mit dem Universitätsexamen abschließen. Als ihm nach kurzer Vikariatszeit ein längerer Urlaub zu teil wurde, besuchte er die Universitäten Jena und Berlin je ein Semester und beschäftigte sich dabei fast ausschließlich mit Philosophie. Dies setzte er auch in Strassburg fort, wo er im Frühjahr 1906 im Collegium Wilhelmitanum seine erste Anstellung fand. Philosophische Vorlesungen hörte er bei folgenden Dozenten: Th. Ziegler, W. Windelband, R. Eucken, G. Simmel. Das philosophische Seminar besuchte er bei den Herren Professoren R. Eucken, A.[lois] Riehl, Th. Ziegler, Cl.[emens] Baeumker. Sehr gefördert in seinen philosophischen Interessen hat ihn allezeit Herr Prof. E. W. Mayer, Dozent der systematischen Theologie an der evang.-theol. Fakultät zu Strassburg. [...]" (Der geschichtsphilosophische Standpunkt Schleiermachers. Inaugural-Dissertation, Strassburg 1907, 141). - Im Blick auf Troeltsch heißt es in der Widmung: „Die erste Anregung zu dieser Arbeit gab E. Troeltsch [...]". So habe Troeltsch etwa in seiner Studie über das Historische in Kants Religionsphilosophie „auf das bisher ganz gemiedene, aber ,äusserst wichtige und lehrreiche Thema' der Geschichtsphilosophie Schleiermachers hingewiesen" (Ebd., [III]). Vgl. Ernst Troeltsch: Das Historische in Kants Religionsphilosophie. Zugleich ein Beitrag zu den Untersuchungen über Kants Philosophie der Geschichte, in: Kant-Studien. Philosophische Zeitschrift 9 (1904), 21154, hier: 152-153. Um die Methodik einer solchen Absicherung hat sich einige Jahre später eine Kontroverse zwischen Wehrung und Hermann Süskind entwickelt. Den Ausgangspunkt der Auseinandersetzung bildete Süskinds Besprechung: Das religiöse Apriori bei Schleiermacher. Kritische Bemerkungen zu G. Wehrung: Die philosophisch-theologische Methode Schleiermachers (1911), in: Religion und Geisteskultur 8(1914), 37-65; vgl. dazu Georg Wehrung: Zum Streit um Schleiermacher, in: Religion und Geisteskultur 8 (1914), 328-332.

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theologietheoretische Fragen, die „Dialektik" und Aspekte von Schleiermachers biographisch-theologischer Entwicklung erörterte, sowie eine größere Zahl von Abhandlungen und Rezensionen sollten diesem Erstlingswerk noch folgen.17 2.2. Erste Amtstätigkeit in Straßburg und frühe Studien 2.2.1. Studienleiter, Pfarrer, Professor Nach Ende des Berliner Semesters im Frühjahr 1906 wurde Wehrung die Position des Studienleiters der größten und bekanntesten außeruniversitären evangelisch-theologischen Studieneinrichtung in Straßburg übertragen, des „Thomasstiftes" - offiziell Collegium Wilhelmitanum genannt. Dieses Amt verwaltete er sieben Jahre lang, bis er 1913 in den kirchlichen Dienst wechselte. Das traditionsreiche Thomasstift, dem für die Einführung der Reformation in Straßburg eine erhebliche Bedeutung zugekommen war,18 diente zur Zeit der Tätigkeit Wehrungs primär einer ergänzenden Ausbildung heimatkirchlicher Theologiestudenten. Wehrung trug als Leiter des Hauses die Verantwortung für ein semesterbegleitendes theologisches Studienangebot und hatte auch die Durchführung einzelner Veranstaltungen selbst zu übernehmen. Dafür konnte er eine geräumige Dienstwohnung nutzen und erhielt zudem ein festes Gehalt.19 Ähnlich wie auch seinem Vorgänger Albert Schweitzer, der das Amt des theologischen Stiftsleiters von 1903 bis 1906 ausgeübt hatte,20 gab diese Tätigkeit 17

li! 19 20

Die philosophisch-theologische Methode Schleiermachers. Eine Einführung in die Kurze Darstellung und die Glaubenslehre, Göttingen 1911; Die Dialektik Schleiermachers, Tübingen 1920 [vgl. unten 2.2.2.); Schleiermacher in der Zeit seines Werdens, Gütersloh 1927. Daneben kommen in erster Linie noch in Betracht: Friedrich Schleiermacher. Religion und Bildung, in: Jahrbuch der Evangelischen Vereinigung für Elsaß-Lothringen l (1914), 13-39; Der Durchgang Schleiermachers durch die Brüdergemeine, in: Zeitschrift für systematische Theologie 4 (1926/27), 192-210; Schleiermacher unser Zeitgenosse, in: Die Christliche Welt 49 (1934), 240-244; Religion als Bewußtsein schlechthiniger Abhängigkeit, in: Luther, Kant, Schleiermacher in ihrer Bedeutung für den Protestantismus. Forschungen und Abhandlungen. Georg Wobbermin zum 70. Geburtstag (27. Oktober 1939) dargebracht von Kollegen, Schülern und Freunden. Herausgeber: Friedrich Wilhelm Schmidt, Berlin / Robert Winkler, Breslau / Wilhelm Meyer, Schwerin i. M., Berlin 1939, 506-529; Schleiermacher. Bedeutung und Grenzen der Subjektivität auf dem Gebiet der Religion, in: Die Besinnung 2 (1948), 203-211. Siehe auch den zusammenfassenden Artikel: Schleiermacher, in: Calwer Kirchenlexikon. Band 2, Stuttgart 1941, 853-857. Vgl. Gustav Anrieh: Straßburg, in: Die Religion in Geschichte und Gegenwart. Band 5, Tübingen 1913, 947-958. Nach James Bentley: Albert Schweitzer. Eine Biographie, Zürich 1993, 120-121, erhielt der Studienleiter des Thomasstiftes bereits 1903 ein jährliches Einkommen von 2000 Mk. Das Thomasstift bot Schweitzer „lange Jahre hindurch nicht nur Obdach, sondern auch das Gefühl einer zweiten Heimat. [...] Im Oktober 1893 war er als Student dort eingezogen, später erhielt er die Stelle des Studiendirektors. Auch als er seine dienstliche Stellung als

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Wehrung die Möglichkeit, ohne zusätzliche Belastung durch ein Pfarramt sich der wissenschaftlich-theologischen Arbeit und damit der Qualifikation für ein akademisches Lehramt zu widmen. In den Straßburger Jahren verfaßte Wehrung seine Untersuchung zur „philosophisch-theologischen Methode Schleiermachers", die als „Einführung" in dessen theologische Hauptschriften vornehmlich studentischen Lesern einen Zugang zum theologischen Programm Schleiermachers bieten wollte.21 Weitere größere Veröffentlichungen erschienen während dieses Zeitraumes nicht, jedoch legte Wehrung durch ein intensives Studium der neueren Philosophie- und Theologiegeschichte die Grundlage für zahlreiche spätere Arbeiten. Ein Jahr vor Kriegsausbruch übernahm Wehrung eine Pfarrstelle in Hunaweier, einem Dorf im Oberen Elsaß, etwa fünfzehn Kilometer südlich von Straßburg. Auch diese Tätigkeit erlaubte ihm die Fortführung seiner wissenschaftlichen Aktivitäten. Von der Gefährdung durch Militärdienst und Kriegseinsatz in den Jahren des Weltkrieges war Wehrung aufgrund seiner herzbedingten konstitutionellen Schwäche nicht bedroht. Am 20. November 1915 wurde Wehrung- als Nachfolger Paul Lobsteins - zum „etatmäßigen außerordentlichen Professor" an der Straßburger Fakultät ernannt, jedoch im Laufe der folgenden Jahre regelmäßig semesterweise zur Ausübung des Pfarramtes vom universitären Lehrauftrag beurlaubt.22 Mit dem Ende der Zugehörigkeit Straßburgs zum Deutschen Reich verlor auch Wehrung seine akademische Stellung. 2.2.2. Frühe Schleiermacher-Studien Das theologische Engagement Wehrungs galt während der Kriegs- und frühen Nachkriegszeit in erster Linie der Ausarbeitung einer umfangrei-

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Leiter des Stiftes aufgab, um sich für sein afrikanisches Lebenswerk vorzubereiten, konnte er in einem anderen Teil des Gebäudes wohnen bleiben. So sind rund zwanzig Jahre des Lebens Albert Schweitzers im Umkreis der Türme von St. Thomas verlaufen" (Rudolf Grabs: Albert Schweitzer. Gehorsam und Wagnis, Hamburg 1958, 77-78). Während der gemeinsamen Jahre in Straßburg empfing Wehrung einen tiefen Eindruck von Persönlichkeit und Werk Albert Schweitzers. Hiervon zeugt nicht nur eine lebenslange Anteilnahme und Verehrung für Schweitzers humanistisches Werk, sondern mehr noch die Anlage der späten ethischen Konzeption sowie auch die öffentliche Unterstützung von Schweitzers Einsatz gegen die militärische Atombombenforschung der frühen fünfziger Jahre (vgl. Georg Wehrung: Welt und Reich. Grundlegung und Aufbau der Ethik, Stuttgart 1952, Kap. VIII: Kultur und Reich Gottes, 235-271; Evangelische Kirche und Atomgefahr. Welt ohne Krieg, in: Historisch-politische Zeitschrift aus freier Mitte 8 (1959), Nr. 1). Die philosophisch-theologische Methode Schleiermachers, Göttingen 1911. Mit dieser Arbeit erwarb Wehrung sich den Lizentiatengrad der Theologischen Fakultät der Universität Straßburg. Vgl.: Chronik der Christlichen Welt 25 (1915), Nr. 49 vom 9. Dezember 1915, 392: „Berufen: Pfarrer Lie. Dr. Georg Wehrung in Hunaweier (Elsaß), als Nachfolger Lobsteins, zum a.o. Professor der systematischen Theologie in Straßburg."

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chen Untersuchung zur „Dialektik" Schleiermachers. Mit diesem Werk, das 1920 bei Siebeck in Tübingen erschien, verfolgte Wehrung die Absicht, vor dem Hintergrund einer diffusen Überlieferungs- und Editionsgeschichte zur Etablierung einer konsequent entwicklungsgeschichtlichen Auswertung des komplexen Textbestandes beizutragen. Die verschiedenen Einzelentwürfe Schleiermachers werden daher - ausgehend von der durch Wehrung erstmals als Grundtext betrachteten frühesten Ausarbeitung von 1811 - in chronologischer Anordnung untersucht.23 Dabei folgt die Analyse den Hauptlinien eines von Wehrung rekonstruierten argumentativen Entfaltungsprozesses. Zum anderen zeichnet sie die immanenten Beziehungen zur Religionstheorie, zur philosophischen Ethik, zur Ästhetik, zur Hermeneutik und vor allem zur zeitgenössischen Wissenschaftstheorie nach. Mit seinen textkritischen Studien hat Wehrung die Forschungen zur „Dialektik" Schleiermachers auf eine völlig neue Grundlage gestellt und indirekt zur Vorbereitung der heute sich erst durchsetzenden Editionsprinzipien wesentlich beigetragen. Obwohl in der Interpretation der „Dialektik" einzelne Fragestellungen - insbesondere zum Religionsbegriff, zur Bestimmung des Verhältnisses von Religion und Philosophie bzw. des Verhältnisses von Dogmatik und Philosophie - im Vordergrund stehen, sucht Wehrung doch eine thematische Engführung zu verhindern und Aspekte der Erkenntnistheorie, der Religionsphilosophie und der Wissenschaftslehre Schleiermachers, wie sie schließlich „für seinen theologischen Entwurf maßgebend geworden" seien, in den Mittelpunkt der Auswertung zu stellen.24 Die Untersuchung geht von dem Grundsatz aus, daß der reflexionstheoretische Doppelkomplex einer „Wissens- und Wissenschaftslehre" den Zentralgehalt der „Dialektik" bilde.25 Beide Einzelaspekte verfolgt Wehrung durch die verschiedenen Entwürfe hindurch. 1811 hatte Schleiermacher demnach den Ausgangspunkt seiner Theorie noch in der Idee des Wissens gesucht, abgeleitet „aus der ursprünglichen Identität des einfachen, primären Gegensatzes". Infolgedessen war der Wissenslehre gegenüber einer „nur nebenher erwähnten Wissenschaftslehre" ein selbständiger theoretischer Status eingeräumt worden. Auch in der Neuanlage der „Dialektik" von 1814 waren beide Seiten noch „bestimmt geschieden". Demgegenüber treten in den späteren Entwürfen die Problemstellungen der Wissenschaftslehre immer deutlicher in den Vordergrund. Dieser Pro23

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Vgl. hierzu Andreas Arndt: Einleitung, in: Friedrich Daniel Ernst Schleiermacher: Dialektik (1811), Hamburg 1986, LXII. Zum Kontext der Untersuchungen Wehrungs zur „Dialektik" Schleiermachers siehe auch den forschungsgeschichtlichen Überblick von Arndt: Ebd., XLVII-LXXIV, besonders: LXII-LXIII. Die Dialektik Schleiermachers, Tübingen 1920, V. Ebd., 305.

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zeß ist nach Wehrung mit einer Erweiterung der theoretischen Reichweite der „Dialektik" verbunden. Zum anderen mache sich nun auch ein stärker theologisches Interesse bemerkbar, von dem her der identitätsphilosophische Ansatz in die Bahn einer „universalphilosophischen" Problementfaltung unter Einschluß zentraler religionsphilosophischer Fragestellungen überführt werde.26 Wehrungs Kritik bezieht sich vor allem auf Schleiermachers methodische Umsetzung seines Programmes. Immer stärker formalisiere Schleiermacher die Beschreibung des menschlichen Strebens nach Orientierung durch Deutung von Welt. Je mehr er aber dieser Tendenz folge, desto weniger könne sich die in seiner „regressiven Methode" - Wehrung verwendet hier einen von Ernst Cassirer entlehnten Terminus - ursprünglich angelegte Erklärungskraft noch entfalten.27 „Der Ansatz der Methode [...] bedeutet die Freilassung der realen Wissenschaft, die Auflösung des trügerischen Gemenges von Philosophie und Wissenschaft." Demgegenüber sei Schleiermachers Neigung zu „blassen Abstraktionen" ein „Rückschlag", der die Dialektik von der Komplexität der Lebenswelt mehr und mehr entferne: „Der Reichtum der Wirklichkeit läßt sich nicht einfach im Reagenzglas des abstrakten Denkens verdampfen." 28 Dieser Sachverhalt ist nach Wehrung insofern von entscheidender Bedeutung, als er für „die mangelnde Schätzung der Geschichte", die die dialektischen Entwürfe nach 1814 kennzeichne, verantwortlich sei. Ein „naturalistischer Grundzug" präge die Begriffsbildung. „Natur und Geist gelten als gleichgeordnete Größen; die Freiheit wird als eine durch beide Gebiete hindurchgehende, beiden zumal eignende Erscheinung beurteilt; für die unter Schmerzen aus der Naturgebundenheit sich losreißende, schöpferische Persönlichkeit ist in dem ganzen Weltbild kein Platz."29 Statt dessen müsse, in Anknüpfung an Schleiermachers frühe Ansätze, die

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Ebd., 303-304. Vgl.: Ebd., 94-105. Der Begriff wird von Cassirer in seiner Geschichte der Erkenntnistheorie mehrfach verwendet; vgl. etwa Ernst Cassirer: Das Erkenntnisproblem in der Philosophie und Wissenschaft der neueren Zeit. Erster Band, Berlin 1906, 140-142. Wehrung weist auf die Herkunft des Begriffes nicht hin. Er kennzeichnet mit dieser nicht unproblematischen Terminologie Schleiermachers methodische Forderung, „zurückzugehen auf das, was jeder, der das Wissen will, in Bezug auf das Denken voraussetzen muß" (Friedrich Schleiermacher: [Beilage G und H der Dialektik. Zur Ergänzung der Jonas'schen Ausgabe aus Schleiermacher's handschriftlichem Nachlasse). Herausgegeben von Bruno Weiß, in: Zeitschrift für Philosophie und philosophische Kritik 73 (1878), Anhang, 1-43, hier: 22). Es handelt sich um eine Formulierung aus einem der spätesten Blätter Schleiermachers zur „Dialektik". Wehrung sucht jedoch in der Analyse zu zeigen, daß die hier ausgesprochene methodische Vorgabe als Grundlage der materialen Ausführung bereits die Entwürfe seit 1814 bestimmt habe (vgl. die ausführlichen Textbelege in: Dialektik Schleiermachers, 98-101). Die Dialektik Schleiermachers, 307-308. Ebd., 308.

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Konzeption einer „deduktiven Wissenschaftslehre" fortgeführt werden. Neben der eigentlichen Dialektik, der Wissenschafts- und Wissenslehre, seien „auch die Ethik, die Religionsphilosophie und die abschließenden metaphysischen Aussagen nach jenen Gesichtspunkten" des von Schleiermacher eingeführten „logisch-regressiven Verfahrens" aufzubauen. 30 Der Ertrag dieser Interpretation wird von der gegenwärtigen Schleiermacher-Forschung insgesamt eher skeptisch beurteilt. So habe die entwicklungsgeschichtliche Darstellung Wehrungs gezeigt, „daß der Aufwand von Einzelinterpretationen der verschiedenen Entwürfe, durch die signifikante Verschiebungen in der Theoriebildung eruiert werden sollen, in umgekehrt proportionalem Verhältnis zu den Ergebnissen steht, die sich vielfach aus nicht sehr aussagekräftigen Formeln zusammensetzen".31 Es sei Wehrung nicht gelungen, jenseits einer „Anhäufung" unverbundener Einzelteile „das einheitliche Ganze" der dialektischen Theorie Schleiermachers sichtbar werden zu lassen. Damit teile er das Schicksal jedes Versuches, einen historischen Zugang zu diesem Werkkomplex zu finden. „Die Arbeit des Historikers hinterläßt nicht nur eine nicht auf den Begriff gebrachte Dialektik, sondern gleich sechs mehr oder weniger unbegriffene Entwürfe zu ihr."32 Dennoch bleibt festzustellen, daß diese Kritik an Wehrung die von ihm erst angeregte historische Differenzierung der Materialien zur „Dialektik" selbst voraussetzt. Nur durch die Rekonstruktion der argumentativen Strukturen, die Schleiermacher in den einzelnen Phasen der Entfaltung seiner „Dialektik" entwirft, können auch die Intentionen sichtbar werden, die die Gesamtentwicklung des Unternehmens geleitet haben. Erst auf der Grundlage eines solchen detaillierten Nachvollzuges läßt sich eine intentionale Einheit der Dialektik-Konzeption überhaupt erheben. Insofern sind „systematische" und „kritische" Interpretationsversuche in gleichem Maße dem entwicklungsgeschichtlichen Forschungsansatz verpflichtet. Darüber hinaus hat Wehrung selbst bereits ein synthetisches Auswertungsverfahren zum Ziel auch seiner eigenen Vorgehensweise erklärt, indem er einer historisch reflektierten Interpretation die Aufgabe zuwies, „der Bewegung nicht dieses oder jenes Sonderproblems, [sondern] der Bewegung vielmehr des Ganzen zum Ganzen nachzugehen."33 In der zeitgenössischen Kritik fand Wehrungs Buch weitgehend Zustimmung. Seine methodische Vorgehensweise wurde als Ausdruck „größt30

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Ebd., 309. Als zusammenfassende, sehr kritische Beurteilung der religionsphilosophischen Leistung, die Schleiermacher in der Entfaltung dieses methodischen Prinzips erbracht habe, vgl. Wehrungs Ausführungen: Ebd., 316-319. Hans-Richard Reuter: Die Einheit der Dialektik Friedrich Schleiermachers. Eine systematische Interpretation, München 1979, 21. Falk Wagner: Schleiermachers Dialektik. Eine kritische Interpretation, Gütersloh 1974, 11. Die Dialektik Schleiermachers, 2.

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möglicher Objektivität" aufgefaßt. 34 Zudem festigte das Werk Wehrungs Stellung als Theologiehistoriker - ein Umstand, der sich bereits kurzfristig auswirken sollte. Im Frühjahr 1920 ernannte die kurz nach Kriegsende gegründete „Straßburger Wissenschaftliche Gesellschaft in Heidelberg", eine Verbindung, die im wesentlichen aus ehemaligen Straßburger Hochschullehrern bestand, Wehrung zu ihrem Mitglied. Gleichzeitig wurde er zur Mitwirkung am „Wissenschaftlichen Institut der Elsaß-Lothringer im Reich" mit Sitz in Frankfurt am Main aufgefordert. An den Aktivitäten dieser Einrichtung nahm Wehrung bis in die dreißiger Jahre teil; zeitweise gehörte er dem Vorstand an.35 Von besonderer Bedeutung für die weitere Laufbahn wurde jedoch in erster Linie die Berufung an die Universität Münster auf eine Professur für Systematische Theologie. 2.3. Münster: Professur für Systematische Theologie Die sieben Jahre der Münsteraner Lehrtätigkeit - von April 1920 bis März 1927 - boten Wehrung die Möglichkeit, sein theologisches Programm auf breiter Ebene auszuarbeiten. Erst in Münster entwarf Wehrung eine Theorie dogmatischer und ethischer Theologie; erst hier trat er in den fachlichtheologischen Diskussionszusammenhang der Zeit überhaupt ein. Insofern bilden diese Jahre in der intellektuellen Biographie Wehrungs zugleich die Phase der Grundlegung und der ersten Entfaltung. 2.3.1. Wehrung in Münster Die Evangelisch-Theologische Fakultät der Westfälischen Wilhelms-Universität zu Münster - die Hochschule selbst war erst im letzten Drittel des neunzehnten Jahrhunderts, bedingt durch die kultur- und bildungspolitischen Folgen des Kulturkampfes, zu einer Universität ausgebaut worden bestand zum Zeitpunkt des Eintrittes Wehrungs kaum sechs Jahre.36 Im Verhältnis zur großen und weithin wirksamen katholisch-theologischen 34

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Vgl. die Rezensionen von Georg Wobbermin, in: Deutsche Literaturzeitung 42 (1921), 29-30, hier: 29 (Zitat); Wilhelm Loew, in: Kant-Studien. Philosophische Zeitschrift 39 (1925), 528-529; siehe auch: Neues Sächsisches Kirchenblatt 28 (1921), 41-42. Zum „Wissenschaftlichen Institut der Elsaß-Lothringer im Reich" vgl. auch Siegfried Kracauer: Das Institut der Elsaß-Lothringer, in: Frankfurter Zeitung. Jahrgang 68. Nr. 373 vom 19. Mai 1924 (Morgenblatt; [Rubrik:] Frankfurter Angelegenheiten), 3-4. Kracauers Artikel berichtet über die Hauptversammlung von 1924. Vgl. Karl Bauer: Münster II. Universität, in: Die Religion in Geschichte und Gegenwart. Zweite Auflage, Band 4, Tübingen 1930, 273-276, sowie: Manfred Jacobs: Die evangelisch-theologische Fakultät der Universität Münster 1914-1933, in: Die EvangelischTheologische Fakultät Münster 1914 bis 1989. Herausgegeben von Wilhelm H. Neuser (Unio und Confessio. Eine Schriftenreihe der Evangelischen Kirche der Union. Band 15), Bielefeld 1991, 42-71.

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Fakultät war sie sehr bescheiden ausgestattet und umfaßte noch zu Beginn der zwanziger Jahre nur eine geringe Zahl ständiger Lehrkräfte. Einen Lehrstuhl für Neues Testament hatte seit 1916 Otto Schmitz inne, der zuvor Direktor der Baseler Predigerschule gewesen war. Neben ihm wirkte seit 1919 Erich Klostermann als Professor für Neues Testament und altchristliche Literatur. Klostermann war von 1911 bis 1919 Inhaber einer Straßburger Professur gewesen; zwischen ihm und Wehrung bestand daher bereits eine kollegiale Beziehung. Dieser Umstand dürfte, ebenso wie eine entschiedene Fürsprache Emil Walter Mayers, für die Berufung nach Münster nicht unerheblich gewesen sein. Im kirchengeschichtlichen Fach amtierte der Patristiker Georg Grützmacher seit 1914 als Ordinarius, daneben vertrat bis 1921 der außerordentliche Professor Walther Glawe die neuere protestantische Theologiegeschichte. Nach dessen Fortgang nach Greifswald übernahm Wehrung weitgehend die Lehrveranstaltungen aus diesem Fachgebiet. Einen starken Einfluß auf den theologischen Charakter der Fakultät übte während ihrer Gründungsphase vor allem der Systematische Theologe Karl Heim aus.37 Die Berufung von Wehrung zum Lehrstuhlnachfolger Heims erfolgte im wesentlichen auf der Grundlage des ausgearbeiteten SchleiermacherBuches, jedoch noch vor dessen Publikation. Wehrung selbst führte die Berufung auch auf eine fördernde Einwirkung Troeltschs zurück. 38 Tatsächlich war innerhalb der Fakultät die Entscheidung nicht unumstritten gewesen. Die dem Ministerium vorgelegte Liste nannte die Namen Paul Althaus, Gerhard Heinzelmann sowie Wehrung. Unter einzelnen Mitgliedern der Fakultät galt Wehrung als nicht listenfähig, weil er noch ohne Lehrerfahrung sei und zudem ein Elsässer sich, überdies als einziger Syste37

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Über seine persönlichen Beziehungen zu den Mitgliedern der Fakultät äußert Wehrung sich ausführlich in seiner „Vita": „Es war auch ein vertrauensvolles Zusammenarbeiten in der Münsterer Fakultät, von deren Mitgliedern, den schon genannten alten Straßburgern [gemeint sind Julius Smend und Erich Klostermann], dazu von [Johann Wilhelm] Rothstein, G.[eorg] Grützmacher, O.[tto] Schmitz, [Walther] Glawe, [Emil] Balla ich aufs freundlichste aufgenommen wurde. Sehr nahe kam ich bald dem kenntnisreichen Dozenten für Kirchengeschichte K.[arl] Bauer, einem Badener, mit dem in wissenschaftlichen Kontakt zu kommen ich jede Gelegenheit benutzte, ebenso meinem Fachgenossen W.[ilhelm] Thimme in Iburg, dessen vorsichtiges und sachgemäßes Urteil mir stets wichtig geblieben ist. Als dann in der Nachfolge Rothsteins J.[ohannes] Herrmann in die Fakultät eintrat, durfte ich mich mit ihm herzlicher menschlicher und wissenschaftlicher Beziehungen erfreuen, die über die Jahre der räumlichen Trennung bis heute lebendig sind. Daß wir einige Zeit im Hause des Generalsuperintendenten D. [Wilhelm] Zöllner wohnten und in ihm einen dauernd väterlichen Freund fanden, sei nicht vergessen. Über die Fakultät hinaus kam ich mit den Philosophen, vorab [Alfred] Brunswig, auch [Johannes] Hielscher, [Wilhelm] Koppelmann, [Karl] Vorländer, ebenso dem klassischen Philologen [Hermann] Schöne häufig ins Gespräch" (6). Vita, 5: „Soviel ich weiß, hat E. Troeltsch diese meine Berufung befürwortet, obwohl ich mit seinem Schüler Süskind vor dessen Soldatentod in einen theologischen Streit geraten war."

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matischer Theologe, in Westfalen schwer tun werde.39 Dennoch fiel die Wahl des Ministers auf Wehrung. Bereits am 1. April 1920 trat er sein Amt als „etatmäßiger ordentlicher Professor", d.h. als Ordinarius an. Die theologische Auseinandersetzung mit seinem Vorgänger Heim (1874-1958) beschäftigte Wehrung in Münster sehr intensiv. In verschiedenen Veröffentlichungen hatte Heim bereits vor 1920 eine erkenntnistheoretische Konzeption entworfen, die eine Sphäre des gegenständlich Erkennbaren als „beleuchtete Seite des Wirklichkeitsganzen" der anderen, „unbeleuchteten Seite der Wirklichkeit" entgegenstellte.40 Diese zweite Sphäre umfaßt nach Heim die Welt der Subjekte, der personalen Beziehungen und insofern auch den Bereich der religiösen Persönlichkeit. Die theologische Anwendung dieser Unterscheidung ermöglichte Heim die Entfaltung einer Theorie der „Glaubensgewißheit", der „Lebensfrage der Religion",41 durch deren Ausführung er eine theologische Rechenschaft des Glaubens geben wollte. Heim suchte mit seinem Entwurf einem massiven Modernisierungsdruck zu entsprechen, der bereits seit dem letzten Vorkriegsjahrzehnt die theologische Diskussion bestimmt hatte und der nach 1918 durch die antimodernistischen Aufbruchsbewegungen noch erheblich verstärkt worden war.42 Zugleich aber wurde Heims Programm vor allem in seiner Münsteraner Frühphase stark von einem konservativpietistischen Verständnis des Glaubens geprägt. Persönliche Bekehrungsfrömmigkeit, kirchliche Integration der Theologie und die Orientierung an der Idee eines „Weltganzen" bildeten hier die zentralen Leitlinien. Heim hat daher den besonderen Standort seines theologischen Entwurfes als den eines „dritten Weges" zwischen einer objektivistischen Offenbarungstheologie und der bewußtseinstheoretischen Glaubenslehre, wie sie nach Heim von der liberalen Theologie vertreten wurde, beschrieben.43 Für die theologische Thematik, der Wehrung sich in seinen Münsteraner Jahren widmete, wurde Heims Konzeption vor allem deshalb bedeut39

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Vgl. Manfred Jacobs: Die evangelisch-theologische Fakultät der Universität Münster 1914-1933, 57. Vgl. die Zusammenfassung bei Zdenek Kucera: Heim, Karl, in: Theologische Realenzyklopädie. Band 14, Berlin / New York 1985, 774-777, hier: 774. Karl Heim: Glaubensgewißheit. Eine Untersuchung über die Lebensfrage der Religion, Leipzig 1916. Vgl. schon die vorbereitende historische Darstellung: Das Gewißheitsproblem in der systematischen Theologie bis zu Schleiermacher, Leipzig 1911. Heim hat deshalb der dritten, „völlig umgearbeiteten" Auflage der „Glaubensgewißheit" programmatisch die Aufgabe vorangestellt, „das neue Verständnis der urchristlichen und reformatorischen Gottesgewißheit, das Karl Barths Römerbrief in prophetischer Form zum Ausdruck gebracht hat, in Beziehung zu setzen zu der philosophischen Bewegung, in der wir seit Kants ,kopernikanischer Tat' stehen. Es soll also eine Brücke geschlagen werden zwischen alten Erkenntnissen und neuen Intuitionen" (Glaubensgewißheit. Dritte, völlig umgearbeitete Auflage, Leipzig 1923, III; siehe dazu auch Wehrungs Besprechung in: Theologische Literaturzeitung 49 (1924), 454-456). Vgl. zu dieser Selbsteinschätzung die Autobiographie Heims: Ich gedenke der vorigen Zeiten, Hamburg 1957.

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sam, weil Heim die Diskussion der theologietheoretischen Grundprobleme in einer geschichtstheologischen Perspektive konzentrierte. Heims Leitfragen richteten sich auf die Voraussetzungen einer rational plausiblen Deutung von Geschichte. Gerade diese Fragestellung nahm Wehrung in seinen Überlegungen wieder auf. In den Antworten blieb Heim jedoch im wesentlichen auf die bereits von Wilhelm Dilthey gewiesene Bahn eines historischen Agnostizismus fixiert. Geschichte betrachtete er primär als „Sphäre des aller Gesetzmäßigkeiten enthobenen Voluntativen". In diesem Sinne interpretierte er sie als Ausdruck eines materialisierten Willens.44 Das von Heim in den zwanziger Jahren formulierte inkarnationstheoretische Modell einer für die nichttheologischen Kulturwissenschaften offenen, am interdisziplinären Austausch interessierten Theologie liegt in der Konsequenz einer solchen Auffassung von Geschichte. Als Heim Münster verließ und - gegen zum Teil heftigen Widerstand aus Kreisen der Württembergischen Landeskirche - eine Professur in Tübingen annahm, änderte sich auch der Charakter der Münsteraner Theologischen Fakultät. Eine derart starke theologische Prägung, wie sie von Heim ausgegangen war, stellte sich nicht einmal mehr ein, als 1925 Karl Barth nach Münster kam. Für Wehrung blieben Heims Positionen von erheblicher Bedeutung. Erst durch die Auseinandersetzung mit ihnen wurde er zu einer intensiven Analyse geschichtstheologischer Fragestellungen, dem späteren Zentralthema seiner eigenen theologischen Arbeit, angeregt. Auch auf der Ebene des persönlichen Austausches blieb die Verbindung bestehen; sie verstärkte sich noch einmal, als Wehrung selbst 1931 eine Tübinger Professur übernahm. Ungeachtet seiner sonstigen Zurückhaltung im innerkirchlichen Meinungsstreit beteiligte Wehrung sich wiederholt an den kirchenpolitischen Initiativen der Münsteraner Fakultät. So griff die Fakultät unter Wehrungs Mitwirkung im Sommer 1922 in die Kirchenverfassungsdiskussion innerhalb der altpreußischen Landeskirche ein. Anläßlich der Verhandlungen um die geplante Verfassungsurkunde war es zu einer langwierigen und sachlich kaum überwindbaren Konfrontation der unterschiedlichen kirchenpolitischen und theologischen Fraktionen gekommen. Aus diesem Grunde verzögerte sich die Beschlußfassung über den Verfassungsentwurf bis in den Herbst des Jahres. Vor allem der vorgeschlagene - und schließlich in der endgültigen Abstimmung am 29. September 1922 gegen eine starke Minderheit auch angenommene - Bekenntnisvorspruch war heftig umstritten.45 Die liberalen Mitglieder der Verfassunggebenden Kirchenversammlung Altpreußens, die nach dem für sie ungünstigen Ausgang der 44 45

Vgl. Zdenek Kucera: Heim, Karl, 776-777. Dieser Vorspruch, die sogenannte Präambel, lautete: „Getreu dem Erbe der Väter steht die Evangelische Landeskirche der älteren Provinzen Preußens auf dem in der Heiligen Schrift gegebenen Evangelium von Jesus Christus, dem Sohn des lebendigen Gottes, dem

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Wahlen im Juni 1921 ohnehin in einer schwierigen Situation waren, sahen sich einer, wie Erich Foerster in der Christlichen Welt feststellte, „Tyrannis etlicher geistlicher Oberhirten anheimfallen". Sämtliche den Wortlaut des Bekenntnisvorspruches betreffende Kompromißvorschläge nicht nur des liberalen Flügels der Opposition, sondern auch des Oberkirchenrates, der Mittelpartei und diverser Einzelpersonen waren zurückgewiesen worden.46 In dieser Situation wandte sich die Münsteraner Fakultät an die Kirchenversammlung mit der folgenden, auf den 3. Juli 1922 datierten Erklärung: „Die evangelisch-theologische Fakultät der Universität Münster bittet die verfassunggebende Kirchenversammlung, für den Fall, daß über den Wortlaut der inhaltlichen Bezugnahme auf das Bekenntnis am Eingang der Verfassung (die sogenannte Präambel) keine Einigung zu erreichen ist, von solcher inhaltlichen Bezugnahme überhaupt abzusehen. An dem bisherigen Bekenntnisstande würde dadurch zugestandenermaßen nichts geändert. Dagegen scheint uns eine Majorisierung in Sachen des Bekenntnisses, von welcher Seite sie auch ausgehe - ganz abgesehen von den kirchenrechtlichen Bedenken - im Widerspruch zu stehen mit dem Wesen des Evangeliums."47

Faktisch vertrat die Fakultät mit dieser Erklärung genau denjenigen Standpunkt, den in den Kontroversen der Kirchenversammlung auch die liberalen Opponenten einer bekenntnisorientierten Mehrheitsentscheidung vorgebracht hatten. Mit ihren Vorbehalten gegenüber einer zu starken Bindung des kirchlichen Grundgesetzes an theologisch motivierte Entscheidungen verknüpften sie eine massive Kritik an staatskirchlichen Ten-

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für uns Gekreuzigten und Auferstandenen, dem Herrn der Kirche, und erkennt die fortdauernde Geltung ihrer Bekenntnisse an: des Apostolischen und der anderen altkirchlichen, ferner der Augsburgischen Konfession, der Apologie, der Schmalkaldischen Artikel und des Kleinen und Großen Katechismus Luthers in den lutherischen Gemeinden, des Heidelberger Katechismus in den reformierten, sowie der sonstigen Bekenntnisse, wo solche in Kraft stehen. Das in diesen Bekenntnissen bezeugte Evangelium ist die unantastbare Grundlage für die Lehre, Arbeit und Gemeinschaft der Kirche" (Verfassungsurkunde für die Evangelische Kirche der altpreußischen Union vom 29. September 1922, in: Allgemeines Kirchenblatt für das evangelische Deutschland 73 (1924), 150-192. 196-207, hier: 150). Siehe auch Ernst Rudolf Huber / Wolfgang Huber: Staat und Kirche im 19. und 20. Jahrhundert. Dokumente zur Geschichte des deutschen Staatskirchenrechts. Band IV: Staat und Kirche in der Zeit der Weimarer Republik, Berlin 1988, 544587 (Dokument Nr. 280), hier: 545. Vgl. Johannes Rathje: Die Welt des freien Protestantismus, 279-280; das Foerster-Zitat: Ebd., 280. Universitä'tsarchiv Münster. Akten der Evangelisch-Theologischen Fakultät. Bestand 166: Fakultätsangelegenheiten 1914-1922. - Der Text ist unterzeichnet von den Professoren Emil Balla, Georg Grützmacher, Erich Klostermann, Otto Schmitz, Julius Smend und Georg Wehrung. Es fällt auf, daß nicht alle Fakultätsmitglieder die Erklärung, die gleichwohl für die Fakultät als ganze spricht, unterzeichnet haben. In welchem Maße es innerhalb der Fakultät eine Diskussion über die Erklärung gegeben hat, bleibt unklar. Vgl. auch Manfred Jacobs: Die evangelisch-theologische Fakultät der Universität Münster 1914-1933, 58.

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denzen, die bereits kurz nach dem Zusammenbruch des landesherrlichen Kirchenverfassungsmodells vielfach wieder zum Ausdruck gekommen waren. Demgegenüber sollte nach liberalprotestantischer Auffassung, wie im Zusammenhang der Darstellung von Horst Stephans kirchenpolitischen Aktivitäten um 1918/19 bereits erörtert, der rechtliche und organisatorische Neuaufbau der Kirche von unten, vom Kirchenvolk her erfolgen. Ein erkennbarer Einfluß auf die Verhandlungen der Kirchenversammlung oder gar auf die von ihr letztlich getroffene Entscheidung ging von der Initiative der Münsteraner Fakultät nicht aus. Gleichwohl steht sie doch für die kirchenpolitischen Anliegen des Liberalprotestantismus - ein Umstand, für den Wehrungs Mitgliedschaft in der Fakultät gewiß nicht ohne Bedeutung gewesen ist.48 Von erheblichem Gewicht für Wehrungs frühe Kultur- und Zeitkritik war die enge Freundschaft, die ihn mit dem Dichter und politischen Schriftsteller Friedrich Lienhard verband. Beide standen sich besonders in den Münsteraner Jahren Wehrungs nahe.49 Lienhard sah sich bereits seit jener Zeit, als er die - später von Heinrich Mann herausgegebene - Zeitschrift Das zwanzigste Jahrhundert betreute, von der Aufgabe bestimmt, in seinem Werk das Ideal einer „deutschen Herrlichkeit und nordischen Kraft" zu verkünden. Dieser völkische Nationalismus verband sich mit stark antisemitischen Tendenzen. Obwohl Wehrung sich von solchen Überzeugungen mehrfach distanzierte, schätzte er doch Lienhards dichterische Arbeit sehr, und zwar vor allem, weil sie von einer ihm als gültig erscheinenden Einsicht in die problematische Gestalt der gegenwärtigen kulturellen Verfassung ausging. Den industriell-technischen Fortschrittserfolgen, denen eine immer stärkere Einebnung von Individualität und freier, persönlich-verantwortlicher Lebensführung korrespondiere, stellte Lienhard, wie Wehrung in einer Würdigung betonte, „das Ringen um das Substantielle, um die Synthese von Subjektivem und Objektivem, um das 48

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Zu den Auseinandersetzungen innerhalb der Verfassunggebenden Kirchenversammlung, in die sich im Juni 1923 weitere 23 Theologieprofessoren (darunter Adolf von Harnack, Friedrich Niebergall, Martin Rade, Otto Ritschi, Hans von Soden und Horst Stephan) mit einer gemeinsamen Erklärung einschalteten, vgl. auch Jochen Jacke: Kirche zwischen Monarchie und Republik. Der preußische Protestantismus nach dem Zusammenbruch von 1918 (Hamburger Beiträge zur Sozial- und Zeitgeschichte. Band XII), Hamburg 1976; zum „Präambelstreit" und der erwähnten Theologeninitiative siehe insbesondere: 286-298. Friedrich Lienhard, ein entfernter Verwandter Wehrungs, wurde 1865 in Rothbach/Elsaß geboren und starb 1929 in Eisenach. Hauptwerke seines nach Themen wie nach Gattungen sehr weitgespannten Gesamtwerkes sind „Oberlin" (1910), „Wieland, der Schmied" (1905) sowie „Wege nach Weimar. Beiträge zur Erneuerung des Idealismus" (1905 bis 1908). Von 1920 bis 1928 gab er die Zeitschrift Der Türmer heraus, an der auch Wehrung sich wiederholt beteiligte. Zu Lienhard vgl. Hildegard Chatellier: Kreuz, Rosenkreuz und Hakenkreuz. Synkretismus in der Weimarer Zeit am Beispiel Friedrich Lienhards, in: Manfred Gangl / Gerard Raulet (Hg.): Intellektuellendiskurse in der Weimarer Republik. Zur politischen Kultur einer Gemengelage, Frankfurt am Main / New York 1994, 53-65. Siehe auch Friedrich Lienhard: Jugendjahre. Erinnerungen, Stuttgart 1918.

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Übernatürliche im zeitlichen Geschehen und Erleben" entgegen. In der Warnung vor den zerstörerischen Mächten der modernen Zivilisation, die Lienhard seit seiner populären Flugschrift „Die Vorherrschaft Berlins" von 1900 immer wieder vorgebracht hatte, habe er eine „seherische" Kraft bewiesen, die ihn als Vorläufer der zeitkritischen Aufbruchsbewegungen der zwanziger Jahre erscheinen lasse.50 So sehr sich in dieser Würdigung eigene Vorbehalte gegen den Säkularisierungsprozeß der Moderne widerspiegeln, so sehr stand Wehrung doch gleichzeitig der auf nationalistischen Grundüberzeugungen von Herkunft und „Art" begründeten Weltanschauung Lienhards fremd gegenüber. Trotz dieser Distanz bleibt festzuhalten, daß Wehrung noch bis weit in die zwanziger Jahre in der von Lienhard formulierten Kultur- und Gesellschaftskritik einen adäquaten Ausdruck fand für seine eigenen, konservativ geprägten gesellschaftspolitischen Leitvorstellungen.51 Für den weiteren akademischen Weg Wehrungs waren die frühen zwanziger Jahre auch noch in einer anderen Beziehung von besonderer Bedeutung: Aus der im Nachlaß vorhandenen Korrespondenz läßt sich erkennen, in welch intensiver Weise Wehrung die Zeit dieser ersten akademischen Wirksamkeit nutzte, um Eingang in die persönlichen und informellen Verbindungen der universitären Theologenschaft zu finden. Einen bemerkenswerten Umfang nehmen die brieflichen Kontakte zu liberalprotestantischen Theologen wie Ferdinand Kattenbusch, Horst Stephan oder Georg Wobbermin ein. Insgesamt bieten diese Sammlungen, jenseits der biographischen Bedeutung im einzelnen, aufschlußreiche Dokumente zur Alltagsverständigung, wie sie innerhalb des Liberalprotestantismus der zwanziger und dreißiger Jahre gepflegt wurde.52 50

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Friedrich Lienhard. Zu seinem sechzigsten Geburtstag, in: Westermanns Monatshefte 70 (1925), 187-191, Zitate: 190. 191.- Die Zeitschrift Das zwanzigste Jahrhundert trug den Untertitel „Blätter für deutsche Art und Wohlfahrt". Sie wird von Peter de Mendelssohn als „antisemitisches Hetzblatt" bezeichnet; vgl. Peter de Mendelssohn: Der Zauberer. Das Leben des deutschen Schriftstellers Thomas Mann. Erster Teil: 1875-1918, Frankfurt am Main 1975, 230. Heinrich Manns Übernahme der Redaktion, deren biographische Details zum Teil noch ungeklärt sind, erfolgte im Frühjahr 1895. Der im Wehrung-Nachlaß vorhandene, weiterhin in Privatbesitz befindliche umfangreiche Briefwechsel mit dem Dichter spiegelt die Auseinandersetzung um Themen aus dem Spektrum antidemokratischen und modernitätskritischen Denkens. - Zu den weiteren Gesprächspartnern Wehrungs in Münster gehörte in diesen Jahren auch Martin Niemöller (vgl. Garsten Nicolaisen: Niemöller, Martin, in: Biographisch-Bibliographisches Kirchenlexikon. Band 6, Herzberg 1993, 735-748, hier: 735-736). Es sei überdies erwähnt, daß Wehrung im Oktober 1920 die Ehe mit der 1897 geborenen Marianne Bresch, Tochter eines elsässischen Pfarrers, einging. Dieser Ehe entstammten drei Kinder. Der betreffende Nachlaßbestand umfaßt über die genannten Korrespondenzen hinaus in zum Teil erheblicher Anzahl Briefe und Postkarten von Theodor Haering, Kurt Leese, Johannes Müller, Hermann Mulert, Rudolf Paulus, Otto Ritschi, Arthur Titius, Georg Wünsch und Friedrich Traub. Zahlreiche Briefe von Traub, Kattenbusch, Ritschi, Wobbermin und Paulus beziehen sich auf Veröffentlichungen Wehrungs. - Ein nach Auskunft der brieflichen Unterlagen eher distanziertes Verhältnis verband Wehrung mit

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2.3.2. Mitherausgeber und Autor der Zeitschrift für systematische Theologie Im Winter 1921/22 wurde Wehrung auf Vorschlag des Göttinger Systematischen Theologen Carl Stange zur Teilnahme an ersten Beratungen über das Programm einer zu gründenden Zeitschrift für systematische Theologie eingeladen. Wehrung nahm das Angebot zur Mitarbeit vor allem wegen der damit verbundenen Wirkungsmöglichkeiten an.53 Gemeinsam mit Paul Althaus, Emanuel Hirsch und Stange übernahm er die Herausgabe der Zeitschrift; ihr erster Jahrgang erschien 1923.54 Althaus, Hirsch und Stange standen in dem Herausgeberkreis für die Erlanger Theologietradition, für ein von Karl Holl inspiriertes Neuluthertum und für die theologischen Zielsetzungen einer modernen, gleichfalls lutherisch orientierten Apologetik. Wehrung fiel demgegenüber die Aufgabe zu, einen konservativ ausgerichteten Liberalprotestantismus zu repräsentieren. Gemeinsam war den vier, in durchaus unterschiedlichem Maße modernisierungsoffenen Theologen die elementare theologische Überzeugung, daß nur eine kirchlich geprägte Form von Religiosität als normative Grundlage der in der theologischen Argumentation erreichbaren wissenschaftlichen „Objektivität" anzusehen sei.55 Ungeachtet der unterschiedlichen theologischen Interessen, die vor allem Stange und Hirsch mit der Zeitschriftengründung verbanden - nahezu gleichzeitig war die erste Ausgabe von Barths Zwischen den Zeiten erschienen -, galt bei sämtlichen Herausgebern die Klärung des Verhältnisses von christlicher Überlieferung und traditionskritischer Moderne als zentrale Aufgabenstellung des gemeinsamen Unternehmens. In einer Rede anläßlich des 100. Geburtstages von Albrecht Ritschi erklärte Stange im

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Martin Rade. Wehrung hat lediglich ein einziges Mal in der Christlichen Welt publiziert (vgl.: Schleiermacher unser Zeitgenosse, in: Die Christliche Welt 48 (1934), 240-244; siehe daneben auch Wehrungs Besprechung von Rades Schrift: Zum Teufelsglauben Luthers (Gotha 1931), in: Theologische Literaturzeitung 58 (1933), 288-289). Vgl.: Vita, 5-6. Zeitschrift für systematische Theologie. Herausgegeben in Verbindung mit Paul Althaus, Rostock, Emanuel Hirsch, Göttingen, und Georg Wehrung, Münster von Carl Stange, Göttingen, l (1923) bis 20 (1943). Mit dem 12. Jahrgang (1935) nahm Adolf Köberle den Platz von Hirsch im Herausgebergremium ein. - Zum Kontext dieser Zeitschriftengründung vgl. die detaillierte Darstellung von Heinrich Assel: Der andere Aufbruch. Die Lutherrenaissance - Ursprünge, Aporien und Wege: Karl Holl, Emanuel Hirsch, Rudolf Hermann (1910-1935) (Forschungen zur systematischen und ökumenischen Theologie. Band 72), Göttingen 1994, 17-41. Auf Wehrungs Anteil an den mit der Zeitschrift verbundenen Planungen und Arbeiten geht Assel nicht näher ein. Die einleitende Erklärung des Herausgeberkreises betont ausdrücklich, daß „die Objektivität des wissenschaftlichen Urteils (...) gewiß auch für die Theologie unerläßlich [sei], aber sie ist nur dann möglich, wenn das der Theologie eigentümliche Objekt gegeben ist: das Objekt der Theologie ist aber das Christentum selbst" (Zeitschrift für systematische Theologie l (1923), 3).

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Mai 1922 vor der Göttinger Theologischen Fakultät gerade diese Problematik zur wichtigsten Herausforderung der gegenwärtigen protestantischen Theologie.56 Als es in den folgenden Jahren wiederholt zu direkten Konfrontationen zwischen den Autoren der Zeitschrift für systematische Theologie und denen von Zwischen den Zeiten kam, blieb Wehrung außerhalb dieser Auseinandersetzungen. Anders als Stange und Hirsch, die beide in unmittelbarem Kontakt zu Karl Barth, ihrem Göttinger Fakultätskollegen, standen, ging Wehrung in den frühen zwanziger Jahren überhaupt auf die Bestrebungen der Dialektischen Theologie kaum ein. Insofern blieb er innerhalb des Herausgeberkreises der Zeitschrift vergleichsweise in einer Außenseiterposition. Auf der anderen Seite nutzte Wehrung sehr intensiv die Einflußmöglichkeiten, die seine Stellung ihm gab. Vor allem setzte er sich für eine Stärkung des theologiegeschichtlichen Engagements der Zeitschrift ein. Darüber hinaus hat Wehrung mit einer größeren Anzahl eigener, zum Teil sehr umfangreicher Beiträge das theologische Profil der Zeitschrift wesentlich mitbeeinflußt.57 Das von Wehrung mit den drei anderen Herausgebern gemeinsam unterzeichnete programmatische Geleitwort zum ersten Jahrgang beschrieb „die besondere Aufgabe" der Zeitschrift dahin, auf der Grundlage einer kritischen „Enthüllung der kulturgeschichtlichen und religionsgeschichtlichen Zusammenhänge, in denen das Christentum steht", eine solche Form theologischer Reflexion in den Diskurs der Theologie einzuführen, die von der Voraussetzung ausgeht, daß das Christentum „eine Lebensgröße von eigentümlicher Art ist, deren Wesen und Bedeutung nur in der persönlichen Aneignung wissenschaftlich verstanden werden kann". 58 „Das Christentum" wird „als persönliche Überzeugung, als Lebensbestimmtheit, als persönliches Verhältnis zu Gott" aufgefaßt. Überdies sei für die Möglichkeit von Theologie eine historische Perspektive unerläßlich, derzufolge „das Verständnis der Geschichte" abhängig ist von dem Grad, „in dem wir selbst in lebendiger Berührung mit dem geschichtlichen 56

57

58

Carl Stange: Albrecht Ritschi. Die geschichtliche Stellung seiner Theologie, Leipzig l922. Die Rede, von Karl Holl anerkennend aufgenommen, erregte Barths heftige Kritik. Seiner Ansicht nach sei sie als Ausdruck „schlimmster Schiebertheologie" zu werten; vgl.: Karl Barth - Eduard Thurneysen. Briefwechsel. Teil 2: 1921-1930. Bearbeitet und herausgegeben von Eduard Thurneysen (Karl Barth-Gesamtausgabe. V. Abteilung. Band 4), Zürich 1973, 73 (9. Mai 1922). Wehrung gehörte mit fünfzehn eigenen Beiträgen innerhalb des Zeitraumes von 1923 bis 1942 noch vor Hirsch zu den produktivsten Autoren der Zeitschrift. In persönlicher Hinsicht konnte er zudem durch seine Herausgebertätigkeit eine Arbeitsbeziehung zum Carl Bertelsmann-Verlag in Gütersloh anknüpfen. Dieser Verlag verlegte trotz seiner vorherrschend kirchlich-konservativen, liberalismuskritischen Verlagspolitik in den folgenden Jahren eine Reihe von Werken Wehrungs. Paul Althaus, Emanuel Hirsch, Carl Stange und Georg Wehrung: Zum Geleit, in: Zeitschrift für systematische Theologie l (1923), 3-5, hier: 3.

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Leben stehen". Zunächst müsse eine Erkenntnis der „inneren Bedeutung" historischer Sachverhalte angestrebt werden, bevor die Rekonstruktion in Interpretation übergehen könne. Nach dieser Maßgabe sei auch die Rolle des Christentums im Kontext der gegenwärtigen geistig-kulturellen Lage zu thematisieren. Die Autoren gehen von einer pessimistischen Sicht aus: „Es ist das Verhängnis unserer modernen Kultur, daß sie als Erbe der Aufklärung die grundsätzliche Geringschätzung und Gegnerschaft gegenüber dem Christentum beibehalten hat. Die Folge davon ist, daß die tiefste und reichste Entfaltung des menschlichen Lebens, das [...] religiöse Bewußtsein, keinen wesentlichen Einfluß auf die Gestaltung unseres modernen Gesamtlebens ausübt." 59 Deshalb habe die Theologie in eine differenzierte Auseinandersetzung mit Philosophie, Wissenschaft und Christentumskritik einzutreten und zu zeigen, daß „ein Verständnis der Welt und des Menschen ohne die Religion" letztlich nicht möglich sei. Insbesondere „die Erneuerung und Vertiefung des Lebens, deren unsere Zeit bedarf", könne nur auf dem Boden einer solchen, von persönlicher Frömmigkeit getragenen Grundhaltung erfolgen.60 Diese Programmsätze stehen, unabhängig von dem kontroverstheologischen Zweck, dem sie sich im vorliegenden Zusammenhang auch verdanken, für zentrale Motive der theologischen Arbeit Wehrungs. Die Beschreibung der kulturellen Relevanz einer religiös geprägten Weltdeutung und Daseinsvergewisserung steht im Mittelpunkt seiner theologischen Auslegung christlicher Glaubensinhalte. Auch seine Auffassung von den subjektiven Voraussetzungen religiösen Empfindens wurde durch dieses Interesse bestimmt. Bereits Wehrungs erster Beitrag für die Zeitschrift für systematische Theologie ging unter dem Titel „Das religiöse Ich" der Frage nach dem subjektiven Ursprung der Religion nach und erörterte damit die Fundamentalproblematik neuprotestantischer Religionstheorie.61 Noch im gleichen Jahrgang führte Wehrung das Thema weiter, indem er das Verhältnis solcher religiöser Glaubensvorstellungen, die aus einer vorgegebenen religiösen Tradition hergeleitet werden können, zu sprachlich und bildlich nicht faßbaren, auf diffuse Weise im „Gemüt" wirksamen Formen von Frömmigkeit untersuchte.62 Wehrung nahm im Kontext dieser Studien eine in den frühen zwanziger Jahren weit verbreitete Rationalitätskritik auf. Einem reduktionistischen 59 60

61 62

Ebd., 4. Ebd., 5. Das religiöse Ich. Zur Frage nach dem subjektiven Ursprung der Religion, in: Zeitschrift für systematische Theologie l (1923), 6-27. Vom Irrationalen, in: Zeitschrift für systematische Theologie l (1923), 482-517. Eine Fortführung dieser Überlegungen, die zugleich auf eine ethische Begründungstheorie hin entfaltet werden, unternimmt Wehrung in seiner Studie: Das Sittliche als irrationales Phänomen, in: Zeitschrift für systematische Theologie 3 (1925/26), 74-120.

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Verständnis von Rationalität, das ein homogenes Modell des menschlichen Bewußtseins voraussetzt, wird der Begriff des Irrationalen positiv entgegengesetzt. Die „irrationale" Dimension von Religion fungiert hier als Korrektiv gegen eine Tendenz zur weltanschaulichen Objektivierung. Sie schafft eine Distanz zwischen der Glaubenserfahrung und ihrer theologischen Reflexion, die für den Theologen nicht überschreitbar ist. Jedem in der religiösen Sprache verwendbaren Begriff stehe ein unendlicher Sinnund Bedeutungsgehalt gegenüber. Die „Ahnung" gerade dieses unendlichen Gehaltes mache den spezifischen Charakter der religiösen Erfahrung aus. „Gott ist der Überweltliche, [der] durch keinen logisch verfolgbaren Ring von Bedingungen mit der Welt verbunden" ist.63 - An dieser religionstheoretischen Grundauffassung hat Wehrung bis zu seinen späten theologischen Entwürfen festgehalten. 2.3.3. „Frömmigkeit und Autorität im Protestantismus" Doch nicht nur im Blick auf die Religionstheorie sind die Jahre der Münsteraner Lehrtätigkeit für die Ausbildung des theologischen Entwurfs bedeutsam gewesen. Auch in theologietheoretischer Hinsicht hat Wehrung während dieser Zeit zentrale Bestandteile seiner Konzeption entwickelt. Insbesondere die 1924 in der Zeitschrift für systematische Theologie publizierte Studie über „Die Haupttypen theologischen Denkens in der neueren Theologie" markiert in dieser Hinsicht einen wichtigen Schritt.64 Die Untersuchung will „von methodologischen Gesichtspunkten her die neuere Theologie in ihren Hauptzügen durchleuchten und damit zugleich an das Problem der Gegenwart heranführen". Es soll „unsere heutige Lage und Aufgabe" mittels einer „historisch-methodologischen Darlegung" begriffen werden.65 Den aufklärungskritischen Ansatz der Religionstheorie griff Wehrung auch hier wieder auf, jedoch erweiterte er ihn um eine erste systematische Formulierung seiner geschichtstheologischen Position. Die Auseinandersetzung mit den Konsequenzen einer historistisch motivierten Infragestellung der Geltungsansprüche von Religion und die Erörterung der damit verbundenen Probleme nahmen von nun an einen entscheidenden Rang in der theologischen Arbeit Wehrungs ein. Den Ausgangspunkt bildete dabei die Überzeugung, daß sich durch die gesamte neuere Theologiegeschichte hindurch die Erkenntnis immer stärker durchgesetzt habe, daß die Theologie einen Zugang zum Phänomen des 63 64

65

Vom Irrationalen, 500. Die Haupttypen theologischen Denkens in der neueren Theologie, in: Zeitschrift für systematische Theologie 2 (1924/25), 75-145. Auf diese Studie wird im Rahmen der Ausführungen zu Wehrungs Theologieverständnis näher eingegangen werden (siehe Teil III.2.4.).

Ebd., 75.

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Glaubens nur über dessen geschichtlich vorfindliche Gestalt finden könne.66 Eine Bestätigung dieser Auffassung fand Wehrung in seinen Analysen zur modernen protestantischen Glaubenslehre. In mehreren Vorträgen, die zunächst 1921 und 1922 vor evangelischen Kirchengemeinden in Münster gehalten wurden und die in erweiterter Form 1928 unter dem Titel „Protestantischer Geist" erschienen,67 entwarf Wehrung eine normative Theorie protestantischer Christentumsauslegung. Dabei stellte er die in der frühen Reformationszeit ausgebildete Gestalt des Protestantismus seiner weiteren geschichtlichen Entwicklung kritisch gegenüber. Nach dem gleichen Maßstab beurteilte Wehrung auch die gegenwärtigen Erscheinungsformen protestantischer Frömmigkeit. Die Schlußfolgerung, die Wehrung zog, lautete, daß nur durch eine erneute Konzentration auf die ursprünglichen protestantischen Ideale von Wahrhaftigkeit, Freiheit, Vertrauen auf Gott und dazu durch eine Besinnung auf den von den Reformatoren formulierten sittlichen Anspruch an die alltägliche Lebensführung die evangelische Glaubenslehre ihrer Aufgabenstellung gerecht werden könne. Es gelte - so Wehrungs programmatische Forderung -, dem Gedanken einer „protestantischen Lebensführung" Ausdruck zu verleihen, durch den erst die sinnstiftende Kraft des christlichen Glaubens als Basis einer humanen Weltgestaltung zur Geltung gebracht werden könne. Von zentraler Bedeutung ist in diesem Zusammenhang ein Vortrag unter dem Titel „Autorität und Freiheit im Protestantismus".68 Die „Lebensfrage" des Protestantismus stelle sich innerhalb der polaren Beziehung von externer und interner Bestimmtheit der individuellen Lebensführung. Freiheit und Autorität seien nach protestantischer Auffassung, im Gegensatz zur römisch-katholischen Sicht, nicht als Glieder eines ausschließenden Gegensatzes zu denken, sondern als oppositionelle, in ihrer Bedeutungsdifferenz aber gerade aufeinander bezogene Teilmomente eines sich „innig durchdringenden", auf eine Synthese hin angelegten Verhältnisses. In Anknüpfung an das lutherische Freiheitsverständnis definiert Wehrung Freiheit als „volle innere Mündigkeit der Überzeugung". Sie setze „persönlich erprobte Erfahrung" als Medium der „Selbstverantwortung" voraus und sei als solche die Grundlage einer Realisierung der Würde menschlichen Lebens. Mit diesem Individualität und Persönlichkeit begründenden Freiheitsprinzip des Protestantismus werde die tradierte Autorität kirchlicher Lehrgewalt auf den einzelnen Christen selbst über66

67

68

Vgl.: Ebd., 78. Protestantischer Geist. Fünf Vorträge, Gütersloh 1928. Einzelne dieser Vorträge erschienen zuvor gesondert (vgl. die genauen Angaben im Bibliographischen Anhang unter A.2.2.3). Autorität und Freiheit im Protestantismus, in: Protestantischer Geist, 35-65. Der Vortrag erschien bereits 1922 als Sonderdruck, der von der Obertüschenschen Buchhandlung in Münster herausgegeben wurde. Für die spätere Ausgabe hat Wehrung den Text lediglich geringfügig verändert.

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tragen, der, wie Luther festgestellt habe, „den wahrhaftigen Glauben in seinem Herzen hat, er sei ein Mann oder Weib, jung oder alt, Knecht oder Magd, gelehrt oder ungelehrt". Die Freiheit des Gewissens werde als Inbegriff einer eigenverantwortlichen Lebensführung aufgerichtet. Nach Wehrung ist deshalb die von den Reformatoren formulierte Auslegung des Glaubens auf Freiheit hin zugleich die Geburtsstunde der neuzeitlichen Grundwerte von Autonomie und Subjektivität.69 Den eigentümlichen Charakter protestantischer Frömmigkeit erfaßt die theologische Rekonstruktion jedoch nach Wehrung erst dann, wenn sie den Gehalt jenes reformatorischen Freiheitsbegriffes so entfaltet, daß die spezifische Qualifikation von Freiheit aus ihrer Verankerung in einer „höheren, hintergründigen Autorität" sichtbar wird. „Der Mensch wird [...] auf Gott gestellt, nicht auf sich selbst." Erst diese epochale Einsicht sei der Grund dafür, weshalb mit der Reformation „ein neues Zeitalter" begonnen habe, „in dessen Entwicklung wir uns noch heute befinden". Wehrungs Protestantismustheorie setzt einen Autoritätsbegriff voraus, der die individuelle Entwicklung der Persönlichkeit mit dem geschichtlichen Entwicklungsprozeß des frommen Bewußtseins zusammenschließt. Denn sofern sich allein im historischen Kontext die Realität Gottes dem Menschen erkennbar bezeugt, erhält die Geschichte selbst den Charakter eines religiösen Offenbarungswertes. Die theologische Fundierung von Frömmigkeit im Gedanken der Autorität folgt unmittelbar aus Wehrungs Interesse, eine Theorie des Protestantismus zu entwerfen, die das Glaubensverständnis im Freiheitsbegriff konzentriert. Auf diese Weise soll die Erkenntnis einer „neuen Freiheit", die mit der Glaubenserfahrung der Reformatoren sichtbar geworden sei, zu einer neuen Auslegung der normativen Grundlagen des Glaubens führen.70 Als eine in der Geschichte sich verwirklichende Größe kann „Freiheit" zur Auflösung von ideologisch fixierten Strukturen autoritärer Unterwerfung führen und so in Gestalt sich selbst bestimmender „innerer Mündigkeit" freies Sein als fromme Subjektivität erst begründen.71 Freiheit ist daher im protestantischen Sinne nicht anders denn als subjektiv erlebte „Gotteskindschaft" tatsächlich gegeben. Indem sie Ausdruck der Gebundenheit an den Willen Gottes ist, bedeutet sie zugleich eine faktische Loslösung aus einem „traumhaften Verwachsensein mit der Natur". Das Erwachen des Bewußtseins geschieht gleichzeitig mit dem des „Dranges 69

70 71

Ebd., 36-37. Wehrung bezieht sich hier auf eine in die Kirchenpostille aufgenommene Predigt Luthers zum 8. Sonntag nach Trinitatis. Insbesondere folgende Formulierung wird von ihm hervorgehoben: „Das rede ich nun alles darum, daß ihr müsset Richter sein und habt Macht zu urteilen über alles, das euch vorgeschlagen wird; darum, daß ich auf keinen Menschen bauen kann noch soll; denn ich muß selbst antworten, wenn es zum Sterben kommt" (zitiert nach Wehrung: Ebd., 37). Ebd., 37-38. Ebd., 55.36; vgl. auch: 60.

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zum Unendlichen". So besteht auch für die im Glauben konstituierte Gemeinschaft die Aufgabe darin, diese Freiheit in der Welt zur Wirksamkeit zu bringen. Nicht ein imaginärer Ort idealer Gemeinschaft, sondern die geschichtliche Wirklichkeit gelte dem Christen als Ort praktizierter Freiheit: „Wir müssen den Himmel vor uns suchen, den Himmel, dessen heller Widerschein uns ins Herz gefallen ist."72 Wehrung verbindet diese ethische Ausrichtung seiner Protestantismustheorie mit einer kritischen Gegenwartseinschätzung: „Gegenüber all den auflösenden, dämonisch niederziehenden Strömungen" habe protestantische Frömmigkeit „vor dem Forum der Zeit" die religiöse Erkenntnis als sittliche Macht zu bezeugen. Insbesondere die Kirche müsse deshalb in allen Bereichen ihrer praktischen Arbeit jede Verbindung mit dem „Parteihader" aufgeben und statt dessen die Unabhängigkeit ihrer Verkündigung in Analyse und Kritik der gesellschaftlichen Situation deutlich hervortreten lassen. Sie müsse zu diesem Zweck „aus dem Winkel heraustreten in die Öffentlichkeit". Ihr Einsatz habe der „Stärkung der Kleinmütigen" zu dienen und auf diese Weise dazu beizutragen, daß „Gottes Herrschaft über die Herzen" aufgerichtet werde. Die Kirche dürfe sich nicht „vor jedem Hauch der Freiheit" verschließen; sie solle vielmehr offen jeder Bevormundung der Gewissen entgegentreten. An der Verfestigung und Fortführung künstlich verankerter Autoritäten dürfe sie sich nicht beteiligen. In einer Situation allgemeiner „Zerbröckelung und Zersetzung" des sozialen Bewußtseins sei allein eine solche wahrhaft freie kirchliche Verkündigung fähig, die orientierende Kraft des Glaubens und damit auch die von ihm ausgehende Motivation zu einer humanen Gestaltung der Lebensverhältnisse auf eine gesellschaftlich relevante Weise zur Darstellung zu bringen.73 2.4. Halle: Grundlegung des theologischen Entwurfs Wehrungs Tätigkeit in Münster endete mit Ablauf des Wintersemesters 1926/27. Drei Semester zuvor war Karl Barth auf eine planmäßige außerordentliche Professur für Dogmatik und neutestamentliche Exegese im Range eines „persönlichen Ordinarius" nach Münster berufen worden. Barths Einfluß auf die Fakultät entfaltete sich rasch und führte vor allem im Bereich der Systematischen Theologie zu einer Neuformierung der Studienschwerpunkte und der Diskussionslage. Wehrung, der als Inhaber des systematisch-theologischen Lehrstuhles Barths nächster Fachkollege war, suchte das theologische Gespräch mit Barth aufzunehmen. Auf der anderen Seite scheint sich Wehrung, dessen Position innerhalb der Fakultät trotz seiner formal vorgeordneten Stellung zweifellos durch Barths 72

73

Ebd., 57. Ebd., 63-65.

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Anwesenheit geschwächt wurde, durch die neue Konstellation zunehmend bedrängt gefühlt zu haben. Etwa seit Mitte 1926 bemühte er sich um eine Beendigung der Münsteraner Lehrtätigkeit.74 2.4.1. Wehrung als Mitglied der Hallenser Fakultät Die Berufung Wehrungs nach Halle, die zum Sommersemester 1927 erfolgte, war Teil einer einzigartigen Konkurrenzsituation der drei Theologen Stephan, Wobbermin und Wehrung.75 In der Nachfolge von Max Reischle und Ferdinand Kattenbusch war die liberalprotestantisch ausgerichtete, traditionell an einen Angehörigen der Schule Albrecht Ritschis vergebene Professur für Systematische Theologie 1922 an Horst Stephan übertragen worden. Im Frühjahr 1926 nahm Stephan einen Ruf nach Leipzig auf eine dortige Professur für Systematische Theologie an. Auf diesen Lehrstuhl hatte die Leipziger Fakultät im Herbst 1925 zunächst Wobbermin erfolglos berufen. An die Stelle von Stephan in Halle sollte wiederum zunächst Wobbermin treten.76 Auch diese Berufung lehnte Wobbermin, dem im Gegenzug eine deutliche Verbesserung seiner Göttinger Arbeitsbedingungen zugestanden worden war, ab. Nach Stephans Weggang und Wobbermins definitivem Verzicht, wurde das Wiederbesetzungsverfahren zunächst unterbrochen. Die Hallenser Professur blieb für die Dauer von zwei Semestern vakant. Frühestens zur Jahreswende 1926/27 wurden dann die Berufungsgespräche mit Wehrung aufgenommen. Die Ernennung erfolgte schließlich zum Beginn des Sommersemesters 1927. In Halle trat Wehrung in eine Fakultät ein, die auf eine große Tradition des theologischen Rationalismus zurückblickte und in der ein stark aufklärungstheologischer Impuls in Gestalt einer historisch orientierten, gemäßigt kritischen Theologie noch immer fortwirkte. Mit Julius Köstlin, Willibald Beyschlag, dem Initiator des „Evangelischen Bundes", Friedrich Loofs und Max Reischle trat diese Ausrichtung personell bereits seit den 1870er Jahren in Erscheinung. Eine - allerdings mit hochschulpolitischen 74

75

76

Vgl. Eberhard Busch: Karl Barths Lebenslauf. Nach seinen Briefen und autobiographischen Texten. Mit einem Nachwort von Walter Feurich, München 1975, 154; siehe dort auch die Abbildung 33, die Wehrung und Barth gemeinsam mit den weiteren Mitgliedern der Fakultät zeigt. Nach Wehrungs Weggang wurde Barth auf den Lehrstuhl berufen und seine bisherige Position mit Friedrich Wilhelm Schmidt besetzt. - Im Frühjahr 1925 hatte Wehrung nach längeren Verhandlungen einen Ruf nach Gießen abgelehnt. Außerdem gibt es Hinweise darauf, daß auch mit der Bonner Universität (Nachfolge Otto Ritschi) Verhandlungen geführt worden sind (vgl. den Brief Emil Pfennigsdorfs an Wehrung vom 1. Dezember 1927. Nachlaß Wehrung. Karton 2: Wissenschaftliche Korrespondenz II). Im Archiv der Universität Halle befinden sich ausführliche Unterlagen nur zu den jeweils berufenen Theologen. Zu Wobbermin gibt es keinen gesonderten Aktenbestand. Siehe dazu unten Teil H.3.4.3.; vgl. auch: Die Christliche Welt 40 (1926), 96.

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Belastungen verbundene - Wirkungsstätte bot Halle auch der frühen Religionsgeschichtlichen Schule, die durch Albert Eichhorn (in Halle von 1888 bis 1901) und Hermann Gunkel (1889-1894) vertreten wurde. Über die Lehrstuhlinhaber Reischle, Kattenbusch und Stephan hatte sich im Laufe von drei Jahrzehnten eine liberalprotestantische Tradition etabliert, der trotz der von Martin Kahler und Wilhelm Lütgert repräsentierten biblizistischen Dogmatik ein erhebliches Gewicht innerhalb der Fakultät zukam und deren Fortführung nun Wehrung oblag. In der „Vita" beschrieb Wehrung seinen Eintritt in die Hallenser Theologische Fakultät in folgender Weise: „Es war doch eine Horizonterweiterung, als ich 1927 nach Halle a. S. ging. Hier war eine stärker besetzte Fakultät, die auch verschiedene Standpunkte umschloß, dadurch mannigfach fördernde Beziehungen ermöglichte; alles erprobte Gelehrte, deren wissenschaftliche Zusammenarbeit einen nicht geringen Einfluß auf die Studierenden ausübte. Daß ich J.[ohannes] Ficker und E.[rnst] von Dobschütz, den einstigen Nachfolger Holtzmanns in Straßburg beide auf der Höhe ihres Wirkens nach langer Zwischenzeit hier wieder treffen sollte, war eine schöne Fügung. W. Lütgert war, wo ich ihn sah, stets sehr entgegenkommend; es gab keinen größeren Genuß für mich als eine Unterhaltung mit dem geistreichen Mann über theologische und allgemein geistige Fragen. Daß ich mit dem Alttestamentler [Otto] Eissfeldt im selben Hause wohnte, habe ich auch genutzt. [Hermann] Gunkel, Eissfeldt, [Hilko Wiardo] Schomerus und ich, die wir im selben Nordviertel wohnten, trafen uns oft zu gemeinsamen Spaziergängen [...]. Gerade mit Schomerus, bei dem ich ein Seminar über eine hinduistische Dogmatik mitmachte, verbanden mich viele gemeinsame Fragen. Auch der ehrwürdige P.faul] Feine brachte mir ein schönes Vertrauen entgegen. Den Altmeister F. Kattenbusch, der kaum noch ausging, suchte ich von Zeit zu Zeit auf, um mir von ihm über frühere theologische Strömungen und Gestalten berichten zu lassen. Gerade noch lernte ich F.[riedrich] Loofs persönlich kennen, wir waren mehrmals in seinem Hause. K.[arl] Eger, der praktische Theologe, schenkte mir im besonderen Maße sein Wohlwollen; alles Persönliche konnte ich vertrauensvoll mit ihm besprechen, auch in politischer und theologischer Hinsicht verstanden wir uns aufs beste. Während er im Winter den akademischen Gottesdienst bestritt, predigte ich im Sommer abwechselnd mit dem Nachfolger Gunkels, Hans Schmidt, der sich harmonisch der Fakultät einfügte. Auch mit G.[erhard) Heinzelmann, der Lütgert ablöste, verstand ich mich aufs beste, wir ergänzten uns vortrefflich, auch im Bewußtsein der Studierenden."77 77

Vita, 6-7. - Im gleichen Zusammenhang betont Wehrung auch seine als Dekan der Fakultät geleistete Mitwirkung an der Einrichtung eines Hallenser Sprachenkonviktes. Die enge fachliche Kooperation einiger Hallenser Dozenten wird auch von anderen Mitgliedern der Fakultät hervorgehoben; vgl. etwa den Brief von Ernst von Dobschütz an Hans Lietzmann vom 4. Juli 1930: Wir „haben mit Wehrung und Heinzelmann zusammen ein systematisches Peripateticum, von dem sie sehr angetan sind" (zitiert nach Kurt Aland (Hg.): Glanz und Niedergang der deutschen Universität. 50 Jahre deutscher Wissenschaftsgeschichte in Briefen an und von Hans Lietzmann (1892-1940), Berlin/ New York 1979, 608-609, hier: 609).

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2.4.2. Schleiermacher-Studien In seiner wissenschaftlichen Arbeit konzentrierte Wehrung sich zunächst auf theologiegeschichtliche Studien: „Dort in Halle habe ich unter lebhafter Teilnahme Kattenbuschs die Symbolik vollständig vorgetragen, von da an jede Gelegenheit zu ihrem Ausbau benützt; auch habe ich mich, mit Hilfe der Bibliothek des Tholuckkonvikts, um die Geschichte der neueren protestantischen Theologie bemüht."78 Im Mittelpunkt des historischen Interesses von Wehrung stand während der Hallenser Zeit jedoch erneut die Schleiermacher-Forschung. Bereits 1927 legte er eine umfangreiche, noch in Münster begonnene Untersuchung zur frühen theologischen Entwicklung Schleiermachers unter dem Titel „Schleiermacher in der Zeit seines Werdens" vor.79 In diesem Werk vertrat Wehrung im Anschluß an Dilthey die These, daß die „jugendliche Lebensperiode" für das Verständnis der theologischen Hauptwerke Schleiermachers von grundlegender Bedeutung sei. Erneut hob er die zentrale Stellung des Religionsbegriffes hervor, den Schleiermacher in der ersten Auflage der „Reden" entfaltet hatte. Mit besonderer Sorgfalt widmete Wehrung sich dem Verhältnis von Theologie und Philosophie, durch dessen genaue Analyse ein Zugang zur theologischen Theorie Schleiermachers gewonnen werden sollte. Ein weiterer Schwerpunkt des Buches liegt in der umfassenden biographischen Schilderung. Wehrung stellt Schleiermacher in das vielschichtige und spannungsreiche Bezugsfeld, das durch die religiöse Prägung der Brüdergemeine, durch die Lektüre der Aufklärungsphilosophen, die intensive Beschäftigung mit Kant und Spinoza sowie durch die Auseinandersetzung mit der frühromantischen Geisteswelt aufgespannt wurde und das zu jener komplexen Prägung Schleiermachers führte, die sich in der Ausarbeitung der Reden „Über die Religion" von 1799 einen eigenständigen Ausdruck verschafft hat. Diese Schrift gilt Wehrung nach wie vor als zentrales Dokument für Schleiermachers frömmigkeitstheoretische Position. Ein Nebenergebnis des Buches und zugleich eine zusammenfassende Darstellung einiger Ergebnisse weiterer biographischer Studien legte Wehrung 1926 in einem Aufsatz unter dem Titel „Der Durchgang Schleiermachers durch die Brüdergemeine" in der Zeitschrift für systematische Theologie vor.80 Eine Würdigung des Lebenswerkes Schleiermachers an-

78

Vita, 7. Das umfangreiche, von Wehrung mehrmals überarbeitete und ergänzte Manuskript zu dieser Vorlesung liegt im Nachlaß vor (Universitätsbibliothek Tübingen. Nachlaß Wehrung. Karton 23: Materialien zu Vorlesungen). - Das Vorlesungsmanuskript ist auf den Zeitraum von Oktober 1924 bis Oktober 1927 datiert. 79 Schleiermacher in der Zeit seines Werdens, Gütersloh 1927. "° Der Durchgang Schleiermachers durch die Brüdergemeine, in: Zeitschrift für systematische Theologie 4 (1926/27), 192-210.

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läßlich des hundertsten Todestages am 12. Februar 1934 erschien Mitte März 1934 in der Christlichen Welt.81 Es spricht sehr für die große Anerkennung, die Wehrung zu dieser Zeit als Schleiermacher-Forscher genoß, wenn Hermann Mulert, der sich selbst auf diesem Gebiet durch zahlreiche bedeutende Beiträge ausgewiesen hatte, gerade ihn um einen Gedenkartikel bat. Wehrung erfüllte die Aufgabe, indem er Schleiermacher prononciert als „unseren Zeitgenossen" präsentierte. Vor dem Hintergrund der aktuellen theologischen Auseinandersetzungen hatte diese Sichtweise zunächst etwas Provozierendes. Indem Wehrung jedoch Schleiermacher einem rationalistischen Aufklärungsdenken entgegenstellte, das von mechanistischen Deutungsprinzipien beherrscht gewesen sei, ordnete er ihn der „großen Wendezeit" ein, „in der wir uns seit Jahrzehnten befinden". Charakteristisch für das neue Denken, das bereits von den Romantikern vorweggenommen worden sei, ist nach Wehrung eine Natur- und Lebensauffassung, „nach der wir uns umwogt, genährt, getragen wissen dürfen von einer ganz und gar lebendigen Wirklichkeit". Schleiermachers frühe Religionstheorie ebenso wie die Naturbetrachtung seines Freundes Steffens seien Ausdruck eines „Strebens zur Synthese", das die frühere Epoche der zergliedernden Verstandeskritik durch ein dynamisches „Ganzheitsdenken" abgelöst habe. Wehrung wies insbesondere auf Schleiermachers „Betrachtung der Geschichte" hin. Anders als die Aufklärungstheologie, die das Christentum auf dem Wege der Reduktion aus der jüdischen Religion habe begreifen wollen, sei ihm „der Blick für die unableitbare Ursprünglichkeit Christi, für seine Ursprünglichkeit gegenüber aller volkstümlichen Bestimmtheit" aufgegangen. Sein Geschichtsdenken sei „ursprüngliches, dynamisches, im schaffenden Mittelpunkt Fuß fassendes produktives, durchaus personhaftes Denken".82 Dies werde von seiner Deutung der Reformation bestätigt, die als allmähliche Gestaltung einer selbständigen, einheitlichen Lebenswelt erscheine. Ebenso wie die Reformation wertet Schleiermacher nach Wehrung schließlich auch das Neue Testament als „ein Neues im geschichtlichen Zusammenhang". Seine Bedeutung liege nicht in einer besonderen Beschaffenheit als Schriftwerk, sondern darin, daß es die „für alle Zeit der Kirche gegebene apostolische Predigt von Christus" sei. Dabei brauchte Schleiermacher das Neue Testament nicht den allgemein geltenden Regeln hermeneutischer und kritischer Textexegese zu entziehen. Vielmehr habe er „mit hellem Auge" „immer schon die Schwierigkeiten erkannt, die der christlichen Theologie aus der folgerichtig gehandhabten Natur- und Geschichtswissenschaft erwachsen". Er sei überhaupt nur deshalb Theologe

81 82

Schleiermacher unser Zeitgenosse, in: Die Christliche Welt 49 (1934), 240-244. Ebd., 241.

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gewesen, weil er den Streit zwischen Wissenschaft und Frömmigkeit schlichten zu können glaubte, „dadurch nämlich, daß er die Vorwerke mutig preisgibt, das Bollwerk, eben den Christusglauben", dafür aber um so stärker ausbaue. 83 Wenn dabei die Lösungsversuche im einzelnen auch bisweilen „zu glatt" ausgefallen seien, so bleibe doch die innere Freiheit bewundernswert, mit der Schleiermacher „überall wissenschaftlichen Geist und religiöse Erregung" in einen „natürlichen Bund" gebracht habe. Diese einzigartige Fähigkeit zu einem synthetischen Denken, die sich nicht zuletzt auch in einer „organologisch gerichteten Staatslehre" ausspreche, sei es, die Schleiermachers Werk zu einem unverzichtbaren Bestandteil auch der heutigen protestantischen Theologie werden lasse. Folgerichtig ordnet Wehrung Schleiermacher daher der gegenwärtigen geistigen und weltanschaulichen Lage zu: „Sein Tag wäre zur Neige gegangen, wenn seine Intentionen bereits zur vollen Ausführung gekommen wären. Doch die Theologie darf sich dessen schwerlich rühmen." Vielleicht sogar, so Wehrung, daß heute am Ende der Nachkriegszeit, „dieser Zeit des zerbrochenen Menschen", heute, wo „ein neuer Mut durch unser Volk" gehe, „wo auch die Theologie der letzten fünfzehn Jahre gewogen wird, vielleicht, daß heute Schleiermacher unter den Meistern des neunzehnten Jahrhunderts einer der Wenigen ist, die wir mit in unsere Zukunft hineinnehmen müssen". 84 Die hohe Wertschätzung, die Wehrung als Schleiermacher-Forscher in den Jahren um 1930 genoß, läßt sich auch für den nichtdeutschsprachigen Raum nachweisen. Zu diesem Zweck soll hier ein Brief des schwedischen Theologen Gustav Carstensen herangezogen werden. Carstensen, Pfarrer am Domkapitel von Lulea und früherer Dozent an der Universität Lund, hatte 1924 eine umfangreiche Studie über den Individualitätsgedanken bei Schleiermacher vorgelegt.85 Die an das Ende des Buches gestellte deutschsprachige Zusammenfassung macht deutlich, daß Carstensen vor allem in der Analyse der Geschichtsauffassung Schleiermachers und der auf sie bezogenen Religions- und Christentumstheorie stark an Wehrung orientiert ist.86 Der Übersendung seines Buches an Wehrung fügte Carstensen ein Schreiben bei, in dem er seine Verbundenheit und Dankbarkeit aussprach. Wehrung stehe in Schweden im Ruf eines „weltberühmten Schleiermacher-Forschers". Das hohe Ansehen, das ihm von der schwedischen 83 84

85 86

Ebd., 243. Ebd., 244. Gustav Carstensen: Individualitetstanken hos Schleiermacher, Lund 1924. Vgl.: Ebd., 422-427. Demgegenüber grenzt Carstensen sich gegen eine seiner Ansicht nach von Wehrung sowie von Süskind vertretene Interpretation des Entwicklungsgedankens bei Schleiermacher ab, derzufolge Entwicklung ein freier Entfaltungsprozeß natürlicher Vorgaben und nicht, wie Carstensen meint, „eine Ausgestaltung des Gnadengedankens" sei (Ebd., 428).

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Theologenschaft entgegengebracht werde, komme in der ständigen Bezugnahme auf die Ergebnisse seiner Arbeiten zum Ausdruck. Als Beispiel verweist Carstensen auf den Dogmatik-Professor der Theologischen Fakultät in Uppsala, Torsten Bohlin, der ihn auch dazu ermutigt habe, in direkten Kontakt zu Wehrung zu treten.87 2.4.3. Grundlegung der Religions- und Theologietheorie Doch nicht allein theologiegeschichtliche Fragen beschäftigten Wehrung während seiner Hallenser Zeit. In Halle arbeitete er auch die Grundlinien seiner später in dem Buch „Geschichte und Glaube" von 1933 vorgetragenen theologischen Konzeption weiter aus. Von großer Bedeutung ist in diesem Zusammenhang eine 1928 unter dem Titel „Wissenschaft und Glauben" erschienene Schrift, mit der Wehrung im Anschluß an die Analyse der wissenschafts- und erkenntnistheoretischen Position Schleiermachers seine eigene Religionsauffassung wissenschaftstheoretisch zu verankern suchte. Sie veranschaulicht insofern die methodologische Perspektive der Systementfaltung, auf die Wehrung seit Mitte der zwanziger Jahre hinarbeitete. 88 Auch hier knüpft Wehrung zunächst an die religionstheoretische Debatte innerhalb der neuprotestantischen Theologietradition an, um dann die materiale Beschreibung des Verhältnisses von Wissen und Religion im Rahmen eines Modells „theozentrischer Bestimmtheit von Wissen und Glauben" auszuführen. Wehrung will so die Leitlinien einer „Metaphysik des Wissens und der Religion" entwickeln und auf diese Weise zugleich das Fundament für eine Theorie von Theologie legen. In einer solchen „Metaphysik" vereinen sich nach Wehrung religiöses Bewußtsein und kognitive Verstandeskraft zu einer identischen Realisierung des Geistes. - Als weiterer wichtiger Beitrag zur Religionstheorie erschien während der Hallenser Zeit die Abhandlung „Religion und Moral".89 Sie sollte, über die bereits früher angezeigten Verknüpfungspunkte hinaus, die Beziehung zwischen religiösem Bewußtsein und ethischem Handlungsanspruch detailliert beschreiben.

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Brief an Georg Wehrung vom 15. Juli 1930. Der schwedische Systematische Theologe Torsten Bohlin (1889-1950) stand in wissenschaftlicher Verbindung mit zahlreichen deutschen Theologen, darunter Wehrung und Horst Stephan. Er nahm selbst an der Schleiermacher-Forschung Anteil; vgl. etwa: Schleiermacher in der schwedischen Theologie, in: Zeitschrift für Theologie und Kirche. Neue Folge 15 (1934), 55-76.- Ich verdanke die Kenntnis des Carstensen-Briefes meinem vierjährigen Sohn Johann Jakob, der das Schreiben bei seinen ersten Erkundigungen in der Bibliothek der Kieler Schleiermacher-Forschungsstelle entdeckt hat. Wissenschaft und Glauben. Zugleich eine Auseinandersetzung mit Kant, in: Zeitschrift für systematische Theologie 6 (1928/29), 3-90. Religion und Moral, in: Zeitschrift für systematische Theologie 7 (1929/30), 661-681.

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Eine an einem konkreten dogmatischen Gegenstand orientierte inhaltliche Entfaltung seiner Religionstheorie unternahm Wehrung in Gestalt einer umfangreichen Ausarbeitung zur Christologie. Die Darstellung, die auf Horst Stephans Anregung hin für die Neuauflage der „Religion in Geschichte und Gegenwart" verfaßt wurde, ist zugleich Wehrungs ausführlichste Publikation aus den zwanziger Jahren zu einem speziellen Problem der theologischen Systematik.90 Der Christologie-Artikel markiert in Wehrungs Werk einen Abschluß der Phase des Aufbaus. Beruflich war es ihm zu diesem Zeitpunkt gelungen, sich im Raum der akademischen Theologie zu etablieren. Seine konservative Variante der liberalprotestantischen Aufgabenbestimmung von Theologie, seine ausgeprägte Vermittlungsfähigkeit gegenüber anderen, an einer Reflexion des Verhältnisses von Religion und moderner Kultur interessierten Positionen, wie etwa der Karl Heims, Adolf Köberles oder Theodor Haerings, ließ ihn zu einem eigenständigen Repräsentanten der liberalen Theologietradition werden, dem besonders in solchen Kreisen Gehör geschenkt wurde, die das Bewußtsein um die Notwendigkeit kritischer Theologie mit einer stark frömmigkeitsorientierten, zum Teil auch biblizistisch angelegten Einstellung zu verbinden suchten. Die Berufung zum Mitherausgeber der Zeitschrift für systematische Theologie brachte diese Stellung ebenso zum Ausdruck, wie einige Jahre später die Aufforderung, an dem gerade im kirchlich-pietistischen Milieu sehr angesehenen „Calwer Kirchenlexikon" teilzunehmen.91 Im gleichen Jahr, in dem die Abhandlung über „Wissenschaft und Glauben" erschien, unternahm Wehrung den Versuch, die methodischen und prinzipientheoretischen Leitlinien seiner theologischen Konzeption, die er bisher nur ansatzweise oder, soweit die früheren, seit 1921 in Münster vorgetragenen Vorlesungen in Betracht kamen, nur in einer ihm selbst als unzulänglich erscheinenden Weise dargestellt hatte, auf eine zusammenhängende und umfassende Gestalt hin zu entfalten. Die von Wehrung im Sommersemester 1928 vorgetragene Einleitung in die Dog-

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Christologie: III. Dogmatisch, in: Die Religion in Geschichte und Gegenwart. Zweite Auflage. Band l, Tübingen 1927, 1634-1646. - Wehrung hat sich mit insgesamt achtzehn Artikeln an der zweiten Auflage der RGG beteiligt. Den weitaus größten Teil bilden weitere, meist kürzere Beiträge zur christologischen Gesamtthematik; vgl. etwa: Heilsgeschichte (Band 2, Tübingen 1928, 1757-1758). Siehe auch die detaillierten bibliographischen Angaben im Bibliographischen Anhang unter A.2.2.6. Wehrung verfaßte für den 1937 erschienenen ersten Band dieses von Friedrich Keppler herausgegebenen „kirchlich-theologischen Handwörterbuches", dessen „heute hochnotwendige klare biblische Ausrichtung" der Herausgeber im Vorwort ausdrücklich hervorhob, den Artikel Katholizismus (1043-1047). Zu dem 1941 vorgelegten zweiten Band trug er die folgenden Artikel bei: Messe (203-206), Modernismus (256-258), Protestantismus (621-625), Schleiermacher (853-857), Symbolik (1105-1106), Urständ (12341235) und Welt (1318-1319).

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matik („Dogmatik I") bietet in geschlossener Form die methodisch-theologietheoretische Grundlegung aller späteren Texte zu dieser Thematik. Insofern ist es ein besonders glücklicher Umstand, daß sich gerade zu dieser Vorlesung eine ausführliche studentische Niederschrift im Nachlaß erhalten hat. Die Nachschrift wurde auf Anregung und unter Anleitung Wehrungs angefertigt; sie sollte in erster Linie einer späteren detaillierten Ausarbeitung als Basis dienen.92 Anhand dieser Vorlesung läßt sich nachvollziehen, auf welche Weise Wehrung eine Zusammenführung seiner an Schleiermacher orientierten kritischen Fassung des Religionsbegriffes einerseits und seiner prinzipiellen Überlegungen zum Theologiebegriff andererseits vornehmen wollte. Im Vordergrund stand dabei eine Erörterung des durch den Historismus aufgeworfenen Grundproblems, wie sich die Geltungsansprüche von Religion mit dem aus der Kenntnis religionsgeschichtlicher Entwicklungen erwachsenen Wissen um die historische Bedingtheit dieser Ansprüche vereinbaren lassen. Theologie wird im Rahmen einer solchen Aufgabenstellung zur theologischen Geschichtstheorie. Die werkgeschichtliche Bedeutung gerade dieser Vorlesung ergibt sich daraus, daß Wehrung hier unmittelbar auf die in seinem theologischen Hauptwerk entfaltete Konzeption hinzielt. Erst mit dieser Vorlesung gelingt Wehrung, wenngleich nicht immer bruchlos, die Integration der verschiedenen Einzelansätze, die er zuvor in der theologischen Interpretation des Subjektivitätsbegriffes, in seiner auf den Freiheitsbegriff hin entworfenen Protestantismustheorie, in der Erörterung des Bezugsverhältnisses irrationaler und rational-kognitiver Elemente des religiösen Bewußtseins sowie der daran orientierten Zuordnung von Glaube und Wissen, schließlich auch in seiner methodisch-erkenntnistheoretischen Begründung der Möglichkeit von Theologie im Gegenüber zur Religion bereits vorgelegt hatte. Die Hallenser Lehrtätigkeit markiert somit zugleich den Beginn einer neuen, auf die systematische Zusammenführung dieser verschiedenen Elemente hin ausgerichteten Phase in Wehrungs theologischer Entwicklung.

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Studentische Mitschrift der Vorlesung: Dogmatik I, Halle, Sommersemester 1928 (Universitätsbibliothek Tübingen. Nachlaß Georg Wehrung. Karton 21: Materialien zur Dogmatik). - Der Mitschrift ist eine detaillierte Gliederung beigegeben. Auf nähere Einzelheiten des Aufbaus der Vorlesung und ihres Verhältnisses zu dem Buch „Geschichte und Glaube" von 1933 soll im Rahmen dieser biographischen Schilderung nicht eingegangen werden. - Weitere Protokollhefte aus dem gleichen Bestand dokumentieren die Arbeit, die in diesen Jahren in Wehrungs systematisch-theologischen Seminaren geleistet wurde. Während der Zeit vom Sommersemester 1927 bis zum Sommersemester 1930 bot Wehrung Lehrveranstaltungen zu Calvins „Institutio", zu den lutherischen Bekenntnisschriften und den sozialethischen Schriften Luthers und Fichtes sowie zu einzelnen theologischen Werken von Paul Althaus, Theophil Steinmann und Erich Schaeder an.

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2.5. Tübingen: Entfaltung der Theologiekonzeption 2.5.1. Wehrung in Tübingen Zum Sommersemester 1931 wechselte Wehrung von Halle an die Tübinger Universität. Die Verhandlungen, die der Berufung vorangingen, waren bereits 1930 aufgenommen worden, nachdem der bisherige Lehrstuhlinhaber Friedrich Traub (1860-1939) die Altersruhestandsgrenze erreicht hatte. Traub war, ebenso wie Theodor Haering, als württembergischer Theologe stark von Ritschi beeinflußt worden. 1910 hatte er die zweite systematisch-theologische Professur von Paul Buder, der seit 1877 in Tübingen lehrte, übernommen. Bereits diese Besetzung hatte für die von Buder gemeinsam mit Maximilian Albert Landerer (1810-1878) vertretene, lokal sehr wichtige vermittlungstheologische Tradition einen erheblichen Einflußverlust bedeutet.93 Nachdem Karl Heim 1920 die Nachfolge Haerings angetreten hatte, konnten die bis dahin das Verhältnis zwischen Fakultät und Landeskirche bestimmenden scharfen Konfrontationen, die 1898 sogar zur Errichtung einer „positiven" Ausgleichsprofessur geführt hatten, zumindest in ihren härtesten Formen überwunden werden. Die aus einflußreichen kirchlichen Kreisen vorgetragene Kritik am Ritschlianismus verstummte indessen nicht. Einen ständigen Anstoß bildete überdies der Umstand, daß sowohl Buder als auch Traub neben ihrer akademischen Tätigkeit das Amt eines Ephorus des Tübinger Stiftes innehatten. Gerade das Stift aber war während der achtziger und neunziger Jahre eine der wichtigsten Stätten für die Rezeption der Theologie Albrecht Ritschis gewesen. 94 Auch Wehrungs Berufung nach Tübingen wurde von seilen der Anhänger jener Ritschi-kritischen Richtung zunächst mit Skepsis betrachtet. Um eventuelle Konflikte bereits im Vorfeld wenigstens zu entschärfen, wurde mit der Begründung, daß Wehrung nicht der Württembergischen Landeskirche entstamme, die Aufgabe des Stiftsephorats von seiner Professur wieder gelöst und an den Praktischen Theologen Karl Fezer übertragen. Tatsächlich gab es, zumal aus den Reihen der Pfarrerschaft, in der ersten Zeit Proteste gegen Wehrung. Diese Schwierigkeiten ließen sich jedoch, nachdem Wehrung erhebliche Anstrengungen zur Klärung der Situation unternommen und zu zahlreichen Pfarrern auch persönliche Verbindungen 93

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Vgl. hierzu die von Schülern Landerers herausgegebene Schrift: Worte der Erinnerung an Dr. Albert Maximilian Landerer, ord. Professor der Theologie. Geboren den 14. Januar 1810, gestorben den 13. April 1878, Tübingen 1878. Vgl. Rolf Schäfer: Die Anfänge des Ritschlianismus im Stift, in: Friedrich Hertel (Hg.): In Wahrheit und Freiheit. 450 Jahre Evangelisches Stift in Tübingen, Stuttgart 1986,205225, sowie: Heinrich Hermelink: Tübingen, Universität, in: Die Religion in Geschichte und Gegenwart. Band 5, Tübingen 1913, 1369-1374. Siehe auch Helga Kuhlmann: Die theologische Ethik Albrecht Ritschis (Beiträge zur evangelischen Theologie. Band 112), München 1992.

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angeknüpft hatte, bald ausräumen. Schon wenige Monate nach Übernahme seiner Tübinger Professur war Wehrung in die landeskirchlichen und auch in die fakultätspolitischen Zusammenhänge integriert. Der Tübinger Fakultät gehörte er bis zu seiner Emeritierung im Oktober 1946 an.95 Gemeinsam mit Heim und dessen 1939, im wesentlichen durch Vermittlung Wehrungs, nach Tübingen berufenem Nachfolger Adolf Köberle prägte Wehrung mehr als zehn Jahre im Bereich der Systematischen Theologie den Charakter der Tübinger Fakultät. Die Fakultät war nach 1918 zur größten deutschen theologischen Studieneinrichtung geworden; im Sommer 1933 umfaßte sie die für die Zeitverhältnisse enorme Zahl von insgesamt 952 Studenten. Aufgrund der engen Verflechtung von Landeskirche und Theologischer Fakultät hat Wehrung während der dreißiger Jahre zudem einen starken Einfluß auf die theologische Ausbildung der württembergischen Pfarrer genommen. Ein sehr umfangreicher Korrespondenzbestand im Nachlaß zeigt, daß Wehrung den Kontakt zu den Studenten auch nach deren Studienabschluß in zahlreichen Fällen fortgeführt hat. Auf diese Weise gelang es ihm noch stärker, sich auch innerhalb der Landeskirche und ihren zum Teil sehr fest gefügten theologischen und kirchenpolitischen Strukturen als theologischer Lehrer und Berater zu etablieren. Weniger erfolgreich war dagegen das gemeinsam mit Karl Heim entwickelte Projekt einer theologischen Studienreihe. Als Herausgeber der „Tübinger Studien zur systematischen Theologie" wollten beide Theologen einen Ort für monographische Untersuchungen bieten, die im Umkreis der Tübinger Theologischen Fakultät entstanden waren.96 Aufgenommen 95

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In der „Vita" schildert Wehrung seine persönliche Lage als Mitglied der Fakultät: „Im Jahre 1931 fiel mir dann der Entschluß, dem Ruf nach Tübingen zu folgen, schwer. Das [seil.: die Berufung] war vielleicht schon ein Wunsch Th. Haerings, zu dessen Festschrift ich 1918 den Aufsatz .Reformatorischer Glaube und deutscher Idealismus' beigesteuert [habe], und dann seines Freundes Fr. Traub, die in mir einen gewissen Fortsetzer ihrer Linie sahen. Schließlich hat ein freundliches Mahnen von G.[erhard] Kittel, den ich in Münster bei J. Herrmann kennengelernt, mich zur Annahme bewegen, - die Nähe des Elsasses war doch verlockend. Noch einige Jahre haben Kollege [Hermann] Faber und ich D. Traub zum Spaziergang abgeholt [...]. Auch hatte ich Gelegenheit, durch Vermittlung von G. Kittel am Kaffeekranz teilzunehmen, der sich regelmäßig um A.[dolf] Schlatter in seiner Wohnung vereinigte; so habe ich lebendige Eindrücke von diesem originellen, an sich so weltoffenen, in der Exegese der [neutestamentlichen] Briefe so traditionsfreien Theologen empfangen dürfen. Einen sehr Verständnis- und liebevollen Kollegen hatte ich auch an P.[aul] Volz, dessen Schriften ich von meiner Stiftsleiterzeit an Förderung verdankte. Meine Hörer waren meist Norddeutsche, auch Franken und Auslandsdeutsche,,Stadtstudenten', seltener Stiftler (die anders dirigiert wurden). Begabte Doktoranden habe ich hier auch gefunden (drei davon, ein Hesse und zwei Schwaben, wurden durch den Krieg am Abschluß ihrer Arbeiten verhindert und kehrten nicht mehr heim.)" (Vita, 7-8). Tübinger Studien zur systematischen Theologie. Unter Mitwirkung von Ernst Haenchen herausgegeben von Karl Heim und Georg Wehrung, Stuttgart / Berlin 1932-1938. Die Reihe erschien im Kohlhammer-Verlag.

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werden sollten zum einen theologiegeschichtliche Arbeiten, zum anderen Beiträge aus den Gebieten Dogmatik, Religionsphilosophie und Ethik. In einer kurzen Erklärung, die die Ziele des Unternehmens umriß, betonten Wehrung und Heim, daß inhaltlich die Grenzen der „Studien" so weit gesteckt seien, „daß die Arbeiten, die in diese Sammlung aufgenommen werden können, nicht auf eine bestimmte theologische Schule oder Pateirichtung beschränkt bleiben". In theologischer Hinsicht formulierten sie ihre Erwartungen mit folgender Wendung: „Möge diese Sammlung in ihrem Teil dazu beitragen, daß wir uns in schwerster Zeit neu besinnen über den unerschöpflichen Inhalt des Glaubens, den wir von den Vätern ererbt haben, und über die neue Form, in der wir diesen ewigen Inhalt im Weltanschauungskampf der Gegenwart ausdrücken müssen!"97 Von 1932 an erschienen im Laufe von sieben Jahren lediglich sieben Bände. Autoren waren Ernst Haenchen, Ewald Burger, Karl Heinrich Rengstorf, Lothar Schmid, Günter Gloede und Otto Wolff. Daneben erschien mit dem Buch „Christentum und Deutschtum" 1937 auch ein Titel von Wehrung. 98 Zu einer theologischen Profilierung des Unternehmens kam es schon wegen der unklaren programmatischen Zielsetzung nicht. Daneben dürfte auch der Umstand eine Rolle gespielt haben, daß den Herausgebern nicht in der erwarteten Weise qualifizierte Manuskripte zur Verfügung gestanden haben. 1938 wurde die Reihe eingestellt. 2.5.2. Theologische Staatslehre Die Jahre der Tübinger Lehrtätigkeit sind von einer sehr umfangreichen, der behandelten Themenbreite nach vielfältigen und doch äußerst konzentrierten publizistischen Arbeit gekennzeichnet. Fragen der ethischen Theorie standen nach wie vor im Vordergrund von Wehrungs wissenschaftlichem Interesse. So veröffentlichte er bereits im Jahre 1931 einen ersten Aufsatz zur theologischen Staatsethik.99 Er wurde vier Jahre später durch eine detailliert ausgeführte Staatstheorie ergänzt, die sich weithin als Reaktion auf die aktuelle politische Entwicklung lesen läßt.100

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98

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Karl Heim / Georg Wehrung: Die Tübinger Studien zur systematischen Theologie (1932); dieser Text findet sich, mit Ausnahme von Band 6, jeweils auf der vorderen inneren Umschlagseite der einzelnen Reihenbände. Christentum und Deutschtum. Eine zeitgemäße Besinnung (Tübinger Studien zur systematischen Theologie. Heft 6), Stuttgart / Berlin 1937.- Die bibliographischen Angaben zu den übrigen Titeln sind im Bibliographischen Anhang unter A.2.2.9. verzeichnet. Das Evangelium und der Staat, in: Die Tatwelt 7 (1931), 17-25. Zur theologischen Begründung des Staates, in: Zeitschrift für systematische Theologie 12 (1934/35), 555-608. Wehrung leitete diese Studie ein mit dem programmatischen Satz: „Man kann die Stellungnahme zu den ethischen Fragen als den Prüfstein jeder Theologie bezeichnen."

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In diesem Text geht Wehrung zunächst von einer kritischen Erörterung der traditionellen Terminologie lutherischer Ordnungsmodelle, insbesondere des Begriffes der „Schöpfungsordnung", aus. Vor diesem Hintergrund entwirft er eine Staatstheorie, die den Gedanken, daß die Welt als eine auf Ordnungsstrukturen hin angelegte Schöpfung zu betrachten sei, zwar positiv aufgreift, die sich aber zugleich von einer einseitig auf Autorität und Einordnung bestimmten Verwendung des Begriffes absetzt. Indem der Staat in seiner empirischen Gestalt „von uran gehalten [sei], Ausdruck des Willens Gottes zu werden", und allein von dieser „sittlichen Bezogenheit her seine Würde" empfange, so „haben wir allen Grund, auch den Staat unter ein ideologisches Ethos zu stellen".101 Diese ethische Bindung erstreckt sich auch auf den autoritären Obrigkeitsstaat und seine zu Gehorsam verpflichtete Untertanenschaft. Die entscheidende Differenz dieses Staatstypus zum modernen demokratischen Verfassungsstaat ist nach Wehrung in der Grundforderung einer politischen Partizipation des Bürgers zu sehen. So wie es dort - im Obrigkeitsstaat - nicht möglich war, unter Berufung auf staatliche Interessen an Verantwortungsbereitschaft oder Gewissenhaftigkeit zu appellieren, da der Einzelne dem Staat in voller Unselbständigkeit unterworfen war, so ist hier die „Mitarbeit" und eingreifende Teilhabe gerade als primäre Aufgabe und zugleich als wesentliches Kennzeichen des einzelnen Landesbewohners als Staatsbürgers anzusehen. Sofern sich eine solche politische Aktivität im Falle des Christen aus der religiös bestimmten Hoffnung auf das Reich Gottes motiviert, nimmt sie über das Maß einer jedem Bürger aufgegebenen politischen Tätigkeit hinaus den Charakter eines Engagements an, das nicht mehr allein auf die bloße Bewahrung bestehender Regulierungsverhältnisse ausgerichtet sein kann. In der Orientierung am Ideal der „reinen Staatlichkeit" treten „Staat und Recht für die Christen unter die Norm der Gottesherrschaft". Diese Norm bestimmt deren gesellschaftliche Wirksamkeit in einer Weise, „daß vom Reichgottesgedanken her eine große Unruhe auch in das staatliche Leben kommen muß, ein Ringen [...] um Sinnerfüllung des staatlichen Lebens, um reinere Staatlichkeit".102 Der Staat ist prinzipiell der konkreten Zielgebung bedürftig und daher auch immer der Gefahr einer Fehlbestimmung ausgesetzt. Dieser Umstand begründet nach Wehrung die Anwendbarkeit personaler Kategorien wie Pflicht und Verantwortung im Rahmen einer Staatsethik. Gerade diese Kategorien bringen die theologische Prägung des von Wehrung entwickelten Staatsverständnisses zum Ausdruck, da sie für die Orientierung einer konkreten politischen Staatsgestaltung am göttlichen Ordnungswillen ste101

102

Ebd., 582. Ebd., 583. An anderer Stelle charakterisiert Wehrung „die Unruhe des Sichausstreckens in die reine Zukunft" als „ein Zeichen gläubiger Haltung" (592).

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hen. Der Staat selbst befindet sich insofern in einer Bewegung zur Herbeiführung einer „immer [...] gerechteren Staatsordnung". Wenn aber das ideale Sozialprinzip immer schon der tatsächlich gegebenen Situation im Staat als „Aufgabe" und Maßstab der weiteren Entwicklung vorgeordnet wird,103 so kann keinesfalls etwa „in den volkstümlichen Ordnungen" bereits „der lautere Spiegel des fordernden Gotteswillens" erblickt werden. Eben dies aber wird nach Wehrung von den politischen Theologien „eines ziemlich verweltlichten Luthertums" behauptet.104 Im Gegensatz dazu kann Wehrung das Verhältnis des Christen zum jeweiligen realen Staat nur in der Form eines dialektischen Beziehungsgefüges beschreiben. Auf der einen Seite sieht der Christ den ihm vorgegebenen Staat getragen von dem fundamentalen göttlichen Willen zur geordneten Gestaltung menschlichen Lebens. Zum anderen aber hat er die tatsächliche politische und gesellschaftliche Verfassung dieses Staates notwendigerweise immer auch an dem ihm im Glauben erkennbaren Maßstab des „wahren Willens Gottes" kritisch zu messen. Das ambivalente Verhältnis zum gegebenen Staat erzeugt nach Wehrung ein eigentümlich erhöhtes Engagement der christlichen Staatsbürger für eine Fortentwicklung des Staates in Richtung auf seinen „objektiven Sinn", d.h. auf die Realisierung seiner von Gott intendierten und gegen „die schlechte Vergangenheit" vorfindlicher Staatenbildung gerichteten Idealgestalt. „In der neuen Zeit aber neue Wege zu gehen, dem Kommen Gottes neu Bahn zu machen, das ist Christenpflicht."105 Diese spezifisch christliche Motivation zur politischen Partizipation ist nach Wehrung auch deshalb für die Entwicklung des staatlichen Gesamtlebens von erheblicher Bedeutung, weil sie in der Lage sei, „die objektive Ungestalt" einer Staatsordnung, die sonst zu einer Lähmung des Rechtsgefühles und des Vertrauens in die Legitimität der Ordnungsmacht führen und so die Grundlagen des gesellschaftlichen Zusammenlebens überhaupt in Frage stellen könnte, auf jene Identität hin, die sie aus der Kenntnis des Richtungssinnes der staatlichen Sphäre erhebt, zu überwinden. Die „den Schöpfungswillen Gottes positiv erfüllende" Staatsgestalt herbeizuführen, bleibt das Leitziel eines christlich motivierten sozialen und politischen Handelns. In diesem Sinne wirkt es gegen alle geschichtliche Bedingtheit darauf hin, „daß der objektive Gottessinn des Staates wirklich werde". Dem Zusammenhang, den die theologische Zwecksetzung des Staates „mit der ursprünglichen Schöpfung ebenso wie mit der künftigen Gottesherrschaft" aufweist, entspricht es, daß Wehrung den Staatsgedanken entgegen einer die Geschichte der protestantischen Staatstheorie prägen103 104 105

Wehrung verknüpft an dieser Stelle die Staatstheorie mit der für seine ethische Konzeption wichtigen Lehre vom tertius usus legis. Ebd., 583-584. Ebd., 592.

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den Traditionslinie nicht aus der anthropologischen Fundamentalbestimmung eines peccatum originale herleitet.106 „Nicht die Notwendigkeit der Staatsgewalt gründet in der Sünde, sondern nur die Möglichkeit und die Erscheinung ihrer Ungerechtigkeit."107 Eine objektive Kategorie für Recht und Unrecht staatlicher Maßnahmen, z.B. in der Konfrontation mit einem anderen Staat, läßt sich nach Wehrung in der Beschränkung allein auf jene, vom Gedanken der Sünde hergeleitete Begründungstheorie nicht erheben. Ihr muß vielmehr in der theologischen Staatsethik eine Begründung des Staates „von oben, von Gott her" korrespondieren, die nicht von der faktischen Verkehrung des von Gott intendierten „wahren Wesens" des Staates, sondern von der Voraussetzung einer fortbestehenden, kontrafaktischen Gültigkeit dieser Intention ausgeht und so den in seiner historischen Gestalt „von der Sünde bestimmten Staat [...] zugleich in der ewigen Wahrheit Gottes" verankert.108 Auch diese theologische Figur des reformatorischen „Zugleich" greift Wehrung- ähnlich schon seiner Deutung des Begriffes der „Schöpfungsordnung" - primär mit Blick auf ihren ethischen Gehalt auf.109 Eine in diesem Sinne „von oben" konzipierte Staatsbegründungstheorie versteht ihren Gegenstand von dem ihm immanenten Endzweck, also von der Gottesherrschaft her. Der Begriff der Gottesherrschaft selbst realisiert sich demzufolge gerade im „tätigen Verhältnis Gottes zur Welt". In der vollendeten Gottesherrschaft, der endgül106

107 108 109

Vgl. z.B. Martin Luther: Eine Predigt, daß man Kinder zur Schule halten solle (1530), in: Ders.: Werke. Kritische Gesamtausgabe. Band 30. Zweite Abteilung, Weimar 1909, 508588, hier: 554-555: „Aber dennoch ists [seil.: das weltliche Regiment] eine herrliche Göttliche Ordnung und eine treffliche gäbe Gottes, der es auch gestifft und eingesetzt hat und auch wil erhalten haben, als des man aller ding nicht emperen [= entbehren] kan, Und wo es nicht were, kundte kein mensch für dem ändern bleiben, Es mußte einer den ändern fressen, wie die unvernunfftigen thier unternander thun, Darumb gleich wie des predig ampts werck und ehre ist, das es aus sundern eitel heiligen, aus todten lebendige, aus verdampfen seligen, aus teuffels dienern Gottes kinder macht, Also ist des welltlichen regiments werck und ehre, das es aus wilden thieren menschen macht und menschen erhellt, das sie nicht wilde thiere werden." - Wehrungs kritische Auffassung ist besonders den Untersuchungen von Karl Holl und Werner Eiert verpflichtet. Vgl. Karl Holl: Der Neubau der Sittlichkeit, in: Ders.: Luther. Gesammelte Aufsätze zur Kirchengeschichte. Band 1. Zweite und dritte Auflage, Tübingen 1923, 155-287, insbesondere: 252-263; siehe auch den parallel dazu entstandenen Text Holls: Das Verhältnis von Staat und Kirche im Licht der Geschichte, in: Deutsche Rundschau 179 (1919), 24-41 (nachgedruckt in: Karl Holl: Kleine Schriften. Herausgegeben von Robert Stupperich, Tübingen 1966,13-32). Grundlegend für Wehrungs ethische Konzeption waren daneben die historischen Forschungen Werner Elerts: Morphologie des Luthertums. Band 2: Die Soziallehren und Sozialwirkungen des Luthertums, München 1932, besonders: 291-395. [Rezension zu:] Georg Wünsch: Evangelische Ethik des Politischen, Tübingen 1936, in: Theologische Literaturzeitung 63 (1938), 89-95, hier: 91. Zur theologischen Begründung des Staates, 587-588. Wehrung faßt mit diesem Begriff ein zentrales Anliegen der frühen theologischen Konzeption Luthers zusammen: „Natürlich kann es sich für das theologische Zugleichdenken nicht um ein starres Nebeneinander, sondern nur um ein inneres Zusammengehen, eine innere Bezogenheit des einen auf das andere handeln [...]" (Ebd., 588).

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tigen „Aufhebung der Geschichte", wird „auch das von der Weltsünde verzerrte staatliche Leben [...] zu urbildlicher Reinheit befreit" werden.110 Wehrungs staatsethische Theorie, die sich als Umprägung der theologischen Ethik zu einer theologischen Gegenwartskritik auffassen läßt, ist ihrer Intention nach nichts anderes als eine Theorie staatsbürgerlichen Handelns, die dem praktischen Verhalten des Einzelnen die entscheidende Bedeutung für das Maß der Annäherung konkreter staatlicher Verhältnisse an die dem Staatsgedanken immanenten ethischen Motive zuweist. „Denn Weltlauf und Gottesherrschaft stehen einander nicht rein fremd gegenüber, die Gottesherrschaft ist wie Überwindung so Erfüllung des Weltlaufes; hier wird nicht vergebens gekämpft, [...] und so harren die Ordnungen, um die gerungen wird, entstellt wie sie sind durch die Weltsünde, der endlichen Erlösung." Die politische Herrschaftsausübung ist daher, wenn sie dem theologischen Anspruch genügen will, so zu gestalten, „daß der Glaube an die Gottesherrschaft nicht von der staatlichen Welt her ganz verdunkelt und zerrissen, sondern bestätigt [und] gestützt" wird. Wehrung faßt diese staatstheoretische Position in dem Grundsatz zusammen, daß das kommende Gottesreich wie für alle anderen „Ordnungen" des menschlichen Lebens, so auch für den Staat „nicht Ziel", wohl „aber Maßstab" ist.111 2.5.3. „Theologie und deutscher Idealismus" Für eine zweite, stärker historisch ausgerichtete Schwerpunktthematik, der Wehrung sich in den ersten Jahren seiner Tübinger Lehrtätigkeit widmete, steht die Antrittsvorlesung, die er am 17. Juli 1931 vortrug und die wenig später in erweiterter Form unter dem Titel „Theologie und deutscher Idealismus" in der Zeitschrift für systematische Theologie erschien.112 Erklärtes Ziel dieser Studie ist es, solche Elemente aus dem komplexen philosophiegeschichtlichen Zusammenhang des Deutschen Idealismus herauszuheben, die über ihre geschichtliche Dimension hinaus als gültige Ansätze zu Welterklärung und Daseinsdeutung aufgefaßt werden können. Für Wehrung bedeutet dies, daß damit zugleich „eine Weiterund Umbildung des deutschen Idealismus aus seinen besten, mit dem Christentum sich berührenden Tendenzen heraus" erfolge. Wehrung setzt bei dem Gedanken einer Dualität von Theonomie und Autonomie ein. Er nimmt damit eine Unterscheidung auf, die in der protestantischen Theologie des neunzehnten und des frühen zwanzigsten 110

Ebd., 589. Ebd., 590. 112 Theologie und deutscher Idealismus, in: Zeitschrift für systematische Theologie 9 (193l/ 32), 179-210. 111

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Jahrhunderts intensiv diskutiert worden war.113 Bei Wehrung erhält sie die Bedeutung einer erkenntnisleitenden Kategorie: „Kann evangelisches Christentum Theonomie im Gegensatz zu jeder Autonomie aufrichten; kann der Idealismus, wenn er mit voller Verantwortung spricht, die Autonomie von der Theonomie losreißen wollen?"114 Zum anderen ist Wehrungs Interpretation an einem Begriff von Theologie orientiert, der in kritischer Auseinandersetzung mit der wissenschaftstheoretischen Position des Idealismus für die Theologie selbst den Anspruch auf Wissenschaftlichkeit erhebt. In beide Richtungen will Wehrung einen „methodischen Gesichtspunkt" zur Geltung bringen, von dem aus das Verhältnis zwischen „neuerer protestantischer Theologie" und idealistischer Philosophietradition als Ausdruck von Komplementarität beschrieben werden kann. Mit dieser Auffassung nahm Wehrung einen Standpunkt ein, der für die historische Selbstherleitung der liberalen Theologie nach 1918 von erheblicher Bedeutung war. Insofern verwundert es nicht, wenn seine Studie zu diesem, in den zwanziger Jahren breit erörterten Thema bei der zeitgenössischen Kritik auf starke Resonanz stieß.115 2.5.4. Das Hauptwerk: „Geschichte und Glaube" Unmittelbar im Anschluß an die Aufnahme der Lehrtätigkeit in Tübingen begann Wehrung mit der Ausarbeitung seines theologischen Hauptwerkes, des aus den erwähnten Vorlesungen zur Einleitung in die Dogmatik hervorgegangenen Buches „Geschichte und Glaube".116 Bereits im zweiten Tübinger Jahr konnte das Manuskript abgeschlossen werden. In seiner „Vita" bezeichnet Wehrung das Buch als Versuch, „in Auseinandersetzung mit der philosophischen Theologie Schleiermachers und Troeltschs einerseits, dem bloß kritischen Historismus andererseits das Recht und die Wahrheit der historisch-kritisch-gläubigen Bibelforschung zu Ehren zu bringen". Erst vermöge einer solchen „Synthese" könne sich das Glaubensdenken in unmittelbarer Beziehung auf das durch seine verschiedenen Ausprägungen hindurch in seiner Einheit erfaßte Schriftwort entfalten.117 113

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Zum historischen Hintergrund der Unterscheidung von Theonomie und Autonomie vgl. Friedrich Wilhelm Graf: Theonomie. Fallstudien zum Integrationsanspruch neuzeitlicher Theologie, Gütersloh 1987, insbesondere: 11-38. Theologie und deutscher Idealismus, 179-180. Vgl. für diese Debatte, die für die Selbstverständigung des liberalen Nachkriegsprotestantismus hochbedeutsam gewesen ist, die umfassende, ursprünglich aus einem Vortrag vor dem 29. Deutschen Protestantentag in Potsdam hervorgegangene Abhandlung von Kurt Leese: Der deutsche Idealismus und das Christentum, in: Protestantenblatt 55 (1926), 652-657. 667-671. 698-705 und 716-718. Geschichte und Glaube. Eine Besinnung auf die Grundsätze theologischen Denkens, Gütersloh 1933. Vita, 8.

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Der Druck des Buches verlief nicht ohne Schwierigkeiten. Ursprünglich sollte das Werk im Carl Berteismann-Verlag, Gütersloh, erscheinen, in dem bereits zuvor Wehrungs Münsteraner Vorträge und sein Schleiermacher-Buch von 1927 erschienen waren und der auch die Zeitschrift für systematische Theologie verlegte. Tatsächlich erfolgte die Drucklegung bei Berteismann; zu Jahresbeginn 1933 war der Band auslieferungsfertig; ein Teil der Auflage befand sich bereits im Handel. In dieser Situation geriet der Verlag in eine schwere Krise. Mit neuer Leitung wurden Teile der Verlagsgeschäfte an das Nachfolgeunternehmen „Der Rufer. Evangelischer Verlag Hermann Werner Nachfahren, Gütersloh" übertragen. Diese Ereignisse, die verlagsgeschichtlich im einzelnen noch ungeklärt sind, schlugen sich in der Titelblattgestaltung derart nieder, daß bei einem größeren Teil der Auflage die ursprüngliche Verlagsangabe „Verlag C. Berteismann Gütersloh 1933" durch ein eingeklebtes Schild mit neuer Verlagsbezeichnung getilgt wurde. 118 Gerade an dieses Buch hatte Wehrung, der sich zeitlebens über die begrenzte Reichweite seiner theologischen Theoriebildung bewußt war, 119 große Hoffnungen geknüpft. Schon die Formulierung des Titels verfolgte einen programmatischen Sinn: Nicht als Untersuchung zur Frage des Verhältnisses von Glaube und Geschichte, wie die vom Historismus aufgeworfene Problemstellung üblicherweise bezeichnet wurde, sondern unter der Formel „Geschichte und Glaube" wollte Wehrung seine Konzeption entfalten. Gleichwohl knüpfte er an die von Otto Kirn, Ernst Troeltsch, Friedrich Traub und zahlreichen weiteren Theologen der Zeit geführte Debatte an.120 Die erneute, wenn auch absichtsvoll variierte Zusammenstellung der beiden Begriffe „Geschichte" und „Glaube" ließ den Titel des Werkes selbst bereits zu einer theologischen Chiffre werden. Dem entspricht auch die Formulierung des Untertitels: „Eine Besinnung auf die Grundsätze theologischen Denkens". Die vom sachlichen Gehalt her naheliegende Bezeichnung „Prolegomena zur Dogmatik" hat Wehrung nach eigenem Bekunden in erster Linie deshalb vermieden, weil er die Distanz zu Karl Barths im Vorjahr erschienenem ersten Teilband der „Kirchlichen Dogmatik" nicht verwischen wollte.121 118

119 120 121

Nach Auskunft des Gütersloher Verlagshauses Gerd Mohn haben sich keine Unterlagen zu Wehrung im Archiv des Verlages C. Berteismann erhalten. Für entsprechende Recherchen danke ich Herrn Dr. Manuel Zeiger, München. - Zur Geschichte des Verlages C. Berteismann in den Jahren des Dritten Reiches liegt hisher keine Untersuchung vor. Die Einsetzung einer Bearbeitergruppe zu diesem Thema ist im Dezember 1998 angekündigt worden. Die genannte Korrektur bei der Verlagsangabe findet sich bisweilen auch bei Exemplaren aus älterer Verlagsproduktion. Vgl. etwa: Vita, 8. Vgl. oben die Ausführungen in Teil 1.3.4.1. Vgl.: Geschichte und Glaube, V. Der Eröffnungsband der „Kirchlichen Dogmatik" (Band I/l, München 1932) trug den Titel „Die Lehre vom Wort Gottes. Prolegomena zur kirchlichen Dogmatik".

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Liberale Theologie als theologische Geschichtstheorie

In der Einleitung betonte Wehrung die zentrale Stellung des Buches innerhalb seines bisherigen theologischen Werkes. Die Absicht zu seiner Ausarbeitung gehe bereits „bis in die Vorkriegszeit zurück"; sie hänge „mit den methodologischen Fragen zusammen, die mir früh zu schaffen machten und die ich damals an Schleiermacher zu klären suchte". Insbesondere die Studie zu den „Haupttypen theologischen Denkens" von 1924 sowie die Tübinger Antrittsrede bildeten den „bleibenden Hintergrund" des Buches. Die Darstellung selbst ist, wie Wehrung mitteilt, auf der Grundlage eines umfangreichen älteren Textes entstanden, der den Titel „Glaube und Geschichte" trug und in zwölf Thesen die Gesamtkonzeption skizzenartig zusammenfaßte.122 Das zentrale theologische Problem von „Geschichte und Glaube" konzentriert sich im Gedanken der Bewährung des Glaubens. Dabei geht Wehrung von der Voraussetzung aus, daß eine solche Bewährung allein in der sittlichen Tat, die zugleich als geschichtliche Konkretisierung des Glaubens aufgefaßt wird, erfolgen kann. Aus diesem Grunde wird zunächst das Verhältnis des Glaubens zur wissenschaftlichen Erforschung der neutestamentlichen Geschichte thematisiert. Die historisch-wissenschaftliche Geschichtsforschung ist nach Wehrung nicht in der Lage, den Glauben zu begründen.123 Vielmehr müsse der Glaube sich in voller Unabhängigkeit von den wissenschaftlichen Urteilen der historischen Analyse ausbilden. Nur so werde die geschichtliche Wirklichkeit von Offenbarung sichtbar. Wehrung prägt in diesem Zusammenhang den Begriff des „Übergeschichtlichen im Geschichtlichen". Erst in diesem „übergeschichtlichen" Gehalt von Geschichte, der der Offenbarung selbst entspricht, wird der Sinn geschichtlicher Vorgänge erfahrbar. In einer sprachlich vielleicht nicht völlig zulänglichen Weise benennt Wehrung hier eine Ebene von Geschichte, in der es sich um „Gottes Offenbarung und unser endgültiges Lebenslos" handelt.124 In äußerster Konzentration sieht Wehrung diesen Sachverhalt in der Gestalt Christi gegeben. Der Grundgehalt des Übergeschichtlichen in der Geschichte „ist das [... ] in Christus sich entscheidend vollziehende [...] Heilshandeln Gottes in der Geschichte".125 Die Deutung solcher Vorgänge, die das Übergeschichtliche im Geschichtlichen zum Ausdruck bringen, kann nur im Rahmen einer „übergreifend historisch-theologischen Auslegung" erfolgen. Die Glaubensinhalte werden dabei weder verifiziert noch in ihrer Geltung problematisiert. Nach Wehrung kann eine Verifizierung ausschließlich durch den Glauben 122

123 124 125

Glaube und Geschichte. 12 Thesen, in: Geschichte und Glaube, 322-421. Wehrung hat diesen Text bereits 1930 zunächst für einen Ferienkurs der Hallenser Fakultät verfaßt; er wurde später in erweiterter Form als in sich geschlossenes Kapitel in das Buch integriert. Geschichte und Glaube, 328-329. Ebd., 360. Ebd., 363.

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selbst vorgenommen werden. Insofern beschränkt sich das durch Einsicht in geschichtliche Zusammenhänge gestützte Erkennen auf die bloße Anerkenntnis des Glaubens. Anders als bei der religionswissenschaftlichen Forschung ist das Verfahren der theologischen Untersuchung „von der Sache" her gefordert. Erst die offenbarungsorientierte Perspektive eröffnet dem Erkennen die biblische Heils- und Offenbarungsgeschichte.126 Auch hier muß der Theologe ein lebendiges, von Anziehung und Rückwirkung bestimmtes Wechselverhältnis herstellen. Nur ein solches „tätiges Ineinandergreifen" erlaube es, die in den biblischen Texten ausgedrückte „geschichtlich-übergeschichtliche Wirklichkeit ['...] in ihrer wesenhaften Wahrheit" aufzufassen. 127 Der Geschichtsbegriff, der diesen Überlegungen zugrundeliegt, folgt einem eminent theologischen Interesse; Wehrung spricht daher ausdrücklich auch von einem „evangelischen Geschichtsbegriff". Kennzeichnend ist ein personales Moment im Verständnis von Geschichte. Erst aus der verantwortungsvollen Tat erwächst geschichtliches Geschehen. Aber auch die gegenwartsüberschreitende, auf Zukunft ausgerichtete Hoffnung auf „Erlösung und Vollendung" kommt hier schon, in der Wahrnehmung von Gegenwart, zur Geltung.128 Gerade diese Verbindung von gegenwärtiger und zukünftiger, im Gedanken der Verantwortung verknüpfter Perspektive faßt Wehrung im Begriff der „Bewährung" zusammen. In die Geschichtsbetrachtung zieht ein Moment von „Entscheidung" ein, in dem auch der Ewigkeitsbezug des Glaubens seinen Niederschlag findet. 129 Doch ist es auf der anderen Seite auch nicht möglich, die Ergebnisse der wissenschaftlich-kritischen Bibelforschung einfach zu ignorieren. Die Problematik des Historismus, zu deren Überwindung Wehrung seine geschichtstheologische Konzeption entworfen hatte, macht es erforderlich, daß „das Wahre, das Richtige im geschichtlichen Erkennen" akzeptiert wird.130 Wehrungs Modell sieht eine synthetische Lösung vor: Das „offenbarungsgeschichtliche Denken" und das „wissenschaftlich-historische Denken" sollen sich, ungeachtet der differenten Fragerichtung, verschränken und zu einem „lebendigen Ineinandergreifen" gelangen. Die zum Zwecke einer solchen Synthese erforderliche Haltung beschreibt Wehrung als „Glaubensintuition". 131 In der Glaubensintuition verbinden sich Ebenen der Wirklichkeitswahrnehmung zu einem „unlösbaren Ineinander", die sonst in disparaten Wahrnehmungsweisen nebeneinander stehen. Dies entspricht einem Grundzug des Glaubens selbst: Der Welt gegenüber 126 127

128 129 130 131

Ebd., 370. 131. Ebd., Ebd., Ebd., Ebd., Ebd.,

369. 437-441. 442. 482. 131.

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bleibt der Gläubige von einer realistischen Einschätzung bestimmt. Die Sünde tritt ihm in Gestalt der „allzu menschlichen Motive" unübersehbar entgegen. Zugleich aber ist ihm auch, und zwar sogar noch in und hinter solchen Motiven, „der Schöpfungswille Gottes" erkennbar, aufgrund dessen er den Sinn des Geschehens erfaßt und bejaht. Nach Wehrung bewährt sich gerade in dieser Tiefenschärfe frommer Wirklichkeitswahrnehmung die Freiheit des Glaubens.132 Als Bewährung und Bekräftigung der christlichen Heilserwartung ist sie von erheblicher Bedeutung für die religiöse Haltung des Christen. Von ihr gehen Impulse bis in das politische Handeln aus, die eine Motivation zu gesteigerter Teilnahme am gesellschaftlichen Leben nach sich ziehen. Von historischer Kritik religipser Geltungsansprüche ist eine solche Bewährung, die zugleich immer selbst auch schon Bewahrheitung ist, völlig unabhängig. Probleme ergeben sich dabei auf dem Gebiet des Geschichtsverständnisses. Die begrifflich-theologische Relation zwischen Geschichte und „Heilsgeschichte" bleibt letztlich offen. Allerdings braucht vor diesem Hintergrund die Wahrheitsproblematik, jene die liberale Theologie der Zeit sonst so sehr in Atem haltende Frage, die theologische Reflexion nicht weiter zu beschäftigen. Die unmittelbare Reaktion der Fachgenossen auf das Buch enttäuschte Wehrung. Eingehendere Besprechungen erschienen kaum und mit erheblicher zeitlicher Verzögerung. Zum Teil wurde, wie in der Zeitschrift für Theologie und Kirche, überhaupt keine Anzeige veröffentlicht. Die wenigen Besprechungen, die sich auch inhaltlich mit dem Buch auseinandersetzten, blieben nach Wehrungs Eindruck in ungerechtfertigter Weise distanziert. So hatte etwa Walther Köhler, ausgehend „von seinem Standpunkt der notwendigen Trennung von Wissenschaft und Glaube, was ich eben bestritten hatte, für meine Ansicht natürlich kein Verständnis".133 Friedrich Karl Schumann zeigte sich in seiner erst 1939 erschienenen Rezension „für das auf der ganzen Theologie lastende Problem nicht gerade aufgeschlossen". Auch die Haltung, die Werner Eiert, der von Wehrung als Theologiehistoriker hochgeschätzte Erlanger Theologe, in seiner Dogmatik zum „Problem des Verhältnisses Gottes zur Geschichte" einnahm, empfand Wehrung als gegen seine Darstellung gerichtet.134 Wehrung erwähnt nicht, daß schon im Januar 1934 in der Theologischen Literaturzeitung, dem wichtigsten deutschsprachigen theologischen Rezensionsorgan, eine ausführliche Besprechung seines Buches durch

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133 134

Ebd., 480. Vita, 8. Vgl. Walther Köhler: Geschichtsphilosophie [Sammelrezension], in: Theologische Rundschau 8 (1936), 70-95. 129-145, hier: 140-145. Vita, 8: „Leider zeigt [...] W. Elerts Dogmatik, daß das traditionelle Denken sich alle diese Fragen viel leichter macht |und| sehr schnell auf alte Bahnen einbiegt." Vgl. Werner Eiert: Der christliche Glaube. Grundlinien der lutherischen Dogmatik, Berlin 1940, 195-196. Schumanns Rezension erschien in: Theologisches Literaturblatt 60 (1939), 24-26.

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Georg Wobbermin erschienen war.135 Wobbermin referierte den komplexen Aufbau des Werkes und stellte fest, daß die Darstellung „weit über den Rahmen des eigenen Themas hinausgreift und sich schließlich auf alle Zweige der theologischen Arbeit erstreckt". Er erklärte, daß er insgesamt den Grundgedanken „freudig zustimme". Abgesehen von einzelnen Differenzen in Fragen der theologischen Begründungstheorie und ungeachtet der Vorbehalte Wehrungs gegen die von Wobbermin entwickelte spezifische theologische Methodik sah Wobbermin in dem „weitgehenden Zusammentreffen unserer beiden Positionen von sehr verschiedenen Ausgangspunkten aus" einen „erfreulichen Beweis für die Richtigkeit oder wenigstens die theologische Bedeutsamkeit der entscheidenden gemeinsamen Grundgedanken". 136 2.6. Jahre des Kirchenkampfes Die kirchenpolitischen Auseinandersetzungen, die sich in Württemberg an die nationalsozialistische Machtübernahme anschlössen, unterschieden sich in einigen wichtigen Zügen von den Konflikten in anderen Landeskirchen. Zu keinem Zeitpunkt gelang es den Deutschen Christen in Württemberg, sich des kirchlichen Amtsapparates vollständig zu bemächtigen. Besonders unter der Pfarrerschaft war eine volkskirchliche Strömung weit verbreitet, die offen an liberalprotestantische Kirchenvorstellungen anknüpfte. Kritik und Opposition gegen die von den Deutschen Christen ausgehende Politisierung des kirchlichen Lebens fanden einen starken Rückhalt in stabilen landeskirchlichen Strukturen. Auch die Tübinger Theologische Fakultät wahrte, mit Ausnahme weniger Dozenten, zumal in den beiden ersten Jahren des Dritten Reiches Distanz sowohl gegenüber der reichskirchlichen Strategie einer politisch motivierten Ausschaltung des landeskirchlichen Föderalismus als auch gegenüber dem weltanschaulichen Absolutheitsanspruch des Nationalsozialismus selbst.137 Auf der anderen Seite kam es allerdings weder in diesem noch in jenem Bereich zu

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Georg Wobbermin: (Rezension zu:] Georg Wehrung: Geschichte und Glaube. Eine Besinnung auf die Grundsätze theologischen Denkens, Gütersloh 1933, in: Theologische Literaturzeitung 59 (1934), 32-35. Ebd., 35. Zur Lage an der Tübinger Universität im Wintersemester 1932/33 vgl. Uwe Dietrich Adam: Hochschule und Nationalsozialismus. Die Universität Tübingen im Dritten Reich. Mit einem Anhang von Wilfried Setzier „Die Tübinger Studentenfrequenz im Dritten Reich" (Contubernium. Beiträge zur Geschichte der Eberhard-Karls-Universität Tübingen. Band 23), Tübingen 1977; zu Wehrung siehe hier: 50-51. Nach Adam darf „die sehr geringe Zahl formaler NSDAP-Mitglieder vor 1933 (...) nicht darüber hinwegtäuschen, daß die latent vorhandenen Sympathien für die Partei wesentlich größer waren und sogar zu einer teilweise aktiven Unterstützung des Nationalsozialismus führten" (31).

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einer entschlossenen und eindeutigen Stellungnahme. Statt dessen suchte man durch weitgehend unverbindliche und abwartende Äußerungen, eine Einbeziehung der Fakultät in die Auseinandersetzungen zu vermeiden. An dieser Vorgehensweise hatte gerade Wehrung einen nicht unerheblichen Anteil. 2.6.1. Wehrungs Haltung 1933/34 Schon vor 1933 hatte Wehrung sich an öffentlichen Auseinandersetzungen über den Nationalsozialismus nicht beteiligt. Auch während der ersten Monate nach dem 30. Januar 1933 behielt er seine vorsichtig-abwartende Haltung bei. Sowohl im kirchen- als auch im parteipolitischen Bereich wies Wehrung jede Aufforderung zu einer eindeutigen Meinungsäußerung zurück. Das von ihm im Studienjahr 1933/34 ausgeübte Amt des Dekans der Theologischen Fakultät versah er ebenfalls unter Beachtung einer solchen größtmöglichen Zurückhaltung. Eine Auswertung der offiziellen Fakultätsunterlagen aus diesem Zeitraum, so etwa des von Wehrung während seines Dekanats selbst geführten Protokollbuches der Fakultätssitzungen, zeigt, daß Forderungen aus dem politischen Bereich durchweg äußerst reserviert aufgenommen wurden.138 Eine Kritik jedoch, und sei es in noch so moderater Form, an den gesetzgeberischen und polizeilichen Maßnahmen der Nationalsozialisten findet sich in den Stellungnahmen der Fakultät gleichfalls nicht. Insbesondere die Verfolgung der Juden wurde während der gesamten Dekanatszeit Wehrungs von der Tübinger Theologischen Fakultät - immerhin einer Fakultät, die sich in den zurückliegenden Jahrzehnten durch ein großes Engagement im Bereich der Judaistik ausgezeichnet hatte - nicht thematisiert. Lediglich zu den innerkirchlichen Folgen jener ständig massiver werdenden Ausgrenzung jüdischer Staatsbürger nahm sie Stellung. So fällt in die Amtszeit Wehrungs die Erklärung der Fakultät zur kirchlichen Judengesetzgebung im Herbst 1933. Die Fakultät hob in ihrem auf den 1. November 1933 datierten und von Wehrung unterzeichneten Votum vor allem den Gedanken hervor, daß die Kirchenmitglieder jüdischer Abstammung sich „in kleinem Umfang innerhalb unserer Kirche" zu „eigenen Gemeinden" zusammenfinden sollten. Sie würden so einen Beitrag zur Erkenntnis des unausforschlichen Reichtums Christi leisten. Ebenso wie jeder „christliche Jude" Teil der Una Sancta sei, gehöre auch „jede gläubige judenchristliche Gemeinde und Gemeinschaft" als „vollgültiges Glied" zur Kirche hinzu. Im Blick auf die Frage der Amtsträgerschaft rief 138

Siehe: Protokollbuch der evangelisch-theologischen Fakultät Tübingen vom 1. 4. 1875 bis 27. 4. 1946, Bl. 334-344 (Universitätsarchiv Tübingen); zur Wahl Wehrungs zum Dekan vgl.: Theologische Blätter 12 (1933), 183.

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die Fakultät zu einer seelsorgerischen Lösung „mit Weisheit, Liebe und Takt" auf.139 - Man wird kaum behaupten können, daß diese zweifellos gut gemeinte Erklärung mehr bot als Leerformeln. Die Verfolgten konnten aus ihr keine wirkliche Unterstützung in ihrer prekären kirchlichen und rechtlichen Stellung beziehen. Der Mindestanforderung im Blick auf die persönliche Zugehörigkeit zu NS-Organisationen suchte Wehrung im Februar 1934 durch seinen Beitritt zum Nationalsozialistischen Lehrerbund zu genügen. Auf eine im Herbst 1934 vom Reichswissenschaftsministerium durchgeführte Befragung nach der bisherigen politischen Betätigung, antwortete er: „Ich habe (als Elsässer) das politische Parteiwesen für ein Unglück gehalten und mich davon fern gehalten. Meine Partei war immer das deutsche Volk."140 Erst im Frühjahr 1934, als die NS-Diktatur dauerhaft gefestigt war, reagierte Wehrung auch öffentlich auf die zurückliegenden Geschehnisse. Er formulierte ein „theologisches Votum", das wenig später unter dem Titel „Kirche und Gegenwart" eine lokale Verbreitung fand. 141 Wehrung ging von dem Grundsatz aus, daß eine prinzipielle Offenheit der theologischen Geschichtsdeutung für den „in den Zeitereignissen und umwälzenden geschichtlichen Bewegungen verborgenen Gottessinn" auch heute gefordert sei (These 7). „Neue Gelegenheiten und Aufgaben" seien mit geschichtlichen „Wendezeiten" ebenso verbunden, wie „neue Kräfte und fruchtbare Antriebe". Solche Zeiten des Umbruchs „bedeuten für die Christenheit Ruf, Frage, Weisung Gottes" und den „Aufruf zur Mitarbeit" (These 3). Der liberalprotestantische Hintergrund von Wehrungs Position wird in der Anwendung auf die Stellung der Kirche deutlich: Nicht aus der Zeit, wohl aber „für die Zeit" solle die Kirche bestehen und „für die Gegenwart" leben. Gott selbst wolle, daß „sie sich seinem Willen, der im Zeitgeschehen verborgen waltet, gläubig öffne und füge", er wolle, „daß sie auf der Wacht stehe und nicht schlafe" (These 5). Eine Sicherung gegen 139

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Erklärung der Evangelisch-Theologischen Fakultät Tübingen vom 1. [bzw. 9.) November 1933 zur Anwendung des Beamtengesetzes auf die Kirchen, in: Deutsches Pfarrerblatt 37 (1933), 699; hier zitiert nach Heinz Liebing (Hg.): Die Marburger Theologen und der Arierparagraph in der Kirche. Eine Sammlung von Texten aus den Jahren 1933 und 1934, Marburg 1977, 47-48. Nach Rohm und Thierfelder hat insbesondere Gerhard Kittel an dem Entwurf dieser Erklärung mitgewirkt; vgl. Eberhard Rohm/Jörg Thierfelder: Juden- Christen- Deutsche. Band 1: 1933-1935. Ausgegrenzt, Stuttgart 1990, 171. Befragung des Reichs- und Preußischen Ministeriums für Wissenschaft, Erziehung und Volksbildung von 1934 (Bundesarchiv Berlin. Bestand: R 21 Anhang/10021), sowie: Personalakte Wehrung. Universitätsarchiv Tübingen. Signatur: 126/746, Blatt 5. Kirche und Gegenwart. Ein theologisches Votum, in: Die Volkskirche (Evangelisches Monatsblatt für Württemberg) 7 (1934), 55-56; hier zitiert nach der im Nachlaß vorliegenden, zum Teil handschriftlich korrigierten Fassung des Typoskriptes (Nachlaß Wehrung. Karton 11: Typoskripte (z.T. undatiert)).

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die Gefahr der Selbstauslieferung an eine „Bestimmtheit vom Zeitgeschehen" erfolgt nach Wehrung derart, daß zwar göttliches Wirken „zu jeder Zeit" vorauszusetzen sei, daß aber von einer „unmittelbaren Offenbarung Gottes" im Geschichtsereignis nicht gesprochen werden könne. Jede Zeit trage „die Schuld der voraufgehenden" und werde dabei selbst wiederum in Schuld verstrickt. Daher umfaßt das kirchliche Wächteramt immer auch die Mahnung zu einer selbstkritischen und korrekturfähigen politischen Grundeinstellung. Maßstab der Erkenntnis des göttlichen Willens sei in jedem besonderen historischen Moment - zumal in einer Situation der Umwälzung und des Neuaufbruchs - allein das biblische Wort, dessen konkrete Auslegung „aus der Begegnung des Offenbarungswortes mit dem Zeitgeschehen" erfolge. „Wie soll anders das Wort Gottes sich als lebendig und kräftig, als schärfer denn jedes zweischneidige Schwert und als Richter der Gedanken und Sinne erweisen?" (These 12). Eine schroffe Entgegensetzung von biblischem Wort und Zeitgeschichte, wie sie etwa von Dialektischen Theologen vorgetragen werde, bleibe auf eine Haltung fixiert, die „aus dem bloßem Nein heraus bestimmt ist". Will aber die Kirche die Gestaltungskraft des biblischen Wortes in das politische und soziale Geschehen einbringen, so muß sie sich nach Wehrung auf den Gedanken einer stets bestehenden „lebendigen Beziehung" des Wortes zur Gegenwart einlassen und, soweit möglich, zu ihrem Teil auf „die wirkliche Erfüllung der von der Zeit gestellten Aufgaben" hinwirken. Im Blick auf die aktuelle Situation fordert Wehrung, daß staatlicherseits die institutionellen Voraussetzungen kirchlicher Tätigkeit „im vollen Maße [...] respektiert" werden. Den Kirchen müsse die Möglichkeit gelassen werden, „ihr Leben und Denken rein vom Evangelium" aus zu gestalten (These 9). Den im christlichen Glauben verbundenen Bürgern empfiehlt Wehrung, Distanz gegenüber der starken politischen und nationalen Erregung zu wahren. Nur eine solche Zurückhaltung versetze in die Lage, „aus dem Lärm des Geschehens den geheimen Ruf Gottes zu vernehmen" (These 17). Auch könne nur auf diese Weise „das Bedrängende im Zeitgeschehen" erfaßt werden und die Einsicht in die Hintergründe der Vorgänge erhalten bleiben. Die „Beziehung der neutestamentlichen Gottesbotschaft auf das Gegenwartsgeschehen" werde dann im Vertrauen auf die Evidenz des „gegenwärtigen Willens Gottes", zugleich aber auch in der eigenen Tat des verantwortlich am Zeitgeschehen teilhabenden Christen hergestellt.142 „Gottes Geisteswalten hat nicht mit der letzten Seite der Bibel aufgehört" (These 22). Die Kirche als solche aber, die in ihrer empirischen Gestalt von Verfälschung und Irrtum nicht frei sei, darf nach Wehrung 142

Wehrung beruft sich hierfür auf 1. Kor 12, 8; in einer solchen „Weisung des Geistes" sei eine Gnadengabe an die ganze Gemeinde zu erblicken (These 20).

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auch in diesem Moment nicht den Anspruch erheben, in privilegierter Weise eine Stätte göttlicher Willensbekundung zu sein. In deutlicher Anspielung auf das Selbstverständnis kirchlicher Oppositionsgruppen betont Wehrung vielmehr, daß „eine schlichte Christen- oder Pfarrerversammlung" ebenso wie „manche vor der großen Welt verborgene Predigt" Ort solchen Geschehens sein könne. Gerade der derzeitige „höchste [...] kirchenregimentliche Amtsträger", d.h. der Reichsbischof, sei dringend gehalten, auf derartige Stimmen zu hören. Ein leerer Biblizismus, der die Hauptschuld bereits am Versagen der Kirchen gegenüber „der Proletarischen Arbeiterbewegung" während der Vorkriegsjahrzehnte getragen habe, sowie ein formelhaftes Bekenntnis, das „nicht aus der Not der Zeit heraus einen gegenwartsnahen Ausdruck fand", sind nach Wehrung die hauptsächlichen Fehlerquellen kirchlichen Handelns. Die „staatlich-bürgerlich" gebundene Kirche habe vor 1914 den Kontakt sowohl „zu den Massen" wie auch zum Bürgertum verloren. Dies dürfe sich nicht wiederholen. Wehrung thematisiert hier das zentrale kirchenpolitische Trauma liberaler Theologen, das, ebenso wie bei zahlreichen lutherischen Kirchenvertretern, im Frühjahr 1933 das ausschlaggebende Motiv für eine positive Einstellung zum Nationalsozialismus bildete.143 Einem ähnlichen Versagen könne heute, so Wehrung, dadurch vorgebeugt werden, daß an die Stelle autoritär-„kirchenregimentlicher" Leitungsbehörden „die bekennenden Gemeinden" als „das eigentliche Subjekt" kirchlicher Tätigkeit treten. Wehrung appelliert daher an den Gedanken eines „allgemeinen Priestertums der Gläubigen", das allein in der selbständigen Mitarbeit aller mündigen Christen „in Tat und Wahrheit" zur Geltung komme (These 31). Von diesen Überlegungen wurde Wehrungs politische und kirchenpolitische Handlungsweise bestimmt. In dem autobiographischen Text von 1949 findet sich ein kurzer Überblick zu den Ereignissen während der ersten Jahre des Dritten Reiches: „Die politische Entwicklung hat mich dann von meiner Arbeitslinie etwas abgedrängt. Es schien mir in der Folge wichtig, der Frage Christentum und Deutschtum nachzugehen, um meinerseits auf die allgemeinen Anklagen und Thesen von Rosenberg und Hauer zu antworten. Auch las ich viele Bände Isländersagas zur Gegenüberstellung des altgermanischen und des christlichen Ethos. Doch hat der seelische Druck meine Arbeit sehr belastet. Das Grauen, daß ich schon als Studierender empfunden hatte, kehrte verstärkt wieder. Es war mir sehr bald klar, daß die Unterwelt aufbreche, und ich wußte wohl, daß die bekennende ev. Christenheit jetzt aufgerufen sei. Nachdem einige Mitglieder unserer Fakultät vergeblich versucht hatten, bei den Deutschen Christen positiv an der Gestaltung der Reichskirche mitzuwir-

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Vgl. Kurt Nowak: Evangelische Kirche und Weimarer Republik. Zum politischen Weg des deutschen Protestantismus zwischen 1918 und 1932. Zweite Auflage, Weimar 1988, 210-293. 298-305.

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Liberale Theologie als theologische Geschichtstheorie ken, bekannten wir uns im Herbst 1934 einmütig zum Landesbischof D. Wurm, teilten unsere Erklärung durch die gleiche Abordnung auch dem Ministerpräsidenten mit, was uns seinen stärksten Unwillen und Tadel zuzog, auch mit weiteren Maßregelungen hatten wir gerechnet.144 Als wir von der Aufhebung der Klausur des Bischofs hörten, sagte ich zu Kollege Kittel, nach meiner Meinung sollte der Bischof zum ersten Mal öffentlich in Tübingen auftreten und zu Studierenden und Gemeinden sprechen. Herr Kittel bereitete dies sofort vor; es war eine machtvolle Kundgebung. Danach nahmen wir die gemeinsame telegraphische Aufforderung der deutschen Theologen an den ,Reichsbischof' Ludwig Müller, endlich sein Amt niederzulegen, obschon ohne ersichtlichen Erfolg in die Hand.145 Daß wir uns nach dem Verbot eines amtlichen Verkehrs mit dem Landesbischof D. Wurm regelmäßig unamtlich im Stift zum Gedankenaustausch zusammenfanden, darf noch erwähnt werden. Wieder als mir nach einiger Zeit Kollege Dannenbauer berichtete, nach sicherer Kunde wolle der Kreisleiter [der NSDAP] gegen D. Heim (wegen einer Äußerung in einem seiner Bücher) und gegen die Fakultät vorgehen - es war auch schon von anderer Seite ein literarischer Angriff erfolgt -, veranlaßte ich zusammen mit Herrn Kittel eine sofortige Beratung der Fakultät, deren Entschluß, den Kreisleiter um einen Empfang von D. Heim und des Dekans zu einer Aussprache zu ersuchen, sich als der richtige Weg erwies; die Gefahr wurde gebannt. Wie die württ. Landeskirche sich selbst behauptete, hat auch unsere Fakultät bei allen Beschränkungen und Einengungen, gegen die sich übrigens unser Dekan Weiser stets wacker zur Wehr setzte, bei allerdings geringer werdender Hörerschaft ruhig arbeiten können. Mit Sorge erfüllte mich freilich durch alle jene Jahre hindurch die Entwicklung der Bekenntnisfront insgesamt, die meinte, durch Zurückgreifen auf die einstige Orthodoxie, durch Schulung in Vilmar (wie in der westfälischen Vikarsbruderschaft und sonst auf Freizeiten) ihre Stellung verstärken zu können.

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Die theologische Fakultät Tübingen an den Landesbischof (Brief vom 10. September 1934), in: Allgemeine Evangelisch-Lutherische Kirchenzeitung 67 (1934), 944 (Nr. 40 vom 5. Oktober 1934). - Im Text tritt die Fakultät korporativ auf; er ist unterzeichnet mit: „Die ev.-theol. Fakultät der Universität Tübingen: gez.: Rückert, Dekan." Rückert, Nachfolger Wehrungs als Dekan, wurde aufgrund dieses Schreibens vom Württembergischen Kultusminister seines Amtes enthoben (vgl.: Allgemeine Evangelisch-Lutherische Kirchenzeitung 67 (1934), 1187); ihm folgte Artur Weiser. Telegramm an den Reichsbischof vom 5. November 1934, in: Allgemeine EvangelischLutherische Kirchenzeitung 67 (1934), 1076-1077 (Nr. 45 vom 9. November 1934), sowie in: Junge Kirche. Halbmonatschrift für reformatorisches Christentum 2 (1934), 960 (Nr. 22 vom 17. November 1934).- Dem Text des Telegramms folgen insgesamt 119 nach Fakultäten gruppierte Unterschriften. Aus der Tübinger Theologischen Fakultät werden genannt: Otto Bauernfeind, Hermann Faber, Karl Fezer, Karl Heim, Gerhard Kittel, Karl Müller, Rudolf Paulus, Heinrich Rengstorf, Hanns Rückert, Adolf Schlatter, Martin Schlunk, Friedrich Traub, Paul Volz, Georg Wehrung und Artur Weiser. Wehrung erhielt am 8. November ein von Müller gezeichnetes und mit dem Siegel der DEK (Lutherrose und Hakenkreuz) versehenes Antwortschreiben, in dem die Rücktrittsforderung abgelehnt wurde (vorhanden in: Nachlaß Georg Wehrung. Kieler Bestand. Broschüren- und Separata-Sammlung. Karton 13: Kirchenkampf).

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Nicht die Orthodoxie, nur das Evangelium, das alte echte reformatorische Zeugnis konnte und durfte die Fahne sein, um die sich die bekennende Kirche scharte. Das Beste war stets die Sammlung auf die theol. Arbeit."146

Wehrung führt nicht an, daß er sich bereits im Januar 1935 der Freien Volkskirchlichen Vereinigung angeschlossen hatte, die als landeskirchlicher Verband die Aktivitäten der bekenntniskirchlichen Gruppen in Württemberg unterstützte, den kirchenpolitischen Konfrontationskurs mancher BK-Gruppen aber auch zu mäßigen suchte.147 Wie die Satzung von 1932 festlegte, erstrebte die „Vereinigung" „in Wahrhaftigkeit und Frömmigkeit eine Volkskirche, die allen Volksschichten und den verschiedenen Ausprägungen des evangelischen Christentums offensteht". „Sie will auf das öffentliche Leben im Geiste freier evangelischer Frömmigkeit und sozialen Verständnisses einwirken" (§ 2, 1. 3). Aber auch sonst gibt die zitierte Passage aus der „Vita" die Ereignisse in einer durchaus subjektiv gefärbten Sichtweise wieder. Denn insbesondere die als Unterstützung für den in schwere Bedrängnis geratenen Landesbischof Theophil Wurm dargestellten Aktivitäten der Fakultät waren keineswegs unproblematisch. In dem Bemühen, kirchenpolitischen Einfluß zu gewinnen, nahm die Fakultät in Kauf, zumindest nach außen hin deutsch-christliche Positionen zu bestätigen. Ähnlich wie die übrigen Mitglieder der Tübinger Fakultät ließ Wehrung sich im Mai 1934 dazu bewegen, den weitgehend von württembergischen Anhängern der Deutschen Christen erarbeiteten „Tübinger Sätzen" zuzustimmen. In dieser Thesenreihe wurde erklärt, daß die nationalsozialistische Bewegung der Kirche „ihre alte Aufgabe, deren Inhalt durch das ewige Evangelium ein für allemal gegeben" sei, „in neuer Weise und mit der Forderung neuer Wege" gestellt habe.148 Nur eine gezwungene Interpretation konnte diesen Text als theologischen Ausdruck für eine Unterstützung Wurms ausgeben. 2.6.2. Die Auseinandersetzung um den Erlaß vom 28. Februar 1935 Einen weiteren Anlaß, sich in die kirchenpolitischen Auseinandersetzungen einzuschalten, bot der Erlaß des Reichsministers für Wissenschaft, 146 147

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Vita, 9-10. Die Geschichte der noch heute bestehenden Freien Volkskirchlichen Vereinigung bis 1962 wird dargestellt von Oskar Weitbrecht / Theodor Daur: Weg und Aufgabe eines Freien Protestantismus in der Evangelischen Kirche. Rückblick auf 50 Jahre Freie Volkskirchliche Vereinigung in Württemberg (Freies Christentum. Heft 46/47), Frankfurt am Main 1962. Vgl. den Text der „Tübinger Sätze" bei Gerhard Schäfer: Die evangelische Landeskirche in Württemberg und der Nationalsozialismus. Eine Dokumentation zum Kirchenkampf. Band 3: Der Einbruch des Reichsbischofs in die württembergische Landeskirche 1934, Stuttgart 1974, 335-337.

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Erziehung und Volksbildung vom 28. Februar 1935, demzufolge den Mitgliedern der Theologischen Fakultäten keine öffentliche Stellungnahme zu den aktuellen kirchlichen Konflikten mehr erlaubt sei. Als Staatsbeamte hätten die Theologieprofessoren der Pflicht zu genügen, „sich in bezug auf öffentliche Streitfragen der Zurückhaltung zu befleißigen, die der politischen Verantwortung eines Amtsträgers des nationalsozialistischen Staates entspricht". Eine aktive Teilnahme am Kirchenkampf sei mit dieser Pflicht unvereinbar. 149 Auf Wehrungs Initiative hin setzte innerhalb der Tübinger Fakultät ein Diskussionsprozeß über den Erlaß und seine kirchenpolitischen Auswirkungen ein. Nachdem bereits am 5. April Gerhard Kittel sich mit einem persönlichen Schreiben an den Minister gewandt hatte, brachte neun Tage später auch Wehrung seinen Protest in gleicher Weise zum Ausdruck. Der Brief, der auch einer auf den 17. April datierten Stellungnahme der Fakultät zugrundelag, befindet sich in Kopie im Nachlaß; in Diktion und Gedankenführung ist er von dem strategischen Ziel, das er verfolgt, nicht ablösbar.150 Er enthält folgenden Wortlaut: „Tübingen, d. 14. April 1935. Dem Herrn Reichs- und Preussischen Minister für Wissenschaft, Erziehung und Volksbildung bitte ich in aller Ehrerbietung die Gewissensnot vortragen zu dürfen, in die mich der Erlass an die Evangelisch-Theologischen Fakultäten stürzt. Es ist eine Not, die ich gerade als Deutscher empfinde; als Deutscher, der den heutigen Staat bejaht, für ihn mit aller Kraft arbeiten will und nur das eine wünscht, daß es ihm gelingen möge, das deutsche Volk gegen Bolschewismus und westliches Denken hindurchzuretten. Um nicht meine deutsche Art überfremden zu lassen, habe ich einst das französisch gewordene Elsaß verlassen, wie ich mich von Jugend auf um ein Verständnis des deutschen Wesens und des wahrhaft deutschen Staates bemüht habe. Als gross am deutschen Staat in seinen wahrsten Erscheinungen habe ich die Doppelverpflichtung erkannt, in die unser Staat, die ihm dienen, hineinstellt: daß wir uns einerseits rückhaltlos mit voller Wahrhaftigkeit den inneren Forderungen unseres Berufes selbst aufschliessen und sie als etwas ebenso Heiliges

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150

Der Erlaß ist abgedruckt in: Die Christliche Welt 49 (1935), 332-333. Gegen ihn protestierten zahlreiche Professoren. Zum religionspolitischen Kontext dieser Initiative Bernhard Rusts vgl. Kurt Meier: Der evangelische Kirchenkampf. Band 2: Gescheiterte Neuordnungsversuche im Zeichen staatlicher „Rechtshilfe", Halle (Saale) 1976, 12-35, besonders: 29-30. Nachlaß Georg Wehrung. Karton 17: Unterlagen, zumeist Druckschriften. - Das in einer Mappe mit der Aufschrift „Fakultät und Kirchenstreit" enthaltene umfangreiche Konvolut zu den Auseinandersetzungen um den Erlaß vom 28. Februar 1935 umfaßt u.a. neben einer Abschrift des Erlasses Wehrungs Schreiben an den Minister vom 14. April 1935 (mit handschriftlichem Original), eine Stellungnahme der Fakultät vom 17. April (unterzeichnet von dem Dekan Artur Weiser; anbei eine längere Entwurfsfassung vom 16. April), ein paralleles Schreiben Gerhard Kittels vom 5. April 1935 sowie die Antwort des Ministers in Form eines Rundschreibens vom 5. Juli 1935.

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erfüllen. Als etwas ganz Großes am deutschen Staat habe ich das angesehen, daß er das Eintreten für diese unsere Berufserkenntnis und Berufspflicht von uns fordert, gerade um unseres Staates und Volkes willen. Hier habe ich einen tiefgreifenden Gegensatz zur westlichen Demokratie wahrgenommen, die einfach einen formalen Gehorsam auferlegt und damit alle Berufspflicht als erfüllt ansieht. Der Staat verpflichtet uns Mitglieder der Evang.-theologischen Fakultäten nun nicht nur zu selbständiger wissenschaftlicher Forschung; er will, daß wir diese Arbeit zu Nutz und Frommen der evangelischen Kirche tun, daß wir uns dieser Kirche als einer grossen, die Geschichte unseres Volkes tief mitbestimmenden Gemeinschaft verpflichtet wissen. Er müsste uns mit Misstrauen gegenüber stehen, wenn wir uns unserer kirchlichen Pflicht entzögen, weil er dann ohne Gewähr wäre, daß wir unsere staatliche und völkische Pflicht ganz ernst nehmen. Im Unterschied von der katholischen Kirche gibt es aber im Raum der evangelischen Kirche keine autoritativ bindende Kirchenentscheidung für Gegenwartsfragen, vielmehr werden neue Entscheidungen gerade unter verantwortlicher Mitwirkung der Fakultäten in der öffentlichen Erörterung der Gemeinde gewonnen und erprobt. Darum müssen wir Mitglieder der Evangelisch-Theologischen Fakultäten es geradezu als Willen des Staates ansehen, daß wir mit dem Gewicht unserer Erkenntnis uns an diesen Erörterungen ernsthaft beteiligen. Schwiegen wir, so würden wir uns nicht nur an der evangelischen Kirche, sondern auch an unserem deutschen Staat selbst versündigen. Mit diesem Schweigen würden wir beiden nicht mehr den vollen Dienst tun, den wir ihnen schulden. Das ist die Gewissensnot, in die uns der Erlass des Herrn Ministers bringt. Als Deutscher und als evangelischer Christ richte ich deshalb an den Herrn Minister die ehrerbietige Bitte, unseren Fakultäten mit Vertrauen zu begegnen und uns keine Verpflichtung aufzuerlegen, die uns in Widerstreit mit unserem Gewissen und unserem Amte stürzt. [...]"

Mittelfristig hatte der Erlaß des Ministers trotz der Proteste den gewünschten Erfolg. Wehrung selbst beteiligte sich seither nicht mehr an hochschul- oder kirchenpolitischen Erklärungen. Erst im Februar 1936, als eine Stellungnahme theologischer Hochschullehrer zugunsten der mittlerweile eingesetzten Kirchenausschüsse erwünscht war, hob Rust den Erlaß auf. 151

151

Die für die Aufhebung gegebene Begründung Rusts zeigt, daß es sich im Februar 1935 keineswegs um eine Maßnahme gehandelt hatte, die das DC-Kirchenregiment des Reichsbischofs stützen sollte (so Joachim Gauger: Chronik der Kirchenwirren. Drei Teile, Elberfeld o.J. [1934-1936], 462). Vielmehr war der Erlaß in seiner Hauptintention auf eine Zurückdrängung der kirchlichen Auseinandersetzungen aus dem Zuständigkeitsbereich des Reichswissenschaftsministeriums gerichtet gewesen (vgl. Kurt Meier: Der evangelische Kirchenkampf. Band 2, 392).

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Liberale Theologie als theologische Geschichtstheorie

2.6.3. „Christentum und Deutschtum" Im Winter 1936/37 entschloß Wehrung sich, eine ausführliche theologische Stellungnahme zur nationalsozialistischen Ideologie und ihrem geistesgeschichtlichen Hintergrund zu publizieren. Unter dem Titel „Christentum und Deutschtum" formulierte er eine Sicht des Problems, die gleichermaßen aus seinen früheren Studien zur Philosophie des Idealismus wie aus den Untersuchungen zur theologischen Ethik resultierte.152 Die sich als „zeitgemäße Besinnung" ankündigende Schrift trat inmitten einer den Autor tief beunruhigenden „Zeitenwende" auf. Einleitend bezeichnet Wehrung es als ihren Zweck, die fundamentalen Angriffe auf den christlichen Glauben über eine geschichtstheologische Argumentation zurückzuweisen. Insofern bieten Wehrungs Ausführungen gerade nicht eine jener religiös-nationalistischen Synthesekonzeptionen, wie sie seit 1933 von zahlreichen protestantischen Theologen ausgearbeitet worden sind.153 Das Buch will vielmehr den Nachweis dafür erbringen, daß der christliche Glaube nicht nur in einem historischen Sinne als wesentliches Element der Kultur in Deutschland anzusehen sei, sondern daß er, im Blick auf diesen Kulturraum, notwendigerweise auch in die materiale Entfaltung des Kulturbegriffes selbst einbezogen werden müsse. Wehrung verfolgt daher über die ursprüngliche Zwecksetzung hinaus zugleich auch eine gegenwartsbeschreibende Absicht, für deren theologische Begründung er auf den „ereignishaften Charakter" des neutestamentlichen „Geschehens" sowie auf das Erfordernis einer fortwährend neu zu leistenden Auslegung der Grundgehalte des Christentums hinweist.154 Wehrungs ideologiekritische Vorgehensweise kann als Versuch verstanden werden, die Berufung der NS-Ideologen auf nationalreligiöse Überlieferungsbestände zu delegitimieren. Vor allem die immer wieder 152 153

154

Christentum und Deutschtum. Eine zeitgemäße Besinnung (Tübinger Studien zur systematischen Theologie. Heft 6), Stuttgart / Berlin 1937. Vgl.: Ebd., 4-5. - Zu den diversen Synthesekonzeptionen siehe Kurt Meier: Die Theologischen Fakultäten im Dritten Reich, 27-61. Schon 1927 hatte der Deutsche Evangelische Kirchentag in einer „Vaterländischen Kundgebung" die Zusammengehörigkeit von „Christentum und Deutschtum" beschworen: „Wir sind Deutsche und wollen Deutsche sein. Unser Volkstum ist uns von Gott gegeben; es hochzuhalten ist Pflicht, zwiefache Pflicht in einer Lage wie der gegenwärtigen. Ein Weltbürgertum, dem das eigene Volk gleichgültig ist, lehnen wir ab. (...) Christentum und Deutschtum sind seit mehr als einem Jahrtausend eng miteinander verwachsen. (...) Trotzdem will man Christentum und Deutschtum einander entfremden. Das bedeutet eine tödliche Gefahr für unser Volk. Die Kirche kann dazu nicht schweigen. Sie ruft zum Kampf und zum Einsatz aller Kraft für die immer völligere Durchdringung des Volkslebens mit dem Geiste des Evangeliums. Wir müssen bleiben, was wir waren, ein Volk, das seine tiefsten Lebenskräfte aus dem Evangelium schöpft" (Verhandlungen des Zweiten Deutschen Evangelischen Kirchentages 1927, Königsberg i. Pr. 17.-21. Juni 1927. Herausgegeben vom Deutschen Evangelischen Kirchenausschuß, Berlin-Steglitz o.J. [1928], 338-340). Christentum und Deutschtum, VII (Vorbemerkung).

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vorgetragene Inanspruchnahme des Deutschen Idealismus wird von Wehrung ausführlich thematisiert. Zunächst weist er nach, daß die Behauptung, es bestünden Verbindungslinien zwischen Nationalsozialismus und idealistischer Philosophie, auf einer unsachgemäßen Interpretation der reklamierten Philosopheme beruht. In einem zweiten Schritt, und hier liegt der Schwerpunkt der Argumentation, wird dann die Behauptung kritisch gegen die NS-Ideologie selbst gewendet. Eine Konfrontation von idealistischer Philosophie und Nationalsozialismus führt nach Wehrung zu einem verheerenden Urteil über den Nationalsozialismus. Im Licht des idealistischen Sittlichkeitsbegriffes etwa erscheint das nationalsozialistische Menschenbild als extrem defizitär und korrekturbedürftig. Es läßt sich allerdings trotz solcher Aussagen nicht übersehen, daß Wehrungs Ausführungen oft vage und insgesamt überaus vorsichtig bleiben. Er scheut sich, offen auf den Widerspruch hinzuweisen, der zwischen dem nationalsozialistisch-rassistischen und dem christlichen Menschenbild besteht.155 Vollends einen unverdeckten Angriff gegen den Nationalsozialismus als politische Weltanschauung zu führen, wagt Wehrung nicht. 2.6.4. „Welt und Reich" und „Kirche nach evangelischem Verständnis" Abschließend soll noch auf einige weitere theologische Projekte hingewiesen werden, denen Wehrung sich in den Kriegsjahren und unmittelbar danach gewidmet hat. Zunächst fanden seine Überlegungen zur Ethik ihren Niederschlag in einem umfangreichen Manuskript unter dem Titel „Die Welt in der Sicht des Glaubens". Obwohl Leopold Klotz in Gotha, der Verleger der Christlichen Welt, den Text bereits 1941 angenommen hatte, kam es zunächst nicht zur Drucklegung. Der Grund dafür lag anscheinend darin, daß sich das für Wehrungs Text erforderliche Papier nicht beschaffen ließ.156 Auch ein zweiter, 1947 unternommener Versuch des Verlegers, den Text zum Druck zu bringen, scheiterte. Erst mehr als zehn Jahre nach Fertigstellung des Manuskriptes gelang es, ausreichende Mittel der Deutschen Forschungsgemeinschaft einzuwerben. Die Darstellung erschien nun als erster Teil des Buches „Welt und Reich". Dieses Buch „Welt und Reich. Grundlegung und Aufbau der Ethik", Martin Niemöller gewidmet, vereinigt als „ersten, grundlegenden Teil" jenen Text mit einer im Frühjahr 1949 abgeschlossenen Studie zum „Ethos des Gottesreiches".157 Beide Untersuchungen ergänzen sich insofern, als die sachliche Ausführung „des christlichen Ethos" - dies nach Wehrung 155 156

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Vgl.: Ebd., 95-102. Brief von Leopold Klotz an Wehrung vom 11. November 1941 (Nachlaß Wehrung; der Brief befindet sich weiterhin in Privatbesitz). Welt und Reich. Grundlegung und Aufbau der Ethik, Stuttgart 1952. Die Widmung lautet: „D. Dr. Martin Niemöller dem Aufrechten, dem treuen Zeugen."

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Liberale Theologie als theologische Geschichtstheorie

die Aufgabe der zweiten Abhandlung, und zwar „nach seiner subjektiven wie nach seiner objektiven Seite" hin - auf der Grundlage der Erläuterungen der älteren Darstellung zur religiösen Weltsicht erfolgt. Die noch unter dem unmittelbaren Eindruck des Krieges niedergeschriebene Studie zur Weltsicht des Glaubens stellt Wehrungs abschließenden Beitrag zur Ethiktheorie dar.158 Schwierig gestaltete sich auch der Versuch, die seit 1941 entstandenen Studien zur Ekklesiologie zu veröffentlichen. Bereits im August 1945 hatte Wehrung ein umfangreiches Buchmanuskript fertiggestellt. Die Anfänge der Ausarbeitung gingen bis in die erste Kriegszeit zurück. Wehrung konnte dabei an verschiedene früher veröffentlichte Studien zu ekklesiologischen Fragen anknüpfen. 159 Das Buch gibt eine ausgeführte protestantische Kirchentheorie; insofern ist der gewählte Titel „Kirche nach evangelischem Verständnis" durchaus angemessen. Erscheinen konnte es nach diversen Schwierigkeiten erst 1947.16° In das Zentrum seiner Ausführungen stellt Wehrung den Kirchenbegriff selbst: „Den Ausgangspunkt mußte die richtige Definition der Kirche bilden, sie heißt nicht: Amt und Gemeinde, sondern Christus und die Gemeinde der Gläubigen, auf deren Seite auch das Amt fällt. Dafür meine ich mich auf Luther berufen zu können."161 Die kritische Haltung, die Wehrung gegenüber allen Verrechtlichungstendenzen im protestantischen Kirchenwesen einnahm, erklärte dem Autor, weshalb eine größere Wirkung des Buches in der theologischen Diskussion ausblieb: „So verstehe ich, daß den heutigen Kirchenmännern, die auf Restauration bedacht sind, weithin meine Arbeit ungelegen kommt, wie man denn auch von ihr schweigt."162 li8

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Als Teilstücke einer geplanten Fortsetzung von „Welt und Reich" sind von Wehrung die beiden folgenden Aufsätze bezeichnet worden: Selbstgefühl und Demut, in: Zeitschrift für systematische Theologie 23 (1954), 347-372, sowie: Verheißung und Glaube. Zur Frage der Subjekt-Objekt-Korrelation im reformatorischen Denken, in: Solange es „heute" heißt. Festgabe für Rudolf Hermann zum 70. Geburtstag. Überreicht von Paul Althaus, Ernst Barnikol u.a., Berlin 1957, 293-304. Vgl.: Zu Augustana VII, in: Deutsches Pfarrerblatt 40 (1936), 738-739; Zu Augustana VIII, in: Zeitschrift für systematische Theologie 14 (1937), 3-39; Hegel und Schleiermacher zum Kirchenproblem, in: Deutsches Pfarrerblatt 42 (1938), 261-262. 277-278; Wilhelm Lohe und seine Lehre von der Kirche, in: Theologische Literaturzeitung 66 (1941), 177-181. Kirche nach evangelischem Verständnis, Gütersloh 1947. - Zum Kirchenbuch findet sich in der „Vita" eine interessante Passage: „1941 von der Arbeitsgemeinschaft des [kirchlichen] Dekanats über den Stand des Kirchenproblems, ebenso von der Volkskirchlichen Vereinigung zu Vorträgen über das Wesen der Kirche auf einer Freizeit aufgefordert, beschloß ich, mich angesichts der Gesamtlage der Kirche ganz auf dieses Thema zu konzentrieren; ich habe die fernere Kriegszeit, zuletzt in dem alarmreichen Winter 44/5, in den kurzen Pausen mit großer Anstrengung des geschwächten Herzens diese Arbeit gefördert, in den ersten Wochen nach der Unruhe der Besetzung das Ganze vollendet, die alles lähmenden Hungerjahre kamen erst hernach" (Vita, 10-11). Vita, 11. Ebd.

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Beide Bücher, zu denen noch eine schmale Studie über „Mythos und Dogma" kam,163 bildeten den Abschluß von Wehrungs theologischem Lebenswerk. Zwar erschienen noch bis in das Sterbejahr hinein weitere Aufsätze vornehmlich zu ekklesiologischen und kirchenhistorischen Themen - darunter einige in der inzwischen neu begründeten Zeitschrift für systematische Theologie -, doch handelte es sich hier weithin nur um nähere Ausführungen einzelner Aspekte aus dem Kirchenbuch.164 Den Arbeiten Wehrungs aus den Jahren nach 1945, und hier vor allem dem zweiten Teil von „Welt und Reich", ist die Kritik an dem Restaurationskurs der deutschen Nachkriegskirchenpolitik ein wichtiges Anliegen. „Man darf in summa sagen, daß die Geschichtsstunde, in die wir geführt wurden, ein auf Sicherung des überkommenen Bestandes bedachtes Geschlecht gefunden hat und so im Sande zu verlaufen droht." Im Blick auf die Situation von Kirche und Theologie sieht Wehrung sich bestätigt: „Schwebt diese Gefahr bloß über uns, hat sie sich nicht längst niedergesenkt, in den Herzen eingenistet, bestimmt nicht eine unverkennbare Rückkehr zur alten, abgenutzten Lehrgestalt fast durchweg unsere Kirchen- und Fakultätspolitik?" 165 2.7. Ende der Lehrtätigkeit und Streit um die Emeritierung Die mehr als fünfzehn Jahre währende Tübinger Lehrtätigkeit endete mit einem Skandal. Wehrung selbst war, entsprechend dem älteren, für ihn an sich noch geltenden Entpflichtungsrecht für Hochschullehrer, davon ausgegangen, nach Beendigung des Krieges noch einige Jahre als aktiver Professor tätig sein zu können. Tatsächlich aber lief die Planung der Fakultätsleitung in eine andere Richtung. Die noch gar nicht wieder eröffnete Tübinger Fakultät befand sich schon in den ersten Nachkriegsmonaten in einer prekären Lage: Vom Kriegseinsatz und aus den Lazaretten kehrten in großer Zahl Studienwillige in die Universitätsstädte zurück. Dabei war die genaue Anzahl der immatrikulierten Studenten für die dem Universitätsaufbau zufließenden Mittel keineswegs unerheblich. Die Tü-

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Mythos und Dogma, Stuttgart 1952. - Wehrung reagierte mit dieser Schrift auf Bultmanns Entmythologisierungsprogramm. Sie wollte allerdings, wie Wehrung betont, keine „Gegenschrift" sein, „sondern das biblische Mythusproblem selbständig erörtern" und auf diese Weise die „Frage .Geschichte und Glaube'" noch einmal in einem größeren Zusammenhang thematisieren (6). Dem Text ist anhangsweise eine längere Studie zum „Verständnis Jesu in R. Bultmanns Theologie des Neuen Testaments" beigegeben (61-72). Vgl. insbesondere: Theologie, Kirche, Kirchenleitung. Von der kirchlichen Aufgabe der Theologie, in: Zeitschrift für systematische Theologie 22 (1953), 149-191. Verheißung und Glaube. Zur Frage der Subjekt-Objekt-Korrelation im reformatorischen Denken, 301. 300. - Vgl. hierzu auch Hermann Diem: Georg Wehrung in memoriam, in: Zeitschrift für Theologie und Kirche 56 (1959), 186-200.

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Liberale Theologie als theologische Geschichtstheorie

binger Fakultät, die besonders in der Heidelberger Theologischen Fakultät eine Konkurrentin sah, bemühte sich in dieser Situation um ein attraktives Lehrangebot. Dabei kam es auch zu Überlegungen, einzelne Lehrstühle neu zu besetzen. Als vergleichsweise schwach besetzt galten vor allem die beiden von Wehrung und Adolf Köberle eingenommenen Lehrstühle für Systematische Theologie. Unter dem Dekanat Köberles wurde daher der Plan entwickelt, den wegen seines Verhaltens im Dritten Reich weithin bekannt gewordenen Helmut Thielicke nach Tübingen zu holen. Allerdings stand kein unbesetzter Lehrstuhl zur Verfügung; auf der anderen Seite lag Thielicke bereits ein verbindliches Angebot aus Heidelberg vor. In einem Gespräch mit Köberle und dem Prodekan Rückert im Frühsommer 1945 wurde Wehrung mitgeteilt, daß Thielicke zunächst den noch nicht wieder besetzten missionswissenschaftlichen Lehrstuhl einnehmen solle, bevor er zu gegebener Zeit die Nachfolge Wehrungs antreten werde.166 Wehrung reagierte auf diese Eröffnung sehr ungehalten, zumal die württembergische Kirchenleitung, deren Theologisches Amt Thielicke seit 1942 geleitet hatte, die Berufung Thielickes nach Tübingen stark zu fördern schien.167 Wehrung kritisierte in dem sich an dieses erste Gespräch anschließenden umfangreichen Schriftwechsel vor allem, daß sein Nachfolger noch während seiner eigenen Lehrtätigkeit an die Fakultät berufen werden sollte. Er wußte nicht, daß zu diesem Zeitpunkt seitens der Fakultät mit Thielicke bereits konkrete Vereinbarungen getroffen worden waren.168 Überdies befürchtete er, daß die Universität nunmehr die erste sich 166

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Die Vorgänge um die Berufung Thielickes werden durch einen ausführlichen Bestand in der Personalakte Wehrungs dokumentiert: Universitätsarchiv Tübingen. Personalakten des Akademischen Rektoramtes: Personalakte Georg Wehrung (Signatur: 126/746), Blatt 37-61 und 77. Unter anderem liegt dort ein „Bericht über die Berufung von Professor Thielicke im Jahre 1945" vom November 1950 vor, den Wehrungs Fachkollege Adolf Köberle im Auftrag des Dekans Rosenkranz erstellt hat. Helmut Thielicke (1908-1986) war 1936 - anstelle des suspendierten Lehrstuhlinhabers Robert Jelke - mit der Vertretung eines systematisch-theologischen Ordinariates an der Theologischen Fakultät der Universität Heidelberg beauftragt worden. 1940 wurde ihm die venia legendi entzogen. Anschließend war Thielicke als Pfarrer im württembergischen Ravensburg tätig, bis er 1942 die Leitung des Theologischen Amtes der Württembergischen Landeskirche übernahm. Vgl. hierzu Thielickes Bericht: „Zunächst wartete ich, daß sich bewahrheitete, was mich in vagen Gerüchten seit Wochen umschwebte: daß die Franzosen den Ehrgeiz hätten, in Tübingen die erste deutsche Universität wiederzueröffnen, und daß die Fakultät mich berufen wolle. Dann war es endlich soweit: Der Dekan der Fakultät, der mir später so freundschaftlich verbundene Spezialkollege Adolf Köberle, kam, mit einer legitimierenden Armbinde und gewichtigen Passierscheinen versehen, auf dem Fahrrad (!) von Tübingen angereist, um mir die offizielle Berufungsabsicht der Fakultät zu übermitteln. Gegen Ende Juli 1945 brachte dann ein Beamter des Kultusministeriums meine vorläufige Ernennung zum 1. August [...], Als die Besatzungsmacht einige Zeit danach ebenfalls ihren Segen dazu gab, war ich endgültig Mitglied des Tübinger Lehrkörpers. Der Satz in der von Carlo Schmid unterschriebenen Ernennungsurkunde - er war Präsident der

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bietende Gelegenheit nutzen werde, ihn zu emeritieren. Diese Sorge erwies sich schon im Sommer 1946 als berechtigt. Die Bedingungen, unter denen Wehrung nach Tübingen berufen worden war, hatten die Altersruhestandsgrenze mit Vollendung des 68. Lebensjahres angegeben; hierauf stützte Wehrung sich. Tatsächlich aber erhielt er bereits im Oktober 1946 seine Entpflichtungsurkunde. Der Universitätsbehörde kam bei diesem Schritt der Umstand entgegen, daß durch Änderungen im Beamtenrecht während der Zeit des Dritten Reiches unmittelbar nach Kriegsende der Rechtsstatus auch jener Entpflichtungsbestimmungen aus dem älteren Beamtenrecht zunächst unklar war. Dennoch ließ Wehrung gegenüber der Universitätsleitung keinen Zweifel daran, daß er seine vorgezogene Emeritierung als Unrecht empfand, zumal sie für ihn mit nicht unerheblichen finanziellen Einbußen verbunden war. Zeitweise erhielt Wehrung sogar nur das den aus politischen Gründen suspendierten Professoren gezahlte Minimaleinkommen in Höhe von 350 Mk. monatlich. Er wies überdies darauf hin, daß der Universität auch einige ältere Lehrstuhlinhaber angehörten, deren Entpflichtung, anders als in seinem eigenen Falle, nicht geplant zu sein schien.169 Der Protest gegen seine vorzeitige Entpflichtung blieb jedoch wirkungslos. Vielmehr wurde Wehrung bald auch seitens des Stuttgarter Kultusministeriums offen mitgeteilt, daß seine Emeritierung zu diesem frühen Zeitpunkt erfolgt sei, weil sein Lehrstuhl für den zu seiner Nachfolge designierten Theologen gebraucht werde.170 Thielicke seinerseits verhielt sich in den Auseinandersetzungen in jeder Hinsicht rücksichtsvoll. Er verzichtete darauf, die systematisch-theologischen Hauptvorlesungen zu halten, und übte keinen Druck auf die Kultusbürokratie aus. Wehrung zog sich unmittelbar nach seiner Emeritierung aus den meisten amtlichen Tätigkeiten zurück. Er nahm an keinen Fakultätssitzungen mehr teil und ließ sich trotz einiger Bemühungen auch nicht

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vorläufigen Regierung von Südwürttemberg-Hohenzollern - ,ich ernenne Sie zum ordentlichen Professor auf Lebenszeit' kam mir nach all den Jahren der Vorläufigkeit wie ein Märchen vor" (Helmut Thielicke: Zu Gast auf einem schönen Stern. Erinnerungen, Hamburg 1986, 255). Auf den Konflikt mit Wehrung geht Thielicke nicht ein; ebenso wenig erwähnt er ihn in seiner ausführlichen Schilderung der Tübinger Theologischen Fakultät (259-265). Vgl.: Vita, 12. Wehrung widmet nahezu das ganze letzte Drittel seines autobiographischen Berichtes den Vorgängen um seine Entpflichtung. Im Bericht Köberles heißt es hierzu: „Die Fakultät hat Herrn D. Wehrung und dem Ministerium gegenüber in dieser Sache von Anfang an mit grösstem Nachdruck erklärt, dass durch die Hinzuberufung von Herrn Thielicke keinerlei Druckmaßnahmen in der Richtung einer verfrühten Ruhestandsetzung von Herrn D. Wehrung entstehen dürften. Sobald die Fakultät Tendenzen in dieser Richtung beim Ministerium wahrnahm, hat sie sich dagegen mit äußerster Schärfe verwahrt. Dass diese Proteste nicht gehört wurden, nicht durchdrangen, ist nicht als Schuld der Fakultät anzusprechen. Es lag das an personalen Besetzungen im Kultministerium [sie], über die die Fakultät keine Macht hatte und deren regelwidriges Verhalten nicht vorauszusehen war" (Personalakte Wehrung. Bl. 37-38).

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Liberale Theologie als theologische Geschichtstheorie

dazu bewegen, zumindest die gespannten persönlichen Beziehungen zu den früheren Fakultätskollegen zu entkrampfen. Mit Thielicke selbst allerdings scheint Wehrung in der Folge eine durchaus kollegiale Verbindung unterhalten zu haben, die noch dadurch verstärkt wurde, daß beide Theologen Wohnhäuser in unmittelbarer Nachbarschaft bewohnten. Trotz dieser belastenden Situation bot Wehrung bis zum Sommersemester 1953 Lehrveranstaltungen an. Von großer Bedeutung war daneben für Wehrung nunmehr auch sein politisches Engagement in der Friedensbewegung der frühen Nachkriegszeit. Eine schon in den Münsteraner Jahren angeknüpfte Verbindung zu Martin Niemöller intensivierte sich jetzt noch einmal. Gelegentlich trat Wehrung auch durch entsprechende Publikationen an die Öffentlichkeit.171 Auch an einer Aufforderung an die Mitglieder des Deutschen Bundestages vom 8. Dezember 1954 beteiligte er sich. Die Autoren richteten sich dagegen, „daß der Bundestag im Begriff ist, mit der westdeutschen Wiederbewaffnung und der damit verbundenen Einführung der allgemeinen Wehrpflicht eine Maßnahme zu vollziehen", die, so die Unterzeichner, „der Zustimmung" der Bürger „in besonderem Maße bedarf".172 Die letzten Lebensjahre verbrachte Wehrung in großer Zurückgezogenheit. Er starb am 20. Januar 1959 in Tübingen. Der Zielsetzung seines theologischen Werkes gab Wehrung am Ende seines Lebens noch einmal Ausdruck: „Das war mein theologisches Anliegen: auf die Grundintentionen der Reformation Luthers zurückzugreifen, weil in ihnen das biblische Zeugnis am reinsten zur Geltung kommt, und von ihnen aus das Erkennen des Glaubens darzulegen. [...] Alle meine Arbeit ist Fragment geblieben, doch unter dieses Fragment darf ich die schlichten Worte schreiben: soli Deo gloria."173

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Vgl.: Evangelische Kirche und Atomgefahr, in: Welt ohne Krieg. Historisch-politische Zeitschrift aus freier Mitte für innere Erneuerung des Liberalismus und weltpolitische Friedensgestaltung 8 (1959), 2-3, Nr. l (Januar-Februar-Ausgabe). Offener Brief „An die Herren Abgeordneten des Bundestages" vom 8. Dezember 1954 (Nachlaß Wehrung. Karton 19: Diverse Materialien aus der Studienzeit, der Predigttätigkeit und anderes). - Zu den Unterzeichnern gehörten neben Wehrung auch die Theologen Martin Fischer, Helmut Gollwitzer, Renatus Hupfeld, Hans Joachim Iwand, Günther Koch, Martin Niemöller, Heinrich Vogel und Ernst Wolf. Vita, 15. Hinzufügung vom Sommer 1954.- Vgl. auch die zusammenfassende Werkübersicht, die ein vermutlich 1958 verfaßter, im Nachlaß befindlicher Text unter dem Titel „Meine Arbeiten" bietet (Nachlaß Georg Wehrung. Karton 20: Diverse Manuskripte und Drucktexte: Meine Arbeiten (Manuskript; undatiert)).

3. Georg Wobbermin (1869-1943). Liberale Theologie zwischen Methodentheorie und Politik Von den in dieser Untersuchung herangezogenen Autoren ist Georg Wobbermin unter seinen Zeitgenossen zweifellos der mit Abstand bekannteste und auch fachlich meist diskutierte Theologe gewesen. Zahlreiche seiner Werke erreichten mehrere Auflagen. Von dem zentralen zweiten Band der großangelegten „Systematischen Theologie" erschienen eine amerikanische und eine japanische Übersetzung. Die Mitarbeiter- und Gratulantenliste, die der 1939 anläßlich des siebzigsten Geburtstages veranstalteten Festschrift beigegeben ist, weist Namen aus dem englischen, amerikanischen und skandinavischen Ausland auf. 1 Als Rezensent und Berichterstatter hat Wobbermin sich lange und intensiv darum bemüht, englischsprachige Titel aus den Gebieten der Religionswissenschaft und der Theologie in Deutschland bekannt zu machen. Sein besonderes Engagement galt dabei der von William James entwickelten Religionspsychologie. 1907 hielt Wobbermin sich zu Gastvorlesungen an der Universität Yale (New Haven / Connecticut) auf; ein Jahr später erhielt er einen Ruf auf eine Professur für Systematische Theologie dorthin. Überdies verfügte er durch seine langjährige Mitarbeit in der Ökumenischen Bewegung über zahlreiche Kontakte zu ausländischen Theologen und Kirchenvertretern. Trotz dieser Internationalität seiner Beziehungen ist Wobbermins politische Haltung - ähnlich wie im Falle seines Göttinger Fakultätskollegen Emanuel Hirsch - seit der Jugendzeit von einer extrem nationalistischen Einstellung geprägt gewesen. Seit 1933 hat Wobbermin sich offen und engagiert zur nationalsozialistischen Ideologie bekannt und sich auch selbst der NSDAP angeschlossen.2 Die totalitäre Staatsidee des Dritten Reiches hat er bei zahlreichen Anlässen glorifiziert, das sogenannte Führerprinzip galt ihm als Inbegriff politischer Vernunft, und auch den Antisemitismus hat Wobbermin ohne Vorbehalte geteilt - und zwar, soweit bekannt, selbst dann noch, als der Holocaust bereits stattfand. VgL Luther, Kant, Schleiermacher in ihrer Bedeutung für den Protestantismus. Forschungen und Abhandlungen. Georg Wobbermin zum 70. Geburtstag (27. Oktober 1939) dargebracht von Kollegen, Schülern und Freunden. Herausgeber: Friedrich Wilhelm Schmidt, Berlin / Robert Winkler, Breslau /Wilhelm Meyer, Schwerin i. M., Berlin 1939, VI-XIV. Die einleitende Würdigung zu Wobbermins Festschrift endet mit der charakteristischen Bemerkung: „Daß Sie dabei stets der begeisterte Herold nationaler Gesinnung [...] gewesen sind, danken wir Ihnen heute besonders herzlich" (Ebd., V).

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Liberale Theologie zwischen Methodentheorie und Politik

Nach 1933 hat Wobbermin sich aufgrund seiner aggressiven Parteinahme für den Nationalsozialismus zunehmend isoliert. Selbst unter den deutsch-christlichen Theologen der Berliner Fakultät, der Wobbermin seit dem Wintersemester 1935/36 angehörte, fand er zuletzt kaum noch Unterstützung. Während der zwanziger und frühen dreißiger Jahre jedoch nahm er innerhalb der deutschsprachigen theologischen Auseinandersetzungen eine Stellung ein, die keineswegs dem Eindruck entspricht, den ein oberflächlicher Rückblick aus heutiger Perspektive nahelegt. Auch abgesehen von seinen theologischen Beiträgen hat er etwa durch seine Tätigkeit als Mitherausgeber der Theologischen Literaturzeitung und der „Studien zur systematischen Theologie" einen erheblichen wissenschaftspolitischen Einfluß ausgeübt. In erster Linie aber ist Wobbermins Name an das Modell einer „religionspsychologischen" Methodik in der Theologie geknüpft. An dem Streit um Für und Wider einer Übertragung psychologischer Erklärungskategonen auf das Gebiet der Theologie hat sich nahezu die gesamte Systematische Theologie der Zeit beteiligt. In der neueren Forschung wird Wobbermins Konzeption daher zumeist in den Rahmen der zeitgenössischen religionspsychologischen Debatten einbezogen. Dies aber geht am eigentlichen Schwerpunkt seiner Position vorbei. Denn Wobbermin hat sich nicht im engeren Sinne als Religionspsychologe und schon gar nicht als „empirischer Religionspsychologe" verstanden. Er hat vielmehr als Theologe religionspsychologische Motive aufgegriffen, sie begrifflich und sachlich umgeformt und zum Teil auch sehr weitgehend neu geprägt. Insofern gibt es keine einlinige Verbindung zwischen dem Theologen Wobbermin und jener, selbst erst am Anfang stehenden, religionspsychologischen Forschungsrichtung. Die vorliegende Interpretation konzentriert sich vor allem auf Wobbermins theologische Intentionen. Sie stellt das Programm einer „Systematischen Theologie nach religionspsychologischer Methode" - so der Titel des Hauptwerkes - als Ausdruck einer spezifischen Theorie von Aufgabe und Begriff der Theologie, als prinzipielle Theologietheorie, dar. Sie bleibt damit bewußt innerhalb der Grenzen einer immanenten Auslegung. Sie kann dafür aber auch darauf verweisen, daß Wobbermin selbst einen engen Zusammenhang zwischen seiner methodologischen Konzeption und der Neubegründung dogmatischer Theologie im Modell der Glaubenslehre hergestellt hat. Die These, die in der Untersuchung vertreten und begründet werden soll, lautet: Die theologische Konzeption Wobbermins läßt sich als Versuch auffassen, die dogmatisch-theologische Begründungsproblematik auf einem adäquaten wissenschaftstheoretischen Niveau an die zeitgenössischen human- und kulturwissenschaftlichen Debatten anzuschließen. Die Theologie selber soll sowohl in ihrem Selbstverständnis als auch in ihrer Außenwahrnehmung wieder als ein unverzichtbares Element im Gesamt-

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Zusammenhang der Wissenschaft vom Menschen erkennbar werden. In dieser Zielsetzung steht Wobbermin unzweifelhaft direkt auf dem Boden der liberaltheologischen Programmatik. Die Frage aber ist, ob Wobbermin selbst diese Absicht auch eingelöst hat. Denn nicht nur in politischer, sondern gerade auch in theologischer Hinsicht hat Wobbermin gegen Ende der zwanziger Jahre immer weniger noch die sachliche Verständigung gesucht. Die Radikalisierung seines politischen Urteils hatte insofern schon Jahre zuvor eine Parallele in der theologischen Theoriebildung. 3.1. Der Lebensweg bis zur Habilitation3 Ernst Gustav Georg Wobbermin wurde am 27. Oktober 1869 in Stettin als Sohn eines Lehrers am dortigen Realgymnasium geboren. Die Familie hatte ein weiteres Kind, eine Schwester, die - ausweislich einer Todesanzeige für Georg Wobbermin aus dem Jahre 1943 - ihr Leben unverheiratet in Stettin zugebracht zu haben scheint. Bereits die Herkunftsverhältnisse und vor allem die geistigen Eindrücke, denen Wobbermin als Schüler ausgesetzt war, haben seinen weiteren Lebensweg, sein theologisches und politisches Denken in einer Weise vorgeprägt, die zwar zu einer erstaunlich konsequenten intellektuellen Entwicklung führte, für die aber zugleich auch eine eigenartige seelische und geistige Verschlossenheit charakteristisch ist. 3.1.1. Herkunft und Schulzeit Wobbermin entstammt einem typischen protestantisch-bildungsbürgerlichen Sozialmilieu. Stettin, die alte und traditionsreiche Hansestadt, in der Wobbermin die ersten zwanzig Jahre seines Lebens verbrachte, war seit der Reichsgründung als Hauptstadt der preußischen Provinz Pommern Sitz einer ganzen Reihe höherer Reichs- und Landesbehörden, darunter des Oberlandesgerichtes. Aus diesem Grund war der Anteil der höheren Staatsbeamten an der Stadtbevölkerung überdurchschnittlich hoch. Von Bedeutung für den Lehrersohn wurde, daß die politische Neuordnung zu einem allgemeinen Aufschwung der wirtschaftlichen und kulturellen Verhältnisse in der Stadt geführt hatte. In den Bereichen Kultur und Wissenschaft setzte gegen Ende der siebziger Jahre eine Blütezeit ein. Um 1885 3

Zur Biographie Wobbermins vgl. die knappe Skizze bei Wolf-Ulrich Klunker: Psychologische Analyse und theologische Wahrheit. Die religionspsychologische Methode Georg Wobbermins (Göttinger Theologische Arbeiten. Band 33), Göttingen 1985, 13-22. Die folgende Lebensbeschreibung zieht diese Darstellung zwar heran, doch korrigiert sie sie auch in verschiedenen Punkten. Ein erheblicher Mangel von Klunkers Skizze besteht darin, daß archivalisches Quellenmaterial so gut wie gar nicht verwendet wird.

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hatte die Stadt bei ca. 200.000 Einwohnern vier größere Theater, mehrere Fachschulen samt wissenschaftlich qualifiziertem Lehrpersonal, dazu verschiedene Bibliotheken, Museen, wissenschaftliche Gesellschaften und weitere renommierte staatliche und private Bildungseinrichtungen. Der wirtschaftliche Handel, der der Stadt die Unterhaltung der meisten dieser Einrichtungen erst ermöglichte, beruhte auf dem größten deutschen Ostseehafen. Die lokale Industrie umfaßte Schiffsbau, Baumaterial-, Textil-, Stahl- und chemische Industrie. Eine solche Stadt bot einem kulturell interessierten Jugendlichen zahlreiche Anregungen. Wobbermin hat selbst wiederholt auf die wichtige Rolle der Stettiner Bildungseinrichtungen für seine frühe Entwicklung hingewiesen. Trotz seines Umfangs aber blieb das Kulturangebot der Stadt dennoch insgesamt auf ein klassisches Repertoire begrenzt. Eine kulturelle Avantgarde, kritische Kunst und experimentelle Bühnen gab es in der handelsorientierten Hafenstadt kaum. Auch dieser Zug findet sich in Wobbermins späterer Lebensgestaltung wieder: Einer intensiven Kenntnis der klassischen Literatur, zahlreichen Theater- und Konzertbesuchen, langjährigen persönlichen Kontakten zu Künstlern steht eine große Fremdheit gegenüber modernen Kunstrichtungen entgegen. Einen Zugang zur Gegenwartskritik der jüngeren Künstlergeneration hat Wobbermin schon während seines ersten Berlin-Aufenthaltes nicht mehr finden können. Nach dem Besuch der obligatorischen Vorschule trat Wobbermin 1876 als Schüler in die propädeutische Abteilung des Realgymnasiums ein, derjenigen Schule, an der auch der Vater unterrichtete. Drei Jahre später, mittlerweile zehnjährig, wechselte er zum humanistischen Marienstiftsgymnasium, das fünfzig Jahre zuvor bereits Albrecht Ritschi besucht hatte. Hier legte Wobbermin im Herbst 1888 die Abiturprüfung ab. Die Schulausbildung weckte in dem am Unterricht sehr engagiert teilnehmenden Jungen gleich mehrfache Interessen. Wenn man der späteren Selbstdarstellung trauen darf, so gehörte dazu auch das Interesse für theologische Fragen. Vor allem aber der Unterricht in den naturwissenschaftlichen Fächern scheint in hohem Maße anregend gewesen zu sein. 1906 hat Wobbermin - in einer der seltenen autobiographischen Passagen, die sich in seinen Schriften finden - berichtet, daß er durch einen „höchst tüchtigen Pädagogen" im naturwissenschaftlichen Unterricht auf die „Natürliche Schöpfungsgeschichte" Ernst Haeckels hingewiesen worden sei.4 Haeckel (1834-1919), der berühmte Zoologe und Naturphilosoph in Jena, genoß um die Jahrhundertwendezeit gerade in Kreisen des nordund westdeutschen Bildungsbürgertums eine schlechterdings euphorische Verehrung. Seine überaus erfolgreiche monistische Popularphilosophie 4

Ernst Haeckel: Natürliche Schöpfungsgeschichte. Gemeinverständliche wissenschaftliche Vorträge über die Entwicklungslehre im allgemeinen und diejenige von Darwin, Goethe und Lamarck im besonderen, Berlin 1868; zehnte Auflage: Berlin 1902.

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erfüllte, in der Form eines fromm verhüllten Atheismus, weltanschauliche Funktionen, die von der kirchlichen Frömmigkeit nicht mehr wahrgenommen werden konnten. Haeckels Werk galt als Ausdruck der naturwissenschaftlich-rationalen Geisteshaltung des modernen Zeitalters. Wobbermins rückblickende Schilderung spiegelt diese Wertschätzung. Sie führt überdies das eigene weitgespannte Bildungsinteresse, das auch die spätere theologische und religionspsychologische Arbeit geprägt hat, auf jenen ersten prägenden Lektüreeindruck zurück: „Es sind in diesem Winter [1906] gerade zwanzig Jahre, daß ich- damals noch Gymnasiast- erstmalig mich mit Haeckel beschäftigt habe. [...] Das Buch machte auf mich einen außerordentlichen Eindruck; die großen Verbindungslinien, die da mit Scharfsinn und Kühnheit zwischen den verschiedenen Naturgebieten gezogen werden, interessierten mich aufs höchste; ich las es sofort mehrmals hintereinander und exzerpierte es, so genau ich vermochte."5 Kaum von Bedeutung scheint für den Schüler die ausgesprochen religionskritische Haltung Haeckels gewesen zu sein. Dieser Umstand ist bemerkenswert, denn gerade ihr verdankte die Haeckelsche Philosophie ihre enorme öffentliche Wirkung. Bei Wobbermin aber scheint im Gegenteil die Begegnung mit Haeckels Schriften erst das Interesse an den Grundfragen des christlichen Weltverständnisses geweckt zu haben: „Die gelegentlichen Angriffe gegen die Religion, die sich in der ,Natürlichen Schöpfungsgeschichte' [...] finden, ließen mich kalt. Unter der Anleitung jenes naturwissenschaftlichen und eines ebenso tüchtigen Religionslehrers erkannte ich bald, daß das naturwissenschaftliche Material, das Haeckel dort vorträgt, dem christlichen Glauben nicht entgegensteht. Wohl aber hat die Lektüre des Buches mit dazu beigetragen, mein Interesse an den letzten, umfassendsten Weltanschauungsfragen zu wecken."6 Von diesem Eindruck aus will Wobbermin dann auch den Entschluß zum Studium der Theologie gefaßt haben. Die Selbstdarstellung wird allerdings in der näheren Erläuterung dieses Zusammenhanges eigentümlich unpräzise: „Und so habe ich es Haeckel mit zu danken, daß ich mich dann entschloß, das allseitige Studium dieser Fragen, denen die Naturwissenschaft jedenfalls immer nur von einer Seite her nachgehen kann, kurz

Ernst Haeckel im Kampf gegen die christliche Weltanschauung, Leipzig 1906; zitiert nach dem erneuten Abdruck in: Monismus und Monotheismus. Vorträge und Abhandlungen zum Kampf um die monistische Weltanschauung, Tübingen 1911, 1-32, hier: 4-5. Ebd., 5. - Welche Bedeutung Wobbermin dann aber doch dem Angriff Haeckels auf das überlieferte kirchliche Religionsverständnis beilegte, zeigt sich daran, daß er noch vierzig Jahre nach jener ersten Begegnung eine ausführliche theologische Widerlegung unternahm (vgl.: Systematische Theologie. Band 2, Leipzig 1922, 461-476). Insbesondere kritisierte er Haeckels Überhöhung des naturwissenschaftlichen Erkenntnisprinzips zu der allein gültigen Form von Weltverständnis. Mit dieser Ideologie habe Haeckel das Christentum verdrängen und an die Stelle der „religiösen Weltanschauung" die Geisteshaltung der „modernen Naturwissenschaft" setzen wollen.

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gesagt also das Studium des religiösen Bewußtseins der Menschheit (m.a.W.: das theologische Studium) zum Lebensberuf zu erwählen." Es kann nicht ausgeschlossen werden, daß Wobbermin in Haeckels Anregungen viel eher den Anlaß zum Studienwunsch hat sehen wollen, als daß dies tatsächlich in der von ihm behaupteten Weise der Fall gewesen ist. Immerhin haben sich keine anderen Einflußfaktoren ermitteln lassen, die Wobbermins Entschluß bestimmt hätten. Von einer religiösen oder kirchlichen Prägung des Elternhauses spricht er nirgends. 3.1.2. Studium in Halle und Berlin- Schüler von Harnack und Kaftan Wenige Wochen nach dem Ende der Schulzeit, zum Wintersemester 1888/89, schrieb Wobbermin sich an der Universität Halle für die Fächer Theologie und Philosophie ein.7 Zum Sommersemester 1890 wechselte er an die Friedrich-Wilhelms-Universität zu Berlin. Auch hier noch wirkte der prägende Eindruck Haeckels nach: Neben den theologischen und fachphilosophischen Studien „habe ich, soweit die Zeit es irgend erlaubte, auch die naturwissenschaftlichen Arbeiten verfolgt, die wenigstens, welche zu den Weltanschauungsfragen irgendwelche Beziehung haben. Ich habe mit Interesse und vielseitigem Gewinn vor allem Darwin selbst, daneben K. E. von Baer, von Späteren Nägeli, Weismann, Driesch und manche anderen studiert. Auch von Haeckels Fachschriften las ich jetzt vieles [...]."* Zum Studiengang, aber auch zur zurückliegenden Schulzeit, finden sich einige zusammenfassende Bemerkungen Wobbermins in einem Lebenslauf, der der 1894 verfaßten philosophischen Dissertation beigefügt wurde: „Natus sum Georgius Wobbermin (...]. Litterarum primordiis imbutus primo scholam, in qua realia docentur, turn vero gymnasium St. Mariae patria in urbe adii. Testimonium maturitatis adeptus et autumno anni LXXXVIII civibus universitatis Halensis legitime adscriptus per biennium Halis Saxonum studiis theologicis et philosophicis me dedi. Turn Berolinum me contuli, ubi per ter sex menses iisdem studiis operam navavi. Vere anni LXXXXIV iterum ad almam matrem Berolinensem accessi, ut studiis philosophicis et historicis operam darem" (Vita, in: Die innere Erfahrung als Grundlage eines moralischen Beweises für das Dasein Gottes. Eine methodologische Studie. Inaugural-Dissertation zur Erlangung der Doctorwürde von der Philosophischen Facultät der Friedrich-Wilhelms-Universität zu Berlin genehmigt und nebst den beigefügten Thesen öffentlich zu verteidigen am 13. August 1894, Berlin 1894, [88]). Ernst Haeckel im Kampf gegen die christliche Weltanschauung, 5. - Auch später blieb die Auseinandersetzung mit Haeckels aggressivem naturwissenschaftlichen Weltbild für Wobbermin wichtig. In diesen Zusammenhang gehört auch seine Mitgliedschaft in dem im Juni 1907 gegründeten Kepler-Bund, der sich in Kirche und Theologie für eine vorurteilsfreie Anerkennung der modernen Naturwissenschaften einsetzte. Wobbermin trat dem Bund 1909 bei. Die Mitgliedschaft begründete er damit, daß „die Zahl derer immer kleiner wurde, die mit lebendigem christlichem Glauben ein lebhaftes Interesse für Naturerkenntnis und Naturforschung verbinden. Diesen Zustand der Dinge habe ich von meiner Studienzeit her als einen höchst unnormalen und außerordentlich beklagenswer-

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Für die Eigenständigkeit auch schon der frühen theologischen Auffassungsweise Wobbermins spricht, daß er sich nicht zum Besuch der nahegelegenen Theologischen Fakultät der Universität Greifswald entschloß. Im theologischen Profil konnten die Greifswalder und die Hallenser Theologische Fakultät nicht unterschiedlicher sein. In Greifswald dominierte seit den frühen siebziger Jahren der Systematische Theologe Hermann Cremer (1834-1903; Professor für Systematische Theologie in Greifswald seit 1870).9 Die theologische Grundausrichtung der Fakultät war seither noch stärker durch einen konfessionalistischen Antimodernismus gekennzeichnet als es ohnehin zuvor schon der Fall gewesen war. Für kritische Theologen wie Konrad Stephan Matthies (1807-1856), Alwill Baier (18111892), Julius Wellhausen (1844-1918; seit 1872 ordentlicher Professor für Altes Testament) oder Johann Wilhelm Hanne (1813-1889), die alle während des zweiten oder dritten Drittels des neunzehnten Jahrhunderts der Fakultät angehört hatten, aber bald verdrängt oder isoliert worden waren, war hier kein Raum. Seit dem Amtsantritt Cremers wurden ausschließlich „positiv" eingestellte Theologen berufen. In den Statuten der Fakultät wurde die Verpflichtung auf die „Lehre der evangelischen Kirche" festgeschrieben. Aus liberaltheologischer Sicht konnte daher in einem bitterironischen Urteil gesagt werden: „Seit dreißig, vierzig Jahren sucht die theologische Fakultät ihre Ehre darin, ad corroborationem orthodoxae fidei [zur Stärkung des orthodoxen Glaubens] tätig zu sein und verderblichen Neuerungen zu wehren".10 Der weitaus renommierteste Theologe des kritischen Greifswalder Kreises, Julius Wellhausen, war 1882 nach Halle als außerordentlicher Professor an die dortige Philosophische Fakultät berufen worden. Hierhin nun entschied sich auch der neunzehnjährige Studienanfänger Wobbermin. 11 Die Hallenser Theologische Fakultät war gerade im Jahr seines Studienbeginnes weitgehend neu zusammengesetzt worden. Neben die älteren Lehrstuhlinhaber Julius Köstlin (1826-1902; seit 1870 Professor für Systematische Theologie), Martin Kahler (1835-1912; seit 1879 Professor für Systematische Theologie; Nachfolger von Julius Müller) und vor allem

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ten empfunden. An seiner Beseitigung nach Kräften mitzuarbeiten, habe ich seit dem ersten Tage meines theologischen Dozentenberufs als eine seiner allerwichtigsten Aufgaben angesehen. Und so habe ich denn auch das Programm des Keplerbundes mit Freuden begrüßt" (Der Keplerbund und der Kampf um Haeckels Embryonenbilder (1909), in: Monismus und Monotheismus. Vorträge und Abhandlungen zum Kampf um die monistische Weltanschauung, Tübingen 1911, 50-80, hier: 55-56). Zu Cremer vgl. die Würdigung Horst Stephans: Zum Gedächtnis Hermann Cremers, in: Die Christliche Welt 27 (1913), 29-34. Auch Wobbermin hat sich später wiederholt anerkennend zu Cremers theologischem Lebenswerk geäußert. Johannes Heyn: Greifswald, Universität, in: Die Religion in Geschichte und Gegenwart. Band 2, Tübingen 1910, 1659-1665, hier: 1664. Eine Studentenakte oder sonstige Unterlagen zu Wobbermins Studienzeit in Halle haben sich im Universitätsarchiv Halle nicht erhalten.

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Willibald Beyschlag (1823-1900; seit 1860 Professor für Praktische Theologie), der die Fakultät stark vermittlungstheologisch geprägt hatte, traten 1887 der Kirchengeschichtler Friedrich Loofs (1858-1928), der zu eben dieser Zeit die Christliche Welt mitbegründete, ebenfalls 1887 der Neutestamentler Erich Haupt (1841-1910) und 1888 im alttestamentlichen Fach Emil Kautzsch (1841-1910). Anders als die meisten theologischen Fakultäten verfügte die Hallenser Fakultät bereits seit den frühen sechziger Jahren über eine Doppelbesetzung im systematisch-theologischen Fach. Auch später wurden beide Lehrstühle mit Theologen verschiedener Richtungen besetzt - eine Einrichtung, die bald in weiteren Fakultäten praktiziert wurde und die für die akademische Laufbahn nicht nur Wobbermins selbst, sondern auch Horst Stephans und Georg Wehrungs eine große Bedeutung erhalten sollte. Sie sicherte, wenn auch in begrenztem Umfang, den liberalprotestantisch ausgerichteten Systematischen Theologen die Möglichkeit, als Ordinarien an den Fakultäten zu wirken. Andererseits führte diese Regelung aber auch zu einer weiteren Vertiefung der dogmatisch-theologischen Gegensätze zwischen den theologischen Gruppierungen.12 Nach vier Semestern entschloß Wobbermin sich zum Wechsel an die Berliner Universität. Während der Berliner Zeit widmete er sich intensiv dem Studium der aktuellen philosophischen Diskussion. Von besonderer Bedeutung wurde in diesem Zusammenhang Wilhelm Dilthey (18331911). Dilthey galt bereits zu Lebzeiten als einer der herausragenden Philosophen des nachidealistischen Zeitalters. Seit dem 1870 veröffentlichten ersten Band einer monumental angelegten Schleiermacher-Biographie war er überdies einer der führenden Schleiermacher-Forscher, der zudem, was der Forschung selbst allerdings wenig förderlich war, über Jahrzehnte den alleinigen Zugang zu zentralen Materialien des Nachlasses besaß. Wobbermin scheint schon im ersten oder zweiten Berliner Semester eine Lehrveranstaltung Diltheys zu Schleiermacher besucht zu haben. Diese Begegnung war für Wobbermins ganze weitere theologische Arbeit von kaum zu überschätzender Bedeutung. Bis ins Todesjahr Diltheys hat Wobbermin, nach eigenem Zeugnis, mit ihm „oft" das persönliche Gespräch geführt. 13 Dilthey war es auch, der Wobbermin zu seiner ersten Beschäftigung mit Schleiermachers Werk anregte, indem er ihn zur Teil12

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Über die Aufstiegsmöglichkeiten liberaler Theologen an den Universitäten vgl. Heinrich Weinel: Zur Dozentenstatistik der Hengstenbergischen Kirchenzeitung, in: [Martin Rade (Hg.):] An die Freunde. Vertrauliche d.i. nicht für die Oeffentlichkeit bestimmte Mitteilungen. Nr. 13 vom 25. September 1905, 111-114; Martin Rade: Die Behandlung der verschiedenen theologischen Richtungen an den preußischen evangelisch-theologischen Fakultäten, in: An die Freunde. Nr. 56 vom S.Juli 1916, 639-644; Hermann Mulert: Die Personalveränderungen an den deutschen evangelisch-theologischen Fakultäten in den letzten zehn Jahren, in: An die Freunde. Nr. 82 vom 15. März 1926, 933-936. Richtlinien evangelischer Theologie zur Überwindung der gegenwärtigen Krisis, Göttingen 1929, 107.

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nähme an einem von der Berliner Schleiermacher-Stiftung ausgeschriebenen Wettbewerb aufforderte - ein Unterfangen, das mit dem Gewinn der von der Stiftung vergebenen Schleiermacher-Plakette endete.14 Kirchen- und Theologiegeschichte sowie Systematische Theologie bildeten die Schwerpunkte Wobbermins im theologischen Studienfach. Keine andere theologische Fakultät in Deutschland war während der neunziger Jahre gerade in diesen Fachgebieten mit derart renommierten Wissenschaftlern besetzt wie die Berliner. Mit der Berufung Otto Pfleiderers (1839-1908) durch den preußischen Kultusminister Falk im Jahre 1875 hatte die liberale Theologie „Einzug in das Kollegium" der Berliner Fakultät gehalten.15 Die hohen Erwartungen, die an Pfleiderer, den Nachfolger August Detlev Christian Twestens (1789-1876) auf Schleiermachers Lehrstuhl, gestellt worden waren, konnte er allerdings nur zum Teil erfüllen. Den erhofften großen theologischen Gegenentwurf zu Albrecht Ritschi hat Pfleiderer nicht vorgelegt. Überhaupt war er trotz mancher fruchtbarer Anregungen „kein so originaler und produktiver Geist, daß er der Theologie grundsätzlich neue Bahnen gewiesen hätte; er war im Grunde ein Nachzügler, der zwar im Ausland noch starke Resonanz fand und hier als Repräsentant der deutschen liberalen Theologie angesehen wurde", der aber in Deutschland selbst „kein allzu großes Echo mehr weckte".16 Erheblich stärkeren Einfluß auf Wobbermin übte der 1882 aus Basel nach Berlin berufene Julius Kaftan (1848-1926) aus. Gegen vehement vorgebrachte Bedenken der Kirchenleitung wurde mit der Berufung Kaftans als dem Nachfolger von Isaac August Dorner (1809-1884) ein an Ritschi orientierter Wandel in der dogmatisch-theologischen Grundausrichtung der Fakultät eingeleitet. Kaftan hatte sich in seinen früheren Publikationen zur Frage der Verhältnisbestimmung von Theologie und Metaphysik eng an Ritschis Position angelehnt; weithin galt er daher als Schüler des Göttinger Theologen. Gleichfalls an Ritschi erinnerte auch die Ethisierung des Religionsbegriffes. Nach Kaftan ist die Religion „eine praktische Angelegenheit des Geistes", die sich in letzter Hinsicht darauf richtet, „ein höchstes Gut" zu erstreben. Im Christentum sei dieses Gut „als innerlich ethisch bedingt und Gott als der heilige Gott erkannt". Die Dogmatik könne, wie bereits Schleiermacher gelehrt habe, nur als Glaubenslehre entworfen werden, deren Aufgabe in der reflektierten Darstellung der Glaubenserkenntnis bestehe. Zudem habe sie, als ihrem primären Ziel, dem eigenen Bedürfnis der gläubigen Gemeinde zu dienen, und zwar 14

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Ein publizierter Text Wobbermins zu Schleiermacher, der mit diesem Wettbewerb in Verbindung steht, ist bisher nicht bekannt geworden. Walter Elliger: 150 Jahre Theologische Fakultät Berlin. Eine Darstellung ihrer Geschichte von 1810 bis 1960 als Beitrag zu ihrem Jubiläum, Berlin 1960, 64. Ebd., 66. Zu Pfleiderers theologischer Konzeption vgl. Reinhard Leuze: Theologie und Religionsgeschichte. Der Weg Otto Pfleiderers (Münchener Monographien zur historischen und systematischen Theologie. Band 6), München 1980.

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zunächst in der Selbstverständigung über den Glaubensinhalt, zum anderen aber auch in der Auseinandersetzung mit dem geistigen Leben der Zeit. Theologie sei daher nur im Kontext des gegenwärtigen KulturZusammenhanges möglich; sie selbst sei ein integraler Bestandteil dieses Zusammenhanges. Von Bedeutung schließlich ist auch Kaftans Interesse an einer religionsgeschichtlichen Fundierung der Christentumstheorie. Gerade mit dieser, von seinen Gegnern massiv kritisierten Auffassung wurde Kaftan zu einem Wegbereiter der späteren Religionsgeschichtlichen Schule.17 Für Wobbermin selbst sollten die genannten Motive der Kaftanschen Theologietheorie eine grundlegende Rolle in der Ausbildung seiner eigenen theologischen Position spielen. Sowohl die religionsgeschichtlichen Fragestellungen als vor allem auch das Problem des Verhältnisses von Theologie und Metaphysik haben Wobbermins frühe theologische Arbeiten stark bestimmt. Unterstützt wurde er dabei, und zwar besonders in seinem historischen Interesse, von Adolf Harnack, dem zweiten bedeutenden Lehrer Wobbermins. Seit der Berufung Harnacks wurde die Historische Theologie zu einem zentralen Forschungsgebiet der Fakultät. Mit Harnack (1851-1930; seit 1888 in Berlin) war sechs Jahre nach Kaftan, wiederum gegen z.T. erbitterten Widerstand aus kirchlich-konservativen Kreisen, erneut ein Theologe nach Berlin berufen worden, der der Theologie Ritschis nahestand. Durch die ersten beiden Bände seines „Lehrbuches der Dogmengeschichte" (1886/1887) hatte Harnack sich zwar ein unbezweifelbares Ansehen als Fachwissenschaftler erworben, doch war zugleich mit diesem Werk, das u.a. Harnacks Standpunkt in der umstrittenen Auferstehungsproblematik deutlich machte, seine Stellung als Theologe einflußreichen Gruppen in der preußischen Kirche endgültig problematisch geworden.18 Die Theologische Fakultät gewann durch die Berufungen der achtziger Jahre rasch an Attraktivität. Die Zahl der Theologiestudenten stieg von dem Tiefstand im Jahre 1877 (135 Immatrikulierte) auf 838 im Jahre 1888. Harnacks Position innerhalb der Fakultät bekam schon in den frühen neunziger Jahren großes Gewicht.19 Wie schon in Leipzig, Gießen und Marburg schlössen sich auch in Berlin zahlreiche Studenten an ihn als ihren Lehrer an. Auch Wobbermin gelang es bereits nach kurzer Zeit, in ein engeres Verhältnis zu Harnack zu treten. Als im „Apostolikumsstreit", 17

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Vgl. Julius Kaftan: [Selbstdarstellung], in: Erich Stange (Hg.): Die Religionswissenschaft der Gegenwart in Selbstdarstellungen. Band 4, Leipzig 1928, 201-232, hier: 221. Zu den Konflikten um Harnacks Berliner Berufung vgl. Agnes von Zahn-Harnack: Adolf von Harnack, Berlin-Tempelhof 1936, 156-177. Siehe auch die Darstellung von Kurt Nowak: Historische Einführung, in: Adolf von Harnack als Zeitgenosse. Reden und Schriften aus den Jahren des Kaiserreiches und der Weimarer Republik. Herausgegeben und eingeleitet von Kurt Nowak, Berlin/New York 1996, 1-99, hier: 17-25. Vgl. Walter Elliger: 150 Jahre Theologische Fakultät Berlin, 77-81.

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der 1892 von Christoph Schrempfs Weigerung, bei einer Taufe das Apostolikum zu gebrauchen, seinen Ausgang genommen hatte, Harnack von seinen Studenten zur Stellungnahme aufgefordert wurde, dürfte Wobbermin zu ihnen gezählt haben.20 Bereits ein Jahr zuvor hatte Harnack ihn im Seminar angeregt, sich mit der Beeinflussung des Urchristentums durch das antike Mysterienwesen zu beschäftigen. Mit einer Arbeit zu diesem Thema erwarb Wobbermin sich ein Stipendium des evangelischen Säkularstipendiums der Stadt Berlin. Vier Jahre später legte Wobbermin eine erweiterte Fassung unter gleichem Titel der Berliner Fakultät als theologische Dissertation vor.21 Seiner Verbundenheit mit Harnack hat Wobbermin zeitlebens gedacht, wenn sich auch spätestens seit 1915, mitbeeinflußt durch die unterschiedlichen Stellungnahmen im Krieg, die frühere persönliche Beziehung allmählich löste.22 3.1.3. Promotion und Habilitation Am 2. Mai 1893 absolvierte Wobbermin das erste theologische Examen mit der besten Note. Unmittelbar anschließend widmete er sich der Ausarbeitung einer philosophischen Dissertation, die er im Juli 1894 unter dem Titel „Die innere Erfahrung als Grundlage eines moralischen Beweises für das Dasein Gottes" vorlegte.23 Die öffentliche Verteidigung der von 20

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Vgl. Agnes von Zahn-Harnack: Adolf von Harnack, 193-214. Erst mit Harnacks zunächst mündlich gegebener Erklärung, die später (am 18. August 1892) in der Christlichen Welt publiziert wurde, und den an sie sich anschließenden Auseinandersetzungen erreichte der Apostolikumsstreit seinen Höhepunkt. Religionsgeschichtliche Studien zur Frage der Beeinflussung des Urchristentums durch das antike Mysterienwesen, Berlin 1896.- Die Lizentiatenprüfung fand am 2. August 1895 statt; vgl.: Theologische Thesen, welche mit Genehmigung der hochwürdigen theologischen Fakultät an der Friedrich-Wilhelms-Universität zu Berlin am 2. August 1895 öffentlich verteidigen wird Georg Wobbermin, Berlin 1895. Harnack, Kaftan und Dilthey werden auch in dem bereits herangezogenen Lebenslauf von 1894 als wichtigste akademische Lehrer genannt: „Seminariis theologicis intereram cum aliis turn Berolini ecclesiastico-historico, cuius ad exercitationes Adolfus Harnack benigne mihi aditum concessit. Viris doctissimis, quorum scholas audivi, omnibus gratiam debitam habeo semperque habebo. Praeter ceteros vero theologorum Adolfo Harnack et Julio Kaftan, philosophorum Guilelmo Dilthey, viris doctissimis et humanissimis, qui in studiis meis summa me adiuverunt benevolentia et benignitate, gratias ago quam maximas" (Vita, in: Die innere Erfahrung als Grundlage eines moralischen Beweises für das Dasein Gottes, [88]). Die innere Erfahrung als Grundlage eines moralischen Beweises für das Dasein Gottes. Eine methodologische Studie. Inaugural-Dissertation zur Erlangung der Doctorwürde von der Philosophischen Facultät der Friedrich-Wilhelms-Universität zu Berlin genehmigt und nebst den beigefügten Thesen öffentlich zu verteidigen am 13. August 1894, Berlin 1894.- Dem Text sind sechs Thesen sowie der zitierte lateinische Lebenslauf unter dem Titel „Vita" beigefügt. (Ein Exemplar der Promotionsurkunde befindet sich in: Universitätsarchiv Göttingen. Theologische Fakultät. Personalakten Ordinarien I: G. Wobbermin.)

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Wobbermin seiner Dissertationsschrift beigefügten Thesen fand unter Mitwirkung dreier Opponenten am 13. August 1894 statt. Das Promotionsverfahren wurde mit magna cum lande abgeschlossen. Wobbermins Untersuchung steht im Zusammenhang mit einem in der zeitgenössischen Philosophie verbreiteten Trend zur Konstruktion von moralischen Gottesbeweisen, die sich auf subjektive Willens- und Erfahrungsgehalte beziehen. Vordergründig richtet Wobbermins Kritik sich auf die Einwände einer neukantianischen Kant-Interpretation, die Kants Fassung eines moralischen Gottesbeweises in der „Kritik der praktischen Vernunft" von seiner eigenen vernunftkritischen Infragestellung der Möglichkeit von Gottesbeweisen her verstehen will. Kants Standpunkt wird hier, so Wobbermins Verdacht, gegen die Religion als solche gewendet und damit ins gerade Gegenteil seiner ursprünglichen Intention verkehrt. Den unmittelbaren Ausgangspunkt seiner Überlegungen nimmt Wobbermin daher in einem apologetischen Interesse. Für ihn steht fest, daß der Religionskritik nur dann erfolgreich begegnet werden könne, wenn sich zunächst der Glaube selbst seiner Glaubensgegenstände versichert habe. Hierin liege daher die zentrale Aufgabe der Theologie. Sie habe die Denknotwendigkeit und die Denkmöglichkeit der Existenz Gottes zu demonstrieren. Zu diesem Zweck aber sei eine von der Theologie vorzunehmende Analyse der Struktur von Erfahrung erforderlich. Im Ergebnis meint Wobbermin, daß eine solche Analyse nicht weiter reichen könne als bis zur Feststellung des faktischen Gegebenseins von Bewußtseinsdaten an sich: „Es existieren thatsächlich unsere Bewußtseinsinhalte; und zwar so, wie sie nun einmal für uns existieren; wie wir sie erleben [...]."24 Damit aber wird es möglich, auch das religiöse Bewußtsein in seiner inhaltlichen Gestalt als unbefragbar gültigen Ausdruck von Subjektivität aufzufassen. Der Gegenstand von Religion gilt Wobbermin als „objektiv", als gewiß gegeben, als nicht mit plausiblen Gründen bezweifelbare „Thatsache". Die Frage nach der Wahrheit des Glaubens kann dann mit Verweis auf die subjektive Gewißheit des frommen Erlebens positiv beantwortet werden. Dieses Verständnis von Objektivität wird, seiner erkenntnistheoretischen Problematik ungeachtet, konsequent durchgeführt: Aussagen über den Gegenstand der Religion, die nicht dem eigenen Bewußtsein entstammen, haben streng genommen keine Bedeutung. So bleibt letztlich nur die Alternative, daß das Bewußtsein entweder als Garant der Realität religiöser Objekte akzeptiert wird oder aber ihm diese Funktion nicht zugesprochen wird, da seinen Inhalten über einen rein subjektiven Realitätsgehalt hinaus keine gegenständliche Bedeutung zukomme. Wobbermin greift in seiner „methodologischen Studie" den ErlebnisBegriff Wilhelm Diltheys auf. Indem er ihn als erkenntnistheoretisches 24

Ebd., 23.

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Leitmotiv voraussetzt, entfaltet er ein Verständnis von Religion, das bereits auf zentrale Elemente der späteren religionstheoretischen Konzeption vorausweist. So ist nach Wobbermin das religiöse Bewußtsein in eine hierarchische Struktur gegliedert. Sein wesentlicher Gehalt findet sich auf der Ebene der „ursprünglichen Gemütszustände". Neben das ursprüngliche Erleben tritt aber sogleich die Ebene der persönlichen Sinndeutung. Sofern jedoch für das religiöse Erlebnis eine versteh- und kommunizierbare Ausdrucksform gefunden werden soll, überlagert die konventionelle kirchlichreligiöse Metaphorik die persönliche Erfahrung. Gerade die ursprüngliche existentielle Tiefendimension aber müsse wieder freigelegt werden. Dies könne nur im Zuge einer eingehenden Analyse geschehen. Ihre Aufgabe bestehe darin, „die im engeren Sinne religiösen Vorstellungen auf die ihnen zu Grunde liegenden Triebe und Gefühle" zurückzuführen. Entscheidend sei hierbei die Selbstbeobachtung des Analytikers: „Nach Maßgabe der bei uns selbst beobachteten Abspiegelung der inneren Erfahrungen in der Sphäre des körperlichen Organismus schließen wir auf Grund bestimmter äußerer Kundgebungen anderer Personen auf ihren Bewußtseinszustand zurück." 25 Den engen Rahmen der so erhobenen Daten kann dann ein Vergleich mit anderen ähnlich angelegten Beobachtungsvorgängen erweitern. Schließlich bringt Wobbermin sogar eine „völkerpsychologisch" globalisierte Ebene religiöser Überlieferung in diesen Vergleichsvorgang ein. Auch hier aber bleibt in jedem Fall die Grundlage für das Verstehen von Religion der als unmittelbar gültig vorausgesetzte individuelle religiöse Erlebnisgehalt. - Die Theorie des „religionspsychologischen Zirkels", die Wobbermin erstmals in dem 1913 erschienenen einleitenden Band seiner „Systematischen Theologie" entfaltet hat, ist hier bereits bis in erstaunliche Details hinein vorgezeichnet. Auch die Konstruktion des analogischen Schlußverfahrens wird hier schon entwickelt. Der Gottesbeweis schließlich, auf den hin Wobbermin seine Theorie angelegt hat, geht davon aus, daß das fromme Subjekt von dem religiösen Erlebnis derart ergriffen worden ist, daß es sich mit ihm als einem transzendenten Wert identifiziert. Es überschreitet die Welt des Natürlichen, indem es sich an der Idee der moralischen Realität dieses Wertes in einem Reich personaler Vollkommenheit orientiert. Die religiöse Anschauung setzt sich nach Wobbermin zuerst in ein moralisches Wertgefühl um und entwickelt dann ein Bewußtsein für die Notwendigkeit des Gedankens Gottes. Wobbermin vertritt die Ansicht, daß „die Thatsachen des sittlichen Bewußtseins [...] als Erkenntnisgrund für die Wahrheit der religiösen Lebensanschauung dienen" können. Die Gewißheit absoluter Wertgeltung könne die Wahrhaftigkeit des religiösen Bewußtseins, die Wahrheit der religiösen Aussagen und damit die Wirklichkeit des religiösen Gegenstan-

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Ebd., 32 und 29.

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des verbürgen. Die Theologie habe daher in diesem Wertgefühl zugleich ihren Gegenstand und ihr Fundament.26 Später wird Wobbermin den Zusammenhang, den er hier beschreibt, nicht mehr mit dem philosophic- und theologiegeschichtlich stark vorgeprägten Begriff des Gottesbeweises verbinden. Zudem habe, wie er ausführt, Kants Kritik die methodische Unzulänglichkeit aller Versuche dieser Art definitiv nachgewiesen. „Aber der Gedankengang Anselms und das psychologische Problem, das er aufwirft, ist damit nicht erledigt. Denn dies Problem lautet ja offenbar so: wie kommt der Mensch überhaupt zu dem Begriff eines absolut höchsten, eines schlechthin unendlichen Wesens?"27 Obwohl der Gedanke eines intellektuellen Beweises der Existenz Gottes heute in seinen geschichtlichen Formen nicht mehr nachvollzogen werden könne, gehe es doch nach wie vor darum, die Wahrheitsmomente der Motive zu ermitteln, die seiner Ausbildung zugrundelagen; „ja, meine Meinung geht gerade dahin, daß wir diese Motive und Tendenzen heute auf Grund unseres heutigen Wissens und Erkennens eine viel stärkere Beweiskraft gewinnen lassen können, als es den alten Theologen und Philosophen möglich war."28 Nicht mehr die Demonstration der Existenz Gottes an sich, sondern die Darstellung des Erlebens Gottes im religiösen Bewußtsein bildete seither die zentrale Thematik der theologischen Arbeit Wobbermins. Gerade ihrer Erörterung sollte die „religionspsychologische Methode" als Basistheorie Systematischer Theologie dienen.29 Die materielle Grundlage zur Ausarbeitung seiner beiden Dissertationen bot Wobbermin eine Stelle als Sekretär beim Berliner Missionswerk.30 26

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Ebd., 75. Vgl. auch Wolf-Ulrich Klunker: Psychologische Analyse und theologische Wahrheit, 25. Zu Recht weist Klunker darauf hin, daß Wobbermin mit dieser Theorie „eine psychologische Interpretation der Religionsphilosophie Kants" vornimmt (Ebd., 221). - Zum philosophic- und theologiegeschichtlichen Kontext vgl. Ralf Geisler: Kants moralischer Gottesbeweis im protestantischen Positivismus (Göttinger Theologische Arbeiten. Band 51), Göttingen 1992. Der christliche Gottesglaube in seinem Verhältnis zur heutigen Philosophie und Naturwissenschaft. Drittes Tausend mit Zusätzen und Nachträgen, Leipzig 1911, 111-112. Ebd., 47. Wobbermin erinnerte knapp zwanzig Jahre später selbst an seine Konstruktion eines Gottesbeweises aus der inneren Erfahrung. Er bemerkte, daß das Verfahren dieser Studie bereits eine deutliche religionspsychologische Orientierung zeige, doch „lenkt sie [...] viel zu schnell in apologetische Bahnen ein und verkürzt dadurch fast von vornherein die religionspsychologische Analyse [...]" (Systematische Theologie. Band l, Leipzig 1913, 249-250). Das Berliner Missionswerk galt theologisch als lutherisch ausgerichtet, war aber institutionell in der unierten altpreußischen Landeskirche verankert. Es war 1824 als „Gesellschaft zur Beförderung der evangelischen Missionen unter den Heiden" gegründet worden. Seine Einsatzgebiete waren in den neunziger Jahren Südafrika, das deutsche Kolonialgebiet in Ostafrika und Kwangtung. In Berlin stand ihm die lutherisch-pietistische Goßnersche Missionsgesellschaft gegenüber. Vgl. Martin Schlunk: Missionsgesellschaften: I. Deutsche Evangelische, in: Die Religion in Geschichte und Gegenwart. Zweite Auflage. Band 4, Tübingen 1930, 55-58.

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Überdies arbeitete er seit Mitte 1893 für zwei Jahre als Hilfsredakteur bei der von dem Berliner Pfarrer Theodor Arndt herausgegebenen Zeitschrift für Missionskunde und Religionswissenschaft, wodurch er gleichzeitig Verbindungen zum Allgemeinen Evangelisch-Protestantischen Missionsverein knüpfen konnte.31 Auch den Lizentiatenabschluß erwarb Wobbermin noch als Missionssekretär. Unmittelbar nach Beendigung seiner Tätigkeit legte er das zweite theologische Examen vor dem Berliner Konsistorium mit der Note „gut" ab. Anschließend, vom 1. Oktober 1895 bis zum 30. September 1896, mußte er einen einjährigen Militärdienst leisten. Wobbermin tat dies im Grenadier-Regiment Friedrich Wilhelm IV. Er schloß die militärische Dienstzeit als Unteroffizier (Vizefeldwebel) ab. Nähere Angaben zu dieser Zeit liegen nicht vor. Nach Absolvierung des Militärdienstes reiste Wobbermin, einer seit längerem bestehenden Absicht folgend, im Auftrag des Berliner Neutestamentlers Hermann von Soden (1852-1914) nach Athen. Von dort aus wollte er in einem einjährigen Studienaufenthalt nach kirchengeschichtlichen Quellenschriften in den Klöstern des Berges Athos suchen. Wobbermin hielt sich von Januar 1897 bis Januar 1898 in Griechenland auf. 32 Tatsächlich konnte er mit einer von ihm entdeckten Handschrift aus dem 11. Jahrhundert nach Berlin zurückkehren. Die Publikation der Handschrift war dem Urheber der Reise vorbehalten, doch hat Wobbermin zumindest eine in ihr enthaltene Sammlung von Gebeten, verbunden mit einer textkritischen Untersuchung, sowie einen ebenfalls in der aufgefundenen Handschrift enthaltenen Brief Bischof Serapions, eines Freundes von Athanasius, edieren können.33 Die religionsgeschichtlichen Studien, die Wobbermin im Zusammenhang mit dieser Quellenpublikation vornahm und in denen er eine weitläufige Konstruktion zur Geschichte des altchristlichen Gottesdienstes im vorderorientalischen Raum vortrug, stießen in der Fachwelt eher auf Skepsis. Mit Zurückhaltung wurde insbesondere Wobbermins These aufgenommen, daß die altkirchliche ägyptische Liturgie im wesentlichen mit der syrischen identisch sei.34 31

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Die Zeitschrift für Missionskunde und Religionswissenschaft war das offizielle Organ des Allgemeinen Evangelisch-Protestantischen Missionsvereins. Dr. theol. Dr. phil. Theodor Arndt (1850-1901), 2. Prediger an der Petrikirche in Berlin, leitete sie seit 1886. In den Jahrgängen 8 (1893) und 9 (1894) finden sich in größerer Anzahl Beiträge Wobbermins; zumeist handelt es sich um Buchanzeigen. Die Datierung folgt den Angaben in: Universitätsarchiv der Humboldt-Universität zu Berlin. Personalakte Wobbermin (Signatur UK - W 249). Band 3, Bl. 14. Altchristliche liturgische Stücke aus der Kirche Ägyptens. Nebst einem dogmatischen Brief des Bischofs Serapion von Thmuis, Leipzig 1898. - Anmerkungsweise teilt Wobbermin hier mit, daß er auch die Basilius- und die Chrysosromus-Liturgie aus Byzanz nach dem ältesten Kodex kollationiert habe. Er kündigt an, daß er eine „Gesamtbehandlung der griechischen Liturgien und ihrer Geschichte" ausarbeiten wolle. Der Plan blieb jedoch unausgeführt. Vgl. Paul Drews: Über Wobbermins „Altchristliche liturgische Stücke aus der Kirche Ägyptens", in: Zeitschrift für Kirchengeschichte 20 (1900), 291-328. 415-441; Pierre

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Die Habilitation für die Fächer Systematische Theologie und Religionsphilosophie erfolgte am 10. November 1898 durch die Berliner Theologische Fakultät. Auch in diesem Verfahren fand Wobbermin vor allem in Kaftan und Harnack seine wichtigsten Förderer. Beide haben auch Wobbermins weiteren Weg nach Kräften unterstützt. Thematisch stand das später bei Wobbermin so dominante Interesse an den Fragestellungen der Religionspsychologie bereits jetzt im Mittelpunkt. Schon als Privatdozent scheint Wobbermin religionspsychologische Übungen angeboten zu haben.35 In seinen frühen theologischen Vorlesungen wird jedenfalls die anthropologische Dimension der Religionspsychologie ausführlich thematisiert.36 Eine erste größere Schrift zur Theorie der Theologie legte Wobbermin 1901 unter dem Titel „Theologie und Metaphysik" vor.37 Inhaltlich ging Wobbermin in diesem Text über Kaftan weit hinaus. Denn der Anspruch der Arbeit war auf nicht weniger gerichtet als darauf, „eine wissenschaftliche Vertretung der christlichen Weltanschauung in ihrem centralsten Punkt, dem Glauben an einen persönlichen Gott und sein Reich persönlicher Geister", so vorzubereiten, daß die Theologie „den heute weitverbreiteten Weltanschauungen des Materialismus, Agnostizismus, Pantheismus und Panpsychismus" selbstbewußt entgegentreten könne. Als Fortsetzung kündigte Wobbermin Untersuchungen zur „Frage nach dem Dasein Gottes" und zur Grundlegung der Christologie an.38 In der Durchführung seines Projektes ging Wobbermin zunächst von einer „genauen erkenntniskritischen Bestimmung" des Begriffes „Metaphysik" und seines Umfeldes aus. Im Ergebnis stellte Wobbermin, ungeachtet der schwerwiegenden Einwände Ritschis, fest, daß eine theologische Glaubensdarstellung ohne metaphysische Implikationen unmöglich sei.39

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Batiffol: Une decouverte liturgique, in: Bulletin de litterature ecclesiastique l (1899), 6981; Eduard Kurtz: Zum Euchologium des Bischofs Serapion, in: Byzantinische Zeitschrift 8 (1899), 645-646. Vgl. Cajus Fabricius: Kulturphilosophische Grundlagen der Religionswissenschaft, in: Luther, Kant, Schleiermacher in ihrer Bedeutung für den Protestantismus. Georg Wobbermin zum 70. Geburtstag dargebracht, Berlin 1939, 163-180, hier: 165. Fabricius spricht in seinen Erinnerungen vom Sommersemester 1905. Vgl.: Grundprobleme der systematischen Theologie. Zwei akademische Vorlesungen, Berlin 1899. Theologie und Metaphysik. Das Verhältnis der Theologie zur modernen Erkenntnistheorie und Psychologie, Berlin 1901. Der Band trägt die Widmung: „Meinen hochverehrten theologischen Lehrern, den Herren Professoren D. Ad. Harnack und D. Jul. Kaftan als bescheidenes Zeichen aufrichtigster und ehrerbietigster Dankbarkeit gewidmet" (3). Ebd., V-VI. Vgl. dagegen Albrecht Ritschi: Theologie und Metaphysik. Zur Verständigung und Abwehr, Bonn 1881. Siehe dazu James Richmond: Albrecht Ritschi. Eine Neubewertung, Göttingen 1982, 39-68. Vgl. auch David W. Lotz: Ritschi in His Nineteenth-Century Setting, in: Darrel Jodock (Ed.): Ritschi in Retrospect. History, Community, and Science, Minneapolis 1995, 8-27.

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Er sah sich damit im Gegensatz zu einer radikal religionsgeschichtlichen Vorgehensweise, deren Kritik er einen umfangreichen Teil des Buches widmete. In einem dritten, systematischen Teil gab Wobbermin schließlich eine Darstellung der Grundprobleme der Metaphysik selbst, „insofern sie für die Theologie von Interesse sind". Die methodische Grundlage bietet ihm dabei das „psychologische Erfahrungswissen", aus dessen Perspektive die „Analyse der thatsächlich gegebenen metaphysischen Bewußtseinsmomente und die Erörterung der sich von da aus ergebenden metaphysischen Grenzprobleme", wie etwa das Postulat des sittlichen Bewußtseins oder die Kausalitäts- und Freiheitsproblematik, erfolgt.40 3.2. Theologieprofessor in Marburg und Breslau Wobbermins akademischer Weg verlief nicht ohne Schwierigkeiten. Obwohl er sich bereits frühzeitig sehr erfolgreich qualifiziert hatte, sah Wobbermin sich im Blick auf die von ihm selbst wie auch von Harnack und Kaftan erwartete rasche Berufung auf eine Professur an der Berliner Theologischen Fakultät enttäuscht. Erst nach einem kurzen Zwischenspiel in Marburg erfolgte 1907 die Berufung nach Breslau, wo er eine Professur für Systematische Theologie und Religionsphilosophie erhielt. Von besonderer Bedeutung war in diesen Jahren der beruflichen Anfänge Wobbermins feste Einbindung in das eng geknüpfte Netzwerk des zeitgenössischen Liberalprotestantismus. Vor allem die langjährige intensive Unterstützung durch Martin Rade sicherte ihm vor 1914 den Rückhalt eines stabilen wissenschaftsorganisatorischen Systems. Bedingt durch seine politische Haltung verlor Wobbermin allerdings diese Absicherung nach 1914, doch konnte er sich gleichzeitig durch viel beachtete fachliche Leistungen ein hohes Maß an wissenschaftlicher Anerkennung erwerben. Die Berufung nach Heidelberg als Nachfolger Ernst Troeltschs, mithin auf einen der angesehensten systematisch-theologischen Lehrstühle der Zeit, war denn auch in erster Linie Ausdruck dieser fachlichen Wertschätzung. 3.2.1. Berliner Privatdozent- die erste Professur Aus Wobbermins privater Existenz ist insgesamt wenig und für diese Jahre seines frühen Berliner Aufenthaltes nahezu nichts bekannt. Aus diesem Grunde sei die folgende Passage aus „Theologie und Metaphysik" zitiert; sie steht für Wobbermins Auffassung in der Frage der Willensfreiheit: 40

Vgl.: Theologie und Metaphysik, 115-303. Zitate nach: Selbstanzeige, |zu:| Georg Wobbermin: Theologie und Metaphysik. Das Verhältnis der Theologie zur modernen Erkenntnistheorie und Psychologie, Berlin 1901, in: Die Christliche Welt 15 (1901), 804805, hier: 805.

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Liberale Theologie zwischen Methodentheorie und Politik „[...]; ich habe eine doppelte Möglichkeit des Heimwegs nach dem Kolleg. Ich kann die Linden entlang oder durch die Friedrichstraße gehen. Ich setze nun den Fall, ich habe mir vor dem Kolleg vorgenommen, wie gewöhnlich den angenehmeren Weg die Linden entlang zur Heimkehr zu benutzen. Im Augenblick, wo ich aus der Universität, mit dem Vorsatz die Linden entlang zu gehen, heraustrete, fällt mir das Problem der Willensfreiheit ein, mit dem ich beschäftigt bin. Ich entschließe mich jetzt, den angenehmeren Weg aufzugeben und trotz der brennenden Sonnenglut durch die Friedrichstraße zu gehen, lediglich um eine Probe auf meine indeterministische Theorie zu machen und den ,Machtspruch' derjenigen ad absurdum zu führen, die behaupten, meine Wahl hätte der Natur der Dinge nach gar nicht anders ausfallen können, als sie tatsächlich ausfällt." 41

Nahezu acht Jahre mußte Wobbermin bis zur Berufung auf eine Professur warten. Im April 1904 wurde ihm ohne Veränderung seiner rechtlichen Stellung als Privatdozent der Professorentitel verliehen. Kaum drei Wochen später übertrug ihm die Fakultät auf Antrag von Harnack und Kaftan einen Lehrauftrag für Symbolik und Apologetik. Wobbermin hatte damit eine Vorlesung zu halten, die bisher von Harnack vorgetragen worden war, die er aber vertretungsweise auch selbst schon gelesen hatte. In ihrer Begründung wiesen Harnack und Kaftan darauf hin, daß Wobbermin sich „nach dem einstimmigen Urtheil der Facultät" durch seine Studien, seine Schriften und seinen bisherigen Lehrerfolg als zur Übernahme des Lehrauftrages qualifiziert gezeigt habe. Zu seiner akademischen Stellung heißt es: „Prof. Wobbermin, der nun 6 Jahre in unserer Mitte thätig gewesen ist, hat die Beförderung jüngerer Collegen, mit deren Verdiensten er die seinigen voll vergleichen dürfte, und die Berufung solcher zu Professoren der Theologie erlebt, die sich im akademischen Sinne hierfür überhaupt nicht ausgewiesen hatten (z.B. Pfarrer Eck aus Giessen). Auf solche Erfahrungen muß sich ein jeder Privatdozent gefaßt machen und in manchen Fällen sind sie unverwindlich; aber in Hinblick auf dieselben wird es die Facultät mit besonderem Danke begrüßen, wenn es sich einrichten ließe, dem Herrn Prof. Wobbermin mit dem Lehrauftrag für Symbolik und Apologetik ein persönliches Extraordinariat zu verleihen. Da Se. Excellenz jüngst dem Prof. Wobbermin durch Verleihung des Professoren-Titels eine Anerkennung haben zu theil werden lassen, so glaubt die Theol. Facultät, davon absehen zu sollen, zur Zeit einen förmlichen Antrag auf die Beförderung des Prof. Wobbermin zum Prof. extraordin. zu stellen; sie vertraut aber darauf, daß Se. Excellenz den Verdiensten des Prof. Wobbermin diese Anerkennung nicht versagen werden."42 Der Wunsch der Antragsteller 41 42

Theologie und Metaphysik, 280-281. Antrag der Professoren Harnack und Kaftan an den Preußischen Kultusminister vom 12. Mai 1904, unterzeichnet von den Fakultätsmitgliedern Pfleiderer (Dekan), Seeberg, Kleinert und Weiss, in: Universitätsarchiv Berlin (Humboldt-Universität zu Berlin). Akten der Theologischen Fakultät. Bestand 168, Bl. 33r-34r.

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blieb jedoch unerfüllt; die Verleihung eines Extraordinariates ad personam erfolgte nicht. Eine weitere Enttäuschung erwuchs Wobbermin aus der vergeblichen Bewerbung um die Nachfolge des Schweizer Theologen Adolf Bolliger (1854-1931) auf dessen Basler Lehrstuhl für Systematische Theologie. Bolliger hatte Anfang 1905 die Berufung auf eine Zürcher Pfarrstelle angenommen. Wobbermins Wechsel nach Basel, der zeitweise sicher schien, scheiterte an der unentschlossenen Haltung der Berufungskommission; am Ende erhielt aufgrund eines Minderheitenvotums Johannes Wendland die Professur.43 Erst zum 6. August 1906, d.h. mehr als zwei Jahre nach jenem Antrag Harnacks und Kaftans, wurde Wobbermin auf eine außerordentliche Professur für Systematische Theologie an der Universität Marburg berufen. Diese Berufung setzte im übrigen einer auch für Wobbermin undurchsichtigen und schwankenden Vorgehensweise des Kultusministeriums ein Ende. Dort hatte man ihm zeitweise eine Professur in Kiel in Aussicht gestellt; ein konkretes Angebot war jedoch nicht erfolgt.44 Mit seiner Übersiedlung nach Marburg trat Wobbermin - nur ein Jahr vor Horst Stephan - in jene Fakultät ein, die den weltweiten Ruf der deutschsprachigen liberalen Theologie maßgeblich begründet hatte. Allerdings blieb ihm kaum Gelegenheit, engere Beziehungen zu ihren Mitgliedern aufzunehmen, denn schon zum 1. März 1907, dem Beginn des nächsten Sommersemesters, wurde er auf eine ordentliche Professur für Systematische Theologie an der Schlesischen Friedrich-Wilhelms-Universität zu Breslau berufen. Ob an diesem kurzfristigen Aufstieg außer den Berliner Förderern noch weitere Unterstützer mitgewirkt haben und in welcher Weise insbesondere Martin Rade sich für Wobbermin eingesetzt hat, läßt sich anhand der vorliegenden Fakultätsunterlagen nicht genau feststellen. Wobbermins Briefe aus dieser Zeit lassen immerhin erkennen, daß Rade und auch Wilhelm Herrmann über die Details der laufenden Berufungsverhandlungen genau informiert waren.45 Noch vor Antritt seiner Breslauer Professur verlieh die Berliner Theologische Fakultät Wobbermin die theologische Ehrendoktorwürde.

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Dies nach Klaus-Günther Wesseling: Wobbermin, Ernst Gustav Georg, in: BiographischBibliographisches Kirchenlexikon. Band 13, Herzberg 1998,1455-1462, hier: 1456; vgl.: Ders.: Wendland, Johannes, in: Ebd., 749-750. Vgl. den Brief Wobbermins an Martin Rade vom 15. Oktober 1906 (Universitätsbibliothek Marburg. Nachlaß Martin Rade [Signatur: MS 839]). Es handelte sich um die Nachfolge für Arthur Titius. Briefe Wobbermins an Rade vom 15. Oktober 1906 und an Herrmann vom 13. Oktober 1906 (Hessisches Staatsarchiv Marburg. 307a. Acc 1950/1. Nr. 8: Theologische Fakultät. Außerordentliche Professoren 1848-1920, Bl. 166/167). - In Marburg hat Wobbermin am 29. Dezember 1906 Theodora Brockhausen (1879-n.l954) geheiratet. Die Ehe blieb kinderlos.

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3.2.2. Wobbermin als Mitglied des Kreises um die Christliche Welt Martin Rade kam überhaupt in den Jahren seit 1906 eine besondere Bedeutung für Wobbermins Biographie zu. Bereits unmittelbar nach Gründung der „Vereinigung der Freunde der Christlichen Welt" im Herbst 1903 hatte Wobbermin sich diesem für die liberalprotestantische Theologie und Kirchenpolitik überaus wichtigen Kreis angeschlossen.46 Seit Martin Schians Berufung von Breslau nach Gießen im Frühjahr 1908 war er Vertrauensmann der Vereinigung für die Provinz Schlesien. Auch an den theologischen Aktivitäten der Vereinigung beteiligte Wobbermin sich. Im Oktober 1908 referierte er vor der Jahresversammlung der Freunde der Christlichen Welt über „Monismus und Monotheismus" - ein Vortrag, den Wobbermin später zu einer seiner zentralen theologiekritischen Publikationen ausarbeitete.47 Ein geplanter Vortrag vor der Herbstversammlung in Marburg im Oktober 1907 konnte wegen des USA-Aufenthaltes Wobbermins nicht stattfinden. Dennoch widmeten sich die Teilnehmer ausführlich der religionspsychologischen Thematik.48 1910 ließ Wobbermin sich mit dem streitbaren Vereinigungsmitglied Constantin von Zastrow, einem Amtsrichter und engagierten Laientheologen, in eine Diskussion über die Problematik von „Diesseits und Jenseits" in der Religion verwikkeln, die in wiederholter Rede und Gegenrede in der Mitgliederzeitschrift An die Freunde und in der Christlichen Welt ausgetragen wurde.49 Neben der Vereinigung stand in Berlin die überaus aktive Regionalgruppe von Freunden der Christlichen Welt, die sich gleichfalls vereinsartig zur Durchführung „Religiöser Diskussionsabende" zusammengeschlossen hatten. Wobbermin beteiligte sich während seiner Berliner Jahre an den organisatorischen Arbeiten und trat auch wiederholt selbst als Vortragender auf. 50 46

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Vgl. das Mitgliederverzeichnis der „Vereinigung" in: An die Freunde. Nr. 8a vom 13. Dezember 1904, 65-76, hier: 67. Monismus und Monotheismus, in: Zeitschrift für Theologie und Kirche 19 (1909), 1-30; nachgedruckt in: Monismus und Monotheismus. Vorträge und Abhandlungen zum Kampf um die monistische Weltanschauung, Tübingen 1911.- Vgl.: An die Freunde. Nr. 87 vom 8. August 1927, 1000. Vgl.: An die Freunde. Nr. 22 vom 10. November 1907, 220. Vgl.: Religion der Diesseitigkeit?, in: An die Freunde. Nr. 35 vom 10. Februar 1911, 387388. Der Text bezieht sich auf Constantin von Zastrow: Diesseitsreligion. Eine Diskussionsrede wider Wobbermin und Bonus, in: Ebd. Nr. 31 vom 12. April 1910, 332337. Ein zweiter Artikel Wobbermins erschien unter dem Titel: Diesseits und Jenseits in der Religion. Eine Entgegnung, in: Die Christliche Welt 27 (1913), 554-558. 578-583. Dieser Text bezieht sich auf Constantin von Zastrow: Diesseits und Jenseits. Ein Beitrag zu Jathos Diesseitsreligion, in: Die Christliche Welt 27 (1913), 458-466. Siehe dazu auch Martin Rade: Nachwort des Herausgebers, in: Ebd., 466-467. Vgl. die Dokumentation einiger Vorträge im Rahmen der „Religiösen Diskussionsabende" in: Frei und gewiß im Glauben! Beiträge zur Vertiefung in das Wesen der christlichen Religion. 35 Referate aus der Arbeit der „Religiösen Diskussionsabende". Herausgegeben von F.[ranz] Koehler, Berlin 1909.

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Schließlich wird Wobbermins Integration in den Kreis liberalprotestantischer Theologen und Kirchenvertreter um Rade auch durch seine Beteiligung an kirchenpolitischen Aktivitäten deutlich. Wenig bekannt ist in diesem Zusammenhang eine Initiative zugunsten des bereits 1905 in schwere finanzielle Nöte geratenen Allgemeinen Evangelisch-Protestantischen Missionsvereins. Sämtliche führenden liberalen Theologen der Zeit, darunter Otto Baumgarten, Wilhelm Bousset, Paul Drews, Adolf Harnack, Wilhelm Herrmann, Adolf Jülicher, Martin Schian, Arthur Titius, Ernst Troeltsch und Heinrich Weinel, hatten sich einem Aufruf zur finanziellen Förderung des AEPM angeschlossen, der Ende Juni 1908 unter anderem in der Christlichen Welt erschien. „Alle Freunde eines freien und frommen Christentums" wurden „herzlich und dringend" um ihre Unterstützung gebeten, damit das „verhältnismäßig Bedeutende", das der Verein seit 25 Jahren vornehmlich in Ostasien geleistet habe, angesichts der „großen und brennenden" Weltaufgaben des Christentums erfolgreich fortgeführt werden könne. Dabei wurde auch an das nationale und das weltpolitische Interesse appelliert. Die Autoren erinnerten daran, welche „große Bedeutung das Ringen der Religionen zugleich für das parallel gehende der Nationen" habe. Was in den nächsten Jahrzehnten versäumt werde, sei vielleicht nie wieder gut zu machen: „Es wäre ein schlechtes Zeichen für den Weitblick der deutschen Protestanten, wenn sie den großen weltgeschichtlichen Vorgängen untätig zuschauen wollten."51 Wobbermins Zugehörigkeit zum Kreis um die Christliche Welt überdauerte, anders als im Falle zahlreicher anderer nationalprotestantisch eingestellter Theologen wie etwa Friedrich Loofs oder Karl Holl, auch die Ereignisse von 1914. Bis in die späten zwanziger Jahre gehörte Wobbermin zu den ständigen Autoren von Rades Zeitschrift. Während der Breslauer Zeit setzte er sich wiederholt für den Aufbau von Ortsgruppen der „Vereinigung" in schlesischen Städten ein. Auch an den jährlichen theologischen Tagungen nahm er regelmäßig und engagiert teil. So trat er etwa 1926 während der Jahresversammlung des Bundes für Gegenwartchristentum in Köln dem Vortrag von Martin Dibelius über „Die Unbedingtheit des Evangeliums und die Bedingtheit der Ethik" in einer ausführlichen Stellungnahme entgegen.52 Für Aufsehen sorgte auch Wobbermins eigener

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Bitte für den Allgemeinen Evangelisch-Protestantischen Missionsverein, in: Die Christliche Welt 22 (1908), 647-648 (Nr. 26 vom 25. Juni 1908). Weitere Unterzeichner waren u.a. Wilhelm Bornemann, Erich Foerster, Emil Fuchs, Walter Goetz, Karl Müller, Friedrich Rittelmeyer, Otto Scheel, Friedrich Michael Schiele, Ewald Stier, Gottfried Traub und Heinrich Weizsäcker. Vgl.: [Diskussionsbeitrag zu den Verhandlungen des Bundes für Gegenwartchristentum|, in: An die Freunde. Nr. 85 vom 30. November 1926, 973-974. Dibelius' Vortrag ist publiziert in: Die Christliche Welt 40 (1926), 1103-1120.

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Vortrag im folgenden Jahr über den „Kampf um die dialektische Theologie".53 Nachdem sich jedoch seit Anfang der dreißiger Jahre auch innerhalb der liberalprotestantischen Gruppen und Verbindungen die politischen Gegensätze zunehmend schärfer auswirkten, zog Wobbermin sich mehr und mehr aus der Vereinigung zurück. Der letzte Beitrag für die Christliche Welt stammt aus dem Frühsommer 1932.54 Man kann davon ausgehen, daß der im Januar 1932 erfolgte Wechsel in der Herausgeberschaft der Zeitschrift von Rade zu Hermann Mulert für die Beendigung von Wobbermins Mitwirkung an der Christlichen Welt eine Rolle gespielt hat. Auch anderen Theologen, die für den Nationalsozialismus eintraten, etwa Karl Bornhausen, bot die Christliche Welt seither keinen Raum mehr. Die persönliche Beziehung Wobbermins zu Rade fand während des gesamten Zeitraumes seit 1906 in einer umfangreichen Korrespondenz ihren Ausdruck. Erst im Jahre 1933, bedingt durch die tiefgreifenden politischen Meinungsunterschiede beider Theologen, endete auch diese Verbindung.55 3.2.3. Professur für Systematische Theologie in Breslau Zum Sommersemester 1907 nahm Wobbermin seine Lehrtätigkeit in Breslau auf. Die dortige Fakultät, 1811 im Zuge der preußischen Universitätsneugründungen eröffnet, hatte sich in den zurückliegenden Jahrzehnten nie durch eine ausgesprochene Schulbildung ausgezeichnet. Als Provinzialfakultät nahm sie zwar großen Einfluß auf die lokalen kirchlichen Verhältnisse in der Kirchenprovinz Schlesien, doch diente sie den an ihr lehrenden Theologen oftmals nur als Zwischenstation in der akademischen Lauf-

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Der Kampf um die dialektische Theologie. Vortrag beim Bund für Gegenwartchristentum am 4. Oktober 1927 in Meißen, in: Die Christliche Welt 42 (1928), 98-105. 146-153. Vgl. auch das Protokoll der Diskussion, die sich an Wobbermins Vortrag anschloß: An die Freunde. Nr. 88 vom 1. Dezember 1927, 1009-1015. Die Teilnehmer an dieser Diskussion während der Meißener Tagung waren unter anderem Karl Ae, Karl Thieme, Paul Tillich, Karl Mensing und Horst Stephan. Siehe auch Wobbermins Schlußwort: Zum „Kampf um die dialektische Theologie". Nachtrag, in: Die Christliche Welt 42 (1928), 642-645. Wort Gottes und evangelischer Glaube, in: Die Christliche Welt 46 (1932), 438-439. Der Text ist die Entgegnung auf eine kritische Besprechung einer Wobbermin-Schrift; vgl. Christian Lülmann: Wort Gottes und evangelischer Glaube, in: Ebd., 437-438. Im Nachlaß Martin Rade (Universitätsbibliothek Marburg) liegen 49 Briefe, 15 Briefkarten und eine beschriebene Visitenkarte Wobbermins an Rade aus den Jahren 1906 bis 1933 vor. Hinzu kommen diverse weitere Schreiben aus dem Umkreis dieser Korrespondenz (vgl. die detaillierte Aufstellung im Bibliographischen Anhang unter A.1.3.4.3.). Die Gegenschreiben Martin Rades haben sich, bis auf eine Ausnahme, nicht erhalten. Die Korrespondenz wird in Band 12 (1999) der Mitteilungen der Ernst-Troeltsch-Gesellschaft veröffentlicht.

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bahn.56 Zum Zeitpunkt des Eintritts Wobbermins lehrten neben dem Praktischen Theologen und Kirchenhistoriker Gustav Kawerau (18471918), der allerdings noch im gleichen Jahr als Propst nach Berlin berufen und bereits zum Wintersemester 1907/08 durch den Praktischen Theologen und späteren Generalsuperintendenten Paul Gennrich (1865-1946) ersetzt wurde, der Alttestamentler Carl Cornill (1854-1920), der gemeinsam mit Wobbermin berufene Neutestamentler Paul Feine (1859-1933) als Nachfolger des im November 1906 verstorbenen William Wrede (18591906)- und der Kirchenhistoriker Karl Franklin Arnold (1853-1927). Wobbermins Fachkollege im Bereich Systematische Theologie war Wilhelm Schmidt (1839-1912), der seit 1894 eine ordentliche Professur innehatte. Schmidt, vor seiner akademischen Tätigkeit nahezu dreißig Jahre lang Pfarrer, hatte 1895 und 1898 eine zweibändige „Christliche Dogmatik" aus konservativ-biblizistischer Sicht vorgelegt. 1906 waren von ihm zwei kritische Untersuchungen zur aktuellen theologischen Situation erschienen, die wiederum einen stark modernisierungskritischen Standpunkt vertraten.57 Auch Friedrich Kropatschek (1875-1917), seit 1904 außerordentlicher, seit 1907 ordentlicher Professor für Systematische Theologie, stand als Mitglied der Greifswalder Schule für eine konservative dogmatische Richtung. Er gab die „Biblischen Zeit- und Streitfragen" heraus und hatte 1904 den ersten Band einer Studie zum Schriftprinzip in der lutherischen Kirche veröffentlicht. 58 Kirchenpolitisch bildeten Feine, Arnold und Kropatschek eine geschlossene, weit rechts stehende Fraktion. Wobbermin und Cornill standen ihnen in schroffer Konfrontation gegenüber. Der Breslauer Lehrauftrag Wobbermins erstreckte sich auf das gesamte systematisch-theologische und religionsphilosophische Fachgebiet. Für Wobbermin sollten die acht Jahre seines Breslauer Aufenthaltes eine Phase

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Zur Breslauer Theologischen Fakultät vgl. die anschauliche Schilderung von Paul Gennrich: Erinnerungen aus meinem Leben (Jahrbuch der Synodalkommission und des Vereins für ostpreußische Kirchengeschichte), Königsberg (Preußen) 1938, 121-133. Gennrich geht auch auf die geselligen und kulturellen Verhältnisse in der von Wobbermin wenig geliebten Universitätsstadt ein. Zum fakultätsgeschichtlichen Kontext vgl. Dietrich Meyer: Zur Geschichte der evangelisch-theologischen Fakultät der Universität Breslau (1811-1945), in: Jahrbuch für Schlesische Kirchengeschichte 68 (1989), 149-174. Wilhelm Schmidt: Christliche Dogmatik (Sammlung theologischer Handbücher. Teil 4. Abteilung 1). Band 1: Prolegomena, Bonn 1895 / Band 2: Der evangelische Glaube, Bonn 1898; Die Forderung einer modernen positiven Theologie in kritischer Beleuchtung, Gütersloh 1906; Moderne Theologie des alten Glaubens in kritischer Beleuchtung, Gütersloh 1906. Friedrich Kroparschek: Das Schriftprinzip der lutherischen Kirche. Geschichtliche und dogmatische Untersuchungen. Band 1: Die Vorgeschichte. Das Erbe des Mittelalters, Leipzig 1904. Ein zweiter Band erschien nicht mehr. Nach Paul Gennrich verdankte Kropatschek seine Berufung zum ordentlichen Professor vor allem dem Umstand, daß er der Sohn des einflußreichen Hauptschriftleiters der Kreuzzeitung und Mitglied des Reichstages, Hermann Kropatschek (1847-1906), war (vgl. Paul Gennrich: Ebd., 122).

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der theoretischen Grundlegung und - im Bereich der theologischen Methodik - der ersten Entfaltung seines theologischen Entwurfes werden. In mehreren Themenfeldern gleichzeitig arbeitete er zentrale Elemente seiner Konzeption aus. Dabei standen sich die unterschiedlichen Teilgebiete noch vergleichsweise unverbunden gegenüber. Eine Synthese erfolgte, wenn überhaupt angestrebt, zumeist erst in den späteren Arbeiten zum Religionsbegriff und zur Theologietheorie. In Breslau entstand zunächst die Mehrzahl der in den Aufsatzbänden „Monismus und Monotheismus" (1911) und „Zum Streit um die Religionspsychologie" (1913) versammelten Texte.59 Es entstand hier auch die unter dem Titel „Geschichte und Historic in der Religionswissenschaft. Ueber die Notwendigkeit, in der Religionswissenschaft zwischen Geschichte und Historic strenger zu unterscheiden, als gewöhnlich geschieht" (1911) veröffentlichte Auseinandersetzung mit zentralen Problemen des theologischen Historismus.60 Vor allem aber schrieb Wobbermin in Breslau den ersten Band seiner „Systematischen Theologie nach religionspsychologischer Methode" (1913). Dieser Band ist als methodologische Grundlegung des ganzen theologischen Entwurfes von zentraler werkgeschichtlicher Bedeutung; zu ihm bildet jene Historismus-Kritik nur eine geschichtstheoretische Vorstudie.61 - Als offizielle Anerkennung seiner wissenschaftlichen Leistungen sowie seiner persönlichen Stellung wurde Wobbermin noch im gleichen Jahr 1913 durch den preußischen König der Rote Adler-Orden IV. Klasse verliehen. 3.2.4. Grundlegung des theologischen Systems Im Einführungsband zur „Systematischen Theologie" betont Wobbermin bereits eingangs das erhebliche Gewicht, das innerhalb seines theologi59

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Monismus und Monotheismus. Vorträge und Abhandlungen zum Kampf um die monistische Weltanschauung, Tübingen 1911; Zum Streit um die Religionspsychologie, Berlin-Schöneberg 1913 (zur Datierung der Einzelbeiträge vgl.: Bibliographis.cher Anhang A.2.3.3). Geschichte und Historic in der Religionswissenschaft. Ueber die Notwendigkeit, in der Religionswissenschaft zwischen Geschichte und Historic strenger zu unterscheiden, als gewöhnlich geschieht. Zweites Ergänzungsheft zur Zeitschrift für Theologie und Kirche, Tübingen 1911. Systematische Theologie nach religionspsychologischer Methode. Erster Band: Die Religionspsychologische Methode in Religionswissenschaft und Theologie, Leipzig 1913. Vgl. dazu die Anzeige von Horst Stephan in: Die Christliche Welt 28 (1914), 22, sowie Stephans ausführliche Kritik: Ein Ruf zur Sammlung in der systematischen Theologie, in: Die Christliche Welt 36 (1922), 898-902. - Eine zweite, ansonsten unveränderte Auflage des Buches erschien 1925 mit neuem Untertitel: Systematische Theologie nach religionspsychologischer Methode. Erster Band: Einleitung in die systematische Theologie. Prinzipien- und Methoden-Lehre im Hinblick auf ihre Geschichte seit Schleiermacher, Leipzig 1925.

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sehen Gesamtentwurfes der Erörterung methodologischer Probleme zukommt. Denn wenn überhaupt für alle systematische Wissenschaft die Methodenfrage von besonderer Bedeutung sei, so hänge „in der systematischen Theologie gerade gegenwärtig nicht mehr und nicht weniger als alles von der Methodenfrage ab". In Anknüpfung an Schleiermacher und den amerikanischen Kulturwissenschaftler William James entwickelt Wobbermin in diesem Band sein Modell einer „religionspsychologischen Methode". Sie soll es der Theologie ermöglichen, nach den schweren Erschütterungen, die der Historismus hervorgerufen hat, zu ihrer eigentlichen Aufgabenstellung zurückzukehren. Zu diesem Zweck untersucht Wobbermin zunächst in einem ersten Teil die Stellung der Theologie im Gesamtsystem der Wissenschaften. Die Theologie wird als „selbständige Kulturwissenschaft" beschrieben, der Psychologie, Religionswissenschaft und Philosophie gegenüberstehen. „Aufgabe und Gliederung" der Systematischen Theologie beziehen sich auf „die Fragen nach dem Wesen der Religion und nach dem Wesen des Christentums". Einen ausführlichen Abschnitt seines Buches widmet Wobbermin einer Analyse der methodologischen Positionen Franz Hermann Reinhold Franks, Alois Emanuel Biedermanns und Schleiermachers. An diese Ausführungen schließt sich als „zweites Buch" die Darstellung der „religionspsychologischen Methode" selbst an. Sie wird zunächst als „Fortführung" der von James und Schleiermacher formulierten Problemstellung bezeichnet und erneut nach ihren historischen Voraussetzungen erörtert. Eine grundlegende Bedeutung kommt in diesem Zusammenhang Schleiermachers theologischem Modell zu. Sein „doppelter Gegensatz" gegen den „konstruktiven Rationalismus" einerseits, den traditionellen Dogmatismus andererseits sei - in Verbindung mit dem von Schleiermacher noch nicht klar gesehenen dritten Gegensatz gegen den Historismus - für das religionspsychologische Verfahren maßgebend.62 In der Durchführung dieser Gegensätze müssen erkenntniskritische Orientierung und geschichtlicher Sinn die Vorgehensweise leiten. Daraus ergibt sich nach Wobbermin, „daß das religionspsychologische Verfahren der systematischen Theologie nicht im Sinne bloß empirisch-psychologischer Behandlung religiöser Erscheinungen" auftreten könne. Die empirische Religionspsychologie habe für die theologische Systematik lediglich eine vorbereitende und einleitende Bedeutung.63 Bereits von Schleiermacher selbst sei demgegenüber in der Einleitung zu seiner „Glaubenslehre" derjenige religionstheoretische Standpunkt aufgezeigt worden, der in der 62 63

Systematische Theologie. Band l, 329. Ebd., 331. In diesem Kontext verweist Wobbermin auf die Verdienste, die sich Otto Baumgarten, Paul Drews und Friedrich Niebergall um die Neubegründung der Praktischen Theologie erworben hätten. Diese Neubegründung sei im wesentlichen auf der Grundlage einer empirisch-psychologischen Behandlung religiöser Phänomene erfolgt.

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Theologie zur Anwendung kommen müsse: Durch die für die Theologie erkennbare Konzentration des religiösen Bewußtseins im Gefühl schlechthinniger Abhängigkeit habe er den Ansatzpunkt für eine religionspsychologische Forschung bezeichnet, der es gelingen könne, einen Weg zum Wesen von Religion zu finden. Auch in der den Band abschließenden zusammenhängenden Darstellung der „religionspsychologischen Methode als einheitlicher Methode der systematischen Theologie" geht Wobbermin zunächst von Abgrenzungen aus. Insbesondere werden der „apriorische Rationalismus", anknüpfend an Troeltsch,64 und die religionsphilosophische Position des von Leonhard Nelson begründeten Neu-Friesianismus, hier vor allem in Bezugnahme auf Rudolf Otto,65 zurückgewiesen. Beide laufen nach Wobbermin auf eine Verzerrung der analytischen Wahrnehmung hinaus, insofern im einen Fall rationalistische Beurteilungskriterien, im anderen religionsphilosophische Reflexionsinhalte die von der religionspsychologischen Methode geforderte vorbehaltlose Einsicht in die religiösen Glaubensüberzeugungen beeinträchtigen.66 In diesem Zusammenhang wird auch der Ansatz einer theologischen Werttheorie als „rationalistische Überspannung" abgelehnt, da zu befürchten sei, daß durch ein solches Unternehmen die theologische Apologetik den Glauben „rationalisiere". An die Stelle der Glaubensüberzeugung trete hier eine Art religiöses Wissen, das Gegenstand eines allgemeingültigen Beweisverfahrens sein solle. „Die Wahrheit der Religion faber] ist ja nicht abhängig von dem Beweis für diese Wahrheit."67 Die Bedeutung der religionspsychologischen Methode für die Systematische Theologie liegt nach Wobbermin gerade darin, daß sie „die geschichtlichen Gebilde, in denen das religiöse Bewußtsein der Menschen sich objektiviert hat, auf ihren spezifisch religiösen Kerngehalt hin" analysiert.68 Für eine solche Analyse ist eine genaue Einsicht in die „logische Struktur des religiösen Bewußtseins" erforderlich. Wichtigstes Moment sei hier das „Wahrheits-interesse" als ein auf letzte, höchste Wahrheit gerichtetes Interesse. Dieses Interesse sei dafür verantwortlich, daß das religiöse Bewußtsein einen Anspruch auf „Wahrheitsgeltung" erhebe, der selbst dem im Gedanken der Offenbarung erhobenen Anspruch auf eine dem Menschen zugängliche Erkennbarkeit göttlicher Selbstdarstellung ent64

65

66 67 6S

Vgl. Ernst Troeltsch: Psychologie und Erkenntnistheorie in der Religionswissenschaft. Eine Untersuchung über die Bedeutung der Kantischen Religionslehre für die heutige Religionswissenschaft, Tübingen 1905. Vgl. Rudolf Otto: Kantisch-Friessche Religionsphilosophie und ihre Anwendung auf die Theologie. Zur Einleitung in die Glaubenslehre für Studenten der Theologie, Tübingen 1909. Systematische Theologie. Band l, 387. Ebd., 159. Ebd., 386.

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spricht. Insofern sei der „Offenbarungs-Gedanke" das Fundament des religiösen Bewußtseins. Würde hingegen die Analyse des Religionsphänomens von Offenbarung vollständig absehen wollen, wäre das religiöse Bewußtsein „überhaupt nicht zu definieren".69 Sofern nun diese Verknüpfung von religiösem Bewußtsein und „Wahrheits-interesse" sachgemäß sei, müsse auch gelten, daß die Analyse der Ausdrucksformen des religiösen Bewußtseins sich nur „unter grundsätzlicher Berücksichtigung" eben dieses Interesses durchführen lasse. Besonders hier stieß Wobbermins Argumentation bei den zeitgenössischen Religionspsychologen und auch Theologen auf Widerspruch.70 Dennoch beharrte Wobbermin auf seinem Standpunkt. Erst ein solcher methodologischer Grundsatz biete die Gewähr dafür, daß die religionspsychologische Analyse nicht selbst zur Klärung religiöser Wahrheitsfragen mißbraucht werde. Die religionspsychologische Analyse habe sich gegenüber dem Wahrheitsanspruch religiöser Individuen und individueller religiöser Phänomene so zu stellen, „wie sich eine Universitäts-Fakultät zu den Dissertationen ihrer Studenten stellt, sofern nämlich die Fakultät die Drucklegung dieser Dissertationen autorisiert und doch in bezug auf ihren Inhalt völlige Neutralität bewahrt". 71 Nur eine bloße Feststellung und Beschreibung von Wahrheitsansprüchen komme für die religionspsychologische Analyse in Betracht, nicht aber ihre Bestätigung oder Bestreitung. Von einer solchen rein konstatierenden Haltung aus sei die Analyse in der Lage, die überlieferten manifesten religiösen „Grundmotive und Grundtendenzen" vollständig zusammenzustellen. Am Ende dieses Gedankenganges faßt Wobbermin die religionspsychologische Vorgehensweise in der Aufgabe zusammen, „die religiösen Motive der geschichtlich gegebenen Ausdrucksformen des religiösen Bewußtseins in ihrer Reinheit zu erfassen, sie in ihrem rein und direkt religiösen Überzeugungskern zu erfassen".72 Eine besondere Zuspitzung erhält Wobbermins Theorie dadurch, daß sie trotz jenes distanzierenden methodischen Prinzips die subjektive Beteiligung des Beobachters am Beobachtungsvorgang voraussetzt. Nur unter der Voraussetzung „eigener religiöser Erfahrung" lasse sich die religions69 70

71 72

Ebd., 389-390; siehe auch: Der christliche Offenbarungsglaube, in: Deutsch-Evangelisch. Monatsblätter für den gesamten deutschen Protestantismus l (1910), 513-526. Vgl. hierzu: Zum Streit um die Religionspsychologie, Berlin-Schöneberg 1913; siehe in diesem Band insbesondere die beiden erstmals 1911 veröffentlichten Texte: Psychologie und Erkenntniskritik der religiösen Erfahrung (28-56), sowie: Der Kampf um die Religionspsychologie (57-78). Systematische Theologie. Band l, 400, mit Bezug auf eine Wendung von Theodore Flournoy. Ebd., 404. - Vgl. auch Georg Pfleiderer: Theologie als Wirklichkeitswissenschaft. Studien zum Religionsbegriff bei Georg Wobbermin, Rudolf Otto, Heinrich Scholz und Max Scheler (Beiträge zur historischen Theologie. Band 82), Tübingen 1992, 74-103.

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psychologische Analyse durchführen. Ständig sei sie auf „die Analogie der eigenen religiösen Erfahrung" angewiesen. Nur vermittelst dieser Analogie „können die geschichtlichen Ausdrucksformen des religiösen Bewußtseins auf ihre spezifisch religiösen Motive hin analysiert werden". Der „Zirkel", der sich hier einstellt, ist nach Wobbermin in keiner Weise zu umgehen: „Wir wollen zur Beurteilung und Normierung des eigenen religiösen Lebens auf Grund der geschichtlichen Tatbestände die Kriterien reiner Religiosität gewinnen, und wir können doch diese geschichtlichen Tatbestände, nämlich die Ausdrucksformen des religiösen Lebens in der Geschichte der Menschheit, nicht anders als nach Maßgabe unserer eigenen religiösen Erfahrung, also unseres eigenen religiösen Bewußtseins, verstehen und auslegen."73 Aus diesem Zirkel führe kein hermeneutischer Kunstgriff heraus; alle derartigen Versuche seien als theologische Halbwahrheiten gescheitert; - die einzige Ausnahme, die Wobbermin als konsequente Gegenposition gelten läßt, die Lehre von der Verbalinspiration, sei aufgrund der für sie erforderlichen theologischen Voraussetzungen nicht akzeptabel. Die Unvermeidbarkeit des Zirkels der religionspsychologischen Analyse muß nach Wobbermin in der theologischen Methode selbst „prinzipiell berücksichtigt" werden. Nur indem der Beobachter von seiner subjektiven religiösen Erfahrungswelt ausgehe, könne er über die Beobachtung fremder religiöser Phänomene zu einer Einsicht in die Besonderheit des Religiösen an sich gelangen. In einem immer erneuten Wechselspiel von Selbstund Fremdwahrnehmung komme es zu einer ständig verfeinerten Gegenstandsbeschreibung, die schließlich in weitgehender Annäherung den ursprünglichen Gehalt religiöser Erfahrung erfasse.74 Damit ist der allgemeine Charakter der religionspsychologischen Methode beschrieben. Ihre Anwendung auf die einzelnen Gebiete und Fragestellungen der Systematischen Theologie skizziert Wobbermin nur andeu73

74

Systematische Theologie. Band l, 405. Vgl. hierzu auch: Psychologie und Erkenntniskritik der religiösen Erfahrung, in: Weltanschauung, Philosophie und Religion in Darstellungen von Wilhelm Dilthey und Anderen, Berlin 1911, 341-363. Wobbermin gibt in diesem Zusammenhang eine Beschreibung des religionspsychologischen Verfahrens, die sich in ähnlicher Präzision sonst kaum in seinen Publikationen aus dieser Zeit findet: Es „ergibt sich folgendes Verfahren: von der eigenen religiösen Erfahrung aus fremdes religiöses Seelenleben verstehen lernen, so den Blick für die Eigentümlichkeiten des spezifisch Religiösen schärfen, mit geschärftem Verständnis zur Beobachtung des eigenen religiösen Bewußtseins zurückkehren und diesen Prozeß wechselseitiger Förderung im Erfassen, Verstehen und Deuten der eigenen und fremden Ausdrucksformen religiösen Lebens immer weiter ausdehnen und immer intensiver und innerlicher gestalten, um vermittelst desselben die spezifisch religiösen Motive der geschichtlichen Gesamtkomplexe religiösen Lebens - und so dann auch diejenigen des geschichtlichen Christentums - in möglichster Reinheit herauszustellen und daraufhin den diesen entsprechenden Gedankengehalt, wie er der religiösen Überzeugung als Wahrheitsgehalt gilt, möglichst eindeutig zu formulieren" (Systematische Theologie. Band l, 408-409).

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tungsweise. Von Bedeutung ist in diesem Zusammenhang vor allem, daß die theologische Thematik selbst durch die religionspsychologische Methode beeinflußt wird: Sofern nämlich das religiöse Bewußtsein zunächst auf seine „allgemeinen und allen geschichtlichen Hauptformen gemeinsamen Kriterien und Merkmale" hin untersucht wird und erst dann die für die christliche Religion maßgebenden Aspekte in den Vordergrund treten, gliedere sich das theologische Aufgabengebiet in einen Bereich, in dem die Frage nach dem Wesen der Religion, und einen Bereich, in dem die Frage nach dem Wesen des Christentums erörtert wird.75 Dieser Zweiteilung wird auch die von Wobbermin in ihrer Bedeutung für· die Theologie sonst stark betonte apologetische Aufgabenstellung untergeordnet. Die Apologetik habe sowohl für die Religion im allgemeinen als auch für das Christentum im besonderen die jeweiligen immanenten Geltungsgründe aufzudecken und im Blick auf eine sich aus ihnen ergebende religiöse bzw. christliche Weltanschauung zu entwickeln. Eine Beweisführung für die Wahrheit des Christentums könne ihre Aufgabe hingegen nicht sein.76 Abschließend kehrt Wobbermin noch einmal zu Schleiermachers theologischer Methodologie zurück. Indem dort christliche Glaubenssätze als „Auffassungen der christlich frommen Gemütszustände, in der Rede dargestellt", bezeichnet werden,77 habe Schleiermacher die Aufgabe der evangelischen Glaubenslehre genau in der Weise beschrieben, wie sie auch vom religionspsychologischen Standpunkt aus zu fassen sei. „So weit liegt eben Schleiermachers Position selbst auf der Linie der religionspsychologischen Problemstellung." Aber nicht allein Schleiermachers theologische Theorie, sondern auch das evangelisch-reformatorische Glaubensverständnis werde in der religionspsychologischen Konzeption angemessen aufgenommen. Luthers theologische Zuordnung des Gottesbegriffes zur Glaubenserfahrung sowie seine Formulierung des reformatorischen Schriftprinzips als eines Instrumentes zur normativen Qualifizierung dieser Erfahrung habe jene Konzentration auf die „wirklichen und echten" Elemente christlicher Religiosität vorweggenommen, die für die religionspsychologische Methode kennzeichnend sei.78 Gerade hier müsse aber auch eine kritische 75 76

77

78

Vgl.: Ebd., 409-410. Vgl.: Apologetik: I. Wesen der Apologetik, in: Die Religion in Geschichte und Gegenwart. Band l, Tübingen 1909, 558-564. Vgl. Friedrich Schleiermacher·. Der christliche Glaube nach den Grundsätzen der evangelischen Kirche im Zusammenhange dargestellt. Zweite Auflage (1830/31) (Ed. Redeker). Band l, Berlin 1960, 105 (§ 15: Leitsatz). Die von Luther vorgenommene Zuordnung von „Glaube und Gott" ist von Wobbermin wiederholt ausführlich thematisiert worden. Vgl. etwa: Die Frage nach Gott in Luthers großem Katechismus, in: Festgabe für Julius Kaftan zu seinem 70. Geburtstag, 30. September 1918, dargebracht von Schülern und Kollegen. Mit einem Bilde, Tübingen 1920, 418-435, und: Wie gehören für Luther Glaube und Gott zuhaufe?, in: Zeitschrift für Theologie und Kirche. Neue Folge 9 (1928), 51-60.- In seiner Darstellung des reformatorischen Glaubensverständnisses hat Wobbermin regelmäßig auf die zentrale

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Abgrenzung gegenüber Schleiermacher erfolgen, der über kein zuverlässiges Kriterium verfügt habe, um aus der Masse beliebiger christlicher Gemütszustände „die christlich frommen Gemütszustände als solche" ausfindig zu machen.79 Für die religionspsychologische Methode ist die Heilige Schrift, gemäß dem lutherischen Grundsatz Verbum Dei condat articulos fidei,so „die Norm und das Kriterium wahrer Christlichkeit". Nur über eine Rückführung der religiösen Sätze auf die Heilige Schrift, als auf „die geschichtliche Urkunde der christlichen Religion", sei es der religionspsychologischen Analyse möglich, „das religiöse Verhältnis als spezifisch und echt christliches" zu identifizieren. - Noch in einem zweiten Punkt grenzt Wobbermin sich ausdrücklich gegen Schleiermacher ab: Dessen Definition der Glaubenssätze stehe in der Gefahr, religiöse Erfahrungen in eine bloß psychologische Deutung „umzusetzen". Soweit diese Tendenz bei Schleiermacher wirksam werde, erscheinen christliche Glaubenssätze als „Reflexionen über subjektiv-empirische christliche Frömmigkeit". Tatsächlich aber seien sie nichts weniger als das. Sie seien vielmehr die Ausdrucksformen der christlichen Glaubensüberzeugung, „und zwar dieser Glaubensüberzeugung nicht, wie sie im religiösen Bewußtsein einzelner empirischer Individuen oder Individuen-Gruppen vorzufinden ist, sondern die Ausdrucks-

79 80

Wendung Luthers aus der Erklärung des ersten Gebotes im Großen Katechismus hingewiesen (siehe: Die Bekenntnisschriften der evangelisch-lutherischen Kirche. Herausgegeben im Gedenkjahr der Augsburgischen Konfession 1930. Neunte Auflage, Göttingen 1982, 560: „Ist der Glaube und Vertrauen recht, so ist auch Dein Gott recht, und wiederümb, wo das Vertrauen falsch und unrecht ist, da ist auch der rechte Gott nicht. Denn die zwei gehören zuhaufe, Glaube und Gott. Worauf Du nu (sage ich) Dein Herz hängest und verlassest, das ist eigentlich Dein Gott."). Die Beharrlichkeit, mit der er betonte, daß nach Luther Glaube und Gott „zuhauf" gehören, wurde schließlich selbst zum Kennzeichen der Wobberminschen Argumentation (vgl. etwa die ironischen Bemerkungen von Karl Barth: Offener Brief an Professor D. Dr. G. Wobbermin, in: Das Evangelische Deutschland 9 (1932), 197-198; siehe dazu unten II.3.4.5.). Der Sache nach nahm Wobbermin hier lediglich einen Gedanken auf, den bereits, wie Julius Kaftan bestätigt, Albrecht Ritschi als „Losung" ausgegeben hatte; vgl. Julius Kaftan: [Selbstdarstellung], in: Erich Stange (Hg.): Die Religionswissenschaft der Gegenwart in Selbstdarstellungen. Band 4, Leipzig 1928, 201-232, hier: 215: „Was für mich an die Stelle trat, war die Losung Ritschis, es sei in der Theologie an die ursprünglichen Ansätze Luthers wieder anzuknüpfen, wonach Gott und Glaube zusammengehören." Systematische Theologie. Band l, 424-425. Martin Luther: Articuli christianae doctrinae (Artikel christlicher Lehre) [Schmalkaldische Artikel] (1537). II. Teil, Art. 2: „Regulam autem aliam habemus, ut videlicet verbum Dei condat articulos fidei et praeterea nemo, ne angelus quidem" (deutsche Fassung: „Es heißt, Gottes Wort soll Artikel des Glaubens stellen und sonst niemand, auch kein Engel."); vgl.: Die Bekenntnisschriften der evangelisch-lutherischen Kirche, 405-468, hier: 421. Siehe auch Otto Ritschi: Dogmengeschichte des Protestantismus. Grundlagen und Grundzüge der theologischen Gedanken- und Lehrbildung in den protestantischen Kirchen. Band 1: Prolegomena. Biblicismus und Traditionalismus in der altpreußischen Theologie, Leipzig 1908, 25: „Der berühmte Satz der Schmalkaldischen Artikel [...] ist ein klassischer Ausdruck für das Programm der gesamten Reformation."

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formen der christlichen Glaubensüberzeugung, wie sie sein soll, wie sie den Bedingungen wahrhaft christlicher Glaubensüberzeugung entspricht". Dieser normative Aspekt sei von Schleiermacher zu wenig betont worden, weshalb sein Modell von Glaubenslehre sich fast zwangsläufig dem Vorwurf des theologischen Subjektivismus ausgesetzt gesehen habe. 81 Für Wobbermin hingegen steht fest, daß, sofern die religionspsychologische Methode auf dem Gebiet der „speziellen Dogmatik", d.h. der evangelischen Glaubenslehre, Anwendung finden soll, von der Heiligen Schrift auszugehen ist. Denn sofern nach der Eigenart und den Bedingungen religiöser Erfahrung gefragt werde, um von hier aus die Analyse des religiösen Bewußtseins durchzuführen, folge für das spezifisch christliche Gebiet, daß „allererst nach den Bedingungen der christlich-religiösen Erfahrung in ihrer spezifisch christlichen Eigenart" gefragt werden müsse. Die Beantwortung könne allein aus der Heiligen Schrift, näherhin dem Neuen Testament, erfolgen; sie sei deshalb „Quelle und Norm der evangelischen Glaubenslehre".82 In geschichtlicher Perspektive betrachtet Wobbermin das Christentum als diejenige Form religiöser Welt- und Selbstdeutung, die auf der Grundlage der alttestamentlichen Religion unter dem Eindruck Jesu Christi entstanden sei und die sich dementsprechend an dem Eindruck Jesu Christi orientiere und normiere. Insofern sind vornehmlich solche Partien des Neuen Testaments von Bedeutung, die diesen Eindruck spiegeln. Dabei sollen nicht einzelne Züge einer vermeintlichen historischen Existenz deutlich werden, sondern „der Gesamteindruck Jesu Christi - seiner Heilandsperson und seines Heilandslebens". Dieser Gesamteindruck, der als solcher zugleich die Bedingung der geschichtlichen Existenz des Christentums sei, finde sich insbesondere in den synoptischen Evangelien, den paulinischen Briefen und den Johanneischen Schriften. „Die Übereinstimmung jener Schriften-Gruppen ist das Kriterium dessen, was als wahrhaft christlich in Anspruch zu nehmen ist l·..]."83 Aus religionspsychologischer Sicht bleiben auch die Aussagen dieser Schriften als geschichtliche Urkunden der christlichen Religion Glaubenszeugnis. Sie bringen, ebenso wie alle anderen Zeugnisse von Glaubenserfahrungen, Glaubensüberzeugungen zum Ausdruck. Die Analyse muß daher hinter den sprachlichen Ausdruck im einzelnen zurück nach den „jeweils tragenden religiösen Motiven" fragen. An dieser Stelle nun wirkt sich nach Wobbermin der religionspsychologische Zirkel aus: Die Analogie der eigenen religiösen Erfahrung mit dem neutestamentlichen Glaubenszeugnis sei „das unentbehrliche methodische Hilfsmittel". 84 81 82 83 84

Systematische Theologie. Band l, 427-428. Ebd., 429. Ebd., 434. Ebd., 437.

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Die Darstellung Wobbermins verwickelt sich hier allerdings in Schwierigkeiten. Denn zum einen soll gelten, daß die erforderliche Unterscheidung im Blick auf die in den neutestamentlichen Schriften zum Ausdruck gebrachten Glaubenssätze nur im Rückgriff auf die eigene religiöse Erfahrung des Interpreten erfolgen könne. Zum anderen aber bleibt die Heilige Schrift jeder subjektiven Glaubenserfahrung normativ vorgeordnet. Die von Wobbermin geforderte „prinzipielle Klarheit" läßt sich durch eine bloße terminologische Selbstausweisung des Problems als eines „Zirkels" nicht erbringen. Nur eine „stete wechselseitige Prüfung des objektiven und des subjektiven Moments" bietet nach Wobbermin einen Ausweg aus der Schwierigkeit. Tatsächlich aber bleibt er an diesem Punkt in einem Dilemma befangen, das auch seine späteren Darstellungen zum „religionspsychologischen Zirkel" nicht auflösen.85 Wobbermin selbst versucht, beide Seiten zusammenzufassen: Der Interpret müsse seine eigenen religiösen Erfahrungen „letztlich bedingungslos" der Heiligen Schrift unterordnen; „was sich in solch bewußter Unterordnung [...] als religiöser Überzeugungskern der den Haupt-Schriftengruppen des Neuen Testaments gemeinsamen Vorstellungen ergibt, das hat als Kriterium für die Arbeit der Glaubenslehre zu gelten". Auf diese Weise werde durch die religionspsychologische Methode der Glaubenslehre eine „methodischeindeutige" Grundlage gegeben und gleichzeitig mit dem Schriftprinzip der Reformation „voller Ernst" gemacht.86 In einem letzten, anhangsweise angefügten Abschnitt geht Wobbermin auf das Verhältnis der religionspsychologischen Analyse zur methodischen Vorgehensweise der religionsgeschichtlichen Forschung ein. Am Beispiel der eschatologischen Aussagen des Neuen Testaments will Wobbermin zeigen, daß die von ihm entwickelte Technik gegenüber einer rein historisch orientierten Methode einen Erkenntnisgewinn erzielt.87 Die religionsgeschichtliche Betrachtung selbst weise über sich hinaus auf eine vertiefende Ergänzung, die nur durch das religionspsychologische Verfahren zu erreichen sei. So trete etwa der neutestamentliche Reich-Gottes-Begriff erst im Zuge einer religionspsychologischen Analyse in seiner zentralen Bedeutung für die Verkündigung Jesu hervor. Auch in der umstrittenen Frage der Absolutheit des Christentums zeige die Methode ihre Überlegenheit. Erst sie ermögliche eine Klärung der Problematik auf eine Weise, die „der Eigenart und dem Geltungsanspruch der christl.lichen] Religion in vollem Umfang gerecht" werde.88 85 86 87 88

Vgl. vor allem: Zur Frage des religionspsychologischen Zirkels, in: Die Christliche Welt 41 (1927),407-408. Systematische Theologie. Band l, 438. Ebd., 457-465. Ebd. - Zum Zitat vgl.: Die religionsgeschichtliche und die religionspsychologische Methode in ihrem Verhältnis zu einander [Thesen für einen Vortrag vor dem Wissenschaftlichen Predigerverein Hannover 1922]. Typoskript, 2 Blatt. Ein Exemplar dieser Vorlage

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3.2.5. William James An die Ausarbeitung des ersten Bandes der „Systematischen Theologie" schlössen sich bis in die zweite Kriegshälfte in rascher Folge weitere Untersuchungen zu methodologischen und religionstheoretischen Einzelfragen an, die in dem Buch nur gestreift worden waren. Insgesamt fällt die Geschlossenheit auf, mit der Wobbermin bereits in diesem ersten Band die Grundzüge seiner Konzeption entfaltet. An diesen Grundzügen hat Wobbermin dauerhaft festgehalten. Überhaupt findet sich eine inhaltliche Revision eigener Positionen bei Wobbermin nicht. Bis in die späten zwanziger Jahre ist er kontinuierlich und von Kritik und Polemik unbeirrt mit der weiteren Entfaltung seines theologischen Entwurfes beschäftigt gewesen. Der Kernbestand dieser Konzeption aber war 1913 bereits voll ausgebildet. Eine der wichtigsten Bezugsgrößen für Wobbermins religionspsychologische Theorie ist das 1902 erschienene Werk „The Varieties of Religious Experience" von William James (1842-1910).89 Bereits unmittelbar im Anschluß an die amerikanische Erstveröffentlichung begann Wobbermin mit den Arbeiten zu einer deutschen Ausgabe. Allerdings ging es ihm weniger um eine sprachliche Übersetzung, als vielmehr um eine Übertragung der Jamesschen Argumentation in den Diskussionszusammenhang der sich in Deutschland gerade erst neu formierenden religionspsychologischen Forschung. James diente Wobbermin dabei zur Stützung seiner eigenen theologischen Zielsetzung. Völlig zutreffend weist daher der Untertitel der 1907 in Leipzig erschienenen Ausgabe das Werk als „deutsche Bearbeitung" aus.90

89

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befindet sich im Archiv „Die Religionsgeschichtliche Schule" / Universität Göttingen. Theologische Fakultät. Siehe auch die Druckfassung: Religionsgeschichtliche und religionspsychologische Methode in der systematischen Theologie. 10 Thesen, in: Theologische Blätter 32 (1922), 186. William James: The Varieties of Religious Experience. A Study in Human Nature, London / New York / Bombay / Calcutta 1902; dem Buch liegen Vorlesungen zugrunde, die James 1901/02 als Gifford Lectures in Edinburgh gehalten hat. - Zum folgenden vgl. auch Janette E. Newhall: Wobbermin und William James, in: Luther, Kant, Schleiermacher in ihrer Bedeutung für den Protestantismus. Forschungen und Abhandlungen. Georg Wobbermin zum 70. Geburtstag, Berlin 1939, 363-378. William James: Die religiöse Erfahrung in ihrer Mannigfaltigkeit. Materialien und Studien zu einer Psychologie und Pathologie des religiösen Lebens. Deutsch bearbeitet von Georg Wobbermin, Leipzig 1907. Die zweite Auflage von 1914 trug den Vermerk: Deutsche Bearbeitung von Georg Wobbermin. Zweite verbesserte Auflage, Leipzig 1914. In dritter und vierter Auflage wurde diese Bearbeitung 1920 und 1925 erneut herausgegeben. - Eine fachgerechte Übersetzung von James' Buch erschien in Deutschland erst 1979: William James: Die Vielfalt religiöser Erfahrung. Eine Studie über die menschliche Natur. Übersetzt, herausgegeben und mit einem Nachwort versehen von Eilert Herms, Ölten 1979; überarbeitete Neuausgabe in der Reihe ,insel taschenbuch' mit einem Vorwort von Peter Sloterdijk, Frankfurt am Main 1997. Zu James vgl. Henry Samuel Levinson: The Religious Investigations of William James, Chapel Hill N.C. 1981, sowie: Hans Joas: Die Entstehung der Werte, Frankfurt am Main 1997, 58-86.

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Als Zweck seiner Bearbeitung bezeichnet Wobbermin, „Interesse für religionspsychologische Frage zu erregen, den Sinn für religionspsychologische Betrachtung zu wecken, indem ich [!] einen Einblick in bereits geleistete religionspsychologische Arbeit erschließe".91 Der bereits erwähnte Aufenthalt in den USA im Herbst 1907 ermöglichte es Wobbermin, zu James in persönliche Verbindung zu treten. Den Anlaß zu dieser Reise bildete die Übertragung einer Vorlesungsreihe an der Yale University Divinity School.92 Wobbermin selbst schilderte die Begegnung in folgender Weise: „Wenige Wochen nach dem Erscheinen der ersten Auflage [der James-Bearbeitung] durfte ich seine [seil: James'] persönliche Bekanntschaft machen. Ich hatte im Herbst des Jahres 1907 einen Kursus von Vorlesungen an der Yale-Universität in New Haven (Conn.) übernommen und konnte von dort aus auch der Harvard-Universität einen kurzen Besuch abstatten. Die Stunden, die mir in diesen Tagen die persönliche Berührung und Unterhaltung mit William James brachten, werden mir stets unvergeßlich sein."93 Der Aufenthalt in Yale hatte eine für Wobbermin unerwartete Folge. Anfang Mai 1908 erreichte ihn die offizielle Anfrage der Fakultät, ob er bereit sei, einen Ruf auf eine Professur für Systematische Theologie anzunehmen.94 Inwieweit Wobbermin das Angebot tatsächlich ernsthaft in Erwägung gezogen hat, läßt sich aus den vorliegenden brieflichen Zeugnissen nur schwer erkennen. In seinen Äußerungen hierzu stellt er Bedenken wegen der „kirchlichen Verhältnisse" in den USA in einer Weise in den Vordergrund, die weder seinem bisherigen kirchlichen Engagement noch auch seiner theologischen Position entspricht. Auch der problematische Gesundheitszustand seiner Frau wird immer wieder angeführt. Am Ende einer längeren Phase der Überlegung stand schließlich Wobbermins Forderung, „daß ich nur dann den Versuch machen könne, wenn ich nicht sofort [...] alle Brücken hinter mir abzubrechen brauchte". Eine solche 91

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Vorwort des Übersetzers, in: William James: Die religiöse Erfahrung. Zweite, verbesserte Auflage, Leipzig 1914, III-XXXI, hier: V. Vgl. hierzu den Bericht von Douglas Clyde Macintosh: „Dr. Georg Wobbermin [...] has been well and favorably known to theological teachers and students in the Englishspeaking world for almost a generation. More than twenty-five years ago he was brought to the Yale Divinity School to deliver the Nathaniel W. Taylor Lectures on Theology. His theme on that occasion was the Theology of Albrecht Ritschi" (Douglas Clyde Macintosh: Introduction, in: Georg Wobbermin: The Nature of Religion. Translated by Theophil Menzel and Daniel S. Robinson. With an Introduction by Douglas Clyde Macintosh, New York 1933, V). Vorwort des Übersetzers, in: William James: Die religiöse Erfahrung. Zweite, verbesserte Auflage, XXIX-XXX. Vgl.: Brief Wobbermins an Martin Rade vom 10. Mai 1908 (Universitätsbibliothek Marburg. Nachlaß Martin Rade). - Die Yale University war um 1900 neben Harvard die bedeutendste Universität in den USA. Sie umfaßte Abteilungen für Theologie, Medizin, Naturwissenschaften, Rechtswissenschaft, schöne Künste und Philosophie. 1904 lehrten 330 Dozenten bei 3.000 Studenten in Yale.

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Rückversicherung aber konnte das Berliner Ministerium nicht geben, und so zerschlug sich das USA-Projekt wieder.95 3.2.6. Politische Stellungnahmen vor und nach dem Kriegsausbruch Die Jahre vor 1914 sind für Wobbermins Biographie nicht allein wegen der intensiven wissenschaftlichen Arbeit bedeutsam. In ihnen bildete sich auch sein politisches Weltbild aus und damit diejenige Disposition politischer Urteilsbildung, die sich seit 1933 in einer bedingungslosen Zustimmung zu Idee und Wirklichkeit des Dritten Reiches äußerte. - In allen Phasen seiner akademischen Tätigkeit hat Wobbermin das Amt eines Hochschullehrers immer auch politisch verstanden. Dabei scheint sich die nationalistische Grundeinstellung selbst schon aus frühesten politischen Prägungen hergeleitet zu haben. Allerdings liegen Anzeichen dafür, daß Wobbermin bereits um die Jahrhundertwende politisch aktiv gewesen wäre, bisher nicht vor. Dies mag nicht nur mit der fehlenden Nachlaßüberlieferung, sondern mehr noch mit dem instabilen Zustand der meisten rechtsnationalen politischen Gruppierungen und Bündnisse jener Zeit zu erklären sein. Einen nicht genau zu terminierenden Hinweis auf frühe politische Tätigkeit gibt Wobbermin selbst. In der Beschreibung seiner politischen Aktivitäten, nach der das Reichswissenschaftsministerium in seiner Hochschullehrerbefragung im Herbst 1934 gefragt hatte, erklärt er, „vor dem Kriege" dem „StöckerFlügel der Konservativen" angehört zu haben.96 Unklar ist, ob man aus diesem Hinweis auf eine formelle Mitgliedschaft in einer der konservativ-nationalistischen Parteien der Jahrhundertwendezeit schließen kann. Stoecker selbst gehörte von 1881 bis Anfang 1896 als Vorsitzender der von ihm 1878 gegründeten Christlich-Sozialen Partei dem Gesamtverband der Deutschkonservativen Partei an.97 Innerhalb der 95

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Brief Wobbermins an Rade vom 5. Juni 1908 (Ebd.).- Als weiterer Kandidat für die theologische Professur an der Yale University scheint nach der negativen Entscheidung Wobbermins Rudolf Otto in Aussicht genommen worden zu sein. Otto war zu diesem Zeitpunkt außerordentlicher Professor für Systematische Theologie in Göttingen. In seinem Nachlaß liegt eine Briefkarte Wobbermins vom 20. Oktober 1908 vor, in der Wobbermin Otto seine Hilfe bei eventuellen Berufungsverhandlungen anbietet (Universitätsbibliothek Marburg. Nachlaß Rudolf Otto [Signatur: MS 797: 856|). - Hinweise auf Verhandlungen Ottos mit der Yale University haben sich bisher nicht finden lassen. (Für entsprechende Recherchen danke ich Herrn Professor Gregory D. Alles, Western Maryland College, Westminster / USA.) Befragung des Reichs- und Preußischen Ministeriums für Wissenschaft, Erziehung und Volksbildung von 1934, Bundesarchiv Koblenz. Bestand: R 21 Anhang/10023. Adolf Stoecker (1835-1909) war von 1874 bis 1889 Berliner Hof- und Domprediger. Als konservativer Politiker und als Kirchenpolitiker übte er zeitweise erheblichen Einfluß aus. Er war Mitbegründer des Evangelisch-Sozialen Kongresses (1890) und Initiator der Kirchlich-Sozialen Konferenz (1897). Von besonderer Wirkung war Stoeckers antisemitische Propaganda.

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„Berliner Bewegung" gelang es der Gruppe um Stoecker in den neunziger Jahren, den politischen Kurs der Konservativen Partei maßgeblich zu beeinflussen. Nach der Neukonstitution der Christlich-Sozialen Partei (CSP) als einer unabhängigen konservativen Partei ging Stoeckers politischer Einfluß jenseits antisemitischer Randgruppen rasch zurück. 1907 hatte die CSP nur noch etwa 9.000 Mitglieder; im Dezember 1918 schloß sie sich der Deutschnationalen Volkspartei an.98 Die ausdrückliche Personalbindung in Wobbermins Auskunft macht es eher unwahrscheinlich, daß er nach 1909, dem Todesjahr Stoeckers, einer der extremistischen Gruppierungen innerhalb der Deutschkonservativen Partei angehört hat. Vermutlich bezieht sich die Angabe auf eine richtungsweise Selbstlokalisierung Wobbermins innerhalb des konfusen Spektrums rechtskonservativer, antisemitischer politischer Kreise um 1910. Mit dem Ausbruch des Krieges am 1. August 1914 stellte Wobbermin sich auf die Seite der nationalen Kriegspropaganda. Eine von den „Ideen von 1914" begeisterte Haltung, die, wie etwa in der „Erklärung der Hochschullehrer des Deutschen Reiches" vom 16. Oktober 1914, den „Geist der deutschen Wissenschaft" unmittelbar mit den kriegerischen Aktivitäten des deutschen Heeres zusammenstellte und den Krieg selbst als Ausdruck des „Kampfes für Deutschlands Freiheit und damit für alle Güter des Friedens und der Gesittung" ansah, fand seine ungeteilte Zustimmung." Schon am 4. September war ein von Wobbermin unterzeichneter Aufruf „deutscher Kirchenmänner und Professoren" veröffentlicht worden, der „an die evangelischen Christen im Ausland" gerichtet war.100 „Ein planmäßiges Lügengewebe" habe Deutschland mit der Schuld am Ausbruch des Krieges belastet und es gewagt, „uns und unserem Kaiser das innere Recht zur Anrufung des Beistandes Gottes zu bestreiten". Aus diesem Grund wollen die Unterzeichner, „die auch unter den Christen des 98

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Von 1878 bis 1881 trug die Partei den Namen „Christlich-Soziale Arbeiterpartei". Zur Geschichte dieser politischen Gruppierung vgl. Dieter Fricke: Christlichsoziale Partei (CSP) 1878-1918, in: Ders. (Hg.): Die Bürgerlichen Parteien in Deutschland. Handbuch der Geschichte der bürgerlichen Parteien und anderer bürgerlicher Interessenorganisationen vom Vormärz bis zum Jahre 1945. Band l, Leipzig 1968, 245-255. Vgl. Klaus Böhme (Hg.): Aufrufe und Reden deutscher Professoren im Ersten Weltkrieg. Mit einer Einleitung, Stuttgart 1975, 49-50; zum historischen Kontext vgl. vor allem Klaus Schwabe: Wissenschaft und Kriegsmoral. Die deutschen Hochschullehrer und die politischen Grundfragen des Ersten Weltkriegs, Göttingen 1969, sowie: Ders.: Ursprung und Verbreitung des alldeutschen Annexionismus in der deutschen Professorenschaft im ersten Weltkrieg, in: Vierteljahreshefte für Zeitgeschichte 14 (1966), 105-138. Aufruf deutscher Kirchenmänner und Professoren: An die evangelischen Christen im Ausland (Datiert: 4. September 1914); hier zitiert nach dem Nachdruck bei Gerhard Besier: Die protestantischen Kirchen Europas im Ersten Weltkrieg. Ein Quellen- und Arbeitsbuch. Mit 33 Abbildungen, Göttingen 1984, 40-45. Der Aufruf ist unterzeichnet unter anderem von Hermann von Bezzel, Friedrich von Bodelschwingh, Adolf Deißmann, Ernst Dryander, Rudolf Eucken, Adolf von Harnack, Wilhelm Herrmann, Theodor Kaftan, Friedrich Lahusen, Friedrich Loofs, Carl Mirbt und Wilhelm Wundt.

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Auslandes als Männer bekannt sind, die an der Ausbreitung des Evangeliums unter fremden Völkern und an der Knüpfung kultureller Bande und freundschaftlicher Beziehungen zwischen Deutschland und anderen christlichen Nationen gearbeitet haben", vor aller Öffentlichkeit ihr „Zeugnis über diesen Krieg" ablegen. Während der vergangenen 43 Jahre sei Deutschland stets als Friedensmacht aufgetreten; „in friedlichem Wettbewerb mit anderen Völkern entwickelte es die Gaben, die Gott ihm gegeben hat". Seine fleißige Arbeit blieb nicht unbelohnt: „Es gewann auch einen bescheidenen Anteil an der Kolonisationsaufgabe in der primitiven Welt und bemühte sich, seinen Beitrag zur Neugestaltung Ostasiens zu leisten." Das Schwert des Krieges habe es „nur unter dem Zwange der Abwehr frevelhaften Angriffs" gezogen. Die Kriegsursache liege folglich nicht im Verhalten der kaiserlichen Regierung: Deutschland sei vielmehr nach dem „ruchlosen Königsmord" wegen des Wortbruches Rußlands und trotz aller Vermittlungsversuche im Interesse seiner eigenen Sicherheit gezwungen gewesen, sich „gegen Verwüstung durch asiatische Barbarei zu schützen". Nachdem auch solche Länder sich den Kriegsgegnern angeschlossen hätten, deren Bewohner „dem Blute, der Geschichte und dem Glauben nach unsere Brüder" seien, habe man - „einer Welt in Waffen gegenüber" - erkennen müssen, daß „wir unsere Existenz, unsere Eigenart, unsere Kultur und unsere Ehre zu verteidigen haben". Dem „Toben der Völker" stehe Deutschland „im Vertrauen auf den heiligen, gerechten Gott furchtlos" gegenüber. Der weitere Text nennt „namenlose Greuel" gegen Deutsche im Ausland, „Grausamkeiten und Schamlosigkeiten, wie sie mancher heidnische und mohammedanische Krieg nicht aufzuweisen hatte". Überdies werden die kriegerischen, auf Kolonialerwerb gerichteten Aktivitäten Englands und Frankreichs in Mittelafrika, die Vernichtung „blühender Missionsfelder" sowie die Einbeziehung des „heidnischen Japan" in die Militärallianz kritisiert. Gerade wegen der verhängnisvollen Folgen des Krieges für die weltweite Missionsarbeit fordern die Unterzeichner eine Rückkehr zu den Werten des „christlichen Europa". Nur gemeinsam könne der „germanische Protestantismus", den der russische Zar zum eigentlichen Kriegsgegner erklärt habe, die Aufgabe einer christlichen Weltmission erfüllen. „Die Verantwortung für das furchtbare Verbrechen dieses Krieges und alle seine Folgen für die Entwicklung des Reiches Gottes auf Erden" tragen jedoch alle diejenigen, „die das Netz der Kriegsverschwörung gegen Deutschland seit lange im verborgenen arglistig gesponnen und jetzt über uns geworfen haben, um uns zu ersticken".101 101

Zitiert nach Gerhard Besier: Die protestantischen Kirchen Europas im Ersten Weltkrieg, 43-44. Die Schlußpassage ist in der Vorlage hervorgehoben. Vgl. auch die undatierte „Französische Erwiderung auf den deutschen Appell an die evangelischen Christen des Auslandes" (Ebd., 58-68).

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Die Einbindung in den Kreis liberaler Hochschullehrer um Deißmann und Harnack, die bereits vor 1914 ein intensives Engagement in der jungen Ökumenischen Bewegung entfaltet hatten, sowie die Einwirkung führender Missionsvertreter wie Karl Axenfeld, August Wilhelm Schreiber oder Johannes Warneck hatten dazu geführt, daß Wobbermin hier einem Text seine Zustimmung gab, der innerhalb der propagandistischen Welle vom Frühherbst 1914 noch vergleichsweise zu den moderaten Stellungnahmen zählte.102 Schon 1914 jedoch und erst recht im weiteren Verlauf des Krieges unterstützte Wobbermin auch viel weitergehende Positionen. So schloß er sich etwa den annexionistischen Forderungen an, die der Berliner Theologe Reinhold Seeberg in seiner Adresse vom 20. Juni 1915 begründungsreich vortrug.103 Wobbermins wichtigstes Argument für diese aggressive Haltung war die von ihm wiederholt entwickelte Idee einer kulturellen Dominanz des protestantisch-nordeuropäisch-amerikanischen Kulturkreises. Selbst in seine wissenschaftlichen Veröffentlichungen, wie etwa in das Vorwort zur deutschen Bearbeitung des Buches von William James, fanden diese Vorstellungen Eingang.104 3.2.7. Kriegsereignisse und Berufung nach Heidelberg Mit der Vollendung des ersten Bandes der „Systematischen Theologie" hatte Wobbermin das wissenschaftliche Programm vorgezeichnet, dessen 102

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Vgl. hierzu Wolfgang Huber: Evangelische Theologie und Kirche beim Ausbruch des Ersten Weltkriegs, in: Ders. (Hg.): Historische Beiträge zur Friedensforschung (Studien zur Friedensforschung. Band 4), Stuttgart / München 1970, 134-215; Karl Hammer: Adolf von Harnack und der Erste Weltkrieg, in: Zeitschrift für Evangelische Ethik 16 (1972), 85-101; Wolf-Dieter Marsch: Politische Predigt zum Kriegsbeginn 1914/15. Historische Reminiszenzen - der Gegenwart zur Erinnerung, in: Evangelische Theologie 24 (1964), 513-538; Wilhelm Pressel: Die Kriegspredigt 1914-1918 in der evangelischen Kirche Deutschlands, Göttingen 1967. Vgl. Klaus Böhme (Hg.): Aufrufe und Reden deutscher Professoren im Ersten Weltkrieg, 125-135; siehe dort auch die Gegenerklärung Hans Delbrücks vom 9. Juli 1915 (135137). - Zu Seeberg vgl. Günter Brakelmann: Protestantische Kriegstheologie im 1. Weltkrieg. Reinhold Seeberg als Theologe des deutschen Imperialismus, Bielefeld 1974, sowie: Friedrich Wilhelm Graf/Klaus Tanner: Lutherischer Sozialidealismus. Reinhold Seeberg 1859-1935, in: Friedrich Wilhelm Graf (Hg.): Profile des neuzeitlichen Protestantismus. Band 2: Kaiserreich. Teil 2, Gütersloh 1993, 354-397. Siehe auch Klaus Schwabe: Ursprung und Verbreitung des alldeutschen Annexionismus in der deutschen Professorenschaft im Ersten Weltkrieg, in: Vierteljahreshefte für Zeitgeschichte 14 (1966), 105-138. Vorwort zur zweiten Auflage, in: William James: Die religiöse Erfahrung in ihrer Mannigfaltigkeit. Deutsche Bearbeitung von Georg Wobbermin. Zweite verbesserte Auflage, Leipzig 1914, XVIII-XXXI, hier: XXXI; Deutschland, Nordamerika und England als christlich-evangelische Kulturstaaten, in: Deutsch-Evangelisch. Monatsblätter für den gesamten deutschen Protestantismus 5 (1914), 671-674. -Zu Wobbermins Haltung im ersten Weltkrieg vgl. auch die knappe Darstellung von Karl-Heinz Fix: Universitätstheologie und Politik. Die Heidelberger Theologische Fakultät in der Weimarer Republik, Heidelberg 1994, 118-119.

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weitere Ausführung nun als Aufgabe klar vor ihm lag. In dieser Situation erreichte ihn das Angebot, Nachfolger von Ernst Troeltsch in Heidelberg als Ordinarius für Systematische Theologie zu werden. Troeltsch war im Sommer 1914 an die Universität Berlin berufen worden. Die konkrete Gestaltung des ihm, Troeltsch, angebotenen Lehrauftrages war so genau auf seine individuelle Interessenlage ausgerichtet - er sollte eine „Professur für Kultur-, Geschichts-, Gesellschafts- und Religionsphilosophie und christliche Religionsgeschichte" übernehmen -, daß er, nach eigenen Worten, „nach den üblichen Vorverhandlungen [...] keine rechte Möglichkeit eines Rücktrittes mehr hatte". Es handele sich um eine „mir eigens auf den Leib geschnittene Professur"; sie biete, so Troeltsch, den Vorteil, daß er „von den Theologen-Kollegen völlig erlöst" werde. Zudem fühle er sich, aus dem „Heidelberger kleinstaatlichen Idyll" kommend, stark von dem „Berliner Schlachtfeld" angezogen.105 Die Frage der Heidelberger Nachfolge wurde in vergleichsweise kurzer Zeit geregelt. An erster Stelle nannte die Vorschlagsliste der Fakultät Wobbermin. Ihm folgte Arthur Titius und diesem an dritter Stelle Rudolf Otto. Möglicherweise Troeltschs eigenem Wunsch folgend wies die Fakultät auch auf Troeltschs Schüler Hermann Süskind hin. Wobbermins Erstplazierung wurde unter Bezugnahme auf den im Vorjahr erschienenen einleitenden Band der „Systematischen Theologie" mit der philosophischsystematischen Schulung des Autors begründet; ergänzend wurde betont, daß ihm trotz dieser Ausrichtung die Fähigkeit zur historischen Forschung keineswegs „gänzlich" fehle.106 Troeltsch selbst scheint sich unter den Kandidaten vor allem Rudolf Otto als Nachfolger gewünscht zu haben. Wobbermin hingegen war, wie Troeltsch brieflich äußerte, „nicht mein Geschmack, wacker und tüchtig, aber etwas philiströs".107 Für Wobbermin bedeutete die Berufung an die renommierte, liberaltheologisch ausgerichtete Fakultät den bisher wichtigsten Schritt in seiner akademischen Laufbahn. Er nahm den Ruf unverzüglich an, und schon am 24. Dezember 1914 erging die Ernennung auf den 1. April 1915.

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Brief Troeltschs an den Prorektor der Universität Heidelberg vom 4. Juli 1914; zitiert nach Hans-Georg Drescher: Ernst Troeltsch. Leben und Werk, Göttingen 1991, 216217. - Zwei frühere Versuche, Troeltsch nach Berlin zu berufen, waren am Widerstand der Theologischen (1908; Nachfolge Otto Pfleiderer) bzw. der Philosophischen Fakultät (1908/09; Nachfolge Friedrich Paulsen) gescheitert. Vgl. Ulrich Pretzel: Ernst Troeltschs Berufung an die Berliner Universität, in: Studium Berolinensis. Aufsätze und Beiträge zu Problemen der Wissenschaft und zur Geschichte der Friedrich-Wilhelms-Universität zu Berlin. Herausgegeben von Hans Leussink u.a., Berlin 1960, 507-514. Generallandesarchiv Karlsruhe. Dienstakte der theologischen Fakultät 235/3145; hier zitiert nach Hans-Georg Drescher: Ernst Troeltsch. Leben und Werk, 218. Brief Troeltschs an Wilhelm Bousset vom 21. Dezember 1914, in: Ernst Troeltsch. Briefe aus der Heidelberger Zeit an Wilhelm Bousset 1894-1914. Herausgegeben von Erika Dinkler-von Schubert, in: Heidelberger Jahrbücher 20 (1976), 19-52, hier: 50.

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Nachfolger Wobbermins in Breslau wurde Rudolf Otto (1869-1937). Ihm folgte bereits 1917 Heinrich Scholz (1884-1956) sowie, nach dessen Berufung auf einen philosophischen Lehrstuhl in Kiel, im Jahre 1919 Karl Bornhausen (1882-1940). In Heidelberg, wohin Wobbermin im Frühjahr 1915 übersiedelte, wurde er von den Auswirkungen der schweren Kämpfe an der Westfront insofern betroffen, als er neben seinen universitären Aufgaben eine Tätigkeit als Lazarettgeistlicher übernahm und auf diese Weise in unmittelbaren Kontakt mit Opfern der kriegerischen Auseinandersetzungen kam. Zwar erwähnt Wobbermin seine Lazarettarbeit später mehrfach, doch gibt er nirgends einen Eindruck aus diesen persönlichen Begegnungen wieder. Statt dessen reflektiert Wobbermin auch bei dieser Gelegenheit nur immer wieder das zentrale Anliegen seiner religionspsychologischen Methode: „Es ist [...] die Frage nach dem spezifisch Religiösen. [...] Die praktische Arbeit ist vielleicht in noch höherem Maße geeignet, den Blick dafür zu schärfen, als die theoretische. Wenigstens drängt sich mir bei der mich gegenwärtig fast vollständig in Anspruch nehmenden praktischen Arbeit der Lazarett-Seelsorge dieser Sachverhalt noch stärker auf, als ich es bereits bei Uebernahme derselben infolge der ganzen Orientierung meines theologischen Denkens von vornherein erwartet hatte. Jedenfalls ist für die praktische Arbeit die Frage nach dem spezifisch Religiösen die letztlich entscheidende. Und auch das bestätigt die praktische Arbeit jeden Tag von neuem aufs eindringlichste, daß sich die speziellere Wendung der Frage, nämlich die nach dem spezifisch Christlichen jener weiteren nach dem spezifisch Religiösen unterordnet und nur in solcher Unterordnung praktisch zu behandeln ist."108 Den Zusammenbruch des Kaiserreiches in Verbindung mit der schweren militärischen Niederlage erlebte Wobbermin als Katastrophe. Mehr als ein halbes Jahr benötigte er, um sich in der veränderten politischen Situation zu orientieren. Auch die Deutschnationale Volkspartei, die am 22. November 1918 in der Funktion einer Sammlungspartei aller rechtskonservativen politischen Gruppen als Nachfolgerin der alten Deutschkonservativen Partei gegründet worden war, fand nicht seine Unterstützung. Erst in der zweiten Junihälfte 1919 schloß er sich dem monarchistischen, antidemokratischen, wiederum radikal antisemitischen „Bund der Aufrechten" an.

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Die religionspsychologische Methode in der systematischen Theologie. Wider Friedrich Traubs Einwendungen dagegen, in: Martin Rade/Horst Stephan (Hg.): Festgabe für Wilhelm Herrmann zu seinem 70. Geburtstage dargebracht von Schülern und Kollegen. Mit einem Bilde, Tübingen 1917, 314-350, hier: 346.

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3.3. Professur für Systematische Theologie in Heidelberg Die Universität Heidelberg bot Wobbermin selbst unter den Bedingungen des Krieges ein einzigartiges intellektuelles Klima. Philosophie und Sozialwissenschaften, letztere erst noch im Aufbau, zogen bis in die zwanziger Jahre weltweit Studenten in die Universitätsstadt. Hochqualifizierte Dozenten, darunter Gerhard Anschütz, Ernst Robert Curtius, Friedrich Gundolf, Karl Jaspers, Georg Klebs, Emil Lederer, Jakob Marschak, Otto Meyerhoff, Gustav Radbruch, Otto Regenbogen, Eugen Täubler, Richard Thoma, Alfred Weber und Max Weber, fanden sich in sämtlichen Geistesund Naturwissenschaften. Überdies bestand bereits seit der Jahrhundertwendezeit ein intensives, in seiner Vielfalt wohl beispielloses akademisches Kommunikationsnetz in Professorenzirkeln, Salons und institutionalisierten Kreisen, an dem in größerer Zahl auch jüngere Wissenschaftler teilnahmen.109 Eine besondere Anziehung ging dabei vor allem von den ursprünglich 1910 durch Marianne und Max Weber begründeten sonntäglichen jours aus. Aufgrund der schweren Erkrankung Webers zwischenzeitlich eingestellt, eröffnete Marianne Weber diesen Kreis nach ihrer Rückkehr aus München im Jahre 1921 neu. Noch einmal gewann er für die Heidelberger Gelehrtenkultur eine zentrale Bedeutung; auch die Diskussionen innerhalb der Theologischen Fakultät blieben von den regelmäßigen Zusammentreffen in der Villa Fallenstein nicht unbeeinflußt. 110 Insofern gehört diese, in ihrer politischen Ausrichtung insgesamt demokratiefreundlich eingestellte Intellektuellenverbindung in das Umfeld der Heidelberger Tätigkeit Wobbermins hinein, wenn auch eine direkte Beteiligung nicht bestand und wohl auch schwerlich in Frage kam. 3.3.1. Wobbermin in Heidelberg Noch um 1920, dem Todesjahr Max Webers, galt die Universität als eine der bedeutendsten Wissenschaftseinrichtungen im Deutschen Reich. Dieses Urteil bezog sich zumal auf die Theologische Fakultät, in der sich die 109

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Vgl. hierzu Helene Tompert: Lebensformen und Denkweisen der akademischen Welt Heidelbergs im Wilhelminischen Zeitalter vornehmlich im Spiegel zeitgenössischer Selbstzeugnisse, Lübeck / Hamburg 1961. Zum ERANOS-Kreis vgl. M. Rainer Lepsius: Der ERANOS-Kreis Heidelberger Gelehrter 1904-1908. Ein Stück Heidelberger Wissenschaftsgeschichte anhand neu aufgefundener Protokollbücher des ERANOS, in: Jahrbuch der Heidelberger Akademie der Wissenschaft für das Jahr 1983, Heidelberg 1984, 46-48. Zum Marianne-Weber-Kreis vgl. Friedrich Wilhelm Graf: Einleitung des Herausgebers, in: Martin Dibelius über die Zerstörung der Bürgerlichkeit. Ein Vortrag im Heidelberger Marianne-Weber-Kreis. Herausgegeben von Friedrich Wilhelm Graf, in: Zeitschrift für neuere Theologiegeschichte / Journal for the History of Modern Theology 4 (1997), 114136, hier: 124-129.

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historisch-kritische Forschung schon seit dem letzten Drittel des neunzehnten Jahrhunderts weithin durchgesetzt hatte. Neben Berlin und Marburg war die Heidelberger Fakultät gerade für die liberaltheologische Richtung innerhalb der protestantischen Theologie der Zeit von besonderer Bedeutung.111 Von 1908 bis 1914 lehrte Johannes Weiß (1863-1914) Neues Testament. Ihm folgte 1915 Martin Dibelius (1883-1947), der der Fakultät bis zu seinem Tod im November 1947 angehörte. Das Alte Testament vertrat seit 1910 Georg Beer (1865-1946). Im systematischtheologischen Fachgebiet hatte vor allem Ernst Troeltsch (1865-1923), seit 1894 in Heidelberg, prägend gewirkt.112 Ein zweites systematischtheologisches Ordinariat, das 1891 erstmals mit Ludwig Lemme (18471927) besetzt worden war, wurde zum Wintersemester 1919/20 Robert Jelke (1882-1952) übertragen.113 Im kirchengeschichtlichen Fach lehrte seit 1906 Hans von Schubert (1859-1931). Den Lehrstuhl für Praktische Theologie hatte seit 1910 Johannes Bauer (1860-1933) inne, der gleichzeitig Direktor des Praktisch-Theologischen Seminars war. Nachfolger Wobbermins nach dessen Weggang nach Göttingen wurde 1922 Willy Lüttge (1882-1928). Die Heidelberger Amtszeit Wobbermins erstreckte sich vom Sommersemester 1915 bis zum Sommersemester 1922. In diesen fünfzehn Semestern trug er Vorlesungen zu folgenden Themen vor: „Systeme der neueren Theologie", „Der Kampf um die christliche Weltanschauung", „Hauptprobleme der allgemeinen Religionswissenschaft", „Vergleichende Konfessionskunde", „Schleiermacher in seiner Bedeutung für die heutige Theolo1

'' Zur Heidelberger Fakultät vgl. Johannes Bauer: Heidelberg, Universität, in: Die Religion in Geschichte und Gegenwart. Zweite Auflage. Band 2, 1928, 1688-1692, hier: 16911692. 112 Zu Troeltschs Heidelberger Zeit vgl. Hans-Georg Drescher: Ernst Troeltsch. Leben und Werk, 99-219. 113 Robert Jelke, zunächst acht Jahre Pfarrer, wurde 1918 Privatdozent in Halle. Zum Sommersemester 1919 erhielt er eine ordentliche Professur für Systematische Theologie in Rostock. Noch im gleichen Jahr wurde er nach Heidelberg berufen. Jelke war von 1919 bis 1932 Mitglied der Deutschnationalen Volkspartei. Seit 1933 gehörte er den Deutschen Christen und seit 1937 der NSDAP an. Von Frühjahr 1933 bis zum l, April 1935 war er Dekan der Fakultät. Mitte 1936 wurde er wegen einer ihm vorgeworfenen Denunziation des Reichsstudentenführers Gustav Adolf Scheel für zweieinhalb Jahre von seinem Lehrstuhl suspendiert. Für ihn übernahm seit dem Wintersemester 1936/37 vertretungsweise Helmut Thielicke das Ordinariat. Nach Ablauf der Straffrist kehrte Jelke in die Fakultät zurück und gehörte ihr bis Kriegsende an. Anschließend wurde er wie alle Heidelberger Theologieprofessoren, die Mitglied der NSDAP gewesen waren, aus dem Dienst entlassen und auch 1951, nach einem entsprechenden Amnestiegesetz, nicht wieder verpflichtet. Zu Jelke vgl. Hans Otte: Jelke, Robert Johannes, in: BiographischBibliographisches Kirchenlexikon. Band 3, Herzberg 1992, 20-22. Zur Geschichte der Heidelberger Theologischen Fakultät im Dritten Reich siehe Leonore Siegele-Wenschkewitz: Die Theologische Fakultät im Dritten Reich. „Bollwerk gegen Basel", in: Wilhelm Dörr (Hg.): Semper Apertus. Sechshundertjahre Ruprecht-Karls-Universität 1386-1986. Band 3: Das Zwanzigste Jahrhundert 1918-1985, Berlin / Heidelberg 1985, 504-543.

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gie und Religionswissenschaft", „Religionsphilosophie (Glaubenslehre)", „Buddhismus und Christentum".114 Dazu kamen mehrsemestrige Dogmatik- und Ethik-Zyklen, die Wobbermin bereits seit seiner frühen Breslauer Zeit vorgetragen hatte und deren ausführliche Niederschriften sich im Berliner Teilnachlaß erhalten haben. Das zusätzlich semesterweise angebotene systematisch-theologische Seminar wurde jeweils unter dem Titel „Religionsphilosophische Übungen" angezeigt. Über Wobbermins Heidelberger Lehrerfolg sind bisher keine Zeugnisse bekannt geworden; immerhin versammelte er einen kleinen Schülerkreis um sich, der ihm bis in die letzten Lebensjahre verbunden blieb. Zu nennen sind in erster Linie Robert Winkler und Martin Redeker, daneben Wilhelm Bruhn, Kurt Kesseler und Wilhelm Meyer.115 Von Interesse ist in diesem Zusammenhang auch der Bericht des Praktischen Theologen Wilhelm Knevels. Er beschreibt Wobbermin als einen Mann, „der als Professor ununterbrochen Seelsorger seiner Studenten gewesen ist und ihnen in seinen systematischen Vorlesungen und Übungen eine Fülle seelsorgerlicher Winke und Ratschläge gegeben hat".116 Als Dekan der Theologischen Fakultät amtierte Wobbermin 1916/17 und 1921/22; gleichzeitig gehörte er dem Engeren Senat der Universität an. Bereits 1920 wurde Wobbermin in die Heidelberger Akademie der Wissenschaften und im April 1929 in die Philologisch-Historische Klasse der Gesellschaft der Wissenschaften zu Göttingen aufgenommen. In Göttingen war Wobbermin der erste Systematische Theologe überhaupt, der zum Mitglied der Akademie berufen wurde.117 114 115

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Die Angaben folgen Wolf-Ulrich Klunker: Psychologische Analyse und theologische Wahrheit, 16. Robert Winkler (1894-1983) wurde 1922 Privatdozent und 1928 außerordentlicher Professor für Systematische Theologie in Heidelberg. 1935 erhielt er einen Ruf nach Breslau als Nachfolger Karl Bornhausens. 1945 verlor Winkler seinen Lehrstuhl. Er war anschließend bis zu seiner Pensionierung als Stadtpfarrer in Bad Kissingen tätig. - Ein weiterer Schüler Wobbermins war der spätere Kieler Systematische Theologe Martin Redeker (1900-1970). Redeker promovierte 1926 bei Wobbermin mit einer Arbeit über Wilhelm Herrmann (Martin Redeker: Wilhelm Herrmann im Kampfe gegen die positivistische Lebensanschauung, Gotha 1928). 1930 wurde er Dozent an der Pädagogischen Akademie Cottbus. Nachdem er sich 1933 habilitiert hatte, wurde er im selben Jahr Privatdozent in Münster und dort 1934 auf eine ordentliche Professur für Praktische Theologie berufen. Zum Sommersemester 1936 wechselte er als Lehrstuhlnachfolger Hermann Mulerts nach Kiel. - Zu Winkler und Redeker vgl. meine Artikel in: Biographisch-Bibliographisches Kirchenlexikon. Band 16, Herzberg 1999. Wilhelm Knevels: Der Zweifel an den christlichen Glaubensinhalten - seine verschiedenen Formen und seine verschiedene seelsorgerliche Behandlung, in: Luther, Kant, Schleiermacher in ihrer Bedeutung für den Protestantismus. Georg Wobbermin zum 70. Geburtstag dargebracht, Berlin 1939, 257-285, hier: 257. Die Berufung Wobbermins erfolgte auf einen Antrag Walter Bauers vom 25. Februar 1929 hin (Archiv der Akademie der Wissenschaften zu Göttingen); vgl. auch Wobbermins Brief an Martin Rade vom 22. Mai 1929 (Universitätsbibliothek Marburg. Nachlaß Martin Rade). - Als Mitglied der Göttinger Gesellschaft trug Wobbermin zweimal über

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In wissenschaftlicher Hinsicht widmete Wobbermin sich während der Heidelberger Jahre vor allem dem zweiten Band der „Systematischen Theologie". Eine erste Fassung des Manuskriptes scheint schon gegen Kriegsende fertig vorgelegen zu haben. Erscheinen konnte das Werk in zwei Teillieferungen erst 1921 und 1922."8 Monographische Publikationen legte Wobbermin in der Heidelberger Zeit nicht vor. Dafür erschienen 1917 und 1918 in drei Festschriften (Wilhelm Herrmann, Theodor Haering und Julius Kaftan) wichtige Beiträge, die zu Einzelfragen der religionspsychologisch-methodologischen Theorie ausführlich Stellung nahmen.119 Zudem publizierte Wobbermin in dem von Emil Abderhalden herausgegebenen naturwissenschaftlichen Großwerk „Handbuch der biologischen Arbeitsmethoden" eine sehr umfangreiche Darstellung seiner bisherigen Forschungsergebnisse. 12° 3.3.2. Politische Aktivitäten- Der „Bund der Aufrechten" Der Ausgang des Krieges hatte sich, wie erwähnt, auf Wobbermins politische Einstellung zunächst desorientierend ausgewirkt. Der Deutschnationalen Volkspartei, die Ende November 1918 als Sammlungspartei für alle demokratiefeindlichen rechtskonservativen Gruppen und politischen Strömungen gegründet worden war und die bei den Wahlen zur Verfassung-

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methodologische Probleme der Schleiermacher-Forschung vor: Schleiermaehers Hermeneutik in ihrer Bedeutung für seine religionswissenschaftliche Arbeit (Nachrichten von der Gesellschaft der Wissenschaften zu Göttingen. Philologisch-Historische Klasse. Fachgruppe V [Religionswissenschaft]. Nr. 1), Berlin 1930; Methodenfragen der heutigen Schleiermacher-Forschung (Nachrichten von der Gesellschaft der Wissenschaften zu Göttingen. Philologisch-Historische Klasse. Fachgruppe V [Religionswissenschaft]. Nr. 6), Berlin 1933. Vgl.: Systematische Theologie nach religionspsychologischer Methode. Zweiter Band/ Erstes Buch: Das Wesen der Religion, Leipzig 1921, V. Die religionspsychologische Methode in der systematischen Theologie. Wider Friedrich Traubs Einwendungen dagegen, in: Martin Rade/Horst Stephan (Hg.): Festgabe für Wilhelm Herrmann zu seinem 70. Geburtstage dargebracht von Schülern und Kollegen. Mit einem Bilde [Zeitschrift für Theologie und Kirche 27 (1917)], Tübingen 1917, 314350; Der gemeinsame Glaubensbesitz der christlichen Kirchen. Ein Beitrag zur interkonfessionellen Irenik, in: Studien zur systematischen Theologie. Theodor von Haering zum siebzigsten Geburtstag (22. April 1918) von Fachgenossen dargebracht. Herausgegeben von Friedrich Traub, Tübingen 1918, 238-261; Die Frage nach Gott in Luthers großem Katechismus, in: Arthur Titius / Friedrich Niebergall / Georg Wobbermin (Hg.): Festgabe für D. Dr. Julius Kaftan zu seinem 70. Geburtstag, 30. September 1918, dargebracht von Schülern und Kollegen. Mit einem Bilde, Tübingen 1920, 418-435. Religion. Die Methoden der religionspsychologischen Arbeit, in: Handbuch der biologischen Arbeitsmethoden. Unter Mitarbeit von zahlreichen Fachgenossen herausgegeben von Emil Abderhalden. Abteilung VI: Methoden der experimentellen Psychologie. Teil C: Methoden der angewandten Psychologie (Band 1). Lieferung 22, Berlin/Wien 1921, 1-44.

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gebenden Nationalversammlung am 19. Januar 1919 weit über drei Millionen Stimmen gewinnen konnte, trat Wobbermin nicht bei, womit allerdings nicht ausgeschlossen ist, daß er sie bei den diversen Wahlen durch Stimmabgabe unterstützte.121 Erst als am 13. Juni 1919 in Berlin der „Bund der Aufrechten" gegründet wurde, schloß Wobbermin sich dieser Gruppierung an. Bereits am 1. Januar 1919 war in der Deutschen Allgemeinen Zeitung ein Aufruf veröffentlicht worden, der die Bildung eines „Bundes deutscher Männer und Frauen zum Schütze der persönlichen Freiheit und des Lebens Wilhelms II." forderte. Einziges Ziel war es, die Auslieferung des demissionierten Kaisers zu verhindern. An der Spitze dieses Bundes stand Hans Joachim von Brockhusen-Justin, ein Schwiegersohn Hindenburgs und ehemaliger preußischer Landrat. Nachdem es jedoch Anfang Juni zur Aufdeckung eines Bestechungsskandals gekommen war, in den Brockhusen-Justin verwickelt war, wurde der Bund wieder aufgelöst. An seine Stelle trat Mitte Juni der genannte „Bund der Aufrechten".122 Hinter ihm standen der frühere Kriegsminister General Hermann von Stein, Kuno Graf von Westarp, der von 1913 bis 1918 Vorsitzender der Reichstagsfraktion der Deutschkonservativen Partei gewesen war, Erich Ludendorff sowie zwei Söhne Wilhelms II. Auch der frühere Oberpräsident von Ostpreußen und Chef des kaiserlichen Zivilkabinetts Friedrich Wilhelm Bernhard von Berg sowie weitere Angehörige der wilhelminischen Beamtenelite und des Adels zählten zu den Mitgliedern des Bundes. Politischen Rückhalt fand er vor allem unter den früheren Anhängern der Deutschen Vaterlandspartei und des Bundes der Kaisertreuen, die sich nach dem November 1918 im rechten Flügel der Deutschnationalen Volkspartei zusammengefunden hatten. Auch im kirchlichen Nationalprotestantismus genoß der Bund hohes Ansehen. 121

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Die DNVP erhielt bei den Wahlen am 19. Januar 1919 3.121.000 von insgesamt 30.524.000 abgegebenen Stimmen, was einem Anteil von 10, 3 % entspricht. In die Verfassunggebende Versammlung entsandte sie 44 von 423 Abgeordnete und bildete damit nach der SPD (165 Abgeordnete), dem Zentrum (91) und der DDP (75) die viertstärkste Fraktion (Zahlen nach: Karl Dietrich Bracher / Manfred Funke / Hans-Adolf Jacobsen (Hg.): Die Weimarer Republik 1918-1933. Politik - Wirtschaft - Gesellschaft, Bonn 1987, 630). Die folgenden Angaben beruhen auf Robert Ullrich: Bund der Aufrechten (BA), in: Dieter Fricke (Hg.): Die Bürgerlichen Parteien in Deutschland. Handbuch der Geschichte der bürgerlichen Parteien und anderer bürgerlicher Interessenorganisationen vom Vormärz bis zum Jahre 1945. Band l, Leipzig 1968, 102-104. Archivmaterialien zum „Bund der Aufrechten" befinden sich im Geheimen Staatsarchiv Berlin-Dahlem (Preußischer Kulturbesitz). Bestand: Reichskommissar zur Überwachung der öffentlichen Ordnung (Nr. 353), sowie: Bestand Reichsministerium des Innern (Nr. 26.103).- Eine umfassende Darstellung von Programmatik und Geschichte des „Bundes des Aufrechten" hat jetzt Arne Hofmann vorgelegt: „Wir sind das alte Deutschland, Das Deutschland, wie es war ...". Der „Bund der Aufrechten" und der Monarchismus in der Weimarer Republik (Moderne Geschichte und Politik. Band 11), Frankfurt am Main / Berlin / Bern / New York / Paris / Wien 1998.

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So traten auf den Veranstaltungen unter anderem die Theologen Otto Dibelius, Johannes Rump, Richard H. Harder und der Hofprediger Johannes Vogel auf. Zahlreiche Mitglieder des Bundes, wie auch Ludendorff selbst, nahmen wenige Monate nach seiner Gründung am Kapp-Putsch teil. Auch gab es Verbindungen zu Hitlers Putsch-Versuch vom November 1923. Enge personelle Verbindungen bestanden überdies zum Preußenbund, einer weiteren monarchistischen, demokratiefeindlichen Vereinigung. Wobbermins Mitgliedschaft in dem Bund ist durch seine Aussage in der schon herangezogenen Hochschullehrerbefragung von 1934 auch für die Heidelberger Zeit gesichert. Allerdings muß sich die Verbindung zunächst auf lockere Kontakte beschränkt haben, denn eine Heidelberger Ortsgruppe hat es nicht gegeben. Vielmehr waren die Aktivitäten vornehmlich auf das preußische Gebiet begrenzt, obwohl zeitweise erhebliche Anstrengungen unternommen wurden, eine reichsweite Ausdehnung zu erreichen. Wichtigste Programmpunkte des Bundes waren die Erstarkung der Religion im Volk, die Wiederherstellung einer starken Monarchie sowie die „Reinhaltung des deutschen Blutes", d.h. ein militanter Antisemitismus und Rassismus. Organisatorisch wollte der Bund nicht neben, sondern über den Parteien stehen. Er verstand sich als Sammelbecken aller monarchistischen, die Demokratie ablehnenden Kreise, um so, wie es in einer Kundgebung hieß, „als Stoßtrupp auf dem rechten Flügel der nationalen Einheitsfront den Kampf" aufzunehmen. Eine wichtige propagandistische Rolle spielte dabei die Losung von einer „christlich-deutschen Erneuerung". An der Verfolgung politischer Repräsentanten der Weimarer Republik beteiligte der Bund sich intensiv. So liegt etwa ein umfangreiches Flugblatt vom November 1921 gegen Rathenau vor. Die im Zusammenhang der Ermordung des Außenministers festgenommenen Hans Stubenrauch und Wilhelm Günther gehörten dem Bund an. Insofern war es konsequent, wenn der Bund am 1. Juli 1922, eine Woche nach dem Attentat, in Preußen und wenig später auch in anderen Ländern verboten wurde. Faktisch jedoch konnte die Bundesorganisation fortbestehen. Eine Beschlagnahme von Material oder die Inhaftierung von Bundesvertretern erfolgte nicht. Auch die Zeitschrift Der Aufrechte konnte ungehindert weiter erscheinen. Seit 1927 gab sich der Bund als Verein „Kaiserdank" eine neue Rechtsform. Im Jahre 1928 schlössen sich in zahlreichen Orten Vereinsgruppen mit anderen rechtsextremen Gruppierungen, wie etwa dem Alldeutschen Verband, dem Bayrischen Treubund, dem Nationalverband deutscher Offiziere, dem Stahlhelm - Bund der Frontsoldaten, dem Verband der Baltikumkämpfer oder dem Deutsch-völkischen Schutz- und Trutzbund, zusammen. Nach dem Staatsstreich in Preußen vom 20. Juli 1932 wurde das Verbot des Bundes aufgehoben, der seine Tätigkeit nun unter dem Namen „Kampfring der monarchischen Bewegung Deutschlands - Bund

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der Aufrechten" fortführte. Wie andere monarchistische Verbände auch wurde er im Februar 1934 aufgelöst und in die Organisationsstruktur der NSDAP eingegliedert. Zu diesem Zeitpunkt gehörte Wobbermin selbst der NS-Partei bereits seit nahezu einem Jahr an. Eine bemerkenswerte Parallele in der propagandistischen Diktion der Bundespublikationen und der theologischen Veröffentlichungen Wobbermins aus den zwanziger und frühen dreißiger Jahren besteht in der wiederkehrenden Verwendung des Wortes „Kampf" und seines semantischen Umfeldes. Die wichtigsten theologischen Auseinandersetzungen führte Wobbermin stets als „Kampf". Sowohl seine Gegner aus der Dialektischen Theologie, besonders Karl Barth, als auch die theologischen Antimodelle Historismus und Psychologismus erschienen dabei als Kampfgegner.123 Auch in der theologischen Argumentation selbst agierte Wobbermin häufig in ausgesprochen kämpferischer Form, so besonders, wenn er auf Entgegnungen oder kontroverse Diskussionsbeiträge zu eigenen Äußerungen antwortete. Selbst noch im Titel seiner 1929 vorgelegten theologischen Programmschrift zur „Überwindung der gegenwärtigen Krisis" griff Wobbermin auf das autoritäre Instrument von „Richtlinien" zurück, als welche er seine kritischen Überlegungen verstanden wissen wollte.124 3.4. Die Göttinger Jahre - 1922 bis 1935 Einen weiteren wichtigen Einschnitt in Wobbermins akademischer Laufbahn bedeutete die im Frühjahr 1922 ergangene Berufung nach Göttingen. Dort war durch den bereits zum Wintersemester 1921/22 erfolgten Weggang von Arthur Titius (1864-1936) an die Berliner Theologische Fakultät ein Ordinariat für Systematische Theologie frei geworden. Wobbermin nahm den Ruf an. Die Ernennung erfolgte daraufhin am 4. April 1922.125 Zum Wintersemester 1922/23 wechselte Wobbermin an die Universität Göttingen.

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Vgl. etwa: Der Kampf um die dialektische Theologie. Vortrag beim Bund für Gegenwartchristentum am 4. Oktober 1927 in Meißen, in: Die Christliche Welt 42 (1928), 98-105. 146-153; Im Kampf gegen Historismus und Psychologismus. Aus dem Vorwort zur schwedischen Ausgabe meiner „Richtlinien evangelischer Theologie zur Überwindung der gegenwärtigen Krisis", in: Theologische Blätter 10 (1931), 257-258. Richtlinien evangelischer Theologie zur Überwindung der gegenwärtigen Krisis, Göttingen 1929; vgl. dazu unten II.3.4.4. Schreiben des Preußischen Ministers für Wissenschaft, Kunst und Volksbildung an Wobbermin vom 4. April 1922. Die Ernennung erfolgte auf eine ordentliche Professur für Systematische Theologie und Religionsphilosophie (Universitätsarchiv Berlin. Personalakte Wobbermin. Band l, Bl. 6).

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3.4.1. Wobbermin in Göttingen Ein besonderer Reiz dieses Wechsels bestand darin, daß Wobbermin in Göttingen auf Karl Barth (1886-1968) traf, in dem er immer stärker seinen theologischen Antipoden erblickte. Barth selbst war Anfang 1921 auf einen „mit Hilfe amerikanischer Presbyterianer neu begründeten Lehrstuhl für reformierte Theologie" berufen worden und hatte seine Vorlesungstätigkeit im Range eines Honorarprofessors zum Wintersemester 1921/22 aufgenommen.126 Als Barth Göttingen 1925 verließ, ergab sich jenseits aller theologischen Auseinandersetzungen auch eine private Verbindung. Denn Wobbermin übernahm das von Barth bis dahin bewohnte Wohnhaus am Nikolausberger Weg 66. Barth hatte 1921 das Gebäude von Arthur Titius gekauft, wobei das zugehörige Grundstück in preußischem Staatsbesitz verblieben war. Auch bei der Transaktion von 1925/ 26 ergaben sich wegen dieser Trennung von Gebäude und Grundstück rechtliche Probleme, die zu einem mehrfachen Schriftwechsel zwischen Barth, Wobbermin und der Universitätsverwaltung führten. Letztlich aber ließen sich die Schwierigkeiten aus dem Weg räumen, und Wobbermin konnte das Wohnhaus gemeinsam mit seiner Frau beziehen.127 Der Göttinger Theologischen Fakultät gehörte Wobbermin bis zum Sommer 1935 dreizehn Jahre lang an; im Studienjahr 1930/31 war er ihr Dekan. Auch wenn er aus persönlichen oder fachlichen Gründen nur zu einzelnen Fakultätskollegen in nähere Verbindung trat, so bildete doch die Fakultät als ganze in dieser Zeit das nächste Umfeld für seine theologische Arbeit.128 Im systematisch-theologischen Fach unterrichtete außer Barth, dessen fakultätspolitische Stellung allerdings dauernd prekär blieb, der lutherische Theologe Carl Stange (1870-1959), der gleichzeitig einen Lehrauftrag für Praktische Theologie hatte. Neues Testament lehrte Walter Bauer (1877-1960), Altes Testament und Religionsgeschichte bis 1928 Alfred Bertholet (1868-1951) sowie Alfred Rahlfs (1865-1935). Auf Bertholet folgte 1928 Johannes Hempel (1891-1964). Den kirchengeschichtlichen Lehrstuhl hatte seit 1912 Carl Mirbt (1860-1929) inne; eine zweite kirchengeschichtliche Professur war 1921, gleichzeitig mit der Be-

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Eberhard Busch: Karl Barths Lebenslauf. Nach seinen Briefen und autobiographischen Texten. Mit einem Nachwort von Walter Feurich, München 1975, 117. In der genannten Personalakte Wobbermins (Universitätsarchiv Berlin. Band l, Bl. 62 bis 98) befinden sich insgesamt fünf handschriftliche Briefe Barths an Wobbermin aus dem Frühjahr 1926, die den Verkauf des Hauses Nikolausberger Weg 66 betreffen. Zwölf Schreiben Wobbermins an Barth aus dem Zeitraum November 1925 bis August 1932, die sich gleichfalls primär auf Angelegenheiten des Hauskaufs beziehen, befinden sich im Karl-Barth-Archiv Basel. Zur Zusammensetzung der Göttinger Theologischen Fakultät in den zwanziger Jahren vgl. Karl Kayser: Göttingen, Universität, in: Die Religion in Geschichte und Gegenwart. Zweite Auflage. Band 2, Tübingen 1928, 1293-1299, hier: 1298-1299.

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rufung Barths, an Emanuel Hirsch (1888-1972) übertragen worden. Die Praktische Theologie vertrat neben Stange Johannes Meyer (1869-1957). Von 1924 bis 1929 gehörte auch Kurt Dietrich Schmidt (1896-1964) als Privatdozent im Fach Kirchengeschichte der Fakultät an. Ebenfalls im kirchengeschichtlichen Fach lehrte seit 1920 als Privatdozent Erik Peterson (1890-1960); mit ihm trat in der Folge vor allem Barth in engeren Kontakt. 1924 wurde Peterson nach Bonn berufen. Seit dem gleichen Jahr war schließlich auch Otto Piper als Privatdozent für Systematische Theologie Mitglied der Fakultät. Piper, der 1930 Nachfolger Barths in Münster wurde, mußte Deutschland im April 1933 aufgrund seiner Zugehörigkeit zur SPD verlassen. Er starb nach jahrzehntelangem Exil am 13. Februar 1982 in Princeton / USA. Innerhalb der Göttinger Fakultät war Piper einer der wenigen Theologen, die sich insgesamt anerkennend über Wobbermins religionspsychologisches Theoriemodell geäußert haben. Dies ist um so bemerkenswerter, als Piper zu Wobbermin in keinerlei näherer theologischer oder persönlicher Beziehung gestanden hat.129 Eine zeitweise recht enge Arbeitsgemeinschaft ergab sich jenseits theologischer Sachfragen mit Emanuel Hirsch und später mit Walter Bauer in der gemeinsamen Herausgabe der Theologischen Literaturzeitung.130 Schon vor seinem Wechsel nach Göttingen war Wobbermin in das Herausgebergremium der Zeitschrift berufen worden. Bis Mitte 1930 gab er dieses wichtigste deutschsprachige theologische Rezensionsorgan in Verbindung mit Wilhelm Heitmüller, bzw. nach dessen Tod im Jahre 1926 mit Hans Lietzmann, sowie mit Gustav Hölscher und Arthur Titius unter der Hauptherausgeberschaft Hirschs heraus.131 Zum I.Juli 1930 fand ein Redaktions129

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Vgl. Otto Piper: Georg Wobbermin. Zum 60. Geburtstag des Göttinger Theologen am 27. Oktober, in: Hannoverscher Kurier. Nr. 502 vom 26. Oktober 1929. Siehe auch Georg Wobbermin /Otto Piper: Die heutige Lage der evangelischen Theologie, speziell ihrer Systematik. Zwei Thesenreihen zur Verständigung, in: Christentum und Wissenschaft 9 (1933), 1-6 (Wobbermin) und 6-8 (Piper).- Zu Piper vgl. Friedrich Wilhelm Graf: Lutherischer Neurealismus. Otto Piper - ein früher Pazifist, in: Lutherische Monatshefte 27 (1988), 357-361. Im Nachlaß Wehrung liegen insgesamt neun Schreiben Pipers aus der Zeit von 1928 bis 1958 vor; vgl.: Bibliographischer Anhang A.1.3.2.5. Zur Theologischen Literaturzeitung vgl. Gerhard Karpp: Die Theologische Literaturzeitung. Entstehung und Geschichte einer Rezensionszeitschrift (1876-1975) (Arbeiten aus dem Bibliothekar-Lehrinstitut des Landes Nordrhein-Westfalen. Heft 47), Köln-Greven 1978. Theologische Literaturzeitung. Begründet von Emil Schürer und Adolf von Harnack. Herausgegeben von Professor D. Emanuel Hirsch unter Mitwirkung von Prof. D. Wilhelm Heitmüller, Prof. D. Dr. Gustav Hölscher, Prof. D. Arthur Titius, Prof. D. Dr. Georg Wobbermin, Leipzig, Jg. 46 (1921) - Jg. 55 (1930). - Wobbermin trat - ebenso wie Hirsch, Heitmüller und Hölscher - mit der Ausgabe 19/20 des 46. Jahrganges vom 29. Oktober 1921 in das Herausgebergremium der Theologischen Literaturzeitung ein (vgl. die von Titius, Schuster und Hirsch unterzeichnete „Bekanntmachung" in Nr. 17/ 18 vom 24. September 1921, 193-194). Mit dem fünften Heft des 51. Jahrganges (Ausgabe vom 6. März 1926) nahm Hans Lietzmann den Platz Wilhelm Heitmüllers (gest. 29. Januar 1926) ein.

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Wechsel statt, nachdem Hirsch die leitende Herausgeberschaft abgegeben hatte. Bis 1939 wurde die Zeitschrift daraufhin von Walter Bauer in Verbindung mit Hermann Dörries und Wobbermin herausgegeben.132 Die in Göttingen vorgetragenen Vorlesungen weisen gegenüber den Heidelberger Ankündigungen eine noch stärkere Konzentration auf die Thematik der religionspsychologischen Methode auf. Unter anderem bot Wobbermin folgende Lehrveranstaltungen an: „Religionsphilosophische Übungen zur Einführung in die Religionspsychologie", „Religionspsychologische Übungen über Schleiermachers Glaubenslehre", „Einführung in die experimentelle Religionspsychologie", „Luthers Großer Katechismus", „Hauptprobleme der Sozialethik", „Einführungen in das theologische Studium"; dazu jeweils mehrsemestrige Vorlesungszyklen zur Ethik und zur Dogmatik sowie Seminare über Kierkegaard und Nietzsche.133 Anders als zu der Heidelberger oder der Berliner Zeit liegen für Wobbermins Göttinger Lehrtätigkeit einige Berichte studentischer Hörer vor. Danach galt Wobbermin innerhalb der Fakultät vielfach, wenn auch vielleicht nur zum Teil mit Recht, als isoliert. Zu seiner Sonderstellung trug jedenfalls, diesen Berichten zufolge, die antisemitische und nationalistische politische Haltung bei, die Wobbermin auch bei privaten Anlässen ohne Zurückhaltung äußerte.134 In Einzelfällen scheint auch sein religionspsychologisches Theologiekonzept „nicht recht ernstgenommen worden" zu sein.135 An den von Barth und Hirsch ausgelösten lebhaften Diskussionen hatte Wobbermin keinen Anteil. Dagegen nahm er an den 132

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Theologische Literaturzeitung. Begründet von Emil Schürer und Adolf von Harnack. Unter Mitwirkung von Prof. Dr. Hermann Dörries und Prof. D. Dr. Georg Wobbermin, beide in Göttingen, herausgegeben von Prof. D. Walter Bauer, Göttingen, Jg. 55 (1930) Jg. 64 (1939). - Der Redaktionswechsel fand zum 1. Juli 1930 (Heft 14 des 55. Jahrganges) statt. Mit dem dritten Heft des 64. Jahrganges schieden Bauer, Dörries und Wobbermin als Herausgeber der Theologischen Literaturzeitung aus (vgl. die Verlagsmitteilung: „An unsere Leser!", in: Theologische Literaturzeitung 64 (1939), 113-114, Nr. 4 vom April 1939). Die Angaben folgen wiederum Wolf-Ulrich Klunker: Psychologische Analyse und theologische Wahrheit, 17. - Wobbermin setzte in Göttingen mit einer Vorlesung zur Ethik (Allgemeine und christliche Ethik) ein (vgl.: Verzeichnis der Vorlesungen auf der Georg August-Universität zu Göttingen während des Wintersemesters 1922/23, Göttingen 1922). Im Sommersemester 1923 folgte eine Vorlesung zur Dogmatik (Dogmatik I / Apologetik) und im anschließenden Wintersemester deren Fortsetzung (Dogmatik II). Vgl. etwa den Bericht Karl Barths: „Am Tag nach dem Rathenau-Tag waren wir bei Walter Bauer eingeladen mit lauter alten Corpsstudenten und ihren Frauen und hörten Wobbermin die ungemeinsten nationalen Worte ausstoßen. [...] Was soll man auch sagen, wenn einer unter Faustschlag auf den Tisch verkündet, ein Jude sei immer vaterlandslos und gehöre nun einmal nicht in eine deutsche Regierung [...]"; zitiert nach: Karl Barth- Eduard Thurneysen. Briefwechsel. Band 2:1921-1930. Bearbeitet und herausgegeben von Eduard Thurneysen (Karl Barth-Gesamtausgabe. Abteilung V. Band 4), Zürich 1973,88-89 (Rundbrief vom 28. Juni 1922). Wolf-Ulrich Klunker: Psychologische Analyse und theologische Wahrheit, 17; hiernach auch das folgende.

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Studenten selbst ein großes persönliches Interesse. Ein damaliger Student berichtet von einer Begegnung mit Wobbermin auf der Straße: Da er und ein zweiter Kommilitone das Gespräch vermeiden wollten, seien sie „einfach weitergegangen, während Wobbermin aber stehengeblieben sei und ihnen lange nachgesehen habe". Ein weiterer Student beschreibt seinen Eindruck dahin, daß Wobbermin „1924/25, als ich ihn [...] kennenlernte, in Göttingen keinen leichten Stand [hatte]. Wir Studenten hielten uns damals fast durchweg an Karl Barth und Carl Stange, die beide ja auch systematische Vorlesungen hielten. Aber Wobbermin ging seinen Weg, und er hatte auch immer einen kleinen Hörerkreis, der ihm treu war. Wobbermin hatte ein großes Verlangen nach Hörern, mehr noch: nach Schülern, die für seine Religionspsychologie aufgeschlossen waren." Ein wichtiges Instrument, einigen seiner Schüler, die bei ihm promovierten, ein Forum zur Publikation ihrer Forschungsergebnisse zu bieten, bildete die Schriftenreihe „Studien zur systematischen Theologie". Wobbermin gründete diese Reihe 1928 gemeinsam mit dem Berliner Theologen Arthur Titius, der ihm, obwohl fünf Jahre älter, seit der gemeinsamen Studienzeit bei Julius Kaftan nahestand.136 Als Verlag konnte das renommierte Göttinger Unternehmen Vandenhoeck & Ruprecht gewonnen werden, dessen Autor Titius schon lange war und bei dem soeben erst seine große Studie über „Natur und Gott" erschienen war.137 Wobbermin und Titius sahen in dieser Reihe einen Ort für systematisch-theologische Untersuchungen, die eine historische Problemorientierung mit „objektiver" theologischer Argumentation zu verbinden verstanden. Die Herausgeber formulierten ihre Erwartung in einem kurzen programmatischen Text, der jeweils den einzelnen Bänden beigedruckt wurde. Er lautet: „Diese Studien sollen die theologisch-systematische Arbeit auf dem Boden der Reformation im Streben nach größtmöglicher Objektivität zu fördern suchen. Sie werden grundsätzlich unabhängig sein von theologischen und kirchenpolitischen Parteitendenzen jeder Art. Sie werden sich in steter Fühlung mit der historischen Forschung der exegetischen, kirchengeschichtlichen und allgemein religionswissenschaftlichen Disziplinen halten, aber dabei nie die spezifischen und übergreifenden Aufgaben der theologischen Systematik aus den Augen verlieren. Sie werden bewußt im Dienste der evangelischen Kirche stehen, aber doch zugleich eine ökumenische christliche Theologie anzubahnen bestrebt sein."138 136

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Zusammen mit Friedrich Niebergall hatten Wobbermin und Titius die Festschrift für Kaftan herausgegeben: Arthur Titius / Friedrich Niebergall / Georg Wobbermin (Hg.): Festgabe für D. Dr. Julius Kaftan zu seinem 70. Geburtstag, 30. September 1918, dargebracht von Schülern und Kollegen. Mit einem Bilde, Tübingen 1920. Arthur Titius: Natur und Gott. Ein Versuch zur Verständigung zwischen Naturwissenschaft und Theologie, Göttingen 1926. Zitiert nach Heinz Erich Eisenhuth: Die Entwicklung der Glaubensgewißheit bei Karl Heim (Studien zur systematischen Theologie. Heft 1), Göttingen 1928, [11).

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In mündlichen Verhandlungen mit dem Verlag betonten Wobbermin und Titius ergänzend, daß die neue Studienreihe „im bewußten Gegensatz zu der von Althaus, Barth und Heim bei Kaiser in München erscheinenden Reihe" stehen solle.139 Inwiefern die seit 1928 in rascher Folge publizierten Studien den Vorstellungen der Herausgeber im einzelnen entsprachen, sei dahingestellt. Insgesamt erschienen bis 1935 siebzehn Bände. Zu den Autoren gehörten unter anderem Heinz Erich Eisenhuth, die Titius-Schülerin Marie Horstmeier, Adolf Heger, Dietrich Bonhoeffers Freund Franz Hildebrandt, Heinrich Benckert, Franz Lau und Werner Schultz. Thematisch standen Fragen der Religionstheorie im Vordergrund, doch wurden auch Probleme aus dem Bereich der Theologietheorie erörtert.140 Wobbermin selbst nutzte die Reihe dreimal für eigene Publikationen. 1929 erschienen die „Richtlinien evangelischer Theologie zur Überwindung der gegenwärtigen Krisis", 1931 der Band „Wort Gottes und evangelischer Glaube" und 1934 „Deutscher Staat und evangelischer Glaube".141 Um den Titel von 1934 entzündete sich ein heftiger Streit zwischen Wobbermin und dem kirchenpolitisch auf Seiten der Bekennenden Kirche engagierten Verlag, aufgrund dessen es ein Jahr später zur Einstellung der Reihe kam. 142 3.4.2. Mitwirkung in der Ökumenischen Bewegung Mit großem Einsatz beteiligte Wobbermin sich seit Mitte der zwanziger Jahre an diversen Projekten der Ökumenischen Bewegung. Auf diesen bisher kaum beachteten Aspekt in der Biographie Wobbermins soll im folgenden in etwas ausführlicherer Weise eingegangen werden. - Nach 139

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Verlagsnotiz „Bericht über die Unterredung mit Herrn Prof. Wobbermin am 9. November 1927" (Verlagsarchiv Vandenhoeck und Ruprecht, Göttingen. Bestand: Korrespondenz Georg Wobbermin. Blatt 9). Ich danke Herrn Verleger Dr. Arndt Ruprecht für die Genehmigung zur Einsicht und Verwendung der Korrespondenz. - Bei der von Wobbermin angesprochenen Reihe handelt es sich um die seit 1927 im Christian Kaiser Verlag, München, erscheinenden „Forschungen zur Geschichte und Lehre des Protestantismus". Zu deren Autoren gehörten unter anderem die Barth-Schüler Otto Fricke, Hermann Diem, Paul Schempp, Wilhelm Niesei und Eduard Ellwein. Seit 1939 wurde die Reihe von Ernst Wolf herausgegeben. Siehe die bibliographischen Nachweise zu den einzelnen Bänden im Bibliographischen Anhang unter A.2.3.9. - Die Untersuchung von Franz Hildebrandt erschien 1931 als Heft 7: Franz Hildebrandt: EST. Das Lutherische Prinzip (Studien zur systematischen Theologie. Heft 7), Göttingen 1931. Richtlinien evangelischer Theologie zur Überwindung der gegenwärtigen Krisis (Studien zur systematischen Theologie. Heft 3), Göttingen 1929; Wort Gottes und evangelischer Glaube (Studien zur systematischen Theologie. Heft 6), Göttingen 1931 (Zweite Auflage: Göttingen 1933); Deutscher Staat und evangelische Kirche (Studien zur systematischen Theologie. Heft 14), Göttingen 1934 [Zweite, neubearbeitete Auflage: Berlin 1936 (Verlag: Arthur Collignon, Berlin)]. Siehe dazu unten II.3.5.4.

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langwierigen und komplexen Vorarbeiten, die bereits bis in die Vorkriegszeit zurückreichten, war es im August 1920 zu einer vorbereitenden ökumenischen Konferenz in Genf gekommen.143 An ihr beteiligten sich zwar lediglich Vertreter evangelischer Konfessionen, doch konnte hier der entscheidende Anstoß zu einer konfessions- und kirchenübergreifenden Weltkonferenz gegeben werden. Die deutschen evangelischen Kirchen wurden dabei durch den Präsidenten des Deutschen Evangelischen Kirchenausschusses Reinhard Moeller und später durch seinen Nachfolger Hermann Kapler vertreten.144 Die Konferenz trat am 19. August 1925 in Stockholm unter dem Titel „Weltkonferenz für praktisches Christentum" zusammen. 145 Unter den 661 Delegierten befand sich für den deutschen evangelischen Kirchenverband auch Wobbermin. Die deutsche Delegation trat auf der Konferenz insgesamt uneinheitlich auf und reagierte auch auf die wiederholt geäußerten politischen Vorbehalte insbesondere der französischen Delegierten sehr unterschiedlich. Wobbermin gehörte dabei zu denen, die die Konferenz von vornherein durch die Forderung nach einer Diskussion der völkerrechtlichen Problematik des Friedensschlusses von Versailles schwer belasteten. Aus Anlaß einer akademischen Würdigung von Arthur Titius, der gleichfalls am ökumenischen Einigungsprozeß teilgenommen hatte, faßte Wobbermin diesen Aspekt 1937, in subjektiver Weise rückblickend, zusammen: „Arthur Titius hat sowohl an der ökumenischen Weltkonferenz für praktisches Christentum, die 1925 in Stockholm unter der Leitung des schwedisch-lutherischen Erzbischofs Söderblom tagte, mit stärkstem Eifer mitgearbeitet, wie auch an der Lausanner Weltkonferenz des Jahres 1927 für Glaube und Verfassung der Kirchen. [...] In Stockholm hatte an einem der Höhepunkte der ganzen Tagung einer der eifrigsten französischen Teilnehmer- sich selbst am Klang seiner Worte berauschend und um mit einer recht eindrucksvollen Geste zu schließen - aus-

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Zur Geschichte der Ökumenischen Bewegung vgl. den Überblick von Nathan Soederblom aus dem Jahre 1928: Einigungsbestrebungen: III. In der Gegenwart, in: Die Religion in Geschichte und Gegenwart. Zweite Auflage. Band 2, Tübingen 1928, 80-88. Siehe dazu insbesondere Reinhard Frieling: Die Bewegung für Glaube und Kirchenverfassung 1920-1937 unter besonderer Berücksichtigung des Beitrages der deutschen evangelischen Theologen und der evangelischen Kirche in Deutschland (Kirche und Konfession. Veröffentlichungen des Konfessionskundlichen Instituts des Evangelischen Bundes. Band 16), Göttingen 1970. Vgl. Adolf Deißmann (Hg.): Die Stockholmer Weltkirchenkonferenz. Vorgeschichte, Dienst und Arbeit der Weltkonferenz für praktisches Christentum, 19.- 30. August 1925. Amtlicher deutscher Bericht im Auftrag des Fortsetzungsausschusses erstellt, Berlin 1926. Siehe auch Friedrich Siegmund-Schultze: Die Weltkirchenkonferenz in Stockholm. Gesamt-Bericht über die Allgemeine Konferenz der Kirche Christi für Praktisches Christentum, Berlin-Steglitz 1925; Adolf Deißmann: Die Stockholmer Bewegung. Die Weltkirchenkonferenzen zu Stockholm 1925 und Bern 1926 von innen betrachtet. Mit 4 Abbildungen, Berlin 1927.

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gerufen: ,Brüder von jenseits des Rheines - ich reiche euch die Hand!' Brüder von jenseits des Rheines: als ob das ganze westrheinische Deutschland mit einer Handbewegung und einer Redewendung auszuschalten sei. Das war für die deutsche Delegation (an sich und vollends in der damaligen Situation nach der Besetzung des Ruhrgebietes) eine wenn auch unbeabsichtigte schwere Beleidigung und Brüskierung. [...] Der Vollständigkeit wegen will ich doch nicht verschweigen, daß es damals leider auch unter den Deutschen in Stockholm einige unentwegte Pazifisten ,um jeden Preis' gab, die den Zorn [...] für unnötig und unerwünscht hielten."146 An der Weltkonferenz für Glauben und Kirchenverfassung, die vom 3. bis 21. August 1927 in Lausanne tagte, nahm Wobbermin als Mitglied der deutschen Delegation teil.147 Innerhalb der Arbeitsgruppe, die sich mit der Idee eines gemeinsamen christlichen Glaubensbekenntnisses beschäftigte, äußerte sich Wobbermin in einem ausführlichen Referat.148 Im Ergebnis kam er zu der Ansicht, daß eine „Übereinstimmung in einer bestimmten Formulierung des Glaubens" zwar für die christliche Einheit „nicht unbedingt notwendig, aber andererseits doch sehr wünschenswert" sei. Denn nur „die gedankenmäßige Ausprägung des Glaubens" könne seinen wahrhaft christlichen Charakter sicherstellen und ihn vor dem Abgleiten in Gesetzesreligion oder „ins Magisch-Mythologische" bewahren. An den öffentlichen Diskussionen zu dieser Kirchenkonferenz beteiligte Wobbermin sich ebenfalls. 149 Zudem übernahm er, gemeinsam mit dem Hallenser 146

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Arthur Titius. Ökumenische Theologie zur Befriedung der Kirche. Eine Gedenkrede, Berlin 1937, 12-13. Titius selbst habe, so Wobbermin, nach jener Äußerung vor Zorn gebebt und sei immer wieder auf den Ausruf zurückgekommen. „Mit ostpreußischer Deutlichkeit gab er seiner Empörung Ausdruck und seiner Befürchtung, daß durch solche leichtfertige und anmaßliche Phrase die ganze ökumenische Arbeit aufs schwerste gefährdet werde" (Ebd., 13). - Die zitierte Schilderung Wobbermins ist Teil seiner Gedenkrede während einer Feierstunde der Berliner Theologischen Fakultät aus Anlaß des Todes von Titius. Um Wobbermins Rede entzündete sich wenig später ein heftiger Streit, auf den im Zusammenhang der Darstellung der Berliner Jahre eingegangen werden wird. Wobbermin war, unter Wahrung des besonderen nichtoffiziellen Status der deutschen Konferenzteilnehmer, von der Evangelisch-lutherischen Landeskirche Hannovers in die deutsche Delegation entsandt worden. Zu seiner Beteiligung und zu dem schwierigen Verfahren der Zusammenstellung der Delegation vgl. Reinhard Frieling: Die Bewegung für Glaube und Kirchenverfassung 1920-1937, 73-77; zum Sonderstatus vgl.: Ebd., 63-64. [Diskussionsbeitrag zu den Verhandlungen der Weltkonferenz für Glauben und Kirchenverfassung], in: Die Weltkonferenz für Glauben und Kirchenverfassung. Deutscher Amtlicher Bericht über die Weltkirchenkonferenz zu Lausanne 3. bis 21. August 1927. Im Auftrage des Fortsetzungsausschusses herausgegeben von Hermann Sasse, Berlin 1929, 242-246, hier: 245. Vgl.: Stimmen. Zu D. Deißmanns Urteil über Lausanne, in: Das Evangelische Deutschland 4 (1927), 393. Wobbermin bezieht sich hier auf Adolf Deißmann: Fernblick auf Lausanne, in: Das Evangelische Deutschland 4 (1927), 373-375. Siehe auch: Die deutsche Mitarbeit am Werke von Lausanne, in: Die Eiche. Vierteljahrsschrift für soziale und internationale Arbeitsgemeinschaft 16 (1928), 360-369. Dieser Text erschien auch separat.

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Theologieprofessor und Moderator des Reformierten Bundes August Lang, einen erheblichen Anteil an den Arbeiten zur Erstellung eines Gutachtens des „Deutschen Ausschusses für Glaube und Verfassung der Kirchen (Lausanne)" über die offiziellen Berichte der Lausanner Weltkonferenz. 150 Auch an einer theologischen Studientagung dieses Ausschusses, die vom 15. bis 21. April 1929 in Waldenburg stattfand, nahm Wobbermin teil. Zu den dem Thema „Kirche im Neuen Testament" gewidmeten Verhandlungen trug er einen Vortrag über den schriftgemäßen Begriff der Kirche bei.151 Wobbermins Ausführungen, die sich besonders mit Rudolf Sohm und Ernst Troeltsch kritisch auseinandersetzten und jede „soziologische Betrachtungsweise" ablehnten, dienten in erster Linie der Betonung einer „Tendenz auf Universalität" im neutestamentlichen Kirchenbegriff. Von besonderer Bedeutung für Wobbermins ökumenisches Engagement war neben diesen Aktivitäten seine Mitarbeit in der von dem Fortsetzungsausschuß der Weltkirchenkonferenz bei seiner Tagung im August 1929 im schweizerischen Maloja eingesetzten Theologenkommission. Zum Vorsitzenden wurde der Bischof von Gloucester, Arthur Cayley Headlam (1862-1947), berufen. Da die Sitzungen des Fortsetzungsausschusses selbst zu sehr mit Fragen der Organisation belastet waren, sollte diese Kommission sich an seiner Stelle mit den theologischen Fragen des Einigungsprozesses befassen. Neben Wobbermin gehörte als deutscher Vertreter der Marburger Theologe Heinrich Hermelink der Kommission an.152 150

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Gutachtendes Deutschen Ausschusses für Glaube und Verfassung der Kirchen (Lausanne) zu den Lausanner Beschlüssen. Ausgearbeitet von einer Gutachterkommission, in: Die Eiche 18 (1930), 383-385; vgl. die englische Fassung des Textes in: Leonard Hodgson (Ed.): Convictions. A Selection from the Responses of the Churches to the Report of the World Conference on Faith and Order, held at Lausanne in 1927, ed. by Leonard Hodgson, with the assistance of Herbert Newell Bate and Ralph W. Brown, London 1934,139-143. Der Text des Gutachtens war bereits am 5. Juni 1928 fertiggestellt worden. Der Kommission gehörten neben Wobbermin und Lang noch Werner Eiert, Heinrich Hermelink und der Frankfurter Pfarrer und Theologe Johann Wilhelm Ernst Sommer an, die aber an der Ausarbeitung des Textes kaum mitwirkten. Eine Verwendung des Begriffes „wiedervereinigte Kirche" zur Beschreibung des Zieles der Ökumenischen Bewegung lehnten die Autoren ab. Statt dessen hielten sie es „vom deutsch-evangelischen Standpunkt aus" für eine in der Gegenwart den geschichtlich gewordenen Einzelkirchen „von Gott zugewiesene neue Aufgabe, Annäherung und möglichste Einigung herbeizuführen" (zitiert nach der deutschen Fassung des Gutachtens; siehe: Die Eiche: Ebd., 383). Der schriftgemäße Begriff der Kirche. Systematisches Referat, in: Die Kirche im Neuen Testament in ihrer Bedeutung für die Gegenwart. Ein Gespräch zwischen lutherischen, reformierten und freikirchlichen Theologen. Im Auftrage des deutschen Ausschusses für Glaube und Verfassung der Kirche (Lausanne) herausgegeben von Friedrich SiegmundSchultze, Berlin 1930, 68-89. An Wobbermins Vortrag schloß sich eine längere Diskussion an, die ebenfalls in dem Band dokumentiert wird (89-96). Teilnehmer waren unter anderem Friedrich Siegmund-Schultze, Gerhard Kittel, Hermann Sasse und Otto Dibelius. - Zur Tagung in Waldenburg vgl. Reinhard Frieling: Die Bewegung für Glaube und Kirchenverfassung 1920-1937, 235-238. Vgl. Reinhard Frieling: Ebd., 161. Zu den gleichzeitig ernannten stellvertretenden Mitgliedern zählte neben Emil Brunner und August Lang auch Emanuel Hirsch, gegen dessen

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Im Mittelpunkt der Beratungen der Theologenkommission stand die Lehre von der Gnade. Zwei Jahre lang bemühten sich die Mitglieder darum, durch die Ausarbeitung und gegenseitige Mitteilung exegetischer, dogmengeschichtlicher und systematisch-theologischer Untersuchungen einen gemeinsamen Informationsstand zu erreichen. Wobbermin beteiligte sich hieran durch eine Studie über die Gnadenlehre in der deutschen evangelischen Theologie seit Schleiermacher.153 Im August 1931 fand schließlich eine vierzehntägige Studientagung in Gloucester, dem Amtssitz des Vorsitzenden, statt.154 Das Ergebnis dieses Treffens war ein „Report", der von allen Teilnehmern unterzeichnet wurde. Er stellte eine Reihe von Übereinstimmungen fest, während die abweichenden Auffassungen nicht genannt wurden. Das widersprach der bisher in der Bewegung für Glau-

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Nominierung der Deutsche Ausschuß für Glaube und Kirchenverfassung jedoch erfolgreich protestierte. - Hirsch hatte bereits 1928 die Verhandlungen der Lausanner Konferenz als gegenseitigen Austausch „vieldeutiger Redensarten" interpretiert, „die einem unter den Händen zerbrechen, wenn man sie als ernste, von einer bestimmten Gesinnung getragene Aussagen zu verstehen sucht" (Emanuel Hirsch: [Rezension zu:] Herbert Newell Bäte (Ed.): Faith and Order. Proceeding of the World Conference Lausanne, August 3-21, 1927, London 1927, in: Deutsche Literaturzeitung 49 (1928), 10-20, hier: 15. The Doctrine of Grace in Evangelical German Theology from Schleiermacher onwards, in: William Thomas Whitley (Ed.): The Doctrine of Grace. With an Introduction by the Most Rev. William Temple, Archbishop of York, London 1932, 291-320. Vgl. auch Wobbermins Anzeige dieses Bandes in: Theologische Literaturzeitung 58 (1933), 75-78. Die von Hermelink, Wobbermin und Lang in Aussicht genommene deutsche Ausgabe erschien nicht. Vgl. Wobbermins Bericht: Die Arbeitstagung der Theologenkommission der Weltkonferenz für Glaube und Verfassung der Kirchen, in: Die Eiche 19 (1931), 470-472, sowie den Brief an Hans Lietzmann vom 16. Oktober 1931, in: Kurt Aland (Hg.): Glanz und Niedergang der deutschen Universität. 50 Jahre deutscher Wissenschaftsgeschichte in Briefen an und von Hans Lietzmann (1892-1940). Mit einer einführenden Darstellung von Kurt Aland, Berlin / New York 1979, 684. - Den Kontakt zu Bischof Headlam hielt Wobbermin bis in die späten dreißiger Jahre aufrecht. Headlam besuchte Wobbermin im Rahmen einer Deutschland-Reise im Juli 1938 in Berlin. Wobbermin beschrieb sein Verhältnis zu Headlam im Vorwort zu einer von ihm im Anschluß an diesen Besuch herausgegebenen Broschüre: „Ich selbst habe mit dem Bischof von Gloucester seit dem Jahre 1927 in steter Verbindung gestanden. Im Jahre 1931 habe ich anläßlich einer Arbeitstagung zusammen mit einer größeren Zahl von Theologen der protestantischen und der griechischen Kirchen mehrere Wochen lang in seinem gastlichen Hause (The Palace of Gloucester) geweilt. Außer den religiösen und kirchlichen Fragen haben uns seit dieser Zeit auch die gemeinsamen botanisch-naturwissenschaftlichen Interessen miteinander verbunden. Es war und ist mir eine ganz besondere Freude, in ihm einen englischen Theologen gefunden zu haben, dem die Kenntnis der Pflanzenwelt ein ebenso großes Anliegen bedeutet, wie sie es einst für Schleiermacher gewesen ist. Und es wird auch die deutschen Leser freuen zu hören, daß der englische Bischof den nationalsozialistischen Naturschutzbestrebungen des dritten Reiches die größte Beachtung schenkt" (Vorwort, zu: Der Bischof von Gloucester über Volkstum, Christentum und Kirche in England und Deutschland. Eingeleitet und herausgegeben von Georg Wobbermin, Berlin 1939, 3-4, hier: 3; in dieser Broschüre findet sich auch eine Photographic, die Wobbermin gemeinsam mit Bischof Headlam zeigt).

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ben und Kirchenverfassung geübten Vorgehensweise und führte zu einem heftigen Protest vor allem der lutherischen und reformierten Kirchen. Überdies blieb auch bei den Formulierungen der gemeinsamen Standpunkte der jeweilige Interpretationsspielraum so groß, daß von einer tatsächlichen Einigung keine Rede sein konnte.155 Wobbermins Mitwirkung in der Ökumenischen Bewegung reicht über die politischen Ereignisse von 1933 weit hinaus. Aufgrund der engen Bindung Wobbermins an die Deutschen Christen und seiner offenen Unterstützung der nationalsozialistischen Ideologie bot unter bekenntnisoppositionellen Theologen gerade seine Zugehörigkeit zur deutschen Delegation wiederholt Anlaß zu Widerspruch. So erklärte der Bonner Neutestamentler Karl Ludwig Schmidt, der noch im März 1933 an einer ökumenischen Studientagung in Dassel teilgenommen hatte, daß er aufgrund der Mitgliedschaft Wobbermins zu einer weiteren Mitarbeit im Ausschuß für Glaube und Verfassung der Kirchen nicht mehr bereit sei; - allerdings nahm er diese Entscheidung nach einem intensiven Gespräch mit Deißmann wieder zurück.156 Nachdem sich im Frühjahr 1937 abzeichnete, daß die Vertreter der Deutschen Evangelischen Kirche keine Genehmigung zur Reise zu den 155

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Wobbermin wehrte diese kritische Beurteilung der Tagungsergebnisse ab. Seiner Ansicht nach sollten die formulierten Thesen „die vorhandenen Unterschiede" nicht durch begriffliche Formulierungen verdecken. „Vielmehr bekundet sich in ihnen das Bemühen, hinter den verschiedenen kirchlich-dogmatischen Formulierungen und durch sie hindurch die gemeinsame Glaubensüberzeugung zu erfassen, wie sie uns vom neutestamentlichen Glaubensstandpunkt aus erkennbar wurde" ([Rezension zu:] William Thomas Whitley (Ed.): The Doctrine of Grace, London 1932, in: Theologische Literaturzeitung 58 (1933), 75-78, hier: 76). Vgl. Karl Ludwig Schmidts Schreiben an Dietrich Bonhoeffer vom 23. September 1936: „Also Deißmann hat nun in Chamby Karl Barths und meinen Austritt aus der Stockholmer Theologenkommission - NB! sein und mein Schritt sind unabhängig von einander erfolgt - mitgeteilt und Ersatzmänner wählen lassen. Ich bin nun gespannt, welche Gestalten neben Deißmann, M. Dibelius und Wobbermin, nachdem Titius gerade gestorben ist, treten werden. Mit im Blick auf Wobbermin war ich schon 1933 noch in Deutschland ausgetreten, was aber damals Deißmann nicht akzeptierte, sodaß die Sache im Sande verlief" (zitiert nach Dietrich Bonhoeffer: Illegale Theologenausbildung: Finkenwalde 1935-1937. Herausgegeben von Otto Dudzus und Jürgen Henkys in Zusammenarbeit mit Sabine Bobert-Stützel, Dirk Schulz und Ilse Tödt (Dietrich Bonhoeffer: Werke. Vierzehnter Band), Gütersloh 1996, 242).- Karl Ludwig Schmidt (1891-1956) wurde 1933 unter Anwendung des „Gesetzes zur Wiederherstellung des Berufsbeamtentums" seiner Professur enthoben. Von 1935 bis 1953 lehrte er in Basel. Vgl. Andreas Mühling: Karl Ludwig Schmidt. „Und Wissenschaft ist Leben" (Arbeiten zur Kirchengeschichte. Band 66), Berlin/New York 1997; zu Schmidts ökumenischem Engagement vgl. auch Reinhard Frieling: Die Bewegung für Glaube und Kirchenverfassung 1920-1937, 170174 und öfter. - Die Bemerkungen zu Wobbermins amtlicher Berliner Stellung im Kommentar zu dem genannten Band der Bonhoeffer-Ausgabe (Ebd., 242 und 1197) sind unzutreffend. Wobbermin war in Berlin vertretungsweise Nachfolger von Wilhelm Lütgert; regulärer Nachfolger von Titius als Lehrstuhlinhaber war seit 1933 Arnold Stolzenburg.

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Weltkonferenzen in Oxford und Edinburgh erhalten würden, faßte Wobbermin in einer Thesenreihe seine Sicht der gegenwärtigen Situation der Ökumenischen Bewegung zusammen.157 Zunächst fällt auf, daß Wobbermin die Thematik der Konferenz von Oxford („Kirche, Volk und Staat"), deren Aufgabenstellung durchaus kritisch gegenüber der Entwicklung in Deutschland formuliert worden war, durch Veränderung der Reihenfolge in „Volk, Staat, Kirche" zugunsten einer völkisch-nationalistischen Sichtweise revidiert (These l). 158 Um so irreführender ist es, wenn er anschließend „den deutschen Nationalsozialismus" selbst zum Gegenstand der beiden englischen Konferenzen erklärt. Die unter den Theologen und Kirchenvertretern besonders der angelsächsischen und der skandinavischen Länder verbreiteten Vorbehalte gegenüber der deutschen Situation führt Wobbermin in erster Linie auf eine mangelnde Klarheit über das Verhältnis des NS-Staates zur Kirche zurück (These 4). Aller Kritik stellt Wobbermin die Behauptung entgegen, daß erst im Verhältnis zu diesem Staat die evangelische Kirche „ihr eigenes Wesen klar und rein zur Geltung" bringen könne (These 9). Es war schließlich nicht nur die Kritik an dem propagandistischen Gehalt solcher Ausführungen, sondern die Teilnahmeverweigerung durch die deutsche Regierung selbst, die Wobbermin nach 1937 an einer weiteren Mitwirkung an den Arbeiten der Ökumenischen Bewegung gehindert hat. Auch eine letzte kirchenpolitische Initiative auf ökumenischer Ebene, an der Wobbermin sich beteiligen sollte, scheiterte am Einspruch der Regierung.159 Im Herbst 1942 erhielt der Leiter des Kirchlichen Außenamtes der Deutschen Evangelischen Kirche, Bischof Theodor Heckel, eine Einladung zur 300-Jahrfeier der deutschen St. Gertrudsgemeinde in Stockholm. Da auch der schwedische König an der Feier teilnehmen werde, sei die Anwesenheit deutscher Kirchenvertreter dringend erwünscht. Auf Vorschlag des Reichssicherheitshauptamtes (RSHA) und der NSDAP-Parteikanzlei wurden der Mecklenburgische Landesbischof Walther Schultz, dessen juristischer Oberkirchenrat Hermann Schmidt zur Nedden und Wobbermin, zu diesem Zeitpunkt bereits Berliner Emeritus, für die Fahrt nach Stockholm ausgewählt. Auf ausdrücklichen Wunsch des Außenministeriums kam als Vierter auch Heckel selbst noch hinzu. In der Beurteilung des RSHA wurde Wobbermin als „politisch in jeder Hinsicht einwand157

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Thesen zur Beurteilung der gegenwärtigen Situation der ökumenischen Bewegung, in: Arthur Titius. Ökumenische Theologie zur Befriedung der Kirche, 18-19 (Beilage I).Auch an dem Protest gegen die von der zweiten Weltkonferenz für Praktisches Christentum in Oxford im Juli 1937 verabschiedete Erklärung beteiligte Wobbermin sich; vgl.: Völkischer Beobachter. Ausgabe vom 4. August 1937. Diese Umgestaltung der Konferenzthematik war es auch, die den Widerspruch Adolf Deißmanns gegen Wobbermins Thesen provozierte; vgl.: Arthur Titius. Ökumenische Theologie zur Befriedung der Kirche, 19. Das folgende nach Armin Boyens: Kirchenkampf und Ökumene 1939-1945. Darstellung und Dokumentation unter besonderer Berücksichtigung der Quellen des Ökumenischen Rates der Kirchen, München 1973, 189-191.

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frei" eingestuft; „er ist auch bereit, jeden ihm übertragenen Auftrag im Interesse des Staates und ohne eigene kirchenpolitische Ambitionen auszuführen". 160 Nachdem es wegen Heckels Teilnahme noch einmal zu Auseinandersetzungen gekommen war, wurde die Entscheidung Hitler übergeben. Dieser war mit der Entsendung der vier Vorgeschlagenen einverstanden, „sofern diese absolut zuverlässig sind". Es müsse „sichergestellt sein, daß sie nicht jenseits der Grenzen andere Gedanken" verträten als innerhalb Deutschlands. Als Heckel jedoch weitere Bedenken gegen die vom RSHA genannten Personen geltend machte, wurde der gesamten Gruppe die Ausreisegenehmigung verweigert. An der Feier in Stockholm nahm daher schließlich überhaupt kein offizieller Vertreter der DEK teil. 3.4.3. Die beiden Folgebände der „Systematischen Theologie" Nicht nur im ökumenischen Maßstab, sondern auch an den im Deutschen Theologentag institutionalisierten Diskussionen der inländischen protestantischen Theologen wirkte Wobbermin über Jahre hinweg aktiv mit. Sowohl auf dem ersten als auch auf dem zweiten Theologentag im Oktober 1927 bzw. im Oktober 1928 beteiligte Wobbermin sich mehrfach als Diskussionsredner.161 Während des dritten Theologentages im Oktober 1930 in Breslau referierte er über das Thema „Wort Gottes und evangelischer Glaube". Dieser Vortrag wurde später zu einer separaten Publikation ausgearbeitet.162 In einem Brief an Hans Lietzmann vom 30. Oktober 1931 gab Wobbermin seiner Hoffnung Ausdruck, daß es ihm mit dieser Schrift gelungen sein möge, „die Diskussion mit den Dialektikern" weiterzuführen und so zu einer „Klärung der Situation" beizutragen.163 Wobbermins akademische Stellung in Göttingen veränderte sich Mitte der zwanziger Jahre. Im Herbst 1925 war er auf eine systematisch-theolo160

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Ebd., 190; mit Bezug auf ein Schreiben des Reichssicherheitshauptamtes an das Auswärtige Amt vom 1. Oktober 1942. Vgl.: [Diskussionsbeiträge zu den Verhandlungen des ersten deutschen Theologentages vom 18. bis 21. Oktober 1927 in Eisenach], in: Arthur Titius (Hg.): Deutsche Theologie. Bericht über den ersten deutschen Theologentag zu Eisenach (Herbst 1927), Göttingen 1928, 39. 69. 101-102. 130; [Diskussionsbeiträge zu den Verhandlungen des zweiten deutschen Theologentages vom 9. bis 12. Oktober 1928 in Frankfurt am Main), in: Emil Pfennigsdorf (Hg.): Deutsche Theologie. Zweiter Band: Der Erlösungsgedanke. Bericht über den zweiten deutschen Theologentag in Frankfurt am Main (Herbst 1928), Göttingen 1929, 62-63. 72-73. 77. Seinen persönlichen Eindruck vom Theologentag 1928 gibt Wobbermin in Briefen an Rade vom 23. Dezember 1928 und vom 6. Januar 1929 wieder (Universitätsbibliothek Marburg. Nachlaß Martin Rade). Wort Gottes und evangelischer Glaube (Studien zur systematischen Theologie. Heft 6), Göttingen 1931; vgl. auch die ursprüngliche Fassung in: Ernst Lohmeyer (Hg.): Deutsche Theologie. Dritter Band: Vom Worte Gottes. Bericht über den 3. deutschen Theologentag in Breslau vom 5. bis 8. Oktober 1930, Göttingen 1931, 46-65. Brief Wobbermins an Hans Lietzmann vom 30. Oktober 1931, in: Kurt Aland (Hg.): Glanz und Niedergang der deutschen Universität, 684-685, hier: 684.

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gische Professur an der Theologischen Fakultät der Universität Leipzig berufen worden.164 Um ihn in Göttingen zu halten, entschloß sich das Ministerium auf eine ganze Reihe von Forderungen einzugehen, die Wobbermin bei dieser Gelegenheit stellte. In einer Vereinbarung vom 8. Oktober 1925 wurde ihm „für den Fall, daß Herr Prof. Wobbermin den an ihn ergangenen Ruf ablehnt", die Zahlung von Mitteln für eine wissenschaftliche Hilfskraft bewilligt - in Leipzig war ihm ein Assistent in Aussicht gestellt worden -, hinzu kamen zusätzliche Mittel für Literaturbeschaffung, eine erhebliche Verbesserung des Grundgehaltes, die Genehmigung eines Freisemesters sowie die Erteilung eines besonders vergüteten Lehrauftrages für Religionspsychologie, der eine lebenslange Dauer haben sollte.165 Nachdem sich die endgültige amtliche Bestätigung dieser Vereinbarung bis in den Sommer 1926 hinausgezögert hatte, erklärte der Rektor der Georg August-Universität in einem Schreiben vom 23. Juli 1926 an den Minister, daß ein besonderes Interesse der Fakultät und des Akademischen Senates an einem Verbleib Wobbermins in Göttingen bestehe.166 „Ich darf sagen, dass das hohe wissenschaftliche Ansehen von Herrn Prof. Wobbermin, der tiefe und weitgehende Einfluss, den er als akademischer Lehrer auf unsere Studenten hier in seltener Weise ausübt, auch alle anderen Fakultäten an der Frage seines Hierbleibens in ungewöhnlichem Masse beteiligt erscheinen lässt." Über die Theologische Fakultät hinaus hätten besonders die Vertreter der Altertumswissenschaft, der Psychologie sowie der Pädagogik „allen Grund, aufs Lebhafteste zu wünschen, dass die Gefahr seines Wegganges von uns abgewendet werden möchte". Die Dringlichkeit dieses Schreibens erklärt sich aus dem Umstand, daß zwischenzeitlich ein weiterer Ruf an Wobbermin ergangen war, nunmehr aus Halle, wo er dem zum Sommersemester 1926 nach Leipzig gewechselten Horst Stephan folgen sollte. Der Minister reagierte unverzüglich: Unmittelbar nach jenem Schreiben des Rektors erfolgte die ministerielle Bestätigung, so daß Wobbermin sich definitiv zum Verbleib in Göttingen entschied. In wissenschaftlicher Hinsicht stellten die zwanziger Jahre eine Zeit äußerster Konzentration auf die Entfaltung der theologischen Systematik dar. Neben einer Vielzahl von Aufsätzen, Diskussionsbeiträgen und Rezensionen fällt in die Göttinger Jahre vor allem die Publikation der beiden Folgebände der „Systematischen Theologie nach religionspsychologischer Methode". 164 165

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Vgl. die Notiz in: Christentum und Wissenschaft l (1925), 464. Schreiben des Preußischen Ministers für Wissenschaft, Kunst und Volksbildung an Wobbermin vom 12. Februar 1926; beigefügt ist der Text der Vereinbarung vom 8. Oktober 1925 (Universitätsarchiv Berlin. Personalakte Wobbermin. Band l, Bl. 59). Schreiben des Rektors der Universität Göttingen an den Preußischen Minister für Wissenschaft, Kunst und Volksbildung vom 23. Juli 1926 (Universitätsarchiv Berlin. Personalakte Wobbermin. Band l, Bl. 100). Die Unterlagen zum weiteren Vorgang befinden sich gleichfalls in der Berliner Personalakte.

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Im Manuskript lag der zweite Band bereits seit dem letzten Kriegsjahr fertig vor. Den ersten Teil veröffentlichte Wobbermin 1921 noch vor seinem Wechsel nach Göttingen; der abschließende zweite Teil erschien während seiner Übersiedlung dorthin.167 Thematisch war der Band einer Erörterung des „Wesens der Religion" gewidmet. Er nahm damit als Mittelstück zwischen der einleitenden methodologischen Grundlegung und dem im dritten Band entfalteten Begriff des Christentums eine Schlüsselstellung innerhalb der Gesamttheorie ein. Zum einen mußte sich hier am religionsgeschichtlichen Material das sachliche Gewicht jener Überlegungen zur theologischen Methodologie erweisen; auf der anderen Seite hatte die Religionstheorie selbst die Aufgabe, die theologische Darstellung des christlichen Glaubens und damit den Kernbereich der systematischtheologischen Argumentation vorzubereiten. 168 Einleitend betont Wobbermin noch einmal den in Band l umfassend entfalteten Grundsatz, daß allein die „Geltendmachung der religiösen Erfahrung als letzter Instanz für alle religionswissenschaftliche Arbeit" der theologischen Reflexion ein zulängliches Fundament liefere. Wiederum werden William James und Schleiermacher als Kronzeugen für diese Auffassung angerufen. Auch in der gegenwärtigen Situation sei der entschlossene Rückgang auf die religionspsychologischen Grundsätze Schleiermachers „das wirksamste Mittel für die religiöse Erneuerung unseres Volkes".169 Die Darstellung selbst ist in zwei Teile untergliedert. Zunächst fragt Wobbermin „nach dem Wesen der Religion ohne Rücksicht auf die Wahrheitsfrage". Anschließend, im zweiten Teil, steht die Wahrheitsfrage im Mittelpunkt; die Religion wird hier als Ausdruck der Wahrheitsproblematik selbst thematisiert. Das Wesen der Religion ist, dem methodischen Ansatz entsprechend, allein „durch Vermittlung der eigenen religiösen Erfahrung" erhebbar. 167

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Systematische Theologie nach religionspsychologischer Methode. Zweiter Band: Das Wesen der Religion, Leipzig 1921 /1922. - Die erste Teillieferung („Erstes Buch") umfaßte die Seiten I bis XII und l bis 314, die zweite Teillieferung („Zweites Buch") die Seiten 315-498. Eine unveränderte zweite Auflage wurde 1925 vorgelegt. Von dem Buch erschienen englische und japanische Übersetzungen: Englisch-amerikanische Ausgabe: The Nature of Religion. Translated by Theophil Menzel and Daniel S. Robinson. With an Introduction by Douglas Clyde Macintosh, New York 1933; Japanische Ausgabe: Fukuoka 1937. Die folgende Darstellung zu den Bänden 2 und 3 der „Systematischen Theologie" gibt lediglich einen knappen Überblick zum Aufbau des Werkes. Eine detaillierte Rekonstruktion sowohl der Religionstheorie als auch der Christentumstheorie, wie sie im dritten Band vorgetragen werden, erfolgt in Teil III dieser Untersuchung. Infolge der Komplexität von Wobbermins theologischer Theorie, aber auch wegen der anschließend zu schildernden theologischen Kontroversen, die sich aus jener Theorie ergeben haben, soll hier jedoch die Theologie-Konzeption schon im Rahmen der Biographie stärker berücksichtigt werden, als dies im Falle der biographischen Schilderungen zu Stephan und Wehrung geschehen ist. Systematische Theologie. Band 2, VIII.

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Nur so sei der eigentliche Sinn der Ausdrucksformen des religiösen Lebens zu fassen. In Anknüpfung, „Umbildung" und „Fortbildung" der Religionstheorie Schleiermachers kommt Wobbermin zu dem Ergebnis, daß als zentrales Charakteristikum religiöser Erfahrung der Immanenz-Transzendenz-Bezug anzusehen sei. Dieser Befund gelte durch die gesamte religionsgeschichtliche Entwicklung hindurch und sei unabhängig von den konkreten Gestalten religiöser Erfahrung. In welcher Weise der Immanenz-Gedanke und die Vorstellung einer extramundanen Gottheit im religiösen Bewußtsein einander zugeordnet werden und welche Formen von „Vermittlung" dabei im einzelnen Anwendung finden, sei verantwortlich für die geschichtliche Gestalt von Religion.170 In der Struktur des religiösen Bewußtseins spiegele sich dieser Sachverhalt als dreifache Gliederung des religiösen Gefühls wider. Dem Abhängigkeitsgefühl, dem religiösen Grundgefühl, stehen demnach zum einen das Geborgenheitsgefühl, zum anderen das Sehnsuchtsgefühl gegenüber. Beide treten in sehr unterschiedlicher Intensität auf, so daß die verschiedenen geschichtlichen Ausprägungen religiöser Subjektivität jeweils auf variierende Zusammensetzungen der einzelnen Gefühlsanteile zurückgeführt werden können.171 In einem zweiten Schritt untersucht Wobbermin die Vielfalt religiöser Erscheinungen im Blick auf die jeweils von den religiösen Subjekten erhobenen Ansprüche auf Wahrheitsgeltung. Zunächst thematisiert er die in zahlreichen Religionen ausgebildeten Versuche, Beweise für das Dasein der Gottheit zu formulieren. Aus Sicht der religionspsychologischen Analyse müssen diese Versuche auch dann, wenn sie sich „nur" auf das „Dasein der Überwelt des allgemeinen religiösen Glaubens" beziehen, als 170 171

Ebd., 257-314 (Kapitel VII), siehe besonders: 291-305. Ebd., 220-222. 260-264. - Gerade im Blick auf Wobbermins Erörterungen zur Struktur des religiösen Bewußtseins wurde die von ihm stets behauptete große Nähe seiner Theorie zur theologischen Konzeption Schleiermachers von der zeitgenössischen Kritik weithin zugestanden. Als entlegenes Beispiel für eine solche positive Rezeption der Theorie Wobbermins sei der französische Theologe Edmond Grin zitiert. Er konnte Wobbermin in einer ausführlichen Besprechung der drei Bände der „Systematischen Theologie" geradezu als Schleiermachers „continuateur de Goettingue" bezeichnen (Edmond Grin: Une Theologie de la Synthese: La Dogmatique du Professeur Wobbermin, in: Revue de Theologie et de Philosophie. Nouvelle serie 15 (1927). No. 64 et 65, 279-301, hier: 300). In den weiteren Ausführungen von Grin heißt es in Aufnahme des alten PantheismusVorwurfes gegen Schleiermacher: „Si maintenant, nous comparons la theologie de M. Wobbermin a celle de Schleiermacher, la superiorite du professeur de Goettingue est incontestable [unbestreitbar]. En effet, le gros deficit de l'auteur des Reden, ce sera toujours son pantheisme mystique. Jamais, a notre sens, Schleiermacher n'est parvenu a se liberer entierement de l'influence de Spinoza, dans l'etude duquel il s'etait si profondement plonge. En somme, toute sa definition de la religion est dominee par un a priori pantheiste. [...] A cet egard, son continuateur de Goettingue fait preuve d'une complete independance. II est beaucoup plus nettement chretien - si l'on ose dire - que son maitre. Ses sources d'inspiration sont franchement chretiennes, et cela transparait dans tout son expose. Son oeuvre entiere est traversee par un souffle spiritualiste admirable" (Ebd.).

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„ein irriges und verfehltes Unternehmen" bezeichnet werden.172 Konsequenterweise seien daher in der Religionsgeschichte an die Stelle direkter Beweisverfahren subtilere Formen der Verifizierung des Gottesglaubens getreten. Als solche erörtert Wobbermin „Magie" und „Mythologie", aber auch die in den modernen Theologien formulierten Theorien über das Verhältnis von Glauben und Wissen. Die Wahrheitsfrage selbst wird in kritischer Entgegensetzung zum Illusionismus-Vorwurf der von Hegel und Feuerbach begründeten und von Marx radikalisierten Religionskritik problematisiert. In diesem Zusammenhang geht Wobbermin auch auf die von Paul Natorp und Georg Simmel entworfene „rein subjektivistische Deutung der Religion unter schroffer Ablehnung ihres TranszendenzAnspruches" ein. Allein aber die Anerkennung dieses Anspruches als eines authentischen Ausdrucks religiösen Erlebens eröffnet nach Wobbermin einen Zugang zum Phänomen religiöser Erfahrung. 173 Im dritten Band seiner „Systematischen Theologie" widmet Wobbermin sich einer Analyse des Wesens des Christentums. Diese Analyse erfolgt als religionsgeschichtliche Konkretisierung der Überlegungen zum Wesen der Religion. Wiederum werden die Ausführungen in zwei Teile untergliedert; wiederum wird die Frage nach dem Wesen des Christentums zunächst „ohne Rücksicht auf die Wahrheitsfrage" und anschließend als Frage nach der Wahrheit des Christentums selbst gestellt.174 Der „Weg zur Auffindung des Wesens des Christentums" führt über eine historische Darstellung der Entstehungsumstände sowie der Stellung des Urchristentums im Kontext der vorderasiatischen Religions- und Kulturgeschichte. Im Anschluß an diese Eingangsüberlegungen werden drei zentrale Elemente der christlichen Glaubenslehre thematisiert. Dabei steht zunächst der christliche Gottesbegriff, dann der im trinitarischen Bekenntnis ausgesagte „gemeinsame Glaube der Christenheit" und schließlich der in der paulinischen Trias von Glaube, Liebe und Hoffnung formulierte ethische Gehalt des christlichen Glaubens im Mittelpunkt. In einer zusammenfassenden Passage, die diesen ersten, die Glaubensinhalte unter Absehung von der „Wahrheitsfrage" erörternden Teil abschließt, gibt Wobbermin eine knappe Darstellung des Ergebnisses seiner Untersuchung: „Das also ist das Wesen des Christentums: der trinitarische Monotheismus als Glaube an den Gott, von dem, durch den, zu dem hin alle Dinge sind, der - selbst unbedingt schlechthin alles bedingend - Welt und Geschichte als höchster Lebenswille und geistig-ethische Gott-Persönlichkeit lebendig durchwaltend uns Menschen Jesus Christus als Erlöser 172 173

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Systematische Theologie. Band 2, 324. Ebd., 441-444. Zu Hans Vaihinger siehe: Ebd., 445-447.- Vgl. auch: Feuerbachs Illusionismus in religionspsychologischer Beleuchtung, in: Die Christliche Welt 45 (1931), 797. Systematische Theologie nach religionspsychologischer Methode. Dritter Band: Wesen und Wahrheit des Christentums, Leipzig 1925.

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und Heiland in unsere Geschichte gesandt und ihn nach erlittenem Kreuzestode auferweckt und in die Gemeinschaft ewigen Lebens mit sich erhoben hat, damit er allen denen Wegweiser und Bahnbrecher ewigen Lebens werde, die sich durch ihn bestimmen lassen, sich Gottes heiligem Liebeswillen vertrauensvoll zu erschließen und Glaube, Hoffnung, Liebe im neutestamentlichen Sinne als Normen ihrer Lebensgestaltung und Lebensführung anzuerkennen."175 Im zweiten Teil des Buches, der die zentralen Bestandteile der traditionellen Glaubenslehre erörtert, wird der von den Anhängern der christlichen Religion erhobene Wahrheitsanspruch unter dem Titel „Die Frage nach der Wahrheit des Christentums im Licht der Wesensfrage" in sechsfacher Spiegelung rekonstruiert. Zunächst erörtert Wobbermin den „Christusglauben der christlichen Religion". In der neutestamentlichen Darstellung des „Heilandslebens Jesu Christi" seien „Geschichte und Glaube" in engste Beziehung zueinander getreten. Insofern aber sei der Christusglaube selbst der historischen Beurteilung ausgesetzt. Diese Beurteilung kommt nach Wobbermin, ungeachtet der kritischen Fragen im einzelnen, zur Feststellung einer „relativen Einzigartigkeit des religiös-sittlichen Selbstbewußtseins Jesu Christi". 176 Von weit größerer Bedeutung für „die Vertretung der Wahrheit des Christentums" ist demgegenüber die historische Seite der Auferstehungsproblematik. Zunächst stellt Wobbermin fest, daß etwa die paulinische Argumentation im 15. Kapitel des ersten Korintherbriefes von der Frage des leeren Grabes unabhängig sei. „Paulus hätte auch den etwaigen Hinweis auf ein nicht leeres Grab gar nicht als Gegengrund" gelten lassen können. Auch für die theologische Darstellung sei auf den paulinischen Satz: „Fleisch und Blut können das Reich Gottes nicht ererben" (1. Kor 15, 50) zurückzugehen. Am Beispiel der Osterdarstellung Hans Thomas, in der ein auf der Erde zurückbleibendes Skelett von dem erhabenen geistigen Christus überstrahlt wird, veranschaulicht Wobbermin seine Auffassung: Das Neue Testament lasse keinen Zweifel daran, daß sich die Überzeugung der Jünger vom Fortleben ihres Herrn allein aufgrund der ihnen zuteil gewordenen Erscheinung des Auferstandenen gebildet habe. „Diese Erscheinungen bilden also recht eigentlich den Punkt, an dem sich die Interessen von Geschichte und Glaube kreuzen." 177 Daher sei auch, so Wobbermins Fazit, der geschichtliche Gesamtbestand der christlichen Religion nicht durch die Historizität des leeren Grabes, sondern durch die Sicherheit jener Überzeugung bedingt, die in den Berichten von den Erscheinungen des Auferstandenen zum Ausdruck komme. 175

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Systematische Theologie. Band 3, 261.

Ebd., 279. Ebd., 285-286. Eine Reproduktion des Gemäldes von Hans Thoma (Ostern; Mittelbild) aus der Badischen Kunsthalle, Karlsruhe, ist dem Band beigegeben (vgl. nach 284).

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Von hier aus erörtert Wobbermin in drei weiteren Argumentationsgängen den Wahrheitsanspruch des Christentums. Zunächst thematisiert er die ethische Dimension dieses Anspruches, konkretisiert in der „ethischpersonalistischen Bestimmtheit des christlichen Glaubens".178 Dann wird der christliche Schöpfungsglaube, dem die Überzeugung zugrundeliege, „daß wirklich der Gesamtbestand der Welt seine Existenz restlos und bedingungslos dem Willen Gottes" verdanke,179 und drittens der vom Schöpfungsglauben nicht ablösbare „Vorsehungs- und Wunderglaube" als Ausdruck jenes Anspruches ausgelegt, letzterer in dem Sinne, daß nach christlicher Auffassung alles, was den Einzelnen widerfährt, „Mittel für die Beförderung oder Förderung ihrer Gottkindschaft werden kann und werden soll".180 Im Sinne einer Zusammenfassung der bisher verhandelten Einzelaspekte des christlichen Gottesverständnisses untersucht Wobbermin anschließend in einer gesonderten Darstellung den trinitarischen Monotheismus. Er fragt dabei nach seiner Bedeutung für die allgemeine Religionsgeschichte und für das menschliche Geistesleben überhaupt. Dieser trinitarische Monotheismus sei „das eigentliche Grundwesen des Christentums". Ihm entspreche die als paulinische Trias entfaltete Ethik, und er sei insofern auch der Kerngehalt der christlich-religiösen Grundüberzeugung. 181 Vor allem aber entspreche ihm die Struktur des religiösen Bewußtseins selbst. Wie bereits in der allgemeinen Religionstheorie, so geht Wobbermin auch hier von einer Dreiheit religiöser Gefühle aus. Dem Abhängigkeitsgefühl, dem „religiösen Urgefühl", als der „übergreifenden Größe" seien in jeweils wechselnder Intensität zum einen das Gefühl der Geborgenheit, zum anderen das Gefühl der Sehnsucht „als untergeordnete Momente" koordiniert. Jenem gegenüber gehören beide zusammen; „daher läßt sich der dreigliedrige Tatbestand auch durch eine zweigliedrige Formel zum Ausdruck bringen, die neben der Objektbeziehung des Abhängigkeitsgefühls nur diejenige eines der beiden anderen religiösen Grundgefühle nennt". 182 Ihre „denkbar höchste Entfaltung" erhalte diese Dreiheit religiöser Gefühle in der trinitarischen Gottesvorstellung. Die religionspsychologische Analyse kommt daher zu dem Ergebnis, daß im christlich-trinitarischen Monotheismus „die Grundüberzeugung aller Religion, alles religiösen Lebens und Glaubens, sich vollendet und zum Abschluß bringt". 183 Von dieser Auffassung aus thematisiert Wobbermin schließlich das Christentum als die „absolute Religion". Bereits terminologisch spitze sich 178 179 180

181 182 183

Ebd., 315. Ebd., 349. Ebd., 368. Ebd., 389. Vgl. hierzu auch: Luthers trinitarischer Monotheismus, in: Zeitschrift für Theologie und Kirche. Neue Folge 9 (1928), 237-252. Systematische Theologie. Band 3, 418-419. Ebd., 432-433.

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die Wahrheitsfrage hier zu ihrer letzten Komplexität zu. Die von Troeltsch aufgeworfene Problematik einer religionsgeschichtlichen Erörterung des Absolutheitsanspruches wird von Wobbermin als berechtigt anerkannt. Dennoch erlaubt die religionspsychologische Analyse, die sich hierin deutlich von einer auf das religiöse Phänomen als solches bezogenen, rein beschreibend vorgehenden Religionswissenschaft abgrenzt, die Feststellung, daß „eine über die religiöse Grundposition des christlichen Glaubens prinzipiell hinausliegende Stufenhöhe des religiösen Bewußtseins nicht denkbar" sei. Und zwar gelte dies nicht nur im Blick auf den historischen Sachverhalt, sondern eine solche Steigerung sei „wesensmäßig nicht denkbar".184 Wollte man versuchsweise eine über die christliche Religion hinausweisende Form des religiösen Bewußtseins denken, so wäre die notwendige Folge die „Aufhebung des Begriffs der Religion überhaupt". Wie es der durch den religionspsychologischen Zirkel gezogenen Grenze des von Wobbermin entwickelten Verfahrens entspricht, ist eine allgemeingültige Beweisführung für die „Absolutheit der christlichen Religion" nicht möglich. Eben dies habe Troeltsch definitiv klargestellt. Dennoch dürfe die Behauptung einer solchen Absolutheit „mit wissenschaftlich gutem Gewissen vertreten" werden, sobald man sich darüber klar sei, daß die historische Forschung für sich allein in der theologischen Arbeit nicht das letzte Wort haben könne. Die von der religionspsychologischen Analyse erhobenen Erkenntnisse zur Struktur des religiösen Bewußtseins seien als materiale Grundlage für jene Behauptung ausreichend und für jede Verifikation gegenüber nichtchristlichen Formen religiöser Erfahrung sogar „schlechthin ausschlaggebend".185 - Mit dieser selbstbewußten Feststellung, die zuletzt in einen Vergleich des ethisch orientierten christlichen Erlösungsgedankens bzw. der von Jesus selbst vorgebildeten „aktiv-religiös-ethisch-optimistischen Lebensauffassung" der christlichen Religion mit ähnlich angelegten Auffassungen des Buddhismus ausläuft, schließt Wobbermin die Darstellung des Wesens des Christentums und damit seine theologische Systematik als ganze ab.186 Im Rahmen dieses Referates sei abschließend noch auf Horst Stephans Stellungnahme zur „Systematischen Theologie" eingegangen. In seiner ausführlichen Anzeige des ersten und des zweiten Bandes geht Stephan insbesondere auf das Verhältnis der Darstellung Wobbermins zur neuprotestantischen Theologietradition ein. Sein Werk sei der umfassendste Versuch, den „Erwerb" der deutschen theologischen Arbeit der beiden vergangenen Jahrhunderte „zu sammeln, zu klären und der Gegenwart zum Verständnis zu bringen".187 Charakteristisch sei zunächst der Um1M 185

186 187

Ebd., 468. Ebd., 471. Ebd., 490. Horst Stephan: Ein Ruf zur Sammlung in der systematischen Theologie, in: Die Christliche Welt 36 (1922), 898-902, hier: 898.

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stand, daß Wobbermins Entwurf „den Stimmungen der Gegenwart", d.h. dem Ruf nach theologischen Absolutismen, nicht entgegenkomme: „Es sucht nicht durch eine von der summarischen Verbrennung aller Vorgänger genährte Flamme die Lage oder die eignen Gedanken eindrucksvoll zu beleuchten, sondern es bietet eine verständnisvolle Vertiefung in das Ringen der Theologie [...], eine breite Umschau über das, was seit Schleiermacher geleistet und noch für die Gegenwart fruchtbar ist." Auch die von Wobbermin angewandte Methode deutet Stephan als Ausdruck dieser Haltung. So sei etwa der Kampf gegen den Psychologismus schon insofern berechtigt, als heute durch die Theologie dafür gesorgt werden müsse, „daß der Relativismus, der sich aus der Alleinherrschaft der Psychologie ergibt, sein Gegengewicht in der Herausarbeitung der sachgemäßen Normierung erhält". Nur so könne die Theologie dem Wahrheitsanspruch des christlichen Glaubens gerecht werden. Im Blick auf die materiale Durchführung der Wesensbestimmung von Religion, dem Schwerpunktthema des zweiten Bandes, moniert Stephan zwar im einzelnen eine zu starke Erfahrungszentrierung, die dem „Jenseitigkeits-Charakter und der seelischen Komplexität der Religion" nur bedingt entspreche, auch fragt er, im Sinne seiner eigenen Religionstheorie, ob die von Wobbermin vorgetragene Argumentation „von außen nach innen" nicht doch notwendigerweise durch den entgegengesetzten Weg, der „mit dem Verständnis des Christentums beginnt und durch dieses die ändern Religionen zu erleuchten sucht", ergänzt werden müsse, doch begrüßt er aufs Ganze gesehen die „Systematische Theologie" als großangelegte, aufgrund ihres hohen methodischen Anspruches und ihrer differenzierten sachlichen Darstellung in eine gute Zukunft protestantischer Theologie weisende Unternehmung. Sie werde dazu beitragen, daß die systematisch-theologische Arbeit „allmählich eine neue methodisch gesicherte Grundlage" erhalte.188 Der dritte Band der „Systematischen Theologie" wird von Stephan durchaus als Einlösung der mit den prinzipiellen und den religionstheoretischen Ausführungen Wobbermins verbundenen Erwartungen an eine Analyse des Christentums auf religionspsychologischer Grundlage aufgenommen. 189 Vor allem hebt er in seiner insgesamt sehr positiven Besprechung die Deutung des trinitarischen Monotheismus als Vollendung des Gottesgedankens, dazu auch seine Auslegung als definitive Gestalt alles religiösen Lebens und Glaubens, als bemerkenswerte theologische Leistung hervor.

188

189

Ebd., 902. Horst Stephan: [Rezension zu:] Georg Wobbermin: Systematische Theologie nach religionspsychologischer Methode. Band III: Wesen und Wahrheit des Christentums, Leipzig 1925, in: Deutsche Literaturzeitung 47 (1926), 1180-1182.

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3.4.4. Die „Richtlinien evangelischer Theologie" Die beiden in den zwanziger Jahren erschienenen Bände der „Systematischen Theologie" können als das theologische Hauptwerk Wobbermins im engeren Sinne bezeichnet werden. Ihnen stellte er drei Jahre später ein weiteres Werk an die Seite, das in Gestalt sogenannter „Richtlinien" erneut die grundlegenden Aspekte seiner theologischen Programmatik entfaltete. Gleichzeitig faßte Wobbermin mit dieser 1929 veröffentlichten theologischen Streitschrift seine Position im Blick auf die theologische Diskussion der späten zwanziger Jahre noch einmal pointiert zusammen.190 Die „Richtlinien evangelischer Theologie" hatten zunächst im Untertitel einen Hinweis auf Wobbermins vorrangiges theologisches Ziel, den „Kampf gegen Historismus und Psychologismus", enthalten sollen, doch erweiterte er die Schrift im Zuge der Ausarbeitung zu einer prinzipiellen Auseinandersetzung mit den antiliberalen theologischen Richtungen. Sie trat schließlich direkt als Beitrag „zur Überwindung der gegenwärtigen Krisis" der evangelischen Theologie auf. Historismus und Psychologismus, jene beiden weltanschaulichen Zeiterscheinungen, gegen deren Übertragung auf das Gebiet der Theologie Wobbermin seit seinen ersten theologietheoretischen Veröffentlichungen gefochten hatte, bildeten nach 1918, so Wobbermin, die Hauptangriffspunkte sämtlicher theologischer Richtungen. Die Dialektischen Theologen unterstellten der gesamten neuprotestantischen Theologietradition, keine angemessenen Instrumente zur Korrektur jener Fehlentwicklung in der protestantischen Theologiegeschichte ausgebildet, sondern vielmehr selbst Christentumsauslegung nach historistischen bzw. „psychologistischen" Kriterien betrieben zu haben. Gegen diesen Vorwurf wendet sich Wobbermin in seinen „Richtlinien". Das Buch will nachweisen, daß es der Kritik Barths weder gelungen sei, ihren Vorwurf tatsächlich zu begründen, noch daß sie ihrerseits imstande sei, den „Kampf" gegen Historismus und Psychologismus in der erforderlichen „Tiefe" zu führen. 191 Die Darstellung ist in drei Themenkreise untergliedert. Eingangs schildert Wobbermin seine Sicht der gegenwärtigen theologischen Krisis. Anschließend erörtert er vor dem Hintergrund dieser Beschreibung die Frage der Wissenschaftlichkeit von Theologie. Einen gesonderten Zusammenhang bildet hierbei die Darstellung des Verhältnisses von Theologie, Psychologie und Ethik. In einem dritten Kreis werden dann einzelne theologische Lehrgegenstände (Kirche, Offenbarung, Glaube, Heilige Schrift) daraufhin untersucht, wie die theologische Darstellung angelegt sein muß,

190

191

Richtlinien evangelischer Theologie zur Überwindung der gegenwärtigen Krisis (Studien zur systematischen Theologie. Heft 3), Göttingen 1929. Ebd., III.

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wenn sie - als wissenschaftliche Argumentationsform - jene Krisenhaftigkeit überwinden will. Die Krise der evangelischen Theologie, 1918 für alle sichtbar ausgebrochen und von der Dialektischen Theologie schonungslos offengelegt, wird von Wobbermin als „Krankheitszustand" des „Ganzen" der Theologie bezeichnet. Trotz jener markanten Datierung reichten jedoch die Wurzeln der Krise weit hinter den ersten Weltkrieg zurück. Die von Albrecht Ritschi in die Theologie eingeführte historische Denkweise habe sich schon bei seinen Schülern verselbständigt und „sich immer mehr zum einseitigen Historismus ausgebildet". So wollte etwa Harnack die Fragen nach Wesen und Wahrheit des Christentums rein aus historischer Perspektive beantworten - und hatte gerade damit bei der Anhängerschaft Ritschis durchschlagenden Erfolg.192 Auch Troeltsch sei, trotz seines differenzierten Verhältnisses zur Theologie Ritschis, selbst im Historismus „stecken geblieben". Das gleiche gelte von sämtlichen weiteren Protagonisten der liberalen Vorkriegstheologie; Wobbermin nennt seinen Lehrer Kaftan, dazu Wilhelm Herrmann. Troeltschs Geschichtsphilosophie sei nicht als die angestrebte Überwindung, sondern allenfalls als eine reflektierte, intellektuell über sich selbst aufgeklärte Form von Historismus anzusehen. 193 Die zweite Wurzel der gegenwärtigen Krise, der von Wobbermin sogenannte Psychologismus, meist mit der historistischen Denkweise verbunden, wird als „Überschätzung und einseitige Geltendmachung der Prinzipien der empirischen Psychologie" beschrieben. Wesens- und Wahrheitsfragen des Glaubens sollen hier über eine Analyse der religiösen Bestimmtheit des Bewußtseins entschieden werden. Diese Fehlentwicklung der deutschsprachigen evangelischen Theologie wird von Wobbermin bis auf Schleiermacher zurückgeführt. Anders als etwa Emil Brunner sieht er allerdings in dem psychologistischen Element bei Schleiermacher lediglich einen Nebenaspekt, der seiner theologischen Grundintention geradezu widerstreite.194 Auch hier aber habe in der weiteren Wirkungsgeschichte 192

193

194

Vgl.: Im Kampf gegen Historismus und Psychologismus. Aus dem Vorwort zur schwedischen Ausgabe meiner „Richtlinien evangelischer Theologie zur Überwindung der gegenwärtigen Krisis", in: Theologische Blätter 10 (1931), 257-258, hier: 257: „Die Wurzeln dieser Krisis reichen bis in die letzten Jahrzehnte des vorigen Jahrhunderts zurück. Wir können mit annähernder Genauigkeit sagen, daß die Krisis mit der Uebersiedlung Harnacks nach Berlin im Jahre 1889 [tatsächlich: 1888] ihren Anfang genommen hat. Denn seit diesem Zeitpunkt hat Harnack die Führung in der Schule des großen Göttinger Theologen Albrecht Ritschi übernommen, der in demselben Jahre 1889 gestorben ist." Richtlinien evangelischer Theologie, 3: „Gerade mit dieser Geschichtsphilosophie zwängt er [seil.: Troeltsch] wie die Religion überhaupt, so auch speziell die christliche Religion in ein historistisch entworfenes Entwicklungsschema hinein, das ihr nicht gerecht wird, das sie vielmehr aprioristisch vergewaltigt." Vgl. Emil Brunner: Die Mystik und das Wort. Der Gegensatz zwischen moderner Religionsauffassung und christlichem Glauben dargestellt an der Theologie Schieiermachers, Tübingen 1924.

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des Gedankens eine verhängnisvolle Verselbständigung stattgefunden, die schon bei einzelnen Vertretern der Vermittlungstheologie - in Mißdeutung des bewußtseinstheoretischen Ansatzes Schleiermachers - zu einer Psychologisierung der Theologie überhaupt geführt habe. In diesem Zusammenhang weist Wobbermin auf die Leben-Jesu-Forschung hin. Anders als Barth will Wobbermin die berechtigten Motive, die beide Fehlentwicklungen im Kern aufweisen, aufgreifen und seinerseits zur Geltung bringen. Das Recht der historischen Forschung und auch der psychologischen Denkweise dürfe durch die Theologiekritik nicht angetastet oder gar die Forschungsarbeit selbst in ihrem methodischen Instrumentarium beeinträchtigt werden. Eine Integration psychologischer Kategorien in die dogmatische Darstellung und eine Heranziehung religionsgeschichtlicher Analogien sei für die theologische Arbeit zu einem unverzichtbaren Bestandteil ihres wissenschaftlichen Vorgehens geworden. Durch eine radikale Entgegensetzung könne die problematische Situation, in der die Theologie sich gegenwärtig befinde, also nicht überwunden werden. Es sei eine theologische Denkweise, eine Methodik theologischer Forschung erforderlich, die jene Aspekte in sich aufnimmt, ohne sich ihnen zu unterwerfen. Dieses methodische Konzept sieht Wobbermin in seinem Programm einer religionspsychologischen Methode in der Theologie verwirklicht.195 Die Überwindung der Krisis selbst habe über einen kritischen Rückgriff auf die protestantische Theologiegeschichte zu erfolgen. Bis auf die reformatorische Grundidee zurück seien jene theologischen Theorieelemente zu ermitteln, die sich jeweils als legitime Formen der Weiterführung von Luthers „reformatorischer Position" verstehen lassen. Es handele sich dabei um eine „Linie, die von Luther zu Schleiermacher und über Schleiermacher führt". Sie enthalte nicht Schleiermachers Gottesbegriff, seinen Sündenbegriff oder sein „unzureichendes Verständnis der Rechtfertigungslehre Luthers". Zu ihr gehöre aber Schleiermachers „doppelte Frontstellung gegen Orthodoxie und Rationalismus", ebenso die von Schleiermacher selbst nur zum Teil tatsächlich durchgeführte Ausgrenzung aller philosophischen Spekulation aus der Theologie, weiterhin seine Auffassung von der schlechthinnigen Abhängigkeit als der Grundbestimmung von Religion an sich.196 Ein vierter Aspekt gilt Wobbermin als der wichtigste: Die Einsicht in die Wechselbeziehung zwischen Glaubensakt und Glaubensinhalt, ohne die ein angemessenes Verständnis von Religion überhaupt nicht zu erreichen sei. Gerade im Blick auf diese Einsicht stünden Luther und Schleiermacher unmittelbar nebeneinander. „Diese Linie Luther-Schleiermacher in der genannten Richtung weiterzuziehen 195 196

Richtlinien evangelischer Theologie, 15-16. Vgl. hierzu auch Wobbermins Rezension zu Robert Brunner: Schleiermachers Lehre vom Gefühl schlechthiniger Abhängigkeit mit besonderer Berücksichtigung seiner theologischen Methode, Bern 1931, in: Theologische Literaturzeitung 57 (1932), 209-210.

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und so ein Fundament zu schaffen, auf dem die evangelische Glaubenslehre neu aufgebaut werden kann, ist heute das Gebot der Stunde für die evangelische Theologie."197 So sehr die Theologie nur unter Beachtung solcher Vorgaben als eine angemessene Form der Glaubensdarstellung gelten könne, so sehr sei die Wissenschaftlichkeit dieser Darstellung durch eine präzise methodische Selbstkontrolle bedingt. Auch in dieser Hinsicht sieht Wobbermin den derzeitigen Zustand der Theologie von schwerwiegenden Problemen belastet. Zudem sei die Rolle der Theologie innerhalb des Gesamtsystems der Wissenschaften durch eine eigentümliche Doppelseitigkeit bestimmt: Sie vertrete nicht nur ein gesondertes Forschungs- und Wissensgebiet, sondern sie habe auch „dem Weltanschauungsinteresse" der Religion nachzugehen und müsse insofern mindestens partiell in jene frühere metawissenschaftliche Stellung der Philosophie eintreten.198 Es sei daher dringend erforderlich, eine wissenschaftstheoretische Konzeption zu entwickeln, die beiden Seiten gerecht wird. Im Ergebnis laufen Wobbermins Überlegungen darauf hinaus, daß die Theologie selbst sich nicht auf den Umkreis einer Einzelwissenschaft beschränken dürfe, sondern den Übergang zu einer „Weltanschauungslehre" entschlossen vollziehen müsse. Eine solche Transformation von Theologie in eine universalistische Werttheorie oder „theonome Weltanschauungslehre" entspreche dem Geltungsanspruch des christlichen Glaubens und sei daher auch dem Gegenstand von Theologie selbst gemäß.199 Wie nun verhält sich dieser Begriff von Theologie zu dem Umstand, daß die Theologie eine kirchliche Wissenschaft ist? Daß dies der Fall sei, ergibt sich für Wobbermin daraus, daß die Religion ihre weltanschaulich stabile Form nur innerhalb der religiösen Gemeinschaft finde und insofern als Gegenstand von Theologie nur die in der Kirchengemeinschaft vorhandene Glaubensweise gelten könne.200 Keineswegs sei damit eine Beschränkung der Gültigkeit theologischer Aussagen auf den Bereich der Kirche verbunden. Für die Kirche selbst aber folge aus der Kirchlichkeit der 197 198

199 200

Im Kampf gegen Historismus und Psychologismus, 258. Richtlinien evangelischer Theologie, 38-39.

Ebd., 46. 61. Ebd., 80-82. Vgl. auch: Systematische Theologie. Band 3, Leipzig 1925, 24-29, wo Wobbermin Troeltschs vermeintliche Auffassung bestreitet, daß der Wesensbegriff des Christentums zu einer prinzipiellen Verwerfung der Kirche führen müsse. Vielmehr sei „die Beweisführung Troeltschs an diesem Punkt so brüchig und so gewaltsam, daß sich schon dadurch die Vermutung nahelegt, für das Christentum sei die Kirche, d.h. die kirchliche Ausgestaltung des religiösen Lebens wesensnotwendig" (25-26). - Fragen der Ekklesiologie werden sonst- abgesehen von den Beiträgen zur ökumenischen Diskussion - in Wobbermins Werk kaum thematisiert; vgl. noch: Systematische Theologie. Band 2, Leipzig 1922, 113-117. Die herangezogene Stelle bezeichnet innerhalb der drei voluminösen Bände der „Systematischen Theologie" überhaupt die einzige ausführlichere Thematisierung der Kirchenproblematik.

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Theologie, daß sie sich der ständigen theologischen Anfrage ausgesetzt sehe, ob ihr eigener Zustand „schriftgemäß" sei. Denn die Heilige Schrift, die alleinige Norm theologischer Urteilsbildung, normiere auch die Positionen der Theologie zu Fragen des Kirchenwesens. In diesem Zusammenhang weist Wobbermin auch auf die Bedeutung der Ökumenischen Bewegung für das Verhältnis von Theologie und Kirche hin. Der schon im Neuen Testament angelegte kirchliche Universalismus sei in dieser Bewegung „neu zum Durchbruch gekommen". Kirche und Theologie, die beide ihrem Wesen nach jede Partikularität überschreiten, finden hier einen adäquaten Ausdruck ihrer eigenen universalen Tendenz. Die Ökumenische Bewegung gilt Wobbermin daher als eine Vorwegnahme derjenigen Entwicklung, die Theologie und Kirche selbst erst noch zu durchlaufen haben.201 3.4.5. Die Kontroverse mit Karl Barth Die im Vorwort der „Richtlinien" gegen Barth erhobenen Vorwürfe fanden bereits kurze Zeit später einen erneuten, diesmal geradezu dramatischen Ausdruck in einer zwischen beiden Theologen direkt geführten Kontroverse. Ein näherer Blick auf diese Auseinandersetzung soll die Darstellung der Göttinger Zeit abschließen. In Barth sah Wobbermin seit Beginn der zwanziger Jahre seine eigene theologische Gegenfigur. Er verkörperte ihm alle intellektuellen und weltanschaulichen Untugenden der neueren Zeit; ihn stilisierte er zum Ideal des theologischen Gegners, sich selbst zu einer Art beständigem adversarius. Die theologische Auseinandersetzung mit Barth führte Wobbermin vor allem auf dem Gebiet des Glaubensbegriffes. Dabei spielte insbesondere die Qualifizierung des Glaubens nach kontroverstheologischen Kategorien für Wobbermin eine entscheidende Rolle. Schon in den „Richtlinien" hatte er Barth unterstellt, daß seine Annahme, es gäbe neben der Heiligen Schrift weitere Quellen der Glaubenslehre, nämlich das Dogma, die anerkannten Lehrer der Kirche und „die Notwendigkeit der Stunde", ebenso wie seine völlige Ausschließung der „eigenpersönlichen Glaubenserfahrung" in „der Konsequenz zum Katholizismus" zurückführe. 202 Wenige Jahre später gaben die Konversionen des Bonner Kirchenhistorikers Erik Peterson und des Schweizer Pfarrers Oskar Bauhofer Wobbermin den Anlaß, Barth in aller Schärfe anzugreifen. Die Auseinandersetzung, die sich an eine erste kurze Stellungnahme Wobbermins anschloß, fand in der Form eines mehrmaligen Wechsels „Offener Briefe" 201 202

Vgl.: Richtlinien evangelischer Theologie, 90, mit Hinweis auf Nathan Soederbloms Werk. Ebd., 22-23. Vgl. auch: Wort Gottes und evangelischer Glaube, in: Christentum und Wissenschaft 8 (1932), 178-182.

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statt. Diese Briefe wurden in den Zeitschriften Das Evangelische Deutschland, Christentum und Wissenschaft sowie den Theologischen Blättern publiziert, von weiteren theologischen oder kirchlichen Zeitschriften referiert und sogar in der Berichterstattung der Tagespresse aufgegriffen. 203 Wobbermin vertrat zunächst die Auffassung, daß zwischen beiden Konversionen, ungeachtet der unterschiedlichen persönlichen Beweggründe im einzelnen, „prinzipiell theologisch angesehen [...] an den entscheidenden Punkten die vollste Analogie" bestehe. Sowohl Peterson als auch Bauhofer seien „von der sog. dialektischen Theologie Karl Barths ausgegangen"; beide hätten nicht über ein angemessenes Verständnis des reformatorischen Glaubensbegriffes verfügt; bei beiden habe sich eine unevangelische Fassung und Bewertung des Dogmas im katholisch-scholastischen Sinne bereits lange vor ihrem Übertritt gezeigt.204 Im Blick auf Bauhofers Schätzung des kirchlichen Dogmas als einer „Vergegenwärtigung" der Offenbarung erhob Wobbermin den Vorwurf, daß diese Auffassung auch „von evangelischen Kritikern, die der dialektischen Theologie nahestehen", „ohne oder fast ohne Vorbehalt gelobt und empfohlen worden" sei. Er schloß diese erste Kritik, die Barths Theologie nicht direkt angriff, mit der Bemerkung: „Dieser letztgenannte Tatbestand beleuchtet in ebenso greller wie unerfreulicher Weise die Lage, die sich in den letzten Jahren in der evangelischen Theologie herausgebildet hat. Möchte er nun wenigstens für die Zukunft als Warnung dienen, daß nicht weiterhin das Interesse an Schulmeinungen und Cliquenbildungen dem Interesse des evangelischen Glaubens und der evangelischen Kirche übergeordnet wird."205 Auf diesen Artikel antwortete Barth mit einem auf den 31. Mai 1932 datierten „Offenen Brief".206 Barth wies den von Wobbermin unterstellten Zusammenhang zwischen jenen Konversionen und der Dialektischen Theologie zurück: „Es tut mir leid, Ihnen nun ebenso öffentlich sagen zu müssen: jene Behauptung [...] ist eine Unwahrheit, und zwar eine solche Unwahrheit, deren Entstehung ich mir unter Voraussetzung guten Willens auf

203

204

205 206

Vgl.: Tägliche Rundschau (Berlin). Ausgaben vom 20. Mai 1932 und vom 29. Mai 1932. Ein Referat der Stellungnahmen findet sich unter anderem in: Die Christliche Welt 46 (1932), 671. Ein neuer Fall „Peterson", in: Das Evangelische Deutschland 9 (1932), 180. - Peterson war Weihnachten 1930 und Bauhofer zu Pfingsten 1932 konvertiert. Zu Bauhofers Buch „Das Metareligiöse. Eine kritische Religionsphilosophie" (Leipzig 1930) siehe Wobbermins Rezension in: Theologische Literaturzeitung 57 (1932), 184-186 (vgl. auch: Theologische Blätter 11 (1932), 157). Petersons Konversion wird ausführlich dargestellt von Barbara Nichtweiß: Erik Peterson. Neue Sicht auf Leben und Werk, Freiburg im Breisgau 1992, 831-843. Ein neuer Fall „Peterson", 180. Karl Barth: Offener Brief an Professor D. Dr. G. Wobbermin, in: Das Evangelische Deutschland 9 (1932), 197-198. Der Text wurde mehrfach nachgedruckt; ein vierseitiges Typoskript befindet sich im Karl Barth-Archiv Basel.

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Ihrer Seite nicht zu erklären weiß." Weder sei Peterson ein Anhänger der Dialektischen Theologie gewesen, wofür schon seine, Barths, kritische Auseinandersetzung mit ihm spreche,207 noch stünde Bauhofer ihm theologisch in irgendeiner Hinsicht nahe. Um eine theologische Diskussion über den von Wobbermin aufgeworfenen Streitpunkt geht es Barth nicht: „Mir ist höchst zweifelhaft, ob eine solche zwischen Ihnen und mir schon rein sprachlich überhaupt möglich ist." Indem Wobbermin aber zur weiteren Diskreditierung der von Barth vertretenen Theologie an die Stelle der Polemik nun Tatsachen gesetzt habe, sei er auch für deren Stichhaltigkeit verantwortlich.208 Wobbermin beharrte in seiner Antwort auf der „weitgehenden Analogie", die zwischen Petersons und Bauhofers Standpunkten einerseits und Barths theologischem Entwurf andererseits bestehe.209 Zum Teil berief er sich in der Begründung auch auf persönliche Mitteilungen Petersons an ihn. Nicht er wolle die Dialektische Theologie diskreditieren, sondern Barth selbst habe durch seine „auf einseitig-unsachlicher Kritik beruhende Diskreditierung Schleiermachers" die Atmosphäre geschaffen, in der nun jene tragischen Fälle möglich geworden seien. Noch einmal entschloß Barth sich zur Replik.210 Einen Beweis habe Wobbermin nicht erbracht; seine „Totenklage um Ihren Schleiermacher" könne, wie alle anderen Ausführungen, nur als weiterer untauglicher Scheinbeleg gelten. Barth begründet aber auch, weshalb er überhaupt auf Wobbermins „frei erfundene" Behauptung so entschieden reagiert und sie nicht vielmehr schweigend seinen „reichen Akten ähnlicher Art" hinzugefügt habe. Der Grund liege darin, daß Barth den Katholizismus für einen „unheimlich starken und tiefen, letztlich für den einzigen wirklich ernst zu nehmenden Gesprächspartner der evangelischen Theologie" halte. In ihrer geistigen und geistlichen Bedeutungslosigkeit, zu der die evangelische Theo-

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Vgl. für eine solche Auseinandersetzung: Karl Barth: Kirche und Theologie, in: Zwischen den Zeiten (4) 1926, 18-40; nachgedruckt in: Ders.: Die Theologie und die Kirche. Gesammelte Vorträge. Band 2, Zollikon-Zürich, 302-328. Karl Barth: Offener Brief an Professor D. Dr. G. Wobbermin, 197-198: „Ich erwarte also nicht, daß Sie mich über das Problem des Katholizismus belehren, daß Sie mir nochmals und nochmals entgegenhalten, Gott und Glaube gehörten nach Luther ,zuhauf', das ,scholastische Dogma' (was ist das?) sei etwas Furchtbares, und der allein heilvolle Weg der Theologie führe von Luther über Schleiermacher und Ritschi zum religionspsychologischen Zirkel. Ich erwarte nicht, daß Sie mich nochmals und nochmals deshalb strafen, weil ich mich gegen diese und ähnliche von Ihnen proklamierte ,Richtlinien' unablässig versündige. Ich lehne Ihre Deutungen ab, und was Sie mißbilligen, das tue ich mit Bewußtsein und Absicht, und mit Bewußtsein und Absicht werde ich es wieder tun." Offener Brief an Professor D. Karl Barth (15. Juni 1932), in: Theologische Blätter 11 (1932), 219-220, hier: 219. Karl Barth: Replik an Professor D. Dr. G. Wobbermin IDatiert auf den 18. Juni 1932], in: Theologische Blätter 11 (1932), 221-222 [nachgedruckt in: Christentum und Wissenschaft 8 (1932), 307-309].

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logic heute „auf der Linie, die Sie, Herr Kollege, für die heilvolle halten, in einer zweihundert jährigen Entwicklung herunter gekommen" sei, könne sie dem Katholizismus nicht mehr gleichrangig gegenübertreten. „Meine ganze Arbeit gilt der verzweifelten [...] Frage nach einer evangelischen Theologie, die dem Katholizismus, den ich für die große Haeresie halte, würdig - als Theologie und als evangelische Theologie würdig! - gegenüberstehen möchte." Barth bezeichnet sich selbst als einen der ganz wenigen evangelischen Theologen, die weder einen „heimlichen Bund" mit der Erkenntnislehre des vatikanischen noch einen solchen mit der Rechtfertigungslehre des tridentinischen Konzils geschlossen hätten. Hierin liege sein Leiden, seine Verzweiflung und seine Last. Diese Last des evangelischen Theologen, die Wobbermin offenkundig gar nicht kenne, sei der Grund für Barths Reaktion: „Also: ich bin scharf geworden, weil ich Sie energisch bitten wollte und mußte, eine Arbeit, deren Probleme und Sorgen Ihnen offenkundig fremd sind, in Zukunft nicht mehr durch unsachliche Reden zu stören."211 Es ist klar, daß Wobbermin dieser peinlichen Aufforderung nicht Folge leisten konnte. Noch einmal faßte er daher seine These zusammen, jedoch wandte er sich jetzt nicht mehr direkt an Barth.212 Durchweg lehnt er Barths Ausführungen als „Entstellung und Verkehrung meiner Argumente" ab. Wider Barths Willen bestätige seine Aussage, er sei mit Peterson und Bauhofer darin einig, daß die evangelische Theologie einer geschlagenen Armee gleiche, die Richtigkeit der so heftig bestrittenen These. Neue Gesichtspunkte brachte Wobbermin in diesem letzten Text nicht mehr zur Geltung.213 -

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Karl Barth: Replik an Professor D. Dr. G. Wobbermin, 222. D. Earth's „Replik" als Dokument seiner Dialektik, in: Christentum und Wissenschaft 8 (1932), 389-390. Hier zitiert nach der im Nachlaß Rade vorliegenden TyposkriptFassung (Universitätsbibliothek Marburg. Nachlaß Martin Rade. Signatur: Beilage zu MS 839). Auch Erik Peterson hat auf Wobbermins öffentliche Briefe, die er für „lächerlich einfältig" hielt, reagiert. In einer Erklärung, die er der Publikation eines früher geführten Briefwechsels mit Adolf Harnack beifügte, heißt es: „In letzter Zeit hat Wobbermin |...| K. Barth wiederholt der Begünstigung des Katholizismus beschuldigt und ihn auch für meine Konversion verantwortlich gemacht. Was den ersten Punkt angeht, so hat Wobbermin aus der Tatsache, daß Barth den Katholizismus theologisch ernst genommen hat, schon ein ,Katholisieren' konstruiert, was mir in der Sache falsch geurteilt zu sein scheint, denn dann hat der ganze Altprotestantismus ,katholisiert'. Was den zweiten Punkt angeht, so kann ich meinerseits nur die Behauptung Barths bestätigen, daß meine eigene theologische Entwicklung von der Barths vollkommen unabhängig verlaufen ist" (zitiert nach: Theologische Blätter 11 (1932), 345). Der von Barbara Nichtweiß ausgewertete private Briefwechsel Barths und Petersons zeigt indes, daß tatsächlich „gewisse Analogien zwischen ihren theologischen Aussagen" bestanden haben, die „nicht rein zufällig waren, sondern sich durchaus einer Beeinflussung verdankten"; anders als in der Vorstellung Wobbermins sei dabei allerdings eher Peterson der Anregende, Barth der Empfangende gewesen (vgl. Barbara Nichtweiß: Ebd., 530).

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Im Blick auf den Gesamtzusammenhang der Auseinandersetzung zwischen Wobbermin und Barth wird man feststellen müssen, daß ein sachliches Einverständnis auch nur ansatzweise zu keinem Zeitpunkt in keiner theologischen Streitfrage hergestellt worden ist.214 Immer wieder hat Wobbermin seit den frühen zwanziger Jahren auf Barth Bezug genommen und ihn dabei, wie bereits erwähnt, je länger desto mehr zu dem Gegenbild seiner eigenen Theoriebildung stilisiert. Die Modifikationen und Selbstkorrekturen innerhalb der theologischen Entwicklung Barths hat Wobbermin nicht zur Kenntnis genommen, und auch die Differenzen der Dialektischen Theologen untereinander waren ihm keine Beachtung wert. So hat die Auseinandersetzung mit Barth doch letztlich nur einer Profilierung der eigenen Position gedient; sie ist dabei ähnlich holzschnittartig geblieben, wie es auch sonst der kontroverstheologischen Denkweise Wobbermins entsprach.215 Geradezu grotesk mutet demgegenüber die Einschätzung an, die ein Schüler Wobbermins, Wilhelm Knevels, im Blick auf die Kontroverse zwischen seinem Lehrer und Karl Barth 1930 formuliert hat: Man könne mit ziemlicher Sicherheit Voraussagen, daß, wenn eine gewisse Zeit vergangen sei, die Systematische Theologie sich noch immer mit der Methode Wobbermins auseinandersetzen werde. Sie werde „auf ihr aufbauen, ja vielleicht sie erst ganz verstehen und ausschöpfen". Barth hingegen werde dann als eine zwar bedeutende, aber doch nur für eine bestimmte vergangene Zeit wichtige Erscheinung zur historischen Größe geworden sein.216 214

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Immerhin gibt es Indizien dafür, daß Wobbermin in den späteren zwanziger Jahren einzelne Motive aus Barths Denken aufgenommen hat. So bemerkt er etwa im Vorwort zum dritten Band der „Systematischen Theologie": „Es kommt ja letztlich nicht darauf an, was wir empirisch-tatsächlich erfahren oder .erleben', sondern darauf, was wir nach dem Willen Gottes erfahren und erleben sollen" (Systematische Theologie. Band 3, VIIVIII). Eine ganz ähnlich lautende Formulierung in der Schrift „Wort Gottes und evangelischer Glaube" von 1931 wird sogar als „das Leitmotiv meiner ,Systematischen Theologie nach religionspsychologischer Methode'" bezeichnet (Wort Gottes und evangelischer Glaube, 17). Zur Auseinandersetzung Barths mit Wobbermins theologischem Standpunkt vgl. die wiederholten Bezugnahmen in Band I/l der „Kirchlichen Dogmatik": Die Kirchliche Dogmatik. Band I/l, München 1932, 6. 19. 36. 135. 179. 203. 228. 244. 248. 255. 267. 272. 330. 356 und besonders 218-223. Barths Einschätzung des zweiten Bandes der „Systematischen Theologie" wird aus einer Passage in einem persönlichen Rundbrief vom 23. Januar 1923 deutlich: „Dann mit Abscheu gelesen: Wobbermin, ,Das Wesen der Religion', gänzlich einsichtsloses, breitspuriges Geschwätz, das keinen Schritt weiterführt, sondern auf einen Eiertanz zwischen dem hl. Schleiermacher, der Veda-Religion und einigen anderen hottentottischen Unerheblichkeiten hinausläuft, mit einer (Widerlegung1 von Feuerbach, daß Gott erbarm" (Karl Barth - Eduard Thurneysen. Briefwechsel. Band 2: 1921-1930. Bearbeitet und herausgegeben von Eduard Thurneysen (Karl BarthGesamtausgabe. Abteilung V. Band 4), Zürich 1973, 129). Wilhelm Knevels: Richtlinien evangelischer Theologie zur Überwindung der gegenwärtigen Krise. Bemerkungen zu dem gleichnamigen Buch Georg Wobbermins, in: Christentum und Wissenschaft 6 (1930), 455-462, hier: 455.

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Nach 1933 traten vor allem politische und kirchenpolitische Aspekte in der Auseinandersetzung mit Barth in den Vordergrund. Wiederholt hat Wobbermin seit der Machtübernahme Hitlers Barth als Ideengeber einer gegen den nationalsozialistischen Staat gerichteten theologischen Position bezeichnet. Aufsehen erregte in diesem Zusammenhang vor allem eine im Dezember 1935 in Verbindung mit zahlreichen weiteren Theologen aus dem Kreis der Deutschen Christen unternommene publizistische Initiative. Auf diese Initiative wird im Rahmen der Darstellung von Wobbermins Aktivitäten als Theologe des Dritten Reiches näher eingegangen werden.217 3.5. Wobbermin als Theologe des Dritten Reiches Wobbermin hat vom Tag der „Machtergreifung" an keinen Zweifel daran gelassen, daß sich mit diesem Ereignis seine größte Hoffnung im Blick auf die politische Entwicklung Deutschlands erfüllt habe. Bereits seit den Wahlen zum Reichstag vom 14. September 1930, also lange bevor sich die verschiedenen Gruppierungen der „nationalen Opposition" zur Harzburger Front vereinten, gab er der NSDAP seine Stimme.218 Den am 3. April 1933 beantragten Beitritt zur Partei vollzog Wobbermin am 1. Mai; zudem gehörte er dem NS-Dozentenbund, dem NS-Lehrerbund (beiden seit dem 1. Juli 1934), der NS-Volkswohlfahrt (NSV), dem Reichsbund der Deutschen Beamten sowie dem Reichsluftschutzbund an.219 Überdies zählte Wobbermin im Februar 1933 neben zwei weiteren Göttinger Theologieprofessoren220 zu den Unterzeichnern des Aufrufes deutscher Hochschullehrer für Hitler und seit dem 1. Juni 1933 zu den Mitgliedern des Kampfbundes für deutsche Kultur. 221

217 218

219

220 221

Siehe unten 3.5.5. So nach eigenem Bekunden; vgl.: Befragung des Reichsministeriums für Wissenschaft, Erziehung und Volksbildung von 1934 (Bundesarchiv Berlin. Bestand: R 21 Anhang/ 10023). - Bei der September-Wahl 1930 wurde die NSDAP mit 107 Abgeordneten zur zweitstärksten Partei im Reichstag. In den zehn Tagen vor dem 14. September waren bei politischen Auseinandersetzungen allein in Preußen 24 Personen getötet und 285 verletzt, außerdem Dutzende von Sprengstoffanschlägen verübt worden. Alle Angaben nach: Parteistatistische Erhebung 1939 (Fragebogen] (beantwortet und unterzeichnet am 29. Juni 1939) (Bundesarchiv Berlin [ehemaliges Berlin Document Center]). Zusätzlich liegt auch die Karteikarte aus der zentralen Mitgliederkartei des Hauptorganisationsamtes der NSDAP in München vor. Weitere parteiamtliche Akten über Wobbermins Mitgliedschaft wurden nicht angelegt. Es handelt sich um Emanuel Hirsch und Johannes Hempel. Befragung des Reichsministeriums für Wissenschaft, Erziehung und Volksbildung vom Frühjahr 1938 (beantwortet am 31. März 1938) (Universitätsarchiv Berlin. Personalakte Wobbermin. Band 3, Bl. 1).

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3.5.1. Die antisemitische Ausschlußgesetzgebung in der Evangelischen Kirche - Wobbermins Kontroverse mit Rudolf Bultmann Wobbermins politische Haltung trat nach außen hin am Spektakulärsten in Erscheinung, als er sich zum Sprecher derjenigen Theologen machte, die die Übernahme der staatlichen Rassegesetzgebung in das kirchliche Recht befürworteten. Ausgangspunkt der Kontroversen waren die Bestimmungen des am 7. April 1933 verkündeten „Gesetzes zur Wiederherstellung des Berufsbeamtentums", das den Beginn der nationalsozialistischen Ausnahmegesetzgebung gegen Juden darstellte.222 Das Gesetz schrieb zur „Wiederherstellung eines nationalen Berufsbeamtentums und zur Vereinfachung der Verwaltung" für drei Kategorien von Beamten besondere Bestimmungen vor. Darunter fielen Beamte, die nach dem 9. November 1918 ohne die für ihre Laufbahn vorgeschriebene Eignung in das Beamtenverhältnis eingetreten waren (§ 2), Beamte, deren politische Haltung problematisiert wurde (§ 4) und solche, die - nach § 3, dem „Arierparagraphen" - von „nicht arischer Abstammung" waren. Ausgenommen von diesen Bestimmungen waren Beamte, die bereits seit dem 1. August 1914 Beamte gewesen waren, die einen Kriegseinsatz an der Front nachweisen konnten oder deren Väter oder Söhne im Krieg gefallen waren.223 Mit § 3 wurde gegenüber dem geltenden Beamtenrecht „ein völlig neues Recht" geschaffen, „das in bewußtem Gegensatz steht zu dem bisherigen Recht".224 Innerhalb weniger Wochen wurden in den verschiedensten Bereichen der Gesellschaft, so etwa der Anwaltschaft und der Ärzteschaft, parallele Regelungen getroffen, die den Ausschluß der Juden zum Zweck hatten. Im Hochschulbereich erfolgte die erste Beurlaubungswelle bereits unmittelbar nach Bekanntgabe des Gesetzes; die Entlassung aus dem Staatsdienst und die Einstellung der Bezüge folgten im Laufe des Jahres. An der Frankfurter Universität etwa waren die Professoren Hermann Heller, Max Horkheimer, Adolph Löwe, Karl Mannheim, Hugo Sinzheimer und, neben diesen Personen jüdischer Herkunft, auch Paul 222

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Die folgende Schilderung muß bisweilen auf die seit 1933 auch in der offiziellen Rechtsund Verwaltungssprache gebräuchliche nationalsozialistische Terminologie zurückgreifen. Dies geschieht aus pragmatischen Gründen, um ständig wiederholte Umschreibungen der gemeinten Sachverhalte zu vermeiden. Wegen der im Text sehr zahlreichen Zitatanführungen werden auch nicht in jedem Fall distanzierende Kennzeichnungen vorgenommen. Reichsgesetzblatt. Teil I, 1933, Nr. 34 (Ausgegeben zu Berlin, den 7. April 1933), 175. Vgl. auch Bruno Blau: Das Ausnahmerecht für die Juden in Deutschland 1933-1945. Zweite Auflage, Düsseldorf 1965, 13-18. Die Sonderregelung für Frontkämpfer ging auf einen ausdrücklichen Wunsch Hindenburgs zurück. Weitere Ausnahmen wurden zugelassen, sofern der Reichsminister des Innern sie befürwortete. Hans Seel: Die Erneuerung des Berufsbeamtentums, in: Das Recht der nationalen Revolution. Heft 4, Berlin 1933, 4. Seel war Ministerialrat im Reichsinnenministerium und Verfasser der ersten kommentierten Ausgabe des Gesetzes.

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Tillich sofort betroffen. So betonte der Preußische Minister für Wissenschaft, Kunst und Volksbildung denn auch, daß auf dem Wege des § 3 des Beamtengesetzes „die Judenfrage" unverzüglich „angepackt" werden solle. Es sei sicherzustellen, daß der größte Teil der erforderlichen Maßnahmen noch vor dem 1. Mai, d.h. noch vor Beginn des Sommersemesters, durchgeführt werde, damit es nicht zu Unruhen unter den Studenten komme.225 Die Sorge war jedoch unbegründet. Zu einer Solidarisierung mit den Ausgeschlossenen ist es weder an den Universitäten noch in irgend einem anderen Bereich gekommen. Im Gegenteil, aus nationalsozialistischer Sicht waren allenthalben Erfolge zu verzeichnen: So wurden reichsweit allein im Universitätsbereich aufgrund der Bestimmungen des Beamtengesetzes 14% des akademischen Lehrkörpers und 11% der Ordinarien aus ihren Positionen „entfernt". Im Reichswissenschaftsministerium schätzte man, daß in den ersten fünf Jahren seit der Regierungsübernahme 45% aller beamteten wissenschaftlichen Stellen an Hochschulen neu besetzt wurden. Sowohl in Berlin als auch in Frankfurt verloren mehr als ein Drittel aller Hochschullehrer ihren Lehrstuhl.226 Parallel zu den Entlassungen von Professoren und Dozenten wurde auch „nichtarischen" Studenten der Zugang zur Universität versperrt. Eine rechtliche Handhabe dafür bot das „Gesetz gegen die Überfüllung deutscher Schulen und Hochschulen" vom 25. April 1933.227 In den Kirchen waren die Reaktionen auf die Bestimmungen des Gesetzes vom 7. April sehr uneinheitlich.228 Während von katholischer Seite zumeist kritische Stimmen laut wurden, entzündete sich innerhalb der evangelischen Kirche an der Frage einer Übertragung der Ausschluß-Gesetzgebung auf den kirchlichen Rechtsbereich ein heftiger Konflikt, der den ganzen Sommer und Herbst 1933 hindurch anhielt. Am 5. September 1933 nahm die Generalsynode der Evangelischen Kirche der altpreußischen Union gegen den Protest kirchlicher Oppositionsgruppen das „Kirchengesetz betreffend die Rechtsverhältnisse der Geistlichen und Kirchenbeamten" an, das die Bestimmung enthielt: „Wer nichtarischer Abstammung 225

227

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Vgl.: Deutsche Allgemeine Zeitung. Ausgabe vom 14. April 1933; hier zitiert nach Rolf Wiggershaus: Die Frankfurter Schule. Geschichte, Theoretische Entwicklung, Politische Bedeutung, München 1988, 148-149. Vgl. Karl Dietrich Erdmann: Deutschland unter der Herrschaft des Nationalsozialismus 1933-1939, München 1980, 171. Vgl. zu dieser weniger bekannten Ausschlußgesetzgebung Hanns Lilje [Red.]: Der ArierParagraph gilt auch für das Studium der Theologie, in: Junge Kirche 4 (1936), 128. Vgl. Klaus Scholder: Die Kirchen und das Dritte Reich. Band 1: Vorgeschichte und Zeit der Illusionen 1918-1934, Frankfurt am Main/Berlin 1986, 346-354, sowie: Günther van Norden: Der deutsche Protestantismus im Jahr der nationalsozialistischen Machtergreifung, Gütersloh 1979, 313-318. - Zur Reaktion der protestantischen Theologie und Kirche auf die nationalsozialistische Judenverfolgung vgl. den Sammelband: JochenChristoph Kaiser / Martin Greschat (Hg.): Der Holocaust und die Protestanten. Analysen einer Verstrickung (Konfession und Gesellschaft. Beiträge zur kirchlichen Zeitgeschichte. Band 1), Frankfurt am Main 1988.

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oder mit einer Person nichtarischer Abstammung verheiratet ist, darf nicht als Geistlicher oder Beamter der allgemeinen kirchlichen Verwaltung berufen werden. Geistliche und Beamte arischer Abstammung, die mit einer Person nichtarischer Abstammung die Ehe eingehen, sind zu entlassen (S l (2))." 229 Unmittelbar nach der Tagung der Generalsynode wandten sich eine Reihe hessischer Pfarrer sowie die Mitglieder des kurhessischen Kirchentages an die Marburger Theologische Fakultät mit der Bitte um eine gutachterliche Stellungnahme zu dem Kirchengesetz. Die Fakultät, geleitet von ihrem Dekan Hans von Soden, veröffentlichte daraufhin nach einstimmiger Beschlußfassung am 20. September 1933 ein Gutachten.230 In ihm wurde erklärt, daß nach Ansicht der Fakultät die grundsätzlichen Bestimmungen des § l des Gesetzes sowie die analogen Bestimmungen im weiteren Gesetzestext „für unvereinbar mit dem Wesen der christlichen Kirche, wie es durch die allein maßgebende Autorität der Heiligen Schrift und das Evangelium von Jesus Christus bestimmt und durch die Bekenntnisse der Reformation bezeugt ist", zu gelten haben. Durch die Verpflichtung der Geistlichen auf den nationalen Staat werde ihre Unabhängigkeit in Verkündigung und Seelsorge angetastet. Die Gutachter betonen demgegenüber, daß der Gehorsam gegen den Staat durch den Gehorsam gegenüber dem Wort Gottes eingeschränkt sein müsse, „daß der Auftrag der Kirche nicht politisch" sei und „daß er gegebenen Falles auch zu kritischen Stellungnahmen gegenüber Vorgängen im staatlichen und kirchlichen Leben" verpflichten könne. Die Bestimmungen über „nichtarische" Geistliche und Kirchenbeamte werden zurückgewiesen, weil sie jene Personen in Recht und Würde herabsetzen und damit der kirchlichen Brüderlichkeit widersprechen. Auch den Begriff des Juden im Sinne einer Rassebezeichnung halten die Gutachter für unzulässig, da er weder geschichtlich noch theologisch, und zwar auch nicht unter Hinweis auf die „Schöpfungsordnungen", zu rechtfertigen sei.231 229

230 231

Der Text des Gesetzes findet sich in: Kirchliches Jahrbuch für die Evangelische Kirche in Deutschland (60-71) 1933-1944. Herausgegeben von Joachim ßeckmann. Zweite Auflage, Gütersloh 1976, 33-34. Die einleitende Formulierung des S l (1) lautete: „Als Geistlicher oder Beamter der allgemeinen kirchlichen Verwaltung darf nur berufen werden, wer die für seine Laufbahn vorgeschriebene Vorbildung besitzt und rückhaltlos für den nationalen Staat und die Deutsche Evangelische Kirche eintritt." Gutachten der Theologischen Fakultät Marburg [datiert auf den 20. September 1933], in: Junge Kirche l (1933), 166-171. Gutachten der Theologischen Fakultät Marburg, 169-170. - Die prononcierte Aussage des Gutachtens: „Die Glieder der Kirche sind untereinander Brüder." diente im Mai 1935 Marga Meusel in ihrer „Denkschrift über die Aufgaben der Bekennenden Kirche an den evangelischen Nichtariern" als Anknüpfungspunkt, um die Forderung vorzutragen, daß die Kirche sich der Not jener, wegen ihrer jüdischen Herkunft ausgegrenzten Kirchenmitglieder annehmen müsse (vgl. Eberhard Rohm/Jörg Thierfelder: Juden- ChristenDeutsche. Band 1: 1933-1935. Ausgegrenzt, Stuttgart 1990, 341-345; der Text der Denkschrift Meusels findet sich: Ebd., 391-396).

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Nur drei Tage nach Veröffentlichung des Marburger Gutachtens äußerte sich auch eine größere Anzahl von Neutestamentlern zur neuen Kirchengesetzgebung. In ihrem, maßgeblich von den Marburger Professoren Bultmann, Jülicher, Schlier und von Soden initiierten, ursprünglich von Bultmann selbst verfaßten Text „Neues Testament und Rassenfrage" vertraten die Theologen die Ansicht, daß sich aus dem Neuen Testament eine „Antwort" auf die Problematik des Rassebegriffes nicht entnehmen lasse.232 Die Zugehörigkeit zur Gemeinde folge ausschließlich aus Glaube und Taufe. Juden und Heiden seien grundsätzlich gleichgeordnet und „in gleicher Weise" als kirchliche Amtsträger geeignet. Beide Gutachten bildeten, sofern sie als fundierende exegetische Studie und als explizit kirchenpolitische Stellungnahme aufeinander bezogen wurden,233 eine Grundlage, von der her die kirchliche Opposition die Synodalgesetzgebung angreifen konnte. Die Verfechter der Ausgrenzung „nichtarischer" Amtsträger wurden so erheblich unter Druck gesetzt. In dieser Situation verfaßte Wobbermin eine Stellungnahme, in der er beide Gutachten, „kritisch beleuchtet", erörterte. Der Text ist nicht genau datiert, doch dürfte er gegen Ende September oder Anfang Oktober 1933 formuliert worden sein; die Erstveröffentlichung erfolgte am 18. Oktober 1933 in der nationalistischen Berliner Tageszeitung Der Reichsbote.2*4 Ausdrücklich nimmt Wobbermin für sich in Anspruch, nicht als Kirchenpolitiker zu urteilen, sondern nach „religionspsychologischer", d.h. wissenschaftlicher Vorgehensweise zu verfahren. Aus der von Wobbermin angewendeten „Methodik existentieller Psychologie" ergibt sich für die Beurteilung der Gesetzesproblematik, daß die Bestimmungen des Kirchengesetzes vom 5. September 1933 „als sachgemäß und berechtigt anzuer232

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Wilhelm Brandt/Rudolf Bultmann / Adolf Deißmann u.a.: Neues Testament und Rassenfrage [23. September 1933J, in: Theologische Blätter 12 (1933), 294-296; Junge Kirche l (1933), 201-204; hier zitiert nach: Die Bekenntnisse und grundsätzlichen Äußerungen zur Kirchenfrage des Jahres 1933. Gesammelt und eingeleitet von Kurt Dietrich Schmidt, Göttingen 1934, 189-191. - Die in den Theologischen Blättern veröffentlichte Druckfassung war von 21 „Professoren und Dozenten der Theologie unterzeichnet, denen von Amts oder Berufs wegen die Sorge um die Auslegung des Neuen Testaments anvertraut ist". Karl Heim, Alfred Juncker und Julius Schniewind zogen ihre Unterschrift später wieder zurück; vgl.: Theologische Blätter 12 (1933), 374. Zur Autorschaft Bultmanns vgl. Bernd Jaspert: Sachkritik und Widerstand. Das Beispiel Rudolf Bultmanns, in: Theologische Literaturzeitung 115 (1990), 161-182, hier: 170. Diese Möglichkeit einer Kombination beider Texte war auch der Anlaß für die Rücknahme jener drei Unterschriften. Zwei theologische Gutachten zum Arier-Paragraphen. Kritisch beleuchtet von Prof. D. Dr. G. Wobbermin-Göttingen, in: Der Reichsbote. Unabhängige Tageszeitung für deutsche protestantische Politik. Beiblatt: Kirche im Kampf. Ausgabe vom 18. Oktober 1933. Nr. 239. Der Text wurde mehrfach nachgedruckt, wobei Wobbermin z.T. stilistische Veränderungen vornahm. Er erschien zumeist unter dem Titel „Zwei theologische Gutachten in Sachen des Arier-Paragraphen - kritisch beleuchtet"; vgl.: Deutsches Pfarrerblatt 37 (1933), 601-603, sowie: Theologische Blätter 12 (1933), 356-359; hier zitiert nach: Christentum und Wissenschaft 9 (1933), 423-426.

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kennen", die Gutachten aber „als voreilig und irreführend abzulehnen" sind.235 Zudem betont Wobbermin, daß die Kirche in der Judengesetzgebung nicht von sich aus die Initiative ergriffen habe, sondern die Übernahme der staatlichen Gesetzgebung lediglich „die Folgerung aus der Situation" darstelle, die durch „die nationalsozialistische deutsche Freiheitsbewegung" entstanden sei.236 Entgegen der in den Gutachten vorgetragenen Kritik am Begriff der Rasse will Wobbermin gerade im Rasse-Begriff das entscheidende Kennzeichen der ganzen Problematik sehen: „Die Judenfrage, um die es sich in dem Arier-Paragraphen handelt", sei ausschließlich als „Rassenfrage" zu erörtern.237 Aus dem Umstand, daß der Rasse-Begriff keine Verankerung im Neuen Testament hat, zieht Wobbermin den umgekehrten Schluß: In eigener Verantwortung müsse die Kirche zur Regelung derjenigen Fragen übergehen, die sich aus dem „Unterschied der Geschlechter für die Ordnung der Gemeinde" ergeben.238 Was aber schon für die interne soziale Differenzierung der neutestamentlichen Gemeinde gegolten habe, das gelte heute „entsprechend" für „den Unterschied von Juden' und ,Griechen' und also auch von Ariern und Nicht-Ariern". 235 236

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Zwei theologische Gutachten, in: Christentum und Wissenschaft 9 (1933), 423. Diese Formulierung wurde von Oberkonsistorialrat Theodor Heckel, dem Leiter des Kirchlichen Außenamtes, kritisiert, nachdem Wobbermin ihm am 12. Oktober 1933 eine Typoskript-Fassung seines Textes zugesandt hatte. Heckel schrieb am 28. Oktober 1933 an Wobbermin: „Darf ich Sie nur vor der Drucklegung darauf aufmerksam machen, dass der erste Satz Ihres Aufsatzes auf Seite l [der Satz lautet: „Die altpreußische Landeskirche hat die Bestimmungen des staatlichen Gesetzes zur Wiederherstellung des Berufsbeamtentums auch für ihren kirchlichen Umkreis zur Geltung gebracht."] sowie Ihre Darlegungen auf Seite 2 des Manuskriptes vielleicht in ausländischen) kirchl. Kreisen dahin missverstanden werden könnten, als ob die Kirche in ihrer Gesetzgebung vom Staate abhängig sei. Es ist in unserer kirchl. Ausländerarbeit ständig unser Bestreben, dem Ausland klar zu machen, dass es ein Irrtum ist, wenn es unserer Kirche vorwirft, sie sei nichts anderes als ein ausführendes Organ des Staates. Weil wir diese Linie auch in Zukunft mit aller Deutlichkeit den Kirchen des Auslands gegenüber vertreten müssen, darf ich mir die Bitte gestatten, dass Sie daraufhin den betr. Absatz Ihres Artikels noch einmal in seiner Formulierung überprüfen möchten." Wobbermin nahm zwar die von Heckel gewünschte Änderung nicht vor, doch fügte er der Druckfassung einen Schlußsatz hinzu: „Deshalb darf sich die Kirche heute der gemeinsamen Aufgabe nicht entziehen, darf sich nicht weigern, ihren Anteil zu tragen, wie drückend er ihr auch sei." - Heckels Schreiben liegt vor in: Evangelisches Zentralarchiv Berlin. Bestand: Kirchenbundesamt. Akten betr. Judenfrage. Stellung der ausländischen Kirchen zur Deutschen Evangelischen Kirche (Signatur: 5 / 804). (Ich danke Herrn Dr. Siegfried Bräuer, Berlin, für den Hinweis auf diesen informativen Aktenbestand.) Zwei theologische Gutachten, 424: „Um die spezifisch deutsche Judenfrage handelt es sich, da die konkrete geschichtliche Situation in Deutschland eine Eigenart und eine Zuspitzung erhalten hat, wie wohl nirgends sonst. Daher erklärt sich, daß das Verständnis der deutschen Judenfrage im Ausland so großen Schwierigkeiten begegnet" (Ebd.). Zur Begründung weist Wobbermin auf 1. Kor 14, 34 hin. In einer ein Jahr später veröffentlichten Neufassung dieser Argumentation fehlt der Hinweis auf Paulus (vgl.: Deutscher Staat und evangelische Kirche, Göttingen 1934, 14-15).

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Gegen die Einführung des Kirchengesetzes ohne rückwirkende Kraft, wie von einigen Synodalen vorgeschlagen, spreche „vom religionspsychologischen Standpunkt" aus, daß damit „die Einheitlichkeit des deutschen Geisteslebens" gefährdet werde. Der durch „das jüdisch-kulturbolschewistische Literatentum" hervorgerufenen Notlage dieses „Geisteslebens" solle doch gerade durch die Arier-Gesetzgebung in Staat und Kirche begegnet werden. Im übrigen sei die Kirche für die Herbeiführung der prekären Situation insofern selbst verantwortlich, als sie „in den letzten Jahrzehnten Übertritte von Juden zur evangelischen Kirche aus rein gesellschaftlichen oder ähnlichen Gründen in großem Umfange zugelassen, ja zum Teil begünstigt" habe. „Indirekt und ohne es zu wollen hat sie dadurch mit dazu beigetragen, daß das ungeheuerliche Übermaß jüdischen Einschlages und Einflusses im deutschen Geistesleben zustande gekommen und noch immer im Wachsen war - nicht am wenigsten an den Universitäten [,..]."239 Deshalb dürfe die Kirche heute, ungeachtet der Härte im Einzelfall, sich „der gemeinsamen Aufgabe" nicht entziehen, sondern sie müsse ihren Anteil tragen, „wie drückend er ihr auch sei". Die Ausführungen Wobbermins lassen sich nicht anders denn als Ausdruck jener judenfeindlichen Voreingenommenheit lesen, die in den frühen dreißiger Jahren im deutschen protestantischen Bürgertum weithin bestanden hat. Unter allen Klischees dieser antisemitischen Grundhaltung war wohl die Rede von der jüdischen „Überfremdung" deutschen Denkens das einflußreichste. Ein tief verwurzeltes Inferioritätsbewußtsein gegenüber der Klasse jüdischer Intellektueller, ihrer oftmals strahlenden Präsenz in Philosophie, Soziologie, Politologie, Psychoanalyse, Literatur, Theater, Film, bildender Kunst, Zeitungswesen, Feuilleton und Kritik hat gerade unter den protestantischen Bildungsbürgern zu einer Abwehrhaltung geführt, an die der terroristische Antisemitismus der Nationalsozialisten bruchlos anknüpfen konnte.240 Die von Wobbermin unterstellte Situation wird im übrigen durch die Statistik widerlegt. Zwischen 1910 und 1931 waren reichsweit in keinem Jahr mehr als 475 Übertritte von Juden zur evangelischen Kirche erfolgt. Zumal in den späteren zwanziger Jahren lag die Zahl meist deutlich unter 200. So sah sich selbst Hermann Sasse, dessen Haltung gegenüber den Juden in Deutschland schon in den Jahren um 1930 kaum als freundlich bezeichnet werden kann, veranlaßt, seinen im Kirchlichen Jahrbuch für 1932 veröffentlichten Überblick zum Konfessionsaustausch zwischen evangelischer und jüdischer Religionsgemeinschaft mit der Feststellung einzuleiten, daß „die Zahlen dieser Über239 240

Zwei theologische Gutachten, 426. Vgl. Helmut Berding: Moderner Antisemitismus in Deutschland (Neue Historische Bibliothek), Frankfurt am Main 1988, 212-237. - Die Soziologie etwa konnte während der blutigen Auseinandersetzungen im Frankfurt des Jahres 1932 überhaupt als „jüdische Wissenschaft" bezeichnet werden; vgl. Karl Korn: Lange Lehrzeit. Ein deutsches Leben, München 1979, 134.

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sieht [...] für die konfessionelle Entwicklung des Reiches keine Bedeutung" hätten.241 Bezogen auf die zwischen 1918 und 1933 belegbaren Bemühungen liberaler Protestanten, den legitimen Platz jüdischer Bürger in der deutschen Gesellschaft zu verteidigen, ist, für diesen Zeitraum, die schlechthin feindselige Haltung Wobbermins Ausdruck einer Minderheitenmeinung.242 Seine Argumentation stieß denn auch unter liberalen Theologen auf Empörung. So fragte der Herausgeber des Protestantenblattes, Wilhelm Schubring: „Ist das der Dienst eines Professors der Theologie an der Kirche, daß er sie durch seine unbegründeten Allgemeinheiten in falsches Licht setzt?"243 Eine ausführliche Entgegnung verfaßte Rudolf Bultmann. Auch Bultmann war entrüstet darüber, „wie jemand in einer so ernsten Sache einen so oberflächlichen Aufsatz schreiben kann". 244 Eine Grunddifferenz zwischen Wobbermin und Bultmann besteht in der Frage der Übertragung staatlicher Rechtsregelungen auf den Bereich der Kirche. Nach Bultmann ist kirchliche Gesetzgebung allein dann legitim, wenn sie dem Wesen der Kirche entspricht. Ob daher die Anwendung des Arier-Paragraphen auf kirchliches Recht „erträglich ist oder nicht", müsse ausschließlich vom Kirchenbegriff des Neuen Testaments und der reformatorischen Bekenntnisschriften her entschieden werden. Der Beantwortung dieser Frage ist Bultmanns Text in seinen hauptsächlichen Partien gewidmet. Im Ergebnis kommt er zu der schon im Marburger Gutachten ausgesprochenen Feststellung, daß die Minderung von Recht und Würde „nicht-arischer" Gemeindemitglieder mit jenem Kirchenbegriff unvereinbar sei. Zudem komme in der Bestimmung eine „Nichtachtung der Taufe" zum Ausdruck, die trotz der neutestamentlichen Ausführungen über die sozialen Unterschiede innerhalb der Gemeinde nicht hinnehmbar sei. Nach Bultmann konkretisiert sich christliche Existenz gerade darin, daß sie bestehende soziale Bindungen ebenso wie natürliche Gegebenheiten des menschlichen Lebens auf eine im Glauben verankerte ideale, nicht 241

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Vgl.: Kirchliches Jahrbuch für die evangelischen Landeskirchen Deutschlands (59) 1932. Ein Hilfsbuch zur Kirchenkunde der Gegenwart. In der Nachfolge von Johannes Schneider herausgegeben von Hermann Sasse, Gütersloh 1932, 248-249. Die angesprochene tabellarische Übersicht findet sich: Ebd., 247. Siehe auch den im gleichen Jahrbuch veröffentlichten Bericht des Direktors des Evangelisch-lutherischen Zentralvereins für Mission unter Israel und Leiters des Leipziger Institutum Judaicum, Otto von Harling: Juden und Judenmission, in: Ebd., 483-489. Vgl. hierzu Kurt Nowak: Kulturprotestantismus und Judentum in der Weimarer Republik (Kleine Schriften zur Aufklärung. Band 4), Göttingen 1993. Wilhelm Schubring: Auf die theologischen Gutachten, in: Protestantenblatt 66 (1933), 706 (Nr. 44 vom 29. Oktober 1933). Rudolf Bultmann: Der Arierparagraph im Räume der Kirche, in: Theologische Blätter 12 (1933), 359-370; hier zitiert nach Walther Fürst (Hg.): „Dialektische Theologie" in Scheidung und Bewährung 1933-1936. Aufsätze, Gutachten und Erklärungen (Theologische Bibliothek. Band 34), München 1966, 86-101, hier: 101.

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durch gesellschaftliche Konventionen geprägte Sozialordnung hin überwinde. Eine Ordnung, wie sie der Arier-Paragraph verlange, widerspreche „der Wahrheit der Kirche Christi".245 Die Frage der Zugehörigkeit „nicht-arischer" Bürger zum deutschen Volk will Bultmann nicht thematisieren. Für die Kirche und speziell für die Klärung ihrer internen Verhältnisse sei diese Frage „bedeutungslos". Die Kirche kenne nur Juden im Sinne der Konfession. Hier wird die eigentümliche Begrenzung des Kirchenverständnisses deutlich, von dem Bultmann sich leiten läßt. Zu der von Wobbermin angesprochenen „Einheitlichkeit des Geisteslebens" nimmt er dafür um so engagierter Stellung: „Wäre Luther existentieller Religionspsychologe gewesen, - es wäre nie zur Reformation gekommen, die bekanntlich die Einheit des deutschen Geisteslebens tragisch zerrissen hat." Könne für die Kirche etwas anderes von Bedeutung sein als die Frage, wie sie ihren Auftrag in der Welt erfülle? Die „Zweideutigkeit alles Geschichtlichen" aber, die immer auch dem Geistigen eigne, müsse als solche hingenommen werden; Orientierung biete in dieser Lage nicht das Ideal einer geistigen Homogenität, sondern ausschließlich das „Wort unseres Herrn".246 In knappen abschließenden Ausführungen „vom praktischen Gesichtspunkt aus" lehnt Bultmann die gesetzliche Ausschlußbestimmung für Geistliche jüdischer Herkunft ab. Im Einzelfall sei über die Einsatzmöglichkeiten solcher Geistlicher zu streiten, doch dürfe nicht ein generelles Tätigkeitsverbot ausgesprochen werden. Ansonsten werde in der Kirche das Volksbewußtsein über das Kirchenbewußtsein gestellt und somit die Kirche einem „unchristlichen Volk" dienstbar gemacht. Ihre kritische Aufgabe halte die Kirche vielmehr „in ständiger Spannung zum Volksbewußtsein". Ihr Verhältnis zu Staat und Gesellschaft sei - ganz im Gegensatz zu der Auffassung Wobbermins - unter Umständen sogar von „Mißtrauen und Feindschaft" erfüllt. Gerade aus der freien Verkündigung aber beziehe sie die „Gewißheit des Sieges".247 Noch ein zweites Mal ergriff Bultmann gegen Wobbermin das Wort. Zuvor hatte dieser in einer kurzen Replik Bultmanns Ausführungen zurückgewiesen.248 Erneut betonte Wobbermin, daß die „Arierfrage" sich „lediglich auf die äußere kirchliche Ordnung" beziehe, und insofern „das neutestamentliche Glaubensprinzip" nicht betroffen sei. Dabei müsse die besondere „Eigenart der deutschen Judenfrage" gesehen werden: Der

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Ebd., 91-93. Ebd., 97. Ebd., 101. Nochmals die Arierfrage in der Kirche, in: Deutsches Pfarrerblatt 38 (1934), 9-10; Nachdruck in: Heinz Liebing (Hg.): Die Marburger Theologen und der Arierparagraph in der Kirche. Eine Sammlung von Texten aus den Jahren 1933 und 1934, Marburg 1977, 51-52.

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Einfluß des Judentums - aufs Höchste gesteigert im „jüdisch-kulturbolschewistischen Literatentum" - habe Deutschland an den Rand des Abgrundes des Bolschewismus gebracht. Die nationalsozialistische Bewegung habe Deutschland und auch seine evangelische Kirche im letzten Augenblick aus dieser Gefahr gerettet. - Hierauf geht Bultmann nicht näher ein. Wohl aber bestreitet er noch einmal, daß sich die Ausschlußgesetzgebung allein auf die äußere kirchliche Ordnung beziehe. „Im Streit um den Arierparagraphen handelt es sich [...] um unsere christlichen Brüder, die ihrer völkischen Herkunft nach Nicht-Arier sind. Will Herr Wobbermin sie [...] als Glieder des Leibes Christi und [als] unsere Genossen im Empfang des Geistes Christi anerkennen, und will er zugleich ihren Einfluß in der Kirche durch den Arierparagraphen ausgeschaltet wissen, so erscheint mir diese Haltung ebenso widerspruchsvoll wie glaubenslos".249 Die Kontroverse war damit erschöpft, die Grenze markiert. Wobbermin hat später noch mehrfach zur kirchlichen Judengesetzgebung Stellung genommen - ein weiteres Beispiel wird weiter unten angeführt werden. Zu keinem Zeitpunkt, und zwar auch nicht, als bereits Vertreibung und Deportation, d.h. Ghettoisierung und Massenmord, als Ziel der nationalsozialistischen Ausgrenzungspolitik klar erkennbar waren, ist er von seiner Zustimmung zur staatlichen Vorgehensweise abgerückt.250 3.5.2. Wobbermin und die Deutschen Christen Auch abgesehen von dem Streit um die kirchliche Sondergesetzgebung hat Wobbermin sich in verschiedenen Zusammenhängen als Theologe des Dritten Reiches betätigt. Von besonderer Bedeutung ist dabei sein Engagement innerhalb der Glaubensbewegung Deutsche Christen.251 Wann Wobbermin diese Tätigkeit aufnahm, hat sich bisher nicht genau klären lassen. Auch scheint er sich nicht selbst an den diversen Gründungsaktivitäten im Frühsommer 1933 beteiligt zu haben. Innerhalb der Göttinger Theologischen Fakultät schloß er sich jedoch noch im Sommer der

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250

251

Rudolf Bultmann: Zur Antwort auf Herrn Prof. D. Wobbermins Artikel „Nochmals die Arierfrage in der Kirche", in: Deutsches Pfarrerblatt 38 (1934), 87-88, hier: 88. Vgl.: Zur Befriedung in der kirchlichen Arierfrage, in: Georg Wobbermin: Deutscher Staat und evangelische Kirche. Zweite, neubearbeitete [und um zwei Zusätze erweiterte] Auflage, Berlin 1936, hier: 28-30, sowie: Die Rassen- und Arier-Frage in der Kirche, in: Deutsches Christentum 3 (1938), Nr. 2. Zu den Deutschen Christen vgl. neben der älteren Darstellung von Kurt Meier: Die Deutschen Christen. Das Bild einer Bewegung im Kirchenkampf des Dritten Reiches, Göttingen 1964, jetzt Doris Bergen: Twisted Cross. The German Christian Movement and the People's Church, 1932-1945, Chapell Hill, NC. University of North Carolina Press 1996.

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Gruppe deutsch-christlicher Dozenten um Emanuel Hirsch an. Mitte März 1935 gehörten auch Johannes Hempel, Walter Birnbaum und Herbert Preisker zu dieser Gruppe.252 Spätestens seit Herbst 1933 trat Wobbermin auf Versammlungen, auf Freizeiten und theologischen Lehrgängen der Deutschen Christen als Referent auf. Zwar fehlt es nicht an Mitteilungen über diese in relativ großer Zahl durchgeführten Auftritte, doch gibt es kaum Berichte über den Vortragsinhalt selbst. Einen Eindruck von einer solchen Veranstaltung im August 1936 in Berlin, während der Olympischen Woche, gibt der Berichterstatter der Christlichen Welt: „Wobbermin arbeitete in seinen klugen, im guten Sinne ,gelehrten' Ausführungen das Wesen des nationalsozialistischen Staates als eines völkischen Kulturstaates heraus, der deshalb, weil er sittlich ist, auch zum Christentum Beziehungen hat; denn Gottesglaube und Sittlichkeit bedingen einander. Man konnte ihm theoretisch völlig zustimmen und mußte dabei doch manche Urteile als der Wirklichkeit fremd empfinden."253 Die schlechte Quellenlage ist durch den Umstand bedingt, daß eine Aufzeichnung der Vorträge nicht erfolgte und Wobbermin selbst sie, möglicherweise wegen ihres stark propagandistischen Charakters, in der Regel nicht zu Publikationszwecken nutzte. Eine seltene Ausnahme findet sich in der Ausgabe vom Mai 1935 des Zentralorgans der Deutschen Christen, der Zeitschrift Evangelium im Dritten Reich. Die Ausführungen stehen unter dem Titel „Theologie im Dritten Reich", wobei unklar ist, ob Wobbermin selbst diese Formulierung gewählt hat. Auch hier handelt es sich jedenfalls nicht um einen von Wobbermin autorisierten Vortragstext, sondern lediglich um eine, allerdings mit seiner Zustimmung erfolgte, Wiedergabe einer einzelnen Passage aus einem Beitrag zu einer deutschchristlichen Tagung, die im Februar 1935 in Berlin stattfand: „Karl Barth hat vom Standpunkt seiner dialektischen Theologie aus die Parole ausgegeben, wir sollten inmitten der nationalsozialistischen Bewegung Theologie treiben, als wäre nichts geschehen, - als wäre noch alles beim alten, als 252

253

Zur Göttinger Theologischen Fakultät in der Zeit des Dritten Reiches vgl. Robert P. Ericksen: Die Göttinger Theologische Fakultät im Dritten Reich, in: Die Universität Göttingen unter dem Nationalsozialismus. Das verdrängte Kapitel ihrer 250jährigen Geschichte. Herausgegeben von Heinrich Becker, Hans-Joachim Dahms und Cornelia Wegeier, München / London / New York / Oxford / Paris 1987, 61-87; Inge Mager: Göttinger theologische Promotionen 1933-1945, in: Leonore Siegele-Wenschkewitz / Garsten Nicolaisen (Hg.): Theologische Fakultäten im Nationalsozialismus (Arbeiten zur Kirchlichen Zeitgeschichte. Herausgegeben im Auftrag der Evangelischen Arbeitsgemeinschaft für Kirchliche Zeitgeschichte. Reihe B: Darstellungen. Band 18), Göttingen 1993, 347-358 (siehe dort auch die Angaben zu zwei von Wobbermin betreuten Dissertationen von 1935: 358). Bericht Hans Schlemmers von einer DC-Veranstaltung vom 15. August 1936 in der Berliner Kaiser Wilhelm-Gedächtniskirche, in: Die Christliche Welt 50 (1936), 789.Vgl. auch: Die Christliche Welt 50 (1936), 798; Ebd. 52 (1938), 334.

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hätten wir die nationalsozialistische Erhebung und den Umbruch unseres Volkes gar nicht erlebt.254 Ich will von vornherein keinen Zweifel darüber lassen, daß ich diese Parole ablehne, ja - daß ich sie nicht nur ablehne, sondern sie aufs schärfste verurteile und bekämpfe, daß ich sie für völlig sinnlos und sinnwidrig halte, für das genaue Gegenteil dessen, was für den evangelischen Christen und deshalb auch für den evangelischen Theologen selbstverständliche Pflicht sein muß, für das genaue Gegenteil dessen, was sich aus den Grundgedanken der Reformation Luthers notwendig ergibt. Wir müßten ja, wenn wir jener Parole folgen wollten, Theologie im luftleeren Raum treiben, - ohne Bezogenheit auf das konkrete Geschehen und das konkrete Leben, in dem wir stehen, das Gott selbst uns geschenkt hat. Jene Parole bedeutet also die größte Undankbarkeit gegen Gott und das große Gottesgeschenk der durch Adolf Hitler herbeigeführten völkischen Einigung; jene Parole bedeutet geradezu die Auflehnung gegen Gott, gegen den Willen und die Führung Gottes. Luther wußte sich in allererster Linie zu seinen lieben Deutschen gesandt und ihnen verpflichtet. Und wir sollten absichtlich so tun, als ginge uns heute Deutschland und das Schicksal Deutschlands nichts an, als sei die große Wende gar nicht erfolgt, als seien Volkstum und Volksgemeinschaft für uns ganz gleichgültige Dinge? Nein - wir lehnen jene Parole der Undankbarkeit und der Eigenwilligkeit ab. Und wir stellen ihr die andere entgegen: Wir wollen Theologie nur in innigster Volksverbundenheit treiben und aus solcher Volksverbundenheit heraus. Wir wollen Theologie wieder so treiben, wie sie Luther getrieben hat und wie sie im Rückgang auf Luther der Theologe der Freiheitskriege, Schleiermacher, zu treiben wenigstens versucht und Anweisung gegeben hat: ,Nur im heimatlichen Lande ist das beglückte Klima, welches keine Frucht gänzlich versagt; hier also muß auch die Religion eine Freistatt finden vor der plumpen Barbarei und dem kalten irdischen Sinn des Zeitalters!'"255

Die Absicht der Veröffentlichung liegt auf der Hand: Nur wenige Wochen zuvor, am 20. Dezember 1934, war Karl Barth aus dem preußischen 254

255

Vgl. Karl Barth: Theologische Existenz heute!, München 1933, 3: „[...], das Entscheidende, was ich heute zu diesen Sorgen und Problemen zu sagen versuche, kann ich darum nicht zum Gegenstand einer besonderen Mitteilung machen, weil es sehr unaktuell und ungreifbar einfach darin besteht, daß ich mich bemühe, hier in Bonn mit meinen Studenten in Vorlesungen und Übungen nach wie vor und als wäre nichts geschehen - vielleicht in leise erhöhtem Ton, aber ohne direkte Bezugnahmen - Theologie und nur Theologie zu treiben." Siehe auch den Kommentar von Hinrich Stoevesandt in: Karl Barth: Theologische Existenz heute! (1933). Neu herausgegeben und eingeleitet von Hinrich Stoevesandt (Theologische Existenz heute. Nr. 219), München 1984, 90-96. Theologie im Dritten Reich, in: Evangelium im Dritten Reich. Kirchenzeitung für Christentum und Nationalsozialismus 4 (1935), 142 (Nr. 18 vom 5. Mai 1935). - Das Zitat entstammt der ersten von Schleiermachers Reden „Über die Religion"; vgl. Friedrich Schleiermacher: Ueber die Religion. Kritische Ausgabe. Mit Zugrundelegung des Textes der ersten Auflage besorgt von G. Ch. Bernhard Pünjer, Braunschweig 1879,14 (Wobbermin zitiert, den Wortlaut verkürzend, nach der dritten Auflage der Reden von 1821).

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Staatsdienst entlassen worden. Wobbermins Ausführungen lassen sich also, zumal in Verbindung mit dem triumphierenden Titel, als Zeichen der Genugtuung über einen erfochtenen kirchenpolitischen Sieg lesen. Auch durch ein direkt an „den Führer und Reichskanzler" gerichtetes Schreiben vom 5. November 1934 - drei Wochen vor der Suspendierung Barths als Hochschullehrer und der Eröffnung des Dienststrafverfahrens gegen ihn - hat Wobbermin gemeinsam mit fünfzehn weiteren deutschchristlichen Theologen den an sich wohl kaum erforderlichen Versuch unternommen, alle auf Distanz zum Staat insistierenden Formen theologischer Argumentation als staatsgefährdend zu denunzieren. Vor allem der Reichskirchenregierung selber, insonderheit dem Reichsbischof, der am gleichen Tag die von weit über hundert Theologen unterzeichnete telegraphische Rücktrittsaufforderung erhalten hatte und der auch innerkirchlich immer weniger Rückhalt besaß,256 sollte das Schreiben die Unterstützung Hitlers sichern. Der Text dieses Briefes lautet: „[Briefkopf der Theologischen Fakultät der Friedrich Wilhelms-Universität zu Berlin. Der Dekan.] 5. November 1934 An den Führer und Reichskanzler. Berlin Bitte von Professoren der Evangelischen Theologie an den Führer und Reichskanzler. Wir deutschen evangelischen Theologieprofessoren bitten den Führer und Reichskanzler, die von Martin Luther geschaffene Verbindung der deutschen evangelischen Kirche mit dem Staat zu wahren. Im Sinn des deutschen Aufbruchs bekennen wir uns zu der schicksalhaften Zusammengehörigkeit des deutschen evangelischen Christentums mit der nationalsozialistischen Bewegung. Wir sind davon überzeugt, dass nur eine solche Kirchenregierung fruchtbar arbeiten und das Kirchenvolk einigen kann, der der Führer und Reichskanzler sein Vertrauen schenkt und mit der die Reichsstellen zusammenzuarbeiten bereit sind. Die evangelische Kirche kann ausserdem nur in enger Verbindung mit dem Führer ihm die Kräfte zur Verfügung stellen, die er im Kampf gegen die dem Dritten Reich widerstrebenden Mächte braucht. Wenn die evangelische Kirche in vom Staat gesonderte Sekten und Gemeinschaften zerfiele, würden diese leicht der Gefahr unterliegen, Sammelpunkte für eine dem Dritten Reich abträgliche Gesinnung zu werden und der politischen Ordnung das religiöse Gewissen zu entfremden."2" 256

257

Vgl.: Telegramm an den Reichsbischof vom 5. November 1934, in: Allgemeine Evangelisch-Lutherische Kirchenzeitung 67 (1934), 1076-1077 (Nr. 45 vom 9. November 1934). Zum Kontext der Kontroverse um Müller vgl. Kurt Meier: Der evangelische Kirchenkampf. Gesamtdarstellung in drei Bänden. Band 1: Der Kampf um die „Reichskirche", Halle an der Saale 1976, 116-145. Schreiben von sechzehn Theologieprofessoren an Hitler vom 5. November 1934 (Bundesarchiv Berlin. Bestand R 5101: Reichsministerium für die kirchlichen Angelegenheiten.

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Unterzeichnet war das Schreiben, das von Erich Seeberg, dem Berliner Dekan selbst entworfen worden war, vom gesamten Führungskreis der deutsch-christlichen Theologen. Dazu zählten neben Seeberg und Wobbermin auch Georg Bertram (Gießen), Walther Glawe (Greifswald), Emanuel Hirsch (Göttingen), Robert Jelke (Heidelberg), Anton Jirku (Greifswald), Ernst Kohlmeyer (Halle), Helmut Lother (Breslau), Emil Pfennigsdorf (Bonn), Herbert Preisker (Breslau), Martin Redeker (Münster), Hans Schmidt (Halle), Friedrich Wilhelm Schmidt (Münster), Hans Wilhelm Schmidt (Münster) und Johannes Witte (Berlin). Einer späteren Druckfassung schlössen sich noch Ernst Benz (Marburg), Karl Fritz Euler (Gießen), Ehrhard Peschke (Breslau), Peter Meinhold (Kiel), Robert Winkler (Breslau), Walter Birnbaum (Berlin), Heinz Erich Eisenhuth (Leipzig), Julius Wagenmann (Heidelberg), Hartmut Schmökel (Breslau) und der später als Historiker hervorgetretene Fritz Fischer (Berlin) an.258 Zu zahlreichen dieser Theologen pflegte Wobbermin enge persönliche Beziehungen. Winkler und Redeker gehörten, wie erwähnt, zu seinen Schülern; mit Erich Seeberg (1888-1945), dem Lehrstuhlnachfolger Karl Holls, verband ihn bis in die Zeit schwerer Konflikte an der Berliner Fakultät ein enges Vertrauensverhältnis. Auch Heinz Erich Eisenhuth, der ursprünglich ein Schüler von Arthur Titius und Doktorand von Paul Tillich gewesen war, schloß sich Wobbermin im Laufe der dreißiger Jahre näher an.259 Dennoch fällt auf, daß Wobbermin trotz seines zeitweise recht intensiven Engagements innerhalb der Deutschen Christen keine direkten persönlichen Verbindungen zur Reichskirchenleitung gehabt hat. Stets war er auf Verbindungspersonen angewiesen, die er zum Teil im Seeberg-

258

259

Bd. 23464. Bl. 98). - Kurt Meier zitiert in seiner Darstellung der fakultätspolitischen Ambitionen des Seeberg-Kreises eine Druckfassung des Textes aus: Evangelium im Dritten Reich 3 (1934), 561. Die von ihm angeführten Unterzeichner stimmen nicht in jedem Fall mit den oben genannten überein (vgl. Kurt Meier: Die Theologischen Fakultäten im Dritten Reich, Berlin / New York 1996, 325-326). Es kann kein Zweifel daran bestehen, daß alle diese Theologen noch Ende 1934 verbunden waren in einer vorbehaltlosen Zustimmung zu den weltanschaulichen Überzeugungen und den politischen Zielen der Nationalsozialisten. Zum Seeberg-Kreis vgl. Kurt Meier: Die Theologischen Fakultäten im Dritten Reich, 313-351. Eisenhuths theologische, von Titius betreute Dissertation war 1928 als erster Band der „Studien zur systematischen Theologie" erschienen: Heinz Erich Eisenhuth: Die Entwicklung der Glaubensgewißheit bei Karl Heim (Studien zur systematischen Theologie. Heft 1), Göttingen 1928. Nach dem Tod Heinrich Weinels im September 1936 wurde Eisenhuth, der bis dahin Privatdozent in Leipzig gewesen war, zunächst kommissarisch und endgültig am 17. Dezember 1937 als Weinels Nachfolger zum ordentlichen Professor für Systematische Theologie an der Theologischen Fakultät Jena ernannt (Universitätsarchiv Jena: Acta academica betreffend die Anstellung ordentlicher Professoren 1936-38. Band VIII. Bestand 910; die Ernennungsurkunde wurde von Hitler unterzeichnet). Nach 1945 mußte Eisenhuth aus dem Universitätsdienst ausscheiden. Er wurde zunächst Pfarrer in Jena und amtierte seit 1952 als Superintendent in Eisenach. Eisenhuth starb 1983.- Zu Eisenhuth vgl. meinen Artikel in: Biographisch-Bibliographisches Kirchenlexikon. Band 16, Herzberg 1999.

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Kreis oder unter Kirchenvertretern auf Landeskirchenebene fand. Ein Grund hierfür mag in dem ausgesprochen unkirchlichen Charakter von Wobbermins theologischem Denken gelegen haben. Auch später jedenfalls beteiligte Wobbermin sich kaum an kirchlichen oder kirchenpolitischen Initiativen. In erster Linie widmete er sich auch im Rahmen seiner DCMitgliedschaft der theologischen Studienarbeit, der Mitwirkung an Vortragsveranstaltungen oder Tagungen. Ein Beispiel hierfür sind die „Theologischen Tagungen", die regelmäßig von der Reichsleitung der Deutschen Christen veranstaltet wurden und an denen zumeist eine größere Zahl von Hochschultheologen teilnahm.260 Insgesamt scheint, zumal in den früheren Jahren des Dritten Reiches, Wobbermins Einsatz für die Deutschen Christen eher von ihm selbst angeboten, als von der DC-Führung oder der Reichskirchenleitung erbeten worden zu sein. Zu den Beratungen der kirchenpolitischen Wortführer der Deutschen Christen wurde er nicht hinzugezogen. Doch auch von ihm selbst scheint eine engere Einbindung in die organisatorischen und informellen Zusammenhänge der Deutschen Christen nicht angestrebt worden zu sein. So hat Wobbermin etwa die Zeitschrift Das Evangelium im Dritten Reich für seine Stellungnahmen so gut wie gar nicht in Anspruch genommen, obwohl er ansonsten kaum eine Publikationsmöglichkeit ungenutzt gelassen hat. 3.5.3. Kirchenpolitische Aktivitäten 1933/34 Die vergleichsweise isolierte Stellung, in der Wobbermin sich schon 1933 befand, zeigte sich auch bei seinen weiteren kirchenpolitischen Aktivitä260

Beispielsweise beteiligte Wobbermin sich an der Theologischen Tagung der Deutschen Christen, die am 2. und 3. Mai 1936 in Berlin stattfand. Neben ihm nahmen folgende Theologieprofessoren teil: Walter Birnbaum (Göttingen), der zugleich die Tagung leitete, Hans Duhm (Breslau, früher Göttingen), Heinz Erich Eisenhuth (Leipzig), Erich Fascher (Jena), Walther Glawe (Greifswald), Wilhelm Koepp (Greifswald), Peter Meinhold (Kiel), Theodor Odenwald (Heidelberg), Herbert Preisker (Breslau), Emil Pfennigsdorf (Bonn), Erich Seeberg (Berlin), Hans Schmidt (Halle), Wilhelm Vollrath (Göttingen), Julius Wagenmann (Gießen) und Robert Winkler (Breslau). Über diese Tagung wurde in der Berliner und der auswärtigen Tagespresse vergleichsweise breit berichtet. Sie ist aber auch deshalb von besonderem Interesse, weil zu ihr ein ausführlicher Bericht vorliegt, den Alfred Rosenberg im Rahmen seiner vertraulichen „Mitteilungen zur weltanschaulichen Lage" dem NS-Führungskreis zugeleitet hat; vgl.: Die theologische Tagung der Deutschen Christen. Mitteilungen zur weltanschaulichen Lage. Mai 1936. Herausgegeben vom Beauftragten des Führers für die Überwachung der gesamten geistigen und weltanschaulichen Erziehung der NSDAP (Nachdruck in: Friedrich Zipfel: Kirchenkampf in Deutschland 1933-1945. Religionsverfolgung und Selbstbehauptung der Kirchen in nationalsozialistischer Zeit. Mit einer Einleitung von Hans Herzfeld (Veröffentlichungen der Historischen Kommission zu Berlin. Band 11), Berlin 1965, 358-360). Siehe auch den kurzen Bericht zu dieser Tagung in: Die Christliche Welt 50 (1936), 384.

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ten. Immer häufiger befand Wobbermin sich im Spannungsfeld zwischen deutsch-christlichen Strategien, nationalsozialistischen Parteiinteressen und der vorsichtigen Vorgehensweise der Reichskirchenregierung. Zumeist stand er als Einzelgänger da. So berichtete er etwa auf eigene Initiative und ohne jede Rückbindung an die Göttinger deutsch-christliche Theologengruppe dem Leiter des Kirchlichen Außenamtes, Oberkonsistorialrat Theodor Heckel, von einer Reise, die er gemeinsam mit vier weiteren Mitgliedern der Göttinger Theologischen Fakultät Anfang Oktober 1933 nach Schweden unternommen hatte. Diese Reise stand im Zusammenhang der Bemühungen deutscher Kirchenvertreter, das besonders im angelsächsischen und skandinavischen Ausland verbreitete negative Bild von den kirchenpolitischen Vorgängen in Deutschland zu zerstreuen.261 Wobbermin selbst engagierte sich in Uppsala in diesem Sinne und versuchte, der vom schwedischen Erzbischof Erling Eidem offen ausgesprochenen Kritik an der kirchenpolitischen Entwicklung entgegenzutreten. Wobbermins Bericht wirft daher nicht nur ein Licht auf die Vorbehalte, Bedenken und Sorgen eines besonnenen, mit oppositionellen Kreisen in Deutschland korrespondierenden ausländischen Kirchenvertreters, sondern er demonstriert in seiner ausführlichen Schilderung der eigenen Bemühungen auch die besondere Wahrnehmungsweise, die eigentümliche Gebundenheit von Wobbermins Sicht. „Göttingen, den 7. Oktober 1933 Herrn Oberkonsistorialrat D. Heckel, Hochwürden, Berlin-Charlottenburg, Marchstraße 2 Sehr verehrter Herr Oberkonsistorialrat! [...] Vorausschicke ich, daß ich zusammen mit 4 Göttinger Kollegen zu einem Vorlesungs-Kursus von der theologischen Fakultät in Uppsala eingeladen war. Außer mir waren es [Walter] Bauer, Hempel, Hirsch und Stange. Hirsch und ich gehören zu den .Deutschen Christen'; Hempel steht nur nahe. In Uppsala bot sich mehrmals Gelegenheit, mit dem Erzbischof Eidem und seinem Vikar eingehend über die kirchliche Lage in Deutschland zu sprechen. H. Erzb. Eidem war gerade von der Luther-Feier in Wittenberg zurückgekehrt. Er hatte seiner .schweren Sorge' um die kirchliche Entwicklung in Deutschland schon mehrfach Ausdruck gegeben und tat es auch uns gegenüber. Es ging sogar das Gerücht, er beabsichtige, die Beziehung zu der Deutschen evangelischen Kirche zu lösen. Eine direkte Bestätigung dieses Gerüchtes habe ich aber nicht erhalten, ich nehme vielmehr an, daß es auf Übertreibung beruhte. 261

Vgl. die detaillierte Schilderung der Reise und ihres kirchenpolitischen Hintergrundes von Ingrid Bohn: Zwischen Anpassung und Verweigerung. Die deutsche St. Gertruds Gemeinde in Stockholm zur Zeit des Nationalsozialismus (Kieler Werkstücke. Reihe B: Beiträge zur nordischen und baltischen Geschichte. Band 3), Frankfurt am Main / Bern / New York / Paris 1997, 260-261. Der im folgenden zitierte Bericht Wobbermins wird von Bohn nicht berücksichtigt.

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Gerade die mehrfache persönlich-private Unterhaltung sowohl mit ihm selbst wie mit seinem Vikar sprach für diese Annahme. Die ,schwere Sorge' wurde in der Hauptsache 3fach begründet: 1. In den Mittelpunkt des kirchlichen Lebens werde nicht das Gottesverhältnis, sondern die politische Einstellung gerückt. 2. Es finde eine Vergewaltigung der Gewissen statt. 3. Der Arier-§ widerspreche dem Wesen der Kirche. Diese 3 Punkte wurden dann in das Bedauern über den erzwungenen Rücktritt Bodelschwingh's zusammengefaßt. Und je länger desto mehr zeigte sich, daß hier recht eigentlich die Einzelbedenken wurzelten. Unverkennbar waren dabei Einwirkungen und Zuflüsterungen früherer Berliner Kirchenmänner im Spiel gewesen. Sinngemäß habe ich die Widerlegung jener Bedenken mit der Erörterung der Bodelschwingh-Frage abgeschlossen. Die Nennung B's sei der denkbar größte Mißgriff gewesen. Das Festhalten an ihm würde für die evang. Kirche Deutschlands katastrophal geworden sein. Denn es hätte geradezu die für die Gegenwart und nächste Zukunft wichtigste Aufgabe von vornherein aussichtslos gemacht: die S.A.-Leute und die Hitler-Jugend in die Kirche hineinzuziehen.262 Dabei habe ich auch nicht verschwiegen, daß ich in der Arier-Frage im Unterschied zum Kollegen Hirsch (und Hempel) die altpreußische Entscheidung in ihrer vollen Konsequenz für sachgemäß halte. Hirschs Argumentation* [*Literarisch in ,Kirche und Volkstum in Niedersachsen' i. Sept. 1933] für die von ihm befürwortete ,mildere' Handhabung seitens der Kirche sei nicht stichhaltig, da sie sich nur auf die Verhältnisse der Gemeinden unter dem Gesichtspunkt des alten Kirchentums gründe, ebendamit aber das Wachsen des neuen Kirchentums erschweren würde. Die Einheitlichkeit der Regelung für das Gesamtgebiet des deutschen Geisteslebens sei notwendig und durchaus auch von der Kirche zu vertreten. (Denn sonst ist schließlich die volksfremde und geschichtslose Stellungnahme des Marburger Gutachtens folgerichtig, dessen Fehler gerade im ersten Absatz liegt.) Ich darf hinzufügen, daß ich Anlaß zu der Annahme habe, solche Darlegungen seien nicht ohne Eindruck auf den Erzbischof geblieben. Ungleich einfacher und leichter als mit dem Erzbischof war die Unterhaltung mit den schwedischen Kollegen der theologischen Fakultät. Immerhin begegneten auch bei ihnen Vorurteile und schiefe Auffassungen unserer kirchlichen Lage. Aber sie waren doch meist schneller bereit, sich belehren zu lassen. Darum schien es mir wichtig, diejenigen unter ihnen, die nähere Beziehungen zum Erzbischof haben, zu weiterer Aussprache mit ihm über den ganzen Fragenkomplex zu veranlassen. Das Gleiche werde ich auch weiterhin tun.

262

Friedrich von Bodelschwingh (1877-1946), seit 1910 Leiter der Betheler Anstalten, war trotz ungeklärter Rechtslage- am 26. Mai 1933 von der Versammlung der deutschen evangelischen Landeskirchenführer mit großer Stimmenmehrheit in das Amt des Reichsbischofs gewählt worden. Ungeachtet zahlreicher Proteste hatte er dieses Amt, das kirchenrechtlich eher einer Kandidatur zum Reichsbischofsamt gleichkam, am 29. Mai angetreten. Nach der Einsetzung des Landgerichtsrates August Jäger durch den Preußischen Kultusminister Rust zum Staatskommissar für alle preußischen Landeskirchen trat Bodelschwingh am 24. Juni 1933 wieder zurück.

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Liberale Theologie zwischen Methodentheorie und Politik Im Anschluß an das Vorstehende erwähne ich noch Folgendes. Von schwedischen Kollegen hörte ich, daß Karl Barth sein Pamphlet gegen die Deutschen Christen (,Theologische Existenz heute') schon vor der Drucklegung in Schreibmaschinen-Durchschlägen ins Ausland geschickt hat - u. zwar mit noch häßlicheren Wendungen u. noch schärferen Angriffen als im Drucktext. Mit deutschem Gruß u. Hitler-Heil Ihr ergebenster G. Wobbermin [...]."263

Heckel dankte am 10. Oktober 1933 für den „sehr aufschlussreichen Bericht", der „zur sachlichen Weiterarbeit ausgewertet" werde. Auch werde er ihn zum Gegenstand eines Vertrages beim Reichsbischof machen. Eine inhaltliche Stellungnahme gab er nicht.264 Der Bericht ist biographisch insofern interessant, als Wobbermins Argumentation gegenüber dem schwedischen Bischof jedes Verständnis für dessen Position vermissen läßt. Auch im Gespräch mit einer außerhalb des heimischen Denk- und Informationssystems stehenden Person reproduziert Wobbermin ausschließlich Vorstellungen, deren Geltung er in DC- und NS-Kreisen vielfach bestätigt fand, die aber jenseits davon wirkungslos bleiben mußten. Gleiches gilt auch von einer erneuten Stellungnahme Wobbermins zur Problematik der judenfeindlichen Gesetzgebung. Heckel hatte Wobbermin in seinem Schreiben vom 28. Oktober 1933 darauf aufmerksam gemacht, daß der in der Kritik an den beiden Gutachten vorgetragene Standpunkt zur Bedeutung der Sonderregelung für die Ordnung der Kirche aus der Sicht ausländischer Kirchenvertreter möglicherweise Mißverständnissen ausgesetzt sein könnte. Eine Revision seines Textes lehnte Wobbermin, wie bereits erwähnt, ab. Schließlich erklärte er sich aber doch bereit, einen ausdrücklich an die ausländische Presse adressierten Text zu verfassen, der 263

264

Handschriftlicher Bericht; 4 Seiten, ohne Begleitbrief (Evangelisches Zentralarchiv Berlin. Bestand: Kirchenbundesamt. Akten betr. Judenfrage. Stellung der ausländischen Kirchen zur Deutschen Evangelischen Kirche (Signatur: 5/804)).- Zur Entstehungsgeschichte von Barths Schrift und der von Wobbermin erwähnten Typoskript-Fassung vgl. den Bericht von Hinrich Stoevesandt in: Karl Barth: Theologische Existenz heute! (1933). Neu herausgegeben und eingeleitet von Hinrich Stoevesandt, München 1984, 20-23. Brief Heckels an Wobbermin vom 10. Oktober 1933 (Evangelisches Zentralarchiv Berlin. Ebd.).- Theodor Heckel (1894-1967), dem noch im Jahre 1934 von Reichsbischof Müller der Bischofstitel verliehen wurde, war der ranghöchste Vertreter der DEK, mit dem Wobbermin in direktem Kontakt stand. Nach Auskunft der hier herangezogenen Akten blieb das Verhältnis jedoch auf gelegentliche Initiativen Wobbermins begrenzt. Heckel suchte zu keinem Zeitpunkt, über Wobbermin Einfluß auf Theologen der Deutschen Christen zu gewinnen. Heckels eigene politische und kirchenpolitische Position ist im einzelnen schwer nachzuvollziehen. Nach Kriegsende wurde er aus seiner Stellung im Kirchlichen Außenamt entlassen und durch Martin Niemöller ersetzt. Er war später in der Gefangenenbetreuung der Bayerischen Landeskirche und als Dekan in München tätig. Eine Biographie, die allerdings sehr an Heckels eigener Sicht orientiert ist, hat jetzt Rolf-Ulrich Kunze vorgelegt: Theodor Heckel 1894-1967. Eine Biographie (Konfession und Gesellschaft. Band 13), Stuttgart / Berlin / Köln 1997; vgl. dazu die kritische Besprechung von Armin Boyens, in: Kirchliche Zeitgeschichte 10 (1997), 219-221.

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den von Heckel angesprochenen Mangel beheben sollte.265 Dieser Artikel, der in deutscher Fassung in den Akten des Kirchlichen Außenamtes vorliegt, stellt noch einmal Wobbermins Denkweise klar heraus. Selbst in diesem Text, der ausdrücklich strategisch angelegt war, bleibt Wobbermin auf die gleichen Vorstellungen fixiert, von denen schon frühere Reaktionen gezeigt hatten, daß ihre Überzeugungskraft sehr begrenzt war. Bis in einzelne wörtliche Wendungen hinein werden die gleichen Ausführungen erneut vorgebracht wie schon mehrfach zuvor. Ein Eingehen auf einen als verstehensfähige Person vorgestellten Leser läßt sich nicht erkennen. Daß Wobbermin dennoch der Ansicht war, gerade dieser Text sei geeignet, die Übernahme der antisemitischen Staatsgesetzgebung auf den kirchlichen Rechtsraum als bedeutsam lediglich für „die äußere Ordnung" der Kirche zu erweisen, ist in hohem Maße kennzeichnend. Aus diesem Grunde soll der Text, trotz der in ihm enthaltenen Wiederholungen, hier vollständig mitgeteilt werden; eine Publikation in der „ausländischen Presse" hat sich bisher nicht nachweisen lassen. „Die Arier-Frage in der deutschen evangelischen Kirche. Die evangelische Kirche Deutschlands beabsichtigt, arische Abkunft als Bedingung für die Anstellung von Geistlichen zu fordern. Diese Absicht wird im Ausland, auch in den ausländischen evangelischen Kirchen, vielfach völlig missverstanden. Sie wird so ausgelegt, als ob das neutestamentliche Glaubensprinzip aufgehoben werden solle, dass das Verhältnis des Christenmenschen zu Gott von allen Unterschieden des Volkstums unabhängig ist. Aber das ist ein vollständiges Missverständnis. Denn davon ist gar keine Rede. Jenes Glaubensprinzip soll nicht aufgehoben, auch nicht irgendwie beeinträchtigt werden, es soll unverkürzt und ohne jeden Vorbehalt bestehen bleiben. Der sogen. Arier-Paragraph bezieht sich lediglich auf die äussere kirchliche Ordnung, soweit sie durch jenes Glaubensprinzip nicht betroffen wird. Das Neue Testament hebt ja trotz des Grundsatzes ,hier ist nicht Jude noch Grieche u.s.w.' (Gal 3, 28) die Bedeutung dieser Unterschiede für die äussere kirchliche Ordnung nicht auf, sondern nimmt bei dieser letzteren auf die konkreten Verhältnisse einer bestimmten geschichtlichen Situation Rücksicht, (vgl. 1. Kor 14, 34.) Nichts anderes als eben dies ist die Absicht des Arier-Paragraphen. Um aber die in dieser Hinsicht in Deutschland heute bestehende konkrete Lage zu verstehen, muss man sich die Eigenart der deutschen Judenfrage vergegenwärtigen, wie sie sich im Lauf der letzten Jahrzehnte und zumal seit dem Weltkrieg gestaltet hatte. Der Einfluss des Judentums in den höheren Berufen und damit im ganzen geistigen Leben war zahlenmäßig ins Ungeheure gestiegen. Und im kulturbolschewistischen Literatentum hatte dieser Einfluss sich in gefährlichster Weise ausgewirkt. Er hatte Deutschland unmittelbar an den Rand des Abgrundes des Bolschewismus gebracht. Die nationalsozialistische Bewegung Adolf Hitlers hat Deutschland im letzten Augenblick aus

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Vgl.: Schreiben Wobbermins an Heckel vom 4. November 1933 (Evangelisches Zentralarchiv Berlin. Ebd.).

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Liberale Theologie zwischen Methodentheorie und Politik dieser Gefahr gerettet. Infolge dieser geschichtlichen Tatsachen wünscht die heutige deutsche Jugend, dass einer Wiederholung jener Gefahr vorgebeugt werde, und die deutsche evangelische Kirche muss in jenen geschichtlichen Tatsachen die Fügung Gottes sehen, die sie verpflichtet, gerade als Kirche von sich aus in der genannten Richtung und für den genannten Zweck mitzuarbeiten, ohne doch das anfangs betonte Glaubensprinzip aufzugeben. G. Wobbermin, Göttingen."266

Eine Reaktion Heckels ist nicht überliefert. Der im Umgang mit prominenten DC-Theologen sehr zurückhaltende Kirchenpolitiker wird aber kaum an einer Vermittlung dieses Textes an ausländische Presseorgane interessiert gewesen sein, obgleich er der Sache nach Wobbermins Standpunkt weithin geteilt haben dürfte. 267 Wobbermin selbst, der auch nach dem unbefriedigenden Ausgang der Bultmann-Kontroverse seinen Standpunkt nicht revidierte und der sich nicht einmal von dem umsichtigeren, weil berechnenderen Urteil seines Göttinger Kollegen Hirsch beeindrucken ließ, nutzte weiter jede Gelegenheit, die Entscheidung der altpreußischen Generalsynode zu verteidigen. Daneben ging er nun dazu über, seinen Standpunkt in ausführlichen Erklärungen theologisch zu untermauern. Insbesondere stellte er das Verhältnis von NS-Staat und Deutscher Evan266

267

Zweiseitiges Typoskript mit wenigen handschriftlichen Korrekturen (Evangelisches Zentralarchiv Berlin. Ebd.). Eine weitgehende textliche Parallele findet sich in: Deutscher Staat und evangelische Kirche, Göttingen 1934, 19-20. Es ist zu wenig bekannt und nun auch von Rolf-Ulrich Kunze in seiner biographischen Darstellung nicht angesprochen worden, daß Heckel als Mitglied der deutschen Delegation auf der Tagung des Exekutivausschusses des Ökumenischen Rates für Praktisches Christentum („Life and Work") im September 1933 in Novi Sad die Übernahme des Arierparagraphen in das Recht einiger deutscher Landeskirchen vehement verteidigt hat. Er konnte sogar, ausgerüstet mit Material aus dem Propagandaministerium, auf den Gang der Diskussion in der Weise Einfluß nehmen, daß eine ursprünglich geplante klare Verurteilung der Vorgehensweise der deutsch-christlichen Kirchenregierungen durch den Ökumenischen Rat unterblieb und lediglich eine Erklärung verabschiedet wurde, in der es hieß: „[...] grave anxieties were expressed by the representatives of different Churches in Europe and America in particular with regard to the severe action taken 'against persons of Jewish origin, and the serious restrictions placed upon freedom of thought and expression in Germany" (zitiert nach: Die Eiche 21 (1933), 368-370). Für den Fall eines eindeutigen Protestes der ökumenischen Versammlung hatte Heckel zudem mit der unverzüglichen Abreise der deutschen Delegation gedroht (vgl. hierzu vor allem Armin Boyens: Kirchenkampf und Ökumene 1933-1939. Darstellung und Dokumentation unter besonderer Berücksichtigung der Quellen des Ökumenischen Rates der Kirchen, München 1969, 51-64). Auch bei der Tagung des Exekutivausschusses des Ökumenischen Rates für Praktisches Christentum im August 1935 in Chamby-sur-Montreux verhinderte Heckel durch seinen Einspruch, daß eine kurz zuvor vom Weltbund für internationale Freundschaftsarbeit der Kirchen beschlossene Aufforderung an die Kirchen, den in Deutschland schwerem Leid ausgesetzten „christlichen Nichtariern" seelische und äußere Hilfe zu gewähren, vom Exekutivausschuß übernommen wurde (vgl. Hermann Maas: Tagung des Internationalen Rates des Weltbundes für internationale Freundschaftsarbeit der Kirchen in Chamby sur Montreux vom 12. bis 18. August 1935, in: Ökumenisches Jahrbuch 1934-1935. Herausgegeben von Friedrich Siegmund-Schultze, Zürich 1936, 219-248, hier: 241-248).

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gelischer Kirche als Ausdruck einer Symbiose zweier ihrem Wesen nach aufeinander angelegter geschichtlicher Verkörperungen eines deutschen Nationalgeistes dar. 3.5.4. „Deutscher Staat und evangelische Kirche" In prägnantester Weise geschah dies in der im Frühjahr 1934 veröffentlichten Schrift „Deutscher Staat und evangelische Kirche".268 Der Drucktext ging auf einen Vortrag zurück, den Wobbermin am 30. Januar 1934, dem ersten Jahrestag der „Machtergreifung", in einer von der Göttinger Fakultät veranstalteten Vortragsreihe zum Thema „Rasse, Volk und Staat" hielt. Er wurde im Rahmen der von Wobbermin und Arthur Titius herausgegebenen „Studien zur systematischen Theologie" publiziert. Zuvor jedoch kam es in dieser Sache zu einer heftigen Kontroverse zwischen Wobbermin und dem Verlag Vandenhoeck & Ruprecht. In Reaktion auf Presseberichte über den Vortrag und noch bevor Wobbermin das Manuskript zur Drucklegung vorgelegt hatte, wurde seitens des Verlages in einem Brief an den Theologen bezweifelt, ob „dieser Gegenstand heute, wo die Entscheidung so lebhaft erörtert und umstritten wird, überhaupt unparteiisch behandelt" werden könne. Für die Aufnahme in die „Studien" sei aber eine „wissenschaftlich objektiv" angelegte Bearbeitung unbedingt erforderlich. Im gleichen Brief wird auch auf das Engagement des Verlages für die Junge Kirche hingewiesen. Diese Zeitschrift aber trete für den Pfarrernotbund und seine kirchenpolitischen Bestrebungen ein. Es sei daher anzunehmen, daß die Leser der Jungen Kirche den Verlag „der Irreführung zeihen" werden, wenn in ihrer Zeitschrift Anzeigen neuer Verlagswerke gebracht würden, „die von ganz anderen Anschauungen ausgehen".269 Wobbermin antwortete, daß er das Thema „durchaus rein und streng wissenschaftlich" behandelt habe. Das „besondere Interessengebiet des Pfarrer-Notbundes" bleibe gänzlich unberührt.270 In einem zweiten, deutlich schärfer formulierten Schreiben machte der Verlag das Einverständnis von Titius zur Bedingung für die Aufnahme des Textes in die „Studien": „Sollte Herr Prof. Titius den Wunsch haben, daß diese Arbeit nicht in den ,Studien' erscheint, so 268

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Deutscher Staat und evangelische Kirche (Studien zur systematischen Theologie. Heft 14), Göttingen 1934. Im folgenden wird nach dem Handexemplar von Martin Dibelius zitiert, das sich in der Bibliothek des Wissenschaftlich-Theologischen Seminars der Universität Heidelberg befindet (Inv.Nr. 250/50). Schreiben des Verlages an Wobbermin vom 8. Februar 1934 (Verlagsarchiv Vandenhoeck öc Ruprecht, Göttingen. Bestand: Korrespondenz Georg Wobbermin. Bl. 156). Die Korrespondenz des Verlags mit Wobbermin wurde in der Regel vom Verlagsleiter Günter Ruprecht persönlich geführt; die im Archiv vorliegenden Durchschläge sind nicht namentlich gezeichnet. Schreiben Wobbermins an den Verlag vom 11. Februar 1934 (Ebd. Bl. 157).

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möchten wir den Verlag nicht übernehmen [,..]."271 Um überdies voraussehbare Konflikte um einzelne Formulierungen zu vermeiden, schlug der Verlag Wobbermin eine Reihe von Korrekturen an seinem Text vor. Erstaunlicherweise ließ Wobbermin sich auf diese Vorschläge ein. Zu einer Einigung kam es dennoch nicht. Als nämlich die Druckfahnen des Vertrages vorlagen, sah der Verlag sich endgültig außerstande, den Druck zu übernehmen: „Jetzt, wo wir Ihren Vortrag über Staat und Kirche in den Fahnen leicht übersehbar vor Augen haben, wird uns mit einigem Schrecken klar, daß die schweren Bedenken, die wir Ihnen gegenüber bezüglich der Verlagsübernahme ausgesprochen haben, [...] noch immer bestehen." Mit Bezug auf Wobbermins Angriffe gegen Karl Barth wird festgestellt: „Nie und nimmer können wir zugestehen, daß Schweizer Theologen die treibende Kraft in den kirchenpolitischen Kämpfen gewesen sind. Dadurch werden Leute wie Niemöller, die ihre ganze Stellung geopfert haben, und unzählige Andere herabgesetzt. Mit diesen haben wir aber im Kampfe Seite an Seite gestanden und stehen noch so [...]." In diesem Kampf habe „das Herz des Verlegers mitgesprochen". Die Konsequenz sei daher: „Nachdem wir jetzt nochmals Ihre Ausführungen gelesen haben, müssen wir sagen, daß wir diese Schrift nicht mit Freudigkeit vertreiben können."272 Den Vorschlag des Verlegers, selbst nach einer anderweitigen Lösung für die Drucklegung zu suchen, griff Wobbermin nicht auf. Er beharrte vielmehr darauf, daß der Text in der von ihm selbst herausgegebenen Reihe erscheinen solle. Da sich in dieser Situation der Verlag aus Loyalität an die Vereinbarungen über die Herausgeberschaft der „Studien zur systematischen Theologie" gebunden fühlte, stimmte er zuletzt folgender Verfahrensweise zu: Der Text erschien innerhalb der „Studien" in einer Auflage von 1.000 Exemplaren. Gleichzeitig erhielt der Verlag die Gelegenheit, sich durch eine Vorbemerkung über seinen Standpunkt zu erklären. Der Sache nach kam diese Erklärung einer Distanzierung von Wobbermin gleich. Sie lautete: „Der Verlag legt Wert auf die mit Wissen des Herrn Verfassers erfolgende Feststellung, daß, obzwar die vorliegende Schrift der vom Verlag vertretenen Linie nicht entspricht, er dem Herrn Verfasser die Aufnahme in die von diesem seit der Begründung 1928 gemeinsam mit Herrn Prof. D. Titius herausgegebenen Studien zur systematischen Theologie' nicht abschlagen zu dürfen glaubte."273 271 272 273

Schreiben des Verlages an Wobbermin vom 14. Februar 1934 (Ebd. Bl. 159). Schreiben des Verlages an Wobbermin vom 21. Februar 1934 (Ebd. Bl. 161). Deutscher Staat und evangelische Kirche, 1. Eine erste Fassung der Erklärung findet sich in einem Schreiben des Verlages an Wobbermin vom 23. Februar 1934: „Der Verlag legt im Einverständnis mit dem Herrn Verfasser Wert auf die Feststellung, daß die vorliegende Schrift in keiner Weise der von ihm selber mit innerer Anteilnahme der Inhaber in den gegenwärtig drängenden kirchlichen Fragen vertretenen Linie entspricht. Trotz sachlicher Bedenken glaubte er jedoch, dem Herrn Verfasser die Aufnahme in die von ihm seit der Begründung 1928 gemeinsam mit Prof. Titius herausgegebenen .Studien zur systematischen Theologie' nicht abschlagen zu können" (Verlagsarchiv. Ebd. Bl. 169).

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Nachdem Wobbermin den Vorschlag akzeptiert hatte, konnten die Drucklegungsarbeiten noch im März 1934 beginnen. Auch über diesen Konflikt hinaus blieben die Verbindungen zwischen Wobbermin und dem Verlag zunächst bestehen. Erst im August 1935 teilte der Verleger Wobbermin mit, daß sich im Geschäftsjahr 1934/35 der Absatz der „Studien" derart verringert habe, daß ihm eine Fortführung der Reihe nicht mehr möglich sei. Ungeachtet der vorangegangenen Kontroverse sei ihm, wie es hieß, „bei unseren langjährigen persönlichen Beziehungen zu Ihnen und Herrn Geheimrat Titius" dieser Entschluß „sehr schmerzlich".274 Als letzter Band erschien im Frühsommer 1935 eine Untersuchung von Werner Schultz.275 Ein von Wilhelm Meyer, dem Göttinger Assistenten Wobbermins, vorgelegter Text: „Evangelische Kirche und Deutscher Staat in der Gegenwart" wurde nicht mehr aufgenommen. Nach Einstellung der „Studien"-Reihe ist es zu weiteren Kooperationen Wobbermins mit dem Göttinger Verlag nicht mehr gekommen.276 Wobbermin stellte sich in der umstrittenen Schrift die Aufgabe, das Verhältnis der neuen Deutschen Evangelischen Kirche, jener am 27. September 1933 in Wittenberg begründeten Reichskirche, zum „totalen Staat" des Dritten Reiches zu beschreiben. Auch hier nahm er ausdrücklich seine aus der religionspsychologischen Methodik erworbene Kompetenz zur „Problemstellung und Problembehandlung" in Anspruch. Es verwundert nicht, wenn Wobbermin - wiederum in Anknüpfung an „Schleiermacher und Luther" - als die der evangelischen Kirche „angemessene Haltung" die „freudige Zustimmung und nachdrückliche Förderung des totalen Staates" empfiehlt. Erst so werde der Kirche selbst die Möglichkeit gegeben, ihr eigenes Wesen „klar und rein zur Geltung zu bringen".277 Diese Übereinstimmung folgt nach Wobbermin aus dem „totalen Anspruch", den sowohl der Staat des Dritten Reiches als auch die Kirche an den Menschen stellen. Der Staat erstrecke seinen Herrschaftsanspruch auf alle Gebiete des irdischen Lebens; der kirchliche Anspruch richte sich „auf die Angelegenheiten der Ewigkeit, des Ewigkeitsglaubens und der Ewigkeitshoffnung". Allerdings müsse gelten, daß der staatliche Anspruch nicht 274

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Schreiben des Verlages an Georg Wobbermin vom 10. August 1935 (Verlagsarchiv. Ebd. Bl. 188). Werner Schultz: Das Verhältnis von Ich und Wirklichkeit in der religiösen Anthropologie Schleiermachers (Studien zur systematischen Theologie. Heft 17), Göttingen 1935. Eine Neuauflage der Schrift von 1934 erschien zwei Jahre später im Berliner Verlag von Arthur Collignon: Deutscher Staat und evangelische Kirche. Zweite, neubearbeitete Auflage, Berlin 1936. Die Ausgabe ist gegenüber der ersten Auflage um einen Zusatz: „Zur Befriedung in der kirchlichen Arierfrage" und um eine „Stellungnahme zur ökumenischen Bewegung" erweitert worden. Außerdem hat Wobbermin den Text überarbeitet und verschiedentlich ergänzt. - Die erwähnte Studie von Meyer blieb unveröffentlicht. Deutscher Staat und evangelische Kirche (Studien zur systematischen Theologie. Heft 14), Göttingen 1934, 7. Vgl. auch: Schleiermachers protestantische und vaterländische Sendung, in: Deutsches Christentum 3 (1938), Nr. 22.

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in einen dem Staat nicht zustehenden Absolutheitsanspruch umgesetzt werde. Gegen diese von Wobbermin als Gefahr zugestandene Fehlentwicklung schütze weder ein auf rechtsstaatlichen Prinzipien begründeter Staatsgedanke noch das Ideal des Kulturstaates. Beide seien insofern mangelhaft, als dem Rechtsstaatsideal das Motiv einer „positiven ethischen Bedeutung" des Staates, dem Kulturstaat aber das substantielle Moment der Verankerung im Nationalgedanken fehle. Erst der nationale, auf ein bestimmtes Volkstum gegründete Staat verschaffe auch der Kulturbetätigung des Staates „das höchste Maß von Leistungsfähigkeit". Erst in der Synthese von Nationalstaat und Kulturstaat realisiere sich die Forderung des totalen Staates „im nationalsozialistischen Sinne".278 Eine solche Synthese bietet nach Wobbermin die Gewähr dafür, daß „die ethischen Grundsätze", die früher mit dem Gedanken des Kulturstaates verknüpft waren, im totalen Staat ein bisher nicht gekanntes Maß an Beachtung finden. Es liegt in der Konsequenz eines solchen Staatsgedankens, wenn Wobbermin auch die Kirche in den Staatsorganismus einbezieht. Denn da „evangelisches Christentum und evangelische Kirche die ethischen Grundsätze mit einschließen, so muß auch die evangelische Kirche für ihre Stellungnahme dies Urteil" über die ethische Qualität des Nationalstaates „übernehmen und anerkennen". Überdies stütze sie selbst den nationalen Staat, da ihrer Überzeugung gemäß die nationalen Eigentümlichkeiten und Besonderheiten in der Schöpfungsordnung Gottes begründet und also auf Gott selbst zurückzuführen seien.279 Hieraus ergebe sich, wie Wobbermin behauptet, nicht nur die prinzipielle Berechtigung des nationalsozialistischen Antisemitismus, sondern auch die Aufforderung an die Kirche, sie müsse „unter bestimmten Umständen" selbst noch den Krieg als „staatenbildendes" Prinzip anerkennen. Denn wenn die Kirche auch „den nationalen Gedanken vor jeder Entartung" zu bewahren habe, so sei sie doch mitverantwortlich dafür, daß dem deutschen Volk die „Möglichkeit" erhalten bleibe, „die ihm von Gott geschenkten Kräfte zur vollen Auswirkung zu bringen".280 Die Defizite in Wobbermins Kirchen begriff wirken sich in diesen Ausführungen in verheerender Weise aus. Die Kirche kommt zwar für die theologische Klärung einerseits als „Objekt des Glaubens", andererseits als „Subjekt kirchlichen Handelns" in Betracht. Faktisch aber wird nach Wobbermin die jeweilige institutionelle Gestalt der Kirche allein von den gegebenen geschichtlichen Verhältnissen bestimmt. Gegenüber dem totalen Staat des Dritten Reiches, der idealen Verkörperung jener Synthese von National- und Kulturstaat, gerät die Kirche zwangsläufig in eine 278 279

280

Deutscher Staat und evangelische Kirche, 12-13. Ebd. Ebd., 16. Zu dieser Argumentation vgl. auch Uriel Tal: On Structures of Political Theology and Myth in Germany Prior to the Holocaust, in: Yehuda Bauer / Nathan Rotenstreich (Ed.): The Holocaust as Historical Experience, New York 1981.

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defensive Position. Ihre Aufgabe beschränkt sich auf die Mitwirkung an der großen Aufbauleistung des Staates, dessen politische Vorgaben ihren Aktivitäten normativ vorgeordnet sind. So schließt Wobbermin seinen Gedankengang folgerichtig mit dem Aufruf, daß „unsere neue deutsche evangelische Kirche" die enge und innige Zusammengehörigkeit von evangelischem Christentum und deutschem Volkstum immer reiner darstellen und, „unter der Führung des Herrn Reichsbischofs", ihrer Aufgabe als „deutsch-evangelische Kirche" immer mehr gerecht werden möge.281 3.5.5. „Karl Barths Anspruch, als Papst aller evangelischen Kirchen zu gelten" Wobbermins Engagement als theologischer Wortführer der Deutschen Christen brachte es fast zwangsläufig mit sich, daß auch die Auseinandersetzung mit Karl Barth noch einmal fortgeführt wurde. Die Neuaufnahme des Streites erfolgte gegen Ende des Jahres 1935.282 Allerdings führte Wobbermin die Auseinandersetzung jetzt in erster Linie auf der kirchenpolitischen Ebene. Zudem trat er nun, anders als früher, der Theologie Barths und ihren, von Barth selbst zunehmend betonten politischen Implikationen nicht allein, sondern in Gemeinschaft mit weiteren deutschchristlichen Gegnern entgegen. Im Hintergrund standen die Konflikte, die durch die KirchenausschußPolitik des neuen Reichskirchenministers Hanns Kerrl (1887-1941) hervorgerufen worden waren. Kerrl war in Verfolgung einer Strategie, die die staatliche Kontrolle über die Kirchen durch eine zeitlich und sachlich begrenzte Kooperation mit ihnen zu erreichen suchte, am 16. Juli 1935 mit der Wahrnehmung der bisher im Innen- und Kultusministerium bearbeiteten kirchlichen Angelegenheiten beauftragt worden.283 Mit dem am 24. September 1935 in Kraft getretenen Gesetz zur Sicherung der Deutschen Evangelischen Kirche hatte Kerrl die Vollmacht zum Erlaß rechtsverbindlicher Verordnungen erhalten, wodurch er über eine weitgehende Reglementierungsbefugnis verfügte. Seit Oktober 1935 bestand das Hauptziel der von Kerrl im direkten Auftrag Hitlers betriebenen Kirchenpolitik darin, sowohl in der Reichskirche als auch in den einzelnen Landeskirchen 281 202

283

Deutscher Staat und evangelische Kirche, 20-21. Die folgende Darstellung greift lediglich einige Aspekte einer bisher nicht beachteten Kontroverse aus dem Jahr 1936 auf. Sie beruht auf einer schmalen Quellenbasis und ist in erster Linie an Wobbermins Rolle interessiert. Eine umfassende Analyse der Zusammenhänge kann hier nicht erfolgen. Vgl. Leonore Siegele-Wenschkewitz: Zur Geschichte des Reichskirchenministeriums und seines Ministers, in: Paul Rieger/Johannes Strauß (Hg.): Kirche und Nationalsozialismus. Zur Geschichte des Kirchenkampfes (Tutzinger Texte. Sonderband 1), München 1969, 185-206.

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Ausschüsse zu etablieren, die für eine Übergangszeit, und zwar bis Herbst 1937, treuhänderisch kirchenleitende Funktionen wahrnehmen sollten. So war am 17. Oktober 1935 ein Reichskirchenausschuß eingesetzt worden, der allein dem Minister gegenüber verantwortlich war und dessen Aufgabe in der Leitung der Deutschen Evangelischen Kirche bestand. Gleichzeitig wollte Kerrl jedoch (mit der 5. Durchführungsverordnung zum Sicherungsgesetz vom 2. Dezember 1935) die Bekennende Kirche, zu der er ohnehin in gespanntem Verhältnis stand, von solchen kirchenleitenden Gremien ausschließen.284 Damit war die Kirchenausschuß-Politik, sofern sie ursprünglich auf eine „Befriedung" der kirchenpolitischen Situation angelegt war, bereits von Anfang an zum Scheitern verurteilt.285 In dieser Situation zog Karl Barth den Zorn eines größeren Kreises von Theologen auf sich, die, wie Wobbermin, den Deutschen Christen angehörten oder ihnen nahestanden. In mehreren öffentlichen Erklärungen hatte Barth die Vorgehensweise Kerrls einer scharfen Kritik unterzogen. Im Dezember 1935 bezeichnete er in einem Artikel für die Basler Nachrichten die mittlerweile eingesetzten Kirchenausschüsse als „unkirchliches ,Kirchenregiment'" und bewirkte mit seiner Stellungnahme, daß der deutsche Botschafter in der Schweiz eine offizielle Beschwerde bei der Schweizer Regierung einreichte.286 Jene deutschen Theologen griffen diese Zu284

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Man wird wohl davon ausgehen müssen, daß Kerrl das ekklesiologische und kirchenpolitische Selbstverständnis der Bekennenden Kirche zu keinem Zeitpunkt seiner regierungsamtlichen Tätigkeit ernstgenommen hat. Dies wirkte besonders dann konfliktfördernd, wenn er mit Theologen über die Bekenntnis- und Kirchenfrage diskutierte. „Seine autodidaktisch erworbene Auffassung vom Wesen des Christentums, die der Diktion wie der Sache nach als laienhaft verkürzte liberale theologische Gedankengänge verstanden werden mochten, machten auf Vertreter der Bekennenden Kirche oft einen provozierenden Eindruck" (Kurt Meier: Kreuz und Hakenkreuz. Die evangelische Kirche im Dritten Reich, München 1992, 135). Zu Recht weist Meier darauf hin, daß Kerrls Kirchenausschuß-Politik auch aus den Reihen der NSDAP mit Mißtrauen und Ablehnung verfolgt wurde. Denn so sehr sie Ruhe an der Kirchenfront schaffen sollte - und nur deswegen hatte Hitler Kerrl berufen -, so mußte sie doch, um dieses Ziel erreichen zu können, mindestens partiell eine institutionelle Konsolidierung der evangelischen Kirchen zulassen. Eine solche Festigung jedoch verhinderte die von Parteikreisen gewünschte Entkonfessionalisierung des öffentlichen Lebens. Vgl. John S. Conway: Die nationalsozialistische Kirchenpolitik 1933-1945. Ihre Ziele, Widersprüche und Fehlschläge, München 1969; Kurt Meier: Der evangelische Kirchenkampf. Band 2: Gescheiterte Neuordnungsversuche im Zeichen staatlicher „Rechtshilfe", Halle an der Saale 1976, 66-154. - Das kirchenpolitische Schlagwort der „Befriedung" wurde bereits nach jener Erklärung Hitlers gegenüber den Landesbischöfen Marahrens, Meiser und Wurm vom 30. Oktober 1934 eingeführt, wonach der Plan einer zentral geleiteten evangelischen Reichskirche als gescheitert zu betrachten sei. Vgl. Eberhard Busch: Karl Barths Lebenslauf. Nach seinen Briefen und autobiographischen Texten, 246-250, hier: 247. - Busch bemerkt in diesem Zusammenhang zu Barths Haltung: „Auffallend an Barths Äußerungen zum Kirchenkampf seit seiner Rückkehr in die Schweiz [Juli 1935] war ein gewisser, und zwar zunehmend stärker werdender kritischer Ton auch und gerade gegenüber der Bekennenden Kirche - und das führte ihn in eine immer einsamere Stellung" (247).

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rückweisung auf und stellten ihrerseits in einer gemeinsamen Erklärung den vermeintlich von Barth erhobenen Anspruch in den Mittelpunkt, allein seine theologische Position könne als zeit- und sachgemäße Darstellung des Protestantismus gelten. Sie erhoben damit einen Protest gegen Barth, der sich nicht allein aus dem unmittelbaren Anlaß erklären läßt, sondern in dem sich auch die kontroverse und konfliktreiche Entwicklung der deutschsprachigen protestantischen Theologie während der letzten zwanzig Jahre niederschlug. Der nähere Hintergrund der umfangreichen Erklärung bedarf ebenso wie die Textgeschichte im einzelnen noch einer genaueren Rekonstruktion. Dennoch ergeben sich zum einen aus der von Wobbermin veröffentlichten Schilderung der Vorgeschichte, zum anderen aus dem vollständigen Text der Erklärung selbst bereits eine Reihe von Anhaltspunkten. 287 So ist es, nach Wobbermin, „bereits Mitte Dezember 1935" unter Leitung von Ernst Benz, Erich Seeberg, Robert Winkler, Konrad Weiß und ihm selbst zu einer ersten Initiative von sechsunddreißig deutschen Universitätstheologen gekommen, die sich dagegen empörten, daß Barth „das Friedenswerk des Ministers Kerrl in gehässigster Weise angegriffen" habe. Barth habe den „päpstlichen Anspruch" erhoben, „daß seine Theologie und besonders seine theologische Beurteilung des Verhältnisses von Staat und Kirche die alleinige Berechtigung in der Deutschen Evangelischen Kirche, ja in der gesamten evangelischen Christenheit" habe. Aus diesem Grunde und „aus der Verantwortung für das Erbe der Reformation" hätten die Theologen sich veranlaßt gesehen, einen „energischen Protest" gegen die Haltung Barths einzulegen.288 Die Erklärung stand unter dem Titel „Ein Wort deutscher Theologen zur Überwindung der festgefahrenen kirchlichen Fronten", womit die Intention der kirchlichen „Befriedungs"-Politik des Reichskirchenministers aufgegriffen wurde. Der Text ist in drei Abschnitte untergliedert; jeder Abschnitt enthält eine Reihe thesenartiger Leitsätze; insgesamt handelt es sich um vierundzwanzig derartige Sätze.289 Ein kurzer Einleitungspassus betont, daß die Erklärung sich „der geflissentlich verbreiteten, irrigen und irreführenden Behauptung" entgegenstelle, „es gäbe in der deutschen evangelischen Kirche lediglich Vertreter der dialektischen oder einer ihr verwandten Theologie". Demgegenüber wollen die Unterzeichner „einige 287 288

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Vgl. Wobbermins Darstellung in: Arthur Titius. Ökumenische Theologie zur Befriedung der Kirche. Eine Gedenkrede, Berlin 1937, 17 und 20-23 (Beilage II). Ebd., 20. Die zitierte Passage gibt einen Rückblick auf die Ereignisse. Sie steht dem Abdruck jener Erklärung vom Dezember 1935 voran, den die unterzeichneten Theologen im Frühjahr 1936 veranlaßten. Wobbermin teilt einen Auszug aus der gemeinsamen Erklärung im Anhang zu seiner Titius-Gedenkrede vom Mai 1937 mit: Arthur Titius. Ökumenische Theologie zur Befriedung der Kirche, 20-23. Eine vollständige Fassung findet sich unter anderem in: Die Christliche Welt 50 (1936), 369-370. Dieser Abdruck wird im Folgenden zugrundegelegt.

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Thesen aussprechen, die innerhalb der deutschen theologischen Tradition von uns vertreten werden". Man sei sich bewußt, damit zugleich „ein Vermächtnis des verewigten Reinhold Seeberg durchzuführen". Bereits im ersten Abschnitt wird die Theologie Barths direkt angegriffen. Die Autoren unterstellen ihr „eine trostlose Zerreißung von Zeit und Ewigkeit". Sie wolle den Protestantismus in eine Richtung drängen, die mit den Schlagworten „Katholisierung" und „Calvinisierung" umschrieben wird. In kirchenpolitischer Hinsicht seien die Barthianer auf die Errichtung eines „neuen evangelischen Papsttums" aus, sie betrachteten die altprotestantischen Bekenntnisschriften „im Sinne einer endgültigen Norm des Glaubens für die Gegenwart" und planten dementsprechend die Einrichtung von kirchlichen Lehrzuchtverfahren. Ausdrücklich weisen die Autoren „den Anspruch einer einzelnen kirchlichen Richtung" zurück, „die alleinseligmachende Kirche innerhalb des Protestantismus darzustellen".290 Auch dürften „Lieblingsideen einer bestimmten Theologie" nicht zum allgemeingültigen Bekenntnis erhoben werden. Der zweite Abschnitt enthält die theologischen Hauptaussagen der Erklärung. Besonders in einigen Passagen dieses Abschnittes tritt die eigentümliche Diktion Wobbermins deutlich hervor; aus diesem Grunde soll er hier im Wortlaut wiedergegeben werden: „Wir treten ein für Schrift und Bekenntnis: 1. Die Bibel ist kein Abgott, das Christentum keine Buch-Religion. Der Geist ist im Buchstaben verborgen und wird erst lebendig in der geistlichen Auslegung. 2. Der Heilige Geist ist mit der Abfassung der Bibel nicht erschöpft, sondern ist die reißende Kraft Gottes, die sich im Leben der Kirche und der Geschichte kämpfend verwirklicht. 3. Glauben ist nicht Für-wahr-halten, sondern Sinn für das verborgene Wirken Gottes und Ergriffenwerden von der göttlichen Wirklichkeit. 4. Wort Gottes und Glauben normieren sich gegenseitig. Ohne Wort Gottes kein Glaube, ohne Glaube auch kein Wort Gottes. 5. Die Auslegung der Schrift gebührt nicht bloß einem Papst oder einer Synode, auch wenn sie heute tagt. 6. Unser Bekenntnis ist der lebendige Christus, nicht ein dogmatisches Gebilde. 7. Die Reformation geht noch fort. Sie verlangt von uns nicht Lutherrenaissance, sondern Luther-Revolution. Wir wollen den gefährlichen Luther verkünden und nicht den Spießbürger Luther, zu dem ihn Spießbürger gemacht haben. 8. Bekennen ist kein ängstliches Festhalten von unverständlichen veralteten dogmatischen Formulierungen, sondern lebendiges Zeugnis der Ergriffenheit durch die göttliche Wirklichkeit in der Gegenwart. 290

In einer ersten Mitteilung von Anfang März 1936 über die Erklärung hatte es geheißen: „[...] und damit auch den Anspruch einer einzelnen kirchlichen Stelle, die alleinseligmachende Kirche innerhalb des Protestantismus darzustellen" (vgl.: Die Christliche Welt 50 (1936), 237).

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9. Wir sehen in dem Eingehen Gottes in die Geschichte in der Person Christi den Schlüssel der christlichen Theologie und Frömmigkeit. Wir sehen auch in der Geschichte den Ort der Verwirklichung Gottes im Fleisch und erkennen seine Verwirklichung auch in der Dynamik des geistigen, kulturellen und staatlichen Lebens. 10. Wir verwerfen die Dialektik des Wortes, wir anerkennen die Dialektik des Lebens."291

Ein abschließender dritter Abschnitt erhebt Forderungen für den Bereich der „theologischen Erziehung": Die „dogmatische Verkalkung und Vergreisung der theologischen Jugend" müsse überwunden werden; eine fundierte theologische Ausbildung der Pfarrer sei unverzichtbar, da sie andernfalls zu „kirchlichen Handlangern" würden; die theologischen Fakultäten als Organe der staatlichen Universitäten seien zu erhalten; die Aufgabe der theologischen Wissenschaft bestehe darin, „die christliche Religion als das fruchtbarste Element im deutschen Geistesleben wie bisher zur Ehre Deutschlands" zu pflegen, zu formen und weiterzubilden. Überdies müsse in der Theologie „die gefährliche Freiheit des Glaubens" Raum haben. Eine patentierte Schul- und Sektentheologie wird zurückgewiesen. Schließlich lehnen es die Autoren ab, „daß sich evangelische Theologen gegenseitig als Ketzer bezeichnen und sich die Kirchengemeinschaft absprechen". Die beteiligten Theologen, die, wie bereits durch das Schreiben an Hitler vom 5. November 1934 deutlich geworden war, ihre wissenschaftlich-theologische Arbeit immer auch als Ausdruck ihrer Zustimmung zum nationalsozialistischen Staat gewertet wissen wollten, überreichten den Text dieser Erklärung „Mitte Dezember" bei einem persönlichen Empfang im Reichswissenschaftsministerium dem dortigen Staatssekretär und stellten ihn gleichzeitig auf dem Postwege auch dem Reichskirchenministerium zu. Bei Gelegenheit des Empfanges im Reichswissenschaftsministerium gaben die Theologen Benz, Seeberg, Dietrich, Winkler, Weiß und Wobbermin als die Autoren und Erstunterzeichner der Erklärung in Form eines Begleitschreibens an Reichsminister Kerrl die folgende Stellungnahme ab, mit der sie die Intentionen ihres Vorgehens gegen zu erwartende Fehldeutungen sicherstellen wollten: „Gegenüber einer unfruchtbaren Theologie, welche einen unüberbrückbaren Abgrund zwischen Gott und der Geschichte aufreißt, jede Fruchtbarmachung des Evangeliums für unsere geschichtliche Aufgabe verhindert und dadurch Verwirrung unter den Studenten und Pfarrern anrichtet, sprechen diese Thesen einige theologische Gedanken aus, die eine geordnete christliche Erziehung der theologischen Jugend im Rahmen der nationalsozialistischen Universität gewährleisten und den Prediger zu einer Verwirklichung der Kräfte des Evangeliums und zur Bejahung der von Ihnen, Herr Minister, geleiteten Befriedungsaktion der Kirche führen. 291

Die Christliche Welt 50 (1936), 369.

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Liberale Theologie zwischen Methodentheorie und Politik Wir betonen ausdrücklich, daß uns nichts ferner liegt als eine künstliche Neubelebung alter kirchenpolitischer Fronten. Unsere Absicht ist die Beseitigung theologischer Mißverständnisse, die eine lebensferne Theologie hervorgerufen hat, durch die Einführung einer neuen theologischen Grundhaltung, die es ermöglicht, die kommenden Diener der Kirche zu verantwortungsbewußten Mitarbeitern am Dritten Reich heranzubilden und eine Theologie zu überwinden, deren geistige Haltung in der Stimmung der Jahre von 1919 bis 1933 verwurzelt ist."292

In einem parallelen Schreiben an den Reichs- und Preußischen Minister für Wissenschaft, Erziehung und Volksbildung hieß es: „Die Besinnung auf die religiösen und theologischen Aufgaben der deutschen evangelischen Kirche im Dritten Reich hat einige Theologie-Professoren, Dozenten und Kirchenführer dazu bewogen, endlich einmal jenseits der alten festgebildeten kirchenpolitischen Fronten ein klärendes Wort zur heutigen theologischen Lage zu sagen, auf die Verfälschung der eigentlichen religiösen Situation hinzuweisen, wie sie durch die dialektische Theologie und die durch sie bestimmte sektenhafte Haltung eines Teils der kirchlichen Gruppen geschaffen worden ist, und einige Grundsätze auszusprechen, von denen aus die Verfälschung der Lage überwunden werden kann. Diese Besinnung auf die theologischen Aufgaben soll alle diejenigen sammeln, welche jeder Gefährdung einer fruchtbaren Verbindung von Kirche und Volkstum durch eine neue theologische Grundhaltung entgegentreten wollen, für die sie auch als Minorität ganz einzustehen bereit sind. Da es sich nicht um eine Erneuerung einer alten kirchenpolitischen Front handelt, sondern um eine Besinnung auf die heutige theologische Aufgabe, haben wir es vermieden, uns ausdrücklich auf den Staat zu beziehen und die staatliche Macht für uns zu reklamieren. Es kommt jetzt darauf an, die eigentliche Entscheidung um die geistige Form des zukünftigen deutschen Protestantismus mit geistigen Waffen auszutragen. Die Thesen sind nicht als Glaubensartikel im Sinne eines .Bekenntnisses' zu verstehen, sondern als Gesichtspunkte dieser neuen theologischen Richtung."293

In theologischer Hinsicht läßt sich nicht übersehen, daß einige der in der Erklärung vorgetragenen Positionen auf liberaltheologische Motive zurückbezogen werden können. Dies gilt etwa für die Annahme einer Selbst-

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Undatiertes Schreiben (Mitte Dezember 1935) von Ernst Benz, Ernst Ludwig Dietrich, Erich Seeberg, Robert Winkler, Georg Wobbermin und Konrad Weiß an Reichsminister Hanns Kerrl; hier zitiert nach dem Abdruck in: Junge Kirche 4 (1936), 289-290 (Ausgabe Nr. 6 vom 21. März 1936). - Der erwähnte Ernst Ludwig Dietrich war im Februar 1934 als Kandidat der Deutschen Christen zum Bischof der Evangelischen Landeskirche Nassau-Hessen berufen worden. Undatiertes Schreiben (Mitte Dezember 1935) von Ernst Benz, Ernst Ludwig Dietrich, Erich Seeberg, Robert Winkler, Georg Wobbermin und Konrad Weiß an Reichsminister Bernhard Rust; hier gleichfalls nach dem Abdruck in: Junge Kirche 4 (1936), 290 (Ausgabe Nr. 6 vom 21. März 1936).

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Bekundung Gottes in der Geschichte durch Jesus Christus, für die Würdigung der „Geschichte" als Ort göttlicher Präsenz, die Kritik an Dogmatismus und Biblizismus und schließlich auch für die Betonung einer ethischen Ausrichtung der theologischen Glaubensauslegung. Der polemisch-kirchenpolitische Kontext jedoch, in den die Ausführungen gestellt sind, läßt deutlich werden, daß die theologische Darstellung hier allein den Zweck verfolgt, Barths dialektisch-theologisches Modell als, wie es heißt, „trostlos", als sittlich destruktiv, als unprotestantisch, unlutherisch, ja, als unevangelisch schlechthin zu denunzieren. Hinter dieser Absicht stand, wie sich aus den Erläuterungen Wobbermins unmittelbar ergibt, schon im Dezember 1935 das Interesse, die gerade in der instabilen Frühphase der Kirchenausschüsse politisch und kirchenpolitisch brisante Position Barths zu neutralisieren. Die theologische Argumentation wird also in dem vorliegenden Text nicht um ihrer selbst willen vorgetragen, sondern sie wird für einen klar erkennbaren kirchenpolitischen Handlungszweck instrumentalisiert. Insofern verwundert es nicht, wenn nicht ein einziger liberaler Theologe auf der Unterzeichnerliste erscheint, der nicht zugleich dem Seeberg-Kreis oder einem anderen deutsch-christlichen Theologenkreis angehörte. Vielmehr hat eine Vorgehensweise, die in der hier praktizierten Form die Theologie für kirchenpolitische Zwecke mißbraucht, gerade den ausdrücklichen Protest liberaler Theologen hervorgerufen. 294 Ein solcher Protest war um so plausibler, als die Verfasser der Erklärung den politischen Hintergrund ihres Unternehmens offen darlegten. In ihrer Aufforderung, sich durch Mitunterzeichnung der Erklärung anzuschließen, stellten sie noch einmal heraus, was sie in dieser Beziehung beabsichtigten: „Was erreicht werden soll, ist dies: Klarheit in und außerhalb der deutschen Grenzen darüber zu schaffen, daß klare, bewußte, tiefgegründete Frömmigkeit und Theologie gerade nicht auf dem Boden radikaler Ablehnung eines positiven Verhältnisses zwischen nationalsozialistischem Staat und evangelischer Kirche erwächst, sondern daß das Bild der religiösen und theologischen Lage Deutschlands auch durch die große Zahl derjenigen bestimmt wird, die im Sinne dieser Thesen zuversichtlich zum Dritten Reich und auf seinen Grundlagen stehend in der christlichen Kirche an die Arbeit gehen." Es komme alles darauf an, daß „diese wahre Lage unserm Staat, unserer Kirche und unserm Volk, das beiden angehört", entschleiert werde. Aber auch die auf Deutschland und seine Kirche gerichteten „Blicke der Welt" standen ihnen, wie die Autoren abschließend versicherten, vor Augen.295 294

295

Vgl. etwa Hermann Mulert: „Deutscher Glaube" und Christentum (Grabert und Frenssen), in: Die Christliche Welt 50 (1936), 364-368; Ders.: Luthertum, Bekenntniskirche, Union, in: Ebd., 395-397. Siehe auch Heinrich Weinel: Was alles „liberal-theologisch" sein soll, in: Die Christliche Welt 49 (1935), 712. Zitiert nach: Die Christliche Welt 50 (1936), 370.

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In der weiteren Folge stand die Theologenerklärung noch ein zweites Mal im Zentrum der Auseinandersetzungen. Den Ausgangspunkt bildete ein Artikel von Barth, der am 3. Januar 1936- einem kirchenpolitisch sensiblen Datum - in der englischen Tageszeitung The Manchester Guardian unter dem Titel „The German church: Christ or Hitler? A cause for all Christendom. ,Back to the Bible!'" erschienen war. Barth wiederholte hier im wesentlichen seine frühere Kritik an Kerrls Befriedungsprojekt.296 Eine Woche später, in der Ausgabe vom 10. Januar, wurde in derselben Zeitung in einem redaktionellen Bericht auf einen „moving appeal by Dr. Barth to English Churchpeople" hingewiesen. Barth habe mit diesem appeal die Absicht verfolgt, so der Manchester Guardian, „to recognize that the struggle in which the Confessional Church is engaged is a fight for the substance of Christianity".297 Von Bedeutung für den vorliegenden Zusammenhang ist nun der Umstand, daß diese beiden Stellungnahmen Barths von den DC-Theologen als Ausdruck eines hybriden theologischen und kirchenpolitischen Geltungsanspruches aufgefaßt wurden. Diese Stellungnahmen setzten in ihren Augen allem, was Barth sich bisher bereits „an Verdächtigungen und böswilligen Verdrehungen geleistet habe, die Krone auf". 298 Vielleicht auf die besondere Initiative einzelner Mitglieder des DCKreises - nach Wobbermins, allerdings fragwürdiger, Darstellung hat es sich um Arthur Titius gehandelt - hat dann in der zweiten Februar-Hälfte 1936, spätestens aber in den letzten Tagen des Monats, „eine beträchtliche Zahl von Kollegen fast aller deutschen evangelischen Fakultäten" schärfsten Protest „gegen solche Entstellung der Tatsachen und zugleich gegen die Anmaßung" Barths erhoben, „sich als unfehlbaren Papst aller evangelischen Kirchen aufzuspielen". Dieser Protest erfolgte in der Weise, daß die Erklärung vom Dezember 1935 unter Beifügung auch der angeführten Begleitschreiben in deutschsprachigen Zeitschriften publiziert 296

297

298

Karl Barth: The German church: Christ or Hitler? A cause for all Christendom. .Back to the Bible!', in: The Manchester Guardian. Ausgabe vom 3. Januar 1936, 9-10 (eine deutsche Übersetzung dieses Artikels ist bisher nicht erschienen). Vgl. auch Georg Wobbermin: Arthur Titius. Ökumenische Theologie zur Befriedung der Kirche, 20. Nach Wobbermin ist Barths Artikel in weiteren englischen Tageszeitungen nachgedruckt worden; Nachweise dazu liegen bisher nicht vor. - Am 3. Januar 1936 beschloß der Reichsbruderrat mit Mehrheit, daß man „im Geiste der Beschlüsse der Barmer Bekenntnissynode von 1934" die vom Staat eingesetzten neuen Kirchenausschüsse nicht als Kirchenbehörde anerkennen wolle. Demgegenüber war die Vorläufige Leitung der Deutschen Evangelischen Kirche mehrheitlich bereit, die staatlichen Ausschüsse zu unterstützen. Vgl. zu dem Beschluß des Reichsbruderrates Hermann Mulert: Gegensätze in der Bekennenden Kirche, in: Die Christliche Welt 50 (1936), 83-84. The Manchester Guardian. Ausgabe vom 10. Januar 1936; hier zitiert nach der redaktionellen Zusammenfassung unter dem Titel „German Theology", erschienen in der Ausgabe vom 27. März 1936. Georg Wobbermin: Arthur Titius. Ökumenische Theologie zur Befriedung der Kirche, 17. - Vgl. auch die Notiz „Oekumenisches", in: Die Christliche Welt 50 (1936), 91.

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wurde. So erschien die Erklärung in ihrem vollständigen Wortlaut und in der ursprünglichen deutschen Fassung am 1. März 1936 in der DCZeitschrift Positives Christentum, am 8. März in der Zeitschrift Evangelium im Dritten Reich, am 21. März in der Jungen Kirche und am 25. April, also mit erheblicher zeitlicher Verzögerung, auch in der Christlichen Welt. Während die beiden deutsch-christlichen Zeitschriften den Text unter den redaktionellen Titel „Die [theologische (so: Evangelium im Dritten Reich)] Wissenschaft gegen die Bekenntnisfront" stellten und auf diese Weise die kritische Richtung noch hervorhoben, beschränkte die Christliche Welt sich auf den von den Autoren formulierten Titel.299 Gleichzeitig wurde eine zweite Fassung vorbereitet, die zur Publikation in englischen Tageszeitungen bestimmt war. Es ist mit hoher Wahrscheinlichkeit davon auszugehen, daß Wobbermin an dieser Arbeit maßgeblich beteiligt war. Denn 1937 hat er diese und nicht die ursprüngliche Version anhangsweise in die Druckausgabe seiner Titius-Gedenkrede aufgenommen. Zudem hat sich eine weitere, von Wobbermin unabhängige Überlieferung der bearbeiteten Fassung bisher nicht nachweisen lassen. Die zweite Textfassung ist zum einen erheblich kürzer als der ursprüngliche Wortlaut, zum anderen unterscheidet sie sich durch eine neu hinzugefügte Vorrede, die in aggressivem Ton abgefaßt ist und in der gegen den „Schweizer Theologen" ausdrücklich der Vorwurf der Irrlehre erhoben wird.300 Die Autoren waren offenkundig gegenüber Barth derart empört, daß sie lieber eine Streichung ihrer eigenen Aussage vornahmen - „Wir lehnen es ab, daß sich evangelische Theologen gegenseitig als Ketzer bezeichnen und sich die Kirchengemeinschaft absprechen" (Ursprüngliche Fassung. Abschnitt III. Satz 6) -, als auf dies äußerste Mittel theologischer und kirchenpolitischer Polemik zu verzichten. Diese für die englische Presse 299

300

[Ernst Benz/Erich Seeberg u.a.:] Ein Wort deutscher Theologen zur Überwindung der festgefahrenen kirchlichen Fronten, in: Die Christliche Welt 50 (1936), 369-370. Die Veröffentlichung in der Jungen Kirche erfolgte in Heft 6 des 4. Jahrganges vom 21. März 1936; dort wurden auch die oben zitierten Begleitschreiben vom Dezember 1935 nach der Erstveröffentlichung in der Zeitschrift Positives Christentum vom 15. März 1936 nachgedruckt. Der zum Teil oben bereits zitierte Text dieser Vorrede lautet vollständig: „Der Schweizer Theologe Karl Barth hat am 3. Januar 1936 in der englischen Presse (Manchester Guardian) erneut den Anspruch erhoben, daß seine Theologie und besonders seine theologische Beurteilung des Verhältnisses von Staat und Kirche die alleinige Berechtigung in der Deutschen Evangelischen Kirche, ja in der gesamten evangelischen Christenheit habe. Von diesem päpstlichen Anspruch aus hat Barth das Friedenswerk des Ministers Kerrl in gehässigster Weise angegriffen. Gegen diese Irrlehre K. Barths haben 36 deutsche Universitäts-Theologen bereits Mitte Dezember 1935 aus der Verantwortung für das Erbe der Reformation heraus energischen Protest eingelegt. Infolge des erneuten Angriffs K. Barths muß dieser Protest um der Wahrhaftigkeit willen nunmehr der englischen Öffentlichkeit zugeleitet werden" (zitiert nach Georg Wobbermin: Arthur Titius. Ökumenische Theologie zur Befriedung der Kirche, 20). Die englische Fassung übersetzt „Irrlehre" mit „false doctrine" (22).

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bestimmte Textfassung ist es auch, die unter den Titel „Karl Barths Anspruch, als Papst aller evangelischen Kirchen zu gelten" bzw. „Karl Earth's pretension to be pope of the Protestant Church" gestellt wurde. Beides, der Irrlehrevorwurf und die Titelformulierung, weisen wiederum auf Wobbermin als federführenden Autor der verkürzten Textfassung hin. Da sich überdies wegen der vorgenommenen Auslassungen vor allem im zentralen zweiten Teil der Charakter des Textes von dem der Vorlage erheblich unterscheidet, soll die veränderte Erklärung hier im Wortlaut mitgeteilt werden: „Gegenüber der geflissentlich verbreiteten, irrigen und irreführenden Behauptung, es gäbe in der deutschen evangelischen Kirche lediglich Vertreter der dialektischen oder einer ihr verwandten Theologie, erklären die Unterzeichneten einmütig und nachdrücklich Folgendes: I. Wir lehnen ab: 1. jede Theologie, die eine trostlose Zerreißung von Zeit und Ewigkeit verkündet und damit eine aktive christliche Frömmigkeit und Ethik verhindert; 2. die innere Katholisierung des Protestantismus und damit auch den Anspruch einer einzelnen kirchlichen Richtung, die alleinseligmachende Kirche innerhalb des Protestantismus darzustellen; 3. die Calvinisierung des deutschen Luthertums; 4. die Unfehlbarkeit der Konzilien und Synoden, auch wenn sie heute tagen, da Konzilien und Synoden nach Luther allzeit irren können. II. Wir treten ein: für Schrift und Bekenntnis. , 1. Die Bibel ist kein Abgott, das Christentum keine Buch-Religion; der Geist ist im Buchstaben verborgen und wird erst lebendig in der geistlichen Auslegung; 2. Unser Bekenntnis ist der lebendige Christus, nicht ein dogmatisches Gebilde; 3. Die Reformation geht noch fort (Schleiermacher); 4. Wir sehen in dem Eingehen Gottes in die Geschichte in der Person Christi den Schlüssel der christlichen Theologie und Frömmigkeit. Wir sehen auch in der Geschichte den Ort der Verwirklichung Gottes im Fleisch und glauben diese Verwirklichung auch in der Dynamik des geistigen, kulturellen und staatlichen Lebens verborgen. III. Wir wollen für die theologische Erziehung: 1. die Erhaltung der theologischen Fakultäten als Organe der staatlichen Universitäten; 2. in der theologischen Wissenschaft ,die gefährliche Freiheit des Glaubens' und keine patentierte Schul- und Sektentheologie."301

301

Zitiert nach: Arthur Titius. Ökumenische Theologie zur Befriedung der Kirche, 20-21. Die englische Version findet sich: Ebd., 22-23. Alle orthographischen Eigenarten des Textes finden sich so in der Vorlage. - Zum Schleiermacher-Zitat in These II.3 vgl. Friedrich Schleiermacher: Gespräch zweier selbst überlegender evangelischer Christen über die Schrift: Luther in Bezug auf die neue preußische Agende, in: Ders.: Sämmtliche Werke. Erste Abtheilung. Zur Theologie. 5. Band, Berlin 1846, 537-625, hier: 625.

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Vergleicht man beide Fassungen der Erklärung, so fallen einige signifikante Unterschiede ins Auge: Versucht die ursprüngliche Version sich noch in einer, wenn auch rudimentären, theologischen Argumentation, so enthält die Kurzfassung lediglich apodiktische Leitsätze eines autoritären theologischen Selbstverständnisses. Sie greift damit auf das Mittel theologischer „Richtlinien" zurück, das Wobbermin schon früher angewandt hatte. Aus Abschnitt II werden lediglich die Sätze l, 6 und 9, letzterer mit geringfügiger Veränderung, wiedergegeben; Satz 7 wird auf die von Schleiermacher entlehnte Formel reduziert. Gänzlich fortgefallen sind die Aussagen zum Verhältnis von Glaube und Wort Gottes, zur Schriftauslegung, zur Anknüpfung an „den gefährlichen Luther", zur Bedeutung des Begriffes „Bekennen" sowie zum Dialektik-Begriff. Dabei handelt es sich in einigen Fällen, wie etwa der ursprünglichen Schlußformulierung („Dialektik des Lebens" statt „Dialektik des Wortes"), durchaus um Wendungen, die von Wobbermin stammen könnten und für die sich zum Teil in seinen Veröffentlichungen Parallelen finden. Sowohl durch die Reduktion des Textes auf wenige markante Formulierungen als auch durch die hinzugefügte Vorrede erhält die Kurzfassung einen kämpferischen Charakter, der weder durch die Gesamtanlage noch durch die einzelnen Aussagen der Erstfassung gedeckt ist. Im Fall des gegen Barth erhobenen Vorwurfes der Irrlehre tritt die Kurzfassung sogar in einen direkten Widerspruch zu ihrer Vorlage. Insgesamt wird aus einer theologischen Programmbeschreibung eine polemische Kennzeichnung theologischer Gegensätze, deren Ziel allein darin besteht, die Barth zugeschriebene Position als unhaltbar abzuwerten. Obwohl bereits die Vorlage in enge sachliche und formale Grenzen eingeschlossen war, gibt die Kurzfassung auch noch den letzten Rest an inhaltlicher Argumentation auf. Wie erwähnt, bestand ein besonderes Anliegen der Unterzeichner darin, daß „um der Wahrhaftigkeit willen" ihr Protest der englischen Öffentlichkeit zugeleitet werde. Diese Absicht, die nach Wobbermin wiederum in erster Linie auf Titius zurückging, wurde tatsächlich umgesetzt. Der Manchester Guardian, der sich auch früher schon mehrfach den Vorgängen im deutschen Kirchenkampf zugewandt hatte, brachte Ende März 1936 die bearbeitete Fassung der Theologen-Erklärung zum Abdruck. 302 Als Unterzeichner traten unter anderem Johannes Behm, Erich Seeberg, Arthur Titius, Georg Wobbermin, Robert Winkler, Hans Schmidt, Ernst 302

Vgl. die entsprechende Notiz: [Anonymus:] German Theology [1], in: The Manchester Guardian. Ausgabe vom 27. März 1936: „We print this week a memorandum drawn up by certain German theologians. [...] The memorandum is a statement by certain professors who are anxious [...] to promote the settlement for which Herr KerrI is working and thus come to terms with the State. Among the signatories Professor Otto of Marburg and Professors Seeberg, Titius and Wobbermin are well known here." - Ob auch andere englische Tageszeitungen die Erklärung veröffentlicht haben, konnte bisher nicht geklärt werden.

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Benz und Rudolf Otto, Robert Jelke und Theodor Odenwald sowie Martin Redeker auf. Insgesamt handelte es sich, wie Wobbermin betont, mittlerweile um fünfzig „deutsche Universitäts-Theologen", die sich der Erklärung angeschlossen hatten.303 Uneingeschränkt zufrieden konnte der DC-Theologenkreis allerdings mit dieser Veröffentlichung nicht sein. Denn in engem zeitlichen Zusammenhang mit dem Abdruck der Erklärung gab die Redaktion des Manchester Guardian den Vorbehalten, die in England gegenüber der Kirchenpolitik der Deutschen Christen und der Reichsregierung, aber auch gegenüber der politischen und gesellschaftlichen Gesamtentwicklung in Deutschland bestanden, einen kaum mißzuverstehenden Ausdruck, indem sie eindeutig gegen die DC-Theologen Stellung bezog: „We should be unwilling to say or do anything that would hinder a really satisfactory settlement. Undoubtedly there is a considerable amount of opinion that is weary of the struggle and is anxious to bring it to an end at almost any reasonable price. Nor should it be overlooked that the ancient controversy between Calvinism and Lutheranism has complicated the conflict. But Dr. Karl Barth's appeal cannot be put on one side as a mere Calvinization of Lutheranism. Many of the younger Lutherans who by no means accept the Barthian theology wholesale have allied themselves to the Confessional forces. As Dr. Barth pointed out, the words that he insisted upon when the Synod of Barmen drew up its critical pronouncement in 1934 are: ,Christ, as Holy Writ bears witness, is the one Word of God, whom we hear, in whom we trust and confide in life and in death.' He would be the first to agree that the living Christ, i.e., the Christ who died and rose again, is the Confession. And he and the other Confessional leaders would maintain that because this is so the lordship of Christ cannot be subordinated to any doctrine of race or people, however this may be disguised under appeals to history."304

Auf diese Erklärung wies Wobbermin in seiner Darstellung der Geschichte jener aufsehenerregenden Barth-Kritik natürlich nicht hin. Vielmehr suggerierte er, daß die Tatsache des Abdruckes der DC-Erklärung selbst als Ausdruck einer sachlichen Zustimmung gewertet werden könne. Überdies galt ihm, wie aus dem Kontext der Titius-Gedenkrede, auf die später noch 303

Vgl. die von Wobbermin publizierte Fassung der Erklärung: Karl Barths Anspruch, als Papst aller evangelischen Kirchen zu gelten / Karl Barth's Pretension To Be Pope Of The Protestant Church, in: Arthur Titius. Ökumenische Theologie zur Befriedung der Kirche, 20-23; die Unterzeichnerliste findet sich: Ebd., 21 und 23. (Anonymus:] German Theology [2], in: The Manchester Guardian. Ausgabe vom 27. März 1936. - Das Karl Barth-Archiv der Universität Basel verfügt über keinen gesonderten Bestand zu diesen Vorgängen aus den Jahren 1935 und 1936. Allerdings liegt dort eine Reihe weiterer Zeitungsartikel von 1936 und 1937 vor, die ebenfalls den Vorwurf thematisieren, Barth betätige sich an der Errichtung eines „Papalsystems" oder gebe seine kirchenpolitischen Publikationen wie päpstliche Bullen aus. (Für freundliche Hinweise auf diese bisher nicht ausgewerteten Materialien danke ich Herrn Dr. Hans-Anton Drewes vom Karl Barrh-Archiv der Universität Basel.)

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näher einzugehen ist, sichtbar wird, das ganze Unternehmen als Bestandteil einer kirchen- und theologiepolitischen Gesamtstrategie, deren Zweck, unter dem von offizieller Seite ausgegebenen Motto einer „Befriedung der Kirche", auf eine Neuordnung der kirchlichen und theologischen Verhältnisse gerichtet war.305 Der Irrlehre-Vorwurf gegen Barth wurde von der DC-Presse im Rahmen ihrer Berichterstattung über das „Wort deutscher Theologen" aufgegriffen. Es fällt auf, daß hierbei zum Teil theologische Einschätzungen übernommen wurden, die Wobbermin schon in seiner früheren Kontroverse mit Barth vorgetragen hatte. So leitete etwa die Schriftleitung der Zeitschrift Evangelium im Dritten Reich den Text mit einer Vorbemerkung ein, in der sie den Autoren um Seeberg und Wobbermin bescheinigte, durch ihr „geschichtliches Dokument" die protestantische Freiheit wieder zur Geltung gebracht zu haben, nachdem zuvor der Katholizismus, der in Gestalt der Theologie Barths „innerhalb der evangelischen Kirche aufgebrochen" sei, diese Freiheit schwer beeinträchtigt habe. Das Anliegen der Deutschen Christen komme in der Erklärung klar zum Ausdruck. Es wird „aufs freudigste" begrüßt, daß „deutsche evangelische Theologen hier so offen und eindeutig von der Wissenschaft her" den Irrlehrewahn und die geistige Überheblichkeit „gewisser Kreise" in der evangelischen Kirche zurückgewiesen hätten. Das evangelische Kirchenvolk werde den „namhaften evangelischen Theologen" Dank wissen, daß sie in dieser verworrenen kirchlichen Lage so tapfer für die Wahrheit der Reformation eingetreten seien.306 In der Zeitschrift Positives Christentum, dem offiziellen Organ der Reichsleitung der Deutschen Christen, kommentierte die Redaktion die Erklärung, indem sie schrieb, daß „dieses theologische Wort" angesichts der Ergebnisse der Oeynhausener Bekenntnissynode und angesichts des kritischen Stadiums der Kirchenausschußarbeiten „besonders zeitgemäß" sei.307 Insbesondere wurde lobend hervorgehoben, daß „nun auch von der Wissenschaft her wieder einmal ein Stück des Unfehlbarkeitsanspruches 305 306

307

Siehe hierzu: Arthur Titius. Ökumenische Theologie zur Befriedung der Kirche, 17. Die Schriftleitung [Red.]: Die theologische Wissenschaft gegen die Bekenntnisfront, in: Evangelium im Dritten Reich. Ausgabe vom 8. März 1936; hier zitiert nach: Junge Kirche 4 (1936), 287-288. Zitiert nach: Junge Kirche 4 (1936), 289. - Die 4. (und letzte) Reichsbekenntnissynode der Bekennenden Kirche tagte vom 17. bis 22. Februar 1936 in Bad Oeynhausen. Es gelang den Synodalen nicht, eine einheitliche Stellungnahme zu den Kirchenausschüssen zu formulieren. Über diese Frage kam es nicht nur zu heftigen Auseinandersetzungen zwischen lutherischen und reformierten Delegierten, sondern sogar fast zur Spaltung der Bekennenden Kirche. Einig waren sich die BK-Vertreter in der kritischen Einschätzung der aktuellen Situation im Bereich kirchlicher Unterweisung an den Schulen. Sie appellierten an die staatlichen Stellen, dafür Sorge zu tragen, daß „die geheime widerchristliche Propaganda" an den Schulen ein Ende finde. Den Gemeinden wurde die Verantwortung für die christliche Erziehung eingeschärft. Die „Nicht-Arier"-Gesetzgebung in Staat und Kirche spielte auf der Synode keine Rolle.

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der Bekenntnisfront als moderner Aberglaube" entlarvt worden sei. Inhaltlich bringe das Theologenwort zwar nichts Neues, da seine Gedanken längst Allgemeingut „unserer Kämpfer" geworden seien; es sei aber „gerade deshalb von solcher Aktualität und Bedeutung für die heutige Stunde".308 - Weder von den an der Erklärung beteiligten Theologen noch von den Redakteuren und Journalisten der DC-Presse war im Frühjahr 1936 eine inhaltliche, an sachlichen Differenzen orientierte Auseinandersetzung mit Karl Barth beabsichtigt. Sie dürfte unter den gegebenen Umständen auch kaum noch möglich gewesen sein. Dies gilt in besonderem Maße für Wobbermin selbst, der zu einer solchen Auseinandersetzung zu diesem Zeitpunkt weniger denn je willens und in der Lage war. Auffällig bleibt im Zusammenhang dieser ganzen Kontroverse die zurückhaltende Berichterstattung in der liberaltheologischen Presse. So äußerte sich etwa Hermann Mulert in der Ausgabe der Christlichen Welt vom 8. Februar 1936 zwar in einem längeren Artikel über die „eigenartigen Verzerrungen", die in England eine objektive Wahrnehmung der komplizierten kirchlichen und kirchenpolitischen Situation in Deutschland beinahe unmöglich machten. Auf die Auseinandersetzungen um Barths Stellungnahme vom Jahresbeginn ging er hingegen mit keinem Wort ein.309 Vier Wochen später wurden dann in der Christlichen Welt die publizistischen Aktivitäten der Barth-Gegner zwar registriert, doch geschah dies in einer Weise, die kaum Rückschlüsse auf den tatsächlichen Charakter des Streites zuließ: In der Ausgabe vom 7. März teilte Mulert seinen Lesern in der Kleindruck-Rubrik ,Deutsche Evangelische Kirche' mit, daß „ein Kreis von Gegnern der dialektischen Theologie" eine Reihe von Thesen aufgestellt habe, durch die - hier zitierte er den Text - „die innere Katholisierung des Protestantismus" abgelehnt werde. Als Unterzeichner nannte er Seeberg, Winkler, Landesbischof Dietrich und Privatdozent Benz.310 Erst in der Ausgabe vom 25. April gab er endlich einem vollständigen Abdruck der Erklärung Raum. Mittlerweile war seit der ersten Initiative des Kreises um Wobbermin und Seeberg mehr als ein Vierteljahr vergangen. Daneben wählte Mulert aber auch noch einen zweiten Weg, um seine Distanz gegenüber der politisch motivierten Barth-Polemik der DC-Theologen zu markieren: Er veröffentlichte eben in derselben Ausgabe vom 25. April einen zuvor bereits im Journal of Religion erschienenen Text von Paul Tillich, in dem der mittlerweile in den USA lebende Autor sich der 308 309

310

Zitiert nach: Junge Kirche 4 (1936), 289. Hermann Mulert: Zum englischen Urteil über den deutschen Kirchenstreit, in: Die Christliche Welt 50 (1936), 133-134. Die Christliche Welt 50 (1936), 237. In der Ausgabe vom 21. März wird, vielleicht auf persönliche Intervention von Wobbermin, nachgetragen: „Die Sp. 237 erwähnte Erklärung gegen die dialektische Theologie ist auch von Wobbermin unterzeichnet worden" (Ebd., 285).

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Frage widmete: „Was ist falsch in der .dialektischen' Theologie?"311 Tillichs Argumentation lag auf einem völlig anderen Niveau, als die plakativen Formeln der DC-Theologen. Ausdrücklich stellte Mulert denn auch diese Ausführungen seinen Lesern als Beitrag zur Bildung eines „besonnenen Urteils" vor und nahm dafür sogar die scharfe Kritik in Kauf, die Tillich an zentralen Positionen der liberalen Theologie äußerte.312 Nicht zuletzt aufgrund seiner Veröffentlichung in der Christlichen Welt hat dieser Text von Tillich bald schon in der theologischen Auseinandersetzung um Barths „Dialektische Theologie" eine herausgehobene Rolle gespielt. Karl Barth hat, soweit derzeit bekannt, auf den gegen ihn gerichteten Angriff der deutschen Theologen nicht reagiert. Von britischer Seite erhielt er eine weithin beachtete Unterstützung, indem er noch im Frühjahr 1936 eingeladen wurde, die Gifford Lectures an der schottischen Universität Aberdeen zu halten. Diese Lectures gelten heute als klassischer Text Barths;313 311

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Paul Tillich: Was ist falsch in der „dialektischen" Theologie?, in: Die Christliche Welt 50 (1936), 353-364. Der ursprünglich in deutsch geschriebene Text erschien zunächst in englischer Übersetzung unter dem Titel: What is Wrong with the „Dialectic" Theology?, in: The Journal of Religion 15 (1935), 127-145. Vgl. Paul Tillich: Was ist falsch in der „dialektischen" Theologie? [Abschnitt] 3. Gegen die „liberale" Theologie: „Darum ist die ,liberale' Theologie Ketzerei. Sie setzt an die Stelle des Sünders die sich entwickelnde Persönlichkeit, an die Stelle des Christus den sich entwickelnden religiösen Menschen Jesus, an die Stelle des Wortes Gottes in der Schrift das sich entwickelnde religiöse Bewußtsein der Menschheit" (356-357). Überall werde „die Entwicklung des Humanen an die Stelle der Offenbarung" gesetzt (362). Trotz solcher Vorbehalte weist Tillich Barths Kritik an der liberalen Theologie zurück: Barth halte „das Humane in den Lehren von der Gottebenbildlichkeit des Menschen, von Christus, vom Worte Gottes und von der Bibel, von jeder Beziehung zum Göttlichen" fern und verfalle auf diese Weise in den gegenteiligen theologischen Fehler (362). Immerhin aber habe seine „machtvolle Verkündigung des christlichen Paradoxon die deutschevangelische Kirche vor Paganisierung gerettet". Dies Positive sei wichtiger als alles Negative, das der supranatural, nicht dialektisch, angelegten theologischen Denkweise Barths auch anhafte (364). - Die scharfe Front, die Tillich hier jeder Form des theologischen Liberalismus gegenüber errichtet, findet einen autobiographischen Anhalt in dem Umstand, daß er sich selbst zum Zeitpunkt der Niederschrift dieses Textes heftigen Angriffen durch „einen sehr radikalen Liberalismus" ausgesetzt sah: „Die Mehrheit der amerikanischen Philosophen und Wissenschaftstheoretiker hält aber heute noch am Pragmatismus und Empirismus fest, so daß man auch hier in eine oft sehr schwere Kampfsituation eintritt. In der Theologie drückt sich diese Kampfsituation in dem Gegensatz zwischen einem sehr radikalen Liberalismus mit Fortschrittsglauben und reiner Immanenzlehre und den Angriffen aus, die von Barth beeinflußte Theologen zum Teil mit Unterstützung der alten Orthodoxie gegen den herrschenden Liberalismus richten. Namentlich in Chicago hatte ich regelmäßige und sehr leidenschaftliche Diskussionen mit den Liberalen, die sich nur langsam davon überzeugen ließen, daß ich weder Orthodoxer noch Barthianer bin" (Paul Tillich: Rundbrief vom 17. April 1935, in: Ders.: Ein Lebensbild in Dokumenten. Briefe, Tagebuch-Auszüge, Berichte. Herausgegeben von Renate Albrecht und Margot Hahl (Gesammelte Werke. Ergänzungs- und Nachlaßbände. Band V), Stuttgart 1980, 225-233, hier: 227). Karl Barth: Gotteserkenntnis und Gottesdienst nach reformatorischer Lehre. 20 Vorlesungen über das schottische Bekenntnis von 1560, gehalten an der Universität Aberdeen im Frühjahr 1937 und 1938, Zollikon 1938.

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über die Erklärung der deutsch-christlichen Theologen um Seeberg und Wobbermin ist die Diskussion folgenlos hinweggegangen. 3.5.6. Der Bund für Deutsches Christentum Wobbermins Aktivitäten als NS-Theologe intensivierten sich noch einmal seit 1937. Der organisatorische Zustand der Deutschen Christen war zu diesem Zeitpunkt nach einer Phase der Zersplitterung und des gegenseitigen Intrigenkampfes von dem Bemühen um Konsolidierung und erneuten Zusammenschluß bestimmt. Im Juni 1937 konstituierten sich die Deutschen Christen als „Nationalkirchliche Bewegung" neu, wobei es sich um eine Verbindung mehrerer deutsch-christlicher Gruppen handelte. Im Vordergrund stand die Forderung nach einer gesamtprotestantischen Nationalkirche auf der Grundlage einer weltanschaulichen Harmonisierung von Christentum und Nationalsozialismus. Auf organisatorischer Ebene war dieses Unternehmen zunächst durchaus erfolgreich. So nahmen an der 4. Reichsgemeindetagung im Oktober 1937 in Eisenach etwa 12.000 Personen teil.314 Allein aus Berlin waren 3.400, aus Mecklenburg 600, aus Hannover 800 Teilnehmer gekommen. In seiner Rede wies der Reichsgemeindeleiter Siegfried Leffler auf den „schmerzlichen Umweg" hin, den die Deutschen Christen seit 1933 hätten gehen müssen, bis es nun gelungen sei, den Hauptteil wieder in der Nationalkirchlichen Bewegung zu versammeln. Ein wichtiges Instrument zur Sicherung des Einflusses der neuen Organisation auf die unterschiedlichen regionalen deutsch-christlichen Gruppierungen war der bereits am 10. November 1936 in Eisenach gegründete Bund für Deutsches Christentum. Zwar verfolgte dieser Bund im wesentlichen kirchenpolitische Ziele, doch war er auch für die ideologische Fundierung des Gedankens der Nationalkirche von großer Bedeutung. Innerhalb des Bundes für Deutsches Christentum gründete Wobbermin am 26. Oktober 1937 gemeinsam mit Walter Grundmann den Bund Deutscher Hochschullehrer.315 In ihm sollten sich, wie es im Gründungsaufruf hieß, all jene Hochschullehrer sammeln, die sich „im Geiste einer inneren Zusammenschau von Christentum und deutscher Volksordnung, wie sie im Nationalsozialismus gegeben ist", dem Dritten Reich verpflichtet wußten.316 Wobbermin übernahm selbst den Vorsitz dieser Vereinigung, während Grundmann sich, bedingt durch die Vielzahl seiner weite314

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316

Vgl. Kurt Meier: Die Deutschen Christen, 233-234. - Seit 1938 wurde der neue Zusammenschluß im allgemeinen als „Nationalkirchliche Einung Deutsche Christen" bezeichnet. Zur Datierung vgl. Wobbermins Auskunft auf die Befragung des Reichsministeriums für Wissenschaft, Erziehung und Volksbildung vom Frühjahr 1938 (Universitätsarchiv Berlin. Personalakte Wobbermin. Band 3, Bl. 1). Vgl. Kurt Meier: Die Theologischen Fakultäten im Dritten Reich, 346.

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ren hochschul- und kirchenpolitischen Aufgaben, im Hintergrund hielt, obwohl er faktisch die Geschäfte des Bundes führte. In der Folge, vor allem in den Jahren 1938 und 1939, gingen von dem Bund wiederholt Aufrufe und Initiativen zur Stärkung des deutsch-christlichen Einflusses innerhalb der Kirche und der Hochschulen aus. So veröffentlichte Wobbermin im Namen des Hochschullehrer-Bundes am 21. Januar 1938 einen Appell an alle Leitungen der evangelischen Landeskirchen, sich dem Bund für Deutsches Christentum anzuschließen.317 Über diese Tätigkeit hinaus lag es im Interesse des Bundes, durch einen engeren Zusammenschluß von Hochschullehrern der zunehmenden Isolation entgegenzuwirken, der die exponierten Anhänger der Deutschen Christen innerhalb der meisten Theologischen Fakultäten mittlerweile ausgesetzt waren. 3.5.7. Das „Institut zur Erforschung und Beseitigung des jüdischen Einflusses auf das deutsche kirchliche Leben" Auch an einer weiteren prominenten Initiative der Nationalkirchlichen Bewegung (bzw. Einung) Deutsche Christen beteiligte Wobbermin sich: dem „Institut zur Erforschung und Beseitigung des jüdischen Einflusses auf das deutsche kirchliche Leben" in Eisenach. Wobbermins Anteil an den Institutsaktivitäten war zwar, bezogen auf die Gesamtheit der in Eisenach projektierten Vorhaben, für das Institut selbst nicht von zentraler Bedeutung. Dennoch zählte Wobbermin zu den wichtigsten theologischen Vorarbeitern seiner antisemitischen Programmatik. Zudem war er über einige seiner Schüler und jüngeren Mitarbeiter an den Planungen des Instituts beteiligt. Insofern gehört auch dieses Kapitel deutsch-christlicher Theologiegeschichte in die Biographie Wobbermins unmittelbar hinein. Die folgende Darstellung faßt den Forschungsstand zum Eisenacher Institut zusammen. Aus dem genannten Grund und um des sachlichen Zusammenhanges mit den übrigen Betätigungen Wobbermins innerhalb der deutsch-christlichen Bewegung willen geht sie, ähnlich wie bei der Darstellung des ökumenischen Engagements, über den engeren chronologischen Rahmen der biographischen Schilderung hinaus. Die Gründung des Instituts bildete 1939 einen Schwerpunkt innerhalb jener Aktivitäten deutsch-christlicher Kreise, die darauf gerichtet waren, die zu diesem Zeitpunkt bereits weit fortgeschrittene nationalsozialistische Judenverfolgung durch eine weltanschauliche Propagandaarbeit zu unterstützen. Sie ist zugleich Bestandteil eines ganzen Kreises kirchlicher Maßnahmen, die, in Folge der verschärften staatlichen Vorgehensweise seit dem 9. und 10. November 1938, auf eine vollständige 317

Der Aufruf ist abgedruckt in: Des Deutschen Volkes Kirche 10 (1938); hier nach Kurt Meier: Die Deutschen Christen, 238. 355.

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Verdrängung der evangelischen Kirchenmitglieder mit jüdischer Familienherkunft aus der Kirche zielten. So wurden etwa im Februar 1939 in den evangelischen Landeskirchen von Thüringen (10. Februar), Mecklenburg (13. Februar), Anhalt (16. Februar), Freistaat Sachsen (22. Februar) und Lübeck (23. Februar) Kirchengesetze „über die kirchliche Stellung evangelischer Juden" erlassen, die einen faktischen Ausschluß solcher Kirchenmitglieder bezweckten. Bereits am 17. Dezember hatte der Thüringer Landeskirchenrat folgende Erklärung abgegeben: „Bei der Stellung des deutschen Judentums ist es ausgeschlossen, daß ein Pfarrer durch Vornahme von Amtshandlungen an Juden auch nur den Anschein erweckt, als erschwere die Kirche durch Unterlassung jeder Sonderung von Juden aus einer deutschen Gemeinschaft die Maßnahmen des Staates zur endgültigen Ausscheidung des Judentums aus dem deutschen Kulturleben." 318 Die ersten konkreten Planungen für eine Zentralstelle antisemitischer Agitation mit theologischen Mitteln waren bereits während der Besprechung von Vertretern verschiedener Teilgruppierungen innerhalb der DCEinigungsbewegung Ende März 1939 in Bad Godesberg vorgenommen worden. Sie griffen dabei unter anderem Überlegungen auf, die Walter Grundmann wenige Tage nach dem November-Pogrom unter dem Titel „Planung für die Schaffung und Arbeit einer Zentralabteilung zur Entjudung des religiösen und kirchlichen Lebens" formuliert und verschiedenen deutsch-christlichen Kirchenleitungen zugestellt hatte.319 Auch die auf Wunsch des Reichskirchenministers Hanns Kerrl in Bad Godesberg versammelten Kirchenfunktionäre waren, wie sie in einer gemeinsamen Erklärung festhielten, in der Auffassung verbunden, daß sich das wahre Verständnis des christlichen Glaubens erst aus der „dem deutschen Volk artgemäßen nationalsozialistischen Weltanschauung" ergebe. Dieser nationalsozialistischen Weltanschauung zufolge aber sei der christliche Glaube „der unüberbrückbare religiöse Gegensatz zum Judentum".320 Bereits neun Tage später versammelten sich Vertreter von elf deutschchristlich geführten Landeskirchen - im einzelnen handelte es sich um die 318

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Schreiben des Landeskirchenrates der Evangelischen Kirche in Thüringen an sämtliche Oberpfarrämter vom 17. Dezember 1938 (Evangelisches Zentralarchiv Berlin. Bestand l/ C 3/171, Bl. 195; der gleiche Bestand enthält unter anderem auch die Texte der erwähnten landeskirchlichen Gesetze). Walter Grundmann: Planung für die Schaffung und Arbeit einer Zentralabteilung zur Entjudung des religiösen und kirchlichen Lebens (Typoskript; datiert: 21. November 1938 [Landeskirchliches Archiv Thüringen: Über die Entjudung der Kirche. Bestand A 921]). Grundmann seinerseits nahm eine Initiative des thüringischen Superintendenten Hugo Pich auf, der schon im Oktober 1938 die Gründung eines „Amtes für Entjudung der Kirche" vorgeschlagen hatte. Godesberger Erklärung vom 26. März 1939; zitiert nach: Junge Kirche 7 (1939), 328329. - Zum Zusammenhang zwischen den kirchlichen Auseinandersetzungen um die „Judenfrage" und der Kirchenpolitik Kerrls vgl. Eberhard Rohm/Jörg Thierfelder: Juden - Christen - Deutsche. Band 3/ : 1938-1941. Ausgestoßen, Stuttgart 1995, 30-33.

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evangelischen Kirchen von Thüringen, Mecklenburg, Lübeck, Anhalt, der altpreußischen Union, Sachsen, Nassau-Hessen, Schleswig-Holstein, Oldenburg, Österreich und der Pfalz -, um eine engere organisatorische Zusammenarbeit in der antisemitischen Kirchenpolitik einzuleiten. Über jene fünf Landeskirchen hinaus, die wenige Wochen zuvor Judenausschlußgesetze verabschiedet hatten, trat hiermit erstmals eine geschlossene Front deutsch-christlich dominierter Landeskirchen innerhalb der DEK öffentlich hervor. In ihrer „Bekanntmachung" vom 4. April 1939 wiederholten die Kirchenvertreter die Leitsätze der Godesberger Erklärung, bekräftigten ihre „unwandelbare Treue zu Führer und Volk" und kündigten als wichtigste Maßnahme zur Umsetzung ihres Programmes die Gründung des Eisenacher Instituts an.321 - Es soll in diesem Zusammenhang nicht unerwähnt bleiben, daß sowohl die Godesberger Erklärung als auch die Bekanntmachung der Kirchenvertreter nicht ohne Widerspruch seitens der Ökumenischen Bewegung geblieben ist, und zwar gegen die zögerliche, eine solche Initiative eher ablehnende Haltung der deutschen Mitglieder des Ökumenischen Rates.322 Der Gründungsakt selbst erfolgte am 6. Mai 1939 auf der Wartburg.323 Sitz des Instituts wurde Eisenach. Seine offizielle Bezeichnung lautete 321

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VgL Kirchliches Jahrbuch (60-71) 1933-1944. Herausgegeben von Joachim Beckmann. Zweite Auflage, Gütersloh 1976, 285-287; der Text der „Bekanntmachung" ist nachgedruckt bei Kurt Meier: Der evangelische Kirchenkampf. Gesamtdarstellung in drei Bänden. Band 3: Im Zeichen des zweiten Weltkrieges, Halle an der Saale 1984, 76-77. - Zur Institutsgründung siehe auch den Bestand im Evangelischen Zentralarchiv: l/A 4/170: Kirchenpolitische Verhandlungen von März 1939. Am 2. Mai 1939 erschien im Ökumenischen Pressedienst eine ausführliche „Kundgebung", deren erster Entwurf von Karl Barth stammte. Mit ausdrücklichem Bezug auf. Job 4, 22 wurde erklärt, daß der christliche Glaube „die Betätigung [nicht: Bestätigung!] des Gehorsams gegen Jesus Christus" nur sein könne, wenn die Gemeinschaft mit den Gläubigen jüdischer Herkunft aufrechterhalten werde (Kundgebung an die christlichen Kirchen des ÖRK, in: Ökumenischer Pressedienst. Nr. 16/1939; hier zitiert nach: Kirchliches Jahrbuch (60-71) 1933-1944, 319-320). Zum Eisenacher Institut liegt mittlerweile folgende Literatur vor: Leonore SiegeleWenschkewitz: Mitverantwortung und Schuld der Christen am Holocaust, in: Evangelische Theologie 42 (1982), 171-190; Hans Prolingheuer: Wir sind in die Irre gegangen. Die Schuld der Kirche unterm Hakenkreuz, nach dem Bekenntnis des „Darmstädter Wortes" von 1947, Köln 1987, 134. 149-151; Eberhard Rohm/Jörg Thierfelder: Juden - Christen - Deutsche. Band 3/II: 1938-1941. Ausgestoßen, Stuttgart 1995, 43-54; Susannah Heschel: Theologen für Hitler. Walter Grundmann und das „Institut zur Erforschung und Beseitigung des jüdischen Einflusses auf das deutsche kirchliche Leben", in: Leonore Siegele-Wenschkewitz (Hgin.): Christlicher AntiJudaismus und Antisemitismus. Theologische und kirchliche Programme Deutscher Christen (Arnoldshainer Texte. Band 85), Frankfurt am Main 1994, 125-170; Susannah Heschel: Nazifying Christian Theology. Walter Grundmann and the Institute for the Study and Eradication of Jewish Influence on German Church Life, in: Church History 63 (1994), 587-605. Auf die Mitwirkung Wobbermins an den Institutsarbeiten gehen auch die bisher umfassendsten Untersuchungen zum Eisenacher Institut von Heschel nicht näher ein. - Eine detaillierte Auswertung der vor allem im Landeskirchlichen Archiv Eisenach vorhandenen Archiva-

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„Institut zur Erforschung und Beseitigung des jüdischen Einflusses auf das deutsche kirchliche Leben". Dieser Titel wurde auffälligerweise später in einigen Institutspublikationen zu „Institut zur Erforschung des jüdischen Einflusses auf das deutsche kirchliche Leben" verkürzt, wobei es sich bei dieser Änderung möglicherweise um eine taktische Maßnahme in Rücksicht auf potentielle Förderer der Institutsarbeit handelte.324 Das Amt eines Wissenschaftlichen Leiters übernahm Walter Grundmann, Professor für Neues Testament und völkische Theologie in Jena, der anläßlich der Eröffnung einen Vortrag über „Die Entjudung des religiösen Lebens als Aufgabe deutscher Theologie und Kirche" hielt.325 Die administrative Leitung wurde in die Hände des Oberregierungsrates Siegfried Leffler, des Reichsgemeindeleiters der Nationalkirchlichen Einung Deutsche Christen, sowie verschiedener weiterer kirchlicher Amtsträger gelegt.326 Geschäftsführer war der Pfarrer Heinz Hunger. Die Finanzierung erfolgte über die beteiligten Landeskirchen; die weitaus größte Summe steuerte der Präsident der altpreußischen Kirchenleitung aus einem besonderen Dispositionsfonds, später auch der Evangelische Oberkirchenrat in Berlin aus Haushaltsmitteln bei. Das Institut selbst, seine Geschäftsstelle und die Bibliothek waren mietfrei in Räumen des Predigerseminars der Thüringischen Landeskirche im Reuterweg bzw. in der Bornstraße 11 untergebracht. In seiner Begrüßungsansprache anläßlich der Institutseröffnung erklärte Friedrich Werner, der Präsident des Oberkirchenrates der Evangelischen Kirche der altpreußischen Union: „Ich gebe dem Wunsche und der Hoffnung Ausdruck, daß sich die Arbeit des Instituts mit letztem wissenschaftlichem Ernst und nüchterner Sachlichkeit um die Lösung der ihm aufgegebenen, für Kirche und Volk gleich lebenswichtigen Probleme bemüht, und, fernab von allem theologischen und kirchlichen Gruppendenken, dem stolzen Namen der deutschen theologischen Wissenschaft Ehre macht." Werner verband damit die Zuversicht, „daß die Ergebnisse Ihrer Arbeit zu einer neuen Begegnung von Evangelischer Kirche und

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lien und der zahlreichen Publikationen des Instituts bereitet derzeit Birgit Gregor von der Stiftung „Neue Synagoge Berlin - Centrum Judaicum" vor. Über eine umfangreiche Sammlung von publizierten Instituts-Materialien verfügt das Zentrum für Antisemitismus-Forschung an der Technischen Universität Berlin. (Für hilfreiche Unterstützung bei den Recherchen zum Eisenacher Institut danke ich Frau Dr. Antje Gerlach vom Zentrum für Antisemitismus-Forschung, Berlin.) So Susannah Heschel: Theologen für Hitler, 142-143. Zu Grundmann (1906-1976) vgl. oben II.1.6.1. Der Eröffnungsvortrag wurde gesondert publiziert: Walter Grundmann: Die Entjudung des religiösen Lebens als Aufgabe deutscher Theologie und Kirche (Verlag Deutsche Christen), Weimar 1939. Grundmann verglich die gegenwärtige Situation des Dritten Reiches mit Luthers Reformation: Ebenso wie Luther den Katholizismus habe überwinden müssen, seien heute die Protestanten gezwungen, das Judentum „zu überwinden", um zur wahren Botschaft Jesu zu gelangen. Siegfried Leffler war bereits seit dem 1. Juni 1929 Mitglied der NSDAP; zu ihm liegt im Bundesarchiv Berlin (ehemaliges Berlin Document Center) umfangreiches Material vor.

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Volk, einer Neuaufnahme des unverfälschten Evangeliums durch den Menschen des Dritten Reiches beitragen möchten".327 An den Arbeiten des Instituts selbst beteiligten sich in zehn Arbeitsgruppen nahezu 200 Theologen und Kirchenvertreter, darunter Bischöfe, Konsistorialräte, Professoren, Pfarrer, Künstler, Religionspädagogen und Regierungsbeamte. Es wurden sechzehn Forschungsaufträge mit größerem Umfang, dazu diverse Einzelprojekte initiiert. Nicht alle vorgesehenen Arbeitskreise kamen tatsächlich zustande, doch blieben auch so noch zahlreiche Arbeitsvorhaben übrig. An äußerem Glanz, an Verbindungen mit höchsten Stellen im Regierungs- oder Parteiapparat stand, wie schon Max Weinreich 1946 in seiner Studie zu „Hitler's Professors" feststellte, das Eisenacher Institut anderen antisemitischen Forschungseinrichtungen nach, doch was seinen Einsatz an Energie und seine Bereitschaft, antisemitische Propaganda auf der Grundlage christlich-theologischer Argumentation zur Verfügung zu stellen, betrifft, war es einzigartig.328 Schon am 6. und 7. Juli 1939 kamen einige der wichtigsten Institutsmitarbeiter zu einer ersten Arbeitstagung in Eisenach zusammen. Unter anderem referierte der Wobbermin-Schüler Martin Redeker über systematisch-theologische Aspekte der Frage nach dem jüdischen Einfluß; seiner Ansicht nach ging „die gegenwärtige Erschütterung und Zersetzung des religiösen Lebens unseres Volkes [...] auf jüdischen Einfluß" zurück. 329 Zu diesem Zeitpunkt war auch die Bildung von Arbeitsgruppen bereits weit fortgeschritten.330 Unter Leitung des Alttestamentlers Johannes Hempel konstituierte sich eine „Religionsgeschichtliche Forschungsgemeinschaft".331 Grundmann leitete gemeinsam mit Herbert Preisker, Georg

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Zitiert nach Susannah Heschel: Theologen für Hitler, 137. Vgl. Max Weinreich: Hitler's Professors. The Part of Scholarship in Germany's Crimes against the Jewish People (Publications of the Yiddish Scientific Institute), New York 1946, 5. Protokoll der Tagung vom 6. und 7. Juli 1939 in Eisenach; angefertigt von Hugo Pich (Evangelisches Zentralarchiv. Bestand 1/C 3/174). - Die später von Redeker aufgestellte Behauptung, er habe sich an der Arbeit des Instituts nicht beteiligt, trifft nicht zu. Es ist nicht möglich, im vorliegenden Zusammenhang auf die Forschungsvorhaben der einzelnen Arbeitskreise und -gruppen im Detail einzugehen; vgl. dazu vorläufig Susannah Heschel: Theologen für Hitler, 138-141.- Über die Institutsarbeit im engeren Sinne unterrichten insgesamt vier Ausgaben der „Verbandsmitteilungen", die auch ausführliche Jahresberichte enthalten: Nr. l vom 30. Dezember 1939, Eisenach 1939; Nr. 2/3 vom 31. Dezember 1940, Eisenach 1940; Nr. 4 vom 25. September 1941, Eisenach 1941 und Nr. 5/6 vom 15. Dezember 1941, Eisenach 1941. Außerdem erschienen seit 1939 eine ganze Anzahl von Monographien führender Eisenacher Mitarbeiter als Institutsveröffentlichungen. - Eine Übersicht über die Veröffentlichungen des Instituts befindet sich im Evangelischen Zentralarchiv Berlin: Bestand 50/254, Bl. 103; dort liegen auch weitere umfangreiche archivalische Materialien zum Institut vor (Bestand 7/4166 und 7/4167). Zu Hempel vgl. Cornelia Weber: Die „Zeitschrift für die alttestamentliche Wissenschaft" unter ihrem Herausgeber Johannes Hempel von 1927 bis 1959, in: Zeitschrift für Neuere Theologiegeschichte / Journal for the History of Modern Theology 5 (1998), 193-227.

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Bertram, Gerhard Delling und Rudolf Meyer eine neutestamentliche Arbeitsgruppe. Fritz Schmidt-Clausing, ein zum Protestantismus konvertierter früherer Katholik, übernahm die Leitung eines Arbeitskreises für katholische Fragen. Der Praktische Theologe Hermann Werdermann, ein enger Freund Georg Wehrungs, leitete einen religionspädagogischen Arbeitskreis, und der Heidelberger Hebraist Erwin Kiefer beschäftigte sich, gemeinsam mit einer weiteren Gruppe, der auch Rudi Paret angehörte, mit spätantiken und mittelalterlichen Urteilen über das Judentum. In der Regel hatte jeder Kreis einen fest umschriebenen Arbeitsauftrag. Hempels Forschungsgruppe etwa, an der drei weitere Mitglieder teilnahmen, befaßte sich mit dem Thema „Unterstützung und Herausarbeitung des typischen Gegensatzes zwischen arischer und semitischer Religiosität unter besonderer Berücksichtigung der germanisch-deutschen Lebens- und Glaubenshaltung einerseits und der jüdischen andererseits". Auch bestand ein „Spinoza-Arbeitskreis", der sich mit dem spezifischen Charakter des „jüdischen Denkens", seiner eigentümlichen „Heimatlosigkeit" und „Glaubenslosigkeit" beschäftigte und der, wie es in einem Vortrag Heinz Erich Eisenhuths vom November 1942 vor dem Kreis hieß, insbesondere dem zersetzenden Einfluß entgegentreten sollte, den das Judentum immer noch durch die Philosophie Spinozas in Deutschland ausübe.332 Der Arbeitskreis „Volkstestament", der seine Tätigkeit schon am 30. Mai 1939 aufgenommen hatte, veröffentlichte 1940, im „Jahr des deutschen Entscheidungskampfes" (Vorwort), eine, wie es hieß, von „jüdischen Einflüssen gereinigte" Ausgabe des Neuen Testaments.333 Insgesamt bot diese Ausgabe eine sehr eigenwillige Auswahl neutestamentlicher Texte: Das „Volkstestament" bestand zum einen aus einer Evangelienharmonie, zum anderen aus einzelnen Abschnitten der neutestamentlichen Briefe. Die ihres ursprünglichen Zusammenhanges beraubten Stücke wurden nach thematischen Gesichtspunkten neu angeordnet, mit Zwischenüberschriften und einleitenden Bemerkungen versehen und durch Kommentare der Bearbeiter in einen judenfeindlichen Kontext gestellt. So wurde etwa in der Einleitung zu Gal 2, 11-21 betont, daß Paulus hier das 332

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Vgl. Susannah Heschel: Theologen für Hitler, 139. Heschel bezieht sich auf einen Bericht von Heinz Dungs vom 13. Mai 1943, der sich im Universitätsarchiv Heidelberg. Personalakte Theodor Odenwald (Signatur: PA 25) befindet. Dungs war Leiter des Verlages Deutsche Christen in Weimar und seit dem 1. Mai 1933 Mitglied der NSDAP. Die NT-Ausgabe unter dem Titel „Die Botschaft Gottes. Herausgegeben vom .Institut zur Erforschung des jüdischen Einflusses auf das deutsche kirchliche Leben'" (Leipzig [Verlag Georg Wigand] 1940) ging auf eine Vorarbeit von Heinz Erich Eisenhuth, Jena, zurück. Herausgeber waren Grundmann und der Altenburger Oberpfarrer Erich Fromm. Weiterhin waren beteiligt: Johannes Hempel, Georg Bertram, Karl Friedrich Euler, Carl Schneider, Walter Birnbaum, Fritz Schulze, Friedrich Peter und auch Paul Jaeger, ein früherer enger Mitarbeiter Martin Rades. Vgl.: Verbandsmitteilungen des Instituts zur Erforschung des jüdischen Einflusses auf das kirchliche Leben. Nr. 2/3 vom 31. Dezember 1940, Eisenach 1940,49.

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Christentum als Religion der Freiheit der jüdischen Knechtschaft unter dem Gesetz gegenüberstelle. Das Judentum stehe für ihn „mit seiner Gesetzesreligion auf einer Stufe mit der Dämonenfurcht und der Schicksalsunterworfenheit innerhalb der Religionen der alten Welt". Auf diese Weise löse Paulus „das Christentum als die Religion der Freiheit von den Religionen der Knechtschaft los".334 Die aufgenommenen Partien aus den Evangelien standen unter den Kapitelüberschriften „Sein [seil.: Jesu] Ursprung. Sein Aufbruch. Seine Botschaft. Seine Gefolgschaft. Sein Kampf. Sein Kreuz. Sein Sieg." - Das Buch war unter dem Gesichtspunkt der Verbreitung ein großer Erfolg. Es wurde in einer Auflagenhöhe von mehr als 200.000 Exemplaren gedruckt. Der separat erhältliche Evangelienteil konnte für 30 Pfennig erworben werden, die Gesamtausgabe für 1,40 Reichsmark; beide Preise kamen durch erhebliche Subventionen aus den Kirchenetats zustande. Neben der Edition einer solchen „Ausgabe der vier Evangelien, die die älteste Tradition ablöst von ihren Umformungen und Zusätzen von zweiter Hand und so den Weg zum frischen Quell frei macht",335 gehörte zu den vorrangigen Aufgaben des Instituts auch die Ausarbeitung eines „Glaubensbuches", eine Art Schüler- und Erwachsenenkatechismus. Das Werk, erstellt vom Arbeitskreis „Glaubensbuch", erschien nach einer bemerkenswert kurzen Bearbeitungszeit von neun Monaten im Sommer 1941 unter dem Titel „Deutsche mit Gott. Ein deutsches Glaubensbuch".336 Nicht zuletzt war das Buch zur Verwendung in höheren Schulklassen und im fortgeschrittenen kirchlichen Unterricht bestimmt. Unter anderem wagten die Autoren sich an eine Neufassung der Zehn Gebote, wozu sie ihrer Ansicht nach durch den Umstand berechtigt waren, daß die mosaischen Gebote „für Deutsche nicht verpflichtend" sein konnten. In „rechter christlicher Freiheit", und in vermeintlicher Anknüpfung an Luther, wollten sie daher „damit Ernst machen, daß das Gesetz, das über unserem deutschen Volke steht, ein heiliges, unser Gewissen verpflichtendes Gottesgesetz ist". Von hier aus sollten „Gebote in neuer Fassung" abgeleitet werden.337

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Die Botschaft Gottes, Leipzig 1940, 253-254; hier zitiert nach: Eberhard Rohm/Jörg Thierfelder: Juden - Christen - Deutsche. Band 3/II: 1938-1941. Ausgestoßen, 48. Arbeitsbericht Grundmanns, in: Verbandsmitteilungen des Instituts. Nr. 2/3. Ebd.; hier zitiert nach: Kurt Meier: Die Deutschen Christen, 291-292. Deutsche mit Gott. Ein deutsches Glaubensbuch, Weimar (Verlag Deutsche Christen) 1941. Leiter der Arbeiten am Katechismus war Max-Adolf Wagenführer; das Vorwort unterzeichneten Walter Grundmann, Wilhelm Büchner, Paul Gimpel, Hans Pribnow, Kurt Thieme, Max-Adolf Wagenführer, Heinrich Weinmann und Hermann Werdermann. Vgl. auch Max-Adolf Wagenführer: Die Bedeutung Christi für Welt und Kirche. Studien zum Kolosser- und Epheserbrief, Leipzig 1941. Max-Adolf Wagenführer: Deutsche mit Gott - Ein deutsches Glaubensbuch, in: Verbandsmitteilungen Nr. 4 vom 25. September 1941, 100.

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Dem Katechismus wollten die Bearbeiter noch ein „Lebensbegleitbuch" an die Seite stellen, das unter dem Titel „Der Ruf des Lebens" eine Anthologie mit Texten religiöser Dichter enthalten sollte.338 Obwohl die Vorarbeiten bereits weitgehend abgeschlossen waren, kam es nach der Verordnung der Reichspressekammer vom 1. Juni 1941, die nahezu das gesamte kirchliche Pressewesen vernichtete - und auch die beiden großen liberalprotestantischen Zeitschriften zur Einstellung zwang -, nicht mehr zur Veröffentlichung. Ebenso wenig gab das Institut noch ein eigenes Gesangbuch heraus, da 1941 bereits die Nationalkirchliche Einung Deutsche Christen ein solches Werk unter dem Titel „Großer Gott wir loben Dich" vorgelegt hatte.339 Wobbermin selbst, der als Theologieprofessor zum wichtigsten Unterstützerkreis des Eisenacher Instituts außerhalb der kirchlichen Institutionen gehörte, sah seine Aufgabe vor allem in der Mitwirkung an dem programmatisch zentralen Grundauftrag: Es gelte, wie bereits bei Institutseröffnung betont wurde, der Öffentlichkeit eine gründliche Klärung der Frage des Verhältnisses von Christentum und Judentum vorzulegen. Dabei sei davon auszugehen, daß das Christentum „mit dem Judentum nichts gemein" habe. Es sei, von der Christusbotschaft her, im Gegensatz zum Judentum gewachsen und von diesem dauernd bekämpft worden. Das Christentum als „die überlieferte Religion des deutschen Volkes" müsse im Judentum den „Feind des deutschen Lebens und der Erneuerung des Abendlandes" sehen. Trotz dieses absoluten Gegensatzes seien im Laufe der geschichtlichen Entwicklung „entartende jüdische Einflüsse" auch im Christentum wirksam geworden. Insofern sei die „Entjudung von Kirche und Christentum zur unausweichlichen und entscheidenden Pflicht in der Gegenwart des kirchlichen Lebens" geworden; „Entjudung" bedeute hiernach, „daß der jüdische Einfluß auf allen Gebieten des deutschen Lebens, also auch auf dem religiös-kirchlichen, entlarvt und gebrochen werden muß". Praktisch seien derartige Einflüsse nur durch deren genaue Identifizierung zu beseitigen. Sie sei Aufgabe gründlicher wissenschaftlicher Forschung. Nur auf diese Weise könne einem Glauben, „der von der unverfälschten Christusbotschaft her bestimmt ist", der Weg freigemacht werden „zum Dienst am deutschen Volk in der Gestaltung seiner religiö-

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Vgl. Wilhelm Bauer: Zur Frage eines Lebensbegleitbuches, in: Verbandsmitteilungen Nr. 2/3 vom 31. Dezember 1940, 61-66. Siehe hierzu Birgit Gregor: ...von jüdischem Einfluß befreit: „Großer Gott wir loben dich". Ein deutsch-christliches Gesangbuch aus dem Jahre 1941, in: Thüringer Gratwanderungen. Beiträge zur fünfundsiebzigjährigen Geschichte der evangelischen Landeskirche Thüringens. Herausgegeben von Thomas A. Seidel. Bearbeitet von Dietmar Wiegand, Leipzig 1998, 124-142. - Vgl. in diesem Zusammenhang auch das bereits 1940 erschienene „Gesangbuch der Kommenden Kirche" (Bremen 1940), das unter anderem zwölf Lieder von Emanuel Hirsch enthielt.

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sen Gemeinschaft". Überdies müsse, damit die Arbeit des Instituts nicht im Negativen steckenbleibe, zur Frage „nach dem spezifisch GermanischDeutschen" in der Religion fortgeschritten werden. Es gelte, eine umfassende „Erforschung der Geschichte, des Wesens und der Erscheinung deutscher Frömmigkeit" vorzunehmen. Von dieser Grundlage aus werde es dann auch möglich sein, Einfluß auf die „Erneuerung des deutschen religiösen Lebens im Volke" zu gewinnen.340 Weitere Arbeitsvorhaben standen mit dieser primären Zielsetzung in enger Verbindung. So sollte der Gegensatz von arischer und semitischer Religiosität untersucht werden; Grundsätze für eine ideologiekonforme Beurteilung von Kunstwerken, die Symbole, Figuren und Texte des Alten Testaments zur Vorlage nehmen, sollten entwickelt werden; es galt, die Entstehungsverhältnisse des Christentums unter „rassischen" Gesichtspunkten zu untersuchen. Auch interessierte man sich für den „jüdischen Einfluß" auf die Entstehung der römisch-katholischen Kirche, für die Haltung Luthers, Herders, Stoeckers und anderer zum Judentum, für kirchenrechtliche Fragen, jüdische Literatur, Volkskunde, Judenmission und Freimaurerei. Alles sollte zur „Judenfrage" in Beziehung gesetzt werden.341 Einen Schwerpunkt der Institutsarbeit bildeten Forschungen zur Person Jesu. Vor allem Grundmann und Johannes Leipoldt vertraten in zwei Monographien, die als Veröffentlichungen des Instituts herausgegeben wurden, die Auffassung, daß ein ursprünglich von den frühesten Zeugnissen der christlichen Gemeinde gezeichnetes Jesusbild „in den Evangelien jüdisch übermalt worden" sei.342 Hinter der in den Texten überlieferten Figur verberge sich eine andere, durch neutestamentliche Forschung erst zu entdeckende Gestalt. „Mit größter Wahrscheinlichkeit", so Grundmann, sei Jesus kein Jude, sondern Galiläer, vielleicht „Arier" gewesen, der jeden-

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Werbeschreiben des Instituts vom Mai 1939, unterzeichnet von Oberregierungsrat Siegfried Leffler; hier zitiert nach: Kirchliches Jahrbuch (60-71) 1933-1944, 288. Siehe auch Walter Grundmann: Arbeitsbericht, in: Verbandsmitteilungen des Instituts zur Erforschung des jüdischen Einflusses auf das deutsche kirchliche Leben. Nr. 2/3 vom 31. Dezember 1940, Eisenach 1940, 34. Diese Angaben nach Eberhard Rohm /Jörg Thierfelder: Juden- Christen- Deutsche. Band 3/II: 1938-1941. Ausgestoßen, 46-47. Siehe auch das Forschungsprogramm des Instituts in: Die Arbeitsgliederung des Instituts, in; Verbandsmitteilungen Nr. l vom 30. Dezember 1939, 3-4. Vgl. Walter Grundmann: Jesus der Galiläer und das Judentum, Leipzig 1940, und: Johannes Leipoldt: Jesu Verhältnis zu Griechen und Juden, Leipzig 1941. Beiden Bänden war jeweils auf Seite II folgende Notiz beigegeben: „Veröffentlichung des Instituts zur Erforschung des jüdischen Einflusses auf das deutsche kirchliche Leben". Zu Grundmanns Buch vgl. auch die kritische Besprechung von Emanuel Hirsch in: Kommende Kirche. Wochenblatt für eine christliche Kirche deutscher Nation Nr. 16 (1940), 3.Siehe auch Walter Grundmann: Wer ist Jesus von Nazareth. Herausgegeben in Verbindung mit dem Institut zur Erforschung des jüdischen Einflusses auf das deutsche kirchliche Leben (Verlag Deutsche Christen), Leipzig 1940.

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falls das zeitgenössische Judentum entschieden abgelehnt habe.343 - Es ist für die Einschätzung der zeitgenössischen theologischen Diskussion nicht bedeutungslos, wenn man sich klarmacht, daß Grundmann mit derartigen Überlegungen weder inhaltlich noch sprachlich befürchten mußte, sich dem wissenschaftlich-theologischen Umfeld zu entfremden. Die möglichen negativen außenpolitischen Folgen einer konsequenten Anwendung der antisemitischen Rasse-Ideologie in ihren Forschungsprogrammen standen zumindest einigen der Institutsmitarbeiter durchaus vor Augen. Dennoch reagierten sie, gedeckt durch die Reichskirchenregierung und immer wieder unterstützt auch von offiziellen Stellen im Propagandaministerium, insbesondere auf Vorbehalte westeuropäischer oder amerikanischer Wissenschaftler wenig verständnisvoll. So stellten etwa Walter Grundmann und Karl Friedrich Euler einer von ihnen verfaßten Publikation zum Thema „Das religiöse Gesicht des Judentums" eine Erklärung voran, in der sie ihr Vorgehen rechtfertigten: Ungeachtet aller Vorläufigkeit des bisher erreichten Kenntnisstandes in der Frage „nach der Entstehung des Judentums und nach seiner Art" werde doch „die eine Tatsache" durch alle Zeiten unverrückbar bleiben: „ein gesundes Volk muß und wird das Judentum in jeder Form ablehnen". Diese „Tatsache" sei von der Geschichte durch die Geschichte bestätigt. „Möge man sich auch über Deutschlands Haltung gegen das Judentum ereifern, Deutschland hat dennoch die geschichtliche Rechtfertigung und die geschichtliche Berechtigung zum Kampf gegen das Judentum auf seiner Seite! [...]; an diesem Satz wird auch spätere Forschung nichts mehr abändern können!" Fast schon beschwörend stellen die Autoren fest, daß daher ihre „Arbeit dem großen Schicksalskampf der deutschen Nation um seine politische und wirtschaftliche, geistige und kulturelle und auch um seine religiöse Freiheit" diene.344

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Vgl. Susannah Heschel: Theologen für Hitler, 153-159; die bei Heschel angeführten Zitate stammen aus Grundmanns Arbeitsbericht in: Verbandsmitteilungen Nr. 2/3 vom 31. Dezember 1940, hier: 35. - Grundmann gibt vor, an sachlich gleichlautende Aussagen Adolf Schlatters, Ernst Lohmeyers und Albrecht Alts anzuknüpfen, und Susannah Heschel folgt ihm darin in ihrer Darstellung. Auf diese Weise wird sowohl von Grundmann als auch von Heschel der Eindruck erweckt, als könne sich Grundmanns Argumentation auf eine breite antisemitische Strömung in der exegetischen Fachliteratur der Zeit stützen. Tatsächlich aber sind diese Bezugnahmen von Grundmann konstruiert. Im Falle Alts verkehrt er dessen Ausführungen ins gerade Gegenteil. Eine Nähe zur antisemitischen Ideologie läßt sich anhand der von Heschel angegebenen Passagen für keinen der drei Autoren nachweisen. Karl Friedrich Euler / Walter Grundmann: Das religiöse Gesicht des Judentums. Entstehung und Art. Beiheft zu: Germanentum, Christentum und Judentum. Studien zur Erforschung ihres gegenseitigen Verhältnisses (Kommissionsverlag: Der neue Dom), Weimar 1942, V. Der zitierte Text ist mit „Dezember 1941" datiert; er setzt also, wie auch die Schlußwendung zeigt, die Eröffnung des Krieges gegen die Sowjetunion bereits voraus.

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In ihrer praktischen Durchführung gestaltete sich die Arbeit des Instituts nicht zuletzt wegen der Vielzahl der externen, gleichwohl wegen ihrer amtlichen Reputation wichtigen Mitarbeiter sehr schwierig. Die erste reguläre Arbeitstagung fand vom 1. bis 3. März 1940 in Wittenberg statt. An ihr nahm eine ganze Anzahl von Theologieprofessoren teil, darunter neben Wobbermin Georg Bertram, Heinz Erich Eisenhuth, Johannes Hempel, Johannes Leipoldt, Wilhelm Koepp, Herbert Preisker, Hans Wilhelm Schmidt und Carl Schneider, dazu auch der Publizist Wilhelm Stapel.345 Eine zweite Arbeitstagung fand vom 3. bis 5. März 1941 in Eisenach statt; an ihr nahmen nach Institutsangaben annähernd 600 Personen teil.346 Bei dieser Gelegenheit verkündete Grundmann den Plan für ein Publikationsprojekt des Instituts, das unter dem Titel „Die Geschichte Gottes mit den Deutschen und der Deutschen mit Gott" stehen sollte. Über eine umfassende Sammlung religiöser Texte war zu zeigen, „wie deutsche Menschen ihren Weg mit Gott gegangen sind, wie er ihnen die Kraft zur Lebensbejahung und zur Lebensgestaltung geworden ist". Alttestamentliche Gestalten und „volksfremde Heilige" blieben ausgespart, wie überhaupt dieses religiöse Volksbuch wohl in der Vorstellung der Institutstheologen dazu bestimmt war, das Alte Testament im praktischen Gebrauch allmählich zu ersetzen.347 Eine dritte Tagung schließlich fand vom 9. bis 11. Juni 1942 in Nürnberg statt.348 Zu den bisher noch nicht genannten akademischen Unterstützern, die insgesamt für das wissenschaftliche Prestige des Instituts von größter 345

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Vgl. den Tagungsbericht: Walter Grundmann (Hg.): Christentum und Judentum. Studien zur Erforschung ihres gegenseitigen Verhältnisses. Sitzungsberichte der ersten Arbeitstagung des Institutes zur Erforschung des jüdischen Einflusses auf das deutsche kirchliche Leben vom 1. bis 3. März 1940 in Wittenberg (Verlag Georg Wigand), Leipzig 1940. Der Band enthält Beiträge von Wolf Meyer-Erlach, Johannes Leipoldt, Walter Grundmann, Georg Bertram, Wilhelm Stapel, Heinz Erich Eisenhuth, Herbert von Hintzenstern und Heinz Hunger. Vgl. Walter Grundmann (Hg.): Germanentum, Christentum und Judentum. Studien zur Erforschung ihres gegenseitigen Verhältnisses. Zweiter Band. Sitzungsberichte der zweiten Arbeitstagung des Institutes zur Erforschung des jüdischen Einflusses auf das deutsche kirchliche Leben vom 3. bis 5. März 1941 in Eisenach, Leipzig 1942. Der Band enthält Beiträge von Heinz Erich Eisenhuth, Georg Bertram, Walter Grundmann, Wilhelm Koepp, Wolf Meyer-Erlach, Karl Friedrich Euler, Max-Adolf Wagenführer, Heinz Hunger und Hans Pohlmann. Walter Grundmann: Bericht über die Institutsarbeiten vom 31. Mai 1941 (YIVO Archiv, Berlin Collection, Reel G 135); hier zitiert nach Susannah Heschel: Theologen für Hitler, 145. Leiter der Arbeiten an dem Werk war Wilhelm Kotzde-Kottenrodt (1878-1948). Vgl. Walter Grundmann (Hg.): Germanentum, Christentum und Judentum. Studien zur Erforschung ihres gegenseitigen Verhältnisses. Dritter Band. Sitzungsberichte der dritten Arbeitstagung des Institutes zur Erforschung des jüdischen Einflusses auf das deutsche kirchliche Leben vom 9. bis 11. Juni 1942 in Nürnberg, Leipzig 1943. Der Band enthält Beiträge von Walter Grundmann, Hans Wilhelm Schmidt, Hugo Odeberg, Georg Bertram, Theodor Pauls, Hans Leube, Hermann Werdermann, Heinz Erich Eisenhuth und Hans Pohlmann.

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Bedeutung waren, gehörten Adolf Bartels, Walter Birnbaum, Gustav Entz, Richard Hoffmann, Helmuth Kittel, Ernst Krieck, Karl Georg Kühn, Siegfried Morenz, Hans Michael Müller, Theodor Odenwald, Hans Georg Opitz, Theodor Pauls, Johann Wilhelm Schmidt-Japing, Hartmut Schmökel, Ernst Sellin und Fritz Wilke. Jedes Mitglied des Instituts, und zwar auch solche, deren Förderung sich faktisch auf die Zustimmung beschränkte, bei veröffentlichten Unterstützerlisten namentlich genannt zu werden, erklärte durch persönliche Unterzeichnung des Mitgliederstatuts, daß es den grundsätzlichen und unüberbrückbaren Gegensatz zwischen der jüdischen Religion und dem christlichen Glauben klar erkannt habe, ihn sachlich zu begründen wisse und daß die Erkenntnis dieses Gegensatzes seine wissenschaftlichen und praktischen Arbeiten bestimmend beeinflussen werde.349 Eine Ausweitung der Institutstätigkeit in das Ausland wurde durch die Eröffnung einer Außenstelle im rumänischen Hermannstadt am 3. November 1941 erreicht. Überdies wurde gemeinsam mit schwedischen Theologen eine „Arbeitsgemeinschaft für germanische Kulturforschung" gegründet. Unter diesen Theologen befand sich auch Hugo Odeberg, Hebraist in Lund, der die „Schwedische Gesellschaft für germanische Kulturforschung" leitete und auch Präsident der schwedisch-deutschen Reichsvereinigung war. Schwedische, norwegische und finnische Theologen und Kirchenvertreter nahmen 1941 und 1942 an zwei Tagungen des Instituts in Weißenfels teil.350 Darüber hinaus beteiligte sich das Institut auch an der Kooperation anderer antisemitischer Forschungseinrichtungen in Deutschland. Hierzu gehörte insbesondere das schon 1936 gegründete „Reichsinstitut für Geschichte des neuen Deutschland", das dem Reichswissenschaftsministerium unterstellt war und über eine „Forschungsabteilung Judenfrage" verfügte. Kooperiert wurde aber auch mit dem 1941 eingerichteten, von der NSDAP getragenen „Institut zur Erforschung der Judenfrage" in Frankfurt am Main.351 Gerade die Bereitschaft zur Zusammenarbeit mit 349 350

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Der Text dieser Erklärung liegt vor in: Evangelisches Zentralarchiv. Bestand l/A 4/168. Die Tagungen fanden vom 4. bis 8. November 1941 und vom 7. bis 13. Oktober 1942 in Weißenfels statt. Eine Reihe von Vorträgen dieser Tagungen wurde 1943 in einem Sammelband veröffentlicht: Walter Grundmann / Hugo Odeberg / Wolf Meyer-Erlach (Hg.): Die völkische Gestalt des Glaubens (Beiheft zu: Germanentum, Christentum und Judentum. Studien zur Erforschung ihres gegenseitigen Verhältnisses), Leipzig 1943. Zum Reichsinstitut siehe Helmut Heiber: Walter Frank und sein Reichsinstitut für Geschichte des neuen Deutschland (Quellen und Darstellungen zur Zeitgeschichte. Band 13), Stuttgart 1966. Über die Eröffnung der „Forschungsabteilung Judenfrage" informierte die Christliche Welt unter der Rubrik Forschungen und Fortschritte' in folgender Weise: „Der Präsident des Reichsinstituts für Geschichte des neuen Deutschland, Prof. Dr. Walter Frank, teilt in einem Aufruf mit, daß mit Wirkung vom 1. April innerhalb des Instituts drei neue Forschungsabteilungen errichtet worden seien: 1. Eine Forschungsabteilung Judenfrage', die die Aufgabe habe, die Grundlage zu schaffen für eine Geschichtsschreibung der deutschen und europäischen Judenfrage. Der Sitz dieser

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diesen Einrichtungen ist kennzeichnend genug für den Charakter des Eisenacher Instituts. Denn deren Arbeitsauftrag und Vorgehensweise, etwa die gewaltsame Requirierung von Bibliotheksbeständen und Archivmaterialien zur Geschichte der Juden in Deutschland, weisen bereits klar auf das Programm einer vollständigen Zerstörung der Lebensmöglichkeiten für Juden in Deutschland - und letztlich in Europa überhaupt - hin.352 Grundmanns Plan, das Eisenacher Institut „zu dem Forschungsinstitut der Deutschen Evangelischen Kirche" schlechthin auszubauen, scheiterte an der reservierten Haltung, die der EOK-Präsident Werner, der wichtigste Förder der Institutsarbeiten, sich trotz allem gegenüber den Deutschen Christen bewahrt hatte.353 Seit 1943, dem Jahr seiner Einziehung zum Militärdienst, konnte Grundmann keinen Einfluß auf das Institut mehr ausüben. Seine Stelle als wissenschaftlicher Leiter übernahm zunächst Heinz Erich Eisenhuth, später Georg Bertram. Aktivitäten der Institutsleitung, insbesondere Bertrams selbst, lassen sich bis Ende Februar 1945 nachweisen. Von Bertram, später auch von dem im Herbst 1945 aus russischer Gefangenschaft zurückgekehrten Grundmann, gingen schon im Mai 1945 Versuche zu einer Neugründung aus. Beide Theologen präsentierten das Institut als Instrument zur Verteidigung des Christentums gegenüber dem Nationalsozialismus. Sie hatten mit dieser Argumentation jedoch keinen Erfolg; die thüringische Kirchenleitung verschloß sich ihren Plänen. Gleichzeitig bescheinigte sie aber dem Institut, „durch seine Vorträge und wissenschaftlichen Arbeiten eine Beurteilung des Judentums" ermöglicht zu haben, „die auf den Forschungen alttestamentlicher Gelehrter begründet war und sich tatsächlich weitgehend von der Hetzpro-

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Abteilung sei München. Zum Leiter der Abteilung sei der Präsident der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Prof. Karl Alexander von Müller, ernannt. [...]" (Die Christliche Welt 50 (1936), 419). Zu den Theologen, die mit Franks Institut zusammenarbeiteten, gehörte neben Gerhard Kittel auch der spätere Mainzer bzw. Heidelberger Neutestamentler Karl Georg Kühn. Kühn war seit 1932 Mitglied der NSDAP und gehörte auch der SA, der NSV und dem NS-Reichskriegerbund an; 1946 wurde Kühn aus seiner außerplanmäßigen Professur in Tübingen entlassen, doch erhielt er schon 1949 einen Lehrauftrag an der Theologischen Fakultät in Göttingen, bevor er 1950 zum ordentlichen Professor für Neues Testament in Mainz ernannt wurde. So erklärte etwa Alfred Rosenberg, der Schirmherr des Frankfurter Instituts, in seiner Eröffnungsrede am 26. März 1941: „Für Europa ist die Judenfrage erst dann gelöst, wenn der letzte Jude den europäischen Kontinent verlassen hat" (zitiert nach Eberhard Rohm / Jörg Thierfelder: Juden-Christen-Deutsche. Band 3/II: 1938-1941. Ausgestoßen, 52-53). Grundmann hatte einen entsprechenden Plan bereits 1940 vorgetragen. Doch auch aus dem kirchlichen Bereich selbst gab es Vorbehalte gegen das Institut. So berichtete Oberkirchenrat Buschtöns an Werner über die Verwaltungsratssitzung in Eisenach am 29. Mai 1940: „So notwendig eine Forschungsstelle der DEK für die zahlreichen wissenschaftlichen Aufgaben der Kirche ist, so ist das Judeninstitut in keiner Weise weder wissenschaftlich noch kirchenpolitisch zu einer solchen Aufgabe qualifiziert" (zitiert nach Susannah Heschel: Theologen für Hitler, 147).

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paganda anderer Kreise deutlich" unterschieden habe.354 Bertram wurde Pfarrer in der Evangelischen Kirche in Hessen und Nassau, nachdem die Gießener Universität 1945 durch die amerikanischen Besatzungsbehörden geschlossen worden war. Grundmann selbst, der aufgrund seiner NSDAPMitgliedschaft seine Universitätsstellung verlor, konnte bereits 1947 in den thüringischen Kirchendienst eintreten, wo er nach 1954 erneut in eine leitende Position aufrückte und sogar wieder als theologischer Dozent tätig wurde. Auch Eisenhuth wurde in den kirchlichen Dienst übernommen; auch er erhielt später einen Lehrauftrag am Leipziger Theologischen Seminar. Andere Institutsmitarbeiter, wie etwa Martin Redeker, Wilhelm Koepp, Rudi Paret oder Johannes Leipoldt, konnten zumeist ohne größere Schwierigkeiten ihre universitäre Tätigkeit fortsetzen oder alsbald wieder aufnehmen. 355 Im Blick auf Georg Wobbermins Mitgliedschaft im akademischen Unterstützerkreis muß fraglich bleiben, ob er selbst tatsächlich noch wichtigere Beiträge zu den Programmarbeiten des Instituts hat leisten können. Hinweise auf solche Beiträge haben sich in den vorhandenen Unterlagen jedenfalls bisher nicht finden lassen. Aufgrund der Kriegsereignisse verzögerte sich überdies der weitere Fortgang der ursprünglich geplanten Tagungen. Hinzu kam, daß Wobbermin schon im Jahre 1941 durch wiederkehrende Erkrankungen zeitweise nur eingeschränkt arbeitsfähig war. Kein Zweifel aber kann daran bestehen, daß Wobbermins Bereitschaft, sich dem Institut als Mitarbeiter zur Verfügung zu stellen, das Ansehen dieser antisemitischen Forschungseinrichtung innerhalb und außerhalb der beteiligten Landeskirchen gesteigert hat. Diesem Umstand entspricht auch, daß im theologischen Meinungsstreit der frühen vierziger Jahre gerade das Eisenacher Institut noch die anspruchsvollsten Publikationen hervorgebracht hat, die sich im deutsch-christlichen Bereich finden lassen. Die Bedeutung der Arbeit des Instituts für die Haltung der evangelischen Kirche im Dritten Reich darf nicht unterschätzt werden. Auch auf die von diesem Institut seit Ende 1939 geleistete Vertrags- und Publikationstätigkeit ging es zurück, wenn die Vertreter der deutsch-christlichen Kirchenleitungen am 17. Dezember 1941 - zu einem Zeitpunkt, als das Tragen des Sterns den Juden bereits vorgeschrieben war und die Deportationen in die Vernichtungslager begonnen hatten - in einer Bekanntmachung über die kirchliche Stellung konvertierter Juden erklärten:

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Zitiert nach Susannah Heschel: Theologen für Hitler, 151-152. Auseinandersetzungen scheint es immerhin um Redekers Verbleib an der Kieler Theologischen Fakultät gegeben zu haben. Beschwerden gegen ihn wegen seiner Mitwirkung am Eisenacher Institut blieben jedoch folgenlos, nachdem Redeker sich gegenüber dem Bischof der Landeskirche von Schleswig-Holstein gerechtfertigt hatte (siehe hierzu: Nordeibisches Kirchenarchiv. Repertorium des Archivs der Bekennenden Kirche Schleswig-Holsteins: Alte Signatur 72; Neue Signatur 367).

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„Von der Kreuzigung Christi bis zum heutigen Tage haben Juden das Christentum bekämpft oder zur Erreichung ihrer eigennützigen Ziele mißbraucht oder verfälscht. Durch die christliche Taufe wird an der rassischen Eigenart eines Juden, seiner Volkszugehörigkeit und seinem biologischen Sein nichts geändert. Eine deutsche Evangelische Kirche hat das religiöse Leben deutscher Volksgenossen zu pflegen und zu fördern. Rassejüdische Christen haben in ihr keinen Raum und kein Recht."356 Entsprechend richtete die Kanzlei der Deutschen Evangelischen Kirche am 22. Dezember 1941, zwei Tage vor Weihnachten, ein Schreiben an die Leitungsämter der Landeskirchen, in dem dazu aufgefordert wurde, „geeignete Vorkehrungen [zu] treffen, daß die getauften Nichtarier dem kirchlichen Leben der deutschen Gemeinden fernbleiben". 357 3.6. Ende der Göttinger Lehrtätigkeit- Die späten Jahre in Berlin Die beiden letzten Jahre des Göttinger Lebensabschnittes waren von zwei schweren Konflikten überschattet. In beiden Fällen bot das Verhalten Wobbermins selbst den Anlaß zu den Auseinandersetzungen. Im Ergebnis führten sie dazu, daß die Beziehungen Wobbermins zur Fakultät und zur Landeskirche zerrüttet waren und er selbst sich in weitgehender Isolation befand. Aus dieser Lage wies erst die unerwartete Berufung nach Berlin wieder heraus. 3.6.1. „Mann gegen Mann". Wobbermin und Hirsch 1934 Wobbermins Verhältnis zu Emanuel Hirsch läßt sich aus den vorliegenden Unterlagen nur schwer rekonstruieren. Hirsch gehörte der Fakultät als Inhaber eines der beiden kirchengeschichtlichen Lehrstühle seit 1921 an. Auf die gemeinsame Herausgabe der Theologischen Literaturzeitung und die Verbundenheit beider Theologen im Rahmen der DC-Organisation ist bereits hingewiesen worden. Es bleibt immerhin auffällig, daß weder Wobbermin noch Hirsch sich durch Rezensionen oder in anderen Stellungnahmen zu Publikationen des jeweils anderen geäußert haben. Hinweise darauf, daß es je zu einem persönlich motivierten Kontakt gekommen wäre, liegen nicht vor. Hieran änderte auch die Tatsache nichts, daß Wobbermin und Hirsch seit 1932 öffentlich als Hitler-Unterstützer hervortraten/ 38 •3fQ

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Zitiert nach: Kirchliches Jahrbuch (60-71) 1933-1944, 481. Ebd., 482. Zu Hirschs politischem Engagement um 1933 vgl. Robert P. Ericksen: Emanuel Hirsch Der Nazi-Intellektuelle, in: Ders.: Theologen unter Hitler. Das Bündnis zwischen evangelischer Dogmatik und Nationalsozialismus, München 1986, 167-267; Ders.: Die Göt-

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Im Frühjahr 1934 kam es zu einem schweren Konflikt, der universitätsintern unter dem Titel „Wobbermin-Hirsch Streitfall 1934" aktenkundig geworden ist. Die dabei von Hirsch, Wobbermin und den beteiligten Universitätsstellen verfaßten Schriftstücke sollen hier, trotz des bizarren Gegenstandes der Auseinandersetzung, in einigen längeren Auszügen wiedergegeben werden. Am 26. April 1934 wandte sich Hirsch, der zu diesem Zeitpunkt bereits das Amt des Decanus perpetuus der Theologischen Fakultät innehatte,359 mit folgendem Schreiben an den Rektor der Universität: „Euer Magnifizenz! Als von Ihrem Vertrauen berufener Ihrem Stabe angehöriger Mitarbeiter an der akademischen Verwaltung erlaube ich mir, Ihnen folgendes mitzuteilen: Vor einigen Wochen war der Führer der Studentenschaft, Herr cand. phil. Heinz Wolff, bei mir und bat mich um Aushändigung der familienkundlichen Nachweisung über meine Abstammung. Als Grund dieser Bitte gab er an, daß ein Kollege meiner eigenen Fakultät in Universitätskreisen die unwahre Behauptung von meiner nichtarischen Abstammung verbreite. Er teilte mit, daß die Studentenschaft die Angelegenheit nicht als privaten Ehrenhandel, sondern als eine die Ehre und das Ansehen der Universität betreffende dienstliche Sache behandelt wünschte. Sobald klar sei, daß der Verbreiter des Gerüchts durch klares Zeugnis festlegbar sei, würde mir sein Name genannt werden. Am 24. April 1934 nachmittags hat mir der Leiter der Theologischen Fachschaft, Herr stud, theol. Friedrich Nobiling, mitgeteilt, daß die Voraussetzungen für ein Vorgehen nach Auffassung der Studentenschaft erfüllt seien. Diese Nachricht ist mir heute, den 26. April vormittags von der Führung der Studentenschaft offiziell bestätigt worden. Dabei wurde mir als feststellbarer Verbreiter des Gerüchts der ordentliche Professor meiner eigenen Fakultät D. Georg Wobbermin genannt. Das Gerücht ist durch die Kreise der Dozentenschaft wie der Studentenschaft hindurchgedrungen. Ich stelle dem gegenüber zunächst folgende Tatsachen fest: Ich kann auf Grund jahrelanger Familienforschung im Mannsstamme Hirsch einen lückenlosen Stammbaum von einem im Jahre 1633 zuerst urkundlich nachweisbaren Drescher und Hofmeister Michel Hirsch, der nach Altersangaben 1585 geboren ist, ab vorlegen. Ich kann nach Grundsätzen familienkundlicher Forschung mit ausreichender Gewißheit, wenn auch nicht mehr absolut zwingend, sogar die Vorfahren dieses Michel Hirsch von einem in Mansfeld getrauten Steiger

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tinger Theologische Fakultät im Dritten Reich, in: Die Universität Göttingen unter dem Nationalsozialismus. Das verdrängte Kapitel ihrer 250jährigen Geschichte [s.o. Anm. 252], 61-87. - Der NS-Partei trat Hirsch zunächst nicht bei. Seine Mitgliedschaft datiert erst vom 1. Mai 1937, wobei allerdings zu beachten ist, daß bis zum 30. April 1937 ein Beitritt wegen der Mitgliedschaftssperre nicht möglich war. Vgl. Wolfgang Trillhaas: Emanuel Hirsch in Göttingen, in: Zeitschrift für Theologie und Kirche 81 (1984), 220-240, hier: 232. Die Tätigkeit Hirschs als Dekan faßt Trillhaas in dem Fazit zusammen: „Keinesfalls hat er in der Auseinandersetzung zwischen Landeskirche und nationalsozialistischer Staatsgewalt die Interessen der Landeskirche vertreten oder gar die beteiligten Studenten geschützt" (Ebd.).

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Wolf Hirsch an namhaft machen. Ich habe in den Seitenlinien die Forschung überall bis 1800, zum Teil erheblich weiter, getrieben und kann die Herkunft meiner acht Urgroßeltern aus deutschen christlichen Familien nachweisen. Herrn Professor Wobbermin sind, als er über meine nichtarische Herkunft redete, auf jeden Fall folgende Tatsachen bekannt gewesen: 1) ich bin infolge eines Augenleidens nicht Kriegsteilnehmer und erst im Jahre 1921 Staatsbeamter geworden. Ich falle also unter keine Schutzbestimmung. Wer von meinen Kollegen mir nichtarische Herkunft nachsagt, kann also wissen, daß er mir eine falsche eidesstattliche Versicherung zur Bewahrung meines Amtes implicite nachsagt. 2) Ich bin schon lange vor 1933 in meiner ganzen Haltung auf Abwehr gegen das Judentum gerichtet gewesen. Ich habe in der Öffentlichkeit in und außerhalb Göttingens als Kämpfer für eine vorbehaltlose Anerkennung der rassischen Grundgesetze eine markante Stellung eingenommen, auch als Helfer nationalsozialistischer Erziehung und Bildung unter den Studenten mich exponiert gestellt. Mein Verhalten wäre auch dann unehrenhaft, wenn ich zu den durch die erheblichen Lücken der Gesetzgebung geschlüpften Mischblütigen gehörte. Ebenso wäre das Verhalten des Rektors, der mich zu seinem Vertrauensmanne gemacht hat, und das Verhalten der Studentenschaft mir gegenüber eine Schädigung des Ansehens der Universität, wenn meine arische Abkunft nicht in demselben Umfange nachgewiesen wäre, wie das bei führenden Persönlichkeiten heute allgemein verlangt wird. Wer mir nichtarische Abkunft auch nur im Sinne nachweisbarer Mischblütigkeit nachsagt, greift die Ehre meiner gesamten nationalpolitischen Haltung innerhalb und außerhalb der Universität an und schädigt zugleich das Ansehen des Rektors und der Studentenschaft, die entweder ihre sonstigen Grundsätze verleugnet oder leichtfertig eine Information unterlassen haben müßten. Es hat Kollegen in meiner Fakultät gegeben, die sich über meine arische Abkunft von mir haben informieren lassen, und denen ich Stammbäume und Ahnentafeln gezeigt habe. Herr Professor Wobbermin hat jene für den Rektor, für die Studentenschaft und für seinen eignen Dekan ehrenrührige Behauptung ausgesprochen, ohne auch nur den Versuch einer Rücksprache mit mir zu machen. Ich würde, wenn nicht die offizielle Mitteilung der Führung der Studentenschaft vorläge, es noch heut nicht glauben, daß ein College meiner eignen Fakultät eines so unehrenhaften Verhaltens wie des Weitertragens eines solchen ehrenrührigen Gerüchts ohne jeden Versuch der Information fähig gewesen wäre. Wenn Herr Professor Wobbermin nach den einfachen Begriffen der Mannesehre hätte handeln wollen, so hätte er sofort beim Auftauchen des ersten Verdachts bei ihm zu mir kommen und mich Mann gegen Mann um Antwort ersuchen müssen. Zusammenfassend erhebe ich gegen Professor Wobbermin den Vorwurf, durch Verbreitung eines unwahren Gerüchts gegen den Dekan seiner eignen Fakultät die Ehre und das Ansehen der Universität geschädigt zu haben. [...] Heil Hitler Ew. Magnificenz sehr ergebener gez. E. Hirsch."360 360

Universitätsarchiv Göttingen. Theologische Fakultät. Personalakten Ordinarien I: G. Wobbermin: Wobbermin-Hirsch Streitfall 1934 (dort auch die im folgenden zitierten Unterlagen; die Akte ist nicht paginiert). - Auf Zweifel an dem, nach nationalsozialisti-

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Das Schreiben, das in Abschrift auch dem stellvertretenden Dekan der Theologischen Fakultät Johannes Behm zugesandt wurde, ist von diesem am 27. April den Fakultätsmitgliedern per Umlauf zur Kenntnis gebracht worden. Wobbermin befand sich zu diesem Zeitpunkt wegen eines Klinikaufenthaltes seiner Frau nicht in Göttingen. Er kehrte erst Anfang Mai zurück und fand die bereits von mehreren Fakultätsmitgliedern gezeichnete Umlaufmappe vor. Sofort empörte er sich über das von Behm gewählte Verfahren. Es wäre im Interesse „der Sache" gewesen, wenn „ich zu dem auf völlig unrichtigen Voraussetzungen beruhenden und dabei mich schwer beleidigenden Schreiben des H. Kollegen H. zuerst hätte Stellung nehmen können".361 Noch am gleichen Tage sandte er Behm eine Gegendarstellung: „Göttingen, den 4. V. 34 An den Herrn Stellvertretenden Dekan der theologischen Fakultät Herrn Professor Behm Sehr verehrter Herr Kollege! Infolge Erkrankung meiner Frau konnte ich erst jetzt nach Göttingen zurückkehren. Nun finde ich das von Ihnen in Umlauf gebrachte Schreiben des Herrn Kollegen Hirsch vom 26. IV. 34 vor. Ich bemerke dazu einstweilen sofort Folgendes: 1). Das Schreiben des Herrn Kollegen Hirsch geht von völlig unrichtigen Voraussetzungen aus und bedeutet eine vollständige Verschiebung des wirklichen Tatbestandes. 2). ,Nichtarische Abstammung' habe ich Herrn Kollegen Hirsch weder nachgesagt' noch sonstwie behauptet. Vielmehr habe ich bei dem betreffenden Anlass ausdrücklich und nachdrücklich betont, dass der Bereich des sog. Arier§ nicht in Frage stehe, und ich habe es ausserdem direkt abgelehnt, dem mir ausgesprochenen Wunsche nachzukommen, mich zum Zweck weiterer Klärung der Sachlage zum ,Träger von Gerüchten' zu machen. Zwar sind auch mir solche .Gerüchte' von vielen Seiten zugegangen. Aber in solcher Sache kommen für mich nur Tatsachen in Betracht. 3). Es handelt sich in erster Linie um die Tatsache, dass die von Herrn Kollegen Hirsch in letzter Zeit wiederholt vorgetragene These seiner weit hinter den Bereich des § 3 [des ,Gesetzes zur Wiederherstellung des Berufsbeamtentums' vom 7. April 1933] zurückreichenden rein arischen Abstammung (,aus deutschem Bauernblut') vielen Kollegen unserer eigenen Universität und ebenso anderer Universitäten und auch Männern anderer Berufe Anstoss erregt und von ihnen als mit dem Augenschein unvereinbar bezweifelt wird.

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schem Verständnis, unproblematischen Charakter seiner Herkunft hatte Hirsch bereits früher mit äußerster Heftigkeit reagiert; vgl. hierzu Heinrich Assel: „Barth ist entlassen ...". Emanuel Hirschs Rolle im Fall Barth und seine Briefe an Wilhelm Stapel, in: Zeitschrift für Theologie und Kirche 91 (1994), 445-475, hier: 461-463 (siehe dort, 447, auch den Hinweis auf eine etwa tausendseitige, im noch nicht zugänglichen Nachlaß vorliegende Autobiographie, die Hirsch 1946/47 geschrieben hat und die bis in das Jahr 1934 reicht). Handschriftliche Notiz Wobbermins auf der Umlaufmappe vom 4. Mai 1934.

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4). Mit dieser Tatsache hängt die andere zusammen, dass mir mehrfach die Aufforderung zugegangen ist - und zwar gerade auch von Pg. [seil: Parteigenossen] bezw. ,Deutschen Christen' - zu veranlassen, dass jene These durch Fachmänner der Rassenfrage nachgeprüft und streng objektiv entschieden werde. Urkunden für sich allein bieten ja für jenen Zweck nicht die Möglichkeit einer zureichenden objektiven Beurteilung. 5). Mein weiteres bisheriges Verhalten in der ganzen Angelegenheit - gerade das von Herrn Kollegen Hirsch beanstandete - ist durch die Rücksicht auf unsere Fakultät und auf die Person des Herrn Kollegen Hirsch bedingt gewesen. Ich hatte angenommen, dass eine umfassende objektive Klärung ohne Zutun unserer Fakultät erfolgen werde. Ich hatte aber andererseits auch meine Bereitwilligkeit erklärt, nötigenfalls für diesen Zweck mitzuwirken. Und ich hatte ausserdem keinen Zweifel darüber gelassen, dass es mir persönlich das durchaus Erwünschte sei, dass eine solche Nachprüfung die unter 3 genannte These des Herrn Kollegen Hirsch bestätige, dass aber auch das etwaige Gegenteil für Herrn Kollegen Hirsch nichts Belastendes bedeuten würde. Es handelt sich nur um eine quaestio facti, die immerhin als solche ihre Bedeutung hat. 6). Als stellvertretenden Dekan bitte ich Sie, Herrn Kollegen Hirsch zur schleunigen Zurücknahme seines mich völlig grundlos schwer beleidigenden Schreibens zu veranlassen, damit so die Möglichkeit für persönliche Aussprache und sachgemässe Behandlung wiederhergestellt werde. Heil Hitler! gez. G. Wobbermin."362 Weder aus Hirschs noch aus Wobbermins Darstellung wird klar, bei welchem Anlaß Wobbermin sich über Hirsch geäußert hat. Zu dieser Frage liegt lediglich eine kurze Notiz von Wobbermin vor, die er am 24. Juli 1934, als es bereits um die Dokumentation der Auseinandersetzung für die Universitätsakten ging, seinem Schreiben vom 4. Mai anmerkungsweise beifügte. Zu der Formulierung: „[...] bei dem betreffenden Anlass [...]" unter Punkt 2 seines Schreibens gab er folgende Erläuterung: „D.h. in einer in strengster Vertraulichkeit geführten Unterhaltung mit Hr. cand. phil. Buff, meinem früheren Hausgenossen, dessen nationalsozialistische Zuverlässigkeit mir genau bekannt war, und von dem mir auch bekannt war, daß er bereits sonst zu vertraulicher Aussprache in Anwesenheit des Herrn Rektors herangezogen worden war." Es handelt sich hierbei um Walter Buff, einen Doktoranden von Hirsch, der auch nach 1945 zu dessen engsten Mitarbeitern gehörte. Nicht klar wird durch die Erklärung, worauf sich Hirschs Formulierung bezieht, daß Wobbermin „die unwahre Behauptung von meiner nichtarischen Abstammung" „in Universitäts-

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Schreiben von Wobbermin an den stellvertretenden Dekan Johannes Behm vom 4. Mai 1934. Der Text wurde von Behm den Fakultätsmitgliedern am 10. Juli 1934 zur Kenntnis gegeben. Im Begleitschreiben heißt es: „[...] gebe ich beifolgendes Schreiben des Herrn Kol. Wobbermin vom 4. 5. 34, zu dessen Weitergabe ich erst heute von dem Herrn Universitätsrat ermächtigt worden bin, durch Umlauf zur Kenntnis."

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kreisen" verbreitet habe. Auch kann die Äußerung von Bedenken wegen Hirschs Abstammung nicht auf jenes vertrauliche Gespräch beschränkt gewesen sein. Sowohl Wobbermin als auch Hirsch versuchten, Zeugen für ihre Schilderung beizubringen. Buff selbst äußerte sich, nach Aktenlage, nicht. Hingegen gelang es Hirsch, sich durch ein weiteres Mitglied der Fakultät, den Alttestamentler Hans Duhm, schriftlich bestätigen zu lassen, daß Wobbermin die ihm vorgeworfenen Bemerkungen tatsächlich geäußert habe.363 Dabei konzentrierte Hirsch in seiner Darstellung den Konflikt auf den Aspekt seiner Amtsausübung als Dekan der Fakultät. In einem Schreiben an den Rektor vom 9. Mai 1934 berichtete Hirsch „betreffs wahrheitswidriger Ausstreuungen des Herrn Wobbermin gegen mich als Dekan seiner eignen Fakultät", daß Wobbermin die Richtigkeit der Aussage des Studenten bezweifle. Wobbermin habe ihm, Hirsch, durch den stellvertretenden Dekan mitteilen lassen, daß ein „ihm unbegreifliches Mißverständnis des Studenten" vorliegen müsse. Im folgenden heißt es: „Ich habe, um nicht einen Studenten in die Lage zu bringen, für sich allein einen Professor lügen strafen zu müssen, an Herrn Collegen Duhm die Frage offiziell gerichtet, ob Herr College Wobbermin über diese meine angebliche nichtarische Abstammung zu Collegen unsrer Fakultät gesprochen und dabei auch mein Dekanat im Zusammenhang damit berührt habe. Herr College Duhm hat mir beide Fragen schriftlich bejaht. Ich bitte daher Ew. Magnificenz, Herrn Wobbermin nicht nur mit dem Studenten, sondern auch mit Herrn Collegen Duhm zu confrontieren. [...]."364

Einen Tag zuvor, am 8. Mai 1934 war es zu einer Aussprache zwischen Wobbermin und Behm gekommen, nachdem Wobbermin seinen Vorwurf gegen den stellvertretenden Dekan wegen dessen Vorgehen in der Bekanntmachung des Hirsch-Schreibens vom 26. April 1934 nicht hatte zurücknehmen wollen. Behm vertrat bei dieser Gelegenheit die Ansicht, daß Wobbermin die Auseinandersetzung durch sein eigenes Verhalten provoziert habe. Überdies zeigte er sein Unverständnis darüber, weshalb Wobbermin sich nicht persönlich an Hirsch um Auskunft gewandt habe. Hiergegen protestierte Wobbermin in einem Brief vom 3. Juni 1934 an Behm:

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Hans Duhm (1878-1946) gehörte der Fakultät von 1920 bis 1927 als Privatdozent, seit 1927 als außerplanmäßiger Professor für Religionsgeschichte an. Zum Wintersemester 1934/35 wurde er auf eine ordentliche Professur für Altes Testament nach Breslau berufen. Schreiben von Hirsch an den Rektor der Universität Göttingen, Friedrich Neumann, vom 9. Mai 1934. - Es handelt sich um den Germanisten Friedrich Neumann (1889-1978), der 1933 zum Rektor gewählt worden war. Im gleichen Jahr hatte Neumann sich der NSDAP angeschlossen. 1945 wurde er aus dem Hochschuldienst entlassen.

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„[...] Sie begegneten meinem Hinweis auf die schwere ehrenrührige Beleidigung des H. Koll. Hirsch, der mir die einfachen Begriffe der Mannesehre abspricht, mit der Bemerkung, ich habe ihn zuerst beleidigt. Diese Ihre Annahme muß ich als schlechterdings irrig zurückweisen. Denn das, was in der ganzen Angelegenheit für H. Koll. Hirsch vielleicht peinlich sein konnte [eingefügt: Anm.: d.h. der modus der zur objektiven Klärung der Sache von seiner weit hinter den Bereich des § 3 (der als solcher überhaupt nicht in Frage stand) zurückgehenden, auf allen Linien rein arischen Abstammung angestellten Aktion.], habe ich weder gewollt noch veranlaßt. Ganz im Gegenteil: ich habe es ausgesprochener Weise im Interesse der Fakultät und insofern auch in seinem eigenen Interesse zu verhindern gesucht. Und gerade deshalb habe ich auch von seinen Kirchenbücher-Auszügen nicht im Voraus Kenntnis genommen, um die Angelegenheit nicht in die Fakultät hineinzuziehen."

Behm selbst versuchte in der Folge, sich nicht weiter in den Konflikt verwickeln zu lassen. Deshalb teilte er Wobbermin am 4. Juni und in einem zweiten Schreiben am 8. Juni mit, daß er zur Sache keine Stellung nehmen wolle. Allein der Rektor sei befugt, sich der Auseinandersetzung anzunehmen und gegebenenfalls eine „Vermittlungsaktion" durchzuführen. In gleichem Sinne äußerte sich Behm am 10. Juli auch gegenüber den übrigen Fakultätsmitgliedern. Während dessen fand die von Hirsch geforderte Überprüfung jener von ihm zusammengestellten Unterlagen über seine Abstammungsverhältnisse statt. Der zu diesem Zweck vom Universitätsrektor Neumann einberufenen Kommission gehörten, neben dem Rektor selbst, der „Führer der Dozentenschaft" Vogel, der „Führer der Studentenschaft" Wolff, der Gauobmann der Reichsfachschaft Hochschullehrer im NSLB (Nationalsozialistischer Lehrerbund) Lischke sowie der Universitätsrat Hillmann an. Über die Ergebnisse ihrer Recherchen gaben die Kommissionsmitglieder am 9. Juli 1934 folgenden Bericht ab: „Georg August-Universität Göttingen, den 9. Juli 1934 Um unwahren Gerüchten zu begegnen hat Herr Professor Hirsch-Göttingen dem Rektor, der Dozentenschaft, der Fachschaft Hochschullehrer im N.S.L.B. und der Studentenschaft Personenstandsurkunden in grosser Zahl über seine Vorfahren vorgelegt. Sie erstrecken sich in der Hauptlinie Hirsch im nachgewiesenen Zusammenhang bis zu einem 1585 geborenen Drescher und Hofmeister Hirsch in Görzig (Anhalt), dem achten Glied in der Reihe der Vorfahren von Professor Hirsch. In den Nebenlinien ist der zusammenhängende Nachweis der Ahnen überall mindestens bis zu den vor 1789 geborenen Persönlichkeiten geführt und bis ins 5. Glied der Vorfahren. [...] Im übrigen handelt es sich um deutsche Bauern-, Schiffer- und Bürgerfamilien. Rektor, Dozentenschaft, Hochschullehrerfachschaft und Studentenschaft stellen auf Grund dieser Urkunden fest, daß Herr Professor Hirsch seine arische Abstammung im bedeutend weiteren Umfange nachgewiesen hat, als es von irgend welchen Staats- oder Partei-Stellen verlangt wird. Gez. Fr. Neumann Rektor der Universität [...]."

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Hirsch und auch Wobbermin „billigten" diese Erklärung, so daß der Rektor dem Dekan der Theologischen Fakultät, also Hirsch selbst, am 11. Juli 1934 mitteilen konnte, er halte „den Streitfall Wobbermin-Hirsch" damit für erledigt.365 Eine Aussprache Wobbermins mit Hirsch hat, ausweislich der vorliegenden Dokumente, nicht stattgefunden. 3.6.2. Der „Fall Wobbermin" Den Hintergrund für die zweite heftige Auseinandersetzung während der Schlußphase von Wobbermins Göttinger Lehrtätigkeit bildeten schwere kirchenpolitische Konflikte innerhalb der Evangelisch-lutherischen Landeskirche von Hannover. Sie drehten sich im Kern um die Bestrebungen der Reichskirchenregierung und der Hannoverschen DC-Organisation, die unliebsame Eigenständigkeit der von Bischof August Marahrens geführten Landeskirche durch eine Eingliederung in die Reichskirche zu brechen. Zwar hatte die vom Rechtswalter August Jäger vollzogene kirchliche Eingliederungspolitik auch in Hannover bereits zu harten Konfrontationen geführt. Nach zeitweiliger Absetzung, plebiszitartiger Wiedereinsetzung und nach der endgültigen Rehabilitierung in Gestalt des Empfanges der drei Bischöfe aus den „intakten Landeskirchen" durch Hitler am 30. Oktober 1934 war Marahrens jedoch letztlich als Sieger aus den Kämpfen hervorgegangen. Die Eingliederungsabsichten und damit das ganze ursprüngliche Konzept einer nationalen und zentral geführten Reichskirche hingegen waren gescheitert. Innerhalb der landeskirchlichen Führungsorgane kam es erst nach dem 30. Oktober zur Eskalation. Das Landeskirchenamt wurde durch Angehörige der Bischofspartei wieder in Besitz genommen und „unter Einsatz physischer Kraft gegen den Versuch der DC-Exponenten verteidigt, in das Gebäude einzudringen, um ihre Amtstätigkeit aufrechtzuerhalten".366 Trotz der Wiedereinsetzung und erfolgten Bestätigung von Marahrens suchte der noch immer deutsch-christlich dominierte Kirchensenat, dem der Bischof selbst vorstand, Anfang Dezember 1934 Marahrens erneut abzusetzen. Ein vom Kirchensenat einberufener Landeskirchentag wählte an seiner Stelle den Superintendenten Felix Rahn, der für den weiteren Verlauf der Auseinandersetzungen jedoch faktisch bedeutungslos blieb, zum Gegenbischof. Im Verlaufe eines langwierigen Rechtsstreites vor dem Oberlandesgericht Gelle setzten sich schließlich Marahrens und die von ihm im November 1934 gebildete Vorläufige Kirchenleitung endgültig durch. Der Einfluß der 365

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Schreiben des Rektors der Universität an den Dekan der Theologischen Fakultät vom 11. Juli 1934. Am 13. Juli teilte Behm den Fakultätsmitgliedern dieses Schreiben sowie die Erklärung der Kommission vom 9. Juli per Umlauf mit. Kurt Meier: Der evangelische Kirchenkampf. Band l, 395.

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Deutschen Christen war seitdem in Hannover im wesentlichen gebrochen.367 Die Verwicklung Wobbermins in diese Geschehnisse nahm ihren Ausgang von einer verbalen Entgleisung des Theologen während einer Tagung des Niedersächsischen Hochschulkreises, die Ende Juni / Anfang Juli 1935, d.h. während die juristische Kontroverse noch andauerte, im „Lager Rittmarshausen" stattfand. Nach Auskunft einzelner Anwesender soll Wobbermin in die Rede eines Vertreters des Landeskirchenamtes hinein ausgerufen haben: „Augsburg!? Was geht uns hier Marahrens an? Unser Bischof ist Rahn." Der Bezug auf Augsburg war motiviert durch einen Hinweis des Redners auf die Initiative des bayerischen Landesbischofs Meiser, zur Sicherung gegen eine erneute Einflußnahme Deutscher Christen in möglichst vielen Gemeinden Ortsgruppen der landeskirchlichen Bekenntnisgemeinschaft zu gründen.368 Auf eine erste Anfrage des Landeskirchenamtes nach dem Vorfall erklärte Wobbermin, daß er jene unterstellte Äußerung nicht getan habe. Er habe vielmehr die Bedeutungslosigkeit der Kirchenpolitik Meisers für die Hannoversche Situation betonen wollen; der Wortlaut seines Zwischenrufes sei gewesen: „Was geht uns hier Augsburg an? Augsburg liegt ja im Bereich des Herrn Landesbischofs Meiser."369 Als Zeugen für seine Darstellung bot er den gleichfalls in Rittmarshausen gewesenen Hirsch an. Dieser antwortete jedoch auf Befragen lediglich: „Über den Inhalt der Äußerungen eines Kameraden auf einem nationalsozialistischen Lager kann ich einer kirchlichen Stelle keine Aussage machen, ohne mich gegen die nationalsozialistische Disziplin zu vergessen. Ich halte Äußerungen eines Kameraden auf einem nationalsozialistischen Lager für nichts, was Gegenstand einer kirchlichen Untersuchung" sein darf.370 Hirsch schätzte offensichtlich den kompromittierenden Charakter der Äußerung Wobbermins richtig ein und nahm in Kauf, daß dessen Stellung gegenüber dem Landeskirchenamt durch die abweisende Antwort noch weiter geschwächt wurde. Diese Haltung macht deutlich, daß sich zwei Jahre nach der Machtübernahme durch die Nationalsozialisten das Verhältnis zwischen Hirsch und Wobbermin faktisch kaum als Ausdruck „kameradschaft-

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Vgl. die ausführliche Dokumentation der Vorgänge von Eberhard Klügel: Die lutherische Landeskirche Hannovers und ihr Bischof 1933-1945. Zwei Bände, Berlin / Hamburg 1964 und 1965. Vgl. Kurt Meier: Der evangelische Kirchenkampf. Band 2, 335-336. Zu Meisers Vorschlag vgl. Helmut Baier: Die Deutschen Christen Bayerns im Rahmen des bayerischen Kirchenkampfes (Einzelarbeiten aus der Kirchengeschichte Bayerns. Band 46), Nürnberg 1968. Schreiben des Präsidenten des Evangelisch-lutherischen Landeskirchenamtes in Hannover, Friedrich Schnelle, vom 8. Juli 1935 an Emanuel Hirsch (Universitätsarchiv Göttingen. Personalakten Ordinarien I: G. Wobbermin). Notiz Hirschs zu dem Schreiben vom 8. Juli 1935 (Ebd.).

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lieber" Solidarität, denn vielmehr als harter Konkurrenzkampf beschreiben läßt. Dieser Kampf wurde zudem noch durch eine, nicht zuletzt aus jenem Konflikt um die Abstammungsfrage verstärkte persönliche Abneigung belastet. Beide stritten um die theologische Vorrangstellung innerhalb der Deutschen Christen, und beide sahen sich in ihrer eigenen Fakultät zunehmend isoliert. Auch spielte zu diesem Zeitpunkt, als der altersbedingte - Rückzug Wobbermins aus Göttingen bereits absehbar war, für Hirsch die eigene akademische Karriereplanung eine wichtige Rolle. Die Verhandlungen um die Nachfolge Wobbermins, die nach einer Absage des Erlanger Theologen Werner Eiert noch 1936 mit der Berufung Hirschs auf die systematisch-theologische Professur endeten, führte Hirsch jedenfalls unter deutlicher Bekundung seines persönlichen Interesses.371 Wobbermins Rechtfertigungsversuch wurde vom Landeskirchenamt als ungenügend zurückgewiesen und mit einer indirekten Aufforderung beantwortet, auf eine weitere Mitwirkung an der landeskirchlichen Prüfungskommission zu verzichten.372 Durch diese Haltung provoziert, verlangte der stellvertretende Dekan Hempel ultimativ die Rücknahme der Aufforderung. Wobbermin gegenüber erklärte er, daß sich der Fall derart zuspitze, daß immer mehr eine „Aufrollung der Frage nach der Rechtsgrundlage des jetzigen Landeskirchenamtes" erforderlich werde und die Gefahr einer dauerhaften Trübung des Verhältnisses zwischen Fakultät und Landeskirche bestehe.373 Zu einer solchen Ausweitung des Konfliktes ließ es das Landeskirchenamt schließlich nicht kommen. Man entschloß sich, bevor eine direkte Beeinträchtigung des universitären Lehrbetriebes eintreten konnte, dazu, die Auseinandersetzung durch eigenes Einlenken zu beenden. Wobbermin wurde noch rechtzeitig durch Marahrens in die Kommission für die Herbst-Prüfungen berufen und damit seiner Forderung nach Teilnahme

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Vgl. die beiden Schreiben von Emanuel Hirsch an den Reichs- und Preußischen Minister für Wissenschaft, Erziehung und Volksbildung vom 20. Dezember 1935 und vom 10. Juli 1936 (Universitätsarchiv Göttingen. Theologische Fakultät. Personalakten Ordinarien I: G. Wobbermin). Hirsch scheute hier auch nicht vor einer Denunziation des potentiellen Mitbewerbers Erich Vogelsang (1904-1944) zurück. Vogelsangs Abstammungsverhältnisse waren im Sinne der Bestimmungen der Nürnberger Gesetze vom 15. September 1935 nicht vollständig geklärt. Hirschs Bemerkungen hierzu wirkten auf jeden Fall belastend und zielten vielleicht sogar direkt darauf ab, die wissenschaftliche Karriere des Konkurrenten zu behindern. Vogelsang, der seit 1929 in Königsberg Privatdozent gewesen war, erhielt 1937 eine ordentliche Professur in Gießen. Er wurde jedoch 1941 zum Militär einberufen und fiel am 25. Juni 1944. Vgl. den Brief des stellvertretenden Dekans der Göttinger Fakultät, Johannes Hempel, an den Präsidenten des Evangelisch-lutherischen Landeskirchenamtes in Hannover vom 12. Juli 1935 (Universitätsarchiv Göttingen. Theologische Fakultät. Personalakten Ordinarien I: G. Wobbermin). Brief Hempels an Wobbermin vom 21. Juli 1935, geschrieben bereits nach Ablauf des „Ultimatums" (Ebd.).

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am Examen nachgegeben.374 Zu einer weiteren Begegnung Wobbermins mit landeskirchlichen Stellen ist es in der Folge nicht mehr gekommen, da Wobbermin, ungeachtet seines Alters, noch im Sommer mit der vertretungsweisen Wahrnehmung einer systematisch-theologischen Professur an der Berliner Fakultät beauftragt wurde. Eine Klärung des Konfliktes ist nach Ausweis der Akten nicht erfolgt. 3.6.3. Berufung an die Berliner Theologische Fakultät Die offizielle Beauftragung Wobbermins durch den Reichs- und Preußischen Minister für Wissenschaft, Erziehung und Volksbildung erfolgte mit einem Schreiben vom 21. August 1935. Darin wurde ihm mitgeteilt, daß er „unter entsprechender Hinausschiebung Ihrer Entpflichtung vom Wintersemester 1935/36 ab bis zum Schluß des Wintersemesters 1936/37 in der Evangelisch-Theologischen Fakultät der Universität Berlin die durch das Ausscheiden des Professors Lütgert freigewordene planmäßige Professur für Systematische Theologie und die damit verbundenen Geschäfte des Direktors des Theologischen Seminars vertretungsweise wahrzunehmen" habe.375 Wobbermin nahm den Auftrag unverzüglich an, obwohl rechtlich seine Stellung in der Berliner Fakultät nicht eindeutig geklärt war. Denn sein „Dienstleistungsort" blieb zunächst Göttingen und damit die Göttinger Universität der offizielle Dienstsitz; gleichzeitig nahm Wobbermin an allen Berliner Fakultätssitzungen stimmberechtigt teil. Trotz dieser Unklarheit, die später zu erheblichen Problemen führen sollte, erfüllte sich mit seiner Übersiedlung nach Berlin ein lebenslanger Wunsch Wobbermins. Seit seinen akademischen Anfängen hatte Wobbermin die Berliner Theologische Fakultät als Ziel seiner universitären Laufbahn betrachtet. Um so stärker betonte er nun den Umstand, daß die ministerielle Beauftragung ihn faktisch zum „Nachfolger Schleiermachers" gemacht habe. Dem Schleiermacher-Studium war denn auch das Lehrangebot Wobbermins in Berlin vornehmlich gewidmet.376 374 375

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Brief Hempels an Wobbermin vom 22. Juli 1935 (Ebd.). Schreiben des Reichs- und Preußischen Ministers für Wissenschaft, Erziehung und Volksbildung an Wobbermin vom 21. August 1935 (Universitätsarchiv Göttingen. Theologische Fakultät. Personalakten Ordinarien I: G. Wobbermin; ebenfalls in: Universitätsarchiv Berlin. Personalakte Wobbermin. Band 3, Bl. 2). Vgl. auch das Schreiben von Bischof Marahrens an Wobbermin vom 20. Juli 1935 (Universitätsarchiv Göttingen. Ebd.). - Wilhelm Lütgert (1867-1938) schied nach vorzeitiger Amtsenthebung zum 30. September 1935 aus dem Dienst aus. Auf diesen Umstand wies etwa eine Notiz in der Christlichen Welt besonders hin: „Beauftragt wurde Professor Wobbermin in Göttingen, unter Hinausschiebung der Altersgrenze, auf drei Semester mit Verwaltung einer Professur für systematische Theologie in Berlin, besonders zur Neubelebung des Schleiermacher-Studiums" (Die Christliche Welt 49 (1935), 871; vgl. auch: Junge Kirche 3 (1935), 828).

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Eine erste Verlängerung der vertretungsweisen Lehrstuhlwahrnehmung erfolgte bereits am 23. Juli 1936. Nunmehr wurde Wobbermin auch dienstrechtlich der Berliner Universität zugeordnet.377 Die personelle Zusammensetzung der Berliner Fakultät stellte zum Zeitpunkt des Eintrittes Wobbermins bereits das Ergebnis intensiver kirchen- und hochschulpolitischer Eingriffe dar. Die noch um 1933 dominierenden Theologen Reinhold Seeberg, Wilhelm Lütgert und Arthur Titius waren ausgeschieden. Seit 1933 hatte „die vermeintliche oder tatsächliche kirchenpolitische Einstellung bei der Neubesetzung gerade auch der systematischen Lehrstühle eine recht vordergründige Rolle gespielt".378 Wobbermins Beauftragung selbst läßt sich als Ausdruck einer solchen Tendenz auffassen, wenn auch nach Elliger in diesem Fall noch einmal versucht worden ist, „das oft geübte Privileg" wahrzunehmen, die Ordinariate an namhafte, durch bedeutende Fachleistungen ausgewiesene Wissenschaftler zu vergeben.379 Das chronologisch erste Beispiel, mit dem sich die Politisierung der Berliner Besetzungspraxis belegen läßt, war die Ende 1933 erfolgte Berufung des wissenschaftlich kaum qualifizierten Arnold Stolzenburg zum Nachfolger von Titius. Stolzenburg war ein engagiertes Mitglied der NSDAP und der Deutschen Christen; bereits unmittelbar nach seiner Berufung übernahm er das Amt eines Hochschulobmannes des Nationalsozialistischen Lehrerbundes (NSLB) für die Gesamtuniversität.380 Nach dem vom Reichswissenschaftsministerium geforderten Rücktritt Erich Seebergs vom 377

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Schreiben des Ministers an Wobbermin vom 23. Juli 1936 mit Verlängerung der Beauftragung bis zum 30. September 1937 (Universitätsarchiv Berlin. Personalakte Wobbermin. Band 3, Bl. 6). Anlaß für die Übertragung des Dienstsitzes war die zwischenzeitlich erfolgte Wiederbesetzung der Göttinger Professur Wobbermins. Bis zu ihrer Übernahme durch Emanuel Hirsch hatte der früher in Erlangen tätige, dort 1924 zum außerordentlichen Professor für Systematische Theologie ernannte Wilhelm Vollrath Wobbermin vertreten (vgl.: Junge Kirche 4 (1936), 539). Walter Elliger: 150 Jahre Theologische Fakultät zu Berlin. Eine Darstellung ihrer Geschichte von 1810 bis 1960 als Beitrag zu ihrem Jubiläum, Berlin 1960, 126. Vgl. auch die Darstellung von Kurt Aland: Einleitung, in: Ders. (Hg.): Glanz und Niedergang der deutschen Universität. 50 Jahre deutscher Wissenschaftsgeschichte in Briefen an und von Hans Lietzmann (1892-1940). Mit einer einführenden Darstellung von Kurt Aland, Berlin/New York 1979, 136-147. Walter Elliger: 150 Jahre Theologische Fakultät zu Berlin, 127. Arnold Stolzenburg (1887-1966) war seit 1921 Privatdozent an der Theologischen Fakultät der Universität Berlin. 1927 wurde er zum außerordentlichen und 1933 zum ordentlichen Professor für Systematische Theologie berufen. 1933/34 gehörte er als Oberkonsistorialrat dem Evangelischen Oberkirchenrat an. Mitte 1942 wurde er zum Militäreinsatz verpflichtet. Nach 1945 mußte er seine universitäre Tätigkeit aufgeben. Bis 1962 war er Pfarrer am Dom in Naumburg. Seit 1952 gehörte er überdies zum Kollegium der Kirchlichen Hochschule in Naumburg. Personalakten liegen im Universitätsarchiv der Humboldt-Universität zu Berlin (Signatur UK - St 84), im Evangelischen Zentralarchiv Berlin (Signatur PA 7 - P 1363) und im Konsistorium der Kirchenprovinz Sachsen (Referat Schriftgutverwaltung, Archiv, Bibliothek) in Magdeburg (Signatur AKPS Rep A spec P, Nr. St 200) vor.

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Amt des Dekans im Frühjahr 1935 und einer kurzen Interims-Amtszeit des Missionswissenschaftlers Johannes Witte381 trat Stolzenburg Anfang 1936 an seine Stelle. Er übte das Amt bis zum Ende des Sommersemesters 1942 aus.382 Politische Interessen standen 1935 auch bei der Berufung von Werner Gruehn (1887-1961), einem Schüler Karl Girgensohns, im Vordergrund. Wegen seiner Orientierung an einem empirischen Modell religionspsychologischer Forschung war der fachliche Konflikt mit Wobbermin kaum vermeidbar. Gruehn stieg bereits nach wenigen Monaten innerhalb der Fakultät zum Vertreter des Führers des NS-Universitäts-Dozentenbundes auf und nahm damit eine Schlüsselstellung in allen hochschulpolitischen Streitfällen ein. Stolzenburg und Gruehn haben seit 1936 gemeinschaftlich die Fakultät geleitet und ihren Einfluß spätestens seit 1938 gegen Wobbermin gerichtet. Auch Seeberg fühlte sich durch Stolzenburgs Amtsführung erheblich beeinträchtigt, so daß es zwischen ihm und der Fakultätsleitung wiederholt zu schweren Auseinandersetzungen gekommen ist. Zunächst jedoch deutete nach Wobbermins Berliner Dienstantritt noch nichts auf diese Schwierigkeiten hin. Problematisch, weil in ihrem hochschul- und dienstrechtlichen Status vorläufig ungeklärt, war Wobbermins Stellung insofern, als sie durch den Minister mehrfach bestätigt werden mußte. Zudem führte der kontinuierliche Rückgang der Studentenzahl dazu, daß das Lehrangebot immer weiter eingeschränkt und so der Tätigkeit Wobbermins auch von ihrer praktischen Notwendigkeit her zunehmend die Grundlage entzogen wurde. 3.6.4. Auseinandersetzung um die Würdigung von Arthur Titius Zu einem ersten heftigen Konflikt zwischen Wobbermin und Stolzenburg kam es anläßlich der Trauerfeier für den am 7. September 1936 verstorbenen Arthur Titius. In seiner offiziellen Gedenkrede vom 29. Mai 1937, auf die bereits im Zusammenhang der Schilderung von Wobbermins ökumenischem Engagement eingegangen worden ist, würdigte Wobbermin Titius als liberalen Theologen, als ökumenischen Kirchenpolitiker und, 381

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Johannes Witte (1877-1945) gehörte ebenfalls der NS-Partei sowie den Deutschen Christen an. Nach langjähriger Leitung des Allgemeinen Evangelisch-Protestantischen Missionsvereins war er 1931 Ordinarius für Missionswissenschaft an der Berliner Universität geworden. Nachdem seine frühere Mitgliedschaft in einer Freimaurerloge 1935 bekannt geworden war, wurde er aus der NSDAP ausgeschlossen und zum Rücktritt als Dekan gezwungen. 1937 brachte ihn sein publizistisches Engagement für die neuheidnische Deutsche Glaubensbewegung erneut in Schwierigkeiten. Noch vor Erreichung der Altersruhestandsgrenze beantragte er 1938 seine Entpflichtung. 1939 wurde er in den Ruhestand versetzt. Witte starb im Juni 1945 (Universitätsarchiv Berlin. Personalakte Johannes Witte (Signatur UK - W 240)). Nachfolger Stolzenburgs als Dekan wurde in der Zeit vom Wintersemester 1942/43 bis zum Wintersemester 1944/45 Friedrich Wilhelm Schmidt (1893-1945).

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dies allerdings nur in einer Randbemerkung, als Mitarbeiter des Evangelisch-Sozialen Kongresses.383 Als bei einem sich an die universitäre Feierstunde anschließenden Besuch am Grab des Theologen kein offizieller Vertreter der Fakultät anwesend war, ergriff Wobbermin auf eigenen Entschluß hin noch einmal „namens der Fakultät" das Wort. Er verstand dies zugleich als Ausdruck seiner persönlichen Beziehung zu Titius, der ihm trotz vielfacher Differenzen lange nahegestanden hatte und mit dem er von 1928 bis 1935 in der gemeinsamen Herausgabe der „Studien zur systematischen Theologie" verbunden gewesen war. Diese, aus einer unklaren Zuordnung privater und dienstlicher Motive resultierende Handlung Wobbermins am Grabe von Titius wurde ihm von Stolzenburg als Vergehen gegen das geltende Autoritätsprinzip vorgeworfen. Der auf eine strikte Unterordnung der Fakultätsmitglieder in allen öffentlichen Angelegenheiten bedachte Dekan erkannte hier eine Eigenmächtigkeit, die er gegenüber Wobbermin als Verletzung seiner Dekanatsführung bezeichnete.384 Dabei spielte ohne Zweifel auch Wobbermins anerkennende Würdigung des Lebenswerkes von Titius eine Rolle, die von Stolzenburg, Titius' Lehrstuhlnachfolger, nicht geteilt wurde. Doch nicht nur aus den Reihen der DC-Theologen an der Fakultät erhob sich Widerspruch gegen Wobbermins Vorgehensweise. Auch die Stimme des früheren, sozial- und kirchenpolitisch aktiven Liberalprotestantismus meldete sich in Gestalt einer Entgegnung Wilhelm Schubrings noch einmal zu Wort. In sehr engagierter Weise entwarf der Herausgeber des Protestantenblattes einen Gegentext zur Gedenkrede, mit dem er Wobbermins Haltung scharf angriff. Da der Protestartikel Schubrings ein bezeichnendes Licht auf die Einschätzung des politischen und theologischen Weges wirft, den Wobbermin seit 1933 zurückgelegt hatte, soll er hier in einem ausführlichen Auszug wiedergegeben werden. „Arthur Titius. Für den im Herbst Verstorbenen veranstaltete die theologische Fakultät Berlin am 29. Mai [1937] eine Gedenkfeier, bei der Prof. Wobbermin die Rede hielt. Titius gehörte früher zu unserer kirchlichen Gruppe, war aber Anfang des vorigen Jahrzehnts zur Mittelpartei und schließlich zu den Deutschen Christen übergegangen; da er aber 2. Vorsitzender des Evangelisch-sozialen Kongresses war, haben viele unserer Freunde bis zuletzt mit ihm gemeinsam gearbeitet. Auch Prof. Wobbermin hat zu uns gehört, bis er D. C. wurde; wir waren miteinander einig im Kampfe gegen die Theologie Barths, und das .Protestantenblatt' ist im Besitze von sehr freundlich anerkennenden Briefen Wobbermins. Aber wie Prof. Wobbermin in Aussehen und Vortrag kaum wiederzuerkennen war, so erschreckend war für uns auch der Inhalt seiner Rede. Natürlich 383

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Arthur Titius. Ökumenische Theologie zur Befriedung der Kirche. Eine Gedenkrede, Berlin 1937. Vgl. oben H.3.4.2. Universitätsarchiv Berlin. Akten der Theologischen Fakultät. Bestand 176, BI. 509.

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hat er warmherzig das Leben von Titius gezeichnet; er gab auch eine Einführung in sein Hauptwerk ,Natur und Gott'. Die Schilderung seiner Tätigkeit in der ökumenischen Bewegung war schon einseitig in der breiten Erzählung von zwei nicht charakteristischen Einzelheiten. Die Zeichnung seiner starken Mitarbeit am Evang.-sozialen Kongreß war unverhältnismäßig kurz und völlig schief; jeder, der die Arbeit des Kongresses kennt, würde früher darüber gelacht haben [...], heute freilich muß es als gefährliche Verleumdung zurückgewiesen werden, daß Titius innerhalb ,dieses stark international eingestellten Kreises' (zu dem übrigens u.W. bisher auch Professor Wobbermin gehört!) den nationalen Gedanken vertreten habe. [...] Schließlich aber gab der D. C. Wobbermin breite Ausführungen über den Kirchenstreit mit schroffen Urteilen über alle Menschen, die nicht zu den D. C. gehören; ohne den geringsten Versuch sachlicher Prüfung wurden die volksversammlungsmäßigen Urteile der D. C. weitergegeben. Über den peinlichen Eindruck half uns nur ein stilles Lächeln hinweg, als er voll Entrüstung über die .immer grotesker werdenden Formen' des Kirchenkampfes sprach - grotesk genug war es, bei einem Traueraktus innerhalb der Alma tnater solche Reden zu führen'. - und als er über die rabies theologorum jammerte, er, der eben die rabies theologorum in Reinkultur zur Darstellung brachte! Die Festversammlung war nicht sehr groß; die D. C.-Freunde des Heimgegangenen und des Redners schienen zu fehlen. Die Versammelten hielten während der Feier musterhaft Ruhe - nur einige Vereinzelte verließen still die Aula -, aber die Entrüstung war nach Schluß allgemein; Unbekannte schütteten einander das Herz aus, Studenten, Professoren, Leute vom Kirchenregimente, Pfarrer und Laien! Schade um das Gedächtnis von Arthur Titius! Eins erfuhr ich mit Freude unterderhand: einer unsrer engeren Gesinnungsfreunde ist mit der Herausgabe nachgelassener Schriften (Teile einer Religionsgeschichte) beschäftigt;385 das wird ein besseres Denkmal für Arthur Titius sein als diese verunglückte akademische Trauerfeier."386

Die Fakultätsunterlagen enthalten ein ausführliches Schreiben, mit dem Wobbermin sich auf diesen Artikel Schubrings hin an den Dekan wandte.387 Die Absicht Wobbermins bestand - ungeachtet der vorangegangenen Auseinandersetzung mit Stolzenburg um die Ansprache am Grab - darin, die Unterstützung des Dekans gegenüber dem Herausgeber des Protestantenblattes zu gewinnen. Zu dem „in allen Hauptpunkten irrigen u. irreführenden Bericht" bemerkte Wobbermin, daß er „niemals" Mitglied des Protestantenvereins und auch „niemals" Leser des Protestantenblattes gewesen sei. Die Darstellung der ökumenischen Arbeit „unseres D. Titius" 385

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Noch im Jahre 1937 erschienen aus dem Nachlaß einige Texte von Titius zu religionsphilosophischen und religionsgeschichtlichen Fragen: Arthur Ticius: Beiträge zur Religionsphilosophie. Aus dem Nachlaß herausgegeben von Marie Horstmeier, Göttingen 1937. Zur Edition und zum Nachlaß vgl. das Vorwort von Frau Horstmeier (Ebd., 3-5). Wilhelm Schubring: Arthur Titius, in: Protestantenblatt. Wochenschrift für den deutschen Protestantismus 70 (1937), 355-356 (Ausgabe Nr. 23 vom 6. Juni 1937). Schreiben Wobbermins an den Dekan Stolzenburg vom 12. Juni 1937 (Universitätsarchiv Berlin. Akten der Theologischen Fakultät. Bestand 176, Bl. 51 O r / 5 1 Ov).

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habe sich „auf entscheidende Höhepunkte der betreffenden Weltkonferenzen und auf Titius' Urteile über sie, die für seine ökumenische Denkweise ganz besonders charakteristisch waren", bezogen. Die Arbeit des Evangelisch-Sozialen Kongresses sei in der Tat „stark international" eingestellt gewesen.388 Dies habe insbesondere gegolten, „seitdem Otto Baumgarten im Anschluß an die November-Revolution von 1918 die Mitglieder auf die sozialistische Demokratie festzulegen versucht" habe. Seit dieser Zeit habe Wobbermin sich vom ESK „grundsätzlich ferngehalten". In seinen Ausführungen zu Barth und zur Dialektischen Theologie sowie „dem mit ihr arbeitenden illegalen ,Bruderrat'" habe Wobbermin lediglich Titius' eigenes Urteil wiedergegeben. Diese Behauptung Wobbermins ist insofern von Bedeutung, als er auch nach dem Tode von Titius dessen Namen wiederholt für seine kirchenpolitischen und theologischen Attacken gegen Barth verwendet hat. So sei die Erklärung „Ein Wort deutscher Theologen zur Überwindung der festgefahrenen kirchlichen Fronten" vom Dezember 1935 durch Titius angeregt worden. Auch sei sie nur aufgrund der Bemühungen von Titius im Frühjahr 1936, und zwar vor allem auch in England, publiziert worden.389 In seinem Rechtfertigungsschreiben an den Dekan macht Wobber388

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In der publizierten Fassung seiner Gedenkrede lautet die auf Titius' Mitwirkung am Evangelisch-Sozialen Kongreß bezogene Passage folgendermaßen: „Im evangelisch-sozialen Kongreß hat Titius von der Gründungszeit an - da noch neben Adolf Wagner auch Adolf Stöcker in ihm tätig war - mitgearbeitet, Jahre hindurch an leitender Stelle. Er hat in diesem zum Teil stark international eingestellten Kreise mit größtem Nachdruck die Notwendigkeit betont, die Lebensfähigkeit der nationalen Wirtschaft im internationalen Wirtschaftszusammenhang sicherzustellen" (Arthur Titius. ökumenische Theologie zur Befriedung der Kirche, 12). Vgl. Wobbermins Darstellung: Ebd., 17.20. - Obwohl sich aufgrund fehlender Quellen ein Nachlaß Titius scheint mit Ausnahme eines ganz geringfügigen Bestandes, der sich im Geheimen Staatsarchiv Berlin-Dahlem (Preußischer Kulturbesitz) befindet, nicht erhalten zu sein - der genaue Anteil von Titius an der Abfassung und Verbreitung dieser Erklärung wohl kaum noch wird aufklären lassen, spricht doch schon Wobbermins eigene Darstellung gegen seine Behauptung. Wobbermin hebt nämlich zunächst hervor, daß sich Titius noch zur Jahreswende 1935/36 um eine „Befriedung der Kirche" bemüht habe, indem er seine alte Idee einer „gemeinsamen Aktion" der großen kirchlichen Verbände erneut in die Diskussion eingebracht habe. Über eine solche Aktion sollten auch die gegensätzlichen kirchenpolitischen und theologischen Gruppen und Parteien einander wieder nähergebracht werden. Gerade in dieser Situation, in der Titius, wie Wobbermin ausdrücklich betont, meinte, erste Erfolge in seinem Bemühen um einen Abbau der theologischen Konfrontation erkennen zu können, soll er, in Empörung über Barths Kritik an Kerrls Programm eines kirchlichen „Friedenswerkes", sich dafür eingesetzt haben, jene, Barths theologische Position schlechthin ablehnende Erklärung erneut und insbesondere in der englischen Presse zu verbreiten. Sollte diese Darstellung zutreffen, müßte man annehmen, daß sich Titius wegen eines einzigen in England veröffentlichten Artikels entschlossen habe, seinem seit Jahren mit großer Geduld und hohem Einsatz verfolgten kirchenpolitischen Programm jede Grundlage und Erfolgsaussicht dauerhaft zu entziehen. Auf der anderen Seite fällt die Übereinstimmung der Erklärung mit jener Haltung ins Auge, die Wobbermin in aller Entschiedenheit und ohne jede Kompromißbereitschaft seit 1933 Barth gegenüber eingenommen hat.

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min darüber hinaus mit Blick auf Schubring auch Titius' kritische Einstellung gegenüber der Bekennenden Kirche geltend. Unter Berufung auf mündliche Mitteilungen an ihn stellt Wobbermin Titius als Gegner insbesondere der fakultätspolitischen Aktivitäten der Bekennenden Kirche dar, von denen in der Gedenkansprache allerdings gar keine Rede gewesen war. Es handele sich dabei „um den illegalen ,Bruderrat', der in den beiden letzten Jahren unsere Fakultät immerfort beschimpft hat und unsere Studenten durch wahrheitswidrige Behauptungen zu illegalem Verhalten aufwiegelt". Auch das keineswegs „stille" Verhalten jener Einzelnen, die die Trauerfeier vor Schluß verlassen hätten und deren „Störungsversuch" unverkennbar gewesen sei, führt Wobbermin auf die Aktivitäten des Bruderrates zurück. Die von Wobbermin gewünschte Verbreitung seines Schreibens im Kreis der Fakultätsmitglieder lehnte Stolzenburg ab. Er erkannte klar die schwierige Lage, in die Wobbermin nicht nur durch seine Ansprache während der Trauerfeier und durch sein anschließendes Verhalten, sondern auch durch den Schubring-Protest geraten war. In seiner Antwort an Wobbermin bezeichnete er die Auseinandersetzung als eine „private Angelegenheit", obwohl schon die Beauftragung Wobbermins mit der Gedenkrede dem Vorgang einen offiziellen Charakter gegeben hatte. Auch den Wunsch Wobbermins, sein Schreiben als Grundlage einer Erklärung der Fakultät gegenüber dem Protestantenblatt zu verwenden, lehnte Stolzenburg ab. Überhaupt wollte er sich als Dekan an der Angelegenheit „nicht [...] weiter beteiligen". Schritte Wobbermins gegen Schubring oder anderweitige Initiativen sollten „ausschließlich unter eigenem Namen" erfolgen.390 3.6.5. Weitere Konflikte mit der Fakultätsleitung- Letzte wissenschaftliche Arbeiten Mit dieser ersten tiefgreifenden Kontroverse zwischen Wobbermin und Stolzenburg war der weitere konfliktreiche Weg bereits vorgezeichnet. Besonders nachteilig für Wobbermin wirkte sich seine Rechtsstellung in der Fakultät aus. So wurde seine Emeritierung durch Ministerialerlaß von Semester zu Semester aufgeschoben. Zunächst galt der 31. März 1938 als endgültiger Ruhestandstermin, dann der 18. Oktober 1938 und schließlich das Ende des Wintersemesters 1938/39. Am 1. Februar 1939 gab Wobbermin den systematisch-theologischen Lehrstuhl an den aus Münster berufenen Friedrich Wilhelm Schmidt ab; in Anerkennung seiner Verdienste wurde Wobbermin aus diesem Anlaß durch Hitler das Treue390

Schreiben des Dekans an Wobbermin vom 23. Juni 1937 (Universitätsarchiv Berlin. Akten der Theologischen Fakultät. Bestand 176, Bl. 509).

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dienst-Ehrenzeichen 1. Stufe verliehen (die Übergabe erfolgte nicht persönlich). Gleichzeitig mit seiner Emeritierung erhielt Wobbermin das Recht, eine zweistündige „Nebenvorlesung über Schleiermacher" zu halten, so daß er weiter im Lehrbetrieb präsent blieb.391 Auch um diese Vorlesung und um eine ähnliche im folgenden Semester gab es Auseinandersetzungen mit Stolzenburg, der versuchte, Wobbermin endgültig aus der mittlerweile auf einen Minimalbestand zusammengeschmolzenen Fakultät zu drängen. Schon im Frühjahr 1939 war es überdies zu einem Streit um die Zurückweisung einiger von Wobbermin betreuter Dissertationen gekommen. Wobbermin warf der Fakultätsleitung vor, seine Arbeit in der Fakultät auf diese Weise unmöglich machen zu wollen. Unterstützt wurde er hierin von Erich Seeberg.392 Ein weiterer schwerer Konflikt entstand um die ebenfalls im Frühjahr 1939 geplante Berufung des Tübinger Neutestamentlers Gerhard Kittel, die Wobbermin nicht in der von der Fakultätsleitung gewünschten Weise unterstützte. Für Kittel wurde in den Besprechungen der Fakultät vor allem angeführt, daß er „Ehrengast des Führers" auf dem Reichsparteitag 1938 gewesen und insofern seine Berufung durch Hitler „selber bereits entschieden" worden sei. Wobbermin beharrte hingegen auf einer Entscheidung nach fachlichen Gesichtspunkten und zog sogar die Möglichkeit eines Widerspruchs in Erwägung. In

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Universitätsarchiv Berlin. Personalakte Wobbermin. Band 3, Bl. 28. - Zu Schmidt, der am 12. März 1945 starb, vgl. Christian Weise / Matthias Wolfes: Schmidt, Friedrich Wilhelm, in: Biographisch-Bibliographisches Kirchenlexikon. Band 17, Herzberg 2000. Eine Personalakte liegt im Universitätsarchiv Berlin vor (Signatur: UK - Seh 150). Seeberg bestätigte die Vorwürfe Wobbermins in einem ausführlichen Schreiben an Stolzenburg vom 18. Februar 1939: „Ich kann mich, je länger je mehr, dem Eindruck nicht entziehen, dass die Dissertationen des Herrn Professor Wobbermin in einer Weise behandelt werden, die weder seiner allgemein anerkannten wissenschaftlichen Bedeutung, noch auch der Würde unserer Fakultät entspricht. Es hat mich oft verletzt, wenn ein jüngerer Kollege [gemeint ist Werner Gruehn], der erst neuestens in unser Gremium berufen ist, über die von Herrn Dr. Wobbermin angeregten Arbeiten in einer Weise von oben herab urteilt, die ihm nach seiner bisherigen Leistung einfach nicht zukommt. Ich möchte daran erinnern, dass die Behandlung solcher Dissertationen in einem Gremium auch eine Sache des Vertrauens und immer eine Sache des Taktes ist" (Universitätsarchiv Berlin. Akten der Theologischen Fakultät. Bestand 176, Bl. 154r.) Bereits am 12. Dezember 1938 hatte Stolzenburg sich wegen der Vorwürfe Wobbermins an den Rektor der Universität gewandt: „Die direkte oder indirekte Unterstellung, als ob die Behandlung der Promotionen parteilich geübt würde, ist eine grobe Lüge und beruht auf dem Ärger des Herrn D. Wobbermin, daß die von seiner Seite kommenden Arbeiten von der Fakultät - und zwar mit Ausnahme von Herrn Seeberg, der sich aber in der Regel auch nicht sachlich für sie einzusetzen wagt, einstimmig - als ungenügend abgelehnt werden. Ich bitte, mich gegen solche Verleumdung energisch zu schützen" (Universitätsarchiv Berlin. Personalakte Wobbermin. Band 3, Bl. 24). - Zu einem 1938 von Seeberg unternommenen Versuch, die Fakultätspolitik Stolzenburgs und Gruehns unter Einschaltung von SS-Stellen zu attackieren vgl. Kurt Meier: Die Theologischen Fakultäten im Dritten Reich, 345-346.

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schärfster Form unterstellte Gruehn, der sich in seiner Eigenschaft als Vertreter des NS-Dozentenbundes getroffen fühlte, Wobbermin daraufhin „Sabotage" an den Planungen Stolzenburgs. Die „NSDAP und ihre Organisationen" seien „eisern entschlossen", diese Haltung mit allem Nachdruck zu ahnden.393 Die wiederholten Versuche Stolzenburgs, Wobbermin unter Anwendung seiner Amtsgewalt als Dekan aus der Fakultät zu drängen - noch am 22. Februar 1939 trug Stolzenburg dem Rektor seine Ansicht vor, daß Wobbermin dienstrechtlich nach wie vor der Universität Göttingen angehöre -, wie auch der Konflikt um die Berufung Kittels, bei der Wobbermin sich in seinem Urteilsrecht als Mitglied der Fakultät verletzt sah, erbitterten Wobbermin in hohem Maße. Er stellte daher in der zweiten Februarhälfte einen Antrag auf Einleitung eines Ehrengerichtsverfahrens gegen den Dekan beim NS-Dozentenführer der Universität.394 Zu einem solchen Verfahren gegen Stolzenburg kam es aufgrund der Vermittlung des Rektors nicht, doch blieb das Klima innerhalb der Fakultät seither äußerst gespannt. Wobbermin sah sich nun vollständig isoliert. Daran änderte auch die Entscheidung des Reichswissenschaftsministers nichts, der am 15. April 1939 endgültig Berlin zum Dienstort Wobbermins bestimmte.395 Selbst als sein Nachfolger Schmidt im Wintersemester 1939/40 schwer erkrankte und zeitweise nicht mehr lehren konnte, wurde Wobbermin die Übertragung des systematischen Seminars verweigert.396 Vielmehr teilte Stolzenburg dem Rektor schriftlich mit, daß die definitive Beendigung der Lehrtätigkeit Wobbermins nunmehr dringend zu wünschen sei. Wie überhaupt der Kreis, der sich um Wobbermin sammle,

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Schreiben Gruehns an Wobbermin vom 19. Februar 1939; weiter heißt es: „Ich will hier nicht auf frühere Vorfälle zurückgreifen, die den Aufbau einer nationalsozialistischen Fakultät und die Herstellung einer wahren Kameradschaft in derselben ausserordentlich erschwert haben. [...] Hier handelt es sich aber um eine Angelegenheit, in der ich schlechterdings keinen Scherz verstehe und entschlossen bin, die äussersten Konsequenzen zu ziehen. Ich kann Ihnen nur zum letzten Mal den kollegialen Rat erteilen, von dieser Angelegenheit die Finger zu lassen, die berufeneren Händen anvertraut ist, falls Sie nicht vor der gesamten nationalsozialistischen Universität in den Verdacht übelsten Denunziantentums gelangen und die grössten Schwierigkeiten gewärtigen wollen" (Universitätsarchiv Berlin. Akten der Theologischen Fakultät. Bestand 176, Bl. 472-473). 394 Mitteilung des Rektors der Universität an den NS-Dozentenführer der Universität vom 21. Februar 1939 aufgrund eines Schreibens von Wobbermin an den Rektor vom 15. Februar 1939 (Universitätsarchiv Berlin. Personalakte Wobbermin. Band 3, Bl. 39; dort auch eine ausführliche Rechtfertigung Stolzenburgs: Bl. 40-44). 395 Schreiben des Ministers an den Universitätskurator vom 15. April 1939 (Universitätsarchiv Berlin. Akten der Theologischen Fakultät. Bestand 176, Bl. 470). 396 Wichtigstes Argument hierfür war der Hinweis auf die drastisch gesunkene Studentenzahl. Im dritten Kriegsjahr betrug sie, die Gasthörer ausgenommen, nur noch zwölf. - Zu den Zulassungsbeschränkungen und den Reduzierungen im Lehrangebot während der Kriegsjahre vgl. Kurt Meier: Institutioneller Überlebenskampf seit 1938, in: Ders.: Die Theologischen Fakultäten im Dritten Reich, 436-465.

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„nicht gerade eine Elite unserer Studenten" darstelle, so sei „auch das Wobberminsche Seminar von den tüchtigen Theologen immer als eine unerfreuliche Möglichkeit für die weniger Leistungsfähigen, ohne Mühe ein Testat über Seminarbesuch" zu erhalten, angesehen worden.397 Während der Feier der Fakultät anläßlich des 70. Geburtstages von Wobbermin am 27. Oktober 1939 ergriff außer Leonhard Fendt niemand für die Fakultät das Wort.398 Zum dritten Trimester 1940 wurde Wobbermin eine letzte Vorlesung über „Hauptprobleme der heutigen Religionsphilosophie (mit besonderer Berücksichtigung Schleiermachers)" bewilligt. Am 1. Oktober 1940 verfügte der Rektor der Universität die Beendigung der Lehrtätigkeit.399 Über die letzten drei Lebensjahre Wobbermins ist wenig bekannt. An den Aktivitäten der Fakultät hatte er in dieser Zeit keinen Anteil mehr. Auf das fehlgeschlagene Projekt einer Reise zu den Feierlichkeiten der Stockholmer St. Gertrudsgemeinde im Oktober 1942 wurde bereits hingewiesen. Die verbliebene Arbeitskraft dieser späten Jahre widmete Wobbermin einer Bearbeitung des Briefwechsels zwischen Schleiermacher und Ernst Moritz Arndt aus den Jahren 1817 bis 1820. Inwieweit bereits Vorbereitungen für eine Publikation getroffen wurden, läßt sich aus den im Archiv der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften vorliegenden, von Wobbermin bearbeiteten Materialien nicht eindeutig ersehen. Immerhin liegt ein ausführlicher Text Wobbermins vor, der als Einleitung zu einer solchen Edition gedacht war.400 Auf diese, etwa 1942/ 43 entstandene, wohl nicht bis zur letzten Vollendung gelangte Einleitung soll hier abschließend noch näher eingegangen werden. Sie ist der letzte von Wobbermin formulierte Text und bietet zugleich ein letztes Zeugnis seiner weltanschaulichen und politischen Überzeugungen. Schleiermacher und Arndt werden als „Gesinnungs- und Kampfgenossen" nebeneinandergestellt. Beide seien verbunden gewesen in „der vater397 398

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Schreiben Stolzenburgs an den Rektor vom 5. Februar 1940 (Universitätsarchiv Berlin. Akten der Theologischen Fakultät. Bestand 176, Bl. 462). Vgl. die Dokumentation: Georg Wobbermin zum 70. Geburtstag am 27. Oktober 1939. Ansprachen und Glückwünsche, in: Zeitschrift für Kirchengeschichte. Dritte Folge 59 (1940), 162-169. Wiedergegeben werden Ansprachen von Leonhard Fendt, Hans Schmidt, dem Vorsitzenden des Evangelisch-Theologischen Fakultätentages, Erich Seeberg und Robert Winkler. Seeberg stellte sich ausdrücklich außerhalb der Fakultät; er spreche allein „in meiner eigenen Vollmacht" (Ebd., 164). Schreiben des Rektors an Wobbermin vom 1. Oktober 1940 (Universitätsarchiv Berlin. Akten der Theologischen Fakultät. Bestand 176, Bl. 453). Briefwechsel Friedrich Schleiermacher - Ernst Moritz Arndt. Mit einer Einleitung, bearbeitet von Georg Wobbermin (Archiv der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften. Signatur: II - M 95). Das von Wobbermin vielfach korrigierte Typoskript trägt den Titel „Einführung zu dem Briefwechsel zw. Arndt u. Schleiermacher aus den Jahren 1817-1820 von Prof. D. Dr. G. Wobbermin - Berlin"; es umfaßt 26 Seiten. (Für den Hinweis auf diesen Text danke ich Herrn Dr. Martin Rössler, Kiel.)

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ländischen Gesinnung und Betätigung", ihrer „heissen, stets opferbereiten Liebe zu Deutschland, ihrem auch im grössten Unglück unerschütterlichen Glauben an [...] das »ewige Deutschland'".401 Arndts 1802 entstandene, 1803 mit wenig Erfolg im Buchhandel erschienene Schrift „Germanien und Europa" gibt Wobbermin die Themen seiner Darstellung vor: Radikale Ablehnung des westeuropäischen Rationalismus als „Denkweise und Weltanschauung"; statt dessen Betonung des „Gemütes", wodurch zugleich jeder „einseitige Moralismus" und Intellektualismus zurückgewiesen wird; Hervorhebung auch des „Geistes" als jener anthropologischen Grundbestimmung, durch die, auf der Grundlage eines organisch-biologischen Ganzheitsdenkens, die Einheit von Leib, Geist und Seele erst begründet wird. Schleiermacher und Arndt sind nach Wobbermin aber auch in ihrem „radikalen Kampf gegen die traditionsgebundene Kirchlichkeit", der „für beide die notwendige Ergänzung zu ihrem fanatischen Kampf gegen den Rationalismus" gewesen sei, für die heutige Situation wegweisend.402 Den Umstand, daß Arndt sich im Zuge dieses „Kampfes" vom kirchlichen Christentum überhaupt weitgehend losgelöst hat, deutet Wobbermin dahin, daß hier letztlich „nur die Wiederherstellung des reinen Christentums im Geiste Christi selbst" gefordert worden sei. Wobbermin meint, den Gehalt der von Arndt wie von Schleiermacher repräsentierten unkirchlichen, auf das individuelle Erleben und Gefühl konzentrierten Religiosität am besten mit Hilfe des von Spranger entlehnten Begriffes der „Weltfrömmigkeit" beschreiben zu können.403 Kennzeichnend für diesen Typ von Religiosität seien eine mit wissenschaftlichem Interesse betriebene „Naturentschleierung" - Wobbermin weist darauf hin, daß Schleiermacher zu Beginn seiner Berliner Lehrtätigkeit selbst naturwissenschaftliche Vorlesungen besucht hat -, ein „genialischer Naturenthusiasmus" und das Streben nach einer „Selbstvertiefung der Seele in sich". Man wird mit Grund annehmen dürfen, daß Wobbermin in dieser Darstellung einer individualistischen, auf einen mythisierten Naturbegriff hin angelegten Frömmigkeitsgestalt auch sein eigenes spätes Verständnis von Religiosität zum Ausdruck bringt. Dies wird zumal für die Feststellung gelten, daß „der Mensch dieser Bewusstseinshaltung [...] sich denn auch als Träger einer sieghaften Vernunft hinsichtlich der göttlichen Dinge betrachtet"; er weigere sich, „irgend etwas als Offenbarung anzuerkennen, was nicht vor seinem eignen Gewissen standhält"; nur aus 401

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Einführung zu dem Briefwechsel zw. Arndt u. Schleiermacher aus den Jahren 1817-1820 [Typoskript], 7.

Ebd., 12. Vgl. Eduard Spranger: Weltfrömmigkeit, Leipzig 1941. - Wobbermin führt hierzu näher aus: „Denn auch am Diesseits kann sich [...] eine Art des Erlebens entzünden, die von eigner Glut und Innigkeit durchaus religiös ist. Und neben dieser Art der Weltfrömmigkeit, die sich in religiöser Gefühlsbewegtheit bekundet, steht [...] noch eine andere: Weltfrömmigkeit als tätiger Lebensglaube [...]" (Einführung, 17).

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der unbestechlichen Tiefe seines Wesens wolle er entscheiden, was wahrhaft von Gott ist.404 Vor allem aber wird Wobbermins Standpunkt in der Beschreibung der „Verbindung von Weltanschauung und Politik", wie sie sich als übereinstimmende „Grundposition beider Männer" finde, deutlich. Die „Weltanschauung", die jene Form einer säkularisierten, überlieferungsgeschichtlich unverbindlichen und kirchlich indifferenten Religiosität umfaßt, tendiere ihrem eigenen Gesetz zufolge auf eine politische Realisierung hin, wie umgekehrt, in ebenso notwendiger Bewegung, die Politik sich dieser weltanschaulichen Fundierung ständig selbst versichere.405 Konkret bedeutet dies nach Wobbermin, daß „die Idee der Ewigkeit von Volk und Vaterland" den obersten Richtwert des politischen Handelns bilden müsse. Wobbermin teilt Arndts Auffassung, daß „die völkisch-vaterländische Idee" alle anderen weltlichen Bindungen „ungültig und nichtig" mache.406 Am Ende stehen, unkommentiert und ohne jeden distanzierenden Ton, quasi als politisches Bekenntnis, die folgenden „herrlichen Sätze" aus Arndts „Geist der Zeit": „Ein Volk zu seyn, Ein Gefühl zu haben für eine Sache, mit dem blutigen Schwert der Rache zusammenzulaufen, das ist die Religion unserer Zeit: durch diesen Glauben müsst Ihr einträchtig und stark sein, durch diesen den Teufel und die Hölle überwinden." „[...]; das ist die höchste Religion, das Vaterland lieber zu haben, als Herren und Fürsten, als Väter und Mütter, als Weiber und Kinder; [...]; das ist die höchste Religion, mit dem teuersten Blute zu bewahren, was durch das teuerste, freieste Blut der Väter erworben ward. Dieses heilige Kreuz der Welterlösung [...] macht zu Eurem Banner, und nach der Rache und Befreiung bringt unter grünen Eichen auf dem Altar des Vaterlandes dem schützenden Gotte die fröhlichen Opfer. " 40? Diese emphatischen Ausführungen sollten nicht nur Wobbermins abschließende theologisch-politische Stellungnahme, sondern überhaupt sein

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Einführung zu dem Briefwechsel zw. Arndt u. Schleiermacher aus den Jahren 1817-1820, 17-18. Ebd., 18. Ebd., 22. Wobbermin bezieht sich hier auf Arndts „Kurzen Katechismus für deutsche Soldaten" von 1812. Ebd., 25. Arndts Text „Geist der Zeit. H" wurde in den Jahren 1806 bis 1809 niedergeschrieben und 1809/10 publiziert.- Wobbermin stützt sich in seiner Arndt-Deutung auf Paul Hermann Ruth: Arndt und die Geschichte. Ein Beitrag zur Arndtforschung und zur Problemgeschichte des Historismus, vornehmlich bis zum Ende der Befreiungskriege (Historische Zeitschrift. Beiheft 18), München und Berlin 1930, sowie auf Rudolf Fahrner: Arndt. Geistiges und politisches Verhalten, Stuttgart 1937. Insbesondere Ruth setzte sich nach 1933 für eine nationalistische Arndt-Sicht ein; vgl. etwa: Ernst Moritz Arndt: Deutsche Volkwerdung. Sein politisches Vermächtnis an die deutsche Gegenwart. Kernstellen aus seinen Schriften und Briefen. Herausgegeben von Carl Petersen und Paul Hermann Ruth (Hirts Deutsche Sammlung. Gruppe IX: Gedankliche Prosa. Band 12), Breslauo.J. [1935].

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letztes für die Veröffentlichung gedachtes Wort bleiben. Denn nachdem schon seit geraumer Zeit wiederholt Erkrankungen aufgetreten waren, verschlechterte sich Wobbermins gesundheitlicher Zustand im Laufe des Jahres 1943 zunehmend. Dennoch scheint er seine Arbeit an dem Schleiermacher-Arndt-Briefwechsel noch bis in den Herbst fortgesetzt zu haben. Überdies liegen Berichte von Zeitgenossen vor, wonach er sich noch kurz vor seinem Tod für einen theologischen Ferienkurs für Kriegsverwundete zur Verfügung gestellt habe; es kam jedoch nicht mehr zur Teilnahme.408 In kirchenpolitischer Hinsicht blieb Wobbermin verbittert. Von den Deutschen Christen wurde er gemieden; lediglich noch seine engsten Schüler und Mitarbeiter, vor allem Robert Winkler, Wilhelm Knevels und Heinz Erich Eisenhuth, hielten die persönliche Verbindung aufrecht. Wobbermin selbst durchbrach seine Vereinsamung nicht einmal, als in den letzten Jahren der örtliche Gemeindepfarrer, Dr. Karl August Wiese (1883-1974), ein Mitglied der Bekennenden Kirche, von sich aus Kontakt zu ihm aufzunehmen suchte. Zwar nahm Wobbermin regelmäßig am Gottesdienst teil, doch lehnte er jeden persönlichen Umgang ab.409 Er starb am 15. Oktober 1943 in Berlin-Nikolassee. Die kirchliche Trauerfeier wurde von Winkler und Knevels gehalten. Hinweise auf eine Trauerfeier durch die Berliner Theologische Fakultät haben sich nicht finden lassen. Der Dekan der Göttinger Theologischen Fakultät, Otto Weber, sandte Frau Wobbermin am 3. Dezember 1943 folgendes Schreiben: „[...] Er ist auch nachdem er der ehrenvollen Berufung nach Berlin gefolgt war, der Unsere geblieben, und die Spuren seines langjährigen Wirkens unter uns sind nicht verwischt. Die Fakultät bleibt stolz darauf, daß er ihr angehört und in ihrer Mitte einen großen Teil seiner weitreichenden und erfolgreichen Tätigkeit als Lehrer und Forscher geleistet hat. Die gesamte deutsche protestantische Theologie hat an ihm viel verloren, nicht nur den großen Gelehrten, sondern zugleich den leidenschaftlich bewegten Mann, der die Fragen der Zeit lebendig mit dargestellt und mit solcher Energie Wege zu ihrer Beantwortung gewiesen hat, und nicht zuletzt den warmherzigen Kollegen und Förderer des Nachwuchses."410

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Vgl. Wolf-Ulrich Klunker: Psychologische Analyse und theologische Wahrheit, 22. Vgl. den Brief Dora Wobbermins an Theodor Siegfried vom 16. Oktober 1953 (Universitätsbibliothek Marburg. Nachlaß Theodor Siegfried [Signatur: MS 870]). Universitätsarchiv Göttingen. Theologische Fakultät. Personalakten Ordinarien I: G. Wobbermin, Bl. 147. Vgl. auch den Nachruf von Friedrich Wilhelm Schmidt: In memoriam Georg Wobbermin, in: Theologische Literaturzeitung 69 (1944), 41-42.

III. Teil Grundbegriffe liberaltheologischer Theologietheorie

Vorbemerkung Die Begründung für Aufbau und Gliederung des folgenden systematischtheologischen Hauptteiles dieser Untersuchung ergibt sich aus dem bereits in der „Methodischen Zwischenbemerkung" Gesagten. Aus der jeweiligen theologischen Schwerpunktsetzung der Autoren erklärt sich auch die Anordnung der Einzeldarstellungen zu den drei Themenfeldern. Das liberaltheologische Glaubensverständnis, gefaßt in der Korrelation von Religion, Offenbarung und Glaube, wird zunächst am Beispiel der Position Georg Wobbermins erläutert. Der Theologiebegriff, das Zentrum liberaltheologischer Methodologie und Theologietheorie, wird in einer detaillierten Rekonstruktion der Überlegungen Horst Stephans entfaltet. Die Beschreibung des Verhältnisses von Glaube und Geschichte schließlich erfolgt im kritischen Nachvollzug der geschichtstheologischen Theorie Georg Wehrungs. Die jeweils beiden anderen Autoren werden, mit Konzentration auf die konzeptionellen Differenzen, im Anschluß an die genannten Leitpositionen erörtert. Schließlich erfolgt zu den drei Themenbereichen in einer Zusammenfassung der Versuch, Grundmotive, Leitvorstellungen und gegebenenfalls sogar Darstellungsmuster herauszuarbeiten, die sich bei allen drei Autoren finden. Sofern sich solche Motive und Muster auf den im historischen Einleitungsteil skizzierten theologiegeschichtlichen Argumentationszusammenhang zurückbeziehen lassen, und zwar in Anknüpfung und Weiterentwicklung, werden sie am Ende als Ausdruck eines liberaltheologischen Theologiemodells, wie es in dem Zeitraum zwischen den Weltkriegen ausgebildet worden ist, aufgefaßt werden können.

1. Glaube, Offenbarung und Religion. Der Glaubensbegriff in der liberalen Theologie Seit dem späten achtzehnten Jahrhundert ist der Begriff „Religion" in der protestantischen Theologie als theologietheoretischer Basisbegriff gebraucht worden. Dies änderte sich erst mit den Umbrüchen der Wende vom neunzehnten zum zwanzigsten Jahrhundert und, noch einmal verstärkt durch die Kriegserfahrung, seit 1918. Die antiliberalen theologischen Aufbruchsbewegungen kritisierten den Religionsbegriff als Ausdruck eines nicht primär am Geltungsanspruch des christlichen Glaubens orientierten Deutungsmusters und ließen ihn daher in ihren eigenen Entwürfen stark zurücktreten. Die aus der Krise erwachsene Not, in die das moderne Religionsverständnis seit den massiven Angriffen der philosophischen, psychologischen und anthropologischen Religionskritik geraten war und die auch durch Troeltschs Konzept eines „religiösen Apriori" nicht mehr hatte überwunden werden können, wurde hier zu einer Tugend umgeprägt: Mit den argumentativen Mitteln der Religionskritik selbst löste Barth den Religionsbegriff auf und ersetzte ihn durch den Offenbarungsbegriff. Im Ergebnis wurde der christliche Glaube aus dem Verband der universalistischen Religionen herausgelöst. Diese Religionen ihrerseits wurden dem Verdacht ausgesetzt, sich einem illusionären Selbstmißverständnis zu verdanken.1 Der Abwertung des Religionsbegriffes setzte sich die liberale Theologie nach 1918 vehement entgegen. Sie hielt an einem universalistischen Verständnis von Religion fest, das auch den christlichen Glauben als Ausdruck einer spezifischen Weise von Religiosität umfaßte. Dort, wo auch in der liberalen Theologie der Offenbarungsbegriff eine hervorgehobene Rolle spielte, wie etwa bei Horst Stephan, wurde er ohne jene religionskritische Hintergrundbedeutung verwendet. Auf der anderen Seite konnten die liberalen Theologen einen derart weit verbreiteten theologischen Trend nicht einfach ignorieren. Aus diesem Grunde entwickelten sie ein religions1

Auf diese Weise ist es allerdings gleichzeitig „zu einem weitgehenden Stillstand der religionsphilosophischen und religionswissenschaftlichen Arbeit in der deutschsprachigen evangelischen Theologie" gekommen (Falk Wagner: Religion, in: Wörterbuch des Christentums. Herausgegeben von Volker Drehsen u.a., Gütersloh / Zürich 1988,1050-1055, hier: 1054). Vgl. auch die eingehenden Überlegungen zu § 17 der „Kirchlichen Dogmatik" Barths von Christian Link: Das menschliche Gesicht der Offenbarung. Bemerkungen zum Religionsverständnis Karl Barths, in: Kerygma und Dogma 26 (1980), 277-302.

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theoretisches Modell, das zwar die zentralen Motive der neuprotestantischen Religionsauffassung festhalten sollte, mit dem sie aber zugleich auch auf jene radikale Einstellung produktiv reagieren wollten. Im einzelnen unterscheiden sich die jeweiligen Versionen dieser Theorie voneinander - so findet sich etwa die Betonung des „Irrationalen" als religionskritisches Element im Religionsbegriff nur bei Wehrung -, doch bleibt die gemeinsame Zielsetzung bei allen drei Autoren deutlich erkennbar. Die theologische Darstellung des Verhältnisses von Offenbarung und Religion als einer unlösbaren Wechselbeziehung zweier differenter Kategorien bildet ein weiteres religionstheoretisches Grundmotiv liberaler Theologie. Die Aufgabenbestimmung von Theologie wird, ebenso wie die Erörterung der Konsequenzen historistischer Erfahrungs- und Denkweisen für das Verständnis von Frömmigkeit, erst durch eine Klärung dieses Verhältnisses möglich. Die liberale Theologie der zwanziger Jahre sah sich dabei einer grundsätzlichen Infragestellung der Ergebnisse jener vor 1914 im Liberalprotestantismus geführten Diskussion um den Offenbarungsbegriff ausgesetzt. Aber auch innerhalb des Liberalprotestantismus selbst wurden nach 1918 diese Ergebnisse einer kritischen Revision unterzogen. Gleichzeitig wurde die generelle Voraussetzung, daß „Offenbarung" eine leere theologische Kategorie bleiben müsse, solange ihr nicht die religiöse Erfahrung des frommen Subjektes, d.h. der Glaube, zugeordnet werde, in ihrer prinzipiellen Bedeutung für eine theologische Begriffstheorie bekräftigt. Die Annahme einer identifizierbaren Selbstbekundung Gottes wurde auf diese Weise in den Kontext einer individuellen und sozialen Geschichte des religiösen Bewußtseins integriert und ihr gerade nicht, wie in der Dialektischen Theologie, als kritische Norm entgegengesetzt. Dies ist der Grund für die hervorgehobene Bedeutung des Glaubensbegriffes in der liberaltheologischen Religionstheorie. Die folgenden Einzeldarstellungen werden zeigen, aufweiche Weise die Autoren dabei einer subjektivistischen Interpretation des Glaubensphänomens entgegenzuwirken suchten, ohne zugleich den Aspekt der ereignishaften Tiefe des religiösen Erlebens zu stark zurücktreten zu lassen. Indem gerade dieses Interesse im Mittelpunkt der religionstheoretischen Überlegungen Wobbermins stand, eröffnet die Darstellung seiner Konzeption das Kapitel. 1.1. Religion, Offenbarung und Glaube bei Wobbermin Wobbermins „Kampf gegen Historismus und Psychologismus", durch den er die „gegenwärtige Krisis" der evangelischen Theologie überwinden wollte, fand der Sache nach vor allem im Bereich der Religionstheorie statt. Sofern, nach christlichem Verständnis, die religiöse Glaubensüberzeugung sich auf die Selbstbekundung Gottes in der Welt richtet, ist Religionstheorie primär Theorie von Offenbarung. Dabei habe sich, Wob-

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Grundbegriffe liberaltheologischer Theologietheorie

bermins historischem Rückblick zufolge, die „Grundstruktur der theologischen Problematik", die mit dem im Offenbarungsbegriff formulierten religiösen Geltungsanspruch gegeben sei, infolge der raschen Zunahme religionsgeschichtlicher Kenntnisse seit dem letzten Drittel des neunzehnten Jahrhunderts dramatisch verschärft. Die Theologie ist daher mit der Aufgabe konfrontiert, die „Paradoxie" aufzulösen, daß „allein im Christentum wahre Offenbarung" sein soll „und andererseits doch Offenbarung Gottes seit Schöpfung der Welt her überall in der Geschichte der Menschen" behauptet wird.2 Die Antwort der Theologie besteht in der Differenzierung zwischen einem allgemeinen und einem besonderen religiösen Phänomen, d.h., im Blick auf die theologische Aufgabe selbst, in der Unterscheidung des „Wesens der Religion" von dem „Wesen des Christentums". Erst über eine solche Differenzierung kann „das spezifisch Christliche" von einer als gegeben unterstellten, historisch unspezifischen Grundform religiöser Erfahrung unterschieden und insofern als eigentümliche Gestalt des religiösen Bewußtseins beschrieben werden. 1.1.1. Die „logische Struktur des religiösen Bewußtseins" Wiederum knüpft Wobbermin zunächst bei Schleiermacher an. Erst Schleiermacher habe die religiöse Erfahrung als Grunddatum, als „unerläßliche Voraussetzung und Bedingung" einer Analyse des religiösen Phänomens angesehen.3 Aufgabe einer solchen Analyse sei es, „die in der religiösen Erfahrung wurzelnde religiöse Grundüberzeugung auf einen begrifflichen Ausdruck" zu bringen.4 Das methodische Instrument, das die Durchführung der kritischen Rekonstruktion erlaubt, ist die von Wobbermin entwickelte Methode des religionspsychologischen Zirkels. Nur über eine Anwendung dieser Methode kann eine kontrollierte Identifizierung des Gehaltes der religiösen Erfahrung erfolgen. Um allerdings die materiale Gestalt des religiösen Bewußtseins ermitteln zu können, muß zunächst dessen formale Struktur bekannt sein. Im Zentrum von Wobbermins Überlegungen zur formalen oder „logischen Struktur des religiösen Bewußtseins" steht der Begriff des religiösen Erlebnisses. Gleichzeitig wird ein besonderes Gewicht auf das Moment des „Wahrheits-interesses" gelegt.5 Dieses Interesse wird, ungeachtet seines 2

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Richtlinien evangelischer Theologie zur Überwindung der gegenwärtigen Krisis, Göttingen 1929, 99. Systematische Theologie. Band l, Leipzig 1913, 237. Siehe zum folgenden auch Georg Pfleiderer: Theologie als Wirklichkeitswissenschaft. Studien zum Religionsbegriff bei Georg Wobbermin, Rudolf Otto, Heinrich Scholz und Max Scheler (Beiträge zur historischen Theologie. Band 82), Tübingen 1992, 84-90. Systematische Theologie. Band 2, Leipzig 1922, 110-111. Vgl.: Systematische Theologie. Band l, 389.

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eigenen gefühlsmäßigen Anteiles, von Wobbermin als reflexiver Ausdrück für die Erfahrungstiefe des religiösen Erlebnisses aufgefaßt. Terminologisch schließt Wobbermin sich dabei an Dilthey an. Der Sache nach sucht er vor allem die Auseinandersetzung mit Troeltsch. Anders als jener unternimmt Wobbermin den Versuch, zum Zwecke einer Beschreibung des religiösen Erlebnisses in seiner „reinen" Gestalt eine möglichst exakte Analyse der Struktur des religiösen Bewußtseins vorzunehmen. Nur auf diese Weise sei es möglich, auch die Besonderheit der in der christlichen Religion gegebenen religiösen Erfahrungsweise zu ermitteln. Mindestens vier Stadien durchläuft die religiöse Erfahrung auf ihrem Weg zur sprachlichen Gestaltung: „Wir werden im ganzen vier oder - da die vierte selbst wieder doppelschichtig ist - fünf Schichten unterscheiden müssen, wenn wir die psychologische Struktur des religiösen Bewußtseins vollständig beschreiben wollen. Es sind folgende: I. Das religiöse Erlebnis. (Die religiöse Erfahrung im Erlebnis-Sinn dieses Begriffes.) II. Die religiöse Überzeugung. III. Der gedankenmäßige Ausdruck der religiösen Überzeugung. IV. und V. Die religiöse Vorstellungswelt primärer und sekundärer Art."6 Die Ebene der Erfahrung, hier bedeutungsgleich mit der des „Erlebnisses", stellt die „tragende Grundschicht" dar. Auf sie gründet sich „in letzter Instanz" alle religionspsychologisch als „echt" zu bezeichnende religiöse Überzeugung. „Vorbehaltlich weitgehendster Verschiedenartigkeit des genetischen Entstehungsprozesses gilt doch von jeder religiösen Überzeugung, die nicht bloß traditionelle Anschauungen auf Autorität hin weitergibt, daß sie immer von neuem aus eigen erlebter religiöser Erfahrung herauswächst."7 - Bereits hier fällt auf, daß Wobbermin sein Stufenmodell des religiösen Bewußtseins erst in den Ausführungen zum Wesen der Religion entwickelt. Dabei hätte die systematische Anlage seiner Darstellung des religionspsychologischen Methodenmodells eine Entfaltung bereits im Kontext der Erörterungen zum religiösen Bewußtsein nahegelegt. Dennoch setzt Wobbermin dieses Modell in späteren Anwendungen der Methode auf religionsgeschichtliche Materialien stets voraus. 8

Systematische Theologie. Band 2, 17-18. Ebd., 18. Mit Recht weist Wolf-Ulrich Klunker darauf hin, daß die exemplarischen Ausführungen zur Anwendung der religionspsychologischen Methode in den Schlußpassagen des ersten Bandes der „Systematischen Theologie" noch ohne das Stufenmodell auskommen. Im Ergebnis allerdings unterscheiden sie sich kaum von den späteren Erörterungen, die auf das Modell zurückgreifen konnten. Überdies hat Klunker beobachtet, daß Wobbermin in sämtlichen methodologischen Publikationen seit 1921 die Religionspsychologie so darstellt, als hätte sie nie ohne jenes Modell existiert. Tatsächlich liegen aber mehrere frühere religionspsychologische Veröffentlichungen vor, in denen die Bezugnahme auf das Stufenmodell fehlt (vgl. Wolf-Ulrich Klunker: Psychologische Analyse und theologische Wahrheit, 82).

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Im einzelnen unterscheidet Wobbermin zwischen „Überzeugung" und „Erfahrung". In streng terminologischem Sinne hat er diese Differenzierung später nicht wieder aufgegriffen oder gar sachlich weiter ausgeführt. Überhaupt ist eine detaillierte Explikation des Stufenmodells nicht erfolgt, weshalb in der Literatur auch mehrfach die mangelnde Präzision der Ausführungen kritisiert worden ist. So begründet Wobbermin etwa den Übergang von der Ebene des religiösen Erlebnisses zu der des „gedankenmäßigen Ausdruckes" lediglich damit, daß allein auf diese Weise die Religion „Bestand haben und auf die Lebenshaltung nachhaltig einwirken" könne. Auch die Reihenfolge der einzelnen Stufen bleibt nahezu unbegründet. Weshalb etwa die „religiöse Vorstellungswelt" der „religiösen Überzeugung" und deren „gedankenmäßigem Ausdruck" nachgeordnet wird, erläutert Wobbermin nicht.9 Dieser Mangel an argumentativer Präzision ist jedoch für eine Einschätzung des religionstheoretischen Modelles von Wobbermin nicht entscheidend. Wichtiger ist der Umstand, daß als Urform des religiösen Bewußtseins eine Erfahrungsebene angenommen wird, die durch ein, biographisch oft kaum zu lokalisierendes, religiöses Erlebnis begründet wird. Diese elementare Erfahrungsebene setzt Wobbermin als sprach- und ausdrucksunfähig voraus. Sie entfaltet sich zur subjektiven Gewißheit, die als innere Einstellung zwar bewußt ist, die sich aber nach außen hin ebenfalls nicht mitteilen kann. Erst auf der dritten Stufe gewinnt der religiöse Erfahrungsgehalt an Ausdruckskraft. Dieser Vorgang erfolgt nach Wobbermin „wesensmäßig und unabtrennbar", da er das „Beziehungsverhältnis zwischen dem religiösen Subjekt als dem Träger der religiösen Überzeugung und dem Objektgehalt derselben von ihrer Erlebnis-Grundlage her zur Voraussetzung" hat.10 Von dieser, wiederum rein als Ergebnis eines im Subjekt erfolgenden Klärungsprozesses gedachten Disposition aus schließt sich nun der Übergang zur expliziten Darstellung des religiösen Bewußtseinsinhaltes an. Es bilden sich Vorstellungen, die „Bausteine für den Aufbau der religiösen Gedankenwelt" sind. „Genau genommen sind sie lediglich Mittel zum Zweck. Ihre Berechtigung sollte eigentlich allein an diesem Grundsatz gemessen werden."11 Diese Vorstellungen werden in weiteren Präzisierungen des sprachlichen und bildlichen Ausdrucks immer vielseitiger. Es gliedern sich Motive an, deren Beziehung zum ursprünglichen religiösen Erlebnis kaum erkennbar ist. Wobbermin nennt sie daher „sekundäre Vorstellungen", die mit „der durch das religiöse Erlebnis bedingten Überzeugung direkt gar nichts zu tun haben, da sie eben nur durch irgendwel-

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Vgl. hierzu auch Georg Pfleiderer: Theologie als Wirklichkeitswissenschaft, 86-87. Systematische Theologie. Band 2, 18-19. Ebd., 19.

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ehe Analogien oder Assoziationen der Vorstellungsbildung veranlaßt sind, und die nun doch in den Gedanken-Ausdruck der religiösen Überzeugung mit hineingenommen werden oder wenigstens auf ihn mit einwirken". 12 Die Analyse des religiösen Bewußtseins bezieht sich nun auf diejenigen Ausdrucksformen, die erst als Folge des von Wobbermin beschriebenen Entfaltungsprozesses der Erlebnisgehalte ausgebildet werden. Dabei stehen vor allem die im Verlauf der Religionsgeschichte niedergelegten schriftlichen Äußerungen und festgefügten kultischen Formulare der Gottesdienstpraxis im Vordergrund. Als kritischer Maßstab muß nach Wobbermin in diesem Zusammenhang beachtet werden, ob und in welchem Maße „solche Vorstellungsbilder und Vorstellungsformen" geeignet sind, „die religiöse Grundidee unter bestimmten Denkvoraussetzungen dem Bewußtsein lebendig zu machen und lebendig zu erhalten". Die Aufgabe der religionspsychologischen Analyse besteht daher darin zu entscheiden, ob die im Zuge der Ausbildung von Ausdrucksmöglichkeiten erworbenen Gedanken- und Vorstellungsformen den ursprünglichen Gehalt des religiösen Erlebnisses adäquat wiedergeben oder nicht.13 Im Ergebnis, so Wobbermins Intention, soll es der Analyse gelingen, jenseits der begrenzten Reichweite individueller Religiosität eine Rekonstruktion des religiösen Bewußtseins in seiner „allgemeinen" Gestalt vorzunehmen. Genau diese allgemeine Gestalt des religiösen Bewußtseins ist gemeint, wenn Wobbermin von dem „spezifisch religiösen Kerngehalt" spricht, der aus den in der Geschichte vorhandenen und als religiös bezeichneten Vorstellungen oder sonstigen Ausdrucksformen erhoben werden soll. Nur ein solcher „Kerngehalt" könne als „reiner gedankenmäßiger Ausdruck derjenigen Überzeugung gelten", die durch das religiöse Grunderlebnis bedingt ist. „Dann kommt es also darauf an, daß überall von den Vorstellungen der religiösen Überlieferung auf die hinter ihnen liegenden religiösen Grundmotive und Grundtendenzen zurückgegangen wird", und zwar so, „daß diese letzteren aus der Umhüllung andersartiger Motive und Faktoren herausgelöst werden, um in möglichster Reinheit, d.h. in ihrer spezifisch religiösen Bestimmtheit erkannt zu werden".14 Ungeachtet der Frage, welchen Stellenwert das von Wobbermin wenigstens ansatzweise entwickelte schematische Aufbaumodell des religiösen Bewußtseins in seiner Religionstheorie tatsächlich hat,15 führen die Überlegungen, die im 12

13 14

15

Ebd., 19-20. Vgl. auch Wolf-Ulrich Klunker: Psychologische Analyse und theologische Wahrheit, 84-85. Religionspsychologie, in: Die Christliche Welt 21 (1907), 984-986, hier: 986. Religion. Die Methoden der religionspsychologischen Arbeit, in: Handbuch der biologischen Arbeitsmethoden. Unter Mitarbeit von zahlreichen Fachgenossen herausgegeben von Emil Abderhalden. Abteilung VI / Teil C (Band 1). Lieferung 22, Berlin / Wien 1921, 1-44, hier: 39-40. Klunker vertritt die Ansicht, Wobbermin habe sich zur Ausbildung dieses Modelles vor allem als „Zugeständnis an die zeitgenössischen fachpsychologischen Gepflogenheiten,

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Grundbegriffe liberaltheologischer Theologietheorie

Zusammenhang der Entfaltung dieses Modells vorgetragen werden, mit ihrer Konzentration auf einen derartigen „Kerngehalt" zu einer wichtigen Differenzierung innerhalb des nach religionspsychologischen Kriterien entworfenen Religionsbegriffes. An ihr hat Wobbermin auch in seinen späteren Darstellungen festgehalten. 1.1.2. Religion und Offenbarung Die Religionstheorie Wobbermins zielt auf eine Theorie des religiösen Erlebnisses. „Die Religion als solche", abgesehen von ihrer empirischgeschichtlichen Gestalt im einzelnen, wurzelt „im zuständlichen Bewußtsein, d.h. im Gefühls- und Willensleben des Menschen, und zwar so, [...] daß ihr Überzeugungs- und Gedankengehalt mit der gesamten ihn entfaltenden Vorstellungsbildung von dem religiösen Grundgehalt aus zu verstehen ist".16 Ihrer Bedeutung für den Wahrnehmungsvollzug des erlebenden Subjektes und für sein unbedingtes „Wahrheits-interesse" entspricht es, wenn „sie in ihrem ganzen Bestände durch die Ich-Funktion" bedingt ist. Das religiöse Erleben ist kein bloßer Tätigkeitsakt des Ich neben anderen, sondern vielmehr eine „Art, wie das Ich bestimmt wird oder sich bestimmt findet".17 Von dieser Überlegung aus ergibt sich die Frage, in welcher Weise die Beziehung zwischen dem erlebenden Subjekt selbst und dem von ihm erlebten Gegenstand beschrieben werden kann. Hier gilt für Wobbermin im Anschluß an William James, daß „auch für das zuständliche Bewußtsein ein Objektgehalt und eine Objektbeziehung - freilich sehr anderer Art als bei den gewöhnlichen Wahrnehmungs- und Vorstellungsakten- möglich ist".18 Die Religion habe „ein Beziehungsverhältnis zwischen dem religiösen Subjekt als dem Träger der religiösen Überzeugung und dem Objektgehalt derselben von ihrer Erlebnis-Grundlage her zur Voraussetzung". Unmittelbar im Anschluß an die Darstellung des Stufenmodells zur Beschreibung der Struktur des religiösen Bewußtseins betont Wobbermin deshalb ausdrücklich, daß „das größte Gewicht" darauf gelegt werden müsse, daß die religiöse Erfahrung den Charakter eines Beziehungsverhältnisses habe, sie also „einen Objektgedanken als Objektgehalt immer einschließt". Der religiöse Gottesglaube beruhe, im Sinne der religiösen Überzeugung, nicht

16 17 111

die schematisierten Veranschaulichungen sehr zugeneigt waren", entschlossen. Faktisch füge das Modell der religionspsychologischen Theorie „nichts Entscheidendes hinzu"; insofern dürfe seine Bedeutung für Wobbermins Theorie und Methode nicht überschätzt werden (vgl. Wolf-Ulrich Klunker: Psychologische Analyse und theologische Wahrheit, 89). Systematische Theologie. Band 2, 72. Ebd., 78. Ebd., 68.

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auf einem Induktionsschluß aus der religiösen Erfahrung, sondern er sei selbst ein notwendiger Bestandteil der religiösen Erfahrung, ohne den sie als wirklich religiöse Erfahrung gar nicht bestehen könne.19 Eine Vermittlung durch andere aktive Funktionen des Bewußtseins ist daher in der religiösen Objektbeziehung ausgeschlossen. Gerade hierin liegt der wichtigste Grund dafür, daß Wobbermin den Begriff des Erlebnisses so prononciert verwendet: Die Bezogenheit des Bewußtseins auf seinen religiösen Gegenstand soll als Ausdruck von unüberbietbarer Ereignistiefe, von existentieller Unmittelbarkeit und insofern von letzter subjektiver Gültigkeit aufgefaßt werden. In dieser Behauptung eines unmittelbaren Bezugsverhältnisses zwischen Subjekt und Objekt, die beide im religiösen Erlebnis miteinander verbunden sind - eine Behauptung, die sich auf Schleiermachers Beschreibung des frommen Gefühls als eines „unmittelbaren Existentialverhältnisses" berufen kann -, liegt der zentrale Grundgedanke des Religionsverständnisses von Wobbermin.20 Das Interesse, das Wobbermin mit der These eines unmittelbaren Verhältnisses verfolgt, zielt darauf, „die ontologische Selbständigkeit des Objekts als Objekt für das Bewußtsein" zu sichern.21 Inwiefern sich aus einer solchen Beziehung heraus Religion noch als Motiv zu einer aktiven Gestaltung von Welt darstellen läßt, wie es gerade für Schleiermachers Religionsverständnis charakteristisch ist, bleibt unklar. Vielmehr hat Wobbermin gerade alles Gewicht darauf gelegt, die Relation zwischen religiösem Erleben und politischer Wirklichkeitswahrnehmung zu lösen. Das religiöse Bewußtsein weiß sich auf ein schlechthin transzendentes Wesen gerichtet. Sein Weltverhältnis kennt nur eine solche Über-Wirklichkeit, „von der die endliche Welt als ganze abhängig ist". Demzufolge besteht auch das Wesen der Religion „in dem Beziehungsverhältnis des Menschen zu einer von ihm geglaubten und im Glauben geahnten Überwelt", von der er sich abhängig fühlt.22 Erst mit dieser Aussage wird die inhaltliche Bestimmtheit der Religion reflektiert. Diese Bestimmtheit ist gegeben im „Offenbarungs-Gedanken". Der Selbstwahrnehmung der christlichen Religion nach liegt gerade in diesem Umstand das unterscheidende Moment von allen sonstigen Reli19

20

21 22

Ebd., 18. 15. Vgl. Friedrich Schleiermacher: Sendschreiben an Lücke (Ed. Mulert), 15: „|...J so muß ich mich wieder darauf zurückziehen, daß, was ich unter dem frommen Gefühl verstehe, gar nicht von der Vorstellung ausgeht, sondern die ursprüngliche Aussage ist über ein unmittelbares Existentialverhältnis [...]." - Zur Bedeutung dieser Auffassung Schleiermachers für seine Subjekttheorie, insbesondere sein Verständnis von Gewissen, vgl. Stefan Hübsch: Philosophie und Gewissen. Beiträge zur Rehabilitierung des philosophischen Gewissensbegriffes (Neue Studien zur Philosophie. Band 10), Göttingen 1995, 212-220, besonders: 218. Vgl. Georg Pfleiderer: Theologie als Wirklichkeitswissenschaft, 88. Systematische Theologie. Band 2, 107-108.

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gionen. Ein „sachgemäßes Verständnis der Offenbarung" läßt sich daher nach Wobbermin nur erreichen, wenn der Anspruch, den die christliche Religion mit der Rede von Offenbarung verbindet, aller theologischen Auslegung vorgeordnet wird. Dieser Anspruch besagt, daß es sich „in der Offenbarung [...] um Gott und den Gnadenwillen Gottes" handelt.23 Wie aber verhält sich dazu der Geltungsanspruch anderer Religionen, der nicht selten gleichfalls mit dem Hinweis auf Offenbarung begründet wird? Tatsächlich stellt die religionspsychologische Analyse fest, daß Offenbarung „in allen Religionen" eine Rolle spielt. Selbst das Neue Testament erkennt in seiner Schilderung der paulinischen Areopag-Rede diesen Sachverhalt an. Ungeachtet des Selbstverständnisses der christlichen Religion kann das Ergebnis einer historischen Betrachtungsweise also nur lauten, daß von den Anfängen der Religionsgeschichte an Offenbarungsvorgänge stets als Grundlage des spezifischen Geltungsanspruches einer geschichtlichen Religion behauptet wurden. Damit gerät die Analyse in ein Dilemma. Denn wie kann es vor diesem Hintergrund noch möglich sein, den Wahrheitsanspruch gerade der im Christentum als Selbstdarstellung Gottes geltenden Offenbarung aufrecht zu erhalten? Wobbermin sieht hier die „Grundstruktur der theologischen Problematik".24 Eine Lösung bietet sich nach Wobbermin allein über die für seine theologische Konzeption grundlegende Unterscheidung innerhalb der Wesensfrage an. Weder dürfe die Theologie alles Interesse allein auf die Identifizierung der Eigenart des Religiösen an sich, noch auch auf die Ermittlung nur des „Wesens des Christentums" richten, wie ersteres etwa für Rudolf Otto, letzteres für Karl Barth gelte. In Anwendung auf den Offenbarungsbegriff bedeutet jene Unterscheidung die Differenzierung „zwischen allgemeiner und besonderer Offenbarung". Für Wobbermins Verständnis von Offenbarung ist in diesem Zusammenhang der Umstand wichtig, daß eine theologische Erörterung der „allgemeinen Offenbarung" erst nach einer Klärung des besonderen christlichen Offenbarungsverständnisses möglich ist. Wobbermin kehrt also hier die von der Anlage der „Systematischen Theologie" her zu erwartende Abfolge in der Darstellung um.25 Die in der alttestamentlichen Religionsgeschichte vorbereitete „besondere Offenbarung" besteht nach Wobbermin in der Selbstoffenbarung Gottes in Jesus Christus, „seinem Leben und Lehren, seinem Leiden, Sterben und Auferstehen". Formal schließt Wobbermin sich damit der traditionellen, durch die altprotestantische Orthodoxie detailliert ausgear23 24

25

Richtlinien evangelischer Theologie, 98. Ebd., 99-100. Auch dieser Sachverhalt spricht gegen die theoretische Differenziertheit der religionspsychologischen Methodik, zumal Wobbermin die auffällige Asymmetrie im Aufbau seiner Theorie nicht reflektiert.

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beiteten Lehre von der doppelten Offenbarung an.26 Die „besondere Offenbarung" bleibt im Sinne dieser Unterscheidung allein jener geschichtlichen Selbstoffenbarung vorbehalten. Einer einseitigen Bevorzugung der „Lehre Jesu", wie sie in der Schule Ritschis vertreten worden sei, setzt Wobbermin sich allerdings ausdrücklich entgegen.27 Sie sei Ausdruck eines theologischen Historismus, der sich einer Verzerrung des christlichen Offenbarungsverständnisses schuldig mache, um das Offenbarungsgeschehen auf eine vermeintlich sichere religionsgeschichtliche Grundlage stellen zu können. Die demgegenüber jene Lehrtätigkeit Jesu überhaupt erst als Darstellung des Erlösers qualifizierenden Grundereignisse von Kreuz und Auferstehung dürfen nach Wobbermin ihrer theologischen Zentralstellung nicht beraubt werden. Erst von ihnen aus könne der Gesamtumfang der „besonderen Offenbarung im Sinne des christlichen Glaubens" erfaßt werden.28 26

27

28

Bereits Luther hat eine auf Offenbarung beruhende „allgemeine" Gotteserkenntnis von der Heilserkenntnis im engeren Sinne unterschieden (vgl. Paul Althaus: Die Theologie Martin Luthers, Gütersloh 1962,27-30, und: Wolfhart Pannenberg: Systematische Theologie. Band l, Göttingen 1988, 83-93). Ähnlich wie Thomas von Aquin, demzufolge der Grundsatz gilt: „[...] quia natura hominis dependat a superior! natura, ad eius perfectionem non sufficit cognitio naturalis, sed requiritur quaedam supernaturalis." (Summa theol. 72, 2a 3 ad 1), hat auch Luther aus Rom l, 19-20 entnommen, daß alle- und zwar gerade auch die sogenannten „Götzendiener" - über eine Kenntnis des wahren Gottes verfügen und darum unentschuldbar sind, wenn sie nicht ihm, sondern ihren Götzen dienen (vgl. Martin Luther: Werke. Kritische Ausgabe. Band 56, Weimar 1938, 176-177). In Anknüpfung an die Zuordnung von opus alienum und opus proprium, die die Apologie der Confessio Augustana auf der Grundlage der Lehre von Gesetz und Evangelium entwickelt (vgl.: Apologie der Confessio Augustana XII, 51-53 (Die Bekenntnisschriften der evangelisch-lutherischen Kirche, Göttingen 1982, 261]), hat Hollaz eine an alle Menschen unterschiedslos ergangene revelatio generalis von der revelatio specialis et supernaturalis unterschieden (Examen theol. acr., Proleg. Ill Q 2). Sowohl auf lutherischer als auch auf reformierter Seite setzte sich daraufhin eine gegenüber Luther - und auch gegenüber Calvin (vgl. Wilhelm Niesei: Die Theologie Calvins. Zweite Auflage, München 1957, 39-52) - deutlich gesteigerte Anerkennung einer außer- und vorchristlichen Gotteserkenntnis durch. Insbesondere die platonischen Aussagen über das Wesen Gottes sind nach Melanchthon Gedanken, die „verae et eruditae sunt et ex firmis demonstrationibus natae" (CR 21, 610). - Die historische Rekonstruktion der altprotestantischen Auffassung wird erschwert durch einen dort bereits vorherrschenden unpräzisen Sprachgebrauch. Insbesondere wurde die dem Menschen als Geschöpf eigene Kenntnis Gottes (cognitio insita) nicht klar von der philosophischen Gotteserkenntnis unterschieden, die den wichtigsten Fall der cognitio acquisita bildete. Zur Theorie der altprotestantischen Orthodoxie vgl. Heinrich Schmid: Die Dogmatik der evangelischlutherischen Kirche dargestellt und aus den Quellen belegt. Neu herausgegeben und durchgesehen von Horst Georg Pöhlmann, Gütersloh 1983, 32-40. Vgl. z.B. Hans-Hinrich Wendt: Die Lehre Jesu. Erster Theil: Die evangelischen Quellenberichte über die Lehre Jesu, Göttingen 1886; Ders.: Der Inhalt der Lehre Jesu [= Ders.: Die Lehre Jesu. Teil 2], Göttingen 1890 (siehe auch Wendts Diskussionsbeitrag in: Arthur Titius (Hg.): Deutsche Theologie. Bericht über den ersten deutschen Theologentag zu Eisenach (Herbst 1927), Göttingen 1928, 20-21). Wobbermin bezieht sich daneben vor allem auf Harnacks „Wesen des Christentums". Richtlinien evangelischer Theologie, 101.

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Mit paulinischem Anklang kann Wobbermin den Offenbarungsgehalt auch in folgender Weise bezeichnen: „Daß in und durch Jesus Christus der Eingang in das ewige Leben erschlossen, der Tod also überwunden ist, das ist die Offenbarung." 29 Der durch die Offenbarung gewiesene „Weg" führt von Gott zum Menschen; nur so kann der „immer schon in Sünde und Schuld" verstrickte Mensch Teil eines Beziehungsverhältnisses mit Gott werden. Nur Gott selbst vermag die Kluft zu überbrücken, die durch die Sünde des Menschen aufgerissen worden ist und immer von neuem aufgerissen wird. Eine Differenzierung, wie von der katholischen Theologie vorgenommen, in „natürliche" und „übernatürliche" Offenbarung lehnt Wobbermin daher ab. Es gibt keine vorbereitende Instanz, die als Grundlage oder Voraussetzung der göttlichen Selbstdarstellung anzusehen wäre.30 Ebenso wenig dürfe die Offenbarung primär als Lehre, als „intellektualistisch-lehrmäßige" Übermittlung eines religiösen Geschehens verstanden werden. Offenbarung ist vielmehr ein Tun Gottes, ein durch Gott selbst herbeigeführtes, im religiösen Erleben vom Menschen aufgefaßtes Ereignis. Sie zielt auf die ganze Existenz des Menschen. Sie bildet ihn, wie Wobbermin mit Bezug auf 2. Kor 5, 17 ausführt, zu einer neuen Kreatur um. Das Verhältnis zwischen endlichem Menschen und absoluter göttlicher Wirklichkeit, das durch die Offenbarung hergestellt wird, bildet die materiale Grundlage der theologischen Konzeption Wobbermins. Der Offenbarung steht - als subjektiver Ausdruck des Offenbarungserlebnisses - die Erfahrung von Heil gegenüber. Beide bringen nur jenes identische Beziehungsverhältnis, von den zwei möglichen Ausgangspunkten aus betrachtet, zur Entfaltung: „Die Überwelt bringt sich dem Menschen irgendwie zur Kenntnis; sie bewirkt eine Ahnung ihrer selbst, sie offenbart sich. Ohne jede Offenbarung würde der objektive Ermöglichungsgrund der Religion fehlen. Das religiöse Verhältnis [...] würde objektiv nicht möglich sein. Auf Grund der Offenbarung wendet sich der Mensch der Überwelt zu. Er ersehnt und erhofft von ihr, was ihm das natürliche Leben nicht bietet, er sucht schließlich in der Hingabe an sie die Befriedigung seiner tiefsten Lebenstriebe. Ohne jedes Heilsverlangen würde der subjektive Ermöglichungsgrund der Religion fehlen. Die Religion würde subjektiv als Religiosität- nicht möglich sein."31 Wobbermins im Anschluß an diese Überlegungen vorgenommene „Einteilung der Religionen" läuft darauf hinaus, daß den jeweiligen geschichtlichen Gestalten von Religiosität, denen allen ein nach religionspsycho-

29 30

31

Ebd., 100-101. Ebd., 102. Die hier herangezogene Stelle gehört zu den wenigen Passagen in Wobbermins Werk, die der Auseinandersetzung mit dem römischen Katholizismus gewidmet sind. Vgl. etwa noch: Systematische Theologie. Band 2, 33-36, sowie: Systematische Theologie. Band 3, Leipzig 1925, 1-5. Systematische Theologie. Band 2, 259-260.

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logischer Methode genau ermittelter Ort innerhalb der systematischen Struktur religiöser Ausdrucksformen zugewiesen werden kann, ein Allgemeinbegriff gegenübergestellt wird, der jene Struktur selbst insofern erst begründet, als er das gemeinsame Wesen aller vorhandenen geschichtlichen Religionsgestalten in sich faßt. Er soll sich als strukturierendes Prinzip der Vielfalt des empirischen religiösen Lebens erweisen.32 Diese Voraussetzung aber, derzufolge der Allgemeinbegriff von Religion alle Elemente enthält, die auch die Entfaltung des besonderen christlichen Religionsverständnisses leiten, führt die Religionstheorie Wobbermins in eine Aporie. Denn gleichzeitig soll gelten, daß erst das Christentum die angemessene geschichtliche Gestalt jenes allgemeinen Begriffes von Religion bietet. Die Konkurrenz, die folglich zwischen beiden Seiten des religionstheoretischen Kategoriensystems aufbricht, hat Wobbermin nicht aufzulösen vermocht. Dies zeigt sich vor allem in seiner Interpretation der mystischen Religionsformen. Deren der ethischen Tendenz von Religion zuwiderlaufende Ausrichtung „gefährdet und verkürzt" das religiöse Grundgefühl, da es die im religiösen Erleben erreichbare „unmittelbare Beziehung zur Überwelt" in eine, wie Wobbermin formuliert, „Unvermitteltheit" umschlagen läßt.33 Dadurch aber führt die Mystik faktisch zu einer Auflösung der für jedes religiöse Erleben konstitutiven Beziehung zwischen Endlichem und Absolutem. Sie „übersieht", daß ihr „Unternehmen den Bedingungen des endlich-menschlichen Lebens widerspricht". Über diesen Widerspruch täuscht sie durch die Behauptung einer unio mystica, einer Identität von Seele und Gott und insofern einer „Aufhebung des Subjekt-Objekt-Verhältnisses überhaupt" hinweg.34 Auch im Blick auf das Problem der Wahrheit von Religion kommt jene Aporie zum Ausdruck. Hier führt Wobbermin, in Anknüpfung an die mit der Darstellung der logischen Struktur des religiösen Bewußtseins verbun32

33 34

So in präziser Zusammenfassung der sehr weitläufigen Argumentation Georg Pfleiderer: Theologie als Wirklichkeitswissenschaft, 93; dort auch zum folgenden. - Die von Pfleiderer an Wobbermins religionspsychologisches Methodenmodell herangetragene Theorie religiöser Subjektivität verlagert den Schwerpunkt der Position Wobbermins. Insbesondere wird Pfleiderer dem Versuch Wobbermins nicht gerecht, eine Lösung für das seit Troeltsch virulente Problem der theologischen Deutung von religiösen Geltungsansprüchen zu entwickeln. Wenn er schließlich im Ergebnis seiner kritischen Rekonstruktion das Scheitern Wobbermins in der Ausbildung einer Theorie feststellt, die dem Interesse des religiösen Bewußtseins an seiner „Selbstverifikation" genügt, so kann er sich dafür nur auf jene Ausführungen Wobbermins berufen, die im Zusammenhang mit jener nicht unproblematischen Auffassung von der logischen Struktur des religiösen Bewußtseins stehen. Der von Wobbermin selbst, mit Bezug auf Schleiermacher, als entscheidend hervorgehobene Zusammenhang von religiösem Bewußtsein einerseits und inhaltlicher Bestimmtheit dieses Bewußtseins andererseits, der über solche Strukturbestimmungen hinausweist und auch systematisch von ihnen nicht abhängig ist, bleibt damit aber unbeachtet. Systematische Theologie. Band 2, 296. 292. Ebd., 299.

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denen Ausführungen zum „Wahrheits-interesse", die Unterscheidung zwischen „Wahrheitsinteresse" und „Wahrheitsgeltung" ein.35 Dabei bleibt unklar, ob es Wobbermin um die Feststellung nur des Faktums dieses „Wahrheits-interesses" zum Zwecke einer Kennzeichnung des Wesens der Religion geht, oder ob er gleichzeitig auch die Geltung des Inhaltes dieses Interesses selbst behauptet. Dies aber würde, auch wenn Wobbermin dem widerspricht, mit der methodischen Voraussetzung unvereinbar sein, daß die religionspsychologische Analyse eine wertende Stellungnahme zu den jeweiligen Geltungsansprüchen von Religion nicht abgibt.36 Folgerichtig wurde gerade dieser Aspekt der Wobberminschen Religionstheorie von der zeitgenössischen religionspsychologischen Forschung entschieden abgelehnt. So hat etwa Wilhelm Stählin, der Herausgeber des Archivs für Religionspsychologie, Wobbermin vorgehalten, allein aus Gründen seiner theologischen Systematik die Behauptung aufgestellt zu haben, daß das Wahrheitsinteresse für die religiöse Erfahrung ausschlaggebend sei, während er einen empirischen Beleg für diese Behauptung in keiner Weise erbracht habe.37 In der Tat stellt sich die Frage, auf welcher Grundlage Wobbermin die religionspsychologische Untersuchung jenes Interesses vorgenommen wissen will. Zwar erklärt er, daß der Aspekt der Wahrheitsfrage „überall in den Mittelpunkt" zu stellen sei, doch dürfe dies nicht in spekulativer oder dogmatischer Weise geschehen, sondern nur, indem „der betreffende Erscheinungskomplex" religiöser Erfahrungen „auf seine eigene Struktur hin"

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36

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Systematische Theologie. Band l, 284. Die von Pfleiderer unterstellte Gleichsetzung von „Wahrheitsinteresse" und „Wahrheitsanspruch" im Gegenüber zur „Wahrheitsgeltung" findet sich bei Wobbermin nicht. Vgl. hierzu die grundsätzlichen Ausführungen in: Zur Frage nach der transzendentalpsychologischen Methode in der Religionswissenschaft, in: Zeitschrift für Religionspsychologie 5 (1912), 225-234; wiederabgedruckt in: Zum Streit um die Religionspsychologie, Berlin-Schöneberg 1913, 79-91; siehe hier die folgende Aussage: „Die Betonung dieses Wahrheitsinteresses und seine methodische Verwertung bedeutet also auch nicht im geringsten einen Widerspruch gegen den ausgesprochenen Verzicht auf eine übergreifende und abschließende Wertbeurteilung. Und am allerwenigsten bedeutet sie die Forderung, Schlüsse auf die wirkliche objektive Realität der Glaubensgegenstände zu ziehen" (86). Wilhelm Stählin: [Rezension zu:] Georg Wobbermin: Systematische Theologie nach religionspsychologischer Methode. Erster Band: Die Religionspsychologische Methode in Religionswissenschaft und Theologie, Leipzig 1913, in: Archiv für Religionspsychologie. Unter ständiger Mitwirkung von Kurt Koffka herausgegeben von Wilhelm Stählin. Erster Band, Tübingen 1914, 279-298, hier: 296. Vgl. auch: Ders.: Die Wahrheitsfrage in der Religionspsychologie, in: Archiv für Religionspsychologie. Zweiter und dritter Band, Tübingen 1921, 136-159, sowie den späteren Rückblick in: Ders.: Via Vitae. Lebenserinnerungen, Kassel 1968,123-126. - Auch Emil Pfennigsdorf vertrat gegenüber Wobbermin die Ansicht, daß die Überordnung des Wahrheitsinteresses über das religiöse Lebensinteresse „nicht der Wirklichkeit" entspreche (Emil Pfennigsdorf: Religionspsychologie und Apologetik, Leipzig 1912, 8-9).

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analysiert werde.38 Vollends in einen Zirkelschluß gerät Wobbermin, wenn er aus dem Vorhandensein des „Wahrheits-interesses" auf eine der religiösen Überzeugung zugrundeliegende Wahrheit selbst schließt und zugleich erklärt, das „Wahrheits-interesse" sei seinerseits die „Bedingung des religiösen Bewußtseins". Daher kann auch die weitergehende These nicht überzeugen, derzufolge diejenige Wahrheit, von der vorausgesetzt wird, daß sie dem religiösen Bewußtsein zugrundeliegt, sich erst in den spezifischen Vorstellungsinhalten des religiösen Bewußtseins geltend mache.39 Trotz dieser problematischen Aspekte enthält Wobbermins Religionstheorie nun doch gerade in denjenigen Partien, die sich als Ausdruck eines spezifisch theologischen Interesses lesen lassen und die insofern tatsächlich jenen Vorwurf Stählins bestätigen, einige Elemente, die für das liberaltheologische Modell einer theologischen Christentumsdarstellung von erheblicher Bedeutung sind. Die genannten Schwierigkeiten in der Durchführung der Religionstheorie Wobbermins sind durchweg an den Versuch gebunden, dem christlichen Verständnis von Religion einen allgemeinen Religionsbegriff vorzuordnen, von dem aus das Christentum als vollgültige, letztlich allein adäquate Realisierung von Religion gewertet werden kann. Mit dieser Absicht ist Wobbermin gescheitert. Die Formulierung einer solchen, vom konkreten geschichtlichen Befund unabhängigen religionstheoretischen Ausgangsbestimmung des religiösen Phänomens konnte angesichts des hohen methodischen Anspruchs, den Wobbermin an seine eigene Vorgehensweise stellt, nicht gelingen. Sie ist überdies im Kontext seines theologischen Gesamtentwurfs nur aus einem starken antihistoristischen Affekt heraus zu begründen. Mit dem durch die Forschungsarbeit der Religionsgeschichtlichen Schule erzielten Reflexionsniveau, dem Wobbermin in anderen Zusammenhängen durchaus nahe kommt, läßt sie sich nicht vereinbaren. Hingegen ist Wobbermins theologische Darstellung des spezifisch christlichen Religionsverständnisses, wie es vor allem in der durch Luther formulierten reformatorischen Version christlicher Religiosität Ausdruck gefunden hat, von dieser religionstheoretischen Schwierigkeit nicht betroffen. Jedoch besteht zwischen den dem „Wesen der Religion" und den dem „Wesen des Christentums" gewidmeten Argumentationszusammenhängen 38

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Aufgabe und Bedeutung der Religionspsychologie. Sonderausgabe aus dem Protokoll des 5. Weltkongresses für freies Christentum und religiösen Fortschritt. Herausgegeben von Max Fischer und Friedrich Michael Schiele, Berlin-Schöneberg 1911; wiederabgedruckt in: Zum Streit um die Religionspsychologie, Berlin-Schöneberg 1913, 1-27, hier: 10. Systematische Theologie. Band l, 403. - Auf die Schwächen in Wobbermins Ausführungen zum Wahrheitsbegriff geht, zumindest andeutungsweise, auch Stephan in seiner Besprechung des dritten Bandes der „Systematischen Theologie" ein; vgl. Horst Stephan: [Rezension zu:] Georg Wobbermin: Systematische Theologie nach religionspsychologischer Methode. Band III: Wesen und Wahrheit des Christentums, Leipzig 1925, in: Deutsche Literaturzeitung 47 (1926), 1180-1182, hier: 1181.

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eine Spannung, die auch durch Wobbermins Versuche, seine Religionstheorie zu einer konsistenten Einheit zu verknüpfen, nicht überwunden worden ist. In einem nur oberflächlich vermittelten Neuansatz geht die theologische Darstellung zum Christentum im dritten Band der „Systematischen Theologie" sachlich nirgends auf jenen allgemeinen Religionsbegriff zurück. Die zahlreichen Vorausverweisungen im zweiten Band werden faktisch an keiner Stelle aufgegriffen. Auch dies ist ein Hinweis darauf, daß zum einen das Konzept eines allen geschichtlichen Realgestalten von Religion vorgeordneten Religionsbegriffes schon auf das Religionsverständnis des Christentums hin orientiert ist und daß zum anderen das Christentum selbst gar nicht als individuell-geschichtliche Konkretisierung eines solchen allgemeinen Begriffes entwickelt wird. 1.1.3. Der Glaubensbegriff als Zentrum von Wobbermins Christentumstheorie Im Christentum erreicht Wobbermins theologische Religionstheorie ihren Zielpunkt. Seine zentrale, wenngleich, wie gezeigt, problematische Behauptung lautet: Erst im Christentum ist in realer geschichtlicher Gestalt ausgebildet, was in der abstrakten Erörterung des Religionsbegriffes bisher nur postuliert worden war. Der elementare Grundsatz der Christentumsdarstellung lautet denn auch, daß nur in der christlichen Religion die Struktur der subjektiven, im Gefühl verankerten Wahrnehmung des religiösen Ereignisses und die in dieser Wahrnehmung vorausgesetzte Objektivität göttlichen Handelns in einem adäquaten Verhältnis, einer „objektiven Entsprechung" zueinander stehen: „[...] wenn die Überwelt des Christenglaubens in dem Gott besteht, aus dem, durch den und zu dem hin alle Dinge sind [...], dann findet offenbar die subjektive Gefühls-Dreiheit des Abhängigkeits-, Geborgenheits- und Sehnsuchts-Gefühls ihre objektive Entsprechung in der trinitarischen Bestimmtheit der Überwelt, d.h. der Gottheit selbst. Aus Gott, durch Gott, zu Gott hin alle Dinge: das ist, konkret gesprochen, die Überzeugung, daß der allmächtige Schöpfer und Herr aller Dinge Welt und Geschichte mit seiner Selbst-Offenbarung lebendig durchwaltet [...]."4° Inbegriff dieser geschichtlichen Selbstoffenbarung Gottes ist die Gestalt Jesu Christi; ihre Bedeutung für den Glauben wird trinitarisch ausgelegt. „Im ganzen" besage der trinitarische Gedanke in der Fassung, die er durch die „Gottesoffenbarung im Heilandsleben Jesu Christi" erhalte, daß „der allmächtige Schöpfergott, der absolute Herr der gesamten Wirklichkeit", nach einer anderen Seite seines Wesens „ein die Welt, insonderheit die Geschichte, lebendig durchwaltender Gott"

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Systematische Theologie. Band 2, 255.

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sei. Ebenso sei er zugleich ein geistig-persönlicher Gott, „der auch in der Kreatur geistiges Personleben weckt, um es in die Gemeinschaft ewigen Lebens mit sich hinzuführen". 41 Über eine trinitarische Auslegung der christologischen Grundaussage gelangt Wobbermin zu seinem zentralen offenbarungstheologischen Satz von der Geschichte als dem eigentlichen Ort göttlicher Selbstbekundung. Dabei bleibt Gott selbst - in seinen, den christlichen Gottesbegriff bestimmenden drei Momenten von Transzendenz, Personcharakter und Immanenz42 - dem Geschichtsprozeß vorgeordnet. Erst in ihrer manifesten Selbstbekundung geht die göttliche Präsenz eine Einheit mit der Geschichte ein: „Gott ist der Allherrscher, der also über der gesamten Welt steht, er ist aber zugleich ein die Welt lebendig durchwaltender Gott, der in der Welt und zumal in der Geschichte lebendig wirkt und demgemäß auch in der Geschichte seine Selbstoffenbarung vollzieht, und er ist schließlich ein geistig-persönlicher Gott, der Urquell und das Endziel alles geistigen Personlebens." Erst diese drei „Momente" zusammen ergeben den christlichen Gottesbegriff.43 Dabei entsprechen den drei Momenten jeweils einzelne Aspekte im religiösen Gefühl. Abhängigkeits-, Geborgenheits- und Sehnsuchtsgefühl beziehen sich auf die trinitarischen Grundbestimmungen des Vaters, des Sohnes und des Geistes. Auf diese Weise kommen nach Wobbermin im christlich-trinitarischen Monotheismus alle Motive des Glaubens und sämtliche Ansätze zu einer reflektierten Gottesidee, die sich in der Religionsgeschichte finden, zum Abschluß und zu ihrer Vollendung. Die christliche Religion sei daher mit Recht als die wahre oder „absolute" Religion zu bezeichnen. Das Christentum verhalte sich zum allgemeinen Religionsbegriff wie die Wirklichkeit zur Möglichkeit.44 Man wird die Frage stellen können, ob Wobbermin hier seine religionspsychologische Theorie nicht doch wieder in die Bahnen der traditionellen dogmatischen Christentumsauslegung zurücklenkt. Überdies beschränkt er in der Ausweisung des Christentums als der einzigen Religion, die als „wahre" und „wirkliche" Religion gelten könne, den Religionsbegriff faktisch überhaupt auf das Christentum. Auch besteht nach Wobbermins eigener Auffassung gerade in dieser Darstellung eines dreifachen Korrelationsverhältnisses zwischen dem durch die „geistig-sittliche Gott-Per41

42 43

44

Systematische Theologie. Band 3, 237-238. Mit dem Gedanken einer trinitarischen Auslegung der Bedeutung der Person Jesu Christi für den Glauben knüpft Wobbermin an Kaftan an; vgl. Julius Kaftan: Dogmatik. Fünfte und sechste verbesserte Auflage (Grundriss der Theologischen Wissenschaften. Fünfter Theil. Erster Band), Tübingen 1909, 392469. Vgl.: Systematische Theologie. Band 3, 175. Ebd., 238. Ebd., 496. Zum dreifachen Entsprechungsverhältnis vgl.: Ebd., 433. Siehe auch Georg Pfleiderer: Theologie als Wirklichkeitswissenschaft, 102.

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sönlichkeit" verursachten Heilshandeln und der im religiösen Bewußtsein stattfindenden Wahrnehmung dieses Handelns die Gefahr einer unsachgemäßen Schematisierung des Offenbarungsgeschehens. Wieder drohe eine Rationalisierung von Offenbarung, die auf ein „intellektualistisches Mißverständnis" des religiösen Geschehens hinauslaufe. Wobbermins Kritik an einem solchen Mißverständnis leitet sich unmittelbar aus seiner Auffassung vom Verhältnis zwischen Offenbarung und Glaube her. Denn die Bindung des Offenbarungsgeschehens an einen im religiösen Subjekt stattfindenden Erlebnisakt ist konstitutiv für Wobbermins Offenbarungsbegriff selbst. „Offenbarung und Glaube bezeichnen zwei Größen, die erst in der Beziehung aufeinander ihren vollen Sinn entfalten." Offenbarung ist nach Wobbermin „in ihrem eigenen Sinngehalt nur für den Glauben faßbar". Der Glaube ist lebendiger Glaube „nur in der Beziehung auf die Offenbarung".45 Weder eine individuell-persönliche noch eine geschichtliche Wirksamkeit von Offenbarung sei denkbar ohne diese Beziehung. Das historische Geschehen „als solches" - im Christentum also die Erscheinung des Erlösers in der Geschichte - werde erst im Glauben und nur für den Gläubigen zum Offenbarungsereignis. Jenseits dieser besonderen Qualifikation im religiösen Erleben hingegen könne der Offenbarungsbegriff auf den geschichtlichen Vorgang keine Anwendung finden. Wobbermin geht aber noch einen Schritt weiter: Nicht nur qualifiziert erst das religiöse Erleben das geschichtliche Geschehen zum Offenbarungsereignis, sondern die Offenbarung findet im Erleben des Gläubigen ihrerseits ihren „konkreten Abschluß". „Im konkreten Einzelfall ist der Glaube ein Teilmoment der Offenbarung selbst."46 Glaube und Offenbarung bilden insofern nach Wobbermin eine unlösbare Einheit. Aber auch die nach Rom 10, 17 den Glauben erst weckende Verkündigung gehört in diesen Zusammenhang hinein. Denn die Offenbarung steht nicht für einen in der Vergangenheit abgeschlossenen ge45 46

Richtlinien evangelischer Theologie, 108. Ebd., 108.- Wobbermins Überlegungen zur Fortdauer der Offenbarung bis in das subjektive Glaubenserlebnis hinein erinnern an Bultmanns Position in der Offenbarungsthematik. Vgl. etwa Rudolf Bultmann: Theologische Enzyklopädie. Herausgegeben von Eberhard Jüngel und Klaus W. Müller, Tübingen 1984, 66-96 (Kapitel 4: Der Gedanke der Offenbarung) und 159-170 (Kapitel 5: Der Begriff des Glaubens. § 15: Was ist Theologie?): „Denn Offenbarung ist nicht ein Weltphänomen, sondern ein Geschehen in der Existenz, eben gläubiges, durch die Offenbarung bestimmtes Existieren" (159). Eine Differenz zwischen Wobbermin und Bultmann besteht darin, daß bei Bultmann zwar gleichfalls der Glaubensakt in das vom Kerygma ausgesagte heilsgeschichtliche Geschehen einbezogen wird, er aber nicht einer retrospektiven Qualifizierung des Offenbarungsvorganges dient. Die Offenbarung selbst bleibt kontingent und dem subjektiven Nachvollzug der christlichen Heilsbotschaft entzogen. Vgl. auch Rudolf Bultmann: Das Problem einer theologischen Exegese des Neuen Testaments, in: Zwischen den Zeiten 3 (1925), 334-357. Weitere Berührungspunkte der theologischen Konzeption Wobbermins mit Bultmann finden sich in der Auferstehungsproblematik und der Interpretation des Glaubensbegriffes (vgl. dazu unten).

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schichtlichen Komplex, der dann als „fertige Voraussetzung für die Heilsbotschaft" wirksam würde, sondern ihre „Erfüllung", ihre Konkretisierung in der geschichtlichen Lebenswirklichkeit vollzieht sich ausschließlich in dieser Heilsbotschaft selbst. In diesem Sinne kann Wobbermin Offenbarung auch als „das durch die ganze Geschichte hin erfolgende persönliche Heilswirken Gottes" bezeichnen. Er verweist für diese Auffassung auf Luther, der bereits in der Römerbriefvorlesung von 1515/16 das Verhältnis von Heilsverheißung und Glaube als Korrelation beschrieben habe. Da aber Offenbarung von der Verheißung nicht abzulösen sei, gelte es auch für sie, wenn Luther gelehrt habe, „wo keine Verheißung sei, könne es Glaube nicht geben und umgekehrt, wo der Glaube fehle, sei die Verheißung nichts".47 Notwendigerweise also führt Wobbermins Darstellung des Offenbarungsbegriffes zu einer Analyse des Glaubensphänomens. Wiederum gilt, daß erst im Blick auf das Christentum im strengen Sinne überhaupt von „Glaube" gesprochen werden kann, und zwar insofern der Glaube hier in direkter Beziehung zur Offenbarung steht. Beide Begriffe - als „Korrelatbegriffe" - bilden „genau genommen einen in sich einheitlichen Tatbestand, den jene Begriffe nur in der je entgegengesetzten Richtung des Blickpunktes ins Auge fassen und zum Ausdruck bringen". In beiden Fällen handelt es sich um das Beziehungsverhältnis zwischen Gott und Mensch, „das von Gott aus als Offenbarung, vom Menschen aus als Glaube erscheint".48 In einem früheren Stadium seines Entwurfes hatte Wobbermin meist von der „Glaubensüberzeugung" gesprochen, in der sich das Verhältnis des Menschen zu Gott ausspreche. In Anknüpfung an Kaftan unterschied er dabei subjektive und objektive Momente, die im evangelischen Glaubensbegriff „ineinandergreifen". Eine Vergewisserung des objektiven Glaubensinhaltes sei für die Theologie nur über die im religiösen Bewußtsein lebendigen Glaubensgedanken möglich.49

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Richtlinien evangelischer Theologie, 109. - Vgl. Martin Luther: Römerbriefvorlesung 1515/16; hier nach folgender Ausgabe: Anfänge reformatorischer Bibelauslegung. Herausgegeben von Johannes Ficker. Band 1: Luthers Vorlesung über den Römerbrief 1515/ 1516. Die Glosse. Mit einer Tafel, Leipzig 1908, 40: „[...] promissio et fides sunt correlativa." Richtlinien evangelischer Theologie, 117. Systematische Theologie. Band l, 422-423. - Julius Kaftan hatte den gegen ihn „oft genug" erhobenen Vorwurf, sein theologisches Modell bringe es nur zu Glaubensgedanken, während jene Vergewisserung fehle, mit dem Hinweis zurückgewiesen, daß „es eine solche Vergewisserung anders als im Glauben und durch den Glauben nicht gibt, und daß der Glaube keine andere objektive Gewähr der Wahrheit seines Inhalts kennt und sucht als die Offenbarung Gottes, auf die er sich bezieht, aus der er seinen Inhalt empfängt". Es dürfe kein Zweifel daran gelassen werden, daß der Einwand „allererst aus religiösen und kirchlichen Gründen zurückgewiesen werden muß" (Julius Kaftan: Zur Dogmatik. Sieben Abhandlungen aus der „Zeitschrift für Theologie und Kirche", Tübingen 1904, 123. 126).

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Erst in den Publikationen der zwanziger Jahre, vor allem im dritten Band der „Systematischen Theologie" und in den „Richtlinien", greift Wobbermin zur Beschreibung dieses Sachverhaltes die aus der Theorie der altprotestantischen Orthodoxie stammende, in ihren theologiegeschichtlichen Wurzeln bis auf Augustinus zurückreichende begriffliche Unterscheidung zwischen der fides quae creditur und der fides qua creditur auf. 50 Beide stehen in einer Wechselbeziehung zueinander. Als Glaubensgegenstand oder Glaubensinhalt bzw. als Glaubensakt oder Glaubensvollzug bedingen sie sich nach Wobbermin gegenseitig - eine Einsicht, die Luther in seiner bekannten, von Wobbermin wiederholt herangezogenen Formulierung aus dem Großen Katechismus zur Zusammengehörigkeit von „Glaube und Gott" ausgedrückt hat.51 Gerade diese „Wechselbeziehung zwischen dem subjektiven und dem objektiven Pol des Glaubensverhältnisses" versucht die religionspsychologische Methodik in dem Grundsatz vom religionspsychologischen Zirkel für die Theologie „faßbar und nutzbar" zu machen.52 Der Glaube als fides qua creditur steht für die Eigentümlichkeit der christlichen Religion innerhalb der Religionsgeschichte. Zum einen verbinde der Glaubensinhalt das Christentum über seine „allgemeine Grundintention" mit „allen sonstigen Religionen", zum anderen bringe er aber auch seine „spezifische Sonderart" zum Ausdruck. Diese Sonderart findet Wobbermin in der von Paulus formulierten religiösen Grundüberzeugung von der Rechtfertigung des Sünders durch Gottes Sündenvergebung. In dem „vertrauensvollen Glauben an Gottes in Jesus Christus offenbarten

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So unterscheidet etwa Johann Gerhard: Loci Theologici (1610). XVI 66, in folgender Weise: „Fides, quae creditur, vocatur fides materialis; fides, qua creditur, fides formalis, quia fides, quae creditur, est fidei, qua creditur, objectum, quod alias materia circa quam dici solet. Fides vero, qua creditur, est et in animo credentis" (zitiert nach Karl Barth: Die christliche Dogmatik im Entwurf. Band 1: Die Lehre vom Worte Gottes. Prolegomena zur christlichen Dogmatik. Herausgegeben von Gerhard Sauter (Karl Barth-Gesamtausgabe. II. Abteilung. Band 14), Zürich 1982, 121). Von weitreichenderer Wirkung war jedoch Johann Wilhelm Baier: Compendium theologiae positivae, Jena 1686, wo die fides subjectiva sive qua creditur als die fides proprie dicta, quae inest homini credenti tanquam subjecto, unterschieden wird von der fides objectiva sive quae creditur, die als doctrina fidei gilt, quae improprie dicitur fides, quia est objectum fidei (502; zitiert nach Heinrich Schmid: Die Dogmatik der evangelisch-lutherischen Kirche, Gütersloh 1983, 265). Bei Augustinus findet sich in dem Traktat De Trinitate die Unterscheidung zwischen dem Glaubensinhalt und dem Glaubensvollzug („[...] aliud sunt ea quae creduntur, aliud fides qua creduntur [...]" [De Trinitate 13, 2, 5]). Zur weiteren Begriffsgeschichte vgl. Reinhard Slenczka: Glaube VI. Reformation/ Neuzeit / Systematisch-theologisch, in: Theologische Realenzyklopädie. Band 13, Berlin/New York 1984, 318-365, hier: 320-336. Richtlinien evangelischer Theologie, 20: „Und diese Einsicht geht wieder auf Luther zurück. Luther hat sie im Großen Katechismus in die Worte gefaßt, daß Glaube und Gott zu Haufe gehören" (vgl. auch oben Teil H.3.2.4.). Ebd., 109.

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sündenvergebenden Liebeswillen" handele es sich um die schlechthin einzige Bedingung für die Erlangung des ewigen Heils. Daraus ergebe sich zugleich, daß der Glaube als Akt persönlichen Vertrauens „eine existentielle Entscheidung" sei, „die immer von neuem" vollzogen werden müsse. Mit Phil 3, 12 wird der Glaube als ein nie abgeschlossenes, seinem Wesen nach dynamisches Geschehen aufgefaßt, das ausdrücklich mit der Selbstverwirklichung der durch Gottes Offenbarung gesetzten Wahrheit der christlichen Religion im religiösen Bewußtsein gleichgesetzt wird.53 Erst Luther habe aus einer jahrhundertelangen theologischen Fehlentwicklung, durch die das Glaubensverständnis „bis zur Unkenntlichkeit entstellt" worden sei, diese Auffassung vom Grundcharakter des Glaubens „neu entdeckt und zur Grundlage seines Reformationswerkes gemacht". Erst der Reformator habe die fundamentale Struktur im Glaubensbegriff, d.h. jene Wechselbeziehung von subjektiven und objektiven Momenten, als die zentrale Eigenart des christlichen Glaubens wieder erkannt. 54 Dieser Glaube sei „die allein normale und sachgemäße religiöse Verhaltensweise", denn nur er fasse das Verhältnis von Gott und Mensch so, „wie es der unbedingten, alles bedingenden Schöpfermacht Gottes und der absoluten Heiligkeit seines Liebeswillens auf der einen Seite, der Geschöpflichkeit und Schuldbelastung der Menschen auf der anderen Seite" entspreche.55 Einer subjektivistischen Mißdeutung dieser Darstellung will Wobbermin dadurch vorbeugen, daß er explizit auf die Frage eingeht, in welcher Weise der Glaube überhaupt nur Zustandekommen könne. Denkbar sei allein derjenige Weg, den Gott selbst eröffne. Jeder Versuch des Menschen, von sich aus einen Weg zu Gott zu finden, verkehre Gott zu einem Abgott. „Wahre Religion gibt es nur als gläubig vertrauensvolles Betreten des von Gott gebahnten Weges zur Gemeinschaft mit ihm."56 Folglich ist der Glaube nur durch seine Bezogenheit auf Gott und die göttliche Selbstbekundung in der Offenbarung „zu definieren". Den Bezug zur Offenbarung stellt die Heilige Schrift her, durch die die Offenbarung „vermittelt" werde. Gleichfalls als einen Grundzug in Luthers Glaubensverständnis hebt Wobbermin die besondere Bedeutung der Erfahrung

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Ebd., 122-123. Auch hier erinnern Wobbermins Formulierungen an Bultmanns theologische Fassung des Glaubensbegriffes. Die Unterscheidung von fides quae creditur und fides qua creditur spielt überdies in Bultmanns Theologietheorie eine zentrale Rolle. Allerdings setzt Bultmann sich gerade in diesem Zusammenhang von Wobbermin deutlich ab; vgl. Rudolf Bultmann: Theologische Enzyklopädie, 13-34 (Kapitel 2: Die fides quae creditur als Gegenstand der Theologie). Bultmanns Auseinandersetzung mit Wobbermins Theorie wird durch die wiederholten ausdrücklichen Bezugnahmen belegt (vgl.: Ebd., 17. 26-28. 30. 190). Das Symbol der mit Luther erneut erreichten Einsicht sei das „allein" in der deutschen Fassung von Rom 3, 18 (vgl.: Richtlinien evangelischer Theologie, 124). Richtlinien evangelischer Theologie, 124. Ebd., 125.

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hervor. Gegenüber allem bloßen „Fürwahrhalten" (fiducia bzw. assensus specialis) bedeute wahrer Glaube eine mit der Persönlichkeit des Glaubenden zutiefst verknüpfte Glaubensüberzeugung und Glaubenserfahrung. 57 Demgegenüber bestehe der „Fehler" der Dialektischen Theologie darin, daß an die Stelle der Glaubenserfahrung der „Glaubensgehorsam" trete, der bei Luther immer nur neben und mit der Erfahrung als Bestandteil des Glaubens aufgefaßt werde. Auf diese Weise sei Barths Glaubensverständnis nicht davor geschützt, „als Fürwahrhalten auf bloß äußere Autorität hin" angesehen zu werden. Auch die mißverständliche Rede vom „Hohlraum" beruhe darauf, daß Barth die Zusammengehörigkeit „der Objektseite und der Subjektseite des Glaubensverhältnisses" mißachte. Faktisch leiste er damit der römisch-katholischen Lehre von der fides implicita Vorschub. Erneut greift Wobbermin auf seinen Vorwurf zurück, die Theologie Barths führe zu einer katholisierenden Auslegung des Glaubensverständnisses. Tatsächlich aber könne, wie Wobbermin betont, nach evangelischer Auffassung nur Gott selbst in seiner Selbstoffenbarung in der Geschichte Gegenstand des Glaubens sein.58 Religion, Offenbarung und Glaube bilden in der theologischen Konzeption Wobbermins eine unlösbare Einheit. Sie alle sind, ungeachtet des Umstandes, daß diese Begriffe zunächst im Rahmen einer allgemeinen Religionstheorie eingeführt werden, ihrer inhaltlichen Ausrichtung nach 57

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Ebd. - Zur altprotestantischen Theorie, von der Wobbermin sich hier ausdrücklich absetzt, vgl. Otto Kirn: Glaube, in: Realencyklopädie für protestantische Theologie und Kirche. Dritte Auflage. Band 6, Leipzig 1899, 674-682, hier: 678. Ursprünglich war der assensus nicht von der fiducia unterschieden worden. Er bedeutete „die innere Hingabe des Menschen an den ihm offenbar werdenden Gnadenwillen Gottes" (Wilhelm Herrmann: Die Lage und Aufgabe der evangelischen Dogmatik in der Gegenwart, in: Ders.: Gesammelte Aufsätze. Herausgegeben von Friedrich Wilhelm Schmidt, Tübingen 1923, 95-188, hier: 106). Erst in der Apologie der Confessio Augustana wurde zwischen assensus generalis und assensus specialis differenziert, wobei letzterer weiterhin mit der fiducia gleichgesetzt wurde (vgl.: Apologie der Confessio Augustana IV 48. 81 [Die Bekenntnisschriften der evangelisch-lutherischen Kirche, Göttingen 1982, 176]). Die Problematik dieser Unterscheidung liegt darin, daß der assensus inhaltlich den beiden anderen Momenten des Glaubens, der notitia und der fiducia, zugeordnet wird. Die Heilstatsachen der christlichen Offenbarung erhalten so den Status von allgemeinen Wahrheiten, deren Anerkennung zuerst erfolgen muß, bevor sie als Grund des Glaubens wirksam werden können - und dies, obwohl sie erst im Glauben als Heilstatsachen überhaupt erkennbar werden. Da die Theologie die Wahrheit des Glaubens erweist, macht sie sich selbst als Repräsentantin der „reinen Lehre" anstelle des göttlichen Heilshandelns zum Gegenstand des Glaubens. Vgl. auch die Kritik Bultmanns: Theologische Enzyklopädie, 101-103. Nach Bultmann besteht der „Wahn" der Orthodoxie darin, daß mittels eines sacrificium intellectus der Glaube als Annahme einer solchen „reinen Lehre" mißverstanden wird. Richtlinien evangelischer Theologie, 127-128. „Für diese römische Lehre von der fides implicita ist ja der Glaube insofern ein Hohlraum, als er sich direkt nur auf das bezieht, was die (römische) Kirche lehrt (was immer es sei) und also erst nachträglich von der Kirche her seine Erfüllung erhält" (128).

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an der christlichen Religion orientiert. Erst im Christentum findet die Religion ihre wirkliche und wahre Gestalt. Nur die Offenbarung Gottes in Jesus Christus ist als definitiver Ausdruck des göttlichen Heilswillens anzusehen. Und allein der Glaube an dieses besondere Heilshandeln vermag eine „existentielle" Tiefe zu erreichen, die der in der christlichen Religion enthaltenen „Wahrheit im strengsten, letzten Sinne" entspricht. Dabei bleibt die Stellung zu diesem Wahrheitsanspruch „natürlich immer Sache des Glaubens". Es ist das Urteil der Glaubensüberzeugung, daß im Bilde Christi die Selbstoffenbarung Gottes gegeben sei. „Ob diese Glaubensüberzeugung selbst wahr sei, das ist eine Frage, die für den, der sich über das Wesen der Glaubensüberzeugung klar ist, keinen Sinn mehr hat."59 1.2. Religion, Offenbarung und Glaube bei Wehrung Auch Wehrung orientiert seine Religionstheorie an den drei theologischen Einzelgrößen Religion, Offenbarung und Glaube. Zunächst widmet er sich der Frage nach dem subjektiven Ursprung der Religion und verlegt damit den Ansatzpunkt in eine Darstellung der Struktur des religiösen Bewußtseins. Formal - und zumindest für einen Teilbereich seiner Theorie auch material - geht er damit den gleichen Weg wie Wobbermin. In einem zweiten Schritt wird über den Begriff der Offenbarung die inhaltliche Bestimmtheit des religiösen Bewußtseins thematisiert. Diese Erörterung, die zugleich eine Diskussion des protestantischen Glaubensverständnisses umfaßt, schließt sich eng an Schleiermacher an. Schließlich kontrastiert Wehrung den im Zusammenhang seiner Rekonstruktion des Verhältnisses von Offenbarung und Glaube erhobenen Sachverhalt mit dem Frömmigkeitsideal der idealistischen Philosophie. 1.2.1. Der subjektive Ursprung von Religion Die Ausgangsunterscheidung der Religionstheorie Wehrungs ergibt sich wiederum, wie in der liberaltheologischen Tradition schon seit Schleiermacher, aus dem Versuch, das Verhältnis des religiösen Bewußtseins zu seinen konkreten, geschichtlich vermittelten Bestimmungsinhalten zu beschreiben. Anders als im Bereich der Wissenschaft, wo dem erkennenden Subjekt das erkannte Objekt in eindeutig angebbarer Weise gegenübersteht, sieht sich im Falle der Religion das religiöse Subjekt „einem zweiten, höheren, freien Subjekt gegenüber". Das Göttliche, dessen sich die religiöse Erfahrung gewiß wird, kann nur dann angemessen aufgefaßt werden, 59

Systematische Theologie. Band 3, 311 -312.

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wenn es selbst „zuerst und zuletzt und ohne Unterlaß" als das eigentlich handelnde Subjekt, „das uns überlegen entgegentritt und mit uns überlegen handelt", erfahren wird.60 Nicht die mystische Introspektion, sondern nur das „konkrete religiöse Erlebnis" als Teil einer „sinnvollen geschichtlichen Erfahrung" könne zu der Gewißheit der völligen Verbundenheit mit dem göttlichen Subjekt führen. Wehrung bezeichnet diesen Sachverhalt, in Anlehnung an ähnliche Wendungen Schleiermachers, als ein „Aufgenommensein in das göttliche Leben". Methodisch nimmt Wehrung hier eine am religiösen Phänomen interessierte Beobachterperspektive ein. Den Standpunkt der religionskritischen theologischen Aufbruchsbewegungen der Nachkriegszeit lehnt er demgegenüber ab: „Wir haben heute eine Strömung in der Theologie, die ihre Aufgabe noch schärfer zuspitzt, die eine Zusammenarbeit etwa mit der Phänomenologie schroff von sich weist, ihre Ergebnisse als für uns belanglos unbeachtet läßt", die die Auffassung einer „inneren Unvergleichlichkeit" des Christentums mit den anderen Religionen vertritt, „weil diese rein menschlicher Wahn seien und schlechterdings an keiner Offenbarung je teil hätten".61 Doch werde diese Sicht weder dem Selbstverständnis jener nichtchristlichen Religionsformen, noch auch dem Verhältnis des Christentums zu ihnen gerecht. Auch die neutestamentliche Darstellung zu dieser Frage gehe nicht von einer radikalen Abwertung aus. Vielmehr habe dem Neuen Testament zufolge, wie etwa Apg 14, 16 zeige, Gott „in den vergangenen Zeitaltern alle Völker auf ihren Wegen gehen lassen". Insofern müsse auch eine theologische Religionskritik feststellen, daß in der Religiosität des Menschen, unabhängig von ihrer geschichtlichen Ausbildung im einzelnen, „ein unwiderstehliches Walten Gottes über aller Geschichte" zum Ausdruck komme. Erst im Anschluß an eine solche Einschätzung könne dann der besondere, einzigartige Charakter der „heilwirkenden Christusoffenbarung" näher beschrieben werden.62 Vor diesem Hintergrund geht Wehrung der Frage nach dem subjektiven „Ursprungsgrund", der „subjektiven Bedingung unverlierbarer gesättigter religiöser Erfahrung" nach. Im engeren Sinne handelt es sich hier um das Problem der menschlichen Entsprechung zum göttlichen Heilshandeln, durch die erst eine Wahrnehmung und Aufnahme jenes Handelns möglich wird: „Wenn Religion Gottergriffenheit, Gottverbundenheit in irgend einer Form ist, dann muß doch etwas in uns sein, was sich ergreifen läßt, was letztlich sich danach ausstreckt, danach verlangt." Die Auffassung Kants, die Religion sei nichts anderes als eine Lebensäußerung der „lau60 61 62

Das religiöse Ich. Zur Frage nach dem subjektiven Ursprung der Religion, in: Zeitschrift für systematische Theologie l (1923), 6-27, hier: 7. Die Welt der Religion in der Sicht des Neuen Testaments, in: Zeitschrift für systematische Theologie 15 (1938), 194-226, hier: 196. Ebd., 204.

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teren Menschen Vernunft", weist Wehrung ebenso zurück wie Feuerbachs Illusionismus-Vorwurf. Beide erfassen das „Selbstbewußtsein der Religion" nicht, sondern stellen es in einen von außen bestimmten und insofern unsachgemäßen Funktionszusammenhang. Statt dessen hat die religionstheoretische Analyse nach Wehrung von der „Haltung" des religiösen Bewußtseins selbst auszugehen. Sie allein müsse das sachliche Kriterium ihres Erkenntnisinteresses bilden. Kennzeichnend für diese Haltung sei ein unstillbares „Fernweh nach dem Unendlichen".63 Erst ein solches Fernweh erhebe den Menschen zu seiner wahren geistigen Gestalt. Es offenbare ihm seine Bestimmung, die Wahrheit seines Wesens; „es ist ein Zug der Freiheit!"64 In dieser fundamentalen Ausrichtung liegt nach Wehrung die personale Identität des Menschen begründet. Insofern seien die religiösen Überzeugungen ein elementarer Ausdruck des Lebensgrundes selbst, der „jenseits der bloß psychologischen Wirklichkeit" verankert sei. Jene Überzeugungen seien unableitbare „Urmotive", die nur aufgezeigt, nicht aber demonstriert werden können, weil in ihnen ein Letztes, eine Bedingung des „wahren Lebens" zutage trete: „So kann ich von metapsychologischen Motiven sprechen, die da durchbrechen, wo eine Seele zu innerer Wahrhaftigkeit sich aufrafft, deren Erfüllung erst unser Wesen uns finden läßt, das hintersinnliche metaphysische Wesen, das wir überhaupt erst als unser Wesen zu betrachten haben."65 Die angestrebte Ermittlung des subjektiven Ursprungs von Religion konzentriert sich in der näheren Identifizierung solcher „Urmotive" auf wahrnehmungs- und bewußtseinstheoretische Überlegungen. Sie steht damit der religionspsychologischen Konzeption Wobbermins erstaunlich nahe. In beiden Fällen handelt es sich um eine Analyse derjenigen subjektiven Vorgänge, durch die die spezifische Erlebnisweise des religiösen Bewußtseins qualifiziert wird. Auch in den einzelnen Teilannahmen der von den beiden Autoren vorgetragenen Bewußtseinstheorie finden sich signifikante Übereinstimmungen. So geht etwa Wehrung von einer ausgeprägten Unterscheidungsfähigkeit des religiösen Bewußtseins für wesentlich bedeutsame Erfahrungen und Wahrnehmungen im Gegensatz zu bloß

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Das religiöse Ich, 10. Wehrung verweist auf die folgende Darstellung Schleiermachers in den „Reden": „Mit großer Andacht kann ich der Sehnsucht junger Gemüter nach dem Wunderbaren und Übernatürlichen zusehen. [...] Das ist die erste Regung der Religion. Eine geheime, unverstandene Ahnung treibt sie über den Reichtum dieser Welt hinaus" (Friedrich Schleiermacher: Über die Religion. Reden an die Gebildeten unter ihren Verächtern (1799); hier zitiert nach Friedrich Schleiermacher: Über die Religion. Reden an die Gebildeten unter ihren Verächtern. In ihrer ursprünglichen Gestalt. Mit fortlaufender Übersicht des Gedankenganges neu herausgegeben von Rudolf Otto. Sechste Auflage, Göttingen 1967, 106-107). Das religiöse Ich, 11.

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scheinhaften aus. In dieser Unterscheidungsfähigkeit liege geradezu ein definitiver „Bruch mit allen relativen Standpunkten".66 Wobbermin hatte ganz ähnlich von der alleinigen Ausrichtung der religiösen Grundüberzeugung auf jene im religiösen Erlebnis erreichbare „Überwelt" gesprochen.67 Es dürfte daher kaum eine zufällige Übereinstimmung sein, wenn auch in der biblischen Fundierung ihrer Positionen beide Theologen sich im wesentlichen auf gleiche Belegstellen stützen.68 Auch Wobbermins konsequent durchgeführte Unterscheidung zwischen einer religiös erfahrbaren „Überwelt" und einer nach politischsozialen Kriterien organisierten Welt im irdisch-diesseitigen Sinne hat bei Wehrung eine Entsprechung: Die besondere religiöse Urteilsweise „depotenziere" das auf die Diesseitigkeit gerichtete Weltinteresse, um sich statt dessen, in Anwendung der Unterscheidung von Schein und Wesen, auf die „wesenhaft metaphysische Wirklichkeit" der „Überwelt" zu richten: „Das religiöse Bewußtsein sieht im Wesenhaften nicht einfach die Wertsteigerung zu dem, was die Welt bietet. Es stellt ein Nein voran. Es stellt das Absolute dem Relativen entgegen."69 Allerdings kehrt Wehrung, anders als Wobbermin, die Struktur der Welt-Überwelt-Relation in einem zweiten Schritt wieder um: Die christliche Gottesbegegnung bewirke nicht nur, daß an die Stelle einer Zerstreuung des Daseins im Bereich der „vorletzten Fragen" die Konzentration auf „letzte Fragen" trete, sondern sie führe auch dazu, daß „Gottes Ruf und Handeln wahrhaft zu uns in unser Leben kommt, uns mit seiner Gabe hier neue Aufgaben stellt und unseren Platz weiht". Innerhalb der irdischen Verhältnisse eröffne sich dem religiösen Bewußtsein eine neue Dimension des weltgestalterischen Handelns, die in unmittelbarem Sinne Ausdruck seiner spezifischen Bestimmtheit durch die Wirklichkeit des göttlichen Handelns sei.70 Eine zweite, gleichfalls zentrale Kategorie in der Erfahrungs- und Wahrnehmungsweise des religiösen Bewußtseins ist die der „Ewigkeit". Der Tod als Inbegriff der Endlichkeit, der allen nichtreligiösen Formen der Lebensbewältigung als Ausdruck des Grauenvollen, des Schmerzes und der Verzweiflung gilt, kann vom religiösen Standpunkt aus nur deshalb „erlebt" werden, weil hier „ein Zug zur Ewigkeit, zu positiver Unendlichkeit" wirksam wird. Darin zeigt sich nach Wehrung zugleich der Doppelcharakter des menschlichen Lebens: Das „natürliche Ich" neige dazu, in die Zeitlichkeit „hineingebannt" zu sein und in der Zeitlichkeit eine 66

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Ebd., 13. Vgl. Georg Wobbermin: Systematische Theologie. Band 2, 439 und öfter. Vgl. für die biblische Verankerung: Das religiöse Ich, 10, sowie: Georg Wobbermin: Systematische Theologie. Band 2, 221. Das religiöse Ich, 15. Ebd., 17. In ausführlicher Form hat Wehrung diese Überlegungen in dem zweiten Teil des Buches „Welt und Reich" unter dem Titel „Das Ethos des Gottesreiches" entfaltet; vgl.: Welt und Reich. Grundlegung und Aufbau der Ethik, Stuttgart 1952, 117-341.

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Bestimmung seines Wesens zu sehen. Das „überempirische Ich" hingegen, jene Instanz, durch die die religiöse Individualität erst begründet wird, „ist mehr als bloße Punkthaftigkeit; ihm ist es verliehen und auferlegt, Tod und Vergehen schmerzlich zu erfahren, ihm ist es auferlegt, sich darüber zu erheben".71 Ein weiteres, letztes Motiv umschreibt Wehrung mit der Formel: „aus Friedlosigkeit zum Frieden". Im Stadium der Scheinhaftigkeit ist der Mensch nach Wehrung zur „Friedlosigkeit" verurteilt. Erst die Empfindung dafür, daß dieser Unfrieden der Überwelt-Orientierung des wahren, im religiösen Erleben begründeten, insofern „überempririschen" Ich unangemessen sei, weise den Weg aus der Gebundenheit „an das Vergängliche, Niedrige" heraus. Unter dem Eindruck des Gegensatzes gegenüber dem göttlichen Anspruch steigere sich jene Friedlosigkeit zur Furcht, die in die schwersten identitätsbedrohenden Krisen führen könne.72 Gerade in der „Gottesbegegnung" enthülle sich die volle Friedlosigkeit. Gerade sie führe „ganz in ihren Schmerz" - um dann aber doch daraus zu erlösen. Sie stoße vollends in die Nacht, um dann zum Licht zu erheben. Diese bittersten Erlebnisse sind nur deshalb überhaupt möglich, weil der Mensch seinem Wesen nach „eine tiefe Spannung" in sich trage, die sich letztlich aus seiner „wesenhaften Gottzugehörigkeit", seiner ursprünglichen Bestimmung zur Gottesgemeinschaft herleite.73 Abschließend betont Wehrung die begrenzte Reichweite dieser Überlegungen zum Ursprung der Religion. Allein aus einer „innermenschlichen" Perspektive, einer, wie auch Wobbermin im Kontext seiner methodologischen Erklärungen zur religionspsychologischen Vorgehensweise wiederholt hervorgehoben hat, ausschließlich auf die subjektive Seite des religiösen Zusammenhanges gerichteten Sichtweise, können die genannten Motive als Ursprungsort und Charaktereigentümlichkeiten religiöser Erfahrungs- und Wahrnehmungsweisen im Bewußtsein aufgefaßt werden. Auf der anderen Seite stehe die „Gottestat". An ihr hänge „zuletzt alles". Doch wird dadurch nicht der Umstand aufgehoben, daß es sich bei den von Wehrung ermittelten Motiven „um die Voraussetzungen religiösen Lebens" handelt, wie sie für alle Menschen gelten. Auch Wehrung erhebt also den Anspruch, eine Rekonstruktion geliefert zu haben, die die Struktur religiöser Wahrnehmungsformen in allgemeingültiger Weise aufdeckt. 71 72

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Das religiöse Ich, 18-19. Ebd., 22. Wehrung weist in diesem Zusammenhang auf Luther hin: „Man kann diese Furcht an der Furcht Luthers im Kloster studieren. Es ist ein ursprüngliches Gefühl. [...] Das ist die Furcht dessen, der sich mit dem Träger der ewigen, auch sein wahres Wesen umfassenden Ordnung entzweit weil?, der sich durch seine Schuld in das Vergängliche, in das Scheinwesen verstrickt und gerade darum wieder gelähmt findet. Hier, Auge in Auge mit der heiligen Gottesmacht, wird die letzte Tiefe der Seele aufgewühlt, hier [...] geht es um Leben und Tod [...]" (Ebd.). Ebd., 23-24.

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Denn ohne jene Muster, d.h. ohne jene strukturellen Grundelemente des religiösen Bewußtseins, „könnten wir Gottes Selbstbezeugung nicht wahrnehmen".74 1.2.2. Offenbarung als definitive Selbstbekundung Gottes „Über die lehrgesetzlich statutarische Auffassung von Offenbarung sind wir dank der Arbeit des 19. Jahrhunderts hinausgeschritten. Das bleibt wahr, auch wenn einmal vorübergehend mit dialektischen Hilfsmitteln ein intellektualistischer Bibel- und Dogmenglaube zur Herrschaft kommen sollte."75 Mit dieser Feststellung eröffnet Wehrung seine Darstellung zum Offenbarungsbegriff. Sie grenzt den eigenen Versuch von vornherein gegen das christozentrische Theologiemodell der Dialektischen Theologen ab. - Der Sache nach geht Wehrung zunächst auf eine Reihe von „theologischen Grundbegriffen" ein, in denen sich „die allgemeineren Grundlagen des Christentums als einer geschichtlichen Erscheinung ausdrükken".76 Dabei folgt die Darstellung zum Offenbarungsbegriff unmittelbar auf die Erläuterung des Begriffes des „geschichtlichen Werdens" bzw. der „Entwicklung". Weitere terminologische Ausführungen beziehen sich auf „Gesetz und Evangelium", „Wort und Geist", das „heilsgeschichtliche Wunder" sowie auf den - von Wehrung allerdings problematisierten Begriff der Heilstatsache.77 Die theologische Ausgangsbestimmung zum Offenbarungsbegriff lautet: Offenbarung ist nicht „Mitteilung von Wissen", sondern „ein die letzte Seinsbeziehung des Menschen berührendes, in der Geschichte, im Personleben Jesu Christi sich vollziehendes Sichdarbieten des heiligen Gottes".78 Bereits Schleiermacher hat nach Wehrung diese christologische Orientierung des Offenbarungsverständnisses ausgesprochen, indem er das religiöse Grundmotiv des Christentums in dem Glauben „an eine göttliche Offenbarung in der Person Jesu" gefunden habe, „aus welcher alle immer aufs neue ein kräftiges himmlisches Leben schöpfen können und sollen".79 Auch Ritschi, den Wobbermin zu Unrecht als Ahnherrn des theologischen Historismus bezeichne,80 habe als Träger der Offenbarung 74

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Ebd., 27. Geschichte und Glaube. Eine Besinnung auf die Grundsätze theologischen Denkens, Gütersloh 1933, 254. Ebd., 246. Ebd., 245-300 (6. Kapitel: Die theologischen Grundbegriffe). Zum Begriff der Heilstatsache vgl. auch: Heilstatsachen, in: Die Religion in Geschichte und Gegenwart. Zweite Auflage. Band 2, Tübingen 1928, 1761-1763. Siehe auch unten Teil III.2.4.2. Geschichte und Glaube, 255. Ebd., 254. Vgl. Friedrich Schleiermacher: Sendschreiben an Lücke (Ed. Mulert), 37. Geschichte und Glaube, 255, mit kritischer Richtung gegen Georg Wobbermin: Richtlinien evangelischer Theologie, 100.

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„den persönlichen Charakter Christi" erkannt und demzufolge in der „Gnade und Treue, die aus dem gesamten Wirken Christi" hervorleuchten, „die spezifische und vollendete Offenbarung Gottes" gesehen.81 Solchen christologischen Aussagen schließt Wehrung sich in seiner Darstellung an. Stärker als Schleiermacher und Ritschi will er allerdings drei Momente im christlichen Offenbarungsverständnis zur Geltung bringen: zum einen das Motiv der Transzendenz Gottes, zum anderen den Umstand, daß die Offenbarung „ein allein vom Jetzt des Glaubens aus Erkennbares" sei, zum dritten die eschatologische, unabgeschlossen dynamische Qualität von Offenbarung. Mit besonderer Intensität widmet Wehrung sich einer Beschreibung des Verhältnisses von Offenbarung und Glaube. „Daß Offenbarung eine solche nur für den Glauben ist", gehört nach Wehrung zu den mittlerweile „allgemein zugestandenen" theologischen Sätzen. Im Glauben, und hier vor allem in der religiösen Betätigungsform des Gebetes, werde eine Kraft der „Offenbarungswirklichkeit" wirksam, die zur „Auseinandersetzung mit Welt und Leben" befähige und dazu verhelfe, „Gottes Wege zu erblicken und anzuerkennen".82 Die Psalmen stehen nach Wehrung für diese Wirksamkeit; sie stehen für die „subjektive Antwort", für „die subjektive Auswirkung in den Herzen". Auf der anderen Seite greift die individuelle religiöse Ausdrucksform nicht nur äußerlich in den Vorstellungsgehalt der Religion ein. Die in der Offenbarung geschenkte „Gotteswahrheit" kann „entstellt und gefälscht" werden und so „das Vollmaß der Gottesoffenbarung" sogar verfehlen. Dabei bezeichnet die durch den geschichtlichen Offenbarungsinhalt gegebene „objektive Habe einer Religion" den Umkreis der „Möglichkeiten, innerhalb dessen Gott von der ihn suchenden Seele erfahren" werden kann. Innerhalb dieses Umkreises besteht eine unendliche Vielfalt individueller Ausprägungen der durch die Religion gesetzten Erfahrung göttlicher Wirklichkeit. Die Entscheidung über „wahr" und „falsch" kann hier letztlich nur in der Form eines theologischen Urteils gefällt werden. Wehrung formuliert in diesem Zusammenhang eine Position, die stark an 81

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Geschichte und Glaube, 255. Wehrung bezieht sich auf Albrecht Ritschi: Die christliche Lehre von der Rechtfertigung und Versöhnung. Dritter Band: Die positive Entwickelung der Lehre. Dritte / Vierte Auflage, Bonn 1895, 376 und 427-428: „Indem nun die Liebe Christi ihre Herrschaft in allen Dienstleistungen und unter allen Hemmungen in der Richtung auf die Verwirklichung des Reiches Gottes bewährt, des Zieles, an welchem der Selbstzweck Gottes insofern erfüllt wird, als Gott die Liebe ist, so ist die ,Gnade und Treue' in dem gesammten Wirken Christi die specifische und vollendete Offenbarung Gottes" (428). - Zur christologischen Konzeption Ritschis vgl. Clive Marsh: Albrecht Ritschi and the Problem of the Historical Jesus, San Francisco 1992, besonders: 12-113 (Chapter II: Ritschl's Christocentric Theology). Geschichte und Glaube, 256. Zum Gebet heißt es: „Überall, wo Religion, Suchen Gottes, echtes Gebet ist, da dürfen wir eine Berührung der Seele mit Gott und Gottes mit der Seele voraussetzen" (258).

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Grundbegriffe liberaltheologischer Theologietheorie

die von Wobbermin vorgetragene Auffassung von der wechselseitigen Bedingtheit theologischer Sätze einerseits und subjektiver religiöser Überzeugungen, die von dem theologisch Urteilenden geteilt werden, andererseits erinnert: „Das Wahre muß sich der Erprobung preisgeben; denn es will auf reinem Vertrauen ruhen." Die Entscheidung werde nicht grundlos sein, sie werde vielmehr „aus dem aufgeschlossenen Blick [...] in den göttlichen Sinn der maßgebenden Offenbarung erfolgen. Sie wird auch keine Wahl sein, womit der Glaube sich über die Offenbarung stellen würde; sie wird zugleich ein Müssen sein, wird ganz aus der Kraft der sich ihr erschließenden Offenbarung vollzogen werden."83 In diesen Ausführungen wird ein charakteristischer Zug der theologischen Argumentation Wehrungs deutlich: Theologie ist nicht nur eine reflexive und insofern sekundäre Form des Umgangs mit religiösen Erfahrungen, sondern sie stellt selbst, genau betrachtet, eine Form religiöser Aktivität dar. In der Auslegung des Offenbarungsgeschehens etwa oder in der inhaltlichen Entfaltung der Glaubenssätze erhält die Theologie selbst die Funktion einer religiösen Praxis. Sätze wie: „Gott umfängt jeden und überläßt keinen sich selbst." oder: Gott „ist einer, er ist in sich ewig derselbe, und als solcher gibt er sich einen Namen und setzt er der Welt ein Ziel." sind nach Wehrung trotz ihres homiletischen Charakters theologische Sätze im engsten Sinn.84 Aus den eingangs genannten drei Motiven der Offenbarungstheorie Wehrungs soll noch auf den Gedanken der Unabgeschlossenheit des offenbarenden Geschehens eingegangen werden. Auch hier ist Wehrung nicht weit von der Darstellung Wobbermins entfernt. Ein statisches Offenbarungsverständnis lehnt Wehrung ab. Die Offenbarung ist nicht als ein jedem religiös „Unbeteiligten" zugängliches Objekt der Wahrnehmung zu verstehen. Vielmehr kann sie allein als ein „ergreifendes Handeln, das sich nur dem Ergriffenen aufschließt", aufgefaßt werden. Als „Tat und Wirken der Heilsgegenwart Gottes" bildet sie ein „geschichtliches Lebenswerk", das, in der Gegenwart stehend, zugleich auf die Zukunft bezogen ist.85 Nicht als eine in religiösen Urkunden niedergelegte Sammlung heilsgeschichtlicher Tatsachen, die in der Vergangenheit sich ereignet haben und durch Überlieferung tradiert werden, läßt sich offenbarendes Handeln auffassen, sondern nur als eine in der Gegenwart selbst sich vollziehende Folge von Ereignissen. Nur sofern die Heilswirklichkeit sich in der Aktualität offenbar macht, „ist sie da". „Ihre Stunde ist das Jetzt." Es ist „das Jetzt, das Heute, das sich immer erneut, wo die Offenbarung die Herzen aufschließt". Der Glaube selbst, die subjektive religiöse Einstellung, die heute von Offenbarung ergriffen wird, ist ein wesentlicher Bestandteil der 83

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Ebd., 260. Ebd., 261. 260. Zu Wehrungs Theologieverständnis vgl. unten III.2.4. Ebd., 266-267.

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„echten Geschichtlichkeit" von Offenbarung. Nur in diesem Sinne gebraucht Wehrung den Begriff revelatio specialis gegenüber jener revelatio generalis, die aller Religion, jedem religiösen Empfinden, gleich welcher geschichtlichen Gestalt, eignet.86 Das ganze Neue Testament wolle nichts anderes, als die geschichtliche Dimension von Offenbarung, als ergreifendes Geschehen, sichtbar werden zu lassen.87 Als völlig unzulänglich lehnt Wehrung daher solche theologischen Positionen ab, die eine Einschränkung des Offenbarungsbegriffes ausschließlich auf den Geltungsbereich der biblischen Darstellung vornehmen wollen. Als offenbarungstheoretische Kategorie beziehe sich der Begriff „Geschichtlichkeit" auf eine der Offenbarung selbst eigentümliche „Geschichtsmächtigkeit", die Gegenwart und Zukunft umfasse. Ebenso wie die Versöhnung nur als ein gegenwärtiges und zukunftsbestimmendes letztgültiges Geschehen sinnvoll aufgefaßt werden kann, geschieht Offenbarung „an uns" nicht anders, als daß „Glaube ihr unmittelbares Werk ist".88 1.2.3. Reformatorischer Glaube, das Irrationale in der Religion und die Kritik der idealistischen Philosophie Ebenso wie in den Erörterungen zum Offenbarungsbegriff geht Wehrung bei der Rekonstruktion des Glaubensphänomens von einer dynamischen Grundstruktur aus: „Glauben heißt geradezu [...]: eintreten in die von Christus ausgehende Bewegung [,..]".89 Im Glauben wird ein Verhältnis eröffnet, dessen bestimmender und schaffender Grund in Gott selbst liegt. Für Wehrung, dessen theologischer Entwurf in jedem einzelnen thematischen Teilbereich immer zugleich eine ethische Ausrichtung aufweist, 86

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Ebd., 268. Zum Verhältnis beider Aspekte von Offenbarung zueinander heißt es: „Soweit die Religion reicht, reicht die Offenbarung, nämlich die revelatio generalis; überall sind die Herzen von Gott, dem Einen, der hinter allem wirkt, gepackt, gezogen; nirgends sind sie ihm fern. Überall also ist der fromme Mensch vom Übernatürlichen umgeben. Diese Offenbarung aktualisiert sich immer von neuem. Aber sie weist über sich hinaus, sie ist für sich der Gefahr ausgeliefert, von menschlicher Verdunkelung und Entstellung überwuchert zu werden. Sie bedarf der Befreiung, Reinigung, Vollendung; sie bedarf der revelatio specialis, die jene durchdringt, die aber nicht schon keimartig in ihr drinliegt und aus ihr ans Licht drängt, die Gott in seiner Freiheit sich vorbehält [...)" (262). Ebd., 268. - Vgl. auch: Eine Stimme zur heutigen theologischen Lage (Bohlin) [Besprechung zu: Torsten Bohlin: Glaube und Offenbarung. Eine kritische Studie zur dialektischen Theologie, Berlin 1928], in: Theologische Studien und Kritiken 101 (1929), 475482. Geschichte und Glaube, 268. Zu der erwähnten Kritik Wehrungs an bibelzentrierten Offenbarungstheorien vgl.: Offenbarung Gottes nur in der Bibel? Zu Römer l bis 3, in: Deutsches Pfarrerblatt 42 (1938), 489-490. Wehrungs Text bezieht sich auf Johannes Witte: Offenbarung nur in der Bibel, Göttingen 1937. Siehe dazu auch Wehrungs Rezension in: Neue Allgemeine Missionszeitung 14 (1937), 382-383. Geschichte und Glaube, 267.

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bedeutet dies nicht, daß mit dem religiösen Verhältnis eine Einschränkung der sittlichen Verantwortlichkeit oder Selbsttätigkeit des Menschen verbunden wäre. Vielmehr im Gegenteil: Erst der Glaube entbindet überhaupt jene Selbsttätigkeit zu ihrer vollen Entfaltung. Dies geschieht, indem er den Glaubenden an den „tiefsten persönlichen Quellpunkt" versetzt, der „vor Gott reine Passivität, für den Menschen sofort zur reinen Aktivität" werde. Indem der Glaube von einem unbedingten Bezugsverhältnis des Menschen zu Gott ausgeht, verleiht er ihm gleichzeitig „die gewaltigste Stärkung in sich selbst".90 Der Glaube in seiner inhaltlichen Gestalt wird von Wehrung konsequent christozentrisch ausgelegt. Christus - mit Luther „des Lebens und der Gnaden Bild, wider des Todes und der Sünde Bild unser Trost" - steht im Mittelpunkt der religiösen Wahrnehmung.91 Dabei ist die christozentrische Grundstruktur des Glaubens nicht Ausdruck einer Orientierung an „Historic und Chronikengeschichte". Vielmehr gewinnt das Christusbild aufgrund seiner inneren Kraft „eine übergeschichtliche, eine dauernde Gegenwartsbedeutung". In Aufnahme mystischer Wendungen beschreibt Wehrung diesen elementaren religiösen Vorgang als ein Umfaßtwerden „vom Leben Gottes selbst": „Christus wird dem Frommen gewiß, weil in ihm sich die Spannung löst, in die der aufrichtige Gottsucher unvermeidlich gerät, weil das Gotteserlebnis, das er gewährt, sich aller Menschenmeinung gegenüber aus sich heraus als wahr bezeugt." Auf diese Weise leuchtet aus der individuellen geschichtlichen Erfahrung die einzigartige, durch Christus vermittelte Gottesidee auf, während diese Gottesidee ihrerseits die individuelle geschichtliche Erfahrung bestätigt.92 Auf zwei Aspekte weist Wehrung in seinen Ausführungen zum protestantischen Glaubensverständnis besonders hin: auf das Moment des Irrationalen im religiösen Verhältnis und auf die Differenz zu einer weltanschaulich-philosophisch geprägten Form von Weltdeutung, wie sie in reinster Form durch die Philosophie des Deutschen Idealismus repräsentiert werde. Irrational im Sinne der Kantischen Unterscheidung zwischen dem rational-apriorischen und dem empirisch-tatsächlichen oder aposteriorisch-irrationalen Erkenntnisprinzip ist nach Wehrung diejenige Charaktereigenschaft von Religion, die der schlechthinnigen Unverfügbarkeit göttlichen 90

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Reformatorischer Glaube und deutscher Idealismus, in: Studien zur systematischen Theologie. Theodor von Haering zum siebzigsten Geburtstag (22. April 1918) von Fachgenossen dargebracht. Herausgegeben von Friedrich Traub, Tübingen 1918, 189-225, hier: 194. Ebd., 195. Vgl. Martin Luther: Ein Sermon von der Bereitung zum Sterben (1519); hier zitiert nach: Martin Luther. Werke in Auswahl. Unter Mitwirkung von Albert Leitzmann herausgegeben von Otto Clemen. Band 1: Schriften von 1517 bis 1520. Fünfte verbesserte Auflage, Berlin 1959, 161-173, hier: 166. Reformatorischer Glaube und deutscher Idealismus, 195-196.

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Handelns entspricht.93 Irrational im Sinne der praktischen Philosophie sind die Phänomene der Freiheit und des Bösen. Beide sind unbegreiflich und nicht auf den Naturprozeß zurückzuführen. In der christlichen Religion ist es nach Wehrung vor allem der „Idealismus der Freiheit", worin sich die Irrationalität des göttlichen Handelns als „sinngebendes Prinzip des Daseins" ausspreche.94 Für Wehrung liegt die Bedeutung des Gedankens vom Irrationalen in der Religion in erster Linie in seiner kritischen Funktion gegenüber einer harmonistischen, die vorfindliche Lebenswelt über eine letztgültige metaphysische Legitimation stützenden Religionsauffassung. Im Begriff des Irrationalen konzentrieren sich gerade jene Elemente von Religiosität, die die in sich geschlossene Weltsicht des historistischen Zeitalters durch eine Erinnerung an die radikalen, schlechthin absoluten Forderungen der Christusverkündigung aufsprengen. Ihre Stärke bezieht diese religiöse Radikalität aus der „eigentlichen letzten Gottesgewißheit", die der „ursprünglichen Gottbezogenheit der Vernunft" nicht erreichbar sei. Die Freiheit Gottes ist ihr „das Höchste; sie ist ihre Angst, ihr Jubel, ihre Seligkeit, das Wunder der Wunder". 95 Eine Fehleinschätzung des irrationalen Momentes in der Religion liegt nach Wehrung darin, über dem „unentwegten Blick auf die Freiheitstat Gottes jede Anknüpfung in der menschlichen Vernunft für überflüssig zu halten". Religion werde auf diese Weise sprach- und ausdrucksunfähig. Sie verkümmere zu einer in sich verschlossenen, auf Absonderung hinauslaufenden Form der Weltbewältigung. Überdies verliere sie so jede Möglichkeit, sich über sich selbst Rechenschaft zu geben. Gerade diese selbstkritische Seite des religiösen Bewußtseins aber sei die Voraussetzung dafür, daß die weltüberwindende Radikalität der göttlichen Selbstbekundung in Christus einem Religionsverständnis gegenübergestellt werden kann, das ohne eine solche Betonung der schlechthinnigen Freiheit Gottes auskommt und die Basis des religiösen Empfindens eher in „apriorischen Vernunfttendenzen" findet. 96

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94 95 96

Vom Irrationalen, in: Zeitschrift für systematische Theologie l (1923), 482-517, hier: 483-485. Vgl. Immanuel Kant: Kritik der reinen Vernunft. Nach der ersten und zweiten Original-Ausgabe herausgegeben von Raymund Schmidt, Mit einer Bibliographie von Heiner Klemme (Philosophische Bibliothek. Band 37a), Hamburg 1990, 748-752 und öfter. Einen ständigen Bezugspunkt für Wehrungs Theorie vom Irrationalen in der Religion bildet Rudolf Otto: Das Heilige. Über das Irrationale in der Idee des Göttlichen und sein Verhältnis zum Rationalen, München 1917 (41. bis 44. Tausend, München 1979), darin besonders: Was heißt Irrational? (75-78); vgl. die explizite Auseinandersetzung Wehrungs mit Ottos Standpunkt in: Vom Irrationalen, 493-496. Sowohl Wehrungs „Geschichte und Glaube" als auch Ottos „Das Heilige" waren dem Tübinger Theologen Theodor Haering gewidmet. Vom Irrationalen, 485. Ebd., 490-491. Ebd., 497-498.

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Grundbegriffe liberaltheologischer Theologietheorie

Wehrungs Ausführungen zu dieser religionskritischen Anwendung seines Gedankens des Irrationalen in der Religion sind im einzelnen nicht frei von methodischen Schwierigkeiten und sachlichen Unklarheiten. Insbesondere bleibt das in diesem Zusammenhang entwickelte Stufenmodell verschiedener Grade von Irrationalität in der Religion unklar. Unausgeführt ist auch Wehrungs These, daß die Lebenswirklichkeit als solche und „vollends die Urwirklichkeit" ihrem Wesen nach „überhaupt durch und durch irrationaler Natur sind". „Rational" nennt Wehrung aber „dasjenige [...], was in allgemeinen Formen und Zusammenhängen zureichend ausgedrückt werden kann". Gleichzeitig soll gelten, daß die Ausdrucksfähigkeit religiöser Wahrnehmungen selbst eine der entscheidenden Voraussetzungen dafür ist, daß sich der irrationale Charakter von Religion dem religiösen Bewußtsein überhaupt erschließt. Die Spannung, die hier besteht, hat Wehrung nicht thematisiert. Ähnliche Vorbehalte müssen auch für die Auseinandersetzung Wehrungs mit der idealistischen Religionsphilosophie geltend gemacht werden. Schon die Rede von dem Deutschen Idealismus signalisiert einen ernstzunehmenden methodischen Mangel in Wehrungs Rekonstruktionsversuch. Dieser Mangel wirkt sich auch auf die theologische Kritik aus. Für den vorliegenden Zusammenhang soll lediglich noch Wehrungs Konfrontation des reformatorischen Glaubensverständnisses mit dem idealistischen Frömmigkeitsideal angesprochen werden. Luthers christlicher Glaube ist nach Wehrung allenthalben von einer letztgültigen existentiellen Tiefe geprägt, wie sie sich allein aus einer in „Höllenqualen im Kloster" erkämpften Einsicht in den absoluten Anspruch Gottes an den Menschen erklärt.97 Das zweite Grundmotiv des lutherischen Glaubensverständnisses sei die „Sittlichkeit des Glaubens". In allen Fragen des Glaubens handele es sich, „der Natur der Sache nach, um das eigentlichste religiöse und sittliche Leben". Dieses Prinzip der Sittlichkeit greift auch „das ethische Problem in der Wurzel an und zwingt die ethische Erwägung zu einem klaren Entweder-oder". Luthers Sittlichkeitsideal findet sich nach Wehrung vor allem in der im Glauben begründeten Einheit des sittlichen Lebens, in dem Dringen auf Innerlichkeit und Wahrhaftigkeit des jeweiligen handlungsmotivierenden Beweggrundes, in der Berufung des sittlichen Lebens zu voller Mündigkeit und Reife und, dies in erster Linie, in der Überwindung der Stufe der Gesetzessittlichkeit. Alle diese Aspekte faßt Wehrung zusammen in der von Luther entwickelten Unterscheidung von Religion und Moral.98 Gegenüber dem gegen Luther erhobenen Vorwurf des Subjektivismus vertritt Wehrung die Ansicht, daß das Auszeichnende und Unterscheiden-

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Reformatorischer Glaube und deutscher Idealismus, 198. Ebd., 200-202.

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de der Einsicht Luthers, ihre „wahre Größe", darin bestehe, daß sie zwar, ebenso wie später Kant, vom Subjekt ausgehe, in dem Gedanken eines das subjektive Leben durchwaltenden übersubjektiven Lebensgrundes aber gerade zu einer Überwindung des Subjektivismus gekommen sei. Die Verbindungslinien zwischen der reformatorischen Auffassung vom Wesen des Glaubens und der durch Kant entwickelten Moraltheorie sind nach Wehrung signifikant. Auf der anderen Seite lassen sich erhebliche Unterschiede nicht übersehen. In erster Linie nennt Wehrung die Differenz in den anthropologischen Grundbestimmungen. Das reformatorische Menschenbild beruhe auf völlig anderen Voraussetzungen als das der Philosophie einer rein humanen Autonomie. Luther sei letztlich von einer antik-mittelalterlichen Anthropologie ausgegangen, die vor allem für seine Einschätzung der ethischen Handlungskompetenz und der Fähigkeit zur selbstverantwortlichen individuellen Entscheidung von Bedeutung war. Dies zeige sich auch bei der Verhältnisbestimmung von Ethik und Religion. So sei etwa die hervorgehobene Rolle des Gewissens bei Kant und Fichte ein Indiz für eine tiefe Verunsicherung des Idealismus gegenüber den von Luther noch ungebrochen vertretenen absoluten Handlungsanforderungen. Luther denke „weiter und schärfer", wenn er lehre, daß der Mensch bereits gut gesinnt sein müsse, um überhaupt Gutes wollen zu können. Er müsse das Gute grundsätzlich in sich aufgenommen haben, um überhaupt danach streben zu können. Um sich Gott und dem Urbild des Guten nähern zu können, müsse er schon zuvor „grundsätzlich" in seine Nähe versetzt worden sein." Selbst wenn es sich hier um für Luther charakteristische Paradoxien handelt, so ist nach Wehrung der Wahrheitsgehalt dieser Überlegungen, die letztlich nichts anderes zum Ausdruck bringen als den reformatorischen Grundsatz der Rechtfertigung des Sünders allein aus Glauben, eben doch in ihrer Sachgemäßheit, ihrer Angemessenheit gegenüber den vorfindlichen Lebensverhältnissen begründet. Luther habe insofern in seiner anthropologischen Theorie eine zutiefst realistische Vorstellung vom Menschen zum Ausdruck gebracht.100 Den Grund für diesen Umstand findet Wehrung letztlich im Glaubensbegriff Luthers. Die von Luther vorgetragene Auffassung vom Verhältnis zwischen Gott und Mensch werde sowohl dem unbedingten Anspruch Gottes als auch der Bedingtheit menschlicher Existenz gerecht. Luthers „Aneignung, Durchdringung, Verfolgung der entscheidenden sittlich-religiösen Frage zeugt von einer erstaunlichen, unerreichten Wucht und Schär99

100

Ebd., 213. Ebd., 217-218. Parallel zu diesen Ausführungen über Luthers Sittlichkeitskonzept werden die „Mängel des Kantischen Ethos", die Probleme der von Fichte formulierten sittlichen Weltsicht und insbesondere die Unzulänglichkeit der von beiden vorgetragenen Lutherkritik ausführlich thematisiert (218-222).

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Grundbegriffe liberaltheologischer Theologietheorie

fe; sie hat geradezu zeitlose Geltung, sie reiht sich ebenbürtig neben die glänzendsten Taten der Wissenschaft".101 1.3. Offenbarung, Glaube und Religion bei Stephan Der christliche Glaube bezieht nach Stephan seinen einzigartigen religionsgeschichtlichen Rang aus der für ihn charakteristischen Beziehung zwischen subjektiver religiöser Intensität und objektiver geschichtlicher Extensität. Theologisch gesehen handelt es sich dabei um eine besondere Weise des vom Offenbarungsgeschehen her begründeten Verhältnisses von „Glaubensakt" und „Glaubensinhalt". „Der Anteil der Theologie an dem Beweis des Geistes und der Kraft" bestehe vor dem Hintergrund dieses Geschehens darin, „von einem immer reineren Verständnis der Offenbarung her" die Fragen zu beantworten, „die das geschichtliche Leben beständig stellt".102 Dieser internen Gewichtung entspricht es, wenn sich auch die Rekonstruktion des Glaubensbegriffes vornehmlich auf das Offenbarungsverständnis konzentriert. Den Religionsbegriff läßt Stephan in diesem Zusammenhang hingegen deutlich zurücktreten. Eine hervorgehobene Bedeutung erhält er im Grunde nur im Rahmen der Erörterungen zur Frage, wie sich „natürliche Offenbarung" und christlicher Glaube zueinander verhalten. Stephan hat in drei verschiedenen theologischen Argumentationszusammenhängen den Begriff der Offenbarung erörtert. Zunächst bot die Ausarbeitung der „Glaubenslehre", als systematische Gesamtdarstellung, Gelegenheit, den Ort und den Inhalt des Begriffes innerhalb der theologischen Gesamtthematik zu entfalten. Dabei ist es für Stephan charakteristisch, daß diese Entfaltung als zentraler Bestandteil der Ausführungen zum Begriff des Glaubens vorgetragen werden. Offenbarung als theologische Kategorie wird eng an „das evangelische Verständnis des Glaubens" gebunden und auf diese Weise schon formal der Glaubens- dem Offenbarungsbegriff vorgeordnet.103 In den beiden späteren Ausgaben der „Glaubenslehre" hat Stephan das Gewicht der Offenbarung gegenüber dem Glauben zwar stärker betont, doch blieb die Zuordnung selbst auch dort bestehen. Der zweite Zusammenhang ergab sich aus einem äußeren Anlaß. 1924 veröffentlichte Emil Brunner sein Buch „Die Mystik und das Wort" - ein Werk, das, wie Karl Barth formulierte, nicht dazu geschrieben war, um 101

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Ebd., 224. Geschichte der evangelischen Theologie seit dem Deutschen Idealismus, Berlin 1938, 331. Vgl.: Glaubenslehre. Der evangelische Glaube und seine Weltanschauung, Gießen 1921, 29-54.

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Schleiermacher darzustellen, sondern um ihn zu bekämpfen.104 Von zahlreichen liberalprotestantischen Autoren wurde nach Erscheinen des Buches heftige Kritik geübt. An die gleichfalls sehr kritische Stellungnahme Stephans jedoch schloß sich eine Diskussion zwischen Stephan und Brunner an, in der Stephan nicht nur die Verteidigung der von Schleiermacher vertretenen Position übernahm, sondern die sich über ihren ursprünglichen Anlaß hinaus zu einer grundsätzlichen theologischen Erörterung des Themas „Offenbarung in der Geschichte" ausweitete. Eine dritte Gelegenheit zur Entfaltung des Offenbarungsverständnisses schließlich ergab sich aus der kritischen Haltung, die Stephan gegenüber den geistig-weltanschauliche Entwicklungen im Dritten Reich einnahm. Neben dem Nationalsozialismus erhoben zahlreiche Träger eines angeblich uralten nationalen Mythendenkens den Anspruch, über Offenbarungswissen zu verfügen. Vielfach wurden Natur, Welt oder Geschichte als Quellen eines Deutungswissens ausgegeben, das an die Stelle traditioneller religiöser Orientierung treten sollte. Hierauf hat Stephan 1938 in einem Vortrag vor der Theologischen Fachschaft in Leipzig unter dem Titel „Gottes Offenbarung- heute?" reagiert. Ausdrücklich machte er es sich hier zur Aufgabe, Kriterien für eine theologisch legitime Rede von Offenbarung zu entwickeln.105 Gleichzeitig vertrat Stephan in der dritten Auflage der „Glaubenslehre" von 1941, aber auch in jenem Vortrag selbst, weiterhin das Programm einer geschichtstheologischen Öffnung des Offenbarungsbegriffes. Die Analyse wird zeigen, inwiefern es Stephan gelungen ist, beide Seiten miteinander zu verbinden. 1.3.1. Offenbarung und Glaube in der „Glaubenslehre" 106 Wie bei allen anderen Themenbereichen seiner „Glaubenslehre" verankert Stephan auch die Darstellung des Glaubensbegriffes in einem historischen Rückgriff auf die reformatorischen Grundbestimmungen. „Luthers Glaube" bildet auch hier die Norm der systematisch-theologischen Entfaltung. Überhaupt formuliert Stephan in diesem Zusammenhang den Grundsatz, daß immer dann, wenn die besondere Form von Frömmigkeit, wie sie das 104

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Emil Brunner: Die Mystik und das Wort. Der Gegensatz zwischen moderner Religionsauffassung und christlichem Glauben dargestellt an der Theologie Schleiermachers, Tübingen 1924. - Die zitierte Wendung findet sich in: Karl Barth: Brunners Schleiermacherbuch, in: Zwischen den Zeiten 2 (1924). Heft VIII, 49-64, hier: 51. Offenbarung Gottes- heute?, in: Zeitschrift für Theologie und Kirche. Neue Folge 19 (1938), 187-210. Die Grundlage der folgenden Darstellung bildet die zweite Auflage der „Glaubenslehre": Glaubenslehre. Der evangelische Glaube und seine Weltanschauung. Zweite Auflage völlig neu bearbeitet (Sammlung Töpelmann. Die Theologie im Abriß. Band 3), Gießen 1928.

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evangelische Christentum auszeichne, im Begriff des Glaubens zusammengefaßt werde, die Theologie unter dem Einfluß Luthers stehe. Erst Luther habe erkannt, daß der Glaube „das Hauptstück christlichen Wesens" sei.107 Denn, wie Stephan aus Luthers Schrift „Von der Freiheit eines Christenmenschen" zitiert, „ich hab kurztlich yn den glauben gestellet alle ding, das, wer yhn hat, sol alle ding haben und selig seyn, wer yhn nit hatt, soll nichts haben".108 Drei Aspekte kennzeichnen nach Stephan das lutherische Glaubensverständnis: „Die eigentliche Kraft, das tiefste Wesen des Glaubens ist verwurzelt in seinem Verhältnis zu Gott: er ist das Werk, die Offenbarung Gottes in uns, daher über alle Welt hinausgehoben, durch menschliche Leistung oder Anstrengung niemals zu gewinnen." Gegenüber der Welt bedeute der Glaube die Erlösung des Menschen. Als Offenbarung Gottes bringe der Glaube dem Menschen die Not zum Bewußtsein, die ihn in der Welt ergreift, steigere sie aufs Höchste und befreie ihn zugleich von seiner Qual. In diesem erlösenden Geschehen erfolge überdies eine Wandlung im Verhältnis zum eigenen Ich: An die Stelle der alten, weltzugewandten und weltverwobenen Existenz trete in einem Akt von Neuschöpfung der neue Mensch, dessen gegenwärtige Wirklichkeit sich aus der Vereinigung mit Christus begründe.109 Dieses Verständnis von Glaube ist nach Stephan für die protestantische Theologie von elementarer Bedeutung. Wenn demgegenüber, wie in der Theorie der altprotestantischen Orthodoxie, der Glaube zu einem Punkt „unter vielen" in der Folge des ordo salutis herabgesetzt werde, so bedeute dies nichts anderes, als daß man ihn seiner grundlegenden und umfassenden Stellung als „Einheitsbegriff des evangelischen Christentums" beraube.110 Erst die idealistische Philosophie habe seit Ende des achtzehnten Jahrhunderts den Boden für eine Wiederanknüpfung an Luther bereitet. Dabei 107

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Glaubenslehre. Zweite Auflage, 35. Vgl. Martin Luther: Predigt zu Kol 3, 12-17, in: Ders.: Werke. Kritische Gesamtausgabe. Band 17. Zweite Abteilung, Weimar 1927, 117123, hier: 117: „Aber weyl |= während] der glaube das heuptstuck ist Christiichs wesens, So ist die liebe auch der frucht des geystis eyne und der kleynoten des schmucks eyns [...]". Siehe auch: Confessio Augustana. Artikel 20 (Deutsche Fassung), in: Die Bekenntnisschriften der evangelisch-lutherischen Kirche, Göttingen 1982, 75-83: „Dieweil nu die Lehre vom Glauben [doctrina de fide], die das Hauptstuck ist in christlichem Wesen, so lange Zeit, wie man bekennen muß, nicht getrieben worden, sondern allein Werklehre {doctrina operum] an allen Orten gepredigt, ist davon durch die Unseren solcher Unterricht geschehen: [...]" (76). Glaubenslehre. Zweite Auflage, 35. Vgl. Martin Luther: Von der Freiheit eines Christenmenschen (1520), in: Ders.: Werke in Auswahl. Unter Mitwirkung von Albert Leitzmann herausgegeben von Otto Clemen. Zweiter Band: Schriften von 1520 bis 1524. Fünfte verbesserte Auflage, Berlin 1959, 2-27, hier: 14. Glaubenslehre. Zweite Auflage, 37. Ebd., 38-39. Stephan verweist vor allem auf die Unterscheidung der fides generalis von der fides specialis. Die nähere Differenzierung des „besonderen" Glaubensbegriffes habe hier zu einer völligen Auflösung des ursprünglichen Ansatzes von Luther geführt.

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haben nach Stephan sowohl die pietistische Neubelebung der Frömmigkeit als auch die philosophische Kritik „das Augenmerk von der Lehre auf die lebendige persönliche Frömmigkeit selbst" verlagert. Heute könne die evangelische Fassung des Glaubensbegriffes sich auf den allgemeinen Sprachgebrauch stützen, der gerade durch jene philosophisch-religiöse Bewegung des idealistischen Zeitalters geprägt worden sei.111 Hier habe der Glaube die Funktion, das Verhältnis zur geistigen Wirklichkeit zu bestimmen. In diesem Sinne „glaubt" man an Ideale, die Macht der Idee, das Vaterland oder die Menschheit. Es handele sich dabei, wie etwa Goethe wiederholt betont habe, weder um sinnliches Sehen noch um theoretisches Wissen, sondern um eine Gewißheit, die zur Hingabe zwingt, die den ganzen Menschen erfüllt und sein Leben gestalten will.112 In diesem Zusammenhang von Glaube und Weltorientierung, den das idealistische Zeitalter formuliert hat, sieht Stephan den geistesgeschichtlichen Hintergrund, vor dem die Entfaltung des evangelischen Glaubensbegriffes vorgenommen werden muß. Sein erklärtes Ziel ist es, in der Auslegung der christlichen Religion die „reformatorische Tiefe und Weite" des Begriffes deutlich werden zu lassen.113 Stephan unterscheidet dabei zunächst zwischen der „seelischen Art" oder psychischen Konstitution des Glaubens und seiner „sachlichen Art" oder inhaltlichen Bestimmtheit. Die Darstellung der „seelischen Art" des Glaubens beinhaltet nach Stephan, der hier vor allem die nachhaltige Wirkung Schleiermachers auf die theologietheoretische Begründungsdiskussion innerhalb der protestantischen Theologie der Jahrhundertwendezeit vor Augen hat, die Gefahr einer zu starken Betonung des Momentes des Gefühls im Glaubensbegriff. Auf der anderen Seite sieht Stephan, in signifikanter Abweichung von Wehrung und Wobbermin, die Sorge vor einer erneuten intellektualistischen Begriffsverzerrung kaum als begründet an. Dabei ist tatsächlich das Gefühl insofern „vorzugsweise Ort des Glaubens", als der Glaube jeden einzelnen „ganz persönlich in seinem individuellen Leben" beansprucht und der Weg in das Reich des Individuellen, Persönlichen „durch das Gefühl" geht. Aber „die Verweisung des Glaubens in das Gefühl wird falsch, sowie man das Gefühl dabei von den übrigen geistigen Funktionen trennt" und es als die eigentlich tragende

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Ebd., 41; vgl. auch folgende Aussage: „Hatte schon der englische Sensualismus (Hume) das Wort .belief als eine Art Existenzialbewußtsein verstanden und ihm damit für die ganze Breite des Bewußtseins eine eigentümliche antirationalistische Wendung gegeben, so hatten vollends deutsche Idealisten wie Hamann, Herder, Jacobi das ganze Verhältnis des Menschen zum Wirklichen auf Glauben gegründet. Von dieser Prägung hat sich etwas erhalten und ist heute in weiten Kreisen einflußreicher geworden als je" (Ebd.). Vgl.: Die religiöse Frage - die Schicksalsfrage des deutschen Idealismus, in: Zeitschrift für Theologie und Kirche. Neue Folge 7 (1926), 243-267. Glaubenslehre. Zweite Auflage, 42.

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Macht im Glauben bezeichnet.114 Der Glaube unterscheide sich vom Gefühl dadurch, daß er klare Vorstellungen und Gedanken voraussetze und mit dem „sittlichen Ringen des Menschen", mit „scharfer Selbst- und Weltkritik", mit „gehorsamer Hingabe und starken Willensbewegungen" verknüpft sei. In seiner „empirisch-psychologischen" Eigenart ist der Glaube daher nicht im Gefühl, ebenso wenig allerdings auch im Intellekt oder im Willen lokalisierbar: „[...]; als geistige Größe ist er eine seelisch komplexe Erscheinung, die das Bewußtsein in all seinen Gebieten durchwaltet." Als angemessenen Versuch einer Verankerung des Glaubens in der seelischen Struktur des Menschen sieht Stephan daher allein die biblische Identifizierung des „Herzes" als Sitz des Glaubens an (vgl. Rom 10, 10). Nur diese „Verwurzelung" könne erklären, „daß die empirischen Gefühle, Vorstellungen, Gedanken, Willensbewegungen, in denen der Glaube wirksam wird, einem wesenhaft einheitlichen Vorgang angehören, daß sie den Menschen mit dem Ganzen des Daseins verknüpfen" und, vor allem, daß sie im Glauben eine „unmittelbare überempirische Wirklichkeitsbeziehung" in sich tragen.115 Gerade dieser Gesichtspunkt der „Unmittelbarkeit" zeigt die Grenzen der Tauglichkeit des Gefühls als Ort des Glaubens auf: Allein das Gefühl bietet ein unmittelbares Verhältnis zu den Dingen der Welt. Das spezifische Verhältnis zu Gott aber wird durch die Einschränkung auf das Gefühl an eine Form gekettet, die rein menschlich ist. Diese Verkettung bringt es um die ihm eigene religiöse Unmittelbarkeit. Statt dessen muß das Verhältnis zu Gott „unter Benutzung aller seelischen Funktionen, auch des Gefühls, doch so viel höher verwurzelt sein, als Gott selbst über der Welt steht".116 In seiner Darstellung der „seelischen Art des Glaubens" geht Stephan mit Albrecht Ritschi von der Grundbestimmung des „Vertrauens" aus. Sie sei insofern der eigentümlichen Charakteristik ihres Gegenstandes adäquat, als sie die „Objektbezogenheit" des Glaubens auf Gott im allgemeinen wie auch die besondere Beziehung auf das „Heil" und die göttliche Gnade betone. Dennoch sei der Glaube in sich „unendlich vielseitiger" als das Vertrauen. Er schließe Andacht, Kreaturgefühl und Ehrfurcht, Gericht über den alten und Seligkeit über den neuen Menschen ein. Diese Spannung, die allein dem religiösen Empfinden zugänglich sei, unterscheide den Glauben vom Vertrauen. Empfangen und Wirken, Rezeptivität und Spontaneität, intensive und extensive Momente kennzeichnen das religiöse Geschehen und gehören zu 114 115

116

Ebd. Ebd., 43. Vgl. hierzu auch: Ebd., 364-378. Ebd., 42-43. - Zu diesen Ausführungen vgl. auch die kritischen Bemerkungen von Paul Althaus in seiner Rezension der zweiten Auflage der „Glaubenslehre", in: Theologische Literaturzeitung 54 (1929), 49-55, besonders: 51-52.

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den Grundeigenschaften jeder frommen Empfindung. 117 In der theologischen Reflexion dürfe daher weder die Seite der rezeptiven Eindrucksfähigkeit noch die Seite der Selbsttätigkeit zu stark betont werden. Gerade darin besteht nach Stephan der Fehler der Dialektischen Theologie, daß sie keinen Raum mehr für die freiheitliche Entfaltung des religiösen Eindrucks lasse. Erst in dieser freien Selbsttätigkeit aber werde die Gnade „am tiefsten und gewaltigsten" erfahren. Je entschiedener die Selbstbesinnung des Glaubens „die quietistischen und deterministischen Verkehrungen" solcher theologischen Fehlurteile ablehnen muß, „desto stärker wird sie das Erlebnis betonen, daß die Gottesgemeinschaft des Glaubens ganz auf dem Walten der Gnade beruht".118 In einem zweiten Argumentationszusammenhang geht Stephan mit der Frage nach der Begründung des Glaubens auf ein Problem ein, das für die liberaltheologische Theorie von zentraler Bedeutung ist. „Falsche Wege der religiösen Begründung" findet Stephan in denjenigen theologischen und religionsphilosophischen Unternehmungen, die allein auf „subjektivistische" oder „objektivistische" Begründungsmomente zurückgreifen. So sei etwa die Mystik darauf fixiert, durch verschiedene Mittel der religiösen Stimulation ein immer neues Erleben der Gott-Einheit hervorzurufen oder zumindest eine stete Erneuerung der Erlebnisgewißheit zu erzielen. Der Mystiker tritt zu diesem Zweck aus den geschichtlichen Bezügen seiner Existenz heraus und schafft sich eine eigene Gegenwirklichkeit. Damit aber werde „das Verhältnis zur Geschichte gelähmt, aus dem allein eine tatkräftige Begründung des Glaubens erwachsen könne.119 Demgegenüber stehe bei dem Versuch einer objektivistischen Glaubensbegründung vor allem das kirchliche Dogma im Mittelpunkt oder, dies die protestantische Variante, die als unbefragbare geschichtliche Realität angenommenen Wundertaten Gottes. Die Stufe der religiösen „Unmündigkeit" wird hier nach Stephan zu keinem Zeitpunkt überwunden. Tatsächlich sind jedoch nur solche Wunder imstande, den Glauben zu begründen, die unmittelbar gewiß sind, d.h. selbst erlebt, und so „in uns" Macht und Leben schaffen. Eine Kombination beider Wege weist nach Stephan wiederum verschiedene Schwierigkeiten auf. So handelt es sich etwa bei dem Gedanken der „Wiedergeburt" darum, daß der Christ sein neues Menschentum „auf das direkte Hineinwirken Gottes in den Ablauf seines inneren Lebens, d.h. auf ein inneres Wunder, das eine geschichtliche Offenbarungstat Gottes an ihm" voraussetzt, gründet. Indem jedoch das Geschehen der Wiedergeburt selbst objektiviert werden muß, um es vor dem Verdacht der subjektivistischen Aneignung des göttlichen Heilswillens zu schützen, wird es wieder 117

118 119

Vgl. hierzu: Intensiv und extensiv gerichteter Glaube, in: Sächsisches Kirchenblatt. Neue Folge III (1939), 241-242 (Nr. 31 vom 30. Juli 1939). Glaubenslehre. Zweite Auflage, 45. Ebd., 50. Zur Mystik siehe auch: Ebd., 285-289.

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auf ein einzelnes Moment in der Heilsordnung reduziert. Überhaupt begegnet Stephan dem Gedanken eines „inneren Wunders", ungeachtet des Umstandes, daß auch Schleiermacher ihn in den „Reden" stark betont hat, mit Mißtrauen. Eine Verbindung von Geschichte und Offenbarung sei auf dieser Grundlage nicht zu erreichen. Allein eine derartige Verbindung aber führe zu dem gewünschten Ziel einer subjektiv wie objektiv überzeugenden Herleitung des Glaubens.120 Denn sofern es überhaupt eine Begründung geben soll, so „müssen wir sie dort finden, wo der Glaube mit den mächtigsten Regungen des persönlichen Innenlebens [...] und dieses mit den Höhepunkten des Gesamtlebens zusammenhängt". Dies aber sei nicht nur in den einzelnen religiösen Erlebnissen der Fall, sondern in dem „Gesamtbau unseres evangelischen Glaubens".121 In dreifacher Weise sieht Stephan diese doppelseitig geschichtlichpersonale Begründung des Glaubens gegeben: In der Glaubensgemeinschaft der Gemeinde, die den Glaubensinhalt tradiert, mitteilt und so auch weiterbildet, in Jesus Christus, der sowohl als Gegenstand geschichtlicher Erinnerung wie auch, im Blick auf seine schlechthin einzigartige charismatische Offenbarungsmacht, als Inhalt der evangelischen Botschaft für den Ursprungsort des Glaubensinhaltes steht, und schließlich im Gedanken der Offenbarung selbst. Der Glaube „drückt die religiöse Art seiner Gewißheit" am deutlichsten dadurch aus, daß er sich auf Offenbarung beruft. Die Offenbarung ihrerseits wird nach Stephan auf diese Weise „zu einem der konstitutiven Züge" des Glaubens. Hier schon deutet sich die ambivalente Einschätzung des Offenbarungsphänomens an, die in Stephans Darstellung immer wieder sichtbar wird. Sie wird vollends deutlich, wenn Stephan Offenbarung als Überwindung des Gegensatzes von Objektivität und Subjektivität, als „Brücke" von der reinen Transzendenz Gottes zur Immanenz auffaßt: „So verwirklicht die Gewißheit der Offenbarung die ungeheuerliche Kühnheit des Glaubens, daß er sich selbst als Tat des überweltlichen Gottes weiß und doch diese Überweltlichkeit in den Zusammenhängen der Welt betätigt."122 120 121

122

Ebd., 51-53. Ebd., 53. Vgl. dort auch die nähere Ausführung dieses Gedankens: Der Glaube „ist durchaus geschichtlich geartet, hat also eine stete organische Verbindung mit dem Strom der persönlichen wie der allgemeinen Geschichte, unbeschadet seiner Gewißheit, von Gott selbst getragen und von Gott her empfangen zu sein. In jedem Augenblick des Glaubens schneidet die Senkrechte, die uns von Gott her trifft, die Waagerechten der bloßen Menschengeschichte. In diesen Schnittpunkten erschließt sich eine Begründung, die nicht nur in der Erinnerung lebt, sondern im Inhalt unsers Glaubens selbst lebendig wirkt." Ebd., 59. Die hier angesprochene Ambivalenz findet sich nicht nur in der Auslegung des Offenbarungsbegriffes. Sie bildet, als Ausdruck des doppelseitigen Glaubensverständnisses, einen Grundzug der theologischen Konzeption Stephans überhaupt und prägt auch die Beschreibung von Wesen und Aufgabe der Theologie. Vgl. dazu auch: Geschichte der evangelischen Theologie seit dem Deutschen Idealismus, 1-4.

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Die näheren Bestimmungen zum Offenbarungsbegriff, die Stephan auf dieser Grundlage gibt, laufen im wesentlichen auf drei Punkte hinaus. Zunächst gilt, daß Offenbarung nicht mit einem geschichtlichen Sachverhalt, der sich in der Vergangenheit ereignet hat, gleichgesetzt werden kann, und zwar weder mit „einem Buch noch einer geschichtlichen Persönlichkeit". Offenbarung ist vielmehr „stets eine Selbstbekundung des lebendigen Gottes an Menschenherzen, also etwas für jede Zeit und jeden Menschen wieder unmittelbar Gegenwärtiges". Auch für die christologischen Aussagen zum Offenbarungsinhalt gilt dieser Sachverhalt: Auch „Jesus" ist nur die Offenbarung Gottes, „sofern er nicht eine Gestalt der Vergangenheit bleibt, sondern uns heute innerlich überwindet und die göttliche Wirklichkeit enthüllt". Der zweite offenbarungstheoretische Grundsatz besagt, daß es eine Notwendigkeit der geschichtlich-empirischen Vermittlung des Offenbarungsinhaltes gibt. Diese Vermittlung erfolgt in erster Linie über die „Propheten und schöpferischen Gotteszeugen".123 Sie weisen hin auf jene Tatsachen, „die unabhängig von uns bestehen" und die insofern als objektive Größe die Begründung des Glaubens stützen, die aber zum anderen dem „inneren Erleben" selbst erst erschlossen werden müssen. Doch auch die religiösen Aktivitäten der Gemeinde, die Anschauung der „Natur" und insgesamt der Bereich der „Lebensbeziehungen" können nach Stephan diese Funktion der Mittlerschaft ausüben. Als dritten zentralen Aspekt seiner Offenbarungstheorie nennt Stephan „die empirische Unabgeschlossenheit, die Unendlichkeit der Offenbarung". Zwar weise die christliche Offenbarungsgeschichte in der Person Jesu einen „in gewissem Sinn" abgeschlossenen Zusammenhang auf, so daß sogar von der „Absolutheit Jesu" gesprochen werden könne,124 doch enthülle sich die göttliche Wirklichkeit, indem sie sich an jedes Geschlecht 123

124

Glaubenslehre. Zweite Auflage, 60. Vgl. auch: Offenbarung Gottes- heute?, 197-198: „Gott spricht eben nicht durch überpersönliche Instrumente in die Geschichte hinein, sondern macht sich den Menschen im Menschen offenbar." Prophet in diesem Sinne ist etwa Luther; als „fünften Evangelisten" bezeichnet Stephan Johann Sebastian Bach. -Zu der von Stephan im Zusammenhang dieser Ausführungen zur „Vermittlung" entwickelten Stufenfolge von Vermittlungsinstanzen (vgl.: Glaubenslehre. Zweite Auflage, 216-217.60. 65) vgl. Karl Barths Kritik: Die Kirchliche Dogmatik. Band 1/2, Zürich 1938,550-551: „In der Tat: wenn man sich herausnimmt, Offenbarung und Wort Gottes unter Anbringung von allerlei Stufenunterschieden Alles das zu nennen, worin man nach seinem persönlichen Urteil und Geschmack die Offenbarung und das Wort des sogen, .lebendigen' Gottes für einen sogen, .lebendigen' Glauben zu sehen meint, dann kann von einer Aussonderung gerade der Bibel keine Rede sein. Man wird dann nur fragen können: Wollen die Vertreter dieser Ansicht etwa im Ernst leugnen, daß es um Offenbarung und Gottes Wort, um den lebendigen Gott und einen lebendigen Glauben im Bereich der christlichen Kirche doch allein da gehen kann, wo es nicht um willkürliche menschliche Wertung und Auswahl, sondern um göttlichen Befehl und unsererseits um Gehorsam geht? Oder halten sie alle jene Stimmen der Völker und der Jahrhunderte für Gehorsam fordernde Befehle?" Glaubenslehre. Zweite Auflage, 188-189. 301-307.

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und jeden einzelnen Menschen wende, „in immer neuen Zusammenhängen, neuen Formen, neuen Fragen und Antworten". Was daher schon die johanneische Theologie in der Vorstellung des Geistes zum Ausdruck gebracht habe, trete als eine dringende Notwendigkeit der theologischen Argumentation auch „bei der heute obliegenden Übersetzung des Christentums aus den Lebenszusammenhängen der antiken und altprotestantischen in die der modernen Kultur" zutage. Dies gelte erst recht „in der gegenwärtigen Erschütterung des Lebens".125 Schließlich geht auch Stephan auf die schon von Wehrung diskutierte Unterscheidung von allgemeiner und besonderer Offenbarung ein. Die altprotestantische Theorie und ihre Begrifflichkeit wird dabei auf interessante Weise umgebildet. In dem Gedanken der den Glauben begründenden Offenbarung verbinden sich nach Stephan zwei verschiedene Perspektiven zu einer Einheit: „Um wirkliche Gewißheit zu finden, führt sie [seil.: die Offenbarung] in die Geschichte und damit in die Welt des Einmaligen, Besonderen; als Teilmoment des lebendigen Glaubens aber schafft sie eine unmittelbare Gottesbeziehung, die alle Erlebnismöglichkeiten umspannt und so die allgemeinste, universalste Bedeutung gewinnt."126 Als besondere Offenbarung könne demzufolge nur diejenige Offenbarung gelten, die „als zentrales, sieghaftes Hervortreten der göttlichen Wirklichkeit und damit als die letzte Begründung" des Glaubens erlebt wird. Hier sei als „vermittelnde" Instanz insbesondere „die Bibel" von besonderer Bedeutung, sofern sie mit der „alle geschichtliche Bedingtheit sprengenden" Person Jesu und den ersten schöpferischen Zeugen der Gemeinde in Beziehung setze.127 Auch die allgemeine Offenbarung sei als ein „Hervortreten höherer Wirklichkeit" zu verstehen und nicht, wie auch von liberalen Theologen bisweilen behauptet, als eine unspezifische, weder geschichtlich noch in der subjektiven Wahrnehmung lokalisierbare Wirksamkeit Gottes. Vielmehr bedürfe es auch hier konkreter Situationen des Lebens, die allerdings, anders als im Fall der besonderen Offenbarung, meist nicht „in dem Ringen um das eigene Selbst, sondern in dem um Kultur und Weltanschauung erwachsen" und insofern „allgemein" sind.128 125 126

127

128

Ebd., 60. Ebd., 63. Ebd. - Auch die Bibel bietet daher zunächst nur „die Möglichkeit", noch nicht „die Wirklichkeit" von Offenbarung im Sinne des „ereignishaften Sich-Offenbarens Gottes an bestimmte Menschen", „als jeweils gegenwärtiges, aber charismatisch-freies Greifen Gottes nach ihnen". Vgl. demgegenüber die entgegengesetzte Position Barths in der „Christlichen Dogmatik" von 1927: „[...] die Wirklichkeit der Offenbarungsi>em»fi/H«g [ist] Gottes Wort an uns [...] im gleichen Sinn wie die Offenbarung selbst" (Karl Barth: Die christliche Dogmatik im Entwurf. Band 1: Die Lehre vom Worte Gottes..Prolegomena zur christlichen Dogmatik. Herausgegeben von Gerhard Sauter (Karl Barth-Gesamtausgabe. H. Abteilung. Band 14), Zürich 1982, 474). Glaubenslehre. Zweite Auflage, 64. Eine nähere Ausführung dieser Überlegungen gibt Stephan in dem Aufsatz: Weltanschauung, natürliche Theologie und Christentum, in: Zeitschrift für Theologie und Kirche. Neue Folge 15 (1934), 315-328.

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Auf dieser offenbarungstheoretischen Grundlage lassen sich nach Stephan auch die traditionellen dogmatischen Aussagen über den universalistischen Charakter des Glaubens wieder aufnehmen. Die „Tatsachen der Natur sowie des allgemeinen geistigen und geschichtlichen Lebens treten in den Vollzug des Glaubens" selbst hinein. Natur, Geist und Geschichte erhalten in der Darstellung der Konsequenzen des Glaubens für eine christliche „Weltanschauung" eine zentrale Stellung. Dabei bilden die christliche Naturanschauung, die Stellung des Glaubens zum Geistesleben und die christliche Geschichtsauffassung selbst grundlegende Bestandteile der Entfaltung dieser Weltanschauung.129 Schließlich gehört in den Ereigniszusammenhang von Offenbarung nicht nur „die objektive Tatsachenwelt der Natur und Kultur, sondern auch die Lebendigkeit des Bewußtseins selbst" hinein. Im Ergebnis bleibt Stephan gegenüber der Rede von der „allgemeinen Offenbarung" sehr zurückhaltend. Es zeige sich, daß die allgemeine Offenbarung im Vergleich zur besonderen letztlich so unbestimmt und abhängig von zufälligen Bedingungen ist, daß sie den Glauben allein nicht zu tragen vermag. Sie bedarf notwendig der Ergänzung durch die besondere Offenbarung, die ihrerseits ohne die allgemeine bestehen kann. Je stärker die besondere Offenbarung den Menschen ergreift, desto mehr erschließt sich ihm auch der universale Bedeutungsgehalt der allgemeinen Offenbarung.130 1.3.2. Geschichte oder Offenbarung? Die Kontroverse mit Emil Brunner Brunners Schleiermacher-Kritik, als exemplarische Auseinandersetzung mit der „modernen Religionsauffassung" entworfen und dem Zweck gewidmet, deren Gegensatz zum christlichen Glauben zu erweisen, erschien im Sommer 1924.131 Bereits in Heft 3 des Jahrgangs 1925 der Zeitschrift für Theologie und Kirche reagierte Stephan mit einem umfangreichen und weit ausgreifenden Aufsatz unter dem Titel „Der neue Kampf um Schleiermacher".132 An diesen Text schlössen sich eine wiederum sehr ausführliche Entgegnung Brunners und eine Replik Stephans an. - Im folgenden sollen nicht die Einzelzüge der komplexen Diskussion zwischen Brunner und Stephan referiert, sondern lediglich die dieser Auseinandersetzung zugrun129 130 131

132

Vgl.: Glaubenslehre. Zweite Auflage, 261-378 („Die Weltanschauung des evangelischen Glaubens"). Ebd., 64-65. Emil Brunner: Die Mystik und das Wort. Der Gegensatz zwischen moderner Religionsauffassung und christlichem Glauben dargestellt an der Theologie Schleiermachers, Tübingen 1924. Der neue Kampf um Schleiermacher, in: Zeitschrift für Theologie und Kirche. Neue Folge 6 (1925), 159-215.

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deliegenden Differenzen in der Frage des Verhältnisses von Offenbarung und Geschichte erörtert werden. Brunner hatte seine überaus polemische und, bezogen auf Schleiermachers theologische Intentionen, auch destruktive Stellungnahme nicht als einen Beitrag zur Schleiermacher-Forschung angelegt. Sein Buch verfolgte in erster Linie das Ziel, den eigenen theologischen Standpunkt durch eine Kritik an zentralen Elementen der neuprotestantischen Religions- und Offenbarungstheorie zu untermauern. Aus diesem Interesse ergaben sich zahlreiche Verzerrungen, Unterstellungen und fragwürdige Auslegungen, die Stephans Protest hervorriefen. In seiner Entgegnung versuchte er, Schleiermachers begründungstheoretische Zielsetzung und seine argumentative Vorgehensweise gegenüber jener massiven Kritik zu verteidigen. Vor allem die Auseinandersetzung Schleiermachers mit dem spekulativen Idealismus, die gerade für die Entfaltung des in den „Reden" entworfenen Religionsverständnisses eine erhebliche Bedeutung hatte, sah er in Brunners Darstellung unangemessen wiedergegeben. Auch schien ihm Brunners eklektische und bisweilen willkürliche Inanspruchnahme kantischer oder platonischer Philosopheme sowie seine im einzelnen nicht recht „durchsichtige" theologische Konstruktion Indizien für eine nach sachfremden Kriterien entwickelte anti-schleiermacherische Position zu bieten. Interessant wird die Kontroverse vor allem durch den zweiten Diskussionsgang. Auf Einladung Stephans trug Brunner noch im gleichen Jahrgang der Zeitschrift seine „Entgegnung" vor.133 Noch einmal stellte Brunner klar, daß es ihm nicht um eine historische Würdigung gegangen sei, sondern um „die Reinheit der Lehre". Auch wird der bereits in dem Buch eingehend begründete Vorwurf wiederholt, daß Schleiermacher sich in einen „Grundgegensatz" gegen den reformatorischen Begriff von Offenbarung - das „Wort Gottes in der Schrift" - gesetzt habe, worin ihm nun, so Brunner, seine Verteidiger in der Betonung der Geschichtlichkeit göttlichen Handelns folgten. Eine solche Historisierung der göttlichen Selbstbekundung komme jedoch einer Verwechslung von Offenbarung und Geschichte gleich.134 Nach Brunner ist demgegenüber „Geschichte, einschließlich der Religionsgeschichte, in all ihren Teilen, das, wovon die Offenbarung uns [...] erlöst". Christus selbst sei „weder Idee noch Geschichte", sondern als Gottes Wort und Tat eine „absolut neue Katego133 134

Emil Brunner: Geschichte oder Offenbarung? Ein Wort der Entgegnung an Horst Stephan, in: Zeitschrift für Theologie und Kirche. Neue Folge 6 (1925), 266-278. Ebd., 270. Vgl. dort auch: „Stephan meint dagegen Schleiermachers Sinn für das Geschichtliche geltend machen zu können. Hier liegt wohl der eigentliche Gegensatz, nicht bloß in unserer Schleiermacherauffassung, sondern vielmehr: in unserem Verständnis der Offenbarung selbst. Darum, weil Stephan und mit ihm ein großer Teil der zeitgenössischen Theologen den Historismus Schleiermachers selbst vertreten, weil sie diesen Teil seines Programmes zu ihrem eigenen machen, darum und insofern wollen sie ihn retten."

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rie". Schleiermacher, Ritschi und mit ihnen auch die liberalen Nachkriegstheologen hingegen sehen nach Brunner in Christus lediglich die historische Konkretisierung eines bereits schon „an sich" gültigen sittlichreligiösen Ideals.135 Brunners eigene offenbarungstheologische Position geht von dem Gedanken der unbedingten göttlichen Autorität aus. Gott sei eben nicht in Form einer geschichtlichen Erscheinung zugänglich, sondern er trete dem Menschen aus seiner eigenen göttlichen Wirklichkeit heraus entgegen. Demzufolge sei „die christliche Frage nach der Offenbarung" identisch mit der „Frage nach der Autorität". Eine angemessene Haltung könne der Mensch gegenüber der Offenbarung nur in einem Akt totaler „Anerkenntnis" einnehmen.136 Brunners zentraler Vorwurf an Stephan lautet, daß aufgrund einer historisierenden Auffassung des christlichen Heilsgeschehens theologisch gesehen „gar keine Notwendigkeit der Offenbarung" mehr bestehe.137 In seiner Antwort zeigt Stephan sich von Brunners Kritik unbeeindruckt: An dem zentralen Problem der Auseinandersetzung, nämlich dem Offenbarungsbegriff, sei Brunner vorbeigegangen: Davon, daß „der Glaube wohlgemerkt: der christliche Glaube! - sein Auge auf das Wirkliche richten und dort nach Gottes Offenbarung in Natur, Geschichte, Gewissen fragen könnte, davon ist trotz Paulus bei Brunner nicht viel zu merken". Ebenso wisse Brunner nicht, daß die Offenbarung selbst eine Geschichte, „eine wirkliche Geschichte Gottes mit den Menschen schaffen" könne.138 Offenbarung und Geschichte fallen zwar, trotz Brunners Mißdeutung, nicht in eins, doch hängen sie „weit inniger zusammen", als Brunner „von seinem Dogma her" zuzugeben bereit sei: „Wenn der Glaube uns, wie Brunner sagt, ,eine absolut neue Kategorie' schenkt, dann besteht sie eben im christlichen Verständnis der Geschichte [...] und, damit zusammenhängend, der Einheit rational entgegengesetzter Größen!" Auch die Theologie könne sich nicht aus der Geschichte herausstellen, da die „wirkliche Scheidung, um die es sich im Glauben handelt, mitten durch den Menschen und seine Geschichte" hindurchlaufe. Jene vom Glauben eröffnete neue Kategorie führe nicht zu einer Befreiung des Menschen von der Welt, sondern zu einer freien Sicht auf die Geschichte, die erst im Glauben von Gott her und auf sein Handeln hin verstanden 135

136

137

138

Ebd., 270-271. Ebd., 273. Ebd. Im Blick auf Schleiermacher faßt Brunner seine Position folgendermaßen zusammen: „|...J Schleiermachers an sich geniale Methode ist [...] nur brauchbar für die Darstellung einer Religion, die wirklich in der religiösen Innerlichkeit und im Gegensatz gegen das Wort ihr Zentrum hat, nicht aber für den christlichen Glauben, nach dem wir das Heil nicht in uns, sondern im Wort Gottes, das in keinem Sinn unser ist, haben" (276-277). Antwort auf Brunners Entgegnung, in: Zeitschrift für Theologie und Kirche. Neue Folge 6 (1925), 278-285, hier: 282.

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werden könne.139 Alle theologische Reflexion des Verhältnisses von Gott und Mensch, von Heiligkeit und Sünde, von Offenbarung und Geschichte unter der Kategorie der Diastase leite sich letztlich aus einem rationalistischen Verstehensmodell ab, nicht aus einer Einsicht in die Wirkungsweise göttlicher Selbstbekundung in der Welt. Auch im Falle der Offenbarungslehre muß die Theologie nach Stephan hinter die dogmatischen Formeln und Begriffe zurückgreifen, um „das Leben des Glaubens selbst zu erfassen".140 Aufgabe der Theologie ist es, die Bedeutung der Offenbarung Gottes für die menschliche Existenz zu beschreiben. Sie nimmt auf diese Weise selbst den Charakter einer Lehre vom Menschen an, sofern allein der Mensch es ist, der Zeugnis von der Wirklichkeit der Offenbarung in der Geschichte gibt. 1.3.3. „Offenbarung Gottes- heute?" Die leitende Frage des im Jahre 1938 publizierten Aufsatzes lautet: Ist „heute", innerhalb der unmittelbar als gegenwärtig begegnenden geistigen, sozialen und politischen Realität, Offenbarung erfahrbar? Den Anlaß zu dieser Frage gaben die zahlreich erhobenen Ansprüche diverser religiöser und quasireligiöser, deutsch-christlicher, nichtchristlicher und neureligiöser Gruppierungen, über einen bestimmbaren Bestand an Offenbarungswissen zu verfügen. In historischer Perspektive allerdings markierten diese Ansprüche nach Stephan lediglich den bisherigen Höhepunkt einer Entwicklung, die seit der Mitte des neunzehnten Jahrhunderts zu einer „wachsenden Fremdheit zwischen dem christlichen Glauben und dem öffentlichen Leben" geführt hatte.141 Auch in anderen Zusammenhängen hat Stephan gegen Ende der dreißiger Jahre auf die Gefahren einer Volks- und Vaterlands-„Dämonie" hingewiesen und den ideologischen Mißbrauch religiöser Terminologie scharf kritisiert.142 So belegen etwa die Erörterungen zum Weltanschauungsbegriff, die in der dritten Auflage der „Glaubenslehre" vorgetragen werden, Stephans Distanz zu Formen der Gegenwartsdeutung, die an der NS-Ideologie orientiert sind.143 Über diese Thematik führt der Aufsatz von 1938 insofern hinaus, als er sich mit dem Offenbarungsgedanken gerade jenem theologischen Zusammenhang widmet, von dem aus derartige welt139 140

141 142 143

Ebd., 281-282. Ebd., 285. Offenbarung Gottes- heute?, in: Zeitschrift für Theologie und Kirche. Neue Folge 19 (1938), 187-210, hier: 187. Vgl.: Glaubenslehre. Der evangelische Glaube und sein Weltverständnis. Dritte, neubearbeitete Auflage, Berlin 1941, 69. 97. Ebd., 258-261. 359-361. Vgl. auch: Ebd., 38. 54-55. 62-63. 128. 145. 150.- Zur Veränderung des Untertitels der „Glaubenslehre" vgl. oben Teil II. 1.7.2.

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anschauliche Fehlorientierungen erst offengelegt werden können. Zudem ist er für das Spätstadium der theologischen Theoriebildung Stephans selbst von großer Bedeutung, und zwar nicht zuletzt deshalb, weil er auch zeigt, welche Grenzen Stephan am Ende nicht mehr überwinden konnte. Stephan setzt mit folgender Ausgangsüberlegung ein: „Hat der christliche Glaube, wie er behauptet, seinen Ursprung nicht im Menschen, sondern in Gott, dann hängt seine Gegenwartsmächtigkeit daran, daß Gott selbst ihm in jeder neuen Gegenwart begegnet." Es sei ein Kennzeichen des „wahren Glaubens", jeweils „in dem konkreten Geschehen der Zeit" Zeichen für die Gegenwart Gottes aufzusuchen. Jedes Versagen dieses Suchens bedeute Verzicht auf die Gegenwart Gottes: „Sollen wir uns wundern, daß Gott, wo er kein Ohr zu hören findet, nun dem Christen schweigt?"144 Offenbarung sei in diesem Sinne zu verstehen als „ein konkretes charismatisches Tun, das bestimmten Menschen Gottes Wirklichkeit und Wollen enthüllt". Sie vollzieht sich in der Gegenwart, indem sie auf je neue Weise „die Tatsache" ausdrückt, daß die „Gottbezogenheit des Glaubens" keinesfalls vom Menschen, sondern stets von Gott her bestimmt wird. So gehören Offenbarung und Glaube untrennbar zusammen. Sie sind die beiden Glieder der lebendigen christlichen Gottbezogenheit. Erst in dieser Verbindung wehren sie die Verzerrungen der Gotteserkenntnis zur reinen Immanenz oder zur reinen Transzendenz ab, „die beständig von der Philosophie und der natürlichen Religion her auch im Christentum Eingang" verlangen.145 Auch hier also bestimmt Stephan Offenbarung als „Korrelationsbegriff" zum Glauben. Erst durch die Gleichsetzung von Schrift und Offenbarung, die sich als Reaktion auf die Vernunftkritik der Aufklärungszeit in Dogmatik, Polemik und Apologetik etabliert habe, sei es zu einem Verlust der besonderen Stellung des Offenbarungsbegriffes in der theologischen Beschreibung der Glaubensbeziehung gekommen. „Das aber bedeutete eine Entmächtigung des Glaubens, der überall von Offenbarung leben muß, und lahmte ihn zumal im Verhältnis zu dem jeweils gegenwärtigen Geschehen. Es wurde unter den Ursachen, die den Glauben als Fremdkörper im Leben unseres Volkes erscheinen ließen, die schmerzlichste."146 Wieder liegt die Brisanz der offenbarungstheologischen Position Stephans darin, daß nicht allein das biblische Christuszeugnis, sondern auch 144 145

146

Offenbarung Gottes - heute?, 188. Ebd., 190-191. - Auch Karl Barth habe, wie Stephan in diesem Zusammenhang hervorhebt, „neuerdings eingesehen", daß er mit seiner im „Römerbrief" entwickelten Offenbarungstheorie einer philosophischen Vereinseitigung der Transzendenz verfallen sei. Doch gelinge ihm trotz des in der „Kirchlichen Dogmatik" erfolgten „Widerrufs" des „berüchtigten Tangentialgleichnisses" (vgl. Karl Barth: Die Kirchliche Dogmatik. Band 1/2, Zürich 1938, 55-56) und trotz der Heranziehung von Joh l, 14 keine wirkliche Überwindung jener Einseitigkeit (191). Offenbarung Gottes - heute?, 193.

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die nachbiblische Wirkungsgeschichte dieses Zeugnisses, seine Fortbildung und Umsetzung in der Geschichte, für die Gegenwärtigkeit der Offenbarung steht. In der „geschichtlichen Existenz" findet die „Enthüllung der Wirklichkeit Gottes" als Gericht und Gnadenhilfe statt: „Wie die Krisis des Menschentums immer dieselbe bleibt und doch in jedem konkreten Menschen sich anders konkretisiert; wie unsere Bedrängnisse und Nöte immer dieselben sind und doch immer andere Gestalt annehmen, so offenbart uns Gott durch immer neues Glaubenszeugnis seine helfende, von der Weltverstrickung erlösende, neuschaffende Gegenwart." Dabei bleibt auch hier der entscheidende theologische Grundsatz in Geltung, daß nicht die Gegenwart sich die Offenbarung Gottes in Jesus Christus aneignet, sondern Gott sich die Gegenwart aneignet, „indem er sich ihr aufs Neue offenbart". 147 Was nun folgt aus dieser Position, die Stephan in ganz ähnlicher Weise auch in anderen Publikationen dieser Jahre formuliert hat,148 für die Einschätzung der deutsch-christlichen, der nichtchristlichen und der diversen neureligiösen Offenbarungsansprüche? In theologischer Hinsicht liegt die Schwierigkeit einer solchen Fragestellung nach Stephan darin, daß „Gott den Menschen in seiner Offenbarung zwar unmittelbar angreift", diese Unmittelbarkeit jedoch nicht „neben, sondern mitten in den natürlich-geschichtlichen Lebensbedingungen des Menschen", d.h. vermittelt vollzieht. Die Aufgabe bestehe deshalb darin, Kriterien zu formulieren, die eine Entscheidung darüber zulassen, welche Träger, welche Zeugnisse religiöser Erfahrung, welche geschichtlichen Ereignisse als Ausdruck von Offenbarung aufgefaßt werden können. Auch die von Stephan ausdrücklich anerkannte „natürliche Offenbarung", also jene im geschichtlichen Geschehen neben der Christusoffenbarung stattfindende, in christlicher Perspektive aber immer auf die Christusoffenbarung bezogene göttliche Selbstbekundung, ist Bestandteil derjenigen geschichtlichen Ereignisvielfalt, die von der theologischen Reflexion in diesen Entscheidungsprozeß einbezogen werden muß.149 147

148 149

Ebd., 199. Zur Illustration vgl. etwa folgende Aussage: „Was bedeutet Luther, was Bach, was unser Gesangbuch, was ein begnadeter Prediger für den Glauben zahlloser Menschen von heute!" - Auf Johann Sebastian Bach hat Stephan im Zusammenhang seiner Ausführungen zur „Gegenwartsmächtigkeit" der Offenbarung wiederholt hingewiesen (vgl.: Glaubenslehre. Dritte Auflage, 37. 73. 218. 360). Auch im Rahmen der protestantischen Theologiegeschichte wies er ihm einen bedeutenden Rang zu; vgl.: Geschichte der evangelischen Theologie seit dem Deutschen Idealismus, 27; Die Neuzeit (Handbuch der Kirchengeschichte. Band 4). Zweite neu bearbeitete Auflage, Tübingen 1931, 73. 216. (Der Stephan früher gelegentlich zugeschriebene Aufsatz: Der modulatorische Aufbau in Bachs Gesangswerken, in: Bach-Jahrbuch 31 (1934), 63-88, stammt nicht von ihm, sondern von dem Plauener Kirchenmusiker Hans Stephan.) Vgl.: Glaubenslehre. Dritte Auflage, 62-65. Zur „natürlichen Offenbarung" vgl. auch: Offenbarung Gottes- heute?, 203-204, und: Glaubenslehre. Dritte Auflage, 63-65.

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Die Problematik der „natürlichen Offenbarung" markiert das Dilemma, in das Stephan hier zwangsläufig gerät: Allein schon aus den in der Struktur des Offenbarungsbegriffes angelegten Deutungsfreiräumen ergibt sich, daß eine theologisch verbindliche Identifizierung solcher geschichtlichen Vorgänge, die für die „Gegenwartsmächtigkeit" der Offenbarung in Anspruch genommen werden, gar nicht erfolgen kann. Weder wirkt die Offenbarung auf die verschiedenen religiösen Subjekte „mechanisch", noch „überall gleich", sondern „immer in charismatischer Freiheit". Sie findet weder in sogenannten, von Stephan terminologisch und sachlich problematisierten „Schöpfungsordnungen", noch in moralischen Gesetzen und auch nicht in künstlerischen oder wissenschaftlichen Aktivitäten einen allgemeingültigen Ausdruck. „Derselbe Vorgang, der für den einen stets nur innerweltlichen Sinn behält, wird für den ändern Einbruchspforte der Offenbarung." Alle erleben „dasselbe politische Geschehen, aber nicht zu allen redet Gott darin, und nicht zu allen, die er ruft, das Gleiche; [...]".15° Eindeutig als Irrwege sind jedoch nur solche Deutungsversionen zu bezeichnen, die den Offenbarungsgedanken selbst instrumentalisieren. Hierzu zählt Stephan rationalistische, historistische und „eudämonistischanthropozentrische" Konzepte, von denen aus Offenbarung zu einem weltanschaulich bestimmten Teilmotiv einer letztlich gar nicht an dem Erweis der göttlichen Heilswirklichkeit interessierten Form von Weltverständnis und Daseinsvergewisserung wird. „Zahlreiche neuere Theologen" hätten diese Wege beschritten, ohne daß es ihnen gelungen sei, auch nur eine „klare Terminologie" für ihre jeweiligen Auslegungsversuche zu entwickeln. Dabei besteht Stephan auch in diesem Zusammenhang darauf, daß nach christlicher Auffassung der Begriff der Offenbarung erst „von Christus her" seinen Sinn erhalte und alle anderen vor-, neben- oder außerchristlichen Verwendungen sich ihm gegenüber ausweisen müßten.151 Die derzeitige Situation der „Wirrnis" und des „Kampfes" habe dazu geführt, daß zum einen ein erneuertes Schwärmertum, zum anderen ein rationalistischer Dogmatismus aufgetreten seien. Beide haben nach Stephan durch „subjektivistische Verkehrungen" bzw. „objektivistische Mißverständnisse" den „charismatischen Charakter, den Reichtum und den Gegenwartsernst" des biblischen Offenbarungsbegriffes aufgegeben. Die Rede von Offenbarung sei damit an die „Gefilde der heidnischen Religiosität" ausgeliefert und von dort aus in religiös oder scheinreligiös orientierte Weltanschauungsmodelle übernommen worden. Daher erkläre sich auch der Gedanke von einer „menschlichen ,Aneignung' der

150 151

Offenbarung Gottes - heute?, 204. Ebd., 206.

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Offenbarung" und der inflationäre Gebrauch synergistischer Vorstellungen.1" Gegenüber dieser Fehlentwicklung gelte es, die im Gedanken der „Gegenwärtigkeit der Offenbarung" selbst liegenden „Abwehrmittel" in Kraft zu setzen. Dabei handelt es sich nach Stephan im wesentlichen um „die Haltung, die der Offenbarung entspricht, um die Haltung des Gebets in Lobpreis, Buße und Verantwortung vor Gott", daneben um das Bewußtsein für die Einheit der Offenbarung und nicht zuletzt um den Umstand, daß alle Offenbarung sich im Handeln des Gläubigen bewährt, indem er im „Tun-Wollen des göttlichen Willens" und in der „konkreten Liebe zu den Brüdern" den Beweis des Geistes und der Kraft erbringt.153 So unterschiedlich diese drei Aspekte aus theologischer Sicht auch sein mögen, so sehr stehen sie doch für die religiös-sittliche Verifizierung des Glaubensinhaltes. Die Ausgangsfrage, welche geschichtlichen Vorgänge oder Ereignisse tatsächlich als offenbarungsrelevante Repräsentanten des göttlichen Willens gelten können, verliert vor diesem Hintergrund ihre Dringlichkeit: „Rechter Glaube verzichtet auf alle Versuche, formal-apriorisch festzustellen, wo Offenbarung ist; nur inhaltlicher Selbsterweis der Offenbarung war in der Vergangenheit siegreich und wird es in der Zukunft sein."154 Dennoch kann nicht übersehen werden, daß Stephan die Problematik hier von der theologischen auf eine appellativ-frömmigkeitspraktische Ebene verlagert. Dafür steht nicht zuletzt seine Hoffnung, daß, wenn Kirche und Theologie es in der gegenwärtigen Situation wagen, von „Offenbarung Gottes heute" zu sprechen, sie damit ein Zeichen geben für „neuen Glauben an Gottes Verheißung, neue Lebensnähe, neue Kraft für alle inneren und äußeren Kämpfe".155 Als theologische Klärung der Frage jedoch kann diese Haltung nicht überzeugen. Eine plausible Abgrenzung des christlichen Offenbarungsverständnisses von „natürlicher Offenbarung" und religiöser Fiktion, durch die nicht der Offenbarungsgedanke selbst dem Illusionismus-Verdacht aussetzt würde, ist Stephan nicht mehr gelungen. Zuletzt blieb ihm nur die, gemessen an der Emphase seiner früheren theologischen Argumentation gleichsam resignierende Feststellung, daß „unter dem eschatologischen Blickpunkt" ohnehin »alle Offenbarung heute' erst vorbereitend" sei.156 152

153 154 155 156

Ebd., 208. Stephan verweist hier auch auf weitere kritische Stellungnahmen protestantischer Theologen; insbesondere nennt er Paul Althaus: Uroffenbarung, in: Luthertum. Neue Folge der „Neuen Kirchlichen Zeitschrift" (46) 1935, 4-24; Otto Proksch: Wortoffenbarung, in: Ebd., 65-76; Gerhard Heinzelmann: Uroffenbarung?, in: Theologische Studien und Kritiken. Eine Zeitschrift für das gesamte Gebiet der Theologie (106. Neue Folge I) 1934/35, 415-431; Friedrich ßüchsel: Die Offenbarung Gottes, Gütersloh 1938. Vgl. hierzu auch: Was heißt heute: „Ich glaube an Gott"?, in: Die Christliche Welt 52 (1938), 57-61. 101-107. Offenbarung Gottes - heute?, 209. Ebd., 210. Ebd., 205.

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1.4. Zusammenfassung Abschließend sollen noch einmal diejenigen Motive zusammengestellt werden, die für die Beschreibung des Verhältnisses von Glaube und Offenbarung, wie die drei Autoren sie vorgenommen haben, signifikant sind. „Offenbarung" kann theologisch nur gedacht werden als dynamisches Geschehen, durch das auf der Seite der religiösen Subjektivität Frömmigkeit gesetzt und das fromme Bewußtsein inhaltlich bestimmt wird. Die zentralen Themen einer theologischen Offenbarungstheorie sind demnach: 1) die Begründbarkeit des Offenbarungsanspruches, 2) die normative Differenzierung innerhalb eines geschichtlichen Geschehenszusammenhanges von Offenbarung, 3) die Klärung der Konkurrenz unterschiedlicher Offenbarungsansprüche sowie 4) die theologische Reflexion des Glaubens an Gottes Offenbarung in Jesus Christus. Dementsprechend konzentriert sich die von den Autoren vorgetragene Religionstheorie auf den Glaubensbegriff. Wenn diese Theorie dabei auch zwischen einer Beschreibung des subjektiven Glaubensvorganges und einer Darstellung der „Sachbestimmtheit des Glaubens" unterscheidet,157 so faßt sie dennoch beide Seiten als Teilglieder eines einheitlichen religiösen Geschehens auf, deren Unterscheidung selbst die Zuordnung von Offenbarung und Religion formal abbildet. Über die Diskussion dieser Fragen hinaus wird von den Autoren vor allem die dynamische Struktur des Glaubens als für die Konstitution frommer Subjektivität zentraler Aspekt hervorgehoben. Mit ihr aber ist die Begründung personaler Identität unlösbar verbunden. Die Autoren nehmen damit das in den letzten beiden Vorkriegsjahrzehnten breit diskutierte Hauptthema einer liberaltheologischen Religionstheorie wieder auf, das auf eine Rekonstruktion der persönlichkeitsbegründenden Funktion des Glaubens gerichtet war und von dem her sich die Rede von der im religiösen Bewußtsein zentrierten frommen Subjektivität überhaupt nur verstehen läßt.158 Dabei wird in Anknüpfung an Schleiermachers Auffassung von Frömmigkeit als eines „unmittelbaren Existentialverhältnisses", die sich gegen eine - später gelegentlich auch in der liberalprotestantischen Theologietradition wirksame - Tendenz zur spekulativen Intellektualisierung der Religion gerichtet hatte,159 besonders der Gedanke der „Unmittelbarkeit" als einer theologischen Kennzeichnung der spezifischen Eigenart religiöser Erlebnisse hervorgehoben. Gleichwohl bleibt den Autoren die sachliche und begriffliche Schwierigkeit dieses Gedankens bewußt. Sofern nämlich schon der sprachliche Ausdruck, der das Erlebte in eine mitteilbare Form übertragen soll, den Erlebnisinhalt verändert, läßt 157 158 159

Vgl. Horst Stephan: Glaubenslehre. Dritte Auflage, X. Vgl. oben Teil 1.3.4.1. und 1.3.4.2. Friedrich Schleiermacher: Sendschreiben an Lücke (Ed. Mulert), 15.

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sich eine Teilhabe an „unmittelbarer" Erfahrung über ihren ursprünglichen individuellen, eben rein subjektiven Ereignisort hinaus streng genommen gar nicht denken. Trotz der programmatischen Offenheit gegenüber nichtchristlichen Religionsformen und den mit ihnen verknüpften Geltungsansprüchen bleibt die theologische Darstellung aller drei Autoren letztlich doch allein auf das Christentum beschränkt. Nur ihm wird eine normative Bedeutung für den Religionsbegriff selbst zugesprochen. Dies gilt zumal für den profiliertesten Versuch der Ausbildung einer religionstheoretischen Konzeption, für den Entwurf Wobbermins. Denn im Ergebnis begrenzt auch er den Religionsbegriff auf das Christentum. Die betontermaßen in das eigene Theologieprogramm aufgenommene, konsequent religionsgeschichtliche Perspektive wird mit der Darstellung der christlichen Religion als der allein wahren und wirklichen Religion faktisch wieder zurückgenommen. Nur im Christentum habe sich das für die Religion konstitutive „Beziehungsverhältnis zur Überwelt" und insofern das Wesen der Religion an sich realisiert. Es muß daher festgestellt werden, daß auch Wobbermins ambitionierter Versuch am Ende wieder zu den religionstheoretischen Bestimmungen einer exklusiv christlich-theologischen Dogmatik zurückkehrt. Sein Projekt einer theologischen Analyse des reinen Wesens von Religion, seine Idee einer Theorie der „wirklichen Religion", die nicht auf einer vorgängigen religionstheoretischen Konstruktion aufbaut, sondern sich der religionspsychologischen Erörterung vorgegebener religiöser Phänomene verdankt, ist letztlich gescheitert.

2. Zwischen Glaube und Wissenschaft: Wesen und Aufgabe der Theologie nach liberaltheologischem Verständnis 2.1. Einleitung Den Unterschieden der drei theologischen Entwürfe im Bereich der Leitbegriffe Offenbarung, Glaube und Religion entsprechen signifikante Differenzen auch in der Beschreibung von Wesen und Aufgabe der Theologie. Dabei führt generell in der liberalen Theologie die ständige Rückbeziehung der theologischen Darstellung auf methodologische Aspekte zu einer Konzentration auf die Frage, in welcher Weise es noch möglich sei, im Rahmen eines posthistoristischen Theologiemodells an die überlieferten religiösen und kirchlichen Motive der Glaubensdarstellung einerseits und die klassischen Ausdrucksformen theologischer Lehrbildung andererseits anzuknüpfen. Genau aus diesem Grunde sieht die liberale Theologie der Zwischenkriegszeit eine ihrer zentralen Aufgaben in der Ausarbeitung einer theologischen Methodologie. Dies ist auch der Grund dafür, daß in diesem, dem Begriff der Theologie gewidmeten Abschnitt gerade diejenigen Transformationsvorgänge in der liberaltheologischen Diskussion erörtert werden, die im Bereich der methodologischen Thematik stattfanden. Die ersten Beiträge, die die Autoren hierzu vorlegten, stammen bereits aus den Jahren des Vorkriegsjahrzehntes. In ein produktives Stadium traten ihre Überlegungen jedoch erst, als etwa seit 1921/22 die Dialektischen Theologen in großer Entschiedenheit ihren Widerspruch gegen die kritische Theologie vorbrachten und so eine Situation unmittelbarer positioneller Auseinandersetzung entstand. Unter dem Druck dieser Konfrontation haben Stephan, Wehrung und Wobbermin versucht, ihre theologisch-methodologischen Ansätze im Rahmen einer Gesamtgestalt theologischer Theorie zu entfalten. Auf diese Weise erhielt die Reflexion der theologietheoretischen Begründungsprobleme eine bestimmende Bedeutung für die Ausführung der systematisch-theologischen Darstellung überhaupt. Im Gegensatz zu Albrecht Ritschis Kritik an einer Voranstellung methodologischer Ausführungen, durch die die sachliche Entfaltung der theologischen Darstellung lediglich „propädeutisch" eingeleitet wird,1 knüp1

Vgl, zur Kritik Ritschis Horst Stephan: Glaubenslehre. Dritte Auflage, 10, und: Ders.: Die systematische Theologie. Die evangelische Theologie. Ihr jetziger Stand und ihre Aufgaben, Halle an der Saale 1928 [im folgenden: Die systematische Theologie], 53.

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fen die liberalen Theologen nach 1918 erneut an die von Schleiermacher empfohlene Praxis an, der umfassenden Klärung von Aufgabenstellung, wissenschaftlichem Selbstverständnis und methodischem Instrumentarium der Theologie einen eigenen Bereich innerhalb der theologischen Systematik einzuräumen. Ohne damit den Gegenstand dogmatischer Theologie selbst zu verlagern, sahen sie es als ein wesentliches Erfordernis der theologischen Reflexion an, im Vorfeld der systematischen Entfaltung zunächst die begrifflichen und argumentativen Mittel zu beschreiben, derer die theologische Darstellung sich bedient. Sofern überdies - wiederum mit Schleiermacher - die dogmatische Theologie als sprachlicher Ausdruck von Frömmigkeit aufgefaßt wird, ist, diesen Autoren zufolge, auch die vorgängige Erläuterung der Sprachgestalt, in der die Glaubensinhalte des religiösen Bewußtseins ihren Ausdruck finden, unverzichtbar.2 Der Gegensatz der liberaltheologischen Theologietheorie zu einer kirchlich bestimmten, vormodernen Auffassung von Wesen und Aufgabe der Theologie wird durch die folgenden vier Gesichtspunkte markiert. Sie beschreiben, nach liberaltheologischem Verständnis, die Zielsetzung einer theologischen Prinzipienlehre. 1. Die theologische Begründungstheorie weist den Status von Theologie im Verhältnis zur Frömmigkeit auf und bestimmt auf dieser Grundlage die formale Struktur theologischer Sätze. 2. Sie ermittelt den Gegenstandsbereich, auf den die Gesamtheit solcher Sätze sich bezieht und beschreibt überdies das Verhältnis der theologischen Darstellung zu einer kirchlich-gemeinschaftlichen Frömmigkeitspraxis. 3. Sie klärt das Verhältnis der Theologie zu Philosophie und Kulturwissenschaften und thematisiert im Rahmen dieses wissenschaftstheoretischen Kontextes den Status von Theologie als Wissenschaft. 4. Sie formuliert den Grundsatz einer adäquaten Darstellungsform der Glaubensinhalte, d.h. „das organisierende Prinzip" der Glaubenslehre.3 Dieses Prinzip muß dem systematischen wie auch dem historischen Anspruch an die theologische Darstellung genügen. In ihrer Konsequenz läuft eine solche methodologische Klärung des Begriffes von Theologie auf eine Problematisierung des theologischen Verständnisses von Wahrheit hinaus. „Wahrheit" als Plausibilitätskriterium für den Geltungsanspruch theologischer Aussagen bleibt auch in der PerspekVgl. hierzu auch Gerhard Sauter: Dogmatik I. Enzyklopädischer Überblick und Dogmatik im deutschsprachigen Raum, in: Theologische Realenzyklopädie. Band 9, Berlin / New York 1982, 41-77, insbesondere: 47. Vgl. Heinrich Scholz: Einleitung, zu: Friedrich Schleiermacher: Kurze Darstellung des theologischen Studiums zum Behuf einleitender Vorlesungen. Kritische Ausgabe herausgegeben von Heinrich Scholz (Quellenschriften zur Geschichte des Protestantismus. Heft 10), Leipzig 1910 (Nachdruck: Darmstadt 1982), XXIV.

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tive der liberaltheologischen Glaubenslehre die Zielbestimmung theologischer Rede.4 Der Problematik, die für die theologische Theoriebildung hiermit aufgeworfen wird, geht die Untersuchung im Zusammenhang der Verhältnisbestimmung von Glaube und Geschichte näher nach, die im Anschluß an diesen Abschnitt erörtert werden wird. 2.2. Theologie als kritische Weltanschauungswissenschaft. Der Theologiebegriff bei Stephan Bereits im Vorwort zur ersten Auflage der „Glaubenslehre" von 1921 betont Stephan die Intention seines theologischen Programmes: Erforderlich sei eine Darstellung, die „die geschichtliche Art unseres Glaubens und der dogmatischen Arbeit noch kräftiger [...] mit dem religiösen Erleben und den Fragestellungen der Gegenwart verwebt" und die auf diese Weise „zugleich mit der Eigenart die Weltweite und Fruchtbarkeit des evangelischen Glaubens noch deutlicher zeigt".5 Die beiden wichtigsten Bestandteile einer solchen Beschreibung seien zum einen die Analyse des Verhältnisses von theologischer Reflexion und „religiösem Erleben", durch die nach Stephan alle Theologie methodisch überhaupt erst fundiert wird, zum anderen die Rückbeziehung der Glaubensvorstellungen auf ihren historischen Hintergrund in der Geschichte der christlichen Frömmigkeit und der evangelischen Glaubenslehre. Auf der Grundlage einer solchen Zuordnung von Glaube, Theologie und Christentumsgeschichte ist Stephans Entwurf darauf ausgerichtet, „Wesen, Erkenntnis- und Weltanschauungsgehalt des evangelischen Glaubens herauszuarbeiten".6 Auch die sieben Jahre später erschienene zweite Auflage der „Glaubenslehre" nimmt dieses Programm ausdrücklich auf. Stärker noch als zuvor will Stephan nun aber die „gegenwartsmächtigen Inhalte" des Glaubens durch eine eingehende Erörterung der geistigen, von einem weitgehenden Verlust traditioneller Wertbindungen bestimmten Gegenwartslage zum Ausdruck bringen. Die evangelische Theologie könne sich einem Trend nicht verschließen, der „die neuen Problemstellungen in den Mittelpunkt der wissenschaftlichen Erörterung" stellt. Sie bezeuge, indem auch sie diese Problemstellungen aufnehme, daß sich „die heutige Theologie nicht im Wordensein, sondern im Werden" befinde. 7 4

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Vgl. Horst Stephan: Glaubenslehre. Zweite Auflage, 379-390. - Georg Wehrung: Geschichte und Glaube, 322-421. - Georg Wobbermin: Systematische Theologie. Band 3, 263-503. Glaubenslehre. Erste Auflage, VII. Ebd. Glaubenslehre. Zweite Auflage, VII-VHI. - Auch die einführenden Worte vom September 1940, die Stephan der letzten Bearbeitung seines Hauptwerkes vorangestellt hat, betonen noch einmal dieses Erfordernis moderner Theologie. Nur so könne die Theologie ihren

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Formulierungen dieser Art zeigen, daß Stephans Anspruch darauf gerichtet ist, eine dynamische, in lebendiger Beziehung zur geistigen Situation der Zeit stehende theologische Konzeption zu entwerfen. Sie soll fähig sein, in einen produktiven Austausch sowohl mit den Kulturwissenschaften als auch mit den Naturwissenschaften zu treten. Vornehmlich aber soll sie eine Darstellung des Glaubens liefern, die in ihrer letzten Zielsetzung die Förderung und Fundierung einer „christlichen Praxis" intendiert.8 Von dieser, in der liberaltheologischen Tradition fest verankerten Zielsetzung aus nimmt Stephan die methodische Klärung des Theologiebegriffes vor. Die Ausführung der theologischen Methodenlehre selbst wird in Anlehnung an die Unterscheidung von „Theologie" und „Glaubenslehre" entworfen.9 Im Mittelpunkt steht dabei der Begriff „Glaubenslehre", der als Chiffre für das anvisierte Modell neuzeitlicher Theologie verwendet wird.10 2.2.1. Theologie als Glaubenslehre Kennzeichnend für den modernen Gebrauch des Begriffes „Theologie" im Verhältnis zur klassischen Verwendungsweise ist nach Stephan ein sich aus einem neuen Verständnis von religiöser Subjektivität herleitender Wandel in der Gegenstandsbeschreibung: „Die religiöse und die erkenntnistheoretische Einsicht in die Begrenztheit des Menschen zerschlug die Möglichkeit einer ,Wissenschaft von Gott'; statt Gottes selbst wurde vielmehr der Gottesglaube zum Objekt der Theologie." Eine wissenschaftlich konsistente Begründung von Theologie sei überhaupt erst auf der Grundlage dieses Theoriebegriffes möglich geworden. Erst Schleiermacher habe eine Theologietheorie entworfen, der es gelungen sei, „eine neuzeitlich-systematische Darbietung" der Glaubensvorstellungen methodisch und inhaltlich zu begründen. Erst sie habe zugleich deutlich werden lassen, wie „der Glaube mit der ganzen Fülle des modernen Geisteslebens ringt, um sich in seinen Formen aussprechen zu können".11 Seitdem werde

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Beitrag zur Überwindung „der Nöte der Gegenwart" leisten (Glaubenslehre. Dritte Auflage, VIII). - Da Stephan sich in der letzten Überarbeitung seiner „Glaubenslehre" der Theologietheorie noch einmal intensiv gewidmet hat, wird in diesem Abschnitt auch die dritte Auflage für die Untersuchung herangezogen. Theologie: II. Evangelische Theologie, in: Die Religion in Geschichte und Gegenwart. Zweite Auflage. Band 5, Tübingen 1931 [im folgenden: Theologie (RGG)], 1116-1124, hier: 1116. Vgl. Stephans Artikel: Glaubenslehre, in: Die Religion in Geschichte und Gegenwart. Zweite Auflage. Band 2, Tübingen 1928 [im folgenden: Glaubenslehre (RGG)], 12361237. Glaubenslehre. Dritte Auflage, IX. Zu der Anknüpfung an Schleiermacher vgl. für den vorliegenden Kontext: Die systematische Theologie, 24-26.

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Theologie „im spezifischen Sinne" als „Glaubenswissenschaft" verstanden.12 Stephan konkretisiert diesen Begriff, den er den gleichfalls verwendeten Termini „Glaubenserkenntnis" und „Glaubensphilosophie" nebenordnet,13 dadurch, daß er den besonderen Charakter der theologischen Ausdrucksform näher erläutert: Theologie sei als diejenige „Selbstbesinnung des Glaubens" aufzufassen, die auf der Basis eines methodisch geklärten Verfahrens dem Glauben Eingang und Resonanz „in einem von wissenschaftlicher Bildung durchtränkten Gesamtleben" verschafft. Sie dürfe deshalb nicht durch die Forderung nach einer falschen Erbaulichkeit bedroht werden.14 Ebenso wenig aber dürfe die Theologie jener zweiten Gefahr, der dogmatisch-theologischen Intellektualisierung, ausgesetzt werden, durch die sie den für sie lebensnotwendigen Frömmigkeitsbezug verliere.15 Sofern die Theologie den Gesamtumfang der Glaubensvorstellungen in seinem sachlichen Zusammenhang zu verstehen sucht, begreift sie einzelne Ausdrucksformen und Teilinhalte des Glaubens als Momente einer in sich kohärenten Anschauungseinheit, als Momente „eines einheitlichen Ganzen".16 Dabei ist es nach Stephan jedoch unangemessen, wenn der theologische Analytiker nach einer rational aufgebauten Systemstruktur sucht. Vielmehr besteht die Aufgabe der Theologie darin, „das Leben des Glaubens [...] in seinen letzten Tiefen aufzugraben und in seinem Wesen zur Geltung zu bringen". Der Glaube tritt der Theologie nie als „korrigible Größe" entgegen, sondern „als Tat des lebendigen Gottes, die uns in Dienst nimmt".17 Die zentrale Intention dieser Verhältnisbestimmung von Glaube und Theologie, die sich in dem Verständnis von Theologie als reflexiver Glaubensdarstellung konzentriert, bringt Stephan terminologisch in der Ersetzung der traditionellen dogmatisch-theologischen Disziplinenbezeichnung durch den pragmatisch gewählten Begriff der „Glaubenslehre" zum Ausdruck. Stephan vertritt die Auffassung, daß mit diesem Begriff, im Unterschied zu jenem kirchlich-konfessionellen Verständnis von „Dogmatik", eine Tendenz zur Pluralisierung theologischen Denkens immer schon verbunden sei.18 Demgegenüber wird, wie Stephan wiederholt betont, die von Kritikern der liberalen Theologie gelegentlich vorge12 13 14

15 16 17 18

Theologie (RGG), 1116. Vgl.: Glaubenslehre. Dritte Auflage, 37 und 48. Zu denken ist in diesem Zusammenhang etwa an die auch gegenwärtig immer wieder erhobene Forderung, theologische Sätze müßten per se „wohltuend" (Eberhard Jüngel) sein. Theologie (RGG), 1116-1117. Glaubenslehre. Dritte Auflage, 1. Die systematische Theologie, 5. In diesem Sinne ist die Theologie ein „Dienst des Denkens für die Sendung des Glaubens" (Ebd.). Vgl.: Glaubenslehre (RGG), 1236-1237.

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nommene Gleichsetzung von „Glaubenslehre" mit den vor allem in der zweiten Hälfte des neunzehnten Jahrhunderts einflußreichen Formen einer subjektzentrierten Bewußtseins- und Erfahrungstheologie weder dem Anspruch noch der Intention des Begriffes gerecht.19 Ganz im Gegenteil sei dieser Begriff in hohem Maße geeignet, den Grundgedanken des lutherischen Theologieverständnisses zum Ausdruck zu bringen. „Er betont [...] die reformatorische Einsicht, daß die ,Lehre vom Glauben das Hauptstück ist in christlichem Wesen' (Augsburger Konfession, Art. 20), und daß (Schmalkaldische Artikel, II 2) das Wort Gottes in ,Artikeln des Glaubens' seinen Ausdruck findet. Er meint also nicht den Glauben als seelische Funktion und als Erzeugnis der seelischen Bewegung, also als etwas psychologisch Faßbares, sondern den Glauben als Gabe des H. [eiligen] Geistes, als Bezogenheit auf die Offenbarung und das Wort Gottes."20 Dem Modell einer „psychologistischen Erfahrungstheologie" stehe vielmehr die transzendentale Ausrichtung des Glaubensphänomens entgegen, durch die nach Stephan auch „jede Form rationaler Theologie, mag sie sich orthodox oder aufklärerisch gebärden", zurückgewiesen werde. In Aufnahme seiner These vom „Korrelat"-Verhältnis zwischen Glaube und Offenbarung beschreibt Stephan die Glaubenslehre als Inbegriff einer protestantischen „Offenbarungstheologie". Ihrem Interesse an der Darstellung lebendiger Glaubenswirklichkeit entspreche die Orientierung an der durch geschichtliche Vermittlung wirksamen „Selbstbekundung Gottes an den Menschen jeder Gegenwart".21 Aus der Differenziertheit des Glaubens selbst ergibt sich die Aufgabe eines begrifflichen Nachvollzuges seiner Zusammenhänge; nur so könne es zu einem „rechten Verständnis der christlichen Gedankenwelt" kommen: „So wird [...] das Denken zum Auge des Glaubens und der Glaube zur Seele des Denkens."22 In seiner Beschreibung des Verhältnisses von Glaube und Theologie geht Stephan von der Voraussetzung aus, daß der Glaube sich, sofern er 19

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Die systematische Theologie, 21. 29-30. Zu jener Kritik vgl. etwa Karl Barth: Die christliche Dogmatik im Entwurf. Band 1: Die Lehre vom Worte Gottes. Prolegomena zur christlichen Dogmatik, Zürich 1982, 123-130. Glaubenslehre (RGG), 1237. Für die von Stephan angeführten Belegstellen aus der „Confessio Augustana" und den „Schmalkaldischen Artikeln" siehe: Die Bekenntnisschriften der evangelisch-lutherischen Kirche, Göttingen 1982, 76 und 415. Die Anknüpfung an Luther in der Darstellung des Theologieverständnisses zählte auch nach 1918 zu den Standards der liberaltheologischen Argumentation; vgl. etwa Horst Stephan: Die systematische Theologie, 22. - Stephan nahm in seiner „Glaubenslehre" derart häufig auf Luther Bezug, daß im Personenregister zur dritten Auflage auf einen Eintrag „Luther" verzichtet wurde. Zur „Lutherrenaissance" in der neuprotestantischen Theologietradition vgl. Martin Rade: Unkonfessionalistisches Luthertum. Erinnerung an die Lutherfreude in der Ritschlschen Theologie, in: Zeitschrift für Theologie und Kirche. Neue Folge 18 (1937), 131-151. Glaubenslehre (RGG), 1237. Glaubenslehre. Dritte Auflage, 4.

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sich seiner selbst bewußt wird, als „klärungsbedürftig" erfahre. Dies gelte zumal dann, wenn es um „Aufgaben der Verkündigung und der Auseinandersetzung mit anderen Geistesinhalten, besonders mit fremden Religionen, Wissenschaft und Philosophie" gehe.23 Indem die Theologie, sofern sie zu einer solchen Klärung beiträgt, den durch die Offenbarung begründeten religiösen Vorstellungsgehalt und seine geschichtliche Entfaltung in der Christentumsgeschichte in den Mittelpunkt stellt, wirkt sie zugleich einer spekulativen Deutung christlicher Frömmigkeit entgegen.24 Dabei bilden sowohl das Kontinuitätsmoment, d.h. die traditionsgebundene Glaubensüberlieferung, als auch die Wandlungskraft des Glaubens in seiner gegenwartsbezogenen Gestalt wichtige Faktoren für die Ausführung der Glaubenslehre. Die Glaubenslehre befindet sich daher nach Stephan permanent in der Spannung von Kontinuität und Wandel, „zwischen intensivster geschichtlicher Selbstbesinnung und extensivstem, auch alle Zeitgebundenheit sprengendem Universalismus".25 Bereits diese Doppelseitigkeit läßt den Rahmen sichtbar werden, den Stephans Konzeption von Theologie als Glaubenslehre zu umspannen hat. Sie soll die übergeschichtliche Verbindlichkeit des christlichen Glaubens zum Ausdruck bringen. Und sie soll gleichzeitig die Einsicht in die Geschichtlichkeit sämtlicher Ausdrucksgestalten dieses Glaubens, einschließlich derer, die sich in den Gründungsdokumenten des Christentums niedergeschlagen haben, so aufnehmen, daß dennoch der spezifische Geltungsanspruch des Glaubens einlösungsfähig bleibt. Diese für Glauben und Theologie gleichermaßen elementare Spannung, diese Polarität von innerer und äußerer Ausrichtung stellt die größte Herausforderung an das theologische Denken im nachhistoristischen Zeitalter dar. Die Aufgabe besteht darin, die Selbstbesinnung des Glaubens „sowohl nach innen auf seinen Grund im ,Wort' Gottes wie nach außen auf seine Geschichte und die empirischen Bedingungen seiner Verwirklichung" zu beziehen und zugleich beide Seiten in einer theologischen Gesamtperspektive plausibel einander zuzuordnen.26 Gerade deshalb repräsentiert Stephans Konzeption die zeitgenössische liberale Theologie in besonders prägnanter Weise, weil sie sich dieser Herausforderung offen stellt. Das wichtigste begriffliche Instrument, das Stephan im Blick auf diese Aufgabenstellung anwendet, ist die Unterscheidung zwischen einer „ex23 24

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Dogmatik, in: Die Religion in Geschichte und Gegenwart. Zweite Auflage. Band l, Tübingen 1927 [im folgenden: Dogmatik (RGG)], 1964-1968, hier: 1964. Ebd., 1964-1965.- Als Beispiel für eine derartige theologische Einwirkung auf den Glauben nennt Stephan die „Bedeutung der Eschatologie", die durch die „religions- und kirchengeschichtliche Forschung" erheblich verstärkt worden sei. Durch „geschichtliche Erkenntnis" seien hier „die religiösen Gedanken selbst befruchtet" worden (Die systematische Theologie, 45-46). Dogmatik (RGG), 1965. Theologie (RGG), 1116.

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tensiven" und einer „intensiven" Ausrichtung der Theologie. Der Sache nach hat die Unterscheidung ihren Grund in einer entsprechenden Polarität des Glaubens selbst.27 Sie bildet das zentrale erkenntnisleitende Prinzip der theologischen Konzeption Stephans und wird der Beschreibung theologiegeschichtlicher Sachverhalte zugrundegelegt. Sie dient aber auch der systematisch-theologischen Darstellung selbst als Ausgangspunkt. Die „Doppelbestimmtheit der Theologie" führt nach Stephan dazu, daß die Theologie nach innen als „wissenschaftliche Selbstbesinnung des christlichen Glaubens", nach außen als intellektuelle Repräsentation des Glaubens gegenüber den nichtchristlichen und nichtreligiösen weltanschaulichen Einstellungen fungiert.28 Die theologische Aufgabenstellung ist im Blick auf ihre interne Ausrichtung von einem kirchlich-praktischen Interesse gekennzeichnet, das in Anknüpfung an Schleiermachers Theorie vom „konsumtiven Prinzip der Theologie"29 die „sachgemäße Führung der Kirche durch die wechselvollen Zeiten hindurch" intendiert. Dieser internen Aufgabenstellung steht als externe das andere elementare Interesse der Theologie gegenüber, nämlich die Mitwirkung „an dem allgemein-wissenschaftlichen Ringen um die rechten Wege, Mittel und Ziele des Erkennens". Kritikfähigkeit und methodisches Bewußtsein auf der einen, Loyalität gegenüber der Kirche und eine „wesenhafte Gebundenheit" an den Glauben auf der anderen Seite bilden die wichtigsten Voraussetzungen theologischer Forschung. - Das spezifische Problem, das mit einer solchen „Doppelbestimmtheit" gegeben ist, sieht Stephan darin, daß „rechte Theologie" beiden Wegen zugleich folgen muß und sich daher „in beständigem Zweifrontenkrieg um die Verwirklichung ihres Wesens" befindet.30 Wenngleich der Gegenstand theologischer Reflexion auf „eine letzte Übergeschichtlichkeit" verweist, und zwar insofern, als Gottes Offenbarung dem Glauben mit Christus seinen absoluten Inhalt gegeben hat, so kann doch Theologie selbst sich als eine zeitlich bedingte Auslegungsgestalt dieses Glaubens nie anders als „in geschichtlicher Bewegung" begriffen wahrnehmen. Die Geschichte der Theologie wird in dieser Perspektive zu dem andauernden Selbstvollzug christlicher Glaubenserörterung. Deshalb bleibt die jeweils aktuelle Gestalt der Selbstthematisierung des Glaubens immer auf den Hintergrund ihrer eigenen Erörterungsgeschichte bezogen. 27 28

29 30

Dogmatik (RGG), 1965. Geschichte der evangelischen Theologie seit dem Deutschen Idealismus, Berlin 1938, 14. - Die Einleitung zu diesem Werk, die die Abschnitte „Die Doppelbestimmtheit der Theologie", „Extensive und intensive Bewegung des Glaubens" und „Die zwiefache Ausprägung des Neuprotestantismus" umfaßt, ist neben der methodischen Grundlegung der „Glaubenslehre" der wichtigste theologietheoretische Text Stephans. Friedrich Schleiermacher: Kurze Darstellung des theologischen Studiums zum Behuf einleitender Vorlesungen (Ed. Scholz), 35. Geschichte der evangelischen Theologie seit dem Deutschen Idealismus, 1.

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Auch hier greift Stephan auf den Gedanken einer im Wesen von Theologie begründeten letzten Identität von Systematischer und Historischer Theologie zurück. Trotz der „Verschiedenheit der leitenden Gesichtspunkte" bedarf die Systematische Theologie der historischen Grundlegung ebenso, wie die Historische Theologie der systematischen Klärung. 31 In der analytischen Erfassung des christlichen Glaubens wird daher die Theologie immer auch sich selbst zum Gegenstand. „Vernunft und Objektivität" als Qualitätsmerkmale einer wissenschaftlichen Forschungsleistung kann die Theologie insofern - wie jede andere Wissenschaft auch nicht als Kennzeichen einer zeitlos gültigen Idealgestalt ihrer eigenen Forschungspraxis voraussetzen, sondern sie ist selbst in dem Streben nach solcher Plausibilität „standortgebundenes, in die Geschichte verschlungenes Leben". Die Theologie kann sich „noch weniger als der Glaube von dem Gesamtgang des geistigen Lebens lösen".32 In den Darstellungszusammenhang der theologischen Glaubensauslegung sind demnach nicht nur die für das Christentum bedeutsamen religions- und philosophiegeschichtlichen Einflußfaktoren, sondern auch politische und gesellschaftliche Entwicklungen einzubeziehen, sofern sie auf die Lebenswirklichkeit einwirken. Weil Theologie nur im Rahmen einer solchen „allseitigen Lebensverbundenheit" überhaupt möglich ist, wird sie zwangsläufig ihre Glaubensauslegung in einem Spannungsfeld konkurrierender „weit- und lebensanschaulicher Bewegungen" entwerfen und überdies eine kritische Deutung der Beziehungen zwischen christlichem Glauben und nichtchristlichen Weltanschauungsformen vornehmen müssen.33 Beide Seiten dieser theologischen Orientierung haben, wie Stephan immer wieder betont, in der Doppelbewegung des Glaubens eine Entsprechung. In der „Bezogenheit auf die Offenbarung Gottes in Jesus Christus" realisiert sich christliche Frömmigkeit ebenso, wie in der komplementären „Bezogenheit auf Gottes Wirken in der Breite der Welt". Diese Polarität bringt Stephan an anderer Stelle in das Beziehungsverhältnis von „Einmaligkeit (Jesus, spezielle' biblische Offenbarung, Bekenntnisschriften) und der immer neuen Gegenwärtigkeit (erhöhter Christus, heiliger Geist, ,allgemeine' Offenbarung) des göttlichen Wirkens". Auch werden nach Stephan in diesem Spannungsverhältnis die fundamentalen Fragen „nach dem Verhältnis des Glaubens oder des .Übergeschichtlichen' zur Geschichte und die nach dem Verhältnis der [religiösen] Neubildung zur geschichtlichen Gebundenheit, d.h. nach dem Sinn der .Re-formation"' aufgeworfen.34 31

32 33 34

Systematische Theologie, in: Die Religion in Geschichte und Gegenwart. Zweite Auflage. Band 5, Tübingen 1931 [im folgenden: Systematische Theologie (RGG)], 971-972. Stephan spricht hier von einem „Doppelverhältnis" beider Seiten zueinander (971). Geschichte der evangelischen Theologie seit dem Deutschen Idealismus, 1-2. Ebd., 2; vgl. auch: Glaubenslehre. Dritte Auflage, 251-261. Geschichte der evangelischen Theologie seit dem Deutschen Idealismus, 6

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Grundbegriffe liberaltheologischer Theologietheorie

Schließlich wird auch Stephans Plädoyer für eine angemessene, unverkrampfte Würdigung der „natürlichen Religion" vor dem Hintergrund dieses theologietheoretischen Standpunktes weitergeführt. Nur ein offenes Theologieverständnis sei zu einer produktiven, unvoreingenommenen Auseinandersetzung mit nichtchristlichen weltanschaulichen Einstellungen überhaupt in der Lage. Andererseits aber sieht sich nach Stephan die Theologie im Rahmen solcher Auseinandersetzungen regelmäßig einem starken Druck ausgesetzt, indem sie für kirchliche oder religionspolitische Zwecke instrumentalisiert werden soll: Der legitime und erforderliche „Kampf" für „Reinheit, Ernst und Vollständigkeit des überlieferten Glaubens" wandelt sich so in einen von kulturhegemonialen Werturteilen bestimmten, theologisch durchaus problematischen Einsatz „für die Totalität seiner [seil: des Glaubens] Lebensbezogenheit und seine weltmissionarische Kraft". Diesem Druck könne die Theologie sich nur über eine „historisch-systematische Besinnung" auf die spezifischen religiösen und weltanschaulichen Motive, von denen eine solche Fremdeinwirkung ausgeht, erwehren.35 Die theologische Reflexion christlicher Glaubensvorstellungen bildet innerhalb der Theologie deren inhaltliche Zuordnungsstruktur selbst ab und ermöglicht dadurch einen Vorgang begrifflicher Rationalisierung, der diese Struktur nach außen hin offenlegt. „Höhepunkte der Theologie werden überall da sich finden", wo die Einheit des Glaubens „verstanden" und sein sachlicher Beziehungsreichtum „in Tragkraft verwandelt wird". Stephans theologietheoretisches Grundprinzip führt daher auf das Modell einer doppelseitig vermittelnden Theologie: Zum einen ist Theologie in ihrer Darstellung auf die internen, zum Teil nicht spannungsfreien Beziehungen zwischen den Glaubensvorstellungen ausgerichtet; zum anderen geht sie von dem Ideal einer widerspruchsfreien Präsentation des christlichen Glaubens als eines geschichtlich wirkungsvollen Momentes in der abendländischen Kulturgeschichte aus. Ihr Engagement gilt einer „gegenwartsmächtigen" Auslegung des Glaubens, die ihren Ort innerhalb der kulturwissenschaftlichen Diskussion hat und die sich gerade nicht dem Vorwurf ausgesetzt sieht, in einem Ghetto religiöser Selbstgewißheit befangen zu sein. Stephan hebt in diesem Zusammenhang ausdrücklich hervor, daß das Maß, in dem die Theologie kulturelle Offenheit zu gewinnen vermag, auch über „ihre kirchliche Bedeutung" entscheidet. Nur eine modernitätsfähige Form von Theologie bewähre sich daher auch in der Rolle der legitimen „Einheitswalterin und Trägerin der Gesamtverantwortung des christlichen Glaubens".36

35 36

Ebd., 4. Ebd.

Wesen und Aufgabe der Theologie

471

2.2.2. Der objektive Gehalt der Theologie und ihr „kirchlicher Charakter" Der grundlegende Wandlungsprozeß, der erst seit dem späten achtzehnten Jahrhundert zu einer im modernen Sinne wissenschaftlich fundierten Theologie geführt hat, ist nach Stephan immer auch als Gefährdung der „Offenbarungsbezogenheit" von Theologie aufgefaßt worden.37 Ein hieraus erwachsenes und geschichtlich verfestigtes Mißtrauen gegen jede Form wissenschaftlich-kritisch verfahrender theologischer Arbeit ist einer der wichtigsten Gründe dafür, daß sich die theologische Methodenlehre in begrifflich präziser Weise der Gegenstandsbeschreibung von Theologie zu widmen hat. Sie muß, so Stephans Forderung, in der Lage sein, jeden einzelnen Glaubenssatz auf seine Konstitution im religiösen Bewußtsein, vermittelt durch die kirchliche Überlieferung und bedingt durch die spezifischen Ausdrucksformen frommer Subjektivität, zurückzuführen. Stephan geht bei der Erörterung des Verhältnisses von Theologie und Glaube davon aus, daß der theologischen Reflexionsleistung gegenüber der unmittelbaren religiösen Empfindung ein sekundärer, abgeleiteter Status zukomme. Die Theologie ist in diesem Sinne dem Glauben nachgeordnet. Zum anderen aber wird sie von ihm in ihrem sachlichen Gehalt direkt hervorgebracht. Denn der Glaube selbst entwickelt das Bedürfnis nach einer reflexiven Klärung seiner Vorstellungen. Genau genommen handele es sich bei diesem Bedürfnis um eine besondere Eigenschaft des christlichen Glaubens, die anderen Frömmigkeitsformen in der Regel fehle: „Die starke Ausbildung und Wertung der D.[ogmatik] ist für das Christentum im Vergleich mit anderen Religionen charakteristisch; während diese bei Ueberlieferung und Auslegung der heiligen Schriften verharren oder zu spekulativer Weiterbildung der Hauptgedanken übergehen, schafft das Christentum eine selbständige Wissenschaft für die klare, sinngemäße Erfassung seiner Glaubenserkenntnis."38 Eine freie theologische Wissenschaft liegt also im unmittelbaren Interesse einer lebendigen, sich nach außen hin darstellenden Frömmigkeit. Sie ist in der „starken Geistigkeit" des Glaubens und in den für ihn charakteristischen „gewaltigen inneren Spannungen" verankert. Mit dieser Auffassung formuliert Stephan einen unter liberalen Theologen weithin geteilten Konsens in der Beschreibung der Beziehung zwischen Glaube und Theologie. Seine Kritik richtet sich gegen jede Beeinträchtigung dieser Beziehung, die ihren Grund in einer von kirchenpolitischen Interessen bestimmten Einschränkung theologischer Freiheit hat. Von derartigen Konflikten waren während des letzten Vorkriegsjahrzehntes zahlreiche Theologen betroffen gewesen, die den kirchen- und religions-

37 38

Theologie (RGG), 1116. Dogmatik (RGG), 1964-1965.

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politischen Intentionen des liberalen Protestantismus nahegestanden hatten.39 Nach Stephan trägt nahezu ausschließlich die Instrumentalisierung von Theologie zugunsten partikularer, oft konfessionell orientierter Interessen die Verantwortung dafür, daß immer wieder die Theologie an der Ausübung ihres vom Glauben selbst geforderten Auftrages gehindert worden ist. Sein, des Glaubens, „Bedürfnis nach immer neuer Begründung auf die geschichtliche Offenbarung Gottes wie sein Streben nach immer neuer Verlebendigung für jede Gegenwart" setze sich aber einer solchen Theologiekritik massiv entgegen.40 Stephans Ablehnung gilt daher auch hier einer autoritären Kirchen- und Religionspolitik, die praktisch eine Reglementierung theologischer Arbeit zur Beförderung theologiefremder Zwecksetzungen betreibt. In diesem doppelseitigen Bezugsverhältnis von Glaube und Theologie sind ansatzweise die zentralen Elemente bereits enthalten, die in die methodische Grundlegung der theologischen Gegenstandsbeschreibung einfließen. Stephan stellt einen ganzen Katalog „inhaltlicher Probleme" zusammen, durch die die Entfaltung der theologischen Darstellung bestimmt wird. Es geht dabei um den „Sinn des Normativen" in der Glaubenslehre, um das „Verständnis der Geschichte und ihres Verhältnisses zur Offenbarung wie zur Dogmatik selbst", um die Beziehung der Theologie zur Kirche, um die „Spannungen innerhalb des Glaubens" sowie um das „Verhältnis von Immanenz und Transzendenz Gottes" als Gegenstand theologischer Reflexion. Schließlich gehören auch diejenigen Fragen, die zu einer theologischen Eschatologie führen und die die „Möglichkeit" erörtern, den Glauben „universal auf Gott als den Herrn aller Wirklichkeit zu beziehen und damit zur Grundlage einer Weltanschauung zu machen", zu diesem Komplex fundamentaltheologischer Problemstellungen.41 Unter den genannten Einzelthemen ist vor allem die Erörterung des Verhältnisses von Theologie und Kirche für Stephans eigenen theologischen Entwurf von Bedeutung. Dabei steht das Interesse im Vordergrund, soweit als durch die Mittel der theologischen Theoriebildung überhaupt möglich, einer Entwicklung entgegenzuwirken, in der kirchlich-normative Ansprüche an die Theologie als Widerstand gegenüber den notwendigen Freiheitsgarantien für die theologische Lehr- und Forschungsarbeit wirksam werden. Allerdings tritt, obwohl Stephan sich diesem Problem in verschiede39

40 41

Vgl. etwa die Studie zum „Fall Fischer" von Gangolf Hübinger: Kulturprotestantismus und Politik. Zum Verhältnis von Liberalismus und Protestantismus im wilhelminischen Deutschland, Tübingen 1994, 184-187. Siehe auch die Zusammenstellung von Heinrich Hermelink: Das Christentum in der Menschheitsgeschichte. Dritter Band: Nationalismus und Sozialismus 1870-1914, Tübingen 1955, 562-578. Eine ausführliche historische Darstellung der sogenannten „Fälle" bietet Walter Nigg: Geschichte des religiösen Liberalismus. Entstehung- Blütezeit- Ausklang, Zürich und Leipzig 1938, 245-285. Dogmatik (RGG), 1964. Ebd., 1967-1968.

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nen theologietheoretischen Zusammenhängen ausführlich gewidmet hat, in der „Glaubenslehre" - entsprechend der vergleichsweise schwachen Gewichtung ekklesiologischer Aspekte - die Erörterung dieser Thematik hinter die Diskussion der methodischen Voraussetzungen einer theologischen „Normenbildung" zurück. Vor allem die kontroverse theologische Debatte der Nachkriegszeit, in der eine „starke Betonung des Normativen" den Gegenschlag „wider Historismus und Psychologismus" darstellte, veranlaßte Stephan zur Zurückhaltung gegenüber einer theologischen Argumentation, die bereits in der methodischen Grundlegung durch ihre Kirchenorientierung eine Rekonfessionalisierung der theologischen Wissenschaft hätte bewirken können.42 Stephan leitet „den kirchlichen Charakter der Theologie" direkt aus der spezifischen Eigenart des christlichen Glaubens ab. „Denn einerseits erwächst der Glaube nur in der christlichen Gemeinschaft, die das ,Wort Gottes' vermittelt, andererseits bedarf nur die christliche Gemeinschaft, nicht jeder einzelne Christ, der theologischen Arbeit."43 In diesem Sinne kann Stephan „die christliche Gemeinde" als „Subjekt" der Theologie bezeichnen.44 Die kritische Funktion von Theologie, die gegenüber den Versuchen, kirchliche Normierungen der Glaubensvorstellungen durchzusetzen, eine „Beunruhigung" bewirke, sei deshalb nicht als Infragestellung gemeinschaftlicher Frömmigkeit zu deuten, sondern sie müsse als „innerlich notwendiges Messen der menschlichen Antwort an der Frage Gottes" aufgefaßt werden. Problematisch ist für Stephan im Zusammenhang dieser Verhältnisbestimmung von Theologie und Kirche allerdings der konkrete Bedeutungsgehalt von „Kirche". Im Gegensatz zur Situation im römischen Katholizismus kann die protestantische Theologie nicht als bloße Vollzugsinstanz einer kirchlichen Lehrgewalt angesehen werden. Der Kirche kommt deshalb nach Stephan keinerlei „Quellen"-Charakter für die Glaubenslehre zu. Selbst noch die Tradition kirchlicher Lehrbildung muß durch das Verfahren einer „kritisch-systematischen Bearbeitung" hindurchgeführt wer-

42

43 44

Zu Stephans ekklesiologischer Konzeption vgl. die sehr knappen Ausführungen in: Glaubenslehre. Zweite Auflage, 206-208, sowie die Monographie: Das Kirchenproblem im Lichte der Glaubenslehre, in: Zeitschrift für Theologie und Kirche. Neue Folge 8 (1927), 376-395. In diesem Aufsatz stellt Stephan ein Modell „ethisch-soziologischen Denkens" (395) vor, das „keine sakramentale Auffassung der empirischen Kirche" dulde, sich auch gegenüber der „symbolischen Auffassung" skeptisch verhalte und statt dessen ganz auf der Ebene des „geschichtlichen Lebens als dem Schlachtfeld" verbleibe, „auf dem in jeder Stunde aufs neue [...] die Entscheidung gefällt werden muß". Stephan versteht die ekklesiologische Theorie primär als „stete Prüfung der empirischen Kirchen an den Maßstäben der Kirche Christi und der Königsherrschaft Gottes" (Ebd.). Theologie (RGG), 1121. Die systematische Theologie, 5; vgl. auch: Ebd., 6, wo Stephan die Gemeinde als „Träger" der Theologie bezeichnet; ebenso: Theologie (RGG), 1121.

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den, in dem erst aufs neue der Stellenwert überlieferter dogmatischer Sätze für den Glauben zu klären ist, bevor sie durch die Glaubenslehre rezipiert werden können.45 Sofern Theologie als Glaubenslehre nur auf der Grundlage „der menschlich-geschichtlichen Art des Glaubens" möglich ist, ist ihre „Organisation" eine Frage pragmatischer Zweckmäßigkeit.46 Aus diesem Umstand ergibt sich nach Stephan die Unabhängigkeitsforderung für die theologische Forschungsarbeit. Weil die landes- oder freikirchlich institutionalisierte protestantische „Kultuskirche" keineswegs die Gesamtheit gemeindlicher Frömmigkeitspraxis repräsentiere, so müsse „erst recht die Theologie der Kultus- und Gemeindeorganisation gegenüber [...] selbständig sein". Der Ungebundenheit gegenüber der Kirche entspreche eine sachliche Bindung allein an den Gegenstand theologischer Arbeit: Die „Lebensluft" der Theologie „ist äußere Freiheit als Korrelat der inneren Bindung durch die Sache selbst". Nur von dieser Voraussetzung aus sei es überhaupt möglich, das Modell einer Theologie zu entwerfen, deren Argumentationsleistung als spezifischer Beitrag zu einer nach wissenschaftlichen Kriterien erfolgenden Welt- und Wirklichkeitsdeutung gelten kann und die als solche „die spannungsreiche Gemeinschaft mit dem allgemeinen Geistesleben in voller Selbständigkeit pflegen muß".47 Der „kirchliche Charakter" der Theologie beruht demzufolge nicht auf einer äußeren Zuordnung, etwa in Gestalt von Bekenntnisverpflichtungen. Vielmehr sieht Stephan den Grund für eine positive Beziehung der Theologie zur gemeindlichen Realität des christlichen Glaubens in ihrer Ausrichtung auf den Ursprungsort des Glaubens selbst. Diese Orientierung, die der Theologie als eine „gewissensmäßige, also nicht erzwingbare oder kontrollierbare Offenbarungsbezogenheit" zugrundeliege, sei zugleich der effektive Grund für die Überwindung eines theologischen Subjektivismus, der letztlich nur die persönliche religiöse Disposition des Theologen selbst widerspiegele. Da aber die Gemeinde- bzw. Kirchenbezogenheit als Korrektiv einer individualistischen Glaubenszentrierung tatsächlich nur innerhalb der frommen Gemeinschaft wirksam werden könne, erhalte die Beziehung der Theologie auf religiöse Gemeinschaftsbildungen - im Falle der protestantischen Theologie also auf die evangelische Kirche - den Charakter einer Möglichkeitsbedingung von Theologie überhaupt. Genau in diesem Sinne „ist die Theologie Funktion der Gemeinschaft".48 45 46 47

48

Glaubenslehre. Dritte Auflage, 20-22: „Das objektivistische Verfahren"; Zitate: 21. Theologie (RGG), 1121. Ebd., 1122. Ebd., 1122-1123, und: Glaubenslehre. Dritte Auflage, 260. Stephans Analyse zum gesellschaftlichen Ort von Religion unter den Bedingungen eines modernen Meinungspluralismus nimmt Einsichten vorweg, die Thomas Luckmann 1967 in seinem Buch „The invisible Religion" (New York 1967; deutsche Ausgabe mit einem Vorwort von Hubert Knoblauch: Frankfurt am Main 1991) vorgetragen hat. Vgl. auch Stephans frühe Schrift: Religion und Gott im modernen Geistesleben. Zwei Vorträge, Tübingen 1914.

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Stephans Interesse ist im Kontext seiner Darstellung des Verhältnisses von Theologie und Kirche primär auf den Aspekt der Unabhängigkeit theologischer Wissenschaft von jeder Art kirchlicher Vorgaben gerichtet. Dennoch kann er - in Anknüpfung an Schleiermachers Ausführungen zur „Beziehung" der Theologie „auf die christliche Kirche" als einer „Darstellung der gemeinsamen Frömmigkeit" - vom „kirchlichen Charakter der Theologie" sprechen.49 Anders als Schleiermacher stellt Stephan allerdings auch hier wieder den Gesichtspunkt der „starken Spannung zwischen kirchlicher und wissenschaftlicher Haltung" in den Vordergrund. Ein autoritäres „Herrschaftsstreben oder Mißtrauen der Kirche" gegenüber der theologischen Forschung löse die Polarität auf und führe zuletzt zu einer Zerstörung des wissenschaftlichen Status von Theologie. Insofern gehört die Freiheit der Theologie zu den Grundelementen des Protestantismus selbst: „Sie hat sich als Segen für die Theologie, mittelbar auch für die ,Kirche' erwiesen, während jeder Versuch der äußeren Bindung Theologie und Kirche in schwere Wirrnis gestürzt hat."50 Nur unter der Voraussetzung einer solchen einschränkungslosen Freiheit ist die Theologie imstande, die ihr vom Glauben gesetzte Aufgabe zu erfüllen. In Anlehnung an den traditionellen Fächerkanon der akademischen Theologie erläutert Stephan diese Aufgabenstellung in folgender Weise: Die Theologie stellt die begrifflich-konstruktive Selbstbesinnung des Glaubens dar. Diese Selbstbesinnung erstreckt sich auf eine „Erforschung und Durchleuchtung der geschichtlichen Wirklichkeit des Glaubens", auf „das sachliche Verständnis des Glaubens und seine Wahrheitserkenntnis" und schließlich auf „die Erkenntnis der menschlichen Vorbedingungen und Methoden für die immer neue Verwirklichung des Glaubens". Damit sind die Historische Theologie, die Systematische Theologie und die Praktische Theologie als Grunddisziplinen der Theologie bezeichnet.51 In allen drei Bereichen der Theologie ist die geschichtliche Dimension des Glaubens nicht nur als Gegenstand der theologischen Reflexion von zentraler Bedeutung, sondern sie gilt zugleich als ständig zu vergegenwärtigende Rahmenbedingung dieser Reflexion selbst. Deshalb sieht Stephan die Theologie mit dem Eintritt des Christentums in das Zeitalter der Moderne vor die Notwendigkeit gestellt, eine „Übersetzung" vorzunehmen, „die alle Vorstellungen und Gedanken des Glaubens ergreifen" muß.

49

50 51

Stephan bezieht sich hier auf die Grundtendenz von Schleiermachers „Kurzer Darstellung", derzufolge die Theologie als „polare Einheit (...) in jedem Punkt zugleich wissenschaftlich und kirchlich" sei (zitiert nach: Theologie (RGG), 1119). Vgl. hierzu auch Friedrich Schleiermacher: Der christliche Glaube. Zweite Auflage (1830/31) (Ed. Redeker). Erster Band, §§ 2.17.19.21; Zitate im Text: Ebd., 10. 121. Theologie (RGG), 1122. Ebd., 1123.

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Im Blick auf diese Aufgabe befindet die Theologie sich gegenwärtig in einer Lage, wie sie bereits für frühere Umformungs- und Übergangsphasen in der Geschichte des Christentums kennzeichnend gewesen ist. Besonders der durch die reformatorische Bewegung ausgelöste Transformationsprozeß weist nach Stephan theologische Problemstellungen auf, die auch in der gegenwärtigen Situation wieder bestehen. So hebt er etwa hervor, daß sich im Gefolge des spätmittelalterlichen Zusammenbruchs der katholischen Einheitskultur „die neue Lebenswirklichkeit" in bisher nicht bekannter Weise „differenziert" habe. Auch die derzeitige Umbruchsituation sei von dem Zusammenbruch eines festgefügten weltanschaulichen Gesamtsystems geprägt; von diesem Zusammenbruch sei ein erheblicher Differenzierungs- und Pluralisierungsschub auch auf die Theologie ausgegangen.52 Die Lokalisierung der gegenwärtigen theologischen Diskussion im Kontext der weltanschaulichen Auseinandersetzungen wird von Stephan durch eine detaillierte Beschreibung des materialen Arbeitsgebietes wissenschaftlicher Theologie ergänzt. Die entscheidende Schwierigkeit sieht er dabei in dem Umstand, daß die Glaubenslehre die „Verbindung des Geltungsanspruches der an sich überempirischen Offenbarungsinhalte mit empirisch-kirchlichem Handeln" aufzuweisen habe. Aus diesem Grunde konzentriere sich die inhaltliche Darstellung der Glaubenslehre, die von der Voraussetzung eines „Eintretens der göttlichen Offenbarung in das menschliche, d.h. irrtumsfähige Bewußtsein" ausgehe, im Bereich der Verhältnisbestimmung von „Glaube und Geschichte". In dieser zeitgeschichtlichen Bedingtheit theologischer Theoriebildung ist es schließlich auch begründet, daß die Theologie den Glaubensinhalt nicht in einen festen Bestand „überzeitlicher Wahrheitsformeln" transpo52

Geschichte der evangelischen Theologie seit dem Deutschen Idealismus, 5. - Der Umstand, daß Stephan zur Charakterisierung desjenigen theologiegeschichtlichen Wandlungsprozesses, der aus dem konfessionellen Zeitalter heraus zu einer neuzeitlichen Theologie geführt hat, den schwachen Terminus „Übersetzung" verwendet - an gleicher Stelle spricht er auch von „Umwandlung" -, deutet hin auf die spezifische Nachkriegsperspektive liberalprotestantischer Gegenwartsdeutung im Spannungsfeld von Kontinuität und Wandel. Demgegenüber haben Theologen, die das Kriegsgeschehen als qualitative geschichtliche Zäsur werteten, wie etwa Emanuel Hirsch, den gleichen historischen Sachverhalt viel stärker als Einschnitt und Bruch wahrgenommen (siehe dazu auch oben Teil 1.2.). Vgl. Emanuel Hirsch: Die Umformung des christlichen Denkens in der Neuzeit. Ein Lesebuch, Tübingen 1938, V: Nur auf der Grundlage einer genauen Kenntnis des historischen Zusammenhanges sei es möglich, das derzeitige „Schicksal" zu erfassen, „das an der theologischen und der christlichen Reflexion [...] mächtig ist: daß wir entweder eine von Grund auf neue Gestalt christlichen Glaubens finden müssen, oder aber ein in Wahrhaftigkeit gegründetes Verhältnis zum Christlichen für alle geistig Lebendigen in unserem Volke [...] unmöglich wird". Horst Stephan hat sich kritisch mit dieser Deutung Hirschs auseinandergesetzt: [Rezension zu:] Emanuel Hirsch: Die Umformung des christlichen Denkens in der Neuzeit. Ein Lesebuch, Tübingen 1938, in: Zeitschrift für Theologie und Kirche. Neue Folge 19 (1938), 354-355.

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nieren kann. Weder ließe sich auf diese Weise der geschichtsunabhängig nicht erkennbare Sinn religiöser Vorstellungen selbst, noch „die in der ursprünglichen Absicht des Begriffes [von Theologie] liegende empirischkirchliche Abzweckung" der Glaubensdarstellung erreichen. Insofern kann Stephan den theologietheoretischen Status theologischer Sätze unter Rückgriff auf ihren „intensiven", d.h. die Anerkennung des religiösen Geltungsanspruches voraussetzenden Charakter so beschreiben, daß sie „die menschliche Formulierung der in Offenbarung und Gotteswort geschenkten christlichen Erkenntnis für den Gebrauch der Gemeinde" seien. Diese Auffassung bringt im übrigen die von Stephan vorgenommene Umprägung des kirchlich-traditionellen Verständnisses von „Dogma" zum Ausdruck.53 Denn in der „extensiven" Ausrichtung der Theologie, der die Aufgabe einer Repräsentation desjenigen Bestandes an religiösen Vorstellungen zukommt, der „sich als Glaubenserkenntnis in der evangelischen Christenheit durchgesetzt hat und weiterhin durchsetzen wird",54 geht es darum, den in der theologischen Darstellung entfalteten Begriff vom „Wesen des christlichen Glaubens [...] als Norm" gegenüber jeder anderen Glaubens- und Weltanschauung „geltend zu machen".55 Der „normative Charakter" der Glaubenslehre, der in der inhaltlichen Entfaltung ihrer beiden Richtungen zwar „dank dem bestimmenden Offenbarungsinhalt von einheitlicher Haltung getragen" wird, erweist sich in der theologischen Einzeldarstellung als „stets individuell und zeitgeschichtlich bedingt". Deshalb auch bleibt seine inhaltliche Konkretisierung „stets nur für begrenzte Zeiten gültig".56 Er entspricht überdies einer zweckgerichteten Einstellung der theologischen Analyse gegenüber dem Glauben. Denn der Glaube kann nicht in einem unkritischen Sinne „Gegenstand" der Theologie sein, sondern er ist als deren sachliches Fundament in seiner geschichtlichen Wandlungsfähigkeit zugleich Ziel der theologischen „Normenbildung". Die Theologie kann also „nur in immer neuen Individualisierungen" eine plausible Anschauung von der Geltung christlicher Glaubensinhalte entwerfen.57 Und doch ist „die Herausarbeitung des Wesentlichen", die auf die Bildung eines „Maßstabes für die Beurteilung" der einzelnen religiösen Vorstellungen hinlenkt, die allein dem methodischen und heuristischen Anspruch der Glaubenslehre gemäße Form theologischer Reflexion.58 Damit verbunden ist nach Stephan für jede methodisch geklärte Gestalt „systematischer Theologie" der Verzicht auf das Ideal eines „widerspruchslosen Denksystems". Statt dessen müsse die theologische Rekon53 54 55

56 57

58

Vgl.: Dogma, in: Die Religion in Geschichte und Gegenwart. Zweite Auflage. Band 2, Tübingen 1927 [im folgenden: Dogma (RGG)], 1963-1964. Glaubenslehre. Dritte Auflage, 12. Ebd., 13. Dogma (RGG), 1964. Ebd. Glaubenslehre. Dritte Auflage, 13.

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struktion „die Einheit und Ganzheit, sowie die Normen der Echtheit und Wahrheit ausschließlich in dem wirklichen, spannungsreichen Leben des Glaubens, d.h. zuletzt in der lebendigen Offenbarung Gottes selbst aufsuchen".59 Theologie erwächst nicht aus einem intellektuellen Interesse an theoretischer Glaubenserklärung, sondern aus der „christlichen Praxis" selbst. Von Anfang an „bedurfte man der Theologie nicht nur zu Angriff und Abwehr nach außen, sondern auch zum rechten Verständnis der Offenbarung und zu der Durchdringung aller Lebensinhalte". Sie übernimmt deshalb mit der Ausbreitung des christlichen Glaubens auf alle Bereiche „des natürlichen Lebens" die Funktion einer Mittlerin zwischen Christentum und Welt.60 2.2.3. Der wissenschaftstheoretische Ort der Theologie Die „planmäßig und methodisch" betriebene theologische Reflexion ist die unerläßliche Voraussetzung dafür, daß der christliche Glaube seine Verbindung zum wissenschaftlich-historischen Bewußtsein der Moderne aufrecht erhält. Es ist in erster Linie das Interesse an dieser Verbindung, durch das Stephan zu seinem Versuch einer Klärung der methodischen Begründungsprobleme von Theologie motiviert wurde. Zugleich soll eine solche Klärung aber auch das Verhältnis der Theologie zu den übrigen Kulturwissenschaften analysieren. Sowohl die Ermittlung des wissenschaftstheoretischen Status theologischer Forschung als auch die Beschreibung des theologischen Gegenstandsbereiches führen nach Stephan im Rahmen dieser Verhältnisbestimmung dazu, die Theologie als „eigenständige Glaubenswissenschaft" zu qualifizieren und sie nicht aus einer im System der Wissenschaften übergeordneten, ethisch-kulturtheoretischen Leitdisziplin abzuleiten. Diese Charakterisierung der Theologie verlangt jedoch eine Sicherstellung gegen zwei mögliche Irrwege: Zum einen dürfen die wissenschaftspraktischen Konsequenzen, die sich aus einer solchen Beschreibung von Theologie ergeben, nicht in ein Konkurrenzverhältnis zum „Geltungsanspruch des von ihr vertretenen Offenbarungsglaubens" geraten, da die Theologie überhaupt nur in der Bezogenheit auf diesen Offenbarungsglauben bestehen kann. Zum anderen wächst in dem Maße, in dem die wissenschaftliche Eigenständigkeit der Theologie betont wird, auch „die Gefahr der Selbstisolierung, der Einengung des christlichen Gottesgedankens und der Gleichgültigkeit gegenüber den wichtigen, drängenden Fragen der Weltanschauung zu bedrohlicher Größe empor".61 Aus dieser 59 60 61

Systematische Theologie (RGG), 972. Theologie (RGG), 1117. Dogmatik (RGG), 1967.

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zweifachen Schwierigkeit leitet Stephan die Notwendigkeit ab, einen wissenschaftstheoretisch reflektierten Begriff von Theologie zu entwikkeln, der es zuläßt, die Theologie als systematische Darstellung einer religiös bestimmten Form von Weltwahrnehmung der Gesamtheit der Kulturwissenschaften zu- und einzuordnen. Die Grundlage für einen solchen Begriff legt Stephan in der Erörterung des Verhältnisses von Glaubenslehre und Religionsphilosophie. Im Gegensatz zu einem frühen Ansatz von 1913, in dem Stephan die Religionsphilosophie noch in großer Nähe zur empirischen Religionswissenschaft ansiedeln und die Bearbeitung der erhobenen Daten lediglich als Phänomenbeschreibung verstanden wissen wollte,62 steht in der theologietheoretischen Konzeption der „Glaubenslehre" die Religionsphilosophie einer normativ gebundenen christlichen Glaubensauslegung wissenschaftssystematisch unmittelbar gegenüber. Ihre Aufgabe besteht vor allem darin, erkenntnistheoretisch legitime Zugangsweisen zu den geschichtlich differenzierten Formen religiöser Wirklichkeitswahrnehmung ausfindig zu machen. Die Erörterung des Ortes, den die als Glaubenslehre definierte Theologie im Rahmen der Wissenschaften einnimmt, setzt mit der Betonung der kommunikationstheoretischen Dimension theologischer Rede ein. Zu diesem Zweck stellt Stephan das Kriterium der sachlichen Plausibilität in den Vordergrund seiner Überlegungen. Die Theologie ist demnach auf ein wechselseitiges Verhältnis zu den Trägern „des philosophischen und wissenschaftlichen Denkens" angewiesen, um selbst in ihrer Auslegung der Glaubensinhalte „verständlich zu werden". Aus diesem Grunde muß sie in der eigenen Darstellung „das Weltbild und die Begriffe der jeweiligen Wissenschaft verwenden". Den Gefahren, die mit einer solchen Anwendung ursprünglich theologiefremder „Begriffe und Ergebnisse" verbunden sind, könne die Theologie selbst dann, wenn sie „zum Angriff auf das Zeitbewußtsein und die Selbstvergötzung der Wissenschaft übergeht", nicht anders begegnen, als indem sie auch in der Kritik noch die geltenden Standards wissenschaftlicher Argumentation selbst übernimmt. Stephan geht deshalb davon aus, daß ohne vorgängige Anerkennung der Grundsätze einer wissenschaftlich qualifizierten Tatsachenbeschreibung die „rein theologische" Darstellung „der Weltanschauung des Glaubens" vor dem Forum der wissenschaftlichen Öffentlichkeit nur um den Preis eines weitgehenden Verlustes von Verstehbarkeit und Plausibilität möglich sei.63 Die Forderung nach einer „theologischen Sondermethode" - begründet in einem angeblich einzigartigen Gegenstandsbezug - lehnt Stephan

62

63

Das Verhältnis der Dogmatik zur Religionsphilosophie. Ein erweiterter Vortrag, in: Zeitschrift für Theologie und Kirche 23 (1913), 135-170. Theologie (RGG), 1117-1118.

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bereits in jenem frühen Aufsatz entschieden ab.64 Die Theologie müsse vielmehr, über die Aneignung des begrifflichen und methodischen Instrumentariums hinaus, geradezu eine affirmative Einstellung zu dem „Wahrheitsringen" der Wissenschaften und dem darin wirksamen existentiellen Orientierungsbedürfnis einnehmen. Der theologiegeschichtliche Kontext dieser Argumentation wird in der Anstrengung Stephans deutlich, den Vorbehalten einer tief verankerten, zumeist konfessionsgebundenen Rationalitätskritik in der Theologie entgegenzuwirken. Diese Rationalitätskritik widerspricht den Forderungen nach akademischer Forschungs- und Lehrfreiheit mit der Begründung, es handele sich bei dem auch von Stephan verwendeten Wissenschaftsbegriff um einen kaum verhüllten Ausdruck anthropozentrischer Selbstverherrlichung und einer letztlich gegen Gott selbst gerichteten Überhöhung des menschlichen Intellektes. Demgegenüber kann nach Stephan ein Gegensatz der Theologie zur modernen Wissenschaft nur dann entstehen, wenn „die Theologie im Namen des Glaubens die wissenschaftliche Welterklärung zu beherrschen sucht".65 Sein Plädoyer für eine Form von Theologie, die auf der Grundlage eines reflektierten historischen Bewußtseins und einer klaren Definition ihres Gegenstandsbereiches die Ausbildung und Entwicklung insbesondere der Geschichts- und Kulturwissenschaften durch eine aktive Mitwirkung am interdisziplinären Wissenschaftsdialog fördert- und zwar im Interesse ihrer eigenen theologischen Forschung-, findet hier eine unmittelbare Konkretisierung. Der Intensität, mit der Stephan für die prinzipielle Anerkennung der grundlegenden Standards wissenschaftlicher Rationalität in der Theologie eintritt, entspricht das hohe Maß an Erwartungen, das er an eine interdisziplinär offene Form von Theologie heranträgt. Innerhalb der diffusen theologietheoretischen Diskussion der zwanziger Jahre, in der nicht selten mit dem Hinweis auf eine dringend erforderliche grundlegende Revision der theologischen Aufgabenstellung die Kompatibilität von Theologie und moderner säkularer Wissenschaft überhaupt bestritten wurde, behauptet die von Stephan, aber auch von anderen liberalen Theologen, vertretene Position nicht nur die Wissenschaftsfähigkeit von Theologie an sich, sondern sie geht überdies von der Voraussetzung aus, daß die Theologie die ihr gestellten Aufgaben in angemessener Weise überhaupt nur dann lösen könne, wenn sie als Wissenschaft betrieben werde.66 Gegenüber seinen Kontrahenten sah Stephan sich zu dem Vorwurf veranlaßt, ihre Zielsetzung lasse faktisch das theologische Denken zu einer „Winkelsache"

64 65 66

Das Verhältnis der Dogmatik zur Religionsphilosophie, 136. Theologie (RGG), 1118. Ebd.; vgl. auch die kritischen Ausführungen Stephans in: Die systematische Theologie, 30-37.

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verkommen.67 Dabei wurde seine Kritik von der Überzeugung bestimmt, daß sich „die historisch-kritische Methode [...] auf allen Gebieten der theologischen Wissenschaft und in allen Richtungen grundsätzlich durchgesetzt" habe. Auch die modernitätskritischen Bestreiter dieses Sachverhaltes werden, so Stephans Einschätzung, hierin keine Wende mehr herbeiführen können.68 Stephan steht hier in Position und Negation für ein theologisches Selbstverständnis, das die liberale Theologie als Sachwalterin moderner Wissenschaftlichkeit in der Theologie ausweist. Dieser Anspruch, innerhalb der kontroversen Debatte der Zwischenkriegszeit als Repräsentanten einer an kritischen Forschungsstandards orientierten Wissenschaft aufzutreten, hat das theologische Selbstverständnis der liberalen Theologen um Horst Stephan wie kein anderes theologietheoretisches Motiv geprägt.69 Seinen unmittelbaren Ausdruck fand dieses liberaltheologische Selbstbewußtsein in dem Versuch, Kriterien zu formulieren, von denen aus sich der Status der Theologie als Kulturwissenschaft beschreiben läßt. Stephan geht dabei methodisch so vor, daß er zunächst die Theologie zur Philosophie als der kulturwissenschaftlichen Leitdisziplin in Beziehung setzt (1), dann das Verhältnis von Theologie und Religionsphilosophie erörtert (2) und erst auf dieser Grundlage die Frage nach dem wissenschaftlichen Charakter der Theologie selbst thematisiert (3). (1) Der Philosophie weist Stephan in erster Linie die Aufgabe zu, formale Grundregeln für eine adäquate wissenschaftliche Beschreibung von Sachverhalten aufzustellen. Die Theologie ist auf solche Regeln unmittelbar angewiesen und setzt sie in ihrer eigenen Forschungspraxis voraus. Darüber hinaus liefert die Philosophie der Theologie einen hermeneutisch reflektierten Zugang zur Wahrnehmung von Wirklichkeit. In der Rolle eines „Sammelbeckens aller weltanschaulichen Ansätze" vermittelt sie ein Gegenwartswissen, das von unverzichtbarer Bedeutung für die Einlösung derjenigen Anforderungen ist, die sich aus der theologischen 67

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69

Die systematische Theologie, 53; vgl. auch: Ebd., 55-56. Bereits in dem Aufsatz von 1913 hatte Stephan auf die Gefahr einer „Selbstisolierung" hingewiesen, die dann bestehe, wenn die Theologie nicht imstande sei, die neuen religionsgeschichtlichen Fragestellungen konstruktiv aufzugreifen (Das Verhältnis der Dogmatik zur Religionsphilosophie, 139). Vgl.: Die Wandlungen der theologischen Wissenschaft in den letzten 25 Jahren, in: Theologische Blätter 32 (1922), 37-40. - Wie bereits eingangs erwähnt, ist dieser wichtige Vortrag Stephans vom Januar 1922 lediglich in einer verkürzenden Mitschrift von Ernst Neubauer überliefert. Auch im Nachlaß haben sich keine Unterlagen oder Notizen hierzu gefunden. Vgl. dazu oben Teil II.1.3.1. - Demgegenüber sei die „Theologie der Krisis" von einer prinzipiellen Infragestellung moderner Rationalität bestimmt. Dies komme etwa darin zum Ausdruck, daß sie sich in ihrer Theoriebildung von dem Gedanken einer „allgemeinen Erschütterung des Lebens" leiten lasse und erst von ihm aus zu einem „allgemeinen Gegenschlag gegen Historismus und Psychologismus" ausholen wolle (Theologie (RGG), 1117-1118).

482

Grundbegriffe liberaltheologischer Theologietheorie

Aufgabenstellung ergeben.70 Gegenüber einer philosophiekritischen Tendenz in der Theologie, die insbesondere die gesamte philosophische Tradition des Idealismus aus dem theologischen Diskussionszusammenhang ausschließen und statt dessen ein Pathos des „Realismus" entfalten wollte, ein Pathos, das nach Stephan geradezu ein „Merkmal theologischer Modernität" geworden ist, betont Stephan, daß „keine Theologie, wenn sie irgendwie Aussagen über die Welt machen will, ohne philosophische Elemente auskommt".71 Doch nicht nur über diese beiden Verbindungslinien im Bereich der Methodologie, sondern auch auf zahlreichen Arbeitsgebieten selbst sind Theologie und Philosophie eng miteinander verknüpft. Dabei handelt es sich insbesondere um die Bereiche der Anthropologie, der Ethik und der Metaphysik. Im übrigen hebt Stephan hervor, daß keineswegs nur die Theologie an die Philosophie gewiesen sei, sondern auch umgekehrt die Philosophie in Rezeption und Auseinandersetzung mit der theologischen „Fachbearbeitung" eine Präzisierung ihrer eigenen Fragestellungen erzielen könne. Den gegen Ende der zwanziger Jahre häufig zu beobachtenden „mehr oder minder geistreichen Dilettantismus" religionstheoretischer und religionspsychologischer Abstraktions- und Deutungsversuche erklärt Stephan gerade aus einer Ermangelung dieser Bemühung.72 Den für die Theologie wichtigsten Aspekt des Verhältnisses von Theologie und Philosophie findet Stephan jedoch erst in dem Umstand, daß die Aufgabe der „Selbstbesinnung des Glaubens" die Theologie direkt auf die von der idealistischen Philosophie ausgebildete Theorie von Subjektivität verweise. Der theologische „Aufweis des Grundes, auf dem der christliche Glaube steht", ist nach Stephan gar nicht zu leisten ohne eine Bezugnahme auf die bewußtseinstheoretischen Erkenntnisse einer philosophischen Tradition, die ihren Ausgang im Kritizismus Kants genommen hat.73 Die Theologie hat „erst mit Hilfe der philosophischen Bewußtseinskritik wirklich gelernt, Religion und christlichen Glauben frei von äußeren Stützen sachgemäß auf ihre eigenen Gebiete zu begründen".74 70 71

72 73 74

Glaubenslehre. Dritte Auflage, 1-4 (§ 1: Die systematische Theologie), hier: 2; vgl. auch: Glaubenslehre. Zweite Auflage, 2-3. Die systematische Theologie, 65. Zudem führe der Sache nach eine solche idealismusfeindliche Haltung keineswegs zu einer prinzipiellen Ablehnung philosophischer Elemente in der Theologie. Vielmehr „ist überall da, wo man solche Verbindung meiden möchte, der Absturz in philosophische Naivität zu spüren" (Ebd.). Glaubenslehre. Dritte Auflage, 2-3. Vgl. hierzu die detaillierte Darstellung: Kant und die Religion, in: Kant-Studien 29 (1924), 207-232. Glaubenslehre. Dritte Auflage, 46-47 [so der Wortlaut!]. In der Auflage von 1921 heißt es bereits, daß mit Hilfe der philosophischen Bewußtseinskritik die Theologie gelernt habe, „den Glauben entsprechend dem ursprünglichen Geiste der evangelischen Frömmigkeit [...] zu begründen" (Glaubenslehre. Erste Auflage, 40; ebenso Glaubenslehre. Zweite Auflage, 49).

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Gegenüber dem Vorwurf, mit einer solchen Auffassung die Sache der Theologie faktisch an ein ihr fremdes theoretisches Kategoriensystem auszuliefern und so den besonderen Anspruch, der alle Teilgebiete der Theologie zu einer gemeinsamen Anstrengung im Geiste des Christentums verbinde, aufzugeben, betont Stephan die Notwendigkeit eines „Bundes zwischen religiöser Selbstbesinnung und scharfer Kritik der menschlichen Erkenntnis". Es ist nicht zu verkennen, daß Stephan hier ein Programm der Rationalisierung theologischer Argumentation verfolgt. Zwar sei die Theologie - wie zu Recht eingewendet werde - „auch rationalen Angriffen" ausgesetzt, die ihre traditionelle Gestalt in Frage stellen, doch könne eine „Trübung" der theologischen Arbeit daraus nur dann erwachsen, wenn sie sich dieser Angriffe über eine Strategie der Abgrenzung und der argumentativen Verweigerung zu entledigen suche, statt offensiv und unter Aufbietung wissenschaftlich zulänglicher Mittel darauf zu reagieren.75 Die Intention dieses Rationalisierungsprogrammes geht jedoch weit über die Praxis theologischer Argumentation hinaus. Sie richtet sich vielmehr ihrer inneren Zielsetzung nach darauf, über eine Revision der theologischen Ausdrucksmittel überhaupt den Anteil der Theologie am „allgemeinen Geistesleben" deutlicher als bisher hervortreten zu lassen. So soll es wieder möglich werden, den Orientierungswert religiöser Vorstellungen gegenüber der „religiösen Ohnmacht der Vernunft" sichtbar werden zu lassen. Auch soll auf diese Weise, „erlebend und ahnend", die Kraft der Religion deutlich werden, „eine probehaltige Weltanschauung" hervorzubringen.76 Die philosophische Kritik gewinnt so nicht nur für die Darstellungsform der Theologie eine erhebliche Bedeutung, sondern sie trägt zugleich selbst zur Präzisierung der theologischen Aufgabenstellung in erheblichem Maße bei.77 Am Beispiel des Entwicklungsgedankens führt Stephan die Bedeutung der philosophischen Begriffsarbeit für die theologische Theorie vor.78 Die Einwände, die seit Leibniz über Herder bis zu Hegel von der kritischen Philosophie gegenüber einem eindimensionalen, linear-progressiven Entwicklungsbegriff geäußert worden sind, scheinen ihm die Theologie vor 75 76

77 78

Vgl.: Glaubenslehre. Dritte Auflage, 46. Die von Stephan hier angesprochene weltanschauungsproduktive Funktion des christlichen Glaubens wurde vor ihm bereits von Ritschi und Herrmann betont. Vgl. Albrecht Ritschi: Die christliche Lehre von der Rechtfertigung und Versöhnung. Dritter Band: Die positive Entwickelung der Lehre, Bonn 1874, 170, wonach „jede Religion Weltanschauung unter der Idee Gottes und Selbstbeurteilung aus der Abhängigkeit von Gott im Verhältnis zur Welt" sei (vgl. auch: Ebd., 16-17). Zu Herrmann vgl. Peter Fischer-Appelt: Metaphysik im Horizont der Theologie Wilhelm Herrmanns (Mit einer HerrmannBibliographie) (Forschungen zur Geschichte und Lehre des Protestantismus. Zehnte Reihe. Band XXXII), München 1965, 162-214. Vgl.: Das Verhältnis der Dogmatik zur Religionsphilosophie, 156-157. Vgl.: Glaubenslehre. Dritte Auflage, 346-361. Siehe auch: Glaubenslehre. Zweite Auflage, 352-364.

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Grundbegriffe liberaltheologischer Theologietheorie

einer geschichtstheoretischen Instrumentalisierung dieses Terminus wirksam und dauerhaft bewahrt zu haben. Zumal die theologische Deutung der Religionsgeschichte wird so nach Stephan vor einem stark konstruktivistischen Interesse, das sich noch bei Schleiermacher finde und das immer zu einer Verzerrung des historischen Sachverhaltes geführt habe, gesichert. Zugleich stärke die philosophische Kritik ein „kulturkritisches" Element im theologischen Diskussionskontext, das insbesondere einem naiven Geschichtsoptimismus entgegenwirke, wie er nicht zuletzt aus den Quellen des älteren theologischen Liberalismus genährt worden sei.79 Schließlich betont Stephan die Notwendigkeit einer intensiven Rezeption philosophischer Ansätze aus dem Bereich der Praktischen Philosophie, und zwar unter Hinweis auf die „extensive" Ausrichtung der Theologie. Gerade sie erfordere ein „positives Eingehen auf das allgemeine Geistesleben", zu dessen tieferem Verständnis nicht nur „die eigene Teilnahme" an ihm gehöre, sondern auch eine reflektierte Wirklichkeitsdeutung, wie sie vor allem in den philosophischen Diskursen der Ästhetik, der Logik und der Ethik begründet werde. Nur eine derartige Haltung ermögliche im Blick auf jenes „Geistesleben" die Aufdeckung „seines innersten Wesens [und] hindert voreilige Einmischung theologischer Gesichtspunkte".80 Trotz der beschriebenen engen Bindung, die zwischen Theologie und Philosophie besteht, will Stephan doch auf ein Sicherungselement gegen die Gefahr einer zu starken Einwirkung philosophischer Motive auf den theologischen Argumentationszusammenhang nicht verzichten. Aus diesem Grunde nimmt er eine Reihe restriktiver Einschränkungen vor, die „die entscheidende Bedeutung des Glaubens bei den Fragen des Weltverstehens" herausstellen sollen. In erster Linie gelte es, alle philosophischen Theorien unter dem Gesichtspunkt zu prüfen, „wie sie sich zu der Gewißheit des Glaubens um sein eigenes Wesen und um das der Religion verhalten". Schon im Blick auf diese, von Stephan in ihrer Notwendigkeit nicht näher begründete Bestimmung wird man feststellen müssen, daß seine Position letztlich doch in einer eigentümlichen Schwebe befangen bleibt. Einerseits ist er von dem Interesse bestimmt, die interdisziplinäre Öffnung der Theologie durch ein starkes Gewicht philosophischer Kritik und Begriffsarbeit innerhalb der theologischen Diskussion praktisch zu verankern; andererseits bleibt er auf Bedenken fixiert, die immer wieder von den Philosophiekritikern unter den Theologen vorgebracht worden sind.81 Doch auch, wenn hier eine systematische Inkonsequenz nicht ausgeräumt worden ist, so bleibt doch die Überzeugung bestehen, daß ein posi79 80 81

Glaubenslehre. Dritte Auflage, 348. Ebd., 359-361. Vgl. hierzu: Ebd., 294-295.

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tives Bezugsverhältnis der Theologie zur Philosophie im Interesse der Theologie selbst liege. Ein Beleg hierfür ist etwa Stephans Ansicht, daß die philosophische Kritik an solchen weltanschaulichen Deutungsmodellen, die einen exklusiven Erklärungsanspruch formulieren, zu einer erheblichen Entlastung der theologischen Weltanschauungskritik geführt habe. Hier setzt Stephan eine unmittelbare Anknüpfung der theologischen an die philosophische Sachkritik voraus. Ähnlich verhält es sich im Bereich der erkenntnistheoretischen Problematik.82 Schließlich gilt Stephan auch die intensive Anknüpfung führender kulturprotestantischer Theologen wie Ritschi, Kaftan oder Herrmann an die Tradition des Kritizismus als Bestätigung seiner Auffassung. Die ausdrückliche Zustimmung diverser Vertreter des Marburger Neukantianismus zu dem liberaltheologischen Programm einer Integration der Theologie in den wissenschaftlichen Diskurszusammenhang versteht er dabei als zusätzliche Unterstützung.83 (2) So wie die Philosophie allgemeine Begriff s vorgaben für die theologische Reflexionsleistung liefert, so sucht die Religionsphilosophie im besonderen eine theoretische Konstruktion des Religionsbegriffes zu leisten, die auf den durch die empirische Religionswissenschaft erhobenen Sachverhalten aufbaut. 84 Im Idealfall führt sie diese Aufgabe auf einer „rational-konstruktiven" Grundlage der „Universalität und neutralen Haltung gegenüber den verschiedenen Religionen" aus und fügt so die 82

83

84

Ebd., 297. Besonders Paul Natorp, dessen eigenes philosophisches Denken einem dezidiert liberalprotestantischen Bewußtsein erwuchs, hat sich intensiv um eine produktive Beziehung zwischen neukantianischer Philosophie und liberaler Theologie bemüht. Von besonderer Bedeutung hierfür sind seine zahlreichen Beiträge für die Christliche Welt (vgl. dazu Johannes Rathje: Die Welt des freien Protestantismus, 184-185; siehe auch Heinrich Knittermeyers Würdigung anläßlich der Ehrenpromotion Natorps durch die Marburger Theologische Fakultät in: Die Christliche Welt 38 (1924), 117-118). Zu Natorp vgl. aus der Sicht der zeitgenössischen liberalen Theologie Karl Bornhausen: Natorp, Paul, in: Die Religion in Geschichte und Gegenwart. Zweite Auflage. Band 4, Tübingen 1930, 422423, sowie die dort angegebenen Texte. Aufschlußreich ist auch Natorps Brief an Wilhelm Siebel, den er am 16. August 1924, einen Tag vor seinem Tod, verfaßt hat: Wilhelm Siebel: Paul Natorps letzter Brief, in: Zeitschrift für systematische Theologie 4 (1927), 597-630, hier: 598-601. - Zu Hermann Cohen vgl. Karl Löwith: Philosophie der Vernunft und Religion der Offenbarung in H. Cohens Religionsphilosophie (1968), in: Ders.: Aufsätze und Vorträge 1930-1970, Stuttgart 1971, 124-156; Hans-Ludwig Ollig: Religion und Freiheitsglaube. Zur Problematik von Hermann Cohens später Religionsphilosophie, Königstein/Ts. 1979; Dietrich Korsch: Hermann Cohen und die protestantische Theologie seiner Zeit, in: Zeitschrift für Neuere Theologiegeschichte/ Journal for the History of Modern Theology 1 (1994), 66-96. Zu diesem Abschnitt vgl. Stephans Darstellung der Diskussion in der zeitgenössischen Religionsphilosophie in: Die systematische Theologie, 7-18. Stephan stellt hier einen „relativen Rückgang des religionsphilosophischen Interesses in der Theologie" fest, den er mit der Rückbesinnung auf die elementare „Not des Menschen" und die damit einhergehende Konzentration auf „die uns angehende" christliche Religion in Verbindung bringt. Der religionskritische Affekt der Dialektischen Theologie spielt demgegenüber nach Stephan lediglich eine nachgeordnete Rolle (Ebd., 11).

486

Grundbegriffe liberaltheologischer Theologietheorie

Religion in ein „System des Geistes" ein. Gegenüber der Glaubenslehre ist die Religionsphilosophie durch einen „Universalismus der Betrachtung" ausgezeichnet, der sie „vor aller Willkür des Subjekts, vor aller Einengung auf das in der geschichtlich gewordenen Konfession Gegebene, vor allem Dogmatismus" bewahrt.85 Die Aufgabenstellung der Glaubenslehre ist, anders als die einer programmatisch offenen Religionsphilosophie, auf eine am christlichen Glauben selbst orientierte Darstellungs- und Auslegungstätigkeit begrenzt. Für „die fremden Religionen und Geistesfunktionen" findet sie nur als „Vergleichsstoff" Interesse, und selbst dies in der Regel nur dann, wenn dadurch das Selbstverständnis des Glaubens klarer herausgestellt werden kann. „Abzweckung und Stimmung" der Glaubenslehre ist daher von der der Religionsphilosophie streng geschieden: „Sie will nicht den christlichen Glauben von der allgemeinen Religionsgeschichte, sondern diese vom christlichen Glauben her verstehen, sie will dem Christen zeigen, worin die ,Wahrheit' seines Glaubens besteht und welchen Sinn von da aus alle Wirklichkeit, alle Bildung, alle Religion empfängt."86 Diesem zwangsläufig nicht spannungsfreien Verhältnis entspricht auch die praktische Arbeitsbeziehung zwischen Glaubenslehre und Religionsphilosophie. Ausgestattet mit einer „universalen Weite" des Gegenstandes und einer dementsprechend kritischen Distanz gegenüber partikularen normativen Ansprüchen einzelner geschichtlicher Gestalten von Frömmigkeit kann die Religionsphilosophie eine eigene, komparativ angelegte Christentumstheorie ausbilden, die „als heuristisches Prinzip" einen kritischen Impuls auch auf die Reflexionsleistung der Theologie ausübt. Den von Religionsphilosophen nicht selten mit Emphase erhobenen Anspruch auf eine bedingungslose „Objektivität und Neutralität", durch die sich ihre Forschungsarbeit von derjenigen der Theologen qualitativ unterscheide, weist Stephan zurück. Auch der Religionsphilosoph arbeite mit Wertungen und bringe subjektiv bedingte Anschauungen in den Interpretationsprozeß ein. Auch in der Religionsphilosophie bestehe ein unhintergehbarer Zusammenhang zwischen Forscher und Erkenntnisgegenstand. Aus diesem Grunde stellt Stephan fest, daß gerade im Bereich der vermeintlich so unterschiedlichen methodischen Ausgangslage von Theologie und Religionsphilosophie eine elementare strukturelle Entsprechung beider Forschungsrichtungen gegeben sei. Ebenso wie die Theologie müsse sich daher auch die Religionsphilosophie selbstkritisch mit den methodischen Schwierigkeiten auseinandersetzen, die die praktische wissenschaftliche Arbeit jederzeit beeinflussen. Nur eine solche, sich überdies der Komplexität ihrer wissenschaftstheo-

85 86

Die systematische Theologie, 3 und 7. Ebd., 4.

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retischen Voraussetzungen bewußte Religionsphilosophie stellt nach Stephan die organisierende, erkenntnistheoretisch ausgerichtete Leitdisziplin der empirischen Religionswissenschaft dar. In ihren Bereich fällt insofern auch die Aufgabe, eine Klärung der bewußtseinstheoretischen Aspekte einer begrifflichen Analyse des religiösen Phänomens zu leisten. Mit dieser Beschreibung von Religionsphilosophie will Stephan nicht zuletzt an die von Ernst Troeltsch formulierte Position anknüpfen, derzufolge neben der religionsgeschichtlichen Forschung auf ethnologischer und philologischer Basis gerade die Rekonstruktion der anthropologischen Strukturen religiöser Erfahrung bzw. der Struktur des religiösen Bewußtseins an sich in das Aufgabengebiet der Religionsphilosophie fällt.87 Schließlich darf auch nicht übersehen werden, daß die zentrale Stellung, die Stephan der Diskussion religionstheoretischer Fragen und ihrer praktischen Verankerung in Religionsphilosophie, Theologie und Religionswissenschaft einräumt, angesichts der vehementen Zurückweisung des Religionsbegriffes durch die Vertreter der Dialektischen Theologie durchaus einen programmatischen Sinn hatte. Denn immerhin sahen, wie Stephan gelegentlich bemerkt, manche dieser Theologen schon in der „Bemühung um einen allgemeinen Religionsbegriff" eine „Art Sündenfall der Theologie".88 Vor diesem Hintergrund beschreibt Stephan das Verhältnis von Glaubenslehre und Religionsphilosophie als dialektische Beziehung im Spannungsfeld von „Ergänzung und Selbständigkeit". Beide Disziplinen werden jeweils als gesonderte, wenn auch aufeinander bezogene „Wege" einer wissenschaftlichen Erforschung von Religion aufgefaßt. Das wechselseitige Bezugsverhältnis erörtert Stephan einerseits aus der Perspektive der Religionsphilosophie, indem er die Notwendigkeit einer sachlichen Anknüpfung an Lehrinhalte der theologischen Glaubensdarstellung hervorhebt. Die Glaubenslehre andererseits wäre außerstande, die ihr obliegende theologische Darstellung durchzuführen, wenn sie sich nicht auf die „vorbereitende systematische Durchdenkung dieses gewaltigen Gebietes" stützen könnte, die die Religionsphilosophie leiste. „Demnach ist in gewissem 87

88

Vgl. Ernst Troeltsch: Über den gegenwärtigen Stand der Religionsphilosophie, in: Wilhelm Windelband (Hg.): Die Philosophie im Beginn des 20. Jahrhunderts. Festschrift für Kuno Fischer. Zweite Auflage, Heidelberg 1907,423-486: Im Stadium ihrer „modernen" Theorie will Religionsphilosophie nach Troeltsch „nicht mehr eine das Christentum entwurzelnde oder die geschichtlichen Religionen überhaupt durch Vernunftreligion ersetzende neue Religion schaffen, sondern das wirkliche religiöse Leben begreifen und regulieren" (486). Inwiefern diese beiden Forschungsinteressen der Rekonstruktion einerseits und der Normierung andererseits in Konkurrenz zueinander stehen, bleibt bei Troeltsch ungeklärt. Die systematische Theologie, 12. Vgl. dazu auch Georg Wobbermin: Religionsphilosophie als theologische Aufgabe, in: Kant-Studien 33 (1928), 200-218. Zur zeitgenössischen theologischen Religionskritik siehe die entsprechenden Hinweise bei Walter Jaeschke: Religionsphilosophie, in: Historisches Wörterbuch der Philosophie. Band 8, Darmstadt 1992, 748-763, insbesondere: 753-754.

488

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Sinne jede der beiden Wissenschaften die Voraussetzung der anderen", und deshalb auch liegt eine Beteiligung von Theologen an der religionsphilosophischen Diskussion im eigenen Interesse der Theologie. Zudem trägt die Theologie auf diese Weise dazu bei, daß die Religionsphilosophie nicht unter dem Einfluß religionskritischer Bestrebungen zu einer „Waffenkammer der natürlichen Religion gegen das Christentum" umgebildet wird.89 Im Blick auf die methodische Vorgehensweise der Religionsphilosophie stellt Stephan fest, daß der Unterschied zur Methodik der Theologie lediglich graduell sei. Bei beiden Forschungsrichtungen gingen faktisch „objektive" und „subjektive" Untersuchungskriterien ineinander. Weder hier noch dort sei es möglich, den Forschungsprozeß über ein exklusiv auf die Theologie oder die Religionsphilosophie beschränktes System theoretischer Kategorien zu betreiben. Auch die elementare methodische Forderung an die praktische Durchführung der wissenschaftlichen Arbeit, gegenstandsfremde Erklärungsfaktoren aus dem Zusammenhang der Analyse auszuschließen, um auf diese Weise eine „sachgemäße" Würdigung der Phänomene und Vorstellungsgehalte vornehmen zu können, sei für beide Disziplinen gleichermaßen verbindlich. Eine „Kombination" religionsphilosophischer und theologischer Aspekte, etwa in der Erörterung „über das Wesen der Religion", lehnt Stephan dennoch ab. Besonders ein der jeweiligen religionsphilosophischen bzw. theologischen Darstellung vorangestellter religionsphilosophisch-theologischer Argumentationskomplex stößt auf seine entschiedene Kritik. Entweder werde aus den Quellen „natürlicher Religion" ein „nicht-christliches Licht" über den Stoff der Glaubenslehre ausgebreitet oder aber der „vorgebaute Auszug aus der Religionsphilosophie" sei von vornherein christlich-dogmatisch geprägt und verliere daher jedes religionsphilosophische Gewicht.90 Die Ausführung der Glaubenslehre selbst kann daher nur mit einer Untersuchung des Glaubensbegriffes eingeleitet werden. Ihr zentrales Thema sei auf der Grundlage der Geschichte evangelischer Frömmigkeit „die Begründung des Glaubens auf Offenbarung". Auch einige traditionellerweise in die „Einleitung" zur Glaubenslehre aufgenommene Fragestellungen, darunter solche, die das Verhältnis des Christentums „zum allgemeinen Geistesleben", zur „Naturwelt" sowie zu den nichtchristlichen Religionen betreffen, können erst dann in ihrer tatsächlichen Bedeutung für den christlichen Glauben erfaßt werden, wenn sie aus dem inadäquaten Rahmen einer religionsphilosophisch orientierten Theologie89

90

Glaubenslehre. Dritte Auflage, 6-8. Als Beispiele für eine Beteiligung von Theologen an der religionsphilosophischen Arbeit verweist Stephan unter anderem auf Beiträge von Wobbermin, Rudolf Otto und Johannes Wendland. Ebd., 7.

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theorie gelöst werden. Erst dann kann überhaupt erkennbar werden, wie durch sie als seine „großen Probleme" der Glaube in eine direkte Auseinandersetzung mit zentralen weltanschaulichen Problemen der modernen Lebenswelt tritt. Stephan selbst hat ihnen in seiner Darstellung einen Ort innerhalb der Ausführungen zur „Weltanschauung des evangelischen Glaubens" angewiesen.91 Trotz der engen sachlichen und methodischen Koordination von Theologie und Religionsphilosophie begrenzt Stephan doch die Bedeutung der Religionsphilosophie für die inhaltliche theologische Darstellung auf eine lediglich „vorbereitende" Funktion. Die in der liberalen Theologietradition einflußreiche Tendenz, das theologische System über eine Einbeziehung religionsphilosophischer Fragestellungen in den theologischen Argumentationszusammenhang zu öffnen, wird von Stephan also nicht aufgegriffen. Insbesondere an Schleiermachers Modell „religionsphilosophischer Lehnsätze" im Rahmen der Einleitung zur Glaubenslehre möchte Stephan ausdrücklich nicht anknüpfen. Stephan wirft Schleiermacher vor, daß seine Position in dieser Frage methodisch ungeklärt und die theologische Auswertung solcher Lehnsätze inhaltlich nicht überzeugend sei. Als besonders unbefriedigend erscheint Stephan „die verschiedene Ableitung von Form und Inhalt, auf die Schleiermacher sein Verfahren gründet". Überdies habe Schleiermacher im zweiten Sendschreiben an Lücke eine Auffassung vertreten, die jede inhaltliche oder methodische Bezugnahme auf eine religionsphilosophische „Begründung" verwerfe, obgleich er selbst dem eigenen Entwurf aus Gründen des Anschlusses der Glaubenslehre „an das allgemeine System der Wissenschaft" durch Voranstellung jener „Lehnsätze" den Ausdruck „formaler Wissenschaftlichkeit" habe geben wollen. Demgegenüber bestreitet Stephan den prinzipiellen Wert eines solchen „Anschlusses", der zwar „dem spekulativen Idealismus jener Jahre selbstverständlich war", der aber nicht in den Kontext einer Theologietheorie passe, die von dem Grundsatz der wissenschaftstheoretischen Eigenständigkeit der Theologie ausgeht.92 So ist es nur konsequent, wenn Stephan in seiner Darstellung eine direkte „Verbindung" solcher „formal gemeinter Lehnsätze" mit der sachlichen Darstellung, in die diese Lehnsätze „kraft ihrer Voranstellung" unwillkürlich ihren Inhalt einbrächten, vermeidet.93 - Es bleibt schließlich, trotz der kritischen Auseinandersetzung mit Schleiermachers Verhältnisbestimmung von Theologie und Religions91

92 93

Ebd., 16. - Die Darstellung der „Weltanschauung des evangelischen Glaubens" gliedert sich in die Abschnitte: A. Die Welt der Religion, B. Die Welt des Geistes und C. Das Weltganze (vgl.: Glaubenslehre. Zweite Auflage, 261-378). Glaubenslehre. Dritte Auflage, 9. Ebd., 8-9.; vgl. auch: Die systematische Theologie, 18. - Zu Schleiermachers Position vgl. Friedrich Schleiermacher: Der christliche Glaube. Zweite Auflage (1830/31) (Ed. Redeker). Erster Band, 47-74 (§§ 7-10: Von den Verschiedenheiten der frommen Gemeinschaften überhaupt. Lehnsätze aus der Religionsphilosophie).

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Grundbegriffe liberaltheologischer Theologietheorie

philosophic, zu fragen, ob Stephan selbst mit seinem Interesse an einem Nachweis des kulturwissenschaftlichen Charakters der Theologie zumindest der Intention jener kritisierten Argumentation nicht doch erheblich näher steht, als er an dieser Stelle zuzugeben bereit ist. (3) Die wissenschaftstheoretische Zuordnung von Theologie und Religionsphilosophie, die Übernahme einer Reihe methodischer und begrifflicher Vorgaben aus der kritischen Philosophie und schließlich auch die positive Würdigung der konkreten analytischen Informationsleistung, die die Philosophie für die Theologie erbringt, verfolgen insgesamt das Ziel, die theologische Rekonstruktion und Auslegung der christlichen Glaubensinhalte in den allgemeinen Kontext einer wissenschaftlichen Deutung von Welt hineinzustellen. Stephan geht deshalb in einem dritten Argumentationszusammenhang der Frage nach, ob die theologische Darstellung in ihrer praktischen Gestalt diesem Anspruch auf Zugehörigkeit zum wissenschaftlichen Diskurs überhaupt entspricht. Der bei Stephan wiederholt auftretende Gebrauch der Fachbezeichnung „Systematische Theologie" in der Funktion eines Oberbegriffes für die theologische Thematisierung der Problemstellungen aus Glaubenslehre und Religionsphilosophie enthält bereits wissenschaftstheoretische Implikationen für die Beschreibung des wissenschaftlichen Charakters der Glaubenslehre selbst. In zwei Richtungen grenzt Stephan dabei zunächst den Wissenschaftsbegriff ab: In methodischer Hinsicht weist er ein spekulatividealistisches Wissenschaftsverständnis zurück, dem „höchstens eine spekulative Gottesmetaphysik" als Wissenschaft gelten könne.94 Gleichfalls nicht akzeptabel sei der von der modernen Naturforschung und Technik beanspruchte positivistische Wissenschaftsbegriff, der weder der „allgemeinen geisteswissenschaftlichen Forschung" noch gar der Theologie einen wissenschaftlichen Charakter zusprechen könne.95 Gerade diese „positivistische" Auffassung von Wissenschaft ist nach Stephan in hohem Maße „zeitbedingt, weltanschaulich gebunden und durch bestimmte antireligiöse Voraussetzungen geleitet". Sie wird als Ausdruck einer Wissenschaftsideologie gewertet, die insbesondere das Problem der sogenannten „Voraussetzungslosigkeit" wissenschaftlicher Arbeit nicht angemessen reflektiert. Demgegenüber schließt Stephan sich an eine wissenschaftstheoretische Position aus der jüngsten philosophischen Diskussion an, die auf eine allgemeine Systematisierung der Wissenschaften überhaupt verzichtet und statt dessen „die Wissenschaft immer mehr am Ringen um die konkrete Wirklichkeit des Lebens" orientiert. Nur so sei es möglich, den Methoden-

94 95

Vgl.: Theologie (RGG), 1123: Die Theologie erwachse „nicht aus der Idee des Wissens, sondern aus einer positiven Aufgabe". Theologie (RGG), 1119.

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zwang wissenschaftlicher Kommunikation zu überwinden, eine „dynamisch-geschichtliche Haltung" in der Forschungsarbeit zurückzugewinnen und auf diese Weise den „Ansprüchen der Lebensgebiete", die Gegenstand der Erforschung sein sollen, gerecht zu werden.96 Für die Theologie bedeute dies, daß sie der Forderung nach einer adäquaten Einstellung gegenüber ihrem Gegenstand erst dort entspreche, wo ein „letztes, unbedingtes Ziel" an die Stelle „irgendwelcher, stets bedingter Voraussetzungen und Methoden" trete. Die von hier aus nach Stephan aufweisbare Verbindung von Theologie und „allgemeiner Wissenschaft" hat ihren Grund in der „Selbstbesinnung des Lebens und der Kultur überhaupt". Ihre kulturwissenschaftliche Qualität beziehe die Theologie eben aus ihrer Beteiligung an einer solchen allgemeinen Selbstbesinnung.97 Innerhalb der kulturellen Sphäre ist die Bedeutung der Religion nach Stephan durch zwei Faktoren bestimmt: Zum einen kommt der Religion eine kulturbegründende Funktion zu, da sie der individuellen Lebensgestaltung eine orientierende, weltanschaulich und ethisch relevante Zielvorgabe bietet, die über die Bedingtheit der bloßen Existenzerhaltung hinausführt. Zum anderen wirkt sie, ausgehend von dieser Orientierungsleistung, im Blick auf die nichtreligiöse kulturelle Praxis zugleich als kritische Instanz. Denn die Religion „beseelt und beflügelt die Kultur zu ihren gewaltigsten Leistungen, aber sie wägt diese Leistungen zugleich auf der Waage der Ewigkeit und hat sie da noch stets zu leicht befunden". 98 Zugleich wird damit auch der Anspruch deutlich, den Stephan an die Theologie selbst erhebt: Die systematische Entfaltung der Glaubensdarstellung hat, unter Hinweis auf die kulturelle Prägekraft, die der christlichen Frömmigkeit zumindest im europäisch-amerikanischen Raum zukommt, die gesamtkulturelle Relevanz der Religion derart zu veranschaulichen, daß auch über den kirchlich-religiösen Bereich hinaus die grundlegende Bedeutung von Religion für die Kultur sichtbar werden kann. Die Theo-

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Ebd., 1120.

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Ebd. - Zur zeitgenössischen wissenschaftstheoretischen Debatte, die im wesentlichen ohne Beteiligung protestantischer Theologen geführt wurde, vgl. den Überblick bei Walther Chr. Zimmerli: Wissenschaftsgeschichte: Geisteswissenschaften, in: Helmut Seiffert / Gerald Radnitzky (Hg.): Handlexikon zur Wissenschaftstheorie, München 1992, 413-425. Die ältere liberaltheologische Diskussion um den wissenschaftstheoretischen Status der Theologie erörtert mit besonderer Berücksichtigung der Positionen Otto Ritschis, Friedrich Traubs und Ernst Troeltschs sowie eines frühen Entwurfes von Wobbermin Wolfhart Pannenberg in: Wissenschaftstheorie und Theologie, München 1977, 105-117 und 255-266. Das Verhältnis der Dogmatik zur Religionsphilosophie, 162-163. Stephan verbindet diese Formulierung, die aus dem Jahr 1913 stammt, mit einer theologiekritischen Bemerkung: „Während der frühere theologische Liberalismus dazu neigte, Religion und edle Kultur aufs engste zu verbinden, ja die Religion gelegentlich zur Kulturseligkeit zu verflachen, ist diese Neigung heute auch auf der theologischen Linken beinahe ausgestorben" (Ebd.).

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Grundbegriffe liberaltheologischer Theologietheorie

logic selbst erscheint dabei als eine „universal eingestellte und daher Neutralität erstrebende Wissenschaft".99 Kritisch wendet Stephan sich gegen eine vor allem in der liberalen Theologie vor 1914 wirksam gewesene Tendenz, die Theologie „nach Sinnbestimmung und Methode in die allgemeine Religionswissenschaft aufgehen zu lassen". Diese Tendenz habe, in Verbindung mit der Konjunktur religionsgeschichtlicher Fragestellungen, starken Einfluß auf die ältere liberaltheologische Theologietheorie gewonnen und sei Ausdruck einer „positivistisch-relativistischen Grundstimmung der Vorkriegsjahrzehnte". Der Sache nach handele es sich aber um eine Verkennung der Eigenart des christlichen Glaubens, der das ihm eigene theologische Klärungsbedürfnis eben nicht akzidentiell, sondern als wesentlichen Bestandteil seines Selbstvollzuges hervorbringe. Nur auf der Grundlage einer „aus innerster Lebensberührung erzeugten Entscheidung und Stellungnahme", der die theologische „Durchdringung des religiösen Gebietes" unmittelbar entspreche, könne das Christentum überhaupt als geschichtliche Religion bestehen.100 Daher stellt Stephan die These auf, daß eine religionswissenschaftliche Konzeption, die „von den Ausdrucksformen des Glaubens zu seiner Seele durchdringen" will, unausweichlich entweder sich selbst in Theologie transformiere oder aber gezwungen sei, theologische Deutungsmuster von außen zu importieren.101 Die Schwierigkeit jedoch, die „zweifellos" in dem Verhältnis der Theologie „als einer einem bestimmten Glauben zugeordneten Wissenschaft [...] zu dem Gesamtgefüge der Wissenschaften" begründet liege, könne nur durch eine verstärkte Ausbildung analytischer Kompetenz der Theologie selbst gelöst werden. „Lebensernst der Wissenschaft" und „Wahrheitsernst der Theologie" seien koinzidente Faktoren eines gemeinsamen wissenschaftlichen Forschungsinteresses. Für die Theologie bedeute dies, daß im universitären Unterricht die exegetischen und historischen Disziplinen an Bedeutung gewinnen müssen und auch die Systematische Theologie sich intensiver als bisher um eine Aufnahme und Verarbeitung exegetischer und historischer Fragestellungen zu bemühen habe. Die Glaubenslehre sei demnach in ihrer modernen, wissenschaftskompatiblen Form nur noch unter ständiger Bezugnahme auf die in den nichttheologischen Kulturwissenschaften geführten Diskussionen zu entwerfen. Sofern im übrigen selbst noch gegenüber einer derart ausgebildeten Theologie wissenschaftstheoretische Vorbehalte vorgebracht werden,

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100 101

Theologie (RGG), 1120. Zum historischen Kontext einer kulturwissenschaftlichen Qualifikation der Theologie vgl. Friedrich Wilhelm Graf: Rettung der Persönlichkeit. Protestantische Theologie als Kulturwissenschaft, in: Rüdiger vom Bruch / Friedrich Wilhelm Graf/Gangolf Hübinger (Hg.): Kultur und Kulturwissenschaften um 1900. Krise der Moderne und Glaube an die Wissenschaft, Stuttgart 1989, 103-131. Theologie (RGG), 1120. Ebd., 1120-1121.

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versteht Stephan sie als „Hinweis auf die Begrenztheit aller rationalen Konstruktion", der „auf dem Gebiet der Wissenschaft" unterschiedslos alle Forschungstätigkeit ausgesetzt sei.102 Stephan unterläßt es schließlich nicht, aus diesen Überlegungen zum wissenschaftstheoretischen Status der Theologie Konsequenzen auch für die Frage nach der praktischen Ansiedlung theologischer Forschung zu ziehen. Dabei formuliert er seine Position auch im Blick auf die Kontroversen in Kirche und Theologie um Status und Stellung der theologischen Fakultäten und um ihre Bestandserhaltung.103 Zwar blieben besonders die liberalen Theologen nicht unbeeindruckt von dem Umstand, daß in den Verfassungsberatungen des Frühjahrs 1919 vor allem das Problem der kirchlichen Einflußnahme auf Lehrstuhlberufungen und andere hochschulpolitische Vorgänge thematisiert worden war. Doch konnten sie davon ausgehen, daß die staatliche Seite in Art. 149 der Reichsverfassung und in diversen reichsrechtlichen Sonderregelungen, darunter einigen Staatskirchenverträgen mit evangelischen Landeskirchen,104 eine definitive Garantie für den Fortbestand der Fakultäten gegeben hatte. Ungeachtet dieser Sicherungen kam es noch während der Verfassungsberatungen innerhalb des liberalen Protestantismus zu einer intensiven Auseinandersetzung um die Vorzüge und Nachteile einer Institutionalisierung der theologischen Studien- und Forschungspraxis an den Universitäten. In seinem Beitrag zu dieser Debatte stellte Stephan den Aspekt der Organisation der theologischen Forschung und des theologischen Studiums in den Vordergrund. Die Einrichtung außeruniversitärer, „kirchlichseminaristischer" Ausbildungsstätten lehnte er im Blick auf die seines 102 103

104

Ebd., 1121. Zur Auseinandersetzung um die Stellung der theologischen Fakultäten vgl. Martin Schian: Fakultäten, Theologische, in: Die Religion in Geschichte und Gegenwart. Zweite Auflage. Band 2, Tübingen 1928, 500-503. Daneben siehe insbesondere die zahlreichen einschlägigen Publikationen Hermann Mulerts, die Stephans Urteil in dieser Sache stark geprägt haben; vgl. etwa Hermann Mulert: Zur Trennung von Kirche und Staat, in: Preußischejahrbücher 51 (1919), 38-58; Staat und Kirche: zwischen Weimar und Berlin, in: Die Hilfe 31 (1925), 230-231; Evangelische Kirchen und theologische Fakultäten, Tübingen 1930; Die deutschen evangelisch-theologischen Fakultäten bis 1933, in: Die Christliche Welt 48 (1934), 794-798. Zum Thema insgesamt siehe Klaus Tanner: Die fromme Verstaatlichung des Gewissens. Zur Auseinandersetzung um die Legitimität der Weimarer Reichsverfassung in Staatsrechtswissenschaft und Theologie der zwanziger Jahre (Arbeiten zur kirchlichen Zeitgeschichte. Reihe B: Darstellungen. Band 15), Göttingen 1989. Staatskirchenverträge wurden mit insgesamt acht evangelischen Landeskirchen geschlossen. Im einzelnen handelt es sich um die Landeskirchen in Braunschweig (1923), Bayern (l924), Thüringen (1929), Anhalt (l930), Hessen (1930), Mecklenburg-Schwerin (1930), Preußen (1931) und Baden (1932). Vgl. Ernst Rudolf Huber/Wolfgang Huber: Staat und Kirche im 19. und 20. Jahrhundert. Dokumente zur Geschichte des deutschen Staatskirchenrechts. Band IV: Staat und Kirche in der Zeit der Weimarer Republik, Berlin 1988, 672-739.

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Grundbegriffe liberaltheologischer Theologietheorie

Erachtens dort zwangsläufig eintretende wissenschaftliche Selbstisolierung von Theologie ab.105 Zudem stelle die Einbindung der Theologie in den universitären Wissenschaftszusammenhang einen normativen Anspruch an die Wissenschaftsfähigkeit theologischer Arbeit dar. „Auf die Dauer" sei die Legitimität theologischer Fakultäten nur dann gewährleistet, wenn „die Überzeugung von der inneren Verbundenheit der Theologie mit der Gesamtwissenschaft" sich erhalten oder im Zweifelsfall neu gewinnen lasse. Im Blick auf den praktischen Aufbau der akademischen Theologie findet Stephan weitgehende Entsprechungen zur organisatorischen Struktur der übrigen universitären Wissenschaften. Sie alle seien gegenstandsbedingte Sonderformationen der einen Idee von „Gesamtwissenschaft", bezogen auf die „wichtigsten konkreten Aufgaben des Lebens". Die Theologie sei daher, wie alle übrigen akademischen Fächer, als „lebendiggeschichtliche" Darstellung dieses wissenschaftlichen Ideals und insofern mit gleichem Recht und Anspruch „als Glied der universitas literarum" anzusehen.106 Gegenüber der fortdauernden Bestandsberechtigung theologischer Fakultäten an den staatlichen Universitäten kann daher nach Stephan weder die methodische noch die inhaltliche Seite theologischer Wissenschaft Anlaß zu prinzipiellen Bedenken geben. Für die Theologie selbst aber seien die „vom Staat" begründeten und erhaltenen theologischen Fakultäten „Hüter der freien Wissenschaft". Sie stehen, wie Stephan in Aufnahme einer von der liberalen Theologie der Zeit weithin vertretenen Auffassung betont, für die Bedingung der Möglichkeit freier Forschung und Lehre durch eine unabhängige wissenschaftliche Theologie.107 2.2.4. Das Darstellungsprinzip der Glaubenslehre Unter Einschluß der bereits erörterten religions- und theologietheoretischen Fragestellungen stehen sechs Aspekte im Vordergrund der theologietheoretischen Aufgabenstellung bei Stephan: a) b) c) d) e)

die Ausbildung einer theologischen Methodologie, die Rekonstruktion des Verhältnisses von Theologie und Religion, die Ermittlung des formalen Charakters theologischer Sätze, die Definition des Gegenstandsbereiches theologischer Reflexion, die Klärung der Frage, ob und gegebenenfalls in welchem Sinne die theologische Theoriebildung wissenschaftlichen Charakter aufweist, sowie

105

Vgl.: Theologie (RGG), 1122. Ebd., 1121. Ebd., 1122.

106

107

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f) die Analyse des Verhältnisses der Theologie zu anderen kulturwissenschaftlichen Disziplinen auf der Grundlage einer wissenschaftstheoretischen Beschreibung des Status von Theologie innerhalb der Gesamtheit der Wissenschaften. In allen Einzelbereichen seiner theologietheoretischen Argumentation läßt Stephan sich von folgender Leitfrage führen: Wie kann die theologische Glaubensdarstellung in einer Weise vorgenommen werden, die dem Gegenstand der Theologie angemessen ist und die auch der historischen Situation entspricht, in der die jeweilige theologische Darstellung erfolgt. Diese Frage bildet geradezu den Kern von Stephans theologischer Programmatik, um den sich alle weiteren Überlegungen zur Methodik und zur praktischen Ausführung der Glaubenslehre gruppieren. Der Aufbau der Glaubenslehre ist nach Stephan in Entsprechung zur „inneren Logik des christlichen Glaubens" selbst zu entwerfen. Von diesem Grundsatz aus wird eine Untergliederung des Gesamtumfanges der Glaubenslehre in drei Teilbereiche vorgenommen. Im einzelnen handelt es sich dabei um die Erörterung des Glaubensbegriffes, der Glaubenserkenntnis und der weltanschaulichen Dimension des Glaubens. Die Thematisierung des evangelischen Glaubensbegriffes, die in ihren Grundzügen bereits nachgezeichnet wurde, eröffnet die Darstellung. Im Kontext der Ausführungen zur „evangelischen Glaubenserkenntnis" werden die zunächst unterschiedenen Bereiche der Gottes- und der Heilserkenntnis des Glaubens entfaltet. Beide werden anschließend, in kritischer Aufnahme der traditionellen Lehrstücke der Trinitätslehre, der Prädestinationslehre und der Rechtfertigungslehre wieder zusammengeführt. In einem zweiten Erörterungszusammenhang diskutiert Stephan dann die Bedingungen und Möglichkeiten einer evangelischen Glaubenserkenntnis. Den dritten thematischen Großkomplex bildet schließlich die Darstellung der „Weltanschauung des christlichen Glaubens". Es handelt sich bei diesem klaren und im wesentlichen in den drei Auflagen des Buches unverändert beibehaltenen Aufbau der Glaubenslehre nicht um eine undurchlässige inhaltliche Sonderung der thematischen Bereiche. Vielmehr werden in der Darstellung die drei Einzelkomplexe und ihre Teilthemen in einem zum Teil recht komplizierten Schema wechselseitiger Zuordnung ständig aufeinander bezogen.108 Aus der grundlegenden Bedeutung der Offenbarungsorientierung christlicher Glaubenssätze folgt zunächst für die theologische Reflexion, daß die „Behandlung des evangelischen Glaubens" in Zentrierung auf sein „offenbarungsbezogenes 108

Vgl. zum Aufbau der Darstellung: Glaubenslehre. Dritte Auflage, 16-17. Stephan gebraucht hier das Bild von „Stockwerken", um das Bezugsverhältnis der einzelnen thematischen Bereiche zueinander zu veranschaulichen. Allerdings schematisiert dieses Bild die tatsächlichen internen Beziehungen unangemessen stark und verdeckt so die Dynamik der Darstellung.

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Grundbegriffe liberaltheologischer Theologietheorie

Wesen" anzulegen ist. Diese prinzipielle Entscheidung, die in einer derart eindeutigen Form weder von Wobbermin noch von Wehrung getroffen worden ist, versteht Stephan als Aufnahme und Fortführung des reformatorischen Neuansatzes in der Theologie und insofern als wesentliches Kennzeichen der protestantischen Theologietradition. Sie muß seiner Ansicht nach als solche von der evangelischen Glaubenslehre gegen die „modernen Verflachungen" gewahrt und bekräftigt werden, die ihrerseits eine Folge einflußreicher Strömungen im außerchristlichen und neureligiösen Bereich des gegenwärtigen „Weltanschauungsstrebens" sind. Eine zweite elementare Unterscheidung, die Stephan vornimmt, differenziert zwischen der spezifischen Eigenart des Glaubens als einer auf Offenbarung ausgerichteten religiösen Haltung und der formalen Bestimmtheit des frommen Bewußtseins. Obwohl in der theologischen Beschreibung jener religiösen Haltung die Überzeugung von der bedingungslosen Rechtfertigung des Sünders im Mittelpunkt steht, handelt es sich doch nach Stephan dabei lediglich um eine „formale" Beschreibung des „Wesens des Glaubens". Zwar knüpft Stephan in diesem Zusammenhang an die naheliegende nachreformatorisch-orthodoxe Unterscheidung einer fides objectiva von einer fides subjectiva bzw. der fides quae creditur von der fides qua creditur nicht explizit an.109 Diese Unterscheidung hatte, wie erwähnt, in der liberalprotestantischen Theologie breite Resonanz gefunden, weil sie geeignet zu sein schien, die subjekttheoretische Umformulierung des Theologieverständnisses innerhalb des Glaubensbegriffes selbst zu verankern.110 Genau diese Umformulierung liegt der Theologietheorie Stephans zugrunde. Und in der Tat nimmt auch er, obwohl eine ausdrückliche Bezugnahme fehlt, die Intention, die mit der Rezeption der Unterscheidung in der neuprotestantischen Theologietradition verbunden war, in seine eigene Konzeption auf.111 Stephan setzt voraus, daß trotz der Unlösbarkeit der religiösen Vorstellungen von ihren geschichtlichen Ausdrucksformen eine angemessene theologische Darstellung erst dann durchführbar ist, wenn zuvor der Glaubensbegriff selbst nach den beiden Richtungen seiner „seelischen Art" und seiner „Sachbestimmtheit" geklärt worden ist. Stephan bezieht sich dabei auf den Umstand, daß die „diskursive Art menschlichen Denkens und Darstellens" eine Unterscheidung „formaler" Wahrnehmungsmuster von den Wahrnehmungsinhalten „notwendig" fordere. Dies gelte insbesondere dann, wenn die theologische 109 110

111

Vgl. dazu oben Teil III.1.1.3. Vgl. z.B. Ernst Troeltsch: Glaubenslehre. Nach Heidelberger Vorlesungen aus den Jahren 1911 und 1912. Mit einem Vorwort von Marta Troeltsch, München und Leipzig 1925, 43-44 und 52. Vgl.: Glaubenslehre. Dritte Auflage, 16-17. An anderer Stelle weist Stephan auf den ursprünglichen Gehalt dieser zentralen theologischen Differenzierung selbst ausdrücklich hin (Ebd., 35-36). Vgl. auch die Darstellung in: Die systematische Theologie, 28-31, insbesondere: 31.

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Darstellung beansprucht, einen konkreten Offenbarungsgehalt als bestimmbaren Inhalt des religiösen Bewußtseins zu entfalten. 112 Gegenüber denjenigen theologischen Entwürfen, die die theologische Darstellung des Glaubens in einen unmittelbaren Zusammenhang mit der offenbarten Heilsbotschaft bringen wollen, beansprucht Stephan für die von ihm formulierte Position, „mit der Tatsache Ernst [zu] machen, daß wir gerade ein Verständnis des Wortes Gottes und der Offenbarung am ehesten dann gewinnen, wenn wir von ihrer Selbstbezeugung in unserem eigenen Leben, d.h. eben vom Glauben ausgehen". Dieses Verfahren, das Stephan im Gegensatz zu jenem „apriorischen" als „aposteriorisches" bezeichnet, liefere die Grundlage für die materiale Konstruktion der Glaubenslehre. Dabei unterscheidet Stephan zwei Ebenen der Darstellung, die derart aufeinander bezogen sind, daß die erste die zweite bedingt: Zunächst wird in einem ersten Durchgang von der „Erkenntnis Gottes und des göttlichen Wirkens", dann in einem zweiten Durchgang von der Entfaltung des Glaubens in der ihm vorgegebenen, zugleich aber auch von ihm selbst mitbestimmten Lebenswelt gehandelt.113 „Offenbarung", „Erlösung" und „neue Schöpfung" sind die leitenden Grundbegriffe in der Darstellung der christlichen Gottes- und Heilserkenntnis. Sie werden in der Glaubenslehre als zentrale Bestandteile des christlichen Erlösungsglaubens entfaltet und inhaltlich im „Rechtfertigungsglauben" zusammengefaßt. Für diese Auslegung der wichtigsten religiösen Überzeugungen nimmt Stephan „im Kern" einen „vom Wandel der Zeiten" weitgehend unabhängigen Charakter an. Die sachliche Voraussetzung dieser zunächst überraschenden These liegt in der von Stephan schon früh vertretenen Auffassung, daß die Gesamtheit der Glaubensvorstellungen einen präzise zu beschreibenden, im Gottesbegriff zusammengeschlossenen Kernbereich umfasse, dessen Anerkennung die notwendige Bedingung für den Anschluß des einzelnen Gläubigen an die gemeinschaftliche christliche Glaubenspraxis sei. Dieser Kernbestand bleibe durch die verschiedenen historischen Realgestalten des Christentums hindurch nahezu unverändert. Als elementarer Glaubensinhalt sichere er die Identität des Christentums. Zu ihm gehören nach Stephan in erster Linie die Vorstellungen vom Gericht, von der „Erlösung zu einem gotterfüllten Dasein und einem neuen Lebensgefühl der Seligkeit" sowie von einer sittlichen Verpflichtung, die sich als lebenspraktische Verwirklichung und Bewährung der „Erlösung" versteht. Diese Glaubensinhalte erweisen sich „über alle Zeitunterschiede hinweg [...] als die mächtigsten Kräfte der christlichen Religion". Ihnen komme geradezu eine christentumsbegründende Bedeutung zu: Im Gesamtkreis der christlichen Glaubensvorstellungen seien sie „am unabhängig112 113

Glaubenslehre. Dritte Auflage, 16 und 39-44. Ebd., 17.

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sten von Zufälligkeiten wie sozialer Stellung, Bildung, Besitz, Nationalität und Rasse". „Sie treffen das Menschenwesen in der Tiefe, in der es trotz aller Entwicklungen und Verschiedenheiten überall wesentlich gleich ist." Diese Kontinuität erstreckt sich auch auf die theologische Darstellung. Denn wenn sich auch angesichts des geschichtlichen Wandels der Verstehensbedingungen „ihr theologischer Ausdruck [...] noch mannigfach entwickeln" werde, so weise die Darstellung dieser zentralen Glaubensinhalte - anders als bei religiösen Vorstellungen, die nicht in gleicher Weise auf den Gottesbegriff ausgerichtet sind - doch ein in der Theologie sonst nicht erreichbares Maß an Stetigkeit auf.114 Die Gottesvorstellung bestimmt auch die Darstellung des christlichen Glaubens, die Stephan erstmals in der „Glaubenslehre" von 1921 vorgenommen hat. Für den Aufbau der „Glaubenslehre" ist vor allem der Umstand bedeutsam, daß innerhalb der Gottesbeziehung das religiöse Bewußtsein einerseits durch die Erfahrung der „Heiligkeit Gottes", andererseits durch die Erfahrung seiner „Nähe" bestimmt werde.115 Das Bewußtsein der letztgültigen, bedingungslosen Annahme des Menschen durch Gott, aber auch die Erfahrung der unbedingten sittlichen Forderung, „als des göttlichen Willens", konfrontiert den Christen mit einer Wirklichkeit Gottes, aus der heraus die Wirklichkeit des Menschen nicht mehr durch seinen „empirischen Zustand", sondern durch „die Gottebenbildlichkeit" begründet werde.116 „Die Welt" hingegen, d.h. die Gesamtheit derjenigen Faktoren, von denen die Gestaltung der sozialen Lebenswirklichkeit abhängt, kommt nach Stephan in diesem ursprünglichen religiösen Verhältnis nur indirekt als Stätte göttlichen Handelns zur Geltung. Sie sei für die theologische Reflexion lediglich insofern relevant, „als das Verhältnis zu ihr unmittelbar eingreift in das Verhältnis zu Gott". Gerade dieser Umstand ist nach Stephan der im Glauben selbst verankerte Grund dafür, daß die Gotteslehre sich in der dogmatischen Lehrüberlieferung durch ein außerordentlich hohes Maß an Beständigkeit und Gleichklang in der Darstellung der „Glaubenserkenntnisse" auszeichne.117 114 115 116 117

Das Verhältnis der Dogmatik zur Religionsphilosophie, 167-168. Vgl.: Glaubenslehre. Erste Auflage, 80-103; Glaubenslehre. Dritte Auflage, 98-106. Glaubenslehre. Dritte Auflage, 100. Ebd., 17.- Mit einer intensiven Erörterung der methodischen Probleme, die mit der Lehre von Gott verbunden sind, hat Stephan bereits seine Marburger Dozententätigkeit eröffnet. Kritischer Bezugspunkt dieser Überlegungen war das sogenannte „theozentrische" Programm einer „dogmatischen Prinzipienlehre" des Kieler Systematikers Erich Schaeder (1861-1936). Vgl. hierzu insbesondere Erich Schaeder: Theozentrische Theologie. Eine Untersuchung zur dogmatischen Prinzipienlehre. Erster, geschichtlicher Teil, Leipzig 1910, sowie dazu: Horst Stephan: Theozentrische Theologie, in: Zeitschrift für Theologie und Kirche 21 (1911), 171-209. Der abschließende zweite Band von Schaeders Werk, der im Jahre 1914 erschien, nimmt zwar die Auseinandersetzung mit Stephan auf, führt der Sache nach aber das Begründungskonzept der „theozentrischen Theologie" im wesentlichen unverändert fort (vgl. Erich Schaeder: Theozentrische Theologie. Eine Un-

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Die näheren Ausführungen zur „evangelischen Glaubenserkenntnis", die den zentralen Zusammenhang der Glaubenslehre bilden, untergliedern sich in einen einleitenden Abschnitt, der unter dem Titel „Die Gotteserkenntnis" zunächst methodische Fragen erörtert, dann, jener doppelseitigen Grunderfahrung entsprechend, „die Heiligkeit" und „die Nähe" Gottes thematisiert und beide Teilaspekte dieser Erfahrung in dem Begriff der „Persönlichkeit Gottes" integriert. Der anschließende zweite Abschnitt widmet sich auf der Grundlage einer Analyse des „Selbstverständnisses des Menschen im Lichte des Glaubens" einer Erörterung der „Heilserkenntnis" des Glaubens und damit derjenigen Seite der Gotteslehre, die die Erfahrung von Heilsbedürftigkeit, von Heilsmittlerschaft, Heilsvermittlung und Gnade umfaßt. Seit der zweiten Auflage der „Glaubenslehre" führt Stephan in diesen Zusammenhang eine weitere Untergliederung ein, die zum einen die Anthropologie und die Christologie („Das Heil unter dem Gesichtspunkt der Erlösung"), zum anderen die Lehre vom Geist und die Ekklesiologie („Das Heil unter dem Gesichtspunkt der neuen Schöpfung") zusammenfaßt.118 Stephan will durch diesen insgesamt durchaus traditionellen Aufbau der Gotteslehre seine These von einer relativen geschichtlichen „Unabhängigkeit" der theologischen Darstellung der Gottesidee stützen. Sie geht dabei von der Voraussetzung einer nur mittelbaren Einwirkung der Weltbezüge auf die interne Grundstruktur der Glaubensvorstellungen aus. Bei den Aussagen der Glaubenslehre zur „Weltanschauung" bzw. zum „Weltverständnis des christlichen Glaubens", die Stephan in dem abschließenden dritten Teil der Glaubenslehre erörtert, verhält es sich hingegen bereits vom Ansatz her anders: Hier ist es gerade die primäre Aufgabe des evangelischen Glaubens, „der in der wirklichen Welt" lebt und „daher auch in ihr kämpfen und seinen Auftrag erfüllen" muß, die „ihn bedingende und umfassende Welt von seiner zentralen Erkenntnis aus zu verstehen". Seine Aufgabe besteht darin, „den Spuren Gottes in ihr nachzugehen".119 Es ist bemerkenswert, daß Stephan in diesem Zusammenhang die Aufgabenformulierung allein in Bezug auf den Glauben selbst vornimmt und der Theologie lediglich die Funktion einer nachgeordneten reflexiven Darstellung zuweist. Drei Bereiche religiöser Erfahrung stehen im Vordergrund der Ausführungen zur christlichen Weltanschauung: Zunächst thematisiert Stephan

118

119

tersuchung zur dogmatischen Prinzipienlehre. Zweiter Band, Leipzig 1914, 4-5. 105 und insbesondere 33-35). Zur Kontroverse Stephan-Schaeder vgl. Wolfhart Pannenberg: Problemgeschichte der neueren evangelischen Theologie in Deutschland. Von Schleiermacher bis zu Barth und Tillich, Göttingen 1997, 173-175. Vgl. die Gliederungshinweise in: Glaubenslehre. Erste Auflage, XII-XIII; Glaubenslehre. Zweite Auflage, XII-XIII, sowie besonders die Ausführungen zum Aufbau der Darstellung in: Glaubenslehre. Dritte Auflage, X1-XI1I. Glaubenslehre. Dritte Auflage, 17.

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die Sphäre der nichtchristlichen Religionen, dann die des „allgemeinen Geisteslebens" und schließlich die des „weltanschaulichen Einheitsstrebens", in der nach Stephan insbesondere „Natur und Geschichte" die Ressourcen der Sinnerkenntnis bilden. Zu ihnen allen baue der Glaube, sofern er sich seiner selbst bewußt wird, eine aktive, auf Einwirkung und Mitgestaltung gerichtete Beziehung auf, die selbst auf den Glauben zurückwirkt. Stephan spricht in diesem Zusammenhang sogar von einer „gewissen Abhängigkeit des konkreten Glaubensgedankens" von solchen weltanschaulichen Aussagen. Die Wechselbeziehung zwischen Glaubenssatz und religiöser Weltdeutung präge überdies auch die Glaubenslehre. Selbst die modernitätskritischen theologischen Konzeptionen könnten sich auf Dauer der mit dieser Wechselbeziehung verknüpften Frage einer Verhältnisbestimmung von Religion und Kultur nicht entziehen.120 Von erheblicher Bedeutung für Stephans eigenes theologisches Denken ist in diesem Zusammenhang die Auffassung, daß eine theologische Darstellung „das Weltverständnis des evangelischen Glaubens" gerade in der Auseinandersetzung mit den verschiedenen Formen nichtchristlicher Wirklichkeitsdeutung entfalten müsse.121 Dabei transformiert die Glaubenslehre sich im Zuge dieser Auseinandersetzung in die theologischen Sondergestalten einer „Theologie der Religion", einer „Theologie des allgemeinen Geisteslebens" und einer „Theologie des Weltanschauungsstrebens". Hier erst ist schließlich auch der Ort für eine angemessene Aufnahme der grundlegenden Problemstellungen aus der traditionellen Religionsphilosophie. Erst im Rahmen der christlichen Weltanschauungstheorie läßt sich nach Stephan überhaupt die tatsächliche Bedeutung derartiger religionsphilosophischer Fragen für die Glaubenslehre erkennen. Besonders in diesem dritten Teil der „Glaubenslehre" erhält die Theologie eine Prägung, die ihr den Charakter und die Aufgabenstellung einer historisch orientierten, kritischen Theorie des menschlichen Strebens nach weltanschaulicher Lebensorientierung zuweist.122 Erst als kritische Weltanschauungswissenschaft ist die spezifische Leistung der Theologie als einer historischen Kulturwissenschaft zureichend bestimmt. Auf der normativen Grundlage des christlichen Glaubens verfolgt sie dabei zwei Ziele: Zum

120 121 122

Die systematische Theologie, 51. Glaubenslehre. Dritte Auflage, 17. Diese weltanschauungskritische Ausrichtung der theologischen Aufgabenstellung hat Stephan bereits in der 1914 erschienenen Untersuchung „Religion und Gott im modernen Geistesleben" zum Ausdruck gebracht: „In der inneren Auseinandersetzung" mit den Wirklichkeiten des modernen Lebens müsse der christliche Glaube „die Gedanken und Motive entwickeln lernen, in denen er sich selbst behauptet, das moderne Leben sich innerlich aneignet und die Kultur in der Richtung auf das Reich Gottes fortbilden hilft; nicht theoretische Konstruktion oder ängstliche Berechnung, sondern die lebendige praktische Frömmigkeit wird Weg und Kraft dafür finden" (Religion und Gott im modernen Geistesleben. Zwei Vorträge, Tübingen 1914, III-IV).

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einen führt sie eine konstruktive, d.h. nicht von apologetischen Interessen bestimmte Auseinandersetzung mit nichtchristlichen Formen der weltanschaulichen Wirklichkeitsdeutung und Daseinsvergewisserung. Zum anderen wirkt sie aber gleichzeitig auch auf den Glauben selbst ein, indem sie durch die Erfahrung der weltanschaulichen Konfrontation die religiöse Gestaltungs- und Deutungskompetenz des Christentums verstärkt. Aus diesem Grunde sind auch „die Urteile des Glaubens" zu konkurrierenden Weltanschauungsangeboten „mitbedingt durch das Bild, das seine Vertreter sich als denkende Menschen ihrer Zeit von der Welt des EmpirischWirklichen machen". Die Theologie ist deshalb auf die Unterstützung der Kultur- und auch der Naturwissenschaften angewiesen. Denn nur dann sei gewährleistet, daß die einzelnen „Weltinhalte" in ihrer tatsächlichen Bedeutung für die Aufgabe der systematischen Glaubensdarstellung deutlich werden.123 Auch hier ist also, wie Stephan in Anknüpfung an seine früheren Ausführungen noch einmal betont, die interdisziplinäre Kooperation der Theologie für die Bewältigung der theologischen Aufgabenstellung von großem Gewicht. Nur innerhalb der wissenschaftlichen Forschungsgemeinschaft, d.h. konkret: nur innerhalb der Universität, sei eine Form von Theologie denkbar, die sich in angemessener Weise jener Aufgabe überhaupt stellen kann. Die Darstellung der „Glaubensgedanken", jenes Komplexes theologischer Sätze, die sich auf den Bereich der christlichen Weltanschauung beziehen, steht am Ende des Weges, den die Glaubenslehre zurückzulegen hat.124 Innerhalb der zeitgenössischen theologischen Diskussion sah Stephan sich im Blick auf diesen Aspekt der Aufgabenbeschreibung von Theologie weitgehend allein: „Unter den neuen Darstellungen der Glaubenslehre ist allein die meinige dazu übergegangen, sie [seil.: die Weltanschauungslehre] als besondere Aufgabe von eigentümlicher Art ins Auge zu fassen."125 Nichtsdestoweniger hielt er bis zur letzten Bearbeitung der „Glaubenslehre" daran fest, daß diese Aufgabenstellung direkt hergeleitet sei aus dem elementaren Anspruch an die Theologie, in normativer Orientierung am evangelischen Rechtfertigungsglauben und in kritischer Aufnahme des Überlieferungsbestandes der Christentumsgeschichte zu einer „Selbstbesinnung des Glaubens" beizutragen. Im übrigen geht die Glaubenslehre, ebenso wie die Darstellung der Glaubensinhalte selbst, auch im Kontext ihrer weltanschauungskritischen Funktion von einer offenbarungstheologisch angelegten Deutung des Glaubensbegriffes aus. Insofern schließt sich die von Stephan konzipierte Gestalt der Glaubenslehre in ihrer zweistufigen Darstellung des Glaubensinhaltes und der Weltanschauungsfunktion des 123 124

125

Glaubenslehre. Dritte Auflage, 17. Glaubenslehre. Zweite Auflage, 18-19; vgl. dort auch die Abgrenzung Stephans von dem Gebrauch des Begriffes „Glaubensgedanken" bei Wilhelm Herrmann. Die systematische Theologie, 52.

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Glaubens an die methodische Begründung der Möglichkeit von Theologie als einer reflexiven Deutung des Offenbarungsgeschehens an. An dieses Modell von Theologie knüpft Stephan den Anspruch, daß es imstande sei, die Erwartung einzulösen, die seit Schleiermachers Formulierung einer neuzeitlichen Theorie von Theologie mit der Ausführung der Glaubenslehre verbunden war. Mit den Mitteln einer plausiblen, rationalen Argumentation soll die Glaubenslehre zu einer Förderung der Praxis des Glaubens beitragen. In diesem Sinne besteht, ungeachtet aller näheren Bestimmungen, der entscheidende Aspekt dieser Theorie darin, daß die Theologie über ihre intensive und ihre extensive Ausrichtung eine selbstaufklärende Reflexion der Glaubensinhalte vorzunehmen habe. Nur unter dieser Voraussetzung kann nach Stephan die Glaubenslehre beanspruchen, in einer methodisch ausgewiesenen Form den systematisch-theologischen Anforderungen eines auf die „wirkliche Totalität der Selbstbesinnung" gerichteten Prinzips der Glaubensdarstellung zu genügen. Nur so umfasse sie alles, „was der Glaube als systematisches Rüstzeug für die Verwirklichung seines Wesens und den Vollzug seines Dienstes an der Welt braucht". 126 2.2.5. Stephans Beitrag zur liberaltheologischen Theologietheorie - ein Fazit Die theoretische Klärung des Theologiebegriffes nimmt innerhalb der theologischen Konzeption Stephans eine zentrale Stellung ein. Stephan folgt in seiner methodologisch-begründungstheoretischen Argumentation der Grundintention seines Projektes einer kritischen, historisch-reflektierten Glaubenslehre: Theologie wird als eine Funktion von Frömmigkeit definiert, die sich, verankert in einer gemeinschaftlichen Frömmigkeitspraxis und getragen von der Überzeugung, daß der christliche Glaube zu den elementaren kulturprägenden Kräften der Gegenwart zählt, den intellektuellen und weltanschaulichen Herausforderungen der modernen Lebenswirklichkeit offensiv zu stellen hat. Dies zu leisten ist sie aber nur dann imstande, wenn ihre inhaltliche Ausführung rational nachvollziehbare Kriterien voraussetzt und die Standards wissenschaftlicher Wirklichkeitsdeutung auch in der theologischen Darstellung und Auslegung der religiösen Vorstellungen uneingeschränkt Gültigkeit besitzen. Der „verhängnisvollen [...] Unklarheit", die aufgrund einer verbreiteten „Betonung des Irrationalen und Intuitiven, des Unmittelbaren und absolut Wertvollen, des Unendlichen und Unbedingten" die Qualität theo126

Glaubenslehre. Dritte Auflage 18. - Zu Stephans Theologiebegriff vgl. ergänzend meine Darstellung: Theologie als Weltanschauungswissenschaft. Horst Stephan - ein liberaler Theologe der Zwischenkriegszeit, in: Zeitschrift für Neuere Theologiegeschichte / Journal for the History of Modern Theology 5 (1998), 60-80.

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logischer Forschung als einer kompatiblen Wissenschaftsleistung stark beeinträchtigt habe, tritt Stephan daher mit einer konsequent an rationalen Plausibilitätskriterien orientierten Theologietheorie entgegen.127 Das von ihm entfaltete Modell von Theologie wird ausdrücklich in ein theologiegeschichtliches Kontinuitätsverhältnis zur Tradition kritischer Theologie gestellt. Seine historische Identität bezieht es insbesondere aus der Anknüpfung an die von Schleiermacher entwickelte Neufassung des Theologiebegriffes. Auf diese epochale Leistung Schleiermachers geht es nach Stephan zurück, wenn die Theologie heute in der Lage ist, durch ihren spezifischen wissenschaftlichen Beitrag an der Versöhnung von Christentum und Moderne mitzuwirken. In diesem Sinne verwendet Stephan schließlich auch für seine eigene theologische Konzeption die Bezeichnung einer „Theologie in der Moderne".128 Ein wichtiges Moment in Stephans Versuch, den Anspruch, der mit einem solchen Modell von „Theologie in der Moderne" verbunden ist, einzulösen, besteht in der Beschreibung des Verhältnisses von praktischer Frömmigkeit und theologischer Reflexion. Zwar bringt der christliche Glaube aus sich selbst die Glaubensreflexion hervor. Auch bleibt die Theologie in ihrer Darstellung auf die normativ gültigen Bestimmungsinhalte des frommen Bewußtseins bezogen. Doch nimmt andererseits nur die Theologie den Glauben als eine kohärente Anschauungseinheit wahr. Der Glaube seinerseits wird sich seiner Einbindung in die Christentumsgeschichte und der damit verbundenen historischen Bedingtheit seiner gegenwärtigen Gestalt erst im Rahmen theologischer Aufklärung bewußt. Aus diesem Ansatz ergeben sich eine Reihe von Konsequenzen für die Struktur der theologischen Darstellung. Sie bestimmen auch die Einzelentfaltung der religiösen Vorstellungsgehalte in der ausgeführten Glaubenslehre. In erster Linie handelt es sich dabei um die folgenden fünf Punkte: 1. Theologie als Reflexionsform von Frömmigkeit ist, anders als im altprotestantischen Modell von Dogmatik als scientia de Deo, nur als Glaubenslehre denkbar. Einwände gegen diese Umformulierung des Theologiebegriffes, die ihr eine subjektivistische Auffassung vom Glauben un-

127 128

Die systematische Theologie, 16. Stephan selbst hat nur vereinzelt diese Kennzeichnung verwendet. Immer jedoch steht dabei der historische Bedeutungsgehalt im Vordergrund. In besonders prägnanter Weise kommt dies in dem Umstand zum Ausdruck, daß Stephan zeitweise geplant hat, seiner später als „Geschichte der evangelischen Theologie seit dem Deutschen Idealismus" (Berlin 1938) veröffentlichten Theologiegeschichte den Titel „Geschichte der protestantischen Theologie in der Moderne" zu geben. - Stephans Überlegungen zur Titelgebung dieses Werkes werden durch eine Reihe eigenhändiger Formulierungsvorschläge belegt, die sich aus den im Archiv des Verlages Walter de Gruyter (Berlin / New York) befindlichen Unterlagen entnehmen lassen (Verlagsarchiv. Aktenbestand: Stephan / Schmidt); vgl. dazu die Angaben oben in Teil II.1.7.2.

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terstellen, werden von Stephan zurückgewiesen. In historischer Perspektive bezieht Stephan sich hier nicht allein auf Schleiermachers Konzeption, sondern auch auf die bereits von den Reformatoren vorgenommene Definition von Theologie als „Lehre vom Glauben". 2. Ein zweites Charakteristikum des theologischen Entwurfs von Stephan besteht darin, daß die theologische Reflexion religiöser Vorstellungen als integraler Bestandteil einer umfassenden kulturwissenschaftlichen Deutungstätigkeit verstanden wird, die sich in ihrer Gesamtheit auf die ganze Breite „des Lebens und der Kultur überhaupt" bezieht. Die Theologie gehört demnach in den wissenschaftlichen Diskussionszusammenhang hinein, wie er insbesondere an den Universitäten betrieben wird. Auch die Existenz theologischer Fakultäten an staatlichen Hochschulen läßt sich nach Stephan von hier aus begründen. 3. Daneben konkretisiert sich die kulturwissenschaftliche Qualität theologischer Glaubensdarstellung in der Auseinandersetzung mit nichtchristlichen und nichtreligiösen Formen der Wirklichkeitsdeutung. In der Durchführung einer solchen kritischen Auseinandersetzung nimmt die Theologie den Charakter einer kritischen Weltanschauungswissenschaft an. 4. Nach Stephan ist gerade das Nebeneinander beider Richtungen der theologischen Aufgabenstellung für ein modernes Verständnis von Theologie kennzeichnend: Erst auf der Grundlage der eigenen normativen Bindung ist die Theologie in der Lage, den Glauben auch nach außen hin, im Gegenüber zur „Welt", zu repräsentieren. Darüber hinaus wird der Begriff von Welt selbst zu einem Teil der theologischen Glaubensauslegung. Die einem durch dogmatische Vorgaben nicht verstellten Weltzugang entsprechende kritisch-rationale Wirklichkeitsdeutung wird zum Rahmendatum der theologischen Darstellung. 5. Indem Stephan die Theologie in einer gleichsam konzentrischen Disposition zunächst als Glaubenslehre, dann als Kulturwissenschaft und schließlich als kritische Weltanschauungswissenschaft beschreibt, konfrontiert er sie schließlich mit einem doppelten Anspruch an ihre inhaltliche Entfaltung. Zum einen soll sie den Glauben derart über sich aufklären, daß er seiner selbst ansichtig wird. Zum anderen soll sie ihn in die Lage versetzen, in der weltanschaulichen Auseinandersetzung offensiv aufzutreten. Diese Doppelseitigkeit der theologischen Aufgabe entspricht, wie Stephan wiederholt betont hat, der polaren Struktur des Glaubens selbst. Deshalb sind - in Analogie zu dem Umstand, daß auch die „intensive" und die „extensive" Bewegung des Glaubens einander gegenseitig bedingen - beide Aspekte in der theologischen Darstellung ständig aufeinander zu beziehen. Nur wenn es der Theologie gelingt, diese Polarität in der theologischen Argumentation zum Ausdruck zu bringen, sei noch „am ehesten" gewährleistet, daß „dem evangelischen Christentum die verlorene Stellung unter den geistigen Mächten der Gegenwart wiedergegeben" und sein „Dienst

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an Volkserziehung, Menschenbildung, Kulturvertiefung geistig" unterbaut werden könne.129 2.3. Theologie als antihistoristische Religionstheorie. Der Theologiebegriff bei Wobbermin Die folgende Untersuchung des Theologiebegriffes bei Wobbermin greift die im Eingang zu diesem Abschnitt genannten vier Fragestellungen auf; jedoch beschränkt sie sich auf eine knappe Zusammenfassung der einzelnen vorgetragenen Positionen. Zudem werden insbesondere solche Aspekte der Theorie hervorgehoben, die einen von Stephans Konzeption signifikant abweichenden Standpunkt zum Ausdruck bringen. Diese Begrenzung erscheint im übrigen auch insofern gerechtfertigt, als zu Wobbermins Theologieverständnis bereits eine umfassende Studie vorliegt, die sich auch den wissenschaftstheoretischen Fragen eingehend widmet.130 Das vorrangige Interesse, das Wobbermin mit der Entfaltung seiner Theologietheorie verfolgt, besteht darin, die Frage nach dem wissenschaftstheoretischen Status von Theologie im Kontext der zeitgenössischen Diskussion des Wissenschaftsbegriffes zu erörtern. Dies ist der Hintergrund, vor dem Wobbermin Fragen der begrifflichen und der inhaltlichen Struktur von Theologie untersucht. In der Darstellung der fachspezifischen bzw. „einzelwissenschaftlichen" Aspekte theologischer Forschung beschreibt Wobbermin die Theologie als „Wissenschaft von der christlichen Religion", der gegenüber der Ethik, der Kulturwissenschaft und der allgemeinen Religionswissenschaft ein eigenständiger wissenschaftstheoretischer Status zukommt. Daneben tritt die Theologie auf einer zweiten wissenschaftstheoretischen Ebene, ungeachtet ihrer Differenzierung in fachwissenschaftliche Einzeldisziplinen, als Universalwissenschaft auf, die zumindest partiell die Funktion einer metawissenschaftlichen Begründungstheorie übernimmt. Im Blick auf die Auseinandersetzung mit nichtchristlichen Weltanschauungsformen wird Theologie bei Wobbermin, anders als bei Stephan, nicht als Weltanschauungskritik aufgefaßt, sondern als eine ihr weltanschauliches Potential entfaltende „theonome Weltanschauungslehre".

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Glaubenslehre. Dritte Auflage, 260 (wortgleich schon in: Glaubenslehre. Erste Auflage, 222, und: Glaubenslehre. Zweite Auflage, 271). Günter Irle: Theologie als Wissenschaft bei Georg Wobbermin, Diss. theol. Marburg 1973.- Irles Studie läßt im einzelnen viele Fragen offen; auch wird die vom Autor verschiedentlich angedeutete theologiekritische Interpretation inhaltlich kaum entfaltet. Dennoch zeichnet die Arbeit in einer sorgfältig durchgeführten Rekonstruktion ein meines Erachtens insgesamt zutreffendes Bild der Theologietheorie Wobbermins.

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Grundbegriffe liberaltheologischer Theologietheorie

2.3.1. Theologie als Wissenschaft Die Qualifizierung der Theologie als Wissenschaft setzt nach Wobbermin zunächst eine Klärung des Bedeutungsgehaltes des Begriffes „Wissenschaft" selbst voraus. Mit Rickert geht Wobbermin von einer Unterteilung des Wissenschaftssystems in zwei Hauptgruppen, die der Naturwissenschaften und die der Kulturwissenschaften, aus.131 Die Differenz zwischen beiden Gruppen besteht, wie Wobbermin in Aufnahme der Theorie Rickerts feststellt, in der jeweils anzuwendenden Methodik. Demgegenüber kann die traditionelle Differenzierung von Naturwissenschaften und Geisteswissenschaften, deren Differenzkriterium sich lediglich auf den Gegenstandsbereich bezieht, keinen in den Wissenschaften selbst begründeten Unterschied aufweisen. Über jene von Rickert vertretene Unterscheidung läßt sich die Gruppe der Naturwissenschaften dahin kennzeichnen, daß hier die wissenschaftliche Forschung ihrem Gegenstand nur in einer auf „das Allgemeine" der Naturerscheinung gerichteten Betrachtungsweise begegnet: Naturwissenschaften sind generalisierende Wissenschaften. Diejenigen Wissenschaften, die nicht zur Gruppe der Naturwissenschaften zählen, richten ihr Interesse auf das „Besondere und Individuelle", das in der geschichtlichen Konkretisierung vorliegende einzelne und einmalige Phänomen. Die für eine solche Wissenschaftspraxis unerläßliche Begrenzung des Gegenstandsbereiches erfolgt durch die mit dem Begriff der Kultur gesetzte Orientierung allein auf solche geschichtlichen Einheiten, die Träger von „Werten" sind. Jedoch ist, wie Rickert immer wieder betont hat, mit dieser Wertbeziehung kein Werturteil verbunden. Die Frage nach dem Geltungsrecht oder den Geltungsgründen von Werten gehört nicht mehr in das Gebiet der Wissenschaften. Beide Motive, die den Charakter der nicht-naturwissenschaftlichen Wissenschaften bestimmen, d.h. die geschichtliche Ausrichtung einerseits und die Wertbeziehung andererseits, werden bei Rickert in der wissenschaftstheoretischen Kategorie der „historischen Kulturwissenschaft" zusammengefaßt.132 Wobbermin übernimmt die von Rickert vorgeschlagene Einteilung des Gesamtsystems der Wissenschaften in die beiden genannten Hauptgruppen und teilt auch die für die Kulturwissenschaften vorgetragene Auffassung von der spezifischen Objektbeziehung.133 Seine Kritik richtet sich, 131

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Vgl. Heinrich Rickert: Die Grenzen der naturwissenschaftlichen Begriffsbildung. Zwei Bände, Leipzig und Tübingen 1896/1902. Siehe auch: Ders.: Kulturwissenschaft und Naturwissenschaft. Zweite Auflage, Tübingen 1910 (Nachdruck mit einem Nachwort herausgegeben von Friedrich Vollhardt: Stuttgart 1986). Wobbermin weist daneben hin auf Ernst Cassirer: Substanzbegriff und Funktionsbegriff. Untersuchungen über die Grundfragen der Erkenntniskritik, Berlin 1910. Heinrich Rickert: Kulturwissenschaft und Naturwissenschaft, Stuttgart 1986, 102-129. Systematische Theologie. Band l, 21.- Später hat Wobbermin die Anwendung des Begriffes „Kulturwissenschaft" auf die Theologie mit der Begründung problematisiert,

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entsprechend der antihistoristischen Intention bereits der Religionstheorie, auf die von Rickert vorgenommene Historisierung dieser Wissenschaften. In ihr kommt nach Wobbermin eine Tendenz zum Ausdruck, die zwar dem zeitgenössischen Historismus gerecht werde, die aber in der tatsächlich gegebenen Gegenstandsbeziehung der Kulturwissenschaften keinen Anhalt habe. Geschichte sei für Rickert der Inbegriff des Einmaligen und Einzelnen: Dieser Auffassung setzt Wobbermin den Standpunkt entgegen, daß es sich in der Geschichte „im letzten Grunde um die geistig-sittlichen Beziehungen der Menschen zueinander und untereinander" handele. Geschichte sei der Zusammenhang der Menschen als geistig-sittlicher Wesen in seiner Entwicklung.134 Insofern treffe Rickerts Terminologie weder den tatsächlichen Charakter von Geschichte, noch auch die den Kulturwissenschaften zugrundeliegende Beziehung auf inhaltlich bestimmte Ausprägungen von Werten. Keinen Ort habe in Rickerts Modell die neben der historischen Rekonstruktionsleistung ebenso dringliche systematische Arbeit der Kulturwissenschaften. Gerade ihr aber gilt Wobbermins besonderes Interesse. Auch in den Erörterungen zum wissenschaftlichen Charakter der Theologie beschränkt Wobbermin sich konsequent auf „das systematische Arbeitsgebiet der Theologie", da letztlich nur hier die Frage nach dem Status von Theologie als Wissenschaft sachgemäß beantwortet werden könne. Indem die Theologie sich der Religion widme, sie also eine umfassende Analyse der Bestimmungsinhalte des religiösen Bewußtseins liefere, sei sie „zweifellos eine berechtigte, notwendige und unentbehrliche Disziplin im Gesamtsystem der Wissenschaften". Diese Stellung der Theologie werde durch die zentrale Bedeutung der Religion für die Kulturentwicklung noch bekräftigt. Dabei fällt auf, daß Wobbermin zur Bezeichnung der Theologie im Kontext der kulturwissenschaftlichen Fachdisziplinen vornehmlich den Begriff „Religionswissenschaft" verwendet.135 Gerade als Religionswissenschaft aber stehe die Theologie ständig in der Gefahr, die Religion in eine rein verstandesmäßig angelegte Form von Erkenntnis zu transformieren und sie so ihres eigenen Wesens zu berauben. Demgegenüber sieht Wobbermin die tatsächliche Aufgabe der Theologie darin, die religiösen Phänomene „selbst zu verstehen und zu verstehen lehren". Dies

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der Begriff bezeichne eine prinzipiell kulturkritische Haltung des christlichen Glaubens. An seine Stelle wollte er erneut die von Rickert gerade abgelehnte Bezeichnung „Geisteswissenschaft" setzen. Siehe dazu: Richtlinien evangelischer Theologie, 38-41, besonders: 41 (dort: Anmerkung 4). Systematische Theologie. Band l, 23. Vgl. auch die ausführliche Darstellung in Wobbermins geschichtstheoretischer Monographie: Geschichte und Historic in der Religionswissenschaft. Ueber die Notwendigkeit, in der Religionswissenschaft zwischen Geschichte und Historic strenger zu unterscheiden, als gewöhnlich geschieht. Zweites Ergänzungsheft zur Zeitschrift für Theologie und Kirche, Tübingen 1911. Vgl.: Systematische Theologie. Band l, 30-32.

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könne ihr nur gelingen, wenn in die religionswissenschaftliche Analyse durch den Analytiker selbst das Moment der subjektiv geteilten Wertbindung eingebracht werde. Auch hier bezieht Wobbermin sich auf diejenige theologietheoretische Grundauffassung, die er in dem Modell des „religionspsychologischen Zirkels" umfassend dargestellt hat.136 Mit der Voraussetzung der Wertbindung des Theologen führt Wobbermin den Gesichtspunkt der weltanschaulichen Orientierung von Theologie in den Zusammenhang seiner Überlegungen ein. Denn nicht allein das Verhältnis des Theologen zu seinem Forschungsgegenstand, sondern mehr noch die diesem Gegenstand selbst eigene weltanschauliche Potenz markiert den problematischen Status der Theologie gegenüber einem auf Wertneutralität bestehenden Wissenschaftsverständnis: „Das ist die eigentümliche Stellung, die die Theologie im Gesamtsystem der Wissenschaften einnimmt. [...] Die Theologie ist einerseits Einzel Wissenschaft, deren Gegenstand ein besonderes einzelnes Gebiet der Wirklichkeit ist, aber andererseits muß sie über den Rahmen der Einzelwissenschaft hinausgehen, sie muß dem Weltanschauungsinteresse der christlichen Religion nachgehen [,..]."137 - Am Rande sei bemerkt, daß sich hier bereits eine Schwierigkeit andeutet, die für Wobbermins Theologiebegriff insgesamt kennzeichnend ist und die letztlich auch dafür verantwortlich gemacht werden muß, daß Wobbermin in einigen wesentlichen Punkten von dem durch Stephan entfalteten Verständnis von Theologie abweicht. In beide Richtungen der theologischen Aufgabenstellung läßt sich nach Wobbermin die wissenschaftliche Qualität theologischer Forschung näher beschreiben. Zum einen steht dabei die besondere einzelwissenschaftliche Rolle der Theologie im Rahmen der Gesamtheit der Kulturwissenschaften, zum anderen ihre universalwissenschaftliche Funktion als, wie Wobbermin formuliert, „theonome Weltanschauungslehre" im Vordergrund. Für die Untergliederung der fachwissenschaftlichen Disziplinen der Theologie gilt nach Wobbermin folgender Grundsatz: „Da die Theologie [...] als angewandte oder praktische Wissenschaft" eine „reine", nicht auf die empirische Analyse einzelner religiöser Vorstellungen konzentrierte theologische Wissenschaft zur „Voraussetzung und Grundlage haben muß, so muß eben dieser Umstand auch für die Einteilung maßgebend sein [...]". Dies gelte zum einen in der Weise, daß die Gliederung jener „reinen theologischen Wissenschaft", deren Aufgabe die Beschreibung und Auslegung der geschichtlich vorliegenden Formen von Religion im allgemeinen ist, zugleich auch die Gesichtspunkte für die einzelwissenschaftliche Arbeit der Theologie liefert. Zum anderen folge aus diesem Grundsatz, daß „die besondere praktische Aufgabe" der Theologie die Ausbildung einer wei-

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Richtlinien evangelischer Theologie, 36-37. Ebd., 38.

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teren Spezialdisziplin erforderlich mache, die auf die Formulierung einer „Theorie für die Praxis" des kirchlich-religiösen Lebens gerichtet sei und die, „da sie diese Aufgabe auf der Grundlage der reinen theologischen Wissenschaft vollziehen soll, selbst streng wissenschaftlichen Charakter tragen kann und tragen muß".138 Neben der mit diesen Ausführungen angesprochenen Praktischen Theologie, die auch nach Wobbermin die Krone des theologischen Studiums „ist und bleibt", stehen die Historische und die Systematische Theologie, deren Unterscheidung sich „aus der Natur der Sache" ergibt und die „als notwendig und allein sachgemäß" angesehen werden muß. Die näheren Ausführungen, die Wobbermin zu dieser Untergliederung der Theologie in fachwissenschaftliche Einzeldisziplinen gibt, gehen ihrem Gehalt nach kaum über die Konstruktion hinaus, die Schleiermacher in der „Kurzen Darstellung" von 1810 vorgetragen hat.139 Von weit größerer Bedeutung für Wobbermins Theologietheorie ist jene zweite Funktion von Theologie. Wobbermin geht hier im Anschluß an Paul Tillich von der Polarität zwischen „autonomen" und „theonomen" Formen der Weltanschauungslehre aus. Autonom sei eine solche Form der weltanschaulichen Wirklichkeitsdeutung, die „die Welt ihr leitendes Gesetz in sich selbst tragen" lasse, sie also aus sich selbst heraus zu verstehen suche. Theonom hingegen sei eine solche Deutung, „deren gesamtes Verständnis der Welt auf dem Gottesgedanken aufruht". 140 Jene Form der Weltanschauungslehre wird von Wobbermin als rein philosophische, diese als „die spezifisch theologische Form" bezeichnet. Über ihren ursprünglichen, in Kants Ethikkonzeption begründeten Verwendungszusammenhang hinaus überträgt Wobbermin, anders als Tillich, diese Terminologie auch auf das Gebiet der Wissenschaftssystematik. In ihrer Funktion als „theonomer Weltanschauungslehre", die auf eine universale Sinndeutung angelegt ist und insofern einen Erklärungsanspruch erhebt, der wissenschaftsgeschichtlich auf die alte metawissenschaftliche Funktion von Philosophie zurückverweist, tritt die Theologie im System der Wissenschaften als eine auf einen absoluten Gegenstandsbereich bezogene Wissenschaft auf. Gleichzeitig aber - und in dieser

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Systematische Theologie. Band l, 118. Vgl.: Systematische Theologie. Band l, 118-124. Zu Schleiermachers Modell siehe: Friedrich Schleiermacher: Kurze Darstellung des theologischen Studiums (Ed. Scholz), 9-23, 30-43 und 73-88. Systematische Theologie. Band l, 47. - Zur zentralen Stellung der Theonomiethematik in der neueren protestantischen Theologiegeschichte vgl. Friedrich Wilhelm Graf: Theonomie. Fallstudien zum Integrationsanspruch neuzeitlicher Theologie, Gütersloh 1987; zu Tillich siehe insbesondere: 19-23. 27-28.- Wobbermin hat sich ausführlich mit Tillichs Begriff von Theonomie auseinandergesetzt; vgl.: Richtlinien evangelischer Theologie, 54-61. Zur Verwendung der Unterscheidung von „autonom" und „theonom" bei Wehrung vgl. oben Teil II.2.5.3.

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Gleichzeitigkeit besteht der wesentliche Grundzug von Wobbermins Theologietheorie - fungiert sie weiterhin als Verband einzelwissenschaftlicher Fachdisziplinen, die sich den anderen kulturwissenschaftlichen Fachrichtungen nebenordnen. Die Problematik dieser Konzeption besteht darin, daß beide Dimensionen im Wissenschaftsverständnis von Theologie nicht in einer klar strukturierten Weise aufeinander bezogen werden. Sie bleiben im Grunde unvermittelt nebeneinander stehen. Die Theologietheorie weist hier eine Schwierigkeit auf, die Wobbermin zwar erkannt hat, die er aber mit den ihm zur Verfügung stehenden begrifflichen und wissenschaftstheoretischen Mitteln nicht lösen konnte. Denn Erklärungen der Art, daß die Theologie die Wissenschaft von der christlichen Religion in ihrer Bedeutung für das religiöse Leben überhaupt sei und sich ihr „ebendeshalb" außer ihrer einzelwissenschaftlichen Aufgabe auch die Aufgabe einer theonomen Weltanschauungslehre stelle, können ebenso wenig überzeugen, wie etwa die Aufstellung eines biblischen Archäologen, man müsse nach den Überresten der Arche Noah in der Nähe von Insterburg suchen, weil sich die dortige Landschaft durch ein holzkonservierendes Klima auszeichne. Vor allem aber gelingt es Wobbermin nicht, den theonomen Deutungsanspruch der theologischen Universalwissenschaft auf die einzelwissenschaftliche Dimension von Theologie zurückzubeziehen. Vielmehr richtet sich dieser Anspruch, ebenso wie gegen jede andere partikulare Deutungsperspektive, prinzipiell auch gegen die von jenen theologischen Fachdisziplinen praktizierte Form der wissenschaftlichen Erklärung. Am Ende kann Wobbermin die Zusammengehörigkeit der beiden Seiten seines Begriffes von wissenschaftlicher Theologie nur behaupten, ohne sie tatsächlich näher bestimmt oder beschrieben zu haben. Erneut zeigt sich hier eine Struktur in Wobbermins Theologietheorie, die in ähnlicher Weise schon die Entfaltung des Religionsbegriffes gekennzeichnet hatte. Eine auf einen universalen, allgemein religiösen Bedeutungsgehalt ausgerichtete Begriffsbestimmung tritt in Widerspruch zu einer zweiten terminologischen Ebene, die den begrifflichen Bedeutungsgehalt auf den Bereich der geschichtlichen Einzelgegenstände begrenzt. In Religions- und Wissenschaftstheorie wird die theoretische Abstraktion von der geschichtlichen Konkretion des Religions- bzw. Wissenschaftsbegriffes her dementiert. Damit setzt Wobbermin sich in einen unmittelbaren Gegensatz zu der von Stephan vorgetragenen Position. Bei Stephan bleibt die Theologie wissenschaftssystematisch in den Kontext der Kulturwissenschaften eingebunden, und auch ihre Funktion als Weltanschauungskritik erwächst lediglich aus ihrer extensiven Aufgabenstellung einer Repräsentation der christlichen Religion. Wobbermin hingegen wendet jene universale Gegenstandsbeschreibung, die mit dem Begriff der theonomen Weltanschauungslehre verbunden ist, direkt gegen das durch die empirischen Kulturwissenschaften vertretene Wissenschaftsverständnis. - Inwiefern über die-

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se Problematik hinaus auch in der Frage der Gebundenheit theologischer Forschung an die spezifisch subjektzentrierte Perspektive des theologischen Forschers das Theologieverständnis Wobbermins interne Schwierigkeiten aufweist, wird die Erörterung der Definition von Theologie als christlicher Religionswissenschaft zeigen. 2.3.2. Die Stellung der Theologie im System der Wissenschaften Erst durch eine Beschreibung der Stellung der Theologie „im Gesamtsystem der Wissenschaften" wird die Charakterisierung der Theologie als Wissenschaft definitiv bestätigt. Denn letztlich lasse sich, so Wobbermin, der Anspruch auf Wissenschaftlichkeit „nur im Hinblick auf den Zusammenhang der Wissenschaften und aus diesem heraus begründen". In der „Vereinzelung" hingegen, und dies gelte auch für die theologischen Fachdisziplinen, werde jede Einzelwissenschaft zur Technik. Sofern aber die Theologie den Anspruch darauf, eine Wissenschaft im Kontext des Gesamtsystems der Wissenschaften zu sein, erhebt, müsse sie auch den ihr angemessenen Platz innerhalb dieses Systems anstreben. Dies könne nur dadurch geschehen, daß „sie sich in ihrer Wissenschaftlichkeit von keiner anderen Wissenschaft übertreffen" lasse; sie habe vielmehr „den Wissenschaftscharakter" so streng zu nehmen und durchzuführen, „wie es überhaupt nur möglich" sei.141 Der wissenschaftstheoretischen Zuordnung der Theologie zu einem wissenschaftlichen „Gesamtsystem" hat Wobbermin sich in verschiedenen Zusammenhängen gewidmet. Schon in einem Aufsatz, der 1900 in der Zeitschrift für Theologie und Kirche erschien, wurde „das Verhältnis der Theologie zur modernen Wissenschaft und ihre Stellung im Gesamtrahmen der Wissenschaften" ausführlich erörtert.142 Diese erste Darstellung ist für die später in der „Systematischen Theologie" vorgetragene Konzeption grundlegend. Selbst noch in den „Richtlinien evangelischer Theologie" von 1929, der letzten zusammenhängenden Auseinandersetzung Wobbermins mit begründungstheoretischen Fragen, wird auf diesen ersten Versuch zurückgegriffen. Den Hintergrund der Ausführungen Wobbermins bilden hier die durch die Religionsgeschichtliche Schule aufgeworfenen Fragen nach der Wissenschaftsfähigkeit der Theologie. Bereits Paul de Lagarde hatte in den 1870er Jahren die Umgestaltung der Theologie zu einer auf das Christentum konzentrierten Form von Religionswissenschaft gefordert. Diese Forderung war von Troeltsch aufgenommen und, zumindest prinzipiell, in ein 141 142

Richtlinien evangelischer Theologie, 24-25. Das Verhältnis der Theologie zur modernen Wissenschaft und ihre Stellung im Gesamtrahmen der Wissenschaften, in: Zeitschrift fürTheologie und Kirche 10 (1900), 375-438.

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umfassendes theologietheoretisches Programm überführt worden. Noch weiter verstärkt wurde dann die wissenschaftstheoretische Bindung der Theologie an eine rein historisch verfahrende Gegenstandsbeschreibung durch Martin Rade, der die Theologie als eine „auf dem Boden der einen Gesamtwissenschaft stehende Sonderwissenschaft von der Religion und von der Kirche" beschrieben hat.143 Der „allereinfachsten und deutlichsten" Gliederung des wissenschaftlichen Gesamtorganismus in Naturwissenschaften und Geschichtswissenschaften zufolge gehöre die Theologie zu den Geschichtswissenschaften. Die Theologie sei daher als Wissenschaft in dem Augenblick „entwurzelt [...], wo sie die Legitimation ihrer Zugehörigkeit zur Geschichtswissenschaft nicht mehr erbringen kann".144 Genau dieser ausschließlichen Zuordnung der Theologie zur Geschichtswissenschaft hat Wobbermin in seinem wenige Monate später an gleicher Stelle erschienenen Aufsatz durch eine Konzeption von Theologie als einer antihistoristischen Religionstheorie widersprochen. Zunächst weist Wobbermin darauf hin, daß bei aller Bedeutung der Historic für die Theologie sie doch neben historischen auch systematische Fachdisziplinen umfasse, die allerdings ihrerseits ebenfalls „ganz wesentlich durch die historische Methode charakterisiert werden".145 Sofern die Theologie „Wissenschaft von der Religion, speziell der christlichen Religion" sei, habe sie ihren Gegenstand zum einen als geschichtliche Größe, zum anderen aber auch, und dies betont Wobbermin nachdrücklich, als „gegenwärtiges religiös-sittliches Bewußtseinsleben" aufzufassen. Die Aufgabe, eine „Gesamt-Weltanschauung" zu entwerfen, die hier schon, in Vorwegnahme jener später vorgetragenen Auffassung von Theologie als theonomer Weltanschauungslehre, einen integralen Bestandteil der theologischen Funktionsbeschreibung bildet, hindert Wobbermin nicht, auch für die Systematische Theologie „den Charakter als eigentliche Wissenschaft, und zwar im strengsten Sinne des Wortes" in Anspruch zu nehmen.146

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Martin Rade: Die Bedeutung des geschichtlichen Sinnes im Protestantismus, in: Zeitschrift für Theologie und Kirche 10 (1900), 79-112; nachgedruckt in: Martin Rade: Ausgewählte Schriften. Band 3: Recht und Glaube. Mit einer Einleitung herausgegeben von Christoph Schwöbel, Gütersloh 1988, 98-122, hier: 98. Ebd., 99. Das Verhältnis der Theologie zur modernen Wissenschaft, 415. Ebd., 423. - In diesem Zusammenhang kritisiert Wobbermin Troeltsch, weil dieser die Theologie der Religionswissenschaft ein- und untergeordnet wissen wolle, während Wobbermin selbst „die letztere als Hilfsdisziplin der (christlichen) Theologie" betrachtet (Ebd., 437). Die Abgrenzung von Troeltsch zeigt nach Wolfhart Pannenberg, der Wobbermins Position als Beispiel für die „kulturprotestantische Variante der Auffassung von Theologie als positiver Wissenschaft vom Christentum" um die Jahrhundertwendezeit heranzieht, daß auch hier eine völlige Lösung von einer supranaturalistischen Konzeption der Positivität der Theologie noch nicht erfolgt sei. Denn „ein Wert- oder Glaubensurteil" gehe konstitutiv in die Ausgrenzung des Gegenstandes der Theologie aus der allgemeinen Religionsgeschichte mit ein, zumal die Ausgrenzung selbst nicht rein präg-

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Eine ähnliche Position vertritt Wobbermin im ersten Band der „Systematischen Theologie", der durch eine Untersuchung zur „Stellung der Theologie im Gesamtsystem der Wissenschaften" eröffnet wird.147 Von besonderer Bedeutung ist hier die Thematisierung des Verhältnisses von Theologie und Philosophie. Erst durch sie wird nach Wobbermin, im Anschluß an die Diskussion der Relationen Psychologie und Kulturwissenschaft sowie Kulturwissenschaft und Religionswissenschaft, die Erörterung der wissenschaftstheoretischen Problematik vollständig durchgeführt. Den Ausgangspunkt der Überlegungen bildet die durch Rickert, Cassirer und andere intensiv diskutierte Frage der Wertbindung von Wissenschaft. In Aufnahme dieser Diskussion geht Wobbermin zunächst von dem Gedanken der „kulturkritischen Haltung der Religion" aus. Der Wert, den die Religion zum Kriterium der gesamten Kultur mache, sei der für sie schlechthin und unbedingt höchste Wert, „der Wert aller Werte, der nicht nur über alle anderen Werte hinausragt, sondern von dem auch alle anderen in ihrem eigenen Wertcharakter und Wertgehalt abhängig" seien.148 Diese Bindung der Religion an einen absoluten, schlechthin transzendenten Wert bedeute für die Theologie, daß auch sie - als Wissenschaft von der christlichen Religion - die Weltanschauungsfrage, die mit jener Wertbindung unmittelbar gegeben sei, nicht unbeachtet lassen dürfe. Die Theologie muß „den Charakter oder das Wesen der religiösen, speziell der christlichen Weltanschauung aus der Grundstruktur des religiösen Bewußtseins heraus genauer aufzeigen und das Verhältnis derselben zur philosophischen Weltanschauungs-Lehre klarstellen". Überdies habe sie die Frage nach den „Geltungs-Kriterien dieser Weltanschauung [...] und damit überhaupt die Frage nach ihrer Geltungs-Berechtigung" zu stellen.149

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matisch begründet sei, sondern mit dem als hermeneutische Voraussetzung übernommenen besonderen Wahrheitsanspruch der christlichen Religion verbunden werde (vgl. Wolfhart Pannenberg: Wissenschaftstheorie und Theologie, Frankfurt am Main 1977, 257-258). Gerade wegen dieses „positiven" Elementes in seiner Verteidigung der Wissenschaftlichkeit Systematischer Theologie wurde Wobbermins Standpunkt allerdings von anderen liberalen Theologen der Zeit, etwa von Otto Ritschi, entschieden zurückgewiesen. Ritschi war gegenüber Wobbermin der Ansicht, daß „die systematische Theologie, soweit ich sie überhaupt als Wissenschaft anerkennen kann, lediglich für eine in ihrer Art psychologische Einzelwissenschaft" gehalten werden könne (Otto Ritschi: Theologische Wissenschaft und religiöse Spekulation, in: Zeitschrift für Theologie und Kirche 12 (1902), 202-248. 255-315, hier: 205). Systematische Theologie. Band l, 1-98. Ebd., 70-71. Ebd., 73. „Ohne Eingehen auf die Weltanschauungsfrage und ohne Stellungnahme zu ihr ist also die theologische Aufgabe nicht zum Abschluß zu bringen. In diesem Sinne muß geradezu gesagt werden: Theologie ohne Weltanschauungs-Lehre ist unmöglich. In dieser Richtung muß die einseitig historische Orientierung der theologischen Arbeit der letzten Jahre [...] grundsätzlich überwunden werden" (Ebd., 74).

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Grundbegriffe liberaltheologischer Theologietheorie

Das zentrale Charakteristikum einer solchen christlichen Weltanschauungslehre ist nach Wobbermin ihre metaphysische Ausrichtung. Der Begriff einer christlichen Weltanschauungslehre steht dabei im wesentlichen bedeutungsgleich mit „Weltanschauung" selbst und bezeichnet die auf die Weltanschauung bezogene Reflexionsstufe nur insofern, als es sich um eine mitteilungsfähige, in kirchlicher Verkündigung und theologischer Darstellung vertretene religiöse Auffassungsweise handelt. Indem sie einen transzendenten Wert als absolut höchsten und absolut gültigen behauptet und in seine absolute Gültigkeit auch den Realitätsgedanken einbezieht, nimmt die christliche Weltanschauungslehre einen Standpunkt ein, der, in Verwendung der traditionellen philosophischen Terminologie, nur als „metaphysisch" zu bezeichnen ist. In diesem Sinne ist „Theologie ohne Metaphysik unmöglich".150 Gleichzeitig müsse aber auch gelten, und hier geht Wobbermin über seine Position in der 1901 vorgelegten prinzipientheoretischen Untersuchung „Theologie und Metaphysik" hinaus, daß „Metaphysik ohne Theologie unmöglich" sei. Denn eine solche metaphysische Position ist, „wie mir nicht zweifelhaft zu sein scheint, nur vom Boden der Religion aus und durch Geltendmachung der spezifischen Motive des religiösen Erlebnisses rechtmäßig zu vertreten".151 Darin, zu zeigen, daß und in welchem Sinne die Religion sich auf das Transzendente bezieht, liege überhaupt die wichtigste Aufgabe der Systematischen Theologie, der gegenüber „alles Gerede von der Diesseits-Religion" entweder auf Unklarheit des theologischen Denkens oder aber auf einer Verkennung des eigentlichen Wesens von Religion beruhe.152 Mit diesem „Interesse am Transzendenten", das Wobbermin näherhin als „Interesse an der Realität des Transzendenten" beschreibt und für dessen erkenntnistheoretische Absicherung er wiederum auf Rickert zurückgeht,153 tritt die Theologie in ein unmittelbares Konkurrenzverhältnis

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Ebd., 76-77. Ebd., 77. Vgl.: Theologie und Metaphysik. Das Verhältnis der Theologie zur modernen Erkenntnistheorie und Psychologie, Berlin 1901, insbesondere: 26-61; siehe auch oben Teil II.3.1.3. Systematische Theologie. Band l, 80. - Wobbermin wendet sich hier direkt gegen Friedrich Traub, der in Anknüpfung an Albrecht Ritschi die Auffassung vertreten hatte, daß „Theologie ohne Metaphysik [...] möglich und im Interesse ihrer Selbständigkeit und Freiheit notwendig" sei (vgl. Friedrich Traub: Theologie und Philosophie. Eine Untersuchung über das Verhältnis der theoretischen Philosophie zum Grundproblem der Theologie, Tübingen 1910, hier: 140). Siehe auch Georg Wobbermin: Religion der Diesseitigkeit?, in: [Martin Rade (Hg.):] An die Freunde. Vertrauliche d.i. nicht für die Oeffentlichkeit bestimmte Mitteilungen. Nr. 35 vom 10. Februar 1911, 387-388, sowie: Diesseits und Jenseits in der Religion. Eine Entgegnung, in: Die Christliche Welt 27 (1913), 554-558. 578-583. Systematische Theologie. Band l, 89-90. - Wobbermin bezieht sich vor allem auf Heinrich Rickert: Der Gegenstand der Erkenntnis. Eine Einführung in die Transzendental-

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zur Philosophie. Beide erheben einen universalwissenschaftlichen Deutungsanspruch, der sie zur zentralen Integrationswissenschaft innerhalb des gesamtwissenschaftlichen Systems qualifiziert. Eine Synthese beider ist aufgrund der unterschiedlichen Grundausrichtung von Theologie und Philosophie kaum denkbar. Statt dessen beschreibt Wobbermin das Verhältnis so, daß vor allem die Selbständigkeit der christlichen Religion gegenüber Kultur und Weltanschauung zum Ausdruck kommt. Die christliche Religion sei nämlich, wie Wobbermin behauptet, der Kultur und den säkularen Weltanschauungen in ihrer wirklichkeitsdeutenden Kraft entschieden überlegen. Diese Überlegenheit, die aus dem der Religion eröffneten Zugang zur Sphäre der Transzendenz resultiere, prägt auch den Erklärungsanspruch, den die Theologie insbesondere gegenüber der Philosophie erhebt.154 Die Philosophie, als eine ihrerseits „metaphysisch" orientierte Form der Welterklärung, bleibt daher nach Wobbermin der Theologie gerade in ihrem Transzendenzbezug unterlegen, und zwar insofern, als sie ihren Erkenntnisgewinn allein aus dem Wissen - jener der Erfahrung von Transzendenz nachfolgenden Reflexion - erzielen muß, während die Theologie im Glauben auf eine ursprüngliche, in der Trias von Abhängigkeits-, Sehnsuchtsund Geborgenheitsgefühl verankerte Erfahrungssicherheit zurückgreifen kann.155 Die angestrebte Einheit des Wissenschaftssystems läßt sich daher letztlich nur um den Preis erreichen, daß die Philosophie, sofern sie ihren Anspruch, als Universalwissenschaft zu gelten, einlösen will, auf spezifisch theologische Erkenntnisinstrumente angewiesen ist.156 An dieser Stelle scheint Wobbermin sein ursprüngliches Interesse an einer einheitlichen wissenschaftssystematischen Konzeption im Kontext der Verhältnisbestimmung von Theologie und Philosophie nicht mehr konsequent zu verfolgen. Die aufgeworfenen systematischen Schwierigkeiten werden nicht reflektiert. Insbesondere gelingt es Wobbermin nicht, den uneindeutigen Gebrauch der Termini „Metaphysik" und „Transzendenz" in der jeweiligen Anwendung auf theologische bzw. philosophische Theoriezusammenhänge zu klären. Damit aber bleiben die Grundkate-

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Philosophie. Zweite Auflage, Tübingen 1904 [Erste Auflage: Freiburg 1892]. Von besonderer Bedeutung sind dabei Rickerts Ausführungen zur Struktur des Denkaktes, dessen „Wahrheit" davon abhängig sei, „von welcher Art das Sollen ist, das er anerkennt". In diesem Zusammenhang hebt Wobbermin vor allem eine Formulierung Rickerts hervor, derzufolge „der Gegenstand der Erkenntnis seinem allgemeinsten Begriffe nach nicht nur überhaupt als ein Sollen, sondern als ein von jedem Sein unabhängiges und daher als ein (...) transzendentes Sollen zu bezeichnen" sei (vgl. Heinrich Rickert: Zwei Wege der Erkenntnistheorie, in: Kant-Studien 14 (1909), 169-228, hier: 186-187). Systematische Theologie. Band l, 69-74. Vgl. hierzu auch Günter Irle: Theologie als Wissenschaft bei Georg Wobbermin, 107-108. Vgl.: Systematische Theologie. Band 2, 221-227. Systematische Theologie. Band l, 77.

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Grundbegriffe liberaltheologischer Theologietheorie

gorien seiner wissenschaftstheoretischen Darstellung des Verhältnisses von Theologie und Philosophie offen. In den „Richtlinien evangelischer Theologie" von 1929 hat Wobbermin an diese Probleme seiner früheren Theologietheorie nicht wieder angeknüpft. Statt dessen erscheint nun erstmals die Theologie tatsächlich als Glied einer ausgeführten Wissenschaftssystematik. Dabei unterscheidet Wobbermin drei Stufen: Die Grundlage aller wissenschaftlichen Gegenstandserklärung liefert der „philosophische Unterbau", dessen Funktion die erkenntnistheoretische und logische Klärung des Erkenntnisprozesses selbst ist. Auf ihn gründet sich die Ebene der Einzelwissenschaften, zu denen zum einen die „Formalwissenschaften" (Wobbermin nennt die Mathematik), zum anderen die „RealWissenschaften" zählen. Die Realwissenschaften werden nach den drei Gruppen: Psychologie, Naturwissenschaften und Geisteswissenschaften differenziert, womit sich Wobbermin zumindest für diesen Teilbereich des wissenschaftlichen Gesamtsystems der 1913 noch zurückgewiesenen traditionellen Einteilung wieder bedient. Den Abschluß der Systematik bildet die Ebene des „philosophischen Überbaus", in dessen Gebiet die Weltanschauungslehre unter Einschluß der auf die Kritik weltanschaulicher Überzeugungen gerichteten erkenntnistheoretischen Analyse fällt.157 In der näheren Ausführung begründet Wobbermin zunächst den Anspruch der Theologie auf einen „bestimmten Platz im System der Wissenschaften" damit, daß der Erwerb theologischer Erkenntnisse in einer allen anderen Wissenschaften gleichartigen Weise auf der Grundlage einer „methodischen Ausbildung und Durchführung" erfolge. Hierin unterscheide sich der wissenschaftliche von einem „vorwissenschaftlichen" Erkenntniserwerb, der als Ausdruck „existentiellen Denkens" gilt. Es fällt in diesem Zusammenhang auf, daß Wobbermin sich zur Beschreibung des von ihm gemeinten Sachverhaltes gerade derjenigen Terminologie bedient, mit Hilfe derer nur zwei Jahre vor Erscheinen der „Richtlinien" Heidegger in „Sein und Zeit" seine, in eigenen Worten, „fundamentalontologische Analyse" der Seinsverfassung des Daseins vorgetragen hatte.158 Der Wissen157 158

Richtlinien evangelischer Theologie, 44. Vgl. Martin Heidegger: Sein und Zeit. Fünfzehnte Auflage, Tübingen 1984 [zuerst als Sonderdruck des Jahrbuches für Philosophie und phänomenologische Forschung. Band VIII, Halle 1927 (Erste Hälfte)], 356-364 (§ 69b: Der zeitliche Sinn der Modifikation des umsichtigen Besorgens zum theoretischen Entdecken des innerweltlich Vorhandenen); zum Zitat im Text siehe: 12-13.- Wobbermins affirmative Aufnahme des Begriffes „existentielles Denken" stellt innerhalb der Rezeptionsgeschichte dieser Terminologie in der zeitgenössischen liberalen Theologie einen Sonderfall dar. Von anderen liberalen Theologen wurde der Begriff prinzipiell zurückgewiesen; vgl. etwa Theodor Siegfried: Barths Dogmatik [Rezension zu: Karl Barth: Christliche Dogmatik. Band 1: Prolegomena zur christlichen Dogmatik, München 1927|, in: Die Christliche Welt 43 (1929), 153-160. 214-220, hier: 157 und 216; Friedrich Traub: Existentielles Denken, in: Zeitschrift für Theologie und Kirche. Neue Folge 12 (1931), 261-285. Für Wobbermin selbst vgl. auch:

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schaftsbegriff selbst wird dabei von Wobbermin rein formal gebraucht: „Wissenschaft ist das Streben nach möglichst genauer und möglichst vollständiger Erkenntnis der uns zugänglichen Wirklichkeit." Die Theologie müsse in der praktischen Durchführung ihrer wissenschaftlichen Tätigkeit jenen Anspruch an eine wissenschaftliche Methodologie und Erkenntnistheorie einlösen. Die Gewähr dafür sieht Wobbermin in einer permanenten methodischen Selbstkontrolle, die alle konkrete theologische Forschungsleistung zu begleiten habe. An diesem Status als Wissenschaft, „als Wissenschaft im strengen, ja im strengsten Sinne des Wortes", habe die Theologie ein „existentielles Interesse", das sich aus der „Gesamthaltung der Reformation" ergebe. Nur so sei überdies der Platz der Theologie „auf deutschen Hochschulen" gerechtfertigt.159 Dabei kann es nach Wobbermin zu einer Rationalisierung der Religion als Erkenntnisgegenstand einer intellektualistischen Theologie kommen. Dieser Gefahr könne nur über eine starke Gewichtung der in der Idee des „religionspsychologischen Zirkels" formulierten Bindung zwischen dem theologischen Forscher und seinem wissenschaftlichen Gegenstand entgegengewirkt werden.160 Nicht klar wird in diesem Zusammenhang, ob Wobbermin davon ausgeht, daß eine einheitliche wissenschaftliche Methodik in allen Einzelwissenschaften gleichermaßen zur Anwendung kommen müsse, oder ob es jeweils auf die einzelnen Wissenschaften bezogene Sondermethodiken gibt, die, abgesehen von einer einheitlichen logischen Fundierung, untereinander nicht durch gemeinsame wissenschaftspraktische Standards verbunden sein müssen. Das theologiezentrierte Konzept der „religionspsychologischen Methode" und die gleichfalls von der Voraussetzung einer sachlichen Dominanz der Theologie bestimmte Zuordnung von Theologie, Psychologie und Ethik, die Wobbermin in den „Richtlinien evangeli-

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Wort Gottes und evangelischer Glaube, Göttingen 1931, 14-15 und 20; dazu siehe Karl Barths Bemerkung in: Die Kirchliche Dogmatik. Band I/l, München 1933, 18-20: „Die Anthropologisierung der Theologie war perfekt geworden. (...) Die Tatsache ist nicht ohne Humor, aber zugleich etwas verdächtig, daß, dem Zug der Zeit folgend, sogar G. Wobbermin seine, von Hause aus doch gewiß nicht gerade an Kierkegaard interessierte und orientierte Theologie neuerdings [...] als die Theologie eines ,religionspsychologischexistentiellen' Denkens zu interpretieren unternommen hat" (19); vgl. auch Karl Barth: Fides quaerens intellectum. Anselms Beweis der Existenz Gottes im Zusammenhang seines theologischen Programms (1931). Herausgegeben von Eberhard Jüngel und Ingolf U. Dalferth (Karl Barth-Gesamtausgabe. II. Abteilung. Band 13). Zweite Auflage, Zürich 1986, 35. Ausgesprochen kritisch zum Begriff äußerten sich Horst Stephan und Martin Rade; vgl. Horst Stephan: [Rezension zu:] Hans Eklund: Theologie der Entscheidung. Zur Analyse und Kritik der „existentiellen" Denkweise, Uppsala 1937, in: Zeitschrift für Theologie und Kirche. Neue Folge 18 (1937), 379-380, sowie: Martin Rade: Existentielles Denken, in: [Martin Rade (Hg.):] An die Freunde. Nr. 97 vom 20. August 1930, 1023-1030, hier: 1027. Rade erklärte den Wortgebrauch kurzerhand für „groben Unfug". Richtlinien evangelischer Theologie, 25. Ebd., 36-37.

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scher Theologie" vornimmt, weisen jedenfalls eher in die zweite Richtung.161 Wissenschaftssystematisch zählt Wobbermin in der späten Fassung seiner wissenschaftstheoretischen Konzeption die Theologie zu der Gruppe der „Geisteswissenschaften". Sie stehe hier gleichrangig neben denjenigen nichttheologischen Wissenschaften, die ebenfalls auf bestimmt umgrenzbare Bereiche der kulturellen und intellektuellen Lebenswelt gerichtet sind. Doch gehe der Anspruch der Theologie weiter. Wie schon in den früheren theologietheoretischen Ansätzen stellt Wobbermin auch hier neben diesen einzelwissenschaftlichen Aspekt eine zweite Dimension des Verständnisses von Theologie als Wissenschaft. Denn mit der Tenderiz des Glaubens, eine „Gesamtweltanschauung" auszubilden, werde die Theologie ihrerseits zur Weltanschauungslehre. Anders als in der früheren Gebrauchsweise überwiegt jetzt allerdings der reflexive Charakter des Begriffs, so daß es sich nicht allein um eine terminologische Variation des gleichen Sachverhaltes handelt. Die Theologie fungiert in der Konzeption der „Richtlinien" als diejenige Instanz, die mit den Mitteln wissenschaftlicher, d.h. methodisch geklärter Reflexion jene dem Glauben immanente Tendenz zur Hervorbringung einer Weltanschauung thematisiert und die die christliche Weltanschauung selbst in ein Verhältnis zu nichtchristlichen Formen der weltanschaulichen Wirklichkeitsdeutung setzt. Die auch hier wieder sich ergebende Schwierigkeit, inwiefern die dem Christentum eigene „theonome Weltanschauung" ihren universalen Deutungsanspruch kritisch gegen jede andere, nicht-theonome Weltanschauung richtet bzw. welche Konsequenzen sich aus dieser Konstellation für das Verhältnis von Theologie und Philosophie ergeben, wird auch in den „Richtlinien" nicht weiter verfolgt. Für die Stellung der Theologie im wissenschaftlichen Gesamtsystem ergibt sich aus diesen Überlegungen, daß die Theologie „gleichzeitig Einzelwissenschaft aus dem Gebiet der Geisteswissenschaften und theonome Weltanschauungslehre ist". Dieser „Doppelcharakter" beherrscht insbesondere das Gebiet der Systematischen Theologie, „weil auf ihm die Theologie direkt zur Weltanschauungslehre werden muß".162 Aus diesem zweiseitigen Charakter von Theologie ergibt sich nach Wobbermin die Notwendigkeit einer methodischen Verfahrensweise, die die theologische Darstellung in einen allgemein religiösen und einen allein auf die christliche Religion konzentrierten Teil untergliedert. Eine solche Anordnung ist von Wobbermin in seiner „Systematischen Theologie" durchgeführt worden. Dennoch handelt es sich auch hierbei lediglich um einen „Notbehelf", der jenen die Theologie insgesamt bestimmenden „Zirkel" nicht

161 162

Ebd., 62-79. Ebd., 52.

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aufhebt. Dieser Zirkel nimmt in der theologischen Darstellung „für den ersten Ansatz den letzten Abschluß vorweg" und verknüpft insofern die theologische Forschungstätigkeit am einzelnen exegetischen, historischen oder systematischen Gegenstand immer zugleich mit der weltanschaulichen Gesamtperspektive des Glaubens. 2.3.3. Theologie als Wissenschaft von der christlichen Religion In der Beschreibung der „(christlichen) Theologie" als „Wissenschaft von der christlichen Religion" faßt Wobbermin seine Überlegungen zum Theologiebegriff zusammen. Der Konzentration der Theologie auf die christliche Religion korrespondiert der Anspruch, die christliche Religion „in ihrer Bedeutung für das religiöse Leben überhaupt" darzustellen. Nur in der Verbindung des einzelwissenschaftlichen mit dem universalwissenschaftlichen Aspekt ist die Theologie nach Wobbermin als Wissenschaft von der christlichen Religion eine selbständige Wissenschaft.163 So könne etwa die „Bibel-Wissenschaft" nicht sachgemäß durchgeführt werden, wenn nicht die für sie zentrale ur- und frühchristliche Religion in den Kontext der vorderasiatischen Religionsgeschichte einbezogen werde. Die Lehre von der Offenbarung sei ebenfalls nur dann in ihrer tatsächlichen theologischen Bedeutung zu entfalten, wenn auch diejenigen Erscheinungen der allgemeinen Religionsgeschichte in die Analyse integriert werden, von denen behauptet wird, daß sie Offenbarungsgeschehnisse außerhalb der biblischen Religionsgeschichte darstellen.164 In der Konsequenz der hier vorgetragenen Position liegt die These, daß auch die Frage nach dem Wesen der christlichen Religion nur vor dem Hintergrund einer Ermittlung des generellen, geschichtlich unspezifischen Grundcharakters von Religion sinnvoll beantwortet werden könne. Tatsächlich hat Wobbermin diesen Standpunkt vertreten. Hierfür konnte er sich auf die von Schleiermacher in der „Kurzen Darstellung" skizzierte Ansicht stützen, derzufolge es „kein Wissen um das Christentum [gebel, wenn man, anstatt sowohl das Wesen desselben in seinem Gegensatz gegen andere Glaubensweisen und Kirchen, als auch das Wesen der Frömmigkeit und der frommen Gemeinschaften im Zusammenhang mit den übrigen Tätigkeiten des menschlichen Geistes zu verstehen, sich nur mit einer empirischen Auffassung begnügt".165 Die Rekonstruktion der Religionstheorie Wobbermins hat jedoch bereits gezeigt, daß die hier als schlechthin notwendig unterstellte Beziehung 163 164

165

Systematische Theologie. Band l, 107. Ebd., 109-113. Vgl.: Ebd., 169. Zu Schleiermacher siehe: Kurze Darstellung des theologischen Studiums zum Behuf einleitender Vorlesungen (Ed. Scholz), 8-9 (Zweite Auflage: § 21).

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zwischen einer allgemeinen religionswissenschaftlichen und einer allein auf das Christentum gerichteten besonderen religionswissenschaftlichen oder theologischen Forschungsrichtung faktisch gar nicht besteht. In der tatsächlichen Ausführung sowohl der Religions- als auch der Theologietheorie gründet sich weder die Entfaltung des christlichen Religionsverständnisses noch die theologische Darstellung der christlichen Religion auf jene allgemeine religionsgeschichtliche Hintergrunddimension. Schon Wobbermins terminologische Vorgehensweise in der Bezeichnung von Theologie als einer „Wissenschaft von der christlichen Religion" macht auf die zentrale Problematik seiner Theologietheorie aufmerksam. Denn sofern die Erforschung der religiösen Phänomene, die als konfessionsunabhängige Aufgabe die Religionswissenschaft als Wissenschaft kennzeichnet, selbst auf den empirischen Bereich der christlichen Religion eingeschränkt werden soll und überdies die Verbindlichkeit christlichreligiöser Sätze zur normativen Ausgangsvoraussetzung von Religionswissenschaft erklärt wird, trägt Wobbermin ein Element in den Wissenschaftsbegriff ein, das mit der von ihm selbst geforderten Einbindung der Theologie in den Gesamtverband der Kulturwissenschaften nicht vereinbar ist.166 Die gleiche Problematik findet auch in Wobbermins Darstellung des Verhältnisses von religionspsychologischer Arbeit und Systematischer Theologie ihren Ausdruck. Die Nebenordnung der Begriffe „Theologie" und „Religionswissenschaft" ergibt sich nach Wobbermin allein aus dem Umstand, daß die Theologie „in methodischer Beziehung grundsätzlich den Prinzipien der allgemeinen Religionswissenschaft" untergeordnet ist. Zu diesen Prinzipien gehört die auf alle Kulturwissenschaften sich erstrekkende Forderung, daß die der wissenschaftlichen Analyse als Teil des „geistig-sittlichen Lebens" zugewiesenen Gegenstände in ihrer Geltungsberechtigung nicht beurteilt werden. Dies gilt um so mehr, als es sich im

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Die Kritik, die Irle an Wobbermins Theorie übt, geht in eine ähnliche Richtung (Günter Irle: Theologie als Wissenschaft bei Georg Wobbermin, 305-313). Allerdings kürzt er seine Beweisführung dadurch erheblich ab, daß er Wobbermin die Konstruktion des Modells einer „christlichen Religionswissenschaft" unterstellt (Ebd., 121). Tatsächlich aber hat Wobbermin diese Bezeichnung in seiner Darstellung zur Frage des Wissenschaftsstatus von Theologie nirgends gebraucht. Sie unterbietet im übrigen das terminologische und auch das sachliche Niveau der wissenschaftstheoretischen Konzeption, die in den einleitenden Abschnitten des ersten Bandes der „Systematischen Theologie" entfaltet wird. Zudem hat Wobbermin vor allem im Zusammenhang seiner Erläuterungen zum „religionspsychologischen Zirkel" immer wieder betont, daß eine wertende Stellungnahme im Blick auf den Wahrheitsgehalt der religiösen Sätze und Vorstellungen nicht in das Aufgabengebiet der Theologie fällt. Aus diesem Grunde müssen die Anstrengungen, die Wobbermin unternommen hat, um eine präzise Terminologie für seine theologische Theorie auszubilden, gerade dann besonders ernst genommen werden, wenn die konzeptionellen Defizite und methodischen Schwierigkeiten seines Unternehmens zur Sprache kommen.

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Fall der Kulturwissenschaften gerade um solche Gegenstände der wissenschaftlichen Analyse handelt, die mit einer normativen Komponente ausgestattet sind. Die kulturwissenschaftliche Arbeit setzt solche „Werte" lediglich voraus, ohne zu untersuchen, ob die normativen Ansprüche im einzelnen berechtigt sind oder nicht.167 Für diesen Sachverhalt führt Wobbermin die begriffliche Unterscheidung zwischen Wertbeziehung und Wertung ein. Allein die Wertbeziehung fällt in das Gebiet der Kulturwissenschaft und insofern auch in das der Religionswissenschaft. Gleichzeitig aber hebt Wobbermin als kennzeichnendes Moment der theologischen Glaubensanalyse hervor, daß die Untersuchung nur dann sachgemäß vorgenommen werden könne, wenn der Forscher selbst eine „wertende" Beziehung zum Glaubensinhalt hergestellt habe. Im Modell des „religionspsychologischen Zirkels" beschreibt Wobbermin diesen Vorgang „produktiver Einfühlung" so, daß deutlich wird, inwiefern die religiöse Erfahrungswelt des Theologen selbst in die Untersuchungspraxis mit eingebracht werden muß.168 In Aufnahme der Terminologie von William James, zugleich aber auch in kritischer Korrektur von dessen Theorie, unterscheidet Wobbermin zwischen der „institutionellen Religion", die dem Forscher als objektives Datum gegeben ist, und der „persönlichen Religion", die als Inbegriff der subjektiven religiösen Erfahrung jener gegenübersteht. Anders als James verbindet Wobbermin beide Seiten über die Voraussetzung einer „steten Beziehung und Wechselwirkung" miteinander. Das „Wechselverhältnis zwischen den überlieferten Glaubenssätzen und der individuell-persönlichen Religiosität" sei daher für das Studium der Religiosität „von größter Bedeutung". Nur so sei es möglich, das „spezifisch Religiöse" als den Grundgehalt religiöser Erfahrung in der Analyse zu erheben.169 Gerade in dieser wechselseitigen Bezugnahme auf gegebene Materialien aus der Religionsgeschichte einerseits und dem Rückgang auf die eigene religiöse und weltanschauliche Identität des Theologen andererseits besteht das zentrale Charakteristikum der „religionspsychologischen Methode" zur Ermittlung der grundlegenden Bestimmungsinhalte des religiösen Bewußtseins. Von jenem wissenschaftstheoretischen Modell einer allgemeinen Religionswissenschaft, das von dem Prinzip einer wertneutralen Objektwissenschaft ausging und das die Religionswissenschaft der

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Systematische Theologie. Band l, 25-27. Siehe auch: Religionspsychologische Arbeit und systematische Theologie, in: Archiv für Religionspsychologie. Organ der Gesellschaft für Religionspsychologie. Herausgegeben von Wilhelm Stählin. Zweiter und dritter Band, Tübingen 1921, 200-205. Im Nachlaß Rade befindet sich ein Exemplar der TyposkriptFassung dieses Textes (Universitätsbibliothek Marburg. Nachlaß Martin Rade. MS 839 / Beilage). Systematische Theologie. Band 2, 16-25. Ebd., 24.

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Gruppe der gleichfalls wertneutralen Kulturwissenschaften zuordnete, hat Wobbermin sich mit dieser Auffassung weit entfernt.170 Doch nicht nur für die wissenschaftstheoretische Verankerung von Theologie, sondern auch für die inhaltliche Gestaltung der theologischen Darstellung selbst zieht das religionspsychologische Methodenmodell erhebliche Probleme nach sich. Denn in der praktischen Ausführung seiner Analyse der Ausdrucksformen religiöser Erfahrungen bleibt der Theologe auf das durch jene beiden Seiten des religionspsychologischen Zirkels markierte Bezugsverhältnis beschränkt. Anders als bei Schleiermacherund ungeachtet der ständigen Bezugnahme Wobbermins auf dessen theologietheoretische Konzeption - spielt nämlich die Bindung theologischer Glaubensdarstellung an die gemeinschaftliche Glaubenspraxis, wie sie in einer bestimmten Religions- oder Kirchengesellschaft gegeben ist, bei Wobbermin faktisch überhaupt keine Rolle. Während Schleiermacher die Theologie konstitutiv an die „in einer christlichen Kirchengesellschaft zu einer gegebenen Zeit geltende Lehre" bindet, bilden bei Wobbermin allein die religiöse Individualität des Theologen und die von ihm im analytischen Prozeß herangezogenen religions- bzw. christentumsgeschichtlichen Überlieferungsbestände die materiale Basis der Analyse.171 Wie niemand erkenntnispsychologische Arbeit leisten könne, der sich nicht in irgendeinem Umfange selbst als erkennendes Subjekt betätige „und demgemäß auch von sich selbst her eine Kenntnis des Erkenntnisaktes hat oder doch erlangen kann", so ist „auch die religionspsychologische Analyse auf die Analogie der eigenen religiösen Erfahrung angewiesen". Es ist ein zentraler Grundsatz der Theorie Wobbermins, daß nur „vermittelst dieser Analogie der eigenen religiösen Erfahrung [...] die geschichtlichen Ausdrucksformen des religiösen Bewußtseins auf ihre spezifisch religiösen Motive hin analysiert werden" können.172 Durch diese Konzentration der theologischen Methodologie auf das theologische Subjekt weicht Wobbermin wiederum erheblich von der Position Stephans ab, der im übrigen seinerseits gerade Schleiermachers Beschreibung der Theologie als einer ihrem Wesen nach auf die kirchliche 170

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Ebd., 55-61.- Schon im Zusammenhang der wissenschaftssystematischen Zuordnung der Religionswissenschaft zur Gruppe der Kulturwissenschaften hatte Wobbermin die Frage aufgeworfen, ob nicht „eine solche Beurteilung der Religionswissenschaft als kulturwissenschaftliche Einzeldisziplin eine Vergewaltigung der Religion" bedeute, weil „diese damit zu einem Teilbestandteil der Kultur gemacht wird, während sie von sich aus im Gegensatz, in einem Feindschafts-, mindestens in einem Konkurrenzverhältnis zu aller Kultur steht" (Systematische Theologie. Band l, 54). Systematische Theologie. Band l, 405-409. Vgl. Friedrich Schleiermacher: Der christliche Glaube. Zweite Auflage (1830/31) (Ed. Redeker). Band l, 119-125 (§ 19), hier: 119; siehe auch: Ders.: Kurze Darstellung des theologischen Studiums zum Behuf einleitender Vorlesungen (Ed. Scholz), 1-3 (Zweite Auflage: §§ 1-5). Systematische Theologie. Band l, 405. Vgl. zum „religionspsychologischen Zirkel" bereits oben Teil 11.3.2.4.

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Gemeinschaft bezogenen Form der Glaubensdarstellung in ihrer Bedeutung für seine eigene Konzeption mehrfach hervorgehoben hat.173 Auch Wobbermin hat sich ausführlich zu dieser Auffassung Schleiermachers, die von der zeitgenössischen liberalen Theologie weithin rezipiert worden ist, geäußert. Vor allem unterstellt Wobbermin Schleiermacher ein anti-institutionelles Kirchenverständnis, so daß, wie er meint, der Sache nach jene Theorie mehr auf eine Abgrenzung der Theologie von der Kirche als auf eine tatsächliche Bindung hinziele. Überdies sei nicht die Kirche als Gemeinschaft der Religiösen an sich, sondern nur als derjenige Ort verstanden, an dem, getragen durch ausgezeichnete religiöse Individuen, „die wirklich lebendige Religion" anzutreffen sei. Mit einer solchen Interpretation des Kirchenbegriffes läßt sich Wobbermins eigene Vorgehensweise ohne weiteres in Einklang bringen.174 Anders als Stephan verfügt Wobbermin wegen dieser theoretischen Konstellation über keine Instanz, die der subjektiven Bestimmtheit des individuellen religiösen Bewußtseins als Korrektiv entgegenwirken könnte. Ist bei Stephan der einzelne Christ und insofern immer auch der einzelne Theologe in den religiösen Zusammenhang der gemeinschaftlichen Frömmigkeitspraxis eingebunden und empfängt er von ihr aus zumindest partiell die Motive, die als Ausdruck seiner religiösen Individualität in die theologische Darstellung einfließen, so stellt Wobbermin in immer erneut vorgetragenen Argumentationsgängen den Theologen in seiner religiösen Individualität ausschließlich auf seinen eigenen Umgang mit der christlichen Überlieferungstradition. Dieser Umstand, der vielleicht auch erklärt, weshalb ausgerechnet Wobbermin die Existentialrhetorik eines Heidegger aufnehmen konnte, wird für die Theologietheorie nun insofern von ausschlaggebender Bedeutung, als Wobbermin die Rolle des Theologen für die Durchführung der theologischen Darstellung ungleich gewichtiger veranschlagt, als dies Stephan oder auch Wehrung getan haben. Die religiöse und auch weltanschauliche Prägung des Theologen ist wegen der prinzipiellen Loslösung von der religiösen Gemeinschaft, d.h. wegen des Fehlens eines Korrektivs gegenüber der indi173

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Vgl. Horst Stephan: Theologie: II. Evangelische Theologie, in: Die Religion in Geschichte und Gegenwart. Zweite Auflage. Band 5, Tübingen 1931, 1116-1124, hier: 1119. Zu Stephans Darstellung des Verhältnisses von Theologie und Kirche, die auch kritische Züge in der Beurteilung der Position Schleiermachers aufweist, vgl. oben Teil III.2.2.2. Vgl.: Systematische Theologie. Band l, 113-117, hier: 114. Wobbermin bezieht sich auf Troeltsch, der in seiner Deutung des Schleiermacherschen Kirchenbegriffes ebenfalls die „Idee eines organischen Lebenszusammenhanges, der von seiner Quelle fortwirkt und die Einzelnen stets erst in sich hineinzieht, ehe er von ihnen hervorgebracht wird", über ein institutionelles Kirchenverständnis stellt. Vgl. Ernst Troeltsch: Schleiermacher und die Kirche, in: Schleiermacher der Philosoph des Glaubens. Sechs Aufsätze [von Ernst Troeltsch, Arthur Titius, Paul Natorp, Paul Hensel, Samuel Eck und Martin Rade| mit einem Vorwort von Friedrich Naumann (Moderne Philosophie. Band 6), Berlin-Schöneberg 1910, 9-35; Zitat: 31.

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viduellen religiösen Orientierung, in weit größerem Maße derartigen weltanschaulichen oder auch ideologischen Einflußfaktoren ausgesetzt, die im kirchlichen Bereich nicht oder nur begrenzt aufgegriffen wurden, weil es ihnen nicht gelungen ist, sich im Gemeindebewußtsein zu verankern. Wobbermins individualistische Theorie weist eine Disposition auf, die sie anfällig macht für eine Instrumentalisierung der Theologie durch weltanschaulich bedingte Interessen. In dieser Disposition ist der eigentliche Grund dafür zu sehen, daß Wobbermin sein Modell einer religionspsychologischen Methodik in den Dienst der nationalsozialistischen Ideologie stellen konnte. Erst dieser Umstand erklärt, weshalb Wobbermin etwa seine Unterstützung der nationalsozialistischen Sondergesetzgebung gegen Juden nicht politisch oder weltanschaulich, sondern aus einem theologischen Argumentationszusammenhang heraus motiviert. Das intensive politische Engagement für den Nationalsozialismus und die NS-Partei war für Wobbermin ein unmittelbarer Ausdruck seiner theologischen Existenz, aufgebaut auf einer Theorie von Theologie, die die Steuerung des theologischen Denkens durch nichtreligiöse politische und weltanschauliche Bestimmungsfaktoren kaum reflektiert. Auch hier also, ebenso wie in der Religionstheorie, wirkt sich der individualistische Grundzug der Theorie zuletzt verhängnisvoll aus. Die für die liberaltheologische Auffassung von Wesen und Aufgabe der Theologie konstitutive Beziehung zwischen subjektiv bedingter (mit Stephan: „intensiver") und im gemeinschaftlichen Ausdruck manifester („extensiver") religiöser Grundhaltung wird von Wobbermin in völlig unzulänglicher Weise thematisiert. Dieses theologietheoretische Defizit, sichtbar in dem weitgehenden Ausfall der Ekklesiologie, bildet die Voraussetzung für jene Politisierung, der Wobbermins theologisches Denken sich vor allem in den Jahren des Dritten Reiches öffnete. 2.4. Theologie als Begriffsform des religiösen Bewußtseins. Der Theologie begriff bei Wehrung Innerhalb der theologischen Konzeption Wehrungs tritt die Erörterung des Theologiebegriffes auffällig hinter die geschichtstheologische Problematik zurück. Zwar hat Wehrung sich besonders in den zwanziger Jahren intensiv mit diversen begründungstheoretischen Ansätzen in der neueren protestantischen Theologie auseinandergesetzt und in diesem Zusammenhang geradezu eine entwicklungsgeschichtliche Typenlehre entworfen, doch blieb die Reflexion solcher Fragestellungen in seiner eigenen Systematik eher von nachrangiger Bedeutung. Dabei hat Wehrung selbst die wenigen ausdrücklich auf den Theologiebegriff gerichteten Partien seiner theologietheoretischen Publikationen aus einer geschichtstheologischen Perspektive heraus formuliert. Die Fragen der Selbständigkeit von Theologie als Wissenschaft oder der theologischen Methodik bleiben ganz auf

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den Sachzusammenhang der übergeordneten Thematik von „Geschichte und Glaube" bezogen. 2.4.1. Geschichtliches Erkennen und selbständige Theologie In seiner Studie „Die Haupttypen theologischen Denkens in der neueren Theologie" von 1924 stellt Wehrung einige methodisch prinzipiell verschiedene Vorgehensweisen in der Theologie nebeneinander. Schleiermachers Entwurf, mit dem überhaupt die Geschichte der „lebendigen Theologie" „für uns" erst begonnen habe, zeichne sich durch eine „Methode des Hinüberdeutens" aus, für die der ständige Wechsel zwischen zwei polar angeordneten Bezugsgrößen kennzeichnend sei. Auf diese Weise werde zwischen einer historischen und einer philosophischen Ebene, zwischen dem „Geschichtlichen" und dem „Spekulativen" eine unlösbare Beziehung hergestellt. Die Einsicht, daß „der Weg zu den Grundlagen nur durch das Geschichtliche hindurch" führe, habe zu einem neuen Verständnis des Spekulativen in der Theologie geführt.175 Auch die Beziehung zwischen der frommen Erfahrung und der „reinen Wissenschaft von religiösen Dingen", d.h. der Theologie, gehört nach Wehrung in diesen Kreis polarer Relationen. Ebenso wie die Religion selbst nur aus der „geschichtlichen Wirklichkeit" heraus bestehen könne, ist auch die Theologie generell nur über eine historische Orientierung imstande, das „innerste, abstrakteste Lebensgesetz des Bewußtseins" als das „Grundprinzip der Religion" aufzufassen.176 Wehrung bezeichnet das von Schleiermacher gewählte Verfahren wegen des konstruktiven oder „spekulativen" Momentes in der Ermittlung eines solchen Grundprinzips auch als „aprioristische Betrachtungsweise".177 Theologie sei daher nach Schleiermacher „nichts anderes als das gegeneinanderhalten' des lebendig Christlichen und jenes allgemeinen, aus sich gliederungsfähigen Prinzips der Religion"; sie sei „die begriffliche Beziehung, die Hinüberdeutung des einen auf das andere, dergestalt, daß das christliche Bewußtsein nun sich selbst gegenständlich wird".178 175

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Die Haupttypen theologischen Denkens in der neueren Theologie, in: Zeitschrift für systematische Theologie 2 (1924), 75-145, hier: 77-78. Vgl. Friedrich Schleiermacher: Der christliche Glaube. Zweite Auflage (1830/31) (Ed. Redeker). Band l, 12-13 (§ 2, 2). Die Haupttypen theologischen Denkens in der neueren Theologie, 80. Demgegenüber bietet „sich im eigentlich Individuellen oder Konkreten der religiösen Bildungen das .Veränderliche' oder ,Zufällige', das in seiner Besonderheit der spekulativen Konstruktion nicht mehr zugänglich ist", ihrer aber auch nicht bedarf (Ebd., 81). Ebd., 81. Ebd., 85, mit Bezug auf Friedrich Schleiermacher: Kurze Darstellung des theologischen Studiums zum Behuf einleitender Vorlesungen (Ed. Scholz), 13-14 (Zweite Auflage: § 32). An gleicher Stelle setzt Wehrung sich auch mit Wobbermins Deutung des Theologieverständnisses von Schleiermacher auseinander (Ebd., 88-91).

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Neben die Schleiermacher zugeschriebene „Methode des Hinüberdeutens", der sich unter anderem auch Biedermann, Frank und Dorner bedient hätten,179 stellt Wehrung zwei Methodenmodelle, deren gemeinsames Grundmotiv in dem Versuch besteht, eine sich in das Objekt hineinversetzende, „alle seine Seiten gleichmäßig herausarbeitende" und dennoch begrifflich angelegte Deutung religiöser Phänomene zu geben. Hier hat die Theologie „einen selbständigen, wissenschaftlichen Wert", weil sie zu einer umfassenden Darstellung der Vorstellungsinhalte gelangt. Eine solche Darstellung sei für die christliche Verkündigung „richtungweisend" und „grundlegend".180 Im Sinne dieser Ausgangsbestimmung habe zum einen Albrecht Ritschi sein Verständnis von Theologie entfaltet, zum anderen Wobbermin seine „religionspsychologische" Methodik konzipiert. Die Eigentümlichkeit der von Ritschi vorgetragenen Konzeption besteht nach Wehrung darin, daß das Schwergewicht der dogmatischen Darstellung auf den Offenbarungsbegriff und die geschichtliche Wirkung von Offenbarung im „ursprünglichen Bewußtsein der Gemeinde" gelegt wird. Das theologische Erkennen ist daher, wie Wehrung formuliert, „ein Denken aus diesem Glauben heraus, ein Denken des Glaubens", ein „freies Denken, das in der Hingabe an das Objekt selbständig für die Gegenwart arbeiten darf". Der Glaube der Gemeinde ist mithin nicht das Objekt, er ist das Subjekt der Theologie. Die „glaubende Gemeinde vergegenwärtigt sich mit Hilfe methodischer, planvoller Besinnung die Offenbarungswirklichkeit". Dieses Verfahren bezeichnet Wehrung als „Methode des Deutens".181 Die von Wobbermin vertretene „religionspsychologische Methode" knüpfe zwar unmittelbar an die Position Ritschis an, doch führe ihre grundsätzliche Bekämpfung des Historismus dazu, daß erneut die individuellen Formen des religiösen Bewußtseins in den Mittelpunkt der Analyse treten. Gegenüber dem Gemeindebezug bei Ritschi bekomme bei Wobbermin „die subjektive Seite des [religiösen] Phänomens das Schwergewicht". 179

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Die Haupttypen theologischen Denkens in der neueren Theologie, 94-101. Es kann kein Zweifel daran bestehen, daß Wehrung hier, auch wenn er diesen Umstand nicht direkt ausweist, auf die methodengeschichtlichen Ausführungen Wobbermins im ersten Band der „Systematischen Theologie" zurückgreift; vgl. Georg Wobbermin: Systematische Theologie. Band l, 174-242. Die Haupttypen theologischen Denkens in der neueren Theologie, 104-105. Ebd., 114. 101. Vgl. Albrecht Ritschi: Die christliche Lehre von der Rechtfertigung und Versöhnung. Dritter Band: Die positive Entwickelung der Lehre. Dritte / Vierte Auflage, Bonn 1895, 3: „Daraus aber folgt für die gegenwärtige Aufgabe, daß der Stoff für die theologische Lehre von der Sündenvergebung, Rechtfertigung, Versöhnung direct nicht sowohl in den Aussprüchen Christi, die sich darauf beziehen, zu suchen ist, als vielmehr in den entsprechenden Darstellungen des ursprünglichen Bewußtseins der Gemeinde. Der Glaube der Gemeinde, daß sie zu Gott in dem Verhältniß steht, welches durch Sündenvergebung wesentlich bedingt ist, ist das unmittelbare Object des theologischen Erkennens."

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Wehrung bezweifelt angesichts dieses Umstandes, daß die „Religionspsychologie die ganze substantielle Tiefe" dessen, was in der Welt der Religionen als die Wesenserfüllung ihrer Motive, „als die Klärung und Befestigung des religiösen Bewußtseins hervorbricht, ihrerseits zu erkennen vermöge". Denn dieses Erkennen bewege sich auf einer höheren, einer von Reflexion bestimmten Ebene, die die ursprüngliche Geistigkeit der religiösen Wahrnehmung nicht mehr erfasse.182 Auch auf den energischen Protest Wobbermins hin, der sich in einer ausführlichen Stellungnahme von dieser Kritik empfindlich getroffen zeigte, hat Wehrung hervorgehoben, daß Wobbermins Antihistorismus auf einen Irrweg geführt habe. Statt dessen sei „eine neue Einstellung zum historischen Befund" nötig, die nicht empirisch ausgerichtet zu sein habe, sondern die innerhalb des vorhandenen religionsgeschichtlichen Materials solche „Daten" aufsuche, die „durch das Merkmal des gültigen Anspruchs auf Wahrheit" ausgezeichnet sind.183 Von diesem kritischen Ausgangspunkt aus, der sich, über die Kontroverse mit Wobbermin hinaus, als Ausdruck einer Selbstkritik des liberaltheologischen Geschichtsverständnisses auffassen läßt, entwirft Wehrung seinen eigenen Beitrag zur theologischen Methodologie. Im Mittelpunkt steht dabei die prinzipielle Aussage, daß die Theologie nichts anderes könne und wolle, als „das Erkennen der Religion methodisch" auszusprechen.184 Diesen Grundsatz entfaltet Wehrung einerseits in historischer, andererseits in systematischer Perspektive. In theologiegeschichtlicher Hinsicht greift Wehrung noch einmal seine Überlegungen zu Ritschis Konzeption auf und verbindet sie mit einer Anknüpfung an den Subjektivitätsbegriff der idealistischen Philosophie. Die systematisch-theolo182 183

184

Die Haupttypen theologischen Denkens in der neueren Theologie, 126-131; Zitat: 131. Ebd., 134. - Wobbermin hat sich in einer umfassenden Entgegnung mit Wehrungs Kritik auseinandergesetzt; vgl. Georg Wobbermin: Wehrungs Haupttypen theologischen Denkens, in: Zeitschrift für systematische Theologie 5 (1927), 488-497; siehe dazu auch Wehrungs erneute „Abgrenzung gegen die religionspsychologische Methode" in: Geschichte und Glaube, 179-180 (vgl. auch seine Rezension der „Richtlinien evangelischer Theologie" in: Theologische Literaturzeitung 55 (1930), 490-492, sowie die gegen Wobbermin gerichteten Ausführungen in: Wissenschaft und Glauben. Zugleich eine Auseinandersetzung mit Kant, in: Zeitschrift für systematische Theologie 6 (1928/29), 390, hier: 89-90). Nachdem Wehrung Wobbermin im Frühjahr 1924 einen Abdruck seiner Abhandlung über die „Haupttypen theologischen Denkens in der neueren Theologie" zugesandt hatte, setzte ein intensiver Briefwechsel zwischen beiden Theologen ein, der um die in dem Text aufgeworfene geschichtstheologische Problematik kreiste. Im Nachlaß Wehrungs haben sich aus den Jahren 1924 bis 1933 siebzehn, zum Teil sehr umfangreiche Briefe Wobbermins an Wehrung erhalten. Der Inhalt der Gegenbriefe läßt sich in der Regel erschließen (vgl. die genauen Angaben im Bibliographischen Anhang unter A.I.3.2.5.). Zur Reaktion Wobbermins auf die Ausführungen in „Geschichte und Glaube" vgl. dessen Rezension in: Theologische Literaturzeitung 59 (1934), 32-35. Vom Irrationalen, in: Zeitschrift für systematische Theologie l (1923), 482-517, hier: 492.

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gische Darstellung geht von einer Theorie des religiösen Bewußtseins aus, die dessen Bestimmungsinhalte ausschließlich aus dem Offenbarungsbezug von Religiosität herleitet.185 Der Gefahr einer „einseitig" subjektivistischen Bewußtseinstheologie, wie sie in der Folge des Pietismus den reformatorischen Charakter der protestantischen Theologie bedroht habe, soll dadurch begegnet werden, daß in Predigt, Unterweisung und Theologie gegenüber der individuellen religiösen Erfahrung auf die Bedeutung der vorgegebenen geschichtlichen Überlieferung hingewiesen wird. Ähnlich wie schon in seiner Zuordnung von Autorität und Freiheit geht Wehrung auch hier von der Leitformel aus, daß „höchste Subjektivität [...] sich in nichts anderem als in der Anerkennung der höchsten Objektivität" - „von der sie lebt" - beweise. Außerhalb dieses Verhältnisses könne religiöse Subjektivität nicht gedacht werden. Hierin, in diesem wechselseitigen Bezugsverhältnis von Glaube und Offenbarung, besteht nach Wehrung der Grundgehalt und das entscheidende Charakteristikum reformatorischer Theologie.186 Gerade diesen Sachverhalt habe die idealistische Philosophie in einer Weise betont, die auf die Geschichte der evangelischen Theologie nachhaltig eingewirkt habe. Schleiermacher, Ritschi, Johann Tobias Beck oder Johann Christian Konrad von Hofmann seien tiefgreifend von einem solchen Theologieverständnis beeinflußt worden.187 In den theologiegeschichtlichen Zusammenhang dieser Entwürfe stellt Wehrung auch seine eigene theologische Konzeption. Die „subjektiv-objektive Grundeinstellung" der theologischen Reflexion, die zugleich auf den geschichtlichen Überlieferungsgehalt wie auf die praktizierte Frömmigkeit der gegenwärtigen Glaubensgemeinschaft gerichtet ist, kommt nach Wehrung in einem „re-produktiven Verfahren" zum Ausdruck. Dieses Verfahren legt die Glaubensdarstellung entwicklungsgeschichtlich an und bedient sich insofern einer „genetischen Methode". Im Ergebnis gelingt der Theologie so ein „Verständnis der Religion und des Christentums aus [...] ihrem eigensten Mittelpunkt heraus".188 Die einzelnen Teilbereiche der Theologietheorie Wehrungs, seine Protestantismustheorie und auch seine Religionstheorie verbinden sich daher in einem theologischen Modell, das „die rechtmäßige Sachentfaltung" des Gegenstandes der Theologie von einem „wesensgenetischen Denken" erwartet. Dieses „Denken" soll in der Lage sein, „die innere Entstehung der Religion" und, davon untrennbar, die „innere Entstehung" auch der frommen Gemeinschaft bis in ihre Tiefen 185

186 187 188

Diese beiden Richtungen seiner Argumentation hat Wehrung erstmals in seiner Tübinger Antrittsvorlesung zu einer geschlossenen theologischen Konzeption integriert; vgl.: Theologie und deutscher Idealismus, in: Zeitschrift für systematische Theologie 9 (1931/32), 179-210. Eine ausgeführte Fassung dieses Entwurfes gibt das Hauptwerk von 1933. Theologie und deutscher Idealismus, 185. Ebd., 186-187. Ebd., 190.

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hinein aufzudecken und so schließlich den Ort im Bewußtsein zu ermitteln, „von wo die Religion ausgeht", d.h. „wo die Gottesfrage entspringt".189 2.4.2. Die dogmatisch-theologische Methode Auch in der ausgeführten Gestalt, die Wehrung seinen Überlegungen zur theologischen Methodologie in dem 1933 erschienenen Buch „Geschichte und Glaube" gab, bildet wieder zunächst die theologiegeschichtliche Reflexion den Ausgangspunkt. Dabei widmet Wehrung sich hier, in Aufnahme und Fortführung seiner früheren Studien zum theologischen Entwurf Schleiermachers, vorrangig der geschichtstheologischen Problematik. Sie sei für die protestantische Theologie des neunzehnten und frühen zwanzigsten Jahrhunderts von entscheidender Bedeutung gewesen. Nach Wehrung haben die Auswirkungen der modernen historischen Forschung bereits seit Beginn des neunzehnten Jahrhunderts zu einem tiefen „Riß in der Theologie" geführt, den zu überwinden seither das vorrangige Bemühen der theologischen Arbeit gewesen sei. Als Folge dieser Konstellation wurde die „Möglichkeit einer selbständigen Theologie" immer stärker an methodische Vorbedingungen geknüpft, die die Theorie und die Praxis des „geschichtlichen Erkennens" betrafen. Maßgeblich hierfür ist nach Wehrung ein Geschichtsbegriff gewesen, der am Personalismus der idealistischen Philosophie orientiert war.190 Die besondere historische Identität der christlichen Religion ist vor dem Hintergrund eines solchen Geschichtsverständnisses nur als Anwendungsfall einer Theorie über die Ausbildung von Individualität in der Geschichte überhaupt aufzufassen. Den Vorgang des Gewinnes geschichtlicher Erkenntnis in der Theologie selbst differenziert Wehrung nach zwei Richtungen. Einer an den Phänomenen der Religionsgeschichte orientierten objektwissenschaftlichen Form geschichtlichen Erkennens, dem von Wehrung sogenannten „religionsgeschichtlichen Erkennen", steht eine Erkenntnisform gegenüber, die auf den normativen Gehalt solcher Phänomene gerichtet ist. Dieses „offenbarungsgeschichtliche Erkennen" erst versetzt die Theologie in die Lage, eine sachlich angemessene Auslegung christlicher Glaubensvorstellungen vorzunehmen. Wie keinen anderen Aspekt seiner Theorie theologischer Reflexion hat Wehrung immer wieder die Gebundenheit der Theologie an die elementare, auf die Offenbarung bezogene Erfahrungsebene des religiösen Bewußtseins betont: Ausschließlich „vom Boden des Glaubens aus" beziehe die Theologie Stellung.191 Der ganze erste Hauptteil seines 189

190 191

Ebd., 192. Geschichte und Glaube. Eine Besinnung auf die Grundsätze theologischen Denkens, Gütersloh 1933,47-51. Ebd., 256.

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Buches ist daher dem Entwurf sogenannter „Denkprinzipien der historischen Theologie" gewidmet, die die Religionsgeschichte anhand von Kriterien eines solchen „offenbarungsgeschichtlichen Erkennens" strukturieren.192 Ebenso wie Theologie und Geschichte in diesem Erkenntnisprozeß spannungsreich und doch unlösbar aufeinander bezogen sind, kann auch „das dogmatisch-theologische Denken", also jene Form theologischer Reflexion, die sich auf die Bewußtseinsinhalte religiöser Subjektivität bezieht, nur dann der Aufgabe gerecht werden, die der Theologie gestellt ist, wenn es gelingt, die Spannung zwischen Dogmatik und „Historik" zu überwinden. Im Rahmen der von Wehrung angestrebten „neuen Synthese" bleibt die historische Analyse geschichtlicher Sachverhalte zwar ein notwendiger Bestandteil der theologischen Systematik. Gleichwohl handelt es sich hier aber doch nur um eine partikulare Erklärungsleistung. Demgegenüber sucht die dogmatische Theologie, die in der Geschichte sich darstellende Wirklichkeit von Offenbarung in ihrem ganzen Umfang zu erfassen. Dabei geht der Theologe in der theologischen Reflexion christlicher Glaubenssätze von einer spezifischen „Autorität des Glaubens" und insofern von der Geltung des mit dem christlichen Glauben gesetzten Wahrheitsanspruches aus: Eine dem Theologen sichtbare „innere Notwendigkeit" kennzeichnet nach Wehrung die einzelnen religiösen Vorstellungen. Nur der Glaube selbst, und nicht eine von ihm abhängige theologische Glaubensauslegung, ist daher imstande, den religiösen Bedeutungsgehalt der Offenbarung wahrzunehmen. Allein aus einem solchen Rückbezug der Theologie auf die Ebene des Glaubens sei es möglich, den „Gegensatz von Objektivismus und Subjektivismus" im religiösen Erlebnis, den Gegensatz von religiösem Gegenstand und religiöser Erfahrung, von äußerer Bestimmtheit des Glaubens und seinem subjektiven Vollzug zu überwinden.193 Im Rahmen eines zweiten, inhaltlich ungleich präziser ausgeführten Abschnittes erläutert Wehrung in Form einer kompakt strukturierten Reihe von Einzeldarstellungen die „theoretischen Grundbegriffe", die die theologische Verhältnisbestimmung von Glaube und Geschichte tragen sollen. Dabei wird, wie bereits erwähnt, zunächst der Begriff der „Entwicklung" als Auslegung eines in der Geschichte ursprünglichen, teleologischen „Werdens" entfaltet.194 Wehrung greift hier den von Droysen zur 192 193

194

Vgl.: Ebd., 76-149. Ebd., 177-179. Wehrung faßt dieses „theologische Denken" im Begriff des „objektiven Glaubensdenkens" zusammen. Tatsächlich müsse „der Glaube auch und zunächst als Subjekt in Anschlag gebracht werden. Er, der Glaube, denkt selbst; er ist es, der über seinen Gegenstand Bescheid weiß, der ihn sich vergegenwärtigt. Es handelt sich um eine Objekterkenntnis, die nur vom Glauben aus zugänglich ist, eben um die Erkenntnis der an den Glauben sich wendenden Offenbarung [...]" (Ebd., 177). Vgl. oben Teil HI. 1.2.2.

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Bezeichnung seines geschichtstheoretischen Modelles geprägten Begriff der „Historik" auf.195 Im Anschluß an die Ausführungen zum Entwicklungsbegriff erläutert Wehrung die theologischen Zentralbegriffe „Offenbarung", „Gesetz und Evangelium" sowie „Wort und Geist". Schließlich wird unter dem Titel „Heilstatsachen" derjenige theologische Sachverhalt thematisiert, der sich in wechselnder begrifflicher Gestalt einem Verständnis göttlichen Handelns in der Welt unter dem Gesichtspunkt der heilsgeschichtlichen Wundertat widmet. Mit diesen begrifflich-theoretischen Vorgaben, unter denen vor allem die Kategorie der „Entwicklung" eine hervorgehobene Rolle spielt, erörtert Wehrung das komplexe Beziehungsgefüge, das den Glauben mit einer Form von Wirklichkeitswahrnehmung verbindet, die durch historische Reflexion und kritische Analyse gekennzeichnet ist. Beiden entspricht jeweils ein eigener Typ des „Denkens": das „offenbarungsgeschichtliche Denken" steht dem wissenschaftlich-historischen Denken gegenüber; beide tendieren, trotz aller wechselseitigen Bezüge, zu einem Verhältnis der Gegensätzlichkeit. Die Aufgabe der Theologie besteht in dieser Situation darin, den Anspruch auf Wahrheitsgeltung, den die im Neuen Testament normativ repräsentierte offenbarungsbezogene Form von Religiosität erhebt, gegenüber der durch jene historische Denkweise nahegelegten Infragestellung normativer Geltungsbehauptungen zu vertreten. Der Theologe selbst ist dabei - und hier befindet Wehrung sich in Übereinstimmung mit Wobbermin - an die Geltungsvoraussetzung gebunden. Gleichwohl soll er in seine theologische Darstellung auch die historische Sichtweise integrieren. Da nun das historisch-wissenschaftliche Urteil als solches nicht geeignet ist, eine Glaubenshaltung zu begründen, besteht nach Wehrung gerade wegen dieser vom historischen Denken ausgehenden generellen Infragestellung die „Notwendigkeit einer selbständigen, unmittelbar Stellung nehmenden [...] Glaubenshaltung gegenüber der geschichtlichen Wirklich195

Der Begriff „Historik" bezeichnet bei Droysen eine Hermeneutik der Geschichtswissenschaft, derzufolge die spezifische Kunst des „Verstehens" in einer intuitiven Deutung von Willenshandlungen, Zweck- und Triebzusammenhängen auf den verschiedenen Kulturund Wertgebieten besteht. Nach Troeltsch handelt es sich dabei um den „ethisch und national gefärbten Historismus der vorbismarckschen Zeit, in der Form an Humboldt und Schleiermacher genährt, in seiner Gegenwart erfüllt von einem kulturell vertieften Nationalgedanken" (Ernst Troeltsch: Der Historismus und seine Probleme. Erstes Buch: Das logische Problem der Geschichtsphilosophie (Gesammelte Schriften. Band 3), Tübingen 1922, 305-307, hier: 305). Siehe auch Johann Gustav Droysen: Grundriß der Historik, Leipzig 1868; Ders.: Texte zur Geschichtstheorie. Mit ungedruckten Materialien zur „Historik". Herausgegeben von Günter Birtsch und Jörn Rüsen, Göttingen 1972. Zum geschichtstheoretischen Modell der „Historik" vgl. Erich Bayer: Nachwort, zu: Johann Gustav Droysen: Geschichte des Hellenismus. Band 3: Geschichte der Epigonen, Tübingen 1953 (unveränderter Nachdruck: München 1980), 437-495, hier: 457-462, sowie: Jörn Rüsen: Konfigurationen des Historismus. Studien zur deutschen Wissenschaftskultur, Frankfurt am Main 1993, 226-275.

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keit".196 Dieser Grundsatz steht im Zentrum der theologietheoretischen Konzeption Wehrungs. Anders als Lessing tritt Wehrung für die „Möglichkeit, ja Notwendigkeit" einer von der historischen Problematik nicht erschütterten, sich vielmehr auf ihre religiöse „Unmittelbarkeit" berufenden Haltung des Glaubens ein. Wehrung nimmt hier sogar Kierkegaards Rede von der „unendlichen Leidenschaft der Subjektivität" im Glaubensbegriff auf und bringt sie direkt in Verbindung mit Ritschis Überzeugung, daß der Kern des Glaubens in einem durch „theoretisches Erkennen" nicht mehr erreichbaren „Vertrauensakt" bestehe.197 Aus dieser Sicht kommt der wissenschaftlich-historischen Analyse lediglich die Bedeutung einer für die Wahrnehmung und Deutung der geschichtlichen Wirklichkeit mittelbar hilfreichen Leistung des Denkens zu. Vor allem sei sie geeignet, falsche Stützen eines geschichtsbildabhängigen Glaubens in Frage zu stellen und so zu einer größeren Selbständigkeit des Glaubens gegenüber nichtreligiösen Formen der weltanschaulichen Wirklichkeitswahrnehmung beizutragen. In diesem Zusammenhang greift Wehrung auf sein Modell einer „Historik" zurück, mit dem, so Wehrung, im Gegensatz zu einer lediglich rekonstruktiven geschichtswissenschaftlichen Konzeption, der geschichtliche Entwicklungsprozeß auf seine zentralen Gestaltungsfaktoren hin befragt werden kann. Indem die „Historik" in ihrem Bestreben, diese zentralen Faktoren zu bezeichnen, den „Begriff des Übergeschichtlichen im Geschichtlichen" formuliere, nehme sie selbst „am theologischen Erkennen" teil.198 Von diesem Gedanken aus konzipiert Wehrung eine Idee von „Heilsgeschichte", die der Subjektivität des zeitlich-geschichtlich existierenden Menschen einen Gottesbegriff gegenüberstellt, dessen wichtigstes Moment die absolute Handlungssouveränität im geschichtlichen Prozeß ist. „Geschichte" ist für Wehrung, in der Perspektive frommer Weltdeutung, nicht nur „Veranlassung" des Glaubens, sondern zugleich auch sein „bleibender Grund". Dieser Sachverhalt gilt nicht primär im Blick auf eine bestimmte historische Auffassung vom Auftreten Jesu oder eines anderen Momentes im Kontext der göttlichen Selbsterweisung im Offenbarungsgeschehen, sondern er bezieht sich in einem den Glauben geradezu erst begründenden Sinne darauf, daß die zentrale Wahrheit des Glaubens, „die Wahrheit der Vergebung", mit ihrer „Wirklichkeit" in der Geschichte „steht und fällt".199 196 197

198

199

Geschichte und Glaube, 332. Ebd., 333. Vgl. Sören Kierkegaard: Abschließende unwissenschaftliche Nachschrift zu den Philosophischen Brocken. Erster Teil, in: Ders.: Gesammelte Werke. Band 6. Übersetzt von Christoph Schrempf und Hermann Gottsched. Mit einem Nachwort von Christoph Schrempf, Jena 1910, 118. Geschichte und Glaube, 358: „Daß schon die Historik am theologischen Erkennen teilhat, kann man durch den Begriff des Übergeschichtlichen im Geschichtlichen als des gemeinsamen Gegenstandes aller Arbeitszweige der Theologie ausdrücken." Ebd., 374.

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Erst die Konstruktion eines solchen „christlichen Geschichtsbegriffes" ermöglicht es Wehrung, sein Ziel, eine Synthese des wissenschaftlichhistorischen und des „offenbarungsgeschichtlichen" Denkens, zu erreichen. Der Preis für diese Lösung besteht, wie Wehrung durchaus selbstkritisch eingeräumt hat, darin, daß der Geschichtsbegriff seine Einheit verliert. Überzeugen kann Wehrungs Modell nur unter der Voraussetzung einer „dogmatisch-theologischen" Perspektive, die jene beiden, der Tendenz nach gegensätzlichen Denkweisen in sich einschließt und die insofern auch die „Historik" und die Dogmatik integriert. Das Einheitsprinzip seines „christlichen Geschichtsbegriffes" findet Wehrung in der christologischen Ausrichtung des Glaubens. Nur im Christusereignis verbindet sich schöpferisches, d.h. unbedingtes Handeln mit einem Wirken in der Zeit, das als Selbsterniedrigung einer uneingeschränkten Handlungsvollmacht aufgefaßt werden kann.200 Der „Sinn der Geschichte" liegt daher nach Wehrung ausschließlich in dieser „Mitte" der geschichtlichen Wirklichkeit. In ihr wird zugleich die Vollendung der Geschichte selbst sichtbar. Zeit und Ewigkeit verbinden sich zur „Einheit der Geschichte", in der die „Möglichkeit geschichtlichen Lebens" mit dem Gedanken einer endgültigen Erfüllung verbunden ist.201 Wehrungs geschichtstheologische Konzeption und hier insbesondere die Interpretation von Geschichte als Heilsgeschichte, die die Funktion eines „Glaubensgrundes" übernimmt,202 weist in die Nähe weiterer zeitgenössischer Versuche einer geschichtstheologischen Deutung des Glaubens. Zu denken ist insbesondere an die Überlegungen von Karl Bornhausen,

200

201

202

Wehrung schließt sich hier der christologischen Kenosistheorie an. Vgl. dazu auch: Christologie: III. Dogmatisch, in: Die Religion in Geschichte und Gegenwart. Zweite Auflage. Band l, Tübingen 1927,1634-1646, besonders: 1642-1646, sowie: Kenosis, in: Ebd. Band 3, Tübingen 1929, 725-727. - Die Auseinandersetzung mit der theologischen Tradition der Erlanger Schule bildete eines der wichtigsten theologiegeschichtlichen Arbeitsfelder Wehrungs. Im Nachlaß liegen zahlreiche Materialien zu Vorlesungen, Seminarveranstaltungen und Publikationsprojekten vor, die diese langjährige Beschäftigung dokumentieren. Vgl. etwa das Konvolut „Erlanger Theologie", das unter anderem ausführliches Material zu Gottfried Thomasius (1802-1875), dem einflußreichsten Vertreter der kenotischen Christologie, enthält (Nachlaß Wehrung. Karton 18: Diverse Manuskripte zu dogmatischen Themen sowie weitere Texte / Schriftwechsel zum Nachlaß [siehe im Bibliographischen Anhang: A.1.3.2.1.: Nachlaß Wehrung- Tübinger Bestand (1.2.3.: Konvolut „Erlanger Theologie")]). Zur Kenosislehre vgl. den Überblick bei John Macquarrie: Jesus Christus. VI. Neuzeit (1789 bis zur Neuzeit), in: Theologische Realenzyklopädie. Band 17, Berlin/New York 1988, 16-42, hier: 26-27, sowie: Gottfried Thomasius: Christi Person und Werk. Darstellung der evangelisch-lutherischen Dogmatik vom Mittelpunkte der Christologie aus. Band l, Erlangen 1852 (Zweite Auflage: Erlangen 1856)/Band 2, Erlangen 1861 (Zweite Auflage: Erlangen 1863). Geschichte und Glaube, 447-448; vgl. auch: Ebd., 422-448: „Der christliche Geschichtsbegriff" (siehe dazu unten Teil III.3.1.2.). Ebd., 406.

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Georg Wünsch und Kurt Leese.203 Gemeinsame Voraussetzung dieser an einem idealistischen Geschichtsverständnis orientierten Entwürfe ist die für die liberaltheologische Theologietheorie grundlegende Auffassung, daß eine theologische Deutung die Struktur von Frömmigkeit nur dann adäquat erfassen kann, wenn sie sie als Ausdruck einer inhaltlich bestimmten Wirklichkeitserfahrung beschreibt. Der Glaube wird hier als eine auf die konkrete Lebenswelt hin offene Einstellung betrachtet, in der das religiöse Erleben einen Teil des die Existenz insgesamt bestimmenden Wahrnehmungs- und Erklärungszusammenhanges darstellt. Gerade diese nach außen hin vermittlungsfähige Gestalt des Glaubens sucht Wehrung im Rahmen seiner geschichtstheologischen Konzeption auf eine Theorie menschlicher Existenz als Vollzug sinnhafter Geschichtserfahrung zu beziehen. Problematisch bleibt dabei jedoch die methodische Fundierung dieser Konzeption. Wehrung selbst räumt ein, daß die Zuordnung der „offenbarungsgeschichtlichen" Denkweise zur historisch-analytischen Einstellung in seinem Synthesemodell eine „gewisse Begrenzung der historischen Wissenschaft eben als objektiver Wissenschaft" mit sich bringe. In der Begründung weist er darauf hin, daß „eine geschichtliche Wirklichkeit, die den Affekt der Entscheidung fordert, um in ihrem Tiefsten verstanden zu werden", sich, je mehr sie einen solchen „Affekt" fordere, „einer rein objektiv-historischen Beobachtung" entziehen werde.204 So finde letztlich allein der Glaube zu einer Einsicht in die innerste Struktur von Geschichte, und dies, weil er nicht neben oder über der geschichtlichen Wirklichkeit „herum irrlichtere", sondern weil er in ihr die Gottesoffenbarung sucht, die ihn selbst trägt.205 Von der zeitgenössischen theologischen Diskussion wurde Wehrungs Werk, von wenigen Ausnahmen abgesehen, insgesamt zurückhaltend aufgenommen.206 Die komplexe Problematik, die Wehrung anhand der geschichtstheologischen Theorie entfaltete, wurde dabei nur selten als solche tatsächlich gewürdigt. In der Regel überwog eine selektive Rezeption, die zudem Wehrungs Standpunkt zumeist voreilig anderen theologischen Positionen zuordnete. Dafür, daß Wehrung seine Überlegungen zur Methodik einer Geschichtstheologie immer auch als Selbstkritik der liberal203

204 205

206

Vgl. z.B. Karl Bornhausen: Die Offenbarung. Über die Verbindung von Gott und Mensch in der Zeit, Leipzig 1928; Georg Wünsch: Wirklichkeitschristentum. Über die Möglichkeit einer Theologie des Wirklichen, Tübingen 1932; Kurt Leese: Die Religion des protestantischen Menschen, Berlin 1938. Ungeachtet der Differenzen, die zwischen diesen liberaltheologischen Entwürfen im einzelnen bestehen, gehen die Autoren doch in der geschichtstheologischen Fundierung ihrer Frömmigkeitstheorie von vergleichbaren Leitannahmen aus. Geschichte und Glaube, 334. Ebd., 336. Vgl. hierzu oben Teil II.2.5.4. Weitere Rezensionen und kritische Stellungnahmen werden im Bibliographischen Anhang unter B. 1.2. nachgewiesen.

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protestantischen Geschichtsdeutung auffaßte, bestand unter den Zeitgenossen lediglich ein sehr eingeschränktes Interesse. An dieser Stelle soll abschließend noch auf einen Umstand eingegangen werden, der mit dafür verantwortlich sein dürfte, daß die Wirkung des theologietheoretischen Beitrages von Wehrung auf die theologische Diskussion seiner Zeit eng begrenzt blieb, und der auch heute die Auseinandersetzung mit seiner Konzeption sehr erschwert. Besonders im Zusammenhang der Entfaltung der theologischen Methodenlehre fällt nämlich die charakteristische, in der argumentativen Entfaltung eigentümlich unpräzise Diktion Wehrungs stark auf. Die Ausführungen werden oftmals mit großen begrifflichen Gesten, doch inhaltlich in wenig differenzierter Form vorgetragen.207 Diesem Umstand entspricht auch der sehr freie, zumeist nur auf Illustration, kaum je aber auf die Beibringung von Bezugsmaterial oder gar auf die Nachprüfbarkeit der vorgetragenen Argumentation hin angelegte Umgang mit der theologiegeschichtlichen Tradition. Mit Ausnahme derjenigen methodologischen Passagen, in denen Wehrung sich explizit bestimmten Positionen widmet - fast ausschließlich handelt es sich dabei um diejenigen Schleiermachers und Ritschis -, bleiben die jeweiligen Bezugnahmen in ihrer Bedeutung für Wehrungs eigene Darstellung wenig aussagefähig und ohne klärende Funktion. Dieser Quellenumgang, vor allem aber die Unscharfe, Sprunghaftigkeit und oft auch Inkonsequenz des von Wehrung entwickelten Gedankenganges, dazu der fragmentarische Charakter, den die meisten seiner theologischen Ausarbeitungen aufweisen, stellt die Rekonstruktion vor erhebliche Probleme.208 Dennoch ist hier noch einmal darauf hinzuweisen, daß die Intensität der geschichtstheologischen Reflexion und die Bereitschaft, auch solche Folgerungen in Kauf zu nehmen, denen sonst zumeist in der liberaltheologischen Theologietradition die Anerkennung verweigert wurde, Wehrungs Entwurf in bemerkenswerter Weise auszeichnen. Er markiert innerhalb der Diskussion der zeitgenössischen liberalen Theologie ein Bewußtsein für die Härte der durch den Historismus aufgeworfenen Problemlage, das sich in ähnlicher Sensibilität sonst kaum findet.

207

So hat schon Walther Köhler Wehrung in seiner Besprechung des Buches „Geschichte und Glaube" vorgehalten, wichtige Kategorien seiner theologischen Konstruktion „ineinander geworfen" zu haben. Mit ironischem Unterton stellt er fest, daß Wehrung die angestrebte Synthese des wissenschaftlich-historischen und des vom normativen Gehalt der Offenbarung sich herleitenden Denkens nur „durch eine besondere Art des ,Verstehens'" erreiche (Walther Köhler: Geschichtsphilosophie [Sammelrezension], in: Theologische Rundschau 8 (1936), 70-95. 129-145, hier: 142). Wehrung war sich dieses Umstandes selbst durchaus bewußt. Vgl. dazu die bereits oben (Teil II.2.7.) angeführte Schlußpassage aus der „Vita", die zugleich den Anspruch Wehrungs an seine eigene Arbeit zum Ausdruck bringt: „Alle meine Arbeit ist Fragment geblieben, doch unter dieses Fragment darf ich die schlichten Worte schreiben: soli Deo gloria" (Vita, 15).

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2.5. Zusammenfassung Religion und Theologie bilden nach liberaltheologischer Auffassung keine spannungsfreie Einheit. Beide sind Teil einer nicht unproblematischen Beziehung, in der zum einen die Eigenständigkeit und Individualität des religiösen Erlebens vor einer intellektualistischen Theologisierung von Religion bewahrt werden muß, in der aber zum anderen auch die auf Verstehen und Rekonstruktion gerichtete theologische Auslegung religiöser Vorstellungen immer in der Gefahr steht, von einer mehr oder weniger radikal auftretenden reflexionskritischen Frömmigkeits- und Verkündigungspraxis angegriffen zu werden. Ebenso wie die Theologie nicht anders bestehen kann als auf der Grundlage lebendiger Frömmigkeit, so kann nur in einer von kirchlicher Bevormundung freien Form die theologische Glaubensauslegung der Religion den Dienst einer fortgesetzten Klärung, Läuterung und Fortbildung ihrer Überzeugungen leisten.209 Aus diesem Grunde hat die Theologie auch nicht der Verkündigungspraxis in der Weise zuzuarbeiten, daß sie ihr umstandslos zu verwertende Forschungsergebnisse zu präsentieren hätte. Die liberale Theologie der Zwischenkriegszeit denkt nicht primär von der Aufgabe der kirchlichen Verkündigung her, sondern vielmehr - bedingt durch ihr Interesse an der Reflexionsfähigkeit von Theologie - auf die erst zu erbringende, für den Glauben tatsächlich bedeutsame Auslegungsleistung der Verkündigung hin. Nur in dieser Einschränkung nimmt sie Schleiermachers Formulierung auf, daß „das dogmatische Verfahren sich ganz auf die Verkündigung bezieht und nur um ihretwillen besteht".210 Den äußeren Orientierungsrahmen für die theologische Darstellung bilden die Grundgrößen Dogma, Kirche und Geschichte. Indem die Theologie auf die in der Kirche bestehende Praxis des Glaubens ausgerichtet ist, bezieht sie sich überdies auf das kirchlich tradierte Corpus religiöser Überzeugungen, auf die spezifischen Gemeinschaftsformen christlicher Frömmigkeit und auf die historischen Gestalten, in denen sich solche religiösen Überzeugungen und Gemeinschaften jeweils vorfinden. Die von sämtlichen Vertretern der liberalen Theologie vorgenommene Anknüpfung an Schleiermachers Modell von „Glaubenslehre" findet gerade über diesen dreifachen Bezug statt. Die theologische Argumentation, die nach Schleiermacher ständig das Wissen um die geschichtlich gewordene, gemeinschaftlich vermittelte Gestalt gegenwärtiger Frömmigkeit voraussetzt - und zwar um des Bestandes der mit ihr überlieferten Glaubenssätze

209

210

Vgl. hierzu auch Hermann Mulert: Religion, Kirche, Theologie. Eine Einführung in die Theologie, Gießen 1931, 46-69. Friedrich Schleiermacher: Der christliche Glaube. Zweite Auflage (1830/31) (Ed. Redeker). Band l, Berlin I960, 119.

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willen -,211 kann daher nur als eine solche systematische Darstellung des frommen Bewußtseins aufgefaßt werden, die auf die Gemeinschaftlichkeit christlicher Frömmigkeit bezogen ist, ohne selbst kirchlich instrumentalisiert zu werden.212 Für die sachliche Ausführung der liberaltheologischen Glaubenslehre ergeben sich von hier aus zwei Konsequenzen: Die Darstellung hat zum einen den materialen Gehalt der einzelnen Glaubensvorstellungen zu ermitteln und ihren Stellenwert im religiösen Gesamtzusammenhang nachzuweisen. Insofern ist sie nach systematischen Gesichtspunkten zu entwerfen. Zum anderen kann eine Erörterung der in einer Kirchengemeinschaft zu einer gegebenen Zeit geltenden Glaubenssätze nicht erfolgen, ohne daß auch der geschichtliche Kontext dieser Sätze thematisiert wird. Die Aufnahme des historischen Hintergrundes religiöser Glaubensinhalte als eines integralen Bestandteiles der Glaubenslehre und insofern die Anerkennung der methodischen Gültigkeit einer prinzipiell historischen Verfahrensweise in der Entfaltung der Glaubenslehre gehören daher ebenfalls zum Charakter einer, nach liberaltheologischem Verständnis, „modernen", d.h. sich selbst kritisch reflektierenden Theologie hinzu. Aus diesem Grunde nehmen die hier untersuchten theologischen Entwürfe gleichermaßen - wenn auch in unterschiedlicher Einzelausführung eine theologische Methodik in Anspruch, die bereits in der formalen Beschreibung des wissenschaftlichen Charakters theologischer Aussagen eine Koinzidenz von Systematischer und Historischer Theologie voraussetzt. Nur so kann nach Auffassung der Autoren im Rahmen der methodischen Grundlegung überhaupt erklärt werden, auf welche Weise theologische Sätze mit einem normativen Gehalt ausgestattet sein können. Mit einem solchen Verständnis von „Methode" nimmt die liberale Theologie den Methodenbegriff der idealistischen Wissenschaftslehre auf. Dieser Wissenschaftsbegriff ist gekennzeichnet durch das Postulat einer streng methodischen Ableitung aller Einzelbereiche einer Wissenschaft aus einer einzigen Leitidee. Wissenschaft wird als ein lebendiges, durch die in diesem Leitprinzip konstituierte Einheit seiner Einzelteile verbundenes Ganzes aufgefaßt. Eingang in die protestantische Theologie hat dieses Wissenschaftsverständnis vor allem durch Schleiermacher gefunden, der hier seinerseits

211

212

Vgl. Friedrich Schleiermacher: Ebd., Band l, 119-125 (§ 19). Vgl. auch unter der Überschrift „Von der Methode der Dogmatik" den Leitsatz des 21: „Um ein Gebäude der Glaubenslehre zustande zu bringen, muß man aus der Gesamtheit des dogmatischen Stoffes zunächst alles Ketzerische ausscheiden und nur das Kirchliche zurückbehalten" (127). Mit Blick auf diesen letzten Aspekt sind die Begriffe „kirchliche Theologie" bzw. „kirchliche Dogmatik" von liberalen Theologen in der Regel scharf kritisiert worden; vgl. hierzu etwa Hermann Mulert: Religion, Kirche, Theologie, 115-119. Mulerts Grundsatz lautete: Nicht die Theologie, sondern „der Theologe soll kirchlich sein" (Ebd., 115).

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an Schelling anknüpft. 213 Diese wissenschaftstheoretische Verbindungslinie stellt eines der wichtigsten Kontinuitätsmomente im Verhältnis der liberalen Theologie der Zwischenkriegszeit zu der von Schleiermacher entwickelten Begründungstheorie von Theologie dar. Nach Schleiermacher versucht die theologische Entfaltung dogmatischer Aussagen, die immanente Geltung dieser Aussagen von ihren Voraussetzungen im religiösen Erfahrungsbereich her zu erfassen. Erst auf diese Weise kann die theologische Reflexionsleistung als systematische Darstellung und inhaltliche Klärung des Glaubensinhaltes wirksam werden. Wehrungs Beschreibung des Verhältnisses von Glaube und Geschichte, Stephans Modell einer wechselseitigen Koordinierung der „intensiven" und der „extensiven" Glaubensbewegung und Wobbermins Konzept einer Theologie auf „religionspsychologischer" Begründungsbasis leiten sich genau aus diesem methodischen Grundgedanken ab. Gerade dieses Prinzip der Bindung theologischer Reflexion an die in der Gemeinde vorfindliche Frömmigkeit kennzeichnet wie kein anderes Motiv den Charakter der liberaltheologischen Theologietheorie.

213

Vgl. Friedrich Wilhelm Joseph Schelling: Vorlesungen über die Methode des akademischen Studiums [1803]. Auf der Grundlage des Textes der Ausgabe von Otto Weiß mit Einleitung und Anmerkungen neu herausgegeben von Walter E. Ehrhardt (Philosophische Bibliothek. Band 275), Hamburg 1974, 5-17: „Erste Vorlesung: Über den absoluten Begriff der Wissenschaft".- Zum theologiegeschichtlichen Kontext vgl. Gerhard Sauter: Dogmatik I. Enzyklopädischer Überblick und Dogmatik im deutschsprachigen Raum, in: Theologische Realenzyklopädie. Band 9, Berlin / New York 1982,45-46; siehe auch Heinrich Scholz: Christentum und Wissenschaft in Schleiermachers Glaubenslehre, Berlin 1909, sowie: Alfred Eckert: Einführung in die Prinzipien und Methoden der evangelischen Theologie, Leipzig 1909. Zum Einfluß der idealistischen Wissenschaftskonzeption auf Schleiermacher vgl. Hermann Süskind: Der Einfluß Schellings auf die Entwicklung von Schleiermachers System, Tübingen 1909.

3. Glaube und Geschichte Die bisherige Untersuchung hat zunächst die theologische Konstruktion des Glaubensbegriffes, dargestellt anhand der Beschreibung des Verhältnisses von Religion, Offenbarung und Glaube, erörtert und in einem zweiten Themenkreis das von den Autoren vorgetragene Verständnis von Theologie nach seinen methodologischen und konzeptionellen Aspekten hin rekonstruiert. Beide Teilbereiche der Theologietheorie reflektieren Fragen, die die Entfaltungsbedingungen des religiösen Bewußtseins und die Verhältnisbestimmung von Glaube und Theologie betreffen. Zudem beziehen sie sich auf die Aufgabenstellung und den Aufbau der Theologie. In diesem Teil der Untersuchung soll nun gleichsam der Anwendungsfall dieser Theologietheorie thematisiert werden: die Beschreibung des Verhältnisses von Glaube und Geschichte. Im Anschluß an die Auseinandersetzungen der Vorkriegstheologie um die theologische Relevanz des Historismus hat gerade dieses Thema die theologische Diskussion der zwanziger und dreißiger Jahre wie kein anderes geprägt. Dabei verbindet sich mit dem Schlagwort „Glaube und Geschichte" der Versuch, jene beiden Teilbereiche des theologischen Methodendiskurses zu einem argumentativen Zusammenhang zu integrieren. Gerade deshalb ist dieser Aspekt der theologischen Theorie geeignet, über die bereits erörterten, stärker methodisch-begrifflich ausgerichteten Positionen hinaus den Charakter der liberalen Theologie nach 1918 zu veranschaulichen. Die Darstellung faßt die jeweiligen Einzelausführungen in knappen Überblicken zusammen. Sie orientiert sich dabei an den von den Autoren vorgenommenen Schwerpunktsetzungen, die inhaltlich weiter voneinander abweichen als dies in den jeweiligen Ausführungen zur Religionstheorie bzw. zum Theologiebegriff der Fall war. Bei Wehrung, mit dessen Entwurf die Darstellung einsetzt, steht im Rahmen einer Verhältnisbestimmung von Glaube und Geschichte die Problematik der „Bewährung des Glaubens" im Vordergrund, bei Wobbermin die der Identität von Wesens- und Wahrheitsfrage, bei Stephan schließlich die der Einheit des Glaubens und der Einheit der Geschichte.

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3.1. Wehrung: Die Bewährung des Glaubens als theologisches Zentralproblem Wehrung geht von zwei Fragenkomplexen aus: Zum einen: Wie verhält sich der Glaube zur wissenschaftlichen Erforschung der neutestamentlichen Geschichte und wie bezieht er sich auf die hinter den Quellen vorauszusetzende „tatsächliche Geschichte"? Zum anderen: Gibt es, sofern sich die Annahme einer solchen „hinter den Quellen stehenden" Geschichte verifizieren läßt, eine notwendige Beziehung des Glaubens zu dieser Geschichte? Wie wäre überdies in einem solchen Fall eine „selbständige persönliche Begegnung des Glaubens mit der ihn begründenden geschichtlichen Wirklichkeit" denkbar? 1 3.1.1. Glaube und geschichtliche Wirklichkeit Erst die geschichtliche Forschung selbst hat nach Wehrung die hier aufgeworfene Problematik zu einer bedrängenden Herausforderung für den Glauben werden lassen. Der „unerbittliche Abstand der Zeiten", der noch bis in das achtzehnte Jahrhundert hinein von der Vorstellung einer linearen Überlieferung eines feststehenden und seinem Wesen nach unveränderlichen Glaubensbestandes überdeckt wurde, brach genau in jener Stunde auf, in der sich eine moderne Forschungs- und Wissenschaftspraxis der Geschichte bemächtigte. Sie tat dies ohne Rücksicht auf dogmatische Vorgaben im Interesse einer kritischen Rekonstruktion historischer Entwicklungsverläufe. Die Folge war eine strikte Trennung von Glaube und Geschichte. Mit Lessing hielt die gesamte Aufklärung es für eine „Unmöglichkeit, den Glauben ganz eigentlich auf die historische Untersuchung" geschichtlicher Sachverhalte zu gründen. Wenn demgegenüber im neunzehnten Jahrhundert die innere Verbundenheit des Glaubens mit der geschichtlichen Offenbarung wieder stärker betont worden ist, so droht nun - Wehrung bezieht sich hier auf die ausgesprochen geschichtskritisch auftretenden Aufbruchsbewegungen in der protestantischen Nachkriegstheologie - diese Einsicht erneut „in Verwirrung auszulaufen" und die Theologie sogar noch hinter die Aufklärung in eine neo-orthodoxe Geschichtslosigkeit zurückzufallen. 2 Geschichte und Glaube, 323. - Die folgende Darstellung bezieht sich im wesentlichen auf das Kapitel 8 dieses Buches (322-421), in dem Wehrung unter dem Titel „Glaube und Geschichte" die zentralen Aspekte seiner theologischen Konzeption zusammenfaßt. Der Text geht auf eine Ausarbeitung anläßlich eines theologischen Ferienkurses der Hallenser Theologischen Fakultät zurück (vgl.: Ebd., V). Ebd., 324. Vgl. hierzu auch: Eine Stimme zur heutigen theologischen Lage (Bohlin) [zu: Torsten Bohlin: Glaube und Offenbarung. Eine kritische Studie zur dialektischen Theologie, Berlin 1928), in: Theologische Studien und Kritiken 101 (1929), 475-482.

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Dieser radikal antihistoristischen Position stellt Wehrung sich entgegen. Zunächst geht auch er in seinem Versuch, wieder zu einer konstruktiven Zuordnung von Glaube und Geschichte zu kommen, von dem Grundsatz aus, daß die historisch-wissenschaftliche Geschichtsforschung nicht imstande sei, den Glauben als eine auf einen unbedingten Geltungsanspruch hin angelegte Einstellung zu begründen. So reiche etwa das historische Urteil, Jesus sei eine ungewöhnliche, aus seinem geschichtlichen Umfeld signifikant heraustretende Erscheinung gewesen, nicht aus, um „einen für Leben und Tod geltenden Glauben an ihn als den Offenbarer Gottes zu tragen". Einen notwendigen Schluß von historischen Sätzen auf Glaubenssätze schließt Wehrung also aus.3 Wissenschaftliche Erkenntnis sei nur aus dem „Bewußtsein des Abstandes vom Gegenstand" zu erzielen; die Haltung des Glaubens hingegen werde - mit Kierkegaard gerade durch eine auf die „subjektive Wahrheit" gerichtete „zentralpersonale Lebensbeziehung" gekennzeichnet. „Um seiner selbst willen" müsse der Glaube jede „Stütze von außen" ablehnen, und zwar selbst dann, wenn sie ihm von einer „objektiven Historik" angeboten werde. Auch eine in ihren wissenschaftstheoretischen Prämissen auf strikte Wertneutralität und objektive Tatsachenforschung ausgerichtete Geschichtswissenschaft kann weder in Position noch in Negation dem Glauben zu einer „Bürgschaft" über seinen Inhalt verhelfen.4 Aus dieser prinzipiellen Gegenüberstellung folgt nach Wehrung, daß sich die Haltung des Glaubens zu Geschichtstatsachen unabhängig von den wissenschaftlichen Urteilen der historischen Analyse ausbilden muß. Der Glaube habe aus voller Unabhängigkeit heraus selbständig und „unmittelbar zur geschichtlichen Wirklichkeit Stellung" zu nehmen. Nur auf diese Weise könne diejenige Dimension der Geschichte sichtbar werden, von der auch der Glaube sich herleite, nämlich die der geschichtlichen Wirklichkeit von Offenbarung. Der historischen Forschung komme angesichts einer solchen eigenständigen Haltung des Glaubens lediglich die Funktion der „Gegenprobe" bzw. der „mittelbaren Hilfsarbeit" zu.5 So könne historische Forschung etwa die grundlegenden Ereignisse in der Biographie Jesu aufdecken und insofern zu einer Befestigung der Erkenntnis von der Geschichtlichkeit der Person und des Geschickes Jesu im besonderen beitragen. In diesem Sinne nimmt Wehrung eine Formulierung Otto Kirns auf, derzufolge zwischen einer religiös motivierten und einer wissenschaftlich-analytischen Geschichtsbetrachtung ein Verhältnis der Korrespondenz bestehen könne.6 Die religiöse „Bedeutung" jedoch, und 3 4

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Geschichte und Glaube, 328-329. Ebd., 331. Ebd., 336. Ebd., 340. Vgl. Otto Kirn: Glaube und Geschichte. Eine dogmatische Untersuchung (Dekanatsprogramm der theologischen Fakultät in Leipzig), Leipzig 1900; nachgedruckt in: Ders.: Vorträge und Aufsätze. Herausgegeben von Karl Ziegler, Leipzig 1912, 47-

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damit die zentrale Intention des Glaubens, entziehe sich dieser Ebene der Geschichtsbetrachtung. In der näheren Erläuterung seiner Überlegungen zur Haltung des Glaubens gegenüber der Geschichte fordert Wehrung - unter inhaltlicher Umprägung der von Droysen übernommenen Terminologie - eine „der evangelischen Geschichte zugewandte Historik", die sich von der wissenschaftlich-analytischen Forschung dadurch unterscheide, daß sie, um diese Geschichte in ihrem Tiefsten zu verstehen, ein „Glaubensvorzeichen", das „Vorzeichen eines aus ihr erwachsenen und an ihr erprobten Glaubens" trage. Die in der kritischen Theologie der Vorkriegszeit weithin geteilte Auffassung, daß es sich bei der analytischen Geschichtsforschung um eine rein objektive, wertneutrale Forschung handele, weist Wehrung zurück. Auch hier seien weltanschauliche Maßstäbe wirksam. Ohne solche Maßstäbe sei die Erkenntnis von „Vorgängen einer großen Geschichte", denen der Anspruch auf Bedeutsamkeit wesentlich zukomme, gar nicht möglich. Insofern markiere die wertende Einflußnahme, die von religiösen Überzeugungen auf die Geschichtsbetrachtung ausgehe, keine qualitative Differenz zum wissenschaftlich-analytischen Forschungsmodell.7 Die Bindung einer solchen Historik an die theologische Geschichtsdeutung wird von Wehrung in dem Begriff des „Übergeschichtlichen im Geschichtlichen" veranschaulicht. Dieses „übergeschichtliche" Moment in der geschichtlichen Wirklichkeit, letztlich identisch mit der Offenbarung selbst, steht für die letzte Sinnhaftigkeit von Geschichte. Vernunft als solche sei nicht „übergeschichtlich". Sofern sie aber auf übergeschichtliche Inhalte der geschichtlichen Wirklichkeit ausgerichtet sei, könne sie sich den im „persönlichen Leben" wahrnehmbaren „Wahrheiten und Inhalten" von Geschichte öffnen. Denn das Übergeschichtliche gewinne Gestalt in der Geschichte nur dort, „wo es sich um Gottes Offenbarung und unser endgültiges Lebenslos" handele,8 Dies sei, in einer unüberbietbaren Tiefe, in der Gestalt Christi der Fall. Der Kernbestand des Übergeschichtlichen in der Geschichte „ist das ein für allemal die Not wendende, den Grund des Heils legende, auf Christus hinführende, in Christus sich entscheidend vollziehende, von Christus her sich vollendende Heilshandeln Gottes in der Geschichte".9 130. Wehrung bezieht sich auf folgende Aussage Kirns: Wir dürfen „soviel erwarten, daß für jede geschichtliche Auffassung an der Gestalt Jesu Züge übrigbleiben, welche dem Glaubensurteil korrespondieren, ohne daß sie doch jederzeit eine Glaubensaussage hervorriefen. Es muß ein Verhältnis nicht der Identität, aber der Korrespondenz stattfinden zwischen dem, was der Glaube, und dem, was jedes geschichtliche Denken an der Person Jesu sieht" (Vorträge und Aufsätze, 62). Geschichte und Glaube, 351-352. Zu Wehrungs Aufnahme des Begriffes „Historik" vgl. oben III.2.4.2. (siehe auch unten Anm. 26). Ebd., 360. Ebd., 363. In diesem Zusammenhang führt Wehrung auch den Begriff „pneumatische Geschichte" ein, um zum Ausdruck zu bringen, daß es sich im Christusgeschehen um ein

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Die Deutung geschichtlicher Vorgänge kann im Rahmen der von Wehrung intendierten „Historik" nicht anders geschehen als im Modus einer „übergreifend historisch-theologischen Auslegung". Ihr Kennzeichen sei, daß hier „jedesmal zeitgeschichtlicher Ausdruck und eigentliche Wahrheitsüberzeugung" zusammengefaßt werden.10 Eine historische Verifikation der Glaubensinhalte ist daher schon deshalb ausgeschlossen, weil der Glaube selbst die Geschichtsbetrachtung beeinflußt. Es ist insofern konsequent, wenn Wehrung der Vorstellung, geschichtliche Sachverhalte seien immerhin imstande, die Gewißheit des Glaubens zu stützen, die Auffassung entgegenstellt, daß allein der Glaube selbst sich selbst verifizieren könne: „Die für den Glauben wichtige Gewißheit um die Wirklichkeit seines Grundes vollzieht sich in und mit dem Glauben selbst. Sie geht ihm sachlich nicht voran." Geschichtliches Erkennen sei daher im wesentlichen „Anerkennen"; es schließe ein „Stellungnehmen, ein Glaubensurteil" ein. Erst die „Glaubensintuition" eröffne der Erkenntnis die biblische Heilsund Offenbarungsgeschichte.11 Mit anderen Worten: Die „theologische Historik" betrachtet die Geschichte Jesu unter dem Vorzeichen des messianischen Anspruches, den die neutestamentlichen Berichte mit ihr verknüpfen und den Wehrung auf Jesus selbst zurückführt. 12 3.1.2. Der „christliche Geschichtsbegriff" und die Bewährung des Glaubens Im Gegensatz zu einer sich ihrem Gegenstand ohne subjektive Beteiligung widmenden religionswissenschaftlichen Forschung ist die Zugangsweise der theologischen Untersuchung nach Wehrung durch ein „von der Sache gefordertes Verfahren" gekennzeichnet, „das die biblische Religion in ihrer Bestimmtheit durch die Offenbarung und die biblische Offenbarung in ihrer das religiöse Leben durchdringenden Kraft zu begreifen sucht".13

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ursprüngliches geschichtliches Ereignis handelt, in dem die „Aktualität des Gegenwärtigwerdens Gottes" Gestalt finde (Ebd.). Ebd., 368. „Weil und soweit die theologische Forschung maßgebend dem geschichtlich Übergeschichtlichen als einer pneumatischen Wirklichkeit gilt, darf (...) von theologischer oder pneumatischer Exegese geredet werden" (Ebd., 364). - Vgl. zur Idee einer „theologischen oder pneumatischen Exegese" die Ausführungen von Karl Barth: Vorwort zur zweiten Auflage, in: Ders.: Der Römerbrief. 13. unveränderter Abdruck der neuen Bearbeitung von 1922, Zürich 1984, VI-XVIII, sowie: Rudolf Bultmann: Das Problem einer theologischen Exegese des Neuen Testaments, in: Zwischen den Zeiten 3 (1925), 334-357. Geschichte und Glaube, 370. 131. Ebd., 133; vgl. auch: „1st der Sinn seines Lebens für seine Jünger, für ihn selbst der, Träger des entscheidenden Heilshandelns Gottes zu sein, wie vermöchte das historische Erkennen unter Verzicht auf den Gedanken des neubegründeten Heilshandelns Gottes zum Ziel zu gelangen! Die Glaubensintuition umfaßt also zwei Seiten, ein Stellungnehmen (Glaube) und schauendes Geöffnetsein (Intuition)" (Ebd.). Ebd., 365.

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Nach Wehrung ist mit dieser offenbarungsorientierten Perspektive ein Erkenntniszuwachs in der Beschreibung der christlichen Glaubenshaltung verbunden. Ähnlich wie bei dem religionspsychologischen Analysemodell und seinem „Zirkel" muß auch hier der untersuchende Theologe in ein lebendiges Wechselverhältnis eintreten, in dem subjektiv bedingtes „Geistesverstehen" und eine „nach allen Seiten frei gelassene [...] sprachlichliterarisch-religionshistorische Betrachtung" in ein „tätiges Ineinandergreifen" gebracht werden. Anders allerdings als bei dem religionspsychologischen Verfahren, das nach Wehrung auf eine Ermittlung des Wesens der Religion gerichtet ist, geht es hier, in der „pneumatologischen Betrachtung", darum, die „von den biblischen Berichten angezeigte geschichtlichübergeschichtliche Wirklichkeit" zu erfassen und sie „in ihrer wesenhaften Wahrheit" zu durchdringen.14 Mag letztlich auch der Unterschied zur Vorgehensweise Wobbermins eher geringer sein als von Wehrung unterstellt, so wird tatsächlich die Betonung hier doch stärker als dort auf das geschichtliche Moment der durch die Offenbarung begründeten Wahrheit gelegt. Auch kann die den Glauben stützende Gewißheit nicht durch ein theologisches Analyseverfahren herbeigeführt werden, sondern sie bleibt allein „in und mit dem Glauben selbst" erreichbar.15 Nach Wehrung ist der Glaube an die Geschichte der göttlichen Selbstbekundung in Christus gebunden, weil der Grund des Glaubens nicht im frommen Bewußtsein liegt. Erst „das Christusleben", der „anschauliche Mittelpunkt" des christlichen Einzel- und Gemeindelebens, wie Wehrung mit Bezug auf Schleiermachers „Weihnachtsfeier" formuliert, schaffe durch die Eigenschaft Christi als des „Mittlers und Bürgen der Gemeinschaft mit Gott" eine solche Grundlage.16 Da aber dieser in Christus gelegte Glaubensgrund „in seiner Geschichtlichkeit" immer auch Gegenstand der historisch-analytischen Rekonstruktion ist und insofern für den Glauben selbst „der Glaubensgrund [...] zum Anstoß werden kann", muß, so die entscheidende Folgerung, der Glaube nicht nur als ein Sich-Einlassen auf die geschichtliche Wirklichkeit der Selbstbekundung Gottes durch Christus verstanden werden, sondern „zugleich als Sprung".17

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Ebd., 369. Ebd., 370. Ebd., 386. Zu den christologischen Aspekten der Theorie Wehrungs vgl. in erster Linie die ausführliche Darstellung in dem bereits mehrfach angeführten Artikel „Christologie: III. Dogmatisch". Siehe auch: Erhöhung Christi, in: Die Religion in Geschichte und Gegenwart. Zweite Auflage. Band 2, Tübingen 1928, 234-235, sowie: Präexistenz Christi, in: Ebd. Band 4, Tübingen 1930,1385-1386. -Zum Bezug auf die „Weihnachtsfeier" vgl. Friedrich Schleiermacher: Die Weihnachtsfeier. Ein Gespräch [1806], Zürich 1989, insbesondere: 61-75. Geschichte und Glaube, 418.- Zum Bild des „Sprunges" vgl. vor allem Sören Kierkegaard: Philosophische Brosamen [1844], in: Ders.: Philosophische Brosamen und Unwis-

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Diese zunächst überraschende Aussage Wehrungs ergibt sich konsequent aus seinem Geschichtsverständnis. Nachdem einmal eine Perspektive auf die Geschichte „von unten" - die der historischen Rekonstruktion und eine Perspektive „von oben" - die der theologischen Deutung von Geschichte als Ausdruck der „göttlichen Wahrheitsmacht" - voneinander unterschieden worden sind, kann der Glaube selbst sich ausschließlich noch mit dieser zweiten Sichtweise identifizieren. Sein „Sprung" gleicht daher auch keinem „Sprung ins Dunkel", sondern er ist, wofür Wehrung wiederum an Kierkegaard erinnert, ein Sprung „durch alles Dunkel hindurch an das Herz Gottes".18 Der hier zugrundegelegte Geschichtsbegriff wird von Wehrung ausdrücklich als „christlicher Geschichtsbegriff" bezeichnet. Er stellt die geschichtliche Wirklichkeit unter ein „eschatologisches" Vorzeichen. Er nimmt Aspekte des idealistischen Geschichtsverständnisses auf, indem er Geschichte als Erfüllung des endlichen Lebens mit unendlichem Leben und insofern als „Gestaltwerdung des unendlichen Lebens im Bereich des endlichen Geistes" auffaßt. Er knüpft an den kritischen Geschichtsbegriff Kants an, der, so Wehrung, Geschichte als analoges Abbild der in der Vernunft gegebenen Wirklichkeitserkenntnis betrachtet habe.19 Und er nimmt schließlich auch Züge des romantischen Geschichtsverständnisses auf, das, wie Schleiermacher es in den „Reden" getan habe, den Gesichtspunkt der freien, gesteigerten Individualität in den Mittelpunkt stelle.20 Seinen eigentümlichen Charakter erhält der christliche bzw. „evangelische Geschichtsbegriff" aus drei Faktoren: zum einen aus der Betonung des personalen Momentes in der Geschichtsbetrachtung: die „Wahrheit" der Geschichte kommt allein in der persönlichen Tat zum Ausdruck; zum zweiten aus dem Motiv der Verantwortung: Geschichte erwächst aus der verantwortungsvollen Tat; und schließlich aus einer zukunftsgerichteten Grundhaltung, die die Hoffnung auf „Erlösung und Vollendung" bereits

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senschaftliche Nachschrift. Unter Mitwirkung von Niels Thulstrup und der Kopenhagener Kierkegaard-Gesellschaft herausgegeben von Hermann Diem und Walter Rest, München 1976, 11-130, besonders: 104-130 (Kapitel V: Der Schüler zweiter Hand). Siehe auch die beiden für Wehrungs Kierkegaard-Verständnis wichtigen Untersuchungen: Hermann Diem: Philosophie und Christentum bei Sören Kierkegaard (Forschungen zur Geschichte und Lehre des Protestantismus. Reihe 2. Band 1), München 1929, sowie: Torsten Bohlin: Kierkegaard und das religiöse Denken der Gegenwart (Philosophische Reihe. Band 78), München 1923. Geschichte und Glaube, 418-419. Ebd., 422-423. Wehrung verweist auf Immanuel Kant: Die Religion innerhalb der Grenzen der bloßen Vernunft (Akademie-Ausgabe. Band VI. Herausgegeben von Georg Wobbermin), Berlin 1907 (Nachdruck: Berlin 1968), 78. Geschichte und Glaube, 431. Vgl. Friedrich Schleiermacher: Über die Religion. Reden an die Gebildeten unter ihren Verächtern [1799]. In ihrer ursprünglichen Gestalt. Mit fortlaufender Übersicht des Gedankenganges neu herausgegeben von Rudolf Otto. Sechste Auflage, Göttingen 1967, 168-183.

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in die Wahrnehmung der gegenwärtigen kreatürlichen Welt einbringt.21 Alle drei Momente faßt Wehrung unter dem Begriff der „Bewährung" zusammen. Geschichte werde so zum Ort der „Entscheidung". Nur diese Haltung entspricht nach Wehrung dem Umstand, daß der Glaube sich in der Geschichte „immer" vor das Letzte, vor die Beziehung zum Ewigen gestellt sieht. Geschichte bedeutet, „daß es die Völker und Menschen immer im Letzten mit Gott zu tun haben, daß sie mit der Entfaltung aller Gaben, etwa in Kunst, Wissenschaft, Staatsgestaltung, die Beziehung zum Ewigen ausdrücken" und gewiesen sind, „Wahrheit, Gerechtigkeit, Liebe aufzurichten". 22 3.1.3. Dialektisches Denken in der Theologie Aus diesen Überlegungen ergeben sich einige Folgerungen, die für die Durchführung der theologischen Analyse von Bedeutung sind. Wehrung stellt sie unter dem Titel des „dialektischen Denkens in der Theologie" zusammen.23 Mit ihnen schließt er seine theologische Darstellung zum Thema „Geschichte und Glaube" ab. Die historistische Problematik, deren „Überwindung" das zentrale Anliegen der geschichtstheologischen Konzeption Wehrungs ist, kann nicht durch einen Gewaltspruch, sondern nur „durch Anerkennung des Wahren, des Richtigen im geschichtlichen Erkennen und Denken" angemessen aufgenommen werden.24 So kann der Glaube die Ergebnisse der historischen Rekonstruktion der biblischen Geschichte nicht ignorieren. An einer falschen biblischen Chronologie etwa kann er nicht festhalten; den Inhalt von Mythen und Legenden kann er nicht als Ausdruck manifester historischer Sachverhalte nehmen. Dennoch verhält es sich nicht so, daß eine allgemeine, religiös unspezifische Geschichtsbetrachtung die Grundlage legt und auf ihr sich eine religiös-dogmatische Betrachtung aufbaut, die die Geschichte unter dem Gesichtspunkt der Offenbarung Gottes ansieht. Vielmehr sollen nach Wehrung von Anfang an „offenbarungsgeschichtliches Denken" und „wissenschaftlich-historisches Denken" Hand in Hand gehen und zu einem „lebendigen Ineinandergreifen" gelangen. Eine solche Synthese gelingt nur durch Inanspruchnahme jener besonderen Intuition, über die lediglich der Glaube verfügt und die Wehrung daher, wie erwähnt, als „Glaubensintuition" bezeichnet.25 Diese Intuition eröffnet durch einen Vorgang produktiven Nachbildens und Ergriffenseins die Möglichkeit, den historischen Stoff als lebensvolle 21 22 23

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Geschichte und Glaube, 437-441. Ebd., 442. Ebd., 449. Ebd., 482. Es handelt sich bei diesem Zitat um den Schlußsatz des Buches. Ebd., 131.

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Einheit anzuschauen: „Der intuitive Geistesblick ist der Schlüssel des historischen Erkennens." Klassisches Beispiel für diese Sicht auf den geschichtlichen Stoff ist die Darstellung Jesu durch Paulus. Allein aufgrund des Umstandes, daß Paulus an Jesus als den Christus glaubte, konnte er ihn in seinem geschichtlichen Sein verstehen. Erst die theologische Historik eröffnet den Blick auf das Höchste, wovon der Glaube lebt. Wehrungs hermeneutisches Modell ist hier ganz auf den Anspruch gerichtet, die Offenbarung könne sich in der Geschichte Ausdruck verschaffen. Anders als Stephan und Wobbermin entwickelt Wehrung aus diesem Grundgedanken ein umfassendes Verstehenskonzept, das im Kern nichts anderes als eine theologische Offenbarungshermeneutik ist.26 Walther Köhler hat in seiner Kritik den Standpunkt Wehrungs in folgender Weise problematisiert: „Man muß also offenbarungsgläubiger Christ sein, will man die Geschichte des Christentums von seinen ersten Ursprüngen an wirklich verstehen. Das ist eine Synthese, gewiß; Geschichte und Glaube sind gläubige Geschichte und geschichtlicher Glaube geworden, aber ist der Glaube damit unabhängig geworden von der Geschichte? Um deswillen, weil er als synthetische Funktion im Geschichtsverständnis mit-schaffend ist?"27 Köhlers Frage danach, inwiefern die intuitive Glaubenserkenntnis, soll sie eine „Erkenntnis" des geschichtlichen Sachverhaltes erzielen, nicht doch auf einen „gewissen Rohstoff" historisch gesicherter Fakten angewiesen bleibe - Brunner hatte diese als „Identitätspunkte" von Glaube und Historic bezeichnet -, zielt genau auf diejenige Problematik, die Wehrung in seinen Überlegungen zur dialektischen Denkweise der Theologie thematisiert. Um hier nicht in einer Aporie zu enden, grenzt Wehrung von vornherein den Geltungsbereich des Begriffes „Dialektik" auf ein „objektives 26

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Zeitweise stand das von Wehrung in die geschichtstheologische Diskussion eingeführte Schlagwort der „Historik" überhaupt für seine theologische Position. Auch der Verlag verwendete es in seinen Ankündigungen des geschichtstheologischen Buches als Inbegriff der darin entfalteten Konzeption. So wurde etwa der folgende kraftvolle, gewiß von Wehrung selbst inspirierte Werbetext verbreitet: „Diese Prolegomena einer Dogmatik sind im weitesten Sinne aktuell. Wir müssen ja heute nach einer Synthese suchen, die nur Vorwärts kennt, die die Antithetik seit der Aufklärung würdigt und sie doch zugleich überwindet. Eine groß gesehene Konzeption, die gerade Wehrung durch seine jahrzehntelangen Vorstudien und Beherrschung der theologischen Methodengeschichte des letzten Jahrhunderts uns in neuer Fragestellung umfassend nahebringen konnte. Nur einige Resultate: Bereitschaft der Wissenschaft zur Nachprüfung ihrer Voraussetzungen und kritische Reinigung durch erkenntnistheoretische Besinnung. So ist theologische Historik vielfältige Handlung: Alle wissenschaftlichen Möglichkeiten sind aufzubieten; dabei nimmt der Glaube als kritische Funktion in methodischer Fruchtbarkeit an der Arbeit teil. Pneumatische Taigeschichte!" (Werbekarte des Verlages C. Berteismann, Gütersloh 1933, als Beilage zu diversen Verlagspublikationen; Titel: „Wehrung, Geschichte und Glaube"; als Interessenten des Buches werden genannt: „Philosophen und Theologen; Historiker; Bibliotheken"). Walther Köhler: Geschichtsphilosophie [Sammelrezension], in: Theologische Rundschau 8 (1936), 70-95. 129-145, hier: 142.

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Glaubensdenken" der Theologie ein. Ein solches Denken versetze die Theologie in ein „genetisch-reproduktives" Verhältnis zur geschichtlichen Überlieferung. 28 Dabei handele es sich um einen „unmittelbar synthetischen" Zugang zur Geschichte, dem noch kein dialektisches Moment einwohne. Auch der Gegensatz von Gericht und Gnade erscheine noch als im religiösen Erlebnis zugänglicher Ausdruck „einer und derselben schöpferischen Gotteswahrheit".29 Diesem unmittelbar synthetischen Glaubensdenken stelle sich aber nun ein „mittelbar synthetisches Denken" zur Seite, das, „ohne aus ein- und derselben Anschauung ursprünglich hervorzuwachsen", doch „die gleiche Wirklichkeit" in ganz entgegengesetzten „Urteilen" auffasse. So erscheine der Mensch als Sünder, als von Gottes Zorn Betroffener und zugleich als Teil einer über ihn hinausweisenden Schöpfung. Dabei bleiben die theologischen Grundgrößen, also die Geschöpflichkeit des Menschen, das göttliche „Fürsorgewalten" über ihm und die Erlösung als Ausdruck erfüllter Wirklichkeit, immer präsent: „Immer handelt es sich um aktuelle Doppelbeziehungen, in die der Mensch, das Leben überhaupt, der Christ hineingestellt erscheint, so wie nach Luther [...] ich mich als Werk des Schöpfers weiß und wieder nach seiner Auffassung [...] insgesamt mich als Sünder erkenne".30 In dieser Struktur theologischer Urteile, „die vom Licht der Offenbarung aus über den geschichtlichen Menschen selbst notwendig werden", liege jene dialektische Form der theologischen Erörterung begründet. Sie entspricht der „zielbewegten Wirklichkeit", die etwa den Sünder aus der bloßen „Folgerichtigkeit der eingeschlagenen Lebensrichtung" zu der Einsicht zwinge, daß er einem unerträglichen Daseinswiderspruch ausgesetzt sei. Die Ambivalenz von Liebe und Zorn im göttlichen Handeln bleibt der Theologie nur in der dialektischen Weise eines „mittelbar-synthetischen Denkens" zugänglich.31 Aber auch die theologische Aufgabenstellung, derzufolge der christliche Glaube als geschichtlich bedingte Gestaltungsform von Frömmigkeit zu beschreiben ist, weist einen dialektischen Charakter auf. Nach Wehrung handelt es sich hierin um nicht weniger als um das Problem des Verhältnisses der Erlösung zur Schöpfungswelt, d.h., wie bereits Schleiermacher gesehen habe, um eine bis zur letzten Intensität theologischer Theoriebildung konzentrierte Ausprägung des Verhältnisses von Glaube und 28 29

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Geschichte und Glaube, 469. Ebd., 471. Ebd., 475. Ebd., 478; dort auch die folgende Aussage: „Sosehr er \scii: der Glaube] aus der Offenbarung selbst in der Überzeugung bestärkt wird, daß heilige Liebe das eigentlichste Wesen Gottes, das Göttlichste in ihm ist und alles, Macht, Eifer, Zorn, in der Liebe seinen Mittelpunkt hat, sosehr er die ideologische Verbundenheit alles Handelns Gottes ahnend innewerden darf, in der Betrachtung dieses vielfältigen Handelns Gottes kommt er über ein mittelbar-synthetisches Denken nicht hinaus."

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Geschichte. Dabei bezeichnet die „reale Dialektik", die „das Verhältnis der Erlösung zur Schöpfung", das Verhältnis „der einen Offenbarung zur gemeinreligiösen Welt" bestimmt, den Lösungsweg, den Wehrung in dieser zentralen geschichtstheologischen Problematik der nachhistoristischen theologischen Diskussion eingeschlagen hat. Anders als in dem Schlagwort von der „dialektischen Theologie" bezeichnet hier der Begriff „Dialektik" eine Struktur theologischen Denkens, die tatsächlich den Gedanken der Vermittlung, der Aufweisung eines „unlösbaren Ineinanders" unterschiedlicher Ebenen von Wirklichkeitswahrnehmung ernst nimmt. 32 Darin entspreche die Struktur von Theologie der Verfassung des Glaubens selbst. Denn „das ist doch überhaupt die Stellung des Christen zu dem geistigen Leben der Menschheit": Im Glauben ist der Gläubige auch der geistigen Welt gegenüber nicht Skeptiker, sondern „Realist". Er sieht „die Sünde auf ihrem Angesicht, er durchschaut die allzu menschlichen Motive". Gleichzeitig aber erkennt er dahinter „den Schöpfungswillen Gottes" und bejaht den darin gegebenen Sinn. Er erkennt „in allen Trübungen die Hinweise auf eine Gottesordnung, mögen sie noch so abgebrochen erscheinen und noch so wirr durcheinanderlaufen". Hierin, in dieser „positiv-dialektischen Haltung", bewährt der Glaube seine Freiheit.33 Wehrung richtet seinen Lösungsvorschlag zur Problematik des theologischen Historismus ganz auf das Geschichtsverständnis des Glaubens aus. Wenn auch eine im analytischen Rekonstruktionsverfahren erhobene historische Sicherheit im Blick auf die neutestamentlichen Schilderungen von Leben und Wirken Jesu nicht erreichbar ist, so leistet die Theologie doch, wie Wehrung hofft, eine Bekräftigung der religiösen Gewißheit angesichts der Heilsbedeutung dieses Lebens und Wirkens. Eine solche Gewißheit sei unabhängig von der Relativierung alles Normativen durch die historische Kritik. Sie sei aber ebenso wenig auf eine Verifizierung angewiesen, die noch die altliberalen Theologiekonzeptionen von einer historischen Erforschung der biblischen Quellen erwartet hatten. Der Glaube habe vielmehr sein reiches, freies und selbständiges Feld in der verstehenden Deutung. Sie könne durch historische Analyse in keiner Weise angetastet werden. Inwiefern umgekehrt diese Glaubenshaltung auf die Durchführung der historischen Analyse einwirkt, hat Wehrung der Sache nach kaum thematisiert. Damit hat er sich einer Kritik entzogen, die 32

Zu Wehrungs Kritik am Gebrauch der Wortfeldes „Dialektik, dialektisch" in der frühen Nachkriegstheologie um Karl Barth vgl.: Eine Stimme zur heutigen theologischen Lage (Bohlin), in: Theologische Studien und Kritiken 101 (1929), 475-482, sowie: Geschichte und Glaube: 464-465. - Es sei noch einmal betont, daß Wehrung sich kaum je ausdrücklich zur Theologie Barths geäußert hat. Auch im Nachlaß liegen zu dieser Thematik nahezu keine Materialien vor. In seinen theologiegeschichtlichen Veröffentlichungen und den entsprechenden Passagen aus „Geschichte und Glaube" blendet Wehrung die theologischen Aufbruchsbewegungen der Nachkriegszeit fast völlig aus. " Geschichte und Glaube, 480.

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in seinem Modell einer theologischen „Historik" eher einen von theologischen Vorgaben bestimmten Umgang mit Geschichte, denn eine wissenschaftskompatible Form der Geschichtsbetrachtung erkennt. Die Nähe Wehrungs zu solchen geschichtstheologischen Konzeptionen, für die Geschichte durch den Glauben selbst überhaupt erst konstituiert wird und die die „Geschichte" insofern theologisch allein als Heilsgeschichte qualifizieren, ist an dieser Stelle unübersehbar.34 Zweifellos steht Wehrung hier an der Grenze eines Verständnisses von Geschichte, das die Ebene der Faktizität historischer Sachverhalte dem Vorgang ihrer Deutung vorordnet. Von einem solchen Verständnis waren selbst die Wissenschaftstheorie und die Geschichtsauffassung Wobbermins noch ausgegangen. Konsequent ist demgegenüber der Umstand, daß Wehrung die Frage nach der Wahrheit christlicher Glaubenssätze in seinen Überlegungen ganz zurücktreten läßt. „Wahrheit" als Prädikat von Geschichte ist, zumindest im Sinne einer nicht voraussetzungsgebundenen Verifizierbarkeit historischer Sachverhalte, kein Thema mehr für eine aus offenbarungsgeschichtlicher Perspektive entworfene Geschichtstheologie. Ganz anders verhält sich dies bei Wobbermin und Stephan, für die vielmehr im Gegenteil gerade die Klärung der Wahrheitsfrage im Mittelpunkt der Verhältnisbestimmung von Glaube und Geschichte steht. 3.2. Wobbermin: Die Wahrheitsfrage als Wesensfrage Den Abschluß von Wobbermins theologischer Darstellung des Christentums bildet eine Erörterung unter dem Titel „Die Frage nach der Wahrheit des Christentums im Licht der Wesensfrage".35 Für die Thematik „Glaube und Geschichte" sind dabei vor allem zwei Aspekte von Bedeutung: Zum einen die mit der Darstellung von Leben und Werk Jesu Christi verbundene Offenbarungsbehauptung; zum anderen die theologische Beurteilung der Stellung des Christentums innerhalb der Religionsgeschichte. Beide Themen werden als Teilbereiche der geschichtstheologischen Fragestellung verhandelt. Sie schließen überdies eine Stellungnahme Wobbermins zur Frage der „Absolutheit" der christlichen Religion ein. 34

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Vgl. etwa die programmatische Aussage Martin Kählers: „Nicht Jesus ist Geschichte geworden, sondern Jesus Christus, der gedeutete, der geglaubte. Darum ist Christus Geschichte nur in seiner Wirkung als geglaubter Christus" (zitiert nach Walther Köhler: Geschichtsphilosophie, 145). Zum Kontext dieser Aussage vgl. Martin Kahler: Der sogenannte historische Jesus und der geschichtliche, biblische Christus [Leipzig 1892; Zweite Auflage: Leipzig 1896]. Neu herausgegeben von Ernst Wolf. Vierte Auflage (Theologische Bücherei. Neudrucke und Berichte aus dem 20. Jahrhundert. Band 2. Systematische Theologie), München 1969, hier besonders: 30-48. 74-80. Siehe zu Kählers Position die Stellungnahme Wehrungs in: Geschichte und Glaube, 409-411. 360-361. Systematische Theologie. Band 3, Leipzig 1925, 263.

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3.2.1. Der Christusglaube der Christenheit Der geschichtliche Charakter der christlichen Religion tritt nirgendwo deutlicher hervor, als in der Ausrichtung des Glaubens auf Jesus Christus. „Geschichte und Glaube" befinden sich hier in engster Verbindung miteinander.36 Die Beziehung des Christentums zur Geschichte konzentriert sich „in dem Bilde von Jesus Christus, wie es uns aus dem Neuen Testament entgegenleuchtet und wie es unabhängig von aller historischen Kritik der Überlieferung jeder religiösen Erfahrung zugänglich und faßbar ist".37 Dennoch unterliegt, ebenso wie alle anderen „Geschichtsfragen", auch die Geschichte Jesu einer kritischen Einschätzung nach den Prinzipien und Methoden der Geschichtswissenschaft. Es ist nach Wobbermin nicht zulässig, für die theologische Arbeit eine besondere Art historischer Beweisführung in Anspruch zu nehmen, die sich über die allgemeingültigen Regeln der historischen Kritik hinwegsetzt. Die Frage der Historizität Jesu sowie die nach den feststellbaren Aussagen über Jesu Leben und Wirken fallen einschränkungslos in das Gebiet der Geschichtswissenschaft. Ihre Ergebnisse sind von der Theologie zu akzeptieren.38 Anders verhält es sich mit den Glaubensurteilen über Jesus Christus. Die Wertung der geschichtlichen Existenz Jesu als eines Heilandslebens, das die definitive Selbstoffenbarung Gottes darstelle, bleibt außerhalb der historisch-wissenschaftlichen Forschung. Sie ist als „Glaubensurteil" Bestandteil der religiösen Rede, deren Aufnahme und Interpretation in das Gebiet der theologischdogmatischen Erörterung fällt.39 Dennoch lassen sich beide Bereiche nicht vollständig voneinander trennen. Auch das Glaubensurteil selbst stellt ein historisches Faktum dar, und umgekehrt wirkt sich die historische Forschung auf die Selbstwahrnehmung des Glaubens aus. Größtes Gewicht legt Wobbermin in diesem Zusammenhang auf die Auferstehungsproblematik. Die historische Seite der Auferstehungsfrage habe „für die Vertretung der Wahrheit des Christentums" eine kaum zu überschätzende Bedeutung. Wobbermin führt umfangreiche Untersuchungen durch, um die historisch feststellbaren Tatsachen um Jesu Tod und seine vermeintliche Auferstehung zusammenzutragen. Im Ergebnis stellt er fest, daß der entscheidende Punkt, an dem in dieser Frage Geschichte und Glaube zusammentreffen, nicht das leere Grab sei, sondern das durch die neutestamentlichen Dokumente ausrei36

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Ebd., 265. - Die Kapitelüberschrift des Inhaltsverzeichnisses von Band 3 der „Systematischen Theologie" („Der Christusglaube der Christenheit") ist nicht mit der Formulierung im Text („Der Christusglaube der christlichen Religion") identisch. Geschichte und Historic in der Religionswissenschaft. Ueber die Notwendigkeit, in der Religionswissenschaft zwischen Geschichte und Historic strenger zu unterscheiden, als gewöhnlich geschieht, Tübingen 1911, 3. Systematische Theologie. Band 3, 279.

Ebd., 280.

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chend belegte und insofern zweifelsfreie historische Faktum der von Jesu Jüngern berichteten Erscheinungserlebnisse. Die Überzeugung der Jünger vom Fortleben Jesu beruht demnach allein auf den ihnen zuteil gewordenen Erscheinungen, die sie als Gegenwartsbekundungen des Auferstandenen gedeutet haben. Diese Erscheinungen, die nicht als Phänomene sinnlich-leiblicher Natur, sondern als „innere Erfahrungen oder innere Erlebnisse" aufzufassen sind, bilden nach Wobbermin den Ort, an dem sich die Interessen von Geschichte und Glaube kreuzen.40 Nicht weniger als der „geschichtliche Gesamtbestand der christlichen Religion" ist nach Wobbermin durch die Gewißheit jener Überzeugung von der Auferstehung Jesu Christi bedingt.41 Wobbermin faßt das Ergebnis seiner Überlegungen in der Formel zusammen, daß „Christusglaube und Christenglaube [...] im Korrelatverhältnis zueinander" stehen. Der Glaube an die Heilsbedeutung Christi ist identisch mit dem christlichen Gottesglauben, sofern dieser unter dem Gesichtspunkt der zeitlich-geschichtlichen Wirksamkeit Gottes in Schöpfung und Erlösung angesehen wird: Gott erscheint als ein die Welt lebendig durchwaltender Gott, „der den Menschen in Jesus Christus die höchste Offenbarung seines Wesens als heilig-persönlichen Liebeswillens schenkt und ihnen so durch das Heilandsleben und Heilandssterben Jesu Christi die Erlösung aus Sünde und Schuld, ja aus Nichtigkeit und Vergänglichkeit des zeitlich-endlichen Daseins überhaupt beschafft".42 Mit diesem Satz ist nach Wobbermin zugleich ausgesagt, daß im Christusglauben sich die enge Beziehung des christlichen Gottesglaubens zum geschichtlichen Leben der Menschheit und damit zum „Gesamtbestand und Gesamtverlauf der Geschichte" bekunde. Sofern im Christentum der Erlösungsgedanke an die Vorstellung einer wirklichen Überwindung der Sünde gebunden ist, Erlösung also „im Tiefsten" „ethischer Art" ist, verbindet sich nach Wobbermin mit dem geschichtlichen Charakter des göttlichen Handelns der ethische Aspekt, daß Gott an jeden Einzelnen die Forderung der Sinnesänderung und aufrichtigen Bußgesinnung als „Be40 41

42

Ebd., 285-286 und 290. Vgl. auch oben Teil II.3.4.3. Systematische Theologie. Band 3,292. - Es leuchtet nicht ganz ein, inwiefern Wobbermin hier die Erscheinungen Jesu in einer „doppelseitigen Betrachtung" würdigen will. Sie sollen zum einen „Zeugnisse für die Festigkeit und unbedingte Sicherheit der Überzeugung der Jünger sein". Zum anderen faßt Wobbermin sie „zugleich" als Zeugnisse dafür auf, daß diese Überzeugungen „die Grundbedingung für das Zustandekommen des christlichen Glaubens" waren. In beiden Fällen ist die Verwendung des Begriffes „Zeugnis" nicht schlüssig. Denn im ersten Fall ging die Überzeugung der Jünger den Erscheinungen nach; sie ist daher deren Folge, und insofern können die Erscheinungen ein „Zeugnis" jener Überzeugung nicht sein. Die Aussage im zweiten Fall bezieht sich nicht auf einen religiösen Satz, sondern auf eine historische Feststellung, in deren Urteilsbereich die Erscheinungen Jesu gar nicht fallen und von denen sie daher auch nicht verifiziert werden kann. Ebd., 293.

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dingung seiner Heilsgnade" richtet. Dieser „innere unaufhebbare Zusammenhang von Gnade und Gericht" sei überhaupt der „Kerngehalt" des Christusglaubens.43 Anders als Wehrung spricht Wobbermin in diesem Zusammenhang nicht ausdrücklich von einer „Bewährung" des Glaubens im sittlichen Verhalten. Indem er statt dessen die Kategorie der „Bedingung" einführt, die überdies an Christi „ganzes Heilandsleben" gebunden ist, knüpft er beide Seiten des Verhältnisses noch enger aneinander, als dies in der Theorie Wehrungs, und, wie sich zeigen wird, auch in der Theorie Stephans, der Fall ist. 3.2.2. Die Stellung des christlichen Glaubens in der Geschichte Als zentrales Element im Wesen des Christentums hat die religiönspsychologische Analyse den trinitarischen Monotheismus erwiesen. In ihm kommt nach Wobbermin die eigentümliche Ausprägung des christlichen Gottesgedankens zum Ausdruck. Zugleich faßt er die in der Religionsgeschichte vorhandene Vielzahl von Ansätzen zu einer reflektierten Gottesidee zusammen und vollendet sie.44 Der trinitarische Monotheismus, den Wobbermin im übrigen der mystischen und der pantheistischen Form von Religiosität unmittelbar entgegensetzt, bietet die definitive Erfüllung des religiösen Abhängigkeitsgefühls. Er stellt die endgültige geschichtliche Vermittlung des göttlichen Heilshandelns dar.45 Den Umstand, daß in der Religionsgeschichte „religiös-kultische Dreiheitsformeln" weit verbreitet sind, betrachtet Wobbermin nicht als Einwand gegen diese Auffassung. Es bestehe nämlich zwischen „jenen anderen religiösen Dreiheiten und der christlichen Trinität" insofern ein wesentlicher Unterschied, als nur die christliche Religion zu einem begrifflich klaren Gottesgedanken gelangt und infolgedessen allein ihr die „genauere Erfassung des Wesens Gottes" gelungen sei.46 Überdies finde nur in der trinitarischen Anlage des christlichen Glaubens das religiöse Gefühl, das, wie Wobbermin in Anknüpfung an seine Religionstheorie ausführt, selbst von dreifacher Struktur ist, eine Entsprechung und somit auch seine „denkbar höchste Entfaltung" im Gottesglauben. Die Stellung des Christentums im Gesamtzusammenhang der Religionsgeschichte spiegelt diesen Sachverhalt wider. Allein das Christentum darf aufgrund der letztgültigen Selbsterschließung Gottes in der Christus-Offenbarung für sich in Anspruch nehmen, den Begriff der Religion in vollständiger und historisch endgültiger Weise zu repräsentieren. Aus 43 44 45 46

Ebd., 299. Vgl. oben Teil III.1.1.3. Systematische Theologie. Band 3, 406. 411. Ebd., 428-429.

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diesem Grunde nimmt Wobbermin die Rede von der „Absolutheit des Christentums" auf. Nach religionspsychologischer Analyse ist der vom Christentum erhobene Anspruch, die vollendete Gestalt des religiösen Lebens zu bieten, berechtigt. Wenn dennoch auch die von Troeltsch gestellten Anfragen an die Absolutheitsbehauptung legitim sind, dann deshalb, weil sie selbst aus der religiösen Grundauffassung des Christentums erwachsen. Der Glaube selbst tritt sich in der Frage nach seiner Stellung in der Religionsgeschichte reflektierend gegenüber.47 Dieses Ergebnis seiner Religionstheorie legt Wobbermin den abschließenden Ausführungen zur geschichtstheologischen Thematik zugrunde. Historisch wirksam könne jenes christliche Selbstbewußtsein nur dann werden, wenn es sich als „Geschichtswahrheit" manifestiere. Lessings Einsicht in den Zusammenhang von Geschichts- und Vernunftwahrheiten werde dadurch nicht aufgehoben. Immerhin habe jedoch die historistische Kritik gezeigt, daß die von Lessing verwendete begriffliche Alternative sachlich unhaltbar sei, da weder die sogenannten Geschichtswahrheiten „zufällig", noch die vermeintlich „notwendigen" Vernunftwahrheiten als dem geschichtlichen Geschehenszusammenhang enthoben gedacht werden können.48 Die Wahrheit einer religiösen Aussage - etwa des Satzes von der Letztgültigkeit der christlichen Gottesoffenbarung - kann demnach weder durch ihre geschichtliche Präsenz noch durch ihre Vernunftgemäßheit demonstriert werden. Sie ist nur durch ihre Aneignung in der religiösen Subjektivität zu erfahren. Einen Ausweg aus der geschichtlichen Bedingtheit der eigenen religiösen Position kann es auch nicht durch dogmatische Objektivierungen der Glaubensüberzeugungen geben. Nur eine formal im religionspsychologischen Zirkel formulierte Wechselbeziehung zwischen geschichtlicher Überlieferung und „persönlichem Glaubensleben" weise den Weg zu einer Vertretung „des Rechtes meines Glaubens in denkender Reflexion".49 Die Geschichte bleibt dabei nach Wobbermin der Vernunft vorgeordnet. Erst sie stelle über die Geschichtlichkeit einer jeden Erfahrung die 47

48

49

Ebd., 463-471. Vgl. Ernst Troeltsch: Die Absolutheit des Christentums und die Religionsgeschichte. Vortrag, gehalten auf der Versammlung der Freunde der Christlichen Welt zu Mühlacker am 3. Oktober 1901, erweitert und mit einem Vorwort versehen, Tübingen und Leipzig 1902 (Zweite Auflage: Tübingen 1912). Systematische Theologie. Band 3, 300. Vgl. Gotthold Ephraim Lessing: Über den Beweis des Geistes und der Kraft. An den Herrn Direktor Schumann zu Hannover [1777], in: Ders.: Schriften. Band H: Antiquarische Schriften. Theologische und philosophische Schriften. Eingeleitet von Karlmann Beyschlag, Frankfurt am Main 1969, 307-312, hier: 309. Systematische Theologie. Band 3, 302. Siehe hierzu auch Wolf-Ulrich Klunker: Psychologische Analyse und theologische Wahrheit, 108-115, wo ausführlich auf die von Wobbermin in seiner geschichtstheoretischen Schrift von 1911 entwickelte Unterscheidung zwischen „Historic" (als einer wissenschaftlich-analytischen Geschichtsbetrachtung) und „Geschichte" (als einer unmittelbaren Begegnung mit der Überlieferung) eingegangen wird. Nur zwei Jahre später hat Wobbermin allerdings diese Unterscheidung weitgehend wieder zurückgenommen; vgl.: Systematische Theologie. Band l, 29.

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Instrumente für eine vernünftige Weltaneignung und Weltdeutung zur Verfügung. Auch dem Glauben bietet erst die Geschichte jene Mittel dar, durch die ihm die religiöse Wahrheit überhaupt zugänglich wird. Insofern dienen die vom Glauben als Offenbarung Gottes gedeuteten Geschichtsdaten nicht - wie z.B. Kant angenommen hatte - zur Illustration einer abstrakten Wahrheit, sondern sie ermöglichen die „Invention" jener religiösen Wahrheit, ihre „Auffindung und Erlangung" selbst, und zwar so, daß dem Glauben „die religiöse Wahrheit fortlaufend nur durch solche Vermittlung der Geschichte zugänglich wird und zugänglich bleibt".50 Als Ergebnis seiner geschichtstheologischen Ausführungen stellt Wobbermin daher fest, daß die Geschichte die unumgängliche und bleibende Bedingung für die „glaubensmäßige Erfassung religiöser Wahrheit" ist. Sie übernimmt eine „Inventions"-Funktion gegenüber dem Glauben, dem sie „den Weg zum lebendigen Gott" weist. Auch gegenüber der Theologie fungiert sie als „methodisches Mittel der Näherbestimmung des christlichen Gottesgedankens".51 Für die Frage nach der religiösen Wahrheit ergibt sich aus dieser Fassung des Geschichtsbegriffes, der signifikant von dem der Aufklärungskritik abweicht, daß die Überzeugung des Glaubens selbst, sofern sie sich in eine geschichtliche Form religiöser Wirklichkeitsdeutung umsetzt, den Status einer „Wahrheit im strengsten, letzten Sinne" beanspruchen könne. Inhaltlich bedeute dies, daß die Auffassung, das neutestamentliche Christusbild beruhe ursächlich auf einer Offenbarung Gottes, ja auf der Selbstoffenbarung Gottes schlechthin, legitimer Ausdruck eines solchen christlichen Wahrheitsbewußtseins sei. Gegenstand eines Meinungsstreites könne diese Auffassung nicht werden, denn eine andere Instanz als die des Glaubens erkenne der Glaube nicht an. Für den Glauben selbst aber verliere das Problem der Wahrheit von Glaubensüberzeugungen damit seinen Sinn. So bleibt letztlich auch hier nur noch die Frage übrig, ob sich jene Glaubensüberzeugung in der praktischen Bewährung selbst, nun aber jenseits des theologischen Diskurses, als begründet ausweist.52 3.3. Stephan: Einheit des Glaubens und Einheit der Geschichte Bereits im Vorwort zur ersten Auflage der „Glaubenslehre" hat Stephan es als das vorrangige Ziel seiner theologischen Darstellung bezeichnet, 50

51

52

Systematische Theologie. Band 3, 309. Zu Kant bezieht Wobbermin sich auf ein Diktum aus dem Nachlaß: „Das Historische dient nur zur Illustration, nicht zur Demonstration" (Ein ungedrucktes Werk Kants aus seinen letzten Lebensjahren. Herausgegeben von Rudolf Reicke. Teil 3, in: Altpreußische Monatsschrift (21) 1884, 66; hier zitiert nach: Systematische Theologie. Band 3, 308). Systematische Theologie. Band 3, 311. Ebd., 312.

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stärker als bisher geschehen, die „geschichtliche Art unsers Glaubens" mit „dem religiösen Erleben und den Fragestellungen der Gegenwart" zu verbinden. Auf diese Weise sollte es gelingen, „zugleich mit der Eigenart die Weltweite und die Fruchtbarkeit des evangelischen Glaubens noch deutlicher" zu zeigen.53 Im Vorwort zur Ausgabe von 1941 sieht Stephan das Anliegen seiner Darstellung darin, die „Einheit von Geschichtlichkeit und Gegenwärtigkeit" im christlichen Glauben sichtbar werden zu lassen.54 Die Rekonstruktion der geschichtlichen Dimension des Glaubens und die Beschreibung des Verhältnisses von Glaube und Geschichte bilden daher zentrale Bestandteile der theologischen Konzeption Stephans. Eine theologisch-argumentative „Begründung" des Glaubens ist nach Stephan nicht denkbar. Insbesondere sind solche Theorien untauglich, die auf den vorgegebenen Tatbestand des wunderbaren Offenbarungshandelns verweisen und den Glauben hiervon unmittelbar ableiten wollen. Vielmehr komme allein „das Gebiet der inneren Geschichte" als Ort der Glaubensbegründung in Frage, denn hier vollziehe sich „die Tat Gottes an uns".55 Allerdings dürfe dieser Vorgang nicht aus dem „Gesamtleben" der religiösen Individualität herausgelöst werden - wie es der klassische Wunderbegriff gerade versuche -, da dann die Begründung des Glaubens „unkontrollierbar" werde, und zwar nicht nur für andere, sondern auch für den Glaubenden selbst, der wehrlos dem Verdacht der Selbsttäuschung ausgesetzt sei. Soll es also überhaupt eine subjektive Begründung des Glaubens geben, „so müssen wir sie dort finden, wo der Glaube mit den mächtigsten Regungen des persönlichen Innenlebens [...] und dieses mit den Höhepunkten des Gesamtlebens zusammenhängt". Das aber sei nicht in einzelnen vorübergehenden Erlebnissen der Fall, sondern in der geschichtlichen Struktur des Glaubens, der, unbeschadet seiner Gewißheit, von Gott selbst getragen und von Gott her empfangen zu sein, in einer steten „organischen" Verbindung „mit dem Strom der persönlichen wie der allgemeinen Geschichte" stehe.56 3.3.1. Jesusbild und neutestamentliche Forschung Die Geschichtlichkeit des Glaubens konzentriert sich in der Idee einer „geschichtlich-persönlichen" Heilsvermittlung. Bereits bei dieser Grund-

" Glaubenslehre. Erste Auflage, Gießen 1921, VII. Glaubenslehre. Dritte Auflage, Berlin 1941, VIII. 55 Glaubenslehre. Zweite Auflage, Gießen 1928, 53. 56 Ebd. Vgl. auch das bereits in anderem Zusammenhang angeführte Zitat: „In jedem Augenblick des Glaubens schneidet die Senkrechte, die uns von Gott her trifft, die Waagerechten der bloßen Menschengeschichte. In diesen Schnittpunkten erschließt sich eine Begründung, die nicht nur in der Erinnerung lebt, sondern im Inhalt unsers Glaubens selbst lebendig wirkt" (Ebd.); siehe oben Teil IH.1.3.1. 54

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bestimmung zeigt sich nach Stephan eine elementare Schwierigkeit im Geschichtsbild. Denn als Heilsmittler wird ja nicht eine dogmatisch stilisierte und als solche allem geschichtlichen Wandel enthobene Person angesehen, sondern „der geschichtliche Mensch Jesus von Nazareth". Als Gestalt der Vergangenheit ist dieser Jesus von Nazareth unlösbar mit „vergangener Zeitbedingtheit verbunden", und doch lebt der gegenwärtige Glaube an den gegenwärtigen Gott von der „lebendigen Berührung mit ihm".57 Keineswegs ist nun nach Stephan eine solche „Berührung" und die aus ihr folgende Erkenntnis in der Art, wie sie sich tatsächlich vollzieht, ein rein religiöser Vorgang, sondern „auch durch die Beurteilung der Quellen bedingt". Auf diese Beurteilung wiederum wirken unwillkürlich Lektüre-Eindrücke oder Ergebnisse einer kritischen Bibelforschung ein. Aus einer derartigen Geschichtlichkeit der „Berührung" folgen unter Umständen Spannungen, Kämpfe und Konflikte innerhalb des Glaubens, die bis zu einer schweren Erschütterung der persönlichen Identität des Glaubenden reichen können. Die Einheit des Glaubens wird hier gegebenenfalls aufs Äußerste gefährdet.58 Eine dualistische Auflösung dieser Problematik, die den Christusglauben von der neutestamentlichen Forschung absondern wollte - Stephan nennt hierfür Martin Kahler-, kommt nicht in Frage. Zum einen bediene sich die Wissenschaft selbst, bewußt oder unbewußt, der „Mittel des religiösen Verstehens"; zum anderen sei der Glaube auf ein einheitliches „Jesusbild" angewiesen, wenn er sich nicht zu einer Idee oder einem unbestimmten Gefühl verflüchtigen wolle. Ein solches Jesusbild sei aber, sofern überhaupt eine Auseinandersetzung mit den biblischen Zeugnissen stattfinde, nur unter Zuhilfenahme wissenschaftlicher Methoden in der Sichtung der neutestamentlichen Christusüberlieferung erreichbar. Im übrigen könne es dem Glauben gar nicht um eine statische Auffassung von der Geschichte Jesu als dem zentralen Orientierungspunkt gehen, da er vielmehr darauf ausgerichtet sei, Gott in der lebendigen Wirklichkeit zu erfahren. Zu dieser Wirklichkeit gehöre aber nicht nur das Neue Testament, sondern auch die einem stetigen Wandlungsprozeß unterworfene wissenschaftliche Erforschung neutestamentlicher Texte: „Hat der Glaube gelernt, überall sonst die stete Unfertigkeit und Unerschöpflichkeit des 57 58

Glaubenslehre. Zweite Auflage, 163. 161. Ebd., 163; vgl. auch folgende Formulierung: „Jede eng mit der biblischen Überlieferung selbst oder einem früheren Jesusbild verknüpfte Frömmigkeit sträubt sich, auch wenn sie nicht eine falsche Lokalisierung des Offenbarungsbegriffes auf die biblischen Berichte vollzieht [...], gegen Änderungen dieses Bildes; denn sie wird von der Sorge gequält, damit nicht nur bestimmter geschichtlicher Auffassungen, sondern ihres Gotterlebens selbst beraubt zu werden. Und umgekehrt ist gerade eine ernsthaft vorwärtsdrängende Forschung ebenso wie manche neue Konkretisierung des religiösen Erlebens geneigt, ihre Tragweite zu überschätzen, zumal wenn sie durch Verdächtigung und Machtsprüche in Kampfesstimmung oder in den status confessionis getrieben wird" (Ebd., 163-164).

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Wirklichen als gottgewollt zu betrachten, so kann er diese Anerkennung auch für die neutestamentliche Wissenschaft und ihr Jesusbild nicht weigern".59 Er wird im Gegenteil, wie Stephan optimistisch unterstellt, „den positiven Gottesgedanken", der in den Wandlungen der wissenschaftlichen Forschung walte, zu verstehen und „in den eigenen Willen" aufzunehmen suchen. Von hier aus nimmt Stephan eine inhaltliche Bestimmung des Gottesgedankens vor: „Ein solcher Gottesgedanke dürfte vor allem in der Absicht bestehen, die Christen immer wieder aus der trägen Ruhe des natürlichen Menschen aufzurütteln und vor fertigen Abschlüssen des Erlebens wie des Forschens zu warnen, jedes Geschlecht aufs neue vor den Rohstoff des biblischen Zeugnisses und vor die Daseinsfrage der christlichen Frömmigkeit zu stellen und so die Christenheit allmählich zu zwingen, sich in ihrer Gottbezogenheit nicht mehr auf fertige Grundlagen, d.h. auf irgendwelches Menschenwerk [...] zu stützen, sondern auf die Führung Gottes selbst." Zu solchem Menschenwerk gehöre auch das von der theologischen Wissenschaft jeweils erarbeitete Verständnis biblischer Aussagen.60 In die theologische Darstellung zieht hier nach Stephan ein unvermeidbares Moment der Entscheidung ein: In die Verantwortung des Theologen falle es, je „nach seinem geschichtswissenschaftlichen Urteil [...] dem einen oder dem anderen Bilde" Jesu zu folgen; dabei habe er sich des Umstandes bewußt zu sein, daß die Rekonstruktionsleistungen der neutestamentlichen Wissenschaft insgesamt relativ seien und nicht den Anspruch erheben könnten, die geschichtliche Dimension der Erscheinung Jesu objektiv wiederzugeben. Auf der anderen Seite werde gerade ein solches Moment der Relativität historischer Aussagen für die Glaubenslehre dadurch weitgehend bedeutungslos, daß es ihr nicht um eine historische Darstellung Jesu und seines Werkes gehe. Im Vordergrund stehe vielmehr „das, was dem Glauben in Jesus geschenkt wird, und die darin liegende religiöse Erkennt59 60

Ebd., 164. Ebd., 165. Stephan knüpft hier an Wilhelm Herrmann an. Herrmann habe sich, ungeachtet seiner zeitgeschichtlich bedingten Neigung zu einem Dualismus von Wissenschaft und Glauben, große Verdienste um die Würdigung der historischen Forschung in der Theologie erworben. Stephan verweist insbesondere auf Herrmanns Darstellung: Die mit der Theologie verknüpfte Not der evangelischen Kirche und ihre Überwindung (Religionsgeschichtliche Volksbücher. Reihe IV. Band 21), Tübingen 1913, sowie: Ders.: Soll es eine besondere theologische Geschichtsforschung geben? [Rezension zu: Hans Emil Weber: Historisch-kritische Schriftforschung und Bibelglaube. Ein Versuch zur theologischen Wissenschaftslehre. Zweite bedeutend erweiterte Auflage, Gütersloh 1914), in: Die Christliche Welt 32 (1918), 290-297. Stephan hat sich mit diesem Aspekt des Werkes von Herrmann wiederholt auseinandergesetzt. Vgl. etwa: Gott im modernen Geistesleben, in: Religion und Gott im modernen Geistesleben. Zwei Vorträge, Tübingen 1914,47-80. 9093, sowie: Zur dritten Auflage, in: Wilhelm Herrmann: Die sittlichen Weisungen Jesu. Ihr Mißbrauch und ihr richtiger Gebrauch. Dritte Auflage. Herausgegeben von Horst Stephan, Göttingen 1922, 4-5.

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nis Jesu". Ein biblischer Anhalt für diesen Aspekt des Jesusbildes aber ergebe sich in hinreichend deutlicher Weise bereits daraus, daß „gewisse Grundzüge des neutestamentlichen Zeugnisses für den Glauben so unverkennbar sind, daß sie allgemeine Anerkennung in der christlichen Gemeinde haben". Die Gemeinde selbst relativiere daher die Einseitigkeiten und Gegensätze der unterschiedlichen Jesusbilder, ohne daß sie sich jedoch - auf diesen Umstand weist Stephan ausdrücklich hin - zur Richterin über die Ergebnisse der neutestamentlichen Forschung erheben würde.61 Überdies treten nach Stephan neben die Geschichtsforschung noch andere Formen der Überlieferung des religiösen Bedeutungsgehaltes der Person Jesu; gedacht ist in erster Linie an die ethische Bewährung des sich auf den Eindruck Jesu gründenden Glaubens. Trotz aller Schwierigkeiten und Hemmungen ist sich, dies bleibt Stephans Schlußwort zu diesem Thema, der sich seines individuellen Reichtums bewußte Glaube gewiß, „durch den historisch noch so umstrittenen Jesus vor Gott selbst gestellt" zu sein. Noch in den schwersten Lagen des Lebens weiß sich der Glaube „verbunden mit Jesus und in dieser Verbindung über das lähmende Gewebe der historischen Relativitäten emporgehoben zu dem ewigen Gott".62 3.3.2. „Natürliche Religion" und die Wahrheit des Christentums Nicht nur die von der orthodoxen Christologie vorgenommene Ausgrenzung eines heiligen Bezirkes aus der Geschichte und seine Qualifizierung zur extrageschichtlichen Heilsgeschichte bedroht nach Stephan die Einheit des Glaubens. Auch die Zuordnung von „natürlicher Religion" und christlichem Glauben hat diese Konsequenz, sofern mit dem Terminus „natürliche Religion" eine vor oder außerhalb des religionsgeschichtlichen Gesamtzusammenhanges stehende Form religiöser Bewußtseinsprägung 61

62

Glaubenslehre. Zweite Auflage, 166. Dennoch bleibt hier eine Spannung, die Stephan nicht mehr auszugleichen versucht hat. Daß er sich der Schwierigkeit bewußt war, zeigt folgende Äußerung: „Natürlich legt das evangelische Christentum nicht dem Einzelnen die Pflicht auf, seinen Glauben in steter Verbindung mit dem Gang der Forschung zu halten. Die Forschung arbeitet im Namen der Gemeinde [!] und verwaltet ein Charisma der Gemeinde, die den Erwerb auf tausend Wegen verwertet. Der schlichte Christ darf sich, wenn er unsicher wird, auf das Bild zurückziehen, das ihm in der Lektüre des NTs erwächst, d.h. auf die Verbindung des Glaubens mit naivem Eindruck. Er kann sich der Tatsache getrösten, daß selbst verzerrte, einseitige Jesusbilder den Aufrichtigen zu dem wirklichen Jesus und durch ihn zu Gott führen. Nur daß, wer solchen Verzicht übt, damit zugleich auf den Anspruch und die Fähigkeit der Mitarbeit in den großen Fragen der Glaubenserkenntnis verzichtet" (Ebd.). Ebd., 166. Vgl. auch: Geschichte der evangelischen Theologie seit dem Deutschen Idealismus, Berlin 1938, 210-216 (Die Entwicklungshöhe der historischen Theologie: Die biblischen Wissenschaften).

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gemeint ist. Dabei soll als bewegende Kraft der natürlichen Religion vor allem das Denken geltend gemacht werden. Ob ethisch ausgerichtet oder kosmisch, ob spekulativ oder praktisch, ob nach außen oder mehr nach innen gewendet- immer steht die intellektuelle „menschliche Selbsttätigkeit" im Zentrum dieses Religionsverständnisses.63 Die Auseinandersetzung führt Stephan, wie er in der Einleitung zu dem geplanten, aber nicht vollendeten Buch über die Problematik betont hat, ausdrücklich aus der Perspektive der christlichen Religion: „Dabei wissen wir uns nicht durch empirisches ,Christentum' gebunden, sondern durch die Vollmacht der Offenbarung Gottes selbst."64 Stephan unterscheidet drei Grundformen der natürlichen Religion: die philosophische Bildungsreligion, die Mystik und die Offenbarungslehren in den „natürlichen Hochreligionen". Sie alle thematisiert er unter der methodischen Vorgabe, daß eine selbständige Entwicklung dieser Religionsformen außerhalb der christlichen Religionsgeschichte angenommen oder doch zumindest unterstellt wird.65 Die Einzelanalyse zeigt, daß sich in allen drei Formen Elemente finden, die eine gewisse „Verwandtschaft" mit dem Christentum aufweisen. Doch ist zugleich auch das Moment der Fremdheit stark ausgeprägt. So fehlt der philosophischen Bildungsreligiosität etwa „der Untergrund des Vertrauens auf Gott und die Zielsetzung, die im Christentum aus der Liebe Gottes folgt". Die Mystik erwachse nicht aus einer durch Offenbarung geschenkten Gotteserkenntnis, sondern aus Seelenstimmungen, „aus dem Überdruß an den Gütern der Kultur und der Verzweiflung an allen Werten des Lebens". Der Glaube an jene Offenbarungsereignisse schließlich führt nicht zur Gotteserkenntnis und zum wahren Selbstverständnis des Menschen. Auf der anderen Seite kennt auch die Bildungsreligion „den Geist der verehrenden Hingabe an die Gottheit", weist die Mystik tiefe Gedanken über die Gegenwärtigkeit Gottes auf, von denen sich christliche Frömmigkeit vielfach hat inspirieren lassen, und bezeugen auch die nichtchristlichen Formen von Offenbarungsglauben die Heiligkeit und Transzendenz Gottes.66 Selbst diese Aspekte der natürlichen Religionsformen täuschen jedoch nicht über die schwerwiegendste Differenz hinweg, durch die sich der christliche Glaube von ihnen getrennt sieht: das Verhältnis zur Welt. Zwar sind in einzelnen Gebieten der religiösen Erfahrung die Grenzen zwischen Christentum und natürlicher Religion fließend, zwar kann der Glaube von Bildungsreligiosität und Mystik „Reize der Eigenentfaltung" empfangen 63

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66

Glaubenslehre. Zweite Auflage, 283. - Im folgenden wird auf die dritte Auflage der „Glaubenslehre" zurückgegriffen, da Stephan hier die entsprechenden Passagen gegenüber der zweiten Auflage noch einmal überarbeitet und zum Teil verändert hat. Nachlaß Horst Stephan. Bestand 5: „Natürliche Religion". Typoskript: Einleitung (3 Blatt), Bl. 3. Ebd., Bl. 2-3. Glaubenslehre. Dritte Auflage, 271-277.

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und wird das Bewußtsein um die Heiligkeit Gottes durch die Zeugnisse der nichtchristlichen Hochreligionen noch verstärkt, - letztlich bleibt doch „die innere Weltüberwindung, die beides, Kritik und Bejahung, kraft selbständiger Gottesoffenbarung in einem verbindet", dem christlichen Glauben allein vorbehalten. Hieraus auch erklärt sich nach Stephan der entschiedene Widerspruch, der vom Christentum gegen die natürliche Religion erhoben wurde und der bis in die unmittelbare Gegenwart auch die Theologie an einer unvoreingenommenen Analyse und Würdigung der unter diesen Begriff gefaßten religiösen Phänomene gehindert hat.67 Wegen des Interesses an einer theologischen Klärung der Frage, inwiefern sich die Religionsgeschichte als Einheit auffassen lasse, ist es jedoch nach Stephan dringend erforderlich, die Ebene der „zeitbedingten Kampflagen, Gelegenheitserörterungen und Temperamentsausbrüche", wie sie unter dem Einfluß der Dialektischen Theologie die Diskussion bisher bestimmt habe, zu überwinden.68 Nur dann, wenn der Glaube sich imstande sehe, „auf den Höhen natürlicher Religion von wirklicher Gottesoffenbarung zu reden", dürfe er auch die Einwirkungen der Bildungsreligiosität und der Mystik, die sich in der Geschichte des Christentums nachweisen lassen, „als Taten Gottes entgegennehmen". Dies ist das materiale Prinzip der Stellungnahme Stephans zur Frage, in welchem Sinne, bezogen auf die natürliche Religion, von Einheit der Religionsgeschichte gesprochen werden könne.69 Einem Allgemeinbegriff von Religion, wie er immer wieder mit dem Terminus „natürliche Religion" verbunden wird, steht Stephan skeptisch gegenüber. Lediglich in formaler Hinsicht, etwa in der Aussage, daß „Erlebnis und Verehrung des ,Heiligen'" eine „echte Religion" qualifizieren, scheint ihm ein solcher Begriff zulässig. Vor allem die folgende Überlegung bestärkt ihn in seiner Zurückhaltung: Wenn nämlich der Glaube, der sich bewußt ist, durch Gottes souveräne Tat erzeugt worden zu sein, es „wagt", diese Erkenntnis über seine eigene Herkunft „in irgendwelchem Grade auf die Fremdreligion" zu übertragen, so müsse er auf die Annahme eines empirischen Zusammenhanges der Religionsentwicklung verzichten. Denn mit dieser Annahme, die den Allgemeinbegriff erst sinnvoll werden ließe, sei das wesentliche Merkmal jedes Glaubens, die Zurückführung auf ein Eingreifen Gottes in das persönliche Leben, unvereinbar. Vielmehr fordere gerade das Selbstverständnis des christlichen Glaubens „Offenheit des Zusammenhangs für schöpferisches Eingreifen der göttlichen Offenbarung". 70 Aus diesem Grunde könne eine „Theologie der Religionsgeschichte" allein in der Weise entworfen werden, daß die Offenbarung selbst zum 67 68 69 70

„Natürliche Religion". Typoskript: Einleitung, Bl. 2. Ebd.; vgl. auch: Glaubenslehre. Dritte Auflage, 277. Glaubenslehre. Dritte Auflage, 277. Ebd., 285.

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elementaren Beurteilungskriterium von Religion wird. Die Annahme einer Einheit der Religionsgeschichte sei nur in dem Maße plausibel, wie es der Glaubenslehre möglich ist, „bei den fremden Religionen in sehr verschiedener Weise von Offenbarung, ja von Ansätzen der Erlösung und der neuen Schöpfung zu sprechen". Die Religionsgeschichte wird dadurch „in ihrem innersten Kern Geschichte dieses dreifachen göttlichen Wirkens". Grundmodell von Offenbarung ist dabei die geschichtliche Selbstbekundung Gottes, wie die biblische Darstellung sie bezeugt. Daraus folge, daß eine Religion innerhalb des religionsgeschichtlichen Gesamtzusammenhanges um so „höher" stehe, je mehr sie sich auf geschichtliche Gottesbegegnung in der Gemeinschaft oder bestimmten Personen gründet. Erste Schritte dazu sieht Stephan bereits in den „primitiven Religionen und der polytheistischen Volksreligion". Doch erst die Propheten hätten tatsächlich „persönliche Züge in das religiöse Leben" eingebracht. Eine Synthese des christlichen Glaubens mit Formen der natürlichen Religion, etwa der Mystik und ihrem erlebnisorientierten Modell religiöser Selbstvergewisserung, lehnt Stephan ab. Synthese bedeute in diesem Fall nicht Weiterbildung, sondern Trübung und Hemmung. Der Katholizismus sei vielleicht zu einer Aufnahme solcher fremdreligiöser Elemente bereit und fähig, der evangelische Glaube jedoch „ist von vornherein auf die klare charaktervolle Herausarbeitung seines Wesens" gerichtet und daher seit Luther, seit dem Pietismus, Schleiermacher und Ritschi aufmerksam darauf bedacht, alles, was ihm noch aus Bildungsreligiosität und nichtchristlicher Weltanschauung verblieben ist, abzustoßen.71 Diese „volle Gotteserkenntnis" des christlichen Glaubens bedinge auch die Letztgültigkeit seiner Stellung innerhalb der Religionsgeschichte. Dabei betont Stephan wiederholt, daß auch hier eine theologische Isolation des Christentums von anderen Religionsformen nicht erfolgen solle. Vielmehr falle von seinem Licht „ein Strahl" auch auf sie, so daß an der Rede von einer „Absolutheit des Christentums" nicht festgehalten werden könne. Überdies sei, wie bereits David Friedrich Strauß gegenüber der spekulativen Christologie hervorgehoben habe, die Annahme einer definitiven, d.h. seinem Gesamtgehalt nach vollständigen Erfüllung eines Begriffes hier der der Religion - von der erkenntnistheoretischen Analyse des Kritizismus längst „zerschlagen" worden. Gegenüber solcher Übersteigerung könne die Aufgabe der Glaubenslehre lediglich darin bestehen, „wirklich die schlichte Glaubensgewißheit zu entfalten, die in der Absolutheitslehre eine Pseudomorphose" erfahren habe.72 Vor dem Hintergrund dieser Überlegungen entfaltet Stephan abschließend sein Verständnis der Wahrheitsproblematik. Die theologische Deutung faßt dabei den Anspruch des christlichen Glaubens auf Wahrheits71

72

Ebd., 287. Ebd., 289. Zu Strauß vgl. auch: Ebd., 180.

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geltung als religiösen Ausdruck für die Einheit von Glaube und Geschichte auf. - Zunächst wird der Terminus „Wahrheit" als theologische Kategorie von einer philosophisch-erkenntniskritischen Bedeutungsebene abgegrenzt.73 Zwar greift auch die Theologie das thomistisch-scholastische Wahrheitsverständnis auf, wonach, in Anknüpfung an Aristoteles, Wahrheit als abbildliche Übereinstimmung des Denkens mit dem Wirklichen, als adaequatio rei et intellectus verstanden wird, doch deutet sie diese Übereinstimmung als Inbegriff desjenigen „Lebensgesetzes", das den Menschen in seiner persönlichen Gesamthaltung „vom bloßen Dasein zu erfüllter Existenz emporführen will".74 Dieser „christliche Wahrheitsbegriff" war nach Stephan im christlichen Glauben von Anfang an heimisch, indem er eine geoffenbarte, praktische und vor allem personale Dimension von Frömmigkeit bezeichnet habe. Im Blick auf die Glaubensvorstellungen selbst bezieht sich die theologische Kategorie der Wahrheit auf den Wesensgehalt des Christentums, und zwar nicht in einem empirischen Sinne, sondern als „Normbegriff". So betrachtet ist das Christentum diejenige Religion, die das Evangelium von der Offenbarung Gottes in Jesus Christus glaubend bezeugt und bestrebt ist, es in Raum und Zeit weiter zu tragen und an ihren Trägern zu verwirklichen. Ihre Wahrheit beruht allein „auf dem Inhalt, der sie erzeugt; sie stützt sich auf nichts als auf das, was Gott selbst an ihr wirkt". Inhaltlich kann daher die Erörterung der Wahrheitsfrage nichts über den Kreis der Glaubenserkenntnis Hinausgehendes beibringen. Diese Erörterung sammelt vielmehr den Sinn der Vorstellungen und Gedanken des Glaubens, sie konzentriert ihn in einer Idee von Christentum, die seiner empirischen Gestalt als immanenter Richtwert vorgeordnet ist, und sie leistet schließlich allein auf eine solche normative Weise eine „Bewahrheitung" des christlichen Glaubens. Ihre praktische Entsprechung und zugleich ihre unerläßliche Ergänzung findet diese normative Bewahrheitung des Glaubens in seiner Bewährung in der gläubigen Existenz. Wie bei Wehrung steht auch hier die Frage 73

74

Stephan beruft sich hierfür neben der zeitgenössischen philosophischen Literatur vor allem auf Martin Rade: Wahrheit, Wahrhaftigkeit, in: Realencyklopädie für protestantische Theologie und Kirche. Dritte Auflage. Band 20, Leipzig 1908,779-788; siehe auch: Ders.: Die Wahrheit der christlichen Religion, Freiburg i. Br. und Leipzig 1900 (erneut abgedruckt in: Martin Rade: Ausgewählte Schriften. Band 1: Wirklichkeit und Wahrheit der Religion. Mit einer Einleitung herausgegeben von Christoph Schwöbel, Gütersloh 1983, 80-122). Glaubenslehre. Dritte Auflage, 363. Eine Parallele zu dieser Aussage fehlt in der zweiten Auflage. Stephan nimmt hier Anregungen der Nachkriegsphilosophie, insbesondere von Jaspers, auf (vgl. Karl Jaspers: Existenzphilosophie. Drei Vorlesungen, Berlin und Leipzig 1938,32 [es handelt sich hierbei um die letzte in Deutschland erschienene Veröffentlichung von Jaspers vor dem Publikationsverbot]). Zum philosophiegeschichtlichen Hintergrund vgl. Johannes Hoffmeister: Wahrheit, in: Ders.: Wörterbuch der philosophischen Grundbegriffe. Zweite Auflage (Philosophische Bibliothek. Band 225), Hamburg 1955, 656-658.

564

Grundbegriffe liberaltheologischer Theologietheorie

der Übereinstimmung der gläubigen Existenz mit den von ihr angenommenen religiösen und ethischen Überzeugungen am Ende der theologischen Darstellung. Grundlage einer solchen Bewährung sei die Erlösung aus aller Last und Not durch die Offenbarung Gottes in Jesus Christus: Weil sie dem Menschen die tiefsten Wurzeln seiner Not und ihre Verzweigung auf allen Gebieten des Lebens schonungslos enthülle, darum vermag sie nach Stephan auch „die radikalste und universalste Heilung zu geben". Erst jetzt entstehe jene „bewußte Geschichtlichkeit, die das Leben aus einer Sache naiver Blindheit in die einer ruhigen, [...] durch immer neues Erleben der Vaterliebe Gottes getragenen Kindesgewißheit verwandelt". Die Ethik wird so zur „Tatbewährung" des Glaubens, denn mit der Vorstellung der Kindschaft verschwindet der Gegensatz von indikativischer und imperativischer, von formaler und materialer Auffassung des Sittlichen.75 Die im deutschsprachigen bildungsbürgerlichen Liberalprotestantismus seit dem zweiten Drittel des neunzehnten Jahrhunderts weit verbreitete Vorstellung von einer harmonisch entfalteten, im Glauben zentrierten und gleichwohl entwicklungsfähigen Persönlichkeit prägt auch das von Stephan vorgetragene Modell einer lebenspraktischen Selbstverifizierung des religiösen Bewußtseins. Wenn überhaupt, so vermag nach Stephan allein eine solche positive Bewährung die externen Vorbehalte gegenüber dem geschichtlichen Offenbarungsglauben zu überwinden. Auch das jeder Wahrnehmung von Wirklichkeit zugehörige Streben und Fragen nach Wahrheit wird durch den Glauben nicht „entmächtigt". Vielmehr will der Glaube auch solchem Fragen „den rechten Weg weisen" und es vorwärts führen. Ungeachtet ihres kulturhegemonialen Hintersinnes sieht Stephan in dieser Vorstellung eine Entsprechung zur universalen Dimension göttlichen Heilshandelns: Indem der Glaube „alles auf das offenbarende, erlösende, neuschaffende Wirken Gottes stellt, sprengt er immer von neuem die Verirrungen und Verkehrungen, die Engen und Isolierungen, die das empirische Leben aus der Wahrheit in die Lüge reißen". So kann Stephan die Glaubensdarstellung schließlich mit einem Hinweis auf diejenige Dimension religiöser Existenz vollenden, die von seinem Anfang bis zu seinem Ende den Glauben als Nachfolge Jesu, in Herrschaft und in Dienst gleichermaßen, wesentlich kennzeichnet: die Freiheit.76 3.4. Zusammenfassung Alle drei Autoren schließen ihre theologischen Entwürfe mit einer Untersuchung zum Thema „Glaube und Geschichte" ab. In unterschiedlicher Weise führen sie hier die Leitlinien ihrer theologischen Darstellung zusam75 76

Glaubenslehre. Dritte Auflage, 368. Ebd., 369.

Glaube und Geschichte

565

men. Im Mittelpunkt stehen dabei zwei Fragestellungen, die jeweils auf eigene Weise das Profil der liberaltheologischen Theoriebildung in den Jahren der Zwischenkriegszeit geprägt haben: Zum einen handelt es sich um das Verhältnis von neutestamentlicher Forschung und christologischem Bekenntnis, zum anderen um die theologische Beschreibung der Stellung des Christentums innerhalb der Religionsgeschichte. Vergleicht man die drei theologischen Konzeptionen zu dieser Thematik, so fallen besonders die weitgehenden Parallelen bei Stephan und Wobbermin auf. Bis in einzelne Detailfragen stimmen sie in der Beurteilung der ChristologieProblematik überein. Die historisch-exegetische Kritik des messianischen Anspruchs und der Auferstehungsüberlieferung wird unter Berufung auf eine religiöse Wertung der neutestamentlichen Zeugnisse zurückgewiesen. Von Bedeutung ist in diesem Zusammenhang insbesondere der Umstand, daß der Gemeindeglaube - so Stephan - bzw. die individuelle Frömmigkeit - so Wobbermin - sich selbst in die Nachfolge der religiösen Haltung der Jünger Jesu stellt. Der historischen Rekonstruktion kommt demgegenüber lediglich die Aufgabe zu, Grundzüge des neutestamentlichen Zeugnisses über Jesus herauszustellen, um so über die unterschiedlichen christologischen Einzelüberlieferungen hinaus zu einem klaren Bild von Jesu Person und Wirken beizutragen. Auch im Rahmen der Aussagen zur Stellung des Christentums innerhalb der Religionsgeschichte bemühen sich die Autoren darum, die von der historischen Kritik vorgetragenen Einwände gegen die orthodoxe Lösung dieser Problematik aufzugreifen. Sofern die Darstellung sich hier ausdrücklich als theologische Formulierung eines Glaubensurteiles versteht, wie bei Wehrung und Wobbermin, verliert die Frage nach einer absoluten Stellung des Christentums innerhalb der Religionsgeschichte ihre Bedeutung; entscheidend ist allein noch die Selbsteinschätzung des Glaubens. Anders verhält es sich bei Stephan. Er möchte den Standpunkt der historischen Kritik in den theologischen Argumentationszusammenhang integrieren. Insofern ist es folgerichtig, wenn er gegenüber der Absolutheitsbehauptung zurückhaltend eingestellt ist. Die Aufgabe der Theologie sieht er statt dessen allein in einer Darstellung der „schlichten Gewißheit" des Glaubens. Ein zentrales Element aller drei Entwürfe im Zusammenhang der geschichtstheologischen Thematik ist das Motiv der sittlichen „Bewährung" des Glaubens. Ihm entspricht, daß der Glaubensbegriff, wie im ersten Abschnitt dieses Teiles der Untersuchung gezeigt, konsequent personal ausgelegt wird.77 Bei Wehrung findet im Glauben eine Neubegründung der Identität des Glaubenden statt. Stephan bringt diese Auffassung in die Reflexion des Verhältnisses von Glaube und Theologie ein. Alle drei Autoren verbinden zudem mit dem Gedanken der identitätsbegründenden Funktion des Glaubens einen Rückgriff auf die reformatorische Recht77

Vgl. III.1.1.3. (Wobbermin),

.1.2.1. (Wehrung) und IH.1.3.1. (Stephan).

566

Grundbegriffe liberaltheologischer Theologietheorie

fertigungslehre - jene für die liberale Theologie elementare und in ihrem religiösen Aussagegehalt schlechthin unentbehrliche Grundlehre des Protestantismus. Genau diesem personalen Glaubensverständnis korrespondiert der Gedanke der sittlichen „Bewährung". Er bildet den Schlußpunkt einer theologischen Theorie, die auf einen objektiven, sei es geschichtlich vermittelten, sei es autoritativ offenbarungstheologisch begründeten Wahrheitserweis der Glaubensüberzeugung verzichtet. Diese, von der weit überwiegenden Mehrzahl der liberalen Theologen der Zeit geteilte Auffassung vertritt auch Georg Wehrung. Dennoch weist seine Darstellung zur Verhältnisbestimmung von Glaube und Geschichte einige Besonderheiten auf. Sie entsprechen einer außerordentlichen Sensibilität Wehrungs für die Problematik des Historismus und führen ihn in Position und Negation weit über die sonst von liberalen Theologen vertretenen geschichtstheologischen Auffassungen hinaus. Zu fragen ist daher, welchen Stellenwert Wehrungs Standpunkt innerhalb der liberaltheologischen Diskussion zur Problematik des theologischen Historismus hat. Zunächst darf Wehrung für sich in Anspruch nehmen, die Notwendigkeit einer Kritik der bisherigen geschichtstheologischen Theoriebildung in aller Schärfe erkannt zu haben. Intensiver noch als Wobbermin, der den „Kampf gegen den Historismus" zu einem Hauptziel seines religionspsychologischen Entwurfes erklärte, hat Wehrung dieser Einsicht in seiner theologischen Darstellung Rechnung getragen. In Aufnahme des von Kierkegaard inspirierten Bildes vom „Sprung" greift er dabei ausdrücklich Gedanken auf, die in der liberalen Theologie sonst wenig Zustimmung fanden. Dementsprechend wurden auch sein Modell einer theologischen „Historik" und die Überlegungen zur spezifisch dialektischen Struktur theologischen Denkens von der zeitgenössischen liberalen Theologie kaum rezipiert. Auf der anderen Seite gibt Wehrung aber auch zentrale Positionen auf, die etwa für die liberaltheologischen Entwürfe Stephans und Wobbermins von erheblicher Bedeutung sind. Vor allem beschränkt er sich in dem Werk „Geschichte und Glaube" programmatisch auf eine rein glaubensimmanente Form der Darstellung. Seit Schleiermacher aber hatte gerade in der Einbeziehung der spezifischen Glaubensperspektive in einen weiträumigen frömmigkeitstheoretischen Kontext ein Charakteristikum der liberaltheologischen Theologietheorie bestanden. Auch stützt Wehrung sich auf eine theologische Methodik, die sogenannte „Historik", und eine ihr entsprechende „offenbarungsgeschichtliche" Denkweise in der Theologie, deren hermeneutische Selbstausweisung nicht einmal mehr angestrebt wird. Mit diesen Vorgaben entwirft er ein Modell antihistoristischer Theologie, das in seiner Selbstbegrenzung auf eine binnenorientierte Glaubensdarstellung einer Tendenz folgt, die im letzten Drittel des neunzehnten Jahrhunderts die historistische Kritik überhaupt erst herausgefordert hatte. Eine solche Vorgehensweise, die alles Gewicht auf eine direkte Entfal-

Glaube und Geschichte

567

tung der „Glaubensintuition" legt und die von der Forderung nach einer „unmittelbaren" Stellungnahme des Glaubens zur geschichtlichen Wirklichkeit ausgeht, ist für Stephan oder Wobbermin völlig unakzeptabel. Insofern muß man feststellen, daß, trotz der liberaltheologischen Ausgangsposition, Wehrung in der geschichtstheologischen Fragestellung die Programmatik der liberalen Theologie weit hinter sich gelassen hat. Dies fand, wie nach Erscheinen des Buches von 1933 die enttäuschte Reaktion des Autors auf die ausbleibende Anerkennung zeigt, seinen Ausdruck darin, daß ihm eine Rückvermittlung seiner Position zur liberaltheologischen Tradition zuletzt kaum noch gelang.

IV. Teil Liberale Theologie als Theologietheorie. Resümee und Ausblick

Liberale Theologie als Theologietheorie Es kann nicht die Aufgabe dieses Schlußabschnittes sein, die einzelnen Ergebnisse der Untersuchung aufs neue zusammenzufassen. Vielmehr soll hier, im Blick auf die Gesamtheit der ermittelten Daten, abschließend die Frage nach dem Ertrag der liberaltheologischen Theologietheorie gestellt werden. Dafür werden zunächst in einer knappen Übersicht diejenigen Motive zusammengestellt, die das Profil einer solchen Theorie bestimmen. In einem zweiten Schritt wird versucht, aus einer systematisch-theologischen Perspektive heraus den Ansatzpunkt für eine theologische Kritik zu formulieren. In der Einleitung zu dieser Untersuchung ist auf die methodische Schwierigkeit hingewiesen worden, daß eine geschlossene Beschreibung derjenigen theologischen Denkweise, die mit dem Begriff „Liberale Theologie" bezeichnet wird, erst im Anschluß an die systematische Rekonstruktion erfolgen kann. Erst jetzt lassen sich daher auch die im Blick auf die einzelnen Entwürfe erzielten Ergebnisse in einen Vergleich einbringen. Vor allem aber kann erst jetzt jener eingangs beschriebene Zirkel geschlossen werden, demzufolge die Zuordnung der einzelnen theologischen Konzeptionen zu einem liberaltheologischen Grundmodell theologischer Theoriebildung sich nur im Nachhinein aus dem Gesamtzusammenhang der Analyse legitimieren läßt. Erst jetzt schließlich ist es möglich, eine Antwort auf die Ausgangsfrage zu geben, in welcher Weise die Vertreter der liberalen Theologie nach 1918 die liberaltheologische Theologietheorie fortgebildet haben und inwiefern es ihnen gelungen ist, das von ihnen intendierte Programm vollständig und plausibel auszuführen. 1. Grundzüge der liberaltheologischen Theologietheorie Horst Stephan hat in dem Vorwort zu seiner „Geschichte der evangelischen Theologie seit dem Deutschen Idealismus" in knappster Form einen Abriß der liberaltheologischen Theologietheorie gegeben. Er beschreibt hier Theologie als eine spannungsvolle Repräsentation des christlichen Glaubens. Ihre Aufgabenstellung leite sich, ebenso wie ihre argumentative Struktur, aus einer Doppelbestimmtheit ab: „Evangelische Theologie steht als wissenschaftliche Selbstbesinnung und als Vertretung des christlichen Glaubens unter zwei verschiedenen Sternen. Sie ist

572

Liberale Theologie als Theologietheorie Funktion der christlichen Gemeinde und ermöglicht durch ihre Arbeit die sachgemäße Führung der Kirche durch die wechselvollen Zeiten hindurch. Sofern sie aber die Besinnung und Vertretung des Glaubens wissenschaftlich vollzieht, steht sie seinen geschichtlichen Bezeugungen und Formungen trotz wesenhafter Gebundenheit an ihn forschend, untersuchend, vergleichend gegenüber; sie bildet Methoden aus, die ihre Sätze vor dem Verdacht der Zufälligkeit oder Willkür bewahren; sie schließt kritische Stellungnahme und Entscheidung ein; sie nimmt dabei an dem allgemein-wissenschaftlichen Ringen um die rechten Wege, Mittel und Ziele des Erkennens teil. Damit ist sowohl der Adel wie die Gefahr der Theologie bezeichnet. Sie ist rechte Theologie nur solange, als sie wirklich beiden Sternen folgt. Sie verleugnet ihr Wesen und verscherzt ihren Anspruch auf Führung, sowohl wenn sie ihren Glaubens-, wie wenn sie ihren Wissenschafts-Charakter dahingibt." 1

Die folgende Übersicht nimmt diesen Text zum Ausgangspunkt und ergänzt ihn, sofern sich aufgrund der Untersuchungsergebnisse weitere Aspekte zu dem von Stephan skizzierten Bild hinzufügen lassen. Sie verzichtet auf Einzelnachweise zu den genannten Punkten. Die Aufstellung beschränkt sich überdies auf die Nennung solcher theologischer Positionen, die in der liberaltheologischen Diskussion grundsätzlich konsensfähig waren. Sie berücksichtigt folglich auch keine Abweichungen der Autoren untereinander. Die Zusammenstellung beansprucht nicht, ein vollständiges Bild der liberaltheologischen Theologietheorie zu bieten. Sie nennt zentrale Motive, die sich in unterschiedlicher Weise in den Konzeptionen Stephans, Wehrungs und Wobbermins finden. In diesem Sinne und mit dieser Einschränkung bildet sie die Grundstruktur der liberaltheologischen Theologietheorie in der Gestalt ab, wie sie nach 1918 vertreten wurde. Die Zusammenstellung untergliedert sich in die folgenden Teilabschnitte: Theologie und Glaube; Theologie und Kirche; Theologie als Glaubenslehre; Die Darstellung der Glaubenslehre; Theologie als Wissenschaft; Theologie und „christliche Praxis"; Protestantische Theologie und moderne Welt. /. 1.

2.

1

Theologie und Glaube Theologie ist, ungeachtet aller weitergehenden Bestimmungen, zunächst und in erster Linie die begrifflich-methodische (und insofern wissenschaftliche) Darstellung und Auslegung des christlichen Glaubens. Der Glaube wird als elementare Ebene, die theologische Darstellung als auf den Glauben bezogene und ihm daher nachgeordnete Ebene innerhalb des Bezugsverhältnisses von Glaube und Theologie aufgefaßt. Horst Stephan: Geschichte der evangelischen Theologie seit dem Deutschen Idealismus, Berlin 1938, 1; vgl. auch: Ebd., 328-332.

Grundzüge der liberaltheologischen Theologietheorie

3.

573

Aus diesem Bezugsverhältnis folgt nach liberaltheologischem Verständnis, daß es in das Aufgabengebiet der Theologie fällt, den Glauben selbst, seine Erfahrungen und Erlebnisse, seine Überzeugungen und Vorstellungen, zum Gegenstand der Reflexion zu machen. 4. Der christliche Glaube erscheint dabei als eine bestimmte Gestaltungsform des religiösen Bewußtseins, die der religionsgeschichtlichen Vielfalt von Weisen der Gottesverehrung als geschichtliche Individualgestalt zugeordnet ist. 5. Seine inhaltliche Bestimmtheit erhält der christliche Glaube aus dem Bezug auf die Offenbarung Gottes in Jesus Christus. Diesem, sich in Christus definitiv selbst offenbarenden Gott gegenüber erfährt der Glaubende sich als unbedingt oder - mit Schleiermacher - „schlechthin" abhängig. 6. Der christliche Glaube wird zudem als eine bestimmte, religiös angelegte Form der weltanschaulichen Wirklichkeitswahrnehmung und Wirklichkeitsdeutung aufgefaßt. In dieser Eigenschaft steht er den nichtchristlichen Formen der weltanschaulichen Wirklichkeitswahrnehmung als spezifische Form einer normgebundenen LebensweltOrientierung gegenüber. 7. Der christliche Glaube bedingt die theologische Darstellung in zweifacher Weise: Zum einen soll die Theologie den Glauben über sich selbst, seine interne Struktur, seine normativen Voraussetzungen und deren Konsequenzen für die Auseinandersetzung mit nichtchristlichen Formen der Wirklichkeitswahrnehmung aufklären. In der theologischen Darstellung wird der Glaube sich seiner selbst ansichtig. Zum anderen soll die Theologie den Glauben nach außen hin vertreten, ihn in der weltanschaulichen Auseinandersetzung als spezifisch christliche Form der Wirklichkeitswahrnehmung sichtbar werden lassen und seinen Beitrag zu einem humanisierenden Weltumgang hervorheben. 8. In Bezug auf beide Seiten der theologischen Darstellung geht die Theologie auf ein Bedürfnis des Glaubens selbst zurück. Sie kann insofern als Funktion des Glaubens aufgefaßt werden. 9. Glaube und Theologie sind Formen einer geschichtlichen Selbstwahrnehmung des religiösen Subjekts. Die besondere religiöse Gestalt des Christentums und die ihr entsprechende theologische Darstellung und Auslegung des Glaubens sind aber zugleich Ausdruck einer spezifischen Gegenwärtigkeit und Zeitlichkeit des Glaubens. Die Theologie kann ihre Aufgabe gegenüber dem Glauben daher nie anders als in dem Bewußtsein der Zeitbedingtheit ihres Selbstvollzuges wahrnehmen. 10. Aus diesem Umstand ergibt sich für die Aufgabenstellung der Theologie, daß die Beschreibung und Deutung des Verhältnisses von reli-

574

Liberale Theologie als Theologietheorie

giöser Unbedingtheit einerseits, die die christlichen Glaubenssätze als Ausdruck einer letztgültigen normativen Bindung auszeichnet, und die Einsicht in die historische Bedingtheit von Geltungsansprüchen andererseits selbst Gegenstand der theologischen Reflexion sein muß. 11. Dieser Sachverhalt wird unter der Chiffre „Glaube und Geschichte" verhandelt. //.

Theologie und Kirche

1.

Theologische Wissenschaft und kirchliches Amt sind wechselseitig aufeinander bezogen. Sie stehen, indem sie beide der Auslegung des christlichen Glaubens gewidmet sind, in einem nicht auflösbaren Beziehungsverhältnis. Sowohl in ihrer internen als auch in ihrer externen Ausrichtung bleibt die Theologie an die christliche Gemeinde oder die Kirche gebunden. Nur in der frommen Gemeinschaft bildet nach liberaltheologischem Verständnis der Glaube eine hinreichend stabile gedankliche Struktur aus, um eine als Selbstaufklärung des Glaubens angelegte Theologie überhaupt hervorbringen zu können. Insofern kann die Theologie auch als „Funktion der christlichen Gemeinde" (Stephan) bezeichnet werden. Aus ihrer Rückgebundenheit an die Kirche ergibt sich eine Ausweitung der internen Aufgabenstellung von Theologie in der Weise, daß nicht allein die sachliche Selbstaufklärung des Glaubens durch die Theologie gewährleistet werden soll, sondern auch die Ermöglichung einer sachgemäßen Ausübung der kirchlichen Leitungsfunktionen. Aus dem Kirchenbezug ergibt sich auch, daß Theologie als eine konfessionsorientierte Form der Glaubensauslegung zu verstehen ist. In diesem Sinne wird die evangelische Theologie, mit programmatischer Betonung, oft auch als „protestantische Theologie" aufgefaßt. Der Sache nach entspricht einer solchen Konfessionalisierung des Theologiebegriffes zum einen die Anknüpfung liberaler Theologie an die in der lutherischen Rechtfertigungslehre zusammengefaßte reformatorische Erkenntnis von der Unbedingtheit des göttlichen Heilswillens als dem elementaren Grunddatum des religiösen Bewußtseins, zum anderen der Bezug auf die vor allem von Schleiermacher geleistete methodische Neubegründung der Theologie. Nicht allein Glaube und Kirche als historische Größen bedingen die Geschichtlichkeit der theologischen Glaubensdarstellung. Vor allem begegnet nach liberaltheologischem Verständnis Gottes Offenbarung selbst nur in geschichtlicher Weise. Obwohl der Inhalt der Offenbarung als „übergeschichtliche" Größe erscheint, kann die Theologie, als Interpretin der Bestimmtheit des religiösen Bewußtseins durch die Offenbarung, nicht anders aufgefaßt werden denn als Bestandteil eines geschichtlichen Prozesses. Dies bedeutet für die theologische

2.

3.

4.

5.

6.

Grundzüge der liberaltheologischen Theologietheorie

575

Darstellung, daß sie sich ihrer zeitlichen Bedingtheit und Begrenztheit bewußt sein muß. ///. Theologie als Glaubenslehre 1.

2.

3. 4.

5.

6.

7.

8.

9.

Die Theologie leistet eine rekonstruierende Darstellung und Auslegung der Inhalte des religiösen Bewußtseins. Dabei wird vorausgesetzt, daß dieses Bewußtsein in einen gemeinschaftlichen Glaubenszusammenhang integriert ist, in dem es durch die kirchliche Überlieferung von Gottes Offenbarungshandeln in Christus geprägt wird. Theologie ist daher nicht die Ausführung einer Lehre von Gott (scientia de deo), seinen Eigenschaften, seinem Wesen und seiner internen Struktur. Sie ist vielmehr die Darstellung der aus dem Bewußtsein der unbedingten Abhängigkeit von Gott stammenden Aussagen des Glaubens. Insofern ist Theologie nach liberaltheologischem Verständnis Glaubenslehre. Die Darstellung der religiösen Überzeugungen und Vorstellungen erfolgt als Selbstreflexion des religiösen Bewußtseins. Der Theologe ist daher notwendigerweise an die normativen Vorgaben des Glaubens gebunden. Seine Darstellung gibt keine Beschreibung des Glaubensphänomens als eines Gegenstandes, dem der Beschreibende „neutral", d.h. subjektiv unbeteiligt, gegenüberstünde. Als Glaubenslehre bezieht sich die Theologie auf zwei Quellen: zum einen auf die in der religiösen Gemeinschaft lebendigen religiösen Überzeugungen und Vorstellungen, zum anderen auf die in der christlichen Kirche überlieferten Traditionsbestände aus der Glaubensgeschichte und der Geschichte der Glaubenslehre. Ihre Evidenz erhält die Darstellung der Glaubenslehre allein aus ihrer Übereinstimmung mit den tatsächlich gegebenen Glaubensinhalten des religiösen Bewußtseins. Einen objektiven, geschichtlich vermittelten oder autoritativ offenbarungstheologisch begründeten Erweis für die Wahrheit der Glaubensüberzeugungen kann es im Rahmen der theologischen Argumentation nach liberaltheologischem Verständnis nicht geben. Die Wahrheitsproblematik, d.h. das Interesse des Glaubens an einer Verifizierung seiner Überzeugungen und Vorstellungen, wird dementsprechend in das Modell einer Selbstverifizierung des religiösen Bewußtseins transformiert. Für die Einschätzung der Stellung des christlichen Glaubens innerhalb der Gesamtheit der religionsgeschichtlich überlieferten Formen von Gottesverehrung bedeutet dies, daß die dogmatische Behauptung einer „Absolutheit des Christentums" durch die theologische Feststellung einer unbedingten und unüberbietbaren Letztbedeutung des christlichen Glaubens für die religiöse Subjektivität ersetzt wird.

576

Liberale Theologie als Theologietheorie

IV. Die Darstellung der Glaubenslehre 1. 2.

3.

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6.

7. 8.

9.

Aus dem Verhältnis von Theologie und Glaube folgt, daß die Darstellung der Glaubenslehre gemäß der „inneren Logik des christlichen Glaubens" (Stephan) zu entwerfen ist. Die Aufgabe der Glaubenslehre besteht daher darin, die interne Struktur des Glaubens zu rekonstruieren. Die Glaubenslehre entfaltet sich in Entsprechung zu den Gewichtungen, die die einzelnen religiösen Überzeugungen und Vorstellungen innerhalb eines Gesamtzusammenhanges aufweisen, d.h. sie bildet den Glauben in begrifflicher Gestalt ab. Die liberaltheologische Theologiekonzeption geht in ihrer materialen Darstellung von dem Glaubensbegriff aus. Sie thematisiert die „Wege der religiösen Begründung" des Glaubens (Stephan), indem sie seine Verankerung im gemeindlichen Glaubenszeugnis, in der biblischen Christusbotschaft und im Offenbarungsgedanken darstellt. Das Verhältnis von Glaube, Religion und Offenbarung steht im Mittelpunkt der theologischen Überlegungen zum Glaubensbegriff. Dabei gilt der christliche Glaube als eine durch seine Begründung im Offenbarungsgeschehen ausgezeichnete Form von Religiosität. Der Religionsbegriff selbst ist Bestandteil der Entfaltung des Glaubensverständnisses. Der Glaube wird als eine die Personalität des religiösen Subjektes konstituierende Größe angesehen. Die Rechtfertigungslehre übernimmt daher in der liberaltheologischen Konzeption die Funktion einer Identitätstheorie. Die Darstellung der Glaubensüberzeugungen erfolgt in zwei Richtungen. Es werden zum einen die Aussagen zum Gottesbegriff, zum anderen die Aussagen zum Heilsverständnis entfaltet. Aufgrund der weltanschauungsbegründenden Funktion des Glaubens umfaßt eine vollständige Ausführung der Glaubenslehre auch eine Erörterung derjenigen Glaubensüberzeugungen, die Bestandteil einer „Weltanschauung des evangelischen Glaubens" (Stephan) oder einer christlichen „Weltanschauungslehre" (Wobbermin) sind. In denjenigen liberaltheologischen Entwürfen, die die weltanschauliche Funktion des Glaubens und damit seine prinzipielle Analogie zu nichtchristlichen Weltanschauungsformen betonen, wird schließlich auch die Kritik solcher Weltanschauungsformen in den Aufgabenbereich der Glaubenslehre einbezogen.

V.

Theologie als Wissenschaft

1.

Theologie ist nach liberalprotestantischem Verständnis eine Wissenschaft, deren Gegenstand der christliche Glaube unter besonderer Berücksichtigung seiner internen Struktur sowie seiner kulturellen, weltanschaulichen, sozialen und politischen Ausdrucksformen ist.

Grundzüge der liberaltheologischen Theologietheorie

2.

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Da der Glaube sich, und zwar in allen seinen Ausdrucksformen, innerhalb der kulturellen Selbstverständigung von Mitgliedern einer Kulturgemeinschaft entfaltet, gehört die Theologie zur Gesamtheit der kulturwissenschaftlichen Fachdisziplinen. 3. Die kulturwissenschaftliche Forschungsarbeit von Theologie ist sowohl historisch als auch systematisch ausgerichtet. Die theologische Glaubensdarstellung kann nur durch die gemeinsame Anstrengung von Historischer und Systematischer Theologie angemessen erbracht werden. 4. Die Wissenschaftlichkeit der theologischen Darstellung beruht auf ihrem begrifflich-methodischen Charakter. 5. Die Theologie kann sich keiner Forschungsmethoden bedienen und verfügt über keine Erkenntnisinstrumentarien, die nicht auch allen anderen Kulturwissenschaften, bezogen auf die ihnen jeweils zugeordneten Gegenstände wissenschaftlicher Forschung, zur Verfügung stehen. Die Annahme einer theologischen Sonderhermeneutik wird von den Vertretern der liberalen Theologie ausdrücklich abgelehnt. 6. Die Theologie muß, um im Verbund der Kulturwissenschaften eine gleichberechtigte Teilnehmerin am wissenschaftlichen Diskurs sein zu können, die argumentativen und forschungspraktischen Standards der nichttheologischen Kulturwissenschaften übernehmen. 7. Nur eine solche Selbstangleichung legitimiert nach liberaltheologischem Verständnis in wissenschaftstheoretischer Hinsicht die Einrichtung und Erhaltung theologischer Fakultäten an staatlichen Hochschulen. 8. Aus dem Grundsatz, die Theologie sei eine Wissenschaft, folgt überdies, daß die Ausbildung einer umfassenden theologischen Methodologie zu den unverzichtbaren Aufgaben der theologischen Theoriebildung zählt. 9. In den Gesamtumfang einer solchen Methodologie gehört eine Klärung des Verhältnisses von Glaube und Theologie, eine Analyse des formalen Charakters theologischer Sätze sowie eine Umgrenzung desjenigen Gegenstandsbereiches, auf den sich die theologische Reflexion bezieht. 10. Der Glaube bringt aus dem ihm eigenen Bedürfnis nach Selbstaufklärung die Theologie selbst hervor. Umgekehrt bleibt die Theologie auch in ihrer weltanschauungskritischen Funktion an den Glauben gebunden. Dieses wechselseitige Bedingungsverhältnis ist nach liberaltheologischer Auffassung ein besonderes Charakteristikum des Protestantismus. 11. In formaler Hinsicht stellen theologische Sätze die reflexive Ausdrucksform religiöser Bestimmungsinhalte des frommen Bewußtseins in einer mitteilungsfähigen Sprachgestalt dar. 12. Insofern gehört die Forderung nach einer allgemein verständlichen,

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Liberale Theologie als Theologietheorie

sich keiner Spezialrhetorik bedienenden theologischen Darstellungsform und die Betonung der inhaltlichen Plausibilität in der Argumentationsweise zu den elementaren, aus dem Theologiebegriff selbst folgenden Maßgaben für die theologische Darstellung. 13. Die Forderung nach Ausbildung einer mitteilungsfähigen Sprach- und Kommunikationsgestalt theologischer Argumentation bezieht sich ebenso auf die theologische Verständigung innerhalb der Gemeinde wie auf den Bereich der Repräsentation des Glaubens durch die Theologie im kulturellen und wissenschaftlichen Diskurs. Beide Richtungen theologischer Argumentation sind nach liberaltheologischem Verständnis nicht voneinander zu trennen. 14. In den Gegenstandsbereich der theologischen Reflexion gehört das gesamte Corpus derjenigen religiösen Überzeugungen und Vorstellungen, die zu einer gegebenen Zeit in den Kreis der religiösen Gemeindeüberlieferung fallen und die insofern zu den möglichen religiösen Bestimmungsinhalten des frommen Bewußtseins zählen. VI. Theologie und „christliche Praxis"2 1.

2.

3.

4.

2

Das personale Verständnis des Glaubens findet in der materialen Darstellung der Glaubenslehre seinen Ausdruck in dem Gedanken der sittlichen „Bewährung". Erst in der Entsprechung von religiöser Haltung und sittlicher Lebensführung erweist sich - bezogen auf die religiöse Subjektivität - der Wahrheitsgehalt des Glaubens. In der liberaltheologischen Theologiekonzeption tritt daher das klassische Modell der Begründung von religiösen Geltungsansprüchen hinter eine theologische Argumentation zurück, die einen Wahrheitserweis der christlichen Glaubensüberzeugungen primär über den Gedanken der ethischen Relevanz dieser Überzeugungen für die praktische Lebensführung anlegt. Die liberaltheologischen Entwürfe werden durchweg von einer ethischen Grundorientierung nicht nur der religionstheoretischen Beschreibung des Christentums, sondern auch der Glaubensdarstellung selbst geprägt. Dieser ethische Grundzug und die ihm entsprechende Zentralstellung des Gedankens der „Bewährung" finden ihren Ausdruck darin, daß es das erklärte Ziel liberaler Theologie ist, über eine wissenschaftliche Reflexion des Glaubens und eine auch nach außen hin wirksame Darstellung seiner Überzeugungen und Vorstellungen zur Förderung und Fundierung einer „christlichen Praxis" beizutragen.

Zum Begriff „Christliche Praxis" vgl. Horst Stephan: Theologie: II. Evangelische Theologie, in: Die Religion in Geschichte und Gegenwart. Zweite Auflage. Band 5, Tübingen 1931, 1116-1124, hier: 1116.

Das Problem der liberalen Theologie: Theologie als Theologietheorie

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VII. Protestantische Theologie und moderne Welt 1.

2.

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5.

6.

Nach liberaltheologischem Verständnis kommt schließlich der theologischen Darstellung auch die Aufgabe zu, die moderne Lebenswirklichkeit in ihren geistigen und weltanschaulichen, ihren sozialen und politischen Dimensionen als diejenige kulturbestimmende Kraft, die seit dem letzten Drittel des neunzehnten Jahrhunderts zunehmend alle Lebensbereiche erfaßt und prägt, mit den argumentativen Mitteln einer religiös bestimmten Weltdeutung theologisch adäquat zu erfassen. Sie widmet sich dieser Aufgabe, um auch unter solchen kulturellen und sozialen Bedingungen, die der Religion eine Sonderstellung nicht mehr begründungslos einräumen, die humanisierende Kraft des christlichen Glaubens zur Geltung bringen zu können. Zu diesem Zweck muß die Theologie sich auf die Plausibilitätsstandards einer modernen Kommunikationsgemeinschaft einlassen und sie in den eigenen Vollzug theologischer Argumentation aufnehmen. Zugleich kann allein dadurch, daß sie sich selbst nicht von jener historischen Entwicklung ausschließt, die zur Ausbildung der Moderne geführt hat, die Theologie als Kritikerin dieser Entwicklung auftreten. Die liberale Theologie nimmt daher gegenüber der Moderne eine ambivalente Haltung ein. Nur aufgrund dieser Ambivalenz behält sie zum einen ihre Sprachfähigkeit auch angesichts der tiefgreifend sich verändernden kulturellen Gesamtsituation; zum anderen bewahrt sie dadurch ihre Identität als eine glaubensgebundene Form der Glaubensdarstellung. Diese doppelseitige Haltung bildet neben der Verhältnisbestimmung von Glaube und Theologie die zweite elementare Grundspannung liberaler Theologie. 2. Das Problem der liberalen Theologie: Theologie als Theologietheorie

Ziel dieser Untersuchung war es, durch eine Analyse der theologischen Theorie ausgewählter liberaltheologischer Entwürfe aus der Zeit nach 1918 zu einer historischen und systematisch-theologischen Präzisierung des Begriffes „Liberale Theologie" beizutragen. Die in den voranstehenden Sätzen markierten Positionen beschreiben auf der Grundlage jener Konzeptionen das Modell liberaltheologischer Theologietheorie. Keiner der Autoren hat dieses Modell tatsächlich in vollständiger Form entfaltet. Jedoch bilden bei ihnen allen die genannten Themen und Standpunkte den programmatischen Rahmen ihrer Ausführungen. Die unter-

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Liberale Theologie als Theologietheorie

schiedlichen Gewichtungen in der theologischen Darstellung sind in der hier unternommenen Analyse berücksichtigt worden. Dabei wurde etwa deutlich, daß Horst Stephan sich in einer sonst weder von Wehrung noch von Wobbermin erreichten Intensität um die Klärung der methodologischen Begründungsfragen bemüht hat. Sein Beitrag hat dieser Untersuchung daher zunächst als Ansatzpunkt gedient. Der von Stephan formulierte Grundgedanke, der sowohl im Glaubensbegriff als auch im Theologieverständnis von einer „Doppelbestimmtheit" ausgeht und der in der Nebenordnung der „intensiven" und der „extensiven" Ausrichtung die formale Grundbestimmung theologischer Argumentation sieht, läßt sich jedoch in unterschiedlicher Weise auch bei den beiden anderen Autoren finden. Stephans konsequente Eingrenzung des Theologiebegriffes auf den Bereich der Glaubenslehre hat bei Wehrung und Wobbermin, trotz abweichender methodischer Herleitung und begrifflicher Fassung, Zustimmung gefunden. Auch in inhaltlicher Hinsicht, etwa bei der Diskussion der Historismusproblematik oder in der Religionstheorie, sind die Übereinstimmungen, zum Teil bis in Details, signifikant. Die theologische Konzeption, die Wobbermin entworfen hat, kann als Versuch aufgefaßt werden, die theologische Begründungsproblematik unter Rückbezug auf den wissenschaftstheoretischen Diskussionsstand der Zeit so zu formulieren, daß ein Anschluß an die aktuellen kulturwissenschaftlichen Debatten gelingen konnte. Auf diese Weise sollte deutlich werden, daß die Theologie ein integraler Bestandteil des humanwissenschaftlichen Gesamtzusammenhanges ist. Auch Stephan hat erhebliche Anstrengungen unternommen, um den wissenschaftlichen Status theologischer Reflexion nachzuweisen. Wehrung hat ebenfalls die Theologie als wissenschaftliche Deutungsdisziplin konzipiert und dabei über seine Idee einer Synthese von „offenbarungsgeschichtlichem Denken" und wissenschaftlich-historischer Methodik besonders die Notwendigkeit einer vermittlungsfähigen theologischen Argumentationsform betont. Auf der anderen Seite läßt sich eine Vielzahl von Einzelpositionen zusammenstellen, in denen die drei Autoren eine Übereinstimmung nicht erreicht haben. So konnte nicht nur Wehrungs „christlicher Geschichtsbegriff" Stephans und Wobbermins Zustimmung schwerlich finden, sondern etwa auch der von Wobbermin konstruierte Allgemeinbegriff von Religion mußte sich aus Wehrungs und Stephans Perspektive als leere Abstraktion erweisen. Zudem lassen sich zahlreiche Spannungen bis hin zu Brüchen und systematisch schwerwiegenden Widersprüchen innerhalb der einzelnen Konzeptionen aufzeigen. Hier ist vor allem an die Religionstheorie Wobbermins zu denken, die durch die Darstellung des Christentums als der allein vollgültigen Religionsform selbst dementiert wird. Auch die systematische Konsistenz einiger grundlegender Bestandteile der Theologietheorie Wehrungs dürfte aus der Sicht einer methodisch derart intensiv reflektierten Position wie derjenigen Stephans kaum als ausreichend

Das Problem der liberalen Theologie: Theologie als Theologietheorie

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angesehen werden, um als adäquate Umsetzung des liberaltheologischen Begründungsprogrammes gelten zu können. Stephan selbst wiederum wird mit seiner Forderung, daß die Theologie als weltanschauungskritische Wissenschaft nicht nur die Auseinandersetzung mit nichtchristlichen Formen der weltanschaulichen Wirklichkeitsdeutung suchen müsse, sondern daß sie selbst eine Theorie der Weltanschauung auszubilden habe, bei Wobbermin und Wehrung wenig Unterstützung erhalten haben. So stellt sich letztlich doch das Gesamtbild wieder komplexer dar, als durch jene Aufzählung zentraler theologietheoretischer Sätze suggeriert wird. Die liberale Theologie bleibt auch nach 1918 ein vielschichtiges Unternehmen. Ihre Vertreter sind sich einig in den zentralen Ausgangsbestimmungen, doch entfalten sie sie in durchaus unterschiedlicher Weise. Unter Umständen treten sie sogar in einen direkten Widerspruch zueinander. Von diesen Beobachtungen ausgehend soll abschließend der Versuch einer kritischen Würdigung des liberaltheologischen Programmes einer Theologie der Moderne unternommen werden. - Immer wieder ist gegen das theologietheoretische Konzept der liberalen Theologie eingewendet worden, daß hier aufgrund prinzipientheoretischer Vorgaben innerhalb der theologischen Darstellung eine Verschiebung der systematischen Zuordnungsverhältnisse stattfinde, die letzten Endes die dogmatische Entfaltung der Glaubensüberzeugungen einem verhängnisvollen Prozeß der Reduktion aussetze. Denn diesem Reduktionsprozeß seien nicht nur Randstücke der dogmatischen Überlieferung, so etwa im Falle von Schleiermachers bekannter Zurückweisung der Teufelsvorstellung,3 sondern auch wesentliche Grundaussagen des christlichen Glaubens, vornehmlich aus dem Bereich der Christologie, zum Opfer gefallen. Die Untersuchung der hier herangezogenen theologischen Entwürfe hat gezeigt, daß - bezogen auf den Gesamtumfang der theologischen Systematik und vor allem im Blick auf die Formulierung der Aufgabenstellung von Theologie - dieser Vorwurf nicht berechtigt ist. Dennoch trifft die Feststellung zu, daß bereits von Schleiermacher an über Ritschi, Kaftan, Herrmann und Troeltsch alle großen theologischen Systementwürfe in der liberaltheologischen Tradition den Problemen der Begründungstheorie und der theologischen Methodologie ein erhebliches Gewicht eingeräumt haben. Die historische Herleitung des Begriffes „Liberale Theologie" im ersten Teil der Untersuchung hat diesen Trend auf das zunehmende Interesse der Theologie an einer wissenschaftstheoretischen Selbstausweisung ihrer Voraussetzungen und der Prinzipien ihrer Argumentation zurückgeführt. 4 3

4

Vgl. Friedrich Schleiermacher: Der christliche Glaube. Zweite Auflage (1830/31) (Ed. Redeker). Band l, 382-386. Vgl. oben Teil 1.3.2. sowie 1.3.4.

582

Liberale Theologie als Theologietheorie

Einer solchen Schwerpunktsetzung im Bereich der theologischen Prinzipienlehre entspricht der Anspruch, innerhalb der theologischen Darstellung die Standards kulturwissenschaftlicher Forschungspraxis zur Geltung zu bringen. Der Sache nach wird die Theologie so an den Rationalitätskriterien des allgemeinen kulturwissenschaftlichen Diskurses orientiert. Faktisch aber, und dies ist der Ansatzpunkt der Kritik, beschränkt sich die nach solchen Kriterien entworfene Ausführung des theologischen Programmes im wesentlichen doch nur auf den Bereich der wissenschaftstheoretischen Grundlagendiskussion selbst. Die materiale Entfaltung der theologischen Darstellung bleibt, sofern sie überhaupt erfolgt, weitgehend in traditionellen, von der methodischen Selbstkontrolle kritischer Theologie nahezu unberührten Bahnen. In diesem Zusammenhang spielt es tatsächlich eine wichtige Rolle, daß Wehrung mit Ausnahme einer Ausarbeitung zur Christologie kein einziges Thema der materialen Theologie ausgeführt und auch Wobbermin im dritten Band der „Systematischen Theologie" sich wiederum fast völlig auf methodologische Fragestellungen beschränkt hat. Theologie wird hier tendenziell zur Theologietheorie. Diesem Umstand korrespondiert ein theologiegeschichtlicher Sachverhalt, an den die liberalen Theologen der Zwischenkriegszeit kaum je erinnert haben, der aber doch hinter ihren theologietheoretischen Überlegungen ständig präsent blieb. Schleiermacher hat, nach ersten Andeutungen in der Einleitung zur „Glaubenslehre" von 1821, im „Zweiten Sendschreiben an Lücke" in äußerster Kürze ein theologisches Reformprogramm skizziert, das darauf hinauslief, die dreifache Durchführung der theologischen Sätze nach den Modi Mensch, Welt und Gott auf die „dogmatische Grundform" zu konzentrieren, also auf eine solche Form, die die Darstellung der frommen Bewußtseinsinhalte als „Beschreibung menschlicher Zustände" auffaßt und nicht, wie die beiden „Nebenformen", als Aussagen über göttliche Eigenschaften und Handlungsweisen bzw. als Aussagen über Beschaffenheiten der Welt.5 Nach Schleiermacher Friedrich Schleiermacher: Zweites Sendschreiben über seine Glaubenslehre an Lücke (Ed. Mulert), 30-68, hier: 47-48: „Wundern Sie sich nicht, lieber Freund, daß ich noch eine solche Nachrede mache über diesen Gegenstand, denn er ist zugleich eine Vorrede. Ich habe nämlich ernstlich beratschlagt, ob es nicht schon jetzt bei der zweiten Ausgabe meines Buches Zeit sei zu einer ändern Umarbeitung desselben in bezug auf seine Gestaltung. Ich meine nämlich die in dem Buche selbst schon dadurch angedeutete und gleichsam verheißene, daß die beiden Formen dogmatischer Sätze, die, welche Eigenschaften Gottes, und die, welche Beschaffenheiten der Welt, aussagen, nur Nebenformen genannt werden. Denn, wenn es wahr ist, daß sie nichts aussagen, was nicht seinem wesentlichen Gehalte nach schon in Sätzen, welche die Grundform an sich tragen, enthalten sei: so können jene beiden anderen ja gemißt werden. Und das ist auch in der Tat meine Überzeugung, womit denn auch die zusammenhängt, daß unsere Glaubenslehre einmal lernen wird, sich ohne sie zu behelfen. Wenn einer nun in seiner Laufbahn so weit vorgerückt ist als ich: was ist natürlicher, als, wenn er deutlich sieht, wie sein Werk in der letzten Vollendung sich gestalten müßte, daß er sucht, ihm diese baldmöglichst

Das Problem der liberalen Theologie: Theologie als Theologietheorie

583

sind für eine vollständige dogmatische Darstellung die Sätze der zweiten und dritten Form „streng genommen eigentlich überflüssig". Die Sätze der zweiten und der dritten Form enthalten nichts, was nicht auch schon in Sätzen der ersten Form enthalten wäre. Zudem lassen sich aus jedem Satz der ersten Form Sätze der zweiten und dritten entwickeln; ja, es gelte sogar, „daß andere Säze von diesen beiden Formen in die christliche Glaubenslehre nicht hinein gehören, wenn sich nicht dazu ein sie in sich schließender Saz von der ersten Form aufzeigen läßt". Denn nur „vermittelst jener ersten Form", die gerade deswegen die Grundform sei, weil in ihr die „Ausdrücke des Glaubens [...] auf das unmittelbare Selbstbewußtsein des Christen zurückgehe", könnten theologische Aussagen, die göttliche Eigenschaften oder Beschaffenheiten der Welt betreffen, gleichfalls als Ausdruck frommer Gemütserregungen aufgefaßt werden.6 Trotz der Dringlichkeit, mit der Schleiermacher hier seine Auffassung von einer Glaubenslehre zum Ausdruck bringt, die unter dem Eindruck einer immer weiter um sich greifenden, von Natur- und Geschichtswissenschaft inspirierten kritischen Grundhaltung „die Zeichen der Zeit" recht verstanden habe,7 hat er selbst doch von einer Ausführung seines Programmes abgesehen. Als Begründung für diese ihm, nach eigenen Worten, sehr schmerzliche Inkonsequenz verwies er vor allem auf die fehlende historische Verankerung einer solchen neuartigen Darstellungsweise. Allein eine derartige „rechte geschichtliche Haltung" würde aber einem theologischen Lehrgebäude zugleich auch seinen kirchlichen Charakter garantieren. 8 Dies gelte um so mehr, als, wie Schleiermacher zumindest in der ersten Auflage seiner „Glaubenslehre" behauptet, bisher „jede christliche Glaubenslehre" immer Sätze der drei Formen enthalten habe. 9 selbst zu geben? Allein bei näherer Überlegung fand ich, daß dies jetzt versuchen nur eine in der Eigenliebe gegründete, dem Werke selbst aber in seiner Wirkung schädliche Übereilung sein würde; und daß ich aus derselben Überzeugung, die mich das erstemal davon abhielt, auch jetzt diesen Gedanken gar nicht erst würde wieder aufgenommen haben, wenn ich nicht durch die gegen mich gerichtete Polemik in Versuchung gebracht worden wäre." Siehe auch Friedrich Daniel Ernst Schleiermacher: Der christliche Glaube nach den Grundsätzen der evangelischen Kirche im Zusammenhange dargestellt (18211822). Teilband 1. Herausgegeben von Hermann Peiter (Kritische Gesamtausgabe. Band 1/7.1), Berlin/New York 1984, 119-120, sowie: Ders.: Der christliche Glaube. Zweite Auflage (1830/31) (Ed. Redeker). Band l, 165. Friedrich Schleiermacher: Sendschreiben über seine Glaubenslehre an Lücke (Ed. Mulert), 50; Ders.: Der christliche Glaube nach den Grundsätzen der evangelischen Kirche im Zusammenhange dargestellt (1821-1822). Teilband l, 119-120. Friedrich Schleiermacher: Sendschreiben über seine Glaubenslehre an Lücke (Ed. Mulert), 41. Ebd., 48. Friedrich Daniel Ernst Schleiermacher: Der christliche Glaube nach den Grundsätzen der evangelischen Kirche im Zusammenhange dargestellt (1821-1822). Teilband l, 119: „Daß jede christliche Glaubenslehre immer Säze von allen diesen drei Formen enthalten hat, bedarf keines Beweises." In der zweiten Auflage fehlt an entsprechender Stelle (§ 30. Abs. 2) eine solche Formulierung.

584

Liberale Theologie als Theologietheorie

Es liegt in der Tendenz der liberaltheologischen Konzeption, sich in die Tradition gerade dieses Schleiermacherschen Reformprogrammes zu stellen. Denn eine konsequente Umsetzung der Forderung nach einer methodisch strengen Durchführung des liberaltheologischen Modells von Glaubenslehre hätte zweifellos die theologische Beschreibung der Inhalte des religiösen Bewußtseins in eine große Nähe zu der von Schleiermacher anvisierten Darstellungsweise gebracht. Doch „die spätere Zukunft", von der Schleiermacher gehofft hatte, daß sie „die Gestalt einer freieren und lebendigeren Behandlungsweise unserer Glaubenslehre" nicht nur, wie er, „von ferne" sehen, sondern an ihrer Verwirklichung tatkräftig mitwirken werde, war jedenfalls mit den liberalen Theologen nach 1918 noch nicht angebrochen. Denn trotz aller Bereitschaft zur konzeptionellen Innovation haben die Autoren es nicht vermocht, über den Bereich der programmatischen Grundlegung hinaus zu einer inhaltlichen Entfaltung ihres theologietheoretischen Ansatzes zu gelangen. So hat etwa Stephan in der Darstellung der Gotteslehre ausdrücklich die Rede vom „Wesen Gottes" aus methodischen Gründen problematisiert und die Verwendung des Terminus „Eigenschaften Gottes" ganz preisgegeben; der Sache nach aber bleibt die theologische Darstellung selbst an eben diesen Begriffen orientiert.10 Dieser Befund ist symptomatisch für die liberale Theologie der Zwischenkriegszeit. Hier liegt die Grenze ihrer Theoriebildung. Mit großem Engagement haben die liberalen Theologen nach 1918 die keineswegs günstigen Resultate jener Diskussion aufgegriffen, von denen her, als Ergebnis eines tiefgreifenden Prozesses liberaltheologischer Selbstkritik, zentrale Aspekte des bisherigen Selbstverständnisses liberaler Theologen als Vertreter einer modernitätsfähigen Theologie in Frage gestellt worden waren. Sowohl im Blick auf die Methodologie als auch bezogen auf die inhaltliche theologische Darstellung standen die liberalen Theologen vor der Aufgabe, ihren Anspruch, eine moderne Christentumstheorie liefern zu können, noch einmal neu formulieren zu müssen. Dies aber ist ihnen nur im Bereich der theologischen Programmatik gelungen. Hier haben sie in der Tat an den Begriff einer Theologie anknüpfen können, von dem seit Schleiermachers theologischem Entwurf alle innovativen Gestalten einer gegenwartsoffenen, am Glauben der Gemeinde orientierten, dabei zugleich weltzugewandten und gegenüber der zeitgenössischen Wissenschaft sprachfähigen Glaubenslehre ausgegangen sind. Zu Recht durften sie sich daher ihrerseits in die Kontinuitätslinie einer Theologie der Moderne stellen. Eine zulängliche Umsetzung ihres eigenen Programmes aber ist ihnen nicht gelungen.

10

Vgl. Horst Stephan: Glaubenslehre. Zweite Auflage, Gießen 1928, 93-94.

Liberale Theologie als Theologie der Moderne

585

3. Liberale Theologie als Theologie der Moderne Diese Feststellung soll jedoch nicht das Fazit über die liberale protestantische Theologie nach 1918 sein. Vielmehr soll am Ende der Untersuchung ein Wort zur bleibenden Bedeutung der liberalen Theologietradition stehen. Es bleibt das Verdienst der liberalen Theologie, zu einer Zeit, in der eine radikale Wissenschafts- und Rationalitätskritik selbst zum theologischen Argumentationsstandard geworden war, Sachwalterin einer wissenschaftlich-rationalen Denkweise in der Theologie gewesen zu sein. Mehrere Aspekte lassen sich an dieser Stelle nennen: Vor allem ist an die immer wieder erhobene Forderung nach einer methodisch klaren Anlage der theologischen Darstellung zu denken; hinzu kommen die Forderung nach einer plausiblen Darstellungsform und der Grundsatz einer Beschränkung der Glaubensdarstellung auf solche theologischen Sätze, von denen sich nachweisen läßt, daß sie bestimmte Inhalte des religiösen Bewußtseins zum Ausdruck bringen. Schließlich gehört auch der Versuch, die Krise der Theologie selbst zu verstehen, sie aus einer spezifischen Verbindung kirchlich-religiöser und gesellschaftlich-politischer Faktoren zu erklären und sie so ihrerseits als ein Problem theologischer Reflexion aufzufassen, in diesen Zusammenhang. Es bleibt das Verdienst der liberalen Theologie, die Erkenntnis formuliert zu haben, daß moderne Kultur sich wesentlich als Individualitätskultur entfaltet, der Glaube aber um seiner Identität willen auf die religiöse Gemeinschaft angewiesen ist. Von dieser Erkenntnis aus hat die liberale Theologie eine theologische Integrationsleistung vollbracht, in der ein individualitätsorientiertes, personales Glaubensverständnis und ein gemeinschaftsorientiertes Verständnis von Glaube einander produktiv zugeordnet werden können. Dem entspricht auch die von ihr vorgetragene Auffassung von Theologie. Wesen und Aufgabe der Theologie bestehen demnach gerade darin, den Glauben in einer lebendigen kulturellen Umwelt zu einer ihm eigenen und gleichwohl verstehbaren Sprache zu verhelfen. Dieses Theologieverständnis gilt es immer mehr zu vertiefen und in den diversen theologischen Argumentationszusammenhängen ständig weiter zu entfalten. Nur so kann die Stimme der Theologie trotz einer weitreichenden Infragestellung überlieferter religiöser und weltanschaulicher Orientierungsmuster weiterhin vernehmbar bleiben. Nur so kann die Theologie weiterhin den Anspruch erheben, in wissenschaftlicher Form Grundorientierungen menschlichen Lebens zu reflektieren. Nur so schließlich kann die Theologie auch an der Universität, als einem Ort, an dem öffentlich um Wahrheit gestritten wird, das christliche Verständnis von Sein und Wirklichkeit in Auseinandersetzung mit anderen Wahrheitsansprüchen in überprüfbarer Weise verantworten. Denn hierin, in der allge-

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Liberale Theologie als Theologietheorie

mein nachvollziehbaren, begrifflich geklärten und öffentlich erfolgenden Darstellung des Glaubens, besteht noch immer die dringlichste Aufgabe, die der protestantischen Theologie gestellt ist, wenn sie heute und morgen tatsächlich in und nicht neben der modernen Welt stehen will.

Bibliographischer Anhang

Gliederung A. Quellen 1.

Unveröffentlichte Quellen / Archivalia

591

1.1.

Universitätsarchive

591

1.2. 1.2.1. 1.2.2.

Weitere Archive Öffentlich zugängliche Archive Verlagsarchive

593 593 594

1.3.

Nachlässe

595

1.3.1.

Nachlaß Horst Stephan

595

1.3.2. 1.3.2.1. 1.3.2.2.

Nachlaß Georg Wehrung Nachlaß Wehrung - Tübinger Bestand Nachlaß Wehrung - Kieler Bestand

611 611 655

1.3.3.

Nachlaß Georg Wobbermin

659

1.3.4. 1.3.4.1. 1.3.4.2. 1.3.4.3.

Weitere Nachlässe (Autographenverzeichnis) Materialien zu Horst Stephan Materialien zu Georg Wehrung Materialien zu Georg Wobbermin

668 668 670 671

2.

Veröffentlichte Quellen

675

2.1. 2.1.1. 2.1.2. 2.1.3. 2.1.4. 2.1.5. 2.1.6. 2.1.7. 2.1.8. 2.1.9.

Bibliographie Horst Stephan Teilbibliographien Festschrift und Ehrungen Separate Publikationen Aufsätze und Artikel Einleitungen, Vor- und Nachworte, editorische Notizen Lexikonartikel Rezensionen Kirchen- und hochschulpolitische Erklärungen (Auswahl) . . . . Herausgeber bzw. Mitherausgeber

676 676 676 677 679 688 691 695 716 719

2.2. 2.2.1. 2.2.2. 2.2.3. 2.2.4. 2.2.5. 2.2.6.

Bibliographie Georg Wehrung Teilbibliographie Festschrift und Ehrungen Separate Publikationen Aufsätze und Artikel Einleitungen, Vor- und Nachworte, editorische Notizen Lexikonartikel

723 723 723 723 725 733 733

590

Gliederung

2.2.7. 2.2.8. 2.2.9.

Rezensionen Kirchen- und hochschulpolitische Erklärungen (Auswahl) . . . . Herausgeber bzw. Mitherausgeber

735 738 741

2.3. 2.3.1. 2.3.2. 2.3.3. 2.3.4. 2.3.5. 2.3.6. 2.3.7. 2.3.8. 2.3.9.

Bibliographie Georg Wobbermin Teilbibliographie Festschriften und Ehrungen Separate Publikationen Aufsätze und Artikel Einleitungen, Vor- und Nachworte, editorische Notizen Lexikonartikel Rezensionen Kirchen- und hochschulpolitische Erklärungen (Auswahl) . . . . Herausgeber bzw. Mitherausgeber

743 743 743 744 749 761 762 762 769 771

B. Sekundärliteratur 1. 1.1. 1.2. 1.3.

Literatur zu Horst Stephan, Georg Wehrung und Georg Wobbermin Literatur zu Horst Stephan Literatur zu Georg Wehrung Literatur zu Georg Wobbermin

775 775 781 785

2.

Literatur bis einschließlich 1955

796

3.

Literatur nach 1955

803

A. Quellen 1. Unveröffentlichte Quellen / Archivalia Vorbemerkung In den nachfolgend genannten Universitätsarchiven befinden sich in größerem Umfang Materialien zu Horst Stephan, Georg Wehrung und Georg Wobbermin. Darüber hinaus werden in zahlreichen Personalnachlässen sowie in mehreren Verlagsarchiven, kirchlichen Archiven und in Archiven, die Bestände aus den verschiedenen Wissenschafts- und Kultusministerien umfassen, Dokumente und briefliche Zeugnisse verwahrt, die sich auf Stephan, Wehrung oder Wobbermin beziehen. Soweit sich solche Bestände ermitteln ließen, werden sie in dieser Übersicht verzeichnet.

1.1. Universitätsarchive Archiv der Humboldt-Universität zu Berlin: Bestand Personalakten: Personalakte Georg Wobbermin (Signatur: UK - W 249) Bandl (1921-1936) Band II (1937-1943) Band III (1938-1948) Akten der Theologischen Fakultät. Bestand 168 Akten der Theologischen Fakultät. Bestand 176 Archiv der Universität Göttingen: Personalakte Georg Wobbermin (Signatur: Kur. 4. II. b 117) Theologische Fakultät. Personalakten Ordinarien I: G. Wobbermin Theologische Fakultät. Nr. 139: Umläufe 1892-1917. 1924/25 Theologische Fakultät. Nr. 140: Kirchliche Angelegenheiten: Vertrauliche Akten - Kirchenpolitik 3. Reich Theologische Fakultät. Nr. 141: Allgemeine Universitätsangelegenheiten Theologische Fakultät. Nr. 143: Briefbücher und Einlagen 1925-1959

592

Unveröffentlichte Quellen

Theologische Fakultät. Nr. 39 (2. Zählung): Berufungsvorschläge Nachfolge Wobbermin I 1935 Systematische Theologie (Hirsch) Theologische Fakultät. Nr. 40 (2. Zählung): Berufungsvorschläge Nachfolge Wobbermin II 1936 Kirchenhistorische Professur Evangelisch-Theologische Fakultät der Universität Göttingen. Archiv „Die Religionsgeschichtliche Schule": Bestand Wissenschaftlicher Predigerverein Hannover Archiv der Martin-Luther-Universität Halle: Personalakte Horst Stephan (1921-1925) (Signatur: UAH Rep. PA Nr. 14981) Personalakte Georg Wehrung (1926-1931) (Signatur: UAH Rep. PA Nr. 16749) Rektoratsakten zur Berufung Wehrung (Signatur: UAH Rep. 27 Nr. 7 / UAH Rep. 4 Nr. 842) Universitätsarchiv Heidelberg: Personalakte Georg Wobbermin (Signatur: UAH A-219/PA) Generallandesarchiv Karlsruhe: Akte Georg Wobbermin (Signatur: Abteilung 235, Faszikel 2667) Universitätsarchiv Leipzig: Studentenunterlagen zu Horst Stephan (Signatur: Az. 582) Personalakte Horst Stephan von 1945-1952 (ohne Signatur) Hessisches Staatsarchiv Marburg: Personalakte Horst Stephan / Akten des Habilitationsverfahrens (Signatur: 307'/ 24 Acc. 1950/1) Universitätsarchiv der Universität Münster: Akten des Kurators: Personalakte Georg Wehrung (Signatur: PA 465) Akten des Rektorats: Personalakte Georg Wehrung (Signatur: NU PA 225) Akten der Evangelisch-Theologischen Fakultät. Bestand 166: Fakultätsangelegenheiten 1914-1922 (ohne Signatur) Universitätsarchiv Tübingen: Personalakten des Akademischen Rektoramtes: Personalakte Georg Wehrung (Signatur: 126/746)

Archivalia

593

Personalakten der Evangelisch-Theologischen Fakultät: Personalakte Georg Wehrung, einschließlich: Akten zur Ehrenpromotion von 1920 (Signatur: 162/53) Lehrstuhlakten des Akademischen Rektoramtes: Lehrstuhl für Systematische Theologie II (Signatur: 119/36; bis 1930) Lehrstuhlakte des Lehrstuhls für Systematische Theologie II (Signatur 205/2) Protokollbuch der Evangelisch-Theologischen Fakultät vom 1. April 1875 bis zum 27. April 1946 (Signatur 162/1)

1.2. Weitere Archive 1.2.1. Öffentlich zugängliche Archive Bundesarchiv Berlin (ehemals Koblenz): Bestand: Reichsministerium für Wissenschaft, Erziehung und Volksbildung (R 21 Anhang. Signaturen : 100 19/100 21 /100 23) Bundesarchiv Berlin (ehemals: Berlin Document Center) - Materialien zu Wobbermin: Bestand: Mitgliederkartei der NSDAP / Fragebogen „Parteistatistische Erhebung 1939" Bestand: Kartei des Reichsministeriums für Wissenschaft, Erziehung und Volksbildung Bestand: Reichsministerium für die kirchlichen Angelegenheiten (Bd. 23464) (Signatur: R 5101) Geheimes Staatsarchiv Preußischer Kulturbesitz - Materialien zu Wobbermin: Bestand: Rep. 76 Va Sekt, l Tit. 3. Band 4 (Preußisches Ministerium für Wissenschaft, Kunst und Volksbildung) Bestand: Rep. 76 III Sekt, l Abt. 14. Nr. 1100. Band 14 (Preußisches Ministerium für Wissenschaft, Kunst und Volksbildung) Thüringisches Hauptstaatsarchiv Weimar - Materialien zu Wobbermin: Bestand: Thüringisches Volksbildungsministerium A III Loc 11 Nr. 35.

594

Unveröffentlichte Quellen

1.2.2. Verlagsarchive Archiv des Verlages Walter de Gruyter, Berlin/New York (Berlin): Akte Horst Stephan / Martin Schmidt Archiv des Verlages J.C.B. Mohr (Paul Siebeck), Tübingen: Bestand: Autorenkorrespondenz Horst Stephan Bestand: Autorenkorrespondenz Georg Wobbermin Bestand: Die Religion in Geschichte und Gegenwart. Zweite Auflage Archiv des Verlages Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen: Bestand: Autorenkorrespondenz Georg Wobbermin (1920-1936)

1.3. Nachlässe 1.3.1. Nachlaß Horst Stephan Der Nachlaß Horst Stephans hat sich im Besitz der Familie erhalten. Allerdings handelt es sich bei den betreffenden Materialien lediglich um einen Teil der von Stephan hinterlassenen Bestände. Der ursprüngliche Gesamtnachlaß wurde mehrfach dezimiert, so insbesondere im Zuge der Übersiedlung der Witwe von Leipzig nach Stolberg / Rheinland, die 1954, wenige Monate nach dem Tod Stephans, erfolgte. Wie groß der insgesamt entstandene Verlust ist, läßt sich nicht schätzen. Auch ist nicht bekannt, in welchem Maße Stephan Manuskripte und Vorarbeiten zu seinen Publikationen gesammelt hat. Abgesehen von einigen wenigen Stücken liegen keine Materialien dieser Art vor. Erhalten blieben zahlreiche Unterlagen zur Biographie, zur universitären Tätigkeit, einige ausgewählte Dokumente kirchenpolitischen Inhalts und ein größerer Korrespondenzbestand aus den vierziger und frühen fünfziger Jahren. Ein gesonderter Bestand hat sich zur Leipziger Theologischen Mittwochs-Gesellschaft erhalten, der Stephan von 1894 bis 1933 angehörte. An fachlichen Materialien befinden sich im Nachlaß zahlreiche Manuskripte, Typoskripte und Notizsammlungen. Durch einen umfangreichen Einzelbestand wird Stephans Arbeit an einem Buchprojekt dokumentiert, das nach Fertigstellung der dritten Auflage der „Glaubenslehre" noch im Jahre 1939 begonnen wurde. Unter dem vorläufigen Titel „Natürliche Religion" liegen weitgehend fertiggestellte Textpartien, daneben aber auch zahlreiche Entwurfsfassungen und Skizzen vor. Stephan hat die Ausarbeitung dieses Buches nicht abgeschlossen, scheinbar aber alle darauf bezogenen Materialien verwahrt. Der Nachlaß Horst Stephans, dessen Existenz der Forschung bisher nicht bekannt war, wird in der folgenden Aufstellung detailliert beschrieben. Die Beschreibung orientiert sich an den vorgefundenen Kartons, Mappen und Umschlägen, durch die zum größten Teil Stephan selbst die Materialien zusammengefaßt hat. Die archivalische Bearbeitung ist erst im Zuge der Sichtung erfolgt. Der Nachlaßbericht erfolgt mit dem Einverständnis der Eigentümer, den Angehörigen der Familie Wolfgang Hennig, Stolberg / Rheinland.

596

Unveröffentlichte Quellen

Übersicht Bestand 1: Bestand Bestand Bestand Bestand Bestand Bestand Bestand Bestand Bestand Bestand

2: 3: 4: 5: 6: 7: 8: 9: 10: 11:

Bestand 12:

Dokumente zur Biographie und zur Lehrtätigkeit (Mappe: Urkunden) Korrespondenz Konvolut Rezensionen Manuskripte und Exzerpte Buchprojekt „Natürliche Religion" Ethik Kirchentag 1918 / 1919 Kirchentage von 1921 und 1930 Varia l Varia 2 Glaube und Geschichte. Festschrift zum 75. Geburtstag am 27. September 1948 Religion in Geschichte und Gegenwart. Zweite Auflage, Tübingen 1927-1931 (Handexemplar)

Bestand l: Dokumente zur Biographie und zur Lehrtätigkeit (Mappe: Urkunden) Die im folgenden verzeichneten Dokumente befinden sich in einer von Stephan mit der Aufschrift „Urkunden" versehenen Mappe. Die Aufstellung notiert zusammengehörige Materialien z.T. lediglich als geschlossenen Einzelbestand. Dokumente zum Schulbesuch: Schulzeugnisse für die Jahre 1880 bis 1884 und 1887 Reifezeugnis der Fürsten- und Landesschule St. Afra in Meißen vom 21. März 1883 Urkunde über das Examen pro candidatura et pro licentia concionandi vom 2. März 1898 Urkunde über das Examen pro ministerio vom 1. November 1900 Urkunde über die Ernennung zum Ständigen Lehrer am Königin Carola-Gymnasium vom 5. April 1902 Militärzeugnis vom 15. November 1905 Amtliche Schriftstücke zur Ernennung in ein Etatmäßiges Extraordinariat an der Theologischen Fakultät der Universität Marburg (1914) Urkunde über die Ernennung zum Außerordentlichen Professor für Systematische Theologie der Universität Marburg vom 19. Februar 1914 Urkunde über die Ernennung zum Ordentlichen Professor für Systematische Theologie der Universität Marburg vom 10. April 1919

Nachlaß Horst Stephan

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Unterlagen zur Berufung auf die Professur für Systematische Theologie an der Theologischen Fakultät der Universität Halle (1921/22) Unterlagen zur Berufung auf die Professur für Systematische Theologie an der Theologischen Fakultät der Universität Leipzig (1925/26); darin u.a.: Urkunde über die Entlassung aus dem preußischen Staatsdienst vom 22. März 1926 Ernennungsurkunde vom 31. März 1926 Ein Schreiben des Sächsischen Landesbischofs Ludwig Ihmels vom 4. Januar 1926 zur Frage der Berufung Stephans in die landeskirchliche Prüfungskommission für das erste theologische Examen Schriftwechsel zur Annahme der Leipziger Professur (1926) Besoldungsunterlagen (Marburg / Leipzig) Lebenslauf vom 13. März 1947 (Typoskript, 2 Seiten) Bestand 2: Korrespondenz (diverse Fundorte) Stephan hat spätestens seit Aufnahme seiner akademischen Lehrtätigkeit im Jahre 1907 einen ausgebreiteten Briefwechsel mit zahlreichen Theologen und Kirchenvertretern geführt. Im Nachlaß liegen, mit Ausnahme von zehn eigenen Briefen, ausschließlich Schreiben der Gegenseite vor. Welchen Umfang die Korrespondenzsammlung Stephans gehabt hat, läßt sich nicht abschätzen. Sicher ist hingegen, daß die zum Zeitpunkt von Stephans Tod im Nachlaß vorhanden gewesenen Korrespondenzbestände durch Eingriffe sehr stark reduziert worden sind. Aus den Jahren vor 1914 haben sich lediglich zwei Stücke erhalten. Für die Zeit zwischen 1912 und 1920 liegen überhaupt keine brieflichen Dokumente vor. Aus den zwanziger und dreißiger Jahren sind im wesentlichen nur solche Einzelstücke überliefert, denen von den Erben ein größerer Erinnerungswert zugesprochen wurde. Die Hauptmenge des überlieferten Korrespondenzbestandes bilden Schreiben aus den letzten Lebensjahren, meist nicht vor 1943. Im folgenden werden sämtliche Korrespondenzbestände aufgeführt, sofern sie nicht Teil eines anderes Nachlaßbestandes sind (vgl.: Bestände l, 3 und 10). Die Bestandsbezeichnungen nehmen die vorgefundenen Beschriftungen der Mappen etc. auf. Die genannten Abkürzungen beziehen sich auf das Verzeichnis der wissenschaftlichen Korrespondenz, das sich an diese Übersicht anschließt. Umschlag: Briefe von mir Die Sammlung enthält zehn Briefe privaten Inhaltes (meist an die Eltern des späteren Schwiegersohnes Karl Hennig) aus den Jahren 1897 bis 1918. Zudem liegt ein ausführlicher Brief Martin Rades

598

Unveröffentlichte Quellen

vom 26. Oktober 1937 vor. Neben diesem Brief und einer Postkarte aus dem Jahre 1938 (vgl.: Bestand 3) finden sich im Nachlaß keine weiteren Stücke aus der Korrespondenz Rade-Stephan (abgekürzt: UmS: Briefe HS). Mappe: Korrespondenz Die Sammlung enthält sechzehn Schreiben aus den Jahren 1947 bis 1953 sowie eines von 1938 (Mappe: Korr.). Umschlag: Korrespondenz: Ausländer Die Sammlung umfaßt 36 Stücke, darunter Schreiben von Walter Rauschenbusch, Karl Hendrik Roessingh und Torsten Bohlin (UmS: Ausländer). Umschlag: An Horst Stephan von Kollegen zum 75. Geburtstag Die Sammlung enthält neben dreizehn privaten Schreiben neunzehn Briefe und eine Karte von Kollegen (UmS: Geburtstag). Umschlag: Kondolenzbriefe Horst Stephan t Die Sammlung umfaßt etwa 100 Karten und Briefe anläßlich des Todes von Horst Stephan am 9. Januar 1954. Umschlag: Kondolenzbriefe Der Umschlag enthält etwa 80 private Kondolenzschreiben. Unter den Absendern befinden sich Franz Lau, Hanna Jursch und Heinrich Hermelink. Konvolut: Briefe zu Vaters Tod Die Sammlung umfaßt ca. 50 Stücke. Karton: An Horst Stephan Der Karton enthält neben den in das Verzeichnis der wissenschaftlichen Korrespondenz aufgenommenen sechzehn Schreiben weitere 38 Stücke, die aus Stephans privater Korrespondenz stammen und nicht verzeichnet werden (Karton: An HS). Verzeichnis der wissenschaftlichen Korrespondenz Das Verzeichnis erfaßt alle Stücke aus der wissenschaftlichen Korrespondenz. Weitere 48 erhaltene Schreiben von und an Stephan sind privater Natur und werden nicht aufgeführt. Insgesamt handelt es sich um 69 Stücke, die auf acht Fundorte verteilt sind. Die Übersicht verzeichnet die Namen der Korrespondenzpartner, das jeweilige Jahr, die Anzahl sowie den Fundort. Zusätzlich zu den genannten Umschlägen und Mappen finden sich an folgenden Fundorten Stücke aus der wissenschaftlichen Korrespondenz:

Nachlaß Horst Stephan

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Umschlag: Korrespondenz Rezensionen (Bestand: 3), der sich innerhalb eines Konvolutes „Rezensionen" befindet (abgekürzt: UmS: Rezens.), Umschlag: Pforta (Bestand 10), der sechs Schreiben an Stephan umfaßt und in einem mit „Varia 2" bezeichneten Karton enthalten ist (abgekürzt: Karton: Varia 2), Mappe: Urkunden (Bestand: 1), in der sich ein Schreiben des sächsischen Landesbischofs findet (abgekürzt: Mappe: Urkunden). Name des Korrespondenzpartners

Jahr

Anzahl

Paul Althaus Carl Betz Torsten Bohlin

1949 1932 1925 1927 1928 1935 1936 1947 1948 1952 1947 1948 1951 1952 1948 1952 1948 1929 1930 1921 1924 1948 1948 1911 1926 1927 1929 1951 1951 1952 1943 1938 1950 1952 1948 1943 1937 1938 1909 1924 1943 1937

1 1 1 1 1 1 1 1 1 1 1 1 1 1 1 2 1 1 1 1 1 1 1 1 1 1 2 1 2 1 1 1 2 1 1 1 1 1 1 1 1 1

Heinrich Bornkamm Martin Doerne

Otto Eißfeldt Fritz Führ Kurt Goldammer Jakob Wilhelm Hauer Wilhelm Heitmüller Johannes Herz Karl Heussi Ludwig Ihmels

Hanna Jursch Hanns Karcher Hans Leube [?] Theodor Litt Verlag J.C.B. Mohr (Paul Siebeck) Hermann Nohl Rudolf Paulus Ehrhard Pfeiffer Martin Rade Walter Rauschenbusch Karl Hendrik Roessingh Rolf-Joachim Sattler Martin Schmidt

Fundort Mappe: Korr. UmS: Rezens. UmS: Ausländer UmS: Ausländer UmS: Rezens. UmS: Ausländer UmS: Ausländer Mappe: Korr. UmS: Geburtstag Mappe: Korr. Mappe: Korr. UmS: Geburtstag Mappe: Korr. Mappe: Korr. UmS: Geburtstag Mappe: Korr UmS: Geburtstag Karton: Varia 2 Karton: Varia 2 Karton: Varia 2 Karton: Varia 2 UmS: Geburtstag UmS: Geburtstag Karton: An HS Mappe: Urkunden Karton: An HS Karton: An HS Mappe: Korr. Mappe: Korr. Mappe: Korr. UmS: Rezens. Mappe: Korr. Karton: Varia 2 Mappe: Korr. UmS: Geburtstag UmS: Rezens. UmS: Briefe HS UmS: Rezens. UmS: Ausländer UmS: Ausländer UmS: Rezens. Karton: An HS

600

H. E. Schröder Ernst Sommerlath Theophil Steinmann Hans Emil Weber Paul Wernle

Unveröffentlichte Quellen 1938 1939 1939 1941 1943 1944 1946 1946 1947 1947 1948 1949 1950 1953 1951 1948 1948 1942 1925 [?]

2 l l l l 2 l l 3 l l l l l l l l l l

Karton: An HS Karton: An HS UmS: Rezens. Karton: An HS K: Rezens. Karton: An HS Karton: An HS UmS: Rezens. Karton: An HS UmS: Rezens. UmS: Geburtstag Mappe: Korr. Mappe: Korr. Mappe: Korr. Mappe: Korr. UmS: Geburtstag UmS: Geburtstag UmS: Rezens. Karton: An HS

Bestand 3: Konvolut Rezensionen 3.1. Rezensionen Stephan hat seit seinen ersten monographischen Veröffentlichungen Rezensionen und Anzeigen zu seinen Arbeiten gesammelt. Im Nachlaß liegen - zusammengefaßt in einem mit der Aufschrift „Rezensionen" versehenen Umschlag- in großer Zahl Besprechungen zu einzelnen Titeln vor. Es ist zu vermuten, daß sich nur ein Teil der gesammelten Besprechungen und Buchanzeigen erhalten hat. Zu folgenden Veröffentlichungen sind Anzeigentexte vorhanden: Die Neuzeit. Handbuch der Kirchengeschichte für Studierende (1909) Glaubenslehre. Erste, zweite und dritte Auflage (1921/1928/1941) Geschichte der evangelischen Theologie (1938). Zumeist handelt es sich um Belegexemplare von Besprechungen und Buchanzeigen, die von Verlagen oder Autoren zugesandt wurden. Allein zur Theologiegeschichte liegen mehr als 70 Rezensionen vor. Die Gesamtzahl beläuft sich auf annähernd 100 Stück (vgl. auch: Bestand 4. Nr. 8). Bemerkenswert ist, daß Stephans theologische Veröffentlichungen auch in holländischen, französischen, englischen und amerikanischen Fachzeitschriften rezensiert worden sind. - Im Verzeichnis der Sekundärliteratur zu Horst Stephan [Bibliographie. Sekundärliteratur: 1.1.] werden diese Titel in Auswahl verzeichnet. 3.2. Text von Hermann Mulert Neben den von Stephan gesammelten Rezensionen befindet sich in dem Konvolut eine handschriftliche Ausarbeitung von Hermann Mulert unter

Nachlaß Horst Stephan

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dem Titel „Wünsche für eine neue Folge der Kantstudien" (l Blatt, undatiert). Mulert übergab das Blatt, das sich auf die im Jahre 1943 nach sechsjähriger Unterbrechung wieder aufgenommene Herausgabe der KantStudien bezieht, an Stephan aus Anlaß des 70. Geburtstag am 27. September 1943. 3.3. Umschlag: Korrespondenz Rezensionen Das Konvolut enthält überdies den bereits in der Übersicht zur wissenschaftlichen Korrespondenz aufgeführten Umschlag mit der Aufschrift: Korrespondenz Rezensionen. Bestand 4: Manuskripte und Exzerpte Der Bestand umfaßt fünf Mappen und zwei Umschläge, die von Stephan angelegt worden sein dürften. Sie enthalten Materialien zu unterschiedlichen theologischen Themen, darunter auch die (mit Ausnahme zweier 1899 und 1901 in der Christlichen Welt erschienenen Meditationen) einzigen bisher nachweisbaren Texte für religiöse Andachten und Gottesdienste. Die Titel geben die von Stephan notierten Aufschriften der einzelnen Mappen wieder. Mappe: Andachten u.a. Jesus und Christus (Manuskript, 13 Seiten; datiert: 3. Juli 1915 [Predigt?]) Predigtentwurf für eine akademische Morgenandacht aus dem Jahre 1923 (Manuskript) Predigtentwürfe aus den Jahren 1931, 1933 und 1938 (Manuskripte; z.T. mit Ortsangabe) Materialien zu diversen kirchlichen Veranstaltungen aus den Jahren 1919, 1920, 1928 und 1929 Materialien zu Missionskonferenzen aus den Jahren 1950 und 1951 Mappe [ohne Aufschrift] Notizheft (28 Seiten): Aufzeichnungen, z.T. in stenographischer Schrift; zahlreiche Einlagen; undatiert (möglicherweise 19401942) Mappe: Lessing Manuskript (10 Blatt, undatiert [nach 1945]) mit Einlagen Mappe: Vorträge Drei zusammengeheftete Manuskripte, z.T. in stenographischer Schrift (zwei Texte undatiert [möglicherweise 1919 / 1928], ein Text datiert: Januar 1932)

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Unveröffentlichte Quellen

Mappe [ohne Aufschrift] Gustav Mensching: Die Idee des Natürlichen als Grundlage des evangelischen Glaubensbegriffes (Manuskript, 9 Seiten; undatiert) Lina Keßler: Natürliche Religion klopft an die Tür des Christentums (Manuskript, 17 Seiten; undatiert [nach 1932]) Notizen und handschriftliche Ausarbeitungen Stephans von 1924 Handschriftliche Ausarbeitungen Stephans von 1914, 1933 und 1941 sowie undatierte Notizen Umschlag: Herder Herder als Theologe (Typoskript, 16 Seiten; 1945, als Typoskript veröffentlicht [vgl. Stephan-Bibliographie: 2.1.3.]) Herders Kampf um die Vertiefung des Humanitätsideals (unterzeichnetes Typoskript, 17 Seiten; undatiert, gedruckt 1946 [vgl. Stephan-Bibliographie: 2.1.4.]), mit beiliegenden handschriftlichen Notizen Mappe: NT (lediglich Stoff) Ca. 100 Blatt; handschriftliche Notizen und Ausarbeitungen Umschlag: Notizen zur Geschichte der protestantischen Theologie [d.h. zu: Horst Stephan: Geschichte der evangelischen Theologie seit dem Deutschen Idealismus, Berlin 1938] Gedrucktes Druckfehlerverzeichnis Notizen zu den Literaturangaben Sammlung von Besprechungen Bestand 5: Buchprojekt „Natürliche Religion" Hierbei handelt es sich um den umfangreichsten zusammenhängenden Einzelbestand des Nachlasses. Stephan hat scheinbar sämtliche vorhandenen Materialien zu dem Buchprojekt aufbewahrt, denn die einzelnen Texte weisen alle Stadien der Textbearbeitung, vom ersten Konzept bis zur Zweitkorrektur eines Typoskriptes, auf. Der Bestand gliedert sich in fünf Teile, die als gesonderte Konvolute (Umschläge, Mappen) vorliegen. Eine Einzelblattsichtung besonders der handschriftlichen Unterlagen ist bisher nicht erfolgt. Konvolut 1: Natürliche Religion, allgemein Umfangreiche Sammlung von Konzepten, Notizen und handschriftlichen Ausarbeitungen

Nachlaß Horst Stephan

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Konvolut 2: Natürliche Religion I Das Konvolut umfaßt zwei inhaltlich übereinstimmende Typoskripte, die jeweils handschriftlich stark überarbeitet worden sind. Benutzt wurden rückseitig beschriebene Briefpapierbogen, amtliche Formulare etc. Für die Abfassung kommt der Zeitraum zwischen Herbst 1939 und November 1944 in Frage. Es ist jedoch anzunehmen, daß Stephan sich noch länger mit dem Projekt beschäftigt hat. Genauere Angaben zur Datierung konnten bisher nicht ermittelt werden. Der Titel des Gesamtprojektes sollte, ausweislich des Typoskripts, lauten: „Natürliche Religion. Studien zum Verständnis und zur Beurteilung der natürlichen Religion [gestrichen: als Frage an den christlichen Glauben]". Zu einem früheren Zeitpunkt lautete die Titelfassung: „Natürliche Religion als Frage an den christlichen Glauben". Einleitung 3 Seiten; der Text liegt in zwei Exemplaren vor, die jeweils handschriftlich überarbeitet wurden. Die Korrekturen und Ergänzungen sind vermutlich in zwei voneinander unabhängigen Bearbeitungsvorgängen eingetragen worden. Der Text wird in Teil II. 1.7.3. dieser Arbeit vollständig mitgeteilt. I. Die Welt der Natürlichen Religion [gestrichen: außerhalb des Christentums] 1.1. Abgrenzung gegen ähnliche Begriffe Seiten 1-25 (25 Seiten; handschriftliche Korrekturen) [1.2. fehlt] Konvolut 3: Natürliche Religion II [Typoskript] II. Natürliche Religion im empirischen Christentum der Vergangenheit Seiten 26-63 und 64-122 (97 Seiten; mit handschriftlichen Korrekturen und Erweiterungen im Text) Konvolut 4: Natürliche Religion III [Diverse Manuskripte] III. Grundsätzliche Stellungnahme der christlichen Glaubenslehre [vorgesehener Titel] 41, zum Teil mehrfach gezählte Blätter; Notizen, Entwürfe und stenographische Aufzeichnungen Konvolut 5: [Zweitschrift des Typoskripts Seiten 10-122] Seiten 10 bis 122 (113 Seiten; mit handschriftlichen Eintragungen; von der in den Konvoluten 2 und 3 vorliegenden Fassung abweichende Überarbeitung)

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Unveröffentlichte Quellen

Bestand 6: Ethik Das Konvolut umfaßt etwa 200 Blatt handschriftliche Ausarbeitungen zur Ethik. Das Material befindet sich in einem ungeordneten Zustand. Eine detaillierte Sichtung ist bisher nicht erfolgt. Vermutlich dienten die Ausarbeitungen Stephan als Vorlesungsmanuskript. Im gleichen Konvolut befinden sich zahlreiche Notizzettel und Exzerptblätter, die ebenfalls für Vorlesungszwecke angelegt worden sein dürften. Bestand 7: Kirchentag 1918/1919 Dieser Bestand umfaßt eine größere Zahl von amtlichen Schriften, Briefen, veröffentlichten Aufrufen, Mitteilungen, Sonderdrucken u.a., die sich auf den vom 1. bis 5. September 1919 in Dresden veranstalteten Kirchentag beziehen. Die Materialien werden im folgenden nur auswahlweise verzeichnet. Rundschreiben vom 4. Dezember 1918 (Unterzeichner u.a.: Martin Rade, Karl Bornhäuser, Wilhelm Thimme, Horst Stephan): Mitteilung über die Gründung eines Marburger Ausschusses zur Herbeiführung eines Kirchentages Weitere Korrespondenzstücke zur Vorbereitung des Kirchentages (1918/ 1919) Vorlage I zur Sitzung des Arbeitsausschusses zur Vorbereitung eines allgemeinen deutschen evangelischen Kirchentages am 2. Mai 1919. Vorschläge von D. Berner (Typoskript, 23 Seiten) Vorlage II zur Sitzung des Arbeitsausschusses zur Vorbereitung eines allgemeinen deutschen evangelischen Kirchentages am 2. Mai 1919. Gegenäußerung von D. Stephan (Typoskript, 7 Seiten) Vorlage III zur Sitzung des Arbeitsausschusses zur Vorbereitung eines allgemeinen deutschen evangelischen Kirchentages am 2. Mai 1919. Schlußgutachten von D. Berner, betreffend die Bildung des ersten Kirchentages (Typoskript, 12 Seiten) Einladungsschreiben und Sitzungsprotokolle des Arbeitsausschusses der Konferenz Deutscher Evangelischer Arbeitsorganisationen (Januar/Februar 1919) Bestand 8: Kirchentage von 1921 und 1930 Unterlagen zum Deutschen Evangelischen Kirchentag in Stuttgart (1921) Unterlagen zum Deutschen Evangelischen Kirchentag in Nürnberg (1930)

Nachlaß Horst Stephan

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Bestand 9: Varia l Dieser umfangreiche Bestand, enthalten in einem bei der Nachlaßsichtung mit „Varia l" bezeichneten Karton, umfaßt Materialien verschiedenen Inhalts. Es überwiegen Unterlagen zur amtlichen Stellung. Eine Einzelblattsichtung ist noch nicht vorgenommen worden. Schiller als religiöse Gestalt (Typoskript, 13 Seiten; undatiert, vermutlich 1945/46; 4 Exemplare) Herder als Theologe (Typoskript, 16 Seiten; 1945, als Typoskript veröffentlicht [vgl. oben: Bestand 4. Nr. 6]) Mappe mit amtlichen Schreiben, Urkunden und sonstigen Dokumenten zur Biographie (ca. 60 Blatt; darunter die im folgenden verzeichneten Stücke) Mitteilung des Sächsischen Ministers für Volksbildung vom 31. März 1926 über die Ernennung zum Professor für Systematische Theologie und Direktor des Systematischen Seminars II an der Theologischen Fakultät der Universität Leipzig zum 1. April 1926 Fragebogen zur Durchführung des Gesetzes zur Wiederherstellung des Berufsbeamtentums vom 7. April 1933 (4 Blatt) Mitteilung des Sächsischen Ministers für Volksbildung vom 11. Oktober 1938 über die Entbindung von den dienstlichen Verpflichtungen mit Ablauf des Monats September 1938, zugleich: Beauftragung mit der vertretungsweisen Verwaltung des Lehrstuhles während des Wintersemesters 1938/39 Beauftragung durch das Reichsministerium für Wissenschaft, Erziehung und Volksbildung vom 8. September 1939, die vertretungsweise Verwaltung des Lehrstuhles „bis auf weiteres" fortzusetzen Gehaltsbescheinigungen Dienstausweis vom 28. Juli 1945 Erklärung Stephans vom 14. Dezember 1945 gegenüber der Besatzungsbehörde anläßlich des Befehles Nr. 124 der Sowjetischen Militäradministration (Auskunftspflicht über persönliche Vermögensverhältnisse) Urkunde über die Entbindung von den amtlichen Pflichten zum Ende des Monats Juni 1947 vom 21. Juli 1947 Urkunde über die endgültige Entpflichtung zum 31. März 1949 vom 26. März 1949 Weitere Unterlagen zur Beendigung der dienstlichen Tätigkeit

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Unveröffentlichte Quellen

Bestand 10: Varia 2 Die Materialien dieses Kartons, der mit „Varia 2" bezeichnet wurde, sind zum Teil theologischen, zum Teil persönlichen Inhalts. Mappe: [ohne Titel] Sonderdruck: Die Geschichtlichkeit des Menschen, in: Die Sammlung 8 (1952), 448-457 Geschichtlichkeit und Christentum (Typoskript, 20 Seiten; undatiert, nicht vor 1948) [Vorlage für den zuvor genannten Aufsatz], 2 Exemplare, davon eines handschriftlich stark überarbeitet dazu: Notizzettel mit Gliederungsentwurf Mappe: Glaubenslehre III Druckfahnen von: Glaubenslehre. Der evangelische Glaube und sein Weltverständnis. Dritte, neubearbeitete Auflage, Berlin 1941, 251-379: Dritter Teil (Das Weltverständnis des evangelischen Glaubens); mit handschriftlichen Korrekturen und Eintragungen Mappe: [ohne Titel] Konfirmationsschein vom 10. Mai 1888 Diverse Zeitungsausschnitte zum Amtsantritt in Leipzig Einladung zur Antrittsvorlesung in Leipzig am 12. Mai 1926: „Universalität und Sonderart des Christentums" [ein Drucktext zu dieser Vorlesung liegt nicht vor] Todesanzeigen, Dokumente zur Trauerfeier Diverse Einzelstücke Verlagsvertrag mit dem Verlag Alfred Töpelmann, Gießen, zur ersten Auflage der „Glaubenslehre" vom 15. Oktober 1918 (geplanter Titel: „Grundriß der Glaubenslehre") Vertrag zu dem Werk „Die systematische Theologie" vom 13. November 1928 Vertrag zur „Geschichte der deutschen protestantischen Theologie" vom 10. Dezember 1937 Brief Stephans an den Schwiegersohn Karl Hennig vom 28. November 1942 (in Abschrift; mit Datierungshinweis: „Aus einem Brief Vaters an Karl vom 28. 11. 1942") Unterlagen zur Neubegründung der „Zeitschrift für Theologie und Kirche" vom Januar 1950

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Mappe: [ohne Titel] Vier Zeitungsartikel anläßlich des 60. Geburtstages am 27. September 1933 Festheft der „Theologischen Literaturzeitung" Festheft Horst Stephan zum 75. Geburtstag gewidmet: Theologische Literaturzeitung 73 (1948), 705-768 (= Heft 12) Begleitschreiben der Überbringer Liste der Gratulatoren Mappe: Horst Stephan Die Mappe versammelt Unterlagen zum Kirchenkampf. Weitere Materialien aus der Zeit von 1933/34, insbesondere zu Stephans Mitgliedschaft in der sechzehnten Synode der Evangelisch-lutherischen Landeskirche Sachsens, haben sich im Nachlaß nicht erhalten. Im folgenden werden die von Stephan mitunterzeichneten oder an ihn gerichteten Dokumente aufgeführt. Schreiben des Obmannes der [liberalen] Kirchentagsgruppe III, Pfarrer Johannes Herz, Leipzig, „an die Verbände, Ortsgruppen und Freunde des Deutschen Bundes für entschiedenen Protestantismus" vom 10. Mai 1933 (Typoskript, 4 Seiten) Rundschreiben von zwölf Professoren der Theologie und zahlreichen Vertretern des Deutschen Verbandes des entschiedenen Protestantismus zur Lage der Kirche (Typoskript, l Seite; undatiert: vermutlich Juni oder erste Juli-Hälfte 1933 [vgl. die Stephan-Bibliographie: 2.1.8.]) Die unterzeichneten Theologieprofesoren sind: Joachim Begrich, Andreas Duhm, Hans Haas, Heinrich Hermelink, Gustav Krüger, Johannes Leipoldt, Peter Meinhold, Otto Ritschi, Hans von Soden, Horst Stephan, Heinrich Weinel und Leopold Zscharnack. Zu den weiteren Unterzeichnern gehören u.a.: Wilhelm Bornemann, Richard Marx, Johannes Herz, Adolf Faut, Wilhelm Schubring, Hans Schlemmer, Oberkonsistorialrat Fischer (Berlin), Kirchenrat Kleinmann (Ludwigshafen), Oberkirchenrat Schulz (Karlsruhe), Kirchenrat Ewald Stier (Jeßnitz) sowie die Pfarrer Bleek (Essen), Horst (Görlitz), Kirn (Hohenstaufen), Müller (Apollensdorf) und Onnasch (Görlitz). Schreiben des Pfarrers Friedrich Schubert (Hermsdorf / Erzgebirge) an Stephan vom 14. Dezember 1933 Vervielfältigtes Schreiben des Evangelisch-lutherischen Landeskirchenamtes Sachsens (Coch) „an sämtliche Mitglieder der 16. ev.-luth. - braunen - Synode" vom 23. Januar 1934

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Unveröffentlichte Quellen

Aufruf der „Evangelischen Volkskirche" unter dem Titel „Kirche in Not" (1934) Text der Erklärung der Theologischen Fakultät Leipzig vom 19. Mai 1934 (mehrfach unter verschiedenen Titeln veröffentlicht; vgl. etwa: „Wir beschwören die Kirchenregierungen! Erklärung der theologischen Fakultät Leipzig", in: Allgemeine Evangelisch-Lutherische Kirchenzeitung 67 (1934). Nr. 21 vom 25. Mai 1934, 488) Umschlag: Pforta Diverse Unterlagen zu verschiedenen Tagungen christlicher Studentenverbände in Pforta aus den Jahren 1921, 1922 und 1925; darunter: Hört. Nachrichtenblatt der Studententagung Pforta 3. Folge. Stück 2 (Februar 1925) und 3. Folge. Stück 3 (Mai 1925) Zeitungsartikel aus dem „Weißenfelser Tageblatt" 1921/1922 Notizzettel und handschriftliche Ausarbeitungen Studententag für Gegenwartschristentum. Vertraulich! (Typoskript, 4 Seiten; undatiert; veröffentlicht in: [Martin Rade {Hg.):] An die Freunde. Vertrauliche d.i. nicht für die Oeffentlichkeit bestimmte Mitteilungen. Nr. 48 vom 15. Juli 1914, 548-550. Unterzeichner: Karl Bornhausen, Rudolf Otto, Horst Stephan und Johannes Witte) Korrespondenz Hauer an Stephan (1929/1930) und Heitmüller an Stephan (1921/1924) [Bestand 2] Umschlag: MG [= Mittwochs-Gesellschaft] Der Umschlag enthält zahlreiche Unterlagen zur Theologischen Mittwochs-Gesellschaft in Leipzig, der Stephan seit dem Sommersemester 1894 angehörte. Jahresbericht Jahresbericht Jahresbericht Jahresbericht Jahresbericht Jahresbericht Jahresbericht Jahresbericht

1894/95 1895/96 1896/97 1897/98 1898/99 1899/1900 1900/01 1901/02

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Jahresbericht 1902/03 Jahresbericht 1903/04 Jahresbericht 1904/06 Jahresbericht 1906/08 Jahresbericht 1909/10 Jahresbericht 1910/12 Jahresbericht 1912/13 Jahresbericht 1933 Mitgliederverzeichnis 1922 Bestand 11: Glaube und Geschichte, Festschrift zum 75. Geburtstag am 27. September 1948 Der Bestand enthält zwanzig in Typoskript-Fassung vorgelegte Beiträge (sowie das Titelblatt eines weiteren geplanten Beitrages) zu einer nicht im Druck erschienenen Festschrift für Horst Stephan anläßlich seines 75. Geburtstages. Die Festschrift trägt den Titel: „Glaube und Geschichte. Horst Stephan zum 75. Geburtstag in Dankbarkeit und Verehrung überreicht".

Jeder Beitrag ist einzeln geheftet und mit einem gesonderten Titelblatt versehen. Die gesamte Sammlung wurde Stephan in einer festen Kassette überreicht. Anstelle des nicht verwirklichten Druckbandes erschienen die meisten Beiträge in zwei Heften der Theologischen Literaturzeitung (Heft 12 des 73. Jahrganges von 1948 und Heft l des 74. Jahrganges von 1949). Heft 12 des 73. Jahrganges (Spalten 705-768) erschien als „Festheft Horst Stephan". Zu diesem Heft vgl. die redaktionelle Erklärung: Ebd., 767768: „Zum vorliegenden Heft, welches als Festheft zum 70. [statt richtig: 75.] Geburtstag von Horst Stephan erscheint, ist alles Notwendige in der Rubrik ,Von Personen' gesagt. Die große Zahl wie der Umfang der Beiträge forderte den Fortfall des Rezensionsteils [...], ein Verlust, der in Anbetracht der Bedeutung der einzelnen Aufsätze hoffentlich nicht schwer wiegt [...]" [siehe hierzu auch unten in der Stephan-Bibliographie: 2.1.2.]. Die im Verzeichnis der Einzelbeiträge mit „F" bezeichneten Beiträge sind in dem Festheft enthalten.. Im einzelnen liegen folgende Stücke vor: Heft 12 der Theologischen Literaturzeitung Jahrgang 73 (1948) Begleitschreiben anläßlich der Übergabe vom 27. September 1948 Inhaltsverzeichnis (Titel: Glaube und Geschichte. Horst Stephan zum 75. Geburtstag in Dankbarkeit und Verehrung überreicht)

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Unveröffentlichte Quellen

Einzelbeiträge (Autoren: Paul Althaus [F], Hans Bardtke, Martin Doerne [F], Heinz Erich Eisenhuth [F], Karl Hennig [F], Johannes Herz [F], Hans Köhler [F], Franz Lau [F], Johannes Leipoldt [F], Rudolf Lennert [publiziert in: Die Sammlung (5) 1949], Rudolf Meyer [ThLZ (74) 1949, 29-38], Johannes Müller-Bardorff, Hermann Mulert [ThLZ (74) 1949, 7-18], Albrecht Oepke [F], Rudolf Paulus [lediglich Titelblatt], Hanns Rückert [F], Martin Schmidt [ThLZ (74) 1949, 17-28], Fritz Schulze [F], Ernst Sommerlath, Theophil Steinmann [F] und Gottfried Voigt. Dankschreiben Stephans vom 4. Oktober 1948 Bestand 12: Religion in Geschichte und Gegenwart. Zweite Auflage, Tübingen 1927-1931 (Handexemplar) Im Nachlaß befindet sich schließlich auch Horst Stephans Handexemplar des Handwörterbuches: Die Religion in Geschichte und Gegenwart. Zweite Auflage, Tübingen 1927-1931. Stephan, der als Fachherausgeber für Systematische Theologie an den Editionsarbeiten beteiligt war, hat die Bände in unterschiedlichem Maße mit handschriftlichen Eintragungen versehen.

1.3.2. Nachlaß Georg Wehrung Die besondere Überlieferungssituation im Fall des Wehrung-Nachlasses läßt es sinnvoll erscheinen, die Darstellung anhand der Verwahrungsorte Tübingen und Kiel zu differenzieren. Zunächst wird der wesentlich umfangreichere Tübinger Bestand beschrieben (1.3.2.1.), anschließend das nach Wehrungs Tod nach Kiel gelangte und dort auch heute größtenteils noch befindliche Material (1.3.2.2.). Auf einen kleineren Einzelbestand von Dokumenten, der 1983 aus Kiel nach Tübingen zurückgegeben wurde und der heute einen Bestandteil des Tübinger Nachlasses bildet, wird im Rahmen der Darstellung zu den Tübinger Nachlaßbeständen eingegangen. 1.3.2.1. Nachlaß Wehrung- Tübinger Bestand Georg Wehrungs umfangreicher wissenschaftlicher Nachlaß befindet sich in der Universitätsbibliothek Tübingen (Signatur: Mn 18). Bis zum Jahre 1995 (in Teilen bis zum Dezember 1997) befanden sich die Materialien in Besitz und Verwahrung der Familie Wehrung-Hornung, Tübingen. Die Nachlaßmaterialien waren nur zum Teil geordnet. Einzelne Bestände, so etwa die Unterlagen zu dogmatisch-theologischen Themengebieten, sind von Wehrung selbst zu Sammlungen zusammengestellt worden. In anderen Fällen ergab sich die Zusammenstellung aus der jeweiligen Nutzung des Materials. Die überwiegende Menge der Unterlagen war jedoch nicht sortiert. Über den Zustand des Nachlasses vor der Übergabe an die Universitätsbibliothek gibt eine Übersicht Auskunft, die sich bei dem Schriftwechsel zur Nachlaßübergabe {Karton 18] befindet (Matthias Wolfes: Theologisch bzw. theologie- und kirchengeschichtlich relevante Materialien im Nachlaß Georg Wehrungs [Typoskript], 1990). Nach der Übergabe 1995 wurde das gesamte Material von mir im Auftrag der Handschriftenabteilung der Tübinger Universitätsbibliothek neu sortiert und katalogisiert. Hierbei ging es vorrangig darum, das umfangreiche Quellenmaterial in einer ersten vollständigen Durchsicht zu erfassen und für die Forschung nutzbar zu machen. Eine Einzelblattregistrierung erfolgte lediglich im Bereich der Korrespondenz, und auch hier nur für Wehrungs Schriftverkehr mit Theologen, anderen Wissenschaftlern und Kirchenvertretern. Die im Zuge dieser Arbeiten vorgenommene detaillierte Bestandsbeschreibung bildet die Grundlage des hier mit-

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Unveröffentlichte Quellen

geteilten Nachlaßberichtes. Eine zusammenfassende Inhaltsangabe zu den Einzelbeständen liegt den einzelnen Kartons jeweils bei. Diejenigen Stücke, die erst im Dezember 1997 an die Universitätsbibliothek gegeben wurden, bilden den Inhalt der Kartons 23 und 24. Der Nachlaßbericht gliedert sich aufgrund des sehr umfangreichen Gesamtbestandes in zwei Abschnitte: Zunächst wird das vorhandene Material nach inhaltlichen Gesichtspunkten und mit Beschränkung auf die theologiegeschichtlich wichtigeren Bestände beschrieben (I). In diesem Zusammenhang wird auch ein vollständiges Verzeichnis der wissenschaftlichen Korrespondenz gegeben. Im zweiten Abschnitt wird der Gesamtbestand des Nachlasses anhand der neu gebildeten Anordnung der Materialien aufgeführt (II). Auf einen kleineren Bestand von Unterlagen, die derzeit nicht vorliegen, wird gesondert hingewiesen (I. 9). Die neu eingeführte Anordnung des Nachlasses folgt inhaltlichen und technischen Gesichtspunkten. Die vorgefundene Anordnung ist immer dann bewahrt worden, wenn sie auf Wehrung selbst zurückgeht. Wegen der großen Zahl der Unterlagen wird sowohl in der inhaltlichen Materialbeschreibung als auch in der Aufstellung der einzelnen Kartoninhalte auf eine Einzelblattauflistung der Bestände verzichtet. Auch werden die von Wehrung gesammelten Rezensionen zu seinen eigenen Veröffentlichungen und die zum Teil sehr umfangreichen Materialien zu Lehrveranstaltungen nur in Form einer zusammenfassenden Übersicht verzeichnet. Einige Dokumente, so vor allem ein Umschlag mit Privatbriefen der Familie Lienhard, persönliche Unterlagen zu den Verhandlungen über die Berufung auf den Tübinger Lehrstuhl für Systematische Theologie II (Nachfolge Friedrich Traub) und weitere Unterlagen persönlichen Inhalts befinden sich weiterhin im Besitz der Familie. In welchem Umfang Materialverluste am ursprünglichen Gesamtbestand eingetreten sind, kann nicht geschätzt werden. Zumindest im Bereich der wissenschaftlichen Korrespondenz dürfte der Vollständigkeitsgrad jedoch sehr hoch sein. I. Beschreibung ausgewählter Nachlaßbestände Die folgende Beschreibung gliedert das Gesamtmaterial in neun Rubriken: Unterlagen, die von Wehrung selbst stammen (1), Materialien zu Wehrungs Lehrveranstaltungen von anderer Hand (2), Materialien zur Biographie Wehrungs (3), Sammlungen von Rezensionen zu eigenen Veröffentlichungen (4), die Korrespondenz (5), Materialien von anderen Autoren (6), die von Wehrung im Jahre 1949 verfaßte „Vita" (7) sowie Materialien, die nach Wehrungs Tod zunächst nach Kiel gelangten und von dort 1983 nach Tübingen zurückgegeben wurden (8). Abschließend wird auf eine Reihe von Einzelbeständen hingewiesen, die derzeit nicht zugänglich sind (9).

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1. Materialien von Wehrung 1.1. Datierte oder datierbare Texte 1.1.1. Unterlagen zu Wehrungs Lehrveranstaltungen Es existieren folgende Einzelbestände größeren Umfangs von Wehrungs Hand: ein Konvolut mit dem Titel „Geschichte der neueren protestantischen Theologie" (Halle, Sommersemester 1929; Tübingen, Sommersemester 1943) [Karton (= K) 7]; ein Konvolut mit dem Titel „Dogmatik I (Theologische Religionslehre)" (nicht identisch mit dem in 1.2.2. genannten Heft aus K 21) (ca. 300 Blatt, ungeordnet; spätestens 1921 angelegt) [K 4]; ein Konvolut mit dem Titel „Dogmatik II" (in 16 einzeln gezählten Heften; angelegt: Sommersemester 1920, anschließend ständig erweitert und bis mindestens Wintersemester 1930/31 fortgeführt) [Kieler Teilnachlaß: K 15]; ein Konvolut mit dem Titel „Weltanschauung" (6 Hefte, gezählt: 1-3, 3 [doppelt], 4, ein Heft ungezählt; Heft l trägt folgende Überschrift: „Christliche Weltanschauung W.S. 23/4. S.S. 25.") [K 23]; ein Konvolut mit dem Titel „Christliche Gotteslehre" (9 Hefte mit verschiedenen Aufschriften: „Gott", „Christliche Gottesidee", „Gottesidee", „Gotteslehre" aus der Zeit zwischen Sommersemester 1928 und Sommersemester 1944) [K 23]; ein Konvolut mit dem Titel „Symbolik" (17 Hefte, mit Zählung: 1-17; in Heft l findet sich die Datierung: 29. X. 24 - 27. X. 27) [K 23]; ein Konvolut mit dem Titel „Weg der Theologie", undatiert (124 Seiten und zwei zugehörige Blatt) [K 18]; ein Konvolut mit dem Titel „Ethik I" [K 5a]; ein Konvolut mit dem Titel „Zur Ethik " [K 5a]; ein Konvolut unter dem Titel „Material zur Ethik" [K 5a]; ein Konvolut mit dem Titel „Ethik

" [K 5b];

ein Konvolut „Materialien zur Dogmatik" [K 6], Sämtliche Bestände zur Ethik dienten Wehrung als Materialsammlung für Seminarveranstaltungen und Vorlesungen, die während der Jahre 1922 bis 1945 durchgeführt wurden. Neben diesen Konvoluten finden sich zahlreiche kleinere Einzelbestände, die zumeist Vorarbeiten, Exzerpte, Notizsammlungen u.a. enthalten. Wehrungs Sammlungen und Ausarbeitungen zu Lehrveranstaltungen nehmen etwa ein Drittel des vorhandenen Gesamtbestandes des wissenschaftlichen Nachlasses ein [K 3,4, 6, 10].

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1.1.2. Manuskripte oder Typoskripte publizierter Texte Sowohl in Manuskript- als auch in Typoskriptform sind die Vorlagen für Wehrungs Artikel „Protestantismus" und „Schleiermacher" vorhanden. Die Texte wurden in gekürzter Fassung im „Calwer Kirchenlexikon" (Band 2, 1941) veröffentlicht [K 11]. Im Manuskriptform liegt unter dem Titel „Christi Person und Werk" (40 Seiten) Wehrungs Artikel „Christologie: III. Dogmatisch" vor (Die Religion in Geschichte und Gegenwart. Zweite Auflage. Band l, Tübingen 1927, 1634-1646) [K 24]. Ein handschriftlich überarbeiteter Text bietet die Vorlage für Wehrungs 1935 in der Zeitschrift für systematische Theologie erschienene Abhandlung „Zur theologischen Begründung des Staates" (54 Seiten, Typoskript) [K 11]. 1.1.3. Materialsammlungen zu dogmatisch-theologischen und theologiegeschichtlichen Themen Im einzelnen handelt es sich um einen Umschlag mit der Aufschrift „Struktur des Glaubens. Glaube als Akt", angelegt während des Wintersemesters 1926/27, dann bis in die vierziger Jahre hinein mehrfach ergänzt und überarbeitet [K 21]; einen Umschlag mit der Aufschrift „Notizen zum Offenbarungsbegriff" (vermutlich von 1905) [K 21]; ein Manuskriptheft „Theol. Methode. Schleiermacher. Troeltsch. Wobbermin" (Exzerpte und Notizen, undatiert; möglicherweise Vorarbeiten für die Studie: Die Haupttypen theologischen Denkens in der neueren Theologie, in: Zeitschrift für systematische Theologie 2 (1924), 75-145) [K 21]. 1.1.4. Materialien zu Wehrungs Reaktion auf den Erlaß des Reichs- und Preußischen Ministers für Wissenschaft, Erziehung und Volksbildung vom 28. Februar 1935 Das in einer Mappe mit der Aufschrift „Fakultät und Kirchenstreit" enthaltene umfangreiche Konvolut zu den Auseinandersetzungen um den Erlaß vom 28. Februar 1935 umfaßt u.a. neben einer Abschrift des Erlasses Wehrungs Schreiben an den Minister vom 14. April 1935 (mit handschriftlichem Original), eine Stellungnahme der Theologischen Fakultät vom 17. April (unterzeichnet vom Dekan Artur Weiser; anbei eine längere Entwurfsfassung vom 16. April), ein paralleles Schreiben Gerhard Kittels vom 5. April 1935 sowie die Antwort des Ministers in Form eines Rundschreibens vom 5. Juli 1935 [vgl. die Einzelauflistung unter II. Karton 17].

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1.1.5. Gutachterliche Texte In der gleichen Mappe liegen folgende gutachterliche Texte Wehrungs vor [sämtlich K 17]: ein „Gutachten über Prof. Dr. Adolf Köberle" vom 23. Januar 1936 (Berufungsverhandlungen für den Lehrstuhl Systematische Theologie I, Nachfolge Karl Heim), ein Gutachten über Dr. Hans Rudolf Müller[-Schwefe] vom 9. Mai 1938, ein Gutachten unter dem Titel „Zum Problem der Union, mit besonderer Beziehung auf die Lage der ev. [angelischen] Kirche in Polnisch-Oberschlesien" von 1936. Der Text befaßt sich mit den Neustrukturierungsmaßnahmen im oberschlesischen Kirchengebiet. Eine Anfrage des Präses der unierten evangelischen Kirche in Polnisch-Oberschlesien vom 4. Januar 1936, die zur Ausarbeitung des Gutachtens geführt hat, liegt bei [K 11]. Darüber hinaus findet sich eine nicht unterzeichnete, jedoch unter Wehrungs Mitwirkung entstandene achtseitige Vorlage „Zur Frage einer Reform des theologischen Studiums. Denkschrift der evangelisch-theologischen Fakultät Tübingen", verfaßt für den Fakultätentag am 25. April 1938 (vgl. auch die Parallelversion in: Universitätsarchiv Tübingen. Bestand 162/805, Blatt 9-16) [K 17]. 1.1.6. Initiative Stuhlfauth / Schowalter vom Februar 1936 Im Februar 1936 wandten sich die Theologen Georg Stuhlfauth und August Schowalter an verschiedene Universitätstheologen, um die Zustimmung zu einem von ihnen verfaßten kirchenpolitischen Aufruf zu erhalten. Im Nachlaß Wehrung findet sich ein Entwurf zu diesem Rundschreiben, der u.a. folgenden Text enthält: „In der Überzeugung, dass jetzt unserer evangelischen Kirche die auf absehbare Zeit vielleicht letzte Gelegenheit gegeben ist, sich als Volkskirche zu erneuern und auszubauen, suchen wir nach einem Weg, auf dem die religiöse Begeisterung des Kirchenvolkes diesem Werke dienstbar und den kämpfenden Parteien die Einigung ermöglicht wird." Dieser Entwurf war u.a. von Erich Seeberg, Prälat a.D. Schoell, Hanna von Pestalozza und den Verfassern unterzeichnet. Weiterhin finden sich im Nachlaß zwei Vorschläge für eine überarbeitete Fassung der Erklärung sowie ein Schreiben Wehrungs an Schowalter vom 22. Februar 1936, dazu eine Karte Schowalters an Wehrung vom 24. Februar 1936 [K 17].

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1.1.7. Vorarbeiten zu Vorträgen oder Drucktexten Einen umfangreichen Teilbestand des Nachlasses bilden die Materialien zu unveröffentlichten Vorträgen, Erklärungen und Drucktexten. Darunter befinden sich zwei Hefte mit der Aufschrift „Reformatorischer Glaube und deutscher Idealismus" (vgl.: Reformatorischer Glaube und deutscher Idealismus, in: Studien zur systematischen Theologie. Theodor von Haering zum siebzigsten Geburtstag (22. April 1918) von Fachgenossen dargebracht. Herausgegeben von Friedrich Traub, Tübingen 1918, 189-225) [K 24]; diverse Vortragstexte (Manuskripte) aus der Münsteraner Zeit [vgl. die Einzelauflistung unter II. Karton 18]; ein Heft mit dem Titel „Von protestantischer Lebensanschauung" (vgl.: Von protestantischer Lebensanschauung, in: Apologetisches Jahrbuch. Herausgegeben von Johannes Müller-Schwefe, Gütersloh 1925, 130-144) [K 24]; eine Sammlung von vier Vortragstexten, die später in: Protestantischer Geist. Zwei Vorträge, Münster 1921, bzw. in: Protestantischer Geist. Fünf Vorträge, Gütersloh 1928, veröffentlicht wurden [vgl. die Einzelauflistung unter II. Karton 20]; ein Predigttext zu Mk 4, 20 und Joh 3, 30 aus dem Sommersemester 1928 (Typoskript) [K 24]; ein Text mit dem Titel „Kirche, Kirchentum, Bekenntnis. Ein theologisches Votum" (5 Seiten, Typoskript; veröffentlicht unter dem Titel: Kirche, Bekenntnis, Union. Ein theologisches Votum, in: Deutsches Pfarrerblatt 39 (1935). Nr. 15 vom 9. April 1935, 209210); in einem Sammelumschlag fünf Aufsatzentwürfe; veröffentlicht in den Jahren 1934 sowie 1950 bis 1958 [vgl. die Einzelauflistung unter II. Karton 11]; ein neunseitiges Typoskript zur Ethik (Seite l fehlt) [K 11]; ein Manuskript mit dem Titel „Über Augustana" von 1930 (15 Seiten) [K 18]; ein Manuskript mit dem Titel „Liebe und Ehre" (1941/42) (7 Blatt) [K 18] sowie ein Typoskript (5 Seiten) mit dem Titel „Gerechtigkeit Gottes", dessen Autorschaft unklar ist [K 11] (vgl. Wehrungs Aufsatz: Gerechtigkeit Gottes, in: Zeitschrift für systematische Theologie 18 (1941), 33-50).

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1.1.8. Manuskripte für nicht näher bestimmbare Verwendungszwecke In diesem Bestand finden sich unterschiedliche Einzeltexte, deren zeitliche und sachliche Zuordnung z.T. nicht sicher ist. Unter anderem liegen vor: ein Text mit dem Titel „Deutsch-Christlich" (4 Seiten, Manuskript mit umfangreichen Randbemerkungen und Erweiterungen; vermutlich Sommer 1933) [K 20]; ein Text mit dem Titel „Über die Autorität als ethischer Grundbegriff" (21 Seiten, Manuskript [Münster ?]) [K 18] ein Umschlag mit der Aufschrift „Die religiösen Grundmotive" (20 und 11 Seiten, Manuskript) [K 21] sowie ein Text mit dem Titel „Kultur und Protestantismus" (8 Seiten, Typoskript) [K 20]. Vgl. auch die unter 1.2.1. verzeichneten Texte. 1.1.9. Materialien zu „Welt und Reich" In doppelter Ausfertigung liegen umfassende Notizen, Ausarbeitungen und Texteinschübe vor, die für eine von Wehrung geplante erweiterte Neuausgabe des Werkes „Welt und Reich. Grundlegung und Aufbau der Ethik" (Stuttgart 1952) vorgesehen waren [K 18], 1.1.10. Späte theologische Einzelprojekte Dieser Nachlaßbestand enthält drei Texte aus der Zeit nach 1945. Zum einen handelt es sich um ein umfangreiches, handschriftlich stark überarbeitetes Typoskript unter dem Titel „Evangelische Theologie heute" (31 Seiten) [K 11]. Dieser Text wurde für das 1955 im Cotta-Verlag, Stuttgart, projektierte Unternehmen einer „Europäischen Enzyklopädie (Abteilung: Religionswissenschaft)" verfaßt. Innerhalb des Gesamtwerkes sollte Wehrung das „Gesamtkapitel ,T'": „Das System der christlichen Lehre" bearbeiten. Mit einem Schreiben vom 23. August 1958 teilte der Verleger Hermann Maier Wehrung mit, daß sich in dem vorgesehenen Verlag das Projekt nicht verwirklichen lasse, dafür aber eine andere nicht näher erläuterte - Verlagsverbindung eingegangen und mittlerweile mit der Herausgabe des Sammelwerkes begonnen worden sei. Mit dem endgültigen Scheitern des Planes blieb jedoch auch Wehrungs Text unveröffentlicht. Der Korrespondenzbestand im Nachlaß enthält mehrere Schreiben Maiers sowie seines Hauptschriftleiters, des früheren Verlagsleiters im Verlag J.C.B. Mohr (Paul Siebeck), Dr. Oskar Rühle, an Wehrung aus den Jahren 1955 bis 1958. Neben diesem umfangreichen Text liegen eine fünfseitige Ausarbeitung „Zum Streit um Niemöller" (undatiert, vermutlich: 1949/52) und ein neunseitiger Text „Weltreich und Christenreich" (1957/58) vor. Zur

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Ausarbeitung des zweiten Textes, der sich Fragen der „Zwei-ReicheLehre" Luthers widmet, wurde Wehrung, einer einleitenden Bemerkung zufolge, durch Johannes Heckels Untersuchungen: Im Irrgarten der ZweiReiche-Lehre. Zwei Abhandlungen zum Reichs- und Kirchenbegriff Martin Luthers (Theologische Existenz heute. Neue Folge 55), München 1957, angeregt [beide K 11]. 1.1.11. Danksagungskarte vom 10. Oktober 1940 Es liegt eine gedruckte Karte vor, die Wehrung als Danksagung am 10. Oktober 1940 an die Gratulanten anläßlich seines 60. Geburtstages gesandt hat. Sie enthält unter anderem folgenden Text: „[...] Diese Teilnahme soll mich in dem wichtigsten Bemühen des Theologen bestärken: Tag und Nacht über den Sinnenreichtum und die wunderbare Tiefe des Evangeliums von der Gnade Gottes in Jesus Christus und über seine sachgemäße Wiedergabe für unsere Zeit nachzudenken. Gott der Herr erhalte unserem deutschen Volke seinen köstlichsten Schatz, das Evangelium!" [K 20]. 1.1.12. Druckfassung eines von Wehrung mitunterzeichneten Schreibens an die Abgeordneten des Deutschen Bundestages vom 8. Dezember 1954 Die Autoren richten sich dagegen, „daß der Bundestag im Begriff ist, mit der westdeutschen Wiederbewaffnung und der damit verbundenen Einführung der allgemeinen Wehrpflicht eine Maßnahme zu vollziehen", die nach Ansicht der Unterzeichner „der Zustimmung" der Bürger „in besonderem Maße bedarf". An der Intervention beteiligten sich außer Wehrung u.a. Martin Fischer, Helmut Gollwitzer, Renatus Hupfeld, Hans Joachim Iwand, Günther Koch, Martin Niemöller, Heinrich Vogel und Ernst Wolf [K 19]. 1.1.13. Dokumente zu Wehrungs Studium und früher Berufstätigkeit In diesem Bestand befinden sich Vorlesungsmitschriften, die Wehrung während seines Studiums angefertigt hat, sowie in größerer Zahl Exzerpthefte und studentische Notizbücher: eine Mitschrift zu Wilhelm Windelbands Vorlesung „Religionsphilosophie" aus dem Sommersemester 1900 in Straßburg (unpaginiert, 46 Blatt) [K 19]; eine Mitschrift zu Friedrich Spittas Vorlesung „Leben Jesu" aus dem Sommersemester 1900 in Straßburg (paginiert, 84 Seiten) [K 19]; eine Mitschrift zu Paul Ernst Lucius' Vorlesung „Dogmengeschichte" (undatiert) [K 10]; eine Mitschrift zu Georg Beers Vorlesung „Theologie des Alten Testaments" (Wintersemester 1903/04) [K 10]; diverse Exzerpthefte [K 10. 19].

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1.1.14. Predigtausarbeitungen Es liegt ein sehr umfangreicher Bestand an Predigtmanuskripten aus den Jahren 1904 bis 1920 vor [K 16a, 16b, 16c]. Für diese Ausarbeitungen hat Wehrung Schreibhefte des Formates DIN A5 zu je ca. 28 Seiten verwendet. Insgesamt handelt es sich um ca. hundert derartige Hefte. Der Bestand ist unsortiert. Vielfach hat Wehrung die Hefte mit Einlagen versehen. Aus dem gleichen Zeitraum dürften vier gesondert verwahrte Umschläge stammen, die die Aufschriften „Sylvester und Neujahrsreden", „Totenfestreden und Erntedank", „Abendmahls-Beichtreden" sowie „Leichenpredigten. Hunaweier 1913-20" tragen [K 19]. 1.2. Vorläufig nicht näher zu datierende Texte In diesem Nachlaßbestand befinden sich zahlreiche Materialien für Vorträge, Publikationsprojekte oder Vorarbeiten zu Lehrveranstaltungen. 1.2.1. In sich abgeschlossene Texte Es liegen u.a. Texte mit folgenden Titeln vor: Auseinandersetzung mit Rudolf Bultmann und seinen Kritikern (27 Seiten, Typoskript. Teilabschnitt einer größeren Studie, Seitenzählung: 39-65) [K 11]; Die Theologie Schleiermachers im Wechsel der Zeit (16 Seiten, Typoskript) [K 11]; Kirche und Gegenwart. Ein theologisches Votum (6 Seiten, Typoskript) [K 11]; Kirche. Antwort auf Fragen (5 Seiten, Typoskript) [K 11]; Die sittlichen Weisungen Jesu (17 Seiten, Typoskript; in zwei Exemplaren) [K 5]; Vom Mysterium des Kreuzes (11 Seiten, Typoskript; Notiz auf dem Umschlag: „Für Kollegstunde") [K 11]; Kirche und Ökumene [Thesenreihe] (2 Seiten, Manuskript) [K 20]; Kirche und theologische Fakultät [Thesenreihe] (2 Seiten, Manuskript) [K 20]; Das elsässisch-deutsche Pfarrhaus (10 Seiten, Typoskript) [K 11]. 1.2.2. Exzerpthefte Neben den ausgearbeiteten Texten liegt eine größere Anzahl von Exzerptheften vor, die sich auf einzelne dogmatisch-theologische oder theologiegeschichtliche Themen beziehen. Im einzelnen handelt es sich um Manuskripthefte mit folgenden Titeln: „Glaube und Geschichte", „Theologische Religionslehre", „Großer Katechismus", „Concordienformel", „Symbolik", „Reformierte Symbolik", „Ritschi", „Christologie", „Glaube, Liebe,

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Hoffnung", „Rasse und Religion" sowie „Religion und Magie" [sämtlich in K 21]. In einem zweiten Bestand [K 24] liegen Hefte unter folgenden Titeln vor: „Symbolik", „Concordienformel", „Reformatorische Symbole", „Glaube - Liebe - Hoffnung", „Luther", „Gott", „Gotteslehre. 2", „Bekenntnisschriften", „Geschichte der Theologie", „Glaube und Geschichte" sowie ein Heft mit Exzerpten zu reformatorischen Schriften. 1.2.3. Konvolut „Erlanger Theologie" In einer umfangreichen Mappe liegen Exzerpte und Vorstudien zu dem (Vorlesungs-)Thema „Erlanger Theologie (Johann Christian Hofmann/ Theodosius Harnack / [Gottfried] Thomasius)" vor [K 18]. 2. Materialien zu Lehrveranstaltungen Wehrungs von anderer Hand Im einzelnen handelt es sich um eine Vorlesungsmitschrift und diverse Manuskripthefte, die zu Protokollzwecken in den Seminarveranstaltungen Wehrungs geführt wurden. Es ist aufgrund äußerer und innerer Indizien anzunehmen, daß Wehrung seit dem ersten Hallenser Semester, dem Sommersemester 1927, regelmäßig studentische Hilfskräfte mit der Anfertigung dieser protokollartigen Mitschriften beauftragt hat. Insgesamt liegen 21 Protokollhefte im Nachlaß vor. 2.1. Vorlesungsmitschrift „Dogmatik I" Ein umfangreiches Manuskriptheft (92 Bl.) bietet die zusammenfassende, oft stichwortartige Mitschrift der Vorlesung „Dogmatik I" aus dem Sommersemester 1928 von einem unbekannten Verfasser (Titel: „Dogmatik I. von Prof. Wehrung, gehört i. Halle S.S. 28.") [K 4]. Bl. l der Nachschrift gibt den Titel, Bl. 2 bis 4 eine ausführliche inhaltliche Gliederung, Bl. 5 bis 11 die „Einleitung", Bl. 12 bis 72 den materialen Hauptteil; Bl. 73 bis 92 sind unbeschrieben; in das Heft sind mehrere Beilagen, zumeist Exzerpte und Notizzettel von Wehrungs Hand, eingelegt. Bei späteren Wiederholungen der Vorlesung hat Wehrung die Mitschrift an verschiedenen Stellen mit Bleistiftnotierungen versehen, die Veränderungen der Darstellung kenntlich machen. Die Mitschrift zeigt, daß Wehrung sich bei der Ausarbeitung seines Werkes „Geschichte und Glaube. Eine Besinnung auf die Grundsätze theologischen Denkens" (Gütersloh 1933) in starkem Maße auf die Ausführungen der Vorlesung gestützt hat. - Weitere Vorlesungsmitschriften liegen im Nachlaß nicht vor. 2.2. Seminarveranstaltungen Zu folgenden Lehrveranstaltungen aus der Zeit der Lehrtätigkeit in Halle und Tübingen liegen jeweils unter dem angegebenen Titel einzelne gebundene oder nicht gebundene Manuskripthefte vor: Calvin, Institutio (Sommersemester 1927) [K 8];

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Die symbolischen Schriften der lutherischen Kirche (Wintersemester 1927/28) [K 8]; Zum Seminar. W.S. 27/28: fides - iustificatio [K 24]; Paul Althaus, Die letzten Dinge (Wintersemester 1928/29) [K 8]; „Herrnhuter Theologie": Theophil Steinmann, Die Frage nach Gott (Sommersemester 1929) [K 8]; Sozialethische Schriften Luthers und Fichtes (Wintersemester 1929/30) [K 8]; Erich Schaeder, Theozentrische Theologie (Sommersemester 1930) [K 8]; Martin Luther, De servo arbitrio (Sommersemester 1931) [K 8]; Albrecht Ritschi, Rechtfertigung und Versöhnung (Wintersemester 1931/32) [K 8]; Der Gottesgedanke in Luthers Abendmahlsschriften (Sommersemester 1932) [K 8]; Apologie der Augustana (Wintersemester 1932/33) [K 8]; Die Begründung des Sittlichen (Sommersemester 1933) [K 8]; Friedrich Schleiermacher, Glaubenslehre (Wintersemester 1933/34); beigefügt: Ergänzungsheft [K 8]; Anders Nygren, Eros und Agape (Sommersemester 1934) [K 8]; Paul Althaus, Die letzten Dinge (Wintersemester 1934/35) [K 9]; Rechtfertigung und Heiligung (Sommersemester 1935) [K 9]; Über den Staat (Wintersemester 1935/36) [K 9]; Wilhelm Lütgert, Schöpfung und Ordnung (Sommersemester 1936) [K 9]; Über die Kirche (Wintersemester 1936/37) [K 9]; Natur und Gnade (1937/38) [K 9]; Schöpfungsordnungen (Sommersemester 1938) [K 9]; Kirche (Wintersemester 1938/39) [K 9]; Rechtfertigung (Sommersemester 1939) [K 9]. 3. Materialien zur Biographie Wehrungs Die biographisch zum Teil sehr aufschlußreichen Unterlagen dieser Abteilung des Nachlasses stammen vor allem aus Wehrungs universitärer Tätigkeit. Darüber hinaus veranschaulichen sie das akademische Umfeld, in dem Wehrung sich bewegt hat. So wird etwa seine Mitgliedschaft in der

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Studentenverbindung „Der Wingolf" bis in die dreißiger Jahre hinein durch zahlreiche Materialien, zumeist Druckschriften und Korrespondenzen, dokumentiert [K 17]. Eine kleinere Anzahl von Dokumenten belegt Wehrungs Mitwirkung in der „Freien Volkskirchlichen Vereinigung"; unter anderem liegt das Begrüßungsschreiben des Vereinsvorstandes für Neumitglieder, datiert auf den 12. Januar 1935, vor [K 17]. Für die beiden Tübinger Semester 1934/35 und 1935 liegen genaue Aufstellungen über den Besuch von Wehrungs Vorlesungen vor [K 17], ebenso zu verschiedenen Seminarveranstaltungen aus der Hallenser und der Tübinger Zeit [K 20: Umschlag: Seminar]. 4. Sammlungen von Rezensionen zu eigenen Werken Wehrung hat zu einzelnen seiner Veröffentlichungen sehr umfangreiche Sammlungen von Rezensionen und Anzeigen angelegt. Meist handelt es sich um Belegexemplare, die die Verlage zur Verfügung gestellt haben. Insbesondere liegen Sammlungen zu folgenden Publikationen vor: Geschichte und Glaube. Eine Besinnung auf die Grundsätze theologischen Denkens, Gütersloh 1933 [K 20]; Welt und Reich. Grundlegung und Aufbau der Ethik, Stuttgart 1952 [K 12]. 5. Korrespondenz 5.1. Wissenschaftliche Korrespondenz Einen überaus umfangreichen Einzelbestand bildet die Korrespondenz Wehrungs. Ihre besondere Bedeutung ergibt sich aus dem Umstand, daß Wehrung seit seiner Tätigkeit in Münster und insbesondere während der späten zwanziger und frühen dreißiger Jahre mit einer sehr großen Zahl deutscher Universitätstheologen in Verbindung gestanden hat. Aus der Zeit des Studiums und der wissenschaftlichen Anfänge hat Wehrung vorrangig die Schreiben von Rudolf Eucken und Wilhelm Nowack aufbewahrt. Andere Korrespondenz-Materialien aus der Zeit vor 1920 sind nur in geringem Umfang vorhanden, doch dürfte, da sich wohl erst mit dem Antritt der Münsteraner Professur Wehrungs wissenschaftliche Korrespondenz sehr ausgeweitet hat, insgesamt nicht mit einem erheblichen Ausfall an Stücken zu rechnen sein. Keinerlei Anzeichen haben sich dafür finden lassen, daß Wehrung etwa mit Ernst Troeltsch oder - mit Ausnahme von Bultmann - mit den führenden Vertretern der Dialektischen Theologie briefliche Verbindungen gepflegt hat. Der Nachlaß enthält nur die Schreiben der Gegenseite. Nahezu ausnahmslos handelt es sich um Briefe oder Briefkarten. Unter anderem liegen Korrespondenzstücke von Theodor Haering, Emanuel Hirsch, Ferdinand

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Kattenbusch, Kurt Leese, Emil Walter Mayer, Johannes Müller, Hermann Mulert, Martin Niemöller, Rudolf Paulus, Otto Ritschi, Hanns Rückert, Friedrich Wilhelm Schmidt, Erich Seeberg, Reinhold Seeberg, Theodor Siegfried, Carl Stange, Horst Stephan, Arthur Titius, Friedrich Traub, Georg Wobbermin und Georg Wünsch vor. Zum Teil wurden die Materialien bereits zu einem früheren Zeitpunkt geordnet. Die Mehrzahl der Briefe ist jedoch auch derzeit noch nicht näher geordnet oder katalogisiert. Die im wissenschaftlichen Nachlaß versammelte Korrespondenz ist in ungleichen Mengen auf zwei Kartons verteilt. Ein Karton [K 1] umfaßt etwa 380 Einzelstücke, die in acht Teilbestände (numeriert von l bis 8) vorsortiert wurden. Der zweite Karton [K 2] umfaßt etwa 590 Einzelstükke, die bisher nicht naher geordnet wurden. Um einen Überblick über das vorhandene Material zu geben, werden in der nachfolgenden Aufstellung sämtliche Korrespondenzpartner Wehrungs aus dem Bereich der universitären Theologie bzw. aus anderen Wissenschaften verzeichnet. Vertreter der Kirche werden aufgeführt, wenn sie eine größere biographische Bedeutung für Wehrung hatten oder ein kirchenleitendes Amt versahen. Aus dem Gesamtbestand des Kartons l werden hier etwa 310, aus dem des Kartons 2 annähernd 510 Stücke aufgenommen. Die Angaben sind mit einer Notierung des jeweiligen Jahres, aus dem das betreffende Stück stammt, sowie der Anzahl von Briefen oder Briefkarten aus dem betreffenden Jahr versehen.1 Name des Korrespondenzpartners

Jahr

Kurt Aland Paul Althaus

1947 1925 1930 1931 1932 1935 1943 1947 1948 1949 1951 1953 1954 1968 1913 1921 1923 1925 1927 1928

Walter Anrieh

Anzahl der Stücke l l 3 l l l 3 2 2 l 3 l l l l 2 l l l l

Karton K l (3) K2 K2 K2 K2 K2 K2 K l (3). K 2 K l (7). K 2 K2 K2 K2 K l(1) K l (1) K l (3) K l (2). K 2 K2 K2 K2 K l(6)

Die der Angabe K l in Klammern beigefügte Ziffer gibt die betreffende Teilbestandsnummer an. Im Einzelfall konnte die Absenderangabe nicht ermittelt werden; die Schriftstücke sind dann nicht verzeichnet. Insgesamt sind 816 Einzelstücke aus beiden Kartons verzeichnet.

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1930 1926 1946 Hans Barion 1947 1948 Friedrich Baumgärtel 1954 Ernst Benz 1938 Ernst Bizer 1953 Fritz Blanke 1929 Torsten Bohlin 1930 1931 1932 1934 1948 Karl Bornhausen 1923 Friedrich Büchsel 1944 Walter Bülck 1948 Rudolf Bultmann 1943 Oscar Cullmann 1948 1949 Gerhard Demel 1957 Hans Deppe 1927 Ernst von Dobschütz 1921 1924 1926 1927 1928 1930 1931 1932 1933 undatiert Hermann Dörries 1935 Gerhard Ebeling 1948 Johannes Eger (Gen.Sup. KPrv. Sachsen) 1931 Karl Eger 1930 1931 1932 1933 1934 1935 1936 1937 1938 1939 1940 1941 1942 1943 1944 Otto Eißfeldt 1926 1932 1934 1938 1941

Emil Balla

3 l l l l l l l 2 l l l l l l l 2 l l l l l l l l l l 2 l 3 3 2 l l l l l 3 4 2 2 2 5 2 l 2 l 3 8 2 l 2 l l 2

K2 K2 K l (7) K l (2) K l(1) K l (2) K2 K2 K2 K l (6) K2 K2 K l(1) K l(3) K2 K2 K l (1). K 2 K2 K l (8) K l (7) K2 K2 K l (2) K l(6) K2 K2 K. l (7) K l (6/7) K2 K l (2/3). K 2 K2 K l (6). K 2 K2 K2 K2 K2 K2 K l (1/2) K l (8). K 2 K l (1/8) K2 K2 K l (6). K 2 K2 K2 K l(8) K2 K l (8). K 2 K2 K2 K2 K l (2) K l(1) K2 K2

Nachlaß Georg Wehrung Rudolf Eucken

Hermann Faber Paul Feine

Johannes Ficker

Werner Foerster Hans Franck Hans-Eberhard Gensichen Karl Girgensohn Walter Göbell Gerhard Gollwitzer Georg Grützmacher Johannes Hänel Theodor Haering

Theodor Haug (Landesbischof) Johannes Heckel Karl Heim Gerhard Heinzelmann

1947 2 1905 4 1906 4 1907 1 1923 1 1924 1 1930 1 1927 1 1931 2 1932 2 1 1933 1924 1 1925 2 1927 2 1930 2 1 1932 1 1933 1934 2 1935 4 1 1936 1937 3 1938 2 1939 1 1940 2 1941 3 1942 4 1943 5 1944 1 Datierung unleserlich 3 1 undatiert 1939 1 1934 1 1928 1 1924 1 1 1946 1 1948 1958 1 1927 1 1 1930 1922 1 1 1931 1915 1 1918 1 1 1923 1924 2 1925 3 1927 1 1 1953 1954 2 1 1956 1944 1 1 1929 1 1931 1934 2 1935 1

625 K 1 (3/8) K 2 K 2 K l(1) K2 K2 K2 K 2 K2 K l(1) K2 K 2 K 2 K2 K 1 (6). K 2 K l(1) K 2 K 1 (1) K 2 K 1(1) K 1 (1/6). K 2 K 2 K 2 K 1 (8). K 2 K 1 (1). K 2 K 1 (8). K 2 K2 K2 K 1 (8). K 2 K 2 K2 K2 K 2 K 1 (6) K2 K 1 (1) K 2 K2 K 1 (6) K 2 K2 K 1 (3) K 2 K2 K2 K 2 K2 K 1 (3) K 1 (3). K 2 K2 K 2 K2 K2 K 1 (1) K 2

626

Rudolf Hermann

Johannes Herrmann

Emanuel Hirsch Heinrich Julius Holtzmann Hans Joachim Iwand Hanna Jursch

Ferdinand Kattenbusch

Unveröffentlichte Quellen 1943 1944 1927 1930 1933 1938 1939 1941 1942 1943 1944 1946 1948 1950 1952 1953 1955 1957 1958 1925 1926 1927 1928 1929 1930 1931 1933 1935 1936 1939 1940 1942 1943 1944 1945 1946 1947 1948 1948 1949 1952 1953 1954 1958 1931 1941 1906 1954 1951 1953 1954 1955 1923 1924 1925

l l 2 l 2 l l 3 3 3 2 2 2 l 2 l l l l l l 4 2 4 l l l 2 l l l l 4 5 l 3 4 l 5 4 l 2 l l l l l l l l l l l 2 l

K2 K2 K2 K2 K2 K2 K l (1) K2 K2 K2 K2 K l (7/8) K l (1/8) K2 K2 K2 K l (2) K2 K2 K2 K2 K2 K2 K l (6). K 2 K2 K2 K l (6) K2 K2 K2 K l (1) K2 K2 K2 K l (8) K l (8). K 2 K l (3/8) K2 K l (7). K 2 K l (7). K 2 K2 K2 K l(3) K l (6) K2 K2 K2 K l (3) K l (8) K l (8) K l (3) K l (2) K2 K2 K. 2

Nachlaß Georg Wehrung 2 1926 1927 1 1929 [?] 1 1 1931 4 1932 2 1933 2 1934 2 1935 1 1957 Fritz Katz 1 Paul Keßler 1948 1 1925 Gerhard Kittel 2 1926 2 1930 1 1942 1 1946 4 Heinz Kloppenburg 1958 2 Erich Klostermann 1926 1 1927 1941 3 Leopold Klotz 1 1946 1947 1 1 Ernst Kohlmeyer 1953 1958 1 1 1924 Gustav Krüger 1 Erwin Langner 1953 1937 1 Kurt Leese 2 1945 1947 1 1914 1 Arthur Liebert 1 1928 Wilhelm Lütgert 1 1929 1 1958 Hermann Maier 4 Emil Walter Mayer 1905 1 1913 2 1915 1 1918 1921 2 6 1923 7 1924 12 1925 2 1926 undat. [vermtl. 1925] 1 1 undatiert 1957 1 Peter Meinhold 1 August Messer 1923 1 Manfred Mezger 1953 1 1956 1 1949 Otto Michel Ludolf Müller (Bischof KPrv. Sachsen) 1949 1 1 1932 Johannes Müller 1 Karl Müller 1920 2 1944 Hans-Rudolf Müller-Schwefe 1946 3 1 1949 1944 2 Dekanat der Theolog. Fak. Münster

627 K 2 K2 K l(7) K 2 K 1 (1/2). K 2 K 1 (8). K 2 K l(1) K 2 K 2 K2 K2 K 1 (7) K 1 (6) K2 K2 K2 K 1 (7). K 2 K 2 K2 K2 K l(3) K2 K 2 K 1 (6) K 1 (3) K 1 (6) K 1 (7/8) K l(8) K l(3) K 1 (6) K 2 K 2 K 1 (4/7) K l(3) K l(4) K 1 (7) K l(4) K l(4) K l (4) K 1 (4). K 2 K 1 (4). K 2 K l(4) K 2 K 2 K2 K 1 (6) K 2 K 1 (7) K 2 K 1 (1) K 2 K2 K 1 (8). K 2 K l (7) K2

628 Hermann Mulert Gottfried Naumann Martin Niemöller

Wilhelm Niemöller Ulrich Noack Wilhelm Nowack

Anders Nygren Albrecht Oepke Rudolf Otto Rudolf Paulus

Emil Pfennigsdorf Otto Piper

Herbert Preisker Hans Pribnow Martin Redeker

Unveröffentlichte Quellen 1918 1934 1940 1918 1934 1945 1948 1949 1952 1953 1958 1944 1949 1953 1958 1905 1906 1915 1918 1921 1922 1924 1925 1926 1926 [?] 1934 1953 1926 1922 1924 1925 1926 1930 1934 1937 1946 1951 1958 1927 1929 1934 1928 1929 1933 1935 1958 1922 1950 1935 1938 1947 1948 1951 1952 1953

l l l l l l 2 l 2 l l l l l l 4 l 2 l 2 2 l 2 3 l l l l l l l 4 l l l l l 3 l l l 2 4 l l l l l l 2 l 6 l 3 4

K2 K2 K l (8) K l (7) K2 K l (8) K l (5) K l (5) K l (5). K 2 K l (5) K l(5) K2 K2 K2 K2 K l (3). K 2 K2 K l (3) K2 K l (2). K 2 K2 K2 K2 K2 K2 K l (1) K2 K2 K l (7) K2 K2 K l (7) K2 K l (1) K l (2) K l (7) K l (1) K l (2/8) K2 K l(6) K l (1) K l (6). K 2 K l (6). K 2 K2 K2 K2 K2 K2 K2 K2 K l(2) K l (7/8). K 2 K2 K2 K2

Nachlaß Georg Wehrung

Franz Rendtorff Otto Ritschi Hanns Rückert Walter Ruttenbeck Erich Schaeder Martin Schlunck Friedrich Wilhelm Schmidt

Hans Schmidt Hans Wilhelm Schmidt Johann Wilhelm Schmidt-Japing Otto Schmitz Julius Schniewind

Walter Schönfeld

Heinrich Scholz August Schomerus

Heinz Horst Schrey Christel Matthias Schröder

Friedrich Karl Schumann Erich Seeberg

1954 1955 1924 1924 1925 1946 1958 1935 1936 1920 1930 1920 1921 1922 1923 1924 1925 1926 1927 1928 1929 1930 1931 1932 1933 1926 1943 1932 1933 1933 1930 1931 1934 1943 1941 1944 1947 1953 1955 1957 1935 1932 1933 1934 1935 1936 1939 1943 1944 1944 1946 1947 1948 1942 1931

629 2 l l l l l l 2 l l l 3 3 2 3 3 l 3 l 2 l 3 l l l l 2 l l l l l l l l l l l l 2 l l l 2 l l l l l l 3 3 l l l

K2 K l (2) K2 K2 K2 K l (7) K2 K2 K2 K l (6) K2 K l (2) K l (2). K 2 K2 K2 K l (6) K2 K l (6). K 2 K2 K l (6). K 2 K2 K2 K2 K l (2) K2 K2 K2 K l (3) K l(2) K2 K2 K2 K2 K2 K2 K2 K l(2) K2 K l (2) K l (2). K 2 K2 K l (2) K2 K l (1) K2 K2 K2 K2 K2 K2 K2 K l (3) K l (3) K2 K2

630

Reinhold Seeberg Richard Siebeck Theodor Siegfried

Friedrich Smend Julius Smend

Friedrich Spitta Gustav Stählin Wilhelm Stählin Willy Staerk Carl Stange

Wilhelm Stapel Ethelbert Stauffer

Unveröffentlichte Quellen 1933 1938 1943 1926 1927 1921 1929 1939 1942 1947 1948 1953 1933 1913 1915 1918 1928 1929 1903 1918 1921 1943 1950 1953 1943 1924 1923 1924 1926 1927 1929 1930 1931 1932 1933 1934 1936 1937 1938 1939 1941 1942 1943 1944 1945 1948 1949 1950 1952 1953 1954 1958 1949 1933 1935

l l l l l l l l l l l l l l l l l l l 2 l l l l l l l 4 5 4 2 2 2 4 l 3 2 l l 2 l l l l l 5 2 l 2 11 l l 3 l l

K2 K2 K2 K2 K2 K2 K2 K l(8) K2 K l(2) K l (3) K2 K2 K l (3) K l (3) K2 K l (6) K l (6) K2 K2 K2 K 2 K2 K l (3) K2 K2 K2 K l (6). K 2 K l (7). K 2 K2 K l (6). K 2 K l (7). K 2 K l (7). K 2 K l (2/3). K 2 K2 K l (1/8). K 2 K2 K l(1) K2 K l (8). K 2 K2 K l (8) K2 K2 K l (8) K l (1/8) K l (1/7) K2 K2 K l (6). K 2 K l (2) K2 K2 K2 K2

Nachlaß Georg Wehrung Horst Stephan

Arnold Stolzenburg Ernst Stracke Hermann Strathmänn Helmut Thielicke Wilhelm Thimme

Arthur Titius Friedrich Traub

Heinrich Voigt Paul Volz Hans Emil Weber

Oskar Weitbrecht Hans-Hinrich Wendt

1941 1913 1918 1921 1926 1928 1939 1943 1925 1929 1938 1954 1941 1948 1957 1953 1924 1929 1930 1931 1932 1933 1934 1935 1939 1940 1948 1953 1958 undatiert undatiert 1924 1926 1927 1930 1931 1933 1935 1937 1932 1923 1927 1928 1929 1931 1935 1942 1945 1947 1948 undatiert 1946 1948 1906 1913

631 l l l 2 2 l l l l 3 l l 2 l l l 2 l l l l 4 l l l l l 4 l l l 2 l l 6 l l l l l l 2 l 3 l 2 3 2 l 2 l l l l l

K l(8) K l (3) K l (7) K l(7) K l (7). K 2 K l (6) K2 K2 K2 K2 K2 K l (3) K2 K l(8) K2 K l (3) K 2 K2 K2 K2 K l(3) K2 K l(1) K2 K2 K2 K l (2) K l (2/3). K 2 K l (2) K2 K l (1) K 2 K l(7) K2 K l (6). K 2 K2 K2 K2 K l (6) K2 K l (7) K2 K2 K2 K2 K2 K l (8) K l (8). K 2 K l (2) K l (7) K l (7) K2 K l (1) K2 K l (3)

632

Hermann Werdermann

Robert Winkler Georg Wobbermin

Hanna Wolff Otto Wolff Georg Wünsch

Max Wundt Wilhelm Zoellner Heinz Zwicker

Unveröffentlichte Quellen 1 1918 1924 2 1 1925 1927 2 1928 2 1 1929 1 1930 1931 1 1 1933 1 1934 1 1939 1942 2 1 1943 1944 2 1945 2 1946 1 1947 1 1 1948 1951 1 1 1952 1 1953 1954 1 undat. [vermtl. 1933] 1 2 undatiert 1 1933 1 1920 1924 5 1 1925 1926 2 1927 3 2 1928 1931 2 1 1932 1933 1 1 1934 2 1935 1936 1 1 1940 1941 1 1942 3 1 1943 1941 1 1 1936 1937 1 1 1938 1941 1 1947 2 1 1948 1 1950 1953 1 1943 1 1 1952 1928 1 1 1932 2 1948

K l(7) K2 K2 K2 K2 K2 K2 K2 K 2 K2 K2 K2 K2 K 1 (2). K 2 K2 K2 K 1(3) K2 K 1(1) K2 K 1 (3) K l(3) K2 K2 K 2 K 1(2) K 1 (6). K 2 K2 K 1 (7). K 2 K2 K2 K2 K2 K 2 K2 K 2 K 1(1) K l(6) K2 K2 K 2 K2 K2 K 1(1) K2 K l( 1 ) K 1(3) K 1 (7) K l(6) K 2 K2 K2 K2 K l(3) K2

Nachlaß Georg Wehrung

1949 1950 1951 1952 1953 Wehrung an Eduard Schweizer (Briefentwurf) Wehrung an Unbekannt

633 5 l l 3 4

1953 1909

K l (6/7) K2 K2 K l (8). K 2 K l (2). K 2

l l

K2 K2

5.2. Sonstige Korrespondenz Neben der Korrespondenz mit Universitätstheologen und Kirchenvertretern enthält der Nachlaß weitere Korrespondenzbestände. Insbesondere findet sich eine große Zahl von Briefen und Karten des Schriftstellers Friedrich Lienhard und dessen Frau, die beide mit dem Ehepaar Wehrung in engem persönlichen Kontakt standen (gesondert gesammelt in einem Umschlag mit der Aufschrift „Lienhard" fweiterhin in Privatbesitz]). Aber auch mit seinen Verlegern (insbesondere mit Heinrich Mohn), den Redaktionen verschiedener Zeitschriften und mit Vertretern von Vereinen, Verbänden, kirchlichen oder universitären Einrichtungen, schließlich in größerem Umfang auch mit Jugend- und Studienfreunden sowie mit Verbindungsgefährten hat Wehrung über mehrere Jahrzehnte hinweg eine regelmäßige Korrespondenz gepflegt [alle Bestände mit Ausnahme der Lienhard-Korrespondenz in K 2]. Während der Tübinger Amtszeit stand Wehrung zudem mit einer großen Zahl von württembergischen Pfarrern, Vikaren und Theologiestudenten in brieflichem Kontakt, weshalb sich im Nachlaß zahlreiche Briefe befinden, die von Personen aus diesem Kreis stammen (etwa 50 Stücke) [K 2]. Einen Sonderfall in der Korrespondenz stellt eine Sammlung von Briefen Wehrungs an den Pfarrer und späteren Dekan in Meßbach / Pfalz Hans Schmidt dar, die in den Besitz Wehrungs zurückgelangt sind. Sie befinden sich in einem Umschlag mit der Aufschrift „Briefe von mir an Cand./Pfr. Hans Schmidt 1908-1911" [K 2]. 6. Materialien von anderen theologischen Autoren Der Nachlaß enthält neben denjenigen Materialien, die von Wehrung selbst stammen oder die sich, wie die Nachschrift und die Seminarhefte, unmittelbar auf seine Arbeit beziehen, auch eine größere Zahl von Dokumenten, die aus dem Kollegenkreis oder von anderen Autoren stammen und aus besonderen Gründen von Wehrung gesammelt wurden. Sein großes heimatgeschichtliches Interesse etwa wird durch eine Sammlung von Zeitungsausgaben oder einzelnen Zeitungsartikeln dokumentiert. Auch einige Sonderdrucke von Publikationen anderer Theologen oder an Wehrung gesandte Artikel, Besprechungen und Aufsätze finden sich hier [K 12. 13. 14].

634

Unveröffentlichte Quellen

In Typoskript-Fassung enthält der Nachlaß die Durchschrift eines sieben Seiten umfassenden Textes von Kurt Leese unter dem Titel „.Religion Christi' und Christliche Religion'. Ein nachträglicher Gruß zu Martin Werners 70. Geburtstag" [K 11]. Auch findet sich eine dreiseitige Vorlage des Tübinger Theologen Rudolf Paulus für einen Vortrag vor der Pfarrkonferenz des Evangelischen Dekanats Tübingen am 28. Oktober 1935 unter dem Titel „Grundlagen evangelischer Sozialethik" [K 20]. 7. „Vita" Ursprünglich nicht im Tübinger Nachlaß enthalten, ihm aber zwischenzeitlich aus anderer, privater Quelle hinzugefügt, befindet sich jetzt auch eine von Wehrung im Sommer 1949 verfaßte, fünf Jahre später um einen Schlußabsatz ergänzte biographische Selbstdarstellung im Nachlaß (Titel: „Vita", 15 Seiten, Typoskript). Der stellenweise in resignativem Ton abgefaßte umfangreiche Text, der auch auf das umstrittene Ende der akademischen Wirksamkeit Wehrungs eingeht, stellt eine wichtige Ergänzung zu den sonstigen biographischen Zeugnissen dar [K 11]. 8. Vormals in Kiel befindlicher Teilnachlaß (Universitätsbibliothek Tübingen. Signatur: Mn 18) [K 15] Zusätzlich zu denjenigen Beständen des Nachlasses, die aus der Hand der Familie an die Tübinger Universitätsbibliothek gelangt sind, existiert ein Teil-Nachlaß, den die Tübinger Universitätsbibliothek bereits im Jahre 1983 von der Theologischen Fakultät der Universität Kiel erhalten hat. Die nähere Beschreibung dieser Materialien erfolgt im vorliegenden Zusammenhang; unter 1.3.2.2. werden die übrigen, weitaus umfangreicheren Bestände beschrieben, die sich weiterhin im Besitz der Kieler Theologischen Fakultät befinden, darunter insbesondere Wehrungs Bibliothek, seine Sammlung von Broschüren und Separatdrucken sowie eine größere Anzahl weiterer Dokumente. Eine Verbindung Wehrungs zur Kieler Fakultät ist durch die persönliche Beziehung zu Martin Redeker (1900-1970) hergestellt worden. Redeker, der in Kiel seit 1936 als Nachfolger Hermann Mulerts Professor für Systematische Theologie war, hatte bereits Mitte der dreißiger Jahre den Kontakt zu Wehrung gesucht. Aus den fünfziger Jahren liegt eine ganze Reihe von Briefen Redekers im Nachlaß vor. Über Redekers Vermittlung wurde der Hauptteil der wissenschaftlichen Bibliothek Wehrungs nach dessen Tod an das Kieler Theologische Seminar gegeben. Vermutlich gemeinsam mit diesen Bibliotheksbeständen gelangten unbeabsichtigterweise auch die im folgenden aufgeführten handschriftlichen Dokumente nach Kiel. Im einzelnen handelt es sich um die folgenden Materialien: ein Manuskriptheft mit dem Titel: Kolloquium über das Problem der Kirche (Wintersemester 1925/26);

Nachlaß Georg Wehrung

635

eine Reihe von Manuskriptheften zur Dogmatik, die Wehrung zur Vorbereitung seiner Vorlesung „Dogmatik II" im Sommersemester 1920 angelegt und über mehrere Jahre hinweg fortgeführt und ständig erweitert hat (vgl. die Einzelauflistung zu II. Karton 15). 9. Derzeit nicht auffindbare, vermutlich weiterhin in Privatbesitz befindliche Materialien Bei den nachfolgend aufgeführten laßteile, die bei der Erstdurchsicht in die damals erstellte Übersicht bestand der Universitätsbibliothek Im einzelnen handelt es sich um:

Unterlagen handelt es sich um Nachim März 1990 vorhanden waren und aufgenommen wurden. Im NachlaßTübingen liegen sie derzeit nicht vor.

ein „Theologisches Tagebuch" für den Zeitraum vom 13. Februar 1922 bis zum 4. September 1924; ein Manuskript mit dem Titel „Kant und das Christentum" (Vortrag vom 22. Januar 1941 [in Tübingen ?]); ein Manuskript mit dem Titel „Schleiermachers Lehre vom heiligen Geist" (Vortrag vom 30. Mai 1949 in Baiingen); Unterlagen zum Verfahren über die Besetzung des Tübinger Lehrstuhles für Systematische Theologie II (Nachfolge Friedrich Traub) und zum Universitätswechsel von Halle nach Tübingen (1930/31); Druckprojekt „Die Welt in der Sicht des Glaubens" Ein etwa hundertseitiger Text mit dem Titel „Die Welt in der Sicht des Glaubens", den Wehrung bei Leopold Klotz in Gotha zum Druck bringen wollte; mit beiliegender Korrespondenz WehrungKlotz (Schreiben von Klotz vom 11. November 1941). Der Text erschien später als Teil l des Buches „Welt und Reich. Grundlegung und Aufbau der Ethik" (Stuttgart 1952, 13-105). II. Nachlaßbeschreibung anhand der Materialverteilung Übersicht Karton 1: Karton 2: Karton 3: Karton 4: Karton 5a: Karton 5b: Karton 6: Karton 7:

Wissenschaftliche Korrespondenz I Wissenschaftliche Korrespondenz II Vier Konvolute zu theologischen Vorlesungen Materialien zur Dogmatik Drei Konvolute zur Ethik Konvolut zur Ethik II Konvolut: Materialien zur Dogmatik [Manuskripthefte] Konvolut: Geschichte der neueren protestantischen Theologie (Sommersemester 1929.1943) [Manuskripthefte und Manuskripte]

636

Karton Karton Karton Karton Karton Karton Karton Karton Karton Karton Karton Karton Karton Karton Karton Karton Karton Karton Karton

Unveröffentlichte Quellen

8: 9: 10: 11: 12: 13: 14: 15:

Seminarhefte I Seminarhefte II Unterlagen aus der Studienzeit Typoskripte Drucktexte I Drucktexte II: Sonderdrucke eigener Arbeiten Drucktexte III Nachlaßbestand Kiel. Materialien zu: Dogmatik II (Verwahrungsort bis 1983: Theologische Fakultät der Universität Kiel) 16a: Predigten aus dem Zeitraum ca. 1904 bis 1920 16b: Predigten aus dem Zeitraum ca. 1904 bis 1920 16c: Predigten aus dem Zeitraum ca. 1904 bis 1920 17: Diverse Unterlagen, zumeist Druckschriften 18: Diverse Manuskripte zu dogmatischen Themen sowie weitere Texte / Schriftwechsel zum Nachlaß 19: Diverse Materialien aus der Studienzeit, zur Predigttätigkeit und anderes 20: Diverse Manuskripte und Drucktexte 21: Materialien zur Dogmatik 22 (Rolle): Promotionsurkunden 23: Materialien zu Vorlesungen 24: Materialien zu Lehrveranstaltungen und Publikationsprojekten

Karton 1:

Wissenschaftliche Korrespondenz I (nur Gegenstücke) [ca. 380 Stücke, vorsortiert in acht Teilbestände] Bestand 1: Diverse Korrespondenzpartner Bestand 2: Diverse Korrespondenzpartner Bestand 3: Diverse Korrespondenzpartner Bestand 4: Briefe von Emil Walter Mayer Bestand 5: Briefe von Martin Niemöller Bestand 6: Diverse Korrespondenzpartner Bestand 7: Diverse Korrespondenzpartner Bestand 8: Diverse Korrespondenzpartner

Karton 2:

Wissenschaftliche Korrespondenz II (nur Gegenstücke) [ca. 510 Stücke, unsortiert] Bestand: Kollegen-Korrespondenz (Diverse Korrespondenzpartner)

Nachlaß Georg Wehrung

637

Umschlag: Briefe von mir an Cand. / Pfr. Hans Schmidt 19081911 Weitere nicht registrierte Korrespondenz mit diversen Partnern Zwei Briefe von Wehrung Karton 3:

Vier Konvolute zu theologischen Vorlesungen Konvolut 1: Einführung in das Theologiestudium (Wintersemester 1934/35) Sechs Manuskripthefte (numeriert von l bis 6) Diverse Einzelblätter Manuskriptheft: Studium der Theologie Konvolut 2: Ritschl-Publicum Manuskriptheft: Ritschi Fünf Manuskripthefte.· Ritschi (numeriert von l bis 5) Einzelblatt: Ritschi und Schleiermacher Konvolut 3: Geschichte der Christologie im 19. Jahrhundert l Mappe mit diversen Ausarbeitungen, Notizen und Vortragsvorlagen Manuskriptheft: Christologische Arbeit der neueren Theologie 5 (Dorner) (Wintersemester 1922/23) [vgl.: K 7] Konvolut 4: Schleiermacher-Publicum Manuskripthefte: Schleiermacher-Publicum Nr. 1-3 Diverse Einzelblätter Manuskriptheft mit Nachschrift von Wehrung: „Prof. [Paul] Lobstein: Über Schleiermachers Leben und Wirken" (Straßburg, Wintersemester 1900/01)

Karton 4:

Materialien zur Dogmatik Vorlesungsmitschrift: Dogmatik I (Halle, Sommersemester 1928) (ohne Angabe des Schreibers) Konvolut: Dogmatik I (Theologische Religionslehre) ca. 300 Blatt, ungeordnet (seit 1921 geführt) Diverse Ausarbeitungen zur Dogmatik (z.T. in Manuskriptheften)

638

Unveröffentlichte Quellen

Karton 5a: Drei Konvolute zur Ethik Konvolut 1: Ethik I (Mappe mit zweiter Aufschrift: Zum Ethik-Kolleg) Religion und Moral (Manuskript, 6 Blatt; 3. Juni 1931) Das Ideale und der Christus (Manuskript, 2 Blatt; undatiert) Gliederungsentwurf zur Ethik (Typoskript) Gliederungsentwurf: Ethik I. (Typoskript; Herbst 1945) [22 Abschnitte] Ethik I (Manuskript, ca. 150 Blatt) Zur Ethik (Typoskript, 20 Blatt) § 1. Die sittlichen Weisungen Jesu (Typoskript, 17 Seiten) Teile eines Typoskriptes zur Ethik: Seiten 41 bis 101 mit Lücken (Überschrift: IV. Die Gott entfremdete Welt) Teile eines Typoskriptes zur Ethik: § 2 / § 19 (5 Blatt; vermutlich zu vorigem) Weitere, z.T. umfangreiche Manuskripte zur Ethik (insgesamt ca. 200 Blatt) Heft: Ethik 10 (Wintersemester 1920/21) Heft: Ethik 11 (Wintersemester 1920/21) Heft: Ethik 12 (Wintersemester 1920/21) Heft: Ethik 12a (Wintersemester 1920/21) Konvolut 2: Zur Ethik II Blatt: Staat Diverse Ausarbeitungen zur Staatslehre (zu: Rousseau, Kant, Schleiermacher, Hegel u.a.) Zur Staatslehre (2 Bogen; mit zahlreichen Korrekturen und Ergänzungen) Konvolut 3: Material zur Ethik (Manuskripthefte) Heft: [Otto] Piper Heft: Ehe Heft: Ethisches [1] Heft: Ethisches [2]

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Diverse Einzelblätter Diverse Drucksachen Karton 5b: Konvolut zur Ethik II Vier Manuskripthefte: Ethik II (Zählung: l a. Ib. Ic. le [Id nicht vorhanden]) Sechs Manuskripthefte: Socialethik (Sommersemester 1922; Zählung von l bis 6; z.T. mit Einlagen) Luther. Bedeutung der Sozialethik (Manuskript, 10 Seiten; numerierte Bögen) Bild unserer Zeit (Manuskript, datiert: 23. November 1933; 23. November 1937) Familie (Manuskript, 4 Seiten) Geburtenregelung und Sozialpolitik (Manuskript, 4 Seiten) Kant über das Recht (Manuskript, 2 Seiten; datiert: 1. Februar 1934 und 24. Januar 1938) Recht (Manuskript, einzeln gezählte Bögen: Ib. 3. 4. 4b. 5. 6. 6a. 7; vermutlich Vorlesungsmanuskript) Staat (Manuskript, 4 Seiten) Augustin über den Staat (Manuskript, 6 Seiten) Der Staat bei Thomas von Aquino (Manuskript, 3 Seiten) Päpstliche Worte zum Staatsproblem (Manuskript) Otto Schilling: Katholische Sozialethik 1929 (Manuskript, 4 Seiten; Exzerpt; datiert: 8. Februar 1938) Der Staat bei Luther (Manuskript, 13 Seiten; Einzelzählung der Bögen: 1. 2. 3.) Calvin zum Staat (Manuskript, 8 Seiten; datiert: 14. Februar 1938) Der Staat (Manuskript, 24 Seiten; Einzelzählung der Bogen: l bis 6) Begründung des Staates in der heutigen theologischen Ethik (Manuskript, 5 Seiten) Politik und Ethos (Manuskript, 8 Seiten) Die christliche Kirche und der Soldatendienst (Kriegsproblem / Christentum und Krieg) (Manuskript, 24 Seiten) Doppeltendenz des neutestamentlichen Ethos (Manuskript, 10 Seiten)

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Karton 6:

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Konvolut: Materialien zur Dogmatik (Manuskripthefte) Heft: Schöpfungsgedanke (undatiert, vermutlich: Sommersemester 1940) (eingelegt u.a.: Heft: Neutestamentlich-Dogmatisches) Heft: Zur Eschatologie (mit zahlreichen Einlagen) Heft: Kirche (Exzerptheft) Heft: Revelatio generalis Heft: Natur und Gnade (Exzerptheft) Heft: Letzte Dinge Heft: Versöhnung. Rechtfertigung (mit Einlagen) Heft: Versöhnung / Erlösung Heft: Rechtfertigung Heft: Luther. Glaube und Beruf (mit Einlagen) Zahlreiche weitere Hefte und Einzelblätter ohne Titel Aufgabe der Theologie (Manuskript, l Blatt) lOhne Titel] (Manuskript, Notiz: Zu Leeses Wertung; datiert: 11. Juli 1944) Augustana 5 (Manuskript, l Blatt) Ebenbildlichkeit (Manuskript, l Blatt) Luther und das Abendmahl (Manuskript, l Blatt) Zu Agape (Manuskript, l Blatt) Luther und Paulus (Manuskript, l Blatt) Aletheia (Manuskript, l Blatt) Gottebenbildlichkeit (Manuskript, l Blatt) (eingelegt: Gott und der sündige Mensch [Manuskript, l Blatt J) Wort und Glaube (Manuskript, l Blatt) [Zur Dogmatik] (Manuskript, l Blatt) E.[rnst] Bizer, 1938 (Manuskript, l Blatt) Luther: Rechtfertigung (Manuskript, 3 Bogen) Zu Luthers Ethos (Manuskript, l Blatt) Caritas bei Luther (Manuskript, l Blatt) Graphik: Ritschis Schule (2 Blatt)

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Leitsätze über: Die Bedeutung der Seele im Handeln der Kirche, dargeboten von Studentenpfarrer Dr. Burger, Tübingen. Pfarrkonferenz 1937; mit handschriftlichen Zusätzen (Typoskript, 3 Seiten; hektographiert) Karton 7:

Konvolut: Geschichte der neueren protestantischen Theologie (Sommersemester 1929.1943) (Manuskripthefte und Manuskripte) l1 Hefte: Geschichte der Christologie (gezählt von l bis 11) 11 Hefte: Geschichte der Theologie (gezählt von l bis 11; z.T. in Typoskript-Fassung und mit zahlreichen Einlagen) Heft l (datiert: Wintersemester 1929/30) Heft: Lessing - Kant - Herder Heft: Oetinger Heft: Hamann Heft: Herder Heft: Christologische Arbeit der neueren Theologie 2 [vgl.: K 3. Konvolut 3] Heft: Christologische Arbeit der neueren Theologie 3; datiert: Wintersemester 1922/23) (eingelegt: Christologie der Schule Schleiermachers (1934/ 1936) [Manuskript]) Heft: Christologische Arbeit der neueren Theologie 4 (Die Kenotik; datiert: Wintersemester 1922/23) Heft: Ergänzungsheft zur Geschichte der neueren Theologie (Heft 1) Der Kampf mit dem Rationalismus (Manuskript) Erweckungsbewegung und Erweckungstheologie (Manuskript, l Blatt) Tholuck (Manuskript, l Blatt) Geschichte der Christologie 2 (Manuskript, l Blatt)

Karton 8:

Seminarhefte I Calvin, Institutio (Sommersemester 1927) Die symbolischen Schriften der lutherischen Kirche (Wintersemester 1927/28) Paul Althaus, Die letzten Dinge (Wintersemester 1928/29)

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Unveröffentlichte Quellen

„Herrnhuter Theologie": Theophil Steinmann, Die Frage nach Gott (Sommersemester 1929) Sozialethische Schriften Luthers und Fichtes (Wintersemester 1929/30) Erich Schaeder, Theozentrische Theologie (Sommersemester 1930) Martin Luther, De servo arbitrio (Sommersemester 1931) Albrecht Ritschi, Rechtfertigung und Versöhnung (Wintersemester 1931/32) Der Gottesgedanke in Luthers Abendmahlsschriften (Sommersemester 1932) Apologie der Augustana (Wintersemester 1932/33) Die Begründung des Sittlichen (Sommersemester 1933) Friedrich Schleiermacher, Glaubenslehre (Wintersemester 1933/34); beigefügt: Ergänzungsheft Anders Nygren, Eros und Agape (Sommersemester 1934) Karton 9:

Seminarhefte II Paul Althaus, Die letzten Dinge (Wintersemester 1934/35) Rechtfertigung und Heiligung (Sommersemester 1935) Über den Staat (Wintersemester 1935/36) Wilhelm Lütgert, Schöpfung und Ordnung (Sommersemester 1936) Über die Kirche (Wintersemester 1936/37) Natur und Gnade (Wintersemester 1937/38) Schöpfungsordnungen (Sommersemester 1938) Kirche (Wintersemester 1938/39) Rechtfertigung (Sommersemester 1939)

Karton 10: Unterlagen aus der Studienzeit Vorlesungsmitschrift: Prof. Lucius: Dogmengeschichte (undatiert) Vorlesungsmitschrift: Prof. Beer: Theologie des Alten Testaments (Wintersemester 1903/04) Exzerptheft: Diverse neutestamentliche Schriften Exzerptheft: Johannes Weiß, 1. Korintherbrief, 1910

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Exzerptheft: Philipp Bachmann, 2. Korintherbrief, Leipzig 1909 Exzerptheft: Wilhelm Bousset, Apokalypse, 1906 Exzerptheft: Hans Windisch, 2. Petrusbrief (sowie: Rudolf Knopf, 1. Petrusbrief), 1912 Exzerptheft: Hans Windisch, 1., 2. und 3. Johannesbrief Heft: Memorandum (Notizheft und Aphorismensammlung; Aufzeichnungen zu verschiedenen Theologen [v.a.: Ritschi, Kaftan, Kattenbusch, Troeltsch] und Themengebieten [Ethisches; Dogmatisches; Historisches: Kant und Schleiermacher]; z.T. unbeschrieben) Heft: Jeremia 24ff. (Wintersemester 1909/10) Heft: Die Geschichtsbücher des NT 1903/04)

(Wintersemester

Heft: Notizen zu den Synoptikern (undatiert) Vorlesungsmitschrift von Karl Wehrung: Prof. Leitschuh: Kunstgeschichte (Sommersemester 1900) Karton 11: Typoskripte (z.T. undatiert) Schleiermacher im Wechsel der Zeit (16 Seiten) Gerechtigkeit Gottes (5 Seiten; zwei Exemplare [Autorschaft unklar, vgl. oben zu 1.1.1.7]) Zur theologischen Begründung des Staats (54 Seiten; veröffentlicht in: Zeitschrift für systematische Theologie 12 (1934/35), 555-608) Kirche. Antwort auf Fragen (5 Seiten) Vom Mysterium des Kreuzes (11 Seiten; Notiz auf dem Umschlag: „Für Kollegstunde") Zur Auseinandersetzung mit Rudolf Bultmann und seinen Kritikern (27 Seiten; Teilabschnitt einer größeren Studie, Seitenzählung: 39-65) Umschlag: Fünf Aufsätze 1. Der Zöllner und die Passion Christi (13 Seiten; veröffentlicht in: Deutsches Pfarrerblatt 52 (1952), 193-196) 2. Der Mensch und der Tod (17 Seiten; separat veröffentlicht: Essen 1950 (Die Ernte. Heft 5), und in: Deutsches Pfarrerblatt 50 (1950), 677-679. 717-719) 3. Zum Charfreitag (Predigt zu 2. Kor 5, 14) (5 Seiten;

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unter dem Titel „Zum Karfreitag" veröffentlicht in: Freie Volkskirchliche Vereinigung in Württemberg. Nachrichtenblatt 1958, Nr. 32) 4. Kirche und Gegenwart. Ein theologisches Votum (6 Seiten; veröffentlicht in: Die Volkskirche. Evangelisches Monatsblatt für Württemberg 7 (1934). Nr. 7 vom 15. Juli 1934, 55-56) 5. Verheißung und Glaube. Zur Frage der Subjekt-Objekt-Korrelation im reformatorischen Denken (19 Seiten; veröffentlicht in: Solange es „heute" heißt. Festgabe für Rudolf Hermann zum 70. Geburtstag. Überreicht von Paul Althaus, Ernst Barnikol u.a., Berlin 1957, 293-304) [Typoskript zur Ethik] (9 Seiten; Titelblatt fehlt) Protestantismus (10 Seiten; beiliegend: Manuskript, 14 Seiten; in gekürzter Fassung veröffentlicht in: Cälwer Kirchenlexikon. Zweiter Band, Stuttgart 1941, 621-625) Schleiermacher (12 Seiten; beiliegend: Manuskript, 17 Seiten; in gekürzter Fassung veröffentlicht in: Cälwer Kirchenlexikon. Zweiter Band, Stuttgart 1941, 853-857) Kirche, Kirchentum, Bekenntnis (5 Seiten; unter dem Titel „Kirche, Bekenntnis, Union. Ein theologisches Votum" veröffentlicht in: Deutsches Pfarrerblatt 39 (1935). Nr. 15 vom 9. April 1935, 209-210) [vgl. auch: K 21] Zum Problem der Union, mit besonderer Beziehung auf die Lage der ev. [angelischen] Kirche in Polnisch-Oberschlesien (1936; beiliegend: Anfrage des Präses der unierten evangelischen Kirche in Polnisch-Oberschlesien vom 4. Januar 1936; vgl. zu 1.1.1.5) Evangelische Theologie heute (31 Seiten, vermutlich 1954/ 55; beiliegend: Korrespondenz mit den Verlegern Hermann Maier und Oskar Rühle aus den Jahren 1955 bis 1958; vgl. zu 1.1.1.10) Das elsässisch-deutsche Pfarrhaus (10 Seiten, undatiert) Zum Streit um Niemöller (5 Seiten, 1949/52) Weltreich und Christusreich (9 Seiten, 1957/58) Vita (15 Seiten, 1949/1954) Kurt Leese: ,Religion Christi' und .christliche Religion'. Ein nachträglicher Gruß zu Martin Werners 70. Geburtstag (7 Seiten)

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Karton 12: Drucktexte l Diverse Texte anderer Autoren, darunter: Der Weimarer Ausschuß des Evangelischen Bundes. Eine Denkschrift von Stadtpfarrer Fikenscher, Nürnberg (12 Seiten) Sonderdrucke eigener Arbeiten, darunter: Sonderdrucke aus der Theologischen Literaturzeitung und Zeitschriften der Verbindung „Wingolf" Sonderdruck: Christologie: III. Dogmatisch, in: Die Religion in Geschichte und Gegenwart. Zweite Auflage. Band l, Tübingen 1927, 1634-1646 Sonderdruck: Weltanschauungslehre, in: Die Provinzialkirche. Monatsblatt für die Vertreter der Kirchengemeinden der Provinz Sachsen 7 (1927), 65-66 (3 Exemplare) Mappe: „Kirche". Briefe zu meinem Buch, darin: Aufsätze zum Kirchenproblem Kirche (Manuskript, 18 Seiten; datiert: Nagold, 20. Juli 1948) Mappe: Besprechungen zu: Welt und Reich. Grundlegung und Aufbau der Ethik, Stuttgart 1952 Diverse Zeitungsartikel anderer Autoren (u.a.: Heimatgeschichtliche Beiträge) Karton 13: Drucktexte II: Sonderdrucke eigener Arbeiten (fester Ordner) Ca. 90 Sonderdrucke und Zeitschriftenexemplare mit Beiträgen von Wehrung Karton 14: Drucktexte III Sonderdrucke Zeitschriftenhefte Martin Rade: Die Leitsätze der ersten und zweiten Auflage von Schleiermachers Glaubenslehre nebeneinandergestellt (Sammlung ausgewählter kirchen- und dogmengeschichtlicher Quellenschriften II, 5), Tübingen und Leipzig 1904 (mit handschriftlichen Eintragungen von Wehrung) Karton 15: Nachlaßbestand Kiel. Materialien zu: Dogmatik U (Verwahrungsort bis 1983: Theologische Fakultät der Universität Kiel)

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Unveröffentlichte Quellen

[Sämtliche Materialien sind enthalten in einem Kasten mit der Aufschrift: Gotteslehre. Dogmatik II (durchgestrichen: Ethik; darunter ebenfalls gestrichen: Schleiermacher)] Vorlesungsmanuskript: Dogmatik II 16 einzeln gezählte Hefte; angelegt: Sommersemester l920, fortgeführt bis mindestens Wintersemester 1930/31. Die fadengebundenen Hefte sind, wahrscheinlich wegen der häufigen Benutzung, nur teilweise im ursprünglichen Zustand. Insgesamt wies das umfangreiche Material im vorgefundenen Zustand nur noch partiell die von Wehrung angelegte Anordnung auf. Zahlreiche Seiten und Seitengruppen, dazu in großer Zahl Einlegeblätter und Notizzettel haben sich aus den Heften gelöst. Bei der Nachlaßsichtung wurde versucht, die ursprüngliche Gestalt der Hefte wiederherzustellen, doch ließen sich die losen Seiten und Blätter nur im Einzelfall eindeutig zuordnen. Im folgenden werden die einzelnen Hefte so aufgeführt, wie sie jetzt vorliegen. Heftteile: Dogmatik II [1] Ohne Umschlag; Teildatierungen·. 11. Mai 1920 / Wintersemester 1921/22. Wehrung hat das zum Sommersemester 1920 angelegte Heft für den Vortrag der Vorlesung im Wintersemester 1930/31 erheblich erweitert und mit einem separaten Blatt versehen, das die Aufschrift trägt: „Zu Dogmatik II. Anfang. Diese Vorlesung bildet ein Ganzes für sich." Heft: Dogmatik 2 Heft: Dogmatik 3 Heft: Dogmatik 4 Heft: Dogmatik 5 Heft: Dogmatik 6. Anthropologie. Der Mensch im Licht der anthropologischen [nachträglich geändert in: theologischen] Offenbarung Heft: Dogmatik 7. Anthropologie II Heft: Dogmatik 8. Anthropologie II (Umschlag fehlt) Heft: Dogmatik 10. Christologie II (zur Heftzählung nachträglich hinzugefügt: 9.) [Heft 11 und 12 siehe unten]

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Heft: Dogmatik 13. Christologie V. Position Entwicklung Heft: Dogmatik 14. Christologie VI. Position Entwicklung Heft: Dogmatik 16. Christologie VIII (zur Heftzählung nachträglich hinzugefügt: 15.) aus dem Tübinger Nachlaßbestand ergänzt: Heft: Dogmatik 11. Christologie III Heft: Dogmatik 12. Christologie IV Bestand von ca. 80 Blatt, deren Zuordnung aufgrund des Materialzustandes unklar ist Protokoll-Heft: Kolloquium über das Problem der Kirche (Wintersemester 1925/26) Karton 16: Predigten aus dem Zeitraum ca. 1904 bis 1920, unsortiert aufgeteilt in: Karton 16a Karton 16b Karton 16c Ca. hundert Manuskripthefte im Format DIN A5 mit je etwa 28 Seiten, beidseitig beschrieben; Datierung der Hefte auf dem Umschlag; Angabe der Predigtstelle jeweils zu Beginn des Textes; Diverse Einlagen Karton 17: Diverse Unterlagen, zumeist Druckschriften Unterlagen zur Studentenverbindung „Wingolf" Diverse Sonderdrucke anderer Autoren (u.a. aus: Theologische Literaturzeitung, Deutsche Allgemeine Zeitung) Von Wehrung zusammengestellte Mappe mit verschiedenen Druckschriften; darin: Wingolf-Materialien Sonderdrucke (aus: Die Religion in Geschichte und Gegenwart. Zweite Auflage) Unterlagen zur Rudolf-Eucken-Ehrung 1916 Manuskript: Einleitung des Problems (10 Seiten)

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Typoskript: Walter Krüger, Zur Frage des Todes (undatiert) Diverse Zeitungsdruckschriften Mappe: [ohne Aufschrift] enthält: Materialien zur Freien Volkskirchlichen Vereinigung (FW) beiliegend: Korrespondenz Wehrung - FW Umschlag: Stifts Jubiläum 1936 enthält: diverse Zeitungen zur Tübinger Festwoche 7. bis 14. Juni 1936 Umschlag: Glückwunschadresse Mappe: Fakultät und Kirchenstreit (ca. 150 Blatt) [vgl. oben 1.1.1.4 und 1.1.1.5] enthält u.a.: Schreiben der Theologischen Fakultät an den Württembergischen Ministerpräsidenten und den Kultusminister vom 19. September 1934 Schreiben der Theologischen Fakultät an den Landesbischof Wurm vom 19. September 1934 Rundschreiben des Rektors der Tübinger Universität vom 26. September 1934 [Zum Erlaß des Reichsministers vom 28. Februar 1935] Durchschrift des Erlasses des Reichs- und Preußischen Ministers für Wissenschaft, Erziehung und Volksbildung vom 28. Februar 1935 (Typoskript) Wehrungs Schreiben an den Minister vom 14. April 1935 (Typoskript, mit handschriftlichem Original) [vgl. auch: K 20] Stellungnahme der Theologischen Fakultät vom 17. April 1935 (unterzeichnet vom Dekan Artur Weiser; Typoskript, beiliegend eine Entwurfsfassung vom 16. April 1935) Schreiben von Gerhard Kittel vom 5. April 1935 (Typoskript) Antwort des Ministers in Form eines Rundschreibens vom 5. Juli 1935 (Typoskript)

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[Gutachten Wehrungs] Gutachten über Prof. Dr. Adolf Köberle vom 23. Januar 1936, erstellt im Zusammenhang der Berufungsverhandlungen für den Lehrstuhl Systematische Theologie I (Nachfolge Karl Heim) Gutachten über Dr. Hans Rudolf Müller[-Schwefe] vom 9. Mai 1938 Brief von Otto Piper vom 18. April 1935 mit Bitte um Ausstellung eines „Testimonials" Zur Frage einer Reform des theologischen Studiums. Denkschrift der evangelisch-theologischen Fakultät Tübingen; verfaßt unter Beteiligung von Wehrung für den Fakultätentag am 25. April 1938 (Typoskript, 8 Seiten) (vgl. auch die Parallelversion in: Universitätsarchiv Tübingen. Bestand 162/805, Blatt 9-16) [Initiative Stuhlfauth / Schowalter, Februar 1936] Entwurf eines Rundschreibens an Universitätstheologen vom 17. Februar 1936 Entwürfe für eine kirchenpolitische Erklärung Brief von Wehrung an Schowalter vom 22. Februar 1936 Karte von Schowalter an Wehrung vom 24. Februar 1936 Fünf großformatige Blätter: Zur Erinnerung an den Tag der Konfirmation Mappe: Wehrung Kirche [leer] Mappe: Zuhörerlisten Wintersemester 1934/35 und Sommersemester 1935 Karton 18: Diverse Manuskripte zu dogmatischen Themen sowie weitere Texte l Schriftwechsel zum Nachlaß Über die Autorität als ethischer Grundbegriff (Manuskript, 21 Seiten; undatiert, vermutlich: Anfang der zwanziger Jahre) Mappe mit der Aufschrift: Krankenkasse. Arztrechnungen. Rezepte; darin: Weg der Theologie (Manuskript, 124 Seiten und zwei zugehörige Bogen; Vorlesungsmanuskript, stark korrigiert und erweitert, undatiert) Weg der Theologie l (24 Seiten) Weg der Theologie 2 (20 Seiten) Weg der Theologie 3 (20 Seiten)

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Weg der Theologie 4 (20 Seiten) Weg der Theologie 5 (20 Seiten) Weg der Theologie 6 (20 Seiten, mit Einlagen) 2 Blatt ohne Titel. Zählung: [Seite] 7 Die zwei Grundfragen (Manuskript, 7 Seiten) Die Forderung der selbständigen Theologie (Manuskript, l Blatt, Zählung: [Seite] 52) Methode 4 (Manuskriptheft; mit zahlreichen Einlagen) Mappe: [ohne Aufschrift] „Das ewig Licht geht da herein". Gedanken zur Frage der Absolutheit des Christentums (Manuskript, 16 Seiten) Problem der Religion (Manuskript, 32 Seiten; datiert: Unna, 26. Januar 1922. Pastoralconferenz) Katholisches und evangelisches Christus- und Gottesverständnis (Manuskript, 5 Seiten) Unser Gottesglaube. Vortrag in Eickel, 14. Januar 1923 (Manuskript, 11 Seiten) Katholische und evangelische Rechtfertigungslehre (Manuskript, 12 Seiten) Erlösung und Lebensgestaltung (Manuskript, 20 Seiten) Christlicher und deutscher Gottglaube (Manuskript, 14 Seiten; datiert: Tübingen, 12. Juli 1934) Über Augustana (Manuskript, 15 Seiten; datiert: Beratung 4. Juni 1930) Mappe: Anmerkungen und Notizen zu dem Buch „Welt und Reich" Umschlag mit Aufschrift: Todesanzeigen. Nachrufe Fünf Tageszeitungen Worte bei der Beerdigung von Professor Georg Wehrung (Typoskript, ohne nähere Angaben) Umschlag: Todesanzeigen; darin: Drei Stücke aus der Korrespondenz mit Pfarrer G. Ruch Konvolut: Erlanger Theologie (Johann Christian Hofmann / Theodosius Harnack / [Gottfried] Thomasius) (Vorarbeiten und Exzerpte für eine Vorlesung, 54 Seiten, z.T. unbeschrieben)

Nachlaß Georg Wehrung

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Mappe mit der Aufschrift: Gehört zur theologischen Religionslehre (Dogmatik II) (Manuskript, 15 Blatt) Liebe und Ehre (Manuskript, 7 Blatt; datiert: Reutlingen, 6. Mai 1941 /Tübingen, 25. November 1942) Schriftwechsel zum Nachlaß und zur Nachlaßübergabe Karton 19: Diverse Materialien aus der Studienzeit, der Predigttätigkeit und anderes Vorlesungsmitschrift: Wilhelm Windel band: Religionsphilosophie (Straßburg, Sommersemester 1900; 46 Blatt, unpaginiert) Vorlesungsmitschrift: Friedrich Spitta: Leben Jesu (Straßburg, Sommersemester 1900, 84 Seiten, paginiert) Heft: Tertullian: De paenitentia Exzerptheft: Kant, Paulsen, Rickert Heft: Bibel als Urkunde zweier entgegengesetzter Religionstypen (datiert: 1912) Umschlag: Sylvester- und Neujahrsreden Umschlag: Totenfestreden und Erntedank Umschlag: Abendmahls-Beichtreden Umschlag: Leichenpredigten. Hunaweier 1913-20 (ca. 50 Seiten) Heft: Predigtgedanken Mappe mit diversen Notizzetteln Grußkarte des Bertelsmann-Verlages, Gütersloh von 1941 (mit Einlagen) Brief und Briefumschlag: An die Herren Abgeordneten des Bundestages (Brief vom 8. Dezember 1954) [vgl. oben zu: 1.1.1.12] Karton 20: Diverse Manuskripte und Drucktexte Antragsformular zur Bewerbung für ein Stipendium der Stadt Buchsweiler Philosophisches Seminar in Jena (Manuskriptheft; datiert: 25. Juli 1905) Kultur und Protestantismus (Manuskript, 8 Seiten) Deutsch-Christlich (Manuskript, 4 Seiten; undatiert, vermutlich: Sommer 1933)

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Manuskripte für eine Reihe von Münsteraner Vorträgen 1921 Protestantismus und die sittlich-religiöse Wahrhaftigkeit (Manuskript, 14 Seiten; datiert: Münster, 9. Mai 1921) Autorität und Freiheit im Protestantismus (Manuskript, 18 Seiten; datiert: Münster, 31. Mai 1921/Bielefeld, 19. Oktober 1921) Gottesfriede und Gotteskraft im Protestantismus (Manuskript, 12 Seiten; datiert: Münster, 6. Juni 1921) Der soziale Gedanke im Protestantismus (Manuskript, 17 Seiten; datiert: Münster, 13. Juni 1921) [veröffentlicht in: Georg Wehrung: Protestantischer Geist. Zwei Vorträge, Münster in Westfalen 1921, bzw.: Protestantischer Geist. Fünf Vorträge, Gütersloh 1928, vgl. unten die Angaben in der Wehrung-Bibliographie: 2.2.3.] Christentum und Kultur. Thesen, Wartburg 1925 (Manuskript, 8 Seiten) Kirche und Ökumene (Manuskript, 2 Seiten) Kirche und theologische Fakultäten (Manuskript, 2 Seiten) Umschlag: Besprechungen zu: Geschichte und Glaube. Eine Besinnung auf die Grundsätze theologischen Denkens, Gütersloh 1933 (mit beiliegender Korrespondenz) Umschlag: Seminar Umfangreiches Konvolut von Unterlagen zu diversen Seminarveranstaltungen (Teilnehmerlisten etc.). Durchschlag des Schreibens von Wehrung an den Reichsund Preußischen Minister für Wissenschaft, Erziehung und Volksbildung vom 14. April 1935 [vgl. auch K 17] Danksagungskarte vom 10. Oktober 1940 Umschlag: Benachrichtigung des Staatskommissariates für politische Säuberung Tübingen-Lustnau vom 25. August 1949 (Entnazifizierungsverfahren) Brief an Herbert Grabert vom 6. Februar 1958 (Typoskript, 3 Seiten) Meine Arbeiten (Manuskript; undatiert, vermutlich 1958) Manuskript [ohne Titel] (11 Seiten) Diverse Notizzettel

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Text: Ernst Fuchs: Bemerkungen zu Georg Wehrung (Typoskript, 2 Seiten) Text: Rudolf Paulus: Grundlagen evangelischer Sozialethik (3 Seiten; Vorlage für die Pfarrkonferenz des Evangelischen Dekanats Tübingen am 28. Oktober 1935) Karton 21: Materialien zur Dogmatik Umschlag: Notizen zum Offenbarungsbegriff. 1905 Umschlag: Struktur des Glaubens. Glaube als Akt (Manuskripte) Heft: Glaube, Liebe, Hoffnung l (Wintersemester 1926/27) Heft: Glaube, Liebe, Hoffnung 2 (Wintersemester 1926/27) Heft: Glaube, Liebe, Hoffnung 3 (Wintersemester 1926/27) Teilheft: Glaube als Rechtfertigung Teilheft: Glaube als Furcht Diverse Exzerpt-Hefte Gotteslehre l [vgl.: Karton 24] Fragen des inneren Lebens Glaube, Liebe, Hoffnung. Stoffsammlung Großer Katechismus Ritschi (datiert: Mergentheim 1930; zahlreiche Einlagen) Probleme der Religion Christologie (mit zahlreichen Einlagen) Theologische Methode Religion und Magie Theologische Religionslehre Zur Phänomenologie der Religion Umschlag: Schleiermacher (Vorarbeiten für den Artikel: Schleiermacher, in: Calwer Kirchenlexikon. Zweiter Band, Stuttgart 1941, 853-857) Umschlag: Rasse und Religion Heft: Glaube und Geschichte [1] (mit Einlagen) Heft: Glaube und Geschichte [2] (mit Einlagen) Umschlag mit Manuskript: Die religiösen Grundmotive (20 und 11 Seiten)

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Unveröffentlichte Quellen

Karton 22 (Rolle): Promotionsurkunden Karton 23: Materialien zu Vorlesungen Vorlesungsmanuskript: Weltanschauung 6 Hefte, gezählt: 1. 2. 3. 3 [doppelt]. 4. ein Heft ungezählt; Heft l trägt folgende Überschrift: „Christliche Weltanschauung W.S. 23/4. S.S. 25." Vorlesungsmanuskript: Christliche Gotteslehre 9 Hefte mit verschiedenen Aufschriften: „Gott", „Christliche Gottesidee" „Gottesidee", „Gotteslehre"; Sommersemester 1928 bis Sommersemester 1944 Vorlesungsmanuskript: Symbolik 17 Hefte, mit Zählung: 1-17; Datierung in Heft 1: 29. X. [19]24- 27. X. [19J27. Karton 24: Materialien zu Lehrveranstaltungen und jekten

Publikationspro-

Diverse Exzerpthefte.· Glaube und Geschichte Symbolik Concordienformel Zum Seminar. W.S. 27/28: fides - iustificatio Reformatorische Symbole Glaube - Liebe - Hoffnung Luther (Reformatorischer Glaube und deutscher Idealismus) Gott (Glaube) Gotteslehre. 2 [vgl.: Karton 21] Bekenntnisschriften (Berufung auf Schrift) Geschichte der Theologie [Exzerptheft ohne Titel; zu diversen reformatorischen Schriften] Von protestantischer Lebensanschauung (Manuskriptheft) Reformatorischer Glaube und deutscher Idealismus (2 Manuskripthefte)

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Predigt zu Mk 4, 20 und Joh 3, 30 (Typoskript) Christi Person und Werk Manuskript, 40 Seiten; vgl. Georg Wehrung: Christologie: III. Dogmatisch, in: Die Religion in Geschichte und Gegenwart. Zweite Auflage. Band l, Tübingen 1927,16341646 Sonderdruck: Das Evangelische Deutschland (17) 1940. Nr. 50 vom 8. Dezember 1940. 1.3.2.2. Nachlaß Wehrung- Kieler Bestand Im Zusammenhang der Beschreibung der 1983 aus Kiel nach Tübingen gelangten Materialien wurde bereits darauf hingewiesen, daß aufgrund der persönlichen Verbindung zwischen Wehrung und Martin Redeker ein Teilbestand der Nachlaßdokumente aus Familienbesitz an die Theologische Fakultät der Christian-Albrechts-Universität in Kiel gegeben wurde. Redeker schloß sich Wehrung bereits im Laufe der dreißiger Jahre näher an. Nach 1945 hielt er die Beziehung aufrecht, indem er wiederholt eigene Forschungsprojekte Wehrung im Entstehungsstadium vorlegte und ihn um seine Stellungnahme bat. Auch die Neuausgabe der „Glaubenslehre" Schleiermachers, die Redeker nach mehrjähriger Vorarbeit 1960 im Berliner Verlag Walter de Gruyter vorlegte, ging ursprünglich auf Anregungen Wehrungs zurück (vgl. Martin Redeker: Vorwort, zu: Friedrich Schleiermacher: Der christliche Glaube nach den Grundsätzen der evangelischen Kirche im Zusammenhange dargestellt. Siebente Auflage. Aufgrund der zweiten Auflage und kritischer Prüfung des Textes neu herausgegeben und mit Einleitung, Erläuterungen und Register versehen von Martin Redeker. Band l, Berlin 1960, V: „Besondere Anregung zu diesem Unternehmen erhielt ich von dem heimgegangenen verdienstvollen Schleiermacher-Forscher Georg Wehrung, dem ich wertvolle Ratschläge für die Textgestaltung verdanke."). Nach dem Tode Wehrungs am 20. Januar 1959 vermittelte Redeker die Übergabe verschiedener Teile der wissenschaftlichen Hinterlassenschaft Wehrungs an die Theologische Fakultät der Universität Kiel. Es handelt sich dabei um drei Materialgruppen: 1. die Bibliothek Wehrungs, 2. die Broschüren- und Separata-Sammlung einschließlich eines größeren Bestandes an Dokumenten zum Kirchenkampf sowie 3. eine Kassette mit handschriftlichen Unterlagen. Die unter 3. genannte Kassette ist wahrscheinlich irrtümlich, vielleicht in Verbindung mit den Materialien unter 2., nach Kiel gelangt. Sie enthielt -

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allerdings in unvollständiger Gestalt- Wehrungs Aufzeichnungen zur Vorlesung „Dogmatik II" sowie ein Protokoll-Heft: Kolloquium über das Problem der Kirche (Wintersemester 1925/26). Die Materialien zur Dogmatik-Vorlesung konnten im Zuge der Durchsicht des Tübinger Nachlasses aus weiteren Unterlagen zu einem nahezu vollständigen Manuskript ergänzt werden. Dieses Manuskript ist oben unter 1.8. bzw. II. Karton 15 beschrieben worden. Im folgenden wird zunächst der nach Kiel gelangte Bibliotheksbestand, dann die sehr umfangreiche Sammlung von theologischen und kirchenpolitischen Kleinschriften sowie schließlich die Materialsammlung aus der Zeit des Kirchenkampfes beschrieben. 1. Wehrungs wissenschaftliche Bibliothek Zu welchem Zeitpunkt die Überstellung der Buchbestände nach Kiel erfolgt ist und ob bzw. in welcher Weise eine finanzielle Vergütung vorgenommen wurde, hat sich nicht mehr zweifelsfrei klären lassen. Man darf aber davon ausgehen, daß die Familie Wehrung, die vor allem an einem geschlossenen Erhalt der Bestände interessiert gewesen ist, schon sehr bald nach Georg Wehrungs Tod einer Übergabe nach Kiel zugestimmt hat. Die dortige Fakultätsbibliothek war jedoch wegen einer unzulänglichen Personalausstattung zunächst nicht in der Lage, die sehr großen Buchmengen bibliographisch zu erfassen und dem vorhandenen Bibliotheksbestand einzugliedern. Erst am 14. Juli 1969 fand eine offizielle „Vereinnahmung" der sogenannten „Wehrung-Bibliothek" statt. Über diese Vereinnahmung wurde ein Protokoll angefertigt, das eine vollständige Auflistung der übernommenen Buchtitel enthält. Es ist dem Aquisitionsverzeichnis (genannt: „Vereinnahmungen") des Sozialethischen Instituts der Fakultät für die Jahre 1970 bis 1978 als Anlage beigefügt.2 Das 40 Seiten umfassende Verzeichnis führt insgesamt 1392 Titel auf. Darunter befinden sich zahlreiche mehrbändige Werke, so etwa unter Nr. 829 die Gesamtausgabe der Werke Hegels in der Ausgabe Hermann Glockners in zwanzig Bänden (Ausgabe 1927 bis 1930). Die Gesamtzahl der übernommenen Bände beläuft sich auf ca. 1700. Insgesamt fällt der große Anteil an neutestamentlicher Literatur, erschienen vor allem im Zeitraum von 1880 bis 1925, auf. Sehr umfangreich sind auch die Bestände zur Reformationsgeschichte, einschließlich verschiedener Luther-, Zwingli- und Calvin-Ausgaben. Philosophische Autoren des Deutschen Idealismus finden sich in Erstausgaben und zahlreichen späteren Drucken; ebenso Schleiermacher. Thematische Schwerpunkte aus

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Ich danke dem Leiter der Fachbibliothek der Theologischen Fakultät an der Universität Kiel, Herrn Dipl.-Bibl. Rolf Langfeldt, für seine freundliche Unterstützung bei den Kieler Recherchen.

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dem systematisch-theologischen Fachgebiet bilden die Bereiche Religionswissenschaft, Religionspsychologie, „Christentum und Kultur", Rechtfertigungslehre und theologische Enzyklopädie. Literatur zum Judentum findet sich nur in geringem Umfang; ebenso fehlt der Bereich der ökumenischen Theologie. Zusammenhängende Gesamtausgaben einzelner Autoren finden sich gleichfalls nur in geringer Zahl, so etwa zu Hamann (Briefe), Herder (Ed. Johann Georg Müller), Luther (Ed. Buchwald, Kawerau, Köstlin und Rade), Schelling, Schleiermacher (Sämmtliche Werke), Troeltsch (ed. J.C.B. Mohr [Paul Siebeck]) sowie, wie erwähnt, zu Hegel. Zahlreiche Autoren, darunter auch die Patristiker, liegen nur in diversen Einzelausgaben vor. Literatur zur neueren sozialwissenschaftlichen Diskussion, beispielsweise aus dem Umkreis des Evangelisch-Sozialen Kongresses, fehl fast völlig. 2. Die Sammlung von Broschüren und Separata Die Broschüren- und Sonderdruck-Sammlung umfaßt insgesamt etwa 350 Titel, darunter zum Teil umfangreichere Monographien, zum Teil aber auch hektographierte Einzelblätter. Wehrung selbst hat den Bestand auf dreizehn Kartons verteilt, die Beschriftungen von seiner Hand tragen. Ganz überwiegend stammen die verwahrten Texte von Kollegen Wehrungs und sind ihm vermutlich von diesen selbst zugesandt worden. Zwar finden sich einige Rara, doch bleibt der theologiegeschichtliche Wert der Sammlung insgesamt begrenzt. Eine detaillierte Aufstellung der einzelnen Titel liegt dem Karton l bei. 3. Dokumente zum Kirchenkampf In den Kartons 5 und 13 der Broschüren- und Separata-Sammlung befinden sich Unterlagen aus der Zeit des Kirchenkampfes. Eine detaillierte Übersicht bietet die genannte Aufstellung bei Karton 1. In Karton 5 handelt es sich vorrangig um hektographierte Mitteilungsblätter aus den bekenntniskirchlichen Gremien einzelner Landeskirchen, dazu um Rundbriefe und Faltblätter. Die Gesamtzahl der Texte beträgt etwa 70. Der Inhalt des Kartons 13 besteht zu einem großen Teil aus Druckschriften oder Korrekturfahnen. Doch finden sich auch hier zahlreiche hektographierte Rundbriefe und Flugblätter. Unter anderem liegt ein Schreiben des Bruderrates der Westfälischen Bekenntnissynode an die Kandidaten der Bekenntnissynode vom 25. Juni 1934 vor, dazu in großer Zahl weitere Texte aus der Westfälischen Bekenntnissynode. Diverse Unterlagen gelten dem am 9. August 1934 von der Nationalsynode beschlossenen „Diensteid der Geistlichen", andere der sogenannten „Eingliederungspolitik" der Reichsregierung. Weitere Schreiben und Texte entstammen der Korrespondenz des Pfarrernotbundes, der Bruderschaft Westfälischer Hilfsprediger und Vikare, der Bekenntnissynode der Evan-

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gelischen Kirche der altpreußischen Union und einer größeren Anzahl anderer bekenntniskirchlicher Gremien und Institutionen. Von Interesse sind darüber hinaus eine ganze Reihe einzelner Texte; im besonderen seien genannt: ein hektographiertes Exemplar der Zeitschrift: Der Evangelische Beobachter. Herausgegeben vom Evangelisch-Sozialen Preßverband für die Provinz Sachsen. 1. Jahrgang Nr. 6 vom 8. Juni 1934 (16 Seiten); ein von Gerhard Kittel verfaßter Text „Offene Frage an die Männer des Bruderrates der .Bekenntnissynode der Deutschen Evangelischen Kirche'" (datiert auf den 9. Juni 1934) sowie ein hektographiertes Exemplar des sich an diese Anfrage anschließenden Briefwechsels zwischen Barth und Kittel (5 Seiten); Stücke aus der Kampagne deutscher Theologieprofessoren gegen den Reichsbischof Ludwig Müller im Herbst 1934, darunter auch eine ausführliche gedruckte Stellungnahme des Centralvorstandes des Evangelischen Vereins der Gustav Adolf-Stiftung (unterzeichnet: Dr. Gerber) vom 9. November 1934 (3 Seiten); ein nicht unterzeichneter und nicht datierter Text unter dem Titel „Martin Niemöller im Konzentrationslager" (hektographiert, 2 Seiten) sowie der Text einer Predigt von Niemöller zu Apg 5, 34-42 vom 27. Juni 1936. Sehr zahlreiche weitere Texte dokumentieren Wehrungs Verbundenheit mit der Bekennenden Kirche in Westfalen. Wann die jetzt vorliegende Zusammenstellung erfolgt ist und weshalb sich, mit Ausnahme einiger Schreiben des Reichsbischofs, überhaupt keine Unterlagen aus DC-Kreisen oder DC-Kirchenleitungen finden, kann nicht mehr geklärt werden.

1.3.3. Nachlaß Georg Wobbermin Der Nachlaß Georg Wobbermins ist nur zu einem sehr geringen Teil erhalten. Die Materialien befinden sich im Archiv der Humboldt-Universität zu Berlin. Über die verlorenen Bestände liegen nur wenige Informationen vor, so daß es nicht möglich ist, das Schicksal des Nachlasses lückenlos zu rekonstruieren. Ein Teil der ursprünglich vorhandenen Materialien ist nach Aussage der Witwe Theodora (gen. Dora) Wobbermin (1879-nach 1954) durch Kriegseinwirkung vernichtet worden. Alle übrigen Nachlaßteile, so z.B. die Korrespondenzbestände, die Materialien zu Wobbermins kirchen- und hochschulpolitischer Tätigkeit sowie sämtliche persönlichen Unterlagen, sind nicht auffindbar und - sofern überhaupt von Wobbermin gesammelt - wahrscheinlich von der Witwe nicht für eine dauerhafte Verwahrung vorgesehen worden. Man wird davon ausgehen müssen, daß sie sich nicht erhalten haben. Die im Archiv der Humboldt-Universität zu Berlin vorhandenen Personaldokumente geben lediglich für einzelne Teilbestände des Nachlasses Aufschluß über den Verbleib. Nachforschungen nach Angehörigen sind bisher erfolglos geblieben; auch Recherchen beim Landeseinwohneramt Berlin, beim Standesamt Berlin-Zehlendorf und beim Amtsgericht BerlinSchöneberg nach möglichen Erben von Wobbermins Ehefrau, die kinderlos verstarb, haben keine Hinweise ergeben. Mit Ausnahme der unten beschriebenen Vorlesungsmanuskripte befinden sich keine Nachlaßbestände Wobbermins in öffentlich zugänglichen Bibliotheken oder Archiven. Ein im Zentralen Autographenkatalog der Staatsbibliothek zu Berlin vorhandener Hinweis auf einen „Nachlaß Wobbermin: Theologie, Philosophie" im Seminar für Katholische Theologie der Freien Universität Berlin bezieht sich lediglich auf eine etwa dreißig Titel umfassende Sammlung von Druckschriften (einschließlich zahlreicher Sonderdrucke), die über eine nicht mehr zu rekonstruierende, möglicherweise auf Frau Wobbermin selbst zurückgehende Schenkung in die Bibliothek des Seminars gelangte. 1. Hinweise zum Nachlaß aus Unterlagen des Archivs der Humboldt-Universität zu Berlin Als gesichert darf gelten, daß Wobbermin die handschriftlichen Vorarbeiten zu diversen Veröffentlichungen, die Manuskripte seiner Vorlesungen

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und zahlreiche weitere Materialien sorgfältig gesammelt und für eine spätere Übergabe an eine wissenschaftliche Archiveinrichtung bestimmt hat. In einem Schreiben der Witwe an den Kurator der Universität Berlin vom 3. April 1944 heißt es: „Giebt es hier in der Universität oder der Bibliothek eine Abteilung für die Handschriften? Herr Professor D. Hans Schmidt-Halle sagte mir, dass es in Halle in der Universitätsbibliothek eine solche gäbe, die die Handschriften (Kolleghefte und andere Schriften) verstorbener Professoren aufnähme. Mein Mann hat sehr viele solcher zurückgelassen und selbst den Wunsch geäussert, dass sie erhalten werden möchten." In seiner Antwort verwies der Kurator auf die Berliner Universitätsbibliothek: „Zur Frage der Übereignung der hinterlassenen Handschriften gebe ich anheim, sich mit der Universitätsbibliothek Berlin, Dorotheenstraße, unmittelbar in Verbindung zu setzen" (Akten des Kurators: Personalakte Wobbermin. Signatur: UK - W 249. Band III, Blatt 43). Tatsächlich ist es zur Übergabe einiger Vorlesungsmanuskripte gekommen. Aus einem Verzeichnis, das die Witwe aufgestellt und den ausgehändigten Texten beigefügt hat, geht hervor, daß die Übergabe am 23. Mai 1944 stattfand. Dieses Datum ist insofern bemerkenswert, als die Universitätsbibliothek im Jahre 1944 wiederholt bei Bombenangriffen schwer beschädigt wurde und einen Teil ihrer Bestände auslagern mußte. Auch die Leitung der im gleichen Gebäudekomplex untergebrachten Preußischen Staatsbibliothek hatte zu diesem Zeitpunkt mit der Auslagerung wertvoller Bestände begonnen, darunter Teilen der Handschriftenabteilung.3 In dieser Situation dürften die personellen und technischen Mittel zu einer geordneten Bearbeitung umfangreicher Professorennachlässe gering gewesen sein. So gibt es denn auch, abgesehen von jenem Protokoll, keine Unterlagen über die Nachlaßaufnahme und über eventuelle Absprachen mit Frau Wobbermin im Blick auf eine spätere Einlieferung weiterer Nachlaßteile. Frau Wobbermins Niederschrift enthält folgende abschließende Formulierung: „2 dazugehörige Packen Ethik folgen später nach, augenblicklich bei Herrn Rittergutsbesitzer [Gustav] Hoppe, Felsenhagen über Pritzwalk, Mark Brandenburg" (Universitätsarchiv der Humboldt-Universität zu Berlin. VerwaltungsVorgänge). Nähere Angaben enthält ein Schreiben der Witwe an den Dekan der Theologischen Fakultät vom 11. Juli 1948, aus dem sich nicht nur ergibt, daß ein größerer Teil des Nachlasses nach Felsenhagen gegeben wurde, sondern auch, daß diese Materialien den Krieg nicht überdauert haben: „Abgesehen von dem Verlust des Haupt-

Schwere Bombenangriffe mit sehr erheblichen Zerstörungen des Gebäudekomplexes der beiden Bibliotheken fanden am 16. Dezember 1943, am 29. Januar 1944 und am 14./15. Februar 1944 (Lesesaal der Staatsbibliothek) statt. Die ersten Auslagerungen wurden bereits 1940 vorgenommen.

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teils der Bibliothek meines Mannes, wovon ich Ihnen schon schrieb, habe ich auch noch den Verlust von besonders wertvollen Schriften meines Mannes zu beklagen, die ich - da ich gerade an deren Veröffentlichung zunächst dachte- im Jahre 1944 Herrn Rittergutsbesitzer Hoppe [...] in Felsenhagen bei Pritzwalk (jetzt wohnhaft Charlottenburg, Stallupöner Allee 49) übergab, dessen Gut dann von den Russen zerstört wurde und nichts gerettet werden konnte! Darunter befanden sich meines Mannes Ethikvorlesungen (die zuerst zur Veröffentlichung herankommen sollten!), Aufsätze über Buddhismus u. Neubuddhismus, über Christologie, Schleiermacher, Simmel etc." (Akten der Theologischen Fakultät: Bestand 176).4 Zumindest teilweise dürfte es sich bei den genannten Aufsätzen um unveröffentlichte Texte handeln, denn ein Titel zu Simmel hat sich bisher in Wobbermins Werk nicht nachweisen lassen (zum Thema Buddhismus vgl.: Neubuddhismus und Christentum, in: Magazin für evangelische Theologie und Kirche. Herausgegeben von der deutschen evangelischen Synode von Nordamerika 2 (1924), 401-419). Die Zerstörung des Felsenhagener Rittergutes erfolgte, nach Auskunft des Stadtarchivs Pritzwalk, in der zweiten Aprilhälfte (vor dem 24. April) 1945; die ausgebrannten Ruinen wurden in den frühen fünfziger Jahren abgetragen. Doch auch nach der Übergabe der Vorlesungsmanuskripte und dem Verlust der Felsenhagener Materialien befanden sich noch große Teile des Nachlasses im Besitz der Witwe. Da die Wohnung Wobbermins, BerlinNikolassee, Cimbernstraße 36, von Beschädigungen durch Kriegseinwirkungen weitgehend verschont wurde, ist es wahrscheinlich, daß diese Teilbestände über den Krieg hinaus erhalten blieben. Dafür spricht auch ein Briefwechsel zwischen Frau Wobbermin und dem Rektor der Berliner Universität vom Herbst 1946. Frau Wobbermin schildert hier ihre bedrängte finanzielle Lage, nachdem sie seit mehr als einem Jahr keine Pensionszahlungen mehr erhalten habe. Sie regt - möglicherweise in Kenntnis einer seit Herbst 1945 in Berlin gängigen Praxis zur außeretatmäßigen Unterstützung von Professorenwitwen - an, ihr „irgend eine wissenschaftliche Heimarbeit" zu übertragen, die ihr ein Recht auf eine finanzielle Beihilfe der Universität verschaffe. Die Antwort des Rektors Stroux fiel positiv aus: „Zur Pflege des wissenschaftlichen Nachlasses Ihres verstorbenen Gatten habe ich Ihnen mit Wirkung vom 1. November 1946 ab eine monatliche Beihilfe von 250,- RM bewilligt" (Personalakte Georg Wobbermin. Band III. Blatt 49-50: Briefe vom 25. Oktober und 25. November 1946). Die Zahlung dieser Beihilfe erfolgte aus Mitteln für unbesetzte Lehrstühle.

Bei dem hier erwähnten Rittergutsbesitzer handelt es sich um den Vater der Schauspielerin Marianne Hoppe. Trotz wiederholter Nachfrage war Frau Hoppe nicht bereit, sich zum Verhältnis ihres Vaters zu Wobbermin zu äußern.

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Welcher Art die erhalten gebliebenen, aber nicht an die Universitätsbibliothek übergebenen Nachlaßteile waren, läßt sich aus den vorliegenden Unterlagen nicht ersehen. Den Plan einer Nachlaßveröffentlichung scheint Frau Wobbermin später nicht mehr weiterverfolgt zu haben. Daher kann wohl angenommen werden, daß es sich vornehmlich um persönliche Unterlagen, um die Korrespondenz u.a. gehandelt haben dürfte. Noch im Juli 1948 allerdings weist die Witwe den Dekan der Theologischen Fakultät darauf hin, daß sich „viele hier noch liegende Schüler- und event. Doktorarbeiten etc." in ihrem Besitz befinden. Eine Übergabe an die Fakultät bzw. die Universitätsbibliothek schien ihr aber wegen des „weiten und jetzt gefährlichen Weges bis zur Stadtmitte" nicht möglich zu sein (Akten der Theologischen Fakultät. Bestand 176: Brief vom 11. Juli 1948). Weitere Hinweise auf die Materialien liegen in den erhaltenen Schriftwechseln nicht vor. Die von der Witwe an die Bibliothek ausgehändigten Konvolute befinden sich heute im Archiv der Humboldt-Universität zu Berlin. Dorthin wurden sie, einer Aktennotiz zufolge, am 3. Mai 1968 übergeben (Universitätsarchiv der Humboldt-Universität zu Berlin. Verwaltungsvorgänge). 2. (Teil-)Nachlaß Georg Wobbermin (Bestandsbezeichnung: Nachlaß Wobbermin) Der im Besitz des Archivs der Humboldt-Universität zu Berlin befindliche Teilnachlaß (Alt-Signatur: D 1944. 106) umfaßt elf sogenannte Packen (im folgenden: Konvolute), die sich jeweils in beschrifteten Umschlägen befinden. Die Beschriftung ist vermutlich von der Witwe vorgenommen worden. Es handelt sich um Vorlesungsmanuskripte, die Wobbermin seit seiner frühen Berliner (1898-1906), Marburger (1906-1907) und Breslauer (1907-1915) Dozententätigkeit angelegt hat. Die Handschrift unterscheidet sich erheblich von den markanten Zügen der späteren Jahre. An der Autorschaft Wobbermins besteht jedoch kein Zweifel. Datierungsangaben finden sich nicht, es ist aber anzunehmen, daß die Texte zum größten Teil bereits in der Berliner Zeit verfaßt und anläßlich späterer Wiederholungen der Vorlesungen mehrfach überarbeitet und ergänzt worden sind. Für sämtliche Niederschriften hat Wobbermin die gleiche Papierart (Format von 16,5 20,8 cm) verwendet. Nichthandschriftliche Beilagen finden sich mit einer Ausnahme nicht in den Konvoluten. Allerdings hat Wobbermin wiederholt eingeklebte Druckseiten aus eigenen Publikationen verwendet, die, mit handschriftlichen Notizen versehen, an der passenden Vortragsstelle der Vorlesung zugrundegelegt wurden. Manuskriptbeschreibung: Die Blätter sind in der Regel in der Mitte gefaltet und lediglich auf der linken Seite engzeilig und mit schwarzer Tinte beschrieben. Häufig bilden

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zwei zusammenhängende Doppelseiten ein Großformat von vierfacher Blattbreite (Format: 66,0 20,8 cm). Durch zweifache Faltung nach der Blatthöhe ergibt sich eine vierseitige Schreibvorlage (im folgenden: Bogen). Einzelne Textteile sind zu Heften zusammengelegt. Neben den halbseitig beschriebenen Blättern der Bogen, finden sich in allen Konvoluten, besonders aber in den Konvoluten 7 und 8, zahlreiche ganzseitig beschriebene lose Blätter. Dabei handelt es sich um später eingelegte Textergänzungen. Zahlreiche Partien des Manuskripts sind mehrfach überarbeitet und unter Nutzung der rechten, ursprünglich unbeschriebenen Blatthälfte z.T. erheblich erweitert worden. Häufig finden sich auch Papierstreifen von der halben Breite eines Blattes, die jeweils zu zweien durch nachträgliche Klebung zu einem ganzen Blatt zusammengefügt wurden. Angaben zur Paginierung sind gelegentlich vorhanden; in einzelnen Konvoluten werden nahezu sämtliche Bogen gezählt (Konvolut 2, 7, 10, 11). Die Numerierung befindet sich stets in der rechten oberen Ecke. Besonderheiten der einzelnen Konvolute werden in der folgenden Einzelbeschreibung vermerkt. Konvolut 1: Dogmatik I. l und 2 Ca. 350 Blatt; meist beidseitig beschrieben; einzelne eingeklebte Druckseiten aus: Georg Wobbermin: Monismus und Monotheismus. Vorträge und Abhandlungen zum Kampf um die monistische Weltanschauung, Tübingen 1911; vereinzelte Paginierung, zumeist bei den eingelegten, ganzseitig beschriebenen Blättern. Konvolut 2: Dogmatik I. 3 Ca. 100 Blatt; Schreibweise wie Konvolut 1; zahlreiche Paginierungsangaben. Konvolut 3: Dogmatik I. 4 Ca. 100 Blatt; direkter Anschluß an Konv. 2; eingelegte Blätter mit Handschrift der Spätzeit. Konvolut 4: Dogmatik II. l Ca. 150 Blatt; nahezu ausschließlich halbseitig (links) beschriebene, auf der rechten Blatthälfte gelegentlich ergänzte Seiten; das gesamte Konvolut wurde stark überarbeitet und mehrfach ergänzt.

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Konvolut 5: Dogmatik II. 2a Ca. 100 Blatt; wie Konv. 4. Konvolut 6: Dogmatik II. 2b Ca. 80 Blatt; wie Konv. 4. Konvolut 7: Symbolik Ca. 300 Blatt; ursprünglich nahezu ausschließlich halbseitig (links) beschrieben; zahlreiche eingelegte Blätter; eine eingelegte Seite aus Wobbermins Beitrag zur Haering-Festschrirt von 1918; Bogenzählung (je vier Seiten) von 2 bis 110 und l bis 22. Konvolut 8: Systeme I: Schleiermacher Ca. 150 Blatt; Schreibweise wie Konv. 4; zahlreiche eingelegte ganz- und beidseitig beschriebene Seiten; eingelegt: mit separatem Umschlag versehener Zeitungsausschnitt „Theologie im Dritten Reich" (Auszug aus einem Vortrag Wobbermins vom Februar 1935; vgl.: Evangelium im Dritten Reich. Kirchenzeitung für Christentum und Nationalsozialismus 4 (1935). Nr. 18 vom 5. Mai 1935, 142). Konvolut 9: Systeme II Ca. 180 Blatt; beschrieben wie Konv. 4; zahlreiche Einlagen. Konvolut 10: Dogmengeschichte Ca. 200 Blatt; beschrieben wie Konv. 4; kaum Korrekturen oder Ergänzungen; Bogenzählung von l bis 102. Konvolut 11: Allgem.[eine] Relig. [ions]Wissenschaft Ca. 100 Blatt; wie Konv. 10; Bogenzählung von l bis 25 und von l bis 13; zum Teil mit beigelegten Blättern; beigefügt:

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titelloses Manuskript in einem Umschlag mit der Aufschrift: „Mag. u. Myth."; 40 Seiten; Datierung: 4. April 1913 (Poststempel); ganzseitig beschriebene Blätter (Rückseiten meist unbeschrieben), mit Zusätzen; paginiert. 3. Die wissenschaftliche Bibliothek Wobbermins Einen weiteren, mehrfach erwähnten Gegenstand des Schriftverkehrs zwischen Frau Wobbermin und der Universität bildet das Schicksal der umfangreichen wissenschaftlichen Bibliothek Wobbermins. In dem bereits angeführten Schreiben der Witwe vom 25. Oktober 1946 heißt es: „Im Sommer habe ich mich durch den Verkauf von Sachwerten noch so gerade halten können, aber jetzt kann ich nicht das Letzte hergeben, zumal ich erheblichen Anwaltskosten entgegensehe, da ich wegen der veruntreuten Bibliotheksangelegenheit (sie, die Bibl., war verliehen an eine Behörde u. ist noch nicht aufzufinden!), die noch immer nicht geklärt ist u. mir sehr viel Mühe u. Sorgen macht, einen Rechtsanwalt zu Rate ziehen mußte, der sich seit 1/2 Jahr die erdenklichste Mühe giebt." Nähere Angaben enthält ein bereits im Juni 1946 an den Dekan der Theologischen Fakultät gerichtetes Schreiben: Frau Wobbermin berichtet, daß ihr der Hallenser Theologe Hans Schmidt derzeit bei der Suche „nach der vom früheren Oberkirchenrat arg ,verfahrenen' großen wertvollen Bibliothek meines Mannes" helfe. Bisher sei lediglich ca. ein Zehntel der vierzehn „Regalfächer" aufzufinden gewesen, „nach den anderen 9/10 müssen wir noch suchen!" (Universitätsarchiv der Humboldt-Universität zu Berlin. Akten der Theologischen Fakultät: Bestand 176; das Schreiben enthält keine persönliche Anrede). Bis Mitte März 1949, dem letzten aktenmäßig belegten Schriftwechsel von Dora Wobbermin mit dem Dekan Walther Ehester, ist eine Rückgabe oder Wiederauffindung der Bibliothek nicht erfolgt. Vermutlich noch im Laufe des Jahres 1949 konnten die Buchbestände wieder aufgefunden werden. Genaue Angaben über den zwischenzeitlichen Aufenthaltsort haben sich nicht ermitteln lassen, doch ist es sehr wahrscheinlich, daß sie sich tatsächlich im Besitz des früheren Evangelischen Oberkirchenrates befunden haben. Dort allerdings scheint über die Aufnahme und Lagerung kein Protokoll angelegt und die Bücher selbst nicht im Bestandsregister der Bibliothek verzeichnet worden zu sein. Auch eine Stempeleintragung wurde nicht vorgenommen. Zudem enthalten weder die Bibliotheksakten des Evangelischen Oberkirchenrates noch die der Kirchenkanzlei der Deutschen Evangelischen Kirche und der Kirchenkanzlei der EKU Hinweise auf die Übernahme der Bibliothek. Dieser Umstand läßt darauf schließen, daß die Bestände nach 1944 innerhalb der EOK-Bibliothek nicht zur Nutzung vorgesehen waren.

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Nach Auffindung der Bibliothek scheint es, möglicherweise auf Vermittlung des Dekans Ehester, zwischen der Witwe und der nach ihrer Wiedergründung 1945/46 noch im Aufbau befindlichen Kirchlichen Hochschule in Berlin-Zehlendorf zu einer Vereinbarung gekommen zu sein. Unterlagen darüber liegen gleichfalls nicht vor. So läßt sich auch nicht feststellen, ob die Bibliothek Wobbermins geschlossen oder nach einer Reduzierung um Dublettenexemplare u.a. übergeben wurde. Die Übergabe selbst muß spätestens im Februar oder März 1950 vorgenommen worden sein. Nach der 1993 erfolgten Eingliederung der Kirchlichen Hochschule in die neugegründete Theologische Fakultät der HumboldtUniversität zu Berlin (HUB) sind die Bestände in den Besitz der Universitätsbibliothek der HUB übergegangen. Sie befinden sich heute ohne gesonderte Kennzeichnung oder Katalogisierung im Bestand der Bibliothek der Theologischen Fakultät, die als Zweigstelle Theologie (Waisenstraße) von der Universitätsbibliothek geführt wird. Der frühe Zeitpunkt der Übergabe läßt sich aus dem Zugangsbuch der Bibliothek der Kirchlichen Hochschule für den Zeitraum vom 27. Mai 1948 bis zum 18. September 1950 und den jeweiligen Akzessionsnummern der Titel ermitteln. Die meisten Bände sind durch einen Besitzervermerk („Wobbermin", „G. Wobbermin", „Wobbermin stud, theol." u.a.) gekennzeichnet. In einzelnen Fällen geht die Herkunft aus der Widmung hervor, so etwa im Falle der philosophischen Dissertation Martin Redekers, die folgende handschriftliche Eintragung enthält: „Meinem hochverehrten Lehrer in Dankbarkeit überreicht. Der Verfasser" (in: Martin Redeker: Humanität, Volkstum, Christentum in der Erziehung. Ihr Wesen und gegenseitiges Verhältnis an der Gedankenwelt des jungen Herder für die Gegenwart dargestellt, Berlin 1934, [1]). Zudem stammt ein erheblicher Teil der heute in der Fachbereichsbibliothek vorhandenen Sonderdrucke, die üblicherweise nicht in den Bibliotheksbestand aufgenommen wurden, aus dem Besitz Wobbermins (vgl. z.B. Johannes Wendland: Friedrich Schleiermacher (Sonderdruck aus den Preußischen Jahrbüchern. Band 149, 1. Heft), Berlin 1912). Unter den Bänden befinden sich schließlich auch einige Veröffentlichungen, die von Wobbermin selbst stammen, so der zweite und dritte Band der „Systematischen Theologie nach religionspsychologischer Methode" oder die Schrift „Wort Gottes und evangelischer Glaube" (1931). Marginalien von inhaltlicher Bedeutung finden sich in diesen Handexemplaren nicht. Insgesamt handelt es sich nach Auskunft des genannten Zugangsbuches um mehr als 700 Titel. Darunter befinden sich zum Teil vollständige Ausgaben theologischer und religionspsychologischer Fachzeitschriften (Zeitschrift für Theologie und Kirche; Zeitschrift für systematische Theologie; Zeitschrift für Kirchengeschichte; Theologischer Literaturbericht; Zeitschrift für Religionspsychologie u.a.), ein vollständiges Exemplar von Friedrich Siegmund-Schultzes Zeitschrift Die Eiche von 1913 bis

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1933, umfangreiche Sammlungen der Publikationen Adolf Harnacks und Julius Kaftans, jedoch vergleichsweise wenige Titel von Schleiermacher, daneben Werke von Wilhelm Herrmann, Albrecht Ritschi, Horst Stephan, Ernst Troeltsch und weiteren theologischen Vertretern des Kulturprotestantismus, zahlreiche Veröffentlichungen zur ökumenischen Bewegung, eine erhebliche Menge religionsphilosophischer Literatur (darunter eine Ausgabe von Kants „Religion innerhalb der Grenzen der bloßen Vernunft" von 1793), verschiedene Titel von Karl Barth und sehr zahlreiche Bände zur Theologie- und Dogmengeschichte. Immerhin fällt auf, daß einige Grundwerke der neuprotestantischen Theologiegeschichte, theologische Lexika und nahezu der gesamte Bereich der philosophischen Literatur in den Übersichten fehlen. Es besteht daher die Möglichkeit, daß vor der Übergabe eine Reduzierung der Bibliotheksbestände vorgenommen wurde oder aber die Witwe selbst eine entsprechende Einschränkung veranlaßt hat. Andererseits legt die Formulierung von den „vierzehn Regalfächern" doch eine große Vollständigkeit der ursprünglichen Bestände nahe.

1.3.4. Materialien zu Stephan, Wehrung und Wobbermin in weiteren Nachlässen und Archiven (Autographenverzeichnis) Vorbemerkung Die nachfolgende Aufstellung stützt sich im wesentlichen auf die Angaben des Zentralen Autographenkatalogs der Staatsbibliothek zu Berlin Preußischer Kulturbesitz. Ergänzend wurden einige Hinweise auf weitere, z.T. in Privatbesitz befindliche Nachlässe und Archive aufgenommen. - Es ist mehr als wahrscheinlich, daß sich in zahlreichen weiteren Nachlässen Materialien zu Stephan, Wehrung und Wobbermin befinden. Die folgende Aufstellung ist daher nicht als ein auch nur annähernd vollständiges Autographenverzeichnis zu verstehen.

1.3.4.1. Materialien zu Horst Stephan 1. Nachlaß Georg Baesecke (Staats- und Universitätsbibliothek Göttingen) Schreiben von Stephan an Baesecke aus dem Jahr 1925 (Signatur: Cod MS Baesecke 223). 2. Nachlaß Karl Barth (Karl Barth-Archiv der Universität Basel) Sechs Briefe und Postkarten von Stephan an Barth aus dem Zeitraum vom 15. November 1926 bis zum 2. September 1931 Zwei Schreiben von Barth an Stephan vom 19. April 1931 und vom 7. September 1931 (ohne Signatur). 3. Teilnachlaß Karl Bornhausen (Religionskundliche Sammlung der Philipps-Universität Marburg) Ein Schreiben von Stephan an Bornhausen; undatiert (ohne Signatur). 4. Nachlaß Wilhelm Bousset (Staats- und Universitätsbibliothek Göttingen) Ein Schreiben von Stephan an Bousset aus dem Jahr 1904 (Signatur: Cod MS W. Bousset 124). 5. Nachlaß Hermann Dechent (Stadt- und Universitätsbibliothek Frankfurt am Main) Brief von Stephan an Dechent aus dem Jahr 1915 (Signatur: Dechent A-S).

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6. Nachlaß Wilhelm Dilthey (Staats- und Universitätsbibliothek Göttingen) Ein Schreiben von Stephan an Georg Misch aus dem Jahr 1913 (Signatur: W. Dilthey 20, 126). 7. Nachlaß Adolf Jülicher (Universitätsbibliothek Marburg) Ein Schreiben von Stephan an Jülicher (Marburg) vom 16. Mai 1915 Ein Schreiben von Stephan an Jülicher (Marburg) vom 29. Februar 1916 (Signatur: MS 695: 1122-1123). 8. Nachlaß Hermann Nohl (Staats- und Universitätsbibliothek Göttingen) Zehn Schreiben von Stephan an Nohl aus den Jahren 1951 bis 1953 (Signatur: H. Nohl 534). 9. Archiv der Familie Pahner, Dresden Im Besitz der Familie Pahner, Dresden, befindet sich eine gedruckte Danksagungskarte, mit der Stephan für die Glückwünsche anläßlich seines achtzigsten Geburtstags am 27. September 1953 gedankt hat. Sie enthält folgenden Text: „Der 80. Geburtstag hat mir einen solchen Reichtum von Glückwünschen [...] gebracht, daß es mir unmöglich ist, für all diese Zeichen innerer Verbundenheit, persönlicher Anhänglichkeit und kollegialer Treue einzeln zu danken. Aber auch das zusammenfassende Wort des Dankes kommt aus tiefstem Herzen. Gott hat mir nach schweren Krankheitsjahren und dem Verlust fast aller gleichaltrigen Freunde das Glück geschenkt, im biblischen Alter von neuem eine überraschende Fülle der Gemeinschaft erleben zu dürfen. Er segne alle, die durch ihr freundliches Gedenken so helle Freude in den Rest meiner Tage brachten. Leipzig, Oktober 1953".

10. [Martin Rade] Sammlung Autographa der Staatsbibliothek zu Berlin Preußischer Kulturbesitz In der Sammlung Autographa der Staatsbibliothek zu Berlin befinden sich zwei Schreiben Stephans an Rade: Karte von Stephan an Rade (Tübingen) vom 15. September 1916 Karte von Stephan an Rade (Marburg) vom 7. Dezember 1928 (Signatur: Sammlung Autographa. Staatsbibliothek zu Berlin). 11. Nachlaß Martin Rade (Universitätsbibliothek Marburg) Im Nachlaß Rade befinden sich folgende Stücke aus der Korrespondenz Rade-Stephan: Brief von Stephan an Rade, Leipzig 5. März 1906 Brief von Adolf Lörcher und anderen, darunter Stephan, an Rade vom 26. Januar 1938 Brief Rades an Johannes Weiß und andere, darunter Stephan, vom 28. Januar 1905

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Unveröffentlichte Quellen

Postkarte von Hedwig Stephan an Dora Rade, Leipzig 18. Oktober 1903 (Signatur: MS 839). 12. Teilnachlaß Johannes Rathje (Universitätsbibliothek Marburg) Der Teilnachlaß Rathje enthält zwei Briefe und vier Postkarten von Rade an Stephan aus den Jahren 1931 bis 1939 (Signatur: MS 858 / 79-84). 13. Nachlaß Erich Rothacker (Universitätsbibliothek Bonn) Postkarte von Stephan an Rothacker vom 6. Mai 1923 (Signatur: Rothacker I). 14. Nachlaß Martin Schmidt (Privatbesitz) Martin Schmidt war Horst Stephan „als Famulus, Assistent und Habilitant, darüber hinaus als Pfarrer und Hochschullehrer durch ein Vierteljahrhundert ohne Unterbrechung dankbar verbunden" (Vorwort, zu: Horst Stephan: Geschichte der deutschen evangelischen Theologie. Zweite neubearbeitete Auflage, Berlin 1960, VII). Dennoch enthält sein Nachlaß, abgesehen von einigen Privatphotos und Schreiben rein persönlichen Inhalts, keine Materialien von oder zu Stephan (Mitteilung von Frau Eva Schmidt, Osnabrück, vom 11. Oktober 1989). 15. [Hans Vaihinger] (Autographensammlung der Universitätsbibliothek Bremen) Brief von Stephan an Vaihinger vom 7. Juni 1924 (Signatur: Aut. XXIII, 7). 16. Nachlaß Georg Wehrung (Universitätsbibliothek Tübingen) Im Nachlaß Wehrung befinden sich insgesamt neun Schreiben von Stephan an Wehrung. Auf die einzelnen Jahre entfällt die im folgenden angegebene Anzahl von Stücken: 1913: 1/1918: 1/1921: 2/1926: 2/1928: 1/1939: 1/1943: l (Signatur: Mn 18. Bestand: K l ) . 1.3.4.2. Materialien zu Georg Wehrung 1. Nachlaß Karl Barth (Karl Barth-Archiv der Universität Basel) Zwei Brief von Wehrung an Barth vom 18. Oktober 1924 und von Weihnachten 1927 Eine Postkarte von Wehrung an Barth vom 1. Oktober 1925 (ohne Signatur). 2. [Sammlung Wilhelm Edward Gierke] (Staats- und Universitätsbibliothek Göttingen) Sechs Schreiben von Wehrung an Gierke aus dem Zeitraum vom 15.

Autographenverzeichnis

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Januar 1915 bis zum 17. März 1915 (Signatur: Philos. 196, 152-157). 3. Nachlaß Rudolf Paulus (Universitätsarchiv Tübingen) Der erst seit kurzem im Universitätsarchiv Tübingen verwahrte Nachlaß des württembergischen Theologen Rudolf Paulus (1881-1960) enthält eine größere Anzahl von Briefen und Postkarten Georg Wehrungs. Eine detaillierte Sichtung der Materialien ist bisher nicht erfolgt. (Signatur: UAT 676). 4. Nachlaß Martin Redeker (Kiel. Privatbesitz) Der Nachlaß Redeker befindet sich in Privatbesitz. Er ist der Forschung bisher nicht zugänglich gemacht worden. Aufgrund der zeitweise recht engen Beziehungen zwischen Wehrung und Redeker ist aber damit zu rechnen, daß sich - sofern erhalten - im Nachlaß Redeker Schreiben Wehrungs an Redeker befinden. 1.3.4.3. Materialien zu Georg Wobbermin 1. Sammlung Autographa der Staatsbibliothek zu Berlin Preußischer Kulturbesitz Eigenhändiges Blatt mit Unterschrift (Vorlesungsankündigung Sommersemester 1936) Drei Briefe der Witwe Dora Wobbermin an Pfarrer Friedrich in Seifersdorf aus dem Jahr 1954 (Signatur: Sammlung Autographa der Staatsbibliothek zu Berlin). 2. Nachlaß Karl Barth (Karl Barth-Archiv der Universität Basel) Zwölf Schreiben Wobbermins an Barth aus dem Zeitraum vom 21. November 1925 bis zum 2. August 1932 Ein Schreiben von Barth an Dora Wobbermin vom 23. Dezember 1929 Typoskript-Fassung des „Offenen Briefes" von Barth an Wobbermin vom 31. Mai 1932 (4 Seiten) (ohne Signatur). 3. Nachlaß Walter Bauer (Staats- und Universitätsbibliothek Göttingen) Zwei Schreiben von Wobbermin an Bauer (Signatur: W. Bauer 50: 48. 49). 4. [Wilhelm Salomon Calvi] (Universitätsbibliothek Freiburg im Breisgau) Postkarte von Wobbermin an Calvi aus dem Jahr 1920 Brief von Wobbermin an Calvi aus dem Jahr 1920 (Signatur: Archiv der Geologischen Vereinigung. Nr. 12360.12361).

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Unveröffentlichte Quellen

5. Sammlung Darmstädter (Staatsbibliothek zu Berlin Preußischer Kulturbesitz) Postkarte von Wobbermin an Nikolaus Müller (Berlin) vom 6. Dezember 1902 Brief von Wobbermin an Dr. Fobbe (o.O.) vom 29. März 1910 (Signatur: Sammlung Darmstaedter 2 d* 1900). 6. Nachlaß Hans Delbrück (Staatsbibliothek zu Berlin Preußischer Kulturbesitz) Zwei Briefe von Wobbermin an Delbrück (1904) (Signatur: Nachlaß Delbrück). 7. Nachlaß Wilhelm Dilthey (Staats- und Universitätsbibliothek Göttingen) Ein Schreiben von Wobbermin an Dilthey aus dem Jahr 1903 (Signatur: W. Dilthey 14 l, 60). Ein Schreiben von Wobbermin an Katharina Dilthey aus dem Jahr 1911 (Signatur: W. Dilthey 15b). 8. Nachlaß Adolf von Harnack (Staatsbibliothek zu Berlin Preußischer Kulturbesitz) Brief von Wobbermin an Harnack vom 19. August 1898 Brief von Wobbermin an Harnack vom 4. Mai 1910 Brief von Wobbermin an Harnack vom 19. Juli 1910 Brief von Wobbermin an Harnack vom 12. September 1925 (Signatur: Nachlaß Harnack). 9. Nachlaß Arnold Oskar Meyer (Staats- und Universitätsbibliothek Göttingen) Ein Schreiben von Wobbermin an Meyer aus dem Jahr 1929 (Signatur: A. O. Meyer 539). 10. Nachlaß Rudolf Otto (Universitätsbibliothek Marburg) Ein Schreiben von Wobbermin an Otto vom 29. Oktober 1908 (Signatur: MS 797/856). 11. Nachlaß Martin Rade (Universitätsbibliothek Marburg) Im Nachlaß Martin Rades befinden sich insgesamt 49 Briefe, 15 Briefkarten und eine beschriebene Visitenkarte von Wobbermin an Rade aus den Jahren 1906 bis 1933, dazu vier Beilagen (s.u.). Daneben liegen einige weitere Stücke aus der Korrespondenz RadeWobbermin im Nachlaß Rade vor: Brief von Rade an Wobbermin vom 9. Februar 1927 Brief von Rade an Wilhelm Heitmüller und andere, darunter Wobbermin, vom 16. Januar 1926 Brief von Dora Rade an Wobbermin und andere, undatiert

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Brief von Dora Wbbbermin an Rade aus dem Jahr 1907 (Signatur aller Stücke: MS 839). Die folgende Übersicht beschreibt vier umfangreichere Texte Georg Wobbermins aus den Jahren 1914, 1919, 1929 und 1932, die als Beilage die Korrespondenz ergänzen. Religionspsychologische Arbeit und systematische Theologie Typoskript, 8 Seiten; der Text ist im Sommer 1914 entstanden; vgl. die Druckfassung: Religionspsychologische Arbeit und systematische Theologie, in: Archiv für Religionspsychologie. Organ der Gesellschaft für Religionspsychologie. Herausgegeben von Wilhelm Stählin. Zweiter und dritter Band, Tübingen 1921, 200-205. (Signatur: MS 839/Beilage). Beilage zu einem Brief an Rade vom 1. März 1919 Zweiseitiges Typoskript. Bei dem Text handelt es sich um die deutschsprachige Vorlage für ein Vorwort zur englischen Übersetzung des Buches „Der christliche Gottesglaube in seinem Verhältnis zur heutigen Philosophie und Naturwissenschaft. Drittes Tausend mit Zusätzen und Nachträgen" (Leipzig 1911). Die englische Ausgabe erschien 1918 in einer Übersetzung von Daniel Sommer Robinson unter dem Titel „Christian belief in God. A German criticism of German materialistic philosophy. Translated from the 3rd edition" (New Haven 1918). (Signatur: MS 839 / Beilage). Zur Verständigung über die Bedeutung Schleiermachers für die Gegenwart (1929) Dreiseitiges Typoskript. Der Text stellt Wobbermins Antwort auf eine Passage in einem Aufsatz Ferdinand Kattenbuschs dar, der am 1. Juni 1929 in Nr. 11 der Christlichen Welt unter dem Titel „Die evangelische Theologie. Ihr jetziger Stand und ihre Aufgaben" (Die Christliche Welt 43 (1929), 514-528, hier: 519) erschienen war. Aus der Formulierung des Eingangsabschnittes geht hervor, daß Wobbermin seinen Text ebenfalls in der von Rade herausgegebenen Zeitschrift veröffentlichen wollte. Dort ist er jedoch nicht erschienen. (Signatur: MS 839 / Beilage). D. Earth's „Replik" als Dokument seiner Dialektik Zweiseitiges Typoskript. Wobbermins Text erschien unter dem genannten Titel in: Christentum und Wissenschaft 8 (1932), 389390. Er bezog sich auf eine kritische Stellungnahme Karl Barths: Replik an Professor D. Dr. G. Wobbermin (18. Juni 1932), in: Theologische Blätter 11 (1932), 221-222, und in: Christentum und Wissenschaft 8 (1932), 307-309. Dieser Text wiederum richtete sich gegen einen „Offenen Brief" Wobbermins an Barth: Offener

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Unveröffentlichte Quellen

Brief an Professor D. Karl Barth (15. Juni 1932), in: Theologische Blätter 11 (1932), 219-220. Gegenstand der Kontroverse war Wobbermins 1932 aus Anlaß der Konversion des Schweizer Pfarrers Oskar Bauhofer vorgetragene Behauptung, die Theologie Barths weise katholisierende Tendenzen auf (vgl. etwa Georg Wobbermin: Ein neuer Fall „Peterson", in: Das Evangelische Deutschland 9 (1932), 180). (Signatur: MS 839 / Beilage). [Anmerkung: Der Teilnachlaß Johannes Rathje (Universitätsbibliothek Marburg MS 858) enthält keine Stücke aus der Korrespondenz Rade-Wobbermin.] 12. [Hans Vaihinger] (Autographensammlung der Universitätsbibliothek Bremen) Brief von Wobbermin an Vaihinger vom 23. Dezember 1924 (l Blatt) (Signatur: Aut. XXIII, 9). 13. Nachlaß Georg Wehrung (Universitätsbibliothek Tübingen) Der Nachlaß Wehrung enthält insgesamt 23 Briefe und Karten von Wobbermin an Wehrung. Auf die einzelnen Jahre entfällt die im folgenden angegebene Anzahl von Stücken: 1920: 1/1924: 5/1925: 1/1926: 2/1927: 3/1928: 2/1931: 2l 1932: l /1933: l /1934: l /1935: 2 /1936: l /1940: l (Signatur: Mn 18. Bestände: Kl und K2). 14. [Max Wolf] (Universitätsbibliothek Heidelberg) Besuchskarte von Wobbermin an Max Wolf (Signatur: Heid. HS 3695 E).

2. Veröffentlichte Quellen Für Horst Stephan, Georg Wehrung und Georg Wobbermin lagen bisher lediglich Bibliographien vor, die den Gesamtumfang ihrer Veröffentlichungen sehr unvollständig und zudem fehlerhaft erfassen. Die Breite der von den Autoren bearbeiteten theologischen und religionsphilosophischen Themen, ihre wissenschaftspolitische Stellung als Herausgeber von Zeitschriften, fachliterarischen Reihen oder Rezensionsorganen, als Autoren von Einführungen, Einleitungen und Vorworten, oder auch ihre eigene intensive Tätigkeit als Rezensenten konnten auf diese Weise nicht sichtbar werden. Zudem wurde das kirchenpolitische Engagement aller drei Autoren in diesen Bibliographien nur überaus lückenhaft dokumentiert. Ein Verzeichnis der zeitgenössischen Sekundärliteratur zu Stephan, Wehrung und Wobbermin lag bisher überhaupt nicht vor. Die im folgenden zusammengestellten Angaben streben Vollständigkeit an. Dennoch ist es, da auf entsprechende Materialien der Autoren nur in sehr geringem Maße zurückgegriffen werden konnte, nicht unwahrscheinlich, daß sich noch weitere Publikationen finden lassen. Dies gilt insbesondere für den Bereich der Tageszeitungen, der regionalen Kirchenzeitungen und der nichttheologischen Rezensionsorgane. Einzelne Überschneidungen lassen sich dann nicht vermeiden, wenn die Autoren ihre Veröffentlichungen gegenseitig rezensiert haben. In solchen Fällen wird die bibliographische Angabe der Besprechung sowohl bei dem Verfasser unter der Rubrik ,Rezensionen' als auch im betreffenden Verzeichnis der Sekundärliteratur notiert (vgl.: B.1.1. bis B.1.3.). Besprechungen, die außerhalb von Rezensionsteilen in der Form eigenständiger Beiträge erschienen sind, werden mit Hinweis auf den Bezugstitel unter der Rubrik ,Aufsätze und Artikel' verzeichnet. Angaben zum Entstehungsanlaß einer Publikation erscheinen nur dann als Untertitel, wenn sie auch im Text auf diese Weise verzeichnet sind.

2.1. Bibliographie Horst Stephan 2.1.1. Teilbibliographien Bibliographie von Horst Stephan. (Zusammengestellt von Joachim Schulze), in: Theologische Literaturzeitung 73 (1948), 766-768. [Ergänzung zur Bibliographie], in: Theologische Literaturzeitung 78(1953), 541-542. 2.1.2. Festschrift und Ehrungen Festheft Horst Stephan zum 75. Geburtstag gewidmet: Theologische Literaturzeitung 73 (1948), 705-768, Heft 12. [Vgl. zu diesem Heft die redaktionelle Erklärung: Ebd., 767-768: „Zum vorliegenden Heft, welches als Festheft zum 70. [statt richtig: 75.] Geburtstag von Horst Stephan erscheint, ist alles Notwendige in der Rubrik ,Von Personen' gesagt. Die große Zahl wie der Umfang der Beiträge forderte den Fortfall des Rezensionsteils [...], ein Verlust, der in Anbetracht der Bedeutung der einzelnen Aufsätze hoffentlich nicht schwer wiegt [...]." Das Heft enthält Beiträge von Paul Althaus, Hanns Rückert, Franz Lau, Martin Doerne, Johannes Leipoldt, Albrecht Oepke, Johannes Herz, Theophil Steinmann, Hans Köhler, Fritz Schulze, Heinz Erich Eisenhuth und Karl Hennig. Eine dem Jubilar überreichte private Festschrift umfaßt zusätzlich Beiträge von Hans Bardtke, Rudolf Lennert, Rudolf Meyer, Johannes MüllerBardorff, Hermann Mulert, Martin Schmidt, Ernst Sommerlath und Gottfried Voigt (teilweise publiziert in: Theologische Literaturzeitung 74 (1949), Heft 1).- Die unter 2.1.1. genannte Bibliographie findet sich in diesem Heft auf den Spalten 766-768.] Albrecht Alt u.a.: Zum 75. Geburtstag von Horst Stephan am 27. September 1948, in: Theologische Literaturzeitung 73 (1948), 763-765. [Der Text wurde von 34 Theologen unterzeichnet, darunter Albrecht Alt, Paul Althaus, Heinrich Bornkamm, Martin Doerne, Otto Eißfeldt, Karl Heim, Johannes Herz, Karl Heussi, Carl Ihmels, Franz Lau, Johannes Leipoldt, Alfred Dedo Müller, Hermann Mulert, Albrecht Oepke, Rudolf Paulus, Hanns Rückert, Hans Schmidt, Martin Schmidt, Ernst Sommerlath, Theophil Steinmann, Gottfried Voigt und Heinz Wagner.] Zum 80. Geburtstag von Horst Stephan am 27. September 1953, in: Theologische Literaturzeitung 78 (1953), 541-542. [Es handelt sich um eine Glückwunschadresse der Theologischen Fakultät der Universität Leipzig in Verbindung mit einer offiziellen Ehrung des Jubilars.]

Bibliographie Horst Stephan

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2.1.3. Separate Publikationen Die Lehre Schleiermachers von der Erlösung. Dargestellt und beurteilt, Tübingen und Leipzig 1901. [Widmung, III: „Meinen lieben Eltern."] Herder in Bückeburg und seine Bedeutung für die Kirchengeschichte, Tübingen 1905. Luther in den Wandlungen seiner Kirche (Studien zur Geschichte des neueren Protestantismus. Herausgegeben von Heinrich Hoffmann und Leopold Zscharnack. Heft 1), Gießen 1907. [Ursprünglich in verkürzter Form vorgetragen als Aktusrede am Königin Carola-Gymnasium in Leipzig. - Siehe unten: Zweite Auflage, Berlin 1951.]

Der Pietismus als Träger des Fortschritts in Kirche, Theologie und allgemeiner Geistesbildung (Sammlung gemeinverständlicher Vorträge und Schriften aus dem Gebiet der Theologie und Religionsgeschichte. Nr. 51), Tübingen 1908. Die Neuzeit. Handbuch der Kirchengeschichte für Studierende. In Verbindung mit Gerhard Ficker in Kiel, Heinrich Hermelink in Leipzig, Erwin Preuschen in Hirschhorn, Horst Stephan in Marburg herausgegeben von Gustav Krüger in Gießen. Vierter Teil, Tübingen 1909. [Siehe unten: Anastatischer Neudruck, Tübingen 1920/Zweite Auflage, Tübingen 1931.] Die kirchliche Stellung des Religionslehrers, Berlin 1910. Die heutigen Auffassungen vom Neuprotestantismus (Vorträge der theologischen Konferenz zu Gießen. 32. Folge), Gießen 1911. [Dem „Vorwort", V, zufolge handelt es sich um einen „etwas erweiterten" Vortrag vor der Gießener theologischen Konferenz.] Religion und Gott im modernen Geistesleben. Zwei Vorträge, Tübingen 1914. [Der Band enthält: Das religiöse Suchen unserer Zeit, 1-46. 81-90 (1913). Gott im modernen Geistesleben, 47-80. 90-93 (1913. Vierter Teil eines Vortragszyklus). Zur Entstehung der Vorträge vgl. die Angaben im „Vorwort", III: „In diesem Heft sind zwei Vorträge verbunden, die während des Winters [1913] einzeln an verschiedenen Orten gehalten wurden. Sie sind an sich nicht auf einander abgestimmt; vielmehr gehörte der zweite als Schlußglied einem Zyklus an, in dem vorher [Wilhelm] Herrmann über die Wirklichkeit Gottes, [Martin] Rade über Gott in der Natur und [Samuel] Eck über Gott in der Geschichte gesprochen hatten."]

Die Neuzeit. Handbuch der Kirchengeschichte für Studierende. In Verbindung mit Gerhard Ficker in Kiel, Heinrich Hermelink in Leipzig, Erwin Preuschen in Hirschhorn, Horst Stephan in Marburg herausge-

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Veröffentlichte Quellen

geben von Gustav Krüger in Gießen. Vierter Teil. 1909. Anastatischer Neudruck, Tübingen 1920. Glaubenslehre. Der evangelische Glaube und seine Weltanschauung (Sammlung Töpelmann. Erste Gruppe: Die Theologie im Abriß. Band 3), Gießen 1921. [Widmung, V: „Der hochwürdigen Theologischen Fakultät der Universität Leipzig in ehrerbietiger Dankbarkeit gewidmet". Siehe unten: Zweite Auflage, Gießen 1928/Dritte Auflage, Berlin 1941.]

Der Protestantismus auf dem Wege zur Einheit, Berlin 1924. Reformation und Staat. Vortrag. Gelegentlich der 29. Generalversammlung des Evangelischen Bundes zur Wahrung der deutsch-protestantischen Interessen. Gehalten am 29. Juni 1925 zu Königsberg / Pr.[eußen], Berlin 1925. Glaubenslehre. Der evangelische Glaube und seine Weltanschauung. Zweite Auflage - völlig neu bearbeitet (Sammlung Töpelmann. Die Theologie im Abriß. Band 3), Gießen 1928. [Siehe unten: Dritte Auflage, Berlin 1941.] Die systematische Theologie. Die evangelische Theologie. Ihr jetziger Stand und ihre Aufgaben. Vierter Teil. Die systematische Theologie. 1. Religionsphilosophie, 2. Glaubenslehre, 3. Weltanschauungsfragen, 4. Ethik, Halle an der Saale 1928. [Zur Entstehung vgl. die Bemerkung im „Vorwort", III: „Der Grundstock des Heftes besteht aus Vorträgen, die ich im Oktober 1925 auf dem Halleschen Ferienkurs und im April 1927 auf der Dresdner Akademischen Woche gehalten habe."]

[Gemeinsam mit Hans Leube:] Die Neuzeit. Handbuch der Kirchengeschichte für Studierende. In Verbindung mit Gerhard Picker in Kiel, Heinrich Hermelink in Marburg, Hans Leube in Breslau, Wilhelm Maurer in Marburg, Erwin Preuschen (t), Horst Stephan in Leipzig herausgegeben von Gustav Krüger in Gießen. Vierter Teil. Zweite Auflage neubearbeitet, Tübingen 1931. Geschichte der evangelischen Theologie seit dem Deutschen Idealismus (Sammlung Töpelmann. Die Theologie im Abriß: Band 9), Berlin 1938. [Widmung, V: „Der treuen Helferin die bei Arbeit[,] Freud und Leid meinem Leben Reichtum gab in dankbarer Liebe zum sechzigsten Geburtstag". - Dem Buch ist als biblisches Motto vorangestellt: „Wir vermögen nichts wider die Wahrheit, sondern nur für die Wahrheit ( 2. Kor 13, 8)". Von diesem Band sind 1960 und 1973 „neubearbeitete" Auflagen, herausgegeben von Martin Schmidt, erschienen: Horst Stephan: Geschichte der deutschen evangelischen Theologie seit dem Deutschen Idealismus. Zweite neubearbeitete Auflage von Martin Schmidt (Sammlung Töpelmann. Erste Reihe: Die Theologie im Abriß. Band 9), Berlin 1960. [Zur Bearbeitung vgl. Martin Schmidt: Vorwort, VII.]

Bibliographie Horst Stephan

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Horst Stephan / Martin Schmidt: Geschichte der evangelischen Theologie in Deutschland seit dem Idealismus. Dritte, neubearbeitete Auflage, Berlin / New York 1973. [Zur Bearbeitung vgl. Martin Schmidt: Vorwort, VIIVIII.]]

Glaubenslehre. Der evangelische Glaube und sein Weltverständnis. Dritte, neubearbeitete Auflage (Sammlung Töpelmann. Erste Reihe: Die Theologie im Abriß. Band 3), Berlin 1941. [Vgl. den Hinweis im „Vorwort", VII: „Da das Manuskript schon im Herbst 1939 abgeschlossen wurde, konnten so manche, auch wichtige Schriften zwar nachträglich noch genannt, aber nicht mehr verarbeitet werden." Auszüge aus der „Glaubenslehre" (Dritte Auflage) bietet Richard H. Grützmacher (Hg.): Textbuch zur deutschen systematischen Theologie und ihrer Geschichte vom 16. bis 20. Jahrhundert. Band I: 1530-1934. Vierte Auflage, neu bearbeitet, bis in die Gegenwart fortgeführt und herausgegeben von Gerhard G. Muras, Gütersloh 1955, 241-245.]

Herder als Theologe [Als Typoskript vervielfältigt. 16 Seiten], o.O. [Leipzig] 1945. [Ein Exemplar befindet sich im Archiv der Theologischen Fakultät der Universität Heidelberg. Bestand: Broschürensammlung / Bibliothek von Prof. D. Dr. Heinrich Bornkamm. Signatur H 68/105.]

Schiller als religiöse Gestalt [Als Typoskript vervielfältigt. 13 Seiten], o.O. [Leipzig] o.J. [vermutlich 1945/46]. [Ein Exemplar befindet sich im Nachlaß Horst Stephan. Bestand: 9. Varia 1.] Luther in den Wandlungen seiner Kirche. Zweite Auflage, neu bearbeitet und bis zur Gegenwart fortgeführt, Berlin 1951. 2.1.4. Aufsätze und Artikel Weiteres vom bäuerlichen Aberglauben, in: Die christliche Welt 11 (1897), 516-517. Christlich oder modern?, in: Die christliche Welt 12 (1898), 7-13. Andreas Bockholdt [zu: Wilhelm von Polenz: Andreas Bockholdt. Tragödie in vier Akten, Dresden und Leipzig o.J.], in: Die christliche Welt 13 (1899), 157-160. Das deutsche Volkstum [zu: Das deutsche Volkstum. Unter Mitarbeit hervorragender Fachmänner herausgegeben von Hans Meyer. Neuer Abdruck, Leipzig und Wien 1899], in: Die christliche Welt 13 (1899), 350-352. Bergeversetzender Glaube. [Andacht zu:] Markus 11, 23, in: Die christliche Welt 13 (1899), 914-915. Ruskins Lebensweisheit [zu: John Ruskin: Aphorismen zur Lebensweisheit. Aus dem Englischen übersetzt und zusammengestellt von Jakob Feis, Straßburg 1899], in: Die Christliche Welt 14 (1900), 41-42.

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Veröffentlichte Quellen

Eine neue Dorfkirche, in: Die Christliche Welt 14 (1900), 420-425. Romantik, in: Die Christliche Welt 14 (1900), 917-920. 942-945. 964970. Fertige Menschen [Andacht zu Phil 3, 12], in: Die Christliche Welt 15 (1901), 68-69. Schleiermachers Weihnachtsfeier 1805, in: Die Christliche Welt 15 (1901), 1214-1217. 1243-1246. Hamanns Christentum und Theologie. Eine Studie zur neueren Kirchengeschichte, in: Zeitschrift für Theologie und Kirche 12 (1902), 345-427. Ein Ahnherr des modernen Christentums [Johann Georg Hamann], in: Die Christliche Welt 16 (1902), 850-854. Vorstadtleben [zu: Traugott Kühn [Pseudonym]: Skizzen aus dem kirchlichen und sittlichen Leben einer Vorstadt, Göttingen 1901], in: Die Christliche Welt 17 (1903), 84-86. Aus der angelsächsischen Welt l, in: Die Christliche Welt 17 (1903), 233-234. [Der Text ist ohne Fortsetzung geblieben.] Herder, in: Die Christliche Welt 17 (1903), 1153-1160. Früchte des Herdergedenktags, in: Die Christliche Welt 18 (1904), 757760. Schleiermachers „Reden über die Religion" und Herders „Religion, Lehrmeinungen und Gebräuche", in: Zeitschrift für Theologie und Kirche 16 (1906), 484-505. [Notiz, 484: „Probevorlesung, gehalten bei der Habilitation an der theologischen Fakultät Leipzig."]

Der ästhetische Einschlag im Suchen unsrer Zeit, in: Die Christliche Welt 20 (1906), 4-8. Die Bedeutung des achtzehnten Jahrhunderts für die systematische Theologie, in: Zeitschrift für Theologie und Kirche 17 (1907), 270-291. [Notiz, 270: „Antrittsvorlesung gehalten am 24. April 1907."] Zur Rechtfertigungslehre, in: Zeitschrift für Theologie und Kirche 17 (1907), 454-457. [Stephans Text bezieht sich auf Karl Holl: Die Rechtfertigungslehre im Licht der Geschichte des Protestantismus, Tübingen 1906/Karl Holl: Was hat die Rechtfertigungslehre dem modernen Menschen zu sagen?, Tübingen 1907.]

Neue Organe der Kirche, in: Die Christliche Welt 21 (1907), 808-813. Zu dem Bericht über den Katholikentag, in: Die Christliche Welt 21 (1907), 896.

Bibliographie Horst Stephan

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Antwort, in: Zeitschrift für Theologie und Kirche 18 (1908), 70-74. [Der Text bezieht sich auf Karl Holl: Noch einmal: Zur Rechtfertigungslehre, in: Zeitschrift für Theologie und Kirche 18 (1908), 67-70.] Kirche und Religionsunterricht, in: Die Christliche Welt 24 (1910), 3-10. Moderne Theologie des alten Glaubens [zu: Theodor Kaftan: Moderne Theologie des alten Glaubens. Zeit- und ewigkeitsgemäße Betrachtungen. Theologisch interessierten Evangelischen dargeboten. Zweite Auflage, Schleswig 1906], in: Die Christliche Welt 24 (1910), 890-894. 914-918. Systematische Theologie. Dogmatik: I. Allgemeine Ueberblicke. II. Einzelprobleme, in: Theologische Rundschau 14 (1911), 430-444. 474-489. Theozentrische Theologie, in: Zeitschrift für Theologie und Kirche 21 (1911) 171-209. [Der Text bezieht sich auf Erich Schaeder: Theozentrische Theologie. Eine Untersuchung zur dogmatischen Prinzipienlehre. Erster, geschichtlicher Teil, Leipzig 1909.] Die neuen Ansätze der konservativen Dogmatik und ihre Bedeutung für uns. Vortrag vor den Freunden der Christlichen Welt in Goslar am 2. Oktober [1911], in: Die Christliche Welt 25 (1911), 1034-1038. 1063-1067. 1082-1086. 1117-1120. 1139-1144. Schlatters Dogmatik, in: Theologische Rundschau 15 (1912), 225-238. [Besprechung zu: Adolf Schlatter: Das christliche Dogma, Calw und Stuttgart 1911.] Systematische Theologie. Dogmatik, in: Theologische Rundschau 15 (1912), 396-414. Das Verhältnis der Dogmatik zur Religionsphilosophie. Ein erweiterter Vortrag, in: Zeitschrift für Theologie und Kirche 23 (1913), 135-170. Ein dogmatischer Husarenritt. [Zu:] Kurt Leese: Die Prinzipienlehre der neueren systematischen Theologie im Lichte der Kritik L.[udwig] Feuerbachs, Leipzig 1912, in: Die Christliche Welt 27 (1913), 414416. Vom jüngsten Monismus, in: Die Christliche Welt 27 (1913), 1058-1063. 1110-1115. Zur Kritik der modernen Kultur, in: Die Christliche Welt 28 (1914), 942947. [Gemeinsam mit Karl Bornhausen, Rudolf Otto und Johannes Witte:] Studententag für Gegenwartschristentum, in: [Martin Rade (Hg.):] An die Freunde. Vertrauliche d.i. nicht für die Oeffentlichkeit bestimmte Mitteilungen. Nr. 48 vom 15. Juli 1914, 548-550.

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Veröffentlichte Quellen

Systematische Theologie. Dogmatik: I. Ueberblicke. II. Einzelfragen, in: Theologische Rundschau 18 (1915), 93-110. 132-146. Denkmale deutscher Selbstbesinnung. [Zu:] Deutschland und der Weltkrieg. Herausgegeben von Otto Hintze, Friedrich Meinecke, Heinrich Oncken und Heinrich Schumacher, Leipzig 1915/Die Arbeiterschaft im neuen Deutschland. Herausgegeben von Friedrich Thimme und Carl Legien, Leipzig 1915, in: Die Christliche Welt 29 (1915), 763-767. Die Türken und wir, in: [Martin Rade (Hg.):) An die Freunde. Vertrauliche d.i. nicht für die Oeffentlichkeit bestimmte Mitteilungen. Nr. 51 vom 26. März 1915, 590-591. Der Studententag, in: [Martin Rade (Hg.):] An die Freunde. Vertrauliche d.i. nicht für die Oeffentlichkeit bestimmte Mitteilungen. Nr. 54 vom 1. Dezember 1915, 622-623; siehe auch: Ebd., 648. Das evangelische Jubelfest in der Vergangenheit, in: Deutsch-Evangelisch. Monatsblätter für den gesamten deutschen Protestantismus 8 (1917), 2-12. Die Stellung des Glaubens zur Religionsgeschichte, in: Martin Rade / Horst Stephan (Hg.): Festgabe für Wilhelm Herrmann zu seinem 70. Geburtstage dargebracht von Schülern und Kollegen. Mit einem Bilde [Zeitschrift für Theologie und Kirche 27 (1917)], Tübingen 1917, 272-291. Das Hochschulstudium der Blinden, in: Die Christliche Welt 31 (1917), 384-387. Systematische Theologie. Dogmatik, in: Theologische Rundschau 20(1917), 169-183.247-264. Der kirchliche Neubau, in: Die Christliche Welt 32 (1918), 480-484. Ein deutsch-evangelischer Kirchenbund, in: Die Christliche Welt 32 (1918), 507-508. Was soll aus der Straßburger Hochschule werden?, in: Die Christliche Welt 33 (1919), 121-122. Die Zusammensetzung der Synoden, in: Die Christliche Welt 33 (1919), 410-415. [Diskussionsbeitrag zu den Verhandlungen des ersten Deutschen Evangelischen Kirchentages], in: Verhandlungen des Deutschen Evangelischen Kirchentages 1919. Herausgegeben vom Deutschen Evangelischen Kirchenausschuß, Berlin-Steglitz o.J. [1920], 216-218. Bei der christlichen Jugend von Holland, in: Die Christliche Welt 34 (1920), 696-697.

Bibliographie Horst Stephan

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Katholische Weltanschauungsprofessuren?, in: Die Christliche Welt 35 (1921), 442-446. [Vgl. hierzu die Replik: Max Meinertz: Katholische Weltanschauungsprofessuren?, in: Die Christliche Welt 35 (1921), 538-542, sowie Rades Stellungnahme: Ein offenes Wort aus Anlaß des Streites über die katholischen Weltanschauungsprofessuren. An Herrn Professor D. Meinertz, Magnificenz, Münster, in: Die Christliche Welt 35 (1921), 560-564.]

[Zuschrift an Martin Rade. Teilabdruck], in: Martin Rade: Ein offenes Wort aus Anlaß des Streites über die katholischen Weltanschauungsprofessuren. An Herrn Professor D. Meinertz, Magnificenz, Münster, in: Die Christliche Welt 35 (1921), 560-564, hier: 561-562. Wilhelm Herrmann [Nachruf], in: Zeitschrift für Theologie und Kirche. Neue Folge 3 (1922), 1-2. [Der Text ist auf folgende Weise unterzeichnet: „Im Namen der Herausgeber: Horst Stephan" (2).]

Am Sarge Wilhelm Herrmanns. 6. Januar 1922. 2. Im Namen der Fakultät [Ansprache bei der Trauerfeier für Wilhelm Herrmann am 6. Januar 1922 in Marburg], in: Die Christliche Welt 36 (1922), 76-79. [Weiterer Redner während der Trauerfeier war neben anderen Martin Rade.] Ein Ruf zur Sammlung in der systematischen Theologie, in: Die Christliche Welt 36 (1922), 898-902. [Der Text bezieht sich auf Georg Wobbermin: Systematische Theologie nach religionspsychologischer Methode. Erster Band: Die Religionspsychologische Methode in Religionswissenschaft und Theologie, Leipzig 1913/Zweiter Band: Das Wesen der Religion, Leipzig 1921/22.]

Die Wandlungen der theologischen Wissenschaft in den letzten 25 Jahren, in: Theologische Blätter 32 (1922), 37-40. [Notiz, 37: „Nach einem in der Arbeitsgemeinschaft niederhessischer Pfarrer am 5. Januar 1922 in Kirchhain gehaltenen Vortrag." - Mitschrift von Ernst Neubauer.]

Vom Studententag Pforta, in: Die Christliche Welt 37 (1923), 555-556. Die deutsche Bibel in Not, in: Zeitschrift für Theologie und Kirche. Neue Folge 4 (1923/24), 469. [Bei dem ungezeichneten Text handelt es sich um einen Unterstützungsaufruf zugunsten des Deutschen Bibelhilfsvereins.]

Kant und die Religion, in: Kant-Studien 29 (1924), 207-232. Kant und der evangelische Protestantismus der Gegenwart, in: [Martin Rade (Hg.):] An die Freunde. Vertrauliche d.i. nicht für die Oeffentlichkeit bestimmte Mitteilungen. Nr. 78 vom 5. November 1924, 857-860. [Vortrag während der Osttagung des Bundes für Gegenwartchristentum am 30. September/1. Oktober 1924 in Görlitz. Zusammenfassende Nachschrift von Ewald Stier.]

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Veröffentlichte Quellen

Zur gegenwärtigen Lage der vergleichenden Konfessionskunde, in: Zeitschrift für Theologie und Kirche. Neue Folge 5 (1924), 16-36. Die Berührung mit der Philosophie, in: Zeitschrift für Theologie und Kirche. Neue Folge 6 (1925), 73-74. Thomas redivivus und die Neuscholastik [Zum 5. internationalen Kongreß für Philosophie, Mai 1924 in Neapel], in: Zeitschrift für Theologie und Kirche. Neue Folge 6 (1925), 74-75. Zum 6. internationalen Kongreß für Philosophie [Einladung], in: Zeitschrift für Theologie und Kirche. Neue Folge 6 (1925), 75 und 474. Der neue Kampf um Schleiermacher, in: Zeitschrift für Theologie und Kirche. Neue Folge 6 (1925), 159-215. [Der Text bezieht sich auf Emil Brunner: Die Mystik und das Wort. Der Gegensatz zwischen moderner Religionsauffassung und christlichem Glauben dargestellt an der Theologie Schleiermachers, Tübingen 1924.]

Antwort auf Brunners Entgegnung, in: Zeitschrift für Theologie und Kirche. Neue Folge 6 (1925), 278-285. [Der Text bezieht sich auf Emil Brunner: Geschichte oder Offenbarung? Ein Wort der Entgegnung an Horst Stephan, in: Zeitschrift für Theologie und Kirche. Neue Folge 6 (1925), 266-278.]

Zur christlichen Einheitsbewegung, in: Zeitschrift für Theologie und Kirche. Neue Folge 6 (1925), 324. Zur Geschichte „Pfortas", in: Hört. Nachrichtenblatt der Studententagung Pforta. 3. Folge. Stück 2 (Februar 1925), [2]-[4], und 3. Folge. Stück 3 (Mai 1925), [l]-[7]. Die religiöse Frage - die Schicksalsfrage des deutschen Idealismus, in: Zeitschrift für Theologie und Kirche. Neue Folge 7 (1926), 243-267. [Anmerkung, 243: „Nach Vorträgen, die in der Halleschen Ortsgruppe der Kantgesellschaft und auf der Meißner Pastoralkonferenz gehalten worden sind."] Die „Christliche Welt" und die systematische Theologie, in: Vierzig Jahre „Christliche Welt". Festgabe für Martin Rade zum 70. Geburtstag 4. April 1927. Im Auftrag der Freunde zusammengestellt von Hermann Mulert, Gotha 1927, 112-119. Das Kirchenproblem im Lichte der Glaubenslehre, in: Zeitschrift für Theologie und Kirche. Neue Folge 8 (1927), 376-395. [Anmerkung, 376: „Vortrag auf der Sächsischen Kirchlichen Konferenz in Chemnitz, April 1927."] [Wegbereiter zum neuen Deutschland.] Albrecht Ritschi, in: Deutsche Akademische Rundschau 8. Jahrgang/ 16. Semester-Folge (1927), Nr. 10 vom 15. Februar 1927, 1-4. [Stephans Beitrag erschien innerhalb einer Reihe biographischer Porträts, die

Bibliographie Horst Stephan

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unter dem von der Redaktion gewählten Titel „Wegbereiter zum neuen Deutschland" stand.] [Diskussionsbeiträge zu den Verhandlungen des Bundes für Gegenwartchristentum in Meißen (3. bis 5. Oktober 1927)], in: [Martin Rade (Hg.):] An die Freunde. Vertrauliche d.i. nicht für die Oeffentlichkeit bestimmte Mitteilungen. Nr. 88 vom 1. Dezember 1927, 1013-1014. 1016. [Stephans Diskussionsbeiträge beziehen sich auf Georg Wobbermins Vortrag: Der Kampf um die dialektische Theologie [siehe unter 2.3.3.], sowie auf Paul Tillichs Vortrag: Eschatologie und Geschichte [gehalten am 5. Oktober 1927], abgedruckt in: Die Christliche Welt 41 (1927), 1034-1042.] Selbstanzeige. [Zu:] Horst Stephan: Glaubenslehre. Zweite, völlig neu bearbeitete Auflage, Gießen 1928, in: Zeitschrift für Theologie und Kirche 9 (1928), 232-234. Selbstanzeige. [Zu:] Horst Stephan: Die systematische Theologie. Die evangelische Theologie. Ihr jetziger Stand und ihre Aufgaben. Vierter Teil. Die systematische Theologie, Halle an der Saale 1928, in: Zeitschrift für Theologie und Kirche. Neue Folge 9 (1928), 400. Die Deutsche Philosophische Gesellschaft, in: Zeitschrift für Theologie und Kirche. Neue Folge 9 (1928), 400. [Bericht über die Tagung der Deutschen Philosophischen Gesellschaft vom 1. bis 4. Oktober 1928 in Leipzig.] Lessing und die Gegenwart, in: Zeitschrift für Theologie und Kirche. Neue Folge 10 (1929), 401-434. [Anmerkung, 401: „Vortrag, gehalten in Hannover im April 1929."] Das Evangelium in der Gegenwart. Vortrag, gehalten bei der Vierzig-JahrFeier des Sächsischen Evangelischen Bundes in Zwickau, 20. Oktober 1929, in: Die Wartburg. Deutsch-Evangelische Monatsschrift 28 (1929), 369-383. Ein neuer Schritt zum Verständnis des Deutschen Idealismus. [Zu:] Kurt Leese: Philosophie und Theologie im Spätidealismus, Berlin 1929, in: Die Christliche Welt 43 (1929), 693-694. Das Bekenntnis als Aufgabe der lebendigen Gemeinde, in: Zeitschrift für Theologie und Kirche. Neue Folge 11 (1930), 417-436. [Anmerkung, 417: „Vortrag, gehalten in Dresden am 27. Oktober 1930 bei der Zehnjahrstagung der Freien Volkskirchlichen Vereinigung für Sachsen."] Die philosophischen Kongresse, in: Zeitschrift für Theologie und Kirche. Neue Folge 12 (1931), 239. [Beitrag], in: Leopold Klotz (Hg.): Die Kirche und das dritte Reich. Fragen und Forderungen deutscher Theologen. Band 2, Gotha 1932,116-124. „Krisis und Wende des christlichen Geistes"? [Zu: Kurt Leese: Die Krisis und Wende des christlichen Geistes. Studien zum anthropologischen

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Veröffentlichte Quellen

und theologischen Problem der Lebensphilosophie, Berlin 1932], in: Zeitschrift für Theologie und Kirche. Neue Folge 13 (1932), 324-340. Die theologische Fakultät in Leipzig um 1832, in: Otto Lerche (Hg.): Leipzig um 1832. Aus Zeit und Umwelt des Gustav Adolf-Vereins und seinen Anfängen, Leipzig / Berlin o.J. [1932], 83-91. Die aktuelle Bedeutung der Anthropologie. Zur Einführung. Vom Herausgeber, in: Zeitschrift für Theologie und Kirche. Neue Folge 14 (1933), 97-103. [Stephans Text bezieht sich auf Heft 2 des vierzehnten Jahrganges der Zeitschrift für Theologie und Kirche. Neue Folge, das dem Themengebiet der Anthropologie gewidmet war.]

Schleiermachers politische Ethik als Spiegel seines Denkens, in: Zeitschrift für Theologie und Kirche. Neue Folge 14 (1933), 320-349. [Erklärung zu den „28 Thesen der sächsischen Volkskirche zum inneren Aufbau der Deutschen Evangelischen Kirche" anläßlich der Synodalentscheidung vom 10. Dezember 1933], in: Neues Sächsisches Kirchenblatt 40 (1933), 829 (Nr. 52 vom 24. 12.1933); geringfügig gekürzter Nachdruck in: Protestantenblatt. Wochenschrift für den deutschen Protestantismus 67 (1934), 11-12 (Nr. l vom 2. Januar 1934). Weltanschauung, natürliche Theologie und Christentum, in: Zeitschrift für Theologie und Kirche. Neue Folge 15 (1934), 315-328. Schleiermacher als Denker, in: Neue Jahrbücher für Wissenschaft und Jugendbildung 10 (1934), 194-210. [Die in 2.1.1. verzeichnete Bibliographie nennt unter Stephans Aufsätzen von 1934 auch folgenden Titel: Der modulatorische Aufbau in Bachs Gesangswerken, in: Bach-Jahrbuch 31 (1934), 63-88. Dieser Text stammt nicht von Horst Stephan, sondern von dem Plauener Kirchenmusiker Hans Stephan.]

Albrecht Ritschi und die Gegenwart, in: Zeitschrift für Theologie und Kirche. Neue Folge 16 (1935), 21-43. [Anmerkung, 21: „Dieser und der folgende Aufsatz [Otto Ritschi: Albrecht Ritschis Theologie und ihre bisherigen Schicksale (43-61)] sind Vorträge, die im September 1934 auf einer Zusammenkunft alter Schüler [Albrecht] Ritschis (zu denen ich selbst freilich nicht gehöre) gehalten worden sind."]

Zur Problematik der Bekenntnisfrage. Vom Herausgeber, in: Zeitschrift für Theologie und Kirche. Neue Folge 18 (1937), 152-157. Offenbarung Gottes - heute?, in: Zeitschrift für Theologie und Kirche. Neue Folge 19 (1938), 187-210. [Anmerkung, 187: „Vortrag in der Leipziger Theologischen Fachschaft."] Selbstanzeige. [Zu:] Horst Stephan: Geschichte der evangelischen Theologie seit dem Deutschen Idealismus, Berlin 1938, in: Zeitschrift für Theologie und Kirche. Neue Folge 19 (1938), 280-281.

Bibliographie Horst Stephan

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Was heißt heute: „Ich glaube an Gott"?, in: Die Christliche Welt 52 (1938), 57-61. 101-107. Intensiv und extensiv gerichteter Glaube, in: Sächsisches Kirchenblatt. Neue Folge III (1939), 241-242 (Nr. 31 vom 30. Juli 1939). [Der Text bezieht sich auf Heinrich Wienholds Rezension zu Stephans Buch: Die Geschichte der evangelischen Theologie seit dem Deutschen Idealismus, Berlin 1938, in: Sächsisches Kirchenblatt. Neue Folge III (1939). Nr. 16 vom 16. April 1939. Auf Stephans Artikel entgegnete Wienhold mit einer kurzen Replik: Ebd., 242 (Nr. 31 vom 30. Juli 1939).] Martin Rade als Theologe, in: Die freie Volkskirche 28 (1940), 130. Das protestantische Prinzip [Zu: Theodor Siegfried: Das Protestantische Prinzip in Kirche und Welt (Theologische Arbeiten zur Bibel-, Kirchen- und Geistesgeschichte. Band 8), Halle 1939], in: Die Christliche Welt 54 (1940), 175-179. Rade als Theologe, in: Die Christliche Welt 54 (1940), 249-252. Historische Schriftbetrachtung als kirchlicher Dienst, in: Theologische Blätter 20 (1941), 113-129. [Anmerkung, 113: „Vortrag auf einer Freizeit der Leipziger theologischen Fachschaft."] Herders Kampf um die Vertiefung des Humanitätsideals, in: Baumeister des Abendlandes. Herausgegeben von der Neuen Ruhrzeitung (Rheinisch-Westfälische Verlagsgesellschaft), 1946 [näherer Nachweis nicht möglich]. Theologie und Kirche. Von den beiden Hauptspannungen der Theologie aus gesehen, in: Theologische Literaturzeitung 72 (1947), 163-164. Die Aufgabe der Theologie im Lichte ihrer Geschichte, in: [Martin] Doerne / [Johannes] Leipoldt / [Albrecht] Oepke / [Horst] Stephan: Grundriß des Theologiestudiums. Allgemeines -Neues Testament. Erster Teil (Grundrisse zur evangelischen Theologie. Herausgegeben von Paul Althaus / Friedrich Baumgärtel / Carl Heinz Ratschow / Martin Doerne: Grundriß des Theologiestudiums I), Gütersloh 1949, 47-65. [Einen Auszug aus diesem Text bietet unter dem Titel „Die Aufgabe der Theologie im Lichte der Geschichte" Richard H. Grützmacher (Hg.): Textbuch zur deutschen systematischen Theologie und ihrer Geschichte vom 16. bis 20. Jahrhundert. Band I: 1530-1934. Vierte Auflage, neu bearbeitet, bis in die Gegenwart fortgeführt und herausgegeben von Gerhard G. Muras, Gütersloh 1955, 245-246. Muras' Quellenangabe: „1952 [...] I 70/71" ist unzutreffend.] Hermann Mulert in memoriam, in: Theologische Literaturzeitung 75 (1950), 633-634.

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Veröffentlichte Quellen

Grundfragen der systematischen Theologie, in: Grundriß des Theologiestudiums. In Verbindung mit Walter Baetke, Heinrich Bornkamm, Kurt Goldammer, Carl Ihmels, Johannes Leipoldt, Alfred Dedo Müller, Albrecht Oepke, Gottfried Quell, Horst Stephan, Ernst Sommerlath herausgegeben von Martin Doerne. Dritter Teil: Systematische Theologie - Praktische Theologie - Hilfswissenschaften (Grundrisse zur evangelischen Theologie. Herausgegeben von Paul Althaus, Friedrich Baumgärtel, Carl Heinz Ratschow: Grundriß des Theologiestudiums III), Gütersloh 1952, 1-15. Christliches Weltverständnis, in: Grundriß des Theologiestudiums. In Verbindung mit Walter Baetke, Heinrich Bornkamm, Kurt Goldammer, Carl Ihmels, Johannes Leipoldt, Alfred Dedo Müller, Albrecht Oepke, Gottfried Quell, Horst Stephan, Ernst Sommerlath herausgegeben von Martin Doerne. Dritter Teil: Systematische Theologie Praktische Theologie - Hilfswissenschaften (Grundrisse zur evangelischen Theologie. Herausgegeben von Paul Althaus, Friedrich Baumgärtel, Carl Heinz Ratschow: Grundriß des Theologiestudiums III), Gütersloh 1952, 66-77. Die Geschichtlichkeit des Menschen, in: Die Sammlung 8 (1952), 448-457. [Anmerkung, 448: „Der Aufsatz gehörte der ungedruckten Festgabe an, die Herrn Prof. D. Dr. Karl Heussi zu seinem 75. Geburtstag (16. 6. 1952) gewidmet wurde."]

2.1.5. Einleitungen, Vor- und Nachworte, editorische Notizen Einleitung, zu: Herders Philosophie. Ausgewählte Denkmäler aus der Werdezeit der neuen deutschen Bildung. Herausgegeben von Horst Stephan (Philosophische Bibliothek. Band 112), Leipzig 1906, VII-XLIV. Kleine Mitteilungen [Redaktionelle Notizen], in: Die Christliche Welt 21 (1907), 898-899. Kleine Mitteilungen [Redaktionelle Notizen], in: Die Christliche Welt 21 (1907), 923. Kleine Mitteilungen [Redaktionelle Notizen], in: Die Christliche Welt 21 (1907), 947-948. Kleine Mitteilungen [Redaktionelle Notizen], in: Die Christliche Welt 21 (1907), 979. Kleine Mitteilungen [Redaktionelle Notizen], in: Die Christliche Welt 21 (1907), 1005. Kleine Mitteilungen [Redaktionelle Notizen], in: Die Christliche Welt 21 (1907), 1212.

Bibliographie Horst Stephan

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Einleitung, zu: Spaldings Bestimmung des Menschen (1748) und Wert der Andacht (1755). Mit Einleitung neu herausgegeben von Horst Stephan (Studien zur Geschichte des neueren Protestantismus. 1. Quellenheft), Gießen 1908, 3-12. Kleine Mitteilungen [Redaktionelle Notizen], in: Die Christliche Welt 22 (1908), 572. Kleine Mitteilungen [Redaktionelle Notizen], in: Die Christliche Welt 22 (1908), 597. Vorwort zur dritten Auflage, in: Friedrich August Berthold Nitzsch: Lehrbuch der evangelischen Dogmatik. Dritte Auflage. Bearbeitet von Horst Stephan (Sammlung theologischer Lehrbücher), Tübingen 1912, V-XI. [Gemeinsam mit Martin Rade:] Hochverehrter Herr Geheimrat! [Vorwort], in: Festgabe für Wilhelm Herrmann zu seinem 70. Geburtstage dargebracht von Schülern und Kollegen. Herausgeber Martin Rade und Horst Stephan. Mit einem Bilde [Zeitschrift für Theologie und Kirche 27 (1917)], Tübingen 1917, V-VI. Vorwort zur dritten Auflage, in: Otto Kirn: Sittliche Lebensanschauungen der Gegenwart. Dritte Auflage durchgesehen von Horst Stephan (Aus Natur und Geisteswelt. Sammlung wissenschaftlich-gemeinverständlicher Darstellungen. 177. Bändchen), Leipzig und Berlin 1917, IV-V. [Erklärung des Herausgebergremiums zum Beginn der „Neuen Folge" der Zeitschrift für Theologie und Kirche], in: Zeitschrift für Theologie und Kirche 28 (Neue Folge 1) (1920), 1-2. [Der Text ist auf folgende Weise unterzeichnet: „D. Horst Stephan in Marburg als Herausgeber. D. Karl Bornhausen-Marburg, D. Karl Heim-Münster (Tübingen), D. Theophil Steinmann-Herrnhut als Mitherausgeber."]

Zur dritten Auflage, in: Wilhelm Herrmann: Die sittlichen Weisungen Jesu. Ihr Mißbrauch und ihr richtiger Gebrauch. Dritte Auflage. Herausgegeben von Horst Stephan, Göttingen 1922, 4-5. [Gemeinsam mit Leopold Zscharnack, Hermann Gunkel und Hermann Faber:] Die Religion in Geschichte und Gegenwart. Zweite, völlig neubearbeitete Auflage. Erstes Rundschreiben an die Mitarbeiter, Tübingen 1924. [Ein Druckexemplar des sechsseitigen Schreibens befindet sich im Archiv des Verlages J.C.B. Mohr (Paul Siebeck), Tübingen.]

Vorwort zur vierten Auflage, in: Otto Kirn: Sittliche Lebensanschauungen der Gegenwart. Vierte Auflage herausgegeben von Horst Stephan (Aus Natur und Geisteswelt. Sammlung wissenschaftlich-gemeinverständlicher Darstellungen. 177. Band), Leipzig und Berlin 1924, V.

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Veröffentlichte Quellen

[Notiz], in: Zeitschrift für Theologie und Kirche. Neue Folge 6 (1925), 73. [Ankündigung einer mit dem vorliegenden Jahrgang neu eingeführten Rubrik für Einzelrezensionen.] [Ankündigung der zweiten Auflage von „Die Religion in Geschichte und Gegenwart"], in: Zeitschrift für Theologie und Kirche. Neue Folge 7 (1926), 476-477. Zum Schlußaufsatz, in: Zeitschrift für Theologie und Kirche. Neue Folge 9 (1928), 400. [Stephans Text bezieht sich auf Lina Keßler: Zur Bildlichkeit der religiösen Erkenntnis, in: Zeitschrift für Theologie und Kirche. Neue Folge 9 (1928), 383-399.]

Notiz. Das vorliegende Heft, in: Zeitschrift für Theologie und Kirche. Neue Folge 10 (1929), 400. [Der Text bezieht sich auf Heft 5 des zehnten Jahrgangs der Zeitschrift für Theologie und Kirche. Neue Folge, das als „Festgabe für Georg Wobbermin zu seinem 60. Geburtstag", herausgegeben von Friedrich Wilhelm Schmidt und Robert Winkler, gestaltet war. - Vgl. unter 2.3.2.]

Zum Abschluß des alten und Beginn des neuen Jahrzehnts, in: Zeitschrift für Theologie und Kirche. Neue Folge 10 (1929), 474. Hochgeehrter Herr Geheimrat! [Vorwort], in: Festgabe für Ferdinand Kattenbusch zu seinem 80. Geburtstag am 3. Oktober [1931]. Zeitschrift für Theologie und Kirche. Neue Folge 12 (1931), 4/5. Heft, Tübingen 1931, [III]. [Der Text ist unterzeichnet: „Im Namen der Herausgeber und Mitarbeiter: Horst Stephan."] Notiz, in: Zeitschrift für Theologie und Kirche. Neue Folge 12 (1931), 372. [Der Text bezieht sich auf die Zusammenstellung des Doppelheftes 4/5 des zwölften Jahrganges der Zeitschrift für Theologie und Kirche. Neue Folge, das als „Festgabe für Ferdinand Kattenbusch" erschien.]

Notiz. In eigener Sache, in: Zeitschrift für Theologie und Kirche. Neue Folge 13 (1932), 96. [Stephans Text kündigt die Umstellung der bisherigen zweimonatlichen auf eine vierteljährliche Erscheinungsweise sowie inhaltliche Veränderungen in der Zeitschrift für Theologie und Kirche. Neue Folge an.]

Das vorliegende Heft, in: Zeitschrift für Theologie und Kirche. Neue Folge 15 (1934), 192. [Stephans Text bezieht sich auf Heft 2 des fünfzehnten Jahrganges der Zeitschrift für Theologie und Kirche. Neue Folge, das der „Auseinandersetzung mit der Deutschen Glaubensbewegung" gewidmet war.]

Das vorliegende Heft, in: Zeitschrift für Theologie und Kirche. Neue Folge 16 (1935), 96. [Redaktionelle Bemerkung zu Heft l des sechzehnten Jahrganges der Zeit-

Bibliographie Horst Stephan

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schrift für Theologie und Kirche. Neue Folge, das den Schülern Albrecht Ritschis Friedrich Traub und Otto Ritschi gewidmet war.]

Nachwort, in: Zeitschrift für Theologie und Kirche. Neue Folge 16 (1935), 368-370. [„Nachwort" zu Heft 4 des sechzehnten Jahrganges der Zeitschrift für Theologie und Kirche. Neue Folge, das sich mit der „Deutschen Glaubensbewegung" auseinandersetzte.]

Das vorliegende Heft, in: Zeitschrift für Theologie und Kirche. Neue Folge 17 (1936), 190. [Stephans Text bezieht sich auf Heft 2 des siebzehnten Jahrganges der Zeitschrift für Theologie und Kirche. Neue Folge, das dem „Verhältnis der Religion bzw. des christlichen Glaubens zur Natur" gewidmet war.]

Zu dem vorliegenden Doppelheft!, in: Zeitschrift für Theologie und Kirche. Neue Folge 19 (1938), 161. [Der Text bezieht sich auf das Heft 1/2 des neunzehnten Jahrganges der Zeitschrift für Theologie und Kirche. Neue Folge, das als „Gedenkheft" Rudolf Otto gewidmet war. Auf Seite l findet sich folgende Widmung: „Rudolf Otto zum Jahrestag seines Todes am 6. März in treuem Gedenken und Dankbarkeit. Die Verfasser." - Vgl. auch: Ebd., 162: Heinrich Frick/Theodor Siegfried: Mitteilungen und Bitte an die Leser.]

Nachricht, in: Zeitschrift für Theologie und Kirche. Neue Folge 19 (1938), 384. [Der Text lautet: „Durch bedauerlichen Rückgang der Abonnentenzahl sieht der Verlag sich gezwungen, mit diesem Heft das Erscheinen der Zeitschrift für Theologie und Kirche vorläufig einzustellen. Horst Stephan. J.C.B. Mohr (Paul Siebeck)."]

2.1.6. Lexikonartikel Wolff, Christian, und die Wölfische Theologie, in: Realencyklopädie für protestantische Theologie und Kirche. Dritte Auflage. Band 21, Leipzig 1908, 452-464. Allianz, Heilige, in: Die Religion in Geschichte und Gegenwart [im folgenden: RGG]. Band l, Tübingen 1909, 368-369. von Altenstein, Karl Freiherr von Stein zum Altenstein, in: RGG. Band l, Tübingen 1909, 398-399. [Gemeinsam mit Martin Schian:] Altlutheraner, in: RGG. Band l, Tübingen 1909, 416-420. Ancillon, Johann Peter Friedrich, in: RGG. Band l, Tübingen 1909, 467. Arndt, Ernst Moritz, in: RGG. Band l, Tübingen 1909, 715-717.

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Veröffentlichte Quellen

Arndt, Johann Friedrich Wilhelm, in: RGG. Band l, Tübingen 1909, 717718. von Borowski, Ludwig Ernst, in: RGG. Band l, Tübingen 1909, 1308. Büchsel, Karl, in: RGG. Band l, Tübingen 1909, 1417. von Bunsen, Christian Karl Josias, in: RGG. Band l, Tübingen 1909, 1451-1453. Claudius, Matthias, in: RGG. Band l, Tübingen 1909, 1827-1828. Eichhorn, Johann Albrecht Friedrich, in: RGG. Band 2, Tübingen 1910, 234-235. Eylert, Ruhlemann Friedrich, in: RGG. Band 2, Tübingen 1910, 798. Friedrich Wilhelm HL, in: RGG. Band 2, Tübingen 1910, 1078-1080. Friedrich Wilhelm IV., in: RGG. Band 2, Tübingen 1910, 1080-1082. von Gerlach, Leopold, in: RGG. Band 2, Tübingen 1910, 1327. von Gerlach, Ludwig, in: RGG. Band 2, Tübingen 1910, 1327-1328. von Gerlach, Otto, in: RGG. Band 2, Tübingen 1910, 1328. Hamann, Johann Georg, in: RGG. Band 2, Tübingen 1910, 1819-1821. Herder, Johann Gottfried, in: RGG. Band 2, Tübingen 1910, 2122-2126. Heubner, Heinrich Leonhard, in: RGG. Band 3, Tübingen 1912, 4-5. von Humboldt, Wilhelm, in: RGG. Band 3, Tübingen 1912, 196-198. Kögel, Rudolf, in: RGG. Band 3, Tübingen 1912, 1550-1551. Ritschi, Albrecht Benjamin, in: RGG. Band 4, Tübingen 1913, 23262333. Rothe, Richard, in: RGG. Band 5, Tübingen 1913, 41-44. Sack, Friedrich Samuel Gottfried, in: RGG. Band 5, Tübingen 1913, 164165. Spalding, Johann Joachim, in: RGG. Auflage. Band 5, Tübingen 1913, 774-775. Wöllner und das Wöllnersche Religionsedikt, in: RGG. Band 5, Tübingen 1913, 2110-2111. Abhängigkeitsgefühl, in: RGG. Zweite Auflage. Band l, Tübingen 1927, 59. [Gemeinsam mit Otto Scheel:] Adiaphora (Mitteldinge, Erlaubtes), in: RGG. Zweite Auflage. Band l, Tübingen 1927, 84-87.

Bibliographie Horst Stephan

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Anthropozentrisch, in: RGG. Zweite Auflage. Band l, Tübingen 1927,375. Antinomie, in: RGG. Zweite Auflage. Band l, Tübingen 1927, 390. Apelt, Ernst Friedrich, in: RGG. Zweite Auflage. Band l, Tübingen 1927, 401. Apologetik: III. Systematisch-theologisch, in: RGG. Zweite Auflage. Band l, Tübingen 1927, 421-425. Bekenntnis: II. Dogmatisch, in: RGG. Zweite Auflage. Band l, Tübingen 1927, 871-873. Braniß, Christian Julius, in: RGG. Zweite Auflage. Band l, Tübingen 1927, 1225. Busse, Ludwig, in: RGG. Zweite Auflage. Band l, Tübingen 1927, 1386. Carriere, Moritz, in: RGG. Zweite Auflage. Band l, Tübingen 1927, 1465-1466. Chalybäus, Heinrich Moritz, in: RGG. Zweite Auflage. Band l, Tübingen 1927, 1481. Claudius, Matthias, in: RGG. Zweite Auflage. Band l, Tübingen 1927, 1685-1686. [Gemeinsam mit Emil Walter Mayer:] Comte, Auguste, in: RGG. Zweite Auflage. Band l, Tübingen 1927, 1715-1716. Concursus divinus, in: RGG. Zweite Auflage. Band l, Tübingen 1927, 1716-1717. Dogma, in: RGG. Zweite Auflage. Band l, Tübingen 1927, 1961-1964. Dogmatik, in: RGG. Zweite Auflage. Band l, Tübingen 1927, 19641968. [Gemeinsam mit Emil Walter Mayer:] Dogmatismus, in: RGG. Zweite Auflage. Band l, Tübingen 1927, 1969-1970. Entropologischer Gottesbeweis, in: RGG. Zweite Auflage. Band 2, Tübingen 1928, 170. Fides implicita, in: RGG. Zweite Auflage. Band 2, Tübingen 1928, 580. Gemeinde: I. Begrifflich, in: RGG. Zweite Auflage. Band 2, Tübingen 1928, 983-984. Glaubenslehre, in: RGG. Zweite Auflage. Band 2, Tübingen 1928, 12361237. [Gemeinsam mit Samuel Eck:] Gotteskindschaft: II. Dogmatisch, in: RGG. Zweite Auflage. Band 2, Tübingen 1928, 1396-1401.

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Veröffentlichte Quellen

[Gemeinsam mit Samuel Eck:] Gottvertrauen, in: RGG. Zweite Auflage. Band!, Tübingen 1928, 1404-1411. Hamann, Johann Georg, in: RGG. Zweite Auflage. Band 2, Tübingen 1928, 1595-1597. Herder, Johann Gottfried, in: RGG. Zweite Auflage. Band 2, Tübingen 1928, 1814-1818. Hülsmann, Jakob, in: RGG. Zweite Auflage. Band 2, Tübingen 1928, 2036. von Humboldt, Karl Wilhelm, in: RGG. Zweite Auflage. Band 2, Tübingen 1928, 2046-2047. Idealismus: III. Deutseher Idealismus als religiös-theologisches Gegenwartsproblem, in: RGG. Zweite Auflage. Band 3, Tübingen 1929, 53-59. Müller, Alfred Dedo, in: RGG. Zweite Auflage. Band 4, Tübingen 1930, 256. Ritschi, Albrecht, in: RGG. Zweite Auflage. Band 4, Tübingen 2043-2046.

1930,

Rothe, Richard, in: RGG. Zweite Auflage. Band 4, Tübingen 1930, 21172120. Schmidt, Friedrich Wilhelm, in: RGG. Zweite Auflage. Band 5, Tübingen 1931, 206-207. Spalding, Johann Joachim, in: RGG. Zweite Auflage. Band 5, Tübingen 1931, 666. Systematische Theologie, in: RGG. Zweite Auflage. Band 5,. Tübingen 1931, 971-972. Theologie: II. Evangelische Theologie, in: RGG. Zweite Auflage. Band 5, Tübingen 1931, 1116-1124. Unbedingte, Das, in: RGG. Zweite Auflage. Band 5, Tübingen 1350.

1931,

Weltbild und Weltanschauung: IV. Systematisch, in: RGG. Zweite Auflage. Band 5, Tübingen 1931, 1845-1850. Wöllner und das W.[öllner]sche Religionsedikt, in: RGG. Zweite Auflage. Band 5, Tübingen 1931, 1997-1998.

Bibliographie Horst Stephan

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2.1.7. Rezensionen Friedrich Zange: Didaktik und Methodik des evangelischen Religionsunterrichtes, München 1897, in: Die christliche Welt 12 (1898), 572. Wilhelm Wohlrabe: Der Lehrer in der Litteratur. Beiträge zur Geschichte des Lehrerstandes. Zweite Auflage, Freiburg im Breisgau 1898, in: Die christliche Welt 12 (1898), 594-595. Erinnerungen an meine Schuljahre. In Wort und Bild. Herausgegeben von Thümecke Nachfolger, Berlin / München o.J., in: Die christliche Welt 12 (1898), 595. Richard Franke: Der Römerbrief in unser Deutsch übersetzt, Chemnitz 1898, in: Die christliche Welt 12 (1898), 836. Karl Henckell: Sonnenblumen, Zürich und Leipzig 1898, in: Die christliche Welt 12 (1898), 956. Alexander Tille: Deutsche Lyrik von Heute und Morgen. Mit einem Bilde von Nietzsche und einer Einleitung, Leipzig 1896, in: Die christliche Welt 12 (1898), 979. Aus dem Königreich Sachsen. Fünf Schriften von dem Leben seiner Landeskirche [Sammelrezension], in: Die christliche Welt 12 (1898), 1027-1028. Paul Ewald: Religion und Christentum. Ein Vortrag, Leipzig 1898, in: Die christliche Welt 12 (1898), 1099. August Otto (Hg.): Bilder aus der neuern Litteratur für die Lehrerwelt. Heft 2: Gerok, Minden in Westfalen 1898, in: Die christliche Welt 12 (1898), 1145. Hans Meyer (Hg.): Das deutsche Volkstum, Leipzig und Wien 1898, in: Die christliche Welt 12 (1898), 1145. James Stalker: Das Leben Jesu. Autorisierte Uebersetzung aus dem Englischen. Zweite Auflage, Freiburg im Breisgau u.a. 1898, in: Die christliche Welt 12 (1898), 1148. Alfred Lord Tennyson: In Memoriam. Aus dem Englischen übersetzt von Jakob Feis, Straßburg 1899 [!], in: Die christliche Welt 12 (1898), 1196-1197. Ansichtskarten aus Ägypten [Ankündigung und Preismitteilung], in: Die christliche Welt 13 (1899), 20. Ernst Ludwig Fischer: Leben und Werke Alfred Lord Tennysons, Gotha 1899, in: Die christliche Welt 13 (1899), 115-116. Volks-Universal-Lexikon. Ein Nachschlage- und Belehrungsbuch für alle Fälle und Lagen des täglichen Lebens. Unter Mitwirkung von Fachleuten herausgegeben von E. Dennert. Erste Lieferung, Berlin 1899, in: Die christliche Welt 13 (1899), 139-140. Paul Haag: Evangelisch-Sozial. Lyrisches und Dramatisches für festliche Stunden, Karlsruhe 1899, in: Die christliche Welt 13 (1899), 235-236. Xenien, Sprüche und Gedanken von Einem [Max Bewer], Dresden 1899, in: Die christliche Welt 13 (1899), 525.

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Veröffentlichte Quellen

Freunde der lyrischen Dichtung [Sammelrezension], in: Die christliche Welt 13 (1899), 1146. Martin Greif: General York. Vaterländisches Schauspiel, Leipzig 1899, in: Die christliche Welt 13 (1899), 1168-1169. Emil Felden: Im Gebirgsdorf und andre Geschichten, Saarburg in Lothringen 1899, in: Die christliche Welt 13 (1899), 1194. Der Spiegel. Ein Bild vom Weltendrama in Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft, Altona 1900, in: Die Christliche Welt 14 (1900), 404. Karl Otto Erdmann: Die Bedeutung des Wortes, Leipzig 1900, in: Die Christliche Welt 14 (1900), 763. Consentius: „Freygeister, Naturalisten, Atheisten" -ein Aufsatz Lessings im Wahrsager, Leipzig 1899, in: Die Christliche Welt 14 (1900), 1122. Deutsche Märchen. Eine Sammlung der schönsten deutschen Märchen nach Bechstein, Gebrüder Grimm, Musäus u.a. Dritte Auflage. Bearbeitet von Fritz Philip Schmidt, Leipzig 1900, in: Die Christliche Welt 14 (1900), 1168. Paul Oskar Höcker: Väterchen, Stuttgart 1900/Adolf Wilbrandt: Feuerblumen, Stuttgart 1900, in: Die Christliche Welt 14 (1900), 1218-1219. M. von Broecker: 1900. Was die Jahrhunderte erzählen. Eine Dichtung zur Aufführung an der Jahrhundertwende, Hamburg 1900, in: Die Christliche Welt 15 (1901), 34. Bernhard Maydorn: Wesen und Bedeutung des modernen Realismus. Kritische Betrachtungen, Leipzig 1900, in: Die Christliche Welt 16 (1902), 739-740. Max Schneidewin: Die Unendlichkeit der Welt. Nach ihrem Sinn und nach ihrer Bedeutung für die Menschheit, Berlin 1900, in: Die Christliche Welt 16 (1902), 740. Friedrich Jacobsen: Die Pflicht. Roman, Leipzig o.J., in: Die Christliche Welt 17 (1903), 115-116. [Friedrich Gottlieb] Klopstock: Der Messias. In kurzem Auszug für das deutsche Haus. Herausgegeben von Ranke, Lübeck 1903, in: Die Christliche Welt 17 (1903), 1172. Wilhelm Bousset: Das Wesen der Religion dargestellt an ihrer Geschichte, Halle an der Saale 1903, in: Die Christliche Welt 17 (1903), 1196. [Ralph Waldo] Emerson: Schriften. Band l - Band 4, Leipzig o.J., in: Die Christliche Welt 17 (1903), 1225. Traugott Kühn [Pseudonym]: Skizzen aus dem kirchlichen und sittlichen Leben einer Vorstadt. Neue Folge, Göttingen 1904, in: Die Christliche Welt 18 (1904), 932. Edward Waldo Emerson: Ralph Waldo Emerson. Deutsch von Sophie von Harbou, Minden in Westfalen 1904, in: Die Christliche Welt 18 (1904), 1149. Erzieher zu deutscher Bildung. Herausgegeben von Friedrich von der Leyen. Band 1: Herder, Jena und Leipzig 1904 / Band 2: Friedrich Schlegel, Jena und Leipzig 1904, in: Die Christliche Welt 18 (1904), 1149.

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Karl Berger: Schiller. Band l, München 1904, in: Die Christliche Welt 18 (1904), 1149. Nachlese zu den Früchten des Herdergedenktags [Sammelrezension u.a. zu: Otto Baumgarten: Herders Lebenswerk und die religiöse Frage der Gegenwart, Tübingen 1905], in: Die Christliche Welt 19 (1905), 355. Schillerschriften [Sammelrezension zu Veröffentlichungen im Jubiläumsjahr], in: Die Christliche Welt 19 (1905), 428-429. Rechte Anleitung zur Lektüre der Bibel. [Rezension zu:] Johann Gottfried Herder: Ueber das Studium der Theologie. Herausgegeben von Hermann Dechent, Leipzig 1905, in: Die Christliche Welt 19 (1905), 906. Noch einmal Schillerschriften [Sammelrezension zu weiteren Veröffentlichungen im Jubiläumsjahr], in: Die Christliche Welt 19 (1905), 907-908. Jung Stilling und Arndt [Rezension zu: Briefe Jung-Stillings an seine Freunde. Herausgegeben von Alexander Vömel, Berlin 1905/Ernst Müsebeck: Ernst Moritz Arndt und das kirchlich-religiöse Leben seiner Zeit, Tübingen 1905], in: Die Christliche Welt 19 (1905), 1003-1004. Von Schleiermacher [Rezension zu: Schleiermachers letzte Predigt. Mit einer Einleitung neu herausgegeben von Johannes Bauer, Marburg 1905], in: Die Christliche Welt 19 (1905), 1121-1122. Hermann Mosapp: Charlotte von Schiller. Ein Lebens- und Charakterbild, Stuttgart 1905, in: Die Christliche Welt 19 (1905), 1168. [John] Ruskin [Sammelrezension zu biographischen Veröffentlichungen aus den Jahren 1904 und 1905], in: Die Christliche Welt 19 (1905), 1199-1200. [Sammelrezension zu: Johann Georg Hamann: Auswahlausgaben seiner Werke], in: Die Christliche Welt 20 (1906), 332. Friedrich Schleiermacher: Harmonie. Herausgegeben und eingeleitet von Hermann Mulert, Jena 1906 / Winckelmann und Lessing, Schönheit. Herausgegeben von Alexander von Gleichen-Rußwurm, Jena 1906, in: Die Christliche Welt 20 (1906), 619-620. Adolf Bartels und Otto H. Frommel (Hg.): Neue Christoterpe. Ein Jahrbuch, 28. Jahrgang, Halle 1907, in: Die Christliche Welt 20 (1906), 1140. Karl Seil: Der Anteil der Religion an Preußens Wiedergeburt vor hundert Jahren. Rede, bei der Feier von Kaisers Geburtstag an der Bonner Universität gehalten, Tübingen 1907, in: Die Christliche Welt 21 (1907), 557. Heinrich Boehmer: Luther im Lichte der neueren Forschung (Aus Natur und Geisteswelt. Band 113), Leipzig 1906, in: Die Christliche Welt 21 (1907), 754-755. Karl Bornhausen: Die Ethik Pascals (Studien zur Geschichte des neueren Protestantismus. 2. Heft), Gießen 1907/Adolf Köster: Die Ethik Pascals, Tübingen 1907, in: Die Christliche Welt 21 (1907), 800. Rudolf Unger: Hamanns Sprachtheorie im Zusammenhange seines Denkens. Grundlegung zu einer Würdigung der geistesgeschichtlichen Stellung des Magus im Norden, München 1905, in: Die Christliche Welt 21 (1907), 922.

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Veröffentlichte Quellen

Augustins Bekenntnisse. Gekürzt und verdeutscht von Eise Zurhellen-Pfleiderer. Zweite verbesserte Auflage, Göttingen 1907, in: Die Christliche Welt 21 (1907), 922-923. Wilhelm Herrmann: Die sittlichen Weisungen Jesu. Ihr Mißbrauch und ihr richtiger Gebrauch. Zweite verbesserte Auflage, Göttingen 1907, in: Die Christliche Welt 21 (1907), 1121. Emil Weber: Die philosophische Scholastik des deutschen Protestantismus im Zeitalter der Orthodoxie (Abhandlungen zur Philosophie und ihrer Geschichte. Erstes Heft), Leipzig 1907, in: Die Christliche Welt 21 (1907), 1145. Heinrich Stillings Jugend. Eine wahrhafte Geschichte. Mit der Chodowieckischen Titelvignette und einem Nachwort von Franz Deibel, Leipzig 1907, in: Die Christliche Welt 21 (1907), 1167. Wilhelm Dilthey: Das Erlebnis und die Dichtung. Lessing, Goethe, Novalis, Hölderlin. Vier Aufsätze. Zweite erweiterte Auflage, Leipzig 1907 / Novalis: Schriften. Vier Bände. Herausgegeben von Jakob Minor. Mit drei Porträts, einem Faksimile und Register, Jena 1907 / Romantikerbriefe. Herausgegeben von Friedrich Gundelfinger, Jena 1907 / Otto Eduard Schmidt: Fouque, Apel, Miltitz. Beiträge zur Geschichte der deutschen Romantik. Mit 12 Illustrationen und zwei Musikbeilagen, Leipzig 1907 / Schelling. Schöpferisches Handeln. Herausgegeben und eingeleitet von Emil Fuchs. Mit Porträt (Erzieher zu deutscher Bildung. Band 9), Jena 1907/Wilhelm von Humboldt. Universalität. Herausgegeben und eingeleitet von Johannes Schubert. Mit Porträt (Erzieher zu deutscher Bildung. Band 8), Jena 1907, in: Die Christliche Welt 21 (1907), 1168-1169. Karl Holl: Die Rechtfertigungslehre im Licht der Geschichte des Protestantismus, Tübingen 1906 /Karl Holl: Was hat die Rechtfertigungslehre dem modernen Menschen zu sagen?, Tübingen 1907, in: Die Christliche Welt 21 (1907), 1282-1283. Georg Wehrung: Der geschichtsphilosophische Standpunkt Schleiermachers zur Zeit seiner Freundschaft mit den Romantikern, Stuttgart 1907, in: Theologische Literaturzeitung 33 (1908), 303-306. Georg Klepl: Zur Umbildung des religiösen Denkens, Leipzig 1908, in: Die Christliche Welt 22 (1908), 595. Otto Ed. Schmidt Kursächsische Streifzüge. Drei Bände, Leipzig 1902-1906, in: Die Christliche Welt 22 (1908), 1224. Karl Berger: Schiller. Sein Leben und seine Werke. Zweiter Band, München 1909, in: Die Christliche Welt 22 (1908), 1228. Wilhelm Vollrath: Die Frage nach der Herkunft des Prinzips der Anschauung in der Theologie Herders, Darmstadt 1909, in: Theologische Literaturzeitung 34 (1909), 703-705. Arnold E. Berger: Die Kulturaufgaben der Reformation. Einleitung in eine Lutherbiographie. Zweite Auflage, Berlin 1908, in: Die Christliche Welt 23 (1909), 524. Rudolph Meincke: Johann Gottlieb Fichte. Zum hundertjährigen Jubiläum seiner Reden an die deutsche Nation, Hamburg 1908, in: Die Christliche Welt 23 (1909), 524.

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[Johann Gottfried] Herders Werke. Auswahl in acht Teilen. Auf Grund der Hempelschen Ausgabe neu herausgegeben, mit Einleitungen und Anmerkungen versehen von Ernst Naumann, Berlin 1909, in: Die Christliche Welt 23 (1909), 1171. Friedrich Michael Schiele: Geschichte der Erziehung, Leipzig 1909, in: Die Christliche Welt 23 (1909), 1176. Aus Schleiermacher's Hause. Jugenderinnerungen seines Stiefsohnes Ehrenfried v. Willich, Berlin 1909, in: Theologische Literaturzeitung 35 (1910), 22-23. [Friedrich Schleiermacher:] Ungedruckte Predigten Schleiermachers aus den Jahren 1820 bis 1828. Mit Einleitungen und mit einem Anhang ungedruckter Briefe von Schleiermacher und Henriette Herz herausgegeben von Johannes Bauer, Leipzig 1909, in: Theologische Literaturzeitung 35 (1910), 23-24. Hermann Süskind: Der Einfluß Schellings auf die Entwicklung von Schleiermachers System, Tübingen 1909, in: Theologische Literaturzeitung 35 (1910), 86-90. Friedrich Alfred Schmid: Friedrich Heinrich Jacobi. Eine Darstellung seiner Persönlichkeit und seiner Philosophie als Beitrag zu einer Geschichte des modernen Wertproblemes, Heidelberg 1908, in: Theologische Literaturzeitung 35 (1910), 407-409. Johann Friedrich Starcks Tägliches Handbuch in guten und bösen Tagen. Dritte Auflage, Karlsruhe 1909, in: Die Christliche Welt 24 (1910), 860. Julius Wellhausen / Adolf Jülicher / Adolf Harnack / Nathanael Bonwetsch / Karl Müller / Albert Ehrhard / Ernst Troeltsch: Geschichte der christlichen Religion. Zweite, stark vermehrte und verbesserte Auflage (Kultur der Gegenwart. Herausgegeben von Paul Hinneberg. Teil 1/4, 1), Berlin und Leipzig 1909, in: Die Christliche Welt 24 (1910), 861-862. Wilhelm von Humboldt in seinen Briefen. Ausgewählt und eingeleitet von Karl Seil, Leipzig und Berlin 1909, in: Die Christliche Welt 24 (1910), 956. Friedrich Alfred Schmid: Friedrich Heinrich Jacobi. Eine Darstellung seiner Persönlichkeit und seiner Philosophie als Beitrag zu einer Geschichte des modernen Wertproblems, Heidelberg 1908, in: Die Christliche Welt 24 (1910), 1141-1142. Anna Dix: Aphorismen und Sinnsprüche, Dresden 1910, in: Die Christliche Welt 24 (1910), 1217. Karl Seil: Christentum und Weltgeschichte seit der Reformation. Das Christentum in seiner Entwickelung über die Kirche hinaus (Aus Natur und Geisteswelt. 298. Bändchen), Leipzig 1910, in: Theologische Literaturzeitung 36 (1911), 20-22. Karl Aner: Goethes Religiosität (Sammlung gemeinverständlicher Vorträge und Schriften aus dem Gebiet der Theologie und Religionsgeschichte. Nr. 60), Tübingen 1910 / Karl Bornhausen und Paul Jaeger: Die Religion Schillers und Goethes. Zwei Vorträge, gehalten in Weimar am 11. August 1910 beim 5. Weltkongreß für freies Christentum und religiösen Fortschritt, Berlin-Schöneberg 1910, in: Theologische Literaturzeitung 36 (1911), 145-147. Johannes Robert Hanne: Fritz Reuters Religion. Ein Gedenkblatt zum 100jährigen Geburtstage des Dichters, Weimar 1910, in: Theologische Literaturzeitung 36 (1911), 562-563.

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Veröffentlichte Quellen

Eugen Jedele: Die kirchenpolitischen Anschauungen des Ernst Ludwig von Gerlach. Ein Beitrag zur Geschichte der religiösen und politischen Ideen, Freiburg im Breisgau 1910, in: Theologische Literaturzeitung 36 (1911), 687-688. Karl Thieme: Von der Gottheit Christi. Gegen den religiösen Rückschritt in Grützmachers Dreieinigkeitslehre. Ein theologisches Bedenken, Gießen 1911, in: Die Christliche Welt 25 (1911), 116-117. Friedrich Uhlhorn: Geschichte der deutsch-lutherischen Kirche. Zwei Bände, Leipzig 1911, in: Die Christliche Welt 25 (1911), 500-501. Heinrich Scholz: Christentum und Wissenschaft in Schleiermachers Glaubenslehre. Ein Beitrag zum Verständnis der Schleiermacherschen Theologie, Berlin 1909, in: Die Christliche Welt 25 (1911), 859. Johannes Wendland: Der Wunderglaube im Christentum, Göttingen 1910, in: Deutsche Literaturzeitung 32 (1911), 79-80. Rudolf Unger: Hamann und die Aufklärung. Studien zur Vorgeschichte des romantischen Geistes im 18. Jahrhundert. Zwei Bände, Jena 1911, in: Theologische Literaturzeitung 37'(1912), 147-149. Wilhelm Vollrath: Die Auseinandersetzung Herders mit Spinoza. Eine Studie zum Verständnis seiner Persönlichkeit, Darmstadt 1911, in: Theologische Literaturzeitung 37 (1912), 304-305. Robert Neumann: Herder und der Kampf gegen die Kantischen Irrlehren an der Universität Jena. Programmschrift, Berlin 1911, in: Theologische Literaturzeitung 37 (1912), 444. Carl Clemen u.a.: Lebendige Gemeinden. Festschrift Emil Sülze zum 80. Geburtstag am 26. Februar 1912, Gießen 1912, in: Die Christliche Welt 26 (1912), 340. Günther Jacoby: Herder als Faust. Eine Untersuchung, Leipzig 1911, in: Die Christliche Welt 26 (1912), 509-510. Ludwig Ihmels: Fides implicita und der evangelische Heilsglaube, in: Die Christliche Welt 26 (1912), 1130. Otto Kirn: Vorträge und Aufsätze. Herausgegeben von Karl Ziegler, Leipzig 1912, in: Die Christliche Welt 26 (1912), 1233. Karl Aner: Der Aufklärer Friedrich Nicolai (Studien zur Geschichte des neueren Protestantismus. Band 6), Gießen 1912, in: Theologische Literaturzeitung 38 (1913), 111-112. Heinrich Maier (Hg.): Briefe von David Friedrich Strauß an Ludwig Georgii (Universität Tübingen. Beilage zum Doktoren-Verzeichnis der philosophischen Fakultät 1905), Tübingen 1912, in: Theologische Literaturzeitung 38 (1913), 221. Carl Stange: Christentum und moderne Weltanschauung, Leipzig 1911, in: Theologische Literaturzeitung 38 (1913), 248-250. Eugen Kühnemann: Herder. Zweite, neu bearbeitete Auflage, München 1912, in: Theologische Literaturzeitung 38 (1913), 269-271. Gerhard Schneege: Goethes Spinozismus (Pädagogisches Magazin. 455. Heft), Langensalza 1911, in: Theologische Literaturzeitung 38 (1913), 317.

Bibliographie Horst Stephan

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Zum Gedächtnis Hermann Cremers. [Rezension zu:] Hermann Cremer. Ein Lebens- und Charakterbild. Gezeichnet von Ernst Cremer, Gütersloh 1912, in: Die Christliche Welt 27 (1913), 29-34. Eugen Wolff: Faust und Luther. Ein Beitrag zur Entstehung der Faust-Dichtung, in: Die Christliche Welt 27 (1913), 908. Anna Dix: Vom unsichtbaren Königreich, in: Die Christliche Welt 27 (1913), 1215. Paul de Lagarde: Deutscher Glaube, deutsches Vaterland, deutsche Bildung. Das Wesentliche aus seinen Schriften ausgewählt und eingeleitet von Friedrich Daab (Sammlung Diederichs. Band 1), Jena 1913, in: Theologische Literaturzeitung 39 (1914), 182-183. Walter Wendland: Die praktische Wirksamkeit Berliner Geistlicher im Zeitalter der Aufklärung (1740-1806). Gießener Dissertation, Neuruppin 1913, in: Theologische Literaturzeitung 39 (1914), 272-273. Julius Rupp: Gesammelte Werke. Herausgegeben von Paul Chr. Eisenhans. Bände 3. 4. 5. 7. 9, Jena 1910-1913, in: Theologische Literaturzeitung 39 (1914), 308-309. Wilhelm Hopf: August Vilmar. Ein Lebens- und Zeitbild. Zwei Bände, Marburg 1913, in: Theologische Literaturzeitung 39 (1914), 337-338. Reinhold Seeberg: System der Ethik, im Grundriß dargestellt, Leipzig 1911, in: Theologische Literaturzeitung 39 (1914), 435-436. Carl Stange: Christentum und moderne Weltanschauung. Band 1: Das Problem der Religion. Zweite Auflage, Leipzig 1913, in: Theologische Literaturzeitung 39 (1914), 498-501. Karl Franklin Arnold: Schleiermachers Anteil an der preußischen Volkserhebung von 1813. Rektoratsrede, Breslau 1912, in: Theologische Literaturzeitung 39 (1914), 541. Hermann Mandel: Die Erkenntnis des Übersinnlichen. Grundriß der systematischen Theologie. Methodologische Einleitung. I. Hauptteil: Glaube und Religion des Menschen, Leipzig 1911 / 1912, in: Theologische Literaturzeitung 39 (1914), 662-664. Hermann Mandel: Der Wunderglaube, Leipzig 1913, in: Theologische Rundschau 17 (1914), 290. Ludwig von Gerdtell: Die urchristlichen Wunder vor dem Forum der modernen Weltanschauung (Brennende Fragen der Weltanschauung. Heft 3). Dritte Auflage, 1913 o.O., in: Theologische Rundschau 17 (1914), 290-291. Georg Wobbermin: Systematische Theologie nach religionspsychologischer Methode. Erster Band: Die Religionspsychologische Methode in Religionswissenschaft und Theologie, Leipzig 1913, in: Die Christliche Welt 28 (1914), 22. Ernst Schubert: Die evangelische Predigt im Revolutionsjahr 1848. Ein Beitrag zur Geschichte der Predigt wie zum Problem der Zeitpredigt (Studien zur Geschichte des neueren Protestantismus. 8. Heft), Gießen 1913, in: Die Christliche Welt 28 (1914), 91-92.

702

Veröffentlichte Quellen

Johannes Leipoldt: Vom Jesusbilde der Gegenwart, Leipzig 1913, in: Die Christliche Welt 28 (1914), 429. Wilhelm Ostwald: Gegen den Monismus, Leipzig 1913, in: Die Christliche Welt 28 (1914), 780-781. Ernst Bittlinger: Monistisches Christentum. Gegen die Naturphilosophie des Professors Ostwald und den Kirchenaustritt, Leipzig 1914, in: Die Christliche Welt 28 (1914), 781. Jonas Cohn: Der Sinn der gegenwärtigen Kultur. Ein philosophischer Versuch, Leipzig 1914, in: Die Christliche Welt 28 (1914), 1009. Julius Rupp: Gesammelte Werke. Herausgegeben von Paul Chr. Eisenhans. Band l, Jena 1914, in: Theologische Literaturzeitung 40 (1915), 308. Theophil Steinmann: Die Frage nach Gott. Gesammelte Aufsätze, in: Theologische Rundschau 18 (1915), 327-328. Ludwig Ihmels: Aus der Kirche, ihrem Lehren und Leben, Leipzig 1914, in: Theologische Rundschau 18 (1915), 328-329. Wilhelm Windelband: Präludien. Aufsätze und Reden zur Philosophie und ihrer Geschichte. Fünfte Auflage. Zwei Bände, Tübingen 1915, in: Die Christliche Welt 29 (1915), 908-909. [Sammelrezension zu Kriegspublikationen; u.a.: Johannes Kübel: Beim Landsturm. Feldpostbriefe, Berlin 1915], in: Die Christliche Welt 29 (1915), 948-949. Friedrich Loofs: Matthias Claudius in kirchengeschichtlicher Beleuchtung. Eine Untersuchung über Claudius' religiöse Stellung und Altersentwicklung [Separatdruck aus: Theologische Studien und Kritiken 88 (1915)], Gotha 1915, in: Theologische Literaturzeitung 41 (1916), 36. Adolf Schlatter: Die christliche Ethik, Calw 1914, in: Theologische Literaturzeitung 41 (1916), 111-113. Julius Rupp: Gesammelte Werke. Herausgegeben von Paul Chr. Eisenhans. Band 6, Jena 1915, in: Theologische Literaturzeitung 41 (1916), 236-237. Walter Wendland: Die praktische Wirksamkeit Berliner Geistlicher im Zeitalter der Aufklärung (1740-1806), in: Jahrbuch für brandenburgische Kirchengeschichte 11 (1914), 233-303, in: Theologische Literaturzeitung 41 (1916), 261-262. Erich Schaeder: Theozentrische Theologie. Eine Untersuchung zur dogmatischen Prinzipienlehre. Erster, geschichtlicher Teil. Zweite, umgearbeitete und vermehrte Auflage, Leipzig 1916 / Erich Schaeder: Streiflichter zum Entwurf einer Theozentrischen Theologie (Beiträge zur Förderung christlicher Theologie. Band 20/1), Gütersloh 1916, in: Theologische Rundschau 19 (1916), 175-176. Paul Konschel: Der junge Hamann nach seinen Schriften und Briefen im Rahmen der lokalen Kirchengeschichte (Schriften der Synodalkommission für ostpreußische Kirchengeschichte. Heft 18), Königsberg 1915, in: Die Christliche Welt 30 (1916), 593. Rudolf Eucken: Zur Sammlung der Geister, Leipzig 1913 / Rudolf Eucken: Grundlinien einer neuen Lebensanschauung. Zweite, völlig umgearbeitete Auflage, Leipzig 1913, in: Die Christliche Welt 30 (1916), 736-737.

Bibliographie Horst Stephan

703

Karl Dunkmann: Idealismus oder Christentum? Die Entscheidungsfrage der Gegenwart, Leipzig 1914, in: Die Christliche Welt 30 (1916), 853-854. Johann Nepomuk Sepp (1816-1909). Ein Bild seines Lebens nach seinen eigenen Aufzeichnungen, Regensburg 1916, in: Theologische Literaturzeitung 42(1917), 220-221. Julius Rupp: Gesammelte Werke. Herausgegeben von Paul Chr. Eisenhans. Bände 2. 10. 11/1, Jena 1913/1915/1916, in: Theologische Literaturzeitung 42

(1917), 276-277. Max Scheler: Abhandlungen und Aufsätze. Zwei Bände, Leipzig 1915, in: Die Christliche Welt 31 (1917), 138. Heinrich Scholz: Das Wesen des deutschen Geistes (Schriften zur Zeit und Geschichte. Fünftes Bändchen), Berlin 1917, in: Die Christliche Welt 31 (1917), 692-693. Friedrich Loofs: Die Jahrhundertfeier der Reformation an den Universitäten Wittenberg und Halle 1617, 1717 und 1817 (Zeitschrift des Vereins für Kirchengeschichte in der Provinz Sachsen. Erstes Heft) / Georg Arndt: Das Reformationsjubelfest in vergangenen Jahrhunderten, Berlin 1917, in: Die Christliche Welt 31 (1917), 736. Ludwig Ihmels: Die christliche Wahrheitsgewißheit, ihr letzter Grund und ihre Entstehung. Dritte, erweiterte und verbesserte Auflage, Leipzig 1914, in: Deutsche Literaturzeitung 38 (1917), 369-371. Paul Jaeger: Innseits. Zur Verständigung über die Jenseitsfrage, Tübingen 1917, in: Die Christliche Welt 32 (1918), 106. Friedrich Niebergall: Lebensinhalt. Ein Vermächtnis deutschen Glaubens, Berlin 1918, in: Die Christliche Welt 32 (1918), 106-107. Dietrich Mahnke: Der Wille zur Ewigkeit. Gedanken über den Sinn des Geisteslebens, Halle 1917, in: Die Christliche Welt 32 (1918), 363. August Messer: Geschichte der Philosophie vom 19. Jahrhundert bis zur Gegenwart. Zweite, veränderte Auflage (Wissen und Bildung. Nr. 109), Leipzig 1917/August Messer: Die Philosophie der Gegenwart (Wissen und Bildung. Nr. 138), Leipzig 1917, in: Die Christliche Welt 32 (1918), 383-384. Handbuch der Volksmission. Herausgegeben von Pastor Gerhard Füllkrug, Schwerin in Mecklenburg 1919, in: Die Christliche Welt 33 (1919), 693. Heinrich Hoffmann: Der neue Protestantismus und die Reformation (Studien zur Geschichte des neueren Protestantismus. Heft 11), Gießen 1919, in: Die Christliche Welt 33 (1919), 708. Gustav Krüger: Die Bibeldichtung zu Ausgang des Altertums. Mit einem Anhang: Des Avitus von Vienna Sang vom Paradiese, zweites Buch, im Versmaß der Urschrift übertragen, Gießen 1919, in: Die Christliche Welt 33 (1919), 805. Wilhelm Bruhn: Religiöse Selbsthilfe. Ein Notruf und Aufruf des gebildeten Laientums (Sammlung Collignon. Band 4), Berlin 1920, in: Die Christliche Welt 34 (1920), 818. Richard H. Grützmacher: Textbuch zur systematischen Theologie und ihrer Geschichte (Sammlung Theologischer Lehrbücher), Leipzig 1919, in: Theologische Literaturzeitung 46 (1921), 16.

704

Veröffentlichte Quellen

Adolf Schlatter: Die Entstehung der Beiträge zur Förderung christlicher Theologie und ihr Zusammenhang mit meiner theologischen Arbeit zum Beginn ihres fünfundzwanzigsten Bandes (Beiträge zur Förderung christlicher Theologie. Band 25, 1. Heft), in: Theologische Literaturzeitung 46 (1921), 37. Karl Jaspers: Psychologie der Weltanschauungen, Heidelberg 1919, in: Die Christliche Welt 35 (1921), 19. Karl Bornhausen: Pascal, Basel 1920, in: Die Christliche Welt 35 (1921), 165. Ludwig Thimme: Prophetenstimmen und Bilder aus vergangenen Tagen für die neue Zeit, Marburg 1920, in: Die Christliche Welt 35 (1921), 469. Der deutsche Pietismus. Eine Auswahl von Zeugnissen, Urkunden und Bekenntnissen aus dem 17., 18. und 19. Jahrhundert. Eingeleitet und herausgegeben von Werner Mahrholz, Berlin 1921, in: Die Christliche Welt 35 (1921), 749-750. Gerhard Füllkrug: Der Selbstmord. Eine moralstatistische und volkspsychologische Untersuchung, Schwerin in Mecklenburg 1919, in: Die Christliche Welt 35 (1921), 751. Soziale Arbeit im neuen Deutschland. Festschrift zum 70. Geburtstage von Franz Hitze. Dargeboten von Hans Freiherr von Berlepsch [u.a.], Mönchengladbach 1921, in: Die Christliche Welt 35 (1921), 829. Reinhold Seeberg: System der Ethik. Zweite, neubearbeitete Auflage, Leipzig 1920, in: Theologische Literaturzeitung 47 (1922), 15-16. Max Nordau: Biologie der Ethik, Leipzig o.J., in: Theologische Literaturzeitung 47 (1922), 16-17. Johannes Rehmke: Ethik als Wissenschaft. Ein Vortrag, Bamberg 1920, in: Theologische Literaturzeitung 47 (1922), 17. Theodor Lessing: Geschichte als Sinngebung des Sinnlosen, München 1921, in: Theologische Literaturzeitung 47 (1922), 18. Joseph Mausbach: Die katholische Moral und ihre Gegner. Fünfte Auflage, Köln 1921, in: Theologische Literaturzeitung 47 (1922), 411. Otto Braun: Geschichtsphilosophie. Eine Einführung (Wissen und Forschen. Band 12), Leipzig 1921, in: Theologische Literaturzeitung 47 (1922), 530-531. Paul Feldkeller: Ethik für Deutsche, Gotha 1921, in: Theologische Literaturzeitung 47 (1922), 531. Wilhelm Stapel: Volks bürgerliche Erziehung, Jena 1917 / Sozialpädagogische Abende im Zentralinstitut für Erziehung und Unterricht. Band 1: Alfred Vierkandt: Die sozialpädagogische Forderung der Gegenwart, Berlin 1920 / Sozialpädagogische Abende im Zentralinstitut für Erziehung und Unterricht. Band 2: Paul Barth: Geschichte der sozialpädagogischen Idee, Berlin 1920/Sozialpädagogische Abende im Zentralinstitut für Erziehung und Unterricht. Band 3: Theodor Litt: Nationale Erziehung und Internationalismus, Berlin 1920, in: Die Christliche Welt 36 (1922), 118. Herders Botschaft an unsere Zeit. Eine Auslese aus seinen Schriften gesammelt und erläutert von Karl Aner, Leipzig 1920, in: Die Christliche Welt 36 (1922), 486.

Bibliographie Horst Stephan

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Hans Ording: Untersuchungen über Entwicklungslehre und Teleologie. Mit Rücksicht auf die theologische Erkenntnis, Berlin 1921, in: Theologische Blätter 32 (1922), 256-257. Friedrich Wilhelm Schmidt: Wilhelm Herrmann. Ein Bekenntnis zu seiner Theologie (Sammlung gemeinverständlicher Vorträge und Schriften aus dem Gebiet der Theologie und Religionsgeschichte. Nr. 100), Tübingen 1922, in: Theologische Literaturzeitung 48 (1923), 44-45. Otto Flake: Die moralische Idee. Eine kritische Untersuchung, München 1921, in: Theologische Literaturzeitung 48 (1923), 95. Emil Walter Mayer: Ethik. Christliche Sittenlehre (Die Theologie im Abriß. Band 1/4), Gießen 1922, in: Theologische Literaturzeitung 48 (1923), 285-286. Wilhelm Herrmann: Gesammelte Aufsätze. Herausgegeben von Friedrich Wilhelm Schmidt, Tübingen 1922, in: Theologische Literaturzeitung 49 (1924), 91. Wilhelm Vollrath: Graf Keyserling und seine Schule, Leipzig 1923, in: Theologische Literaturzeitung 49 (1924), 91-92. Richard Heinrich Grützmacher: Spenglers „Welthistorische Perspektiven" und das Christentum, Leipzig 1923, in: Theologische Literaturzeitung 49 (1924), 9293. Eugen Kühnemann: Kant. Erster Teil: Der europäische Gedanke im vorkantischen Denken, München 1923, in: Theologische Literaturzeitung 49 (1924), 182183. Bruno Grabinski: Wunder, Stigmatisation und Besessenheit in der Gegenwart. Eine kritische Untersuchung, Hildesheim 1923, in: Theologische Literaturzeitung 49 (1924), 189. Carl Clemen: Die Mystik nach Wesen, Entwicklung und Bedeutung, Bonn 1923, in: Theologische Literaturzeitung 49 (1924), 192. Artur Buchenau: Kants Lehre vom kategorischen Imperativ. Eine Einführung in die Grundfragen der kantischen Ethik. Zweite unveränderte Auflage (Wissen und Forschen. Band 1), Leipzig 1923, in: Die Christliche Welt 38 (1924), 196. Von neuen Büchern [Sammelrezension], in: Zeitschrift für Theologie und Kirche. Neue Folge 6 (1925), 398-400. Neue Bücher [Sammelrezension], in: Zeitschrift für Theologie und Kirche. Neue Folge 6 (1925), 473. Neue Zeitschriften [Sammelrezension], in: Zeitschrift für Theologie und Kirche. Neue Folge 6 (1925), 473-474. Heinrich Barth: Ethische Grundgedanken bei Spinoza, Kant und Fichte. Akademischer Vortrag, Tübingen 1923, in: Die Christliche Welt 39 (1925), 231. Ludwig Lemme: Christliche Glaubenslehre. Zwei Bände, Berlin-Lichterfelde 1918 und 1919/Ludwig Lemme: Christliche Apologetik, Berlin-Lichterfelde 1912, in: Die Christliche Welt 39 (1925), 712-713. [Anmerkung des Herausgebers Martin Rade: „Mit so vielen wertvollen Anzeigen, die noch der Veröffentlichung harren, entstammt die Anzeige einer Zeit, wo die Not uns zwang, so vieles zurückzustellen" (712).]

706

Veröffentlichte Quellen

Karl Bornhausen: Vom christlichen Sinn des deutschen Idealismus (Bücherei der Christlichen Welt. Band 3), Gotha / Stuttgart 1924, in: Kant-Studien. Philosophische Zeitschrift 30 (1925), 204-205. Das Problem der Natur. [Zu:] Arthur Titius: Natur und Gott. Ein Versuch zur Verständigung zwischen Naturwissenschaft und Theologie, Göttingen 1926, in: Zeitschrift für Theologie und Kirche. Neue Folge 7 (1926), 162. Calvin. [Zu:] Calvini opera selecta. Edidit Petrus Barth. Vol. I, München 1926, in: Zeitschrift für Theologie und Kirche. Neue Folge 7 (1926), 240. Kierkegaard [Sammelrezension zur Kierkegaard-Literatur], in: Zeitschrift für Theologie und Kirche. Neue Folge 7 (1926), 240. Neuauflagen und Fortsetzungen historischer Bücher [Sammelrezension], in: Zeitschrift für Theologie und Kirche. Neue Folge 7 (1926), 400-402. Karl Bornhausen: Der Erlöser. Seine Bedeutung in Geschichte und Glauben, Leipzig 1927, in: Zeitschrift für Theologie und Kirche. Neue Folge 8 (1927), 80-82. Zur dialektischen Theologie [Sammelrezension], in: Zeitschrift für Theologie und Kirche. Neue Folge 8 (1927), 241-242. Historische Bücher [Sammelrezension], in: Zeitschrift für Theologie und Kirche. Neue Folge 8 (1927), 318-320. Die Religion in Geschichte und Gegenwart. Handwörterbuch für Theologie und Religionswissenschaft. Zweite, völlig neu bearbeitete Auflage. In Verbindung mit Alfred Bertholet, Hermann Faber und Horst Stephan herausgegeben von Hermann Gunkel und Leopold Zscharnack. Band l, Tübingen 1927, in: Zeitschrift für Theologie und Kirche. Neue Folge 8 (1927), 468-470. Bernhard Geyer (Hg.): Ueberwegs Grundriß der Geschichte der Philosophie. Band II: Die patristische und scholastische Philosophie. Elfte neubearbeitete Auflage, Berlin 1927, in: Zeitschrift für Theologie und Kirche. Neue Folge 8 (1927), 470-471. Karl Brandi: Die deutsche Reformation, Leipzig 1927, in: Zeitschrift für Theologie und Kirche. Neue Folge 8 (1927), 471. Alfred Heußner: Kleines Kant-Wörterbuch (Hilfsbüchlein für Kant-Leser. Heft 3), Göttingen 1925, in: Theologische Literaturzeitung 52 (1927), 47-48. Gotthilf Schenkel (Hg.): Der Protestantismus der Gegenwart. Zweite Auflage, Stuttgart 1927, in: Zeitschrift für Theologie und Kirche. Neue Folge 9 (1928), 80. Auf ethischem Gebiet [Sammelrezension], in: Zeitschrift für Theologie und Kirche. Neue Folge 9 (1928), 80. Die Religion in Geschichte und Gegenwart. Handwörterbuch für Theologie und Religionswissenschaft. Zweite, völlig neu bearbeitete Auflage. In Verbindung mit Alfred Bertholet, Hermann Faber und Horst Stephan herausgegeben von Hermann Gunkel und Leopold Zscharnack. Band 2, Tübingen 1928, in: Zeitschrift für Theologie und Kirche. Neue Folge 9 (1928), 474-476. Johann Peter Steifes: Religionsphilosophie (Philosophische Handbibliothek. Band 9), Kempten 1925, ir Theologische Literaturzeitung 53 (1928), 21-22.

Bibliographie Horst Stephan

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Martin Doerne: Die Religion in Herders Geschichtsphilosophie, Leipzig 1927, in: Theologische Literaturzeitung 53 (1928), 347-348. Fritz Blanke: J. G. Hamann als Theologe (Sammlung gemeinverständlicher Vorträge und Schriften aus dem Gebiet der Theologie und Religionsgeschichte. Nr. 130), Tübingen 1928, in: Theologische Literaturzeitung 53 (1928), 397-398. Max Planck: Kausalgesetz und Willensfreiheit, Berlin 1923, in: Theologische Literaturzeitung 53 (1928), 400-401. Karl Fellner: Das überweltliche Gut und die innerweltlichen Güter. Eine Auseinandersetzung mit Ernst Troeltschs Theorie über das Verhältnis von Religion und Kultur, Leipzig 1927, in: Theologische Literaturzeitung 53 (1928), 401-402. Eugen Kühnemann: Herder. Dritte Auflage, München 1927, in: Theologische Literaturzeitung 53 (1928), 474. Eugen Spieß: Die Religionstheorie von Ernst Troeltsch, Paderborn 1927, in: Theologische Literaturzeitung 53 (1928), 474-475. Emil Pfennigsdorf (Hg.): Deutsche Theologie. Zweiter Band: Der Erlösungsgedanke, Göttingen 1929, in: Zeitschrift für Theologie und Kirche. Neue Folge 10 (1929), 238. Emil Brunner: Die Mystik und das Wort. Der Gegensatz zwischen moderner Religionsauffassung und christlichem Glauben, dargestellt an der Theologie Schleiermachers. Zweite, stark veränderte Auflage, Tübingen 1928, in: Zeitschrift für Theologie und Kirche. Neue Folge 10 (1929), 238-240. Karl Holl: Der Westen. Gesammelte Aufsätze zur Kirchengeschichte. Dritter Band, Tübingen 1928, in: Zeitschrift für Theologie und Kirche. Neue Folge 10 (1929), 240. Über Lessing. [Rezension zu:] Karl Aner: Die Theologie der Lessingzeit, Halle 1929/Paul Gastrow: Lessings religiöses Vermächtnis, Görlitz 1929, in: Zeitschrift für Theologie und Kirche. Neue Folge 10 (1929), 471. Die Religion in Geschichte und Gegenwart. Handwörterbuch für Theologie und Religionswissenschaft. Zweite, völlig neu bearbeitete Auflage. In Verbindung mit Alfred Bertholet, Hermann Faber und Horst Stephan herausgegeben von Hermann Gunkel und Leopold Zscharnack. Band 3, Tübingen 1929, in: Zeitschrift für Theologie und Kirche. Neue Folge 10 (1929), 472-474. Nachtrag zu dem Bericht. [Rezension zu:] Paul Tillich: Religiöse Verwirklichung, Berlin o.J. [1930] / Eivind Berggrav: Der Durchgang der Religion im menschlichen Seelenleben, Göttingen 1928, in: Zeitschrift für Theologie und Kirche. Neue Folge 11 (1930), 75-76. Die Luther-Literatur [Sammelrezension], in: Zeitschrift für Theologie und Kirche. Neue Folge 11 (1930), 78-80. Lexikon für Theologie und Kirche. Zweite, neubearbeitete Auflage des Kirchlichen Handlexikons. In Verbindung mit Fachgelehrten und mit Konrad Hofmann als Schriftleiter herausgegeben von Michael Buchberger. Band l, Freiburg im Breisgau 1930, in: Zeitschrift für Theologie und Kirche. Neue Folge 11 (1930), 322-323.

708

Veröffentlichte Quellen

Nachtrag zur Idealismus-Literatur. [Rezension zu:] Hans Barner (Hg.): Zwei „theologische Schriften" Goethes. Ein Beitrag zur Religion des jungen Goethe, Leipzig 1930/Moses Mendelssohn: Gesammelte Schriften. Jubiläumsausgabe. In Gemeinschaft mit Fritz Bamberger u.a. herausgegeben von Ismar Elbogen, Julius Guttmann und Eugen Mittwoch. Band l und 16, Berlin 1929, in: Zeitschrift für Theologie und Kirche. Neue Folge 11 (1930), 323. Die Religion in Geschichte und Gegenwart. Handwörterbuch für Theologie und Religionswissenschaft. Zweite, völlig neu bearbeitete Auflage. In Verbindung mit Alfred Bertholet, Hermann Faber und Horst Stephan herausgegeben von Hermann Gunkel und Leopold Zscharnack. Band 4, Tübingen 1930, in: Zeitschrift für Theologie und Kirche. Neue Folge 12 (1931), 83-84. Lexikon für Theologie und Kirche. Zweite, neubearbeitete Auflage des Kirchlichen Handlexikons. In Verbindung mit Fachgelehrten und mit Konrad Hofmann als Schriftleiter herausgegeben von Michael Buchberger. Band 2, Freiburg im Breisgau 1930, in: Zeitschrift für Theologie und Kirche. Neue Folge 12 (1931), 84. Adolf von Harnack: Aus der Werkstatt des Vollendeten. Reden und Aufsätze. Neue Folge. Band 5, Gießen 1930, in: Zeitschrift für Theologie und Kirche. Neue Folge 12 (1931), 84. Marie Horstmeier: Die Idee der Persönlichkeit bei Immanuel Hermann Fichte und Christian Hermann Weiße, Göttingen 1930 (Studien zur systematischen Theologie. Heft 4), in: Theologische Literaturzeitung 56 (1931), 392-394. Die Religion in Geschichte und Gegenwart. Handwörterbuch für Theologie und Religionswissenschaft. Zweite, völlig neu bearbeitete Auflage. In Verbindung mit Alfred Bertholet, Hermann Faber und Horst Stephan herausgegeben von Hermann Gunkel und Leopold Zscharnack. Band 5, Tübingen 1931, in: Zeitschrift für Theologie und Kirche. Neue Folge 13 (1932), 88-89. Lexikon für Theologie und Kirche. Zweite, neubearbeitete Auflage des Kirchlichen Handlexikons. In Verbindung mit Fachgelehrten und mit Konrad Hofmann als Schriftleiter herausgegeben von Michael Buchberger. Band 3, Freiburg im Breisgau 1931, in: Zeitschrift für Theologie und Kirche. Neue Folge 13 (1932), 89-90. Rudolf Otto: Das Gefühl des Überweltlichen (Sensus Numinis) (Aufsätze, das Numinose betreffend. Teil I). Fünfte und sechste Auflage, München 1931 / Rudolf Otto: Sünde und Urschuld und andere Aufsätze zur Theologie (Aufsätze, das Numinose betreffend. Teil II). Fünfte und sechste Auflage, München 1931, in: Zeitschrift für Theologie und Kirche. Neue Folge 13 (1932), 192. Religiöse Besinnung. Vierteljahrsschrift im Dienste christlicher Vertiefung und ökumenischer Verständigung. Herausgegeben von Karl Thieme. Vierter Jahrgang 1931/32. Heft 1-2, Stuttgart, in: Zeitschrift für Theologie und Kirche. Neue Folge 13 (1932), 285-286. Catholica. Vierteljahrsschrift für Kontroverstheologie. Herausgegeben von Robert Grosche, Paderborn, Heft l, Januar 1932, in: Zeitschrift für Theologie und Kirche. Neue Folge 13 (1932), 286-287. Karl Jaspers: Die geistige Situation der Zeit (Sammlung Göschen. Band 1000), Berlin 1931, in: Zeitschrift für Theologie und Kirche. Neue Folge 13 (1932), 371.

Bibliographie Horst Stephan

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Hans Leisegang: Lessings Weltanschauung, Leipzig 1931, in: Zeitschrift für Theologie und Kirche. Neue Folge 13 (1932), 374-375. Edvard Lehmann: Grundtvig. Aus dem Dänischen übersetzt von Andreas Öster. Mit biographischer Einleitung von Valdemar Ammundsen, Tübingen 1932, in: Zeitschrift für Theologie und Kirche. Neue Folge 13 (1932), 375-376. Rudolf Stadelmann: Der historische Sinn bei Herder, Halle an der Saale 1928, in: Theologische Literaturzeitung 57 (1932), 578. Reinhold Seeberg: Lehrbuch der Dogmengeschichte. Dritter Band: Die Dogmengeschichte des Mittelalters. Vierte, neu durchgearbeitete Auflage, Leipzig 1930, in: Zeitschrift für Theologie und Kirche. Neue Folge 14 (1933), 92. Walter Nigg: Franz Overbeck. Versuch einer Würdigung, in: Zeitschrift für Theologie und Kirche. Neue Folge 14 (1933), 92-93. Martin Schulze: Grundriß der evangelischen Dogmatik. Zweite umgearbeitete Auflage, Königsberg 1931, in: Zeitschrift für Theologie und Kirche. Neue Folge 14 (1933), 93. Ernst Lohmeyer (Hg.): Deutsche Theologie. Dritter Band: Vom Worte Gottes. Bericht über den 3. deutschen Theologentag in Breslau vom 5. bis 8. Oktober 1930, Göttingen 1931, in: Zeitschrift für Theologie und Kirche. Neue Folge 14 (1933), 93-94. Aus der Welt der Religion. Forschungen und Berichte. Unter Mitwirkung von Heinrich Frick und Rudolf Otto herausgegeben von Erich Fascher und Gustav Mensching, Gießen 1932 [Sammelrezension der erschienenen Bände], in: Zeitschrift für Theologie und Kirche. Neue Folge 14 (1933), 94-95. Religionsgeschichtliches Lesebuch. In Verbindung mit Fachgenossen herausgegeben von Alfred Bertholet. Zweite erweiterte Auflage. Heft 14 bis 16, Tübingen 1930/1931, in: Zeitschrift für Theologie und Kirche. Neue Folge 14 (1933), 95. Imago Dei. Beiträge zur theologischen Anthropologie. Gustav Krüger zum 70. Geburtstag dargebracht. Im Auftrage der Theologischen Fakultät Gießen herausgegeben von Heinrich Bornkamm, Gießen 1932, in: Zeitschrift für Theologie und Kirche. Neue Folge 14 (1933), 184-185. Martin Thust: Sören Kierkegaard. Der Dichter des Religiösen. Grundlinien eines Systems der Subjektivität, München 1931/Theodor Wiesengrund-Adorno: Kierkegaard. Konstruktion des Ästhetischen (Beiträge zur Philosophie und ihrer Geschichte. 2. Heft), Tübingen 1933, in: Zeitschrift für Theologie und Kirche. Neue Folge 14 (1933), 186-188. Joachim Wach: Das Verstehen. Grundzüge einer Geschichte der hermeneutischen Theorie im 19. Jahrhundert. Erster bis dritter Teil, Tübingen 1926 /1929 / 1933, in: Zeitschrift für Theologie und Kirche. Neue Folge 14 (1933), 189-190. Gerhard Lehmann: Die Ontologie der Gegenwart in ihren Grundgestalten, Halle an der Saale 1933, in: Zeitschrift für Theologie und Kirche. Neue Folge 14 (1933), 282. Rudolf Bultmann: Glauben und Verstehen. Gesammelte Aufsätze, Tübingen 1933, in: Zeitschrift für Theologie und Kirche. Neue Folge 14 (1933), 282-283.

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Veröffentlichte Quellen

Hans Böhi: Die religiöse Grundlage der Aufklärung, Zürich / Leipzig / Stuttgart 1933, in: Zeitschrift für Theologie und Kirche. Neue Folge 14 (1933), 283. Fritz Thoms: Hamanns Bekehrung (Beiträge zur Förderung christlicher Theologie. Band 37, 3), Gütersloh 1933, in: Zeitschrift für Theologie und Kirche. Neue Folge 14 (1933), 283-284. Ernst von Bracken: Die Selbstbeobachtung bei Lavater. Ein Beitrag zur Geschichte der Idee der Subjektivität im 18. Jahrhundert (Universitas-Archiv. Philosophische Abteilung), Münster in Westfalen 1932, in: Zeitschrift für Theologie und Kirche. Neue Folge 14 (1933), 284-285. Herbert Haften Der Freiherr vom Stein in seinem Verhältnis zu Religion und Kirche (Abhandlungen zur Mittleren und Neueren Geschichte. Heft 71), Berlin 1932, in: Zeitschrift für Theologie und Kirche. Neue Folge 14 (1933), 285. Eduard Riggenbach: Das Leben eines blinden Gelehrten. Herausgegeben von Adolf Schütter, Stuttgart 1932, in: Zeitschrift für Theologie und Kirche. Neue Folge 14 (1933), 285-286. Reinhold Seeberg: Die Lehre Luthers (Lehrbuch der Dogmengeschichte. Vierter Band. Erste Abteilung). Vierte, neu durchgearbeitete Auflage, Leipzig 1933, in: Zeitschrift für Theologie und Kirche. Neue Folge 14 (1933), 286. Wort und Geist. Studien zur christlichen Erkenntnis von Gott, Welt und Mensch. Festgabe für Karl Heim zum 60. Geburtstag am 20. Januar 1934. Herausgegeben von Adolf Köberle und Otto Schmitz. Mit einem Bildnis, Berlin 1934, in: Zeitschrift für Theologie und Kirche. Neue Folge 15 (1934), 89-90. Heinrich Bornkamm: Das Wort Gottes bei Luther (Schriftenreihe der Luthergesellschaft. Nr. 7), München 1933, in: Zeitschrift für Theologie und Kirche. Neue Folge 15 (1934), 93. Ferdinand Kattenbusch: Zeitenwende auch in der Theologie (zugleich zweiter Teil von: Die deutsche evangelische Theologie. Das Jahrhundert von Schleiermacher bis nach dem Weltkrieg. Sechste Auflage, Gießen 1934), Gießen 1934, in: Zeitschrift für Theologie und Kirche. Neue Folge 15 (1934), 93-95. Lexikon für Theologie und Kirche. Zweite, neubearbeitete Auflage des Kirchlichen Handlexikons. In Verbindung mit Fachgelehrten und mit Konrad Hofmann als Schriftleiter herausgegeben von Michael Buchberger. Band 4 und 5, Freiburg im Breisgau 1932 und 1933, in: Zeitschrift für Theologie und Kirche. Neue Folge 15 (1934), 95-96. Kurt Leese: Rasse - Religion - Ethos, Gotha 1934, in: Zeitschrift für Theologie und Kirche. Neue Folge 15 (1934), 190. Hermann Mandel: Deutscher Gottesglaube von der deutschen Mystik bis zur Gegenwart, Leipzig 1934, in: Zeitschrift für Theologie und Kirche. Neue Folge 15 (1934), 190. Hermann Schwarz: Christentum, Nationalsozialismus und Deutsche Glaubensbewegung, Berlin 1934, in: Zeitschrift für Theologie und Kirche. Neue Folge 15 (1934), 191. Lothar Schreyer: Die Mystik der Deutschen. Vom Reich der Liebe, Hamburg o.J. [ 1933], in: Zeitschrift für Theologie und Kirche. Neue Folge 15 (1934), 191-192.

Bibliographie Horst Stephan

711

Walter Nigg: Die Kirchengeschichtsschreibung. Grundzüge ihrer historischen Entwicklung, München 1934, in: Zeitschrift für Theologie und Kirche. Neue Folge 15 (1934), 283-284. Gerardus van der Leeuw: Phänomenologie der Religion, Tübingen 1933, in: Zeitschrift für Theologie und Kirche. Neue Folge 15 (1934), 284-285. Hermann Schneider: Germanische Religion vor dreitausend Jahren, Leipzig 1934, in: Zeitschrift für Theologie und Kirche. Neue Folge 15 (1934), 286. Carl Clemen: Der Einfluß des Christentums auf andere Religionen (Veröffentlichungen des Forschungsinstitutes für vergleichende Religionsgeschichte an der Universität Leipzig. Herausgegeben von Hans Haas. II. Reihe. Heft 12), Leipzig 1933, in: Zeitschrift für Theologie und Kirche. Neue Folge 15 (1934), 286. Gustav Mensching: Die Artgemäßheit der christlichen Sündenidee, Gotha 1934, in: Zeitschrift für Theologie und Kirche. Neue Folge 15 (1934), 287. Erich Vogelsang: Umbruch des deutschen Glaubens von Ragnarök zu Christus, Tübingen 1934/Hanns Rückert: Die Christianisierung der Germanen. Ein Beitrag zu ihrem Verständnis und ihrer Beurteilung. Zweite verbesserte Auflage (Sammlung gemeinverständlicher Vorträge und Schriften aus dem Gebiet der Theologie und Religionsgeschichte. Nr. 160), Tübingen 1934, in: Zeitschrift für Theologie und Kirche. Neue Folge 15 (1934), 287-288. Bogislav von Selchow: Der Glaube in der deutschen Ich-Zeit, Leipzig 1933, in: Zeitschrift für Theologie und Kirche. Neue Folge 15 (1934), 288. Rudolf Odebrecht: Nikolaus von Cues und der deutsche Geist. Ein Beitrag zur Geschichte des Irrationalitätsproblems, Berlin 1934, in: Zeitschrift für Theologie und Kirche. Neue Folge 16 (1935), 93. Erwin Metzke: Hamanns Stellung in der Philosophie des 18. Jahrhunderts (Schriften der Königsberger Gelehrten Gesellschaft, X, Geisteswissenschaftliche Klasse, Heft 3), Halle an der Saale 1934, in: Zeitschrift für Theologie und Kirche. Neue Folge 16 (1935), 94. Prägungen germanischer Religiosität. Süddeutsche Monatshefte, 32. Jahrgang, München 1935, in: Zeitschrift für Theologie und Kirche. Neue Folge 16 (1935), 189. Der deutsche Vortrupp. Blätter einer Gefolgschaft deutscher Juden. Herausgegeben von Hans Joachim Schoeps, 1934, Heft 5, Berlin, in: Zeitschrift für Theologie und Kirche. Neue Folge 16 (1935), 192. Ernst Lewalter: Spanisch-jesuitische und deutsch-lutherische Metaphysik des 17. Jahrhunderts (Ibero-amerikanische Studien. Band 4), Hamburg 1935, in: Zeitschrift für Theologie und Kirche. Neue Folge 16 (1935), 280. Martha Waller: Lessings Erziehung des Menschengeschlechts. Interpretation und Darstellung ihres rationalen und irrationalen Gehalts. Eine Auseinandersetzung mit der Lessingforschung (Germanische Studien. Heft 160), Berlin 1935, in: Zeitschrift für Theologie und Kirche. Neue Folge 16 (1935), 282-283. Elfriede Lämmerzahl: Der Sündenfall in der Philosophie des deutschen Idealismus (Neue Deutsche Forschungen. Abteilung Philosophie. Band 3. Herausgegeben

712

Veröffentlichte Quellen von Hans Friedrich Karl Günther), Berlin 1935, in: Zeitschrift für Theologie und Kirche. Neue Folge 16 (1935), 283.

Max Weber: Die protestantische Ethik und der Geist des Kapitalismus, Tübingen 1934 (Sonderausgabe aus: Max Weber: Gesammelte Aufsätze zur Religionssoziologie. Band l, Tübingen 1934), in: Zeitschrift für Theologie und Kirche. Neue Folge 16 (1935), 286. Ernst Bartsch: Die Wirtschaftsethik August Hermann Franckes, Harburg-Wilhelmsburg 1934, in: Zeitschrift für Theologie und Kirche. Neue Folge 16 (1935), 287. Walter Frank: Hofprediger Adolf Stoecker und die christlich-soziale Bewegung. Zweite Auflage, Hamburg 1935, in: Zeitschrift für Theologie und Kirche. Neue Folge 16 (1935), 287. Israel und Kirche Christi. Sonderheft von „Eine Heilige Kirche". Herausgegeben von Friedrich Heiler, München 1934, in: Zeitschrift für Theologie und Kirche. Neue Folge 16 (1935), 287-288. Hans Joachim Schoeps: Geschichte der jüdischen Religionsphilosophie in der Neuzeit. Band l, Berlin 1935, in: Zeitschrift für Theologie und Kirche. Neue Folge 16 (1935), 288. Albrecht Oepke: Der Mythus. Rosenbergbetrachtungen, Leipzig 1935, in: Zeitschrift für Theologie und Kirche. Neue Folge 16 (1935), 371. Erich Seeberg: Meister Eckhart (Philosophie und Geschichte. Heft 50), Tübingen 1934, in: Zeitschrift für Theologie und Kirche. Neue Folge 16 (1935), 373-374. Herma Piesch: Meister Eckharts Ethik. Mit einem Nachwort von Otto Karrer, Luzern 1935, in: Zeitschrift für Theologie und Kirche. Neue Folge 16 (1935), 374-375. Hermann Körner: Studien zur geistesgeschichtlichen Stellung Sebastian Francks (Historische Untersuchungen. Herausgegeben von Ernst Kornemann. Heft 16), Breslau 1935, in: Zeitschrift für Theologie und Kirche. Neue Folge 16 (1935), 375. Wilhelm Bettermann: Theologie und Sprache bei Zinzendorf, Gotha 1935, in: Zeitschrift für Theologie und Kirche. Neue Folge 16 (1935), 375-376. Otto Kühler: Sinn, Bedeutung und Auslegung der Heiligen Schrift in Hegels Philosophie. Mit Beiträgen zur Bibliographie über die Stellung Hegels (und der Hegelianer zur Theologie, insbesondere) zur Heiligen Schrift (Studien und Bibliographien zur Gegenwartsphilosophie. Herausgegeben von Werner Schingnitz. Nr. 8), in: Zeitschrift für Theologie und Kirche. Neue Folge 16 (1935), 376-377. Max Jaeger: Die Lebensgesetze Gottes im Volkstum, Berlin 1934, in: Zeitschrift für Theologie und Kirche. Neue Folge 16 (1935), 379-380. Walter Kawerau: Dogmen-Analyse als Weg zu einem artgemäßen einigen Christentum, Gotha 1934, in: Zeitschrift für Theologie und Kirche. Neue Folge 16 (1935), 380. Albrecht Beyer: Offenbarung und Geschichte. Zur Auseinandersetzung mit der Theologie von Paul Althaus, Schwerin 1932, in: Theologische Literaturzeitung 60 (1935), 259-260.

Bibliographie Horst Stephan

713

Kurt Leese: Natürliche Religion und christlicher Glaube. Eine theologische Neuorientierung, Berlin 1936, in: Zeitschrift für Theologie und Kirche. Neue Folge 17 (1936), 94-95. August Winnig: Heimkehr, Hamburg 1935, in: Zeitschrift für Theologie und Kirche. Neue Folge 17 (1936), 95-96. Erwin Langner: Deutscher Frontkämpferglaube, Breslau 1935, in: Zeitschrift für Theologie und Kirche. Neue Folge 17 (1936), 96. Adolf Br. Ekowski: Der Dichterphilosoph Rudolf M. Holzapfel. Seine Gedankenwelt und Persönlichkeit, Radolfszell am Bodensee 1935, in: Zeitschrift für Theologie und Kirche. Neue Folge 17 (1936), 96. Rudolf Otto: Das Heilige. Über das Irrationale in der Idee des Göttlichen und sein Verhältnis zum Rationalen. 23.-25. Auflage, München 1936, in: Zeitschrift für Theologie und Kirche. Neue Folge 17 (1936), 280. Albert Reble: Schleiermachers Kulturphilosophie. Eine entwicklungsgeschichtlichsystematische Würdigung. Mit einem Geleitwort von Theodor Litt (Sonderschriften der Akademie gemeinnütziger Wissenschaften zu Erfurt. Heft 7), Erfurt 1935, in: Zeitschrift für Theologie und Kirche. Neue Folge 17 (1936), 280-281. Erwin Metzke: Geschichtliche Wirklichkeit. Gedanken zu einer deutschen Philosophie der Geschichte (Philosophie und Geschichte. Heft 57), Tübingen 1935, in: Zeitschrift für Theologie und Kirche. Neue Folge 17 (1936), 281. Helmuth Plessner: Das Schicksal deutschen Geistes im Ausgang seiner bürgerlichen Epoche, Zürich und Leipzig 1935, in: Zeitschrift für Theologie und Kirche. Neue Folge 17 (1936), 281-283. Ernst Müsebeck: Wandlungen des religiösen Bewußtseins in der deutschen akademischen Jugend während des Weltkriegs, Berlin 1936, in: Zeitschrift für Theologie und Kirche. Neue Folge 17 (1936), 283. Richard Schwarz: Das Christusbild des deutschen Mystikers Heinrich Seuse. Eine Begegnung von Germanentum und Christentum (Deutsches Werden. Herausgegeben von Leopold Magon und Wolfgang Stammler. Heft 5), Greifswald 1934, in: Zeitschrift für Theologie und Kirche. Neue Folge 17 (1936), 378-379. Lexikon für Theologie und Kirche. Zweite, neubearbeitete Auflage des Kirchlichen Handlexikons. In Verbindung mit Fachgelehrten und mit Konrad Hofmann als Schriftleiter herausgegeben von Michael Buchberger. Band 6 bis 8, Freiburg 1934-1936, in: Zeitschrift für Theologie und Kirche. Neue Folge 17 (1936), 379. Heinrich Frick: Deutschland innerhalb der religiösen Weltlage, Berlin 1936, in: Zeitschrift für Theologie und Kirche. Neue Folge 18 (1937), 186-187. Eine heilige Kirche. Fortsetzung der „Hochkirche" und der „Religiösen Besinnung". Herausgegeben von Friedrich Heiler, 18. Jahrgang, München 1936, in: Zeitschrift für Theologie und Kirche. Neue Folge 18 (1937), 187-188. Kurt O. Rabl: Christentum und Volkstum bei W. E. Gladstone (Münchner historische Abhandlungen. Heft 10), München 1936, in: Zeitschrift für Theologie und Kirche. Neue Folge 18 (1937), 188.

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Veröffentlichte Quellen

Walter Schönfeld: Der deutsche Idealismus und die Geschichte (Philosophie und Leben. Heft 62), Tübingen 1936, in: Zeitschrift für Theologie und Kirche. Neue Folge 18 (1937), 190-191. Kurt Ihlenfeld (Hg.): Die Stunde des Christentums. Eine deutsche Besinnung, Berlin-Steglitz 1936, in: Zeitschrift für Theologie und Kirche. Neue Folge 18 (1937), 191. Philosophen-Lexikon. Bearbeitet von Eugen Hauer, Werner Ziegenfuß und Gertrud Jung, Berlin 1937, in: Zeitschrift für Theologie und Kirche. Neue Folge 18 (1937), 191-192. Johannes Neumann: Schleiermacher. Existenz, Ganzheit, Gefühl als Grundlagen seiner Anthropologie (Neue Deutsche Forschungen. Herausgegeben von Hans Friedrich Karl Günther. Band 98), Berlin 1936, in: Zeitschrift für Theologie und Kirche. Neue Folge 18 (1937), 378. Hans Schindler: Barth und Overbeck. Ein Beitrag zur Genesis der dialektischen Theologie im Lichte der gegenwärtigen theologischen Situation, Gotha 1936, in: Zeitschrift für Theologie und Kirche. Neue Folge 18 (1937), 379. Hans Eklund: Theologie der Entscheidung. Zur Analyse und Kritik der „existentiellen" Denkweise, Uppsala 1937, in: Zeitschrift für Theologie und Kirche. Neue Folge 18 (1937), 379-380. Rudolf Alexander Schröder: Die Naturgeschichte des Glaubens. Kunst und Religion, Berlin-Steglitz 1936, in: Zeitschrift für Theologie und Kirche. Neue Folge 18 (1937), 380. Rudolf-Otto-Gedächtnisfeier der Theologischen Fakultät der Philipps-Universität (gehalten am 20. Juni 1937). Ansprachen und Grußworte. Herausgegeben von der Theologischen Fakultät Marburg. Mit einem Bildnis, in: Zeitschrift für Theologie und Kirche. Neue Folge 19 (1938), 163. Paul Seifert: Die Religionsphilosophie bei Rudolf Otto. Eine Untersuchung über ihre Entwicklung, Düsseldorf 1936, in: Zeitschrift für Theologie und Kirche. Neue Folge 19 (1938), 163-164. Hanfried Krüger: Verständnis und Wertung der Mystik im neueren Protestantismus (Christentum und Fremdreligionen. Herausgegeben von Friedrich Heiler. Heft 6), München 1937, in: Zeitschrift für Theologie und Kirche. Neue Folge 19 (1938), 164-165. Carl Clemen: Das Problem der Sünde (Aus der Welt der Religion. Religionswissenschaftliche Reihe. Heft 25), Berlin 1936, in: Zeitschrift für Theologie und Kirche. Neue Folge 19 (1938), 168-169. Otto Kirn: Grundriß der evangelischen Dogmatik. Neunte Auflage. Herausgegeben von Hans Hofer, Leipzig 1936/Otto Kirn: Grundriß der theologischen Ethik. Siebente Auflage. Herausgegeben von Hans Hofer, Leipzig 1936, in: Zeitschrift für Theologie und Kirche. Neue Folge 19 (1938), 169. Hugo Friedrich: Descartes und der französische Geist (Wissenschaft und Zeitgeist. Heft 6), Leipzig 1937, in: Zeitschrift für Theologie und Kirche. Neue Folge 19 (1938), 179.

Bibliographie Horst Stephan

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Karl Ernst W. Weißleder: Goethes „Faust" und das Christentum (Studien und Bibliographien zur Gegenwartsphilosophie. Herausgegeben von Werner Schingnitz), Leipzig 1936, in: Zeitschrift für Theologie und Kirche. Neue Folge 19 (1938), 179. Die Welt im Fortschritt. Gemeinverständliche Bücher des Wissens und Forschens der Gegenwart. I. Reihe. Band 10 (Schlußband), Berlin 1937, in: Zeitschrift für Theologie und Kirche. Neue Folge 19 (1938), 181-182. Lexikon für Theologie und Kirche. Zweite, neubearbeitete Auflage des Kirchlichen Handlexikons. In Verbindung mit Fachgelehrten und mit Konrad Hofmann als Schriftleiter herausgegeben von Michael Buchberger. Band 9, Freiburg im Breisgau 1937, in: Zeitschrift für Theologie und Kirche. Neue Folge 19 (1938), 182. Karl Heim: Jesus der Weltvollender. Der Glaube an die Versöhnung und Weltverwandlung (Der evangelische Glaube und das Denken der Gegenwart. Band 3), Berlin 1937, in: Zeitschrift für Theologie und Kirche. Neue Folge 19 (1938), 282. Emanuel Hirsch: Leitfaden zur christlichen Lehre, Tübingen 1938, in: Zeitschrift für Theologie und Kirche. Neue Folge 19 (1938), 352-354. Emanuel Hirsch (Hg.): Hilfsbuch zum Studium der Dogmatik. Die Dogmatik der Reformatoren und der altevangelischen Lehrer, quellenmäßig belegt und verdeutscht, Berlin 1937/Emanuel Hirsch (Hg.): Die Umformung des christlichen Denkens in der Neuzeit. Ein Lesebuch, Tübingen 1938, in: Zeitschrift für Theologie und Kirche. Neue Folge 19 (1938), 354-355. Emil Brunner: Wahrheit als Begegnung. Sechs Vorlesungen über das christliche Wahrheitsverständnis, Berlin 1938, in: Zeitschrift für Theologie und Kirche. Neue Folge 19 (1938), 355-356. Franz Spemann: Die protestantische Theologie der Gegenwart und das Neue Testament, Marburg 1938, in: Zeitschrift für Theologie und Kirche. Neue Folge 19 (1938), 357-358. Bernhard Bavink: Wesentliches und Unwesentliches im Christentum, Frankfurt am Main 1938, in: Zeitschrift für Theologie und Kirche. Neue Folge 19 (1938), 358. Georg Wehrung: Christentum und Deutschtum (Tübinger Studien zur systematischen Theologie. Heft 6), Stuttgart 1937, in: Zeitschrift für Theologie und Kirche. Neue Folge 19 (1938), 359. Heinz Erich Eisenhuth: Christus und das deutsche Leben, Frankfurt am Main 1938/Heinz Erich Eisenhuth: Volksgeschichte und Heilsgeschichte, Weimar 1938, in: Zeitschrift für Theologie und Kirche. Neue Folge 19 (1938), 359-360. Otto Wolff: Die Haupttypen der neueren Lutherdeutung (Tübinger Studien zur systematischen Theologie. Heft 7), Stuttgart-Berlin 1938, in: Zeitschrift für Theologie und Kirche. Neue Folge 19 (1938), 360-361. Imbart de la Tour: Calvin. Der Mensch - Die Kirche - Die Zeit. Übersetzt von E. G. Winkler, München 1936, in: Zeitschrift für Theologie und Kirche. Neue Folge 19 (1938), 363-364.

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Veröffentlichte Quellen

Fritz Fischer: Moritz August von Bethmann-Hollweg und der Protestantismus (Religion, Rechts- und Staatsgedanke). Historische Studien. Herausgegeben von Emil Ehering. Heft 338, Berlin 1938, in: Zeitschrift für Theologie und Kirche. Neue Folge 19 (1938), 364-365. Hermann Mulert: Konfessionskunde. Die christlichen Kirchen und Sekten heute. Zweite, neubearbeitete Auflage (Sammlung Töpelmann. Die Theologie im Abriß. Band 5), Berlin 1937, in: Zeitschrift für Theologie und Kirche. Neue Folge 19 (1938), 380. Lexikon für Theologie und Kirche. Zweite, neubearbeitete Auflage des Kirchlichen Handlexikons. In Verbindung mit Fachgelehrten und mit Konrad Hofmann als Schriftleiter herausgegeben von Michael Buchberger. Band 10, Freiburg im Breisgau 1938, in: Zeitschrift für Theologie und Kirche. Neue Folge 19 (1938), 380-381. Nora Imendörffer: Johann Georg Hamann und seine Bücherei (Schriften der Albertus-Universität. Geisteswissenschaftliche Reihe. Band 20), Königsberg 1938, in: Theologische Literaturzeitung 66 (1941), 354-355. Johannes von Walter: Christentum und Frömmigkeit. Gesammelte Vorträge und Aufsätze, Gütersloh 1941, in: Theologische Literaturzeitung 6 8 (1943), 247-248. Helga Rusche: Die Eschatologie in der Verkündigung des schwäbischen und niederrheinischen Biblizismus des 18. Jahrhunderts. Diss. theol. Heidelberg o.J. [1943], in: Theologische Literaturzeitung 72 (1947), 39-40. Leo Fremgen: Das Dämonische in christlicher Schau. Ein Beitrag zum Verständnis unserer Zeit, Bielefeld 1947, in: Theologische Literaturzeitung 73 (1948), 231-232.

2.1.8. Verfaßte, mitverfaßte oder unterzeichnete kirchen- und hochschulpolitische Erklärungen (Auswahl) An unsre protestantischen Volksgenossen! [Aufruf vom 14. November 1918 zur Bildung von Volkskirchenräten], in: Die Christliche Welt 32 (1918), 466 (Nr. 48/49 vom 28. November 1918) [erster Abdruck in der Christlichen Welt], sowie: Die Christliche Welt 32 (1918), 491492 (Nr. 50/51 vom 12. Dezember 1918) [zweiter Abdruck]. [Dem von Martin Rade und dem Chemnitzer Pfarrer Hermann Bernhard Gay verfaßten Aufruf folgen in beiden wortgleichen Drucken längere, nach NichtTheologen und Theologen gegliederte Unterzeichnerlisten. Die Namensliste des Erstdrucks wurde beim Zweitdruck in erheblich erweiterter Form erneut abgedruckt. Die Namensliste des Erstdruckes nennt insgesamt 26 Namen, darunter Carola Barth, Heinrich Knittermeyer, Friedrich Siegmund-Schultze, Wilhelm Stapel, Otto Baumgarten, Erich Foerster, Christian Geyer, Adolf Jülicher, Friedrich Niebergall, Rudolf Otto und Erich Seeberg. Die Namensliste des Zweitdruckes nennt insgesamt 89 Namen, darunter neben Horst Stephan und den bereits genannten Personen: Carl Clemen, Max

Bibliographie Horst Stephan

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Maurenbrecher, Friedrich Naumann, Otto Nuschke, Karl Bornhäuser, Martin Dibelius, Emil Fuchs, Paul Glaue, Wilhelm Heitmüller, Wilhelm Herrmann, Johannes Herz, Johannes Kübel und Ewald Stier. Zum Text des Entwurfes vgl. auch die Entwurfsfassung mit Erläuterungen Rades in: [Martin Rade (Hg.):] An die Freunde. Vertrauliche d.i. nicht für die Oeffentlichkeit bestimmte Mitteilungen. Nr. 93 vom 15. November 1918, 675-676. - Beide Abdrucke erschienen am Ende der jeweiligen Ausgaben der Christlichen Welt unter der Rubrik .Anzeigen'. Ihnen folgten von Rade formulierte „Grundlinien für die Volkskirchen-Räte (Vorlage Nr. 1)" (Die Christliche Welt 32 (1918), 466) bzw. „Grundlinien für die Volkskirchen-Räte (Vorschläge Nr. 2)" (Die Christliche Welt 32 (1918), 492).] Eingabe preußischer Theologieprofessoren an das preußische Ministerium für Wissenschaft, Kunst und Volksbildung [Undatiert, ca. Mitte Juni 1923], in: Protestantenblatt. Wochenschrift für den deutschen Protestantismus 56 (1923), 84-85 (Nr. 23/27 vom 8. Juli 1923), sowie in: Die Christliche Welt 37 (1923), 399 (Nr. 24/26 vom 28. Juni 1923). [Die Eingabe, die eine Sicherstellung der theologischen Fakultäten gegen kirchliche Bekenntnisverpflichtungen forderte, wurde unterzeichnet u.a. von Otto Baumgarten, Karl Bornhausen, Rudolf Bultmann, Hugo Greßmann, Hermann Gunkel, Adolf von Harnack, Wilhelm Heitmüller, Friedrich Heiler, Heinrich Hermelink, Gustav Hoelscher, Adolf Jülicher, Ferdinand Kattenbusch, Ernst Lohmeyer, Hermann Mulert, Friedrich Niebergall, Rudolf Otto, Martin Rade, Otto Ritschi, Hans von Soden, Horst Stephan, Leopold Zscharnack. Vgl. auch die parallele „Öffentliche Erklärung von Professoren der evangelisch-theologischen Fakultäten altpreußischer Universitäten", in: Die Christliche Welt 37 (1923), 398 (Nr. 24/26 vom 28. Juni 1923).] Erklärung von Professoren der Theologie und Vertretern des Deutschen Verbandes des entschiedenen Protestantismus [Undatiert, ca. Juni oder erste Juli-Hälfte 1933]. l Seite. Hektographiertes Exemplar im Nachlaß Stephan. [Die Erklärung, die durch eine Reihe von Universitätstheologen und Mitgliedern des von Johannes Herz geführten „Deutschen Verbandes des entschiedenen Protestantismus" abgegeben wurde und die im Frühsommer 1933 zur Lage der Theologie, zur Forderung nach einem neuen Bekenntnis und zu den Auseinandersetzungen um eine Verfassung für die evangelische Kirche Stellung nahm, wurde unterzeichnet von den Professoren Joachim Begrich, Andreas Duhm, Hans Haas, Heinrich Hermelink, Gustav Krüger, Johannes Leipoldt, Peter Meinhold, Otto Ritschi, Hans von Soden, Horst Stephan, Heinrich Weinel und Leopold Zscharnack sowie - neben anderen - von folgenden Vertretern des Verbandes: Wilhelm Bornemann, Adolf Faut, Johannes Herz, Richard Marx, Wilhelm Schubring.] Kundgebung der Theologischen Fakultät Leipzig vom 27. November 1933 zur kirchlichen Lage, in: Allgemeine Evangelisch-Lutherische Kirchenzeitung 66 (1933), 1171-1172. [Die Kundgebung wurde von folgenden Personen unterzeichnet: Karl Otto Frenzel, Hans Haas, Johannes Leipoldt, Hans Achelis, Albrecht Alt, Horst Stephan, Ernst Sommerlath, Alfred Dedo Müller, Franz Rendtorff, Carl Ihmels,

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Veröffentlichte Quellen Albrecht Oepke, Joachim Begrich, Alfred Jeremias, Paul Wilhelm Julius Fiebig, Gerhard von Rad.]

Erklärung Horst Stephans zu den „28 Thesen der sächsischen Volkskirche zum inneren Aufbau der Deutschen Evangelischen Kirche" anläßlich der Synodalentscheidung vom 10. Dezember 1933, in: Neues Sächsisches Kirchenblatt 40 (1933), 829 (Nr. 52 vom 24. 12. 1933); geringfügig gekürzter Nachdruck in: Protestantenblatt. Wochenschrift für den deutschen Protestantismus 67 (1934), 11-12 (Nr. l vom 2. Januar 1934).s Gutachten der Theologischen Fakultät Leipzig zu den „28 Thesen der sächsischen Volkskirche zum inneren Aufbau der Deutschen Evangelischen Kirche" [Undatiert, nach dem 28. Dezember 1933], in: Allgemeine Evangelisch-Lutherische Kirchenzeitung 67 (1934), 35-38 (Nr. 2 vom 12. Januar 1934), sowie in: Junge Kirche. Halbmonatschrift für reformatorisches Christentum 2 (1934), 66-70; Nachdruck in: Die Bekenntnisse und grundsätzlichen Äußerungen zur Kirchenfrage des Jahres 1933. Gesammelt und eingeleitet von Kurt Dietrich Schmidt, Göttingen 1934, 195-199. [Vgl. auch die das Gutachten veranlassende „Bitte" von 15 Superintendenten der Evangelisch-lutherischen Landeskirche Sachsens an die Theologische Fakultät der Universität Leipzig um eine Stellungnahme (28. Dezember 1933), in: Allgemeine Evangelisch-Lutherische Kirchenzeitung 67 (1934), 34-35 (Nr. 2 vom 12. Januar 1934).]

Erklärung der Theologischen Fakultät Leipzig vom 19. Mai 1934. [Mehrfach unter verschiedenen Titeln veröffentlicht.] Unter dem Titel „Wir beschwören die Kirchenregierungen! Erklärung der theologischen Fakultät Leipzig", in: Allgemeine Evangelisch-Lutherische Kirchenzeitung 67 (1934), 488 (Nr. 21 vom 25. Mai 1934). Unter dem Titel „Rückkehr auf den klaren Rechtsboden!", in: Junge Kirche. Halbmonatschrift für reformatorisches Christentum 2 (1934), 473 (Nr. 11 vom 2. Juni 1934). [Der Aufruf ist unterzeichnet mit: „Die Lehrer der Theologie an der Universität Leipzig. Hans Achelis [im Abdruck der Zeitschrift Junge Kirche irrtümlich: Aelis], Albrecht Alt, Joachim Begrich, Carl Clemen, Hans Haas, Carl Ihmels, Johannes Leipoldt, Alfred Dedo Müller, Albrecht Oepke, Gerhard von Rad, Ernst Sommerlath, Horst Stephan."]

Telegramm an den Reichsbischof vom 6. November 1934, in: Allgemeine Evangelisch-Lutherische Kirchenzeitung 67 (1934), 1077 (Nr. 45 vom 9. November 1934), sowie in: Junge Kirche. Halbmonatschrift für reformatorisches Christentum 2 (1934), 960 (Nr. 22 vom 17. November 1934). [Das Telegramm ist unterzeichnet von Albrecht Alt, Joachim Begrich, Karl Elliger, Carl Ihmels, Johannes Leipoldt, Alfred Dedo Müller, Albrecht Oepke, Ernst Sommerlath und Horst Stephan.] 5

Siehe auch unter 2.1.4.

Bibliographie Horst Stephan

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Erklärung Leipziger Theologieprofessoren vom 22. November 1934, in: Allgemeine Evangelisch-Lutherische Kirchenzeitung 67 (1934), 1144 (Nr. 48 vom 30. November 1934). [Der Text bezieht sich auf das „Wort des Reichsbischofs an die Gemeinden und Pfarrer" vom 8. November 1934 (in: Protestantenblatt 67 (1934), 746748 (Nr. 47 vom 18. November 1934). Er ist von den folgenden Personen unterzeichnet: Albrecht Alt, Joachim Begrich, Carl Clemen, Martin Doerne, Karl Elliger, Carl Ihmels, Johannes Leipoldt, Alfred Dedo Müller, Albrecht Oepke, Franz Rendtorff, Carl Schneider, Ernst Sommerlath und Horst Stephan.]

2.1.9. Herausgeber bzw. Mitherausgeber Herders Philosophie. Ausgewählte Denkmäler aus der Werdezeit der neuen deutschen Bildung. Herausgegeben von Horst Stephan (Philosophische Bibliothek. Band 112), Leipzig 1906. [Johann Gottfried] Herder: Ideen zur Philosophie der Geschichte der Menschheit {Feldausgaben der „Philosophischen Bibliothek". Heft II), Leipzig o.J. [1917]. [Sonderausgabe aus: Herders Philosophie. Ausgewählte Denkmäler aus der Werdezeit der neuen deutschen Bildung. Herausgegeben von Horst Stephan (Philosophische Bibliothek. Band 112), Leipzig 1906, [87]-176. - Hiervon erschien ca. 1922 eine zweite Ausgabe als „Textausgabe der .Philosophischen Bibliothek'. Heft 2". (Vgl. Rainer A. Bast: Die Philosophische Bibliothek. Geschichte und Bibliographie einer philosophischen Textreihe seit 1868, Hamburg 1993, 820.)] Herders Religionsphilosophie (Feldausgaben der „Philosophischen Bibliothek". Heft VII), Leipzig o.J. [1918.] [Sonderausgabe aus: Herders Philosophie. Ausgewählte Denkmäler aus der Werdezeit der neuen deutschen Bildung. Herausgegeben von Horst Stephan (Philosophische Bibliothek. Band 112), Leipzig 1906, [177]-257. - Hiervon erschien ca. 1920 eine zweite Ausgabe als „Textausgabe der .Philosophischen Bibliothek'. Heft VII". (Vgl. Rainer A. Bast: Die Philosophische Bibliothek. Geschichte und Bibliographie einer philosophischen Textreihe seit 1868, Hamburg 1993, 820-821.)] Herders Sprachphilosophie (Feldausgaben der „Philosophischen Bibliothek. Heft XIII). Leipzig o.J. [1918]. [Sonderausgabe aus: Herders Philosophie. Ausgewählte Denkmäler aus der Werdezeit der neuen deutschen Bildung. Herausgegeben von Horst Stephan (Philosophische Bibliothek. Band 112), Leipzig 1906, [1J-86. - Hiervon erschien ca. 1922 eine zweite Ausgabe als „Textausgabe der .Philosophischen Bibliothek'. Heft 13". (Vgl. Rainer A. Bast: Die Philosophische Bibliothek. Geschichte und Bibliographie einer philosophischen Textreihe seit 1868, Hamburg 1993, 821.)]

720

Veröffentlichte Quellen

Zeitschrift für Theologie und Kirche. Organ für systematische und prinzipielle Theologie. Von Johannes Gottschick begründet. In Verbindung mit Paul Drews, Samuel Eck, Theodor Haering, Adolf Harnack, Julius Kaftan, Ferdinand Kattenbusch, Otto Kirn, Paul Lobstein, Friedrich Loofs, Emil Walter Mayer, Paul Mezger, Rudolf Otto, Otto Ritschi, Otto Scheel, Gustav von Schultheß-Rechberg, Martin Schulze, Karl Seil, Theophil Steinmann, Karl Thieme, Arthur Titius, Friedrich Traub, Ernst Troeltsch, Johannes Wendland, Hans Hinrich Wendt, Georg Wobbermin herausgegeben von Wilhelm Herrmann und Martin Rade (Jahrgang 17, 1907 bis Jahrgang 27, 1917]. Verlag: J.C.B. Mohr (Paul Siebeck) in Tübingen. [Stephan wurde seit dem Jahrgang 22 (1912) als Mitglied des Kreises von den Herausgebern verbundenen Theologen genannt. Mit dem Jahrgang 27 (1917) stellte die Zeitschrift für Theologie und Kirche ihr Erscheinen vorläufig ein. Zu der seit 1920 erschienenen „Neuen Folge" siehe unten.] Die Christliche Welt. Evangelisches Gemeindeblatt für Gebildete aller Stände. Marburg. Einundzwanzigster Jahrgang [1907]. Ausgaben Nr. 36 vom 5. September, Nr. 37 vom 12. September, Nr. 38 vom 19. September, Nr. 40 vom 26. September und Nr. 41 vom 10. Oktober 1907. [Stephan zeichnete in Vertretung Rades für diese Ausgaben als „Verantwortlicher Herausgeber".] Spaldings Bestimmung des Menschen (1748) und Wert der Andacht (1755). Mit Einleitung neu herausgegeben von Horst Stephan (Studien zur Geschichte des neueren Protestantismus. Herausgegeben von Heinrich Hoffmann und Leopold Zscharnack. 1. Quellenheft), Gießen 1908. Die Christliche Welt. Evangelisches Gemeindeblatt für Gebildete aller Stände. Marburg. Zweiundzwanzigster Jahrgang [1908]. Ausgaben Nr. 23 vom 4. Juni, Nr. 24 vom 11. Juni, Nr. 25 vom 18. Juni und Nr. 26 vom 25. Juni 1908. [Wie schon 1907 zeichnete Stephan in Vertretung Rades für diese Ausgaben als „Verantwortlicher Herausgeber".]

Friedrich August Berthold Nitzsch: Lehrbuch der evangelischen Dogmatik. Dritte Auflage. Bearbeitet von Horst Stephan (Sammlung theologischer Lehrbücher), Tübingen 1912. [Zu Stephans Bearbeitung vgl.: Vorwort zur dritten Auflage, V-XI.] Martin Rade/Horst Stephan (Hg.): Festgabe für Wilhelm Herrmann zu seinem 70. Geburtstage dargebracht von Schülern und Kollegen. Mit einem Bilde [Zeitschrift für Theologie und Kirche 27 (1917)], Tübingen 1917. [Der Band enthält Beiträge von Wilhelm Frankenberg, Rudolf Bultmann, Hans Windisch, Wilhelm Heitmüller, Walter Bauer, Karl Heussi, Theodor Sippell, Georg Wobbermin, Heinrich Scholz, Hermann Mulert, Martin Rade, Horst Stephan, Karl Bornhausen, Friedrich Siegmund-Schultze, Karl Bach-

Bibliographie Horst Stephan

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mann, Wilhelm Fresenius, Erich Foerster, Friedrich Mahling, Carola Barth, A. Heermann, Johannes Naumann.] Otto Kirn: Sittliche Lebensanschauungen der Gegenwart. Dritte Auflage durchgesehen von Horst Stephan (Aus Natur und Geisteswelt. Sammlung wissenschaftlich-gemeinverständlicher Darstellungen. 177. Bändchen), Leipzig und Berlin 1917. [Zur Bearbeitung des Textes durch Stephan vgl. das „Vorwort zur dritten Auflage", IV-V.] [Friedrich Schleiermacher:] Zwei ungedruckte Briefe Schleiermachers, in: Theologische Studien und Kritiken 92 (1919), 168-171. [Die Edition bietet zwei Briefe Schleiermachers an Karl Ullmann (1796-1865), den Herausgeber der Theologischen Studien und Kritiken, vom 22. August 1830 bzw. vom 17. Februar 1832.] Zeitschrift für Theologie und Kirche. Neue Folge. Organ für die systematischen Fragen der Religionswissenschaft und Geisteskultur. Unter Mitwirkung von D. Bornhausen, Professor an der Universität Marburg (Breslau) [seit 1920: Breslau / seit 1934: Frankfurt am Main], D. Heim, Professor an der Universität Münster (Tübingen) [seit 1920: Tübingen], D. Steinmann, Dozent am theologischen Seminar in Herrnhut herausgegeben von D. Horst Stephan, Professor an der Universität Marburg [seit 1922: Halle/seit 1926: Leipzig]. Erster Jahrgang 1920 (Der ganzen Folge 28. Jahrgang) - 19. Jahrgang 1938. Verlag: J.C.B. Mohr (Paul Siebeck) in Tübingen. Wilhelm Herrmann: Die sittlichen Weisungen Jesu. Ihr Mißbrauch und ihr richtiger Gebrauch. Dritte Auflage. Herausgegeben von Horst Stephan, Göttingen 1922. [Zur Gestaltung des Textes durch Stephan vgl. das Vorwort „Zur dritten Auflage", 4-5.] Otto Kirn: Sittliche Lebensanschauungen der Gegenwart. Vierte Auflage herausgegeben von Horst Stephan (Aus Natur und Geisteswelt. Sammlung wissenschaftlich-gemeinverständlicher Darstellungen. 177. Band), Leipzig und Berlin 1924. [Der vordere Buchdeckel trägt folgende Angabe: „O. Kirn: Sittliche Lebensanschauungen der Gegenwart. Vierte Auflage von H. Stephan"] Die Religion in Geschichte und Gegenwart. Handwörterbuch für Theologie und Religionswissenschaft. Zweite, völlig neubearbeitete Auflage. In Verbindung mit Alfred Bertholet, Hermann Faber und Horst Stephan herausgegeben von Hermann Gunkel und Leopold Zscharnack. Band l, Tübingen 1927- Band 5, Tübingen 1931. Verlag: J.C.B. Mohr (Paul Siebeck) in Tübingen. [Laut dem Aufgäbenverteilungsplan, den Leopold Zscharnack im „Vorwort des Herausgebers" zu Band l, Tübingen 1927, V, mitteilt, lag bei Stephan „die Leitung der systematisch-theologischen Fächer unter Angliederung von

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Veröffentlichte Quellen Philosophie und Sozialwissenschaften". Vgl. dazu auch die „Systematische Übersicht" im Registerband, bearbeitet von Oskar Rühle, Tübingen 1932, 2-31. Band l ( -D), Tübingen 1927 Band 2 (E-H), Tübingen 1928 Band 3 (I-Me), Tübingen 1929 Band 4 (Mi-R), Tübingen 1930 Band 5 (S-Z), Tübingen 1931 Registerband. Bearbeitet von Oskar Rühle, Tübingen 1932.]

2.2. Bibliographie Georg Wehrung 2.2.1. Teilbibliographie Bibliographie Georg Wehrung. (Zusammengestellt von Otto Wolff, Tübingen; bearbeitet von Ulrich Kühn, Leipzig), in: Theologische Literaturzeitung 85 (1960), 71-76. 2.2.2. Festschrift und Ehrungen Paul Althaus / Adolf Köberle / Carl Stange: Herrn Professor D. Georg Wehrung, in: Zeitschrift für systematische Theologie 17 (1940), 195. [Es handelt sich um eine Glückwunschadresse der Herausgeber der Zeitschrift für systematische Theologie anläßlich des 60. Geburtstages von Wehrung am 6. Oktober 1940.] Glaube und Ethos. Festschrift für Professor D. Dr. Georg Wehrung zum 60. Geburtstag am 6. Oktober 1940 [Herausgegeben von Rudolf Paulus], Stuttgart 1940. [Der Band enthält Beiträge von Paul Volz, Johannes Herrmann, Otto Bauernfeind, Otto Michel, Rudolf Hermann, Gerhard Stammler, Martin Schlunk, Georg Wünsch, Rudolf Paulus, Torsten Bohlin, Wilhelm Thimme, Gerhard Heinzelmann, Adolf Köberle, Theodor Siegfried, Carl Stange, Johannes Ficker, Heinz-Horst Schrey, Hermann Faber und Albrecht Ströle. - Dem Band ist keine Bibliographie beigegeben.]

2.2.3. Separate Publikationen Der geschichtsphilosophische Standpunkt Schleiermachers zur Zeit seiner Freundschaft mit den Romantikern. Zugleich ein Beitrag zur Entwickelungsgeschichte Schleiermachers in den Jahren 1787-1800, Stuttgart 1907. [Zunächst erschienen als: Der geschichtsphilosophische Standpunkt Schleiermachers zur Zeit seiner Freundschaft mit den Romantikern. Inaugural-Dissertation zur Erlangung der Doktorwürde einer Hohen Philosophischen Fakultät der Kaiser-Wilhelms-Universität Strassburg, Strassburg i. E. 1907 (dort 140: „Vita").]

Die philosophisch-theologische Methode Schleiermachers. Eine Einführung in die Kurze Darstellung und in die Glaubenslehre, Göttingen 1911.

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Veröffentlichte Quellen

Die Dialektik Schleiermachers, Tübingen 1920. [Widmung, III: „Dem Schleiermacherforscher Hermann Süskind zum Gedächtnis"] Protestantischer Geist. Zwei Vorträge, Münster in Westfalen 1921 [teilidentisch mit: Protestantischer Geist. Fünf Vorträge, Gütersloh 1928]. [Der Band enthält: Der Protestantismus und die sittlich religiöse Wahrhaftigkeit (1921), 5-22. Gottesfriede und Gotteskraft im Protestantismus (1921), 23-40. Zur Entstehung vgl. das Vorwort zur erweiterten Ausgabe von 1928, 5: Beide Vorträge sind im Jahre 1921 „in der Obertüschenschen Buchhandlung zu Münster erschienen" und zwar „zusammen unter dem Titel, der jetzt allen vorgesetzt ist. Ursprünglich sind sie in der Pfingstzeit 1921 vor der evangelischen Gemeinde Münster gehalten; die Themen waren vom Presbyterium vorgeschlagen." - Siehe unten zur Neuausgabe.] Autorität und Freiheit im Protestantismus. Ein Vortrag, Münster in Westfalen 1922. [Vgl. die Notiz, 3: „Zur Eröffnung des Hamannstiftes Herbst 1922 in Münster i.W." - Siehe auch das Vorwort zu: Protestantischer Geist. Fünf Vorträge, Gütersloh 1928.] Der soziale Gedanke im Protestantismus. Ein Vortrag, Münster in Westfalen 1922. Schleiermacher in der Zeit seines Werdens, Gütersloh 1927. Protestantischer Geist. Fünf Vorträge, Gütersloh 1928 [vgl.: Protestantischer Geist. Zwei Vorträge, Münster in Westfalen 1921]. [Der Band enthält: Der Protestantismus und die sittlich-religiöse Wahrhaftigkeit, 7-34 (1921. Erstdruck: 1921). Autorität und Freiheit im Protestantismus, 35-65 (1921. Erstdruck: 1922). Gottesfriede und Gotteskraft im Protestantismus, 66-93 (1921. Erstdruck: 1921). Der soziale Gedanke im Protestantismus, 94-124 (1921. Erstdruck: 1922). Von protestantischer Lebensanschauung, 125-149 (1924/25. Erstdruck: 1925). Hinweis im „Vorwort", 5: „Von den hier vereinigten fünf Vorträgen ist der letzte (prot. Lebensanschauung) bereits im ,Apologetischen Jahrbuch' der westfälischen Weltanschauungswochen 1925 mitgeteilt. - Die ersten vier sind in den Jahren 1921 und 22 in drei Heften in der Obertüschenschen Buchhandlung zu Münster erschienen, der erste (.Wahrhaftigkeit') und dritte (.Gottesfriede') zusammen unter dem Titel, der jetzt allen vorgesetzt ist. Ursprünglich sind sie in der Pfingstzeit 1921 vor der evangelischen Gemeinde Münster gehalten; die Themen waren vom Presbyterium vorgeschlagen."] Geschichte und Glaube. Eine Besinnung auf die Grundsätze theologischen Denkens, Gütersloh 1933. [Widmung, III: „D. Theodor Haering zum Gedächtnis". Der Band enthält: Glaube und Geschichte, 322-421. Vgl. den Hinweis im „Vorwort", V: „Das

Bibliographie Georg Wehrung

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zusammenfassende achte Kapitel .Glaube und Geschichte' habe ich zuerst für einen Ferienkurs der Halleschen Fakultät ausgearbeitet."]

Christentum und Deutschtum. Eine zeitgemäße Besinnung (Tübinger Studien zur systematischen Theologie. Unter Mitwirkung von Ernst Haenchen herausgegeben von Karl Heim und Georg Wehrung. Heft 6), Stuttgart / Berlin 1937. [Widmung, V: „Den Senioren der Theologischen Fakultät Halle-Wittenberg D. Dr. J.[ohannes] Ficker und D. Dr. K.[arl] Eger in Freundschaft und Dankbarkeit".]

Kirche nach evangelischem Verständnis, Gütersloh 1947. [Widmung, 5: „D. Heinrich Matthes dem Vorkämpfer des Gemeindegedankens in ehrendem Gedenken".]

Der Mensch und der Tod (Die Ernte. Heft 5), Essen 1950. [Vgl. auch den Abdruck in: Deutsches Pfarrerblatt 50 (1950), 677-679. 717719.]

Mythos und Dogma, Stuttgart 1952. [Widmung, 5: „Prälat D. Dr. J.[ulius] Schoell zum Gedächtnis." - Notiz, 6: „Auf der Tagung der .Freien Volkskirchlichen Vereinigung Württemberg' im Oktober 1951 hat diese meine Abhandlung freundliche Aufnahme gefunden."] Welt und Reich. Grundlegung .und Aufbau der Ethik, Stuttgart 1952. [Widmung, 5: „D. Dr. Martin Niemöller dem Aufrechten, dem treuen Zeugen". Der Band enthält: Die Welt in der Sicht des Glaubens, 13-105 (1940/41). Das Ethos des Gottesreiches, 106-341 (1949).]

2.2.4. Aufsätze und Artikel Zu Kabischs „Gottes Heimkehr", in: Wingolfs-Blätter. Zeitschrift des Wingolfbundes 37 (1908), 165-166. Eine Weihnachtsansprache vor Studenten gehalten, in: Evangelisches Sonntagsblatt für Elsaß-Lothringen 49 (1912), 427-428. Ein Wort zum „Spielmann" von F.[riedrich] Lienhard, in: Wingolfs-Blätter 42 (1913), 273-275. [Der Text bezieht sich auf Friedrich Lienhard: Spielmann. Roman aus der Gegenwart, Stuttgart 1913.] Zum Streit um Schleiermacher, in: Religion und Geisteskultur. Herausgegeben von Theophil Steinmann 8 (1914), 328-332. [Der Text bezieht sich auf Hermann Süskind: Das religiöse Apriori bei Schleiermacher. Kritische Bemerkungen zu G. Wehrung: Die philosophisch-theologische Methode Schleiermachers (1911), in: Religion und Geisteskultur 8 (1914), 37-65.]

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Veröffentlichte Quellen

Friedrich Schleiermacher. Ein Überblick, in: Religion und Bildung. Jahrbuch der Evangelischen Vereinigung für Elsaß-Lothringen l (1914), 13-39. Gedanken über Tod und Leben, in: Evangelisches Sonntagsblatt für ElsaßLothringen 51 (1914), 387-388. Was ist deutsch?, in: Evangelisches Sonntagsblatt für Elsaß-Lothringen 51 (1914), 340-341. Über Friedrich Lienhards Bekenntnisbücher, in: Bühne und Welt 17 (1915), 493-496. „Gottfried von Straßburg" und „Heinrich von Ofterdingen", in: Bühne und Welt 17 (1915), 513-519. Bürger mit den Heiligen und Gottes Hausgenossen, in: Evangelisches Sonntagsblatt für Elsaß-Lothringen 52 (1915), 159-161. Zum Pfingstfest, in: Evangelisches Sonntagsblatt für Elsaß-Lothringen 52 (1915), 167-168. Einiges über den Elsässer Friedrich Lienhard, in: Evangelisches Sonntagsblatt für Elsaß-Lothringen 52 (1915), 320-322. Von des Kriegers Not und Trost, in: Wingolfs-Blätter 45 (1915/16), 355357. Friedrich Lienhard, in: Eckart. Blätter für evangelische Geistesarbeit 10 (1915/16), 1-12. Vom verlorenen Schaf und verlorenen Groschen, in: Evangelisches Sonntagsblatt für Elsaß-Lothringen 53 (1916), 221-223. Des Vaters unaussprechliche Gabe, in: Evangelisches Sonntagsblatt für Elsaß-Lothringen 53 (1916), 414-416. Zum Geburtstag unseres Kaisers, in: Evangelisches Sonntagsblatt für Elsaß-Lothringen 54 (1917), 17-19. Der Herr ist der Geist, in: Evangelisches Sonntagsblatt für Elsaß-Lothringen 54 (1917), 157-159. Unser Luther, in: Evangelisches Sonntagsblatt für Elsaß-Lothringen 54 (1917), 343-345. Eine Weihnachtsansprache. Den Studenten des theologischen Stifts gehalten, in: Evangelisches Sonntagsblatt für Elsaß-Lothringen 54 (1917), 421-423. Lienhard als Führer zur Stille, in: Friedrich Lienhard und wir. Festgabe zum 50. Geburtstag, Stuttgart 1919, 79-94.

Bibliographie Georg Wehrung

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Jesus und Nathanael, in: Evangelisches Sonntagsblatt für Elsaß-Lothringen 57 (1920), 24-26. Reformatorischer Glaube und deutscher Idealismus, in: Studien zur systematischen Theologie. Theodor von Haering zum siebzigsten Geburtstag (22. April 1918) von Fachgenossen dargebracht. Herausgegeben von Friedrich Traub, Tübingen 1918, 189-225. Friedrich Schleiermacher, in: Der Türmer. Deutsche Monatshefte 25 (19227 23), 830-834. Das religiöse Ich. Zur Frage nach dem subjektiven Ursprung der Religion, in: Zeitschrift für systematische Theologie l (1923), 6-27. Vom Irrationalen, in: Zeitschrift für systematische Theologie l (1923), 482-517. Albert Schweitzer und sein Zeitspiegel, in: Der Türmer. Deutsche Monatshefte 26 (1923/24), 677-681. Die Haupttypen theologischen Denkens in der neueren Theologie, in: Zeitschrift für systematische Theologie 2 (1924), 75-145.

[Widmung, 75: „Seinem hochverehrten Straßburger Lehrer, Herrn Prof. D. Dr. E.[mil] W.[alter] Mayer in Gießen, zum 70. Geburtstag am 9. September

dieses Jahres gewidmet." Zur Entstehung siehe die „Vorbemerkung", 75: „Diese Untersuchung ist eigentlich als ein Kapitel einer größeren Schrift gedacht; [...]. Die allgemeine Lage der Theologie, das Hinüber und Herüber des Streites, der Kampf um Schleiermacher, das Suchen eines neuen Weges, lassen es mir angebracht erscheinen, sie jetzt schon der Öffentlichkeit zu unterbreiten. Daß ich sie einem verehrten Jubilar widmen darf, ist mir eine besondere Freude."]

Friedrich Lienhard. Zu seinem sechzigsten Geburtstag, in: Westermanns Monatshefte 70 [Band 139. 1. Teil] (1925), 187-191. Kultur und Christentum (Zusammenfassung), in: Apologetisches Jahrbuch. Herausgegeben von Johannes Müller-Schwefe, Gütersloh 1925, 113-129. [Vortrag bei der dritten evangelischen Weltanschauungswoche von Westfalen in Hagen vom 28. September bis zum 4. Oktober 1924. Vollständige Fassung in: Georg Wehrung: Protestantischer Geist. Fünf Vorträge, Gütersloh 1928 (siehe unter 2.2.3.).]

Von protestantischer Lebensanschauung, in: Apologetisches Jahrbuch. Herausgegeben von Johannes Müller-Schwefe, Gütersloh 1925, 130-144. [Vortrag bei der dritten evangelischen Weltanschauungswoche von Westfalen in Hagen vom 28. September bis zum 4. Oktober 1924. Wiederabdruck in: Georg Wehrung: Protestantischer Geist. Fünf Vorträge, Gütersloh 1928 (siehe unter 2.2.3.).]

728

Veröffentlichte Quellen

Das Sittliche als irrationales Phänomen, in: Zeitschrift für systematische Theologie 3 (1925), 74-120. Zu Oberlins Gedächtnis, in: Der Türmer. Deutsche Monatshefte 28 (1925/ 26), 162-166. Über die tiefere Wesensverschiedenheit von „katholisch" und „evangelisch", in: Johannes Müller-Schwefe (Hg.): Moderner Katholizismus. Ein Beitrag zur Auseinandersetzung mit ihm, Gütersloh 1926, 59-95. Der Durchgang Schleiermachers durch die Brüdergemeine, in: Zeitschrift für systematische Theologie 4 (1926), 192-210. Rudolf Eucken, in: Der Türmer. Deutsche Monatshefte 29 (1926/27), 148-151. Weltanschauungslehre, in: Die Provinzialkirche. Monatsblatt für die Vertreter der Kirchengemeinden der Provinz Sachsen 7 (1927), 65-66. Von Art und Sendung der Argentina, in: Wingolfs-Blätter 56 (1927), 289296. Christus und der Maifeiertag, in: Mut und Kraft 5 (1928), 1-2 (Nr. 6 vom 15. Juni 1928). [Der Text wurde ursprünglich am 6. Mai 1928 als Predigt über 2. Kor 13, 24 vorgetragen.]

Wissenschaft und Glauben. Zugleich eine Auseinandersetzung mit Kant, in: Zeitschrift für systematische Theologie 6 (1928/29), 3-90. Eine Stimme zur heutigen theologischen Lage (Bohlin) [zu: Torsten Bohlin: Glaube und Offenbarung. Eine kritische Studie zur dialektischen Theologie, Berlin 1928], in: Theologische Studien und Kritiken 101 (1929), 475-482. Über Größe und Problematik des deutschen Idealismus, in: Zeitschrift für systematische Theologie 7 (1929/30), 284-311. [Widmung, 284: „Herrn Geheimrat D. [Paul] Feine, dem neutestämentlichen Senior der Lutherfakultät Halle-Wittenberg, zum 70. Geburtstag."]

Religion und Moral, in: Zeitschrift für systematische Theologie 7 (1929/30), 661-681. Von der Erfurter Tagung des Provinzial-Gustav-Adolf-Vereins. Eine Rückschau, in: Die Provinzialkirche. Monatsblatt der Kirchengemeinden der Provinz Sachsen 10 (1930), 129-130 (Nr. 10 vom 15. Oktober 1930). Das Evangelium und der Staat, in: Die Tatwelt 7 (1931), 17-25. Theologie und deutscher Idealismus, in: Zeitschrift für systematische Theologie 9 (1931/32), 179-210. [Anmerkung, 179: „Diese Abhandlung stellt die erweiterte Form meiner Tübinger »Antrittsrede* vom 17. Juli dieses Jahres [1931] dar."]

Bibliographie Georg Wehrung

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Schleiermachers Theologie im Wechsel der Zeit, in: Zeitschrift für den evangelischen Religionsunterricht an höheren Schulen 45 (1934), 51-59. Schleiermacher unser Zeitgenosse, in: Die Christliche Welt 48 (1934), 240-244. [Der Text erschien anläßlich des 100. Todestages von Friedrich Schleiermacher am 12. Februar 1934.] Kirche und Gegenwart. Ein theologisches Votum, in: Die Volkskirche. Evangelisches Monatsblatt für Württemberg 7 (1934), 55-56 (Nr. 7 vom 15. Juli 1934). Zum 60. Geburtstag von D. Karl Heim, in: Tübinger Chronik 90 (1934), 7 (Nr. 15 vom 19. Januar 1934). Zur theologischen Begründung des Staates, in: Zeitschrift für systematische Theologie 12 (1934/35), 555-608. [Widmung, 555: „Herrn Professor D. Fr.[iedrich] Traub zum fünfundsiebzigsten Geburtstag gewidmet."] 75. Geburtstag von Prof. Dr. [Friedrich] Traub, in: Tübinger Chronik 91 (1935), 5 (Nr. 91 vom 17. April 1935). Kirche, Bekenntnis, Union. Ein theologisches Votum, in: Deutsches Pfarrerblatt 39 (1935), 209-210 (Nr. 15 vom 9. April 1935). Zu Augustana VII, in: Deutsches Pfarrerblatt 40 (1936), 738-739. Die Eigenart des christlichen Ethos, in: Ethik. Sexual- und Gesellschaftsethik. Herausgegeben von Emil Abderhalden 13 (1936/37), 109-117. Zu Augustana VIII, in: Zeitschrift für systematische Theologie 14 (1937), 3-39. [Widmung, 3: „Herrn Generalsuperintendenten a.D. W.[ilhelm] Zöllner in Verehrung und Dankbarkeit."] Die Welt der Religion in der Sicht des Neuen Testaments, in: Zeitschrift für systematische Theologie 15 (1938), 194-226. [Notiz, 194: „Vortrag gehalten bei der Eröffnung der 7. ökumenischen Hochschultagung der Luther-Akademie am 7. August 1938."] Hegel und Schleiermacher zum Kirchenproblem, in: Deutsches Pfarrerblatt 42 (1938), 261-262. 277-278. Worte Schleiermachers zum Kirchenproblem aus den Jahren 1824 und 1827. Mitgeteilt durch Prof. D. Wehrung, in: Deutsches Pfarrerblatt 42 (1938), 278. Offenbarung Gottes nur in der Bibel? Zu Römer l bis 3, in: Deutsches Pfarrerblatt 42 (1938), 489-490. [Der Text bezieht sich auf Johannes Witte: Offenbarung nur in der Bibel, Göttingen 1937.]

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Veröffentlichte Quellen

Die Weltmissionskonferenz von Madras, in: Deutsches Pfarrerblatt 42 (1938), 741-742. Religion und Geistesleben, in: Zeitschrift für systematische Theologie 16 (1939), 380-395. Religion als Bewußtsein schlechthiniger Abhängigkeit, in: Luther, Kant, Schleiermacher in ihrer Bedeutung für den Protestantismus. Forschungen und Abhandlungen. Georg Wobbermin zum 70. Geburtstag (27. Oktober 1939) dargebracht von Kollegen, Schülern und Freunden. Herausgeber: Friedrich Wilhelm Schmidt, Berlin / Robert Winkler, Breslau / Wilhelm Meyer, Schwerin i. M., Berlin 1939, 506-529. Gerechtigkeit Gottes, in: Zeitschrift für systematische Theologie 18 (1941), 33-50. [Widmung, 33: „Meinem Straßburger Lehrer D. Dr. Joh.[annes] Ficker in Halle zum 80. Geburtstag gewidmet."]

Wilhelm Lohe und seine Lehre von der Kirche [zu: Siegfried Hebart: Wilhelm Löhes Lehre von der Kirche, ihrem Amt und Regiment. Ein Beitrag zur Geschichte der Theologie im 19. Jahrhundert, Neuendettelsau 1939], in: Theologische Literaturzeitung 66 (1941), 177-181. Christliche und germanische Charakterwerte, in: Zeitschrift für systematische Theologie 19 (1942), 281-333. Ernst Troeltsch, in: Die Tatwelt 18 (1942), 132-148. Luther und die Dogmatik. Zu H. Stephans Glaubenslehre [zu: Horst Stephan: Glaubenslehre. Dritte, neubearbeitete Auflage, Berlin 1941], in: Theologische Literaturzeitung 68 (1943), 177-188. Selbstgefühl und Demut, in: Zeitschrift für Arbeit und Besinnung. Halbmonatsschrift für die Evangelische Landeskirche in Württemberg l (1947), 124-134. 169-173. Schleiermacher. Bedeutung und Grenzen der Subjektivität auf dem Gebiet der Religion, in: Die Besinnung 3 (1948), 203-211. Vergebung, in: Deutsches Pfarrerblatt 49 (1949), 469-472. Wort, Sakrament, Symbol, in: Für Arbeit und Besinnung. Halbmonatsschrift für die Evangelische Landeskirche in Württemberg 3 (1949), 703-710. 735-738. 750-761. Die Kirche als Herrenleib. Bemerkungen zu einem Kommentar zur Enzyklika Mystici Corporis Christi [zu: Carl Feckes: Die Kirche als Herrenleib. Darlegungen und Erläuterungen zur Enzyklika Papst Pius XII. „Mystici Corporis Christi" (29. Juni 1943), Köln 1949], in: Theologische Literaturzeitung 75 (1950), 79-82.

Bibliographie Georg Wehrung

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Der Mensch und der Tod, in: Deutsches Pfarrerblatt 50 (1950), 677-679. 717-719. [Vgl. auch den unter 2.2.3. verzeichneten Separatdruck.] Gnade im Recht und im Evangelium, in: Zeitschrift für systematische Theologie 21 (1950/52), 40-49. Kirche und Maifeier, in: Deutsches Pfarrerblatt 51 (1951), 249-251. Wille und Demut. Eine Radiorede, in: Deutsches Pfarrerblatt 52 (1952), 129-131. Der Zöllner und die Passion Christi, in: Deutsches Pfarrerblatt 52 (1952), 193-196. Fides specialis, in: Theologische Literaturzeitung 77 (1952), 193-200. [Widmung, 194: „Ernst Kohlmeyer zum 70. Geburtstag".] Versühnung. Zum Verständnis von Rom 3, 21-26, in: Für Arbeit und Besinnung. Halbmonatsschrift für die Evangelische Landeskirche in Württemberg 6 (1952), 82-92. Reformatorisch und orthodox, in: Zeitschrift für systematische Theologie 22 (1953), 3-25. Theologie, Kirche, Kirchenleitung. Von der kirchlichen Aufgabe der Theologie, in: Zeitschrift für systematische Theologie 22 (1953), 149-191. Ödipus und Christus, in: Zeitschrift für systematische Theologie 22 (1953), 362-392. [Widmung, 362: „D. P.[aul] Althaus gewidmet."] Glaube und Erlebnis, in: Werner Foerster (Hg.): Verbum Dei manet in aeternum. Festschrift für Otto Schmitz zum 70. Geburtstag, Witten 1953, 117-130. Selbstgefühl und Demut, in: Zeitschrift für systematische Theologie 23 (1954), 347-372. [Anmerkung, 347: „Dieser Aufsatz ist eigentlich als Fortsetzung meines ethischen Entwurfes ,Welt und Reich' gedacht, falls einmal ein Neudruck in Frage kommen sollte. [...]"

Goethe über Ehrfurcht und Religion, in: Theologie als Glaubenswagnis. Festschrift für Karl Heim zum 80. Geburtstag. Dargebracht von der Evangelisch-Theologischen Fakultät in Tübingen, Hamburg 1954, 155-175. Zurückhaltung? Eine grundsätzliche Erwägung zum innerkirchlichen Streit, in: Junge Kirche 16 (1955), 380-385. [Die in 2.2.1. verzeichnete Bibliographie nennt unter Wehrungs Aufsätzen von 1955 auch folgenden Titel: Zur Entmythologisierung des Neuen Testaments, in:

732

Veröffentlichte Quellen Kirchenblatt für die reformierte Schweiz 111 (1955), vom 12. Mai 1955. Dieser lediglich mit „G. W." gezeichnete Text stammt nicht von Wehrung, sondern von dem Schriftleiter des Kirchenblattes Gottlob Wieser.]

Glaube und Furcht, in: Für Arbeit und Besinnung. Halbmonatsschrift für die Evangelische Landeskirche in Württemberg 9 (1955), 50-56. Rudolf Paulus, in: Freie Volkskirchliche Vereinigung in Württemberg. Nachrichtenblatt Mai 1956, Nr. 22, 3. Bemerkungen zur Karfreitagsbetrachtung des Schwäbischen Tagblatts, in: Freie Volkskirchliche Vereinigung in Württemberg. Nachrichtenblatt Mai 1956, Nr. 22, 3-4. Verheißung und Glaube. Zur Frage der Subjekt-Objekt-Korrelation im reformatorischen Denken, in: Solange es „heute" heißt. Festgabe für Rudolf Hermann zum 70. Geburtstag. Überreicht von Paul Althaus, Ernst Barnikol u.a., Berlin 1957, 293-304. [Notiz, 245: „Dieser Aufsatz ist eigentlich, gleich dem in der Zeitschrift für systematische Theologie 1954 veröffentlichten .Selbstgefühl und Demut', als Fortsetzung meiner ethischen Prinzipienlehre ,Welt und Reich' gedacht [...]."]

Zu Otto Bauernfeind, „Eid und Friede", in: Deutsches Pfarrerblatt 57 (1957), 30-32. [Der Text bezieht sich auf Otto Bauernfeind: Eid und Friede. Fragen zur Anwendung und zum Wesen des Eides, Stuttgart 1956.]

Der Wingolf und die Politik, in: Stimme der Gemeinde zum kirchlichen Leben, zur Wirtschaft und Kultur 9 (1957), 379-381, Heft 12 vom 15. Januar 1957. Unsere Stellung zum Leib und zum Natürlichen, in: Dank an Paul Althaus. Eine Festgabe zum 70. Geburtstag, dargebracht von Freunden, Kollegen und Schülern. Herausgegeben von Walter Künneth und Wilfried Joest, Gütersloh 1958, 229-245. Zum Karfreitag, in: Freie Volkskirchliche Vereinigung in Württemberg. Nachrichtenblatt 1958, Nr. 32. „Um das Apostolische Glaubensbekenntnis", in: Freies Christentum. Herausgegeben im Auftrag des Deutschen Bundes für freies Christentum 10 (1958), Heft 3, 40-41. Evangelische Kirche und Atomgefahr, in: Welt ohne Krieg. Historischpolitische Zeitschrift aus freier Mitte für innere Erneuerung des Liberalismus und weltpolitische Friedensgestaltung 8 (1959), 2-3, Nr. l (Januar-Februar-Ausgabe).

Bibliographie Georg Wehrung

733

2.2.5. Einleitungen, Vor- und Nachworte, editorische Notizen [Gemeinsam mit den Mitherausgebern der Zeitschrift für systematische Theologie:] Zum Geleit, in: Zeitschrift für systematische Theologie l (1923), 3-5. [Der Text ist auf folgende Weise unterzeichnet: „Paul Althaus, Rostock; Emanuel Hirsch, Göttingen; Carl Stange, Göttingen; Georg Wehrung, Münster."]

[Gemeinsam mit Paul Althaus, Adolf Köberle und Carl Stange:] Zum neuen Jahrgang, in: Zeitschrift für systematische Theologie 13 (1936), 3-4. [Der Text ist unterzeichnet: „Die Schriftleitung."] Herrn Professor D. Dr. Carl Stange zum 70. Geburtstage am 7. März 1940, in: Zeitschrift für systematische Theologie 16 (1939), 353. [Der Text ist unterzeichnet: „Paul Althaus, Adolf Köberle, Georg Wehrung."] Einführung, zu: Friedrich Schleiermacher: Monologen. Eine Neujahrsausgabe (Reihe ,Libelli'. Band X), Darmstadt 1953, V-XV. [Ein textidentischer Nachdruck dieser Ausgabe erschien 1984 als Band 6 der Reihe: Theologen und Philosophen des 19. Jahrhunderts, Darmstadt 1984.] Einführung, zu: Friedrich Schleiermacher: Die Weihnachtsfeier. Ein Gespräch (Reihe ,Libelli'. Band XI), Darmstadt 1953, V-XVI. [Ein textidentischer Nachdruck dieser Ausgabe erschien 1984 als Band 7 der Reihe: Theologen und Philosophen des 19. Jahrhunderts, Darmstadt 1984.] 2.2.6. Lexikonartikel Aemter Christi, in: Die Religion in Geschichte und Gegenwart [im folgenden: RGG]. Zweite Auflage. Band l, Tübingen 1927, 115-116. Akkomodation Jesu, in: RGG. Zweite Auflage. Band l, Tübingen 1927, 184. Anbetung Christi, in: RGG. Zweite Auflage. Band l, Tübingen 1927, 323-324. Auferstehung Christi, in: RGG. Zweite Auflage. Band l, Tübingen 1927, 633-634. Christologie: III. Dogmatisch, in: RGG. Zweite Auflage. Band l, Tübingen 1927, 1634-1646. Christusmystik, in: RGG. Zweite Auflage. Band l, Tübingen 1927, 16601661. Corpus Christi mysticum, in: RGG. Zweite Auflage. Band l, Tübingen 1927, 1730. Erhöhung Christi, in: RGG. Zweite Auflage. Band 2, Tübingen 1928, 234-235.

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Veröffentlichte Quellen

Heilsgeschichte, in: RGG. Zweite Auflage. Band 2, Tübingen 1928,17571758. Heilstatsachen, in: RGG. Zweite Auflage. Band 2, Tübingen 1928, 17611763. Himmelfahrt: II. Himmelfahrt Christi, in: RGG. Zweite Auflage. Band 2, Tübingen 1928, 1898-1899. Jungfrauengeburt [3. dogmatisch], in: RGG. Zweite Auflage. Band 3, Tübingen 1929, 570-571. Kenosis, in: RGG. Zweite Auflage. Band 3, Tübingen 1929, 725-727. Lütgert, Wilhelm, in: RGG. Zweite Auflage. Band 3, Tübingen 1929, 1745-1746. Präexistenz Christi, in: RGG. Zweite Auflage. Band 4, Tübingen 1930, 1385-1386. Testimonium spiritus sancti, in: RGG. Zweite Auflage. Band 5, Tübingen 1931, 1058-1059. Thimme, Wilhelm, in: RGG. Zweite Auflage. Band 5, Tübingen 1149.

1931,

Verdienst Christi, in: RGG. Zweite Auflage. Band 5, Tübingen 1479-1480.

1931,

Katholizismus, in: Calwer Kirchenlexikon. Kirchlich-theologisches Handwörterbuch. In Verbindung mit sachkundigen Mitarbeitern herausgegeben von Friedrich Keppler [im folgenden: Calwer Kirchenlexikon]. Erster Band, Stuttgart 1937, 1043-1047. Messe, in: Calwer Kirchenlexikon. Zweiter Band, Stuttgart 1941,203-206. Modernismus, in: Calwer Kirchenlexikon. Zweiter Band, Stuttgart 1941, 256-258. Protestantismus, in: Calwer Kirchenlexikon. Zweiter Band, Stuttgart 1941, 621-625. Schleiermacher, in: Calwer Kirchenlexikon. Zweiter Band, Stuttgart 1941, 853-857. Symbolik, in: Calwer Kirchenlexikon. Zweiter Band, Stuttgart 1941,11051106. Urständ, in: Calwer Kirchenlexikon. Zweiter Band, Stuttgart 1941, 12341235. Welt, in: Calwer Kirchenlexikon. Zweiter Band, Stuttgart 1941, 13181319.

Bibliographie Georg Wehrung

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2.2.7. Rezensionen Schleiermacher als Mensch. Sein Werden und Wirken. Familien- und Freundesbriefe. In neuer Form mit einer Einleitung und Anmerkungen herausgegeben von Heinrich Meisner. [Band II:] Schleiermacher als Mensch. Sein Wirken. Familien- und Freundesbriefe 1804 bis 1834, Gotha 1923, in: Theologische Literaturzeitung 48 (1923), 204-205. Wilhelm Dilthey: Leben Schleiermachers. Erster Band. Zweite Auflage, vermehrt um Stücke der Fortsetzung aus dem Nachlasse des Verfassers herausgegeben von Hermann Mulert, Berlin 1922, in: Theologische Literaturzeitung 48 (1923), 253-257. Günther Holstein: Die Staatsphilosophie Schleiermachers (Bonner Staatswissenschaftliche Untersuchungen. Heft 8), Bonn 1923, in: Theologische Literaturzeitung 49 (1924), 64-66. [Friedrich Schleiermacher:] Briefe Schleiermachers. Ausgewählt und eingeleitet von Hermann Mulert, Berlin 1923, in: Theologische Literaturzeitung 49 (1924), 91. Karl Heim: Glaubensgewißheit. Eine Untersuchung über die Lebensfrage der Religion. Dritte völlig umgearbeitete Auflage, Leipzig 1923, in: Theologische Literaturzeitung 49 (1924), 454-456. * Niclaus Ehlen: Das Wesen der katholischen Kirche (Jugend und Religion. Heft 1), Rudolstadt 1923 / Otto Piper: Jugendbewegung und Protestantismus (Jugend und Religion. Heft 2), Rudolstadt 1923, in: Theologische Blätter 2 (1924), 186-187. Hans Pichler: Zur Logik der Gemeinschaft, Tübingen 1924, in: Theologische Literaturzeitung 50 (1925), 116-117. Harald Höffding: Der Begriff der Analogie, Leipzig 1924, in: Theologische Literaturzeitung 50 (1925), 141-142. Theodor Litt: Individuum und Gemeinschaft. Grundlegung der Kulturphilosophie. Zweite Auflage, Leipzig 1924, in: Theologische Literaturzeitung 50 (1925), 306-308. [Friedrich Schleiermacher:] Schleiermachers Werke. Ausgewählt und eingeleitet von Hermann Mulert, Berlin 1924, in: Theologische Literaturzeitung 51 (1926), 282. Franz Kade: Schleiermachers Anteil an der Entwicklung des preußischen Bildungswesens von 1808-1818. Mit einem bisher ungedruckten Votum Schleiermachers, Leipzig 1925, in: Theologische Literaturzeitung 51 (1926), 427-429. Emil Pfennigsdorf: Das Problem des theologischen Denkens. Eine Einführung in die Fragen, Aufgaben und Methoden der gegenwärtigen Theologie, Leipzig 1925, in: Theologische Literaturzeitung 51 (1926), 429-432. Theodor Litt: Individuum und Gemeinschaft. Grundlegung der Kulturphilosophie. Dritte Auflage, Leipzig 1926, in: Theologische Literaturzeitung 52 (1927), 310-311.

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Veröffentlichte Quellen

Emil Pfennigsdorf: Der religiöse Wille. Ein Beitrag zum psychologischen Verständnis des Christentums und seiner praktischen Aufgaben. Zweite Auflage, Leipzig 1927, in: Theologische Literaturzeitung 53 (1928), 93-94. Hugo Weizsäcker: Schleiermacher und das Eheproblem (Sammlung gemeinverständlicher Vorträge und Schriften aus dem Gebiet der Theologie und Religionsgeschichte. Nr. 129), Tübingen 1927, in: Theologische Literaturzeitung 54 (1929), 155. Bernhard Steifen: Kreuz und Gewißheit. Eine historisch-dogmatische Untersuchung (Hefte der Sydower Bruderschaft. Nr. 3), Gütersloh 1929, in: Theologische Literaturzeitung 55 (1930), 67-70. Julius Konstantin von Hoeßlin: Die Abstufungen der Individualität (Beihefte zu den Annalen der Philosophie und philosophischen Kritik. Heft 10), Leipzig 1929, in: Theologische Literaturzeitung 55 (1930), 260-261. Georg Wobbermin: Richtlinien evangelischer Theologie zur Überwindung der gegenwärtigen Krisis (Studien zur systematischen Theologie. Heft 3), Göttingen 1929, in: Theologische Literaturzeitung 55 (1930), 490-492. Heinrich Meier: Die Anfänge der Philosophie des Deutschen Idealismus (Sonderausgabe aus den Sitzungsberichten der Preußischen Akademie der Wissenschaften. Öffentliche Sitzung vom 23. Januar 1930), Berlin 1930, in: Theologische Literaturzeitung 56 (1931), 498-499. Adolf Heger: Julius Kaftans Grundposition im Verhältnis zu Schleiermachers Prinzipienlehre (Studien zur systematischen Theologie. Heft 5), Göttingen 1930, in: Theologische Literaturzeitung 56 (1931), 517-518. Theodor Siegfried: Grundfragen der Theologie bei Rudolf Otto (Marburger Theologische Studien. Heft 7), Gotha 1931, in: Theologische Literaturzeitung 57 (1932), 307-308. Martin Rade: Zum Teufelsglauben Luthers / Wilhelm Maurer: Ökumenizität und Partikularismus in der protestantischen Bekenntnisentwicklung, beide in: Marburger Theologische Studien. Herausgegeben von Heinrich Frick. Rudolf Otto-Festgruß. Heft 2: Protestantica, Gotha 1931, in: Theologische Literaturzeitung 58 (1933), 288-289. Heinrich Frick: Ideogramm, Mythologie und das Wort/Theodor Siegfried: Kant und Schleiermacher. Mit einem Vorwort: Rudolf Otto und das Heilige, beide in: Marburger Theologische Studien. Herausgegeben von Heinrich Frick. Rudolf Otto-Festgruß. Heft 3: Zur systematischen Theologie, Gotha 1931, in: Theologische Literaturzeitung 58 (1933), 289-290. Paul Tillich: Religiöse Verwirklichung, Berlin 1929, in: Kant-Studien. Philosophische Zeitschrift 38 (1933), 486-487. Georg Wobbermin: Schleiermachers Hermeneutik in ihrer Bedeutung für seine religionswissenschaftliche Arbeit (Nachrichten von der Gesellschaft der Wissenschaften zu Göttingen. Philologisch-Historische Klasse. Fachgruppe V [Religionswissenschaft]. Nr. 1), Berlin 1930 / Georg Wobbermin: Methodenfragen der heutigen Schleiermacher-Forschung (Nachrichten von der Gesellschaft der Wissenschaften zu Göttingen. Philologisch-Historische Klasse. Fachgruppe V

Bibliographie Georg Wehrung

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[Religionswissenschaft]. Nr. 6), Berlin 1933, in: Theologische Literaturzeitung 59 (1934), 256-257. Heinrich Meisner: Schleiermachers Lehrjahre. Herausgegeben von Hermann Mulert, Berlin 1934, in: Theologische Literaturzeitung 59 (1934), 376-377. Ferdinand Kattenbusch: Schleiermachers Größe und Schranke [Sonderdruck aus den Theologischen Studien und Kritiken], Gotha 1934, in: Theologische Literaturzeitung 59 (1934), 377-378. Albert Reble: Schleiermachers Kulturphilosophie. Eine entwicklungsgeschichtlichsystematische Würdigung. Mit einem Geleitwort von Theodor Litt (Sonderschriften der Akademie gemeinnütziger Wissenschaften zu Erfurt. Heft 7), Erfurt 1935, in: Theologische Literaturzeitung 62 (1937), 146-149. Anton Schütz: Gott in der Geschichte. Eine Geschichtsmetaphysik und -theologie. Nach der ungarischen Ausgabe ins Deutsche übertragen von P. Verenmud Zolter O.S.B., Salzburg 1936, in: Theologische Literaturzeitung 62 (1937), 445-447. Johannes Witte: Offenbarung nur in der Bibel, Göttingen 1937, in: Neue Allgemeine Missionszeitung 14 (1937), 382-383. Paul Althaus: Grundriß der Dogmatik. Band I. Zweite Auflage, Erlangen 1936, in: Theologische Blätter 16 (1937), 236-238. Georg Wünsch: Evangelische Ethik des Politischen, Tübingen 1936, in: Theologische Literaturzeitung 63 (1938), 89-95. Heinrich Matthes: Kirche mit lebendigen Gemeinden oder nur „Haufe unter dem Wort"? Untersuchungen über Wesen und Wirken der „rechten Kirche" auf Grund des Neuen Testaments und der reformatorischen Bekenntnisse, Darmstadt 1935/Heinrich Matthes: Kommunismus, Reich Gottes, Kirche mit lebendigen Gemeinden, Leipzig 1938, in: Theologische Literaturzeitung 63 (1938), 131-133. Wilhelm Bachmann: Gottes Ebenbild. Ein systematischer Entwurf einer christlichen Lehre vom Menschen (Furche-Studien. Band 20), Berlin o.J. [1938], in: Theologische Literaturzeitung 64 (1939), 264-266. Erich Seeberg: Krisis der Kirche und des Christentums heute. Ein Vortrag, Tübingen 1939, in: Deutsches Pfarrerblatt 43 (1939), 272-273. Karl Lehmann: Der Tod bei Heidegger und Jaspers, Heidelberg 1938, in: Deutsches Pfarrerblatt 43 (1939), 273. Leonhard Fendt: Die Bedeutung der wissenschaftlichen Theologie für das praktische Leben, Tübingen 1939, in: Deutsches Pfarrerblatt 43 (1939), 273. Eine heilige Kirche. Zeitschrift für Kirchenkunde und Religionswissenschaft. Herausgegeben von Friedrich Heiler (Hochkirche. 20. Jahrgang, Heft 11/12: Gottesoffenbarung im Heidentum und Christentum), Berlin-Charlottenburg 1938, in: Deutsches Pfarrerblatt 43 (1939), 273. Eduard Spranger: Weltfrömmigkeit. Ein Vortrag, Leipzig 1941, in: Theologische Literaturzeitung 66 (1941), 280-282. Wilhelm Bachmann: Ernst Troeltschs historische Weltanschauung, Halle an der Saale 1940, in: Theologische Literaturzeitung 66 (1941), 287-288.

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Veröffentlichte Quellen

Eduard Spranger: Schillers Geistesart, gespiegelt in seinen philosophischen Schriften und Gedichten (Abhandlungen der Preußischen Akademie der Wissenschaften. Jahrgang 1941. Phil.-Historische Klasse. Nr. 13), Berlin 1941, in: Theologische Literaturzeitung 68 (1943), 105-107. Leo Fremgen: Ethik. Teil l (Evangelisches Theologie-Studium. Herausgegeben von Herbert Paulus. Band 6), Erlangen 1949, in: Theologische Literaturzeitung 74 (1949), 745-747. Geert Sentzke: Die Theologie Johann Tobias Becks und ihr Einfluß in Finnland. Erster Band, Helsinki 1949, in: Deutsches Pfarrerblatt 49 (1949), 363. Friedrich Gogarten: Die Kirche in der Welt, Heidelberg o.J. [1948], in: Theologische Literaturzeitung 76 (1951), 309-311. Hans-Otto Wölber: Dogma und Ethos. Christentum und Humanismus von Ritschi bis Troeltsch (Beiträge zur Förderung christlicher Theologie. Begründet von Adolf Schlatter. Herausgegeben von Paul Althaus und Joachim Jeremias. Band 44), Gütersloh 1950, in: Theologische Literaturzeitung 77 (1952), 46-47. Paul Schütz: Das Evangelium, dem Menschen unserer Zeit dargestellt. Dritte Auflage, Berlin 1951, in: Universitas 7 (1952), 408. Theodor Steinbüchel: Die philosophische Grundlegung der katholischen Sittenlehre. Erster Halbband (Handbuch der katholischen Sittenlehre. Unter Mitarbeit von Theodor Steinbüchel und Theodor Müncker herausgegeben von Fritz Tillmann. Band I). Vierte Auflage, Düsseldorf o.J. [1951]/Theodor Steinbüchel: Religion und Moral im Lichte personaler christlicher Existenz. Mit einem Vorwort von Alfred Schuler, Frankfurt am Main o.J. [1951], in: Theologische Literaturzeitung 78 (1953), 46-51. Max Lackmann: Sola fide. Eine exegetische Studie über Jakobus 2 zur reformatorischen Rechtfertigungslehre (Beiträge zur Förderung christlicher Theologie. Zweite Reihe: Sammlung wissenschaftlicher Monographien. Band 50), Gütersloh 1949, in: Theologische Literaturzeitung 79 (1954), 749-753. Walter Schönfeld: Grundlegung der Rechtswissenschaft. Zweite verbesserte Auflage, Stuttgart 1951, in: Universitas 10 (1955), 634-635. Edmund Kottje: Die geistige Krise des Protestantismus. Das evangelische Christentum vor der Wahrheitsfrage, Meisenheim/ Glan 1954, in: Freies Christentum 7 (1955), 78-80.

2.2.8. Mitverfaßte oder unterzeichnete kirchen- und hochschulpolitische Erklärungen (Auswahl) Erklärung, in: Deutsches Volkstum. Monatsschrift für das Kunst- und Geistesleben, der „Bühne und Welt" 19. Jahrgang. 10. Heft. Oktober 1917. [Die Erklärung greift in den Streit um den Schriftsteller Gustav Meyrink ein, der als „Modedichter" und „kalter Verhöhner" der nationalen Interessen bezeichnet wird. Meyrink war zuvor von Heinrich Mann, Frank Wedekind und anderen öffentlich unterstützt worden. - Die Erklärung ist unterzeichnet

Bibliographie Georg Wehrung

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von Georg von Below, Karl Berger, Artur Dinter, Bischof Paul Wilhelm von Keppler, Friedrich Lahusen, Reinhold Seeberg, Georg Wehrung, Ulrich von Wilamowitz-Moellendorff, Graf York von Wartenberg und anderen.]

Erklärung der Evangelisch-Theologischen Fakultät Münster vom 3. Juli 1922 an die Verfassunggebende Kirchenversammlung der altpreußischen Evangelischen Landeskirche, in: Universitätsarchiv Münster. Akten der Evangelisch-Theologischen Fakultät. Bestand 166: Fakultätsangelegenheiten 1914-1922; Druckfassung in: Manfred Jacobs: Die evangelisch-theologische Fakultät der Universität Münster 19141933, in: Die Evangelisch-Theologische Fakultät Münster 1914 bis 1989. Herausgegeben von Wilhelm H. Neuser (Unio und Confessio. Eine Schriftenreihe der Evangelischen Kirche der Union. Band 15), Bielefeld 1991, 42-71, hier: 58. [Der Text ist unterzeichnet von Emil Balla, Georg Grützmacher, Erich Klostermann, Otto Schmitz, Julius Smend und Georg Wehrung.]

Erklärung der Evangelisch-Theologischen Fakultät Tübingen vom 9. bzw. 1. November 1933 zur Anwendung des Berufsbeamtengesetzes auf die Kirchen, in: Deutsches Pfarrerblatt 37 (1933), 699; nachgedruckt in: Heinz Liebing (Hg.): Die Marburger Theologen und der Arierparagraph in der Kirche. Eine Sammlung von Texten aus den Jahren 1933 und 1934, Marburg 1977, 47-48. Thesen zur Befriedung der württembergischen Landeskirche vom 11. Mai 1934, in: Allgemeine Evangelisch-Lutherische Kirchenzeitung 67 (1934), 502-503 (Nr. 21 vom 25. Mai 1934). [Über die Autoren der Thesenreihe berichtet ein einleitender Text unter dem Titel „Württemberg" (501-502): „In den letzten Tagen hat sich unter der Führung von Mitgliedern der Nationalsozialisten eine Einheitsfront gebildet, die am Freitag, den 11. d.[es] M.[onats] [...] tagte und sich auf 12 Thesen einigte. An der Ausarbeitung dieser Thesen waren vor allem die Mitglieder der evang.[elisch]-theol.[ogischen] Fakultät in Tübingen beteiligt." - Die Thesen sind u.a. unterzeichnet von Otto Bauernfeind, Hermann Faber, Karl Fezer, Karl Heim, Gerhard Kittel, Karl Heinrich Rengstorf, Hanns Rückert, Adolf Schlauer, Martin Schlunk, Friedrich Traub, Paul Volz, Georg Wehrung und Artur Weiser.] Die theologische Fakultät Tübingen an den Landesbischof [Brief vom 10. September 1934], in: Allgemeine Evangelisch-Lutherische Kirchenzeitung 67 (1934), 944 (Nr. 40 vom 5. Oktober 1934). [Im Text tritt die Fakultät korporativ auf; er ist unterzeichnet mit: „Die ev.theol. Fakultät der Universität Tübingen: gez.: Rückert, Dekan." Rückert, selbst Nachfolger Wehrungs als Dekan, wurde als Reaktion auf das Schreiben vom Württembergischen Kultusminister seines Amtes enthoben (vgl.: Allgemeine Evangelisch-Lutherische Kirchenzeitung 67 (1934), 1187).]

Telegramm an den Reichsbischof vom 5. November 1934, in: Allgemeine Evangelisch-Lutherische Kirchenzeitung 67 (1934), 1076-1077 (Nr.

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Veröffentlichte Quellen

45 vom 9. November 1934), sowie in: Junge Kirche. Halbmonatschrift für reformatorisches Christentum 2 (1934), 960 (Nr. 22 vom 17. November 1934). [Dem Text des Telegramms folgen insgesamt 119 nach Fakultäten gruppierte Unterschriften. Aus der Tübinger Theologischen Fakultät werden genannt: Otto Bauernfeind, Hermann Faber, Karl Fezer, Karl Heim, Gerhard Kittel, Karl Müller, Rudolf Paulus, Karl Heinrich Rengstorf, Hanns Rückert, Adolf Schlatter, Martin Schlunk, Friedrich Traub, Paul Volz, Georg Wehrung und Artur Weiser.]

Antwort der theologischen Fakultäten an den Reichsbischof [Undatiert, ca. 20./21. November 1934], in: Allgemeine Evangelisch-Lutherische Kirchenzeitung 67 (1934), 1143-1144 (Nr. 48 vom 30. November 1934); um die Schlußformel gekürzter Nachdruck in: Die Bekenntnisse und grundsätzlichen Äußerungen zur Kirchenfrage. Band 2: Das Jahr 1934. Gesammelt und eingeleitet von Kurt Dietrich Schmidt, Göttingen 1935, 171. [Der im Erstdruck mit „Heil Hitler!" endende Text bezieht sich auf das „Wort des Reichsbischofs an die Gemeinden und Pfarrer" vom 8. November 1934 (in: Protestantenblatt 67 (1934), 746-748, Nr. 47 vom 18. November 1934). Er ist- nach Fakultäten gruppiert- von insgesamt 122 Personen unterzeichnet worden. Aus der Tübinger Theologischen Fakultät werden genannt: Otto Bauernfeind, Hermann Faber, Karl Fezer, Karl Heim, Gerhard Kittel, Karl Müller, Rudolf Paulus, Karl Heinrich Rengstorf, Hanns Rückert, Adolf Schlatter, Martin Schlunk, Friedrich Traub, Paul Volz, Georg Wehrung und Artur Weiser.]

Theologische Bedenken zum Kampf um die Union. [Erklärung evangelischer Theologieprofessoren. Undatiert, zweite Februarhälfte 1935], in: Protestantenblatt 68 (1935), 138 (Nr. 9 vom 3. März 1935); Nachdruck in: Die Bekenntnisse und grundsätzlichen Äußerungen zur Kirchenfrage. Band 3: Das Jahr 1935. Gesammelt und eingeleitet von Kurt Dietrich Schmidt, Göttingen 1936, 69. [Der Text ist von folgenden Personen unterzeichnet worden: Wilhelm Lütgert, Karl Barth, Friedrich Horst, Hans Emil Weber, Ernst Wolf, Kurt Deisner, Rudolf Hermann, Erdmann Schott, Otto Frommel, Hans Wilhelm Hertzberg, Hans von Soden, Friedrich Büchsel, Georg Wehrung.]

Offener Brief: „An die Herren Abgeordneten des Bundestages" vom 8. Dezember 1954. [Ein Exemplar der Druckfassung befindet sich im Nachlaß Wehrung. Karton 19: Diverse Materialien aus der Studienzeit, der Predigttätigkeit und anderes. Zu den Unterzeichnern gehören neben Wehrung und anderen die Theologen Martin Fischer, Helmut Gollwitzer, Renatus Hupfeld, Hans Joachim Iwand, Günther Koch, Martin Niemöller, Heinrich Vogel und Ernst Wolf.]

Bibliographie Georg Wehrung

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2.2.9. Herausgeber bzw. Mitherausgeber Zeitschrift für systematische Theologie. Herausgegeben in Verbindung mit Paul Althaus, Rostock [seit 1925: Erlangen], Emanuel Hirsch, Göttingen, und Georg Wehrung, Münster [seit 1927: Halle / seit 1931: Tübingen], von Carl Stange, Göttingen. Erster Jahrgang 1923 - 20. Jahrgang 1943. 21. Jahrgang 1950/52-24. Jahrgang 1955 (71957). Verlag: Carl Berteismann in Gütersloh (bis 12. Jahrgang 1934/35) / Alfred Töpelmann in Berlin (seit 13. Jahrgang 1936). [Mit dem 12. Jahrgang (1934/35) trat Adolf Köberle, Basel [seit 1939: Tübingen], als Herausgeber an die Stelle von Emanuel Hirsch.] Tübinger Studien zur systematischen Theologie. Unter Mitwirkung von Ernst Haenchen herausgegeben von Karl Heim und Georg Wehrung, Stuttgart / Berlin 1932-1938. Verlag: Kohlhammer-Verlag in Stuttgart / Berlin. [Die vordere innere Umschlagseite der Bände trägt ein „Geleitwort der Herausgeber": „In den Tübinger Studien zur systematischen Theologie sollen in loser Folge Arbeiten erschienen, die teils in das Gebiet der Geschichte der systematischen Theologie, teils in das der eigentlichen Dogmatik, Religionsphilosophie oder Ethik gehören. Es sollen Tübinger Studien sein, d.h. sie sollen entweder von Tübingen ausgehen oder doch durch die systematische Arbeit der Tübinger Fakultät angeregt sein und mit ihr in innerem Zusammenhang stehen. Dadurch erhält diese Schriftenreihe ihr besonderes Gepräge und grenzt sie gegen andere Unternehmungen ab, die ein verwandtes Ziel haben. Und doch sind die Grenzen so weit gesteckt, daß die Arbeiten, die in diese Sammlung aufgenommen werden können, nicht auf eine bestimmte theologische Schule oder Pateirichtung beschränkt bleiben. Möge diese Sammlung in ihrem Teil dazu beitragen, daß wir uns in schwerster Zeit neu besinnen über den unerschöpflichen Inhalt des Glaubens, den wir von den Vätern ererbt haben, und über die neue Form, in der wir diesen ewigen Inhalt im Weltanschauungskampf der Gegenwart ausdrücken müssen!" - Dieser Text fehlt auf der entsprechenden Seite des sechsten Heftes. Folgende Titel sind innerhalb der „Tübinger Studien zur systematischen Theologie" erschienen: Heft 1: Ernst Haenchen: Die Frage nach der Gewißheit beim jungen Augustin, Stuttgart / Berlin 1932. Heft 2: Ewald Burger: Der lebendige Christus. Die theologische Bedeutung der Auferstehung und Erhöhung Christi, Stuttgart / Berlin 1933. Heft 3: Karl Heinrich Rengstorf: Apostolat und Predigtamt. Ein Beitrag zur neutestamentlichen Grundlegung einer Lehre vom Amt der Kirche, Stuttgart / Berlin 1934. Heft 4: Lothar Schmid: Paul de Lagardes Kritik an Kirche, Theologie und Christentum, Stuttgart / Berlin 1935. Heft 5: Günter Gloede: Theologia Naturalis bei Calvin, Stuttgart / Berlin 1936.

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Veröffentlichte Quellen Heft 6: Heft 7:

Georg Wehrung: Christentum und Deutschtum. Eine zeitgemäße Besinnung, Stuttgart / Berlin 1937. Otto Wolff: Die Haupttypen der neueren Lutherdeutung, Stuttgart / Berlin 1938.]

Friedrich Schleiermacher: Monologen. Eine Neujahrsgabe [Mit einer Einführung von Georg Wehrung] (Reihe ,Libelli'. Band X), Darmstadt

1953. [Eine textgleiche Ausgabe dieses Titels erschien 1953 auch im Verlag Benno Schwabe & Co., Basel. Eine Neuausgabe erschien innerhalb der Reihe „Theologen und Philosophen des 19. Jahrhunderts" als Band 6 (Darmstadt 1984).] Friedrich Schleiermacher: Die Weihnachtsfeier. Ein Gespräch [Mit einer Einführung von Georg Wehrung] (Reihe ,Libelli'. Band XI), Darmstadt 1953. [Eine Neuausgabe erschien innerhalb der Reihe „Theologen und Philosophen des 19. Jahrhunderts" als Band 7 (Darmstadt 1984).]

2.3. Bibliographie Georg Wobbermin 2.3.1. Teilbibliographie Das wissenschaftliche Schrifttum Georg Wobbermins. Zusammengestellt von Wilhelm Meyer und Janette E. Newhall, in: Luther, Kant, Schleiermacher in ihrer Bedeutung für den Protestantismus. Forschungen und Abhandlungen. Georg Wobbermin zum 70. Geburtstag (27. Oktober 1939) dargebracht von Kollegen, Schülern und Freunden. Herausgeber: Friedrich Wilhelm Schmidt, Berlin / Robert Winkler, Breslau/ Wilhelm Meyer, Schwerin i. M., Berlin 1939, 578-588.

2.3.2. Festschriften und Ehrungen Festgabe für Georg Wobbermin zu seinem 60. Geburtstag am 27. Oktober 1929. Herausgegeben von Friedrich Wilhelm Schmidt und Robert Winkler. Zeitschrift für Theologie und Kirche. Neue Folge 10 (1929), 321-399 (Heft 5). [Das Heft enthält Beiträge von Torsten Bohlin, John W. Johnsson, Wilhelm Knevels, Martin Redeker, Friedrich Wilhelm Schmidt, Arthur Titius, Friedrich Traub und Robert Winkler. Zur Zusammenstellung vgl. das Vorwort der Herausgeber: „Hochverehrter Herr Professor, lieber Freund!" (III). Zu diesem Heft siehe auch die „Notiz" des Herausgebers der Zeitschrift für Theologie und Kirche. Neue Folge: Ebd., 400.] Luther, Kant, Schleiermacher in ihrer Bedeutung für den Protestantismus. Forschungen und Abhandlungen. Georg Wobbermin zum 70. Geburtstag (27. Oktober 1939) dargebracht von Kollegen, Schülern und Freunden. Herausgeber: Friedrich Wilhelm Schmidt, Berlin / Robert Winkler, Breslau / Wilhelm Meyer, Schwerin i. M., Berlin 1939. [Der Band enthält Beiträge von Friedrich Wilhelm Schmidt, Robert Winkler, Wilhelm Meyer, Erich Seeberg, Torsten Bohlin, Heinz Erich Eisenhuth, Cajus Fabricius, Walter Grundmann, Heinz Hunger, Kurt Kesseler, Wilhelm Knevels, Douglas Clyde Macintosh, Emil Pfennigsdorf, Theodor Odenwald, Janette E. Newhall, Herbert Preisker, Martin Redeker, G. O. Rosenquist, Hans Wilhelm Schmidt, Johann Wilhelm Schmidt-Japing, Fritz Schulze, Georg Wehrung und Johannes Wendland. Den Beiträgen zur Festschrift ist eine Porträtphotographie von Georg Wobbermin sowie eine „Liste der Gratulanten" vorangestellt. Sie enthält 258 Namen in- und ausländischer Theologen, Kirchenvertreter und weiterer Wissenschaft-

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Veröffentlichte Quellen ler, darunter - neben den Autoren des Bandes - Nicolai Hartmann, Walther Köhler, Ernst Kohlmeyer, Otto Ritschi, Martin Schian, Theodor Siegfried, Horst Stephan, Johannes Wendland, Georg Wünsch, Heinrich Scholz und Carl Stange. - Das unter 2.3.1. genannte Verzeichnis des „wissenschaftlichen Schrifttums" findet sich ebd., 578-588.]

Georg Wobbermin zum 70. Geburtstag am 27. Oktober 1939. Ansprachen und Glückwünsche, in: Zeitschrift für Kirchengeschichte. Dritte Folge 59 (1940), 162-169. [Es handelt sich um Ansprachen folgender Redner: Leonhard Fendt, Hans Schmidt, Erich Seeberg und Robert Winkler.]

2.3.3. Separate Publikationen Die innere Erfahrung als Grundlage eines moralischen Beweises für das Dasein Gottes. Eine methodologische Studie. Inaugural-Dissertation zur Erlangung der Doctorwürde von der Philosophischen Facultät der Friedrich-Wilhelms-Universität zu Berlin genehmigt und nebst den beigefügten Thesen öffentlich zu verteidigen am 13. August 1894, Berlin 1894. [Widmung, [III]: „Seinen lieben Eltern. Der Verfasser." Der Band enthält im Anhang „Thesen" (87) und „Vita" [88].]

Theologische Thesen, welche mit Genehmigung der hochwürdigen theologischen Fakultät an der Friedrich-Wilhelms-Universität zu Berlin am 2. August 1895 öffentlich verteidigen wird Georg Wobbermin, Berlin 1895 [2 Bl.]. [Es handelt sich um einen Separatdruck der auch der Dissertationsschrift beigefügten sechs Thesen.]

Religionsgeschichtliche Studien zur Frage der Beeinflussung des Urchristentums durch das antike Mysterienwesen, Berlin 1896. [Widmung, [III]: „Den Kuratoren des evangelischen Säkularstipendiums der Stadt Berlin als Zeichen ehrerbietigster Dankbarkeit. Der Verfasser."] Altchristliche liturgische Stücke aus der Kirche Ägyptens. Nebst einem dogmatischen Brief des Bischofs Serapion von Thmuis (Texte und Untersuchungen zur Geschichte der altchristlichen Literatur. Neue Folge. Band 2,3 [18,3]), Leipzig 1898. Grundprobleme der systematischen Theologie. Zwei akademische Vorlesungen, Berlin 1899. [Der Band enthält: Der Wahrheitsbeweis für die christliche Religion, 1-21. Aufgabe und Methode der evangelischen Dogmatik, 22-43.]

Theologie und Metaphysik. Das Verhältnis der Theologie zur modernen Erkenntnistheorie und Psychologie, Berlin 1901. [Widmung, [3]: „Meinen hochverehrten theologischen Lehrern, den Herren

Bibliographie Georg Wobbermin

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Professoren D. Ad.[olf] Harnack und D. Jul.[ius] Kaftan als bescheidenes Zeichen aufrichtigster und ehrerbietigster Dankbarkeit gewidmet."] Der christliche Gottesglaube in seinem Verhältnis zur gegenwärtigen Philosophie. Allgemeinverständliche wissenschaftliche Vorlesungen, Ber-

lin 1902. [Widmung, III: „Meiner lieben Frau". - Siehe unten: Zweite Auflage, Berlin 1907/Drittes Tausend, Berlin 1911.] Ernst Haeckel im Kampf gegen die christliche Weltanschauung, Leipzig

1906. [Wiederabgedruckt in: Georg Wobbermin: Monismus und Monotheismus. Vorträge und Abhandlungen zum Kampf um die monistische Weltanschauung, Tübingen 1911 (siehe unter 2.3.3.).] Der christliche Gottesglaube in seinem Verhältnis zur gegenwärtigen Philosophie. Allgemeinverständliche wissenschaftliche Vorlesungen, Ber-

lin 1907. [Widmung, III: „Meiner lieben Frau". - Siehe unten: Drittes Tausend, Berlin 1911.] Aufgabe und Bedeutung der Religionspsychologie. Sonderausgabe aus dem Protokoll des 5. Weltkongresses für freies Christentum und religiösen Fortschritt. Herausgegeben von Max Fischer und Friedrich Michael Schiele, Berlin-Schöneberg 1911 [Separatdruck]. [Vortrag während des 5. Weltkongresses für freies Christentum und religiösen Fortschritt (5. bis 10. August 1910) in Berlin. Wobbermins Vortrag fand am 8. August statt. - Der Text wurde auch aufgenommen in: Georg Wobbermin: Zum Streit um die Religionspsychologie, Berlin-Schöneberg 1913.] Monismus und Monotheismus. Vorträge und Abhandlungen zum Kampf um die monistische Weltanschauung, Tübingen 1911. [Der Band enthält folgende Texte: Ernst Haeckel im Kampf gegen die christliche Weltanschauung, 1-32 (Erstdruck: 1906). Der Kampf um die Entwicklungslehre (Wasmann contra Haeckel), 33-49 (Erstdruck: 1908). Der Keplerbund und der Kampf um Haeckels Embryonenbilder, 50-80 (Erstdruck: 1909). Christentum und Darwinismus, 81-87 (Erstdruck: 1909). Die heutigen Anschauungen vom Wesen der Materie und ihre Bedeutung für die Weltanschauungsfrage, 88-114 (Erstdruck: 1909). Monismus und Monotheismus, 115-160 (Erstdruck: 1909). Monistische und christliche Weltanschauung, 161-212.] Geschichte und Historic in der Religionswissenschaft. Ueber die Notwendigkeit, in der Religionswissenschaft zwischen Geschichte und Historic strenger zu unterscheiden, als gewöhnlich geschieht. Zweites Ergänzungsheft zur Zeitschrift für Theologie und Kirche, Tübingen 1911. [Widmung, III: „Adolf Harnack zu seinem sechzigsten Geburtstage".]

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Veröffentlichte Quellen

Der christliche Gottesglaube in seinem Verhältnis zur heutigen Philosophie und Naturwissenschaft. Drittes Tausend mit Zusätzen und Nachträgen, Leipzig 1911. [Widmung, III: „Meiner lieben Frau". - Die „Zusätze und Nachträge" finden sich auf den Seiten 145 bis 175. Hiervon erschienen: Englische Ausgabe: Christian belief in God. A German criticism of German materialistic philosophy. Translated from the 3rd edition bei Daniel Sommer Robinson, New Haven 1918. Japanische Ausgabe: Fukuoka 1920.] Zum Streit um die Religionspsychologie, Berlin-Schöneberg 1913. [Widmung: „Dem Andenken an William James." Der Band enthält folgende Texte: Vorwort, VII-XIII. Aufgabe und Bedeutung der Religionspsychologie, 1-27 (Erstdruck: 1910). Psychologie und Erkenntniskritik der religiösen Erfahrung, 28-56 (Erstdruck: 1911). Der Kampf um die Religionspsychologie, 57-78 (Erstdruck: 1911). Die transzendental-psychologische Methode in der Religionswissenschaft, 7991 (Erstdruck: 1912).]

Systematische Theologie nach religionspsychologischer Methode. Erster Band: Die Religionspsychologische Methode in Religionswissenschaft und Theologie, Leipzig 1913. [Widmung, V: „Der hochwürdigen theologischen Fakultät der Universität Berlin in ehrerbietiger Dankbarkeit. Der Verfasser". - Siehe unten: Zweite Auflage, Leipzig 1925.] Systematische Theologie nach religionspsychologischer Methode. Zweiter Band: Das Wesen der Religion, Leipzig 1921 / 1922. [Der Band wurde in zwei Teillieferungen ausgegeben, von denen die erste (Seiten I bis XII und l bis 314) 1921, die zweite (Seiten 315-498) 1922 erschien. Der Grund für diese Teilung ergibt sich aus einer Bemerkung Wobbermins im Vorwort: „Das Erscheinen dieses das Wesen der Religion behandelnden Bandes ist durch den Weltkrieg und die sich anschließenden Ereignisse sehr beträchtlich verzögert worden. Ich darf es aber als einen Umstand von symbolischer Bedeutung ansehen, daß nun das Jahr 1921 auf dem Titelblatt dieses Buches steht. Gerade vor hundert Jahren hat Schleiermacher sein theologisches und religionsphilosophisches Hauptwerk zum erstenmal herausgegeben." - Siehe unten: Zweite Auflage, Leipzig 1925. Hiervon erschienen: Englisch-amerikanische Ausgabe: The Nature of Religion. Translated by Theophil Menzel and Daniel S. Robinson. With an Introduction by Douglas Clyde Macintosh, New York 1933. Japanische Ausgabe: Fukuoka 1937.]

Systematische Theologie nach religionspsychologischer Methode. Erster Band: Einleitung in die systematische Theologie. Prinzipien- und

Bibliographie Georg Wobbermin

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Methoden-Lehre im Hinblick auf ihre Geschichte seit Schleiermacher. Zweite, unveränderte Auflage, Leipzig 1925. [Widmung, V: „Der hochwürdigen theologischen Fakultät der Universität Berlin in ehrerbietiger Dankbarkeit. Der Verfasser". - Der Text der zweiten Auflage ist gegenüber dem der Erstauflage unverändert; es handelt sich um eine einfache drucktechnische Reproduktion. Hinzugefügt wurde lediglich auf Seite [IV] ein Motto von William James.] Systematische Theologie nach religionspsychologischer Methode. Zweiter Band: Das Wesen der Religion. Zweite, unveränderte Auflage, Leipzig

1925. Systematische Theologie nach religionspsychologischer Methode. Dritter Band: Wesen und Wahrheit des Christentums, Leipzig 1925. [Siehe unten: Zweite und dritte Auflage, Leipzig 1926. Auszüge aus der „Systematischen Theologie" (Bände l bis 3) bietet Richard H. Grützmacher (Hg.): Textbuch zur deutschen systematischen Theologie und ihrer Geschichte vom 16. bis 20. Jahrhundert. Band I: 1530-1934. Vierte Auflage, neu bearbeitet, bis in die Gegenwart fortgeführt und herausgegeben von Gerhard G. Muras, Gütersloh 1955, 238-241.] Systematische Theologie nach religionspsychologischer Methode. Dritter Band: Wesen und Wahrheit des Christentums. Zweite und dritte Auflage, Leipzig 1926. Schleiermacher und Ritschi in ihrer Bedeutung für die heutige theologische Lage und Aufgabe (Sammlung gemeinverständlicher Vorträge und Schriften aus dem Gebiet der Theologie und Religionsgeschichte. Nr. 125), Tübingen 1927. [Notiz, 2: „Der zugrundeliegende Vortrag wurde am 18. Januar 1927 bei der Reichsgründungsfeier der Georg August-Universität zu Göttingen gehalten."] Richtlinien evangelischer Theologie zur Überwindung der gegenwärtigen Krisis (Studien zur systematischen Theologie. Heft 3), Göttingen 1929. [Dem Reihentitelblatt ist der unter 2.3.9. zitierte Text beigegeben. Hiervon erschien: Schwedische Ausgabe: Den evangeliska teologins kris, och dess övervinnande, Uppsala 1931.] Schleiermachers Hermeneutik in ihrer Bedeutung für seine religionswissenschaftliche Arbeit (Nachrichten von der Gesellschaft der Wissenschaften zu Göttingen. Philologisch-Historische Klasse. Fachgruppe V [Religionswissenschaft]. Nr. 1), Berlin 1930 [Separatdruck]. [Notiz: „Vorgelegt in der Sitzung am 6. Juni 1930." Der Vortrag erschien auch in: Nachrichten von der Gesellschaft der Wissenschaften zu Göttingen. Philologisch-Historische Klasse), Berlin 1930 (siehe unter 2.3.4.).]

748

Veröffentlichte Quellen

Wort Gottes und evangelischer Glaube (Studien zur systematischen Theologie. Heft 6), Göttingen 1931. [Notiz: „Der hier gedruckte Vortrag wurde auf dem dritten deutschen Theologentag in Breslau im Oktober 1930 gehalten. Verkürzt und durch die Aussprache auf dem Theologentag ergänzt ist der Vortrag auch in dem Verhandlungsbericht: Deutsche Theologie, Band 3: ,Vom Worte Gottes' bei Vandenhoeck u. Ruprecht in Göttingen erschienen" [vgl. Ernst Lohmeyer (Hg.): Deutsche Theologie. Dritter Band: Vom Worte Gottes. Bericht über den 3. deutschen Theologentag in Breslau vom 5. bis 8. Oktober 1930, Göttingen 1931, 46-65]; siehe unter 2.3.4. Dem Reihentitelblatt ist der unter 2.3.9. zitierte Text beigegeben. - Siehe unten: Zweite Auflage, Göttingen 1933.]

Methodenfragen der heutigen Schleiermacher-Forschung (Nachrichten von der Gesellschaft der Wissenschaften zu Göttingen. Philologisch-Historische Klasse. Fachgruppe V [Religionswissenschaft]. Nr. 6), Berlin 1933 [Separatdruck]. [Der Vortrag erschien auch in: Nachrichten von der Gesellschaft der Wissenschaften zu Göttingen. Philologisch-Historische Klasse), Berlin 1933 (siehe unter 2.3.4.).]

Wort Gottes und evangelischer Glaube. Zweite, erweiterte Auflage (Studien zur systematischen Theologie. Heft 6) [Um einen Anhang erweitert: „Zusatz III (zur zweiten Auflage) über die Auseinandersetzung des Verfassers mit Prof. D. Karl Barth"], Göttingen 1933. [Der „Zusatz III" enthält: Einleitung, 30. Wobbermins Briefe an Karl Barth. Datiert auf den 7. und den 15. Juni 1932, 30-35 [Erstdruck siehe unter 2.3.4.: Offener Brief an Professor D. Karl Barth]. Nachwort, 35-36.]

Deutscher Staat und evangelische Kirche (Studien zur systematischen Theologie. Heft 14), Göttingen 1934. [Dem Reihentitelblatt sind die beiden folgenden Texte beigegeben: „Der hier gedruckte Vortrag ist am 30. Januar 1934 in einer von der Universität Göttingen veranstalteten öffentlichen Vortragsreihe .Rasse, Volk und Staat' gehalten worden. Der Verfasser." „Der Verlag legt Wert auf die mit Wissen des Herrn Verfassers erfolgende Feststellung, daß, obzwar die vorliegende Schrift der vom Verlag in den gegenwärtig drängenden kirchlichen Fragen vertretenen Linie nicht entspricht, er dem Herrn Verfasser die Aufnahme in die von diesem seit der Begründung 1928 gemeinsam mit Herrn Prof. D. Titius herausgegebenen .Studien zur systematischen Theologie' nicht abschlagen zu dürfen glaubte. Vandenhoeck & Ruprecht." - Der Text, der üblicherweise dem Reihentitelblatt der „Studien zur systematischen Theologie" beigegeben wurde (vgl. unter 2.3.9.), ist entfallen. Siehe unten: Zweite Auflage, Berlin 1936.]

Bibliographie Georg Wobbermin

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Deutscher Staat und evangelische Kirche. Zweite, neubearbeitete [und um zwei Zusätze erweiterte] Auflage, Berlin 1936. [Zur Neuauflage vgl. das „Vorwort zur zweiten Auflage", 3. Die Ausgabe ist gegenüber der ersten Auflage um einen Zusatz „Zur Befriedung in der kirchlichen Arierfrage" (28-30) [vgl. unter 2.3.4.) und um einen „Zusatz III: Stellungnahme zur ökumenischen Bewegung" (30-31) erweitert worden. Außerdem hat Wobbermin den Text überarbeitet und verschiedentlich ergänzt.]

Arthur Titius. Ökumenische Theologie zur Befriedung der Kirche. Eine Gedenkrede [Mit zwei Beilagen], Berlin 1937. [Zur Entstehung vgl. das „Vorwort", 3: „Am 29. Mai dieses Jahres veranstaltete die Berliner Theologische Fakultät eine Gedächtnisfeier für Geheimrat Prof. D. Arthur Titius. Die Gedenkrede hatte die Fakultät mir übertragen [...]."]

2.3.4. Aufsätze und Artikel Das Verhältnis der Theologie zur modernen Wissenschaft und ihre Stellung im Gesamtrahmen der Wissenschaften, in: Zeitschrift für Theologie und Kirche 10 (1900), 375-438. Selbstanzeige. [Zu:] Georg Wobbermin: Theologie und Metaphysik. Das Verhältnis der Theologie zur modernen Erkenntnistheorie und Psychologie, Berlin 1901, in: Die Christliche Welt 15 (1901), 804-805. Selbstanzeige. [Zu:] Georg Wobbermin: Der christliche Gottesglaube in seinem Verhältnis zur gegenwärtigen Philosophie. Allgemeinverständliche wissenschaftliche Vorlesungen, Berlin 1902, in: Die Christliche Welt 16 (1902), 1094. Theologischer Positivismus?, in: Preußischejahrbücher 116 (1904), 28-45. Die Philosophie Wilhelm Diltheys, in: Die Christliche Welt 18 (1904), 323-328. [Anmerkung, 323: „Der Aufsatz wurde aus Anlaß des siebzigsten Geburtstages Diltheys (19. November 1903) geschrieben."]

Loisy contra Harnack. Das Wesen des Christentums in evangelischer und katholischer Beleuchtung, in: Zeitschrift für Theologie und Kirche 15 (1905), 76-102. Das Wesen des Christentums, in: Beiträge zur Weiterentwicklung der christlichen Religion. Herausgegeben von Adolf Deißmann, August Dorner, Rudolf Eucken, Hermann Gunkel, Wilhelm Herrmann, Friedrich Meyer, Wilhelm Rein, Leopold von Schroeder, Gottfried Traub und Georg Wobbermin, München 1905, 339-386. Prinzipienfragen der Theologie, in: Theologische Rundschau 9 (1906), 65-78. 106-118.

750

Veröffentlichte Quellen

Der Ertrag der Ritschlschen Theologie bei Carl Stange, in: Zeitschrift für Theologie und Kirche 17 (1907), 53-59. Ungläubigkeit der kritischen Theologie, in: Zeitschrift für Theologie und Kirche 17 (1907), 146-147. Theologie und Metaphysik, in: Zeitschrift für Theologie und Kirche 17 (1907), 147-149. Julius Kaftans Dogmatik in der Beleuchtung Carl Stanges, in: Zeitschrift für Theologie und Kirche 17 (1907), 202-214. Religionspsychologie, in: Die Christliche Welt 21 (1907), 984-986. [Es handelt sich um eine ausführliche Besprechung der ersten drei Hefte der im April 1907 gegründeten und von Johannes Bresler sowie Gustav Vorbrodt herausgegebenen Zeitschrift für Religionspsychologie. Grenzfragen der Theologie und Medizin.}

Der Kampf um die Entwicklungslehre: Wasmann contra Haeckel, in: Theologische Rundschau 11 (1908), 143-154. [Wiederabgedruckt in: Georg Wobbermin: Monismus und Monotheismus. Vorträge und Abhandlungen zum Kampf um die monistische Weltanschauung, Tübingen 1911 (siehe unter 2.3.3.).] The Theology of Albrecht Ritschi and its significance for the present day, in: Yale Divinity Quarterly 4 (1908), 85-99. [Eine deutsche Fassung erschien 1909; siehe unten.]

Monismus und Monotheismus, in: Zeitschrift für Theologie und Kirche 19 (1909), 1-30. [Wiederabgedruckt in: Georg Wobbermin: Monismus und Monotheismus. Vorträge und Abhandlungen zum Kampf um die monistische Weltanschauung, Tübingen 1911 (siehe unter 2.3.3.).]

Albrecht Ritschi und die gegenwärtige Theologie, in: Frei und gewiß im Glauben! Beiträge zur Vertiefung in das Wesen der christlichen Religion. 35 Referate aus der Arbeit der „Religiösen Diskussionsabende". Herausgegeben von F.[ranz] Koehler, Berlin 1909, 34-48. [Eine englische Fassung erschien 1908; siehe oben.] Monistische Weltanschauung und Christentum, in: Frei und gewiß im Glauben! Beiträge zur Vertiefung in das Wesen der christlichen Religion. 35 Referate aus der Arbeit der „Religiösen Diskussionsabende". Herausgegeben von F.[ranz] Koehler, Berlin 1909, 73-77. Christentum und Darwinismus, in: Frei und gewiß im Glauben! Beiträge zur Vertiefung in das Wesen der christlichen Religion. 35 Referate aus der Arbeit der „Religiösen Diskussionsabende". Herausgegeben von F.[ranz] Koehler, Berlin 1909, 111-116. [Wiederabgedruckt in: Georg Wobbermin: Monismus und Monotheismus. Vorträge und Abhandlungen zum Kampf um die monistische Weltanschauung, Tübingen 1911 (siehe unter 2.3.3.).]

Bibliographie Georg Wobbermin

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Die heutigen Anschauungen vom Wesen der Materie und ihre Bedeutung für die Weltanschauungsfrage, in: Theologische Rundschau 12 (1909), 119-129. 163-171. [Wiederabgedruckt in: Georg Wobbermin: Monismus und Monotheismus. Vorträge und Abhandlungen zum Kampf um die monistische Weltanschauung, Tübingen 1911 (siehe unter 2.3.3.).] Der Keplerbund und der Kampf um Haeckels Embryonenbilder, in: Die Christliche Welt 23 (1909), 317-322. 349-352. 374-376. [Wiederabgedruckt in: Georg Wobbermin: Monismus und Monotheismus. Vorträge und Abhandlungen zum Kampf um die monistische Weltanschauung, Tübingen 1911 (siehe unter 2.3.3.).]

Der christliche Offenbarungsglaube, in: Deutsch-Evangelisch. Monatsblätter für den gesamten deutschen Protestantismus l (1910), 513526. Zur religionspsychologischen Arbeit des Auslandes, in: Religion und Geisteskultur 4 (1910), 233-247. Der gegenwärtige Stand der Religionspsychologie, in: Zeitschrift für angewandte Psychologie 3 (1910), 488-540. Aufgabe und Bedeutung der Religionspsychologie, in: Fünfter Weltkongreß für freies Christentum und religiösen Fortschritt. Berlin 5. bis 10. August 1910. Protokoll der Verhandlungen. Erster Band. Herausgegeben von Max Fischer und Friedrich Michael Schiele, Berlin-Schöneberg 1911, 245-261. [Wobbermins Vortrag- gehalten am 8. August 1910- erschien auch als Separatdruck. Vgl. unter 2.3.3. Daneben wurde er in den Band: Zum Streit um die Religionspsychologie, Berlin-Schöneberg 1913, aufgenommen.]

Psychologie und Erkenntniskritik der religiösen Erfahrung, in: Weltanschauung, Philosophie und Religion in Darstellungen von Wilhelm Dilthey und Anderen, Berlin 1911, 341-363. [Der Band enthält Beiträge von Wilhelm Dilthey, Bernhard Groethuysen, Georg Misch, Karl Joel, Eduard Spranger, Julius von Wiesner, Hans Driesch, Erich Adickes, Hermann Schwarz, Hermann Graf Keyserling, Paul Natorp, Georg Simmel, Georg Wobbermin, Paul Deussen, Carl Güttier, Arthur Bonus, Bruno Wille, Ernst Troeltsch, Julius Kaftan und Max Frischeisen-Köhler. Wiederabdruck in: Georg Wobbermin Zum Streit um die Religionspsychologie, Berlin-Schöneberg 1913 (siehe unter 2.3.3.).] Der Kampf um die Religionspsychologie, in: Internationale Wochenschrift für Wissenschaft, Kunst und Technik 5 (1911), Nr. 35. [Wiederabdruck in: Georg Wobbermin Zum Streit um die Religionspsychologie, Berlin-Schöneberg 1913 (siehe unter 2.3.3.).]

Religion der Diesseitigkeit?, in: [Martin Rade (Hg.):] An die Freunde. Vertrauliche d.i. nicht für die Oeffentlichkeit bestimmte Mitteilungen. Nr. 35 vom 10. Februar 1911, 387-388.

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Veröffentlichte Quellen [Der Text bezieht sich auf Constantin von Zastrow: Diesseitsreligion. Eine Diskussionsrede wider Wobbermin und Bonus, in: [Martin Rade (Hg.):] An die Freunde. Vertrauliche d.i. nicht für die Oeffendichkeit bestimmte Mitteilungen. Nr. 31 vom 12. April 1910, 332-337.]

Zur Frage nach der transzendental-psychologischen Methode in der Religionswissenschaft, in: Zeitschrift für Religionspsychologie 5 (1912), 225-234 (Heft 7). [Der Aufsatz bezieht sich auf Hermann Bauke: Aufgabe und Methode der Religionspsychologie, in: Zeitschrift für Religionspsychologie 5 (1912), Heft 3. - Unter dem Titel „Die transzendental-psychologische Methode in der Religionswissenschaft" wiederabgedruckt in: Georg Wobbermin: Zum Streit um die Religionspsychologie, Berlin-Schöneberg 1913 (siehe unter 2.3.3.).]

Leuba als Religionspsychologe, in: Religion und Geisteskultur 7 (1913), 282-291. Diesseits und Jenseits in der Religion. Eine Entgegnung, in: Die Christliche Welt 27 (1913), 554-558. 578-583. [Wobbermins Text bezieht sich auf Constantin von Zastrow: Diesseits und Jenseits. Ein Beitrag zu Jathos Diesseitsreligion, in: Die Christliche Welt 27 (1913), 458-466. Siehe dazu auch Martin Rade: Nachwort des Herausgebers, in: Ebd., 466-467.]

Jenseitsglaube mit und ohne Mythologie, in: Deutsch-Evangelisch. Monatsblätter für den gesamten deutschen Protestantismus 5 (1914), 328-331. [Der Text bezieht sich auf Lina Keßler: Jenseitsglaube, in: Deutsch-Evangelisch. Monatsblätter für den gesamten deutschen Protestantismus 5 (1914), 321-328. Auf Wobbermins Entgegnung folgte eine Replik: Lina Keßler: Zur Kontroverse über den Jenseitsglauben, in: Ebd., 434-435. Wobbermin reagierte abschließend mit der im folgenden verzeichneten Notiz.]

Zur Kontroverse über den Jenseitsglauben, in: Deutsch-Evangelisch. Monatsblätter für den gesamten deutschen Protestantismus 5 (1914), 435. Deutschland, Nordamerika und England als christlich-evangelische Kulturstaaten, in: Deutsch-Evangelisch. Monatsblätter für den gesamten deutschen Protestantismus 5 (1914), 671-674. Die Frage nach den Anfängen der Religion in religionspsychologischer Beleuchtung, in: Zeitschrift für angewandte Psychologie 9 (1915), 333-390. Wilhelm Dilthey's Gesammelte Schriften. Herausgegeben von Georg Misch, in: Die Christliche Welt 29 (1915), 309-311. Theology from the Viewpoint of the Science of Religion, in: The Constructive Quarterly. A Journal of the Faith, Work an Thought of Christendom 4 (1916), 329-342.

Bibliographie Georg Wobbermin

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Die religionspsychologische Methode in der systematischen Theologie. Wider Friedrich Traubs Einwendungen dagegen, in: Martin Rade / Horst Stephan (Hg.): Festgabe für Wilhelm Herrmann zu seinem 70. Geburtstage dargebracht von Schülern und Kollegen. Mit einem Bilde [Zeitschrift für Theologie und Kirche 27 (1917)], Tübingen 1917, 314-350. [Der Aufsatz bezieht sich auf Friedrich Traub: Theologie, Religionspsychologie, Metaphysik. Eine Auseinandersetzung mit der theologischen Methode Wobbermins, in: Zeitschrift für Theologie und Kirche 25 (1915), 93-123.]

Der gemeinsame Glaubensbesitz der christlichen Kirchen. Ein Beitrag zur interkonfessionellen Irenik, in: Studien zur systematischen Theologie. Theodor von Haering zum siebzigsten Geburtstag (22. April 1918) von Fachgenossen dargebracht. Herausgegeben von Friedrich Traub, Tübingen 1918, 238-261. Philosophie des Protestantismus. Zu Julius Kaftans gleichnamigem Werk, in: Deutsche Literaturzeitung 39 (1918), 779-789. [Der Text bezieht sich auf Julius Kaftan: Philosophie des Protestantismus. Eine Apologie des evangelischen Glaubens, Tübingen 1917.] Die Frage nach Gott in Luthers großem Katechismus, in: [Arthur Titius / Friedrich Niebergall / Georg Wobbermin (Hg.):] Festgabe für D. Dr. Julius Kaftan zu seinem 70. Geburtstage 30. September 1918 dargebracht von Schülern und Kollegen. Mit einem Bilde Julius Kaftans, Tübingen 1920, 418-435. Historische und systematische Theologie, in: Zeitschrift für Theologie und Kirche 28 (Neue Folge 1) (1920), 393-416. Religionspsychologische Arbeit und systematische Theologie, in: Archiv für Religionspsychologie. Organ der Gesellschaft für Religionspsychologie. Herausgegeben von Wilhelm Stählin. Zweiter und dritter Band, Tübingen 1921, 200-205. [Vgl. dazu Wobbermins Nachbemerkung, 205: „Vorstehende Sätze hatte ich im Sommer 1914 niedergeschrieben." - Im Nachlaß Rades befindet sich ein Exemplar der Typoskript-Fassung des Textes (Universitätsbibliothek Marburg. Nachlaß Martin Rade. MS 839 / Beilage).]

Religion. Die Methoden der religionspsychologischen Arbeit, in: Handbuch der biologischen Arbeitsmethoden. Unter Mitarbeit von zahlreichen Fachgenossen herausgegeben von Emil Abderhalden. Abteilung VI: Methoden der experimentellen Psychologie. Teil C: Methoden der angewandten Psychologie (Band 1). Lieferung 22, Berlin/Wien 1921, 1-44. [Während die Lieferung 22, die lediglich Wobbermins Beitrag umfaßte, bereits 1921 vorlag, erschien der komplette Band des Handbuches unter der Reihenzählung: „Abt. VI: Methoden der experimentellen Psychologie. Teil C/I" erst im Jahre 1928.]

754

Veröffentlichte Quellen

Religionsgeschichtliche und religionspsychologische Methode in der systematischen Theologie. 10 Thesen, in: Theologische Blätter 32 (1922), 186. [Der Text stützt sich auf eine Thesenreihe, die Wobbermin im gleichen Jahr dem Wissenschaftlichen Predigerverein Hannover vorgelegt hat. Ein Exemplar dieser Vorlage befindet sich im Archiv „Die Religionsgeschichtliche Schule" / Universität Göttingen. Theologische Fakultät.]

Die neuen Dilthey-Bände, in: Die Christliche Welt 37 (1923), 322-324. Luther, Kant, Schleiermacher und die Aufgabe der heutigen Theologie, in: Zeitschrift für Theologie und Kirche. Neue Folge 5 (1924), 104-120. Begriff, Aufgabe und Methode der Religionsphilosophie. Einleitung, zu: Georg Wobbermin (Hg.): Religionsphilosophie. Fünfter Band der Quellen-Handbücherei der Philosophie (Quellen Handbücherei der Philosophie. Herausgegeben von Arthur Liebert in Verbindung mit der Kant-Gesellschaft), Berlin 1924, 5-16. Neubuddhismus und Christentum, in: Magazin für evangelische Theologie und Kirche. Herausgegeben von der deutschen evangelischen Synode von Nordamerika 2 (1924), 401-419. Theologie der Synthese?, in: Theologische Blätter 5 (1926), 229-231. [Diskussionsbeitrag zu den Verhandlungen des Bundes für Gegenwartchristentum], in: [Martin Rade (Hg.):] An die Freunde. Vertrauliche d.i. nicht für die Oeffentlichkeit bestimmte Mitteilungen. Nr. 85 vom 30. November 1926, 973-974. [Wobbermins Beitrag während der Tagung des Bundes für Gegenwartchristentum, die vom 5. bis zum 7. Oktober 1926 in Köln stattfand, bezieht sich auf einen Vortrag von Martin Dibelius: Die Unbedingtheit des Evangeliums und die Bedingtheit der Ethik (vgl. den Abdruck in: Die Christliche Welt 40 (1926), 1103-1120).]

Pneumatische oder religionspsychologische Methode der systematischen Theologie?, in: Zeitschrift für Theologie und Kirche. Neue Folge 8 (1927), 53-62. Zum Streit über den Begriff „pneumatische Methode", in: Zeitschrift für Theologie und Kirche. Neue Folge 8 (1927), 318. [Wobbermins Text bezieht sich auf Robert Winkler: Die religionspsychologische Methode als pneumatische, in: Zeitschrift für Theologie und Kirche. Neue Folge 8 (1927), 186-201.]

Wehrungs Haupttypen theologischen Denkens, in: Zeitschrift für systematische Theologie 5 (1927), 488-497. [Der Text bezieht sich auf Georg Wehrung: Die Haupttypen theologischen Denkens in der neueren Theologie, in: Zeitschrift für systematische Theologie 2 (1924/25), 75-145.]

Bibliographie Georg Wobbermin

755

Ist Schleiermacher wirklich ausgeschöpft?, in: Die Christliche Welt 41 (1927), 99-104. Weder nationalistisch noch pazifistisch! Wider die Alternative v. Broeckers, in: Die Christliche Welt 41 (1927), 210-211. [Der Text bezieht sich auf Arthur von Broecker: Soll uns der Tod unserer Helden im Weltkrieg nationalistisch oder pazifistisch machen? Ein Nachklang zum Totensonntag, in: Die Christliche Welt 40 (1926), 1248-1254.]

Zur Frage des religionspsychologischen Zirkels, in: Die Christliche Welt 41 (1927), 407-408. Erklärung, in: Theologische Literaturzeitung 52 (1927), 550-551; Nachdruck unter dem Titel: Zum Streit um Schleiermacher, in: Die Christliche Welt 41 (1927), 1145-1146. [Die Erklärung Wobbermins bezieht sich auf Ferdinand Kattenbusch: [Rezension zu:] Georg Wobbermin: Schleiermacher und Ritschi in ihrer Bedeutung für die heutige theologische Lage und Aufgabe, Tübingen 1927, in: Theologische Literaturzeitung 52 (1927), 445-450.]

[Beitrag], zu: Vierzig Jahre „Christliche Welt". Festgabe für Martin Rade zum 70. Geburtstag 4. April 1927. Im Auftrag der Freunde zusammengestellt von Hermann Mulert, Gotha 1927, 131-132. Die allchristlichen Bekenntnisse, in: Das evangelische Deutschland 4 (1927), 20-21. Bibelchristentum, in: Das evangelische Deutschland 4 (1927), 51. Stimmen. Zu D. Deißmanns Urteil über Lausanne, in: Das Evangelische Deutschland 4 (1927), 393. [Der Text bezieht sich auf Adolf Deißmann: Fernblick auf Lausanne, in: Das Evangelische Deutschland 4 (1927), 373-375.]

Wie gehören für Luther Glaube und Gott zuhaufe?, in: Zeitschrift für Theologie und Kirche. Neue Folge 9 (1928), 51-60. [Der Text bezieht sich auf Karl Thieme: Zur Trinitätsfrage, in: Zeitschrift für Theologie und Kirche. Neue Folge 8 (1927), 251-268.] Luthers trinitarischer Monotheismus, in: Zeitschrift für Theologie und Kirche. Neue Folge 9 (1928), 237-252. Der Kampf um die dialektische Theologie. Vortrag beim Bund für Gegenwartchristentum am 4. Oktober 1927 in Meißen, in: Die Christliche Welt 42 (1928), 98-105. 146-153. [Vgl. auch das Protokoll der Diskussion, die sich an Wobbermins Vortrag angeschlossen hat, in: [Martin Rade (Hg.):] An die Freunde. Vertrauliche d.i. nicht für die Oeffentlichkeit bestimmte Mitteilungen. Nr. 88 vom 1. Dezember 1927, 1009-1015. Die Teilnehmer an dieser Diskussion während der Meißener Tagung waren Karl Ae, Pfr. Heyn, Karl Thieme, Paul Tillich, Karl Mensing, Pfr. Reiß, Horst Stephan und Prof. Bach.]

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Veröffentlichte Quellen

[Diskussionsbeitrag zu den Verhandlungen des Bundes für Gegenwartchristentum, 3. bis 5. Oktober 1927 in Meißen], in: [Martin Rade (Hg.):] An die Freunde. Vertrauliche d.i. nicht für die Oeffentlichkeit bestimmte Mitteilungen. Nr. 88 vom 1. Dezember 1927, 1014-1015. [Es handelt sich um Wobbermins Schlußwort zu der im vorigen Titel verzeichneten Aussprache.] Zum „Kampf um die dialektische Theologie". Nachtrag, in: Die Christliche Welt 42 (1928), 642-645. Schleiermacher in der Zeit seines Werdens. Aus Anlaß von Georg Wehrung's gleichnamigem Buch, in: Die Christliche Welt 42 (1928), 848-850. [Der Text bezieht sich auf Georg Wehrung: Schleiermacher in der Zeit seines Werdens, Gütersloh 1927.] Wagnis im Glauben, in: Die Christliche Welt 42 (1928), 1188-1189. [Diskussionsbeiträge zu den Verhandlungen des ersten deutschen Theologentages vom 18. bis 21. Oktober 1927 in Eisenach], in: Arthur Titius (Hg.): Deutsche Theologie. Bericht über den ersten deutschen Theologentag zu Eisenach (Herbst 1927), Göttingen 1928, 39. 69. 101-102. 130. [Wobbermins Diskussionsbeitrag, 101-102, bezieht sich auf Rudolf Bultmanns Vortrag: Die dialektische Theologie und das Neue Testament; abgedruckt in: Ebd., 98-100 (Kurzfassung).]

Religionsphilosophie als theologische Aufgabe, in: Kant-Studien. Philosophische Zeitschrift 33 (1928), 200-218. [Anmerkung, 200: „Vortrag, verlesen auf der Generalversammlung der Kantgesellschaft in Halle, Pfingsten 1927."]

Der Streit um Schleiermacher in seiner Bedeutung für die heutige Gesamtlage der evangelischen Theologie, in: Zeitschrift für den evangelischen Religionsunterricht an höheren Lehranstalten 39 (1928), 280-294. Die deutsche Mitarbeit am Werke von Lausanne, in: Die Eiche. Vierteljahrsschrift für soziale und internationale Arbeitsgemeinschaft 16 (1928), 360-369. [Dieser Text wurde auch separat gedruckt; Seitenzählung: 1-9.] [Diskussionsbeitrag zu den Verhandlungen des Bundes für Gegenwartchristentum, 2. und 3. Oktober 1928 in Eisenach], in: [Martin Rade (Hg.):] An die Freunde. Vertrauliche d.i. nicht für die Oeffentlichkeit bestimmte Mitteilungen. Nr. 91 vom 1. Dezember 1928, 1046. [Wobbermin Beitrag bezieht sich auf Mulerts Vortrag: Wie stehen wir zu Schleiermacher? 1. Luther und Schleiermacher (vgl. Hermann Mulert: Luther und Schleiermacher, in: Die Christliche Welt 42 (1928), 1050-1063. 11071117).] Das strittige Lutherzitat, in: Zeitschrift für Theologie und Kirche. Neue Folge 10 (1929), 81.

Bibliographie Georg Wobbermin

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[Diskussionsbeiträge zu den Verhandlungen des zweiten deutschen Theologentages vom 9. bis 12. Oktober 1928 in Frankfurt am Main], in: Emil Pfennigsdorf (Hg.): Deutsche Theologie. Zweiter Band: Der Erlösungsgedanke. Bericht über den zweiten deutschen Theologentag in Frankfurt am Main (Herbst 1928), Göttingen 1929, 62-63. 72-73. 77. Der zweite deutsche Theologentag und die heutige Problemlage der evangelischen Systematik, in: Christentum und Wissenschaft 5 (1929), 103-113. Die dialektische Theologie in ihrem Verhältnis zur reformatorischen Grundposition Luthers, in: Die Wartburg. Deutsch-Evangelische Monatsschrift 28(1929), 341-344. [Diskussionsbeitrag zu den Verhandlungen der Weltkonferenz für Glauben und Kirchenverfassung], in: Die Weltkonferenz für Glauben und Kirchenverfassung. Deutscher Amtlicher Bericht über die Weltkirchenkonferenz zu Lausanne 3. bis 21. August 1927. Im Auftrage des Fortsetzungsausschusses herausgegeben von Hermann Sasse, Berlin 1929, 242-246. Zur Frage der theologischen Promotionen, in: Theologische Blätter 8 (1929), 100. Zur Frage der religionspsychologischen Systematik. Eine Erwiderung, in: Theologische Blätter 8 (1929), 166. [Der Text bezieht sich auf Karl Ludwig Schmidt: Christentum und Wissenschaft, in: Theologische Blätter 8 (1929), 132.]

Schleiermachers Hermeneutik in ihrer Bedeutung für seine religionswissenschaftliche Arbeit, in: Nachrichten von der Gesellschaft der Wissenschaften zu Göttingen. Philologisch-Historische Klasse, Berlin 1930, 140-152. [Notiz, 140: „Vorgelegt in der Sitzung am 6. Juni 1930." - Der Vortrag erschien auch als Separatdruck (siehe unter 2.3.3.).]

Der schriftgemäße Begriff der Kirche. Systematisches Referat, in: Die Kirche im Neuen Testament in ihrer Bedeutung für die Gegenwart. Ein Gespräch zwischen lutherischen, reformierten und freikirchlichen Theologen. Im Auftrage des deutschen Ausschusses für Glaube und Verfassung der Kirche (Lausanne) herausgegeben von Friedrich SiegmundSchultze, Berlin 1930, 68-86. [Wobbermin hielt den Vortrag bei einer Studientagung des Deutschen Ausschusses für Glaube und Verfassung der Kirche (Lausanne), die vom 15. bis 21. April 1929 in Waldenburg stattfand. Dem Vortragstext sind „Thesen zu dem Vortrag von Prof. Wobbermin" beigefügt (Ebd., 87-89). An der anschließenden Diskussion beteiligten sich unter anderem Friedrich Siegmund-Schultze, Gerhard Kittel, Hermann Sasse und Otto Dibelius (Ebd., 89-96).]

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Veröffentlichte Quellen

Das Wort Gottes und der evangelische Glaube [Vortrag und Diskussion], in: Ernst Lohmeyer (Hg.): Deutsche Theologie. Dritter Band: Vom Worte Gottes. Bericht über den dritten deutschen Theologentag in Breslau vom 5. bis 8. Oktober 1930, Göttingen 1931, 46-65. [darin: Vortrag vom 7. Oktober 1930, 46-58 (Gekürzte Fassung). Anschließende Aussprache, 59-65 (Teilnehmer: Ernst Lohmeyer, Martin Noth, Erdmann Schott, Werner Wiesner, Martin Redeker, Martin Schian, Marie Horstmeier, Waldemar Macholz, Karl Thieme, Hermann A. Hesse, Georg Wobbermin). Ein vollständiger Separatabdruck erschien: Göttingen 1931. Ein erweiterter Separatabdruck erschien: Zweite Auflage, Göttingen 1933 (siehe unter 2.3.3.).]

[Diskussionsbeiträge zu den Verhandlungen des dritten deutschen Theologentages], in: Ernst Lohmeyer (Hg.): Deutsche Theologie. Dritter Band: Vom Worte Gottes. Bericht über den dritten deutschen Theologentag in Breslau vom 5. bis 8. Oktober 1930, Göttingen 1931, 7980. 96-97. Gibt es eine Linie Luther - Schleiermacher?, in: Zeitschrift für Theologie und Kirche. Neue Folge 12 (1931), 250-260. Zum Breslauer Theologentag, in: Die Christliche Welt 45 (1931), 72-73. Feuerbachs Illusionismus in religionspsychologischer Beleuchtung, in: Die Christliche Welt 45 (1931), 797. Wort Gottes und evangelischer Glaube, in: Evangelische Wahrheit (Hannover) 1931, 125ff. Im Kampf gegen Historismus und Psychologismus. Aus dem Vorwort zur schwedischen Ausgabe meiner „Richtlinien evangelischer Theologie zur Ueberwindung der gegenwärtigen Krisis", in: Theologische Blätter 10 (1931), 257-258. Die Arbeitstagung der Theologenkommission der Weltkonferenz für Glaube und Verfassung der Kirchen, in: Die Eiche. Vierteljahrsschrift für Freundschaftsarbeit der Kirchen 19 (1931), 470-472. Wort Gottes und evangelischer Glaube, in: Die Christliche Welt 46 (1932), 438-439. [Der Text bezieht sich auf Christian Lülmann: Wort Gottes und evangelischer Glaube, in: Die Christliche Welt 46 (1932), 437-438.]

Ein neuer Fall „Peterson", in: Das Evangelische Deutschland 9 (1932), 180. [Der Text bezieht sich auf die Konversion des Schweizer Pfarrers Oskar Bauhofer im Jahre 1932.]

Wort Gottes und evangelischer Glaube, in: Christentum und Wissenschaft 8 (1932), 178-182.

Bibliographie Georg Wobbermin

759

Offener Brief an Professor D. Karl Barth [Datiert auf den 15. Juni 1932; beigefügt: Offener Brief vom 7. Juni 1932], in: Theologische Blätter 11 (1932), 219-221; geringfügig verändert auch in: Christentum und Wissenschaft 8 (1932), 268-269. 270-271. [Der Text bezieht sich auf Karl Barth: Offener Brief an Professor D. Dr. G. Wobbermin (31. Mai 1932), unter anderem abgedruckt in: Theologische Blätter 11 (1932), 186-187. Wobbermins Briefe sind wiederabgedruckt in: Georg Wobbermin: Wort Gottes und evangelischer Glaube. Zweite, erweiterte Auflage, Göttingen 1933 (siehe unter 2.3.3.).]

The Doctrine of Grace in Evangelical German Theology from Schleiermacher onwards, in: William Thomas Whitley (Ed.): The Doctrine of Grace. With an Introduction by the Most Rev. William Temple, Archbishop of York, London 1932, 291-320. Schleiermacher in der Theologie des englischen Sprachgebiets, in: Christentum und Wissenschaft 8 (1932), 388-389. D. Earth's „Replik" als Dokument seiner Dialektik, in: Christentum und Wissenschaft 8 (1932), 389-390. [Wobbermins Text bezieht sich auf Karl Barth: Replik an Professor D. Dr. G. Wobbermin (18. Juni 1932), in: Theologische Blätter 11 (1932), 221-222, und in: Christentum und Wissenschaft 8 (1932), 307-309.]

Die heutige Lage der evangelischen Theologie, speziell ihrer Systematik. Zwei Thesenreihen zur Verständigung zwischen Georg Wobbermin und Otto Piper. I: Zwölf Thesen zur theologischen Lage, in: Christentum und Wissenschaft 9 (1933), 1-6. [Vgl. Otto Pipers „Parallel-Thesen": Ebd., 6-8.] Karl Barths Angriff auf die Glaubensbewegung Deutsche Christen, in: Christentum und Wissenschaft 9 (1933), 302-304; geringfügig verändert auch in: Das Evangelische Deutschland 10 (1933), 275-276. Zwei theologische Gutachten zum Arier-Paragraphen. Kritisch beleuchtet von Prof. D. Dr. G. Wobbermin-Göttingen, in: Der Reichsbote. Unabhängige Tageszeitung für deutsche protestantische Politik. Beiblatt: Kirche im Kampf. Ausgabe vom 18. Oktober 1933. Nr. 239. [Der Text wurde mehrfach nachgedruckt, zum Teil mit einzelnen stilistischen Veränderungen. Vgl. die folgende Angabe.] Zwei theologische Gutachten in Sachen des Arier-Paragraphen - kritisch beleuchtet [Undatiert], in: Deutsches Pfarrerblatt 37 (1933), 601-603; geringfügig verändert in: Theologische Blätter 12 (1933), 356-359; nachgedruckt in: Christentum und Wissenschaft 9 (1933), 423-426, sowie in: Günther van Norden: Der deutsche Protestantismus im Jahr der nationalsozialistischen Machtergreifung, Gütersloh 1979,374-377. [Dieser Text ist inhaltlich mit dem vorherigen identisch. Er bezieht sich auf: a)

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Veröffentlichte Quellen Gutachten der Theologischen Fakultät der Universität Marburg zum Kirchengesetz [der Evangelischen Kirche der altpreußischen Union] über die Rechtsverhältnisse der Geistlichen und Kirchenbeamten vom 20. September 1933 [unterzeichnet: Hans von Soden], in: Theologische Blätter 12 (1933), 289-294 (Marburger Gutachten mit Text der Bestimmungen des Kirchengesetzes der altpreußischen Generalsynode); nachgedruckt in: Die Bekenntnisse und grundsätzlichen Äußerungen zur Kirchenfrage des Jahres 1933. Gesammelt und eingeleitet von Kurt Dietrich Schmidt, Göttingen 1934, 178-182, sowie: b) Wilhelm Brandt, Rudolf Bultmann, Adolf Deißmann u.a.: Neues Testament und Rassenfrage. Professoren und Dozenten der Neutestamentlichen Wissenschaft [23. September 1933], in: Theologische Blätter 12 (1933), 294-296 [dort undatiert]; nachgedruckt u.a. in: Junge Kirche l (1933), 201-204.]

Methodenfragen der heutigen Schleiermacher-Forschung, in: Nachrichten von der Gesellschaft der Wissenschaften zu Göttingen. PhilologischHistorische Klasse, Berlin 1933, 30-52. [Der Vortrag erschien auch als Separatdruck; siehe unter 2.3.3.] Zur Frage des existentiellen Denkens, in: Nachrichten der Luther-Akademie in Sondershausen 2 (1933), 48ff. (Heft 1). Die anthropologischen Gedanken in der Theologie Luthers und Schleiermachers, in: Nachrichten der Luther-Akademie in Sondershausen 2 (1933), 25-26 (Heft 4). [Es handelt sich um die Kurzfassung eines unter dem gleichen Titel gehaltenen Vertrages.] Nochmals die Arierfrage in der Kirche, in: Deutsches Pfarrerblatt 38 (1934), 9-10; Nachdruck in: Heinz Liebing (Hg.): Die Marburger Theologen und der Arierparagraph in der Kirche. Eine Sammlung von Texten aus den Jahren 1933 und 1934, Marburg 1977, 51-52. [Dieser Text bezieht sich auf Rudolf Bultmann: Der Arierparagraph im Räume der Kirche, in: Theologische Blätter 12 (1933), 359-370; nachgedruckt in: Heinz Liebing (Hg.): Die Marburger Theologen und der Arierparagraph in der Kirche. Eine Sammlung von Texten aus den Jahren 1933 und 1934, Marburg 1977, 32-45. - Vgl. zu Wobbermins Artikel auch Bultmanns Antwort: Zur Antwort auf Herrn Prof. D. Wobbermins Artikel „Nochmals die Arierfrage in der Kirche", in: Deutsches Pfarrerblatt 38 (1934), 87-88.] Theologie im Dritten Reich, in: Evangelium im Dritten Reich. Kirchenzeitung für Christentum und Nationalsozialismus 4 (1935). Nr. 18

vom 5. Mai 1935, 142. [Dem Text geht folgende redaktionelle Notiz voran: „Aus dem Vortrag von Professor G. Wobbermin-Göttingen auf der Tagung der Deutschen Christen im Februar dieses Jahres in Berlin."] Zur Befriedung in der kirchlichen Arierfrage, in: Georg Wobbermin: Deutscher Staat und evangelische Kirche. Zweite, neubearbeitete [und um zwei Zusätze erweiterte] Auflage, Berlin 1936, 28-30.

Bibliographie Georg Wobbermin

761

Thesen zur Beurteilung der gegenwärtigen Situation der ökumenischen Bewegung, in: Georg Wobbermin: Arthur Titius. Ökumenische Theologie zur Befriedung der Kirche. Eine Gedenkrede (Beilage I), Berlin 1937, 18-19. Die Rassen- und Arier-Frage in der Kirche, in: Deutsches Christentum 3 (1938), Nr. 2. Schleiermachers protestantische und vaterländische Sendung, in: Deutsches Christentum 3 (1938), Nr. 22. Antwort von Prof. Wobbermin, in: Georg Wobbermin zum 70. Geburtstag am 27. Oktober 1939. Ansprachen und Glückwünsche, in: Zeitschrift für Kirchengeschichte. Dritte Folge 59 (1940), 162-169, hier: 167-169. 2.3.5. Einleitungen, Vor- und Nachworte, editorische Notizen [Nachwort], zu: Immanuel Kant: Die Religion innerhalb der Grenzen der bloßen Vernunft, in: Immanuel Kant: Gesammelte Schriften. Herausgegeben von der Königlich Preußischen Akademie der Wissenschaften. Erste Abtheilung: Werke. Sechster Band: Die Religion innerhalb der Grenzen der bloßen Vernunft / Die Metaphysik der Sitten, Berlin 1907, 497-515; Nachdruck: Berlin 1969. [Wobbermins Text bezieht sich auf Kants Schrift „Die Religion innerhalb der Grenzen der bloßen Vernunft" von 1793. Der parallele Text zur „Metaphysik der Sitten" (517-547) stammt von Paul Natorp.]

Vorwort des Übersetzers, in: William James: Die religiöse Erfahrung in ihrer Mannigfaltigkeit. Materialien und Studien zu einer Psychologie und Pathologie des religiösen Lebens. Ins Deutsche übertragen von Georg Wobbermin, Leipzig 1907, III-XVIII. Vorwort zur zweiten Auflage, in: William James: Die religiöse Erfahrung in ihrer Mannigfaltigkeit. Materialien und Studien zu einer Psychologie und Pathologie des religiösen Lebens. Deutsche Bearbeitung von Georg Wobbermin. Zweite verbesserte Auflage, Leipzig 1914, XVIII-XXXI. Hochverehrter Herr Professor! [Glückwunschadresse für Julius Kaftan], in: [Arthur Titius / Friedrich Niebergall / Georg Wobbermin (Hg.):] Festgabe für D. Dr. Julius Kaftan zu seinem 70. Geburtstage 30. September 1918 dargebracht von Schülern und Kollegen. Mit einem Bilde Julius Kaftans, Tübingen 1920, V. Vorwort, zu: Der Bischof von Gloucester [Dr. Arthur Headlam] über Volkstum, Christentum und Kirche in England und Deutschland. Eingeleitet und herausgegeben von Georg Wobbermin, Berlin 1939, 3-4.

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Veröffentlichte Quellen

2.3.6. Lexikonartikel Apologetik: I. Wesen der Apologetik, in: Die Religion in Geschichte und Gegenwart [im folgenden: RGG]. Band l, Tübingen 1909, 558-564. Religionspsychologie, in: Realencyklopädie für protestantische Theologie und Kirche. Band 24 (Zweiter Ergänzungsband), Leipzig 1913, 411418. Assoziation, in: RGG. Zweite Auflage. Band l, Tübingen 1927, 584-585. Avenarius, Richard, in: RGG. Zweite Auflage. Band l, Tübingen 1927, 686. Bewußtsein, in: RGG. Zweite Auflage. Band l, Tübingen 1927, 969-971. Empfindung, in: RGG. Zweite Auflage. Band 2, Tübingen 1928, 132. Gefühl, in: RGG. Zweite Auflage. Band 2, Tübingen 1928, 925-927. Krueger, Felix, in: RGG. Zweite Auflage. Band 3, Tübingen 1929, 1326. Lust und Unlust, in: RGG. Zweite Auflage. Band 3, Tübingen 1929,1754. Meumann, Ernst, in: RGG. Zweite Auflage. Band 3, Tübingen 1929, 2164. Psychologie: I. Allgemeines, in: RGG. Zweite Auflage. Band 4, Tübingen 1930, 1639-1642. Psychologismus, in: RGG. Zweite Auflage. Band 4, Tübingen 1930,1646. Religionspsychologie, in: RGG. Zweite Auflage. Band 4, Tübingen 1930, 1921-1927. Schleiermacher, Friedrich Ernst Daniel, in: RGG. Zweite Auflage. Band 5, Tübingen 1931, 170-179. Strukturpsychologie, in: RGG. Zweite Auflage. Band 5, Tübingen 1931, 852. 2.3.7. Rezensionen Aus Zeitschriften, in: Zeitschrift für Missionskunde und Religionswissenschaft. Organ des Allgemeinen evangelisch-protestantischen Missionsvereins 8 (1893), 183-185. 236-237. Deutsch-Ostafrika. Wanderkarte. Herausgegeben von der Deutschen Kolonialgesellschaft, o.O. o.J., in: Zeitschrift für Missionskunde und Religionswissenschaft 9 (1894), 47. Aus Zeitschriften, in: Zeitschrift für Missionskunde und Religionswissenschaft 9 (1894), 47-49. 105-106. 181-183. 228-230.

Bibliographie Georg Wobbermin

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Albrecht Dieterich: Nekyia. Beiträge zur Erklärung der neuentdeckten Petrusapokalypse, Leipzig 1893, in: Zeitschrift für Missionskunde und Religionswissenschaft 9 (1894), 101-103. Carl Gotthilf Büttner: Lieder und Geschichten der Suaheli (Beiträge zur Volks- und Völkerkunde. Dritter Band), Berlin 1894, in: Zeitschrift für Missionskunde und Religionswissenschaft 9 (1894), 103. Gustav Anrieh: Das antike Mysterienwesen in seinem Einfluß auf das Urchristentum, Göttingen 1894, in: Zeitschrift für Missionskunde und Religionswissenschaft 10 (1895), 104-107. Aus der Litteratur zur systematischen Theologie [Sammelrezension unter anderem zu: Alexander von Oettingen: Lutherische Dogmatik. Zwei Bände, München 1897 und 1900; Max Koch: Der Ordo salutis in der alt-lutherischen Dogmatik, Berlin 1899], in: „Halte was du hast!" Zeitschrift für Pastoral-Theologie 24 (1901), 488-492. Aus der Litteratur zur systematischen Theologie [Sammelrezension unter anderem zu: Wilhelm Herrmann: Ethik. Zweite Auflage, Tübingen 1901; Wilhelm Windelband: Die Geschichte der neueren Philosophie. Zwei Bände. Zweite Auflage, Leipzig 1899; Carl Stange: Einleitung in die Ethik. Band 2: Grundlinien der Ethik, Leipzig o.J.], in: „Halte was du hast!" Zeitschrift für Pastoral-Theologie 25 (1902), 493-497. [Die Sammelrezension enthält auch eine Selbstanzeige von Georg Wobbermin: Theologie und Metaphysik. Das Verhältnis der Theologie zur modernen Erkenntnistheorie und Psychologie, Berlin 1901; vgl.: Ebd., 495-496.] Aus der Literatur zur systematischen Theologie [Sammelrezension unter anderem zu: Eberhard Dennert: Die Wahrheit über Ernst Haeckel und seine Welträtsel, Halle an der Saale und Bremen 1901, und: Walther Flade: Die philosophischen Grundlagen der Theologie Richard Rothes (Leipzig Univ. Diss.), Leipzig 1900], in: „Halte was du hast!" Zeitschrift für Pastoral-Theologie 26 (1903), 642-649. Carl Stange: Was ist schriftgemäß? Vortrag, gehalten auf der neunten Goslarer Dozentenkonferenz, Leipzig 1904, in: Die Christliche Welt 19 (1905), 354. Karl Girgensohn: Die moderne historische Denkweise und die christliche Theologie, Leipzig 1904, in: Deutsche Literaturzeitung 26 (1905), 3169-3173. Georg Hoffmann: Die Lehre von der fides implicita innerhalb der katholischen Kirche, Leipzig 1903 / Georg Hoffmann: Die Lehre von der fides implicita und die Reformatoren, Leipzig 1906, in: Die Christliche Welt 22 (1908), 594-595. Edwin Diller Starbuck: Religionspsychologie. Empirische Entwicklungsstudie religiösen Bewußtseins. Mit einem Vorwort von Prof. William James. Band l und 2. Unter Mitwirkung von Gustav Vorbrodt übersetzt von Friedrich Beta (Philosophisch-soziologische Bücherei. Band 14 und 15), Leipzig 1909, in: Theologische Literaturzeitung 34 (1909), 660-664. Paul Kaiweit: Die Stellung der Religion im Geistesleben (Aus Natur und Geistesleben. Band 225), Leipzig 1908, in: Deutsche Literaturzeitung 30 (1909), 2641. Friedrich Jodl: Wissen und Religion, Frankfurt am Main 1909, in: Deutsche Literaturzeitung 30 (1909), 3088-3089.

764

Veröffentlichte Quellen

Julius Schultz: Die Maschinen-Theorie des Lebens, Göttingen 1909, in: Theologische Literaturzeitung 36 (1911), 307-308. Rudolf Wielandt: Das Programm der Religionspsychologie. Vortrag, gehalten vor dem badischen wissenschaftlichen Predigerverein zu Karlsruhe am 5. Juli 1910 (Sammlung gemeinverständlicher Vorträge und Schriften aus dem Gebiet der Theologie und Religionsgeschichte. Nr. 62), Tübingen 1910, in: Theologische Literaturzeitung 36 (1911), 758. Rudolf Otto: Naturalistische und religiöse Weltansicht. Zweite, verbesserte Auflage (Lebensfragen. Schriften und Reden), Tübingen 1909, in: Deutsche Literaturzeitung 32 (1911), 272-273. Cajus Fabricius: Die Entwicklung in Albrecht Ritschis Theologie von 1874 bis 1889 nach den verschiedenen Auflagen seiner Hauptwerke dargestellt und beurteilt, Tübingen 1909, in: Deutsche Literaturzeitung 33 (1912), 339-341. Karl August Busch: William James als Religionsphilosoph, Göttingen 1911, in: Theologische Literaturzeitung 38 (1913), 533-535. James H. Leuba: A psychological Study of Religion. Its Origin, Function and Future, New York 1912, in: Theologische Literaturzeitung 38 (1913), 789791. Karl A. Busch: William James als Religionsphilosoph, Göttingen 1911, in: Deutsche Literaturzeitung 34 (1913), 1808-1809. Karl Bornhausen: Das Studium der Religion, Theologie und Kirchen Nordamerikas in Deutschland, Gießen 1913/Karl Bornhausen: Religion in Amerika, Gießen 1914, in: Die Christliche Welt 28 (1914), 236. William Stern: Die differentielle Psychologie in ihren methodologischen Grundlagen. An Stelle einer zweiten Auflage des Buches: Über Psychologie der individuellen Differenzen (Ideen zu einer differentiellen Psychologie), Leipzig 1911, in: Theologische Literaturzeitung 39 (1914), 53-55. Josiah Royce: William James and other Essays on the Philosophy of Life, New York o.J. [1911], in: Theologische Literaturzeitung 39 (1914), 82-83. Hermann Faber: Das Wesen der Religionspsychologie und ihre Bedeutung für die Dogmatik. Eine prinzipielle Untersuchung zur systematischen Theologie, Tübingen 1913, in: Theologische Literaturzeitung 39 (1914), 434-435. David Cymmer Owen: The Infancy of Religion (The S. Deiniol's Series IV), London 1914, in: Theologische Literaturzeitung 39 (1914), 577. Ernst Pariser: Einführung in die Religionspsychologie. Beiträge zu einer kritischen Methodenlehre der Religionswissenschaft, Halle an der Saale 1914, in: Theologische Literaturzeitung 39 (1914), 567-568. Archiv für Religionspsychologie. Unter ständiger Mitwirkung von Kurt Koffka herausgegeben von Wilhelm Stählin. Band l, Tübingen 1914, in: Theologische Literaturzeitung 40 (1915), 529-533. James H. Leuba: La psychologic des phenomenes religieux. Traduit de l'anglois par Louis Cous (Bibliotheque de philosophic contemporaine), Paris 1914, in: Deutsche Literaturzeitung 36 (1915), 1385-1386.

Bibliographie Georg Wobbermin

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Konstantin Österreich: Die religiöse Erfahrung als philosophisches Problem (Philosophische Vorträge, veröffentlicht von der Kant-Gesellschaft. Unter Mitwirkung von Ernst Cassirer und Max Frischeisen-Köhler herausgegeben von Arthur Liebert. Band 9), Berlin 1915, in: Deutsche Literaturzeitung 37 (1916), 1236-1239. Konstantin Österreich: Die religiöse Erfahrung als philosophisches Problem (Philosophische Vorträge, veröffentlicht von der Kant-Gesellschaft. Band 9), Berlin 1915, in: Die Christliche Welt 30 (1916), 593-594. Richard Siebeck: Das Unmittelbare in unserer Bestimmung. Ansätze zu den Grundlagen der Religion, Tübingen 1917, in: Theologische Literaturzeitung 43 (1918), 163. Richard Siebeck: Das Unmittelbare in unserer Bestimmung. Ansätze zu den Grundlagen der Religion, Tübingen 1917, in: Die Christliche Welt 32 (1918), 316. Richard Siebeck: Das Unmittelbare in unserer Bestimmung. Ansätze zu den Grundlagen der Religion, Tübingen 1917, in: Deutsche Literaturzeitung 39 (1918), 206-207. Karl Dunkmann: Religionsphilosophie. Kritik der religiösen Erfahrung als Grundlegung christlicher Theologie, Gütersloh 1917/Karl Dunkmann: Religionsphilosophie im Grundriß, Gütersloh 1917/Karl Dunkmann: Die Nachwirkungen der theologischen Prinzipienlehre Schleiermachers (Beiträge zur Förderung christlicher Theologie. Band 19), Gütersloh 1915/Karl Dunkmann: Die theologische Prinzipienlehre Schleiermachers nach der kurzen Darstellung und ihre Begründung durch die Ethik (Beiträge zur Förderung christlicher Theologie. Band 20. Heft 2), Gütersloh 1916, in: Theologische Literaturzeitung 44 (1919), 135-137. Robert Jelke: Das Problem der Realität und des christlichen Glaubens. Eine Untersuchung zur dogmatischen Prinzipienlehre, Leipzig 1916, in: Theologische Literaturzeitung 44 (1919), 159-160. Georg Wehrung: Die Dialektik Schleiermachers, Tübingen 1920, in: Deutsche Literaturzeitung 42 (1921), 29-30. Rudolf Otto: Das Heilige. Über das Irrationale in der Idee des Göttlichen und sein Verhältnis zum Rationalen. Neunte Auflage, Breslau 1922, in: Theologische Literaturzeitung 48 (1923), 21-23. Georg Wunderle: Das religiöse Erleben. Eine bedeutungsgeschichtliche und psychologische Studie, Paderborn 1922, in: Theologische Literaturzeitung 48 (1923), 67-68. Anders Nygren: Die Gültigkeit der religiösen Erfahrung (Studien des apologetischen Seminars. Heft 8), Gütersloh 1922, in: Theologische Literaturzeitung 48 (1923), 164-165. Douglas Clyde Macintosh: Theology as an empirical science, New York 1920, in: Theologische Literaturzeitung 48 (1923), 189-191. William W. Keen: I Believe in God and in Evolution, Philadelphia and London 1922, in: Theologische Literaturzeitung 48 (1923), 383-384.

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Veröffentlichte Quellen

Hugh Ross Mackintosh: The Divine Initiative, London 1921, in: Theologische Literaturzeitung 48 (1923), 430-431. Georg Wunderle: Einführung in die moderne Religionspsychologie (Sammlung Kösel. Band 96), Kempten 1922, in: Theologische Literaturzeitung 48 (1923), 525-527. Christoph Schrempf: Gegen den Strom. Reden, Aufsätze, Briefe, Glossen, Stuttgart o.J. [1922], in: Theologische Literaturzeitung 48 (1923), 548-549. Wilhelm Schmidt: Menschheitswege zum Gotterkennen, rationale, irrationale, superrationale. Eine religionsgeschichtliche und religionspsychologische Untersuchung, Kempten 1923, in: Theologische Literaturzeitung 49 (1924), 169-171. Richard Müller-Freienfels: Persönlichkeit und Weltanschauung. Die psychologischen Grundtypen in Religion, Kunst und Philosophie. Zweite, stark veränderte Auflage, Leipzig 1923, in: Theologische Literaturzeitung 49 (1924), 190-192. Emil Brunner: Die Mystik und das Wort. Der Gegensatz zwischen moderner Religionsauffassung und christlichem Glauben dargestellt an der Theologie Schleiermachers, Tübingen 1924, in: Theologische Literaturzeitung 49 (1924), 241-244. Friedrich Heiler: Das Gebet. Eine religionsgeschichtliche und religionspsychologische Untersuchung. Fünfte Auflage, München 1923, in: Theologische Literaturzeitung 49 (1924), 383-384. Johannes Leipoldt u.a.: Handbuch der Religionswissenschaft. Neuntes Heft: Religionspsychologie, Theologische Lage der Gegenwart, Kirchen und Sekten, Christentumsfeindliche Strömungen in der Gegenwart (Sammlung wissenschaftlicher Handbücher für Studierende und den praktischen Gebrauch. Dritter Band. Heft 9), Berlin 1922, in: Theologische Literaturzeitung 49 (1924), 412-413. Wilhelm Schmidt: Die geheime Jugendweihe eines australischen Urstammes. Mit einem Abriß der soziologischen und religionsgeschichtlichen Entwicklung der südost-australischen Stämme (Dokumente der Religion. Band III), Paderborn 1923, in: Theologische Literaturzeitung 49 (1924), 481-482. William Boothby Selbie: The Psychology of Religion (Wilde lectures in natural and comparative religion. 1922/23), Oxford 1924, in: Theologische Literaturzeitung 50 (1925), 238-239. Friedrich Traub: Glaube und Geschichte. Eine Untersuchung über das Verhältnis von christlichem Glauben und historischer Leben-Jesu-Forschung, Gotha 1926, in: Theologische Literaturzeitung 52 (1927), 90-91. Lewis Richard Farnell: The Attributes of God. The Gifford Lectures, delivered in the University of St. Andrews, Oxford 1924/25, in: Theologische Literaturzeitung 52 (1927), 91-92. Ferdinand Kattenbusch: Die deutsche evangelische Theologie seit Schleiermacher. Ihre Leistungen und ihre Schäden. Fünfte, weiter neugestaltete Auflage der Schrift „Von Schleiermacher zu Ritschi", Gießen 1926, in: Theologische Literaturzeitung 52 (1927), 118-120.

Bibliographie Georg Wobbermin

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Theodor Ziehen: Die Grundlagen der Religionspsychologie (Monotheismus), Leipzig 1928, in: Theologische Literaturzeitung 53 (1928), 589-590. Zeitschrift für Religionspsychologie (Beiträge zur religiösen Seelenforschung und Seelenführung). Veröffentlichungen der Internationalen Religionspsychologischen Gesellschaft. Herausgegeben von Karl Beth. Jahrgang l, Heft l und 2, Gütersloh 1928, in: Theologische Literaturzeitung 54 (1929), 69-71. Alphonse Maeder: Die Richtung im Seelenleben, Zürich 1928, in: Theologische Literatur/eitung 54 (1929), 281-282. James H. Leuba: Die Psychologie der religiösen Mystik. Berechtigte Übersetzung von Erika Pfohl (Grenzfragen des Nerven- und Seelenlebens. Heft 128/130), München 1927, in: Theologische Literaturzeitung 54 (1929), 405-406. Emil Brunner: Die Mystik und das Wort. Der Gegensatz zwischen moderner Religionsauffassung und christlichem Glauben dargestellt an der Theologie Schleiermachers. Zweite, stark veränderte Auflage, Tübingen 1928, in: Theologische Literaturzeitung 55 (1930), 185-188. Hugh Ross Mackintosh: The Christian Apprehensions of God, New York and London 1929, in: Theologische Literaturzeitung 56 (1931), 164-165. Wilhelm Koepp: Die gegenwärtige Geisteslage und die „dialektische" Theologie. Eine Einführung, Tübingen 1930, in: Theologische Literaturzeitung 56 (1931), 278-279. Archiv für Religionspsychologie und Seelenführung. Herausgegeben von Werner Gruehn. Band 4, Leipzig 1929, in: Theologische Literaturzeitung 56 (1931), 395-397. Dietrich Bonhoeffer: Sanctorum Communio. Eine dogmatische Untersuchung zur Soziologie der Kirche, Berlin 1930, in: Theologische Literaturzeitung 56 (1931), 590-591. Oskar Bauhofer: Das Metareligiöse. Eine kritische Religionsphilosophie, Leipzig 1930, in: Theologische Literaturzeitung 57 (1932), 184-186. Hermann Mandel: Wirklichkeitsreligion. Religion als Sinngebung des Daseins, Kiel 1931, in: Theologische Literaturzeitung 57 (1932), 207-208. Robert Brunner: Schleiermachers Lehre vom Gefühl schlechthiniger Abhängigkeit mit besonderer Berücksichtigung seiner theologischen Methode, Bern 1931, in: Theologische Literaturzeitung 57 (1932), 209-210. Wilhelm Bartelheimer: Schleiermacher und die gegenwärtige Schleiermacherkritik. Eine Untersuchung über den Subjektivismus. Mit einem Vorwort von Friedrich Gegarten, Leipzig 1931, in: Theologische Literaturzeitung 57 (1932), 210-211. Adolf Keller: Der Weg der dialektischen Theologie durch die kirchliche Welt. Eine kleine Kirchenkunde der Gegenwart, München 1931, in: Theologische Literaturzeitung 57 (1932), 426-428. Erich Schaeder: Das Wort Gottes. Eine systematische Untersuchung (Beiträge zur Förderung christlicher Theologie. Zweite Reihe: Sammlung wissenschaftlicher Monographien. Band 22), Gütersloh 1930, in: Deutsche Literaturzeitung 53 (1932), 584-587.

768

Veröffentlichte Quellen

Hugh Ross Mackintosh: The Christian Experience of Forgiveness, London 1930, in: Theologische Literaturzeitung 58 (1933), 20-21. William Thomas Whitley (Ed.): The Doctrine of Grace. With an Introduction by the Most Rev. William Temple, Archbishop of York, London 1932, in: Theologische Literaturzeitung 58 (1933), 75-78. Otto Piper: Gottes Wahrheit und die Wahrheit der Kirche (Beiträge zur systematischen Theologie. Band 4), Tübingen 1933, in: Theologische Literaturzeitung 58 (1933), 330-332. Studien der Luther-Akademie. Herausgegeben von Carl Stange. Heft l bis 5 [Sammelrezension], Gütersloh 1932, in: Theologische Literaturzeitung 58 (1933), 445-447. Georg Wehrung: Geschichte und Glaube. Eine Besinnung auf die Grundsätze theologischen Denkens, Gütersloh 1933, in: Theologische Literaturzeitung 59 (1934), 32-35. Emil Brunner: Das Gebot und die Ordnungen. Entwurf einer protestantischtheologischen Ethik, Tübingen 1932, in: Theologische Literaturzeitung 59 (1934), 184-185. Hans Schlemmer: Von Karl Barth zu den Deutschen Christen. Ein Wort zum Verständnis der heutigen theologischen Lage, Gotha 1934, in: Theologische Literaturzeitung 60 (1935), 18-20. Erich Schaeder: Glaubenslehre für Gebildete, Gütersloh 1933, in: Theologische Literaturzeitung 60 (1935), 133-134. Friedrich Gogarten: Das Bekenntnis der Kirche, Jena o.J. [1934], in: Theologische Literaturzeitung 60 (1935), 237-238. Johannes Witte: Deutschglaube und Christusglaube, Göttingen 1934, in: Theologische Literaturzeitung 60 (1935), 318-319. Hans Reiner: Das Phänomen des Glaubens. Dargestellt im Hinblick auf das Problem seines metaphysischen Gehalts, Halle an der Saale 1934, in: Theologische Literaturzeitung 61 (1936), 202-203. Karl Eger: Schleiermacher als vaterländischer Prediger / Gerhard Heinzelmann: Schleiermachers Lehre von der Kirche (Hallische Universitätsreden 61), Halle an der Saale 1934, in: Theologische Literaturzeitung 61 (1936), 203-204. Carl August Emge: Der philosophische Gehalt der religiösen Dogmatik. Prolegomena zu einer wahren Theologie, München 1929, in: Theologische Literaturzeitung 61 (1936), 349-350. Emil Brunner: Das Gebot und die Ordnungen. Entwurf einer protestantischtheologischen Ethik. Zweite Auflage, Tübingen 1935, in: Theologische Literaturzeitung 61 (1936), 426-427. Fritz Schulze: Volk und Gott. Ein Beitrag zur Frage deutsch-evangelischer Volkserzieher, Frankfurt am Main o.J. [1934], in: Theologische Literaturzeitung 61 (1936), 461. Albert Reble: Schleiermachers Kulturphilosophie. Eine entwicklungsgeschichtlichsystematische Würdigung. Mit einem Geleitwort von Theodor Litt (Sonder-

Bibliographie Georg Wobbermin

769

Schriften der Akademie gemeinnütziger Wissenschaften zu Erfurt. Heft 7), Erfurt 1935, in: Deutsche Literaturzeitung 57 (1936), 2202-2204. Erinnerungen an Erzbischof Söderblom. Zu seinem fünften Todestage 12. Juli 1931/36. Sonderheft der Zeitschrift „Eine heilige Kirche" (1936. Heft 5/6), München 1936, in: Theologische Literaturzeitung 62 (1937), 21-22. Adolf Deißmann: Una Sancta. Zum Geleit in das ökumenische Jahr 1937, Gütersloh 1936, in: Theologische Literaturzeitung 62 (1937), 167-168. Torsten Bohlin: Der Unabweisbare. Eine Einführung in die religiöse Frage. Aus dem Schwedischen von Ilse Meyer-Lüne, München o.J. [1937], in: Theologische Literaturzeitung 62 (1937), 337. Johannes Neumann: Schleiermacher. Existenz, Ganzheit, Gefühl als Grundlagen seiner Anthropologie (Neue Deutsche Forschungen. Herausgegeben von Hans Friedrich Karl Günther. Band 98), Berlin 1936, in: Theologische Literaturzeitung 63 (1938), 165-166. Heinz Erich Eisenhuth: Christus unsere Kraft. Predigten und Betrachtungen, Weimar o.J. [1937], in: Theologische Literaturzeitung 63 (1938), 462. Friedrich Schleiermacher: Briefe an einen Freund. Herausgegeben von Hans Wilhelm Schmidt, Weimar o.J. [1939], in: Deutsches Christentum 4 (1939), Nr. 44. Emil Mattiesen: Das persönliche Überleben des Todes. Eine Darstellung der Erfahrungsbeweise. Zwei Bände, Berlin 1936, in: Theologische Literaturzeitung 65 (1940), 164-166. Gerhard K. Schmidt: Christentum und Todesstrafe. Eine Studie, Weimar 1938, in: Deutsche Literaturzeitung 61 (1940), 1180-1181. Emil Mattiesen: Das persönliche Überleben des Todes. Eine Darstellung der Erfahrungsbeweise. Dritter Band, Berlin 1939, in: Theologische Literaturzeitung 66 (1941), 212-214. Heinz Erich Eisenhuth: Begegnung und Stille, Weimar 1941, in: Theologische Literaturzeitung 67 (1942), 175. Irmtrud von Minigerode: Die Christusanschauung des Novalis (Neue Deutsche Forschungen. Abt. Religions- und Kirchengeschichte. Band 8), Berlin 1941, in: Deutsche Literaturzeitung 63 (1942), 574-575. Heinrich Frick: Deutschland innerhalb der religiösen Weltlage. Zweite veränderte Auflage, Berlin 1941, in: Deutsche Literaturzeitung 63 (1942), 62-63.

2.3.8. Mitverfaßte oder unterzeichnete kirchen- und hochschulpolitische Erklärungen (Auswahl) Bitte für den Allgemeinen Evangelisch-Protestantischen Missionsverein, in: Die Christliche Welt 22 (1908), 647-648 (Nr. 26 vom 25. Juni 1908). [Unterzeichner waren u.a. Otto Baumgarten, Wilhelm Bornemann, Wilhelm Bousset, Paul Drews, Erich Foerster, Emil Fuchs, Walter Goetz, Adolf Harnack, Wilhelm Herrmann, Adolf Jülicher, Karl Müller, Friedrich Rittelmeyer,

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Veröffentlichte Quellen Otto Scheel, Martin Schian, Friedrich Michael Schiele, Ewald Stier, Arthur Titius, Gottfried Traub, Ernst Troeltsch, Heinrich Weinel und Heinrich Weizsäcker. - Der Aufruf war verbunden mit einem „Aufruf zu Beiträgen für einen Kirchbau der deutsch-evangelischen Mission in Kyoto" (Ebd., 647-648).]

Aufruf deutscher Kirchenmänner und Professoren: An die evangelischen Christen im Ausland [Datiert auf den 4. September 1914], in: Protestantenblatt 47 (1914), 884-887 (unter dem Titel „Ein Aufruf evangelischer Missionen an die evangelischen Christen im Auslande"); Nachdruck in: Gerhard Besier: Die protestantischen Kirchen Europas im Ersten Weltkrieg. Ein Quellen- und Arbeitsbuch. Mit 33 Abbildungen, Göttingen 1984, 40-45. [Der Aufruf ist u.a. unterzeichnet von Hermann von Bezzel, Friedrich von Bodelschwingh, Adolf Deißmann, Ernst Dryander, Rudolf Eucken, Adolf von Harnack, Wilhelm Herrmann, Theodor Kaftan, Friedrich Lahusen, Friedrich Loofs, Carl Mirbt, Georg Wobbermin und Wilhelm Wundt.]

Ein Wort deutscher Theologen zur Überwindung der festgefahrenen kirchlichen Fronten. Mit einem Begleitschreiben, in: Die Christliche Welt 50 (1936), 369-370. [Der Abdruck ist mit folgender Unterzeichnerliste versehen: „Ernst Benz, Marburg; Erich Seeberg, Berlin; Georg Wobbermin, Berlin; Ernst Dietrich, Darmstadt; Robert Winkler, Breslau; Konrad Weiß, Berlin."]

Karl Barths Anspruch, als Papst aller evangelischen Kirchen zu gelten. Englisch-deutsche Erklärung von 36 deutschen Theologen vom Dezember 1935 [Englischer Titel: Karl Earth's Pretension to be Pope of the Protestant Church]. Abdruck in: Georg Wobbermin: Arthur Titius. Ökumenische Theologie zur Befriedung der Kirche. Eine Gedenkrede, Berlin 1937, 20-23. [Neben Wobbermin und Arthur Titius werden folgende Unterzeichner genannt: Johannes Behm, Erich Seeberg, Robert Winkler, Hans Schmidt, Ernst Benz, Rudolf Otto, Robert Jelke, Theodor Odenwald und Martin Redeker. Laut Wobbermin hat sich die Zahl der unterzeichneten Universitäts-Theologen bis zum 20. Juni 1937 [Datierungsangabe des Vorwortes] auf 50 erhöht (20). Zum Verhältnis dieser Erklärung zu der vorher angeführten Erklärung unter dem Titel „Ein Wort deutscher Theologen zur Überwindung der festgefahrenen kirchlichen Fronten" vgl. die Darstellung im Text unter II.3.5.5.]

Kundgebung zur kirchlichen Lage (Vorläufige Leitsätze), in: Die Christliche Welt 50 (1936), 448. Vgl. auch: Ebd., 716. [Der Text wurde u.a. unterzeichnet von Ernst Barnikol, Peter Meinhold, Hanna von Pestalozza, Emil Pfennigsdorf, August Schowalter, Reichsgerichtspräsident i.R. Walter Simons, Georg Stuhlfauth, Arthur Titius und Georg Wobbermin.]

Bibliographie Georg Wobbermin

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2.3.9. Herausgeber bzw. Mitherausgeber Zeitschrift für Theologie und Kirche. Organ für systematische und prinzipielle Theologie. Von Johannes Gottschick begründet. In Verbindung mit Paul Drews, Samuel Eck, Theodor Haering, Adolf Harnack, Julius Kaftan, Ferdinand Kattenbusch, Paul Lobstein, Friedrich Loofs, Emil Walter Mayer, Paul Mezger, Rudolf Otto, Otto Ritschi, Otto Scheel, Gustav von Schultheß-Rechberg, Martin Schulze, Karl Seil, Theophil Steinmann, Karl Thieme, Arthur Titius, Friedrich Traub, Ernst Troeltsch, Johannes Wendland, Hans Hinrich Wendt, Georg Wobbermin herausgegeben von Wilhelm Herrmann und Martin Rade [Jahrgang 17, 1907 bis Jahrgang 27, 1917]. Verlag: J.C.B. Mohr (Paul Siebeck) in Tübingen. [Wobbermin wurde seit dem Jahrgang 17 (1907) als Mitglied des Kreises von den Herausgebern verbundenen Theologen genannt. Mit dem Jahrgang 27 (1917) endete seine Mitwirkung.] Beiträge zur Weiterentwicklung der christlichen Religion. Herausgegeben von Adolf Deißmann, August Dorner, Rudolf Eucken, Hermann Gunkel, Wilhelm Herrmann, Friedrich Meyer, Wilhelm Rein, Leopold von Schroeder, Gottfried Traub und Georg Wobbermin, München 1905. Immanuel Kant: Gesammelte Schriften. Herausgegeben von der Königlich Preußischen Akademie der Wissenschaften. Erste Abtheilung: Werke. Sechster Band: Die Religion innerhalb der Grenzen der bloßen Vernunft / Die Metaphysik der Sitten [Herausgegeben von Georg Wobbermin und Paul Natorp], Berlin 1907; Nachdruck: Berlin 1969. [Arthur Titius / Friedrich Niebergall / Georg Wobbermin (Hg.):] Festgabe für D. Dr. Julius Kaftan zu seinem 70. Geburtstage 30. September 1918 dargebracht von Schülern und Kollegen. Mit einem Bilde Julius Kaftans, Tübingen 1920. Theologische Literaturzeitung. Begründet von Emil Schürer und Adolf von Harnack. Herausgegeben von Professor D. Emanuel Hirsch unter Mitwirkung von Prof. D. Wilhelm Heitmüller, Prof. D. Dr. Gustav Hölscher, Prof. D. Arthur Titius, Prof. D. Dr. Georg Wobbermin, Leipzig, Jg. 46 (1921) - Jg. 55 (1930). Verlag: J. C. Hinrichs'sche Buchhandlung in Leipzig. [Wobbermin trat - ebenso wie Hirsch, Heitmüller und Hölscher - mit der Ausgabe 19/20 des 46. Jahrganges vom 29. Oktober 1921 in das Herausgebergremium der Theologischen Literaturzeitung ein (vgl. die von Titius, Schuster und Hirsch unterzeichnete „Bekanntmachung" in Ausgabe 17/18 vom 24. September 1921, 193-194). Mit dem fünften Heft des 51. Jahrganges (Ausgabe vom 6. März 1926) nahm Hans Lietzmann den Platz Wilhelm Heitmüllers (t 29. Januar 1926) ein.]

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Veröffentlichte Quellen

Theologische Literaturzeitung. Begründet von Emil Schürer und Adolf von Harnack. Unter Mitwirkung von Prof. Dr. Hermann Dörries und Prof. D. Dr. Georg Wobbermin, beide in Göttingen, herausgegeben von Prof. D. Walter Bauer, Göttingen, Jg. 55 (1930) - Jg. 64 (1939). Verlag: J. C. Hinrichs'sche Buchhandlung in Leipzig. [Der Redaktionswechsel fand zum 1. Juli 1930 (Heft 14 des 55. Jahrganges) statt. Mit dem dritten Heft des 64. Jahrganges schieden Bauer, Dörries und Wobbermin als Herausgeber der Theologischen Literaturzeitung aus (vgl. die Verlagsmitteilung „An unsere Leser!", in: Theologische Literaturzeitung 64 (1939), 113-114 (Nr. 4 vom April 1939)).] Religionsphilosophie. Fünfter Band der Quellen-Handbücherei der Philosophie. Bearbeitet unter Mitwirkung von Robert Winkler (Quellen Handbücherei der Philosophie. Herausgegeben von Arthur Liebert in Verbindung mit der Kant-Gesellschaft), Berlin 1924. [Der Band enthält neben der „Einleitung" Wobbermins (siehe unter 2.3.5.) einen Beitrag von Robert Winkler: „Überblick über die religionsphilosophische Arbeit seit Kant bis zur Gegenwart" (16-27) sowie Texte von Immanuel Kant, Friedrich Schleiermacher, Johann Wolfgang Goethe, Johann Gottlieb Fichte, Friedrich Wilhelm Joseph Schelling, Georg Wilhelm Friedrich Hegel, Jakob Friedrich Fries, Sören Kierkegaard, Arthur Schopenhauer, Ludwig Feuerbach, David Friedrich Strauß, Friedrich Albert Lange, Albrecht Ritschi, Alois Emanuel Biedermann, Paul Natorp, Georg Simmel, Hans Vaihinger, Rudolf Eucken, Julius Kaftan, Ernst Troeltsch, Heinrich Scholz, Carl Stange, Karl Heim, Friedrich Gogarten, Rudolf Otto und Max Scheler. - Siehe unten: Zweite Auflage, Berlin 1925.] Religionsphilosophie. Fünfter Band der Quellen-Handbücherei der Philosophie. Bearbeitet unter Mitwirkung von Robert Winkler (Quellen Handbücherei der Philosophie. Herausgegeben von Arthur Liebert in Verbindung mit der Kant-Gesellschaft). Zweite Auflage, Berlin 1925. Studien zur systematischen Theologie. Herausgegeben von Arthur Titius und Georg Wobbermin, Göttingen 1928-1935. Verlag: Vandenhoeck & Ruprecht in Göttingen. [Das Reihentitelblatt trägt folgenden Text: „Diese Studien sollen die theologisch-systematische Arbeit auf dem Boden der Reformation im Streben nach größtmöglicher Objektivität zu fördern suchen. Sie werden grundsätzlich unabhängig sein von theologischen und kirchenpolitischen Parteitendenzen jeder Art. Sie werden sich in steter Fühlung mit der historischen Forschung der exegetischen, kirchengeschichtlichen und allgemein religionswissenschaftlichen Disziplinen halten, aber dabei nie die spezifischen und übergreifenden Aufgaben der theologischen Systematik aus den Augen verlieren. Sie werden bewußt im Dienste der evangelischen Kirche stehen, aber doch zugleich eine ökumenische christliche Theologie anzubahnen bestrebt sein." In der Reihe „Studien zur systematischen Theologie" sind folgende Titel erschienen: Heft 1: Heinz Erich Eisenhuth: Die Entwicklung der Glaubensgewißheit bei Karl Heim, Göttingen 1928.

Bibliographie Georg Wobbermin

Heft 2: Heft 3: Heft 4: Heft 5: Heft 6: Heft 7: Heft 8: Heft 9: Heft 10: Heft 11: Heft 12: Heft 13: Heft 14: Heft 15: Heft 16: Heft 17:

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Georg Hoffmann: Das Problem der letzten Dinge in der neueren evangelischen Theologie, Göttingen 1929. Georg Wobbermin: Richtlinien evangelischer Theologie zur Überwindung der gegenwärtigen Krisis, Göttingen 1929. Marie Horstmeier: Die Idee der Persönlichkeit bei Immanuel Hermann Fichte und Christian Hermann Weiße, Göttingen 1930. Adolf Heger: Julius Kaftans theologische Grundposition im Verhältnis zu Schleiermachers Prinzipienlehre, Göttingen 1930. Georg Wobbermin: Wort Gottes und evangelischer Glaube, Göttingen 1931. Zweite Auflage: Göttingen 1933. Franz Hildebrandt: EST. Das Lutherische Prinzip, Göttingen 1931. Heinz Erich Eisenhuth: Der Begriff des Irrationalen als philosophisches Problem. Ein Beitrag zur existenzialen Religionsbegründung, Göttingen 1931. Ernst Schmiechen: Schleiermachers Glaubensgedanken in Theologie und Predigt, Göttingen 1932. Heinrich Benckert: Ernst Troeltsch und das ethische Problem, Göttingen 1932. Hans Steubing: Naturrecht und natürliche Theologie im Protestantismus, Göttingen 1932. Franz Lau: „Äußerliche Ordnung" und „Weltlich Ding" in Luthers Theologie, Göttingen 1933. Heinz Erich Eisenhuth: Ontologie und Theologie, Göttingen 1933. Georg Wobbermin: Deutscher Staat und evangelische Kirche, Göttingen 1934. [Zweite, neubearbeitete Auflage, Berlin 1936 (Verlag: Arthur Collignon, Berlin).] Ottfried Kietzig: Religiös, kirchlich, gläubig. Drei Höhenlagen evangelischer Frömmigkeit. Versuch einer religionspsychologischen Grenzbestimmung auf neutestamentlicher Grundlage, Göttingen 1934. Arthur Titius: Die Anfänge der Religion bei Ariern und Israeliten, Göttingen 1934. Werner Schultz: Das Verhältnis von Ich und Wirklichkeit in der religiösen Anthropologie Schleiermachers, Göttingen 1935.]

William James: Die religiöse Erfahrung in ihrer Mannigfaltigkeit. Materialien und Studien zu einer Psychologie und Pathologie des religiösen Lebens. Ins Deutsche übertragen von Georg Wobbermin, Leipzig 1907. [Dem Text liegt zugrunde: William James: The Varieties of Religious Experience. A Study in Human Nature, London 1902. Zum Charakter der Bearbeitung vgl. Wobbermins Erklärung: „Es entspricht m.E. dem Zweck der Übersetzung, daß sie - zumal in den Schlußkapiteln - als freie Wiedergabe des Originals gehalten ist. Außer manchen sonstigen Kürzungen, die ich im Interesse größerer Übersichtlichkeit vorgenommen habe, habe ich James' Nachwort fortgelassen, da dieses eine metaphysische Position [...] vertritt, die ich für meine Person vollständig ablehnen muß [...]" (Ebd., XVII-XVIII). Siehe unten: Zweite Auflage, Leipzig 1914; Dritte Auflage, Leipzig 1920; Vierte Auflage, Leipzig 1925.]

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Veröffentlichte Quellen

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B. Sekundärliteratur 1. Literatur zu Horst Stephan, Georg Wehrung und Georg Wobbermin6 1.1. Literatur zu Horst Stephan Althaus, Paul: [Rezension zu:] Horst Stephan: Glaubenslehre. Zweite Auflage, Gießen 1928, in: Theologische Literaturzeitung 54 (1929), 49-55. Andrae, Paul: Stephan, Horst, in: Die Religion in Geschichte und Gegenwart. Band 5, Tübingen 1913, 909. Bakel, Hendrik A. van: [Rezension zu:] Horst Stephan: Glaubenslehre. Dritte, neubearbeitete Auflage, Berlin 1941, in: Nieuw Theologisch Tijdschrift 31 (1942). Heft l, 78-89. Baumgarten, Otto: Herder [Sammelbesprechung u.a. zu: Horst Stephan: Herder in Bückeburg und seine Bedeutung für die Kirchengeschichte, Tübingen 1905/Herders Philosophie. Ausgewählte Denkmäler aus der Werdezeit der neuen deutschen Bildung. Herausgegeben von Horst Stephan, Leipzig 1906], in: Die Christliche Welt 22 (1908), 204-206. 218-223. Bornhausen, Karl / Karl Heim / Theophil Steinmann: [Glückwunschadresse an Horst Stephan zum 60. Geburtstag am 27. September 1933], in: Zeitschrift für Theologie und Kirche. Neue Folge 14 (1933), 193-194. Bornkamm, Heinrich: Grundriß zum Studium der Kirchengeschichte (Grundrisse zur evangelischen Theologie. Herausgegeben von Paul Althaus, Friedrich Baumgärtel, Carl Heinz Ratschow: Grundriß des Theologiestudiums II), Gütersloh 1949. [Der Band trägt folgenden Widmungstext: „Horst Stephan zum 75. Geburtstag am 27. September 1948."]

Aus der sehr großen Zahl von Rezensionen der Werke Stephans, Wehrungs und Wobbermins wurde für diese Aufstellung eine Auswahl getroffen. Vor allem handelr es sich im folgenden um solche Texte, die über die bloße Inhaltsangabe hinaus eine eigenständige Kritik des angezeigten Titels bieten oder die von Autoren stammen, mit denen Stephan, Wehrung und Wobbermin sich ihrerseits auseinandergesetzt haben.

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Sekundärliteratur

Brunner, Emil: Geschichte oder Offenbarung? Ein Wort der Entgegnung an Horst Stephan, in: Zeitschrift für Theologie und Kirche. Neue Folge 6 (1925), 266-278. [Der Text bezieht sich auf Horst Stephan: Der neue Kampf um Schleiermacher, in: Zeitschrift für Theologie und Kirche. Neue Folge 6 (1925), 159-215.]

Dreß, Walter: [Rezension zu:] Horst Stephan / Hans Leube: Die Neuzeit. Handbuch der Kirchengeschichte für Studierende. Zweite Auflage neubearbeitet, Tübingen 1931, in: Deutsche Literaturzeitung 54 (1933), 4-12. Ebeling, Gerhard: In memoriam Horst Stephan, in: Zeitschrift für Theologie und Kirche 51 (1954), 1-2. Faber, Hermann: Neuerscheinungen auf dem Gebiet der Glaubenslehre, in: Zeitschrift für Theologie und Kirche 28 (Neue Folge 1) (1920), 277-296. 448-467, hier: 461-467. Foerster, Erich: [Rezension zu:] Horst Stephan: Herder in Bückeburg 1905, in: Historische Zeitschrift 97 (1906), 594-596. Foerster, Erich: [Rezension zu:] Horst Stephan: Die Neuzeit. Handbuch der Kirchengeschichte für Studierende. Vierter Teil, Tübingen 1909, in: Die Christliche Welt 24 (1910), 1100. Friedrich, Karl Josef: Horst Stephan, in: Kirchliches Gemeindeblatt für Sachsen 10 (1955). Nr. 8, 34. Frommel, Otto: [Rezension zu:] Horst Stephan: Religion und Gott im modernen Geistesleben. Zwei Vorträge, Tübingen 1914, in: Deutsche Literaturzeitung 36 (1915), 2184-2185. Fuchs, Emil: [Rezension zu:] Horst Stephan: Geschichte der evangelischen Theologie seit dem Deutschen Idealismus, Berlin 1938, in: Der Quäker. Monatshefte der Deutschen Freunde 1940, 15. Gerdes, Hayo: [Rezension zu:] Horst Stephan: Luther in den Wandlungen seiner Kirche. Zweite Auflage, neu bearbeitet und bis zur Gegenwart fortgeführt, Berlin 1951, in: Luther. Mitteilungen der Luther-Gesellschaft 24 (1953), 139-141. Grin, Edmond: La Theologie de M. Horst Stephan, in: Revue de Theologie et de Philosophie. Nouvelle serie 17 (1929). No. 70, 51-66. Haering, Theodor: [Rezension zu:] Horst Stephan: Glaubenslehre, Gießen 1921, in: Theologische Literaturzeitung 46 (1921), 63-64. Hennig, Karl: Geschichte und Gegenwart in der Glaubenslehre. Das Leitmotiv der theologischen Arbeit Horst Stephans dargestellt an den Problemen der lutherischen und reformierten Theologie, in: Theologische Literaturzeitung 73 (1948), 761-764.

Literatur zu Horst Stephan, Georg Wehrung und Georg Wobbermin

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Hupfeld, Renatus: [Rezension zu:] Horst Stephan: Glaubenslehre, Gießen 1921, in: Theologischer Literaturbericht 44 (1921), 26-28. Kade, Richard: Die Bedeutung der Theologie für unsere kirchliche Lage, in: Die Christliche Welt 53 (1939), 545-550. Kattenbusch, Ferdinand: Zu Horst Stephans Glaubenslehre [Rezension zu: Horst Stephan: Glaubenslehre, Gießen 1921], in: Die Christliche Welt 35 (1921), 161-164. Kattenbusch, Ferdinand: Die evangelische Theologie. Ihr jetziger Stand und ihre Aufgaben [Rezension zu: Horst Stephan: Die systematische Theologie. Die evangelische Theologie. Ihr jetziger Stand und ihre Aufgaben. Vierter Teil. Die systematische Theologie, Halle an der Saale 1928], in: Die Christliche Welt 43 (1929), 514-528. Kawerau, Gustav: [Rezension zu:] Horst Stephan: Die Neuzeit. Handbuch der Kirchengeschichte für Studierende. Vierter Teil, Tübingen 1909, in: Historische Vierteljahrsschrift 14 (1911), 116-119. Köhler, Walther: [Rezension zu:] Horst Stephan: Luther in den Wandlungen seiner Kirche, Gießen 1907, in: Theologische Literaturzeitung 33 (1908), 493-496. Köhler, Walther: [Rezension zu:] Horst Stephan: Luther in den Wandlungen seiner Kirche, Gießen 1907, in: Die Christliche Welt 24 (1910), 957. Koepp, Wilhelm: [Rezension zu:] Horst Stephan: Glaubenslehre. Zweite Auflage, Gießen 1928, in: Deutsche Literaturzeitung 49 (1928), 24432445. Laag, Heinz: Der Pietismus, ein Bahnbrecher der deutschen Aufklärung, in: Theologische Blätter 3 (1924), 269-277. Lempp, Otto: [Rezension zu:] Horst Stephan: Die heutigen Auffassungen vom Neuprotestantismus, Gießen 1911, in: Die Christliche Welt 26 (1912), 361-362.

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Literatur zu Horst Stephan, Georg Wehrung und Georg Wobbermin

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2. Literatur bis einschließlich 1955 „An die Kulturwelt!" Aufruf der 93 [vom 4. Oktober 1914], in: Hermann Kellermann (Hg.): Der Krieg der Geister. Eine Auslese deutscher und ausländischer Stimmen zum Weltkrieg, Dresden 1915, 64-66; Nachdruck u.a. in: Gerhard Besier (Hg.): Die protestantischen Kirchen Europas im Ersten Weltkrieg, Göttingen 1984, 78-83. Barth, Karl: Die christliche Dogmatik im Entwurf. Band 1: Die Lehre vom Worte Gottes. Prolegomena zur christlichen Dogmatik, München 1927 [Neuausgabe: Herausgegeben von Gerhard Sauter (Karl Barth-Gesamtausgabe. II. Abteilung. Band 14), Zürich 1982]. Baumgarten, Otto: Kreuz und Hakenkreuz, Gotha 1926. Baumgarten, Otto: Meine Lebensgeschichte, Tübingen 1929. Die Bekenntnisschriften der evangelisch-lutherischen Kirche. Herausgegeben im Gedenkjahr der Augsburgischen Konfession 1930. Neunte Auflage, Göttingen 1982. Brandt, Wilhelm / Rudolf Bultmann / Adolf Deißmann u.a.: Neues Testament und Rassenfrage [23. September 1933], in: Theologische Blätter 12 (1933), 294-296; Junge Kirche l (1933), 201-204; nachgedruckt in: Die Bekenntnisse und grundsätzlichen Äußerungen zur Kirchenfrage des Jahres 1933. Gesammelt und eingeleitet von Kurt Dietrich Schmidt, Göttingen 1934, 189-191. [In der Druckfassung der Theologischen Blätter wurde der Text von 21 „Professoren und Dozenten der Theologie, denen von Amts oder Berufs wegen die Sorge um die Auslegung des Neuen Testaments anvertraut ist", unterzeichnet. Heim, Juncker und Schniewind zogen ihre Unterschrift später wieder zurück; vgl. Theologische Blätter 12 (1933), 374.]

Buchheim, Hans: Glaubenskrise im Dritten Reich. Drei Kapitel nationalsozialistischer Religionspolitik, Stuttgart 1953. Bultmann, Rudolf: Die Aufgabe der Theologie in der gegenwärtigen Situation, in: Theologische Blätter 12 (1933), 161-166. Bultmann, Rudolf: [Rezension zu:] Georg Wünsch: Evangelische Ethik des Politischen, Tübingen 1936, in: Verkündigung und Forschung: Theologischer Jahresbericht 1942/46, München 1946/47, 253-266.

Literatur bis einschließlich 1955

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Literatur bis einschließlich 1955

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schungsberichte. Herausgegeben von Karl Hönn. Geisteswissenschaftliche Reihe 1914-1920. Theologie), Gotha 1921, 73-91. [Mulert, Hermann (Hg.):] Vierzig Jahre „Christliche Welt". Festgabe für Martin Rade zum 70. Geburtstag 4. April 1927. Im Auftrag der Freunde zusammengestellt von Hermann Mulert, Gotha 1927. Mulert, Hermann: Konfessionskunde (Sammlung Töpelmann. Die Theologie im Abriß: Band 5), Gießen 1927 [Zweite, neubearbeitete Auflage, Berlin 1935]. Mulert, Hermann: Religion, Kirche, Theologie. Einführung in die Theologie (Sammlung Töpelmann. Die Theologie im Abriß. Band 8), Gießen 1931. Mulert, Hermann: Konfession und politische Parteistellung in Deutschland, in: Zeitschrift für Politik 21 (1932), 334-345. Neubauer, Ernst: Die theologische Problemlage im Spiegel der Zeitschrift für Theologie und Kirche, in: Die Christliche Welt 38 (1924), 911914. Nigg, Walter: Geschichte des religiösen Liberalismus. Entstehung, Blütezeit, Ausklang, Zürich / Leipzig 1938. Nitzsch, Friedrich August Berthold: Lehrbuch der evangelischen Dogmatik (Sammlung theologischer Lehrbücher), Freiburg 1889/1892. Piper, Otto: Zur theologischen Lage der Gegenwart, in: Die Christliche Welt 41 (1927), 938-945. Piper, Otto: Von Harnack bis zu den Deutschen Christen, in: Vom Gestern zum Morgen. Eine Gabe für Gertrud Bäumer, Berlin 1932, 211-223. Piper, Otto: Recent Developments in German Protestantism, London 1934. [Rade, Martin (Hg.):] An die Freunde. Vertrauliche d.i. nicht für die Oeffentlichkeit bestimmte Mitteilungen (1903-1934) [Nr. 1/1903Nr. 111/1934]. Nachdruck mit einer Einleitung von Christoph Schwöbel, Berlin/New York 1993. Rade, Martin: Christliche Welt und Liberalismus, in: Bremer Beiträge zum Ausbau und Umbau der Kirche l (1906/07), 169-177. Rade, Martin: Der Bankerott der Christenheit, in: Die Christliche Welt 28 (1914), 849-850. Rade, Martin: Glaubenslehre. Erster Band: Von Gott, Gotha / Stuttgart 1924; Zweites Buch: Von Christus, Gotha 1926; Zweiter Band. Drittes Buch: Vom Geist, Gotha 1927.

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Sekundärliteratur

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Rade, Martin: Religiöser Liberalismus. Glosse zu W.[alter] Niggs „Geschichte des religiösen Liberalismus", in: Zeitschrift für Theologie und Kirche. Neue Folge 19 (1938), 243-261. Martin Rade zum Gedächtnis, in: Die Christliche Welt 54 (1940), 241264. [Die Gedenkausgabe der Christlichen Welt enthält Beiträge zur Biographie und Theologie Rades.]

Rathje, Johannes: Die Welt des freien Protestantismus. Ein Beitrag zur deutsch-evangelischen Geistesgeschichte. Dargestellt an Leben und Werk von Martin Rade, Stuttgart 1952. Ritschi, Otto: [Rezension zu:] Ferdinand Kattenbusch: Die deutsche evangelische Theologie. Erster Teil: Das Jahrhundert von Schleiermacher bis nach dem Weltkrieg. Sechste Auflage, Gießen 1934/Ferdinand Kattenbusch: Die deutsche evangelische Theologie. Zweiter Teil: Zeitenwende auch in der Theologie, Gießen 1934, in: Theologische Literaturzeitung 59 (1934), 128-131. Schaeder, Erich: Theozentrische Theologie. Eine Untersuchung zur dogmatischen Prinzipienlehre. Erster, geschichtlicher Teil, Leipzig 1909. Schleiermacher, Friedrich: Kurze Darstellung des theologischen Studiums zum Behuf einleitender Vorlesungen. Kritische Ausgabe herausgegeben von Heinrich Scholz (Quellenschriften zur Geschichte des Protestantismus. Heft 10), Leipzig 1910 [Nachdruck: Darmstadt 1982]. Schleiermacher, Friedrich: Sendschreiben über seine Glaubenslehre an Lücke [1829]. Neu herausgegeben und mit einer Einleitung und Anmerkungen versehen von Hermann Mulert (Studien zur Geschichte des neueren Protestantismus. Zweites Quellenheft), Gießen 1908. Schleiermacher, Friedrich Daniel Ernst: Der christliche Glaube nach den Grundsätzen der evangelischen Kirche im Zusammenhange dargestellt

Literatur bis einschließlich 1955

801

(1821-1822). Zwei Teilbände. Herausgegeben von Hermann Peiter (Kritische Gesamtausgabe. Band 1/7.1 und 2), Berlin / New York 1984. Schleiermacher, Friedrich: Der christliche Glaube nach den Grundsätzen der evangelischen Kirche im Zusammenhange dargestellt [Zweite Auflage (1830/31)]. Siebente Auflage. Band l und 2. Auf Grund der zweiten Auflage und kritischer Prüfung des Textes neu herausgegeben und mit Einleitung, Erläuterungen und Register versehen von Martin Redeker, Berlin 1960. [Schmidt, Kurt Dietrich (Hg.):] Die Bekenntnisse und grundsätzlichen Äußerungen zur Kirchenfrage des Jahres 1933. Gesammelt und eingeleitet von Kurt Dietrich Schmidt, Göttingen 1934. [Schmidt, Kurt Dietrich (Hg.):] Die Bekenntnisse und grundsätzlichen Äußerungen zur Kirchenfrage. Band 2: Das Jahr 1934. Gesammelt und eingeleitet von Kurt Dietrich Schmidt, Göttingen 1935. [Schmidt, Kurt Dietrich (Hg.):] Die Bekenntnisse und grundsätzlichen Äußerungen zur Kirchenfrage. Band 3: Das Jahr 1935. Gesammelt und eingeleitet von Kurt Dietrich Schmidt, Göttingen 1936. Schneemelcher, Wilhelm: „Christliche Welt". Das Problem des »Freien Protestantismus', in: Evangelische Theologie 10 (1955), 255-281. Schuster, Hermann: Freies deutsches Christentum. Wege und Irrwege [Erweiterter Sonderdruck aus: Die Christliche Welt 47 (1933), Heft 19-24], Gotha 1933. Steinbeck, Johannes: Kirche und Bekenntnis. Eine grundsätzliche Erörterung, in: Zeitschrift für Theologie und Kirche 18 (1937), 97-111. \

Steinmann, Theophil: Zur Dogmatik I-III, in: Zeitschrift für Theologie und Kirche. Neue Folge 7 (1926), 143-161. 301-314. 460-475. Süskind, Hermann: Der Einfluß Schellings auf die Entwicklung von Schleiermachers System, Tübingen 1909. Thimme, Wilhelm: Die gegenwärtige Lage der deutschen evangelischen Theologie, in: Die Christliche Welt 42 (1928), 833-841. Titius, Arthur: Zur Dogmatik der Gegenwart, in: Theologische Rundschau 10 (1907), 365-379. 399-417. 447-469. Titius, Arthur (Hg.): Deutsche Theologie. Bericht über den ersten deutschen Theologentag zu Eisenach (Herbst 1927), Göttingen 1928. Traub, Friedrich: Das Irrationale. Eine begriffliche Untersuchung, in: Zeitschrift für Theologie und Kirche 29 (Neue Folge 2) (1921), 391-424. Troeltsch, Ernst: Rückblick auf ein halbes Jahrhundert der theologischen Wissenschaften, in: Zeitschrift für wissenschaftliche Theologie 51

802

Sekundärliteratur

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3. Literatur nach 1955 Vorbemerkung Das nachfolgende Verzeichnis weist in der Regel nur solche Titel nach, die für die Thematik der vorliegenden Untersuchung von grundlegender Bedeutung sind. Zu allen anderen Titeln finden sich die genauen bibliographischen Angaben jeweils bei der betreffenden Hinweisstelle.

Adam, Uwe Dietrich: Hochschule und Nationalsozialismus. Die Universität Tübingen im Dritten Reich. Mit einem Anhang von Wilfried Setzier „Die Tübinger Studentenfrequenz im Dritten Reich" (Contubernium. Beiträge zur Geschichte der Eberhard-Karls-Universität Tübingen. Band 23), Tübingen 1977. Aland, Kurt (Hg.): Glanz und Niedergang der deutschen Universität. 50 Jahre deutscher Wissenschaftsgeschichte in Briefen an und von Hans Lietzmann (1892-1940). Mit einer einführenden Darstellung von Kurt Aland, Berlin/New York 1979. Karl Barth - Eduard Thurneysen. Briefwechsel. Band 2: 1921-1930. Bearbeitet und herausgegeben von Eduard Thurneysen (Karl Barth-Gesamtausgabe. V. Abteilung. Band 4), Zürich 1973. Bailey, Charles E.: Gott mit uns. Germany's Protestant Theologians in the First World War, Ann Arbor 1978. Balzer, Friedrich-Michael/Angelika Borschel/Axel W. Held: Evangelische Demokraten an der Marburger Theologischen Fakultät, in: Dieter Kramer und Christina Vanja (Hg.): Universität und demokratische Bewegung. Ein Lesebuch zur 450-Jahr-Feier der Philipps-Universität Marburg (Schriftenreihe für Sozialgeschichte der Arbeiterbewegung. BandS), Marburg 1977, 169-186. Bassi, Hasko von: Otto Baumgarten. Ein „moderner Theologe" im Kaiserreich und in der Weimarer Republik (Europäische Hochschulschriften. Reihe XXIII. Band 345), Frankfurt am Main / Bern / New York / Paris 1988. Birkner, Hans-Joachim: „Liberale Theologie", in: Martin Schmidt und Georg Schwaiger (Hg.): Kirchen und Liberalismus im 19. Jahrhundert (Studien zur Theologie- und Geistesgeschichte im 19. Jahrhundert. Band 19), Göttingen 1976, 33-42 [zuerst in: Zeugnis und Dienst.

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Sekundärliteratur

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Personenregister Das Register verzeichnet sämtliche im Textteil dieser Arbeit erwähnten Personennamen. Aus dem Bibliographischen Anhang werden alle Namen verzeichnet, die sich in Abschnitt A, dem Verzeichnis der Quellen, d.h. in der Beschreibung der drei Nachlässe und in den Bibliographien, finden. Auf diese Weise ist es möglich, Beziehungen etwa zu den von Stephan, Wehrung und Wobbermin rezensierten Autoren, zu ihren wissenschaftlichen Korrespondenzpartnern oder den mit ihnen in der Unterzeichnung kirchen- und hochschulpolitischer Erklärungen verbundenen Personen über das Register zu ermitteln. Seitenzahlen ab 591 verweisen auf Eintragungen im Anhang. - Für die freundliche Bereitschaft, die Mühe der Registererstellung auf sich zu nehmen, danke ich Frau Dr. Ann Ladiges, Zürich. Abderhalden, Emil 294, 413, 753 Achelis, Hans 717, 718 Adam, Klaus-Peter 159 Adam, Uwe Dietrich 235 Adickes, Erich 751 Adolph, Heinrich 191 Adorno, Theodor W. 147, 709 Ae, Karl 145, 272, 755 Aland, Kurt 216, 306, 309, 392, 623 Albrecht, Renate 365 Alles, Gregory D. 285 Alt, Albrecht 376, 676, 717, 718, 719 Altenstein, Karl Freiherr von 691 Althaus, Paul 23, 186, 202, 208210, 222, 246, 302, 417, 446, 458, 599, 610, 621, 623, 641, 642, 644, 676, 687, 688, 712, 723, 731, 732, 733, 737, 738, 741 Althaus, Paul [der Ältere] 142 Alwast, Jendris 110 Ammundsen, Valdemar 709 Ancillon, Johann Peter Friedrich 114, 691 Andresen, Carl 15

Aner, Karl 50, 116, 699, 700, 704, 707 Anrieh, Gustav 196, 763 Anrieh, Walter 623 Anschütz, Gerhard 291 Anselm von Canterbury 264, 517 Apel, Johann August 698 Apelles (Gnostiker) 69 Apelt, Ernst Friedrich 693 Aristoteles 563 Arndt, Andreas 198 Arndt, Ernst Moritz 114, 400-402, 403, 691, 697 Arndt, Georg 703 Arndt, Johann Friedrich Wilhelm 114, 692 Arndt, Theodor 265 Arnold, Karl Franklin 273, 701 Asmussen, Hans 161 Assel, Heinrich 208, 384 Athanasius 265 Augustinus 426, 639, 698 Avenarius, Ferdinand 28 Avenarius, Richard 762 Averill, Lloyd J. 29 Avitus von Vienna 703 Axenfeld, Karl 288

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Personenregister

Bach, Johann Sebastian 449, 456, 686 Bach [Professor] 755 Bachmann, Karl 720-721 Bachmann, Philipp 643 Bachmann, Wilhelm 737 Baer, Karl Ernst von 256 Baesecke, Georg 668 Baetke, Walter 186, 688 Bäumer, Gertrud 83 Baeumker, Clemens 195 Baier, Alwill 257 Baier, Helmut 389 Baier, Johann Wilhelm 426 Balla, Emil 202, 205, 624, 739 Bamberger, Fritz 708 Bardtke, Hans 610, 676 Barion, Hans 624 Barner, Hans 708 Barnikol, Ernst 246, 644, 732, 770 Baron, Hans 28, 34 Bartelheimer, Wilhelm 767 Bartels, Adolf 378, 697 Barth, Carola 716, 721 Barth, Hans-Martin 129 Barth, Heinrich 705 Barth, Karl 18, 19, 21-24, 27, 36, 54,79,85, 109, 112,117, 131, 135, 138, 141, 173, 203, 204, 208-209, 214-215, 231, 280, 297, 298, 299, 300-301, 302, 307, 318, 320, 322-327, 337338, 339, 344, 348, 351-366, 384, 396, 408, 416, 426, 428, 442-443, 449, 455, 466, 499, 516-517, 543, 549, 658, 667, 668, 670, 671, 673-674, 714, 740, 748, 759, 768, 770 Barth, Paul 704 Barth, Peter 109, 706 Barth, Ulrich 26 Bartsch, Ernst 712 Bassi, Hasko von 51, 110, 178 Bast, Rainer A. 719 Bäte, Herbert Newell 305, 306 Batiffol, Pierre 265-266 Bauch, Bruno 61

Bauer, Johannes 115,292,697,699 Bauer, Karl 201, 202 Bauer, Walter 191, 293, 298, 299300, 342, 671, 720, 772 Bauer, Wilhelm 374 Bauer, Yehuda 350 Bauernfeind, Otto 240, 723, 732, 739, 740 Bauhofer, Oskar 322-325, 674, 758, 767 Bauke, Hermann 752 Baumgärtel, Friedrich 186, 624, 687, 688 Baumgarten, Otto 46, 48, 50, 51, 52, 81,110,147,271,275, 396, 697, 716, 717, 769 Baumgarten, Siegmund Jacob 67 Baur, Ferdinand Christian 36, 69, 191 Bavink, Bernhard 715 Bayer, Erich 531 Bechstein, Ludwig 696 Beck, Johann Tobias 528, 738 Becker, Heinrich 337 Beckmann, Joachim 165, 330, 369 Beer, Georg 292, 618, 642 Begrich, Joachim 155, 173, 607, 717, 718, 719 Behm, Johannes 361,384,386-387, 770 Beintker, Michael 22 Below, Georg von 739 Benckert, Heinrich 302, 773 Benjamin, Walter 4 Bentley, James 196 Benz, Ernst 340, 353, 355-356, 359, 361-362, 364, 624, 770 Berding, Helmut 333 Berg, Friedrich Wilhelm Bernhard von 295 Bergen, Doris 336 Berger, Arnold E. 698 Berger, Karl 697, 698, 739 Berggrav, Eivind 707 Berlepsch, Hans Freiherr von 704 Berner, Max 604 Bernoulli, Carl Albrecht 24

Personenregister

Bertelsmann, Carl 209, 231, 547, 741 Bertholet, Alfred 298, 706, 707, 708, 709, 721 Bertram, Georg 340, 371-372, 377, 379-380 Besier, Gerhard 286, 287, 770 Beta, Friedrich 763 Beth, Karl 767 Bethge, Eberhard 65 Bethmann-Hollweg, Moritz August von 716 Bettermann, Wilhelm 712 Betz, Carl 599 Bewer, Max 695 Beyer, Albrecht 712 Beyer, Hermann Wolfgang 155 Beyschlag, Karlmann 554 Beyschlag, Willibald 215, 258 Bezzel, Hermann von 286, 770 Biedermann, Alois Emanuel 38, 4546, 70, 275, 526, 772 Birkner, Hans-Joachim 11, 32, 38, 47 Birnbaum, Walter 143, 337, 340, 341, 372, 378 Birtsch, Günter 531 Bismarck, Otto von 531 Bittlinger, Ernst 702 Bizer, Ernst 624, 640 Björnson, Björnstjerne 193 Blanke, Fritz 174, 624, 707 Blau, Bruno 328 Blau, Joseph Leon 12 Bleek [Pfarrer] 607 Bloch, Ernst 17 Bobert-Stützel, Sabine 167, 307 Bockholdt, Andreas 679 Bodelschwingh, Friedrich von 286, 342, 770 Böhi, Hans 710 Böhme, Klaus 286, 288 Boehmer, Heinrich 697 Bohlin, Torsten 220, 437, 540, 545, 549, 598, 599, 624, 723, 728, 743, 769 Bohn, Ingrid 342

817

Bohrmann, Georg 116 Bolliger, Adolf 269 Bonhoeffer, Dietrich 65, 167, 302, 307, 767 Bonsack, Paul 144 Bonus, Arthur 100, 270, 751, 752 Bonwetsch, Nathanael 699 Bornemann, Wilhelm 52, 144, 271, 607, 717, 769 Bornhäuser, Karl 604, 717 Bornhausen, Karl 55, 57, 81, 84, 115, 132, 135, 272, 290, 293, 485, 533-534, 608, 624, 668, 681, 689, 697, 699, 704, 706, 717, 720, 721, 764 Bornkamm, Heinrich 155,156,174, 186, 599, 676, 679, 688, 709, 710 Bornkamm, Karin 156 Borowski, Ludwig Ernst von 114, 692 Bousset, Wilhelm 48, 50, 51, 52, 271, 289, 643, 668, 696, 769 Boyens, Armin 308, 344, 346 Bracher, Karl Dietrich 154, 295 Brachmann, Wilhelm 58 Bracken, Ernst von 710 Bräuer, Siegfried 332 Brakelmann, Günter 288 Brandi, Karl 706 Brandt, Wilhelm 331, 760 Braniß, Christian Julius 693 Braun, Otto 83 Braun, Otto [Philosoph] 704 Bredehorn, Uwe 52 Bresler, Johannes 750 Bretschneider, Karl Gottlieb 35, 38 Breuer, Klaus 174 Brieger, Theodor 98 Brill, Hermann 179 Brocke, Bernhard vom 19 Brockhusen-Justin, Hans Joachim von 295 Broecker, Arthur von 755 Broecker, M. von 696 Brown, Ralph W. 305 Bruch, Rüdiger vom 49, 492

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Personenregister

Ei-uhn, Wilhelm 293, 703 Brunner, Emil 23, 132, 133, 141, 305, 319, 442-443, 451-454, 547, 684, 707, 715, 766, 767, 768 Brunner, Otto 33 Brunner, Robert 320, 767 Brunswig, Alfred 202 Buchberger, Michael 707, 708, 710, 713, 715, 716 Buchenau, Artur 705 Buchwald, Georg 657 Budde, Karl 25, 190 Buder, Paul 223 Büchner, Wilhelm 373 Büchsel, Friedrich 458, 624, 740 Büchsel, Karl 114, 692 Bülck, Walter 624 Büttner, Carl Gotthilf 763 Buff, Walter 385-386 Bultmann, Rudolf 18, 22, 23, 24, 32, 138, 247, 328, 331-336, 346, 424, 427, 428, 543, 619, 622, 624, 643, 709, 717, 720, 756, 760 Bunsen, Christian Carl Josias von 41, 114, 692 Burger, Ewald 225, 641, 741 Burggraf, Julius 45 Busch, Eberhard 112,215,298,352 Busch, Karl August 764 Buschtöns, Friedrich 379 Busse, Ludwig 693 Calder, William M. 19 Calvi, Wilhelm Salomon 671 Calvin, Johannes 222, 354, 360, 417, 620, 639, 641, 656, 706, 715, 741 Carriere, Moritz 693 Carstensen, Gustav 219-220 Cassirer, Ernst 83, 199, 506, 513, 765 Cauthen, Kenneth 29 Chalybäus, Heinrich Moritz 693 Chapman, Mark D. 63 Chatellier, Hildegard 206

Chodowiecki, Daniel 698 Christus s. Jesus Christus Chrysostomus, Johannes 265 Claudius, Matthias 114,692,693, 702 Clemen, Carl 114, 700, 705, 711, 714, 716, 718, 719 Clemen, Otto 438, 444 Coch, Friedrich 156-158, 159, 162, 163, 188, 607 Cohen, Hermann 485 Cohn, Jonas 702 Collignon, Arthur 302, 349, 773 Comte, Auguste 693 Consentius [Pseudonym] 696 Conway, John S. 352 Conze, Werner 33 Conzemius, Victor 12 Cornill, Carl 273 Courth, Franz 36 Cous, Louis 764 Cram, Herbert 179 Cremer, Ernst 701 Cremer, Hermann 257, 701 Cues, Nikolaus von s. Kues, Nikolaus von Cullmann, Oscar 624 Curtius, Ernst Robert 291 Daab, Friedrich 701 Dahms, Hans-Joachim 337 Dalferth, Ingolf U. 517 Dannenbauer, Heinrich 240 Darwin, Charles 254, 256, 745, 750 Daub, Carl 46 Daur, Theodor 241 Dechent, Hermann 668, 697 Dehn, Günther 22 Deibel, Franz 698 Deisner, Kurt 740 Deißmann, Adolf 286, 288, 303, 304, 307, 308, 331, 749, 755, 760, 769, 770, 771 Delbrück, Hans 288, 672 Delling, Gerhard 372 Demel, Gerhard 624 Dennert, Eberhard 695, 763

Personenregister

Deppe, Hans 624 Descartes, Rene 714 Deussen, Paul 751 Dibelius, Martin 147, 271, 291, 292, 307, 347, 717, 754 Dibelius, Otto 296, 305, 757 Diem, Hermann 247, 302, 545 Dieterich, Albert 763 Dieterle, Samuel 18 Dietrich, Ernst Ludwig 355-356, 364, 770 Dilthey, Katharina 672 Dilthey, Wilhelm 204,217,258-259, 261, 262, 278, 411, 669, 672, 698, 735, 749, 751, 752, 754 Dinkier, Erich 88 Dinkler-von Schubert, Erika 88,289 Dinter, Artur 739 Dix, Anna 699, 701 Dobschütz, Ernst von 216, 624 Doering, Herbert 144 Doerne, Martin 155,186, 599, 610, 676, 687, 688, 707, 719 Dörr, Wilhelm 292 Dörries, Hermann 149, 300, 624, 772 Dorner, August 48, 749, 771 Dorner, Isaac August 259, 526, 637 Dostojewski, Fjodor M. 193 Drehsen, Volker 36, 40, 44, 408 Drescher, Hans-Georg 27, 64, 289, 292 Dreßler, Markus 84 Drewes, Hans-Anton 112, 362 Drews, Paul 51, 52, 116, 144, 265, 271, 275, 720, 769, 771 Driesch, Hans 256, 751 Droysen, Johann Gustav 530-531, 542 Dryander, Ernst 286, 770 Dudzus, Otto 167, 307 Duhm, Andreas 173, 607, 717 Duhm, Hans 341, 386 Dungs, Heinz 372 Dunkmann, Karl 703, 765 Ebeling, Gerhard 175, 624

819

Ebering, Emil 716 Ebert, Friedrich 83 Eck, Samuel 81,191,194,268,523, 677, 693, 694, 720, 771 Eckert, Alfred 538 Eger, Johannes 624 Eger,Karl 114,149,216,624,725, 768 Ehlen, Niclaus 735 Ehrhard, Albert 699 Ehrhardt, Walter E. 538 Eichhorn, Albert 216 Eichhorn, Johann Albrecht Friedrich 114, 692 Eidem, Erling 342-343 Einstein, Albert 83 Eisenhuth, Heinz Erich 301, 302, 340, 341, 372, 377, 379-380, 403, 610, 676, 715, 743, 769, 772, 773 Eißfeldt, Otto 216, 599, 624, 676 Eklund, Hans 517, 714 Ekowski, Adolf Br. 713 Elbogen, Ismar 708 Eiert, Werner 23, 228, 234, 305, 390 Elliger, Karl 718, 719 Elliger, Walter 259, 260, 392 Ellwein, Eduard 302 Eisenhans, Paul Chr. 701, 702, 703 Ehester, Konrad Wilhelm 40 Eltester, Walther 665-666 Emerson, Edward Waldo 696 Emerson, Ralph Waldo 696 Emge, Carl August 768 Entz, Gustav 378 Erdmann, Karl Dietrich 329 Erdmann, Karl Otto 696 Ericksen, Robert P. 337, 381 Eucken, Rudolf 101,195,286,622, 625, 647, 702, 728, 749, 770, 771, 772 Euler, Karl Friedrich 340, 372, 376, 377 Ewald, Paul 695 Eylert, Ruhlemann Friedrich 114, 692

820

Personenregister

Faber, Hermann 136, 224, 240, 625, 689, 706, 707, 708, 721, 723, 739, 740, 764 Fabricius, Cajus 55, 81, 266, 743, 764 Fahrner, Rudolf 402 Falk, Adalbert 259 Farneil, Lewis Richard 766 Fascher, Erich 341, 709 Faut, Adolf 607, 717 Feckes, Carl 730 Feine, Paul 216, 273, 625, 728 Feis, Jakob 679, 695 Felden, Emil 696 Feldkeller, Paul 704 Fellner, Karl 707 Fendt, Leonhard 400, 737, 744 Feuerbach, Ludwig 313, 431, 681, 758, 772 Feurich, Walter 112, 215, 298 Fezer, Karl 223, 240, 739, 740 Fichte, Immanuel Hermann 708,773 Fichte, Johann Gottlieb 194, 222, 441, 621, 642, 698, 705, 772 Ficker, Gerhard 112, 677, 678 Ficker, Johannes 190, 216, 425, 625, 723, 725, 730 Fiebig, Paul 51, 718 Fikenscher [Stadtpfarrer] 645 Fischer, Ernst Ludwig 695 Fischer, Fritz 340, 716 Fischer, Hermann 15, 19 Fischer, Johannes 160,162,163,166 Fischer, Kuno 61, 487 Fischer, Martin 240, 618, 740 Fischer, Max 48,421,472, 745, 751 Fischer [Oberkonsistorialrat] 607 Fischer-Appelt, Peter 483 Fix, Karl-Heinz 77, 288 Flade, Walther 763 Flake, Otto 705 Flashar, Helmut 19 Flournoy, Theodore 277 Fobbe, Dr. 672 Foerster, Erich 30, 48, 52, 55, 81, 116, 141, 152, 205, 271, 716, 721, 769

Foerster, Werner 625, 731 Fouque, Friedrich Heinrich Karl 698 Franck, Hans 625 Franck, Sebastian 712 Francke, August Hermann 712 Frank, Franz Hermann Reinhold 275, 526 Frank, Walter 378-379, 712 Franke, Richard 695 Frankenberg, Wilhelm 720 Fremgen, Leo 716, 738 Frenssen, Gustav 357 Frenzel, Karl Otto 717 Fresenius, Wilhelm 721 Frick, Heinrich 122-124, 178, 691, 709, 713, 736, 769 Frick, Wilhelm 164 Fricke, Dieter 286, 295 Fricke, Otto 302 Friedberg, Robert 100 Friedrich, Hugo 714 Friedrich [Pfarrer] 671 Friedrich Wilhelm III. 114,116, 692 Friedrich Wilhelm IV. 114,265, 692 Frieling, Reinhard 303-305, 307 Fries, Jakob Friedrich 276, 772 Frischeisen-Köhler, Max 751, 765 Fromm, Erich 372 Frommel, Otto 740 Frommel, Otto H. 697 Fuchs, Emil 51, 149, 194, 271, 698, 717, 769 Fuchs, Ernst 653 Führ, Fritz 599 Führer, Klaus Michael 86 Füllkrug, Gerhard 703, 704 Fürst, Walther 334 Funke, Manfred 295 Gabriel, Paul 116 Gangl, Manfred 206 Gastrow, Paul 707 Gauger, Joachim 243 Gay, Hermann Bernhard 716 Geiger, Max 27 Geisler, Ralf 264 Gennrich, Paul 273

Personenregister

Gensichen, Hans-Eberhard 625 Georgii, Ludwig 700 Gerber, Dr. 658 Gerdes, Hayo 26 Gerd teil, Ludwig von 701 Gerhard, Johann 426 Gerlach, Antje 370 Gerlach, Leopold von 114, 692 Gerlach, Ludwig von 114, 692, 700 Gerlach, Otto von 114, 692 Germann-Gehret, Rolf 70 Gerok, Karl 695 Geyer, Bernhard 706 Geyer, Christian 716 Geyer, Hans-Georg 15, 69 Gierke, Wilhelm Edward 670 Gimpel, Paul 373 Girgensohn, Karl 142,393,625,763 Gladstone, William Ewart 713 Glaue, Paul 717 Glawe, Walther 202, 340, 341 Gleichen-Rußwurm, Alexander von 697 Glockner, Hermann 656 Gloede, Günter 225, 741 Göbell, Walter 625 Göhre, Paul 87 Goring, Hermann 87 Goethe, Johann Wolfgang 190,254, 445, 698, 699, 700, 708, 715, 772 Goetz, Walter 271, 769 Gogarten, Friedrich 23, 57,58,135, 738, 767, 768, 772 Goldammer, Kurt 186, 599, 688 Gollwitzer, Gerhard 625 Gollwitzer, Helmut 250, 618, 740 Gottsched, Hermann 532 Gottschick, Johannes 58, 720, 771 Grabert, Herbert 357, 652 Grabinski, Bruno 705 Grabs, Rudolf 197 Graf, Friedrich Wilhelm 11, 15, 16, 19, 27, 39, 40, 41, 46, 49, 52, 56, 76, 84, 125, 189, 230, 288, 291, 299, 492, 509 Grass, Hans 12

821

Gregor, Birgit 370, 374 Greif, Martin 696 Greschat, Martin 15, 169, 329 Greßmann, Hugo 50, 138, 717 Grimm, Jacob 696 Grimm, Wilhelm 696 Grin, Edmond 312 Groethuysen, Bernhard 751 Gropius, Walter 83 Grosche, Robert 708 Grosz, George 83 Gruehn, Werner 393, 398, 399, 767 Gründer, Karlfried 154 Grützmacher, Georg 202, 205, 625, 739 Grützmacher, Richard H. 186,679, 687, 700, 703, 705, 747 Grundmann, Walter 159-160, 366, 367-380, 743 Grundtvig, Nikolai Frederik Severin 709 Günther, Hans Friedrich Karl 712, 714, 769 Günther, Wilhelm 296 Güttier, Carl 751 Gumbrecht, Hans-Ulrich 33 Gundel, Hans Georg 129 Gundelfinger, Friedrich 698 Gundlach, Franz 110 Gundolf, Friedrich 291 Gunkel, Hermann 48, 50, 51, 136, 138, 216, 689, 706, 707, 708, 717, 721, 749, 771 Guthe, Hermann 97 Guttmann, Julius 708 Haag, Paul 695 Haas, Hans 173,607,711,717,718 Haeckel, Ernst 60, 254-256, 257, 745, 750, 751, 763 Haenchen, Ernst 224, 725, 741 Hänel, Johannes 625 Haering, Theodor 85, 121, 207, 221, 222, 224, 294, 438, 439, 616, 622, 625, 664, 720, 724, 727, 753, 771 Härle, Wilfried 19

822

Personenregister

Hafter, Herbert 710 Hahl, Margot 365 Hahn, Ferdinand 32 Hahn, Hugo 157, 187-188 Haller, Max 50 Hamann, Johann Georg 107, 109, 114, 184, 445, 641, 657, 680, 692, 694, 697, 700, 702, 707, 710, 711,716 Hammer, Karl 288 Hanne, Johann Wilhelm 257 Hanne, Johannes Robert 699 Happel, Hans-Gerd 52 Harbou, Sophie von 696 Harder, Richard H. 296 Hading, Otto von 334 Harnack, Adolf (von) 15, 26, 28, 29, 48, 54, 58-59, 63-65, 66, 69, 71, 144, 206, 256, 260-261, 266, 267, 268, 269, 271, 286, 288, 299-300, 319, 325, 417, 667, 672, 699, 708, 717, 720, 745, 749, 769, 770, 771, 772 Harnack, Theodosius 620, 650 Hartmann, Nicolai 744 Hase, Karl 32 Hauck, Albert 98 Hauer, Eugen 714 Hauer, Jakob Wilhelm 239,599,608 Haug, Theodor 625 Haupt, Erich 258 Headlam, Arthur Cayley 305-306, 761, 774 Hebart, Siegfried 730 Heckel, Johannes 618,625 Heckel, Theodor 308-309, 332, 342, 344-346 Heegewaldt, Ludwig August 26, 67 Heermann, A. 721 Hegel, Georg Wilhelm Friedrich 4, 45,46,246,313,483,638, 656657, 712, 729, 772 Heger, Adolf 302, 736, 773 Heiber, Helmut 378 Heidegger, Martin 516, 523, 737 Heiler, Friedrich 149, 712, 713, 714, 717, 737, 766

Heim, Karl 132,202,203-204,221, 223, 224-225, 240, 301, 302, 331, 340, 615, 625, 649, 676, 689, 710, 715, 721, 725, 729, 731, 735, 739, 740, 741, 772 Heimsoeth, Heinz 135 Heinrici, Georg 97-98 Heinzelmann, Gerhard 202, 216, 458, 625, 723, 768 Heitmüller, Wilhelm 50, 299, 599, 608, 672, 717, 720, 771 Heller, Hermann 328 Hempel, Johannes 138, 298, 327, 337, 342, 343, 371-372, 377, 390-391 Henckell, Karl 695 Henkys, Jürgen 167, 307 Hennig, Karl 106, 184-185, 597, 606, 610, 676 Hennig, Wolfgang 595 Hensel, Paul 523 Herder, Johann Gottfried 107,109, 114, 178, 184, 187, 375, 445, 483, 602, 605, 641, 657, 666, 677, 679, 680, 687, 688, 692, 694, 696, 697, 698, 699, 700, 704, 707, 709, 719 Hermann, Rudolf 208, 246, 626, 644, 723, 732, 740 Hermelink, Heinrich 52, 112, 173, 189, 223, 305, 306, 472, 598, 607, 677, 678, 717 Herms, Eilert 283 Herrmann, Johannes 202, 224, 626, 723 Herrmann, Wilhelm 13,14,15,19, 21, 31, 33, 35, 53, 57, 58, 6163, 66, 106, 108, 109, 119, 132, 184, 269, 271, 286, 290, 293, 294, 319, 428, 483, 485, 501, 558, 581, 667, 677, 682, 683, 689, 698, 705, 717, 720, 721, 749, 753, 763, 769, 770, 771 Hertel, Friedrich 223 Hertzberg, Hans Wilhelm 740 Herz, Henriette 699

Personenregister

Herz, Johannes 173, 599, 607, 610, 676, 717 Herzfeld, Hans 341 Heschel, Susannah 369-372, 376, 379, 380 Hesse, Hermann A. 758 Heubner, Heinrich Leonhard 114, 692 Heuß, Theodor 98 Heussi, Karl 599, 676, 688, 720 Heußner, Alfred 706 Heyen, Erk Volkmar 109 Heyn, Johannes 257 Heyn [Pfarrer] 755 Hielscher, Johannes 202 Hildebrandt, Franz 302, 773 Hillmann [Universitätsrat] 387 Hindenburg, Paul von 295, 328 Hinneberg, Paul 14, 59, 699 Hintze, Otto 682 Hintzenstern, Herbert von 377 Hirsch, Emanuel 23, 27, 35, 36, 44, 141, 208-210, 251, 299-300, 305-306, 327, 337, 340, 342, 343, 346, 374, 375, 381-388, 389-390, 392, 476, 592, 622, 626, 715, 733, 741, 771 Hirsch, Michel 382, 387 Hirsch, Wolf 382-383 Hitler, Adolf 83, 87,152,156,159, 169, 176, 296, 309, 327, 338, 339, 343, 344, 345, 351-352, 355, 358, 371, 381, 383, 385, 388, 397, 398, 740 Hitze, Franz 704 Hodgson, Leonhard 305 Höcker, Paul Oskar 696 Höffding, Harald 735 Hölderlin, Friedrich 698 Hölscher, Gustav 299, 717, 771 Honig, Wilhelm 45 Hoeßlin, Julius Konstantin von 736 Hofer, Hans 714 Hoffmann, Georg 763, 773 Hoffmann, Heinrich 112, 114-116, 677, 703, 720 Hoffmann, Richard 378

823

Hoffmeister, Johannes 563 Hofmann, Arne 295 Hofmann, Johann Christian Konrad von 528, 620, 650 Hofmann, Konrad 707, 708, 710, 713, 715, 716 Holl, Karl 28, 110-111, 138, 208, 209, 228, 271, 340, 680-681, 698, 707 Holl, Karl [II] 147 Hollaz, David 122, 417 Hollmann, Georg 50 Holstein, Günther 735 Holtzmann, Heinrich Julius 43,190, 191, 216, 626 Hopf, Wilhelm 701 Hoppe, Gustav 660-661 Hoppe, Joachim 43 Hoppe, Marianne 661 Horkheimer, Max 83, 147, 328 Hornig, Gottfried 15, 35 Horst, Friedrich 740 Horst [Pfarrer] 607 Horstmeier, Marie 302, 395, 708, 758, 773 Huber, Ernst Rudolf 205, 493 Huber, Wolfgang 34, 76, 205, 288, 493 Hübinger, Gangolf 48, 49, 50, 99, 140, 472, 492 Hübner, Thomas 59 Hübsch, Stefan 415 Hülsmann, Jakob 694 Humboldt, Wilhelm von 114, 692, 694, 698, 699 Hume, David 445 Hunger, Heinz 370, 377, 743 Hupfeld, Renatus 250, 618, 740 Hutcheson, William R. 29 Ibsen, Henrik 193 Ignatius von Antiochien 41 Ihlenfeld, Kurt 714 Ihmels, Carl 186, 676, 688, 717, 718, 719 Ihmels, Ludwig 156,597,599,700, 702, 703

824

Personenregister

Imendörffer, Nora 716 Irle, Günter 505, 515, 520 Iwand, Hans Joachim 250, 618, 626, 740 Jacke, Jochen 206 Jacobi, Friedrich Heinrich 445, 699 Jacobs, Manfred 11,13, 37, 45, 60, 66, 201, 203, 205, 739 Jacobsen, Friedrich 696 Jacobsohn, Hans-Adolf 295 Jacoby, Günther 700 Jäger, August 171, 343, 388 Jaeger, Friedrich 49 Jaeger, Max 712 Jaeger, Paul 51, 52, 372, 699, 703 Jaeschke, Walter 487 James, William 80, 251, 275, 283285, 288, 311, 414, 521, 746, 747, 761, 763, 764, 773-774 Janssen, Nittert 51 Jaspers, Karl 291, 563, 704, 708, 737 Jaspert, Bernd 18, 331 Jedele, Eugen 700 Jelke, Robert 248, 292, 340, 362, 765, 770 Jeremias, Alfred 718 Jeremias, Joachim 738 Jesus Christus [Auswahl] 62-63, 103, 113, 151, 161, 163, 165, 180, 187, 191, 204-205, 218, 232, 281, 313-314, 330, 355, 357, 358, 362, 365, 375, 416417, 418, 422, 426, 434, 438, 448, 456, 469, 541, 542, 547, 549, 551-553, 556-559, 563564, 573, 638, 655 Jirku, Anton 340 Joas, Hans 283 Jodl, Friedrich 763 Jodock, Barrel 266 Joel, Karl 751 Jönsson, Katja 109 Joest, Wilfried 732 Johnsson, John W. 743 Jonas, Ludwig 40, 199

Jülicher, Adolf 23, 50, 271, 331, 669, 699, 716, 717, 769 Jüngel, Eberhard 424, 465, 517 Juncker, Alfred 331 Jung, Gertrud 714 Jung-Stilling, Heinrich 697, 698 Jursch, Hanna 598, 599, 626 Kabisch, Richard 725 Kade, Franz 735 Kahler, Martin 216, 257, 550, 557 Kaftan, Julius 31-32,52,53,58,66, 256, 259-260, 261, 266, 267, 268, 269, 279, 280, 294, 301, 319, 423, 425, 485, 581, 643, 667, 720, 736, 745, 751, 753, 761, 771, 772, 773 Kaftan, Theodor 286, 681, 770 Kaiser, Jochen-Christoph 329 Kalthoff, Albert 60 Kaiweit, Paul 81, 116, 135, 140, 141, 763 Kant, Immanuel 66, 103, 116, 143, 194, 195, 196, 203, 217, 251, 262, 264, 266, 276, 283, 293, 430, 438, 439, 441, 452, 482, 509, 545, 555, 601, 635, 638, 639, 641, 643, 651, 667, 683, 700, 705, 706, 728, 730, 736, 743, 754, 761, 771, 772 Kantzenbach, Friedrich Wilhelm 88 Kapler, Hermann 303 Kapp, Wolfgang 296 Karcher, Hanns 599 Karpp, Gerhard 299 Karrer, Otto 712 Kattenbusch, Ferdinand 17-18, 57, 58,81,121,129,149,178,207, 215, 216, 217, 622-623, 626, 643, 673, 690, 710, 717, 720, 737, 755, 766, 771 Katz, Fritz 627 Kautzsch, Emil 258 Kawerau, Gustav 273, 657 Kawerau, Walter 712 Kayser, Karl 298 Keen, William W. 765

Personenregister

Keller, Adolf 767 Keppler, Friedrich 221, 734 Keppler, Paul Wilhelm von 739 Kerrl, Hanns 351-352, 353, 355356, 358, 359, 361, 368, 396 Kesseler, Kurt 293, 743 Keßler, Lina 602, 690, 752 Keßler, Paul 627 Keyserling, Hermann Graf 705, 751 Kiefer, Erwin 372 Kierkegaard, Sören 147, 300, 532, 541,544-545,566,706,709,772 Kietzig, Ottfried 773 Kirn, Otto 57, 98-99, 102, 108, 231, 428, 541-542, 689, 700, 714, 720, 721 Kirn [Pfarrer] 607 Kittel, Gerhard 159, 224, 237, 240, 242, 305, 379, 398, 399, 614, 627, 648, 658, 739, 740, 757 Kittel, Helmuth 378 Klebs, Georg 291 Klein, F. A. 38 Kleinert, Paul 268 Kleinmann [Kirchenrat] 607 Klemme, Heiner 439 Klepl, Georg 698 Kloppenburg, Heinz 627 Klopstock, Friedrich Gottlieb 696 Klostermann, Erich 202, 205, 627, 739 Klotz, Leopold 148, 149, 245, 627, 635, 685 Klügel, Eberhard 389 Klunker, Wolf-Ulrich 253,264,293, 300,403,411,413-414,554 Knevels, Wilhelm 293,326,403,743 Knittermeyer, Heinrich 485, 716 Knoblauch, Hubert 474 Knopf, Rudolf 50, 123 Koch, Günther 166, 250, 618, 740 Koch, Max 763 Köberle, Adolf 208, 221, 224, 248249, 615, 649, 710, 723, 733, 741 Kögel, Rudolf 114, 692 Koehler, Franz 50, 270, 750

825

Köhler, Hans 610, 676 Köhler, Walther 116,234,535,547, 550, 744 Koepp, Wilhelm 122, 341, 377, 380, 767 Körner, Hermann 712 Koester, Adolf 697 Köstlin, Julius 215, 257, 657 Koffka, Kurt 420, 764 Kohlmeyer, Ernst 340,627,731,744 Konschel, Paul 702 Kooi, Cornells van der 21 Koppelmann, Wilhelm 202 Korn, Karl 333 Kornemann, Ernst 712 Korsch, Dietrich 485 Kosellek, Reinhart 33 Kotte, Ernst 187-188 Kottje, Edmund 738 Kotzde-Kottenrodt, Wilhelm 377 Kouri, Errki I. 52 Kracauer, Siegfried 82-83, 201 Kranzler, Kurt 141 Krause, Reinhold 159 Krauss, Werner 82 Krieck, Ernst 378 Kropatschek, Friedrich 273 Kropatschek, Hermann 273 Krüger, Felix 762 Krüger, Gustav 112, 138, 173, 607, 627, 677, 678, 703, 709, 717 Krüger, Hanfried 714 Krüger, Walter 648 Krug, Wilhelm Traugott 35 Krumwiede, Hans-Walter 15 Kucera, Zdenek 203, 204 Kübel, Johannes 702, 717 Kühler, Otto 712 Kühn, Traugott [Pseudonym] 680, 696 Kühn, Ulrich 723 Kühnemann, Eugen 700, 705, 707 Künneth, Walter 732 Kues, Nikolaus von 711 Kuhlmann, Helga 223 Kühn, Karl Georg 378, 379 Kunze, Rolf-Erich 344, 346

826

Personenregister

Kupisch, Karl 43, 129 Kurtz, Eduard 266 Lackmann, Max 738 Lämmerzahl, Elfriede 711 Lagarde, Paul de 511, 741 Lahusen, Friedrich 286, 739, 770 Lamarck, Jean Baptist de 254 Lamprecht, Karl 97 Landerer, Maximilian Albert 223 Lang, August 305, 306 Lange, Friedrich Albert 772 Langewiesche, Dieter 82 Langfeldt, Rolf 656 Langner, Erwin 627, 713 Lau, Franz 302, 598, 610, 676, 773 Lavater, Johann Caspar 710 Lederer, Emil 291 Leese, Kurt 81, 207, 230, 534, 623, 627, 634, 640, 644, 681, 685, 710, 713 Leeuw, Gerardus van der 187, 711 Legien, Carl 682 Lehmann, Edvard 709 Lehmann, Gerhard 709 Lehmann, Karl 737 Leibniz, Gottfried Wilhelm 483 Leipoldt, Johannes 173, 186, 375, 377, 380, 607, 610, 676, 687, 688, 702, 717, 718, 719, 766 Leisegang, Hans 709 Leitschuh, Franz 643 Leitzmann, Albert 438, 444 Leffler, Siegfried 366, 370, 375 Lemme, Ludwig 292, 705 Lennert, Rudolf 610, 676 Lepp, Claudia 40 Lepsius, M. Rainer 291 Lerche, Otto 686 Lessing, Eckhard 89 Lessing, Gotthold Ephraim 532, 540, 554, 601, 641, 685, 696, 697, 698, 707, 709, 711 Lessing, Theodor 704 Leuba, James Henry 752, 764, 767 Leube, Hans 143, 377, 599, 678 Leussink, Hans 289

Leuze, Reinhard 259 Levinson, Henry Samuel 283 Lewalter, Ernst 711 Leyen, Friedrich von der 696 Liebert, Arthur 627, 754, 765, 772 Liebing, Heinz 237, 335, 739, 760 Lienhard, Friedrich 206-207, 633, 725, 726, 727 Lietzmann, Hans 123, 216, 299, 306, 309, 392, 771 Lilje, Hanns 171, 329 Lindheimer, Dieter 63 Lindken, Theodor 19 Lindt, Andreas 26 Link, Christian 408 Lipsius, Richard Adelbert 45-46, 47 Lischke [Gauobmann] 387 Litt, Theodor 599, 704, 713, 735, 737, 768 Lobstein, Paul 190, 197, 637, 720, 771 Locke, John 117 Lohe, Wilhelm 246, 730 Lörcher, Adolf 669 Loew, Wilhelm 112,201 Löwe, Adolph 328 Löwith, Karl 485 Lohmeyer, Ernst 309, 376, 709, 717, 748, 758 Loisy, Alfred 749 Loofs, Friedrich 52, 144, 215, 216, 258, 271, 286, 702, 703, 720,

770, 771 Lother, Helmut 340 Lotz, David W. 266 Lucius, Paul Ernst 190, 618, 642 Luckmann, Thomas 474 Ludendorff, Erich 295, 296 Lücke, Friedrich 26, 44, 58, 117, 415, 434, 459, 582-583 Lüdemann, Gerd 26,47, 50, 51, 64, 134 Lücken, Wilhelm 50 Lülmann, Christian 272, 758 Lütgert, Wilhelm 216, 307, 391, 392, 621, 627, 642, 734, 740 Lüttge, Willy 292

Personenregister

Lunde, Wilhelm 117 Luthardt, Christoph Ernst 98 Luther, Martin 31, 33, 35, 38, 62, 110, 111, 114, 115, 185-186, 196, 205, 208, 212-213, 222, 228, 246, 250, 251, 266, 279280, 283, 293, 294, 300, 315, 320, 335, 338, 339, 342, 349, 354, 360, 361, 370, 375, 417, 421, 425, 426, 427-428, 433, 438, 440-441, 443-444, 449, 456, 466, 562, 618, 620, 621, 639, 640, 642, 654, 656, 657, 677, 679, 697, 698, 701, 707, 710, 726, 730, 742, 743, 753, 754, 755, 756, 758, 760, 773 Maas, Hermann 346 Macholz, Waldemar 758 Macintosh, Douglas Clyde 284, 311,743, 746,765 Mackintosh, Hugh Ross 766, 767, 768 Macquarrie, John 533 Maeder, Alphonse 767 Mager, Inge 337 Magon, Leopold 713 Mahling, Friedrich 721 Mahnke, Dietrich 703 Mahrholz, Werner 704 Maier, Heinrich 700 Maier, Hermann 617, 627, 644 Mandel, Hermann 81-82,110,701, 710, 767 Mann, Heinrich 83, 206, 207, 738 Mann, Thomas 83, 207 Mannheim, Karl 49, 328 Marahrens, August 172, 352, 388391 Mariscotti de Görlitz, Ana Maria 52 Marsch, Wolf-Dieter 288 Marschak, Jakob 291 Marsh, Clive 435 Marx, Karl 146, 313 Marx, Richard 607, 717 Marx, Werner 147 Matthes, Heinrich 725, 737

827

Matthies, Konrad Stephan 257 Mattiesen, Emil 769 Maurenbrecher, Max 716-717 Maurer, Wilhelm 116, 678, 736 Mausbach, Joseph 704 Maydorn, Bernhard 696 Mayer, Emil Walter 123, 190, 191193, 195, 202, 623, 627, 636, 693, 705, 720, 727, 771 Mayer, Otto 108-109, 190 McCormack, Bruce L. 22 Mehlhausen, Joachim 189 Mehlhorn, Paul 40 Mehnert, Gottfried 77, 81 Meier, Heinrich 736 Meier, Kurt 27, 126, 154,156, 157, 159, 168, 171, 242, 243, 244, 336, 339, 340, 352, 366, 367, 369, 373, 388, 389, 398, 399 Meincke, Rudolph 698 Meinecke, Friedrich 28, 682 Meinertz, Max 683 Meinhold, Johannes 123 Meinhold, Peter 173,340,341,607, 627, 717, 770 Meiser, Hans 352, 389 Meisner, Heinrich 735, 737 Meister Eckhart 712 Melanchthon, Philipp 70, 417 Mendelssohn, Moses 174, 708 Mendelssohn, Peter de 207 Mensching, Gustav 602, 709, 711 Mensing, Karl 272, 755 Menzel, Theophil 284, 311, 746 Messer, August 627, 703 Metzke, Erwin 711, 713 Meumann, Ernst 762 Meusel, Marga 330 Meyer, A. 191 Meyer, Arnold Oskar 672 Meyer, Dietrich 273 Meyer, Friedrich 749, 771 Meyer, Hans 679, 695 Meyer, Johannes 299 Meyer, Rudolf 372, 610, 676 Meyer, Wilhelm 196,251,293,349, 730, 743

828

Personenregister

Meyer-Erlach, Wolf 377, 378 Meyer-Lüne, Ilse 769 Meyerhoff, Otto 291 Meyrink, Gustav 738 Mezger, Manfred 627 Mezger, Paul 720, 771 Michel, Otto 627, 723 Mildenberger, Friedrich 15 Miltitz, Karl von 698 Minigerode, Irmtrud von 769 Minor, Jakob 698 Mirbt, Carl 286, 298, 770 Misch, Georg 669, 751, 752 Mittwoch, Eugen 708 Möller, Horst 154 Moeller, Reinhard 303 Mohn, Gerd 231 Mohn, Heinrich 633 Moltmann, Jürgen 23, 34, 76 Moraw, Peter 129 Morenz, Siegfried 378 Mosapp, Hermann 697 Mühling, Andreas 307 Müller, Alfred Dedo 123,145,186, 676, 688, 694, 717, 718, 719 Müller, Hans Martin 15, 26, 64 Müller, Hans Michael 378 Müller, Johann Georg 657 Müller, Johannes 207, 623, 627 Müller, Julius 257 Müller, Karl 240, 271, 627, 699, 740, 769 Müller, Karl Alexander von 379 Müller, Klaus W. 424 Müller, Ludolf 627 Müller, Ludwig 158,164,172,239, 240, 339, 344, 351, 658, 739740 Müller, Nikolaus 672 Müller [Pfarrer] 607 Müller-Bardorff, Johannes 610,676 Müller-Freienfels, Richard 766 Müller-Schwefe, Hans Rudolf 615, 627, 649 Müller-Schwefe, Johannes 616,727, 728 Müncker, Theodor 738

Münster, Arno 17 Müsebeck, Ernst 116, 697, 713 Mulert, Hermann 2, 6, 26, 29, 30, 44,55,58,77,78,81,84,85-90, 102, 112, 115, 117, 123, 147, 149, 170, 172, 173, 179, 185, 189, 194, 207, 218, 258, 272, 293, 357, 358, 364-365, 415, 434, 459, 493, 536, 537, 582583, 600-601, 610, 623, 628, 634, 676, 684, 687, 697, 716, 717, 720, 735, 737, 755, 756 Mulert, Martin 86 Muras, Gerhard G. 186, 679, 687, 747 Musäus, Johann Karl August 696 Mutschmann, Martin 155, 156 Nägeli, Carl von 256 Nagel, Anne Christine 17 Natorp, Paul 313, 485, 523, 751, 761, 771, 772 Naumann, Ernst 699 Naumann, Friedrich 17,28,29,48, 51, 76, 87, 98, 99, 523, 717 Naumann, Gottfried 628 Naumann, Johannes 721 Neander, August 41 Nelson, Leonhard 276 Neubauer, Ernst 481, 683 Neumann, Friedrich 382, 386-387 Neumann, Johannes 714, 769 Neumann, Robert 700 Neuser, Wilhelm H. 201, 739 Newhall, Janette E. 283, 743 Nichtweiß, Barbara 323, 325 Nicolai, Friedrich 116, 700 Nicolaisen, Garsten 157, 189, 207 Niebergall, Friedrich 17, 48, 149, 206, 275, 294, 301, 703, 716, 717, 753, 761, 771 Niebuhr, Reinhold 58 Niemöller, Martin 207, 245, 250, 344, 617, 618, 623, 628, 636, 644, 658, 725, 740 Niemöller, Wilhelm 628 Niesei, Wilhelm 302, 417

Personenregister

Nietzsche, Friedrich 101, 300, 695 Nigg, Walter 12,472,709,711 Nippold, Friedrich 42 Nitzsch, Friedrich August Berthold 99, 118, 689, 720 Noack, Ulrich 628 Nobiling, Friedrich 382 Nohl, Hermann 599, 669 Nordau, Max 704 Norden, Günther van 329, 759 Noth, Martin 124, 758 Novalis 698, 769 Nowack, Wilhelm 190, 622, 628 Nowak, Kurt 16, 65, 77, 87, 129, 147, 239, 260, 334 Nuschke, Otto 717 Nygren, Anders 621, 628, 642, 765 Oberlin, Johann Friedrich 43, 206, 728 Odeberg, Hugo 377, 378 Odebrecht, Rudolf 711 Odenwald, Theodor 341, 362, 372, 378, 743, 770 Oepke, Albrecht 142,186,610,628, 676,687,688,712,718,719 Öster, Andreas 709 Österreich, Konstantin 765 Oetinger, Friedrich Christoph 641 Oettingen, Alexander von 763 Oexle, Otto Gerhard 49 Özen, Alf 50, 134, 138 Ollig, Hans-Ludwig 485 Onasch, Konrad 123 Oncken, Heinrich 682 Onnasch [Pfarrer] 607 Opitz, Hans Georg 378 Ording, Hans 705 Ossietzky, Carl von 83 Ostwald, Wilhelm 702 Otte, Hans 292 Otto, August 695 Otto, Rudolf 15, 51, 64, 124, 135, 138, 141, 187, 276, 277, 285, 289, 290, 361-362, 410, 416, 431, 439, 488, 545, 608, 628, 672, 681, 691, 708, 709, 713,

829

714, 716, 717, 720, 736, 764, 765, 770, 771, 772 Overbeck, Franz 24, 709, 714 Owen, David Cymmer 764 Pahner, Alfred 102, 143, 188, 669 Pannenberg, Wolf hart 117, 417, 491, 499, 512-513 Paret, Rudi 372, 380 Pariser, Ernst 764 Pascal, Blaise 697, 704 Pauls, Theodor 377, 378 Paulsen, Friedrich 289, 651 Paulus (Apostel) 177,238,314,332, 345, 372-373, 416, 417, 418, 424, 426, 427, 453, 547, 640 Paulus, Herbert 738 Paulus, Rudolf 27, 57, 81, 84, 133, 207, 240, 599, 610, 623, 628, 634, 653, 671, 676, 723, 732, 740 Peiter, Hermann 26, 583 Perino, Adolf 100 Peschke, Ehrhard 340 Pestalozza, Hanna von 615, 770 Peter, Friedrich 372 Petersen, Carl 402 Peterson, Erik 299, 322-325, 674, 758 Peukert, Detlev J. K. 82 Pfeiffer, Ehrhard 599 Pfennigsdorf, Emil 215, 309, 340, 341, 420, 628, 707, 735, 736, 743, 757, 770 Pfleiderer, Georg 15,277,410,412, 415, 419, 420, 423 Pfleiderer, Otto 32, 42, 46, 259, 268, 289 Pfohl, Erika 767 Pich, Hugo 368, 371 Pichler, Hans 735 Picker, Hanns-Christoph 65 Piesch, Herma 712 Piper, Otto 84,149, 168, 299, 628, 638, 649, 735, 759, 768 Pischon, Friedrich August 40 PiusXII. 730

830

Personenregister

Planck, Max 707 Platon 452 Plessner, Helmuth 713 Pöhlmann, Horst Georg 417 Pohlmann, Hans 377 Polenz, Wilhelm von 679 Prater, Georg 157 Preisker, Herbert 337, 340, 341, 371, 377, 628, 743 Press, Volker 129 Pressel, Wilhelm 288 Pretzel, Ulrich 289 Preuschen, Erwin 112,124,677,678 Pribnow, Hans 373, 628 Proksch, Otto 458 Prolingheuer, Hans 369 Pünjer, G. Chr. Bernhard 338 Quell, Gottfried 186, 688 Rabl, Kurt O. 713 Rad, Gerhard von 718 Radbruch, Gustav 83, 291 Rade, Dora 102, 670, 672 Rade, Martin 6, 12, 15, 17, 22, 25, 29, 30-31, 32, 33, 45, 47, 48, 51-56, 58, 59, 81, 82, 84, 87, 95,99,100,102,104,107,108, 109, 110-111, 112, 124, 125, 132, 143, 144-145, 147, 149, 174, 206, 208, 258, 267, 269, 270-272, 284, 285, 290, 293, 294, 309, 325, 372, 466, 512, 514, 517, 521, 523, 563, 597598, 599, 604, 608, 645, 657, 669, 672-674, 677, 681, 682, 683, 684, 685, 687, 689, 716, 717, 720, 736, 751-752, 753, 754, 755-756, 771 Radnitzky, Gerald 491 Ragaz, Leonhard 18 Rahlfs, Alfred 298 Rahn, Felix 388-389 Rathenau, Walther 296, 300 Rathje, Johannes 30, 47, 52-55, 59, 84,109,174,205,485,670,674 Ratschow, Carl Heinz 186,687,688 Raulet, Gerard 206

Rauschenbusch, Walter 598, 599 Rauscher, Anton 12 Reble, Albert 713, 737, 768 Redeker, Martin 67, 279, 293, 340, 362, 371, 380, 475, 489, 522, 525, 536, 581, 583, 628, 634, 655, 666, 671, 743, 758, 770 Regenbogen, Otto 291 Rehmke, Johannes 704 Reicke, Rudolf 555 Rein, Wilhelm 749, 771 Reiner, Hans 768 Reischle, Max 47, 58, 215, 216 Reiß [Pfarrer] 755 Rendtorff, Franz 629, 717, 719 Rendtorff, Trutz 12, 35, 39 Rengstorf, Karl Heinrich 225, 240, 739, 740, 741 Renz, Horst 16, 19, 27, 39 Rest, Walter 545 Reuter, Fritz 699 Reuter, Hans-Richard 200 Richmond, James 266 Rickert, Heinrich 506-507, 513, 514-515, 651 Rieger, Paul 351 Riehl, Alois 195 Riggenbach, Eduard 710 Ringer, Fritz K. 31 Ritschi, Albrecht 15,29,31,36,4647,48,58,69,71,85,106,114, 119, 121, 129, 132, 184, 191, 208-209, 215, 223, 254, 259, 266, 280, 284, 319, 324, 417, 434-435, 446, 453, 461, 466, 483, 485, 514, 526-527, 528, 532, 535, 562, 581, 619, 621, 637, 640, 642, 643, 653, 667, 684, 686, 691, 692, 694, 738, 747, 750, 755, 764, 766, 772 Ritschi, Otto 6, 25, 47, 58, 81, 82, 173, 206, 207, 215, 280, 491, 513, 607, 623, 629, 686, 691, 717, 720, 744, 771 Rittelmeyer, Friedrich 271, 769 Robinson, Daniel Sommer 284,311, 673, 746

Personenregister

Rohm, Eberhard 169, 237, 330, 368, 369, 373, 375, 379 Roessingh, Karl Hendrik 31, 57, 598, 599 Rössler, Dietrich 38 Rössler, Martin 400 Rohde, Franz 100 Rohls, Jan 12 Rosenberg, Alfred 239, 341, 379 Rosenkranz, Gerhard 248 Rosenquist, G. O. 743 Rotenstreich, Nathan 350 Rothacker, Erich 670 Rothe, Richard 40-45, 114, 191, 692, 694, 763 Rothstein, Johann Wilhelm 202 Rousseau, Jean-Jacques 638 Royce, Josiah 764 Ruch, G. 650 Ruddies, Hartmut 11, 15, 16, 19, 22, 29, 34, 76 Rückert, Hanns 240,248,610,623, 629, 676, 711, 739, 740 Rühle, Oskar 617, 644, 722 Rüsen, Jörn 49, 531 Rump, Johannes 296 Rumscheidt, Martin 64 Runke, Heinrich 58 Rupp, Julius 701, 702, 703 Ruprecht, Arndt 302 Ruprecht, Günter 347 Rusche, Helga 716 Ruskin, John 679, 697 Rust, Bernhard 155, 241-243, 343, 356, 390, 391, 614, 648, 652 Ruth, Paul Hermann 402 Ruttenbeck, Walter 629 Sack, Friedrich Samuel Gottfried 114, 692 Sasse, Hermann 304, 305, 333, 757 Sattler, Rolf-Joachim 599 Sauter, Gerhard 426, 450, 462, 538 Schaeder, Erich 110,117,222,498499, 621, 629, 642, 681, 702, 767, 768 Schäfer, Gerhard 241

831

Schäfer, Rolf 12, 36, 64, 223 Scheel, Gustav Adolf 292 Scheel, Otto 50, 271, 692, 720, 769, 771 Scheler,Max 15,277,410,703,772 Schelling, Friedrich Wilhelm Joseph 194, 538, 657, 698, 699, 772 Schempp, Paul 302 Schenkel, Gotthilf 706 Schian, Martin 100, 114, 116, 123, 124, 270, 271, 493, 691, 744, 758, 769 Schiele, Friedrich Michael 48, 50, 271, 421, 699, 745, 751, 769 Schiller, Charlotte 697 Schiller, Friedrich 605, 679, 697, 698, 699, 738 Schilling, Otto 639 Schindler, Hans 714 Schingnitz, Werner 712, 715 Schlatter, Adolf 28, 117, 224, 240, 376, 681, 702, 704, 738, 739, 740 Schlegel, Friedrich 696 Schleiermacher, Friedrich l, 15, 18, 26, 36, 40, 44, 45, 47, 52, 58, 62, 66-67, 68, 70, 80, 85, 87, 89, 95, 98, 100, 102-104, 106, 107, 109, 115, 116, 117, 119, 129, 132, 174, 178, 179, 184, 187, 194, 195-196, 197-201, 208, 217-220, 221, 222, 230, 232, 246, 251, 258-259, 266, 275, 279-281, 283, 292, 293, 294, 300, 306, 311-312, 317, 319-320, 324, 326, 338, 349, 360, 361, 391, 398, 400-402, 403, 410, 415, 419, 429-430, 431, 434-435, 443, 445, 448, 451-453, 459, 462, 464, 468, 475, 484, 489, 499, 503, 504, 509, 519, 522-523, 525-526, 528, 529, 535, 536, 537-538, 544, 545, 548, 562, 566, 573, 574, 581, 582-584, 614, 619, 621, 635, 637, 638, 641, 642, 643, 644, 645, 646, 653, 655,

832

Personenregister

656, 657, 661, 664, 666, 667, 673, 677, 680, 684, 686, 697, 698, 699, 700, 701, 707, 710, 713, 714, 721, 723, 724, 725, 726, 727, 728, 729, 730, 733, 734, 735-737, 742, 743, 746, 747, 748, 754, 755, 756, 757, 758, 759, 760, 761, 762, 765, 766, 767, 768, 769, 772, 773 Schlemmer, Hans 337, 607, 768 Schlier, Heinrich 331 Schütter, Adolf 710 Schlunk, Martin 240, 264, 629, 723, 739, 740 Schmid, Carlo 248-249 Schmid, Friedrich Alfred 699 Schmid, Hans-Dieter 154 Schmid, Heinrich 417, 426 Schmid, Lothar 225, 741 Schmidt, Eva 174, 670 Schmidt, Friedrich Wilhelm 57,140, 196, 215, 251, 340, 393, 397398, 399, 403, 428, 623, 629, 690, 694, 705, 730, 743 Schmidt, Fritz Philip 696 Schmidt, Gerhard K. 769 Schmidt, Hans 50, 216, 340, 341, 361, 400, 629, 660, 665, 676, 744, 770 Schmidt, Hans [Pfarrer] 633, 637 Schmidt, Hans Wilhelm 340, 377, 629, 743, 769 Schmidt, Jürgen 165 Schmidt, Karl Ludwig 307, 757 Schmidt, Kurt Dietrich 158, 299, 331, 718, 740, 760 Schmidt, Martin 11, 174, 599-600, 610, 670, 676, 678-679 Schmidt, Otto Eduard 698 Schmidt, Raymund 439 Schmidt, Wilhelm [Professor] 273 Schmidt, Wilhelm 766 Schmidt zur Nedden, Hermann 308 Schmidt-Clausing, Fritz 372 Schmidt-Japing, Johann Wilhelm 378, 629, 743 Schmiechen, Ernst 773

Schmitz, Otto 202, 205, 629, 710, 731, 739 Schmökel, Hartmut 340, 378 Schnabel, Paul 177 Schneege, Gerhard 700 Schneemelcher, Wilhelm 48, 52, 64 Schneider, Carl 372, 377, 719 Schneider, Hermann 711 Schneider, Johannes 334 Schneidewin, Max 696 Schnelle, Friedrich 389-390 Schniewind, Julius 331, 629 Schöffel, Simon 164 Schoell, Julius 615, 725 Schöne, Hermann 202 Schönfeld, Walter 629, 714, 738 Schoeps, Hans Joachim 174-175, 711, 712 Scholder, Klaus 15, 159, 164, 169, 329 Scholz, Heinrich 15, 115, 277, 290, 410, 462, 509, 519, 522, 525, 538, 629, 700, 703, 720, 744, 772 Schomerus, August 629 Schomerus, Hilko Wiardo 216 Schopenhauer, Arthur 772 Schott, Erdmann 123, 740, 758 Schowalter, August 615, 649, 770 Schreiber, August Wilhelm 288 Schreiter, Max 159, 162 Schrempf, Christoph 261, 532, 766 Schrey, Heinz-Horst 629, 723 Schreyer, Lothar 710 Schröder, Christel Matthias 629 Schröder, H. E. 600 Schroeder, Leopold von 749, 771 Schröder, Martin 47, 51 Schröder, Rudolf Alexander 714 Schröter, W. 38 Schubert, Ernst 701 Schubert, Friedrich 607 Schubert, Hans von 292 Schubert, Johannes 698 Schubring, Wilhelm 6, 77, 88, 149, 170,334,394-395,397,607,717 Schürer, Emil 299-300, 771, 772

Personenregister

Schütz, Anton 737 Schütz, Paul 738 Schuler, Alfred 738 Schultheß-Rechberg, Gustav von 720, 771 Schultz, Julius 763 Schultz, Walther 308 Schultz, Werner 302, 349, 773 Schulz, Dirk 167, 307 Schulz [Oberkirchenrat] 607 Schulze, Fritz 372, 610, 676, 743, 768 Schulze, Joachim 676 Schulze, Martin 709, 720, 771 Schumacher, Heinrich 682 Schumann, Friedrich Karl 234, 629 Schumann, Johann Daniel 554 Schuster, Hermann 106, 299, 771 Schwabe, Benno 742 Schwabe, Klaus 286, 288 Schwaiger, Georg 11 Schwarz, Hermann 710, 751 Schwarz, Richard 713 Schweitzer, Albert 196-197, 727 Schweizer, Eduard 633 Schweppenhäuser, Hermann 4 Schwöbel, Christoph 22, 30, 31, 52, 56, 512, 563 Seeberg, Erich 340, 341, 353, 355356, 359, 361, 363, 364, 366, 392-393, 398, 400, 615, 623, 629, 712, 716, 737, 743, 744, 770 Seeberg, Reinhold 166, 268, 288, 354, 392, 623, 630, 701, 704, 709, 710, 739 Seel, Hans 328 Seidel, Thomas A. 374 Seifert, Paul 714 Seiffert, Helmut 491 Selbie, William Boothby 766 Selchow, Bogislav von 711 Seil, Karl 697, 699, 720, 771 Seilin, Ernst 378 Semler, Johann Salomo 35 Sentzke, Geert 738 Sepp, Johann Nepomuk 703

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Serapion von Thmuis (Bischof) 265, 744 Setzier, Wilfried 235 Seuse, Heinrich 713 Sheehan, James J. 100 Siebeck, Georg 133 Siebeck, Hans-Georg 137, 155 Siebeck, Oskar 50, 55, 79,136-139, 141 Siebeck, Paul 50,100,137,198, 657 Siebeck, Richard 630, 765 Siebel, Wilhelm 485 Siegele-Wenschkewitz, Leonore 159, 292, 337, 351, 369 Siegfried, Theodor 12, 54, 81, 189, 403, 516, 623, 630, 687, 691, 723, 736, 744 Siegmund-Schultze, Friedrich 303, 305, 346, 666, 716, 720, 757 Simmel, Georg 195, 313, 661, 751, 772 Simons, Walter 770 Sinzheimer, Hugo 328 Sippell, Theodor 116, 720 Slenczka, Reinhard 426 Sloterdijk, Peter 283 Smend, Friedrich 630 Smend, Julius 190, 202, 205, 630, 739 Soden, Hans von 55, 88, 124, 173, 189, 206, 330, 331, 607, 717, 740, 760 Soden, Hermann von 48, 265 Söderblom, Nathan 303, 322, 769 Sohm, Rudolf 305 Sombart, Werner 82 Sommer, Johann Wilhelm Ernst 305 Sommerlath, Ernst 142, 174, 186, 600, 610, 676, 688, 717, 718, 719 Spalding, Johann Joachim 114,116, 689, 692, 694, 720 Spemann, Franz 715 Spengler, Oswald 705 Spieß, Eugen 707 Spinoza, Baruch de 116, 217, 312, 372, 700, 705

834

Personenregister

Spitta, Friedrich 190,618,630,651 Spranger, Eduard 401,737,738,751 Stadelmann, Rudolf 709 Staehelin, Ernst 85 Stählin, Gustav 630 Stählin, Wilhelm 420, 421, 521, 630, 673, 753, 764 Staerk, Wilhelm 50, 630 Stalker, James 695 Stammler, Gerhard 723 Stammler, Wolfgang 713 Stange, Carl 208-210, 298-299, 301, 342, 623, 630, 700, 701, 723, 733, 741, 744, 750, 763, 768, 772 Stange, Erich 191, 260, 280 Stapel, Wilhelm 377,384,630,704, 716 Starbuck, Edwin Diller 763 Starck, Johann Friedrich 699 Stauffer, Ethelbert 630 Steifen, Bernhard 736 Steffens, Henrik 218 Steifes, Johann Peter 706 Stein, Hermann von 295 Stein, Karl Freiherr vom 114, 710 Steinbüchel, Theodor 738 Steinmann, Theophil 25, 81, 84-85, 132, 140, 222, 600, 610, 621, 642, 676, 689, 702, 720, 721, 725, 771 Stenglein-Hektor, Uwe 61 Stephan, Hans 456, 686 Stephan, Hedwig (geb. Mayer) 108109, 595, 670, 678 Stephan, Horst 2, 3, 5, 6, 20-21, 25, 30, 37, 44, 70-71, 78, 79-80, 81, 82, 84, 85-86, 87, 90-91, 95-188, 189, 206, 207, 215, 216, 220, 221, 257, 258, 269, 272, 274, 290, 294, 310, 311, 316-317, 407, 408, 421, 442458, 461, 463-505, 508, 510, 517, 522, 523, 524, 538, 539, 547, 550, 553, 555-564, 565, 566-567, 571-572, 574, 576, 578, 580-581, 584, 595-610,

623, 631, 667, 668-670, 675, 676-722, 730, 744, 753, 755 Stephan, Kunigunde 108 Stephan, Oswald August 96, 108 Stern, William 764 Steubing, Hans 773 Stier, Ewald 271,607,683,717,769 Stöcker, Adolf 285-286, 375, 396, 712 Stoevesandt, Hinrich 338, 344 Stoll, Gerhard E. 81 Stolz, Eugen 66 Stolzenburg, Arnold 307, 392-397, 398-400, 631 Stracke, Ernst 631 Strathmann, Hermann 149, 631 Strauß, David Friedrich 562, 700, 772 Strauß, Johannes 351 Stresemann, Gustav 83, 99-100,124 Ströle, Albrecht 723 Stroux, Jacques 661 Stubenrauch, Hans 296 Stuhlfauth, Georg 615, 649, 770 Stupperich, Robert 28, 228 Süskind, Hermann 195, 202, 219, 289, 538, 699, 724, 725 Sülze, Emil 700 Sydow, Adolf 40 Täubler, Eugen 291 Tal, Uriel 350 Tanner, Klaus 288, 493 Taylor, Nathaniel W. 284 Teller, Wilhelm Abraham 116 Temple, William 306, 759, 768 Tennyson, Alfred Lord 695 Tertullian 651 Thadden, Rudolf von 15, 69 Thälmann, Ernst 83 Thielicke, Helmut 248-250, 292, 631 Thieme,Karl 81,98,272,700,708, 720, 755, 758, 771 Thieme, Kurt 373 Thierfelder, Jörg 169, 237, 330, 368, 369, 373, 375, 379

Personenregister

Thimme, Friedrich 682 Thimme, Ludwig 704 Thimme, Wilhelm 202, 604, 631, 723, 734 Tholuck, Friedrich August Gottreu 641 Thoma, Hans 314 Thoma, Richard 291 Thomas von Aquin 417, 563, 639, 684 Thomasius, Gottfried 533, 620, 650 Thoms, Fritz 710 Thümecke Nachfolger 695 Thulstrup, Niels 545 Thurneysen, Eduard 18, 23, 209, 300, 326 Thust, Martin 709 Tiedemann, Rolf 4 Tille, Alexander 695 Tillich, Paul 23,117,147,149,185, 272, 328-329, 340, 364-365, 499, 509, 685, 707, 736, 755 Tillmann, Fritz 738 Titius, Arthur 6, 15, 48, 60, 81, 127, 135, 140, 149, 207, 269, 271, 289, 294, 297, 298, 299, 301-302, 303-304, 307, 308, 309, 340, 347-348, 349, 353, 358, 359, 360, 361, 362-363, 392, 393-397, 417, 523, 531, 622, 623, 631, 706, 720, 743, 748, 749, 753, 756, 761, 769, 770, 771, 772, 773 Tödt, Ilse 167, 307 Töpelmann, Alfred 114, 116, 122124, 178, 606, 741 Toland, John 117 Tompert, Helene 291 Tour, Imbart de la 715 Traub, Friedrich 57, 82, 85, 121, 207, 223, 224, 231, 240, 290, 294, 438, 491, 514, 516, 612, 616, 623, 631, 635, 691, 720, 727, 729, 739, 740, 743, 753, 766, 771 Traub, Gottfried 48, 271, 749, 769, 771

835

Traulsen, Hans-Friedrich 117 Treue, Wolfgang 154 Trillhaas, Wolfgang 46, 382 Troeltsch, Ernst 13, 14, 15, 16, 19, 22, 25, 26, 27-28, 34, 35, 38, 39, 48, 49, 51, 52, 53, 57-58, 59, 60, 61-63, 64, 68-69, 101, 112, 115, 116, 124, 127, 141, 187, 192, 194, 195, 202, 230, 231, 267, 271, 272, 276, 289, 292, 305, 316, 319, 321, 408, 411, 487, 491, 496, 511, 512, 523, 554, 581, 614, 643, 657, 667, 699, 707, 720, 730, 737, 738, 751, 769, 771, 772, 773 Troeltsch, Marta 57, 496 Trümpy, Hans 26 Twesten, August Detlev Christian 98, 259 Tzschirner, Heinrich Gottlieb 35 Ueberweg, Friedrich 706 Uhlhorn, Friedrich 700 Ullmann, Karl 721 Ullrich, Robert 295 Unger, Rudolf 697, 700 Ungern-Sternberg, Jürgen von 19 Ungern-Sternberg, Wolfgang von 19 Vaihinger, Hans 313,670,674,772 Vierkandt, Alfred 704 Vilmar, August 701 Vömel, Alexander 697 Vogel, Heinrich 250, 618, 740 Vogel, Johannes 296 Vogel [Dozent] 387 Vogelsang, Erich 390,711 Voigt, Gottfried 610, 676 Voigt, Heinrich 631 Vollhardt, Friedrich 506 Vollrath, Wilhelm 341, 392, 698, 700, 705 Volz, Paul 50, 224, 240, 631, 723, 739, 740 Vorbrodt, Gustav 750, 763 Vorländer, Karl 202

836

Personenregister

Wach, Joachim 709 Wagenführer, Max-Adolf 373, 377 Wagenhammer, Hans 36 Wagenmann, Julius 340, 341 Wagner, Adolf 396 Wagner, Falk 21, 40, 200, 408 Wagner, Heinz 676 Waller, Martha 711 Walter, Johannes von 716 Warneck, Johannes 288 Wartenberg, Graf York von 739 Wasmann, Erich 745, 750 Weber, Alfred 291 Weber, Cornelia 371 Weber, Emil 698 Weber, Hans Emil 558, 600, 631, 740 Weber, Marianne 291 Weber, Max 187, 291, 712 Weber, Otto 403 Weber, Wilhelm 12 Wedekind, Frank 738 Wegeier, Cornelia 337 Wehler, Hans-Ulrich 37 Wehrung, Georg 2, 3, 5, 6, 78, 7980, 81, 84, 85-86, 90-91, 118, 140, 189-250, 258, 299, 311, 372, 407, 409, 429-442, 445, 450, 461, 463, 496, 509, 523, 524-535, 538, 539, 540-550, 553, 563, 565-567, 572, 580582, 611-658, 668, 670-671, 674, 675, 698, 715, 723-742, 743, 754, 756, 765, 768 Wehrung, Georg [der Ältere] 189190 Wehrung, Karl 643 Wehrung, Marianne (geb. Bresch) 207 Wehrung-Hornung, Familie 611, 634, 656 Weinel, Heinrich 6, 48, 50-51, 52, 81,84,123,149,161,173,179, 189, 258, 271, 340, 357, 607, 717, 769 Weinmann, Heinrich 373 Weinreich, Max 371

Weise, Christian 398 Weiser, Artur 240, 242, 614, 648, 739, 740 Weismann, August 256 Weiß, Bernhard 268 Weiß, Bruno 199 Weiß, Johannes 31-32, 50, 292, 642, 669 Weiß, Konrad 353, 355-356, 770 Weiß, Otto 538 Weiße, Christian Hermann 708, 773 Weißleder, Karl Ernst W. 715 Weitbrecht, Oskar 241, 631 Weizsäcker, Heinrich 271, 769 Weizsäcker, Hugo 736 Wellhausen, Julius 257, 699 Wendlandjohannes 60,81,84,85, 269, 488, 666, 700, 720, 743, 744, 771 Wendland, Walter 116, 701, 702 Wendt, Hans-Hinrich 47,417,631, 720, 771 Werdermann, Hermann 372, 373, 377, 632 Werner, Friedrich 370, 379 Werner, Hermann 231 Werner, Martin 634, 644 Wernle, Paul 112,600 Wessel, Horst 162 Wesseling, Klaus-Günther 269 Westarp, Kuno Graf von 295 Whitley, William Thomas 306, 307, 759, 768 Wichern, Johann Hinrich 37 Wiegand, Dietmar 374 Wielandt, Rudolf 764 Wienhold, Heinrich 687 Wiese, Karl August 403 Wiesengrund Adorno, Theodor 147, 709 Wieser, Gottlob 732 Wiesner, Julius von 751 Wiesner, Werner 758 Wiggershaus, Rolf 329 Wilamowitz-Moellendorff, Ulrich von 19, 739

Personenregister

Wilbrandt, Adolf 696 Wilhelm II. 82, 83, 192, 274, 286, 295, 726 Wilke, Fritz 378 Wille, Bruno 751 Willich, Ehrenfried von 699 Winckelmann, Johann Joachim 697 Winckler, Karl 117 Windelband, Wilhelm 61,195,487, 618, 651, 702, 763 Windisch, Hans 57, 643, 720 Winkler, E. G. 715 Winkler, Robert 196, 251, 293, 340, 341, 353, 355-356, 361, 364, 400, 403, 632, 690, 730, 743, 744, 754, 770, 772 Winnig, August 713 Witte, Johannes 116, 166, 340, 393, 437, 608, 681, 729, 737, 768 Witte, Karsten 83 Wittkau, Annette 49 Wobbermin, Albert 253, 254 Wobbermin, Georg 2, 3, 5, 6, 15, 25, 47, 48, 54, 55, 57, 60, 63, 78, 79-80, 81, 84, 85-86, 90-91, 118, 189, 196, 201, 207, 215, 235, 251-403, 407, 409-429, 431-432, 433, 434, 436, 445, 460, 461, 463, 487, 488, 491, 496, 505-524, 525, 526-527, 531, 538, 539, 544, 545, 547, 550-555, 565, 566-567, 572, 576, 580-582, 614, 623, 632, 659-667, 668, 671-674, 675, 683, 685, 690, 701, 720, 730, 736, 743-774 Wobbermin, Theodora (geb. Brockhausen) 6, 269, 284, 298, 384, 403, 659-662, 665-667, 671, 672, 746 Wölber, Hans-Otto 738 Wöllner, Johann Christoph 114, 692, 694 Wohlrabe, Wilhelm 695

837

Wolf, Ernst 43, 185, 250, 302, 550, 618, 740 Wolf, Max 674 Wolfes, Johann Jakob 220 Wolfes, Matthias 39, 45, 78, 82, 84, 85, 86, 109, 293, 502, 611 Wolff, Christian 67, 114, 691 Wolff, Eugen 701 Wolff, Hanna 632 Wolff, Heinz 382, 387 Wolff, Otto 225,632,715,723,742 Woher, Michael 88 Wrede, William 51, 144, 273 Wright, Jonathan R. C. 127 Wünsch, Georg 81, 138, 175, 207, 228, 534, 623, 632, 723, 737, 744 Wunderle, Georg 765, 766 Wundt, Max 632 Wundt, Wilhelm 97, 286, 770 Wurm, Theophil 240,241,352,648 Zahn-Harnack, Agnes von 28, 29, 69, 144, 260, 261 Zange, Friedrich 695 Zastrow, Constantin von 270, 752 Zeiger, Manuel 231 Zengel, Jörg 21 Zetkin, Clara 82 Ziegenfuß, Werner 714 Ziegler, Karl 98, 99, 541, 700 Ziegler, Theobald 195 Ziehen, Theodor 767 Zimmerli, Walther Chr. 491 Zinzendorf, Nikolaus Ludwig Graf von 712 Zipfel, Friedrich 341 Zoellner, Wilhelm 202, 632, 729 Zolter O.S.B, Verenmud 737 Zscharnack, Leopold 50, 114-117, 134, 136, 173, 607, 677, 689, 706, 707, 708, 717, 720, 721 Zurhellen-Pfleiderer, Eise 698 Zwicker, Heinz 632 Zwingli, Ulrich 170, 656

Paul Tillich · Main Works / Hauptwerke Volume 3/Band 3: Writings in Social Philosophy and Ethics / Sozialphilosophische und ethische Schriften Herausgeber: Erdmann Sturm 1998. 23 15,5 cm. VI, 712 Seiten. Leinen. DM 298-/öS 2175,-/sFr 265-/approx. USS 186.00 •ISBN 3-11-011537-9 Textkritische Edition der wichtigsten sozialphilosophischen und ethischen Schriften Paul Tillichs, Kollationierung der Erstveröffentlichung durch Paul Tillich. Eine Einleitung führt in das Sachgebiet des Bandes ein. Ediert werden u.a. „Der Sozialismus als Kirchenfrage", „Masse und Geist", „Das Problem der Macht", „Die sozialistische Entscheidung", „Love, Power and Justice", „Morality and Beyond". Der Herausgeber ist Professor für Evangelische Theologie und ihre Didaktik (Systematische Theologie und Religionspädagogik) an der Evangelisch-Theologischen Fakultät der Universität Münster. Mit Band 3 ist die Edition der sechsbändigen Hauptwerke abgeschlossen. Bisher erschienen: Band l : Philosophical Writings / Philosophische Schriften Herausgeber: Günther Wenz 1989. XIV, 424 Seiten. DM 149-/öS 1088,-/sFr 133,-/approx. USS 93.00 •ISBN 3-11-011533-6 Band 2: Writings in the Philosophy of Culture / Kulturphilosophische Schriften Herausgeber: Michael Palmer 1990. XIV, 380 Seiten. DM 146-/ÖS 1066,-/sFr 130,-/approx. US$ 91.00 •ISBN 3-11-011535-2 Band 4: Writings in the Philosophy of Religion / Religionsphilosophische Schriften Herausgeber: John Clayton 1987. IV, 422 Seiten. DM 131,-/öS 956,-/sFr 117,-/approx. USS 82.00 • ISBN 3-11-011342-2 Band 5: Writings on Religion / Religiöse Schriften Herausgeber: Robert P. Scharlemann

1988. XVI, 325 Seiten. DM 109,-/öS 796,-/sFr 97,-/approx. USS 68.00 •ISBN 3-11-011541-7 Band 6: Theological Writings / Theologische Schriften Herausgeber: Gert Hummel 1992. XIV, 446 Seiten. DM 187-/ÖS 1365,-/sFr 166,-/approx. USS 117.00 •ISBN 3-11-011539-5 Preisänderungen vorbehalten